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DEUTSCHES
WIRTSCHAFTSLEBEN
IM MITTELALTER.
UNTERSUCHUNGEN
Obek die
ENTWICKLUNG DER MATERIELLEN KULTUR DES PLATTEN LANDES
AUF GRUND DER QUELLEN
ZUNÄCHST DES MOSELLANDES
VON"
KARL LAMPRECHT.
Li DARSTELLUNG.
LEIPZIG,
VERLAG VON ALPHONS DÜRR.
1886.
Inhalt.
VI. Die Wirtsohaftsorganisation des GrofsgrundbesitEes.
Seite
!• Bildansr nnd Charakter des Grofsgrmndbesitzes 667
Einleitung. Bedeutung der Grundherrschaft innerhalb der nationalen Verfassungs-
entwicklung 667
•
Die Bildung des Grofsgrundbesitzes. Die kirchliche Grofsgrundbesitzbildung.
Erwerb durch Schenkung bezw. Kauf und Tausch (Erwerbspolitik, Entwicklungs-
geschichte der Erwerbsformen, Giarakter der Erwerbsformen und des Erwerbes
in dieser Richtung mit Rücksicht auf die Möglichkeit rationeller Verwaltung);
Erwerb durch Kolonisation und Ausbau; Abrundung durch Tausch und Kauf,
durch Abgrenzung der Erwerbsbezirke, Ablösung der Grundlasten und Entwick-
lung des Allmendeobereigentums. Die weltliche Grofsgrundbesitzbildung nach
Erwerbs- und Abrundungspolitik ; deren Formen, Yomehmlich in Kolonisation und
Ausbau. Vergleich der übereinstimmenden und unterscheidenden Merkmale kirch-
licher und weltlicher Grundbesitzbildung 670
Allgemeiner Charakter des Grofsgrundbesitzes der geistlichen wie der
Laienaristokratie nach Gröfse, geographischer Ausdehnung, lokaler Intensität und
allgemeiner Organisationsfähigkeit (Einwirkung der Markverfassung, Möglichkeit
der Unifikation grundhöriger Lasten, Besitzstörungen unfreiwilliger und freiwilliger
Art). Abweichungen des fiskalischen Grofsgrundbesitzes vom Charakter des aristo-
kratischen Grofsgmndbesitzes 702
2m Der Terwaltangsorgaiiismas des Grofsgrnudbesitzes 719
Die fiskalische Lokalverwaltung. Die Fiskalverwaltung nach dem Cap. de
villis: Funktionen der Zentralstelle, des Iudex, der dem Iudex untergeordneten
Einzeibetriebsvorstände (luniores). Überreste dieser Verwaltung in späterer Zeit:
das fiskalische Schultheifsenamt, die fiskalische Vogtei, die autonome Organisation
und soziale Entwicklung innerhalb der alten Fiskalgebiete mit besonderer Berück-
sichtigimg der Schicksale der alten Unterbeamten. Das Verhältnis der grund-
^ herrlichen Organisation der kirchlichen und Laienaristokratie zur Geschichte der
Fiskalverwaltung, insbesondere der Cliarakter der Schultheifsen innerhalb dieser
Organisation 719
401507
[Inhalt. rV
Seite
Die aristokratisch-grundherrliche Lokalverwaltung. Die Organisation
des Grundes und Bodens : die Fronhofepertinenzen im allgemeinen (Streulage des
Besitzes, Abwandlungen der Anzahl höriger Hufen, Spuren administrativer Zu-
sammenfassung bezw. Unterordnung verschiedener Hofpertinenzen oder HöfeX ihre
Gliederung in der Fronhofsverwaltung (Salland und Gehöferland, spezifisches Sal-
land und Beundesaliand in ihrem gegenseitigen Wirtschafts- und Gröfsenverhältnis
und dessen geschichtliche Abwandlimg). — Die Verwaltungsbeamten: der Meier,
seine ursprüngliche Funktion als Bewirtschafter des Sallandes, Beaufsichtiger des
Beundebaues, Einnehmer der Gehöferzinse und Kontroleur der Allmendenutzungen,
sowie seine rechtliche, materielle und soziale Stellung; deren Veränderung und
die zum Ersatz auftretenden Neubildungen; die Bei- und Untergeordneten des
Meiers. — Die Wirtschaftsverwendung der Grundhörigen, ihr allgemeiner Charakter
und ihr Ausdruck in Fronden für den Eigenbetrieb des Fronhofes, den Beunde-
bau und die AUmendeausnutzung. sowie in Abgaben (deren Arten, Veranlagung,
Höhe, Beitreibung und eventuelle Reduktion). — Die Funktionen der Markhörigen
in der Fronhofswirtschaft, zum Entgelt für die AUmendenutzung und den Genufs
der auf Grund von Markobereigentum geschaffenen Einrichtungen 737
Die königliche und die aristokratisch-grundherrliche Zentralver-
waltung. Die karolingische Zentralverwaltung, speziell die Finanzen. Die
Thätigkeit des Iudex in der Finanzgebarung und ihr Verhältnis zu der analogen
Thätigkeit in der grundherrlichen Verwaltung. Die Organisation des gnmdherr-
lichen Nachrichten- und Transportdienstes vornehmlich in seiner Bedeutung für
die Ausgestaltung einer Zentralverwaltung. Das Personal der grundherrlichen
Zentralverwaltung: Ministerialität und geistliches Beamtentum, deren verschiedene
Ausbildung und Wirksamkeit. Der Charakter der naturalwirtschaftlich - grund-
herrlichen Finanzgebarung. Die Zentralstelle und ihre Funktionen in Kontrolle
und oberster Leitung. Die Ergebnisse der grundherrlichen Wirtschaftsverwaltung
und deren Schicksale 801
Anhang 853
8. Die Umwälznng der Wirtschaftsverfassang des Grofsgrandbesitzes und das
Aufkommen freier Landnntzaiigrsformeii im 12. und 18. Jahrhundert . . . 862
Der Verfall der grundherrschaftlichen Wirtschaft des früheren
Mittelalters. Ökonomischer Verfall infolge der eigentümlichen Entwicklung
von Zinsbezug und Grundrente in ihrem gegenseitigen Verhältnis, sowie infolge
der Zersplitterung der Gehöfergüter. Administrativer Verfall der Lokalverwaltung
durch Eindringen freier Landnutzungsformen in die Beundekultur, die Salland-
wirtschaft und andere grundherrschaftliche Betriebe, durch Verselbständigung der
Gehöferschaften, und durch Zei*störung der Beamtenqualität sowie Zusammen-
schrumpfen der Funktionen des Meiers. Administrativer Verfall der Zentralver-
waltung durch Zerstörung der Beamtenqualität der Ministerialen und geistlichen
Verwaltungsbeamten. Lockerung der Verbindung zwischen Lokal- und Zentral-
verwaltung durch Verstümmelung der alten Verwaltungszusammenhänge im Wege
der Veräufserung und Verlehnung bezw. Lehnsallodifikation, sowie durch allge-
meine Anwendung des Anweisungssystems zur Rentenbelehnung bezw. zum Lehns-
auftrag seit Beginn des 13. Jhs. Der grundherrschaftliche Besitz der zweiten
Hälfte des Mittelalters überwiegend nur noch als Substrat von Renten beti-achtet :
der Rentenbesitz im Vordergrund, das Land als Rentensubstrat fungibel .... 862
Ansätze zur Entwicklung freier Landnutzungs formen bis ins 12. und
13. Jahrhundert Hinein. Chai akter und Schicksal der freien Landnutzungs-
i
— V — Inhalt]
Seite
formen der Karolingerzeit : die Precaria oblata und remuneratoria und deren Aus-
gang in der Periode der deutschen Kaiserzeit ; das Beneficium in den Formen des
Zinslehens und des Dienstlehens, vornehmlich des Weindienstlehens und des dem-
selben analog gebildeten Ackerteilbaulehens, und deren Einflufs auf die Aus-
bildung der freien Pachten des 12. und 13. Jhs. Übergänge des grundhörigen
Landbaues in freiere Nutzungsformen : Aufhebung der Dingpflicht und Entstehung
von Erbzins- und Erbpachtverhältnissen, Allodifikation grundhöriger Güter; Klä-
rung der fortbestehenden grundhörigen Nutzimgsverhältnisse durch diese Vor-
gänge. Allgemeine Veranlassungen und erster Anfang der freieren Pachtformen:
Pachten an grundherrlichen Nutzungen, Allmendepachten, Zehntpachten; Bedeutung
der letzteren für die Frage der Priorität der Erb-, Vital- oder Zeitpacht .... S88
Das Wesen der freien Pachten seit dem 12. Jahrhundert. Aufkommen
der freien Pachten im 12. Jh. Ist Zeitpacht oder Erbpacht früher entwickelt?
Die Erbpacht: Pachtantritt, Rechtsverhältnis in der Pacht, Kanon, Stellung des
Inventars, Ausübung grundherrlicher Rechte seitens des Pächters, Leistungs-,
Bau- und Betriebsverbindlichkeiten, Nachlafs des Kanons, Erbbestandgeld und
Kautionen für die Aufrechterhaltung des Erbpachtvertrags. Die Vitalpacht: ihr
Verhältnis zur Erbpacht und ihre besondere Ausbildung zu Landsiedelleihe, Villi-
kationsvertrag und Ilalfenpacht. Die Zeitpacht: ihre Anwendung und das Ver-
hältnis ihrer Detailausbildimg zur Erb- und Vitalpacht 937
Anlauf zu einer Neubildung der grundherrschaftlichen Wirtschafts-
verfassung unter dem Einflufs der Pachtentwicklung. Allgemeine
Übersicht über die Entwicklung der Grundherrschaft im späteren Mittelalter. Die
Wirtschaftsverfassung der Stifter im besonderen ; Entfaltung ihrer Gemeinwirtschaft
zum Pensionariensystem ; Ausweitung des Pensionariensystems zur grundherrschaft-
lichen Pachtgenossenschaft 972
Anhang 985
VXL Gnindherrliohkeit und Vogtei als Formen halbstaatlioher Gewalt
und Fermente sozialer Sohiohtung.
1. Die Omndherrlichkeit 991
Der grundherrschaftliche Schutz imd als dessen Folge das Obereigentum am
grundhörigen Besitz als ursprünglicher Kern der Grimdherrlichkeit. Ihr Ent-
wicklungsgang und ihre Ausgestaltung im Fronhofsverhältnis: grundherrliche
Rechtsvertretung der Grundholden nach aufsen bei Delikten, Schaffung des
Fronhofdinges für den Vermögensverkehr im Innern 991
Die Einbeziehung markgenössischer Rechte in das ursprüngliche
grundherrliche Verhältnis. Entstehung des AUmendeobereigentums, Aus-
wirkung desselben auf dem Gebiete der früher markgenössischen Leitung von
Urproduktion, industrieller Th&tigkeit und Verkehrsleben. Schicksale des mark-
genössischen Beamtentums und Finanzwesens. Veränderte Stellung der einst
freien Markgenossen (Markhörigkeit): Fronde- und Zinspflicht, Gerichtspflicht,
Heerespflicht Verhältnis der gröfseren alten Markbildungen, speziell der Hun-
dertschaftsmark, zu dieser Entwicklung 996
Die Einbeziehung staatlicher Rechte in das ursprünglich grund-
herrliche Verhältnis. Die königliche Immunität: die ältere Immunität, ihr
Charakter, ihr Verhältnis zur Entwicklung der Regalien und ihre Geschichte;
[Inhalt. — VI —
Seite
die jüngere Immunität in ihrem Charakter und ihrem Verhältnis zur älteren Im-
munität Die landesherrliche Immunität Die Entwicklung positiver immunitäts-
herrlicher Rechte aus der königlichen Immunität: 1. Finanzwesen (Parayeredi,
Hostilicium, Nachtseide, Tributum): keine Ausbildung einer besonderen Finanz-
verfassung, Einbeziehung der ursprünglich staatlichen Leistungen in die grund-
herrliche Intradenverwaltung ; 2. Heerwesen: nahezu völliger Verfall; 8. Gerichts-
wesen: Ausbildung desselben im späteren Mittelalter (Bauding, Grundgericht,
Hochgericht, Regelung des Instanzenzuges, Lehnhof und HofgerichtX Entwick-
lung dieser Ausbildung aus den ursprünglichen Immunitätsberechtigungen auf
der Basis der grundherrlichen Gewalt und Markherrlichkeit Das Grundgericht
und seine genauere Organisation als bezeichnendste Erscheinung der ausge-
bildeten grundherrlichen Gerichtsverfassung 1015
2. Die Togtei 1062
Die Vogtei über Einzelpersonen. Gründe tUr das häufige Vorkommen der
Vogtei speziell bei der Geistlichkeit und den sozial tiefer stehenden Schichten
der Laien: Perioden besonderer Friedlosigkeit in der deutschen Geschichte des
Mittelalters. Die Kategorieen der Bevogteten und der Vogtherren. Der herr-
schaftliche Charakter der Vogtei, ihre Dauer und Sicherheit, ihre Ausgestaltung
im kriegerischen und gerichtlichen Vertretimgsrecht 1062
Die Vogtei über Träger bestehender Gerichts- und Wirtschafts-
verfassungen.
Die freie Markvogtei : Entstehung, ursprüngliche Pflichten, Rechte und Emolumente,
Ausweitimg derselben bis zur Mai-kherrlichkeit Entwicklung wirtschaftlicher
Forderungsrechte, Organisation einer Rezeptiur für dieselben im Sinne eines
grundherrschaftlichen Fronhofes, Aufhebung der Unterschiede zwischen Grund-
herrlichkeit und Markvogtei 1074
Die Fronhofsvogtei sowie die Mark- und Fronhofsvogtei : Entstehung, Verhältnis
zur Immunitätsvogtei und zur freien Markvogtei, ursprüngliche Befugnisse und
Ausweitung derselben auf dem Gebiete der Gerichtsverfassung, ursprüngliche
Emolumente und Ausweitung derselben auf dem Gebiete der Wirtschaftsverfas-
sung. Erweiterung der fronhofsvogteilichen Rechte im Fall der Markherrlichkeit
des Gnmdherm: Mark- und Fronhofsvogtei. Entwicklung des Fronhofs- bezw.
Mark- und Fronhofsvogtamtes zur Vogtherrschaft, Zusammenfassung des vogtei-
lichen Herrschafts- und Einnahmesystems in einer dem grundherrschaftlichen
Fronhofe analogen Organisation. Verfall der Fronhofsvogtei mit dem Auf-
kommen der Landesherrlichkeit, ihr schliefslicher Charakter der einer beson-
deren herrschaftlichen Einnahmeform 1088
Die Immunitätsvogtei: Entstehung in der Karolingerzeit aus der Kombination der
persönlichen Bevogtung eines geistlichen Grundherrn mit der Ausübung exe-
kutorischer Funktionen im Immunitätsbezirk eben dieses GRmdherm ; Entwicklung
zur vollen Immunitätsvogtei des Mittelalters im 9. Jh. Ursprüngliche Befugnisse
und Emolumente dieser Vogtei und Erbreitenmg derselben auf dem Gebiete der
Hochgerichtsverfassung, der immunitätsherrlichen Wirtschaftsverfassung und der
Heeresverfassung. Entwicklung des Vogtamtes zur erblichen Vogtherrschaft.
Konsequenzen dieses Vorgangs: Entstehung von Untervögten, Aufsaugung der
Fronhofsvogteien, Konzentration der gesamten Gerichtsbarkeit der Immunitäts-
herrschaft in den Händen des Vogtes. Reaktion der Immunitätsherren hiergegen,
besonders dmch Kreierung der Hofschultheifsen. Erfolglosigkeit des immunitäts-
henlichen Widerstandes: Entwicklung der Immunitätsvogtei zu einer halbstaat-
— VII Inhalt]
Seit«
liehen Gewalt unter gleichzeitiger Verblassung ihres ursprünglichen Charakters;
auch Geistliche werden immunitätsvogteifähig 1110
Vogteiliche Behandlung der Reste staatlicher Gerichtsverfassung.
Auffassung der Vogtei als gerichtsherrlicher Gewalt überhaupt: der Landesherr
oberster Vogt und oberster Gerichtsherr. Anlehnung der Trümmer der Hunnen-
gerichtsbarkeit wie der alten Grafengerichtsbarkeit an diese Auffassung .... 1135
Sm Zur sozUlen Gliederung Yoruehmlich der laiidarbeitenden Klasseu ... 1139
Die hauptsächlichsten Fermente der sozialen Schichtung im deut-
schen Mittelalter überhaupt. Die Staatsgewalt der Frühzeit: Freiheit
und Unfreiheit; die halbstaatlichen Gewalten des früheren Mittelalters: Lehns-
nexus, Grundhörigkeit und Vogteihörigkeit ; die Berufsthätigkeit in der Höhe
des Mittelalters: Ministerialität, Bürgertum und Bauerschaft; die Landes- und
Stadtgewalt des späteren Mittelalters: Landadel und Unterthanen, Patriziat imd
Zünfte 1139
Die Einwirkung dieser Fermente auf die soziale Gliederung der
Bevölkerung des platten Landes bis gegen Schlufs des Mittel-
alters 1145
Der Gegensatz von frei und unfrei in der landarbeitenden Bevölkerung der karo-
lingischen Grundherrschaften und seine Auflösung zur Grundhörigkeit um die
Wende des 9. und 10. Jhs. Schicksale der alten Freiheit und Unfreiheit aufser-
halb des agrarischen Nexus der karolingischen Grundherrschaft. Die Freiheit:
Ausgang ihres ursprünglichen Wesens im 12. Jh., Verschlechterung desselben
zur Markhörigkeit und Vogteihörigkeit und Verquickung dieser Verhältnisse mit
der Grundhörigkeit; Verbesserung desselben zum Adel. Die Unfieiheit: Aus-
gang ihres ursprünglichen Wesens gegen Schlufs des 10. Jhs., Verbesserung des-
selben zur Handwerkerschaft, zum Weinbaulehnsnexus und zur Ministerialität.
Das Recht der Ministerialität im besonderen und seine vasallitische Entwicklung
seit der zweiten Hälfte des Mittelalters 1140
Gnindherrlichkeit und Vogtei in der Abwandlung ihi*er Einflüsse auf die Standes-
bildung der landarbeitenden Klassen. Weitgehende Identität dieser Einflüsse im
Sinne der Ausbildung einer einheitlichen giundholden Bevölkerung. Kennzeichen
derselben: persönliche Zinspflicht, speziell Kopfzinspflicht, Empfängnis, Erb-
gebühr, familienrechtliche Bindung, und hofrechtliche Bindung des Gerichtsstandes
unter gelegentlichem Eingreifen grundherrlicher Disziplinargewalt Lösung der
persönlichen Zinspflichten, des Empfängnisses und der Erbgebühr im Laufe der
ersten Hälfte des Mittelalters durch dingliche Radizierung. Die Bindung an
die Scholle als nächstes, die Erblichkeit des grundhörigen Besitzes als weiteres,
die Veräufserungsfähigkeit dieses Besitzes als letztes Ergebnis der Radiziening.
Veränderte Benennungen der Grundholden als Symptom für den Eintritt der auf
diese Weise angebahnten Freiheit des Grundeigentums 1177
Weitere Entwicklung der landarbeitenden Klassen seit Schlufs der Stauferzeit Ver-
änderte Bezeichnung der eigentlichen Grundholden in der zweiten Hälfte des
Mittelalters als Symptom weiteren Fortschrittes, Ziel desselben die Freiheit der
Person innerhalb der landwirtschaftlichen Berufsthätigkeit. Zu diesem Zwecke
Lösung der hof hörigen Gebundenheit der Grundholden in Fronhofsdienstpflicht
und Familienrecht zu Gunsten öffentlichen Gerichtsstandes durch Bildung von
Bezirksgerichten, und zu Gunsten freien Zuges durch Einführung des Unterzuges
[Inhalt. — Vin —
Seite
und Aufhebung des Verbotes der Heirat aufserhalb der Hofgenossenschaft. Recht
und Charakter des freien Zuges (Abzugs- und Einzugsrechtes) im späteren Mittel-
alter 1195
Besondere Entwicklung der Wachszinsigen infolge unmittelbarer Bindung an die
Person des Herrn ohne das Zwischenglied der Fronhofsverfassung. Charakter,
Entstehung und Schicksal der Wachszinsigkeit; ihre schliefsliche Abschwächung
zur persönlichen Schutzhörigkeit des 14. Jhs. Anwendung ihres Systems seit
spätestens dem 13. Jh. zur Begründung eines Standes eigenhöriger (leibeigener)
Leute aus dem numerisch wachsenden Bestand unbegüterter Hof höriger. Rechte
und Pflichten dieser Leute 121S
Das Schicksal der landarbeitenden Klassen am Schlufs des Mittel-
alters. Soziale Lage: die eigeuhörigen Leute gewinnen Einflufs auf das Schick-
sal der angesessenen Grundholden, letztere werden schliefslich vielfach als Leib-
eigene behandelt Auf der andern Seite sondert sich eine Anzahl besser
situierter Grundholder zu freier Pacht und dergl. aus. Im ganzen herrscht
soziale Gärung. Gründe und Folgen dieser Entwicklung. Materieller Zustand:
glückliche Zeit im 13. und teilweis 14. Jh.; Thatsache und Gründe des Ver-
falls im 15. Jh. Geistige Disposition: das Verhältnis der bäuerlichen An-
schauungswelt zum sonstigen geistigen Leben, speziell zum Rechtsleben der Ge-
samtnation im 15. und 16. Jh. Unvereinbarkeit der bäuerlichen Anschauung
und der sonst vorhandenen Denkweise 1280
Anhang 1243
vm. Zur Entwioklungsgesohiohte der Landesgewalt.
1. Die Bildung des Territoriums 1251
Einleitung zum achten Abschnitt: Begrenzung der zu lösenden Aufgabe auf Grund
der zeitlichen und räumlichen Schranken unserer Untersuchung .....'*.. 1251
Die Bildungskräfte der Landesgewalt 1255
Die halbstaatlichen Gewalten. Die Grundherrlichkeit: notwendige Eigenschaften,
Umformung und Abrundung derselben zum Zwecke der Territorialbildung, ihre
Veränderungen innerhalb des Territoriums. Die Vogtei : für die Territorialbildung
besonders brauchbare Vogteiarten, ihre Ausgestaltung für, ihre Einrangierung
in die Territorien. Die Lehnsherrlichkeit: Art der ftlr die Territorialbildung
in Betracht kommenden Lehen (speziell Burgenauftragungen), Ausgestaltung des
Lehnsnexus unter der Einwirkung der Landesgewalt (Lehnshof) 1255
Die staatliche Gewalt, ihre Übergangsarten zur Landesgewalt, Umprägung ihres
Charakters im Kriegswesen, in der Gerichtsverfassung und auf dem Gebiete der
politisch-finanziellen Verwaltung (Regalien), im letzteren Falle unter Kollision
mit den autonomen Gewalten 1268
Die kirchliche Gewalt Bedeutung der geistlichen Oberaufsicht, Rechtssprechung,
Vermögensverwaltung und Steuerveifassung für die Bildung der Landesgewalt . 1278
Die Kriegsgewalt in den Burgen als Bindemittel der territorialen
Bildungskräfte 1284
Entwicklimg der Kriegsverfassung im allgemeinen. Schicksal der alten gemeinen
Heeresverfassung : kein völliger Verfall ; Bestand der personalen Unverletzlichkeit
IX Inhalt]
« Seite
als der Vorbedingung allgemeiner Wehrhaftigkeit; Erhaltung der Pflichten der
Verpflegung und Ausrüstung, der Fortifikation und des Sicherheitsdienstes; Bei-
behaltung des Auszuges für den Gerichts- und Polizeidienst wie zum Landes-
schutz, Reorganisation desselben in der Miliz des 16. und 17. Jhs. Bedeutung
dieser Entwicklung flu* den Burgenerwerb in der Territorialbildung des 18. und
14. Jhs. Schicksal der Lehnkriegsverfisissung: Notwendigkeit der territorialen
Begründung derselben, frühe Beschränkung ihrer Wirkungsfähigkeit, politischer
und technischer Verfall seit dem 12. Jh., Aufkommen des Lehndienstvertrages.
Konsequenz im 12. und 18. Jh. der Übergang zu überwiegender Defensive;
Lehnburgen. Entwicklung der Soldkriegsverfassung: Anfänge im 12. Jh., volle
Ausbildung zu spät, um zur ersten Entwicklung der Landesgewalt beizutragen.
Schicksal der Dienstkriegsverfassung : ritterliche Entwicklung derselben seit dem
zweiten Viertel des 12. Jhs. Akkommodation und Übergang zum Lehnkriegswesen
bis zum Schlufs des 18. Jhs. Allgemeines Ergebnis der Entwicklung der Kriegs-
verfassung: Überwiegen der Defensive, Nötigung zum Biu-genbau vom 12. bis
14. Jh 1237
Die Bedeutung des Burgenbaues für die Konzentration der territorialen Gewalt im
besonderen. Anzahl der Burgen, ihr Bau sowie ihre Einrichtung und Ver-
waltung. Die Burgbesatzung und ihre Organisation in Sold- und Burgmannschaft
(Burglehen). Die Burgen als Schutzmittel der Umgegend und lokale Zentren
für die Ausübung der grundherrlichen, vogteilichen, staatlichen, überhaupt landes-
herrlichen Gewalt 1305
Anhang 1321
2. Die Landeshoheit 1822
Fürst und Unterthan. Militärhoheit. Gerichtshoheit: Entwicklung einer obersten
Gerichtsherrlichkeit des Landesherm aus vergleichender, schiedsrichterlicher,
später auch appellationsrichterlicher Thätigkeit; Errichtung eines Hofgerichts
auf Grund derselben; Einflufs dieses obersten Gerichtes auf die Gerichtsver-
fassung der Untergerichte. Anpassung der alten Hochgerichte an die Amts-
bezirksverfassung, und Ausgestaltung derselben zu Mittelgerichten zwischen Unter-
gericht und Hofgericht. Aufkommen einer vergleichenden und schiedsrichter-
lichen Thätigkeit des landesherrlichen Amtmanns neben den unteren Gerichten,
und Entwicklung derselben zu voller Rechtssprechung in Konkurrenz mit diesen
Gerichten. Finanzhoheit: Unifikation und Erweiterung der alten finanziellen
Bezugsrechte, Erschliefsung neuer geldwirtschaftlicher Finanzquellen allein auf
Gnmd von Landeshoheit (die Landbede im Gegensatz zu geistlichen Subsidien
und ständischen Hilfen). Verwaltungshoheit: Weiterentwicklung derselben auf
Grund der fHiher überkommenen Gewalten, sowie auf Grund des neuen Begriffs
der Landeshoheit speziell gegenüber der Markgenossenschaft (Dorfgemeinde) . . 1322
Landeshoheit und Ständeautonomie. Die Städte und die landesherrliche
Milit&r-, Finanz-, Gerichts- und Verwaltungshoheit Die ständischen Grund-
herrschaften, ihr allgemeines Verhältnis zum Landesherm, dessen Eingriffe in
ihre Autonomie vornehmlich auf dem Gebiete des Gerichtswesens 1842
Die Landeshoheit und der moderne Staatsgedanke. Die äufsere Politik
auf rein politischem, rechtlichem und wirtschaftlichem Gebiete. Die innere
Politik, die endliche Verwirklichung des mittelalterlichen Staatsgedankens und
die erste Aufstellung des Wohlfahrtsideals des modernen Staates 1352
[Inhalt — . X
Seit»
8« Die LandesTerwaltnng 18-57
Das Schicksal der fiskalischen Heichsverwaltung im 12. und 13.
Jahrhundert 1357
Entwicklung der Hammersteiner und vornehmlich der Sinziger (Landskroner) Burg-
grafen. Das Typische dieser Entwicklung 1357
Die territoriale Lokalverwaltung. Die territorialen Burggrafen: frühestes
Vorkommen, Funktionen, Verhältnis zu Ministerialität und Vasallität, Burggraf-
schaft und Amtsbegriif. Die Amtleute : Entstehung des Namens und des Amtes,
Charakter des Amtes nach völliger Entwicklung der Amtsverfassung (Gehalt,
Pension, Stellung zur Zentralstelle, Funktionen im Amtsbezirk), Schicksale des
Amtes im späteren Mittelalter. Die technischen Beamten der Regalienverwaltung,
Gerichtsverwaltung und Domanialverwaltung und ihr Verhältnis zu den Amt-
leuten. Die Kellner : Entstehung, Ausbildung und Verhältnis zu den Amtleuten,
Funktionen im Kellnereibezirke, Unterpersonal, Stellung zur Zentralstelle . . . 1368
Die territoriale Zentralverwaltung 1421
Der Rat Die ältesten Bildungen eines Rates der Grofsen im Lande und eines
Ministerialenrates. Der neue Territorialrat, seine Entstehung, das amtliche
Verhältnis und die Art seiner Mitglieder (Laienräte - geistliche Räte, adlige
Räte - rechtsgelehrte Räte). Besondere Ratsstellen: der Kanzler, der Hof-
meister. Die Geschäflsgebarung des Rates: Kommissionswesen, Verhältnis zur
Lokalverwaltung 1421
Die technischen Zentralstellen. Das Hofgoricht Das Marschallamt Die Kanzlei:
Unterpersonal, Expedition, Registratur, Rechnungswesen. Die Finanzverwaltung :
Kreditbedürfhis der Territorialgewalt infolge der Entwicklung der Geldwirtschaft,
kirchliche Körperschaften und Judenschulen als Kreditinstitute, Geschichte der
Territorialfinanzen in ihrer Abhängigkeit von diesen Instituten; Personal der
Finanzverwaltung bis zum Schlüsse des 13. Jhs., Juden als Vorstände der Finanz-
verwaltung in der ei'sten Hälfte des 14. Jhs. und die Details des zentralen
Rechnungswesens unter ihnen, spätere Finanzverwaltung. Bedeutung der jüdi-
schen Finanzkräfte für die Territorialbildung überhaupt 14G9
IX. Sohlufs.
Einleitung. Geschichtsforschung und Geschichtsschreibung in ihrem gegenseitigen
Verhältnis und in Bezug zur Aufgabe der vorliegenden Untersuchungen. Mög- -
lichkeit einer kurzen Darstellung der Hauptphasen innerhalb der Kulturentwick-
lung des platten Landes im Mittelalter 1485
Die Periode der autonomen Bildungen, erstes Jahrtausend der deutschen
Geschichte. Völkerschaft, Stamm und Nation als aufeinander folgende Grundlagen
der politischen Entwicklung. Die ursprüngliche Wirtschaftsorganisation der
freien Volksgenossen: Wirksamkeit des militärischen Geistes der Völkerschafts-
verfassung in ihr; gleichzeitige politische, militärische und wirtschaftliche Be-
deutung der Hundertschaft; Harmonie aller realen Interessen in derselben.
Untergang der ursprünglichen Wirtschaftsorganisation; Entwicklung des Grund-
eigentums; innerer Verfall der Markgenossenschaft; sozialer Ruin der Freien 1487
Die Periode der Grundherrschaften, deutsche Kaiserzeit Aufkommen
und Charakter des fränkischen Kirchen- und Laienadels, der Grofsgrundbesitz
_ XI — Inhalt]
Seite
seine materielle Basis. Die Organisation des Grofsgrundbesitzes und seine £nt-
¥ricklimg zur Gnindherrschaft. Der offenkundige Verfall der Grundherrschaft
seit der Stanferzeit und seine Hauptursachen : Aufkommen der Vogteien, Verfall
der Hufenverfassung, Vererblichung der Verwaltungsstellen, Verringerung der
Zinsbezüge (Steigen der Grundrente). Soziales Emporblühen der landarbeitenden
Klassen: Auswanderung, Entstehung der freien Pachten. Mängel der bäuer-
lichen Entwicklung: allmähliche Entstehung eines ländlichen Proletariats, im-
glücklicher EinfluTs des Gegensatzes zwischen Stadt und Land 1501
Die Periode der Territorien, späteres Mittelalter. Die Grundherrschaft als
Wiege der Territorien: ihr zunehmender halbstaatlicher Charakter infolge der
Aufeaugung hundertschaftlicher oder einst hundertschaftlicher Kräfte vornehmlich
in Wirtschafts- und Gerichtsverfassung (Ausscheidung der Zendereien und Dorf-
gemeinden aus der Hundertschaft, Untergang des alten Gleichgewichtes wirt-
schaftlich und rechtlich autonomer Interessen). Sonstige Entwicklungselemente
der Landesgewalt: Vogtei, Lehnsherrlichkeit, altstaatliche Hoheitsrechte: ihre
Zusanmienfassung und Durchbildung zur Landeshoheit durch Umgestaltung und
straffe Anwendung der Finanz- und Militärverfassung. Zusammenhang dieser Ent-
wicklung mit der Entstehung der lokalen Landesverwaltung. Geschichte des Amts-
begriffs und Verwirklichung desselben in der Lokal- wie der Zentralverwaltung.
Ausbildung des Territoriums in der Richtung einer besonderen Staatsindividualität
unter dem obersten Ziele der Landeswohlfahrt; Stellung des Landesherm zur
sozialen Entwicklung der Landeseingesessenen. Aussichten des Territorialstaates
am Schlüsse des Mittelalters 151S
Anhang 1528
X. Anhänge. Register.
1. Chronik der elementaren Ereignisse 1587
2. Bibliographie 1558
S. Register mm ersten nnd zweiten Band 1572
1. Sachregister 1572
2. Wortregister 1600
Znsitze und Berichtigungen 1631
Zum Verständnis der Citate.
1. Ungedruckte Quellen sind durch * als solche kenntlich gemacht, z. B. S. 113 Note 2:
♦Koblenz St A. Temp. Vni, Bl. 474», ili\
2. Urkunden sind aufser nach Urkundenbuch und Nummer (selten, und dann besonders
bezeichnet, Seite) stets noch mit dem Ausstellung^ahr citiert; z. B. S. 112 Note 6: CRM. 3,
12, 1302. Dabei sind folgende starke Abkürzungen fOi Urkundenbücher angewendet:
MR. ÜB. für das Mittelrheinische Urkundenbuch, CRM. für Günthers Codex diplomaticus
Rheno-Mosellanus, Lac. ÜB. für Lacomblets Urkundenbuch für die Geschichte des Nieder-
rheins. Weitere weniger starke Abkürzungen erklären sich aus der Bibliographie auf
S. 1558 if.
8. Urbare sind citiert mit U und der Grundherrschaft, auf welche sich das Urbar bezieht,
femer da wo es nötig schien mit dem Jahr, und aufserdem stets mit dem thunlichst abge-
kürzten Drucke; z. B. S. 112 Note 1: üStift [Erzstift Trier] 13. Jhs. S. 402 und 425.
Die Angabe des Druckes (in diesem Falle MR. ÜB. Bd. 2) ist mit Leichtigkeit aus den
Übersichten des zweiten Bds. S. 59 ff. und S. 676 ff. zu ergänzen.
4. Weistümer sind citiert mit W und dem Grte, auf welchen sich das Weistum bezieht,
femer dem Jahr und häufig auch noch dem Drocke (die Sammlung von Grimm ist dabei
mit G. bezeichnet); z. B. 8. 113 Note 1: WGalgenscheid 1460, G. 2, 454—55. Wo die
Angabe des Dmckes fehlt, ist dieselbe nach dem Verzeichnis der Rheinischen Weistümer,
herausgegeben von der Ges. für Rhein. Geschichtskunde, Trier, 1883, 90 SS., bequem zu
ergänzen.
5. Der Text der Citate ist graphisch bereinigt Diese Mafsregel verstand sich gegenüber
einigen neueren Ausgaben, wie der der Luxemburgischen Weistümer durch Hardt, der
Mettlacher Weistümer durch Lager, von selbst; nötig war sie auch gegenüber alten
Dmcken, wie denen von Kremer, des Isenburgischen Geschlechtsregisters u. a. m. Bei
neueren besseren Editionen kommt der Grundsatz natürlich viel weniger zur Anwendung ;
wo von ihrem Worttext (namentlich dem des MR. ÜB.) abweichend citiert wird, beraht
die Abweichung meist auf Kollation mit der urkundlichen Vorlage. Dem citierten Text
nicht angehörige Zusätze sind in eckige Klammer [], von mir gewählte Umschreibungen
einzelner im Citat wegfallender Textworte in runde Klanmiem () gesetzt Für die
Citierung der Weistümer haben endlich häufig nach Mafsgabe der in den Texten mit
Item Vortme oder ähnlich eingeleiteten Absätze Paragraphen eingeführt werden müssen,
wo die Dmcke solche nicht zugesetzt haben.
VI.
Die Wirtschaftsorganisation des Grofs-
grundbesitzes.
Lftmpreeht, DratKhM WirtaeluilUtobca. L 48
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1. Bildung und Charakter des Orofsgrundbesitzes.
In den bisherigen Abschnitten unserer Untersuchung ist die reale Kultur
des platten Landes dargestellt worden, soweit sie sich autonom unter dem
Schutze des fränkisch -deutschen Staates entfaltete. Allein der Staat der
Merowinger und Karolinger wie der der deutschen Kaiserzeit selbst in ihrer
Olanzepoche waren nicht Gebilde, in welchen das nationale Leben immer inniger
aufgegangen w«nre. Entstanden aus einem Konfipromifs freistaatlicher germa-
nischer Grundrichtungen mit den Bedürfnissen eines in Erobenmgen erwachsenen
Herrschergeschleclits, welches die fränkische Heimat mit deutsch-unabhängigen
Gebieten und mit einer römischen, kultursatten, des Gehoi-sams gewöhnten
Provinz der gleichen herrschaftlichen Verwaltungsoi^nisation zu unterwerfen
hatte, erreichte dieser Staat den Höhepunkt seiner Entwicklung erst nach
vierhundertjährigem Bestand unter einer neuen herrschgewaltigen Dynastie.
Dieser Höhepunkt aber konnte nach der ganzen Anlage des Staates nur durch
eine Universalmonarchie bezeichnet werden. Nicht in der gegenseitigen Ver-
schmelzung der einzelnen, nach Nationalität und Kulturhöhe durchaus verschie-
denen Landesteile zu einem einheitlichen staatlichen Organismus konnten die
Merowinger als eingeborene Herrscher des mit am mindesten civilisierten und
darum mit am mindesten assimilationskräftigcn Stammes im Reich ihre poli-
tische Aufgabe finden: dieselbe war vielmehr im rohen schon gelöst, wenn
die Dynastie alle Länder des Reiches, wie eigenständig sie auch in ihrem natio-
nalen imd kulturellen Leben blieben, doch wenigstens durch eine gemeinsame
Oberverwaltung aneinanderkettete , welche gräfliche, mit relativ wenig um-
fangreichen Verwaltungsgebieten ausgestattete Statthalter in direktem Auftrage
lies Königs zu führen wufsten. Diente dieser Verwaltungsapparat anfänglich nur
den persönlichen Interessen des Herrscherhauses und denjenigen Staatszwecken,
deren Bedürfnis dem germanischen Eroberer schon in der Heimat, unter pri-
mitiven Verhältnissen, aufgegangen war, so l)egreift es sich, wie derselbe
Apparat eine ganz andere Bedeutung erhalten mufste, sobald er zur Verwirk-
lichung der staatlichen Bedürfoisse einer hochentwickelten Kultur benutzt
48*
IWirtftrhall d. (}rori4|n^ni(ll)OH. — 668 —
want. In diow»r V(»rilii(lert4*u Anwondunfwweisi» des fränkischen VerwaJtungs-
appanitM alxT Ix^nilit Hio Kij?ontttnilirlikoit und Gröfse der inneren Politik der
Karoliu^or. Karl Avr (Irofso erschuf an seinem Hofe durch Herbeirufung von
lN»i*8ttuHchkt*lUMi vornehmlich aus Italien und Irland-England, welche ganz unter
«Ion gt»ra«U* in diestMi lAndem h»t nie unterbrochenen Traditionen römischer
Kultur standen, eine erste lokal auf den Hof und einige Klöster In'schränkte
Ili»naissance, und indem er sich mit den politischen Idealen dieser Renaissance
erfüllte und den fränkischen Verwaltungsapjuirat für ihre Verwirklichmig inner-
hall» der zunieist mafsvoll beachteten Schranken der M^lichkeit in Anspruch
uahnu \sunle er der Schöpfer di\ü karoliugischen Universalstaates.
Indes die kaixtlingische Renaissance stand in keinem Verhältnis zu dem
allgemeinen Kulturgrad der karoliugischen Staatsunterthanen, sie war h\*per-
üx)plüsch und gekt^nstelt; und wie sie es war, so war es der Staat, dessen
htv^te Ziele ihrtMu Idinnrnkri^ist^ entstammten. Erst im 14. und 15. Jh. reiften
dw ao^ dem lUnleu dt*s alU*u KaroUngem^icht^s entsprossenen Nationen einer
9pni\taueu und naturgemälsen Renaissance entgegen; es ist kein Zufall, wenn
Kart dtT (in>rÄ^ elHMi bis ins 16. Jh. als das unerreichbare Ideal monarchischer
Thätigkeit galt« So umfste der fränkische Verwaltungsopganismus, in welchem
ak*h ir\igleich tlio eiuhtMtUche Yertissung «les Reiches verkörperte, nicht zum
gi'rii^teu eUni au der Ausdehiuuig s^nntT Funktionen« wie sie die erweiterten
Zwecke A^ KaixWiiv^^r^taates fonlerten, i\\ Gnuide gehen: daher der rasche
Verfem der unter Karl dem Gix^fseu scheiul>ar so glänzend entwickelten In-
;ilitxitiom'U. l>is IVutSi'be Reich sp^vietl nahm aus dem Zusanmienbnich des
l'uiv\'rsalstaati>s nur Trttmuh^r der alten Einrichtungen herül^r. deren Be-
ttutiuiv: uelH^u der Inanspruchnahme neuer Elen:ente nie zu Errichtung eines
wahn'u Staati^*häudt^ g^^fUhrt hat. Einer der sichersten R^weise in dieser
Kichtuiv^ ergiebl skh aus dem früher in ANsohnttt III danresteUten SdiicksAl
der st;iaUicheii l^anilesx erlvAiKie und der auf sie begründeten Institutionen : hier
ist schiHi tni IK Jtu der Vertall uichi nn'hr m leu^nien. und nmr die Macht
der iWw\^uh<Ht wie die aus der Ni4we»iigkeit der lokalen In5ätun«>n 5eIS?t
MÜeis^'mie Ijclvuskraft hairen vi:e alttni Kunktiotien unter manniirtftcher V^r-
slümnietut^ tKVh authvht.
AUeiu ^ihtvKid der uni\vr?ale Staat XkrtkL ^ier aan«-HLale ^irii ni-rä: :v«ri?
ni hikkti vt^muvkle. enisi*r3k::^*a den tin-wlEen Teifen uai rTiie:-n te?
SuatSK^i'teii^ « welche voca vVEin^dm !ier aur iK>di *?krüüf3? LebrCÄ^rrde
e«apft8i3ni. dv ^^GCiNitt c»fitT *tX$^«iiot>taat^-!ier Krlfte. I\ft^ bssci:;!;. ji w^[..-^eaL
Äet* Kniete 5ici ^scti^Äheü. w:ir vi>f vtni2fciierr5«rkJÄ : & vtriz>i2wrT^'iiS
vu(\ie x*A vWr AMaoikua^c ies S«aui^?s aetva ita iltea i:k:;c:«:o:a V-fr-
twtio^i^ Ä-i r^^cfvr;' C*ni3>Aerrs«üÄ?tt m W^c:S?wwrr laz T>r.;*;a ünflervü
— 669 — Bild. d. Orofsgrundbesitzes.]
lidier Territorien, die Grundlage einer ersten TerritorialverMraKung und damit
die Basis zur Entwicklung einer eigenständ^en Fttrstenmacht, welche schliefe-
lich im System der absoluten Monarchie einen Endausdruc^ gewann. Der
mittelalterliche Staat versank, aus der Wurzel namentlich der Grundherrschaft
.erhob sich unter Abstreifiing aller ursprünglich privatrechtlichen Beziehungen
der moderne Staat. . :
Hatte das platte Land vornehmlich in seiner Wirtschaftsorganisation
gegenüber dem fränkisch-mittelalterlichen Staat, der nicht in seine Tiefen
drang, autonome Reste germanischer Verfassungsbildungen und urzeitlicher
politischer Anschauungen gewahrt, so erzeugte es gleichzeitig aus denselben
Tiefen heraus in der Grundherrschaft den Embryo des heutigen Staates.
Diese Betrachtungen zeigen, dafs es nunmehr an der Zeit ist, die autori-
tären Bildungen: d. h. vornehmlich die Grundherrschaft und in deren Verfolg
das Territorium nach seinen Kompetenzen und seiner Verwaltung zu erörtern.
Die Geschichte der Grundherrschaft ist, wenigstens in den Epochen ihrer
Entstehung und ersten Ausbildung, oft behandelt worden. Überwog bei den
früheren Forschungen die Neigung, die Grundherrschaft vornehmlich als pseudo-
staatliche Institution zu fassen, so ist die Untersuchung neuerdings mehr vom
Gesichtspunkte der Wirtschaftsinstitution ausgegangen. Mir scheint, man habe
beide Gesichtspunkte, welche an sich zweifellos anwendbar erscheinen, zu kom-
binieren; andernfalls liegt die Gefahr nahe, den einen oder den andern zu
überschätzen. Übersieht man nun mit der Absicht, beide Gesichtspunkte zur
Geltung zu bringen, die Geschichte der Grundherrschaft, so ergiebt sich ohne
weiteres, dafs die Grundherrschaft in ihren ersten Entwicklungsstadien (etwa
im 8. bis 11. Jh.) mehr wie später einen wirtschaftlichen, in ihrer späteren
Entfaltung schon vor dem Aufbau von Territorialverwaltungen auf ihre her-
vorragendsten Ausgestaltungen um die Wende des 13. und 14. Jhs. mehr wie
früher einen staatlich-rechtlichen Charakter gehabt hat. Die ursprünglich
grölsere Betonung wirtschaftlicher Interessen und ihr allmähliches Verdrängen
aus der Institution zu Gunsten pseudostaatlicher Anschauungen und For-
derungen bildet mithin einen ganz wesentlichen, ja den erheblichsten einheit-
lichen Gesichtspunkt in der Geschichte der Grundherrschaft überhaupt. Nach
ihm, speciell nach den soeben erörterten zwei Etappen seiner Entwicklung sind
darum die nunmehr folgenden Untersuchungen über die Geschichte der Grund-
herrschaft geordnet wonlen.
In diesem Abschnitt also zunächst von der Wirtschaftsorganisation des
Grofsgnmdbesitzes : denn offenbar ist ihre genaueste Kenntnis die Vorbedingung
zum Verständnis aller staatlich-rechtlichen, später zu so gro&er Bedeutung er-
wachsenden Organisationen des Instituts.
Das Verständnis der Wirtschaftsorganisation selbst aber setzt wieder eine
genaue Untersuchung über die Bildung und den Charakter des Grofsgnmd-
besitzes überhaupt voraus. Dies weniger in dem Sinne, dais die Frage be-
antwortet werden müfste, wann zuerst Grofsgrundbesitz in deutschen Landen
Wirtschaft d. Grofsgrundbes. — 670 —
auftrat — diese Frage ist schon oft genug der I^ttfiing unterzogen worden^
so dafs eine erneute Erörterung zurückstehen kann, zudem a])er ist sie auch mit
unserem speciellen Material für die Moselgegenden nicht zu lösen. Die ei-ste echte
Urkunde unserer Gegend , das Grimonische Testament , ergiebt schon für die
erste Hälfte des 7. Jhs. einen ausgedehnten Grofsgrundbesitz im nordöstlichen
, Frankreich und westlichen Moselland: wieweit die Ent>ncklung eines solchen
zunächst im Frankenreiche tlber diese Zeit hinaus zurückreicht, kann nur ver-
mutet werden. Ungleich wichtiger als das Wann ist aber für unsere Er-
örterungen das Wie der Entstehung. Und die Art und W^eise, in welcher
die Bildung des Grofsgrundbesitzes vor sich ging, läfst sich in miscTer Gegend
wenigstens für den geistlichen Grundbesitz noch voll übersehend
Zum Verständnis der Eigentümlichen sich hier erge])enden Bildungen l)e-
darf es vor allem der Erörteiiing der von der Kirche für den Erwerb an-
gewandten Mittel, welche weniger auf Ankauf als auf schenkweisen Jlmpfang
von Grundbesitz hinausliefen und ein förmliches in sich abgeschlossenes System
der Er\verbspolitik bildeten.
Dies System war im wesentlichen ülierall auf dogmatische Anschauungen
begründet; die schon früh entwickelte Theorie von der Verdienstlichkeit der
Almosen ül)erhaupt^ — als solche erschienen die Gaben an die» Kirche — und
die Lehre vom Einflufs der Almosen auf das Schicksal der Seelen im Fegefeuer
insbesondei-e * l)Oten der kirchlichen Erwerbspolitik die kräftigsten Stützpunkte.
Zu verfolgen ist die Benutzung dieser Theorieen wie die der in diesen Zu-
sammenhang gehörigen dogmatischen und bil)lischen Anschauungen ü])erhaupt
vornehmlich in den Arengen der Urkmiden*. Den Grundstoff bilden hier Bil)el-
Sprüche, welche man mit seltener Geschickliclikeit aus den entlegensten
Büchern der h. Schrift für den öinen Zweck der p]rmahuung zu Sch(*nkungen
zusammengesucht hatte. Doch sind die rheinischen wie die deutschen Urkmiden
überhaupt in dieser Hinsicht längst nicht so reich und allseitig ausgestattet,
wie etwa die französischen*. Die Art aber, in welcher diese Bibelsprüche Ver-
') Auch in anderen Gegenden isf^dic? Art der Bildung des Grofsgrundbesitzes seitens
der weltlichen Herren kaum zu übersehen, wenigstens, wenn man auf lückenlose urkundliche
Begründung Wert legt Bei weitem das beste über die Entstehung des weltlichen Grofs-
grundbesitzes in dieser Richtung findet sich bei v. Inama, Giiindherrschafteu 8. 44 f.
2) S. Ulilhom, Liebesthütigkeit der alten Kirche, 2. Au«. S. 270 f.
^) Uhlhom a. a. 0. S. 280 f. Zur Geschichte speciell der Fonnel pro redemtione,
ßalute animae s. Uhlhom S. 411, Note 81 ; sie findet sich im Mosellande schon in der Arenga
des Test. Grimonis, 638.
*) Vgl. zum folgenden auch Back, Ravengiersburg 1, 27 f. über die Motive zu Schen-
kungen an Riiveugiereburg.
^) Aus rheinisclien Urkunden habe ich der Zeitfolge nach folgende Sprüche notiert:
Date et dabitur vobis: Honth. Ilist. 1, 104, 706; MR. ÜB. 2, 5, 741-42; 1, HO, 868;
Facite elemosinam et omnia munda sunt vobis: Ilonth. 1, 104, 706; MR. ÜB. 1, 25, 772;
88, 853; 25, 861—62 und oft in Echtemacher ürkk., femer MR. ÜB. 1, 110, 868; 206, 960;
210, 962; Dies domini sicut für ita in nocte veniet: MR. ÜB. 1, 189, 895; Qua hora non
— 671 — Bild. (1. Grofsgrundbesitzes.]
Wendung fanden, ergiebt sich sehr deutlich aus einer Arenga des Jahres 1136^:
ego H. . . cum sepius audirem et ipse animadverterem , quod sicut ignem
extinguit aqua, sie eleniosin^ diluunt et extinguunt peccata, (donavi etc.). Indes
deutlicher noch als aus den Bibelsprüchen erhellt die dogmatische Begründung
der Erwerbspolitik aus den im Ton selbständiger Mahnung gehaltenen Arengen,
welche sich unter Umständen zu kleinen, mit Bibelsprüchen gewürzten Parär
nesen erweitem. So heilst es in einer Urkunde des Erzbischofs. Friedrich von
Köln vom J. 1117 -: necesse est sie presentibus uti commodis, quatenus
putatis, lilius hominis veniet: MR. ÜB. 1, 139, 895; . . Lucra sine fiöe mansura: IVIR. ÜB.
1, 163, 923; Facite vobis amicos de mammona iniquitatis, ut cum defeceritis recipiant vos in
eterna tabernacula: MR. ÜB. 1, 257, 10. Jh.; vgl. MR. üB. 1, 235, 971; Honora dominum
de tua substantia: MB. ÜB. 1, 205, 959; 268, 993; Sicut aqua extinguit ignem, ita clemosina
extinguit peccatum: ÄIR. ÜB. 1, 83, 858; 206, 960; 268, 993; 486, 1136; 2, 153, 1196;
Schenkgeber Urkunden sancti David prophete verbig incitati et moti dicentis: dispersit dedit
pauperibus; iustitia manet in seculum seculi, comu eius exaltabitur in gloria: MR. ÜB. 1,
250, 978; Xon habcmus hie manentem civitatcm: Lac. üB. 1, 105, 169, 1033; Quod erogatum
est in seminis paucitate, recipietur in meeeis multiplicitate : Lac. ÜB. 1, 105, 169, 1033;
Serve bone et tideUs, quia supra pauca fiiisti iidelis, intra in gaudinm domini tiii: Lac. ÜB.
1,.144, 222, 1066—75; Thesaurizate vobis thesauros in c^lo: Lac. ÜB. 1, 159, 246, 1091;
Quantum quis in hac vita seminat, tantum in vüa etema metet: MR. ÜB. 3, 102, 1209. Zu
den Bibelsprüchen in französischen Urkunden des 11. Jhs. vgl. Lamprecht, Zur religiösen
Anschauung der Laienwelt in Frankreich während des IL Jhs., in Briegers Zs. ft'ir Kirchen-
geschichte Bd. 6, 494 f. Hier ergeben sich folgende Sprüche als angewendet : Ps. 24, 1 ; 62,
11; 112, 9. Spr. 3, 9; 11, 17; 13, 8. Pred. 8al. 9, 10. Dan. 4, 24. Sir, 3, 3;>, 38; 14, 17.
MaWi, 3, 10; 5, 3; 5, 7; 6, 20; 7, 2; 10, 16; 10, 37; 16, 26; 19, 29; 2Ö, 27; 25, 40.
Mark. 9, 41; 10, 21, 22. Liik. (i, 38; U, 41; J2, 33; 12, 48; 16, 1 ff., bes. 9. Joh. 6,27;
9, 4. Apg. 20, 35. Rom. 12, 6. 2. Kor. 6, 10 ; 9, 6, 7 ; 9, 9. Gal. 6*, 7, 8, 9, 10. Eph.
5, 15. Jak. 2, 17. Von ihnen finden sich nur die kursiv citierten in rheinischen Ur-
kunden; dagegen schiefsen in diesen ürkk. 6 Sprüche über. Der Reichtum der franzö-
sischen ürkk. ist also viel gröCser, besonders wenn man in Betracht zieht, dafs die hier
benutzten französischen ürkk. nur dem 11. Jh. angehören, wälirend die rheinischen das 8. bis
13. Jh. umfassen. AuTser den direkten Citaten sind treilich noch mannigfache Bezugnahmen
und mittelbare Ver^endungsarten von Bibolspiüchen zu beachten. So citiert Ennen, Qu. 2,
742, 241, 1245 nicht wörtlich 2 Kor. 5, 10 und 2 Kor. 9, 6; und namentlich seit dem
10. Jh. werden Bezugnahmen auf einige Gleichnisse des Neuen Testamentes sehr beliebt;
man vgl. MR. ÜB. 1, 235, 971; 270, 995; femer Ml. ITR. 1, 303, 1030, wo die verwitwete
Markgräfin Jutta von Lothringen schenkt aliquid in gazophilacium domini cmn vidua
paupere mittere studentes (vgl. dazu Arnold, de s. Emmeram. 2, 10); Lac. ÜB. 1, 170, 263,
1104. — Eigentümlich ist es, wenn sogar Horaz in Kontribution gesetzt wiid, vgl. MR. üB.
1, 270, 995: cum cuncta, que temporaliter possidentur, veluti fumus et umbra depereant, in
hoc tarnen possidenti erunt utUia, si ea decreverit ad anime sue dispensare remedia; atque
in hoc supra modum miranda et laudanda propitia deitas, quod inmensa ipsius annuente
gratia decidentibus semper acquirere statiu*a, transitoriis comparare semper possimus etema.
Und noch merkwürdiger berührt vielleicht die in Lac. ÜB. 1, 144, 221, 1066—75 stehende
neue Seligpreisung: Beatus, qui sie transit per bona temporalia, ut recipiat perpetuo
mansura.
1) MR. ÜB. 1, 486.
«) Lac. ÜB. 1, 284.
[Wirtschaft d. GroCsgrundbes. — 672 —
aetemae felicitatis semper mansuris non privemur gaudiis. de qua re hortaturus
apostolus Timotheum „divitibus, inqoit, huius seculi precipe non sublime
sapere neque sperare in incerto divitiarum, sed in deo \iTO, qui praestat nobis
omnia babundanter ad fruendum, bene agere, divites fieri in operibus bonis,
fädle tribuere, communicare, ihesaurizare sibi fundamentum bonum in futurum,
ut apprehendant veram vitam et in die Ultimi examinis audire mereantur
vocem domini dicentis: venite benedicti patris mei, percipite regnum, quod
vobis paratum est ab origine mundi**. Unzählige Arengen schlagen diesen
Ermahnungen verwandte Töne an, in denen sich altchristliche Anschauungen
mit späterer Auffassung mischen: noch im 11. Jh. wird die alte Vorstellung,
dafs Almosen ein Gebet sei, aufrecht erhalten ^ ; noch bis ins Ende des 9. Jhs.
gQt eine Schenkung an die Kirche als den Armen gegebenes Almosen^; die
liebe zum Hause Gottes • , die Bewährung in der Selbstverleugnung * soll
fröhliche Geber schaffen; auch die weltliche Obrigkeit mahnt zu freudiger
Entäulserung '^. Aber daneben finden sich schon seit frühester urkundlich
belegter Zeit andere gröbere Anschauungen in stets stärkerer Mischung; die
Zulassung von Schenkungen an Kirchen erscheint als ein besonderer Segen
Gottes*; die Überweisung von Gaben wird zum Slüinemittel menschlicher
Gebrechlichkeit ^ und zum sichersten Mittel für die Erlangung ewiger Freuden ® ;
Anfechtung einer früher gemachten Schenkung zieht Seelenqual im Jenseits
nach sich • ; auch auf dieser Erde wird jede Gabe durch Glück und Wohlsein
vergolten ^®. Damit nicht genug : schon seit dem 8. Jh. tritt der Gedanke auf,
dafs das Gebet anderer, vornehmlich der Mönche, wenn durch Gaben erkauft,
eigene Schuld zu heben vermöge^*: eine Richtung ist angedeutet, in deren
Verfolg sich die spätere vulgäre Anschauung vom Ablafs entwickeln konnte^'.
•
^) Lac. U6. 1, 149, 230, 1080 : Optimum est et salubre, sanctos doi et patronos nostros
cum precibus tum facultatibus nostris implorare.
*) MR. ÜB. 2, 5, 741—52; 1, 25, 772; 2, 25. 861-62.
») MR. ÜB. 2, 19, 817.
*) MR. ÜB. 1. 151, 905; Lac. i:B. 1, 113, 182, 1047.
«) MR. ÜB. 1, 257, 10. Jh.
*) Dei miseratio humano generi utile providit remedium, quando partem coelestis
patriae terrenae substantiae fecit esse pretium: Gründungsdiplom K. Heinrichs IT. für
Bamberg, MGSS. 4, 798.
•^) Ilonth. Hist. 1, 104, 706; MR. ÜB. 1, 8, 721; 2, 7, 762; MR. \JB. 1, 28, 775; 31,
777; 163. 923; und noch MR. ÜB. 3, 114, 1219.
") Schon im Test Grimonis vom J. 633 : adhuc pecuni^ lucrelis in evitando metabolum
venie fas redcmptionis habetur. Er schenkt pro anime meae remedium et tantorum abluenda
contagia peccatorum. S. femer MR. ÜB. 1, 19, 765; 34, 777; und noch MR. ÜB. 1, 887,
1052, sowie Cardauns Rh. ürkk. 10, S. 354, 1061.
•) MR. ÜB. 1, 144, 898; vgl. auch Gart. Clairefontaine 6, 1247 cit oben S. 640 Note 4.
»•) MR. ÜB. 2, 14, 817; 220, 964; 260, 989. S. auch oben S. 612.
") MR. ÜB. 1, 16, 762; 41, 804; 60, 834; 61, 835.
'*) Bemerkenswert ist dagegen, dafs eine andere in Frankreich sehr gewöhnliche Auf-
fiuBimg, wonach alles Gut eigentlich dem Herren — also der Kirche gehöre (vgl. z. B. Gart.
— 67B — Bild. d. GroüsgrundbesitzesJ]
Sehr natürlich, dals diese oft genug und mit bestimmter Tendenz seitens
des Klerus gegebenen Lehren allmählich in den selbstthätigen Empfindungskreis
der Laien übergingen. Wenn sich schon seit dem 9. Jh. die zur Überredung
gewählten Ausdrücke in den Schenkimgsurkunden abzuschwächen beginnen^ so
ist das ein Zeichen eben jenes Eintritts eigenen Empfindungslebens bei den
Laien. In der That erscheint schon beim Beginn des 9. Jhs. einmal Zer-
knirschung des Herzens als Motiv ^; später ist es namentlich die Reflexion
über das Schicksal der Seele nach dem Tode, welche speciell dann auf Schen-
kungen wirkt, wenn sie in Traumgesichten zu konkreten Gestaltungen gebracht
worden ist^. Und unverkennbar bleibt auf diesem Gebiete auch der weib-
liche, der Kirche vornehmlich zugängliche Einflufs, der bei der rechtlich ge-
sicherten Einwirkung der Weiber auf Veräufserungen um so stärker zur
Geltung kommen mufete®. Gleichwohl würde es ergebnislos bleiben, in den
Arengen der Schenkungsurkunden vor der zweiten Hälfte des Mittelalters nach
spontanem Willensausdruck seitens der Laien zu suchen; erst im 15. Jh., zur
Zeit einer späten und düifügen Nachblüte der alten Laienschenkungen, be-
gegnen hierher zu ziehende Äufserungen *.
Zu wie drastischen Mitteln man dagegen noch im früheren Mittelalter
greifen ftufste, um Laien zu Schenkungen zu bestimmen, zeigt namentlich die
Hineinziehung der Heiligen in die Erwerbspolitik. Da ist es zunächst all-
gemeine Sitte, dafs man die Auflassung direkt an den heiligen Patron des be-
schenkten Instituts, womöglich über seinen Reliquien vornehmen läfst, um auf
diese Weise den Schenkgeber mit den segnenden Kräften des Heiligen auf
sinnlich -unmittelbare Weise in Berührung zu ])ringen*. Indes in manchen
Fällen wurde eine noch viel direktere Einwirkung des Heiligen auf Fragen
der Erwerbspolitik behauptet. So heilst es vom h. Gorgonius, dem Haupt-
de SP^ 201, 75; Cart de Savigny 330, 652, 1018, s. Ps. 24, 1), mithin eine Schenkung
seitens der Laien nur einen Kückfall bedeute, sich in rheinischen Schenkungsurkunden nicht
wiederfindet, obwohl man die Anschauung kannte und sonst, z. B. in der Zehntfrage, aus-
zunutzen wufste; vgl. oben S. 609.
*) Compunctio cordis; Prümer ürk.von-801 hrsgg. von Lamprecht, Westd. Zs. Bd. 2
Korrbl. No. 173.
«) Vgl. Chron. Gladbac, MGSS. 4, 74—77; Ces. Heisterb. Dial. mai. 1, 34.
•) S. oben S. 629 Note 1 und dazu UlMettlach No.^VIII, 12. Jh. Mitte: G. de R.
instincta divini amoris simulque Adelheid^ su^ uxoris tradidit monasterio huic dimidietatem
molendini.
^) Die bezeichnendste, die ich gefunden, steht G. Rommersd. 66. 1486: wir Maut van
S^lbach und Margrete elude doin kirnt, daß wir aingesehn hain, daß alle dingh in dieser
weit vergenklich sint sonder die gnade gotz; und hain darumb bedacht unser beider seien
heil vorzukeren, und wanne wir van hinnen scheiden, daß wir der gnaden gotz allermeist
bedorfende sin, und demnach, got dem almechtigen zu loef und zu eren und unser
und auch anderen unseren beider alderen seien und, darvor wir des begemde sin, zu troist,
schenken sie.
») Vgl. MR. ÜB. 1, 58, 826; Lac. ÜB. 1, 4 u. 5, 5 u. 6; UlMettlach No. XDI,
12 Jh. Mitte, cit oben S. 639.
[Wirtschaft d. Grofsgnindbes. — 674 —
patroii von Gorze, dafs seine Eeliquien, wenn sie in feierlicher I^rozession
einlierjifetragen und irgendwo niedergesetzt worden waren, nicht eher wieder
vom Platze erhoben. werden konnten, bevor dieser Platz mit Zubehör an das
Kloster kam (quousque idom locus cum omnibus appenditiis eins [sancti] ditioni
jsubiceretur) ^ Freilich nicht alle Heilige wirkten gleich anziehungskräftig;
aber mindestens verteidigten sie doch durch Wunder den ihnen einmal Über-
gebenen Besitz^.
Indes wän^ es ungerecht, w^ollte man in der systematischen Anwendung
geistlicher Pressionsmittel für den Erwerb seitens der Kirche ein den Zeit-
4jenossen unmoralisch erscheinendes Verfahren erblicken. Dieser Gedanke
wird völlig dadurch ausgc^schlossen , dafs der Klerus bei Schenkungen an die
Kirche ganz von den gleichen Motiven ausgeht wie die Laien ^. Es ist walir,
dafe diese Motive hier bisweilen in edlerer Fonn auftreten, indes auch die
roheste Auffassung dei-selben ist nicht ausgeschlossen. Weim ein l^riester an
SUi'sula-Köln im J. 942 eine sehr bedeutende Schenkung macht mit der Be-
^ipllndung: pius dominus noster Jhesus Christus non quantitatem mmu^ris, sed
devotionem conspicit offerentis *: — so besteht doch nel)en dieser Motivierung
auch die ungleich derbere der Vita Ilathumodae Kap. 1: quanto . . plus
quisque- pro deo dimiserit, tanto maioris meriti apud deum erit, tanto maiorem
mercedem perceptui*us erit. Sicher ist (^s, dafs man nicht selten in diesen
Ai'engen d(^n Ausdiiick eines wirklich frommen Gefühls trifft', das sich sogar
auf Erwerb in Laienkreisen überträgt *\ Sicher aber ist auch, dafs der Kirche
selbst vor der Venohung der Jahrhundeile dmch immer raffinieiter aus-
gestattete Begi'ündungen bisweilen Angst wurde'', dafs wenigstens auf ver-
wandt(^n Gebieten Zust«^nde herrschten, welche diese Furcht erklärlich
») Mir. s. Gorironii c. 6, MCiSS. 4, 240.
'•) Ann. Lanib. 1071, MGSS. 4, 21: sanctiis llemacliis a suis Legiam deportatus de
Malniundario ins siiiim a rege virtutibus extorsit. Vgl. auch über den li. Ciorgonius Mir. s.
Gorgonii 10 u. 12, MüSS. 4, 241, 242.
^) Vgl. zuniichst die Arengen der Urkunden Ennen Qu. 1, 473, 19, 1022; 477, 22,
1028: MR. ÜB. 3, 102, 1219. S. femer Arnold, de 8. Emmeram. 2, 17, MGJSS. 4, 562,
namentlich alxT c. 20: als Bischof Wolfgang von Regensburg zu den Heiden geht, totum,
quod habere potuit, per manus paupenim in gazophylaeium Christi transmisit. S. ferner
für den moralischen Schenkungszwang des Klerus aufser oben 8. 594 Note 2 besonders ('es.
Heisterb. Dial. mai. 11, 43: Lutharius praepositus Bonnensis clericum habebat nimis avarum,
Monasteriensis ecclesiae canonicum, et quia ex eins consilio idem praepositus pendebat,
mnltam peconiam W'alterus congregaverat qui cum moreretur, nee unmu quidem denarium
pro aninia sua legavit.
*) VJtinen Qu. 1, 462, 19.
^) S. z. B. MR. ÜB. 2, 30, 895.
*) Interessant m dieser Richtung ist MR. ÜB. 1, 481, 1135. Hier spricht ein Laie:
Gustate et videte, quam suavis est dominus; bcatus vir, qui sperat in eo. cuius rei ego
argimientum sum: quia in eo speravi, possessiunculam, quam prius habui, adauxit michi cum
onmi illo predio . . in Vria.
"") Sigeh. Mir. s. Max. c. 3 § 27, 962.
— 675 — Bild. d. Grofsgruiulbesitzes.]
niafhen\ und dafs die Ketzer des 12. Jhs. den nicht selten auf solche Ver*-
rohuu*]: hin spekulierenclen Mönchen mit Recht voi-warfen: vos domum domui
et ainiini a^o copulatis et quae nmndi sunt huius queritis^.
Es begreift sich, wenn unter dem schwankenden Einflul's dieser so ver-
schie<lenartigen Auffassunjren und Bestrelmngen die kirchliche Erwerl)Si)olitik
durch den Lauf der Jahrhunderte hindurch sehr l>edeutenden AbwandlungeA
unterlag — Abwandlungen, welche fivilich auch durch die wechselnden Wirt-
schaftsformen, speciell durch das Emporkonunen geldwirtschaftlicher Tendenzen
mit bestimmt wurden.
Die schöne Zeit kirchlicher Erwerbsi)olitik ist das fi'Uhe Mittelalter etwa
bis zum Anfang, höchstens bis zur Mitte des 11. Jhs.* Endgültig abgeschlossen
ist diese erste Epoche mit der zweiten Hälfte des 12. Jhs.; damals spricht es
Erzbischof Philipp von Heinsberg offen aus: reftiguit Caritas*: die Schen-
kungen im* alten Geisü» waien in der That zur giöfsten Seltenheit ge-
worden ^.
Übersieht man al)er die gi'ofse Schenkungsepoche bis zum 11. Jh., so
lassen sich in ihr zwei Phasen unterscheiden. Die eine umfafst die Frtih-
zeit !)is zum 10. Jh.: in ihr geht der Impuls von der Königsmacht aus; die
Könige, und ihrem Beispiel folgend die Gro&en wie auch die kleineren Laien,
sind die miteinander wetteifernden Schenkgeber. Noch Karl III. nimmt die
Sorge für das mat(»rielle Wohl der Kirche spontan als Königspflicht in An-
sprach: oi)ortet nos vigilare, ut destructa queque monasteria et a ])ropriis
incuria deviaUi i)rivilegiis nostris, ubicümque poterimus, ad pristinum statum
coiTeformentur**. Dieser Gesichtspunkt wird nun zwar noch im 10. Jh. von
den Ottouen festgehalten mid \ielfach in grofsen Schenkungen bethiitigt "^ ;
noch Bei-thold** nennt in der 2. H. des 11. Jhs. als Haupttugenden des
Königs iustitia und jnetas, plus autem in regibus pietas laudatur; und noch
im Beginn d(»s 13. Jhs. wie auch später finden sich verwandte Anschauungen
vom Beruf des Ftkrsten** — indes diese Auffassmig hört doch mit dem Ende
') Ceß. Heisterb. Dial. mai. 3, 41: sicut audivi, quidara confessores pro uno gallinacio
et Tini sext. mnltonun poonam peccatomin vol relaxaiit vcl dissimulant.
-) Ennen Qu. 1, 524, 47, 1146.
') Waitz Vfg. 7, 184 Not« 1, auch S. 185, rechnet die Abnahme der Schenkungen an
die Kirche 8chon seit dem 10. Jh.
^) Ennen Qu. 1, 382, 94, 1180.
'') S. z. B. MK. ÜB. 2, 153, 1196.
•) MH. ÜB. 1, 124, 885.
') Vgl. u. a. Syri Vita Maioli 9; 2, 20.
«) Z. J. 1077, MüSS. 5, 297, is.
*) Sehr charakteristisch in dieser Hinsicht ist die Urkunde des Grafen Adolf von Berg
bei I>ac. ÜB. 4. 645, 1202: expedit nobis, qui huic seculo nequam militamus et in multis
nffendimus, ut misericordiam dei aliquibus operibus reconcilienms, et qui iudices constituti
sunius in terris, iudicem super nos agnoscamus in celis, satagcntes, ne nos quandoque feriat
illa terribilis sententia : ve qui presunt et non prosunt, et potentes potenter tonnenta patiamur.
fWiitschaft d. Grofbgrundbes. — ö76 —
der Karolingerzeit auf die für die kirchliehe Erwerbspolitik vor allein mafe-
gebende zu sein. Statt dessen tritt ein ganz anderer Impuls, als der des
königlichen bzw. fürstlichen I^ichtgefühls auf; es ist der Impuls der kirch-
lichen von Cluny und von den lothringischen Klöstern her verbreiteten
Reform. Dieser Einwirkung aber unterlagen nel)en dem sächsischen und
teilweis dem salischen Herrscherhause vor allem die Bischöfe^; ihnen ftUt
daher jetzt ein Itesonders groliser Anteil an den Schenkungen fbr kirch-
liche Institute zu. Ge¥rils waren das nicht melir Schenkungen im alten
Sinne, es handelte sich vielmehr nur noch um Überweisungen von Gütern
aus dem bis dahin unverteilten Diöcesanschatze an einzelne Institute; indes
diese VermögensiverBchiebung war doch grofs genug, um vom Gesichts-
punkte eben dieser Institute, der kirchlichen Grundherrschaften aus eine
neue Phase der Erwerbeentwicklung zu inaugurieren. Für Trier specieU
liegt die Blüte der neuen Entwicklung in der 2. H. des 10. uüd allenfalls
noch in der 1. H. des 11. Jhs., sie wird vornehmlich durch die Namen der
Erzbischöfe Dietrich I., Egbert und Poppo bezeichnet '. Allein mit dem
Schwinden der staatskirchlich friedlichen Zeiten Heinrichs IE. erkaltete die
liebe, andere Bischöfe kamen ins Land, Fürsten, nicht Diener Gottes, ein
Adalbert von Bremen^ Burkhard von Halberstadt, Anno von Köln. Wie anders
erscheint ihnen gegenüber der Bischof der Vergangenheit: non in adquirendis
municipiis vel grege militum operam adhibebat, sed aecdesiarum sublevavit
necessitates*. Natürlich al)er folgte diesem Verfall bischöflichen Schenkungs-
eifers der des Klerus wie der Laien überhaupt; wehrte man sich doch um
die Mitte des 12. Jhs. spöttisch sogar der Zehntabgabe ^. Nun eigab sich
zwar nach der letzten Periode grofser Schenkungen im Beginn des 13. Jhs.
auf Grund einer etwas verspäteten Kreuzzugsbegeisterung noch eine Nachblüte
wenn auch nur kleinerer Schenkungen^: indes auch diese Nachblüte schlofs bald
■
non enim sine causa portamus gladiom. se<l potestas nostra a dtH> est ad defensionem
Tidnanun et orphanonim et miinimentmn ecclesiamm. maxüne autem tenemur adesse domibns
religiosis et presidium ferre personis contemplatiTis. quanim confersatio in celis est. nt. cum
defecerint nostra inerita. ipsi suis suffragüs recipiant nos in etema tabemacula.
' ) Vgl. hierzu Lamprecht, Der Charakter der klösterlichen Reformbewegong Lothringens
im 10. Jh.. Picks Monatsschrift f. d. Gesch. Westdeutschlands Bd. 7, 91 flL 217 ff.
>) Man vgl. für Dietrich und Poppo beispielsweise MR. IB. 1. 244. 973; 326,
1016 — 47: für Egbert Invent s. Celsi 1, 6 und Lamprecht, Der Bilderschmuck des Cod.
Egberti zu Trier und des Cod. Eptemacensis zu Gotha, Bonner Jahrbücher Heft 70, 56 ff.
S. auch unten S. 712 Note 2. Aus anderen Bischofissitzen vgl. Cardauns Rh. Urkk. 3. S. 344, d48:
W'ikftid von Köln schenkt pastorali cura impulsus ac divinitus in visionibus persepe premonitus.
Sehr bezeichnend ist auch das Zeujniis Thietmars 6, o3 über Bischof Lievezo von Bremen : ad
altare dominicum nunqnam sine oblationibus accessit: assiduus populi monitor et hilaris
onmibus anrisit dator.
') Aus der Charaktei^hilderung Balderichs von Lüttich. 1008 ff.; V. Bald. Leod.
c. 2 u. 3.
*) S. oben S. 613.
*» S. oben S. 63S. vornehmlich Note 2.
— (577 — Bild. d. Grofsgrundbesitzes.]
•
ab. Der Grund hierfür lag vielleicht weniger im geistlichen Verhältnis der
Laienwelt zur Kirche, als in der wirtschaftlichen Entwicklung. Bis zum
11. und 12. Jh. konnte das kirchliche Vermögen, wie jeder reichere Besitz,
Yomehmlich nur in Grund und Boden bestehen ; jetzt nun , bis spätestens zur
Mitte des 13. Jhs., hatten schon stärkere Kapitalansammlungen stattgefunden,
welche die Anlage gröfserer Vermögensteile auch in mobilen Werten gestatteten.
Damit aber war den Laien, welche das Anwachsen des kirchlichen Grund-
besitzes schon längst mit besonderen Gefühlen verfolgt hatten, die Möglichkeit
gegeben, die Kirche von der Besitzfonn des Grundeigens thunlichst abzudrängen.
Sie thaten das, indem sie kirchlichen Grunderwerb entweder erschwerten oder
verboten*, und sie unterbanden damit selbstverständlich die alte Erwerbs-
politik der Kirche, welche überwi^end auf Grund und Boden ausgegangen war.
Wandte sich aber die Kirche nunmehr vornehmlich dem Erwerb mobiler
Werte zu, so mufete sich auch ihre Erwerbspolitik demgemäfs ändern. Bisher
hatte es sich neben kleineren Schenkungen doch zumeist, entsprechend dem
Charakter des Grundbesitzes, um gröfsere Überlassungen gehandelt; jetzt da-
gegen kam es darauf an, auf den verschiedensten Wegen kleine Kapitalbeträge
XU sammeln. Die Mittel zur Erreichung dieses Zweckes sind der innersten
Veranlagung und Motivierung nach von den bisher angewandten nicht ver-
schieden, nur popularisieren und schematisieren sie dieselben so stark, dafs
ihre äufsere Form als absolut verändert, als neu ei*scheint. Hatte man bisher
vermögenden Laien gegenüber das Seeleuheil als dringlichstes Motiv zur
Schenkung geltend gemacht, so wendet man sich jetzt unter Beibehaltung der-
selben Motivierung in systematisch abgestuften Ablässen öffentlich und schamlos
an die zahlende Menge; hatten sich bisher die Heiligen in Notfällen durch
Wunder l>ewährt, so benutzte man nunmehr ihre Reliquien zur Schaustellung
am heimischen Fest und im marktschreierischen Landesumzug. Und es be-
greift sich, wie die alte Erwerbspolitik in ihrer neuen Anwendung auf die grofse
Masse nunmehr, einer ihr von jeher inne liegenden Neigung nur zu sehr ent-
sprechend, au&erordenüich verrohen mufste.
Es ist nicht unsere Aufgabe, die Geschichte des Ablasses, der Heiligen-
feste, der Proze^ionen, der Heiligenschaustellungen im Moselland genauer zu
verfolgen. Genug dafs die ersten Ablässe im zweiten Viertel des 13. Jhs.
auftreten*, während der erste Fall eklatanter Heiligenschaustellung der fol-
») S. oben S. 657 f.
*) Man Tgl. als früheste Nachricht NotüI. c. 48 z. J. 1235 : indulgentiae a Gregorio IX
concessae eis, qai eleemosinas ad reparationem ecdesiae [sancti Maximini] dederint. Darüber
kinaos dominns Theod. Trev. archiep. 40 dies de iniuncta penitentia relaxat, Sifridus Mogiint
20, Landolph. Wormac. 40, dorn. Spirensis 20. insuper procuravit eisdem benefactoribus
idem Uenricus abbas [sancti Maximini] in suo et in aliis monasteriis tarn monachorum quam
monialium 3050 missas, 1600 pealteria et amplius. Weiterhin vgl. man in Goerz MR. Reg.
Bd. 8 für Heüigenfeste und Ablässe die Nrn. 826 u. 827 (1250), 906 (1251), 915 (1252), 1008
(1253), 1052 (1253), 1102 (1254), 1120 (1254), 1144 (1254), 1165 (1254), 1192 (1255), 1206
(Wirtschaft d. Grofsgrundbes. — 678 —
gende von Cesarius von Heisterbach im Dial. mai. 8, 68 erzählte sein dtlrfte:
quando ecclesiani suam monachi [Brunwilariensis] coenobii ampliare disposuerunt,
per quosdam sacerdotes saeculares in lingua potentes et ad emungendam
pecuniam efficaces dentem patroni sui beati pontificis Nicholai ad diversas
transmiserunt provincias^
Indes neben diesen äufserlich neuen Formen, sich die nunmehr ent-
wickelten Kapitalkräfte der Laien dienstbar zu machen, entfalteten die geist-
lichen Institute noch ])eträchtliches Geschick im Ausbau einiger bisher schon
mehr oder weniger regelmäfsig erhobenen Einnahmen. Im Vordergrunde steht
hier der Einführungszeit nach die Lebensversorgung. Sieht man von der
Unterbringung politischer Gefangener sowie unheilbar Kranker, namentlich
Wahnsinniger, in den Klöstern ab ^, wie sie schon seit frühester Zeit Sitte war,
und lälst man die stets bekannte Praxis der zeitweisen Unterbringung von
Kindern, namentlich Mädchen, zum Unterricht aufser Betr{icht*, so lassen
sich doch sjjätestens seit dem 10. Jh. auch wirkliche Pensionsgeschäftc auf
Lebenszeit nachweisen*. Ein heiTorragendes Beispiel liefert die Familie des
Abtes Johann von Gor/e^. Wie er, so treten auch seine Brüder als Mönche
ins Kloster ein, ebenso empfängt seine Mutter vom Kloster Kleidung und
Unterhalt unter der Bedingung, dafs der Besitz der Familie, solange Johann
lebe, dem Kloster zur Nutzniefsung verbleibe, nach dem Tode desselben aber
den Erben nur gegen Zahlung von 30 mr. Silber ausgefolgt werde. Der-
artige Geschäfte, welche schon im 11. Jh. mit dem Aufkommen der Laien-
brüder, das ebenfalls hierher zu ziehen ist, etwas zugenommen hatten,
wurden nun seit Schlufs des 12. Jhs. aufserordentlich gewöhnlich; die Klöster
^rhieltt^n geradezu Piivilegien in dieser Richtung. So erlaubt der Papst
Klemens III. der Abtei Himmerode®: liceat . . vobis clericos vel laicos liberos
et absolutes e seculo fugientes ad conversionem recipere et eos sine contra-
(1255) u. 8. w. Für Köln vgl. Ennen Qu. Bd. 2 Register Tit. Verschiedenes u. d. W. Ablafs.
Ziun J. 1344 schreibt Trithem. ann. Hirsaug. (Honth. Prodr. 1189) schon über den vollsten Kxcefs des
Ablafswesens. — Zu dem besonders interessanten Ablafs zur Vollendung des Koblenzer Mosel-
brückenbaues vgl. Bd. 2, 243 Note 7 und CRM. 4, 34, 1409.
^) Die besonderen Schenkungen bei Prozessionen bzw. Einzelwallfahrt sind schon sehr
^It; so schenkt Kaiser Lothar I., ab er oratio nis gratia nach Prüm kommt: MR. ÜB. 1, 87,
854. Eine Springprozession existierte in Prüm schon zur Zeit Abt Heinrichs von Schöuecken
(13. Jh. 2. IL), vgl. ♦Brands Chronik Bl. 32^ Kap. 63.
*) Vgl. z. B. Ann. Weifsenburg. 1058: Heinricus comes Palatinus, mentis insania captus,
tonsuram et monachicum habituni accepit, ac monasterium Gorziae sub specie religionis intravit
S. dazu auch Ann. Lamb. 1057, MGSS. 5, 159.
») Vgl. z. B. MR. ÜB. 3, 209, 1223: Ludwig und Wilhehn von Helfenstein, Brüder
und Waisen, haben noch drei Brüder und eine Schwester. Et ipsi W. et L. unam sororem
et tres fratres, quos adhuc habeut, quilibet duos sibi assumet et quousque infra annos fuerint,
sua diligentia in claustris ponent et prebendas eis requirent
. ^) Auch MR. ÜB. 1, 60, 834 kann man schon hierher ziehen wollen.
») Vgl. V. loh. Gorz. 45.
«) MR. ÜB. 2, 105, 1190.
— (579 — Bild. d. Grofsgnindbesitzes.]
dictione aliqua retinere. Dementsprechend spielen schon in der ersUMi Hälfte
des 13. Jhs., uM namentlich in den Cistercienserklöstern, Laienbrttder, welche
ttnter Ul>ert!*a«\Mig- pröfserer Summen, oft des p:aiizen Besitzes, aufjrenommen
sind, eine f?i'6fsd Rolle; die Schriften defi Cesarius von Heisterbach sind voll
Ton Anekdoten gerade über diese Klasse der Klosterinsassen ^ Und auch später
Hefsen die Einnahmen aus Konversionen nicht na<!h *, ja diese verbreiterten sich
sogar auf immef weitere Kreise geistlicher* Institute, z. B. den Deutsch-
Orden*. Hatte" man aber bedeutende EinAahmen von diesen Konversionen,
bei welchen der Konvertit öfters nicht l)lofS'Läienbruder, sondern geradezu
Mönch wurd^, 4etztere8 jedenfalls unter Voraussetzung der nötigen Bildung
stets wenlen Tconnte, so blieb nicht einzusehen, svannu nicht ein gleiches
System mich für dtm Eintritt ins Kloster ü])erhaupt Anwendung finden sollte.
Und in der That ist auf Grund diesei* Erwägung schon in der 2. H. des
13. Jhs. ein regelmäfsiges, auf einen Mindestbetrag fixiertes Eintrittsgeld, ein
sog. servitium consuetudinarium * , bei fast allen geistlichen Instituten ent-
wickelt. Die Anfänge in dieser Hinsicht al)er, soweit sie auf dem Boden der
Sitte wurzeln, reichen viel weiter zurück. Dafs Novizen bei ihrem Eintritt
ins Kloster Spenden darbrachten, ist eine Sitte, welche «ich verfolgen läfst.
^) Vgl. die klassische Äufsening beiiCes. Heisterh. Dial. mal. 1, 36: qiiidam converti
desiderantes de novo sc vestiunt^ com cognatis et aniicis ad monnstcrium vcniunt, ne quasi
Tagi et pauperes repulsam patiantur; alii vero, cum divite& sinU paupeiiiatis habitum assumunt,
ut ex huniilitate conversionis amplius mereautur. Doch ist zu beachten, dafs der Ausdruck
converti auch vom vollen Eintritt als Mönch gebraucht wird, wie denn die Grenze zwischen
Mönch und Laienbruder vom Gesichtspunkt ;der. Lebensversorgimg aus überhaupt eine
schwankende ist: zog man sich zurück, so wurde man je nach Neigung bald Laienbruder,
bald Mönch. Über die Motive derartiger Konversionen s. die schöne Stelle bei Ces. Heist.
Dial. mai. 1, 5. Für einzelne Typen vgl. Ces. Ileisterb. Dial. mai. 1, 37: miles quidam
Walewanus nomine converti desiderans cum dextrario et annis suis militaribus Ilemmenrode
venit, armatus claustrum intravit et, gicüt mihi retülerunt seniores nostri, qui tunc praesentes
erant, portario illum duccnte per mödiifm chornm vadcns conventu inspiciente et novam con-
versionis formam mirante super altare beatme Virginis se obtulit armisquc depositi^ in eadem
domo religionis habitum suscepit. Fömer Ces. Ileisterb. Dial. mai. 4, 6: apud nos monachus
quidam fuit, Theobaldus nomine, ante cöpversionem leccator opere vifto et tesscribus deditus
totos et propter suam scurrilitatem in tota civitate Coloniensi notissimus. saepe. illum nndum
per platöas eiusdem civitatis incedere vidi. — Im übrigjen ' hatten die Konversen auch noch
eine ganz besondere wirtschaftliche Bedeutung, s. darüber weiter unten.
«) Vgl. z. B. MR. ÜB. 3, 1440 z. .1. 1258, gehört zu 126«, vpl. Goerz MR. Reg. 3,
2355. 9. ferner »Or. St A. Koblenz Abtei Himmerode, reg. Goerz MR. Reg. 3, 2774, 1272
Dez. 21 : ego Hermannus dictus Niger de Traverbach samis corpore et mente omnibus liberis
meis consentientibus duas vineas measj quas proallodio meis temporibus tenui, . . in manns
Tenfrahifis abbatis domini Payni '-tunc temporis abbatis in Hcnuiionrode astantibuB lo.
borsario et Sewardo kamerario mönaehts de Hemmenrode rennntiavi libere et absolute.
kleni vero abbas in confratrem -me-'misoepit pure propter deum, conimittens arbitrio meo, ut
rebus meis in mundo di8p<ysitf^ et ^dinati!^ ad claustrum Hemmenrode convolarem.
») Vgl. Hennes ÜB. 1, 428, 1823.
<) S. Cod. Lac. 95, 1283, cit oben S. 642 Note 2.
[Wirtschaft (L Grofsgrundbes. — 680 —
soweit wir urkundlich überhaupt zurückdringen können*; und es ist natür-
lich, dafs diese Spenden je nach der materiellen Lage des Neueingetretenen
sehr verschiedenen Wert gehabt haben werden. Der Höhepunkt der materiellen
Bewertung lag aller Vermutung nach in der 2. H. des 10. Jhs. und allenfalls
der 1. H. des 11. Jhs.; damals ging im Gegensatz gegen früher, anger^
durch die geistlichen Reformideeen , eine grofse Anzahl vornehmer Laien
ins Kloster^. Später dagegen mag die Sitte, wenigstens materiell, wieder
von geringerer Bedeutung gewesen sein®. Eine wirkliche organisatorische
Regelung, einen Ausbau zur Verpflichtung erfährt sie wohl zuerst in den
Nonnenklöstern; hier liegen seit Beginn des 1;5. Jhs. genugsam Zeugnisse vor,
dafe eine bestimmte Eintrittssumme, später Volleist genannt, erhoben wurde*.
Den Nomienklöstern folgten dann die Mönchsklöster nach, bald, wenn nicht
gleichzeitig, in grofsen Städten wie Köln**, später wie es scheint auf dem
1) Vgl. MR. ÜB. 1, 19, 765, und 32, 775, für Prüm, und Lac. ÜB. 1, 30, 65, 855, fiir
Werden.
') V. loh. Gorz. c. 55; ein Beispiel c. 57—59. Femer Arnold, de s. Emmeram.
2, 14. Später änderte sich das wieder; die Ideale wurden andere. Man vgl. nur die fol-
genden Stellen über den Beruf des Mönches und des Kitters.
Gr^. 1335: ir habt das süezeste leben
daz got der werlde hat gegeben:
swer im'z ze rehte hat erkom,
der ist saelic geboren. —
Gr% 1359: ritterschaft daz ist ein leben,
der im die mäze kan gegeben,
sone mac niemen baz gewesen,
er mac gotes ritter gemer wesen,
dann' ein betrogen klösterman.
«) Vgl. z. B. Lac. ÜB. 1, 113, 182, 1047; MR. ÜB. 1, 642, c. 1163; 643, c. 1163.
*) Vgl. *Dipl. Kingrav. No. 178 Miltenberg, jetzt Reichsarchiv München, Goerz. MR.
Reg. 2, 936, 1202; Büttinghausen, Beitr. zur pfälz. Gesch. 325, 1204; MR. ÜB. 3, 605, 1237;
Andernach. Schreinsr. No. 60, G. 206, (1241): M. P. delegavit ecclesie sanctimonialium in
Comeda [Chumbd] mediam portionem substantie sue cum ülia sua ibidem inclaustrata necnon
et cum nuru sua ibidem inclaustrata. et domina G. cognomento 0. predictis dominabus cum
sua filia ibidem inclaustrata 2 partes sue substantie.* et domina D. filia domini I. cognomento
R. cum sua iilia ibidem inclaustrata ctiam diraidiam portionem substantie sue. Nach Honth.
Hist 2, 355, 1417 beträgt der Volleist einer sofort (jung) eintretenden Novize im Kloster
Dierstein 604 gl.
») Ennen, Qu. 2, 36—37, 31, 1200. Hier findet sich sogar schon im J. 1208 die Ein-
richtung einer ewigen und erblichen Familienpräbende, vgl. Ennen, Qu. 2, 33, 28: die Abtei
von SPantaleon schenkt an den Ritter von Ulmen und an seine Familie plenius fratemitatis
nostre . . consortium. preterea ad confirmandum inter nos et ipsum . . amiciti^ rinculom
ad petitionem ipsius, pro quacunque persona sui generis ad servitium dei et sancti Pantaleonis
idonea petere decreverit, prebendam hereditarie concessimus, ita etiam, ut una exspirante
alia ab eiusdem generis procedens linea subrogetur. . . ne . . in posterum inter coosanguineos
Ulla fiat petitionis disceptatio, decrevimus, ut huius scripti [des Herrn von Ulmen] heres
primogenitus sit posseseor necnon collati beneficii sit perpetuus institutus. huius rci gratia
— 681 — Bild- d. Grofsgrundbesitzes.]
platten Lande*, während die Stifter, bei welchen der Eintritt am ehesten
an andere Voraussetzungen der Herkunft und des Standes geknüpft war, sich
erst mit Schlufs des Mittelalters zm* Erhebung eines bestimmten Eintrittsgeldes
entschlossen zu haben scheinen^.
Nattlrlich legten es solche periodische Einnahmen, wie sie in Lebensrenten,
Pensionen, Eintrittsgeldern und ähnlichen Erhebungen bestanden, nahe, die
Begründung eines Klostei's geradezu als ein lukratives Unternehmen zu betrachten,
bei welchem das Seelenheil durch die Stiftung noch nebenher um ein Bedeu-
tendes gefördert wurde : mithin Gesichtspunkte anzuwenden, wie sie später etwa
bei Begründung der Montes pietatis mafsgebend waren. In der That finden
solche Anschauungen schon seit Ende des 12. Jhs. Eingang. Noch im Laufe
des 12. Jhs. waren Stiftungen gemacht worden, welche sich durchaus und
allein aus dem alten Anschauungskreise der Verdienstlichkeit guter Werke
erklären. Freilich nahmen diese Stiftungen an Bedeutung immer mehr ab
— mau braucht sich filr unsere Gegend nur die Stiftungsreihe Laach c. 1112,
Schiifenbm-g 1139, Lonnich 1142 f.. Merzig 1153 zu vergegenwärtigen^.
Etwas Neues aber ist es, wenn im J. 1196 das Kloster Chumbd sine spe
questus vel a<lvocatie gegiündet wird*, und wenn unter der hier abgelehnten
Voraussetzung vom 13. Jh. ab eine ganze Anzahl kleiner Stiftungen etwa
in der als typisch zu bezeichnenden Art der 1318 auf dem Kirchhofe zu
Mertloch pro octo puellis ])egrüudeten Klause^ entstehen. Hier waren die
neuen, seit dem 13. Jh. von den Klöstern voll entwickelten Erwerbsquellen
den Laiengrimdeni dienstbar gemacht, vielleicht sogar soweit als sie aus Ab-
lässen und vei-wandten Unternehmungen flössen.
Wir stehen damit am Abschlufs der kirchlichen Erwerl)spolitik des
Mittelaltei*s sowie der auf sie basierten Erwerbsformen, soweit sich dieselben
auf Schenkungen beziehen. Als Resultat ergiebt sich, dafs die Entwicklung auf
Begillndung von Grofsgnmdbesitz nur bis höchstens zur Mitte des 11. Jhs.
west^ntlich, in her\'on'agender Weise aber nur bis zum Beginn .des 10. Jhs.
einwirken konnte, während sie seitdem überwiegend der Gewinnung von
Rechten, Kapitalien und von kleinem mit diesen gemischtem Giiuidbesitz
zugewan<lt war. Nun war allerdings die Schenkung nicht die einzige kirch-
liche Er^'erbsform ; neben ihr kommen noch Kauf und Tausch in Betracht^.
[das Geschlecht Ulmen] . . tidele nobis et bonis ecclesi^ nostr^ in omnibus patrocinium
promisenint
1) Vgl. Cart Orval 497, 1278 und *0r. Koblenz St A. Abtei Prüm Rep. No. 44,
ISOO Jan. 2.
«) Vgl. Stat Wetzlar. 1433, Blattau 1, 261.
») >[R. ÜB. 1, 425 ; 512 ; 526 ; 575.
*) m\. ÜB. 2, 157. Doch vgl. Büttinghausen, Beitr. zur pfälz. Gesch. 2, 325, 1204:
Heinrich von Dicka schenkt an Chumbd gewisse Güter bei Auftiahme seiner Tochter; sowie
oben das Citat aus Andernach. Schreinsr. No. 60 auf S. 680 Note 4.
») CRM. 3, 96.
*) Nach MR. CB. 1 , 57 , 826 ist Prüm reich geworden ex liberalitate liberorum
Lampr^cht. I>Aat«ch«8 Wirtschafttleben. I. 44
[Wirtschaft d. Grofsgrundbes. — 682 —
Jedoch spielt die Schenkung doch so sehr die Hauptrolle^ — sind doch selbst
viele Käufe genauer besehen halbe Schenkungen^ — , dafs man nur von
ihrer bevorzugten Betrachtung aus wie zum Verständnis der Erwerbspolitik,
so zu dem des Charakters des kirchlichen Erwerbes gelangen kann*.
In letzterer Beziehung aber ergiebt sich nun, dafs die Schenkungen
fast nie ohne Klauseln erfolgten, fast stets irgend welche Bedenken wach
riefen. Sehen wir auch von der Notwendigkeit ihrer Bestätigung durch den
König wenigstens bei Reichsabteien ab* — eine Bestätigung, welche übrigens
in der Blütezeit der Schenkungen einen beständigen vom Kloster zu bestreitenden
Verkehr zwischen Hof und Kloster nötig machte^ — , so lag auch in der
erbrechtlichen Gebundenheit des Gnmdeigens im früheren Mittelalter selbst
bei deren ausnahmsweiser Lösung im Schenkungsfall stets der Anlafs zu einer
grofsen Anzahl von Schwierigkeiten. Bald waren nicht alle Formen erfüllt,
bald fand sich ein übersehener nächstberechtigter Erbe, bald verleugneten
hominnm tarn per traditiones commutationes venditionos. Ähnlich heifst es im ÜRupertsberg
S. 366 von dem im J. 1147 angelegten Rupertsberg: cum ibidem nichil omnino possessionis
haberemus, primum fundum a domino B. comite de Hildensheim pro 20 mr. emimus. ea
vero, qu(^ modo possidemus, aliqua emimus, aliqua pro animabus tidelium collata sunt Zu
einzelnen Käufen vgl. Chron. Median! mon. 12, MGSS. 4, 91—92, ca. 1000; UlMettlach
No. II, 1095, Fitten; IVIR. ÜB. 2, 16*, 1172: 3, 60, 1216; Bd. 3, 64, fi, 1273.
*) Nach dem Urbar des Deutschordenshauses zu Saarburg, *Koblenz St A. ürk. 1301
Dez. 18, erfolgt Besitzvermelirung per legata clemosinas testamenta et per aliam viam.
") Vgl. Lac. ÜB. 1, 112, 180, 1045: Jemand schenkt an die Abtei Deutz pro remedio
anim^ me^ et coniugis me^ et pro 150 mr. . . . ut in die obitiis nostri orationes veluti
fratrum agant et sepultura nobis loco concedatur ipsissimo. Cardauns Kh. ürkk. 14, S. 359,
1126: der Abt von Brauweiler erwirbt von Ministerialen des P>zbischofs von Köln; qui
multis petitionibus devicti tandem annuerunt et minori, quam ab aliis offerretur, accepto
precio . . quia pro remedio animamm parentiun suorum et ipsorum . . optulcrunt. MR. ÜB.
1, 514, c. 1140, schenken Leute partim pro susceptis muneribus partim pro animabus.
Erhard CD. Hist Westf. 2, 306, 1155: Kappenberg erwirkt für 30 mr. examinati argenti deo
annuente 2 Weinberge in villa iuxta Renum, que dicitur Riemago.
*) Über Tausch, Schenkungen u. s. w. bei kirchlichen Instituten vgl. auch v. Inama,
Grofsgrundh. S. 90 f., 115 Note 3.
*) Vgl. für Prüm MR. ÜB. 1, 69, 831; 70, 842; 58, 844; 105, 866; 117, 880; femer
fiir Burtscheid Lac. ÜB, 1, 92, 150, 1018. Dafür, dafs der Einflufs des Königs in dieser
Hinsicht weiter reichte, als blofs auf die Reichsabteien, vgl. G. cp. Camerac. 1, 73, 946; zu
den Gründen s. Chr. Gladb. 12, MGSS. 4, 76: antistes [der Kölner Erzbischof] . . a se
monasterium constnictum auctoritate propria haud satis firmum ratus stabiliri mimificentia
regali et sedis apostolicae privilegiis elaboravit insigniri. S. auch Rod. Glaber 5, 4, MGSS.
7, 71, 10 : contigit . . ut abba cuiusdam monasterii honcstae possessionis eidem imperatori
[Heinrich UI.] equum valde optimum praesentaret, quatenus sibi ac loco sibi commisso illius
liberalitatis amicitiam conciliaret . . . at Imperator gratanter illum suscipiens suimet evectioni
destinavit.
^) Vgl. MR. 1,57, 826; G. Witig. v. 158: Witigowo von Reichenau sepius ad regem
cursum tenet ecce frequentem. Chron. s. Mich. Vird. MGSS. 4, 81: Äbte, qui palatia
frequentontes apud religiosos principes monasterii sui utilia providerunt et praeceptis regalibus
loci dignitatem communire studuerunt S. femer Chron. s. Mich. Vird. 11, MGSS. 4, 82;
V. Bald. Leod. 1.
— 683 — Bild. d. Grofsgnmdbesitzes.]
ursprünglich zustimmende Erben nach dem Tode des Schenkgebers ihre frühere
Einwilligung: stets gab es zu sorgen und eifei-süchtig zu wachend Gerade
diese Umstände erklären es, wenn die mittelalterliche Klosterverwaltung,
soweit wir sie aus erhaltenen Akten begreifen können, mindestens ebensosehr
auf den Schutz wie auf die Organisation des Erworbenen Bedacht nahm.
Aufserdem aber waren bedingungslose Schenkungen eine Ausnahme; zumeist
war vielmehr jede Schenkung an fast stets dauernd lastende Abmachungen
geknüpft^. Die einfachsten dieser Bedingungen waren noch die rein geist-
lichen, kaum mit Kosten verknüpften, speciell die Abhaltung einer Memorie*.
Freilich wurden auch diese Memorien durch ihre Anhäufmig im Laufe der
Jahrhunderte zur unerträglichen Last, und 'so kann es nicht auffallen, wenn
schon in der 1. H. des 13. Jhs. amiiverearii, tricenarii und septenarii dies
unterschieden werden*, und wenn in der 2. H. des 13. Jhs. stellenweise eine
merkwürdige Unifikation dieser Verpflichtimgen stattfindet^. Neben dem
Meuioriengenufs aber stand seit alter Zeit als besonders gesuchte Bedingung
rein g(»istlicher Natur die Aufnahme in die Gebetsgemeinschaft des Klosters,
das plenarium orationum et fratemitatis consortium®; schon im 10. Jh. finden
wir es zu Prüm im Verein mit einer Begräbnisexspektanz zur Grundlage
besonderer durch Schenkungen zu erwerbender Bruderschaftsrechte ausge-
beutet'.
Indes neben diesen Verpflichtungen rein geistlicher Natur kamen
gemischt geistlich-weltliche, wie sogar rein weltliche vor. Die der ersteren
Art sind l)ekannt genug, sie schliefsen sich in krauser Mannigfaltigkeit beson-
ders gern an die Memorien an. Um nur einiges zu erwähnen, so verpflichtete
eine Memorie von etwa 1046 zur Speismig und Kleidung der Billder von
>) S. oben S. 632 Note 4; Cart Orval 166, 1212.
') Von regelmäfsigen, auf einmal und für immer zu erledigenden Bedingungen ist mir
nur die eine der Beerdigung des Schenkgebers im Kloster aufgefallen; vgl. UlMettlach
No. XII, 12. Jh. Mitte, cit. S. 640 Note 1, und UlMettlach No. VII, 12. Jh. Mitte:
defiinctus positus in monasterio sancti Liutwini requiescit in monumento patris sui
») S. beispielsweise aufser Lac. ÜB. 1, 108, 174, 1041 auch UlMettlach No. XVII, 1127
bis IISO: eine Frau schenkt Gut ea conditionc, ut post mortem ibi scpeliretur et memoria
eins in perpetuum haberetur.
*) Ennen, Qu. 2, 81, 67, 1220.
») S. die Urkunde vom J. 1263 in Bd. 3 Xo. 15.
•) Vgl. vornehmlich Köbier Urkunden, Ennen, Qu. 1, 508, 46, 1134; 525, 58, 1144—47;
538—9, 65, 1152.
') Vgl. die sehr lehrreiche Stelle im *Breve Chronicon mon. Prüm., Koblenz St.A.
G. 4 fol. Bl. 22« f., Kap. 36, Bl. 29»; Eberhardus de Sahnis [Abt von Prüm 971—981]
celebrem . . confratemitatem in honorem sancti Bencdicti erexit, cui comites et nobiles
pleriqne circa hnius terrae partes nomina sua subscripsere hunc in finem, ut vigiliarum
orationum cnnctorumque bonorum operum, quae in eodem loco incessanter a fratribus
operabantor, participes redderentur, qui etiam post obitum monastico habitu induti et in
eadem ecclesia sepulturae mandati foelicem ibidem diem resurrectionis exspectant Vgl. dazu
Bd. 3, 319, tr f.
44*
[Wirtschaft d. Grofsgrundbes. — 684 —
SSeverin-Köln ; die Memorie der Äbtissin Theophanu von Essen umfaiste
die Spendung von 5 s. jährlich an 100 Anne, aufserdem die Ausgabe von
235 s. unmittelbar nach dem Tode der Stifterin in Posten von 5 bis 80 s.;
und Kaiser Heinrich IV. bestinmite pro remedio animae in einer Schenkung
an Prtlm folgende Armenpflegen: solange er lebe, Speisung von je 50 Annen
am 6. Januar, 31. März, 17. Juli jedes Jahres, nach seinem Tode Speisung
von ebenfalls 150 Kleidung von 42 Annen an jährlich zwei Terminen*.
Weniger häufig als derartige Verpflichtungen werden rein weltliche Lasten
bei Schenkungen stipuliert; besonders selten geschieht das von einfachen
Laienpersonen ^, öfter dagegen von Genossenschaften, speciell Markgemeinden,
welche sich bei Erlafs gewisser Lasten gern Rekognitionszinse bedingen®.
Alle diese Lasten würden nun für die Verwaltung weiter keine Schwierig-
keiten gebracht haben, hätten sie die Einkünfte der Schenkungen voll absor-
biert, oder hätten sie, imter voller Einbeziehung der Schenkungseinkünfte in
6ine gemeinsame Kasse, auf einen einzigen Ausgabeetat gebracht werden
können. Von diesen beiden Möglichkeiten kam aber die erstere äufserst
selten^, die zweite nie vor. Vielmehr lautete die Stipulation durchaus dahin,
dafs die bedungenen Ausgaben aus den Eiimahmen des Schenkungsobjekts zu
decken, der Ubei'schufs zu Gunsten des beschenkten Instituts abzuführen
sei *. Mit anderen Worten : diese Lasten waren ebensogut radiziert wie irgend
welche andere, z. B. grundherrliche oder markgenössische, und die ßadizierung
war zu einer Bedingung der Schenkung gemacht. Versuchten daher die
geistlichen Institute namentlich seit dem 13. Jh. ihren Besitz, soweit sie ihn
belastet erhalten hatten, allmählich von Lasten zu befreien *, so mufste dieses
Bestreben vor dem unter Riidizierung von Lasten geschenkten Besitz de iure
Halt machen. Es versteht sich, wie aufserordentlich diese Lage der Ent-
wicklung einer vernünftigen Finanzgebarmig entgegenstand. Am besten
konnte man sich noch da helfen, wo wie l)ei den Stiftern ein Teilgenufs des
Institutseinkommens eingetreten war : hier wurde die Aufsicht über die richtige
Verwaltmig der durch Schenkimg auf je<ies einzelne Besitzstück radizieiten
Lasten dem Nutzniefser eben dieser Besitzstücke anvertraut ^. In den Klöstern
») Cardauns, Rhein, ürkk. 6, S. 351, c 1046; Lac. ÜB. 1, 122, 190, 1054; MR. ÜB.
1, 403, 1101. VrI. u. a. auch Cardauus, Rhein, ürkk. 10, S. 3H 1061; Lac. IIB. 1, 159,
247, 1091 : 168, 260, 1101.
2) Lac. ÜB. 2, 178, 1231 : m\, ÜB. 3, 613, 1238—39.
8) MR. ÜB. 1. 640, c. 1163; 3, 1268, 12.54; Bd. 3, No. 49, 1272.
*) Z. B. Ennen, Qu. 1, 505, 43, 1099-1131.
») Vgl. u. a. MR. ÜB. 1, 83, 853 — die erste derartige Urkunde im MR. ÜB. — ;
Lac. ÜB. 1, 111, 179, 1043; 131, 203, 1064—66; MR. ÜB. 1, 520, ca. 1140; Bd. 3, S. 61,
84 f., 1272.
»^) Vgl. dazu oben S. 658 Note 2.
^) *Reg. cens. et anniv. eccl. mai. Trever. 1399, Hannover Bibl. XVIII, 1006: häutige
Verzeichnung von propinationes und spendae der einzelnen pensionarii zu dem Anniversar des-
jenigen, der die von ihnen innegehabte Pension an das Kapitel geschenkt; z. B. zu Jan. 29:
— 685 — Bild. d. Grofsgrundbcsitzes.]
dagegen verhinderten die Radizierungen noch auf lange Zeit jede einheitliche
Finanzverwaltung.
Neben der einmaligen und dauernden Belastung der Schenkungen end-
lich findet sich noch eine zeitweilige, welche fast stets eine Reihe von Jahren
unmittelbar nach der Schenkung andauerte. Hierher sind schon, wenn man
will, die Schenkungen von Todes wegen zu rechnen, namentlich dann, wenn
der Anerkennungszins eine beträchtlichere Höhe eiTeichte^. Mit der Schenkung
von Todes wegen aber fällt zugleich die in den Rhein- und Mosellanden seltene
Form der Manusfinna in diesen Bereich^. Weit deutlicher erhellt indes
diese Art der Belastung bei der Prekarei^, beim Leibrentenvertrag, sei es für
die eigene Person des Schenkgebei-s oder andere*, sowie auch bei den schon
fiüher besprochenen völligen Pensionen oder Lebensversorgungen auf Grund
von Schenkung. In allen diesen Fällen tritt der Genufs der Schenkung erst
nach Jahren und nach einer Reihe von Leistungen ein, deren Bestreitung die
Verwaltung der geistlichen Institute notwendig verwickelt gestalten mufste.
Man kann daher nicht sagen, dafs die Erwerbsfonnen, wie sie trotz der ver-
schiedenen Entwicklungsstadien der kirchlichen Erwerbspolitik dieselben
Wieben, höchstens sich noch komplizierter ausbildeten, der Führung einer
rationellen Verwaltung irgendwie günstig gewesen seien.
Dasselbe gilt aber auch vom Charakter des erworl)enen Besitzes. Kirch-
licher Besitz ist Sammell)esitz : in ihm treffen sich in buntestem Wirrwarr
Eigentums- und Fordenmgsrechte, Boden und Kapital, Fahrhabe und Inuno-
bilien. Indes waren die einzelnen Bestandteile in den Schenkungen ver-
schiedener Zeiten doch sehr vei^schieden vertreten.
In der älteren Zeit, welche etwa mit der ersten Periode der Erwerbs-
politik bis zur Mitte des 11. Jhs. zusammenfällt, ül)erwiegt ganz entschieden
der Land]>esitz ; noch die Gladbacher Chronik c. 15, MGSS. 4, 76, nennt als
Vennögensteile des Klosters libri, reliquiae, praedia. Gerade auf dem Land-
besitz beruhte ja in naturalwirtschaftlicher Zeit die Bedeutung wie des Staates,
so der social führenden Schicliten, der weltlichen wie der geistlichen Aristo-
kratie^. Das Landeigen aber, welches an <lie geistlichen Institute geschenkt
memoria Karoli Magni et aliorum, qui contulcrunt nobis Velle cum suis attinentiis; pcn-
sionarius solvit 40 s. et propinabit Febr. 6: memoria ipsius, qui contulit nobis Pillich,
pensionarius solvet 40 s. et propinabit Febr. 13 : memoria illomm, qui contulerunt Minhem,
pensionarius solvit 80 s. et propinabit
^) Das ist aber das Gewöhnliche. Schenkung von Todes wegen ohne Rekognition habe
ich nur * Andernach. Schreinsr. No. 169, 13. Jh. 2. H., gefunden. Im übrigen vgl. zur Re-
kognition Lac ÜB. 1, 112, 181, 1045; Cardauns, Rhein. Urkk. 12, S. 357, 1095—9; Lac. ÜB.
1, 170, 263, 1104.
*) Vgl. Lac ÜB. 1, 167, 259, 1100.
') Zur Prekarei vgl. unten Teil 3 dieses Abschnittes.
*) Vgl. Lac ÜB. 1, 146, 225, 1073—75; Cod. Lac 88, 1280; ÄIR. ÜB. 3, 1503, 1259.
«) Vgl. Richer 2, 11.
[Wirtschaft d. Grofsgnmdbes. — 686 —
•
wurde, war meist grofs^ Vornehme schenken einen oder mehrere Höfe oder
Hunderte von Hufen ^, Geringere doch meist noch Vollhufen. Das Gleiche
ergiebt sich bei Schenkung kirchlicher Vermögensobjekte: auch hier handelte
es sich stets um ])eträchtlichen Besitz — wurden doch noch am Ende des
9. Jhs. ganze Al)teien verschenkt^, und waren doch die allgemein als Gegen-
stand der Übertragung behandelten Pfarrkirchen und Kapellen im früheren
Mittelalter reich an Hufen und Zehnten*.
Alles das änderte sicli immer mehr seit etwa Mitte des 11. Jhs.^.
Zwar spielt auch jetzt noch bis ins 13. Jh. hinein der Immobiliarerwerb eine
hervorragende Rolle; allein er ist anderer Natur. Statt des vollen nahezu
unbeschränkten Eigens am Lande besteht er bei grofsen Schenkungen
nunmehr neben einem Substrat von Gnind und Boden nur noch aus gnmd-
herrlichen Rechten, und bald werden die letzteren auch einzeln veräufsert
oder erlassen®. Nicht minder verändert erscheint der Immobiliarerwerb
bei kleineren Ubertragimgen : die alte Hufengröfse tritt nur noch zerstreut
auf, den VoiTang haben Landgüter verschiedener, meist geringerer Dimension.
Wie sich unter diesen Einflüssen der Immobiliarerwerb eines Klosters am
selben Orte gestaltet«, mag eine Aufzeichnung der Abtei Rommersdorf über
ihren Besitz in Roth bei Wierdorf (Kr. Neuwied) vom J. 1216 zeigen^.
Damals besafs Rommersdorf daselbst curtim, que vronehof dicitur, et agros
illi attinentes; item allodiiun, quod comparavit a quodam milite E. nomine
et suis coheredibus ; item bona cuiusdam H. et filii eins ; item bona, que quondam
fuerunt E. postea conversi ; item bona cuiusdam V. et ipsius coheredum ; item
^) Thietmar 4, 24, 81. Vgl. dazu wie zum folgenden auch weiter unten.
*) Vgl. Cantat. s. Huberti 4, MGSS. 8, 571, betreffend die ältesten Besitzungen von
SHubert
») Vgl. G. abb. Lob. 15, MGSS. 4, 61, 895; Lac. ÜB. 1, 42, 79, 897.
*) Zu den Pfarreiverleihungen vgl. Bodmann 2, 861. In unserer Gegend wird schon
Lac ÜB. 1, 20, 40, 820 eine Kirche wie anderes Eigentum an ein Kloster verschenkt. Zu
späterer Zeit vgl. z. B. oben S. 175. Zum Reichtum der Pfarrkirchen vgl. aufser MR. ÜB.
1, 93, 856 MR. ÜB. 1, 223, 966: die Kirche zu Diedenhofen besitzt den mansus dotalitius,
omnis decimatio tam macelli et census quam et frugum et peccorum nostro usui atquisitomm,
2V2 alii mansus cum successoribus mancipiorum . . Martini et Scazelonis omnique eorum
possessione et subpellectili. S. femer Boehmer, Cod. Francof. S. 9, 977: aecclesiam ad
Piscofesheim cum onmi decimatione, cum mancipiis et terris ad eam pertinentibus ; MR. ÜB. 1
No. 245, 975: die Kirche in üexheim hat 18 mansi, die von Reiferscheid 6 mansi und ein
Weiderecht von 100 Schweinen absque decimatione. >ni. ÜB. 1, 192, 1017 findet sich sogar
eine Kapelle Bevem cum quinque mansis.
*) Einen vollen Eindruck der vorgegangenen Veränderungen bietet im Widerspiel zu
der oben Note 2 citierten Stelle MR. ÜB. 3, 1376, 1256, die Dotation des SElisabeth-IIospitals
Trier enthaltend.
«) Vgl. Bd. 3, 40, 28, 1264; Hennes ÜB. 2, 294, 1287.
'') MR. ÜB. 3, 297. Verwandte Aufzeichnungen s. MR. ÜB. 1, 654, um 1165; *0r.
Koblenz St A. Himmerode, 1263 Sept., deutsche Übersetzung bei Baersch, Eiflia' illustrata
2 a, 22, reg. Goerz MR. Reg. 3, 1917. S. auch Cod. Lac. 142, 1326.
— 687 — Bil<l' d. Grofsgmndbesitzes.]
niedietatein bonorum cuiusdam R. et eius cohereduin. Zersplittert und
gemindert wie der weltliche Erwerb erscheint aber auch der geistliche.
Die Pfarrkirchen waren zmheist ihres Zehntrechts teilweise, bisweilen auch
ganz beraubt; sie hatten als Vermögensobjekte durch Zerstückelung und andere
Mafsnahmen starke Einbufsen erlitten^; wertvoll an ihnen war nui* noch die
Besoldungsunterlage <les Pfarrers. Sie wurde nuimiehi* Gegenstand der Über-
tragung an kirchliche Institute; die Periode der Inkorporationen begann mit
dem lo. Jh. und eiTeichte in inmier reifsenderem Zudnlngen der geistlichen
Institute nach Vikaroion in der 2. H. des 13. Jhs. ihren Höhepunkt^, ohne
dafs doch bischöfliche Gegenmafsregeln seit dem Beginn des 14. Jhs. das
eingerissene Übel beseitigen konnten^. Seit dem 13. Jh. aber beginnt
ne])en weltlichem und geistlichem Immobiliarbesitz auch die Fahrhabe eine
stets bemerkensweiiere Rolle in der kirchlichen Erwerbspolitik zu spielen.
Die Legate an Wein und Hausgerät, an Betten, Pferden und tausend anderen
Gegenstünden mehren sich*, bis endlich mit dem Schlufs des Mittelalters das
reine Geldlegat aufzutreten beginnt*.
Nahm nach diesem Überblick die Mannigfaltigkeit der Schenkungs-
objekte wie die geringere Bedeutung jedes einzelnen dei*sel])en im Laufe der
Zeit immer mehr zu — ein Gesichtspunkt, der sich auch ohne Quellenbelege
allein schon aus der mit der Entwicklung fortschreitenden Differenzierung der
Kulturbe<liirfhisse ableiten liefse — : so nmfste es immer schwerer werden,
eine so ungleiche Masse einem einheitlichen Betriebe und Verbrauche zu
unterwerfen. Am besten stand es in dieser Hinsicht also in ältester Zeit:
damals erlaubte die Homogenität der Schenkungsobjekte noch eine einheitliche
Organisation in der Grofsgrundhen-schaft. Mit dem Ende des 11. Jhs.
spätestens fiel diese Möglichkeit immer mehr hinweg; man konnte nur noch
aneinandenvihen, nicht über- und unterordnen.
Die Feststellung dieser Thatsache ist wichtig filr das Verständnis dessen,
was die geistlichen Institute aufserhalb des Erwerbs durch Schenkungen für
die Mehrung ihres Besitzes durch Kolonisation und Landesausbau gethan
haben. Bis zum 11. Jh. konnte das Interesse dieser Institute am spontanen
') Vgl. z. B. Honth. Hist 1, 739, 1256.
-) Vgl. u. a. Cai-t Orval 379, 1260; Bd. 3, 49, 1266; *Pramer Urkunden für Arnheim,
Ahrweiler, Kesseling, Sarresdorf und Tondorf von 1290 und 1301, St. A. Koblenz.
») Stat. synod. 1310 c. 18, Blattau 1, 77.
*) S. MR. VB, 3, 224, 1224; 507, 1234; 691, 1238; 1103, 1251; 1393, 1257; Cod.
Lac. 142, 1.326; CRM. 3, 125, 1324, cit. oben S. 533 Note 8; *Necrol. hosp. s. Elisab.
BL 12» 15 Jh.: I. K. pro tota parentela legavit [an das Hospital] unum lectum pulvinaria
et unum par lintheaminuin.
^) CRM. 4, 385, 1491, Testament des Grafen von Sayn: unser herze zo denie hilligen
bloede zur Wilznaich zu schicken in blei zo fassen und dasclbs zu begraben vor dem fuse
des elters, der da bestedigt gehiliget und gewiget ist in die ere des bilgen sacramentz
mitten in der kirchen, und hundert gl. an golde mit zo senden umb ein ewige misse damit
20 stiften und memorie davon daselbs zu maichen*
[Wirtschaft d. Grofsgrundbes. — 688 —
Landesausbau nicht tibennä&ig grofs sein: sie hatten vollauf zu thun mit der
Organisation der reichen Schenkungen; nur insofern dieselben noch nicht
ausgebeutete Landfläx^hen uinfafsten, lag ihnen die nutzbringende Einbeziehung
dieser Strecken in ihre grundherrliche Verwaltung nahe. Anders seit dem
11. Jh. Die Schenkungen wurden spärlicher, ihr Charakter disparat. Sollten
sie in dem bisher gepflegten grundherrlichen Betrieb wirksam verwertet werden,
so bedurfte es stärkerer Verbindungsglieder und gröfserer Selbstthätigkeit.
Die um diese Zeit wirtschaftskräftigen geistlichen Institute, vornehmlich die
Cisterzienser, haben das wohl gefühlt und dementsprechend seit dem Beginn
des 12. Jhs. einen umfassenden Landesausbau begonnen: er ei-setzte die jetzt
fehlenden Schenkungen in Rücksicht sowohl der gewünschten Eilragszunahme
wie der Organisationsfähigkeit der Schenkungsobjekte.
Nach diesen allgemeinen Gesichtspunkten wird man Nachrichten über
grofse kirchliche Kolonisationen in früher Zeit kaum erwarten. In der That
liegt eine urkundliche Überlieferung in dieser Richtung fast gar nicht vor:
bezeichnend dagegen l)leibt es, dafs wenigstens am Niederrhein die kirchlichen
Institute, z. B. Werden, es vorziehen, auf grofsen Bifängen lieber durch
Schenkimg als durch eigene Arbeit Fufs zu fassend Natürlich schliefst diese
Haltung der geistlichen Institute gegenüber der ersten Anbauepoche keines-
wegs landwirtschaftliche Interessen aus, nur waren dieselben nicht der Be-
siedlimg, sondern dem feineren Anbau, namentlich der Gartenkultur, zugewandt^.
Mit voller Macht dagegen treten die Klöster mit in den allgemeinen
Wettbewerb der zweiten Anbauepoche ^ seit dem 12. Jh. ein. Schon seit dem
11. Jh. hatten sie auf Gmnd wohlgeordneter Rodefronden den Ausbau der
Allmenden stärker in Angiiff genommen*, und tief bis ins 13. Jh. hinein
treten Nachrichten auf, welche von der energischen Thätigkeit kirchlicher
Meier in dieser Hinsicht berichten ^. Aber dieser Ausbau war, soweit ihn eben
die Klöster, oft unter Mithilfe der Konvente selbst betrie])en, gern feineren
Kulturen, speciell der Weinkultur, sowie dem gewöhnlichen Beundebau ge-
widmet®: namentlich die erstere Thätigkeit blieb unter dem immer noch
*) Zur Feststellung dieser Thatsache genügt es, die ersten Urkk. in Lac. ÜB. Bd. 1
durchzusehen.
*) Vgl. das Gedicht des Prümer Mönchs Wandalbert über die landwirtschaftlichen
Thätigkeit^n vom .1. 848, dazu v. Inama in der Westd. Zs. Bd. 1, 277 f., auch unten Bd. 2, 82.
') S. oben S. 132.
*) S. oben S. 148. Vgl. auch aus späterer Zeit die Rodetage der WOuren 1567 § 15,
WUlflingen 1575 § 7, ^\^^eumtinster, G. 2, 35; WHüpperdingen § 15.
») Lac. ÜB. 1, 290, 1080; 2, 504, 1261; auch Hennes ÜB. 1, 252, 1276, cit oben S. 421,
Note 2. Aus viel späterer Zeit s. noch *ÜSteinfeld Bl. 58 » : dis bende is geslaegen in Straes-
busch. Also neu angelegt
«) S. oben S. 402, 462. Vgl. auch Lac. ÜB. 1, 342, 1140, Urkunde Erzbischof
Arnolds I. von Köln: domum quandaro, quam habebamus iuxta Mosellam fluvium, quae
Tolgariter usque in hodiemam diem Hurrensons huse nuncupatur, terramque incultam etiam
tone temporis, quae iacet a rupe quae stat in ripa fluni inis usque ad planum quod est in
montiB supercilio, ecclesiae beati Nicholai, quae est in villa Brunwillare, . . iure perpetuo et
— 689 ^- Bild. d. Grofsgrundbesitzes.]
festgehaltenen gnmdherrlichen Weinvertrieb bis in die 2. H. des 13. Jhs.^
weitaus die lohnendste.
Indes neben diesem feineren AUmendeausbau begann man, veranlafst
und gehoben durch die Entwicklung des Novalzelmtrechts ^, seit dem 12. Jh.
mit gröfseren Unternehmungen, welclie auf neue Einzol-Hofanlagen hinausliefen.
Zwar waren auch schon in früherer Zeit hier und da Hofanlagen begiUndet
worden; es findet sich eine solche sogar schon im 8. Jh.^, aber bis zum 12. Jh.
bliel)en die Ausbauten Seltenheiten : — wie ganz anders steht da nunmehr neben
den firtiheren vereinzelten Angaben die Notiz, dafs allein die Abtei Ilimmerode
es während der 1. H. des 12. Jhs., in den zwei ersten Jahrzehnten nach ihrer
Gründung, zu 6 vollausgebauten Einzelhöfen, oder wie sie die Cisterzienser
nannten, Grangien gebracht hatte*!
Die Anlage derartiger Höfe erfolgte nun entweder in grofsen, nur im
Wildbann stehenden Privatwäldern unter Erlaubnis und Landschenkung seitens
des Besitzers^, oder — der bei weitem gewöhnlichere Fall — auf dem Boden
einer schon bestehenden Mark. Zugleich scheint nach dieser verschiedenen
Anlage auch der Charakter des Hofes mehrfach ein anderer gewesen zu sein;
während in den Waldhöfen bisweilen noch der Versuch einer Anlage im alten
grundherrlichen Sinne mit unterstellten grundhörigen Hufen gemacht wird®,
bilden die Markhöfe durchweg nur ein gröfseres Gut im Einzelbetrieb : gerade
diese Domänenwirtschaft ist das Charakteristikmn der Grangien.
Innerhalb der Mark konnte die Gründung sich nun entweder auf der
Basis schon vorhandener gutsheiTlicher Rechte vollziehen: dann war also der
legitima possessione sine omni reclamationis genere tradidimus. hoc autem tacere non volumus,
quod de prenominata terra nobis annis singulis census solvebatur, una vidolicet ama vini,
coius amae vini concambium a prenominato abbate accepimus 10 videlicet particulas vincarum
iacentium in peculiari villa nostra Segkeneheim, de quibus vineunculis a scabinis et iidelibus
nostris vere et sub sacramenti asercione nobis certificatum est, quod nobis essent utiliores,
quam census iUe qui prius nobis de monte supradicto rcddobatur. in hoc itaque tantum fratribus
Dostris providimus, ut si laborc proprio terram illam desertara et incultam in vineanim possent
ubertatem redigere, uterentur fructu labonun suorum.
>) S. oben S. 569.
«) S. oben S. 121.
») MR. Uß. 1, 16, 762.
*) MR. ÜB. 1, 603, 1157.
^) Ein ausgezeichnetes Beispiel bietet Iderfür Ml^ ÜB. 3, 834, 1227: der Graf von
Saarbrücken schenkt an das Deutschordenshaus daselbst quatuor iuga boum, videlicet octo
boves, et terram sufßcientem ad aratnnn in nemore meo penes Sarapontem sito, videlicet
Hagen, et fenuni quod octo bobus sufficiat prcterea partem tene ad ortum herbarum con-
stnicndum et jiartem aque ad piscandiun ipsis demonstrabo, pomerium etiam meum porte
adiacentem d<»di et decem equos indomitos cum dextrario et pascua in nemoribus meis in
Warant et Quirineschit et ligna ad edificandum et comburondum in predicto nemore
Quirineschit.
®) MR. ÜB. 1, 512, 1139: montem in silva, que dicitur Wisechirwalt , Lefphenberch
vocaturo, et terram novalium circum iacentium ad 20 mansos vel amplius cum fontibus inde
manantibus et cum omni usu lignorum excidendorum ad edificandum et comburendimi, cum
pascuis animalium et quibusdam pratis ... S. femer MR. ÜB. 2, 68, 1184, cit oben S. 481 Note 6.
[Wirtschaft d. Grofsgnindbes. — 690 —
nene Hof nichts weiter als ein auf Beundeacker innerhalb der Allmende
errichtetes Vorwerk^, dessen Stellung zur Markgeuieinde von vornherein
geregelt war. Dies war der im ganzen seltenere Fall. Andererseits erfolgte
die Begründung direkt auf dem Ödland der Mark, ohne irgend welche Filiation
von einem im Dorfe schon bestehenden Gute aus^: dann waren die Verhält-
nisse des Zehntbezuges ^ wie der Markberechtigung in Zulassiuig zu Weg und
Steg und zu Wald und Weide * zu regeln. Gerade von letzterem Gesichtspunkte
aus gestatten die Urkunden einen P^inblick in den Ausbau von Einzelhöfen.
War aber auf diese Weise die Einordnung des Hofes in die bestehenden
Verhältnisse von Recht und Verpflichtung geregelt, so erhob sich nun um
den Hof hemm eine Sonderflur, mid zum erstenmal war ein gröfserer
selbständiger Wirtschaftsbetrieb im Sinne unseres Rittergutswesens geschaffen*.
Einen solchen Betrieb, die gi'angia Wintirbach cum onmibus appenditiis suis,
videlicet agris, pratis, nemoribus, ortis, piscatione, verpachtete Hinniierode
im J. 1228 für einen Jaliresbetrag von 50 mir. Roggen an den Erzbischof
Dietrich von Trier®, und wir lonien bei dieser Gelegenheit die Einrichtung
genauer kennen: es gab auf dem Hofe 28 Stück Rimhieh, vielleicht alles
Ochsen, ferner 20 Ziegen; die Wirtschaft wurde von 4 Konversen und
9 Knechten geführt, deren Bekleidung mid Beschuhung auch während der
Pachtperiode teilweis von Hinnnerode übenionmien wird.
Wer waren die 4 Konvei-sen? Wir begegnen hier dem Element, welches
vor allem den Klöstern den Ausbau zu Einzelhöfen wie für dieselben den
bisher ganz ungewöhnlichen Domanialbetrieb ' gestattete. Die Entstehung der
Laien])il\(lerschaften in Deutschland während der 2. H. des 11 Jhs. im An-
*) MR. ÜB. 1, 563, 1152: grangiam, qu<? vocatur Hart, sitam in tcrritorio curtis Altrei^.
Himmerode hatte also auf dem Boden eines Hofes im Dorf Altrich gebaut: vgl. MR. ÜB.
3, 603. 1237.
2) MR. l'B. 2, 62, 1169—83, von der grangia de Wintirbach auf dem Gebiete der
Parochie Kordel: locus . . ex toto desertus erat et vasta solitudo, antequam fratres [de
Himmerode] eum excolerent. MR. ÜB. 3, 99, 1219: fratres Ebirbacenses curiam nomine
Dadinburen infra terminos parochie de Waldenhusen sitam habuenmt, eidem parochie iure
decimali astrictam . . curia memorata de solis novalibus instituta fuerat, super quibus curia
Romana satis liberal iter dispensavit
») Vgl. MR. ÜB. 2, ir, 1171: 25*, 1174: 3, 603, 1237.
*) Vgl. MR. ÜB. 3, 601, 1237: 669, 1239. Von besonderem Interesse ist Remling,
Speier. Urkk. 1, No. 112, 1194: Gottfried Abt von Weifsenburg giebt an Himmerode definitiv
eine terra bei Neuhofen, qu<,» a multis retroactis temporibus ex maxima parte in paludosam
redacta solitudinem pene fuit inutilis. und welche die Hinnneroder Mönche ad utilitatem et
questum excoluerunt PIs stellt sich heraus, dafs dieser Sumpf zur Allmende Mutterstüdt ge-
hörte, s. Remling No. 128, 1207. Daher finden sich in dieser Urkunde Kloster und die
„coloni de MuttersUU" nebst ihrem Vogt gegenseitig ab.
^') MR. ÜB. 3, 623, 1238: curtim nobtram [Hof Wahlholz], . . cirni attinentiis et arabili
terra videlicet vlure, ut vulgariter loquamur, silva, que includit ipsam et curtim, et cum
pratis quatuor liinitibus limitatis.
«) MR. Uß. 3, 347.
") Zur Durchfuhrung dieses bisher nicht gekannten Gedankens s. MR. ÜB. 3, 444, 1231.
— 691 — Bild. d. GrofsgrundbesitzesJ
scUufs namentlich an die Hirschauor Reform ist bekannt^; die Bewegung
machte im Laufe des 12. Jlis. solche Fortschritte, dafe man am Schlufs des-
sell>en in den Klöstern mit LaienbnUlem dem Chor der Mönche allgemein
einen Chor der Konversen gegenüberstellte^ und eine weitere Ausdehnung
der Laienbrüder durch Verbot der Aufnahme verheirateter Konversen zu ver-
hindern für gut fand*. Diese Laienbrüder bildeten nun die mibedeutendere
ungel(»hrte Hillfte der Klosterkonvente*, der die weltliche Verwaltung unter-
geordneter Klostergeschäfte zunächst am Ort des Klosters selbst überlassen
wurde. Hier übernahmen sie die Nachtwachen, führten die Ackerwirtschaft,
hüteten die Herden u. a. m.® Bald wurden sie aber auch zu höheren Diensten
verwandt; unter einen mönchischen Hospizmeister oder Kellner stellte man
einen gleichen Beamten aus den Laienbrüdern®. Endlich drangen sie bis zur
Spitze der w(»ltlichen Klosterverwaltung iUxThaupt vor; in einzelnen Fällen
wurden sie gcTadezu zu weltlichen Disponenten der Abtei, in deren Schutz sie
sich begeben hatten. So hatte z. B. das Kloster Steinfeld um die Wende des
12. und 13. Jhs. unum convereum in administratione exterionim ita sciolum
et circmuspectum, ita soUicitmn et perfectum, ut omnia per manus eins trans-
irent et cuitibus ecclesiae, quae necesvsaria erant tam in aratris quam in
pecoribus sivc» expensis, ipse (Juasi solus universa provideret. onmia ipse erat,
omnia <lisponens, nihil negligens, agiiim agro copulans et vineam vineae
coniuugens'. Ebenso fanden die Laienbrüder auch aufserhalb der Kloster-
mauem praktische Verwendung ; man sandte sie auf die einzelnen Höfe ; sie
traten an die Stelle der Meier®. Schon fi*üh erkannte man ihre glänzende
und uneigennützige Thätigkeit gerade auf diesem Gebiete. Tempore illo, er-
zählt Cesarius von Heisterl)ach ®, quo Reinaldus [de Dassile] factus est Coloniae
archiepiscopus et essent episcopii redditus obligati curtesque desolatae, suasum
est ei, ut ex diversis domibus onlinis Cisterciensis dioecesis suae conversos
fideles atque providos acconnnodaret, qui et curtibus praeessent et annuos
redditus sua iu<lustria refonnarent. qui cum consilio tali acquievisset et tam
ex Campo quam ex Monte domibus religiosis conversos aliquos collegisset,
>) Vgl. z. B. Born. Chron. 1083, 1091, 1092, 1093, 1094, MGSS. 4, 439, i7~82, 452, 4o f.,
4d3, 49 f., 455, r, f., 458, 43.
^) ('es. Ileisterb. Dial. mai. 8, 37: cum dominus Hermannus abbas esset in claustro et
in sollenmitatibus, interim dum chorus h}'mnum Te deum laudamus decantaret, circuiret ad
fratres commonendos atque secundum consuctudinem in chorum conversorum converterct. . .
») MR. ÜB. 3, 327, 1227.
*) Ces. Heist(>rb. Dial. mai. 5, 16: conversus quidam . . a monachis, cum quibus
loquebatur, in tantum litoras didicerat, ita ut textum legere sciret S. auch Ces. Ileisterb.
Homil. 2, S. 68.
*) Ces. Ileisterb. Dial. mai. 4, 4; 5, 28; 10, 15 cit. S. 561 Note 6.
«) Ces. Ileisterb. Dial. mai. 4,; 85; 12, 57.
7) (,*es. Heisterb. Dial. mai. 4, 62.
») Vgl. z. B. aus späterer Zeit WLosheim 1302 § 5.
») Ces. Heisterb. Dial. mai. 4, 62, S. 230.
[Wirtschaft d. Grofsgnindbes. — 692 —
Buasum est ei, ut etiam praedictuin conversum [einen besonders klugen Laien-
bruder] assunieret. Natürlich waren derartige Verwaltungstalente für die
Installierung neuer Höfe ganz besonders zu verwenden. So finden sich denn
neben einzelnen Mönchen^ vor allem Laienbrtider als Vorstünde der Ausbau-
höfe (grangiarii, niagistri grangiaruni) ^, und zumeist unterstehen dem verant-
wortlichen Vorstand noch einige weitere Brüder für Specialbetriebe®, wie denn
Cesarius, dem wir, wie schon bemerkt, überhaupt viele Nachrichten über die
Thiltigkeit der Laienbrüder verdanken *, für den Betiieb der Abtei Himmerode
von einem couversus nemorali ai^atro cuiusdam grangiae deputatus berichtet^.
Kein Zweifel, dafs durch den Höfeausbau des 12. und 13. Jhs. mid durch
den auf den Ausl)auten aufgenommenen Domanialbetriel) die Nachteile grofsen-
teils vermieden wurden, welche sich mit der immer mehr abnehmenden
Homogenitilt der kirchlichen Schenkungsobjekte in der Organisation des kirch-
lichen Grofsgnmdbetriebes notwendig einstellen mufsten. Man hielt sich
infolge der veraiehrtcm Durchführung dieser neut*n Mafsregeln, so gut es eben
ging, auf der Höhe der fi-üheren Verwaltungskonzentration. Dagegen begab
man sich gerade in dieser Zeit eines Mittels — wenigstens seiner Durchfühining
im grofsen Mafsstabe® — , welches bisher zu einer energischen Abrundung
der Liegenschaften geführt hatte. Dies Mittel war der Tausch und weniger
hilufig auch der Kauf und Verkauf.
Nun stand zwar dem Tausch wie auch jeder sonstigen Veräufsemngsart
gerade bei Kirchengut eine grofse Reihe von Hindernissen entgegen. Sehen
wir von dem seltener vorkonmienden Verkauf ab'', so wurde zunächst bei
vielen Schenkungen die Unvenlufserlichkeit der Schenkungsobjekte auch durch
') Ces. Heistorb. Dial. mal. 7, 15; wohl namentlich auf Grangien, welche Oratorien
haben.
«) Ces. Heisterb. Dial. mai. 1, 3: ^Ul, ÜB. 3, 170, 1221. Von besonderem Interesse
ist noch Ces. Ileisterb. Dial. mai. 3, 33: a pueritia enim in Alna nutritus pecora eiusdem
monasterii pavit. deinde factns couversus adeo profecit, ut cuiusdam grangiae magister
efficeretur. qui bene ac tidoliter administraus exteriora sicut bonus ac iidelis dispeusator
dona meniit interiora.
^) Cos. Heisterb. Dial. mai. 8, 43: couversus quidam de Hemmenrode cuiusdam eiusdem
domus grangiae magister erat vir bonus ac disciplinatus. iuxta hunc cum exiret ad opera
manuum sivo ad negotia domus suae alius quidam simplex couversus angelum domini
ambulantem frequonter vidit. Vgl. femer Ces. Heisterb. Dial. mai. 8, 17; ^ffi. ÜB. 2,
225, 1224.
*) Man vgl. z. B. auch folgendes hübsche Stimmungsbild bei Ces. Heisterb. Dial. mai.
8, 96: Honricus dem cum grangiae, quae Hart dicitur, praeesset et die quadam in maio
segetes curtis, orationes suas mmmando, solitarius circuiret, bominem quendam sub arbore,
piro scilicet, iiuae illic in agro singulariter sita est, contra se stare conspexit
•*) Cos. Heisterb. Dial. mai. 7. 51.
•) Die Verkoppelungen , wie sie namentlich geistliche Institute diuxrhfUhren , begannen
dagegen allerdings eben in der 2. H. des 12. Jhs. häufiger zu werden; vgl. oben S. 383.
T) Vgl. u. a. Bd. 3, 35, 20, 1264: 54, 21. 1268. Zur Erschwerung des Verkaufs s. z. B.
MR. ÜB. 3, 370, 1229.
— ß93 — Bild. d. Grofsgrundbesitzes.]
Tausch speciell und privatim stipuliert^; ja man sorgte durch besondere
Vorrichtungen, Einzelvogteien u. dgl., dafür, dafs derartige Bestimnmngen beob-
achtet wurden -. Wie sehr diese Begrenzung der Verfügungsfi'eiheit ]m kirch-
lichen Schenkungsobjekten Sitte war, zeigt am besten der Umstand, dafs man
bisweilen Verfügungsfreiheit als Ausnahme von der Regel besonders zu stipu-
lieren für gut fand^. Und doch liefen diesen Beschi'änkungen noch ander-
weitige Hindeniisse zur Seite. Zunächst autoritäre. So das kirchliche Ver-
äufserungsver])ot*, das Ausnahmen nur nach dem Grundsatze zuliefs: nihil
sibi quispiam cemitur minuendo, quicquid de contra recipitur in augmentis^;
femer wenigstens ])ei Reichsabteien das königliche Zustimnmngsrecht*. Dann
autonome; der Abt konnte nicht ohne Zustimmung des Konventes verfügen''.
Endlich aber traten auch sonst noch im Einzelfalle, sogar für einfache nicht
einmal auf Veräufserung hinauslaufende Wiitschaftsmafsregeln, Beschränkungen,
z. B. seitens der sich neu entwickelnden landeshenlichen Gewalt, auf*. Waren
aber alle diese Hindemisse überwunden, so blie])en die Tauschgeschäfte immer
noch sehr prekär, denn da nach Kiichenrecht jeder Tausch für das kirchliche
Institut vorteilhaft sein mufste ® und deshalb leichtlich für die andere S^ite un-
günstig verlief, so bli(»ben bei ehrlicher Anwendung dieser Bestimmung Klagen
und Rerindikationsversuche der Gegenpartei nur selttm aus^^. Unter diesen
Umständen begreift es sich, wenn Tauschgeschäfte auch in früherer Zeit längst
nicht in der Fülle vorkamen, welche damals nach dem Tenor der Urkunden
ül)er abgeschlossene Geschäfte ei-strebt wurde". Im allgemeinen gelang es
nur einmal, im kleinen eine geringe Anzahl von Gmndstückszusammenlegungen
') Vgl. z. B. MR. ÜB. 1, 91, 855; 3, 224, 1224.
«) S. z. B. Lac. ÜB. 1, 105—2, 169, 1053.
») Lac. ÜB. 1, 104, 166, 1049.
*) S. oben S. 656.
**) So ausgedrückt Lac ÜB. 1, 22, 48, 834; 25, 55, 841.
«) Lac. ÜB. L 92, 150, 1018; vgl. auch Waitz, Vfg. 7, 201.
') Vgl. z. B. mi ÜB. 1, 98, 860-86; CRM. 1, 105, 1132. Genaueres darüber in
Teil 2 dieses Abschnittes.
») Bd. 3, 221 g.
*) Oben S. 656. Bei Tauschen tauscht Prüm regelmäfsig das l*/2fache bis Doppelte
Ton dem ein, was es hingiebt; vgl. z. B. MR. ÜB. 1, 55 u. 56, 823. S. temer Chron.
s. Mich. Vird. 8, MGSS. 4, 81, c. 960 : facta est commutatio inter C. abbatem et V. quendam
nobilem, dante abbate quidquid erat sancti Michaelis in villa T., et Y. dantc quidquid
habebat in villa de L., ita ut post decessum eins utrumque esset iuris ecclesiae. Vgl. auch
Lac. ÜB. 1, 104, 166, 1029.
'<>) MR. ÜB. 2, 164, 1197: die Nonnen von SThomas- Andernach haben von SFlorin-
Koblenz Acker gegen Weinberge umgetauscht. Canonici sancti Florini videntes . . agros illos
Laboribus et sum])tibus monialium solito fertilius abundare, eandem connnut«itionem irritare
nituntur.
") Dafür finden sich zuweilen Tauschgeschäfte, welche durch irgend ein anderes Schein-
geschäft maskiert werden, vermutlich um die rigorosen kanonischen Bestimnmngen zu um-
gehen, vgl. z. B. Bd. 2, S. 91.
[Wirtschaft d. Grofsgnmdbes. — 694 —
mit d€»m Resultat der Verfronung gewisser Gewannen durchzuführen^, dann
aber im Grofsen denjenigen Gmndbesitz abzustofsen, der von den Verwaltungs-
zentren allzufem lag^. In letzterer Beziehung läfst sich eine rege Bewegung
bis ins 11. Jh., ein Nachhall bis ins 13. Jh. hinein nachweisen^.
Aufserhalb des Gebietes der Tauschgeschäfte aber standen den geistlichen
Instituten nur noch wenige Mittel zu Gebote, eine? stärkere Zusammenfassung und
einheitliche Ausgestaltung des Gnuidbesitzes herl)eizufilhren. In ei"sterer Hinsicht
sind namentlich die vertragsmäfsig oder bei Klöstern gkachen Ordens auch autori-
tativ erfolgenden räumlichen Abgrenzungen der Erwerbsbezirke für die einzelnen
kirchlichen Institute zu nennen*, in Ic^tzterer die freilich nicht weitgreifenden
Bestn^bungen zur Ablösung der Zehute und der radizierten grundherrlichen
Lasten* sowie zur Herbeiführung markgenössischer Leistungsfreiheit**.
Im allgemeinen wird man indes urteilen, dafs auch diese Mittel nicht
viel verfingen '^ : seit der Mitte etwa des 1 1 . Jhs. verfällt der kirchliche Besitz
immer mehr der lokalen und sachlichen Zei*splitteiiing, die Versuche der
Zentralisation verlaufen immer lahmer und unbefriedigender, eine Weiter-
bildung der alten Wiitschaftsorganisation wird fast unmöglich. Die Grund-
herrschaften als Wirtschaftsorganismen l)liel)en daher nur noch kurze Zeit
lang, was sie bis zum 11. Jh. geworden waren, dann trat der Zerfall ein.
Bis zu dieser Zeit aber hatten sie noch einen beachtenswerten Kitt er-
halten durch die immer mehr foitschreitende Ausbildung eines Hen-schafts-
1) Vgl. MR. ÜB. 1, 98; 501, 1138; vielleicht auch 3, 225, 1224. Dazu oben S. 381,
Bd. 2, S. 73 ff.
2) So tauscht Prüm z. B. eine Reihe von Besitzungen der Cella Altrip in der Gegend von
Dürkheim, Deidesheim und Ludwigshafen aus gegen eine kleine Grundherrschaft in seiner
unmittelbaren Nähe, in Oos: MR. ÜB. 1, 59, 831. S. auch Bd. 2. S. 91.
8) S. z. B. Schannat Ilist. Woimat. 2, 79, 1158; llonth. Ilist 1, 647, 1209. Von be-
sonderem Interesse ist *I)üsseldoif 8t A. Or. 23, 1167 — 1191: Erzbischof Philipp bekundet,
dafs das Kölner Domkapitel eine wegen vogteilicher Belästigung wenig einträgliche Villa
Espede a. d. Maas an den Bisclujf von Lüttich gegen dessen Höfe Lantershofen und Witter-
schlick vertauscht habe; da aber auch diese dem Kapitel nicht gepafst hätten, so habe er
sie zum Pa-zstift genommen und dem Kapitel das Gut Prumese und die Villa Niehl ein-
geräumt.
*) MR. ÜB. 2, 218, 1204: Abgieuzung des grofsgnmdherrlichen Erwerbsbezirkes der
Klöster Sayu und Rommersdorf durch das Prämonstratenser Generalkapitel. Im übrigen
braucht man nur die Karten 10 bis 13 des zweiten Bandes nebeneinander zu halten, um zu
der Überzeugimg zu gelangen, dafs zwischen den gröfsten g(>istlichen Grundherrschaften ein
stilles Einverständnis über die getrennt<? Bevorzugimg g(;wisser Erwerbsgebiete herrschte.
^) S. oben S. 658, Note 2.
«) Vgl. MR. ÜB. 3, 1208, 1254; Bd. 3, No. 49, 1272.
■'j V. Inama spricht Grofsgrundh. S. 89 f. sich viel mehr, als das aus dem Material der
Moselgegend auch für die seinen Studien zu Grunde liegenden Jahrhunderte erhellt, filr eine
durchgreifende Veränderung in Anordnung und Zweckbestimmimg der einzeln erworbenen
grofsgrundherrlichen Besitzstücke aus. Er findet diese Veränderung namentlich dmch drei
Mafsregeln herbeigeführt 1. Durch Veränderung der Erwerbsarten. Hier geht v. I. von der
f&r die kirchlichen Institute namentlich Südostdeutschlands nachweisbaren Thatsache aus,
,\.
— 695 — BiW- d. Grofsgrundbesitzes.]
Verhältnisses, welches nicht so sehr aus dem T^iitschaftlichen wie dem rechtlich-
politischen Charakter des Grofsja'undbesitzes erwuchs; und die Möglichkeit,
sich in dieser Richtung noch um vieles weiter zu entwickeln, blieb erhalten. Das
Verhältnis läfst sich aber in 6inem Weite am besten als Allmendeobereifrentum
bezeichnen.
Das Allmendeobereigentum, von dessen Umfang und Bedeutung im ersten
Teile des folgenden Abschnittes noch mehr die Rede sein wird, mufste sich ver-
hältnismäfsig rasch und durchgängig ergeben, sobald der Anfangszustand relativer
Vennögensglcichheit unter den Markgeuossen nicht mehr vorhielt und die
steigende Bevölkerung zu einer vennehrten Inanspruchnahme der Marknutzungen
führte. Der erste Umstand zerstörte die wirtschaftlichen Voraussetzungen der
gleichwohl noch aufrecht erhaltenen alten Rechtskonstruktion der markgenössi-
schen Nutzimgsrechte, der zweite wies gebieterisch auf eine neue Regelung
eben dieser Nutzungen hin. Es gal) jetzt Markgenossen — und fast stets
waren das Grundhen-en — welche in der Gemeinde wirtschaftlich und social
besonders hervorragten, und gei-ade in ihrem Interesse lag eine neue Regelung
der Allmendenutzungen. An sie lehnten sich die unbedeutenderen Mark-
genossen an; sie handelten filr die Gemeinde luiter Zustimmung derselben.
Damit war eine erste Etappe auf dem Entwicklungsgange des Allmendeober-
eigentums vollendet. Es liegt in der Natur der Sache, dafs man sie an ver-
schiedenen Orten zu sehr vei-schiedener Zeit erreicht findet. Noch in einem
so sjmten Dokument, wie dem WMoestroflF vom J. 1545, heifst es, der Gnmd-
herr sei nur obei*ster Einungsmann; wan die gemein seiner von nöten hat,
80 sol der her bei die gemein stain, und die gemein sol bei dem heni stain;
der Zender solle nicht gesetzt oder entsetzt werden liuissent den hem, ebenso
die SchöflFen ; von seinem Vieh habe der Herr huete und loin zu dein, als ein
dafs die Schenkungen mit der Zeit stets seltener werden, während Kauf, Tausch und andere Erwerbs-
arten, welche den Grundherren mehr Ingerenz verstatten, zunehmen. Indes hier kann man,
abgesehen von anderen aus der eben gegebenen Darstellung ersichtlichen Gründen, einwerfen,
dafs die kirchlichen Institute an dieser Veränderung nur passiv, nicht aktiv beteiligt sind:
der UmschiMing fällt auf das Konto absterbenden kirchlichen Sinns bei den Laien, nicht auf
das erhöhten Organisationseifers bei den kirchlichen Instituten. 2. Durcli Vergröfserung des
SaUandes wenigstens in den weltlichen Betrieben. Hier sagt v. I. S. 93 selbst, dafs sich
eine solche Vergröfserung für die Karolingerzeit nicht nachweisen lasse; der von Haxthausen
S. 133 für Westfeien behaupteten Thatsache einer Einziehung von Hufen zu Gunsten des
Sallandes im 10. .Ih. stehe ich ebenso zweifelnd gegenüber, wie v. Inama. Die von Gu^rard,
ImuDon 1, 494, fiir Frankreich schon seit dem 9. Jh., m. E. mit Recht, angenommene Zer-
schlagung der alten Fronhofländereien aber beruht darauf, dafs in Frankreich das SaUand
auf Grund früherer Latifundienbildung viel ausgedehnter war, als in Deutschland, in dieser
Aasdehnung aber eben der Wirtschaftsorganisation der Karolingerzeit nicht entsprach. Über
die Frage der Vergröfserung des Sallandes s. im übrigen Genaueres weiter unten. 3. Durch
Arrondierung und Gutstäusche. Hier wurde in der That viel geleistet: indes tritt das Be-
ftreben, zur Begründung von Grofsbetrieben zu tauschen, nirgends massenhaft und evident
hervor. Vielmehr handelt es sich häufig nur um Parzellen- oder kleinere Gutstäusche, wie
das T. I. selbst bemerkt und ich auch oben ausgeführt habe, oder aber um Umtausch ganz
entfernt liegender Einzelbesitzungen.
[Wirtschaft d. ürofsgrundbes. — 696 —
ander einenzman. Besonders deutlich und weitverbreitet zeigt sich dieses
Stadium aber in einer Reihe von Urkunden des 12. und 13. Jhs. , in welchen
von Handlunp:en eines hervoiTajrenden Märkers unter Konsens der Markgenieinde
die Rede ist^. Eine weitere Etappe erscheint dann genommen, wenn die Ge-
meinde zwar noch mithändelt, aber nun ihrerseits für ihre Handlungen der
Zustimnmng des ersten Einungsmannes , des zukünftigen Obereigentttmers l)e-
darf^. Von dieser Lage ist bis zur vollen Markgrundherrschaft nur noch ein
sehr kleiner Schritt, welcher bald mehr bald minder entschieden ausgeführt
wurde ^, und dessen Konsequenz ein mehr oder minder weit reichendes AU-
mendeobereigentum war.
D(T Zeit nach beginnen sich Obereigentumsverhältnisse schon sehr früh
zu bilden ; für die Moselgegenden reichen die ält(?sten Zeugnisse bis zur Mitte
des 8. Jhs. hinauf*. Bis zum 12. Jh. erscheint dann das Obereigentum
sehr wc^itreichend durchgofühit; namentlich die Angaben des üSMax. bringen
hier wertvolle Belege^. Die Ausdrücke endlich Gnmdherr (l)ezw. Dorfherr)
und Lehnherr *^, welche dcMi vollkommensten Abschlufs der Entwicklung be-
zeichnen, erscheinen als technisch vollkommen sicher gebraucht seit dem letzten
Viertel des 13. Jhs.
Indes wäre es ein Irrtum, anzunehmen, dafs mindestens von dieser Zeit
ab oder gar schon früher jeder grundlK^irliche Hof mit einem Allmendeober-
eigentum verknüpft gewesen wäre. Vielmehr finden sich schon früh viele, und
^) Vgl. :\m. UB. 2, 11*, 1171, cit. oben S. 525, Note 5; ebd. 19, 1173; 3, 704, 1241;
Bd. 3, 66, B, 1274 (instinctus). S. auch Bd. 3, 93, a, 1287.
«) Vgl. Cart. Orval 314, 1249; Lac UB. 2, 649, 1273; WBubenheim 1387, cit. oben
S. 539.
') Man vgl. z. B. die in diese Entwicklung einführende Urkunde bei Ennen, Qu. 2, 14,
8, 1203: cum . . inter prepositum maioris ecclesie Coloniensis, . . necnon et milites et
Universum populum de Esj)ele super quodam neraorc eidem ville et predio attinenti oxorte
esscnt discordie, iamdicta imivorsitas incolarum . . obtinuit, quod ipsis et suis successoribus
ius et communionem nemoris prcmemorati recognovit, ea tamcn exempta conditione, quod
ipse et succossores sui . . domini et advocati eiusdem nemoris (^mnt, et qucmadmodum
unus de inhabitatoribus prcdii i)redicti communione lignonun utentur.
*) Vgl. MR. UB. 1, 10, 752: termini villanim nostranim [des Königs Pijjpin] (Mehring
und Schweich); MR. UB. 1, 95, 860. Vgl. auch v. Inama, Grofsgrundh. S. 100; Waitz, Vfg.
2, 1, 394 f., ebenso oben S. 413.
'') m\. UB. 1, 274, 997; I^u:. UB. 1, 117, 186, 1051; UKarden 11.— 12. Jh., Bitteles-
dorf; MB. UB. 1, 649, c. 1167; 656, 1169; USMax. S. 435, Schönberg 19 a; S. 440, Besch
10 b; S. 445, Herl 9d. S. ft^mer Echteniacher Freiheit 1235 § 19; *USElisab. Hosp.
Bl. 26 h, Hans.
«) Ilonth. Ilist. 1, 800, 1272: dominus fundi, qui dicitur leinherre; CRM. 2, 369, 1297:
domnus ville; WBreisig 13. Jh. PMe, Borgische Zs. 12, 180: leinvroue; WLosheim 1302:
domini feodi seu tundatores: WOckfen 1325 $$ 1: domini fundi; ebenso Bd. 3, 144, i4, 1326.
Lehensherre und voit findet sich (vgl. auch das ei*ste Oitat) in *Balduins Beschwerdepunkten
gegen Trier von 1351, oberster faut in WSimmcm u. Dh. , G. 2, 145. Das WOppen 1488
§ 1 spricht gar aus, dafs ein abt von Mettloch si ein rechter giontherre, banhorre, lehnherro
und hoegerichtsherre.
— 697 — Bild- d. Grofsgrundbesitzes.]
späterhin noch zahlreichere Beispiele dafür, dafs ein Hof nur einfache mark-
genössische Eigenschaften hesafs^ Die Thatsache erklärt sich sehr einfach
aus dem Umstände, dafis sich innerhalb sehr vieler Markgemeinden nicht blofs
6in Hof, sondern eine ganze Anzahl von Höfen befand *. Waren diese Höfe
sich an Bedeutung nahezu gleich, so kam es entweder zu gar keiner Aus-
bildung von Obereigentum, oder aber die Grundherren der Höfe einigten sich
und bildeten ein Markkondominat^ — waren dagegen die Höfe von sehr ver-
schiedener Gröfse mid Leistungsfähigkeit, so gewann wohl einer von ihnen die
Vorhand als Unterlage des Obereigentums, während die übrigen Höfe Mit-
glieder der ihm imtergebenen Einung wurden.
So kam denn die Entwicklung des Allmendeobereigentums wesentlich den
kräftigen grundherrlichen Bildungen, diesen aber auch meist schon sehr früh
zu gute. Natürlich wurde sie von den Grundherren, kirchlichen wie welt-
lichen, aufs ausgiel)igste zur Herstellung von wirklichen Wirtschaftseinlieiten
aus dem zerstreuten Grundbesitze benutzt. Wir werden später sehen, welche
groüse Bedeutung die Beundenwirtschaft für den Betrieb dieser neuen Einheiten
hatte: die Entwicklung dieser Bemidenwirtschaft aber zu der Höhe, in
welcher wir sie im 12. und 13. Jh. finden, war ohne Allmen(leo])ereigentum
nahezu eine Umnöglichkeit. —
Wir ha]>en in der Erörterung über die Bedeutung des Allmendeobereigen-
tums ftlr die Organisation des Grofsgi'undl)esitzes unterschiedlos von geistlichem
und weltlichem Grundbesitz gesprochen. Es war dies, im Gegensatz zu dem
sonst bisher beobachteten Verfahren, möglich, weil auf diesem Gebiete sich
die Tendenzen beider Gruppen des Grmidbesitzes , der weltlichen und der
geistlichen, völlig decken, w(»nn auch diese Tendenzen von den Laien vielleicht
mit mehr Energie zum Ausdmck gebracht sein mögen, wie von der Kirche.
Im übrig(^n aber übersehen wir jetzt auf Grund eines reichen Materials alle
auf die Bildung des geistlichen Grundbesitzes vorwandten Mühen; und es
fragt sich nunmehr, inwiefern diese Kenntnis unter gleichzeitiger Heranziehung
der für diese Gruppe spärlichen Überlieferung uns etwa analoge Erwägungen
über die Bildung des weltlichen Grundbesitzes gestattet*.
Hier wäre zunächst zu betonen, dafs wir über die Erwerbspolitik des
Laienadels, soweit sie durch Kauf, Schenkung und andere Ubertragungsmittel
]>estimmt war. Genaueres nicht wissen^. Nur soviel läfst sich wohl mit Sicher-
M Vgl. z. B. I^c ÜB. 1, 253, 1096; MR. ÜB. 1, 532, 1144; 563, 1152; 629, 1161;
Bd. .3, 4;^, 1265; CRM. 3, 263, 1275: Bd. 3, Ko. 176, 1348; WTrittenheim 1532; WGostingen
nnd Kanach 1539 § 24 ; WKirst und Thirn, cit S. 513.
«) Vgl. z. B. MR. ÜB. 3, 218, 1223; Wülflingen 1575.
») S. oben S. 278 f.
*) Zum unterschied der Bildung kirchliclier und weltlicher Grundherrschaften s.
V. 'Inama, Grofsgrundh. S. 76 f.; zum Kirchenerwerb allein vgl. auch Roth, Beneficialw.
S. 248 f.
'*) Über die Entstehung des weltlichen Grofsgrundbesitzes handelt sehr gut v. Inama, Grund-
herrschaften S. 44 f. Er nimmt als Hauptfaktoren des Erwerbes an: 1) die Wichtigkeit der
Lamprtcht, DeatsehM Wirtschaftsleben. I. 45
[Wirtschaft d. Grofsgnindbes. — 698 —
heit vormuten, dafs die Ausdehnung der pereönlichen Herrschaftsverhältnisse
des Adels über minder kräftige Freie infolge von Kommendation und ähnlichen
Schutzmutungen vornehmlieh seit dem 9. Jh. auch zu einem bedeutenden Zu-
wachs des vom Adel abhängigen Grundbesitzes gefilhrt haben mag. Diese
Schutzmutungen fanden ja auch gegenüber der kirchlichen Aristokratie statt;
indes war ihr Umfang und ihre Wirkimg bei dem Laienadel wohl gröfser, und
der Krfolg war jedenfalls eine Mehrung des weltlichen Grofsgiiindbesitzes mit
Streucharakter.
Noch weniger wie über die Erwerbspolitik des Laienadels, soweit sie auf
schon vorhandenes Kulturland ging, sind wir ü])er die Abinindungsmaferegeln
derselben für das einmal Erworbene unterrichtet. Dagegen bleibt noch ein
I^mkt für die Besprechung offen, in welchem man klarer zu sehen vermag:
die Besiedlungspolitik der weltlichen Grofsen.
Vor allem läfst sich hier feststellen, dafs dem Laienadel die vornehmste
Initiative bei dem so gewaltig entwickelten Ansiedlungswesen der Karolingerzeit
zufiel : der Bifang des 8. und 9. Jlis. im wilden Walde, mit seiner bemerkens-
werten Ausdehnung, wie sie nur durch Verwendung zahlreicher untergeordneter
Arbeitskräfte zu erreichen war, mit seiner meist vei-ständigen Anlage und seiner
raschen Kultivierung ist der Standoit einer speciell vom vornehmen Adel aus-
gehenden Besiedlung ; und die Bewegung in dieser Richtung hört erst im 10. und
11. Jh., mit der Zunahme des Beundeausbaues , auf^ Diese grofsen Bifänge
wurden nun wohl in älterer Zeit noch zur Anlage umfassenderer einheitlich ver-
walti»ter W^irtschaften benutzt ; namentlich Kindviehwirtschaften und Schäfereien
kommen da in Betracht; möglich dafs in diesen Anlagen die letzten Gedanken
eines älteren römischen Grofsanbaues verhallen-. Allein sehr bald ging man
doch zur Ausl)eutung derBifänge in Einzel wii1schaft(»n ül)er; und das Material
zu derai-tigen im Einzelausbau aufgeh(»nden Unternehuuingen mochten bald
Freie bald Hörige liefern. Eine Urkunde des J. 770 gestattet noch einen ein-
zigen Einblick in die in Betracht kommenden Vorgänge^. Sie zeigt den
Pfalzgrafen Hrodwin bezw. dessen Nachkommen nel)st einer Kolonie freier
Leute unter seiner Fühmng, welche als seine Gamaladionen , d. h. Gerichts-
Rodung für die Grofsgnmdherren durch Verpflanzung von Hörigen; 2) die Ausdehnung der
persönlichen Herrschaftsverhältnisse auf Grund der Rodimg, Firwerh von Unfreien und von
Hintersassen, welche landlos aus den Markgenossenschaften kamen. Die Gründe, welche v. I.
S. 54 f. für den Eintritt der Markgenossen in die Gi-undherrschaft angieht, sind indes teil-
weis nicht stichhaltig.
■;» ^) S. ohen S. 123, 419. Eine besonders späte Nachricht von einem Bifang im alten
Sinn giebt MR. ÜB. 3, 34, 1215: ein Allod des Grafen von Ahr in Kirchberg, dazu bannum
. . iurisdictionem secularom piscationem et vcnationem, quousque termini illius alodii
extenduntur, [qui bivance dicitur, fährt eine Abschrift fort]. Die Bewegung fällt sonst haupt-
sächlich erst ins 9. Jh., vgl. oben S. 401.
2) S. oben S. 534, 536.
») MR. ÜB. 1, 22.
— 699 — Bild. d. Grofsgrandbesitzes.]
genossen bezeichnet werden^, in dem vom Könige gewährten Besitz einer
Waldstrecke in loco, qui dicitur Benutzfclt infra centina Belslango infra vasta
Ardinna. Es ist das heutige Binsfeld nicht weit vom alten königlichen Fiskus
Holler im Luxemburger Land, dicht an der Römerstrafse Reims-Köln, etwa
eine Meile von Nieder- und Ober-Bellingen. Dieser Besitz, bestehend aus dem
Dorfe (villa) Binsfeld nebst der zugehörigen Mark (bannus), ein Bifang im
grofsen Stil, war von den königlichen Domanialbeamten zerstört worden ; nun-
mehr bestinmit ein königliches Diplom von neuem, dafs ihn tam in silvis
quamque in terris agris pervlis^ campis pratis pascuis aquis aquarumque de-
cursibus adiunctiis adiacentiis del)eat habere [tam] ipse Chrodoinus vel gamal-
dionis quamque et posteritas eorum. Es ist hier auf die rechtliche Stellung
dieser Gamaladionen zum Pfalzgrafen nicht einzugehen — genug dafs wir eine
unter adliger Führung im Bifangsstil vollzogene Besiedlung vor uns haben.
Es lag nun nahe, derartige Siedlungen durch einen Kirchenbau zu ver-
vollständigen und dadurch den einwandernden Baugenossen noch annehmbarer
zu machen. In der That scheinen gröfsere Bifangsbesiedlungen zu Einzel-
betriel>en fast stets mit einem Kirchenhau begonnen zu sein ; nicht nur gesetz-
liche Bestimumngen und direkt belegte EinzelfiUle^, auch die enorme Anzahl
von Patronaten, welche sich später in der Hand vor allem des Laienadels
befindet*, weisen darauf hin. Bedarf es aber noch eines weiteren Beleges für
die aufserordentliche Verbreitung des angenommenen Vorganges, wird er durch
die Thatsache erbracht, dafs in älterer Zeit Kirchen und Fronhöfe als etwas
durchaus Zusammengehöriges erscheinen ®, wie man denn noch heutzutage viele
Kirchen der Eifel und des Hunsillcks als auf dem Areal früherer Fronhöfe
gelegen nachweisen kann*.
Indes diese Bewegung erschöpft sich mit dem 11. Jh., jetzt kam der
Beundeausbau zu Ehren, die kirchlichen Sprengel schlössen sich, die Noval-
zehntbewegung wies vornehmlich die Kirche in den WaW. Die Besiedlungs-
thätigkeit der Laien scheint damit auf einige Generationen mehr derjenigen
der kirchlichen Institute Platz gemacht zu haben. Als aber der Ausbau der
*) Vgl. L. Sal. 47, 4 gamallus.
*) So zu lesen. Der Text der Urk. ist mehrfach entstellt (z. B. der Name des Pfalz-
grafen).
») Vgl. oben S. 115, 118, 238, 240, 251, 253 Note 4, auch aus späterer Zeit Lac. ÜB.
1, 188, 288, 1118; MR. ÜB. 1, 505, 1138.
*) S. oben S. 119.
*) Vgl. dazu V. Maurer, Fronhöfe 1, 132; femer Wenck, Hess. Landesg. 2^, ÜB. 16,
775: Trad. Wizenb. 298; MR. ÜB. 1, 118, 880; 120, 886; Lac. ÜB. 1, 42, 79, 897; 43-44,
81, 898; MR. ÜB. 1, 155, 910; Cardauns, Rhein, ürkk. 1, 336, 923; 4, 347, 962, vgl. Lac.
ra. 1, 61, 105, 962; MR. ÜB. 1, 228, 967; 245, 975; 273, 996; Lac. ÜB. 1, 93, 152, 1018;
Stumpf, Acta imp. No. 282, 1026; luid aus späterer Zeit MR. ÜB. 1, 462, 1128; Honth. Hist
2, 129, ia37; ♦WDiedenhofen Ende 15. Jhs. Arch. Maximin. 2, 280.
•) Vgl. auch .MR. ÜB. 1, 120, 886.
') S. oben S. 121.
45*
[Wirtschaft d. Grofägrundbes. — 700 —
Stauferzeit in vollem Zuge war, da trat auch der Laienadel wieder stärker in
ihn ein^ Es geschah das immerhin bisweilen noch in der alten Weise, man
suchte nochmals, soviel es anging, umfassend zu l)esiedeln: diesem Bestreben
des Laienadels verdanken die ausgedehnteren Neul)ruchsgegenden der stau-
fischen Zeit ihre Entstehung^. Und auch hier steht wie ftir die Kolonisation
der Karolingerzeit eine Urkunde zu Gebote, welche den Vorgang der Be-
siedlung selbst erläutert. Im J. 1258 schlössen das Stift SSimeon - Trier,
Egidius HeiT von Berg als Vogt von SSinieon, Dietrich Herr von Linster und
Otto Ritter von Siedelingen einen Vertragt zm* Anlegung eines neuen Dorfes
auf Ländereien, welche von den genannten Parteien zusaimnengeschossen waren :
ut Villa nova ibidem cum molendino et furno bannalibus in locis ad hoc aptiori-
bus construatur, cuius ville fiiictus et proventus intc»r ipsos taliter dividantur,
ut capitulum et dominus de Berge supradicti medietatem percipiant onmium
eormn, portionibus adequatis pro bonis, que ipsi contulerunt, quorum ad capi-
tulum dominium et ad dominum de Berge ins advocatie pertinebat. reliquam
vero medietatem dominus de Lincere et Ottho i)refati hal)e])unt pro portionibus,
quas in bonis ab ipsis collatis habuerant dividendam. partcnn autem sumptuum
et expensarum pro molendino et furno predictis, tam circa loci comparationem,
si non inveniatur aptus in bonis supradictis, quam circa edificia et construc-
tiones ipsorum hac prima vice capitulum contingontem idem dominus de Berge
pro capitulo integre faciet et pereolvet, et capitulum ad hoc nichil penitus de
suo apponet. officialem vero habebunt al) ipsis concorditer eligendum, qui
fidelitate iuratoria eis omnibus facta fi^uctus et proventus omnes ville predicte
sicut dictum (»st distribuet inter ipsos, excepta decima, quam recipient capi-
tulum et alii, qui ins habent eam recipiendi. si autem aliquis ex ipsis dominis
aratrum hab(Te voluerit in bonis ipsis, idem ins in eo [obtinebii], quod in aliis
rusticomm aratris reliqui obtinebunt, nulla sibi in hoc danda penitus prerogativa.
et si pro expeditionibus suis secundum novarum consuetudiuem villai-um quisquam
dominoiaun iiisticos mansionarios invitet, hoc capitulo vel alii domino forsitan
non indigente, pro parte ipsum contingente competenti pecunia comjjensentur.
quodsi foi^sittm ^ille constructio casu aliquo retardaretm*, pioventus tamen
bonomm supredictomm post fmges, que tunc in tena sunt, coUectas inter me-
moratas pei*sonas proportionil)us antedictis nichilominus dividentur, et si in
bonis ii)sis vol in \illa constnicta occasione alicuius eonun pignora capi aut
aliqua contingeret dampna infeiri, is, cuius occasione hoc fieret, alios indempnes
l)enitus bonorum viromm arbitrio conservabit. hiis itaque poitionibus contenti,
nullus eormn in sua portione altemm molestare presumet, nee in plurc^s quam
in quatuor partes ut supradictum est dividi valeant bona predicta, quotcunque
dominorum fiierint successores. Es ist der Anlageplan mies Dorfes nach der
1) S. oben S. 132.
ö) S. oben S. 2:J6 f.
«) MK. ÜB. 3, 1435; s. oben S. 135 f.
— 701 — Bild. d. Grofsgrundbesitzes.]
Loi de Beaumont, der Novarum consuetudo villarum, welcher hier vorliegt,
ein deutliches Zeichen, dafs man im 13. Jh. eine einheimische gangbare Form
zur Anlage voller Neudörfer an der Mosel nicht mehr besafs. Aber auch nach
der Loi de Beaumont sind im übrigen an der Mosel Neudörfer nach urkimd-
lichem Ausweis nicht mehr angelegt worden — brachte es doch die Bewegung
der Loi de Beaumont sogar in ihi*em Ursprungsherde, dem nordöstlichen
Frankreich , nur in 13 Fällen auf etwa 500 Fälle ihrer Einfilhrung überhaupt
zur Neuanlage eines Dorfes ^ Blieben daher Besiedlungen nach der Art der
alten Bifänge in der Stauferzeit eine Seltenheit, so eiferte man um so mehr
den kirchlichen Hofanlagen des 12. und 13. Jhs. nach: gerade in Laienhänden
scheint diese Art des Ausbaues eine Nachblüte in der 2. H. des 13. Jhs. und
im 14. Jh. gefunden zu haben-.
Man übei-sieht nunmehr das ganze Gebiet weltlicher wie kirchlicher An-
strengungen zur Erlangung von Grofsgrundbesitz, soweit die Überlieferung dies
zuläfst, und man wird gestehen, dafs die Unterschiede dieser doppelten Be-
strebungen nicht so grofs sind, als das nach den beiderseitigen Ausgangs-
punkten wohl hätte erwartet werden können. Weltlicher wie kirchlicher Grofs-
grundbesitz war bis zum 11. Jh., der eine durch Besiedlung, der andere durch
Schenkung, völlig ausgeweitet und nahezu abgeschlossen; weltlicher wie kirch-
licher Grofsgiiuidbesitz erlebte vom 12. bis 14. Jh. in Hofanlagen eine Nach-
blüte des Erwerbs, welche zugleich mit der Einführung ausgedehnterer Eigen-
wirtschaft auf diesen Höfen sicher lieim Kirchengut, vermutlich auch bei dem
Besitz der Laien verknüpft war. Waren so die Schicksale dieselben, so im
Ganzen wohl auch die Zusammensetzung. Zwar liegt, es hier nahe, eine gi-öfsere
Kohärenz des Laien])esitzes zu vennuten: die Kirche erwarl) im Zufall vor-
nehmlich der Schenkungen, der Laienadel mit der bewufsten Absicht koloni-
satoris4»her Erweiteiiing. In der That mag dieser Unterschied in einer gi'öfseren
Gedrängtheit, einem stärkeren lokalen Zusammenhang des Gnmdliesitzes Aus-
druck gefunden hal)en ; man wird indes gut thun, nicht zu übertreiben. Die positiven
Nachrichten ei-geben auch für den Grundbesitz des Laienadels einen ziemlich weit-
gehenden Streucharakter. So liegt schon im 7. Jli. der Besitz der edlen Irmina
in vei-schiedenen Orten ^, im 8. und 9. Jh. findet sich das Gnindeigen vor-
M Bonvalot S. 259.
-) Charakteristisch in dieser Hinsicht ist schon MR. ÜB. 3, 504, 1234. Vgl. weiter
Hennes ÜB. 265, 1278: Gräfin Mathilde von Sayn schenkt an das Deutschordcmshaus minen
hof. de liget op deine ackere hi der Xuwenburg, den ich machete inde buwede sider der zit^
dat ich min gut an dat gestiebte van Colne kerde, inde darzu allet dat gut, dat darzu ge-
höret dat ich ouch al vergolden haven bit minen penningen sider der zit, dat ich min ander
gut kerde an dat gestiebte van Colne. S. femer *Bald. Kesselst. S. 152, 1319: terras
arabib'S dictas Rodehove sitas prope castrum Hartenvilz una cum pratis silvislet duodecim
d. annui census . . necnon 12 s. et 8 d. ad tres terminos solvendis ac 7 pullos camispriviales
annui et perpetui census . . et ciun iure dicto bestehoft Septem homines commorantes.
Ahnliche Nachrichten bietet *Bald. Kesselst. S. 178, 1824; S. 226, 1331; S. 3^5, 1341.
') Honth. Hist 91, 698.
[Wirtschaft d. (jrorsgnmdbes. , — 702 —
nehmer Laien fast stets durch Terschiedene Ortschaften, ja Gaue zerstreut*,
und wo wir klarer sehen, ist das Bild Ton demjenicren. welches der geistliche
Grundbesitz bietet, weniir versrhieden. So hat z. B. im J. 790 ein Edler
Alpad Grundbesitz in Nassau« Burgschwalhiach, Hanstätten. Kellenbach. ? Holz-
heim, Daubom, Heriniren, ?Vilmar, Diez, Habenscheid. Lorheim*: d. h. in Ort-
schaften, welche innerhalb eines Gebietes von ca. 5 bis 6 Quadratmeilen zer-
streut liejren. In jranz ähnlicher Weise liesteht ein Beneficium des Jahres 856*,
welches eine kleine Grundherrschaft umfafst, aus vier Fronhöfen, deren Zu-
behör an Land sich auf 13 verschiedene Orte in etwa 5 Pfeilen Ausdehnung
verteilt, und deren zwei in der Grafschaft Zülpich. zwei in der Grafschaft
Bonn lieiren. Ja eine erst im J. 842 von Köniir Lothar für seinen Getreuen
Alfjrar ausires4'hiedene kleine Grundherrschaft umfafst bei nur 50 Hufen Um-
fang in 2 Gauen 7 Ortschaften, welche sich 4 Meilen von Ost nach West,
etwa 1 Meile von Nord nach Süd ausilehnen. Was aber für das 8. und 9. Jh.,
das inlt auch fQr das 11. und 12. Jh. Damals hat z.B. die Marksräfin Jutta
von Lothringen um das J. 1030* innerhalb des Saar- und Mosellandes Besitz
in Mondorf bei Merzitr, Waldwies Kr. Diedenhofen. Heininiren Kr. Bolchen,
Bettingen Kr. Bolchen, Gondelvangen bei Waldwies. Biringen Kr. Saarlouis,
Silwingen l»ei Mondorf, Gerlevangen Kr. Saarlouis. Bedersdorf Kr. Saarlouis,
Welsingen Kr. Saarbunf, Weiskirchen Kr. Merzig, Kues und Bemkastel. Monzel-
feld und Lonkamp Kr. Bemkastel. Ganz ähnlich ausgedehnt und zerstreut
erscheint aber um diese Zeit auch der Besitz des Trierer Vogts Thiefried. des
Proptes Adalbero von SPauIin aus luxemburgischem Geschlecht, der Königin
Richeza von Polen, anderer kleinerer Besitzkomplexe des Laienadels nicht zu
gedenken *.
Schrumpft in dieser Weise auch der letzte Gegensatz zwischen der Art
des weltlichen und kirclilichen Grundbesitzes, dessen Existenz man ganz besonders
zu betonen geneiirt sein könnte, ziemlich zusammen, sobald der Grundl>esitz
eben als Sul»strat einer zu bildenden Wirtschaftsverwaltimg in Betracht kommt,
so wird es erlaubt sein, sich den Charakter des Grundbesitzes mit Rücksicht
auf seine Organisationsfähigkeit im wesentlichen ganz allgemein zu venregen-
wärtigen, ohne den Unterschied zwischen geistlichem und weltlichem Erwerb
besonders her\'orzuheben.
In dieser Richtung kommt zuerst die Gröfee des jeweilig 4iner Verfügung
unterworfenen Grundl>esitzes in Frage. Gehen wir hier, entsprechend den in
Bd. 2, S. 4 ff. entwickelten Anschauungen über mittelalterliche Zahlenkritik
und Zahleasymbolik , nicht von direkt ül^erlieferten , sondern vielmehr aus
V) Vgl. MR. ÜB. 1, 31, 777; 2, 14, 808-12: 21, 835; 27, 804-5.
'j MK. ÜB. 1. 35.
*) Vffl. MR. ÜB. 1, 93.
*) MR. TB. 1, 30a
*j Vgl. MR. ÜB. 1, 294, 1019; 307, 1036; 308, 1036—37 angebl. (12. Jh.): 325. c, 1045
335, 10.M (l): 396, c. 1098: 407, 1103: 419, 1110.
— 703 — Büd. d. Grofsgrimdbcsitzes.]
mittelalterlicher Einzelüberliefemng durch Summierung gewonnenen Zahlen aus,
so wtlrden sich als Besitz an hörigen Hufen ergeben : für Prüm im 9. Jh. etwa
1600 Hufen S für Mettlach im 9. bis 11. Jh. etwa 300 Hufen, für SMaximin
im 12. Jh. etwa 730 Hufen 268 Erben, für das Erzstift Trier im 13. Jh. etwa
620 Hufen ^. Diese Zahlen sind nun bei der Lückenhaftigkeit des Materials,
aus dem sie gewonnen sind, zweifellos zu niedrig gegriffen; man wird sie
mindestens um 10 Prozent erhöhen müssen. Zudem aber umfassen sie nur
den ausgethanen hörigen Besitz, nicht den Besitz in Eigenbetrieb und nicht
den Lehn])esitz. Liefsen sich nun für den Besitz in Eigenbetrieb noch allen-
falls, wenn auch schwer, ZiflFern aufstellen, so bleibt ein solches Unternehmen
für den verlehnten Besitz völlig unmöglich. Wenn daher der kritischen Her-
stellung der mittelalterlichen Besitzzahlen gewisse Grenzen gezogen sind, so fragt
es sich, ob nicht direkte Nachrichten vorliegen, welche im Lichte der bisher
eruierten Ziffern glaubhaft erscheinen. Die Frage ist für die einzige aus dem
Moselland vorhandene Nachricht, wonach die Abtei SMaximin auf einmal aus
ihrem Besitz allein quasdam curtes et territoria scilicet ad sex millia sexcentos
quinquaginta sex mansos zu Beneficium gegeben haben solP, zu verneinen:
es ist nicht anzunehmen, dafs der ursprüngliche Hufenbestand von SMaximin
den von Prüm mindestens um das Dreifache, den des Erzstiftes um mindestens
das Achtfache überragt habe, dafs er ferner nach seiner Beraubung auf etwa
den sechsten Teil heral>gesunken sei. Dagegen haben wir aus anderen Gegenden
Nachrichten, die wohl glaublich erscheinen, so aus relativ später Zeit die Notiz
des Cod. Udalrici 55 vom J. 1007, wonach das Bamberger Stift 1000 Hufen
besessen habe; in dem noch nicht lange bestehenden Bamberg mufste man
über die Besitzverhältnisse besonders gut infonnieit sein*.
Inwiefern aber ist die Anschauiuig, welche man sich nach den bisher ge-
gebenen Anhaltspunkten bilden kann und welche einem grofsen kirchlichen
Grundbesitz 1 000 bis 2000, einem mittleren 300 l)is 600 Hufen zuweisen würde,
normal? Hier hilft für das eigentliche Mittelalter vielleicht eine Stelle der
Kudrün 917^ aus, wo von einem Kloster also rtche gesprochen wird, daz dar
^) Auf Prüm rechnet v. Inama, Grofsgnuidh. S. 115 Note 4 42 herrschaftliche Güter
and 1466 Bauerngüter nebst 42 zinsenden AUoden. Vgl. auch Wirtschaftsgesch. 1, 516.
2) Vgl. Bd. 2, 142, 154, 168, 178.
*) MR. ÜB. 1, 300. Vgl. die Litteratur über diese viel umstrittene Frage bei Waitz,
Vfg. 8, 129 Note 1.
*) Auch die Angabe, dafs Moyenmoutier um 880 1511 Hufen besessen habe (Chron.
Mediani mon. 5, MGSS. 4, 89) ist mit Hinblick auf Prüm als sehr wahrscheinlich richtig an-
zusehen. Im übrigen vgl. zur Hohe kirchlichen Besitzes noch Waitz, Vfg. 7, 186; v. Inama,
Wirtschaftsg. 1, 291 f. In seinem Buche über die Grofsgrundh. S. 32 f. bietet v. Inama die
folgende Übersicht des Hufenreichtums geistlicher Grundherrschaften vornehmlich in der
Karolingerzeit: Benediktbeuem über 1000 Hufen; Bistum Augsburg 1507, davon sicher 1427
vestiti. 80 absi; Tegemsee 11866 (?); Bistum Salzburg c. 1600; Niederaltaich über 341;
SGallen 4000 (?); Lorsch 2000; Fulda 15 000 (?); Hersfeld 1088 Hufen 694 Mansi.
») Der Ordo can. 818 c. 122, bei Mansi Bd. 14, 232, welcher einem kleinen Stift 200
[Wirtschaft d. Grofsgrundbes. — 704 —
dienden wol driu hundert huobe. Demnach galt eine Grundherrschaft von
300 Hufen wenigstens unter den geistlichen Grundherrschaften der Stauferzeit
schon als ein anständiges Besitztum ^ Denselben Eindruck erhält man aus
den Schenkungen des 10. und 11. Jhs.; damals war eine Gabe von 100
bis 150 Hufen schon eine entschiedene Seltenheit^.
Wie stellen sich zu diesen Klostergrundherrschaften diejenigen des Laien-
adels? Die hier in Betracht kommenden Nachrichten aus älterer Zeit sind
leider sehr spärlich, lassen al)er doch immerhin erkennen, dafs das Besitztum
der weltlichen Aristokratie der Durchschnittsgröfse nach hinter dem der geist-
lichen zurückstand. Vielleicht deutet eben dies auch die oben citierte Stelle
der Kudrün an. Dreihundert Hufen bildeten nach Ausweis des Mettlacher
Urbare den Besitz eines mittleren Klostei-s — dem weltlichen Epos erscheint
das als reiche Ausstattung. Jedenfalls begünstigen die Nachrichten des 9. Jhs.
eine solche Anschauung. Wir finden hier kleinere weltliche Grundherrschaften
zu etwa 50 und 20 Hufen und mit einem Bctriebssta^m von 70 und 35
Hörigen als das Gewöhnliche®; bessere Freie, Priester u. dgl. besitzen etwa
bis 300, einem mittleren 1000—2000, einem grofsen 3000—8000 Hufen zuweist, hat damit
doch wohl zu hoch gegriffen.
^) Im Einklang mit dieser Anschauung stehen die Urbare kleiner Klöster aus dieser
Zeit Vgl. z. B. das Urbar von Retters bei Guden. CD. 3, 791—793, 1191 : hec sunt bona
et reditus in Rethres: ibidem terra unius aratri et prata et silva cum pascuis et decursibus
et molendiniun cum omni re. in Bidinowa census 5 unciarum et duo prata cum omni iure,
in Homowa vinea una et terra unius aratri, et 4 prata et silva cum omni iure, in Crufdelo
terra unius aratri et due curie et 4 vinec cum omni iure, in Marbotdesheim 2 vineas et
census 5 s. in Ilartbach census 10 s. ecclesia in Domheim cum omni iure et pertinentiis.
in Liderbach 2 vineas et 4 iugera agri. in Sulzbach 3 curias et hubam unam, quam emit
Gerhardus de Eppeustein 33 mr., cum omni iure, in Sualbach census 5 s., vineam 1 et hubam
1 cum omni iure, in Lutdenbacli vineam 1 et pratum et silvam. in Meinboldeshagen vineam
1 et agros unius aratri et silvam, cum omni iure, in Hecgestat 2 mansos cum omni iure,
in Steinbach 3 curias et terram unius aratri et pratum 1 cum omni iure, in Stirstat dimidiam
hubam cum omni iure, in Rendele census 10 s. in Ilapreshoven census 16 s., ibidem etiam
census 5 sl in Cnifdelo apud Roggenberch hubam 1. in Sirnbach census 3 s. In Beren-
bninnen census 10 s., et 5 s. ibidem, in Nuwenhagen 4 vineas. in Soden vineam 1.
2) Vgl. Adalb. V. Henr. imp. 4; Not. de syn. Francof., MG SS. 4, 795 Note 11; Cod.
Udalr. 7, 1007; Chron. Bern. 1094, MGSS. 5, 458, i. Vgl. dagegen MR. ÜB. 1, 307, 1036:
der Trierer Vogt Thifrid schenkt an das Stift 12 Hufen, und zwar: zu Michelbach Kr. Merzig
(sub comitatu Bezelini) 5 obas in pratis silvis cultis et incultis ar\'is [Beyer: aviis] et inviis
et quarta parte molendini, in Born (?) b. Mombach (Luxemburg) 2 Hufen in pratis silvis arvis
cultis et incultis, in Zendscheid (?) Kr. Prüm [lies Cinsceiht st. einsceiht bei Beyer] 1 Hufe,
in Rode (wo?) 4 Hufen.
') MR. ÜB. 2, 14, 808—812: Henricus schenkt an Echternach in pago Miislense in
diversis locis hoc est in Wisse sive Bmnikc et Fedrich et Lefankin et quicquid in parte
ista Reni fluminis habuit . . et mancipia 70 utriusque sexus. Mit dieser Nachricht hat die
Urkimde für Piüm MR. ÜB. 1, 110, 868 vieles Ähnliche. S. femer MR. ÜB. 1, 59, 831:
Liudold besitzt in Oos (villa vel marca ipsius ville) Güter cum domibus aedificiis mancipiis
desuper mauentibus . . . pratis silvis pascuis stirpis aquis etc. Die Mancipien werden ge-
— 705 — Bild. d. Grofsgnmdbesitzes.]
ein Zehntel dieser Ausstattung^: sie stehen mithin ungefähr den einfachen
Pfarrkirchen gleich^, soweit sich diese nicht durch eine Anzahl geringer imd
lokaJ meist sehr zerstreuter Schenkungen zu vollen kleinen Grundherrschaften
aufgeschwimgen haben®.
Natürlich ist nach der Gröfse der Grundherrschaften deren räumliche
Ausdehnung sehr verschieden. Neben ausserordentlich weitgreifenden grofsen
Herrschaften, wie sie durch die Karten 10 — 13 des zweiten Bandes ver-
anschaulicht werden und aus einer Reihe anderweiter Angaben des zweiten
Bandes* erhellen^, stehen eingeschränktere kleine Grundhen'schaften , deren
Teilbesitz nur über wenige Qnadratmeilen verstreut ist, wie deren oben S. 702
einige aufgeführt sind.
War so die geographische Ausdehnung der GrundheiTSchaften voraehmlich
ihrer Gröfse nach eine sehr verechiedene , so lassen sich, was die lokale In-
tensität des Besitzes, sein dichtes und kompaktes Zusammenliegen auf kleinem
Räume angeht, Untei'schiede ZT^ischen gröfserem und kleinerem Besitze kaum
bemerken — nur scheint der weltliche Besitz von etwas festerer Bildung
gewesen zu sein als der geistliche. Das Charakteristische aber im allgemeinen
ist eine ungemein zeretreute und lockere Schichtung des Giiindbesitzes, wie sie
beim geistlichen Besitz durch den Schenkungserwerb, beim weltlichen Besitz
durch die Schutzmutuugen bedingt wurde. So finden sich z. B. die 50 Morgen
einer GiiindheiTSchaft des 0. Jhs. mit 25, 13, 6, je zwei und je einer Hufe in
7 Orten zerstreut; und die 17 Hufen einer anderen liegen in 2 Grafschaften,
nannt. es sind 17 männliche, 18 weibliche. Urkunden, welche eine Berechnung der Hufen-
zahl gestatten, s. MR. ÜB. 1, 68, 842; 93, ^56.
*) MR. ÜB. 2, 21, 835, Wintar schenkt an Echtemach in pago Surense [Sauorgau] in
TÜla que dicitur Ossei^ilre [Osweiler] casam indoniinicatam cum curte et exitu et omni super-
posito suo. de terra salica plus minus iugera 30, de prato vero ad carr. 30, et de vineis int^r
Steinern et Treverim pedituram 1, mansum ingenuilem 1 serviles 2, cum omnibus adiacentiis
suis in terris pratis pascuis silvis aquis aquanunve decursibus totum et ad integnim, quicquid
in marca prefate \illulc aliquando visus fui habere vel possidere, mancipia vero 4. Osweiler
^i Ml. SSO. Echtemach, Steinheim an der Sauer ^U St unterhalb Echtemach, gut IV2 Ml.
in der Luftlinie von Trier. MR. ÜB. 2, 27, 864—5; der Priester W. schenkt an Echtcr-
nach in loco nuncupante Edingen sive Wis [Edingen und Weis an der Sauer und an
der Nienis '/i ^D. voneinander entfemt] mansos 4 et quicquid ibidem visus sum habere, i. e.
casiim indominlcatam cum 2 mansis edificiis curtis pratis vineis pascuis aquis aquammve
dncursibus ingressibus et exitibus vel mancipiis.
*) S. oben S. 656.
5) Vgl. z. B. MR, ÜB. 1, 77, 847; 105, 866; 104, 871.
*) S. 698, 720, 729.
") Eine weitere Vorstellung von der Ausdehnung der Gmndherrschaftcn giebt auch das
Verzeichnis der ft-emden an der Mosel vertretenen Grandherrschaften, oben S. 133 Note 3.
Man vpl. auch, was Brano de b. Saxonico 37 id)er den Laienadel sagt, welcher Güter aufser-
halb Sachsens besitzt Wie lange sich solch weit entfernter Besitz hielt, zeigt fiir Molesmes
Arch. Clervaux 1, 463, 1371, ftlr Bamberg CRM. 5, 202, 1592.
[Wirtschaft d. Grofsgrundbes. — 706 —
4 Höfen und 13 verschiedenen Orten ^ Um 1045* liegt einPraedium auf dem
Raum von etwa ^i4 Quadratmeile in 5 Orten; im J. 1103® befinden sich die
Pertinenzen des Hofes Treis an der Mosel in 11 bis zu 4 Meilen weit ent-
feniten Dörfern ; und nach dem WFalkensUnn vom J. 1635 gehören zum Falken-
steiner Hofgeding Leute aus 18 zum Tril recht weit entfernten Ortschaften.
Zieht man nun in Betracht, wie äufsei-st zahlreich die Grundherrschaften
waren — gab es doch an einem Ort wie Siuzig allein 7 Rittersitze, und hatten
doch an der Mosel allein 78 fi-emde Grundhen^schaften bis zum 13. Jh. Fuss
gefafst* — , so begreift es sich, dafs die Pertinenzen aller dieser Gnindherr-
schaften im buntesten Wechsel durcheinander lagen, so dafs an manchen Orten
nicht blofs einige, sondern bis zu einem Dutzend verechiedene GrundheiTSchaft«n
vertreten waren **. Damit nicht genug: die ureprünglich durch Schenkung
oder sonstwie ansässig gewordenen GiiindheiTSchaften konnten durch Teilung
weiterhin zerfallen": es konnten geradezu ganze Stämme in zweiter Linie in-
folge Teilung participierender Grundheiren entstehen. So schildert, um ein
spätes und vollentwickeltes Beispiel zu w^ählen, eine *Aufzeichnung des Arch.
Maximin. 8, 786 den Bestand zu Losheim im Hochwald während des 17. Jhs.
folgendennafsen :
Abteilung der vier gemeiner heiren zu Loisshem.
St Maximin helt diesen
1. St. Maximin | , „ . .
I stammen alleinig.
1
3. Leien
Wasserbui>r participirt 2 mir.
^ . Die Foncken von Heistorf modo Michiels erben 6^ 3 mir.
Reumont und Kersten 2 mir. zusammen.
Der von Haussen und Steinliach 2 mir.
1. Nassauw der graf participirt 5 mir.
2. Vrssperg 5 mir.
3. t>])an von Enmiel modo reverendissimus elector Tre-
veR^nsis participirt 3 mir.
, T . ,r . T* • f 1- I^^i* churfüi-st participirt 14 mir.
4. Jungnauw Marei von Bemss <{ ^ r> n u • ♦ i- t v^ i i i
'^ I 2. BellenhaussenjetzdieJesuiterl4mlr.
M MR. ÜB. 1, 68, 842; 93. 856; dazu oben S. 702.
2) MR. ÜB. 1, 325.
^ MR. ÜB. 1. 407.
*) S. oben S. 660, 133 Note 3.
^) S. oben S. 135, 481. Nach v. Maurer, Dorfv. 1 , 10 gab es in Trochtelfingen
(Schwaben) 7 verschiedene Grundherren, 5 Schlösser. Andere noch schlinunere FäUe s. G.
der Fronhöfe 3, 97—100.
*) Töpfer 1, 86 u. 87, 1284: Teilzettel der Brüder Johann und Nikolaus Vögte Ton
Hunolstein, ül>er die Erbteilung des grofsgrundherrlichen Besitzes zu Prosteroth und Lenzaren.
Ein Hof mit seinen hereditates in IVosteroth wird u. a. auch geteilt. Eine Vereinfachung
dagegen erstrebt CRM. 5, 282, 1781: Vertrag zwischen Kurtrier sowie Pfalz-Zweibrücken
wegen der Grafschaft Sponheim und dem Grafen von Mettemich als Herrn zu Winnenborg
und Beilstein über die Teilung des gemeinschaftlichen dreiherrischen Gebietes.
— 707 — Bild. d. Grofßgnmdbesitzes.]
Es braucht kaum betont zu werden, wie sehr diese allgemeine geo-
graphische Ausdehnung der Grundherrschaften im Verhältnis zu ihrer Gröfse,
diese lokale Zerstreuung des Landeigens in kleinen Stücken durch viele Dörfer,
endlich vielleicht gar wieder die durchgehende Teilung dieser Stücke auch
schon in früher Zeit den Verwaltungsgang des Besitzes aufe aufserordentlichste
erschweren mufeten.
Es fällt das um so mehr ins Gewicht, als sonst manche Umstände einer
straflFeren Organisation zu Hilfe kommen konnten. So die noch lange an-
dauernde leichte Veränderlichkeit des Aus])aues infolge der Aufnahme jung-
fräulichen Bodens, femer der durchgängige Bestand der Hufenverfassung, welche
für jeden Aufbau einer weiter reichenden Verwaltung eine genügende, ü])rigens
darum auch von den Grundherren thunlichst lange festgehaltene^ Grundlage
bot- Aber freilich, diesen günstigen Verhältnissen stand, auch abgesehen von
der Lage des Grundbesitzes, noch eine grofse Reihe ungünstiger Verhältnisse
gegenüber. War die Hufrnverfassung für die grundherrliche Organisation von
Vorteil, so widersprach ihr in gleicher Richtung die alte Autonomie der Mark-
gemeinde in Agrarsachen; und waren die Kulturen noch leicht im Dienste
einer gröfseren Verwaltung veränderungsfähig, so waren es um so weniger die
Lasten und laichten und damit auch die Thätigkeiten der giiindhörigen Hufen-
inhaber. Dieser letztere sehr wichtige Punkt bedarf noch näherer Erörterung.
Zu seinem Verständnis mufs von der Thatsache ausgegangen werden, dafs
im Ge])iete des fränkischen nicht wie etwa in dem des alemannischen oder
baiuwarischen Rechts die Lasten des Unfreien bezw. späteren Grundholden
durch Gesetz einheitlich fixiert waren. Vielmehr wurden hier, wie später auch
im Bereich anderer Volksrechte, diese Lasten von vornherein von Fall zu Fall,
je nach Gelegenheit und Laune fixiert. Im grofsen und ganzen waren daher
die Lihaber gnmdhöriger Güter schon bis zum Schlufs der Karoliugerzeit mit
bestimmten, von einander sehr abweichenden Leistungen belastet. Was ge-
schali nun, wenn derartige Inhaber mit ihren Gütern in den Verband einer
gröfseren Grundherrschaft neu eintraten? Nur in den allerseltensten Fällen kam
es zu einer Abänderung der einmal bestehenden Lasten im Sinne einer Uni-
fikation mit den Leistungen der schon innerhalb der Grundherrschaft am gleichen
Orte befindlichen Hörigen^: - — durchaus gewöhnlich blieb alles beim alten ^.
Grund hierfür war, dafs die Übertragungen von Grundhörigen ganz regelmäfsig
unter der bestimmten Bedingung der Beibehaltung der bisherigen Belastung statt-
') S. oben S. 124, 347.
*) Ich kenne nur öinen Fall, MR. ÜB. 1, 272, 993—996: Irminard schenkt an SMaxunin
sein Gut zu Heisdorf in Alzigthal ; mancipia quoque, que trado, et posteri eorum, si in eadem
rilla sederint vel nupserint, tali libertate et servitio perfriiantur, sicut cetera confessoris
Christi [sc. Maximini] inibi manens familia. si qui vero foris nupserint vel manserint vel
alias Tagati fuerint, unusquisque eorum in festivitate sancti Maximini persolvat unam denariatam
cere pro remedium [!] anime mee.
») Vgl. dazu Waitz, Vfg. 5, 208 f., 215,
rWirtschaft d. Grofsgriindbes. — 708 —
fanden ^ Aber man hätte gleichwohl nach der Ühertrapning ändern können!
Auch diese Änderung ging nicht an, weil ihr das Weisungsrecht der Hofgenossen-
schaft, in welche der übertragene Hörige eingetreten war, entgegenstand: die
Genossenschaft wies die Verhältnisse auch der neu rezipierten Hörigen, also
auch die Qualität ihrer Zinsbarkeit als ihr unverbrüchliches materielles Recht*.
So war jede Unifikation der Leistungen ausgeschlossen, auf welche sich ein
Fortschritt in der Arbeitsteilung und Arl>eitsvereinigung innerhalb des grolis-
grundlierrliclien Betriebes hätte aufbauen können — nur der 6ine Ausweg der
Unifikation der Zinse durch Reduktion auf Geld blieb übrig. Allein auch er war,
sehen wir selbst von dem Hindernis noch naturalwirtschaftlicher Zustände ganz
ab, nicht i)raktika])el. Der GiimdheiT wollte nur in der Münze aWösen, welche
an seinem Wohnsitze galt^: das war aber oft, ja zumeist nicht die am Wohn-
ort der Grundhörigen geltende Münze : was bliel) übrig, wollte man nicht stets
Unbequemlichkeiten und Kursverluste ha])en, als auf die Ablösung zu ver-
zichten ?
Die Folge war, dafs die gnmdliörigen Leistungen thatsächlich nicht ab-
geändert, noch \iel weniger aber unifizieil wurden; wie der Zufall es gefügt
hatte, so bliek^n sie bestehen, vielfach anonnal, ungleich lastend, unpraktisch,
und jedenfalls jegliche höhere Organisation des technischen Betriel>es hindernd *.
>) S. die schöne Stelle in MR. ÜB. 1, 29, 775, cit. Bd. 2, S. 650 Note 3. Lac ÜB.
1, 34, 68, 8(>4 werden Unfreie an das Kloster Gerresheim bestimmt, mit der ausdrücklichen
Anonlnung, es solle niemand jemals wagen iura mancipiorum permutare. MR. ÜB. 1, 179,
943: der Edle Goziin schenkt das Dorf Hunsdorf an SMaximin, sie autem . . , ut olim fnit
tradita Gozlino a quodam viro nomine A'olmaro. MR. ÜB. 1, 206, 960: Schenkimg von
Besitz in Mamem an SMaximin: familia quoque predicti loci eisdem legibus, quibus ab
anti(piitate \v\ sub parentibus meis vel etiam me suliiecta ftierat, utator, ni»c aliis gravioribos
su]>di cogatur. Hierzu vgl. unten ^IR. ÜB. 1, :3S0. 1084 den Ausdnick lex antiqua. jNER.
ÜB. 1, 210, 962: Schenkung eines praedium an SMaximin: familia quoque ipsa in servitio
et censu, quo a parentibus meis vel a me ha]»ita est, in eodem pemianeat. MR. l^. 1, 341,
1058: Schenkimg eines pri^dium . . in marcha cuiusdam ville (Leiwen) imter der Bedingung,
ut ad idem pn.»dium pertinons familia non ad ampliorem quam antebac censum cogatur.
Lac. l'B. 1, 156, 242, 1079—89: Mancipien geschenkt eodem videlicet solvendi censns
iure eodemque debit^ conditionis senitio, wie bisher. MR. ÜB. 1, 580, 1084: Erzbischof
Engelbert restituiert Platten an Geren, villam P. cum banno et lege antiqua et cum onmi
utilitate, solos dumtaxat sen-ientes hereditales in obsequium archiepiscopi excipiens, . . reddidi.
riMettlach No. 14, ?Serrig 10c, 13. Jh. Anf.: Reginwiz de Losma ti-adidit sancto Liutwino
in Zuringa mansum et dimidium in eo ipso iure, quo ipsa tenebat. Folgt genaue Zins-
beschreilnmg.
2) Vgl. Bd. 2. 648 Note 2: 655; 663. WWallersheim, G. 2, 535: wanehe ers also
empfanglicher band hat, so sol ers gebrauchen vor sein eigen erf, und niemand sol ihme
den dienst büken; und wie viel erbs er auch hat, und das also zu geprauchen, so lang
er lebt.
») Vgl. B<1. 2, 381.
*) Vgl. z. B. in riMettlach No. 7. Tincrey 15 c, das starke Schwanken der Abgaben
der einzelnen Hufen. A'or allem aber ist hier, aufser Bd. 2, 101, die Tabelle Bd. 2, 188 ff.
zu konsultieren, l'ber verschiedene Zinsbelastung des Nonnalgutes s. auch Küster S. 45,
— 709 — ßiW- d. Grofsgrundbesitzes.]
Es ist also kein Zufall, wenn man mit dem vollen Emporkonmien der Gmnd-
herrschaften keineswegs eine Differenzierung der einzelnen Betriebe unter der
Idee einer gröfseren Arbeitsteilung innerhalb des Gesamtumfanges einer be-
stimmten Grundherrscbaft bemerkt^; vielmehr ist überall das Gegenteil wahr-
zunehmen 2. Die grofsen Landwirtschaften der frühesten Zeit für Rindvieh-
und Schafzucht schwinden®; der Flachsbau verliert sich bis zmu Untergang
der alten technischen Bezeichnungen*; übrig bleibt einzig der Kömerbau.
Keine Durchbildung, eine Verödimg der landwirtschaftlichen Betriebe ist die
nächste Folge der Grofsgrimdhen-schaften. Und auch späterhin war ihr Einflufs
auf diesem Gebiete gering. Die einmal reziirierte Zahl der Frontage ver-
hinderte lange eine Vermehrung der Furchen ^ ; der ganze, auf Grmid materieller
Rechtsweisung geordnete Betrieb gestattete keinen Fortschritt. Dämm son-
derten sich Betriebe, welche desselben dringend l)eduiften, wie der Weinbau,
sehr bezeichnenderweise el)en aus der gemeinen gnmdhen'lichen Wirtschafts-
organisation aus**.
Blieb aber so die Gmndhenschaft für die technisch-landwirtschaftliche
Entwicklung ohne viele segensreiche Folgen, so gelangte auch die obere Ver-
^ waltung nicht zu einer unverbrüchlichen und straffen , auf wohlgeordnetem
gegenseitigem Eingreifen der einzelnen Glieder bemhenden Organisation. Der
Gmnd ist hier, abgesehen von der zerstreuten Lage und dem eigentümlichen
Charakter des Gmndbesitzes, namentlich auch in den e\\igen, teils unver-
schuldeten, teils seilest veranlafsten Stömngen des einmal ermngenen Besitz-
standes und der öffentlichen Ruhe zu suchen, unter welchen besonders die
geistlichen Institute litten.
Sieht man von dem Einflufs der allgemeinen Landeskalamitäten, besonders
grofser verwüstender Kri(»ge al), wie sie Deutschland genule nach der vollen
Formation des Grofsgmndbesitzes in der 2. H. des 9. und der 1. H. des 10. Jhs.
heimsuchten'' und für Laienadel wie Kirche wohl ziendich gleich verderblich
waren, so hat die Kirche namentlich unter der gesetzlich geregelten Säkulari-
sation oder einfachen Wegnahme ihrer Besitzungen bis ins 12. Jh. hinein
^) Das gilt zanächst für die gnmdhörigcn Hufen, bleibt aber auch flir die eigene Sal-
wirtschaft richtig, da diese meist auf Beunde- d. h. Rodeland stattfand.
-) Das, was v. Inama, Grofsgrundh. S. 80 f., über die steigende Spezialisierung der
Dienste und Al^gaben, und besonders ü])er die freie AVahl der Wertform der Leistungen
durrh die Cfrundhörigen, über Beschränkung der Dienstpflicht, Gewährung von Saatgetreide
and Ausstattung der Zinsgüter mit Inventar ausführt, kommt nur ganz singiüär vor imd
bat keine durchschlagende Bedeutung für eine einheitlichere Organisation der Grofswirt-
schaft gehabt
») S. oben S. 698.
^J S. oben S. 563.
^) S. oben S. 558, 560.
^) Vgl. z. B., aufscr weiter unten in Teil 3 dieses Abschnittes, üSMax. S. 443, 445;
dazu auch oben S. 575.
') Für die Normannen vgl. z. B. Trad. Wizenb. 298, lür die Ungarn V. Uodalr. 1,
MGSS. 4, 2ö7.
[Wirtschaft d. Grofsgnmdbes. — 710 —
schwer zu seufzen gehabt. Zwar die Säkularisationen der frühen Karolinger-
zeit* wie die Zustände um die Wende des 9. und 10. Jhs., welche durch Ver-
leihung oder Veräufserung ganzer Abteien charakterisiert sind*, fanden seit
der Ottonenzeit kein Analogon mehr, nur selten wird späterhin wenigstens im
Moselland von ähnlichen Mafsregeln berichtet^. Aber die Wegnahme einzelner
^) Ich habe hier auf dieselben nicht genauer einzugehen; in Trier wurde Kirchengut
nach 753 eingezogen, vgl. Roth, Feud. S. 89.
«) Vgl. G. abb. Lob. 15, MGSS. 4, 61, 885; G. ep. Leod. 2, 19, 889, dazu die Note in
MGSS. 7, 200; für unsere Gegend speciell s. Sigeh. cap. 1, § 10: temporibus Arnulfi im-
peratoris cum iam in hoc loco religionis proh dolor Status haud minima ex parte laberetur
. . defuncta monasterii abbate Herkemberto monachi pro electione abbatis palatium ex more
competunt: quibus cum peccatis exigentibus electio non permitteretur , sequestratis aliquibus
monasterii possessiunculis, quae vix arctam monachis sustentationem potuissent praebere,
cnidam Megingaudo regni huius duci, qui tunc forte aderat, abbatia ab imperatore donata est
Femer ebd. § 12: post memoratiun Megingaudum potestatibus et usibus huius regni ducum
abbatia subiacuit, his tantum exceptis, quae fratrum sustentationi dudum sequestrata fiierant:
quae tarnen ipsa (sicut et adhuc) eorum defensioni a regibus committebantur. qua ex causa
. . Gisilbertus admodiun iuvenis dux . . monachos huius monasterii etiam vehementer afflixit,
ea scilicet, quae in usus eorum cesserant, adimens suisque satellitibus dispertiens.
') Zu späteren Verleihungen vgl. den Libellus de lib. ecci. Eptem., MGSS. 23, 65,
1192. Für die Frage der Säkularisation liegt besonders der bekannte S^Iaximiner Fall vor,
vgl. dazu Waitz, Vfg. 8, 129 Note 1 (oben S. 703 Note 3); auch MK. ÜB. 1, 300, 1023; 306, 10^5;
sowie den wichtigen Brief K. Heinrichs aus der Zeit des Erzbischofs Bnmo (1102 — 1124) in den
Bonner Jahrbb. 39 —40, 287. Im übrigen mag der Vorgang hier in der bisher noch unbekannten,
freilich urkundlich bekannten Quellen entnommenen Darstellung Scheckmans in seinem *Spec.
feud. wiedergegeben werden: in calce opusculi specularis feudorum non dissonum videtur
bononmi quorundam alienationem ceu feudalem collationem subnectere, quorum nonnulla per
imperialem caesarea maiestatis celsitudinem, nonnulla per abbatem huius loci imponuntur. inclito
igitur Henrico rege quidem secundo imperatore autem primo sacri Romani imperii monarchiam
administrante abbas huic c^nobio prefuit Haricho vir admodum venerabilis. qui senio confectus
cum imperatoriis ser^itiis domi militi^que inser^'ire inque expeditionem ire non potuisset, in
beneficium ab eo acc^*pit imperator predictus quasdam curtes et territoria scilicet sex milie
sexcentos quin([uaginta sex mansus, quos a monasterio alienans quibusdam fidelibus suis Henrico
ducijEzzoni palatino comiti necnonOttonicomiti(qui nihil eatenus ab imperio feudal iterhabuerant)
ea ratione divisit et assignavit inque beneficium tradidit, ut ipsi eorumque successores pro eodem
abbate et eius succedaneis abbatibus curiam regalem peterent et in expeditionem irent, abbas
vero suique successores a regia curia et ab omni expeditione, quemadmodum abbas de
sancto Willibrordo, essent omnino liberi, nisi ad generale concilium sive colloquium in
Mogontiam, Coloniam, Metis aliqua magna necessitate cogcntc invitarentur. utque gratiam
refiindere videretur ac vicem rependere reciprocam, timore dei et amor^ iustitiae tactus
necnon rogatu reverendissimorum archipresulum divi Popponis Treveremsis, Austri^ marchionis,
Aribonis Moguntinensis ac Pilgrini Coloniensis servitium, quod imperatorit? seu regali
magnificenti^ hactenus ab hac abbatia in secundo semper anno persolvebatur, pro eisdem
bonis et possessionibusque inde abstulit [et] deo sanctisque loanni et Maximino cunctisque
inibi abbatibus futuris remisit, cavens et mandans cunctis succedentibus imperatoribus , ne
unquam predictum servitium exigerent aut repeterent, nisi ea bona ex integro redderent
utque hec preceptio et constitutio pleniorem obtineret firmitatem, non solum proprii sigilli
munimine roboravit, verum etiam apostolica auctoritate per sanctissimum patrcm dominiun
Benedictimi papam corroborari promeruit; insuper Conradus imperator Henrici memorati
— . 711 — Bild. d. Grofegnindbesitzes.]
Besitzteile geistlicher Institute blieb immer an der Tagesordnung. Schon die
Bischöfe konnten bei ihrer de iure noch immer bestehenden Verfügungsfreiheit
•
über den gesamten Kirchenbesitz der Diöcese sehr leicht auf den Gedanken
kommen, einzelne Klostergüter an sich zu ziehen; für unsere Gegend liegen
Fälle noch aus dem 11., ja noch aus dem Beginn des 12. Jhs. vor^; nur die
Furcht vor dem mit geistlichen Verwünschungen gemischten Klaggeschrei der be-
troffenen Institute verhinderte wohl häufigere Eingiiffe ^. Neben den Bischöfen
aber zeigte der Laienadel eine ausgeprägte Vorliebe namentlich für klöster-
lichen Grundbesitz. Kann man die nicht selten in Anspruch genommene Dis-
position des Königs über Reichsabteigut noch juristisch rechtfertigen, wenn sie
gleich von den betroffenen Instituten als grol)er Eingriff empfunden wurde
und gewifs vor einer billigen Beurteilung bisweilen nicht bestehen konnte^,
so war doch die sei es mit sei es ohne königliche Erlaubnis überall am
Kirchengut nagende Hal)sucht der Fürsten und auch des tiefer stehenden Adels
vornehmlich gefährlich. Denn während die königlichen Eingriffe in das Kirchen-
gut allmählich aufhörten und nach dem Investiturstreit nahezu wegfielen,
dauerten die Angriffe seitens der Grofsen fort und verpflanzten sich, je weniger
das Reich der Aufgabe der Friedenswahrung gorecht wurde, auf um so weitere
Kreise auch des nieileni Adels*.
successor idem preceptum ratificavit approbavit confiruiavit et innovavit; item Henricus
tertius quartus Imperator similiter laudanmt innovarunt atque contimiarunt et alii post eos
imperatores regesque.
^) S. das A^rzcichnis der SMartin entrissenen Mobilien und Immobilien, um 1000,
Trierer Sudtbibl. 1413 S. 31—39, gedruckt Bonner Jahrbb. 44, 168, vgl. Bd. 2, 723; G. Trev.
1114, M6SS. 8, 195, is: Erzbischof Bruno ut . . militum interminatae habendi cupidine
muneribus et beneficiis potuisset satisfacere, non solum clericorum et laicorum bona diripiebat,
Tenun etiaro ecclesiarum villas et curtes . . sed et omamenta preciosa et vasa concupiscibilia
tem aurea quam argentea in suos usus redigebat, et exinde expensas faciens humanos
in se favores concitabat; nichil enim ei laude fiiit in vita duicius. Vgl. auch Arnold, de
s. Emroeram. 2, 57.
•) Vgl. z. B. das Note 1 citierte A'erzeichnis: hac premissa excommunicatione apostolici
viri, qui vicarii functus officio apostolorum principis Petri meruit quoque similiter sortiri
sententiam ligaudi, nuUi dubium constat, ligatos et dampnatos fore, qui consensu vel actu
Tel quolibet modo sanctuarium dei, bona videlicet ^«clesi^ sancti Martini, velut hereditario
iure non timuerunt invadere, invadendo miserabili et inrecuperabili despoliatione annulare
[S. 32]. isti siquidem maiores pc^nas solvent in anima, quam Ananias et Saphira in corpore,
qui in actibns apostolorum proprii census fraude notati leguntur exspirasse. si enim has
pro denegatione su^ proprietatis tam valida dampnat mortis sententia, quanto magis iudicabit
reos ultio divina, qui sibi usurpasse videntur ^cclcsi^ bona, verum ne id lat^at posteris
et etiam scire cupientibus, quibus bonis idem locus sit destitutus, summo arbitri et omnibus
eius üdelibus taliter contigisse revera conquerentes gemendo exponimus. Folgt die Erzählung.
«) Vgl. z. B. MR. ÜB. 1, 382, 1082—84.
<) Vgl. V. Wiborad. 25; Ann. Weifsenb. 985: Stumpf, Acta imp. No. 210, 950;
Lambort z. J. 1064; *H. Brandanus Annales imp. Mon. Prumiensis Trier Stadtbibl. Ifde.
No- 1710. BL 7a: Wolframus [abbas] Henricum comitem de Limburg ad restitutionem
dominii de Pnintzfelde antbe Henr. 4. imp. anno 1101 compulit, ac tandem, cum possessiones
[Wirtschaft d. Grofsgrundbes. — 712 —
Zugleich aber nahm die Restitution von Kirchengut ab, wie sie nicht
selten stattgefunden hatte, solange die Königsgewalt noch stark war. Zwar
hatten die kirchlichen Institute von jeher alle Mittel, welche ihnen in geist-
licher Beziehung zu Gebote standen, in Wundem und Träumen," in Warnungen
und Verfluchungen aufgeboten, um das ihnen entrissene Gut wiederzuer-
langen*; imd gleichen Sinnes mit ihnen waren die Bischöfe namentlich der
klösterlichen Reformzeit in der 2. H. des 10. und der 1. H. des 11. Jhs.
thätig-. Indes mehr doch als die geistlichen Kampfmittel der Kirche ver-
mochte auf diesem Gebiete der Machtspruch des Kaisers: in frühester Zeit
von kaum bezweifelter Geltung büfste er indes seit dem 12. Jh. an Kraft ein
oder wurde wenigstens nicht mehr veniommen^.
monasterii Wriliter contra invasores defendisset et frugali oeconomia notabiliter augmentasset^
foeliciter anno admin. suae 26, incarn. 1101 obdormivit Vgl. ferner MR. ÜB. 1, 452, 1125;
Ennen, Qu. 1, 506, 45, 1134; 508, 46, 1134; ^IR. ÜB. 1, 580, 1154 über SMatheis: ^cclesiam
illam, quam malicia raptonun attritam et attenuatam condoluimus ; Cardauns, Rhein. Urkk.
21, S. 366, 1187; Lehnsbuch Werners IL von Boland S. 18; Ennen, Qu. 2, 164, 197, 1239.
1) Vgl. V. Wiborad. 25; G. Witigow. v. 103 f.; s. auch ^klR. ÜB. 1, 366, 1067, Ur-
kunde Herzog Gcrards von Lothringen : reddidi aecclesiae sancti Willibrordi alodium quoddam
in viUa Heinga, quod possederam in beneficio ex regno.
2) Vgl. aufser oben S. 676 Note 2 G. Trev. Cont 1, 22, MGSS. 8, 196: Erzbischof
Egbert (1079 — 1101) inito consilio cuni optimatibus suis . . huiusmodi verbis eos compellebat:
obsecro vos per misericordiam dei, dilectissimi filii mei et fratres, quicquid ego et antecessores
mei episcopi sanctonmi huius loci iniuriae violentia magis quam ratione irrogavimus, vos me
commonefacite, et ego restituam . . . quod cum placuisset omnibus, discretis cuiqne loco
reditibus, banni constnctione firmavit, ut qui deinceps inde subtraheret. deum praesumptionis
suae ultorem sentiret. et respondenint omnes: amen, ubi vero Egilbertus spiritum reddidit
et Bruno ei in episcopatu successit, universa, quae ille resignavit, iste resumpsit, dicens,
nichil exinde ratiun esse, quod ille infirmus et iam suimet inpotens in novissima vitae suae
hora constitutus feccrit Erbischof Egbert erscheint in der That als Restaurator des Trierer
Kirchengutes. Die Aufzählimg des geringen Ül)errestes von Gütern der Abtei SMaria-ad-mart}Tes
in einer seiner Urkk. (Slll. ÜB. 1, 244. 973), die Schilderung der Verwüstung von SPaidin
(MR. ÜB. 1, 255, 981) zeigt wie tief Klöster imd Stifter gesunken. SPaulin erhält trotz
aller Anstrengungen des Erzbischofs kaum den zehnten Teil vom Werte seiner alten Be-
sitzungen zurück, alles andere bleibt in Laienhänden. Daher der priesterliche Eifer Egberts
gegen die potentes et rebelies personae (MR. ÜB. 1, 255, 981). In dieser Urk. heifst es
unter den Zeugen Signum benignissimi*!Ekeberti Treverensis archiepiscopi. Vgl. über den Elrz-
bischof Lamprecht in den Bonner Jahrbb. 70, 5t>, auch Invent, s. Celsi 1, 6, sowie eine
*\. Egberti in den Bollandistenpapieren zu Brüssel Burg. Bibl. 8969, vgl. (Altes) Archiv 8,
524. — Auch der Erzbischof Dietrich I. (965—977) war als Restitutor sehr thätig, s. Invent.
s. Celsi 1, 7: conprovincialium tyrannidem aequus arbiter auctoritate compressit, et omnia,
quae monasteriis hostili ftierant invasione subtracta, manu potestativa imdecumque recollegit
') Eine Restitution liegt schon c. 885 vor, vgl. G. ep. A'irdun., MGSS. 4, 45. Den
Kaiser finden wir thätig Hod. ann. 928, MGSS. 3. 378, u f.; Stimipf, Acta imp. No. 210,
950: Otto 1. schenkt an SFlorin-Koblenz ein praedium, das früher dem Stift gehört hatte,
illisque fratribus ob iniidelitiUem (quorundam nobilimn) direptmn nostraeque potestati regiae
redactum. S. ferner MR. ÜB. 1, 334, 1051: K. Heinrich 111. quandam villam vocabulo Prichina
[Brechen, von SMaximin] . . , quam nos cuidam A — i Theodericum abbatem iniuste pro beneficio
prestare iussimus, modo autem iustitia dictante eandem curtem cum omnibus in quibuscumque
— 713 — Bild. d. Grofsgrundbesitzes.]
Gerade um diese Zeit aber gedieh wiederum ein anderes System von
Besitzstönmgen meist freiwilliger Natur zur vollen Blüte, dessen Ausbau seit
der Stauferzeit die alte obere Organisation der GrundheiTSchaften, die es stets
schon behindert hattet nunmehr völlig zu zerstören drohte: das Belelmungs-
wesen*. Freilich waren auch schon in ältester Zeit, unter den Karolingern,
Beneficien und prekarische Güter verliehen worden, deren Austritt aus der
Gesamtverwaltung jede ursprünglich einheitliche Organisation schädigen niufste ;
indes diese Güter waren teilweis wenigstens nur auf Zeit verliehen worden®.
Wie anders jetzt. Seit dem 11. Jli. strebten die grofsen Grundhen-en nach
einer immer stärkeren Ministerialenmacht, welche nur durch dauernde Be-
lehnung zu en-eichen imd zu erhalten war*; der Durchführung dieses Zieles
wunle der Gedanke einer allseitigen Organisation des Giiindbesitzes immer
mehr geopfert. Einzelne Mafsregeln * gegen diese Tendenz fühlten zu keinem
durchgreifenden Resultat : gegen Ende des 12. Jhs. sind die Grundherrschaften
mit einem für ihre Organisation und ihre Ertragsausbeutung nahezu wertlosen
Nimbus von Lehngütem umgeben®, und immer noch kommen zahlreiche
Überführungen von giimdherrlichem Gut in die Kategorie des Ichnsherrlichen
Besitzes vor. Diese Bewegung vollzog sich aber nicht blofs im kirchlichen,
sondern ebenso, ja vielleicht noch \iel intensiver im weltlichen Grofsgrund-
besitz ^ : es ist klar, dafs sie jede weitsehende, auf lange Dauer und sorgfältige
Ertragsausbeutung berechnete Oi*ganisation des Grofsginindbesitzes teilweis
schon seit der Karolingerzeit, umfassend jedenfalls seit dem 12. Jh. verhindern
mufste. Es wiederholt sich hier die bisher überall gemachte Erfahrung: weder
Lage noch innerer Charakter noch auch anfängliche Entwicklungsgeschichte
des Grofsgrundbesitzes waren geeignet, die BavSis einer hervorragenden, festen,
etwa gar stark centralisierten Oi-ganisation herzustellen.
Doch gab es eine Art von Grundbesitz, welche im Anbeginn, vor der
schon mit späterer Karolingerzeit beginnenden stärkeren Zerstörung, für eine
straumie Oi^anisation und einheitliche Verwaltung ganz andere Aussichten l)ot,
als der weltliche und* kirchliche Grundbesitz. Das war das Fiskalland , das
königliche Domanialgut. Es liegt hier ein bisher wenig beachteter Unter-
locis ad eam iuste et legaliter pertincntibus vel aspicientibus . . reddidimus. Vgl. femer MR.
ÜB. 1, 434, 1116; 4o2, 1125.
*) Vgl. Roth. Feud. S. 177, Gu^rard Irm. S. 902 über das numerische Verhältnis von
beneficiarisch verliehenen und nicht verliehenen Gütern bei kirchlichen Instituten.
*) S. tu a. Baumann, G. des Allgäus 1, 484.
») Späte Fälle s. u. a. Chron. s. Mich. Vird. 8, MGSS. 4, 81, c. 960; Lac. ÜB. 1,
123-24, 192, 1057.
<) Vgl. z. B. V. Bald. Leod. 2; G. Trev. Cont 1, 22, MGSS. 8, 195, um 1114.
») Z. B. MR. ÜB. 2, 256, 1180—1209.
«) Vgl. beispielsweise den Libellus de lib. eccl. Eptemac, MGSS. 23, 69-70, 1192,
auch die MR. ÜB. 2, 467 f. gedr. Feoda sancti Maximini 12.— -13. Jhs.
^) So verzeichnet das rheingräfliche urbar im wesentlichen Lehnbesitz; die Rhein-
grafen sind fast von allen mittelrheinischen Grafengeschlechtem belehnt.
Lamprecht, DeatBche» WirtsrhaflBleben. I. 46
[Wirtschaft d. Grofsgrundbes. — 714 —
schied vor, dessen Hen^orhebung für das Verständnis der mittelalterlichen
Grundherrschaft, vde man sehen wird, von Wichtigkeit ist.
In der Mosel- und Mittelrheingegend gal) es etwa 17 bis 20 alte Fiskal-
gtiter^; sie lagen vornehmlich in den Flufsalluvien , doch kommt auch eine
ganze Anzahl dei-selben auf den Hochflächen, z. B. Platten, Manderfeld, Schüller,
Thommen, Flammersheim auf der Eifel im weiteren Sinne, vor. Für die hier
zu beantwortende Frage kommen indes nur diejenigen Fisci in Betracht,
über deren lokalen Charakter und deren räumliche Ausdehnung Genaueres
tiberliefert ist. Diese aber bedüifen einer individuellen Untersuchung.
Gehen mr in unserem Gebiete den Rhein hinauf, so finden ^ir zuerst den
Fiskus Sinzig; gerade ülier ihn sind wir besondei*s gut unterrichtet. Zunächst aus
einer Urkunde vom J. 762 ^, nach welcher Kesseling nebst dem Walde Meliere
zum Fiskus Sinzig gehört. Nun ei*streckt sich al)er der hier genauer beschriebene
Teil des Waldes Meliere die Ahr hinauf von Brück bis Leimbach dicht vor
Adenau. Mithin reicht der Fiskus Sinzig bis mindestens dicht vor Adenau,
d. h. etwa 5 Meilen das Ahrthal aufwärts ; der äufserste bekannte südwestliche
Punkt liegt in der Luftlinie 4 Meilen, das Dorf Kesseling 2^2 Meilen von
Sinzig. Man kann hier einwerfen, der Fiskus sei auf dieser ganzen Linie kein
geschlossenes Tenitorium gewesen, Kesseling habe nel)st dem Walde Meliere
eine abgelegene Dependenz von Sinzig gebildet. Dieser Einwurf erledigt sich
durch spätere Zeugnisse. Nach einer Urkunde von 1276^ gehören Königsfeld
und Heckenbach auch zum Fiskus Sinzig: beide liegen aber fast genau auf
dem Endpunkte des ersten bezw. zweiten Drittels des Weges von Sinzig nach
Kesseling. Wird durch diese Urkunde die meilenweite imimterbrochene Aus-
dehnung des Fiskus Sinzig vom Rhein zu ins Land hinein ei'wiesen, so lehren
andere Nachrichten den Umfang am Rhein kennen * ; es ergiebt sich, dafs sich
der Fiskus zu beiden Seiten des Ahrthals in einer Ausdehnung von über 6iner
Meile das Rheinthal entlang ausdehnte. Hat der Fiskus sich in nahezu
gleicher Breite ins Land hinein ei'streckt, wie dies nach Lage des Waldes
Meliere und nach der Bodenkonfiguration wahrscheinlich ist, so umfafste er
im 8. Jh. ein zusammenhängendes Temtorium von mindestens 4 bis 5 Quadrat-
meilen. Nim gehörte aber aufserdem wahi-scheinlich zum Fiskus Sinzig ur-
sprünglich auch das vemmtlich von König Zwentibold an Essen geschenkte
^) S. die Zusammenstellungen bei Hontheim, Hist. 1, 22 f., und Eltester im MR. ÜB.
Bd. 2 S. XXXA I.
9) MR. ÜB. 1, 15.
8) Guden. CD. 2, 964.
*) Lac. ÜB. 1, 535, 1192: in pago Connesdorp [Koisdorf] infra terminos de Sinzeke
constituto; Guden. CD. 2, 957, 1271: ^''erkauf von bona nostra apud Bodendorp [Bodendorf],
prout Sita sunt in banno sive in territorio iudicii de Bodendorp, iudicii de Sinziche, iudicii
sive banni de Dunen [Kirchdaun], ac iudicii sive banni imperii; CRM. 4, 139, 1429: das
Dorf Franken gehört zur Herrschaft Sinzig.
— 715 — Bild. d. Grofsgnmdbesitzes.]
Ländchen Breisig^; es umfafst eine Quadratmeile: so dafs mit ihm der alte
Fiskus Sinzig 5 bis 6 Quadratmeilen betragen haben würde.
Weniger wissen wir vom alten Fiskus Andernach. Nach der Andemacher
Schreinsrolle 12. und 13. Jhs. gehören zum Andernacher Grundgericht die
Orte Miesenheun, Mich, Leutesdorf und Steinengers zu beiden Seiten des
Rheins auf einer zusammenhängenden Fläche von etwa einer Quadratmeile.
Diese Ausdehnung des Grundgerichtes scheint auch die des alten Fiskus ge-
wesen zu sein; an dasselbe stofsen von Westen her sofort aufser dem Länd-
chen Breisig die Pellenzgerichte mit den Orten Wassenach, Nickenich, Eich,
Plaidt und Kettig.
In Koblenz, dem nächsten rheinaufwärts gelegenen alten Fiskus, bildete
noch im 13. Jh. die Stadtgemeinde Koblenz mit den Orten Mosel weis, Kapellen
und Lützel-Koblenz eine Samtgemeinde ^, welche sich am Rhein zu beiden
Seiten der Moselmündung etwa eine Meile hinzieht. Es imterliegt wohl kaum
einem Zweifel, dafs wir in diesem zusammenhängenden Strich von ca. ^U
Quadratmeile Ausdehmmg das alte Fiskalgebiet vor uns haben; es ist dem Ander-
nacher Bezirk gleich in seiner nördlicheren Partie von Pellenzgerichten umfafst.
Die nun folgenden Fisci Boppard und Oberwesel sind zuerst im Zu-
sammenliange zu betrachten. Die früheste Nachricht für sie enthält das Leben
des h. Goar. Sankt Goar siedelte sich an in quodam Germaniarum oppido . .
super fluvium Rhenum, infia terminum Wasaliacinse^, suburbano Treverico,
ubi fluvius Wocara vocatur. Die heutige Stadt SGoar lag also im Fiskus
Oberwesel. An das Stift SGoar aber schenkte K. Ludwig im J. 820* einen
um den Ort herum liegenden genau beschriebenen Wald von nicht ganz IV2
Quadratmeilen Gröfse^, von dem es in der Schenkungsurkunde selbst: est
intra Wasaliam et Bidobricum fiscos nostros, in der Übei-schrift derselben:
coniacet inter Wasaliam et Bidobricum fiscis dominicis: heifst. Diese Be-
schreibung der Lage ist dahin zu verstehen, dals der Wald bisher zu beiden
Fisci gehörte, von nun ab beide begrenzte. Die Grenze der bis zum J. 820
aneinander stofsenden Fisci Boppard und Oberwesel verlief also im SGoarer Walde.
Verfolgen wir nun Boppard für sich weiter®, so ergiebt sich hier schon
*) S. Gerfs in der Bergischen Zs. 12, 140.
«) Vgl. MR. ÜB. 1, 293. 1018; 419, 1110; 3, 5, 1213; 35, 1215; 611, 1238-39;
Hannes ÜB. 1, 237, 1274; *Koblen2 St. A. ürk. 1275 Sept. 29 betr. Stolzenfels, Kopie
19. Jhs. des Friedensrichters Grebel von SGoar aus dem Nachlafs des Kanzlers AVimpheling.
S. auch Bd. 2, 313 Note 3.
») Zum Ausdruck terminus s. Waitz, Vfg. 2, 1, 397 Note 4, 406 ; 2, a, 323.
*) MR. ÜB. 1, 52.
*) S. oben S. 99.
•) Im J. 1005 wird (MR. ÜB. 1 , 284) der Fiskus folgendermafsen beschrieben : Boch-
bardon in comitatu Becelini comitis in pago Drikiringou nuncupato . . cum omnibus per-
tinentüs suis villis ^dificiis areis terris cultis et incultis pratis pascuis sive compascuis silvis
Tenationibus aquis aquanunque decursibus molendinis piscationibus viis et inviis exitibus et
reditibus qu^sitis et inquirendis ac c^teris, qu^ quolibet rite vocari possunt, utensilibus et
appenditiis.
46»
[Wirtschaft d. Grofegnmdbes. — 716 —
uni 991 ein reger Kapellenausbau aus der Bopparder Pfarrkirche innerhalb
des fiskalischen Territoriums * ; 775 erscheint Niederkestert als Bestandteil der
Bopparder Mark*; 1236 ist Oberspay nach Boppard gerichtspflichtig*; 1331
heüsen Niederkestert (s. oben), Kamp, Salzich und Pedemach confinia opidi
et iurisdictionis Bopardiensis*; und nach einer Notiz vom J. 1110 gehören
aufser Schönberg auch noch die rechtsrheinischen Orte Prath, zwei Dahlheim,
?Spay, ?Bomhofen, Kamp (s. oben) und Lyckershausen höchst wahrscheinlich
zum Fiskus Boppard ^. Aus diesen Angaben gewinnt man flir den Fiskus eine
Ausdehnung von ca. 2 Quadratmeilen.
Ebenso grofs wird der Fiskus Oberwesel gewesen sein, wenn man die
oben erörterte Nachricht ül)er den SGoarer Wald mit dem Inhalt der Ur-
kunde No. 212 vom J. 1385 in Bd. 3 zusammenbringt Indes läfet hier eine
Angabe vom J. 1112* noch weiter blicken. Hier erscheinen als Pertinenzen
der Curia Oberwesel Gugenheim, Huffelesheim und Treisa in pago Nachgowe
(bei Kreuznach): weit von Oberwesel abliegende Orte, deren Erwähnung be-
weist, dafe zu diesem Fiskus aufser dem einheimischen grofeen Territorium
noch bedeutende getrennt liegende Dependenzcn gehörten.
Das eben ist auch bei Ingelheim, der berühmten rheingauischen Pfalz,
der Fall. Für Ingelheim hat neuerdings Loersch nachgewiesen, dafs zum
heimischen Fiskalterritorium, dem Reich, noch im 15. Jh. 8 Ortschaften, früher
aber ein viel gröfeerer Bezirk gehörte, dafs aber aufserdem noch eine zahl-
reiche Reihe entfernter Dependenzen vorhanden waren, deren einstige Zu-
gehörigkeit zur Pfalz sich später fast nur noch in den Oberhof beziehungen ver-
folgen läfet ^
Wenden wir uns vom Rhein zur Mosel®, so bietet vor allem der Fiskus
Kröv ein gröfseres Interesse. Von ihm ist bereits früher* nachgewiesen, dafe
er in seiner jetzt noch fest umgrenzbaren aber gegen fnlhere Zeit schon etwas
verstümmelten Ausdehimng etwa Vis Quadratmeile gi'ofs war; unverstümmelt
wird man sein Areal auf 2 Quadratmeilen schätzen düi-fen. Neben dem
Territorium aber gab es auch hier feniliegende Dependenzen, so eine im
Trechirgau^^.
') MR. ÜB. 1, 262, 991 ; vgl. oben S. 251.
«) Schannat, Trad. Fuld. No. 12.
») MR. ÜB. 3, 558.
*) CRM. 3, 178.
'^) Schannat, Hist Wenn. 2, 64, cit oben S. 547 Note 6.
«) MR. ÜB. 1, 422.
^) Loersch, Ingelheimer Oberhof S. LIV, CCIlI f., CCX.
®) LT)er Kreuznach, den Fiskus des Nahethals, ist nicht viel zu sagen. Vgl. Forschungen
z. D. Gesch. 18, 200, 868 : Ludwig der Deutsche schenkt au SAlban-Mainz 3 mansos arabilis
terre ex fisco nostro in villa Cruciniaco . . , quos fidelis et vassus noster R. autea in bene*
ficium tenuit; MR. ÜB. 3, 1191, 1253: infra spatium 3 leucarum in continio Crucenach.
") S. oben S. 180.
*®) Stumpf, Acta imp. No. 304, 1050: Heinrich III. schenkt ex fisco nostro Creve unum
mannewerke vinearum in villa Ennekiricha in pago Trecheri.
— 717 — Bild. d. Grofsgnmdbesitzes.]
Viel weniger klar läfst sich Geschichte und Lage der obermosellanischen
Fisci übersehen. Übergeht man hier gewisse Stellen, welche auf einen alten
frühzerstückelten Fiskus Saarburg - Leuken deuten \ so ist die formell ge-
fälschte, inhaltlich ^ber im wesentlichen unanfechtbare Urkunde K. Dagoberts
vom J. 633 * von besonderer Wichtigkeit. In ihr schenkt Dagobert an SMaximin
die curtis r^a Detzem an der Mosel unterhalb Trier cum omnibus rebus ad
eam pertinentibus, hoc est quicquid predii visus sum habere a fluvio . . Ruvera
usque ad silvam, que dicitur leder. Als zugehörige Güter zwischen Ruwer
und Idar werden genannt die Moselorte Kenn, Kirsch, Longuich, Riol, Pölich,
Detzem, Leiwen, im Lande Fell, Büdlich und Thalfang. FiS ist ein auf
3 Meilen von West nach Ost zu ausgedehntes Territorium von gewifs über
2 Quadratmeilen Flächeninhalt, in welchem die genannten 10 Orte liegen;
jeder Ort mit Ausnahme von Thalfang liegt an einer Römerstrafse, Detzem an
einem Knotenpunkt solcher.
Ich schliefse mit der Schilderung des Fiskus Detzem, obwohl sich gleiche
Beschreibungen wie für die Fiskalgüter der Flufsgegend auch fllr die der Hoch-
flächen beibringen liefsen ® : der Beweis ist genugsam geliefert, dafs das könig-
liche Fiskalland seinen wesentlichen Teilen nach nicht, wie aller sonstige
Grofegrundbesitz, aus Streubesitz bestand, sondern vielmehr ein festgeschlossenes
Territorium von ein bis zwei, im Ausnahmefall sogar von fünf bis sechs
Quadratmeilen darstellte*, so dafs in unserer Gegend etwa 12®/o alles Landes
>) MR. ÜB. 1, 40, 802, s. S. 473 Note 1; 220, 964; 2, 27*, 1177; 8, 420, 1230.
«) MR. ÜB. 1, 3, vgl. Goerz, MR. Reg. 1, 73.
») Man ?gl. z. B. für Thommen MR. ÜB. 1, 51, 816.
*) So wenigstens an der Mosel und am Mittelrhein. Doch waren die hier gelegenen
Fisci Ton ca. 2 Quadratmeilen vermutlich verhältnismäfsig klein, wie daraus hervorgeht, dafs
nms J. 1065 (Boehmer, Fontes 3, 398) die Fisci Remagen, Sinzig und Andernach nur 2,
Boppard nur 8 Servitien zu liefern hatten, während das Durchschnittsservitium der a. a. 0. ge-
nannten Fisci 8 Tage beträgt Von der Gröfse des königlichen Fiskallandes aufserhalb
unserer Gegend mögen die folgenden Nachrichten eine Vorstellung geben. Dronke, Cod. dipl.
Fuld. No. 28, 766: Pippin schenkt an Fulda villa aliqua noncupante Autmundistat . . cum
omnibus terminis vel appenditiis suis. Es ist die später aus zahlreichen Dörfern bestehende
Hundertschaft üinstadt des Maingaues, s. Landau, Salgut S. 62. Vgl. femer Dronke, Cod.
dipl. Fuld. No. 57, 777: Karl d. Gr. giebt an Fulda res proprietatis nostrae Hamalumburc
. . cum omne integritate vel adiacentiis seu appenditiis suis Achinebach Thiupersbach Harital.
Es ist das spätere um&ssende Amt Hammelburg, zu dessen curia schon nach dem Fuld.
Urbar 20 territoria (Marken) gehörten; Landau, Salgut S. 67 — 68. Dronke, Cod. dipl. Fuld.
No. 74 : Karl d. Gr. schenkt Vargula in Thüringen an Fulda, terram conceptionis nostre, hoc
est totam comprovinciam circa flumen ünstrut ipsamque curtem nostram in Vargulaha cum
omnibus compertinentiis suis et cum omnibus villis longevel prope positis, quead eamrespiciunt,
com omni proprietate, sicut nos eam a parentibus nostris accepimus. Diese Schenkung umfafste
später 3 territoria und 7 Kirchen, s. Dronke, Tr. et. Antiqu. Fuld. 117; Landau, Salgut S. 56—57.
Dronke, Trad. et Ant Fuld. S. 84: K. Karlmann schenkt an Fulda villam proprietatis sue
Gerstunge, cum onmibus appenditiis et familiis suis. Es waren nach dem Fuldaer urbar 5 territoria
[Marken], mole 7, ecclesie 2. Wenck, Hess. Gesch. 2, ÜB. S. 8, 778: Karl d. Gr. giebt an
Hersfeld mansum . . dominicatum in loco, qui dicitur Ovlaho . . , quem Huwart . . tenuit,
[Wirtschaft d. Grofsgnindbes. — 718 —
fest umgrenztem fiskalischem Besitz angehörte ^ Die Nachrichten über den
Fiskus Detzem aber erklären zugleich die Möglichkeit dieser besonderen
Stellung des königlichen Grundbesitzes: die Fisci waren nicht neue Bildungen
des 7. oder 8. Jhs., sie waren vielmehr von römischer Zeit her übernommene,
aus römischen Kulturmitteln heraus geschaflfene, nunmehr dem König anheim-
gefallene Staatstenitorien *.
Es begreift sich ohne weiteres, dafs die Organisation dieser Fiskalterri-
torien von einer anderen Grundlage aus zu anderen Konsequenzen führen,
mufste, als die des grundherrlichen Streubesitzes; dafs man irrt, wenn man
die aus dem Cap. de villis und anderen Quellen bekannte Fiskalorganisation
ohne weiteres mit der grundherrlichen Organisation identifiziert. Grewifs wird
man sich die Fiskalorganisation zu vergegenwärtigen haben zur Propädeutik
für das nach Lage der Quellen schwierigere Verständnis der grundherrlichen
Oi-ganisation — aber man wird den Gedanken von sich weisen, dafs man mit
der Fiskalorganisation til>erhaupt die grundherrliche Verwaltimg, mit dem Cap.
de villis si>ecioll die Magna Charta der Grofegrundherrschaft in Händen habe.
Mit diesiMi Voraussetzungen treten wir in die Untersuchung der Oi^anisation
des grundherrlichen Betriebes ein.
infra silvam Buchoniam, et in circuitu ipsius mansi in anamquamqae partem de silva lengas
duas. Es war ein Gebiet von später mehr als 40 Dörfern : Landau. Hessengau S. 144, Salgut
S. (V>. MR. ÜB. 1, 155. 910 : Ludwig das Kind schenkt im I^ngau curtem dominicatam Brechene
[Brei*hen] nunouiwtani cum curtibus edificiis ecclesia etc. Thietm. 7, 8: Heinrich U. in
Ca]mngim [Kanffungen bei Ka<isel] ftiit, quo ipse curtem suam de civitate Cassalun [Kassel]
dicta transtulit. ^MR. ÜB. 1, S40, 1053: Heinrich HI. schenkt an SMatheis villam quandam,
qnc vi>catur Viliniar, in j^ago Logenalü, cum omnibus suis pertinentiis . . cum . . decimis
tam de maiori Vilimar quam de minori et de Arenvurt, Zultel»ach. Seiebach, Homenowe
su|vriori et iuteriori, Himnenl>erch, Degerembach, Glabpach, Virdenmert, Freiswert, Velde,
Wilore, Brichene superiori. Es ist YiUmar in Nassau, Amt RunkeL Arfurt an der Lahn^
Scell»ach u. a. m.: ein Bezirk von gut einer Quadratmoile.
M Man mag danach ermessen, wie aufserordentlich beileutend der fiskalische Grund-
besitz war. V. Inama, Gnmdherr?ch. S. 26, berechnet die Zahl der Königsgüter am Schlufs
der Karx^linger|H»riiHle auf 176. davon liegen nach ihm >3 in Franken, 5 im südlichen Fries-
land, 5 in Sachsen. 12 in Thüringen, 21 in Bayern, 50 in Alemannien, Dabei addiert v, I.
freilich teilweis zu hoch : so sind z. B. für den Minelrhein nach MR. ÜB. 2 Einl. S, XXX\T f.
(uioht XID auch erst nach der Karoling^^rzeit gewonnene Pfalzen mit angeführt Aufserdem sind
nunche der sonst angetuhrten Guter sicher nicht FiscL sondern nur Meierhöfe. Nehmen wir
aber nur 150 deutsche Fisci als zur Kan>lingeneit vorhanden an und beivchnen wir jeden
%ler>eU»en sehr gering vs, S, 717 Note 4' zu 2* • QuadratmeiU n, so erh.tlten wir allein für Deutsch-
lam! die stattliche Z^hl von 575 l^hudratmeilen tiskalis<'hen Landes. Ist diese Zahl auch
sicher sehr ungenau, so giebt sie doch eine treffende Vorstellung von der ganz aufserordent-
liohen Ausdthnuag königlichen Gnmdbesitres.
*: So vermutet Back 1. 91 mit Recht, dafs die ganze Nori-Hundertschaft :Mo?el-
hu!hlertsc:;aÄ^ von Ravemnersbcrg »über ihr^ Aus*!ehnung s, a. a. O, >. 63* ursprängiich Za-
boh-.*r zum kx^niglichtn Fiskus Dtnzen gewesen sei; dit\i<* Most-l>e;te wini .peninentiae omnes'
Tv>n IV'!ir!'n ;^aAnn:. IVnr\r. ist die römische Strafsonstatioi: IV^smisÄis ao: dem Hochwald.
2. Der Yerwaltungsorganismus des Grofsgrund-
besitzes.
Nach den Ausführungen des ei'sten Teiles dieses Abschnittes haben wir
für das Verständnis der Wiitschaftsorganisation des Grofsginindbesitzes von
der Eröiterung der karolingischen Fiskalverfassung, wie sie im Cap. de villis
vorliegt, auszugehen^. Bei der Untersuchung dieser Organisation dürfen wir
uns nicht auf die Lokalverwaltung in den Fisci beschränken; es bedarf zu-
gleich einer Darlegung des Zusannnenhangs der Fiskalverwaltung mit der
o])ersten, zentralen Verwaltung, dem karolingischen Domänenministerium, mn
zu einer richtigen Würdigung der leitenden Stelle in jedem einzelnen Fiskus
zu gelangen.
Hier liegt nun von vornherein auf der Hand, dafs die Zentralverwaltung
gegenüber so ausgedehnten Unterverwaltungen, me es die der Fisci waren,
und bei so wenig ausgebildeten Verkehrsverhältnissen me den karolingischen
im wesentlichen nur auf Rechnungs- imd allgemeine Verwaltungskontrolle hinaus-
laufen konnte; der Schweipunkt der Verwaltung und Bewirtschaftung mufste
dagegen im ganzen und grofsen in den einzelnen Fisci selbst liegen. Es war
mithin die Aufgabe, jeden Fiskus zu einer thunlichst kräftigen Einheit aus-
zugestalten, an die Spitze desselben also 6inen, besonders umsichtigen mid be-
sonders verantwortungsfähigen Beamten zu setzen. Unter diesem Beamten
und von ihm a])hängig konnte daHn die weitere Ausgestaltung der Fiskus-
veinvaltung im einzelnen vor sich gehen. In diesem Sinne verfähit das Cap.
de \illis. Es spricht vor allem von den ludices, den obersten Intendanten
oder Amtleuten der einzelnen Fisci ^ : an sie wenden sich fast alle Vorschriften
') Zum Cap. de villis vgl. Anton, Geschichte der teutschen Landwirtschaft 1, 177 f.;
Langethal, Geschichte der deutschen Landwirtschaft passim ; Guörard, Explication du capitulaire
de villis (M6m. de Tlnstitut, Acad. des inscr. et helles lettres Bd. 21, i, 165 f.); A. Thaer in
Fühlings landw. Zs. Bd. 27, 241 f., und Boretius zu seiner Edition in den Capp. S. ^2 f.
Französische Übersetzung bei Guerard, deutsche bei Thaer. Eine ausführliche erklärende
Schilderung der Villenverfassung nach dem Cap. giebt v. Maurer, Fronhöfe, spec. 1, 229 f.,
und v. Inama, Wirtschaftsg. 1, 323 f., 393 f. Von beiden weiche ich im folgenden auf Grund
der veränderten Anschauung vom Fiskalbezirk vielfach ab.
•) Intendant übersetzt Guerard, Amtmann Thaer. Die Stellung dieser Amtleute im
Fiskus war übrigens keine neue Einrichtimg Karls des Grofsen; schon das 6. Jh. kennt sie,
vgl. Brequigny S. 26, Pardessus 1, 75, 528: Childebert I. giebt an das Kloster SCalais de
[Wirtschaft d. Grofsgmndbes. — 720 —
des Cap., sie erscheinen als die verantwortlichsten und hauptsächlichsten Be-
amten der Domanialverwaltung : die Zentralverwaltung und die innerfiskalische
Verwaltung kommen neben ihnen erst an zweiter Stelle in Betracht.
Der Zentralstelle wird in der That kaum mehr als die Rezeptur der Do-
mänenreinerträgnisse und die Kontrolle der Fiskuswirtschaften sowie die Ver-
mittelung zwischen den Wirtschaftsbedtirfiiissen der einzelnen Fisci zugewiesen.
In letzterer Beziehung beschliefst die Zentralstelle über den Verbrauch von
Wein, der an einer Stelle entbehrlich ist ^ ; dirigiert die Unfreien aus Fisci, wo
Uberflufs an solchen vorhanden, in andere, wo sie mangeln * ; und verteilt die
grofsen Schweineherden auf die einzelnen Fisci je nach Ausfall der Eckermast'.
Hierher ist es auch noch zu ziehen, wenn Jäger, Falkoniere und andere Pfalz-
ministerialen zeitweilig zur Ausbeutung gewisser Sondererträge aus Forsten
u. s. w. in einzelne Fisci gesandt werden*, sowie wenn man gewissen Fisci Hunde
zur Aufzucht und Jagdausbildung tiberweist*. Zur Ausübung der Kontrolle
dagegen gehört es, wenn die Zentralstelle die Instanz ftir Klagen von Hof-
genossen und von Unterbeamten des Iudex gegen diesen bildet*, wenn sie
femer die Normalien ftir Gewicht und Gemäfs aufbewahrt, die auf allen Fisci
gleich sein sollen^, wenn sie endlich über die Verwendung der Reinerträge
bestimmt®, die Resultate der Pferdezucht revidiert ^ überhaupt die Rechnungs-
kammer für alle Fisci bildet*^.
Derartig ausgedehnte Kontrollpflichten erforderten nattirlich bedeutende
Arbeitskräfte an der Zentralstelle, welche sowohl die Rechnungen zu prüfen,
wie den schriftlichen Verkehr mit den einzelnen Fisci *^ zu unterhalten fähig
sein mufsten : man mufs sich also unter dem König und der Königin, bezw. den
mit der Zentralverwaltung der Domänen speziell beauftragten Pfalzbeamten, dem
Seneschalk und dem Schenk **, ein bedeutendes Schreiberpersonal thätig denken.
Gegenüber der mehr kollegialisch ausgestalteten Leitung der Zentralstelle
war die Verwaltung des einzelnen Fiskus selbst, wie gesagt, eine durchaus
einheitliche: alles lag hier in der 6inen Hand des Iudex, der sich nur im
Einzelfalle und für untergeordnete Geschäfte von einem Mandatar, Gewalt-
flsco nostro Maddoallo super fluvium Anisola [die Anille, fliefst in die Braye; Dep. Sarthe]
. . terminus ergo de nostra donatione, qui est inter dominationem fisci Maddoallensis et
nostra traditione, incipit a nlla . . ., et pergit . . .; deinde descendit ad eiim iocum, ubi
Maurus, ipsius Maddoallo iudex, manere videtur.
1) Cap. de villis § 8.
«) Ebd. § 67.
«) Ebd. § 25.
*) Ebd. § 47.
») Ebd. § 58.
«) Ebd. § 29 u. 57.
"0 Ebd. § 9.
») Ebd. § 33.
») Ebd. § 15.
1«) Ebd. § 28.
") Denuntiatio, a. a. 0. § 7.
") Ebd. § 16, 47.
— 721 — Verwaltungsorganisraus.]
boten, Missus, vertreten lassen konntet Das schliefst natürlich nicht aus,
dafe dem Iudex ein Bureau zur Seite stand; man ist vielmehr gezwungen,
ein solches Bureau als bestehend anzunehmen, sobald man den ausgedehnten
Geschäftskreis, namentlich das komplizierte Rechnungswesen* des Iudex
kennen lernt®.
Der Iudex selbst war stets ein freier Mann, er war Richter der Freien
im Fiskalgebiet*; es wird femer vorausgesetzt, dafs er wohlbegütert war*,
das Jagdvei^tigen liebte* und genügende Macht besafs, die Einwohner des
Fiskus, speziell die Hofgenossenschaften, unter Umständen zu bedrücken^.
Er wurde audi aufserhalb des Fiskus für den Reichsdienst in Anspruch ge-
nommen sowohl in Heerfahrten wie auf Wacht und in Gesandtschaften ®. Über
die Dauer seiner Amtsgewalt, seine Besoldung, überhaupt die Regelung seiner
persönlichen Verhältnisse erfahren wir nichts; nur soviel ist klar, dafs er
ein eigentlicher Beamter war und damit der königlichen Disciplinargewalt
imterstand *.
Der Domanialbezirk, welchem er vorgesetzt war, hiefs Fiskus, im Gegen-
satz zur Villa, dem einfachen, wohl fast stets in einem Dorfe befindlichen
Fronhofe, und im Gegensatz zum Mansionile, dem mit einem Hofe verbun-
deneu oder vereinzelt wohl auch selbständigen Vorwerk ^^. Derjenige Fronhof
des Fiskalgebietes, in welchem der Iudex residierte, fühlte den Namen Curtis
oder Curtis dominica, Fronhof im prägnanten Sinne"; nicht selten war er mit
einer königlichen Pfalz ^* versehen. Das Fiskalgebiet selbst umfafste in seinen
verschiedenen Ortschaften stets mehrere untergeordnete Fronhöfe ^^ und Vor-
werke^*, mehrere Mühlen", mindestens drei bis vier Weinschenken^*,
1) Cap. de Tillis § 5. Zur Stellung des Iudex vgl. Gu^rard S. 289 f.
*) S. darüber weiter unten in Abschnitt VUI.
•) Auch sprechen einzelne Ausdrücke direkt für ein solches Bureau, vgl. Cap. de
TÜlis § 7: computare fieu^iat Die Bureaubeamten heifsen § 16 iuniores, wie alle Subalternen;
Tennutlich gehörten zu ihnen die §§ 10 und 58 (vgl. § 8) genannten cellerarii, vielleicht auch
die ebd. genannten decani, die letzteren sind wenigstens schwerlich, wie Gu^rard, Polypt.
dlrminon 1, 44, will, eine Art Meier. Sie erscheinen überhaupt nicht als eine spezifische
Beamtenart, sondern als eine Beamtenklasse, wie die Zusammenstellung bei Hincmar, De
discipl. palat § 17: iuniores aut decani beweist Vgl. auch Prou S. 47 Note 6.
^) Freilich kommen ja ab und zu sogar ursprünglich unfreie Grafen vor.
*) Cap. de viUis § 3, 36.
•) Ebd. § 11.
'^) Ebd. § 3, 11. Kleine Geschenke an den Iudex sind zulässig, ebd. § 3.
*) Ebd. § 16. Zur Abwesenheit s. auch § 5.
•) Bestrafung durch Verbot des Trinkens, ebd. § 16.
^^) Ebd. § 4, 19, 52; s. dazu Thaer S. 246.
") Ebd. § 8, 20, 27, 45, 56.
**) Über die Pfalzeinrichtung spricht ausführlich v. Maurer, Fronhöfe 1, 212 ff.
") Ebd. § 17, 40.
»♦) Ebd. § 19.
") Ebd. § 18.
") Ebd. § 22.
[Wirtschaft d. Grofsgrundbes. — 722 —
Arbeitshäuser für Frauen^ und Handwerker, sowie unter Umständen mehrere
Kirchen -.
Für den ganzen Bezirk stand dem Iudex die obere Wirtschaftsverwaltung,
die Rechtspflege und die Polizei zu ; der Bezirk war also von der gewöhnlichen
Hundertschaftsverfassung eximieit und bildete ftlr sich wie einen eigenen Wirt-
scliafts- so auch einen eigenen Gerichtssprengel.
Am meisten wurde der Iudex von der Wirtschaftsverwaltung in Anspruch
genommen. Hier handelte es sich zunächst um eine allgemeine Aufsicht über
den Acker- und Weinbau ^, welche in der jährlich drei- bis viermal wiederholten
Revision aller unterstellten Fronhöfe *, in der Auswahl neuer Rottlandstücke*,
sowie in Meliorationen, beispielsweise für das Saatgetreide* oder im Garten-
bau', ihi'en Ausdruck fand. Ebenso stand dem Iudex die Oberaufsicht über
die heiTSch ältliche Viehzucht im Fiskalgcbiete zu; er vermehrt die Zucht %
disponiert über die Deckhengste® und leitet überhaupt die hervon^agend be-
tonte I^ferdezucht bis zur Bildmig der einzelnen an die subalternen Poledrarii
abzugebenden Herden ^^. Auch sonst ist der Iudex ganz allgemein zu wirtschaft-
lichen Meliorationen verpflichtet; er pflegt den Wald, legt Fischteiche an^*,
sorgt für einen ausreichenden Bestand an Baunweiuschenken ^^ und hält Bauten
und Brühle seines Gebietes in Ordnung ^®. Zu alledem kommt noch eine Ober-
aufsicht über die herrschaftlichen Arbeiten des Fiskus^*. Soweit endlich die
Piodukte des Fiskus aufserhalb des Fiskalbezirks, al)er innerhalb der könig-
lichen Domänenwirtschaft nützlichere Verwendung als daheim finden köimen,
hat der Iudex darüber an die Zentralstelle zu berichten, welche dann den Aus-
gleich veranlafst. So berichtet er z. B. über die Höhe der Schweinemast^^ wie
ü])er die Zahl leei^tehender (verfronter) Hufen bezw. überschüssiger Unfrinen**.
Mit der obersten Kontrolle^ über die hen-schaftliche Produktion im Fiskus
war natürlich die Eiunahmo, Veirechnung und Verteilung der fiskalischen Er-
träge, sowie die Abführung der Ertragsübei-schüsse verbimden. Der Fronhof,
auf welchem der Iudex residierte, bildete somit die Generalrezeptm* des Fis-
1) Cap. de Wllis § 31.
2) Ebd. § 0.
^) EIkI. § 5, 8.
♦) Ebd. § 20.
•') Ebd. § 36.
ß) Ebd. § 32.
') Ebd. § 70.
«) Ebd. S 23.
») Ebd. § 13.
1«) Ebd. § 14.
") Ebd. § 21, 65.
") Ebd. § 22.
") Ebd. § 46, 48, 49.
") Ebd. § 45.
») Ebd. § 25.
u) Ebd. § 67.
— 723 — Verwaltungsorganisraus.]
kus^ in welche die Vorstände der XJnterbetriebe die gesammelten Einzel-
ertrage abzuführen hatten; einzelne Abgaben, wie die Eier und Hühner der
Gehöfer und Unterbeamten, nahm der Iudex auch wohl direkt ein^. Von
dem in dieser Weise aufgehäuften Gesamterträgnis behielt der Iudex unter
genauer Abrechnung tlber die einzelnen Posten zunächst das für die Bedürf-
nisse der eigenen Betriebe Notwendige, einschliefslich der Anfordeiiingen der
Frauenhäuser, Handwerker u. s. w. ^, brachte fenier das auf jedem Fiskalgebiet
befindliche Zeughaus auf die vorgeschriebene Höhe der Kriegsrationen und
Kriegswerkzeuge*, bestritt Zehntzahlungen* imd sonstige laufende Verbind-
lichkeiten des Fiskus namentlich gegenüber der Hofhaltung®, machte die für
den Fiskus nötigen Einkäufe an Wein u. s. w. '', und lieferte dann den zu-
rückbleibenden tlberschufs an die Zentralstelle ab®.
Zu diesen Verwaltungsfunktionen, denen sich noch die venimtlich durch-
gehende Emeuerungsbefugnis der Subalternen und der fiskalischen Kleriker
zurechnen läfst®, kam eine starke Beschäftigung in der Rechtspflege des
Fiskalgebietes. Der Iudex hatte die Exekution der königlichen Gerichtsgefälle,
welche die nicht hofhörigen Fiskuseingesessenen verwirkt hatten^**; er war
ferner der Fronhofrichter der hofliörigen Fiskalinen, da sich, scheint es, die
einzelnen Hofdinge unter dem Meier als Richter und dem Iudex als Bann-
herren noch nicht ausgebildet hatten ^^ Endlich aber hatte der Iudex
das Exekutionsrecht gegenüber allen, freien wie unfreien, Fiskuseingesess(»nen
bei Fonlerungen Auswärtiger^^.
Ging schon die allgemeine Stellung des Iudex als richterlichen Beamten
für die Hofgenossenschaft in die eines Polizeirichtei-s über, so waren auch
noch gerade in dieser Richtung die polizeilichen Funktionen des Iudex im ein-
zelnen besonders eindringlich ausgeprägt. Der Iudex hatte das Ztichtigungsrecht
bei Verg(*hen der Hofgenossen gegen den Ilenn ^^, er hatte gegen Zauberei und
Unterschlagung im Frondienst, wie gegen jederlei Müfsiggang der Hofgenossen
einzusclireiten ^*. Mit den speziellen polizeilichen Vollmachten verbanden sich
1) Cap. de viUis § 20.
2) Ebd. § 39.
») E»kL § 31, 43.
«) EM. § 30, 42, 64, 68.
^) Ebd. § 6.
•) Speziell das sog. servitium, s. a. a. 0. § 7, 24. Vgl. ferner (das Vorfiibren der
Kerde § 15.
") Ebd. § 8.
») El)d. § 28.
•) Vgl. elxl. § 6. Auch § 10 geht in seinem befehlenden Tone an die TudiceF.
^0) EM. § 4.
*^) Vgl. a. a. 0. § 56 : ut unusquisque iudex in eonim ministerio frequentius audientias
teneat, et iustitiam faciat, et praevi<leat, qualiter recte faniiliae nostrae vivant.
«) Ebd. § 52.
") Ebd. § 4.
") EiA, § 53, 54.
[Wirtschaft d. Grofsgrundbes. — 724 —
einige allgemeinere : die Sorge für rechtes Mafs und Gewicht ^, für gute Wirt-
schaft in den Weinschenken^, die Bewahrung der Weiberhäuser vor unsittr
lichem Einbruch®, der Äcker u. a. m. vor Zauberei*, endlich die Verpflich-
tung zur Vertilgung der Wölfe*.
Diesen weitreichenden Befugnissen des Iudex stehen nun die einzelnen
ihm sämtlich zur Rechnungslage verpflichteten® Lokalbetriebe gegenüber.
Man kann sie in allseitige landwirtschaftliche Betriebe — die Fronhöfe —
und in Sonderbetriebe teilen; zu den letzteren gehören die Forstverwaltung,
die Pferdezüchterei , die Zollverwaltung^, wahrscheinlich auch die Müllerei®,
Brauerei®, Fischerei^®, Hundezüchterei " und sicher wiederum das Hand-
werk*^. Bestanden von diesen Sonderbetrieben nicht selten mehrere derselben
Art in änem Fiskus*®, so fand sich doch vor allem stets eine Mehrzahl von
Fronhöfen, und ihnen waren wiedeinim einige kleinere Betriebe, z. B. die
Zeidlerei ** , angeschlossen.
An der Spitze aller dieser Betriebe standen nun Subalterne, luniores des
Iudex*®, so der Maior (Meier) an der Spitze eines Fronhofes, der Poledrarius
an der Spitze einer Pferdeherde u. s. w. Das Soldverhältnis dieser Subalternen
konnte, je nach ihrer rechtlichen Qualität und ihrer Beschäftigung, auf drei-
fache Weise geregelt sein: entweder sie waren frei und hatten als Besoldung
für ihr Amt ein einträgliches Beneficium; oder sie waren hofhörig und hatten
eine grundhörige Hufe , von deren Fronhanddiensten sie auf Grund des Amtes
dispensiert waren*®; oder aber sie waren hofhörig ohne Hufe und empfingen
ihren Lebensunterhalt in Form einer Präbende aus dem direkten fiskalischen
Betriebe*^. Die letzte Art der Besoldung war natürlich nur bei denjenigen
Specialbetrieben rationell, wo dem Besoldeten in dem ihm untergebenen Be-
triebe nicht eine Quelle allseitigen Lebensunterhaltes offien stand, also z. B.
') Cap. de villis § 9.
«) Ebd. § 22.
«) Ebd. § 49.
*) Ebd. § 51.
^) Ebd. § 69.
«) Ebd. § 10, 11, 13, 14.
^) Ebd. § 18.
8) Ebd. § 61.
») Ebd. § 21.
>o) Ebd. § 58.
") Ebd. § 4.5.
>») Ebd. § 63.
") Ebd. § 13.
1*) Ebd. § 17.
18) Ebd. § 16, 58.
1®) Hierzu speziell vgl. ebd. § 10.
") Ebd. § 50; poledrarii, qui liberi sunt et in ipso ministerio beneficia habuerint, de
illorum vivant beneliciis; similiter et fiscalini, qui mansas habuerint, inde vivant, et qui hoc
non habuerit, de dominica accipiat provendani.
— 725 — Verwaltungsorganismus.]
bei den Pferdezuchten! oder den Zöllnern; am wenigsten angebracht war sie
bei den Meiern, den Vorstehern ausgebildeter landwirtschaftlicher Betriebe, für
welche sich ein volles Leben mit und aus der Wirtschaft nicht verhindern
liefe, vielmehr von selbst zur Besoldung als besonders praktisch ergab. Die
Meier werden daher stets in der ersten oder zweiten oben beschriebenen Art
besoldet worden sein; bei ihrer unter den Subalternen besonders wichtigen
Stellung — waren ihnen doch andere kleine Betriebe, z. B. die der Zeidler, bei-
geordnet — war wohl die Besoldung mit einem Beneficium die Regelt In
diesem Falle waren die Meier von Frondiensten persönlich frei und stellten an
ihrer Statt einen Vertreter (vicarius) für die Hand- und Pflugdienste wie ftlr
sonstige Leistungen. Es begreift sich, dafs eine solche Freiheit von persönlichen
Leistungen, verbunden mit einem gut ausgestatteten Beneficium in Land und
einer besonders angesehenen Stellung innerhalb der fiskalischen Betriebe auch
an sich wohlhabende freie Leute des Fiskus zur Annahme eines Meieramtes,
vielfach gewife zum Zwecke unberechtigter Ausbeutung der hofhörigen Leute,
verlocken konnte. Es wird darum ausdrücklich bestimmt, dafs die Meier-
ämter nur an Leute mittlerer Lebensstellung, von denen man getreue Ver-
waltung erwarten könne, vergeben werden sollten^; und zugleich wird im
Interesse des Betriebes, wie zur Beschränkung der Bedeutung des Meieramtes
festgestellt, dafs die dem einzelnen Fronhofe zugewiesenen Hufen und Äcker
nicht umfangreicher sein sollen, als dafs man sie an 6inem Tage umgehen
kann^.
Im übrigen waren indes die Meier, wie die anderen Subalternen, Ministe-
rialen niederer Gattung*, Beamte, welche der königliche Dienst zwar ehrte*,
welche aber durch eben diesen Dienst gegenüber dem Herrn in ein tief-
greifendes persönliches Abhängigkeitsverhältnis gelangten: die königliche Dis-
dplinargewalt ging in ihren Wirkungen bis zur Karenz und Prügelstrafe®.
Übersieht man das soeben streng nach den Bestimmungen des Cap. de
villis gezeichnete Bild der karolingischen Fiskalverwaltung, so fällt vor allem
die feste Begründung derselben auf die Einheit des Fiskalbezirkes auf, unter
der unabweisbaren und für die ganze Organisation notwendigen Voraus-
setzung, dafs dieses Fiskalgebiet einen bedeutenden und geschlossenen Um-
fang, eben die Gröfee eines Territoriums von mindestens 1 bis 2 Quadrat-
') Cap. de vUUs § 10.
2) Ebd. § 60.
») Ebd. § 26.
*) Ebd. § 16.
*) Vgl. dazu Cap. miss. 792 oder 786, Boretius S. 67, c. 4: fiscilini quoque et coloni
et ecdesiastici adque servi, qui honorati beneiicia et ministeria tenent, vel in bassallatico
honorati sunt, cum domini sui et caballos arma et scuto et lancea spata et senespasio habere
po&sunt
«) Ebd. § 16.
[Wirtechatt d. Grofsgrundbes. — 726 —
meilen hal)e, wie dieselbe durch unsere früheren Einzeluntersuchungen als die
für alte Fisci ji;ewöhnliche Ausdehnmig nachgewiesen worden ist.
Wie stellen sich nun hierzu die grundherrlichen Organisationen der
Kirche und des Laienadels? Zeigen sie in karolingischer oder späterer Zeit
eine der Fiskalverwaltung gleiche oder wenigstens verwandte Ordnung? Zur
Beantwortung dieser Fragen, zur Möglichkeit eines vollen Vergleiches
fiskalischer und grundherrlicher Organisation durch mehrere Jahrhunderte hin-
durch bedarf es vor allem einer Untersuchung des Schicksals der karolingi-
schen Villenverfassung l)is in die Stauferzeit hinein.
Da finden wir nun schon in der Tradition des 10. bis 13. Jahrhunderts nur
noch trümmerhafte Spuren der alten Fiskalorganisation ; die Fiskalgebiete zeigen
sich durch königliche Schenkungen sehr zusammengeschmolzen^, die Königs-
gewalt selbst erscheint erlahmt. Gleichwohl ist es möglich, auch noch in dieser
Periode die Spuren der alten Oi-ganisi\tiou in ihren auffallendsten Eigentümlich-
keiten wieder aufzufinden.
Sieht man von gewissen Eesten der Zentral Verwaltung ab^, so gilt
es natüi'lich vor allem, das Amt des Iudex wiederzuerkennen und seine
Schicksale bis zur Höhe des Mittelalters zu verfolgen. Hier steht zu-
nächst fest, dafs das Amt sich das ganze 9. Jh. hindurch ungeschwächt
erhielt. Im J. 835 ei*scheint in der Pfalz Ingelheim ein Exactor palatii
Agano neben einem Fronhofsmeier ^, er ist kein anderer als der Iudex
') Auch wohl schon früh durch Veräufserung von Ländereien des Fiskus seitens Fiskal-
ehigesessener an auswärtige Grofse, vgl. Cap. miss. 803 c. 10, Boretius S. 115.
2) Hierhin ist vielleicht der in unserer Gegend nur in Boppard, aber freilich allein
während des 13. Jhs. erscheinende Notarius imperii oder imperialis aule zu rechnen, vgl.
MR. ÜB. 3, 360, 1228; 597, 1237; 64L 1238; 707, 1241; 1304, 1250. Es war nach MR. ÜB.
3, 707, 1241 in allen diesen Jahren Konrad Propst von SMartin- Worms. — Neben dem
Reichshofhotar erscheint ebenfalls nur in Boppard 1245 (MR. ÜB. 3, 844) ein Elias officialis
de Bopardia, 1249 (MR. ÜB. 3, 982 und 1005) ein imperialis aule camerarius Philipp von
Hohcnfels, der sich MR. ÜB. 3, 1034, 1250 imperialis aule camerarius tunc officialis nennt
Der Titel Reichshof kämmerer ist also für Boppard sekundär; in seiner Stellung in Boppard
ist Philipp Amtmann, Officialis, wie Elias. Welche Stellung dieser Bopparder Amtmann ein-
nahm, wird aus den für ihn allein vorliegenden Urkunden nicht völlig klar; das Wahrschein-
lichste aber ist, dafs sein Amt um die Mitte des 13. Jhs. im Sinne der späteren Relchs-
und Territorialverwaltung neu begründet war und der Oberaufsicht (procuratio) der Reichsgüter
am Rhein diente; daher auch sein Befehl an alle Reichszöllner, MR. ÜB. 3, 1005, 1249.
Boppard eignete sich zur Bestellimg eines solchen neuen Aufsichtsbeamten über die Trümmer
des alten Reichsgutes am Mittelrhein deshalb besonders gut, weil es mindestens seit de^m
11. Jh. der bedeutendste Fiskus in diesen Gegenden war, vgl. oben S. 717 Note 4. Eine ähnliche
Prokuration, wie sie für den Mittelrhein besteht, findet sich 1216 zu Sinzig für den Nieder-
rhein, vgl. MR. ÜB. 3, 47, sowie 429, 1231. Zur Frage nach den Reichsamtleuten vgl. die
"wenigen, nicht ganz klaren und von v. Maurer zu sehr beeinflufsten Notizen bei Küster,
Reichsgut S. 56 f.
») MR. ÜB. 1, 62.
— 727 — Verwaltungsorgaiiismus.J
des Cap. de villis; 858 und 873 werden ferner die ludices direkt in öffent-
lichen Akten genannt ^ Für die spätere Zeit ist die Benennung des Iudex
im P, Jh. zu Ingelheim ein wertvoller Fingerzeig: Exactor, Schultheifs wird
nuniuehr überall der Titel der Nachfolger des alten Iudex — ein sehr berech-
tigter Titel, wenn man sich erinnert, dafs der Iudex mit der Verwaltung der
königlichen Fiskalgefälle von jeher die der Gerichtsgefälle verband. Derartige
Schultheifsen finden sich nun seit dem 12. und bis ins 14. Jh. in allen alten,
ihrer Verfassung nach noch einigennafsen erhaltenen Fisci, so in Andernach,
Koblenz, Boppard, Oberwesel und Kröv, auch die Wetzlarer Schultheifsen
können hier genannt werden ^. Die Schultheifsen in den genannten Fisci sind
stets fireie Leute, meist wenn nicht immer Adlige^, sie führen die Prädikate
doniuus und honestus vir*. Ihre Funktionen gehören, wie früher die des
Iudex, der Wirtschafts- und Rcchtsverwaltung zugleich an; sie stehen an der
Spitze der alten Fiskalgemeinde bei Verfügungen über die Allmende^; sie
sind die ordentlichen Eichter des Fiskalbezirks für streitige und freiwillige
Gerichtsbarkeit*; sie bilden endlich den Vorstand der Fiskalgemeinde auch
in deren äufseren Beziehungen^.
Bemerkenswert bleibt indes, dafs Schultheifsen im alten Sinne der ludices
sich innerhalb unserer Gegend fast nur da leidlich intakt bis ins 12. und
13. Jh. erhalten haben, wo ihre Stellung durch die starke Grundlage eines
innerhalb des Fiskus entwickelten städtischen Gemeinwesens gestützt wurde,
und wo das Fiskalgebiet in eben diesem Gemeinwesen einen aus der allgemeinen
Landesentwicklung selbst herauswachsenden festen Kern erhielt. In anderen
Fisci dagegen, in welchen eine solche Durchlrildung des fiskalischen Hauptortes
«
*) Ep. Hincmari ad Ludov. regem c. 14, 858, Baluze 2, 115; Cap. Caris. 873 c. 3,
MGLL. 1, 520. Doch ergiebt sich gerade aus der ersten Stelle schon die Neigung der
ludices, sich von der Kontrolle der Centralstelle zu emancipieren, selbständig aufzutreten und
eigene Rechte gegenüber den Fiskal inen geltend zu machen.
*) Der volle Titel ist da, wo der Fiskus noch in königlicher Hand ist, scultetus
imperii oder regni, vgl. >IR. ÜB. 3, 61, 1216; Bd. 3, 492, i8, 1324. Im übrigen vgl. Ander-
nacher Schreinsrolle 12.— 13. Jhs.; — MR. ÜB. 3, 849, 1246; 983, 1249; Hennes ÜB. 1,
237. 1274: — MR. ÜB. 3, 61, 1216; 78, 1217; 360, 1228; 503, 1234; 641, 1238; 844, 1245;
1034, 1250; 1071, 1250; 1167, 1252; 1207, 1253; 1379, 1257; CRM. 2, 339, 1291; Honth.
HisL 1, 20, 1303; CRM. 3, 34, 1305; — MR. ÜB. 3, 164, c. 1220; 1245, 1254; — Bd. 3,
492, l^ 1324 ; — MR. ÜB. 3, 362, 1228. — Im 14. Jh. setzte man in den an andere Grund-
herrschaften übergegangenen Fisci anstatt der Schultheifsen Amtleute bezw. Burggrafen ein;
Tgl. z. B. fiir Oberwesel Bd. 3, No. 212, 1385.
«) >m. ÜB. 3, 503, 1234; 1034, 1250; CRM. 3, 34, 1305; Bd. 3, 492, is, 1324.
*) MR. ÜB. 3, 503, 1234; Honth. Hist. 1, 20, 1303.
»*) MR. ÜB. 3, 362, 1228; Hennes ÜB. 1, 237, 1274; CRM. 3, 34, 1305, cit. oben
S. 296 Note 5.
«) MR. ÜB. 3, 61, 1216; 78, 1217; 164, c. 1220; 360, 1228; 849, 1246; 1034, 1250;
vor allem CRM. 2, 339, 1291. Der Stellvertreter des Schultheifsen in dieser Richtung war
einer der Schöffen: MR. ÜB. 3, 933, 1249.
') MR. ÜB. 3, 1167, 1252; 1207, 1253; 1379, 1257.
[Wirtschaft d. Grofsgrundbes. — 728 —
zur Stadt entweder überhaupt nicht oder nicht früh genug eintrat, verschwin-
det das Amt des Schultheifsen zumeist mit dem zeitweisen Auseinanderfallen des
Fiskalgebietes. So im alten Fiskus Sinzig, so in Kröv und Ingelheim. Über die
Gründe des Verfalls und über die auf ihn folgende modernere Entwicklung
in Sinzig wird später zu sprechen sein^ Von Kröv und Ingelheim aber ist
schon hier deshalb genauer zu handeln, weil die Entwicklungsgeschichte beider
Fisci für das Schicksal der karolingischen Verwaltung auf dem platten Lande
— d. h. auf dem Gebiete, wo sie mit der Entfaltung der übrigen Grundherr-
schaften vornehmlich zum Vergleiche steht — von grofsem Interesse ist.
In Ingelheim, für welches erst seit dem 13. Jh. dürftige, seit dem Aus-
gang des 14. Jhs. ergiebigere Nachrichten vorliegen^, erscheint, soweit man
immer zurücksehen kann, in jedem Orte des Grundes, d. h. des noch übrig
gebliebenen alten Fiskalgebietes, ein vom Verwalter des Pfalzbezirks ernannter
Schultheifs, welcher bei den Verhandlungen der Hübner wie der Schöffen gleich-
mäfsig den Vorsitz führte, an der Spitze der Gemeinde stand und diese Stel-
lung auch behielt, als sich die Ratsverfassung entwickelt hatte imd Bürger-
meister gewählt wurden^. Diese Schultheifsen sind also nicht die Nach-
folger des karolingischen Iudex, sondern vielmehr der karolingischen Meier:
es liegt der ganz besonders zu betonende, auch bei andern Ämtern, z. B. l>ei dem
Zenderamt, nachzuweisende Fall vor, dafs der Titel des Oberbeamten bei
Wegfall desselben auf die diesem unterstellten Subalternen übertragen worden
ist. Was aber war aus dem alten Amt des Iudex der karolingischen Zeit ge-
worden? Wir finden es erst im 14. Jli. in d6r Fonn wieder, dafs der Schult-
heifs von Oppenheim — hier entspricht also der Ausdruck Schultheifs noch
dem älteren Iudex — die Rechte der Aufsicht und höheren Verwaltung als
oberster Beamter von Reichs Vegen übt*; in Ingelheim selbst dagegen hat sich
keine Spur des Amtes erhalten. Ei-st später, im 16. Jh., erhielten dann die
Orte des Pfalzgebietes im Oberschultheifsen einen neuen gemeinsamen Ober-
beamten, der mit dem Vorsitz im Reichsgericht gewisse Funktionen in der
höchsten Verwaltung des Ingelheimer Gebietes vereinte, welche früher dem
Schultheifs oder Amtmann von Oppenheim zugestanden hatten^. Dieser Ober-
schultheifs ist also der, wenn man will, erst nach langer Unterbrechung
wiederum selbständig auftretende Naclifolger des Iudex.
Noch anders verlief die Entwicklung in Kröv®. Hier blieb ein grofser
Teil des Fiskalgebietes, sehen wir von einer offenbar nur zeitweisen Vei^pfän-
*) In Abschnitt VIII Teil 2.
«) Loersch S. LXXIII.
8) Loersch S. LXXVIII.
*) Loersch S. LXXX. Dafs die im 12. Jh. erwülinte Vogtei der Herren von Bolanden
dem alten Amt des Iudex entsprochen habe, wie Loei'sch S. LXXIX — LXXX annimmt, halte
ich auf Grund Unten S. 730 f. erwilhnter Analogieen für unwahrscheinlich.
«) Loersch S. LXXIX.
^) Vgl. zum Folgendon oben S. 180 f.
— 729 — Verwaltungsorganismus.]
dung desselben in der 1. H. des 12. Jhs. ab^ bis in die 2. H. des 13. Jlis.
ohne jede Schmälerung beim Reiche erhalten. Dann aber übergab K. Rudolf
das Gebiet im J. 1274 dem Schutz und der Fürsorge (protectioni et eure) der
Grafen von Sponheim*. Auf Grund dieser wie späterer Urkunden von 1309
und 1316® erscheinen nun die Grafen von Sponheim schon im ältesten c. 1330
aufgezeichneten Weistum als Lehnherren des Fiskus, und 1399 erhalten sie
das Reichsgebiet endgiUtig zu rechtem Mannslehen*. In § 7 des genannten
Weistums, v. Ledeburs Archiv 14, 306, heifst es nun: herumb hat der vagt
ein dritteil an der boissen, die in dem riebe vor dem gerichte fallende sint,
und von iedem beddeman einen eimer wins, da der lehnherr eine ame hebt,
l^m Vogt wird also von jeder Ohm Weins, welche der Graf von Sponheim
als Lehnherr hebt, ein Eimer zugewiesen. Hiermit vergleiche man folgende
Stelle in Bd. 3, 492, 28, 1324: ubicumque scultetus regni scilicet Spainheim
toUit am. vini ratione petitionis sue sive precarie ibidem, cedit advocato situla
sive uma. Kein Zweifel, dafs hier dem Grafen von Sponheim als Schultheifsen
des Reiches dieselben Leistungen wie oben als Lehnherm zugewiesen werden.
Die Stelle kann kaimi anders erklärt werden, als dahin dafs sie eine ältere
Rechtsanschauung wiedergiebt^, welche den Grafen von Sponheim noch nicht als
Lehnherm, wohl aber als Reichsschultheifsen kannte. Hierzu stimmt es, dafs
die Grafen nur in dem Dokument, welchem die citierte Stelle angehört, sonst
aber nie als Reichsschultheifsen bezeichnet werden, wie denn dieser Titel für
Kröv überhaupt nur an dieser Stelle vorkommt. Nimmt man aber an, dafs
die Grafen von Sponheim, bevor sie als Lehnherren des Reiches bezeichnet
werden, Reichsschultheifeen waren, so liegt die Vermutung nahe, dals sie
dieses Amt in der Urkunde Rudolfs durch die Überweisung der protectio
und cura des Reiches übertragen erhielten, ein Amt, aus welchem sie
dann, dem allgemeinen Zuge der Zeit folgend, sehr bald eine umfassendere
Lehnsherrlichkeit entwickelten. In diesem 2iusammenhange ergiebt die Aufzeich-
nung von 1324 noch eine sehr wertvolle Notiz über die Stellung des alten
Reichsschultheifsen (S. 493, 2) : si alique emende hiis diebus (in den ungebotenen
IHngen) faciende fiierint, super illis potest renuntiare advocatus consensu
sculteti super hoc minime requisito. Wir haben oben gesehen, dafs der Vogt
ein Drittel der Bufsen bezog; hier erfahren wir, dafs er auf dasselbe verzichten
konnte, ohne der Zustimmung des Reichsschultheifsen zu bedürfen. Der Reichs-
schultheifs hob also offenbar die beiden anderen Drittel der Bufsen ein oder
») MR. ÜB. 2, S. 39, 1171.
«) T. Ledeburs Archiv 14, 207, 1274.
») V. Ledebur S. 210—12.
*) V. Ledebur S. 218—19.
*) Vielleicht ist sogar der Text älter als 1324 und in die Aufzeichnung dieses Jahres
handschriftlich herübergenommen; die Worte scilicet Spainheim machen ganz den Eindruck
eines Zusatzes.
LftBpreeht, Deatschet Wirtachaft8l«ben. I. 47
[Wirtschaft d. Grofsgrundbes. — 730 —
verfügte mindestens in irgend einer Weise ül)er sie: d, h. er war noch im
Besitz einer der Hauptfunktionen des alten Iudex.
Sehen wir so aus den Nachrichten der rein ländlichen Fiskalgebiete, ^ie
das alte umfassende Amt des Iudex, entsprechend der Zersttlckelui^ und dem
Auseinanderfallen des fiskalischen Amtsbezirkes, spätestens im 13. Jh., meist
aber schon fitüier völlig zu Grunde geht^ während es sich in den Bezirken
mit städtischen Vororten vornehmlich auf ein Stadtschultheilsentum unter Bei-
behaltung gewisser Funktionen für den ganzen Fiskalbezirk konzentriert, so
weisen die letzten Nachrichten über Kröv zugleich energisch auf ein bisher
noch nicht beachtetes Amt hin, die Vogtei. Wie für Kröv ist nämlich für
jeden Fiskus ein Vogt nachweisbar*, der wie die späteren SchulÜieifsen regel-
mäfsig dem Adel angehörte®. Über die Funktionen desselben erfahren wir
nirgends Genaueres, als in Kröv. Aus der dortigen, oben S. 180 f. präzi-
sierten Stellung des Vogts ergiebt sich, dafs er gräfliche Rechte und femer die
obersten Rechte des Kaisers als fiskalischen Grundherrn ausübte. Von ihnen
erklären sich die letzteren speziell daraus, dafs die Kröver Vogtei aus den
Befugnissen der Aachener Kalzgrafen abgeleitet ist*, die ersteren dagegen
sind allgemeinerer Natur. Zu ihrem Verständnis hat man sich zu vergegen-
wärtigen, dafs die Fiskalbezirke keineswegs von der Grafschaft eximiert waren ;
sie bildeten vielmehr, entsprechend den Hundertschaften, besondere Unter-
abteiluneren der Grafschaft. So war es in karolingischer Zeit^ und so blieb
^) Erhalten findet sich das Amt auch hier bisweilen dann, wenn ein voller alter
Fiskus, welcher rein dem platten Lande angehört, auf einmal in fremde Hände geraten ist.
Ein derartiger Fall liegt in unseren Gegenden nicht vor, läfst sich aber im Elsafs für den
alten, ganz an Andlau gekomnien(>n Königshof Marlei konstatieren. Hier heifst es im Ding-
hofrotel zu Marlei 1338, G. 2, 727: die Äbtissin von Andlau sol ouch einen büttel iian . . ,
und sol ihn das dorf kiesen, . . und sol ihn der schuUheiß setzen . . . min froue sol han
einen Schultheißen, der Schultheiß sol m. fr. rechte forderen und sol ir dink besitzen hie
und in dem gericht, das darzu höret, zu dem gericht höret Marie und Kirchheim und Odratz-
heim und Cronthal und Northeim, das höret in sin gericht: hie ist er recht richter zu den
vorg. dörferen zu richtende alles, das man von recht richten sol. derselbe Schultheiß der hat
den gewalt zu timde und zu lande an freveln und wette bis an 3 d. one alle geverde, und
was do feilet zu recht, des ist der dritte d. des vogts umbe das, daß er ihme helfe twingen,
was er nit getwingen mag. derselbe Schultheiß ist schuldig, m. fr. zu twingende und zu
richtende allen iren bresten one tibergriffen an walde imd velde, luid sol ime dar ein vogt
zu recht helfen.
2) Vgl. für Boppard: MR. ÜB. 3, 503, 1234; 844, 1245; für Oberwesel: MR. ÜB. 3, 164,
c. 1220; 1406, 1257; für Ingelheim: Loersch S. LXXIX f ; fiir Wetzlar: MR. ÜB. 3, 362, 1228;
für Kröv: Bd. 3, No. 297a, 1324; WKröv, G. 2, 372. Für Andernach und Koblenz sind zwar
auch Vögte nachweisbar, da aber beide Fisci in geistliche Hände (Köln bezw. Trier) gekommen
waren, so bleibt es fraglich, ob man Reichs- oder Kirchenvögte vor sich hat. Die Ober-
weseler Vogtei wurde im 13. Jh. abgelöst, s. MR. ÜB. 3, 1406, 1257.
3) Bd. 3, 497, 7, c. 1324.
*) Engel mann bei v. Ledebur S. 6 f.
^') ('ap. min. 792 oder 786, Boretius S. 67, c. 4.
— 731 — Verwaltungsorganismus.]
es spater ^ Als dann die Grafschaftsrechte zerstückelt wurden, mögen die
Könige dieselben, soweit sie sich über die Fisci erstreckten, an sich gezogen
und hestimmten Vertretern übertragen haben: diese ui-sprünglich amtlich,
später kraft eignen Rechtes auftretenden Vertreter der staatlichen, altgräflichen
Rechte im Fiskus sind die Vögte ^.
Die gerichtsherrlichen Vogteirechte aber weisen nunmehr dringend auf
eine kurze Erörterung der inneren Organisation der Fiskalgebiete überhaupt,
soweit sie in späterer Zeit erkennbar ist. Auch hier kann vor allem auf die
frühere Schilderung des Fiskus Kröv oben S. 180 f. verwiesen werden. Wie
dort Kröv, so ergeben sich alle übrigen Fisci durchaus nach dem Muster der
Hundertschaftsverfassung ausgestaltet^; sie haben eine dementsprechende Ge-
richts- und Heeresverfassung, und die autonome Wirtschaftsverfassung ist nicht
minder entwickelt, wie in den freien Hundertschaften. Jedes Fiskalgebiet
bildet mithin vor allem ein einheitliches Allmende- und Gerichtsgebiet*, ist
ursprünglich als Substrat 6iner Gemeinde gedacht. Aber wie aus der Hundert-
schaftsgemeinde, so haben sich auch aus der Fiskusgemeinde eine Anzahl von
Untergemeinden bis zu geringerer oder gröfserer Selbständigkeit losgelöst. Bei
dieser Loslösung übernahm dann der Fiskusvorort, zumeist eine sich eben
bildende Stadt, einen grofsen Teil der Vertretung der gemeinsamen Interessen *,
namentlich wurde sie zmn Oberhof der in den Einzelgemeinden gebildeten
üntergerichte ®. Gleichzeitig aber erstarkte die Gemeinde des Fiskusvororts
*) MR. ÜB. 1, 293, 1018, der Fiskus Koblenz kommt an Trier: quandam . . curtem
nomine Confluentiam et abbatiam sitas in pago Trichire, in comitatu vero Berclidoldi comitis,
com theloneo et moneta et cum omnibus eorum pertinentiis. CRM. 1, 62 , 1064: octo
mansos in loco Sinzeche dicto, in pago Argowe, in comitatu Sicconis comitis sitos. Ebenso,
mir dafs Graf Pertold genannt ist, Lappenberg, Hamb. ÜB. 1, 94, 1065.
*) Das gilt auch von der Bolandenschen Vogtei in Ingelheim, Loersch S. LXXIX bis
LXXX; 8. oben 728 Note 4.
*) Vgl. dazu die sehr charakteristische Schenkung in den Mitt der antiqu. Ges. zu
Zünch 8 ÜB. No. 1, 853: K. Ludwig giebt seiner Tochter curtim nostram Turegum [Zürich]
. . im Thurgau cum omnibus adiacentiis et adspicientiis eins seu diversis iunctionibus, id
est pagellum Uroniae cum ecclesiis domibus usw. Es ist die Hundertschaft Uri.
*) Bezeichnend hierfür ist aus schon sehr später Zeit Guden. CD. 2, 957, 1271: bona
xpad Bodendorp, prout sita sunt in banno sive in territorio iudicii de Bodendorp iudicii de
Sinzicbe, iudicii sive banni de Dunen ac iudicii sive banni imperii. Hier bezeichnet iudiciuni
den Gerichts-, bannus den Markbezirk. Man vgl. noch MR. ÜB. 3, 78, 1217; 362, 1228;
besonders wichtig aber sind für diese Dinge die Urkunden der neuerdings von Hoeniger
publizierten Andemacher Schreiusrolle, Ann. d. bist. Ver. f. d. Niederrh. 42, 1 — 60.
*) Vgl. z. B. MR. HB. 3, 1167, 1252: iudices scabini ceterique cives Colonienses
einigen sich mit dem scultethus, den milites et cives Bopardienses ac universi sub ipsorum
iorisdictione et iudicio constitutis [diese heifsen nachher concives: aliquem civium Bopar-
diensem sive militem seu alium concivem] Qber die gegenseitige gleichmäfsige Behandlung
ihrer Bürger in Schuldsachen. Gegenurkunde von Boppard Eimen, Qu. 2, 324.
•) CRM. 2, 339, 1291, eine Bopparder Urkunde, spricht von civitatibus et villis, que
iura sua apud nos requirunt et ex antiquo iiu-e requirere debent.
47*
[Wirtschaft d. Grofsgrundbes. — 732 —
ZU einer hervorragend selbständigen Mark- und Gerichtsgemeinde \ aus der
sich noch früher, wie auf dein Lande in den Kollegien der Dorfgeschworenen ^,
in Bürgermeister und Rat die vollendeten Behörden kommunaler Selbstver-
waltimg erhoben^.
Dieser Verfassungsentwicklung entsprach die Ausgestaltung der sozialen
Scliichtung in den Fiskalgebieten. Sie wäre dieselbe wie in den freien Hundert-
schaften gewesen, hätten nicht die ursprünglich rein beamtenmäfeigen , später
zu erblicher Berechtigung erstarkten Subalternen der Fiskalvenvaltung ein
besonderes Element in der Entwicklung abgegeben. Am bedeutendsten unter
ihnen sind in früherer Zeit und später auch noch soweit sie Ritter geworden
die königlichen Meier*; daneben stehen die Subalternen der technischen Ver-
waltung, die Förster, Münzer, Zöllner, Burgmannen u. s. w.*. Sie alle zu-
sammen bilden jetzt den festen Körper der Reichsministerialität; und sie ge-
langen namentlich in denjenigen Fiskalgebieten zu grofser Bedeutung, wo sie
in der ministerialischen Burgmannschaft einer dem Fiskalvorort benachbarten
ursprünglichen Reichsburg einen festen KiystaUisationspunkt erhalten®. Ihnen
stehen an sozialer Bedeutung diejenigen hervorragenden Geschlechter der Fiskal-
eingesessen(»n zur Seite, welche infolge exklusiver Kooptation der SchöflFen-
kollegien ausschliefslich schöffenbar geworden sind : Schöffenbare und Ministerialen
bilden zusammen die Klasse der Bevölkenmg, aus deren Schofs sich die Ge-
richtspersonen rekiiitieren und die Kommunalverfassimg entspringt^.
So ergiebt sich denn hier dasselbe Charakteristikum der Entwicklung»
welches sich im Schicksal so vieler frühmittelalterlicher Institutionen verfolgen
läfst: die subalternen Kräfte, ursprünglich in straffer Abhängigkeit von einem
mit weitgehender Vollmacht ausgerüsteten Oberbeamten, haben sich nach Weg-
fall dieses Beamten durch korporativen Zusammenschlufs gekräftigt; der neue
genossenschaftliche Halt gestattet ihnen die Fortsetzung ja Erweiterung ihrer
1) Vgl. MR. ÜB. 3, 141, 1220; Hennes ÜB. 1, 237, 1274; CRM. 3, 34, 1305, cit oben
S. 296 Note 5.
2) S. oben 8. 318 f.
') Darauf ist hier weiter nicht einzugehen, s. oben S. 322 Note 1.
*) Ziu" Stelhmg der Königsmeier s. die Klage Erzbischofs Friedrich von Köln über
Heinrich V., ('od. üdalr. 295, 167: quid de kathedris episcopalibus dicemus, quibus regales
villici praesident, quas disponunt et de domo orationis speluncam plane latronum efficiunt
S. auch Lambert z. J. 1063, MGSS. 5, 167, a. Die Meier erhalten sich bisweilen sogar
unter diesem Titel an Orten, die schon längst nicht melir fiskalisch sind, für die Einnehmer
kleinerer noch üskalischer Gefälle. So findet sich z. B. ein villicus regis in Andernach, MR.
ÜB. 2, 91, 1187; Andern. Schreinsr. G. 2, 1244, c. 1215.
*) Genaueres darüber später. Zum Zusammenhang der Fiskalbezirke bzw. der Fiskal-
liöfe mit den Jagden s. Lac. ÜB. 1, i<2, 132, 1000; zu dem mit der Verkehrsverwaltung vgl.
unten Bd. 2, 257.
8) Vgl. z. B. für Boppard MR. L^. 3, 664, c, 1220; 360, 1228; 641, 1288; 844, 1245;
1034, 1250; 1879, 1257.
^) Äufserst bezeichnend für ihr gegenseitiges Verhältnis ist die Bopparder Urkunde
im CRM. 2, 339, 1291.
— 733 — Verwaltungsorganismus.]
Funktionen auf autonomer Grundlage, und die Beibehaltung dieser Funktionen
durch Generationen hindurch unter starkem Anwachsen der beteiligten Familien
bewirkt schliefslich die Ausbildung eines vollen neuen Standes. Grofse
Ministerialengeschlechter in jedem Fiskus, aber kein oberster und direkter
Beamter mehr im Sinne des alten königlichen Vei'waltungsrechtes, im wesent-
lichen nur noch in den städtischen Fiskalvororten Schultheiüsen als königliche
Stadthäupter mit einigen weiteren in das platte Land hineingreifenden Befug-
nissen: das ist die verfassungsmäfsige Signatur der meisten Fiskalherrschaften
der Stauferzeit.
Jetzt aber sei die oben S. 726 gestellte Frage wiederholt: wie verhält sich
die Organisation der aristokratischen Grundherrschaften und deren Entwick-
lung zu den Schicksalen und zur ursprünglichen Ausgestaltung der Fiskal-
verwaltung?
Gehen wir auf die karolingische Zeit zurück, so liegt in den bekannten
Urbaren dieser Zeit, vor allem in dem unserer Gegend angehörigen Urbar
von Prüm auch nicht die geringste Spur eines zahlreicheren, den ludices ent-
sprechenden Beamtentim[is vor. Was Gu6rard für Frankreich ausgeführt
hatS das gilt auch für Deutschland: es giebt keine höhere Klasse von grund-
herrlichen lokalen Verwaltungsbeamten, als die Meier der einzelnen Fronhöfe.
Dagegen kommt allerdings schon in karolingischer Zeit in der Zentralver-
waltung geistlicher Grundherrschaften oder auch bei sehr grofsen Grund-
herrschaften von der Zentralverwaltung detachiert ein Beamter vor, dem zwar
nicht die Wirtschafts- wohl aber die Gerichtsfunktionen des Iudex für die ge-
samte Grundherrschaft bezw. grofse Teile derselben zufallen. Es ist der Viztmu
oder Propst^. Und dieser Beamte wird später Schultheifs genannt^. Die beste
Information über ihn erhalten wir nach der Überlieferung unserer Gegend aus den
Dokumenten der Abtei Prüm — eben jener Abtei, für welche wir die Abwesenheit
von lokal verteilten Schultheifsen, welche den ludices entsprächen, für den Schlufs
des 9. Jhs. mit Sicherheit konstatieren können*. Hier finden wir noch um
1280 auch keinen Beamten der Zentral Verwaltung, welcher mit den sonst schon
früher vorkommenden Klosterschultheüsen verglichen werden könnte, vielmehr
^) Polyptique de Pabb^ Irminon 1, S. 483.
*) Gu^rard a. a. 0. S. 486 bemerkt bierzu: L'officier qui parait r^pondre au judex
€st le Ticedominus, Tadvocatus et quelquefois le praepositus. Von ihnen fällt indes der Vogt
veg: er hatte in karolingischer Zeit allerdings jurisdictionelle Befugnisse in den geist-
Hchen Gnmdherrschaften zu Tersehen, welche in den Fiskalgebieten dem Iudex anheim-
fielen (vgl dazu Gu^rard S. 487 f.) — das ist aber auch der einzige Vergleichspunkt
zwischen beiden.
') £in Schultheifs am Hofe des Abts von Marmoutier im J. 1168, Hanauer Constitutions
S. 74 — ^75. Auch die Äbtissin von Hohenburg hat solch einen Schultheifsen: Hanauer
Constit S. 244 § 1: das min frowe sol hie uf demselben berge haben ein Schultheißen, der
loeuf sitzet mit huse, und sol der ein Hohenburg man sin.
*) Man vgl. auch noch zu Echtemach MR. ÜB. 2, S. 520 s. v. scultetus.
[Wirtschaft d. Grofsgnindbes. — 734 —
hält der Abt das Hauptgericht der Grundherrschaft selbst ab, während die
Meier oder Lokalschultheifsen ^ den einzelnen Hofgerichten vorstehen^. Doch
ist für das Hauptgericht eine Vertretung vorgesehen, es kann gehalten werden
per abbatem vel per alium, quem ad hoc deputandum duxerit^. Und schon
in eben der Urkimde, welche diese Bestimmung enthält, ist die Möglichkeit
dieser Vertretung des Abtes durch Oberbeamte wenn auch nicht für das
Hauptgericht, so doch für eine Reihe zusammenliegender Höfe an der Mosel
fester ins Auge gefafst : in § 1 1 (S. 83, 23) ist die Rede von officiatis superiori-
bus (in einer nahezu gleichzeitigen deutschen Übersetzung ubirampflude) . . de
novo super Mosellam instituendis , sive villici sculteti . . vel alio nomine num-
cupentur ex usu. Diesen Intentionen für die Mosel wie in erweiterter Aus-
führung ft\r die Umgegend von Prüm entsprechend erscheinen dann 1291 zwei
Oberschultheifsen, der eine um Prüm, der andere auf der Mosel, als Vertreter
des Prümer Abtes als Gerichtsherren: die Hofgerichte werden auch jetzt nodi
von den Meiern oder Schultheifsen gehalten, edoch der apt, wanne daz er wil,
mit im selver oder mit sinen ubirscultessen mag in den hoven dingen und
die selve dignisse besitzen*. Diese beiden Oberschultheifsen entsprechen nun
ganz den sonst meist nur in 6inem Exemplar vorhandenen Klosterschultheifsen^
fri\heren Viztumen oder Pröpsten geisflicher Grundherrschaften; ihre Funk-
tionen decken sich also ungefähr mit den gerichtlichen Funktionen der fis-
kalischen ludices. Genauer zeigt das noch das grofse Weistum von Rommers-
heim vom J. 1298, welches einen vorzüglichen Überblick über die Funktionen
des Pi-ümer Oberschultheil'sen für die Umgegend von Prüm gewährt. Ober-
schultheils ist damals der Ritter Thielmann von Cronenburg; er ist Richter des
Obersten Hofes zu Rommersheim; zu seinen Dienstobliegenheiten als richter-
lichen Vertreters des Abtes gehört es, in jedem Unterhofe seines Bezirkes
jährlich ein Ding abzuhalten, sowie die oberste Gerichtspflege überhaupt, z.B.
beim Zweikampf, zu handhaben; aufserdem konkurriert er im Aufgebot zum
Heeresauszug und in der Verleihung von Salgut mit dem Unterschuliheifsen
der einzelnen Höfe.* Es ist klar, dieser überschultheifs repräsentiert ein neues
Amt, dessen Funktionen im Anschlufs an früher schon anderwärts bestehende^
zur obei-sten Verwaltung der Immunitätsrechte geschaffene Beamtungen be-
gründet und geregelt sind; von einer unmittelbaren Ableitung von den alten
Gesamtfunktionen des Iudex aber kann keine Rede sein.
Wie in Prüm so stellen sich aber seit dem 12. imd 18. Jh. die Dinge
auch in den anderen irröfseren Gnmdhen-schaften. Mit der Stauferzeit trat
^) Hier wird das Wort Schultheifs dem für Ingelheim oben S. 728 fcstgesteUten Sinne
entsprechend identisch mit Meier gebraucht (vgl. Bd. 8, 80 § 2 stets sculteti sive viUici);
über diese restringierte Bedeutung s. Genaueres weiter imten S. 735 f.
«) Bd. 3, 80 § 1 u. 2.
») Bd. 8, 80, 20.
*) Bd. 8, 97 § 2.
— 735 — Verwaltungsorganismus.]
die Wirtschaftsverwaltung in den Grundherrschafteii, wie wir in einem späteren
Absclinitt sehen werden, immer mehr zurück, die rechtliche Seite dagegen fand
immer stärkere Betonung. Da war es notwendig, die Rechtspflege besser als
bisher auszugestalten — eine Anforderung, welche infolge des nunmehr völlig
zu Tage liegenden Verfalls der Grafengewalt doppelt streng genommen werden
mulste. Wie aber konnte man ihr besser nachkommen, als indem man in
kleinen Grundherrschaften im Anschlufs an den alten Viztum bezw. Propst
einen höheren Gerichtsbeamten ausbildete, in gröfseren aber mehrere höhere
Gerichtsbeamte für zusammenhängende Teile der alten Hofesverfassung als
besondere Stellvertreter des Grundherrn in Gerichtssachen schuf? Solche
Beamte aber sind die in der Stauferzeit völlig entwickelten grundherrlichen
Schultheilsen. Es ist naturgemäfs, dafs sie zuerst in grundherrlichen Städten
auftauchen^; später finden sie sich auch fllr ländlich-grundherrliche Kreise;
und nirgends können wir ihr allmähliches Aufkommen im einzelnen besser ver-
folgen, wie in der erzstiftisch Trierischen Grundherrschaft um die Wende des
12. und 13. Jhs.^
Aber neben diesen generellen Schultheifsen kommen noch geringere
Schultheifsen nur für 6inen Hof vor. Ihren Ursprung haben wir schon im
Ingelheimer Fiskalgebiet kennen gelernt: ist er stets derselbe? Auch hier
sind die Prümer Urkunden aus der 2. H. des 13. Jhs. wieder in besonderem
Grade lehrreich. Zunächst unterliegt es nach ihnen keinem Zweifel, dafs diese
geringeren Schultheifeen mit den Meiern parallel zu stellen sind; die Texte
sprechen von sculteti sive villici, meiere und scultes; es ergiebt sich, dafs
sie beide, Meier wie Schultheifs, Fronhöfen vorstehen®. Gleichwohl sind sie
nicht völlig identisch. Der Meier ist zugleich der Gerichts- und Wirtschafts-
vorstand des Hofes ; der Schultheifs braucht nur der Gerichtsvorstand zu sein,
neben dem noch nebenher im Meier oder Baumeister ein besonderer Wirtschafts-
vorstand bestehen kann *. Man sieht, wie das Schultheifsenamt dem Meieramt
») Man vgl. für Trier MR. ÜB. 2 S. 520 s. v. scultetus, auch Bd. 2 S. 625 Note 4.
Ferner für Bingen MR. ÜB. 3, 1037, 1250; für Bacharach MR. ÜB. 3, 1443, 1258; für Bem-
kastel oben S. 171. Wo ein alter fiskalischer Schultheifs safs, ging derselbe bei Yeräufserung
des alten Fiskalgebietes natCirlich mit an den neuen Herren über, vgl. fUr Boppard Honth.
Hist 1, 20, 1803: per honestum virum C. schultetum Bopardiensem fidelem nostnim
[arcluepiscopi]. Derselbe Fall liegt vieUeicht schon für die Schultheifsen von Trier vor.
') S. die ausführliche Darstellung des Vorganges unten in Bd. 2, 171 f.
«) Bd. 3, 63 § 2, 1280; 97 § 2, 1291. In späteren Dokumenten werden die Schult-
heifsen auch villarum praetores genannt, Honth. Hist. 2, 215, 1361.
*) Vgl. WRommersheim 1298 § 5: ein Abt mag kiesen in allen hoven einen scholteißen,
der ieme beholflichen ist, und sal damite brechen und bützen und den verantworten zu allin
sinen wUlen, als lange als er eme beholflichen und ndtzlichen is, und mach he dan einen
anderen Jdesin in vurs. maißen ane wederrede sins vaitz . . § 7: ein abt sal kesin vorster
visscher und bämeister in allin hoven, sowie der hoeve gewainheit steit, und sal damite eime
vaide nit unrecht doin. Dazu s. ferner WRommersheim § 16: wenn ein Vogtsmann räumt
oder stirbt, an dessen Hof sal ein hoifsscholtes und der gosworen boede und der meiger neit
hant ane slaen. Der Hof soll aber später kommen in viemgewalt und in des hoefscholtes
[Wirtschaft d. Grofsgnmdbes. — 736 —
entwächst. Sobald das Meieramt erblich zu werden begann S und sobald in
gleicher Zeit die Richtung, vornehmlich die rechtliche Seite der Grundherrschaft
zu betonen, erwachte, lag es aufserordentlich nahe, dem Meier die bisherigen
gerichtlichen Funktionen zu entziehen und mit denselben einen besonderen
Beamten , den Schultheifs , zu betrauen. Wo man aber entweder noch weiter
ging und das alte Meiergeschlecht verdrängte, oder aber nicht so weit kam,
dem Meier seine Gerichtsrechte abzuzwängen, da vereinigte man in der Hand
des neuen Schultheifsen auch die wirtschaftlichen Fimktionen, bezw. übergab
dem alten Meier als Schultheifs die gerichtlichen Befiignisse. So entstehen
denn jene Mischformen, welche man in der PiHmer Grofsgrundherrschaft
während der 2. H. des 13, Jhs. antrifft: an der Spitze der einfachen Fron-
höfe entweder Schulthei&en (bezw. in den Urkunden von 1280 imd 1291 auch
noch Meier) mit den vollen wirtschaftlichen und rechtlichen Funktionen der
alten Meier, oder Schultheifeen mit um- rechtlichen Funktionen und daneben
noch für den Wirtscliaftsbetrieb l)esondere Meier oder Baumeister *. Der Über-
gang aber, welchen die Prümer Grundherrscliaft in der 2. H. des 13. Jhs. auf-
weist, vollzieht sich auch anderweits, und teilweis schoji früher: so findet sich
in Graach im J. 1168 ein erzstiftisch Trierer Schultheifs*, welcher kein Vor-
läufer der späteren gröfseren SchulÜieilsenausbildung ist, über welche Bd. 2
S. 171 f. handelt, sondern nur als Fronhofschultheifs erklärt werden kann;
und in der SMaximiner Grundherrschaft sind um die Wende des 12. und
13. Jhs. verwandte Schultheifeen in Kenn, Longuicli, Detzem, Luxem, ^[atzeii,
Moertz, Hilbersheim, Simmem u. Dh., Thaben und Kürenz* vorhanden.
l'bersehen wir jetzt die bisher zur Entwicklungsgeschichte der gnmdherr-
lichen Organisation gefundenen Ergebnisse», so sind für den ferneren Gang der
Untersuchung besonders folgende Thatsachen festzustellen. Die Funktionen des
karolingischen Iudex erhalten sich in den Fiskalgebieten, soweit sie dem platten
Lande angehören, bis zur Höhe des Mittelaltei-s nur noch in abgeschwächten
Resten, soweit sich der Vorort des Fiskalgebietes zur Stadt entwickelt, in
speoifischer der städtischen Entwicklung angepafster Form noch länger. Dem
karolingischen Iudex entspricht kein Beamter der aristokratischen Grundheir-
schaften ; in Parallele mit ihm stellen kann man mir den Viztum oder Propst,
der aber nicht der Lokalverwaltung angehört und nur Vertreter der rechtlichen
Interessen d(»s Grundhemi zumeist als Imnumitätsherrn ist. Der oln^rste finiuid-
hant ... bis ein ander genoissich man darbi kompt. Aufserdem pfändet der Scluütbein» zu-
sammen mit dem Fronboten (§ 12) und verleibt das Salgut (§ 20. 27).
M S. darüber unten S. 771 flf.
^) Ein solcber Fall liegt z. B. vermutlicb auch vor in WDnisenheim. G. 1, 734: solle
ein abt von Swartzach haben sitzen von sant Peters gnaden einen gewaltigen schultheil^n zu
Trusenheim an dem geriohte; und waz derselbe Schultheiß nit getwingen mag. daz solle ime
ein vougt helfen t^ingon. daruml»e so nimpt ein vougt daz dritteil von den großen freveln.
») MR. ÜB. 1, 653, 1168.
*) USMax. S. 441. 443. 447. 449. 4.X», 454. 455. 466.
— 737 — VenÄ'altungsorganismus.]
herrliche Wirtschaftsbeamte aufserhalb der Zentralstelle ist der Meier, er ist
der mit dem fiskalischen Fronhofsmeier identische Beamte. Eine Änderung in
dieser Verfassung der aristokratischen Gnmdherrschaften tritt mit der 2. H.
des 12. Jhs. ein, mit dem vollen Verfall der Grafschaftsrechte und mit dem
Zunehmen der Neigung, die Grundherrschaft voniehmlich als Rechtsinstitut an-
zusehen. Diese Änderung gewinnt einen doppelten Ausdruck. Einmal werden
in den einzelnen Fronhöfen wirtschaftliche und rechtliche Funktionen schärfer
getrennt, letztere besonders betont imd dementsprechend entweder für sie neben
dem Meier ein besonderer Beamter, der Schultheifs kreiert, oder aber der Meier
zum vornehmlichen Gerichtsbeamten, oft auch unter der Bezeichnung Schultheifs
mngeschaifen. Femer aber wird — soweit nicht, wie bei kleineren Grundherr-
schaften, der alte Viztimi oder Propst ausreicht — für die Gerichtsverwaltung
eine Mittelinstanz zwischen Fronhöfen und Zentralstelle geschaffen, für deren
Bezeichnung in denjenigen Grundherrschaften, wo die Meier der Fronhöfe trotz
anders betonter Funktionen ihren alten Titel behalten, der Titel Schultheifs,
in denjenigen Grundherrschaften, wo die Bezeichnung Schultheife schon für
den Vorstand der Fronhöfe verbraucht ist, der Titel Oberschultheifs in An-
wendung kommt. Ein Beispiel für den ersten Fall ist die Grundherrschaft
des Trierer Erzstiftes, für den zweiten diejenige der Abtei Prüm. Natürlich
ist die verschiedene Verwendung des Titels Schultheifs geeignet, Verwechs-
lungen hervorzurufen. Um sie in unseren Eröilerungen zu vermeiden S wenden
wir da, wo eine scharfe Trennung der Begriffe notwendig ist, folgende Aus-
drücke an : Oberschultheifs für die Mittelinstanz zwischen mehreren Fronhöfen
und der Zentralstelle ; Schultheiüs oder Vollmeier für den gerichtlichen und zu-
gleich wirtschaftlichen Vorstand des Hofes ; Hofschultheifs für den nur gericht-
lichen Vorstand eines Fronhofes, neben dem noch ein Meier steht; Wirt-
schaftsmeier für den nur wirtschaftlichen Vorstand des Hofes.
Und nunmehr gehen wir völlig zur Untersuchung der Wirtschaftsver-
fassung der aristokratischen Grundherrschaften über, um die Erfahrung reicher,
dafs wir den karolingischen Iudex und seine Funktionen keinesfalls zu ihrem
Verständnis heranziehen dürfen^. Aus der ganzen Fiskalverfassung bleiben
') Die geschilderte Entwicklung wird in Abschnitt VII Teil 1 noch weiter zu be-
sprechen sein. Doch sei zur Stützung der bisher beigebrachten Beweise schon hier darauf
hingewiesen, dafs die Trennung zwischen Meier und Schultheifs schon für die im 12. und
13. Jh. erfolgende Besiedlung des Ostens mafsgebend geworden ist Bei derselben finden
sich überaU Schultheifsen als Unternehmer und erhalten Erbschulzenamt mit eigenem Hofe,
während die Gutsherren auf ihrer Hufe als Verwalter einen Meier (nllicus) haben.
') Das eben ist bislang geschehen und hat das Verständnis der grundherrlichen
Organisatioa, soweit sie nicht fiskalisch ist, getrübt. Einigermafsen ausgeglichen wurde der
Fehler noch dadurch, dafs man fiskalischen und sonstigen Grundbesitz seinem verschiedenen
Charakter nach nicht unterschied, sich von der Territorialanlage und -gröfse der Fisci keine
auf die Eridänmg des Cap. de viliis angewandte Vorstellung machte — v. Maurer, Fronh.
1. 235, wie v. Inama, Wirtschaftsg. 1, 821 halten den Fiskus für eine blofec Domäne — und
[Wirtschaft d. Grofsgrundbes. — 738 —
als Vei-gleichsobjekte vielmehr mir der Meier und die übrigen Subalternen
der Foretverwaltun^, der Verkehrsverwaltung u. s. w. übrig, also diejenigen Be-
amten, über welche wir aus dem Cap. de villis wie aus der sonstigen karolingischen
Gesetzgebung nur wenig erfahren. Wir werden deshalb gut thun, für das
Vei-ständnis der grundherrlichen Verwaltungsorganisation nicht so sehr aus fis-
kalischen AnalogieenS als vielmehr aus einer genauen Kenntnis des Ver-
waltungssubstrates, aus einer Untersuchung über die Verhältnisse des giiind-
herrlichen Bodens sichere Anhaltspunkte zu gewinnen.
Und hier stehen wir schon auf der Hauptsache nach gesicherter Grund-
lage: wir wissen, dafs der aristokratische Gnmdbesitz im Gegensatz zur
demgemäfs zu einem richtigen Verständnis der Stellung des Iudex nicht gelangte. Natürlich
ergah sich durch die Anwendung des fiskalischen Schemas auf die anderen Gnmdherrschaften eine
starke Gliederung derselben nach Haupt- und Unterhöfen, deren Existenz quellenmäfsig nicht
zu belegen war, für welche man daher eine Anzahl in dieser Sache nichts beweisender
Stellen über Zuziehung einiger Hufen zu gewissen Fronhöfen u. a. m. benutzte, vgl. z. B.
V. Inama, Grofsgrundh. S. 97. Nicht minder unklar ist man sich bisher über den Unte]>
schied zwischen Meier und Schul theifs geblieben. Der einzige Forscher, welcher ihn
stärker betont, ist Hanauer, vgl. z. B. Paysans S. 94 f. Doch kommt H. über die Kon-
statierung des Unterschiedes selbst nicht hinaus und findet namentlich keine Erklärung seiner
geschichtlichen Entstehung. Zur Thatsache selbst vgl. noch Liesegang, Histor. Zs. N. F.
19, 111: in Andernach heifst der Eeichshofbeamte gegen P^nde des 12. Jhs. noch villicus
oder iudex, aber seit dem Anfang des 18. Jhs. etwa wird scultetus gebräuchlich. S. auch
Waitz, Vfg. 8, 76-77.
>) Der Gedanke, der aristokratische Grofsgrundbesitz sei durchweg dem fiskalischen
analog organisiert, ist aber bislang für die Forschung mafsgebend gewesen. Das gilt auch
noch zum guten Teil für v. Inama, s. Grundh. S. 47, 92, Wirtschaftsg. 1, 824, und besonders
prägnant Grundh. S. 96: So entstand . . jene Villenverfassung, welche uns am vollständigsten
aus dem Cai)itulare de villis bekannt ist, aber auch bei weltlichen imd geistlichen Grund-
herren im Laufe der Karolingerzeit eine allgemeine Einfühnmg gefimden hat Indes macht
v. I., Grundh. S. 97 und Wirtschaftsg. 1, 305, doch schon einen Unterschied zwischen den
Grundherrschaflen des Laienadels und der Kirche; die Besitzungen des ersteren werden nach
ihm regelmäfsig auf Rechnung der Herrschaft durch Vögte und Meier bewirtschaftet, während
der geistliche Besitz vielfach nur aus dienenden Hufen bestanden habe, deren Kolone als
Propst mit der Überwachung seines Villikationsbezirkes betraut war. Den Beweis für die
Identität der fiskalischen und sonstigen grundherrlichon Verwaltung sucht v. I. in detailliertem
Eingehen Wirtschaftsg. 1, 824 zu erbringen, indes mit Ausnahme der fiskalischen Buch-
fuhrung, deren Einführung auch ihm (S. 898 f.) unwahrscheinlich dünkt Die a. a. 0. bei-
gebrachten Beweisstücke schrumpfen nach eigner Angabe v. I.s (S. 325—26) fast ausschliefslich
auf Prümer Nachrichten zusammen: die Prümer Angaben aber beweisen die aufgestellte Be-
hauptung nicht Was zunächst die drei Oberhöfe Prüm, SGoar und Münstereifel angeht, so
stammt die Nachricht über sie allein aus dem 13., nicht aus dem 9. Jh., und die Erklärung
für ihre Existenz mufs auf ganz andere Verhältnisse, als die karolingische Villenver£as8ung
zurückgehen (s. weiter unten). Bleibt die Unterordnung gewisser mansi indominicati unter curiae
oder fisci übrig, wie sie v. I. beispielsweise für Rommersheim, Salmrohr, Klüsserath und
Trittenheim behauptet Die hier von v. I. angezogenen Notizen lauten für Rommersheim
terra indominicata mansa 7; und ganz ähnlich für Salmrohr ten*a dominicata mansus 3, für
Klflsserath und Trittenheim: inter Clutterchä et Trittenheim sunt mansa 24, ex bis sunt
— 739 — Verwaltungsorganismus.]
territorialen Geschlossenheit der Fiskalgebiete vornehmlich durch seine Streu-
lage charakterisiert wird. Zwar soll nicht geleugnet werden, dafe sich in
älterer Zeit auch aristokratischer Grundbesitz von bedeutender und einheit-
licher territorialer Ausdehnung findet — schon die bis ins 11. Jh. nachweis-
bare Verwendung der Worte cuiüs und villa für den 6inen Begriff des Fron-
hofes beweist das\ und es lassen sich auch wenigstens bis ins 10. Jh. hinein
zahlreichere und auch später noch vereinzelte Beispiele gröfserer territorial
geschlossener Fronhöfe nachweisen^. Aber diese Nachweise ergeben doch nur
bestimmte und relativ seltene Ausnahmen®; im allgemeinen unterliegt die That-
sache regelmäfsigen Streubesitzes fttr die Fronhöfe auch nicht dem geringsten
dominicata 10 et 7 ; und sie sind zu übersetzen : in Rommersheim verfrontes, d. h. zum Eigen-
betrieb des Hofes eingezogenes Land 7 Hufen u.s.w. Diese Angaben gehen also keineswegs
auf Höfe, welche einem Haupthofe untergeordnet wären, sondern auf als mansi absi (s. unten
S. 749 f.) eingezogene Hufen, welche einstweilen in Eigenkultur des Grundherrn stehen.
Oder sollen etwa in Klüsserath-Trittenheim auf einen Haupthof von nur 7 Hufen Landes
17 Unterhöfe kommen?
») Vgl. Hanauer, Paysans S. 41, sowie MR. ÜB. 1, 273, 996, und MR, ÜB. 1, 152,
1059, cit. oben S. 882 Note 8. Dagegen sehe man WFötz 1560 § 8: die scheffen erkennen,
Yetz kein haus noch hof zu sein, sondern ein dorf.
') 6. ep. Camerac. 2, 17: fuit autem huic . . predium, quod Martinas dicitur [Merchten
in Brabant?: Le Glay], ÜEuniliis quidem et rebus circumfluis locupletissimum ... in eodem
pago, villa videlicet quam loci habitatores Ham [bei Yilverde] dicunt, defunctus . . ad
Martinas deportatus. Das predium umfafst hier wohl den ganzen pagus, dessen Hauptort
Martinae ist, daneben kommen eine Reihe villae, wie z. B. Ham, vor. S. femer MR. ÜB.
1, 14, 762 — 804, Dingsdorf: mansum cum curtilis et uilares una cum terris vel superposito,
tarn terris quam pratis necnon et silvis sive etiam pascuis aquis vero aquarumve decursibus,
mobile namque et immobile onmia et ex onmibus totum namque et ad integrum, quantum
vero cumque ab ipso manso aspiciat vel quicquid de parte genetricis tu^ Bertradane tibi
itaque ibidem legibus obvenit tam de alode quam et de comparato seu de quolibet attracto.
Acta acad. Theod. Palat 6, 248, 796 : Jemand schenkt villas meas apud flumen Blesa, quibus
Tocabula sunt Ramesbach, Dittelveinga et Vilarium [Bliesransbach , Dietelfingen, ? Wallers-
hofen] . . una cum bemiis [1. pervüs] casis superpositis aedificiis, cum adiacentiis eorum
ibidem adspidentibus vel pertinentibus, campis usw. Bertholet 2, P. just. 58, 814: der h.
Remaclus baut Stablo und Malmedy, K. Sigibert giebt um beide Orte herum de sua foreste
12 lengas undique mensuratas sive quae infra erant Folgen die genaueren Grenzangaben. MR.
ÜB. 1, 190, 948 — 50 werden 2 curtes genannt Bodenheim et Sconilar dictae . . villulis duabus
adiunctis [es sind wieder B. und S. gemeint]. Aus späterer Zeit vgl. noch ^ULehmen, Hs.
Koblenz St A. CXI^ Bl. 88^. S. auch noch Landau, Salgut S. 56 f.; Back, Ravengiers-
borg 1, 61 ; Hanauer Paysans S. 5 f., 87 f.
*) Dagegen sind nach v. Maurer, Einl. S. 97, die meisten landesherrlichen Domänen
«OS ehemaligen Reichs-, Gau- oder Centallmenden hervorgegangen. Bei solchen Ansichten
ist natürlich eine grofse Übertreibung der Bedeutung der einzelnen Grundherrschaft nicht zu
venneiden, vgl. z. B. v. Maurer, Fronh. 1, 202. Zu der auf ihr beruhenden Auffassung der
gnmdherrschaftlichen Organisation vom Gesichtspunkte des Rittergutes aus s. v. Maurer,
Fronh. 1, 254, 258, 278, 814, 822, 885 u. s. f.
[Wirtschaft d. Grofsgnmdbes. — 740 —
Zweifel. Das gilt auch für die älteste Zeit^; schon am Schlufs des 9. Jhs. ist
die Erscheinung so selbstverständlich, dals in den Urbaraufzeichnungen, z. 6. im
Prümer Urbar, die einzelnen im Streubesitz liegenden Hufen gar nidit mehr
besonders als so gelegen bezeichnet werden, sondern sich unter der Haupt-
rubrik des Hofes, von welchem sie ressortieren, einfach mit aufgezeichnet finden *.
Auch später tritt in diesen Verhältnissen trotz aller Tausch- imd sonstigen
Abrundungspolitik eine fühlbare Änderung nicht ein; sehen wir von anderen
Beispielen ab®, so finden wir z. B. im J. 1030 einen Hof mit Dependenzen
in 4 Orten*, im J. 1103 einen solchen mit Dependenzen an 11 Orten®, um
die Wende des 12. und 13. Jhs. einen Maximiner Hof mit Zubehör in 7 Orten*;
und im J. 1232 wird ein Hof erwähnt, quam habent [monachi Lacenses] in
Cruthe et alias in Meineveit vel ubicumque in Palacia [der Pellenz] ^. Darf hier
ein allgemeiner, aus imifassender Lektüre der Quellen gewonnener Eindruck
wiedergegeben werden, so nimmt der von den einzelnen Fronhöfen ressoitierende
Streubesitz bis zum 13. Jh. eher zu als ab. Seitdem aber scheint eine für grofse
und kleine Grundherrschaften divergierende Entwicklung einzusetzen. Während
bei den kleineren Grundherrschaften die Verstreuung des Besitzes infolge
mannigfachen Verkaufs am einen, Kaufs am anderen Orte zunimmt®, kommt
es in denjenigen Grundherrschaften, welche als Substrat für die Bildung eines
Territoriums dienen, zum festeren Zusammenschluls der einzelnen Hofdepen-
denzen. Sehr deutlich erhellt dieser Vorgang in dem Luxemburger Urbar
aus dem Beginn des 14. Jhs.®; hier sind Fälle, wo die Dependenzen eines
Hofes zerstreut liegen und etwa gar verschiedenen Bezirken der neugebildeten
1) Vgl. Honth. Hist 1, 91, 698; MR. ÜB. 1, 61, 835; 93, 856; 139, 895; 136, 894:
villam [M^r}' Graüschaft Yerdun] cum integritatibus suis in quorumcunque pagorum seu
comitatuum finibus sitis; vgl. dazu MR. ÜB. 1, 152, 908: res in villa [Enkirch] sive undique
coniacentes et illo pertinontes.
2) Vgl. Bd. 2, 88.
3) Vgl. schon oben S. 705 f, sowie Lac. ÜB. 1, 51, 91, 981; Flod. z. J. 938, MGSS. 3,
885, 8 f.. MR. ÜB. 1, 273, 996; 287, 1008—16; 325, c. 1045; Act. Theod. Palat. 6, 111,
1091; MR. ÜB. 1, 390, 1096; 396, c. 1098.
*) MR. ÜB. 1, 302, 1030.
») MR. ÜB. 1, 407, 1103; s. oben S. 705-706.
«) üSMax. S. 449, Rittersdorf.
^) MR. ÜB. 3, 461, 1232.
*) Das gilt wenigstens fiir die Grundherrschaft von SMaximin, wo ein Vergleich des
ÜSMax. 12. Jhs. mit dem *üSElisabeth-Hospital aus dem Ende des 13. Jhs. und dem
*Grofsen urbar ^n 1484 die Beweise liefert Man vgl. auch WSinunem u. Dh., G. 2, 145.
Vielfach trat wohl auch dadurch Zerstreuung ein, dafs einzelne nur persönlich Zinspflichtige
Freizügigkeit erlangten; einen Anklang in dieser Richtung ergiebt schon CMR. 3, 448, 1358:
den &onehof (zu Stremiche) mit den luden, die in den hof gehorent, so wo die lüde sin gesessen.
») Bd. 3 No. 287.
— 741 —
, Yerwaltungsorganismus.]
Territorialämter angehören, sehr selten ^ Sieht man indes von dieser terri-
torialistischen, aus dem Verfall der Grundhen-schaften heraus zu neuen lebens-
vollen Institutionen ftüirenden Entwicklung ab, so wird man bis ins 13. Jh.
hinein und in den meisten Grundherrschaften auch für die Folgezeit einen
weitverbreiteten Streubesitz als grundlegend für die Organisation der Ver-
waltung ansehen müssen.
Und dieser Besitz umfafste keineswegs selbst da, wo er in einem Fronhof
kumulierte, die ganze Ortschaft: es ist schon früher gezeigt worden, wie ein
Dutzend und mehr Grundherren am gleichen Orte nebeneinander Grundbesitz
haben konnten^.
Es steht mithin der Streubesitz in keinerlei sicherem Verhältnis zum Um-
fang des Grund und Bodens, der einem bestimmten Fronhof angehörte; viel-
mehr erfordert die Frage nach der den einzelnen Höfen unterstehenden Besitz-
masse noch besondere Untersuchung. Gehen wir hier von den Verhältnissen
der grofsen Grundherrschaften aus, welche uns durch Urbare genauer bekannt
sind, so ergiebt sich das Folgende. Es hatten, abgesehen von Salland :
1
Zeit Grundherrschaft
Höfe-
zahl
Hof mit Maximal-
besitz
Hof mit Minimal-
besitz
Durchschnitts-
besitz
Hufen
Erben
Hufen
Erben
Hufen
Erben
9. .Jh. Ende
Prüm
118
68
_
1
13,6
9.— 11. Jh,
Mettlach
13
6OV2
—
6
—
13
—
1030
SMaria-ad-mar-
tyres-Trier
12
28
—
5
15,7
12.Jh.Ende: SMaximin-Trier
49
48
—
4
—
} 22,4
5,7
bzw. 27 V2
37
bzw. 2
5
laJh-Anf.
Erzstift Trier
21
77V2
—
5
29,6
—
Scheint es nach den aus dieser Tabelle sich ergebenden Daten, als wenn
im Laufe des frllheren Mittelalters, von der Karolinger- bis zur Stauferzeit,
eine bedeutende Erhöhung der den Fronhöfen unterstehenden Hufenzahl von
etwa 1 3 Hufen bis auf das Doppelte stattgefunden habe, so entsprechen dieser
*) So gehören z. B. ULuxemburg 356, s f. zum Hofe Attert 6d Vogteien zu Schou-
weiler und Bettingen 7e und Rippweiler 6e, sowie Tontlingen 6d, von denen Schouweiler
und Bettingen nicht in derselben Chastelerie Arlon, wie Attert, sondern in der Pr^vost^
Luxemburg liegen. Ähnlich gehört Thiaumont 6d zu Wolkringen 7d (S. 357, 19).
*) S. oben S. 135.
[Wirtschaft d. Grodsgrundhes.
— 742 —
Anschauung doch die sonst zur Verfügung stehenden Nachrichten nicht völlig ^
Als Ausgangspunkt ergiebt sich allerdings auch nach diesen fast genau die
Ort des Hofes.
Hufen.
Sonstiger Besitz.
•
Quelle und Zeit
Leudesdorf
15
9 arip. vinearum
Einh. Transl. ss. Petr. et Marc. JaflK 4, 4%.
Matzem
8
curtilli
MB. ÜB. 2, 20, a^.
Osweiler
2
—
MB. ÜB. 2, 22, 835.
Albisheim
13
MR. ÜB. 1, 61, 8^5.
Wissersheim
7
8 sedii cum viniolis
MR. ÜB. 1, 64, 836.
Bettingen
8
MR. ÜB. 1, 71, 845.
Mersch
12
—
MR. ÜB. 1, 83, 853.
Ballesheim
4
—
\
Strafsfeld
7
"" 1 MK. ÜB. 1, 93, 856.
Gilsdorf
2
1
Pissenheim
6
J
Kochem
8 curtili
Bachem
26
3 farinarii
Hospelt
4
—
MR. ÜB. 1, 105, 866 (Rateresdorf wüst
Jüchen
36
^^■"
unterm Drachenfels).
Kateresdorf
9V«
—
Elvenich
42
—
.
Arenberg
80
—
Erhard, CD. >>'estf. 1, 25, 868, vgl. dazu
1 MR. l^B. 1, 118, 880.
Dinspel
1 8
1
1 1
MR. ÜB. 1, 120, 880.
19 Höfe
12,3
?
9. Jh. Durchschnitt
1
«
Gostingen
6
_—
MR. IB. 1, 170, 929.
Bei Arel
Arel
3
2
\ MR. TB. 1, 174, c. 9:38.
\\ ormsgiiii
;«
20 arip. Weinberg
Lac. ÜB. 1, 5:^ 94. 941.
^^ abergau
11''2
—
MR. TB. 1, 199, 955.
Steinern
46
Lac. ÜB. L 61, 105, 962.
Beiiren
Lenningen
36
50
1
1
1 Uc. ÜB. 1, 228, 967.
Schleich
20
—
, >m. TB. 1, 249, 976.
Winningen
15
i Lac. IB. 1, 123, 989.
Muthfort
Dahlem
32
34
.
1 MR. IB. 1, 273, 996.
12 Höfe
24
. 10. .Ui. Durchschnitt
Pellenz
8
c. vinea ad carr. 7.
' MR. TB. 1, 287, 1008—16.
Vallendar
mehr als 80
^^^
; Marttfue Coli. 2, 56, 1035.
Lengsdorf
1
i Lac. TB. 1, 136, 209, 1067.
Nickenich
14
1 """
j MR. ÜB. 1, 368, 1069.
Luxemburg
4
' Bertholet 3, Pieces jiistif. 36, 1080.
Aflen
IS
—
TKanlen 11.-12. Jhs.
6 Höfe
c. 14
11. Jh. Durchschnitt
fk.
— 743 — Verwaltungsorganismus.]
gleiche Durchschnittszahl des Hufenzubehörs, also etwa 12 bis 13 Hufen für den
Hof. Indes im übrigen zeigen die Einzelnachrichten schon im 10. Jh. eine
bedeutende Steigerung der DurchschnittszifFer , weit stärker, als sich das aus
der oben gegebenen Tabelle entnehmen läfst. Im 11. Jh. dagegen ergiebt sich
aus den von nun ab freilich sehr spärlich werdenden Einzelnachrichten wiederum
ein Sinken der Durchschnittszahl dienender Hufen. Dieses Sinken setzt sich
namentlich in den kleinen Laienherrschaften, soweit wir zu beobachten ver-
mögen, konsequent bis ins 14. Jh. fort, während, wie sich aus unserer Tabelle
wie aus dem ULuxemburg ergiebt, dies bei den grofsen Laiengrundherrschaften
— worunter auch Trier als Territorium zu rechnen — nicht der Fall ist.
Nimmt man die hier aus einzelnen Überlieferungsgruppen gefolgerten That-
sachen als allgemein geltend . an, ein Verfahren, gegen welches keine anderweit
bekannten Erfahrungen sprechen, so wäre die Erklärung etwa in folgenden
Vorgängen zu finden. Die geistlichen Ginmdherrschaften haben immer mehr
Land aus dem sei es ursprünglich vorhandenen eigentlichen Salland, sei es
durch Rodung gewonnenen Beundesalland in den Kreis der dienenden Hufen
gebracht ; eben dieser Bewegung, namentlich soweit sie auf Rodung beruht, sind
auch die grofsen Laiengrundherrschaften gefolgt. Die kleinen Laiengrund-
herrschaften dagegen zogen mehr dienendes Land in den Eigenbetrieb. Die
letztere Erscheinung würde sich als Konsequenz des fränkischen Erbrechts
leicht verstehen: in je mehr Teile eine adlige Grundherrschaft zerfiel, um so
mehr mufste von den einzelnen erbenden Parteien auf Eigenwirtschaft Nach-
druck gel^ werden, um dem Erbteil gröfsere Früchte abzugewinnend
Doch sehen wir von diesen Vorgängen weiterhin ab: konstatieren wir
für das Folgende zunächst nur, dafs der frühmittelalterliche Fronhof, die einzige
durchgreifende Basis der grundherrschaftlichen Verwaltung, in Streubesitz lag
und etwa 12 bis 24 zugehörige Hufen, zum grofsen Teil an anderen Orten als
dem Fronhoforte, umfafste.
Wird somit der Fronhof als die spezifische, durchaus für sich bestehende,
ursprünglich an sich ganz selbständige Grundlage der grundherrlichen Organi-
sation hingestellt, so soll doch nicht übersehen werden, dafs sich schon zeitig
hier und da Richtungen geltend machen, welche auf eine weitere Gliederung
des grundherrlichen Organismus hinauslaufen. In dieser Hinsicht mul'ste von
Anbeginn an vor allem die Einordnung der Weinkultur in den grundherrlichen
Betrieb von Bedeutung sein. Der Weinbau erforderte besondere agrarische
Vom 12. Jh. ab verlohnt es sich bei der geringen Zahl von Quellen nicht, die Nachrichten
tabellarisch zusammenzustellen. Man vgl. MR. ÜB. 3, 83, 1218: curtis et 12 niansi von
Rommersdorf in Gladbach; Hennes ÜB. 2, 300, 1288, mittlerer Besitz: curtim sitam in villa
Sinsteden et duos mansos et dimidium mansum terre arabilis eidem curti attinentes et decimas
decem mansorum terre arabilis consistentes in parrochia Rumerskirghen ; Hof in Laienbesitz
mit 3 mansiones, *Bald. Kesselst. S. 178, 1324; ebenso mit 9 Hufen, Bd. 3, 140, 2», 1325;
el>en8o 2 Höfe mit je 4V2 Hufe, Bald. Kesselst. S. 385, 1346, cit oben S. 367 Note 6.
*) Vgl. zu diesen Erwägungen auch unten S. 771.
[Wirtschaft d. Grofsgrundbes. — 744 —
Ausgestaltungen ^ besonders geschulte Grundhörige, besondere Kontrollen ; sein
Betrieb sonderte sich innerhalb der Hofesverwaltungen naturgemäß aus der
sonstigen gehöferschafllichen Organisation bis zu einem gewissen Grade aus*,
war der Hofverfassung in loserer Weise, nach Art eines mehr oder weniger selb-
ständigen Beüiebes, eingeordnet^. Was aber vom Weinbau gilt, das behält auch
für die übrigen geringeren Specialbetriebe , z. B. den Hanfbau, die feinere Vieh-
zucht u. dgl. seine Richtigkeit. Weiterhin kam es wohl vor, dafs der hörige Besitz
eines Hofes auf zwei oder mehrere Ortschaften nahezu gleich stark verteilt
war; dann kreierte man entweder zwei Fronhufen in koordinierter Stellung
oder man konnte leicht zur Bestellung eines Unteimeiers in der minder be-
vorzugten Ortschaft gelangen*. Eine ähnliche Unterordnung wie hier trat
auch wohl bisweilen infolge von neuen Bedürfiiissen oder alten Zusammenhängen
in der Rechtspflege ein : wo die Zusammengehörigkeit eines früheren Gerichts-
bezirks auch innerhalb der neuen grundheirlichen Organisation gewahrt werden
konnte, hielt man ihn aufrecht'*; und wenn der Grundherr Streitigkeiten für seine
Höfe persönlich schlichten wollte, geschah das bisweilen nicht an Ort und Stelle,
sondern von einem ihm gelegener scheinenden Hofe aus ^. Wie hier schon die
Lage innerhalb der GnmdheiTSchaft einzelnen Höfen eine besondere Bedeutung
für die Gerichtsverfassung zu geben vermochte, so war dies noch vielmehr l>ei
<lem Wirtschaftsverkehr innerhalb der Gmndherrschaft der Fall. Hier handelte
es sich vor allem um den Transi)ort umfangreicher Xaturalzinse nach dem Sitz
des Grundherrn: es lag in der Natur der Sache, dafs die für diesen Verkehr
besonders günstig gelegenen Höfe bald von besonderer Wichtigkeit werden
mufsten ^. Indes so bedeutsam eben diese Vorgänge fllr die spätere Ausbildung
einer stärkeren Gliederung der Grundherrschaft von der rechtlich-politischen
Seite aus zu werden vermochten: vorläufig, fi\r die Periode specifisch wirt-
schaftlicher Bedeutung der Grundheri-schaft bis mindestens zum Ende des
11. Jhs., alterierten sie den Ginmdsatz nur wenig, dafs jeder Hof eine volle
Einheit für sich war, und dafs zwischen Zentralstelle und Höfen weitere
Zwischenstellen nicht bestanden.
Wie aber war nun der Gnmdbesitz innerhalb des einzelnen Hofes für die
») S. dazu oben S. 404 l
2) Darüber weiter iinten Abschn. VI Teil 3.
^) Vgl. MR, ÜB. 1, 118, 880; l^Rheingrafen : allodium in Leibersheim , cum . . vineis
dominicalibus et aliis vineis niultis, que tertiam vel quartam partem vini curia subserviont
üSMax. S. 445: die Weingüter zu Köverich, Trittenheim, Xiederemmel gehören zur curia
Detzem; de emendationibus et petitura editicanda. de omni iure ecclesie [sancti Maximini]
in curia apud Decimam, si in aliquo dubitaverint inquirent.
*) Vgl. G. ep. Camerac. 2, 26, 685: MR. ÜB. 1, 302, 1080: 3, 636, 1238; 1344, 1256.
S. femer USMax. unter Ewerlingen-Ospem, Hosten-Auw, Weiskirchen-Bisingen.
'^) USMax. S. 401, Issel.
«) MR. ÜB. 1, 573, 1153.
') Vgl. darüber weiter unten gegen Schlufs dieses Teiles.
— 745 — Verwaltungsorganismus.]
Verwaltung gegliedert? Die Frage führt zur Erörterung der Gegensätze Sal-
land und Gehöferland.
Der Begriff terra salica begegnet schon in frülimerowingischer Zeit; er
ist damals mit terra a^^atica identisch und bedeutet, im Gegensatz zu der zu-
nächst aus Rottland gebildeten Errungenschaft an Landeigen, das zum väter-
lichen Hofe, der SalaS in bestimmtem altem Zugehörigkeitsverhältnisse stehende
Land, das Stammland, das obligatorischem Erbgang unterworfene Erbgrund-
eigen ^. In diesem ausschliefslichen Sinne findet sich aber das Wort in der
Sprache der Urkunden, soweit diese auch zurückgehen, nirgends mehr ange-
wendet. Vielmehr wird hier schon die Rotterrungenschaft, soweit sie nur
durch Erbgang in den unverbrüchlichen Besitz des Hofes mit einbezogen ist,
stets ebenfalls als Salland angesehen^. In diesem Sinne spricht man von
salischen Wäldern^, salischen Weinbergen^, und im Falle von AUmendeober-
eigentum kann sogar die Allmende als Salland des Obereigentümers gedacht
sein*. Von dieser Stufe aus kommt es dann vereinzelt zu einem völligen
') Das Wort Sala noch Ennen, Qu. 1, 447, 1, 844: Egilbert schenkt salam meam cum
terra araturia et petiola vinee ad lacum dicte civitatis [Köln] . . sitam. Dann wiederum,
al)er schon archaistisch und der Erklärung bedürftig im 14. .Jh., vgl. * UMünstennaifeld, lls.
KoblejLz CXI» Bl. 4^ cit. unten S. 747 Note 2.
2) S. oben S. 39, 44 f.
') An den alten Gebrauch erinnert noch Cesarius zum ÜPrüm S. 144 Note 1: de
mansis indominicatis, qui sunt agri cime, ([uos vulgariter appellamus selgunt [!] sive atten vel
cunden. Hier ist also die Beundc noch zum Salland in gewissen Gegensatz gebracht Das
ist auch das Verfahren des USMax., das neben den culture das salicum bonum noch fast
stets (doch s. USMax. S. 438, Ohlingen) besonders aufzählt, s. USMax. S. 440, Be?ch und
Kenn; S. 448, Metterich; S. 458, Oberemmel; S. 461, Issel. Der hier zu Grunde liegende
Gegensatz ist indes nicht mehr der alte der Merowingerzeit , sondern der zwischen Land in
Gehöferbestellung und in ganzeigner Bestellung, vgl. USMax. S. 465 , Ham , Jammais : 3 cul-
turas, et terram dominicalem ad aratrum. — Der neue Gebrauch, obgleich durch faktische Ein-
beziehung von Rottland in die Salländereien früh vorbereitet, setzt sich allgemein, in genereller
Aufnahme der neuen Bedeutung des Wortes Salland, doch erst später durch, vgl. USMax. S. 438,
Remich, cit oben 367 Note 5, femer MR. ÜB. 3, 289, 1226 : jemand soll auf Bergen bei Trier den
Zehnten haben de omni terra, sive salica sit sive non, de qua non ambigitur vel probari poterit,
hactenus ipsum decimam percepisse . . de omni terra salica in posterum excolenda nichil penitus
rec(epturus). S. femer Bald. Kesselst S. 221, 1331, cit oben S. 496 im Texte; WLonguich
1408, cit oben S. 456; WSimmem u. Dh. 1484, cit Bd. 2, 659 Note 1.
*) MR. ÜB. 2, 6*, 1171, cit oben S. 473 Note 6; USMax. S. 458, Losheim; Bd. 3
Wortr. u. d. W. salica silva. Vgl. auch MR. ÜB. 3, 309, 1230 : omnem terram salicam, quam
habemus in nemore apud Edesbure [bei Malberg].
») MR. ÜB. 1, 141, 134, 893: vineae indominicatae ; femer MR. ÜB. 1, 302, 1030:
terra salica partim arabilis, partim cum vineis, dazu oben S. 405 Note 2; USMax. S. 466,
Kürenz: vinee salice dant quintum sext sine decima, im Gegensatz zu den Pichtem; Lehn-
bach Werners II. v. Boland S. 28: salica vinea.
•) Vgl. UStift 395, Weiler 11c: dem Erzbischof gehört die Mark (bannus): quicquid est
ibi in agris vel silvis, quod archiepiscopi est, exceptis mansis [Fronhufen] terra salica est.
S. ferner UStift 420: quicquid in Roscheit est, dominus archiepiscopus totum salico iure
teoet; sed inde concessi sunt 2 mansi , quorum uterque . . solvet 5 s., de omnibus aliis
Lamprecht, DeatKbes Wirtdchaflsleben. I. 48
[Wirtschaft d. Grofsgrundbes. — 746 —
Umschlag der alten Bedeutunji:, man versteht unter Salland nicht mehr das
erbeijjene Land im Hufschlag, sondern ganz speciell das erbeigene Beundenland *.
Indes diese Auffassung ist doch die bei weitem seltenere ; im allgemeinen
gehört die Bedeutung des Begriffs salica terra im eigentlichen Mittelalter
überhaupt nicht so sehr der Rechts- als der Wirtschaftsterminologie an, so
dafs sich hier die auch sonst zu beobachtende Thatsache ergiebt, dafs ur-
sprüngliche Rechtsbegriffe späterhin leicht zu Tvirtschaftliclier Auffassungsweise
abschwenken. In letzterem Sinne aber bedeutet salisches Eigen nunmehr
soviel als in eigner Bewirtschaftung des Landherm selbst stehendes oder
wenigstens in direktem Auftrag des Herrn bewirtschaftetes Eigen. Fronhöfe
nebst dem vom Fronhofe direkt beA^irtschafteten Lande sind also zugleich
Salhöfe^. Indes erfährt der BegiifF in dieser Richtung doch von Anbeginn an
in der ganz übenNiegenden Zahl der Anwendungsfälle eine besondere Be-
ziehung nur auf das dem Fronhof zu direkter Bewirtschaftung unterstellte
Land, nicht aber mehr auf den Fronhof selbst: curtis oder mansus dominicus
cum terra salaritia oder salica ist der gewöhnliche Ausdruck für den Fronhof
nebst direkt abhängigem Wiitschaftsland*. Und dabei braucht das Wirt-
schaftsland nicht direkt der Hofwirtschaft zu unterliegen; es kann auch un-
bebaut sein*. Gerade von diesem Tunkte aus aber ging man bald weiter.
Wurde dem Fronhof wiitschaftlich direkt unterstelltes Land nicht mehr vom
Hofe aus be\Nirtschaftet , sondern anderweit, nur nicht in grundhörigem
Nexus, sondern in freiem Miets- oder Pachtvertrage verliehen, so hiefs es
nun gleichwohl noch Salland*, im Gegensatze zu dem grundhörigen Gehöfer-
medima sohitur. S. ferner W. Rommersheim 1298, G. 2, 519; *Sclieckman, Spec. feud. B2:
decima de culturis comitis ; et salicae terrae in banno . . decima dicta Yulgariter das ziel-
guit ader erde; WSchüttringen 1542 § 4: so einer dem [grundherm] . . sein selhegnet on
iirloef und verhenknus wonne und bauwet, der vermacht die bousz.
1) S. oben S. 334 f., 419 f., auch S. 423.
*) Vgl. z. B. MK. ÜB. 1, 121, 887, Uckenheim: curtem salariciam cum casa et borrea et
spicario cum ceteris casticiis, aspicit ad eundem locum de terris salariciis, quicquid ad eundem
coustat curtem cum aripennis et pratis silvisque, seu quicquid ibidem nostrum esse dino-
ßcitur; CRM. 2 Einl. S. V: curtis, que Franconmi lingua selohof dicitur; Schauberg, Zs. f.
noch ungedr. Schweiz. Rechtsqu. 1, 68: curtem seu villicatum in Rieden esse salicam terram,
que ^Tilgo dicitur sellant — S. auch femer MR. ÜB. 3. 242, 1225, Wiltingen: decinie pro-
venienti de 5 petituris, que et salica tenii dicitur et siunptibus ipsius ecclesie excoluntur;
WRommersheim 1298: eins abts leidigh guit . ., dat man da nent seilguit of abteie.
') Vgl. z. B. Cardaims, Rhein, ürkk. 1» S. 336, 923: curtem dominicatam cum duabos
terris salaritiis u. so öfter; MR. ÜB. 1, 320, 1080, cit. oben S. 419 Note 7 (auf S. 420);
V. Ledeburs Archiv 8, 161, 1130: dominicalem ipsius curtem atrio monasterii eorum adherentem
cum tota eiusdem curtis salica terra; Galmet^ 2. Preuves 389, 1179: Nezel de Latha in Wihre
dedit 2 mansos cum silica terra et silva ad pastum porcorum; s. noch ferner Ennen, Qu. 1,
582, 93, 1180; 2, 93, 84, 1224.
*) MR. ÜB. 2, 190, 1201; Lac. ÜB. 2, 504, 1261.
») MR. ÜB. 2, 40, 1140 (s. vielleicht schon Lac. ÜB. 1, 49, 88. 927); Lac. ÜB. 1,867,
1149, cit. oben S. 450; ÜSMax. S. 447 üerzig, S. 451 Kripplingerhöfe , S. 452 Montenich,
S. 457 Weiten cit oben S. 438 Note 3; ÜStift 398, Irsch: in festo sancti Andree de Salicis
— 747 — Verwaltimgsorganismus.]
land *. In diesem Falle aber war der alte Zusammenhang des Sallandes mit dem
Fronhof, soweit er wirtschaftlicher Natur war, offenbar aufgehoben : geblieben war
nur die Freiheit von grundhörigen Lasten im Gegensatz zum Gehöferland, auf
welches sich eine grofse Anzahl von grundhörigen Lasten radiziert hatten.
Salland bedeutete also in diesem Falle nur noch von grundhörigen Lasten
freies und somit in gewisser Richtung privilegiertes Land*. Es liegt auf der
Hand, dafe damit eine Richtung in der Begriflfeentwicklung eingeschlagen war,
welche allmählich zu voller Verblassung der Bedeutung führte: Salland war
schlielslich vielfach, ohne jeden noch erkennbaren Zusammenhang mit der
Fronhofeverfassung, nur noch hinsichtlich der Grundlasten besonders begünstigtes
Landeigen*.
Halten wir indes den Begriff fest, wie er für die Grofsgrundherrschaft
vor ihrem Verfall ma&gebend ist*, so hat man unter Salland das speziell der
Fronhofewirtschaft zum Eigenbetrieb unterstellte Land zu verstehen, im Gegen-
satz zu dem an einzelne Gehöfer ausgeteilten Landzubehör des Fronhofes.
In dieser Bedeutung kommen für das Wort salicus, welches das rechts-
gebräuchliche ist, auch einige andere Ausdrücke vor, so dominicus bezw.
terris archiepiscopi dabuntur 7 s. ; ebd. 406, Pfalzel : de areis et Salicis terris et pratis in festo
sancti Petri solvuntur 10 s. et 4 d. Bezeichnend ist auch die besondere Betonung der Eigenwirt-
schaft in UStift 421, Wittlich: salicam terram arat aratrum archiepiscopi. S. femer ÜRhein-
grafen: d. Rh. hat a comite de Scowenburch curiam in Studemheim . . ., de eadem cur
habet H. Krobe salica bona a ringravio. Eine Anzahl weiterer Nachrichten des 13. Jhs.
sind oben S. 440 Note 4 und 5 zusammengestellt Aus späterer Zeit s. aufser *UMünster-
maifeld, Hs. Koblenz CXI» Bl. 12b, *USMax. 1484 Bl. 20^, WSimmem u. Dh.: welche man
zelegut hait, der gibt dem apt zwei bestehauft.
^) Terra subiugalis, servilis, servitialis, mansualis, hofsgut, dinkelich gät, vgl. MR. ÜB.
1, 199, 955; 228, 967; 851, 1058; UKarden 11.— 12. Jh.; *UKarden Bl. 16»», 1232; MR.
CB. 3, 686, 1238, cit. oben S. 483; Bd. 3, 524, lo; *ÜLehmen, Hs. Koblenz St. A. CXI»
Bl. 83b.
«) Vgl. MR. ÜB. 2, 28*, 1179; 93, 1189; * ÜMünstermaifeld Hs. Koblenz CXI» Bl. 4b:
der Propst hat in Münstermaifeld domum et curiam, que vocatur der Sal, . . ad quam per-
tinent tria bona. Diese Güter gaudent eodem iure et libertate, quo gaudet ipsa Aula [d. i.
der Saal] prepositi eapropter, quia fondat(a) sunt supra ftindum ipsius prepositttre . . nullam
decnnam solvunt nisi ipsi preposito in curiam suam. *USMax. 1484 Bl. 47 b, WGostingen
{ 8: habet ibidem monasterium salicam decimam et sunt aliqui campi et prata ad istam sali-
cam decimam pertinentia in inferiori parte Tille circa Mosellam, que omnia sunt bene
mtrcata; que tantum dant domino salicam decimam et nulli alten, ettenentur scabini hec
omnia reünere et denumerare. WGedscheid 1491 § 22: in demselbigen bezirk sine ge-
legen etliche guter genant seieguter, die ouch eime goitzhuse Mettloch alleine zeinden geben.
Vgl auch *Bald. Kesselst S. 744, 1346 Juni 12: zu Grintkamp ackerlant, daz dat selegüt
genant ist, aber ohne irgend eine weitere Eigentümlichkeit vor dem übrigen Land.
') Charakteristisch ist in dieser Hinsicht, dafs schon in einer Originalurkimde von
1137 statt salicus der Ausdruck selectus gebraucht wird: MR. ÜB. 1, 597.
*) Zum Begriff salicus vgl. Landau, Salgut S. 94 f., v. Maurer Einl. S. 16 — 17,
Fronh. 1, 256; v. Inama, Hofsyst S. 61, Wirtschaftsg. 1, 104; Waitz, Vfg. 1», 127
Note 8; 2, 90.
48*
[Wirtschaft d. Grofsgnmdbes. — 748 —
dominicalis und andere Formen desselben Wortes \ zu deutseh fronde*, femer
fiscalis^, principalis ^, publicus*^, legitimus®. Von ihnen bietet der Ausdruck
dominicalis in den Formen dominicatus, indominicatus noch ein näheres
Interesse: diese durch Jahrhunderte hindurch unverändert vorkommenden
passiven Wendungen zeigen, dafs die Abgrenzung des Sallandes nicht eine
unverbrüchlich feste, sondern vielfach wechselnde war.
Geht so die Bedeutung von ten-a salica, je tiefer wir ins Mittelalter gelangen,
um so melir ins Wirtschaftliche über, so tritt an die Stelle ihi*er Rechts-
l)edeutung ursprünglich aufser dem nur sehr selten vorkommenden peculiaritas ^
das Wort haereditas". Indes auch dieses Wort konnte sich für echtes Eigen
natürlich nicht halten, sobald sich für das letztere Veräufeerungsfähigkeit ent-
wickelte: mit diesem Zeitpmikte wird es durch allodium abgelöst*. Allodium
^) Vgl. Lac. ÜB. 1, 137, 211, 1068: donÜDicatos mansus, quod vulgo dicitur selehova;
MR. ÜB. 2, 40, 1140: domiaicalem teiTam, que legali verbo seleguet appeUatur; MR. ÜB.
1, 037, 1163: deciinam salice vel dominicalis terr? [monasterii Lacensis in Cnift], wiederholt
MR. ÜB. 2, 131, 1177—1194; s. auch MR. ÜB. 3, 298, 1226: terra salica — terra dominica.
Vgl. femer MR. ÜB. 2, 30, 895; UPrüm No. 34, 35, 36, 42, 45, 46, 50, 84; MR. ÜB. 1,
173, 936; 368, 1069; 3,312, 1227. Daneben scheint dominicalis terra bisweilen das Hofland
zu bezeichnen, welches nicht Salland im alten Sinne (nur Ilufschlagsland) ist, vgl. MR. ÜB.
1, 392, 1097, cit. oben S. 453 Note 1. — Zum Sinn von dominatio vgl. Lac. ÜB. 1, 13, 29,
801, cit. oben S. 292 Note 1, und MR. ÜB. 1, 173, 936: ein Gut ad partem et dominationem
domini sancti Petri redeat et in eins deinceps mancat potestate. S. zu diesem Zusammenhang auch
Andernach. Schreinsr. Nr. 23, (J. 630, 1190: domus illa apud Andernacum sita, que erat
domini II. et domini I., cum arabili terra in Misenheim et in Andemaco, a quodam homine,
qui in sua potestate et possessione prefata bona tunc temporis liabuit, ccclesi? beat? Mari^ in
Ilemmenrot libere collata est, quia ea bona potuit dare, quod vulgo dicitur seien inde setzen ;
MR. ÜB. 3, 849, 1246: ein Besitzer von unbelasteten Weinbergen heifst dominus et verus
possessor eanmdem.
2) Bodmaun, Rheing. Altert. 75, 681: curtis dominica, que dicitur fronegutli; Cesarius
zum üPrüm S. 144 Note 8: in domo dominica, quam ai)pellamus vidgariter wronhof; MR.
ÜB. 3, 297, 1226 : in Roth bei Dierdorf hat Rommersdorf curtim , que vronehof dicitur.
8. auch Bd. 3 Wortr. u. d. W. frone. Wie umfassend das Wort dominicalis den deutschen
Begnflf fronde wiedergiebt, zeigen die aufserordentlich zalilreichen Verbindungen wie ortus
dominicus UPrüm No. 1, plantatum dominicatum ebd. No. 24; fimus dominicus ebd. No. 47:
dominicale =• Fronland USMax. S. 446, Naurath; dom. dies tcutonice froendage *USMax.
1484 Bl. 1»; dom. opus USMax. S. 457, Nochem; dom. porci ebd. S. 464, Ileiningen, u. a. m.
3) Cardauns Rhein. Urkk. 3, S. 344, 948.
<) MR. ÜB. 1, 396, c, 1098.
^) V. Ilerib. Colon. 8: im Castrum Deutz ist ein publicus horreus; URupertsberg 881:
in Wellengesheim allodium, tres habet ciutes . ., secunda . . dominicalis vel publica dicitur;
(Westf.) Zs. f. vaterl. Gesch. u. Altert. 3, 39 u. 41 : der Ei-zbischof von Mainz habet 11 mansos
absolutos, qui pertinent ad curiam publicam domini episcopi; weiter hat er 5 mansos ab-
solute pertinentes ad curiam publicam.
«) MR. ÜB. 1, 7, 721, cit oben S. 470 Note 1, vgl. S. 97 Note 4; Stumpf, Acta imp.
No. 282, 1026, cit. oben S. 116 Note 5.
') MR. ÜB. 1, 133, 893.
8) S. oben S. 40, 626.
•) Doch finden sich noch bisweilen später Spuren der alten Anwendung mit dem Zusatz
— 749 — Verwaltungsorganismus.]
ist nunmehr das freie Eigen, das man veräufsem, verlehnen, verpachten, ver-
erben kann*; zu ihm gehört innerhalb der Grundhen-schaft also auch das
Gehöferland ^. Statt allodium findet sich dann seit Schlufs des 12. Jhs. auch
proprietas*. Und wenig später macht sich auch für das Wort allodium die
Neigung bemerkbar, wirtschaftlicher Begriff (= Landgut) zu werden*; die
Folge ist^ dafs nunmehr der Bestand der ursprünglichen Bedeutung durch
Zusätze wie liberum, verum, merum, purum allodium besonders zimi Ausdruck
gebracht wird**. Während aber so allodium bezw. proprietas für den alten
Begriff haereditas eintraten, begann dieser jedes erblich verliehene unechte Eigen
zu bezeichnen ; ja Erbe, haereditas, nahm geradezu die Bedeutung Erbzinsgut an ^.
Doch kehren wir von den Ersatzwörtem, wie sie für den ursprünglichen
Rechtsbegriff der terra salica geschaffen wurden, zur Wirtschaftsbedeutung des
Wortes Salland selbst zurück, so tritt jetzt vor allem die Frage auf, ob das
Salland einen stabilen Teil des gesamten Fronhofszubehörs an Land umfafste,
oder ob es in seiner Ausdehnung schwankte. Sehen wir hier von dem späteren
schon oben erwähnten Vorgang ab, dafs man Salland im freien Pachtverhält-
nis austhat, und beachten wir vorläufig den Zuwachs an Fronhofsland durch
Beundenbau nicht weiter, so ist die gestellte Frage mit der andein identisch,
ob die Grenze zwischen Salland und Gehöferland eine flüssige war.
propria oder libera (hereditas), vgl. z. B. Arch. Maxim. 13, 1261, cit oben S. 451 im Text;
•WLonpuich 1408, Arch. Maxim. 8, 34.
M Hennes ÜB. 2, 286, 1284: pro allodio, quod vulgariter dicitur eigen; vgl. auch
MR. ÜB. 1, 32, 775; Ennen, Qu. 1, 502, 40, 1127; MR. ÜB. 3, 3, 1213; USMax.; S. 439,
Hosten und Auw; S. 440, Kenn. Über den Unterschied zwischen Benefiz und Allod s. Waitz,
Vfg. 6, 4.
*) MR. ÜB. 1, 368, 1069 : allodium . in villa (Nickenich , zwischen Kruft und Ander-
nachX unde sine terra indominicali sunt 14 mansi.
«) MR. ÜB. 2, 87, 1187; Cesarius zu ÜPrüm No. 24: propriolum = egen; CRM. 2,
222, 1226: iure proprietatis sive allodii; Hennes ÜB. 1, 226, 1273, cit oben S. 284 Note 2;
Hennes ÜB. 1, 326, 1293, s. oben S. 382 im Text, vgl. femer Bd. 3 Worti*. u. d. W. allo-
dialiter. MR. ÜB. 3, 907, 1247 bezeichnen die Ausdrücke dominium et proprietas die
Lehnsherrlichkeit.
*) USMax. S. 440, Kenn 8d: culturas 24 iug. et pratum 5 iug; 3 iug. salici boni;
9 iug. allodii, quod V. emit MR. ÜB. 3, 33, 1215: quasdam vineas, quas vulgo seiegut
dicunt, sitas in allodio suo [des Grafen von Ahr] supra Mosellam in Elre.
^) Vgl. MR. ÜB. 3, 605, 1237 ; Lac. ÜB. 2, 619, 1271 ; CRM. 2, 267, 1275, cit. oben S. 396
Note 3; Hennes L'B. 2, 309, 1290; Westd. Zs. 3, Korrbl. No. 144, 1299, cit. oben S. 626 Note 6;
fneigen z. B. WBacharach, G. 2, 221. — Sehr lehrreich ist Lehnbuch Werners II. v. Boland S. 24:
W- hat ein beneficium in Kirchheim, tertiam videlicet partem frumenti et totius iustitie, que
solvitur de »ilva illi allodio. cuicunque autem pertineat allodium, nichil ad me, si tanquam
^ominus allodii de meo beneficio ponam beneficiatiun et ab illo requiram statutum. In der
rbers. (S. 61) wem der grönt zfthoret, do kern ich mich nit an, danne alse ein here des
ptnides oder der eigenscbaft setzen ich ein manne, von dem fordern ich min recht. Es ist
offenbar Allmende, welche bebaut worden, Werner ist Grundherr und fordert als solcher Zins,
^ Eigentum der Allmende kümmert ihn nicht.
•) Gart, Orval 19, 1145—1167, der Abt von SVannes schenkt an Orval Land bei
«'unetz: si quis autem iure hereditario habet aliquam investituram alicuius quartarii in ipso
[Wirtschaft d. Grofsgrundbes. — 750 —
Ihre Beantwortung führt auf den Begriff absus*. Der Gegensatz zu
ihm ist insessus^; es ist identisch mit in manus domini devolutus®; es be-
zeichnet Land, welches von keinem Gehöfer besetzt nicht mehr zum Gehöfer-
land gehört *. Ist es darum ohne weiteres Salland ? Da, wo eine hörige Hufe
am Orte des Fronhofs pfleglos wurde, oder auch an Orten, wo schon Salland
in Fronhofsbetrieb lag, war es sehr natürlich, dafs man das pfleglose Land
zum Salland zog. Es ist das der gewöhnlichste Fall; für ihn zutreffend er-
klärt Cesarius zum XJPrüm S. 144, Note 1 : mansi absi sunt, qui non habent
cultores, sed dominus eos habet in sua potestate, qui vulgariter appellantur
wronide ; und zu diesem Begriffe stimmt es auch, wenn man das Pfl^losmachen
von Hufen (absare) geradezu mit den Worten wronen, infronen, dominicare»
inbannire ausdrückt^, sowie wenn es von einem Land, das pfleglos wird, im
UStift S. 426 heilst: transit in salicam terram archiepiscopi*^. Indes dieser
direkte Übergang der terra absa in terra salica ist doch nur der vor allem
herkömmliche und darum in der gewöhnlichen Bedeutung des Wortes absus
besonders betonte Fall. Es konnte auch vorkommen, dafs sich pflegloses
Land keiner Fronhofswirtschaft anschliefsen liefs''; dann blieb es entweder
wüst liegen®, oder es wurde auch schon in älterer Zeit in einem freieren
Nutzungsverhältnis, z. B. im Teilbau, ausgegeben ®. Das letztere System nahm
dann mit dem Aufschwung der freien Pachtfonnen im Verlauf des 12. Jhs.
allodio, ex hoc et deinceps recognoscat se obtinere ab ecclesia Aureaevallis, salvo tarnen censu
et caeteris iustitiis. Zum Sinne von haereditas als Gninderbe vgl. UStift S. 894, Merzig;
USMax. S. 458, Losheim; WEppelsdorf 14.-15. Jh. § 11; WHeisdorf 1606 § 9 f. S. aach
Bd. 3 Wortr. ii. d. WW. erbe, hereditarium ins u. s. w., hiretage, libere et hereditarie, zins.
') Vgl. Grimm RA., 336; Gudrard Polypt d^rminon 1, § 254, 821; Landau, Territ
S. 9; V. Maurer, Fronh. 1, 344; Hanauer, Paysans S. 62.
2) Cardauns, Rhein. Urkk. , S. 336, 922. Vgl. UPrüm No. 80, 81: sunt in Ilertene
mansa 12 . . nullus habitat in Ilertene. sunt etiam in Bundende mansus 8 etiam apsa.
* USMax. 1484, WNospelt, hat für absus den Ausdruck plagelos. Ich nehme ihn oben in
den Text auf, da er sehr bezeichnend ist. Weniger charakteristisch ist die Bezeichnung als
verlegen hoifsgut, \\nSledennendig 1382, G. 2, 490.
8J Bd. 3, 65, 11, 1274.
*) Übertragen ist es, wenn Cesarius zum UPrüm S. 170 No. 45 Villance auch von
homines absi spricht: absi homines ex nostra familia, qui infra potestatem nostram sunt
sine mausis.
^) UPrüm S. 157 Note 2; Bd. 3 Wortr. u. d. W. infronen; Bd. 3, 103, u, 1297; 18, e«,
1260. S. auch * Paris Nat. bibl. Ms. Cat 11104 Bl. 1, p:chtemach, nach 1155: 3 mansi, in
febniario debent 30 carr. seminis a curti in dominicatos agros transvehere; ebd. Bl. 47, nach
1155: case dominiciite in Orto. Andere Ausdrücke sind noch publicare UStift S. 426, Münster-
maifeld; in froenhant legen, *WHagelsdori, Arch. Maximin. 6, 354; bewischen, WWellingen 1582,
G. 2, 274—5; bestechen, WObennendig 1531, G. 2, 497, cit. unten S. 751 Note 1.
«) Vgl. weiter UPrüm No. 50, 54; UStift S. 413, Reinsfeld.
'') Ein sehr evidenter Fall fiüherer Zeit ist Bd. 2, S. 93 — 94 besprochen.
") UPrüm No. 46, Mabonpr^: est ibi alter molendinum desertus, si restauratus fiierit . .;
ebd. No. 47: [cultura] est deserta.
») Trad. Wizenb. 281, 290, 291, 294: mansi absi 2, inde venit 3 pars grani. MR. ÜB.
1, 120, 886: 8 mansi absi, wovon der Priester B. jährlich 1 Ib. Silber zahlt
— 751 — Verwaltungsorganismus.]
aufserordeutlich zu, so dafs man seit dieser Zeit überhaupt nur noch wenig
von pfleglosem Lande hört.
Die Gründe, aus welchen Gehöferland pfleglos erklärt oder verfront
wurde, lassen sich erst aus den Quellen späterer Zeit genauer übersehen. Es
sind im wesentlichen vier, freiwilliges Verlassen des Bodens seitens des Ge-
höfers, Zinsversäumnis unter erschwerenden Umständen, unverbesserlich
schlechter Anbau, endlich bisweilen starke Verletzung der für das Empfängnis
bestehenden Rechtsformen bei vorkommendem Besitzwechsel. Doch erfolgt
die Verfronung sofort fast nur im ersteren Falle, bisweilen auch im letzteren ;
anderenfalls sind Verzugsfristen von 14 Tagen bis zu 6 Wochen und deren
zwiefachem Multiplmn, ja bis zu einem, drei und vier Jahren gewährt; und
namentlich bei schlechtem Bau ist man aulserordentlich nachsichtig ^ Zudem
war die einmal ausgesprochene Verfi-onung keineswegs endgültig gemeint, viel-
mehr bestehen die mildesten Bedingungen für eventuelle Entfronung^. So
genügt es z. B. bei Zinsversäumnis und schlechtem Bau, dafs der Schuldige,
bisweilen j;ieben einer kleinen Geldstrafe, die restierenden Smnmen bezw. die
vorgenommenen Meliorationen bezahlt, um die Entfronungzu bewirken^. Ein
weiterer stark auf Entfronung wirkender Antrieb war in den vogteilichen Ver-
hältnissen mindestens der geistlichen Grundherrschaften gegeben. Wurde ein
höriger Hof als pfleglos eingezogen, so kamen natürlich die vogteilichen Abgaben
») Vgl. USMax. 1484, WUeisdorf, cit oben S. 457 im Text; ferner WKesselheim 1551
I § 3, G. 6, 614: wan ein hofer tots halber abgehen wurde, seind ihnen die andern hofer
schuldigh zu rügen, so sol der nechste erb also geiiiget des gemeinen hofsguts schuldigh
sein auf dem hof zu Kcsselheim zu erscheinen und daselbst mit ufgerecktem halm sein hofsgut
uf obg. hofgedingh zu empfangen, und wo er solches verachtet und nicht gehorsam were,
sollen die herren von Aich macht haben, solch ohnempfangen hofsgueter under ihren pflugh
rn schlagen in obg. ihren hof. Eine Frist von etwas über 14 Tagen findet sich Bd. 3, 18, 20,
1260; zur Sechswochenfrist vgl. WObermendig 1531, G. 2, 497: welicher man entpfengliche
guter hait, der solde die entpfangen binen dem siebenthen und das khuirmoet verenden
binnen dem dreifsigsten. wanne er das nit thete, sol ine der Schultheis mit dem froeneu
beschicken, das er herbiqueme und eutpfienge die gueterc. ob er dan auch nit queme, sol
der Schultheis die guetere drei vierzehen tag verurkhunden, und ob er der einen vergefs, sol
er von neuwem anfangen zu verurkhunden, wie obstet; wann die dan umb seint, so sol er
die guetere bestechen mit dem froenen. Ein Jahr ergiebt WTholey 1450, G. 3, 760; drei
Jahre WKapellen 1489; WNiedermendig vor 1563, G. 2, 492-3; Wörzig 1686, G. 2, 368,
cit oben S. 576 Note 5 (auf S. 577); vier Jahre WWolf, 15. Jh. Ende, G. 2, 817, cit. oben
S. 579 Note 4 ; und WObermendig 1448, G. 2, 496.
*) Vgl. Bd. 3 Wortr. u. d. WW. dedominicare, defiscare, entfroenen.
*) Vgl. WObermendig 1448, G. 2, 496: of der man up die guede . . neit enginge noch da
up wunne noch wurve achter der zit, si geweist ind beleit weren mit zwen scheffen , ind neit eut-
pfienge: so sal die frauwe die goide dat eirste jaer dreiss laessen ligen, in dat ander jaer dama rosen
laessen dragen , in dat dritte jaer dorne ind bremen laessen dragen ; ind dat veirde jaer sal
die frauwe mit eren ploigen laessen winnen, of in eren ploich slagen, of weme sulchs von
»«itwegen bevolen ist. ind dit vierschreven hait der scheifen mit underscheide ind genaden
gewist, of der rechte erve qweme ind wolde allen versessen hinderstendighen zins, pecht,
golde, alle kost ind besseronge, darup gegangen were, bezalen, denselbe sal die frauwe
^. Widder zu sime erve lassen. WNiedermendig vor 1563, G. 2, 492—3: ob m. j. renth
[Wirtschaft d. Grofsgrundbes. — 752
des früheren Gehöfers in Wegfall, der Vogt erlitt also einen Verlust. Damit
lag es im Interesse des Vogtes, jede Verfronung zu verhindern. Nun kam es
allerdings zu Kompromissen zwischen Grundherr und Vogt, welche dem Vogt
seine bisherigen Einnahmen in der einen oder andern Weise sichern sollten*,
indes schon aus dem häufigen Eintritt schiedsrichterlicher Vermittlungen auf
diesem Gebiet ergiebt sich, dafs diese Kompromisse keine abgeschlossenen
Zustände schufen imd die Eifersucht der Vögte nicht völlig einzuschläfern
vermochten.
Man wird unter Berücksichtigung dieser Differenz zwischen dem grund-
heiTlichen und dem vogteilichen Interesse und unter Kenntnis der einseitigen
grundherrlichen Mafsregeln, welche sämtlich auf Venneidung der Verfronung
hinauslaufen, annehmen müssen, dafs das Salland durch Verfronung pfleg-
losen Gehöferlandes nur sehr geringen Zuwachs erhalten hat. Dem ent-
sprechen denn auch die positiven Nachrichten um so mehr, je weiter
wir im Laufe der Jahrhunderte vordringen: finden wir im 9. Jh., z. B. im
UPrüm, noch eine ganze Anzahl pflegloser Hufen genannt, so werden dieselben
schon im 12. und 13. Jh. selten, und wo sie vorkonmien, gilt ihre Existenz
und gülden worden wehren und nhu verhalten würden, des sol man ansehen rollen und
register, seint sie pfandbar, so sol man sie pfänden; ist es eigen gut oder erb, so sol man
Stilen und wischen und drei 14 tagh nachgeben, als recht, das erste jhar sol es driesch
liegen, das zweite jhar di&telen und doni tragen, das dritte jhar sol es der Junker unter sein
pflugh schlagen; kombt doch der hausman mit allem uncosteu und schaden, so sol man in
wiederumb zu seinem gut kommen lassen. Noch günstiger ist \V Münstermaifeld 1589, G. 2,
462: die Güter sollen nach versäumter Zinsabliefennig in froene unt herrenhant jähre unt
tag liegen, und quäme alsdan der arme man imt bitt umb gnade mit lieferung unt entrich-
tung haubgelts, und was darauf gangen und einwachsen, sol der grundherr dem armen man
gnade thun ; und so der arme man nach verschienenen jähre und tagh nit quäme noch seine
zins wie vorgemelt nit bezahlt noch entricht, alsdan sol der grunther die guter, so in
froene gelegen, unter seinen ploech legen und winnen lassen.
») Vgl. z. B. Bd. 3, 05,11, 1274; 92, n, 1285; 103, u, 1297; \\^^iedermendig 1382,
6. 2, 490: alle verlegen hoifsgoit, dat vur der heiTon reicht bleve ligen, dat sal ein scholtis
uf deme hoeve inge^-innen unde mach dat vur sich halden unde sinen ploich darin slain;
unde sal deme vaede sin andeil geven des reichtz, daz dat verlegen goit \nor plach zuo
geven; dat is wail verurkunt. S. auch WKesselheim 1551 § 13, G. 6, 613: die gnmdherr-
lichen schöpfen zeigen auch an und bekennen, die gueter, so im gericht wüst liegen und
kein ban darauf, sol von iedem stuck geben werden 2 alb., davon gehöret denen gerichts-
junkeren 2 theil und dem gericht ein theil. Eine recht eigentümliche und ausfuhrliche De-
duktion zu diesem Thema enthält das *WLonguich 1408, Arch. Maximin. 8, 31, § 1 : ludica-
nmt memorati scabini, quod bona mansionalia vulgariter hoifguet sita in banno et iurisdic-
tione villae Longuich sint censualia domino abbati et conventui sancti Maximini et sub
advocatia advocati pro tempore ibidem videlicet in Longuich, quodque idem advocatus illis
bonis potest imponere tallias sive exactiones vulgariter dafs er mag daruf schaeflTen ; et si ita
moderatas tallias sive exactiones huiusmodi bonis imposuerit, quod homines eorundem bono>
rum possessores ipsas tallias et exactiones solvere et pati possunt, advocato huiusmodi tallias
et exactiones solvere homines praedicti possunt, si vero advocatus huiusmodi bonis, quae suae
sunt ut praefei-tur advocatiae, immoderatas imponeret tallias sive exactiones, quas possessores
bonorum sustinere non possent, tunc huiusmodi bononun possessores possunt eadem bona
— 753 — Verwaltungsorganismiis.]
oflFenbar nicht als vorteilhaft ^ Wenn sich aber in älterer Zeit zahlreichere
pfleglose Güter finden, so liegt der Grund dafür wohl kaum im Bestreben
der Grundherren, das Salland zu vermehren, und der Anlafs wird meist weniger
in irgend einer Versäumnis des bisherigen Inhabers, als vielmehr im Mangel
an anzusetzenden Bauern zu suchen sein.
So wäre es denn auch für die ältere Zeit falsch, aus den Fluktuationen
pfl^losen Gehöferlandes ein allgemeines Bestreben der Grundherren zu er-
schliefsen, das auf die Vergröfserung des Sallandes gerichtet gewesen wäre;
die Verfronung war vielmehr ein Notbehelf gegenüber dem ursprünglichen
Mangel agrarischer Arbeitskräfte, als eine kultivatorische Maferegel zur Ver-
gröfserung des Sallandes.
Wie grofs aber war dieses Salland überhaupt durchschnittlich? Erreichte
es den Umfang heutigen Rittergutsareals, oder blieb es unter demselben?
Waren die Fronhöfe zentrale, für Grofswirtschaft angelegte Domanialhöfe im
heutigen Sinn, oder waren sie nur einfache Bauernhöfe mit der besonderen
Bestimmung, neben einer im Sinne anständigen Hufenbesitzes betriebenen Land-
wirtschaft die Natural- und Geldintraden von den hörigen Hufen zu sammeln?
Dem Domanialcharakter widerspricht zunächst alles, was wir urkundlich
über die bauliche Ausdehnung der Fronhofsanlagen wissen und aus dem
Bauplane der heutigen Dörfer erschliefsen können. Die meisten Ortschaften
an Mosel und Rhein, für welche die Existenz von etwa sechs bis zehn Fron-
höfen nachgewiesen ist, haben nach ihrer heutigen, gegenüber dem Mittelalter
dimittere et non debet advocatus extunc ibidem ex vel ab eis vel eorum altero fS. 32]^
qui huinsmodi bona sie dimiserunt vel dimisit, quicquam exigere vel requirere, nee ipsos
vel ipsum ulterius vexare aut artare, quam aliquem, qui huiusmodi bona nimquam ha-
baerit § 2; Ammodo referebant scabini, quod abbas pro tempore dicti
monasterii vel sui officiati sub testimonio vulgariter mit orkunde scabinorum in Longuich
possunt huiusmodi bona sie dimittere vulgariter in froengewalt et ad manus sive potestatem
ipsius domini abbatis, quodque huiusmodi bona, interim quod sie sunt in et sub manibus ac
potestate domini abbatis et dicti monasterii, advocato pro tempore in Longuich nulla iura
dare debent § 8: Ulterius dicebant iidem scabini, quod sive huiusmodi
bona per tres dies vel per annuum aut quantocunque longo vel brevi tempore sie in manibus
domini abbatis monasterii praedicti sive in froengewalt iacuissent, quandoque requircTetur
▼ülicus pro tempore in Longuich dicti domini abbatis per verum haeredem eius, qui dicta
bona dimisit, venientem ad ipsum villicum cum duobus censibus et una emcnda, illi haeredi
volenti dicta bona dimissa recuperare debet dictus villicus sub testimonio scabinorum in
Longuich praefata bona assignare. § 4: Retulerunt praefati scabini, si
»dvocato in Longuich pro tempore displiceret, quod huiusmodi bona dimissa nimis diu in
manibus domini abbatis sive in froengewalt iacerent et quod tallias et exactiones suas inde
sibi non darentur, tunc ipse advocatus polest unum legalem virum in sella sua pendentem
com duobus censibus et una emenda ducere ad villicum domini abbatis praedicti in Lon-
püch, qui vir sie ductus erga ipsum villicum bona huiusmodi acccptare et villicus sibi ea sub
testimonio scabinorum in Longuich cum dictis [censibus] et una emenda assignare debebit,
*tiam talis vir huiusmodi census prius domino abbati praedicti monasterii et tallias deinde
de dictis bonis advocato in Longuich dare et praesentare debet.
>) S. Bd. 2, 210.
[VVirtscbaft d. Grofsgrundbes. — 754 —
fast Stets nur gering veränderten Anlage auch nicht 6ine Area, welche ge-
räumig genug gewesen wäre, uni einem Domanialhofe als Unterlage zu dienen,
geschweige denn dafs sich mehiere derartige Hofetätten finden liefsen. Wo
aber die Urkunden des Mittelalters Fronhöfe genauer schildern, erscheinen die-
selben stets nur als etwas bessere, vielleicht auch etwas gröfsere Bauernhöfe * ;
und ist das zu ihnen gehörige Areal umfangreicher, als dafs es sich von einem
solchen Hofe aus bewirtschaften läfst, so wird nicht etwa die Zentralstelle
vergröfsert, sondern man greift zu dem Auskunftsmittel der Ausbauten und
Vorwerke 2, welche dann dem Charakter des AUmendeausbaues gemäXs bald
zu Eigenwirtschaften erstarken. Alle diese Ei-scheinungen gehören dabei nicht
blofs der Frühzeit des Grofsgrundbesitzes an, sondern sie bleiben — abgesehen
») Vgl. aufser Bd. 3 Wortr. u. d. \VW. curtarius ff. auch MR. ÜB. 2, 7, 762, eine Stelle,
welche hesonders wichtig ist, da sie sich als foimelhaft, also allgemein gültig ergieht, s. MR.
ÜB. 1, 8, 770—774. S. ferner MR. ÜB. 1, 120, »86: ciirtis salaricia cum casa salaricia et
orrea et spicario; MR. ÜB. 2, 80, 895. MR. ÜB. 1, 431, 1115: ein predium in Lehmen,
sciliret domum cum ambitu curi^, cum vinea u.s.w.; MR. ÜB. 1, 508, 1139; Lac. ÜB. 1,420,
1108, cit. oben S. 333 Note 1; Ernst, Hist. du Limbourg 6, 155, 1176; MR. ÜB. 2, 65,
11S4; MR. ÜB. 2, 378, c. 1200; Goerz Regg. der Erzb. z. J. 1317 Okt 22; * Bald. Kesselst
S. 469, 1353 : hof zu Nidemwalmelache uf dem Einriebe gelegen, mit schüren, garten, wier-
huse, mit 14 seheffen u.s.w.; *USMax. 1484 Bl. 11^: der Abteihof zu Sauerschwabenheim ist
frei von allen Lasten, si per nos vel servos nostros conductitios fuerit ciüta et inhabitata;
er umfafst cimi orto eins circa 2 iumalia. Im allgemeinen ergiebt sich aus diesen Nach-
richten, dafs die Fronhöfe einfache Hufenhöfe waren, nur mit besonders guter Ausstattung
in Scheimen, zur Aufl)ewahnmg der Beundefrüchte. Ein gröfseres Areal findet sich nur da,
wo der Hof in ursprünglicher Einzelhofanlage entstanden ist. — Der Name des Fronhofes
ist von jeher curtis oder curia, oft mit dem Zusatz dominicalis, dominica, vgl. L. Alam. 1,
29, LL. 3, 54; L. Baiuw. 1, 20, 9, LL. 3, 331; üPrüm Nr. 54, 55, 62, 66, 70, 104; Lac. ÜB.
1, 161, 249, 1094; später tritt das rechtliche Moment mehr her\'or, vgl. CRM. 3, S. 823—4,
1379: cuitis iudicialis dicta dinglich hof. Der deutsche Ausdruck ist neben Fronhof auch
Salhof, später in Stiulcjl- oder Sattelhof entstellt, vgl. (luden. CD. 2, 979, 1299, cit oben
S. 628 Note 2 ; ferner eine Hiinnieroder Aufzeichnung von c. 1350, cit. oben S. 241 Note 5 von
S. 24ü: auch (iuden. CD. 2,367, 1291: curie militum . . que stadilhobe vulgariter appellantur.
S. dazu Püttmann, Über die Siittelhöfe, deren Rechte imd FreihtüU^n, Leipzig 1788. Nel>en
diesen Ausdrücken kommen lokal noch andere vor, z. B. Abtei für abteiliche Fronhöfe, s.
*üSMax. 1484 Bl. 6^, WSauerscliwabenheim 1407: wisent och die 7 seheffen dem apt jerlich
3 buedingdage in sime hoobe zu S. die aptie genanten; und dazu *USMax. 1484 Bl. 11^:
curtis in Swabenheni vocata die aptie vel der zendehobe. — l-ber die Gröfse gnmdherr-
licher Hofstätten spricht v. Maurer Einl. S. 25; (Jesch. d. Fronh. 1, 112—113, 136 sieht er
gar jeden Fronhof als Burg an.
-) MR. FB. 1, No. 14, 702—804: in Dingdoif, Carasgau, an Primi geschenkt von der
Frau ^Veta mit Konsens ihres Mannes res proprietatis , nemlich ein mansus nun curtilis
et vilares una cum tenns vel 8upeq)osito tarn terris quam pratis necnon et silvis sive etiam
pascuis aquis vero aquanmive deciu^ibus . . iam de allode quam de comparato seu de qua-
libet adtracto tua ibidem fiiit possessio vel dominatio. MR. ÜB. 2, 20, 832: in Matzen
(Bitgau) 3 niansi cum manso indominicato cum cmtillis et casis superpositis tam terris cam-
pis pratis pascuis aquis aquarumve decursibus cum watriscapis et per vias legittimas cum
ingressu et egressu omnia et ex omnibus totum et ad integrum, quicquid ad ipsos mansos
tres cum manso indominicato pertinet, tam de allodio quam et de comparato seu de quo-
cumque ingenio.
^..
— 755 — Verwaltungsorganismus.]
von den neuen Hofanlagen des 12. und folgender Jahrhunderte zunächst seitens
der Klöster, dann auch seitens der, Laien — dieselben das ganze Mittelalter
hindurch. Sehr natürlich. Noch der Neuzeit ist es schwer geworden, das
Problem zentralisierter Verwaltung grofser Güter mit Erfolg zu lösen : und dem
frühem wie auch dem spätem Mittelalter sollte es möglich gewesen sein, mit
ungleich unvollkommeneren Mitteln, ohne den Besitz qualifizierter Arbeitskräfte
und daher ohne wesentliche Arbeitsteilung imd -Vereinigung, ohne starkes
Kapital und ohne eine nur bei dichtester Bevölkemng zu gewinnende zen-
tralistische Verwaltungserfahmng die Bewirtschaftung grofser Landgüter ein-
heitlich zu organisieren?
Diese Bedenken wie die urkundlichen Nachrichten und die Thatsache der
kleinen Hofstätten scheinen den Erörterungen über die Gröfse des Sallandes
schon eine ganz bestimmte Richtung zu geben. Gleichwohl ist das nicht in
dem Grade der Fall, als man von vornherein annehmen könnte. Wir haben
hier, an frühere Untersuchungen anknüpfend, daran zu erinnern, dafs das Sal-
land wirtschaftlich in zwei Teile zerfiel: in Land, welches unmittelbar unter
dem Pfluge des Fronhofs stand, also das eigentliche Wirtschaftsareal desselben
war, und in Land, welches von den Gehöfera unter Aufsicht der Fronhofs-
verwaltung im Beundebau bestellt und abgeerntet wurde, also dem Fronhof
nicht ein-, sondern nur angereiht war. Beide Teile des Sallandes wird man
bei der Untersuchung über die Gröfse des Fronhofsareals genau zu scheiden
haben, und es liegt auf der Hand, dafs nur die Ausdehnung des eigentlichen
Fronhofsareals, nicht aber des Beundelandes zur Gröfse der Fronhofsstätte in
gewissem Verhältnis stehen mufs.
Wie grofs war aber nun das spezifische Salland nach positiven Nachrichten^ ?
(lehen wir hier in die älteste Zeit zurück, so ergiebt sich urkundlich als be-
deutendste Thatsache, dafs bis tief ins 9. Jh. hinein der Fronhof ganz über-
wiegend als mansus indominicatus bezeichnet wird ^ ; da, wo statt dessen curtis
dominica vorkommt, ist meist ebenfalls eine Hufe gemeint^. Zieht man aus
dieser Thatsache den Schlufs, dafs bis dahin das spezifische Salland der Regel
Dach nur aus 6iner Hufe bestanden habe, so wird dieser Schlufs noch von
') S. zxim folgenden Roth , Feudalität S. 139 f., der den Charakter des karolingischen
mansus indominicatus richtig erkennt; femer v. Inama, Wirtschaftsg. 1, 307 f., wo aber die
fehlende Unterscheidung zwischen Salland par excellonce und Beundcland zu schiefer Auf-
&ssuDg führt ; endlich Hanauer, Paysans S. 38 f. Nach letzterem hätte das Salland allmählich
abgenommen.
8) Vgl. MR. ÜB. 1, 105, 866, an verschiedenen Stellen; femer MR. ÜB. 1, 104, 871;
118, 880; Lac. ÜB. 1, 43—44, 81, 898; MR. ÜB. 1. 163, 923; 170, 929; 173, 936; 174,
c 938; 273, 996.
') MR. ÜB. 1, lu5, 866: die Kapelle zu Bachern bei Köln besitzt einen mansus in-
dominicatus cum Omnibus aediiiciis ac casticiis superpositis &U{\ie mansis 26, cum farinariis
8 ad eam ciulem [d. h. den mansus indominicatus] deservientibus , cum omni servitio et
pr^idio, quicquid in eadem villa sui iuris fuit, cum omnibus mancipiis desuper commanenti-
bos. Ebenso heifst Reg. Prüm. 8 Sarresdorf ein mansus indominicatus curtis dominica. Vgl.
toch noch MR. ÜB. 1, 120, 886 ; Lac. ÜB. 48, 87, 927.
[Wirtschaft d. Grofsgrundbes. — 756 —
einer andern Seite her bekräftigt. Die älteren Urbare von Prüm, Mettlach
und SMaria-ad-martyres in Trier, welche den Zeitraum vom 9. Jh. bis zum
11. Jh. umfassen, spezifizieren das eigentliche Salland nur aufserordentlich
selten — die Urbare von Mettlach und von SMaria-ad-martyres so gut wie
gar nicht — : sie begnügen sich mit der Angabe, dafs salisches Land vor-
handen sei, und selbst diese Angabe fehlt häufig. Dagegen erwähnen sie das
Beundenland gewissenhaft \ Dasselbe Verfahren findet sich auch bei einigen
Urkunden aus der 1. H. des 10. Jhs., welche besonders ausführlich abgefafst
sind^. Diese Erscheiiuing ist kaum anders als dadurch zu erklären, dafe das
spezifische Salland noch überall eine im allgemeinen feststehende Gröfse hatte.
Diese Gröfse aber kann nur die der Hufe gewesen sein. Sind die bisher gemachten
Beobachtungen richtig, so mufs sich als Korrelat derselben die Thatsache
finden, dafs im 9. und 10. Jh. die Gröfse salischen Landes nur da angegeben
wird, wo sie nicht auf der Hufen Verfassung, also auf der Stempelung einer
einfachen Hufe zum Fronhof beruht. In der That ergeben die Quellen diese
Ersclieinung^. Damit steht es nun fest, dafs der Fronhof der Karolinger- und
Ottonenzeit durchschnittlich w^eiter niclits als eine dem grundherrlichen Betrieb
speziell vorbehaltone Hufe war.
Aber blieb dies Verhältnis bestehen? Sehen wir vom Beundenland ab, über
welches bald zu sprechen sein wird, so konnte das Salland offenbar schon durch Ein-
fronung hier und da vergröfsert werden, von andern Möglichkeiten, Einbeziehung
von günstig gelegenem Beundenland in das spezifische Salland u. a. m., abgesehen.
Die erst vom 12. Jh. ab genügend genau vorliegenden Nachrichten ergeben
nun folgende Einzeldaten. Es findet sich ein Fronhof: bei Herzogenrath 1117
mit 2 Hufen Sallandes; zwischen Zülpich und Euskirchen zu Iversheim 1176
mit 90 Morgen; am Niederrhein 1180 mit 4 Hufen'*. Es läfst sich femer
aus dem SMaximiner Urbar für den Schlufs des 12. Jhs. aus 16 verschiedenen
1) Vgl. Bd. 2, 140 f., 145, 154, 206. Wenn im üPrüm (S. 140 f.) bisweilen Frongut
in Land angegeben ist, so beruht das meist auf Anzeige von Einfronung.
2) MR. ÜB. 1, 173, 936; 174, c. 938.
«) Vgl. MB. ÜB. 1, 63, 835; MR. ÜB. 1, 108,867: im Jülichgau in commarca Bardun-
bacb [Bardenberg im Aachener HofsystemJ ein curtilis cum arboreta ac de terra arabili et
prata iugera 34, de silva bonuarios 26 und 2 loca molendini; et in villa Palembach [Palen-
berg s. Geilenkirchen, an der Xordgrenze des Aachener Hofsystems] 1 curtilis 20 iugera
teiTae arabilis und pratorum, de silva iugera 30, 2 loca molendini. S. femer Bd. 2, 99 f.
zum .1. 886; MR. ÜB. 1, 220, 964: in Leuken (Saargau) airalem unum et inter terram ara-
bilem et prata iugera 73 et quicquid ad eundem airalem pertinere dinoscitur cum pascuis
pratis aquis a(|uarumve decursibus ingressibus et regressibus. Auch MR. ÜB. 1 , 235 , 971
kann noch hierher gezogen werden: an Prüm schenkt man in Fliefsem curtilem unum . .
cum tot<a integritate sua per omnia donationis inter terram aratam et inaratam iugera 36,
dazu eine curtis dominicalis in Wachenvur. Dem wird entsprechend gehalten eine curtis
dominicata in Etteldorf cum omnibus appenditiis suis pretermissis 14 noctibus et angariis in
autunmo, mansa . . per omnia 10 und dazu jährlich 2 carr. Wein.
*) Vgl. schon die vereinzelten Zusammenstellungen oben auf S. 659 f. S. femer Ann.
Rod., Ernst S. 22, 1117; Ernst, Hist. du Limbourg 6, 155, 1176;Ennen, Qu. 1,582,93, 1180.
.ll^l«.Ä- * M — .
— 757 — Verwaltungsorganismus.]
Antraben eine Dui'chschnittsgröfse von 26,5 Morgen für das Salland der SMaxi-
miner Fronhöfe berechnen, unter Schwankungen von V2 bis zu 124 Morgen*.
Fast dasselbe Resultat erhellt aus einer Prüfung der Angaben des Ruperts-
berger Urbai-s aus der Wende des 12. und 13. Jhs., hier finden sich bei wirk-
lichen Fronhöfen mit Hufendependenzen durchschnittlich, unter Schwankungen
zwischen 7 und über 62 Morgen, etwa 30 Morgen als Salland, während die
Gröfse des bebauten Areals bei den umfangreicheren freien Gütern ohne Hufen-
dependenzen im Mittel etwa 55 bis 58 Morgen beträgt^. Weniger ausgiebig
wie das SMaximiner und Rupertsberger ist für die 1. H. des 13. Jhs. das
erzstiftische Urbar, aus einigen Angaben läfst sich hier das Salland auf etwa
50 Morgen durchschnittlich berechnen^. Von der 2. H. des 13. Jhs. ab sind
wir wieder auf Einzelangaben angewiesen. Es finden sich die Fronhöfe : 1 297
zu Xothausen bei Koblenz mit 130 Morgen Salland, 1298 in Eckum bei
Ronmierskirchen mit 2*/2 Hufe 6 Morgen, c. 1300 in Merxheim mit 13^ m Mqr-
gen, 1307 wiederum zu Nothausen mit 133 Morgen 30 Ruten Sallandes^. Im
J. 1319 giebt dann das Marienthalcr Urbar für das Luxemburger Land eine
mehr summarische Auskunft, bei fünf Fronhöfen erreicht das Salland unter
Maximal- und Minimalgrenzen von 97 und 51 Morgen durchschnittlich 68
Morgen*^. Nunmehr setzen wieder vereinzelte Nachrichten ein, so finden sich
1324 ein Fronhof zu Malbergweich mit 20 Morgen, 1325 ein solcher zu Adendorf
mit 180 Morgen, 1326 der Hof von SFlorin zu Mayen mit 60 Morgen, c. 1330
die Münstermaifelder Höfe zu Salmrohr mit 36, zu Münstennaifeld mit 40
Morgen, c. 1340 der Matheiser Hof zu Polch mit 315 Morgen, 1341 ein Hof
zu Veienauwe mit 63 Morgen, 1349 ein Hof zu Konz mit 54 Morgen, 1353
ein Hof zu Armsheim mit 94 Morgen^. Weniger zahlreich sind späterhin die
nun erst wieder für das 1 5. Jh. einsetzenden Nachrichten. Hier beziehen sich
zwei Angaben des grofsen Maximiner Urbars von 1484 auf die Höfe zu Winter-
bom und Simmern u. Dh. und ergeben 27 bezw. 36 Morgen Salland^; und
diesen Angaben schliefeen sich weitere von c. 1490 bezw. c. 1530 für die-
SMaximiner Höfe Sauerschwabenheim und Longuich an, aus welchen sich
Salländereien von 73^/4 bezw. c. 30 Morgen berechnen lassen ®. Hierzu kommen
endlich noch einige Aufklärungen aus dem Steinfelder Urbar von c. 1500, welche
aufeerordentlich grofse Salländereien von 172 Morgen im Durchschnitt ergeben®.
') Vgl. Bd. % 167 f., 209.
«) Vgl. Bd. 2, 206 f.
») Vgl. Bd. 2, 178.
*) Hennes ÜB. 2, 334, 1297; 336, 1298; ♦.Chart. SSimeon, Trier. Stadtbibl. Ifde. No.
1611, Schmutzblatt des vorderen Deckels; Hennes ÜB. 2, 375, 1307.
^) Cart Marienthal S. 366 ff.
«) *Bald. Kesselst S. 178, 1324; Bd. 3, No. 113, 1325; Honth. Hist. 2, 109, 1326;
Bd. 2, S. 215, 216, c. 1330; Bd. 2, S. 216, c. 1340; *Bald. Kesselst S. 335, 1341; Bd. 3,
•507 c, 1349; 507 d, 1353.
') *USMax. 1484 Bl. 18», 21b.
«) Bd. 2, 224 f., 226 f.
») Bl 2, 230 f., oben S. 660.
[Wirtschaft d. Grofsgrundbes. — 758 —
Geht man über das aus diesen Einzelangaben zweifellos ersichtliche all-
gemeine Ergebnis hinaus, dafs die mittelalterlichen Fronhöfe zu keiner Zeit
Bittei^ter gewesen sind, sondern stets nur über ein relativ geringes Salland
verfügt haben, so ist es nicht leicht, sich aus den innerhalb gewisser Grenzen
aufserordentlich schwankenden Anga])en irgend welche sichere Detailvorstel-
lungen über die Entwicklung des Sallandes zu machen. Erhöht wird die
Schwierigkeit noch durch den Umstand, dafs der Ausgangspunkt der Entwick-
lung, der mansus dominicus des 9. bis 11. Jhs., zwar der Bezeichnung, nicht
aber dem Landmalise nach für alle hier in Betracht kommenden Gegenden
identisch war — bekanntlich gab es, abgesehen von allen besonderen Formen,
allein schon reguläre Hufen von einem zwischen 30 und 60 Morgen schwanken-
den Areale Unter diesen Umständen bleibt es das Sicherste, die Entwick-
lung des Sallandes zunächst an nur 6inem .durch verschiedene Jahrhunderte
hip übersehbaren Beispiele zu verfolgen. Dies Beispiel bietet unter den oben
zusammengestellten Nachrichten das Salland der Abtei SMaximin. Es beläuft
sich um die Wende des 12. und 13. Jhs. für den Fronhof durchschnittlich auf
26,5 Morgen; und für die Wende des 15. und 16. Jhs. stehen Daten von
27, 30, 36 und 73^4 Morgen zur Verfügung. Man sieht, hier iöt das Salland
sich im Laufe von drei Jahrhunderten im allgemeinen gleich geblieben —
denn gerade für die 73^ 4 Morgen des 15. Jhs. läfst sich im gleichen Fronhof
(Sauerschwabenheim) für den Schlufs des 12. Jhs. ein Korrelat von 67 Morgen
nachweisen^. Entsinnt man sich nun aber, dafs der Grundbesitz der Abtei
SMaximin fast durchweg der Gegend des 30-Morgenfufses der Hufenverfassung
angehört^, so erscheint dieses Salland von durchschnittlich etwa 30 Morgen
eben nur als der alte mansus dominicus: so dafs hier in der Ausstattung
der Frouhöfe mit specifisch salischem Areal seit dem 8. bis zum 16. Jh. im
allgemeinen eine Änderung nicht eingetreten zu sein scheint. Sehr wahrschein-
lich, ja so gut als gewifs wird aber diese Vermutung durch den Umstand,
dafs die sonst noch vorhandenen gröfseren Durchschnittsziffem für das Salland
von Rupertsberg um 1200 mit 30 Morgen, und für das Salland von SMarien
im Thal um 1320 mit 68 Morgen diesen Erwägungen durchaus entsprechen;
die Rupertsberger Grundherrschaft gehört dem Gebiet des 30-Morgenfuf8es,
die Marienthaler dem des 60-Morgenfufses der Hufe an.
Freilich ist mit dem bisher Ausgeführten die Frage nur für die geistlichen,
also die besonders konsen^ativen Grundherrschaften entschieden: bei ihnen
mag eine fast völlige Stabilität wenigstens f[\v die ältere Fronhofsbildung die
Regel gewesen sein*. Aber galt das auch für die jtlngere Grangienbildung,
1) Vgl. oben S. 346 f.
2) Bd. 2, 224-5.
8) Vgl. Karte 12 in Bd. 2.
*) Doch findet sich auch hier, wenn auch sehr spärlich, eine Bewegung; vgl. Lac. ÜB.
1, 49, 88, 927; 126, 189, 1054. — Vgl. zum folgenden auch oben S. 743.
— 759 — Verwaltungsorganisraus.]
welche sich mehrfach bald zum Fronhofesystem erweiterte ^ , und galt es auch
für die Laienfronhöfe? Die Quellen ^eben hier keine klare Antwort; soll
man sich aus dem kargen positiven Material, aus individuellen Eindrücken
des gesamten Quellenstoffes und aus allgemeinen Erwägungen* eine Meinung
bilden, so würde etwa zu sagen sein, dafs sich in den Laienfronhöfen, soweit
sie erst seit der Salier- und Stauferzeit und vornehmlich soweit sie von
kleineren Grundherren im Einzelhofsystem angelegt sind, sowie in den Grangien
seit der Stauferzeit eine stärkere Ausstattung mit spezifischem Salland ent-
wickelt haben wird, als in einer Anzahl der oben angeführten Einzelfälle
zum Ausdruck gelangt^.
Nun fragt es sich aber, in welchem Verhältnis sich denn die Beimden-
entwicklung neben die Ausstattung mit spezifischem Salland stellte. Über die
Beunden ist schon früher ausdrücklich gesprochen worden*; hier mag kurz
rekapituliert werden, dafs diese von den Grundherren allein mit Beschlag be-
llen und aufgewonnenen meist recht umfangreichen Stücke der Allmende,
welche allen Kulturen zugänglich waren, schon früh vorkommen, dafs sich seit
der Ottonenzeit ihr Charakter abzurunden, ihre Zahl zu vergröfsem beginnt,
und dafs ihre Rodung um die Wende des 12. und 13. Jhs. den Höhepunkt
erreicht. Von da ab schreitet die Bewegung nicht mehr fort, ja es läfst sich
nicht einmal der erreichte Bestand behaupten. Ein Teil der Beunden wird
nach schon länger andauernden Versuchen in dieser Richtung in der ver-
schiedensten Weise parzelliert^, ein anderer tritt in das spezifische Salland,
d. h. in die direkte Bestellung und Bewirtschaftung des Fronhofes über: schon
im Beginn des 14. Jhs. findet eine Verwischung des Charakters der Beunde
überhaupt statt *. Ist es schon bei diesem wechselvollen Schicksal der Beunden
nicht leicht, sich eine sichere Vorstellung von ihrem jeweiligen Verhältnis zum
eigentlichen Salland zu machen, so wächst die Schwierigkeit bei einer näheren
Betrachtung der wirtschaftlichen Vorbedingungen für den Beundeausbau. Die
Beunden wurden von den Gehöfern gerodet und bestellt; ihre Gröfse stand
also zu der Zahl der einem bestimmten Fronhof zugewiesenen hörigen Hufen
in einem gewissen Verhältnis. Die Zahl dieser Hufen aber war, wie mr
*) Vgl z. B. MR. ÜB. 2, 25*, 1177, Besitz von Ilimmerode: grangiam de Gevelestorp
com manso B. manso 0. manso A. et manso, quam G. de B. vobis dedit
*) In dieser Hinsicht ist z. B. anzunehmen , dafs die Grangienbildung sehr dazu auf-
forderte, die Eigenwirtschaft auch sonst zu erhöhen, vgl. z. B. MR. ÜB. 3, 444. 1231.
•) Die nunmehr gewonnene Auffassung von der Entwicklung des Sallandes steht
freilich der bisherigen Ansicht über die Bedeutung des Sallandes ziemlich schroff gegen-
über. Zur letzteren vgl. v. Inama, Wirtschaftsg. 1, 882—83: mit der vielseitigen, gut ge-
federten Arbeit dienender Leute und Hufen [schon in der Karolingerzeit!] führte also die
Gnmdherrschaft eine grofsartige Wirtschaft für eigene Rechnung auf ihren Domanial-
g&tem durch.
*) S. oben S. 418 ff.
») S. oben S. 438 ff.
«) S. oben S. 413.
[Wirtschaft d. Grofsgrundbes.
~ 760 —
früher gesehen \ keineswegs fest, sondern von den verschiedensten Zu-
fälligkeiten abhängig. Zudem aber war der der einzelnen Hufe auferlegte
Beundedienst nicht in allen Fronhöfen gleich bemessen, sondern sehr verschie-
denartig ausgedehnt*: so dafs der gleichen Anzahl Hufen in verschiedenen
Fronhöfen ein sehr vei-schieden grofses Beundefeld zur Bestellung überwiesen
sein konnte. Gegenüber diesen schwankenden Möglichkeiten bedarf es des unum-
wundenen Anerkenntnisses, dafs an eine generelle Feststellung des Beunden-
unifangs im Verhältnis zum Salland nicht gedacht werden kann. Gab es doch
gi'ofse Höfe, welche aller Wahrscheinlichkeit nach überhaupt keine Beunden
hatten^, während andere sehr reichlich, bis zur Höhe des Sallandes, ja darüber
hinaus mit Beundeland ausgestattet waren ^. Welchen Eindiiick aber die Ver-
teilung im allgemeinen machte», mag man sich aus den o])en S. 428 f. gemach-
ten Mitteilungen, welche vielfach ebensosehr für den Fronhofe- als für den
Markumfang gelten, wie aus den S. 443 gegebenen Notizen über die verschie-
dene Gröfse alten Beunde- nunmehrigen Gehöferschaftslandes vergegenwärtigen.
Und soll aus diesem Eindrucke heraus, trotz entgegenstehender Schwierigkeiten,
eine für das volle Verständnis der Fronhofeverfassung unumgängliche Vermutung
über die Entwicklung des Beundelandes im Verhältnis zum Salland geäufsert
werden, so wird es auszusprechen sein, dafs die Beunden während der Karo-
lingerzeit wohl noch hinter dem Salland zurückstanden, dafs sie im Laufe der
Kaiserzeit bis zu den Staufem mit dem Salland in immer gefährlicheren
Wettbewerb traten, seit dem 13. Jh. aber infolge von Entfremdung vom Fron-
hof oder auch infolge Übergangs zum Salland stets mehr an Bedeutung verloren.
1) S. oben S. 741 f.
2) Man vgl. aufser G. ep. Camcrac. 2, 26, 685 die Tabellen für Prüm in Bd. 2, 140 f.
und dazu 145; hier bestellen in verschiedenen Fronhöfen
46 mansi Land für 700 mo. Aussaat,
60^/2
8
n
n
n
16
29V
;>
n
300
»
n
n
80
n
jy
T>
40
n
n
n
400
n
Tf
U.S.W.
Ahnliihe Verhältnisse ergeben MK. ÜB. 1, 173, 936; 174, c. 938.
3j Vgl. Bd. 2, 225.
*) Vgl. Bd. 2, 209 f. No. 4; ferner »Bald. Kesselst S. 178, 1324. Recht lehrreich
bind auch die Angaben des UMarienthal von 1321 im Cart. Marienthal S. 3Ö6_ff. Hiernach
kommen in Morg(»n auf
Orreum
Eigentliches
Salland
Beundeland
Diedenhofen
Heimscheid
Norzingen .
Ferlingen .
Elvingen . .
71
57
51
97
64 Va
83
93
121
12
88
— 761 — Verwaltungsorganismus.]
Mit der Entwicklung des Verhältnisses zwischen Fronhofsland und Gehöfer-
land, und wiederum innerhalb des Fronhofslandes der gegenseitigen Beziehun-
gen zwischen spezifischem Salland und Beundesalland übersehen wir nunmehr
die Organisation des grundhenlichen Grundes und Bodens überhaupt, soweit
dieselbe für das Verständnis der lokalen Wirtschaftsverwaltung seitens der
aristokratischen Grundherrschaften von Wichtigkeit ist. Wir entnehmen ihr
vor allen Dingen die Forderung einer dreifachen Thätigkeit des obersten
lokalen Wirtschaftsbeamten oder Fronhofsvorstandes: er mufs Bewirtschafter
des spezifischen Sallandes, Beaufsichtiger des Beundebaues, Einnehmer der
Intraden vom Gehöferlande gewesen sein. Mit diesem Gedanken treten wir
in die Untersuchimg der grundherrlichen Lokalverwaltung ein.
Der Fronhofsvorstand war ursprünglich allein der Meier, villicus ; er blieb
es auch allein, so lange die älteste vornehmlich wirtschaftliche Fronhofsverfassung
vorhielt. Bei ihm finden wir nun in der That, unter geringen lokalen Ab-
weichungen hinsichtlich der Ausdehnung und Abgrenzung der Kompetenzen,
eben jene dreifache Thätigkeit, welche soeben auf Grund der Organisation der
Fronhofsländereien vorausgesetzt ^vurde. Aber mit ihr verbindet sich noch,
abgesehen davon, dafs der Meier bisweilen zugleich Zehnteinnehmer ist\ eine
vierte. Wir haben schon öfter berührt, und es wird in Abschnitt VII noch
besonders auszuführen sein, wie die Giiindherren es vielfach, ja bis zum Schlüsse
des Mittelalters in weit überwiegendem Mafse zur Stellung eines Obereigen-
tümers der Mark brachten, in welcher der Fronhof gelegen war. Trat nun
dies Obereigentum ein, so war es natürlich, dafe — nahm man nicht den
bisher autonomen Zender unter die grundherrlichen Beamten auf - der Meier
zugleich mit der Beaufsichtigung der vom GnmdheiTn abhängigen Allmende-
nutzungen beti*aut wurde. In diesem Falle fiel also dem Meier aufser der
Fronhofswirtschaft, der Sorge für das Gehöferland und der Kontrolle des
Beundebaues auch noch die Kontrolle der Allmendenutzung zu^.
*) Vgl. z. B. IJSMax. S. 485, Schönberg 9a: %illicus colligit omnem decimam nostram. Die
Abtei SMaximin war zugleich Patron in Schönberg, S. 480. Vgl. auch MR. ÜB. 1, 802, 1080.
cit. oben S. 419 Note 7 (auf S. 420). Auf die Thätigkeit des Villicus in der Gerichtsver
tkssung ist hier erst teilweise einzugehen; weiteres imten Abschnitt VII Teil 1. Zur
Thatsache selbst vgl. einstweilen WIgel 1292, Honth. Hist. 1, 826: ecclesia sancti Simeonis
d«*bet habere villicum in dicta villa, qui debet colligere census et reditus dictae ecclesiae,
coram (|uo etiam homines dictae curtis sancti Simeonis iuri stare debent.
*) Hanauer bemerkt, Paysans S. 98, im nächsten Bezug auf die Ämter des Meiers und
des Schul theifsen: Dans son ensemble, quant ä ses traits caract^ristiques , Porganisation de
nos dinkhofs est partout la meme pour les colonges du meme ordre; on voit que ces cours
decoulent toutes d'une meme source, qu'elles sont toutes formöes siu* un meme modMe. Mais
lorsqu'on descend aux dätails, on retrouve aussi partout variantes sans nombre: on h^site k
formuler des regles genitales; tant il serait aise de signaler des exceptions! Dies Urteil
ist doch nur teilweis begründet Die in ihm wahmohml)are Übertreibung beruht darauf,
dafs Hanauer zwischen den wirtschaftlichen und gerichtlichen Funktionen des Meiers nicht
genügend scheidet luid Meier und Schultheifs in ihrer specifischen Ausbildung seit dem
Lampreebt, Deutschet Wirtschaftaleben. I. 49
[Wirtschaft d. Grofsgrundbes. — 762 —
In der Fronhofswirtschaft zunächst spielte der Meier, entsprechend der
gewöhnlichen Gröfee des Fronhofsareals, kauiu eine andere Rolle, als jeder
Besitzer einer noch unzerstückelten alten Hufe ; er war auch keineswegs von den
Fordeiimgen der völlig autonomen oder unter dem AllmendegrundheiTn immer
noch grofser Selbständigkeit geniefeenden Markgemeinde befreit; imd wo er
mit besonderen Markrechten ausgestattet war, da waren ihm zum Entgelt auch
vielfach besondere Verpflichtungen auferlegte Gegenüber dem Grundherrn war
der Meier einfacher Mandatar, er besafs also keinerlei Verfügungsrecht über
die Substanz des Fronhofes-, — freilich findet sich später der Anfang eines
Beistimnumgsrechts des Meiers zu Veräufserungen aus dem Gut^ — , dagegen
war er der rechtliche Vertreter des Grundhen-n bei etwaigen Veräufserungen
und namentlich bei den später sehr überhand nehmenden Verpachtungen von
Salland *. Auch Meliorationen nahm der Meier nicht ohne Befehl des Grund-
herrn vor'*; für die Instandhaltung der Fluren, und besonders der Gebäude,
wurden spezielle Abmachungen getroffen*.
• ■
über die Kontrolle des Beundebaues durch den Meier ist schon oben in
anderm Zusammenhange eine Reihe von Angaben gemacht worden^. Hier sei
kurz resümiert, dafs eine solche Kontrolle die Beaufsichtigung aller Bestellungs-
12. und 18. Jh. nicht genm tondcit.. Im allgemeinen ist vielmehr die Durchbildung der
Meier- und SchnltheiAenftiiiktioiien bei doch überall autonomer Entiiv'icklung eine staimens-
wert gleichmäfsige.
^) Ein drastisches Beispiel bietet Wllüpperdingen § 16, cit oben S. 525 Note 6.
2) Man vgl. schon die Stelle MR. UR 1, 62, 825, welche freilich auf eincH Iudex geht.
S. femer Stumpf, Act Mogunt. Nr. 98, 1184: eiik villicus von Altenmünster-Mainz hat abbatissa
ignorante et inconsulta gewisse Äcker an Bnpertsberg vorkauft. Das winl nun redressiert.
Ziu- gerichtlichen Vertretung vgl. MR. ÜR 8, 1088» c. 1250, und USMax. 1484, Bl. 35», cit.
oben 8. 489 Note 1.
3) S. Hennes ÜB. 1, 496, 1327, cit. oben 8. 8^ Note 2.
*) Vgl. z. H. WRommersheim 1298, G. 2, 619: OQch hat der scheffcn vur vol geweist,
dat ein vait von Schonecken of vaitleute noch nemin keint rcchtz ensuUc sich vermessen
an keipie gude, dat eins abts und seins gotshaus is, dat man nent seileguit oder aptei, id
enwerc dan sache, dat it ein overste scholtifs eins abta of der holfsscholtifs liende hin um
iren meidem. S. ferner WWeifskirchen 1493, cit. oben S. 580 Note 5. Eigentümlich ist
es, wenn es USMax. 8. 446, Naurath. heifst, dafs der bedeUoB dominicalia ad colendum
distribuet.
'^j S. Lac. IB. 2, 504, 1261, vgl. auch Lac. ÜB. 1, 289, 108Q: quaedam novalia in
Mosella fluvio iuxta villam, quae dicitur Urcecho, ot alterani meäietatan eonmdem erutomm
sancto (ieorgio, quao scilicet erutji imprimis inccpta sunt a Bnmone et Engilberto villico.
«) Vgl. MR. ÜB. 3, 1087, c. 1250: SCieorg Koeln bekennt, qood villicus curie nosü-e
in Raitche, <|ui (|uoudam fuit ecclesie nostre, iure herodit<irio poasedit eaui, ita tamen, quod
si domus curie et torcularia ex vetustate et non ex negligentia ipsius villici corruenmt,
quod nos debuinius ipsam recdificare, et villicus per tectum edificia debuit inputribilia con-
s('r^•an^ ot si ex negligentia vel paupertatc ipsius villici dicta edificia aliquam patei*entur
niinam ot putrodinem, idem villicus ecclesiam a dampno penitos relerare tenebatur, alioquin
ecclosia cxtunc esset libera ab ipso et altori posset locare villkattonem.
') S. oben S. 430 ft'., 451 ; vgl. auch Bd. 2, 166 f.
— 763 — Verwaltimgsorganismus.J
arbeiten, der Acker- wie der Wiesenbestellung, und so auch die Leitung der
Schiffelkidtur auf Fronland in sich schlofs\ Um diese Kontrolle wirksam zu
handhaben, bot der Meier zum Beundebau auf: er ist zu diesem Zwecke
schuldig, am morgen zu gebührlicher zeit die klocken zu leuten, dergestalt,
wan die klocken zum dritten mal leutet, daz ein jeder (der ziun Beundebau
verpflichtet ist) in gang und zu obbestümter zeit bei vorsch. maizeichen er-
scheine^. Femer sucht der Meier bei einer überschiefsenden Anzahl von Ver-
pflichteten die ihm für die Arbeit besonders tauglich Scheinenden aus^, stellt
die Bestellungszuthaten, z. B. das Saatgetreide * , und liefert das den Verpflich-
teten seitens des Grundherrn zu reichende Essen. Wichtiger wie diese Einzel-
funktionen, bei denen der Meier sich zum Teil durch einen Boten verti^eten
lassen kann*, ist der Umstand, dafs ihm mit der Kontrolle der Arbeiten zu-
gleich eine Kontrolle des Personalbestandes der verpflichteten Arbeiter zufiel *.
Im übrigen wissen wir schon, dafs gerade die Beundebaukontrolle mit dem
12. und 13. Jh. infolge der Zerstückelung der Beunden immer mehr an Be-
deutung verlieren mufste"^: bei der nun eintretenden neuen Ordnung der
Dinge erhält der Meier nur noch die Rezeptur der auf Geld oder Naturalien
reduzierten Beundepflichten. Doch kam es auch vor, dafs die Beunde unter
Ablösung der Beundepflichten nicht zerstückelt, sondern in Regie genommen
wurde. In diesem Falle wurden dem Meier als Entgelt für seine Bestellung
die Beundepflichtablösungen zugewiesen®.
Bei der dem Meier ebenfalls überwiesenen Ü^?erwachung des Gehöferlands
und der Erträge desselben ergiebt sich als Hauptpflicht zunächst die Sorge füi-
den Bestand desselben. Der Meier weist deshalb entweder selbständig oder
nach Anweisung des Herrn bei Handwechsel die einzelnen Gehöfer in die
hörige Hufe ein^; in gleicher Weise bestimmt er über die Zulassung von
>) Vgl. auch USMax. 433, Schüttringen, cit. oben S. 559 Note 8; ebd. S. 451, Moorz;
AVLonguich 1408, cit. oben S. 408 im Text.
«) WSchönfeld 1684 § 15.
«) USMax. S. 446, Naurath; ebd. S. 445, Herl, cit. oben S. 531 Note 8.
*) USMax. S. 451, Brohl.
*) WMaraer 1542 § 88: wanehe die achten gewonnen werden von dem hem, sol der
bode die seile schneiden und in die achten leigen und vor seinen loen die letzte garbe nemen
und haben.
•) * Düsseid. St. A. Pant. Or. No. 23, 1161: Abt Wolbero quendam hominem nostnmi
nomine E., qui in curiam nostram Lon pertinebat et a predecessore nostro Gerhardo abbate
sancto Patroclo ad concambium ad ins ministeriale donatus fuerat, dum eum quidam villicus
noster reposceret, rogante simul et precipiente archiepiscopo Reginoldo, in iure, [in] quod
per concambium datus fuerat, remanere permisi; et hoc ei ins data sibi carta sigillo nostro
impressa confirmavi, et ut nullus ei hoc ius infringat sub anathemate denuntiavi.
^) S. auch oben S. 451.
») USMax. S. 461, Fell 8d: villicus custodis ab 11 beneficiatis [Weinlehen] 11 d. re-
cipiet, unde fenum custodis secari faciat; quod si aliquid deftierit, propriis expensis perficiet.
») Vgl. ÜWincheringen um 1200, MR. ÜB. 2, 365, cit. oben S. 585 Note 8; WWeifs-
kirchen 1493, cit. oben S. 647 Note 3.
49*
[Wirtschaft d. Grofsgnindbes. — 764 —
Belastungen der hörigen Hufen ^ und leitet die notwendig gewordenen Ein-
fronimgen, mögen sie nun zur Aufnahme des eingefronten Landes in das Sal-
land oder zu dessen Verpachtung führen ^. Nicht minder kümmert der Meier
sich um den Anbau des Gehöferlandes zum Zweck der Vermeidimg jeder De-
terioration ; es ist natürlich, dafs diese Kontrollpflicht am bestimmtesten gegen-
über den feineren Kulturen, speziell gegenüber dem Weinbau zum Ausdruck
kommt ^. Endlich aber besorgt der Meier die Erhebung der von den hörigen
Hufen fälligen Zinse ; ja er ist für sie sogar, alten Analogieen der fränkischen
Steuerverfassung entsprechend, haftbar*. Dieser Haftbarkeit entspricht indes
keinerlei Dispositionsfähigkeit über die Zinse*, vielmehr ist Zinshöhe und
Zinsart durch die Weisung der Gehöfer, welche zu einer Genossenschaft kon-
stituiert sind, festgelegt ® ; dem Meier wird nur bisweilen eine subsidiäre Nach-
weispflicht filr die Zinse, namentlich im Falle einer Inanspruchnahme derselben
von aufsergehöferschaftlicher Seite, zugelegt ''. Die Zinseinnahme, deren Termin
bisweilen angemessene Zeit vor der Erhebung verkündigt wird®, kann in
frl\herer Zeit durch einen Unterbeamten des Meiers geschehen*; später ist
das durchaus Gewöhnliche, (lafs sie vor Meier und Höfschöffen, als Vertretern
der Genossenschaft der Gehöfer, nach Ausweis des gewiesenen Urbars statt-
findet *<>.
Mit dieser letztem Einrichtung stofsen wir nun auf eine Institution, welche
dem Meier ganz allseitig zur Durchfühnmg seiner Kontrollpflichten für das
Beunde- wie das Gehöferland zur Seite steht, das Bauding. Das Bauding ist
ein hofeenossenschaftliches, durch gehöferschaftliche Schöffen unter dem Meier
als Richter besetztes Gericht, in welchem über schlechten Bau im Beunde-
viie im Gehöferland, über Zinsversäumnis und über Entfremdung von Gehöfer-
land aus dem Fronhofszugehör erkannt wird^^ und dem zugleich zur Ermög-
M \Vntlingen 1575 § 34.
«1 Bd. 3, 92, 17, 1285: WLintgeu 1484, cit. oben S. 457 im Toxt.
«) Vgl. oben S. 577 Note 3. 5, 6.
♦1 Vgl. Sohm S. 259: AVHeUingen 1716 g 12.
^) S. WMaroiU 1606, cit. Bil. 2, S. 648 Note 3.
*^ Vgl. dari\ber Bd. 2, 628 ff, wo auch die Abwaudliing der hier berührten Verhält-
nisse gi*nau untersucht ist.
•1 Vgl. Chron. s. Hub. 41. MGSS. 8. 591, lOSl, cit. Bd. 2. S. 638 Note 3: s. auch
vot^leichshallHT rMünstermaifeld 1337, cit. Bil. 2, S. 639 Note 7: ITell 1512, cit Bd. 2,
8. 640 Note 3.
*^J Wlnimerath 1660. G. 2. 396—7.
^) V. lob. Gore, c. 100. Vgl. auch UStift 410, Birkenleld-Broml»ach: archiepiscopus
debet liaK^re in B. et B. 4 officiatos, qui dicimtur cinsera et centenera : et hii quatuor debent
esse excepti ab omni exactioue et petitione.
'""^ 8. IM. 3, 113. i£. 1810; WBesch l.%41 § 8: W8chönteld 1682 § 24. cit Bd. 2,
8, 635 Note 2.
"1 Vgl. I-.-IC, TB. 1. 11< 186, 1051: MR. TB. 1. 541. 114<k 8channat, Hist Wormat
2. 79. 115S: MR, ÜB. 2. 192, 1201: iVren hat einen mansus in Wizport, dessen Juris-
diction 8Matheis besitzt. Eine rntersuchunc der Oerenschen Rechte durch eine Korn-
— 765 — • Verwaltungsorganismus.]
lichung solcher Erkenntnisse die Kontrolle des Baues, der Zinseinnahrae und
der Einweisung in hof hörige Hufen zugewiesen ist^
mission ergiebt: referebant etiam, quod eiusdem mansi ratione mansionarii veniebant quolibet
anno ad placitum observatunun apud Horreum ante fenestram magistre, et quis satisfecerat
de censu, qui solvi consuevit in festo sancti Martini, absque omni gravamine recedebat; alio-
quin satisfaciebat magistre pro censu neglecto emende nomine secundum sententiam scabi-
norum; MR. ÜB. 3, 1087, c. 1250; Bd. 3, 515, le, c. 1325. WNiederemmel 1532, G. 2, 352:
so iemants were, der seinen gruntzins und freie zins nicht usricht, so hat ein schulteifs die
macht, dafs er ein pewgeding mag bescheiden zwuschen sanct Mertinstag und Weihnachten,
das sol er lassen verkündigen zu Emmel, zu Numagen, zu Pisport vor der kirchen. darnach
[sal] ein schulteifs ein armen man ustedingen; und so ein armer man sich vertragen wil mit
dem schultheifsen, der sal den usstant zinswein bezalen zum höchsten zapfen mit der boefsen;
and so einiger cost ufgangen were, sal er darmit abtragen. S. auch noch WNeumünster,
G. 2, 34; WHeimbach 1601 oder 1602. Eine besondere Bedeutung im Sinne einer Abgabe
hat budink MR. ÜB. 3, 1440, 1258.
>) Vgl. USMax. S. 432, Schüttringen, cit Bd. 2 S. 635 Note 2; Bd. 3, 113, i9, 1310;
"* UMünstermaifeld Hs. Koblenz CXI« Bl. 12^: in Polch unterschieden seilgüt und h&fgüt;
das seilgüt verpachtet fiSir 30 mir. silig. an 3 Parteien; das hü%üt im Genufs von 11 Parteien:
^oilibet possidens bona dicta h&ifgüt tenetur dare [ausser einem bestimmt abgestuften Korn-
zins] in die beate Gertrudis virginis 1 pullum, et teneutur esse et comparere singuli possi-
dentes tam seilgftt quam hüifgüt eodem die in iudicio ibidem in area prepositure coram . .
officiali . . prepositi ad ins, quod dicitur dink; et tenentnr dictam siliginem bonam . . pre-
sentare infra muros Monasterii ad granarium ipsius prepositi una cum puUis . . sub certis
penis et forma curtariorum; *WBreisig 1363, Kindl. 123, 25, Münster St A. : dat u. frawe
Torg. na dem herfste ein buding het, dat sol behöden er geschwomer bawmeister, und sal
3 dage na einander dingen mit ihren geschwomen hoeveren; die 3 dage bringen 6 wochen:
welche hoevere da nit enweren, die wetten u. frawen 7Va s. lichter d., und wer da bedingt
wirt van pacht of von zinfse, der wett auch u. frawen 7^/a s. lichter d. vort deilen sie, dat
u. frawe ein wisslike ding hat, ims als die wislike zinse geschet sint, so sollen u. frawen
anhoerige leute da sein, und u. frawen scholtefs sal dingen mit ihren anhoerigen leuten:
wer da nit enwere, die wirt u. frawen VI2 s. lichter d. WLonguich 1408, § 16, cit. oben
S. 575 Note 6, und femer ebenfalls * WLonguich 1408, Arch. Maximin. 8, 33, § 5: retu-
lerunt memorati scabini, quod tria sunt annalia placita in dicta curte in Longuich observanda,
quonun primum in feria secunda proxima post festum epiphaniae domini, secundum feria
secnnda proxima post dominicam quasimodogeniti , et tertium feria secunda proxima post
festom Remigü singulis annis solent observari, et quod quodlibet* huiusmodi trium placitorum
habeat duas dilationes sive duas quindenas vulgariter zwo wissighen, quodque cuiuslibet
emendae cedentis in huiusmodi tribus placitis et eorum quindenis ac in quotidianis iudiciis
per totum annum duae partes spectant ad dominum abbatem pro tempore dicti monasterii et
tertia pars dictorum emendarum pertinet ad advocatum in Longuich; et quod ipse advocatus
pro tempore pro parte domini abbatis requisitus pro huiusmodi tertia parte tonetur exigere
et domino abbati suas duas partes ad promptuarium suum in aulam ad sanctiun Maximinum
deliberare. § 8: Item referebant dicti scabini, quod singulis annis in festo sancti Brictii
census dicti domini abbatis in Longuich cedimt et solvi debent, quodque ipse dominus abbas
singulis annis dicto festo lapso potest communitatem ibidem piüsu campanae convocare et
ibidem ante ecclesiam imponere diem placiti quod vulgariter appellatur sin fri buwegedinge,
et duas eins dilationes sive quindenas, et nominare unum diem, quemcumque voluerit, in quo
sibi census sui solvi debent. et scabini ciutis domini in Longuich in eodem die ipso do-
mino abbati [S. 34] ostendere et adiudicare debent census suos et bona sua dicta sine duir-
zinsig guet, et quod omnes emendae timc cedentos totaliter et solummodo ad dominum
[Wirtschaft d. Grofsgnmdbes. — 766 —
Schliefslich noch einige Worte über den Meier als Aufsichtsbeamten grund-
abbatem spectant et nihil de eis ad advocatum. § 9: Item dixerunt iidem, qupd si orirentur*
aliquae discordiae super bonis domini duirzinsig guet, non debet alibi in iudicio expeiiri
quam in praefata curte et placito vulgo M buwegedinge. WSchönfeld 1682 § 24, cit Bd. 2
S. 635 Note 2 ; Bd. 2 S. 627 f. In welcher Art die regulären Geschäfte des Baugedinges,
welches an sich nichts mit der aus Grundgerichtsbarkeit bzw. der Immunität erfliefsenden höheren
gi-undherrlichen Gerichtsverfassung zu thun hat, verliefen, mag aufser *Chart s. Simon. Trier.
Stadtbibl. 1611 Bl. 44*, 1448; ^Mlagelsdorf, cit Bd. 2, 626 Note 4 (auf S. 627); WRüdesheim bei
Kreuznach 1488; WKittersdorf 1565; * Baumholder Archiv No. 111, noch das nachfolgende
*AVMandem, aus Arch. Maximin. 9, 287, zeigen. § 2: Item dama wist der scheffen, daß einambt-
man oder meier zur zit sal uf dem vorg. maentagh mitsampt den scheffen ufheben die kleine zinse
mins herren obg., die da machent 10 s., von welchen zinsen gebührent den zweien voiden
van Filsbergh ein s. und jonker Albrecht ein s. Trierscher münzen; und das uberentzigh ist,
sal ein abt zur zit und sin gotteshuis haben. § 8 : Item uf den vorg. maendagh , wan die
scheffen und meier die klein zinse gehaben haint, ist min herr van sent Maximin den scheffen
zw(^n sester wins schuldigh, wilt alsdan min herr vorg. uf denselben tagh sin jahrgeding
halten, so suUen die scheffen gehorsamen sin, das jairgeding zu halden, aif is noit were;
und darvor ist ihn min herr nist mehr schuldigh, dan die vorg. zwene sester wins. weret
auch sach daß einer of denselben tagh geruget würde , und [S, 238] bußfeldigh würde , dan
ist er mine herm vorg. 10 alb. und den scheffen ein sester wins schuldigh. item eine er-
schaflmß ist 5 s. Trierisch, item min herr biet da kein mehme büß, den 10 alb. § 4;
Item dar[na] wist der scheffen, daß uf sant Stephans tagh sal der meier mit den scheffen heven
die hoiftnaißenzinse , und schütten die alle uf einen häuf; wan dat gedain ist, so sal man
den voiden lieberen vor voitrecht van demeselben häuf 24 hoeftmaessen. und darumb wulde
imants mime herren vorg. in sine gericht tragen [?], sal ihn der voit beschirmen und sine
gerechtigkcit, die ihme die scheffen wiesent, helfen behalden. vortme sal der geschwome
bode 10 mir. alder maessen us demselben häuf messen, und sal die mins herren meier oder
wen min herr darstellet, lieberen ; weret aber sach daß kein boide da were, so sal ein hoifis-
man ader ein gehüber mit gehorsamkeit dieselbe 10 mir. even messen und dem meier lieberen,
wer et och sach daß dem boide ain demselben häuf aifgienge van den 10 mir., so wiesent
die scheffen , daß sie in ihren sack sullen griefen und mime herm die 10 mir. , daß sie
vollekomlich da sin, erft^llen. wer et auch sach daß ain demselben häuf etzwat beubert, dat
sullen die scheffen hain zu vollost [1. volleist] ihrer kost, of daß sie mins herren zinse desto fleiß-
lichor hieven und behalden. § 5: Item of denselben tagh sallent ofgehaven werden 24 brot,
der sullen die voigte 8 hain imd min herr vorg. 16. und wan die zense uf denselben tagh
ofgehaven sint, so ist min herr vorg. den scheffen schuldigh ein sester wins. § 6: Item das
zweite jairgedinge ist fallen des nesten maendaghs na der heiliger dreier köning tagh; da
wist der scheffen, dat et sint etzlich geerbet ader hüber schuldigh of denselben tagh ^/a mir.
koms [S. 2H0j , und der it schuldig ist, sal it brengen des morgens in des meiers hus,
demselben ist der meier ein soppe schuldigh zu machen, item of denselben tagh ist der
meier schuldigh eine soppe zo machen und gütelichen zu doin; dama Iraget der meier die
scheffen, uf ihn die soppe genuege, genüget den scheffen die soppe nit, so sal der meier uf
ein nuwet den scheffen ein ander soppen doine kochen; dama sullent der meier und die
scheffen sitzen und ufheben die kleine zinse, die da sint 10 s., und sal der meier geben den
voigten 24 penningh, die machent 4 hl. Trierscher müntzen. und wanne die scheffen die
vorg. zinse ufgehaben haint, so ist ihn min herr schuldigh zwen sester wins. wilt dan min
herr ader sin meier ader imant van mins herren wegen uf denselben tagh das jairgedingh
halten, so sullent die scheffen gehorsam sin, und nüst mehr davan heischen, wer et auch
sach daß imantz were, den der scheffen mget und der boußfelligh würde, der ist mime herren
10 alb. und den scheffen 1 sester winz schuldigh. item eine erschaftbueß ist 5 ••
— 767 — Verwaltungsorganismus.]
herrlicher Alhiienden^ Als solchem stand ihm natürlich zunächst die Kontrolle
der markgenössischen Wald- imd Weidenutzungen zu; und namentlich für die
Waldnutzung in Holzhieb und Eichelmast finden sich zahlreiche Vorschriften *.
Aulserdem aber hatte der Meier auch die Nutzung des Allmendebodens in
extensiven Kulturen, speziell im Schiffelbau, unter seiner Aufsicht^, und es
scheint, als wenn er bisweilen auch eine Kontrolle über andere Kultiu^n
geltend gemacht hätte, welche aus Allmendeausbau entstanden waren*. In
allen diesen Fällen stand nun dem Meier die Überwachung der Nutzungs-
ausübung zu, wie sie oft durch das Erfordernis besonderer Erlaubnis geregelt
war*; und wo für die Nutzung ein Entgelt gegeben wurde, hatte der Meier
die einschlägigen Abgaben zu heben. Seine Thätigkeit in letzterer Richtung
war eine ziemlich ausgedehnte ; wurden doch als Entgelt geradezu markgenös-
sische Fronden zum Beundebau gefordert®.
So viel über die Funktionen des Meiers. Welches aber war seine persön-
liche und soziale Lage? Wie prägte sich seine Stellung als vornehmlicher
Wirtschaftsbeamter des Fronhofs aus?
Greifen wir hier auf die Karolingerzeit zurück, so finden wir den fis-
kalischen Meier entweder als ursprünglich freien Mann mit einem Beneficium
als Besoldung, oder als hofhörigen Mann mit einer Besoldung in grundhörigem
Landgenufs'. Diese verschiedenartige Stellung scheint im 8. und 9. Jh.
als vorg. stdt, und den schcffen 1 sester winz. § 7: Item des zweiten maendages na den
osteren so ist das dritte jairgedinge vallen. of demeselben jairgedinge sollent der meier und
die scheffen mime herm vorg. uf heben hundert und zwenzigh eier; der sollen die voigte 24
haben, und wan die vorg. zinse sint ufgehaben, so ist min herr den scheffen schüldigh
zwen sester winz, wilt dan der meier oder imant van mins herren wegen das jairgedinge
halten, so suUent die scheffen gehorsam sin und nuest me davan heischen, und würde imanz
Tan den scheffen geniget und bußfeldig, der ist mime herren 10 alb. und den scheffen 1 sester
winz schüldigh. item eine erschaftbouß ist 5 s. mime herren, och münzen als vorg. steit,
und den scheffen 1 sester winz.
>) Vgl. generell schon Lac ÜB. 1, 107, 186, 1051.
^ S. besonders oben S. 489, dazu noch im einzelnen MR. ÜB. 3, 182, 1222, cit.
oben S. 490 Note 2; MR. ÜB. 3, 636, 1288, cit oben S. 483 im Text; Bd. 3, 103, n, 1297;
WIgel 1298, cit oben S. 491 Note 1 u. 6; WSchweich 1517, cit oben S. 488 Note 4; W.
von Wabern und von Hamm 1561, cit oben S. 510 im Text — WPeterslahr a. d. Wied
1579, cit oben S. 523 Note 7 ; WZerf 1581 u. 1684, cit oben S. 492 im Text
«) Vgl. WKenn 14. Jh. 2. H., cit oben S. 455 im Text; WLonguich 1408 und WThaben
1487, cit oben S. 456 im Text
*) S. MR. ÜB. 2, 21, 1174, cit oben S. 572 Note 3.
») Vgl. dazu oben S. 490.
•) S. aufser Cantat s. Huberti 16, MGSS. 8, 576, auch MR. ÜB. 1, 408, 1103, Erzbischof
Bruno fiür Münstermaifeld: accepta (canonicorum Monasteriensium) excusatione de villici mei
exactione, qua eos urgebat, ut ad dominicalem meam terram excolendam ter in anno venirent
. . banno corroboravi, ne quis . . inde eos inquietet. Vgl. darüber auch weiter unten die
Schildening der Fronden AUmendehöriger, speziell S. 797 Note 7, sowie Abschn. VII Teil 1.
') S. oben S. 724. Im übrigen vgl. zum Folgenden noch Landau, Salgut S. 195 f.,
Waiti, V%. 7, 815 f., Hanauer, Paysans S. 97 f.
[Wirtschaft d. Grofsgrundbes. — 768 —
durchweg auch für die sonstigen grundherrlichen Meier vorhanden gewesen
zu sein^; und noch bis ins 12. Jh. hinein lassen sich in vornehmerer Be-
nennung und besserer Behandlung Spuren dafür erkennen, dalis auch Freie
in das Meieramt eintraten^. Doch blieb der grundhörige Charakter des
Meiers wohl das Gewöhnliche^. Die Stellung des Meiers wurde aber, gleich-
gültig ob ihr Inhaber frei oder grundhörig war, als ministerium oder servitium,
als Amt gefafst. Derart erscheint es wie in ältester Zeit, so auch noch im
12. Jh.*; namentlich wehrt man sich tiberall dagegen, an die Stelle desAmts-
verhältnisses ein LehnsverhäJtnis gesetzt zu sehen**. Eine Abwehr, welche
freilich vielfach wenig fruchtete, wie weiter unten genauer auszuführen sein wird.
Als Ministerial bezog der Meier ein bestimmtes Gehalt. Sieht man von
kleinen Einnahmen, wie persönlichen Reichnissen*, XJberweisung eines reichlich
bemessenen Wii-tschaftskapitals für das Frongut ^, gewissen Gebühren® und
bisweilen einigen Begünstigimgen in der Marknutzung* ab, so war dasselbe
entweder als Benefizium fundiert, so dals also der Meier im Besitze des Grund-
kapitals war, aus dem das Gehalt erfolgte, oder aber es bestand aus einzelnen
Zinsen und Renten, über welche dem Meier keinerlei Verfügung zustand.
Die benefiziarische Fonn ist die ältere ^^, die des reinen Gehaltes die jüngere",
1) S. Cap. miss. 792 vel 786, Boretius S. 67, c. 4.
«) S. MR ÜB. 1, 97, 861^884; 272, 993—996; 396, 1098; 433, 1116. Zur Be-
nennung der Meier s. auch noch Bd. 3 Wortr. u. d. W\V. inquilinus, maire, provisor, vmicus.
») 8. Cod. Salm. 139, 1320; Hennes ÜB. 1, 423, 1320.
*) S. schon oben S. 732; ferner MR. ÜB. 1, 10, 752; Lambert z. J. 1070, MGSS.
5, 178, 6; MK. ÜB. 1, 447, 1121, imd 453, c. 1125, cit. oben S. 176 Note 3. So auch
im Dienstrecht Burchards von Worms, Waitz, Vfg. 5, 326. Für die Stellung in späterer
Zeit s. auch im USMax. Mertert S. 431 Abs. 5; Schüttringen S. 433; Muthfort 434
Z. 1; Feulen S. 434 letzte Z.; Schönberg S. 435 nach Mitte; Mersch S. 437 Z. 10
V. u.; Medemach S. 440 Schlufs; Besch S. 440 Schlufs; Kenn S. 441 Schlufs; Detzem S. 403
Anf., S. 444 Schlufs; Pölich S. 444 Schi.; Herl S. 445 Schi.; Naurath S. 446 Z. 4 v. o.:
Eslingen S. 448 Z. 1 f. ; Metterich S. 448 Z. 7 v. u. ; Macheni S. 457 Schi. ; Bachern S. 457
Schi.; Losheim S. 457 Auf.; Oberemmel S. 459 Abs. 2; Bisingen S. 466 Schi.; Issel S. 461
Schi. V. Abschn. 1; Heiningen S. 465 Abs. 5.
^) Vgl. z. B. Martene Coli. ampl. 2, 91.
6) Vgl. z. B. U2Mettlach S. 194-95, 1329.
^) Bd. 3, 29, 38, 1263.
**) So beruht z. B. das Gehalt des Maximiner Meiers in Barv^eiler wesentlich mit auf
Gebülircn; vgl. * \M3anÄ'eiler 1484, Arch. Maximin. 1, 566: officium villici ibidem est 1 mir.
siliginis de decima et unum mir. fS. 5(i7j avenae, et pullos censuales, scilicet 54, et decimam
porcellomm lini et cannabis et IV2 nüi*. avenae de censibus. item de vinicopiis . . sext.
^ini. item de imoquoque commth 6 all), item habet etiam omni anno 18 alb. de de-
cima foeni.
®) S. WXeiunagen 1315, cit oben S. 465 Note 3.
>«) Vgl. MR. L^. 1, 447, 1121; 453, c. 1125, dazu oben S. 176 Note 3.
") *\VLintgen, Arch. Maximin. 9, 240, § 16: der meier zur zit zu Manderen sal hain
vor sin lohne omnes census pecuniales et ova et 16 panes et omnes minutas decimas, dempta
decima apum, quae nobis cedit, habebit etiam medium mir. siliginis, quod cedit secunda
.-£ss.kä
— 769 — Versal tungsorgauismus.]
doch kommen Mischformen wie auch rein benefiziarische Fundienmg noch bis
zum Schlüsse des Mittelalters vor^ Gleichwohl läfst sich das Bestreben der
Grundherren, das reine Gehalt einzuführen, namentlich um die Wende des
12. und 13. Jhs. sehr wohl verfolgen ^i damals mufste ihnen diese Neuerung
g^enüber den Emanzipationsbestrebungen der Meier besondere nahe liegen.
Aufeer dem Gehalt aber genossen die Meier noch Freiheit von einer
Anzahl von Lasten. Im Vordergrund stehen hier die vogteilichen Lasten,
namentlich Schaft und Herberge^, von ihnen sind die Meier fast stets befreit.
Daneben kommen noch Befreiungen von grundherrlichen Leistungen vor*.
feria post regum, et dabit scabinis offam codcm die et 7 sext. vini, quae eis tenemur per
annum. et [S, 241] expediet omnia onera nostra ibidem, habebit etiam duo mbr. avenae
de censibus avenae ibidem, et propter boc devehet et praesentabit nobis alia octo mh*. avenae
ad monasterium nostrum suis expensis. WHellingen 1716 § 12: der Scbamburger meier ist
. . verpflicbt, seiner gn. herrschaft ihre rente und gulte einzutreiben und aufrichtig lieferen
zu thon, deswegen bekombt er für seine bestalhmg ahn weitzen 4 sester und ahn geld
30 Brabanter stuber.
*) *üSMax. 1484 Bl. 47^, WGostingen: villicus habet unum campum dictum am
struechen, et unum pratum dictum antiquiun vivarium, et unum medium mir. grani, quod
redpit de censibus, et cetera emolumenta ad villicationem pertinentia; et unum pratum
dictum das klein wiesgin, et parvum ortulum, quod annue prestat 2 d. *WWeifskirchen
14d3, Arch. Maximin. 1, 96, § 7: dominus abbas habet in dicto banno duodecim iumalia
terrae vel circiter, quae quidem tenentur a villico loci ratione officii ciun aliquibus parvis
redditibus (S, 97] et censibus.
*) So erhält z. B. der Meier zu Schifüingen nach der Loi de Beaumont den Zins
von 2 gnmdhörigen Quartalia, Olarienthal 1817 S. 322, und ähnlich lautet die Regelung
in aUen ViUcs neuves. Auch in der SMaximiner Grundherrschaft ist am Ende des 12. Jhs.
das Reiche Prinzip schon weit durchgeführt, die Meier erhalten mit Vorliebe das ins dimidii
mansi oder sonst sichere Bezüge, vgl. USMax. S. 434, Muthfort; S. 434, Feulen; S. 440 Besch;
8. 441 Kenn ; S. 445 Herl. Etwas mehr als ein halber Hufenbezug wird gegeben USMax.
S. 448, Eslingen; S. 459, Oberemmel; ein volles Hufenrecht ist genannt S. 444, Detzem;
S. 444, Pölich : S. 447, Naurath. Zu anderen Einnahmen s. USMax. S. 435, Schönberg i. L. ;
8. 448, Metterich : S. 457, Mechem.
«) Vgl. MR. ÜB. 2, Nachtr. 2, 1192—1200: quisquis (in Nalbach) villicus institutus
faerit, ab omni exactione et hospitatione [advocati] liber erit omni tempore villicationis su?.
S. femer MR. ÜB. 3, 80, 1218; ebd. 313, 1217: der Vogt schwört, quod villicum de Vivers
[Viviers Lothringen, domkapitularischer Hof], quicunque fiierit pro tempore, ab omni exactione
assisa hospitatione et aliis prestationibus immunem et libenun in perpetuum conservabit.
Ebenhierfaer gehört Bd. 3, 58, ai f., 1269 ; aus späterer Zeit sei noch genannt WAmual 1417 :
alle meiger des Stifts sollent frie sitzen aller gebode Schätzung bede oder heischung des
nmgts. Kremer, Or. Nass. 2, No. 165, 1285 erscheint sogar das Gesinde, die familia con-
doctitia, des Schultheifsen (=» Meiers) und aller anderen Beamten von Vogtslasten frei. —
An andern Stellen dagegen kommt es nicht einmal zur vollen Befreiung des Meiers. Vgl.
laflächst MR. ÜB. 3, 319, 1227, erzstiftischcs Gut zu Pommern: scultetus erit liber ab
omni exactione [advocati], nisi bona ad advocatiam pertinentia sibi acqiürat Ist diese For-
derung noch verständig, so gehen doch andere Zeugnisse weiter, vgl. z. B. WKoenigsmacher
1273 § 6: villicum ponent abbas et conventus pro eonun voluntate, quem non gravabit
dictns I. advocatus exactionibus plus, quam aliquem hominem villae de Macheren. Ganz
ihnlich lautet auch Bd. 3, 76, se, 1277.
^) WSchönfels 1682 § 31: daß der her zu S. einen meier zu satzen und zu entsetzen
[Wirtschaft d. Grofsgrandbcs; — 770 —
Diesen Befreiungen standen aber spezielle Meierlasten gegenüber. Ab-
gesehen von vereinzelten Leistungen kommen hier allgemein namentlich zwei
Gnippen in Betracht, Empfängnisgebühren und Herbergslasten. Die ersteren
werden bei Antritt des Amtes gezahlt und bestehen meistens aus einer ein-
maligen Geldleistung * ; die letzteren beziehen sich ursprünglich auf die Ver-
pflichtung, den Grundherrn, bezw. dessen Vogt während seiner Anwesenheit
als Richter zu verpflegen. Derartige Verpflegungen erscheinen schon früh
im Sinne einer ganz bestimmt umschriebenen Last geregelt, später sind sie
meist auf Geld reduziert 2. Ein Ausflufs gerade dieser Leistung ist wohl die
nicht selten vorkonmiende Verpflichtung des Meiers, ein Schwein des Grund-
heiTn grofs zu füttern^. Schweinsbraten war das fast unentbehrliche Haupt-
stück des bei Gelegenheit jedes Jahresgedings abgehaltenen Festessens.
habe, welcher nieier wehrender meiere! semer frönde wegent seiner ambssdienstbarkeit frei
und ledig ist S. auch WLintgen 1537 § 4. Bisweilen kommen auch besondere Belohnungen
diensttreuer Meier vor, vgl. z. B. Arch. Clenaux 110, 1820.
') Vgl. USMax. S. 437, Mersch 9a: villi cus cum villicationem recipit, dat nobis 5 s.
S. femer MR. ÜB. 2, 357, Iura prep. s. Gast. Confi. um 1200: sciendum quoque est de iam-
dictis officialibus [des Kapitels], quod si quid questus [Glosse 16. Jhs: winkauf] ex officii
susceptione vel transmutatione a villicis seu decimatoribus , ut fieri quandoque solet, forte
provenerit . . .
') S. USMax. S. 461, Hofgeding in Issel: ius, quod recipimus a villico in 8 placitis;
in quolibet, quando venire voluerimus, dabit nobis [villicus] 2 sext vini et siun. avene et
cetera, et honeste nos recipiat Vgl. femer a. a. 0. S. 465, Heiningen; 466, Trincrey. Auf
Geld zurückgeführt erscheint die Leistung schon USMax. S. 466, Bisingen: villicus bis in anno
debet preposito servitium pro qualibet vice 28 d., s. dazu S. 431 : 5 s. ad servitium mensale,
und ebd. 3 s. visitales. Aus späterer Zeit s. UMarienthal 1317 S. 334: Wllicus [de Wolk-
ringen] tenetur in festo pascho pro encheniis 1 agnellum, 1 sext vini . . et panem de 1 sext.
tritici ; tantum tenentur eodem tempore furaarius et molcndinarius. et (juilibet eomm tenetur
in festo Remigii pro encheniis 2 aucas sext vini et jianem de sext tritici. WWeidelbach
1538 (53), G. 2, 172: es ist nit mehr ubimg, daß ein schulteß des closters diener uf diesen
dingtag zu empfangen, ein feur ohn rauch anzumachen, ein kraut und fleisch zu kochen
und ein glas mit einer wied darzustellen, dergleichen, daß der hüber under dem daiunen ein
hollendsch zu bringen und mit zu wein zu g(^ben [habc]^ ein hoUendsch sol also gut sein als
zwen heller. In denselben Zusammenhang gehört aber auch schon aus früher Zeit UlMettlach
No. 21 Bidlingen 12 d: der villicus zinst in festo sancti Liutwini victimam 1 aut 12 nummos
et 4 panes et 2 sext vini; in natale domini 4 gallinacians [!] 9 panes 4 sext vini 2 mo.
avene; vgl. U2Mettlach S. 195, 1329: omnes i)iscatores vennanun et naviculanim et 3 villici
(von Mettlach, Besseringen, Dreisbach) tenentur quinque vicibus servire in anno [dem Abte]
um Palmarum Ostern usw. Villici tenentiu* . . servitium de 12 d., piscatores vennarum
8 denariatas, piscatores navicularum 4 denariatas ; et unicuique datur bacarium vini et panis,
(luotiescumque servitia apportaverint
^) Die Abgabe eines Schweines seitens des Meiers ist z. B. durchaus gewöhnlich im
r Luxemburg, namentlich in den deutschen Partieen der Luxembiu-ger Höfe. Im einzelnen
vgl. MR. ÜB. 2, Nachtr. 2, 1192—1200, Nalbach, Hof von SSimeon: 20 d. de rebus ecclesie
sancti Simeonis . . villicus accipiens qualem poterit porcum inde comparabit, et inpinguatam
de n^bus suis propriis in nativitate domini advocato dabit, quem si advocatus refutaverit, 5 s.
pro porco illo dabit * USMax. 1484 Bl. 47^, WGostingen: sententiavemnt etiam scabini,
quod villicus annue tenetur in die Stephani unum porcum 3 fl. vel pecuniam, scilicet tres fl.,
— 771 — Verwaltungsorganismus.]
Umschreiben wir die Stellung des Meiers nach seinen bisher festgestellten
wirtschaftlichen Einzelfünktionen, Einnahmen und Lasten, sowie unter gleich-
zeitiger Berücksichtigung seiner Stellung als Vorstand der Fronhofswirtschaft
in den allgemeinsten Zügen , so tritt uns das Bild eines naturalwirtschaftlich-
grundherrlichen Zins- und Steuereinnehmers entgegen, der sich freilich, um
seiner Rezeptur mit Erfolg vorzustehen, stark um den Ausbau des Steuer-
substi-ats kümmern mufs, und dessen Stellung aufserdem durch Überlassung
einer Hufe zur Eigenwirtschaft im Fronhofsystem gehoben ist. Der Meier ist
demnach unter allen Umständen um vieles mehr naturalwirtschaftlicher Finanz-
beamter als Fronhofslandwirt; er besorgt als Hauptgeschäft die Zinshebung
unter starker Beaufsichtigung der genossenschaftlich geeinten Steuerpflichtigen,
während seine Aufsicht andrerseits unter die Mitwirkung der Steuergenossen-
schaft gestellt ist, welche ihren lokalen Mittelpunkt im Fronhofe findet. Und
diese Funktionen übt der Meier als Beamter aus, er ist Mmisterial. Auch
seine Besoldung war ursprünglich fast durchweg im Sinne der alten Ministerialen-
besoldung benefiziarisch geregelt.
Unterlag da das Meieramt bei dieser Stellung und Besoldung nicht der
allgemeinen Entwicklung des ministerialischen Beamtentums? War nicht zu
befürchten, dafs es sich im Laufe des 12. und 13. Jhs. in eine Erbstellung zu
Lehnrecht oder gar zu eigenem Rechte umwandelte?
Bedenken in dieser Richtung* und Spuren eines eigemnächtigen Ein-
«neifens tauchen schon früh im 12. Jh. auf 2; gegen Schlufs dieses Jhs. finden
wir dann die Meier vielfach in usui*piertem Eigenbesitz ^ oder wenigstens
erblichem Nutzungsbesitz* ihres urspiUnglichen Amtes; sie sind anderen
deliberarc ad sanctum Maximiiiiim. *USMax. 14S4 61. 87^, WBisingen § 19: sunt et ad-
Tenitmt alique parva iura denarionun et etiam parve emende, que etiam recipit villicus in
Hibsidium porci pemalis, quem ut supra scriptum est tenetur annue. Besonders deutlich ist
WKönen 1508, G. 2, 86: weisen die scheffen, daß der meier sol einem thumbcilster alle
jähr nf sanct 8teffans tag ein schwein liefern, imd das schwein sol sechs wochen und drei
tag zavom iniigen, und were sach, daß iemant anders frucht uf der mülen oder tremen hette
and der meier begehrte dem schwein zu mahlen, sol der müiller des andern maus frucht ab-
holen und dem meier mahlen, daß er dem herm sein schwein fett mache, des meiers
schwein sol so gut sein, als sechs gl., und der meier von C. sol mit des schultheßen von
Grendmch schwein gegen das ander wiegen, und ist es sach daß des meiers schwein das
andere überwiegt, sol der thumbcüster dem meier geben sechs ehlen tuchs, da die ehl so
fnt sei, als acht weißpfenning; wieget aber das ander mehr, sol der Schultheiß das tuch
kriegen. — Bisweilen erscheinen statt der Schweine wohl auch Schafe, s. USMax. S. 437,
Mersch: quelibet curtis solvit 4 d. . ., de quibus villicus duas oves emet
") Vgl. Martene Coli. ampl. 2, 91, Stablo.
*) Vorbedeutungsvoll ist schon die Macht der Meier im 9. Jh., vgl. Ep. Hincmari ad.
Lndov. regem c 14, 858, Baluze 2, 115. Im übrigen s. MR. ÜB. 1, 490, 1186; 2, 1*, 1169;
Qaix Cod. Aqu. 1. 39, 1191.
•) Gute Beispiele bieten Quix Cod. Aqu. 1, 50, 1192; MR. ÜB. 3, 291, 1226..
*) S. z. B. MR. ÜB. 2, 98, 1189; Quix Cod. Aqu. 1, 132, 1222.
[Wirtschaft d. Grofsgrundbes. — 772 —
Ministerialen entsprechend zu Rittern geworden und steigen mit der Ritter-
Würde in die sozial bevorzugten Klassen auf^
Natürlich wehren sich die Grundherren gegen diese Entwicklung. Zu-
nächst suchen sie den Amtscharakter des Meiers durch veimehite Energie der
Inspektion zum Ausdiiick zu bringen: daher überall seit dem Beginn des
12. Jhs. die Eimichtung besonderer inspizierender Gewaltboten, welche von
der Zentralstelle aus direkt kommittiert sind und bald gewisse Zinse zu er-
heben, bald den Hofdingen vorzustehen, bald namentlich, als sogenannte
Windelboten, die Weinlese zu beaufsichtigen haben ^. Allein bald ging man
weiter. Sehen wir von der schon filiher angedeuteten, später weiterhin zu
erörteiTiden^ Loslösung der gerichtlichen Funktionen aus dem Meieramt ab,
für deren Ausübung man das neue, dem Meieramt parallel laufende Amt des
grundherrlichen Schultheifsen in eben dieser Zeit kreierte, so suchte man auch
sonst den Meierdienst in seiner Bedeutung abzuschwächen und in seinen Be-
fugnissen zu zerstückeln. In ersterer Hinsicht mufste es von besonderer Be-
deutung sein, dafs eben jetzt die Auflösung des Beundebaues begann; mit
der Parzellierung und Verleihung der Beunden hörte natürlich die Beunde-
aufeicht des Meiers auf*. In letzterer Beziehung ging man darauf aus, für
einzelne Befugnisse des Meiers, besonders für die Weinbergsaufsicht und
Marküberwachung besondere Beamte, namentlich die sogenannten Baumeister
anzustellen^. Wo aber diese Mittel nichts fluchteten oder ihre Anwendung
unterblieb, da schritt man zum Abkauf des Meieramts aus den Händen des
') Ces. Heisterb. Dial. mai. 21, 6: ein villicus cuiusdam divitis als vir honestus
bezeichnet.
2) Vgl. LacArch. 3, 137, lia5, cit. oben S. 614 Note 1; MR. ÜB. 2, 40, 1140, Fest-
setzung zwischen SMartin-Koeln und den Gehöfem von Winningen. Für Delikte beim
Herbsten logato abbatis, non villico compositionem facient. Ferner: annis . . singulis tria
nostra [abbatis] placita observare debebant, in quibus diversis questionibus obnoxii erant
et ex illis duo remisimus, tertium nostre ditioni retinuimus. petitionom quoque, quam villicus
faciebat, condonavimus , nisi presentialiter verbum ad ipsos necessitate interdiun coacti pro-
feramus. Von gleichen Gesichtspunkten geht die sehr lehn-ciche, oben S. 450 citierte SteUe
in Lac. HB. 1, 867, 1149 aus. S. femer MR. ÜB. 3, 656, 1239, auch MR. ÜB. 8, 1087,
c. 1250: villicus curie sancti Georgii in Raitche placita (ciuie) bis in anno de excessibus
familie circa culturani vineanim et de alienatione et venditione bonorum servabit ex com-
missione mmtionim [der Boten vom Stift], si personaliter Interesse noluerint, et emendas
ipsorum usque adventum nuntionun ecclesie nostre reservabit. — Zu den Windelboten speziell
vgl. noch oben S. 613; USMax. S. 442, Fell; S. 443, Detzem; S. 466, Kürenz; MR. ÜB. 8,
28, 1214; Cesarius zum UPrüm 8. 180 Note B.
3) S. oben S. 734 ff. und imten Schlufs von Teil 1 des Abschnittes VII.
*) Vgl. oben S. 451.
'^) S. Cesarius zum UPnim S. 180 Note B; WRommersheim 1298, G. 2, 517: vortmehe
mach ein abth von Prume kiesen einen vroenbodeu in allen hoeven, als dicken als das noit
is, und daemit nit unrecht zu dhoin eime vait zu Schonecken, item voitme hat der scheffen
vur vol geweist, dat ein abt von Prume sal kiesen vorster vischer und bumeister in allen
hoeven, so wie der hoeve gewohnheit steit, und sal damit eime vait von Schonecken nit un-
recht doin. S. ferner noch WBacharach, G. 2, 221.
— 773 — Verwaltungsorganismus.]
alten Besitzers* und übergab das freigekaufte Amt entweder kleinen Leuten
und noch besser Priestern, bei denen Verjährung und Erblichkeit nicht zu be-
fürchten war^, oder stellte, namentlich von Seiten geistlicher Körperschaften,
Teilhaber der Grundherrschaft, im besonders genannten Falle geistliche oder
Laienbrüder der Genossenschaft, als Meier an^. Und dabei läfst sich
im ersteren Falle das Bestreben wahrnehmen, auf das neuvergebene
Meieramt nicht mehr den veralteten ministerialischen Amtsbegriff, sondern
vielmehr den neuen, eben erst im Werden begriffenen Amtsbegriff der er-
wachsenden Tenitorialverwaltung anzuwenden*. Häufig beruhigte man sich
aber auch bei diesen Malsregeln noch nicht, man schritt geradezu zur Ver-
pachtung des alten Amtes, sei es in Erbpacht*, in Zeitpacht* oder im
') MR. ÜB. 2, 98, 1189; Quix Cod. Aqu. 1, 50, 1192; 132, 1222; MR. ÜB. 3, 291,
1226: ziÄ'ei Herren von Helfenstein omnem rancorem, quem occasione villicationis in Overen-
berg erga vos et ecclesiam (Herfordensem) concepimus, remittimus . . . vos autem predictam
Tillicationem de manu H. Lenherii [aus dem Andemaclier Geschlecht] infra duos annos
redimere promisistis.
*) MR. ÜB. 3, 291, 1226: cum eadem villicatio ad vos libera redierit, vos nulü diviti
vel potenti persone eam conferetis, sed uni de litonibus vestris cum consilio nostro [des
Vogtes] committetis, qui vobis integram et antiquam integre solvat pensionem. Diese kleinen
Meier wurden dann wohl zu besserer Beaufsichtigung zu mehreren unter einen besonderen
procurator gestellt, vgl. MR. ÜB. 3, 820 u. 821, 1245. Der spätere Name war colonus oder
hoTeman, vgl. Bd. 3 Wortr. u. d. W. hob; MR. ÜB. 3, 820, 1245: colonus curtis nostre, qui
hoveman dicitur; Wenck, Hess. Landesg. 3, ÜB. 130, 13. Jh. Mitte: Ludewicus villicus, qui
dicitur hoveman. Auch der Ausdruck curtarius, curtelanus geholt meist in diesen Zusammen-
hang, 8. Bd. 3 Wortr. u. d. WW. curtarius, curtelanus, auch U2Mettlach S. 194, 1329 für
Rech, Orschobe?, Besseringen a. d. Saar.
«) S. schon früli •Düsseid. St. A. Pant Or. No. 23, 1161: frater noster H., qui tunc
villicationem prefat? curtis amministrabat; MR. ÜB. 3, 893, 1230; \Mgel 1292, cit. oben
S. 491 Note 1 u. 6; WLosheim 1302 § 5: fundatores [die Grundherren, der Abt von Mett-
Uchj sine advocato ponere debent in curia unum conversum et non laicum, qui conversus
ipsum advocatum ad placitiun suum . . . [Lücke] servare debet teuere cum tribus equis, ac
eisdem stramen et feniun dare tenetur et mallum ipsius advocati custodire. Natürlich hat
auf diese Entwicklung die Grangienwirtschaft des 12. und 13. Jhs. (s. oben S. 688 ff.) einen
grofseu Einflufs gehabt
*) So erhalten nach dem Lehnsbuch Werners U. von Boland, S. 33, die Meier Boland-
scher Höfe (mansionarii) an Lehngut von Werner Land im Werte von 20—30 bisweilen 40 mr.,
ein mansionarius , der zugleich in Erpenstein procurator tuiTis et vigilum [Sauer vigiliuml]
ist, erhjüt Lehnland iiir 50 mr. Diese Art der Belehnung ist aber auch diejenige, von der
■an zur späteren Amtsbesoldung fortschreitet Vgl. auch Guden. Sylloge S. 125, 1222: de
UDO . . residuo manso, qui . . vocatur ammethuobe; und CRM. 2, 376, 1298, Prüm: officium
nllicationis seu iurisdictionem eorum in opido Reimbag, in quo olim dicti comites de Ho-
fitaden. nunc vero nos archiepiscopus et ecclesia Coloniensis sumus maiores et superiores
advocati, prout in ipso oppido et extra ipsum opidum dictum officium villicationis cum omni-
bog suis pertinentiis et iuribus se extendit et antiquitus de iiu*e extendcre se consuevit
^) Dies ist nach den eben gemachten Erfahrungen natürlich der seltenere Fall, doch
kommt er vor, vgl. MR. ÜB. 3, 1087, c. 1250: villicus curie (sancti Georgii in Colonia) in
Baitche, qoi quondam fuit, . . iure hereditario possedit eam.
*) Hierher gehört schon in gewissem Sinne MR. ÜB. 3, 91, 1218, Streit zwischen
[Wirtschaft d. Grofsgrandbes. — 774 —
Teilbau ^; und in einzelnen Fällen trennte man bei dieser Gelegenheit
noch die eigentliche Fronhofswirtschaft von der Verwaltung der Zinse und
Renten ^.
Natürlich wurde infolge dieser Vorgänge die alte Einheit der Beziehungen
und Funktionen des Meieramtes seit dem Ende des 12. Jhs. rapide zur Auf-
lösung gebracht; an Stelle der festen Konstruktion früherer Zeit erscheinen
nunmehr seit dem 18. Jh. in immer wachsender Zahl abweichende Bildungen,
imd neben der Regie durch Teilhaber der Ginindherrschaft nimmt namentlich
die Verpachtung immer gröfsere Dimensionen an. Aber auch in jener Minder-
zahl aller Fälle, in welchen sich die alte Form hält, ändern sich doch nicht
selten einige wesentliche Beziehungen. Zwar behält der Grundherr meist das
freie Ememmngsrecht des Meiers^, aber doch macht sich hier und da neben
ihm irgendwelche Ingerenz des Vogtes oder auch der Hofgenossenschaft — im
letzteren Falle meist im Sinne eines Wahlrechtes — geltend*. Auch das
<lein Bamberger Domkapitel luul SSimeon über die Pfarrkirche zu Henningen. De villicatione
difßnio : canonici sancti Simeonis villicationem a Babenbergensi ecclesia defimcto illo, qui nunc
possidet, habebunt, de sexto in sextum annum huius villicationis receptionem renovantes ad
commonitionem nuntii ecclesie Babenbergensis , quam ecclesia Babcnbergensis non negabit.
*Bald. Kesselst S. 299, 1338, liegt gar schon ein Fall vor, wo nur auf ^in Jahr yerpachtet
winl: die höve zfi Lainsheim und zft Dreise, die verpechtet man ie des jars umb höndert
mir. fruchte und umb zehene oder zwenzig mir. daezfi. S. auch Bd. 3, 488, No. 51 ff., c. 1350.
') MR. ÜB. 3, 393, 12!^0: si abbas et conventus Seinensis secularem personam, que
prcfatam curiam pro pensa vel media parte fructus colere consueverat, amoverint et unam de
suis fratribus substituerint et agros suos propriis cxpensis excoluerint . .
2) So findet sich im IhMarienthal 1317, S. 319 — 20, ein Meier, der nur Geld einnimmt,
keine Wirtschaft hat: villicus banni Arlunensis tenetur 12 s. Metensiiun d. de serritio suo,
femer 12 s. de diversis consibus, de 6 particulis tcrre . . 3 s., de quadam alia particula
teiTe, quo vocatur durzense, 2 s. usw.
^) S. MR. TB. 3, 69, 1217: villicatus ciulis in Flachte ad liberam dispositionem et
ordinationem capituH [SFlorin-KoblenzJ cum omni iure suo spectat. Vgl. femer Bd. 8, 58,
18, 1269; 65, i7, 1274; 102, 27, 1293; WLintgen 1320, Arch. Maximin. 7, 732, § 1: in curte
l)raedicta villico vacante dictus dominus abljas habet constituere villicum, und äluilich *WIion-
guich 1408, Arch. Maximin. 8, 36, S 20; WLosheim 1465 § 18: *\VBisingen, .\rch. Maximin.
1, 1287; MHagelsdorf 1596 § 5.
♦) Vgl. schon Schannat, Buch. vet. S. 338, 1126: Fulda verspricht den neuen Ansied-
lern im Branforst, ne alienus villicus colonis illis i)raeficeretur, nisi unus, quemcumque inter
se elegissent. S. femer MR. TB. 2, Nachtr. 2, 1192—1200: der Meier von Nalbach wird
vom Gnmdherra bzw. dessen Vertreter gewählt. Sed si homines eiusdem curtis electionem
in institutione villici se habere contenderint, ipsi aut decem aut pliu^s ex ipsis, qui fideliores
aut maioris auctoritatis inventi fuerint, Treverim accedant sponte sive inviti ab advocato
compulsi, coram preposito prefat^ ecclesi? experientur; WEsmingen 1348 § 5: die Vögte
sollent den meier zu E. machen; und wer es das uns [den Gmndherren, Grafen von Luxem-
burg] der meier nit envugte, so sollent die scheffen imd die gemeinde von E. neun welen.
und wer es dat uns der neun keiner gefiel noch enfuegte, so sollent doch (die Vögte) den
neunten meier machen. WBech bei Echtemach § 11: stirbt der Hobsmeier, so sollen die
gerichten ein andern mit wissen und willen (des Abts von Echtemach), des ganzen convents,
des vogtmeiers und ganzen hofs wiedemmb kiesen.
— 775 — Verwaltungsorganismus.]
ursprünglich unbedingte und ungel)undene ' Absetzungsrecht des Meiers bleibt
dem Grundheim nicht immer gewahrt; öfters erscheint das Amt de iure als
erblich, falls keine Disciplinarvergehen vorliegen^; und de facto war die Erb-
lichkeit wohl überall da vorhanden^, wo kein besonderer Zeittumus der Neu-
besetzung feststand*.
Ist es wichtig, das Schicksal des Meieramtes bis in die eben festgestellten
Einzelheiten zu verfolgen, so genügt für die dem Meier bei- oder unter-
geonlneten Beamten ein kurzer Überblick. Diese Beamten gehören, ab-
jresehen von den eigentlichen Fronhofeunterbeamten (z. B. Schäfer imd Ochsen-
hirt) und von den für die gesamte Gehöferschaft amtierenden Unterbeamten
(wie Müller, Ofner, Förster), sämtlich der technischen Verwaltung an; sie
sind dem Meier beigeordnet, sobald die ihnen unterstehende Verwaltung be-
sonders extensiv oder intensiv ist ; im andern Falle sind sie ihm untergeordnet.
Aus der Urproduktion stehen deshalb die grofse Forstverwaltung '^ und
die auf weite Strecken ausgedehnte Flufsfischerei ® wie die Pferdezucht, soweit
sie besonders gründlich getrieben wird', als gleichberechtigte Ämter neben
Meierämteni, dasselbe gilt von der Verkehi-sverwaltung (Zoll, Fähren) wie
dem Handwerk am Sitze der Grundhen-schaft ®. Vereinzelte Handwerker da-
gegen, wie vereinzelte Jäger, Fischer, Fergen stehen unter einem Meier.
Indes ist ihr Verhältnis dann kein reines Beamten- oder Ministerialverhältnis :
sie sind im Besitz einer giimdhörigen Hufe und bilden nur eine besondei-s
beschäftigte und hin und wieder auch bevorzugte Klasse in der Gehöferechaft.
GemäJs diesen Unterscheidungen können wir imter den dem Meier
untergeonlneten Subalternen imterscheiden einmal Diener für die Spezial-
>) S. Bd. 8, 58, 18, 1269.; 65, n, 1274; *WLonguich 1408, Arch. Maximin. 8, 36, § 20;
•\S^isingen, Arch. Maxiniin. 1, 1287, § 1; WHagelsdorf 1596 § 6.
*) WSchengen 1624 § 41: richter meier und scheffen bleiben ihr lebenlang in ihren
diensten und ampten, ohne daß sie deren beraubt oder entsetzt werden, sie haben es dan
mit handen munt oder sunsten vermacht
«) Man vgl. z. B. *U8Max. 1484 Bl. 30»>, WMochem 1487: Henselin meiger un
Kheffen zu Mecheiii, der hondert und 6 jare alt wais.
*) Hierzu vgl. *WLintgen 1320, Arch. Maximin. 7, 732, § 3: anno revohito semper
dictus abbas potest, si placet, villicum a villicatione sua removere et alium constituere.
^WMandem, Arch. Maximin. 9, 237, § 1: so wisen die scheffen zo Manderen mime hem
vao sant Maximinc und sime gotshuse alle jare dru jairgedinge, das eint jairgedinge ist
TiUen des nesten maentags na sent Peters und sent Paulus tagh, uf welche jairgedinge oder
ts(^ were sach das min herr der abt hette einen ambtman oder meier, der ihme und sinem
gotshuise nit nützlich ader bequemlich were, magh er denselben abesetzen und mit rate der
scheffen vorg. einen anderen ambtman ader meier machen uf den vorg. maendagh, welche
meier sal w^anen uf Peterschaffvodien mins herren gront van sant Maximin.
^) S. oben S. 495 ff, vgl. auch Waitz, Vfg. 8, 264 f.
•) S. oben S. 500.
') S. oben S. 533.
») S. u. a. MR. ÜB. 3, 915, 1247; U2Mettiach S. 194-5, 1329. Zu den Hofhand-
werkem s. v. Maiu^r, Fronh. 1, 202 f., 244 f.
[Wirtschaft d. Grofsgrundbes. — 776 —
Wirtschaft des Froiiliofs: hier wären nur die ziemlich selten vorkommenden
Schilfer und Ochsenhirten zu nennen ^ Femer Unterbeamte für die gehöferschaft-
liche Verwaltung: hier kommen Untermeier- und in Lothringen auch Dekane*
als direkte Vertreter des Meiers, Müller und Ofher als Vorstände der grundhen-
lichen Mllhlen und Backöfen *, endlich Förster für die Hut grundheiTlicher All-
menden in Betracht^; und auch der eigentlich der grundherrlichen Gerichts-
verfassung angehörige Fronl)ote vei-sieht bisweilen Dienste in der Wirt-
schaftsverwaltung an Meiers Statt *^. Endlich aber sind etwa noch als dritte
Klasse uneigentlicher Subaltenien diejenigen Gehöfer heranzuziehen, welche
im besonderen technischen Dienst Verwendung finden, der Zimmermann',
1) USMax. S. 433, Muthfort; ♦USteiufeld Bl. 153 <«.
-) * WWeifskirchen 1493, Arch. Maxiiuin. 1, 99: villicus Semibesengiae potest con-
stituere villicum in Alba ccclesia ad suscipicndos redditus praefatomm dominorum abbatis
et conventus monasterii praefati, qui faciet bonani et competentem solutionem et computationem
dicto villico seu ofßciario Semibesengiae pro et nomine praefatomm dominorum.
*) S. Calmet 5, 140, Longueville; USMax. S. 46ö, Tincrey und Orioncourt
*) S. z. B. üMarienthal 1317 S. 334, cit. oben S. 770 Note 2. Hierhin gehören wohl
auch die grundherrlichen Brauer; zur Brauerei vgl. oben S. »586.
^) Zu den Fimktionen des Företers s. namentlich USMax. S. 448. Eslingen; s. auch a. a.
0. S. 433, Schüttringen; S. 445, Naurath; S. 456, Weiten. Für später vgl. WKenn 14. Jh.
2. H., cit oben S. 455—6; WGostingen und Kanach 1539 § 41, cit oben S. 426 Note 4;
WAsselbom 1566 § 24: ein wald erst aufgeforstet auf der Hofsleute Firbe, darum nur diesen
gehörig; für ihn sind 2 Förster vorhanden, jeder, wer hofgut oder erbe hat, zahlt ihnen jähr-
lich einen Halm. — Übrigens kommen die mannigfachsten Kombinationen grundherrlicher
und markgenössischer Forstbeamten vor, s. schon WSponheim 1491: nota quod Silvas et
prata habemus [d. Kl. Sponh.] in districtu Sp. iacentia, pro quibus conservandis atque tutandis
necessarius est custos, quem abbas solus potest ponere, quemcumque voluerit, videlicet super
Silvas suas et prata. potest etiam, si vult, communem custodem habere cum villanis. Eigen-
tümlicher noch ist WKlotten 1511, G. 2, b20: wat die foerster finden binnen dem ban van
Clotten vehe uf der herm erf van Bruwilre, dat sullen si in den hoef Bruwilre driven, und wat
si van luiden vinden uf der herren van Bulwilre erf und gueder, dat sullen sie dem schoultili
roeghen, imd wat sie up den andern guederen finden, den sullen sie eime heimberigen van
Clotten roeghen.
*) S. schon USMax. S. 446, Naurath: bedellus dominicalia nostra ad colendum distribuet:
dafür erhält er vom Heu, quantum dens furce longus est S. femer WDahlem 1472, G. 2,
571 : der Fronbote soll die achter und auch die brod hüeten, und abe sie geatten wurden, schul-
dige leutli zu weisen; abe er das nit thete, sol er das selber bezalen. des hat er zu Ion in
der achten ein garbe usw. WRiol und Fell 1537, G. 2, 304: die potten haben auch zu Riol
von einem ganzen ploech alle jar ein broeth, und von eim, der keinen ploech hat, zwene hl.
ader einen wihnachtsweck ; danmib sollen sie dem gruntherren sein vünfteil hüten, sollen
auch zu Velle dem gruntherren meier zeuder und gemeinen gehorsam sein: darum haben sie
von eim jeden hausgesesse alle jar ein broet.
^) Gerade der Zimmeimann spielt eine bedeutende Rolle, vgl. V. Herib. Colon. 8;
Bd. 3 Wortr. u. d. \V. carpentarius ; und besonders im USMax. Schüttringen S. 433 : habet
iura dimidii mansi preter censualem annonam; Mutlifort S. 433; Mersch S. 437: carpentarius
messem dominicam in horreum deducit; Mamer S. 434: car|)entarius recipit de cumi
geliniam [1. gerbam] unam; Mersch S. 437: de plaustro 20 gerbarum unam recipit; Mersch
S. 437: villicus cum villicationem recipit, dat nobis 5 s., forestarius et carpentarius 18 d.;
— 777 — Verwaltungsorganismus.]
Schmied*, Weber*, Fischer®, der Glasmacher, Pergamentlieferer , Zeidler,
Köhler und wie die Spezialgehöfer alle heifsen*. Ihnen allen gemeinsam
ist, dafe sie auf grundhörigem Gehöferland gleich andern Hofgenossen sitzen*,
während ihre Zinse und Leistungen nur zum geringeren Teil der Urproduktion,
zum gröfseren ihrem besonderen Beruf entnommen sind.
Sehen wir von dieser letzteren Klasse ab, so ist die Lage der dem Meier
bei- bezw. untergeordneten Beamten der des Meiers analog, nur weniger ftei
und weniger scharf ausgeprägt. Auch sie beziehen ein benefiziarisch fest-
gelegtes oder freies Deputat®, auch sie sind von gewissen Abgaben frei und
schulden gewisse besondere Leistungen ''; und als äufseres Zeichen der Unter-
ordnung der Subalternen unter den Meier erscheint eine Empfängnisgebühr und
ein Herbergsgeld, entsprechend den gleichen Leistungen des Meiei*s gegenüber
dem GrundheiTu®.
12 sunt nostri, 6 viUici; Besch S. 440: villicus habet ius dimidii mansi, forestarius dimidii,
carpentarius dimidii; Oberemmel S. 459: carpentarius habet V2 mansum et in hebdomada,
qua nobis servit, mo. siliginis. S. auch noch a. a. 0. Pellenz S. 452, Z. 10 v. u
^) S. u. a. üStift 397, Serrig 10 c: 2V'2 mansi ad fabricandum archiepiscopo per-
tinentes ad quodcumque ipse voluerit edificium; sed fabro ferrum dandum est et si forte
archiepiscopus itiirus est in expeditionem, coloni predictorum mansuum ex ipsis unum solo
et nudo palefrido preparatom archiepiscopo mittent, iit ferraturam equorum suonun procuret ;
et ipse archiepiscopus reliquum apparatum fabro providebit S. auch oben S. 555.
^ S. Cesarius zum UPrüm S. 145 Note 5: ministri sive villici femoralia consuta a
feminis servilibus de officio suo debent representare ; femer Kremer, Ardenn. Geschl., Cod.
dipL S. 149, 13. Jh. Anf.
«) S. Lac l^. 1, 190, 290, 1119; oben S. 500 Note 7; besonders aber WVölkelingen
1421, 6. 2, 10: wieset der hof^ das min here fünf frieher vischeringen hait, und umb das die
▼ischer die frieheit von den vischeringen hant, so sol iglicher vischer von sinen vischerigen
alle wuche gein Sarbnick in mins hem kuchen zehn penwerth vische [tragen]; und werent die
▼ische nit eins schillinges phennig wert, so genügen sie minen hern nit; und sol min here
den vischem ire weidenaichen geben, wan ine das noit geburt, und sint die alden des
meigers; wollent die vischer die nachen behalden, so sol ein vischer dem meiger vunf s.
geben vor sinen naichen.
*) S. Bd. 2 S. 179, Kolumne Spezialgttter.
•) MR. ÜB. 1, 287, 1008—1016: feodum, quod pertinet ad fabrile opus; s. femer
rSMax. 8.458, Rübenach, und dazu S. 776 Note 7; Bd. 2 S. 179, Speziälgüter; UMarienthal
1817, cit oben S. 770 Note 2.
*) UPrüm No. 2: unus molendinarius tenet de terra ioraalem pro sua vestimenta; USMax.
8. 488, Schüttringen: forestarius habet . . in cultura nostra 15 gerbas hiemales et 15 estivales,
I. anch S. 776 Note 7; *USteinfeld Bl. 158 d: imse schefer hait unse groesse wese zoe dem
•chae&taUe, ind gilt uns danaf 10 gülden.
^) MR. ÜB. 8, 80, 1218; Kremer Or. Nass. 2, No. 165, 1285 : von den Vogteipflichten
in Ravengiersburg sind befreit sculteti custodes nemomm ceterique officiati a preposito et
conventa institnti ac ipsorum familia conducticia. S. femer UMarienthal 1317, cit. oben
8. 770 Note 2.
*) Das Empfängnis, weil der Meier die Subaltemen in ihr Amt einweist, vgl.
Üll^iicheriiigen um 1200, MR. ÜB. 2, 865, cit oben S. 585 Note 8. Vgl. auch USMax.
8. 487, Mersch 9a: viUicus, cum villicationem recipit, dat nobis 5 s.^ forestarius et carpen-
lisaf r«eki, DeataehM Wirtscbaftoleben. I. 50
[Wirtschaft d. Grofsgrundbes. — 778 —
Wie aber stellen sich nun gegenüber dieser Organisation der Wirtschafts-
verwaltung die Leistungen der Grundhörigen? Inwiefern greift der Gehöfer
in die Fronhofswirtschaft ein, inwiefeni zinst und zahlt er?
Im allgemeinen zerfallen die Leistungen der Gehöfer in persönliche
Dienste (Fronden) und in Abgaben (Zinse). Doch sind beide Gruppen durch-
aus nicht immer reinlich getrennt; es giebt vielmehr eine Anzahl von Leistungen,
in welchen Fronde und Zins kombiniert auftreten, z. B. das Auffahren von
Dünger aus der eigenen Wirtschaft auf Salländereien ^ In ganz besonders
inniger Weise verquickt erscheinen aber Fronde und Zins namentlich in der
Herbergspflicht der Gehöfer ftlr den Grundherrn bezw. dessen Vertreter,
welche auf eine bestimmte Summe fixiert, dennoch der Natur der Sache nach
mit gewissen Dienstleistungen verknüpft bleibt. Sie kommt zumeist unter dem
Namen Weisung vor, da ihre Ausübung si)eziell zu den Gerichtstagen be-
anspmcht wurde ^.
tarius 18 d., 12 sunt nostri, 6 villici. Zum Herbergsgeld s. üSMax. 431 : der Meier erhält
denarii visitales von zwei Mühlen seines Bezirkes; ebd. 8. 434, Muthfort: recipit [villicus]
a carpentario in nativitate domini 4 panes, 2 d., sext vini; a 2 forestariis et molendinario
idem; ebd. S. 446, Naurath: in nativitate domini carpentarius, forestarius, 2 molendinarii
singuli (villicum) visitant et 6 d. visitales dant.
') Vgl. z. B. die Notizen im UPrüm für den Ausdruck ümum ducere: ducit de suo
fimo carr. 5 (No. 1); dasselbe wird No. 37, 38 mit vectura bezeichnet Femer: arant et fimant
de illonun ümum iomalcm dimidiiun ad hibematicam satiouem ac sigulum seminandum, ad
tremensem in martio et aprile arant iomales 3 (No. 45 Villance); ducit cum carro suo ex
dominico fimo et fimat diem 1 (No. 46 Mabonprd); solvit de fimo carr. 5 (No. 89); unum
diem ad fimum ducendum (No 104 Gemmerich). — Das Wort ducere hat im UPrüm über-
haupt den bisweilen kaum sicher zu fixierenden Doppelsinn von blofser Transportleistung
und von Zins- und Transportleistung, vgl. No. 8 : pro ligna ducit de annona mo. 5, de spelta
mo. 10; de curte dominica ducit ad monasteriiun de annona mo. 5. In No. 9 z. B. gehört
de spelta 15 mo. nicht mehr zur angaria, vgl. No. 16, 19, 20. S. auch No. 6: ducit devino
in angariani carr. 1.
2) Vgl. zur Verdeutlichung zunächst aus späterer Zeit Saarbrückener Recht 1821, G. 2, 3:
wir gebieten und wollent, das alle, die in dieser frieheit sint zu Sarbrucken und zu Sanct Johan
und dar komen mogent, das iglichs in sime huse einen stal mache nach der wide, die es
hait, unser fiimde und unser goste zu enthalten, wan wir in enbiedent; und sollent ine geben
hauw und strowe und bette dem pherde, die nacht lunb zwene deine tomes. Speziell zum
Ausdruck Wisung s. *ÜSMax. 1484 Bl. 23 b, WThaben 1487: die SchöflFen weisen nach dem
jargedinge 2 wisunge ader vrie gerichtzdage dem apt zu 14 dagen, also verre daß kein
gebaute vierdage op dem jargedinge oder op die 2 wisungen enkomen; alsdan sal man das
jargedinge und wisunge des nesten wcrkdages darnach halden. Im übrigen s. UlMetÜach
No. 5, Vahl 15 d: in natale domini aut visitationem aut 6 d.; ebd. No. 6, Roden 12 d: (12 mansi)
in natale domini in visitatione sua 2 s. et 40 panes et 20 mo. avene reddunt Ebd. No. 23
heifst die visitatio xenium; sie kommt auch öfter vor, ohne direkt genannt zu sein, z. B.
No. 13, 15, 21. Auch im UKarden 11. — 12. Jhs. ist sie xenia genannt: in Hambuch ad
xenias 3 panes, gallinam et ob. S. femer noch ÜSMax. S. 443, Detzem, (wisungsemer) ;
S. 445, Herl; UStift S. 405, Welschbillig, sowie S. 403, Forstamt: mansus [eine Forsthufe]
solvit . . magistro forestariorum in festo Stephani prothomartiris 1 mir. avene non cumulate,
quod dicitur wisunge; und ebd. S. 414, Kell: 7 mansi geben in natali domini pro wisunga
1 mir. avene scapulam d. et 2 panes.
— 779 — Verwaltungsorganismus.]
Über die Höhe der gehöferschaftlichen Leistungen pro Hufe erhält man
keine bestimmte allgemeine Anschauung ^ Zwar haben einige Volksrechte in
Gegenden, wo in der Frühzeit der Entstehung dieser Rechte noch durchaus
homogene Belastungsgrundlagen in gleichmäfsig angelegten Hufen vorhanden
gewesen sein mögen, eine Leistungseinheit für den Gehöfer aufzustellen ge-
sucht*; in unserer Gegend finden sich indes zu keiner Zeit Spuren eines
derartigen Versuches. Die einzige Mafsnahme, welche sich in verwandter
Richtung nachweisen läfst, läuft darauf hinaus, innerhalb eines bestimmten
Hofes oder wenigstens innerhalb aller speziell am Fronhofeort gelegener gehöfer-
schafUicher Hufen dieselbe Leistungshöhe einzuführen. Und offenbar war man
zur Karolingerzeit in dieser Hinsicht sehr weit gekommen: die ganze Art
karolingischer Urbarverzeichnung, wonach unter Angabe der gesamten Hufen-
zahl die Leistungen einer bestimmten Hufe exemplifizierend aufgezählt werden,
beruht auf der Voraussetzung gleicher Leistungshöhe®. Späterhin verschwindet
indes diese Art der Verzeichnung*; und aus diesem Vorgang wie aus einer
Fülle späterer thatsächlicher Erscheinungen^ ersieht man, dafs alle spätestens
seit der Ottonenzeit hinzugewonnenen grundhörigen Hufen dem alten Uni-
fikationsbestreben nicht mehr unterlagen.
Indes wären wir auch wirklich im Besitze einer viel einheitlicheren Über-
lieferung über die Leistungshöhe der einzelnen gehöferschaftlichen Hufen als
dies thatsächlich der Fall ist, so würde es immer noch gewagt sein, allgemeine
Anschauungen aus ihr heraus zu entwickeln. Der Grund hierfür liegt in dem
Charakter der grundhörigen Leistung überhaupt. Die Leistung hat etwas in sich
Unbestimmtes ; sie wird nicht in ihrer Dauer und Höhe, sondern in ihrem Ziel
begrenzt * , sie läfst sich nicht mit unserer heutigen Akkordarbeit, sondern nur
mit unserer Bestellungsarbeit vergleichen. Die Leistung ist perfekt, sowie das
durch sie zu deckende Bedürfiiis befriedigt ist; ist eine solche Befriedigung
noch nicht erreicht, so hat sie bis zum Eintritt derselben fortzudauern^. Es
ist natürlich, dafs dieser Grundsatz besonders auf dem Gebiete der Fronden
^) S. Bd. 2, 188 ff.
*) L. Baiuw. 1, 14, i — 5; L. Alam. c. 22 u. 23. Dabei sind die Abgaben in Baiern
nach gallischem Recht normiert, vgl. MGLL. 3, 278 — 80 Anm.
») Vgl. Bd. 2, 70, 78, 108—9, 660. Vgl. z. B. ÜPrüm No. 107 : servilia mansa 12.
qui sub uno censu tenentur, id est 3 dies in ebdomada. et sunt 7, qui sunt sub uno censu,
excepto 4 dies in ebdomada faciunt
*) Bd. 2, 660.
*) Bd. 2, 788 ff.
*) Vgl. z. B. als bezeichnend WBech 1529: solle ein ieklicher sein planken also ver-
wahren an dem hof, daß er binner eim jähr nit abgehe, und feit ehr ab, so muß er den
bessern mit der bossen mit einem sester weins.
^) Wie sehr das wirkliche Bedürfiiis mafsgebend ist, zeigt z. B. Trad. Wizenb. S. 68,
774: Rihbald schenkt an Weifsenburg mancipia, que super ista terra conmianere videntiu*;
illorum opera: 3 dies in ebdomada, et si necessitas fiierit ad maiora opera, 14noctes veniant
ad ipsa opera.
50*
[Wirtschaft d. Grofsgnmdbes. — 780 —
von Bedeutung sein mufste. Die Fronden liefen auf die Bestellung des Sal-
landes hinaus: das war das Hauptziel: die zu seiner Erreichung notwendigen
Arbeiten waren seitens der Gehöfer zu leisten. Waren demgemäfe, bei dem
nicht stets gleichen Verhältnis von Gehöferzahl und Sallandsareal , schon von
Anbeginn an die Bestellungsfronden der Gehöfer an verschiedenen Orten und
in verschiedenen Höfen verschieden hoch, so mufste sich diese Verschiedenheit
bei der bald gröfseren bald geringeren Zunahme der Beunden durch Rodung
und bei den untereinander abweichenden Fortschritten der einzelnen Grund-
herrschaften in Bestellung und Melioration noch beträchlich erhöhen. War im
Ganzen ein Steigen der Bedürfhisse und dem entsprechend eine Erhöhung der
Bestellungsfronden der überall zu erwartende Vorgang, so trat dem allerdings
das schon früh von der Gehöferschaft beanspruchte Recht entgegen, die Fronden
als integrierenden Bestandteil ihrer Leistungen und ihres materiellen Rechtes
unverbrüchlich, unerhöhbar zu weisen. Zwischen diesen beiden Tendenzen,
dem stärkeren Bedürfnis der Grundherren und dem Fixierungsanspruch der
Gehöfer auf dem Wege Rechtens, war also zu vermitteln. Kompromisse in
dieser Richtung aber kamen um so eher vor, je mehr wiederum eine ganze
Anzahl von Leistungen allmählich als antiquiert in Wegfall kam, z. B. das
Jäten des Getreides nach vollständiger Urbarung und Klärung des Bodens*,
das Wachen bei den Feimen nach Erlangung einer festeren Rechtsordnung
und gröfseren Landessicherheit*.
Aus den bisherigen Ausführungen ergiebt sich, dafs die grundhörigen
Leistungen sehr verschieden hoch sein mufsten, nach Zeit und Grundherrschaft,
nach Lage und Beundeareal des Fronhofs, sowie nach tausend anderen Be-
dürfiiissen, welche sich neu geltend machten und seitens des Grundherrn unter
Verständigung mit der Gehöferschaft möglichst berücksichtigt wurden®. Dem-
gemäfs kann es nicht unsere Aufgabe sein, die Leistungen nach Gehalt und
Höhe einzeln zu schildern*; jeder Versuch in dieser Richtung müüste unvoll-
ständig bleiben. Vielmehr kommt es nur darauf an, durch Eingehen auf die
gewöhnlicheren Leistungen eine konkrete Vorstellung von der Einordnung der
Gehöfer und des Gehöferlandes in den grundherrlichen Betrieb zu erlangen.
Der Weg, welcher zu diesem Zwecke eingeschlagen werden mufs, wird
durch die Einteilung des grundherrlichen Areals wie den Charakter der Leistungen
als Fronden und Zinse vorgeschrieben; wir werden zuerst die Fronden für die
Eigenwirtschaft des Fronhofs, für den Beundebau, für die Ausnutzung der
grundherrlichen Allmende, darnach die Zinse nach Art und Veranlagung, Höhe,
Beitreibungs- und Liefenmgsart zu betrachten haben.
') Oben S. 556.
2) Darüber unten S. 782 Note 3. Doch finden sich die alten Wactae noch spät, z. B.
in Niederingelheim noch im 15. Jh., Loersch S. LXni.
^) S. auch schon oben S. 759.
♦) Einen Versuch s. bei v. Maurer, Fronhöfe 1, 357 ff.; speziell för den Hunsrück vgl.
Back 1, 98 f.
— 781 — Verwaltungsorganismus.]
Unter den Fronden * treten jene für die direkte Fronhofswirtschaft ver-
hältnismäfsig zurück ^ ; was hier zu thun war, wurde durch die Fronhofskräfte
selbst besorgt, die Gehöferfronden dagegen galten vornehmlich der Beunde-
wirtschaft. Bezeichnend ist in dieser Hinsicht der Mischgebrauch der Aus-
drücke für fronden und achten (arbeiten auf der Acht, der Beunde), sowie die
Gleichstellung der Pflugfrondepflicht und der Beundebestellungspflicht^. Indes
kamen doch in beschränkter Weise* Fronden unmittelbar für den Fronhofe-
acker vor, so z. B. im Prümer Urbar das Jäten, Reinigen, Beetmachen und
Pflanzen im Garten, die Flachsbestellung und Flachsbereitung u. a. m. Im
allgemeinen aber gehen für den Fronhof direkt geleistete Dienste nicht eigent-
lich auf die Ackerwirtschaft, sondern überwiegend auf den Schutz der Ernte
und die bauliche Erhaltung des Hofes ^. So bezieht sich z. B. die Fronde der
Clausura im Mettlacher Urbar nicht blofs auf das Schliefeen der Erntefelder
durch Zänne, sondern auch auf das Bedecken der Kornmieten mit Dächern,
weshalb es wohl geradezu edificare heifst (No. 7, 10, 18); und auch die An-
fertigung von Schindeln und Ziegeln steht mit diesem Dienste in Zusammen-
hang (No. 10, 11, 18). Ebenfalls auf die Baupflicht am Fronhof laufen mit die
grofeen, meist zweimal im Jahre wiederholten Fronzeiten hinaus, welche in
älterer Zeit als XV Noctes bezeichnet werden und zumeist für den Transport-
') Zu den Fronlasten und zur Fronarbeit vgl. v. Inama, Wirtschaftsg. 1, 156 f., 358.
Zu aUem Folgenden s. femer stets Bd. 2, 188 ff.
*) Zu ihnen gehörte doch wohl auch die multitudo mancipiorum, qui cotidianum,
quando eis preceptum fuerit, domino abbati persolvunt servitium, UPrüm S. 195 Note B. —
V. Inama, Grofsgrundh. S. 78, drückt das vorliegende Verhältnis folgendermafscn aus: den
mandpia non casata [Unfreie auf dem Herrenhofe ohne Hufe] lagen auch die eigentlich land-
wirtschaftlichen Arbeiten auf den Salländereien ob, deren Bestellung . . . ihnen allein zufiel, so-
fern nicht die vom Hofe aus betriebene Wirtschaft im Vergleich zur Zahl dieser Leistungen
zu grofs war; in diesem FaUe wurden auch die servi casati zu Arbeitsleistungen heran-
gezogen; ja selbst die blofsen Precaristen und die freien Zinsleute mufsten solche Arbeit
für den Fronhof leisten. Die hier vorliegende Grundanschauung ist richtig, nur ist die be-
sondere Bedeutung des Beimdebaues nicht in Rechnung gezogen.
') Zum Begriff corvada s. oben S. 421, auch v. Inama, Grofsgrundh. S. 79. Femer
TgL WWehnich 1509 und WKreuznach, G. 2, 151. Wenn es im Wildern, G. 2, 65, heifst:
niemant darf mehen vor dem halben heumonat on Urlaub, desgl. darf niemant das kom
schneiden vor dem halben äugst, dem gotteshaus sei dan sein fronen geschehen, so setzt
diese Bestimmung auch das Fronden auf Beunde voraus.
^) Wie sehr sie gegen die Beundenfronden zurücktraten, zeigt z. B. UlMettlach No. 8,
Wallmünster 13 c: (mansionarii) incipiunt araturam suam in capite martii et perficiunt in fine
ipsius. in aprili claudunt comiadas, mensuras et prata ... in iimio excolunt araturam et
post meridiem operantur, quod eis initmgitur. in iulio secant fenum et introducunt. in
angusto circa messem occupantur. in septembre similiter circa messem occupantur . . in
octobre araturam excolunt. Hier kann nur der kt^siv gednickte Ausdruck auf Dienst im
eigentlichen Salland gehen.
^) Auch für die bauliche Erhaltung des eigenen Hofes hatten die Gehöfer zu sorgen,
TgL WLiesdorf 1458, und WGostmgen und Kanach 1539, § 35.
[Wirtschaft d. Grofsgrundbes. — 782 —
dienst in Anspruch genommen erscheinend Daneben spielt endlich, abgesehen
von manchen Specialaufgaben, die oft wenig mehr mit der Fronhofswirtschaft
zu thun haben ^, auch der Wachtdienst eine grofse Rolle. Der Fronhof selbst,
seine Vorräte und seine Herden bedurften besonderer Sicherheit, dieselbe
wurde durch besondere Bewachung seitens der Gehöfer gewährleistet®.
Viel eigentümlicher ausgeprägt als diese Fronhofsfronden sind aber die
eigentlichen Beundefronden. Sehen wir von den nicht allzuhäufig vorkommen-
den Stücken des Beundelandes ab, welche zeitweis zum eigentlichen Salland
herübergezogen erscheinen *, so beziehen sich die Fronden auf jede Feldart
und jeden Bau, der im Beundeverhältnis vorkommen kann, also namentlich
auf Rodung^, Getreidebau, Wiesen- und Weinbergswirtschaft. Von diesen
Arten ist hei weitem die bedeutendste der Getreidebau; mit aratura wird
daher wohl gelegentlich der ganze Frondienst bezeichnet®. Es handelt sich
dabei um den ganzen Komplex der Feldbestellung, nicht etwa blofs um Pflügen
und Emtedienst, wie denn Cesarius zum UPrüm S. 144 Note 1 ausdrücklich
erklärt: quomodo mansionarii debent iugera dominica arare Seminare colligere
•
^) Vgl. UPrüm No. 24 : matcriamen, quod in silva ad XV noctes faciunt — 100 palos —
duciint, qui boves habent et qui non habent, et dabitur eis panis integer; dazu Cesarius
S. 156 Note 8: materiamen sunt ligna, que nos vulgariter appellamus cinber; quando enixn
necesse habemus Tel torcularia vel domos vel alia edificia de novo facere, homines ad hoc
determinati XV noctes ibi debent operari.
«) Vgl. z. B. ÜSMax. Custod. S. 460, Mattenerhof 9d: die Gehöfer in festo sancti
Maximini, si placet custodi, aderunt ei in servitio monasterii, quo die dant 9 onera iuncorum ;
quibus redduntur 6 panes. quotiens necesse est, administrant scopas, et tunc redditur panis
unus et scopus vini. in rogationibus prcfcnmt vexilla, quibus inter quatuor datur 1 panis
et stopus vini.
^) Neben dem Wachdienst wäre vor allem noch der Transportdienst zu nennen; der-
selbe tindet erst unten am Schlüsse dieses Teiles S. 812 f. in anderem Zusammenhang seine Dar-
stellung. — Der Ausdruck Wactas facere wird von Cesarius zum UPrüm S. 145 Note 2 weit-
läufig erklärt als Bewachen des noch nicht ausgedroschenen Getreides in der Scheuer und
Wachdienst bei Anwesenheit des Abtes. Vgl. dazu im UPilim selbst: vigilant ad curtem
dominicam (No. 55 Iversheim); debent inter 4, si senior ibi fuerit [in Neckarau], focum de
sua ligna facere et wactare domum et luminaria dare; et si aliquid furatum fuerit in ipsa
domo, debet de suo componere (No. 118); si senior ibi fuerit, debet caballos suos custodire
uno die et una nocte (No. 114); debet curtem custodire (No. 114); debent porcos custodire
in pastu simul cum porcario (No. 114). Später, bei Eintritt friedlicherer Zeiten, sind diese
Dienste aufgehoben oder abgelöst. Vgl. z. B. WEsch 1561, G. 2, 339: weist der scheffen
5 gl. wechtergeld [bei seiner Anwesenheit]; wan der wacht von nöten ist und die gemeind
die wacht selbst thet, sol sei alsdan die 5 gl. nit zu geben schuldig sein. S. auch WBem-
kastel usw. 1315, G. 2, 357, über waichtkom.
*) Vgl. UlMettlach No. 1, Wadrill lOe: de dominicali terra habenuis 4 carruadas, 2« arantur
ex nostro aratro. et a]i<^ 2 cum familia. preter ipsas in beneficio sunt dat^ 11 et dimidia,
qu^ omnes similiter solvunt et serviunt. Das similiter bleibt unerklärt. S. femer USMax.
S. 456, Thaben 10 c: si messem nostram et decimam in pactum damus, pactor coUiget, sin
autem, mansionarii colligunt et in horreum nostrum componunt.
'^) Vgl. z. B. WOuren 1567, § 15; WUlfiingen 1575, § 2; WHüpperdingen § 15.
ö) Mon. Boica 28», 495, 1021, für Boppard.
— 783 — Verwaltungsorganismus.]
et in orreuin deducere suo tempore et sepem facere ac triturare, fere omnibus
patet^ Dementsprechend ist es nicht nötig , eine besondere Schilderung
dieses Dienstes zu geben, derselbe verläuft in seinen Einzelthätigkeiten durch-
aus in der früher S. 553 flf. dargestellten Weise mittelalterlichen Anbaues über-
haupt^. Und natürlich gestaltet er sich auch unter fortschreitender Intensität
und Ausdehnung der Landwirtschaft, wenn auch nur langsam, entsprechend
um, so da(s man ihn an verschieden fortgeschrittenen Orten zu gleicher Zeit
oder am selben Orte in aufeinanderfolgenden Jahrhunderten in sehr abweichender
Höhe beobachten kann®. War z. B. die reguläre Grundlage der ganzen
Ackerfronde ursprünglich die dreimalige Pflugfahrt des Jahres, so erweitert
sich diese Basis später gelegentlich bis zur fünfmaligen Fahrt* und dement-
sprechend nehmen alle sonstigen Beundethätigkeiten zu*^. Ähnlich steht es
mit den Wiesen- und Weinbaufronden: auch hier keine unverbrüchliche
Fixierung, sondern Wandel nach Ort und Zeit, nach Ausdehnung der Brühle
») S. oben S. 557 Note 4.
«) S. auch Bd. 2, 204 f.
») Vgl. 2. B. UlMettlach No. 18, Losheim, Bd. 2, 107 f.; USMax. S. 482—33, Schüttringen ;
S. 4:33, Muthfort; S. 434, Mamer; S. 434, Feulen; S. 444, Detzem; S. 445, Herl; S. 445-6,
Xaurath, cit oben S. 430 f. im Text; S. 451—2, Brohl; S. 455, Simmern u. Dh.; S. 460,
Issel. S. femer WBemkastel 1315, cit. oben S. 431 f. im Text; WMenzweiler 1429 § 4;
WA?V^aUmünfiter 1497, G. 2, 67; WBesch 1541, G. 2, 249; WMeisenberg 1549, § 26 f.;
WLinster 1552, § 1; WAspelt 1585 § 7 f.; WMerl 1631; WGostingen, Hardt S. 290;
^VRavengie^sburg, G. 2, 179 f.; WSchönfels 1682; WKreuznach, G. 2, 151. — Zum
Jäten speciell s. oben S. 556; ÜWincheringen um 1200, MR. ÜB. 2, 364, cit. oben S. 549
Note 8; UPrüm No. 23: ad fenum et ad annonam purgandam et ad coUigendam mit
dem Zusatz des Cesarius: quas modo appellamus vulgariter meiswerhc spurcelwerhc. —
Zorn Mähen s. z. B. WSchweich 1517, G. 2, 310: wanne er kombt an den eren, so ist ein
iglicher hoveman schuldig, einen tag zu schneiden, solcher schnider, das er ein taglohn
gewinden kann; WHambach U § 2, G. 6, 592 — 3: furter han die herren ein feld, die cond
genant, die sal der hofoian und die nachpam schneiden; desz sal der hofinan den hofsman
in guter zeit wissen lassen und einen tag' verkündigen lassen, weicher hofsman dan auspleibt,
wan die klock zum dritten mal geleütt hat, der sal den höfem flu: 8 alb. verfallen sein, wan
die cond abgeschnitten ist, sal der ho6nan einen guten weckbrei han und des gnug.
S. femer CSMax. Custod. S. 460, Issel 8d; USMax. S. 441, Longuich; \VDalheim bei Remich
1472, § 87-89; WAhn 1625, § 5; WSimmera u. Dh., G. 2, 145, dazu oben S. 482 f. — Zum
Dreschen s. UStift 418, Ochtendunk: archiepiscopus habet . . 11 agros, qui dicuntur bunden,
qnorum segetes mansionarii triturabunt totaliter; quilibet mansus triturabit 2 mir. ad
seminandum ante festum sancti Remigii, et reliquam partem triturabunt postea.
*) S. dazu oben S. 567; vgl. auch noch UlMettlach No. 3, No. 1, Wadrill 3e; USMax.
S. 447, Eslingen 7 c. Später hiefsen dann wohl die ursprünglichen drei Pflugfronden grofse
Frontage, s. UStift 418, Ochtendunk: (mansus) arabit archiepiscopo 3 diebus in anno, qui
vocantor magni dies.
*) Auch der Frondienst von 3 Tagen per Woche wird wohl durch die Pflugfahrten
beeinflufst Zwar sind diese 3 Tage das Regelmäfsige, vgl. z. B. Hanauer, Paysans S. 117,
Constitutions S. 51; UPrüm No. 21, 24, 42. Doch finden sich daneben schon früh auch
1 Tag, UPrüm No 45, Villance; 2 Tage, UPrüm No. 83, Linnich; No. 97, Duisburg; No. 115;
4 Tage UPrüm No. 107, Schwalbach; No. 108, Neisen.
[Wirtschaft d. Grofsgrundbes. — 784 —
und Weinbänne und nach Anzahl der dienenden Gehöfer^ Zu so flüssiger
Umgrenzung der Beundepflichten , deren vom wirtschaftlichen Fortschritt stets
erforderte Änderung nur durch den rechtlichen Weisungscharakter des Herren-
dienstes in Schranken gehalten wurde, kam nun noch der weitere Umstand,
dafs auch das Substrat, auf welches die Fronden bezogen wurden, beträcht-
lichen Änderungen unterlag. Ursprünglich waren die Fronden auf das mark-
genössische Substrat, die Hufe, veranlagt worden: waren doch die Gehöfer
in ihren landwirtschaftlichen Beziehungen eben markgenössische Huftier. Wir
haben aber schon gesehen, dafs dieses Substrat auch innerhalb der mark-
genössischen Verfassung auf die Dauer nicht vorhielt ; die fortschreitende Ver-
teilung des Grund und Bodens und der damit eintretende Verfall der Hufen-
verfassung führte daher dort wie hier zum Bedürfiiis neuer Grundlagen flir
die Lastenveranlagung. Es ist gezeigt, wie sie für die Markverfassung ge-
wonnen wurden*; die dort aufgestellten Grundsätze werden auch auf die
Fronhofsverfassung angewandt. Nur dafs hier noch ein neues, weiter ver-
wirrendes Moment hinzu kam. In der Markverfassung hatte man nie ge-
zweifelt, dafs Hufe und Hüfner, reales und persönliches Substrat der Belastung,
sich decken mufsten; bei diesem Grundsatz in seiner allgemeineren Fassung:
Wirtschaft imd Wirt als identische Unterlage der Belastung: blieb man auch
in späterer Zeit trotz aller Veränderungen. Anders in der Fronhofeverfassung.
Hier hatte es neben realiter veranlagten Lasten von Anbeginn eine Anzahl von
persönlichen Leistungen der Gehöfer in ihrer Eigenschaft als Hörige gegeben • ;
es stand also neben dem Grundsatze der Realbelastung von jeher der andere
Grundsatz der Personalbelastung. Lag es mm bei Zersplitterung der realen
^) Zum Wiesenbau s. aufser oben S. 527 f. und S, 554 Note 3 f. passim ÜPrüm No. 1,
8, 10, 48, 113, dazu Cesarius S. 145 Note 4, S. 149 Note 2; ferner ülMettlach No. 11,
Dudweiler, dazu Bd. 2, S. 158; üMax. S. 445, Herl 9d, cit. oben S. 531, Note 3; S. 450,
Matzem 7c; USMax. Custod. S. 460, Issel 8d; *Arch. Max. 11, 748, Descript. bon. in Seins-
feit: einige Höfe sind schuldigh den bruel zu friden; WEsch 1561, G. 2, 339: sol aus der
gemeinden ider hausgeseß einen taglohner, der dhienlich ist und eines taglohens wert sei,
schicken kom zu schneiden, heuw zu machen, heuw zu zeden, maulhofel zu spreiten und die
wesen zu fiegen. WSellerich, G. 2, 547: ist auch der hoftier in dem broel zu zeunen ein
moßrot lang schuldig, in dem so nit gnugsam mit einer roten, ist der herr das andere
schuldig zu zeunen. — Zu Weinbaufronden s. aufser der oben S. 484 im Text gedruckten
Aufzeichnung *WFell 1598, Arch. Maximin. 5, 1125, § 8: ein jeder inwohner zu Fell ist das
jähr durch neben der traubenlast zwen tag zu graben und drei zu schneiden im herrenberg
zu Longuich durch sich selbst oder einen anderen leberichen arbeiter zu erscheinen schuldig,
denen ihr notürfbige kosten durch die herren gegeben werden. § 9: welcher bei solchen
kosten oder arbeit den anderen liegen hiesche, unhöeblig grobe wort gebe, an ehren und
glimpfe schulte oder schlüge, oder icht was mehr an essen und tiinken, dan ihme durch die
verordnete boten dargestelt und gegeben würd , zu sich nehme oder abstriche , der und die-
selbe sein alle in der gemeinde straf hoch oder nider, demnach der verbruch oder Über-
tretung geschehen ist.
«) S. oben S. 375 fif.
«) S. darüber unten Abschnitt VU, Teil 3.
— 785 — Verwaltungsorganismus.]
Grundlage, wie sie ursprünglich die Hufe bot, nicht nahe, für eine Reihe ur-
sprünglich realiter veranlagter Lasten zur Personalbelastung überzugehen?
MuTste sich nicht leicht eine Verquickung beider Veranlagungsarten ergeben?
In der That, sie tritt bisweilen einS und damit wird die Verwirrung der Ver-
anlagungen in späterer Zeit zu einer Höhe gesteigert, welche jeder syste-
matischen Darstellung spottet^.
Dieser Ausgang der Veranlagung gilt im wesentlichen auch für die dritte
Art des Frondienstes, welche nunmehr zu besprechen ist, für die gehöfer-
schafUichen Leistungen zur Ausnutzung der im grundherrlichen Obereigentum
stehenden Allmende. Hier handelt es sich zunächst um übrigens selten vor-
kommende Weidedienste*, vor allem aber um die Ausbeutung der grundherr-
lichen Gewässer und Wälder*. Die Fischerei wird seitens der Grundherren
meist in Wehranlagen (Fachen) betrieben; diese zu erhalten, namentlich im
Frühjahr auszubessern, ist eine der ziemlich regelmälsig wiederkehrenden
gehöferschaftlichen Pflichten^. Ausgedehnter und spezialisierter noch sind die
^) S. z. B. schon jetzt oben S. 376 Note 2.
') S. oben S. 876. Im speciellen vgl. man schon aus dem 13. Jh. Cesarius zum UPrüm
S. 145 Note 3: corvadam facere est ita nobis sicut sibi ipsis arare, que corvade vulgariter
appeUantur atepluge. qui enim non habent animalia sive animal adhoc utile, veniet, quando
ei predpitur a nostro ministro, cum suo fossorio et cooperabitur aliis hominibus hoc, quod
ei iniunctum fiierit. S. auch UPrüm No. 24: facit corvadas 3 cum aratro, qui boves habent,
et qui non habet, trahit perticas aut fodiat in campo. Hier ist also schon eine Veranlagung
ganz nach der persönlichen Wirtschaftsfähigkeit der Gehöfer durchgeführt Dem entspricht
der Ausdruck sicut aratratus est im USMax., vgl. z. B. S. 432, Schuttringen; S. 433, Muth-
fort; S. 438, Ohlingen; S. 460, Issel, und später der Gegensatz der dieta carrucalis und
mannalis, brachialis, *USMax. 1484, A^'Bisingen. Eine ganz andere Ordnung liegt dagegen,
auch auf Prümer Grund imd Boden, in dem späteren WBüdesheim, G. 2, 545, vor: von iedem
viertel landes dem ho&cholteßen 9 froehner, der solt einer ein solcher sein, daß er 9 heim uf
seinen rücken zehlen kan, sol dem scholteß gnug sein, sein frohen zu quiten. Die hier ge-
troffene Anordnung lehnt sich an die Grundsätze der Loi de Beaumont an. Eine sehr gewöhnliche
spätere Veranlagung ist endlich die, dafs fronden mufs, wer nur so viel Land hat, dafs ein drei-
stemplicher Stuhl darauf gesetzt werden kann: vgl. z. B. WPellingen 1545; WWinchenngen 1663,
§ 8. — Bisweilen , und schon früh, wird übrigens auch die Strecke des vom einzelnen Gehöfer zu
bestellenden Ackers limitiert, so USMax. S. 446, üendg 7e: mansus colet nobis tantum agri,
ubi ^/s sext siliginis et sext. avene serat, sementem dabimus; vgl. dazu USMax. S. 446,
Naorath: bedeUus dominicalia nostra ad colendum distribuet. Hierauf geht wohl auch der
Ausdruck Mensura im UlMettlach, vgl. z. B. a. a. 0. No. 3, Wallmünster 13 c: in aprili
daudunt corruadas mensuras et prata; und ebd. No. 10, Dudweiler 12 e, 8 — 9 Jh.: (mansus)
trat croadam et mensuram suam; ebd. No. 18, Losheim, 8. — 9. Jh.: ... arat mensuram
soam et croada ÜLcit 2 dies. Doch ist eine solche Verteilung im ganzen Ausnahme.
*) USMax. S. 464, Heiningen 12 c, cit oben S. 520 Note 6. Vgl. übrigens auch zum
folgenden Bd. 2, 188 ff.
^) Doch standen die hier anknüpfenden Fronden , wie überhaupt die Fronden auf
Allmendenutzung , den Beundenfronden an Bedeutung sehr nach; symptomatisch in dieser
Hinsicht ist es, wenn im USMax. S. 442, Lorscheid 9d, die gewöhnlichen Frondienste unter
opera ad culturam [Beunde] et ad prata zusammengefafst werden.
») S. oben S. 503.
[Wirtschaft d. Grofsgrandbes. — 786 —
Waldfronden ; hier ergiebt sicli neben Wacht- und Forstdiensten ' der Holzhau
für Brennholz als Hauptfronde ^, daneben steht die Zubereitung gewisser
Hölzer zu Fafsdauben^, Fafsreifen* und Stickholz ^ für den Weinbergsbetrieb
und die Abschälung der jungen Eichenkämpe zur Gewinnung von Lohbündeln •.
Auch das Sammeln von Masteicheln zur Schweinezucht^ und von Brombeeren
zur Herstellung von Moraz® wird in Fronde betrieben. Neben diesen Wald-
fronden kannte das Mittelalter keinerlei Jagdfronden; erst seit dem Ausgang
des 15. Jhs. usurpieren die Grundherren diese bald unerträglich lastenden
Fronden, deren ursprünglicher Mangel an Berechtigung, allmähliches Wachsen
und schliefsliche allgemeine Usurpation sich an den Quellen des 16. Jhs. noch
wohl verfolgen läfst®.
Zeigen die bisher besprochenen Fronden, wie sie die Gehöfer für Salland
und Beunde, für den Fronhof und die grundherrliche Allmendenutzung zu
leisten hatten, ein au&erordentlich buntes Bild, so ist die Zahl der ver-
*) Vgl. aufser oben S. 520 Note 5 *USMax. 1484, WBiesingen (Lothr.) § 16: sepescriptus
dominus abbas [sancti Maximini] habet ncmus unum le boy de Wey dictum, quod quidem
de quinquennio iu quinquennium solet secari et amputari ad dispositionem dicti domini
abbatis, et debet ab incolis summa cum diligentia servari et custodiri, ne preiudicium domino
abbati et damnum in hac parte generetur usque ad secandi et amputandi tempus. Granz
ähnlich »WWeifskirchen 1493, Arch. Maximin. 1, 93.
•) Oben S. 508 f., ferner ÜSMax. Custod. S. 460, Mertesdorf 8d: in porificatione
dat quisque mansus onus lignorum et recipit candelam; Honth. Hist. 2, 129, 1887,
Niederwerth bei Koblenz: tenebuntur etiam homines morantes in insula predicta, quamdiu
archiepiscopus [der Grundherr] ibidem presens fuerit, ligna combustibilia suis sumptibus ad
ipsam curiam sufificientia procurare.
*) UPrüm No. 65, Ahrweiler: als Fronde tonnam 1, circulos 12. Dazu erklärt Cesarius
S. 155 Note 1: (tonnae) quedam vasa magna ad vindemiam valdc necessaria, que appellantur
bilden. S. femer MR. ÜB. 2, 40, 1140.
*) S. aufser S. 779 Note 6 USMax. S. 444, Detzcm und PöHch; S. 446, Naurath;
S. 456, Weiten, wo sich meist eine starke Mitwirkung des Carpentarius findet.
») S. oben S. 580.
«) S. oben S. 515, Note 3.
') S. oben S. 521, Note 4.
8) S. oben S. 564, Note 6.
^) Vgl. z. B. WWelmich 1507 : helfen ricken sticken iagen ist nit bisher noet ge-
schehen daselbst Die erste Jagdfronde in Luxemburg findet sich erst im Wiltzer Erblehn-
recht von 1661, § 15. S. femer WSchittingen und Waldweiler, 1549: wanne die herren jagen
werden, sullen sie die gam fiieren, so weit die hem zu jagen haben ; und ob sei gern pro-
viand oder sunst ihre notturfb zu Trier wullen laissen holen, dergl. wiltbret heim laissen
fueren, sollen sei auch thun. WBuch 1551 , G. 2 , 199 : so dick u. gn. h. jeger zu Buech
oder umb die gegent gejechts halber kemen, alsdan sollen die bevelhaber des gejechts bei
den hoevem iren underzugh und leger haben, sampt den honden des gejechts halben dahin
pracht; und die jeger mit den hunden ire speisung zu notturft bei den hoebem fordern
und gesinnen; und sol inen alsdan in keinerlei weis geweigert noch abgeschlagen werden,
ob es sach wäre, das die jeger wein zu solchem essen prauchen und weißbrot darzu haben
wulten, sollen dieselbigen jeger uf iren costen imd nit des hoebmans schaden solches erkaufen.
Ungemessene Jagdfronde kennt dagegen schon das Hochwaldsw. 1546, G. 4, 715.
— 787 — Verwaltungsorganismus.]
schiedenen Abgaben, des census gegenüber dem servitium (Fronde) \ fast noch
gröfeer. Schon aus den ältesten Quellen, wie der Urbaraufzeichnung für fitain
vom J. 706 * oder dem Prümer Urbar des 9. Jhs. ®, ergiebt sich ein stattliches
Verzeichnis vei-schiedener Zinse, und dies Verzeichnis liefse sich aus späteren
Quellen leicht vermehren*. Wie aufserordentlich detailliert die Forderungen
der Grundherren auf diesem Gebiet waren, übersieht man speciell an einzelnen
besonders häufig vorkommenden Zinsartikeln, wie den Schweinen*^ oder den
Hühnern®; wie stark aber auch die Neigung der Gehöfer zur Sonderung der
*) So imterscheidet das ÜPrüm, doch findet sich servitium auch allgemein für Dienste
und Abgaben, vgl. No. 33, 55, 60, 94, 96.
«) Gu^rard, Polypt d'Irminon 2, 341, VI.
') Hier konmien die folgenden Abgaben vor: Brot, panis; Mehl, farina (BI. 10»); Bier,
cerevisia, cer\i8a; Malz, brat (Bl. 27»), braz (28»), braiz (29^); Wein, vinum; Honig, mel
(44»); Wachs, cera (19»); Senf, sinapum (14^); Salz, sal (21»); Flachs, linum ; Wollbündel,
troctae (23»); Scharlach, vermiculum (20^). Getreideabgaben werden allgemein mit annona
bezeichnet. Annona mixta ist eine Mischung von Gerste und Roggen. Weiter erscheinen
Spelz, spelta; Hafer, avena; Roggen, rogo (31»), siclum (28^), sigulum (28»); Weizen,
frnmentom (23 1», Langethal, G. 1, 2, S. 337); Gerste, ordeum (38»). Sonstige Abgaben sind:
Hühner, pullus; Eier, ovuni; Schafe, vervex (38»), ovis (47^); Län^mer, agnus; Böcke,
mnlto (27»), aries (35 b); Schweipe, porcus, soalis, sualis; Ferkel, porcellus (23», 11^);
Frischlinge, friskinga porcina (27»), ver\'ecena (18»); Pferde, caballus (20»); Lachse, salmo
(47^); Blutigel, samsuga (42»), sanguisuga (48»). Die Waldabgabe wird allgemein als
lignarinm bezeichnet (Erklärung des Ges. 7^), naher erscheinen als derartige Abgaben Bau-
holz, materiamen (Erkl. d. Ges. 15 b), Pfähle, palus ad vineam (17^), ad vennam(16^X pertica
(14^); Schindeln, scindula, und Scheithölzer, asilis (8»), sundelinga (46^); Tonnen,
tonna(14^); Ruthen, gardus (14^); Reifen, circulus (34^); Fackeki, facula (14^); Leuchten;
locema (46^X luminare (47»); Lohbündel, daurastuva, dabrostobus (26», Gesar. Erkl. 7^).
Als Leistungen aus dem Betriebskapital der Wirtschaft sind zu nennen : Dünger, fimus (31 ^ ),
femer die Überlassung von Mancipien zu Heu-, Ernte- und Weinbergsdienst, ad fenum,
messem et vineam (19» u. s. f.) und die Durchwinterung des Viehes (48 b).
*) Von eigentümlichen Abgaben seien noch besonders genannt Blutegel (ÜPrüm No. 96,
114), Schuhe und Socken (MR. ÜB. 3, 668, 1239), Pelze und Stiefeln (CRM. 3, 73, 1315),
s. auch ÜSMax. S. 458, Oberemmel 9d: ^|2 mansus, qui solvit 30 coclearia comea; ein an-
derer '/2 m. solvit lampadem in festo sancti Andree; ein anderer V2 m. solvebat mensam
abbati, pro qua nunc solvit (12 d.).
^) Vgl. z. B. MR. ÜB. 1, 431, 1115, Lehmen: 5 victime porcin^ perfecte laudabiles,
1 lateralis porcus, 2 porcelii; s. auch die Wörter Sualis, Soalis und Donativus im ÜPrüm No. 1,
47, 74, 114 (dazu Cesarius S. 144 Note 1, auch oben Note 3); bezw. No. 44, 45, 46, 55, 72. Zmn
Pensionsschwein speziell s. ülMettlach No. VIII, 12. Jh. Mitte, Waldwies 11 c: porcus
mias 20 nummorum pretii a nobis eodem molendinario d(a)tur, qui saginatus 7 ebdomatibus 8 s.
pretii restituatur. Hierzu vergleiche man die Notizen über Bannmühlenschweine in WMetÜach
1499, § 46: in der . . molen . . sulient sine 2 swine von werde alle beide zusamen 8 gl.,
nsser den 2 swinen habe ein [Grundherr] maicht zu hoilen und uszunemen das allerbeste,
ond von dem andern das smalz den kop den hals und die 4 leuffer; von dem uberentzichstcn
teil sal man vasnaichts braden machen vur die 14 scheffen, lehenmeiger und boden etc.
*) Hier werden namentlich Hühner und Kapaune unterschieden, vgl. üStift S. 414,
Kell: 8 gallinas . . 2 pullos; ebd. S. 427, Gierschenach: in messe 4 iuvenes pidlos vel
2 veteres. Doch ist pullus MR. ÜB. 2, 363, c. 1200, identisch mit gallina. Vgl. auch noch
[Wirtschaft d. Grofsgrundbes. — 788 —
einzelnen Abgaben war, ergeben die zahlreichen, je nach Art und Zweck ver-
schiedenen Benennungen der vorkommenden Geldzinses Und nicht minder
verschieden war die Form der Abgabe; so wurde z. B. Geld nicht selten in
besondem neuen Börsen geliefert*; an andern Stellen wurde der Geldzins
wohl einem Opfer gleich in eine besondere Opferschale geworfen*. Gleich-
mäfsiger verlief dagegen die Zinsung von Getreide ; hier scheint stets gehäuftes
Mafe gefordert worden zu sein*.
Es begreift sich, wenn sich gegenüber dem Gewirr von Zinsarten und
Lieferungsweisen bald das Bedürfiiis geltend machte, die überall ^ vorkommen-
den Zinse in Kategorien zu bringen. So unterschied man zwischen den kleineren
und gröfseren Zinsen, indem man erstere als ins ininutum dem Getreide gegen-
überstellte *, oder man sprach von Grundzinsen, gröfseren Zinsen, welche be-
stimmt radiziert erscheinen '', gegenüber den freien, nicht oder wenigstens
WSchönfels 1682, § 36: das lieferhaftige Huhn mufs auf den Gatter fliegen können (dazu
Bd. 2, S. 7) und WKrittenach und Obermennig, G. 2, 118: hoener oder hauen, wie der arm
man die uf der misten zeugt Zum Pensionshuhn s. VSTWiltingen 1495, § 6: 6 Zinskapaunen
sollen macht haben zu gehen, d. h. in Pension bleiben in der Bannmühle von Remigius bis
zu Weihnachten SJohannis Tag. Erst dann kommen sie nach Mettlach.
*) Vgl. dazu z. B. Cesarius zum UPrüm S. 180 Note B, auch unten S. 796 Note 6).
') *Scheckman Spec feud. F. 1: die Isenburger erhalten aus Rübenach 4V2 mr.
Brabantinas in una nova bursa.
') Verzeichnis der SMartin entrissenen Güter, ca. 1000, hier nach Trier Stadtbibl.
1413 S. 36: est ^cclesia cum yilla Cardmiacus dicta in ripa Mosell^ non longe hinc posita,
qu^ etiam cum suis appenditiis sancti Martini taliter dinoscitur esse hcreditaria: siquidem
arbor fraxinus in atrio ^cclesi^ ipsius quod multi nostrorum viderunt steterat, sub cuius
frondibus marmorea columna altitudinem et latitudinem unius pedis concavum demonstrarat
singulis ergo annis consuetudo erat hominibus loci illius in festo sancti Martini huc con-
venientibus, [ut] censum suum huic marmori infiindendo tunc demiun profiterentiu" persolvisse,
cum cumulum nummorum nudatus ensis potuisset eradere.
*) S. Bd. 2, 487.
'') So viel ich sehe, imterscheidet nur das WAhn 1626, § 14, Gehöfer, die Zins geben
und solche, die keinen geben. Im übrigen ist gerade Gehöferland stets Zinsland, vgl. Ennen,
Qu. 1, 476, 21, 1022: von V2 mansus auf dem Martinsfeld (Köln), der zu Grofsmartin gehört,
solvitur et villico in Rodinkircho mir. aven^, quo per h^c non dubitetur, predictam tenam
ad eiusdem ville curiam pertinere ac eam tenentes omnis iuris debitores ibidem esse. CRM.
2, 213, 1264: zwei Güter in Valendar non . . feodalia, sed censualia ad duas curias, ad
curiam videlicet donmi episcopi Treverensis, que sita est in Insula, et domni comitis de
Nassowe, que sita est in Valendra.
^) MR. ÜB. 2, 103, 1190: a . . universitate proventuum totam annonam et iura minuta
excipimus ; USMax. S. 453, Rübenach : census minutus ortorum et mansioniun. Im *Rot censuum
Maximin. Trier Stadtbibl. 14. Jh. Anf. ist lus parvum, minutum =» Hühner- und Eierzins. —
Man spricht wohl auch bei den Fronden von Minutum opus, vgl. USMax. S. 432, Schüttringen ;
s. auch ebd. S. 434, Mamer: pro stipitibus et aliis minutis iuribus.
^) So ♦WLonguich 1512, Arch. Maximin. 8, 36. Daneben bedeutet der Ausdruck Grimd-
zins, census fiuidalis, freilich auch den spezifisch grundhörigen Zins, so z. B. WDahlheim bei
Remich 1472, § 7 : min herre von sanct Maximin hait hinnen [= sich] behalden in dem hove
die gruntzinse zu gezuchniß, daß er ein grundherr ist. und die zinse der erbschaften, die
— 789 — Verwaltungsorganismus.]
nicht auf grundhörigem Boden radizierten Zinsen ^ Indes alle diese Unter-
schiede erscheinen stets mehr oder minder flüssig, mid sie mufsten dies sein,
weil eine durchgängig identische Veranlagung und gegenseitige Beziehung
der Zinse nicht erreicht ward.
Zwar findet sich urkundlich hier und da ein Ausdruck, welcher wenigstens
die Empfindung des Bedürfnisses wiedergiebt, einen vollumschriebenen, all-
gemein gültigen Begriff für die Leistungshöhe der hörigen Hufe zu besitzen, so
z. B. plena servitus oder oblata^, indes im allgemeinen lagen die thatsäch-
lichen Verhältnisse zu verwickelt, war femer das Abstraktionsvermögen nicht
stark genug ausgebildet, um einen solchen allgemeinen Begriff aufkommen zu
lassen. Das einzige, was erreicht wurde, war, dafs man gewisse kleine Zinse,
namentlich Hühner und Eier — eben das oben genannte ius minutum — in
ihrer Höhe auf andere Zinslieferungen, Getreide mit besonderer Vorliebe
Hafer*, oder Wein* veranlagte. Im übrigen aber ist es zu einer Anordnung
der Zinse nach einheitlichen Gesichtspunkten nicht gekommen.
Sehr begreiflich, dafs dann die Beziehung aller Zinse auf ein einheitliches
grundhöriges Substrat ebensowenig gelungen ist. Indes liegen die Dinge hier
doch klarer, als bei der Veranlagung der Fronden. Die ursprüngliche Ver-
anlagungsgrundlage war natürlich die Hufe*. Mit ihrem Verfall im 12. Jh.*
in herrnhant ligent, die sal er vorabe heben, e der foither sin schaft. Ebenso ist census
fiindalis im *ürbar der Kellnerei Fell von 1512, Arch. Maximin. 5, 1043 f., gebraucht.
^) *USMax. 1484 Bl. 6^, WSauerschwabenheim : hait och der apt daselbes sin frie
zinse, mit namen cappen, huner und gelt; MR. ÜB. 3, 570, 1236: ein Jude giebt in Trier von
4 Häusern an SSimeon Zins 26 s. Treverenses, et quattuor cappones in camiprivio tamquam
de re censuali.
^) MR. ÜB. 1, 351, 1058; USMax. S. 448, Stedem: mansus plenicensualis, semicensualis ;
rVVincheringen, MR. ÜB. 2, 368 f., um 1200.
') Vgl. >\^orchingen 1494, § 2: also manche mir. even also manche hone, 12 eiger,
und also veil mir. ^ven also veil pennick; WBech 1529, G. 2, 68—69: also manchen vierlingh
(haber) man da hieb, also manche eighe, und also manchen ferdelingh, und also manchen
froendienst; also manchen vierdelingh, also manchen planken; und ein planken solle sieben
schoe langh sein und 2 schoe dick und 2 schoe breit; und vier vierdelingh ein hoen.
WOberdonwen 1542, § 10: pringt ein mir. [zins-]haber, 1 hoene und 7 eiger darzu; WRans-
bach 1532, G. 2, 86: weiset der scheffen m. gn. h. jerlichs 18 mir. habems; und ie zu
dreien sestem ein hime; auch als mangen sestem habem, als manch zwei eier darzu, von
iclichem ei ein stecken zu zeunen für m. g. h. guter. — Für Mischkom bezw. Weizen vgl.
*WLonguich 1512, Arch. Maximin. 8, 36: 3 firceUe utriusque [fructus] dant unum pullum;
WGostingen und Kanach 1536, § 16 : ein iglicher sester habem und weizes pringt und macht
ein eiger und sexce hoener. Zu Eiern und Flachs s. WGreisch [b] § 6, Hardt S. 296.
*) *WSPeters Hochgericht zu Riol, 1460, Arch. Maximin. 9, 596, § 5: weist der scheffen
für recht, nemblich von einer ahmen weins ein sester und zwei hüner und zehen aier. item
vor sanct Brictius tagh rieht man die hafer und nach sanct Brictius tagh sol man die hafer
heufen.
^) S. oben S. 369 nnd 661, auch Hanauer, Paysans S. 57 f., 68.
•) S. oben S. 368 f., auch schon Ed. PisL 864 c. 30, MGLL. 1, 495—6.
[Wirtschaft d. Grofegrundbes. — 790 —
mufete, so scheint es, auch die Zinsveranlagung verfallen — und kein
Zweifel, dafe diese unabweisliche Folge vielfach eintrat. Allein es machte sich
hier doch ein Unterschied zwischen der Entwicklung der Fronden und der
Zinse geltend. Die Fronden, einheitlich in Person oder in persönlich bei-
gestellten Arbeitskräften zu leisten, mufsten notwendig auf die neuen Teil-
besitzer alter VoUgtiter veranlagt werden, die Zinse, in ihrem Betrag sehr
wohl zerlegbar, konnten ohne Schwierigkeit durch Beiträge der Tenbesitzer
insgesamt geleistet werden. Zudem war die Auffassung, dafs eine Zins-
genossenschaft den Gesamtzins eines Zinssubstrats zu zahlen habe, nicht
neu: nicht selten imd schon früh erscheinen sogar ganze Fronhofegenossen-
schaften zur gemeinsamen solidarischen Zinszahlung verpflichtet*. Dem-
entsprechend bilden sich nunmehr Zinsgenossenschaften der alten Hufen-
gttter aus mit einem Hauptmann oder Lehnsträger an der Spitze, der an erster
Stelle verantwortlich war^, und die Zinslieferung erfolgt im Durzins gemeinsam
und einheitlich an den Grundherrn^.
War dies das mehr im Osten unseres Gebietes herrschende System —
neben welchem freilich, wie auch im Westen, die Veranlagung der Zinse auf
kleinere und ungewissere Einheiten, z. B. das Hausgesefs, sporadisch herlief*
1) Vgl. MR. ÜB. 1, 385, 1042—47. Auch aus der Höhe der in der Umgebung von
Mettlach fäUigen und wohl direkt ins Kloster abgeführten Zinse von 6 Hufen (UlMettlach
No. 23) ergiebt sich, dafs dieselben gemeinsam von den Gehöfem gezahlt werden mufsten,
so dafs unter ihnen ein Zahlungsverband existieren mufste. Ähnlich steht es mit UKarden
11. — 12. Jh., Bittelsdorf. Aus späterer Zeit vgl., aufser dem wichtigen Zeugnis im WErpel
1383, § 25, G. 5, 332—33, *WOberemmel 1373, Arch. Maximin. 4, 568, § 4: so weisen wir
usser dem dorf und gemeinen zu Emmel alle jähr ein handrichtung von fünfzehen mir. rocken,
fünf pfund pfenning Trierischer wehnmg, und als mannig huen also manig feurstat zu Enunel ist.
zu Zeiten der herrschaft von Meisenburg, die nun inhant die von Clerf und der von Monklar.
und were sach daß das dorf Emmel also arm und verwüst wäre, daß unser herr der abt Mirg.
des obangezeigten schaffs nit da haben künt, so sol derselbig unser herr der abt inen den
roeken von seim Speicher und das gelt außer seiner kisten handreichen der obg. herrschaft.
Ferner s. *WLonguich 1512, Arch. Maximin. 8, 86, § 3: retulerunt scabini, quod si domino
defectus fuerit in summa census fundalis, videlicet ut nee habeat fundum in manu sua nee
census sibi daretiu*, tunc debent scabini omnium perlustrare agros istum censum solventes,
et unicuique summam suam augmentare vel minuere, donec dent quod iustum fuerit, et domini
summa perfecta fuerit. WHüpperdingen § 17 : die Grundherren haben jährlich 24 gl. schalt,
außerdem 26 gr. zins ; und wer auch sach daß nit dan 3 menschen in dem hoebe H. weren,
so sollen die herren von P. [die Grundherren] den vurg. thienst haben allewege als obsteht
schafif und zins.
^) Zur Verpflichtung des Hauptmanns findet sich eine sehr charakteristische Stelle im
WBetzing, G. 2, 478 : wanhe ein hoiber hette hundert morgen und behelt einen morgen davon,
ist derselbig dem hofshem seine gerechtigkeit zu geben schuldig; wan solches nit geschehe,
mag der hofsher die hinderste thuir an bis zu der födersten umbschlagen und damit thun
seines gefallens.
3) S. oben S. 370 Note 2, S. 452; dazu noch Bd. 3 Wortr. u. d. W. stam, imd
UWincheringen, MR. ÜB. 2, 363, c. 1200.
*) S. oben S. 376; WGrevenmacher 1252, § 1 u. 2.
— 791 — Verwaltungsorganismus.]
— SO schritt man im Westen mehr zur Auflage der Zinse auf den einzelnen
Morgen bezw. das Viertel Land zu 16 Morgen*; ja es konnte auf Grund
solcher neuen Veranlagung, wie sie seit dem 13. Jh. auftritt, geradezu zu
einer sicheren Ausbildung kleiner Güter vom Viertel- bis Drittelinhalt der
alten Hufe^ konmien.
In diesen späten und seltenen Fällen läfst sich natürlich die Höhe der
Zinsbelastung für den Morgen sehr genau angeben : die jetzt eben aufkommen-
den Pachtformen, welche den Grundbesitzern erst den Gedanken eines
rationellen Rentengenusses aus dem Grund imd Boden entscheidend nahe
legten, wie die verständige Konstruktion des grundherrlichen Erbzinsgenusses
im Nordosten Frankreichs, im Gebiete der Loi de Beaumont, mögen hier
wesentlich zur Läuterung und Vereinfachung' der Belastung beigetragen haben.
Aufserhalb dieses Kreises aber ist es um so schwerer, sich über die Höhe der
Belastung überall gleich sichere Vorstellungen zu machen. Es bedarf nur
eines kurzen Überblickes der in Bd. 2, 188 ff. zur Belastungshöhe der grund-
hörigen Hufen zusammengestellten Nachrichten, mn schon aus der Ungleich-
mäfeigkeit der Angaben , der Verschiedenheit der Zinsarten, der DiflFerenz der
Mafee und Gewichte, der mehr oder minder problematischen Art der Auf-
zeichnung den Schlufs zu ziehen, dafs sich eine Reduktion dieser Angaben
auf den gleichen Nenner und damit ein befiiedigender Vergleich derselben kaum
ermöglichen läfst. Und gesetzt auch, man könnte alle Zinse nach den sonst
vorhandenen Preisangaben auf Geld- bezw. reinen Silberwert bringen: weder
die wirkliche Einnahme der Zinse in älterer Zeit steht der Regel nach sicher*,
noch ist es wahrscheinlich, dafs die Zinslieferungen auch nur annähernd in der
') WCessingen 1242: hereditavit . . dominus delMeisenburch B. de Rodiche, hominem
(Arnoldi de Rupe), in quatuor iugeribus terre; pro hiis tenetur [B.] sibi [sc domino de M.]
servire cum duobus aratris per unum diem, et vecturam vini . . , que dicitur enger. UMarien-
tbal 1317, S. 322: bona de (Schifflingen) . . continent 82 quartalia tarn in pratis quam in
campis arabilibus, et quodlibet quartale continet tarn in pratis quam in silvis 16 iugera terre.
quodlibet quartale terre solvit in festo pasche 4 ova cum dimidio et puUum 1, et . . tenetur
in maio pro exactione 2 s. Treverensium d. et in auctumpno tantum. quodlibet quartale
tenetur 1'2 mir. siliginis et Vs mir. avene et 3 sext tritici . . . villicus et forestarius, quilibet
eorum recipit iura 2 quartalium. Dies ist die Ordnung nach der Loi de Beaumont S. femer
noch WKem 14. Jh. 2. H., § 13, G. 6, 547; USMax. 1484 Bl. 89», Kenn, cit oben S. 448,
Note 5.
*)*WBarweiler 1484, Archiv. Maximin. 1, 567 Zusatz: habet monasterium sancti Maximini
in Barweiler 77 feudalia sive lehengueter, und jahrlich etwedes lehen gibt V« simmer haber
5 hl. und ein huen etc. ut supra. item hat ein ieder lehensman nach erkantnus der
scheffen fiin&ehn morgen lants walt und zaim, nemblich ahn wiesen, feit, buesch, hecken
und änderst etc.
*) Vgl. MR. ÜB. 1, 332, 1042—1047, wo geradezu ein Fall längerer Zinsverweigenmg
▼orliegt Wie die Gehöfer die Dinge ansahen, zeigen viele Weistümerangaben in der Art des
WSabershMsen 1537, § 3: so verhoeifen sie [die Gemeinde S.], das (die Herren von Karden)
sallen inen geneigt sin und inen ... an der vurg. habem etwas . . nachlaessen sallen.
[Wirtschaft d. Grofsgnmdbes. — 792 —
Qualität der marktreifen Waare erfolgten ^ Zudem aber unterlag die Zins-
höhe der grundhörigen Güter im Laufe der Zeit Abänderungen, welche mit
einem gerechten Ausgleiche des etwa hinter der Steigerung der Ertragsfähigkeit
zurückgebliebenen Zinssatzes gegenüber der neueren Ertragshöhe nur wenig
zu thun hatten. Die vorkommenden Steigerungen, wie sie die Grundherren
natürlich liebten, waren vielmehr durchaus willkürliche^, wie schon aus dem
an sich unveränderlichen Rechtscharakter der gewiesenen Zinshöhe folgt;
und nur spät und selten wird ihnen gegenüber seitens der Gehöferschaft ein
Mittel der Restriktion entwickelt^.
So bleibt zur Eruierung der Zinshöhen nichts übrig, als sich an die in
voller Reluition zu Geld oder sonstwie ausnahmsweise sicher erhaltenen An-
gaben, wie sie meist die Fronlasten zugleich umfassen, zu halten ; eben dieser
Gesichtspunkt ist für die Berechnung in Bd. 2 S. 615 und für die dieser Be-
rechnung zu Grunde liegende Quellenauswahl mafsgebend gewesen. Über die
auf diese Art erhaltenen Resultate ist schon oben S. 620 gesprochen und
wird noch später in Teil 3 dieses Abschnittes zu handeln sein; hier sei nur
die Bemerkung gemacht, daüs die Zinse schon seit der Karolingerzeit im
ganzen nicht übermäfsig hoch erscheinen.
Aber wurden sie auch prompt eingeliefert? Und welche Zwangsmittel
für ihre Beitreibung standen den Grundherren zur Verfügung?
Die Antwort auf die erste Frage lautet, soweit eine Kontrolle möglich
ist, überraschend günstig. Wo eine Gehöferschaft überhaupt bereit war, zu Zinsen *,
^) Man vgl. nur den Preisunterschied zwischen Zins- und Bedwein und eigenem Wachstum
in den kölnischen Einnahmen zu Rhens, 1277—1291, Bd. 3 No. 205.
*) Daher für Abgabe nicht selten der Ausdruck torsio oder extorsio, vgl. Bd. 3 Wortr.
u. d. WW. extorquere, torsio. S. femer W4Banngedinge, G. 2, 182: wan einer wehre,
welcher lehengueter verkaufen oder vertiiuschen wil, so sol ers thun mit vorwissen und
willen des lehenhenn und des hübeners ; unt der hübener sol daz uf diesen heutigen tag vor-
bringen, uf dax ein verbesserter zins uf daz verkauft oder vertauschte gut gelegt werde, unt
wan das verkaufte oder vertauschte gut wieder einkombt in daz hauptgut, daraus es hiebevor
genommen ist, alsdan ist der gebesert ziens ab, unt eher nicht
^) WFrisingen 1541, G. 2, 250 — 51 : so ein hoebsmanu vermeinen wolt, er geh von
seinem erbe zu viel zins und beschwemüs, dan sol der hen* und hoebman das erb und guet
mit urkimt deren schefifen und des hoebmans erben messen von einem ende zum anderen,
nichts wenig oder viel unterwegen gelassen, dan also nauw in das maß geschlagen, daß man
den herte, da der hoibsman sein fuer ufmachen muß, gemessen, und nit also [vil] iries erbs
hab, dafs er sein iuer daruf mugt stellen, und foedem danis zins machen, es were dan daß
er mit denselbigen schefFen wisen muegt, daß er erbe hette lunb einen sonderlichen zins dem
herm thinen; und wamach dan der arme man erbe und guet hette, und wie sich an den
roden und maissen erfeindt, darnach sol der arme man zins geben und vemugen.
*) Das war allerdings durchaus nicht immer der Fall, vgl. oben S. 791 Note 3, femer
MR. ÜB. 1, 514, c. 1140. Ein besonders lehrreiches Beispiel, wie den Klöstem Zinse verloren
gehen konnten, bietet das WBerg bei Remich 1484 — 5. In Berg gab es noch SLutwinsgüter,
aber der Zusammenhang mit Mettlach war längst gelöst, das Dorf war imtergegangen , das
die Zinse zahlte, sein Land hatten jetzt andere Herren, die von SLutwin nichts wissen
wollten.
— 793 — Verwaltungsorganismus.]
da liefen die Zinse mit gi'ofser Regelmäfsigkeit ein^ so dafs das Einnahine-
budget keinerlei grofsen Schwankungen ausgesetzt war.
Indes finden wir gleichwohl überall umfassende Mafsregeln getroffen,
mn die volle Zinsleistung der einzelnen Gehöfer, die sogenannte Garzinsigkeit
der Hufen ^ zu verbürgen. Diese Mafsregeln gegen Zinssäumnisse laufen ent-
weder auf die Zahlung von ohne weiteres zu erhebenden Konventionalstrafen,
oder auf die Einleitung einer gerichtlichen Beitreibung hinaus. Die bezeich-
nendste Form für das erstere Verfahren ist die Einführung des Rutschpfennigs*,
für das letztere die Verfronung*, doch kommen vielfache Mischformen vor,
deren Darstellung im einzelnen aufserhalb unserer Aufgabe liegt". Das gericht-
>) Vgl. Bd. 2, ^19, No. ß. Auch die »Weinzinse in Detzem, 1340 und 1345 ver-
zeichnet, vgl. Arch. Maximin. 2, 431 f., 440 f., ergeben sich innerhalb dieser fünf Jahre bei
einer Zahl von mindestens 100 Parteien als fast absolut unverändert, niu* bei einem Zins von
4 sext ^/s sexcella und 1 pinta ist 1345 zugeschrieben Nb. hoc est dimissum.
*) WSteinecken 1506, G. 2, 399|: ein gut garzinsigh machen: die pächt oder zins, so
darauf stehen, bezahlen, das churmit geben. Ebenso WScheidweiler 1506, 6. 2, 389.
') WHillesheim § 9, G. 6, 587: wie derjenige zu strafen seie, welcher uf diesen tag
seinen zins nit bezalt? antwort: . . demselben wird der zinsze von tag zu tag verduppelt.
also da einer uf diesen tag salle bezalt haben 1 alb., derselbe ist morgen schuldig 2 alb.,
übermorgen 4 alb., uf den dritten tag 8 alb., uf den vierten tag 16 alb., uf den fünften tag
32 alb. und also fortan. WBuch 1551, G. 2, 199: beweisen die schultheiße und scheffen,
das under 16 hoebspersonen und hausgesessen (welcher 7 des heimgerichts scheffen sollen
sein) des ersten dinklichen tags alle und iedere besunder geben liefern und bezalen sollen
ein SOUL habem, sampt dreien raderhl. von iren hoebsguetem. und im fal das sie solche
haber und zinsgelt nit gehantreicht, so sollen die hoebere, welche noch solchen zins pflichtig
waren, gleich des andern taghs darnach in doppelheit bezalen; so aber solche doppelungh
nit des zweiten taghs ausgericht wurt, soll auch solche doppelung sampt dem hauptzins von
tagh zu tagh an uf horung in doppelfeldigung verzinst werden.
*) WOckfen 1325, § 11: si aliqua bona pro ccnsu neglecto et non soluto devolverentur
ad ipsum monasterium ex decreto seu sententia scabinorum . . . WDömbach 1508, G. 2,
}i<07 : wan ein arm man seümig wäre auf sanct Remigius tag und nicht gebe seinen zins, wie
er schuldig were, so sollen u. junkem ihn mit recht und gericht annehmen, und nicht mit
gewalt, sofern er seßhaftig were. WDünchenheim 1521, G. 3, 816: pfecht und zins ist man
scholdig zu sanct Martins tag. da ein man seumig würt und nit liebert, sol ime der schultes
die guter verpieten drei gedinglicher tag. kompt der man nit binnen den dreien dingtagen
und legt allen schaden ab, sol ihme der schultes die guter under der frauwen pilug schlagen,
brauchen, bessern, wie ire eigene guter also lang, bis daß kompt der man und legt allen
kuntlichen schaden ab und bit darumb, sol die fraw inen wiederumb belhenen, als were es
nit gewesen.
^) Vgl. hierzu wie zur Behandlung der Zinssäumnis überhaupt WErpel 1383, § 4,
G. 5, 328—9; § 26, G. 5, 333; WBischofeheim 1402, G. 2, 38; WSchweppenhausen 1407,
§ 2; WWeiden 1478 Schlufs, G. 2, 137-8; WRoden 1484, § 18, Lager S. 234; WRüdes-
heim 1488, § 6, G. 4, 734; WGedscheid 1491, § 8 u. 9, Lager S. 284; WOberheimbach
15. Jhs., G. 2, 228; WBiebem 1506, § 10, G. 2, 191; WOberelbert 1507, § 3, G. 1, 609;
WTUvengiersburg 1509, Thomasw. § 7, G. 2, 178—9; WTreissen 1526, § 3, G. 4, 643;
WFaha 1529, G. 2, 66; WMengerschied 1539, § 2, G. 2, 173; WSchiUingen und Waldweiler
1549. G. 2, 123; WHottenbach 1558, § 16 u. 17, G. 4, 720; WRittersdorf 1565, § 7 u. 23,
Hardt S. 608; WStruht 1565, G. 6, 482; Notizen der Linzer Äbtissin 16. Jhs., G. 1, 624;
Lampr«eht, Denttebes Wirta^«ftal«ben. I. 51
[Wiitschaft d. Grofsgrundbes. — 794 —
liehe Verfahren fand dabei vor dem gehöferschaftlichen Bauding statt*; ge-
nügte die einfache Verfronung nicht als Strafe bezw. Zinsersatz, so wurde auch
das sonstige Eigentum des Schuldners haftbar gemacht^. Ja in einzelnen
Fällen ging man nach den verschiedensten Richtungen hin noch weiter;
es findet sich z. B. der Fall, dafs für restierende Weinzinsen, abgesehen
von einer Bul'se des Schuldners, an zeitlich erster Stelle die Wirte des grund-
henlichen Verbandes haftbar gemacht wurden. So iemants were, heifst es
im WTrittenheim bei Grimm 2, 324—5, der imsenn heni [von SMattheis] seine
zins zu gepurlicher zeit und im herbst nit enliebert, oder solchen zins mit
frevel verhelt, denselbigen weisen wir boeßfelligh und streflich. und sal unsers
hemi dhiener alsdan gähn bei drei wirth zu Trittenheim, nit mit dem nünsten
und auch nit von dem meisten gelt, und solle so viel weins kaufen, als nhun
der zinßbar man schuldigh ist und damit unsers hein faß fhüUen. und dar-
nach sol der zinß})ar man, der da schuldigh ist, nach sent Mertinstagh nach-
WChorweiler 1602 G. 2, 194; WHalsenbach und Bickenbach 1647, G.2, 238; WBendorf 1671,
§ 3 f., G. 1, 613; WIrrel 1699, § 2; WSchönfels 1682, § 20, 24, 27, Hardt S. 678—4;
WEhrenberg § 5, G. 3, 770; WGemünden, G. 2, 170; WHirzenach, G. 2, 282; WJohaimis-
berg, G. 1, 552; WKreuznach, G. 2, 152; WNeumünster, G. 2, 36; WRavengiersburg, 4 Bau-
gedinge § 10, G. 6, 506; WBüdesheim § 3 u. 4, G. 2, 161-2; WSternberg § 2, G. 2, 288;
W Winterburg, G. 3, 768. Dafür, dafs Verfronung gar ohne gerichtliches Verfahren aus-
gesprochen werden konnte, vgl. WKenn 1493, G. 2, 314—5; WScheidweiler 1506, G. 2, 889;
WNiederbachem 1553: wan ein hübener nit bezahlt oder ungehorsamb ist, sollen die junkem
dem hübener die hübe verbieten, bis daß er gehorsamb wirt und bezahlt, und damit strafen.
WEppeldorf § 15 : wanehe die hofserben ihre zins nit usrichten zu ihrer gebührlicher zit, so
sal min ehrw. her zu Echtemach band an den grond schlan, der grond sol sinen pand sin.
') Einen guten Einblick in dasselbe unter Vergleich von WWincheringen 1494, § 5 u. 6,
Hardt S. 745, und WWincheringen 1663, § 10, gewährt WWmcheringen 16. Jhs., § 2, G. 3,
787: dweil obg. herren zu sanct Simeon unsere gruntherren sin, weisen mir in och darum!»
irre gruntzense; und were sacli das iemand in siner zens siiniig wiu*de und die herren nit
entricht, so han mir meiger und gericht von wegen unser herren drei geschworen tag. mag
der gemelt schulder uf den ersten tag betreffen sin zens ein pfants libberen, einer quart wins
wert ist, uf den anderen tag sol er sulchen pfant besseren und nit ergeren. kompt er aber
vor dem dritten tag und bezalt sin beixen, sol im der meiger sine pfende sonder uncost
widdergeben, erwart er aber des dritten tags, sol er brengen die zens in einer band und
den herren die boeß in der anderen, so er dan darüber usbelipt und kein entrichtung kan
oder wil thun, so weist der scheflfen, der meiger sul pfent in gedachten schulders haus
nemen laessen und den herren bezalung verschaffen; vindt er nit pfent im haus, sol erden
stal besuechen, von dem stal an moebel uf dem velt, vindt er dan och nit moebel, sol ers
erbguet antasten un den henen iiTC zens machen, darbei sol siücher man von sinen herren über
hundert jare und einen tag nit enterbt werden mit bezalung und ablegung aller der forderen
und mitteler zit ufgewachsenen zinsen. Vgl. dazu USMax. 1484, Bl. 11^, cit Bd. 2, 647,
Note 1.
2) S. WEslingen 1588; vgl. auch die interessante SteUe im UStift 426, Münstermaifeld:
wer seinen Zins vom Hofgut nicht zahlt, indutias habet dandi censum 6 ebdomadas, antequam
publicetur. si infra publicationem homo moritur, quicqiiid ad ipsum a parentibus suis
hereditario iure devolutum est, quicquid habet allodii, excq[>ta dote axoris 8ue> transit in
salicam terram curtis archiepiscopi.
— 795 — Ver^-altungsorganismus.]
gehen und sol den wirden den wein bezalen und auch die boeß dem
schultessen*.
Gegenüber all diesen Schwierigkeiten der Zinssäumnisse wäre nun das
sichei'ste Mittel an sich der Abkauf gewesen. Er wird gleichwohl im ganzen
Mittelalter, so viel ich sehe, kaum angewandt, aus dem einfachen Gininde,
weil die Gehöfer an den Heirn nicht nur wirtschaftlich , im Sinne von Land-
pachten!, sondern auch rechtlich als Grundhörige gebunden waren. Die recht-
liche Abhängigkeit aber zugleich mit der wirtschaftlichen durch Abkauf auf-
zuheben, konnte aus später zu entwickelnden Gründen wenigstens vor dem
13. Jh. nur selten im Interesse der Grundherren gelegen sein. Bliel) so der
Abkauf unausführbar, so war doch in der einheitlichen Zurückführung der
Zinse wie auch der Fronden vornehmlich auf Geld, der Zinsreluition, ein Weg
g^eben, die Zinslieferung zu vereinfachen und damit wohl auch manchen Vor-
wand für die Zinssäumnis auszuschliefsen.
Freilich wurden auch Reluitionen ^ noch bis ins spätere Mittelalter in
relativ nur geringer Höhe vorgenommen, denn auch ihnen standen bedeutende
Hindemisse entgegen: die Unsicherheit des Mtinzfufses, die Verschiedenheit
der Geldsorten in den verschiedenen Fronhofebezirken gröfserer Grundhen-
schaften*, die in den Quellen schon früh angedeutete Erwägung, dafs mit
dem Sinken der Kaufkraft des Geldes Reluitionen auf Geld an Wert ver-
lieren könnten*. So begreift es sich, dafs man, imgeachtet mancher frühen
Reluitionen^, doch noch bis ins spätere Mittelalter hinein bei gröfseren
Gütern fast durchweg Zinskomplexe in natura antrifft*. Doch nahmen im
1) S. dazu »XYSPeters Hochgericht zu Rio! 1460, Arch. Maximin, 9, 596, § 6 : weist
der scheffen den kornzins mit dem wein zu bezahlen und mit der boussen; und wer an der
bezahlung des weins im herbst säumich würde, weist der scheffen, daß der säumigh sol den
wein bezahlen, wie er zu sanct Johanns tagh zu Trier am zapfen gilt, nit zimi höchsten noch
zum wohlfeilesten, ungefehrlich.
*) Das lateinische Wort ist Redemptio, vgl. Cesarius zum UPrtim S, 184, Note B;
^Paris Naibibi. 11104, Bl. 1, Echtemach, nach 1155: 5 s. ex censu, 12 d. pro redemptione
lini ; USMax. S. 453, Rübenach : de redemptione arantium 8 s. Colonienses. — Zum folgenden
s. auch V. Maurer, Fronh. 1, 357.
») S. Bd. 2, 381.
*) S. Cesarius zum UPrüm Seite 184, Note B; aus späterer Zeit Scotti, Chur-Tiier
1, 578, 1602; vgl. unten S. 796 Note 5.
») S. Bd. 2, 107—8, 158.
•) Vgl. z. B. Ennen, Qu. 2, 106, 97, 1236; *Tper Stadtbibl. 23, Cod. 1, Bl. 112^,
SMaria ad martyres, 13. Jh. 2. H.: habemus (prope Bidburg) curtem, ad quam pertinent
certe croade cum octo mansis et dimidio. dimidiiun mansum recipit advocatus pro iure suo
Hbere et absolute a censu sed non a decima. residui octo solvunt monasterio pro censu
12 mir. grani et 6 mir. avene et integram decimam. de avena recipit advocatus tria mir. item
in die sancti Stephani cedunt monasterio 62 panes meliores et puriores, sicut opidani in
aeiiüs suis comedunt; de quibus recipit advocatus dimidietatem. item 16 s. censuum, de
ipSStmM primo monastcrium recipit 30 d. reliquam pecuniam equaliter dividit cum advocato.
S. ferner Bd. 2, 214, No. 6, 14. Jh. Auf.; Honth. Hist 2, 109, 1326: der SFloriner Uof in
51*
ik&
^:AV'
[Wirtschaft d. Grofsgrundbes. — 796 —
Laufe der Zeit die zwingenden Gründe für eine Reiuition an Zahl immer
mehr zu. In älterer Zeit hatte fast nur eine vom Fronhofe ganz besonders
feine Lage einzelner Hufen zur Reiuition nötigen können^; nunmehr waren
die zunehmende Zersplitterung an sich nicht teilbarer Zinse, z. B. der Tier-
zinse^, der Einflufs der neu entwickelten Geldwirtschaft im Umkreis grofser
Städte®, die wachsende Wertlosigkeit der Fronden bei Verpachtung oder Ver-
äufserung des Beundelandes* ebensoviele Aufforderungen, eine Reiuition der
Zinse und Leistungen eintreten zu lassen.
Gleichwohl schritt man nur sehr ungern zur endgültigen Reiuition;
meist wurde die Wahl zwischen Naturalabgabe und Zins vorbehalten, oder die
Möglichkeit einer Auswahl zwischen verschiedenen Zinsarten festgestellt^;
eret spät finden sich häufiger reine Geldzinse, deren specifische Benennung
meist noch auf die Art der reluierten Naturallast hinweist*. Noch später
kommt es endlich zur Fixierung schwankender Abgaben, wie es die Zehnten
waren'', oder periodisch verschieden hoher Zinse, wie sie die Dreifelder-
wirtschaft mit sich brachte®, in reinen, sich gleichbleibenden Geldabgaben.
Übersieht man das gesamte Reluitionswesen , so läfst sich nicht ver-
kennen , dafs auf diesem Gebiete , trotz mancher vielversprechender und früh-
liegender Anfänge, im Laufe des Mittelalters nur wenige Fortschritte qualitativer
wie quantitativer Art zu verzeichnen sind. Sollten die Grundherren geahnt
Mayen hat an selbstbebautem Lande 60 iumalia terre 4 prata; an census 7 s. d., 6 mir.
12 som. siligo, 6 mir. partim ordei et partim avene, 1 anser, 4 pulli. Für weiter s. Bd. 3,
505, 1340; Bd. 2, 217, 1342; Bd. 3, 303, i9 f., 1499; Bd. 2, 231, Xo. ß, 1503 c.
1) üKarden IL— 12. Jh. Alflen; USMax. S. 449, Rittersdorf.
') S. *Bald. Kesselst. S. 448, 1350: in Kobem uf der Nette ein zins von drei und
dreißich eiere und daz drittedeil von eime eie. S. auch Bd. 2, 210 No. y\ 222 No. f.
3) Lac. ÜB. 1, 136, 209, 1067; Ennen, Qu. 1, 574—5, 87, 1176; 2, 93, 84, 1224;
Guden. CD. 2, 948—49, 1249.
*) S. z. B. üSMax. S. 453, Rtibenach, cit oben S. 795 Note 2. Abgelöste Corvadae äufserst
häufig im ULuxemburg, z. B. S. 361, i7, s. Bd. 3 Wortr. u. d. W. corveie. S. auch Goerz,
Regg. d. Erzb., zum 26. Juni 1469.
^) Vgl. MR. ÜB. 1, 23, 771, cit oben S. 587, Note 7; MR. ÜB. 1, 332, 1042—47;
Cardauns, Rhein. Urkk. 22, S. 368, 1199; WSteinecken 1506, G. 2, 39; WImmerrath (1507),
G. 2, 396, cit. oben S. 600, Note 2. Vgl. auch noch Cesarius zum ÜPrüm S. 184, Note B:
sciendum est, quod per totam abbatiam ita [est] ab antiquo constitutum, ubicunque vel
salmones vel porci vel angarie vel quicunque reditus positi sunt ad redemtionis summam,
quod in voluntate erit ecclesie, vel ipsas res sive redemptionem inde accipere. Scotti, Chur-
Trier 1, 578, 1602: die sämtlichen churfürstlichen ff ellner werden angewiesen, die erfaUenden
Geld- und Natural- Kameral-Zinsen und Rentüen pünktlich zu erheben, sodann auch die seither
mit zu geringer Geldvergütung berichtigten Hühner-, Gänse-, Oehl-, Wachs-, Pfeifer- und
dergleichen Renten entweder in natiuu oder deren Aequivalent in Gelde nur nach den all-
gemeinen laufenden Preisen dieser Gegenstände zu empfiängen und in Rechnung zu bringen.
*) Z. B. die Vaspennege in Ahrweiler, vgl. Cesarius zum ÜPrüm S. 180, Note B;
155, Note 1.
^) S. oben S. 615 f.
^) Vgl. z. B. UStift 407, Kordel.
— 797 — Verwaltungsorganismus.]
haben, dafs mit dieser Reluition der Zinse und Dienste in Geld notwendig
eine gröfsere Freiheit ihrer hörigen Gehöfer eintreten müsse, welche fast un-
mittelbar und mit grofser Leichtigkeit zur allgemeinen Einführung fi^eierer
Pachtverhältnisse geführt haben würde ?^ —
Bisher haben wir nur die Fronden und Zinse der Gehöfer betrachtet,
also der Hufen- imd Landbesitzer, welche einem bestimmten Fronhofe als hörig
untergeordnet waren. Aber das waren nicht die einzigen Leistungen, welche
der Wirtschaftsorganisation des Fronhofes zu Gute kamen ; neben ihnen stehen
Leistungen seitens der allmende- oder markhörigen Leute, welche aus dem
Allmendeobereigentum des GrundheiTn erwuchsen. Sie sind bei der gewaltigen
Ausdehnung des Allmendeobereigentums schon im früheren Mittelalter^ von
nicht zu imterschätzender Bedeutung, darum über sie noch einige Worte ^.
Ihre Begründimg erfolgte fast ausnahmslos unter dem Gedanken, dafs
sie ein Äquivalent, einen Entgelt filr die nunmehr gnindherrliche Mark dar-
stellen sollten*. Nun gehörten aber zur Mark einerseits direkte Allmende-
nutzungen in Weide, Wasser und Wald, andererseits gewisse gemeinsam
beschaffte Grundlagen einer rationellen Wirtschaft in der Nutzung der öffent-
lichen Wege und der gemeinsamen Verkehrsanstalten, der Mühlen, Backöfen,
Fähren u. s. w., überhaupt der ersten Vorbedingungen für die Möglichkeit
einer primitiven wirtschaftlichen und socialen Existenz^. Demgemäfs charak-
terisieren sich die Leistungen der markhörigen Leute als Entgelt entweder für
direkt von der Natur gegebene Allmendenutzimgen oder für die seitens der
Markgenossenschaft bezw. seitens der Markgrundherren geschaffenen gemein-
samen Wirtschaftseinrichtungen.
Die Leistungen der ersteren Art können Fronden oder Abgaben sein.
Unter den Fronden spielt der Beundedienst , wenn auch nicht überall vor-
handen, doch meist eine sehr bedeutende Rolle®, bisweilen erstreckt er sieh
nicht auf die Pflugfahrt, sondern nur auf die Ernte''. Daneben sind dann
') Vgl. Lamprecht in Conrads Jahrb. f. Natök. und Statistik NF. Bd. 11, 340, auch 317.
') S. oben S. 390, 695 f., über die Konsequenzen des Alhnendeobereigentums auch S. 397 f.
') Vgl. zum Folgenden ganz allgemein Bd. 2, 188 ff. Neben dem Gehöfer- und All-
mendehörigkeitsfronden sowie den auf die Grundherren übergegangenen autonomen Allmende-
diensten (s. unten S. 801) kommen für die Fronhöfe auch noch ursprünglich staatliche
(militärische und gerichtliche) Fronden als später nur noch nutzbringende Wirtschaftsdienste
in Betracht; von ihnen wird, ihrem Ursprünge gemäfs, erst später bei der Darstellung der
Grundherrlichkeit (Abschnitt VII Teil 1) zu reden sein. Ebenso ist auch auf die Alknendedienste
noch weiter vom (resichtspunkte der Markherrlichkeit des Grundherren aus einzugehen.
*) Vgl. z. B. Gesarius zum UPrüm No. 25: et mansi sancti Petri et sancti Paulini
fiidont nobis corvadas et alia iura minnta, quia habent communionem in pascuis aquis necnon
in terminis nostris.
») S. oben S. 282 f.
*) Er ist ausnahmslos für alle Markeingesessenen entwickelt, s. Gesarius zum UPrüm
$. l45. Note 3: onmes homines villas ac terminos nostros |inhabitantes tenentur nobis cur-
vadas facere, non solum autem mansionarii, verum etiam scararii et haistaldi.
^) Zu den Pflugfohrten vgl. aufser oben S. 436 f. und S. 767 Note 6 USMax.
I Wirtschaft d. Grofsgiaindbes. — 798 —
Fronden fllr den Wiesenbaus für die Wald- und Wassemutzung * entwickelt,
und auch die Spui-en von sonstigen Frondearten, so von Herbergsdiensten
if. a. m. sind hier und da zu erkennen ^. Die Abgaben haben entweder einen
ganz unmittelbaren Bezug zu gewissen Allmendenutzungen ^ und schwanken
S. 449, Rittersdorf: arat nobis mansionarius, sicut aratratus est, et quicumque in banno
nostro est, ter in anno; und ebd. S. 450, Matzem: quicunque in banno nostro moratur,
servit nobis ter in anno, sicut aratratus est Femer s. Ccsarius zum UPrüm No. 25, S. 158
Note 5, cit oben S. 797 Note 5 ; UStift S. 398, Irsch : quivis mansionarius in banno eiusdem
curie debet 9 dominicales dies archiepiscopo cum aratro, qui aratrum habuerit, et qui non,
cum ligone; und ebd. S. 419, Manderscheid : hominum in iUo banno manentium quilibet, qui
aratrum habet, 8 diebus in anno agros archiepiscopi arabit. Dazu s. oben S. 371 Note 3.
Aus später Zeit s. noch WTholey 1584, G. 8, 766. Nur Ernte-, nicht Pflugfronde kennt
USMax. S. 446, Naurath.
>) USMax. S. 442, Loersch; S. 446, Naurath; S. 447—8, Eslingen; S. 456, Thaben;
oben S. 435.
') Vgl. dazu im allgemeinen oben S. 283. Im wesentlichen handelt es sich hier um
Holzfällen, Hohspalten und Holzfahren zu bestimmten Zwecken, vgl. WAnwen 1362, § 2:
jeder Pflug hat jährlich 6 Fuder Holz zum Kalkofen nach Luxemburg zu fahren. WBischofs-
heim 1402, G. 2, 38: ieder pluch, als er gespannen ist, zu acker zu gan, ein fuder kamer-
liolze in die bürge zu füren. WSchillingen und Waldweiler 1549, G. 2, 123: iglicher, der
gesind hat, ist schuldig jarlichs den hem ein foder cammerholz zu fueren, und das sol ge-
libert werden vor dem jargedingh, so man zu weinachten helt; und sol dermassen geladen
werden, daß ein junger knabe von 13 oder 14 jaren, so zu dem h. sacrament gegangen, den
wagen, so vonnöten, möge ufheben, und das rad inthun. und wanne das holz geliebert ist,
sollen die hem dem jungen oder dem knecht die sopp geben, daß er möge wiederumb
heimkomen. WPluwig 1542, G. 2, 121: welcher man hinder dem herm sitzet und fhewr
hat, dem sal der meier von Schöndorf ein bouche in des jonkem weide geben und der man
heimfhüren und daraus spelder machen, ie einen sieben schoen langh; dieselb uf den hart
dur machen und dem herm ein karr fol heimfhüren. dieselb khar sol so groß sein, das wo ein
rat usginge, ein mensch, der dreimael zum hermgodc hait gangen, das rat mit einer haut und
die achse mit der andern haut greifen, und wiedemmb zuthun moege : und der herr sol dem
armen man den cost geben. Bisweilen kommen auch andere Holzfronden vor, z. B. Köhlern,
vgl. WZerf 1581, 1642, G. 2, 107, cit. oben S. 516 Note 1. Zur Fischerei vgl. oben S. 503,
Note 6; WLampaden, G. 2, 113: wir weisen auch unserm ehrw. hem alle fischerei in der
Lampader bach, und sein die nachbam zu Lampaden die zwei mhal zu gewonlicher zeit des
jars unserm ehrw. hem schuldigh zu fischen; deswegen sie ein ledige hove haben, gnant die
fischhove; und so man die bach gefischt, sol der meier den fischem ein flesch oder halben
sester weins, und ein suppe, so gut als ein halber sester weins, geben.
') S. WMeddersheim 1514, § 10: wan der gmndherr komt gen M. oder schickt seine
reishabe, so sol ein schuelteiss gSn zu dem heimberger des dorfs und sollen bestellen, dasz
u. gn. h. essen und trinken und atzent habe; damach sollen das die heimburger der gemeine
berechnen, und sol das die gemeine bezahlen. Eigentümlich sind auch noch UlMettlach No. 1 :
im Juni in WadriU debent 3 dies de unaquaque domo : unum ad urbis opus, alium ad fenum,
tertium ad araturam; *WSPeters Hochgericht 1460, Arch. Maximin. 9, 596, § 4: vort ist ein
bergh über Mosel genannt Röckenberg, ein ieglicher man, hinder sanct Petera gericht sitze,
wanehe man des zu herbst noit hat ein frondagh für ein windelbot da zu sein, ausgenommen
die scheffen obg. gerichts, dan sal der herr sanct Peters gericht möglich herbstkosten geben,
des sal der herr sanct Peters gericht ein halb mir. koras zum brod [S. 598] im herbst geben,
das übrige sal der maier wie von alters gewöhnlich darstellen.
♦) Vgl. z. B. UlMettlach No. 1: in Wadrill 10 e zahlt jeder mansus in natale domini
— 799 — Verwaltungsorganismus.]
denigemäCs nach der Höhe und Inanspruchnahme derselben, oder aber sie stellen
einen allgemeinen Entgelt für den mit Allmendenutzung verbimdenen Auf-
enthalt in der Mark dar. In die erste Kategorie gehören die Medemabgaben
für zimi Anbau verliehenes Markland ^ sowie sonstige Zinse, welche sich an
die Verleihung von Rottland für Gärten und Wiesen, für Weinberge und
Beunden unter Ausscheidung vom Übertriebsrecht ^, auch an die Verleihung
von Sonderwäldem^ anknüpfen konnten, feiner der Dem imd sonstige Weide-
abgaben*. In der zweiten Kategorie ergiebt sich ein auf die einzelne Feuerstelle ge-
legter Zins als Hauptabgabe, wie er bald als Herdpfennig*, bald als Rauchhuhn*,
. . pro ligno 2 mo. dominic<^ aven^ et secundo anno 4 d. pro porcis; USMax. S. 456,
Thaben: quicunque est habitator ville, dabit ad pratum obulunif si silvam ingreditur,
denarium.
1) S. oben S. 394, auch S. 127, sowie Bd. 2, 659 Note 1.
«) Vgl. ÜMarienthal 1317, S. 314, Zinse vom Rottland der Allmende 48 pulli , femer
mescom 47 sext von Allmendewiesen und 64 sext. parve mensure Wein von Allmendewein-
bergen. Zum Ausdnick mezcom, mescom s. auch USMax. S. 436, Nospelt; üStift S. 409,
Birkenfeld. Im übrigen vgl. noch oben S. 386, 403.
') MR. ÜB. 1, 514, c. 1140: nee est pretermittendum , quod homines vill<^ [Schleich]
communiter amam vini Treverensis mensure quotannis de silva, que Canvith vocatur, per-
solvunt S. auch USMax. S. 453, Rübenach: census silve.
*) Vgl. z. B. WWaratwald, G. 2, 12.
*) Hierher gehört vermutlich schon Lac. ÜB. 1, 186, 284, 1117; ferner eine ♦Aufiseich-
nung im Koblenzer St.A., Pgtbl. von 46 zu ca. 15 cm., auf der Rückseite von Hand 15. Jhs. :
Rile buwehoifstede, die die herdel geldent; und darunter von Hand 18. Jhs.: Specification
besthäubtiger hofstedt und feurzins zu Reil: ad No. 62 R. E. Die Aufzeichnung stammt aus
dem Ende 14. Jhs., hat aber spätere Zusätze. Nach der alten Aufechrift: In Rile buehofstede
dÄ nidirval geldint: werden die einzelnen Häuser und deren Inhaber mit ihren Geld- und
teilweis Hühnerzinsen aufgeführt Aus späterer Zeit vgl. aufser WRemich 1477, G. 2, 241,
und WMersch 1542, § 5, auch WMeisenburg 1549, § 20: alle burger geben den herdpfennig, mit
Ausnahme der Schöffen; WReuland 1586, § 3: wer dan halt vuer und rok aufgaen in der
freiheit Rulant, der sei schuldig 4 d., und vort von sinem eitter 2 d.; WMondorf 1594 § 11:
der Herdpfennig beträgt 4V2 stüber, Bistumsleute die Hälfte (2 stüber und 2 pfennige),
von jeder Feuerstelle, auch wenn zwei in einem Hause wohnen.
*) Honth. Hist 2, 113, 1329: Zins tot pullorum, quot sunt ibidem loca ignium sive
foci; WNiedermendig 1382, G. 2, 491: alle hovereden, die verbuit sint, vueir unde rauch
haint ufgain, die uf sente Marien hof gehorich sint, die geint vaßnaichthoinre ; vort alle an-
boriche lüde, die uf denselben hof gehorich sint, vueir und rauch haent, so wa die gesessen
sint, geint onch vaßnaichthoenre; WErpel 1388, § 3: quilibet parochianus [Nachbar] aut
qoilibet parochiana habens et tenens mansionem habitabilem propriam vel locatam in parochia E.,
que mansio si sit parva vel magna, dabit dominis nostris [den Kölner Domherrn] gallinam
annuatim circa festum camisprivii, demptis scabinis, qui nullam solvere tenentur ratione sui
officii scabinatus; WHarbmch, G. 2, 136: daß ein ieder lenman zu diesem jartag sein hun
in seiner band haben sol und vor die schultessen bringen; WImmerath 1660, G. 2, 397: iedes haus
gibt drei hauen; imd wan einer an einem zäun feur uf bläst, der ist drei hauen schuldig, der
drithalb schueh hoch seines Vermögens flieht, solle der gerichtsherr zufrieden sein.
[Wirtschaft d. Grofsgrundbes. — 800 —
Bauchhafer* oder Rauchbrot 2, auch wohl als Zinskomplex in verschieden-
artiger Kombination dieser Abgaben imter sich und mit andern kleinen
Leistimgen, Eiern u. dergl. auftritt^. Beim Vorhandensein der letzteren
Erhebungssumme wie bei etwa gleichzeitigem starkem Bestand an markhörigen
Fronden war dann der einzelne nur markhörige, nicht hof hörige Bauer doch
dem Gehöfer ziemlich weitgehend assimiliert, und das Bestreben der Grund-
herren, diese Assimilation zu einer vollkommenen Identifizierung zu ent-
wickeln, begreift sich olme weiteres. Der wichtigste Schritt grundsätzlicher
Art, welcher zu diesem Zwecke geschehen mufste, bestand darin, dafs man
nicht nur die Allmende, sondern alles Eigen der nur markhörigen Bauern als
in grundherrlichem Obereigentum befindlich ansah und demgemäfs der grund-
herrlichen Gerichtsbarkeit unterwarf. In der That wird dieser Weg ein-
geschlagen und oft bis zum letzten Ziele verfolgt. Im WNiederprüm
z. B. wird gewiesen*, wanehe ein man als vil aigen erf het, dafs er ein
feuerplatz daruf machen, und so viel geraumbs, dafe er ein betplatz darauf
gemachen künte, imd künte ein geiß bei sich gebinden und ein dreisteinplichen
stul darbei gesetzen, sol er sich defsen nit gebrauchen, er habs dan entpfenk-
licher band vom grunthem oder hofescholtifsen , und uf der platzen zu ent-
pfangen, da sichs gepürt.
Hinter solchen Konsequenzen blieb freilich die Bedeutimg jener zweiten
Art markhöriger Leistungen weit zurück, welche sich als Folge besonderer sei
es früher von der Markgenossenschaft, sei es später, nach Entwicklung des
Markobereigentums, vom Markgrundherm zu schaffender oder geschaffener
gemeinsamer Wirtschaftseinrichtungen bezeichnen liefs*^. Von besonderem In-
*)WZerf 1581, 1684, G. 2, 108: alle di^enige, die hinter dem herrn probst wohnen,
die fewr und flani aufblasen, seint alle jähr schuldigh ein faß haber, die also geliebert
werden sol, das der meier baussent dem gatter stehen sol und der erfliug darbinnent, und
doch also messen, daß nicht abfalle und der meier liefern könne. S. auch WGules-
hahn 1683.
*) WNospelt 1542 § 10: wer da feuret und flammet hinder dem grundherm, der muesz
eim hem apt als grundhem geben 2 rockenbroet, der fünf ein sester duent.
^) USMax. S. 447—8, Kslingen: omnis domus, que in banno nostro est, dat nobis in
die sancti Stephani 3 panes et 2 sum. avene. UMarienthal 1317, S. 314, Marienthal hat den
Bann [Allmendeobereigentum] in Kahler: quelibet mansio domorum et hominum bamii
predicti, ubi ignis reperitur, tenetur 2 sext avene et 3 puUos . .; ratione advocachie 1 sext.
avene et 1 Metensem d. . .; ubicunque ignis non reperitur, non sohimt pullos seu avenam
seu d. ^^^Völlstein 1486, G. 2, 159—60: weisen wir u. gn. h. zue W. von einem jeden
haus ein cmtgans und ein fassnachthun. WMersch 1542 § 5: also manich hertpfenninc
einer gibt, also manich eie sol auch einer geben. — Ein Zins, der vermutlich auf reduzierte
markhörige Fronde geht, findet sich UStift 409, Birkenfeld: in banno apud Birken velt qui-
libet manens solvit sciüteto de vronde 1 mensuram siliginis et 1 mensuram avene, quanun
quatuor faciunt mir., quod dicitur haccom. Ähnlich in banno Brombach.
*) G. 2, 553, 1576.
*) S. zur Entwicklung der grundherrlichen Rechte vorläufig oben S. 303 die Anm.
— 801 — Verwaltungsorganismus.]
teresse ist hier, neben Abgaben für Mühlen- und Backofenbenutzimg S Wein-
schank- und Fähn-echt*, nur eine auf älteren Rechtsgrundlagen erwachsene
Leistung. In den freien Marken hatten Abgaben imd speciell auch Fronden
zui' Durchführung von Markmeliorationen bestanden. Der Anspruch auf diese
lusprünglich autonomen Leistungen ging bei Entstehung von Markobereigentum
natürlich an den neuen Markgrundhenen über ; und wir finden die Leistungen
daher in der grundherrlichen Mark als sogenannten Zendertag oder als Zender-
werk z. B. im SMaximiner Urbar wieder. Doch werden sie jetzt nicht mehr
ausschliefslich im Interesse der Mark, sondern auch für die verschiedensten
Arbeitszwecke des Grundherrn ausgenutzt^. —
Wir übersehen nimmehr die gesamte lokale Wirtschaftsverwaltung des
Grofsgrundbesitzes , wie sie sich vornehmlich an den Fronhof anknüpft, die
Organisation ihres Substrats, des Grund und Bodens, die Funktionen ihres
Beamtenpersonals, besonders des Meiers, endlich die Verwendung der grund-
und markhörigen Bevölkerung im grundheiTlichen Wirtschaftsinteresse. Aber
wir kennen noch nicht das Gesamtergebnis dieser Verwaltung. Welches war
der Erfolg einer so vielgegliederten Organisation, wie sie sich im Fronhof
darstellt, im einzelnen, und wie arbeiteten die Fronhofsverwaltimgen zu Gunsten
der gemeinsamen Grundherren ineinander: das sind die Fjagen, welche noch
der Lösung harren. Ihre Beantwortung kann nur in der Untersuchung der
grundherrlichen Zentralverwaltung erfolgen.
Auf diesem Gebiete tritt uns aber wiederum die Frage entgegen, in-
wiefern denn die karolingische Villenverfassung für die Entwicklung der Or-
ganisation des aristokratischen Grofsgrundbesitzes von vorbildlichem Einflufs
gewesen sei. Ist die aristokratische Zentralverwaltung in sich und in ihrer
Verbindung mit den lokalen Fronhofsverwaltungen eine Nachbildung der
karolingischen Domanialverwaltimg oder nicht? Nur eine unabhängige Neben-
einanderstellung beider Verwaltungsbilder wird für eine dieser Alternativen
entscheiden können. Für den Gang der Forschung ergiebt sich daher die Not-
wendigkeit, vorerst die zentrale Domanial Verwaltung der Karolinger zu er-
örtern, ehe an eine Untersuchung der aristokratisch-grundherrlichen Zentral-
verwaltung gegangen werden kann.
*) Über Banmnühlen und Verwandtes vgl. Waitz, Vfg. 8, 275 f.; s. ferner Bd. 8 Wortr.
u. d. WW. moture und multer; UPrüm No. 118—114; Ennen, Qu. 1, 547, 71, 1158; üSMax.
S. 442, Loersch; Bd. 3, 64, 84 f., 1278; 146, 26, 1828.
8) Vgl. ÜPrüm No. 114; MR. ÜB. 8, 1491, 1259; WTholey 1450, G. 8, 757; WSchweich
1517, G. 2, 809 ; WBirresborn, G. 2, 528 ; — Lac. ÜB. 1, 95, 158, 1019.
') Vgl. USMax. S. 449, Rittersdorf: quicunque in banno nostro sunt vel super salicum bonum
manent, operantur 1 diem, qui dicitur centenarii; ebd. S. 450, Matzem: operantor mansionarii
Td quicumque salicum bonum tenent uno die opus, quod vocatur centenarii, suis expensis.
WKieselbach 1549, G. 2, 196: zwei Heimburgen zu K. in der herm gericht gesessen setzen
Mihfrohnden an. Hier handelt es sich wenigstens höchst wahrscheinlich um ursprünglich
antonom-markgenössische Fronden. Über diese ursprünglichen Hundertschaftsfronden ist unten
Abschnitt VII Teil 1 noch genauer zu handeln.
[Wirtschaft d. Grofsgnmdbes. — 802 —
Die zentrale Domanialverwaltung der Karolingerzeit läfst sich aber ohne
einen kurzen Einblick in die Beichszentralverwaltung dieser Epoche überhaupt
nicht vei-stehen. Von diesem allgemeinsten Punkte ist also auszugehen, und
dieser Punkt um so mehr zu betonen, als seine Erörterung sich später für die
Untersuchungen des Abschnittes VHI umnittelbar fruchtbar erweisen wird.
Die karolingische Zentral Verwaltung, wie sie uns systematisch aus der
von Hinkmar von Eheims überarbeiteten und erweiterten Aufeeichnung Adal-
hards De disciplina palatii am besten bekannt ist\ charakterisiert sich vor
allem durch ihre eigentümliche Mittelstellmig zwischen der altgermanischen
fürstlichen Hofverwaltung und der frühabsolutistischen Kabinetsverwaltung. Schon
sind eine Anzahl angesehener Pfalzbeamten entwickelt, welche neben dem
grofsen aus der alten Volksversammlung ausgeschiedenen Staatsrat für königliche
Sachen wie für Geschäfte des königlichen Hauses und Hofes einen beson-
deren kleinen Staatsrat, ein Kabinett, bilden : aber sie sind nur zum kleineren
Teile mit eigentlichen Staatsgeschäften beauftragte Beamte, der Mehrzahl nach
gehören sie noch dem königlichen Hausdienste an.
Man kann acht grofse Pfalzämter, im Sinne etwa späterer Ministerien
— sie werden auch ministeria genannt — unterscheiden, das des Erzkaplans,
des Pfalzgrafen, des Kämmerers, des Seneschalks, des Schenken, des Stall-
giafen, des Quartiermeisters, der Jägermeister.
Von ihnen waren nur die beiden ersten eigentlich und von Grund aus
I)olitische Ämter. Der Erzkaplan, seit der Karolingerzeit meist ein Diakon
oder Priester, seltener ein Bischof, war der Minister für alle geistlichen
Sachen^; unter ihm, als dem schrifterfahrenen Kleriker, stand zugleich das
gesamte Kanzleiwesen mit dem Erzkanzler an der Spitze^; und bisweilen
vereinigte der Erzkaplan wohl auch das Amt des Erzkanzlers mit dem
seinigen*. Das Gegenstück zum Erzkaplan bildet der Pfalzgraf ^*, der Minister
ftlr alle weltlichen, vornehmlich ftlr die Rechtssachen®, deren Entscheid bei
dem bekannten auch im Karolingerreich nicht dauernd zu Gunsten einer
höheren Auffassung überwundenen ausschliefslichen Friedens- und Rechts-
charakter des germanischen Staates den gröfeten Teil der königlichen Ver-
waltimgsgeschäfte ausmachte. Der Geschäftsgang bei beiden Ämtern war so
ger^elt, dafs alle geistlichen Unterthanen durch den Erzkaplan, alle welt-
lichen durch den Pfalzgrafen mit dem König verkehrten'.
Neben den politischen Ämtern standen als eigentliche Hofämter vor
') Neue Ausgabe mit Kommentar von M. Prou, Bibl. de V^ des hautes ^tudes, Fase.
58, Paris, Vieweg, 1885. S. zum folgenden auch schon oben S. 720.
«) Discipl. palat. § 13 f., 20.
8) Ebd. § 16.
^) Zur genaueren Entwicklung s. Sickel, Acta 1, 9 f. ; Prou S. 43 Note 2.
^) Bisweilen gab es auch mehrere Pfalzgrafen, Prou S. 55 Note 1.
«) Discipl. palat § 16, 19, 21.
^) Vgl. namentlich Disdpl. palat § 21.
*.' ,
— 803 — VerwaltungsorganismuB.]
allem die des Kämmerers und des Seneschalks. Von ihnen hat der Kämmerer
als Adlatus der Königin die Verwaltung der Pfalzen nach Ausstattung und
Baulichkeit zu besorgen, unter ihm steht deshalb auch der Schatz, wie er sich vor-
nehmlich durch Geschenke einheimischer Grofser wie fremder Fürsten fülltet
Der Seneschalk dagegen hat die Verpflegung unter sich, abgesehen von der dem
Schenk übergebenen Sorge für Getränke und der dem Stallgrafen zustehenden
Versoi^ng des Maretalls^. Die häufige Ortsveränderung des Hofes, welche
mit der R^elung der Verpflegung desselben aufs engste zusammenhing, brachte
es mit sich, dafs sich die Stellung des Seneschalks zugleich imd fast vornehm-
lich zu der eines Reisemarschalls des Hofes ausbildete; zur Bewältigung der
sehr bedeutenden in dieser Richtung entstehenden Geschäftslast, welche u. a.
auch die gemeinschaftlich mit dem Schenken geführte Zentralverwaltung des
königlichen Domänensystems umfafste, trat ihm der Hofquartiermeister^ zur Seite.
Eine selbständige Stellung neben den Hofämtern des Kämmerers und
Seneschalks, des Schenken, Stallgrafen und Quartiermeisters hatte endlich
das HoQägeramt, welchem vier Jägermeister und ein Oberfalkonier vorstanden®.
Ihm fiel auf Grund der Soi-ge für die königliche Tafel und für die aus-
gedehnten Jagd Vergnügungen des Hofes die periodische Verteilung des Jagd-
personals über die einzelnen Domänen und Forste, sowie die Anlage von
Hundezüchtereien bezw. die Beauftragung der Domänenbeamten mit der
Himdezucht zu.
Natürlich unterstand jedem einzelnen Pfalzamt eine grofse Anzahl von
Mittel- und Unterbeamten*; so dem Erzkaplan die Kanzleibeamten; dem
Halzgrafen vennutlich ein Personal von Rechtskundigen, vielleicht auch der
Ostiarius ; dem Kämmerer der Sacellarius, Dispensator, Scapoardus ; dem Jäger-
amt die Bersarii, Veltrarii, Beverarii**. Über die Stellung dieser Unter-
beamten giebt die Disciplina palatii keine genauere Auskunft; vermutlich
waren sie wenigstens in den subalternen Posten bessere Unft*eie, ihr Verhältnis
zum König gewifs das des Ministeriums. Sie waren dabei wohl meist lebens-
länglich in ihrem Dienst thätig; sicher ist das letztere der Regel nach für
die hohen Pfalzbeamten der Fall®.
Schon mit dieser gewöhnlich lang andauernden Stellung mufete sich fllr
die Pfalzbeamten eine reiche administrative und auch politische Erfahrung
ergeben ; es lag nahe, dieselbe in Begründung eines koUegialischen Beratungs-
körpers zu vereinigen und auszunutzen. Wie schon oben angedeutet, sind
1) Discipl. palat § 16, 22.
2) Ebd. § 16, 23. Zur Stellung des Seneschalks und des Schenken — so wird doch
buticularius am besten zu übersetzen sein — vgl. auch Gu^rard, M^m. de Plnstitut, Acad.
des inscr. 21, i, 193 f.
«) Discipl. palat § 16, 24. S. Guerard a. a. 0. S. 200 f.
«) Discipl. palat § 28.
^ Ebd. § 17.
•) Ebd. § 26.
[Wirtschaft d. Grofsgrundbes. — 804 —
hierzu in der Karolingerzeit einige Anfange gemacht. Kam es nicht zu der
in den Verhältnissen eigentlich natürlich gegebenen vollen Ausgestaltung eines
Kabinetts, so lag der Grund hierfür vornehmlich in der Konkurrenz der aus
den Grofsen gebildeten einmal jährlich zusammentretenden Versammlung S
welche man nach der Art ihrer Verhandlung wie nach der Weise ihrer Be-
nutzung seitens der Krone ^ als einen grofsen Staatsrat bezeichnen kann.
An diesem Staatsrat nahmen auch die Pfalzbeamten, Erzkaplan und Kämmerer
jedenfalls, die übrigen falkultativ, teil^: daher war mit der Geschäftskenntnis
aller oder eines Teiles der Pfalzbeamteu die Möglichkeit gegeben, aufserhalb
der Sitzungsperiode des grofsen Staatsrats die dessen Beratung zufallenden
Materien, wenn sie dringlich waren oder den Hof speciell betrafen, im engeren
Gremium der Pfalzbeamten, als kleinerem Staatsrat, zu behandeln und häufig
wohl auch abzuschliefsen*.
Gehen wir nun speciell auf die Frage nach der Thätigkeit der zentralen
Finanz-, d. h. Domänenverwaltung ein, soweit dieselbe, vom SeneschaJk und
vom Schenken geführt, die Oberaufsicht über die fiskalischen Abschlüsse und
die Einziehung der fiskalischen Überschüsse betraf, so geben die Quellen,
speciell auch Adalhard-Hinkmar, kaum nähere Auskunft. Man kann sich viel-
mehr die hier herrschende Thätigkeit nm* vom Gesichtspunkte des Iudex,
also des obersten lokalen Fiskalbeamten, aus vergegenwärtigen: für diesen
liegen umfangreiche Angaben im Cap. de villis vor. Treten wir jetzt in die
Erörterung derselben ein, so führt dieser Umw^ der Betrachtung gleichwohl
wenig vom geraden Pfade ab, denn es wird sich zeigen, dafs der Schwerpunkt
des Rechnungswesens der Fiskalverwaltung weniger in der Zentralbehörde, als
in den Händen des Iudex lag: nur an ihn berichteten und zahlten bezw.
liefeiten die Specialbetriebe, und die Zentralstelle war dem Iudex gegenüber
nur Kontrollinstanz.
Die Einnahmen des Fiskus, wie sie der Iudex sammelte, bestanden nun
einmal aus den Erträgen der eigenen Landwirtschaft bezw. des Beunden-
baues, femer aus den in Geld erfliefsenden Erträgen des Boden- imd Ver-
kehrsregals, der Gerichtsbarkeit, der Steuern seitens der nicht hofhörigen
Unterthanen im Fiskus, endlich der Specialbetriebe, soweit diese nicht direkt
landwirtschaftlicher Natur waren; sie umfafsten ferner die Zinse der vom
Fiskus verliehenen Hufen und die Erträge von den fiskalischen Handwerken
und bergmännischen Betrieben. Eine Übersicht über diese Einnahmequellen
giebt der § 62 des Capitulare de villis, indem er die Rubriken aufzählt, nach
welchen der Iudex jährlich zu Weihnacht ül)er Ertrag und Bestand der fis-
') Discipl. palat § 34—86.
2) Ebd. § 60.
») Ebd. § 32.
*) Ebd. § 32, 83.
— 805 — Verwaltungsorgamsmus.]
kaiischen Wirtschaft Rechnung legen sollte. Man kann aus der Aufzählung
die folgenden Positionen bilden:
1. Fronland im Eigenbetrieb.
2. Beunden^
3. Dem 2.
4. Medem^.
5. Freiwillige und peinliche Gerichtsbarkeit.
6. Forstgerichtsbarkeit.
7. Anderweite Gerichtsbufsen (Fronhofs- bzw. Baudingsbufeen).
8. Mühlen.
9. Forsten.
10. Brauhäuser^.
11. Brücken und Fähren.
12. Abgaben der freien Fiskuseingesessenen und Centenen.
13. Märkte.
14. Weinbei^e und Weinzinse*.
15. Bestand — an Heu; Brennholz und Fackeln, Schindeln und sonstigen
Holzabgaben*; Gemüse, Kolben- und Rispenhirse; Wolle, Lein und
Hanf; Baumfrüchten, giolsen imd kleinen Nüssen, veredelten Baum-
friichten; Gärten und Rübenland; Teichen®; Leder, Fellen imd
Hörnern^; Honig und Wachs; Fett, Talg, Seife; Moraz, gekochtem
Weine, Met, Essig, Bier, jungem und altem Wein ; altem und neuem
Getreide; Hühnern, Eiern und Gänsen.
16. Bestand an Fischern, Schmieden, Schildmachem, Schuhmachern,
Backtrögen und Schreinen, Drechslern und Sattlern, Eisenhämmern und
Bergwerken auf Eisen, Blei und andere Metalle.
17. Bestand an Tributarii (Staatssteuerpflichtigen).
18. Bestand an Hengst- und Stutenfohlen®.
Den in diesen 18 Positionen verzeichneten oder in den Bestandangaben
angedeuteten Einnahmen standen Ausgaben in doppelter Richtung gegenüber:
Ausgaben für den Fiskus selbst, und Ausgaben für den Staat.
1) Zu Position 1 und 2 vgl. Cap. de Tillis § 20.
«) Vgl. Cap. de villis § 36. Anders Gu^rard S. 265.
') So nach der richtigen Vermutung von Pertz, s. Boretius S. 89 Note c, und Gu^rard
S. 267.
*) Vgl. Cap. de villis § 8.
^) Hier folgt das unverständliche quid de proterariis, welches ich weglasse.
«) Vgl. Cap. de villis § 21, 61.
') Ebd. § 66, 69.
^) Der Bestand an sontigem Grofsvieh war wohl unter Pos. 1 anzugeben; vgl. auch
Cap. de villis § 23.
[Wirtschaft d. Grofsgnmdbes. — 806 —
In ersterer Beziehung handelte es sich einmal um Verwendung gewisser
Einnahmen zur Erhaltung und Erweiterung des fiskalischen Betriebes. So
wurde ein Teil des Ertrags zur Verpflegung imd Besoldung nicht hufensässiger
Subalternen in der Form der Präbende vorbehalten \ ein anderer wurde zur
Verpflegung der Frauenhäuser verwendet^. Femer sollte aus den Erträgen
gewöhnlicher Wein für die Fiskalinen und gutes Saatkorn gekauft werden*.
Dann aber kann hierher auch noch die Abgabe des Zehnts aus allem Ertrag,
der Regel nach nur an Kirchen innerhalb des Fiskus, gerechnet werden*.
Die staatlichen Ausgaben zerfallen in solche für den Hof und das Heer.
Bei den Hofausgaben handelt es sich, abgesehen von einzelnen Lieferungen,
z. B. von Fischen, Hengstfohlen, Fässern^, und abgesehen von den Auf-
wendungen für Beherbergung und Verpflegung der Pfalzjäger*, vornehmlich
um das sog. Servitium, den vollen Verpflegungsdienst des Hofes für eine be-
stimmte Anzahl von Tagen '^. In diesem Dienst mufsten lebendes Vieh, Pferde,
Rinder, Kleinvieh, Hühner, Enten, geliefert werden ®, femer Getreide für täglich
zwei Mahlzeiten ® ; dazu kamen dann noch Liefemngen an anderweitigen minder
wertvollen Konsumtibilien ^®, wobei die Lieferungshöhe für die Fastenspeisen zu
zwei Drittel des Gesamtertrags derselben angesetzt war^^ Handelte es sich bei
den Hofausgaben zugleich vielfach um gröfsere Transporte, so waren die Anfor-
demngen für das Heer, in Friedenszeiten wenigstens, an den Fronhof des Fiskus
selbst gebunden. Jeder Fronhof enthielt ein Zeughaus mit eisernen Waffen, mit
einer Anzahl von Transportwagen und der zu diesen gehörigen Ausrüstung an
Waffen und Koffern (Fässern). Dieses Inventar hatte nun der Iudex in gutem Stand
zu erhalten; er hatte ferner das zur Armiemng nötige Zugvieh und den ent-
sprechenden Proviant bereit zu stellen* 2. Zum Kapitel der Kriegesaufwendung
kann man ferner wohl noch die Ausgaben zählen, welche dem Iudex aus der
Festhaltung und Verpflegung ihm überwiesener Geiseln entstanden*®.
Über diese infolge steter Vei'wendung von Naturalien ziemlich kom-
plizierte Einnahme und Ausgabe sollte in der Weise Rechnung geft\hrt werden,
dafs für die Ausgabe zwei Bischer, eins für die Aufwendungen innerhall) des
>) Cap. de villis S 31.
2) Ebd. § 31, 43. 49.
8) Ebd. § 8, 32.
*) Ebd. § 6.
^) Ebd. § 65, 15, 68.
ö) Ebd. 8 47.
') Ebd. § 7.
«) Ebd. § 23, 28.
») Ebd. § 24.
'ö) Ebd. § 34-3.5.
") Ebd. § 44.
*«) Elid. § 80, 42, 64, 68.
») Ebd. § 12.
— 807 — Verwaltimgsorganismus.]
Rskus, ein andei-es für die Aufwendungen im Staatsdienst angelegt wurden.
Arn Jahresschlufs waren dann die Daten beider Bücher kurz zusammenzufassen
und der nach dem oben gegebenen Schema zu buchenden Einnahme gegenüber-
zustellen. Am Schlufs der Gegenüberstellung endlich war das Facit, welches
den Reinertrag ergab, zu ziehen. Ein Schriftstück, welches diese Angaben über
Ausgabe, Einnahme und Reinertag enthielt, mufste jedesmal bis zum 25. De-
zember an der Zentralstelle einlaufen ^ Seitens der Zentralstelle wurde nun-
mehr die Prüfung vorgenommen, Dechai-ge erteilt, und Befehl darüber ge-
geben, ob der Reinertrag in natura abgeliefert bezw. noch bis auf weiteren
Befehl aufgespart oder aber an Ort und Stelle verkauft werden solle. Im
letzteren Falle hatte der Verkauf noch im Winter zu erfolgen ; der Geldertrag
mufste bis zum Palmsonntag abgeliefert sein^.
Neben den mit dieser Rechnungslage verbundenen winterlichen Schi-eib-
arbeiten hatte aber der Iudex auch sonst noch eine ganze Anzahl von Be-
richten zu erstatten; so vor der Sprungzeit über die Qualität der Deckhengste*,
bis zum 1. September über die Höhe des Masteckers*, an nicht näher be-
stimmt(»n Terminen über etwaigen Überflufs an Wein und unfreien Arbeitern,
über veifronte Hufen, sowie über die Zahl der getöteten Wölfe, im letzteren
Falle unter Übersendung der Felle ^.
Wurde der Iudex schon durch diese zahlreichen Berichte in scharfer
Kontrolle gehalten, so kamen die Visitationen durch besondere Gewaltboten
(Missi) hinzu, um ihn in fortwährender strenger Nichterfüllung zu bestärken.
Ja auch für die Rechnungsablage selbst war eine gewisse Kontrolle geschaffen :
da das Servitium bei einzelnen Lieferungen eine gewisse Quote des ganzen
Ertrages umfassen sollte^, so lag die Möglichkeit vor, sich durch Ver-
gleich der Höhe dieser Lieferungen mit den Angaben in der Einnahme-
seite unter Umständen ein Urteil über die Redlichkeit des Iudex zu ver-
schaffen.
Welch auiserordentlich weit entwickeltes System der Rechnungslage und
auch schon der Kontrollen erhellt aus diesen Bestimmungen des Cap. de villis.
Und wie erscheint der Iudex im Mittelpunkte der ganzen Finanzgebarung
stehend : er bildet eine in hohem Grade selbständige Sammelstelle für die Ein-
nahmen eines vollen Fiskus, von ihm aus erfolgt Verwendung und Verkauf
der meisten Naturalintraden, seine Abgaben an den königlichen Hof sind im
wesentlichen begrenzt oder erfolgen nur auf besondere Anweisimg.
Liels sich nun dieses System der Finanzgebarung, dessen Schicksal
') Cap. de vUlis § 55.
«) Ebd. § 28, 33.
») Ebd. § 13.
*) El)d. § 25.
"*) Ebd. § 8, 67, 69.
•) Ebd. § 44.
[Wirtschaft d. Grofsgrundbes.
— 808 —
über die Karolingerzeit hinaus zu verfolgen hier nicht unsere Aufgabe ist\
ohne weiteres, ja auch nur mit wesentlichen Änderungen in den aristokratisch-
grundherrlichen Betrieben einftüiren?
Der Kernpunkt der ganzen Fiskalverwaltung liegt in den Funktionen des
Iudex, die Voraussetzung für die letzteren wieder ist die territoriale Ge-
schlossenheit grösferer Fiskalgebiete. Diese Voraussetzung trifft für den grund-
herrlichen Besitz nicht zu, imd das Amt des Iudex fehlt der aristokratischen
Verfassungsbildung. Unter diesen Umständen ist an eine Rezeption oder
') Vgl. MR. ÜB. 3, 982 und 1005, 1249; 1034, 1250, dazu oben S. 726 Note 3. Im
übrigen vgl. noch nach Boehmer, Fontes 3, 397—8, die
Aachener Aufzeichnung über die Curiae mensae regis Romani.
Die lombardischen Kurien sind bei der Zasammenetellang weggeUesen. Die Anfkeichnang fällt nach Maihaei,
Klotterpolitilc Heinriebe II., S. 96—102, zwischen 1066—1069; leine Aneetsnng wird im weeentlichen richtig sein.
Vgl. auch Waiti, Vfg. 8, 281.
Provinz Zahl
Bemerkungen.
Sachsen
20
Rheinfranken 21
Baiem
12
Es geben 5 Tage: 1 Kurie; 40: 1, von den
übrigen fehlen die Angaben.
Es geben 1 Tag: 2 Kurien; 2: 7; 3: 4;
4: 1; 7:3; 8: 4.
Es geben 1 Tag: 4 Kurien; 2: 3; 3: 1;
5: 1; 7: 2«.
Total
53
422
40
Es geben 1 Tag: 6 Kimen; 2: 10; 3: 5;
4: 1; 5: 2; 7: 5; 8: 4; 40: 1.
Das durchschnittliche Servitiimi einer Kurie beträgt mithin etwa 8 Tage. Die Höhe
des Servitiums (pro Tag) ist nach der eben benutzten Aufzeichnung die folgende:
1
Provinz Kühe
i
1
Schweine
grofse [ kleine
Hühner
1
1
Eier
Käse
Gänse
1 Bier
1 carr.
Pfeffer 1 Wachs
Ib. i Ib.
Wein
1
! carr.
<
Sachsen , 3
30
5
50
50» 90
10
5 5
10
de cellario
Rheinfranken '
1
und Baiem
5
40
7
50
500 ! 90
1
10
— ' 5
1
10
4
Durchschnitts-
höhe f.d. Kurie
32
280
48
400
4000
720
80
20
40
80
16
>) Von einer Kurie iet da* Serriünni nicht angegeben.
S) Die BemMbug am Sehlnfii: iate annt enrie de Bawaria, dant riginti sex regalia ierritia, et tarn magna
aieot illa de Fraaeia: atinmt in ihrem eraten Teile nicht
S) XoDi vohl 500 hüStn,
— 809 — VerwaltungsorganismußJ
greifbare Nachahmung der karolingischen Zentralverwaltung durch die Grund-
herren nicht zu denken \ Die grundherrliche Zentralverwaltung entwickelte
sich ^^elmehr selbständig und hat mit der Fiskalverwaltung nur diejenigen
Seiten gemein, welche in dem naturalwirtschaftlichen Charakter beider Ver-
waltimgen begründet sind.
Ziun Verständnis der besonderen grundherrlichen Zentralverwaltung aber
wird man von der Thatsache des Streubesitzes der Fronhufen, im Gegensatz
zur Geschlossenheit des fiskalischen Besitzes, auszugehen haben; und noch
mehr wird der Streucharakter auch der Höfe in Betracht kommen, dessen
durchgängige Existenz schon ein oberflächlicher Blick in die Karten 10 bis 13
des zweiten Bds. ohne weiteres nachweist.
Es ist natürlich, dafs für diese zerstreut liegenden Höfe, wie schon für
die Hufen, vor allem eine genügende gegenseitige Verbindung und eine passende
Kommxmikation mit der Zentralstelle zu schaffen war, ehe an die Einwirkung
einer zentralen Verwaltung gedacht werden konnte. Diese doppelte Verbin-
dung aber mufste nieder zwiefachen Ausdruck finden: es kam darauf an,
Nachrichten wie Transporte zu vermitteln. So wird die Organisation eines
verständigen Nachrichten- und Transportdienstes zur unentbehrlichen Voraus-
setzung jeder wirksamen zentralen Leitung innerhalb der grundherrlichen
WirtschaftsvenN'altung.
Der Nachrichtendienst konnte dabei, aufser den speziellen Verwaltungs-
fragen, nebenher noch den verschiedensten Zwecken, z. B. dem Verkehr mit
dem königlichen Hofe, dem litterarischen Verkehr^, ja sogar der staatlichen
Nachrichtenbesorgung® dienen. Seine Organisation erhellt besonders aus den
Angaben des Prümer und SMaximiner Urbars, welche Bd. 2, 139 und 163
zusammengestellt sind *. Es ergiebt sich da eine Verteilung von hörigen Boten-
hufen über das ganze Gebiet der Grundherrschaft, welche eine alle Höfe be-
treffende Berichterstattung nach der Zentralstelle gestattete. Gewöhnlich sind
die an den äufsersten Grenzen der Grundherrschaft liegenden Höfe mit Boten-
hufen ausgestattet; die Boten selbst gehen von dort über die weiter nach dem
Zentrum zu gelegenen Höfe entweder nach der Zentralstelle selbst, oder nach
gröfseren Dependenzen derselben, von welchen bald zu sprechen sein wird,
in der Prümer Grundherrschaft z. B. nach den Klöstern Altripp, SGoar,
Münstereifel. Hier findet also ein Zusammenströmen der Nachrichten statt,
die dann von jenen Punkten aus einheitlich nach der Zentralstelle weiter be-
^) In der Buchführung glauht auch v. Inama, Deutsche Wirtschaftsgesch. 1, 893 f., die
Villenverfassung seitens des GrundheiTn nicht nachgeahmt.
^ Zu dem lebhaften litterarischen Verkehr z. B. von Prüm aus vgl. Lupi epist No. 10,
26, 72, 85, 91.
') Hierauf geht doch wohl MK. ÜB. 1, 118, 880: im Zülpichgau in Albiniacum und
Vuitracha erhält jemand von Prüm Güter auf Prekarei, exceptis paucis scarariis, quos ob
servitium senioris nostri donmi videlicet Hludouuici iunioris [Ludwig III.] retinuimus.
*) Vgl. dazu Bd. 2 Karte 10 und 12, sowie Bd. 2 S. 254. S. auch noch Bd. 2, 188 ff.
Lamprecht, Devtachaa WirtsckafUIeben. I. 52
[Wirtschaft d. Grofsgrundbes. — 810 —
fördert werden. Aufser dieser innerhalb der Grundherrschaft verlaufenden
Bewegung läfst sich aber, namentlich für Prüm — in SMaximin liegt filr das
Ende des 12. Jhs., wie nach dem UStift in Trier filr das 13. Jh. schon ein
Verfall der Einrichtung vor — noch eine nach auswärts strebende Richtimg
des Nachrichtendienstes erkennen. Die Prümer Boten laufen nach allen
Grofsstädten imd vornehmlich nach allen Handelsplätzen im Bereich der
Grundherrschaft, nach Verdun und Moyenvic, nach Frankfiirt a. M., nach
Koblenz und Kochem, nach Köln, Aachen imd Duisburg : an allen diesen Orten
waren also regelmäfsige Geschäfte der Grundherrschaft zu vermitteln.
Der Botendienst selbst fand in der sogenannten Scara statt, wenigstens
wird das Wort Schar mit Vorliebe für diese Dienstart verwendete Der Dienst
konnte entweder zu Fufs oder zu Pferd*, bisweilen auch zu Schiff geleistet
werden, gewöhnlich umfafste er einen vollen Tag^. So hatte z. B. das
Stift SPaulin nuin hovestede zu Buren, igliche dm frondage in dem jare boit-
schaft zu dune, sin broid in dem gieren und den staf in der band, und mit
') So im ÜPrüm im Süden der Eifel und noch in der Eifel selbst, vgl. Bd. 2, 137,
während nördlich der Eifel der Begriff sich mit dem der Angaria verquickt Den Sinn von
Angaria hat das Wort auch im UMettlach, s. UlMettlach No. 10, Dudweiler 12e, 8. bis
9. Jh.: mansus in festivitate Keraigii solvit d. 8 aut scainam inter tres mansos ad raona-
sterium vel ad Treveris 30 mo. sive Mettis vel Thiedonisvillam inter duos mansos carr. 1.
Im UStift wird der Botendienst speziell mit Legatio bezeichnet, s. UStift S. 321 No. 11 und
dazu M. Baer in den Forschungen ziu* Deutschen Geschichte Bd. 24 S. 237—8. Der Aus-
dnick Schar dagegen geht hier auf die Stellung von Saumrossen zum Kriegsdienst, s. UStift
S. 322 No. 13, 331 No. 5; 331 No. 7; 346—7 (doch vgl. Bd. 2, S. 173 Note 1); und einen
gleichen Sinn haben auch die Zusammensetzungen Kintscham in WNeiunünster, G. 2, 35,
und Pfertscham in WRavengiersburg 1509 Thomasw. § 12, G. 2, 180. Im übrigen kann
Schar, wenigstens später, jedweden Dienst bezeichnen, s. WOberelbert 1507 § 2, WLissingen,
O. 2, 598. Vgl. auch Waitz, Vfg. 5, 293, 297 Anm. 3.
*'^) S. UPrüm No. 69: faciunt scaram ad Pnuniam, ad Aquisgranmn, ad Coloniam, ad
Bimnam, ad sanctum Goarem sive cum eco seu cum pedibus; No. 114, Rheingönheim : scaram
facit cum suo caballo ad Prumiam et portat aut 6 sarciles aut 8 camsiles aut 6 salmones ;
No. 65 : scaram facit cum pedibus. UPrüm No. 67 findet sich der Ausdmck scara pedestria.
^) Im Fall des Schiffsdienstes meist längere Zeit; es finden sich bis 14 Tage, vgl.
UStift, Koblenz: 4 mansi hominem 1 cum navi, quantum 14 diebus ire potest Vielleicht ist
hier freilich zugleich an Transport gedacht. Doch kann ein Mann z. B. rheinabwärts
namentlich bei langen Touren Nachrichten sicher schneller zu Schiff als zu Fufs überbringen.
S. auch noch UPrüm No. 69 : in Rettersdorf scaram cum nave bis in anno ad sanctum Goarem
sive ad Dusbuhrc ; No. 71, Unkel: scaram facit cum nave, ebenso Dieuheim No. 112. Ferner
No. 113, Neckarau: scaram facere debent in navi usque ad Covelenzä vel quantum in 4 dies
possunt ambulare. Im übrigen kommen auch lokal enge Begrenzimgen des Botendienstes
vor, vgl. USMax. S. 448, Eslingen: forestarius fert nuntia nostra 3 miliaribus; ebd. S. 457,
Weiten: Iiaiulus legationis nostre . . ibit . . Treverim et quo termini ipsius curtis extendun-
tur. Vgl. auch Feoda SMax., Longuich, S. 470: H. et B. habcnt cottidianum feoduni, quod
nuntium ecclesie facient usque Ridenberch et infra, item usque Retersdorph . . si pontein de
Drogene, si pontem Treveri transierint, moitam vaden recipient
— 811 — Verwaltungsorganismus.]
der sonnen us und wieder heim^ Dabei war der Dienst, wie in dem vor-
liegenden Fall, gewöhnlich ein beschränkter, doch kommen auf besonders be-
lebten Strafsen und für vornehmlich wichtige Verbindungslinien auch ungemessene
Dienste vor^.
Ursprünglich war dieser Schardienst eine Fronde wie jede andere Fronde
auch ; den Gehöfem, welche ihn leisteten, wurden dafür andere Fronden nach-
gelassen^. Allein schon im Laufe des 9. Jhs. ging eine beachtenswerte Ver-
änderung vor sich*. Schardienst wird nunmehr zu besserem Dienst, als
gewöhnliche Fronde ^ : erforderte er doch in häufig friedlosen Zeiten besonders
kräftige Männer imd besonders starkes Vertrauen seitens der absendenden
Meier ; nicht selten war auch die Stellung eines schnelllaufenden Pferdes nötig,
wie sie nicht jedermanns Sache war. So werden die Schardienste zum Privileg
persönlich wie wirtschaftlich besonders kräftiger Gehöfer*: schon im 9. Jh.
erscheinen sie als passende Verpflichtung für benefiziarischen Besitz'', sie
nehmen fernerhin an der Entwickelung des Lehnswesens in der ersten Hälfte
des Mittelalters teil®, und in der ersten Hälfte des 13. Jhs. erscheinen ihre
Inhaber als volle Ministerialen®. Hiermit, mit der trotz des Lehnbegriffes
nicht seltenen Zersplitterung der Scharhufen ^*^, wie mit dem wirtschaftlichen
Verfall der grundherrlichen Wirtschaftsorganisation in dieser Zeit überhaupt
tritt nun eine Verdunkelung der alten Schardienste ein ; die zweite Hälfte des
Mittelalter kennt sie nur noch in Ausnahmefällen" — im allgemeinen ging
das Institut des Nachrichtendienstes mit der Stauferzeit zu Grunde.
^) WSPaulin Beuren w. Throneck 1380 § 6, G. 6, 517.
«) Z. B. UStift 422, Altrich bei Wittlich, auf der Strafse Koblenz-Trier.
') Vgl. UPrüm No. 31: aquam portat, scaram facit et omnia opera servilia; dazu
No. 55, 59, 91, 92. Ferner ebd. No. 28: omne servitium faciunt, sicut superiores, excepto
suales . . non solvimt . ., sed scaram pleniter faciunt.
*) Ziu* Möglichkeit des Studiums derselben vgl. Bd. 2, 137.
^) UPrüm No. 15: mansus 1 . ., qui ante servilem servitium faciebat et modo scaram
facit; ebd. No. 6, Zusatz: I. habet dimidium [mansiun], qui modo scaram facit So öfter
halbe Mansen neuerdings in Schardienst gegeben.
*) irPrüm No. 7: scararius 1 R., qui tenet mansum IVa, quem comparavimus ad R.;
ebd. No. 2: Herico maior tenet mansa servilia 2 . . et modo scaram &ciunt
') UPrüm No. 22: sunt in Wihc scarii 2 . . tinus est in beneficio. Die kursiv ge-
druckten Worte gehören der zweiten Renovation des Prümer Urbars an.
^) USMax. S. 445, Herl 9d, cit oben S. 581 Note 8, wo der Ausdruck legatorium
feodum; vgl. auch Feoda SMax. S. 470, Riol: I. de L. habet mansum [zu liehen], qui dici-
tur scarhuve, und ebd. Longuich, cit. oben S. 810 Note 3. Zu verwandten Bl^twicklungen
8. oben S. 496.
•) S. Cesarius zum UPrüm S. 147 No. 1 z. d. W. scararii oder scarii: modo mini-
steriales appellamus. scaram facere est domino abbati, quando ipse iuserit [!], servire et nun-
tium eins seu litteras ad locum sibi determinatum deferre.
^®) Feod. SMax. S. 467: 0. et R. habent [zu Lehen] 3 iug. terre salice, de quibus
nuntium debent ecclesie.
") Vgl. z. B. WRiol und Fell 1587, G. 2, 802—8: erkennen und wiesen auch die
scheffen eim erw. apt etliche arme unnerthaenen, die potschaefUehen von dem grunthem
52*
[Wirtschaft d. Grofsgnmdbes. — 812 —
Als ein Konelat des Nachrichtendienstes nach wirtschaftlicher Aufigabe
wie geschichtlicher Entwickelung erscheint der Transportdienst. Auch bei
ihm läXst sich zunächst, wie beim Nachrichtendienst, eine Bichtung auf die
Zentralstelle und eine solche auf die grofsen Städte und Märkte in der Nach=
barschaft der Grundherrschaft imterscheiden , nur dafs die letztere Richtung
aus bald zu erörternden Gründen längst nicht so stark hervortritt, wie im
Nachrichtendienst \ Der Transportdienst selbst begimit dabei erst im Verhältnis
von Hof zu Hof; für die Einsammlung innerhalb des oft mehrere Quadratmeilen
umfassenden Hofeebietes waren besondere lokale Vorrichtimgen getroffen ''^.
Für die Zentralstelle kamen daher zunächst nicht so sehr die Leistungen der
einzelnen Hufen, wie die nach Abzug des lokalen Verbrauchs restierenden
haben; und sollen die ermelten lehendrägere ire lehen von dem grunthem wie pillich ent-
pfangen bedingen und vermannen, und sollen dieselbige lehenmanne dem grunthem sein pot-
schaeft innewennigh einer banmilen, woehin sie geschickt werden, treuwelich thun und
werben, und so aber die lehenmanne ire potschaeft nit thun wolten, auch nit gehorsam
weren, so sol der pot, der inen gepotten hat von wegen des grunthem, zu des grunthem
haus gane imd sol darine ein mStze [mutsche] hoelen und die dem armen lehenmanne zu
seim hoennerloech instoessen, ziun zeichgen, das im von wegen des gmnthem gepotten und
er ungehorsam erfunden, und so nuhe der lehenman zu dem lehenhem die potschaft zu
nemen kompt, so sol man im ein soppe machen und die flesche vellen und hinwegsenden,
und so er wederumb kompt, sein antwort zu geben, so sol ime solichs und abermals ein
soppe gemacht werden.
*) Vgl. dazu Bd. 2, 138 f., 153 f., 164 f., 173, und die zugehörigen Karten des 2. Bds.,
s. femer wiederum Bd. 2, 188 ff.
2) Vgl. irWincheringen, MR. ÜB. 2, 863, um 1200: vom Zinsgetreide tenetur quilibet
mansionarius id, quod debet, ferre ad granarium (domini) propriis expensis; ME. ÜB. 2,
272, 1198—1210: der Kanon einer Erbpacht in Kobem, in Getreide zahlbar für SMaria ad
martyres, ist lieferbar in curia (sanctae Mariae ad mart) in Guntravia. Aus späterer Zeit s. WBech
1529, G. 2, 68 — 69: magh ein hofman den scheffen gepieten zu den zinsen zu heben und
auch zu dem jargedingh, und sollen die scheffen iren zins mitbringen, den sie dan schuldigh
seien; und mag iederlich ein pfert mitbringen, und sol ieklicher sein mantel aufspreiten
und sein pfert darstellen, mach der habera so viel holen, als es essen magh; ist aber der
scheffen nit zins schuldig, so solle sein pfert der habem entpehren; das ist der scheffen ge-
rechtigkeit. WNiederemmel 1532, G. 2, 352 — 353: weisen wir scheffen, wanehe der herbst
in ist und der wein gehoben ist, so sal der keiner von Pfaltzel ein schrift herab schicken
und sal solches dem schulteißen verkundigen, dan sal der schulteiß die klock laßen leuten,
und so die geleut hat, so sollen alle diejenige khomen, so in Emmeler gericht wonen und
sollend unserm gn. hem seinen wein zu schif liebem; des sal der scheffen frei sein und
doch mitgehen, damit unserm gn. hem sein gut verwart werde. S. ferner das sehr lehrreiche
WMandem 1^7, § 8 und 9, G. 6, 476—478. Charakteristisch ist auch die Notiz im WOber-
gundershausen 1771, G. 3, 784: daß des lehentherren schulteis oder diener sollen 2 beutel
haben [beim Einsammeln der Zinse], einen ledigen und einen vollen; aus dem vollen sollen
sie zehren und in den ledigen sollen sie sambelen. — Eine Ausnahme von der ersten Samm-
lung der Zinse durch die Lokalbehörden tritt nur da ein, wo der Grundherr sehr nahe
wohnt, vgl. z. B. WFellerich 1581, G. 3, 791 : nach sant Martins tagh ist ein genanter tagh,
daß kein hofman hieher gepotten wirt, dan solle der ehrw. herr hiehero kommen mit seinem
gespan und wagen in den hof, da solle er stehen und seine seckh uf halten, da solle er
scheffen sitzen und ihrer ehrw. seine zins in die seckh lieberen.
— 813 — Verwaltungsorganismus.]
reinen Gesamteinnahmen der Höfe in Betracht*; die Höhe dieser Einnahmen
kannte man im Zentrum ganz genau und stufte die einzelnen Höfe wohl gar
nach denselben systematisch ab^.
Die Reineinnahmen bestanden aber nicht aus allzuvielen verschiedenen
Werten; au&er anfangs geringen, später wachsenden Geldzinsen handelte es
sich hauptsächlich nur um Getreide und Wein. Demgemäfs wurden die Liefer-
fristen für Getreide und Wein die hauptsächlichsten Anfangsfristen für den
Transportdienst ^. Nun lagen, sieht man von wenigen Intraden, namentlich den
Bedeabgaben ab, welche teilweis im Mai gesammelt werden*, die Zinstermine
für alle Getreidearten, ja für alle sonstigen Einnahmen überhaupt, mit grofser
Regelmäfsigkeit im Herbst bezw. Frühwinter: Marien Himmelfahrt (Aug. 15),
St Bartholomäus (Aug. 24), St. Paulin (Aug. 31), Marien Geburt (Sept. 8),
St. Martin (Nov. 11) mit nachfolgendem St. Brictius (Nov. 13), St. Andreas
(Nov. 30), Weihnacht und St. Stephan (Dez. 26) sind die gewöhnlichsten Zins-
termine ^. Sicher wurde an ihnen der bei weitem überwiegende Teil aller
^) Diese finden sich daher auch oft für sich verzeichnet, z. B. MR. ÜB. 1, 431, 1115:
Erzbischof Bruno schenkt an das Kapitel ein predium in Lehmen, scilicet domum cum ambitu
Coric cum vinea et terra arabili et pratis ad eandem domum pertinentibus. Dieses Gut zahlt
jährlich eine refectio an das Domkapitel bestehend aus: 5 mir. frumenti claustralis mensur?,
2 am? claustr. mens., 5 victime porcin? perfecte laudabiles, 1 lateralis porcus, 2 porcelli,
20 gallinc, 20 casei, 300 ova, 1 Ib. piperis, 4 carrat§ lignorum, 1 sext fecis cervisialis,
1 sext aceti, 3 metrete mellis, ^k mir. salis, porri quantum fratribus datur die et dimidio
quadragesimali , 200 scutell^, ad usum coquin^ 12 d. Besonders charakteristisch ist der
*Liber presentie sancti Gereonis Colon., im Kirchenarchiv zu SGereon-Koeln , um 1300,
letztes Bl. : curtis de Ambele solvit annuatim 187 mir. tritici et 22 mir. siliginis, 9 mr. paga-
menti Ck>loniensis et dimidiam mr. pro memoria Heriberti de Heise. Moirstorp solvit 153
mir. tritici et 9 s. pagamenti Coloniensis ad luminare capelle beate Cecilie. Gisenkirgen
solvit 120 mir. ordei 6 mir. tritici et 18 mir. siliginis et 7 mr. pagamenti Coloniensis circa
festmn nativitatis Christi. Sinstei&en solvit 26 mir. siliginis . . . Item nota: Ambele solvit
ad presentiam 40 V2 mir. tritici et 5 mir. siliginis de festo beate Margarete usquc ad crasti-
num beati Gereonis. Item Moirstorp solvit 16 mir. tritici et duo de Decstein ad predictam
diem. Item Sinsteiden solvit 8 mir. siliginis. S. feiner *UMünstermaifeld Hs. Koblenz
CXI » , Bl. 12 ^ : die beiden orrea in Mertloch geben an die Propstei 45 mir. siliginis mensure
Monasteriensis ab.
•) S. USMax. S. 435, Heisdorf. Doch s. eine andere Erklärung der dimidiac curtes in
Abschn. VH Teil 1.
•) Vgl. UPrüm No. 113: debent integram carr. vini et carr. fiarine . . ducere; No. 62:
angarias 2, unam de vino, aliam de annona. S. auch Bd. 2, 138 f., 153 f., 164 f., 173.
*) Beispielsweise giebt es WSteinbach, 6. 2, 203, zwei Dingtage, Mai und Martini, auf
jedem sollen geliefert werden 2 Ib. hl., sol iedes pfunt bezahlt werden mit 15 alb. alter
wehrung.
») S. Bd. 3, 506, 10, 1342; WEdingen 1588; WKenn 1490; Honth. Hist 2, 97, 1318;
♦WLonguich, Arch. Maximin. 8, 34, § 10; *USMax. 1484, WHospelt; Cesarius zu UPrüm
S. 178 Note 1; WSchönfels 1682, § 24, cit Bd. 2, S. 645 Note 1; besonders lehrreich
WWöUstein 1486, G. 2, 159: erkennen und weisen wir u. g. h. 3 frei zinstag, der erst den
negsten tag nach u. l. frauen tag, als sie gebohren wart; die zeit sol ieder sein zinskom
der herren fauth zue W. zue haus bringen, das heißt man foechtkom. item der andere zins-
tag ist uf den 5 tag Martini im winter gelegen; da sol ein ieder sein habem und kappen-
[Wirtschaft d. Grofsgnindbes. — 814 —
Wein- und Getreidezinse eingenommen. Aber während man das Getreide
ohne weiteres zur Zentralstelle oder zu sonstiger Verwendung hinweg tians-
portieren konnte, mutete der Wein erst vergären; erst im kommenden
Frühjahr wurde er transportierbar ^ Demgemäfs teilen sich die Trans-
portdienste der Zeit nach, von wenigen Ausnahmen abgesehen*, in zwei
Klassen, in Herbste und Frtilgahrsfahrten^. Von ihnen finden die Frühjahrs-
fahrten mit grolser Regelmäfsigkeit im Mai, die Herbstfahrten zumeist im
Oktober bis Dezember statt*. Die Wege, welche von den Fronfuhren ein-
gehalten wurden, waren noch bis ins 1 1 . Jh. hinein die Römerstrafsen ^ ; neben
ihnen kommen schon fi1lh, doch wohl erst später vollkommen ausgebildet,
Transporte zu Wasser in Betracht®. Die Kenntnis dieser Transportwege ist
aber deshalb von Wichtigkeit, weil sich nach ihnen und ihrem Zusammentreffen
in gewissen Knotenpunkten die weitere Organisation des Transportwesens
wenigstens teilweis richtete. Denn nicht alle Transporte gingen direkt bis zur
Zentralstelle, wenn es gleich das Bestreben war, die direkte Überführung von
den einzelnen Höfen eben hierhin immer vollständiger durchzusetzen''; viel-
mehr strömten die meisten erst in günstig gelegenen Zwischenstationen zu-
zins dem fauth zue W. zuq haus tragen, item der dritte zinstag ist uf sanct Andreae, da sol
ein ieder sein geltzins auch dem fauth zue haus bringen und ausrichten.
^) Natürlich konnte er auch noch später im Herbst versandt werden, s. Bd. 2, 173.
^) Vgl. USMax. S. 446, Naurath: (circulos) uno anno Uli de Sconebach precipiente
carpentario de silva educunt et Nuwih-e evehunt; illi de Nuwilre Teverim deducuiit; ebd.
S. 439, Donwen: (mansus) fenum secatum fert pro voluntate camerarii Treverim seu proprio
vehiculo ad littus Machere. Diese beiden Fron&hrten fallen wohl nicht grade in den Mai
oder Herbst.
') Bezeichnend ist USMax. S. 435, Schoenberg i. L.: devehit nobis [mansus] 2 mir.
dominicales in autumpno Treverim; quodsi in autumpno nT^n monemus, usque in maio über
erit vel 4 d. pro redemptione dabit.
*) Vgl. Bd. 2, 138 f., 153 f., 164 f., 173; auch die kurze Notiz UPrüm No. 45, Vil-
lance: faciunt angarias in mense maio et decembre.
^) In der ältesten Grundherrschaft an der Mosel, welche wir kennen, Detzem, liegen
fast alle zugehörigen Orte an Römeretrafsen , vgl. MR. ÜB. 1, 3, 633 (gefälscht, aber inhalt-
lich wenig anfechtbar, s. Goerz MR. Reg. 1, 73). S. femer Bd. 2, 289—240.
«) S. Bd. 2, 249, auch S. 164 und 173. Zu den Einzelheiten vgl. aufser der schon Bd. 2,
249 angeführten Aufzeichnung von c. 1220, Picks Monatsschrift 5, 91, noch USMax. S. 451, Moertz :
navim nostram mansionarii cum vino Treverim deducunt. datur autem eis primo sit vini,
quam bibunt, et Treveri am. vini, ut in navi bibant. si autem ab hoc labore eos absolvimus,
4 d. a quolibet manso accipimus. Vgl. auch ebd. S. 452, Loef: (mansus dat) in martio 1 d., ita
tamen, si navis non ascendit Treverim; si vero ascendit, non solvit, sed tenetur dare virum
ad trahendum . . . si navis nostra ascendit, hominibus, quos mansi dabuut, propinabitiu*
sit vini in littore Lovene tantum, et am. rini Treverensis mensure ponetur in navi, de
qua ipsi homines bibunt in via. preterea cum apud Staffele per\'enerint, eis dabitur panis
et vinum preter predictam amam. et eisdem propinabitur sext. vini ad quelibet 2 milliaria,
etiam preter predictam am. apud Treverim dabitur eis de nocte panis et companagium et
viniun, in mane autem panis et vinum tantiun.
') S. Bd. 2, 137—38, 173.
— 815 — Verwaltungsorganismus.]
samiiien. Diese Stationen, mit gröfseren Räumlichkeiten zur Aufspeicherung
versehen, waren nun die Knotenpunkte der verfolgten Wege, z. B. für die
Prümer Grundherrschaft die Orte Altripp, Worms, Bingen, SGoar, Kochem,
Metz, Remich, Mehring, Holler, MtinstereifeP ; und nicht selten fielen diese
Stationen mit den später zu besprechenden gröfseren Dependenzen der Zentral-
stelle zusammen, wie das beispielsweise bei Prüm für die Orte Altripp, SGoar
und Münstereifel zutrifft.
Indes nicht alle Transporte strebten überhaupt der Zentralstelle zu;
von manchen läfst sich vielmehr vermuten, dafs sie ohne weiteres den Markt
aufsuchten^. Nur darf man sich nicht vorstellen, dafs der Transportdienst
etwa in so starker Weise in die grofsen Städte einmündete, wie der Nach-
richtendienst^. Es geschah das schon deshalb nicht, weil es die Grundherren
für den Verkauf ihrer Landesprodukte vielfach zu eigenen Lokalmärkten ge-
bracht hatten*. Zudem wäre es falsch, anzunehmen, dafs die Grofsgrund-
herren des Mittelalters die Landwirtschaft jemals zu einem vornehmlich oder
überhaupt bedeutend für den Markt produzierenden Gewerbe entwickelt hätten ;
die Wirtschaft war ihnen vielmehr Lebens- als spezifisch Erwerbsart ^: nur so
erklärt es sich, dafs die Zentralstelle mancher Grundherrschaft fernab vom
Verkehre an waldreicher sonst öder Stätte lag^. So ist es auch nur natür-
lich, dafs der Getreidehandel erst in der zweiten Hälfte des Mittelalters grofsen
Aufschwung nahm^, dafs gröfeerer Viehhandel im ganzen Mittelalter kaum
vorhanden war^, und dalis unter den vermittelst des grundherrlichen Trans-
portwesens gesammelten Landesprodukten allein Wein und Salz einen bedeu-
tenderen Handelsartikel ausmachten*.
>) Bd. 2, 95, 137. Im übrigen s. noch MR. ÜB. 2, 146, 1136—96: das Domkapitel
hat in Leiningen und Beuren zwei curtes, dazu ein „cellarium'' in Leiningen, von dem aus
das Domkapitel Beträge anweist In ähnlicher Weise hat SMaximin in Luxemburg einen
Speicher, WHospelt 1542 § 7. In Beilstein an der Mosel befindet sich noch jetzt ein alter
Mettemichscher Speicher von 1577, das sog. Burghaus: Keller für ca. 100 Fuder im Souter-
rain, überdeckt mit ^inem grofsen Tonnengewölbe; im Parterre Raum fi\r Abgabe des Bed-
weins und für das Keltern mit einer alten Presse, auf der immer 1 Fuder geprefst werden
kann; im obem Stockwerke 8 Kornböden für ca. 8000 mir. Frucht, mit Getreideschurre in
den Hofraum.
«) Vgl. z. B. UPrüm No. 24.
') S. oben S. 810.
*) S. Bd. 2, 260.
^) S. Bomhak 1, 121.
«) S. z. B. MR. ÜB. 1, 505, 1138.
^) S. oben S. 593. Anders urteilt von Inama über die Handelsbestrebungen der Grofs-
gmndherren, vgl. Grofsgnmdh. S. 107, Wirtschaftsg. 1, 438 f. Seine Anschauungen scheinen
mir aber nicht bewiesen, und soweit ein Beweis versucht wird, dieser mifslungen. So be-
zieht V. I. z. B. Grofsgrundh. S. 108 die Prümer Angariae u. s. w. ohne weiteres auf den
Handel.
8) S. Bd. 2, 323.
») Zum Wein s. CRM. 3, 29, 1307: Erzbischof Diether verftlgt in seinem Testa-
ment u. a. über 100 carr. vini melioris, quod in Confluentia apud nostrum celerarium habe-
[Wirtschaft d. Grofegrundbes. — 816 —
Der Transportdienst selbst war in der Weise organisiert, dafe allen Ge-
höfem eine besondere Fronde, die Angaria\ zu diesem Zwecke auferlegt war:
die Transportpflicht war also allgemein grundhörig und lastete nicht etwa, wie
der Nachrichtendienst, nur auf besonderen Hufen. Dieser Veranlagung ent-
sprechend, wie konform den nicht selten recht weiten Entfernungen^, auf
welche sich der Dienst bezog, wurden die Fronfahrten von den Gehöferschaften
gemeinsam unternommen ; die in Bd. 2, S. 248 citierte Stelle der Mir. s. Mansueti
schildert anschaulich das Äufsere einer solchen Gesamtfahrt. Dagegen wurde
im Unterschied zu der gemeinsamen Durchführung der Fahrt die Transport-
höhe, welche jedem Gehöfer zufiel, individuell geregelt. Dies geschah nun
entweder so, dafs man das von jedem Gehöfer an sich zu transportierende
Quantum ein für allemal feststellte^, oder gewöhnlicher so, dafs man sogleich
von grundherrlicher Seite aus den Transportzug mit seinen grofsen Lastwagen
und ihrer Bespannung von 2 bis 4 Ochsen* formierte, die einzelnen Gehöfer
mit ihren Zugtieren in die Formation einordnete und nur noch festzusetzen
hatte, welche Last auf je einen Wagen traf. Die gewöhnliche Belastung war
in diesem Falle 12 — 15 mo. Roggen, Hafer, Spelz oder Mischkom, 20 mo.
Hafer imd ^U bis 1 Fuder Wein^.
Es ist bezeichnend für den Verfall der grundherrlichen Wirtschaftsorgani-
mus, de quibuscunque bonis vel redditibus ibidem advenerint — Zum Salz vgl. Bd. 2, 248,
328 f., auch Bd. 2, 138, 153-4.
^) Bisweilen wird die Angaria auch in den Wochenfrondienst der XV Noctes hinein-
gezogen und dcmgemäfs auch mit dem Ausdruck XV Noctes bezeichnet, so z. B. evident
UPrüm No. 1, wo die Angariae der Monate Mai und Oktober mit dem Ausdruck XV Noctes
rekapituliert werden. Vgl. femer UPrüm No. 46, auch wohl No. 113. Dagegen unter-
scheidet man e1)d. No. 47 genau: in menso maio facit alias XV noctes aut faeit angariam
ad Pnunia. Später findet sich der Ausdruck vierzennachten noch oft, z. B. WNiedermendig
1382, aber kaum wohl im Sinne von angariare. Statt der XV Noctes kennt man in Echter-
nach 36 dies, vgl. *Paris Ms. lat 11104 Bl. 1, 12. «Jh., Echt^mach: in februario operantur
36 dies, in maio totidem.
*) So erzählt Cesarius zum UPrüm S. 157 Note 1 : curie . . de episcopatu Wormacensi
angarias navigio facere tenebantur bis Kochem a. d. Mosel. Vgl. auch Regino Caus. synod.
1, 384, ex. Cap. Karol. M. 789: tria carraria opera licet fieri in dominica die, i. e. hosti-
licia, carra victualia vel angaria, et si forte necesse sit, corpus cuiuslibet duci ad sepidchrum.
8) Vgl. USMax. S. 440, Bosch; S. 447-8, Eslingen; S. 449, Rittersdorf; S. 454,
Hilbersheim.
♦) Über den Wagen als Transportmittel s. Bd. 2, 153 — 154 die Mettlacher Tabelle.
Zum Zugvieh s. UPrüm No. 46, Mabonpr^: facit angariam mense octobri cum bovis 2 et
carrum ad Musella; ebd. No. 47, Tavigny: in angaria ad Mosellam mense octobri cum bovcs
2 et carrum dimidium. — S. auch noch USMax. S. 436, Hünsdorf.
^) S. UPrüm No. 45, Villance: si f];umentum duxerit aut sigulum, tunc ducit unus-
quisque carra mo. 12, si avena, mo. 20; et in maio si frumentum duxerit, mo. 15, si avena,
20; ebd. No. 52: inter 3 mansos ducunt ad Prumie carr. 1 de vino aut de frumento mo. 15;
ebd. No. 33: ducit de frumento mo. [1]5 ad Prumiam aut inter 4 carradam de vino [von
Kemich]; ebd. No. 6: de spelta mo. 15 angariam integram, in No. 7 sind 10 mo. annonae
und 5 mo. sich angera integra. Vgl. auch noch S. 817 Note 5.
— 817 — Verwaltungsorganismus.]
sation, dafs sich das soeben beschriebene System des Transportdienstes, ob-
gleich durch Begründung auf eine allgemeine Fronde aufs denkbar stärkste
gesichert, doch nur in Trümmern über die erste Hälfte des Mittelalters hinaus
erhielt. Schon in den Urbaren aus der Wende des 12. und 13. Jhs., dem
USMaximin und dem UStift, zeigen sich die Engerfahrten in Verfall*; im
UMettlach kann man unter 11 Fällen schon 5 Fälle von Ablösung der Enger-
fahrt in Geld nachweisen, und im USMaximin sind es 11 unter 20 Fällen^.
Da ist es nicht verwunderlich, wenn, abgesehen von geringen und vereinzelten
Spuren der Erhaltung^ oder verstreuten Versuchen der Wiederbelebung*, im
späteren Mittelalter nur geringe Reste der alten Angaria nachweisbar sind.
Bei weitem am besten haben sich einschlägige Bestimmungen noch im Bereich
der Prümer Grundherrschaft erhalten; sie sind besonders wertvoll, weil sie
mit der Redseligkeit der Weistumsquellen eine Anzahl von Details über die
Organisation der Engerfahrten geben, welche die älteren Quellen vennissen
lassen ^
^) S. Bd. 2, 164, 172. Im USMax. erscheint wenigstens schon das Eifeler Transport-
wesen zusammengeschrumpft.
2) S. Bd. 2, 153—4, 164—5. Zur VerdeutUchung von EinzelfäUen vgl. USMax. S. 486,
Nospelt: 8 Hufen, Jede zahlt 4 d. pro vectione; und ebd. S. 442, Lorscheid: 23 Hufen, jede
zahlt in autumpno pro nno deducendo 4 d. '
') Toepfer ÜB. 2, 260, 1438 : Clais, Eltzkoms Sohn von der Hagen, welchem Nicolaus
Vogt und Herr zu Hunolstein den Hof Cuntzenbusch für 70 gl. verkauft hat, verpflichtet
sich, jährlich vier mir. Frucht und einen Hammel zu liefern, sowie eine Moselfahrt und
andre Fronden zu thun.
*) So WThroneck 1634, § 4 ff., G. 6, 474—5. Von besonderem Interesse ist in dieser
Hinsicht auch eine *Urkunde von 1526, Arch. Maximin. 5, 1167 f.
*) WBirresbom , G. 2 , 525 : der hof Berisbom ist m. h. von Prüm schuldigh aUe jar
acht angerwagen, vier zu sanct Walperts tagh und vier zu sanct Martins tagh; und die angerfahrt
sol der gehofner thun entzwuschen Contzerbrucken und Hasselpfort, und sol laden ein frohn-'
fuder, außgenomen wein und stein; und der gehofner ist schuldigh an der Mosel zu warten
von einer somien zu der andern: wannie er dan nit geladen wird, sol er an die Mosel
gehn, dreimal mit seiner gapfei krachen, heimfahren, und dan sein angerfahrt bezahlt hain . . .
wannie der herr den angerwagen nit vonnoten hat, sol der gehofiier eine angerfahrt bezahlen
mit 6 gl., wie von alters. WNiederpriim, G. 2, 534: zwei Angerwagen zur Moselfahrt soUen
vier ohmen weins laden, und die fünfte nit liegen laßen. W Wallersheim , G. 2, 537: acht
angerwagen, dero vier im mai und vier im herbst schuldigh [zur Moselfahrt] ... die wein zu
holen zwischen Contzerbrück und Hatzenpfort, vier ahmen schwer [WWetteldorf: ein firoi-
foder schwer, d. i. 4 ahmen] zu laden, sonder waßer und stein.' Eventuelle Ablösung mit
4 gl. alter Moselwährung. WGondenbret, G. 2 , 541 : 4 angerwagen, 3 zu herbst zwischen
Michaeli und sanct Martins tag, den vierten zum mei, sollen 14 Tage vorher angesagt werden.
Wanehe aber die gehöfener wie recht geboten seind, soUen sie kommen fahren uf den
freien hof und dem Schultheißen anzeigen, sie seien reit zu faren, und begeren, daß der
Schultheiß ihnen bürg setze, ob sie ungefals ader scheden halben leid überkommen kriegen, daß
sich weib und kinder des zu erholen wissen : das sol der Schultheiß thun und ihnen bürgen setzen.
WBüdesheim, G. 2, 544: Angelfahrten halb zum mei und halb zum herbst; zwischen Kontzer-
brüek und Hatzenport, vier Fuhrleute bei jedem Wagen, eventuelle Ablösung mit 6 gl.; vgl.
oben WBirresbom, auch WSeUerich, G. 2, 548: belangen die angerfahren weisen sie drei wagen
[Wirtschaft d. Giofsgrundbes. — 818 —
So ist denn nur fllr die erste Hälfte des Mittelalters, hier aber auch in
dem hervorragendsten Sinne, der Nachrichten- und Transportdienst das Binde-
mittel der zerstreuten Höfe einer Grundherrschaft ; er verknüpfte kontinuierlich
und, abgesehen von zeitweisen Kontrollen, allein die Hofverwaltungen der
Meier mit der Zentralstelle. Das ist ein Verband und ein System, welches
von der Art der fiskalischen Organisation doch sehr abweicht, wenn auch
die Fisci aufser dem geschlossenen fiskalischen Territorium einzelne Depen-
denzen im Sinne grundherrlicher Fronhöfe hatten. Dort der Iudex, ein Lokal-
beamter, selbständiger Vorstand einer ausgedehnten Regie und Hauptträger
des Rechnungswesens, nur in der Abführung des äufsersten Reinertrags der
Zentralstelle zahlungspflichtig — hier der Meier, vornehmlich Einnehmer der
grundhörigen Zinse in Geld und Landesprodukten, weniger Administrator und
am wenigsten rechnungsmäfsig selbstverantwortlicher Wirt, zur Ablieferung
aller Intraden des Hofbezirkes verpflichtet, und zum Zweck der Aufrecht-
erhaltung dieser Verpflichtung durch ein ausgebildetes Nachrichten- und Trans-
portsystem unteratützt. Es begreift sich, wenn unter diesen Umständen die
Funktionen der Zentralstelle innerhalb der aristokratischen Grundherrschaften
gröfsere Bedeutung gewinnen, wie innerhalb der Fiskalverwaltung. Damit ist
freilich noch nicht gesagt, dafs unsere Quellen uns zu einer ausreichenden und
allseitigen Würdigung dieser Bedeutung verhelfen, vielmehr gilt hier für die
doch vornehmlich in Betracht kommende urkundliche Überlieferung der auch sonst
bewahrheitete Satz, dafs ihr Umfang entsprechend jeder Bezugnahme auf sociale
im hof dem hcrn mit aller pfenwertb, sonder wasser und stein, zwischen Kontzerbrücke und
Hatzenport zu fahren vier ahmen schwer, doch fünftehalb sollen sie nit liegen laßen, darumb
der fuhrman haben sol von iederm boden eine sester weins. die fohrcn sollen geschehen,
danach sie geboten sein, acht tagh für oder nach sanct Martins tagh, soe a1)er zur gemelten
zeit nit geschige, alsdan zu mai, wie dem hem gelegen ist. WSeffeni, G. 2, 549: wer ni.
gn. h. 9 sester haber oder even gibt, sol m. gn. h. 2 angerpferd thun, auch was dem fomian
von seine gerechtigkeit werden sol. wanehe der man ausgespannet hat, sol in des hem ge-
leit sein; ob der fohrman todeshalbeu abgenge, sol der herr weib und kind versorgen, der
forman sol an die Mosel faren und solle dar beiden von einer nonen zit zu der andern: ob
er dan nit geladen wird, sol er dreimal mit seiner geißeln klieben und sol heimfaren, sol
sein angel bezalt haben. — Eigentümlich ist WBockenau, G. 2, 169: weist man auch mit
recht, daß ein hoiinan zue Neunkirchen nit mehr dan einen hauen und ein huen zu halten
haben uf der gemeinen zue B. auch so ein hofinan da were, der pfert und geschirr hielte,
der sol alle übernächtige fahrt thuen, die die gemein zue B. unscm gn. herren thuen sol.
des zu urkunt gibt der apt dem gericht zue B. ein halb mir. habem gehäuft und 3V2 s.
Die einzige Quelle früherer 2^it von annähernd gleicher Ausführlichkeit, wie diese Weis-
tumssteUen, ist USMax. S. 453, Rübenach: devehit [mansus] 8 mir. annone apud Mettriche;
si plaustrum frangitur, emendationi tenetur . . . annonam ecclesie mansionarii Treverim dedu-
cunt recipit scabinus de annona situlam vini . . . devehit mansus ad littus Muselle sivc
Rheni carr. vini. si plaustro quicquam infortunii acciderit, mansus solvet; et si vas amplius
quam carr. capiat, ecclesia dampnum habebit. in vino deducendo scabinus recipit sext. nni;
si vero in Lovene in littore ultra 1 diem mansionarius cum vino iacuerit, ecclesia Stipendium
dabit mansionarii in eundo situlam vini in communi habebunt . . . cetera in vino deducendo
Treverim sicut illi de Lovene recipient et solvent
— 819 — Verwaltungsorganismus.]
Entwicklungen der Laien der Regel nach abnimmt. Und eben um eine be-
sondere weltliche Standesbildung handelt es sich bei der Frage nach der
Ausrüstung der grundherrlichen Zentralstelle. Diese Standesbildung ist die
ministerialische.
Sieht man von einer Art von Ministerialenstatut der Abtei SMaximin, an-
geblich V. J. 1135 \ ab, so sind wir über das Emporkommen der Dienst-
mannen im Moselland leider nirgends durch systematische Aufzeichnungen
unterrichtet, und Einzelurkunden wie Schriftsteller reden nur dann deutlicher,
wenn sie nicht den regelmäfsigen Gang der Entwicklung, sondern aufser-
gewöhnliche Zustände zur Schilderung bringen^. Bei dieser Lage der Quellen
wird es schwer, sich von den ministerialischen Dienstverhältnissen auch nur
innerhalb der grundherrlichen Verwaltung, welche uns hier allein beschäftigen ^,
eine sichere Vorstellung zu machen.
Zunächst bilden da die Ministerialen, abgesehen von den Laienbrüdern
(Conversi)*, den einzigen weltlichen Beamtenkörper der grundherrschaftlichen
Verwaltung*; aufser ihnen sind nur noch Beamte geistlichen Charakters, und
diese natürlich nur in kirchlichen Giiindherrschaften vorhanden. Ihrer Aus-
schliefslichkeit entsprechend nehmen die Ministerialen Stellen sowohl in der
Lokal- wie in der Zentralverwaltung ein. In der Lokalverwaltung finden wir
sie von jeher als Meier® oder Inhaber der Spezialbetriebe bezw. der Güter
') MR. ÜB. 1, 483. Daneben kommen nur noch die ganz späten, unten S. 858 fif. ab-
gedruckten Aufzeichnungen in Betracht Die räumlich nächstliegenden Ministerialenstatuten
wären die von Worms, von Weifsenburg, der Grafen von Ahr, von Köln imd Xanten.
') So gelegentlich der Überhebung der Trierer Ministerialen im 11. und 12. Jh.;
s. dazu Waitz, Yfg. 5, 345; 7, 49 — 50. Grade solche Fälle sind aber für uns von geringerem
Interesse.
*) Speziell über die militärische Stellung und Entwicklung der Ministerialen ist erst
später in Abschnitt VIII zu sprechen.
*) S. aber diese oben S. 690 f.
') Minister wird darum der einzige speziell bezeichnende Ausdruck des früheren Mittelalters
für Beamter sein, vgl. z. B. Lac. ÜB. 1, 162, 249, 1094. S. auch Nitzsch, Ministerialität S. 66 f.
•) S. oben S. 769 f., vgl. MR. ÜB. 1, 32, 778: abbas eiusque successores [so statt
rectores zu lesen] aut agentes ipsius monasterii (Prüm). Ebenfalls für Prüm ist MR. ÜB. 1,
52, 820, sowie 61, 835 die Rede von rectores et ministri monasterii, MR. ÜB. 1, 89, 855
von provisores monasterii. In allen diesen Fällen sind unter agentes, ministri, provisores
embryonal-ministerialische Meier zu verstehen, vgl. MR. ÜB. 1, 105, 866, Prüm: terris ac
vineis . . ac reliquis subsidiis, sicut hactenus nostris usibus deservierunt vel a ministris
nostris conservate esse noscuntur. Ein weiterer Beweis in dieser Richtung liegt in der Be-
zeichnung der Villicatio Mersch als ministerium, ÜPrüm No. 23. Für spätere Zeit s. Calmet
5, 140, Longueville: villici vestri, forestarii, decani sive caeteri servientes, ubicunque sint,
nullum servitium debent advocato. servientes ergo, qui specialiter loco vestro deserviunt,
exceptis aliis. qui per curias ecclesie deputati sunt, prout opus luerit, vobis in officio vestro
assumantur. Dazu femer CRM. 1, 105, 1132; MR. ÜB. 1, 453, 1124-27; Cart. Orval 166,
1212. Vom Leben eines vermutlich ministerialischen Meiers giebt die V. loh. Gorz. ein
anschauliches Bild; vgl. Vit loh. Gorz. 9: (lohannes oriundus fuit) villa olim regia vocabulo
Vinderia [Vendicre] parcntibus utique non nimium obscuris, substantiae sane locupletioris . . .
[Wirtschaft d. Grofsgrundbes. — 820 —
mit Sonderlasten, namentlich der Scharhufen ^: eben von der Grundlage der
letzteren Gtitergruppe aus entwickelt sich vornehmlich ihre militärische Be-
deutung. Neben der Lokalverwaltung aber bilden sie das alte Verwaltungs-
material der Zentralstelle. Ursprünglich war die Zentralstelle nur Hausver-
waltungsstelle und die Ministerialen waren demgemäfe unfreie Hausdiener, eine
gleichförmige Masse des Gesindes, in welcher Seneschalk und Schweinehirt,
Marschalk und Bäcker fast unterschiedslos nebeneinander standen*. Allein
teil weis schon früher^ und spätestens mit der Ausbildung der Grundherrschaften
begann infolge der neuen Arbeitsteilung in der Güterverwaltung die Gruppen-
bildung unter dem Gesinde. Nur die eigentlichen Hausdiener und die Hof-
gewerbe, wie Bäcker und Schmied, blieben auf der alten Basis noch längere
Zeit stehen ; über sie erhoben sich stets höheren Ansprüchen und Vorrechten zu-
strebend die Gruppen der selbständigen Handwerker und der eigentlichen Höflinge.
Sehen wir von den selbständigeren Handwerkern, den Webern, Walkern,
Fischern u. a. m. ab, da deren Entwicklung bald eigene Bahnen einschlug*,
so bleiben für unsere Erörterung die Gruppen des niederen Hofgesindes und
der höheren Höflinge übrig.
Über die erste Gruppe, wie sie die eigentlichen Hausdiener, etwa den
Gärtner, den Schmied, den Zimmermann, in den Klöstern femer den Barbier,
den Pförtner, sowie die niederen Kirchendiener umfafste ^, sind wir für die hier
in Betracht kommenden Verhältnisse verhältnismäfsig gut, aber freilich erst
durch Quellen des 13. und 15. Jhs., unterrichtet®. Im 13. Jh. finden wir alle
(pater) ruri intentus ac regendae fsuniliae . . . plura ei ex iusto labore succrescerent essetque
possessionibus sumptibus pecunia . . admodum auctus. Die coniux war liberioris generis;
der Mann hatte soviel, dafs er hospitalitas elemosinae pflegte und der Kirche gab. Johannes
folgt zuerst seinem Vater nach, Vit loh. Gorz. 11: agro pecore faniilia et his instituendis
atque alendis substantia non mediocri locupletatus deinde in artiuni diversarum, quae ad
variam suppellectilem usui sunt, exercitio et dispositione (multum valuit). Als er dann das
Mannesalter erreicht, verweilt er einige Jahre in domo comitis Riquini [wohl als Ministeriale],
nam et ecclesiam villae ipsius, ex qua ortus est, dono eiusdem comitis possidebat.
') Vgl. aufser oben S. 495, MR. ÜB. 1, 382, 1082—84 und noch prägnanter MR. ÜB.
1, 483, angebl. 1135, SMaxirain: predia et mancipia eorum, qui ministri vel scaremanni
dicuntur. S. femer MR. ÜB. 1, 482, 1135; Bd. 2, 179; WGüls 1385, Zs. des Berg. Gv. 18,
158; CRM. 3, 337, 1346.
«) S. z. B. L. Alam. 2, 81, LL. 3, 73.
3) S. oben S. 54.
*) Vgl. V. Maurer, Fronh. 1, 202—3, auch 244 f. Im übrigen s. z. B. Mir. s. Celsi,
MGSS. 8, 207; UStift 415, Koblenz; Bd. 3 Wortr. u. d. W. carpentarius. S. auch Warn-
koenig, Flandi*. Rechtsg. 3, 133 f., 148 f., und Stat. Wetzlar. 1433, Blattau 1, 264—265.
^) S. z. B. Schöpflin, Als. dipl. 1, 262, 1041 ; ü2Mettlach S. 194—5, 1399.
®) Es liegen hier zunächst die Urkunden über die Dienerschaft des Trierer Domstiftes
von 1245 und 1258, MR. ÜB. 3, 833 und 1468, vor, aufserdem die unten S. 853 ff. abgedruck-
ten Stücke. Die Urkunden des MR. ÜB., vermutlich Übersetzungen des 15. Jhs. aus dem
Lateinischen, sind einer leider verloren gegangenen Hs. des verstorbenen Professors Marx in
Trier: Ordnung der Dienerschaft des Domkapitels in Trier: entnommen und nach sehr
schlechten Kopieen gedruckt. Doch macht die Emendation meist geringe Schwierigkeiten.
— 821 — Verwaltungsorganismus.]
Glieder dieser Gruppe innerhalb der Zentralstelle einer Grundherrschaft kor-
porativ organisiert; sie bilden eine Genossenschaft, oder wie es in den
Dokumenten flir das Trierer Domstift heilst, ein Kapitel, welches am ge-
nannten Orte zur Disposition des Kellners und imter der Gerichtsbarkeit
des Propstes stand. Doch gehörte die Genossenschaft in Strafsachen, speziell
bei öffentlichem Friedensbruch, unter die Kompetenz des gemeinen Gerichts,
und auch ftir Handlungen freiwilliger Gerichtsbarkeit konnten die Genossen
den Trierer Schöffenstuhl suchen. In sich zerfiel die Genossenschaft in
einzelne Abteilungen, z. B. in die eigentlichen Hausdiener und die Küchen-
diener. Das hinderte aber nicht, dafs man sich als 6ine Korporation fühlte,
welche sich ihre Rechte wies und im Fall des Streits über dieselben mit dem
Kellner eine domkapitularische Kommission als Schiedsrichter anrufen konnte.
Die Unterhalts- und Lohnverhältnisse der Genossenschaft waren in d6r Art
geregelt, dafs ihr neben einer bestimmten Anweisung auf freie Station sub-
sidiär, wenn diese nicht ausreichte, ein Anrecht auf einen Teil des kapitula-
rischen Ernteergebnisses zustand; zudem hatten die Genossen einen Anteil am
Herbst des Kapitels und den Genufs einer Anzahl von Rentenbezügen, welche
teils auf fremdem Besitz fundiert waren, teils aus den Fronhöfen und Ämtern
des Kapitels erfiossen und im wesentlichen dazu bestimmt waren, an gewissen
Heiligen- und Marientagen* gemeinsame Ergötzlichkeiten zu bestreiten.
Bei weitem andei^s ist das Bild, welches aus den Maximiner Aufzeich-
nungen des 15. und beginnenden 16. Jhs. über die Lage der ehemals un-
freien, ministerialischen Dienerschaft erhellt. Wir stehen hier am Schlufs
der Entwicklung: Scheckman selbst, der in seinem Speculare feudorum
von ca. 1520 eine letzte Beschreibung des Instituts giebt, spricht es wieder-
holt aus, dafs er von halb vergessenen Dingen rede. In der That erscheinen
jetzt die alten Dienststellen sogar der Zahl nach zusammengeschmolzen; statt
zweier Kochstellen giebt es nur noch eine, und die Existenz der Schmiede-
stellen gehört einer so fernen Vergangenheit an, dafs Scheckman über sie
nichts mehr im Archive der Abtei vorfindet '^.
Ursprünglich aber bestanden in der Abtei SMaximin 10 Dienststellen.
Von ihnen bezogen sich \ier auf den Kirchendienst, auf die Nachtwache in
der Kirche, die zeitweilige Tagwache am Reliquienschrein, die Bewahrung der
Fenster, das Anzünden und Löschen der Leuchter, das Läuten der Glocken
u. a. m. Die vier Diener, ein Apothecarius , vornehmlich für den Reliquien-
dienst, und drei Aeditui oder Cereales, standen unter dem Spezialbefehl des
Küsters oder Sakristans. Die anderen sechs Dienststellen fielen zu je zwei
*) Solcher Tage gab es eine ganze Anzahl, ich nenne Jan. 1, 13 und 18; April 15;
August 15, 22 und 31: Oktober 23 und 25; November 8, 11 und 23; Dezember 8 und 9.
^) Die letzte Erwähnung der Maximiner Dienstmannen findet sich wohl in dem von
Wolff edierten Modus propinandi in festis ss. Maximini videlicet et Agritii, Geschbl. f. d.
mittelrh. Bistümer Bd. 1.
[Wirtschaft d. Grofsgnmdbes. — 822 —
auf den Bäcker- und Kornmesserdienst, die Küche, und den Schmiededienst ;
sie unterstanden dem Kellner und in höherer Instanz dem Abt. Die Inhaber
aller zehn Dienststellen bildeten zusammen, wie die Dienerschaft des Trierer
Domkapitels, eine Genossenschaft mit eigenem Recht, eigenem Weistum und
eigener Strafbefugnis in Dienstsachen, imd sie standen, ursprünglich neben
kleinen genossenschaftlichen Rentenbezügen, in der Natural Verpflegung der
Abtei. Aber wie hatten sich diese Dinge bis zum 15. Jh. geändert. Jede
Dienststelle war mit besonderen Renten dotiert worden, sie war zum Dienst-
lehen ^ geworden. Und diese Dienstlehen erscheinen nunmehr fest imter be-
stimmten Modalitäten auch an Weiber vererblich und zugleich von den
Inhabern wenn auch nur an Männer veräufserlich ; ein Kochlehen wird z. B.
auf 70 rheinische gl. Wert berechnet. Die Inhaber dieser DiensÜehen dienen
nicht mehr selbst im Kloster, längst haben sie sich daran gewöhnt, Stell-
vertreter aus dem Kreise der kleinen Trierer Handwerker zu senden, und
diese Handwerker bilden nun noch notdürftig eine Genossenschaft imd weisen
mühsam das alte Recht. Die Inhaber selbst aber sind vornehme Leute, mit
Vorliebe beteiligen sich die Schöffen der Immunität SMaximin, Landadlige,
Schöffen und sonstige bessere Bürger der Stadt Trier, und sogar das Kloster
selbst ist im Besitze von Lehen und sucht weitere Lehen zu erwerl)en. So war
das Dienstlehen zu einem mit gewifs nicht allzugrofsen Revenuen verbundenen
Titel geworden, einem Titel, der einem reichen Bürger unter Umständen ein
ähnliches Vergnügen gewähren mochte, wie unter heutigen Verhältnissen die Titel
des Kommerzienrates oder Hoflieferanten. In der That wird man beim Ent-
wicklungsgang dieser niederen Ministerialität an ein ähnliches Verhältnis er-
innert, wenn man sieht, wie Erzbischof Balduin schon im Beginn des 14. Jhs.
einen reichen Koblenzer Bürger gegen Auftrag eines kleinen Dienstlehens in
die Genossenschaft der Trierer Ministerialen und Vasallen aufnimmt, unter der
Verpflichtung, dem erzbischöflichen Hofe für die Zeit seiner Anwesenheit
in Koblenz und im Umkreis einer Meile die Tischtücher zu liefern-.
Haben wir so die Entwicklung der niederen Ministerialität bis zu ihrem
völligen Verfall in der zweiten Hälfte des Mittelaltei*s verfolgt, so bleibt gegen-
über der höheren Ministerialität vorläufig nur die Aufgabe, die Funktionen der-
selben innerhalb der Zentralverwaltung der Grundherrschaft zui* Zeit der Blüte
grundherrlicher Wiitschaftsverwaltung nachzuweisen; vom Verfall der Mini-
sterialität als Beamtentum kann dagegen erst weiter unten, bei der Erörterung
der Entwicklung der Tenitorialverwaltung des späteren Mittelalters, die Rede sein.
Füi* die Funktionen der Ministerialität in der grundherrlichen Zentral-
verwaltung ist ein doppelter Gesichtspunkt festzuhalten. Einerseits bildeten
nämlich diese Funktionen sich in besonderen feststehenden Ämtern aus, deren
M Feudum servile oder ministeriale.
2) Bd. 3, No. 94, 1318.
Cf !•
— 823 — Verwaltungsorganismus.]
«
Inhaber übrigens von Zeit zu Zeit, oft in festbestimmten Perioden \ wechseln
konnten ; andererseits war fast stets ein Gros von dienstpflichtigen Ministerialen
an der Zentralstelle vorhanden 2, aus dem man einzelne Gruppen für Einzel-
geschäfte verwandte. Amt und Kommissariat sind mithin die beiden Formen
ministerialischer Dienstleistung innerhalb der grundherrlichen Verwaltung,
geradeso wie sie später die beiden Formen der Eatsdienstleistung innerhalb
der städtischen Verwaltung geworden sind.
Unter den Ämtern stehen zunächst die alten vier Hofämter im Vorder-
grund, daneben wohl auch das Küchenmeisteramt, das Kellner- und das Forst-
amt ^. Wichtig aber ist, dafs neben diesen zunächst auf den Hofkonsum
berechneten Ämtern — wenigstens überwiegt dieser Gesichtspunkt bei den
vier Hofämteni — auch ein Amt vorkommt, das unter verschiedenen Namen
auf eine Generalverwaltung der Einnahme und Ausgabe und damit auch auf
eine Oberaufsicht über die grundherrlicben Fronhöfe hinweist. Am besten
verdeutlichen läfst sich Zweck und Geschäftsgang dieses Amtes an der Erzäh-
lung (ier V. loh. Gorz. über die Thätigkeit des Ministerialensohns und späteren
Abtes von Gorze Johann als Solatium des früheren Abtes: Solatium, Gehülft»
Adlatus oder Stütze, war eben der gewöhnliche Name des Generalverwalters
da, wo er in den geistlichen Ämterverband einbezogen erscheint. Als Solatium
hatte Johann zunächst das Ausgabe- und Einnahmegeschäft; des Klosters, unter
obei'ster Kontrolle des Abtes, unter sich: quaecumque nummis vel quibuslibet
aliis rebus expendit, summam eorum in breve notatam abbati post hebdomadam
aut mensem reddidit, nee minus, quaeque extrinsecus de ratiociniis quibusque
illata recepisset*. Als oberstem Rechnungsführer des Klosters kam es ihm
auch zu, die offenbar nicht imbedeutenden Ausleihegeschäfte des Klosters zu
besorgen: commodabat equidem plurima et recipiebat, cautus, ne quo dolo
debitomm falleretm*, . . . si frumentum vinum sal vel quaecumque ad cibum
peitinentia, similiter ad vestitum commodabantur, eiusdem mensurae vel quanti-
tatis reposcebantur, ut nihil supra exigeretur. argentum pondere iusto commo-
dabatur, nee ipsuni, quod moneta iure extorquet, ullatenus petebatur, sed
(juantum (luis accipiebat aut dabat, at»qua lance refundebatur^. Nicht minder
aber griff er vom finanziellen Gesichtspunkte aus in die Rechtssprechimg des
Klosters ein. Hier war es Hauptsache, einmal dem Grundherrn die Fructus
iurisdictionis voll zu wahren, andererseits aber jede ungerechte Übervorteilung
^) So z. B. im Kölner Dienstmannenrecht , ed. Frensdorff, HoeUbaums Mitteilungen
Heft 2, 4 ff.
2) S. UStift S. 322; MR. ÜB. 1, 391, 1097; 2, 117, 1191; oben S. 495; vgl. auch
V. Maurer, Fronh. 1, 206 f., 250; Warnkoenig 1, 202 f., sehr verbessert 8, 117 f.
^) Über die Pflicht der Ministerialen, an der Zentralstelle der Grundherren zu weilen,
winl noch später Abschnitt VIII Teil 2 die Rede sein. Zur Sache s. auch schon v. Maurer
Fronh. 1, 167 ff.
*) V. loh. Gorz. c. 73.
'') A. a. 0. c. SS.
[Wirtschaft d. Grofsgrundbes. — 824 —
ZU vermeiden: quicquid iustitia acquireret, totum fidelitur monasterio inferre,
et illud optime cavere, ne sacculus monasterii qualibet umquam doli vel mise-
roruin fraiide vel calamitate contaminaretur ^ Eine ähnliche Stellung wird es
gewesen sein, welche im 10 Jh. in SMaximin der ministerialis fi^trum xar
i^oxrpf einnahm*, welcher wir am erzbischöflichen Hofe von Trier im 11. und
12. Jh. in dem Amte des Viztums, Oeconomus, Prokurators b^egnen^,
welche unter gleicher Benennung in den Frauenklöstem noch im 13 Jh. und
später wiederkehrt*. Nicht immer braucht diese Stellung ständig und fest
umschrieben gewesen zu sein; sie war ein Vertrauensplatz an der Seite des
Grundherrn, welcher nur besonderer Treue und Energie verdankt ward. So
wird z. B. dem 1099 gestorbenen Meier Lambertus von SHubert nachgerühmt,
er sei gewesen strenuus cooperator abbatis Theoderici maioris in acquirendis
praediis et ornamentis, in renovandis et amplificandis aedificiis, in vitreis et
fabrefacturis, in ordinando fratrum victu et vestitu et in quibuscunque poterat
ecclesiae profectibus et utilitatibus *. Trotz dieser offenbar lunfassenden Thätig-
keit behielt Lambert seinen einfachen Meiertitel ; er erhielt keinen Nachfolger;
seine Stellung starb mit ihm aus. Soviel aber leuchtet ein, wo auch immer
sich die Stellung eines Generalverwalters ständig oder zeitweis entwickelte,
da fiel ihr bei gröfseren Verwaltungen eine bemerkenswerte Verantwortlich-
keit zu; so dafs es sich fragt, wie ihr Inhaber sich derselben im allgemeinen
gewachsen erweisen konnte.
Von Johann von Gorze erzählt die Biographie c. 85 ausdrücklich : rarus
. . illi ad (villas monasterii) accessus, potiusque de ipso monasterio, queque
foris agenda essent, dictabat, bre\ique sub tempore ministris — es sind die
Meier gemeint — evocatis, minus aut amplius quod ipsi expletum referrent
edicebat. Gleichwohl kann Johann sich nicht der Mühe entschlagen, bisweilen
auf (iie Fronhöfe zu gehen; die Geschäfte daselbst werden dann beim Essen
abgemacht *^. Ein solches System prinzipieller Enthaltsamkeit von persönlicher
Kontrolle entsprach vielleicht dem grade von Gorze ausgehenden asketischen
Anschauungen der deutschen Klosterreform des 10. Jhs. , liefs sich auch bei
der infolge von Zinslieferungen nicht seltenen Anwesenheit der Meier an
der Zentralstelle allenfalls durchführen, praktisch war es aber nicht. Im
Interesse eines tüchtigen Generalverwalters mufs es vielmehr gelegen haben,
soviel das der Dienst um die Pei-son des Herrn gestattete, auf Visitationen
') V. loh. Gorz. c. 87.
2) MR. ÜB. 1, 163, 923.
«) MR. ÜB. 1, 310, 1038; 318, 1042 (Or. a. d. 13. Jh.!): 361, 1065; 453, c. 1125.
Die Stellung der bekannten Burggrafen Dietrich und Ludwig in Trier unter Erzbischof Eber-
hard u. s. w. (W'aitz, Vfg. 7, 49—50) hat zunächst mit den erzbischöflichen Generalverwaltem
nichts zu thun.
*) Stat Brem. 1290, Blattau 1, 61.
*) Cantat s. Hub. 87, MGSS. 8, 618.
**) V. loh. Gorz. c. 86.
— 825 — Verwaltungsorganismus.]
der Meier unterwegs zu sein; das ist die Vorschrift, welche Karl der Grofse
dem in vielen Punkten eher mit dem Oeneralverwalter als mit dem Meier zu
parallelisierenden Iudex giebt.
Indes auch der fleifsigste Generalverwalter war wohl schwerlich in der
Lage, dieser Aufgabe voll Gentige zu leisten. Da treten denn die ministeria-
lischen Kommissariate ergänzend ein. Solange die grundherrliche Wirtschafts-
verwaltung blüht, sehen wir von der Zentralstelle aus geschickte ministerialische
Kommissare, missi oder manaliti yne sie in der ältesten Zeit heifsen, in den
verschiedensten durch die Zentralstelle zu erledigenden Geschäften thätig:
sie stellen Grenzen fest, sie suchen Plätze für gröfsere wirtschaftliche Anlagen,
Fischereien u. dgl. aus, sie kaufen und übernehmen neuen grundherrlichen
Besitz, sie visitieren endlich die einzelnen Meierämter ^ Und so war in der
administrativ mobilen Macht der Ministerialen in der That ein Mittel gegeben,
von der Zentralstelle aus ohne gröfseres ständiges Beamtenpersonal und vor
allem ohne giofse, jener Frühzeit der ei-sten Hälfte des Mittelalters noch
sehr schwer fallende Schreibereien eine bedeutende ländliche Wiilschaftsver-
waltung zu leiten.
Doch war die Ministerialität nicht das einzige für die Zwecke der
Zentralverwaltung vorhandene Material; neben ihr kommt, wenigstens für
die geistlichen Institute, noch der Klerus in Betracht. Sehr natürlich; der
Klerus war in schriftlichen Arbeiten gewiegt, die geistliche Grundhen^schaft setzte
sich zudem im kirchlichen Grofsgrundbesitz fast stets aus den Genossen einer
Korporation zusammen: wainim sollte man diese einzelnen Genossen nicht
auch gleich den Ministerialen für die Geschäfte der weltlicljen Zentralstelle
verwenden, soweit dies der geistliche in der Ordensregel verkörperte Zweck
zuliefs? Aufserdem schrieb die Regel zumeist Beschäftigung mit der Land-
wirtschaft vor, man interessierte sich für sie auch spontan^, und mit Aus-
nahme ganz asketischer Epochen galt die Vennehrung und gute Verwal-
tung des ja fast nur in Giamdwerten bestehenden Kirchengutes als gott-
gefälliges Werk*. Dem entsprechend sehen wir zu allen Zeiten kirchlichen
1) Vgl. MR. ÜB. 1, 10, 752; 103, c. 842; Lac. ÜB. 1, 168, 258, 1096; MR. ÜB. 1,
610, 1158, cit oben S. 659 Note 3; Cart. Orval 166, 1212, Urkunde Ludwigs IV. Grafen von
(Hiiny: cum fratres AurcaevaUis querelam movissent adversum me pro prato ante Ivodium
fossatis incluso, quod se dicebant a patre meo piae memoriae Ludovico Iherosolymam pro-
fecturo in elemosinam accepisse, tandem in talem pacis couventionem pervenimus, quod ego
eis de praedicto prato 16 falcatas assignavi et dedi per manus viUici Ivodiensis . . et aliorum
Diinisterialium meonun Ivodiensium [so!] perambulari feci et certis metis positis distingui.
Mon. Boica 87, 22: ministerialibus . . nostriB [Bischof Brunos von Würzburg] hoc officium
iniungimus, ut singulis annis tantum quatuor ex eis in tempore messis ad supradictam curiam
[in Westfalen] veniant et villicos [1. villicum] consulant, et cum illo de redditibus Universum
debitum exquirant et suscipiant — Sehr selten kam es vor, dafs man einem Ministerial Voll-
machten als Teilverwalter gab, vgl. V. loh. Gorz. c. 97.
«) S. oben S. 462, auch Bd. 2, 82.
') So ermahnt sich MR. ÜB. 1, 463, 1129 Abt Gerard von SMaximin zur Wachsamkeit
Lamprecht, Dentaehtts Wirt«chaftol«ben. I. 53
[Wirtschaft d. Grorsgnmdbes. — 826 —
Au&chwungs auch sofort eine eneiigische Thätigkeit der kirchlichen JKorpo-
rationen für die äulsere Verwaltung ihres Besitzes einsetzen; nie sind Äbte^
und Bischöfe' eifrigere Organisatoren und Administratoren des Kirchengutes
gewesen, wie im Blütezeitalter der deutschen Kirche des Mittelalters, unter
den Ottonen und den ersten Saliern^.
Worin bestanden aber die verfassungsmäfsigen Vorbedingungen f&r eine
Verwaltungsthätigkeit der geistlichen Korporationen innerhalb des ländlichen
Grolsgrundbesitzes? Nur wenige Hauptnormen können hier zur Sprache
kommen.
Innerhalb der Klosterverfassung zunächst disponierte der Abt keineswegs
frei über das gemeinsame Eigentum ^ ; er war vielmehr bei Kauf ^ und Tausch *,
hei Leihe ^ und EnÜeihung ® wie bei allen grö&eren Vertrags- und Verwaltungs-
in der Klosterverwaltung mit dem Spruch: illnmina oculos meos domine, ne nmquam obdor-
miam in morte, ne quando dicat 'inimicus meus: »prevalui adversus eum«. Dagegen heifst
es V. loh. Gorz. 91, es solle von der wirtschaftlichen Thätigkeit Johanns nichts mehr ersfthlt
werden, denn dies bringe nicht edificatoriam oblectationem, sed, ut nostre mores scio etatas,
tediosam omnino £acerent lectionem.
^) So Abt Ansteus von SAmulf-Metz und Johann von Gorze, vgl. V. loh. Grorz. c. 36,
67, 89: femer Necrol. s. Maximin. 7 kal. febr.: Ogo abbas huius loci, postea Tungrensis
episcopus, qui hoc monasterium a ftmdamentis reparavit et locum pene pessundatnm reno-
vavit, et numerum fratrum ad 60 et ad religionem ampliavit. Ogo stirbt 945, vgL Honth.
Hist dipl. 1, 279. Statt LX ist übrigens lxx zu lesen, vgl. Brower ed. Stramberg 1, 844
bis 345, der eine nomenclatura in veteris psalterii prolegomenis forte inserta erwähnt,
welche bei Novillanius c. 26 und von Kraus, Bonner JB. 50, 218 gedruckt ist
«) Vgl. z. B. über Wazo von Lüttich G. ep. Leod. 2, 46, 47, MG8S. 7, 217; über
Bemward von Ilildesheim V. Bemw. 8. Im übrigen verweise ich hierfür wie för das folgende
überhaupt auf Lamprecht, Der Charakter der klösterlichen Reformbewegung Lothringmis im
10. Jh., in Picks Monatsschrift für die Geschichte Westdeutschlands Bd. 7, 91 f., 217 f.
') Aus späteren Zeiten vgl. noch Catal. abb. Eptemac. II, MGSS. 23, 35, über Abt
Reiner von Echtemach (1231—1242), imd Damianus Dhame, Honth. Prodr. S. 1043, über Abt
Reiner von SMaximin (1587—1618).
*) S. schon oben S. 693. — Ich sehe hier von der Einwirkung ab, welche bei könig-
lichen Klöstern auch der König auf die Verwaltung ausübte; s. für Prüm MR. ÜB. 1, 59.
831, wo K. Ludwig Prüm geradezu monasterium nostrum nennt Die Abtei tauscht MR. ÜB.
1, 61, 835 permissione regis, ebenso a. a. 0. 58, 844, licentia imperatoris; ähnlich a. a. 0.
117, 880. MR. ÜB. 1, 105, 866 nennen die Mönche K. Lothar senior noster und schliefsen
einen Leihvertrag mit seiner Zustimmung.
») MR. ÜB. 3, 1467, 1258.
®) MR. ÜB. 1, 55, 827: Abt Taucrad von Prüm tauscht mancipia consentiente eius-
dem [!] tota congregatioui prefati monasterii; MR. ÜB. 1, 56, 823 tauscht er Güter una per
consensum et cohibentiam monachorum ibidem degentium. S. femer für Prüm MR. ÜB. 1,
98, 860—86. Für SMaximin vgl. MR. ÜB. 1, 153, 909; 163, 923.
"*) MR. ÜB. 1, 14, 769—808: Abt Assuer von Prüm verleiht eine Prestarei cum con-
sensu fratrum nostrorum; vgl. MR. ÜB. 1, 30, c 777: eine Prekarei vestra [des Abtes] seu
servorum dei qui in ipso cenobio commorare videutur dccrevit voluntas; MR. ÜB. 1, 119,
887: eine Prekarei nostra (abbatis) decrevit voluntas omniumque fratrum nostronun consensit
1)enignitas. Vgl. auch § 10 der imtcn im Anhang S. 860 gedruckten Urkunde von 1296.
^) S. § 10 dor unten als Anhang S. 860 gedruckten Urkunde von 1296; auch Bd. 3,
No. 72 § 7 f., 1291.
— 827 — Verwaltungsorganismus.]
geschäften überhaupt * au die Zustimmung des Konvents gebunden. Die Folge
war, dafs der Abt auch da, wo er selbständig handelte, wohl kaum irgend
eine wichtigere Verwaltungsmafsregel durchführte, ohne vorher den Rat her-
vorragender Mönche gehört zu haben*: auf diese Weise sicherte er sich vor
jedem Vorwurf bei Geschäften, bei denen es zweifelhaft sein konnte, ob nicht
doch die Billigung durch den gesamten Konvent erforderlich war. Dieser Rat
der sanier pars, welcher in allen kanonischen Bestimmungen eine so grofse
Rolle spielt, konnte nun gradezu zu einer anfangs nur kommissarischen, später
mehr oder minder ständigen Vertretung des Konventes entwickelt werden '.
Nach alledem war der Abt in seiner freien Disposition in Wirklichkeit doch
sehr beschränkt, rnn so mehr, als er durch Wahl, und zwar meist aus der
Mitte des Konvents selbst, zu seiner Würde gelangt war*.
Ein Gegengewicht ergab sich allerdings aus der absoluten Freiheit des
Abtes in der Wahl der mönchischen Beamten flh' den geistlichen wie den
weltlichen Verw altungsdienst des Klostere, welche durch ein ebenfalls freies Ver-
setzungs- und Entsetzungsrecht vervollständigt ward *. Indes machte sich doch
') Vgl. § 10 und 11 der Urkunde von 1296, ferner Lac. ÜB. 1, 166, 257, 11. Jh.;
*Paris Ms. Lat 11104, 1. H. 12. Jhs., Echtemach: censum vinearum de Veilsbechc con-
cessit domnus abbas Godefridus cellerario in presentia omnium fratrum; MB. U6. 1, 578,
1154. — Über die Verwaltung Prüms in abtloser Zeit s. MR. ÜB. 3, 857, 1246, und dazu
MR. ÜB. 3, 862, 1246.
•) Lac ÜB. 1, 35, 69, 874. VieUeicht gehört hierher auch MR. ÜB. 2, 6, 1171,
Urkunde Abt Rotberts von Prüm: dum vero, quod mente conceperam, sepius inter familiäres
meos pia soUicitudine retractarem . ., quatinus subtili indagatione et sapienti consilio pro-
viderem . . .
*) MR. ÜB. 1, 60, 884: Abt Markward von Prüm erscheint am Hofe cum quibusdam
monachis ex eiusdem monasterii congregadone und bittet um Bestätigung einer Schenkung;
Bd. 3, 147, 14, 1329; NoviUan. c. 56: nos . . habemus, quod ofiQciatis seu senioribus 5 aut
6 singulis annis semel rationem reddere de statu monasterii debet [abbas] ; cellerarius vero . .
tenetur coram discretis fratribus ad minus quater in anno computaüonem £Eu;ere. Die Statuten
der Bursfelder Union von 1463 schreiben vor, dafs jeder von ihnen, solange er dies nicht
halt, tamdiu in loco novidorum stare debet. Novillan. c 57: das Provinzialkapitel von
1458 schreibt vor, ut a])bates bis in anno, videlicet in cal. oct et in cal. apr. facerent
computum.
*) Vgl. z. B. Ennen, Qu. 1, 466, 12, 959, Erzbischof Bruno für Grofs SMardn-Köln:
tirmum edam esse volumus, quod inter ipsos monachos libera sit electio illius, quem sibi
preesse maluerint, ne, si aliunde eligatus, vite regularis unitas dissimilitudine vivendi in
disddium ruat Zur Wahl selbst vgl. die interessante Nachricht des Cantat. s. Huberd 54,
MGSS. 8, 596, 1087: der alte Abt sdrbt. Eo tandem sepulto episcopus obtulit fratribus
eligendi abbads opdonem, protestatus, inde noUe recedere, nisi eis loco deftmcd ordinaret
patrem. convenit in unam sentendam et fratrum elecdo et curialium attestado et popularis
acclamado, donandam eamdem abbatiam Theoderico praeposito; quod licet ille videretur
reniti seque fateretur non convenire tantae assumpdoni, adeo increvit semel emotus omnium
favor, ut de re agenda nee ipsi retractare liceret episcopo. iamque donata abbada quassans
caput, aim prae admiradone familiaribus suis enimtiaret tand favoris clamorein timere se
in posterum alicuius sinistri portend fore ...
*) Vgl. z. B. V. loh. Gorz. c 73; Bd. 3, No. 72, 1291.
63*
[Wirtschaft d. Grofsgrandbes. — 828 —
auch auf diese Ernennungen seitens des Abtes ein starker Druck des Kon-
vents geltend, da der Abt dem Konvent in jährlich ein- bis zweimaliger
Rechnungslage über die Verwaltung aller Beamten Auskunft zu geben
schuldig war*.
Nicht viel anders, wie die Klöster, waren ursprünglich die Stift;er in
den besprochenen Verhältnissen organisiert. Zwar tritt hier im eigentlichen
Mittelalter sofort die Scheidung zwischen dem Körper der Stiftsherren und
dem Propst hervor ^, die Stiftsherren mit dem Dechant an der Spitze aber er-
innern doch in vielen Punkten an die Klosterverfassung. Auch hier gemein-
same Verhandlimg und Beschlufsnahme über die wichtigsten Verwaltungsmafs-
regeln ^, auch hier Eechnungslage, wenn auch nicht blofs des Dechants, sondern
auch anderer stiftsherrlicher Beamter vor versammeltem Kapitel*. Freilich
wurde die alte Einheit der Stiftsverwaltung bald aufgelöst: ein Vorgang,
welcher hier nicht genauerer Betrachtung zu unterziehen ist.
Auf Grund dieser Verfassungsverhältnisse entfaltete sich nun die giimd-
herrliche Zentralverwaltung ursprünglich ziemlich gleichmäfsig in Kloster un<i
Stifte. Sehen wir vom Eingreifen der Laienbrüder *^, wie von den niederen
praktischen Dienstleistungen der Mönche, welche als opus claustri dem opus
oratorii gegenübertraten ^, ab, nehmen wir auch auf die Ämterhierarchie der
^) S. oben S. 827 Note 3, und § 10 der unten S. 860 als Anhang gedruckten Urkunde von
1296. Wenn Novillan. c 56 der Cellerarius neben dem Abt Rechnung legt, so entspricht
das der späteren Dezentralisation der klösterlichen Güterverwaltung. Vgl. übrigens zu
SMaximin noch Novillan. c. 58: 1482 wird Dietrich III. Abt von SMaximin, antea ceUerarius
existens; nee unquam computationem fecerat per annos ferme 12, quibus cellerarius fuerat
^ Wenn auch das Stiftsherrenkapitel den Propst bisweilen wählt: MR. ÜB. 1, 874,
1074. Dieselbe Differenz erwächst übrigens später zwischen Abt und Kapitel, s. Bd. 3,
No. 118, 1329.
») Z. B. Wahl der weltlichen Beamten, MR. ÜB. 1, 318, 1042 (Or. a. d. 13. Jh.!).
S. femer Bd. 72, 27, 1277; CRM. 3, 67, 1315: die Stiflsherren von Beatusberg bei Koblenz
haben das Recht, ut capitula teuere valeant, tractare in eisdem, ordinäre et disponere de
rebus ecclesie su(i et de negotiis in eadem emergentibus , in omni ea consuetudine , prout
prepositus decanus et capitulum ecclesie nostre Treverensis obtinent et consueverunt exer-
cere, proviso tarnen quod fratres dicti capituli, qui tractatibus et in capitulo interesse volu-
erint, saltem in sacro diaconatus ordine sint constituti.
*) *Consuet Mon. Meinef. Bl. 7 ^ : computationes ecclesie debent reddi et fieri decano
et capitulo generaliter et nuUi persone singulariter, et debent fieri in capitulo et non alibi.
'*) Vgl. zum folgenden auch Back, Ravengiersburg 1, 40 f.; Wegeier, Rommersdorf
S. 41 , auch die prächtige Übersicht über den verschiedenen Wirkungskreis und Beruf der
SHuborter Mönche im Cantat s. Hubert 8, MGSS. 8, 573, Z. 17.
ö) S. oben S. 690 f.
^) Dahin gehören u. a. coquina, vestium ablutio, horti communis opera, calciamentorum
lavatio, missae hebdomas, vgl. loh. V. Odonis Cluniac. 2, 23; V. loh. Gorz. c. 62 und 77,
Ziun Gegensatz von opus claustri und opus oratorii oder monasterii s. Lamprecht a. a. 0.
S. 99.
— 829 — Verwaltungsorganismus.]
niederen Konvents Verwaltung weiter keine Rücksicht ^ so kommen namentlich
zwei geistliche Beamte auch für die äuJsere Verwaltung in Betracht. Es sind
das der Propst oder Prior in den Klöstern Dechant in den Stiftern, und der
Kellner in beiden Arten geistlicher Genossenschaften. Der Propst war
in den Klöstern der Vertreter des Konvents gegenüber dem Abt, wie
der Dechant der Vertreter der Stiftsherren gegenüber dem Propst war:
Klosterpropst wie Stiftsdechant hatten daher Veranlassung, sich mit dem
Stand der weltlichen Klosterverwaltimg in Vertretung der hinter ihnen
stehenden Genossen zu befassen. Sie waren nicht eigentliche Verwaltungs-
beamte füi- die gesamte geistliche Grundherrschaft, sie waren nur mit
einigen Verwaltimgsbefiignissen versehene korporative Kontrollbeamte des
Abtes bezw. Propstes^. Dagegen war der Kellner, soweit kein Solatiimi
vorhanden war^, der eigentliche Beamte des Abtes bezw. des stiftischen
Kapitels für die Geschäftsleitung der grundherrlichen Wirtschaftsverwal-
tung*, und nicht selten erhielt er infolge giofser Geschäftslast noch einen
Unterkellner zugeordnet*. In der That war er in seinem Amte ungemein
beschäftigt, er hatte die Meier zu kontrollieren, den Weisungen der Gehöfer
^) Diese kann sehr verschieden ausgedehnt sein. So gab es z. B. in Gorze im 10. Jh.
anfser der praepositura und dem ceUarium noch den decanatus, das vestiarium (camera),
hospitium und infirmarium, vgl. V. loh. Gorz. c. 73. Das Cantat s. Hubert 8, MGSS. 8,
572, 1055, ergiebt als Personalbestand von SHubert mit Ausnahme des Abtes den Robertus
senex, £jinenfridus decanus, Evrardus precentor, Guilelmus praepositus, Alfridus thesaurarius,
Lietbrandns camerarius, Lambertus organista, Gualerannus cellerarius, Robertus armarius,
Stepelinus exterior scolasticus et interior Balduinus, femer die einfachen Mönche Lambertus,
Gaerizo, Engenulfiis, Henuardus, Otto, Gualterus. 8. femer CRM. 3, 67, 1315: das Kloster
Beatusberg- Koblenz wird KoUegiatstift mit 12 Kanonikalpräbenden, darunter 4 prelati:
decanus, cantor, scolasticus, custos. Und nach *Registr. annivers. s. Max. Trier Stadtbibl.
16d5 Bl. 2^ finden sich 1389 in SMaximin: 1 Abt, 1 prior, 1 infimiarius, 1 hospitalarius,
1 custos, 1 cellerarius, 1 cantor, 9 Mönche, 2 Subdiaconen, 7 scolares. Übrigens können alle
Beamten der geistlichen Korporationen, auch die der inneren Verwaltung, insofem mit der
iolseren Wirtschaftsverwaltung zu thun bekommen, als zu ihrem Amte bestimmte ein für
aUemal angewiesene, also auch von ihnen verwaltete Einnahmen gehören, vgl. UlMettlach
No. n, 1095, Fitten 11c.
«) Vgl. MR. ÜB. 1, 70, 842, Prüm: der Propst und mehrere Mönche sind im Auftrag
des Abtes zur Nachsuchung der Bestätigung einer Schenkung am Hofe; MR. ÜB. 1, 65, 855;
98, 860-886; 153, 909; 168, 923; G. ep. Leod. 2, 32; Lac ÜB. 1, 172, 266, 1081—1105;
Ces. Heisterbac. Dial. mai. 4, 19, cit. unten Note 5. S. auch Wamkoenig, Flandr.
RG. 3, 150.
») S. oben S. 823.
«) S. z. B. Bd. 3 No. 72, 1291, und Stat. s. Paulin. 1500, Blattau 2, 42, den langen
Abschnitt de cellario.
*) Ces. Heisterbac. Dial. mai. 4, 19 : cellerarius quidam maior cum priore suo de rebus
ezterioribuB verbis contendit, et videbatur ei, quia valde radonabiliter moveretur. Ein
Cellenrius maior in SFlorin-Koblenz MR. ÜB. 3, 249, 1225; 320, 1227; WMettlach 1499,
dt oben S. 524 im Text
[Wirtschaft d. Grofsgrundbes. — 830 —
beizuwohnen, gröfsere Anordnungen auf den Fronhöfen persönlich zu treffen * :
vom Kellner des Stiftes SCastor-Koblenz heilst es uni 1200: pro exterioribus
^cclesi^ negotiis toto anno pertractandis equitatura carere non potest^. In
allen diesen Punkten entsprach der Kellner als geistlicher Beamter also nahezu
dem ministerialischen Generalverwalter ^. Der Parallelismus zwischen der
Ausbildung der Ministerialität und der geistlichen Genossenschaft für die Wirt-
schaftsverwaltung geht aber noch weiter : auch die Verwendung koUegialisch an-
geordneter Kommissariate findet sich in den Ki'eisen der Stiftsherren und Mönche
wie der weltlichen Dienstmannen, und wie das Institut so wird auch der materielle
Kreis der Verwendung desselben der gleiche gewesen sein *. Freilich kommen
neben kollegialischen Kommissariaten auch einzeln beauftragte mönchische
und wohl sicher auch stiftsherrliche ** Kommissare vor®.
Zeigt sich hier schon ein Unterschied zwischen geistlicher und welt-
licher Venv'altung, so noch mehr in einem innerhalb der reinen Ministerialen-
verwaltung — also bei weltlichen Grundherrschaften — wie es scheint gar
nicht in Frage gestellten Punkte. Die weltlichen Grundherrschaften, zumeist
') Zur Übersicht des Dienstes des Kellners im Kloster ist äufserst wichtig das *Urbar
der Celleraria von Echtemach, Hs. Paris Nat bibl. 11 104 Bl. 47 &. S. femer Ennen, Qu. 1,
523, 56, 1145; WMettlach 1499, cit oben S. 524 im Text; WMersch 1542 Einl.; WMeckel
1699 Einl. Lehrreich, wie die oben S. 594 Note 2 (auf S. 595) citierte Stelle aus Ces.
Heisterb. Dial. mai. 4, 67 ist auch Ces. Heisterb. Dial. mai. 6, 5: Emfried war Dechant von
S Andreas-Köln : habebat autem cognatum Fredericum nomine, eiusdem ecclesiae canonicum,
officio cellerarium. iste avunculum saepius arguere consuevit de indiscreta liberalitate et
ipse versa vice increpabatur ab illo de nimia parcitate. habebant enim communes expensas
et idcirco satis gravabatur Fredericus, quia quicquid rapere poterat decanus occulte dabat
pauperibus. tempore quodam idem Fredericus de officio suo multos et magnos habens
porcos occidit et in pemas formavit easque in coquina tempori congruo reservandas
suspendit.
2) MR. ÜB. 2, 358.
') Dieselbe Stellung hatten etwa auch die Provisoren an den Frauenklöstem. Neben
ihnen stand gewöhnlich ein provisor spiritualis oder confessor, vgl. § 13 der unten S. 860
als Anhang gedruckten Urkunde von 1296; Bd. 3, 225, 25; s. auch die interessante Stelle
im Gart Marienthal 330, 1317: ego Th. capellanus Vallis sancte Marie . . iam 40 annis et
amplius capellanus existens monasterii . . anno 1317 circa festum beati Martini hyemalis . .
investigavi et conpilavi omnes redditus et proventus monasterii. Hierzu ist wiederum Bd. 2,
724, betr. Oeren, zu vergleichen.
*) S. MR. ÜB. 1, 57, 826; 60, 834; 70, 842; 163, 923; 184, 946; auch wohl Ennen,
Qu. 1, 523, 56, 1145; femer Bd. 8, 37, s, 1264; 53, 1, 1267. Bisweilen ist eine Kommission
auch aus Konversen und Mönchen gemischt; s. den einfachsten Fall Bd. 3, 42, 13, 1265;
s. dazu 38, ss, 1264.
^) Eigentümlich ist ♦Or. Koblenz St. A. (1210), vgl. Kreglinger 5 No. 29 und MR.
Reg. 2 No. 1100: der Abt von SNabor besorgt einige Verwaltungsgeschäfte des Trierer Dom-
kapitels auf Grund eines ihm durch den Cellerar übermittelten kapitularischen Auftrags.
«) So der STronder Weinpropst, Bd. 3, 33, e, 1264; s. femer Bd. 3, 224 No. p; 225
No. q; Cod. dipl. Ronmersdorf. 58, 1357. Hierher gehört wohl auch Cesarius zu ÜPri'un
S. 180 Note B, s. oben S. 772 Note 2.
— g31 — Verwaltungsorganisnius.]
relativ dicht geschlossen , in ihrem Besitz wohl nur selten über mehrere Land-
schaften zerstreut, bedurft;en wohl kaum besonderer Zwischeninstanzen zwischen
der Zentralstelle und den Fronhöfen. Anders bei einigen gro&en geistlichen
Grundherrschaften. Hier lag der Besitz, wie er vornehmlich durch Schenkung
gewonnen war, bisweilen über Himderte von Quadratmeilen zerstreut —
reichte er doch z. B. in der Abtei Prüm von der Neckarmündung bis nach
Amheim in Holland, und von der Lahn bis zur Maas — ; in solchem Falle
konnte der Gedanke der Einrichtung von Zwischenstellen zwischen Zentral-
und Lokalverwaltung wohl eine Stätte finden.
Und wirklich tauchen bei grofsen klösterlichen Grundherrschaften hin
und wieder solche Zwischenstellen auf. Ihre Organisation in der vollendetsten
Gestalt ist die eines kleinen Klosters, einer Cella: es wird geradezu eine Filiale
des alten Klosters errichtet. Gründe und Vorgang der Einrichtung lassen sich
noch sehr wohl an einzelnen Beispielen verfolgen. So errichtet z. B. der Abt
von SMichael-Virten um 1035 eine Zelle innerhalb eines Hofkomplexes, dessen
villae absunt . . a monasterio bidui vel tridui itinere, nee facile provideri
possunt a quoquam eunte vel redeunte ^ Am vollendetsten ist. dieses System in
imserer Gegend innerhalb der grofsen Grundherrschaft der Abtei Prüm durchge-
führt: hier finden wir in den deutschen Gebieten die Zellen zu Altripp am Ober-
rhein, zu SGoar am Mittelrhein, zu Münstereifel im Westen und zu Kesseling im
Osten der Eifel, dazu eine Zelle zu R6vin an der Maas und vermutlich eine noch
embryonale Zelle zu Villance in den Ardennen^. Es ist das ein voller Kreis
von Tochterklöstem, der, vorläufig meist noch im engsten Zusammenhang mit
dem Mutterinstitut ^, Verwaltungs- und Missions- bezw. Bildungszwecken in
gleicher Weise gedient haben mag. Indes auch wo man nicht zu vollem
Zellenausbau fortschritt, schickte man doch wohl hier und da geistliche Ver-
mittlungsbeamte zwischen den Fronhöfen und der Zentralstelle unter dem
Titel eines Propstes in die entfernter liegenden Teile der Grundherrschaft*;
') Chron. s. Mich. Vird. 33, MGSS. 4, 85.
*) Zu Villance vgl. Bd. 2, 89 Note 2. Die übrigen sind die sog. cellae oder loci
subiecti, s. MH. ÜB. 1, 122, 884. Zu ihrer Entstehung und ihrem Charakter vgl. ME. ÜB.
1, 15, 762; 16, 762; 25, 772; 52, 820; auch die schöne Commemoratio, quemadmodum et a
quo ceUa sancti Goaris fiierit monasterio Prumit sociata, im Liber aureus Prüm. Bl. 109^,
gedr. als Anhang zu Wandalberti V. s. Goaris. Aus späterer Zeit vgl. *Brandani annales,
Trier Stadtbibl. Ifde. No. 1710 Bl. 2»: Tancradus 3 ceUas in conventuales crevit, videlicet
sancti Medardi in pago Spirensi, sancti Petri in Keslingen et beatae Mariae virginis ad
Mosam, quarum aliquae barbarorum vastationibus deletae fuerunt, quamquam de Mariae
possessionibus Monasterium adhuc aliquas possideat reliquias, prout ad Mosam sua oppida,
videlicet Kevin, Feppin et Fumay cum dependentiis. Ferner ebd. Bl. 2»: Abt Marquard
gründet Münstereifel für Mönche (später Canonici); sufficientem de bonis Prumiensibus
sQStentationem assignavit et quaedam inter alia 8 matrices ecclcsias eisdem contulit
») Doch vgl. Bd. 2, 102.
*) Lac. ÜB. 1, 430, 1168: Engelbert a duobus abbatibus . . prepositus constitutus
curtis, qu^ sita est in villa Remago, zählt die von ihm abgewickelten Geschäfte auf. MB.
ÜB. 3, 1467, 1258: ego Henricus dei permissione abbas sancti Maximini Trevirensis . .
[Wirtschaft d. Grolsgnmdbes. — 832 —
ja sogar ein zeitweiliger kommissarischer Propst für den Herbst in den STronder
Weingütern an Mosel und Rhein kommt vor*.
Inmierhin wird man diesen Zwischenstellen eine gröfsere, etwa gar all-
gemeine Bedeutung nicht beilegen können; dafür sind sie zu selten, auch
machen sich die kleinen Zellen im Laufe der Zeit so selbständig, dais sie
nicht mehr als dem Wirtschaflsorganismus des Mutterklosters eingefügt gelten
können^. Und so bleibt denn thatsächlich und der durchaus gewöhnlichen
Regel nach die Zentralstelle die einzige über den Fronhöfen stehende Rezeptur
und Kontrollinstanz. Von dieser Grundlage mufs man ausgehen, will man zu
einem Verständnis der Gesamtfunktionen dieser Zentralstelle gelangen.
Für dieses Verständnis mufs aber noch eine zweite Grundlage gewonnen
werden. Wir sind gewohnt, uns die Finanzgebarung einer Zentralstelle in-
sofern sehr einfach zu denken, als wir 6ine Zentralkasse, 6ine gemeinsame
Rezeptur bezw. Zahlstelle für alle Einnahmen und Ausgal)en, als selbstver-
ständlich ansehen. Aber gerade eine solche Generalkasse fehlt der natural-
wirtschaftlichen Finanz Verwaltung®; statt derselben ist vielmehr ein verwickeltes
System von Einzelerhebung und Einzelverbrauch vorhanden, welches darauf
beruht, dafs für jede etatsmäfeige Ausgabe auch eine etatsmälsige Einnahme
fe>st und definitiv gebunden angewiesen ist: so dafs der gesamte Etat ohne
höhere Einheit sofort in eine grofee Anzahl von Einzeletats zerfällt, als deren
Bürgen imd Verwalter die einzelnen Ämter erscheinen. Es ist ein System,
welches man gegenüber dem Zentralisationssystem der geldwirtschaftlichen
Verwaltung als naturalwirtschaftliches Anweisungssystem bezeichnen kann.
Wie wurden nun unter der Herrschaft dieses Systems die Einnahmen
an die Zentralstelle abgeführt? Die Einnahmen bestanden entweder aus den
Liefenmgen der Fronhöfe oder aus zerstreuten Einzeleinnahmen. Die Ein-
notum esse volo, quod accedente consensu nostri conventus de proprio motu et libera volim-
tate auctoritatem et plcnam potestatem dedi Ew. magistro, preposito nostro in Gowe, bona
ecclesie mee in Brizzenheim domum infra muros et census Mogimtinos vendendi sive in
melius convertendi, prout sibi melius viderit expedire. SMaximin hatte schon früh Pröpste in
Thaben und Münsterappel ; die Einrichtung war aber bereits um Mitte des 11. Jhs. antiquiert,
s. MR. ÜB. 1, 345, 1056. S. auch Bd. 2, 89, Note 2, dazu oben S. 831 Note 2; und vgl.
oben S. 733.
») Bd. 3, 33, 6, 1264.
^) Das gilt z. B. von den Prümer Zellen, speziell von Münstereifel. Wie man sich
überhaupt später das Verhältnis solcher Zellen dachte, ergeben die Ann. Rod. Ernst. S. 50,
1140, gelegentlich der Verpflanzung der Nonnen von Herzogenrath nach Marienthal: tunc
discrevit eis Johannes [abbas] agros et vineta . ., non ut ea penitus sequestraret ab (Rodensi)
ecclesia, cuius propria sunt et possessiva, sed ut Ulis pro tempore suppeditarent nutrimenta.
Vgl. S. 64: concessa sunt (sororibus) allodia quedani sola stipendiorum ratione, quorum
tamen proprietas remansit (Rodensi) ecclesie, sicut et illa pariter ecclesia [MarienthalJ est
etiam (Rodensis) propria respectu obedientie. Das ist dann ein Verhältnis, welches im
wesentlichen nur noch in seltenen Visitationen seitens des Abtes des Mutterklosters seinen
Ausdruck findet; vgl. Bd. 3, 225 No. r.
*) Das gilt ganz allgemein für die naturalwirtschaftliche Finanzverwaltung, s. dazu
z. B. oben S. 300. Vgl. im übrigen zum folgenden auch v. Maurer, Fronh. 1, 247.
— 833 — Ven^altungsorganismus.]
liefei-ung der letzteren machte natürlich keine besonderen Schwierigkeiten; sie
waren von vornherein besonderen genau begrenzten Zwecken zugewiesen und
wurden für diese von den für die betr. Zwecke thätigen Beamten direkt ein-
gezogen ^ Andere die grofsen Fronhof leistmigen, welche den gesamten Jahres-
überschufs eines Meieramtes umfafsten. Ihre Lieferung an die Zentralstelle
war über das ganze Jahr in der Weise verteilt, dafs jeder Fronhof die ge-
samten Vonäte für den grundherrlichen Unterhalt auf eine bestimmte Reihe
von Tagen zu beschaflFen hatte: die Leistung für je 6inen solchen Tag hiefs
Servitium. Wir finden diese Servitien schon früh als ständiges Institut der
Fiskalverwaltung, das Cap. de nllis kennt sie schon als alte Einrichtung, und
noch um die Mitte des 11. Jhs. scheinen sie auf fiskalischem Gebiet verhältnis-
mäfsig imversehrt bestanden zu haben ^. Spätestens um diese Zeit sind sie dann
auch in den aristokratischen GrundheiTschaften nachweisbar®; im J. 1125 be-
klagt sich der Abt von SMaximin schon bei Kaiser Heinrich V. de . . Godefrido
scilicet Palatino comite . . eo quod quasdam curtes et gcclesias [es sind 9 Fi'onhöfe
*) Vgl. dazu Lac. ÜB. 1, 34, 68, 874, jemand schenkt Kirchen: ecclesiam . . in M.
ad album panem sororum nostramm (der Nonnen in Gerresheim) constituimus . . . basilicam . .
in S. cum universa decimatione ad panem siligineum camem et caseum . . . ecclesiae . . in
M. decimationis utilitatem . . ad quadi*agesimale mandatum et ad panis camis cascique
usum . . . ecclesiam quippe P. . . dimidiam . . ad meliorem cerevisiam et ad panem nigrum.
S. femer Ennen, Qu. 1, 471, 16, 973 — 84: Sürsula-KöLa erhält eine Schenkung in Liegen-
schaften, von deren Einkünften ein Teil ad continuanda luminaria, ad restauranda tecta und
zur Erhaltung der Nachtwachen des Klosters, der andere Teil ad victualia sanctimonialium
verwandt werden soll. S. femer aufser MR. ÜB. 1, 514, c. 1140, noch Cod. Lac. 81, 1274:
cum nos quoddam pratum iuxta Crufthe pertinens ad molendinum nostrum ibidem situm
emeremus pro 21 mr., frater Hudolfus solvit ex eis in elemosinam 5 mr. ea conditione, ut
magister curtis nostre in Crufthe . . , Q^i pro eo tempore fiierit . . , de dicto prato solvet
nostro cellerario annis singulis dimidiam mr. isto modo convertendam . . quinque s. mini-
strabit in piscibus conventui in die beate Katherine . . residuum distribuet inter familiam, et
caritatem vini dabit eadem die.
') Vgl. oben S. 808 Note 1, und s. dazu Lambert z. J. 1074, MGS8. 5, 206, 15: rexnati-
vitatem domini Wormatiae celebravit, longe aliter ibi victitans, quam regiam magnificentiam
deceret nam neque ex fiscis regalibus quicquam servitii ei exhibebatur, neque episcopi aut
abbates vel aliae publicae dignitates consueta ei obsequia praebebant, sed in sumptus cotti-
dianos necessaria ei vili pretio coemebantiu*. erant tamen cum eo nonnulli ex principibus;
sed hi neque cum eo semtiorum apparatu, neque cum ea militum aut apparitorum frequenüa,
qua soliti fiierant, sed cum paucis ac pene privato habitu ad salutandum eum venerant
») Vgl. Catal. abb. Eptem. I, MGSS. 23, 32—33: Abt Reginbert (um 1060) abbatiam
8ub descriptione posuit, ex quibus locis et quibus temporibos quisque fiscus fratribus con-
stttutam praeberet annonam ; ac diumalia servitia insdtuit pani fratnim quadrantem apposuit,
praebendam in ovis et caseis et uncia adauxit, addens unicuique fratrum ad statutum ovum
unum; et caseum, qui antea inter 4 dividebatur, inter 3 partiri iussit; et ad unciam 18 d.
addidit S. femer MR. ÜB. 1, 501, 1136: Abt Adelbero von Prüm untersucht die Stipendia
der Stiftsherren von SGoar und ündet, ea ipsis non esse quotidiana in iulio mense et ,
augusto; schenkt darum. Man vgl. auch noch das aufser unserem Sprengel gelegene
Servitium cotidianum Coloniensis archiepiscopi ed. Frensdorff in Hoehlbaiuns Mitteilungen
Heft 2, 59 f.
[Wirtschaft d. Grofsgrundbes. — 834 —
mit 5 Kirchen], unde per 3 menses victualia debent procurari fratribus, vio-
lenter sibi auferens suis non veritus est beneficiare militibus^ Die Servitien
der Fronhöfe bestanden nun der Hauptsache nach natürlich aus Getreide und
Wein sowie aus dem Reinertrage anderer grofser Kulturen^, und sie erflossen
da, wo nur 6ine Person Grundherr war — wie in den weltlichen Grundherr-
schaften — oder wo bei korporativ gestalteten Grundherren noch gemeinsames
Leben herrschte — wie in den Klöstern des früheren Mittelalters — direkt
in die Speicher der Zentralstelle. Wo dagegen der Grundherr mehrere Haus-
haltungen hatte, wie namentlich schon früh bei den Stiftern und gewifs auch
bei den Ganerbschaften, trat sofort eine Teilung des Ertrages ein. Indes be-
standen doch aufserdem überall noch kleinere neben dem grofeen Ser-
vitium herlaufende Lieferungen eben auch der Fronhöfe, welche direkt
an einzelne Ämter gingen^. So ergiebt sich z. B. für das Refektorium
von SMaximin aus dem Bd. 3, 321 gedruckten, der Konzeption nach spätestens
dem Ende des 12. Jhs. angehörenden Budget die Existenz von 10 kleineren
Meierservitien, welche je zu Weihnacht, Ostern imd teilweis auch am Maximins-
fest (29. Mai) in wesentlich gleicher Höhe an dieses Amt zu liefern waren*.
Aus dem Servitiensystem und dessen Einfluls auf die gesamte Finanz-
gebarung ergeben sich nun sofort zwei beachtenswerte Folgen. Einmal eine
sehr grofse ökonomische Freiheit der Fronhöfe, welche, die richtige Lieferung
ihrer Servitien vorausgesetzt, in ihrem Wirtschaftsplan von der Zentralstelle
fast ebensowenig abzuhängen brauchten, wie die grundhörigen Hufen vom Meier.
Es wai' das eine wirtschaftliche Freiheit, welche infolge der durch das An-
weisungssystem verursachten Kreditunfähigkeit der Zentralstelle noch wesent-
lich erhöht wurde: nur auf die Revenuen der einzelnen Fronhöfe hin konnte
mit Sicherheit Kredit in Anspruch genommen * wie auch — zumeist wenigstens
— Anweisungen erteilt* werden. Zweitens ergiebt sich sofort, dafs neben
einer Hauptrezeptur, in welcher die Hauptservitien imd gewisse andere auf
dieselbe ein für allemal angewiesene Einnahmen flössen, eine Anzahl von ein-
zelnen Rezepturen bestehen mufste, in welche aufeer anderen auf sie fixieiten
Intraden auch die Nebenservitien flössen.
Wiiklich bestand nun überall eine solche Anzahl von Nebenrezepturen:
jedes Amt der ministerialischen wie der geistlichen Verwaltung bildete zu-
») MR. ÜB. 1, 452.
^ S. oben S. 788 Note 6, femer Lac. ÜB. 1, 190, 290, 1119; üKarden 11.— 12. Jhs.;
AVNiederbachem 1553 § 14.
») S. z. B. *üSPantaleon, um 1200, Berlin Bibl. Cod. Boruss. Qu. 234, Bl. 38»>, s.
unten S. 839 Note 2.
*) S. auch Bd. 3, 99, m, so, 1291.
*) Vgl. Bd. 3, 222 No. m; 225 No. t
«) MR. ÜB. 1, 416, 1108: Erzbischof Ruthard von Mainz fratribus saneti Martini . .
de reditibus Pinguie ad cameram nostram pertinentibus 12 Ib. d. annuatim persolvendas
tradidi, quas a Wllico loci predicti eorundem fratrum dispensator acceptas . . distribuat
— 335 — Verwaltungsorganismug.]
gleich eine Rezeptm, es nahm direkt alle für seine Funktionen unmittelbar notwen-
digen Mittel ein : es war sozusagen als ein voller Rentner für sich konstituiert, es
stand in direktester Beziehung mit den Quellen, aus denen die materiellen
Kräfte fllr die Amtsthätigkeit erflossen^ Dieser Punkt ist für die weitere
Entwicklung von entscheidender Wichtigkeit, wenn man bedenkt, dafs unter
den Mitteln zur Erhaltimg der Amtsthätigkeit auch das Amtsgehalt rangiert.
Der ministerialische wie der geistiiche Beamte stand also in direkter Verbin-
dung mit der wirtschaftlichen Machtquelle, deren teilweiser Genufs sein Gehalt
ausmachte. In dieser Lage bedurfte es nur der Erblichkeit der Beamtenfamilie,
um aus dem Beamten allmählich einen Nutzniefser zu eigenem Recht, einen
Herren des Amtes zu machen. Das ist die Entwicklung bei der Ministerialität
gewesen: genau dei-selbe Vorgang, welcher aus den mit Benefizien ver-
sehenen Beamten der karolingischen Zeit den Lehnsadel des Mittelalters ge-
schaflFen hat.
Doch kehren wir zur Finanzgebai-ung der einzelnen Rezepturen, wie
sie mit jedem Amte verknüpft waren, zurück : in welcher Weise r^elte sich
ihr Ausgabebudget? Auch hier wieder derselbe Charakter. Alle einzelnen
Ausgaben sind genau fixiert, für jede ist ein besonderer Bestandteil der Ein-
nahme definitiv angewiesen: das Amt ist nur die Vermittlungsstelle ganz be-
stimmter Einnahmen füi' ganz bestimmte Ausgaben^. Nirgends läfst sich
dieser Charakter der Finanzgebarung wohl besser übersehen, wie bei den
Memorienämtem^ : gerade hier war bei den einzelnen Seelgeräten jedesmal in
besonders feierlicher Weise festgesetzt, dafs gewisse Einkünfte nur zu be-
^) Vgl. Bd. 3 No. 72, § 3 und 4, 1291; und als hervorragendes Beispiel, welches alle
Detaileinblicke gestattet, Bd. 3 No. 288. Im übrigen s. noch MR. ÜB. 1, 163, 928: ein ein-
getauschtes Landstück kommt ad ministerium porte; ebenso ist MR. ÜB. l\ 167, 926
die Bede vom ministerium custodis von SMaximin, zu ihm gehört Kirburg. S. femer Paris
Ms. Lat 11104, 1. H. 12. Jhs., Echtemach, gedr. oben S. 827 Note 1; MR. ÜB. 2, 67, 1183:
der Kardener fabrica wird das Stipendium cuiusdam, que apud (canonicos) vacabat, praebende
inkorporiert Weiterbin s. MR. ÜB. 8, 1161, 1252; *Chartul. Mediolac Trier Stadtbibl.
Bl. 233 \ 1290 : Streit super curte . . ad monasterium . . iure hereditario spectantem , officio
custodie eiusdem monasterii deputata; Bd. 3, No. 118, 1329. Wahrscheinlich gehört hierher
auch Chron. s. Mich. Vird., MGSS. 4, 80 : E. [abbas] ordinavit, et [Karolus Magnus] praeeepto
bnllato confirmavit, quid abbas, quid provisor panis et salis et sagminis, quid provisor
piscium, quid provisor vini, quid provisor luminarium, quid provisor pauperum, quid provisor
hospitum habere deberent, et omnes inde abbati responderent
') Sehr deutlich zeigt das z. B. Cod. Lac. 81, 1274: nos . . quosdam census nostros
in Thure et in Mendig sitos deputavimus ad officium cellerarie, ut ex ipsis censibus cellerarius
ministret in piscibus et in karitate vini conventui . . in die animarum . ., etiam prefatam
karitatem vini ex eisdem censibus conparabit Vgl. zum folgenden auch Horawitz in
Zs. f. Kulturgesch. 1872, 478 ff., und Meindl, Bartholomaei Hoyer dicti Schirmer cellerarii
1462 — 69 registrum procurationis rei domesticae pro familia Reichersperg ; Arch. f. österr.
Gesch. 61, 35 ff.
^) Doch vgl. auch MR. ÜB. 3, 833, 1245: auch ein vorzügliches Beispiel der angedeu-
teten Finanzgebarung.
[WirtBchaft cL Gro&gnmdbes. — 836 —
stimmten Zwecken, pro salute animae, verwendet werden sollten S und häufig
lagen auch noch über die Art der Verwendung ins einzelne gehende Ord-
nungen Yor^. Doch war man im letzteren Punkte nicht allzu skrupulös, in
späterer Zeit sind die ursprünglich unendlich verschiedenen Arten der Memorien-
feiem fast überall, wenigstens was die mit ihnen verbundenen Beichnisse be-
trifft, auf eine geringe Anzahl bestimmter Formen gebracht worden'. Doch
blieb es für die Einnahme des Memorienamtes noch immer charakteristisch,
dais dieselbe je nach dem Eintritt der einzelnen Memorien aufserordentlich
unregelmäfsig verteilt war. Sie fiel z. B. im Trierer Domstift am Schiulis
des 14- Jbs. * in folgender Weise auf einzelne Termine :
1. Jan. 9 fl.
6. .
10 fl. 8 fl.
Rhen.». 239 b.«
19. „
289 s. 1 mr.
21. n
7 fl.
140 8.
25. „
2 fl.
60 s.
29. „
26 fl.
380 s.
1. Febr.
100 8.
2. n
3 fl.
80 s.
8. .
11 fl.
60 8.
6. n
110 8.
10. „
8 fl.
100 8.
18. „
4Va fl.
477 8.
14. „
2fl.
84 B. 11 d.
22. „
14 fl.
520 8.
Vf% Bcudatus antiquos aut eonim valor.
Sa. 91 Vs fl. dfl. Rhen. 2519 s. 11 d. 1 mr. IVs acudatus andquus aut eorum valor.
^) S. z. B. C. dipl. Rommersd. No. 18, 1252: frater Grerhardus . . abba8 in Rommer-
dorf . . . notum fiacimns . ., quod singoliB annis in anniversario bone memorie Hedwigis
BobiliB matrone de Kempenich sumentur duodecim s. Colonien8e8 de proventibus curtis nostre
in Rile, de quibus ipsa die providebitur pitantia conventui intus et foris. preterea de pre-
dictis boniB 8umentur 18 s. Colonienses, de quibu8 annuadm in commemoratione honeste
recordationiB domine lutte de Blankenheim uxoris quondam Theodorici nobilis viri de Tsen-
borg mini8trabitur conventui intus et foris in piscibus pulchro pane et vino.
*) S. oben S. 688 f. Die erste Refectio pro memoria defunctorum in Prüm liegt 861—84,
8. MR. ÜB. 1, 97.
*) Vgl. z. B. die hauptsächlichsten Verteilungsformen von Präsenzen im '^Registr. cens.
et annivers. eccl. mai. Trev. von 1399, Hannover kgl. Bibl. XVIII, 1006: A) presbiteris
15 gr., choralibus 3 s., ad compulsandum 2 s., residuum ut moris est. B) presbiteris 20 s.,
choralibus 3 8., ad compulsandum 1 s., residuum ut moris est C) presbiteris 5 s., chora-
libus 2 8. , ad compulsandum 1 s. D) presbiteris quarta pars, presbitero missam cantanti 1 s.
£) presbiteris 5 gr., choralibus 8 s., capellano alteris sancti Nicolai 5 s. et ad compul-
sandum 1 8.
^) Nach dem eben genannten *Registrum seu volumen censuum vom 7. Sept. 1399.
Verteilung gemäfs den im Reg. genannten Daten. Der Inhalt des Registers umfafst im
ganzen die Zeit von 1250—1399, z. B. sind von den Dompröpsten solche von 1252 ab,
von den Dechanten solche von 1265 ab, von den Archidiakonen solche von 1219 ab
genannt
'^) Nachtrag.
•) Wohl immer parvi Turonenses.
— 837 — Verwaltungsorganismus.]
Ebenso steht es mit den SMaximiner Memorien 14. bis 16. Jhs.S und
auch die bedeutenden Memorieneinnahmen von SKunibert-Köln von 1239
in der Höhe von 1414 s. 4 d. kölnisch, 91 nur. Weizen, 10 mir. Hafer,
2 mir. Alba pisa, 29 Hühnern, 2 Kapaunen, 2 Semmeln, 50 Eiern, einer
Kerze von ^2 Ib. Wachs ^ werden, wie sie von den verschiedensten Orten
erfielen, so zu den verschiedensten Zeiten eingegangen sein.
Sehr begreiflich, dafs bei solcher Sachlage eine Übersicht ttber Ein-
nahme und Ausgabe auch für die Einzelämter nur mit Mühe zu er-
reichen war. Wie verwickelt sich die Dinge stellten, kann man generell ver-
hältnismäfsig noch am einfachsten da ersehen, wo aus dem gemeinsamen
Budget der geistlichen Grundherrschaften schon gewisse Präbenden ausge-
schieden waren, in deren Einnahmen sich Sonderbezttge im Sinne der alten
Ämterintraden und Bezüge aus dem alten Gesamtbudget treflFen. Derartige
Präbenden treten bekanntlich zuerst bei Stiftern und Hospitälern auf; hier sei
als Beispiel der besonders leicht übersichtliche und gut erhaltene Etat der
12 Piäbenden des Hospitals Grofs-SMartin am Altmarkt in Köln, ft\r das Wirt-
schaftsjahr 1194—5 berechnet, angeführt^. In diesem Jahr hatten die Prä-
benden zu fordern: I. besondere Einzelrevenüen aus Salgütem zu Horrem,
Rheinheim, Wellen, Friesheim, Gleuel, Geyen, Weiler*, Worringen, PfafFen-
rath, Lülsdorf, Aldenhoven; H. an gemeinsamen Revenuen zur Repartition
1. an laufenden Einnahmen:
a) von der Domscholasterei denarios waiinge,
b) von den denarii convivales und elemosinales
a) im Kloster Grofs-SMartin einen Satz von 4 d. 1 ob.,
b) in den anderen Kirchen einen Satz von 1 d.
c) Vom vinum elemosinale im Dom pro am. 1 scopus.
2. an einmaligen Einnahmen zu festen Daten:
a) S Andreas (Nov. 30): für jede Präbende: 19 mo. Hafer, 11 d. zu
Holz ; vom Hofe Berge bei Brasselt (Rees), zahlbar durch den Villicus
des Hospitals.
b) SThomas (Dezbr. 21): 13 Pulli vom Hofe Berge.
c) Quinquagesima (Febr. 12): 2 s. zu Fleisch vom Hofe Berge.
d) Caput ieiunii (Febr. 15): 6 d., 6 scopi Wein, 2 mir. Weizen;
vom Domdechanten.
e)Im leiunium: 2 Häringe und 1 Weifsbrot für jede Präbende
täglich [alle Brote = 2 mir. Weizen]; vom Domdechanten.
1) Bd. 2, S. 218 No. 9.
') Vgl. die Warringia minor de camera sancti Cuniberti, 1289, Ennen, Qu. 2, 197, 201.
Das Verzeichnis ist übrigens nicht vollständig.
») S. Ennen, Qu. 1, 609—10, 112, 1193—1197.
*) Es wird Wilere statt Wileke zu lesen sein.
[Wirtschaft d. Grofsgrundbes. — 838 —
f) Quadragesima (Febr. 19): 8 mir. Legumina, 13X40 (= 520)
Brote; vom Hofe Berge.
g) März: V2 mir. Gerste vom Hofe Bei^e.
h) Cena domini (März 30): 2 mir. 6 d., 6 scopi Wein; vom Dom-
dechanten.
i) Pascha (April 2): 13 pulli, 130 Eier; vom Hofe Berge,
k) Rogationes (Mai 8 — 10): 30 Käse vom Hofe Berge.
3. an einmaligen Einnahmen zu vom Hospital zu fixierendem
Datum:
1 Tischtuch von 12 Ellen, 1 Handtuch von 5 Ellen, 2 Schurztücher beim
Waschen, 2 Heizkessel zum Voll- bezw. Fufsbad, 1 grofse und eine
kleine Schüssel; vom Hofe Berge.
4. an einmaligen Einnahmen zu nicht angegebenen Terminen:
a) 7V2 s. von zwei Hufen bei SSeverin-Köln und von Monheim.
b) 2 mr. von MeUem.
c) 16 d. an Zehnten von den Präbendargütem in den oben sub I genannten
11 Dörfern.
d) 1 am. Wein bei der Weinverteilung der Domherren.
e) 3 Summern Erbsen.
Natürlich wäre es sehi* zu verwundem, wenn man bei so aufserordent-
lich verwickelter Etatsanlage zu einer sorgfältigen Bilanzziehung, zu einer
wohlbegründeten Übersicht über Gesamteinnahme und -ausgäbe zu kommen
vermocht hätte. Es begreift sich vielmehr ohne weiteres, dafs die Information
über diesen Punkt stets eine mehr als oberflächliche blieb. Wenn der Konvent
von SCäcilien-Köln sich im J. 941 beklagt, sibi nunquam in uno eodenique anno
tantum de annona in suis locis excrescere potuisse, ut ab initio usque ad fineni
illius anni inde vivere quirent\ so scheint eben die Aufmachung der Bilanz
völlig und allein in der Feststellung der Möglichkeit des Unterhaltes auf
Giimd der eingenommenen Körneifnicht bestanden zu haben. Zur selben,
hier noch auf Wein ausgedehnten Anschauung führt auch eine Stelle aus der
neuen Ordnung über die Vei-waltung des Prümer Klostergutes vom J. 1291,
nach welcher die Abgabe von Wein und Weizen aus den Klosterrevenüen
nicht statthaft ist, nisi tantum de vino sit in cellario et de tritico in granario
conventus, quod ad minus per annum integrum et duos nienses a venditione
seu alienatione ipsius vini sive tritici pro competentia prebendamm monasterii
sufficiat habundanter ^. Und diesen Bestimmimgen entsprechen die wenigen
Spuren direkt erhaltener Bilanzangaben bezw. Jahresschlüsse. So wird z. B.
ein Jahresschlufs des Stifts SGereon-Köln noch im Beginn des 14. Jhs. ein-
1) Lac. ÜB. 1, 52, 93, 941.
*) Bd. 3, S. 99, 12, 1291. Doch erhält man hier zugleicli einen lebhaften Eindruck von
dem vorsorglichen Eifer, mit welchem die mittelalterlichen Institute gegen Mifswachs und
Hungersnot magazinieren zu müssen glaubten.
— 839 — Verwaltungsorganismus.]
fach in der Angabe hei-gestellt, es seien 525 mir. Weizen und 246 mir. Roggen
eingenommen * ; und eine nicht viel bessere Bilanzierung läfst ein * Voranschlag
über die regulären Einnahmen der Abtei SPantaleon-Köln aus der Wende des
12. und 13. Jhs. ahnen ^. Es ergeben sich hier als Einnahme a) 438 mir.
t r i t i c i. Hiervon werden verausgabt : dem Abt 44 mir. ; den Kirchherren von
Embe und Eilstorp 12 mir.; für den Klostergebrauch 16 mir. und weiterhin
eine nicht zu konstatierende, weil im Or. ausradierte Summe; an Renten
ca. 43 mir. ; füi* Anniversarienfeieni 72 mir. Summa 187 mir., es bleibt mit-
hin, schlecht gerechnet, die Hälfte der Einnahme zum Verkauf. Es ergeben
sich femer b) 577 mir. siliginis. Hiervon werden verausgabt: dem Abt
40 mir.; an Renten und Gehältern 206 mir.; für Anniversarienfeiem 67 nur.
Summa 313 mir., es bleiben mithin 264 mir. zum Verkauf. Weiterhin
c) 24^2 mir. pise, sie werden sämtlich im Kloster verbraucht Endlich
d) 891 mir. avene; hieiTon bleibt der bei weitem grö&te Teil für den
Verkauf frei.
Wie man am letzteren Beispiele ersieht, konnten gut ausgestattete Kirchen
auch bei so wenig geordneter Übersicht der Finanzen, wie sie hier vorliegt, ganz
wohl bestehen. Und das ist demi der Eindruck, den man überhaupt für den
gröfsten Zeitraum des früheren Mittelalters, für die Epoche seit etwa Mitte des
10. Jhs. bis zmn Ende des 12. Jhs. erhält. Bis in die Blütezeit Ottos I. hatten
die geistlichen Institute noch arg gelitten; die nunmehr einsetzende kirchliche
Reform brachte sie auch wiilschaftlich empor*, und seit dem 11. Jh. mag das
stets intensivere Steigen der Landeskultur das Seine zu weiterem Aufschwung
beigeti-agen haben *. Natürlich waren auch jetzt nicht alle Institute gleich wohl-
habend, auch jetzt kommen noch arme Stifter vor *, und der Unterschied welt-
licher Ausstattung ist bei den geistlichen Korporationen stets ein grofser ge-
blieben*. Indes im ganzen liegt doch ein wohl noch bis ins 13. Jh.
andauernder Fortschritt im wirtschaftlichen Wohlbehagen vor. Von da ab
geht es aber rasch bergab. Schon in der 1. H. des 13. Jhs. finden sich einzelne
mit Schulden belastete Klöster ^ in der 2. H. dieses Jhs. nimmt die allgemeine
Verschuldung der kirchlichen Institute reifsend zu, die Wirtschaft wird zu-
sehends schlechter, und überall werden von Oberaufsichtswegen die seit der
>) S. oben S. 548 Note 5.
^ *üSPantaleon um 1200, Berlin Bibl. Cod. Bor. Qu. 234 BI. 38^: hec est estimatio
hladi, cuiuscumque sit generis, quod senritur ad granarium monasterii nostri, exclnso blado,
quod specialiter solvitur . . ofßciatis monasterii nostri.
') Lamprecht, Charakter der klösterlichen Reformbewegung S. 96 f.
*) S. oben S. 601 f.
^) MR. ÜB. 2, 57, 1183: ecclesia Cardonensis a prima fundatione sua [erat] in posses-
sionibus pauper, in reditibus tenuis, in constructione templi et ceteranun officinarum multum
fuit debilis, unde iam multis quassionibus patet et ruinis.
•) S. Bd. 8, 437, 1339.
^) Rein. Ann. M6SS. 16, 680, 1230: SJacob- Lüttich ist obligatum mit 644 mr. und
700 mo. bladi.
[Wirtschaft d. Grofsgrundbes. — 840 —
1. H. des 10. Jhs. aufser Braucli jjrekommenen ^ Kontrollen und Visitationen
wieder eingeführt, in deren Programm die Frage, ob das visitierte Kloster
verschuldet sei, mit bedenklicher Regelmäisigkeit wiederkehrt^.
Indes sehen wir von dieser äufseren Geschichte der Finanzgebarung
ab, behalten wir vielmehr ihre ganze Ausgestaltung in der naturalwirtschaft-
lichen Epoche der deutschen Kaiserzeit im Auge imd fragen wir von diesem
Standpunkte aus nach der Einwirkung der Verwaltungsthätigkeit der Zentral-
stelle auf das ihr direkt unterstellte Gros der Fronhöfe. Kann diese Ein-
wirkimg, gehindert durch die vollständige Unttbersichtlichkeit des Budgets,
gelähmt durch die reglementarische Festlegung aller gröfseren Einnahmen,
zurtickgestofsen von der bis zu besonderer Kreditfähigkeit fortgeschrittenen
Selbständigkeit der Fronhöfe, eine durchgreifende und unablässige gewesen sein?
Wir können die zweifellose Antwort urkundlich kamn auf ihre Richtig-
keit prüfen. Akten der inneren grundherrlichen Wirtschaftsverwaltung aus
dem früheren Mittelalter sind äufserst selten erhalten®; fast alle Befehle
wurden mündlich gegeben*. Soweit indes urkundliche Spuren dieser Ver-
waltung vorliegen, gehen sie nicht über den Nachweis grundherrlicher Ver-
anlassung oder Zustimnmng zur Verpachtung, Verpfändung oder Veräufserung
von Gütern*, sowie zur Aufiiahme von Kapitalien® seitens der Meier hinaus.
In der That wird die Zentralverwaltung weniger in die Fronhofsverwal-
tung eingegriffen als den Versuch gemacht haben, eine wirkungsvolle Kontrolle
über die Fronhofsverwaltungon zum Zwecke der Aufrechterhaltung ihrer
finanziellen Verpflichtungen auszuüben. Und in dieser Hinsicht sind Thätig-
keit und Erfolge der Zentralstelle auch heute noch sehr wohl festzustellen.
Das erste und ausdauerndste Mittel, welches die Zentralverwaltung zur
') S. noch Lac. ÜB. 1, 50, 91, 931.
2) S. z. B. die oben S. 663 Note 8 (auf S. 664) abgedmckte Münstermaifekler Visi-
tationsformel.
8) S. z. B. MR. ÜB. 3, 1088, c. 1250: Theodericus nobilis de Isenburch Rudengei-o
fideli sculteto suo in Mettrich salutem et gratiam suam. Mandamus tibi presentium tenore,
quatinus ex parte nostra cum fratribus de Himmerode ad diem, quo cum adversariis suis
super bonis, que Heimo contulerat eisdem, sunt responsiui, personaliter accedens testimonium
perhibeas pro nobis, quod a fratre Gimtardo niülam onmino pecuniam (scilicet litteram
tantiunmodo) receperimus, quam super eisdem bonis acceperant a nobis. id ipsum Adolfo et
ceteris nostris hominibus ex nostra parte precipias, quatinus testimonium ibidem perhibeant
de premissis.
*) Bezeichnend hierfür ist Bd. 3, 226 No. u.
^) Lac. ÜB. 1, 172, 266, 1088—1105; CRM. 1, 105, 1132; MR. HB. 3, 1467, 1258;
s. auch Bd. 3, No. 288, 1414; *Koblenz St A. MC. Ill^ Bl. 84 b, reg. Goerz Regg. der
Erzb. S. 136; Bd. 3, No. 240, [1460]; *Koblenz St A. MC VII Bl. 311 1— 312 a, reg.
Goerz S. 243.
«) Bd. 3, 222 No. m; 225 No. t; s. auch *Cod. Himmerod. Bl. 39 ^i ein Magister
curie macht auf seinen Hof Schulden, was der Abt von Himmerode bescheinigt.
— 841 — Verwaltungsorganismus.]
Kontrolle der Fronhöfe anwandte, war die Herstellung einer umfassenden
Registratur an der Zentralstelle gegenüber dem anfangs wohl absoluten Mangel
jedes Schreibwesens in den Fronhöfen: erhielt sich doch auf dem platten
Lande noch bis ins 15. bis 17. Jh. hinein nicht selten das altnationale Kerb-
wesen ^ Und noch über das Mittelalter hinaus verblieb der Zentralverwaltung
mit seltenen Ausnahmen^ die voDe und alleinige Regelung der Registratur®,
ein mächtiges Mittel eingehendster Kontrolle, wie es energische Wiite von
Karl dem Grofsen ab bis ins spätere Mittelalter mit stets gleichem Erfolge
ausgenützt haben.
Diese Registratur war auf ihrer frühesten Stufe noch keine m-bariale;
\ielmehi' schlofs sie sich anfangs einfach den Erwerbsurkunden an. Man
kopierte oder protokollierte die Urkunden in ein gemeinsames Buch: die
Traditionsbücher bildeten, wenigstens für den kirchlichen Grofsgrundbesitz, die
erste Grundlage grundherrlicher Verwaltung*. An einzelnen Stellen mag man
sogar noch primitiver verfahren sein ; in Pi1lm z. B. weisen die alten Urkimden-
regesten des Liber aureus, welche sich zumeist als ursprüngliche Archiwermerke
ergeben, darauf hin, dafs man auch ohne die Aufstellung eines Kopiars bzw.
Urbars die Urkunden einfach nach Gauen geordnet als einzige schriftliche
Grundlage der Verwaltung hätte gebrauchen können*. Indes envies sich eine
solche Ordnung doch wohl bald als unzureichend; ül)erall wird die urbariale
') Bd. 2, 6 Note 1.
«) S. z. B. WMüstert 1682 § 4, G. 6, 521 : daß man den herren zu Züsch oder ihrem
iifheber zu Münster von etlichen guetem laut zinszbuchs, so sie, die scheffen, hinder ihnen
haben . . zu liefern schuldig; . . und sollen die scheffen das zinszbuch, damit sie wissen
den wein ufzuheben, hinder ihnen behalten.
') Vgl. z. B. *Köln St A. A. X, 50, Liber rubeus s. apost, vgl. Ennen, Qu. 3, 354,
aus dem Zinsregister von SAposteln: ego magister Lutginus scolasticus ecclesie sanctorum
apostolorum inveni in cista domini Friderici de Waldeckin bone memorie decani eiusdem
ecxJesie ista, que sequuntur: hü sunt census, qui solvuntur singulis annis in Linsse eccle-
sie sanctorum apostolorum, conscripti ex ore Cünemanni anno 1293; dazu 8 andere Urbar-
ialien, von welchen wenigstens das erste noch in der Kiste beruht haben wird, da es älteren
I>atums, wie 1293 ist, indes doch nach 1252 liegt. Diese werden nun von dem Fundort
aus in das Kopiar (lih. ruh.) übertragen. Aus späterer Zeit vgl. u. a. WKärlich 16. Jh. § 5 :
jeder hofinan sol geben seinen zinß, als ein register u. gn. hem inhelt, und wie der hofer
vor recht erkennen kan.
*) S. Lamprecht in Conrads Jahrbb. f. Nationalökonomie und Statistik N. F. 11, 317,
zur Arbeit von Redlich über bayerische Traditionsbücher und Traditionen. Vgl. auch Lac.
Arch. 3, 139, 1222, cit Bd. 2, 674 Note 2.
^) Dafs die Kegesten des Liber aureus fast stets nur Kopien von auf den Originalen
angebrachten Regesten sind, zeigt u. a. MR. ÜB. 1, 32, wo das Regest durch den Ab-
schreiber 11. — 12. Jhs. verderbt wiedergegeben ist. Zum Charakter dieser Regesten, welche
stets den Gau verzeichnen, in dem der in der Urkunde behandelte Besitz liegt, vgl. MR. ÜB.
1, 23, 772: carta, quam Sigefridus fecit in Caresa [Karasgau]. S. femer MR. ÜB. 1, 30,
39, 53, 58, 65, 74, 82, 89, 119; sowie zum Unterschied zwischen den über- und unter-
geschriebenen Regesten Bd. 2, 671 Note 6.
Lanpreeht, Deataches Wirtsehaftaleben. I. 54
[Wirtschaft d. Grofsgnmdbes. — 842 —
Fixierung des Einnahmebudgets als ein au&erordentlicher Fortschritt angesehen*,
wie er von frühester bis spätester Zeit empfohlen zu werden verdiente*.
Indes bedingten auch die Urbare keineswegs eine Einrichtung der
Registratur, welche für allseitige Kontrolle genügt hätte. Es ist hier nicht
der Ort, auf die Geschichte des Urbars in ihren mannigfachen Wandlungen
genauer einzugehen^: nur so viel sei betont, dafs das Urbar durch alle Ent-
wicklungen hindurch ein nichts weniger als fehlerfreies Mittel zentraler Auf-
sicht gewesen ist. In ältester Zeit stand die Unbeholfenheit des Schreibwerks
der absoluten Zuverlässigkeit des Urbars entg^en, sie liefs namentlich die
nötige Beweglichkeit für Nachträge und für registratorische Aufnahmen ver-
änderter Zustände nicht aufkommen*. Später, mindestens seit dem 14. Jh.,
war diese Beweglichkeit eireicht ^, aber mittlerweile war eine so aufserordent-
liche Zersplitterung der grundherrlichen Bezüge eingetreten®, dafs auch die
aufhierksamste Verwaltung ihr aktenmäfsig kaum folgen konnte^. Eine leid-
liche Beherrschung der Urbarialregistratur trat somit erst nach einer nochmaligen
Erweiterung imd einer noch intensiveren Durchbildimg des Schreibwerks im
16. Jh. ein®.
Und zudem : die Grundlage der Registratur war anfangs stets und blieb
vielfach auch noch bis in die späteste Zeit hinein die Weisung; d. h. die
Registratur arbeitete schliefslich nicht mit eigenen Aufsichtsmitteln, sondern mit
^) Vgl. G. ep. Camerac. 1, 5.5, um 860: excrescente . . discordia inter Karlenses et
Lotharienses aecclesia Laubiensis male labefactatur . . . episcopus [Johann von Kanmierich]
tamen divino consilio usus poleticum, quod adhuc in eadem aecclesia reservatur, scripsit; et
hoc ab apostolica auctoritate, sed et a comprovincialibus episcopis confirmato omnes aeccle-
siae ipsius pervasores a christianorum societate sequestrans, tali modo aecclesiam a tanto
naufragio inmuneni reliquit UWincheringen, MR. ÜB. 2, 368, um 1200: sancti Simeonis in
Treveri fratres contra humane memorie iniirmitatem remedium querentes et contra raram
nisticalis plebis fidelitatem et frequentewi officialium suorura varietatem sibi et successoribus
suis providere studentes opere pretium crediderunt, bona et iura ad ecclesiam suam spectan-
tia . . scripto adnotari et scriptum presens ad instructionem certitudinis sue et suorum
posterorum caute reservari. S. auch Lac. Arch. 3, 139, cit. Bd. 2, 674 Note 2.
2) S. Ann. (Marbac.) Alam. Guelfcrb. et Nazar. z. J. 751, dazu Roth, Feud. S. 82;
femer Bd. 2, 82, 662 Note 3.
») S. darüber Bd. 2, 657 ff.
*) S. Bd. 2, 93, 102, 105, 643 Note 2.
^) S. UMarienthal 1317 S. 361—2, zu den Zinsen in Kehlen: semper debet hie poni
cedula, in qua scripti sunt debitores dictorum censuum cum nominibus predictorum debitorum,
pratis et campis, de quibus tenentur solvere predictos census, quia debitores multotiens
variantur; et quando debitores variantur, tunc facienda est nova cedula, que reponetur loco
prime cedule.
ö) S. Bd. 2, 667, 709, 776.
') Vgl. Bd. 3, 509, 29, 1309; Bd. 2, 712.
8) Vgl. Bd. 3, 673; s. z. B. auch WAltwies 1693 § 8: die dem Grund- und Gerichts-
herm zustehenden Rauchhüner, Schaftzehnten, Frohnden, Dienste und Pachte stehen in ab-
sonderlich aufgerichteten Verzeichnissen, Registern, Beständnissen, Dokumenten imd Kon-
trakten.
— 843 — VerwaltungsQrganismus.]
denen der grundhörigen Bevölkening; nur in deren Weisung fanden die For-
derungen des Fronhofsvorstands , fand auch das Recht des Grundherrn eine
wahrhaft rechtniäfsige und sichere Kontrolle.
Freilich übte der Grundherr in der älteren Zeit neben der Registratur
noch eine persönliche^ oder kommissarische Aufeicht. Allein dieselbe verfiel
sehr bald ; schon im späteren Mittelalter ist sie nicht mehr vorhanden, wie die
Weisungen über nicht mehr in Anspruch genommene Herbergspflicht der Gehöfer
für den Grundherrn zeigen: daüs die junkem zu B. ein lager haben sollen, wan
sie gen B. kommen, selbdritt, weist § 2 des WNiederbachem vom J. 1558, das
haben sie von den alten gehört, ist aber bei ihnen nit gebraucht worden ^. Und wo
wir auch die Kontrolle in früherer Zeit geübt finden, da ergeben die Neben-
umstände, dafs dies selten imd darum zumeist ohne dauernden Erfolg geschah®.
Nach alledem wird man die Einwirkungen der Zentralstelle auf die
Fronhofsverwaltimgen nicht für besonders nachhaltig und eindringlich erkläi-en
dürfen: die Zentralstelle konsumierte im wesentlichen nm' und kümmerte
sich nicht mehr als absolut nötig um die Lokalverwaltung. Symptome dieser
Haltung sind in Fülle vorhanden: GimndheiTen veräufeem einzelne Hufen
oder bestimmte Einnahmequoten eines Fronhofe*, ohne zu beachten, dafs sie
damit den Wirtschaftsbetrieb empfindlich schädigen müssen; und in jeder ge-
nauer bekannten Grundherrschaft entdeckt man bei eindringlicher Unter-
^) V. Liutb. 3: matrona pro causis necessariis, quia plurimis in locis possessiones
habebat procurandas, iter agens; MR. ÜB. 1, 573, 1153: der Abt von SMaximin vergleicht
sich in curia nostra Rivenache über Barweilerer Streitigkeiten.
«) S. schon Bd. 2, 632 Note 1. Vgl. femer Bd. 2, 250 f., und aufser WBendorf 1403
§ 3, WBeringen 1488 und WLeudesdorf 1563 namentlich die altertümlichen Bestimmungen in
\\1¥iltingen 1488, 6. 2, 64: wanehe ein abt zu Metloch persöhnlich wilt kommen zu dem
jahrgeding zu Wiltingen, so mag er mit drittenhalben man und mit drittenhalben pfert
kommen; da solle er dan finden neun hobstede, nach hulden wohlgebaawet, in der ein mag
er ziehen, wie ihme geliebet; in welche er dan ziehet, solle man ihm bewahren sein sattel
und zäume; man sol auch seinen pferden rawfoder bis ahn die obren geben, und streusei
bis ahn den bauch; wilt er aber essen oder drinken, mag er greifen in seinen beutel und in
sein zins imd dieselbige begaden. WSensweiler 1520 — 1550, G. 2, 129: forter hat unser gn.
h. ein leger zu Sinsweiler umb Bartholomei ungeverlich, vor oder nach, alsdan sol ein haus
geben ein hupfaß habem und ein iedes haus ein hun, und ob ein kindbetsfraw befunden
wurde, sol ein[es] herm knecht im den köpf abbrechen imd das hun der kindbetsfrawen wider
ins haus werfen, forter weist der scheffen, wan der her oder seine diener kommen und den
leger halten wollen, alsdan sol der her oder bevelhaber under die schafherd gehen und
daraus nehmen ein hamel imgeverlich nit den besten und auch nit den hosten, und sollen
darbei verzehren imder einem Ib. hl.
') S. MR. ÜB. 1, 171, 929; CRM. 1, 105, 1132.
*) MR. ÜB. 3, 84, 1218 : der Graf von Sponheim verschenkt mansum [1] . . ad ciuiara
meam Daleheim pertinentem. MR. ÜB. 1, 244, (973X Aufeeichnung 12. Jhs.: in £hrang
schenkt der Erzbischof an SMaria ad martyres de investitura ^cclesi^ cum duabus partibus
decim^ tribusque mansis et dimidio 5tam quoque manipulum de croadis et iugeribos ibidem,
de Silva 5*«» arborem, de porcis in silvis pascentibus 5*«™ quoque d., de venna etiam 5*«"»
piscom, unam petitiuram et aliam quandam vineam cum quadam area iuxta ^cclesiam.
64*
[Wirtschaft, d. Grofsgnindbes. — 844 —
suchung ihres Urbare eine Reihe von Unordnungen, welche unter der Ein-
wirkung einer energischen Zentralverwaltung unverzeihlich, ja undenkbar
wären *.
Das einzige, was die Zentralstelle dauernd interessierte, war eben eine
sich verhältnismäfsig stets gleichbleibende Höhe der Einnahmen, welche die
reguläre Fortführung der durch so viele verschiedene Kanäle rinnenden und
darum so schwer zu übersehenden^ noch schwerer zu verändernden Ausgaben
ermöglichte. Eine solche Stabilität scheint denn in der That erreicht worden
zu sein', namentlich auch vermöge der sorgsamen Praxis, stets einen nach
unseren Anschauungen unverständig hohen, mit Rücksicht auf das Bedürfnis
des Magazinierens aber im Mittelalter vielleicht absolut notwendigen Überschufs
über die Einnahmen zu erzielen*.
Über die Höhe der Einnahmen selbst sich im Sinne unserer Rechnungs-
weise so zu informieren, dafis man alle Intraden auf einen gemeinsamen Geld-
nenner bringt, hat wenig Belehrendes. Es ist vielmehr richtiger, die Ein-
nahmen einzelner hervorragender Qrundherrschaften so, wie sie erfallen, zu
ersehen^, und sich im übrigen zu fragen, welche sozialen und politischen
Wirkungen mit denselben hervorgebracht worden sind.
Die letztere Frage wird sich freilich beim Stande unseres Quellenmaterials,
soll man nicht in allgemeine von uns beharrlich vermiedene Erwägungen ver-
fallen, nur von 6inem Punkte aus beantworten lassen. Wir kennen die
Frequenzen einer grolisen Zahl hervorragender Klöster des Mittelaltere; es
^) Nehmen wir z. B. SMaximin heraus. Hier liegen zunächst die zu einzehien Höfen
zugehörigen Orte oder Ortsteile oft ziemlich weit auseinander und innerhalb der natürlichen
Grenzen anderer Höfe: so gehören zum Hof Mertert Güter in Seilig, Donwen und Aach,
zum Hof Schoenberg i. L. Güter in Steinsei, Nommem, Linster und Nospelt, zum Hof Moertz
Güter in Moselsürsch, Kalt, Kriplingerhöfe und Fell. Öfters gehört auch der Besitz in Einern
Dorfe zu verschiedenen Höfen, z. B. der von Schofs nach Mersch und nach Lintschen ; ja es
kommt vor, dafs Besitz in einem Fronhofeort in einen anderen als den einheimischen Fronhof
gehört: eine Hufe im Hofort Feulen ressortiert von dem ca. 10 km entfernten Hof 08pem-£wer-
lingen. Derartige Zustände lassen sich, wenn auch nicht ausnahmslos, doch der überwi^enden
Anzahl nach, nur durch den Umstand erklären, dafs man von der Zentralstelle aus ursprünglich
Passendes zusammenlegte, später aber zu nachlässig war, am einmal Vorhandenen zu ändern, auch
wenn sich viel bessere neue Kombinationen ergaben. Man hatte eben im Zentrum überhaupt
kein Interesse ftlr das Spezialschicksal der Höfe; darum finden sich z. B. im USMax. eben in
Auflösung begriffene Höfe in Giwenich und Mandem, ohne dafs man einen bessernden Ein-
flufs der Zentralstelle erkennt; andere Höfe sind kombiniert, wie £werlingen-Ospem, Hosten-
Anw, Weifskirchen-Bisingen; noch andere haben anderweitig verwunderliche Verhältnisse
unter sich, so Fell-Schoenberg, Moertz-Loef, Thaben im Verhältnis zu Bachem und Losheim.
«) S. oben S. 792—3.
') 8. Bd. 3, 99, IS, 1291. Bei Ces. Heisterb. Dial. mal. 4, 48 erzählt ein Abt:
praedecessor meus nimis erat dapsilis et indiscretus, ofißciales eins nimis prodigi. sie ordinäre
debemus expensas monasterii atque temperare, ut si forte seges nostra grandinata fuerit, et
tempora cara emerserint, habeamus, unde pauperibus subveniamus. huiusmodi verbis avaritiam
suam pallians ...
*) S. Bd. 2 S. 143, 155.
— 845 — Verwaltungsorganismus.]
wird darauf ankoiuiuen, hierhiu gehörige Ziffern zu sammeln und sich aus
ihnen heraus eine Voretellung von der allgemeinen Wirkung und zeitlichen
Wirkungsdifferenz der Reinergebnisse grundherrlicher Wirtschaft zu machen* .
Als Kommentar aber für die Höhe der überlieferten Ziffern wird die Bemer-
kimg vorauszusenden sein, dafs eine Bildimg, wie sie im fillheren Mittelalter
die geistlichen Grundherrschaiten fast allein vertraten, in dieser Zeit notwendig
sehr teuer sein mufste, denn sie war ein zeitlich aus früheren höheren Kultm*-
epochen herübergenommenes Gut und unterlag daher der stets hohen Bewertung
aller Importgüter^.
Die früheste Notiz, welche wir in unserer Gegend über den Personal-
bestand hervoiTagender Klöster — nur um diese, nicht um Stifter kann es
sich handeln^ — haben, betrifft Echteniach. Hier ergiebt sich im J. 885 für
ein Institut, das bei seiner Begründung klein gedacht war*, ein Bestand von
40 BrüdeiTi*. Für das 10. Jh. liegen dann ausführliche Notizen für die Klöster
^) Diese Untersuchung kann hier natürlich nur für den beschränkten Kreis unserer
Gegend vorgenommen werden; sie allgemein durchzuführen würde aber von den hier geltend
gemachten wie anderen Gesichtspunkten aus von grofsem Interesse sein. An Verzeichnissen
von Personalbeständen aufser den oben benutzten vgl. ein solches von 796 in der Hs. der
Kölner Dombibl. 83* (Jaff6 und Wattenbach S. 29), das Verzeichnis det Mönche von SDenys
von 838, bei D'Ach^ry Spicil. 4, 229; die Series viventiiun von Pfäffers, 9. Jh. Ende,
SGallen Stiftsarch. und Stiftsbibl., vgl. A. Archiv 9, 595—599 und Birlinger in Alemannia 9;
das Personalverzeichnis des Köhier Kapitels 9.— 10. Jhs., Köhi Dombibl. 175, 8^ Pgt 65 BU. ;
ein Namenverzeichnis aus Gandersheim 9.— 10. Jhs. in einem Gandersheimer Lectionar zu
Koburg; die Nomina Lauresham. coenobii fratrum, 10. Jh. Mitte, Rom Vat Palat. 169; die
Nomina confratiun beati Lamberti, 12. Jh., Köln Dombibl. 87, 4^, 212 Bll.; die Nomina
sanctimonialium sancte Marie Mettensis, Rom Vat Christ 566 ; das Verzeichnis der Aachener
Stiftsmitglieder, Mitte 14. Jhs., Düsseldorf St A. A 118 13. Jh. f. 48 Bll. Pgt. fol., letztes
Blatt, fehlerhaft ediert von Quix.
*) S. dazu Lamprecht in den Preufsischen Jahrbüchern Bd. 56, 183.
') In den Stiftern herrscht von Anfang an zu sehr die t}^ische Zahl 12 — nach der
Zahl der Apostel — , als dafs sie für unsere Frage in Betracht kommen könnten. Vgl. z. B.
Boehmer, Cod. Francof. S. 6, 882: an der königlichen Kapelle in Frankftirt sind 12 clerici
exceptis presbyteris; V. Bald. Leod. 6: G., Probst der Kathedrale von Lüttich, baut die
SBarthels-Kirche in Lüttich und setzt 12 fratres hinein. £benso sind noch im J. 1315 in
Beatusberg 12 Stiftsherren: CRM. 3, 67, 1315, cit. oben S. 829 Note 1. Nim geht man
freilich von dieser Zahl vielfach im Laufe der Zeit ab, aber doch nicht sehr beträchtlich;
so ergeben sich z. B. nach Ennen, Qu. 1, 592, 100, 1185 als Bestand des SSeverinsstiftes
22 Personen, nach Ennen, Qu. 1, 597, 103, 1188 als Bestand des SGeorgsstiftes 19 Personen,
und nach *0r. Metz, vgl. Goerz, MR, Reg. 2 No. 955, 1203, hat STheobald-Metz 16 Prä-
benden. Gröfsere Bestände zeigen wohl nur die Domkapitel, so war z. B. das Trierer Kapitel
nach *0r. Koblenz St A. 1242 [jetzt nicht aufzufinden], vgl. Goerz, MR. Reg. 3 No. 290,
gegen 60 Seelen stark.
*) Ek^htemach wird bei der Gründimg monasteriolum genannt, s. Honth. Hist 1, 91,
698; vgl. auch Honth. Hist 1, 104, 706: in Echtemach fratres peregrinos vel alios deum
timentes congregent, ut ibidem secundum ordinem sanctum degere et conversari debeant.
S. auch die, wenngleich gefälschte, Urkunde MR. ÜB. 1, 168, 927, und dazu Thiofr. V.
WUlibrordi :33.
») MR. ÜB. 1, 139, 895.
[Wirtschaft d. Orofsgrandbes. — 846 —
Prüiu^ und SMaximin vor; das erstere weist einen Totalbestand von 186, das
letztere einen solchen von 70 Köpfen auf'. Es sind das keineswegs aufser-
gewöhnlich hohe Ziffern; in Vienne gab es um 700 10 Mannsklöster mit
1470 Mönchen^, Fulda besals um 920 180 Insassen^, und von Hersfeld er-
zählt Lambert^, es habe schon früh eine Zahl von 150 Mönchen gehabt. Das
war die Blütezeit*. In der 2. H. des Mittelalters — für die Zwischenzeit
fehlen leider die Daten — finden wir Prüm wie SMaximin wie auch Echter-
nach jäh verfallen. Prüm kann 1361 kaum den Lebensunterhalt für 16 Mönche
aufbringen, obgleich damals die Unterhaltungskosten eines Mönches zweifellos
viel geringer waren, wie im 10. Jh., SMaximin zählt 1389 nur noch 25 Mönche '',
und Echtemach vor 1406 nur noch 7 ®. Nun werden zwar Prüm und Echtemach
reorganisiert und bringen es infolgedessen auf 25 bezw. 13 Mönche^, und
SMaximin hält sich wenigstens noch bis ins 16. Jh. im wesentlichen auf der
Höhe des 14. Jhs. ^. Wo aber sind die hohen Ziffern der frühmittelalterlichen
Blütezeit geblieben?
Nach den g^ebenen Zahlen liegt der Verfall nach dem 10. und vor
^) Für Prüm s. zu dieser wie den folgenden Angaben Bd. 8, 821 f.
*) S. oben S. 826 Note 1. MR. ÜB. 1, 65, 855 ergiebt für SMaximin 1 Abt, 1 Prae-
positus et monachus und 11 monachL
') Nitzsch, Gesch. d. deutschen Volkes 1, 168.
«) Schannat hist Fuldensis Probat No. 28, 920.
^) De inst Hersf. prol., MGSS. 5, 187. Später freilich sei die Abtei ganz herunter-
gekommen proptei* violentiam praedonum . . . maximam autem violentiam patimur ab his,
qui defensores esse debuerant ecclesiae nostrae, d. h. den Vögten. Hilfe gegen sie sei nur
beim HErm zu finden, der da sagt »mihi vindictam, et ego retribuam« (Hebr. 10, 80).
*) Im früheren Mittelalter mufs man sich auch sonst die Zahl der Geistlichen sehr
hoch denken. Lehrreich in dieser Hinsicht sind die Angaben der V. Adalb. ü Mett c. 24:
episcopi sui [Adalberonis] temporis aliqui fastu superbiae, aliqui simplicitate cordis filios
saecularium sacerdotum ad sacros ordines admittere dedignabantur, nee ad clericatum cos
recipere volentes ; hie vero [Adalbero] . . . passim cunctos redpiebat . . vix in omni tempore sui
pontificatus aunus transiit, quo vel ante diem natalis dominici vel quadragesimae tempore
statuto antiquitus ieiuniorum sabbato presbyteros diaconos et reliquos aecclesiastici iuris
minlstros non ordinaret . . in tantum, ut sacerdotum ab eo ordinatorum numerus ultra mille
fere procedat et reliquorum graduum numerositas comprehendi nequaquam possit Adalbero
saTs von 984 — 1005, ordiniert wurde er kurz vor 985. £r ordinierte also in jedem Jahr
mindestens 50 Priester. Nehmen wir nun an, dafs wo anders nur 50 Weihen aller Grade
im jährlichen Durchschnitt stattgefunden haben, so ergiebt sich für Deutschland als Summe
der jährlichen Weihen etwa 1600 — 1700. — Adalbero weihte auch fast 40 Äbte, s. a. a. 0.
c. 26. — In Boppard waren nach Mone Zs. 24, 152, 1179, bis zmn J. 1179 4 Priester, von
da ab 5.
^) Registr. annivers. s. Max., Trier Stadtbibl. 1685, Bl. 2 b.
*) Novillanius c 59.
^) Novillan. c 59 : um 1500 hat SMaximin 27 fratres, demptis donatis. Im Jahre 1502
sind dann in SMaximin 24 excl. Abt, Novill. c 59. S. femer Novill. c. 61: 1522 fuerunt
fratres munero 28 et quatuor donati, inter hoc tres diaconi. Um 1580 waren dann 18 Professi
vorhanden, Novill. c. 64.
— 847 — Vei-waltuiigsorganismus.]
dem 14. Jli. Einige anderweitige Angaben gestatten eine engere Begrenzung.
Etwa seit dem Beginn des 13. Jhs. hören wir überall von einer Restriktion
der alten Personalbestände, teilweis unter sehr deutlicher Motivierung, So
spricht es Erzbischof Dietrich von Trier 1227 für SMartin-Trier aus : taxata . .
diligenti studio tenuitate proventuum monasterii sancti Martini Ti-evirensis
perpendimus, quod non amplius quam 18 monachi, tarn maiores quam minores,
de dicte ecclesie reditibus commode valeant, nisi augeantur, sustentari,
. . maturo bononun consilio consensuque et favore dilectomm filionun
Richardi abbatis et conventus iamdicte ecclesie statuinms, sub anathemate
inhibentes, ne monachorum numerus in eadem ecclesia tam in maioribus quam
minoribus decimum octavum numerum excedat et ne aliquod Stipendium
extravagans alicui conferatur, insuper ne conversi aliqui cum uxoribus ab ipsa
ecclesia deinceps recipiantur, quoniam hoc in confusionem et dampnum nml-
totiens et grave rerum cedit detrimentum^ In der Übereinstimmung ander-
weitiger Mafsregeln und Nachrichten mit dieser^ liegt es klar zu Tage:
spätestens mit dem Schlufs des 12. Jhs. war der Verfall der Klostereinnahmen
überall evident^. Er kann al)er nur auf einen Verfall der Wirtschaftsver-
^) MR. ÜB. 3, 327, 1227.
«) Ces. Heisterb. Dial. mai. 1, 1; MR. ÜB. 3, 34, 1215. Nach MR. ÜB. 8, 903, 1247
sollen in Mettlach nicht mehr als 300 Mönche (treccnonim monachomm numerus) sein. So
nach Kopie im Mettl. Chart Trier Stadtbibl.; es ist jedenfalls an 30 zu denken. Die ein-
zige Nachricht^ welche vor dem 13. Jh. von einer geringen Anzahl von Mönchen redet, ist
Cant s. Hubert. 8, MGSS. 8, 572, 1055, cit, oben S. 829 Note 1. Aus späterer Zeit vgl.
noch Lac. ÜB. 3, 287, 1334: Erzbischof Walram von Köln bestätigt das Statut des Kapitels
zu Komelimünster, wonach die Zahl der sämtlichen Geistlichen der Abtei wegen der im
Laufe der Zeit erlittenen grofsen Verluste an Gütern auf 16 Personen einschliefslich des
Abtes beschränkt sein soll. Cod. Lac. 189, 1358: die Zahl der Mönche, Kleriker und Kon-
versen in Laach soll 30 nicht übersteigen; 50 setzt Erzbischof Boemund von Trier fest, cum
iuxta facultates vestri monasterii prefatum adhuc numerum credamus sufficere, ut persone
huiusmodi numeri iuxta Status sui decentiam sustententur.
') Am frühesten, aber noch aus besonderen Gründen verfallen zu sein scheint
SMaximin, vgl. Ilonth. Hist 1, 523, 1133; G. Alberon. c. 16, MGSS. 8, 252; NoviU. c. 42.
Zu den späteren Schicksalen des Klosters vgl. NoviU. c. 53; Necrol. s. Maximin. 4 non. iul.;
NovilJ. c. 61. Im übrigen beginnt der Verfall an der Mosel erst mit den sechziger Jahren
des 12. Jhs., während er im Westen des Mosellandes schon früher liegt, s. z. B. Ann.
Laubiens. 1160, MGSS. 4, 23. Für die Mosel vgl. G. Trev. Cont 3, 5, MGSS. 24, 882, von
Erzbischof Arnold (1169 ff.): est etiam illud de eo valde predicabile, quod, cum in primis
suae praelationis temporibus aecclesias circuiret et eas fere omnes propter mala predicta, quae
tempore Alberonis archiepiscopi contigerant in terra, desolatas et aere alieno oppressas
inveniret, ita iuxta uniuscuiusque qualitatem eis de sua substantia erogavit, quod in brevi
eas a debitis expediens, ad pristinum statum repara\it denique in obitu suo ad duo milia
mr. sunt computata, quae ab eo in elemosinam quibusque aecciesiis . . sunt erogata.
Honth. Hist 1, 605, 1178: Vereinigimg von SMarien-Luxemburg mit SVannes, weil ersteres
tam in monasticae religionis disciplina, quam in temporalibus bonis . . pene defecisset
♦Düsseldorf St A. Pant Cop. B. 5 V (1224): die Einkünfte von Pantaleon verringert tum
propter devastationem curtiiun, tiun propter inopiam censualium. Manrique Ann. Cisterc.
4, 448, 1233: die heruntergekommene Abtei Stablo wird unter Prümer Verwaltung gestellt
Würth-Paquet Reg. Publ. Luxemb. 14, 103, 1240: die Abtei SMaur-Virten in schlechten
[Wirtschaft d. Grofsgrandbes. — 848 —
fassung der kirchlichen Gnmdherrschaften zurückgeführt werden. Ini 10. Jh.
hatte unter dem geistlichen Einflufe zunächst der Klosterreform ein auiser-
ordenüicher Zudrang zum Mönchsleben stattgefunden^; und die gleichzeitig
einfallende Blütezeit der kirchlichen Wirtschaftsverfassung, eine der stärksten
Unterlagen für den enormen Aufschwung der kirchlichen Bestrebungen im
10. und 11. Jh. überhaupt, hatte diesem Zudrang gegenüber Thor und Thür
zu öffnen gestattet. Dieser ersten grolsen Ausweitung der klösterlichen Ge-
nossenschi^n war dann um die Wende des 11. und 12. Jhs. eine Nachblüte
gefolgt'. Jetzt dagegen waren die Schleusen geschlossen, mit dem einbrechen-
den 13. Jh. verengte sich die ökonomische Basis der Mönchsklöster.
Eine andere Entwicklung, scheint es, haben die Nonnenklöster genommen.
Zeichneten sie sich von jeher durch aufserordentlich hohe Mitgliederzahlen
aus, welche vermutlich eine weitgehende Bedürfnislosigkeit der Einzelperson
zur Voraussetzung hatten^, so scheinen diese Zahlen im hohen und späteren
Mittelalter noch gewachsen zu sein ^. Und hätte diese Beobachtung die Bürg-
ökonomischen Verhältnissen; ähnlich das Köhier Domkapitel, MR. ÜB. 8, 885, 1246. Würth-
Paquet, Reg. Publ. Luxemb. 15, 69, 1258 ist die Rede von den minces revenues d'Echtemach.
*0r. Koblenz St A. 1254, MR. Reg. 8 No. 1116: das Stift SStephan-Mainz hat vermmderte
Einkünfte wegen des Schismas zwischen Rom und dem Reich. MR. ÜB. 8, 1287, 1255: Erz-
bischof Arnold von Trier kauft von dem intoUerabili debitorum suorum incommodis et onere
bedrückten Laach gewisse Höfe f)ir 700 mr. koeln. auf Lebenszeit Cod. dipl. Rommersd.
No. 27, 1268, Papst Klemens lY. filr Abt und Konvent von Rommersdorf: indulgemus, ut
ad solutionem aliquorum debitorum a predecessoribus vestris eiusdem ecclesie nomine con-
tractorum minime teneamini, nisi creditores eorum legittime probaverint, eadem conversa esse
in utilitatem ecclesie memorate, non obstantibus renuntiationibus confessionibus obligationibus
penarum adiectione iuramentis instnunentis et litteris quibuscunque contractuum tempore
interiectis. Hennes ÜB. 2, 402, 1807: der Deutschorden verschuldet debitorum onere et
usurarum voragine. Aus späterer 2^it s. Trithem. Chron. Sponh. z. J. 1489 von den Spon-
heimer Mönchen: nimia enim paupertas et inopia rerum temporalium eos ad spiritualis vitae
desperationem perduxerant, qua se non posse credebant, quod faciliter potuissent Vgl auch
noch *Cod. Himmerod. Bl. 94 &, de oppressione debitorum: cum ex relatione venerabilis
coabbatis nostri ülii vestri abbatis de Heisterbach didicerimus, domum suam adeo debitorum
usurariorum pondere pregravatam necnon et pensionibus annuis ac multitudine personarum
oppressam, quod nisi de celeri sibi succurratur qualicumque consolationis rcmedio in ultimum
desolationis incidet laberintum, hinc est quod nos precibus dicti vestri fiiii de Heisterbach
inclinati patema sollicitudiue futuris dicte domus periculis obviando tenore presentium vobis
benigne mandamus, quatenus predicto filio vestro licentiam concedatis, si vobis utile \1sum
fuerit, quod habito consensu sanioris partis conventus domus predicte aliquas possessiones
ultra quam proventus dicte domus unius anni se extendunt, ad certos annos vel ad vitam
quarumcumque personarum prout a vobis habere voluerint, dimittere possit seu etiam obligare.
Datum . . .
*) S. Lamprecht, Klosterreform S. 96 fiT.
«) Wattenbach, Geschqu. 2, 128.
^) S. Nitzsch a. a. 0. Dazu kam die firühe Au&ahme, vgl. Ces. Heisterb. Dial. mai. 6, 37 :
in dioecesi Treverensi monasterium quoddam sanctimonialium situm est, Lutere vocabulo. in
lioc ex quadam antiqua consuetudine nulla recipitur puella, nisi septennis sit vel infra.
*) Die früheste Nachricht bietet CRM. 1, S. 205, 11. Jh.: das Frauenkloster SThomas-
— 849 — Venvaltimgsorganisnius.]
Schaft allgemeiner Geltung, so würde sie mit dem Auftauchen der Frauenfrage
seit dem 12. Jh. in Zusammenhang zu bringen sein^
Doch kehren wir zu jenen Erfahrungen zurück, welche sich aus der Ge-
schichte der Personalbestände der größten Maimsklöster entnehmen lie&en, so
lassen dieselben keinen Zweifel darüber zurück, dafs der Ertrag der grundherr-
lichen Wirtschaftsverwaltung spätestens seit dem Anfang des 13. Jhs. anfing zurück-
zugehen: mit der Wende des ersten und zweiten Viertels dieses Jhs. war der
Verfall schon evident mid erforderte ein neues Airangement der Peisonalfrage.
Dieselbe Thatsache des Verfalls ergiebt sich nun auch aus einer Reihe
anderer Symptome.
Die kirchlichen Gnuidherrschaften hatten nie darnach getrachtet, grofse
Mittel für produktive Zwecke zu sammeln: eine so geringe Summe wie 12 Ib.
16 d. 6 ob. galt in Echteniach noch um die Mitte des 12. Jhs. als Schatz^.
Indes hatten sie doch die ab und zu angesammelten Kapitalien dazu benutzen
können, um Geldgeschäfte auf dem Wege der älteren Satzung® oder auf sonst
welchen Umwegen zu machen*; imd noch spät tönen einzelne Nachrichten
nach, welche die Klöster mit als die Banquiers des früheren Mittelalter erscheinen
lassen**. Jetzt, seit Mitte des 13. Jhs., geht diese Stellung verloren: die Juden
treten nunmehr zunächst fast ausschliefslich an Stelle der Klöster**.
Kapital aber, welches nicht direkt produktiv angelegt wurde, war von
<len Klösteni während des ganzen früheren Mittelalters zur Verschönerung
ihres Heims, namentlich zur Ausstattung des Kultus, wie zum Betrieb wissen-
schaftlicher Studien verwendet worden. Daher jene erste Blüte der mittel-
Andemach wächst bis zu 100 Mitgliedern, diese Zahl darf nicht überschritten werden. S. femer
MR. U6. 1, 496, 1187: bei Stiftung des Klosters Stuben wird bestimmt, ut sorores ibi degentes
centenarium numerum non excedant; ebenso flir SThomas- Andernach MR. ÜB. 1, 504, 1138.
Weiterhin vgl. MR. ÜB. 3, 294, 1226: im Nonnenkl. zu Yalendar non ulta numerum 100 aliqua ibi
dominasu8cipiatiu'preterhas,quibus ibidem iam prebendesunt assignate et in sorores publice nomi-
uate. Nach Bertholet 5 Piäc. justif. 79 finden sich in Marienthal (Luxemburg) im J. 1298 ca. 120
Konventsmitglieder. Auf geringeren Präsenzzahlen halten sich aber auch hier wieder die alt-
fimdierten adligen Klöster; so soll z. B. nach MR. ÜB. 2, 292, 1190—1212 die Zahl der Frauen von
Oeren nicht 40 überschreiten; in Prüm wird 1296 die Zahl der Nonnen auf 25 festgesetzt
(s. § 12 des unten S. 860 abgedr. Reformationsmandats von 1296); und 1311 wird nach Lac.
ÜB. 3, 109 die Abtei Vilich wegen Schulden auf 12 Fräulein und 8 Kanonichen beschränkt —
Zur Zahl der Hospitalmitglieder vgl. aufser oben S. 837 die '^Nomina fratrum et sororum
fratemitatis hospit. s. Elizabet Bl. 20 &: es waren 1250 (zum Beginn) 23, darunter 4 Trierer
Schöffen; und femer die Urkunde bei Honth. Hist 2, 486, 1458, nach welcher das Hospital
von Kues für 33 Personen eingerichtet ist
^) S. Bücher, die Frauenfrage im Mittelalter, Tübingen 1882.
«) Paris Nationalbibl. 11104 Bl. 47», nach 1155. Vgl. Bd. 2, 377 f.
') Zur wirtschaftlichen Bedeutung der älteren Satzung vgl. W. Küster, Reichsgut S. 87.
*) Vgl. oben S. 826; MR. ÜB. 8, 465, 1232; 739, 1242; Bd. 3, 35 ff. Was bedeutet es,
wenn Ann. Corb. 1147, M6SS. 3, 17, 4s, ein sacerdos als creditarius einer Äbtissin vorkommt?
*) Toepfer 1, 347, 1371: Johann Vogt von Hunolstein, Herr zu Neumagen, hat seine
Kleinodienkiste in SMaria ad martyres.
*) Genaueres darüber unten in Abschnitt YllL
[Wirtschaft d. Grofsgrundbes. — 850 —
alterlichen Kleinkunst und Architektur, jener Aufschwung der Wissenschaften
im 9. und 10. Jh.\ mit der ersten Glanzzeit der grundherrlichen Wirtschafts-
verwaltung. Und noch folgte, wenigstens auf dem Gebiete der Kunst, eine
Nachblute im 12. und beginnenden 13. Jh. Speziell im Rheinland ist sie über-
raschend vertreten, überall entstanden hier damals Kirchen und Klöster des Uber-
gangsstiles, noch heute geben diese Bauten den Landschaften an Mosel und
Mittelrhein ihren besonderen architektonischen Charakter*. Ja noch in der
Spätzeit der 1. H. des 13. Jhs. vermochten energische Äbte die teilweise schon
verschuldeten Klöster auf diesem und andeni Gebieten mit einer letzten Glorie zu
umgeben. So Abt Reiner von Echtemach, 1231—1242: ad curtes Berg et
Mondrichen, quas sua industria de novo aedificavit, et ad aedificia super
Mosellam aliarum curtium seu ad molendinorum reparationes quadringentas
1) Eine Ausführung der folgenden Gedanken für andere Gegenden s. bei Lamprecht
in Conrads Jahrbb. f. Nationalökonomie und Statistik N. F. Bd. 11, 870 f. — Zur Geschichte
der Wissenschaften an der Mosel von dem hier in Betracht kommenden Punkte aus bietet
die Geschichte der einzebien Bibliotheken ein wertvolles Material, s. dazu Bd. 2, 680 if. Im
übrigen vgl. noch an Symptomen für die Höhe bzw. den Verfall der litterarischen Bildung
in unserm Gebiete Lupi epist No. 10, 26, 72, 85, 91 ; MR. ÜB. 1, 179, 943, femer das Ge-
dicht des Trierer Domschukneisters Winrich (um 1140), ed. Kraus in den* Bonner JBB. 50,
238 f. — Zur Geschichte der Kunst an der Mosel im 9. u. 10. Jh. vgl. Lamprecht, Der
Bilderschmuck des Codex Egberti zu Trier und des Cod. Eptemacensis zu Gotha, Bonner
JBB. 70, 56 — 112, femer das von mir Bonner JBB. 74, 180 — 146 gegebene Verzeichnis kunst-
geschichtlich wichtiger Handschriften des Mittel- und Niederrheins, sowie mein Werk über
die Initial-Omamentik des VIH. bis XUI. Jhs., Leipzig, Dürr, 1882. Natürlich kann es hier
wie im folgenden nicht die Absicht sein, kunstgeschichtlich vollständige Belege für die oben
entwickelten Ansichten zu geben, doch sei die Anfühmng einzelner bisher von der rheinischen
Kunstgeschichte unbeachteter Notizen gestattet. Das *Breve Chronicon monasterii Pmmiensis
von Heinrich Brandt, Koblenz St, A. G. 4 fol. Bl. 22 f. erzählt in Kap. 6 ; in hodieraum usque
diem sepulchrum sancti [!] Lotharii sub nigro marmore in medio chori ecclesiae nostrae
monstrctur . . . certissime compertum ex antiquis documentis liabeamus, eundem imperatoreni
iu gradibus ecclesiae altare pretiosissimum ex piu-o auro conflatum construxisse, cuius tarnen
reliqiüae nostra aetate nusquam supersunt Ebenda befindet sich Kap. 10 f. eine Aufzählung
der Reliquien des Klosters: genannt werden u. a. die Sandalen Christi; crux ingentis magnitudinis
ex auro purissimo confecta et gemmis pretiosissimis compacta vom Kaiser Lothar, darin 2 Kreuz-
partikeln; Haare der Jungfrau Maria u. a. m.; die Körper der HH. Primus und Foelicianus,
Lupianus, Pontianus; brachium sancti lacobi maioris argento inclusum; dann sind aliae aurca(>
et argenteae thecae mit Reliquien erwähnt, ebenso eine crux aurea minor, diversa armaria
ecclesiae. S. ferner das Inventar der Martinskirche in Vilipp, MR. ÜB. 1, 120, 886, aus
einer Urkunde des Prümer Liber aureus: caps^ 2, cnix cum argento parata, guntfanones 2,
serica casula virida 1, calix argenteus cum patena, missalis unus, Icccionariiun 1 et anti-
fonarium simul, item missalis 1 et coUectorium, Gregorii 40 omeli^, item ibidem anti-
phonarium 1 et liber omeliamm. Endlich vgl. Necrol. s. Maxim, non. oct: Willems pres-
biter et abbas [t 957] nostre congregationis , qui post Ogonem episcopum monasterium et
claustrum perfecit et tabulam auream ante altare paravit; imd weiter zur Kunstübung unter
Willer Xovill. Honth. Prodr. S. 1003 über den frater Gosbertus.
^) Aus der bisher unbekannten Überlieferang s. u. a. ein *Inventai' der Abtei SMaria-
ad-martyres in Trier 12. Jhs., Hs. Trier Stadtbibl. 23 Codex 1 Bl. 112i>: in ecclesia nostra
continentur 8 calices, septem libri cum tabulis aureis et argenteis, sedecim cappe, ti'cs
— 351 — VerwaltuDgsorganismus.}
Ib. et ainplius expendit, insuper in auginentationem reddituuni teinporalium,
quos suis teinporibus comparavit seu conquisivit, quingentas Ib. et amplius
exposuit abbatiam etiain, quam in suae confirmationis novitate quadringentis
Ib. debitoruin et aniplius invenerat obligatam, iuribus monasterii districte con-
servatis et univereis suae curae connexis ad felicem statum redactis, a debi-
torum onere penitus exemit et absolvit. sui etiam tempore pastoratus monasterium
ac monasterii aml)itus testudinibus cooperta, fenestrarum picturarumque oraa-
tibus sunt decorata^ Allein das waren Ausnahmen. Wie die Wissenschaft
schon früher in den geistlichen Grundhen'schaften abgestorben war, so verfiel
jetzt die Kunst: noch wurden fast alle Kirchen des romanischen Übergangs-
stiles ausgebaut, aber die erste grofse Kathedrale gotischen Stils, der im J. 1248
begrt\ndete Kölner Dom, blieb in seiner Unvollendung ein Mahnzeichen des
Verfalls kirchlicher Wohlhabenheit bis in unsere Tage^.
Nicht anders wie mit dem edlen Luxus des Geistes und der Kirnst er-
ging es mit dem Luxus des Alltagslebens. Im frlüieren Mittelalter mit seinem
natiiralwirtschaftlichen Charakter gab es keinen gröfseren Luxus, als den
grofser Dienerschaften imd pmnkv^ollen Reisegeleits : wer viel einnahm, konnte
unmittelbar aus seinen Naturalintraden viele essen lassen^. Dieser Luxus
stirbt nunmehr in den Grundherrschaften, mit Ausnahme der zur Territorial-
dalmadce, 4 kasule cum aurifrigiis, quinque^ albe cum auriirigiisb) quatuor stole auro in-
texte, due stole argento intexte, due stole auro mixte absque fanonis, undecim sericee
8toIe . . .<:. cinguli^ sericei. tria pallea ad summum altare pertinentia, et alia 5« pallea,
una mapula sericia, et due mapule cum aurifrigiis, undecim' mapule intexte et 15 alie,
duo pallea cum leonibus, quinque fanones, copertorium sepulchri sancti Bead, sexaginta due
albe, quinque cruces deaurate, et 11 candelabra, tres urcei et unus baccinus, duo libri
matutinales, vetus testamentum in duobus voluminibus, omelie Gregorii pape, passiones
apostolorum, biblioteca et duo greci libri.
1) Catal. abb. Eptemac. II, M6SS. 23, 35. Aus erst viel späterer Zeit s. wieder
Damianus Dhame Honth. Prodr. S. 1045 über Abt Reiner von SMaximin 1581 — 1613: arcem
Freudenburgensem nunc iacentem una cum ccclesia et domo pro villico in Freudenburg iuxta
preposituram in Tabena non paucis sumptibus reparavit et resp. de novo aedificavit in
causas iudidales ultra 7000 imperialium bono fructu impendit in omnibus locis iurisdictioni
nostri monasterii subditis annalia placita, feudalia et curialia, servavit. bona census et iuris-
dictiones tarn in patria Trevirensi quam Luxemburgensi per scabinos locorum renovavit
*) Eine weitere Ausfiilurung dieser Gedankenreihe s. bei Lamprecht, Der Kölner Dom
und seine Geschichte S. 32 f.
') Vgl. des weiteren hierüber Lamprecht, Beiträge zur Geschichte des französischen
Wirtschaftslebens im 11. Jh. S. 143; auch Lambert z. J. 1069, MGSS. 5, 176, ii, sowie
Pans. 1, 529. Aus unserm Gebiet s. Y. loh. Gorz. c. 113; Ennen, Qu. 1, 521, 55, 1145;
535, 63, 1151; 577, 88, 1177; allenfalls noch Bd. 3, 33, 1264. Das Conc. Tolet c. 5
vom J. 646 schreibt vor, der Bischof soUe nie mit mehr als 50 Begleitern in der Diöcese
reisen, und nie mehr als ^inen Tag in ^iner Kirche verbleiben. Diesen Kanon überschreibt
RA^gino Gaus. syn. 1, 8: ut episcopus cum paucis suam parochiam circumeat
a) Chergtschrithen Septem, b) Zusatg prima sine amictn. c) Rasur, übtrgeftchriebeti tres aurei. d) Über'
gt»dinibin dno. e) Übirgtschrieben octo. 0 tin gtsiriehtn, übergeschriebm tre.
[Wirtschaft d. Gro&grundbes. — 852 —
Wirtschaft erweiterten \ ab; an seine Stelle tritt der kleine Luxus der Pei-sou
und des Hauses, der Komfort^: mit der Mitte des 13. Jhs. beginnt der von
nun ab nie unterbrochene Faden geistlicher Gesetzgebung g^en den Luxus der
kirchlichen Institute ®, einen Luxus, der schliefslich in seiner Kleinlichkeit und
in seiner Beziehung nicht mehr auf das Institut, sondern nur auf die früher
zurücktretende Einzelperson eben die ganze Ohnmacht der neueren kirchlich-
grundherrlichen Verwaltimg blo&legt*.
So predigen es tausend Symptome des realen wie idealen Interessen zu-
gewandten Lebens : der Verfall der grundheirlichen Wirtschaftsverwaltimg war
gegen den Schlufs des 12. Jhs. offenkundig.
1) S. Bd. 3, 204, 2, 1349; 211, i4, 1350. Dagegen MR. ÜB. 3, 8, 1213.
*) Über derartigen Luxus bei den Mönchen hatte man bisher nur vor der Kloster-
reform geklagt; Kicher 3, 37; Lamprecht, IQosterreform S. 93.
') Bertholet 5, P. justif. 18, c. 1240, Luxusgesetze für die Benediktinermönche der
Trierer Diöcese; Stat. synod. 1310 c 11 (Blattau 1, 73): De conviviis monachorum et canoni-
corum: sie sollen gemäfsigt werden, ebenda c. 15 S. 75 betr. Kleiderluxus, und ebenso c. 42
S. 91, sowie Stat synod. 1337 c. 1, Blattau 1, 157. In derselben Richtung bewegt sich
c. 52 S. 95 : statt einiger Arten soU nur eine cappa . . . valoris 100 gr. Turonensium antiquorum
gegeben werden.
*) S. dazu MR. ÜB. 3, 1103, 1251; 1398, 1257; 1418, 1257; Toepfer ÜB. 1, S. 168
unten — 169: Verzeichnis des Prunkgeschirres des 1335 gestorbenen Trierer Dompropsts
Nicolaus von Hunolstein. Von Interesse ist auch eine "^ Aufzeichnung im Urbar des Propstes
Elias von MOnstermaifeld , Hs. Koblenz CXI» Bl. 61 ^, betitelt: Hec sunt utensilia nostri Elie
prepositi Monasteriensis, que habemus in domo nostra Monasteriensi. Die Notiz ist auf die Rück-
seite des letzten Bl. der Hs. geschrieben, die Schrift ist teilweis abgerieben und dadurch unlesbar,
um so mehr, als sich mannigfache Rasuren und Streichungen finden. Doch ergiebt sich etwa
folgendes: Primo 4 lectos, 2 de maioribus et 2 de minoribus. Item 3 pulvinaria, unum de
maioribus et 2 de minoribus. Item 3 cussinos de pennis. Item 2<^ cervicalia de plumis.
Item 3^ paria linteaminum de bonis et malis. Item unum superpellicium de mediocribus [?]
. . . Item unum pilleum .... de vario, Choräle cum cappa modica [?]. Item 2 mensalia
de maioribus et unum de minoribus. Item 3 manutergia, unum de maioribus et uniun de
minoribus. Item unam flescham stanneam . . . scophos continentem. Item imam patellam
ferream et unum pondus ereum, 3 ereos, unum de maioribus alium de mediocribus c.
Item unum par cultellorum .... Item 20 scutella stannea de maioribus
discum .... stannei .... 2 paria maioribus et aliud de minoribus. Item
S suppellectilia de maioribus et 1 ... . tenue. Item 2 mortaria unum maius et [?]
Item 1 asserem murialem [?]. Item in domo nostra superiori 7 niagnam
unam parvam. Item 2 sedilia, unum infra, et aliud supra. Item in aula prepositure predicta
unum sedile. Item lucemam unam de melioribus .... Item 20 cussinos cum .... Item
49r stalachen frusta. Item 2 saccos et 1 wan. [Folgen zwei unleserliche Zeilen.] Habemus
etiam ibidem 12 libros iure concessos consanguineo [?], prout in littera
desuper confecta continetiu:.
a) Urspr. 3, iras durchatricheti. b) Urspr. 4or, durchstrichen, c) So.
Anhang.
7. Weistum über Pflichten und Hechte der zehn DiensÜehnmcmnen der Abtei SMaximin,
c, 1450.
Aop. Tritt StadthM, Chart, s. Max. in der Mitte attf un/otiierten BU. mit der Aufsthriß: Qoae vanlli donin»
et dominn« TanAllis praenUre tonetar, fol. 26. Die Zeit bestimmt sieh aus den im Chart, «. Mca. at^ unser
i^üek folgenden Kopieen aus derseihen hslichen Torlage Bl, 89 f.^ welche ein Vsrzeiehnis der Dienstlehnemp/dngmr
unter Abt Anton (1469 — 1477) enthalten, auf etwa die Mitte des 15, Jhs,
1. Der lehenlude sollen zehen sein, 4 under dem coster und 6 under dem keiner,
und diese sind die vier under dem coster: der ein sol des heildoms warten uf dem fronelter,
wer sach das er nit da sin enmacht, so sal er mit laube einen anderen erbaren man oder
knecht dar senden und wole gedruwe. auch ist derselve lehenman schuldig oder sin knecht
mit den hem zu gan mit den cruzen mit eim Stabe, als sie processie gant, als dick sich
das geburt
2. Auch sal derselve lehenman die glesen finster stoppen, als vor 6 penninge geburt
und nit darüber, und die hem sint schuldig darzu die^ steigen, auch ist er schuldig die
kerzen uf dem fronelter und uf dem Stander zu enphegen und zu verlessen, als dicke da&
noit ist.
3. Die andere dri, under dem koster sint, die sint schuldig iglicher ein drittel! von
dem jähr des nachtes in dem monster zu schlafen und des coisters knecht bi im, und wan
des kosters knecht ufsteit und entphengt in ein Hecht und eine klocke geludit, so sal der
lehenman oder sin knecht, dem die zit zugehorit, u&tan und sal dem koster fort helfen
luden.
4. Auch sin sie schuldig, wan is hogezit ist, das man die cronen entphengen sal,
oder wan man die groisser klocken luden sal ein oder zwoe, dan ist iglicher schuldig einen
knecht zu hülfe zu senden, als dicke sie die groisser klocken ludent, so ist der convent dem
knecht schuldig ein dritteil von ein sester wins. .
5. Auch sal man den zweige lehenman, die die cronen entphengent, iglichem geven
ein gedrete kerze in den schachgit, damiede sie die cronen entphengen, die sal sin als lang
von dem elbogen an bis an die vinger. als sie die cronen entphengen hajit, was in dan
blivet des lichtes, das mögen sie mit in dragen oder dun, was si wollent, als dicke sie die
cronen entphengen, und der dritte sal sie wieder lessen, als is zit ist
6. Auch sint sie schuldigh eins in dem jar die alben zu buchen^ in der fasten,
welcher lehenman die alben dut wessen, dem sal man geben dri fuder holzes, des sal der
abte ein iiider usser sime walde mit sinem wagen und perden fueren doin. die ander zwei
iuder sint schuldig die von Mirtesdorfe' zu foeren, darzu sal der keiner von dem gotzhus
1) Hs. SU.
3) blichen f
8) Mertesdorf, 8d auf der Oriemtierungskarte des dritten Sandes.
[Wirtschaft d. Grofsgnmdbes. — 854 —
sie haldeOf abe sie es nit deden. auch sal ime werden ein broit uf sanet Peters dach, das
die von Loische^ brengent, das sal sin von einer firzel koms. auch were es sache das es
verloren wurde in der kirchen, des enhaint die lehenlude nit zu schaffen, noch ensint nit
schuldigh zu bezahlen.
7. Nu wissent, wanne das ein lehenman eine busse verbrichte, die die lehenlude
Wisent, so ist er schuldich einen sester wins, nit von dem besten noch von dem ärgsten, und
das achte teil von eim ponde wachs, und mach den sester wins loesen mit 8 penningen und
das wachs mit drin penningen. auch were es sache das er die busse nit engebe mit der
sonnen, als der lehenman wise, so ist er des andern dags zweifaltigs schuldig, und ensal
sich dan nit me dobbelen.
8. Auch ist man schuldich den dreien lehenluden oder knechten von iren wegen uf
kristnacht einen braden zu geben oder 6 penninge darfur, und uf sanct Agritius abent' ein
sester wins, und uf sanct Maximins abent' ein sester wins, und uf der dage iglichen zwene
Schilling, die sal der koster geben.
9. Dis sint die ander sesse: deren sint zwene, die das broit sollent doin backen von
der herren fruchte, die sie ine gebeut, und als gut, als die fruchte gibt; und were es sache
das die heren ine besser broit hieschen, dan von der fruchte kueme, das sint sie nit schuldig
zu besseren, dan von der fruchte, die man ine geliebert halt oder ihren knechten kommen
ist, und sollent des gelauften sin. und were es sache das sie einche busse schuldig wurden,
die der lehenman wtste, so ist er schuldich ein sester wins noch von dem besten noch von
dem ärgsten und mach denselben loesen mit 8 penningen, und einer knechte^ mit 6 penningen.
auch were es sache das er die busse nit engebe mit der sonnen, als der lehenman wiset, so
ist es des anderen dags zweifeldig, und es sal sich dan nit me doppelen.
10. Dis sint die zwei kochelehen, die sin schuldig einen knechte dem convent zu
schicken, ihre erwis zu kochen, abe sie es nit selber doin enwollen, in des convents kuechen
von des convents erwis und aller irer gereitschaft, die zu den erwissen horent; dan ist man
dem koche, der die erwis sudet, schuldig als vil als eim heren. und wan das er die erwis
den herm angericht hait, und dicke was im blibet, das magh er dragen, war er will, und
abe der koche einche busse schuldig wurde, die der lehenman wise, so ist er schuldig einen
sester wins und mach den loesen mit 8 penningen und einem lebendigen huene, das mach
er loesen mit vier penningen; und were es sache das er die busse nit gebe wie vurg. steit,
so sal sie sich dobbelen.
11. Dis sint die zwei smedelehen, die sint schuldig zu ver^'aren, was man smedcii
sal zu den klocken und zu dem monster von der hem irem und von irem gereitschaft, und
das behueden, das den hem nit unrechte geschehe, dan sint die herm schuldig iglichem als
lang, als sie dabi sint, eine probende glich einem herm, als dicke das geschieh auch were
es sache das sie einche busse schuldig wurden, das der lehenman wise, so ist er schuldig
einen sester wins als vurg. steit, und mach den loesen mit 8 penningen und einen leffel, der
sal sin iseren und also groiss, das man der herren probende damit schepfen mach ^^ und mach
den leffel loesen mit zehen penningen; der ander einen krauwel, den mach er auch loesen
mit zehen penningen. und were sache das er die busse verbreche und nit engebe wie obg.
steit, so sal sie sich des anderen dags doppelen.
12. Auch wissent, das aller diser leben keins fallen mach ausser keinem geschlecht
nummerme, es enwurde dan verkauft oder hinweggeben, auch were es sache das ein lehen-
man stürbe, so sal das lehen fallen an sin wif, wiewoil sie kinder habent: were sache das
dan das wif stürbe, so sal das lehen fallen an des lehenmans eisten soin, abe er keinen soin
*) Losheim 11 d.
*) Jan. 12.
8) Mai 28.
*) So.
^) Hieren eingetragen: Nota, der dat lehen halt, der da was meister Jacobs von Boitzwiler.
— 855 — Anhang.]
hette, so sal es fallen an sin eiste dochter. auch mach die frauw das lehen erben glich
anderen erben, das sie halt, also lang sie keinen anderen man nimt und were es sache
das sie einen andern man neme, so sal der man das lehen der frauwen lebedage lang haben
imd nit femer, dan fallet das lehen wiederumb an die erste kinder.
13. Auch were es sache das der lehenman so vil stürben, das der frauwen me weren
dan der manne, so sind sie schuldig die lehen zu besetzen mit erbaren mannen, die urteil
mögen sprechen, und were sache das sie keine kint enhette, so mach sie mit dem lehen
dein, wie sie will, auch ensal noch enmach keine frauwe das lehen kaufen, es enfall ir dan
zu. auch wer es sach das der lehenman eincher beklaget wurde, so enmach er nit me ver-
fallen, dan als vil bussen als vurg. steit
J4, Auch enmag niemand urteil sprechen von allen diesen vurg. Sachen, dan die
lehenlude, die darzu gehörig sint. auch ist ein abt schuldig uf sanct Agritius dage und
uf sanct Maximins dage iglichcm lehenman mit einem knechte und einem honde essen
zu geben.
15. Auch alle diese vurg. sachen, das sie also warlichen wäre sint, das haint gewisen
dise nachg. lehenlude mit» namen Johan Erkal, meister Matthiss von dem nossbaume, meister
Jacob von Boitzwiler, Conrait Boiss, Contz uf der ecken, Heinze Schele und Reiner ge-
bruder, und bidden wir alle unsere gesellen und nachkommen, das sie es wollen also halden
und helfen halden.
16. Auch were es sache das ein lehenman uf den heiligen lege^, der beklaget were,
der endarf nit me sprechen, wes man ine da ziget, des si er unschuldig, so ime got helfe
und die heiligen.
17. Auch sollent die lehenlude vor keinem gerichte nit antworten, es si geistlichen
oder werentlichen, dan ein abte zur zit und convent sint sie schuldig dannen zu hoden,
want es alles kaiserlichen ist.
2. Aufzeichnung Scheckmans über den gleichen Gegenstand in seinem Speculare feudarum^
ca. 1520.
Am Tarier StadibOd. \f(l(. So. 1648 ^ , vgl. Bd. 2, HB. Abs. des Herrn Cand. kitt, Schidtheifs. Die Ai^Mtiekfmng
iet teihctu eine erläutemde und erweiternde Umschreibung , ieüweis eine naheiu wörtH^e Überseiwung de»
vorhergehenden Weistums.
Quanquam feudum ad impendenda servitia institutum constet, extant tarnen nonnulla
apud nos feuda singulariter ministerialia feuda appellata decem numero: quorum quatuor
custodi ecclesiae nostre servitium faciunt, reliqua sex cellerario monasterii huius. etiam
dicuntur illorum fideles feudales custodis, hii feudales cellerarii; verum non ab ipsis, sed a
domino abbatc feuda huismodi et suscipiuntur et imponuntur. et licet non omnia in usu sint
et practica et aliqua mortua seu extincta alia prope expiratura, placuit tarnen singula stili
officio demandare. enimvero ut nova placent, sie delectant antiqua: inest quippe, ut Cicero
scribit, antiquitati iucunditas et solet atque debet plurimum cum admirationis tum amoris
habere, itaque ad propositum tendemus.
Ministerialium feuditariorum custodis unus est custos sacrosanctarum reliquiarum in
summo altari expositarum, tres reliqui editui et cereales. quorum omnium officia iuraque
specificabimus paucis admodum demptis, in quibus id nequit observari; cumque hiis servilibus
feudis summam manum imposuerimus , tum ad liberalia feuda articulum flectemus, quae
quasi libera censentur eo quod rariuscule servitiiun dent
Feudum apothecarii: modo ^ huic feudali hbmini hec incumbunt: reliquias
>) So.
*) Fehlt der Name des Inhabers.
[Wirtßchaft d. Grofsgnmdbes. — 856 —
sacras, quando exponuntur ad summum altare in festivitatibus, sub custodia et conservatione
habet; stat a leva altaris baculum gestans in manu argentenm. quodsi illi non placeret com-
parere, substituet famulum fidelem, cui tuto credi posset. precedet stationes seu processiones
totiens, quotiens peraguntur, maxime dum feruntor reliquie et processiones sunt praecipuae
et solemnes. obstruet fenestrarum rimas apud principale altariiun chori seu refici curabit,
neque ultra sex d. pro salario exponere tenetur; in expensis monasterii fiet ascensorium,
quo accedatur et stetur in restauratione fenestrarum. est etiam de officio eins, candelas in
ara summa et super candelabris ante illam et circa promptuarium reiiquiarum, et tres magnas
candelas subtus lampadem chori in festis sanctorum Maximini, Agritii, Nicetii' accendere
et extinguere, nolam item ad sanctos et elevationem venerabilis sacramenti pulsare. insuper
in investitura feudi sui, quam accipere debet et renovare a quolibet noviter electo et con-
firmato abbate, promittet fidelitatem et alia, que feuditarius homo promittere et iurare
solet et quidem illa ad ipsum pertinent, ratione quorum a monasterio recipit singulis
septimanis per anni circulum viginti Ib. panis triticei pistati; extendunt se annuadm ad
quina mir. grani.
Hoc feudo quoudam inauguratus fuit quidam Godefiridus de Meisenburgh ; quo defuncto
suscepit illud Henricus apothecarius civis Trevericus gener eins a venerabilibus dominis
abbatibus Anthonio, Ottoue, Thoma; et isto Henrico per mortem subtracto infeodad illo
fuere a reverendo patre domino Thoma abbate iure et lege feodali generi Henrici Joannes
Quetzpennick consul Trevericus, Cuno de Koppenstein scabinus Treverinus. est Thoma
abbate mortuo infeodavit tenore quo supra reverendus pater et dominus Vincentius loannem
ijuetzpennick seorsum, Cuononem de Koppenstein ac Nicolaum de Siepiera aeque generum
Henrici apothecarii coniunctim. verum loannes Quetzpennick fortuitum facit ac dictas Ib.
panis percipit, et recte quidem satisque consone, nam seniorem filiam uxorem habet, cui
videtur ins conpetere, ut post suo ordine et loco prosequetur narratio.
Reliqui^ tres feuditarii ministeriales custodis, qui editui vel cereales dicuntur, hiis
legibus subiecti sunt et fuerunt ab antiquo: licet nam ex toto non observentur, attamen ipsa
servitia annotanda veniunt. quilibet ipsorum trium tertiam anni partem dormire habet in
ecclesia cum famulo custodis seu campanario. cum noctu surrexerit campanarius pulsaturus
matutinas, accensam candelam porriget seu dabit aedituo feudali vel eius ministro et ipse
interim primum Signum ad noctumalem sinaxim faciet exurget interea ministerialis feudi-
tarius in ordine vicis suae et consequenter iuvabit campanarium in pulsatione. preterea ad
eos spectat, ut in solemnitatibus, quibus corone accendende sunt et maior campana pulsanda,
mittet quisque pro iuvaraine famulum; quotiens autem sie pulsaverint, dabitiu* cuique tertia
pars de sext vini. duobus accendentibus Coronas cuilibet dabit custos candelam plicatam
et spissam longitudinis a cubito ad suinmitatem digitorum, quibus accendunt Coronas; cmn
restantia quod volunt faciunt verum tertius feudalis perfecto opere divino candelas extin-
guere tenebatur.
Huius feuditarii servitium onusque ad monasterium nostnim conversum est, pro quo
exequundo et perficiendo habemus pomerium subtus vineam Petituram iuxta Ciuvatiam^. hoc
. feudum obtinuit quidam Enschringensium a domino Ottone abbate ad resignationem honesti
Bemardi de Traiecto-inferiori, scabini potestatis beati Maximini.
Hec bona feudum habet: sextam partem decimae in villa Policha* cum attinentiis suis,
item pratum imum in Kuvera^ iuxta molendinum nostri monasterii, et campum duorum
iumalium apud Curvatiam apud vineam nostri coenobii vocabulo Petituram, quem dominus
Thomas venerabilis abbas pro servitio ecclesiae sine sacristano impendendo retinuit et
») Mai 29, Jan, IS, Okt. 1.
2) Dand>€r die Überschrift Feudnin Enschringensium minioteriale.
8) Kürens bei Trier.
*) Pölich 8d.
5) ßwcer ö. Trier, 8d,
— 857 — Anhang.]
applkait monasterio hnic, ut iam immediate retalimus et inferias littera D secundo
emuncdus agemus atqae difiusius.
Alter' edituonim, qui et cerealis appellatur, habet sextam partem decimae in villa
Policha cum pertinentiis suis; item pratum seu brolium in Ravera iuxta molendinum mona-
sterii nostri; campum terre arabilis circa curtem Kevenich' apad croadam monasterii huius,
ortom sub districtu sancti Maximini inter ipsum monasterium et Trevericam urbem contiguum
stratae publicae, quem modo monasteriiun presens obtinet et perpetuo tenebit pro hiis citra
servitium sacristae debitum promittit feuditarius homagii sacramentum et fidelitatis profert
iuramentum, ut est solitum et consuetum; possidet hoc feudum evo isto ex patema succes-
sione Sebastianus de Lepore alias de Albo-equo civis Treverensis.
Alius' edituuB sive cerealis habet molendinum in villagio Ruvera situm in loco dicto
Koppinger cum suis pertinentiis. gerens id feudum lavabit singulis annis quadragesimali
tempore semel albas ecclesiae nostrae. eapropter dabuntur illi tria carata lignorum, quorum
imnm exhibebit dominus abbas ex silva sua cum quadriga et equis suis; reliquaduo advehent
villani de Mertisdorf^ quod ut perficiant soUicitabit cellerarius huius monasterii. quodsi illi
non fnerint datae eaedem lignorum vecture, ad albarum lotionem non tenebitur nee astrin-
getur. datur illi proinde magnus panis siligineus ponderis fercelle unius, quem offerunt
villani de Loissheim super altare sanctae crucis in festo passionis beatorum Petri et Pauli
apostolorum^, quibus viceversa custos ecclesiae nostrae ministrabit ceream candelam, quam
accendentes in medio praedicti altaris ponunt homagium feudalis facit, etiam fidelitatem
servat^ prout frequenter et quidem ab antiquo molitor molendini prefati gestat feudum.
Descripsimus ofBcia et beneficia feudalium sacristani; superest [ut], quam luituri sint
mulctam in omissione vel negligentia commissionum et ministeriorum, disseramus. si quis
predictorum feudariorum in officio et servitio suo negligentior vel transgressor repertus
fiierit — nisi ins feudarium maiori censura poenam et mulctam statuerit et inflixerit, singu-
lare autem ius inter se gerunt — , dabit et solvet custodi poenae nomine sext vini nee ad-
modum melioris nee admodum vilioris, et octavam partem Ib. in cera. vinum octo, ceram
tribus d. redimere poterit si ante solis occasum, ut eorum ius dictat, non solvent, altera
illuscescente die duonun sext vini reus erit, nee deinceps duplicatio fiet vel augmen-
tatio altera.
Dabuntur etiam duobus iam proxime supradictis cerealibus feudariis in dominico natali
cames, quam assaturam christianam appellitant, vulgariter den kirstbraden, vel loco eins-
modi sex d.; insupcr in profestis divorum pontificum Maximini et Agritii dabitur cuilibet
eorum sext vini cum duobus d., quos ecclesiae custos exponet tradetque.
Sex feuditarios ministeriales cellerarius monasterii habet duo respectum gerunt, ut
panes debite pinsantur; duo item curabunt, ut dominis seu fratribus cibaria et pictantiae rite
coquantur preparenturque ; duo residui prospicient ad ea, que ex ferro fabricanda occummt
in campanis et necessariis ecclesiae inque monasterii utilitatibus et necessitatibus. eorum
quoque esse aiunt providere semper et disponere in assignato sibi feudatali officio famulum,
si quando continget licentiari et dimitti aliquem; primi videlicet pistorem, medii coquum,
Ultimi fabrum. nunc eorum feudalia bona assignemus.
Primum feudum pistrine*^ habet annuatim quinque mir. siliginis mensiu*ae feodalis
huius monasterii sancti Maximini, devolvitur ex avito et antiquo iure per successiones
heredum, sicque defluxit ab Hermanno de üfßngen ad filium loannem Uffingen scabinum
Trevericum atque potestatis Maximineae.
1) Dan'Uxr dit Ubtrschnft Feudum Sebastian! de Lepore alias de Albo-eqno.
«) Kewfntg 7 b.
3) Darüber die Überschn'ß Feadnm molendlDarii in Rarera.
*) Juni 29.
S) Dan'ther dit Cbtrsckri/t Fendam loannis de Uffingen.
Laxnprecht, DunUches Wirtschaftsleben. I. 55
[Wirtschaft d. Grofsgrundbes. — 858 —
Secundum feudum pistrinae^ tenninabile est et non perpetuum; siquidem moriente
feudatario feodum non ad eins proles vel uxorem transit, sed huic monasterio reservatur
atque ad beneplacitum domini abbatis pro tempore alteri conceditur. Stipendium huius feudi:
annue tria mir. siliginis mensure feodalis huius monasterii. is feudalis ministerialis requi-
Situs considerabit et examinabit, si blada monasterio soluta ac resignata in recto valore et
debita mensura sint hoc feudum olim quedam Irmengardis relicta loannis Lubennist resigna-
vit in poenitentia duonun feudalium hominum coUegio monasterii sancti Maximini pure et
simpliciter propter deuni in remedium animae suae. quod suscipiens frater Nicolaus de
Lorich hospitalarius et provisor hospitalis beatae Elizabeth tum actor domini Lamperti
abbatis absentis de consensu domini prioris et conventus rursum alium quempiam loannem de
Kirschem scultetum sancti Paulini infeodavit conditionaliter tarnen: interveniendam enim
voluit auctoritatem et annisum domini abbatis regressuri, anno dominice nativitatis assignato
MocccGoxxvio. tandem reversus dominus Lampertus abbas (qui fere iam triennio abfiierat)
ratam habuit hanc locationem concessionemque et litteris propriis confirmavit factum timc
feudum peqietuum successione legittima devenit ad quendam Gerardum de Schonenbergh
cellerarium in Palatiolo, quod' de voluntate conparis suae Agnetis ad honorem dei et sancti
Maximini pro salute animanim suarum resignavenint* feudum in manus domini Anthonii
abbatis, nuUum prorsus ius usumque feuditarium ammodo sibi reservantes.
Habuit etiam feudum istud ortum in vico dicto Hoilgasse situm, quem .... resigna-
vere: acta in presentia loannis Wandalini de sancto Wandalino notarii publici coram testibus
Joanne Walrami et Gerardo Reineri clericis Treverinae diocesis, anno domini MoccccoLXinio.
abhinc finibile cxtitit feudum atque a domino Ottone abbatc primum alienatum et concessum
ad vitae dies loanni Wre scabino Treverensi, quem et dominus Thomas abbas illo infeodavit
titulo quo supra. quo de medio facto idem dominus contulit illud magistro Gerardo de
Kamstock civiiun magistro lu'bis Treyericae, et illo defimcto obtinuit illud a dominis magni-
ficis Thoma ac Vincentio loannes de Niederwisse consularis et magister pistomm in urbe
Treveri atque scabinus potestatis Maximineac; qui et in presentianun id possidet, donec
vitales auras duxerit, imponendum tum alteri vel reservandum, cui dominus abbas pro tem-
pore diixerit conferendum, inquc post futura tempora taliter obser>'andiun procedendumquo ;
quo scabinatum resignante a domino Vincentio illi et feudum ablatum et coUatum Mathiao
de Enden tinctori, lege qua supra ad dies vitae a domino loanne abbate susceptum.
Coquinale feudum^, cum esset quondam geminum, per interpolationes tempoi-uin ac
renmi varietates factum est simphim. quod aliquando hercditaria accessione gestans (juidam
Heimannus de Schoden scabinus Trevcrensis vendidit Thihnanno Rutgeri et Aleidi coniugibus
civibus Treverensibus septuaginta fl. Ronensibus. Thilmaiino Rutgeri mortuo cum ipsa Ah»idis
vidua Nicoiao Meise que Treverino scabino nupsisset isque diem clausisset extremum, j)ertesa
iterandis nuj)tiis ex sj)Ociali favore et inclinatione liberc tradidit feodum in manus Nicolai do
Zerflfe et Aleidis de Besselich coniugum legittimoi*um civium Treverensium , de consensu
domini Anthonii abbatis celeberrimi; annum domini millesimum quadringentesimum augnicn-
tante septuagesimo quinto. quod tenens hac tempestate ipsa Aleidis relicta dicti Nicolai
ZerflFe, cum olim dotatum fuisset feudum stipendii loco quinque mir. siliginis mensnrae
Treverensis, et ipsa pietatis imitatrix, qua frustra fuerat sortita feodum, dei intuitu et spe
retributionis etemae in remediumque animae suae ac mariti sui omniumque progenitonun
quinque mir. predicta duplicata annue recipere destinavit: ea conditione et pacto, ut ii)sa
mortua mortuum et feudiun esset et ad monasterium reverteretur ac utilitati illius et usibus
applicaretur; acta compositio anno domini Moccccoxciiio, abbatiali dignitati prelato domino
Ottone de Eltena. preter dicta mir. siliginis habet feudimi vineam quandam in loco dicto
') Darüber die Überschrift Feaduin loannis de Niederwisse.
«) So.
^) Darüber die Überschrift Fendum Aleidii relictae ZerfTe.
— 859 — Anhang.]
Schibel unius iugeris sine phara^ atque ortum apiid adaquaturam equorum circa cenobium
sancti Maximini: sopito feudo monasterii erunt
Feoda insuper fabricae ferrariae in usu non sunt, quare et de bis scribere longius
consilium non fiiit; eo ipso maxime, quia litterae desuper facientes et tractantes inquisitae
diligentius minime inventae fuere, ut scribundi et materiam preboissent et ausum.
Digesta comoditate feuditariorum cellerarii aptum est, ut et penas debitas in negli-
gentia subnectamus. si quis talium in sibi assignato feudi officio culpabilis fuerit conpro-
batus, ad dictamen iudicis feudalium, quem semper habebunt communem cum hominibus
fidelibus custodis, solvet et dabit sext. vini nee melioris nee peioris, quem redimere potent
octo d. ; si ante solis occubitum non solvent, ut de ministerialibus sacristani digessimus,
alterios diei lucano duomm sext vini reus erit, nee deinceps geminatio fiet super hoc feu-
ditarius culinalis addet gallinam redimendam d. quatuor; et feuditarii fabronun in trans-
gressione alius dabit et superaddet coclear fen'eum tantae amplitudinis, ut portionem conven-
tualem una vice et hauriat et contineat, quod redimere poterit decem d. ; alter dabit fiiscinam
id est ungulam ferream, redimendam totidem d.: e quibus elici videtur, ut uno delinquento
ambo solutioni obnoxii sint et teneantur.
Narrationis iam opportunitas exigit, alias quasdam feudalium tarn custodis quam
cellerarii observantias, consuetudines, iura etiam quedam et privilegia perstringantur^. legibus
itaque istis atque ceremoniis honorati pariter et onerati (artati) simt; feudorum huiuscemodi
nullum extra progeniem derivatur nee devolvitiu*, nisi forsan venderetur vel certe daretur
alicui, etiam hoc assentiente abbate domino feudi; alioquin cassaretur venditio vel donatio,
quemadmodum über (ie feudis pluribus passibus attestatur. honun quis si detoctus fiierit,
feodum paenes uxorem eins manet, licet ex viro proles sustulerit habueritque. mortem
obeunte uxore ad seniorem filiiun transibit feudiun; si filius nullus maior seu prior, minor
vero vel posterior superesset, illius erit feudum. quodsi prorsus filius non habetur, ad
seniorem filiam feudum transfunditur. tcnebit uxor defuncti feudum, quoad ipsa vixerit. si
alteri viro nupserit, idem obtinebit et geret feudum diebus vitae uxoris illius, qua vita fimcta
revertetur feudum ad prolem mariti prioris legittimi feudalis, sive mas sive femina fiierit, ut
supra dictiun est. si morte interveniente plures feminae quam viri restarent, tenebuntur ipsae
feodalia sua et ministeria per alios subordinatos honestos et probos viros tutari ac perficere,
tales inquam viros, qui in exequundis feodalibus rebus et iuribus servandis ferendisque
iudiciis gnari industrii et quam accomodatissimi sint si mulier sobole careret, poterit ipsa
de et ciun feudo, ut utile iudicaverit, facere; nee tamen vendet sive alienabit, priusquam sibi
cesserit et in manus devenerit
Si quispiam honun feuditarionun aliqua in re lapsus proclamandus et mulctandus
veniret, non ultra predictas ])oenas condenmabitur; nisi adeo gravis foret excessus, ut
maiorem requireret poenam; nee quisquam aliquam debet sententiam ferre aut promulgare
super Omnibus rebus antefatis, nisi qui predictis feudis investiti sunt in festis sanctorum
Maximini et Agritii archie])iscoponun habebunt prandium in monasterio nostro quisque cum
famulo et cane. non respondebunt in aliquo iudicio tam spirituali quam seculari, sed
dominus abbas conventusqne illos tuebimtiu*. nemo eorum conventus convictusque super re
aliqua artabitur maius iuramentum proferre, nisi illud simpliciter, quod eum deus adiuvet et
sanctus ille, super vel coram quo iiu-are conpellitur.
•) = cireiter, unfff/äfir.
55
[Wirtschaft d. Grofsgrundbes. — 860 —
3. Beformationsfnandat des Abtes Heinrich von Prüm für die Nonnen zu Niederprüm,
1296 Mai 14,
A'op. Dipl. Prumiense, KobUitB St. A. Bl, ÜO^f.
In nomine domini nostri lesa Christi amen. Anno domini MCC nonagesimo sexto nos
Henricus dei gratia abbas monasterii Prumiensis ex officio nobis commisso ad monasterium
Prumie inferioris [nobis] subiectum^ visitandi gratia accedentes de observantia religionis, de
redditibus et aliis omnibus circumstantiis tam in spiritoalibus quam in temporalibus inqui-
sivimus diligenter et correjumus , qae vidimns corrigenda. - verum ne deo dicate virgines
Christi £Eimule, que velud clara luminaria et stelle serenissime in umbras istius regionis
actenus lucem [mittere]^ consueverunt, a sua laudabili conversione inimico superseminante
zizaniam desistentes alicuius Infamie vel scandali nebulis inposterum valeant obfiiscari, nos
communicato nobis iurisperitorum prudentium et discretorum consilio diligentique tractatu
prehabito disposuimus et ordina?imus ipsum monasterium tam in spiritualibus quam in tem-
poralibus, prout ad divini nominis cultum conservandum et augmentandum et saluti animarum
monialium ipsius monasterii credimus convenire, salutariaque monita nostra et precepta, per
que futuris scandalis et insolentiis obvietur, de predictorum bonorum et discretorum consilio
duximus ipsis monialibus indicenda:
1, Primo monemus priorissam ipsius monasterii sub comminatione divini iudicii, ut
ipsum nomen priorisse factis expleat et sicut aliis prior est officii dignitate, ita eas antecellat
exemplo vita et conversatione. 2. Postmodum tam priorissam, quam oeteras
moniales monemus actenus et obse- [Bh 51^] cramus, ut sponso suo lesu Christo taliter in-
herendo deserviant, ne exdnctis suis lampadibus ab etemis nuptiis cum fatuis virginibus
excludantur. 3. Precipimus insuper in virtute sancte obedientie, quod ad
matutinas et ad omnes alias horas canonicas necnon et ad capitulum hora consueta cottidie
tam priorissa quam moniales omnes conveniant et in refectorio cum priorissa simul omnes
cottidie moniales comedant et in dormitorio simul omnes dormiant, nisi aliqua earum infir-
mitate detineatur vel alio legitimo impedimento, et hoc de licentia priorisse. ipsam autem
priorissam in omnibus horis canonicis et aliis snpra omnibus exequendis primam et ultiniam
esse volumus et precipimus, nisi infirmitate vel ncgotiis monasterii sui cxcusabiliter deti-
neatur. 4. Item precipimus, quod priorissa cum ceteris monialibus post com-
pletorium et aliis statutis horis silentium teneant, sicut regule congruit et hactenus est con-
suetum, et ut post completorium cum silentio et sine strepitu simul dormitum vadant et
simul surgant. ö. Item inhibemus dictis monialibus in virtute sancte obedien-
tie, ne cucullas vel superpellicia nigosa vel complicata seu nimia longitudine notanda nee
pannos croceas vel in vestibus suis manicas strictas vel nodos nee alia omamenta secularia
deferant, sed vestes et habitiun gerant longeva consuetudine approbatum et regule con-
gruentem. 6. Item precipimus, quod omnia hostia et aditus claustri et mona-
sterii claudantur et seris firmentiu", nee alicui claustnun ingredi vel egredi liceat sine licentia
priorisse. 7. Item inhibemus tam priorisse quam monialibus in virtute sancte
obedientie et sub pena excommunicationis , ne rixentur invicem nee turpia verba inhonesta
vel convicia sibi invicem inferant, nee manus sibi invicem iniciant violentas; et statuentes
volumus, quod si aliqua eanmi seciis fecerit, quod pro conviciis duos menses integres, pro
iniectione vero manuiun per annum integmm extra consortiiun alianun sola comedat oret et
dormiat, et per dictum tempus fores, ubicumque conventus simul intrat et exit, prostrata
iaceat nee immisceat se divinis, et inhibemus omnibus et singulis aliis, ne tali vel talilms
1) Hs, subiect«, nobis om.
2) Ergänet.
— 861 — Anhang.
cibo potu coUoquio vel aliquo alio genere familiaritatis per dictum tempus communicare
presumant, nisi priorissa [Bl. 51 ^J vel aliqua senior monialis de licentia vel iussu priorisse
per monita salutis talem vel tales confortando vel consolando velit ad viam salutis revocare.
nee volumus, quod priorissa penam istam mitigare possit vel levigare, nisi de nostro mandato
speciali. 8. Precipimus autem priorisse in virtute sancte obedientie et sub
pena suspensionis et excommunicationis, quod hec salubria monita nostra et precepta primum
ipsa observet et faciat a ceteris monialibus firmiter observari, nee in corrigendis excessibus
et insolentiis sit remissa, ne sanguis aliarum de manu sua requiratur, in correxione vero sua
quasi Stateram in manu tenens nee personam alicuius aeceptans equaliter ponderet, ne unius
exeessus eonniventibus oculis transeat et ex odii vel rancoris fomite ad eorreetionem alterius
durius non procedat. 9. Inhibemus etiam eidem priorisse, ne cum monialibus
rixas moveat, sed si aliqua forte monialis excesserit, hoc in eapitulo suo hora competenti
non exprobrando vel conviciando, sed verbis honestis et ad eorrexionem pertinentibus corri-
gat et emendet cum omni patientia et doctrina. potest tamen priorissa et intra et extra
capitulum moniales in spiritu levitarum instruere et monita salutis eis dare, ubicumque viderit
expedire. 10. Item precipimus eidem priorisse, quod de redditibus monasterii
et de Omnibus, que reeipit et exponit, bis in anno, videlicet infra octavas nativitatis saneti
lohannis baptiste et infra octavas beati Martini hyemalis, eonventui suo computet mediante
aliquo probo viro uno vel duobus, quem vel quos ad hoc duxerimus deputandos; nee volu-
mus, quod priorissa aliquos creditores habeat vel aliquos contractus vel debita £Eiciat,
nisi de eonsensu et voluntate sui conventus vel ad minus sanioris partis de con-
ventu. lU Nullos etiam servos vel ancillas conducat vel teneat, nisi de
consilio ad minus trium vel quatuor saniorum de conventu; et idem inhibemus etiam ceteris
monialibus, ne aliquas ancillas vel servos teneant sine licentia priorisse. 12. Pre-
terea volumus et precipimus, ut numerus ab antecessoribus nostris abbatibus in dicto mona-
sterio constitutus, videlicet viginti quinque prebendarum, amodo in ipso observetur, nee diete
moniales ipsius [Bl 52^] numerum XXY transgrediantur ; et nos etiam ipsum observare
volumus bona fide. 13. Insuper dictis monialibus duos provisores, unum in
spiritualibus et alium in temporalibus, ordinavimus, et dicte priorisse precipimus, ut secundum
dictorum provisorum, et quos nimc posuimus et quos in posterum dicto monasterio prefieere
nos contingat, consilium in spiritualibus et temporalibus se regat, et eomm consiliis licitis
et honestis obtemperet qiiibus etiam provisoribus iniunximus in remissionem suorum pecca-
torum , ut fideliter auxiliis et consiliis dicto monasterio provideant et mandata nostra supra-
scripta diligenter faciant observari, remissas vel rebelies nobis denunciando.
Ut autem hec nostra precepta et monita salubria firmiter observentur nee processu
temporis a memoria ipsarum mouialium valeant aboleri, ipsa presenti cedule inscribi fecimus
et nostro sigillo commimiri.
Anno domini quo supra feria seeunda post penticosten.
3. Die Umwälzung der Wirtschaftsverfassung des
Orofsgrundbesitzes und das Aufkommen freier Land-
nutzungsformen im 12. und 13. Jahrhundert.
In den eben abgeschlossenen Erörterungen ergab sich als Blüteperiode
der frühmittelalterlichen Grundherrschaft das 10. Jh. und allenfalls noch die
erste Hälfte des 11. Jhs.; seitdem fand ein immer mehr zu Tage tretender
Verfall statt, dessen Symptome schon seit früher Stauferzeit kaum noch ii^end
jemand verborgen bleiben konnten.
In der That waren um diese Zeit schon die Grundlagen der alten
grundherrschaftlichen Wirtschaftsverfassung teilweis zerstört imd durchweg
morsch, und auch der administrative Aufbau kam schon ins Schwanken.
Eine der hauptsächlichsten Voraussetzungen für die Blüte imd den Be-
stand des Grofsgrundbesitzes und seiner Verwaltung war die weithingreifende
Ausnutzungsfreiheit des gehöferschaftlichen Güterbestandes gewesen: l)ildeten
doch die grundhörigen Güter den bei weitem überwiegenden Teil des grund-
herrlichen Besitzes überhaupt, ergaben doch ihre Leistungen die Hauptein-
nahnien der Fronhofsrezepturen, war doch ohne ihre Mitwirkung die Bestellung
des Fronhofslandes, speziell der Beunden, kaum denkbar.
Wie stand es aber jetzt mit den gehöferschaftlichen Leistungen und
Lasten?
Die Verpflichtungen waren zumeist im 8. und 9., höchstens im 10. Jh.
fixiert worden, seitdem waren sie unveränderlicher Bestandteil des materiellen
Rechtes^ der Hofgenossen. So konnten sie nun entweder im Naturalzustand,
wie sie ursprünglich ganz überwiegend konstituiert waren, bleiben, oder al)er
auf Geld reduziert werden — der dritte denkbare Fall vollen Abkaufs ist
so selten^, dafs die gestellte Alternative durch ihn nicht erweitert zu werden
>) S. oben S. 588 f., Bd. 2, 650 Note 3; v. Inama, Wirtschaftsg. 1, 376.
2) S. MR. ÜB. 3, 504, 1234: SMaximin kauft einen Zins ab, quia plus utilitatis per-
cepimus ex 14 Ib. simul persolutis, quam ex censibus dictis singulis annis solvendis fuissemus
habituri. Vielleicht gehört hierher auch WMeckel 1541, G. 3, 797, cit Bd. 2, 650 Note 4.
— 863 — Umwälzung d. Wirtschaftsyerfassiing.]
braucht. Nehmen wir den zweiten Fall vorweg S so unterlag es schon im
10. Jh. keinem Zweifel, dafs im 9. Jh. in Geld reluierte Zinse unter der
mittlerweile eingetretenen Depravation des Münzwesens litten ^ ; bis zum 13. Jh.
aber trat infolge steigender Münzentwertung in unserer Gegend ein Ausfall
von mindestens der Hälfte der ursprünglichen Zinshöhe ein^. Der Vorgang
eines aufserordentlichen Verfalls aller Geldeinnahmen, wie er den Ausgang des
Mittelalters zur Neuzeit begleitet, ist also im früheren Mittelalter schon ein-
mal, wenn auch in viel kleinerem Mafsstabe, durchlebt worden. Aber auch
da, wo man die alten Naturalleistungen beibehalten hatte, zeigte sich ein
äufserst beträchtlicher, wenngleich um die Geldentwertungsquote geringerer
Ausfall. Mit der Aufnahme energischerer Landeskultur in der deutschen
Kaiserzeit sowie mit der letzten Ausbauepoche des Landes in den Jahren der
Staufer ging ein rapider Aufschwung der Grundrente Hand in Hand ; erst in dieser
Entwicklung erhielt der Grund und Boden Monopolrechte und Monopolpreis. Diese
Steigerung der Giiindrente kam natürlich auch dem gehöferschaftlichen Boden
zugute. Dagegen fiel der Genufs der Steigerung ftlr den Grundherrn w^; in
früheren Erörteiiingen ist gezeigt worden, dafs demselben seit dem 12. Jh.
nur etwa ein Fünftel, den Gehöfem aber mindestens vier Fünftel der Grund-
rente zugute kamen*. So war der Grundherr von seinem hof hörigen Eigen-
tum wirtschaftlich — und wie wir sehen werden auch rechtlich — zum guten
Teile depossediert, und doppelt depossediert, wenn er seine Einnahmen etwa
schon früh auf Geld reduziert hatte.
Es begreift sich, dafs gute Wirte unter den Grundherren dies Ende mit
Schrecken schon seit verhältnismäfsig früher Zeit voraussahen. Demgemäfs
fehlt es nicht an Versuchen einer Reaktion. Hierhin gehört die Abwälzung
der staatlichen, ursprünglich auf den Gehöfem ruhenden, aber vom Grund-
herrn vielfach übernommenen Lasten wieder auf die Schultern der Gehöfer
schon in spätkarolingischer Zeit*; hierher die Zinssteigerungen durch Ver-
gröfsenmg der grundherrlichen Mafse und Gewichte ® ; hierher auch die vielen
Bedrückungen der Gehöfer im 10. und 11. Jh. ^, welche zumeist auf Lasten-
steigerung hinausliefen. Systematischer noch war das namentlich imter den
Staufem beliebte Mittel der Einftlhrung einer grundherrlichen Bede*. Diese
Mittel halfen freilich sämtlich nicht auf die Dauer. Die Staatslasten, vielfach
aus Fronden bestehend, degenerierten * ; die Mafs- und Gewichtskontrolle wurde
') Bd. 2, 158.
«) Vgl. Bd. 2, 400 ff., s. auch S. 881.
^) Im fri'iheren Mittelalter wurde übrigens noch wenig abgelöst, s. oben S. 795 f.
Dagegen haben schon die späteren Tradd. Rupertsb. fast durchweg Geldzinse.
*) S. oben S. 620 ff. Auch diese Entwicklung wiederholt sich später teilweis im Erb-
pacht- und Erbzinsverhältnis. So erscheint z. B. der Erbzins auf den Schaffgotschischen
Gütern Anfang des 18. Jhs. gegenüber der Pacht äufserst niedrig bemessen; Heisig S. 54.
") Darüber weiter unten in Abschnitt VTI, Teil 1.
«) S. Bd. 2, 510.
•) Waitz, Vfg. 5, 266 ff.
[Wirtschaft d. Grofsgnmdbes. — 864 —
dem Grundherrn genommen und zum Bestandteil der Hofweisung entwickelt ^ ;
die Bedrückungen riefen Aufetände hervor^; die Bede wurde im Laufe des
13. Jhs. meist geschlossen*.
Es blieb dabei: in späterer Stauferzeit waren die Grundherren auch
nicht entfernt mehr im VoUgenufe der ihnen aus gehöferschaftlichem Boden
ursprünglich reservierten Gewinnquote.
Aber noch mehr: die Grundlage dieser Leistungen, das alte gehöfer-
schaftliche Vollgut, war jetzt meist verschwunden, verteilt, verzettelt. Agrarisch
war die Basis der gehöferschaftlichen Ländereien absolut dieselbe, wie die der
Markgenossenschaft; damit galt das Schicksal der Hufenverfassung auch für
das ausgethane grundhörige Land*; wie auf den freien, so entwickelte sich
auf den gehöferschaftlichen Hufen seit der Einführung voller Vererblichkeit
und Übertragungsfähigkeit des Grundbesitzes, also seit spätestens dem Ende
des 6. Jhs., der individuelle Wettbewerb mit seinen zersetzenden Wirkungen
für die alten einst staatlich geschaffenen, später staatlich aufrecht erhaltenen
Einheiten. Die Folgen werden, nach einer Periode wohl meistens vermiedener
Realteilung*, seit der Karolingerzeit überall sichtbar, die Hufenzersplitterung
beginnt, und seit Mitte des 12. Jhs. etwa ist sie bis zum vollen Verfall der
Hufenverfassung fortgeschritten ®. Damit war der grundherrschaftlichen Lasten-
veranlagung die Recheneinheit entzogen. Null werden zwar neue Veranlagungs-
einheiten entwickelt, der Pflug, der Morgen^, kleinere Gutsformen®; auch
sucht man durch Auffüllung der alten Hufen mittelst Beundeland* die
Zersplitterung teilweis aufzuheben oder wenigstens zu maskieren. Aber diese
Mafsregeln haben nur halben Erfolg. Die Zerstückelung des Gmndbesitzes
1) S. Bd. 2, 488.
') S. z. B. Ann. Egmond. z. J. 1103: plurimi de comitatu [Holland] et maxime rustici,
qui se nimis opprimi dolebant, spe libeilatis inaniter accensi consilium [pugnandi] inienint.
Vgl. auch Waitz, Vfg. 5, 269, und Bonvalot S. 68—69. •
8) S. oben S. 617.
*) S. oben S. 376.
^) S. oben S. 642.
•) S. oben S. 368 flf. Bezeichnend speziell für die Grundherrschaften ist, dafs um 1200
zum letztenmal das karolingische Urbarschema vorkommt, welches die Veranlagung auf die
Hufe als Normalgut basierte, vgl. ÜWincheringen, MR. ÜB. 2, 363, um 1200: quilibet man-
sionarius tenetur solvere partem prenominati iuris iuxta portionem sue possessionis; quilibet
unius mansi possessor debet u. s. w., folgt Beschreibung der persönlichen Dienste.
'') S. u. a. oben S. 371 f.; speziell S. 371 Note 3.
») S. oben S. 375.
®) S. u. a. oben S. 380. Diese AufTülhmg ergiebt sich für das frühere Mittelalter,
abgesehen von den Nachweisen, welche im ersten Teile dieses Bds. erbracht sind, nunmehr
auch noch aus der Erscheinung, dafs das eigentliche Salland des früheren Mittelalters sich
durch Jahrhunderte hin gleich bleibt, indem der sich stetig mehrende Überschufs der Beunde-
ländereien in den Kreis der dienenden Hufen übergeht, s. oben S. 743 und 758.
— gg5 — Umwälzung d. Wirtschaftsverüassang.]
greift immer tiefer*, und ihre Unaufhaltsamkeit wird von den Grundherren
durch Zulassung und Entwicklung des Institutes des Durzinses und der Haupt-
mannschaft anerkannt^. Die Folge war eine unendliche Zersplitterung der
Zinse® und damit ihr vielfacher Verlust*, der durch die Zunahme einiger mit
der Zerteilung vervielfältigten Lasten, z. B. der Kurmeden, wohl kaiun aus-
geglichen wurde*.
Natürlich mufsten die Konsequenzen dieser Zersplitterung fllr die Be-
wahrung der persönlichen Dienste, der Fronden, seitens der Gehöfer noch viel
verderblicher sein. In der That finden sich schon seit dem Schlufs des 11. Jhs.
vereinzelt Spuren von Nachlafs bezw. Verlust derartiger Fronden •, und im
SMaximiner Urbar aus dem Schlüsse des 12. Jhs. ergiebt sich ein Posten de
redemptione arantium^, wie denn auch grofse Fronhöfe in auffälliger Weise
von Frondiensten entblöfst sind®. Seit dem Ende des 13. Jhs. aber sind
Ablösungen der Fronden in Geld etwas durchaus Gewöhnliches*.
') Vgl. dazu als Specimina Bd. 2, 206 No. 8; 210 y; 215 No. 8. Die *Censu8 in
Detzme anno xlv®, Rotulus von 12*/9 X 47 cm in Koblenz St. A. , zu SMaximin gehörend,
beginnen: anno domini m^ ccc^ xlquinto feria sexta post Andree facta est innovatio nominum
debentiiun census in Detzme, qui dicimtur hufzinse, mediantibus scabinis et communitate
ibidem. S. femer Bd. 3, 647 Note 1; Bd. 2, 224 k; 281 /?.
«) S. oben S. 650 f.
*) Vgl. als bezeichnend WBirresbom, G. 2, 525: weist der scheffen dem herm von
Pram zu den ostem ein hobsei, und ist gelegt uf iede vierteil lants 2V9 ei ; und wannie ein
gehofher schuldigh ist 2V9 eier und wil nit drei ganzer eier geben, so sol er das dritte ei
auf seine schwel legen und mit einem messer enzwei hawen, feit das meist stuck binnen die
schwel, so ist er dem herm umb eine boeß erfallen, fält aber das meiste stuck vor die thur,
so ist der gehofner los.
*) S. u. a. üStift 1822—23, S. 886, 379, cit oben S. 369 im Text und Bd. 2, 370
Note 8. Von Interesse ist auch noch die Stelle des *WLintgen im USMax. 1484: und sie
haen auch fort gewisten, alle diejene, die grontzinse dem obgenanten herren apt und sime
gotshus jars schuldich sint, suUent kommen in die neheste wissunge, die noch dem jarge-
dinge noch der heiliger drier koning dag feilet, ire zins berechenen vor gericht mit den
boissen. und were sache dass einich zinse verloren wurden, die man nit finden künde, so
sal man demselben von sime willesteine an messen und huisongen hoefisteide garten wiesen
feit dreschen und all sine erbe doselbst und also mannigen morgen man in der maessen
und erbschaft findet, also manichen penning Lutzenburger münzen sal er geben.
^) S. oben S. 649.
ö) Vgl. aufser Guden- CD. 1, 882, 1074, cit unten S. 872 Note 2, vor allem Hanauer Const 51,
Maursmunster, c. 1117: abbas Adelo . . pro incuria, pro torpore ac desidia curie servientium,
hominum videlicet ut dicebantur dominicalium , triduanum conunutavit servitium ea con-
ditione . ., ut quantum in censu, tantum pro servitio redderetor, sicque tam illorum pudori
seu inutilitati, quam nostre consuleretur sumptuositati. Vielleicht deutet auf den Inhalt des
Textes oben auch schon das Fehlen spezifizierter Dienste in der zweiten Beschreibung des
Hofes Losheim im UlMettlach, s. Bd. 2, 107.
'') USMax. S. 453, Rübenach.
») Bd. 2, 209 No. 4.
•) Vgl. z. B. üLuxemburg S. 876, »: en mait pour les kerves (corvadae] de ehernes,
si y at 18 ehernes, montent descendent, si vaut chascune eherne 2 s., le gros pour 16 d.;
[Wirtschaft d. Grofsgrundbes. — 866 —
Viel drastischer freilich als vereinzelte unmittelbare Nachrichten und
Vorgänge beweist das Schicksal der grundherrlichen Fronhofeverwaltung und
vor allem das Schicksal des Landbestandes der Fronhöfe den allmähligen
Verlust einer grofeen Masse im früheren Mittelalter konstituierter persönlicher
Dienste bis zum Beginn des 13. Jhs.
Von hervorragendem Interesse ist hier besonders das Schicksal des
Beundeackerbaues. Von der Auflösimg der Beunden ist früher schon mehr-
fach die Rede gewesen^; hier wird es genügen, die in anderem Zusammen-
hang erörterten Erscheinungen ins Gedächtnis zurückzurufen und mit einer
Anzahl neuer Thatsachen in Verbindung zu bringen. Da ergiebt sich, dafe der
Beundenacker den Fronhöfen seit dem Anfang des 12. Jhs. in immer steigen-
dem Mafee entfremdet wurde bis zu fast völligem Verschwinden grundherrlichen
Eigenbaues in den Beunden am Schlufe des Mittelalters ^. Diese Entfremdung ging
in den mannigfachsten Modalitäten vor sich; neben der Hingabe im ganzen
kommt Parzellierung und Aufteilung im einzelnen® vor, und bei Aufteilung an
einzelne Nutzniefser waren alle Arten der Leihe, zu Erbpacht und Zeitpacht,
zu festem Nutzungsschilling und Teilbau besonders beliebt*. Wie sich inner-
halb dieser Entwicklung neben so manchen anderen Formen auch das be-
somme 26 s. — Item doit en awost de kerve chascuns feus 4 d., si montent et descendent;
valent somme 6 8. So noch oft im ULuxemburg. *Mayener Kellnereirechn. 1344: messoribus
curie domini in Maien nihil hoc anno, quia depactata fiiit
1) S. namentlich oben S. 418 ff., auch S. 772, sowie in verwandter Beziehung S. 753
und 756 f.
«) S. oben S. 438, dazu vielleicht MR. ÜB. 1, 393, (1097), wo statt mercennarii man-
sionarii zu lesen, femer MR. ÜB. 2, 95, 1189; *USteinfeld BI. 88 1, Rockendorp: V2 morgen
bendes, V4 lants zinsen 40 d.; in Engelgau sind 3 Benden mit 3 Empfängern (=* Pächtern).
Nur einmal begegnet (Bl. 106^, Hinterwilre) ein eigener bende unverleint. Die SchafF-
gotschische Herrschaft bewirtschaftete noch um 1715 nur wenig Land selbst; sogar dem
Gesinde wurde Ackerland und Vieh zur Nutzniefsung an Lohnes Statt überlassen; s. Heisig
S. 54, dazu oben S. 438.
») S. oben S. 440, auch S. 759; dazu Feoda SMax. Detzem S. 470; UStift S. 420,
Manderscheid : habet archiepiscopus 2 hattas, de quibus alique partes hominibus advenientibus
concesse sunt, videlicet aree et orti, unde in censu . . solvuntur . . 11 d. S. femer Bd. 2,
223 d; 227 Z. 6 v. u.
*) S. oben S. 438 ff.; Bd. 2, 226; für Zins- und Leihverhältnisse zu festem Nutzungs-
schilling MR. ÜB. 2, 40, 1140; *Litterae de croada hospitalis sanctae Elisabethae prope
Longuich concessa anno 1295, Arch. s. Max. 8, 210 ff.; *Locatio croadae in Wasserluesch
durans ad 20 annos a dato praesentium, anno domini 1472, a. a. 0: Bd. 13, 1211 ff.;
*Descriptio bonorum in Wellen 1495, a. a. 0. Bd. 13, 1262 ff.; WMettlach 1499 § 37. —
Zum Teilbau vgl. oben S. 420 und 439 über den Ausdruck Messe, dazu etwa noch UStift
S. 398, 399, 408, und aufser WHeisdorf 1606 § 9 ff. das *ürbarbuch von SElisabeth 1435,
SWalpurgis: man hait verluhen Peter Mongens son von Kenne . . unser felde zu Kenne in
den drien floren nun jare lang alle jare von dem kom halbscheit, ußgescheiden daz ein feit,
daz da helt 3 morgen, [daz git daz dritteile], und von der even von allen felden daz diit-
teil . . . auch salle Peter vorg. alle unse wesen zu Kenne gelegen han in daz bestentenischoj
ul^gescheiden [2 Wiesen].
— gg7 — Umwälzung d. WirtschaftsverfiBissung.]
sondere Rechtsverhältnis der modernen Gehöferschaft ausbilden konnte, ist schon
früher gezeigt worden*.
Aber nicht blofs die Ackerbeunden wurden dem grundherrlichen Betriebe
auf diese Weise entfremdet ; auch für Weinberge ^ und Wiesen * im Beunden-
verhältnis wie für den Wald* wiederholen sich im wesentlichen, wenn auch
nicht gleich ausgedehnt, dieselben Vorgänge. Ja gerade im Wald erhält die
Umfonnung des Betriebes dadurch noch ein erhöhtes Interesse, dafs die neuen
Leiheformen hier wie auch aufserhalb des grundherrlichen Nexus zum Ausbau
von RotÜand* in Schiffelkultur* und zu regulärem Ausbau^ in Wiese und
Weinberg benutzt wurden.
Indes die Bewegung beschränkte sich überhaupt nicht auf Beundeland
oder beundefähige Allmende : sie griff ebenso in die eigentlichen Salländereien
der Fronhöfe ein®. Nicht nur verfrontes Land (terra absa) wurde zu freierer
Nutzimg ausgethan^, auch das alte und eigentliche Hufensalland des Fronhofs
wurde auf diese Weise behandelt und jede Einzelwirtschaft damit ganz oder
teilweise zerstört*®. Bei solcher Verleihung des Landes blieb natürlich nur
die Fronhofsarea mit ihren Gebäuden übrig, und auch sie wird bisweilen noch
verliehen".
Was sollten bei solcher Auflöung noch losere Fronhofspertinenzen , wie
') S. oben namentlich S. 453.
2) MR. ÜB. 1, 652, 1168; Feoda SMax. S. 470, Detzem; MR. ÜB. 3, 53, 1216.
») Vgl. USMax. 1484 Bl. 2, W^Bisingen, cit oben S. 447 Note 5; WWeisskirchen 1498,
Arch. Maximin. 1, 96, cit oben S. 580 Note 5; *Locatio prati domini in Stronssbach apud
Meirait, 1512, Arch. Maximin. 6, 511.
*) MR. ÜB. 1, 640, c. 1163; Hennes ÜB. 1, 369, 1305; üSMax. 1484, BL 86», Kor-
lingen, cit oben S. 458 Note 2.
'') MR. ÜB. 3, 504, 1234. Genaueres darüber später.
») S. oben S. 456 ff., »Arch. Maximin. 8, 42, Longiiich; WKenn 1490, G. 2, 312.
') UStift S. 399, Pallast; Bd. 3 No. 211, 1382.
«) MR. ÜB. 1, 386, 1092.
») S. oben S. 750, auch Ennen, Qu. 2, 98, 84, 1224.
^^) Ann. Rod., Ernst S. 55, 1144: bei Nortbech tres mansi terra illius [so oft in Ann.
Rod. statt der urspr. konkreten Bezeichnung] mensure . . . terra . . ex parte aratro subiecta
et ex parte cultoribus est disposita, unde ipsi censualia solvunt debita. MR. ÜB. 2, 95,
1189: die Abtei Siegburg de omni terra nostra sive salica sive non salica, que continetur
infra territorium parrochi^ eiusdem vill^ [Güls] tam proprio sumptu et proprio nostro labere
culta sive in posterum colenda, quam de ea, quam aliis colendam distribuimus vel adhuc
distribuemus, totam decimam '(ecdesie beati Servatii in Traiecto) recognoscimus.
^') üStift 412, Andernach: archiepiscopus habet curiam in A., quam Lenherius exposuit
hominibus pro censu. Es handelt sich zunächst um das Hofgebäude, aber auch das Acker-
land ist zerschlagen. Der Zins bringt für das Haus 11s. 9 d. Colon., für den Acker 17 s. 9 d.
Colon. Dazu eine Einnahme aus der Bede von 15 s. 5V4 d. Preterea attinent curie archi-
episcopi ibidem 40 iumales, quarum seminantur imo anno 15, altero 25, preterea sunt ibi
agri, qui cum avena seminantur.
[Wirtschaft d. Grofsgnmdbes. — 868 —
Fischereien oder Mühlen nützen? Auch sie wurden verliehen ^ Und was die
SpezialVerwaltungen, die Fischämter, grundherrlichen Müllereien imd Förstereien?
Sie wurden aufgelöst*.
So konnte ein Fronhof völlig dismembriert werden, unterlag er der
vollen Einwirkung dieses mit der 1. Hälfte des 12. Jhs. leise, mit der 2. Hälfte
des 12. Jhs. stärker einsetzenden Entwicklungszuges ; höchstens blieb von ihm
ein trauriger Rest einstiger Bedeutung übrig. Das spätere Mittelalter, in
welchem die eben geschilderte Entwicklung sich immer allseitiger durchsetzte,
zeigt daher neben ziemlich intakt gebliebenen Fronhöfen eine grofse Anzahl solcher
zerpflückter und zerzauster Fronhöfe, welche wirtschaftlich ohne gröfsere Bedeu-
tung, ja nahezu unproduktiv sind®.
Es versteht sich, dafs die Bewegung zur Auflösung des grundherrlichen
Nexus und zur Ausbildung freierer Landnutzungsformen eine gewisse Gärung
innerhalb der Fronhofgenossenschaften mit sich brachte. Die Gärung mufete
imi so bedeutender sein, als der Beginn der geschilderten Vorgänge im 12.
und 13. Jh. lag, also in der Epoche letzten Landesausbaues, in welcher die
1) WNalbacher Thal 1532, G. 2, 26; WMeddersheim 1514 § 13, cit. oben S. 642,
Note 6.
«) S. oben S. 496.
') Wie klein man sich schon im Beginn des 14. Jhs. einen Hof vorstellen konnte,
zeigt Goerz, Regg. der Erzb. z. J. 1317 Okt. 22: der Erzbischof giebt dem Domkapitel eine
Hofstatt zu Osburg and 40 Ib. kleine Tumosen zum Bau eines Hauses för einen Hofinann,
der gleiche Rechte wie die dortigen Einwohner an der Allmende haben soll. 8. femer Cod.
Salm. 139, 1320: Friedrich von Malberg trägt an das Erzstift zu Lehen auf curiam in Bur-
scheid prope Kilburch, de qua singulis annis mihi proveniunt 16 mir. partim siliginis et
partim avene, item colonum in eadem, qui mihi singulis annis servit de uno porco 20 s.
Trevirensium ; item lacobum de Censcheid hominem meum, qui mihi dat singulis annis 20 s.
Trevirenses, mir. siliginis et mir. avene . . et ultra ambo ad voluntatem moam et hereJes
dictorum hominum et bona eorum cum omnibus iurisdictionibus, iuribus, dominus, redditibus
et aliis quibuscunque ad predicta pertinentibus , que omnia pleno iure et allodialiter ad nie
I)ertinent *Bald. Kesselst. S. 178, 1324: domum seu curiam cum orto sitas apud capellam
Wich prope Mailberg necnon 20 iugera terre arabilis sita circa villam Wich et centum iujreni
tam silvarum quam camporum sita in loco dicto Eschedelle prope Wich, item tres mansiones
habitabiles in Wich, in quibus nunc homines commorantiu-, de quibus tribus mansionibus
specialiter ce<lunt annuatim in festo beati Martini hiemalis duodecim capones et sex dies
senitii dicti vronedage tempore messis requirendi una cum iurisdictione iure et pertinentiis
eiusdem curie universis. Aus dem 15. Jh. vgl. aufser Bd. 3 No. 288, 1414, namentlich die
Nachrichten im *Maximiner Urbar von 1484, zunächst Bl. 18»: habet dominus in Monsterappel
curtem suam cum suis attinentiis, que annue locatur pro 6 vel 7 mir. siliginis et habet ab
antiquo 27 iumalia agrorum. Femer *ebd.: curtis domini in Winterbom locata est annue
cum suis attinentiis pro 8 mh-. siliginis . . . Dann *USMax. 1484 Bl. 21 b; curt(is) cum
attinentiis scilicet cum 36 iumalibus agromm et 2 pratis (2 plaustrorum) , locata pro 6 Ib.
hl. et 3 am. vini; *ebd. Bl. 85 ^ betragen die Einnahmen im Hofe Tharforst 3V2 mir. silig.
und 13V3 mir. avene, davon kommen nach Abzug der Verwaltungskosten von Villicus und Scabini
an SMaximin 3 mir. 2 ferc. süig. und 6 mir. avene. Den vollen Ruin der alten Hofverfassang
ergiebt endlich *üSMax. 1484 Bl. 49», Oberdonwen: 5 ferc. solnmtur ex hereditate dicta im
Spedcl, et fuit quondam cuitis.
— gg9 — Umwälzung d. WirtschaftsverÜBissung.]
Arbeitskräfte der landarbeitenden Klassen zweifellos sehr gesucht waren *, und
in der Zeit des ersten städtischen Aufschwunges, welcher die Landleute massen-
haft nach den neuen Stätten des Handels imd Gewerbfleifses zog*, sowie end-
lich in der Zeit jener gro&en Besiedlung des Ostens, welche die deutschen
Volksmassen mächtig in die unteren Donaugegenden und in das ttberelbische
Gebiet hinaustrieb. Diesen Lockungen städtischer Freiheit^ und kolonisatorischer
Wirtschaftsselbständigkeit im Osten mag damals eine beträchtliche Anzahl
grundhöriger Bauern gefolgt sein ; die Quellen haben für den Vorgang geradezu
stereotype Ausdrücke wie fugam dare oder recedere ausgemünzt*. Zweifellos
1) S. oben S. 137.
^ Was auch schon kleinere Städte um diese Zeit neuen Ankömmlingen boten, mögen
die Beispiele von Münstereifel und Dieburg zeigen; vgl. MR. ÜB. 2, 171, 1197, für Münster-
eifel: ut nullus pugil precio conductus nee aliquis civium cum cive nisi de mortiferis vel
manifestis vulneribus monomachiam ingrediatur; mancipia, quae in prephata villa anni spa-
tium compleverint, ad extera placita nee veniant nee citentur; domno suo annuatim et in
morte sua debitam persolvant iustitiam; nullus iudicum de aliqua alicuius rei emptione vel
mensura presumat iudicare exccpto centurione cum scabinis, nisi forte ad eum deferatur
propter alicuius opportunitatem. Für Dieburg (neugegründet am Castrum Dieburg bei Darm-
stadt) s. die Freiheit im Lehnsbuch Werners II. v. Boland S. 16—17: tali vero libertate
gaudet prefeta civitas, ut omnis advena, qui ibidem habitaverit per annum et diem nuUo
reclamante et asseverante, se habere dominium in illo, nuUi tenetur ulterius servire, nisi
dominis eiusdem loci, item quicunque duxerit uxorem in eadem civitate et ibi habitaverit,
reputandi sunt paris conditionis. item quicunque ibi decesserit, heredes sui non possunt
cogi ad divisionem mobilium, que vulgo dicitur buteil, nee tenentur id dare, quod dicitur
hererecht item omnes iUic habitantes warandiam habent in marcha communi, qui vulgo
dicomtur sint werhaft. item quelibet area in eadem civitate in festo sancti Blasii [Febr. 3J
nomine census solvit 6 d. hunc censum dominus Henricus burgensibus usque ad consum-
mationem munitionis civitatis indulsit. Zur Datienmg s. Sauer a. a. 0. S. 50 — 53. Aus
späterer Zeit vgl. noch Honth. Hist 3, 248, 1609, für Bemkastel. Doch liegen die Dinge
nicht stets so günstig, s. Bd. 3; 82, la, 1280.
») Vgl. u. a. * Andernach. Schreinsr. No. 35, G. 1449, um 1220: ego S. C. . . me
uxorem, filios et filias omnesque successores meos ab iniusta exemi Servitute, et me et filios
et successores meos ecclesie beate Marie applicui sub tali conditione, ut d. annuatim ad
emendam ceram altari eiusdem ecclesie persolvam. Ähnlich *ebd. No. 36, G. 1449, um 1220:
ego E. de Rengsdorf . . a servitio mei domini, videlicet burggravii in Rinhecke [so statt
durchgestr. Hamersteinensis] me et filium meum G. exemi, et me ecclesie beate Marie una
cum ipso contuli, censum dimidii talenti cere, tantumque mens filius illuc annuatim soluturi.
*) Vgl. MR. ÜB. 2, 81, 1186: Busendorf verkauft ein Allodium in Ramespach an
Wadgassen, quod . . tum propter raritatem incolendum, tum propter diversos contrarios
eventus minus utile fiierat, für 28 talenta. MR. ÜB. 3, 462, 1232, Wadgassen tritt an den
Grafen von Blieskastel einigen Besitz, u. a. den in Berge ab : de hominibus autem de Berge,
qui relicta hereditate sua recesserunt, ita statutum fuit, ut si ad hereditatem suam apud
Berge sine omni coactione redire voluerint libera voluntate, proprii erunt comitis et heredum
suorum, sicut fuenmt ecclesie (Wadegozingensis). S. feiner die äufserst bezeichnenden Nach-
richten Bd. 3, 81, 5, 1280; 85, w, 1280; 145, 20, 1326, sowie *Bald. Kesselst S. 589, 1327
April 3: ego Walterus de Hentre nunc scultetus in Sarburg recognoso publice per presentes,
quod ego volimtarie non coactus promisi . . (BaldewinoX me permansurum iugiter cum per-
sona rebus et bonis meis universis tarn mobilibus quam immobilibus apud eundem dominum
[Wirtschaft d. Grofsgrundbes. — 870 —
wurde aber die Entblöfsung des platten Landes von tüchtigen Wirtschafts-
kräften durch die Auflösung der alten gehöferschaftlichen Grundlagen sehr
begtüistigt ; und zweifellos wirkte eben diese Entblöfsung auf die zurück-
bleibenden Gehöfer wiederum im Sinne starker Verselbständigung.
In der That trägt der Bauer um die Wende des 12, und 13. Jhs., trotz
mannigfachen Unglücks namentlich infolge kriegerischer Verwüstungen, sein
Haupt so hoch, wie bisher nie im Verlauf der deutschen Kaiserzeit. Fehlt
auch an der Mosel eine so detaillierte Überlieferung über die Wohlhäbigkeit des
Bauernstandes, wie sie für die Gegend des Siebengebirges in den Schilderungen
des Cesarius von Heisterbach, für Südostdeutschland in den Dichtungen Neit-
harts von Beuental vorliegt, so lassen doch die allgemeinen wirtschaftlichen
Grundlagen wie eine Anzahl von Symptomen keinen Zweifel darüber, dafe es
auch an der Mosel hoch hei^ng, dafs auch die Eifel Figuren in der Art
Meier Helmbrechts erzeugt haben wird. Schon frlüi wird vereinzelt über den
steifen Nacken der Baueni geklagt* und in unserem Gebiete wie über dessen
Grenzen hinaus die Bereitwilligkeit und der Fleilis der Land^eute für den
Herrendienst in Zweifel gezogen^. Dann folgen positive Eingriffe seitens der
Grundhörigen. Jede Bevorzugung eines einzelnen Hörigen wird von der ge-
samten Genossenschaft eifersüchtig verfolgt und thunlichst verhindert^, die
Zinsweigerungen und Zinsrückstände werden immer allgemeiner *, und hier und
archiepiscopum et . . abbatem sancti Mathie Treverensis, quonim amborum sum homo ratione
bonorum meorum, que ab ipsis habeo, et quod non recedam seu divertam me ab ipsis nee
me nee res seu bona mea prenotata transferam ad aliquem locum libertatuni recedendi ab
eisdem dominis meis causa ullo unquam tempore in futunmi. in cuius rei testimonium etc.
Für später vgl. man Bd. 3, 498—499, 14. Jh. 2. H., und Hochgerichtsw. Blankenheini, G. 2,
584-5, (1582).
») NoviU. Honth. Prodr. S. 1014, cit oben S. 375 Note 1, nach MR. ÜB. 1, 332, 1042—41.
2) Guden. CD. 1, 382, 1074, Eibingen-Rüdesheim, cit. unten S. 872 Note 2; Hanauer
Const 51, Maursmünster, c. 1117 cit. oben S. 865 Note 6.
^) Man vgl. die nach vielen Richtungen lehireiche Urkunde des *St. A. Düsseldorf, Pant.
Gr. 26, 1181, in der Abt Heinrich von SPantaleon beurkundet, quod antecessor noster abbas
Wichmannus pro instanti utilitate et frequenti familiarium suorum petitione cousul(tub) quan-
dam Luchardam in curtim nostrani Sulpeze ad eoram ins, qui planum debitum solvunt, per-
tinentem ad censum duorum d. annuatim persolvendum et quicquid cerarii iuris est ante
mortem et post mortem custodi consignandum [promovit]. cum autem procedente tempore
sub nostra Providentia familia curtis inconsulte et minus caute hoc factum proclamaret et
dampnum ecclesi«? in tali facto afißmiaret, consilio ipsius famili^ et tideliimi noßtrorum et
per nostrum consensum predicta L. in recompensationem detrimenti capitalis census iugenmi
1 su^ proprietatis sine uUius reclamatione in propri(;tate semper possidendum curti tradidit
et confirmavit ne ergo aliquis de familia eiusdem curtis posthac eam publica accusatione
ad iniustam exactionem devocet, coram villico et ministeralibus omnique familia interdiximus
et interdictum hoc banno nostro confirmavimus , per nomen Domini obtestantes et anathe-
matis vinculo obligantes illos, qui hanc confirmationem et iustitiam ei infringere ausi fuerint.
*) MR. ÜB. 1, 556, ca. 1150; *USPantaleon-Köln, ca. 1200, Bl. 38^ (IIs. Berlin kgl.
Bibl. Cod. Boruss. 234): in Euskerchen solvebantur olim 72 mir. [tritici]; sed propter guerras
— 871 — Umwälzung d. WirtschaftsTerfassung.]
da sucht man geradezu grundherrliches Eigentum an sich zu reifeen. So er-
zählt z. B. eine Urkunde vom J. 1150 über zwei verbrüderte Bauern der
Grundherrschaft Grofs-SMartin-Köln zu Winningen an der Mosel, sie seien
in familia ecclesie (sancti Martini) generosiores eiusdemque prestantiores atque
fortiores gewesen, unde . • nimium de se presumentes partes quasdam vinearum
ad nos pertinentium aliquantisper pertinaciter occupaverant, non hominii ratione
neque aimuum inde censum persolventes, sed quasi proprias eas sibi vendi-
cantes. Dagegen gehen nun die Mönche von Grofs-SMartin gerichtlich vor,
aber gleichwohl behalten die Brüder die Weinberge, die Abtei mufs sich
schliefslich bei einem magern Vergleiche beruhigen ^
Was war zur Besserung der verfahrenen Zustände zu thun, welche
sich aus diesen Symptomen ergeben?
In Frankreich, wo eine verwandte Entwicklung um ein bis zwei Genera-
tionen friüier einsetzte, entnahm man aus derselben schon frühzeitig die Auf-
fordenmg zu einer umfassenden Neuordnung der ländlich-bäuerlichen Verhält-
nisse. Ihr vollendeter Ausdmck ist die Loi de Beaumont; sie wurde ohne jedes
zwingende Drängen seitens der Bevölkerung durch die Grundherren eingeführt*,
und noch spät war man sich der fortdaueniden Gründe ihrer Einführung wohl
bewufst. So heifst es in der der Loi de Beaumont nachgebildeten Freiheits-
karte {\\r Montquentin und Couvreux vom Jahre 1475: les corps des hommes
et des femmes dMceulx villaiges . . estaient et sont de condition serville et
formariage. Aber nun giebt Jehan de Ville, seigneur des dits lieux, ihnen die
Freiheit, sachant certainement, que ä ceste cause par ci-devant, et encore ä
präsent, les plusieurs des dits hommes et femmes se sont absent^s et absentent
des dits lieux et en son al6s et vont en estraignes marchiez, ä l'occasion de
de laquelle chose il y a maintenant en iceulx villaiges pauret6 de peuple,
par quoi ä giand peine se peullent faire les mariaiges d'un ä l'aultre poui'
les proximit^s de lignaige qui y sont; et aussi que ä ceste cause les 6difices
d'iceulx lieux, ensemble les h6ritaiges, demeurent vagues et ch6ent en ruynes,
qui est mon tr^s grand dommaige®.
miilto tempore ibidem durantes et alia infortunia de agris desertis et incultis depererant
nobis de dictis mir. quolibet anno 17 mir., prout scultetus noster ibidem se exhibet monstra-
turum. MR. KB. 3, 861, 1228; *Chart. Himmerod. Trier Stadtbibl. 1259, MR. Reg. 3
No. 1535: eine seit 6 Jahren nicht entrichtete Weinrente wird von Himmerode vor dem
Propst von Pfalzel als päpstlichem Delegat eingeklagt S. femer Bd. 8, 80, n, 1264, und
*ULehmen Hs. Koblenz CXI Bl. 44»: im Burgener Hof sollen jährlich 2 am. una snelle
Wein einkommen. 1338 debitum vini deficientis . . fiiit 1 ama 9 snelle preter 6 geltas . .,
que circa 6 annos deficiebant. Charakteristisch ist auch Hennes 1, 498, 1309?: auf An-
regimg des Koblenzer Deutschordenshauses befiehlt Papst Riemens dem Scholaster von
Wetzlar, dafs er die, welche in der Diöcese Trier dem Deutschen Haus von Koblenz zins-
pflichtig sind, zur Zahlung anhalte. Ähnlich Hennes 1, 494, 1319.
1) Ennen, Qu. 1, 529, 1150.
^ Bonvalot S. 276 f.
3) Bonvalot S. 281.
[Wirtschaft d. Grofsgnmdbes. — 872 —
Anders verfuhr man in Deutschland. Hier wurde, die Politik des Zwangs
und der kleinen Mittel angewendet: man suchte die Freizügigkeit der grund-
hörigen Bauern zu verhindern ^ und man entschlofs sich zu kleinen Erleichte-
Hingen durch Zinsnachlässe ^ und Übergabe der Beunden in den Eigenbau
>) Die Tendenz zeigt schon MB. ÜB. 3, 300, 1226: ein Höriger wird dem Trierer
Domkapitel zugesprochen seitens des Trierer Ofücialats. Cum Hermannus miles de Wolme-
rode Gilbertum de Pünderiche, quem capitulum Treverense hominem suum esse dicebat et in
possessione sua tenuerat, annis mnltis ad villam suam de Wolmerode diceret attinere, adeo,
ut, si ab illa diverteret, ipsum revocandi ius haberet, eundem propter hoc capdvasset, nos
tam capitulo quam ipsi H. diem constituimus litigandi et probandi de iure suo. Den Ab-
schlufs z^igt Honth. Hist 2, 170, 1346, Karl IV. für Trier: inhibemus, ne homines seu
subditi dicti archiepiscopi suorumque successonun utriusque sexus, quocunque genere seni-
tuds vel conditionis ipsis adstricti, vel pueri eorum in nostris seu ipsorum aut quorumlibet
aliorum civitatibus seu oppidis absque pretactorum archiepiscoporum licenda ezpressa reci-
piantur vel quomodolibet admittantur: sed si quos taliter recipi contigerit vel admitti, huius-
modi receptionem seu admissionem cassamus et irritamus . . volentes, ut taliter receptos vel
admissos infra annum ipsi archiepiscopi in statum pristinum sine cuiusquam contradictione
valeant revocare. Vgl. auch das W. des Königsreichs bei Horch weiler 1550, G. 2, 40:
wan einer, der uf dem königreich begutet were, etwas verkauft und hinder andere hera zöge,
was der m. g. h. verfallen were? Er sie m. gn. h. ein besthaupt, dem Schultheißen die laut-
losung, nemlich 3 alb. 3 d. und den hubem 1 sester wein, thut 3 maßen, verfallen.
^) Guden. CD. 1, 382, 1074, Eibingen-Büdesheim : ut etiam eundem populum nostnun magis
benivolum et promptum ad excolendam terram illam haberemus, indulsimus eis, ut in campo
nulla in eos fieret angaria. Hanauer Const 51, Maursmünster c. 1117, cit. oben S. 865 Note 6;
Westd. Zs. Bd. 3 Korrbl. No. 122, 1198, Propst Gebuin für die Censiten zu Mengerscheid :
misericordia commoti censitic[i]i8 ecclesie nostre in villa, que vocatur Mengeresrod, et in
aliis huic adiacentibus haue gratiam concessimus per presentes, ut imusquisque villanus, qui
omni anno solvere debuerat 15 d., dabit 10 super altare sancti Christophori, et unaqueque
femina persolvat 5; et sie liberi sint impostenim ab omnibus prestationibus et immunes,
servitiis in his exceptis. si quis autem eonim berede superstite mortmis ftierit, dabit ecclesie
nostre predicte optimimi caput pecudis siii, et mulier optima vestis [!], sicut exactum est ab
antiquo. Ebd. No. 123, aus Düsseldorf St. A. Pant. Or. 30, 1199: Abt Waldever von
SPantaleon beurkimdet, quod, dum quidam paupenim de familia ^cclesie nostre Bftlhove
pertinentes frequenti nos proclamatione merendo piilsarent, ut a iiu'e plenarii debiti eos
absolverem, quia tanta sepe violentia conprimerentur , ut nonnulli vacuas, quas tenebant,
possessiunculas reliquentes patriis e sedibus migrarent, . . consensu coniitis Adolfi advocati
eiusdem curtis subadvocati Bälandi . . ista familia, quam a iure plenarii debiti absolvimus,
hoc deinceps iure utatur, videlicet ut omni anno in festo sancti Pantaleonis censum 2 d. in
curtim villico persolvat, pro licentia vero nubendi vir sive mulier 6 d. conferant, cum cetera
tamen familia eiusdem curtis semel in anno, videlicet 4» feria post octavam epiphaniQ ad-
vocaticiiun placitum possideat cum vero aliquis inter eos vita decesserit, si vir fuerit,
equum vel melius iumentum quod habuerit, si femina, melius quod propriis manibus filaverit
et texuerit positis super eandem vestem 2 d. consignet. ad hoc ius exigendum et suscipien-
dum magistros unaqueque cognatio eiusdem familie inter se eligant, qui censum supradictum
Statute tempore et ius de mortuis sicut dictum est, quotiescumque provenerit, villico deferant
et 2 d., qui super vestem ponuntur, in ius suum vertant si quis autem ex eis predictum
censum 3 annis supersederit, ius pretitulatum , quod eis pro misericordia . . concessimus,
amittat. . . . visum est . . nostrorum fidelium sapientioribus , nullam ipsius curtis utilitatem
hoc modo decurtatam, sed potius augmentatam, dum . . femina, qu^ antea nihil penitus
solvebat, deinceps . . censum 2 d. annuatim persolvat
— 873 — Umwälzung d. Wirtschaftsverfassung.]
der Gehöfer^ Natürlich ohne Erfolg: der freie Zug wurde von den Gehöfem
dennoch im späteren Mittelalter vielfach erreicht, die Zinserleichterungen
blieben vereinzelt und darum wirkungslos, die Beundenübergabe war schon
viel zu selbstverständlich, um besonderen Eindruck zu machen. So wurden
die grundhörigen Verhältnisse, nachdem sie unter dem Verfall der alten grund-
herrlichen Wirtschaftsverwaltimg im 12. und 13. Jh. ins Schwanken geraten
waren, nicht von neuem allgemein geregelt; sie blieben vielmehr ihrer ganz
speziellen und einzeln lokalisierten Entwicklung überlassen, ft\r welche sich
nur ein stets weitergreifendes Streben zur Aufhebung des grundhörigen Nexus
im Sinne der Kreierung freierer Landnutzungsformen als Grundrichtung an-
gel)en lälist^.
Diese Bestrebungen versprachen aber um so eher Erfolg, als sie inner-
halb der Fronhofsverwaltung kaum noch ernsteren Widei-stand zu überwinden
hatten. Namentlich war hier der Meier, bisher der kräftigste Beamtentypus
des Grofsgrundbesitzes, nunmehr in Bedeutung und Ausdehnung seiner Funk-
tionen sehr zurückgegangen. Schon die Umwandlung des Meieramtes in lehns-
rechtliches oder erbliches Eigen, wie sie in der 1. H. des 12. Jhs. bereits
gedroht hatte, in der 2. H. dieses Jhs. aber meist zur Wirklichkeit geworden
war^, mufste eine beträchtliche Erschlaffung der Fronhofsverwaltung zur
Folge haben: wie sollte sich der Lehnmeier oder Erbmeier um mehr als
seine Interessen , d. h. seine Einnahmen im Fronhof kümmern ? Aufserdem
aber schrumpften die Funktionen des Meiers auch aus anderen Anlässen fast
ausschliefelich zur Renten- und Zinsrezeptur zusammen. Bisher hatte der
Meier sich an der Gerichtsverwaltung im Fronhof lebhaft beteiligt; jetzt trat
eine Abzweigung dieser Thätigkeit ein, sie wurde einem besonderen Beamten,
dem Schultheifs, übertragen*. Ferner hatte die Eigenwirtschaft im Fronhof,
soweit sie sich auf Beundenkultm* stützte, mit der Entfremdung dieser aus
dem Fronhofsbetrieb aufgehört, die Fronden waren in Geld konvertiert, alle
sonstigen Dienste ebenfalls abgelöst oder verfallen*^. Unter diesen Umständen
blieb dem Meier nur die Einnahme der noch bestehenden Zinse und Pachte,
sowie die Vornahme der zu diesem Zwecke etwa nötig werdenden Verpachtungen
übrig*. Und auch in dieser beschränkten Thätigkeit wurde er nicht voll be-
^) Lac ÜB. 1, 367, 1149: der Abt von Brauweiler verteilt das Salland des verwüsteten
Hofes Kaifenheim unter die Hofeshörigen, ne tantis malis exacerbati eflugarentur et predia
ecclesi^ honun recessu vastarentur.
^) Genauer wird über diese Fragen sehr bald noch in diesem Teil zu handehi sein.
») S. oben S. 771.
*) S. darüber oben S. 772 imd weiter unten Abschnitt VII Teil 1.
») S. oben S. 451.
^) Vgl- * Arch. Maxijnin. 8, 42, Longuich : silvae dictae raedsfloir und raedbusche, dant
quintara garbam, semper lucrari debent in IP anno, locantur per villicum; WKenn 1490,
G. 2, 312; WW^eifskirchen 1493, Arch. Maximin. 1, 96, cit. S. 580 Note 5, und dazuüSMax.
1484 Bl. 2, WBisingen, cit oben S. 447 Note 5.
Lamprecht, DentscliM WirttchaftsIebeD. I. 56
[Wirtschaft d. Grofegnmdbes. — 874 —
lassen; schon früh vertraute man die Erhebung bestimmter Zinse anderen
Beamten, den Baumeistern, Windelboten, Zinsmeistem an^.
Wie der Vorstand der Fronhofsverwaltung,, so ging aber auch das Per-
sonal der Zentralstelle seinen alten Funktionen allmählich verloren. Es wird
später teilweis noch genauer zu untersuchen sein, wie die Ministerialität zum
Erbbeamtentum, das geistliche Beamtentum zum Sinekurensystem im Pensionar-
verhältnis entartete: schon diese grofse Revolution genügte, die stets geringe
Thätigkeit der Zentralverwaltung in wesentlichen Punkten völlig lahm zu legen.
Gleichwohl würde der Verfall der alten Wirtschaftsverfassung des Grofe-
grundbesitzes schwerlich mit der aufserordentlichen Schnelligkeit eingetreten
sein, welche den Umschwung am Schlufs der staufischen Epoche kennzeichnet,
wäre nicht noch eine Anzahl von Erscheinungen hinzugekommen, welche das
Verhältnis des Grundherrn zu den Lokalverwaltungen im höchsten Grade zu
lockern geeignet waren. Es handelt sich hier im wesentlichen um die rapide
Ausdehnung des Anweisungssystems im 13. Jh. mit der Konsequenz nunmehr
völligei* Umgestaltung des Fronhofe und seiner hörigen Güter zum blofeen
Rentensubstrat, und um die durch Veräufeerung und Verlehnung verursachte
Verstünunelung der alten Verwaltungszusammenliänge.
Was zunächst die Veräufserung ganzer Höfe betrifft, so ist sie in älterer
Zeit, abgesehen von Schenkungen an die Kirche, selten, obwohl schon im
11. Jh. Beispiele für die Erscheinung nicht fehlen, dafs Grundherrschaften
nicht mehr imstande sind, in entfernter liegenden Fronhöfen einen genügenden
Einflufs ihrer Wirtschaftsverwaltung geltend zu machen und darum solchen
Besitz veräufsern^. Aber geradezu erschreckend mehren sich diese Fälle mit
dem Beginn de« 18. Jhs., namentlich veräufsert ein nicht unbedeutender Bruch-
teil der vielen fremden geistlichen Grundherrschaften an der Mosel® seit
dieser Zeit seinen Besitz aus dem offen ausgesprochenen Grunde, weil er
keinen Nutzen mehr bringe. So tauscht SSinieon - Trier im J. 1209 curtim
quandam, que dicitur Gladebach, . . sibi minus utilem, utpoto ab eadem ecclesia
remotam mit näher gelegenem Besitz*, 1223 verkauft Burtscheid einen Hof
») S. u. a. Lac. ÜB. 1, 367, 1149, cit. oben S. 450 im Text.
«) Martene Coli. 2, 56, 1035: der Hof Vallendar gehört zu SMartin-Mctz. Der
Abt von SMartin, cum a loco longe aberat, . . nullum servitiiun, nuUum potcrat
habere respectum. Die curtis, quae plus 80 mansis constabat , giebt nur noch jährlich 8 s.
Zins, und auch diese Summe wird bestritten. Klage beim Kaiser hilft nicht Schliefslich
Tausch mit Stabloer Besitzungen, welche näher liegen« Sudendorf, Registr. 2, 19, 1070—1078 :
predium, quod ego [Hezil von Hildesheim] et canonici mei viciniun Reno possedimus, ita
nobis est alienatum, ut nee eiusdem predii colonus quisquam ad nos venire nee nos ilhic
quenquam audeamus dirigere. non enim te latuit, canonicorum meorum legatos innocen-
tissime ibi in priori anno coecatos. insuper preposito de [Name fehlt], qui predium meae
ecclesiae sibi usurpavit, qui colonos meos| in vinculis maceravit . • . Zum königlichen Besitz
8. G. ep. Vird. cont 2, MGSS. 4, 46.
8) S. oben S. 133 Note 8.
^) Honth. Hist 1, 647, 1209.
— 875 — Umwälzung d. Wirtschaftsverfassiing.]
4
ZU Kostheim, quia ad culturani et provißionem eius sine inultis expensis ac
laboribus, viarum quoque periculis, operam impendere non potuimus efficacem ^ :
und aus ähnlichen Motiven veräufsein, neben vielen anderen Fällen *, SKunibeit-
Köln 1253 seine Moselgtiter^, SSeverin-Köln 12&7 seinen Zeltinger Besitz*,
STrond 1264 seine Höfe an Rhein und Mosel ^ SApern-Toul 1266 seine Güter
zu Erden und Klüsserath®, Corbie 1309 seine Höfe an Maas und Rhein'.
Nicht nunder störend wie diese grofsen Verkäufe mufeten aber kleine
Veräufseiiingen aus einzelnen Fronhöfen wirken; verwirrten jene den Gang
der Zentralverwaltung, so diese die Verwaltungspraxis der Lokalstellen. Der-
artige Veräufserungen kommen allerdings im ganzen selten vor®; so unwirt-
schaftliche Maferegeln, wie sie etwa Dietrich I. von Metz um 970 traf — in
singulis curtil)us mansum unum usibus suis subtraxit atque aecclesiae sancti
Vincentii superadidit * — gehören entschieden zu den Ausnahmen ^^. Indes zeigen
doch hier auch die wenigen Fälle, wie rücksichtslos man sich unter Umständen
gegen den regulären Betrieb der Fronhofeverwaltung verging. .
Zudem aber waren Besitzentfremdungen aus dem Fronhofsbestand unend-
lich viel häufiger, als die Veräufsenmgen dies ahnen lassen; denn sie fanden
in anderer Foito, in prekarischer und namentlich in Lehnsvergabung statt ^^
Wie aufserordentlich gewöhnlich speziell das System der Lehnsvergabung im
Mittelalter der deutschen Kaiserzeit war, ergiebt sich schon aus der That-
sache, dafs die Lehnsregister geradezu den Abschnitten der Urbare konfonii
angelegt werden ^^ : und wo wir in dieser Zeit einmal eine Hofbeschreibung unter
gleichzeitiger Angabe der verlehnten Pertinenzen finden, da zeigt sich ein ab-
') Joannis 2, 529, 1223.
ä) Vgl. dazu die oben S. 133 Note 3 angef. Litteratiir.
») Bd. 3, 28 Note 3.
*) Bd. 3, 28 Note 4.
») Bd. 3, 24 ff.
«) Toepfer 1, 37, 1266.
') Bd. 3, 34 Note 2 ; s. auch Bd. 3, 223 No. n.
») S. oben S. 843, dazu MR. ÜB. 3, 675, 1240; *Repertor. von SFlorin Koblenz St. A.
1243, s. MR. Reg. 3 No. 366 (Tausch einer zum Hofe Wirges gehörigen Landishove gegen
ein Allod Heinrichs von Isenburg); Cod. Salm. 118, 1307.
«) V. Deod. I. Mett c. 15.
»<>) Doch s. auch MR. ÜB. 1, 224, 973 (Fälschung), obwohl es sich hier vermutlich
nicht um direkte Vergabung, sondern Anweisung einer Ertragsquote handelt.
*'*) Precariaro und inbeneficiare (infeodare) wird als mit alienare identisch oder venn'andt
zusammengestellt, s. MR. ÜB. 1, 104, 871; 105, 866; 110, 868; Cod. Udalr. 4, ürk. Ludwigs
des Kindes 900—911; MR. ÜB. 1, 268, 993; 537, c. 1145, und 616, 1159; Cardauns, Rhein.
Urkk. 10, S. 354, 1061; Bd. 3, 177, la, 1340. S. zum folgenden auch Nitzsch, D. Gesch. 2, 106 f.
>«) S. Bd. 2, 116. Andererseits wurden vom Lehnbesitz Urbare bei den Lehnherren
aun>ewahrt, s. aufser Toepfer 1, 156, 1314 auch *Dominic. S. 119, 1312: Erzbischof Balduin
l>elehnt Dietrich von Runkel zu Rom mit gewissem Lehenbesitz unter der Bedingung, dafs
D. 6 Monate nach seiner Heimkehr ein genaues Verzeichnis der Lehenstticke einreiche; vgl.
dazu Friedensburg, Beitr. zu den Regesten des Erzb. Balduin 1311—1313 No. 20, WesttL
Zs. 3, 301.
56*
[Wirtschaft d. Grorsgniiidbes. — 876 —
schreckendes Bild der Verwfistung ursprOn^cheii Besitzes \ ja der Fall kommt
vor, dafe ein Hof unter der Last der Yeriehnungen geradezu za Grande ge-
gangen ist^
Und gegen diese Verlehnnngen wurden keinerlei Mafisr^eln der Abwehr
eingriffen. Es kommt allerdings vor, dab einzelne Lehen zurQckgekauft werden*
oder heim&nen, im ganzen und grofsen aber war verlehnter Besitz wirt-
schaftlich verloren ^ Im froheren Mittelalter finden sich dabei wohl wirt-
') MB. ÜB. S, 8, 1213, Hdmich von Isenbnig schenkt ein AUod an Lasch: ego ven>
aUodimn meam, qnod a progenitoribos meis in Gräfte possedi . . eidem ecdesie contnli com
omni iore, qnod in illo haboL pertinent antem ad dictom allodinm bona, que Grodefiridos et
Wichardus de Andemaco a me tenebant in benefido, et ea que Nicolans Godefridos et
frater eins Conradns, Henricos et frater eins Bndolftis, Bicwinos, Maaridns, Engdbertns
Chns et Henricos de Bospe a me possidebant. qoia vero ista, que &cta sont, maTJma egent
cantda fiimitatis, ne ecdesia Lacensis in aliqoo in postemm molestetor, consoltum mihi
yidebatur, nt in propria persona in eandem ecdesiam yenirem, et conrocatis eisdem milittbns
a me inbenefidatis predictis abremmtiaTi bonis, qnod iam nxor mea Lmingardis et filins
mens Henricos et oniversi liberi nostri commonicata mann et pari Toto antea fecerant; et
idem prefiui milites benefidom, qood a me haboemnt, ab abbate recepemnt et d hooiiniom
fecenmt eo iore, qoo deboenmt V^. aoch MB. ÜB. 1, 814, 1041: Heinricos comes . .
cortem Eftemacom saacti Clementts WiUibrordi, qoam benefidi nomine Tisos est habere . .
post obitom soi . . reddere . . c<mlaodaTit . . et qoicqoid inde spedaliter haboit ad soom
senitiom, bis ezcepCis, qoae milites soi habent in benefidom. Wie sehr die Verlehnong dem
wirtschaftlichen Fortschritt schaden konnte, zeigt «Dässeld. St A. Pant No. 29, 1195 bis
1197: Abt Waldewer von SPantaleon hat inndom qoendam . ., qoi Hart cognominator,
conionctom cenobio sororom de Kfiningistorp. . . . com esset appenditiom coiusdam benefidi
ab abbate inbenefidati, propter soam sterüitatem 800 annis et amplios incoltos iacoit . . .
com igitor ipsa possessio in mann abbatb libera redisset, ot potnisset eam libere conferre
coi Teilet, prefoti monasterü sanctimonialibos . . eam tradidit ... in ipso igitor loco . .
consilio eorom, qui rebos earom disponendis presont, magno labore et impensis collocare
Wneam instituenmt
^ Feod. SMax. S. 468, Straze; ebenso in Domeldinge.
*) Namentlich in der 2. H. des 12. Jhs., kurz vor ihrem wirtschaftlichen Verfall,
scheinen die Grundherrschaften in dieser Hinsicht nochmals Anstrengungen gemacht zu
haben; vgl. ^Düsseld. St A. Pant No. 18, Cop. C. I, 1152: Wolbero abbas sancti Pantaleonis
quandam possessionem ecclesi^, qoam quidam homines nostri in beneficiis habebant ab eis
data pecunia redemi, videlicet in Sfistele mansum 1, qui solvit 16 s. Lac. ÜB. 1, 430, 1168.
Urkunde des Verwalters des Gladbacher Hofs in Remagen : bina nihilominus beneficia in Vene
a duobns hominibns Adalberto videlicet atqoe Amoldo pro mr. quatuor et fertone redemi ; qoae,
quia modicum solvebant censum, sob aratri nostri coltora redegi. Namentlich vgl. aber Cardauns
Rh. Urkk. 21, S. 867, 1187: episcopos omnesque ecclesiastid ordinis personas a suis hominibus
ea, que ab ipsis habent beneficia, per peconie commotationem redimere Tide(a)mus, et suis
ecclesüs sub anathematis obligatione conferre.
*) Nur in firühester Zeit läfst er sich aus wirtschaftlichen Gründen noch anders dis-
ponieren, mehren oder mindern, vgl. MR. ÜB. 1, 108, 867, wo der Herr von 2 Beneficien in
BüÜesheim nö. Euskirchen je 1 bnnuarium (Morgen) wegnimmt zum Austausch. Eine
freie Verfügung über das Gesamtbenefidum findet sich in unserer Gegend noch unter
K. Lothar H., MR. ÜB. 1, 108, 867. Zur wirtschaftlichen Sdte in späterer Zeit dagegen vgl.
Toepfer 1. 156, 1314: wir Jofiret herre von Forpach ton kont . ., dat alsulich len. dat her
Boemunt der voigt von Hunolstein von ons hait in dem dorf zu Birkenveit, dat derselber
— 877 — Umwälzung d. Wirtschaftsverfassung.]
schaftliche und pseudowiitschaftliche Gegenleistungen in Form eines Zinses
oder sonstweicher Rekognition ^, allein sie gehen seit der Stauferzeit mit der
vollen Ausbildung des Unterschiedes zwischen bäuerlichem, dienstlichem und
freiem Lehen für die grofsen hier in Betracht kommenden Lehen verloren.
Allerdings sollten eigentlich nur die freien Lehen von wiitschafllichen Leistungen
vollständig entbunden sein; in Wahrheit waren es aber, wie es Scheckmans
Lehenspiegel zeigt, wenigstens am Schlüsse des Mittelalters, auch die Dienst-
lehen : feudum Eschringensium bifariam dividitur . . in liberale et ministeriale,
sed solo nomine, sagt Scheckman *a. a. 0. D 2, und ähnliche Aufserungen
wiederholen sich an vielen Stellen.
Dazu kam, dafs Wiederverleihung eines Lehns zu Lehen mit wenigen
Ausnahmen- gestattet wurde ^, ja sogar zu Zins im Sinne giimdhöriger Bindimg
nicht ausgeschlossen blieb*. Das sind Vorgänge, welche die Ausscheidung des
Lehngutes aus dem urspiilnglichen Nexus der lehnsheiTlichen Wirtschaftsverwal-
tung zu einer endgültigen und unabänderlichen machen mufsten. Ja noch mehi* :
in vielen Fällen wurde schliefelich der Lehnsnexus überhaupt gebrochen oder
wenigstens bis zur Unkenntlichkeit verdunkelt. Sieht man von nicht allzu-
selten vorkommenden lehnsheiTlichen Verzichten auf verlehntes Gut ab*, so
Bo. der voigt vorg. datselbe len mach verzeichen und sinen notz damitte . schaffen , alse mit
sime eigeme; und dat ist mit onserm guten willen und verhencniße.
^) Ich habe hier auf die diesen Untersuchungen im ganzen femliegende Entwicklung
des Lehnswesens an der Mosel nur nach einigen Seiten hin nebenher einzugehen. Man vgl. auch
Bd. 3 Wortr. u. d. WW. homagium, ligium, manlehen f., relevare ff. Zu wirtschaftlichen
oder halbwirtschaftlichen Äquivalenten bei Beneficium bzw. Lehen s. ÜPriim No. 31 ; MR. IIB.
1, 383, 1085 (pro investiture respectu jährlich 3 d.); MR. ÜB. 2, 292, 1190—1212.
«) S. z. B. Honth. Hist. 2, 113, 1329.
') Ein treffendes Bihl der infolgedessen eintretenden Zust&nde zeigt Honth. Hist 2,
118, 1327, Urkunde des Trierer Bürgers Johann von Oeren: descendunt in feodum a prefata
ecciesia Trevirensi mei lohannis predicti homines seu fideles subnominati cum eonun bonis
subscriptis, que ipsi ulterius a me in feodum tenent, videlicet Ludewicus de Detzme et
Rodolfus dictus Isele cum eorum bonis in villa Poilrait et eins confiniis situatis; Nicolaus de
Mnlenbach ciun tertia parte decime in Reinsfelt, lacobus iunior scabinus Trevirensis cum iure
patronatus ecclesie in Tumbe et decima ibidem, Henkinus de Perle cum quibosdam redditibus
vini in kose iuxta locum dictiun Wizewacke, Ar. Wolf scabinus Trevirensis cum quibosdam
vineis in monte prope Curvaciam, Hennekinus de Metis ciris Trevirensis cum quibusdam
bonis in Numagio, Henrico de Alto-amore cum domo sua inter turres in Brücken extra
Trevirim, que fuit quondam Brunonis de Ove.
*) Lac. ÜB. 2, 178, 1231: ego Domin filius Hermanni de Ditbach vineam meam in
Crucebach, quam possedi de domino Wemero de Walbach ratione hominii, ex consensu
eiusdem Wemeri et Hermanni fratris sui contuli in curtem agri sancti Petri in perpetuum
possideri ea conditione, ut frater, quicumque eidem curti prefiierit, mr. unam michi et
successoribus meis post me persolvat annuatim in die sancti Martini.
^) Hennes ÜB. 2, 282, 1283: Lodowicus filius quondam domini Petri dicti de Ponte
militis notum facio, quod super homagium mihi factum a viro honesto lacobo de Orrio sca-
bino Treverensi ratione bonorum quonmdam sitorum apud Wibre, que fuenmt allodium
antecessonmi meonim et meum et que quondam dominus Carolus pater eins a predicto
[Wirtschaft d. Grofsgrundbes. — 878 —
niiifste es hier vor allem darauf ankommen, die Investitur beim Lehnswechsel
in Vergessenheit zu bringen. Versuche in dieser Richtung l)egegnen schon am
Schlüsse des 18. Jhs. So mufs z. B. König Adolf für den Reichsbezirk
Kochern zu Gunsten des Trierer Erzbischofs festsetzen: si qui vasalli vel
lideles ecclesie tue infra terminum a iure statutum neglexenmt aut neglex-
erint contumaciter a te vel tuis successoribus investituram feudorum suorum,
que tenent ab ecclesia Treverensi, sicut consuetum est, recipere, et propter
hoc de iure perdiderunt aut perdiderint ipsa feuda: super hiis tibi et tuis
successoribus exhibebimus iustitie complementum, et ad recuperationem talium
bonorum, si necesse fuerit et requisiti fiierimus, vobis promittimus regali
potentia assistere et te et tuos successores ipsis recuperatis in eorum possessione
pacifica cU^fendere et tueri. Wenn aber die Umgehung der Investitur sogar
gegenüber dem Erzstift aussichtsvoll war, wie mufs man daim gegenüber den
Abteien und kleinen Grundherrschaften verfahren sein ! Der Maximiner Mönch
Scheckman beginnt gegen Ende seines Lehnspiegels die genaue Untei-suchimg
von sieben grofsen Lehen mit folgenden Woiten : quae sequuntur feuda, quam
plurium annorum decursu non fuere suscepta eoque circa annotationem et
signaturam literariam captarunt minume ; annotanda tamen veniunt, quo dinos-
catur liquido, et quid a presente monasterio profluxerit, et quos antiquos ob-
ligatos habeat et habere debeat feuditarios, a memoria neutiquam recedat:
verum qu^ sequuntur, ex vetustis et cum primis probatis scedis et monimentis
enita sunt. Und die Einleitung zu einer der nun folgenden Erörterungen
lautet: dux Bavariae, palatinus Rheni, comes Spainheimensis, tenet feudum in
Grewilre; (|Uod magis occupare quam possidere videtur: moituo eins quopiam
vasallo illud sibi vendicasse et eatenus habitum, nullatenus tamen receptum
nee confessum: huius feudi possessor olim fuit Henricus de Grewilre. Was
hier im Einzelfall, aber in Scliecknians Lohnsspiegel unter gewissen Modi-
fikationen oft genug >riederholt auftritt, das war gewifs auch in anderen geist-
lichen Grundherrschaften seit langer Zeit beklagensweile Sitte. Da war es
nur (»infache Konsequenz, wenn die Beliehenen auch das Zustinmmngsrecht
der L(»hnsherr(Mi l)ei Veri)fändung und Veräufsei*ung des Lehngutes teilweise
schon selir früh zu unterdrücken wiifsten. Wie schwankend man in dieser
Hinsicht l>is zum Schlufs des Mittelalters sogar schon in der Tlieorie geworden
war, zeigen die Auseinandersetzungen Scheckmans in der Einleitung zu seinem
Speculum feudale: vasallus non potest vendere feudum sine voluntate domini;
et dum v(»ndit, debet rogare dominum suum, ut ab eo recipiat et altemni
emptorem infeodet et investiat. quod si dominus denegat et euni exorare non
doniino Petro patre meo (*t ipse lacobus a nie in feodo tenuerunt et habuenint, renuntio
et eifestuco volens et consentiens, ut ipse la. et sui successores exnunc dictis bonis taniquani
honis eorum allodialibus utantur et fruantur sine mea contradictione et reclaniatione et ciuii
eis disi)onant, prout eis visum ftierit expedire. Derartige Verzichte, welche wohl schwerlich
ohne Zahlung einer Verzichtleistungssumme erfolgten, sind auch sonst in dieser Zeit nicht
selten und weisen meist auf den Verfall des kleineren Adels hin.
— 879 — Umwälzung d. Wirtscliaftsverfassung.]
potest, det emptori alia bona equivalentia pro tali feudo vendito . . et sie
vasallus posset alii in feodum dare suum feodum etiam invito domino, veiiim-
tanien requisito ac requirendo . . feodum ab ecclesia obtentum non po[te8t]
vendi sine consensu ecclesiasticarum pei-sonarum. In Wirklichkeit war man
indes über diese theoretischen Feststellungen Scheckmans schon seit dem
Schlüsse des 13. Jhs. vielfach hinweggegangen. Während noch um die Mitti*
des 13. Jhs. der Konsens der Lehnherren bei Veräulserung und Verpfändung
der Regel nach eingeholt wird*, mufs schon im J. 1273 König Rudolf im
Interesse von SMaximin verbieten, ne quis bona possidens, unde praedicto
monasterio homagium fieri est consuetum, ipsa bona vendere valeat vel pignori
obligare, nisi abbatis ad hoc accedente consensu et licentia special!*. Und
seitdem wiederholen sich analoge Bestimmungen mit mehr oder weniger Aus-
führlichkeit bis über das Mittelalter hinaus®: meist ohne Erfolg: noch um
1630 führt die *Summa gravamimmi Prumiensium* als einen Hauptbeschwerde-
punkt multonim feudorum distractio auf.
Diese mit der 2. H. des 13. Jhs. auftretende Zersetzung des Lehnsnexus
war nun aber nicht ohne wirtschaftlichen Hintergiimd ; bis zu dieser Zeit
siültestens hatten sich die Grundherren durch Jahrhunderte fort<lauenide Ver-
gabung ihrer Besitzungen in Lehnsweise soweit niiniert, dafs weitere Ver-
lehungen in gleich umfangreicher Weise wie bisher nicht stattfinden konnten;
es blieb also den voi-wärts strebenden Beliehenen nichts übrig, als ihre bis-
herigen Erfolge durch Usurpation besseren Rechtes wenigstens in jeder Hinsicht
zu festigen. Und so stellt sich denn die Bewegung auf Allodifizierung der Lehen
seit der 2. H. des 13. Jhs. vor allem auch als ein S)rmptom des im wesentlichen er-
reichten Abschlusses der giundheiTlichen Lehnsvergabungen aus Fronhofsbesitz dar.
In der That braucht man nur auf die Geschichte der Lehnsvergabung im
fiiüieren Mittelalter einen Blick zu werfen, um die Folgerichtigkeit dieser Vor-
gänge zu erkennen. Sieht man dabei von den grofsen Lehen ab, wie sie
Grafen und Fürsten erteilt wurden — vei-spricht doch im J. 1097 Erzbischof
Egilbert von Trier einem Grafen 600 Hufen auf einmal, sobald sie ledig
würden * — so sind es vor allem die Dienstlehen, welche die Grofsgrundherr-
schaften niinieii: liaben. Schon früher ist betont worden ®, wie gerade auf dem
(jebiete ui-spiünglich meist unfreier Begleit- und Kriegsmannschaft vom kirch-
*) S. z. B. MR. ÜB. 8, 1361, 1256, wo freilich schon eine Neigung zum Umgehen des-
äelbon konstatiert werden kann.
«) Honth. Hist 1, 801, 1273.
^) Stat synod. 1310 c. 102, Blattau 1, 124: ne quis feuda, retrofeuda, iura vel alia
Iwna, quae ab ecclesiis habet, aliouet sine praelatorum licentia et consensu. S. femer aus
später Zeit Scotti, Chur-Trier 1, 661, 1677.
*) Hs. Koblenz St A. G. 4 fol. Bl. 21».
•^j MR. ÜB. 1, 394, 1097; s. auch Lambert z. J. 1069, MGSS. 5, 174, ao; MR. ÜB.
1, 551, c. 1148: 2, 139, 1195. Vgl. auch Waitz, Yfg. 6, 78-80; Baumann, Gesch. des All-
gäus 1, 484.
«) S. oben S. 851.
[Wirtschaft d. Grolsgnmdbes. — 880 —
liehen wie weltlichen Adel naturalwirtschaftlicher Epochen der gröfete Luxus
entfaltet wird; in unserem Mittelalter haben diese Dienstgefolge geradezu
die Fruchtböden gebildet, auf denen in der Stauferzeit eine neue Stünde-
bildung der Nation reifte. Zu dem Luxusbedtü:tu8 der Epoche traten femer
staatliche Anforderungen, welche den Grundherrn zur Stellung einer be-
stimmten Kriegsmacht verpflichteten; so hatte z. B. der Abt von Moyenmoutier
um 870 eine Truppe von 80 Loricati in Kri^2:sbereitschaft zu haltend
Natürlich wurde diese Verpflichtung unter dem Einflufs des vorhandenen Luinis-
bedürfnisses bald zu einem gern betriebenen Sport ; sobald die Grundherr-
schaften im 10. Jh. und in der 1. H. des 11. Jhs. ihre wirtschaftliche Blüte-
zeit erreicht hatten, wetteiferte man im Besitz hervorragender Kriegsmann-
schaften ; überall wird von den militiae der einzelnen Grundherren gesprochen ^,
und Liudprand^ erzählt mit besonderer Freude von einem Grafen: praedives
erat, cuius multitudo militum regis aciem condecorabat
Die Ausstattung dieser Dienstmannschaften mag hier und da wohl mit
flüssigen Mitteln stattgefunden haben*; das Gewöhnliche aber war die Ver-
leihung eines kleineren Lehens von einigen Hufen. Diese Dienstlehen sind
anfangs nicht erblich: noch am Schlüsse des 10. Jhs. wird beim Tode eines
Bischöfe eine vollständig neue Vergabung durch seinen Nachfolger bef&rchtet * :
vor allem aber trat bei jedem gewaltsamen Wechsel in der Leitung der Grund-
herrschaft fllr die Dienstmannen das Risiko ein, die wirtschaftliche Grundlage
ihrer Existenz zu verlieren*. Gerade diese prekäre Lage mufste die Dienst-
mannen kühn und verwegen machen; geschlossen, als Genossenschaft, be-
haupteten sie das Recht des Besitzes und setzten es auch gegen den Willen
des Grundherrn durch. So namentlich in den geistlichen Grundherrschaften ^.
Hier wird schon in der 2. H. des 10. Jhs. die Klage gehört, dafs alle Ein-
nahmen des Grofsgiimdbesitzes im Interesse der Dienstmannen festgelegt
seien ® ; und jedes fieiwerdende Gut unterliegt sehr bald der Gefahr, sofoit an
sie verteilt zu werden*. Die Dienstmamien werden daher seit dieser Zeit
zur unentbehrlichen Last, sie vornehmlich bilden den kleineren oder
gröfseren Hof der Gnindheiren ^®. Ilire Schädlichkeit für den materiellen Be-
') Chron. Mediani mon. c. 5, MGSS. 4, 89.
«) S. beispielsweise G. abb. Lob. c. 25; MGSS. 4, 66, 22, 954.
») Antap. 4, 27.
*) Darauf läfst vielleicht Richer 1, 36 schliefsen.
^) Mir. B. Mansueti c. 17.
«) Flod. z. J. 939, MGSS. 3, 386, u; V. Bald Leod. c. 21.
•^) S. z. B. G. ep. Leod. 2, 24, MGSS. 7, 202, 4o.
«) MR. ÜB. 1, 254, 980; 256, 981.
») MR. ÜB. 1, 394, 1097.
'<>) Charakteristisch ist V. Bald. Leod. c. 22 (1009—18): ad regendum oppidiuii, ad
castri defensionem oportere pliirimum laborare, vigilias onlinare, stipendia militibiis larga
manu erogare. S. auch E.xc. de lib. de inst. Hersf., MGSS. 5, 140, le ff.
— 881 — UmwMzung d. Wirtschaftsverf'assung.]
Stand der Giiindherrschaften wird seit Mitte des 11. Jhs. wohl eingesehen*;
und zahlreiche Beispiele, wie sie namentlich Lambert für die 2. H. des
11. Jhs. überliefert hat, zeigen schon den Ubennut dieser alten mifreien Ge-
folge*. Allein eine volle Klage über unabweislichen Verfall ertönt doch erst
mit dem 12. Jh.; erst mit der Mitte dieses Jhs. findet sich, wenigstens von
Seiten der kirchlichen Grundhen'schaflen , der Gedanke ausgesprochen, die
Verleihung weiteren Grundbesitzes in der bisherigen Weise sei ein Verbrechen '.
In der That hatten sich etwa bis zu dieser Zeit vornehmlich die Bischöfe
durch neue Vei-gabung aus Klostergut geholfen*; jetzt versagte auch dieser
Quell, und es blieb nichts übrig, als die Unmöglichkeit einzugestehen, dafs
auf dem alten Weije weiter zu «'elansren sei^.
') Lac. ÜB. 1, 132, 203, 1064 — 6, ftlr Siegburg: abbas preter famalos aecclesiae nuUam
militiam maiorem assumat, sed horum obsequio res sibi commissas intus et extra disponat.
«) Vgl. Lambert z. J. 1063, MGSS. 5, 164, 42; z. J. 1075, a. a. 0. 183, 2»; 220, 47;
222, 29; 230, 18, 40 ; z. J. 1076, a. a. 0. 252, 46; s. auch Ann. Hildesh. z. J. 1103, imd Lac.
ÜB. 1, 181, 279, 1116, um 1100: possessiones ecciesie [Gladbacensis] in manus extraneas
devenisse et minorari cottidie. Vgl. auch aus etwas späterer Zeit G. Godefr. (1124—1127),
MGSS. 8, 202: porro paucis adhuc innotuerat, quod episcopatum pretio comparaverat, ciun
ecce insurrexerunt in eum ex equestri ordine viri iniqui exigentes, dari sibi promissa bene-
iicia, mercedem videlicet favoris, quoniam ipsi eum magis favore suo quam ecclesiastica
electione constituissent. quibus cum iUe plurima episcopalium redituum concederet, nee
tarnen satis eis ad placitum impertiret, calumpniato eo abscedebant, et aliqui ex eis in eins
iniuriam castra instituebant, alii predationes alii concremationes exercebant, adeo ut nostris
quoque temporibus, sicut antiquitus factas legimus, devastationes huius Traebericae civitatis
deploremus.
*) MR. ÜB. 1, 537, 1145 ca., Urkunde Erzbischof AU)eros: non par\'um crimen iudicamus
ecclesiastica bona spargere vel vendere vel infeodare. MR. ÜB. 1, 616, 1159, Urkunde Erz-
bischof Hillins: sicut non parvum crimen iudicamus ecclesiastica bona spargere vel vendere
vel infeodare, ita nichilominus magni pretii dicimus illos, qui sparsa recolligunt, qui inaniter
infeodata labore suo iterum in usus fratrum reformare satagunt. S. dazu auch Ennen, Qu. 1,
536, 63, 1152.
^) G. ep. Leod. 2, 34; Chron. Gladbac. c 17, MGSS. 4, 77; G. Trev. 30, MGSS. 8,
171, 1008: Heinricus autem Imperator Meingaudo episcopatum dedit, preposito ecclesiae
Mogontinae; qui cum pararet potentiae Adelberonis resistere, 80 mansos de rebus sancti
Martini Ravengero de Madelberch et Udelberto de Stalle in beneficium dedit, nee tamen
praevaluit; vgl. dazu das von Kraus edierte Verzeichnis, Bonner JBB. 44, 168 ff. 8. femer
G. Trev. 31, MGSS. 8, 172: Erzbischof Poppo 60 monialium praebendas militibus in bene-
ficium distribuit
^) Zur nunmehr erreichten Höhe der Verlehnungen vgl. im Libellus de lib. eccl. Eptemac.
MGSS. 23, 69 — 70, 1192 die Aufzählung der Echtemacher Lehen in der näheren Umgebung
des Klosters: in primis dompnus Amoldus de Castro Rupis habet beneficium vexillarii, et
Cuono frater eins de Belpere habet de prefatis bonis, Walterus de Wilz et de Belfiirt, Wal-
tenis nepos eins de Mesenburg, Tidericus et Becelinus frater eius de Vischebach, Anseimus
de Kavelre, Tidericus de Septem-fontibus, Wezel de Zolvera et frater eius Robertus de Bir-
tinga, Isenbardus de Holvels castrum de Theodonisvilla cum beneficio, Amoldus de Rode-
machra, quod castmm est in proprietate ecciesie, Heicnga, Hettinga, Pris, Atelpelth, Hassele ;
Daniel de Ronvels, Johannes de Wilra et de Biu^cheth, Godefridus de Asch et Henricus de
[Wirtschaft d. Gro&gnmdbes. — 882 —
Doch fand man auch jetzt, spätestens seit dem Beginn des 13. Jhs.,
wieder ein Hilfsmittel, welches freilich die giiindherrliche Wiitschaftsverwaltung
in noch viel empfindlicherer Weise lahm legen mufste. Während bei der bis-
herigen Art der Vei^abung die Beliehenen ohne weiteres in den vollen Ge-
nufs und Besitz eines Teiles des grofsgrundherrlichen Eigentums gelangt waren,
also in einer Form dotiert worden waren, welche die späteren Bestrebungen zm*
Allodifizierung dieser Lehen ganz aufserordentlich begünstigen mufste, wurde
jetzt eine neue Art der Dotierung im Anweisungssystem durchgeführte Dies
Anweisungssystem nahm eine doppelte Form an. Entweder gab der Grund-
herr als zukünftiger Lehnherr dem zu gewinnenden Vasallen Geld zum Ankauf
eines Lehens, welches nunmehr dem Grundherrn aufzutragen war, oder aber
er wies ihm statt der Geldsumme die Zinsen derselben in Einkünften seiner
Grundherrschaft an.
Harn frater eius et Uoseldinga ; domnas Brunicho de Malberch et domnus Hudolphus castnim
Bettinga, quod tenet domnus Brunicho; Theoiridus de Schonevels Herbrandus de Valken-
stein, quod est in fundo ecclesie, Walterus et Cnono de Ruolant, Uodo de Asch, Wiricus de
Schindice, Walterus de Berge, Tidericus de Manderscheit, quod cum altero vicino est in fundo
ecclesie, Tidericus de Bruoche. summa castellorum est plus quam 80 absque Lutzelburch.
ipsi autem castellani tenent maxima beneficia de bonis illis que, sicut prediximus, a regibus
quondam et ducibus, comitibus ceterisque nobilibus sancto Willibrordo et ecclesie Epter-
nacensi collata fiierunt, et postea propter inciu'sionem Nortmannorum reprimendam ab Amoldo
imperatore pro supplendo scuto regio et comitatu Luzelburgensi augendo regno delegata
üicrunt [perpendat itaque discretio imperialis maiestatis, quale sibi consilium dederunt, qui
talem dignitatem a regno et a tarn nobilibus heredibus sequestrare volueruntj hec vero
predieta simt tantum de Eptemacensi ecclesia. ceterum alia multa maiora simt ad comitatum
pertinentia, preter hoc quod comes est advocatus summus in oppido Eptemacensi et in
Omnibus villis, que pertinent ad proj)rietatem prebende nostre, sive in episcopio Trevirensi
sive in Metensi, hi quibus habet 777 mansos, de quibus inbeneficiati sunt ])lurimi nostn»
teiTe nobiles. S. dazu die Angabe in Bd. 2, 226. Für das Trierer Erzstift s. f(jmer
MR. ÜB. 2, 166, 1197: Verzeichnis der Lehen, welche Pfalzgraf Heinrich dem Erzstift
resignierte, und Honth. Hist. 3, 190 f., 1599: Verzeichnis der vom firzstift belehnten Grafen,
F'reien und Herren, auf über 5 Foliospalten. Für SMaximin vgl. man die Feoda sancti
Maximini, ed. MR. ÜB. 2, 467 f., femer die Angaben Bd. 2, 226. Aufserdem sind
noch zu nennen *Münstermaifeld , Hs. Koblenz St. A. CXI» Bl. 17» f., cit unten S. 884
Note 4 (auf S. 885), Lehnhof des Propstes von ca. 1350, und Geschlechtsregister Isenburg
U.S.W. Urkk. S. 218, Zeit?, Verzeichnis der Aktivlehen des hoohgräfl. Hauses Wied.
') Anweisungen auf gmndherrlichen Besitz, auch von dauernder Natur, kommen frei-
lich schon sehr früh vor, doch sind sie bis zum 13. .Ih. immer Ausnahmen; vgl. MR. ÜB. 1,
244, 973 (falsche Urk.): Erzbischof Dietrich fretus . . exemplo quonmdam predecessomm
meorum, qui . . quintas partes in aliquibus episcopii ciunis . . quibusdam largiti sunt ^ccle-
siis, schenkt an SMaria ad martyres in Ehrang quintum . . manipulum de croadis et iugeribus
ibidem, de silva quintam arborem, de porcis in silva pascentibus quintum quoque d., de venna
etiam quintam piscem. Lac ÜB. 1, 141, 217, 1073: Ei*zbischof Anno von Köln capellano
nostro H-o . . parvum beneficium, censum . . duamm Ib. Goloniensis monet^ et 6 j)orcos
in Kempeno singulis annis usque in iinem vit^ su^ tradidimus. MR. ÜB. 1, 374, 1074: der
Erzbischof von Mainz schenkt ex bonis nostris ad 30 Ib. , 10 de curte Soberaheim , 10 de
curte Ulmena, 10 in provincia Hessun dicta.
— 888 — Umwälzung d. Wirtschaftsverfassung.]
Fassen irir zunächst den letzteren Fall ins Auge, so behielt der
Grundhen- hier das Sutetrat der bestimmten Einnahme, welche er verlieh,
in Besitz und Venvaltung; dem Beliehenen stmd biut die AUiebiiBg der
Einnahme selbst zu. Diese Art der Anweisung würde einen sehr wesentlichen
Fortschritt eingeleitet haben, wären die Beliehenen nur durchweg für Erhebung
ihrer Einnahme auf eine einzige Kasse, die Zentralkasse, angewiesen worden.
Allein dem stand das ganze Wesen der naturalwirtschaftlichen Finanzgebarung
entgegen: die Einnahmen wurden fast durchweg auf die einzelnen Fronhofs-
verwaltungen angewiesen und damit eine neue Bresche in die alte Einheit
der Fronhofsverwaltung gelegt.
Auch bei der zweiten Ait der Anweisung wurde meist eine Fronhofs-
verwaltung, wenn auch nicht die des Grundhemi, gestört. Auch hier be-
stand nämlich das Lehen doch meist aus Renteneinkünften von bestimmter
Höhe, welche der Vasall entweder auf seinem Grund und Boden spezialisierend
anwies oder an fremdem Grundbesitz erwarbt
Lehnsaufträge beider Arten finden sich nun in unserer Gegend zuerst
im Urbar der Rheingrafen aus dem Anfang des 13. Jhs.^; wenig später sind
sie im Westen des Moselgebietes, in Lothringen und Luxemburg, schon ganz
bekannt und verbreitet^; seit etwa 1220 dringen sie vereinzelt an der Mosel
') Vgl. vorläufig Bd. 3, 101, s, 1293, für weitere Belege beider Fälle vgl. die näch-
sten Noten.
«) Vgl. üRheingrafen 13. Jh. Anf. : domino B. et filio suo G. de Eberbach dedit
ringravius 30 mr., et econtrario ipsi assignabont ringravio de predio suo aut beneficio tan-
tum, quod solvet annuatim 60 mir. siliginis; et hoc a ringravio in beneficio possidebunt.
Ähnlich ebd.: Cuono de Katzenelebogen comparabit predium valens 85 mr., qua« sibi dedit
W. ringravius, et hoc ab ipso ringravio in feudo recipiet, ita quod assessor ait et castrensis
in Rinberc, et quod sit suum castrense beneficium insuper. dedit eidem C. ringravius
15 mr., pro quibus predium comparabit, quod a ringravio in feudo possidebit Später wird
der Ausdruck kürzer, z. B.: dedit ringravius Th. de M. 25 mr., ut inde suus sit castrensis.
In dieser Weise erwu-bt nun der Rheingraf Lehnleute, wohl fast durchweg Burglehnleute, für
305 mr., in 15 Parteien, deren Briefe je einer auf 6 und auf 12 mr., 5 auf 15 mr., 3 auf 20 mr.,
2 auf 25 mr. , 2 auf 30 mr. , 1 auf 42 mr. lauten. Bei solchen Burglehen konnte es dann
wohl auch Lehen auf Zeit geben, vgl. Lehnbuch Werners IL v. Boland S. 26: Besitz, inde
inbeneficiavi Coiuradum de sancto Albino, quamdiu castellauus erit in Hoenvels. Mit solchen
Zeitlehen war dann die vollkommenste Auflösung der alten Entwicklung erreicht, nach
welchen das Lehen, ursprünglich als Gehalt oder Besoldung gedacht, zu wirtschaftlich freiem
Erbbesitz geworden war; wie denn überhaupt das Anweisungssystem und der Lehnsauftrag
eine neue Ausgestaltung des Lehnswesens herbeiführen, in welchen sich dieses der mit der
JStauferzeit auftretenden Forderung freien Beamtentums thunlichst konform gestaltet. S.
darüber weiteres unten Abschnitt VIII.
») S. Bertholet 4, P. justif. 52, 1223, vgl. MR, ÜB. 8, 121, 1220: Revers Heinrichs
von Dann, dafs der Graf von Luxemburg und Gemahlin marescalciam comitie Lucelburgensis
mihi et haeredibus meis in feodo et hominio contulenmt in perpetuum possidendam . . cum
100 Ib. Metensibus. MR. ÜB. 3, 480, 1233, Urkunde des Grafen von Blieskastel: E. comi-
tissa de Luccenburg bene persolvit michi 300 Ib., quas ipsa dedit et debuit michi pro Castro
meo de Schovenberch et pro 2 curtibus meis, quas ab ipsa domina mea predicta in feodum
recepi. ♦Chartiil. Metz, 1245 Juli 26, MR. Reg. 3 No. 438: Lehnsauftragimg von Wirich
(Wirtschaft d. GroCsgnindbes. . — 884 —
selbst vor^, um 1260 endlich sind sie von der erzstiftisch-Trierer Grund-
herrschaft völlig au^nommen' und erhalten von nun ab Oberhaupt eine
auliserordentliche Verbreitung': fast alle Dienstreverse des 14. Jhs. weisen
Lehnsauftragungen zu irgend einem Zwecke, im Sinne eines Gehaltes,
zur Kaution u. s. w. auf^. Bedenkt man nun, dais. seltene Ausnahmen ab-
Yon Daun an Metz. *Chartul. Metz, 1251, MR. Reg. 3 No. 902: Alexander von Dicke wird
för 100 Ib. Metzer d. Dienstmann. Bachmann P&lz-Zweibr. Staatsrecht S. 157, 1252: Graf
Heinrich von Veldenz lothringischer Lehensmann für 500 Ib. d., welche er zn Lehen erhält
(also 50 Ib. d. Revenuen).
1) Vgl zuerst MR. ÜB. 8, 90, c. 1220: contulit . . mr. in redditibus in villa, que
dicitur Clütterde ... 42 d. perpetuo in villa, quae dicitur Rode; MR. ÜB. 3, 497, 1283:
Dietrich und Wilhelm von Schwarzenberg belehnen Ortlieb von Mettenich mit 35 Ib. Tre\'ir.
Geldrenten. Interessant ist auch die vermutlich auf eine Lehnsanweisung gehende Urkunde
MR. ÜB. 8, 1826, 1255: ego Alheidis de Spanheim et de Eberstein notum facimus universis
hoc scriptum inspecturis, quod de bonis onmibus in Clereva, que habui a domino G. bone
memoria comite de Spanheim, non habui redditum nisi decem et octo Ib. Treverensis
monete, et sepius minus qiuim plus habui infra pensionem nominatam. in huius rei testi-
monium presentem litteram nostro sigillo fecimus roborari. Datum in' Stauph anno do-
mini 1255.
*) Vgl Honth. Hist 1, 756, 1268: Wildgraf Emicbo wird für 200 Ib. Tre^erenses
Trierer Lehnsmann, daftlr sollen bona assigniert werden, que . . cum omni sua posteritate
in feodo castrensi teuere debebit Honth. Hist 1, 760, 1268, Urkunde Erzbischof Heinrichs:
nos (Gerardum de üriei) in nostrum castrensem recepimus apud KoMun castrum, propter
quod sibi dabimus infra anni presentis spadum octoginta Ib. Trevirensium d.; ubi nobis et
nostris successoribus residentiam faciet continuam et personalem, cum autem sibi assigna-
verimus pecuniam supradictam, de suo nobis allodio ad estimationem dicte pecunie bona equi-
valentia resignabit, que a nobis ipse et sui heredes pro castrensi feodo recipient et tenebunt.
si vero usque ad anni presentis terminum non persolverimus eidem pecuniam supradictam,
arbitrati sumiis et volumus, ut ad predicta bona cum usufhictii respectnm habeat et ea teneat,
donec sibi fuerit satisfactum. Honth. Hist 1, 811, 1279: Jofnd Herr von Bertringen erhält
vom Erzbischof 150 Ib. d. Treverensium pro homagio peqietuo. Infolgedessen domino
nostro archiepiscopo et ccciesie sue Trevirensi resignavimus et resignamus atque assignamus
de consensu et bona voluntate lofridi filii nostri quindecim Ib. d. Trevirensium perpetuonun
reddituum in bonis nostris allodialibus apud Griveldingen, ipsos redditus quindecim Ib. con-
stituentes nos dicti domini nostri archiepiscopi et ecciesie sue Trevirensis nomine possidere,
ac ipsos redditus ab eodem domino nostro archiepiscopo in feodum recepimus et recipimus.
Honth. Hist 1, S. 818, 1288, Urkunde Embrichos von Lewenstein: curiam nieam in Mane-
wilre . . resigno venerabili domino meo archiepiscopo Trevirensi et ecciesie sue, ita ridelicet,
quod omnia bona predicta ego et heredes mei titnio feodali habere dinoscimur, pro sexa-
ginta mr. Aquensium d. legalium. nihilominus quod si ego predictus Embricho decedo,
Loderadis uicor mea supradicta possidebit in bonis prehabitis dicbus vite sue pacifice et
quiete, quia bona prefata sunt allodialia.
3) Vgl. noch Bd. 3, 58, ii, 1269; Honth. Hist 1, 789, 1269; Arch. Clervaux
No. 33, 1280.
^) S. Bd. 8, No. 78-80, 1300-1301; »Or. vom 25. Juni 1301, Koblenz St A. Ei-z-
stift Trier Staatsarchiv; Honth. Hist 2, 19, 1303 u. a. m. Zur Ausbildung um die Mitte des
14. Jhs. vgl. ♦UMünstermaifeld, Hs. Koblenz CXIb Bl. 35», 1348: Propst Elias empfängt
Johann Herrn zu Elz bit dienste eiden imd hulden, als zu ledicher nianschaf von rechte ge-
hurich is , und giebt ihm darum zu rechtem lehene alrejerlichs . . uz unsem hove und gülden
— 885 — Umwälzung d. Wirtschaflsverfassung.]
gerechnet^, die Anweisung der Lehnseinkünfte wie in der ersten so auch in
der zweiten Fonu nicht auf eine Zentralstelle, sondern auf die Fronhöfe
direkt stattfand ^ , so begreift es sich, wie sehr dieses System, ganz abgesehen
von einer endgültigen Ruinierung der grundherrlichen Vermögensbestände®,
vor allem auch zur Lockerung der Fronhofsverwaltung und zimi Verfall
der Verbindungen zwischen Zentralstelle und Lokalverwaltung beitragen
mufste.
Xattlrlich war die volle Entwicklung dieses ganzen Anweisungssystems
unter besonderer Betonung des Lehnsauftrags nur möglich, wenn der Fronhof
spätestens seit dem 14. Jh. hauptsächlich nur noch als Substrat von Renten
erschien ; zugleich aber mufste das Anweisungssystem eben diese Umgestaltung
zu Münster in der stat zicn kleine gl. oder dat wert darvur, ablösbar mit 100 kl. gl. zu
welcher zit dat die losunge gescbiege, so sal he uns und unsen nakomelingin . . wail bewisen
zien kL gl. geldis und guldin uf sin eigin , da si wail bewist sin na des landis gewanheit
Urkunde des gerichtis und der scheffenen binnen deme gcmirke, und sal davor dat bewiste
leben von uns . . halden imd verdienen, als lehens recht und gewanheit is. Johann huldet
dann (*UMün8termaifeld, Hs. Koblenz CXI^ Bl. 35», 1348) getniwe luid holt zu sin, sin
bestis zu werven und sin argistis zu wenden na miner maicht, imd dat leben zu verdienen,
als leben recht is und gewanheit. Im Sinne dieser Verpflichtung und Lehnsauftragung hat
nun der Propst von Münsterraaifeld um 1350 folgenden Lehnhof, vgl. *UMünstermaifeld, Hs.
Koblenz St A. CXI» B1.17 » f.: Werner Vrle von Treis: Vogtei Salmerohr; Walter von Treis:
Vogtei Valwig; Paul von Eich: Zehnten imd sonst Erträge; Dietrich von Elz: 12 mir. sili-
ginis; Johann von Elz (s. oben): 10 Ib. hl.; Johann von Polch: 18 mir. avene; Arnold
Herinc: 6 Ib. hl.; Gerlach von Halle: Salgut in Polch; Johann von Owilre: 4 mr.; Bar-
tholomeus scabinus Treverensis: 10 Ib. hl.; Thilman von Rodemacher: 10 aurei regales;
Colin von Wittlich: 6 Ib. hl.; Werner Sftze: 6 Ib. hl.; Colin von Senheim: 5 Ib. hl.; Her-
mann Schepe: Land; Johann Marschalc scheffe: 2 mr.; Friedrich von Dieffenbach armiger:
l^nd; Th. Walteri Heinzelin scheffe: Land, 1 mr.; Tb. Mult6rlin: Land; Heinrich von
Stememberg: 12 Ib. 10 s. hl.
') LHheingrafen: der Rheingraf hat de abbate de Volde 10 talenta in beneficio, quo-
cumque loco vac[a]verint; ebenso a comite de Liningen 20 talenta.
«) MR. ÜB. 3, 316, 1227 : Adelin von Meisenburg schenkt zu Wolfefeld (Kr. Bitburg)
an Himmerode quinque s. Treverensis monete, recipiendos in censu meo de Volvisfelt a
villico meo eiusdem loci et solvendos in festo Andree, ea tamen conditione adiecta, quod si
mihi vel heredibus meis placuerit illum censum rehabere, centum s. dicte monete eidem
cenobio exsolventur. et extunc erit dictus census liber et ab ipso cenobio exemptus. Cod.
Salm. No. 66, 1275: Hanricus comes de Salmis notum facimus, quod contulimus Hermanno
de Lusenich quadraginta Ib. Treverensium legalium in homagio, et pro dictis 40 Ib.
sibi presignavimus in curte de Drogena 15 mir. siliginis et 10 mir. avene annuatim a nostro
officiali percipienda, donec sibi de premissis 40 Ib. fecerimus plenariam solutionem. &cta
antem solutione predictus Hermannus tenetur predictas 40 Ib. supra aliqua bona ponere et
ipsa bona tenentur ipse et sui heredes a nobis et nostris heredibus in homagio habere.
') Die *DistributÄ mon. s. Maximini annue pro pensionibus et feodalibus 15. Jh.
4. Viertel im Urbarcodex von 1484 ergeben folgende Schuldenlast der Abtei. Es sind an
stehenden Jahresbeträgen zu zahlen 110 fl. 19 alb., 2 s. Trev., 1 Ib. 5 s. hl. an 31 Parteien;
31''« mir. grani an 9 Parteien; 152V'8 mir. siliginis an 12 Parteien; 299 mir. avene an 16 Par-
teien; 80', ü am. vini an 8 Parteien; 1 tal. cere an 1 Partei. Dazu Landeslasten in der Höhe
von 28 fl. 13 alb. für eine Subsidie.
Pll^"^''?'''^!
[Wirtsrbaft J. Grofsgrandbes. — 886 —
des Froiihofs und Keiner Depenrteuzeti zu einem vom Gesichtsiimilite des.
Gnuidhemi aus weiter nichts als Benteu trajienden Institut l»edeutsam föi-dera.
Nun koninien alierdiiifis schon am Schlufs des früien-n MitU-lall^rs kleine
Privatvermögeii vor, welche im weBentlicheii aus Renten bestehen •. AI>er da-
neben blieb doch der Charakter der grofsgrundhenUchen Höfe als l>esondei-er
Wirtschaftsinstitute schon wegen des Eiftenbetriebs und Bemideiibaues noch
erhalten. Ganz andei-s werden dagegen diese Höfe im 14. Jb., ja ab und zu
schon in der 2. H. des 13. Jbs. angesehen, nachdem die Ei^nwirischaft zum
fniten Teil zerstört , dae Anweisungssystem aufgekommen war. In einer
Urkunde des *Bald. Kesselst. S. 194, vom Jahre 1326, veiilufseit jemand
annuos redditus unius i>orn valoris 30 d. Treverensiimi , duonun anserum,
duonini pulloinm, quos habemus in villa Einwilie; item in iiilla dicta zum
Bule redditus annuos duoruui porcorum ; item in llurfeld redditus annuw
tmius jiorci et unius mutonis, decem et octo d. Trevereusinni et 30 ovonim,
necnon bona ijjsa, de (luibus nobis dicti redditus solvuutur ad preseus sita ia
predictis villis et earum confiniis et quicquid ibidem habemus, que quidem
bona cum hominibus ea tenentibus a nobis ad nos pertinere dinoscuntur, cum
iurisdictione alta et bassa. Hier ist kein Zweifel: der Grundbesitz eiscbeint
nur noch als ReuteuBubstrat; die alte Wirtscbaftsverfassung ist vergessen.
Das ist nun aber ganz allgemein der Fall. Wie die kleineren Vermögen
schon iu früherer Zeit, so existieren jetzt auch die grolsen Grundvermögen nur
noch als Konglomerat von Landbesitz und Rentenbedtz unter starkem Überwiegeo
des letzteren. Und der Bentenbesitz vergröisert sich noch von Tag zu Tag;
Zinse und Abgaben werden auf alle nur denkbaren Substrate gelegt '. Unter
den Urbaraufeeichnungen zeigen schon die Angaben über die Dotienuig des
SEIisabethhospitals zu Trier vom Jahre 1256' zlemlicb deutlich den nwien
Charakter des Grofsgrundbesitzes ; kräftig bringt ihn fQr das Moselland zuerst
das *Urbar des Deutsdiordenshauses zu Saj^bur^; vom 18. Dez. 1301 ziun
Ausdruck*. Nicht minder bezeichnend ist in dieser Hinsicht eine kleine *Anf-
>) Vgl. aufser MB. t!B. 3, 247, 1227 aJs besoödere friüiund sehr bezeidmeiu! Mit. ÜB. l.
456, 1127: der Priester Johann, Canonicas von SMarien, schenkt folgende iidter an Oeren:
1) Ertrag von 2 mir. Trierisch, zu zahlen von Dudeldorf, lastend auf folgenden Dudeldorfer
Fluren: Hegenacker 2 iuinal., Medenhof 2 iom., Liezheim 2 iuni., Hazenaker 1 iura., Inguni
Ugonis l'/i inm., Lancwis 1 iura., Limo 1 iura., Lendebumo '/t ium. 2) Ertrag von 6 situlae
Wein aus Schleich bei Mehring, ruhend auf domiis et torcular und einer 01k im Dorfe,
femer in medio montis 3 scabella, 8 tril^ cum uno scabello, 6 tril^ cmn uno scabello,
2 Bcabella, und in Ensch (an der Mosel unterhalb Schleich) 2 scabella. S) Ertrag von 6 s. d.
aus Monzel (bei Dusemond, aber nicht an der Mosel), nihend auf 5 partes vineanmi, in
Rfivereit 1 imd 4 in medio montis.
*) Bisweilen auf eigentlich tur dauernde Zinse unmögliche, vgl. Ithenser deutsche
Heberolle 14. Jh. 1. H.: Herbort 6 penninge erflicbe up den grozin nusboim in dem
bftmgarten.
') MR. ÜB. 8, 1376, 1256.
«) Beruht im Sl A. Koblenz, Pgt zu 15 x 26 cm; vgl. Bd. 2, 726 Note 1. Vgl.
auch noch Bd. 2, 214; Bd. 3, No. 299, 1340; sowie eine vermutlich der 1. H. des 14. Jhs.
\
— 887 — Umwälzung d. Wirtschaftsverfassung.]
Zählung der Pertineuzen eines Hofes in Kellenbach vom J. 1324^; zu ihm ge-
hören in Staufinbach 15 s. hl. 1 mir. siliginis et 1 mir. avene; in Kellinbach
bona dicta Lanirs, que solvunt 17 s. cum dimidio hl., et bona molendinarie, que
solvunt 12 s. hl., et l)ona Thielomanni, que solvunt 12 hl., necnon bona Cun-
radi dicti Mumoldin, que solvunt 17 s. hl. cum dimidio et 1 mir. siliginis;
item in Kuningisawe 4 mir. sigilinis de molendino ac bona Godefridi de
Heinen, que solvunt 14 d. Colonienses et 1 mir. avene, et bona Theodorici
dicti Vaner, que solvunt 14 d. Colonienses et 1 mir. avene, necnon bona
lohannis dicti Kur, que solvunt 3 s. hl. Natürlich nahm dieser Renten-
charakter des alten Grofsgrundl>esitzes immer mehr zu; im *USteinfeld von
c. 1500 erscheint Bl. 30a ein Abschnitt mit der Aufschrift: Dit is sulche art-
land benden busche ind veld, zeinden und zins gehoerende in unsen kaiser-
vrien hof ind guet zu Walburen — und es folgt die Beschreibung der auf
15 Teilgütem lastenden Zinsen von 18 s. 9 d., 15^/2 Hühnern* imd 13 Diensttagen.
Es braucht kaum betont zu werden, dafs es bei solcher Ausbildung der
alten Grundhen-schaft ganz gleichgültig war, ob ein Hof im Eigentum 6ines
oder mehrerer Henen l)liel); höchstens hatte man in letzterem Falle mehrere
Meier zu halten^. In der That treten nun, ähnlich wie bei den stark renten-
belasteten Häusern der Städte seit dem 12. und 13. Jh.* die verwickeltsten
Eigentumsverhältnisse auf, sobald nur erst — seit Beginn des 14. Jhs. — der
Rentencharakter der Fronhöfe feststeht. Bona cui-tis de Wolkringen bemerkt
das UMarienthal vom J. 1317 auf S. 333, dividuntur in 2 partes, quanmi
unam partem recipiunt domini Arlunenses, aliam partem domini de Wolkringen;
que pars dominoiiim Arlunensium dividitur in 7 pailes, in quibus 7 partibus
domine de Valle hal>ent Vi 2. alia medietas dividitur in 2 partes, quarum
Th. de Celobrio recipit unam partem, alia pars dividitur in 8 partes, quarum
domine de Valle recipiunt precipue 3 partes, et sie remanent 5, que 5 partes
zuzuweisende * Stelle des Bald. Kesselst S. 307, deren Datum ich anzumerken vergessen habe :
nos Bärghardus Johannes et ülricus fratres domini de Vinstinga . . pro 800 Ib. hl. . .
[doniino Baldewino] supraportamus et resignamus . . bona nostra aUodialia seu propria infra-
scripta cum eorum iurihus iurisdictionibus dominus et pertinentiis universis, videlicet villam
L&deringon, de qua cedunt annuatim redditus subnotati: scilicet Septem Ib. Metensium d.
nomine precarie; item Septem s. quatuor d. Metenses nomine census; item nemora sive terre
dicta daz Kamerholz der Vorst et Mertinsbäsch, de quibus cedunt ad quartum annum sex Ib.
Metensium d.; item vivarium nostnim ibidem, de quo ad [S. 308] tertium annum cedunt
triginta Ib. Metenses: item decimam nostram ibidem annuatim sexaginta som. partim grani
et partim avene mensiu^ Sarepontensis u. s. w.
') »Bald. Kesselst. S. 171, 1324.
*) Zu Hiihnerteilen vgl. Rhenser deutsche Heberolle 14. Jh. 1. H.: pueri Johanis Ekardi
2 himre ain ein dritteil eins himis van eime wikarde uf deme Sigen.
^) CRM. 2, 281, 1077: curtis in Kärlich cum . . nemoribus . . pratis pascuis pisca-
tionibus villicationibus censibus vineis agris cultis et incultis . . .
*) Vgl. Ennen, Qu. 2, 185—6, 186, 1238: Jemand erbt tertiam partem tertie partis sexte-
decime partis [»» ^'\aa\ unius mense opposite domui sanctorum apostolonim; s. auch Ennen,
Qu. 2, 227, 228, 1242.
[Wirtschaft d. Grofsgrundbes. — 888 —
dividuntur in duas partes, quarum unam partem recipiimt Ali de Satenheim^
aliam partem dividunt domine Vallis et domine de Diffirdingen per medium.
War der Rentencharakter in dieser Weise durchgedrongen , so war es
nur ein Schritt zu neuer Klärung der Eigentumsverhältnisse, wenn man nun-
mehr wirtschaftlich den Hauptwert nicht mehr auf das Rentensubstrat, sondern
auf die Rente selbst legte. Der Grund und Boden, auf dem die Rente ruhte,
wurde damit gleichgültig, soweit nur der Rentenbezug gesichert blieb ; er wurde
eventuell mit anderem vertauscht, er war keine spezifische wirtschaftliche
Gröfee mehr, er war fungibel^
Das ist das Ende des Verfalls, dessen Anfänge schon seit dam Schlüsse
des 12. Jhs. auf den Grofsgrundbesitz und seine alte Wirtschaftsverfassung
hereingebrochen waren: ein Jahrhundert später ist diese Wirtschaftsverfassung
bis in ihre tiefsten Grundlagen hinein erschüttert, ihr Eigenbetrieb in weit-
reichender Weise zerstört und ihr Verwaltungsapparat in Bruchteile auflöst,
welche, vereinzelt und aufser aller Verbindung mit einander , nicht mehr in
der alten Weise funktionieren können. Die übrig gebliebenen Ruinen aber
bilden ein wüstes Konglomerat verschiedenartiger Werte, deren wirtschaftliche
Ausnutzung nur in der Weise erfolgen kann, dafs sie durch Überspannung
mit einem ausgedehnten Rentensystem auf einen gemeinsamen Nenner ge-
bracht werden.
Und doch treten in diesem Chaos schon seit früher Stauferzeit die An-
zeichen einer neuen zeitgemäfsen Organisation zu Tage. Die alte Grund-
herrschaft war wesentlich mit durch Empfang bezw. Übertragung von Grund-
stücken seitens Freier in irgend einer anfangs freieren Leiheform gebildet
worden; diese freieren Landnutzungsformen hatten dann aber in dem System
^) Vgl. aufser MR. ÜB. 3, 1049, 1250 und 1192, 1253, namentlich MR. ÜB. 3, 472, 1232:
Heinricus et Marquardus dicti comites de Solmese notum esse volumus, quod cum Erwinus
miles de Garvenheim teneret a nobis in feodo mansum terre arabilis, qui situs est in villa
que vocatur Biela, 15 s. Wetflarienses solventem, convenit uobiscimi, quatinus eundem man-
sum ipsi in proprietatem donaremus, receptis loco eins aliis bonis ab eodem, videlicet in
Nuwenkirgen 10 s. in Banevalde 6 s. solventibus cum anseribus et pullis. cuius annuentes
petitioni eundem mansum mutuavimus prefato Erwino pro bonis supradictis, recognoscentes ei
ius proprietatis illius atque dominium; et receptis prefatis bonis eisdem rursus infeodavimus
praefatum E. ac filium eiusdem dictum similiter Erwinum ad idem ius, quo antea mansum a
nobis tenuerunt, pro quo uterque homines nostri sunt cffecti. Hennes ÜB. 1, 227, 1273:
eine vinea zwischen Pfaffendorf und Ehrenbreitstein, que solvit 5 s. censuum annuatim, quos
census a nobis tenebat in feudo A. de Kain et noster homo extitit de eisdem. Diese Zinse
werdm vom Lehnherm verkauft tali interposita conditione, quod dictus A. alia bona sua
allodiala sita in superiori Engers, videlicet partem vinee et quatuor iugera terre arabilis,
nobis loco dicte vinee assignavit et eadem bona a nobis recepit in feudo sicut a nobis tene-
bat vineam memoratam. Hennes 1, 488, 1293: Ernst von Biu^ensheim Ritter und Adelheid
sein Gremahl gestatten, dafs Heinrich Brange zu Burgensheim die Güter, die er von ihnen
zu Lehen hat, dem Deutschen Haus von Koblenz verkaufe und sich für andere Güter ihnen
lehnspilichtig erkläre. *üSEli8ab. Hosp. Bl. 39^ : H. S. et M. contulerunt 12 d. ex vinea
sua apud Trimelet . . Zusatz: E. P. tenet; quem censum posuit super bona sua, quae habet
iuxta vineam hospitalis in Silva episcopi.
— 889 — Umwälzung d. Wirtschaftsverfassung.]
grundhöriger Bodennutzung ein gemeinsames Grab gefunden. Jetzt, da die
Grundfesten des alten Wirtschaftsorganismus zu schwanken beginnen, tritt
auch der Charakter ihrer urspillnglichen Anlage wieder zu Tage: die grund-
hörigen Landnutzunpformen lösen sich teilweis auf und an ihrer Stelle er-
wachsen, analog den Vorgängen in der Entstehungszeit des Grofsgrundbesitzes,
wiedenun freiere Arten des Landbesitzes, die Zins- und Pachtformen*.
') Die ersten Verträge auf freiere Bodennutzung (Zins- imd Pachtverträge) finden sich,
aufser den Rupertsberger Akten hauptsächlich in Bd. 8 No. 1, — die im MR. ÜB. 1, 342
z. J. 1055 gedr. Urkunde gehört in d. J. 1235 Juli 6, vgl. Goerz MR. Reg. 2, 2164, auch
die Urkunde MR. ÜB. 1, 386, 1092 gehört noch nicht hierher, da sie nur die Auflösung
alter grundhöriger Verhältnisse zu Gunsten freierer, aber doch noch grundhöriger Verhältnisse
zeigt — : MR. ÜB. 1, 424, 1112; 431, 1115; 432, 1115; 449, 1122; 455, 1126 (zum ersten-
mal das Wort pactum; das Wort pactio im Sinne von Vertrag einfach, nicht von Pacht-
vertrag, auch schon MR. ÜB. 1, 612, 1158); 474, nach 1134; 477, 1134; Joannis Res Mog. 2,
747, 1135; MR. ÜB. 1, 481, 1135; 484, 1136; 486, 1136; MR. ÜB. 2, 40, 1140; 48, 1149;
MR. ÜB. 1, 568, 1152; 573, 1153; 594, 1155; 614, c. 1158; 618, c. 1160; 630, 1161; Ann.
d. bist Ver. f. d. Niederrh. 23, 265, 1162; MR ÜB. 1, 640, c.1163; 644, c. 1163; Scheid, Or.
Guel£ 3, 594, 1165; MR. ÜB. 1, 645, c. 1165 (in Goerz MR. Reg. 2, 533 zu ca. 1185 ge-
zogen); 647, 1166; *Kop. Valcmh-. Bl. 23, reg. Goerz MR. Reg. 2, 263, c. 1167; MR. ÜB.
1, 652, 1168; MR. ÜB. 2, 2*, 1169; Stücke der Andemacher SchreinsroUe cit Goerz MR.
Reg. 2, 336, 337, 342, 344, 346, 1173 f.; MR. ÜB. 2, *36, 1179; *37, 1169—79; *42, 1181;
*43, 1181; 45», 1181; 49*, 1181; 63, 1169—83; *Kop. SMartin-Trier Bl. 144, Bezirksarch.
Metz, reg. Goerz MR. Reg. 2, 509, 1184; MR. ÜB. 2, 71, 1185; 82, 1186; 83, 1186; 90,
1187; 99 und 100, 1164-1189 (in Goerz J^IR. Reg. 2, 531 zu ca. 1185 gezogen); 126, 1192;
137, 1194; 170, 1197; 174, 1198; 177, 1199; 186, 1187-1200 (in Goerz MR. Reg. 2, 620
zu c. 1190 gezogen); Erhard Cod. Westf. 2, 514, 1190—1205; Stücke der Andemacher
Schreinsrolle cit. Goerz MR. Reg. 2, 860, 864, c. 1200; Schlufs des UMettlach, ca. 1200;
CRM. 1, 492, c 1200 (so Goerz MR. Reg. 2, 882); MR. ÜB. 2, 182, 1200; 196, 1171-1201 (in
(ioerz MR. Reg. 2, 528 zu ca. 1185 gezogen); 215, 1203; »Or. Koblenz c. 1205, reg. Goerz,
MR. Reg. 2, 992; MR. ÜB. 2, 225, 1206; 239, 1208; 244, 1209; 246, 1209; 250, 1209; Mone's
Zs. 19, 420, 1209; Lac. ÜB. 2, 33, 1210; MR. ÜB. 2, 259, 1210; 268, 1192—1210; 272,
1198—1210 (in Goerz MR. Reg. 2, 1033 auf 1207 gezogen); 274, 1211; MR. ÜB. 3, 21,
1214; 22, 1214; 28, 1214; 32, 1215; 40, 1215; Stücke der Andemacher SchreinsroUe cit.
(ioerz MR. Reg. 2, 1243, 1248, c. 1215; Kremer Or. Nass. 2, 258, 1215; *0r. Koblenz 1216,
cit. Goerz MR. Reg. 2, 1301; MR. ÜB. 3, 55, 1216; Stücke der Andemacher SchreinsroUe,
cit Goerz MR. Reg. 2, 1311, zu 1217; Picks Monatsschr. 1877, 265, 1217; MR. ÜB. 8, 67,
1217; 71, 1217; »Bald. Kesselst Trier 1218, cit Goerz MR. Reg. 2, 1396; MR. ÜB. 3, 139,
1220; 147, 1220; Stücke der Andemacher SchreinsroUe, cit Goerz MR. Reg. 2, 1451, 1452,
1454, c. 1220; MR. ÜB. 3, (156, c. 1220; 174, 1221); 218, 223; 1237, 1224; 249, 1225;
253, 1225; 267, c. 1225; Ann. d. bist Ver. f. d. Niederrh. 23, 266, 1225; Guden. CD. 5, 3,
1225; Stücke der Andemacher SchreinsroUe, cit Goerz MR. Reg. 2, 1689, 1690, c. 1225;
MR. VB. 3, (296, 1226); 309, 1227; 312, 1227; 324, 1227; 347, 1228; Stücke der Ander-
nacher SchreinsroUe, cit Goerz MR. Reg. 2, 1890, 1892, 1228; Goerz MR. Reg. 2, 1924,
1229; JdR. ÜB. 3, 395, 1230; 409, 1230; 410, 1230; 419, c. 1230; 445, 1231; Lac. ÜB. 2,
178, 1231; Miraeus 4, 542, 1232; MR ÜB. 3, 460, 1232; 461, 1232; 481, 1233; 483, 1233;
485, 1233; 489, 1233; 504, 1234; 514, 1234; 535, 1235; 541, 1235; 543, 1235; *Kop. Milten-
berg, jetzt München, 1235 Mz. 30, reg. Goerz MR. Reg. 2, 2147; MR. ÜB. 3, 566, 1236;
577, 1236; 590, 1237; (600, 1237); 608, 1237; 633, 1238; 646, 1239-40; 667, 1239; 676,
1240; 731, 1241; 734, c. 1241; 743, 1242; 760, 1242; 783, 1243; 807, 1244; 814, 1245; 847,
Lamprecht, Deutsches Wirtschaftsleben. I. 57
[Wirtschaft d. Grofsgrundbes. — 890 —
Schon oben ist auf diesen Entwicklungsgang für die hofhörigen Güter
hingewiesen worden. Aber die Bewegung griff weiter. Sehen wir von der
Zentralstelle ab, deren Umformung in anderem Zusammenhang zu besprechen
ist, so unterlagen auch die Fronhöfe oder jetzt richtiger gesagt, die Meierämter
oder Fronhofsrezepturen gar bald der Einwirkung freierer Leiheformen ^ Und
so kann man es ganz generell aussprechen, dafs es nach dem Verfall der
alten Wirtschaftsverfassung in der späteren Stauferzeit die soeben aufkommen-
den freieren Leiheformen gewesen sind, welche die Neubildung einer gnmd-
herrlichen Wirtschaftsverfassung vorbereiteten und ennöglichten ^.
1246; 849, 1246; 881, 1246; 882, 1246; 895, 1246; 899, 1247; 922, 1247; 930, 1247; 931,
1248; 963, 1248; 1046, 1250; 1059, 1250; 1065, 1250; 1065, 1250; 1076, 1250; 1081, 1250;
1087, c. 1250; 1092, 1251; 1114, 1251; 1127, 1251; 1138, 1252; 1142, 1252; Guden. CD. 5, 23,
1253; MR. Uß. 3, 1201, 1253; Guden. CD. 5, 26, 1258; MR. ÜB. 3, 1217, 1253 (Reg.); 1219,
1258; 1249, 1254; 1291, 1255; 1294, 1255; 1300, 1255; 1304, 1255; 1304, 1255; 1307, 1255
(Reg.); 1809, 1255; 1330, c. 1255; 1339, 1256; 1477, 1259; 1485, 1259.
^) S. schon oben S. 773 f. Die frühesten Fälle in unserer Gegend finden sich
wohl schon MR. ÜB. 1, 431, 1115, vgl. 474, nach 1134; dann 449, 1122; 477, 1134; 618,
c. 1160; 2, 2*, 1169; (45*, 1181; Goerz MR. Reg. 2, 509, 1184); USMax. S. 455, Wöll-
stein 81; MR. ÜB. 8, 32, 1215; 324, 1227; 347, 1228; 410, 1230; 514, 1234; 566, 1236;
743, 1242; 1065, 1250; 1087, c. 1250; 1142, 1252. Mit dem Beginn des 14. Jhs. finden sich
schon Grundherrschaften, in welchen Verpachtung durchaus die Regel ist, so namentlich im
Westen unseres Gebietes, vgl. Lager. Gesch. der Abtei Mettlach S. 189 — 195 und dazu unten
Bd. 2, 731—732; femer ÜMarienthal 1321, dazu unten die Tabellen auf S. 936 f.; vgl. auch
Loersch, Ingelheimer Oberhof S. LVllI. — Auch einzelne selbständige Ho^ertinenzen werden
gleich zahlreich und gleich früh verpachtet, s. für Mühlen MR. ÜB. 1, 424, 1112; Binnen,
Qu. 1, 547, 71, 1158; Ann. d. bist. Ver. f. d. Niederrh. 23, 265, 1162; Cart Orval 73, 1178;
MR. ÜB. 2, 49\ 1181; 90, 1187; 215, 1203; 274, 1211; 3, 28, 1214; 71, 1217; 461, 1232;
847,1246; 931,1248; 1059,1250; 1092,1251; 1127,1251; 1309,1255. Zur Fischerei
s. MR. ÜB. 3, 296, 1226; zur Münze MR. ÜB. 3, 600, 1237.
2) Zur zeitlichen Verteilung der Entwicklung fieierer Landnutzimgsformen beachte
man folgende Ziffern. Es ergeben sich für die gesamte Überlieferung der RGBB. Trier und
Koblenz an einschlägigen Urkunden:
1100—1125 5 1175-1200 34
1120—1150 8 1200-1225 35
1150—1175 9 1225—1250 80
1250—1273 119.
Von 1273 ab läfst sich die gesamte urkundliche Überlieferung nicht mehr voll übersehen;
geht man auf einzelne Institute zurück, so liegt die Überlieferung für das Kloster Mettlach
und das Erzstifl in den betr. Regestensammlungen von Lager und Goerz vollständig vor.
Hier ergeben sich an einschlägigen Urkunden:
Jalire
Lager
Goerz
Jalu'c
Lager
Goerz
1300—1325
11
3
1400-1425
2
36
1325—1350
8
5
1425 1450
1
5
1350 1375
6
24
1450-1475
29
1375 1400
9
39
1475-1500
50
5^.
Dazu füi- Mettlach 1225—50 : 2; 1250—75 : 0; 1275—1300 : 4. Diese Angaben sind nun
für die JJ. 1425—50 bei dem Ei-zstift notorisch, aber doch wohl auch bei der Abtei Mettlach
— 891 — Umwälzung d. Wirtschaftsverfassimg.]
Zum Verständnis der rechtlichen und wirtschaftlichen Entstehung dieser
freieren Leihefonnen ist es aber nötig, weiterhin auf die früheren Ausbildungen
der Landleihe innerhalb der deutschen Entwicklung zurückzugieifen. Wir
finden hier in nierowingischer bezw. karolingischer Zeit, abgesehen von ge-
ringen Resten des römischen ftecariums und hier aufser Betracht bleibenden
Umgestaltungen des römischen Kolonats, namentlich die Formen der Precaria
und des Beneficiums^ Diese Formen stehen insofern im Verhältnis zu ein-
ander, als sich von der Precaria data, von welcher Roth, Feud. 149, Beispiele
auch nur bis in den Anfang des 9. Jhs. nachweisen kann, in unseren Gegen-
den nur 6in, noch dazu nicht ganz sicheres Beispiel aus dem J. 636 im
Grimonischen Testament findet; im übrigen steht an Stelle der Precaria data
das Beneficium. Wir haben es also in Wirklichkeit nur mit der Precaria
remuneratoria, der Precaria oblata imd dem Beneficium als frühzeitigen Land-
leihefonnen zu thun.
Sehen wir da voiläufig vom Beneficimn ab, so kommen zunächst die Pre-
caria remuneratoria und die Precaria oblata in Betracht. Beide unterscheiden
sich bekanntlich so, dafs die oblata den Nutzgenufs eines dem Leiheherrn
vom Beliehenen geschenkten Gutes ohne weiteren Entgelt der Leiheherren, die
remuneratoria einen solchen Nutzgenufs unter gleichzeitiger Einräumung eines
Niefsbrauchrechtes an einem meist gleich hochbewerteten Gute des Leihe-
herm umfafst. Von beiden Nutzungsfonnen ist die bei weitem frühere in
unserer Gegend die oblata ; sie tritt schon seit Mitte des 8. Jhs. auf, während
die remuneratorischen Prekareien erst nach der Mitte des 9. Jhs. einsetzen ^. Und
für 1425—1475 unvollständig. Es ergiebt sich im ganzen aus ihnen ein erstes Anschwellen
der Pachtentwicklung seit dem letzten Viertel des 12. Jhs., und weitere besonders bemerk-
liche Zunahmen mit dem zweiten Viertel des 13. und dem letzten Viertel des 15. Jhs.
*) Zum folgenden vgl. u. a. Regino Caus. synod. 1, 374 — 380, S. 171 f. ed. Wassersch-
ieben; Bodmann, Rheing. Altert. 2, 768; Roth, Feud. S. 145 f., 194 f.; v. Maurer, Fronh.
1, 275 f., 316, 347, 360 f.; v. Inama, Wirtschaftsg. 1, 123; Waitz, Vfg. 6, 4-6, auch 5, 274
und 6, 26 f., 30.
*j Ich gebe hier sofort eine Gesamtübereicht der in unserer Gegend für beide Leihe-
formen zu (rebote stehenden Urkunden. Es finden sich remuneratorische Prekareien MR. ÜB. 2,
26, 862—868; 1, 105, 866; 2, 28, 866, 867; 1, 118, 880; 119, 881; 120, 886; 154, 909; 158, 915
bis 923; 163, 923; 164, 924; 165, 926; 170, 929; 173, 936; 174, c. 938; 180, 943; 199,9-55;
219, 964; 220, 964; 228, 967; 23-5, 971 ; 245, 975; 2,51, 978; 273, 996 ; 276, 1000; Lac. ÜB. 1, 87,
140, 1003; MR. ÜB. 1, 315, 1041; 324, c. 1045; 337, 1052; 338, 1052; Lac. ÜB. 1, 159—60,
247, 1093; MR. ÜB. 1, 396, c. 1098; 431, 1115 in Verbindung mit 474, 1134; 654, vor 1169;
♦Düsseld. St. A. SSeverin Or. 4 Cop. Bl. 9, 1166—1182; 419, c. 1230; Ann. d. bist. V. f. d.
Niederrh. 43, 72, 1247; * Andernach. Schreinsk. No. 85, G. 3, 1852, 1256; (*Chart. SAmual,
Koblenz St. A. 1259, MR. Reg. 3, 1551); Precariae oblatae MR. ÜB. 1, 14, 762—804; 19,
765; 21, 767: 23, 772; 30, 777; 33, 786; Lac. ÜB. 1, 9, 14, 799; MR. ÜB. 2, 20, 832; 21,
835; Lac. ÜB. 1, 27, 60, 845; MR. ÜB. 2, 27, 864-65; 1, 110, 868; femer 205, 959; 206,
960; 212, 963; 268, 993; 269, 993; 272, 993—996: 2, 32, 10. Jli. 1. H.; Cardauns, Rhein.
Urkk. 12, S. 357, 1095—9; Ennen, Qu. 1, 504-5, 42, 1099-1131; MR. ÜB. 1, 569, 1152;
2, 101, 1173—1189; (71, 1185); 3,445, 1231; 513, 1284; 944, 1248; 1151, 1252; 1175, 1252;
67*
[Wirtschaft d. Grofsgrondbes. — 892 —
diese Thateache ist Dicht etwa auf die eigentümliche Prasds irgend eines be-
sonderen Wirtschafisinstitutes zurückzuführen \ sondern es liegt eine aügemdne
Erscheinung vor. Dieser Umstand nötigt uns, von der Precaria oblata' aw
Charakter und Geschichte beider Formen klarzulegen. Doch wird es dabd
möglich sein, eine Anzahl für beide Formen analog und aus gemeinsamer
Wurzel entwickelter Erfordernisse auch gemeinsam zu besprechen.
Beide Prekareien erweisen sich da zunächst als Verleihungsformen auf
Lebenszeit des Beliehenen: das ist ursprünglich die Regel. Freilich wird die
Regel bei der oblata schon seit Ende des 9. Jhs., bei der remuneratoria seit
spätestens der Mitte des 10. Jhs. nur noch in Ausnahmefällen beibehalten*.
Vielmehr beginnt schon sehr früh bei der oblata, etwas später bei der remuneratoria
die Ausdehnung der Beleihung auf die Frau des Prekaristen^; ihr folgt dann
eine solche auf die zweite Generation überhaupt*, ja sogar auf noch weitere
Erben •. Indes macht die oblata diese Bewegung doch nur spärlich und wider-
1176, 1252; 1252, 1254; «Andernach. Schreinsk. No. 169, 13. Jh. 2. H.; Bd. 8, 56, 1269;
Hennes ÜB. 2, 242, 1276; Cod. Lac 88, 1280. Endlich bemerke man noch eine Praprietas
auf 1 Generation Lac ÜB. 1, 46, 85, 910, und eine Proprietas auf 2 Generationen MR. ÜB.
1, 94, 859.
1) Die Prekareien verteilen sich nach zeitlicher Anordnung folgendermafsen auf die ein-
zehien Institute: Prüm MR. ÜB. 1, 14, 762—804; 19, 765; 21, 767; 23, 772; 80, c 777;
88, 786; 105, 866; 110, 868; 118, 880; 119, 881; 120, 886; 187, 895; 180, 948; 186, 948;
190, 945-50; 219, 964; 285, 971; 291, 1016; — Echtemach MR. ÜB. 2, 20, 882; 21, 888;
26, 861—3; 27, 864-5; 28, 866—67; 82, 10. Jh. 1. H.; — SMaximin MR. ÜB. 1, 158,
909; 154, 909; 168, 917—928; 168, 928; 165, 926; 170, 929; 205, 959; 206, 960; 212, 968;
245, 975; 251, 978; 268, 998; 269, 998; 272, 998—6; 273, 996; 450, 1128; — Erzstifl MR.
ÜB. 1, 158, 925-6; 164, 924; 169, 928; 178, 986; 174, 938; 199, 955; 220, 964; 824,
c. 1045; 388, 1052; — Domkapitel MR. ÜB. 1, 228, 967; 305, c 1080; 815, 1041; 461,
1128; 2, 221, 1204; 3, 445, 1231; - SMana-ad-martyies MR. ÜB. 1, 276, 1000; 8, 487,
1231; — SSimeofi MR. ÜB. 1, 341, 1053; 2, 71, 1185; 3, 86, 1218; — Laach MR. ÜB. 1,
536, 1145; 644, c. 1168; 8, 1287, 1258; — Bommersdorf MR. ÜB. 8, 785, 1248.
*) Dieselbe heifst in den Quellen natürlich stets nur precaria. Einmal, MR. ÜB. 1,
110, 868, findet sich donatio et precaria als kv Jia Svolv,
8) S. für die Precaria oblata z. B. MR. ÜB. 1, 23, 772; 2, 20, 832; 21, 888; für die
Precaiia remimeratoria MR. ÜB. 1, 105, 866; 118, 880; 119, 881; 120, 886; 169, 928; 219, 964;
228, 967; 245, 975; 273, 996; 315, 1041. Dabei ist in den zuletzt genannten Fällen der
Prekarist im J. 967 und 975 ein Geistlicher, im J. 996 und 1041 eine verwitwete Person.
*) Flir die oblata s. Lac ÜB. 1, 9, 14, 799; MR. ÜB. 1, 268, 993; Ennen, Qu. 1,
504—5, 42, 1099—1181; MR. ÜB. 3, 513, 1234; 785, 1243; zur remuneratoria s. unten S. 893
Note 1. Besondere Fälle bei der oblata sind MR. ÜB. 1, 19, 765 (der Schenkgeber tritt ins
Kloster, seine Kinder werden Prekaristen) und ähnlich für die Frau Lac. ÜB. 1, 27, 60, 845.
^) Für die oblata s. MR. ÜB. 1, 14, 762—804; zur remuneratoria S. 893 Note 2.
®) Hierher gehören von der oblata nur die beiden folgenden Urkunden, welche einen
bei der oblata seltenen Übergang in Erbpachtverhältnisse indizieren imd offenbar schon unter
Einwirkung der Erbleihe stehen: MR. üB. 1, 644, c 1163: Magareta von Ebemach schenkt
an Laach Allod, behält die Nutzung gegen Zins von 12 d. jährlich: M. et filius eins L de
c^tero iamdicta predia possidebunt censualia; . . liberi quoque I., si quos habuerit, similiter
possessionis huius investituram de manu abbatis . . accipiant . . . si autem I. decesserit
— 393 — Umwälzung d. Wirtschaftsverfassung.]
inrillig mit ; sie bewähil auch hier ihre tiberwiegende Bedeutung als Schenkung
von Todes wegen bezw. Leibzuchtvertrag, von der bald zu sprechen sein ^ird.
Um so enei-gischer macht sich bei der remuneratoria die Verlängerung der Leihe-
frist geltend. Schon seit der Mitte des 10. Jhs. ist hier die blofse Verleihung
zugleich an den tiberlebenden Teil der prekaristischen Ehegatten eine meist
auf besonderen Grtinden benihende Konzession des Beliehenen an den Leih-
herm * ; ftir gewöhnlich erfolgt die Beleihung mindestens auf noch eine weitere
Generation, wobei der Erbe meist genau bezeichnet wird^. Doch auch hier-
bei begütigt man sich nicht; seit den dreifsiger JaJiren des 10. Jhs. finden sich
vereinzelt Fälle, wo die ganze zweite Generation in mehreren Erben successive
erbt^, ja ein Fall von drei Generationen kommt vor*. Da kann man sich
denn nicht wundem, wenn im 12. Jh. der Übergang zu voller Erl)leihe erst
angebahnt**, dann voll erreicht wird*.
absque herede, scilicet legitima prole, vel postera eius generatio legitime descendens ab eo
obierit absque liberis, . . predia revertentur ex integro in potestatem Lacensis cenobii,
resenrato tarnen usufructuario uxori, quamdiu yixerit, si forte moriens heres uxorem super-
stitem reliquerit. MR. ÜB. 2, 71, 1185: Jemand schenkt an Eberbach einen Weinbei*g,
Tineam . . ab ecclesia hereditario iure possidendam suscepit sub censu 2 s. Coloniensiuni in
yigilia omnium sanctorum annuatim solvendorum hoc condicto, ut quicunque censum pi-e-
scriptum in predicto termino solvere tardaverit, in penam negligentie in spatio 8 dienun
sequentium censum duplicabit si vero et hoc tempus pretergressus fuerit, sine uUa litis
contestatione usus vinee ecclesie sancti Simeonis cedet, et heredes suo iure privabuntiu' :
hanc enim legem pene vir prenominatus ultro in se et in suos accepit heredes.
*) Vgl. MR. ÜB. 1, 180, 943; 235, 971; 251, 978; 276, 1000; 324, c. 1045; 3, 419,
c 1230. Höchst sonderbar ist MR. ÜB. 1, 186, c. 948 : Prekarei (remuneratorische) des homo
ingenuus Amulfus und seiner Frau Alurada wie der Kinder Frithelind und Kunegund. Sie
tragen ihrerseits ihren ganzen Besitz und sich selbst an das Kloster Prüm auf. Post mortem
vero viri Amulfi , si superstes fuerit eius uxor, copuletur homini sancti Salvatoris, quem pari
consensu eligerimus, teneantque precariam cum idodo, donec iUa vixerit, sed deserviat eam
maritus solito servitio. predicti yero infantes illorum similiter sancti Salvatoris coniungantur
hominibus, quibus nos voluerimus, habeantque alodum prefatorum parentum suorum in bene-
fido, servientes convenienter pro illo, redeatque precaria in potestatem iamdicti senioris
nostri sancti Salvatoris. si vero vel mater illorum infantum seu ipsi inCeuites voluntarie sive
inviti extraneis fiierint desponsat^ viris, noverint se nee precariam nee alodum habituros.
*) In der Wahl der ersten Generation bleibt er MR. ÜB. 1, 158, 915—26; genau be-
zeichnet ist er MR. ÜB. 1, 154, 909; 163, 923; 164, 924; 165, 926: 170, 929; 199, 955;
220, 964.
») 3MR. ÜB. 1, 173, 936; 338, 1052.
*) ^IR. ÜB. 1, 174, c. 938. Das wäre also ein FaU der französischen Manusfirma,
s. Lamprecht, Beitr. S. 59 ff.
^) S. z. B. MR. ÜB. 1, 461, 1128; doch liegt hier vielleicht Beneficium vor.
•) S. ♦Dtisseld. St A. SSeverin Or. 4 Cop. Bl. 9, 1166—1182: Whdewe de Elenze,
cum ecclesia sancti Severini 8 vineolas circa predictam villam iacentes haberet, ipse quoque
duas de allodio suo vineas . . eidem prefate ecclesie precario iure contulit et easdem vineas
omnes, 10 videlicet, in unam annui census summam computatas sibi et posteris suis here-
ditario iure a fratribus suscepit, ea videlicet conditione, ut singulis annis tempore autumpni
4 am. vini fratribus inde persolveret, sed ecclesia de vino eodem vehendo naulum redderet
et de navi usque in cellarium donünonun idem vinum sua expensa deferri faceret.
[Wirtschaft d. Grofsgrundbes. — 894 —
Nach Ablauf der Leihefrist fiel natürlich bei beiden Formen das preka-
rische Gut an den Leiheherm heim. Um diesen Heimfall zu sichern, war in
ältester Zeit eine Erneuerung wenigstens der oblata von fünf zu fünf Jahren
vorgeschrieben; doch wird dieser Vorschrift in unserer Gegend nur im 8. Jh.
und nur zu dem Zwecke Erwähnung gethan, um sie aufser Kraft zu
setzen ^ Beim Heimfall selbst hatte man infolge der ungemein raschen Aus-
bildung gewohnheitsrechtlichen Eigentums während des früheren Mittelalters
zimieist Schwierigkeiten zu befürchten; darum wurden zu seiner Aufrecht-
erhaltung l>esonders strenge Bestimmungen getroffen. Zunächst schlofs man
ganz allgemein die richterliche Interzession aus; es brauchte femer keine
formelle Übergabe stattzufinden, der Leihherr nahm ohne weiteres das
heimgefallone Gut an sich; endlich kam man zur Festsetzung besonderer
Strafen gegen jeden, welcher den Heimfall hindern würde, und beschwor
den Zorn des Himmels über jede Vertragsverletzung herab 2. Gleichwohl
mögen beim Heimfall vielfache Unordnungen vorgekommen sein*, von
^- MR. ÜB. 1, 21, 707: hanc autem precariam non sit necesse de quinquenuiura in
quinquenniiim renovandi. Ebenso MR. U6. 1, 23, 772; 38, 787.
') MR. ÜB. 1, 21, 767: post meum discessum, vel quandocunque vobis placuerit [I vgl.
die zweitfolgende Urkunde], cum omnes res immelioratas vel exquisitas . . absque ullius
expectata traditione recipere facialis perpetualiter possidendum. MR. ÜB. 1, 30, 777: post
meum quoque decessiun ipsas res emelioratas (monachi) absque ullius iudicis consignatione
vel expectata traditione recipere faciant MR. ÜB. 1, 88, 787 dem Sinne nach wie 1, 21,
doch im Beginn: post meum quoque discessum, quando quidem domnus voluerit evenerit,
ipsas res etc. MR ÜB. 2, 26, 862—868, wie auch 2, 28, 866—67 lautet die Formel für
den Verletzer nur: imprimis iram dei omnipotentis incurrat (et omnium sanctorum). S. femer
MR. ÜB. 1, 118, 850: post tuum quoque ex hac luce discessum res memoratas una cum
omni superposito absque ullius iudicis contradictione vel consignatione heredum tuonim in
nostram facianms revocari potestatem et dominationem. MR. ÜB. 1, 154, 909: si quis vero . .
hanc precaiiam violare temptaverit, inprimis iram dei et sancti Maximini incurrat et ad
erarium regis 5 Ib. aiuri coactus exsolvat. Ganz ähnlich, auch für SMaximin, MR. ÜB. 1,
170, 929, vgl. auch 180, 943. MR. ÜB. 1 , 219, 964: der Zuwiderhandelnde legalibus sen-
tentiis subiaceat, et, quod repetit, non evindicet, sed insuper 10 auri Ib. coactus exsolvat.
Eigentümlich ist MR. ÜB. 1, 273, 996: wenn ein Verwandter der Prekaristin den Vertrag
anficht, diese legibus coacta aut presentis articulationem traditionis sanctiat, aiit in eodem
comitatu tantundem, vel sicut moris est, in proximo duplum, in tertio triplum restituat, aut
advocatus noster [des Prekareiherm SMaximin], quia hec omnia gessimus eins consilio et
instinctu, si negligens exactor exstiterit prefate traditionis vel retributionis, ne advocati negli-
gentia feriatur, detrimentum monasterii de suo componat
') MR. ÜB. 1, 305, c. 1033, Urkunde Erzbischof Poppos: ex quadam meorum fidelium
relatu mihi revelabatur verissimeque dicebatur, plurima infra extraque vallem Trevericam
predia iacere, qu^ si tantum ins et legem voluissem sequi et implere, iuste sine ullius con-
tradictionis impedimento me<? ditioni potuissem subiugare. idcirco quia quedani ex sancti
Petri meommque predecessonun thesauro olim emerentur ipsommque potestati' quadam
manticiparentiu', atque non propter aliud hec predia eorumque censum tamdiu esse sublatum,
nisi propter incuriositatem inquisitorum oblivionemque dominorum, quod ut ex communi voce
senum et iuvenum percepi, statim in Rorici advocati placito super hec exclamavi. Geht wohl
auf Prekareien. Eine wird wirklich revindiziert S. auch MR. ÜB. 1, 450, 1123.
— g95 — Umwälzung d. WirtschaftsverfassuDg.]
re*ailärem Heimfall erzählt die urkundliche Überlieferung unserer Gegend nur
Einmal K
Während der Dauer der Prekarei sollte das prekarische Gut wohl ge-
halten werden; es sollte gebessert an den Leihherni heimfallen. Demgemäfe
war Verschlechterung, Verminderung und teilweise Veräufserung verboten;
im übrigen war die Dispositionsfreiheit der Beliehenen gewahrt, sie scheint
sich sogar bis auf Untervergabung erstreckt zu haben ^.
Als Nutzungsentgelt oder zur Rekognition zahlte der Prekarist der remune-
ratoria wie der oblata einen Zins. Doch wird der Zins bei der remuneratoria bis-
weilen nicht genannt^, und wo er vorhanden ist, scheint er bei dieser Fonn
schwerlich über eine blofsc Rekognition hinausgegangen zu sein*. Anders bei
der oblata; hier [finden sich bisweilen beträchtlichere Zinsleistungen*, wenn
freilich auch hier Rekognitionszinse das Gewöhnliche sind*. Der Zins mufete
jährlich an einem bestimmten Termine, meist zu Martini, gezahlt werden ; bei
Zinssäumnis war mindestens Zahlversprechen, häufig auch eine Konventional-
strafe zu leisten. Eine Entziehung des Prekareigutes infolge von Zinssäumnis war
dagegen nicht zulässig ^.
Speziell auf dem Gebiete der Zinszahlung bezw. sonstiger Festsetzung
jährlicher Leistungen entwickelt sich nun die oblata in gesonderter Weise
') MR. ÜB. 1, 396, c. 1198: domina I. de Salmana prediis suis nobiscum precarie
conimutatis die sua mortem obiit, et summa prediorum suorum cum omni integritate sancto
Petro tradita in nostram episcopalem potestatem concessit
*) MR. ÜB. 1, 21, 767: ipsas res, dum advivo, non perdam, et nihil exinde penitus de
qualibet rem alienandi et minuandi pontificium [!] habere non debeam. Ähnlich MR. ÜB. 1,
30, 777. Vgl. femer MR. ÜB. 1, 173, 923: cum omni libertate atque securitate iUarum
rerum omnimodis usibus secundum propriam dispositionem potiantur. MR. ÜB. 1, 431, 1115:
Erzbischof Bruno giebt predium quoddam, quod habüi in Liemena, an das Domkapitel hac
ratione ac lege, ut quotannis vit« me§ in die ordinationis me« . . caritatem refectionis inde
accipiant Aus MR. ÜB. 1, 474, nach 1134, sowie 557, 1150 ergiebt sich, dafs Bruno dies
Gut precaria quadam acquisivit de domina Mageda üdeli laica.
*) Bei der oblata fehlt der Zins wohl niu* MR. ÜB. 3, 513, 1234, ohne dafs eine
Gegenleistung des Leihheim genannt wäre. Über letztere s. bald unten S. 896.
*) Zum Zins bei der remuneratoria vgl. MR. ÜB. 1, 106, 867; 220, 964.
'^) MR. ÜB. 1, 21, 767; 110, 868; 569, 1152.
•) MR. ÜB. 1, 14, 762—804; 23, 772; Cardauns Rh. ürkk. 12, S. 357, 1095—9, Brau-
weiler : quidam miles nomine A. dedit sancto N-o pro sua et uxoris sue sepultura 15 morgos
et possessiunciüam ; pro hiis reddit per singulos quatuor d., quia ad vitam suam eos recepit;
MR. ÜB. 3, 445, 1231; 1151, 1252.
^) MR. ÜB. 1, 21, 767: si de isto censu tardus aut negligens apparuero, fidem exinde
faciam et ipsum censum solvam; MR. ÜB. 1, 30, 777: et si de ipso censo negligens aut
tardus apparuero, cum iide facta pro censo solvere faciam et de ipsas res expoliatus, quamdiu
advivo, esse non debeam; MR. ÜB. 1, 105, 866: quodsi de hoc censu tu^a aut negligens
appamens, legis compositionem exinde facias, et ipsas res minime perdas. Ebenso MR ÜB.
1, 118, 880. S. femer G. ep. Camerac. 1, 54, MGSS. 7, 421, 874—5: et si de ipso censu
tardi aut negligentes apparuerimus, fidem inde faciamus, et contra supradictam Dei ecclesiam
hoc componamus. Die Konventionalstrafe beträgt 10 Ib. Gold 30 pondo Silber.
[Wirtschaft d. Grofsgrundbes. — 896 —
weiter ^ Dabei verliert sich freilich der Name Precaria bei den Rechts-
geschäften, welche ihrer Fortentwicklung angehören, seit der Mitte des 10. Jhs.*,
nachdem vorher ein beständiges Abnehmen der alten Fonn bis zum zeitweiligen
völligen Aussetzen stattgefunden hatte*. Gleichwohl kann man die im fol-
.ü:enden beschriebenen Nutzungsformen als Fortsetzungen oder Ausläufer der
oblata ansehen. Der alte Vertrag der oblata wird nämlich jetzt nur noch
entschiedener zu dem, was er schon stets gewesen, zur bedingten Schen-
kung von Todes wegen. Das zeigt sich vor allem in der Ausgestaltung
der Bedingungen, welche der Schenkgeber, der als Beliehener erscheint,
seinerseits aufstellte. Hier ist es das Gewöhnlichste, dafö ein Zins nun-
mehr nicht vom Beliehenen, sondern vielmehr vom Leihherm gegeben
wird ; und dieser Zins, nur sehr selten Rekognitionszins, nimmt häufig genug
Höhen an, welche das Ganze als Vertrag im Sinne der Leibzucht oder geradezu
als Leibgeding ei-scheinen lassen *. Damit nicht genug : seit dem letzten Viertel
^) Nur selten finden sich bei der remuneratoria Fälle, welche den im folgenden besprochenen
Erscheinungen bei der oblata entsprechen; vgl. aufser ME. ÜB. 1, 173, 996 noch Lacombl.
ÜB. 1, 120, 188, 1032: der vir nobilis F. u. s. Frau W. schenken ihren Besitz in 2 Marken
der Abtei VV'^erden. Der Abt nimmt sie in fratemitatem und giebt ihnen cuncta que tradi-
derant . . dupliciter iure precario zurück ... (es ist viel, was er zugiebt, ca. 12 Mausen)
statuens eis insuper quotannis ex sua parte dari duas Ib. d. Frisie monet^ (in Werden!)
et 8 eminas vini. uxori vero . . . si diutius (marito) vixerit, totius pactionis huius
medietatem usque ad finem vite sue concessit; et si illis ab ullo successorum eins
aliquid de bis imminuatur, sive vir sive femina supenixerit, sua recipiendi libera potestate
utatur. Lac. ÜB. 1, 159—60, 247, 1031: reicher Edler — söhnelos — schenkt an Werden;
cuius bona voluntate dilectati tam ego [abbas] quam omnes fratres mei eum in plenam
societatem tam corporaliter , quam spiritualiter data prebenda suscepimus, et pecunie pluri-
mum, quod suis timc necessitatibus pemecessarium fuit, gratanter contiilinms. Dann giebt
man ihm noch eine Prekarei, für sich, s. Frau u. s. einzige Tochter, unter der Bedingung, dafs
nach der dreier Tode ihr Besitz an Werden fallen soU. MR. ÜB. 3, 419, c. 1230: W. de
Lisura cum uxore sua I. communionem nostre fratemitatis accipiens quatuor vineas ecclesie
[SMaria ad inart.] contulit, et curtem nostram in (Lisura) . . cum appenditiis suis colendam
et inhabitandam accepit sciendum autem, quod si post mortem alterius alteri superesse
contigerit, superstes bona defuncti sine contradictione obtinebit, sed sine consensu nostio
matrimonium non presumet. ambobus autem defimctis bona eonim ad ecclesiam nostram in
perpetuum pertinebunt.
«) Zum erstenmal fehlt er MR. ÜB. 2, 27, 864-5, sonst ist er vor MR. ÜB. 1, 205,
959 stets vorhanden, setzt aber seit dieser Urkunde völlig aus. Dafs gleichwohl eine Fort-
setzung der alten oblata vorliegt, mag schon MR. ÜB. 1, 205, 959 beweisen: Jemand schenkt,
empfängt zurück non proprium, sed beneficiai-ium . . ea tamen ratione, ut eundem censum,
quem ab illius abbate cenobii . . iniunctum ibidem ad praesens persolvimus, usque ad obitum
nostrum omni anno . . persolvamus.
») S. imten S. 897 Note 2 die Tabelle.
*) Vgl. MR. ÜB. 2, 32, 10. Jh. 1. H.; 1, 292, 993—996; Lac. ÜB. 1, 112, 181, 1045;
MR. ÜB. 1, 341, 1053; Lac. ÜB. 1, 146, 225, 1073-75; MR. ÜB. 1, 654, vor 1169; 2, 48,
1120— 1169 (pactum dandi vini genannt); Ennen, Qu. 1, 561, 78, 1169; 572, 87, 1176.
Höchst eigentümlich ist Bd. 3, 56, 1269, wo der halbe EIrtrag als Zins seitens des Leih-
herm stipuliert wird. Eine klassische Form der alten Precaria oblata dagegen bietet dann
— 897
Umwälzung d. Wirtschaftsverfassung.]
des 12. Jhs. wird es in formeller Anlehnung vennutlich an die Ausbildung
der Precaria remuneratoria auf mehrere Generationen gewöhnlich, derartige Leib-
g(Hiinge sogar auf weitere Nutzniefser, als nur den Erstbeliehenen zu er-
sti-ecken^ Natürlich verliert die oblata mit diesen Vorgängen endglütig ihre
von jeher geringe Bedeutung als Landnutzungsform; sie wird zur blofsen
Verkehrsobligation, welche unter die Kategorie der Leibrentenverträge gehört.
Aber hatte denn die andere Form der Prekarei, die Precaria remuneratoria
mittlerweile irgend eine weitere Wichtigkeit als Landleihevertrag erhalten?
Sehen wir davon al), dafs die remuneratoria seit Schlufs des 10. Jhs. anfing,
seltener zu werden^, dafs auch hier, blieb gleich das Institut im wesentlichen
noch MR. ÜB. 3, 1175, 1252: Jemand schenkt an Uimmerode ein Gut, ius dominii et
proprietatis earundem renun in ipsum monasterium transferens, usumfructum vero ipsarum
renun mihi quoad vixero reservans, quo defuncto ipse usufructus ad dictum monasterium
transibit libere et absolute, ego etiam in recognitione premissorum promisi • ., annuatim
quoad vixero 12 d. Colonienses me in festo beati Martini soluturum.
^) Vgl. MR. ÜB. 2, 15, 1172; MR. ÜB. 3, 445, 1231: em Priester E. schenkt an
Himmerode einen 86 Ib. Trever. werten Weinberg ita, quod ipse E., quamdiu vixerit vel
quamdiu voluerit esse in seculo, teneat et colat eandem vineam concessione abbatis . .
daturus ex eadem vinea pro recognitione singiUis annis 2 am. vini . . et post ipsius mortem
vel si deo dante seculo renuntiaverit, tunc eandem vineam absque contradietione cuiusquam
monasterium assumet sibi et perpetuo possidebit. sane ipso de hac vita vel seculo migrante
abbas et conventus duas personas, pro quibus ipse rogavit, mulierem scilicet quandam et
filiam suam, quamdiu vixerint, procurabunt hoc modo, quod dabunt eis annuatim 8 mir.
siliginis et '/s mir. leguminis et quart. de pultibus [ ! 1. pulmentis] et utrique tunicam et duos
calceos. si una earum mortua fuerit, quicquid ei de hiis competebat, mortuum erit; utraque
mortua totum hoc donum mortuum erit MR. ÜB. 3, 785, 1243: H. von Engers und Frau
schenken terram arabilem an Kloster WQlfersberg iure proprietatis possidendam et colendam
sub annua pensione 4 mir. siliginis, quam dicta ecclesia persolvet eis, quamdiu vixerint, sub tali
conditione, quod si predictus H. decesserit et relicta eins C. in continentia viduali permanserit,
de predictis 4 mir. 2 solummodo ab ecclesia recipiat annuatim. si vero contraxerit [ ! 1. contra-
ierit], sciat se prorsus a bonis illis alienatam, nee in aliquo tenebitur ei ecclesia respondere.
MR. IIB. 3, d44, 1248: ein Kölner Bürger und seine Frau schenken an Sayn Greld, wofür
das Kloster einen Weinberg kauft Hiervon wird es den Eheleuten 4 am. Wein geben
singulis annis, quamdiu vixerint post mortem vero unius 2 ame remanebunt ecclesie, de
quibus defimcti memoria peragetur; et superstiti tantum [so zu lesen] 2 ame, quamdiu
vixerit, persolventur. post mortem autem utriusque ecclesia erit libera a tali pacto et
pensione; et pro tali beneficio memoria defimctorum agetur debita devotione. S. femer noch
MR. ÜB. 3, 1176, 1252; 1276, 1280.
Zahl der Verträge.
8. Jh.
2.H.
9. Jh. 1 9. Jh.
1. H. 1 2. H.
10.Jh.ilO.Jh.ill.Jh.
l.H. : 2.H. 1 l.H.
ll.Jh.
2.H.
12. Jh.
l.H.
12. Jh.
2.H.
13. Jh.
l.H.
1
Precaria oblata 7
3
2
7
—
1
1
3
2
Precar. remuneratoria
—
6
9
8
4
3
!
1
2
2
Ziu: Aufstellung s. oben 8. 891 Note 2.
[Wirtschaft d. Grorsgnindbes. — 898 —
erhalten \ doch der Name spätestens mit dem Schlufs des 12. Jhs. unver-
ständlich geworden ist', so war diese Precaria auch sonst nicht geeignet,
als wirtschaftliche Landnutzungsform weitere Bedeutung zu erlangen. Ihre
Aufrediterhaltung lag, wenigstens in späterer Zeit, wesentlich im Interesse der
Leiheherren; sie war zu einer Form des Grunderwerbs geworden fttr solche
Güter, welche man ohne weiteres im freien Kauf zu erwerben nicht die Kraft
hatte ^. Kann man von diesem Gesichtspunkte aus schon die Precaria oblata in
der letzten Fassung des Leil^edinges ftkr einen Vertrag ansehen, welcher es
erlaubte, unter längeren Abzahlungsterminen gröfsere Erwerbungen zu machen,
so gilt das noch viel mehr und von Anfang an von der Precaria remuneratoria,
in welcher die Nutzung des vom Leiheherm eingebrachten Grundstückes so zu
sagen ein Amortisationskapital für den Erwerb des seitens des Beliehenen
zugeschossenen Grundstückes vorstellte. Dieser Bedeutung entsprechend kommt
nun auch die Precaria simplex nur selten und nur in früher Zeit als einfache
Landnutzungsform im Sinne eines Pachtvertrages vor^; meist dagegen gehören
1) Man vgL die schöne Form noch ^Andernach. Schreingr. No. 85, 6. 1852, 1256:
ein Ehepaar überträgt sein Haus an SMarien- Andernach ea conditione, ut domum memorate
ecdesie dicte domoi contiguam, qnamdiu vixerint, simol possideant, et de iilis ambabns
domibus dimitiam nur. memorato conventoi solvant censoaliter annoatini. post mortem v^ro
ipsorom predicte domus ad monasterium absolute reyertentur.
*) Noch in der 1. H. des IL Jhs. gilt die Precaria (Prestaria) als gewöhnliches Rechts-
geschäft, vgl. MR. ÜB. 1, 806, 1085: als Rechtsgeschäfte an Gnmd waä Boden werden ge-
nannt donom, prestaria, concamhiom; und MR. UR 1, 819, 1042: potestas tenendi
tradendi vendendi commutandi praecariandi vel quicquid sihunet placuerit inde üeuäendL Da-
gegen kennt Cardauns, Rhein, ürkk. 10, S. 854, 1061 als Rechtsgeschäfte dieser Art nur
vendere, commntare und inbenefidare. Precaria bedeutet seit Schlufs des 12. Jhs. schon
Bede, s. MR. ÜB. 1, 102, 1190 (auch Honth. Hist 2, 97, 1818); precator curtis ist um 1200
ein Hofpächter, s. MR. ÜB. 2, Nachtr. 9, cit oben S. 578 Note 1; und ius precarium ist
um 1800 Bederecht, s. Bd. 8, 108, 24, 1801.
«) So sehr deutlich Lac. ÜB. 1, 128—4, 192, 1057. Man vgl. femer Ennen, Qu. 1,
467, 18, 965: praedium . . per precarium nostrae ecclesiae [Erzstift Köln] acquisitum.
MR. ÜB. 1, 291, 1016: der Abt von Prüm stattet die Kollegiatkirche zu Prüm aus ex
proprietadbus, quas ipse iure praecario acquisivit absque omni monachorum sibi subditorum
detrimento. MR. ÜB. 1, 824, ca. 1045, Urkunde Erzbischof Poppos: cxistimavi, ut vel
multum felicitatis anim^ me^ inde adtraherem, si quod non habui nee in proprietate sancti
Petri inveneram, qualicumque modo meis bonis possem adquirere, unde in primis episcopalis
sedis predia augerentur et cum quibus augmentis cetera monasteria suis necessitatibus postea
melius sublevarentur . . macht Prekarei. MR. ÜB. 1, 887, 1052: basilicam (in Polch), quam
per precariam ac iuris mei residuo necnon et proprio censu adquisieram [Erzbischof Eber-
hard]. S. auch MR. ÜB. 1, 278, 996, remuneratorische Precaria, bewilligt durch die Prekarei-
herren, die Mönche von SMaximin: utilitatibus monasterii nostri successorumque nostronun
consulentes detrimentumque penurie nostre pre illorum commoditate parvi pendentes.
*) Vgl. üPrüm No. 104, Gemmerich; Cardauns, Rhein, ürkk. 3, 844, 948, s. auch
Roth, Feud. S. 140. Man kann hierher auch ziehen MR. IIB. 1, 14, 762 — 804 : ad excolendum
vel coUaborandum usualiter, ähnlich a. a. 0. 21, 767. Wenn die Güter seit 12. Jh. Mitte im
allgemeinen kleiner werden, so liegt das vielmehr im Verfall des Instituts, als in einer
segenbringenden Abänderung seiner Anwendung begründet Übrigens konnte auch Fahrhabe
neben Grundeigen in Prekarei gegeben werden, vgl. MR. ÜB. 2, 20, 8.82.
— 899 — Umwälzung d. Wirtschaftsver^Eussung.]
Abschlüsse in ihi* nur den besser sitiiierten Schichten, nicht armen Pächtern,
an\ und sie wird zu Transaktionen verwendet, in denen es sich nicht uiii
kleinere Leihegnindstücke, sondern lun jranze Höfe, ja Kirchen, Klöster und
Grundherrschaften handelt^. So bildet sie im eigentlichen Mittelalter nm* eine
korrelate Leihefonn zum höheren Lehnsvertrag® und wird wirtschaftlich nur
vereinzelt, etwa zur Einbringung eines Inventars bei Verpachtungen u. dgl.,
benutzt *.
Also sind es nicht die prekarischen Leiheformen gewesen, welche die
Entwicklung erblicher und zeitlicher Pachten in der Stauferzeit vorbereiteten;
höchstens liefse sich in der Ausdehnung der Leihefristen in ihnen auf zwei
oder drei Generationen ein Moment erblicken, von welchem die Annahme
gelton könnte, es hal)e der Erbpacht vorgearbeitet
Wir können daher, soweit nicht etwa gar eine voraussetzungslose und
spontane Entwicklung des 12. und 13. Jhs. vorliegt, eine Vorbereitung der
späteren freieren Pachtformen nach dem, was auf Seite 891 auseinandergesetzt
ist, zunächst nur noch im Beneficium der karolingischen Zeit suchen.
Indes bereits in karolingischer Zeit kam neben dem Beneficium doch
noch eine andere Form der Landnutzung auf, welche weder als prekarisch
noch als benefiziarisch gelten kann, sondern im Gegensatz zu diesen
freien Formen als spezifisch grundhörige Landnutzungsart bezeichnet werden
mufe. Gewifs waren die freien Hintersassen ursprünglich auf dem Wege
freien Vertrages, sei es durch Precaria, Beneficium oder auch durch ein-
fache Kommendation, in <lie Grundherrschaft gelangt; nunmehr aber, bei
>) Vgl. z. B. MR. ÜB. 1, 186, c. 948; 219, 964.
«) S. MR. ÜB. 1, 105, 866; 118, 880; 119, 881; 120, 886; G. ep. Camerac 1, 54,
MGSS. 7, 420—21, 874r-5; Sigeh. Mir. Cap. 2, § 17; MR. ÜB. 1, 187, 895; 169, 928;
V. Ger. TuU. 21 ; Chron. s. Mich. Vird. 8, MGSS. 4, 81, c. 960; MR. ÜB. 1, 838, 1052.
Vgl. auch Roth, Feud. S. 189-40.
') Bisweilen steht sie geradezu für diesen, ygl. MR. ÜB. 1, 338, 1052: die Söhne des
Grafen Walram von Arlo sollen die crzstiftischen Guter in Igel und König bis in finem vit^
haben und davon als servitium leisten 40 scutatos ex ista parte Alpium; et si iter episcopi
vel regia expeditio ultra Alpes fiierit, 20 mittat Die Verleihung ist prekarisch. S. auch
V. loh. Gorz. c. 110. Zum Übergehen in Ijehnsformen vgl. aufser MR. ÜB. 1, 450, 1128
namentlich MR. ÜB. 1, 536, 1145: ein Priester H. schenkt an Laach; auf sein Bitten wird
der geschenkte Besitz duobus firatribus [donatoris] et unius uxori in feodum hereditarium
legitime delegiert (delegatum), unter jährlichem Martinszins von 2 s. si alteruter horum
iratrum . . feodum suum vendere vellet, ut primum fratri suo, deinde sancümonachis emptum
preberet atque pro maiori, quam pro 6 mr. argenti, nuUatenus mutuaret Von den Brüdern
ist einer Kleriker, der andere Laie. Stirbt der erste, so soll der Laie erben, stirbt der zweite,
so dessen Kinder. Hat er keine Kinder, so erbt die Frau, nullam habens potestatem id
vendendi aliasve stabiliendi solummodo ad finem vit^ su^ eo firueretur. Erbt der Kleriker
alles, so soll er so verfügen, ut ^cclesia honun proprietate bonorum nullatenus unquam careret
*) S. Korth in Ann. d. bist Ver. f. d. Niederrhein Heft 44, 72, 1247, und auch
'Chartular von SAmual Koblenz St. A. 1259, MR. Reg. 3 No. 1551: Konstituierung einer
Erbpacht gegen Zins von 1 mr. Silber zu Westliofen bei Worms, zu deren Gütern die
Pachter 3 Morgen Eigenland zul »ringen.
[Wirtschaft d. Grofsgnmdbes. — 900 —
längerer Dauer ihres Aufenthaltes innerhalb der Gnindherrschaft , gestaltete
sich ihr Rechtsverhältnis doch wesentlich um. Durch die ständige Berührung
mit den hörigen und unfreien Zuständen des ältesten grundherrlichen Bestandes
gewann das anfangs dem gemeinen Recht angehörende Verhältnis ziun Grund-
herrn besondere Fonnen ; der Einflufs der gnmdhenlichen Gewalt durchdrang es
und verlieh ihm den besonderen Charakter grundhöriger Landnutzimgsform. So
hätten sich denn sehr wohl innerhalb der Grundherrschaft volle, nur grundherrlich
gestaltete Analoga des Beneficiums und der Precaria ausbilden können. Wenn
das nicht geschah, wenn \ielmehr die grundhörige Landnutzungsform in sich
geschlossen in einen einfachen Gegensatz zu den freien, gemeinrechtlichen
Formen des Beneficiums und der Precaria trat, so ist der Grund in der be-
sonderen Einwirkung der hörigen und unfi'eien Verhältnisse auf die Land-
nutzungsart der freien Hintersassen zu suchen, so wie dieselbe unter dem
grofsgrundherrlichen Bestreben einheitlicher Wirtschaftsorganisation statthatte.
Die Tendenz der Unifikation aller Landnutzungsfonnen innerhalb dersellien
Fronhofeverwaltung, welche sich im 9. Jh., vor voller Ausbildung der Hof-
genossenschaft mit ihrem materiellen Weisungsrecht, noch ganz anders wie
später geltend machen konnte, führte dazu, die Landnutzungsverhältnisse der
freien Hintersassen und des alten hörig-unfreien Grundstocks der Grundherr-
schaft gegenseitig anzunähern und zu verschmelzen. Dieser Prozefs war schon
am Ende des 9. Jhs. und seitdem für das ganze frühere Mittelalter soweit
abgeschlossen, dafs den freien Landnutzungsformen der Precaria und des
Beneficiums nur 6ine gemeine Form giiindhöriger Landnutzung gegenüber-
gestellt werden^ konnte.
So stellt sich denn das Problem, in welcher Weise die wirtschaftlich
freieren Landnutzungsformen der Stauferzeit vorbereitet worden sind, nach
Abweisung von gröfseren Einwirkungen der Precaria nunmehr dahin, dafs die-
selben entweder in dem Beneficium bezw. dessen späteren Entwicklungsfomien
oder aber auch in <ler gmndhöiigen Landnutzung un<l deren Abwandlung Vor-
läufer gefunden haben können. Beide Alternativen sind nach einander zu
betrachten; für lieide werden sich in der That Anknüpfungspunkte nach den
freien Landnutzungsformen späterer Zeit hin ergeben^.
Zunächst vom Beneficium. Abzusehen ist hier natürlich vom hohen
Lehen späterer Zeit: mit diesem als einer politischen Bildungsfonn der Karo-
^) Noch nicht aiisgeglichon ei-scheinen die Gegensätze am Schhifs des 8. Jhs., s. Lac.
ÜB. 1, 3, 4, 794: an Werden schenkt jemand totam terram iHam, quam L. litus mens
incolebat et proserviebat, et imum agmm, quem H. ingenuus homo in meo beneficio ante
habuit. Dagegen s. aus später Kaiserzeit MR. ÜB. 3, 145, 1220: Komelimünster verkauft
an Kloster Sa}Ti sein Ailod zu ürmitz salvo iure hereditarionun et exceptis hominibus in-
feodatis. Hier sind unter hereditarii die gesamten Gnmdhörigen verstanden. S. auch noch
Bd. 3, 82, 40, 1280.
*) Möglich, wenn auch ftir die Moselgegenden unwahrscheinlich und quellenmäfsig nicht
zu l)elegen, ist eine dritte Art der Anknüpftmg, nämlich diejenige an die freieren Nutzimgs-
formen der städtischen Entwicklung des 11. und 12. Jhs.
— 901 — Umwälzung d. Wirtschaftsverfassung.]
linger- und Mhen deutschen Kaiserzeit haben wir hier nichts zu schaffen,
wenn es auch freilich seit dem 12. Jh. ins Wirtschaftliche herabsinkt. Es
handelt sich hier vielmehr nur um Zinslehen — aufserdem um ministerialisches
Lehen aus Griinden, deren Stichhaltigkeit aus der folgenden Darstellung bald
erhellen wird.
Was zunächst die fonnale Entwicklung beider Ai-ten angeht, so folgt
dieselbe mutatis mutandis der Entwicklung des politischen Lehens; namentlich
ist allmählich eintretende Erblichkeit, wenn auch nicht für alle Fälle, zu
konstatieren*.
Das Zinslehen mit seiner ui*sprtinglichen Bindung an das Leben des
Leiheherm wie des Beliehenen sowie mit seinem Einziehungszwang bei Deterio-
ration, Zinssäumnis und Ableugnung des benefiziarischen Verhältnisses ist schon
seit dem 8. Jh. allseitig ausgebildet und hält sich in dieser Form, unter Zu-
sicheiimg lebenslänglichen oder erblichen Niefsbrauches , das ganze firühere
Mittelalter hindurch. Nur kommt es sehr spärlich vor, wird meist nur für
kleine Nutzungsobjekte angewendet, hält sich späterhin von Abschwenkungen
in grundhörige Verhältnisse nicht immer frei, und erscheint somit vornehmlich
als eine seltene Nutzungsform der unteren Klassen, als beneficium lazgüt oder
feodum servile^. Doch leuchtet ein, dafs das Zinslehen, soweit es nicht
^) Benefiziarische Form auf Lebenszeit Lac. ÜB. 1,*117, 186, 1051; für Mann und
Frau MR. ÜB. 1, 374, 1074 ; ferner MR. ÜB. 2, Nachtr. 4, S. 386, lun 1200 : Tlieodericus de
Kerpena omnibus hoc scriptum inspecturis notum Yobis esse volumus, quod nos feodum, quod
dominus Winemarus de Manderscheit tenet a nobis, concessimus domine Hildegardi uxori
eins, si dictus W. maritus eius ante ipsam obierit, per dies vite ipsius tenendum. Weiter
geht MB. ÜB. 1, 450, 1123: der Abt von SMaximin beklagt sich über Wegnahme seines
Mannes (homo suus) Anselm von Mollesberch cum beneficio suo, quod avus illius a
Poppone abbate per precariam sibi suisque acquisivit heredibus. SMaximin erhält es zurück
unter dem Beding, ut A. et ülius eius H. beneficium idem ab . . abbatibus amodo pacifice et
quiete possideant et beneficiario ab eis iure deserviant. si autem ipsi sine heredibus
deümcti fuerint, tunc eadem bona beato Maximino libere et integerrime redeant S. femer
*Du8seld. St A. Fant Or. No. 13, 1145: ego Hecelo civis Coloniensis beneficium meum, quod
ab ecclesia beati Pantaleonis ex patema possessione possederam, accepto pretio eidem ecclesi^
reddideram, rursumque a manu domini Gerhardi abbatis eiusdem loci recepi ea conditione,
ut quamdiu advixero, annuatim censum 10 s. et mo. tritici atque 2 cappones in festo sancti
Martini villico de Siüzege persolvam. post mortem vero meam uxor mea ipsum beneficium
susceptura 10 s. dabit, insuper et censum prescriptum. si autem ipsa obierit, aut ego aut
quicumque herediun meorum ipsum beneficium sub eadem conditione optinebimus.
*) Zur Verbreitung s. wohl schon Lac. ÜB. 1, 3, 4, 794, cit oben S. 900 Note 1,
femer MR. ÜB. 1, 89, 855; 93, 856; 104, 871; Lac. ÜB. 1, 44, 82, 902; Chron. s. Mich.
Vird. c. 8, MGSS. 4, 81, c. 960; — aus späterer Zeit Ennen, Qu. 1, 587, 96, 1183; ÜStift
421, Altrich. Von besonderem Interesse sind Ennen, Qu. 1, 572, 87, 1176: ein Bürger von
Köln war von SUrsula-Köln bcneficiatus . . bonis fcodalibus et bonis censualibus, que vulgo
lengüt et lazgät dicuntiu*. MR. ÜB. 2, 127, 1192, Grundherr Laach, Hof Heimbach und Ben-
dorf: si aliquod beneficium, quod lazgfit dicitur, vacare contingat, abbas liberam potestatem
habeat [gegenüber dem Vogt] illud locandi, cuicumque suo placuerit arbitrio; ÜSMax.
S. 441, Kenn 8d: est ibi feodum servile P/2, que solvunt villico 9 d. Lehnsbuch
v. Boland, 13. Jh. Mitte, S. 44: I. de D. habet 11 feoda in villa (Dill imd Rödem
[Wirtschaft d. Grofsgnindbes. — 902 —
gruudhörig beeinflufst war, ohne weiteres in Erbpacht übergehen konnte, ja dafs
die Unterschiede zwischen beiden Instituten flielsende sind^ Im Zinslehen
lag also unmittelbar eine Einrichtung vor, deren Anwendung — nun in der
Form der Erbpacht — eine gesteigerte sein mufste, sobald der alte grund-
hörige Verwaltungsnexus sich tiberall zu lösen begann; ein Samenkorn, das
hundertfältige Frucht tragen mufete, sobald mit der Ver\\itterung der bisher
übermächtigen Institutionen gnmdherrlicher Wirtschaftsverwaltung ein günstiger
Boden ftlr seine Entwicklung geschaffen war.
In hohem Grade eigentümlich auf die Lockeiiing dieser alten Institu-
tionen selbst, unter gleichzeitiger Erzeugung einer freieren Nutzungsfomi,
wirkte aber namentlich das ministerialische Lehen. In karolingischer Zeit
konnten die Ministerialen mit Benefizien ausgestattet sein; als häufiger vor-
kommend denkt sich das Cap. de ^illis c. 10 dies Verhältnis namentlich bei
dem Meier. Später, in der deutschen Kaiserzeit, ist die Ausstattung der
Ministerialen mit Lehen ganz allgemein^; man spricht geradezu von Dienst-
lehen*. Nun wurde a])er die Ginippenbildung der Ministerialen für diese Be-
gabung meist ziemlich weit gefafst; innerhalb der Grundherrschaft des Erz-
stiftes Trier finden sich z. B. um die Mitte des 11. Jhs. als ministerialisch
belehnt Jäger und Fischer, Zimmerer, Maurer, Baumeister und Steinmetzen*, imd
schon im 7. Jh. begegnet ein Müller innerhalb eines Grofsgrundbesitzes, welcher
in einer dem späteren Lehen analogen Weise behandelt wird ^. Auch die Vertreter
der besseren Anbauarten zog man noch in diesen Kreis hinein, so namentlich
bei Kirchberg, Kr. Simmem). MR. ÜB. 3, 1067, 1250: quatuor bona, que vulgo lein uun-
cupantur, curtis (Rommersdorfiensis) site in Wintere. S. femer die lehrreiche Urkunde Bd. 8
No. 96, 1319. Von Interesse ist auch WRommersheim 1298, G. 2, 520: oef einich lieninan
eins abts empfienge guit wieder einen lienberichen man umb einen zins, dae sal und mach
ein abth mit dem man brechen und buessen, gleich anderen seinen mannen.
^) Man vgl. MR. ÜB. 1, 461, 1128: A. sancte dei ecclesie devotus et fidelis amicus
[wohl ein Freier] erhält vom Domstift possessiimculam meam et curtilem, in qua habito, in
Eiu'en, hereditario iura, nach vorhergegangenem Streit, et ego et i)roles mea. predictam
curtilem suscepimus in cai)itido sancti Petri, presentibus et annuentibus fratribus, coram
ministris fratrum et melioribus Urie civibus. Erblehen oder Erbpacht?
2) Vgl. beispielsweise ]MR. ÜB. 2, 99, 1164—1189; 3, 86, 1218.
3) Vgl. »hard, CD. bist. Westf. 2, No. 276, 1150.
*) MR. ÜB. 1, 338, 1052, s. auch hierher gehörig Lehnsbuch Weniers II. v. Boland
S. 31 : hü sunt proprii homines mei a meo predio inbeneficiati. G. de ÄL habet de nie 2
mansos in M. et inde Bolandie castellanus est. U. de B. habet predium . . et inde Bolandic
sessor est. Andere Inbeneficiaten sind sagittarius coquus sessor castellanus.
^*) Ml{. ÜB. 1, 6, 6, 636: molendinos meos 4 sitos super Crunam [Bach La Cnine, tt.
bei Longuion in den Chiers] fluveolum, quos ad presens E. molinarius tenet, vel qui
tunc tempore molinarius fiierit, cum familia. Später treten dann für die Mühlen meist Pacht-
verliältnisse ein, vgl. oben S. 890 Note 1, besonders Pannen, Qu. 1, 547, 71, 1158, und MR. ÜB.
2, 49*, 1181.
— 903 — Umwälzung d. Wirtschaftsverfassung.]
(He Weinbauern ^ hatten sie doch in merowingischer Zeit noch eine den Aiti-
fices, den Handwerkern, analoge Stellimg im grofsgnmdherrlichen Betriebe^.
Indem man aber die Weinbauern ministerialisch belehnte und sie so
von den übrigen Bauern innerhalb der Grundherrschaft unterschied, schuf man
zi^leich für eine mit fortschreitender Kultur immer weiter um sich greifende
Klasse der landarbeitenden Bevölkeiiing ein eigenes Recht und eine bevor-
zugte Stellung. Die übrigen Ministerialenämter und -Stellungen waren nicht
zahlreich oder sonderten sich, soweit sie zahlreich waren -— so die Klasse der
einfachen ministerialischen Krieger — vom wirtschaftlichen Lehen ab: hier
al)er, im Weinlehenbau, waren nun umfangreiche Gruppen besser situierter
und bevorrechteter Bauern entstanden, welche sich überall lokal für sich
organisierten und deren freiere Stellung den Eechts- und Wirtschaftswünschen
der gemeinen Grundhörigeu als erstrebenswertes Ideal erscheinen mufete®.
Nach alledem kann man die Wlngertbauerschaft geradezu als ein Mittel-
glied zwischen höherer Ministerialität und Hofgenossenschaft, als die Aristokratie
der ginmdhörigen Bevölkerung bezeichnen. Als solche treten sie schon in den
ältesten Quellen Ins zum 9. Jh. hin auf, wenn es auch nicht möglich ist, für
diese Zeit schon den Bestand einer besonderen Verfassung der Weinlehen
quellenmäfsig sicher zu erweisen^. Und in der That lag in ältester Zeit ge-
wifs niehifach ein Hindernis füi* den eigentümlichen Ausbau dieser Verfassung
darin, dafs sich die IMchtern, meistens die Substrate der Weinlehen, noch nicht
von der an ihrem Ausbau beschäftigten grundhörigen Hufe getrennt hatten,
mithin der gemeinen grmidlierrlichen Behandlung dieser und ihres Inhabei"S
noch mit unterlagen^. Später dagegen, abgesehen von einzelnen viel fillheren
Beispielen generell wohl spätestens im Verlauf des 11. Jhs. , als die Pichteni
1) Vgl. nocli Uli ÜB. 1, 835, 1051 (Fälschung).
2) S. oben S. 16.
'*) Man vgl. nur die Stellung eines solchen Wingertlehnsmannes in der Urkunde des
Ml{. ÜB. 1, 647, 1166: quidam familiaris noster [des Münsterraaifelder Stifts] R. de Meirla
[Merl] veniens ad nos pro quibusdam beneficiis suis ad ecclesiam nostram pertinentibus
[petivit] . . , quatinus ea, que certa eatenus habuerat, certissima et inconvulsa Scripte quoque
nostrn confirmata permanerent . . . itaque vineam in Brüle sitam, quam ipse ecclesie nostre
ant« contulei*at, cum duobus integiis feodis . . sub eodem iiu^, quo ceteri eiusdem curie
homines sua beneficiu possident, feodali videlicet iure sibi successoribusque suis habenda
concessimus. domirni vero nostram ibidem in (Merl) sitam cum ciuia et ortulo adiacente
cimi omni utilitate eorum hac determinatione ei assignavimus, quatinus collectas advocatorum,
quas ibidem vulgari nomine güwerf vocant, exinde persolvat, torcular preparet et cellarium
hospitibus fratribus et nuntiis nostris fideliter exhibeat hoc quoque annectendum censuimus,
quod nee duobus nee pluribus posteritatis sue heredibus prenominata beneficia vel suscipienda
vel aliqua indnstria dispertienda concedemus. S. auch MR. ÜB. 3, 1265, 1254.
*) Vgl. oben S. 16, femer Honth. Hist 1, 91, 698, cit. oben S. 411 Note 6; Würth-
Paquet, Table d'Echtemach 1, 46; MR. ÜB. 1, 64, 836; 118, 880.
»*) Vgl. hierzu und zum folgenden oben S. 411—412, auch Bd. 2, 73 f., 75, 215 No. 8.
Zur vollen wirtscliaftlichen Ausgestaltung des Weingutes s. oben S. 680, sowie Bd. 3 Wortr.
u. d. W. manewerc.
[Wirtschaft d. Grofsgnindbes. — 904 —
sich von den Mutterhufen getrennt hatten und selbständige Weingüter bildeten^
bestand diese Schwierigkeit nicht mehr.
Doch läfst sich in einzelnen Fällen der alte Zusammenhang der späteren
Wingertslehenverfassung mit der grundhörigen Gemeinverfassung, die Herkunft
des Pichterlehenbrauchs aus der Grundhörigkeit der Mutterhufe noch sehr
wohl verfolgen. So wird z. B. bei einer Neurodung von Weinbergen durch
Wingertlehnleute innerhalb der Grundherrschaft SMaria- ad -martyres- Trier
seitens des Abtes des Klosters gegenüber den Lehnleuten festgesetzt: in ipsa
beati Martini festivitatis die tres am. ^ini mihi meoque in posterum successori
persolvant et easdem die eadem in Velreche quocunque modo deferant quod-
si ibidem conveniente familia mea vinum acceptabile probabitur, rata et in-
dissolubili conventione fruantur; si vero aliqua inter utramque partem contro-
versia oiitur et detractionis causa \inum fortassis inreprobabile reprobabitur,
duos superioris proxime et totidem inferioris ville \iros iudices sibi constituant
et eorum super hac re deliberationem ratam teneant. preterea si pro qualitate
temporis a Novimagio usque Diedenhoven ama vini quinque s. carior habe-
bitur, tres ame 15 s. a debitoribus supradictis redimantur, sin autem, non
aliud quam vinum persolvant, quod habitantes Velreche sul) banno vendendum
accipiant. si vero suo tempore omnis hec non servabitur conventio, libera
ecclesiae restituatur possessio ^ Hier wird also die Zinszahlimg der Wingert-
lehnleute in erster Instanz noch unter die Kontrolle eines abteilichen Fron-
hofes gebracht: eine Ingerenz allgemein grundhöriger Verhältnisse, welche
sonst bei der Weinlehenverfassimg der Regel nach vermieden wird^.
Vielmehr ist eben die thunlichst weitgehende Trennung von den sonstigen
gemeinen ginndhörigen Kontrolleinstituten die Grundlage aller Selbständigkeit
der Weinlehngttter. So wird z. B. meistens die Zahl der gemeinen Hofdinge,
welche die Lehnleuti* zu besuchen haben, auf eins beschränkt^; wo eine
Fronhofsvogtei besteht, sucht man die Lehnleute von ihr zu befreien^; und
M MH. ÜB. 1, 432, 1115.
2) Verwandte Fälle, wie den oben angeführten, bietet noch Bd. 3, 30, ao, 1263; 67, 88,
1275; 93, 8, 1287. S. auch WLonguich 1408 § 16, cit. oben 8. 575 Note 6.
«) ]Sm. ÜB. 2, 40, 1140.
*) Vgl. dazu die lehrreiche Urkunde MR. ÜB. 3, 67, 1217: cum dominus Wilhelmus
abbas sancti Martini Trevirensis silvam quandam . . vinearum cultoribus pro c^nsu deter-
minato ad propagandas vineas sapienter exposuisset, Matheus de Ponte miles eosdem
vinearum cultores graviter incepit molestare et, acsi homines sui essent, iura advocatie et
exactiones violenter extorquere, cum tarnen ipsi silvam eandem censualiter et secimdum ius
civile ab abbate suscepissent. hac igitur iniuria domno Richardo predicti abbatis successori
ab eisdem vinearum cultoribus relata, ipse abbas Matheiun de Ponte militem coram nobis in
iudicio convenit, causam, cur homines ecclesie beati Martini de silva predicta censuales
iniuste vexaret, diligenter requirens. ipse vero Matheus eandem silvam ad villam Irsch per-
tinere respondebat Der Wald wird dem Ritter und seinen angeblichen Gewährleuten
abgesprochen, er verzichtet zu Merzig vor dem Erzbischof. Darauf geht der Abt nach Trier
und sjctzt alles den predictis vineanim cultoribus auseinander. Ipsi igitur vinearum cultores.
— 905 — Umwälzung d. Wirtschaftsverfassung.]
häufig genug beruht der Zusammenhang mit der sonstigen Fronhofsverfassung
nur auf der Thatsache, dafs der Fronhofsmeier zugleich dem besonderen Bau-
ding der Wingertslehnleute vorsitzt. So bei Bingener Weinlehngütem; hier
ist der Meier von u. h. wegen ein riechter über das manwerke ; davon gebent
u. h. ime in dem hierbst ein ame wins in dem hoif ^
Ja meist wird nicht einmal dieser Zusammenhang gewahrt: die Lehn-
winzer schliefsen sich, wie bald genauer zu zeigen sein wird, zu einer völlig
für sich stehenden Anbaugenossenschaft ab, welche ohne die Veimittlung der
Fronhofsverfassung in direktem Verkehr mit dem Grundherrn steht. Darum
erklärt das WBingen, wohl vom Jahre 1425, sofort in § 1, die Mannwerke
(Lehenwingerte) seien geheißen manwerke umbe des willen, were die hait, die
sint davon unser heren man und auch ine verbuntlich, als ein man sinen
heren plichtig ist. Infolge dieser durchgehenden genossenschaftlichen Abson-
derung treten natürlich an die Stelle der Meier anderweitige, meist nur zeit-
weise und kommissarisch funktionierende Vermittler zwischen dem Grund-
herrn und der Genossenschaft, wie es MR. ÜB. 2, 40, 1140 heifst: cultores
vinearum legato abbatis, non villico compositionem faciant pro delicto^. Der-
artige Vermittler heifsen meist Vininuntii oder Vindemiatores , zu deutsch
Windelboten®; es sind vornehme Herren, bei den geistlichen Instituten meist
die Pröpste oder Kellner oder auch heiTorragende Schultheifsen *, in den welt-
quatenus firmius observarentur, que gesta fuerant, ut rursum coram scabinis et civibus aliis,
quorum subarata sunt nomina, silvam predictam publice resignarent, ab iisdem tribus viris
ono ore postulaverunt. illi ergo petitioni eorum satisfacientes , coram sculteto scabinis et
civibus Trevirensibus rursus eodem modo, quo prius, unanimiter resignaverunt et quicquid
iiuris in ea se habere dixerant coram cunctis efestucaverunt.
*) WBingen 1425 (?) § 16. Dies Bingener Weistum, wie ein paar* Notizen aus dem
WflUenz 15. Jhs. und anderen Stücken dieser Zeit seien hier zu viel früheren Zeiten
angeführt, da sie noch ganz den alten Zustand der Wingertslehnverhältnisse erkennen lassen.
Im übrigen liegt uns hier die allerdings sehr lohnende Aufgabe, die Entwicklung des Wingerts-
lehens noch über die Stauferzeit hinaus eingehend zu verfolgen, fem; nur noch einzelne be-
sonders bezeichnende urkimdliche Nachrichten des späteren Mittelalters sollen herangezogen
werden. Für eine genauere Schilderung würden von Weistümem namentlich in Betracht
kommen die soeben genannten WBingen 1425 (?), G. 4, 590 f.; WEllenz 15. Jhs., G. 6, 583 f.;
femer VTVVolf 15. Jhs., G. 2, 815 f.; WRhens, G. 6, 485 f.; WChür 1514; WMüstert 1529;
Trierer Hofw. 1555, G. 2, 283; Würzig 1565; WEllenz 1644; Scotti, Chur-Trier 1, 643, 1655;
WBendorf 1671; ^VFraishof bei Ürzig 1686, G. 2, 368; WBremm 1727, G. 2, 806; WKröv,
G. 2, 383; WLehmen, G. 2, 464; ^^^allendar, G. 1, 611; WNiederemst, G. 3, 807; WPün-
derich, G. 2, 403; WRuwer, G. 2, 298.
«) Vgl. auch Ennen, Qu. 2, 98, 89, 1225; MR. ÜB. 3, 633, 1288, wo aufser dem
Nuntius auch der Gmndherr einmal jährlich erscheint; Bd. 3, 31, 2n, 1263 (gleichberechtigt
der aurtilanus).
») S. USMax. 466; Ges. von Prüm zu UPrüm S. 180 Note B, cit unten S. 910 Note 11
(auf S. 911); Bd. 3 Wortr. u. d. W. Windilbode. Das Wort ist vermutlich Übersetzung von
nuntius vindemianun.
*) Vgl. MR. ÜB. 1, 652, 1168 (eine Urkunde, auf welche noch öfter im folgenden
Bezug genonunen wird): Ludwig Abt von SMatheis bekennt, quod . • salicam terram
Lftmpreeht, Dentscbei Wirtfcluiftoleb«D. I. 58
[Wirtschaft d. Grorsgnmdbes. — 906 —
liehen Grundherrschaften anfangs höherstehende Schultheißen, später inner-
halb der Territorialverwaltung Amtleute und Kellnert Sie kommen meist
7m Herbstzeit, häufig an den Ufern von Mosel und Rhein zu Schiffe, um zu-
gleich die fälligen Zinse mitzunehmen: so erscheint z. B. zur Zeit der Wein-
lese ein Kölner Domherr als dominus windilbodus zu Schiffe in Erpel '.
Allein neben dem kommissarischen Vertreter der Grundherrschaft hatten
die Wingertslehngenossenschaften da, wo sie aufser jeder engeren Berührung
mit der Fronho&verfassung standen, vielfach noch einen dauernden Beamten
und zugleich meist Genossen in ihrer Mitte. Es ist ein dem Meier konelater
Beamter, nicht selten unter dem Namen Baumeister; wie der Meier den
Fronhof, so baut er meist ein Stück Weinberg in direkter Nutzung f&r den
Herrn imd führt von des Lehnsherren wegen die Aufisicht über die Genossen-
schaft^. Unter ihm oder unter sonstigen Beamten der Genossenschaft finden
sich dann noch hier und da Subalterne und Diener, Kelterknechte und Wein-
einnehmer, welche bisweilen auch die Bezeichnung Windelboten führen^.
nostram . . duobus rusticis de familia nostra B. et R. . . hereditario iure concesserim ea
conditione, ut vineas in ea plantent et colant, et a presenti anno et deinceps, quicquid inde
provenerit, ad torcalar nostmm deferant et ibi sine aliqua exactione exprimant, dimidietatem
quoque fiructus ecdesie fideliter representent et de rdiqua parte decimas soas persolvant
prozima vero septimana post festum sancti lobannis baptiste nuntii abbatis vel prepodtus
ecclesie aut cellerarius sive scultetus lustrabunt vineas, si bene culte plantate et stercorate
sunt; et in caiiiscanque hereditate ista deesse perspexerint, aut legitimam emendationem
fobciat aut hereditate sua privabitur. similiter autem circa festum sancti Remigii, quando Wneis
custodie adhibentur, predicti nuntii abbatis et ecclesie lustrabunt vineas, si bene custodite
sunt; et si aliquem defectum ex n^ligentia vineis inesse iudicaverint, aut legitime emendabant
aut bereditate sua privabuntur. si autem , quod absit, egestate coacti vineas suas transactis
9 annis vendere voluerint, veniant ad abbatem et ad ecclcsiam et vel recipiant, que ab abbato
offenintur, aut per manum ipsius et consilium iratrum in tali loco ponant, ubi ecclesia nullum
detrimcntum patiatur. Das Ganze wird pactio genannt.
>) Bd. 3, 513, 28, c. 1320; 525, 9, 1325; WBingen 1425 (?) § 5; Bd. 3 No. 254, 1472;
WOberheimbach 15. Jhs., cit oben S. 576 Note 3.
«) WErpel 1383 § 5 f.
^) S. MR. ÜB. 3, 53, 1216: in (Mallendar) curtis honesta cum molandino et ibidem
30 iugera vincarum et amplius, quorum 10 de expcnsis [ipsius possessoris] excoluntur, a reli-
quis vero, quo colonis sunt concessa, portiones, prout compromissum est, cum totali decima . .
persolvuntur. S. femer üPrüm S. 180 Note B des Cesarius von Prüm; WBacbaracb, G. 2,
222: ouch haut u. b. buwemeister reicht, wanne u. h. herbst is ind anegeit, so suUent si in
u. h. sal gehn ind sinen herbst indoin, ind sullent riden uf daz velt und besehn, daz ieme
reicht geschehe; ind davon gift man in ein sum. habem. ind sal der buwemeister sime wibe
heim senden eine zweimaiB wins, zwei broit ind zwe schußelen mit spisen, daz ist sin reicht
Vgl. auch Bd. 3 No. 301, c 1320.
^) WOberheimbach 15. Jh.: sal ein underschultciße , wan man unsers herren dritteil
leset, in das feit gen und helfen deilen, danimbe sal ein schulteiß mit sime stabe und
bündc in dem hofe eßen, und alle abent soliche rftwe verhorn von den schützen^ mit
biweseus der burgermeister , und furter in unsers herren hof gan und laßen fragen die
Windelbodden und kelterknecht; die sollent unserm herren gelobt und geswom hain. und
werez das einer adir me soliche zenden adir deil nit bette geben, dem sal der schulteiße
— 907 — Umwälzung d. Wirtschaftsverfassung.]
Innerhalb dieses im Einzelfalle sehr verschieden ausgebildeten Beamten-
apparats pulsierte nun das kräftig und eigenartig ausgebildete Rechts- und
Wirtschaftsleben der Genossenschaft. Schon die Konstitution des Lehnsver-
h<nisses, wie sie durch Empfängnis und Huldigung gegenüber dem Henn
vor sich ging\ zeigt da, wo wir sie, wie meist im Falle neuen Anbaues,
noch in ihi-er Entstehung beobachten können, besondere und sichere Formen.
Die Weinberge bezw. das in Weinbergen auszubauende Land wird den Lehn-
leuten erblich zu voller Nutzung imd gegen einen bestimmten Zins verliehen ^ ;
meist besteht derselbe in einer Teilbauquote®. Sind die Weinberge noch nicht
gebaut, so tritt zunächst auf eine Reihe von Jahren, bis zu 8 Jahren hinauf.
Zinsfreiheit ein^, wie denn auch innerhalb des Lehnsverhältnisses bei bedeu-
mit recht nahegen, und die einunge ist der gemeinde, als von alders, der da hait gelesen
ußenwendig des bannes. S. auch Bd. 3, No. 301, c. 1320.
>) MR. ÜB. 2, 43, 1149; W. im Hamme 1339, G. 2, 25; ♦ÜLehmen, Hs. Koblenz
St A. CXI», Bl. 38i>, c 1340; *U. des Propstes Elias von Münstermaifeld, Rechte der
SFloriner Weinlehenleute zu Braubach, Hs. Koblenz St A. CXI», Bl. 33»: notandum quod
quandocunque bona quecuuque aut qualiacunque supradicta per mortem aut alias vacare
contigerit tunc unusquisque recipiens dicta bona tenebitur facere fidelitatem domino et peu-
sionario prebende de eisdem et solvet officiato domini pensionarii eorundem bonorum 6 d.
Brabantinos pro iure dicto intfcnkeniz.
«) Darüber, dafs der Zins nötig, s. MR. ÜB. 2, 43, 1149.
«) Hierüber Genaueres unten S. 909 f. Zunächst vgl. MR. ÜB. 1, 342, 1235 (nicht
1055, s. Goerz MR. Reg. 2, 2164), kapitularischer Lehenbrief von SSimeon für Weinbergs-
anläge: notum facimus, quod campum in Mänster iam vitibus plantatum, per quem panis
siligineus servientibus congregantibus vina dominorum sancti Simeonis Treverensis ibidem
per autumpnum amministrabatur, eundem campum sub debita cultura vinearum indulsimus
H. C. A. 0. L. I. D. D. hereditario iure colendum, hac conditione videlicet interposita,
quod medietatem vini nobis ex eodem campo provenientis in suis expensis presentabunt
*) Vgl. aufser der auf S. 905 Note 4 gedr. Urkunde MR. ÜB. 1, 652, 1168 die später noch
mehrfach in Betracht kommende und deshalb hier sofort völlig ziun Abdruck gebrachte Ur-
kunde im MR. ÜB. 1, 386, 1092: cgo Poppo sancti Simeonis quartus prepositus notificari
omnium fidelium Industrie volui, terram dominicalem in curte Hoinga non multum usque ad
mea tempora utilem ad qualem utilitatem converterim. nam praeter ea, que invcni ab
antecessore meo Burchardo instituta, qui 7 iugera dedit ad vineas ponendas medietatem vini
fratribus redditura, feci, ut iugera octo vitibus instituerentur, ea videlicet conditione, ut post
primos 8 annos medietas ibidem crescentis vini in tempus reliquum ad fratres rediret; item
alia totidem id est 8 iugera dedi, ut singulis annis 8 s. inde solverentur fratribus. reliquam
etiam omnem dominicalem terram statui singulis annis pro 8 Ib. et 2 s., curtim etiam stabu-
lariam pro censu 2 s. susceperunt Engelbertus et Iletzel. Hetzel etiam susceperat a prede-
cessore meo Burchardo dimidiam hubam ad censum 8 s. quod totum primum cum [1. coram]
advocato ipsius boni Gerlach et cum [coram] pnidentioribus et fidel ioribus eiusdem familie viris
denarratum, deinde in conspectu totius familie collaudatum, apud Treverim tandcm in monasterio
ipsius sancti Simeonis, cuius hec terra est, et in presentia fratrum ibidem deo et sancto Simeoni
fiunulantium definitum et corroboratum est, ne quis successorum meorum vel aliqua mundana
potestas rem consilio ordinatam infringere posset, sed ut stabiliter permaneret a generatione
in generationem.
58*
[Wirtschaft d. Grofisgnmdbes, 90g —
tenden Meliorationen Zinsnachl&sse die Segel sind^ Über das Lehngut er-
hält der Winzer nur nach einer ältesten Nachricht scheinbar unbeschränkte
Verfikgungsfreiheit ' ; nach allen sonstigen Nachrichten ist ihm nur der Verkauf
gestattet, die Belastung durch Bentbegebung und Verpfändung dag^en ver-
boten« Mit Recht sieht das WBingen § 9 diese Stellung des Weingutes
geradezu als privilegiert an: ein iglicher manwerke sal also fri sin, das nie-
mant die vorsetzen oder vorpfennen sal vor kein scholt, dan er mag das woile
verkeufen, in maißen als obg. stet Beim Verkauf aber bestand zumeist dn
Vorkau&recht des Lehnsherrn, und bei Verzicht auf dessen Ausübung blieb
die Zustimmung des Lehnsherrn zu anderweitigem Verkauf erforderlich ^
Natürlich stand das Weingut auch nach Verkauf noch im alten Lehnsnexus:
wan ein manwerker sin manwerk verkeufen wil, so sal derselbe, de das also
kauft hait, das also entphangen und ofiiemen vor dem meier als vor einem
riechter, vor dem keiner in dem hoif und vor zwein manwerkem . • und
soUche o^abe sol vor den vorgenanten vorbot werden, der bodwin ist 4 s. hl.
Dem beschränkten Verfügungsrechte der Lehnsbauem stand ein unbeschränktes
Veräulserungsrecht des Lehnsherrn in der Weise gegenüber, dab derselbe
einzelne Weingüter nebst ihrem Lehnsinhaber aus der Lehnsgenossenschaft
heraus vergeben konnte^.
1) *U. des Propstes Elias von MOnstennaifeld, Rechte der SFloriner Weinlehnleate zu
Branbach, Hs. Koblenz St A., BL 88»: habent ex gratia onines inqoilini predicti nsqiie ad
volontatem domini prebende, quod quiconque aliquam yineam, quam ab ipso domino prebende
tenuerit pro media parte, fimo emendaverit infra festom penthecostes quolibet anno, ille
redpit crementom illins vinee, quam sie fimo emendavit, totom illios anni et non ultra, et
deinde medietatem prout est consuetum; quam quidem emendationem iudicabunt et videbnnt
suo iuramento duo inquilini viciniores dicto emendanti fimo vineas huiusmodi, nt est
prenarratom.
>) MR. ÜB. 1, 193, 952, ältestes Weinlehen: Erzbischof Rotbert wird gebeten, ut
cuidam villico (des Domkapitels) vocabulo Widoni cum suis paribus aliquid iuris nostri
renim in proprietatem largiremur. Er giebt an Wido cum suis sodalibus in marca et villa
Villere an verschiedenen Stellen der Flur terram indominicatam ad vineas plantandas.
postquam autem construct^ erunt, antedictus Wido cum suis sodalibus nobis et successoribus
nostris omni anno ad festivitatem sancti Martini ex eisdem vineis 4 situlas vini persolvent,
sub ea nimirum ratione, ut ab hac die ipsi et posteri suorum more hereditario habeant
potestatem deinceps tenendi donandi commntandi vendendi et quicquid voluerint fiuaendi.
Das Ganze wird donatio genannt Doch ist hier wohl nur an Veraufserung innerhalb der
Genossenschaft gedacht Immerhin ist auch in diesem Falle die Freiheit aufsergewöhnlich
grofs: sollte sie vielleicht nur auf einer K&nzleifloskel (potestas . . üeunendi) beruhen, welche
dem Schreiber der Urkunde so geläufig war, dafs er sie unpassend anbrachte?
«) MR. ÜB. 1, 652, 1168, cit. S. 905 Note 4; Ennen, Qu. 2, 98, 89, 1225; Bd. 8, 60, «o,
1271. Der Fall eines Kaufes seitens der Herren liegt MR. ÜB. 2, 82, 1186 vor: H. custos
von SMaria-ad-martyres vineas a rusticis quibusdam, videlicet H. D. H., qui easdem vineas
iure hereditario a nobis receperant, . . comparavit Das Kloster vineas a prememoratis rusticis
in manus nostros resignatas . . officio custodie . . deputavi[t\ Die Weinberge lagen nach
MR. ÜB. 2, 88, 1186 in croada . . ecclesi^ censuali iure vinicolis locata; und zwar hatten
H. ein diumale, D. und H. je ^/s diumale.
*) Vgl. z. B. MR. ÜB. 1, 486, 1186.
— 909 — Umwälzung^ d. Wirtschaftsverfassung.]
Wie diese Bestimmungen über Veräufeening, so ergeben sich auch die-
jenigen über Vererbung vorwiegend nur als partikulare Ausbildung der
Satzungen des gemeinen Lehnrechts. Im allgemeinen bestand für die Ver-
erbung, im Gegensatz zu den grundhöriger Nutzung unterworfenen Landgütern S
Anerbenrecht, als Erbfolge 6ines nächsten Erben in das imgeteilte Erbe*;
dabei kam es bisweilen vor, dafe Majorat herrschte oder stipuliert wurde ^,
oder dafs der Lehnsherr sich vorbehielt, aus den nächsten Erben den ihm
passendsten als Anerben auszuwählen*. Au&erdem wurden wohl nicht selten
auch die Weiber successionsfähig. So im WBingen 1425? § 3: ob ein man-
werker, maus- ader frauwenpersone , abginge von toits wegen und keine
erben hette, so salt solich manwerke u. h. verfallen sein, als ander manlehen.
imd ein amptman ader u. h. keiner in dem hoif sal und mag das vorter ver-
üben, weme sie wollent, ane allen intrag. Gegenüber diesen Fällen einheit-
licher Erbfolge ist nun die Möglichkeit der Succession mehrerer Erben unter
Teilung des Weingutes nur spät und selten entwickelt ^ : offenbar griff sie erst
um sich, als eine Deterioration des Lehnbegriffes, wie allgemein*, so auch im
Weinlehenverhältnis eingetreten war.
Der Zins, welcher für die Weinbergsnutzung gegeben wurde, war fast
durchweg im Sinne des Teilbaues festgesetzt'; es kommen Quoten von Zwei-
>) S. oben S. 648, 651.
^ Ein klassisches Beispiel bietet MR. ÜB. 2, 40, 1140, der Abt von SMartin-Köbi
für die Gehöfer in Winningen: dominicalem terram, que legali verbo seleguet appellatur,
possidentibus hereditario iure sie concessinms, ut post decessum abbatis successor eins illis
Buferre nequeat, et donum semel coUatum inunutabile permaneat possessor quippe bona sua
quiete teneat, quo defuncto proximus keres absque contradictione succedens prius curie satis-
ÜBUsiat et deinde eadem bona cum pace finna et omni gratia habeat.
') MR. ÜB. 2, 101, 1173—1189: quas vineas [in Trier] per successores beredum . .
maiores natu illius parentele in Providentia semper babebunt et colent et statutam pensionem
inde annuatim persolvent. Es ist ein unseren Betrachtungen schon zum guten Teile fem-
liegender Ausnahmefall, um eine Stiftung aufrecht zu erhalten. Erftdlen die Erben zur
Stiftung gehörige Bedingungen nicht, si moniti . . incorrigibiles apparuerint, liceat cognatis
dnos alios idoneos viros de eadem cognatione eligere.
^) Vgl. die auch sonst wegen ihrer detaillierten Angaben interessante Urkunde im MR.
U6. 3, 638, 1238, auch ebd. 667, 1239.
») S. oben S. 652 Note 4.
«) S. oben S. 648—649.
'') Charakteristisch für die regelmäfsige Existenz des Teilbaues bei Weinlehen ist die
Forderung des \V6ingen 1425? § 3 für nicht in Teilbau liegende Weinlehen: man sal die
[manwerke] auch alle jare besehen und damit halden , als ob is theilegudere weren. Zins
findet sich z. B. in den Bd. 2, 211 d verzeichneten Stücken. Im übrigen s. auch oben S. 582,
sowie Lamprecbt in Conrads Jahrbb. N. F. 11, 343. Noch heutzutage herrscht an Mosel
und Rhein vielfach Weinteilbau, zu etwas filiherer Zeit vgl. Beck, 1, 255, 258; v. Schwerz
S. 174.
[Wirtschaft d. Grofsgnttidbes. — 910 —
drittel*, der Hälfte«, eines Drittels», Viertels*, Fünftels», Siebentels«, ja
nur Zehntels^ vor. Dabei fiel der Zehnt wenigstens im Falle des Halfen*
baues auf die Ertragsseite des Lehnsbauem®. Die Aussdieidung der lefans-
herrlichen Quote erfolgte entweder so, dals das Weinland realiter geteilt
und der Ertrag eines bestimmten Teiles dem Herrn zugewiesen wurde ^ oder
bei weitem gewöhnlicher so, dals der Herr zum Herbst einen Einnehmer
sandte, welcher vom Ertrag des gesamten Weinlandes die lehnsherrliche Quote
abhob. Indes b^^Ogte man dch da, wo Teilbau eingeführt war, längst nicht
in allen Fällen mit dem quotalen Zins. Neben demselben waren die Ldm-
leute vielmehr zu vielfachen anderen Zinsen und Leistungen verpflichtet, bald
zu Fronden*^, bald zu kleineren Abgaben an die lehnsherrlichen Beamten",
1) MR. ÜB. 1, 568, 1152: Weinbeige ni Chür, bisher zu zweidrittel Trauben ans»
gegeben, werden nun an den Meier H. gegeben: H. hereditario iure, qnamdin ipse vivereti ad
dimidiam partem ipsam [vineam] fideliter colendam suscepit, ita tarnen, qnod post morteni
ipsius nulhim alium, qnam iratres et ecclesiam nostram [Domkapitel] heredem inde sab-
stitueret. Hier waren also zweidrittel offenbar zu viel gewesen. S. auch Cesarios zu UPrfim
S. 157 Note 2, nnd S. 180 Note B.
s) S. MR. ÜB. 1, 886, 1092, schon cit S. 907 Note 4, eine der frühesten sicheren Stellen
über den wobl zweifellos ans Frankreich zu uns gedrungenen Teilbau (vgl. Lamprecht, Bei-
träge S. 61 ff.). Vgl. ferner beispielsweise CRM. 1, 277, 1148, Bodendorf: 4 partes vineamm
similiter empte, solventes dimidium vini; MR. ÜB. 1, 568, 1152, cit oben Note 1; USMax.
S. 482, Liesch 9c: ultra Mosellam petitura, ad quam pertinent 4 iug. terre, solvens medium
vinum; üKarden 11. — 12. Jb.: das Stift hat zu Müden vineas in diversis lods positas, qu^
ad medietatem coluntur, ebenso in Pommern; s. auch UStift 899, Pallast, cit oben S. 413
Note 2; Bd. 8, 82, i8, 1268; 184, 4o, 1825; 518, n, c 1820; 514, le, c 1820; s. auch Bd. 3
Wortr. u. d. WW. halbscheit, halbeteil, media pars, medium vinum.
>) «Trier Stadtbibl. 1661 BL 96^, 12. Jh.; üSMax. S. 441, Longuich 8d: vinee . .
solvunt dimidium vinum ... 12 vinelle, que terdum solvunt; USMax. S. 448, Detzem 8d:
habemus et ibi vineas, que solvunt medietatem; habemus ibi vineas, que solvunt tertiam
partem. Ebenso in Longuich 8d, ÜSMax. S. 441. Vgl. auch Bd. 3 Wortr. u. d. WW. drube
und tertia pars.
*) *Chart SSimeon, Trier Stadtbibl. 1611, Schmutzblatt des vorderen Deckels, um
1300; Bd. 3 Wortr. u. d. W\V. drube, quarta pars, virdeil.
») ÜSMax. S. 466—7 ; Bd. 8 Wortr. u. d. W. fünfte teil.
•) ÜSMax. S. 444, Pölich 8d: Weinberge mit Teilbaii: septima, quinta, tertia pars.
') WLonguich 1408 § 16, cit oben S. 575 Note 6 .
■) Ann. d. bist V. 9—10, 255, 1163: Karden hat in Ellenz vineas . . in 7 colonorum
beneficia distributas, de quibus vineis agricole tantum de sua portione decimas dare solebant,
fratres vero de sua parte dare negabant [an Kloster Steinfeld]; s. femer MR. ÜB. 1, 652,
1168, cit S. 905 Note 4; ÜSMax. S. 466—7.
^) ÜSMax. S. 441, Longuich 8d: habet quilibet [mansus] petituram, de qua habemus
7 partes et mansionarius 8 [so zu lesen] . . . habemus et mansum, de cuius petitura solvit
mansionarius 2 partes, de sua tertia dat amam pro censu.
'^) S. Cesarius zu ÜPrüm S. 180 Note B, cit unten Note 11; Bd. 3, 31, 2«, 1263
'^) ÜSMax. S. 466—467, 20 Petiturae: solvit petitura scolteto sit vini, vininuntio duo
sext, custodi vinearum tria sext, bedello 1 sext; dimidium vinum dant ecclesie nostre; et
de sua medietate decimam dant — Sunt ibi vinee salice, que dant quintiun sext sine
decima. — Solvit petitura custodi ecclesie d. in die sancti Simeonis, sin autem, in autumpno
— 911 — Umwäkung d. WirtschaftsverfassuDg.]
bald auch zu gröüseren Zinsen im Sinne wirklichen Nutzungsentgeltes ^ Für
die Festsetzung der letzteren konnte nun ein doppelter Weg eingeschlagen
werden: entweder man erhob den Zins vom Gesamtertrage des Weinlehens
vorweg und schritt dann zur Abhebung der lehnsherrlichen Teilbauquote vom
verbleibenden Rest*, oder aber man hob zuerst die Teilbauquote ab und ver-
pflichtete den Lehnsbauer zur Zahlung der sonstigen Zinslasten von der ihm
verbleibenden Quote'. Beide Systeme finden sich gleichmäfsig in der staufi-
sehen Periode ausgebildet. Das ältere von ihnen ist wohl das letztere; es
Iftfst sich bis zmn 11. Jh. hinauf verfolgen^ und ist zudem das unpraktischere,
wenn auch anscheinend lukrativere. Im ersten Falle war es nämlich auch bei
geringem Herbst fast absolut sicher, dafs der Lehnbauer seine Zinse leisten
sext yini in torcular. S. auch Cesarius zu UPrüm S. 180 Note B, eine Stelle, welche be-
sonders ausführlich ist: in Arwilre habemus modo tantum 7 feoda parva; quodlibet iUonim
solvit am. vini et colit picturam 1, ubi nos duas partes percipimus; et pro tunna solvit 8 d.,
qui appellantur waspennege. prcterea solvit, ut puto, 2 d., qui appellantur hervestret.
preterea solvit 2 d. ad tectum domus reparandum. solvit etiam sumb. avene et puUum.
inter illa 7 feoda debent bene colere vineam salicam, que sita est in monte iuxta villam;
solvunt etiam fimum ad eandem vineam. minister noster ibidem, qui bomester appellatur,
tenetor de officio suo eandem vineam plantare, quod nos appellamus profen. preterea sol-
vuntur ibi et census alii de quibusdam vineis. summam istonim denariorum recipit vinde-
miator, quem transmittitis vinum vestrum ibidem colligere: que siunma ascendit ad 7 s. vcl
circa hoc; qui denarii vcl dabuntur pro vasis vel vobis reddentur. Daneben noch ein Villicus.
Cesarios fügt hinzu: denarios illos, qui hervestret appellantur, vult vindemiarius vester pro
suo iure habere, et alios denarios, qui pertinent ad tectum domus reficiendum, ille, qui
moratur in domo.
') USMax. S. 451, Moertz 5g: habet quisque [mansus] petituram, de qua habemus
4 sitolas in censu, et dimidiam portionem vini pro fundo; Bd. 3, 31, st, 1268.
') ÜSMax. S. 461, Issel 8d: habet mansus petituram, que solvit quatuor situlas in-
primis; de reliquo nos 2 partes, mansionarios tertiam. Dabei wird der zwischen Lehens-
herren und Lehensbauem ziu* Teilung kommende Ertrag commune genannt, vgl. auTser USMax.
S. 441 Longuich und S. 444 Pölich, sowie Bd. 3, 513, si, 1320 besonders USMax. S. 448
Detzem 8 d , 20 Petiture : solvit petitura in autumpno de proprio 7 emeros [situlas 1 Red. 2]
vini; item 1 emerum de proprio, qui vulgo wisungemer vocatur; solvit etiam 1 de communi
scolteto nostro, qui vocatur stockemer. . . . soluto censu omni, quicquid de petitura super-
creverit, medietatem dat vininuntio nostro.
') Zur Veranschaulichung vgl. die teilweis schon oben S. 414 citierte Stelle des
Cesarius zu UPrüm S. 157, Note 2, Mehring: mansionarii, qui tenent feoda nostra, tenentur
picturas illis feodis assignatas bene et optime colere, et in vindemia debent eas colligere et
ad calcatorium nostrum deducere et ibidem in nostro torculari vinum elicere. et duas partes
de vino, quod inde provenit, debemus percipere; de tertia autem parte residua mansionarii
censum nostrum et prepositis nostris iura sua debent persolvere; et si aliquid defiierit eis,
quod non possint iura sua plene persolvere, quod tamen raro contingit, de vino aliarum
vineamm suarum debent defectum illum supplere; et si superhabundaverit de pictnra predicta,
sibi possunt reservare. si autem ipsi ista et alia iiuit nostra non fideliter peregerint, domnus
abbas vel qui locum eins tenet, feoda eorum usque ad condignam satisfactionem debet
absare, id est wronen. Jedes feodum des oberen Hofes zahlt 15 mo. Wein, des unteren Hofes
13 mo. in censu.
*) S. oben S. 415, auch wohl S. 414 Note 1.
[Wirtschaft d. Grofsgrundbes. — 912 —
konnte, und bei reichlicherem Herbst fiel zudem eine recht erkleckliche Teil-
bauquote ab; im zweiten Falle dagegen war die Lieferung der Zinse bei
kleinem Herbst unsicher. Hiergegen suchte man nun allerdings Vorkehrung
zu treffen durch Herstellung des Systems der Sonderungen, von dem schon
oben S. 414 f. ausführlich die Rede gewesen ist: man forderte vom Weinbauer
neben seinem Lehen eine Kaution in Land, an dessen Ertrag man sich bei
mangelndem Zinsergebnis des Lehens zu halten vermochte. Wer es sache,
sagt das WBingen 1425? § 10, das ein manwerk eins jars ader mehe nit
so viele wins getragen het, das der manwerker den zins davon gereichen
mocht, so sal und muß derselbe manwerker in ander sin gude grifen und den
zins usrichten. Die für diesen Zweck nötigen Güter aber waren schon von
alters her genau bestimmt, und über ihr Vorhandensein wird von der Wein-
lehngenossenschaft Rechenschaft gefordert. So wird z. B. nach WEUenz § 4
auf dem Bauding ausdrücklich gefragt, ob der Herr geschädigt sei mit scheiden
der lein van den sünderen, of der sünderen van den leiman. Gerade diese
Ausbildung der Sonderungen beim Weinlehen bietet nun ein besonderes Inter-
esse ; täuscht nicht alles, so ist sie vorbildlich gewesen für die Ausbildung der
Landkautionen unter dem Titel des Unterpfands oder Angriffs bei den freieren
Pachtformen der Stauferzeit ^ ; war ja doch in der That mit der Beiordnung
einer Landkaution zum Weinlehen schon in der charakteristischen Bezeichnung
Sonderung die Forderung ausgesprochen, dafs der Weinlehnraann zugleich recht-
lich wie wirtschaftlich auch aufserhalb des Lehnsnexus eine freie Position
haben müsse.
Wie in der Entwicklung der Zinsverhältnisse, so zeigen sich auch in
den Bestimmungen über Heimfall ganz die Eigentümlichkeiten des wirt-
schaftlichen Lehens. Während hier nämlich zmiächst die bekanntesten Lehas-
vergehen, welche Heimfall dos Lehens bewirken, mutatis mutandis sämt-
lich erscheinen — Treulosij];keit als Betrug ^, Versäumen der Hofgerichtspflicht
^) Vgl. vorläufig *USElisab. Hosp. Bl. 29», Mötsch: filius quondam Wolmari presby-
teri de Meiriche recepit dictam vineam haercditario iure cum omni iiu*e et onere pro diroidia
ama vini amiui census primitus calcati praesente nuntio hospitalis; et super hoc univit et
applicavit dictae vineae vineam suam, quae sita est in Leigeth, in banno villae de Merricke
eo nomine, quod vulgariter dicitur anegreth, ut securius dictus census persolvatur. super hoc
habetur privilegiiun.
") MR. ÜB. 1, 486, 1136: Jemand schenkt 13 particule Weinberg zu Minheim an das
Domkapitel. 0. vero de Minhera, qui easdem vineas hactenus studiose ac fideliter operatus est,
opus illud tanquam hereditario iiu*e tenebit, nisi forte vel paupertatis necessitate vel negli-
gentia presumptione easdem vineas in solitudinem redigi permittat, vel fraude convictus.
MR. ÜB. 1, 484, 1136: der Dompropst bezeugt, qualiter vineam unam salice terr?, quod
vulgo dicitur manuwerc, in villa Curha [Chür] vocata inciütam et fere ad nichilum redactam . .
cuidam homini eiusdem curi^ R. videlicet suisque heredibus colendam concessimus et manu
propria tradidimus, ea scilicet ratione, ut diligenter eam colant et fratribus dimidiam partem
vini tribuant, dimidia parte sibi retenta, et ne cuiquam preposito vel canonico, qui fuerit
predict? vill? procurator, eandem vineam illis auferre liceat, nisi vel solitudinis vel fraudis
convincantur et iudicio parium suonim ab hac hereditate alienentur.
— 913 — Umwälzung d. Wirtschaftsverfassung.]
als Ungehorsam gegen das lehnsherrliche Aufgebot zum Bauding \ endlich
Bestreitung der Lehnsqualität als Weigerung des Empfängnisses ^ — , so sind auf
der anderen Seite noch zwei wirtschaftliche Voraussetzungen filr die Bei-
behaltung des Lehnsbestandes stets scharf ausgesprochen. Es ist das einmal
die regelmäXsige Zahlung des Zinses®, dann aber eine fortgesetzt gute Kultur.
Namentlich die letztere Bedingung wird in den Urkunden stets genau formu-
liert imd in Detailbestimmungen häufig näher erläutert, Verstöfse gegen sie
werden in den ersten Fällen meist gering, schliefslich aber bei ausbleibender
Besserung mit Verlust des Lehens bestraft*. Doch mag man hierbei ganz
allgemein milde vorgegangen sein, denn im ganzen waren die Lehnsherren
jedem Wechsel der Anbauer abgeneigt*. Zudem aber richteten die Lehns-
baueiTi über derartige Vergehen selbst®. Denn wie die Gehöfer und die
höheren Dienstmannen, so waren auch die Weinlehnleute in einer besonderen
Genossenschaft organisiert ; dem Hofrecht und Dienstrecht entsprach ein Wein-
') WBingen 1425? § 14: wer es das ein amptman oder ein keiner von u. h. wegen
den manwerker bedorfen weren mit ine zu rieden oder zu fragen das manwerke antreffende,
80 sollent ader mogent sie die manwerker in der hoif verboden . . , alsdan sollent die man-
werker gehorsam sin, bi einer pene des manwerks.
') WBingen 1425? § 8: wer sein Mannwerk nicht richtig empfangen will, so mag ein
kehier von u. h. wegen den ader die manwerke nemen und die vorlihen ader vorkeufen,
weme er wille.
«) MR. ÜB. 1, 432, 1115.
*) MR. ÜB. 1, 484, 1136; 486, 1136, cit oben S. 912 Note 2; femer Bd. 3, 515, i9, c. 1325;
WEUenz § 8 : of in des hoefs wingartlengueder einiche boem, widen of anders gewaß unstunt,
dat dem wingart schedlich were, sal der herm hofinan dem lehenman einmail verkundigen,
(dat er) sulches abstelle ; wanne des das dan nit gescheie , wißen wir den herm of seinen
bevelhaber die ax in die band; sei mögen den schaden also keren und sulches afhauwen
sunder wederred. Bei gröfseren Fehlem Heimfall. WBurgen an der Mosel 1484, § 12:
welche main ein erbe hait ungebuwet, derselbe man mag sulche erbe ungebuwet laissen
ligen das eirste jare ungeboißt, das zweite jar sal er anheben zuzobuwen das erbe, und
das dritte jare sal er usbuwen. is it sach das er des neit doet, so is er boißvellich; und
solche boiß ist diese: mine herre vurb. sal mit dem lehenman deilen, und des armen mans
deile inne eine faß schoden und sulche armen mans teile an den buweldigen wingart und
erbe legen, up das der arme man neit enterbt werde. WKapellen 1489: so einiche lenunge bi
im geschee und nit gehalden werde na lüde der verkaUunge, habe derselbe lehenherre ader
sin nakoemen die macht, dasz er zwene ußer den benanten gesworenen ader Iren nakoeme-
lingen gesworenen nemen mach und die gude, er verlenet hait, besehen laissen. werde dan
durch dieselben erkant, daß einich bruicht in den benanten verlenten guden si, so suUe der
lehenman ader bestender, an dem sulche bmcht fonden wurde, in dem ersten jair als die
geschit wer und begangen wurde, verfaUen sin in ein boiß eins gl.; wurde er dama zum
zweiten maele bruichich fonden, sal er die schare das jaire uf denselben gelenten guden
verloiren hain. wirt derselbe auch dar zum dritten maele bruichich fonden, sal derselbe
alsdan schare und erbschaft verloren hain. Ziun Bau s. auch oben S. 576 f.
») MR. ÜB. 3. 1046, 1250.
^) S. zunächst MR. ÜB. 1, 484, 1136, cit oben S. 912 Note 2: Entfemung der Lehnleute
bei schlechtem Bau iudicio parium suorum.
[Wirtschaft d. Orofsgrondbes. _ 914 —
baurecht, wenn es auch nicht so weitgehend wie diese in der Richtung auf
ein Gesamtkorrelat zuni gemeinen Recht entwickelt war.
Als Weinbaugenossenschaft waren die Lehnleute vor allem zur Weisung
und Aufrechterhaltung ihres Rechtes befugt; wie es die STronder Be-
schreibung vom J, 1263, unten Bd. 3, 31, 28, vom Gesichtspunkte des Herrn
aus kurz und sicher ausdrückt: tenentur sub fidelitate prestita conservare et
dicere iura ecclesie sancti Trudonis^ Dies Recht aber war nach der eben
schon gegebenen Übersicht Lehn- und Baurecht; es umfaTste das rechtliche Ver-
hältnis zum Herrn und das wirtschaftliche zum Lehnssubstrat In letzterer Hin-
sicht bildete die Genossenschaft einmal, entsprechend der gemeinsamen Verpflich-
tung zur Eintreibung des Zinses von den einzelnen Genossen, eine Zinsgenossen-
schaft, welche sich ftlr Kelteriiaus und andere gemeinsame Einrichtungen wohl
gar zur Produktionsgenossenschaft erweitem konnte'; auf der anderen Seite
wurde sie ihrer Revisionspflicht über den guten Bau der Genossen durch Aus-
1) S. auch Bd. 8, 514, s, c. 1820; W. im Hainme 1889, G. 2, 85: so hait unse her
winwais inme Hamme, darzu horent geholte leinlude, die dat reght alleijairlies wisint iif den
eit *ü. des Propstes Elias, Hs. Koblenz CXI», El. 52i>, um 1840, Rechte der SFloriner
Weinlehenleute zu Branbach; die SFloriner Präbende Braubach war in den Hftnden des
Propstes Elias: est etiam sciendum, qnod quolibet anno ante Tindemias inunediate ante
collectionem vinearum die dominica per scultetum ex parte domini prebende pretacte pro
tempore existeptis inquilinis pertinentibus ad vineas prenotatas ac aliis, quomm interest,
prefigenda ad voluntatem ipsius sculteti, prout melius viderit expedire, servatur onum pladtom
dictum dink, in quo omnes et singuli male Tineas, quas tenent a domino prebende, colentes
accusantur; et qui usque Walpuigis vineas huiusmodi non procurasset ut cUcitor gerftrt onde
gesticket, et usque lohannis baptiste non fodisset, et super hoc accusatus ftierit, solvet pro
emenda 20 d. leves.
') MR. ÜB. 8, 1265, 1254: frater Conradus, preceptor domus Teutonice in Liotoringia,
cum fratre Friderico de Dille et aliis iratribus eiusdem ordinis concordiam fecenmt cum
hominibus feodatis apud Raticke bonorum et possessionum quondam pertinentium ad mona-
sterium de Gladeback super 42 mir. siliginis et avene, in quibus domus Teutonica dictis
feodatis tenebatur annuatim, et 28 am. vini, in quibus dicti feodati annuatim domui Teuto-
nice tenebantur. in hunc modum pacem fecenmt dicte domus et ordinis fratres, quod ipsi
feodati perpetuo renuntiaverunt predictis 42 mir. siliginis et avene, nullam actionem in
posterum habituri super dicta annona contra domum Teutonicam vel fratres eiusdem ordinis.
et cum feodati de Ratiche teneantur annuatim fratribus domus Teutonice in 28 am. vini, in
compensationem annone supradicte dicti feodati de ipso 14 am. retinebunt, daturi in per-
petuum domui annuatim per onmia 14 amas. et sie omnia iura, que debebantur fratribus a
feodatis et feodatis a fratribus domus Teutonice, hinc inde cessabunt, nee aliqua inter partes
de cetero questio orietur. item feodati convenient in festo beati lohannis baptiste in curte apud
Ratiche et accusabunt negligentias culture vinearum, et negligentes subiacebunt satisfactioni
solite, et fratres dabunt feodatis sit vini et 6 panes. Toepfer 2, 129, 1408: Ailf von
Basenheim und seine Hausfiun Anna erklären, daß sie wegen der Pfandschaft, die sie zu
Kues von der edlen Frau Else von Beumburg, Vögtin zu Hunolstein, haben, nicht an ge-
nannte Frau Else, sondern an die Lehenleute Ansprüche haben sollen, wenn das Kelterhaus
zu bauen ist und Weingärten ungebaut bleiben.
— 915 — Umwälzung d. WirtschaftBver&ssung.]
bildimg eines besonderen Baudinges gerecht*. In ihm wurden dann alle
Nachlässigkeiten der Kultur gerügt, und bei dauerndem Ungehorsam des ein-
zelnen Genossen wurde bis zur Entfernung desselben aus der Genossenschaft
unter Entziehung des Lehens geschritten *. Als Vorbereitung zum Bauding liefen
neben demsell)en wohl auch noch Einzelrevisionen der Weinberge her seitens
besonderer Kommissionen der Genossenschaft, welche zumeist aus den Wein-
bei-gsnachbarn und dem herrschaftlichen Genossenschaftsvorstand, dem Bau-
meister oder wie er sonst hiefs, gebildet wurden^.
Übersieht man Konstruktion und Eigenart der Weinlehengenossen-
schaften, wie sie in den soeben dargestellten Hauptzügen spätestens mit dem
11. Jh. völlig ausgebildet wurden, so läfst sich nicht leugnen, dafs in ihnen
ftlr die bevorzugte Kultur des Weinbaues eine Organisation geschaffen war, in
der sich, bei aller Analogie mit den grundhörigen Verhältnissen*, ein freieres
Wesen Bahn gebrochen hatte. Auch seit der vollen Trennung der Zins- und
Dienstlehen von den hohen Lehen, welche seit etwa dem 10. Jh. eintrat, war
dies Wesen nicht beseitigt worden, es wurde im Gegenteil weiter entwickelt und
nahm bei seiner weiteren Ausbildung einen Zug an, der es aus dem Lehns-
nexus, im Einzelfall bald mehr oder minder, herausführte und hinüberleitete
zur Form freier Erbpacht.
Schon die Möglichkeit des Aufkommens der Sonderungen während des
11. Jhs. ist ein ])eachtenswertes Symptom in dieser Richtung: die Lehnsleute
waren jetzt nicht mehi- allseitig dem lehnsherrlichen Nexus unterworfen; sie
besalsen Land aufserhalb desselben, und der Lehnsherr erkannte diesen Besitz
an, ja nutzte seine Existenz in einem neuen Vertragsverhältnis aus. Damit
nicht genug. Bald beginnt die Zeit, in welcher die Lehnsleute heredes, d. h.
Erbpächter, heifsen*^, sie haben als feodales das Weinland feodali ac heredi-
tario iure®; und es tritt eine Verquickung lehnsrechtlicher und landrecht-
^) So namentlich WBingen 1425? § 11—12, 14 über das eigene Gericht der Mann-
werker, einmal jährlich Bauding. Vgl. femer Bd. 8, 515, 9 f., c 1825; *ULehmen, Hs.
Koblenz St A. CXJa, Bl. 38b.
') WEUenz § 11: nach gewissen Vergehen werden BuBen bezahlt; wanne dat veracht
wird, mach der herr na weißdumb seiner geschworen und lenleute sein hant an dasselbige
gut [des Zuwiderhandelnden] schlaen und anderen verlaessen sonder einich rechter widerred.
*) S. z. B. oben S. 577 Note 3 f. Eigentümlich ist MR ÜB. 8, 86, 1218: SSimeon
giebt vineam diu neglectam I. ministeriali nostro in officio pistoris iure hereditario tenendam
et fideliter colendam, hoc pacto, ut 10 annis primis tertiam partem vini fratribus cum suis
expensis persolvet, omnibus annis sequentibus dimidietatem. quicunque erit sui officii heres,
similiter eodem iure eandem vineam possidebit . . . primo anno 40 carr. fimi imponet, sin-
gulis annis sequentibus 20. in festo beati lohannis baptiste cultura vinee a ministerialibus
curiose considerabitur, ut si quid in cultura debita fuerit neglectum, per officium ecdesie
reconpensetur.
^) Es kommen deshalb bei Weinlehen bisweilen sogar ursprünglich grundhörige Lasten
Tor, z. B. die Kurmede WEUenz § 5.
'^) MR. ÜB. 2, 43, 1149.
*) S. Bd. 3, 60, 85, 1271, s. auch Wortr. u. d. WW. colonus und possessor. Für
pT^irtschaft d. Grolsgrundbes. — 916 —
lieber Anschauungen ein, in welcher bald das Übei^ewicbt auf die land-
rechtliche Seite Mt. Eine Urkunde von 1217^ drückt das klassisch aus,
wenn sie das Empfängnis von Weinlehen als censualiter et secundum ius
civile geschehen bezeichnet. Zeigt diese Urkunde vom Beginn des 18. Jhs.
den Bruch vollzogen, so liegen die Anfänge hierzu schon fast ein Jahibund^
früher. Fast schon während des ganzen 12. Jhs. lassen sich Weinbeigsver-
gebungen im alten Lehnsnexus zu Erbpacht oder Erbzins, und keinesw^
blofs an Ministerialen, beobachten *, ja es giebt wenige überhaupt von Wein-
bergsleihe sprechende Urkunden dieser Zeit, in denen nicht Anklänge an Erb-
pacht zu finden sind. Aber man ging weiter. Seit Schlufs der ersten Hälfte
des Ma.s kam es vor, daüs an die Stelle der Erbpacht Zeitpacht im Verhältnis
später vgl. *USMax. 1484 Bl. 76», Kaimt: feodales . . qui et dicuntur lehenlnde, qui hahent
hereditates a domino seu monasterio nostro. WBurgen 1484, § 12, cit oben S. 918 Note 4^
heifst das Lehengut EIrbe, der Weinbauer dagegen noch Lehenmann; WKapeUen 1489, eben-
&lls S. 918 Note 4 dtiert, ist von lehenman ader bestendcr die Rede.
1) S. oben S. 904 Note 4.
*) Zur Verleihung an Ministerialen s., oben S. 915 Note 8 citiert, MR. ÜB. 8, 86, 1218.
Im übrigen Tgl. MR. ÜB. 2, 82, 1186, SMaria-ad-martyres Trier: H. custos monasterii noBtri
vineas quasdam . . a rusticis quibusdam, videlicet H. D. H., qui easdem vineas inre heredi-
tario a nobis receperant, suo studio et suis rebus nostro monasterio comparavit . . . a
prememoratis rusticis in manus (abbatis) resignatas. Nach MR. ÜB. 2, 88, 1186 lagen die
Weinberge in croada nostr^ ecclesi^ [zu Trier] censuali iure vinicolis locata, und swar
hatten H. 1 diumale, D. und H. Vs diumale. MR ÜB. 8, 688, 1288: Weinberg zu Euren
vom Domkapitel auf Halbscheit vererbpachtet talibus conditionibus, quod infra primnm
quinquennium vineam totaliter fimabunt ac singulis annis sequentibus 25 carr. fimi inponent
sub bono testimonio. in fossis autem faciendis ac propaginibus inserendis tantum, qnantom
necessitas cxegerit, ipsam vineam meliorabimt. tenentiir preterea vineam coUigere ac vinum
ante nostnun cellarium deducere cum suis expensis. nuntio, qui talibus exequendis Interesse
fuerit destinatus, quamdiu apud ipsos est, in expensis eorum ctiam providebimt provisor
refectorii singulis annis exeunte maio vineam visitabit, quam sl debito modo cultam non
invenerit, . . per alium excoli procurabit si H. et uxorem eius [die Beständer] decedere
contigerit, provisor refectorii unum filiorum aut generum eorum, quem magis expedire viderit
ecdesie, in vinee culturam ac possessionem mittet conditionibus prenotatis. Ganz ähnlich
MR. ÜB. 3, 667, 1239, Kues. Aus späterer Zeit vgl. *üSMax. 1484, Bl. 76»: 11 Stücke
Wingert zu Kaimt divise sunt in tres partes et locate an 3 Leute pro medietate crementi
anno 1484, et tenentur etiam venire ad iudicium . . cum aliis feodalibus [den Wingertslehn-
leuten]. Im J. 1495 sind andere Wingerte in 4 Teilen an 4 feodales locate zu Halfenbau.
Vgl. auch aufser WGodesberg 1577, G. 2, 659, »Arch. SMax. 13, 1261, Memoriale über des
gotteshaus guter zue Wehlen bei Gräfenmacheren, 1490: sciendiun quod habemus in Wehlen
Septem iumalia vinearum, quae anno (1490) pro parte deserta et inculta erant, quae etiam
erant hereditas hominum ibidem pro tertia parte uvarum. et qiiia illo tempore propter infeiv
tilitatem annorum iacebant inculta et vacua, nobis onmino nichil deservientia, locavit eadem
dominus Otto abbas incolis praedictae villae pro quarta parte uvanun, sie tamen quod haberent
quatuor annos immediate sequentes a quarta parte liberos, videlicet usque Bartholomaei
festum exdusive anni xciiii, et infra illud tempus deberent perfecte et ad integrum replan-
tare et eieokre easdem; et nobis anno xcvi censum seu quartam partem botromm etiam
finohran st dflfai06pi>
— 917 — Umwälzung d. Wirtschaftsverfassung.]
der Lehnsgenossenschaft gesetzt wurde ^ ; von hier aus war es zur völlig freien
Behandlung der Leihe nur noch ein Schritt^. Natürlich lockerte sich mit
dieser Abschwächung der alten wirtschaftlichen Gebundenheit auch der Lehns-
nexus; die Weinbauern galten daher späterhin, soweit sich nicht lokal alte
Verhältnisse hielten, als völlig frei^.
Indes in vielen Fällen, und teilweise schon recht früh, wurde direkt und
sofort das genossenschaftliche Band der alten Einrichtung gesprengt. Wie es
scheint, geschah das im Anfange sogar recht radikal in der Weise, dafs man
beim neuen Austhuen von Weinbei-gen nicht blofs vom genossenschaftlichen,
sondern auch vom erblichen Verhältnis abging*. Aber diese Anwandlungen
wurden doch bald tiberwunden; in Wahrheit und auf die Dauer gestaltete
sich ein freies und individuales Erbpachtverhältnis aus; dasselbe war schon
um die Mitte des 13. Jhs. so verbreitet, dafs die Lehnsgenossenschaften
ihm gegenüber als veraltet zu erscheinen anfangen*. Doch lä&t sich nicht
verkennen, dafs diesem Erbpachtverhältnis anfangs ein so festes Siche-
nmgsmittel für den Henn fehlte, wie es in dem Bauding der Lehns-
genossenschaften gegeben war^: dannn sehen wir in früher Zeit überwiegend
^) Bd. 3, 32, 21, 1268; 132, i5, 1325.
^) Vgl. zu (lieser weiteren Entwicklung, welche namentlich gegen Schlufs des Mittel-
alters Fortschritte macht, Bd. 3 No. 250, 1470; No. 254, 1472; No. 272, 1497; Bd. 2,
228, 1579.
^) Trithem. Chron. Sponh. 1488 sagt von sich: fuit oriundus parentibus honestis,
mediocris fortune, liberis tamen . . , quibus vinicultura vitae necessaria ministrabat S. auch
WWaltrach, G. 3, 795, cit oben S. 515 Note 5.
^) MR. ÜB. 1, 568, 1152: der Dompropst ex communi consilio fratrum nostrorum
cuidam fideli laico nomine H. villico nostro apud Curei vineam quandam ibidem iuxta domum
nostram, quam olka vulgariter appellant, ad dimidiam partem commisimus. siquidem due
partes fructuum inde quotannis fratribus provenire solebant, donec eiusdem vinee cultores, sive
per negligentiam sive propter eorum inopiam nescimus, eam pene ad nichilum deduxerant,
unde prefatus H. et nunc et in posterum fratribus in eadem vinea consulere volens heredi-
tario iure, quamdiu ipse vivcret, ad dimidiam partem ipsam fideliter colendam suscepit, ita
tamen, quod post mortem ipsius nuUum alium quam fratres et ecclesiam nostram heredem
inde substitueret, sive villicus fratrum sive non ipse foret
^) Lehnsbuch v. Boland 13. Jh. Mitte S. 48: in Waldlaubersheim vinee, que vocantur
Vinec feodales. Der Gebrauch als Eigenname spricht f&r Veraltung des Institutes.
*) Vgl. MR. ÜB. 2, 99, 1164—1189: Albertus als cottidianus mlnisterialis ecclesie
[sancti Eucharii] genannt. Predictus enim Albertus quandam partem terre a nobis tenuit et
tenet, que ad beneficium cottidiani servitii sui spectabat, sitam iuxta vineam nostram ad
sanctum Albanum. quam Marquardus a tempore antecessorum iamdicti Alberti iure, quo
inter se convenerant, se tenuisse dicebat, et per hoc eum ab utilitate eiusdem terre aliquan-
tulum removere conatus est cum igitur ex hoc inter eos questio orta esset, tandem cum ad
audientiam nostram [abbatis sancti Eucharii] pcrvenisset, sub hac forma eos convenire
fecimus, utriusque tamen assensu: ut videlicet Marquardus eandem terram ab Alberto teneat
iure colendi et dimidietatem fructuum exinde provenientium ei fideliter assignare studeat,
dimidietatem etiam totius iuris inde persolvendi sine contradicdone persolvat et ut fidelius
et diligentius eandem terram in vineam excolat, quinque annos ei ad subsidium laboris sui
constituit, ne aliquid ab eo exigat Albertus postea ex integro suam pereepturus dimidietatem;
[Wirtschaft d. Grotsgnmdbes. — 918 —
geistliche Institute, weil an sich zahlungskräftig und leistungssicher, im Genuis
freier Weinbergserbpachten S bis mit der Ausbildung des Angri£b in der
freien Erbpacht, entsprechend der Sonderung im Weinlehen, ein Mittel ge-
funden wurde, die Segnungen der freien Weinerbpacht jedem nur einigermafeen
bemittelten Landwirt zu teil werden zu lassen.
Bevor aber dieser Zeitpunkt eintrat, ja bevor sich überhaupt die freie
Weinpacht aus dem Weinlehen entwickelte, hatte das Wingertlehnsystem sdion
eine über den Weinbau hinausragende beachtenswerte Analogie gefonden.
Vergegenwärtigen wir uns, wie sehr zur Ausgestaltui^ der freieren Wein-
bergsnutzung neben den besonderen Erfordernissen der Weinkultur der gerade
für diese Nutzung althergebradite Teilbau beigetragen hatte, so kann es nicht
po8t mortem autem Marquardi Sibodo privignus eius eodem iure quo ipse predictam vinean
tenebit MR. ÜB. 2, 100, 1189, SMatheis: domum et vineam cuidam . . £. hereditario iure
a nobis tenendam cono(e88imu8) . ., ita videlicet, ut singulis amiis de domo 6 d. per8(^eret,
vineam autem coleret et dimidietatem ecclesie presentaret Das Ganze heifst pactum« MB.
ÜB. 2, 221, 1204: das Domkapitel giebt Elmemrico civi Treverensi quandam terram incullam
. . ad vineam plantandam et excolendam et suis post eum heredibus iure hereditario haben-
dam sub amiuidi censu, unter dem Beding, quod annuatim usque ad quatuor annos ••£...
5 8. in festo beati Martini super memorata terra . . reddere tenetur; in quinto vero anno et
deinceps a pre£Eito cive sive suo berede ama una vini cum claustrali censura super eadem
terra . . annuatim reddetur, aut, si vinum defecerit, 10 s. . . solventur . • • pretazata here-
ditas non in plures heredes dividetur, sed integra a sola persona memoratus censos persol*
vetur. insuper si . . E. sive suus heres . . hereditatem sibi alienare et vendere volet, hoc
primum ecclesie nostre eyidenter denuntiabit, et si . . inter fratres capituli nostri emptorem
(non) invenerit, cuicunque alii volet vendendi liberam potestatem habebit MR. ÜB. 8, 607,
1289 : das Trierer Domkapitel giebt W. de Cbovese ac suis heredibus pro medietate colendas
hereditario iure . . vineas . . tali conditione apposita, quod si vineas . . debito modo non
coluerit ac singulis annis ad minus quinquaginta fossas non fecerit plantulas inserendo ac
fimum necessarium imponendo, sine contradictione . . eanmdem possessione privetur. tempore
autem vindemiarum nuntios nostros pascet honorifice, quoad totum vinum fuerit invasatum.
insuper . . vineas vindemiabit, uvas calcabit et premet, et vinum ad navem presentabit ipsius
laboribus et expensis. S. auch noch Andernach. Schreinsr. No. 142, G. 1892, um 1228, cit.
oben S. 416 Note 5.
1) MR ÜB. 1, 658, 1168, Erzbischof Hillin giebt an SMartin-Trier : terram nostram
salicam, que est inter Welme et Sälen [Schatzgraben] et que est inter (Graach) et (Zeltingen)
in monte cum arbusto adiacenti prenominate ecclesie et fratribus perpetuo iure possidendam
tradidimus sub tali nihilominus conditione, ut pro hac terra sculteto in Grache singulis
annis amam vini persolvant. CRM. 1, 242, 1197: SSeverin-Köln verleiht an Kloster Alten-
berge Weinberge und Wald bei Rhens, quatinus predicti fratres vineas ipsorum in latere
montis eiusdem iacentes ea diligentia et soUicitudine , sicut proprias vineas, ita et istas
suis laboribus et expensis colere et plantare colligere et vina exprimere et vino expresso
universam decimam primo et postmodum medietatem vini residui et duas amas eiusdem vini
sue medietatis de silva singulis annis nuntio ecclesie sancti Severini ibidem in torculari
assignare teneantur. item in aliis locis montis predicti ad hoc aptis vineas alias plantare,
undc 9 annis primis decimas eidem tantum et fructus alios inde provenientes pro laboribus
suis sibi reservare, et post hec ecclesie sancti Severini de ipsis sicut de aliis vineis supra-
dictis respondere et de agricultnra tantummodo decimas annone dare teneantur. S. auch
Honth. Hist 1, 64 £, 1209.
— 919 — Umwälzimg d. WirtschaftsverfiEissung.]
wunder nehmen^ dai's eben dieser Teilbau auch für andere Kulturen leicht
zur Entwicklung freierer Nutzungsarten führte.
Nun kam aber der Teilbau an der Mosel schon in der ersten HälfU» des
Mittelalters auch für einfache Ackerkulturen vor, ja gerade für extensiven An-
bau hatte er sich aus dem Medem, dem Ausdruck des königlichen Boden-
regals, schon im 11. Jh. voll entfaltet ^ Eine weitere Verbreitung erlangte
das Teilbausystem dann mit der Aufteilung der Beunden seit der Stauferzeit * :
so' dafs es an Teilnutzimgen auf einfach landwirtschaftlichem Gebiete keines-
wegs mangelte^, wie sich denn der Teilbau auf diesem Felde sogar bis in
die Gegenwart hinein erhalten hat*.
Beide Formen des Ackerteilbaues aber, auf Rottland wie auf Beunde,
waren fast ausschliefslich grundherrlich gebunden ^. Dies Verhältnis bestimmte
natürlich auch ihre genauere Durchbildung. Auf der einen Seite die Grund-
hörigkeit — auf der anderen die freiere Nutzungsart, welche auch da ver-
blieb, wo man von Teilbauquoten schliefslich zu Zinszahlungen überging®, und,
namentlich bei Rottland, das eigennützige Interesse des Herrn, überhaupt
einen Grundzins, imd zwar in erster Linie von der haftungsf&higen ihm unter-
gebenen Gehöferschaft zu gewinnen': diese beiden Gegensätze waren zu ver-
mitteln. Sie wurden vermittelt, indem die Gehöferschaften oder Teile der-
selben für den Teill)au auf Rottland und Beunde in der Form freierer Zins-
genossenschaften, fast ganz entsprechend den Weinlehngenossenschaften, orga-
nisiert wurden : also für die Zinszahlung Lösung vom Meier, für die Bauillgeu
Lösung aus dem grundhörigen Ding, und dafür Stellung der Zinszahlung unter
einen besonderen Boten und Schaffung eines besonderen Baudings®. Sind das
die neuen Formen der Genossenschaft da, wo sie in ausgeprägtester Form
») S. oben S. 107 f., 112, 392, 475, 514.
2) S. oben S. 420, 489.
3) Es kommen sogar Medemhufen vor, s. USMax. S. 440 Kenn, S. 441 Longuich.
*) Beck 1, 255, 258 für die Kreise Bitburg und Wittlicb. Champart herrscht nach
mündlichen Erkundigiuigen in Luxemburg nicht im Grofsherzogtum Luxemburg, wohl aber
zwischen Metz und Diedenhofen. Zur Halfenwirtschaft in Baden s. Küster S. 44.
^) Das ist fi'ir die Beimden selbstverständlich; für das Rottland und den Medem
s. oben S. 894.
*j S. z. B. WWallersheim , G. 2, 538: weisen die scheffen im dorf Walmischheim
82 viertel laut, und vrird den herm im closter von iedem viertel geben und geliebert 4 sester
koms; und auf icden sester koms gibt man 18 hl. brenngelds, wie es zu Prümb gäng und
gebe ist, und wein und brot damit bezahlen.
^) S. oben S. 136, 394, 457 ; WXonguich 1408, cit oben S. 456 im Text
8) S. vor allem Lac. ÜB. 1, 367, 1149, cit oben S. 450 im Text; femer WLonguich
1408, cit oben S. 456 im Text, und Ennen, Qu. 1, 519, 54, 1145: Abt Wilheün von SMartin
übergiebt zu Esch partom silv^, que adiacet eidem vill^, id est unum mansum et viginti
quatuor iugera, hominibus predict« villQ sub annuali censu, nachdem sie ihm 25 mr. Angeld
gegeben haben, qui census triginta s. et unius et novem d. et oboli habetur, et in festivitate
sancte Walburgis singulis annis ab hominibus, qui predictam silvam tenent, ecdesi« beati
Martini reddetur .... tali pacto, . , ut si aliqui ex rusticis censum silv«, quem debent, sub
[Wirtschaft d. Grofsgrundbes. — 920 —
vorkommt, so daXs hier mit vollem Recht in Analogie zur Weinbaugenossen-
schaft von Lehen gesprochen werden kann^ so bleiben doch, wie es scheint»
stets ursprünglich persönlich-hörige Lasten, ^ie z. B. die Kurmede, bestehen *,
und die Sicherung der Zinszahlung erfolgt wohl nur höchst selten durch An-
griflfeland, entsprechend der Sondenmg des Weinlehens ^, meist dagegen durch
predicto termino non persolvant, non soliim, quod tencnt in eadam silva, sed quicquid de
iure beati Martini habere videntur, amittant
*) Man vgl. schon MR. ÜB. 1, 287, 1008—1016: Erzbischof Megingaud schenkt an
Münstereifel predium meum . . in pago Meinvelt in villis . . Cutenheim, Mertelacha, Alkena,
ad mansos 8 et vinearum carr. vini 7 . . . . mancipia virilis sexus solvent 12 d., femine
vero 6. preterea novem feodorum quodlibet solvet 24 d., preter nonum, quod pertinet ad
fabrile opus, persolvet 12 d. in die sancti Martini possessores feodorum convenient et persol-
vent 12 d., mancipia vero similiter; de quibus denariis scoltetus reddet eisdem vinum 2 s.
iterum feodorum possessores in octava sancti Martini censum suum persolvent, mancipia vero
in die sancti Andree; preterea 7 areanim censuale debitum persolvetur in octava sancti
Martini, de quarum duabus dabuntur 2 s., de 4 duo s., de septima 4 d., et de singulis hanun
arearum singule dabuntur galline in capite ieiunii. restat area una in duas partes divisa,
que solvet 10 d. et nichil aliud, nisi, dum possessor huius obierit, optima victima accipietur,
que in domo illius invenietur. item qui feoda habent, in die sancti Stephani dabimt 28 d.
ad dominorum suorum visitationem. item secunda feria post epiphaniam domini singull
dabunt singulos d. ad servitium advocati. item secimda feria post octavam sancte pasce ad ser-
vitium advocati scoltetus dabit panem unius mir. spelte et victimam vivam, 12 d. et situlam
vini et duas situlas cerevisie et mir. avene, quod servitium scoltetus partietur cum 7 scabinis
et servo suo. cum advocatis secunda feria sancti lohannis similiter faciet, excepta avena,
quam si scoltetus dare renuerit, advocatus de segete foris habunde accipiet. item in messe
feodorum possessores metent segetes dominorum, et prima die dabitur eis ovis \iva 12 d.,
postea vero panis et pisa amministrabuntur eis sicut ceteris messoribus. qui vero possident
areas, singuli die una metent cum illis, excepto possessore illius aree, que solvit quatuor d.
preterea qui feoda tenent dominorum, annonam triturare tenentur, et si dominis placuerit,
Monasterium sive Andemacum deferre debent. S. femer MR. ÜB. 2, 38*, 1179: ego Cun-
radus dei gratia vocatus abbas de Laeu nichil ferens elongari a me de bonis domus meae
quasdam possessiones censuales, quae feoda vocantur, ad curtem meam et fratnim meorum,
quae est in Bettendorph et in Heimbach, pertinentes ab hominibiis aecclesiae meae, qui eas
censualiter de manu mea possidebant, congnio dato precio redemi et potestati meae et usibus
fratrum meorum libere tamquam agros salicae terrae subegi. advocatum vero predictae
curtis scilicet Gerlacum de Isenburch, qui adversum nos reclamabat pro iiu-e precariarum
suarum, quas de prefatis possessionibus accipiebat, datis 6 mr. compescui ab omni querela,
quam contra nos pretendebat, ita ut possessiones illas a iure suo esse liberas et tamquam
salicam terram a nobis possidendas coram familia nostra et scabinionibus ediceret bannoque
eos obstringeret, ne de caetero aliqua in placito fieret de illis accusatio. Aus späterer Zeit
vgl. man *Gotha Bibl. Lib. aiir. Eptemac. Bl. 186» f., Lehengiider, die die scheffen von
Emzen m. h. imd dem gotzhuse [Echternach] zugewiset und begangen hant of sanct Michels
dag anno (1451). Die Lehen sind einzelne Felder und sind leben vermitz drißigiste, so z. B.
2 Morgen, oder 1 Wiese git drißigen, 2 morgen . . wisen sint lehen vermitz drissigen, am
größten wol 1 wise und feit . . haldent 5 morgen; meist nur 1 Morgen, oft weniger
bis zu 1 Quartale.
*) Lac ÜB. 1, 367, 1149, oben S. 450. Doch kommen solche Lasten ja auch beim
Weinlehen vor, oben S. 915 Note 4.
'») S. die eigentümliche Urkunde des MR. ÜB. 8, 812, 1227: Streit zwischen homines
von Wasserbillig [es sind Landzinsleute auf alter Beunde bezw. altem Lehnland] und deren
— 921 — Umwälzung d. Wirtschaftsverfassung, j
Rekurs auf den sonstigen grundhörigen Besitz der Lehnsleute. So erwächst
die Form dieser Landlehen, ausgehend von Teilbau und Rottkultur — denn
auch die Beunden fuhren ja schliefslich auf grundhörige Rodung zurück — ,
angelehnt an die Entwicklung der Nutzungsformen der Weinkultur, doch
schliefslich nicht zu jener Selbständigkeit, welche den Weinlehen von vorn-
herein infolge des besseren persönlichen Rechtes ihrer Besitzer innewohnte.
Demgemäfs fl\hrt denn auch die Weiterentwicklung dieser Form im Sinne
freier Pacht zu geringeren und schwankenderen Ergebnissen, als die Durch-
bildung des Weinlehens. Zwar setzt sich zuweilen auch hier das Lehnsver-
hältnis der Bauern in ein Erbpachtverhältnis lun*; in früherer Zeit entwickelt
sich vielleicht auch hier und da gar eine Zeitpacht auf diesem Boden*; im
ganzen aber knüpfen freiere Landnutzungen hier fast nur in d6r Weise an,
dafs gröfsere geistliche Institute in Erbpacht von Wald- und Rottland eintreten^.
Die Analogiebildung der Ackerlehn- zur Weinberglehngenossenschaft leitet
nun schon in die grundhörigen Verhältnisse hinüber : sie zeigt die Möglichkeit an,
innerhalb welcher eine Landnutzungsform aus dem unteren Kreise des Hof-
rechtes in die höhere Zone des Dienstrechtes emporzuwachsen versuchte. Eben
dieses Wesen der Ackerlehngenossenschaft ladet nunmehr dazu ein, die grund-
hörige Landnutzung selbst auf die Möglichkeiten hin zu untersuchen, welche
etwa die Ausbildung freierer Landuutzungen aus ihr heraus gestatteten. Eine
solche Untersuchung wird jetzt nach Feststellung dessen, was Prekarei, Zins- und
Dienstlehen in dieser Richtung geleistet, um vieles leichter sein : wenn Prekarei
und Zinslehen hier wenig von Bedeutung waren, wenn das Dienstlehen in
Vogt mit der Abtei SMaximin wegen der jährlichen Zinszahlung. Es wird ausgemacht, dafs
die Leute statt der bisherigen 9 carr. niu- 5 zahlen sollen, residuas quatuor vel soluturi vel
pro ipsis terram indominicatam , que vulgo dicitur vronede, vel terram feodalem ostensuri,
welches Land SMaximin in Regie oder Leihe nutzen kann. Si vero [aliquis] terram indo-
minicatam demonstraverit [et censum neglexerit: so zu ergänzen], non tantum ipsa terra
demonstrata, sed et quicquid censuale tenet ab ecclesia ille, qui censum soWere neglexerit,
sive Sit terra arabilis ortus domus vel pratum, obstrictum erit ecclesie eo iure indomini-
cationis, quo et terra demonstrata. et si aliquis terram dominicatam sibi titulo pignoris
vendicabit, vel censum solvet ex toto, vel terram ipsam dimittat ipsius ecclesie ordinationi.
ad terram autem feodalem sive indominicatam sepedicti homines nullatenus manus extendent
absque consensu ecclesie, si secus presumpserint , a dicto advocato suo, cum ab ecclesia
requisit(i) fiieri[n]t, exhibendi. hec autem et ipsi homines observabunt, et advocatus ipse
observari faciet, alioquin haue penam sibi acceptarunt, quod sint ipso facto excommuni-
cationis vinculo innodati, et non tantum advocatus, sed et ipsius successores.
>) WGondenbret, G. 2, 539.
^) UStift 398, Irsch, 9 atte: una consessa est ad medietatem colenda, sed potent
revocari, quando volnerit archiepiscopus; de reliquis 8 recipit archiepiscopus quintam et
decimam partem. omnes iste hatte continent in se circa 100 iumalia.
') S. aufser MR. ÜB. 1, 39*, 1180 noch als Beispiel kleinerer Pacht von Laienseite
ülMettlach No. XXI, 13. Jh. Mitte, cit. oben S. 107 Note 1.
L anprecbt, D«atfcbet WirtodiAfUleben. I. 59
nWrtBcl.afi a. Cirofsgnindl>es. — 922 —
der bt'Kiiiidtnen rorm des Weinlehens um- zur Befreiung der feineren Land-
DutzUQ^'cn ' fühile, so niurs sich das Gi-ob aller späteren freien Landiiutzungon
eben jius dem gnuidhörigen Nutzm^verhältaiH bezw. aus der Zei-stöninfi der
Fronhofsverwaltung heraus entwickelt haben,
IiittiefeiTi das (ür die Fronhöfe selbst durcli EinfUhnmg der Verpach-
tung der Meieräniter in vollendetem Mafse der Fall war, haben wir schon
gesehen; hier wird es nur noch darauf ankommen, die Holle zu unter-
suchen, welche die gemeine grundhörifie Landnutzung bei der Entwicklung
der Pachtforiiien gesjnelt hat.
Die gruudliöri^e Nutzung ist nun zunächt mindestens seit der deutechen
Kdserzeit eine erbliche ; sciion luu Schlwise deü 1^. ilis. steht das so fest, dais
die Becbt6qualität des Gehöfers im EinzelfiiUe sogar die Leistungen dee Gutes
zu modifizieren imstande ist'; und seit spätestens dem B^inn des 12. Jhs.
werden schon die Allmeodehörigen den GrehMem als manentes absque here-
ditario iure entgegengesetzt". Aber die erbliche Nutzung ist an den Grund-
herren in DingpSicht und Zinspflicht gebunden; darum schildert eine Urkunde
von 1150 pfliditvergessene Gröndhörige mit den Worten: nimium de se pre-
sumentes partes quasdam vinearum . . occupaverant, non hominii ratione, neque
anuuum censum inde persolventes*. Voa der Eigenart beider Pflichten wird
auch später noch die Rede sein*; hier nur die Bemetlning, einmal, dafs die
Zinspflicht anfangs gerade for die Grundhörigkeit als so charakteristisch ange-
sehen wurde, dab man noch bis in das 11. Jh. hinein GQter, welche in einen
Fronhof zinsten, ohne weiteres auch als grundhörig ansprach*, und femer, da& zu
den zinspflichtigen Leistungen nach der Anschauung spätestens der Staufeizeit
■) Vor allem nattkrlicb des WeJnliaues. Index es gilt doch nuch für sonstige feiaere
Kulturen, z. B. die Gaitenkultur, s. Bd. 2, 217 (.
*} UPriim No. 4: tenet O, manaa 8, que similiter ut superiores [serviles] omnes ser-
vire ilebeDt: so der urepr. Text, da&r jetzt: que similiter servire dcbiiiaaent, sicul superiores.
8. aucli MR, ÜB. 1, 393, (1097), cit unten S. 923 Note 4,
*) Ann. Rod., Ernst S. 12, lun 1110: das Kloster erhält zu Gisenhofen bei Ahrweiler
die octava pars avene, quam gens ibidem manens absque hereditario iure solvit doinino pro
usu silve eiusdem ville. S. femer noch Lac. ÜB, 1, 865, 1149, und zur späteren Konstruktion
der Erblichkeit vorläufig WNeumUnster 1429, ü. 2, 33: stürbe ein lehennian aen UbeserbeD,
hait der scheffen gewiset, das di nehesten erben darnach sich des gudes undendeben sollen
bis an das zehende glit, und das gut auch hinder der herrschaft oder den lehenherm lassen;
wolden sie aber das gut hinder andere herren fiiren, das sol die herschaft «eren und uit
gestaden; were aber kein erbe bis an das sehende gellet, so sal das gut der herrschaf^ ge-
follen sin. S. auch WAbn 1626 g 11.
') Ennen, Qu. I, 529—30, 60, 1150.
») S. Abschnitt VII Teil 1 und Teil a Zur Dingpflicht vgl. vorläufig Bd. 3. 528 d.
") Lac. IIB. 1, 98, 158, 1021 ; von einer balbeu Hufe solvitiir et villico in Rodinkirche
mir. aven«, quod per h^ non dubiletur, praedictam terram ad einadem villae curiani per-
tinere, ac eam tenentes [in unserem Fall SMortin-Köln] omnis iuris debitores ibidem esse.
f
— 923 — Umwälzung d. Wirtschaftsverfassung.]
auch Emi)fängiiis (Beständnis, Vorhure) und Kurmede gehörten ^ Aufserdem
gehörten in den Bereich der Zinspflicht natürlich die verschiedensten Abgaben
und Leistungen, so vor allem die Fronden. Dieser jranze Bereich der Zins-
pflicht wurde nun, wie auch derjenige der Dingpflicht * , rein dinglich gefafet^ ;
seine Leistung war also für den Vollfreien keineswegs unmöglich, wenn auch in
frühester Zeit immerhin ungewöhnlich*. Der Gedanke aber, dafs grundhörige
*) Darüber vgl. weiter unten, s. auch *ÜSMax. 1484 Bl. 6^, und Bd. 3 Wortr. u. d.
W. vörhure.
*) Schannat, Hist Wormat 2, 79, 1158: Hillin vertauscht an Worms die curtis cen-
sualis Parthenheim, wohin von 19 mansi tunc temporis [in] annuis redditibus 12 Ib. Moguntinae
monetae gezahlt wurde; insuper tradidi eis in proprietatem aream unam ex mea dominicali
curia decisam, in qua secundum iustitiam meae curiae placitare cum rusticis possem, si
annuos redditus certis temporibus persolvere negligerent, vel si forte in aliis transgressionibus
inobedientes ad satis&ctionem forent
') Natürlich fielen aus dieser Zinspflicht die PersonaUeistungen der ursprünglich
unfreien Gehöfer heraus. Diese letzteren sind wohl mit servitium servile gemeint in MH.
ÜB. 1, 268, 993: Graf Sigfried schenkt an SMaximin mansum Nevelungi et eins coniugis
Rozele successorumque suorum . . ita duntaxat, ut idem N. vel successores eins omni amio
5 s. probat^ mon^t^ persolvant ex eodem manso, ab omni deinceps servili servitio libcri [so
zu lesen].
*) Den ältesten hierher gehörigen mit Prekarei kombinierten FaU bietet MR. ÜB. 1,
393, (1097): Amulfus [Dompropst] schenkt an den SMarienaltar im Dom in Bombogen
mansum unum . . per manum advocati sui . . , cuius reditus quantuscunque singulis annis in
die obitus sui iratribus memoriam eins agentibus dispensari possit placuit cuidam Evezoni,
ut eundem mansum sibi locari exoraret et eo iure, quo mercennarii [1. mansionarii] dominicalem
terram excolendam possidere queunt, in firmam hereditatem sibi filiisque suis ceterisque sibi per
cognationem succedentibus reciperet, eo scilic«t pacto, ut ad susceptum mansum de suo
patrimonio tantum adderet, unde reditus predicti mansi usque ad carr. vini publicae Treve-
rensis mensurae augeri posset; quod ipsemet per singulos annos in festo beati Martini ad
ripam Mosellae iuxta horrea in annivei-sario predicti domni Amulfi inter fratres dividendum
presentare debet. Seit Mitte des 13. Jhs. schwindet dann die Scheu, vgl. Guden. CD. 2,
948—949, 1249: Gerhard von Sinzig giebt an SchilUngskapellen eine Hufe zu einem Jahres-
zins von 4 s. Colon, in die curtis Sechine. preterea statuimus, quod si possessorem dicti
mansus et bononim eidem attinentibus medio tempore mori contigerit, quicumque etiam fuerit
pro tempore, prefata ecclesia de predicto manso nobis aut nostris heredibus de curmeda
persolvet quatuor s. Coloniensium d. insuper taliter est ordinatum, quod dictus mansus cum
aliis bonis ipsi attinentibus recipi debent de manu nostra seu ab heredum nostrorum, ita
quod receptor persolvet nobis . . . quatuor s. d. Coloniensium ratione iuris, quod vulgariter
gewene appcllatur. et . . omnibus adimpletis ipsa ecclesia vel possessor mansus predicti
nichil aliud alicui de pi*efato manso solvere vel facere tenebuntur et ab omni iure alio inde
faciendo nobis aut nostris heredibus est libera et quitata. Im *USElisab. Hosp. Bl. 51» f.
finden sich dann schon Zinsverpflichtungen des Hospitals fAsi nur noch im grundhörigen
Sinne, freilich meist an andere geistliche Institute. Weiterhin s. Bd. 3, 30, ao, 1264; 82, i6,
1280; *UMünstennaifeld IIs. Koblenz CXIb Bl. 57 1, 1347: der vleismetzer Kuzechin und
seine Frau pachten von der Propstei ein Teil des dirgartens bi der santkulen vur Pulicher
porte für 8 mr. 4 s. bit intfenkenissen viu'huren und zu dinge ze gain uf sente Endreis dach
davon, als waitscharinrecht schuldich ze doin ist. Cart Clairefontaine 180, 1378: ich Huwart
van Elter, here zu Stirpinich, proist in der zit zu Arie, doin kunt . . , so wie vur mich commen
ist geveirdich Hennekin Claes son van Beckirch, unde hait bekant mutwillich, das er lang
69*
[Wirtschaft d. Grofsgrundbes. — 924 —
Landnutzung ohne weiteres und an sich, in unerbittlicher Konsequenz, unCrei
mache, blieb dem ganzen Mittelalter fem ^ ; erst nach der Rezeption de&
römischen Rechtes und infolge der vollen Entwicklung territorial-ständischer
Rechte bildete sich die Auffassung aus, dafs die Leistung von grundhörigen Lasten
— oder was nun dasselbe ist — von Reallasten den Privilegien voller Frei-
heit zuwiderlaufe '.
Li welcher Weise konnten nun diese gebundenen grundhörigen Verhält-
nisse einer Lösung im Sinne freier Erbpacht^ entgegengefllhrt werden?
zit gewest ist unde noch ist gesworen scheffen unde gehuetman miner franwen der eptissen
van Bartenburg [Clairefontaine] unde hirs goitzhuess unde convent, unde hait auch gelouft,
hir man zu verblieben erflich unde umerme, war ader hinder was hem ader friheiden her
wanende were, und were up der firauwen god ader vudie ader uf was guetz ader fodie here
wanende wurde ader wanende were, den vurg. firauwen eptissen unde convent zu dienst zu
sitzen van zinsen van reuten van scheffen van beden van foren unde van aUen anderen
dienst, wie ferre ein ander hir man van deme dorf unde hove van Beckirche hin zu dienst
unde zu alle saichen sese, nast siner macht unde bescheideneit: unde dat hait he gdouft
mit truwen in eidestat, unde mit verbuntenisse alle sins gudes mubels unde erbs, usgedain
alle argelist unde geverde.
1) Also auch Fronden haben nicht Unfreiheit zur Folge, vgl. *USMaz. 1484 BL 1»:
ein Haus in Trier, que modo locata est termino nativitatis Marie . . pro 8 fl. et uno die
dominicali teutonice ein fronedag; fr^ie Pacht "^USMax. 1484 Bl. 8 f.: Verpachtung von
Gärten in Trier auf 9—18 Jahre; meist um Geld und 1—8 Frontage, allenfalls noch einige
Qnart Öl. "^USMax. 1484 Bl. 27^: das Fährhaus zu Hausen an der Saar nebst einem Fisd^-
wehr solet locari annue . . pro 4 fl. 4 caponibus et 6 diebus dominicalibus, teutonice sex
fronedage.
>) Honth. Hist 8, 767, 1675, Kurfürst Karl Kaspar erteilt einigen Gntem Adelsfreiheit :
ertheilen diese adeliche freiheit auch hiemit und in kraft dieses, wie es von rechtswegen am
bestandigsten geschehen könte oder mögte, also und dergestalt, daß die jetzvermelde guter
von nuhn ahn zu ewigen zelten anderen in unserem erzstift befindlichen adelichen güteren
gleich gehalten, von allen gemeinen bürgerlichen beschwerden ganz und zumahlen befreiet
sein und bleiben, und zu einigen real-oneribus vors künftig unter keinem praetext oder vor-
want, der habe nahmen wie er wolle, wieder gezogen werden sollen.
^) Die Frage, ob nicht eine freiheitlichere Rekonstruktion der alten grundherrlichen
Verhältnisse im Sinne der neuen wirtschaftlichen Entwicklung möglich sei, wurde, so viel ich
sehe, an der Mosel zur Stauferzeit nur selten aufgeworfen. Für unsere Gegenden vgl.
namentlich ME. ÜB. 3, 980, 1247, Urkunde Dietrichs von Isenburg: bona nostra in (Münders-
bachX quc dicimtur antiqua hereditas, concessimus hominibus dicte ville et omnibus posteris
suis hereditarie in perpetuum possidenda, ita quod de quolibet iugero solvant feste Gertrudis
1 ob., et in medio iunio 1 d. Ck)loniensis monete . . . item de silva beate Marie virginis
dabunt quartum manipulum de quolibet iugero et decimam; et seminabunt agros illos tribus
annis, et quarto anno vacabunt; et si quis eorum reliquerit aliquem agnim vacare eo anno,
quo esset seminandus, nobis tantum solvet, quantum si seminasset; et ducent nobis annonam
illam infra dimidium miliare, quocunque voluerimus. item de pratis solvent de quolibet
iugero 2 d. item dabunt pro hospitio et petitione nostra 30 s. Colonienses proxima domi-
nica post festum Remigii. item quicumque possidet bona nostra in villa supradieta, dabit
nobis puUum unum annuatim in depositione camium. et omnes possessores bonorum nostrorum
venient tribus vicibus in anno ad curiam nostram ibidem sitam accusaturi, si aliquem de-
fectum habeamus bonorum nostrorum, vel si aliquis eorum alteri iniurietur, ut inde secundum
— 925 — Umwälzung d. Wirtschaftsverfassung.]
Die Erblichkeit mufste natürlich bestehen bleiben, ebenso brauchte die
Zinspflicht nicht angetastet zu werden — notwendig war dagegen die Auf-
hebung der Dingpflicht. In der That liegt hier der Kein der Lösung : er tritt
beispielsweise zu Tage, wenn späterhin im WBech § 19 gewiesen wird, der
Abt von Echternach solle die underthanen des Hofes zu Bech vormitz kinnet
[Kunnede] und zins — also unter Wegfall der Dingpflicht — für fi-eie leut
halten ; er läfst sich auch nicht verkennen, wenn zum Beweis allseitiger Grund-
hörigkeit im *WGostingen (USMax. 1484 Bl. 47*) über das Jahrgeding be-
merkt wird: tenentur oumes adgsse, . . quicunque habent hereditatem vel
hereditates in banno de G., tam viri quam etiam mulieres^.
Die Lösung aus der Dingpflicht und damit die Stellung der bisher grund-
hörigen Nutzung unter gemeines Recht * erfolgte nun aber unter gleichzeitiger
sehr vei-schiedenartiger Ausgestaltung der bislang vorhandenen Zinspflicht:
imter dem Einflüsse dieses sekimdären Momentes entwickeln sich daher ver-
schiedene Stadien der nun eingeführten freieren Landnutzung. Entweder
nämlich bleiben noch Reste solcher Zinsleistungen übrig, welche bisher als
ausschliefslich grundhörig gegolten haben, wie namentlich Kurmede und
Empfängnis, oder aber diese Reste gehen verloren und es wird nur eine an
sich charakterlose Zinsleistung statuiert. Nach diesem Unterschiede wird man
vielleicht — will man diesen Gegensatz überhaupt einführen — von Erbzins-
verhältnissen einerseits, Erbpachtverhältnissen anderei-seits als den nach Auf-
hebung der Dingpflicht entstehenden freieren Nutzungsformen sprechen dürfen *.
quod ius exigit iudiccmus. item si aliquis possidentium bona nostra decesserit, liberi sui
vel alii heredes sui venient ad nos vel ad officiales nostros, et nos concedemus eis bona sui
predecessoris. et quicunque recipit bona, dabit nobis tantum in antecessu, quod vorhure
nuncupatur, quantum in censu receptonun bonorum; sed de campis, unde solvunt annonam,
non dabunt antecessum.
^) Vgl. noch WFlofsbach 1529, G. 6, 578: die Lehnleute von Spnngiersbach weisen,
das Kruderß und ßartcn luede hoef, buiszent dem dorf Floeßbach gelegen, unser herren
von Sprenkersbach gronteigen ist und kein lehen oder entfenklich goet ist, als unser goeder
sin, auch kein erbgoeder sin, auch kein gemeinschaft mit uns hain; und hain nie gehoert
noch gesehen, daß der genant hoef zu Floeßbach ain einiken menschen geerbt si, och nie
verkauft noch verdeilt, als ander unsere erbe und lehengoeder, sonder allezit bestaunen vor
einen genanten paecht oder zins ain unsermen wirdigen herren von Sprenkersbach.
^ *Tradd. Rupertsberg. 13. Jh. 1. H.: isti sunt census, quos dabimus singulis annis
in universo de bonis nostris omnibus, que habemus apud Budinsheim tam de bonis domini
Lufridi et domini Regelindis, quam de bonis Dietwini civis Pinguensis: quatuor mir. siliginis,
Septem virinzalen avene, triginta quart hunnici vini, septem uncias levium d. sie est
computatum determinatum et difißnitiun in dem dinge apud Budinsheim mediante . . nostro
preposito. Vgl. auch URupertsberg S. 379: ein Allodium in Wilre gehört Rupertsberg, es
enthält : a) iumales, de quibus censum non solvimus, quia ad proprietatem nostram respiciunt,
b) iomales, de quibus censum sine placido [!] persolvimus. Vgl. zum letzteren S. 380:
H. de G. et uxor eins A. dabunt nobis ad censum in festo sancti Martini 20 d., si negle-
xerint, oportet eos persolvere postea. herumbe so sal er zu dinge nit gan ze Rode.
') Freilich liegt dieser Unterscheidung keineswegs etwa ein sicherer Sprachgebrauch
der Urkunden zu Gnmde: in den Quellen gehen die Ausdrücke Pacht und Zins wie Erb-
[^Vi^tschaft d. Grofsgnindbes. — 926 —
Von ihnen können nun die Erbzinsverhältnisse wieder im wesentlichen
in dreierlei Weise charakterisiert sein, durch Kunnede und Empfängnis ^ oder
durch blofee Kunnede*, oder durch blofses Empf&ngnis*.
Fehlt eins dieser Momente, so stehen wir schon auf dem Ge])iete reiner
pacht und Erbzins bunt durcheinander. So spricht z. B. Cod. dipl. Rommersd. No. 47, 1885^
von einer pensio annua seu census. S. auch MR. IIB. 3, 1470, 1258, cit unten Note 3.
') Ennen, Qu. 1, 574 — 575, 87, 1176, C. verkauft einen Mansus für 10 mr. an Sürsula-
Köln: mansum eundem ab ecclesia sub iure censuali recepit, ita videlicet, ut quoliltet anno
in festivitate beati Martini 10 s. ecclesie solvat quo defuneto optimus equus i))sius, vel si non
habet equum, 10 s. pro eo quod dicitur c&remeide dabuntur ecclesie, et ita uxor eins per
annum et dicm idem bonum sicut antea possidebit^ et si ulterius habere voluerit, 10 s. pro
eo, quod vorehäre vocatur, ecclesie persolvet, et huic iuri ceteri heredes subiacebunt in per-
petuum. si vero uxor predicti C.-i alii viro nubere et eum in iUnd bonum introducere
voluerit, hoc ei non sine abbatisse et congregationis concessione licebit quodsi filios ex eo
genuerit, ad illos nichil de predicta hereditate pertinebit, sed ad filium vel filiam sepedicti
C.-i devolvetur. Ennen, Qu. 1, 608, 111, 1197: die Abtei Kamp erhält von 2 Stiftsheiren
zu Köln domum unam in Rodhe [Rath Kreis Bergheim] et aream cum silve communione et
30 iugera legitime possessioni illorum attinentia lege et iure censuali excolenda . . . jähriicher
Zins 5 s. pro debito, quod kurmeidhe dicitur, quod non nisi deiuncto vel succedente novo
abbate provenire debuerat, per singulos annos ut 1 s. ex consensu partium predictis 5 s.
superaddant Bei Abschlufs des Vertrags zahlt die Abtei Kamp 5 mr. ce vürehurin an
die Stiftsherren.
«) Lac ÜB. 1, 437, 1170, und neuerdings Korth, Ann. d. bist Ver. 44, 68: Kloster
DUnwald empfängt von SKunibert-Köln terram arabilem in Rindorp 26 iomalium . . hoc
pacto, ut annuatim in festo beati Martini aecclesiae nostrae 3 s. Id. Coloniensis monetae,
mir. avenae et duos pullos persolvat et ita iure perpetuo possideat convenit etiam inter
nos, ut in obitu cuiuslibet prepositi Steinveldensis, ad quem prefatae aecclesiae in Dänewalt
ciira spectare dinoscitur, pro eo quod MÜgo dicitur cftrmeide 3 s. pi-eter predictum censum
aecclesiae nostrae ab eadem aecclesia persolvantur. Hennes ÜB. 2, 210, 1271, Erbpacht betr.
die Deutschordensbrüder zu Siersdorf: fratres predicte domus de Serstorp singulis annis in
die palmarum nobis A. militi et nostris heredibus decem et octo d. Aquenses de predictis
bonis de Bettendorj) perpetualiter persolvent ; nos vero porrigemus pretlicta bona fratri eorum
onlinis, «luemcunque petierint; fratre vero predicto decedente, qui bona receperat a nobis
memorata, fratres de Sersdorp solvent nobis ratione mortis illius decem et octo d. Aquenses
in quoddam ins, quod vulgariter dicitiu* durcins [?], et nos alteri fratri eorum ordinis predicta
bona porrigemus. Vgl. auch Lac. üB. 2, 387, 1252.
^) Ennen, Qu. 1, 582 — 3, 94, 1180: Erzbischof Philipp von Köln überläfst universitati
civium hereditario iure Häuser am Altmarkt, ut scilicet nobis debitimi censum et vorhuram
de bis, sicut de ceteris areis, persolvant Cod. Francof. S. 17, 1180, Friedrich L regelt die
Grundzinsverhältnisse der Wetzlarer Hofstatten: quivis (civium) de area sua annuatim 4 d.
domino, a quo tenet, pro censu persolvat . . post mortem vero ipsorum tilii vel proximi
heredes eorum, vel ad quos forte transferre voluerint, 12 d. ad manus persolvant . . . si vero
quispiam vivens aream suam vendere voluerit, emptor eodem iure, quo et heres, potiatur.
MR. ÜB. 3, 1470, 1258: Güter zu Kestert, gehörig Guda, Witwe des Konrad Beyer von
Boppard: et hec simt nomina heredum censualium dictonim bononim, qui dictum censiun
de bonis subscriptis hereditario iure singulis annis in festo beati Maitini solvere tenentur . .
[et pohsessore] defimcto ab . . successore eiusdem bona . . cum iure, quod dicitur viu-
hure, recipere tenentiu": Albero et Demudis etc.
— 927 — Umwälzung d. Wirtschafte Verfassung.]
Erbpacht, und die volle Nutzungsfreiheit nach gemeinem Rechte ohne die ge-
ringste Spur ursprünglicher Grundhörigkeit ist erreicht. Es begreift sich, dafs
man diesen Übergang wohl zu schätzen wufste. In den vielen Urkunden über
Erbzinsverhältnisse, welche die Andemacher Schreinsrolle für die Zeit von
etwa 1220 bis 1250 aufweist, wird es wiederholt besonders betont, dafs die
Verleihung absque vürhure oder sine precio, quod dicitur vorhure erfolge*;
in den ältesten Ül)ergangsurkunden aus der Mitte des 12. Jhs. wie noch in
der letzten Zeit des Mittelalters wird die Veränderung gleichmä&ig als Be-
freiung aufgefafst^; ja die Berechtigung zu ihrer Forderung wird bestimmten
Inhabern grundhöriger Güter wohl gar als Privilegium verliehen^. Die Fälle
aber, in denen dieser Fortschritt noch heute festgestellt werden kann, sind
trotz der für diese Dinge ungünstigen Überlieferung zahlreich genug, um über
die weite Verbreitung dos Vorgangs keinen Zweifel übrig zu lassen*.
') ♦Andernach. Schreinsr. No. 40, G. 2, 1451, c. 1220; 56, G. 3, 202, 1241; 57, G. 3,
203, c. 1250. S. auch Bd. 2, 610.
*) S. Ann. Rod., Ernst S. 61, 1147: emit abbas mansum censuale ab Udelrico quodam,
qui habitavit Colonie, tali videlicet convcntione, ut reddito inde solo censu liber sit ab omni
exactione; nam prepositus Bruno tali iure assignavit eum huic ecclesie. (mansus iste proprius
est ecclesie sancti Gereonis Colonie) et est situs inter Mercstein et Strevelo ad dexteram eius
>ie, quc de Mercstein ducit Strevelo; et solvit 4 s. preter 2 d. Coloniensis monete. ad hunc
mansum pertinent curtes due, que apud Mercstein simt site, quarum altera 12 d. et altera
solvit 16 (Rodensi) ecclesie. MR. ÜB. 1, 659, c. 1169: ccnsus 3 s. et mir. avene, quem
censum solebant firatres [Himmerodenses] singulis annis Theoderico (de Broch) dare pro manso
Bovonis, ut liberum eum tenerent ab omni iure advocati^ et placitationis et omnimoda
exactione. ♦USMax. 1484, Bl. 18 »: de quadum curia libertata in Munsterappel perpetuo
censu 14 s.
^) CRM. 2, 262, 1274: Rudolphus . . dilecto üdeli suo officiato seu sculteto Bupar-
diensi . . üdelium nostrorum Bupardiensium civium supplicationibus liberaliter inclinati
eisdem . . duximus concedendum, quod nuUus suorum concivium habens extra civitatem
eandem dominum sive dominos, cui seu quibus in censu annuo teneatur, ab ipsis dominis ad
quodcunque servitium aliud, quam ad censum debitum exsolvendum compelli de cetero
debeat aut artari, üdelitati tue districte precipiendo mandantes, ne quempiam civium pre-
dictorum permittas ab huiusmodi dominis preter censum eundem, ad cuius solutionem de iure
tenetur, alicuius exactionis seu molestationis impositione gravari.
*) Man vgl. aufser Lac. ÜB. 1, 365, 1149; 2, 33, 1210; ♦Abschr. Koblenz St. A. 1218
(Goerz MR. Reg. 2, 1355, dazu 1368 und 1436); Cod. Salm. 118, 1307; Arch. Clervaux 110,
1320, beispielsweise Ennen, Qu. 2, 3, 2, 1200 : Propst und Konvent von SKunibert übertragen
an das Kloster Weiher das bonum Nantwardish&ve [Kobbenhof bei Mettmann] unter dem Be-
ding, dafs der Konvent des Klosters Weiher an SKunibert V/i s. zahle, aufserdem 1 mir.
Hafer und 2 Hühner; sicque ab omni iure, quod vulgo dicitur dincsüche et cormede, ab
omni quoque onere, quod de huiusmodi bonis emergere solet, liber permanens iamdictum
bonum perpetua pace possideat Hennes ÜB. 1, 313, 1288, SMatheis-Trier verzichtet auf
seine Rechte an den vom Custos Heinrich von Karden an das Koblenzer Deutschordenshaus
verkauften Gütern zu Polch, doch nicht auf den Zins: effestucantes super quodam iure, quod
nobis in dictis bonis competebat, quod vulgariter dicitur nidirval, et super alio iure, quod
dicitur zu ringe unde zu dinge, salvis tamen censibus, qui nobis in dictis bonis competebant
ab antiquo et adhuc competunt ac imperpetuum iure hereditario nobis cedere tenentur. Cod.
(Wirtschaft d. Grofsgrundbeü,
Aber ziemlich früh ging man noch weiter: iiian kaiii zur ÄlJlSsuug"
jeder Ziiispfiicht imd damit zur völligen Allodiftzieiiing gnmdhöriser Güter.
Dabei bleibt es sich wohl gleichgültig, ob in den Allodifikationsurkunden nebst
der Ablösung der Zinspflicht zugleich die Ablösung der Diugpflicht betont ist;
ohne Zweifel kam Dingpfliclit ohne Zinsptiicht nur äuTserst selten, vermutlich
nie vor. Übrigens fehlt eine besondere Erwähnung über die Ablösung der
Dingpflicht nur In den ältesten noch der ersten Hälfte des 13. Jlis. angehörenden
Urkunden ' ; seit den sechziger Jahren dieses Jhs. Ist sie stets ausdrltcklich
vorhanden*.
Mihi versteht es ohne weiteres, wie die soeben geschilderte Entwicklung,
hau. 112, 1291^: zvei Weiuberge in Leutlcsdorf peitinent ad certiuu allodiiun curtis . .
abbatisso et conventus eeclesie HerMirdcnsis Site in Ludcnstorf, et sunt certa hereditaa res
et possessio . . monnsterii Laceusis . ., de guibua etiani vineis dicti domini t^ncntur sin^Iis
«nnie ia petpetuum dare et awigniire onuni d. officukto uurlis predicti in teeto beati Martini,
et ex boc aepedicti domini ab omm iure, qaod hoverecbt vulgariter sppellatur, enmt penitna
absolut); nee astricti sunt nee enmt nee tenebuntur ullo pladto, quod in dicta mite unqnam
teneri conügerit, interease. Hennes ÜB. 1, 383, 1310: noa Luthenu nobilia dominus in
GrensKobe . . cupimus fore notam, quod cum commendator et fratres domus Teutonice in
Confluenda emiggent prUuiii ailum in der Hurilbag erga Henricnin dictum Vlege M eins
uxorem legitimam, quod ad nostnun cnitim vet curiam in Gnmdishusin dicebatur pertinere, unde
predictia commendatori et fratribuB talem concedimua libertatem, ridelicet quod dictum pratum
Bit liberum exemptum et solntum penituB a curti vet curia noBtra predicta, ita videlicet quod
predicti commendator et &atrea pratum aupradictum a nobis et a noBtris heredibuB teneant
hereditarie imperpetuum annuatim pro duobus d. Hennes ÜB. 1, S89, 1313: nos Lutberns
dominus de laenburcb presentibus recognoscimuB, quod cum Henricua dictua Vlige vendidisset
ac tradidiaset viriB religicais . . commendatori et &atribus domus Tbeutonice in Conflnentia tanquam
allodium quoddam pratum dictum in der Hurlbacb, tandem compertum exstitit, dictum pnlnm
non fore allodium, sed ad curtem nostnun Gninzbusen pertinere, et sie in hoc dictoB religiosos
fore circmnventos. verum cum ipaoa religiosos prosequamur favore et gratia speclali, eis in
boc deferre volentes ipsis recipientibne idem pratum necDon aliud pratum predicto prato
adiaceos Beu continuum, quod iidem religiös! comparaverunt seu permutavemnt cw» lacobo
dicto Bappe, coDceasimus et concedimus pro tribus d. videlicet duobus d. de primo prato et de pnto
lacobi uuo d. monete ibidem currentis nomine annui census nobis solvendis singulis annis in feste
beati Martini hiemalis de pratis predictis absolvenlcs eosdem in hiis scriptis liberaliter et
omnino ab omnibus honeribua dicte curtiB, et ut ad alia iura dict« curtis seu placita preterquam
ad dictum censum miuime teneantur.
') S. MR. ÜB. 3, 504, 1234, ein Zins von 48 d. cmd Vi mir. frumenti zu Mersch ab-
gelöst mit 14 Ib. Treverenses; plus utilitatis percepimus ex 14 Ib. simul persolutis [es wurde
Land dafUr gekauft], quam ex ccnsibus dictis singulis annia solvendis fiiissemus habituri.
'Andernach. Schreinsr. No. 82, G. 760, um 1250?: B. relicta domini Th. N. dedit fratribus
ordinis predicatorum in Confluentia pro redimenda area sua. que censualis eat, mr. censuum
in perpetuum et 2 d. et 2 pullos.
«) Vg!. bauptsächlich Lac. ÜB. 2, 569, 1266, Urkunde des Ritters Goswin von Alfter
und seiner Frau: nos annuam pensionem Septem a. solvendam in festo beati Martini et iura,
que vulgariter vocantur ce rinc et dinc, curmedam, gewerfet quelibet alia iura, que fratr«s
domus hospitalis aancti lobannis baptiste lerosolimitani nobis solvere et prestare consueverant
in curtim noetram in EIntinnicb de uno beneficio sito in Ousdorp, quod lein vocatur, cum
suis attinenttis ubicunque sitis, ipais fratribus vendidimus et iura ipaa eis plenarie
— 929 — Umwälzung d. Wirtschaftsverfassung.]
wie sie vor der Mitte des 12. Jhs. begann und schon ein Jahrhundert später
in einzelnen Fällen bis zur vollen Allodifikation grundhöriger Güter geführt
hat, notwendig zur Klärung der Verhältnisse auch bei den dauernd in grund-
hörigem Nexus verharrenden Gütern führen mul'ste. Eine Reformation der
grundhörigen Pflichten gemäfs den veränderten wirtschaftlichen Zuständen war
während der Stauferzeit in Deutschland wohl nur sehr sporadisch versucht
worden, während das Betreten dieses Weges im benachbarten Frankreich
schon im 12. Jh. zu der glänzenden Entfaltung der Loi de Beaumont geführt
hatte: jetzt nun, im späteren Mittelalter, wies auch in unseren Gegenden die
auf dem Wege der Auflösung zu freier Erbpacht vollzogene systematische
Scheidung der einzelnen Rechtsgrundlagen innerhalb des grundhörigen Nexus
darauf hin, eine Klärung der altfränkischen, längst verrotteten Grundhörig-
keitspflichten vorzunehmen. In welcher Weise diese Klärung erfolgte, mag
eine dem WBarweiler entnommene Schilderung des *USMax. Bl. 8P vom
J. 1484 erweisen. Hier erzählt der SMaximiner Kellner: habemus (in Bar-
weiler) 54 feodalia, teutonice secundum iudicium scabinorum ibidem lehen-
guder. et prostat nobis unumquodque 4V2 hl., unum pullum et Vi2 sum.
avene, facit simul 20*/2 alb. 54 pullos et 10^/2 mir. avene. et tenentur pre-
dicta solvere in die sancti Martini sub pena ad dictum scabinoiiim. item
unusquisque lemnan vel mulier, qui fuerint possessores prescriptorum lehen,
quando moriuntur, tunc tenentui* unum ins capitale de unoquoque lehen,
quotquot possederint, sive fuerit vir vel vidua mulier. item sal man das
pro 20 mr. Coloniensium d. nobis nunieratis et plenarie persolutis; et hec acta sunt in curte
nostra predicta coram hominibus ipsius curtis, qui vulgariter higen vocantur. Lac. ÜB. 2,
619, 1271: Graf Dietrich von Kleve remittimus et conferimus capitulo Coloniensi omne ius,
quod habuimus et habemus in 30 iumalibus et area sitis apud Morendorp, ita qnod merum
sint aUodium ipsius capituli nee aliquis de cetero incola nostrum iudicium, quod gedinge [1. ze
dinge] et ringe dicitur, adire et requirere teneatur. Lac ÜB. 2, 661, 1274, Urkunde Dietrichs
von Hackenbroich : cum viri religiosi abbas et conventus monasterii Campensis iam dudum
tenuerint a nobis ad quatuor manus et quatuor ciumedas quedam bona ad curtem nostram
de Rode pertinentia, de quibus annuatim pensionem 20 s. Coloniensis monete et 16 pullorum
solvere consuevenmt, nos proprietatem et dominium eonmdem bonorum cum curmedis pen-
sionibus et omnibus iuribus ad eadem bona perünentibus . . . per contractum venditionis
transtuümus in eosdem abbatem et conventum datis nobis pro eodem contractu 86 mr.
Angliensium d. . . ., et quia ab hoc die inantea eonmdem bonorum proprietas et dominium
est et erit ipsonun abbatis et conventus ratione ipsorum bonorum, ad nullum iudiciale forum
hiemannoruni aut hominum nostrorum in Rode ipsi vel fratres eorum deinceps erunt aliqua-
tenus obligati. Goerz Reg. der £j*zb. 1305 Febr. 8: Erzbischof Diether verleiht dem Trierer
Katharinenkloster die Weideberechtigung zu Moierschet, Revem, Waltrach usw. und befreit
es von den Gedingen daselbst C. dipl. Rommersdorf. 48, 1829: eine area gehört zum Hof
in Solms; dictam vero aream absolvimus ab omni onere seu iure« quibus in curia nostra de
Solmisse fuerat obligata vel ligata, proclamantes ipsam in hiis scriptis de cetero liberam,
solutam, propriani, nee ad dictam curiam amplius pertinere. insuper etiam de gratia speciali
tres ob. debitales annis singulis remittimus, quos dicta area in curiam preBettam solvere tene-
batur. Hier geht die zuerst betonte Freiheit sicher auf die Dingpflicht Aus späterer Zeit
vgl. vornehmlich Arch. Clervaux No. 198, 1836; 314, 1858; CRM. 8, 520, 1370.
[Wirtsdiaft d. Grofsgrundbes. — 930 —
also vi^rstaen, also inaniche leben als einer besitzte, es sie man ader fraue^
wanne sie sterbent, suUent sie alsdan ocb also manicbe bestehaufter ader
kummet schuldich sin dem apt zu sent Maximin zu geben und sime scholtis zu
Barwiler hantrechen, das beste nach eime, nach erkentenis der scheffen. item
ein iclicher lehenman ader fraue sal imd ist schuldich sin leben zu entphaen,
also vil er der hait un ime zostßnt, van eins vorg. apts scholtissen ader
amptman zu Barwiler, wanne er das kurmoit ader bestehauft bezalt und da-
van ist er auch schuldich dem voigt un den scheffen zusamen ein vertel wins
nach erkentenis der scheffen. item si aliquis prescriptorum feodalium seu
mansionariorum recederet et dimitteret suum lehenguit incultum, sie quod non
solverentur census de eisdem bonis domino abbati, timc erunt eadem bona
in manu abbatis, donee singulos census solvat secuudum iudicium scabinorum;
et potest scidtetus domini abbatis de eisdem bonis disponere ad utilitateni ab-
batis, donec solvantur census. Diese Schilderung, welcher eine Reihe inhalt-
lich verwandter Aufzeichnungen zur Seite tritt ^, zeigt, wie die Hauptmomente
der Grundhörigkeit nunmehr infolge der bald mehr bald minder radikalen
Abschwenkung so vieler grundhörigen Landnutzungen zur Erbpacht klar er-
kannt wurden, und wie man nun auf diese Erkenntnis hin in die venotteten
Verhältnisse der alten Grundhörigkeit reformatorisch eingriff; es sind genau
die beim Übergang zur Erbpacht hervortretenden Momente: Zinspflicht in
einem Abgabenkomplex Kurmede und Empfängnis, sowie Gerichtspflicht: auf
welche hier eine einfachere und zugleich würdigere Grundhörigkeit begillndet
ei-scheint.
Aber die Hauptwirkung, welche dem Auflösungsprozefs der alten Grund-
hörigkeit während der Stauferzeit zugeschrieben werden mufs, ist doch keines-
wegs in einer immerhin vereinzelt bleibenden Neuordnung giimdhöriger Ver-
hältnisse im späteren Mittelalter zu suchen ; sie geht ^^elmehr auf die Ausbildung
freier Landnutzungsformen seit eben auch der Stauferzeit. Hatte die Pi-ekarei
und das Zinslehen auf diese Ausbildung nur geringen, das Dienstlehen nm*
') S. oben S. 924 Note 3.
') S. schon Cod. Salm. S. 37 Note I, 1276: curiaiu de Hunoldesteine cum omnibus
appenditiis, videlicet cum hominibus in curia morantibus et eonim lieredibus, et cum quatuor
aghtis et duos homines nostros cum bonis liberis eorum, quc a nobis tenent Vgl. femer
Bd. 3, 140, 23, 1325; W. des Hofes Merchem bei Esch 1518, G. 2, 584: weist der geschworen
zwölf kürmudiger lehen, und gibt jedes lehen des jars dem lehenherm 7 alb. , ein half
hundert eier imd ein hoen ; und so dick der empfengliche man stirbt, den herren ein kurmuth,
nemblich den geschlitten fuiß, die best nach dem ersten bis zu dem dreistemplichen stoil zu,
so kein quick vorhanden. Sicher in diesen Zusammenhang gehören auch die Bd. 2, 231 f.
verzeichneten Steinfelder Erben, sowie vermutlich auch Lehen, welche *Scheckman am
Schlüsse seines Lehnsspiegels mit folgenden Worten schildert: sunt preterea compluria alia
feoda, quorum homines seu fideles dumtaxat homagium, non literas prestant: qui signaturam
aliam habent; atque item homines fideles, qui feoda gestaut quinlibrata vulgariter funfpimdich
lehen et feoda dicta canina vulgariter hontslehen, conmiorantes sub districtu cellerari^ de
Valle, at(|ue feoda ibidem sita: de quibus non hie sed alibi disseritui*. JS. auch Bd. 3 Wortr.
u. d. WW. feodalis, feodati, feodum, lehen ; sowie Landau Territ. S. 12.
— 931 — Umwäbsong d. Wirtschaftsverüassuug.]
materiell eng begrenzten Einflufs, so ist es die Auflösung der grundhörigen
Nutzungen gewesen, welcher teilweis die Fomi und ganz überwiegend das in-
haltliche Substrat für die seit der Stauferzeit immer massenhafter auftretenden
Pachten verdankt ward*.
Freilich fehlte es nebenher nicht an Gelegenheit, auch auf andere Weise
freie Pachtfonnen zur Ausbildung zu bringen. Schon die Entwicklung neuer
Wirtschaftsformen in den Städten des 12. Jhs., der hier besonders rasch unter
Benutzung alter Leihearten vollzogene Übergang zu mobileren Formen lang-
fristigen Kredites ^, die Einwirkung dieses Umschwunges wie der geld^ilschaft-
lichen Revolution überhaupt, mufsten auch auf dem platten Lande wenigstens
seit Mitte des 13. Jhs. die Aufnahme freierer Landnutzungsformen begünstigen*.
Dazu fehlte es nicht an eigenständigen Entwicklungen des platten Landes
selbst, welche zu völlig freier Pacht hindrängten. Es gab auf dem Lande
Nutzungswerte, welche sich ihrer Natur nach nicht in einen grundhörigen
Nexus bringen liefsen, und es gab weiterhin schon grundhörig gefalste
Nutzungen, auf deren weitere Verleihung man bei dem Verfall der Fronhofs-
verfassung Wert zu legen begann. Beide Allen von Nutzungen mufsten ganz
notwendig zur freien Pacht führen. Um mit der letzten Kategorie zu be-
«rinnen, so war es selbstverständlich, dafs Meierämter, wenn überhaupt ver-
pachtet, so frei verpachtet werden mufsten *. Dasselbe gilt von allen anderen
selbständigen gnmdhenlichen Verwaltungen, Mühlen*, Fischereien* u. s. w.
') Natürlich dauern neben den Pachten doch auch die alten Leihformen des Lehens
noch immer, wenn auch auf wirtschaftlichem Gebiete sehr abgeschwächt fort; vgl. MR. ÜB.
3, 341, 1228: Heinrich VII. vererblehnt in rectum feudum ein Haus in Boppard an Dietrich
auri£Ea>er de Colonia. S. femer Bd. 3, No. 113, 1325; *Bald. Kesselst S.375, 1348, gewöhn-
liches Feudum Wilhelmi Blasen : bona in Guntravia videlicet vineas ad vitam suam et matris
sue. *Bald. Kesselst S. 427, 1349: ich Henrich von Clotten burgreve zu Cochem be-
kennen . . , daz . . her Baldewin ei*zbischof zu Triere mir von sinen gnaden gelüwen hat zft
rechtem manlehen sine hovestad und h(is gelegen in der stad zft Cochem . . mir und mineu
rechten lehenserben na mir ewiglichen zä besitzen zft bruchene . .; und sullen daniber ich
und mine vorgen. erben unseren vorgen. herren . . alleijerliches eine mark penninge Cochemer
weninge, als da zft ziden genge und gebe ist, ewelicher und ertlicher zinse davon geben und
bezalen aUe jar uf sente Mertins dag in dem winther. Weiter s. Bd. 8 No. 221, 1898;
No. 255, 1473; schliefslich *Scheckman Spec feud. C2: in Mamer hat Jemand zu Lehen
mansum terre arabilis, octo etiam advocatias tam in domibus quam areolis, in quibus etiam
villicationem iudiciumque tonet feuditarius et paenas seu mulctas curtales seu areales non
criminales levat . . . item potest pecora sua et greges suos seorsum a communitate de M.
ducere ad pasaia.
«) S. Bd. 2, 608 ff.
») Doch 8. oben S. 900 Note 2.
*) S. oben S. 890 Note 1.
*) Zur Verzinsimg bzw. Verpachtung von Mühlen vgl. MR. ÜB. 1, 424, 1112; Ennen,
yu. 1, 547, 71, 1158: Ann. d. bist Ver. f. d. Niederrh. 28, 265, 1162; Cart Orval. 78, 1178;
MR. ÜB. 2, 49*, 1181; 90, 1187; 2, 215, 1203; 274,1211; 8,28, 1214; 71, 1217; 461,1282; 847,
1246; 931, 1248; 1059, 1250; 1092, 1251; 1127, 1251; 1809, 1255.
«) S. z. B. MR. ÜB. 3, 296, 1226.
[Wirtschaft d. Grofsgrundbes. — 932 —
Aus der ersten Kategorie aber seien hier nur zwei späterhin weitverbreitete
Pachtobjekte genannt, die Zehnte und die markgenössischen Allmendelände-
reien. Auf beide war natürlich eine gebundene Nutzungsform nicht anwend-
bar; weder der Zehntherr noch die Markgenossenschaft konnte als soldie
GrundheiT oder eine dem ähnliche Macht sein.
Von beiden Entwicklungen, der Zehntpacht und der Allmendepacht,
bietet aber besonders wieder die Zehntpacht ein weiteres Interesse, das hier
um so mehr zur Geltung gebracht werden darf, als seine Erörterung zugleich
zu der bald aufzuwerfenden Frage nach dem Synchronismus der Erb-, Vital-
und Zeitpacht hinüberleitet ^
Schon in der Form vollen Lehns wird die Zehntleihe bezeichnend genug
durchaus wirtschaftlich gefafst; Lac. ÜB. 1, 130, 202 erwähnt zum J. 1064
eine decimatio in Zülpicli, qug in beneficio fuerat Sicconis comitis pro 10 libris.
Bei einer solchen Auffassung schon im 11. Jh. könnte man einen baldigen Über-
gang zur Zeitpacht schon wegen der aufserordentlich schwankenden Höhe der
Zehnterträge wohl erwarten. Indes er tritt nach Ausweis der vorliegenden
schriftlichen Überlieferung doch im 12. Jh. noch nicht ein. Vielmehr ergeben
die Urkunden in diesem Jh. nur eine Bewegung auf Vererbpachtung der Zehnte
an die Zehntpflichtigen, also einen Vorgang, der mit einer blofsen Fixierung der
Zehnterträge vielfach identisch ist 2. Bei steigender Grundrente und nament-
lich bei wachsendem Ausbau lag diese Bewegung vor allem im Interesse der
Zehntpflichtigen; ei-st spät, in den siebenziger Jahren des 12. Jhs., bringen
die Zehntherren an ihr die KoiTektm* an, dafs der Pachtzins proportional
dem vermehrten Bauland wachsen solle®. Allein nachdem die Vererbpachtung
1) Zur Allmendepacht vgl. oben S. 124 iind 294, specieU S. 294 Note 8; ferner MR
ÜB. 2, 174, 1198, cit oben S. 422 im Text; ÄIR. ÜB. 3, 734, c. 1240, cit. oben S. 279
Note 1; Guden, CD. 2, 958, 1274, cit. oben S. 279 im Text; Hennes ÜB. 1, 237, 1274:
scultetus milites scabini ac universitas opidi Confliientini unanimi consensu viris religiosis . . .
commendatori et fratribus domus sancte Marie Theutonicorum in Confluentia nemiis agros et
vineas dictas Nuelende sitas iiixta Leie sub semita, que dicitur Crainpat, usque ad viam, <iue
dicitur Vipat, pro annuo censu videlicet 12 d. Coloniensium, et vineam sitam in monte iuxta
Capellin sub vineis heredum Reimboldi militis de Sterrinberch pro tribus d. dicte monete
iure hereditario concessimus perpetuo possidendas. Fem er vgl. noch CRM. 3, 24, 1805, cit.
oben S. 888 im Text; und Bd. 3, 286^, 1471. — Zur Zehntverpachtung vgl. Lac. ÜB. 1,
130, 202, 1064; MR. ÜB. 1, 455, 1126; 573, 1153; MR. ÜB. 1, 614, 1158; 630, 1161; 2,
22*, 1174; 86*, 1179; 37*, 1169-79; 42*, 43*, 1181; 179, 1199; 3, 249, 1225; 590, 1237;
1114, 1251; 1219, 1253; 1249, 1254; 1304, 1255. Ein Prozess, wo ein Privatmann einem
andern den Zehnten verpachtet hat, bei Loersch, Ingelh. Oberhof No. 380, S. 444.
') Vgl. MR. ÜB. 1, 455, 1126, ürkimde Richwins: R. scolasticus [des Dondcapitels]
michi et Adelheidi uxori mee et proli nostre in ? temum hereditario iiu"? possidendimi [pratum
in Roser (Röser bei Esch a. d. Alzig) tradidit] . . . eodem pacto suis et meis successoribus
firmiter in perpetuum observando ea conditione concessit, ut quotannis in natali domini in
festo sancti Stephani 2 s. in censum et 3 d. pro feni decinia persolvamus. S. femer MR. ÜB.
1, 573, 1153; 604, 1157; 612, 1158; 630, 1161. S. auch oben S. 616.
^) MR. ÜB. 2, 22*, 1174; 87*, 1169—79; 86*, 1179: si autem processu temporis
possessio fratrum in predicta parrochia augmentatur, et pactum decimaiiun secundum con-
siderationem mtionis augeatur. Vgl. auch noch MR. üB. 2, 42*, 48*, 1181.
— 933 — Umwälzung d. Wirtschaftsverfassung.]
der Zehntleistuiigen bis gegen Schlufs des Jhs. lebhaft betrieben worden war^,
sahen die Zehntherren doch, soweit der direkte urkundliche Nachweis reicht,
ihren Vorteil vielmehr in der Zeitverpachtung; und so beginnt denn nun-
mehr vom Anfang des 13. Jhs. ab ^ eine Folge von Zeitpachtverträgen, welche
schliefslich in die Aufstellung förmlicher Pachtordnimgen gegen Schlufs des
Mittelalters ausläuft^. Das System wird schon im Beginn dieser neuen Epoche
in den Iura prepositi sancti Castorfs Confluentini um 1200 klassisch geschildert:
solet fieri, ut (decimae sancti Castorfs) certa sub pensione apud aliquos pro-
batg fidei viros quandoque locantur, quam pactum usualiter vocamus, pacta-
rium vero eum, qui ceilam siunmam certo tempore de commisso se redditurum
paciscitur. quotienscumque autem hoc fieri oportet, talis servandus est ordo,
ut prfmo pactarfus a fratrfbus, cui credere secure possint, queratur, et ab
eisdem summa pacti iuxta estimationem competentem denominetur, deindo
a manu prepositi hpc pactio illi confirmetur, si is ad tempus vitp
ipsius prepositi stabiliendus est, sicut de quibusdum tantum decimis usus
habet antiquitatis. ubi vero annualis fit mutatio vel paucorum annorum certus
statuitur terminus, ibi respectus ad prelatum non habetur, set fratres tantum
ad hoc perficiendiun sufficere debent*.
Man sieht: nach imseren Quellen entwickelt sich in der Geschichte der
Zehntpacht, trotz voll vorhandener Möglichkeit, die Zeitpacht doch nicht in
ältester Zeit ; ihr geht eine Epoche der Erlipacht voran ; erst mit dem Beginn
des 13. Jhs. zeigt sich das System der Vital- und Zeitpacht quellen mäfs ig
belegt, aber auch sofort in jeder Beziehung fertig ausgebildet.
Ist nun dieser Entwicklungsgang, wie ihn eine strfkte Interpretation der
vorliegenden Quellenkomplexe ergiebt, in Wirklichkeit denkbar? Wird die
erste urkimdliche Angabe über eine neue Landnutzungsform so ausführlich
lauten, so reiche Erfahrung atmen, wie oben die Notiz über die Zehntver-
pachtung von SCastor?
Es wäre ein(* Ausnahme, für deren Glaubhaftigkeit besondere Beweis-
') MR ÜB. 2, 65, 1184, Papst Lucius III. für Himmerode betreffs der vielen Zehnten-
konvertierungen : decimales censuum pactiones a Trevirorum archiepiscopis Alberone Hillino
Amoldo vobis rationabiliter confirmatas archidiaconorum et pastorum, qui tunc temporis
illis ecclesiis prefuerunt, communi et voluntario assensu sicut canonice facte sunt, ratas
habemns.
^) Eine etwas freiere Regung schon MR. ÜB. 1, 614, c 1158, Zehnt, bisher in bene-
ficium, nun an die Lehnberechtigten zu Vitalpacht gegeben (concessa possidenda, dum
advixerint) pacto huius conventionis : singulis annis 5 garbas et 3 vini sext pro iuris sui
comprobatione . . solvent Das ist aber doch mehr ein Rekognitionszins, als eine Pachtsumme.
») S. Bd. 3 No. 306 und 307.
*) MR. ÜB. 2, 359—360; vgl. auch a. a. 0. 3, 249, 1225, sowie oben S. 614 Note 4.
Aus späterer Zeit s. z. B. *üSMax. 1484, Bl. 82», WBarweiler: in Barwiler habemus duas
partes decimarum, que secundum sub et supra solent locari pro 40 mir. plus vel minus,
tertia pars siliginis et duc partes avene. item in Wisemscheit et Budler habemus etiam
duas partes decimanim, que etiam secundum sub et supra solent locari pro 40 mir. plus vel
minus. S. ferner *USMax. 1484 Bl. 52», WOsperen; sowie Bd. 2, 225 l.
[Wirtschaft d. Grofsgnindbes. — 934 —
mittel zur Verfügung stehen mtifsten. Solche Beweismittel fehlen aber;
ja ganz im Gegenteil giebt es eine Reihe von Symptomen, welche auf eine
schon viel frühere Existenz der Zeitpacht hinweisen. Die Zehnterbpacht stirbt
nach urkundlichem Zeugnis schon vor der Mitte des 13. Jhs. aus\ femer werden in
den ersten zwanzig Jahren des 13. Jhs. zahlreiche Zehnterbpachtungen durch Ab-
kauf aufeelöst*; endlich beginnt seit etwa 1240 eine Bewegung zur Zehntver-
koppelung*, deren Durchführung jede Er])pacht ausschlie&en mufste. So kann
man mit Sicherheit behaupten, dafs Zehnterbpacht spätestens seit der Mitte des
13. Jhs. selten geworden sein muls, dafe also Zeitpacht in umfassender Weise an
ihre Stelle getreten sein wird. Aber finden wir diesen Vorgang quellenmäfeig
belegt? Keineswegs. Nur nebenher in zufälligen Erwähnungen oder in konsti-
tutiven Ordnungen ist von Zeitpacht am Zehnt die Rede *. Kurz, da« Quellen-
1) S. noch MR. ÜB. 2, 250, 1209; 263, 1210; Goerz MR. Reg. 2, 1924, 1229; auch
oben S. 616 Note 4.
*) MR. ÜB. 2, 263, 1210: decanus Monasteriensis G., cum decimam quandam in villa
Nuenheim ecclesie Monasteriensi attinentem a laicis quibusdam quasi hereditarie sub certa
tarnen pensione detentam propria pecunia sua non sine gravi et multa difficultate apotestate
et manu laicali liberasset . . Picks Monatsschr. 3, 265, 1217: Vergleich zwischen Gerresheini
und Ritter Ludwig von Linz beti*. die Pacht des Linzer Korn- und Weinzehnten. Miles
pretaxatus . . recognoscit, . . se nihil iuris in aliqua decima vini in Linse habere, sed
universam, que et fiiit et est et fiitura erit, integraliter conventui cedere del>ere. recognoscit
et idem miles in decima annone, de qua 26 mir. tritici annuatim sepedicto conventui solvit
et solvet quoad vixerit, . . nuUum heredem suonmi id iuris post eins obitum habiturum,
coram omnibus insuper professus, quod, quando tempore statuto et more debito pensionem
hanc, prout teneretur, non persolveret, se ipsum per hoc eins procuratione privaret MR. ÜB.
3, 92, 1218, Vergleich zwischen Himmerode und dem Pfarrer zu Mettemich wegen des
Mettemicher Zehnten: dicentibus hoc et cum sacramento protestantibus scabinis synodalibus
et nisticis omnibus, qui hec diligentius et discretius examinaverunt, quod ista recompensatio
pro parte plebaiii potior esset, quam proventus decimanim. quia vero ista commutatio beno
et rationabiliter ordinata est et de assensu meo et approbatione multorum bonorum vironim
tam militum quam scabinonmi synodalium et nisticorum totius ville de Mettricha processit
ad efFectum . . . Quix Cod. Aqu. 2, 132, 1222: cum Tirieus Dimrestein de Sintzge decimas
seu alia bona (ecclesie Aquensis) . . dinoscitm* in perpetuum pactimi \indicare, tandem
en'orem suum recognoscens . . omni actioni, quam sibi [de] dicto pacto competere dicebat.
(renuntiavit). Vgl. dazu die grofse Urkunde bei Quix 1, 104, 1227.
3) S. oben S. 883.
♦) Bd. 3, 10, 82, 1235; MR. ÜB. 3, 697, 1241/42: der Grat' von Vimeburg hat die
Komtransporte des Stiftes Karden geschädigt. Eine Kommission wird eingesetzt investigatiui
a pactariis nostris in quibuscunque locis conunorantibus , prestito etiam ab eisdem pactariis
corporali iuramento de veritate dicenda, omni cavillatione et dolo excluso, quantum comes
sive eius nuntii ab eisdem receperint de ablatis. quecunque vero dicti pactarii sub iura-
mento ab eis prestito confessi iuerint, comitem vel suos nimtios nobis abstulisse, hec dicte
quatuor persone L. E. G. et S. in quatuor sacris diebus pasche convenientes dictis quatuor
üdeiussoribus comitis intimabunt. Arch. Clervaux 36, 1286: Johann Herr von Weiler zum
Thurm schenkt jemand 15 mir. vom Zehnten zu Bitburg unter dem Versprechen, quod
quandocumque dictam decimam nos aut nostros nuntios locare contigerit, quod pensionarios
ipsius decime singulis annis dictis coniugibus ac in posterum eorum heredibus respondere
— 935 — Umwälzung d. Wirtschaftsverfassung.]
Verhältnis ist dasselbe, wie für den Schlufs des 12. Jhs. — und doch besteht
die Zeitpacht.
Die Erklärung dieser Erscheinung ergiebt sich ohne weiteres aus dem
Chaiakter unserer urkimdlichen Überlieferung. Überliefert ist uns aus dem
gesamten Aktenmaterial des fillheren Mittelalters systematisch nur das, was
für die spätere Generation noch Aufbewahrungswert besafs, nicht aber das
Aktemuaterial für zeitlich eng begrenzte Interessen: es fehlen uns also, um
den teclmischeu Ausdruck des Mittelalters anzuwenden, die Temporalien^
Zu den Temporalien gehören aber auch die Zehntzeitpachten.
Natürlich gilt dies Überlieferungsverhältnis nicht blofs für die Zehnt-
zeitpachten, sondern für die Zeitpachten überhaupt. Auch sie sind in der ge-
wöhnlichen Überlieferung so gut wie nicht vertreten: von 168 Pachtkontrakten,
welche der dritte Bd. der Mittelrheinischen Regesten in der gesamten urkund-
liehen Überlieferung der Jahre 1237 — 1273 verzeichnet, betreffen 155 Erb-
pachten, 9 Vitalpachten und nur 4 Zeitpachten.
Aber auch hier läfst sich noch, abgesehen von der Analogie der Zehnt-
zeitpachten, der selbständige Beweis mit Sicherheit erbringen, dafs die Über-
lieferung das wahre Verhältnis von Erbpacht zu Vital- und Zeitpacht auch
nicht entfernt richtig wiedergiebt. Unter gleichzeitiger Einführung schrift-
licher Verzeichnisse für die Akte freiwilliger Gerichtsbarkeit bestimmt Erz-
bischof Philipp von Köln im J. 1173 für Andernach, nulluni allodium dari vel
delegari debei*e vel posse et coram testibus aliis, nisi coram iudice et coraiu
scabinis^: jede Übertragung und Erbpacht'* war also zu verzeichnen, die Zeit-
pacht dagegen nicht. Dieser Standpunkt ist auch deijenige der generellen Ur-
kundenkopiare — sie verzeichnen nur Perpetualien, nicht Temporalien ; und eben
sie wie die nach gleichem Grundsatz gebildeten Archive bilden ja den Grund-
stock unserer urkundlichen Überlieferung.
So mufs man denn dieser geschlossenen Masse urkundlicher Tradition
gegenüber das wenige aufsuchen, was ims aus der Zeit vor dem 15. Jh. an
originalen Verwaltungsakten des platten Landes erhalten ist, wenn man zu
einer sicheren Erörterung der Frage nach der Moritat der Erb-, Vital- oder
Zeitpacht gelangen will. Eigentliche Pachtakten, Beständnisbücher u. dgl.
faciemus singiilis annis de quindecim mir. antedictis et cavere idonee de solutione
earumdem.
») S. Bd. 2, 687.
') S. oben S. 631 Kote 1. Anders freilich, scheint es, die Mainzer Richter. Sie
notieren nach MK. ÜB. 2, 49*, 1181 ea, que in nostra presentia vel venditione transfenmtur
vel locatione conduciintiu- seu in enphitheosim, qui contractus inter venditionem et locadonem
medius consistit, rationabiliter conceduntur, precipue inter domos religiosas et loca divino
obsequio mancipata. Doch liegt hier wohl fremde Rechtsanschauung vor.
») Über delcgare vererbpachten s. MB. ÜB. 1, 586, 1145, cit oben S. 899 Note 8;
und unten S. 938, Note 4, S. 944 Note 1. Die Andemacher Schreinsrolle verzeichnet in
der That nur Erbpachten, nicht Zeitpachten.
[Wirtschaft d. Grofsgrundbes.
936
helfen hier nichts, sie gehen nur selten tlber das 15. Jh. hinaus zurück^. So
nehmen wir zunächst eine Quelle genereller Art zu Hilfe, die Trierer erz-
stiftischen Kopiare ^, welche teilweis auch Verwaltungssachen erhalten, und
deren Stoff in Goerz' Regesten der Erzbischöfe repertorisiert ist Hier er-
giebt sich an Pachtkontrakten folgende Höhe:
Absolute Höhe
Prozentuale Höhe
Zeit
Erbpacht
Vitalpacht
Zeitpacht
Insgemein
Erbpacht
Yitalpacht
Zeitpacht
1300—1325
2
^
1
3
66,6
^■^■B
33,3
1326—1350
2
1
2
5
40
20
40
1351 1375
16
6
3
25
64
24
12
1376—1400
25
8
6
39
644
20,5
15,4
1401—1425
12
14
10
36
33,3
39
27,7
1426 1450
2
2
1
5
40
40
20
1451—1475
21
2
6
29
74,4
6,8
18,8
1476—1500
40
1
17
58
69
1,7
29,3
Die prozentuale Höhe der Vital- und Zeitpachten überragt hier ihre aus
sonstigen Quellen bekannte relative Anzahl in dieser Zeit um ein ganz Be-
deutendes ^.
Aber das Glück will es, dafs wir auch noch für das 13. Jh. uns wenigstens
an 6inem Punkte eine Vorstellung vom numerischen Verhältnis der einzelnen
Pachtarten machen können. Für diese Zeit sind nämlich die bisher unbekannten
Pachtverwaltungsakten des Klosters Rupertsberg unten in Bd. 3 Nr. 2 zum
Abdruck gebracht worden. Hier ergeben sich für die Jahre
1) S. z. B. Bd. 2, 698.
2) S. Bd. 2, 682 ff.
') Das kann mit Sicherheit nach dem Gesamteindruck der Überlieferung behauptet
werden. Man vgl. übrigens speziell auch für die älteste Zeit an Zeitpachten MR. ÜB. 1, 613,
c. 1160; ♦Abschr. Miltenberg, jetzt München, 1235, vgl. Goerz IVfR. Reg. 2, 2147; Remling,
Speier. ÜB. 211, 1237 pviünze]; MR. ÜB. 3, 1015, 1249; Westd. Zs. Bd. 2 Korrbl. 219, 1299;
Hennes ÜB. 2, 382, 1308; ♦Dipl. Prumiense Bl. 136», 1325; Bd. 3, 149, 12, 1330; »ÜMünster-
maifeld Hs. Koblenz St. A. CXI^, Bl. 41b, 1335; 42, 1335; Guden. CD. 2, 1087, 1344;
♦ÜMünstermaifeld Bl. 38 b, 1348; Arch. Clervaux 362, 1358: *Dipl. Prumiense Bl. 119 b,
1372 usw. — an Vitalpachte^i MR. ÜB. 1, 449, 1122; *Bald. Kesselst. 1218, Goerz MR. Reg.
2, 1396; MR. ÜB. 3, 173, 1221; 347, 1228; *Chart Trier Stadtbibl. 1242, s. Lager Mettlach
298; Ennen, Qu. 2, 2a5, 232, 1243; •Andernach. Schreinsr. No. 158, G. 750, 1249; ♦Düssel-
dorf St. A. Pant Or. 57, 1260; Guden. CD. 5, 62, 1272; Kremer Ardenn. Geschl. Cod. dipl.
S. 367, 1278; Bd. 3, 76^77, 1278; 78—79, 1279; Bd. 3, No. 88, 1309; *Trad. Rupertsb.
Bl. 42b, 1313; Bd. 3, 121 f., 1321; 125 f., 1321; 228, 1356; »Koblenz St A. MC. IIb,
Bl. 150b und hieraus MC. DI Bl. 229b— 280 S 1376; ♦Arch. Maximin. 5, 1240, 1381 usw.
— 937 — Umwälzung d. Wirtschaftsverfassung.l
1195—1323 I Erbpachten
Vitalpachten i Zeitpachten
Absolut
Prozentual
12
26,6
6
27
13,4
60
Dem stehen in der gemeinen Überlieferung (Goerz, Regesten Bd. 3) gegenüber
1137-1273
Erbpachten
Vitalpachten
Zeitpachten
Absolut
Prozentual
155
__
92,3
9
5,4
4
2,3
Diesen Ziffern ist nichts zuzusetzen; sie zeigen, wie aufserordentlich ungleich
unsere Tradition zur Geschichte der Pachtfonnen ist: in der That werden
Zeitpachten in der gemeinen Überlieferung meist nur zufällig und nebenher
oder in konstitutiven Dokumenten genannt : die schon für die Zehntzeitpachten
l>eol)achtete Erscheinung ist eine allgemeine ^
Wie aber soll man sich nun bei dieser Lage der Tradition das nume-
rische und chronologische Verhältnis der einzelnen Pachtfonnen in ihrer Ent-
stehungszeit, im 12. Jh., denken?
Geben wir von vornherein zu, dafs eine weite Verbreitung dei* Zeit-
pacht in dieser Zeit vorhanden gewesen sein kann, auch wenn sie urkundlich
nicht bezeugt ist, so werden wir unsere Anschauungen im ganzen mehr nach
allgemeinen Erwägungen, als nach dem Stande des Quellenmaterials zu
bilden haben.
Da unterliegt es zunächst keinem Zweifel, dafs das Emporkommen jeder
freieren Nutzungsform, welcher Art sie auch inmier sein mochte, von den
besseren Klassen der ländlichen Bevölkerung mit Freude begrtifst worden sein
wird^. Innerhalb der möglichen Nutzungsformen aber mufsten die Gnmd-
herren bei richtig vei-standenem Interesse die Zeitpacht vorziehen; sie setzte
sie» in andauernden Mitgenufs der rapide steigenden Grundrente, deren sie
') S. noch MR. ÜB. 3, 1015, 1249: de vineis meis in Leidesdorf . ., quas E. militi et
S. dicto H. concessi ad decem annos pro medietate colendas; *USEU8ab. Hosp. Bl. 31^:
de arboribus nucuni domni abbatis, quando nuces locantur . .; *Bald. Kesselst S. 299, 1338:
ouch verpechtet man den win alda umbe siben fuder oder umbo echte, als iz gerächt an dem
jare; WEn)el 1388, cit. oben S. 289. Note 1.
-) S. die Arengen in den Urkk. des Domkapitels MR. ÜB. 1, 455, 1126: exultate iusti
in domino, rectos decet collaudatio; MR. ÜB. 1, 481, 1135: gustate et videte, quam suavis
est dominus; beatus vir, qui sperat in eo: cuius rei ego [der Pächter] argumentum sum.
Lampreeht, Deutsches WfaisckafUlebeii. I. 60
(Wiitschaft (1. Grofsgruiidbes. — 938 —
innerhalb des grundhörigen Nexus nahezu verhistig gegangen waren ^. Aber
schon eben dieser UnistÄud inufstc die arbeitenden Klassen, so sehr für
sie wirtschafüiclie Freiheit wünschenswert war, doch dem System der Erbpacht
besonders geneigt machen. Für die Erbpacht sprachen aber aufserdem noch
weitere und durchschlagendere Gründe. Zunächst ein mehr fonnaler: die
alten Nutzungssysteme der Prekarei wie der (irundhörigkeit standen an sich
der Erbpacht näher und lösten sich deshalb in dieselbe leichter auf, als in
Zeitpacht 2. Dann aber auch hervorragend materielle: bei der Zeiti^acht war
es anfangs sehr si*hwer, kapitalkräftige Pächter zu finden und wirksame Vor-
kehrungen für den Heimfall des Pachtgutes nach Ablauf der Pachtfrist zu treflFen ;
diese Schwierigkeiten fielen bei der Erbpacht teilweise oder ganz hinw^.
So mögen sich denn die Gründe für Er])pacht und Zeitpacht — sehen
wir von der zwischen beiden stehenden, weniger stark vertretenen imd daher
für die vorliegende Kontroverse ziemlich indifferenten Vitalpacht ab — so
ziemlich die Wage gehalten halien; und demgemäfs wird anzunehmen sein,
dafs Zeitpacht und Erbpacht schon im 12. Jh. nahezu gleich verbreitet waren,
mag auch die Erbpacht wegen ihrer durch Prekarei und Grundhörigkeit besser
vorbereiteten Entwicklungsbasis etwas früher als die Zeitpacht entstanden sein '.
Wie wurden aber alle drei Systeme der Erb-, Vital- und Zeitpacht nun-
mehr im Laufe des 12. bis 15. Jhs. völlig ausgebildet? Es versteht sich, dafe
wir, weil in der Beantwortung dieser Frage vom vorhandenen Material ab-
hängig, die Hauptlinien der Erörterung hier am l>esten auf die Erbpacht * pro-
jizieren, zumal ihr die Vitalpacht in vielen Bestimmungen sehr nahe steht.
Ist aber die Erbpacht untersucht, so wird es leicht sein, die Unterschiede von
Vital- und Zeitpacht ihr gegenüber hervorzuheben.
Innerhalb des Erbpachtsystems zunächst einiges über den Pachtantritt
und das mit demselben eingegangene rechtliche Verhältnis. Das erste, was
hier zu regeln war, war natürlich die Er])folgeordnung. Nur äufserst selten
1) S. oben S. 622.
2) S. oben S. 892 Note 6; S. 893 Note 5 und «.
') Über die quantitative Ausbreitung der Fachten in tiüher Zeit sich ein exaktes
Bild zu machen, ist natürlich unmöglich ; Beiträge zu einer Lösung des Problems liefert oben
S. 890 Note 2. Der allgemeine Eindruck, den man erhält, spricht für eine weitgehende Ver-
breitung der Pachten schon im 13. Jh. Auf dem Maifeld war vor der fi*z. Revolution Vi des
Bodens in Zeitpacht ausgethan und nur ^!a Eigentum, s. von Schwerz S. 222.
*) Der älteste Ausdruck für Erbpacht ist delegatio, vgl. MR. ÜB. 1, 424, 1112, cit
unten S. 944 Note 1, dazu oben S. 899 Note 3, S. 935 Note 3 und den zugehörigen
Text Die wirklich durchschlagende und bis späthin dauernde Bezeichnung wird indes
ius hereditarium, vgl. MR. ÜB. 1, 474, nach 1134; 2, 90, 1187; Rupertsberger Akten
Bd. 8 No. 2; *Andernach. Schreinsr. No. 104, G. 1248, 1215; MR. ÜB. 3, 437, 1231;
Lehnsbuch Werners von Boland S. 36 usw., daneben ius emphiteoticum MR. ÜB. 2, 49*,
1181; *Arch. Maximin. 13, 558, 1385, auch wohl ius censuale, ein Ausdruck, welcher
in MR. ÜB. 2, 141, 1220 mit ius emphiteoticum wechselt Nur eine Viiriation von
ius hereditarium oder emphiteoticum ist auch das in einer Pfalzeler Urkunde von 1277,
♦üSMax. 1484 Bl. 101, und Bd. 3, 156, 24, 1333 gebrauchte peri)etua emphiteosis, wie
— 939 — Umwälzung d. Wirtschaftsverfiissung]
vernachlässigter Grundsatz für sie ist, dal's das Erbgut unteilbar sei; nur ein
dies der Ausdi-uck einer I'rkunde in den Ann. d. bist Ver. f. d. Niederrh. 44, 84, 1362
zeigt: in emphytiosim peq)etuam, id est iure hereditario. Auch possessio in ctenium
possessio et usus peri)etuus, iure hereditario in perpetuum possessio, tenere et habere per-
lH,'tue et hereditarie ist statt ius hereditarium beliebt, s. MH. ÜB. 1, 481, 1135; 2, 45*, 1181;
8, 437, 1231; Bd. 3, 56, n, 1269; llennes ÜB. 1, 218, 1271; *Dipl. PrumienseBl. 58s 1344:
i's wiiil aber in der Verbindung possidere pro censu wohl auch für Zeitpacht gebraucht,
s. Bd. 3. 64, 21, 1273. In gleicher Weise wie ius hereditarium und die anschlicfsendcn Aus-
diücke kommt auch hereditos vor, so zuerst MR. ÜB. 1, 431, 1115; 477, 1134; 2, 45*, 1181.
Hiemach heifscn die Erbpächter heredes: MK. ÜB. 1, 474, nach 1134; 477, 1134 — doch
ist noch in der l'rkundo MH. ÜB. 1, 618, c. 1160 heres mit (iehöfer identisch. Sehr charak-
teristisch ist die schon früh eintretende Steigemng von hereditas zu hereditas timia, per-
l>etua, vgl. MB. ÜB. 1, 431, 1115; *Andernach. Schreinsr., G. 787, 1193-97: diese Steigenmg
führt bald dahin, dafs das Wort finna selbst substantivisch als Pacht gebraucht wird, in
unserem Gebiete zuc^rst CBM. 2, 166, 1255: ad firmam suscepenmt (bona) . . in perpetuum
iure hereditario possidenda; forner *Arch. Maximin. 12, 514, 1291: perpetuo concedimus ad
tiiTOam ; auch Bd. 3, 99, 23, 1291 : dare ad firmam sive ad censam. Wie diese Beispiele be-
weisen, steht hier finna einfach für Pacht, nicht für Erbpacht; in der That findet sich denn
Hennes ÜB. 2, 382, 1308 eine finna auf 6 Jahre und *I)ipl. Pnimiense Bl. 136 a, 1315 eine
solche auf 12 Jahre. Vgl. auch Stat. synod. 1310, c. 69, Blattau 1, 102: cupientes hospita-
litatem in ecclesiis obsen^ari interdicimus , ut nullus ecclesias ad censum vel ad firmam det
et concedat sou fructus eius obliget absque nostra et episcoponun loci licentia speciali; sed
et si quis ex aliqua rationabili causa ad censum seu ad firmam dandi licentiam a nobis seu
episcopo loci obtinuerit, non tamen alicui saeculari personae officium aliquod in quocimque
saeculari regimine gerenti adcensare obligare seu ad firmam dare praesumat. Statt censum
ist hier wohl censam zu lesen: winl doch von dem hier vorkommenden Wort adcensare
sogar der Ausdmck ascensa im Sinne von firma gebildet, vgl. Guden. CD. 2, 1087, 1344;
B<1. 3 Wortr. u. d. W. acens; imd *Dipl. Pnimiense Bl. 142», 1354: rccipere ad legitimani
finnam seu accensam scutumque seu tenninum triginta annorum. Gegenüber diesen vielfachen
Bezeichnungen gewinnt das Wort j)actum pacht in lateinischer wie deutscher Form an der
Mosel erst sehr spät typische Bedeutimg; lange bleibt es, wenn es auch für Pacht gebraucht
wii-d (z. B. MR. l^. 1, 455, 1126) doch im ganzen indifferent; es kann in früherer Zeit auch
auf lYekarei gehen — so heifst z. B. MR. ÜB. 1, 169, 926 eine Prekarei convenientia et
]Kictum — , und es wird noch spät auch für Gehalt angewendet, vgl. Bd. 8, 179, «1, 1340;
193, 9, 1345. Die älteste deutsche B(»zeichnung für Erbpacht ist demgegenüber ervescaf,
MR. TB. 2, 49*, 1181, imd ervelien, *Andemach. Schreinsr., G. 787, 1193—97. — Die
Pachtsumme selbst heifst pensio — doch heifst auch schon MR. ÜB. 1, 106, 867 der Zins
riner einfachen Prekarei pensio (die Stelle ist zu lesen sub annuali pensione, que plcnius
usw.) — vgl. Lac. Archiv 3, 139, 1222, cit. Bd. 2, 674 Note 2; Hennes ÜB. 2, 361, 1302.
Freilich geht das Wort pensio recht bald auch in die Bedeutung von Pachtverhältnis über,
^. Ennen. Qu. 2, 180, 179, 1238; Bd. 3, 99, 25, 1291; und demgemäfs finden sich dann
späterhin Ausdrücke wie annua et perpetua pensio, s. Guden. CD. 2, 1010, 1814; s. auch
Ileunes ÜB. 2, 395, 1315, wo die Äcker eines Gemeindemitglieds von Erpel pensionarie vel
alio quocumque iure [ab aliis] dependent; und *Dipl. Pnimiense Bl. 186», 1315: pro nobis
et nostris heredibus rccepimus ad pensionem sive ad firmam. — Das Eingehen des Pacht-
kontrakts wird mit libere conducere bezeichnet, s. *Andemach. Schreinsr. No. 129, G. 1888,
1228; No. 133, G. 1890, 1228. Dem entspricht dann ein exponere libere et locare sub
annua pensione, s. Bd. 3, 221, n, c. 1350. Deutsche Ausdrilcke für Vererbpachtung bieten
CarL Clairefontaine 211, zum J. 1446: verzinsen imd laessen zu gronde und zu erbe zu
ewigen dagen durch imemie; und ähnlich Bd. 3, 284, si, 1471: lihen zu ewigen tagen
imwidderuflich. — Bisweilen erscheint endlich das Eingehen des Ei'bpachtvertrags geraden-
60*
^ß^^^f^
rWirtschiift .1. (irnfsirniuilbes, — 94n —
Krl»e wird -/mt Nachfoipc zugelassen', Innerhalli lii^ser Schranke war riMin
die Erbfolge so Kenrdnet, diifs /iiiiieist nur dir (Hrekten Deszeudenteu crb-
filhig waren, Itei Ehegatten wnhl meist unter Zulassung einer I^ihzucht fllr
den Uberlelienden Teil'. Dabei war in den sti-eugst*"!! Fallen die Siicression
auTserdein auf Miinner beschi-aiikt*; bei niiltieitr Auffassung wurden auch
Weiber zugelassen*. Indes koninien rioph auch Falle vor, wo man sich tllier-
haupt nicht an die direkte Deszendenz bindet und Mflnner und Weibi-r inner-
halb dieser weiteren Fiissung dann gleichuiafsig zuläfst ^. Unter den iu
wegB als Kauf; so keifst c-s Ud. 9, 248, vi, 1383, eiu Erbpaclithi^iT hübe ileni Ei-biüchter Mir
sich und sine erben erfliche . . \oa ksiiis wegen geliiwen. Betiimilers bnieic^nenil ist in
dieser HiDfiirht ■Koblenz SL A. MC. VII Bl. 335*— 8!)5t', No. 996, 1482. Zur Bednihmg
dieser AnfiässniiE s. weiter iint«n S. 954 Note S.
■) MR. ÜB. 1. 474. nauh 1184t illnd etiniti gn|ieruildidiniiis, nl non diu> rel tres, scd
onus tiintuiii de lieredilm« iUonini baiii' «••miier bereilit»leiji buheret et nrnniA prenorainata
iiiie amtiaili.'ti.iu.- pciiitt.Ht ME!. TU- :i. 514. \2M. ViT.TbpacUlimg des Kai-drnev Uiifm
datur, 8ed tantum ad unum heredem devolvatur hereditarie possidenda. Bd. 3, 7, n. 1272:
Weinberge in Erbpacht, ita tarnen, qimd dirte vinep apud unum herednm ^iininiiii maneniit
indirise. S. femer noch Hemies ÜB. 1, 232, 1274; *Arch. Maximin. 8, 309, ISA?: Ann. <\.
Urt. Ver. f. d. Niederrh. 44, 86, 1369. — Von zwei Erben sprechen nur Uli. Ilt. 2, '*••
1187, und *Arch. Maximin. 8, 707, 1491 : Verpachtung des Sitmnemer Hofe:? auf liii>ci' und
. unserer iklicher ehelicher wemkliger kiiider lelien lang und nit langer, also lUni^ wir und
unser ebelig kinder vuigen. densellien egcu, hof erbschaft und ander recht iImi^u i;ehorigh
nit weiter theilen snilen noch mögen, dan in zwo theilen; und die obgen. hi'rren ailer ihre
nakommen enllent auch die lierde iis nit mehr dan swene hoe&nener hain, des bofc recht
ihn jairs und m aller zit zu doin und vemuegen nach lüde unsers IwBlentnisbriels, wir nf
dies erwe bestentsEJehl und vertragh van den obgen. berren hain, als klAHichen hemage-
schrieben volget.
») MR. ÜB. 3. 514, 1234. Vererbpacbtung di-s Kardener Hofes zu Trels an Petrus luid
.liiBtina: si vero, i|Uod nbsit, predictos Petrum et lustinBm uxorem eins abKqiie llberis uni-
verse camis Tiani ingredi eontigerlt, teniporibus vite sue eiusdem aree gaudebit possessione,
ita quod non hahebit potestatem eam propter iilios liere<les ab ecclei^ia alienandi, sed post
mortem suam absoluta et libera cum edificiis ad ecclesiani rerolvatur.
') Bd. 3, 6, «, 1270: concessimus M. . . et suis pueris et eurundem puerorum pueris
et ceteris t&libus ipsonun heredibus et non aliis. Mit piieri werden hier doch wohl nur
männliche Deszendenten bezeichnet.
*) .MR. ÜB. 1, 431, 1115: ErzbiBchof Brunn giebt aji das Domkapitel ein Gut zu
Lehmen, um seine Memorie davon feiern zu lassen, uiinistranle et procumnte hanc predict^
celebrationein memorie Kfldolfo prius meo, modo aiitem sancti l'etri minititro et eius itxore,
si snpersles ftierit; cui in hereditatem tiraiam prefatum bonnni eoncedi rogavi luuic inter-
nect«nB conditionem, ut unum tantum ex filiis vel liliabus suis, si filii desunt, in hoc bouo
heredem constituant, qui simili modo imum tantum ex liliis vel liliabus suis heiedem reün-
qitat, ceteris Bibi per ci^nationem succed^ntibns eadem lege firmiter designata.
") MR. ÜB. I, 461, 1135i predium, quod in Vria habuisse horediturin iure cognosciin-
tfur] presbiter B. et V. pater eins . . ego E. cnm uxore mea B. et tilia mea H. suscepi . .
a legato . . V,. [dem domkapitularischen Nuntius] . . in etemum noliia et post^^ris nostris in
genere vel propinqnis in cognatione possideudum hiic condiiione, ut quntannis . . 3 s. et
« d. . . persolvamus. S. auch Bd. 3, 142, a, 132.^.
— 941 — Umwälzung d. Wirtschaftsverfassung.]
gleicher Weise Erbberechtigten wurde aber der Erbe bestimmt entweder durch
Wahl des Erblassers ^ oder es war Majorat- oder auch Juniorat^ vertrags-
mäfsig festgesetzt.
Bei Antritt der Pacht im Erbfall war bisweilen, in noch nicht ganz
freien Pachten*, ein Empfllngnis zu zahlen*^, und wo diese Abgabe bestand,
der Erbpächter aber eine juristische Person war, da mufste natürlich ein
l)estimmtt»s Individuum, meist ein Mitglied der pachtenden Institutsgenossen-
schaft, als Träger der Pacht iK^zeichnet werden, um von Zeit zu Zeit den
Erbfall herbeizuführen^.
Die Lösung des Pachtverhältnisses lag nur selten und nur laut besonderer
Abmachung in dcT Hand des Herrn ^; dagegen hatte der Pächter die Frei-
1) MR. ÜB. 1, 477, 1134: das von Erzbischof Bruno (f 1124) geschenkte Gut zu Lehnien
Radulfo [so zu lesen] fideli viro hac ratione in hereditatem conccssimus, ut quotannis in
epiphania domini 3 nu*. probati argeuti . . persolvat, adducturus quandoque in capitulum
fratrum, quem elegerit sibi successorem, idem bonuin predicta lege . . suscepturuin.
*) Bd. 3, 6, 1270: bona vero nullo modo dividentur, sed senior puer ipsa bona a nobis
i-ecipiet et nobis cavebit et satisfaciet de pensione [der Pacht]. *Arch. Maximin. 12, 514, 1291 :
Erbverpachtung des Hofes .Jaminais, itii tarnen, quod unus haeredum dictorum coniugum, vide-
licet senior filius, vel filia filio non exstante, bona sie eis data et concessa solus teneat vel
possideat; nee dividi valcant inter plures haeredes eonmdeni.
») S. Bd. 3, 121, w, 1321.
*) Bei ganz freien fehlt es, vgl. aufser oben S. 926 t. noch '^Andernach. Schreinsr.
No. 155, G. 747, 1249: ein Haus in vico piscatonim iure hereditario empfangen, sub tali
conditione, quod singuHs annis pei-solvat 10 s. d. ; et absoluta debet esse a iure, quod dicitur
Yiu-hure; et illud ins servabitur suis heredibus. Hennes ÜB. 1, 2i^2, 1274, Erbpacht: adiectum
est etiam in contractu et Anna promissione vallatuin, quod bona predicta inter heredes non
dividantur, et quotienscunque necesse ftierit, novus successor vel heres in rcnovatione censum,
tjui vidgo vurhure dicitur, non persolvet.
''♦) Aim. d. bist. Vor. f. d. Niederrh. 23, 265, 1162: eine Mühle verpachtet an H., ut,
quando vel ai> vo scu ab alio hereduni eins moite intercedente idem molendimuii vacaverit,
queinadniodum ipsc. ita (^t universi heredes eius 12 d. Coloniensis monete pro nova in ipsa
molendini suscoptione dare deberent. *Andernach. Schreinsr. No. 13, G. 346, 1173 bis
1190: 3 curtes geben zusammen ^'i nu*. Erbpacht; wenn der Erbpächtcr stirbt, heredes sui
dimidiam mr. dent pro exciuisitione et semper teneant; *Dipl. Prumiense Bl. 143», 1281:
quodsi filius aut filia seu aftinior fuerit heres dictorum bonoinim, nobis pro iiu*e nostro, quod
in vulgari dicitur herghewede, persolvet Ib. bonorum et legaliiun Amhemensium d., et sie
bona in heretlitate possidebit. In der ersten dieser Nacluichten kann man schon die Andeu-
tung eines I'bergangs zu dem Institut des Erbbestandgeldes in den Worten quemadmodum
et ipse erblicken wollen ; doch ist die Summe zu niedrig. 8. weiteres unten S. 954 Note 8.
*) Diese Person galt aber üiterhaupt ganz allgemein als Träger aller Pachtverpflich-
tungen, vgl. ♦Andeniaeh. Schreinsr. No. 58, G. 204, 1241: Kloster Rosendal kauft in Erb-
pacht in Anilciiiach einen Weinberg, et ecclesia solvet annuatim . . 3 s. et 2 pullos et
2 denariatas vini, si secuiii biberc volunt, vel unam, si nohmt; et ecclesia instituit fratrem V.,
qui de dicUi vinea faciet iustitiam, et post eum alium instituet S. auch Ennen, Qu. 2, 93t
84, 1224; Ann. d. bist. Ver. f. d. Niinierrh. 44, 73, 1252; 75, 1257.
•) *l)ipl. IVuiuiciiso lU. 18M"., 1456.
[Wirtschaft d. Grofsgrandbes. — 942 —
heit des Rücktrittes'. In Wirklichkeit kommen nicht selten Lösungen von
Erbpachten unter Verzicht des Pachters gegen Zahlung vor^.
Das Verfügungsrecht dos Erbpachters innerhalb dos Pachtverhilltnisses
war fest begrenzt. Verpfandung, Vei^setzung, Vortoilung, Belastung, After-
verpachtung®, wie auch Vertauschung* und Verruil'seiiing^* waren nur unter
Zustimmung des Pachtherm zulässig.
1) *Andornach. Schreinsr. No. 4, G. 337, 1173-1190: R. et G. ot M. et fili? et filii
Berte Trimize habuenint curiam de sancta Maria liniiis sancto congregationis [SMarien-Andei^
nach], que censum solvebat 12 d. hoc placiiit istis, videlicot IJ. et uxori siie G. ot M. , iit
abalienarcnt se spontanea voluntate; et secundum eiindem censum domini et fratres con-
cessenint (4. et C. et uxori 8u<* G. et posteris eius in i>erpetuimi. *Andemach. Schreinsr.
No. 49, G. 1791, lun 1226: T. de sancto Martino recepi a domino II. G. et ab uxore siia E.
2 partes vinee sitas in monte sancti Martini iure ereditario possidenda/^, ut inde tarnen per-
solverem 3 s. et dimidium et 2 pullos et vini denariatam annuatim. e^o vero predicto II. et
uxori sue partem, quam in predicta vinea liabui, restitui ereditatis ratione integraliter
resignando. ille vero H. et uxor sua ecclesie contulenmt sancte Marie predictas partes vinee,
ut eodem iure, quo ego T. possederam, possiderent. Ledeburs Archiv 2, 316, 1245 : Heinrich
Kanonich zu Essen procurator . . abbatissae et conventos (Essendiensis) recepi a G. villico in
Brisiche resignationem bonorum, que habuit in Brisiche sub annua pensione 34 d. . ., et cum
omni perc^ptione libere ad ec^^lesiam prefatam redibunt.
2) S. aufser MR. ÜB. 2, 49*, 1181, noch CRM. 2, 206, 1264, zwei Mühlen zi*'ischen
Sayn und Engers an Laach vererbpachtet: duo molendina ipsi abbas et conventus a nobis
in annua pensione pro triginta mir. siliginis iure hereditario tenuerunt convenimus in hunc
modiun de nostra bona et spontanea voluntate, quod nos persolutis nobis viginti quinque nu*.
Coloniensium d. legalium ab ipsis abbate et conventu predicta recipiemus et rehabebimus
molendina et dicti abbas et conventus a solutione predicte pensionis triginta mir. siliginis
absoluti a nobis et nostris coheredibus et liberi in perpetuiun remanebunt. Cod. Lac. 71, 1268:
Sifridus filius Ludowici molendinarii de Cilense habuit vineam quandam a dominis Lac^nsis
ecclesie sitam iuxta moh^ndinum Glense pro consu 18 d. et imius pulli iure hereditario.
tandem idom Sifridus ot Sophia uxor eius habito consilio do communi consensu ipsam rineam
l)ro 18 s. Coloniensium [d.J exposuemnt dominis ecclesie antedicte, hoc adiecto, quod si
l)rodictus Sifridus et uxor sua candom vineam redimorc voluerint, ipse pro summa predicta
eam et nullus alius redimat preter eum. si auteni eisdem placuerit vendere [et] eandem,
domini ecclesie predicte dare debent prefatis S. et uxori eius 4 s. Colonionses, et tunc ipsa
vinea libere c<»det in manus dominomm ecclesie supradicte.
») MR. ÜB. 1, 645, c. 1165: ein Colonus S. hat vcm SMartin-Trier seit der Zeit Abt
Gottfrieds (1154 — 1163) inWiltingcn praedia domonuu ortonmi agionim pratorumque ab omni
advocationis iure libera iure dimidietatis excolenda, femer ist er heres possessionis domus
[d. h. der Hofarea] pro 3 d. census, et imius prati 4 d. censu. Kr verleiht nun einen Teil
des Landes sine legitimi traditoris dono (d. h. ohne Zustimmung des Klostei*s) zu Zins (cen-
sualem statuit). Deshalb wird er beim Kloster angeklagt, quasi dissi])asset res ecclesie, et
contra fidem iuratam egisse, ac propterea iure se de bis et aliis bonis ecclesie.» exhcreditasse.
Da aber durch die Verleihung eine Melioration des Gutes herbeigefiihrt war, so verzeiht ihm
das Kloster, ja, da er ein sehr eifriger Kolon war, giebt es ihm noch plus quam 40 s. de
relms ecclesie transitoriis , um das Gut besser in stand zu l)ringen. S. femer noch Bd. X
No. 8«, 1.309; S. 244. lo, 1378.
**) MR. IB. 2, 137, 1194: E. clericus ülius IL in Albirho hat quedam bona [censnaliuj.
qiionnn ])roprietAs ecclesie? . . sancti Albani in Magimtia pertinuit, in villa Bennersheiia
'') Note 5 s. auf 8. 943.
— 943 — Umwälzung d. Wirtschafts Verfassung.]
Aber auch der raehtheiT war in seiner Verfti^n^ t^her das Pachtgiit
nicht frei; der Grundsatz, dafs Kauf Miete nicht bricht, w^rde schon im
13. Jh. auch auf Erbpacht zur Anwendung: gebracht ^
Für den Bestand des Pachtverhältnisses selbst war das wirtschaftlich
konstitutive Element der Pachtzins (Kanon); und ^em betont man in ältester
lioroditano iure ad ipsum devoluta. Kr will sie mit einem Hof von 69 Morgen des Klosters
Rupertsberg vertauschen. SAlban gieht den Tausch zu hoc ordine, ut . . K. iamdictam
rurtim et iugera hereditarie possideret mit dem alten Zins von 4 unciae 10 d. Vgl. auch
>rR. IIB. 3, 1192, 1253: ministerialis Richardus miles de Palatio inteneniente consensu
Clementie uxoris sue et liberonun suomm 2 s. censuales, quos dcbebat annuatim solvere
dilectis liliis ('a])itulo Treverensi de pratis prope Wilre iure hereditario ad ipsum spectantibus
in monte sitis, transtulit et assignavit solvendos annis singulis in festo apostolonim Petri et
Pauli de prato ad ipsum similiter iure hereditario spectante sito super Oleviam ante Rubeum
montem. et hoc a dicto capitulo est concorditer acceptatuni.
'^) Zu S. 942. MR. UR. 2, 170, 1197 : ein Mann (quidam vir) L. hat Güter vom Kölner Dom-
propst zu Reiden, sub tali forma, ut quolibet anno 44 d. et 6 sumb. avene et 3 pullos inde michi
solveret. L. bittet, der Pro[)st möge die Güter an Laach iibertragen in hunc modum, ut
quiaunque ibidem camerarius existeret, predicta bona ad usus suos inperpefuum haberet, et
ea iura, que alia bona istis similia ii>i persolvunt, deinceps michi [dem I)omproi)st] i)ei*sol-
veret Der Propst giebt das zu, bona ista Leone resignante. Vgl. fcmer Gmlen. CD. 2, 42,
1224; Knnen, Qu. 2, 252, 250, 1246; CRM. 2, 232, 1268; *Kobleuz St. A. MC. IIIS Bl. 84^,
Xo. 181, 1412. reg. (loerz Regg. der Phzb. 8. 136: Wir Wernher etc. dun kunt: als wir viu'
langen vergangen ziden Wigande von Esch unserm camerknechte inid Greten siner elichen
huisfrauwen und Iren erben eine unsere hofestad uf dem marte bi unserem hofe gelegen . .
geluwen und verschrieben hau, uns unsem nakomen und stifte einen jerlichen zins davon zu
geben mit namen fünf Schillinge Trierescher wenmge na inhalt solichs briefs, den wir dem
vorgen. Wigande Greten und iren erben darüber han gegeben, und dieselben Wigantl (irete
und ire erben Elsen von Brandenburg und iren erben suliclu» hofestad und gehuse mit
sulicher friheid, als wir sie Wigande (ireten und iren erben verschrieben han, itzund ver-
kauft haut: so bekennen wir utt'enlich au diesem brieve vur uns unsere nakomen und stift
von Triere, daz wir unsem gudcn willen und verhengniß zu dem kaufe getan und gegeben
han, dim imd geben Urkunde disz briefs, beheltlich doch uns unsem nakomen und stifte
unsers grontzinses au den vurg. hofestad und gehuse. — Die Zustimmung wird nicht erwähnt
♦Andernach. Schreinsr. No. 50, G. 1791, um 1226: ego T. receperam a domino H. de Bmle
I>ai1em vinc^o sitain in monte sancti INIaitini ereditario iure, ut inde persolverem 15 d. et
donariatam vini. <*go vero pnMÜctam partem vinee contuli ecclesie sanctc Marie eodem iure
possidendam.
') CTM. 2, 166, 1255, Urkund(» des (irafen Simon von Sponheim: statim ut ad noti-
tiam abbatis et conventus de P^birbach per\enit, abbatem et conventum monachomm de
Spanheim nobis omnia i»ona sua in Dadenburen i)roprietati8 titulo vendidisse, ipsi reclama-
vemnt eo quod eadem bon;i iam antea a prefatis abbate videlicet et conventu de Spanheim
ad firmam suscei)enmt Ib. scilicet Treverensis monete et 4 mir. panorum caseonim in per-
petuum iure hen'ditario possidcnda. unde etiam i)refatos abbatem et conventum de Span-
heim in causam traxerunt coram iudicio s[)irituali et pro sc sententiam accepemnt, vendi-
tionem nobis factam decemi irritam et inanem, contractum vero intcr meraoratos abbates et
conventus celebratum in (piaslibet futuras generationes debere stabilem permanere. nos tarnen
licet contra iustitiam prefata bona aliquamdiu nostris usibus usurpassemus , tandem eisdcm
bonis penitiL«^ renuntiavimus et ea de consensu abbatis et conventus de Spanheim fratribus
de Ebirbach acceptis ab ipsis 16 talentis Treverensis monete cum omni sua tradidimus inte-
giitate utilitatibus eorundem perpetuo deser^•ienda exclusa qualibet pensione.
[Wirtschaft d. Grofsgrundbes.
— 944
Zeit, dafs nur eben er vorhanden sei, jede an Grundhörigkeit erinnernde
Dienstbarkeit dagegen fehle*. Freilich tritt nicht in allen Fällen sofort mit
Pachtantritt auch die Zahlung eines Pachtschillings ein; bei Pachten, welche
starke Meliorationen oder gar wohl erst Urbarun^ voraussetzten, fehlte
der Pachtschilling auf eine Reihe von Anfangsjahren oder wurde wenigstens
bedeutend ennäfeigt^. Der Pachtsohilling selbst wurde nun entweder als Teil-
bauquote von einer Hälfte bis zu einem Sechstel^ — ja bei besonderen
Pachtarten, z. B. der Schieferbruchpacht bis zu einem Zehntel oder Zwölftel *
— erhoben : in diesem Falle bedurfte^ es noch besonderer Bestimnmngen über die
^) MK. ÜB. 1, 424, 1112: Richard Propst von SMarion-Mainz giebt (tradit) an Disi-
bodenberg ortum corti sue in Odemheim contiguam . . iure . . hereditario, ea scilicet con-
ditione, quatcnus singulis annis 10 s. tribuUun solventes deinceps prorsus ab omni alia iuris
coactione existant immunes. Femer erwirbt Disibodenberg eodem die eodemque momento
von Richard durch Tausch curtile quoddam . . ad molendinum construendum; dein, ut et
idem concambium ratum inconvulsumque permanere posset, nee quisquam aut alvei meatu
aut qualibet callida proclamatione id confringerc valeret, ad curiam . . prepositi annuatim
mir. 1 triticeum statuerc tradendum. Beide Geschäfte heifsen delegatio. Im letzteren Fall
bleibt wohl die Mühle, um rechtlichen Schutz zu haben, in Hofhörigkeit
') MR. ÜB. 1, 594, 1155: Abt F. von I.aach giebt an Rflthart de Adenhagen
possessionem . . in Folcholderoth liberam a redditione census ab hoc anno . . 1155 usque in
sex annos, nichil inde census persolvendo. expletis autem prod. sex annis solvet 15 d. sin-
gulis annis in festivitate sancti Martini, et quicumque posteroiiun eins post obitum ipsius
hanc possessionem hereditario iure obtinuerit, eundcm censum eodem reddet tempore. MR.
ÜB. 1, 640, c. 1163, Wald in Erbpacht: nemus autem . . huiusmodi census debito predictis
heredibus annualiter solvat: in die . . sancti Remigii per priores 5 huius pactionis annos . .
anforam [<» Eimer] vini . . ministrabit, sequentibus vero annis omnibus . . anforain in . .
mensuram, qup vulgaritor bürden vocatur, eisdem iiisticis eorumque filiorum iiliis . . dupli-
cabit. In den Akten von Rupeitsberg (Bd. 3 No. 2) finden sich ftir vererbpachtete Wein-
berge folgende variierende Pachtschillinge:
Zeit
Erste Periode
Zinshöhe
Zweite Periode
Zinshöhe
1202
8 Jahre
Drittel
ITjilbtoil
1202
3 „
Hali)teil
1203
6 n
20 d.
2 s.
1214
24 „
1 s.
2 s.
1260
2 ,
^li mr.
8 s.
») MR. ÜB. 3, 416, c. 1230; 462, 1232; 514, 1284; Bd. 8, 7, i, 1270; Toepfer 1, 196,
1343; Bd. 3, 241, s», 1374; Stat. s. Paulin. 1500 Blattau, 1, 52: SPaulin hat zu Trier an
das Domkapitel und andere Leute Weinberge zu Ve und Vr, (letzteres hoifst mcdona) vor-
liehen. Kin Übergang von Teilbau zu gemeinem Pachtzins Bd. 3, 156, 22, 1333.
*) Bd. 3, 258, 17, 1408; *H8. Trier Stadtbibl. 2099 Pp.. 15. .Ib. Ende, Bl. 3^ glaufs.
rocht un kulon gewanhoit: locatio vor 3 schedel leien. und den zinden van allen loioii.
»S. auch Ann. d. bist. Vor. f. d. Niederrh. 44, 83, 1344.
— 945 — Umwälzung d. Wirtscliaftsverfassung.]
Erhebimgsart der Quote ^ Oder aber der Kanon bestand in einem völb'g fest-
gelegten Zins. Dieser Zins war höchst selten blofser Geldzins; meist bestand
er in über\siegender Ausdehnung aus Naturalprodukten -, welche der Pächter
auf eigene Rechnung und Gefahr in vertragsmäXsig festgesetzter Weise an be-
stimmte Abnahmestellen zu liefern hatte ^. Neben der Xaturalpacht wurden
dann wohl auch noch gewisse Dienstpflichten im landwirtschaftlichen Betrieb
und namentlich die Herbergspflicht fl\r den TachtheiTn bezw\ dessen Beauf-
tragten festgestellt'*: sie bilden als von Jahr zu Jahr ziemlich gleichbleibende
Lasten eine besondere Wirtschaftsfonn des Kanons.
Darauf, dafs das Erhebungsrecht des Kanons im Vermögen des Pacht-
herm verblieb, kam es für den Bestand des Vertragsverhältnisses zwischen
Pachiherm und Erbpächter nicht an; der Hen* konnte den Kanon wie jede
andere Erbrente veräufsern, vorausgesetzt dafs die Veräufserung dem Erb-
pächter nicht zum Nachteil gereichte^.
') Vgl. z. B. llennes ÜB. 1, 338, 1197: Veitrag zwischen einem Bürger und dem
Deutschordenshause zu Koblenz, (juod tempore vindemiarum vineam, quam tenemus ab ipsis
pro tertia parte fructuum, . . nullatenus vindemiabimus nee eins vindemiam colligere possumus,
nisi eis ad hoc vocatis. et eandeni vineam vindemiando implebimus de eadom tres et tres
rorbes sive lelos, et inter quoslibet tres nuntius eonmdem commendatoris et fi'atrum eliget,
quem voluerit, et illos corbes seu lelos taliter electos ab ipsorum nuntio deportari faciemus
cum vindemia in eo existente usque in viam publicam in ipsorum dolea sive cupas nostris
periculo laboribus et expensis, quia sie inter nos actum est pariter et conventum.
«) Vgl. z. B. Kremer, Or. Nass. 2, 132, 1215; Bd. 3, 6, 12, 1270; Bd. 3, 190, 20, 1344.
') Lac. IIB. 2, 548, 1264: SSeverin in Köln veii)achtet novale sine deeima in villa
IJrre, quod novale quondam ramer\'orst dicebatur, cum piscina adiacente et uno iumale dicte
piscine adiacente, pro undecim mir. tritici Colonicnsis mensure ipsis decano et capitulo
singulis annis in perpetuum in festo beati Hemigii ipsius Conradi seu successorum suorum
expensis et periculo in granarium ipsorum in Coloniam assignandis; Ann. d. bist. Ver. f. d.
Kiederrb. 44, 75, 1257; *Arcb. Maximin. 8, 209, 1292: in autumno etiam dictus Ludovicus
et sui haeredes vindemias dictanmi vinearum ad torcular, quod nuntio hospitalis expedit,
deportabunt, et omnia iura onera census et servitia cuicumque delieantur inde persolvent.
S. femer Bd. 3, 121, si, 1321; 195, u, 1346.
*) Ann. d. bist. Ver. f. d. Niederrb. 44, 74, 1262; Bd. 3, 126, 2», 1321; *ÜSMax.
1484 Bl. 101» f., 1491. Verpachtung des Hofes zu Dahlem, § 6: auch sal derselbe hoveman
uns oder unsem dieneren, so dik des noit geburen wirt, umb des gotsbuises gescheut dar
kommen wiu^en, alle zit bierbrichen stallonge und ruwefoeder geben, als das erlich und
geiÄ'oenlicb ist. *Arcb. Maximin. 12, 712, 1491. Verpachtung des Simmemer Hofes: vort ist
beretten, daU wir bestender und unsere kinder vorg. den obgen. herren ihren nakommen und
gotteshuse ihren winzehenden mit gutem iliß sonder sumenis getrewligh jairs zu aller zit
inführen sollen, und ihre diener gütliche entpfaen behalten und gehorsame sin sollen naist
unserem [S. 71 Ij besten vermögen, schläftmge Hecht und feur geben, ihren pferden stallimg
imd rauwfutter geben sonder intragh und wiederrede in keine wise. . . Item ist auch beredt,
waner die obgen. herren ihre knecht und diener zu herbst bi uns bestenderen zehren, sullen
wir sie zimblichen iglich imtze oder mahlzeit reichen; und das sullen sie alsdan bezahlen,
abe aber wir bestender sie zu hohe und deure rechenen wollen, so mögen sie zehren, wo sie
willen und ihn gelegen ist.
^') Bd. 3, 6, 25, 1270: die Pachtherren pensionem [Erbpachtzins] a nobis alienare
possumus, ita, quod ex hoc heredibus nulluni pi-eiudicium generetur.
[Wirtschaft d. Grorggnindltes.
946
Über die FraRc. wer das Pachtungsinventai- stellte, wie die Abrectmui^
in dieser HiDsiclit stattfand, auf welche Weise för Ki^äiizung fresonrt ward
und andere hierher gehörige Dinge gehen die Quellen bur spärlirfae Auskunft.
Abgesehen von einer Spur im 13. Jh., welrhr fllr Stellung de« Inventars
seitens des l'aphthei-m spricht*, liegt nur eine ausfQhrliche Üliersicht über
das Inventar der rachthöfe des Luxeinbui^er IMomts Marienthal vor*. Hier
ergeben sich um den Himmelfahrtstag des Jahres 1S21 als vom Pachtherm
f;estellt :
Thcnnisvilln 71
HpiiDGrhßil , 57
M*— |2.2ft|iiD
3 —
Xorringpn i •'i] 121
liwta Keiiswflii' — ' — , 6' 4 11
Vcrlinum 88* je4Vij s' 1 2
ElvingCTi 12 I 97 — 1 1, 1 oqiin ' 4
- 8| l I 4
I I !
Betkirchen
12
154
21
— ß.-. 11 )l
^
-
~
-15 8 -
4
--60--
28
443
46;30
i
3
-
.\_
2
—
5
—
MPtcnRCs iMartiniis
„ Dominus Tili-
I lemanniiü''
Tiiranmscsl Barthotomciis
? Iphcnninns
? Geleniannns
Auiser dem Inventar beim Pachtantritt scheinen den I'flchtom bisweilen aber
auch rejrelmöfaipe JahresvorschHsse in fteld geliefert worden zu sein, welche
dann im Herbst in Natiiralliefenmgen wieder abgezahlt ivuiilen*.
I) MR. m. 3, 347. 122f*: Er/liischol Dietrich pnchti't von Ilimmerode curiAm rroinini
ili' IlpmnH'nmilr nnmine Wintirbacli cum nmnihus appcnditiis suis, riilclicrt afcHs. prnti»^
iicmoribiiB , iirtJB. pisrntinnc. dicliiis vitfi noRtrr possidcnHlam, tnli mi'clinntr' pactn. qnml
nnnuatiiii dabimiis iXf ipui niria in ppnsii>o<- quinqtiainnbi mir. KiliRinis diclis frntriluis ilo
llrmmcnrodc; ipsi icro qniitunr conTcrsis, ipios hnlicliiiniis in ciiiin. et nnvcni ibldPin BCnij.
rnlciamenta anmuitim niinistrobimt et eisdem coDyn-sis vt'stiiiirntn: nos vero eandem curiam
soiimdnm disciplinam ordinis, pront hnctpniis stotit. tcneri fAcioiiiiis. roccpimus sane in ipsa
curia 2H bovps et 20 Capros.
*) Im L'Marienthal iinbr dem Titel Dp capilalibus orrennim dominanim priomfuü
Maricnthal. Dabei sind Kolumne 2 und 3 ilcr nhigen Tabelle aus dem mesamtfn TIrbnr
n. a. O. S. 310 ff. ergänzt. l,eiiler konnb^n diese Angalveii obpn in AliscbnitI V noch nicht
t werden.
') Danmter 30 Morgen vroinde (Schiffelland).
*) Danintor 60 iugera raro colcnda.
'■) Ist der Kaplan des Priorais, der Anfeeichner lics ri'lüirs vnn 1317.
•'] S. Ann. d. liisl. \<n: f. d. Xiederrh. 44. «7. 13K9.
— 947 — Umwälzung d. Wirtsrbaftsverfassiing.]
Eine besondere Komplikation entstand bei gröfseron Pachtungen dadurch,
dafs diese meist alte grundherrliche Höfe umfafsten , deren Betrieh ursprüng-
lich mit einem Meieramt verbunden war. Hier war es natürlich das Ein-
fachste, mit dem Gut zugleich das Meieramt zu vei-pachten. Doch wurde
dieser Modus in älterer Zeit, als man eben erst die Meierämter aus dem erb-
lichen Besitz der alten Ministerialengeschlechter mit Mühe losgerissen hatte,
begreiflicherweise nicht gerade vorgezogen; erst mit dem Ende des 13. Jhs.
tritt er in aller Vollendmig hervor. Doch blieb auch späterhin die besondere Ver-
pachtung der grundhörigen Zinse beliebt ^ Hierbei wurde dem Pächter zur be-
sonderen Pflicht gemacht, keine neuen Lasten aufzulegen-; auch mufste er, wenig-
stens in späterer Zeit, den Pachtherm über die Höhe der jährlichen Zinserträge
fortlaufend durch schriftliche Buchung der Einnahmen unterrichten ^. Diese blofse
Verpachtung der Zinseinnahmen sollte natürlich verhindern, dafs mit den vollen
Funktionen des Meiers auch die richterliche Thätigkoit im Fronhof an den Pächter
überging; gerade über diesen Ihinkt enthält z. B. ein Pachtkontrakt vom J. 1344
in Bd. 3, 190 § 0 nicht mifszuverstehende Anordnungen. Indes war diese
Trennung von Gerichtsbarkeit und Zinserhebung bei dem Rechtscharakter der
Zinse nur schwer durchführbar ; vielfach kam man doch wieder darauf zurück,
mit den Zinsen auch die Gerichtshaltung im Fronhof zu verpachten'*. Am
günstigsten für beide Teile, Pachtherrn wie Pächter, gestaltete sich die Lage
') S. Bd. 2, 225.
-) MR. IIB. 3, 1051, 1250: hominos aiitem bonis talibns attinentos non tenehimus artiiis
noc in bona ipsonim oxactionos faciemiis aliquatcmis gravioros, quam faccrc consuevit ipsa
romitissa post mortem siii mariti. S. auch ^Dipl. Pnimionse Bl. 143» f., 1281: non licobit
ois noc dobont scu pot^nint do l)onis ad dictam curtom nostram spectantibus prctor oa, quo
iam possidont, sibi deincei)s aH(iua comparare vol aliqiio modo soii titnlo attraherc vel von-
dicaro, ac otiam consiis pacta et omnia alia iura, quocumqiio nomine censeantiir, que percipero
consnoimus ante presentem concessionem feodalem seu habere debuimus aut habemiis in
dictis bonis, que iam tenent et possident in feodo eis concessa seu ratione eorundem bononim,
nobis reser>'amus, que dicti viri aut eonim beredes seu quilibet eonmi una termino singidis
annis, videlicet die Ijeati Martini hiemalis, integraliter nobis seu nostro ofticiato in dicta
curte presentabunt et persolvent pro qualitate et quantitate dictorum al) ipsis possessonim.
quodsi de dictis bonis aliquis predictonim plura habuerit, de iüribus i)bu*ium bononim
nobis aut nostro officiato satisfaciet modo prenotato.
^) *Arrli. Maximin. 12, 643, 1519: condictum et acceptatum extitit, quod durante ter-
mino locationis seu arrendae praelibatae iidem domini Joannes Ilotary et loannes Scbey
arrcndarii singulis annis de locatione et reccptione singulorum fructuum et alionim iurium
annue ad causam dicti hospitalis monasterio cedentium dabunt et praesentabunt registnim,
in quo omnia cuiusli1)et anni reccpta registrata reperientur, ut successores se eo melius in-
formare dictosciue fructus et proventus in esse conservare valeant
*) Vgl. *r8Max. 1484 Bl. 101», 1495: auch sullent si unser grontzense vurg. alle jaiFe
heben, mit gericht zu reebenen, uf das diesen)e nit verloren nocb vergenclirh werden; und
ab(» derselber zins einich itzont nit gankperich weren, sal der bestender vurbrengon und
mit unser bulf erdedingen und gankperich machen.
[Wirtschaft d. Grofsgrundbes. — 048 —
immer noch da, wo der Pächter nur einen Teil der grundherrlichen Bezüge
eines Fronhofe in Pacht erhielt; hier wurde wohl ausgemacht, dafs Streitig-
keiten zwischen Grundhörigen und Pächter in erster Instanz vor dem Ding
des Fronhofes selbst, in zweiter vor dem Gnmdherm zur Entscheidung ge-
langen sollten ^
Wie die grundhenlichen Verhältnisse, so erforderten aber auch Bau und
Betrieb wie LastenzaMung vom Pachtgute besondere vertragsmäfsige Regelung.
Was zunächst die Leistung der auf dem Pachtgut ruhenden Steuern und
Renten angeht, so wurde dieselbe regelmäfsig dem Pächter zugeschoben; so
schon in früher Zeit der Hofzins und die Steuer in den Städten, z. B. in
Köln^, in späterer Zeit aber auch alle Renten auf dem platten Lande'. In
gleicher Weise übernahm der Pächter alle sonstigen Verbindlichkeiten, Fronden*,
etwa auf dem Gute ruhende Zuchtviehhaltimg, kirchliche Lasten*, gerichtliche
Leistungen® u. dgl.
1) MK. IIB. 1, 618, c. 1160: das Trierer Domkapitel bekennt, dafs 2 Domherren, IL
und M., Yon ihm erbeten haben die Besitzung zu Uringcn und Winteringen, qu^ spectat in
curiam nostram de Perle, sibi colendam, unter dem Beding, ut omni anno in octavis paschi.^
20 8. d. nobis inde Treveri persolvant Sie erhalten das Gut eodem iure, quo nos . .
possidemus . . scilicet, ut quicunque de heredibus illius ten\' ad eos venerit, ([ui censimi et
debita iura sua eis ])ersolvere voluerit, hereditatem suam de manu eorum gratis et sine onmi
spe precii suscipiat. ({uodsi inter sepedictos fratros et inter homines illius curic controversia
vel contentio aliqua. iwrit oborta, totinn hoc ad curiam de Perle rcferatur et coram fratre,
qui obedientiam tenuerit, placitetur et dirimatur, sin auteui, ante nostram presentiam causa
deferatur. tria quoque generalia placita per singulos unnos ibidem ))rosequantur. et si pro
aliquo gravamine in causam ducti fiierint, compositio, que inde sequitur, nee ad obedientiariuni
nee ad villicum, sed ad solos pred. fratres [Domkapitel] respiciat
3) Ennen, Qu. 2, 67-68, 56, 1217; 180, 179, 1238: 24(>, 245, 1245; 292, 290, 1249.
*) Cart. Clairefontainc 8l , 1287 : et doi encore poiu* elles et en nom d'clles paier
chascon an ä toujours dous oes [oies?] seix biclios d'avaine et nuef chalonges, qu'elU's doient
chascim an de cens de tout ce (ju'elles tiennent ou ban et ou finagc» de; Maxenchey iio. Tur-
])enges et des Thielenges en champ en preit. S. ferner Bd. 3, 190, ss, 1344, ferner *Arcli.
Maxiniin. 6, 301, .1347: die Erbpächter übernehmen vineam cum onere quindecim s. et triuiii
d. perpetuorum censuum a nobis et nostris haeredibus aut suc^essoribiis iure liaereditarif>
in perpetuam empbiteosim tenendam et possidendam; qiionim quideiii censuum nos antedicti
coniuges et nostri in posternni haeredes et successores lioiwistis viris dominis ecclesiae
beatae Mariae Yirginis in Palatiolo tredecim s. et tres d. certis teniporibus dictum hospitale
in bis exonerando poenitus ac i]»si bospitiili beatae Elisabeth duos s. in festo eiusdem annis
singidis solvere tenemur atque debemus ex vinea antedicta.
*) Bd. 3, 285, 12, 1471.
^) *Arch. Maximin. 12, 707, 1491: fort sollen wir bestender und unser viu-gen. ehelige
wemclige kinder alle jau* zu noitturft der gemeinen dasebst faesel- ader zuchtviehc stellen
halten und vei-sorgen, nemlichen fahren und berren, na erkentenis der sentscheflfen daselbst
sonder klage, auch sullen wir bestender ader unser kinder unseren ziele us ein iglicli jair
halb die ampel, vur dem heiligen sacrament birrend(» ist, in gutem gelicht halten na altem
herkommen vermitz des gotshuiss kleinen zehenden, in dem dorf zu Siemeren und anderen
dörferen darzu jreluuigb jairs fallen und dienen hait.
") *Arch. Maxiinin. 12, 709, 1491: auch sollen wir und imsere eheligh kinder vurgen.
— 949 — Umwälzung d. Wirtschaftsverfassung.]
Weniger einfach war die vertragsuiäfsige Festsetzung der Bauverbind-
lichkeiten. Der Landesbrauch läuft hier schon filih auf Instandhaltung bezw.
landesübliche Besserung seitens des Pächters hinaus ^ ; dabei wurden über
bevoi-stehende gröfsere Bauten meist kontraktliche Sonderbestinunungen ge-
troffen-. Für spätere, im Vertrage nicht besonders vorgesehene Bauten wurde
meist eine Beitragspflicht des Pachtheim stipuliert^; bisweilen findet sicli
für diesen Fall auch der Gedanke durchgeführt, einen dritten Unparteiischen
über Notwendigkeit und Kostenvei-teilung des Neubaues bestinnnen oder raten
zu lassen*. Fand endlich ein Heimfall der Pachtung statt, so sollten alle
alle jähr den sclieffen ihre essen, und Ostereier geben nach alter ubunge und gewonheit
den [S. 710] sentherren und den sentscheffen , und vurt usrichten alles dasjene, von dem
vurg. froenhof gebührt uszurichten. *USMax. 1484, Bl. 101», 1495, § 4: auch sullent si un-
sem meigem gerichten und boeden zu Dailheim zu aller zit ire essen und recht geben, und
vort alle dasjene usrichten, van den hove geburt nach alder gewainheit, sunder unsem
schallen.
^) >rR. ÜB. 1. 474, nach 1134: hoc [predium] . . quia remotum a nobis erat nee in
eo, sicut nobis videbatur, ad commoditatem fratrum per nosmetipsos utiliter laborare potuimus,
hereditario iure concessimus Wolvechino et filio eins Lamberto hac ratione, ut in domo ad
idem allodium pertinente manerent et eam, ne vasta fieret, caute procurarent; Ann. d.
hist. Ver. f. d. Niederrh. 23, 265, 1162: constnictionem quoque molendini de suo provideat
S. auch Bd. 3, 126, n, 1321.
«) So z. B. ftir ein Salzgut MB. ÜB. ^3, 173, 1221. Für einfache Landgüter vgl. »Arch.
Maximin. 8, 210, 1295: Vererbpachtung istis conditionibus adhibitis, quod dictus Petrus infra
festum beati loannis baptistae proximc ventunim unam donmm supra dicta croada aedificabit
ac ipsam inhabitabit. S. femer aufser Bd. 3, 195, i5, 1346, auch oben S. 545, sowie ♦Koblenz
St. A. MC. IIb Bl. 150b Xo. 514, imd hieraus MC. m Bl. 229b-230» No. 634, reg.
Goerz Reg. der Erzb. S. 111, 1376: auch sullen die vorg. Gobel und Karisme an dem egen.
höbe und sime gehfise, wo si iz alrebest bedürfen, binnen zwein jaren nSst von datum dises
briefs naeinander volgende vierzig mr. brabantisch mit guder küntschaft verbuwen, und
sallen den hof und sine zugehore alle z!t in guden und besseren bdwe, dan sie itzunt sint,
halten; und wo sie des nit de<len und auch die vorg. vierzig rar. als vorgeschr. ist nit
verbuweten, so sal der egen. hof mit sime zugehore an uns und unsem Stift lediglich sin
wider enallen, uzgescheiden alle argelist untl gevenle. *ÜSMax. 1484 Bl. 101*, 1495: Ver-
pachtung des Hofes Dahlem, alsoe daß die zwei [Pächter] sullen den vurg. hof buwen, nemlich
die rinkmure uf das aide fundament, zu wissen die port ain dem bom ufbuwen, und be-
sloissich machen van der porti»u lantz dem wier, den si aucJi in einem gueden buwe stellen
und haldcn sullen, uf den uedorsten ort van demselben bis wider die schiu^mure. item
obont der porten van dem bom sullen si ein stal buwen ader die rinkmure ganz erdorch
bis weder die huismurc,und diemure sal anderhalf done howe sin, mit guederkalchspisen gemacht
vort sal derselbe hoveman und sin 6wif und das kint vurg. huser schüren und stallonge, die eg.
muren und porten, auch wiesen und feit in gueden ufrichtigen buwe stellen binnent diesen
iiesten ses jaren, und vortain ire lebtage lank in gueden buwe halden und laissen.
*) So wenigstens auf dem platten Lande, vgl. Ann. d. hist. Ver. f. d. Niederrh. 44,
86, 1369. Anders in Köln, s. Ennen, Qu. 2, 38—39, 33, 1200—11; 115, 106, 1227; 140,
148, 1234.
*) *Arch. Maximin. 12, 643, 1519: pro durante arrenda sive termino locationis huius-
modi si alicpiod aedifiriuni de necessitate vel iure veniret exigendum seu reformandum, illud
domini praedicti loannes Rotary et loannes Schey arrendarii expensis domini abbatis pro
[Wirtschaft d. Grofsgrandbes. — 950 —
Bauten iin .ländlichen und gewöhnliehen' Zustand übergeben werden * ; die vor-
genommenen Meliorationen fielen dal)ei wolil meist ohne Entschädigung des
Pächters an den Pachtherrn ^.
Ein grofser Teil dieser Bestimmungen gilt auch fi\r den landwirtschaft-
licli(»n Betrieb der Pachtgttter^. So sind besondei-s die Festsetzungen über
den Ileimfall nahezu identisch^: annähernd gleich formuliert ist aber
auch die Fordenmg gewöhnlichen landesüblichen Baues*, und ebenso pflegen
für besondere Verl)esserungen des Betriebes Spezialabmachungen getroifen zu
wTrden*. Dabei laufen dann mehr oder minder regelmälsig einzelne lehr-
tempore de stitu consilio et scientia synodaliuni ecclesiariim praefatarum engere et restiiu-
lare debebiuit et tempore congruente de bis legalem facere calcuhim et rationem.
') So *Kobleiiz St A. MC. VII .Bl. 311 »> -312», No. 899, Goei-z Regg. der Erzb.
S. 243, 1476; vgl. auch Bd. 3, 245, 24 f., 1379.
*) *ÜRupei'tsberg Bl. 18*, nach 1237 : quicquid . . simiptu meo in edificiis et aliis
quibuslibet rebus in ipsa curti fecero, nullus lieredum meorum hereditario iure sibi usur])et,
sed ad necessitatem et utilitatem dominarum, quarum gratia ipsam possideo, integre et pntpric
pertineat * Andernach. Srhreinsr. No. 158, G. 750, 1249: Vitalpacht einer curia für 3V« mr-
UückfEdl ohne Meliorationsentschädigung. S. auch Bd. 3, 6, 21, 1270.
') Daher denn auch Bestinuuungen über Bau- und Betriebsverbindlichkeiten unter-
einander verquickt vorkommen, s. *Arch. Maximin. 12, 707, 1491 : auch sollen wir bestender
und unser ehelich wemkliche kinder vurgen. den obgen. froenhofe zu Siemeren bauwen,
bessern, mit gedäche mueren thuerren und i>orten und zäunen uirichtigh stellen und halten,
die äcker garten wingarten wiesen feit und ander erbschaft zu dem dickg. hofe gehörigh,
i\ie wir ihnvermitz dies gewürdige newe bestentnisse erklerten innehain. mit aller guti'r
zeitiger arbeit uf unseren k<)st(»n und lohne getrewlichen hanthaben besseren und bauweu :
suUen auch nach usgangs unsei*s bestentniß die in jrutem ufinchtigem bauw den obgen. herren
und gotteshuse laisscn.
*) S. z. B. Ann. d. liist. Ver. f. d. Niederrh. 44, ^, 1369.
'*) Vgl. z. B. Bd. 3, 241, 34, 1374: aSMax. 1484, Bl. 101 a, 1495, § 7: die bestender
obg. sullent auch alle die donge und besseronge alle jaire in die hovefelt toeren, und des-
selben hoefs mit sime zubehoere genießen und gebnichen als das lentlich und gewainlich ist.
**) Ann. d. bist. Ver. für den Niedeirb. 44, 81, 1334: quam (juidein iiartem ten*e ller-
niannus et lacobus eins filius predicti niedio tempore limabunt et merlabunt suis laboribus et
exjjensis, ut consuetum est, infra quatuor annos continuos a data presentiuin computando,
Udibus conditionibus et penis adiectis in premissis, si (in) solutiono dictorum duorum inal-
dromm siliginis in aliquo anno in dicto tennino, qucundiu vixerint seu alter eorum vixerit.
ilet'ecerint aut ipsam partem tene infra (piatuor annos non tiniaverint nee merlaverint, quod
extunc ipsa i)ai-s tene, sicut ibi iaoet, cum salicibus ad nos libere devolvetur et absolute
pleno iure. S. femer für Weinberge MB. ÜB. 3, 1291, 1255, cit. oben S. 578 Note 6 (auf
S. 579)-, Bd. 3, 78, 2, 1278; Bd. 3, 195, -o, 1346; Ann. d. bist. Ver. f. d. Niedeirb. 44, H^,
1379. Von Interesse ist auch ein *Pachtk()ntrakt für 4 Weinberge von 1382, Tradd. Kupertsb.
Bl. 70»: es wird ausgemacht, dafs die l'äcbter nibt enmogen noch ensullent keinen
buhe uf den vier stuckrn macliin, w(»der mit widen setzen oder ander bödme noch mit ge-
zimmerze notdi mit keinerlei bnbe, iz si mit graben zÄ der Nahe zfi oder mit roden.
— 951 — Umwälzung d. Wirtschaftsverfassung.]
reiche technische Einzelheiten mit unter, so das Verbot der Wald Verwüstung',
ih\s Verbot der Dungausfuhr- u. a. in.
Nicht minder entwickelt wie die Regeln ttber Bau- und Betiiebsverbind-
lichkeiten waren sehr bald die Bestimnmngen über eventuellen Nachlafs des
Pachtzinses. Sieht man vom Zinsausfall grundhöriger Hufen bei Pachten ab,
welche zur Einsammlung gnmdhenlicher Revenuen vei-pHichteten, so bezog(»n
sich die Fälle, welche einen Nachlafs begründeten, in ereter Linie auf die
Verwüstung des Anbaues'* dmch Menschen (im Krieg) oder Naturereignisse
(im Hagel): Hagel und Heereskraft, Hail und Hier sind die Anlässe, auf
welche am ehesten und sichersten Zinsnachlafs erfolgte'*. Später kommen
dann, unter gelegentlicher Ablehnung dei* genannten wie mancher anderer
Oründe'*, noch Mifswachs und Brand des Pachthofes ohne Vei-schulden des
Pächters hinzu**; doch machte der letztere Anlafs begreiflicherweise noch an-
dere MafsregelH als blofse Zinsnachlässe erforderlich '. Zur Feststellung eines
*) *Arcli. Maxiiiiin. 12, 707, 1491: wir bestender und unser nakommt*n kinder vurgen.
sullen auch nit macht haben einigh holz in der obgen. unser herren zu sant Maximin buüche
zu hauwen, dan alleine zu noittuiit ihres gotteshuses lioefe zu Siemeren zu bauwen. !S. auch
Ikl. 3, 126, 28, 1321.
2) S. Bd. 3, 126, 27, 1321; 190, i8, 1344; 195, 24, 1346; IJSMax. 1484, Bl. 101», 1495,
8 7, cit oben 8. 950 Note 5. Man vgl. dazu auch die Notiz S. 559 Note 7 (auf S. 560) über
Dimgliefemng seitens der Pächter.
') Vgl. MR. TB. 2, 24, 1169: G. de Civele de quibusdani hominibus et bonis, que
sunt circa (Lechenich), 15 s. ('oloniensis nionete [sancto Maximino] . . singulis annis solvere
debebat; et quod relifjunni erat de eisdem bonis, . . in feodo tenebat. . . de pacto . . iam
per tres annos nichil tratribus persolvemt, aflfirmans, quod hanc summam pacti de illis bonis
persolvere non posset tum [»ropter inopiam hominum, tum etiam propter terre devastationem.
*) MR. ÜB. 8, 692, 1240 findet sich die exceptio grandinis et exercitus zum ereten-
mal, aber nicht bei einem Tachtkontrakt. Vgl. auch Bd. 3 Wortr. u. d. W. hail und hier.
*) Aufser Ennen, Qu. 2, 125, 120, 1230, vgl. besondei-s Lac. ÜB. 2, 821, 1286:
30 iumales puri allodii zu Pingsheim in diversis petiis vererbpachtet für 8 mir. tritici. de
cuius pensionis prestatione non excusabunt nos neque successores nostros sterilitas nee
tempestas nee communis guerra vel specialis, nee aliquis omnino casus fortuitas, neque cou-
tiibutio facienda per nos ratione 30 iumaliiun predictoiiim ad reparationem ecclesie sive
putei vel alicuius rei, (jue geburrecht dicitur.
•) S. Bd. 3, 125, 21, 1321; *0r. Koblenz St. A. Ochtendung No. 18, 1379: were auch
Sache daz einichs jairs kuntlich missewaz queme, des got nid wftlle, so sullen wir und unser
nakomen eii*zbischove zft Trier alsdan Johanne Kathrinen und iren rechten erben vorg. den
pacht des jairs halb laizzen staen biz an daz neste zukomende jair, ie ein mir. koms vor
ein mir. konis zfi bezalen, und sidlen Johan und Kathrine und ire erben alsdan daz ver-
standen deil mit dem andern ganzem pachte des jairs bezalen.
^) 8. Bd. 3, 191, 19, 1344; 195, 96, 1346; *Arch. Maximin. 12, 711, 1491: were sache
dali durch unserer bestenderer oder kinderen versumnis oder iniBbruchunge der obgen. hof
ein theil oder zuniahl verbranten oder abgebrochen würde, da got vor sei, so sollen wir
ilensell)en hof uf unseren kosten wieder uf bauwen und ufrüsten sonder zuthuen noch schaden
obgen. unser henen und gotteshulies oder ihren nachkommen, gescheghe es aber sonst der
obgen. heiTen oder /*S*. 7JÜJ lautfenden halben, so sullen die obgemelte herren den uf bauwen
und inisten. darzu sin wir ihn verbunden und schüldigh zu dienen mit imseren fuhren zu
IWirUcliim il, (irnfsgruadlics, — 952 —
Kinsnachlafs hev'ründenden Ereignisses Irat, wenn iließelbe nicht von Gerirhte-
tieif onen tiheniomnien ward ', Rcwöhnlich eine gemischte KomuiiBsion zu-
sftinnien, nu welcher Pachter und Pachtherr gleichviel Mitßlieder stellten;
der AiiespiTich derselben war ffli- beide Teile bindend ^.
Aber in welcher Weise wurde denn Überhaii|>t die Aufrechterhaltiinj; des
tfesaniten Pachtvertrages lerbürKtV Welche Einrichtungen bestanden zur
sicheren Beitreibui^ des I'achtschitlin^ und zur DuiThftlhning der auf Bau
und Bewirtschaftung bezllglichen Bestimmungen?
Anfangs wurde in dieser Hinsicht bei Jeder Kontravention Hberhauiit sofortiger
Ersatz nebst Bufee oder Heimfall der Pachtung vertra^niiüsig vereinbart":
iloin EU aller zit und noitturft Boader intragh oder wiedeirede in keinerlei wiae. Gant ähn-
lich *USMax. 1484, Bl. 101 >, 1495, § 8: abe sache wera, da got vut si, daO derselbe hoef
umenduüben verbranteii wurde oder lanlskriecbs balbeo, soe suUent die hovelude die {oenn
doin und wir sullent den Tort buwen. iruit er aber dorch irer aide gesinde oder veraoineiiiB
halbe verbrant, so sullen sie in buwen snnder unsem schaden. S. auch Doch im *Cad.
Himmerod. Bi. 67>— 68», 14. Jh. 3. H., einen BraDdhetlelbrief für einen abgebrannten Hof
bei Speier.
') S. Bd. 3, 195, n, 18*6.
*) *0r. Koblenx St A. Ochtendnng No. 18, 1379: vort were sache daz einich hagel
oder her queme oder brand von unsem wegen geschege, daz dem hove vorges. ifl schaden
qoeme, so snllen wir unser frfinde jrwene von unsem wegen und Johan Kathrine und ire
erben irer fhinde zwene von iren wegin darlil schicken, und wes nns die &finde dan von
beiden siten besahent zu liden atz von dem schaden, des sullen wir gefolglich sin von
beiden siten.
■) MR. ÜB. 1, 431, 1115, Erbpacht, Budolf Erbpächter: qundsi predictus Rädolfus
Tel eiuB herea . . alicuiuB negligentia in annua memoria nolabilis fuerit, aut emendatione
digna restituat neglecta, aut fratres, cui voluerint, committanL MR. ÜB. 1, 477, 1134: census,
(quem) si ipse H. vel eins quilibet per auccessionem heres constitutus [so zu lesen]
neglexerit. atit emendatione condigna restituat neglecta, aut dominus prepoeitus consenttu
iratrum cui vohierit committat Ann. d. bist. Ver. f. d. Niedeirli. 23, 265, 1162: insuptr in
festo sancti Martini annuatim 5 mir. puri sillginia in curia nostra Rimago persolvet; et bI
ipsa die non persolverit, emendationi et danipno subisceliit, et si teinerarlua effeitus Tueiit,
ipsius molendini poasessione carebit 'DQsseld. St. A. Pant No. K. Cop. C. 1, 1152, Abt
Wolbero von SPantaleuri vergiebt eine freigewordene Hufe, welche 16 a. .ziiisen soll: liuuc
predictum censum hoc modo constitui, videlicet ut singnlis annls 10 s. ))rior in ne<lio
martio ad anniversariuni unstruni auacipiat, c^teri autem 6 a. ad unniveraarium predecessoHü
noBtri G. abbatis pertiueant. hanc possessionem cuidam Gozwin« heredilario iure coiisitin
aliquorum noslrorimi condonavimus ea videlicet ralione, quodsi predictum censum annuutjni
non potiierint [!] aut noluerint persolvere, cai-eant; et prior cum consilio totnun quicquid
ei vienm fuerit peragat et quia libera est iwssessio, liberum cum esse ab omni iure
advocati decenümus. Aus viel späterer Zeit s. noch *Arch. Maxinün. 12, 707, 1491 : uf da(i
den obgen. herren und gottesbuB dies beatentiiue, wie vur erklärten sthet^ desto baO vestc
und stede gehalten werde, so liaiu wir elude bestender vur uns und unser nakommen eheliitb
kinder vut^en. willkuhr uf uns genohmmen imd in kratl dieser unser verschriebunge uf uns
nehmen, abe sache were, du got vor si, wir oder unsere nakommen in Meberunge weins gelts
und ander gercchtigkcit und liUrden ):u tragen, wie liie hievur IdäHich erzalt sin, uit hieldeii
uit usricbten noch endedcn, das schinbar würde, so daC unser ben'en aht und convent des
schaden geleden betten litten oder tiden würden, sullen wir ganz und zumnil abelegen sonder
— 953 — Umwälzung d. Wirtschaftsverfassung.]
höchstens, dafs man die Konstatiening der Kontravention selbst unbeteiligten
Dritten ttberliefs ^ und aufserdem zur (jJenugthuung etwa eine bestimmte Frist
festsetzte. Diese Frist konnte dann von 14, ja vielleicht nur 8 Tagen bis zu
Jahr und Tag schwanken^. Allein bald schob man doch Konventionalstrafen
ein^, für deren Zahlung natürlich ebenfalls bestimmte Fristen bestanden; ei-st
wenn diese nicht eingehaltt^n wurden, fand Heimfall statt'*. In den aller-
meisten Fällen war der Heimfall dann völlig unwideiTuf lieh ", und dem P«^chter
wiederroflon, und nitdestamin wir'zulcJis bestantniß uf ein newes angangen hain, genzlichen
und zuinail ontpftillen beraubet und erwist sin, auch unser bestantnisbrief, wir von den
ol)gen. unsereu henen bain, sal j^anz kraftloß und von unwerth vortahn mehr sin.
>) Vgl. z. B. Ann. d. bist Ver. f. d. Xiederrb. 44, 86-87, 1869: vort is gevurwort,
dat der vurg. convent na diesen drin jaeren, die an sullen gain up datuni diss breifs, alle
jaere ere boden moegen senden zo Broel ind neinen zwene scheff(;n of dri ind moegent die
wingart vurg. beleiden ind besien : vindet man dan, dat wir elude ind unse erven die wingart
neil gebuwet enbain, as erfs reclit is, so sullen wir ind unse er\'en unse snidemetze recht zo
herfste nemen ind sullen den vurg. bof ind erve rumen ind sullen uiszvaren sonder eincher-
kunne widdeiTede unser of unser enen of ieniantz van unsen wegen, also dat wir gein recht
an deme vurg. hoife me behalden ensullen.
2) S. MR. ÜB. 2, 2*, 1169: Erbpacht wird auf 9 s. ermäfsigt: quodsi tempore statuto
hoc pactum ipse vel sui heredos solvere neglexerint, ad primum pactum, id est 15 s. Colo-
nienses persolvendos cogantur, et nisi infra spatium unius anni resipiscant, omni suo iure
privabuntur. S. ferner Cait. Orval 73, 1178; MR. ÜB. 2, 49*, 1181: R. de Pinguia miles
und sein Sohn verzichten gegen Zahlung von 120 mr. auf das ius enphiteoticum oder die
enescaf an einer Mühle von SAlban-Mainz. Dieselbe wird darauf sub eodeni iure et pacto
an llupertsberg in enphiteosim, quod vulgari vocabulo ervischaf nuncupatur, perpetualiter
gegeben, ita videlicet, ut singulis annis in festo sancti Martini prenominato (monasterio)
25 mir. siliginis Maguntin<,* mensure persolvant Magunti^; et si aliquo impedimento super-
v(*niente hoc adim))lere non possunt in vigilia nativitatis domini, quc festum illud subsequitur,
onmi occasione postposita ])refatam annonam cum integritate persolvant. si autem hoc aliquo modo
neglexerint, de cetero nichil sibi iuris in ipso molcndino vendicare possunt, sed ad potestatem et
usum cum omni redibit integritate. Dazu s. noch Ennen, Qu. 2, 146, 143, 1234; 286, 283, 1249.
^) Besondei*s deutlich läfst sich der Ilbergang bei den Kölner Zinshäusern verfolgen;
vgl. z. B. Ennen, Qu. 2, 293, 291, 1249.
*) Vgl u. a. MR. ÜB. 2, 90, 1187, Münstennaifeld : R. Cani [Ritter] silvam sancti
Martini et tenaiii attincntem et dimidiam partem niolendini in eodem prcdio constituti here-
ditario iure coiictissinnis, unde quolibet anno 16 mir. spelte claustralis mensure in festo sancti
Remigii absipie onmi laboris recompensatione persolvere tenetur; si vero in prefata die non
persolverit, summa 20 d. levis monete excessus sui negligentiam emendet; et si ad 15 dies in
eadem temeritate perstiterit [so zu lesen], totidem persolvat, et sie deinceps , quoadusque
satisfactionem plenariam de debito optulerit. *Arch. Maximin. 12, 514, 1291: et si, quod
absit, dicti coniuges, vel unus haeredum ipsonim, qui bona praedicta tenerent, deficerent in
solutione dicti census, termino jmienotato tenebuntur provisori hospitalis praedicti, qui pro
tempore fuerit, singulis annis quibus cessarent poenae et Interesse nomine in viginti s. for-
tiiun, et pro expensis dicti i>rovisoris seu eins nuntii qualibet die, qua neglexerint solvere
dictum censuni, in duodecim d. fortium. Eine eigentündiche Art, den Pächter zu strafen, das
sog. Geldnehmen auf Schaden, bietet Bd. 3, 122, s, 1321 ; s. dazu Stobbe, Juden in Deutsch-
land S. 114 f[. Vgl. auch noch Bd. 3, 142, m, 1325.
'^) MR. ÜB. 3, 514, 1234: si dictas vineas negligenter coluerint, in potestate nostra erit
[eas] sine contradictione ab eisdem alienandi. Vgl. femer Bd. 3, 7, 4, 1270. Charakteristisch
LumprecUt. Dout«chei< WirtschaFtaleben. I. 61
[Wirtschaft d. Grofsgmiirtbes. — 954 —
fielen die Kosten desselben zu ^ ; ich kenne nur 6inen Fall, in welchem an
Stelle des Heinifalls Seciuestration tritt, welche bis zu völliger Befriedigung
der Ansprüche des PachtheiTn an den Pächter andauert^. Natürlich schlofs da«
Heinifallsrecht jeden Widei-spruch, sowie alle etwa gerichtlich geltend zu machenden
Rechtseinwände aus^; die Pachtung sollte ipso facto*, sine strepitu iudicii", wie
sich die Urkunden ausdrücken, an den Pachtherm zurückfallen; nur äufserst
selten ist von einem Eingreifen dos Grerichtes die Rede*.
Es begreift sich, dafs so rigorose und doch auf der andtTen Seite gewifs
häufig so wirkungslose Bestimmungen auf die Dauer nicht genügen konnten.
Man suchte also andere Sicherheiten auf. Eine ist zimächst im Erbbestand-
geld, wie es sich vermutlich schon sehr früh aus der Vorhure oder dem Em-
pfängnis beim Pachtantritt entwickelte "^ , gegeben^: nacli Zahlung des Erb-
ist auch der Ausdruck libere (et absolute) reverti, s. Aim. d. hist. Ver. f. d. Niederrh. 44,
75, 1257 : quod si alterum istorum uon iierct, quod absit, predictanim vinearum partes prefatc
ad nostruin monasterium Docnwalt libere revortentur, et nos introinittemus auctoritate propria
de cisdem, et enmt ab onmi obligatione libere et solute et in nostrain possessionem recident
cum ediiiciis suprapositis et culturis. MR. ÜB. 8, 375, 1229: agros prefatos sibi iure heroditario con-
cessimus possidendos, ita quod ipse exnunc singulis annis imperpetuum ecciesie no8ti*e ])ersolvet
am. parvam vini tempore vindemiarum ; quodsi forte ipse vel sui successores in solutione vini
fuerint negligentes, agri sepedicti ad nostram ecclesiam libere et absolute sine contradictiono
qualibet revertentur. Vgl. auch noch Bd. 3, 5, se, 1257; 7, n, 1272.
') Bd. 8, 148, 6, 1825.
«) Bd. 8, 143, 8, 1325.
') *Arch. Maximin. 12, 514, 1291: renuntiantes in hoc omni privilegio dotis seu dona-
tionis propter nuptias beneficio restitutionis in integnmi omnique iuri et consuetudini, per
quae praedictum contractum infringero possemus vel aliquatenus contrairc. *Arch. Maximin.
B, 302, 1347: renuntiamus insuper expresse per praesentes exceptioni niali doli, actioni in
factum ob causam et sine causa, conditionibus rei aliter gestae quam scriptae ; et ego Wi^jcla
praedicta spccialitcr reiiuntio omni privilegio dotis seu donationis propter nuptias. Ähnlich
Bd. 3, 122, 24, 1321 ; 127, m, 1321 ; 143, n2, 1325. Diese Fälle können, obwohl teilweis auf
Schreibei-fioskeln beruhend, immerhin als Beweis angefiihrt werden.
*) S. Bd. 3, 18, 21, 1260; 157, •.», l;iS3.
^) *Arch. Maximin. 12, 541, 1291: Ileimfall sine strepitu iudirii; ebenso Bd. 3, 10, 4.
1309. Bd. 3, 122, n, 1321: Ileimfall absqiie invocatione iudicii senilaris vel spiritualis.
S. auch Bd. 3, 126, 37, 1321, und die bezeichnende Kumulation Ann. d. hist. Ver. f. d.
Niederrh. 44, 85, 1362: (bona pactata) ad ipsas libere devnlventur contradictione qualibet non
obstante iuris canonici vel civilis, omnibus etiam exeeptionibus et defensionibus doli mali,
privilegiorum, quibus renuntiamus in hiis scriptis, exclusis penitus et ainotis.
«) Ich kenne nur zwei Stellen, aufser Bd. 3, 244, k,, 1379 noch MR. IB. 1, 474, nach
1134: si vero per incuriam illonun [Krbpächter] vel domus vel vinee vel agri devastarentur
ncc studiose percolerentur, a nuntio fiatnim in causam in<le ducti, si emendare nollent, here-
ditatem suam legittimo iure perderent.
') Hennes ÜB. 1, 282, 12m2: der Deutschonlen in Koblenz verpachtet W. Haus Mech-
tiidi suisque liberis et heredibus iure hereditario possidendam iin]>eq)etnum et habendam pro
censu annuo sex s. usualis monete in festo beati Martini hiemalis nobis singulis annis imper-
petuum persolvendo; recej)tis tamen prius ab ipsa M. in pecunia nuiiierata tradita nobis et
assignata diiabus nir. monete predicte nomini; euiusdam iuris, cpiod vorhure vulgariter
a])pcllatur.
«) Zur Entwicklung des Krbbestandgeldes s. oben S. 938 Note 4 Schlufs und S. 941 Note '>.
— 955 ■ — Umwälzung d. Wirtschaftsverfassung. ]
»
l>estau(lgel(h»s hatte der Pächt(»r ja zweifellos ein besonderes Interesse daran,
im durcliaiis zweifellosen Besitz der Pachtnn^ zu bleiben, dies Interesse war
aber nur durch i)ünktlichc Kanonzahlung an den Paehthenn zu befriedigen.
Indes man griff weiter. Hatte man die (jefahren des weltlichen Gerichts
vennieden, so benutzten die kirchlichen Institute um so lieber die Strafmittel
der geistlichen Disziplin: auf Pachtkontraventionen wurde die Exkommuni-
kation als Strafe gesetzt ^ Nur eine Nachbildung dieser Mafsregel ist es
wohl, wenn man dem Landesherrn als Vogt aufserhalb des gewöhnlichen
Rechtsganges eine Sondergewalt zur Aufiechterhaltung eines bestinnnten Pacht-
kontraktes übertrug-.
Aber diese Mittel wai^en nicht allseitig zugänglich; die Exkonununikation
war zudem eine sehr zweischneidige Mafsregel und verlor gegen Plnde des
Mittelalters immer mehr an Furchtbarkeit und zwingender Kraft. Wirklich
sicher stellen konnte man sich, wollte man das direktt^ Einschreiten des
Richters vermeiden, doch nur auf rein materiellem Wege, also durch
Kaution, d. h. im mittelalterlichen Rechtssinne durch I^andsatzung^. Das ist
aufserdeni Ennen, Qu. 1, 547, 71, 1158; Arch. Clei-vaux 315. 1353: Gueblcs (iorh et Gillet d'Orvas,
t'chovins do Luxembourg, ronstatent que Elze, tille de feu Bucsatt'o, tient a cens lioröditaire
do Jean de Menstorf', ecJievin a Luxembourg, ime niaison et dependances, s^ant devant lo
nuef ospital en Schelmerj^as, pour un loyer de 20 s., et un prix une fois payö de 10 fl. d'or
de Florenoe, j'inq a Schadebon^h plus i)rochain venant et cinq a nauweil et apres ensuwant ;
IM. 3, 248, 24, 1382; audi *Koblenz St. A. MC. VII IM. 335 »-335 b , No. 996, reg. Goerz
Heg. der Erzb. S. 254, 1482: Wir .lolian eto. tun kunt . ., das wir unsenn keiner zu Wosrl
und lieben getruwen Xiclais Jjoirbechere von besiuideni unsem gnaden, auch und) getniwer
Üissiger dienste willen, so <ler benant unser keiner in zukunftigen ziten zu tluinde willig ist^
einen unsem wingarfen, ghen Oube in Weseler marken gelegen ist und des benanten unsers
kelners vater von eime genant Pletzen an uns und unsern stifte braicht liait (des tinngeuoissen
sint oben zu (iewer Hacberacbs und unden zu Herbei Spuelers), ime und sinen erben erblich
und ewielich frei und ledig, in maissen wir denselben ingehabt, verkauft und gelaissen hain
umb eine sonmie gelts. die er uns aucli vur datum dis brieves gütlich vernuget bait. doch
hain wir uns [BL 3:i')*'l unsern nakoramen und stifte uf dem benanten wingartcn einen
schillink Wesah'r werunge jerlichen und ewigen zinses usbehalten, den der benant unser
keiner und sine erben zu ewigen tagen alle jaires uf sant Mertins tag in wiuther umbefangen
in unser kelnerie zu Wesel eime unserm keiner zu ziU'U schuldig sin sollent zu liantreichen
und zu liebem, ane intrag ader weigerunge in eincherhande wise.
M Ennen, <^i. 2, 115. 10(J, 1227. Vgl. MH. ÜB. 3, 375, 1229: W. miles in Contiuentia
(»t sui colieredes a morte patris sui haben de quibusdam agris des Aachener Ijiebfrauenstiftes
jahrlich tempore vindemiamm 1 kl. Ohm Wein zu zinsen. Es ist lange nicht geschehen;
W. wird exkomnnmizierf, stellt sich.
*) *Arcli. Maximin. 12, 514, 1291: die Erbpäcbter sind einverstanden, quod ofßcialis
euriae Trevirensis censiua ecdesiastica et nobilis vir dominus comes Lutzelenburgensis , qui
pro tem]>ore tuerit, brachio saeculari de piano et sine strepitu iudicii ad observationem
onmiiun praemissorum nos et haeredes nostros honiines dicti domini comnuiniter compellant,
quando et quotiens ex j)arte provisoris hospitalis praedicti seu eins nuntii super hoc fuerint
re(piisiti.
^) (ianz singulär und dem ganzen Verfahren nach auch nur in Ausnahmefällen an-
wendbar i^t .MII. TH. 3. lO-M, 1250. Vertrag zwischen Mechtild (^fin von Saxn und dem
61* '
[Wirtschaft d. Grorsgnindbes. — 956 — -
in der That der Weg, welcher schon im 12. Jh. vereinzelt, später immer all-
seitiger betreten wurde ^ Sehen wir von einem vereinzelten Fall des 14. Jhs.
Erzstift Köln: si ipsa comitissa bona sua nobis ad pensioncm certam dare voluerit, nos
eadem ubicunquc sunt sita recipiemus in pensione et de iiistis nostris redditibus, quos infra
Coloniam habemns, tantumdem eidem assignabimus. item promittimus defendere Emestnm
viruni nobilem de Vimemburg contra omnes iniuriatores super bonis ipsi a dicta comitissa
in pensione concessis. ceteri vero ))en$ionarii comitisse prefate si debitas i))si non pcrsol-
verint pensiones, ut tenentur, nos contra tales erimus ipsi comitisse iustus iudex et ])aratus.
item comitissa pensionarios suos non absolvet nee inducia1)it sine nostro consilio et
consensu.
*) Vgl. hierzu wie zum folgenden MR. ÜB. 1, 556, ca. 1150: der Dompropst Amolf
hatte einen mansus bei Bombogen an das Kapitel geschenkt, hoc tenore, ut inde quotannis
carr. demerati vini in littore Treverensi persolveretur . . . hunc igitur mansum quidam
Albertus tenens per mukös annos prefatum redditum sine qucrela persolvit, donec crescen-
tibus ab omni parte maus et agriculture et [!] cultores tepescere ceperunt et ille, qui debebat,
per aliquod tempus plenarie non dedit. cum autem ad persolvendum compelleretiu-, in himc
tandem modum cum eo convenimus, ut uno anno ei debitum censum omnino remitteremus.
et ipse de allodio suo vineam quandam apud Urcicham predicto mansui snperaddidit,
quatenus deinc«ps sine contradictione ins debitum in festo beati Martini ab ipso et ülio eins
persolveretur; quod si tempore statuto non dederint et commoniti a fratre. qui hanc obo-
dientiam habebit, infra quadraginta dies non correxerit, et prefato manso et allodio, quod
superaddiderunt. omnino priventur. URupertsberg S. 389 : W. de Monte dabit de domo et de
orto 5 s. et 4 capunos, si non dabit, so hat er zu underpande gesatzt Vs iug. vinee.
S. femer aufser Lac. ÜB. 2, 38, 1210 auch Lac. ÜB. 2, 548, 1264 : convenit etiam inter dictos
decanum et capitulum et ipsum Conradum, quod ipse Conradus de consensu heredum suonmi
annexit et astrixit sepedictis decano et capitulo ad dicta bona unum mansum suum, qui
theutonice dicitur hove, situm apud villam ürre, in curtim ipsonun Sunrisdorp pertinentem,
ut eo in solutione dictoruni 11 mir. tritici sint securiores. item ipse Conradus vel sui here-
des sive successores sui non vendent alicui predicta bona nee mansum nee obligabunt nee
aliquo modo alienabunt nee divident inter se hcredes, sed imus heredum ipsa bona cum
manso solus integre j>ossidebit (^t hee a quolibet berede vel suecessore, eui dieta bona cum
manso ipse . . deeanus et eapituluni diixerint concedenda. in perpetuum observalmntnr.
Ilennes HB. 1, 232, 1274: das Koblenzer Deutsch ordenshaus domos quasdam hereditario iure
sub annuo («»nsu, videlicet octodecim s. Coloniensium bononmi et legalium in festo cireum-
eisionis domini siiigulis annis persolvendorum, loeavimus sive concessimus perpetuo i>ossi-
dendas. dictus (luoque G. j)ro securitate solutionis fa<iende quandam vineam suam, que
Ilaimbuche dicitur, nobis titulo pignoris obligavit, ita videlic(»t quod si quando cessatum
fuerit in solutione pensionis predi<'te quocunque modo, t^iin de fructibus eiusdem vinee (piam
domibus ot areis su])radictis pensionem nostram recipiemus et taiiidiu retiuebimus, quousque
nobis plenarie ftuTit satisfactum. *Arcb. Maximin. 12, 514, 1291 : die Erbpiuht(?r versprechen
bona fide pro nobis et haeredibus nostris, nos soluturos censum praedietum termino ad hoc
jjraeiixo cum poena et expensis praetactis. si in solutione census praefati cessaverimus , ut
est dictum, nosque propter hoc haeredes nostros successores in dictis bonis praedieta omnia
ac etiam bona nostra omnia mobilia et immobilia, qnae habenius vel habituri sumus in villa
de lamais et confinio eins, etifimsi uovam villam ibidem fit'ri contingat, j)ro censu poena et
expensis praedictis provisori hospiüdis praedicti, qui est et erit, titulo pignoris specialiter
oblij^nnnis. *Arch. Maximin. 6, 301, 1347: ad maiorem auteni ceilitudiuem tarn solutionis
censuuin (piaiii observantiae ceteronim praemissonmi, nos llennekinus et Wizela eoniuges
ant<*tati praedicto doniino AVirico provisori suo et dicti liospitalis nomine constituiunis et
ol)Iiga\inm> constitninnis et obliganuis per praesentes donnun sitani inter stratam et domum
— 957 — Umwälzung (1. Wirtsohaftsverfassiing.]
ab, wo zeitweili^n» Kaution auftritt \ so war <lio Pfandsatzunfc stets eiue
(lauernde, die ^anze Pachtzeit umfassende. Als Iliind wurde in illtester Zeit
durchaus rejjjelniiifsi^ lastenfreier (Inindbesitz , welcher detailliert verzeichnet
wird^, gerichtlich aufgetrap:en ; erst seit dem 14 Jh. wird auch Rente oder
nostrani sitam in der Lein, quam inhabitamus , titulo communi pignoris et hypothecae,
arlutrantes sponte per praesentes, quodsi nos aut nostri haeredes aut in posterum successores
in solutionc dictonmi censuum in toto vel in parte aut in vineae cultura ut praemissum est
negligentes tuorinuis aut fuerint vel remissi, quod extunc provisor antedictus aut eins
>ucces8or dicti hospitalis provisor pro tempore ad vineahi f S. 302 J et lioitum praedictos
manus aj)ponere i)oterit i\v se de eisdem intromittere poenitus, donec de universis neglectis
et non solutis i>er nos aut dictae vineae possessores fuerit plenarie satisfactum. *U8Max.
1484, h\. 101*, 1495, S 9: herüber sullent die vurg. bestender uns alle jair uf sent Brictius
tag, als ander zense im liove fellieh sint, geben dri gl. dm mir. rocken dm mir. even
Lutzenburger weronge, zu sent Maximin obg. in unser gotshuis leberen und veraugen sunder
keinen langen verzocb indrach adei* wedei-sprache, mit verbuntenis zwen und drissich gl.
verwilkort uf iren gutem zu Kllingen im hove van Moendorf, nach uswisonge desselben
briefs, wir van in davon iimehain vei*siegelt dorch ein nchter van Moendorf.
M Bd. 8, 126, 34, 1321.
^) S. z. B. Ann. d. bist. Ver. f. d. Niederrli. 44, 8.5. 1362: et ut ipsis religiosis
personis magistre et conventui monasterii in Doenwalt in premi^sis et quolibet premissorum
inagis auitum existat, obligavimus titulo ypothece et concorditer obligamus per jnesentes
unam nostram iumalem vineamm nostramm sitam in teiritorio ville Niedehamerstein,
videlicet unum dimidium iumalem in loco dicto Metzindal iuxtii vineas dictamm religiosamm
personanmi, item unum dimidium iumalem in loco dicto up der Drenkin prope vineas
dominomm de Loco sancte Marie in bunc modum, quod si i)redictam pensionem septem am.
villi ])er neutnmi modomm predictomm persolvere ncglexerinuis congmis temporibus sepe-
dictis, extunc prenotate vinee per nos, ut premittitur, conductc necnon vinee titulo pignoris
}-lM)thece obligate una cum pensione subtracta evident in commissum. *()r. Koblenz St A,
Ochtendung Xo. 18, (ioerz Kegg. der Krzb. S. 113, 1379: und umb daz wir und unser
nakomen der komgulte vorg. sicher sin, so baut uns unsem nakomen und stifte dieselben
.lohan und Kathrine vor sich und ire erben zft rechtem unterpande gesast imd gelacht sieben
und zwenzich morgen ackerlanz und anderhalben morgen wingarten gelegen in Oichtt»ndinger
gi'riechte mit nanien als hema volget beschreben: mit dem eirsten einen morgen ackerlantz
gelegen hinder Lo uf Wilhem von Sintzige, item zwene morgen uf Hongersberge uf den
IHietsschenherren über Poelcher weg, item einen halben morgen gelegen dabi uf eime unserm
hlucke, item einen halben morgen under Poelcher wege under eime stucke der vicarien zft
( Hchtendink, it^'m zwene morgen an Poelcher wege gelegen ftf eime unsemi stftcke, item einen
morgen über den Eigenibil und(*r den DuetschenheiTen , item einen morgen uf Staffeln under
Peter Johans bruder vorges., item fonf virtil oben und drft virtil under unsemi stucke gelegen
daselbes, item drittenhalben morgen in Breitacker under Koitzer pade uf Boeissen, item einen
halben morgen uf Perrich uf Boessen, item zwene morgen ftber Roitzer päd under und über
Peter Schefer. item einen halben morgen an Covelentzer ^iege an Stilen imder den Duetzsclien-
herren, item einen halben morgen an Kethger wege uf eime unserm stucke, item einen
morgen uf Altdreiss under den Thietschenherren , item einen morgen daselbes under Henrich
Winter, item dri morgen daselbes under Hermanne Bartftes, item anderhalben morgen in
Widenfell uf Henrich Winter, \Wm anderhalben morgen daselbes und rürent uf Wannen ober
und und»T eime unsenn stucke, item dni virtil wingarten an dem berge gelegen bi Peter
Johans bmder vui*g. , item drft virtil wingarten gelegen under Jacob S^kilbftge: — also ob
Johan Kathrine oder ire erben vurg. einichen jairs sumich worden an bezalen der vorg.
fWiiLsiliaft (l. (irofsgruiKlIjcs. — 958 —
Land in Rentenweise als Pfandobjekt zugelassen*. Dabei blieb die Nutzung
des Pfandgutes, (^der wie es auch genannt wird, (h^s Supplenuuituni oder der
Beilage, der Riegel nach dem Pächter. Auch filllt das Pfandgut mit dem
Heimfall der Pachtung regelmäfsig dem Pachtherrn im Sinne dcM* jüngeren
Satzung mit zu: so ersetzte die Setzung eines Pfandgutes wohl zugleich die
Einzahlung eines Erbbestandgeldes ^.
Die bisher geschilderten Vorsichtsmafsregeln >Yurden nun aber nicht
selten kumuliert^, ja es wurde ihnen wohl noch gar das direkt und pei-sön-
lich in den Pachtvertrag eingeführte Versprechen des Pächtei^ hinzugefügt,
den Kontrakt aufs unverbrüchlichste halten zu wollen*: ein sicheres Zeich(»n
dafür, dafs mit all den genannten Mafsnahmc^n die volle Sicherheit des Pacht-
h(4*ni gleichwohl nicht erreicht war. In der That grt^belte man stets na(*h
neuen Verbürgungen, ihre Feststellung machte» geradezu ein Hauptgeschäft bei
Abschlufs eines Pachtvertrages aus''*; und wir werden bald sehen, wie gerade
das Unbefriedigende der Individualbürfzschaft auf diesem Oebiete in (Mner An-
zahl von Fällen einer bemerkenswerten genossenschaftlichen Durchbildung (l(»s
Pachtwesens mit zum Durchbruch verhelfen hat".
Jetzt aber ist es zunächst an der Zeit, das Verhältnis des Vital- und
Zeitpachtvertrages zu der eben charakterisieiten Entwicklung dcu* Erbpacht
festzustellen.
Am nächsten schliefst sich an die Erbpacht die Vitalpacht an, nahe ge-
nug, um die vertragsmäfsigen P'Jnzelbestimmungen mit denen der Erbpacht,
soweit ein Parallelisnms überhaupt besteht, fast völlig identisch erscheinen zu
korugulte in der niaessen, alz vor ist bej?i*iften, so sullon Johan Kathriuc oder ire erl)eii
alsdaii die erl)eschaft an dem egen. iinsenn liove lian verloren und sidlent uns unsern
nakonien und stifte die sieben und zwenzich morgen ackerlantz und di anderhalb morge
wingarten lediglich^ sin ervallen.
M Hd. :3, No. 2 V. 1323: 195. su. 1340.
-) Bd. 3, (>, IG, 1270; 191, i^ 7, 1344. An sieh natürlich ist dieser Mitheimfall in der
Hestimnnnig des.*l'SMax. 1484, Hl. 101 a, 149-">, § 10: were sache dass dieselbe bestenderin
einchen saclien vurg. buw<' luler be/ailonge und indrengongen der grontzonsen sumich ader
bruchlich funden wurden, doe sullent si irs vurir. ]»estentenis und auch der bilaegen uns
unsen gotshuis und unsen nacomen los ledich zugefnlhm und si irs bestentenis ledich sin.
^) So z. B. *Areh. Maximin. 12, 514, 1291.
*) Vgl. u. a. *Arch. Muximin. 8, 210, 1295: ego [j)actarius) . . contiteor per j)rae-
sentes, me dicta bona superius expressa a dicto j)rovisore pro aimo censu pracdicto solvendo
sab niodis et conditionibus onniibus j)raedictis iure haereditario recei)iss('; et promitto per
j>raespntes pro nie et haeredibus meis omnia praemissa et singula inviolabiliter observare.
S. auch Bd. 3, 122, h, 1321.
•') Guden. CT). 2, 1087, 1344 : das Kloster Stablo schickt zwei Mönche mit der Voll-
macht ad ipsam curiani nostram de Kemago cum suis apj)enditiis alicui honeste i>ersone ad
tirmam scu accensam usque ad certum temj)oris sj)atium, j)rout nostri^ dictis j)rocuratorilius
videbitur cxpedire, dandum et locanduni. et ad recij)iendum l)onam securitatem et Obligationen!
idon(*am suj)er huiusmodi accensa et (4iam, si opus fuerit, (juascunque litteras et instrumenta
Heri petendum.
«) S. unten S. 973 ff.
— 959 — Umwälzung d. Wirtschaftsverliissung. |
lassen: so dals die Viüilpachturkiiuden in di(»ser Hinsicht schon bei der Va-
örterung der Erbpacht mit zu Rate gezogen wi?rden konnten. Ein Unter-
schied macht sidi dagegen in der wirtschaftlichen Benutzung der Vitalpacht
geltend. Die Erbpacht wird von Anfang an auf die verschiedensten Pacht-
substrate gleichmäfsig angewendet ^ die Vitalpacht kommt nur für einige?
Zwecke zu häufigerem Gebrauch^.
So vornehmlich im ilufsersten Osten unseres Gebietes zu Kolonisations-
/wecken ; hier ist die Landsiedelleihe die bei weitem gebräuchlichste Fonu der
Vitalpacht ^. Freilich dringt diese Fonn kaum über den Rhein bis zur Mosel*.
') So in den iiltcsti'u Urkunani auf eiuen Garten (Mll. Vll 1, 424, 1112), Höfe
(a. a. (). 1, 431, 1115; 474, 1134; 2, 2*, 1169), Wald zum Anbau (a. a. 0. 1, 482, 1115),
Wiesen (a. a. 0. 1, 455, 1126), Landgüter (a. a. 0. 1, 594, 1155; 618, c. 1160; 645, c. 1165;
2, 45*, 1181), Mühlen (a. a. 0. 1, 640, e. 1163; 90, 1187); Weinl»erge und Äcker (a. a. 0.
1, 63, 1169-83; 71, 1185); Teiche (a. a. 0. 2, 1126, 192).
'^) Wenigstens wenn man von den Pachten an Cieistliche absieht, für welche Erbpacht
^i^lbs>tverstandlich ausgeschlossen war, mithin alle sonst auf dem Wege der Erbpacht befrie-
dijrtfm Bedürfnisse mit der Zeitpacht zufallen mufsten.
^) Zur Landsiedelleihe vgl. neuerdings vor allem Amold, Ansiedlungen S. 573 f.; zu
den sonstigen Kolonisationsi»achten s. man u. a. Ilasenöhrl, Österreich. Landrecht 88 ff.,
Mitt. (1. bist. Instituts 4, 431: Haeusler 1, S. 68 ff., 81 ff., 284 f.; zur Kolonisation unter Erb-
zius auch Waita, Vfg. 5, 274, 283 f.; und über die bairischen Urbarsieute (Erbpächter
15. Jhs.) Lerchenfeld, die alten bair. landstand. Freiheiten S. 399; Fr. Seb. Kraysser, Repert.
iuris Bavar. 1671; und ,Gemeiner Urbarsbrauch' (s. a.). tl>er die .Anlässe? zu freierer Aus-
baunutzung 8. auch oben S. 137. — P'inen lehrreichen Fall zur Landsiedelleihe an der Lahn
bringt MH. ÜB. 3, 754, 1242: (^erbanl von Eschborn schenkt an das Stift zu Wetzlar
einen mansus zu Wehrdorf, ita ut . . a colono ipsum mansum excolente, quamdiu vixerit,
sei-vitium, quod inde michi fecit, recipiant debitum et consuetum, et eo mortuo eundem
mansiun ad ins coloni locandum ab instanti die inantea liberam et plenam habeant
potestatem.
*) Der einzige vennutlich hierher zu ziehende Fall fndierer Zeit ist CKM. 2, 180,
1258, cit. ol)en S. 129 Note 3. Innerhalb der Rheinischen Landrechte handelt niu* das
Solmser Landr., v. d. Nahmer S. 13 f., Index S. 1315. über Landsiedelleihe. Im übrigen bestehen
an der Mosel (wie auch am Niedenhein, vgl. Lac. FB. 2, 957, 1295) seit dem 13. Jh., soweit
überhaupt noch ausgebaut wird, ganz andere, in sich zu keinem festen und einheitlichen
Sj-stem entwickelte Leiheformen. So z. B. in Erbpacht MR. ÜB. 3, 895, 1246: SMartin-
Trier giebt an einen Trierer Bürger montem Hart . . excolendum et possidendum . . iure
hereditiu*io . . pro 3 Ib. Treverensibus. Für die richtige Zahlung der 3 Ib. bürgt die Ver-
l)fändung von 3 lüiusem des Büigers. It<»m si edificia et culture pi^dicti montis per negli-
gentiam (puctarii) . . adeo deperirent, ut census predictus ex proventibus eiusdem montis non
posset persolvi, ordinabit ecclesia pro sua voluntate de monte predicto perceptura nihilominus
35 s. censuum ex domo (pactarii). Das war eine Vonu, welche natürlich nur für kapital-
reiche Pächter anwendbar war, nicht aber für anne Schlucker, welche Land zur Siedelung
begehrten; ihr (harakti'r bietet zugleich einen weiteren Beleg zu den Welen im Laufe
dieser L'ntersuchung schon geltend gemachten Gründen tur die Thatsache, dafs der Ausbau
an der Mosel mit Beginn des 13. Jhs. schon im wesentlichen abgeschlossen war. Für
spätere Zeit zeigen das auch Kontrakte wie die *USMax. 1484 Bl. 101^ abschriftlich
erhaltene Loc^itio curtis in Biverbach Alderhof, 1406 April 10: Ich Johan Besseler van
Pnunia und Grcte min elige huisfrauwe don kont und bekennen öffentlich in diesem brieve
rWiilscbaft (L Grofsgruudbes. — 900 -
Und auch an ihrem alten Standoil, an der Lahn, entailet sie. Schon um die
Mitte des 13. Jhs. beginnt hier ihre Ausweitung zur Erbi)acht\ ein Schicksal,
vor uns iind luiser beider kinde, wir itzont mitein baiii und bemainailä mitein gewinnen,
daß wir somtlicb uns aller IMidage us und unser j(* einer nach dos andern dode luid uit
lenger bestanden bain und bestaen in craft dies briefs unib die erwirdigen in gode lieni
Anthonis zu sent Maxiniin imd bem Winant zu Ecbtemachen van goits gnaden epte und ire
convent ein ire gemein erbschaft und buscbe in der Biverbach genante, wie die dan vmi
alder bis dis zit zo dem vorg. goitsbus gemein und ungedeilt geboirf bait, mit allen iren
friheiden begrif imd zugeboir in maisen hernach gescrevou: § 1. Zu wissen daß wir bestenter
vorg. van stont ain und forter zu allen ziden, als langt* das bestentenis wert, die vorg. buscbe
und erbschalt getruwelich sullen hueten mit unsem gesworen eideu und darenus kein bf)lz
V(Tkaufen geben ader verwenden noch sulcbs van nieman laissen geschc^n in kein wise; und
darumb welcherleic pender wir damf begrifen der mögen wir geniesen mit recht, also viel
und W(*nich wir können, und sulcben nutz davon sonder der cg. heren schaden uns bebalden.
§ 2. Vorter raehe isst beret daß wir die erbschaft sullen hueden, daß sie nit versmelt enwenle,
al marken of imsem kosten doin setzen und begenkenis damf doin , als dicke des noit ist
und gcruet wirt; und die ruhen abedoin nach der scheffen wistomp zo Kenne, an den vorg.
bem schaden zu doin. und dammb was uns damf gelieft zu roiden oder das uiet buschtr
enist noch busch werden mach, mit dem ploicb zu gewinnen, ader wiesen damf zu machen
ader zu verUhen imd den noiz davan zo nemen, mögen wir doin und ist der gemelter benu
guedcr wille. § 8. Vorter me ist beret und clerlichen underscheit, gereden auch und geloben
in craft dis briefs , daß wir van stont ain ein redelich wanhus uf die vorg. erl)scbaft buwen
und sulchs binnent zweien jaren nestkoment vollenfueren und das inwainen sullen ; und nach
usgank dis bestentenis den vurg. bern ims goitzhusem los und ledich wail gebuwet laisen.
und sullen darzu a^jerlichs zu sent Kemeis misse ader 14 dage darnach ungeverlich ein
mir. dürren schonen goiden koms lieberen und wail bezailen, und darzu ein half hondert
eier, das ist nementlich irer iclichen ein halb nur. und 25 eier, imd iclichen das sin fuei'en
und libem, als das van alder herkomen und gewenlich ist § 4. Vorter bain wir bestender
vorg. besunder geret gereden und geloben in craft dis briefs, al ungeverd(» indrach bindemis
und onwille, uns of der vorg. (Tbscbaft gesehen nuieoht, is were an bescbutenis der peude
ader ander onwille, soe welcberleie der were, sonder der vorg. bem und goitshusem zudoin
scbaiden und nioidsel abezudragen mid mit unsem kost und arbeit zu bessern of allen den
enden und steden, sich das gebuert, ain alein den gront zu vertedingen: da sullent si uns
bestendich sin den zu verantworten. — AI vorg. puncton und artikel und iclichen besunder
bain wir bestender vorg. den eg. hera und iren goitshusem mit unsen eiden imd tniwen
sonder indrach ofrechtich geloipt zu halden, dai-wider nit zo doin noch schaffen, gedain
werde, in kein wise. und weret sache daß wir in einchen vorg. puncte sumicli wuixlen, is
were einer [Bl. U)2<^] ader me, imd besonder dergener, die die erbschaft zer zit inhette,
jair und dach in dem banne were, alsdan sal dis bestentenis abesin und kein macht me
bain, imd alle buwe darof gedain were frihe ledich und los zo iren hendeii stiiin, und sullen
noch enmogen uns nit me mit irem brefen behelfen noch den forter in ander b«?nde stellen,
imib si damede anzovertigen in kein wis anders dan mit geistlichen recht of enden und
steden, sich das gehurt, und das forter doin in allen den Sachen, dae wir nit ansprachen
muechten erlaissen.
') S. MR. ÜB. 3, 1462, 1258: nos Heinricus senior comes, li. et M. nati sui de Sol-
misse, tenore presentium protestantes notum esse ciipiinus universis tani presentibus quam
futuris, quod decano et capitulo Wetflarionsis ecclesie ex paite iina et Alberune colono
ipsorum de Mulnheim ex altera super quibusdam bonis ibidem sitis corani nobis civiliter
disceptantibus, cum idem A. se in dictis bonis ius hereditarium aflinnaret habere, dicti
— 961 — Umwälzung d. Wirtschaflsverfassuug.l
das allerdin^'s dem fast aller Vitalpaehten eiitsiuidit ^ ; sie wird ferner niclit
melir blofs auf Ausbau, sondern auch auf Besseiaing schon fertig gestellter
Siedehmgen angewendet^; und sie geht schliefslich als allgemeine Vitalpacht-
form auf Verhältnisse und Pachtungen jeder Art über^.
Länger hielten sich besondere Ausgestaltungen der Vitali)acht — wenn
sie freilich auch hier leicht in Erbpacht übergingen — in zwei anderen Ver-
hältnissen, welche beide an der Mosel und am Rhein völlig heimisch und bei
weitem mehr als die Landsiedelleihe verbreitet sind. Es sind das der Villi-
kationsvertrag und die Halfenpacht.
Der Villikationsvertrag, wie er vornehmlich mit kirchlich-giiindherrlichen
Instituten für ganze Fronhöfe, bisweilen auch für Sonderbetriebe der gnind-
herrlichen Verwaltung'* abgeschlossen wurde, charakterisiert sich als eine
spezifische Entwicklung der Vitalpacht für die ('bemahme von Meierämtern
seitens hervorragender Adliger, welche den Fronhofsbesitzungen zugleich Schutz
gegen gerichtliche und aufsergerichtliche AngiifTe zu leisten imsUinde waren ^.
(liTauus et capitulnin suiiin in possessione proprietatis bonoiuin eorundem coram iudicilms et
jjcabinis ad nostra iudicia dopntatis secundum sentcntiani tani per milites (piam i)lel)eius
latani plenissime convicemnt, ju-obantes, prefatuni A. bona nicmorata nun nisi iure colonario
possedissc; unde nos eadeni bona sub protectione nostra auctoritatc iudiciaria ponentes,
dictos decanum vi capituluni in pohsessioneni ipsoruni mitti fecimus corporaleni.
*) Vgl. z. B. Bd. 3, 7, »a, 1273: bei Manusfimia wird nach dem Tode des Mannes für
den Übergang an dessen Krau bezw. den dritten Erben ein manufidelis sive prociu^tor
bezeichnet
*) Guden. CD. 0, 62, 1272, Urkunde des Kapitels von Wetzlar: fatemur, quod Methildi
relicte \Vigandi de Nuveni niansuni nostium, quem Gisilbertus Emczo una tum uxore sua
quandoque iure mansionario possedit, concessimus unanimiter sub annuo censu pro mr. vide-
licet et appenditiis, solido scilicet vecturali et aliis quibusdam censibus minutis, quos idem
(f. et uxor sua noscuntur suis temporibus persolvisse: hoc tarnen adiecto, quod uobis annis
singulis in festo beati Michahelis solvet 4 mir. tritici sub mensura civitatis Wetslariensis et
nieliorabit agros eiusdem mansi in stercorando eosdeiu tideliter, ut promisit; preterea tem-
pore sue decessionis equus melior mansum eundem excolens nobis pro optimali sive pro
meliori capite porrigetur, et bona eadem ad nostram ecclesiam libere et sine contradictione
quoriunlibet revertentur.
8) MR. IIB. 3, 1060, 1250, das Stift Wetzlar verleiht an Bitter Damar: duos mansos
in Garbinheini cum omni iure in Waltgenneze, medietatem curie, mansum in Mulnheim,
noviüia ibidem bona in Nuvem et in Stendorf maccllum et agrum in campis nostrisi quem
contulit Gerbertus j)ro 5 s., iure colonaiio [ei] concessimus in perpetuum possidenda, ut inde
ct'usum solitum statutis tenninis ecclesie nostre j)ersolvat.
*) Hierzu vgl. MK. ÜB. 3, 173, 1221: ego Simon dominus .loinville . . uotum
facio . ., quod lohannes dictus abbas et capitulum Mediolacense contiderunt michi fontem
salis situm in orto hospitalis Mediolacensis, tempore vite meo, ad onmem usum. et sciendum
est, quod ad editicandum dictum fontem ad salivandum ego de terra circa fontem ad omne
tontis edificium mihi sumam largitatem, de nemoribus dictonmi abbatis et capituli nichil
ca))iam. nisi per ipsonmi voluntatem. ad hec etiam volumus innotescere, quod post decessum
meum memoratus fons cum omni suo edilicio libere et pacitice ad eos et eorum ecclesiam
reveitetur, et heredes et successores mei in dicto fönte nichil poterunt reclamare.
•'') Fiir weitere Motive vgl. auch noch *Arch. Maximin. 12, 643, 1519: (scimusX ho8i)i-
lale sujiradictum in suis redditibus proventibus et emolumentis ex locis et villis Briies Cloe
[Wirtschart d. Grofsgniudbes. — 962 —
Dem Pachter fällt damit nicht selten für sein(» Person nur eine pseudovogtei-
liche Stellung zu; er hat (»inen besonderen Beamten als Meier unter sich,
welcher im Fronhofe sitzt und die niederen Funktionen der Fronhofsverwal-
tung unter Abhängigkeit vom Pächter vereieht^ Wo derartige Villikations-
pachten sich zu voller Erblichkeit entwickelten, konnte die Stellung des
[Mchtei-s naturgemäfs in die des Vogtes übergehen; doch wissen wenigstens
einige kirchliche Institute auf diesem Gebiete den Charakter *der Vitalpacht
noch lange aufrecht zu erhalten^.
Dem Villikationsvertnig gegenüber bot die Halfenpacht den Modus, in
welchem man gröfsere Höfe, oft auch alt« Fronhöfe, vornehmlich an Pächti^r
niedrigeren Standes, freie Bauern und Bürger, auf Lebenszeit auslieh; nur
selten koumien neben ihr in meist besonders begrl\ndeten Ausnalimen Vital-
pachten gegen festen Zins und nicht auf Teilbau vor^. Die Form ist schon
um die Mitte des 13. Jhs. völlig entwickelt; in einer Dün walder Urkunde von
1247 ist schon von dem nomen et ins semicolarum als allgemein bekannter
Institution die Rede*. Natürlich zeigte auch diese Form sehr bald die T(»n-
denz zur Erblichkeit ; zunächst dehnte man sie auf beide Ehegatten und auch
auf den nächsten Deszendenten derselben aus ^ : damit war die Erbpacht ein-
geleitet. Indes haben die Pachtherren gegen diese Entwicklung anfangs
wenigstens kräftig reagiert: man stellte der Halfenvitalpacht eine andere
Nutzungsform in Teilbau gegenüber, welche wohl gar auf beliebige Wider-
niflichkeit® oder wenigstens auf Zeitpacht in l>estinunt€n Grenzen hinauslieft.
Villecloy Flessoney Hans et Schiney corumque limitibus annue cedentibus et obveuieiitibus
tum üb locomiii tum ob idiomatis distantiam et inconunoditateni liucusquc non exigiia ]>(m*-
l>os}>uin fuisse detrimenta. oupientes igitiir paupenim consolationi ac monasterii et bospitalis
praedictonun illiusque bonorum et redituuiu lecnpcratioui et constjrvatioui attentius provid<Te.
vei'iKicbten sie, non coacti circumventi aut aliqua fraude seducti.
») Vgl. die rrkunden *(:hart. Trier Stadtbil»!. 1242, s. Lager Mcttlacb S. 29S: *I)iisseld.
St A. Pant. Or. .57, 1260; Guden. CD. 2, 1020, 1822. Sdiöne Heispiele, aber konfus be-
nutzt, bringt au(-h Landau, Salgut 8. 211 f.
*'^) So z. B. Hainberg für llönningen und Irlidi gegeniiber den Hurggnifen von HainnuT-
stein, vgl. (;RM. 2, 191, 12f)2; 3, 559, 1876; 4, 20, 140(>.
«) S. z. H. Hd. 3 No. 209, 1379: 215, 1389.
*) Ann. d. bist. Ver. f. d. Niederrb. 44, 72: vgl. aucb MR. UH. 3. 1021, 1249. Aus
späterer Zeit s. als vennutlicb aueli bierber g<*börig Bd. 3. No. 62, 1279, ferner Ann. d. bist.
Ver. f. d. Nicnlenb. 44, 90, 1438; aucb *Pars I des Dijjlomatarium Ilimmenrodense, Trier
Stadtbild. 1717 Hl. 115b— 117» von 1553: isti sunt agii et vinee ac bona nostra spcctantia
ad curt^'ni nostram in Vren, que tiierunt locata dem Sinningben de Vren ad dies vit^*
sue usw.
'') Vgl. '/.. H. *USMax. 1484 Hl. 101», 1495: Päebtrr auf 2 (ieniTationen.
«) *0r. Koblenz. St. A. c. 1205, MR. Reg. 2 No. 992.
') Kiir die eigentinnlieben in diesem Fall ausgebildeten Formen s. Ilennes ÜB. 1, 460.
1347: W. paebtet vom I)eutscborden^baus dessen llof zu iiOnnieb auf 4 Jabre, mit alsulcben
vorwurten, dat si mir sullent g«'ben bailben sanien, und sullent lialben snit (bm; unde ieb
sal in lialden einen benen unde einen knecbt mit einem perde in miner kost, biz der vor-
slacb uzkomit, imibe 2 mir. koniis, unde ir drescbere ie den man umbe 1 siun. koniis zu der
— 9(33 — LTmwälzuiig d. Wirtscliaftsverfassung.]
Dieser Gejrenzup: liefs sich um so eher diirehfülireii, als sich ^^erade für
H(>finichtiinp:eii nel)en der Vitidpacht schon hingst die Zeitpacht Bahn ge-
brochen liatte^ Das Pachtverhilltnis damnte in diesem Falle meist 9 bis
40 Jahre ^ : nur äufserst selten ging man unter die Minimaldauer von 9 Jahnui,
wucJu'ii, voir iiiule iia, also lange si es bedurfent. ouch sal ich in haililrn zu der soiner-
Ihicht seis nieiischen, ilichen unibe oiu suni. kornis zu der woehen, den sollent sie Ionen,
nnde ich sal antwurti'n al ire trucht zu Covelenze unde sal in dun zwo woren in der gegen-
nothe, wanne sies an mich gesinnen. ouch sal ich ir laut wol gewinnen unde buwelich
hailden, unde gein laut nie gewinnen, dan dat ir. vortme wat cinse unde hede of den hof
gevellit, dat sal ich bezalen. were ouch sache dat ich geinen schaden oder Verlust hette van
iinanne, des di vorg. herren zu dagen wolden konien, des ensal ich ingeine vordeiunge
liain. unde di werclude, di sie zu mir sendint muren dach unde wende zu machen unde den
hoif in buunge zu haildene, den solent si Ionen, unde ich sal si hailden an niiner kost unde
in opperen mit minem gesinde. unde of si es noit gewinnen, nuwen bou zu macliene, da sal
ich mine vore zu doin. »UMünstennaifeld Hs. Koblenz CXI^ Bl. 38>>, 1348: Wir p:iias
l)roist . . pechter des hoifs zu Kerne hau geluwin unsen hof daselfs II. Conen sone vier jar
Ineinander, die angiont uf unser frouwen lichtmissen . . ftzgenomen dat mirgelstucke bi Rover
gelegen von 16 Ib. morgen, umb halven nutz alrejerliclis , und sal uns den sein und
vursnieden und alle kust (bu-zü dftn den em durch und unsenn gesinde als lange, als de weit,
und wanne dat de em uz is und die vroicht in die schüre kuinpt und dreschen begint, so
solen wir inie ie zu der weclu^n ein sumber koms geven. als lange dat dreschen wert, und
sal he uns den hof ])uwelich halden und daniffe wanen und dat stro brechen, als gewonlich
js. und sol uns unse dcil vroichte vuren alrejerlichs zu Munster uf unse huis oder uf die
Mosel, da id uns even kumpt; und sal uns geven alrejerlichs 1 mr. Brabentisch uf seilte
Mertins dach zu wisftngen. und solen wir selve unsen dienst don und die zinse heven.
Aufserdem vgl. Bd. 3, No. 194, 1356; 245, 1466. — Abweichungen von dieser Form bringen
CRM. 4. 350, 1479: Erzbischof Johann von Trier bewilligt einem Bürger zu Engers
die Anlegung eines Salmenfanges auf dem Rheine zwischen dem Saynbaoh und dem Turme
zu Engers, auf 40 Jahre, gegen die Abgabe des fünften gefangenen Salmen; und *Arcli.
Maxiniin. 1, 976, 1489: darzu suUent die vorg. beständer hain den garten bi der Roeder
brücken half mit den nüssen und oifze, darinne wieste, und verinitze das sie unser deil alle
jähr zur zeit irren und duengen, behueden, bestuppen und befrieden na noitdorit.
■ V) Zeitverpachtungen giofser Höfe s. Goerz MR. Reg. 2, 2147, 1235; Westd.
Zs. Bd. 2 Korrbl. 219, 1299: llennes ÜB. 2, 382, 1308; *Dipl. Pnimiense Bl. 136», 1315;
Bd. 3, 149, 12, 1330; TMünstennaifeld Hs. Koblenz St. A. CXI^ Bl. 42», 1335; Guden. CD.
2, 1087, 1344: »U^Slünstennaifeld Bl. 38»>, 1348; Arch. CleiTaux 362, 1368; *Dipl. Pnimiense
Bl. 119b. 1372; *Arch. Maximin. 5, 1240, 1381; Guden. CD. 2, 1339, 1466; Bd. 3 No. 245,
1466: *Koblenz 8t. A. MC. VIII Bl. n6b, 1466; *Arch. Maximin. 1,975, 1489; 13, 1261—62,
1490: *Boos. Kufalia 3, 57, 1496. Hierzu vgl. an Vitalveipachtungen grofser Höfe *Chart.
Trier Stadtbibl. 1242, s. Lager Mettlach 298: Ann. d. bist. Ver. f. d. Niederrh. 44, 72, 1247;
♦Düsseldorf St. A. Pant. Or. 57, 1260: Bd. 3, 78—79, 1279; (121 f., 1321); 125 f., 1321;
(19<> f., 1344): (195 f., 1346): ♦Koblenz St A. MC. IIb Bl. 150b, und hieraus MC. III
Bl. 229b— 230s 1376; (Bd. :5, 244 f., 1379); (254, 1389): (262, 1414); ^USMax. 1484
Bl. 101», 1495). — (iuden. CD. 2, 1339, 1466 findet sich gar Verleihung von Schlössern in
Zeiti)acht: «piod Carsilius et Wemems de Pallant conduxerint ad sexennium Drimboni et
Histart castra cum bonis in Xorvenich, Merzenich. Bure, Ersem, Eckersem et Sevenich ab
Alheide. vidua Wilhelmi Vlatteni.
-) So finden sich in den Rupertsberger Akti'ii (Bd. 3 No. 2) 7 Hofzcitpachten von 20
untl 24 Jahren, daneben nur noch eine von 6 Jahren, und in den Mittelrh. Regg. Bd. 3,
|\VLvlei'li.ill il. Grof»grimiibnB. — 064
etwa bis z« ö Jalnen lieriih', llurcli dit'se laiifTP Dauer iinterschiwi sieh die
Ilofzeitpiu-ht imiiK'rliiu vim iuideren Zeitpjulituiiycii, z. B. vou deu Mtliiz- unit
Zolliiachtunwu- welche höcliüteo» 1 hie 6 Ja)ire utiifiil'sten = , fonicr von doii
kleineren ArkeriiachtuiiHen . weiche vod 5 Ins zu liöclistcns 30 Jahren an-
stietren ", und von den jährlich zu emeucmden Tachtiinpen an Wiesen, Zehnten.
P'ischereieB u. dg].*.
sowie (Itn Rugg. der Krzl). timleii sitli TL>i*wandU' Ztitiiatlilcn /.a .)iiliri-ii: ;) (jot-ra Ili'gt".
<ler Entb. 1356 Mz. 2T; 10 Mit. |{eg. S, 718, 1219; 'CMuiistfiinniliad Ih. Koblens CXl^
IM. ««, 1335: Goera Hegg. der Erali. 1476 Apr. 20; lä Goe« Kegg. der Erab. 13Jß
l)er~ i; ir, Qntn Regg. der Erali. 14-52 Juli 8; 16 Gotnt Regg. der Ei'di. 1448 Mai ö:
30 MÜ. lli'g. 3, 805, 1250; Goerz Rrgg. der Erah. 1486 Dw. 24; 1487 Dra. 21; 3J G«i-i'J(
Iti-gg. d(T Erali. 1466 Kebr. 3: 1489 Febr. 2; 1492 Ni)vlir. 16; üb Goere Regg. der Va-hX:
1488 M». 11; 1493 Mai 14; "USMax. 1484, B!. 76«, 1495; Gom U97 Novbr. 12; Sl Viovn
Regg. der Erab. 1470 Jan. 26; 1482 Juli 8: .35 Gocr/ Regg. iler Krab. 1488 Febr. 4;
34 (iwn Htgg. der Erab. 1496 Febr. 22; 4U Uoera Regg. der Erab, 1463 Okt 26; 146e
Ft'br. 2: 1477 Juni 6; 1479 Okt. 24; il Goera Regg. der Erab. 1494 Novbr. 17.
') So in dem äinen sclion S. 963 Note 2 «rwähnten Ruperteberger Fall, vgl. aurh noch
Ilenuea ÜB. 2, 382, 130H: Ritter Knno «on BiDsfeld pochtet auf 6 Jalire (ad firmam rccepi)
die Gater der Abtei Nivelles m\ Bimfeld, Ödingen, Unkelbaoh, Spreodlingen iiiid Biogen.
*) Derartige Paclilungeii beispielsweise v.a Jnhren: / Gocrx Regg. der Krab. 140!)
.\pr. 17 (Mump); 3 Goens R«gg. der ¥;nh. 1366 Jan. 15 (Zoll ?.a Trier), so uuih 1872
l)eü. 87; 1382 Apr. 7; 1408 Nov. 12 (MünKe); 3 Goerz Re^- der Erab. 1401 Mai 1 (Zoll m
Koubem); i Ooera Regg. der Erab. 1408 Nov. 12 (Müme); 5 Guura Regg. der Erxb. 1408
Apr. 8 (MoseboU zu Koblen/); 6 Goerz Regg. der Erab. 1343 Juni 23: 1384 Juni 30
(MoscI/oll TM ^\<•\^\vü^X Für 4 Jiibre vpl. Remling, .'iiieier. l'B, 211. 1237. .it. unlen Dd. 2,
363 Note 1.
■) So in den Akten von Rnpertsberg (BJ. 3 No. 2) Jahre .'i 1256; 6' .:■ 1220 (g);
H 1195 4 Falle, c. 1270 6 Fälle: 9 1195; 11 1195 2 Fälle; S2 1202, 1204; 20 1210;
30 1224.
*) S. oben S. 614; vgl. ferner unlen Bd. 2, 221; lISMax. 1484 Bl. 2, WBisingen, dt.
olHjn 8. 447 Note 5; WWeifskirchen 1493, Arch. Maxiniin. 1. 96, cit. oben S. 530 Note 5;'
Bd. 8 No. 306 und 307; 'USMax. 1484 Bl. 52«, WÜsperen: decinia in Osiieren solet-Iocari
annue secundum snh et supra plns vel minns pro 56 motten, medium siliginis et avene, hoc
est \b die site 38 muttcn cum iuribns suis, scilicet 10 titlenla cere, unum t1. et dimidiiim pro
vinicopio dicto budelgelL Item adhuc 11 mutten siliginis, que recipit gianarius pro suo
labore seil mereetle. item in appositione 12 gr. vor nass winkatif; et in angmentatione de
Uno quoque mo. , qnod auguientatur, unum gr., ituem exponit granariue, quus tenentur iluci-
matores cidein restitnere nna ciun aliis vinicopiis et Omnibus supi'ascrijitis: tenentur omnia
solvere, qui retinent decimas. item respieiat granarius ante omnia, quod haheat fideiussures
bonos et optimos et eertos. WNalbacber Thal 1532, G. 2, 26: weisen sie, daß der lelien-
lierm meier in wegen derselben die fischerei von sanct Remigius tag an bis /.w oestem und
nit lenger, und das so duir oder wolfeil er kan, verleihen mag: doch mit vorbehält eini
iedem hoisnian im tael seOhaftig hei dem fischer ongeengt oder geirret, \wX lerbelen oder
mit garren, so fcr er gewaden kan, /u tisohen. und achter oestem bis zu sanct Remigius
tag möge ein ieder inwoner des tuls in dem wasscr der Itremts Uscben; uiul von dem gelt
der Verleihung liaben die gnuitheim /woe tlieil; und der vogt die dritteil. Vou diesen ver-
steigeruugsartigcn Pachten ist im folgenden nicht weiter die Rede. Vgl. auch Bil. 3, 313
Note 1 und dazu den Text.
— 965 — Umwälzung d. Wirtschaftsverfassung. ]
Mit der Zeitdauer ist schou die bezeichnendste Eigenart der Zeitpacht
gegenüber den anderen Pachtfornien umschrieben ^ Es liegt in der Natur der
Sache, dafs sich diese Eigenart auch sonst noch in einer Anzahl von Sym-
ptomen niederschlägt, in welchen sich die Zeitpacht von der Erb- und Vitalpacht
merklich unterscheidet^.
Hierhin gehört es schon, wenn beim Pachtantritt'' jede besondere Zahlung
im Sinne eines P'rbbestandgeldes oder dgl. wegfällt, höchstens die Pränumerando-
abtragung der ersten Jahrespacht wird ausbedungen*. Auch in dem Rechts-
verhältnis des Pächters tritt gegenüber der Erbpacht, deren Grundsätze im
allgemeinen gelten^, noch die Bestimmung hinzu, dafs bei dem Tode des
Pächtei"s während der Pachtzeit dessen Erbe in den Vertrag unter Kontrakts-
erneueiiing einzutreten habe®.
') ÜIht moderne Moselzeitpacbt s. v. Schwer/ S. 178—76.
-) Diese Symptome bilden sich, trotz des variablen Charakters der Zeitpacht, doch
ziemlich fest heraus, namentlich auf Gnmd des IJmstand(»s, dafs die einmal für eine be-
stinnnte Pachtung vorhandenen Vertragsbestimmungen hei neuen Kontrakten der Regel nach
Iwuhehalten hezw. weitergebildet wurden. Auch hliehen häufig dieselben Familien mehrere
Pachtperioden hindurch im Besitz der gleichen Pachtung. Vgl. * Koblenz St A. MC'. VIII
Bl. 96 1 No. 286, reg. Goerz Regg. der Erzh. S. 228, 1466: Wir .Tohan etc. tun kunt . . , das
wir Simon imd sinen erben unsem und unsers Stifts hoif zu Oichtendnnk vierzig jar lank
datum dieses brieves nechtsvolgende verluwen haben und verlihen ime den vur ims und
unsere nakomene und stift in craft dieß brieves mit allen und iglichen feldeni wiesen
eckeni wingarten zensen gulten fnuhten und fnheiten in denselben hoif gehörig und vurt
allem anderm sinem zugehonmge, in aller maissen und wie andere unserer vurfaren und stifts
hoifslude dasell)S vur ime den genanten unsem hoif ingehabt, des genessen und gebruichen
haint ungeverlich. »Koblenz St. A. MC. VIII Bl. 178» No. 527, reg. Goer/ Regg. der Erzh.
S. 24.S u. S. 261 : Item hait unser gnediger herre Niclaisen Lairbecher dem alten zu Wesel
und sinen erben die wiese unden an Webeisheim gelegen in der Steige zehen jair lank
geluwen vur vier Rhinsche gl. uf sant Mertins tag davon zu geben, des datum st^t zu
Erembreitst^in des xxten tages im aprile anno domini MoccccoLXVlt« . Dazu am lUnde:
Diese gnade ist siner huisfrauwen Ketterin fünf jare erstreckt vermitz diesen)en vier Rliin-
schen gl. anno domini mocccclxxxo (juinto circa festum Michaelis. Vgl. auch *Arch.
Maximin. 13, 1262, 149o.
') Das Datum desselben variiert sehr, ein bestimmter Tag als Termin fi'ir Pachtanzug
existiert nicht. Beispielsweise beginnt die Pacht Johanni *Dipl. Pnuniense Bl. 136», 1315;
Philippus und .lacobus *Dipl. Pnuniense Bl. 119 *>, 1372; Remigii *Arch. Maximin. 13, 1211,
1472; Lichtmefs *Arch. Maximin. 1, 975, 1489; Brictius *Arch. Maximin. 6, 511, 1512.
*) *Dipl. Pnuniense Bl. 136», 1315: tenebimus et possidebimus dictam curtem cum
suis appenditiis et iiuibus, ut superius est prenotatum, . . a festo beati lohannis baptiste . .
'm\ 12 annos proxime et immediate subsequentes pro 80 mr. Coloniensium bonorum et
legalium quolibet anno solvendorum, de <piibus iam de primo anno 80 mr. a nobis dictis
religiosis sunt persolute.
''') S. z. B. *Arch. Maximin. 13, 1211, 1472: dabi ist mit besprochen, das wir be-
stender obg. nit mögen noch sollen macht han, die vorg. erbschaft forter in andere band zu
verliehen zu verwenden zu vti*i>fanden zu beschweren oder zu theilen noch andere leut
lassen gebrauchen, es sei dan mit des eg. unseres herren des abts wissen imd willen.
**) *Dipl. Pnuniense Bl. 137», 1315: si vero nos medio tempore de hac vita migrare
contingeret, heres noster, qui nobis in pensione dictonun bonorum quoad residuum dictonim
tWirtschaft d. Grofsgrundbes- — 966 —
Die Zahlung dos Paeliteinsos ist im wesentliclieu derselben Regelung
wie bei der Erb- und Vitaliiacht unterworfen, namentlicli ist auch hier Al>-
lioferung des Pachtschillings auf Gefahr und Kosten des Pachters das Gewöhn-
liche ^ Ebenso sind die Bestandteile des Pachtzinses diesell>en, bald aliquote
Teile des Ertrages^, bald Geld, recht spät auch noch überwiegend Naturalien^,
sowie Dienste und Fronden*. Eigentümlicher dagegen sind die in älterer
12 annonini vellet et de iure deberct Kiiccedere, infra diinidium annum a tempore nostri
ohitiis renovare tenehitiir predictas conditiones et iideiussorea. et Kimiliter facere teneliitiir
dicta Richalda uxor niea me predicto Willielino defiuictOf alioquin ipsa uxor inea et herodes
iiohtin cadent a pensione diote ciirtis et bonorum ipsius ac a conditionibus predictis.
*) Vgl z. B. *Arch. Maximin. 5, 1240, 1381, vor allem aber *DipL Pnimiense
lil. 119^ f., 1372: der Pastor Joliann von Remich pachtet den Prümer Hof zu Remich umb
einen jeirlichen pacht, zo wissende 38 ndr. gueden wisses ind 5 amen wins des besten ge-
wazzes uis iren wingarden in iere valJ zo leverende , ind 1 punt Treissclier penninge gue<ler
fnd geber zo weren zo leveren zo antworten ind zo bezalen alle jaire uf sent Katherinen
dach der hilligen junfTmuwen uf mine coste arbeit ind verluist zo 'frieren an die muire mit
alsulcher maissen, als zu Trieren genge ind gcne ist were is sache daz is regente, hagelte,
snitc ader ander ungeweder were, als ich mine pechte soilde weren, so sal min schif ind
min veire verliben halen mit dem vurg. gtunle also lange, bis sich das wedder gesetzet ind
man die fruchte reine mach intphain ind uismcissen, ouch up minen vreisen arl>eit ind coste.
wan ich die vurg. pechte brengen an di(» nuieren zo Triere in guedene reinem wedder, so
soiUen si die vnichte zostunt [BL 1^0» I intphain ind soelen mich damede neit hinderen, were
ouch Sache daz ich die vurg. pechUi uf die vurg. zit, alz iih si bezalen sal zo Trieren, neit
enborte ind die vurg. herreji ader iere geweidige boeden daruf legen zo warten, welcher-
hande coste daz si verzerten, die bin ich in schuldig alre zo legen, were ouch sache dax
ich zu Trieren queme mit der vurg. minre pensien, in die vorg. lierren noch iere boden neit
da cnweren die pensie zo iut])hainde, welcherhande coste, die ich ad<»r mine boden danneabe
leden, die soelen mir die herren abelegen, als ducke, als des noit ges<*heit.
^) S. aufscr Bd. 3 No. 2, wo sich Halb-, Drittel-, Viertebalbcr- und Vieitelbau findet,
auch *Trad. Rui>eitsb. IJI. 42^. 1313: V<ui>arhtunij: eines Weinbergs ad spatium 12 annonmi
pro (limidietate^ incrementi. ähnlich von 3 Weinbergen ad spatium 20 annonim zur Half-
winnung, et in primis (i annis debent nieliorari, quod vulgariter dicitur roden.
■') Boos Kufalia 3, 57. 1496 wird der Steinfelder Hof Reipach auf 40 Jahre um 40 mir.
guter reiner even verpachtet. Kr wird dann (a. a. (>. S. r>2) lf)14 wieder verpachtet auf
12 .lahre um 123 kuirenter gl. (zu 24 Kölnischen all).), ein fettes Schwein 7 Thlr. wert, ein
fettes Kalb, einen schlechten Tlialer, zwei Kaj)aunen und zwei Fahrten zum Holen von
16 mir. von Zülpich Bessenich oder Hönigkirchen.
*) *Arch. Maximin. 13, 1211, 1472: . . bestiindeu hau und best(;hen in kraft dieses
bnefs zwanzig iahr lang nechst nacheinambu' folgende und nit langer, die auf iahr und U\g
dato dieses briefs angehen sollen; alle iahrs umb fünf mir. und ein halbes guitz dün*en
ufrichtigen und genehmen korns Triersclier niassen (hnw ehgenanten uns<?rm lieben herren
und seinem gottesbaus \i\' sant nemigius tag sonder einigen langen verzug in das vorg.
doster zu sauet Maximin in einer sunniien davon liefem geben und wo] bezahlen sollen; und
darzu auch alle iahrs drei fouder dunger zu d(;s obg. unseres henen oder seines Werk-
meisters gesinnen vor des ehg. gotteshauses Weingarten zu Kgel liefeni sollen, oder acht
weißpennig darvon bezahlen und vergnügen in das vorg. doster. *Arch. Maximin. 1, 976.
1489: item sullent sie auch alle jähr hoelen in unserem hof solche donge, uns verlift, über
unser garten und nottüifKge j)letzer zu düngen und dieselbe mit der irren in unser vorg. velt
führen. *T'Steinfeld. l»l. 125^.- nnse moelen zu Wer mach men eim? jaerzaele froemen
— 967 — Umwälzung d. Wirtschaftsverfassung. 1
Zeit häufig vorkoiiiniouden Ph'hühungon des I*aelitschillin<rs nach ein- bis acht-
jähriger Pachtdauer*; sie» vei-stelien sich teil weis wohl als Zinsnachlässe im
Vorgleich mit der späteren höheren Pachtsunime, wie sie zum Zwecke d(T
Besserung festgesetzt wurden^, teilweis mag (*s auch bei dem anfänglichen
Mangel eines kai)italkräftigen Pächteretandes von Vorteil gewesen sein, Aw
Erhebung der gesamten auf die ganze Pachtzeit fallenden Pachtsumme so zu
viMteilen, dafs in den ei'sten Jahren weniger, in den späteren mehr als die
durchschnittliche Teilsunmie eines Jahres gefordert wurde.
Ziendich der Krbi)acht identisch verläuft dann wieder die Behandlung
des Pächtei-s als Erhebei^s etwaiger giaindherrlicher Bechte des Pachtherrn ^,
sowie seine Vei-pflichtung zur Leistung aller auf dem i*achtgut ruhenden
Lasten *.
ludon vorlehnen vur oinen bonoenibden pacht van kom, vart /oe Steinvolt, anderen deinst, ind
bouwe der nioelen, ind vrieni geniat unser kelrien zoe Wer.
*) So finden sich Bd. 8 No. 2 (Rupcrtsherg) folgende Fillle:
Pachtohjekt
Zeit Erste Periode
Zinshöhe
Spätere Periode
Zinshöhe
Wiese 1195
liaus 1203
Weinberg \ 1204
I
Iliuiser u. Weinberg 1256
8 Jahre
1 Jahr
5 Jahn»
1 Jahr
4 mr.
Drittel
4 s. 2 cappones
3 Jahi*e
23 „
4 .
IV2 mr.
20 d.
Ilalbteil
5 unciae
S. aueh *Abs(hr. Miltenberg 1235, vgl. Goerz MR. Reg. 2 No. 2147: das Speierer Dom-
kapitel verpachtet den Hof Kreuznach mit allem Zubehör auf 20 Jahre für jährlich 27 Ib. d.,
sowie mich dem folgenden .fahre noch 110 mir. Kom und 55 mir. Weizen jährlich.
2) S. oben S. 428 Note 3.
^) Von interessanteren Nachrichten vgl. *Dipl. Pnimiense Bl. 136», 1315: religiosonmi
iura et bona ad dicüun curtem pertinentia distracta deperdita seu alienata ad ])roprietatem
ipsorum prout i)0ssimus bona fide revocare debenuis, et iura sua contra omnes defendere et
conservare nostris expensis et labore. *Dii)l. Pinmiense Bl. 120», 1372: were ouch sache
daz die 6 mir. roggen, die alle jaire vallen uis deme hoeve zu Buch, mir neit werden
enmoichten uiz deme vurg. bove, so soelen mir die herren von Pnune die vurg. 6 mir. alle
jaire abeslain van der vurg. [|>ac.ht]sunum?n 3« mir. weizzes.
*) S. *l)ipl. Prumiense Bl. 120», 1372; »Arch. Maximin. 5, 1240, 1381; 13, 1211,
1472; ferner *Ar(h. Maximin. 13, 1261—1262, Memorial über Weiden, 1490: circa festum
Martini locavit sive in locata recepit Paulus villicus in Wellen omnia iura monasterii
nostri in Wellen ])roj)e Macheren ad 18 annos incipiendo Martini anno 90, singidis annis
pro uno ndr. siliginis et imo ndr. avenae fS. 126'^l mensurae Trevirensis deliberandae nobis
ad monasterium sancti Maxiinini circa festiuu Martini, et una ahma vini deliberanda ad tor-
cular nostmm in Marthert tempore vindemiac*. expediet etiam idem Paulus omnia onera
nostra ibidem, videlicet dabit domicello Arnolde de Rupe unam ahmam vini et capellano
ca]H>llae seu altaris sanctae Mariae in Sarburgh etiam unam ahmam vini, quam non tenetur
remotius deliberare, quam in villa de Wellen, villicus dominonun ex parte eonrni tenetur
[Wirtschaft d. Grofsgrundbes. — 968 —
Materiell vielfach abweichend dagegen sind die Bau- und Betriebsver-
hindlichkeiten ausgestaltet. Ist hier auch der Hauptsatz beibehalten, dafs das
Pachtgut mindestens im alten Zustande, meist aber melioriert gehalten werden
und heimfallen müsse ^ so lag es doch andererseits nahe, über Bau und Be-
trieb genauere Bestimmungen, wie im Erbpachtsfall, zu treffen. Der Erb-
pächter verwächst mit dem Gute; er wird von vornherein sein Möglichstes
thun, lun es zu hohen Erträgen zu bringen; die Dauer des Pachtverhältnisses
ist zudem zu lang, um über den Betrieb mehr als generelle Bestimmungen
zu treffen. Der Zeitpächter dagegen ist mehr oder minder landfahrend und
flügge; die Möglichkeit liegt vor, dafs er Raubbau treibe; und man kann
diese Eventualität durch genaue Vertragsbestimmungen über den Betrieb ver-
hindern. So erklärt es sich denn ohne weiteres, wenn wir in den Zeitpachtver-
trägen recht weitgehende Festsetzungen über die landwirtschaftliche Behand-
lung des Pachtgutes finden-. Aber auch fllr die Bauten bedurfte es anderer
etiam scabinis ibidem omni anno cuilibet unam garbam siliginis vel unam erf siliginis, et
mcdiantibus iis tenentiu' scabini ibidcgi nobis onmia iura et omnes hereditates praeservare,
ne aliquid ex eis amittatur seu diminuatur. *Arcb. Maximin. 1, 274, 1587: darbenebent ist
auch hierin bethedingt und abgeredt, daß der beständer bei wehrender dieser bestäntnus alle
dasjenig, so wir und unser gotteshauß von wegen obg. zrhenden renthen und gulten, auch
das orths habender gnmtgerechtigkeiten zu thun und zu tragen von recht und gewohnheit
wegen wie von alters schuldigh seind, es seie ahn kirchenbäuwe und underhaltungh derselb<'n,
auch scheffenesscn und gerichtskosten , nichst usgenonunen, ohne imserem zuthun oder
ergänzungh der obg. 375 gl. [Pachtzins] uf sich nenien tragen vollen/iehen und er-
legen (solle).
») Vgl. aufser M, 3, 8, i?, c. 1281 und 278, sh, 1466 auch »Dipl. Pnimiense Bl. 186»,
1815: aream dicti curtis de Linghe cum suis edificiis ad eam pcrttnentibus ediiicAbimus et
odificatam consenabimus nostris exponsis, agi-oscpio dictoiiini religiosorum ad dictam cuiteni
portinentes utiliter oxcolemus et cxcultos dimittciiuis, ita, (luod in tino dictonim 12 annonmi
dicta curtis adoo bene editicata (?t agri exculti adeo hone vel melius inveniantur, quam
liwrint, cum ipsam curtem intravimus pro peusione prcdicta, ot hoc ad testimonium scabi-
norum dicte curtis de Linghe. »Dipl. Pnimiense Hl. 120», 1372: ouch sal ich den vurg. bot"
mit alle sime zugehoere ind sunderlichen die miielen in gueder bescheidender ind gewoen-
liclier l)uwongen lialden , ind wanne die vurg. 12 jaire uis sint , die vorg. muelen in gueder
buwongen laizzen mit allen Sachen. »Koblenz St A. MC. VIII Hl. 96*>, Goerz Regg. der
Krzb. S. 223, 1466: das der vurg. Simon und nach iine sine erben denselben unsem hoit
mitsampt husunge schüren und schaifstellen in giulem gcwonliclien reddelichem buwe und
gedeche halden, das er deshalb nit vorgenklich werde, und auch die felde zu dem hoefe ge-
hoerig zu den rechten ziten und erten eren, als sich geburt und gewonlich ist
-) In dieser Richtung seien angeführt Bd. 3, 6, 2h, c. 1270; 8, 9, c. 1281; Westd.
Zs. Bd. 2, Korrbl. No. 219, 1299, Hoii)acbt auf 24 Jahre: scamna bladi ad utilitatem
agrorum dicte curtis aliunde non deducam, set in ipsis agris remanelmnt pro melioratione
eorundem; et . . . de melioratione agrorum ])redictonnn nee per mv. nee per alios aliquid
requiretur, hac apposita conditione, quod ego llenricus in parte agrorum videlicet quatuor
iumalibus et non pluribus singidis annis si voluero sandicem potero seminare, et quatuor
alios iurnales dictonim agrorum meliorabo singulis annis. quod vulgaiiter mirgillin appellatur,
in recompensationem dictonim (piatuor iumalium cum sandice seminatonnn. *Arch. Maxiniin.
13, 1211, 1472, Pacht auf 20 Jahre: das wir die vorg. erbschaft mit guetem wissen und wilh'U
— 969 — Umwälzung d. Wirtschaftsverfassung.]
Bestimmungen wie beim Erbpachtverhältnis: dem Pächter konnte bei einer
Pachtdauer von höchstens 40 Jahren nicht mehr als Instandhaltung der Ge-
bäude zugemutet werden; gröfeere Baulasten mufste entweder der Pachtherr
tragen, oder ihre Übernahme wurde dem Pächter vergütete
Merkwürdig ist es femer, dafs auch die Möglichkeit des Zinsnachlasses
in der Zeitpacht anders geordnet wird, wie in der Erbpacht, wenigstens finden
sich neben Vereinbarungen, welche an die Erbpacht anklingen^, auch ganz
andere Festsetzungen, deren Tendenz auf die Belastung des Pächters mit
einem verhältnismäfsig sehr starken Bisiko hinausläuft^.
Vor allem aber weicht von der Erbpacht ein Teil derjenigen Bestim-
mungen ab, welche die sichere Bewahrung des Pachtverhältnisses seitens des
Pächters verbürgen sollen. In der That liegt hier eine besondere Schwierig-
keit gegenüber der Erbpacht vor. War bei letzterer der Kanon von Anfang
unseres herren des abts obg. inhan, dieselbe erbschaft zu zweien malen aus und aus düngen
und misten sollen, als das lands gewohnheit ist. *Arck. Maximin. 1, 976, 1489: vortme sollen
die vorg. beständer alle jähr die velt und wiesen van graben, Stacken, dongen und gestüppe
in gudem ufrichtigen buwe halden und zu ende ihrer immgen ligen lassen, item darzu
suUent sie alzit mit raede unser ambtlüede van doedem holz in unseren büsche, zu dem
mindsten schaden, zu nottorft der vorg. pletzer zu bestoppen hawen und hoelen sonder
intrag. Vgl. hierzu die aus demselben Pachtvertrag oben S. 580 Note 4 gedruckte Bestim-
mung. *Arch. Maximin. 6, 511, 1512: idcm pratum;bene colat, nihil minuat vel augmentet
sine rationali causa, atque spinas, dumos, arbores nocivas extirpet, desecet, et in meliorem
culturam reddat — Vereinzelt ist *Arch. Maximin. 13, 1212, 1472: were sach das sichs
gebührt einige marke an der vorg. erbschaft zu setzen, sollen wir bestender ehg. unserm
herm dem abt zu voran verkündigen, seine diencr darbei zu senden, und was kost darauf
geht, sollen wir bestender obg. sonder des ehg. unseres herren des abts und seines gottes-
haus schaden vergnügen und bezahlen.
J) Vgl. Bd. 3, 5, 17, c. 1224; 5, 24, 1256; No. 219, 1395. Eine radikale Lösung bietet
Westd. Zs. Bd. 2 Korrbl. No. 219, 1299 : dictam curtim in bono cultu conservabo et eam, ut
melius potero, cdificari procurabo, que ediiicia infra sepes dicte curtis post lapsum dictorum
annorum michi cedent, ita quod cum hiis meam facere potero liberam voluntatcm.
«) Vgl. aufser Bd. 3, 279, i, 1466 auch *Dipl. Prumiense Bl. 120», 1372: weres ouch
sache daz die vingisguet einches jaires bekümmert woirden von deme herzogen van Brabant
ind van Lutzenbergh sincn amptluden ader van der viu'g. herren wegen, ind ich davan
kuntlichen schaden lede, den schaden soclen mir die herren in deme jaire abelegen, als verre
als ich den schaden gcwisen kan kuntlichen. welliche zit daz die vorg. guete bekümmert
woirten, ind ich mine boeten na den herren sentc, die vurg. guete zu verantwerden zu
Bemeche zu Lutzenborgh oder andcrswa, so 'bin ich in oder eren boeden iere coste schuldich
zo doin, alz ducke, als des noit geburt.
^) *Dipl. Prumiense Bl. 136», 1315: quam pensionem 80 mr. predictarum undecim
annonun subsequentium tenemiu* solvere et presentare apud Pnuniam nostris periculis et
ex])ensis ad duos terminos anni cuiuslibet, videlicet in festo omnium sanctorum medietatem
et in festo beati Servatii in maio subsequenti aliam medietatem, non obstante, si bona
mobilia vel immobilia dicte ciulis et proventuum in parte vel in toto incendio tempestate
vel sterilitate deperirent, quod absit, sive raperentur distraherentur seu arestarentur ab
aliquibus , omnia dampna et pericula , que per dictos 12 annos circa dictam curtem et eius
bona et redditus sive proventus emergere possunt in nos rccipiendo per presentes.
Lamprecht, DeatscheK WirtsehAfUleben. I. 62
[Wirtschaft d. Grofsgrundbes. — 970 —
an schon relativ niedrig bemessen oder verior er wenigstens bald bei steigen-
der Grundrente den Charakter eines vollen Äquivalentes für die Pachtnutzung,
so dafs der Erbpächter ein besonderes Interesse daran haben mufste, durch
prompte Zahlung des geringen Kanons sich im Genufe der Pachtung zu er-
halten, so lagen solche Gründe für den Zeitpächter nicht vor^ Hier mufste
also aufser den alten Mitteln der einfachen Heimfallsbestimmung*, der
Kautionsstellung^, der Exkommunikationszulassung* u. a. m. eine noch festere
Garantie erwünscht sein. Eine solche wurde in der Verbüi^gung rechtzeitiger
Pachtzahlung durch vier bis acht vom Pächter zu stellende Bürgen gefunden.
Schon im 13. Jh. wird dies Mittel gern angewendet ^ ; die Bürgen haften solidarisch ®,
') Daher man denn bei Zeitpachten in der That nicht selten urkundlich Schwierig-
keiten begegnet, vgl. *Koblenz St A. MC. VIII Bl. 96 b No. 286, reg. Goerz Reg. der Erzb.
S. 223, 1466: vurt als des vurgen. Simons stiefvader unsers stifts hoiirnan zu Oichtendunk ge-
west und imder im von afterstengem paichte schuldigh bliben ist dnihundert mir. koms,
so hain wir an der egemelten sommen abegelaissen fun&ig mir. koms, die wir ime dan
geben hain zu volleist, uf das er unsem hoef zu Oichtendimk mit buwe destabaß ufgerusten
und gehanthaben muge, also das die some, der vurg. Simont uns schuldich blieft, noch
drithalb hundert mir. ist, derselben somme unser keiner zu Munster auch zwölf mir. ent-
fangen hait da sin wir mit dem vurg. Simont vertragen, das er und sine erben hinfurter
alle jares zu und mit den obengcn. fünf und fun&ig mir. koms paichtes liebem sullent zehen
mir. koms in abslag der viurgemelten sommen mit namen drtthalbhundert mir. koms, als
lange und bis dieselbe leste somme ganz bezalt wirdet. und so das also geschehen und die
somme ganz usgeracht ist, so sollent darafier der vurg. Simon und sine erben ims unsere
nakomene und stift nit me dan die fiinf und fun£dg mir. jerlichen paechtes pflichtig sin zu
geben, als obgemelt stet.
*) *Arch. Maxirain. 13, 1211, 1472: were sache das wir bestender die vorg. oder unser
nachkommen helder dieses bestentnus an der bczahlung einigen oder mehr punten vorg.
säumig fumlen wurden, das nit. sein sal, alsdan sollen wir dieses bestendnus und aller ge-
rechtigkeit wir zu der vurg. erbschaft haben verfallen sein und ims auch darnach keines
rechtes mehr darzu vemiesscn, auch dieser und alle andere brirf hirüber gemacht ki-aftlos
und veraichtigt sein, ausgeschieden alle arglist und gefarde.
8) Vgl. die Urkunde un *Dipl. Pnimiense Bl. 142 a f., 1^54 Novbr. 5.
*) *I)ipl. Pmmiense Bl. 137», 1315: que omnia et singula nos coniuges memorati coram
venerabili viro officifdi curie Coloniensis propter hoc constituti recognoscimus esse vera et
ad observationem eonmdem nos teneri; et voliunus et acceptanuis, quod idem officialis vel
quicumque eins successor nos et quemlibet nostmm ad observationem omnium premissomm.
si necesse fuerit, per excommunicationis sententiam monitione septem diemm premissa coni-
pellere possit et artare.
^) Vgl. aufser Bd. 3, is, c. 1281 schon *Kop. Miltenberg, jetzt München, reg. Goera.
MR. Reg. 2, 2147, 1235 März 30: das Speierer Domkapitel verpachtet dem Emicho von
Kreuznach seinen Hof zu Kreuznach auf zwanzig Jahre gegen jährlich 20 Ib. d., sowie nach
dem folgenden Jahre noch 10 mir. Kom und 55 mir. Weizen jährlich, wofür derselbe 4 Bluter
von Bingen und 2 von Kreuznach als Bürgen stellt.
•) Am anschaulichsten erhellt das ganze System aus *Dipl. Pmmiense Bl. 136 ^ , 1315 :
die Pächter setzen 6 Bürgen, tali conditione, quod si aliquo dictomm terminonun non
;jve8entaremus dictis religiosis apud Prumiam dictam pensionem, dicti religiosi elapso temiino
peconiam dicte pensionis poterunt, quandocunque voluerint, accipere ad usuram et
•dire poterunt et requirere dictos fideiussores et redditores suos ; et quemcunque predictomm
— 971 — Umwälzung d. Wirtschaftsverfassung.]
bisweilen verpflichten sie sich auch zum Einlagert Seit der ersten Hälfte
des 14. Jhs. ist dann die Mafsregel durchaus ausgebildet und ganz ge-
wöhnlich^. —
fideiussorum et redditonim adierint sive requisierint, tot et talia simul tenebitur ipsis religiosis
dare pignora, de quibus satisfieri possit ipsis religiosis tarn de principali debito quam de
usura dampnis et Interesse; de quibus simplici verbo ipsius abbatis sive nuntii sui absque
iuramento credetur, nee excusare se poterit aliquis dictorum fideiussorum et redditorum pro
eo, quod dicü religiosi non adierunt seu requisierunt principalem debitorem vel alios con-
fideiussores suos. si vero infra mensem post aliquem dictorum terminonun pro rata ipsius
termini sive terminonun eisdem religiosis de ipsa pensione cum dampnis et custibus, ut pre-
dictum est, non fuerit a nobis integraliter satisfäctum, extunc nos et nostri beredes a pen-
sione ipsius curtis et bonorum eins et ab omni iure, quod in ipsis habuimus, cademus, et
dicta curtis cum suis appenditiis et attinentiis universis ad eosdem religiosos libererevertetur;
et poterunt dicti religiosi de ipsa curte et bonis suis amodo suum facere commodum et
utilitatem nostra contradictione non obstante. et nichilominus dicti fideiussores et redditores
et quilibet ipsonun in solido remanebunt obligati tam pro pensione preterita non soluta et
predictis conditionibus non servatis dampnis custibus exercitis, quam etiam pro minutis
dampnis et Interesse, si post mensem a termino debite pensionis non sohlte elapsum vel etiam
si post 12 annos memoratos occuparemus curtem et bona ipsorum religiosorum. adiectum
est etiam, quod si aliquis vel aliqui dictorum fideiussorum [BL 137 a] et redditorum decederent
sive decederet, nos in locum defuncti sive defunctorum alium seu alios eque securos ipsis
religiosis constituere debemus et promittimus infra duos menses a requisitione et monitione
dictorum religiosomm Nos [die Bürgen] et quilibet nostrum in solidum modo et
forma prescriptis pro Willelmo milite et Bichalda eins coniuge supradictis erga sepedictos
religiosos fideiussores et redditores nos constituimus fide prestita corporali ad premissa nos
obligantes, et volumus et arbitramur, quod monitione quindecim dierum premissa exartari
possimus a quocumque iudice ecclesiastico ordinario vel delegato, si rebelles essemus seu
remissi in observatione premissorum, et nicbilominus tam nos prefati coniuges quam nos
fideiussores et redditores prenominati dictis religiosis obligamus omnia bona nostra tam mo-
bilia quam immobilia ita, quod ad eas cursum habeant capiendo seu arestando ea, ubicumque
potuerint et voluerint, sine nostra contradictione et ofifensa, donec ipsis religiosis, ut pre-
dictum est, tam de principali quam de dampnis custibus et Interesse plenarie fuerit satisfactum.
1) S. Westd. Zs. Bd. 2 Korrbl. No. 219, 1299; und *Dipl. Prumiense Bl. 120», 1372:
zo mirre sicherheide alle vurs. Sachen han ich den vurg. herren und nakomen convents
guede sicher bürgen gesatten ind setzen in desme brieve, ind ieren eiclichen vur al schulder
ind bürge zu sinde, zu wissende [6 Bürgen]; ind dieselben mine bürgen, of ich in der
bezalongen sumich ^lu'de in der zit als vur beschrieben ist, des neit sin ensal, daz si den
vorg. herren ind nakomen irs gotzhuises zu Pnune genoich doin soelen, wan daz si van in
gemant werden, ir ieclich als vur sich eidelich ain eincherhande hindemisse ader verzoch;
ind sullen na manunge derselwer herren ir eiclich zostunt einen knecht ind ein pert
schicken in eine irbor herberge zu Trieren in die stat dar in daz si gewiset werden van den
Mirg. heiTen ader nakomen ires gotshuses alda zu hostende na der stede gewoinheide zo
Trieren, bis uf die zit, daz den vurg. herren genzlich ind zomaile genuche ist geschiet vau
heubtguede ind van costen, of si coste ader schaden daivan heten. weres ouch sache daz
ininer bürgen Mirg. binnen desen vurg. zit einer ader me stürben, so sal ich einen also gueden
bürgen wedder satzen in des stat, der verfaren ist, ind daz also ducke, als des noit gehurt,
binnen eins maindes frist, so wan ich van den vurg. herren gemaent werden, dieselben
mine bürgen ich in gueden tmwen gelobet hain ind geloben in desme brieve van deser burge-
schaf zu inthebende ind schadeloiß [zu] machende, of si schaden leden.
«) ♦üMünstermaifeld Hs. CXIi>, Bl. 41 b, 1335: Verpachtung der Mühle in Sahnerohr auf
62*
[Wirtschaft cL Grofsgrundbes. — 972 —
Jetzt Übersehen wir das Wesen der freien Pachtformen des Mittelalters
völlig. Seit Beginn des 12. Jhs. fangen sie an, sich aus einem Chaos von
Einzelversuchen freierer Landnutzung, aus den in Gärung geratenen Bil-
dungen der alten grundherrlichen Wirtschaftsverwaltung herauszuschälen; seit
dem Schlufs spätestens der Stauferzeit sind sie abgeklärt, zu neuen festen
Formen erwachsen und schon weithin verbreitet. Aber ihre Hauptwirkung
beginnt erst mit der zweiten Hälfte des Mittelalters. Jetzt, nach erlangter
Sicherheit der juristischen Durchbildung, unter dem vollen Ver&ll der alten
Grundherrschaft, unter Begünstigung aller durch die Entstehung der städtischen
Geldwirtschaft zu gesteigerter Thätigkeit ja schon zu hastendem Erwerb ent-
wickelter Wirtschaftsfaktoren, modern nach materiellem Gehalt wie freiheit-
licher Form, beginnen sie die ländlichen Eigentums- und Nutzimgsverhältnisse
allseitig zu durchdringen. Meist haben sie bei diesem Vordringen direkten
Erfolg: überall erblüht die freie Pachtung und auf Grund derselben die all-
mähliche soziale Umbildung der hörigen Klassen zu freierem Dasein. Aber
auch wo sie nur mittelbar, durch ihre blofse Existenz und ihr kraftvolles
Eindringen in der Nachbarschaft auf die alten grundhörigen Verhältnisse Ein-
flufs gewinnen^ bewirken sie doch eine Klärung derselben, eine Fixierung und
oft Erleichtjerung der Lasten, eine grölsere Durchsichtigkeit der Bechnungs-
lagen und der rechtlichen Zuständigkeiten und damit eine erhöhte Selbständig-
keit auch der grundhörig bleibenden Klassen.
War die grundherrliche Wirtschaftsverwaltung des fillheren Mittelalters
in der ersten Hälfte der Stauferzeit zunächst in ihrem administrativen Orga-
nismus unheilbar erkrankt, hatten sich die Beziehungen der Lokalverwaltungen
zur Zentralstelle in sich gelockert, war die Organisation der Fronho&verwaltung
wie der Zentralverwaltung unter dem Schwinden eines rationellen Beamten-
tums in sich zusammengesunken: jetzt wurde im Eindringen der freien Pachten
auch die Grundlage des ganzen Aufbaues, die Hörigkeit, zerfi-essen, ganz ab-
gesehen von der Zerstörung auch der Verwaltungsorganisation durch Veri)ach-
tung der Meierämter.
Gegen diese schleichenden Übel verstanden sich die meisten Grundherr-
schaften zu keiner wesentlichen Reaktion. Sie waren ratlos. Die kleinen
Grundherren gerieten darüber an den Band des Abgrundes, bis sie sich, viel
später, zur Aufnahme der Eigenwirtschaft auf den gebliebenen Trümmern ent-
schlossen. So entstehen in der Regie des niederen Adels die ersten wirk-
lichen Grofsgüter an der Mosel im Laufe des 16. und 17. Jhs.
Anders verfuliren die gröfsten Grundherrschaften. Für sie war, wie wir
später sehen werden, die Wirtschaftsverwaltung schon seit dem Beginn der
Stauferzeit kein für sich funktionierender Organismus mehr, sondern nur
Mittel zimi Zwecke. Für sie galt es, die alte gnmdherrliche Verwaltung zur
80 Jahi'e; dafür Bürgen gestellt more bonorum fideiussonun. S. auch *Arch. Maximin. 1,
975 f., Locatio curtis in Besch, 1489.
— 973 — Umwälzung d. Wirtschaftsverfassung.]
Territorialverwaltung, die Grundherrschaft zum Staat, die Grundherrlichkeit
zur Landesgewalt auszurecken. In diesem Bestreben verwandten sie auch
die Bewegung auf freie Landnutzung auf ihre Art; es wird später davon die
Rede sein.
Und die mittleren Grundherrschaften? Sie versuchten der Mehrzahl nach,
und namentlich wohl auf geistlicher Seite, zu bleiben, was sie waren: d. h.
sie gingen unter immer stärkerem Eindringen der Pachtungen in die alten
grundhörigen Verhältnisse einem langsamen aber unwiderruflichen Verfall
entgegen. Geschützt durch die Entwicklung ständischer Rechte, deren Aus-
nutzung ihnen Anerkennung, ja Begünstigung durch den neuen Territorial-
staat verschaifte, schleppten sie ein ödes Dasein hin, bis der erste Hauch der
französischen Revolution sie zu Boden warf.
Doch wurde noch im Mittelalter, wenigstens sporadisch, der Versuch
einer neuen Organisation der alten grundherrschaftlichen Trümmer unter An-
erkennung und Benutzung der Pachtentwicklung gemacht, der lehrreich genug
ist, um hier unsere Aufmerksamkeit noch zu fesseln.
Er knüpft sich an die grundheiTliche Verwaltung der Stifter ^ In den
^) Es ist im folgenden auf die Stiftsverwaltung nur soweit einzugehen, als deren Ver-
ständnis für die Lösung der im Texte gestellten Fragen in Betracht kommt Im anderen
FaUe würden die äufserst reichen Quellen es gestatten, ein viel detaillierteres Bild gerade
dieser Verwaltung zu entwerfen. Und da die Quellen speziell für die Stiftsverwaltung infolge
der im Laufe des 12. und 13. Jhs. erfolgenden Yermögensteilungen auch sonst — namentlich
auch am Niederrhein — ganz besonders reichlich fliefsen, so wäre es eine an sich sehr dank-
bare Aufgabe, an der Hand und unter zentraler Verwendung eben dieser Überlieferung ein-
mal die gesamte Wirtschaft des 12. und 13. Jhs. zu übersehen. An der Mosel kämen für
einen derartigen Zweck besonders in Betracht Trierer Dmnkapüel: (aufser Bd. 3, 23 Note 1)
Blattau 1, 11, 1215; MR. ÜB. 3, 263, c. 1225; 867, 1246; 868, 1246; 902, 1247; 987, 1249;
998, 1249; 1062, 1250; 1110, 1251; 1119, 1251; 1161, 1252; 1162, 1252; 1203, 1253; 1215,
1253; 1333, 1256; 1345, 1256; 1366, 1256; 1468, 1258. Dazu vgl. Bd. 3 Namenregister u.
d. W. Trier Domkapitel. SSimeon- Trier: MR. ÜB. 1, 585, 1155, s. No. 586 und 587;
2, 256, 1180—1209; 3, 193, 1223; 691, 1240; 1508, 1259; ♦Or. Koblenz StA. Stift SSimeon
1261 Juli 23, reg. MR. Regg. 3, 1712. SPatdin-Trier : MR. ÜB. 3, 1117, 1251; 1124, 1251;
1276, 1254. SAmual'Metz: MR. ÜB. 2, 64, 1183. SMaria-Prum: MR. ÜB. 2, 178, 1199.
Munstermai feld: MR. ÜB. 2, 152, 1196 u.a.m., s. unten S. 980 ff., auch Bd. 3 Namenregister
u. d. W. Münstermaifeld. Münstereifel: MR. ÜB. 2, 45, 1145. SCastar-Karden: MR. ÜB. 2, 57,
1183; 79, 1186; dazu Bd. 3 Namenregister u. d. W. Karden. SCastor-Koblem : MR. ÜB. 3, 101,
1219; 171, 1221; 1250, 1254; 1449, 1258; 1504, 1259. SFl&rin-KobJenz : MR. ÜB. 2, 118,
1191; 3, 320, 1227; 447, 1233; 779, 1243; 831, 1245; 993, 1249; 1015, 1249; 1041, 1250;
1063, 1250; CRM. 2, 205, 1264. Beatusberg: CRM. 3, 67, 1315. SMarOn-Boppard: MR.
ÜB. 2, 114, 1191. SMaria-Obencesel: Honth. Hist 2, 129 f., 1338. Wetzlar: MR. ÜB. 3,
649, 1239; 997, 1249; 1039, 1250; 1476, 1259. Für die späteren Zeiten, nach 1260, vgl.
auch ganz generell die Stat. provinc. von Blattau, spezieU mache ich aufinerksam auf dom-
kapitular. Statuten von 1451, Blattau 1, 322, Abschnitte de collationibus et fiructibus praeben-
darum et perceptionibus earundem und circa conservationem curiarum et iurium capituli;
und auf Stat s. Castor. 1451 , Blattau 1 , 374 f. , Abschnitte de collationibus beneficiorum et
ad iUorum possessionem admissionibus ; de fructibus et proventibus praebendarum vicariarum
et qnotidianarum distributionum canonicalium et communium, ac perceptione et divisione
[Wirtschaft d. Grofsgrundbes. — 974 —
Stiftern findet sich von jeher auch unter der — vielfach übrigens erst spät
durchgeführten* — Chrodegangischen Reform kein gemeinsames Leben im
Sinne des klösterlichen Lebens. Vielmehr besteht neben gemeinsamer Lebens-
weise , namentlich am Tisch, eine bald mehr bald minder weitgehende separate
Lebensführung; wie es eine Eardener Urkunde von 1136 ausdrückt: institutio
. . canonice vite . . concedit et propria et privata habere et singulis mansionibus
manere^. Demgemäß teilt sich das Stiftsvermögen, dessen Genuls ganz ent-
sprechend dem naturalwirtschaftlichen Anweisungssystem geregelt wird, vorerst
in zwei Hauptmassen ^, in eine Masse, welche auf die separate Lebensführung im
System der Praebendae sine mensa verwendet wird *, und in eine solche, welche
zunächst gemeinsam bleibt Allein die letztere Masse zerfiült nun doch wieder
in zwei Teile. Neben den einfachen Präbenden bestehen und erfordern näm-
lich noch l)esondere Besoldung die einzelnen Stiftsämter, die Gelleraria,
Elemosinaria u. a. m. Ja einzelne dieser Ämter, so vor allem die Propstei,
mehrfach aber auch die Dechanei, treten so sehr aus dem gemeinsamen Leben
heraus, dafs der Vermögensstock für ihre Besoldung völlig fttr sich steht und
allem anderen Stiftsvermögen entgegengesetzt wird*^. Demgemäfs zerfällt,
eonmdem; de conservatione possessionum allodioruin curiarum babitationum redituum et cen-
suum praebendanim vicariarom et pracsentianim.
^) G. Trev. 29, MGSS. 8, 168, 956: post Rutpertum Heinricus ecclesiae praefuit; qui
reguläres officinas et claustrum circa maiorem ecclesiam constnixit et vigorem regularis con-
versationis ibidem exercere decrevit, forum in loco quo nunc esse videtur instituit Vgl.
auch G. ep. Leod. 2, 67; V. Burgh. 16; Cod. Udalr. 24, promulg. can. syn. Const 1063? —
Im SFlorin-Koblenz findet 1217 Rückkehr zu gemeinsamem Leben statt, vgl. MR. ÜB. 3, 63,
1217. Im allgemeinen beginnt dagegen die erneute Aufhebung des gemeinsamen Lebens be-
kanntlich kurz nach Mitte des 12. Jhs., so in Köln 1164, s. Binterim, Deutsche National-
konzile 3, 509; in Freising 1158, vgl. Mansi 21, 859.
«) S. oben S. 291 Note 3.
^) Hierzu wie zimi folgenden s. aufser S. 973 Note 1 vornehmlich auch Ennen, Qu.
2, 77, 61, 1219; 157—159, 157, 1236 oder 1237; 164, 161, 1236; 233, 230, 1243. Sehr lehr-
reich sind auch die Iura prepositi sancti Castoris Confluentini im MR. ÜB. 2, 355.
*) Vgl. beispielsweise Stat. s. Paulin. 1500, Blattau 2, 50: sicut viginti quinque prae-
bendae in ccclesia nostra existunt, sie imprimis principali divisione fnictus dividantur in
viginti quinque partes, ita quod cuilibet praebendae una portio de viginti quinque portionibus
partitis dcbetur, cum onmes et singuli canonici resederint, exceptis capellanis domini nostri
gratiosissimi Trcvircnsis et canonicis in studio generali existentibus, qui suas praedictas partes
in abscntiii percipiunt aliae omnium et singulonun absentium et non residentium portiones
accrescere debent aliis canonicis actu residcntibus ac inter ipsos aequaliter dividi debent
^) Lehrreich in dieser Richtung ist besonders Honth. Hist 2, 21, 1303, in Oberwesel
ein Kollegiatstift gegründet: prepositura, decanatus et 5 praebendae habentes certos et com-
munes redditus distiuctos a redditibus praepositurae et decanatus . . . canonicos . . prepositus
in temporalibus investiet, decanus vcro in spiritualibus, prout alias est consuetum. Trennung des
propsteilichen Vermögens schon Lac. ÜB. 1, 111, 179, 1043; s. auch MR. ÜB. 1, 585, 1155;
*Drisseld. St. A. Georgsstift Or. 3, 1171 : Bruno, Propst des Domes und von SGeorg, kommt
mit dem Georgsstifte überein, dafs er von der Verwaltimg und Beschafifuug der Stiftsstipendien
an Wein, Komfrucht, Geld usw. enthoben werden imd für sich ganz bestimmte Einkünfte
erhalten solle; alle übrigen Einkünfte verbleiben dem Stiftskapitel.
— 975 — Umwälzung d. Wirtschaftsverfassung.]
mögen nun Dechanei und Propstei gänzlich exemt sein oder nicht, die nicht
auf Trabenden verwendete Vermögensmasse wieder in zwei Teile , einen der
Ämterbesoldung gewidmeten und einen nun endgültig gemeinsam bleibenden
Teil, einen gemeinsamen Grundstock.
Traten nun alle Vermögensteile aufser dem gemeinsamen Grundstock
<len Prinzipien fiUhmittelalterlicher Finanzgebarung entsprechend in die Ver-
waltung der Nutzniefser^ so fragt es sich, wie denn der gemeinsame Grund-
stock verwaltet wurde — mit dieser Frage gelangen wir zum speziellen Aus-
gangspimkte der Erscheinung, welche wir in dem hier gegebenen Zusammen-
hange näher verfolgen wollen.
Über die Verwaltung des Grundstockes, welcher wie die übrige Stifts-
herrschaft aus Fronhöfen, Zehnten, Mühlen u. dgl. bestand, disponierte das
Kapitel gemeinsam^, und zwar so, dafs die einzelnen Stücke der Grundherr-
schaft, ein Hof, ein Zehnt, eine Mühle, nach Wahl des Kapitels jedesmal je
einem Stiftsherm zur Administration unterstellt wurden®. Die Übertragung
der Verwaltung an den Stiftshemi, welche im Sinne einer Pacht gedacht
war*, fand dann namens des Kapitels durch den Propst '^ oder den Dechant*
oder Propst und Dechant statt ''. Die einzelnen derartiger Sonderverwaltung
imterstellten Stücke der Grundherrschaft hiefsen Obedientien ®, Pensionen ® oder
Namae^^, die Verwaltung procuratio oder administratio", die verwaltenden
1) Charakteristisch sind aufser MR. ÜB. 2, 87, 1187 besonders MR. ÜB. 2, 141, 1195:
König Heinrich VI. bestätigt SSimeon die bona ad usum elemosinariorum sive ad quodcunque
officium eiusdem ecclesie spectantia, ubicumque sint sita; und MR. ÜB. 3, 5, 1218: in pai*-
rochia Confluentina , scilicet in maiori et minori Confluentia Wissa et Capeila, [prepositus
sancti Castoris] speciales percepit decimas tarn in agris quam in vineis, de quibus canonici
nichil perceperunt. canonici vero speciales perceperunt decimas de terra salica. Das giebt
zu vielen Konfussionen Anlafs, so dafs eine Regelung nötig wird.
«) MR. ÜB. 1, 376, 1078: Erzbischof Udo schenkt an das Domkapitel Allod, ut mud,
quocunque modo vcllent, ipsi inter se communi consilio amministrarent, permisi, ad quam-
cumque ipsomm utilitatem ipsum convertere vellent.
') MR. ÜB. 1, 392, 1097, Propst Poppo von SSimeon schenkt sein Erbteil an das
Stift : quicquid est faciendum vel disponendum [darüber], per unum de fratribus . ., quem ad
hoc elegerint, totum ordinetur et in usus ipsorum fideliter conservetur.
*) ♦Bald. Kesselst 1218, cit Goerz MR. Reg. 2, 1396: Konrad Propst, Wilhehn
Dechant und ganzes Domkapitel zu Trier verpachten ihren Hof zu Sprendlingen gegen einen
bestimmten Jahreszins an ihren -Mitcanonicus, den Archidiacon Arnold, auf dessen Lebenszeit
^) MR. ÜB. 2, Nachtr. 2, 1192—1200: die Höfe von SSimeon werden einzelnen
Stiftsherren vom Propst in administratio gegeben; diese ernennen dann den Meier.
«) Lac ÜB. 1, 173, 268, 1106.
') MR. ÜB. 1, 477, 1134.
«) Vgl. aus früher Zeit Ennen, Qu. 1, 506, 45, 1110.
^) Bd. 3 Wortr. u. d. W. pensio passim.
^^) Stat Wetzlar. 1433, Blattau 1, 261: aliquao namae seu pensiones (canonicorum).
") Ennen, Qu. 1, 506, 4.5, 1100; MR. ÜB. 2, Nachtr. 2, 1192—1200.
[Wirtschaft d. Grotsgroiidbes. — 976 —
Stifisherren procuratores \ pensionarii ^ provisores^ Pensioiiarieiiherreii^ Als
Pensionär hatte der einzelne Stiftsherr die gesamte AuMcht tiber die Obedienz,
er setzte alle Beamte, Meier, Kolonen, Müller u. s. w. ein'^; er vertrat die
Obedienz nach aulsen und gegenüber dem Vogt^, er erhob die Einnahmen
und l^te über dieselben Rechnung^. Dafür stand ihm der Genulis der Ein-
nahmen zu bis auf eine bestimmte ziemlich hoch bemessene Pachtsunmie, die
Pensio, welche er an die gemeine Kasse des Stiftes abzufahren hattet Zur
1) EDnen, Qu. 1, 506, 45, 1110; MR. ÜB. 8, 484, 1186.
*) Bd. 8 Wortr. u. d. W. pensionarios.
*) Honth. Hist 1, 820 — 822, 1287 wechseln die Ausdrücke pensionarius und provisor
för einen Stiftsherm.
«) WSchiUingen 1526 § 2.
^) MR. ÜB. 2, 45, 1155: die Stiftsherren von Münstereifel haben Rechte in constituendis
pastoribns in ecclesiis eorom et in TÜlicis suis locandis et decimis et his, qui trecensum
quemlibet annualem ad prebendam fratrum spectantem reddunt Y^. auch MR. ÜB. 2,
Nachtr. 2, 1192—1200.
*) Lac.U6.2, 13, 1204: fratres itaque predictas ecciesias tenentes domino archiepiscopo
Coloniensi et archidiacono necnon et advocatis, que de ipsis ecclesiis sui iuris esse videntur,
similiter persoWere debent S. dazu unten Note 8.
^) ^Abschr. von 1714 Koblenz St A. 1255, MR. Reg. 3 No. 1177: A. Archidiacon und
Propst von SPaulin beurkundet seinem Stiftskapitel, wieviel er jährlich an Zinsen demselben
aus dessen Höfen in Messenich und £nche, aus dem Dorfe Grimelrot und aus dem untern
Weiher, welche ihm das Kapitel als Pension überwiesen, zu reichen schuldig sei. Stat
s. Paulin. 1500, Blattau 2, 52: statuimus et ordinamus, quod onmes et singuli canonici ecdesiae
nostrae residentes habentes pensiones, hoc est ipsis certa loca designata ad exigendum
sublevandum et recipiendum fructus a colonis conductoribus decimatoribus et aliis debitoribus,
receperint et ipsis praesentati fuerint, tunc antequam quicquam de his per se deponant, illi
vcl Ulis aliis concanonicis, qui a cellerario nostro ab ipsis recipcre ordinati fiierint, imprimis
solutionem facient mox et in continenti, et quod superfticrit apud et penes se reponere salva
computatione desuper postea facienda. Vgl. auch Stat Wetzlar. 1433, Blattau 1, 265 : danmis
et periculis, quac dietae ecclcsiac nostrae eiusque personis ex negligentia praedecessorum
nostrorum hactenus provencrunt, deinceps succurrere cupientos [ordinamus], ut singuli praelati
canonici et vicarii eiusdem ecdesiae pcrpetuis futuris temporibus de septennio in septennium,
sexta videlicet feria quatuor tcmporum post exaltationis sanctae crucis, teneantur praesentai*e
decano et capitulo in scriptis omncs et singulos fructus rcditus et proventus eiusdem ratione
praelaturarum praebendarum et vicariarum suarum cedentes, necnon nomina et cognomina
colonorum terrarum et bonorum, a quibus illos percipiant. contrarium faciens periurii poena
puniatur, et scripturae huiusmodi usque ad aliud septennium diligenter custodiantur. Ver-
wandt ist Stat s. Castor. 1451 § 21 u. 22, Blattau 1, 341.
") Lac. ÜB. 2, 13, 1204, betreffend die Pfarren von' SKunibert-Köln zu Xettesheim
und Heimerzheim: Theodericus preposltus ecdesiae sancti Kuniberti vel quicunque in eadem
ecclesia prepositus post ipsum futurus ecclesiam, si quam ex his predictis vacare contigerit, uni
de fratribus sancti Kuniberti conferre debet simul cum curti eidem ecclesie attinente; qui
frater omnia, que domino preposito et suo villico de curti eiusdem ecdesiae villicationis modo
vel iure ante provenire consueverant, cum omni integritate percipiet et conventiü sancti
Kimiberti annuam pensionem talem amministrabit de Xezzensheim, scilicet qui hanc ecclesiam
cum curti attinente tenuerit, 180 mir. tritici et 2 mir. pise, 8 mr. et 6 d. cum pullis et
caseis et ceteris minutis inde reddendis; de Hemersheim vero, qui hanc cum sua curti
— 977 — Umwälzung d. Wirtschaftsverüassung.]
Verteilung der freigewordenen Obedienzien wie zur Kontrolle der Admini-
stration fand endlich jährlich ein besonderes Kapitel statte
Dies Verwaltungssystem hält sich nun mit geringen Veränderungen ^ das
ganze spätere Mittelalter hindurch und reicht in seinen Anfängen bis in den
Schlufe des 11. Jhs. hinauf. Entkleidet man es seines besonderen geistlichen
Charakters, so ergiebt sich folgendes. Es sind hier bedeutende Teile grofeer
Herrschaften, welche an sich schon ganz beachtenswerte Grundherrschaften
bilden, in einzelne lokale Bezirke zerlegt; diese Bezirke haben ihr altes Be-
amtentum, die Meier u. dgl., behalten. Aber über diesen Beamten und Be-
zirken stehen einzelne Oberaufseher in Pachtweise, welche zusammen ein
Kollegium, eine Pachtgenossenschaft bilden: in der Pachtgenossenschaft ist
also eine neue Einheit der grundherrlichen Verwaltung gefunden.
In der That wurden die stiftischen Pachtgenossenschaften straif eben
im zentralistischen Sinne organisiert : die Möglichkeit hierzu war ja aufe beste
in dem Umstand gegeben, dafs alle Pächter zugleich Mitglieder einer geist-
lichen Genossenschaft waren. Ausgebildet liegt diese neue zentralistische Ord-
nung vor in einer Anzahl von Pensionsstatuten, welche schüchtern mit
der Mitte des 13. Jhs. binnen, seit dem 14. Jh. aber eine immer gröfsere
Mannigfaltigkeit und Ausführlichkeit aufweisen. Aus der früheren Zeit seien
von der Mosel namentlich die Statute von SFlorin - Koblenz vom J. 1245®,
habuerit, 150 mir. tritici et 2 mir. pise, 6 mr. et 8 s. cum piillis et caseis et ceteris minutis,
que aliis in locis plenius expressa inveniuntiir. MR. ÜB. 8, No. 831, 1245: SFlorin regelt
mit seinen Pächtern die Einliefenmg der Pachte aus seinen Gütern zu Kärlich, Mühlheim,
Mendig, Mayen und Flacht *UMoselkem, Hs. Koblenz CXI» Bl. 47 b— 48», um 1340:
Propst Elias von Münstcrmaifeld bat als pensionarius des SPauliner Hofes zu Moselkem
jährlich an das Stift SPaulin zu liefern: 6 Ib. d. Treverensium in festo omnium sanctorum
et 6 in purificatione sequenti, videlicet 3 Ib. cellerario et 8 elemosinario. item 12 Ib. in
festo sancti lohannis baptiste predicte monete, et 12 Ib. cere circa Martini. Dazu eine Reihe
anderer Abgaben, in Summa 18 mir. siliginis, 2 mir. ordei, 18 Ib. Treverenses, 9 s. Mona-
sterienses, 12 Ib. cere.
1) S. schon MR. ÜB. 2, 28*, 1187, vor aÜem aber MR. ÜB. 3, 320, 1227: in SFlorin-
Koblenz omni feria 6» ante festum sancti lohannis baptiste . . tractandum est de ceUerariis et
magistro refectorii, . . postmodum . . de pactis vindemiis seu obedientiis assignandis; Bd. 3
No. 57, 1277; No. ßß, 1282, und dazu Bd. 3, 213 No. 5. S. auch Bd. 3 No. 69 und 70, 1287.
') S. z. B. Stat. Wetzlar. 1433, Blattau 1, 261: volumus et ordinamus, quod postquam
aliquae namae seu pensiones vacaverint, quod illae colligantur per nostrum officiatum et inter
canonicos capitulares residentes distribuantur tamdiu, quam omnes namae et pensiones vacent,
et tunc perpetuis tcmporibus colligantur per nostrum officiatum et singulis canonicis capitu-
laribus residentibus distribuantur.
') MR. ÜB. 3, 831, 1245: wenn die Pensionarstiftsherren von SFlorin-Koblenz nicht
richtig zahlen, intral)unt scpta ecclesie et claustri nostri, inde nunquam nisi de beneplacito
et voluntate capituli exitiui, quin nomine pene pignora, que capitulum exponet tarn pro
siligine quam pro tritico ad administrationem totius medii temporis su£ficiente, cum Sorte
redemerint et usuris. &d hec, si per mensem in solutione cessaverint, pro quolibet mense
cessationis solvent talentum d. Treverensium; salvis tamen eisdem pactariis per omnia con-
suetudine et constitutionibus circa pericula et vim maiorem in iure expressis. adiectum est
[Wirtsi'liiilt (1. Grofsgnindboa. — 978 —
von S.Siineon-Trier vom J. 1259' und des Trierer Donistifts vom J. 1282*
[genannt.
Der Inhalt dieser Statute verläuft natürlich entsprechend der Spezial-
ausbildung materieller Bestimmungen, welche wir bei den freien Pachten echon
kennen frelerat haben. Vor allem also handelte es sich, neben der Sicherung
jniten Anbaues und wi\rdiger Behandlung der Obedienz , um eine wirksame
Garantie für die Sicherheit der jährlich an das Kapitel zu leistenden Pensions-
zahlung. Diese Garantie wurde anfangs, sehr natürlich bei der Möglichkeit
disziplinarischer Behandlung, vornehmlich in einer Pei-sonalstrafe gefunden:
der zahlungssllundge Pensionär wurde zum Einlager in dein geschlossenen
Räume des StiftskloBt«rs auf einige Wochen verurteilt. Aber nebenher suchte
man doch vor allem haldigen Ei-satz ftli- die infolge des Zahlungsverlustes
gestörten Einnahmen iles Kapitels. Man fand ihn, indem mau die persön-
lichen, die I'räbendeeinnahmen des Pensionai-s für richtige Zahlung der PeuEi»
haftbar machte. Und da die Höhe dieser Priibende bei dem bedeutenden Um-
fang der Pensionszahlung häufig nicht genügende Garantie bieten mochte, so
that man noch einen weiteren Scliritt: man führte die gegenseitige Büi-gschaft
der Pensionare ein. Die Mafsr^el ist deutlich wahrnehmbar namentlich im
Trierer Domstift durchgeführt". Jeder Pensionär hat einige Mitstiftsherren als
Bulben für seine rechtzeitige Zahlung zu stellen, und die Büi^chaft wird wirk-
sam, sobald der Pensionär nach vierzehntägigem Einlager nicht zahlt.
tititai, quoll quocunque Uuupore celierai'iu» pi'«dii:tuH u i[u<ii:uuqui: poutariü sibi dikerit mUb-
fiutnm, eitonc ipse pro eodem pactario ecdesie [ao lu lesen] respondebit, poctario per
omnia absoluta, canonici Tero, quos pactarii pro se delegare poterunt ad infrandnm, emnt
de ecciesia noetra et in BubdiaconatoB Tel supra [?] oidlDibiu cooBtituti.
') 'Trier Sladtbibl. Ifde. No. 1611 Bl. 4i>, ncblecht publ. Ma ÜB. 3, lOW, 1259:
noa decanus totumque capituliim eccleaie sancti Simeonis Treverensis statuimus, ut bec ait
lex omniiun . . pensionarionim : In tennino statiito debitani pensionem peraolvant vel ad
claiiatnun iacebuut eo modo, quo bactenus iacuerunt, per quindenam, ita quod portas ante
graduB non egrediantur. et ai infra quindenam iacentes taliter non persolvaot, extuDC eonim
prebende, et ai ille non sufGciant, fideiussorum usque ad summam debiti per capituluin
vendantur per unum annum tautum; oec ab hac solutione pensionunt aliquis eos excusabit
niai tria dampna legalia, grando Tidelicet, guena communis, quod dtcitiu- lanthere, et mcen-
dium generale, item violentia per domiaum archiepiacopum nostrum vel per suob seu propter
eum commissa, diun tarnen pensionariua non ait necligens in tau violentia persequenda. et
BJ forte occaBioDC capitiüi dampnum aUquod pengioaariia inferatur, de quo capitulum
rationabiliter culpari posslt, hoc eos similiter excusabit. nee penaionarii poterunt penaionea
Buas ante terminiun reaignare nee interim eos capitulum potent amovere. ai quis vero pen-
siouariiis ncgligens fiterit in cultura et bonorum sibi commiBBomm debita conserralione,
capitulo hanc necgligentiam supplebit et emendabit de ö^ctibus prebende sue. et ai ununi
üdeiuBsonim decedere contiugat, penaionariua alium subatituet infra quindenam ; nee poterunt
lideiusaores renuntiare fideiusaioni vel eximere se ab ea, donec saltim semel eius pretextu
tiierint dampnilicati. In cuius rei testimonium sigillum noatrum commune presentibus est
appensum. Actum et datuni [in TJgilia nativitatia domini] anno domini t
*) Bd. 3 No. 66, 1282; Nachtrag in No. 192, 13S4.
') Bd. 3 No. 57, 1277; 66, 1282; 67, 1284.
— 979 — Umwälzung d. Wirtschaftsverfassung.]
War nun die genossenschaftliche Konstruktion schon für die Garantie
rechtzeitiger Pensionszahlung so aufserordentlich brauchbar, so lag es sehr
nahe, auf eben diesem Boden genossenschaftlichen Zusammenhanges und
freundschaftlichen Vertrauens auch die böse Frage der Pensionsnachlässe bei
aufserordentlichen Schädigungen der Pachtimg im Geiste gegenseitiger Liebe
und unter Oifenhaltung gegenseitigen Entgegenkommens im Einzelfall um-
fassend zu ordnen. In der That liegt auf eben diesem Gebiete eines der
gröfsten Verdienste der Pensionsgenossenschaften; hier zum erstenmal tritt
auf landwirtschaftlichem Gebiete der Grundsatz gegenseitiger Versicherung,
wenn auch noch korporativ gebunden, auf.
Anfänge in dieser Richtung finden sich schon in den genannten Statuten
aus der Moselgegend; Versicherungen gegen Hagel und Krieg, Brand und
Gewalt werden andeutungsweise erwähnt, imd in der domkapitularischen Ver-
ordnung findet sich schon die Bestimmung, dafs im Fall eines Angriffes auf
die Obedienz das gesamte Kapitel dem Pensionär bei Beschreitung des Rechts-
weges zur Seite stehen solle, falls es sich um den Fundus der Obedienz
handele. Umfassend ausgebildet ist aber das Versicherungssystem erst in
einem sehr bemerkenswerten Statut des Stiftes SGereon-Köln vom J. 1316,
welches fast nur hierher gehörige Festsetzungen enthält ^ Es werden hier im
allgemeinen fünf Arten grober Betriebsstörung unterschieden, kriegerische
Verwüstung, Hagel, Brand, Mifswachs und Pfändimg. Für die beiden ersten
Fälle (für die kriegerische Verwüstung nur, falls sie vor den 1. Oktober des
Betriebsjahres fällt) verpflichtet sich das Kapitel zum Nachlafs höchstens der
halben Pensionssunmie ; für Brand vor dem 1. Oktober wird festgesetzt, dafs
der unversehrte Ertragsrest des Jahres nach Abzug der Anbaukosten an das
Kapitel fallen solle, wogegen dieses sich zur Bestreitung der Hälfte der nötig
werdenden Baukosten verpflichtet; bei mäfsigem Mifswachs aber wird ein-
jähriges Zahlungsmoratorium bewilligt, während die Behandlung von völligem
Mifswachs besonderer Vereinbarung vorbehalten bleibt. Besonders lehrreich
sind endlich die Bestimmungen bei Pfändung von Obedienzbesitz. Auch hier
wird, wie in dem Statut des Trierer Domstiftes, zwischen Fundus und Revenuen
unterschieden ; im Fall der Pfändung des Fundus legt das Stift sich ins Mittel,
falls der Pfandnehmer gerichtlichen Austrag annimmt, bei Pfändung der Re-
venuen dagegen erhält der Pensionär nur ein Moratorium für seine Pensions-
zahlung von speziell festzusetzender Dauer. Um Pfändung solchen Obedienz-
gutes endlich, welches der Pensionär unterverliehen hat, ist das Kapitel aus-
drücklich willens sich nicht zu bekümmern.
Soviel über die Entwicklimg der stiftischen Pensionargenossenschaften.
Aber blieb diese Entwicklung nur auf die Stifter und Stiftsherren beschränkt?
Die Stifter hatten, durch die Behandlung des gemeinsamen Grundstocks der
Stiftsherrschaft im Obedienzensystem von vornherein auf freiere Landnutzungs-
*) S. unten den Anhang S. 985 f. Über vöUig andere Dinge handeln nur § 6 (Einlager)
und § 7 (Verbot des Waidl)aues).
[Wirtschaft d. GrofsgruDiIbes. — 980 —
formen aufmerksam gemacht, den Pachten schon besonders früh ganz all-
genieinen Einlafs in ihre HeiTsohafteii gewtthrt^: faiul sich nun unter allen
vorhandenen I'achtformen keine einzige, welche, den Oliedienzen entsprechend
ausgebildet, mit diesen hätte verschmelzen können?
Sie fand sich im ritterlichen Villiiiatiousvertrag ^. Eben dieser Vertrag
war genau wie die Obedienz konstruiert: pachtweise Olwraufeicht über einen
Fronhof unter Belassung der Unterbeainten des Hofes, des Meiers, Mullei-s usw.
So verschmelzen denn die Villikationspachten allerdings mit den Obedienzen
auf der einheitlichen Grundlage 6iner Pachtgenossenschaft,
Ad der Mosel können wir diese weitere Ausbildung nur an 6ineni Bei-
spiel, hier aber auch in ganz hervorragender Weise studieren". Das Material
bieten die zahlreichen Akten lies Stifts Müustennaifeld, deren wichtigste Stücke
unten in Bd. 3 S. 509 f. veröffentlicht sind * ; gehören sie erst dem 14. Jb. an,
*) Vgl. tCa das Stift SM&rien-Mainz MR. ÜB. 1, ^4, 1112; Kr du Trierer Domstift
MR. ÜB. 1, 431, 1115; 449, 1122; 455, 112«; 477, 1184; 474, 1134; 481, I1S5; 484, 1136;
486, 1136; 568, 1152; 618, c 1160 usw.
*) S. oben 8. 961 f.
') Im einzeln vgL fDr Ausleihung im Pensioossyslem aul^Aalb dea Stiftes MR. ÜB.
2, 68, 1169—68: diu Domkapitel giebt an Himmerode Weinberge sub eadem pensione, qua
W. bon^ memoria concanomcoB et cellerarins noster a nobis tenuit, videlicet S aitulaium
vini, et campmn unum puteo et tilmo adiacentem, quem fratree in vineam excoluemnt, sub
censu 8 d. imperpetuum. bec autem pensio denarionun in festo sancti Martini illi, qui
preest elemosinanun officio, annustim solvenda est, viniun vero statim post vindemias. bÖL
ÜB. 2, 98, 1189, Urkunde dea Prion in Yalleodar: Bertoldus miles de Kobnma ius advo-
cationis et nllicstioms suae, quam ipse soique antecessores iure hereditsrio super curti
nostra, que est in Luiinecbo, posaederat, aeccleaiae nustrae Valendrensi cum vinea, que est
in siniatro latere viae, qua deacenditur Kobrunam, publice absque alicuius vel aliquomm
heredum suorum contradictione pretln 4 mr. Coloniensis monetae vendidit; videlicet hac con-
ventione, ut dictua B. et beredes sui iure liereditario vineae prcfatae poasessores exisiereut,
aic vero, ut nee eam venderent nee apud aliquem pro pignore collocarent; si autem facultatia
defectu seu sui posseasoria exilio inculta permaneret, in aecciesiae Valcndrenais rediret
posseaEionem. veruntamen ne predictua B. et heredcg sui minua iusto dicte curtis nostrae
utilitate fruerentur, annuali iure nomine census dicto B. vel heredibus suis prenominata
curlis 18 nummoa monetae Coloniensia reddere tenetur. — Freilich hatte man solche Pen-
sionarverleibungen an Auswärtige nicht besonders gern, vgl. MR. ÜB. 2, 256, 1180 — 1309:
der StiftsbeiT E. von SSimeon verspricht bei Annahme der Pforrei Mosbach, quod de eadem
ecclesia nulli hominum quicquani infeadaret et quod eandem ecciesiam nulli militi in pen-
fiione tenendam traderet. Quix Cod. Aqu, 1, 50, 1192, Urkunde K. Heinrichs VI.: cum.,
frater noster Pbilippus Aquensis prepoaitus curiam beate Marie Aquensis in Sintzge in pote-
slatem suam receperat et quiete possederat, Withelraus et Volkoldus de Sintzge occasioue
villicationis, quam pater eorum et ipsi in curia itia aliquando habuenint, eam gravare et sibt
attrahere tcmptabant. Der Kaiser macht aus, quod . . predictis W. et V. ad necessitatis
eonim sublevamen medietalem vini presentis tunc anni de eadem curia provenientis [fratrea
Aquenses] benigne dederunt, qua de causa W. et V. in presentia nostra omni iiui, quod in
curia illa haberent . . omnimodis renuntiavenint. Zugleich bestimmt der Kaiser, quod nee
(fratres) nee prepoaitus ipsorum eandem curiam alicui unquam laice persone in pacio
*) S. auch Bd. 2, 215 No. 7.
— 981 — Umwälzung d. Wirtschaftsverfassung.]
SO läfst sich doch aus früheren gelegentlichen Erwähnungen die allgemeine
Geltung der aus ihnen erhellenden Verhältnisse um einige Generationen weiter
zurück datierend
Hier finden sich nun die Stiftsbesitzungen, Fronhöfe, Zehnte u. dgl. an
eine Anzahl von Pächtern verteilt, welche pactarii oder pensionarii, zu deutsch
gesworene oder gehulte p6chter heifsen. Diese Pächter gehören teils dem
geistlichen Stande an und sind dann ganz überwiegend Münstermaifelder
Stiftsherren, oder sie sind Laien, und zwar, wenigstens in späterer Zeit, aus-
schliefslich Adlige^. Unter beiden Kategorieen stehen für den eigentlichen
Wirtschaftsbetrieb Halfwinner als Unterpächter®.
^) S. MR. U6. 2, 152, 1196: die Kanoniche von MQnstermaifeld klagen beim Erz-
bischof de iniuria sibi a quibusdam corum prepositis illata . . de curia in Cundeze et de curia
de Rore et de annona de Mertelache et de avena, quam pactarii reddunt preposito annuatim,
in quibus . . fiierant spoliati. Der Erzbischof entscheidet, quod vinum de curia in Cundeze
in cellarium fratnufn singulis annis totaliter deducetur et inter omnes fratres equaliter divi-
detur, ita qiiidem, quod de eodem cellario fratrum habebit 6 carr. claustralis mensure vel
statutam redemptionem prepositus annuatim. S. auch MR. U6. 3, 483, 1233, wo von einem
Zehnten in Polch die Rede ist, quam L. miles de Folge quandoque in pensione ab ecclesia
(Münstermaifeld) tenuerat, et eidem L. per sententiam suorum compensionariorum postmodum
fuerat abiudicata; dazu MR. ÜB. 3, 457, 1232. Endlich gehört hierher CRM. 2, 294, 1279,
cit oben S. 610 Note 1. — Aus der Zeit vor 1196 ist vielleicht hierher schon zu ziehen
MR. ÜB. 2, 90, 1187: R. Dechant und das Kapitel von Münstermaifeld Radulfo Cani silvam
sancti Martini et terram attinentem et dimidiam partem molendini in eodem predio constituti
concessimus, unde quolibet anno 16 mir. spelte claustralis mensure in festo sancti Remigii
absque omni laboris compensatione persolvere tenetur. si vero in prefata die non persolverit,
summa 20 d. levis monete excessus sui necligentiam emendet; et si ad 15 dies in eadem
temeritate perstiterit, totidem persolvat, et sie deinceps, quoadusque satisfactionem plenariam
de debito optulerit. nobis autem et successoribus nostris in posterum precaventes statuimus,
quod mortuo R. tantum duo heredes sui simiü ei, et non plures, succederent, et tantum duo
pariter possiderent. decrevimus etiam, quod absque omni mercedis inpensione feodum suum
suscipere deberent.
*) S. zum letzteren Punkte Bd. 3, 525, ss.
') Vgl. *ULehmen, Hs. Koblenz CXI» Bl. 33*>: der Stellvertreter eines vornehmen Pen-
sionarius im Pensionsgut heifst incola. Zum Verständnis dieses Wortes s. *ÜLehmen, Hs.
Koblenz CXI» Bl. 38», 1336: Propst Elias von Münstermaifeld als pensionarius desSSimeoner
Hofes in Lehmen concessimus et locavimus (eandem curtim) ad dies vite nostre an X. I.
conditione tali, quod predictam nostram curtim tenebunt singulis annis in debita cultura et
procurationibus debitis et consuetis . . et dabunt nobis dimidietatem crementi de vinea ipsi
curie adiacenti . . de campis super montem . . 5 mir. siliginis. . . habebunt etiam dicti incole
[so heifst der Pächter] quartam partem advocatie nostre ibidem . . . Reliqua omnia bona et
iura dicte curtis cum suis contingentibus, de quibus supra non fit mentio, nobis et ordinationi
nostre penitus reservamus. . . . Est etiam nobis salvum, quod si in futuro dictam curtim ac
eins possessionem pro nostro commodo et nostra utilitate colere per nos ipsos seu familiam
nostram vellemus et gubemare, extunc dicti incole cedere nobis debebunt. *ÜMoselkem, Hs.
Koblenz CXI » Bl. 48 » , 1338 : Propst Elias von Münstermaifeld verpachtet seine SPauliner
Pension Moselkem auf 4 Jahre more et iure agricolarum communium . . pro medietate
^ctuum . . et dabit [incola] dictis annis 1 mr. pagamenti Monasteriensis ad curialitatem,
IWirtsrliaft d. (irofsgrundbes. -^ 982 —
Alle Pächter zusäiiiuieii bil<leu obue Unterschied des Standes eine
gleichartig koiislruierte Pachtgenossenschaft; nur dafs die Laienpächter ver-
mutlich durchweg eine Kautiou in Laud für solche Fälle zu stellen hatteu, in
welchen sich die Genossenschaft l>ei den geistlichen Pächtern an die Pro-
bende hielt'. Die GenoBsenschaft hielt jährlich 2 Dinge und 2 geschwo-
rene Montage ab, sie l^en auf dem 12. November dem 1. Dezember
sowie auf den Montagen nach Weihnacht und Ostern und waren in ei-ster
Linie zur Abnahme der PachtrevenUen durch das Kapitel bestimmt. Aufser-
dem aber wiesen die Pächter an den Dingtagen, und vornehmlich am Hauiit-
dingtag, dem 1. Dezember, das Recht der Pachtgenossenschaft und des
Stiftes als des Pachtherrn und wandten dasselbe auf etwaige Vergehen
innerhalb der Genossenschaft an. Die Hauptfillle waren hier Versäumnis
der Dingijflicht und Säumnis in der Pachtzahhmg : in beiden konnte nach
einjähriger Frist auf Aburteilung der Pachtung erkannt werden ^. War
den Pächtern das Recht nicht lauter oder wunle vom Pachtherm eine Weisung
gefordert, so wunle das Urteil jedesmal durch zwei Pächter, eineu Laien und
einen Kleriker, gefunden; konnten die beiden sich nicht einigen, so entschied
die gesamte Genossenschaft mit Stimmenmehrheit. Im Ding waren aufser deu
Pächtern auch Propst und Kapitel anwesend: der Propst bezw, sein Sehult-
qne dicitur wisongo, quolibet anno, et maDsioneni personalem cum biüs pecoriboE et fninilia
in dicta ernte faciet.
»I Vgl. (lufser Bd. 8, 526, a», 1438 aucb •UMOnstcnuaifeld, Fb. Koblenz CXI» BL 48«,
1845: notandnni, qiiod anno dotuini cccmojLVio dip dominica proniiiia post Gertrudis
lolianneB dictua Griinmlnch senior una cum suis collegis advocatia in Mertlactao corarn
teslibuD eubseijueDtibuB in ludorio uit« atriuia eceles'ie, übt iuri üeculari coDSuetiuu est
presideri, confessus est vice et nomine Eni et Euorum colt^anun advocatonmi, quod Seliertiis
de Colche cum uxorc sim tunc viveotc in iudicio predicto coram eis et in eodem loco alias
constituCi unanimiter ore et calamo manu communicata curiam B»am allodialeci cum suis
pertinentÜB et adiacentiis eitam intra villam de Mertitlacbo liberam et ab omni onere ab-
solutam hoiiorabili viro domino Elie preposito Mooasteriensi et suo mandatario necnon prepo-
siture Monaateriensi siipraportavenint et in ipsum et suain preposituram Iranstulerunt, per-
petualiter ipaam annecienles et alligantes pacto in Colche ipsius Seberti et de cetero indivisi-
bilem ad permanendum , conditione tali, quod si predictus Sebcrtiis et sut heredes in
poEtemm negligentes inveuti fuerint in soliitionibus et iuribiis quibuscunque ipsius pacti de
Colche et convicti per iudiduin et senlentiam pactariorum fceknie Monasteriensis , extimc
ipaum pactum una cum curia et suis attjnentiis predictis sibi adiiinctis et annexis ut premit-
titur pene iudiciali indivise subiacebunt, conlradictione qualicunqiie non obstante. Actum
preaentibus lohanne Grimminch predicto et Petro diclo Kuninch advocatis, Henrico dicto
Poilcher armigero, Ilemico de Keu^die, lohanne Grimminch iuniore, Henrico von der Gassin,
Seberto filio Grimminch, Everhardo nato Henrici de Keircbc, Honuldo claudicant^, Conrado
plebano Monas terieosi, Conrado in aula, Theoderico paslore ibidem, lohanne Swaif, Thil-
manno Benigne et lohanne Marschalco gcabinis Monasteriensibus, et pluribus aliis fidedignis
testibus ad premiasa vocatis et rogatis. Quibus sie actis et coafessis per ndvocatos predictos
In iudicio et in eodem loco dominus Elias prepositus predictua ibidem presentiaiiter con-
stitutus dedit advocatis et iuratis ville ipaius suos denarios testimoniales super eo.
^) Über die vorhergehenden geringeren Strafen s. Bd. 3, 520, t f.; ■'jSe, it f.
— 983 — Umwälzung d. Wirtscbaftsverfassung.]
heifs hatte den Vorsitz und den Gerichtsvollzug, er ernannte deshalb auch
den Fronboten der Genosseüschaft.
Die einzelnen Pachtungen selbst standen unter Aufsicht des Propstes;
wem sie zu eigen gehörten und demgemäfs heimfielen, dem Propst oder dem
Kapitel, erschien strittig und blieb unentschieden; jedenfalls zinsten die Pach-
tungen gleichmäfsig der Propstei wie dem Reventer und Keller des Kapitels.
An diesen Pachtungen hatten nun die geistlichen Pächter vermutlich
lebenslängliche, die Laienpächter dagegen erbliche Nutzung. Dabei sind die
Laienpachten im Sinne des Lehnrechtes beschränkt, also namentlich nur unteil-
bar an direkte männliche Deszendenten vererblich; sie heifsen darum auch
geradezu Pachtlehen ^ Doch w^ar es jedem Laienpächter gestattet, seine Pach-
tung fllr die eigene Lebenszeit zu versplissen*. Bei Handwechsel wie bei
Thronfall mufste das Lehen von neuem empfangen werden. Es geschah das
vor dem Propst in Gegenwart von mindestens zwei bis drei oder besser von
allen Pächtern, welche das Erbfolgerecht des Mutenden wiesen; zugleich
wurde ein Ilergewede gezahlt. Fiel ein Pachtlehen heim, so verfügte der
Propst nach den Nachrichten der früheren Zeit unter Beirat des Kapitels frei ;
später scheint sich der Einflufs der Pachtgenossenschaft immer stärker geltend
gemacht zu haben ^.
Und in der letzteren Richtung entwickelte sich denn überhaupt diese
eigentümliche genossenschaftliche Ersatzform der alten grundherrschaftlichen
Zentralverwaltimg weiter: die Ausschliefelichkeit des Adels unter den Laien-
pächtem wurde durchgesetzt, das Kapitel als solches wurde von jedem Einflufs
auf die Verwaltung immer mehr abgedrängt*, die Stellung der Pächter, soweit
sie nicht Stiftsherren waren, ward eine inuner selbständigere. So erfüllte
denn auch diese unter dem Einflufs der Pachtentwicklung vollzogene korpo-
rative Umfommng der giimdherrschaftlichen Zentralverwaltung die Erwartungen
nicht, welche man für eine zeitgemäfse Umbildung der Wirtschaftsorganisation
an sie etwa hätte knüpfen können. Sie blieb vereinzelt, obwohl sie in den
Klöstern des späteren Mittelalters mit ihrem teilweis weit durchgebildeten
Präbendensystem ^ hätte Anwendung finden können; und wo sie bestand,
1) S. Bd. 3, 526, 12.
«) S. Bd. 3, 526, 80.
*) *Koblenz St. A. Hs. CXI*> Bl. 45, 1837: si ac quotienscunque aliqua pacta ad
dictam ecclesiain Monasteriensem spectantia vacare contigerit, pacta huiusmodi ?acantia
debebit idem prepositus locare sive concedere fidedignis personis, prout sententia reliquorum
dicte Monasteriensis ecclesic pactarionmi dietaverit
*) Das zeigen die *Consuet. Mon. Meinef. Bl. ß^ und 7» in dem Liber iurium et
redituum eccl. coli. Mon. in Meinefelt, Koblenz St. A.
^) Das Aufkommen des Präbendesystems in den spätmittelalterlichen Klöstern und die
damit zusammenhängenden Entwicklungen — Lostrennung des Abtsgehaltes, Privateigentum
und Residenzlosigkeit der Mönche — können hier nicht zur Darstellung gebracht werden.
Man Tgl. aufser Back, Ravengiersburg 1 S. 47, für die einzelnen Stadien Chron. Median,
mon. 6, MGSS. 4, 89; MR. ÜB. 1,475, 1132; UlMettlach No. X 12. Jh. Mitte; — MR. ÜB. 8,
[Wirtechart i, Grafagnindbes
ÖS4
wirkte sie nicht befi-uelitend und verbindend, sondern doch scliliefslieh in ihrer
Verknöchening brechend und lösend.
Auch diese Entwicklung; lehrt es: die wirtschaftliche Blüte der alten
OrundheiTschaft war mit dem Auspan^ des 12. Jlis. unwiederbiinfjlich dahin.
Uui so iiifilii' aber niui&te seit dieeer Zeit das rechtliche Moment in det' Gnmd-
herrechaft, die Grundherrlichkeit, in den Vordei^rund treten.
1204, 125S; NoTillan. c 51; Honth. Eist. 2, 213, 1861; 215, 1S61; WBockenui I4S7, G. 6,
501 Note 1; - MR. ÜB. 2, iS, 1129-116»; 3, 161, c. 1220; Q. Trev. c. 180, am 1260;
Bd. 3, No. 72, 1291; No. HS, 1320; 'Or. Koblenz SL A. Rep. PrOm No. 55, 1332 Juni 28;
•Koblenz St. A. HC. H* BL 10*»— 1041-, reg. Goera Re^g. der Erib. S. 100-101, 1867
Febr. 11; "Dipl. Pnumeiue BL55<>f., 13S3Atig. 17; — Stat aynod. 1297 c. 18, BlatUa 1,28;
»tat. sjuod. 1238 c SO, 40, Blattau 1, 42; Hs. der Trierer Slodtbibl. 1258 (SMaxünin) gedr.
Wyttenbuch-MQller 2 ADimadr. S. 14, 1338, Reformalatat Baldnins fOr die Benedictiiier;
ätu. sfuod. 131Q, c. 88, BlUtaa 1, 89; — *I>tpl. Praniense BL IWxt, 1865 Sept 2a
Anhang.
Entwurf einer VencaUwigsordntmg für die Ohedientien von SGereon in Köln. 1316 Jv/ni 2U
H», des Kiichenarchm SOer§on-K6ln, 4^ Pgt. un/oiiiert^ Anfang 14 Jhx.
In nomine domini amen. Nos Araoldus de 6&me dei gratia decanuB, Heinricus de
Erperode choriepiscopus, Heinricus de Bucstel thesaurarius, lohannes de Stailburg et Harpemus
presbiteri, Wilhelmus de Aldenhoven et Theodericus de Oitginbach subdiaconus canonici
ecclesie sancti Gereonis Coloniensis notum esse volumus universis presentia yisuiis et
audituris:
Quod cum dilecti in Christo capitulum et coUegium ecclesie predicte de consensu
nostro decani predicti in nos compromittendum duxerint et compromiserint, ut cu-ca casus
fortuitos^ videlicet grandinis exercitus' et incendii, lesiones et alia dampna et incommoda
circa sterilitates vini et bladi canonicis nostris pensionariis^ in communibus bonis eorum et
nostris contigentes et contingentia necnon super arrestationibus et pignorationibus in curtibus
et bonis capituli nostri seu colonorum^ earundem curtium, quid fieri et perpetuo observari
debeat, ordinemus et declaremus circa huiusmodi, que fuerint dedaranda: nos diversis col-
lationibus et tractatibus super hoc habitis ordinamus et pronuntiamus:
7. Quod si tempestas grandinis evenerit nostris obedientiarüs '^^ qui alias pensiones^
vel census non habent in agricultiuis vineis seu in decimis, tunc ilio anno capitulum susti-
nebit medietatem dampni sie facti et probati per iuratos curie, si sunt, alioquin per fidedignos
parochianos; et aliam medietatem ipsius dampni sustinebit obedientiarius. si autem obedien-
tianus alias pensiones vel census habuerit in eandem obedientiam "^ expectantes, tunc pen-
sionarius, illo anno dampni quota pars de pensione obedientie sue^, utpote secunda tertia aut
alia, [Bl. 1^] & capitulo ei remissa fiierit ratione grandinis, totam et similem numero partem
eodem anno restituet capitulo de aliis redditibus eiusdem obedientie, quos grando ledere non
potuit si autem pensionarius hoc sustinere noluerit, dimittet illo anno capitulo bona sua,
sed pecudes et pecoi*a sua ipse sine dampno capituli sui et absque dolo et fraude ibidem
pascet, et propterea habebit et retinebit stramina paleas et emergentias; et ideo nichilominus
acquiret et requiret isti capitulo illo anno census suos et pensiones pro viribus suis bona
fide suis laboribus et expensis.
2. Item voliunus et ordinamus, quod si hostile incendium coUecta vastaverit, dum-
modo pensionarius non sit in culpa, si de pensione debita capitulo satisfacere non poterit,
') Alte i'bersdiung abschriftlich im Besitt tOH Herrn Prof, lA>er8ch in Bonn angeTelle.
^) hail hier.
^) peiter.
*) halfwinne.
*) petere.
^ peithe.
7) paith.
^) ran dem paithe sinre ob«diencien.
Lamprecht, Dentaches WirttfchafUleben. I. 63
(Wirtschaft d. CrofsgrundbeB. ^- 986 —
tnne dediictis expensis nece^sni'iiä reEidiium flde datn detcapitulo; et si obedientiEmi reüuere
volurxit, 8olvat partem mediam expensonun drcu edificia constniendn.
3. Item ToluiniiB et ordinomus. qaod si (^lsdes bellica' rapiierit violenter bona et res
eccleue, qiiod observetiir ia eo casu secundum quod serratur in diffinitione articull de
grandine.
4. Uem volumiiB el ordinamus, i|iiod e) poet festnin saucti Remigii i-ontiiigant bii
casus, hoBtilp incpnditun et clades beUica, capitulo nichiJ depereat de pensione bladi; eed ri
de bonis percipiendis alia servitia Botvere peneionariiiii nou potest, reinittaliir ei ad suam
5. lt«ni volumiia CC ordinamus, quod ei obedientSarius fiolumniodo nudaH pemioiieB*
villi vel biadi babuerit et niuiia Bt«rilitS£ acciderit, quod solventes isUs peDsiones nullo modo
sokere valeant [Bt. S"], pensionarius liabebit inducias usqiie ad annum fiiEuraia et tuuc
Bfttisfacist, nisi aimilis vel maJor redest sterOilas, et tuiic dnbit ßdem, quod nichil sibi d»
dicta obedientia obtinebit deductis expensis, nisi primo capituln satisfecerit de debitis, in
quibna sie* tenetur,
li. It^m ordinamus et dicimtis, quod de cetero nostri concanontci intrantes anibitutn
pro pena Bunnensi' a craatino bea.ti Gereonis' iaceant* usque sexto idiis novembris; et nisi
interim satiafec«nnt, extunu vacet iacentiü ofßciuin, pro quo iacet. sed capitulum et presentes
canonici in rivitatc potenint induciare inb'attuiun et non iacenteoi , si videbittir equum et
honeatiun''.
7. Item volunus et ordinainus, quod nullus cauonicorum nostrorum sandicem semi-
nabit uec seiuinare permittet in agris ecclcsie nostre; et si seciis fecerit, dabit capitulo de
qnalibet liunall unam marcam : aüoquin super hoc monitiis ex. parte capituli intrabit ainbi-
tum, donec sntisfeceiit seciiudum penam ad boc slAtiitam.
8. Item ToUunus et ordinamus, quod si sterilitas maxima evcnerit, dei^anus et secuit-
dum iiitroituB eeniores sacerdoa diaconus et sitbdiaconus more capituli vocati potenmt con-
cordare cum pensionario rel niaior pars eonun super huiusmodi dampnu, sed si unus iBtorutn
Tel aliqui fiierint illo anno ponaionarti ita quod eos tangat negotium , tnnc cedet vel cedent
a tractatu*, et alius eiiiadeni ordinia auperior intrabit illa vice lociuii cedentis ad traclandiuu;
et si concoiilnre non poterint, timc tälis peiisionnrius dimittet illo anno obedientiam. sicut in
casu grandinifi anperiua est expressam.
.'(.-- Item volumus et ordinamus, quod si aliquis pensionarius noster fiierit pignoratus
super ecciesiam nostram vel e converso, et pignorans voluerit recipere cum [Bl 2*/ effectu
iuBtitiam coram iudice nostro competente, tunc capitulum relevabit" pensionarium a dampniB
et e converao penaionariua capitulum in consimili caeu. sed si pignorana iustitiam non
receperit predict« modo, tunc quelibet pars dcfendet se et pro rebus auia recuperandis prout
melius polerit laborabit.
10. Item Tolumus et ordinamua, quod ai ante terapus solutionis censuum vel pen-
aionum '" prohibitio vel arrealatio alicuius domini terte penaionarium impediat, nomine ccclesie
detur sibi per quatuor superius nominatos tantum tempua secundum diatantiam loconun et
temperiem aeris, quod commode possit ducere bladum sumn.
') g«>*it lud taMg.
') intlunn.
ein» inde p«ltk*.
— 987 — Anhang.]
11. Item volumus et ordinamus, quod obedientiarii nostri efficient, quod pensionarii
Tel coloni^ de cetero ab eis institaendi intrabnnt et assecurabnnt, se nichil petitoros nee de
inre posse petere a capitalo nostro ratione alicuius iniorie, si qua eis fieret propter eccle-
siam nostram aut aliquem canonicomm nostrorum.
12, Item volumus et ordinamus, quod si aliquem canonicorum nostrorum propter
aliquem casum predictorum obedientiam dimittere contingit, ipse fide data adiuvabit et pro-
moTebit ecclesiam et capitulum nostrum pro posse et nosse in omnibus &ctis suis.
13, Item voliunus et ordinamus, quod quicumque canonicorum nostrorum receperit
obedientiam a capitulo nostro^ servabit eam ad minus per tres annos; et si postea eam
dimittere voluerit, hoc faciet infra festa sancti Martini hiemalis et natalis domini, nisi
[Bl 30] forte aliqua causa nimium urgente ad secus faciendum cogetur: tnnc omni tempore
poterit resignare.
14, Item sciendimi est, quod prelati nostri, scilicet prepositus decanus et scolasticus,
non habebunt aliquas obedientias nostras. et si qui canonicorum nostrorum prelati effician-
tnr, ita quod prebenda eorum per vicarium deserviatur^, extunc obedientie, quas a nobis
habuerunt, statim habita confirmatione eo tempore vacabunt, et capitulum nostrum de eis
&ciet et ordinabit, prout videbitur expedire.
15. Ceteros vero articulos in prefata ordinatione et pena Bunnensi contentos volu-
mus in suo robore permanere, et observare eandem penam contra transgredientes et non
observantes huiusmodi ordinationem nostram. et quia non sine magno labore et discussione
prefatas ordinationes coilegimus, volumus et ordinamus, quod si quid dubii vel ambiguitatis
circa premissa forsitan ermerserit in futurum nostra^ declaratione et interpretatione, quam
nobis et cuilibet nostrum, qui vixerimus, reservamus, stetur et obediatur.
16. Preterea volumus et ordinamus, quod prefate nostre ordinationes redigantur ex
nomine decani et totius capituli in publicum instrumentum , et sigillo maiori eiusdem nostre
ecdesie sigilletur et roboretur tamquam perpetue duraturum.
In cuius ordinationis et pronuntiationis nostre testimonium et firmitatem nos ordi-
natores predicti sigilla nostra presentibus duximus apponenda.
I>eitum actum et pronuntiatum feria secunda ante festum nativitatis beati lohannis
baptiste, anno domini mocccmo sexto decimo.
^) hslfwinne.
S) Terdeinen.
S) Hb. nostre.
68
^
■H.
vn.
Grundheirliclikeit und Vogtei als Formen
halbstaatlicher Gewalt und Fermente
sozialer Schichtung.
1. Die Grnndherrlichkeit.
Mit dem vollen Eintritt der Stauferzeit war der Verfall der alten grund-
herrschaftlichen Wirtschaftsorganisation entschieden. Aber damit mit nichten
der Verfall der Grundherrschaft selbst. Hatte sie bislang vornehmlich in Be-
tonung ihrer wirtschaftlichen Seite in die allgemeine Entwicklung eingegriffen,
«0 begann sie nunmehr die rechtliche Seite ihres Daseins mehr und mehr zu
entfalten. Mit dem Schlüsse der Stauferzeit zerfiel die alte Reichsverfassung;
damit fand die Expansionskraft der unteren politischen Kreise in Stadt und
Territorium wie in der Gmndherrschaft nicht mehr das bisher gewohnte Mafe
gegenwirkender Kraft auf dem Gebiete der allgemeinen staatlichen Entwicklung,
und sie machte sich daher mächtig im vollen Auswirken pseudostaatlicher Bil-
dungen geltend.
Um zum Betreten dieses Weges fähig zu sein, mufste die Grundherr-
schaft aber einen Kern rechtlicher Bedeutung besitzen : vermochte sie nunmehr
im günstigsten Falle bis zum Territorium anzuschwellen, so mulste ihrem
innersten Wesen eine bestimmte Disposition zur Aufsaugung und Assimilation
staatlicher Rechte eignen.
Worin bestand diese Disposition?
Es ist leichter zu sagen, worin sie nicht bestand. Sie bestand nicht in
vogteilichen Rechten: demi diese treten vielfach zur Grundherrlichkeit in
geraden Gegensatz, und wo wir sie seitens hervorragender Grundherren später
erworben sehen, da bilden sie ein besonderes Moment fttr die Entwicklung
der Landesgewalt, welches ziu* Grundherrlichkeit hinzutritt imd deshalb weiter
unten, im zweiten Teil dieses Abschnittes, eine gesonderte Betrachtung finden
wird. Sie bestand femer nicht in den Rechten, welche mit der Immunität
verliehen werden, denn es giebt viele vollausgebildete Grundhen-schaften ohne
Immunität. Und endlich bestand sie nicht in Dispositiousrechten im Sinne der
markgenössischen Autonomie, denn Grundhenlichkeit kann sehr wohl ohne
Allmendeobereigentum und seine Konsequenzen bestehen. Freilich, so wenig
die Gi-undherrlichkeit Allmendeobereigentum oder Immunität erfordert, so sehr
[(ininilherrlielikeil und Toglei, — 992 —
■wird sie dun'h dieselben gehoben: Alliiiendeobeveigentum und Immunität sind
kostbare Zugaben jeder späteren walirhiift bedeutenden GnuHtberrschaft , sie
ninden liereii Cbarakter ab, und ihre Erörterang in diesem Sinne wird uns
noch in diesem Teile des vorliegenden Abschnittes genauer beschäftigen.
Hat man auf dpr einen Seite ImniunitAt und AJlmendeol)ereigentuni fiir
die Kntwieklunj; der Gi-undherrlichkeit mehr oder minder unmittelbar verant-
wortlich marhen wollen, so ist man andereiseits fOr ihre Erklämi^ sogar bis
auf Cäsar und Tacitus zurOckg^ningen. Mit gleich ui^&nstigem Erfolge. Detm
daran besteht kein Zweifel: die Gnmdberrlichkeit des späteren Mittelalters
ist ein Produkt der späteren Karolinger- und frnheBt«n I^seizeit: und eben
darum ist ihre Bildung nur aus damals vorhandenen Prämissen zu erklären'.
- Die gnmdberrschaftliche Bevölkerung dieser Zeit setzte sich aus zwei in-
einander verschmelzenden Klassen zusammen, einstigen Unfreien bzw. Minder-
fireien und einstigen Vollfreien'. Sebeu wir von den vielÜEich erst aus der
Klasse der Unfreien hervoi^^angmen and numerisch wenigstens im Mosel-
lande nrsprüi^lich unbedeutenden Minderfreien ab , so waren die Unfreien
einst völlig als Sachwerte behandelt worden; das Verhältnis der Herrschaft
zu ihnen hatte nicht in der Grundherrlichkeit, sondern im Eigentum seinen
rechtlichen Ausdruck gefunden. Allein schon früh waren Übergänge zu einem
IVi-s<»iieii recht der Unfreien eingetreten, welche dem Herrn nicht mehr die
volle sacbenrerbtliche Herrschaft Ober den Unfreien gestatteten; und die Un-
freien hatten xufdeidi ein gewisses Recht zur EinwiAnng auf das in ihre
Hand gegebene herrschaftliche Gut gewonnen, weldiee die AusQbang des
herrscbat'tlicben Eigentumsrechtes abschwächte*. So wurden die Unfreien zd
Gnmdholden, zu Menschen im Sinne Reditens, und das Eigentum des Herrn
an ihnen und ihrem Besitz setzte sich zur Vertretungsgewalt vor Gericht an
den Personen, zum Obereigentura an den von den Personen besessenen Gutem
um. In diesem Punkte aber traf sich die Ausgestaltung der Verhältnisse
der ehemaligen Unfreien in der GrundheiTschaft mit der Entwicklung der Lage
aller ehemals Freien in eben dieser Grundherrschaft. Freie waren auf dran
Wege der I'rekarei oder des Beneticimns oder auch durch Kommendation*
■) Laiiiku, namentlich in eeiner Arbeit über das Salgut S. SS ff., sucht die Wurzeln
der Gnindheniichkeit schon im urzeitlichen Freistaat und findet sie in Toc Germ. 26;
neben seiner Theorie steht die v. Maurerscfae InununilAtenlehre (kurze Darstellung bei
V. Maurer, Einl. S. 137—186). Für beide Anschauungen bedarf es einer ausführlichen
Widerlegung nicht mehr. Eine allseitige und wohl abgeschlossene Vorstellung über die
Bildung der Qmndherrlichkeit hat erst Heusler im ersten Bande seiner Institutionen des
deutschen Prifatrecbts begrOndet
*) Darüber Genaueres in Teil S dieses Abschnittes.
■) S. oben S. 5S f. und auch unten in Teil 3.
*) Zum Beleg vgl. vorläufig ans später Zeit die oft zitierte Stelle der Acta fünd.
Unrens-, Hei^ott 1, 324, frühe Kaiserzeit: aestimantes autem quldam liberi homines, qui in
ipso vico enuit, benignum et dementem ilhun [praepotentem] fore, praedia sus snb censu
legitimo illi contradidenmt ea conditione, ut sub mundiburdio et defensione illius seniper tuti
IL.
__ 993 — Die Gnmdherrlichkeit]
in urspiUnglich privatrechtliche Beziehungen zuni Grundherrn getreten. Diese
privatrechtlichen Beziehungen hatten sich allmählich und bis zum Schlüsse
der Karolingerzeit in einem Grade erweitert, dafs die Freien nunmehr den zu
Grundholden gewordenen Unfreien nahezu oder völlig gleichstanden^: und
so bestand auch hier Vertretungsgewalt vor Gericht und Obereigentum als
Grundlage des Verhältnisses zwischen Grundherrn imd Gioindholden.
Vertretungsgewalt vor Gericht und Obereigentum sind damit die Basis
4ler Grundhenlichkeit, wie sie etwa seit Beginn des 10. Jhs. in jedem Fron-
hof vorliegt * ; unter ihrem Einwirken verschmelzen die Verhältnisse der unfreien,
mindeiüeien und vollfreien Bevölkerung der karolingischen Grundherrschaft nun-
mehr völlig zur Grundhörigkeit des eigentlichen Mittelalters : aus ihrer Ausgestal-
tung zu besonderen Institutionen erwächst die spezifisch grundherrliche Verfassung.
Dieser letztere Punkt hat uns im folgenden besonders zu beschäftigen.
Die Vertretungsgewalt vor Gericht gliederte sich unter der Einwirkung
des Obereigentums in doppelte Funktionen. Infolge des herrschaftlichen Ober-
eigentums nämlich lag alles Vermögen der Grundholden innerhalb des Macht-
bereichs des Grundhen-n, jeglicher Rechtsverkehr der Grundholden in Ver-
mögensobjekten — mindestens soweit diese den Grund und Boden betrafen —
bedurfte also der Zustimmung des Grundherrn und bewegte sich innerhalb
der Grundherrschaft®. Anders bei Delikten; hier lag eine solche Bindung
valerent esse. S. dazu v. Inama, Grofsgrundh. S. 68. Zu den votivi homines der Karolinger-
z(*it s. neuerdings Fustel de Coulanges in der Revue bist 28, 15 Note 7.
') Über den hier vorliegenden Entwicklungsprozefs vgl. unten Teil 3 dieses Abschnittes.
^ Auch für die kleinsten Fronhöfe, vgl. z. B. Cod. Sahn. S. 96 Note I, 1824. Erst
seit dem 14. Jh. kommen ganz vereinzelt gröfsere Besitzungen im Sinne von Fronhöfen vor,
welchen eine Masse von Renteneinnahmen zugewiesen ist, ohne dafs sich Grundherrlichkeit
findet, s. z. B., aufser Bd. 3, 507 c, 1349, *Bald. Kesselst S. 885, 1841: hof zäVeien gelegen
bi unser vorg. bürg Veienauwe und bi Zivele bi Mftnster in Eiflen mit 47 morgen ackers,
die da kom dragen, und 16 morgen '»wiesen, 6 s. und 6 cappunen geldes und mit velden
waBem und weiden und waz anders zu dem egen. hove boret Hierher gehört es wohl auch,
wenn Haussen, Abb. 2, 472, erzählt, der Bischof von Schleswig habe in Stapelholm (Nord-
friesland) nicht unbeträchtliche Besitzungen gehabt, die nicht in Gutshöfen, sondern in der
Grundherrlichkeit über zinspflichtige Bauern, Lausten (Fästebauem, Lassiten, Meier) be-
standen, übrigens ohne Jurisdiktion über dieselben. Mit der Zeit seien dann diese Lansten
in Eigentümer verwandelt worden.
«) Aufser Ed. Pist 864, c. 80, MGLL. 1, 495—6 vgl. Cap. miss. 803, c. 10, Boretius
S. 115: ut nee colonus nee iiscalinus foras mitio possint aliubi traditiones facere. Mitium
ist territorium vel villa, in quibus habitant S. dazu aus spätester Zeit *WLonguich 1408,
Arch. Maximin. 8, 81, § 6 : iudicaverunt iidem scabini, quod super nullis bonis mansionalibus
in banno Longuich sitis debet alibi placitari, quam ibidem in Longuich in carte domini
abbatis sancti Maximini coram 4 scabinis ibidem. *WHagelsdorf, Arch. Maximin. 6, 847,
§ 5: Wisent die scheffen mit ihren eiden dorch ein recht, dass was von der erbschaft und
hoife und hoif luden zu Hacheldorf vurg. dingis und dedingis entsteit, das man mit gericht
ustragen sal, das sol sich vor des egen. herren meier und gericht ustragen. Daher denn
grundhöriges Gut geradezu als dingliches Gut bezeichnet wird» d. h. als Land, dessen
Inhaber verpflichtet ist, das Ding des Grundherrn zu besuchen, vgl. *ULehmen, Hs. Koblenz
[GnindLerrlichkeit und Vnglfi- — 994 —
nicht voi'. Denigemäfs macht sich die Veitretuugssiewalt, oder richtiger gesagt
die Vertretungsgewalt unttr dem Einfliifs des OI)ereigeiitum8, d. h. die Grundherr-
lichkeit, geltend einmal nach aufeen hin in gerichtlicher Vertretung der Grund-
holden bei Delihten, dann aber innerhalb der Gnmdherrscliaft in der Her-
etelluug von Einrichtungen für den Vemiögeueverkehr der Gnindholden, d. h.
in der Schaffung grundhenlicher Gerichte.
Kötigung zni' Begrilndmig eines gnindhen-schaftlichen Gerichtswesens zu-
nächst für den Inimobiliarverkehr und zur Eutwickiui^ eines besonderen
Rechtes für diesen Verkehr und dieses Gerichtswesen, das ist also die hervor-
ragendste iiositive Leistui^; der Gnmriherrlichkeit fflr die Ausbildung der Grund-
heiTschaft*.
Die Au^estaltung des grundfaerrschaftlichen Gerichtswesens aber schlofs
sich a» die Wirtschaftsot^anisation der GinndheiTscbaft und damit vor allem
an deren hervorragendste Bildung, den Fi-onhof, an. Jeder Fronliof zugleich
eine Gerichtsstätte, die Gehöfer zugleich Gericht^enossen, der Meier zugleich
Ricliter: das ist die einfache ^'erbindung zwischen Gerichts- und Wirtschafts-
verfassung, welche wir flherall hergestellt sehen.
Und natürlich genug, daJs in der Gerichtsver&ssui^ selbst wie in der
Durchbildung des besonderen materiellen Rechtes für die Grundholden balil nelien
rechtlichen Gesichtspunkten auch wirtschaftliche Forderungen bevorzugteu Aus-
druck &nden. Schon die gewöhnlichste Bezeichnung des einfachen Fronbofdingeti.
wie es unter dem Schutze des Grundherrn stand', als Bauding ^ ist fUr diese
Verquickung charakteristisch. In 'Wahrheit beschränkte sich die ThAti^eit des
Baudinges keineswegs auf seine aus der Regelung des VermÖgensveikehrs und
der grundherrlichen Rechte äch ergebenden Obliegenheiten; es wies nicht
blofs die Zi^ehörigkeit der grundholden Personen, wie sie sich in der Hul-
digung aussprach, zur HofgenossenscbaJl*, es regelte nicht nur die Zugehörig-
keit und das Schicksal des gnmdherrschaftlichen Grundes und Bodens durch die
Forderung des Empfängnisses '^ und die Beurkundung aller freiwilligen Ge-
CXI* Bl. 33b; dazu auch noch Enneii, Qu. 2, 169—170, 167, 1237, cit. unten Bd. 2. 632
Note 3.
') Vgl. dazu u. a. MR. ÜB, 1, 286, 965—75.
») WAndemach 1500 § 61, G. 6, 649, cit unien Bd. 2, 648 Notf 2.
■) So z- B. BChon MR IIB. 1, 345, angeblich 1056. Nur ganz ausnahmsweise bat
Banding eine andere, dann aber abgeleitete Bedeutung, vgl. WMayen, G. 2, 482.
*) S. z. B. Bd. 3, 496, u f., c 1325.
») CRM. 2, 208, 1294; WThoiey 1450, G. 3, 758: daß keiner kein hoifgut unent-
pfenglich fuhren solle noch daruf gehen oder stehen , er habe es dan emp&ngen von deme
es Bich gebuirt; und were es dtJi einicher das hoifgut unentpfenglich fiiirte daruf gienge
oder stunde, . . verbreche er einen frevel , d. i. 5 s. und den scheffen ein sester weina.
WHeimbach 1601 oder 1602: die hofer musten bei ihren elden wisen, was jeder hofegut habe,
und da einer sich dessen nit ercleren oder verleugnen wolt, haben vogd schultes und scheffen
alle desselbigen gueter hofsgut zu achten und das closter nach sich zu nehmen. Im übrigen
rgL schon oben S. 646 und unten Teil 3 dieses Abschnittes.
— 995 — I>ie Grundherrlichkeit.]
richtshandlungen im Vermögensverkehr ^ — es erkannte auch über die Bewirt-
schaftung und den Anbau der gehöferschaftlichen Güter ^ und wies die Zins-
rechte des Grundherrn^.
In dieser Verquickung nun, als Wirtschaftsgericht der Gehöferschaft *
und als Untergericht ftlr die dem Fronhof zugehörigen Genossen in Vemiögeus-
sachen und allen bürgerlichen Sachen überhaupt*, hat sich das grundherrliche
>) S. UlMettlach No. II, 1095, Fitten 11c; C. dipl. Rommered. 58, 1357: Floreflfe und
Rommersdorf ernennen zu einem Verkauf in Horchheim procuratores et nuntios speciales [je
einen], et quemlibet eorum in solidum, ad comparendum congn viUico et scabinis predictis
et aliis iudicibus, a quibus dicta bona seu eorum curia moventur et descendunt, dictosque
ementes ibidem investiendum et adheredandum nomine nostro ipsaque bona werpiendum
effestucandum et eisdem renuntiandum ore et calamo, secundum usum et consuetudinem dicte
viUe seu curie et iudicum predictorum. Aus später Zeit vgl. u. a. WHeimbach 1601 oder
1602; WNeumünster, G. 2, 34. Daher denn auch das Auflassungs- und Grundbuchwesen und
Verwandtes sich für die Grundholden im Hofding entÜEÜtet und vom Hofherm eingeführt
wird; vgl. die Andemacher SchreinsroUe ed. Hoeniger, femer MR. ÜB. 3, 61, 1216; 78, 1217;
164, c 1220; CRM. 3, 138, 1325.
«) Lac. ÜB. 1, 118, 186, 1051; WBendorf 1671: uf nicht ieder hpeber schuldich sei
bei seinem getanen ait anzuzeigen , da gebrech und abbruch an des hoibs guetem gesehen, es
were an reinen an steinen oder misbauwe . .? Die Schöffen bejahen das. Der Laacher Herr
kommt auch jedes Jahr ziu* Besichtigung des Klostererbes und zwar Donnerstag nach Johanni ;
das ist auch ein Dingtag.
') ^rR. ÜB. 1, 541, 1146: ego Sigerus dei gratia abbas sancti Maximini . . notum facio,
quod in villa, que dicitur Longuich, veniens ad placitandum resedi. placito itaque legittime
imbannito cum acta agendaque tractarem et retractarem, inter cetera, que dicebantur, Amol-
dus de Lacu tunc temporis custos ecclesie sancti Maximini querimoniam fecit de rusticis pre-
£ftte ville, quod luminarios emeros ex annuali debito non solvissent rustici quoque commu-
nicato secum consilio iniqua cavillatione nitebantur se defendere dicentes, luminarios emeros
se non debere nisi tantum duos d. ab unoquoque in festo sancti Remigii. sed causa a
ministerialibus et msticis, qui aderant, subtilius exquisita, luminarios emeros ex antiquitate
86 debere convicti sunt in tantum, ut et custodi predictos emeros recognoscerent, et Rudolpho
de Chenna tunc scultetio emendationem facerent et de cetero se posterosque suos in perpe-
tuum redditiu*os promitterent. Actum est hoc anno hcxlyi. indictione viii. vin. kalendas
decembres post festum sancti Martini. Ego Sigerus testis sum. Rodulphus scultetius. Sifridus
de Macena. Henricus de Riola. Cuono de Bruwillario. De rusticis: Walter villicus, Luzo,
Otto, Wiricus, Rudierus, Wezelo. S. femer ♦üSMax. 1484, WNospelt: wiset der scheffen
dri jaergedinge ; den ersten sant Endris dag dem gotshus sine zinse vellig. in der wochen
darvur deit mins heren meiger gebieden, dass ieder man sine zins stelle und lieber uf sant
EIndris dag, und wer si dan nit Hebert, der suUe sie den andern dag vermitz der buese zu
Lutzenburg uf mins heren spicher lieberen; und was zu Nospelt geliebert wirt, mois min
here da holen laisen. Vgl. endlich auch WMarodt 1606, G. 1, 841, cit unten Bd. 2, 648
Note 3.
*) Hierüber s. schon oben S. 764 f.
'^) Das ist die spätere Erweiterung, ^ie sie sich schon firüh vorbereitet ; s. MR. ÜB. 1,
310, 1038; 345, (1056); ÜSMax. S. 461, Issel; MR. ÜB. 3, 382, 1229; Kremer, Ardenn.
Geschl. CD. S. 462, 1346; Pellenzw. 14. Jh. § 4, G. 6, 622, cit unten Bd. 2, 655 Note 5;
Honth. Hist 2, 433, 1458; WDaun 1466, G. 2, 607, cit. oben S. 194 im Textj SMatheisw.
Trittenheim, G. 2, 824. Vgl. auch unten am Schlufs dieses Teiles.
(Üi-unillitirliolikeit tuid Vogtei.
Baudiuf! in vielen Fällen <las ganze Mittelalter hindurch erlialten, als einfachste
und logisch völliti konsequente Ausgeslaitung der aus alter Gerichtßf-'ewalt und
altem Obei'eigeutuiu eutvickelteu (jnuuiberrlidikeit.
Allein schon s^r früh wurden der einfechen Gnindherrlichkeit weitere
Rechts- und Herrachaftsmomente zugeführt, welche ihr in der überwiegea-
den Zahl aller späteren konliret Torliegcsden Falle eine weitaus FirOIsere Be-
deutung gaben.
Zunächst worden markgenossenschaftliche Rechte in de einbezogen. Schon
oben S. 695 ff. ist erfirtert worden, wie es die Grundfaerren etappenweise, bald
froher, bald später, zur vollen Entwicklui^ eines Obereigentums an den Allmenden
derjenigen Marken brachten, in welchen FronhOfe von ihnen gelegen waren.
Nun war zwar der Erwerb eines solchen Obereigentums keineswegs ganz all-
gemein oder etwa gar für den Begriff der Grundherrlichkeit zwingend und
erforderlich ' — vielmehr gab es nodi im spätesten Mittelalter Fronhöfe g^ug
ohne Allmendeobereigentum ' — , indes dieser Erwerb war doch schon bis zum
12. Jh. weitreichend durchgeführt'. Und auf dieser Basis entwickelte räch
nun ein besonderes grundherrliches Allmenderecht, dessen Ausgestaltang bis
zum Schlüsse des IS. Jhs. im wesentlichen al^eschlossen wurde*.
Die Würdigung dieses AUmeaderechtes verursacht uns im jetzigen Stadium
unserer Erörterungen keinerlei Schwierigkeiten, haben wir seiner doch schon
im eisten Teile unserer Untersuchungen nur zu oft gedenken müssen, da
die hauptsfichlich der zweiten Hälfte des Mittelalters angehörenden Quellen
des autonomen Markrechtes von seinen Wucherungen völlig durchwachsen sind.
Jetzt wird es daher nur darauf ankommen, die disiecta membra froherer
') Dies oder nahezu dies nimmt aber v. Inama an; Grofsgruniilii. S. 65 spricht er
geradezu von einer Umwandlnng der Markgenossenschaft in eine Hofgeno säen Schaft im 9. Jh.,
die letztere habe die alte Markgenossenschaft ersetzt und aus sich dann das spatere Mark-
genoBsentum ausgebildet (a. a. 0. S. T6, 101, 109). Damit wird also nach v. Inama die
Markgenossenschaft zum integrierenden Bestandteil der Hofverfassung im 9. Jh.
*) Ich tUhre hier noch, als Entgegnung auf die in Note I gekennzeichneten Anschauungen
V. Inamas, an Bertholet 3, P. justif. 36, 1080: an Münster-Luxemburg schenkt man mansum
unum indominicfttum et 4 veatitos . . cum omnibus usibus suis . . etiam 4 familiss, et in
Silva praesenti, quae dicitur Andevenna, necnon Santweileriana siha, qiiaecumqiie loco fuerinl
neceesaria sive in paacendis porcis et aliis animalihus et ligna et materiam; ferner die aufser-
ordenüich lehrreiche Urkunde MR. Uß. 2, 102, 1190, und Hennes ÜB. 2, 334, 1297 r curia in
Nothausen bei Koblenz cum omnibus suis edificiis pertinentiis et iuribus, 130 iumales terre
arabilis iacentes in campis et terminis eiusdem ville, 2'h iura secandi in nemore, que
dicuntur vulgariter durtehalvc holszgewalt; Bald. Kesselst. S. 236, 1331, cit. oben S. 275
Note 3; Bald. Kesselst S. S8&, 1346, cit. oben S. 367 ^iote 6; Cod. Lac. 247, 1443; Echter-
nacher Ketlnereiw. 16. Jhs. § 9, cit oben S. 275 Note 3.
■) S. aufser oben S. 696 noch MR ÜB. 1, 95, 860; der Ausdruck bannus lUr AUmende-
obereigentum schon MR. ÜB. 1, 249, 976; 274, 997.
*) S. oben S. 696.
— 997 — I>ie Grundherrlichkoit.]
gel^i^entlicher Ausftihningeu zu vereinigen und durch weitere Darlegungen zur
Ausfüllung der noch übrigen Lücken zu ergänzend
So zunächst auf dem Boden der eigentlichen Agrarveiiiassung. Hier ge-
statteten die Grundherren als Allmendeobereigentümer ihrem Meier vor allem
gern einige Exemtionen von den agrarischen Jahresfestsetzungen, welche ent-
weder sie selbst oder die Markgenossen trafen ^ : er hatte für das Fronhofsland
den Vorschnitt bei Heu- und Kömeremte sowie die Vorlese im Weinberg®,
und nicht selten mag es ihm auch wohl gestattet gewesen sein, anderen Mark-
genossen die gleiche Exemtion gegen eine Zahlung zu bewilligen*. Weit )>e-
deutender als diese Vorzüge waren indes für den Grundherrn die Vorteile,
welche er der markgenössischen Allmendenutzung gegenüber in gröfserem oder
geringerem Umfang geltend zu machen wufste. So für die Weide : er hielt gröfsere
Herden, namentlich Schafherden, als seine IJofse Hufenberechtigung eigentlich ge-
stattete*; er liefs diese Herden von Sonderhirten weiden®; und er verlieh das
Recht vennehrter Weidenutzung auch an andere'. Nicht minder für die
Waldnutzung: hier l)eanspruchte der Gnmdherr ein besonders ausgedehntes
Beholzigungsrecht ® , er triel) mehr Schweine in den Wald als andere Mark-
genossen mid nahm wohl gar das Recht der Schweinemastverleihung für sich
allein in Beschlag**, er eneichte endlich nicht selten das ausschliefsliche Recht
') Man vgl. im allgemeinen auch oben S. 482 f., sowie v. Maurer, Dorfv. 1, 221 f. und
Fronh. 1, 339 f.
«) S. unten C'itat 2 in Note 4 und WKlotten 1446, G. 2, 448, cit. oben S. 582 im Text
«) S. oben S. 427, femer MR. ÜB. 3, 119, 1220, Kobem: Gerlach von Kobem am.
vini pro bannito vino, videlicet quod singulis annis ante communitatem totius >*ille vinde-
miaret, pro omni iiu^e suo, quod in predicta ciuia debite vel indebite habere debuit,
acceptavit; Bd. 2, 216 «f, 1340; *Bald. Kesselst S. 430, Beschwerdepunkte Balduins
gegen die Stadt Trier 1351, § 37: item haut sie uns dicke gehindert an unserm rechte, daz
wir han daran, daz wir die läse setzen und daz wir zwene dage daz vorlesen han, ^ man
gemeinlichen lese zu Triere. WKenn 14. Jh. 2. II. § 2, G. 6, 545, cit oben S. 835 Note 4;
WMiistert bei Pisport 1529 § 1, cit oben S. 582 Note 4; WOberdonwen 1542 § 27: der
Grundherr hat einen Tag Vorschnitt in seinem brole wesen und achten, und die Nachbaren
[Gemeinleute] darnach. Ähnlich WBech bei Ek^htemach § 13.
*) In der Rhenser Rechnung Bd. 3 No. 285, 1277—1291, ist wiederholt Erlös von denen
verzeichnet, qui prius colligunt vina sua de licentia officiati. Im selben Sinne kennt die
*Koblenzer Kellnereirechnimg 1432—33 Bl. 4* prelectura.
'^) S. oben S. 537 f., im einzelnen noch MR. ÜB. 3, 352, 1228, cit oben S. 295 Note 1 ;
Bd. 2, 216 J, 1340; Scotti, Chur-Trier 1, 271, cit oben S. 522 im Text Über Weidevorrechte
der Grundherren vgl. auch noch v. Maurer, Dorfv. 1, 253.
») S. oben S. 524.
•'j S. oben S. 527.
») S. oben S. 286, auch WHunsdorf 1607 § 3, cit. oben S. 489 Note 2.
•) S. ol)en S. 523. Zu der Frage, inwiefern hier zugleich das Bodenregal wirksam
¥rird, vgl. namentlich oben S. 492. Übrigens werden die Demeinnahmen nicht selten zwischen
Gnmdherron und Markgemeinde geteilt, s. ♦WOberemmel 1873, Arch. Maximin. 4, 568: die
gemeinde hat den ackerschatz und den deme in dem walde halb, und der Herr, Abt von
SMaximin, halb; fast ebenso W1)ahlheim bei Remich 1472 § 8.
mm
IGininiilicrriidikeit uiid Vogtei. — 998 —
des Bieiienlanges, der Zeidelweide und der Ja^d. Das gilt aber auch fur die
Fischerei und die sonstige Nutzung des Wassei-s bezw. der Waaserkiaft, auch
sie ging häufig in die alleinige Hand des Grundherrn ttl>er^ Da begreift es
sich, dafs der Grundherr es auch liis zum Recht voller Einweisung Fremder
in die gesamte Ällmendenutzung bringen konnte*.
Weniger umfassend, als die EingrüTe in die herkönmilichen Mark-
uutzuugen, gestaltete sich die Verfügungsfreiheit des Grundherrn über den
Allinendeboden aus*. Zwar standen seinen persönlichen Bedürfnissen an Mark-
boden wohl nur selten Hindernisse entgegen ; was er an Land zur Auffüllung ent-
werteter Hufen*, für die Anlage von Beunden und Billhlen" wie für die Her-
stellung besonderer Kauimerforste und Hofgenossensehaftswaldungen* hrauciite,
blieb ihm ohne weiteres zur ^'erfügung, und die für diese Zwecke über-
nommenen Ländereien wurden zudem noch der Anwendung der mark-
genössisehen Verfassung entzogen. Dagegen konnte der Gninriherr weiterhin,
zu Gunsten Fremder, über den Fundus der Allmende ohne Zustimmung der
Markgemeinde wohl kaum disponieren, nur für EdeliiifirkerschafleH scheint
ein fi-eieres Vei^fügungsrecht bestantien zu haben'. Zudem aber war eine
■) Zum BJeneofang s. oben S. SU. feraer WArnel 1472 § 18, und v. Maurer, EinU
S. 121 f., Dorfv. 1, 279. Zur Jagt) und Kiacherei s. oben S. 283 f., 485 f.-, WEeacli 1541
g 4; WAIIendorf ond HaBPll>ach 1559; Bodmann, Rbeiiigau 1, 284; v. Maiirer, Horft. 1, 271;
zom Fischfang speziell Cod. Salm. S47. 1473; WMettlacli 1499 g 21; Hanauer, Fftysuns S. 53.
S. aucb noch oben S. 529 Note 1 und 2 |>assim.
*) MK. ÜB. 1, 523. 1141: die Grälin Qeiuentia ron Oleiberg ücbenkt in ihrem Allod
i'irca 30 mauBos . ., iit [fratreä] ciini omnibua usibus iUud quiete possidenut, ligna i|uoque in
proxima aiira Wiskerwalt tarn ad combui'endiim quani ad Qdiflcia autnant; porci et animalia
cetera «'onim in eadem süva pascua aap omni predo habeant; CBM. 2 , 194 . 1262,
K. Wilhelm fUr Marienberg bei Boppard : oribua et ceteris ipsorum animalibus in omni loco
dominationia et ditionia nostre ad pastum in communibus pascuis evagationem liberam indul-
gemus; Bd. 3, No. 262, 1482. Vielleicht gehört hierher auch AIR. ÜB. 3, 656, 1239 r
Theodericus . . Trevjroruni archieplscopus nd sugtentationem sanctimonialiiun in monte sancti
Martini prope Treverim deo miUtantiuni concessimiig , ut eanim nuntü in ailvis nostris apud
Ozburch et in aliis silris adiacentibus ad neeessitates suas ligna non fructifera incidant et
inde siugulia annia sicut alii ruatici circummanentes iura conaueta nostro nuntio ad bec
recipienda deputato persolvanL Doch s. ME. ÜB. 2, 11*, 1171, cit. oben S. 525 Note 5.
Vgl. auch V. Maurer, Dorfv. 1, 217.
') Vgl. dazu V. Maurer, Dorfv. 1, 223.
*) S. oben S. 661.
») S. oben S, 335, 425 ff., 447.
«) S. oben 8. 481, dazu noch MR. ÜB. 1, 496, 11S8; ■Trier Stadtbibl. No. 1723
S. 25; £cht«macher Besitz in Bidorf, u. a. iuxta librum scabinalem aliquae silvae signanter
et Beorsiua ad doniiniun abbatem, aliae coniunctim; WTholey 1450. G. 3, 765; WAmel 1472
§ 14 i WMetÜacb 1499 § 36 ; WMandern 1537 ; WGoatingen und Kanach 1539 § 25 ; WOber-
donwen 1542 g 14; WKchlen 1542 S U; WCessingen 1568 § 2; WNeiuniingter, G. 2, 35;
Bd. 3 Wortr. u. d. W. kamervorst. Zu den Gehüferschafts waldun gen speziell a. oben S. 446.
D S. aufaer der oben S. 279 citierten Urkunde bei Gnden. CD. 2, 958, 1274 ancb
MR. ÜB. 2, 223, 1206 : domini ville de Metricha, videlicet Henricus comes de Seine et frater
eiUB Everhardug, Robertus comes de Naesowe et nepoa suus Waleranunua. Anseimus de
_ 999 — Die GrundherrUchkeiU]
Veräufsenmg des Fundus, welche die bisher geübte Allmendenutzung dauernd
und fllhlbar beeinträchtigt hätte, an sich nur schwer denkbar. Dagegen konnte
der Grundhen- Teile der Allmende verpachten*, wogegen es der Mark-
gemeinde wie es scheint fast stets ohne besondere Zustimmung des Obereigen-
tttmers^ frei stand, an der Allmende Besserungen vorzunehmen®.
Nun hatte aber die Markgemeinde den Verfassungsrahmen nicht blofs
für die Regelung der landwirtschaftlichen Thätigkeit der Markgenossen ab-
gegeben, sie liatte nicht minder auch die Gewerks- und Verkehrsinteressen
der Mark geordnet*. Gerade in diesem Punkte entwickelte sich jetzt das
Obereigentimi der Grundherren besondei*s kräftig.
So vor allem auf dem Gebiete industrieller Thätigkeit, soweit diese
gröfseres Einrichtungskapital erforderte, als es der einzelne Markgenosse auf-
bringen konnte, und soweit sie demgemäfs auch besonders hohen Gewinn ver-
hiefs. Im Mittelpunkt der grundherrlichen Eimichtungen auf Grund von
AUmendeobereigentmn steht hier die Mtlhle. Bereits ftllher ist ausgeführt
worden^, wie Mühlenanlagen, neben ihrer gewöhnlichen Begründung durch
die Markgenossenschaften, doch auch früh schon von einzelnen besonders
kapitalkräftigen Privaten ausgeführt wurden®: damit war ein Anstofe für die
Grundherren gegeben, sich dieser Industrie zu bemächtigen und sie auf der
Basis der AllniendeheiTSchaft zu monopolisieren. Schon im 9. und 10. Jh.
finden sich dementsprechend grundheiTliche Bannmühlen' mit dem alleinigen
Recht des Mahlens in einer bestimmten Mark und dem korrelaten Verbote
des Mehlverkaufes ^. An dieses Erscheinen der Bannmühlen knüpfen sich
dann eine giofse Reihe von Einzelbestimmungen, ja von vollen Mühlenweis-
Molvesberg, Salomena nobilis et devota matrona ciim filia sua Mathildi et genero suo Rudolfo
Palatino coinite de Thuingen, Hermannus etiam miles eiusdem loci -indigena, rosticonun
quoque tota comnmnio, qui hereditate possidebant usuaria*, omnes isti nnanimi voluntate et
pari consensn, sicut quemlibet pro parte sue proprietatis et hereditatis contingebat, terram
quandam iacentem in suo territorio super ripam Moselle in loco, qui vocatur Rore, mona*
sterio de Hemmenrode in elemosinam contulerunt tarn a decima quam a cuiuslibet seryitutis
debito liberam et prorsus absolutam. eandem autem terram tunc pene desertam et ab anti-
quo semper incultam predicti fratres suis manibus et sumptibus excoluerunt et in ea vineam
plantaverunt, quae extenditiu* per desc^nsum Moselle usque ad terminos Minoris-Confluentie.
>) S. oben S. 388, 390.
«) S. Bd. 3, 286 b, 1471, auch v. Maurer, DorfV. 1, 301, über das Recht des Grund-
herrn, in der Allmende das Roden zu verbieten.
») S. oben S. 298.
*) S. oben S. 282 f.
'') S. oben 8. 584 f.
*) Das betont mit Recht v. Intuna, Grofsgrundh. S. 21.
^) MR. ÜB. 1. 105, 866; 249, 976.
8) Zum letzteren Punkt s. aus später Zeit WZozenheim, G. 2, 160: wer es sach daß
ein frembdor müller in den ban füre und begrif in der müller, so mag er das mehl nehmen
und den sack laßen, da er die erd rört, imd dem schultheissen die für liefern.
[ßruQdherrlichkeit und Vogtei. — 1000 —
tümern um so mehr*, als seit spätestens dem 13. Jh. die Bannmtthle — wie
auch der Bamibackofen — als ein durchaus sicheres .Zubehör jeder zu
AUmendeobereigentum entwickelten Grundherrlichkeit gilt*. Es ist hier
>) Vgl. u. a. das Andemacher Mahlenrecht von 1498 , G. 2, 628, und ein besonderes
Mühlenw. zu Hönnugen 1567, 6. 2, 582 f. — Im übrigen s. MR. ÜB. 2, 7*, 1171 eine
Münstereifeler Mühlenordnung, vgl. dazu die zwei folgenden Urkk. und MR, ÜB. 2, 14*, 1172,
sowie 215, 1208. S. femer MR. ÜB. 8, 141, 1220: Rechte der Klostennühlen bei Boppard;
USMax. S. 481, Mertert; S. 487, Mersch; S. 488, Ohlingen; Bd. 8 No. 117, 1828; zur Ober-
lahnsteiner Bannmühle 1489 ff. Rhenus 1, 97; 2, 54 ff.; und aus späteren Weistümem:
WLiesdorf 1458, 6. 2, 15; WSponheim 1488 § 8-11, G. 6, 496; WHargesheim 1505, G. 2,
168; WOberelbert 1507 § 1, G. 1, 608; WWendelsheim 1527 § 8 ft, G. 6, 608—510;
WNalbacher Thal 1582, G. 2, 24; WIgel 1587 § 12; WL«mingmi 1560 § 6, Hardt S. 427
bis 480; WFels 1574, Hardt S. 250—51; WAspelt 1585 § 4 ft, Hardt 8. 37—38; WHoUer
1589 § 20—21; WBerburg 1595 § 1; WBenrather Hof 1599; WAltwies 1693 § 11; WHel-
lingen 1716 § 14, Hardt S. 882; WGuttenberg § 8—9, G. 4, 725; WKreuznach, G. 2, 150
bis 151. Im übrigen s. auch noch Waitz, Yfg. 8, 275 f.; v. Maurer, Markenvf. S. 184;
Bd. 8 Wortr. u. d. WW. molendinarius ff., moture, multer. Von unedierten Quellen sei hier
angeführt *USMax. 1484, WLintgen 1484 § 9 ff.: si haint auch gewisten, dass die muelen
sollent in gebuwes gehalten werden von dem obg. herm apt, und die gemeine darine geben-
net zo malen und verbuntlich sint, und dass man von dem malder zo molter geben sal zwei
▼as koms, des s^s ein Viander sester doent, und darzo ein vas graen melts; hete er mehe,
so darf er doch nit me graen melts geben dan ein vas, hette er minner, so sal er auch
minner graen melts geben ungeverlichen, des sal der mulner den luden) darstellen siner und
wenne, und den luden mit iren secken uf helfen. § 10: Item von der frucht, die man
ufinisset, welcherleie die were, die man nennet ruwefrucht, sal der mulner zo molter heben
von iklichem malder der vorg. vas vier, imd das man von der selber ruwer fruicht zu broide
meilt, sal der mulner auch sine graen meil von heben, als vurg. steit § 11: Item als man
evenmeil macht, so sal der mulner von ses fassen ein vas zu multer nemen und noch gebure
min oder mehe, damoch ime fruicht braicht wiutle, evenmeil zu machen. § 12: Item als
einer kern macht oder runt, so sal der mulner von dem malder kern haben vier vas kern;
und wühle der man is malen, so sal der mulner eme das malen vermitz die selbe vier vas
un sine graen meil, der noch der fruicht were. § 13: Item fiire der man mit dem kern so
ferne von der muelen, dass er den miüentrippel nit enhoret, imd queme ^iederumb un wulde
sine kern gemalen han, so sal er zwei vas andenv'erbe zu molter geben von iklichem malder,
oder damoch der frucht ist oder were. § 14: Item were sach das die muelen gebrochen
were und nit gemalen enkimde, so sal ein iklicher macht hain drie sester frucht uf einer
ander muelen zu malen, do es ime gelegen ist. und obe die muele nit gemacht enwere, als
er mit simc gesinde die drie sester broits geessen oder verdane hette, so mach der man
aber eins drie sester in glicher maissen enwech malen, bis die muelen zu niaelen gemacht
ist und were sach als des obg. herren apts nuielen ganz und zu maelen bereit ist, dass
imants enwech muele in anderen mulen, so sal derselbe dem mulner sin molter geben und
dem herren apt sine bois, und den scheffen iren mogentlichen kost, alles noch erkentenis der
scheffen viu^. und dede ein scheffen das, so sal er dobel bois molter imd kost geben.
«) S. oben S. 135, femer WBirresbora, G. 2, 526, cit oben 8. 118 Note 2; speziell
fiii- Bannöfen MR. ÜB. 2, 264, 1210, Urkunde des Abts von Prüm: fumos meos bannales
per antecessonmi nostronun negligentiam deletos laboris meis et expensis re^dificavi et
ceteros frimos in nostra villa non iure ab hominibus habitos iustitia dictante penitus destmxi.
Im ULuxemburg kehren die Einnahmen für Bannöfen imd Bannmühlen fest bei jedem Orte
regelmäfsig wieder. Keine Banneinrichtungen, besonders keine Bannmühic und kein Bann-
ofen finden sich späterhin in WEttelbrück 1492 § 11, WNiederdreis 1622.
— 1001 — Die Grundherrlichkeit]
natilrlich nicht möglich, die Einzelheiten in der Ausbildung dieses grundherr-
lichen Mühlenrechtes darzustellen, obwohl ihre genaue Untersuchung für
das intime Verständnis der mittelalterlichen Grundherrschaft ganz besonders
lohnend ist; es sei nur erwähnt, dafs neben Bestimmungen über die be-
sondere altbegründete Freiheit der Mühlen^ noch Festsetzungen über die
Pflichten des Müllers*, die Abgrenzung der Mühlbannpflichtigen ^, die Reihen-
folge der zum Mahlen Zugelassenen*, die Strafen bei Bannkontravention *,
') S. aufser WLenningen 1560 § 7 namentlich WHeidenburg 1570, G. 2, 320: weisen
die scheffen eine freie banmüle und weisen die also frei, whan ein mensch das leben yer-
macht hette, sol er drei tagh und sechs wochen darin fr^i sein; kunne er drei schritt darfur
khommen und abermal darin, sol er abermal so lang frei sein ; und weisen derselbigen mülen
eine freie fischerei zu, sovem als der mülen gepiet mit dem diech oben und unden gehet
Von Interesse ist auch WUlflingen 1575 § 27: die mülen sol nicht änderst dan mit einer
hulzner klenschen [Klinke] oder wirvelen gespart werden, dasz der hobsman mit seinem sack
under den dag [Dach] kommen künde. WPellingen, G. 2, 115: erstrecken derselben heuser
und mühlen eder sich so weit, als ein nachbar dem andern fried zu tun schuldig ist, und dero
zeun reichen.
') Ann. Rod., Ernst S. 26, 1122: molendinum hoc eins proprium et fratrum erat
suorum decem et octo s. singulis annis solvens eis ea videlicet ratione, ut molendinarius ex
suo molares pro\ideat et edificia construat et predictum tamen censum domino reddat
S. auch Ce^ Heisterb. Dial. mai. 2, 7. Aus späterer Zeit vgl. WKoenen 1508, G. 2, 86,
und namentlich WSchweich 1517, G. 2, 308: erkent der scheffen meinem hem zu Prume zu
Schweich einer freier banmölle, die also stet, sol han zw^n trinnen weiß und rocken, und
sol molen geleich nach seinem wert und davon molter heben von 32 mir. ein mir.; und sol
der muler darzu haben sein fassung von dem mir. bis zu der viertzelen. und darnach sol
derselbig muler haben ein knecht, der dragen sol 6 viertzelen korens in die mul und 6 viert-
zelen mels aus der muIen auf das pfert; darzu sol er haben ein hont und katz, ein hon und
ein hain, das sol sein vihe sein.
') Cart Orval 562, 1291 : Ludwig V. Graf von Chiny verkauft an Orval für 200 Ib. de
noirs Toiunois sein Mühlenbannrecht in Yilly en teil meni^re, que les gens devantdites
doient d^orenavant mourre et mouture paier par ban k moulin de Praele, qui est ceas
d'Orval. et k ce faire les devons nos contreindre et nos et nostre hoir et en promettons
et en devons ceas d'Orval faire ensi joir et ausi user k tous jours mais. et s'ilh avenoit que
aucims de nos gens devantdis alaist moiure ailhours, cilh d'Orval deveroient avoir lour mou-
ture ausi bien com ilh eussent moulut ä lor moulin de Praele, se apparente et manifeste
defaute dou moulin n'estoit et li amende en servit nostre et nos hoirs. *UMünstermaifeld
Hs. Koblenz CXI^ Bl. 58^: (hi), qui non molunt ad molendinum dominorum pensionariomm
in Nailbach. Es sind 22 aus Betscheit, 10 aus Kirperch, 24 aus Bullistorph, 5 aus Inferins
Loseme. Zu Schwierigkeiten in diesem Punkte vgl. u. a. Bd. 8, 82 § 8, 1280.
*) WKillburg § 5, G. 6, 578: der müler sol mahlen dem herren zuvoirain, darnach
den Wirten, ob frembt leut über feld quemen, dasz sie brod bei in foinden, darnach bürg-
leuten und biu*geren. so wie sie zo der muhlen bringen.
^) *WLintgen 1320, Arch. Maximin. 7, 788, § 5: dicti dominus abbas et conventus
habent ibidem duo molendina, in quibus omnia praeparamenta debent esse, et homines intra
limites dicti banni residentes tenentur molere ad dicta molendina, et si aliquis hoc non
faceret, quotiens infringeret, totiens tenetur ad emendam trinm s. cum dimidio, et tenebitor
ad huiusmodi emolimentum, qui alibi moluit Kremer Ardenn. Geschl. C. dipl. S. 423, 1821,
Freiheitsbrief fiir Saarbrücken: so wer geruget wurde, das er das nit endede, der ist uns zu
Lamprecbt, Deutsches Wirtacbaftsleben. I. 64
[Grundhenüchkeit und Yogtei. — 1002 —
die Höhe der Molter^ u. a. m. eine gro&e Rolle spielen. Dabei ist
gerade das Mühlenbannrecht besonders zwingend, nur selten kommen Be-
freiungen vor', und höchstens der Übeiigang des Bannrechts in die Ver-
waltung der Markgemeinde gegen Zahlung eines Jahreszinses wird gestattet^.
Dem Mühlenbannrecht sind eine ganze Anzahl anderer Bannrechte nach-
gebildet, so der Brauhausbann ^ und vor allem weit und früh verbreitet der
Backofenbann ^ , femer Banne für Keltern*, für Ealköfen, Steinbrüche und
Leiengruben^.
besserungen sculdich drisich peninge Yon ieder verte, ob er mach sich des intreden bit sime
eide. wirt [er] vonden in vrisscher dede anderswa malende oder backende, der hat verloren kom
unn broih unn beßeret onch darzu drisich peninge. *WOberenmiel 1878, Arch. Maximin.
4, 570, § 7: auch weisen wir unserm herm dem abt zu Emmelde eine banmOhle, die sol er
thuen gut und genge halten, dass sie wol malen möge; und welcher zu Enmielde dan
anderswo führe mahlen, der hette verbrochen u. herm dem abt obg. sechsig s. und drei
helling Trierisch pagaments.
1) WMondorf 1594 § 88; WBerburg 16. Jhs. § 6; WBoUendorf 1606 § 2.
^ Berg. Landr. 50, Lac Arch. 1, 99, 18. Jh.: der ridderschaft lehenluit, die up
Iren lehenguideren wohnen, die ensullen up geine dwankmoelen bedwungen sin, sie mögen
up der ridderschaft moelen malen laissen. S. auch Bd. 8, No. 173, 1847.
') WLangenlonsheim , 6. 2, 154: es hat die gemeind ein muhel alhie, das sol ein
mühel sein und pleiben, davon gibt die gemein u. gn. h. 10 mir. kom; derowegen wisen
wier, das wier seint verbaut in unserer mOhlen zue mahlen; und wer es sach da* einer aus-
mühle freventlich, da weisen ¥rier den herren zue die iuhr, und dem müller die frucht oder
das mehl. und wer es sach das einen bedeucht, daß ihme der müller zue wenig gebte, so
sol der müller das m^l messen; und wer es sach daß der arm[man] in seinem vermögen nit
hette, so mag der armman sich an die fuhr halten mit recht
*) S. oben S. 586.
^) S. oben S. 586 f. Vgl. femer Cod. Lac. 114, 1298: Gerlacli von Bell volebat et
asserit, hoc sibi ius competere pleno iure, quod omnes et singuli universitatis ville de Belle
in SUD pistrino sito in Belle et üuno eius et nusquam alibi pistare et coquere teneanUir et
debeant panes suos, eniolumenta ipsi exinde solida persolventes. Doch wenlen hien'on die
Mönche von Laach ausgenommen: homines dictis abbat! et conventui attinentes et alii, qui
vellent, in fimio et pistrino dictomm religiosorum virorum deberent et possent pistare et
coquere panes suos; et quod hoc prefatus Gerlacus impedire de iure non posset, et inhibere
nisi suis hominibus non deberet üMarienthal 1317 S. 320: furaum baimale . . in . . villa
de Outringen . . potest valere secundum communem estimationeni 6 Ib. (Metenses). WAraual
1417, G. 2. 22: dasz die gemeinde nit macht habe, einen becker zu pfcnden in dem backhus
mit gewalt, aber finde man ine vor der thure, so mag man in pfenden. WPrüm 1640, G. 3,
834 — 5: darzu weist der scheffen m. gn. h. ein gebent backhaus; so wanehe ein man mehl
hat, der sol bei eine oberste backhausmagt gehen und eine moel heischen, die sol die magt
ihme bringen, ob sach were daß der man nit vil het, daß er den ofen [nit] fült, oder het nit
mehr dan ein sester, darnach sol er holz geben, daß er sein brot gebacken könnte, und
davon denselben lohn, wie sie den vom sester heben, so mm iemant seinen damp gemacht
het, es sei weiß oder rocken, so sol die backesmagt dorn man zu gebiirlicher zeit seinen
deich bereiten, es weist auch der scheffen, daß ein becker und zwo backesmägte da sein,
sollen von iedemi ofen vol heben acht brot, welcher eins sol 8 hl. werth sein, die frucht
sei teuer oder wolfeil; der sol m. gn. h. 2 und der becker 2 und iede magt 2 haben. Vgl.
ferner *Arch. Maximin. 11, 1123, aus einem Briefe von 1681 an Abt Alexander Henn über
«) imd ') Noten 6 und 7 s. auf S. 1003.
__ 1003 — I>ie Gnindherrlichkeit.]
Und neben diesen auf Grund des AUmendeobereigentums entwickelten in-
dustriellen Rechten steht ein ganzes System von Verkehrsvorteilen und Mono-
polen, das aus der Wurzel des alten markgenössischen Rechtes der Verkehrs-
leitung herausgebildet ist. So zunächst die Sorge für die Herstellung und
Erhaltung der Fähren und Ponten — und damit die lukrative Erhebung der
Überfahrtsgelder ^ ; ferner die Erhaltungspflicht der markgenössischen Strafsen —
und damit die Erhebung von Grundzöllen 2. Femer die Kontrolle von Mafs
und Gewicht, die damit verbundene Aufstellung öffentlicher Mefsgeräte und
Wagen, deren Gebrauch nicht kostenfrei aber obligatorisch war^ — und
hieraus schliefslich entwickelt die Thatsache grundherrlicher Markthaltung*.
den Bannofen zu Rübenach : berichte hingegen dienstlichen von hundert und mehr jähren
aUhie zu Rievenach hergebracht zu sein, daß aUe dies orts ingesessene, sie seien gefreite
oder ungefreite hofleute mühler oder bürgere, ohne underscheid gebannet und schuldigh sein
in hiesigem Eltzischem backhaus ier brod zu backen, dieweilen aber Franz Weller, ein
eigensinniger trutzkopf, sich daselbst uf herm P. Gerharden, dem auch bei seiner bald ver-
hoffender herabkunft ein glässlein wein auf £w. Hochw. gesundheit danksaglichen zutrinken
werde, zu nel verlassent, diese Schuldigkeit zu entsprechen, nit einen kleinen ofen umb
aUein obs darein zu trücknen, wie er Ew. Hochw. mit höchster Unwahrheit berichtet, sondern
ohngeacht durch mich, meine eheliebste Selbsten und andere gütlichen davon abgemahnt
worden, mir zu trutz einen formal backofen dergestalt, daß jedesmal ein halb malter brod in
demselben hette backen können, aufbauwen zu lassen sich de facto understanden usw.
Im übrigen vgl. man noch für das Detail *Dipl. Prumiense Bl. 101 »f., 1376 Okt. 9: Abt
Dietrich von Prüm vorkauft das Prümer Backhaus unter Vorbehalt des Wiederkaufe; Bd. 3,
No. 252, 1471 ; WSponheim 1488 § 12 f. ; WWindesheim 1552 Schlufs, G. 2, 167 ; WBeaufort
1557 § 12 f., Hardt S. 64; WFels 1574, Hardt S. 250—51; WMondorf 1594 § 84; WBer-
bürg 1595 § 8 f.; WSchönfels 1682 § 87; WGuttenberg § 8 u. 9, G. 4, 725; WKreuznach,
G. 2, 150—52; WSchoeneck, G. 2, 562—63; Bd. 3 Wortr. u. d. WW. backhuis und foniaces.
S. auch V. Maiu^r, Dorfv. 1, 318 ; Fronh. 1, 125.
«) S. oben S. 581 imd femer WKoenigsmacher 1273 § 1 , Hardt S. 404: WBem-
kastel usw. 1315, G. 2, 354: dat kelterhus ist also fri, das wer dainne wonet, der engilt
noch bede noch schetzonge noch ensal nimant den andern dainne bekommem noch fain viu*
keine stucke. WIrsch 1497, G. 2, 297: kelterrecht, zu wißen mit namen von iekliger aimen
vier zinsfas als von alters und also vortan uf und nieder, deshalb der egenante apt und sein
gotzhaus dasselbe kelterhaus mit seine zubehoire allein in bauwe halden. S. auch WLen-
ningen 1560 § 8.
^) S. oben S. 588, auch UStift S. 422, Altrich: qiüvis hominum de banno istius curie
dabit a natali usque ad capud ieiunii d. et in martio 3 ob. pro calcis redemptione.
M S. unten Bd. 2, 245 f., auch Lac. IIB. 1, 95, 153, 1019; MR. IIB. 3, 915, 1247.
«) S. unten Bd. 2, 271 f.
3) S. oben S. 303, auch Bd. 2, 483; femer MR. ÜB. 8, 1491, 1259: quicunque ultra
id, ([uod scultetus scabini et iiu*ati de quocunque etiam sie statuerunt, falsam mensuram
dederit, 60 s. Trevironses invadiabit WNeumagen 1315, cit oben S. 173 Note 1; Saar-
brückener Recht 1321, G. 2, 4: wir behalten alle maße und gewichte, also wir bisher
gehalten han; und han ein fronwaghe gemacht und gebieden, das man wol darzu wiege, und
was man darzu wiegen sol und mag, der keufer und der verkeufer sollent gemeine gelden
das gewichte von der wahgen, wollen ein ort, von dem zentener einen d., was man wieget;
der die wa^i^e hait, sol nit nemen under einer wagen wollen noch imder 25 Ib. der mit einer
*) Note 4 s. S. 1004.
64*
[Griindbenlii'bkeit und Vogtei. — 1004 —
Waren nun aber alle die bisher geschilderten VerkehrBeinricbtungen
wenn auch für ilen Grundherrn recht gewinnbringend so doch wesentlich iui
Sinne der alten niarkgenössischen Verkehrspolitik durchgebildet, so stellten
die Gruudherren neben diese Ausbildung fernerhin schon fiUh die For-
derung bestimmter Monopole in dem Sinne, dafs die Grundholden in der
Mark zur faktischen Duichfllhnmg des grundherrlicben Alleinverkaufe ver-
pflichtet wiuden. Hierher gehört schon das Salzmonopol der Abtei rrüui im
9, Jh.'. vor allem aber das bald ganz allgemein, wenn auch in sehr verschie-
dener Ausdehnung und unter wechselnden Formen entwickelte Weinzapf-
monopol*, welches die Beaufsichtigung der Herbergen, des Fremdenverkehrs
andern wugen wieget, der ist uns die lioeste Iraße entfallen; wer es anderewo wiegen de<le,
wird er begriffen, er hait das gewiegede gnt verloren oder den wert. Vgl, auch WTlioley
1450, G. 3, 757; WHoller 1589 § 14 u, 15.
<) S. tlHEU unten Bd. 2, 257 f., 260 f.
') Vinuw et BOlem venderi', ÜPrÜin Bl. Ob erklärt Bl. 10».
•') S. daau oben S. 303. Vgl. femer für das Detail UStift H. 426, Miinslemiaifeld;
bannum vendendi Tinum habet rillicus Munasterü 1.5 dies ante festuni sRni:li Itinrtini, 15 dies
inter natale domini et festam iiuriticationia sancte Marie et 15 die« inter pascba et rogationes:
et bonum rinom vendi taciet et si bonum fnerit, CArius uno levi d. vendi fadet qnartale,
quam reliquum vendatur. JIE. ÜB. 8, 1491, 1259: quocunque tempore anni voluerimus,
preter uundinas annuales, 5 karr, vini, quod dicitur l>anwin, Kirdiperg ponemos ad venden-
dum, «ext. tali venditione dantes. quaü melius viniim venditur, ita tarnen qiiod diebus Septem
perficiatur. quicunque vero inira venditioneni dicti vini vina sua vendere presumserit, lalen-
tum d. Trevirensiiun dare tenetiir. WMerzig 1529, G. 2, 59: weiset der scheffen den ban-
wein /u Merzieh alles zu liieben jaren, geht iif sanet Walpurgen abent an und weret bis iif
halli brachniont, gepQrt beiden fursti'ii zum h^ilbcTi. und wi'lcher den bimweiu bnlt oder
schenkt, der hut die freiheit zu fischen xa Jagen voglen brotbacken und metden, wes er ga
seiner vrirtschaf benötiget ist, und nit weither, es sol auch ein ieglicher inwhoner schultich
sein unib ein recht ein maß weins bei ime ee holen, es were dan sacb das der vrebi ze
denwer were und nit betzalen kiut; und welicher das nit thet, so het der wirt macht, ime
ein maß weins zum bünerloch inzesch6den, und most sie ime bexalen. WRanabach 1532,
G. 2, 36—87: weiset der scheffen, das m. h. der apt von Hombach jahrs ein stuck binweins
alhie zu legen habe, der uf s. gn. eigenthnmb gewachsen und nit sawr oder faul sei; darvon
[sol] ein ieder, der an des heiligen sanct Primans gut theil hat, drinken. ob auch einer oder
rae solchen weins nit drinken wolten, der oder dieselben sein die bull verfallen, derselb wein
sol acht tag vor dem heiligen Christag gelegt und 8 tage darnach iede matl eins bellers
dewerer, dan sonst der wirt gibt, geben; dozwischen sonst kein wirt derents keinen wein
uftbun oder schenken; und sal der scheffen das stQck banweins demihenen, der am lengsten
alhie in der ehe zu haus gesessen, vorerzelter gestalt auszuschenken heimlegen; wolt aber
derselb nit schenken, alsdan sol der scheffen solchen wein eim wirt daselbst liefern, der ine
ausschenk und das gelt dem meier uberantwort; davon geburt dem, so den wein verschenkt,
drei alb. und dem scheffen nren alb. WZedingen 1534, G. 2, 45: so einer wein verschenkt
luid ime nit were ufgetan, so were er, so oft er den hanen ufcut, den herm 7 s. [schuldig].
WSMatheis 1604, G. 2, 28-5: weisen wir, daß kein undertban macht habe auswendig der
vogteien wein zu kaufen, darbinnen zu tUhren noch zu verzapfen, ohne erlaubnus unsers
herm; erkennen aber, doB ein underthan macht habe, sein äigen «achstumb binnent dem
bezirk zu verzapfen ohne imgelt; wan [er] aber vor sant Martins tagh einen wusch ausstechen
wurde, von dem wusch ein raderhl. zu geben schuldig; sol auch bei der boeß den gesten
_ 1005 — I>ie Grundheirlichkeit]
und der öffentlichen Lustbarkeiten, späterhin bis in das geringste Detail, nach
sich zog^. Und entsprechend dem Salz- und Weinverkaufemonopol, wenn
auch nicht so absolut, wurde auch der übrige Verkehr geregelt Von allem
feilen Kauf wurden entweder direkt oder indirekt, etwa durch Besteuerung
der Verkaufsstände, Abgaben erhoben; ein volles System der Verkehi*s-
belastung wurde allseitig ausgebildet*.
Erwägt man nun, dafe der Grundherr, welcher als Allmendeobereigen-
tümer diese Rechte mehr oder minder weitgehend entwickelt hatte, meistens
weiters nichst dan wein und brot iifsetzen. Erblehnbr. Wilz 1631 § 42: die gerechtigkeit
des banweins in der ganzen grafschaft W., so uf pfingstabent angehet und 6 wochen und
3 tag wehret, in welcher wehrender zeit niemand zulässich einiches gedrenk zu verzapfen,
nur allein diejenige, so es von einem grafen zu W. bestanden. WBirresbom, G. 2, 528:
weist der scheffen dem herm ein banwein zu legen in den hof hier zwuschent ostem und
pfingsten, zwei jar dem hem von Prüm und das dritte jar dem vogt; und wanie der wein
liegt 6 Wochen und 3 tagh, und nit ausgezapt, und welcher gehofner nit einen halben srster
getrunken, so sol der herr dem gehö&er einen sester auf seinen tagh schütten, lauf der wein
zu dahl, so ist er den wein schuldigh zu bezalen, fleust er zu berg, so sal der gehofner
ihnen nit bezahlen, und sal der her den wein [vor der Hochzeit] hinweghfiihren, daß er das
hochzeit nit erschrecke. Dem Sinne nach identisch WBüdesheim, G. 2 545. WKöUertlial,
G. 2, 19: dem Wirt, der den Bannwein schenkt, ist man schuldig von dem zehenden
^^9 mir. rocken, uf das er den luden sol geben ruckenbroit zu essen, so sie zu dem wine
komen. und auch ein bäume sol man ime geben im forste, das er denselben luden ein füre
mache. Vgl. femer noch Goerz Rcgg. der Erzb. z. J. 1319 Juli 14; Bd. 3, No. 200, 1364;
Oberlahnst Kelinr. 1444, Rhenus S. 70: vom schultheissen zu Dussenauw 20 gl., die er us
dem banwin geloist hait; WTholey 1450, G. 3, 757; Ann. d. bist Ver. f. d. Niederrh. 44,
97, 1472; WEchtemach 15. Jh. § 14 u. 15, Hardt S. 176; WMeddersheim 1514 § 3, G. 4,
722-23; WSchweich 1517, G. 2, 309; \VMerzig 1529 § 13, G. 6, 427; WIgel 1537 § 9;
WOberdonwen 1542 § 24 f., Hardt S. 567; WNeunkirchen und WaUen 1551 § 12; WHoUer
1589 § 14 und 15; WBerburg 16. Jhs. § 22 ff., Hardt S. 72; WAhn 1626 § 12; WHotten-
bach, G. 2, 131; WJohannisberg § 6; WRhens § 4; Bd. 3 Wortr. u. d. W. banvm. S. auch
Waitz, Vfg. 8, 275 f.
1) Vgl. WLiesdorf 1458, G. 2, 16; WRemich 1462 § 44; WBettemburg 1594 § 60;
WHerbizheim § 4, G. 2, 22; s. auch oben S. 259.
') Saarbrückener Recht 1321, G. 2, 4: das wir mogent machen banmülen und banofen
und alle leihebenke zu broide, zu fleische, zu fischen, zu wahse, zu salze, zu stale, zu aller-
leie kauf und krame zu machen. Daneben auch noch Bannwein. WAmel 1472 § 7 : gewiesen,
dat kein man binnent dem hoef wein zapfen ensol noch broit backen und veilen kauf zu
geben noch verkaufen, der scheffen en- [Hardt: er] hef dat eirst gesät, als sie dat von ihren
viu^dem gehoirt imd behalten haut und kein main ensal auch mit keinen maszen wein
inkaufen binnen dem hoif, er sei geistlich oder wertlich, der scheffen en- [Hardt: er] hef sie
erst geseiet Lehrreich ist der Übergang vom Weinzapfinonopol zur Weinbesteuerung in
WLiesdorf 1458, G. 2, 17: weiset der scheffen, daß ein abt vor jaren macht habe gehabt
zweimal zu ieglichem jare banwein zu schenken in dem ban und bezirk, und were des nit
sein theil holt, demselbigen schicket man sein theil heime. das habe ein abt als ihrer rechter
herr abgestalt und ein ungeld gemacht lunb des besten nutzen willen und habe das auch
macht, und darumb wer da wein schenkt in dem ban, der sei schuldig das ungeld zu geben
und den wein laßen ufthuen den scheffen, und ine auch ir recht davon geben sol, ein maß
weins, als dick sich gebürt Vgl. hierzu auch den Wiltzer Erblehenbrief von 1631 § 12,
Hardt S, 736; und Goerz Regg. der Erzb. z. J. 1319 Juli 14.
[Gnindhenlichkeit uiiJ Vogtei. — 1006 —
«ngleiüh Kiivheiipatron der Markfrenieintle war ' , also einen bedeutenden Ein-
flufa auf die im Mittelalter viel tiefer als heute in das Gemeindeleljeu ein-
greifende geistlifhe Vei-waltung hesafs^, so wird mau der Beantwortung der
Fratre, inwiefeni sich denn unter so lüstcndi'n l)lieroiL'oiitunisi-editen die mark-
üenösBiwhe Autonomie erhielt, trotz idlrr Zilhiifkeit alter inarkgenössischer
Eriimemngen* mit nicht eben hohen Erwartungen für die gemeine Freiheit
Das entscheidende Kennzeichen in dieser Hinsicht ist in der Alternative
g^eben, ob äch das alte markgenösäsche Beamtentum — vor ajlem der Zender,
femer aber auch die Subalternen, FeldschUtzen, FOister u. a. m. — neben
dem Allmendeobereigentum frei und selbständig erhielt oder nicht. Nun giebt
es allerdings Fälle, in welchen die ursprüngliche markgenössiscbe Beamtenver-
fjassui^ auch unter Allmendeobereigentum fast ganz unTCrändert blieb*; nament-
lich geschah das da, wo sie durch eine wohlentwickelte Markvogtei geschätzt
wurde". Indes das war doch Ausnahme. Das Oewöhnliche war vielmehr,
dafe mit dem Beamtenapparat der Mai^emeinde Verfinderungen vor 8i(^
gingen, deren Au^estaltung alle Nuancen von blofs Idse grundherrlicber Ein-
wirkung bis zu totaler Einverleibung der Markämter in die gnmdherrliche
Verfassung oder auch bis zu völliger Zerstörung der Markanter durchläuft*.
Am mildesten zeigte sich der grundherrliche Einäufs da, wo es nur zur
einträchtigen beiderseits fest verbürgten Kooperation zwischen grundherrlichen
and markgenössischen Beamten kam^. Es geschah das anfänglich in der
Form, dafe die Markbeamten, wie bisher von der Gemeinde gewählt, dem
Grundhemi, oft mit Bezug auf besondere Funktionen im Interesse desselben,
neben der Cremeinde her nochmals huldeten^. Später kam man dann wohl
>) S. dazu ol>en S. 118, 119, 240, auch Bd. 2, 212 ;.
') EinKn Begriff in diPser Hingicht giebt die 'Au&eichnung über Diedenhofen aus dem
Ende 1>^. Jhs. im Arcb. Maximin. 2, 2B0.
») S. obfn S. 287.
') 8. z. B. Bd. 3, 47, »^ 1265; wohl auch 'Arch. Maximin. 5, 1041, Urbar voo Fell
1512, CiL unten Bd. 2, 640 Note 3. Zum folgenden vgl. auch y. Maurer, Dorfv. 2, 35 f.,
41 f., 59 f., 83, 106, über die Markbeamten in gnmdherrlichen Gemeinden. Zur Bildung
eines Geschworenen-Kollegs neben dem herrscbafUichen Beamten in grundhprrlicbeQ Dorf-
markgemeinden s. v. Maurer, Dor^. 2, 73, auch oben S. 320 f.
") Darüber spiler in Teil 2 dieses Abschnittes.
•) S. dazu schon oben S. 311.
') S. z. B. das \VMerzig vom J. 1429 g 2, hier steht neben ausgebildeter Grund- und
Vogtherrschatt doch noch der Zender und die Gemeinde. Dem Jahrgeding wird noch Bann
ond Friede geboten wegen der Grund- und Vogtherren und wegen des Zenders. Der Zender
mit der Gemeinde hat noch einen Bezug zum alten Gemeinwaid (jetzt gruiidherrlichen t'orst),
die ,Nacbbani' haben darauf gegen Dem den Acker, und die Hechte dieses Waldes werden
von den Schüffen unter Ingerenz des Zenders gewiesen: s. auch WMerzig 1545, G. 6, 430.
Vgl. ferner WTholey 1450, G. 3, 762, cit oben S. 220 Note 2; WMeseniih 1507 § 5, G. 6,
543, CiL oben S. 468 Note 5.
B) 8. !u B. WKlotten 1446, G. 2. 443, dt oben S. 582 im Text; WGutenberg 1498,
G. 2, 164: auch so! man bieher setzen einen heimbui^er, der sol auch den herren und der
— 1007 — Die Gnmdherrlichkeit]
auch zur gemeinsamen Einsetzung der Markbeamten nach vorhergegangener
gegenseitiger Verständigung^. Schon stärker zum Vorteil des Grundherrn schlug
es aus, wenn zwischen Wahl und Bestätigung getrennt wurde. In diesem
Falle war es das Einfachste, dafs die Markgemeinde wählte, worauf der HeiT
bestätigte und einsetzte*; verwickelter und dem Markherm günstiger war ein
anderer Modus, nach welchem die Markgenossen eine bestimmte Anzahl von
Kandidaten für die Markämter zu präsentieren hatten, aus denen der Herr
ihm passende Personen auswählte und einsetzte®. Von diesem Punkte war es
gemein gehorsam sein, betten sie etlich ehren zu werben, die herreu oder die gemein, die
sol er werben in tags frist, so sol ihme der laßen, der ihnen hat ausgeschickt, auch sol er
ui'heben einem hirten seine prummen, davon sollen ihm 2 kühe frei sein, auch sol ein heim-
berger unsem herren uf heben die leibbeth, davon gibt man ihm ein Ib. hl., auch sol er wein
tragen zue lieb und zue leid, darumb sol er ihrten frei sein, auch sol man heut setzen
2 schützen, die sollen hueten den herren und der gemein ihres guts, und sollen auch hueten
den herren von Erbach ihrer wiesen, davon sol man ihnen geben 2 s. hl.; und was sie ihnen
hueten in der gemark, da sol man ihnen geben von dem morgen ein s.; und da sol man
anrh geben alle sontag den schützen ein imbs von sant Walpurgentag an bis sant Margreten-
tag. Eigentümlich ist Bd. 3, 93, i, 1287.
<) ^IK. IIB. 1, 578, ca. 1154: in villa (sancti Mathiae) nullus centurio absque eiusdem
loci abbatis fratiiinive consensu ac legali famili^ ^^lectione preficiatur. Ähnlich schon angebl.
1038, MR. ÜB. 1, 310. WBubenheim 1387, G. 3, 323—4: dat dieselben eg. dreu gotzheuser
sulden haven alle jähr na sente Meitins mißen des nesten sontags zu setzen einen heim-
burgen, dan sal man eine klocken leuden zuerst, unt die gemeine die sal sich samenen, unt
mit rade unt gehukeniße der druer goitsheuser scheffenen sollen si den kießen uf dat beste,
imd geviele it einichem goitshause under drin, dat it nit dar geschicken enkunde umbe rede-
licher Sachen willen einen mumper, die ander zwei havent wal vollen macht zu setzen einen
heimburgen, doch mit rade der gemeinden . . . unt als der gekoren ist, so sollen die vorg.
dreu gotsheuser einen schützen setzen na irem willen, doch bit rade eins heimburgen und
gemein, der nit van irem brode und kleidem ensi und ein birve man us dem dorf si.
*) Würdtwein Nova subs. 10, 70, 1178, Elsafs: eadem quippe ofücia [heimburgium et
banwartiun] debet villicus abbatisse perpetuo iure Ulis hominibus concedere, quos electio
villanorum ad hec convenientes et providos deliberaverit, et si velint predicta officia annuatim
permutare, illis licebit WObermendig 1452 § 13, G. 6, 645: wel zit des heimburgen jair
uis were, so sal die gemein zu Overmendich einen andern kuesen, und niman ensal dabi sin
von der eg. hem wegen, und der aide heimburger sal den nigen foiren zu der hem scholtes
und sprechen: »siet, dis sal uns heimburgen sin dis jair«. so sal dan der nige dem schol-
teßen einen eit thim, den vorg. hem dechen und capitel sent Florins kirchen und der gemein
truwe zu sin. W Schengen 1624 § 53 u. 56: daß die herren von S. haupt und über einige
man in der gemeinen seien . . . daß die gemein kein zentner noch hirten ohne verwilligung
der herren oder ihrer amptleuten oder richter anzunehmen nicht mächtig.
3) MR. ÜB. 3, 773, 1243 : cum questio verteretur inter abbatem sancte Marie ad martyres
et universitatem de Schleich de centurione constituendo in eadem villa, in arbitros pro bono
I>acis est compromissum et in hunc modum diffinitiun, quod universitas predicta eliget tres
hoinines probatos et üdedignos et ipsos abbati presentabunt, et quemcunque ex ipsis abbas
elegerit, ipsum universitati preficiat in centurionem. si autem procedente tempore centurio
ab abbate constitutus non bene administraverit aut reprehensibilis inventus fiierit, per volun-
tatem abbatis amovebitur. illo amoto predicta universitas tres homines iterum eliget sicut
prius etc. *WBreisig 1363, Kindl. 123, 25, Münster St A.: vort haint die merkere von u.
[Orundheirlichkeit und Vogtei. — 1008 —
dann nicht mehr weit his zur EraennuQg der Beamten seitens des Ällmeaiie-
herm unter l)loiseni Beirat der Markgemeinde ' oder wohl auch ohne
diesen.
Die eben geschilderten Ühergangsstadieu sind Datürlich nicht die ein-
zigen gewesen, welche vorkamen*; auch sind sie weder liberall und strikt
aufeinanderfolgend nachweisbar, noch treten sie stets zu gleicher Zeit auf.
Im fjanzen al>er beginnt eine Bewegung in ihreni Sinne doch schon sehr früh ;
liereits in karolingischer Zeit sind völlig grundheiTÜche Zender nachweisbar",
und mit dem Beginn des spateren Mittetaltere war wohl die bei weitem Über-
legende Zahl aller Zender grundherrlieb *. Wieweit sich nun aber auch die
Einwirkung des Gmndhemi auf die Wahl und Eniennung der alten Mark-
beamten innerhalb der geschilderten Entwicklung eretreckt haben mag: ge-
meinsam ist allen diesen Fallen, data die Harkverwaltung, wenn auch gnmd-
herrücb geworden, thatsftehlicb bestehen bleibt. Es funktionieren also —
abgesehen von dem wegen des periodischen Wechsels im Zenderamt im ganzen
seltenen Falle, dafe das Meieramt mit dem Zenderamt verbunden wird —
orspranglich-grundherrliche und gnmdherrlich-markgenössische Beamte neben-
firaven von. xa recht, dat sie mögen setzen ihren clockener, ihren richter, sechs BdiOtzen
und ihren hur [im *W. Ton 1416? KindL 188, 203 .veir*; im W. von 1442 KindL 132, 24»
,verre' (Fähnnann)] dw mitwochs na sent Hertens tagh; ns den 6 scbtttEen sol unser frawen
ambtman xw^n kiesen, die ihm eben kommen; die sollen ihme halden mit dem eit, den si
den nierkem gedain hunt, u. frawen ihr eigen m bewahren.
>) S. schon oben S. 1007 Note 1 zweites Citat, femer WBeringen 1488, 0. S, 64: wanne
man noit hab einen boten zu machen, aal man voian driwerb roifeu, »ii imant si, der bot-
schaflen begere, der sult sich offeubaren und kont tun; und denselbigen solt ein abt gemelt
[von Mctiach] mit raet der sohefTen und gericht machen.
*} So scheint es z. 6. aufserdem vorgekommen zu sein, dafs man die maikgenössischen
Beamten verdoppelte und nun fUr den einen Wahl durch die Gemeinde beibehielt, während
der andere vom Herrn gesetzt wurde; s. oben S. 315 Note 3.
>) Vgl. Sohm R. u. Gervf, S. 253 f., im allgemeinen s. auch oben S. 318.
*) Als bezeichnend vgl. für die erste Hälfte des Ma.8 Lac. ÜB. 1, 189, 1003; für die
zweite Hälfte des Ma.s Landau, Salgut S. 200, 1326. ^^'ie weit die gnmdherrlichen Zendereien
verbreitet waren, ergiebt sich z. B. aus der EinzeUchilderung der Verhaltnisse in den alten
Hundertschaften an der Ruwer und um Bemkastel, olien S, 200 ff., 170 ff., zu denen man
hier speziell vergleichen wolle WBemkastel 1315, G. 2, S55: dis ist das recht mins hem von
Trier in dem hote von Drone. von erste an mag er setzen einen lentener, einen buddel und
einen fiirster; den zentener mag er machen «'o er will, oben in dem lande oder niden in
deme lande den sUerrichesten man, den fiirster und den buddel von eime mitlein manne.
Ähnlich ihr Winterich WBemkastel usw. 1358?, G. 2, 358. Im übrigen s. zur durchgängigen
Erhaltung der Zender in grund herrlichen Verhältnissen noch Bd. 3, 523 c, 1346, auch WAIt-
wies 1693 g 3. Später sank dann das Zenderamt völlig zum territorialen Amt herab, s. Bd. 3
No. 263, 1*95. — Nicht zum geringsten trug die Schuld an dieser raschen und allseitigen
Absorption der Markamter durch die GiundherrschafteD der Umstand, dafs diese Ämter von
den Markgenossen als I<ast angesehen wurden, der man sidi gern entzog. Vgl. z. B. Bd. 3
No. 174, 1347; No. 265, 1490; s. auch v. Maurer, Dorfv. 2, 44 f.
__ 1009 — Die Grundlierrlichkeit.]
einander. So z. B. in Saarbrücken und SJohann. Hier wählen nach dem
Freiheitsbrief vom J. 1321 die Bürger jährlich acht Männer, deren einen der
Graf zum Meier, einen zum Heimburgen, sechs zu Schöffen macht: die scheffen
soUent helfen dem meiger alle dedinge halten ; der hemburge sol den bürgern
imd burgerinnen verdragen und dem, was ine anehoret*. Natürlich war es
dabei denkbar, daüs doch zwischen den Zuständigkeiten der beiden Beamten-
kategorieen dieser oder jener Austausch stattfand; der Meier konnte z. B.
seine Fronhofsgerichtsl)arkeit durch die Markgerichtsbarkeit des Zenders er-
weitem, oder der Zender wurde zugleich Schultheifs, also Fronhoferichter,
während der Meier zum blofeen Wirtschaftsverwalter herabsank.
Allein die Markämter blieben keineswegs überall, wenn auch als grund-
herrliche Beamtungen erhalten; in vielen Marken wurden sie überhaupt ver-
drängt oder erhielten sich nur in kläglicher Verschrumpfiing^. In diesen
Fällen keimten nun entweder für spezifische Ausbildungen des Allmende-
obereigentums, z. B. für Rottland auf Allmendeboden, besondere neue, natür-
lich markheiTliche Ämter geschaffen werden^, oder aber man übertrug die
bisherigen regelmäfsigen Funktionen der Markbeamten auf den bestehenden
grundherrlichen Verwaltungsapparat, also voniehmlich auf den Meier. Dabei
wurde wohl hier und da der alten Gemeindeautonomie noch durch einige
Ül>ergangsbestimmungen Rechnung getragen, indem man z. B. einen Wider-
spruch der Markgenossen gegen Anordnungen des grundherrlichen Beamten im
^) Vgl. auch WSIngbert 1585, G. 2, 55: ob iemands fremds oder heimsche mit eim
zu thun [hab] umb erbtheil oder schult, was des were, wo sol er recht ansuechen oder bi weme?
weist der schefPen mit recht: er sul suechen lunb schult den hunnen, umb eigen und erbe
den meier von wegen der bannehorm. Interessant ist auch WSerrig Irsch und Beurig
16. Jhs., G. 6, 442, wo der Zender neben dem herrschaftlichen Meier, diesem teilweis bei-
geordnet, teilweis untergeordnet erscheint
^ S. oben S. 233 f., 261. Nach Hennes ÜB. 1, 430, 1323 scheint die Gemeinde
Kobem keinen Zender mehr zu haben; es verpachten Gemeindeland scholteze, der vait, die
scheifene und die gemeinde. Dagegen verleihen Hennes ÜB. 1, 436, 1329 schultheisse vogit
Schelfen der heinburge und die gemeinde zu Ofterding, vgl. Hennes ÜB. 1, 467, 1356 : rittere
▼an Andemache und die andern erben zu Ochtending, R. . . heimburge und die gemeinde
samencliche. In Igel gab es Freigüter, welche frei waren von Herrenzinsen und nur im Fall
des Erbantrittes Va Rthlr. SuccessionsgebOhr gaben. Sie hiefsen Königsgüter, der Vorstand
Königsmeier. Dieser Königsmeier war in Wirklichkeit der alte Zender, wie aus WIgel
1537 § 9 hervorgeht, wo er noch gewerbepolizeiliche Funktionen hat
») Vgl. dazu oben S. 455 f. und WKenn 1490, G. 2, 312: wisent die scheffen und
huber miteinander dem vurgn. hem dem abt sieben rodenflöre, die sal des hem meier in
des hem wegen usligen zu der fonfter garben, die sullen mime hem werden und nimans me,
und wanne der meier si enwegh lihen sal, so sal er si den hohem zu eirste bieden vur
andern luden. . . wisent die scheffen, das des hem meiger einen fürster machen sal über
die sehen rodenflöre, über alle ander husche und flore, die den hohem zuhorent, des hem
recht zu warden und zu hueden; und darumme ist iclicher roder schuldich von sime Zu-
behöre dem boden eine garbe zu geben zu loin. und was sachen uf dem floire entstünden,
da boissen von schinent, die weren des hem aUein und niemans me.
«ip
(Ui'QDiilioi'rlichkeit und Vogtei. — 1010 —
Notfall ile fiifto zuliefs', iui ganzen aber gelangte man sebr bald zur unver-
hillchlii-lieii Geltung aller von giniudherrlicheii Beamten aiiHgebenden Mark-
anordaungen *.
Wie der GrundhOTr aber als Markherr das alte Markbeamtentum gmnd-
berrlich machte oder in der grundhenschaftlichen Verwaltung auflöste, so ab-
sorbierte seine Verwaltung auch die markgenösBische Finanzverwaltung und das
markgenöesigche Besteueningerecht Wahrend der Grundherr sich der genügen
Leistungen, welche die Markgemeinde einst als GenoBsenschaft fbr das gemeine
Wohl der Genossen ausgebildet hatte, so namentlich der Zuchtviehhaltung, ohne
viele Schwierigkeiten unterzog', rife er zugleich die direkten Einnahmen der-
selben völlig oder wenigstens zum Teil an sich * und setzte sich in den Genuis
der markgenössischen Steuer- und FrondiensÜiT&fte ^.
Katurlich muiste sich unter der Einwirkui^ dieser Vorgänge die Stellui^
des einzelnen einst freien Markgenossen in der Mark vOllig ändern. Hatten
froher nur die Grundholden dem Grundherrn gedient, so war Zins und Fronde
jetzt das Los jedes Markeingesessenen wie der ganzen Mar^emeinde*; dem
gnindherrlichen Markding und Zins war nun nadi WRoden 1484 § 3 verfiülen,
wer ein voiß eirfs hait in Roder banne; man sprach von Scfaätzui^n, Fronden,
Diensten, Beden, Ächten, Schäften, Zinsen und anderer Belastung grundherriich
gewordener Markgenossen ^, und das WMeddeisheim vom J. 1514 bemerkt in
§ 9*: wer bei uns sitzt und wonhafUg ist und dem hem dienstlich lieb und
leiden gnad und ungnad litt, der hat macht und freiheit zu gebrauchen wasser
und weid, fischen und jagen, gleich ein andrer gemeinsman. So entsteht denn
neben der alten Grundhörigkeit eine neue Maii^Origkeit*, deren Verpflich-
tungen nicht minder mannigfaltig sind wie die der Grundhörigkeit Aus
der markgenössischen Steuerpflicht wird eine mehr oder minder ausgedehnte
markhörige Zinspflicht entwickelt"; die alte Maritfronde fllr Instandhaltung
■) S. z. B. WNalbacher Thal 1532, G. 2, 26, dt. oben S. 510 Note 1; WBockenau,
U. 2, IftS, cit. oben S. 490 Note 2.
") VgL z. B. obeo S. 489.
») S. oben S. 542, auch S. 447, sowie v. Maurer, Dorfvf. 1, 259. Nach WKönigs-
macher 1591 § 14 stellt der Zender von wegen des Grondherrn, d. h. auf dessen Kosten,
den HofleuUn das Zuchtvieh. DafUr erhält der Abt (g 15 f.) den kleinen Zehnten aus der
Gemeinde, von einem Kalb 1 d,, von einem Fallen 4 d.
*) WNalbacher Tbal 1532, G. 2, 26, cit. oben S. 507 Note 10.
") S. dazu oI>en S. 801, auch v. Maurer, Dorfrf. 1, 195 f.
') *USMax. 1484, Bl. SS^, Losheim, Zinse an den Abt in Losbeimer Bann; item die
gemein von Wigerwiler . . van eime walde bi Wigenriler 2 faß koms grontzins. item die
gemein van Twalenbach usser dem walde genante der Hage Vk vas koms grontzins.
') Bd. 3, No. 237, 1450.
*) Schon oben S. 284 Note I citiert.
') CharakteristiBch in dieser Hinsicht ist WOckfen 1325 § 13: nullus in mundo, qui-
cunque Sit, potest habere oliqua bona monsualia in dicta villa et eins banno seu confuiio,
nisi reoipiat ea a [domina terrae] et sibi . . praeslet iuramentum fidelitatis aut eins officiato
">) WGnleshahn 1688: wer binnen bezirk so viel hat, daß man einen dreistempeligen
— 1011 — IWe Grandherrlichkeit]
der Wege u. dgl. wird zur grundherrlichen Fronde umgestaltet oder gar auf
Geld reduziert, und nur der alte Namen Centena erinnert noch an ihre Her-
kunft ^ ; der Wachtdienst der Markgemeinde endlich wird von den Markgrenzen
auf die grundherrlichen Burgen abgelenkt*. Dazu kamen unter Umständen
stuhl druf setzen kan, anerkennen die höber m. gn. h. pflichtmässig und schuldig die ge-
rechtigkeit des gerichts zu halten; wer aber binnen dem bezirk so viele hat, als 6 fl. wert,
ist m. gn. h. 1 fiider zu 2 Coblenzer simmer haber schuldig; war aber ein man von got
also gesegnet und reich, daß er den ganzen bezirk mit ^ner band sehen und mit ^iner
Sensen mehen könte, so wäre er annoch m. gn. h. mehr nit als ein fuder haber schuldig.
WRetterath 1468, G. 2, 610: die zinse, die dan der heimburger heven ist, sal er lievem zwei
deil mime herm von Trier, ein deil eim graven von Vimenburgh.
^) So im UPrüm, vgl. dazu Sohm R. u. Gervf. S. 186, 209. Besonders deutlich ist
USMax. S. 449, Rittersdorf: quicumque in banno nostro sunt vel super salicum bonum
manent, operantur 1 diem, qui dicitur centenarii; und USMax. S. 450, Matzem: operantur
mansionarii vel quicunque bonum salicum tenent uno die opus, quod vocatur centenarii. In
Lothringen hat sich diese alte Centena noch an besonders vielen Orten, meist in der
abgeblafsten Gestalt einer blofsen grundherrlichen Abgabe, bis ins spätere Mittelalter und
über dieses hinaus erhalten. Hauptsitze dieser Reste sind die Cantone von Dom^vre, Thiau-
court, Pont-ä-Mousson imd Noni^ny, also der Nordwesten des Meurthed^partements. Hierüber
vgl. man Lepage in den M^m. de la soc. d'arch^ol. lorraine Bd. 90, 185 f. und früher in
den Communes de la Meiurthe 2, 314, 317 f.; femer Roussel, Hist eccl. et civile de Verdun
S. CXIilX f.; Gouet. Hist de Verdun et du pays Verdunois 1, 487; Calmet, Notice de la
Lorraine 2, 222 f.; auch Bonvalot S. 362—3, sowie Waitz, Vfg. 7, 255. Von allen lothrin-
gischen Centenen sind wir am genauesten über die Centene in Pont-ä-Mousson unterrichtet;
die für sie vorhandenen Dokumente hat Lepage neuerdings in den M^m. a. a. 0. S. 159 f.
veröffentlicht und besprochen. Er kommt zu dem Schlufs, dafs die Centene aus den Grund-
hörigen des Herzogs von Lothringen bestand, welche an den Vorteilen der 1261 eingeführten
I^i de Beaumont nicht teilnahmen und deshalb später von Bürgern und Grundherren gleich
stark bedrückt wurden. An ihrer Spitze stand ein Meier. I^epage findet für diese Organi-
sation nach rückwärts hin keinen Anknüpfungspunkt : quelle ^it Torigine de cette singuli^re
Organisation, qui se perp^tua j^usqu^ä la fin du XV« si^cle? On ne pourrait faire ä ce si]^^^
que des suppositions, peut-etre contraires k la v^rit^, et dont il est plus sage de s'abstenir. —
ITbrigens entwickelten die Grundherren auf der Basis des AUmendeobereigentums auch noch
andere Fronden als die Centene, vgl. oben S. 485 den § 6 der Aufeeichnung Märtinsdörfer
jährliche schuldige frönde betreffend, aus dem Arch. Maximin. 9, 804 f., 16. — 17. Jh.; femer
MR. ÜB. 1, 882, c. 1050: die SMaximiner Hüfiier von Wasserbillig müssen u. a. für den
Markherren vennas reficere, croadas faoere, ad opera castelli venire. WGostingen und
Kanach 1589 § 22: jeder Einwohner und Hintersasse soll jährlich in eins erw. apts, als
grünt- und vogtheren, frien achten imd velden, so von allen zenden frie und enthaben, mit
8 froenedagen mit seim ploech und geschirre . . froenen und arbeiten, und in die obg. achten
und velde mit der sonnen us- und infaren. Dafür erläfst der Abt jedem 1 Vierzel Weizen
am Zins. Dieser Erlafs kommt öfter vor. Vielleicht gehört hierher auch noch WKenn
14. Jh. 2. H. § 1, G. 6, 545, Grundherr ist SMaximin: und lunb daß sie wasser und weide
haint van hin und niemans me, darumb so sint sie schuldich hin hulde zo doine uf den
heiligen aichten , daß ein man jare imd dach in dem banne zo Kenne gewanet halt und iure
und rauch gehalden hait.
«) S. MR. ÜB. 1, 382, c. 1050, cit. Note 1; WHalsenbach-Bickenbach 1647, G. 2,
237 : daß die guter , so under diesem gerichtzzwang begriffen, wie sich die guter verwandlen
aus einer band in die andere, sterblich und hilligsgüter zu acht tagen, gekaufte guter
[Grunilherrlichki-it und Vogti'i. — 1012 —
noch andere Leistungen, wie etwa die Pflei^e gruucfheirlicher Jagdhunde, um
A\e Markhörifikeit zu einem vollen wirtschaftlichen Konelat der Gmnrihörig-
keit umzugestalten'.
Und neben der Zinspflirht stand die Gerichtspflicht*. Wo es irgend an-
ging, da wurde <ias Nelieueiuauderbestelieu von Fronhofsding und Markding
beseitigt, beide Dinge wurden zu 6inem Grundgericht fili' Hof- wie Mark-
sachen verschmolzen'. Natürlich hatte bei dieser Fusion (las Hofding den
hervorragenden EinfluTs: so verschwinden die freien Heinigerede und die son-
stigen Gerichte der alt#u Markverfassung*.
Ja noch weiter griff die neue Markherrlichkeit des Gnmdhemi um sich.
getausclite oder gekaute guter zu vierxeben tagen, wan er die also empfangen im., als riel
man einen [ilreijstempticheu stuel darauf stellen kann, so Ut derselbe drei dienst auf <lae
Schöneckli zu thun schuldig. Hierher gehört vielleicht aufser WAIken, G. 2, 46S, auch
WLondscheid § 6, G. 6, 55S: auch ein erli genant das Ridener erli zu Lanlacheit, davon
gift man meinem gn. b. drei tag und sechs wochen einen wäcbter zu ManderBcheit auf dat
schlos, also dick uut so viel dat not gebührt. Die alten Wactae können sich späterhin dann
geradezu zur Landpolizei entirickeln, s. WDerburg 1>595 § 3 u. 5. Abgelöst erscheinen die
Wachen im ULuxemhurg, vgl. z. B. S. 383, i, Hoffelt: pour les wardes en argent, monte
desccDt, 16 Ib. . . . cyre de wardes . . 140 Ib.; poivre des wanles . . S Ih. Dazu s. allgemein
Bd. 3 Wortr. u. d. W. warde.
') So behauptet z. B. Ann. d. bist. Ver. f. d. Niederrh. 23, 176, 1267, der Herr von
Scbleiden als Markbeir, iaCe die Mönche von Steinfeld ex curia mooasterii . . Repuch sihi et
beredibus suis in cnrribus et aratris suis senire lenerenlur . . . qnod magister corie dictc in
tribus generalibus placitis in anno in sua curia Sistig comparere teneretur, quod dicta curia
ad molenduni in suo molendino tcnfretur, qiind . . non halieret potesUitcni incidendi propria
ligna sine stu [dea Herrn von Schieiden] licentia epeciali, quod canes suos nutrire tenercntor
in curia memoiata, quod homines monasterii in&a suos terminos bona eccleaie colentes sue
curie Sistig astricti («nerentur. Dem stehen freilich andere Behauptungen des Klosters ent-
gegen, B. d. Urk. Repuch ist eine auf Sistiger Allmende begründete Grangia. Vgl. auch
a. a. 0. S. 178, 1269.
') S. acbon WGuleshabn 1683, cit S. 1010 Note 10, und das Citat in Note 1. Vgl ferner
USMax. S. 435, Scboenbfrg in Luxemburg: quicumque in banno nostro sunt, etsi super allo-
dium Buum morentur, tria nobis placlta Tel cetera, quando precipimus, celebranL
») Vgl. z. B. 'WLongiiich 1408, Arch. Maximin. 8, 35, § 19: item dixerunt [scabini],
qui frivole mesBuerit fruges vel coUigeret uvaa, antequam dominus abbas consumeret duos
dies, et etiam post hoc infregerit fS. 56] banna legens solus sine consensu communttatis, ille
incidit poenani ad dictamen domini ahliatis et conununitatis ibidem imponendam, de qua
emenda commimitas habebit dimidietatem et dominus dimidietatem; ndvocatus autem nihil.
WMichelnbach 1514: ueberzeunt Jemand seinen Nachbar ohne wißen, so 4 s. Trierscb dem
grundheren; geschieht es wissentlich, so mannichen zuenstecken er dan setzt, so mannich
10 weißpfenning und 10 Bester weios vermacht derselbige. WAltwies 1693 § 5: der
Grundherr ernennt den Zender, ihm stehen die Bufsen zu, welche durch Abbau oder
sonstige Beschädigung des Gemeindewalds, durch Abätzung oder Verwüstung der FeldfrUchte
und Wiesen verwirkt werden. ^\Xangenlonsheim, G, 2, 154: wan einer ein gemarkstein
ausgrübe freventlich, der wer verfallen vor leib und vor guet, und wer es sach daß einer
überbaut in wegen und im feit und im dorf, der ist verfallen vor 6 alb. der gemeinden und
stehet tiirter in u. gn. tr. straef.
«) S. oben S. 305 f.
— 1013 — I>ie Grundherrlichkeit]
Noch war der alte Zusammenhang zwischen Gerichts- und Heeresverfassung
nicht tiberall vergessen, und wo er gewahrt war und die Markgemeinde-
verfassimg auch die urspillngliche Einheit von Gerichts- und Wirtschafts-
verfassung noch aufwies, da konnten dem Zender noch spät militärische
Befugnisse zustehen. Natürlich fielen auch diese Befugnisse bei entstehendem
Allmendeobereigentum an den neuen Markherm, und auf Grund dieses Vor-
ganges weist noch eine Quelle aus dem Beginn des 16. Jhs. einem Mark-
herm das gemeine Geschrei und die Folge seiner Markeingesessenen ^.
Aber gerade die letztere Erscheinung ruft ein Bedenken gegen die ganze
bisherige Erörterung der Markherrlichkeit wach. Wir haben bisher stets von
der Mark im allgemeinen gesprochen. In Wahrheit gab es aber eine solche
allgemeine Mark nicht, sie ist ein Abstraktum, dem im Leben die verschie-
densten Ausbildungen der Mark von den grofsen alten Hundertschaftsmarken
bis zur kleinsten Dorfinark hinab gegentiberstehen.
Läfst sich nun unsere bisherige Betrachtungsweise rechtfertigen? Sie ist ganz
allgemein zulässig auf Grund der schon oben S. 294 angestellten Eröiterungen,
doppelt zulässig aber im vorliegenden Falle, wo es sich ganz vorwiegend nur
um 6ine, und zwar die zuletzt durchgebildete Form der Markgemeinde, die
Dorfmarkgenossenschaft, handelt. Die Dorfmarkgenossenschaft aber kommt
hier deshalb vornehmlich in Betracht, weil das Allmendeobereigentum und da-
mit die ganze uns hier beschäftigende Entwicklung erst dann umfassend ein-
tritt, als schon fast alle grofsen Hundertschaftsmarken mehr oder minder
radikal in Dorfmarken zerlegt waren, und weil der Sieg der Grundherrlichkeit
an sich in jeder Mark die Tendenz hat, jeden gröfseren markgenössischen
Verband, der etwa noch vorhanden sein sollte, zu zerreifsen*.
Gleichwohl ist es jetzt, am Schlufs der Darstellung der Markherrlichkeit,
unsere Pflicht, noch einen besonderen Blick auf die Formen zu werfen, welche
diese Markhenlichkeit in anderen Markenbildungen als gerade der Dorfmark
annehmen konnte.
Das Charakteristische dieser besonderen Formen beruht darauf, dafe die
Trennung zwischen Gerichtsverfassung und Wirtschaftsverfassung, welche in
der Dorfmark vorliegt, bei sämtlichen gröfseren alten Markbildungen noch
nicht eingetreten ist: in ihnen, und vor allem in der Hundertschaftsmark
— von der Zendereimark als einer der Dorfinark aufs nächste verwandten
Form sehen wir hier ab — ist die Vertretung der gerichtlichen wie der wirt-
schaftlichen Bedürfnisse noch eine einheitliche, die Markgemeinde ist zugleich
>) CRM. 5, 44, 1503: als wir Jacob erzbisschof zu Trier . . im dorf Protich der gnint-
hochhere und richter sihen und uns und imserm stift von heimburgen geswom und ganzer
gemeinden daselbst allejerlichs uf sant Valerius tag zugewiesen wird wasser und weide, der
grae walt, herkommende man, der glockenklank, das gemein geschrei, die folge etc.
«j S. oben S. 304.
|(jn.iiiilli«rrlitlikeil und Vogtfi. — 1014- —
Staatliche Geriphtsfiemeiiide. Wie macht sich diese iiiiiiß:e Koböi-euz nun im
Fall der Markherrlichkeil geltend?
Wir könneu hier verschiedene Fälle unten^cheiden. Am einfachsten liejreii
die Dinge da, wo dem Markhemi zutricich die politische Gerichtshoheit Üher
die Mark aus einer anderen Quelle her zusteht, als aus der hloisen Entwickluns;
des Markobereigeiitunis. Das ist der Fall völlig im königlichen Fiskus, und
vielfach auch im Keubruchshochgericht des fillberen und spät4?ren Mittelaltti's,
Im Fiskus, der zugleich nach Wirttchafts- wie Gerichtsverfassung eine Hundert-
schaft darstellt, ist der Kflnig ohne weiteres voller Gerichtsherr, der Iudex
steht an Stelle des Hunnen , die Verfassung ist unter stärkster Ingeiviiz
des königlichen Mark- und Geiichtsherm einheitlieh geregelt'. Etwas Ähn-
liches gilt von dem als Hundertschaft für sich foimierten Neuliruchahochgericht,
falls sich mit dei-selben die Lnmunität verbindet: auch hier ist der MarkheiT
ohne weiteres voller Gerichtsherr, in späterer Zeit also Hocligcrichtsherr der
Hundertschaft*. Anders dagegen, wenn der Markhen- des Neubruchs nicht
zugleich im Besitz der Immunitätsivclit^ ist; in diesem Falle gestaltet sich
die Gericlitsverfaasung der Markeingesessenen leidlich selbstAnciig aus, und der
Mai'khen- entmckelt höchstens neben dem autonomen Gerichtsvoi-stand noch
ein konkurrierendes richterliches Amt des Amtmanns oder Schultheifseu '.
Eben diese Form ist nun die mafsgebende auch da, wo es sich um
MarkheiTlichkeit in alten noch in einheitlicher Gerichts- und Wirtschafts-
verfassung verbundenen Hundertschaftsmarken handelt, wie wir sie in dor
Ruwerhundertschaft und der Berakastler Hundertschaft kenneu gelenit halwu.
Auch hier entwickelt der Markherr keine gerichtliche Hundertschaftshoheit auf
Grund vou Allmendeobereigentiim ^ ; es bedai-f vielmehr des Ei-weriis der Ge-
richtshoheit auf anderem Wege, durch Ankauf der Hunrie oder Lehnsempfang
') Diese Begelung bleibt natürlich auch beim Ül>ergang eines Fiskus in anderes Eigen-
tum bestehen, so z. B. in Andernach, wie die Urkunden der Andemacher Schreinsrolle deut-
lich zeigen; vgl. z. B. "Andern. Scbreinsr. No. 19, G. 629, 1190.
') So wohl Chrodwin in dem grofsen Bifang um Binafeld, ME. ÜB. 1, 22, 770, vgl.
dazu oben S. 698 f. Vermutlich gehört hierher aueh Lehnsbuch Werners II. t. Boland
S. 20; W. besitzt TilUun (Waldalgesheim am grofsen Soon) iuxta silvam, que dicitor San,
cum aliis viilis et silva sibi pertinente cum omni iustitia; et villam (Lett^eiler am Glan)
cum aliis villi» sibi pertinentibus cum omni iustitia. An beiden Orten hat Werner auch
curie: S. 21.
') S. oben S. 286 ff.
*) Bezeichnend in dieser Bichtung ist z. B. noch . trotz mauiigfacber Konzessionen,
MB. ÜB. 1, 310, 1038, Urkunde Erzbischof Poppos fUr SMatheis, das restauriert wird:
super cuius monasterii universam familiam, ut ab antecessoribiis meis statutuin est, liulli uisi
soll abbati eiusdem provisoii iugtitiae censuram exigendam districtionem placitumve tenendiun
omnemque omni tempore potestatem exercendam cxcepto thelonei lucro de mercato dumtaxat
in prefati sancti Eucharii inibi constitiito natale bannique iure de homicidio concessi; cuius
homicidii redemptionem persolvendam, nullumque centurionem absque eiusdem abbatis
Mtnunve consensu ac legali familioe electione preficiendum esse censiii.
— 1015 — IHe Grundherrlichkeit]
seitens des Grafen, bezw. durch Besitz der Immunität, um zum Gerichtsherm
derjenifjen Hundertschaftsmark zu werden, deren Markherr man ist*.
So hält sich denn die Markherrlichkeit stets in wirtschaftlichen Schranken :
sie vei-schlingt wohl die Markdinge und damit die Wirtschaftsgerichtsbarkeit
der freien Markgemeinden, nicht aber die staatliche Gerichtshoheit, soweit sich
dieselbe in den alten Hundertschaftsmarken auswirkte. Keine Überschreitung
der Grenzen markgenössischer Wirtschaftsverfassung, aber volles Ausfüllen der-
selben im grundherrlichen Sinne, das ist der Kern der Entwicklung grund-
herrschaftlicher Markherrlichkeit. Und innerhall) dieser Grenzen wurde
günstigen Falles alles nur Wünschenswerte erreicht: das markgenössische
Beamtentum wurde der Grundherrschaft einverleibt, das Fronhofsding zum
Grundgericht erweitert, die freien Markeingesessenen den Grundhörigen in
Fronden und Lasten als Markhörige angeschlossen, die Markverwaltung end-
lich zur Ausprägung neuer finanzieller Anfordeiimgen an die Markgemeinde
und deren Glieder ausgenutzt. Der Fronhof aber mit seiner Wirtschafts-
verwaltung verschwand fast in dieser Summe neuer meist einträglicher Rechte ;
Grund- und Markhörige vermischten sich zu einer indifferenten Masse; die
aus dem Bauding entwickelte gemeinsame Dorfgerichtsbarkeit des Grund- und
Markherm umschlofs sie als sichtbarstes Zeichen bestehender Grundherrschaft :
die Patrimonialhen-schaft späterer Zeit begann sich aus der Fronhofsverfassung
der deutschen Kaiserzeit in deutlichen Zügen zu entwickeln.
Allein hervorragende GiimdheiTen brachten es weiter als bis zur Einver-
leibung markgenössisch - autonomer Rechte in den mageren Bereich ursprüng-
licher Grundherrlichkeit; sie rissen schon früh auch staatliche, hoheitliche
Rechte an sich.
Die ImmunitiU war das Mittel zum Erwerb solcher Rechte^. Die Im-
*) S. dazu oben S. 170 ff., 200 ff., speziell S. 210; s. auch noch die WW. für Tholey
1450, 1580, 1582, 1584, 1587, G. 3, 755 f.
*) Zur Litteratur der älteren Immunität vgl. man namentlich Brunner in Holtzen-
dorffs Encyklop.* System. Teil S. 214, daneben auch Fustel de Coulanges S. 256.
Neuerdings haben das Thema behandelt A. Prost, L'immunit^, in der Nouvelle Revue bist,
de droit 6, 113 f. (wenig bedeutend^ und Fustel de Coulanges in der Revue bist 22, 249 f.,
28, 1 f. Vom wirtschaftsgeschichtlichen Standpunkte aus wären besonders anzuführen
Landau, Salgut S. 119 f.; Thudichum, Gau- und Markvf. S. 84 f.; v. Maurer, Einl. S. 217,
Dorfv£ 1, 351 f., Fronh. 1, 278 f., 282 f.; v. Inama, Grofsgrundh. S. 67 f., Wirtschaftsg.
1, 273 f. Für die Mosel kommen an Immunitäten und verwandten Quellenstücken besonders
in Betracht MR. ÜB. 1, 17, 763; 24, 772; 28, 775; 48, 815; 50, 816; 57, 826; 67, 841; 74,
845; 89, 8.55; 90, a55; 92, 856; 95, 860; 109, 868; 114, 871; 122, 884; 126, 888; 131, 891;
132, 893; 133, 893: 143, 898; 148, 899; 150, 902; 162, 919; 185, 947; 231, 968; 240, 973;
259, 988; 261, 990; 313, 1040; 321, 1044; 322, 1045; 333, 1051; 334, 1051; 344, 1056;
359, 1065; 360, 1065; 369, 1069; 434, 1116; 532, 1144; 600, 1157; 636, 1163; Bd. 2, 125,
1192; 236, 1198—1205; Bd. 3, 129, 1220; 224, 1224; 308, 1227?; 536, 1235; 741, 1242;
1154, 1252; 1278, 1255. Osterreichische und sonstige südöstliche Privilegien zählt v. Inama,
(xrofsgrundh. S. 114 Note 15 auf. — Zur wirtschaftlichen (Beunde-)Immunität, welche
V. Maurer fälschlich als Vorstufe der staatlichen ansieht, vgl. oben S. 426, s. auch S. 325
und S. 282 Note 2.
[GninillieiTlithkeil imii Vogtei. — 1016 —
mtinititt, wie sie schon früh im iuorovnnnisfben Reiche vorkommt und sich im
7. Jh. völl^ und allseitig ausbildet', erteilt freilich direkt keinerlei Auftrafr
rur ÄusQbung staatlicher Rechte. Auch trachteten die späteren lunuunitätJ*-
heiTen ursprünglich par niclit nach uii mittelbarem Erwerti vou Hoheitsrechten,
der Gesichtspunkt war ein ganz andei-pr: sie ei-strehten durch die Inmiunität
den Ausschlufs der raerowingischen Beamtenwillkür und Beamtengewalt von
dem Bereich und der Bevölkenmi; d<fs Grundbesitzes*. Denigeuiüis hat die
Immunität anfangs durchaus uml auch später noch immer wesentlich die Fonn
eines Verbotes : sie verbietet den introitus iudicum in den Inimimitätsbezirk.
Aus diesem Verbot aber folgte uun freilicii eine fönnliche Lahmlegung
aller merowingisehen l)ezw. sjjäter karolingisch-deutschen Beaintenfuuktiuneu
für den Beieich der ImnmnitAt.
Diese Fimktionen waren von dreierlei Art: sie bezogen sich auf Gericht,
Heer und Finanzen.
Darum hörte mit dem Eintritt voller Lnniunität im Bezirk derselben die
staatliche Rechtspflege, Heeresverwaltung, Finanzthätigkeit auf. und an die Stelle
der administrativen Einbeziehung in den Staatskörper trat eine direkte dui'ch
Verleihung der königliehen Munt hergestellte Beziehung des Immunitätsherm
zum Staatsoberhaupt".
Die Zurückziehung der staatlichen Rechtspflege gelangt zum Ausdruck
in dem Verbot au alle Beamten , innerhalb des Imnmnitätsl)ereiehs geriehts-
herrlicbe Funktionen wahrzunehmen, d. h. den Gerichtfivorsitz zu Übernehmen
und die Gerichtsvollstreckum: auszuül)en*. Dies Aufgeben der königlichen
■) Trierer InununitiU von 632, MGDD. (PertE) No. 258. Ans merowingischer Zeit haben
wir freilich nur Diplome fUr kirchliche Institute, doch sind Immunitäten wohl sicher auch an
Laien bewilligt worden, Fustel a. a. 0. S. 267.
') Das hat neuerdings namentlich Fustel gut hervorgeh olien. S. auch MR. U6. 1, IT,
763; die Immunität soll nicht durchbrochen werden können durch cuiuslibec iudiciiun seva
cupiditas, diese sollen nicht (MR. ÜB. 1, 24, 772) aliquo ibi generare detrimento.
') MR- ÜB. 1, IT, 763; sub emunitatte nomine sub tuitione vel defensione noatra seu
heredom nostrorum debeant quieti in dei nomine reeidere; mundiburdium et advocatia MR.
ÜB. 1, 234, 970?; MR. ÜB. l, 162, 919: sub defenBione nostrae tuitionis atque mundoburdo,
ähnlich MR. ÜB. 1, 266, 990; mundiburdium MR. ÜB. 1, 321, 1044; mundiburdium et defensio
MR. ÜB. 1, 844, 1056; 359, 1065.
*) Eb wird verboten MR. ÜB. 1, 17, 763 causaa audire oder altercationes audire;
MR ÜB. 1, 24, 772; hominea eorum pro mallobergüs nuUus debeat admallare, ähnlich MR.
ÜB. 1, 50, 816. MB. ÜB. 1, 57, 826: causas iudiciario more audire, MR ÜB. 1, 74, 845
setzt noch hinzu vel discutere. ■ MR. ÜB. 1, 109, 868 (falsch): nee aliquis . . sine nostro
iussu placitum habere presumat MR. ÜB. 1, 185, 947: placitum adunare. Besonders deut-
lich ist MR. ÜB. 1, 148, 899, fax Trier: ut nullus ex regia ac comitis parte neque Ulla
iudiciaria poleatas in villis eiusdem sancti Petri placitum habere aut aliquid districtum in eis
nllo modo sine assensu et voluntate episcopi facere conetur. Hier haben wir in districtus wohl
schon den Gerichtszwang. Er wird sonst gewöhnlieh durch die Formeln freda exigere imd
fideiuEsores tollere bezeichnet, a. für freda eiigere MR. ÜB. 1, 17, 763: freda de quaslibet
causas eiigere; MR. ÜB. 1, 24, 772; si homines eorum pro quolibet excessus quicunque
— 1017 — Die Grandherrlichkeit]
Heeresverwaltunü: liat für die Beaiiiton das Vorbot zur Folge, von Immunitäts-
insassen Krieirslasten, z. B. Spanndienste oder das (ieweif zu erheben \ sowie
sie zur Selianzarbeit - und unter Heerl)ann zum Krie<2:sdienst zu zwingen^. Die
P'iuanzverwaltung endlich wird durch das Verbot der Steuererhebung lahm
gelegt.
Der letztere Punkt verdient wegen der mannigfachen staMlichen For-
deiiingsrechte, welche mit dem Steuererhebungsrecht aufgegeben wiu'den, noch
besondere Beachtung. Zunächst bezogen sich diese Fordemngen auf die
Leistung von Naturalien: Einquartieiiingslasten und Verpflegungsdienste für
Beamte oder auch für den königlichen Hof werden für die Limiunitäten auf-
gehoben *. Daneben waren noch direkte und indirekte Geldsteueni vorhanden :
als direkte Steuer, wohl schwerlich regelmäfsig erhoben, das Tributum*, als
indirekte Steueiii alle Verkehi*sabgaben , Theloneum, Pontaticum, Ripaticum
usw. Auch sie wurden erlassen^. Dal)ei ist der genaue Sinn dieser Be-
frodiim exsolvebant frediimque exinde in publico exspcrare potueraiit, ad ipsas ^cclosias
fiiisset concessum; MR. üB. 1, 109, 868 (falsch): nulli etiam comitatiü banniim ac fredas
cxsolvat. Für die andere privatrcchtlicho Seite s. MR. IlB. 1, 17, 763: fideiussores toHcre, so
n. a. auch MR. ÜB. 1, 48, 815; 240, 973. Beide Seiten fafst schon früh die Fomiel bei
Marculf, MGLL. V, 1, 48, zusammen: nulhis iudex publicus ad causas audiendo aut freta
undique exigendum quocjue tempore [imminiitatem] non praesumat ingeredire.
') MR. ÜB. 1, 24, 772: coniectus facere verboten, so auch MR. ÜB. 1, 56, 816.
MR. ÜB. 1, 28, 775: scaras vel mansionaticos seu conicctos tarn de carrigio quamquc de
parafredos (facere), dafür MR. ÜB. 1, 48, 815: scarras vel coniectos tarn de carris quam
etiam de paraftedis exactare. S. auch noch aus später Zeit WKenn 1409: und wisent ine
tri von allen legeren reisen und aller gewelde, wie man die done muchte.
2) MR. ÜB. 1, 185, 947: Immunitätsleutc frei von opus castelli. Hierhin gehört wohl
auch mit MR. ÜB. 1, 860, 1065: eis . . opera regalia et vel comitialia ftmditus per-
donamus.
^) MR. ÜB. 1, 28, 775: homines, qui super terram (Prumiensis) monasterii tarn franci
(iuam et ecclesiastici commanerc videntur, ut nulluni heribannum vel bannum solvere non
debeant, sed pro mercedis nostr<,* augmontum ad ipsum sanctum locum sit concessum atque
indultum; wiederholt MR. ÜB. 1, 57, 826 für franci, ecclesiastici und servientes.
*) MR. T^B. 1, 17, 763: mansiones aut paratas tollere verboten. MR. ÜB. 1, 148,
899, König Zwentibold für Trier: sanccimus, ut n(»mo . . in domibus . . hominum . . sancti
Petri Treviris manentium mansionem accipere, nisi quem episcopus iusserit, neque ullam eis
quispiam in eorum mansionibus incoinm()ditat<'m ulterius facere presumat, neque ullam
c^gantur solvere expensam. MR. ÜB. 1, 359, 1065: die Abtei Echtemach libera et secura
totius regalis senitii omniumque ceteraiiim personanmi nisi solius dei subsistat. MR. üB.
1, 234, 970?, für SMaximin: et quoniam sanctorum familiae regiis civitatibus vel palaciis
adiunctae regalibus aliommque potentium interdmn opprimuntur operibus, eadem opera
suprascripti confessoris Christi familiae pro animae nostrae remedio perpetualiter per-
donavimus.
^) MR. ÜB. 1, 48, 815: tributa exigere, ebenso MR. ÜB. 1, 50, 816; 185, 947;
240, 973. Vielleicht gehört hierher auch die expensa in MR. ÜB. 1, 148, 899, ol»en
Note 4.
*^) Noch mehr sogar. Im Einzelfall wird auch vollste» Freiheit des Verkehrs besonders
Lamprecht, Deubichoa WirUscbafislebon. I. 65
[GninJherrliehkeit iinil Vngtei. -
ireiiinK für dio VerkchrsabjralK'ii iifirh besonders zu konstatiereu. Nehmen
wir den Zoll heraus, für welchen die meisteu Nachrichten vnrlie^OD, so erhielt
der Inimunitittsherr für sich und seine Leute individuelle Zollfreiheit, wo er
auch immer im Reiche Verkehr trieb*. Aber er erhielt nicht etwa Befroiunf»
seines ImmunitAtsliezirkeB von Zollstattcn: hier konnten trotj! aller Iniumnitftt
ZftUi' l)eHtehen oder l)eKründet werden, nur lilieh der Inmiunitiltsherr an ihnen
zollfrei.
DielniniunitJlt schliefst also keineswegs die Verleihung eines Zollrechts oder
gar eines ausgebildet*'n Zollrtv^'als für den Bezirk ihrer ßeltunji in sich. Was
aber für den Zoll gilt. Ans gilt auch für ilie Übrigen Verkehrs- und Boden-
belaslungen , soweit sie sich in Kejrulien darstellen: sie alle sind von den
GiTJudheiren nii-ht auf (inind der hiinniuität. sondern vielmehr aufOnmd von
Markherrlichkt'it, königlicher Verleihung oder Usuriiation entwickelt worden'.
garantiert Mß. ÜB. 1, 234. |Ö7D!), 18. .tli. 1. II., fi'ir SMuLiuiin: potcstatr^ ronccdiinii«
qurique ipsius pralicti cnnreasoris ClirJBti fajniliai? in predicta TrCTironim xalie aliisqiic
imperii noBtri civitatjlins tcI prcfccturis hHliitanti, ut cd cinditione qua cUam noslra impe-
rialig familia habest licenfiain, quam et aemper habpliat, intnindi et exeundi, vendeodi et
emcndi, pnsccndi et adaquandi, predia regalibuB familiig lauttiQ dandi et hIi ipsig nwipiendi
KiDtuo. MR. Uli. 1, 360, 1065, ftlr SMHXünin: mnnnchi et Immines iiionBaterii in Hingulis
civitatibiis re^alibns vel prcfectoriig ttlierüin pot«statem habcant intrandi et exenndi, vendendi
et cmendi, paacendi et adaquaodi.
') MH. ÜB. 1. 24. 772: vcrbntPii thelonea exigere, ebenso u. a. MR. IIB. 1, 50, 81(J.
MR. UR. 1, 95, i^60; verboten tLelimi-nni sive de famgio sive de navigio vel de qnaeunqiie
rc exquirere. Mit. IIB. 1, 162, Ö19, in einer Prtluier IninmnilAtaiirliiinde ; de teliueiB qiioqiie,
cuDCtta etiaui ua^onalibus ej,ai;UuuiIiUb . . ue quü exigere preGunial ab eortuu niiniDtrie i-t
niissia, qui ob diversas causae ac neceBBitates discurnint per loca diverea, sed nequc ab
iillo de totn familia sancti Salvatoris in iillo mcrenlo regiü nostri [witiique navali vel nnn-
lum reqniratur vel telone(um). MR. III). I, 185, 947, Imniunilät für Trier: siniilitcr quoqiie
thclnnenm eiusdem famili^ dimittimiiB iiixta Rennm et Mosclhm fliivios tarn eis quam eitvii
et in Omnibus locis regni nostri, niiicunqui- thclonca exiguntur, qiiocunqne vebiculo pergatur.
sicuti et diniisBum in preceptis regalibus a [iredecessoribus nostris invcnimus, ita ut semper
soUiti Iheloneum a nemine cogantur snlvere neu in castcllis nee in villiN. S. aucb jMft. I'Jt.
1, 240, 973 die Zoll&eiheit in der Inuniinitikl. MR. IJB. 1, 822, 1045, in einer Iminnnitüt
tür das Kr/stilt: ad hoc iuxta nostri antecessorutn preeepta . . interdirimus, nc in Villa-
Tlieodonis theloiieiim exigatnr a bonis fratnini Trrvere apostulonim prineifii serviontium vel
a suis hominibus aiit ibi vel in villa Aladriz manentibus. MB. ÜB. 1, 234, (970) 12. .1h.
1. H., für SMaximin: addidimna etiam secundum privilegla anteccssonini nostrorum, ut nbt-
runque naves monarhorum den in predicto Inen sab regula sancti Benedict! militantium vel
liomines eonim pcrvenerint, iiuUua ab eis telonium exigere andeat Daneben laufen freilich
noch besondere Zollbefreiungen ber, s. MH. ÜB. 1, 18, c.763; 73,845; 101,864; Hd.2,279f.
*) Bezeichnend filr diesen Zusammenhang ist MK. HB. 1, 150, 902, Ludwig das Kinil
fiir Trier: die Graten C. und G. bitten, ut Treveric? civitatis monetam thclonoum ccnsalos
tributuni atque medemam agronim cum fiscalihus hominibus, qn^ quondam tempore ^Yiomadi
eiusdem urbis archiepiaeopi de episcopatu abstracta et in comitatum conversa futsse [so xu 1.)
nnsruntur, eideiu episcnpio . . restitueret Ludwig thut dies unter Bekapitidation der Rechte:
monetam . . ipsius civitatis, thelonciim omnequc tributuni infm civiCatem et extra per omneiu
comitatiim de monaBtcriis et viilia ac vineis, sed et cnnetns fcnsuales atque lisrales et niede-
_ 1019 — Die Gnindherrlichkeit]
Wie (las im eiiiz(»liien geschali, ist fiir die Markherrliclikoit schon oben er-
örtert worden^; die Untei-suohung der Entwicklung auf Onnid von königlicher
Verleihung und Usurpation aber gehört nicht so sehr der Geschichte der
Grundherrlichkeit wie der der Landesgewalt an^, da sich in den Besitz aus-
gedehnterer Regalien mit Ausnahme etwa von Resten des Bodenregals der
Regel nach nur diejenigen Grundhen-schaften zu setzen mifsten, welche sich
später zu Landesherrschaften enveiterten.
An der Mosc^l fallt nun die Verleihung von Immunitäten im eben besproche-
nen Sinne vornehmlich in die spätkarolingische Zeit; die Urkunden ihrer um-
fassenden Ausgestaltung und Erneuerung schliefsen mit der verdächtigen
SMaximiner Urkunde von 1116 ab^ — seitdem kommen, abgesehen von einer
neueren Immunitätsentwicklung für jüngere Klöster, fast nur noch vage könig-
liche Schutzbriefe vor*.
Wie ist das zu erklären? Die Geschichte der jüngeren Immunität giebt
hierauf Antwort.
Jüngere königliche Imnmnitätsbriefe werden an der Mosel seit dem
Diplom König Konrads III. für Springiersbach vom J. 1144*^ ziemlich häufig
erteilt; bis zum Schlüsse der Staufei-zeit liegen derartige Diplome, abgesehen
mam agronim. Diese Regalien [Tributum ist hier nicht Steuer, sondern eine besondere Form
des Medems, s. oben S. 105 Note 2] werden an Trier noch verliehen, ob dies gleich längst
Immunität hatte, s. MR. ÜB. 1, 24, 772; 50, 816; 143, 898; 148, 899. Vgl. femer die Trierer
Immunitätsurkunde MR. ÜB. 1, 322, 1045: monetas vel thelonea, que (Poppo) pontifex in
vestitura sue <;cclesie invenerat aut postmodimi a nostris predecessoribus adqu^siverat,
legaliter in peri)etuuni teneat. Hier werden allerdings in einer Immunitätsiu*kunde , wenn
auch zum erstenmal, Regalien aufgeführt, aber man sieht deutlich, dafs sie nicht zum
Komplex der Immunitätsrechte gehören. Das Mittelalter ist sich natürlich über Zugehörig-
keit oder Nichtzugehörigkeit nie ausgesprochen klar geworden. Wie wenig man überhaupt
später den organischen Zusammenhang der Immunitätsrechte noch zu fassen wufste, zeigt
die Aufzählung von Cesarius zum UPrüm S. 154 Note B: potestates seculares, von welchen
Prüm frei ist: p^llince grascaf viltban ciipelh» nats^lide gerftte. Zum Wort potestas vgl.
lIPnmiNo. 45, Villance S. 170, und Waitz, Vfg. 7, 305.
*) S. oben S. 1003 f. Über Entstehung solcher gnmdherrlicher Regalien s. auch noch
Waitz, Vfg. 8, 257, und Schröder in Sybels Zs. N. F. 7, 455.
2) Sie ist daher unten in Abschnitt VIII behandelt.
3) MR. ÜB. 1, 343, 1116.
*) Einfache Schutzbriefe ohne Detailausführung sind allerdings schon MR. ÜB. 1, 120,
888; 131, 891; 143, 898; nahezu auch MR. ÜB. 1, 344, 1056; gewöhnlich aber wird die
Form erst später, s. MR. ÜB. 2, 125, 1192; 236, 1198-1208; 3, 536, 1235; 741, 1242; 1154,
1252. Den königlichen Schutzbriefen schliefsen sich auch päpstliche an; vgl. dazu das De-
kret des Papstes Nikolaus I. über die Verwaltimgsfreiheit der Klöster, MR. ÜB. 1, 107, ca.
.^67; femer MR. IIB. 1, 231, 968; 244, 973; 333, 1051; 369, 1069 u. s. f., für den Nieder-
rhein Ennen, Qu. 1, 468-9, 14, 977; Lac. ÜB. 1, 126, 195, 1059; s. auch Ennen, Qu. 1,
481, 24, 1067: Erzbischof Anno stellt das neugegründete SGeorgsstift in Köln sofort sub tu-
t(»lam sanotc» Roman^ ecol<»sie per manum venerabilis pape Nikolai, cuius etiam scripta ad
i'orroborationem eiusdem rei continentur apud nos.
") MR. FB. l, 5:52, 1144.
65*
[ürundhcrrliclikcil iinil Voglci. — 1020 —
vyii Öpriiitiiui-sliacli, l'ur Uuiiertsbori^, l'cdfi'jiacli, Sl'i'ter iu Krt-uzuucJi, Ilolauiis-
werth, Marienber^ bei Boppard, Wadpassen, Himmerode und Altenberg vor:
also durchweg nur für jüngere Klostergründungea.
Die Veranlassung zur Erteilung dieser Immunitäten war eine durchaus
andere wie die für die Emanation der alten Immunitäten ^. Zwar galt es auch
jetzt noch, die gnindherrlichen Institute vor Übergriffen seitens der Beamten
zu schützen, aber diese Beamten waren nicht mehr die kön^lichen, sondern
vielmehr die der Immunitätsherren selbst Wir werden in späterer Erörterung
sehen, wie sich auf Grund der alten Immunität eine umfassende grundherr-
liche Gerichtsbarkeit ausgebildet hatte. Di^e neue Gerichtsbarkeit hatte eine
neue Verwaltung veriaiyrt, zu ihrer Handhabung war speziell in den kirchlichen
Grundherrschaften die Vc^rtei geschaffen worden. Aber bald wurden die Vögte
die Peiniger der kirchlichen Grundherrschaften, wie es früher die königlichen
Beamten gewesen waren; UBd gegen diese neue Plage rief man wiederum den
Schutz des Königs an.
So kam es zu einer neuen Reihe von Immunitäten, welche sich speziell
auf geistliche Institute beziehen und zur vollen Ausbildui^ nur für jüngere
geistliche Genossenschaften gelangen, während man dem Eingreifen der \6gbe
in den alten kirchlichen Grundherrschaften auf Grund der Weisung frObeFen
Bechtszustandes aus dem Verband der Grundherrschaft heraus, wenn auch
unter königlicher Autorität, entgegenzutreten suchte '. Demgeniäfs ist die An-
griffsfront der jüngeren Immtmitäten nicht etwa einem königlichen Beamtentum,
sondern der Vogtei zugekehrt. Aber natürlich konnte der König der Vogtei
gegenüber im wesentlichen nur Aufeichtsrechte geltend machen : und so erscheinen
denn die in den jüngeren Immunitäten getroffenen Schutzmafsregeln gegeu-
ül>er dem Umfang der alten Immunität recht mager. Zunächst wird ein all-
gemeiner Schutz ausgesprochen: auch hier bleibt also die Munt die Gruudhurf
des Verhältnisses zwischen König und privilegierter Grundhen-schaft ". Aus
>) Nach (kn G. Trev. ConL S, 7, MGS8. 24, 384—5, um 1185, fuhrt Kaiser Frkilrich 1.
für Trier aus: imniimitates ideo concessae sunt clericis, iit seqiicstrati a forensilius causis pt
tumulCu populi cum humilitate et duvotiune dco in pace deserviant. st aut«m quac dei sunt
rclinqucntes ca, iinac xllii cnnccssa non EUnt, usiirparcnint, piivilegio liberlatis suae gaiidprc
non debent, nisi rcsipiscant. quia igitur Trevereoscs elend iiira impeiii, quae ali antecos-
i^orihns nostris Aivis imperatoribus usque ad temiiora nostra illiliaia permansenuit, attingert-
pracsanpserant, iuste a filin nosiro glorioso rege Heinrico ut hostes reipulilicac habiti sunt.
') liierbin geboren die bekannten rriimer und SMaximiner Weistiuner Ober die vogtei-
liehen ßeclitc aus dem 11. und 12. Jb., von welchen unten häutig die Rede sein wird.
») MR. ÜB. 1, 636, 1163, für Riipertsberg; tuitio, protcctio impcrialis; MR. ÜB. 3,
224, 1224: tulela et protectio; MR. ÜB. 3, 1154, 1252: protectio et eonductus; MR. IIB. 3,
1278, 12M: advocutia. S. femcr MR. ÜB. 1, 5-32, 1144: Springiersbacb bittet König Kon-
rad, das Kloster siib . . reguni videlicet scu imperatorum ditione ac special) protcctionc ae-
cipere et collatas ilndem possessiones rcgi? maie^tatis auctoritatc confirmare atquc anetentiea
preccpti noslri pagina conllmiare. Geschieht; Befehl, nt nulla ^clcsiastic? secularisve digni-
tatis persona cundem locum hospitationibns vel exactionibus . . inqiiietArc vel molestare
— 1021 — Die Gnmdherrlichkeit]
diesem Schlitze Iieraus wird dann das Verl)ot ungerechter Steuererhebung mit
deutlichem Wink gegen die» Vögte entwickelt * bis zu der letzten Konsequenz,
dafs der König selbst die Vogtei wahrnehmen will oder wenigstens seine
Beamten, die Reichsministerialität, zum Schutze des Klosters gegen den Vogt
speziell anweist ^. Also die vollste Umkehrung gegenüber den Verhältnissen, aus
welchen die alte Immunität erwuchs : dort königlicher Schutz gegen das Staats-
beamtentum mit der Konsequenz der Ausbildung eigener grundherrlicher Ge-
richtsbeamten, hier königlicher Schutz gegen die eigenen gnmdherrlichen Ge-
richtsbeamten mit der Konsequenz umfassender Einmischung des Staats-
beamtentums.
Neben diesem allgemeinen Schutzrecht enthielt die jüngere Immunität
wohl auch noch hier und da einige besondere Festsetzungen, welche teilweis
weniger wegen ihrer Ausdehnung wie ihrer Beschaffenheit nach von hohem
Interesse sind. So wurde die Zollfreiheit ausgesprochen; der König verbürgte
dem Privilegierten ferner die ungehindeite markgenössische Nutzung in allen
Orten der Grundheri-schaft^; und im Fall, dafs die begnadete Grundherrschaft
presumat Das heifst plenc? libertatis immunitas, defensionis et patrocinii Privilegium. MR.
ÜB. 1, 636, 1163, für Rupertsberg: ne aliqua imperii nostri magna vel parva persona . . in
possessionibus . . cenobii aliquam collectam exigere vel actionem facere contra voluntatem
abbatisse vel domiuarum prcsumet. MR. ÜB. 1, 129, 1220 für Marienberg: ne aliqua un-
<iuam himiilis vel alta persona . . monasterium . . aliquo modo turbare vel gravare presumat,
vel aliquam exactionem precariam vel aliam quamcunque ipsis imponerc. Wieder-
holt MR. ÜB. 3, 308, 1227 ?
^) S. schon die letzten Citate in Note 3 der S. 1020, aufserdem MR. ÜB. 1, 600, 1157: Kaiser
Friedrich I. nimmt das Kloster Pedemach bei Boppard [SJacobsberg] in tuitionem. dccemimus
quoque, ut Cönradus de Bochbarten suprad. loci advocatiam eiusquc heredes post eum sem-
per obtineant sine alicuius servitii exactione vel gravamine, verum ipsum locum et omnes
possessiones ad ipsum pertinentes ab omni inquietatione semper illibatas conservcnt et de-
fendant MR. ÜB. 1, 636, 1163, fUr Rupertsberg: ne quis advocatiam eiusdem loci sibi
usurpet
2) MR. (JB. 3, 1278, 1255, für Altenberg: quod nullum alium advocatum nisi nos et le-
gitimes successores nostros habere debent, prout eis a nostris predecessoribus fuit imperiali
auctoritate concessum. Ml. ÜB. 2, 158, 1196, Nonnenkloster SPeter zu Kreuznach: ab ad-
vocatie iure absolutimi sue specialiter protectioni locum ipsiun auctoritas imperialis addixit.
MR. ÜB. 3, 1278, 1254, für Altenberg: ut nullus eas in personis vel rebus molestare pre-
sumat, sed ipsas ab eorum tiu'batoribus tueantur. et hoc universis ministerialibus nostris in
illis terminis constitutis precipiendo mandamus, ut eis, cum requisiti ^erint, assistant auxilio
consilio et favore. S. auch MR. ÜB. 3, 224, 1224, für Marienberg (Reichsfiskus Boppard):
si quis . . (monachos) sine iudicio conturbaverit res ipsorum vel personas in locis quibuslibet
invadendo aut ledendo . . . prccipinuis, quatinus [universi nostri fidelcs] (eos) . . defendant.
. . removcmus etiam oinnem exactionem precariam. Wiederholt MR. ÜB. 3, 308, 1227?
^) MR. ÜB. 1, 532, 1144, für Springiersbach : nee liceat alicuius conditionis persona
in villis vel locis, ubi possessiones habuerint, introitus vel exitus eis interdicere, non aquam
vel silvam communem vel pascua sive publicum [1. publicarum] rerum usum ullatenus pro-
hibere, non traiisitum non pontaticum ab ipsis vel ab ipsorum rebus exigere, sed Bub regi^
tuitionis benelicio quietiun eis vitam cum omni libertatis prerogativa liceat agere. Wieder-
|(lniiiillierrlithkL-il imd Vnnim. — 1022 —
aiif liskalischeiii BoiU^n liifl, sprach er aurh wohl no»-h die Guraiitie gegen
Veipfändung, VerlelinunK oder Vt'reetziuij; seiteu» tie» Il*'iclies uus'.
In der That sehr l)ezeichnende F^nzelheitcii und sehr chaiakteristische
Voraussetzungen fftr ileren Aufuaimie in die Iinniunitfit: iHe Reiehstiewall
wankte finanziell in allen Fuffcii, und auf dem GelneUi siUtatlicher Hoheils-
i-echte stand es dem König nui' noch fiei , neben gewibscn Verkehi-sliegUn-
sti^ungen Nutzungsfreiheiten gogenllber den amien, zerstltckelten, wiilei-standK-
imfähigeu Markgenossenschaften zu gewähren, den-n Berechtigung sich Ubrigen^^
knuni anders als auf Grund des vöUig verWafsten Bodenregals hebaupten Mst.
Das war zur Staiiferzeit von der alten Vollgewalt Hbiig geblieben: kein wir-
kui^volles Eingreifen mehr in Uechtspflege und Finanzverfassung, ja wenig später
nicht einmal mehr die Mögliclikeit , die Aufrechterhaltung alt^r luimunität
jmdei-M iils iluivb Kinwirkinig Jiuf die grand herrlichen Beamten, sp(!ziell den
Vogt, zu gewährleisten'.
War aber das alte Beichsbeamtentum verfallen, so begann ein neues
Landesbeamtentum sich zu entwickeln °. Die Bruchteile von Rechten, welche
das Reich verschwendet hatte , begannen die Landesherren, wo sie sich auch
fanden, sorgsam zu sammeln und zu dem neuen Bau der Landeshoheit zu-
sammenzuschichten. Bei diesem Bestreben, bei der Einverleibung alter
Reichsrechte in die Geschäßspraxis ihres Beamtentums, kamen sie natürlicb
in dieselbe Kollision mit den grundherrlichen Interessen, in welche froher das
Reichsbeamtentum geraten war.
So mußten auch die Folgen die gleichen sein. Hatten die Grundherreu
froher Lnmunität von Gerichts- und Steueiverfassung unter Eingehung eines
Muntverhältnisses beim König erwirkt, so bewarben sie sich jetzt mu dieselbe
Privilegiemi^ bei den erstarkenden Landesherren. Schon im 11. Jh. finden
holt von Heiurich VI., MR. ÜB. 2, 129, 1193. Pascere et adatiiiaro freilieb audi schon in
Maiiminw Urkk. von angebUch 970 uDd 1065, Mit. ÜB. 1, 234 und 360, s. S. 1017 Note (i.
') MR. ÜB. 3, 224, 1224: riuodsi contigi^rit, ux uliqiia (lartu regiiuni Roniuimm vauillari
propt^i- diversos utsus Bopardiaiii vd alias possessiones regni ol>ligari vul infeodari , ipsiun
claiistnim sanclc Marie ab omni venditione vel obligationc nnt infeodatione libt^rum ul ab-
tjoliituni volumus permanere.
») »Or. Trier Stidtbibl. A. 13, 1276 Juni 27; Riidolfiis dei gratia Ronmnonun tcx
smnper auguBtus nol'ili viro lleiiuico comiti de Lucenbiiig dilccto tididi mo gratiam suam ci
omne boDum. Ftdclitatt tue teuore preäentiiim duciuiui; committendiiin, quateniis honorabilr^
. . abbatem et coavenlum monosterii suncti Maximini Trcverctisis io oniuibns iuiibus i'l
libertatibua suis qiioad homioes et bona attinentes eidem monastcrio iiixta privilogioniui
auonuu teuorcm i|)si3 a Romanis imperaioribus et rcgib[iB iiostris antecessoribus iudnltorunt
et a Dobis conflrmatorum auctoritate nostra regia tuearis proEiigas et dcfendas, non pennittens
eoB contra menioratoriini priTilegiorum indulta moleslJiri ii qiioqiiani iudebite vel turbnri.
Datum Hagenowe v. kalendas iulii indictione in>. anno domini millesinio ducnitcsinio seji-
tuageaimo scxto, regui vero nostii anno teiiio.
') Den Übei^aug bezeichnet mit Bezuguahme auf die Inunuuitit sehr gilt MB. Ult.
1, 636, 1163, Tür ItuperUberg: (locus) imperial! dextera et Miiguntlni arehiepiscu])i auxitin
Über senipcr et securua exisIaL
— 1023 — Die Gnmdherrlichkeit]
sich im äiifsei-sten Westen unseres Gebietes Spuren dieser Entwicklung ^ mit
der Stauferzeit setzt sie dann auch im Zentrum und am Rhein cin^. Allein
die Resultate waren nicht bedeutend. Schon im 13. Jh. werden derartige
landesheiTÜche Innnunitilten nur noch in sehr abgeschwächter Bedeutung, in
der Form des besonderen kirchlich-grundherrlichen Asylrechtes verliehen^, später
kommen sie überhaupt nicht mehr vor*. Sehr begreiflich. Das Territorium
') Hist. de Metz 4, 104, 1055, Oraf Arnulf von Chiny gründet ein Kloster und schenkt
demselben Güter mit Gnmdholden: homines eorum, ubicumque fuerint in terfa nostra, sint
liberi. in omnibus rebus consuetudinc et iustitia, quas nobis reddebant in placitis et in Omni-
bus rebus, solvant monachis et reddant Nicht hierher gehört dagegen, weil nur Restitution
früherer gewifs durch königliches Privileg begründeter Zustände anordnend, MR. ÜB. 1,
244, 973, Krzbischof Tlieoderich stellt die Kirche zu SMaria zu einem Kloster des Bene-
diktinerordens wieder her und dotiert sie: ciu-iam cum suis appenditiis reconsignavi eo vide-
licet modo, ut preter abbatem eiusdem loci et fratres nidla omnino aecclesiastica terrenaeque
dignitatis potentia quip})iam iuris unquam a cottidianis claustri ministerialibus sive etiam
aliis hominibus per villam commorantibus expetere uUatenus deberet: tali etenim lege tenuerat
illam primitus eadem aecclesia.
2) MR. ÜB. 1, 490, 1136: Pfalzgraf Wilhelm schenkt an Springiersbach einen Teil des
Kontelwaldes und giebt der Abtei zugleich fundos tres; scilicet curtes antedictorum fratrum
ab omni placito (?t exactione advocati sive villici sive aliquorum ofßcialium abhinc et in
omne tempus absolvimus, ut nulli quicquam nisi abbati soli et fratribus habeant responderc.
MR. ÜB. 2, 532, 1144: der Pfalzgraf schenkte an Springiersbach fundos ti*es, quos . . manu-
scripto suo ab omni placito seu servitio et exactione advocatorum vel villici aut publicorum
officialiiun penitus emancipavit. Cardauns, Rh. Urkk. 18, S. 861, 1158, Friedrich IT. von
Köln bestiitigt die Besitzungen des Nonnenkonvents Königsdorf: cellam . . cum omnibus re-
bus ad ipsam pertinentibus ac in loco nostro ditionis positis sub beati Petri . . et nostra
tuitione suscipimus ipsiusque ac nostra auctoritate . . intemptata permanere statiümus.
^) Geschlechtsregister Isenburg usw. Urk. S. 90, 1286, Ludwig von Isenburg für
Marienborn: volumus hanc ecclesiam hac libertate gaudere, ut, quicunque infra septa eius-
dem ecclesie confugerit cuiuscimque cause reus, exceptis incendiariis noctumalibus et agro-
rum predonibus, nee a nostris villicis nee ab aliis capiatur seu per violentiam extrahatur,
sed iure suo et libertate emunitatis ecclesie gaudeat, ut in aUarum ecclesiarum emunitatibus
fieri solet.
*) Nicht zu verwechseln mit den eben beschriebenen Vorgängen sind Befreiungen,
welche Gnmdherren vereinzelt aussprechen, und welche man, wenn man will, grundherrliche
Imnuuiitaten nennen kann. Vgl. z. B. MR. ÜB. 1, 244, 973, Urkunde Erzbischof Dietrichs:
ut homines tres illos, quos dedi beat<\e Mariae, mansos et dimidium excolentes niüli homi-
num nisi abbati quippiam iuris de hisdem mansis in posterum persolvant solidissima itaque
banui mei contirmatione totaliter inhibeo, ue alicuiusmodi servitium de premcmorato aele-
mosinae me«U' ac omniiun successione canonica post me venientium donativo scultetus vel
aliquis scabinius sive alius de curia, quicumque sit ille, ab ecclesia extorqucre aliquo modo
presuinat, quatinus ego et omnes successuri per aevum pontitices beueficiorum, quae ibidem
fient, in vigiliis in oratioiiibus in ieiuniis et aelemosinis participes etemaliter maneamus.
MR. ÜB. 1, 375, 1075, Hugo von llachenvels verkauft an SSimeon für 260 mr. argenti ein
predium in Olkebach Kr. Wittlich : sicut . . quasi novale et noviter in usum redactum liberum
absolutum ab omni alterius conditione solo proprietatis et servitutis su^ iure tenuerat, ita
. . tradidit . ., ut nullus advocatus niülus omnino secularis ofiiciarius aliquid ibi audeat inva-
dere aut disponore, sed omnis actio vel exactio vel quicumque disponendi vel ordinandi
dandi vel accipiendi fuerit oportiuiitas vel necessitas, omnino in sancte ^cdesi^ prepositi Tel
|Griiiiilh.Trliclikdl und VuRld. — 1034 —
ifps 13. Jhs. war nicht, wie das Reich seit der siiätüreu Kai-oliiigeraeit , eine
iler Fülle der Funktionen iintl Hechtswirkunfien nach absterben<le BildimK. son-
dern viclnieln- ein rasch und allseitig «iu-hscndes Staats^iehilde ; ilini konnte
mit einer i'ri\ile!zierimfi iler lünindherren in krincr Wt-isc gedient sdn.
So verläuft denn spütesteus njit ilcn; Sc!ilii>st' dc^ 13. .llis. dio laniios-
herrliche wie die königliche Imniunität iui Sande; itlr unsere weiteren Unter-
suchungen aber tritt nunmehr die Frage auf, in welcher Weise denn die im-
niuoitätsbegabteu Grundherrschaften speziell Alterer Zeit die ihnen durch
Privil^um * verbürgte freie Bewegung innerhalb der. schon bestehenden
Verwaltung ihres Grofsgrundbesitzes und innerhalb der von ihnen schon er-
reichten Baudinga- bzw. Markdingsverwaltung zur Begründung einer positiven
neuen Verwaltungsordnung ausnutzten. Diese Frage , welche mit der Frage
nach der innerhalb einer Grundherrschaft noch erreichbaren gröfetniöglichen
Verwaltungsaushilduug zusammenßlllt, ist am besten in der Scheidung in drei
Unterfragen zu beantworten, deren Inhalt sich aus dem ursprünglichen Wesen
der Inununität ohne weiteres ergiebt. Die Immunität hatte Freiheit gelassen
im Gerichts-, Heer- und Finanzwesen : es war also eine Steuer-, Heeres- und
Gerichtsverfassung zu schaffen; mit der Untersuchung der Lösui^j dieser drei
Probleme innerhalb der Grundherrschaft sind unsere drei Unterfragen beant-
wortet
Zunächst von der Behandlung des Finanzwesens. Von finanziellen
Rechten nahm der Staat durch seine Beamten innerhalb der Immunitaten nicht
mehr ein die direkte Steuer (Tributum), gewisse Einquartiemngs- und Bewir-
tungslasten , femer Iieistungen militärischer Verpflegung und kriegerischen
Transports, welche nunmehr, wie das Folgende zeigen wird, ganz aus dem
Heeresdienst in das Finanzielle übergehen. Statt dessen hatte der Grundhen'
der Imniunität dieselben unspniiiglich selbst an den Staat zu k'isten. Allein
meist wurde dem Grundherrn diese Last schon früh erlassen', und jeden-
falls wälzte er ihre Leistung unter eigener Foi-terliebuug auf seine Gruiidliolden
ab', so dafs die ursi»rünglich staatlichen Lasten thatsächlich schon im 9. Jh.
innerhalb der Imnmnitäten zu Gunsten des Gnmdberrn erhoben wurden.
Da ist nun eine der ui-spillnfilich bedeutendsten die Stellung von Pferden,
nuntionim eius ariiitrio et potcstafö consislat. MR. ÜB. 2, 1' 1169: das Cassiiisstül-Boiin
verkauft den Hof Siiei bei Mvrl an der Mosel cum omnibiisj npiionditiis suis in cadcm villn
sive alias existentibus agria vineis censii et mancipiis für 60 mr. Colonionsis monett,' so frei,
quod nullua omnino advocatiia auf villicua aiit alius exattor quicquam j)Otcsbt(is in ])rcUiis
aut hominibuB halierct.
') Überweisung aller finanziellen AnforderuDgen an den Imniuuitälsberm MR. ÜB, I,
17, 763, einzufordern per manus aguntiiini eius; Mit. ÜB. 1, 162, 919: quicquid vcro ins
fiBci de (Prumiensibiis) rebus ad regios usus ministronimque eins oxigcre poferat, nd luini-
naria eiusdem ecciesi? ae recreationes indigentiuni . . coticedimus.
*) Vergl. zu diesem Vorgang v. Tnama, üror^nmdh. S. 83, Wirtschaftsg. I, 378 f.
— 1025 — I>ie Grundherrlichkeit]
Paraveredi, zum Kriej]jszug. Noch im UPrüm spielt sie eine grofse Rolle ^
später mit dem Verfall der jxemeinen Ileeresverfassuiig erscheint sie antiquiert,
abgeändert, teilweis auf Geld reluiert und teilweis auch allmählich ver-
schwunden'^. Ähnlich ergeht es mit einer zweiten Kriegsleistung, dem Hosti-
licium, das ursprünglich auf die Stellung von Trofswagen und dazu gehörigen
Ochsengespannen hinauslief. Schon im UPrilm erscheint es mehrfach ent-
weder auf einen einfachen Zins oder auf Ackerfronden ^ reluiert, oder es
wird in einen Zinskomplex einbezogen, welcher in einzelnen Höfen der Giiind-
heiTSchaft besteht und, w^eil verumtlich schon vor der Einverleibung in die
Grundherrschaft begründet, als Königszins bezeichnet wird*. Sehr begreiflich,
dafs sich bei so früher Reluition die Einrichtung nur sehr sporadisch und
dann meist völlig antiquieit hielt ^. Vereinzelt wurde die Transportleistung
M S. Bd. 2, 143 No. 4; dazu die lange Erklärung des Ccsarius zum UPrüm S. 150
N. 3; und femer schon zur P^ntartung im UPrüm selbst No. 33, Remich: dat parafredum ter
in anno ad Virdunum ad Prumiam in Salnise; No. 104, Gemmerich: parafredum, ubicumque
precipitiu* illi.
2) Vgl. WAnwen 1362 § 3 : der Hof hat nach Luxembiu-g ein Pferd zu liefern , das
dort bleibt und arbeitet (das Wassei^pferd) ; wird es zu schwach oder stirbt es, so ist ein
anderes zu liefern. \V. Bettenfeld und Merfeld, G. 2, 605: auch sal man u. gn. h. doin die
Moselferde, imd si sullen laden zu Klusserot, aif zo Piesport, und sullen ligen zu Himmel-
rode uf dem neuen hoefe uf dem peschc, dac sullen si weidongc haefen. WRavengiersburg
1509 Thomasw. § 13: was das für guter seint, die da pfertschar (und) weißhabem schuldig
sein imd geben? das seint lehengüter und empfenglich guter von dem gotshaus; und gibt
[1. geht] der arme man von denselben gutem zu ring und zu ding, ieglich in den hof, da er
in pflichtig ist zu geben, nachdem daß der fi'onhöf vier seint, Densen, Nickweiler, Fronhofen
und Dickerath. Vgl. oben S. 810 Note 1. ULuxemburg S. 868, 27, Pierrevillers : sont
les chevaucliöes, li os et la haute justice les signour de Marville.
^) Iliei-zu vgl. aus dem UPrüm, aufser Bd. 2, 143 No. 4, folgende Stellen: in hosti-
licium carr. 1 et boves 4 [von mansi serviles 30] a medio maio usque medium augustum,
No. 1; Jeder in hostilicio boves 2 secimdum ordinem suiun unaquaque ebdomada, si boves
non dat, 5 d. sohlt, No. 6; pro hostilicio d. 2, No. 33; hostaticum, No. 36; pro hostatico
de siclo mo. 1, No. 47; in hostilicium aut tres bovem mittimt aut unusquisque iugemm 1 fa-
cit, No. 113; mittunt int(?r omnes bovem 1 ad curtem, No. 117. Zur Entwicklung des hosti-
liciiun vgl. auch Waitz, Vfg. 8, 157 f. — Aus dem teilweisen Übergang des Ilostiliciuras in
Fronden erklärt es sich, wenn bisweilen den Hochgerichtsherren als solchen Fronden gewiesen
werden, z. B. ^\^Vincheringen 1494.
*) Zum Census regalis s. im ITPrüm folgende Stellen: de censu colligunt in mense de-
cembri suales 3 per d. 20, in mense maio hostilicia 4, unusquisque per d. 6, mense augusto
corvidicas 3, unusquisque per d. 4, pullos 9 ova 41 [l.: 45], No. 48 Bastnach; de terra cen-
sita debent exire d. . . ., No. 50; si datus ftierit ipse census, colligit soales 3*/i>, umiscjuisque
per d. 20, hostilicia 7, qui colligunt s. 3V/2, corvadas 4, qui colligunt d. 16, pullos 13 cum
ova 150, troctas 150, No. 51; solvit i)ro hostilicio monse maio d. 6, pullos 3, ova 15, No. 55.
•') S. dazu aufser Bd. 3 No. 212. 1385, das teilweis hierher gehört, WKarden 1462,
G. 2, 450: weisent die hoeber, so m. gn. h. über laut zohe gen Home, so sol s. gn. verboden
die hoeber, die sollent ihine stellen ein bonden ochsen, das er ime sein feilenz dmege oder
watsackh. so m. gn. h. den bonden ochsen wieder heimbrecht, so bezalt s. gn. mit dem
|(inmilbi-rrliHik.-ii im.l VogU-J. — 1020 —
wollt aiicli 7.a aucit'rcn Zwecken, z. B. zur Beföidenmg des (inindheiTn beim
ßesUL-h Heiner Höfe beibehalten, in dieeeiii Falle ist sie dann unter gewissen
Modifikationen mit der Einquartierungslast vrrscliiiiolzeii'.
Nicht viel besser als dem Hostilit-inni nnd «Ut Leistung der Paraveretii
ei-pinfr es aber auch der NacJitseide oder Herbente^, d. h. dem einst stiiatlichen.
nunuielir imniunitätfilierrlifhen Einquartienmirs- und Foiu-Rfrierun^ivi-lit. Zwar
i'Hiieit CS sich wegen seiner Brauchbarkeit zu ilcu verschiedensten Zwecken
rtwa« länger", als die verwandten Lasten, at>er auch hier trat im weseut-
octiM») die hoeb«T; gienge s. gn, der ocbs ^, so solt i. gn. die hoebei' marht lian m \>e-
zalnn mit 7Vi 8. aitx gelts, den e. du mal Achten Tor3 nulerhl. WDtiuii 1189, G. 2, 6ii7;
xwttiie frihoRve . . sdiuldig )klii:b boif eiueu reißwagco zu stellen mime gn. li., so er xii
feldo Eiltet in der herren cosle mns iklicheo miuls aehi wodien und dri tage, eo «o aiiien
gtuulen das hin (^epucrt S. auch WWendelsheini 1527 g 6, und WNeumünKlti, G. 2, 36.
') Itas xeigt die Notiz des Cesoring zu ITPrüm S. 145 Note 6, welche das alte Hosti-
licium nicht mehr völlig versteht: hoslilicinin vnlgaril«r niipellittur nittselde. dominus ablms
qunndo mit Tiaitarc curi^ Bue ecc1e«ic, tenentur ei pretiUe ciirie currus ad ferendu neec«-
Euria de curia ad cm^am {irocurare, vel forte aicut mos erat aotiquitus, guaudo iura istji sta-
tuta luerant, cum domini volcl>ant procedere per terras süss, iungi fecenmt cumis suos tt
sodebont in ein vel tamilia eorum. boves, qui ad hoetiliciaiD dantur, mactari debent et coui-
medi; stid Bi dominue exegerit redemptionem , solvet quilibet mansus d. 5. Mit der Nacht-
neldu ist das Hostiliritun ursprünglich nicht identiscb.
") Die gewöhnliche DeEeicbnung an der Mosel tat Nachtscido. flli' ilerlwrge s. *. B.
H,uii', Anisb. ÜB. No. 252. 1293. auch •Bald. Kosseist S. 234, 1332, ciL unten -S. 1027 Note 2.
■) 8. WBemkaatel 1315, Toepfer 1, S. 12t: wo der laschof fert in heriart umbe des
Stiftes not oder das stift zu besseren, da mag er nemen vihe, ain iment unrecht zu du» und
ain die )duge zu cntweten, uf sine gnade; er mag auch nemen wagen und pert, ain imciit
uiireclit zu dun. vortmc kumpt der bischof zu Beruciistcl oder in die )dege, bedarf er vehs,
er mag js iiemcn im lande, wo er is find, und sal man is scbezen und bezalen. WMünsUT-
maifeld 1372: in welchem dorf<- der missetedige mensche gcvangen wurde oder gewußt oder
von ieme gerecht wurde, daz dorf ist imscrs liern von Triere und sines Stiftes ainptmainie
und dem walpoden des grcvcn [von Vimeburg] eine nachtselde scliuhlig. und die mag der
heimhurge des dorfs aitelosen mit Va mr. Moustcrer werunge. WSirolin [1381] 1510, G. '.i,
804; mir wisen auch, were sache dat der herr [von Dann] noet liette eim sacke zu lieveu
und dat Riebe [die Leute des Krövcireicbs] heniKgelioete bete,, so sollent die liicbsluide eine
iiacbtzelle ine dem Kirepel liain; dae solleiit si hroilv und wine brenghen, und ruwetbder
sollent si ine dem Kirspcl liolen; dem dat meisteil geatzt wirt, der Imit des schaiden des-
dae mehe, und ucmant hilft dem anderen sinen schaden geldeii. Wltodt, U. 2, 305: waime
daz die herschaf von Esclie jagen wil, so sullent si hnn 3 uachtzil im jure mit cinie gereden
jeger und zwen knecblen und 25 Imnden; so sullen, diciif der wilthuven sitzen, den knechten
gutlichen diui und die kost dun. WHanderscheid 1506. Q. 2, 603: were sacli u. gn. h. ader
sinre gn. redde und lievellier zu Jlanderscbeid quemen ligen, sullen die ime stclliinge nnd
strauwe liestellen naich vermoigen, und bettonge; und were es von nocdcn, sullen si uf iiv
licttc Icghen und sullen si daneben ligen. WWelmich 1507: item wan ni. gn. h. [der Kur-
fbrst von Trier] selbs da leg [auf der Burg Maus] adei- sunst ein leger dai-schick, muesten
die von W. zimÜches kochwasser daruf dragen, wan es von nocten were, bolz mult mau
selbs laeüen faren. S. tenier noch Bd. 3 Wortr. u. d. W. naitselde; WBendorf 1403 § 3;
WDaim 1466,6.2,906; WKenntus 1500; WSeheidweiler ]506i wohl auch WXeudesdorf 1563.
k
— 1027 — T>ie Gi-undherrlichkeitl
liehen Ablösung; in Geld, in IlafcT oder sonstip:en Zinsen, bisweilen auf Zeit S
meistens dauernd ein*^.
Damit schmolzen denn alle staatlichen Lasten im Rahmen der Innnunitäts-
(imndheiTschaft^röfstenteils und sehr bald zu Zinsen der vei*schiedensten Art zu-
sammen, d. h. sie assimilierten sich der grundherrlichen Intradenverwaltung.
Natürlich teilten sie deshalb auch deren Schicksal. Für ihre Veranlagung
war also ui^sprünglich die Hufenverfassung mafsgebend ; als diese verfiel, traten
für sie die auch sonst angewendeten Sunogate ein^.
Andei-s dagegen verlief zunächst die Entwicklung der vom Staate lU'-
sprünglich wohl nur sehr unregelmäfsig erhobenen direkten Steuer, des Tri-
butum, innerhalb der Innnunitilten. Zunächst verfiel diese Steuer nicht, son-
dern sie wurde unter den vei-schiedensten Namen, deren bekannteste Schaft,
Bede, Assise, Taille sind*, unter einer meist doppelten Erhebungszeit im
Frühjahr und Mai^, und in den verschiedensten Erhebungsobjekten zu einer
') CUM. 4, 249, 1454: Graf Ruprecht von Virneburg befreit die tiinf PeUenzer Orte
BeH, Ettringen, Nickenich, Trimbs und Wellingen gegen eine jährliche Geldiibgabe von 40 gl.
auf zwei Jahre von der Lagerung und sonstigen ihm schuldigen Diensten.
2) Vgl. Cesarius ziun UPrüm S. 184 Note B: preterca tenetur quilibet villicus domino
abbati quolibet [anno] duas mr. persoivere, que mr. appellantur natselide; *Bald. Kesselst.
S. 234, 1332 : in herberga nostia (in Limpach), quam nobis homines nostri in dicta villa facere
tenentur annis singulis, unius Ib. hl. redditus annuos. WDünchenheim 1521, G. 3, 816: das
nachzel (naichtzell, naichzeill) in Geld konvertiert. Zur Ablösung in Naturalien s. UStift
S. 403, Forstamt: in nathseilde quelibet donuis ^^2 mir. avene; WSchweppeuhausen 1471,
G. 2, 185 : wer Ostereier oder osterhunrc gibt, der solle sie als zitlichen geben, daz die hereii
iren notz damied schaffen; und umb dis willen, daz sie diz alsus geben und dim müssen, so
sollen sie atzungc legers und alles uberlastes entragen sin, alz verrc daz. gerechte ge.
') S. oben S. 369 f., 661 ; auch Bd. 2, 166.
*) Zu den verschiedenen Bezeichnungen bietet unten Bd. 3 einen reichhaltigen Stoff,
s. Wortr. u. d. \VW. assise, bede, exactio, precaria, schaff schetzunge, störe, tailhe u. a. m.
Das gewöhnlichste lateinische Wort an der Mosel ist exactio; so unterscheidet z. B. das
*ürbar der Kellnerei Kell, 1512, Arch. Maximin. 5, 1043 f. neben geringen Durzinsen Cen-
sus fimdales (25 mir. fructus utriusque, 8 carr. vini, 45 pulli, 193 ova, 1360 manipuli) und
Exactio (25 mir. silig., 2 fl.). Der gewöhnlichste deutsche Ausdruck in unseren Gegenden ist Schaft,
s. z. B. *8checkman Spec. feud. F. 7: exactionem vulgariter schaff. Ich wende von mm ab
statt dessen Bede an, da dies Wort das wissenschaftlich vor^'iegend rezipierte ist. Scheinbar
einen Unterschied zwischen exactio und petitio macht UStift S. 410: debent esse excepti ab
omni exactionem et petitione. Es scheint hier nur ein Pleonasmus vorzuliegen. Doch vgl. oben
S. 606 Note 1. Zur Entwicklung der ländlichen Bede s. u. a. Waitz, Vfg. 8, 394 f., Küster S. 46
mid 64 f. — VAiu) Fonn der Bede ist auch die Comitia, Grafschaft, hier und da auch die Pellenz,
s. Cesarius zum UPrüm S. 154 Note B, cit oben S. 1018 Note 2 (auf S. 1019); dazu URhein-
grafen: a palatino comite petitionem, quam debent homines sui dare in iurisdictioue sua. Vgl.
fenierUHheingrafen: in Saursihwabenheim geben 11 niansi de comitia 15 mir. siliginisPinguensia;
ULuxemburg 377, ij: avoine c'on dit delle conteit, si doit chascun feus avoine 1 stir.
^) *Bald. Kesselst. S. 386, 1346: echt hovestede, die geheizzen sint in dem hof und
gelegen in dem dorfe zft Bentscheit in der parren zu sente Wendeline, die alle jair uns zfi
meie geldent 7 Ib. lil. und zQ herbeste bede ouch 7 Ib. hl. 6 mir. koms Tricscbes maßes
[ItnimlliBrrlidiki'it uud Vogtei. -~ 1028 —
fianz resclniälsijrpn EiiinaliiiiP ausf'obilrli't'. Diese Eutwicklung fiUlt^" die erate
lliüfte des Mittelalters; um die Wende des 12. und 13. Jlis. trat dann luit^r
namliafti^r Erhöhung der Bede eine ^ewiBse Konsolidation ein, un() t-egen Mitte
des 13. Jhs. eifolfite im wesentlidien der Si'hluls der Steuerliöhe ^. Um diese
Zeit war nunmehr die Steuer wenijrstens bisweilen zu einem völligen Komplex
von veinehiedenen Zinsen entwickelt* und wurde von allen Grundliol<ien mit
AiLsnuhiae der Ministerialen ■* erhoben.
Wie in ihrer Entwicklung', so wich die lledi' alier aucli in ihrer Veran-
lagunp von dem System der anderen ursprOi^lich staatlichen Finanzrechte
der Gnindherrschafteu wenigstens anfangs ab^. Der Grund lag in der an-
fän^ichen RegelloBigkeit ihrer Erhebung, sowie in dem Umstand, dals sie noch
fortwährend erhöht wurde: es war nicbt möglich, sie wie die anderen Lasten
zu radizieren. Vielmehr war der Voigang anfangs der, dals die Höhe der
Uäilage für die gesamte Steueigemeinsohaft bestimmt wurde, worauf dann die
Schöffen, und zwar da wo es sich wie in geistlichen Gnindherrschafteu um von
diesen abgeleitete Vogtsteuem handelte meist uuter Teilnahme des Grundherrn,
die Einzelveranlagung durchführten '. Die Uml^e wurde aber nur selten
ganz im Sinne einer Kopfeteuer ausgestaltet', meist wurde fUr sie vielmehr
und 18 bütire. LehoBbuch Wernen II v. Boland S. 35: prima petitio (^Maibede). S. femer
noch Lozemb. Freiheit 1244 g S; WAnwen 1362 g 6, cit. S. 1028 Note 1.
') BiBweilen werden auch andere Lasten in eine Bede konvertiert, b. WAnwen Bd. 2
§ 6 : die Hofleute haben keine Fronden bousEent der halber meileo wega, iai&T zahlen sie zu
maischaft 14 Ib. d., und zu heihBtechaft IS Ib. d.
*] S. oben S. 604 f., 617. Die dort behandelte vogtetliche Belastung ist, wie aus spä-
teren Erörterungen erhellen wird, in vielen Fällen nichts als eine besondere Entwicklungs-
form der immuni täteherrlichen Bede. ITbrigena sind auch in der 2. H. des Ma.8 Bede-
erhbhungen ntclit ausgeschlossen ; Bet&rchtuDgen in dieser Richtung werden nicht selten aus-
gesprochen, vgl. z. B. WHoden 1342, g 7 ; den alten scliaff, nls is van alder recht und ge-
wainlicb ist . . darüber muegea uoch ensullen [die Gmndherren] den luten nit mc lieischeu
dreiigen noch schetzen irs gudes in keine wise von einclieiu rechte, wcre aber das man den
herren . . vurg. und den luten unrecht dede ulier das aUl rechte, des mögen sie klagen,
darumb so dcitteu die scheffen vui^., umb das K uit gescliciu cusidlc, soe hetteu die vuigde
alle jare 20 punt Metzer d. und 16 nur. rocken Sairbrücker massen, zu mai 8 Ib. Metz., die
ander 12 Ib. d. voi^. und das korren alle jare zu liirbcst; vortme usser iglichem huse Vi gans,
3 honcr und 1 vollen Bester evcn.
») H. oben S. 605.
*) MR ÜB. 2, 328, 1190-1212; dazu oben 8. 606 f.
'■} S. dazu oben S. 60-5 f.
') S. z. B. ^VThron, Toepfer 1 S. 281: di 4 scbcffen, di zu Ih-une sitzen, di sin schul-
dich zu legen mime herm dem vaide siebenthnlb Ibdcr wins zu bede; und al« si des nit
künden gethuen, so sollen si grifen in ihre fas und den bemi eren folleu doen. W?]sniingen
1348 g 6: wan man die scheft legen sol in dem liof zu E., das die (vögte) sollent den bittel
von K senden nach uns, das wir dar konien oder senden und hellen die schell legen, und
were es das wir oder unser boten nit enquement zu der dritten stund, so moegent die
(vögtc) nidersitze» mit den scheffen und moegent die scheft legen; uud sol uns das ge-
nuglich sein.
'') So z. B. eine direkte Umlage wenigstens auf alh' Bürger in der Luiemb. Freiheit
— 1029 — Die Grundherrlichkeit J
die alte Ilufenverfassung bezw. eine neuere Katastereinteilung in gröfsere
GiXtoY zu Giiinde gelegt; und dann wurden, namentlich im letzteren Falle,
die nicht in diese Einteilung fallenden kleineren Güter der Häusler mit einer
l)esonderen einfachen Herdsteuer belastete So anfangs. Wo sich aber die
Bede ihrer Höhe nach schlofs, da trat dann auch bei dieser Steuer eine Radi-
zierung auf bestimmte Güter ein^ bis zu dem Grade, dafs gewisse Güter,
welche voniehmlich oder ausschliefslich mit einer radizierten Schaft- oder Bech*-
(juote ])elastet waren, hiernach geradezu Schaftgüter oder -— in einem der
gewöhnlichsten Fälle späterer inmiunitätsherrlicher Bede — Vogteien genannt
wurden^.
Das Endergebnis der Einverleibung staatlicher Leistungen und Steuern
in die Immunitäts-Gnindherrschaften war demgemäfs, sehen wir von den sel-
tenen Fällen offenbleibender, nicht radizierter Bede im späteren Mittelalter
ab, ein durchaus einheitliches: Dienste wie Naturalleistungen wie Bede wurden,
wenn auch unter mannigfacher Reluition und Umgestaltung, so doch über-
wiegend in ganz identischer Weise zu Reallasten ausgestaltet, auf den Grund
und Boden radiziert. Der Erfolg war also nur eine Bereicherung der gewöhn-
lichen ginndhenlichen Intraden, nicht aber die Einfühnmg eines von der
gnmdherrlichen Finanzverwaltung abweichenden Steuersystems. Diese That-
sache ist beachtenswert für die Geschichte der Territorialentwicklung, welche
sich ja auf der Basis der gröfsten Immunitätsherrschaften vollzog. Hatte das
alte Reich sich noch aus römischen Reminiszenzen und deren Auffrischung in
karolingischer Zeit die letzten, wenn auch sehr verwischten Spuren einer
direkten Besteuerung der Unterthanen erhalten und diese Spuren auf die Im-
munitäten vererbt, so fand nunmehr innerhalb der Inmmnitäten keine flotte
Wiederbelebung einer solchen Besteuerungsart statt; die gegebene Handhal>e
zur Entwicklung einer direkten Steuerheranziehung der Unterthanen als Per-
1244 § 5: burgenses . . assensu communi in hoc convenenint, quod nobis [den Grafen] . .
quilibet bnrgensis singiilis annis in perpetuum dabit 14 d. . . medietate solvenda infra octa-
vas sancte Walpurgis, et reliqua medietate infra octavam sancti Remigii.
^) Vgl. boispielswoiso WSchillingen und Waldweiler 1549: ob sterben, brand, gewalt-
sachen oder siinst ungUick infielen, dass die fehler nit gebleiimet wurden, sol der meier als-
dan sainbt den scheflfen den schaft den leuten nach anzal uf ire guter legen und sie umb-
schlagen, und soln dieselb die hem halten zu bezalung der Schäften. WLangenlonsheim,
G. 2, 154: wir wisen u. g. h. 30 mir. b^dkom zue; und wer es sach daß einer nit bödkom
gebe, der sol ein firnzel rauchkom geben, uf daß u. g. h. das bedkom erfüllt werde, sonder-
lich der alhie ein hauß raucht.
^ S. *Distr. Max. i)ro pensionibus 15. Jh. 4. Viertel: domus zu Bingen giebt annue zu
bedde 27 alb. WTholey 1450, G. 3, 761: so einer ein schaftgultig gut ganz fürt, was der
darron schuldig wcre? . . . m. h. von Tholei allein 1 Ib. hl. schuldig . . zu schaft . . auch
ein mir. koms zu schaft. WBiwcr 1581 § 3: Schaff- oder Leibeigenmänner können sich von
der Leibeigenschaft loskaufen und haben dann nur noch den Schaft von den SchaiFgütem
zu entrichten.
3) S. oben S. 375.
((Jnin'llirrrlic-hltHl lind Vngtei. — 1030 —
maen wurde vielmehr verscherzt, und die zur Tei-ritoriiiVewalt iLiifxIri'heiKio
•^otse InimuuitAtsherrschaft trat daniiu ihren KntwioJdmi^friiii^' auf tiuiLii/iellt'iii
Gebiete olme eine Steuen-erwaltung na, deren ßeKtancI iiint'rlnül» iler (iruiid-
herrschaft des Laiidesliemi filr die Ausbihlun^' einer Landesst^'uerverfassuiij:
hatte vorbildlich weitlou kftnnen.
Wie die Freiheit zur Kiitwicklung einer eigenen Steuerverfassuiig, m
wurde iiuch die Freiheit zur Entwicklung einer besonderen Heeresvei-fassuug
innerhalb der Immunitäten nur weui^ gründlich und umfassend aiv^enutzt.
BcüUnd in erstoRT Hinsicht im naturalwirtschaftlichen Charakter der FrßJizeit
und in der Fortdauer naturalwirtschaftlichen Geijrilfres für das platte Land bis
zum SclduTs des Mittelalters ein vielleicht unüberwindliches Hindernis, so trat
der AushildunR einer eigenen Heeresverfassnng die allgemeine Entwicklunj;
des Kriegswesens im Sinne des Rittertums endgültiK ent^^n.
Man wird sich deshalb nicht wundem, wenn innerhalb der Ininmnifälen
nicht einmal die Grundlagen jener Kriegsverfassiuig völlig aufrecht erhalten
wurden, welche den Gnindherren durch den Wesfall der staatlichen Heeresver-
waltung ohne weiteres zugewieneu ward.
Zunächst ging die finanzielle Seite der Heeresverwaltui^ verloren. FUr
die Leistung der Paraveredi und des Hostiliciums wie der Nachtseide, soweit
diese militArischen CharaJtter annehmen konnte, ist der Weg des Verfalls schon
oben dargelegt worden. Ganz in der gleichen Weise ging aber auch das Gc-
werf zu Grunde'. Etwas besser scheint sich die Verpflichtung der Hinter-
sassen zum Burgbau und Burgwa^hdienst ausgebildet l>ezw. erhalten zu haben ',
obgleich die Begründung gerade dieser Last eine besonders schwache ist, so-
bald mau sie auf ein angeblich ausschliefsliches Recht der Immunitätsherren
/um Burgenbau innerhalb ihres Immunitiltsbezirkes zurtlckzufuhren sucht*.
') S. MR. ÜB. 2, 192, 1201.
-J WMayen, G. 2, 483: wanlie die biirger not halben usziehon moesten, sein die licni
in dem closter zu Mcien und der Mergetistader hoiliman, Trieriseher lioibman dnsfllist, auch
Trierischs hoibmnn y,n Al/cns, bt^lc snnct Thomas hocf zu Kierich und Bcrcniihi^jiii , jeder
uf erforderen üwci pfert und einen halben wagen zu geben schuldig, wanhe die ander
biirger zu entaetzung der ersten auch ausziehen moesten, damit dan das schloß und stat liis
auf doro ankunft verwharet wert, so] ein lieincr einem Jeden ho&scheifen ansagen lassen, dalt
er mit geinen hofi^leuthen sovil der vonnothcn sein wirt [erscheine], die hoirssclicRcn sollen
auch erscheinen nnd uf der borg warten, und der keiner sol inen die rnst geben, die hofs-
Icuth sollen uf den thuren und mauren Imitim, sich selbst becostigen; da inen von den bur-
gersweibem etwas mitgetheilet würt, hett«n sie sich dessen y,i> bedanken. I.inslerer Ilerrcn-
erklärung 1552 § 1: die Unterthanen sind schuldig, Hut und Wacht nu thim, wancitr wir
beim zu unserem haus and schloß bedt^rftig sein huct und wacht. Freilich, ist das Grund-
recht oder Immnnitätsrechl?
") Ftlr dieses Recht vgl. ALR, IIB. 1, 9, 729: funditus interdicinms, ut nullus dux nulhis
i'omcs Dulla prorsns persona ecclcsiastica sive mundana in possessione vel allodio sancti
Maximini montem sive rupem capcre vel munitioneni aliquam in eis facere preaumat, nisi forte
abbas eiusdem monastorii propter metum paganonim vel propl<^r Incnrsioneni nialignonini
hominuni. Kiese Urkunde ist natürlich Fillschung, — vgl. dazu Mli. IIB. 1, 4.34, lUfi,
— 1031 — Die Grundherrlichkeit]
Wie die militärischen Leistun<jen, so verfiel aber auch der Heeresdienst
der Hintersassen*. Zwar zo^en sie noch immer in Waffen zum Hochgericht,
so dafs der alte Zusammenhang zvvisch(»n Gerichts- und Heeresdienst an vielen
Orten formell bis in die spätere Zeit gewählt blieb ^, aber zum eigentlichen
Kriegsdienst wurden sie weder eingeübt noch aufgeboten. Sie bildeten viel-
mehr eine militärisch schutzlose Masse , welche dem Immunitätsginindherrn je
spätt^r je dringlicher Schutzrecht und Schutzpflicht der Immunitätseingesessenen
zuwi(»s ^.
So bl(Mbt noch der Ausbau einer besonderen Gerichtsverfassung inner-
halb der Imnmnitätsbezirke und auf Grund von Innnunitätsrechten zu unter-
suchen. Und hier endlich ergiebt sich, wenn auch unter vielfachem Wirrwarr
und in manchmal heilloser Verquickung mit den schon vorhandenen Fonnen
der freien markgeuössischen und staatlichen Gerichtsverfassung doch ein Bild
schliefslicher Abrundung und wirklichen Fortschrittes.
Will man aber zum richtigen Verstilndnis der hier vorliegenden Entwick-
vipüeicht auch MR. ÜB. 1, 360, 1065, für SMaximin: eis . . opera regalia vol comitialia
fimditiis pcrdonamus. S. auch noch Lac. ÜB. 1, 94, 153, 1119.
^) Die Lösung der Ilcorbannfrage in den Immunitäten der iUtesten Zeit ist freihCh
sehr dunkel, vgl. Kustel in Revue hist. 23, 22 f.
*) S. z. ß. WNeuukirchen 1486: wer eigen und erbe in dem gericht und bezirk des
hoegerichts habe oder darinen seßhaftig ist, sal zu dem jargeding mit sim gewer erschinen.
Vgl. auch WDaun 1466, (x. 2, 606: haint die lantscheffenne und lantlude gewist, wanne
u. g. h. das hoegerichte doe besitzen uf dem kampuchel , so si ein iglicher einichsman ge-
sessen in dem hoegerichte, nemlich us iglichem huse das heubt, schuldig zu kommen, soverre
sie verbot werden; und ein iglicher binnen solchem gezirke si schuldig zu folgen dem
i^lockenclange und lantgeschr(?ie und geweltliche Sachen helfen zu beschudden.
3) Vgl. z. B. WRoden 1484 § 17: were sach daß imant gefangen wurde in fede ader
vientschaft, sal der abt hin forderen ader naeriten, als ferne gheint site Rins, als von hanen
dar den ersten tag in sinen kosten, und daniae in des armemans kosten, und in wieder hem
brengen. Vgl. WMettlach 1499 § 42, Lager S. 250; WVahl 1479 § 32, Lager S. 271—2;
WGedscheid 1491 § 18, Lager S. 286; W. Lampaden, G. 2, 113. S. auch WPeterswald
1512, G. 2, 418: ob sach were das ein lehnher feienschaft hette antroffen, sol ein jeglich
eigen lehnman brengen ein half sum. habem und ein hau, und sol ihm das liebem ein ban-
meil wegs, dan sol der lehnherr den man also guetiglich thim, das er sich von ime belolK»,
und der gerichtsherr den kriegh volfuhren sonder weiter beschwernus des lehnmans. Doch
kann bei diesen Nachrichten die Schutzpflicht auch auf einfacher Grundherrlichkeit beruhen, wie
denn überhaupt eine ganze Anzahl von Rechten innerhalb der ausgebildeten Gnindherrschaft
sich sowohl auf ursprungliche (irundherrlichkeit, wie Markherrlichkeit, wie Immunitätsherr-
lichkeit begrimden lassen. So steht z. B. der Begründung des Gerichtsschutzes auf Hoch-
gerichtsbarkeit, wie ihn oben die Citate der Note 2 bieten, die folgende Begiündung auf der
Basis alten Markrechtes gegenüber. WObermendig 1382, G. 2, 495: dat der gesworen und
gekoren heindiiu-gher, so wan der herre noit het von aller gewalt weghen, die in dem gericht
gescheghe, dat hie (;ine klocke luden sal zo gesinnen des herren oder siner knechte ; imd sal
navolghen die gewalt helfen sturen al so wide und lank, as dat gericht is, as dat von
alders hcjrkomen ist; und sal dem herren sin r(?cht und herlicheit helfen behalden und
weren mit der ganzen gemeinde ; und wen hie des nit endedc, so is hie und wer dar nlt en-
were boesvellich, as dat von alders hercomen ist.
IGruttdbeiTlichkflit iind Vogti'i. — 1032 —
liiiig koHiinen, so winl es put sein, zuerst nicht fieren Anfkn^ üu l)t'tradit«n.
Sündern vielmehr von den ab^klarten Zügen der spilteren Ausbildung ausi:u-
gehen, wie sidi solche aus den Nachrichten namentlich der WeisUlmer rtw
späteren Mittelalters sehr wohl ei-selien lassen ^.
Die Fnnnen gmiidheiTsehaftlicher Gerichte, welche wir hier, freilich luitx'r
den alleTverschinlcnstfn Namen, vorfinden, sind, abfresehen von manchen lo-
kalen SiMuterliilduuiren-, die tolL'.-niirii. I'j-slms das Iliiiidin^'. das iilti'
Fronhofegerieht von rein internem Hofcharakter, also ohne irgendwelche Auf-
nahme markherrlicher oder immunitfttsherrlicher Einflüsse. Von ihm ist
schon oben S. 994 f. gesprochen worden'. Zweitens das zimltehst aus Kom-
>) Vgl. zum folgenden u. a. Bodnmno 2, 679, 724 ff.; Landau, Salgut S. 109—111;
auch WuU, Vfg. 8, 78 f. In der Gerichtsgewalt des Meiers siebt Wailz, V%. 8, 75, im
allgemeinen die dea all«n Centenara.
■} Sie alle in Betracht zu ziehen, ist nutzlos, zudem bei der grorsen Zahl von Nuancen
beinahe umnöglicb. Um einzelnes eu erwähnen, so war die Grundherrschaft des Klosters
Ravengiersburg an Dii^tarten besonders reich; Back unterscheidet vüllig mit Recht Hund-
gedinge S. 67 f., peinliche Dinge S. 74 £, Znchlgeding zu Bibern S. 78 t {d. h. Bögc-
gericht für alle Hofgenossen des KlostcrsX Civilgerichte S. 82 f. (die eigentlichen I{eim-
burgen- und ZendergedingeX Höbergedinge S. 89—110. Von ihnen sind die peinlichen Dinge,
Civilgerichte und HQbcrgedinge die regulären Formen und entsprechen den Hochgerichten,
Grundgerichten und Bandingen unserer Terminologie. Ein besonderes Dii^ der Leilv
eigenen findet sich 'UMOnstermaifeld , Hs. Koblenz CXI* BI. 15^, ferin secunda post
lohannis, qui dicitur luitdink. Eine besonders wichtige Ausbildung, auf welche im folgenden
nicht weiter Rücksicht genommen werden kann, besieht im Luxemburgischen, wo zwischen
Gnmdgerichten und Hochgerichten noch Mittelgerichie eingeschoben erscheinen. Zur Kom-
petenz derselben Tgl. das WBerg bei Ettelbrfick 1730 § 1 über das dortige Grund- und
Mittelgoricht, § 3; meier und scheffen zii Berg haben zu richten ülwr gnmd- civilschc und
kleine criminalische Sachen, so nicht eine buB von 6 goldgl. excediren. Der (lericlitshcrr
hat auch (§ 8) Gebot und Verbot flir Spielen, Tanzen, Schiefsen u. a. m., dazu Kundrecht,
Fischerei, .Jagd. Doch vgl. auch aufserhalb Luxemlnu^s Trierer llochgerw. § 2: alte hohe
niedere und mittlere iurisdiction, zu latein menmi et niixtom imperium.
') Ziu- Kompetenz vgl. noch WKcnn 14. Jh. 2. H., § 10, G. 6, 546; WKrov, G. 2,
374, Abs. 2 f.; *Bald. Kesselst. 8. 221, 1330: curtem meam in Lemene dictani ein dinclichof
ciunberbariisTineisagriscampisetBliisGiiispertinentiis. *WBreisig 1.363, Kindl. 1S3, 25, Münster
SL A.: die Äbtissin ton Essen hat 14 hueverc und einen bowmeister, die riigen sollen al dil.
dat ruchbar is in ihrem bove, iif ihren eit nf der stat da dat reclit is und zu der zlt dat
zidigh is.assiegemant werden. Dies GericbtstehtnebenRichterraCslude und gemeinde von Breisig.
WRhens, Einl., ü. 6, 486: si culpabile aliquid est [im Anbau], pro delicti qualilate iuxtn
dictomen colononim punitur. WOberdonwen 1542 g 33: es soll folgendes verhandelt werden:
erbe und guter entpfangen und zu bestan erben und vor gcricht zu enterben und us und in
zu setzen, alles nach hoibsuhung und alt berkomen, über bekontlich scholt zu pfenden, die
pfende nach boebsubimg zu verhandeln, wie von alters uliig und gewoinlicli. WLosheim
1599 § 22^ das alles dasjenich, das uf (des Grundheim) grundnins- und medombglitem durch
das ganz jar ricbtiich gehandelt muß werden, es sei umb schold, erbschaft, gercide und
ungereidc giieter, Scheltwort, kumber, boßcn oder anders, wie das were, sol alles vur und
diuxh des obg. (Grundherrn) scheffen und gericlit zu L. und keinen andern vcrledingt n<ii-li
vereußcrt werden, als recht ist W. dos Hofes Schubcrack 1602 § 3, G. 6, 538, Geschäfts-
— 1033 — Die Gnmdhearlichkeit)
bination von Bauding und Markding hervorgegangene Grundgericht, das
sich aber selten auf die nur durchaus aus dieser Kombination gewonnene
Kompetenz — grundhenliche für die Gehöfer, markherrliche für die gesamten
Markinsassen, also Gehöfer und Nichtgehöfer — beschränkt^, vielmehr der
R^el nach durch Ausdehnung der grundherrlichen und häufig auch noch
durch Aufnahme einiger immunitätsherrlichen Kompetenzen zum völligen Be-
zirksuntergericht erweitert erscheint*. Drittens das Hochgericht, dessen
Entstehimg auf grundherrlichem Boden im allgemeinen nur auf Grund früh-
mittelalterlicher Immunitätsübertragung oder auf Grund späteren Erwerbes^
zu erklären ist.
Ist nun der Charakter des Baudings sowie seine Abgrenzung gegenüber
den sonstigen Gerichten durch frühere Ausführungen schon ausreidiend um-
schrieben, so fragt es sich, wie sich denn die Kompetenzen des Hochgerichts
und Grundgerichts innerhalb der Grundherrschaft zu einander stellen. Suchen
wir da vor allem die Kompetenzen des Hochgerichts klarzulegen, so ergiebt
sich zunächst in strafrechtlicher Hinsicht kein Unterschied zwischen freiem und
grundherrlichem Hochgericht, hier wie dort gehört Mord, Diebstahl, Verrat,
Nachtbrand, Notzucht u. a. m. vor das Hochgericht, trifft femer die Hochgerichts-
bufse an Hals und Haupt oder an den alten Königsbann von 60 s. ^. Dagegen
kreis des Hofgerichts: auf die imentfangene guter antwort der scheffen, ein ieglicher sol sie
nennen und vorbringen, also auch auf die vor eigen verbrauchte guter, item antwort dier
hoefer, ob iemand den hof überzehnet oder überecht, da sol der schulteiß selbst ein ein-
sehens haben und strafen, und wer es von den hoefer[n] weiß, der sol es vorbringen bei
dem aid.
^) In diese Eichtung deuten noch WSponheim 1488 § 1 : zum ding sollen kommen alle,
die of dem dale bi der borg mit dinkgelde dem apt zinsbar sin. auch sal die gemeine von-
dorf Sp. genwertig sin, solche herlicheit und fnheit dem abt hören zu wisen. WRittersdorf
1565 § 17: alles dasjenige was rogbar und straflich were, fürzupringen, von überfahren,
ul)ennehen und seihen, an ausgeworfen verstoßen steinen und marken und an einichem ding,,
so zu dem tage furzubringen were. WBech bei Echtemach § 14: were sach daß einer den
andern übermehet oder überschneide, marken störet, plankenzeun übersetzt und übeigrübe,.
wiesen iifnß mit plugen, so weisen (die Schöffen) dem hem die bouß, den scheffen den wein.
^) Zur Kompetenz vgl. ME. ÜB. 8, 84, 1215, bannum: iurisdictionem secularem
piscationem et venationem. S. femer Hennes, ÜB. 2, 842, 1299: Elisabeth von Demau ver-
kauft ihre bona sita in Unkilbach, renuntians effestucando . . in presentia iuratorum curtis,.
qui vulgariter dicuntur higen [es sind 8] . . et aliorum proborum virorum ad hoc vocatoruro,
8. dazu WSchweich 1595, G. 2, 808 Note: wan ein gut über erb und liegende gueter
geschieht, so sollen dieselbige auf freier Strassen under dem himmel vor dem gnmtrichter
und scheffen gesehen, wan es also zugehet, erkents der scheffen von werde. S. femer
WAspelt 1585 § 3, Hardt S. 34; WMamer 1542 § 5; WAhn 1626 § 8; WAltwies 1698 § 7.
Vgl. auch die Deklaration des Erzbischofe Jakob von Trier über die Grundgerichtsbarkeit
vom 30. Mai 1577.
») S. z. B. Arch. Gervaux Xo. 221, 1840.
*) S. im Vergleich zu S. 182 oben und Waitz, Vfg. 8, 62 f., die Monesche Zs. 2, 455, 1296;.
WUerbizheim 1458, G. 2, 22: der Meier hat zu richten alle ding und za entrichten alle
ftinferhande dinge, zu wißen diepstail, noitzucht, nachtbrant, mort und meisselwonden, die.
Lamprecht, Dentichei WirtMhaftilebra. I. 66
[Grundberrlichkeit und Toglei. — 1034 —
fäJlt beim grundherrlichen Hochgericht die Klc^e um Ei^en uii(( Erbe BatQ}*-
lich wefii weil echtes Eigen nicht vorhanden ist'. Dhs gruiidherrliche Hoch-
gericht ist mithin aiisschliefsliches Strafgericht — so dafs sich für das Gmiid-
periclit der Charakter als ausBchliefsliches Civiljjericbt abgesehen von etwa
eingreifenden Bnudingskouipetenzen von seihst versteht.
Mit dieser iler Rettel nach ziemlich klaren Begrenzung der Kouiiietenzen
ist (ireilich u)"-v liMs -cL'i'iisi'itiu'i' Verfassungsverhattnis der drei Arten gmnd-
heiTlidirr liiiii;r iKii-Ii iiiclit-^ ;iiisgcsagt. Gerade dieser Tunkt ist aher wichti«
ztrni VerBt&ndnis der Ausbildung voller immunitatsberrlicher Oerichtsverfassungen.
Die Doppellrage, welche hier auftritt, geht auf das Verhältnis des Hoch-
gerichts zum Bauding wie zum Gnmdgericbt, und sie zeiftllt für jede Seite
der Alternative wieder in zwei Uaterfragen, je nachdem zu einem bestimmten
Hochgericht Baudinge oder Grundgerichte desselben oder verschieciener Grund-
herren in Verhältnis stehen.
Sprechen wir zuerst vom Verhititnis der Baudii^e zum Hochgericht
innerhalb derselben Gnmdherrschaft. Hier besteht eiu sehr enger Zusammen-
halt;, dessen Geschichte uns schon früher, nur von anderer Seite aus, eit^;:eheDd
gelLöran vor den caisvogt; dazu 0. 2, 23; was ein ubeltedig man si? R. es ai ein man, (}et
der fiuiflerhande dinge eines duhe. S. ferner WWincheringen 1494 % 7; WNennig, O. 2,
2$3, dL Bd. 2, 488 Note 2; anch oben S. 172. Im allgemeinen b. auch noch *WRuwer
Tbarforst UerteBdorf 1411, Arcb. Hazimin. S, 347, % l: daB niemand richten aol binnent
meines hetm ond seines gotteshaug hochdereien [?] von balz und von hant «an ihre ampt-
lenthe und gericbte; WEcbternach, Hardt S. 189, § 7: uf dem marlt stehet ein crealz, daran
tun galgen und rat, und die band gottes under sich, zue bedeuten, du der grontherr das
hochgericht hat; nebent dem dingstol stehet der stock und halzeisen, ist och UDSKm hem
apt. — Zur Höhe der Bufsen s. WSchwaraenberg 1560, G. 8, 754: das Untergericlit bat nit
hoher zu gepieten noch zu verpieten, dan b s. Bich erstrecken tunt; ebenso WThotey 1450,
G. 3, 760. Ferner »W Weifskirchen 1493, Arcli. Maximin. 1, 95 : ut aiitem notum fiat, quanti
pretii Sit parva quantive sit magna emenda, respondurunt praefati iustitiarii, quod parva
emenda, est qiiinque s., magna vero sexaginta, qui scxaginta b- sunt valoris trium fr. monetae
in Marsello cursibilis. Ähnlich ist der Gegensatz wohl auch WMeckel 1669, G. S, 798, ge-
meint: erkennen auch die BchefTen ein hoifsbuiB von 10 stuber, ein frewelbuiB 6 gl. Von
besonderem Interesse ist WIttel 1561 , G. 2, 291 : die bueßen böm auch alsampt den berren
von Paltzel zu; was aber ein sumenis, frevel, hoifbueß oder liocbbueß si und ire straif, halben
sie in sulcbcr difBuition usgesprochen : erstlich ist ein Eumenis, der sein zjns verseumpt in
der zeit auszurichten, welche wirt gebuest den hern 5 s., den sclieffen ein sester wins. ein
boifhueß ist, wan einer den andern het überschnitten oder geniehet, graben, pflucht, durch
ein groiß hinlessigkeit oder scholt, welclis bucll ist den herm 10 all)., den schellen ein sester
wins. ein frevel ist, wanne einer dem andern in sein lant Iure mit ufsatz, sonder wisseu
und willen des andern, derglicben schnit oder mehet; dieses bueß staet in der berren hant
und willen, und den schetTen gcbnrth davon ein cimer wlos. ein bochbueß Stelen, doitb-
schlagen u. s. w. unserm gn. b. von Trier. Hier ist die Säumnis die Baudingsbufse, Frevel
und Hofbufse sind Markdingsbufsen. Die Weisung ergiebt also, dafs die Gnmdgerichts-
bufse von 5 s. höchst walirscbeinlicb aus dem Bauding in das Grundgericht herubergi--
1) Eine Ausnabme macht WSandweiler 1604 S 8.
— 1035 — Die Gnindherrlichkeit]
beschäftigt hat^: Schöffen der Baudinge bilden zusammen den Schöffen-
stuhl des Hochgerichtes^. Was Wunder, dafs bei dieser Sachlage das
Hochgericht zuweilen selbst noch den Namen Bauding führt ^. Zugleich
ist es unter diesen Umständen das Bestreben der Grundherren, für alle
Höfe ihrer Grundherrschaft, oder doch wenigstens für zusammenhängende
Komplexe derselben, allmählich 6in Hochgericht herzurichten; voll erreicht ist
dieses Ziel zi B. in der Prümer Herrschaft in dem Hochgericht des Waldes
Bassel *.
Wie aber stellte sich der Hochgerichtsherr zu Bauding\'erfassungen inner-
halb seines Hochgerichtsbereiches, in denen er nicht Gnmdherr war? Natüi-
lich waren diese Baudinge nebst ihren Angehörigen vor dem Hochding gerichts-
pflichtig*. Im übrigen aber, für die Kompetenzabgrenzung z\^^schen Bauding
1) S. oben S. 214 f.
') S. hier noch UStift 18. Jhs. S. 456, Münstermaifeld : ad curtim . . Monasterii spectant
13 curtes, ipsa est 14. ille 18 curtes faciunt unum placitum in Monasteriensi curti simul in anno
(Johanni). Dieses Gericht steht unter einem Trierer advocatus; es ist auch ein cippus siire
£toch vorhanden für fures et latrones.
^) So eben in Münstermaifeld, s. UStift S. 456; femer in Mayen, Mayener Baugeding
18. Jh. § 4, 6. 6, 635: wen man erkent vor einen hochhem des baugedinghs und wer das
baugedingh besitzen, wem darbei zu sein gehurt und wes gestalt ein iedes sein solt? ant-
wort: weisen unsem gn. h. zu Trier vor einen hoch- und oberhem ermelten baugedings.
dasselbigh sol von irer chiuf. gn. besitzen ein kehier zu Meien. darbei sollen sein 14 scheffen,
und ein ieder burger, der das hom hoert blacsen und die klock leuten, auser gemeinen ritter
und rittersgenossen.
*) WRommcrsheim 1298, G. 2, 516: het der scheffen viu* vol gewist, dat ghein
hoegericht insal sin binnen der abthien von Frame ind der voidien von Schonecken von
halse und von hoifde, dan Massil [1.: Wassil]. WWallersheim, G. 2, 585: Bassel [der Wald
bei Rommersheim], da das hoechgericht der 14 hoif stehet
^) Zu den hier eintretenden Verhältnissen vgl. MR. ÜB. 8, 382, 1229, Teilung zwischen
den Gebrüdern Hermann und Philipp Grafen von Virneburg: preterea quicunque a comitatu
et a curte in Natisheim feoda tenent, a,comite teneant, et quotquot a curte in Meine feoda
possident, a dicto Philippo obtineant reliqui quotquot de aliis bonis eoram infeodati fuerint,
quicimque a sepedicto Philippo feoda sua suscipere voluerit, comes consentiet sine aliqua
contradictione. insuper homines pre&ti Philippi ad publicum iudiciiun comitis ibimt, et qui-
cunque rei inventi fuerint, quotquot ad ipsum pertinere dinoscuntur, ab omni iure comitis
liberi dimittentur. Lac. ÜB. 2, 683, 1275, Schiedssprach zwischen den Herren und der
Kirche von Kerpen: nos arbitri . . receptis iuramentis et votis examinatis maiorum et
senioram parrochianoram eiusdem ville et veritate ab cisdem perscratata diligenter easdeni
discordias . . sedavimus in hunc modum pronuntiantes, quod homines cerocensuales ecclesie
et homines de tribus villis scilicet Mfttrodc Duzrode Haue et homines de molendino Bent-
mülin tribus temporibus anni in alto iudicio domini de Castro comparebunt, et si que accu-
sanda illis temporibus in suis locis emerserint, accusabimt post tertiam collocutionem, que
vulgariter ahtin appellatur, inde sine gravamine recessuri, nisi propter aliquam manifestam
necessitateni iubeantur remanerc; nee ad formam iuramenti dandam alicui cogantur. preterea
in predictis villis vel locis nullus faciet arestationem nisi per communem nuntium capituli,
exceptis casibus pertinentibus ad altum iudiciiun domini de Castro, si vero aliquis extraneus
ibi arestandiis fuerit, per nuntium domini de Castro fiet item pronuntiamus , quod homines
66*
[GrunilherrlicUieit und Vogtei. — 1036 —
und Hochgericht , ist die Lösung ohne weiteres im Charakter der grundheiT-
lichen Gewalt gegeben ; der Hoebgerichtsherr mufste die Rechte fremder Grund-
henen achten, hatte also auf fremde Baudinge innerhalb der Kompetenzen der-
selben keinerlei geriehüiclien Eintiufs'. Indes macht sich doch später eine
Tendenz in dieser Richtung*, und zwar mit Erfolg bei Kechtsverweigening^
seitens des fremden BaudingheiTn ■ geltend.
Ähnlich wie das Verhältnis des Hochgerichtes zu den Baudingen ent-
wickelte sich auch seine Stellung zu den Grundgerichten : waren doch die letz-
teren in \-ielen Beziehungen eben nur weiter entwickelte Baudinge. So findet
sich denn namentlich auch hier die Thatsache der Besetzung aller Hoch-
dingsechöffenstahle durch grundgerichtliche Schöffen*. Aber das Verhältnis
diclarum villanim Dullus in causam trahere poterit pro aliqua re temporal!, nisi corani
celerario coDTeotus. si vero actorilius ibi iustitia defuerit, habito t«stimonio past triiluimi in
a!w iudicio poteruni eonveniri. item pronuntiamus, quod prepositua et capitulum recopioscant,
quid ron possiml t:ui?i\- iwurtioiics i)i iiliquns ili' liomiiiil'iij mw pn'diiiii in-qiw aliqm#
olius euctionea &det in eosdeia, nid numifeata et conunoniB necessitas parrochie hoc
reqnirat item didmns, quod prebendun canoniconim nuUuB arestabit per iudidum domint
de Castro. S. auch noch Eremer, Ardenn. Oegchl. CD. S. 462, 1316; und oben S. 186, 328.
>) S. PeUenzw. 14. Jh. § 4, 0. «, 622, dt Bd. 2, 655 Note 5; WDann 1466, O. 2,
907, dt ob^ 3. 104 im Text; ferner kann hierher gezogen werden SMatheisw. Trittenheim,
G. 2, 824: weisen wir ungenn hem uf seinen zinsbaren gntem gepot md Terpot und alle
boeOen, klein nnd groß, gelich wie die andere heni za thun haben uf irero beiirk;
ansgenommen was anbetr^ den leih, so aber > etwas misbrauchs daselbst sich begeben,
«elcbs halz und banch antreffen wutd ond damit der leib vermacht were, das haben die
gemeind za thnn, als von bochgerichta wegen. S. femei WKtIit, G. 2, S74 Abs. 2; Wiltzer
Erblehenbrief von 1831 g 3.
■) CRM. 3, 134, 1325, Erzbisdiof Heinrieb von Köln an SchiüÜieiss and Schöffen von
BacharaL'h auf Klage des Marieugredenstiftes in Köln: voa per vestnim iudiciiun et senteotias
infringere nitamini libertates et iura curtis ipsorum et ecciesie sue sile apud Heirobacb, quos
hactenus habuenmt, sicut iurati dicte curtis, qui hoivenhere vulgariter dicuntitr, et aln
homines fidcdigni aseerunt et probare posEiuit sub suis prestitis iuramentis, occaeionem et
causam sumentes ex eo, quod super buiusmodi libertatibus et hiribus coram vobis Don
exbibent litteras stve cartaa.
') WMerchingen 1494 § 6; Junker P. v. Dailheim hette ein meiger daeselbst, ouch uf
sime höbe und eigentitme eigen gericht und herliciikeit; hetle sich gemacht, das ein arme-
man hinder ihn gesessen in noiten gewesten were und an denselbigen meiger gerichts ge-
sonnen hette, ime nf sine gute bürgen neit hette mögen gedigen, und darumb sulcben anne-
man noit gewesen wer, sich an ein hoegericht zu beroifen. demselbigen annemanne were
auch im hogericht recht gescheit nae hoibs gewaenheit, und darumb der besternt meiger
sulch gedane hette, were unrecht, und brechten das vur.
*) S. z. B. oben S. 218. Zu den damit geschaffenen Verhältnissen vgl. das Verzeiclmia
der Maximinschen Dor^chaften , zu welchem Hochgericht selbige gehärigh, cit. oben S. 208
Note 4; und dazu -WDetzem 16. Jh. Trier Stadtbibl. 1642 Bl. 75»: die scheffen des hoves
zu Dctzem wiseut mime herren von sant Maximin sinen frien bof zu Detzem, da horent
14 echeffen und 14 gesworenen. an denselben bof borent vier meigerien, nemelich zu Detzem
Budelich Schoenberg unnd Polich, welche vier meigerien horent alle jairs zu drien jair-
gedingen; und iglich jaii^edinge bait zwo wisungen daselbes. zum iglichem jaii^edinge
Wisent si mime herren von sant Maxmine man und ban, wasscr tmd weide und al gericht.
— 1037 — Die Grundherrlichkeit.]
zum fremden Giiuidgericht gestaltete sich doch anders, als zum fremden Bauding.
Das Bauding war eine Einrichtimg rein grundherrlichen, das Grundgericht
wie auch das Hochgericht eine solche öfFentlich-grundherrlichen Charakters.
So konnte es nicht ausbleiben, dafs sich zwischen Straf- imd Civilgericht
gleicher Eigenart Beziehimgen ergaben, welche, anfangs im einzelnen geregelt ^
später in der Subordination fremder Grundgerichte wenigstens imter die einst
immunitäts-, nunmehr landesherrlichen Hochgerichte zum Ausdruck gelangten ^.
Grund für diese allmähliche Unterordnung war indes nicht blofe die
Thatsache , dafs die Angehörigen des fremden Grundgerichtes vor dem Hoch-
gericht in Strafsachen Recht empfingen, sondern auch der Umstand, dafe sich
wenigstens hier und da zwischen Grund- imd Hochgericht ein Instanzenzug
entwickelte *.
Im allgemeinen freilich war der Instanzenzug innerhalb der Grundherr-
Schäften ganz anders und ohne Rücksicht auf das Verhältnis von Hochgericht
und Grundgericht bezw, Bauding ger^elt. Es gab ja allerdings, imd nament-
lich in späterer Zeit, für gewisse Gerichte feststehende Oberhöfe *, mochte nun
<iie Oberhofsqualität durch Rechtsübertragung begründet sein ^ oder auf beson-
deren Verwaltungsmafenahmen des Grundherrn beruhen®. Allein dieser
und sin hoegericht daeselbst M der voide, das si nust darinne zu schaffen enhaint. item
-Wisent si sin fri budinge fri der voigde mit iren wisimgen. item binnent den vier meierien
-Wisent si mim herren von sant Maximin fönt und pront flock und zock, fri der vogde,
und niemans anders, item wisent si wasser und weide berge und dal. item wisent si, were
•es Sache das ein misdedich mensche in sime hoegericht were ader begriffen wurde, den man
von leben zu dode brengen sulde, darzu sal ein ampman mins herren von sant Maximin
den stocker darzu begaden, des sullen die voide nit zu schaffen hain [Bl. 75^]. item wan
man von eim misdedigen menssen richten sal, so sal ein ampman mins herren von sant
Maximin gebieten abemenlich, in den hoif zu Detzem gehorich sint, mit sinen gewere dar-
zu zu kommen und daeine verüben bi das, von dem gericht würde, item die voigde sullent
halden mit irer macht vorane dem frien hove, und sullent minen und sinen schirmen an das
gericht und wederumb in den frien hoife. Das kleinste noch mögliche Hochgericht setzte
in diesem Falle natürlich einen Schöffenstuhl von mindestens zwei Gnmdgerichten, also
14 Schöffen, voraus, s. z. B. *Bald. Kesselst S. 469, 1858 : hof zu Nidemwalmelache uf dem
Ginriche gelegen mit schüren, garten, wierhuse, mit vierzehen scheffen, wiesen, ackerlande,
bestehenbeten, wiem, zinsen, renthen, gueden, gerichten hoe und dief, guden und waz wir
han und gewinnen in dem gerichte zu Nidemwalmelache und aUen sinen andern zügehoren.
Möglich, dafs es mit diesem Erfordernis von mindestens 14 Schöffen zur Hochgerichtsqualität
eines Hofes zusammenhängt, wenn ein Hof mit 14 Schöffen ein ganzer Hof heifst Doch
s. unten S. 1053.
») S. vorläufig Lac. ÜB. 2, 088, 1275.
») Honth. Hist. 2, 433, 1458.
') USMax. S. 445: die Hufen zu Niederemmel Köverich Trittenheim de omni iure
•ecclesie apud Decimam, si in aliquo dubitaverint, inquirent
*) Aufser späteren Citaten vgl. noch WFechingen 15. Jhs., G. 2, 61, cit oben S. 244
im Text; WArl 1532 § 26; WOuren 1589 § 6; W^ich 1597 § 22.
^) Zu diesem ziemlich seltenen Falle s. das mir aus Insertion in eine *Urkunde von
1868 Mai 20 (Abschr. Koblenz St A. MC. IIb Bl. 271 ^ No. 846, Goerz Regg. d. Erzb.
«) Note 6 auf S. 1038.
[Grondherrlicbkeit und Vogtei. — 1038 —
Bestand an festen Oberhöfen bildete im ganzen doch eine Ausnahme.
Gewöhnlich wurde das Bedürfois des Instanzenweges vielmehr so befriedigt^
dafs eine Sache aus einem Hof in einen oder mehrere beliebige andere
Höfe — vielleicht gar von einem Hochding in ein Grundding ^ — zu erneuter
bezw. erster sicherer Urteilsfindung verwiesen wurde. Kam die Sache
dann noch nicht zum Austrag, so ging man direkt an die Zentralstelle ^. Und
S. 102) bekannte Diplom Siegfirieds von Köln ▼. J. 1292: Sifridus dei graüa sancte Colo-
niengis ecclesie archiepiscopus sacri imperii per Italiam archicancellarias universis presentes-
littere ad quos pervenerint salutem in domino. Cum homines seu hiemanni curtis nostre in-
H^den eodem iure censeri et gaudere debeant quo homines et hiemanni curtis nostre in
Zfinze, ad quam et ad quos dicti hiemanni in Hilden in dubiis sententüs recursum ex iure-
et consuetudine antiqua habere debent [et] a tempore, cuius non extat memoria, usi sunt et
gavid sunt, prout iura huiusmodi hiemanni nostri et scabini in Zflntze sub iurato suo pro
se et dictis hiemannis curtis in Httden in presentia nostra sunt solempniter protestati, placnit
nobis et sie de consilio priorum et fiddium nostrorum decrevimus et Yolumus observari,
quod dicti hiemanni curtis nostre in Hilden et curtis nostra ibidem de cetero, prout etiam
iuris primitus ezistebat, gaudeant et gaudeat omnibus et eisdem iuribus in bonis conquirendis-
post mortem eorundem hiemannorum et aliis quibuscumque iuribus et consuetudinibus, quibus-
curtis nostra in Zünze, homines et hiemanni nostri ibidem gavisi sunt ab antiquo, inhibentes-
sub anathemate, ne quis homines et hiemannos curtis nostre in Helden predicte in huius*
modi iuribus suis inquietare turimre vel ipsa iura eisdem hominibus et hiemannis ausu
temerario infringere presumat, dantes has nostras patentes litteras sigilli nostri munimine-
roboratas in testimonium super eo. Datum Nussie in die beati Bamabe apostoli anno domini
Hoc!Co nonagesimo secundo. Zur Rechtsübertragung s. auch Bd. 8, S52, s«, 1809, ÜLuxem-
burg: Bettonglize . . 11 ville est an droit de Maccre, d. h. sie hat das Recht nach dem im
J. 1252 an Grevenmacher erteilten Freiheitsbriefe.
^) Zu S. 1038. S. oben S. 744. Loersch S. OCm f. und S. CCX bemerkt, dafs die
Ausdehnung der Ingelheimer Oberho&beziehungen zugleich einen Überblick über die
wirtschaftlichen Beziehungen der Pfalz Ingelheim ermögliche. Über die Zwischenhöfe
s. S. CGIX.
^) *Arch. Maximin. 2, 377, 1333: die Schöffen von Detzem (Hochgericht, s. S. 1037 Note 3)
weisen nach Anfrage im Hof Longuich das Recht in einem Streit zwischen dem Abt von
SMaximin als Grundherrn und lohannes de Rupe als Vogt
«) S. dazu MR. ÜB. 1, 345, 1056, cit unten S. 1040; MR. ÜB. 2, 199, 1202: Streit
zwischen Matheis und Egidius de Berge, den Vogt, über die beiderseitigen Rechte im Matheiser
Hof zu Sinzig (Saar-Mosel), Kompromifs auf Heinrich von Sierk und Johann Vogt von Sinde-
lingen. Diese diligenti prehabita consideratione et deliberationis industria communicatoque
consilio fidedignorum, qui super talibus experientiam et notitiam oculatam habent, secundum
terre et iuris consuetudinem in dei nomine pronuntiamus et pronuntiando difßnimus, quod ad
dictum seu reportationem scabinorum curtis de Sinzich uterque, videlicet dominus abbas et
Egidius vir nobilis, gaudebunt iure suo et eo contenti erunt apud Sinzich. et si dicti
scabini forte discordarent super premissis nee vellent concorditer reportare, recursus habe-
bitiur eodem modo et sententia ad scabinos de Nenniche et Palzele, quorum dicto et repor-
taüoni stabitur, ut superius est expressum de scabinis de Sinziche; et si hoc non fieret, de
bis scabinis dominus abbas predictus in aula seu domicilio suo apud monasterium ipsum
citabit predictos scabinos omnes et ad dictum et reportationem scabinorum suorum ibidem
ad hoc vocatorum et inquisitorum more debito et consueto omnibus premissis libere gaudebit
pacificc et quiete. WThaben 1486, G. 3,74: were es sach daß die scheffen zu Taben missel
betten oder einige urtel, des sie nit versten weren, alsdan sollen sie den missel holen und
— 1039 — I>ie Gnindherrlichkeit]
erst spät gewöhnte man sich daran, den letzteren Schritt sofort ohne weitere
Zwischeninstanz zu thun^
Welche Mittel zu Urteil und Entscheid lagen aber in den Händen der
Zentralstelle, des Grundherrn selbst?
Bedeutendere Geschäfte innerhalb der Grundherrschaft wurden von jeher
wohl nicht blofs vor dem zuständigen Bauding, sondern auch vor dem Grund-
herni selbst beurkundet*; in Streitigkeiten, welche an solche Beurkundungen
anknüpften, besafs also die Zentralstelle eine besondere Handhabe guter Be-
urteilung. Allein hierher gehörige Fälle mögen selten gewesen sein; und
sicher half man sich noch in anderer Weise.
Das Einfachste war es zunächst, wenn der Grundherr einen bestimmten
Schöffenstuhl seiner Grundherrschaft zu sich berief und zu einem Spruch imter
seinem Vorsitz aufforderte^. War dieser Modus vermutlich besonders bei
kleineren Grundherren beliebt, so hatten die gröfseren ein weiteres besonders
geeignetes Element zur Verfügung, die Dienstmannengenossenschaft ihres
Hofes. Diese Dienstmannen bildeten schon an sich eine besondere Ding-
eriemen in ihrem oberhof zu sant Maximin vor der roder thüer an den 14 scheffen daselbst
vermitz kosten und schaden der partheien; und sol man darzu den scheffen von Taben die
wege schön machen. WIdesheim 1518, G. 2, 292, cit unten S. 1040 Note 2. WNiederransbach,
G. 1, 737: der hof hat auch einen zug gegen Obermichelbach, inmaßen der hof zu Ober-
michelbach einen zug hat in den hof gen Niederransbach , wan die beiden höfe von einer
herrschaft herrührend.
^) WKatherein-Ostem 1463: so einer appelleren wil, sol appelleren an den oberhof
Tholei, sol aber zum ersten par gelt 3 gl. geben, und sol binnen 14 tagen appelleren.
WMeisenburg 1549 § 25: weist der richter an die gericht, wanehr das sie eines Urteils
missel han, sollen sie das zu Viandal [Vianden] in irem uberhof an den gerichten holen uf
der Parteien kosten.
*) MR. ÜB. 1, 386, 1092: quod totum primum cum [1.: coram] advocato ipsius boni Gerlach
et cum [coram] pnidentioribus et fidelioribus eiusdem familie viris denarratum, deinde in conspectu
totius familie collaudatum, apud Treverim tandem in monasterio ipsius sancti Simeonis, cuius
hec terra est, et in presentia fratrum ibidem deo et sancto Simeoni famulantium difiänitom
et corroboratum est, ne quis successorum meorum vel aliqua mundana potestas rem consilio
ordinatam infringere posset, sed ut stabiliter permaneret a generatione in generationem,
nisi ailpa pro teste inveniatur.
') WOckfen 1325 § 7: si dicti scabini in aliqua sententia ferenda dubitarent, ita quod
cos dd superiorem recurrere oporteret, tum tenentur venire apud sanctum Martinum [in Trier ;
den Gnmdherm] in camera abbatis et ibi redpere agem [? — argumentum] vel sententiam a
scabinis ville de Siwenich. Eine Weiterbildung dieser Methode ergiebt WBockenau 1447,
die Unterhöfe von Sponheim appellieren alle an den Abt: iam quomodo abbas in rusticorum
appelladonibus sive scabinorum se habere debeat ostendamus: cum ergo scabini sententiam
ad abbatem detulerunt, quod vulg. dicitur oberhofe, faciat abbas aliorum iudiciorum suorum
seculariiun schultetos vel scabinos quot voluerit adesse, aliosque potent iuris advocare
peritos, qui propositionibus causis allegationibus et responsis diligenter auditis, quod iustum
fiierit, cum auctoritate valeant iudicare, a qua etiam sententia non erit ulterius appellandum,
nisi de manifesto gravamine.
^"» m
[Grundlien-liclikeit uud Vogtei. — 1040 —
penossenschaft', was la« näher, als sie als Dienst-, später Lelmscliöflfen zur
Bildung eines Schöffenstuhls der Zentralstelle auszunutzen*.
Das Sicherste aber wai' eine Kombination beider Momente. Deuigemäfe
ist die Benifung iu der Abtei SMaxiniin nach dem Vofrteirecht angeblich vom
J. 1056 geordnet: si rillani [vel manaionarü : fehlt bei der Wiederholung 1112]
debituni censuni [vel servitium] sanct« et abbati volunt denegare, primuin
per alios iudices, deinde in ipso principali loco Treviris, [unde ^■iv^mt
1.: veniunt] per illos iudices, ae ministros qui scwemanni dicuntur [et qui
nieliores sunt ecclesie], (constringautur, dafür 1112: ad viam si possuut redu-
cantur). sin aut«m, per kartani et advocatuni, ad ultimum vero iwr mani-
festum iudicium: in quo si convicti fuerint, omnibus boiiis suis ad uianus
abbatig attractis carebunt, et ins, quod ablias ei postea concesserit, habebunt*.
Mag nun der hier angegebene Weg der Praxis innerhalb der SMaxiininer
Grundherrschaft uni die Mitte des 11. Jhs. völlig entsprochen haben odiT
nicht: sicher ist. dafs im Beginn des 12. Jhs. eben in SMaximin eine ähnliche
Art der Weisung gera(ie der hervorragendsten strittigen Rechte als besonders
sicher und bindend angesehen wurde*.
AuTserdem finden «ir in der Abtei Prlbn seit dem 13. Jh. eine ständige
Eimichtung, welche aus Zuständen heiTorgegangen sein niufs, die der SMasi-
ininer Praxis ganz analog zu denken sind. Hier ist nämlich die Uileils-
sprechui^j letzter Instanz mit dem der Abtei Prüm nftchstgelegeneu grund-
berrlichen Fronhof Ronmiersbeim liei-art verknfli>ft, dafs das Dinjr desselben
von edlen und unedlen Schftffeu d. h, Gnmdholden und ehemaligen Ministerialen
der Abtei besetzt pi-scheint und in dieser Znsanmienstellung urteilt 1) über
imsichere Pirlitfifilllc, '21 über die Pflichtei-füilung der Meier bezw. Schultheitseu.
S) Über einzelne Leute eben dieses privil^erten Gericbtsstandes, 4) ober die
Rommersheimer Gehöferschaft *.
') MB. ÜB. 1, 345, 1056.
*) MB. ÜB. I, 345, 1056, dt. oben im Text; Cod. Salm. 391, 1547, cit. unten S. 1041
im Text; Wldeeheim 1518, G. 2, 292: abe man von dem hoif zu EdiaheJm appelleren wulde,
sal das geschSn zu Spangh als ain den uberboif zu ersten, darnach ain den ISnschefTen sant
Simeons kirchen.
^ MB. ÜB. 1, 345, oben citiert mit den Modifikationen der späteren verwandten Dokumente.
*) MR ÜB. 1, 845, 1056; 346, 1056; 362, 1065; dazu Bd. 2, 639 Note 1. Die eben
angef. Urkunden sind vohl sicher im Beginn des 12. Jhs. entstanden.
») S. WBommersheim 1298; Honth. Hiat 2, 215, 1361, dem Konvent von Prflm werden
die Einkünfte bestimmter H6fe in der Höhe von 4000 aurei zugewiesen ; ad quonun redituuni
sablevationem et rationem ipsi conventui faciendam sicut ad omnem fidelitatem ipsi praestan-
dam obligabuntur vigore aui iuramenti et constitutioniB ipsi vülarum praetores. atque si in
djctis obventionibua incidat controversia vel ex parte haeredum vel ex ipsorum boDoruni
translatione, illa venit iustiflcanda et debet iustificari sine appellatione non alibi quam apud
camerae iuslitiam (cuiua praeses semper erit decanua ipaiua conventua), quae alüs villaruin
iuatitiis praeeminet, ita quod ab hac statutum ab alia retragari nequeat. omnes proinde
dicta bona possidentes diclae camerae iustitiae subiacent et obedire tenentur. praesertini
tamen ante et iuzta valvas portamm monasterii habitantes camerae subditi sunt, qui etiani
— 1041 — Die Gnmdherrlichkeit]
Natürlich war ein Rekurs an die Person des Grundherrn auch selbst von
derartigen ständigen obersten Gerichtshöfen noch möglich, mochten sie mm
aus Dienst- oder LehnschöfFen allein, oder aus solchen und grundhörigen Schöffen
zugleich zusammengesetzt sein^ Wurden aber diese Rekurse häufiger, so bil-
deten sich um die Person des Grundherrn, entsprechend einem oft zu beobachten-
den Zuge in der Entwicklung der Gerichtsverfassungen, die ersten Anfänge eines
neuen nunmehr obersten Gerichtshofes aus. Und diese Anfänge erwuchsen dami
zum Hofgericht. Noch spät im 16. Jh. läfst sich der Bildungsprozefs in der Ge-
schichte der Grafschaft Salm verfolgen : daß wan inche parthien vur uns probst
meier und scheffen vurschreven zu recht erschienen imd sich ingelaissen, daß
wanne wir unser rechtspruich und urthel uisgesprochen, daß alsdan die beswierte
parthie ain die lehenleuthe der graifschaft Salm pflege imd macht hat zu appelleren.
imd so sulche man- imd lehenleuth der graifschaft Salm ouch iren rechtspruch
van sich gegeben, so pflege sulche beswirte parthie dairvan ain seine gnaden
als laut- imd lehenheren sampt derselbiger burchmaner uf den sael zu Salm
zue appelleren, daerselbst sulche appellationsachen ire geburliche uisdracht
imd end gewonen haben, und haben von geheiner wieter appellation von unsen
vureltem gehoirt oder selbst gesehen^.
Die letzten Erörterungen haben uns über die Geschichte der mittelalter-
lichen Gerichtsverfassung der Grundherrschaften fast schon hinausgeführt in
die Entwicklungsgeschichte des landesherrlichen Gerichtswesens: jetzt gilt es,
den Blick von den abgeschlossenen Formen des späteren Mittelalters rückwärts
zu wenden in die Frühzeit grundherrlicher Gerichtsbildung und unter Kennt-
nis der späteren Gestaltung die Frage zu lösen, auf welche Weise sich denn
die Immunität in dieser Bildung wirksam erwiesen habe.
Darüber zunächst, dafe sie Wirkungen wenn nicht direkt so doch mittel-
bar ausüben konnte, besteht kein Zweifel ; sie war ein Verbot, das zu eigener
Gerichtsorganisation ohne weiteres aufforderte*; zudem schuf sie für den
ad quotidianas sicut omnes sine cxceptione curtarii in necessitate, [ad] voluntarias wachtas
aliaque servitia in ipso monasterio facienda obligantur. — Vgl. auch VOIetÜach 1499,
Lager S. 251.
^) \\^ommersheim 1550, G. 8, 830: wan ein hoifiier etwas zu clagen hat, so sol er bi
den hoifsschulteßen gane imd ime clagen; kan er ime nit helfen, so sol er bi den ober-
schulteßen gain, kan er ime nit helfen, so sol er m. h. von Prume suchen, kan der ime aber-
mals nit helfen, so sol er m. h. von Prume den vauth bi sich nemen und ime helfen. Hier
ist der Oberschultheifs wohl als Richter des Rommersheimer Dinges gedacht.
«) Cod. Sahn. 891, 1547.
^) Dazu kam, dafs die Immunitätsprivilegien selbst oft dem Verbot die positive Auf-
forderung zur Neubildung von Gerichtsorganisationen hinzufügten, s. z. B. MR ÜB. 1, 185,
947, Immunität für Trier: liceat memorato presuli suisque successoribus remota omni . .
inquietudine res subiectas cum hominibus sibi aspicientibus vel pertinentibus quieto ordine
disponere et nostro imperio fideliter parere.
(GnitHiliuirlichkeit und Voglei. — 1042 —
Iiiiinunitäteherru vermÖRe der köni^liclieu Munterteilun;: sofort einen beson-
deren Gerichtsstand'.
Bei ihrer Einwirkung aber fand sie schon vor das Bauding, te'ilneis das
grundherrliche Markding, vielleicht auch schon hier und da das aus Mark-
und Bauding fusionierte Grun({frericJiL Von diesen Gerichten bot nun das
Bauding mit seinem Substrat zerstreuter Fronhofshufen die denkbar schlech-
teste Basis zur Begründung einer höheren Gerichtsbarkeit, weit mehr genügte
in dieser Hinsicht das kombinierte Mark-Baudii^ bezw. das Grundgericht,
denn es hatte ein territorial geschlossenes Gebiet als Unterlage. Gleichwohl
(■■"Scheint die Immunität anfangs zunächst auf die Fronhöfe und damit auf das
Bauding und die Baudingzugehörigen , also Gehöfer und Ministerialen der
Karolingerzeit, projiziert". Bald tritt dann freilich eine Erweiterung auf die
Fronhofsmark mit Gehöfem wie freien Markgenossen ein^, ja sogar Belehnte
werden mit einliezogen *, so dafs wohl schon im 10. Jh. der Regel nach
') Vermöge dieses besonderen Gerichts Standes fiel tlem Iminunitätshemi wobl auch
eine weitgehende disziplinarische bzw. gerichtliche Disposition über sein unmittelbares Haus-
gesinde EU, s. darUber obeu S. 820 f., besonders aber MR. IIB. 1, 345, 1056 und die an-
Bchliefsenden Urkunden (oben S. 1040 Note 4). sowie MR. ÜB. 3, HfiS, 1258: Beurkundung
des Domkapitels, das unse diener von echolt furderonge und von allen anderen forderongen,
welcherlei das si sin moegen, \mt denie proist unser kirchen der zu der dt ein preist ist
und niet vor deac scholtis ader vur cinchem anderen geistlichen riechter sint schuldich zu
stfn noch zu antworten imans, es enwero dan sache das si gestunßc [?] wurden, das si
uffenlierlich friede gebrochen hettent mit bluotaturzongen, aifde das si sich selbes mit frie-
willen linder daa gezncbe der stede scheffen von Triere ergeben hettent. item diese selve
diener sullen niet nafolgen den diefen ku deme galgen die man heinken sal, noch einleben
anderen mistedigen luden die man verderfen suUe.
') MR. ÜB. 1. 17, 763: älteste Prümer Immunität, bezieht sich auf die vülae, quas
modemo tempore aut nostro ant cuiDsUbet munere habere videntur, und gilt Ober die deser-
vientes vel ecdesiastici homines, qui sunt infra s^ros vel fines sen supra terra . . monasterii
commanentes. Vgl. auch die Immunität MR. ÜB. I, 24, 772, tllr Trier, über curtes, baai-
licae, monasteria, viel, castella; spater pagi parrochiae monasteria seu castella vid vel
homines ecdesiastici ad easdem aspicientes. Hier stehen also neben den Fronhßfen doch
schon Territorien.
') MR. ÜB. 1, 28, 775, die PrDmer Immunität bezogen auf homines, qui super terrom
ipsiuB monasterii tarn franci quam et ecclesiastid commanere videntur, MR. ÜB. 1, 4S, 815
auf homines eiusdem monasterii tarn ingenui quamque et servi super terram ipsius comma-
nentes, MR. ÜB. 1, 57, 826 auf homines tranci quamque et aecclesiastid seu senientes. Ein
sehr lehrreicher Best der Einbeziehung von Freien — nach der Terminologie des 15. Jhs.
also Edelleuten, weil vollfrei gebliebenen Leuten — in den Immunitätsbereich liegt höchst
wahrscheinlich vor im WSponheim 1468 § 20: is sin vor ziten vil edellude im dale Sp.
gesessun, han euch vil guter daselbst gehait, die &ie sint gewest, und sint darnach under
die arme lüde komen und verteilt worden, und wer der guter halt, der ist zum ungeboden
ding verbonden und schuldig zu komen und sal von eim iglichen morgen 3 hl. zu dinkgeld
dem cloister geben, wan die guter sint also in den maißen verlawen, daß si dem dinge
solichen zins geben und gehorsam sollen sin.
*) MR. ÜB. 1, 162, 919, Prümer Immunität iUr servientes et coloni, qui per eadera
passim resident tenitoria, quam etiam Üben et de cisdem [monacbis] benefida habentes.
— 1043 — Die GnindherrHchkeit]
territorial geschlossene Unterlagen für die Auswirkung der Immunität er-
reicht sind.
Sicher ist dies für das spätere Mittelalter der FalP, obgleich auch hier
noch ^^anz kleine Immunitätssubstrate, welche kaum noch Bezirke zu nennen
sind, nicht fehlen^, ja sogar der Fall einer Hochgerichtsbarkeit über völlig
zerstreute Höfe und Grundstücke vorkommt^. Doch haben wir hier wohl
schwerlich noch Reste ältester Zeit vor uns, vielmehr hat die Zersplitterung
der Hochgerichstbarkeit als eines nutzbaren Rechtes* sowie ihre Radizierung
auf die einzelnen gerichtspflichtigen Höfe im Sinne einer Reallast seit späte-
stens der Stauferzeit '^ wohl dazu beigetragen, derartig unbefriedigende Zustände
von neuem zu schaffen.
Im allgemeinen dürfen wir daher annehmen, dafs die Inununität schon
sofort bei der Verleihung oder wenigstens sehr bald nach derselben nicht im
Fronhofsbezirk, sondern vielmehr in der grundherrlichen Mark als gewöhn-
lichem Substrat wirksam wurde; und jedenfalls haben wir uns hier nur zu
fragen, in welcher Form eben diese Wirkung eintrat Da sind denn zwei
Richtungen zu unterscheiden: die eine macht sich ausschlieüslich nach innen
fühlbar, läuft also auf die Herstellung einer Gerichtsorganisation hinaus; die
andere dagegen erstreckt sich nach aufsen, ihr Kernpunkt liegt in der Kom-
petenzabgrenzun«? gegenüber den benachbarten staatlichen Gerichten.
M S. beispielsweise oben S. 208, 229, 231, 233.
*) ^gi* *Arch. Maximin. 9, 348: Umgang des kleinen bezirks und hochgerichts zu
sant Maximin durch die vierzehn Maximinische scheffen begangen anno 1422 more Treverensi
sabbato post Vincentii.
*) S. unter Vergleich mit 8. 448 oben *USMax. 1484 Bl. 2^: habemus hereditatem
quandam in der Lulbonen, in qua habet dominus [abbas] iudicium altum et bassum . . ., et
quicumque habent de eadem hereditate, sunt iuraü domino . . et suo monasterio et dicuntur
huver et . . tenentur retinere hereditatem prefatam et iura domini ibidem et semper in
vigilia lohannis baptiste servare iudicium et videre, quod omnes assint, sub pena ad dictum
eorundem. et illa hereditas prestat annue termino Martini 5 fl. et 7 alb.; et unus eorum
semper debet esse villicus, qui annue tenetur sublevare prescriptam pecuniam et deliberare
ad monasterium sancti Maximini cellerario ibidem; et tunc dantur eidem 1 sum. vini et
2 albi panes. . . . Item dominus abbas potest unum eorum cogere cum consilio der hubener,
quod Sit villicus ad ^ublevandos census pretactos.
*) S. u. a. oben S. 186, 228.
'^) Ennen, Qu. 2, 169 — 170, 167, 1237: Güter in Mauenheim ad estimationem 4 man-
sorum cum duabus areis et aedificiis gehören zur curtis in Mauenheim. Die Besitzer de
iisdem bonis omnia placita, que vulgariter dinc et rinc appellantur, observabunt . . sicut
ceteri homines de familia predicte curtis ratione suorum bonorum faciunt et facere tenentur,
prout ipsa familia dixerit faciendum et observandum. *Bald. Kesselst S. 317, 1338: pro
90 Ib. parvorum Thiu-oncnsium seu nigrorum verkauft Ludwig Schavart areas . . cum homi-
nibus ac omni earum onere et honore, quibus nos areas tenuimus antedictas. Es sind 4 in
Owelshclden hereditarie possesse, 3 in Lonienbach similiter hereditarie possesse pro censibus
deputatis, ita videlicet, quod de eisdem 7 areis et earum inhabitatoribus 19 s. hl., 5 mir.
avene minus 4 sext mensure Treverensis et 9 puUi in festo sancti Martini annis singulis
persolvimtur.
[Onudberrildikelt ona Vogt«). — 1044 —
ÜbtT (He erett- RichtUDÄ ist wenig mehr zu sagen. Wo sioh die Immn-
nitU auf vnlle Marken, etwa «ar Hun'lei-tschaftsmarkeu bezog, da wird die
alte Oi^aniKatinn der Dinge unter dem neuen Geiichtsberrn einfach aufrecht
erlialtcu worden sein *. Wo aber alte Zusamnienhänn^e nicht vorhanden wareu.
da neateiU.^ sich die Gerichts%'erfa8sung in der oben erörterten Weise aus:
kombinierte Mark-Itaudinge als Civilgeriehte, dartiber Hocbdinge mit dem
kombinierten Schöffenpersonal der Mark-Baudinge im Schöffenstuhl als Slraf-
Kerichte, endlich ein luBtanzenzug von jedem Untergericht über ein amleres
vom Herrn zu bestimmendes Unter- oder Hochgericht zum Grundherrn, luit
einer srhliersltchen Durcbbildun;; der Zentralstelle zu einem innerhalb dieses
Inntanzenzugefi kompetenten Lehnhof, ja vielleicht zu einem obereten, noch
tlbcr diewiii Ii(>linhof stehenden Hofpericht.
Weiterer Untersuchung dagegen bedarf noch die zweite Richtui^. Hier
haben wir freilich die iimnUBitÄtsherrlichen Gerichte späterer Zeit völlig; fi-ei
und Silber jedem Kompetcnzzusammenhang mit anderen Gerichten auiserfaalb
der Oruntiherrlichkeit gefunden: war das aber auch ursprunglich der Fall?
Machten die inuerlialb 8i)äterhin grundherrlicher Marken sitzenden freien Mark-
genossen der Frilhzeit, wie sie noch nicht zu Markgrundholden geworden
waren, nicht doch eine Einmischung königlicher Rechtssprechung noch inner-
halb der ImnniniUltKJurisdiktion nötigV
Die Frage ist am einfachsten auf Grund unserer fi-üheren Untersuchungen
über die Fiakusverfassung zu Iwantworten. Denn in dem Fiskus, wie ihn das
Cap. de villis kennt, safsen ja freie Markgenossen der eben angeführten Art,
und der Fiskus war als Analogiebildmig der Hundertschaft im Sinne der
Immunität aus der gemeinen Gerichtsverfa&sung ausgelöst'. Hier ergiebt sich
nun folgendes. Füi- die Gnuidholden war der Iudex ohne Ausnahme der
zuständige Richter in strafreditlichen wie wohl auch noch in civilreehtlichen
Sachen. Es bestand also unter dem Vorsitz des Iudex vermutlich in jedem
Fiskus ein Hochding für Strafsachen der Gnindholden, welches dem Hochding
der freien Hundertschaften mit Ausnahme der Zuständigkeit fUi- Erbe und
Eigen entsprach. Und es bestanden aufserdeni eine Anzahl von grundhöi-igen
Baudingen in den einzelnen fiskalischen Fronhöfen, deren Vorsitz, wie es
scheint, noch nicht den einzelnen Meiern, sondern durchweg ebenfalls dem
Iudex zustand". Für die freien Markgenossen innerhalb des Fiskus dagegen
finden sich nur Exekutionsrechte des Iudex bei Forderungen aus königlichen
Gerichtsgefilllen und bei privaten Forderungen nicht im Fiskus gesessener
Gläubiger *. Diese Exekutionrechte entstammen einer doppelten Wurzel. Die
GeriehtsgefÄlIe erhob der Iudex an Stelle des Grafen oder Sacebaro; hier
1) S. dazu oben S. 744.
») S. oben S. 722, 731.
■) C&p. de villis § 56, cit. oben S. 723 Note 11.
*) S. dazu oben 8. 723.
— 1045 — I>ie Grundherrlichkeit.]
hatte also die Übertragung einer Beamtenpflicht von einem Beamten auf einen
anderen stattgefunden. Die Exekution privater Forderungen dagegen vollzog
der Iudex als Hunne\ also in seiner Eigenschaft als Vorstand der Fiskus-
hundertschaft.
Aufser beiden Exekutionsrechten hatte der Iudex mit den freien Mark-
genossen im Fiskus nichts zu thun. Wir müssen also annehmen, dafs diese
für Eigen und Erbe wie fllr Strafsachen bei einer benachbarten freien Hun-
dertschaft zu Ding gingen. Nimmt man dies an, so ergiebt sich ohne weiteres,
dafs dieser Gerichtsstand für Eigen und Erbe aufhören mufste, sobald Eigen
und Erbe hörig geworden war, d. h. sobald sich das Allmendeobereigentum
des Königs und mit ihm die Markhörigkeit aller Markgenossen völlig durch-
gesetzt hatte ; dagegen konnte sich der auswärtige Gerichtsstand der ursprüng-
lich freien Markgenossen des Fiskus für Strafsachen noch länger halten.
Das war nun in der That der Fall. Das Cap. Caris. vom J. 873,
MGLL. 1, 520, bestimmt in c. 3: si . . fiscalinus noster ita infamis [der
testeia bezw. des latrocinium angeklagt] in fiscum nostrum confugerit, vel
colonus de immunitate in immunitatem confugerit, mandet comes iudici nostro
vel advocato cuiuscunque casae Dei, ut talem infamem in mallo suo praesentet.
et si talem praesentaverit, si aliquis eum comprobare voluerit, faciat: et si
nuUus eum comprobare voluerit, tamen suam infamiam ad Dei iudicium purget,
et per illud Dei iudicium aut liberetur aut condemnetur. si autem iudex noster
vel advocatus de casa Dei commonitus talem blasphemum comiti in mallo suo
non praesentaverit, fiat inde secundum Cap. lib. 3 cap. 26. Hier ist es keine
Frage, der Gerichtsstand des freien Fiskusmarkgenossen nach auswärts besteht
wenigstens noch für Strafsachen.
Aber aus der citierten Stelle ergiebt ' sich noch mehr. Fiskus und
Immunität werden in ihr völlig gleichartig behandelt. Fiskus und Immunität
müssen mithin in der 2. Hälfte des 9. Jhs. eine ganz analoge Entwicklung
der hier besprochenen Verhältnisse aufgewiesen haben. Und hierfür lassen
sich nun allerdings aus einzelnen Andeutungen der Quellen immittelbare Be-
w^eise erbringen.
Zunächst ist der Immunitätsherr gegenüber seinen freien Markgenossen
ursprünglich im Besitz genau eben jener Exekutionsrechte, welche der fiska-
lische Iudex ausübt: hierauf gehen die stehenden Verbote der Immimitäts-
privilegien an die staatlichen Beamten, innerhalb der Immunität Fredus zu
erheben und Pfandschaftsbürgen zu suchen ^. Femer aber sehen wir wenigstens
M S. oben S. 219 f., 222 f.
^) Fideiusbores tollere fast in allen Immunitätsurkiinden , zu freda exigere s. MR. ÜB.
1, 24, 772, cit. S. 1016 Xote 4: fredumque . . ad ipsas ^cclesias ftiisset concessum; MR. ÜB. 1, 89,
875: Kaiser Lothar I. bewilligt Prüm das Recht, ut si qu^libet persona extranea eius [sc
lüonasterii] insidiando servuni interemerit, freda, qu^ a publicis exigebantur actoribus, ad
i>ius perenni iure cedant partem. nihilominus etiam, — sicut in nostro altero continetur
privilegio [es ist MR. ÜB. 1, 90, s. d. (zugl. mit No. 89): ex omni potestate monasterii . .
[Grundherriichkeit und Vogtei. — 1046 —
an öiner Stelle noch spät, um die Wende des 11. und 12. Jhs., die freien
Markgenossen thatsächlich zu einem staatlichen Hundding in ihrer Nachbar-
schaft gehen ^ : es sind die Leute von SMaximin, welche alle drei Jahre die
alten aus dem Hundding der Ruwerhundertschaft entstandenen freien Hoch-
gerichte besuchen'. Aber die Kompetenz dieser Dinge bezieht sich nur noch
auf Furtum, also auf Strafeachen ; filr Eigen und Erbe sind die Markgenossen
längst dem kombinierten Mark-Bauding eingeftkgt, so dals sich dieses für sie zum
vollen Grundgericht entwickelt hat.
Indes eine Freiheit in der Art derjenigen der SMaximiner Markgenossen
ist doch im 11. Jh. schon entschiedene Ausnahme; der Regel nach ist um
diese Zeit die besondere Behandlungsweise der freien Immunitätsmarkgenossen
längst verschwunden^, diese erscheinen mithin völlig der immunitätsherrlichen
Gerichtsverfassung fttr Grundholde eingefügt.
Und so entsteht denn eben um jene Zeit etwa die grundherrliche Gerichts-
verfassung, deren äulseren Aufbau wir uns schon oben aus den Akten vor-
nehmlich der zweiten Hälfte des Mittelalters vergegenwärtigt haben.
Übersieht man nun aber das grundherrliche Gerichtswesen im ganzen,
80 ergiebt sich als zweifellos bezeichnendstes Glied des gesamten Aufbaues
das Grundgericht, schon deshalb, weil es nicht blofs in immunitätsbegabten
Grundherrschaften vorkommt sondern sich auch für kleinere Grundherrschaften
aus einfacher Fusionierung von Mark- und Bauding entwickelt haben kann,
zugleich aber deshalb, weil es den eigentlichen Kern des ganzen grundherr-
lichen Gerichtssystems repräsentiert: aus seinen Schöffen setzt sich der Hoch-
dingschöffenstuhl zusammen, und in seinen Kompetenzen finden sich die Kom-
petenzen des einfach-grundherrlichen Baudings wieder. Kommt es deshalb
darauf an, noch einen genaueren Blick in die Einzelheiten der prundherrlichen
Gerichtsverfassung zu thun, so wird sich für einen solchen ein Ausgehen
vom Grundgericht besonders empfehlen.
nihil omnino exigi ab aliquo homine volumus de ullo umquam coniecto, sed ita ab omni
redibitione eos Liberos atque alienos esse censemus . . quemadmodum ex exordio fuissc
onmibus notum est] — modis omnibus sanccimus, quatinus omniafreda, qiiae serius [I.: prius]
eiusdem monasterii ad ius publicum legalis institutio pcrsolvere cogit, [ut] ad liuninaria
eiusdem coenobii deinceps perseverent.
^) Doch vgl. auch MR. ÜB. 1, 162, 919, Prüm: ut abbas suos advocatos habeat
licentiam statuendi sine regis presentia in cuiuscunque comitis mallum volucrit Diese Stelle
geht doch wohl auf die Begleitung Freier durch Vögte (entsprechend den ludices) an die
freien Gerichtsstätten: oder sollte die MR. ÜB. 1, 185, 947 (unten Note 3) bestehende
Abschwächung auch hier schon vorliegen?
«) S. oben S. 207 Note 1 und den zugehörigen Text S. 207 flf.
') Vgl. z. B. MR. ÜB. 1, 185, 947, Trier: familia ecclesi^ . . ad causas eorum [iudicmn
publiconim] audiendas [non] veniat . . . sed suflßciat comiti, ut advocatus sanct^ Treveric^ ecclesi«^
aut in privatis aut publicis negotiis iustitiam de familia reddat vel exigat infra comitatum
in mallidicis locis; sed sola h^c potestas super eandem familiam eiusdem ^cclesi^ archi-
episcopo Sit collata, et cui indulserit Hier ist also an Stelle der Präsentation der freien
Hintersassen selbst am Mallus deren Vertretung durch den Vogt eingeführt.
__ 1047 — Die Gnmdherrlichkeit.J
Das ist der Gesichtspunkt, von welchem aus ich die bisherigen Erörte-
rungen über Gnindherrlichkeit und grundherrliche Verfassung mit einer kurzen
Schilderung der Grundgerichtsorganisation abschliefse^
Zu betonen ist hier zuvörderet, dafs das Grundgericht jeden eigemnäch-
tigen Eingriff des Gerichtsherrn, etwa im Sinne von noch bestehenden Resten
einer früheren grundherrlichen Disziplinargewalt, völlig ausschlofs * : das Grund-
gericht war ein Gericht wie jedes freie Gericht auch.
Dem entsprach denn auch seine Organisation, welche ganz nach Muster
der Volksgerichte getroffen war: es besteht neben dem Gerichtsherm und
seinem Gerichtsvorsitz ein Umstand und ein Schöffenstuhl als Urteilen
Auf die volle Beibehaltung des Umstands wird deshalb gerade in grund-
herrlichen Gerichten besonderer Wert gelegt, weil die Dinge zumeist zugleich
Zinstage waren ^: da lag es im eigensten Interesse des Grundherrn, die An-
wesenheit jedes Pflichtigen zu verlangen. In der That wird diese Pflicht
immer wieder eingeprägt*; nur Herrennot und Gottesgewalt entschuldigen^.
Dabei war der Umstand im allgemeinen auf diejenigen Männer® begrenzt,
^) Natürlich handelt es sich dabei nur um die reine Frage der Organisation, Detail aus
dem Prozefsrecht und dgl. schliefst sich nach unserer ganzen Abgrenzung von selbst aus. Man
vgl. auch Bd. 2, 624 ff.
*) WSaargau 1561, G. 2, 58: abe sach were das unsere g. h. vermeinten, das sich ein
armeman misbraucht het und den armen man nit erlassen kunten noch entragen wollen, so«
sollen die hem mitsampt dem armen man recht stellen an die scheffen; alsdan was der
«cheffen durch recht wiset über der misbrauchungh, dabi sollen unsere g. h. den armen man
laessen, mit beheltnis der scheffen ires rechten an dem, da der umglimpf ftmden wurt Wenn
dagegen WGuttenberg § 20, G. 4, 726, gewiesen wird: solch weistumb haben u. g. h. zu
mindern und zu mehren, so kann ein derartiger Ausspruch nur einer Zeit schon starken
Verfalls gegen Schlufs des Mittelalters angehören.
») Hierzu vgl. z.B. *UMünstermaifeld, Hs. Koblenz St. A. CXI» Bl. 11^: est sciendum,
quod omnes habentes suprascripta bona tenentur propriis in personis dicta die sancti Andrec
comparere in curia prepositiu*e Monasteriensi coram preposito vel suo officiato et ibidem,
antequam prevideatur iuri, quod dicitur dink, satisfacere de censibus supradictis et postea
presidere iudicio ibidem sub omnibus iuribus et penis, prout superius de censibus ortorum
in die sancte Gertrudis ccdentium longius est enarratum, salva tamen illis decima predictonim
bonorum, quorum interest seu Interesse potent quoquo modo.
*) Es wird sogar eine eigene Abgabe zur Aufrechterhaltung dieser Pflicht kreiert, die
succegarve, s. Lac. ÜB. 2, 717, 1278.
^) WRhens 1456, G. 3, 778: so weit als man büdenband [: den Schall beim Reif-
beschlagen der Bütten?] und klockengeleut hört, wer u. gn. h. dinggericht zu rechter zeit
nicht besucht, der ist verfallen vor 10 hl., es wer dan sach, das es gottesgewalt und herrennot
were. WNiederdreis 1622: Ausbleiben vom Ding wird entschuldigt durch herrennot und
gotsgewalt Dingfrei sind demnach Pfarrer und Hirten, s. oben S. 230 Note 5, auch
WAViebelsheim 1498 § 1. Das Bopparder Sendw. 1412, G. 3, 775, nimmt aus die Hirten
und andere noitarbeider, die umb noit arbeident.
*) Witwen in gleichem Verhältnis sind selbstverständlich ausgeschlossen, WWiebels-
heim 1498 § 1.
[Grundherrlichkeit und VogteL — 1048 —
welche einen selbständigen Haushalt im Gerichtsbezirk hatten ^ oder aber dem
Herrn als Grundherrn zinsten ^ : unter beide Kat^orieen fielen so ziemlich alle
erwachsenen Männer des Bezirks, so dals auswendig und nit gesessen im
jaigeding als identisch gelten konnten^. Eine Vertretung des Hausvaters
durch die Hausfrau war dabei nicht zugelassen^. Entsprechend dieser
strengen Beibehaltung des Umstandes erhielt sich denn auch seine gericht-
liche Thäügkeit länger, als das in nicht vollfreien Verhältnissen zunächst
erwartet werden sollte*.
Den Männern des Umstandes wurden nun die Schöffen entnommen ^, und
zwar entweder durch Wahl oder durch Ernennung ^. Wo die Wahl stattfindet,
handelt es sich fast ausnahmslos um Kooptation durch das Schöifenkolleg ^>
^) WLeudesdorf 1563: wer zu L. binnent furstad halt und da stetlich wont und haus-
heldet und des abents die klocke zu dem jairgedinge hört leiden, und des morgens nit darb!
komt, der ist dem faigt umb das vurg. wette ; und wer die klocke nit gehört halt und da-^
van nit weiB, der mag mit seinem eide abgain. WObermendig, G. 8,819: wer sol aber heut
zu tage dabei sein? der scheffen sollen sein 14, sofern als die binnen lants und leben sein,
und ein jeder nachbaur, der ein brennendes feur hat
^ WIgel 1587, § 5: zum Grundgericht des Hofes Igel gehört jeder, der Güter hinter
dem Grundherrn liegen hat WEirchheim 1508, § 1 : in das jarding ist von rechtswegen
schuldig zu kommen m. h. der vogt und wer 1 hl. zins giebt WG^dscheid 1560, § 8: daß
alle diq'enige, die empfenglichsgüter haben, . . sollen in dem jargeding gehorsam und pflichtig
sein, da zu sein.
^ S. WMettlach 1485, G. 2, 60.
*) WQuerscheid 1466, G. 2, 45: so einer oder mehe, die zu dem jargeding verbotet
wurden, das verachtent und ir wiber dar schicketen, hat der iglicher 5 s. d. verbrochen.
WNeumünster, G. 2, 86, Fr.: ob eimans sin frauwe vor sich in das jargeding schickt, ob die
frauwe den man erheiben sal? Antw.: hait einer zu schaffen, sol dem cloistermeier urlauf
heißen, die frauwe erhebt den man mit. Gegen Vertretimg durch die Weiber geht wohl auch
WLiesdorf 1458, G. 2, 13: ein ieglicher, der da gut in dem bezirk habe, sol perschonlich in
dem freien jargeding sein.
«) S. Bd. 2, 636.
^) Vgl. vornehmlich Hanauer Paysans S. 107 f. über die grundherrlichen Schöffen.
^) Zwischen beiden schwankt, ohne dafs man recht das eingeschlagene Verfahren ver-
steht, WRodenbom 1568, § 17: auch sal ein ider scheffen nit allein durch den hem noch
auch durch die gericht erweit werden, sondern eindrechtich durch here und gericht
gemacht.
®) WErpel 1383, § 29 de electione scabinonun: quod scabini viventes in Erpele ex
suis deliberationibus et ratihabitionibus propriis unanimiter habent potestatem eligendi alium
vel alios scabinum vel scabinos in locum recedentis aut recedentium sive decedentium, qui
sit vel sint de legitimo thoro nati et progeniti, et qui sint idonei fideles bone conversationis
et sine omni infamia, et qui sit vel sint ortus vel orti ex sua natione veri Erpelenses et non
advene. WBacharach 1386, G. 2, 216: fiugete der scholteiß die scheffene, wa ein scheffen
odir me abegingen und andere an der staid gekoren worden, die den scheffenstule mit den
andern gesellen nit besitzen wolden, wie man die dringen salde, daz si recht wisten mit an-
deren iren gesellen? danif wisten sie, wan eins scheffen odir me gebreste, die andern
soUent zusamen kommen und sollent uf iren eit kiesen die besten, die sie wißent und duenket
sin, und sollent die dem scholteißen dan uennen.
— 1049 — Die Gnindherrlichkeit]
und meist tritt dann zu dieser Form der Wahl die Zustimmung oder der Rat
des Gerichtsherm\ welchem unter allen Umständen Bestätigung und Amts-
einsetzimg der Schöffen vorbehalten blieb ^. Indes neben der Wahl findet
sich doch auch recht häufig die einfache Ernennung durch den Herrn ^. Frei-
lich ist dieser absolute Modus dann wieder oft durch ii^endwelchen Einfluis
der Gemeinde begrenzt. Abgesehen von dem unbestimmten Verhältnisse der
Beratung des Herrn durch die Schöffen* ist hier das Gewöhnlichste, dafs dem
Herrn Kandidaten von der Gemeinde aus vorgeschlagen werden*, aus diesen
wählt er dann den ihm passenden®. Wie nun aber auch die Erhebung zum
Schöffen stattfand, auf jeden Fall mufste der Designierte das Amt annehmen ^.
1) *WLongiiich 1408, Arch. Maximin. 8, 36, § 20.
^) WFrisingen 1541, § 1: Kooptation der SchöfTen, die mag ein ehrw. her apt [von
SMaximin] als grond- und lehnher annemen eiden und schweren thun und ime huldonge
thun seine rechte zu hanthaben. *Iura et onera monasterii sancti Maximini in Barweiler
anno 1484, Arch. Maximin. 1, 565: in Barweiler est abbas sancti Maximini dominus fundi
collatorque ecclesiarum scilicet Uxem et Barweiler; et habet in Barweiler 7 scabinos, qui
constituuntur per dominum abbatem seu suum schultetum ab eodem ibidem constitutum,
seu confirmantur ab eodem schulteto ex parte domini abbatis, quamvis deficiente uno
scabinorum possunt alii scabini eundem eligere, non possunt tarnen eum confirmare nisi
per voluntatem praefati schulteti nomine abbatis et conventus, et hoc secundum iudicium
scabinorum ibidem.
') *WBi8ingen, Arch. Maximin. 1, 1287: potest abbas . . et debet constituere unum
vUlicum cum tribus scabinis et praecone potestque eos amovere retinere ad voluntatem libi-
tuibque suum, quandocumque sibi placuerit WDensbom 1534, 6. 2, 566 : die scheffen oder
gerichtsman mit eiden befragt und ermaint uf den wistumb, wes si von iren vorfieuren scheffen
verstanden und von inen an sie braicht; si erkennen einhellentiich solichs so hernach folget:
das si ire ubung, die van iren vorfaren ain sie braicht si, verstanden und selbst gebmicht
haben und gesehen bruichen, das welche zeit und wanne scholtes scheffen oder boden im
dorf Densbur gebrechen, so habe ein herre, so das sloB uf- oder zusleust, die zu kiesen,
darnach ein apt zu Proeme zu eiden. WHünsdorf 1537, § 3 : erkennen [dem Abt von SMaximin]
die gericht und scheffen zu machen und zu entmachen, zu setzen und zu entsetzen, aUein
und nemants gemeine. WBesch 1541, § 4: der Grundherr hat scheffen und gericht zu ent>
setzen und zu setzen und zu machen, so vil uft und dick das von noten sein und gepueren
wurde, on einige inrede. Ähnlich WHagelsdorf 1596, § 5.
*) WOckfen 1325, § 3 : facere et ponere scabinos, quotiens opus fiierit, de consilio tamen
aliorum scabinorum dicte ville. Hierher gehört doch auch noch WZolwer 1571, § 7: wer
den scheffen zu setzen auch zu entsetzen auch zu eiden hab? — daß mein gn. frauw solches
zu thuen habe, doch haben ihre gn. und dero vorfahren ihnen den scheffen erlaubt, ein taug-
lich person zu solchem amt vorzuschlagen.
^) WKönigsmacher 1591, § 1 und 2; WEich 1597, § 18: beim Wechsel der Schöffen
wählt der Herr einen von zwei durch die Schöffen und den Meier vorgeschlagenen Kandidaten.
Ähnlich WMamer 1542, § 3.
^) Daher es WLorenzweiler 1590, § 1 geradezu heifst, dem Abt von Echtemach stehe
frei, 4 Schöffen und den Grundmeier zu erwählen.
^) WEnschringen 1348, § 14: wer nicht Schöffe werden und der eren nit achten will
und nit gehorsam sein wolt, den sollen die herren strafen nach irem gefallen. WBacharach
Lamp recht, DenUcbee Wirt«c]ufUleb«n. I. 67
[Grundherriichkeit und Vogtei. — 1050 —
Im übrigen standen sich Wahl und Ernennung bezw. die an sie anknüpfenden
Erhebungsarten keinesw^s so schroff gegenüber, wie das nach der bisherigen
Schilderung scheinen kann. Denn es waren zur Schöifenqualität nebenher in
den meisten Fällen noch eine Reihe objektiver Vorbedingungen erforderlich,
welche den Kreis der Kandidaten von vornherein mehr oder minder einengten.
Sehen wir von den allgemeinen Erfordernissen der ehelichen Geburt, der
vollen bürgerlichen Ehre und der längeren Eingesessenheit auch völlig abS
80 kommen noch im Einzelfall eine ganze Anzahl von Sonderbestimmungen
vor. So kann sich z. B. die ursprün^che Präponderanz des Baudings über
das erst später hinzugekommene und fusionierte Markding in dem Umstand
aussprechen, dafe in erster Stelle Gehöfer Schöffen werden sollen'; an anderem
Ort dag^en sind wieder Eigenleute als Schöffen ausgeschlossen^. Wieder wo
anders soll immer 6in Schöffe ritterbürtig sein^, und weithin ist die Auswahl
1886, 6. 2, 216, nach Wahl neuer Schöffen: der scholteiß mag zu ine gan und aal iz ien
sagen, wollent siez duen, daz ist gut; wollent sie iz nit duen, so sal der scholteiß zwene
scheffene nemen und sal einen faden Tor der düre ziehen, die des nit dun wollent, und also
dicke dan der odir sin gesinde über den fiiden oder uf ire erbe gant, als dicke verUesent
sie den hoesten frevel; und sal sie dan ein fietut Ton eins paltzgrayen wegen forter dringen,
daz sie gehorsam sin dem scheffenstule als Torgeschriben stet WRemich 1477, G. 2, 244:
wer im hof Ton Remich gesessen were und zu scheffen gekoren wurt, der sol scheffen sin
oder bnssent den hof zehen wonen« item wem der scheffenstoel nit gelegen enwere zu be-
sitzen, der mach in uneben, und bussent den hof von Remich ziehen wonen, sonder imantz
indrag oder wederrede. WSponheim 1488, § 4: wer dem closter in 8 hl. zinsbar ist oder
darober, der sal dem apt zu seiner herlicheit und gericht gehorsam sin, abo wurde er zum
scheffen oder zu eim scholteizen erweit, mag er sich nit darwider setzen im dorf und dale
Sp. WFaha 1494, § 28: abe einer, der ncit seheffen sine wulte, geweilt wurde, den haben
die herren darzu zu dringen. WKersch 1593, G. 2, 274: weist der scheffen, da einer gut
zusanmienschlug und nit ein gerichtsman sein wil, hait mein herr zu Echtemach als grontherr
macht desselbigen gut zu jeder gewannen einen morgen zu nehmen und einen andern damit
zu begaben, und [sal] derwegen den begabten zu seinem gerichtsman zu machen macht haben,
damit die gerechtigkeit erhalten werd. S. auch noch zur Erläuterung der Praxis Locrsch,
Ingelh. Oberhof No. 4 und 131.
>) S. z. B. WRemich 1462, § 7; WErpel 1383, § 29, cit oben S. 1048 Note 8.
*) S. z. B. WKasel 1548, G. 2, 299: wisen wir gedachten herm solch freiheit, woe
«ichs begebe, einen scheffen zu setzen und keinen bequemlichen man binnen obgen. bcziik
begiict funden, möchten sie alle zit nach irem frien willen und wolgefallen in die gemein zu
Kasel grifen, einen ader mehe scheffen aus denselbigen welen ; der ader die sein auch alsdan
schuldig inen on einich entschultnis ader Weigerung zu folgen und den scheffenstol anzii-
nemen, unangesiehen, das er nit under inen binnen dem grontgericht beguetet ist dargegen
hait di gemein zu Kasel sich wasser und weiden binnen obg. marken zu geprauchen luid
zu genießen.
') WRemich 1477, G. 2, 244: es ensol auch kein eigennian im hofe von Bemich zu
schoffon gekoren werden, noch mit den andern scheffen zu Remich zu gericht sitzen.
*) Wlvlotten 1446, G. 2, 442: weisen die scheffen, dat die herren von Malmimdor von
wegen sanct Peters hof zu Clotten einen man, der ein ritter of der van ritters arde ist,
willigen sullen ein scheffen zu sin an des gotzhuises van Bruwilre gericht zu Clotten ; s. dazu
— 1051 — IMe Grundherrlichkeit.]
mehr oder minder fest an schölfenbare Familien geknüpfte Freilich stehen
nun neben all diesen Fällen wieder andere, wo jede derartige Voraussetzung
fehlt; im WEnschringen vom J. 1348 z. B. heilst es in § 14: wenn die Herren
Oerichtsleute nehmen zu Meier oder Schöffen, so haben sie zu greifen in den
Haufen, williche ine gefilglich seind, und das mit recht.
Entsprechend diesen so mamiigfach voneinander abweichenden Bestim-
mungen werden die Schöffen keineswegs stets besonders rechtserfahrene Leute
gewesen sein; sie waren auch nicht etwa besonders alterserfahren, denn es
&iden sich unter ihnen neben älteren Leuten auch ziemlich viele junge*. Die
Amtsdauer selbst war freilich, soweit sich nicht der Herr Eingriffe vorbehalten
hatte ^ oder Amtsentsetzung de iure eintrat*, eine lebenslängliche; doch
inu-de unter Umständen ein motivierter Verzicht bei Lebzeiten angenommen ^.
Nach der Wahl oder Ernennung des Schöffen fand seine feierliche Ein-
fifthrung in das Amt statt unter mannigfachen symbolischen Handlungen*,
WKlotten § 1 u. 2, G. 6, 536. *Scheckman, Spec. feud. D 4, Rittersdorf: Th. [miles] con-
fessus est anno 1383, se et heredes suos fore astrictos ad officium scabinatos dictum nobilium
scabinorum officium, vulgariter edelscheffcnampt, dominorum abbatis et conventus sancti Maxi-
mini in curte eorum in Rittersdorf ex bonis feudalibus subscriptis (17 iugera).
') In diese Richtung weisen Nachrichten wie *Bald. Kesselst S. 215, 1330: Kuneman
de Mulboume scabinus in Bopardia . . officium scabinatus mei in Bopardia ad manus vestras
{archiepiscopi Treverensis] renuntio . . rogans . ., ut vos idem officium scabinatus Petro
dicto Colve sororio meo conferre dignemini, sicuti vobiscum est tractatum. Man vgl. auch
nebenher *Bald. Kesselst. S. 432, Kumunge und artikel der Stadt Trier gegen Balduin, 1351,
§ 4: so sal unse herre vorgen. die schefTen dez gerichtes setzen, die von der stad geburtich
«in: und als ir eime liebes gebrichet, so sal er einen andern setzen, die ir genoiß si, den
«i mit dem eide begrifen, als iz von alder herkomen ist etc.
«) WKünzig 1592, Einl. : Schöffen von 60, 50, 30, 33, 30, 36 Jahren. WBettemburg
15H Einl. : der Unterlandmeier 55 Jahre alt, die Schöffen 73, 50, 56, 64, 68, 48, 38 Jahre.
*) S. z. B. »WWeifskirchen 1493, Arch. Maximin. 1, 93: der Abt von SMaximin potest
. . facere iustitiam fomicam [?] ämplam et integram, videlicet villicum pro superiore cum tribus
suis scabinis, quonim unus magister scabinorum dicitur, et quotiens ei videtur congruum
urgente necessitate vel utilitate eos removere revocare et destituere quomodolibet anno in
mense maii post medium dicti mensis et in locis eorum alios sibi sufficientes et idoneos in-
stituere, imponere et ordinäre nullius sufiragante contradictione in hac parte.
*) WEich 1597 § 12: das alsulche durch die herm zu sant Johansberg [die Grund-,
Mittel- und Hochgerichtsherren] oder ihre . . beamte . . gesetzte meier scheffen und boten
staende gericht sein und die tag ihres lebens darbei verbleiben, es seie dan, sie das mit
mund und hant vermachen oder einer altertumbs oder ander Ursachen wegen vor gericht
abheischet.
^) S. aufser Note 4 auch WLampaden Schlufs, G. 2, 114: welcher scheffen auch alters
oder sonsten billiger Ursachen halben von dem scheffenstuel abstehn wolt, von dem solt unser
ehrw. herr oder sein schulteß den stuel abnhemen, doch das er der scheffen rat nit melde
[1. : meide], und so man seines rats im scheffenstuel aus notwendigen Ursachen bedurfte, als-
dan gehorsam sein.
«) Vgl. z. B. W^'iedcrprüm 1450, § 1, G. 6, 581 : do fraigte der schulteB die andern
scheffen, wie man die zweno nuwe scheffen in eren stoel setzen sulle? da wiseten si, ein apt
67*
[Gnmdherrlichkeit und Vogtei. — 1052 —
mittelst deren ihm die Amtsgewalt übertragen wurde ^; zugleich leistete er^
bisweilen unter Zahlung einer Rekognition ^, den Amtseid auf Wahrung der
Rechte des Gerichtes und des Gerichtsherm ^.
Der Zahl nach gehörten meist 7 Schöffen zu einem Giimdgericht ; so
hatte man die Zahl von den Baudingen übernommen*. In früherer Zeit
wurde ein solcher Schöffenstuhl der Regel nach nur 6inem Dorf entnommen^
und an Stelle des Gerichtsherm stand dem Ding entweder der Meier des
Fronhofes oder der grundherrlich gewordene Zender der Gemeinde vor. Aber
seit der Wende des 12. und 13. Jhs. schritt man zu einer Zusammenlegung
der einzelnen Grundgerichte und kombinierte nun den Schöffenstuhl aua
van Prume sulle die scheffen nemen mit dem rechten geren und der faid mit dem linken
geren, und sollen si in einen stoel setzen, und solicher wise wurden si auch in Iren stoel
gesatz. S. dazu WDensbom 1584, 6. 2, 566: nach Wahl der Schöffen neme ein herre apt
zu Proeme sie bi dem rechten g^ren irer roecke und ein herre des bemelten sloß Densbur
l)i dem linken gSren und fueren sie also mit einander zur gerichtsbank.
') WErpel 1883, § 29: in qua electione [scabinorum] domini nostri [die Kölner Dom-
herren] non habent aliquam potestatem neque aliquis alius auctoritate eorum, sed nihilominus
ipsis electis seu ipso electo predicti domini nostri aut officiatus sive scultetus nomine eonim
presentabunt et annuntiabunt treugam et pacem omnibus ministris et subditis suis in iuris-
dictione sua constitutis, quam primum ipsi electi suum prestarunt iuramentum solitum in
obseiTantiam iurium et iurisdictionis eorundem dominorum nostrorum ac etiam antiquas con-
suetiidines et iura ipsius parrochie et ville in Erpele, secundum nosse et posse, ut tenor inra-
menti innotuerit, sine dolo.
^) USMax. S. 444, Detzem 8d: si scabinus constituitur, 6 d. dabit; tres nostri sunt, tres
advocati.
») S. schon oben Note 1, auch Guden. CD. 2, 979, 1299; *W Weifskirchen 1498, Arch.
Maximin. 1, 98: praefati scabini tenentur solemne praestare iuramentum ad sancta dei evan-
gelia ^dllico vel abbatis in hac parte commissario primo tamquam superiori, denuo advocatis
vel suis in hac parte commissariis. *\VDiedenhofen Ende 15. Jhs., Arch. Maximin. 2, 820:
in Theodonisvilla est dominus abbas sancti Maximini fundi dominus, cui etiam scabini faciunt
homagium, et iurant seu faciunt iuramentum, quotiescumque novus abbas venerit *WBisingen,
Arch. Maximin. 1, 1288: item scabini una cum magistro scabinorum et praecone faciunt iura-
mentum suum in manus villici ex parte domini abbatis, et postea advocatorum. S. auch
WSchillingen 1526, § 13. Deshalb wohl nennen sich die Schöffen Eidgesellen, s. WThroneck
1534, G. 6, 472 — 473; so wird auch WMettlach 1499 statt mitgesellen zu lesen sein. Da-
neben kommt freilich der Ausdruck mitstulbrüder vor, WMarodt 1606, G. 1, 841.
*) S. z.B. MR. ÜB. 2, 87, 1187: im SSimeoner Hof zu Lehmen sind vorhanden 1 scultetus,
1 viceadvocatus, 7 scabini; USMax. S. 435: Heisdorf . . quarta pars curie vocatur, et alie
curie [Muthfort, Mamer, Schönberg, Ewerlingen, Mersch, Lintgen, Hunsdorf, Ohlingen] dimidia
vocantur; ein halber Hof hatte nach der hier gebrauchten Terminologie 7 Schöflfen, s. unten
S. 1053 Note 6. In der Grundherrschaft von SMaximin sind nach *üSMax. 1484 u. a. an
Schöffen vorhanden : 7 in Saurschwabenheim (4 aus Schwabenheim, 2 aus Hilbersheini, 1 aus
Bubenheim); 15 in Münsterappel mit 5 zugehörigen Dörfern; 14 in Thaben (8 aus Thaben,
3 aus Weiten, 2 aus Mechem, 1 aus Merteskirchen, 2 aus Bachem, 3 aus Losheim); 7 in
Gostingen; 7 in Asselbom; 7 in Barweiler; 7 in Himsdorf; 7 in Heisdorf; 7 in Lintgen.
Vgl. zu diesen Angaben auch noch WMandem 1537, § 4: die Schöffen erkennen dem Abt
von SMaximin ein freies kaiserliches gericht mit 7 scheffen uf s. erw. grondherlichkeit zu
besitzen.
_ 1053 — Die Grundherrlichkeit]
Schöffen, welche in zwei bis drei Dörfern angesessen waren. Am frühesten
lä&t sich der Übergang umfassend in den Angaben des erzstiftischen Urbai-s
;au8 dem Anfang des 13. Jhs. verfolgen \ am klarsten liegt er in den Angaben
^es Luxemburger Urbars aus dem Anfang des 14. Jhs. vor: hier gehören zu
-einem Meier-(Fronhof-)amt zumeist nur zwei bis drei Schöffen, und erst zwei,
^ei oder vier Meierbezirke bilden ein Grundgericht. Und der Vorstand
»dieses Grundgerichts ist nun nicht mehr ein Meier oder Zender, sondern ein
i)e8onderer Gerichtsbeamter, der Schultheife *. Ähnliche Zusammenlegungen
wie in den Trierer und Luxemburger Grundherrschaften lassen sich aber auch
-sonst — am wenigsten zahlreich wohl in den geistlichen Grundherrschaften* —
verfolgen : so daTs die Grundgerichte des späteren Mittelalters in solche älteren
Stils mit meist einem Meier, und in solche jüngeren Stils mit einem Schult-
heifsen an der Spitze zerfallen *,
Aber neben den Grundgerichten mit 7 Schöfifen giebt es auch noch
solche mit 14 Schöfifen. Die Verdoppelung der Zahl ist in einigen Fällen
leicht zu erklären; sie ist dann eingetreten, wenn ein Hof zweien Herren ge-
meinsam gehörte: dann wurde wegen jedes Herren ein voller Schöflfenstuhl
1)e8etzt'^. Schwieriger ist die Erklärung in einem anderen Falle. Eine in dorso
der Urkimde MR. ÜB. 1, 352, 1059 (nicht vor dem 12. Jh. geschrieben) be-
findliche und von Bresslau in N. Archiv 11, 104 herausgegebene Notiz besagt:
dominus Everardus archiepiscopus contulit monasterio sancti Eucharii (curtem
Pouche), curtem voluit intelligi villam Poliche predictam totam, quia omnis
Tilla habens 14 scabinos dicitur curtis, et non solum curtis, sed etiam integra
curtis, quia quelibet villa habens 7 scabinos dicitur et est dimidia curtis. et
liec est regula communis de omnibus villis. Regula communis ist nun diese
Bezeichnung sicherlich nicht gewesen — es giebt unendlich viele Höfe mit
7 Schöfifen, welche nie als halbe Höfe bezeichnet werden — , indes kommt
•die Terminologie doch auch sonst, soviel ich notiert habe, an drei Stellen der
Moselüberlieferung vor^. Zu erklären ist sie vermutlich aus der Erscheinung,
«dafs bisweilen bei verhältnismälsig spät eintretender Markherrlichkeit des
') S. Bd. 2 S. 171 f.
«) S. Bd. 3 No. 287.
') S. oben S. 1052 Note 4 die Angaben über SMaximin im 15. Jh.
^) Freilich kann auch in den Grundgerichten älteren Stiles an Stelle des Meiers ein
ßchultheifs getreten sein, im FaUe dafs dem Meier die gerichtlichen Funktionen genommen
sind; s. darüber oben S. 734 ff. und 772 und unten S. 1057 f.
») So z. B. WAmel 1472, § 7.
®) Nämlich USMax. S. 435: Hekkesdorph solvit medietatem predicti servitii, quia quarta
pars curie vocatur, et alie curie dimidia Yocantur; s. dazu oben S. 1052 Note 4. Mit der
Zinszahlung bezw. Servitiumleistung hängt der Unterschied gewifs nicht zusammen, denn das
Servitium war sehr verschieden hoch normiert. S. femer WThron Wintrich Graach 1315,
O. 2, 355, cit oben S. 474 Note 1, und WWeiden 1478 erkennt und weist der ganze hof ; es
sind 28 Lehenmänner, darunter 14 Schöffen.
[Qnmdherrlichkeit und Yogtei. — 1054 —
Grundhemi der SchöifenBtuhl des neuen Grundgerichts aus der Vollzahl der
Schöffen des grundherrlichen Baudings und der Schöffen des alten Markding»
kombiniert werden mochte; zu dieser Erklärung stimmt wenigstens die be*
sondere Betonung der Markherrlichkeit (curtem voluit intelligi vUlam • . totam>
in der eben angeführten Notiz.
Pflicht des Schöffenstuhls war es nun, im Ding das Redit zu weisen;
wie es das Saarbrllckener Recht vom J. 1321 kurz ausdrückt: die scheffen
sollent helfen dem meiger alle dedinge halten. Der Schöffenstuhl war somit
gegenüber dem Gerichtsherm der eigentliche Hort des Rechtes^; und aus
dieser zentralen Stellung folgt seine Thätigkeit sowohl im Urteil wie in der
Weisung Rechtens'. Aui die Art der Verhandlung im Gericht ist hier im
übrigen nicht genauer einzugehen^; Erscheinungen dei*selben, welche in den
Rahmen dieser Untersuchungen fallen, werden unten Bd. 2 S. 624 ff. genauer
besprochen*.
1) Vgl. Honth. Hist 2, 85, 1S08, dt anten Bd. 2, 025 Note 4.
*) Beides fiel bekanntlich in der mittelalterlicheii Anschaaung zusammen, TgL z. B.
WRhens, G. 6, 486, dt unten Bd. 2, 624 Note 1, audi *USMax. 1484, BL 28^, WThabei»
1487: wisen mit ortel und redit statt des einÜEidien wisen; so oft
*) Siehe audi unten Bd. 2, 637 f. Von einzehien lehrreidien Nadiriditen zur
Stellung der SdiOffen im Oeridit f&hre idi hier nodi an MR. ÜB. 8, 988, 1249, Koblenz:
H. scabinus loco sculteti presidens, 12 scabini et universi dves Gonfluentini. *Bald. Kessdst
S. 431, Besdiwerden Balduins gegen die Stadt Trier 1351, Articuli contra scabinos : § 1. primo-
enkoment die scheffen nicht zfi gerichte noch gestan dem sdralteßen nicht bt in Sachen, die-
uns und unser gerichte r&rent § 2. item bedagen sich die lüde gemeinlichen, daz in die*
scheffen nicht snel ende engeyen, als sie dicke wol mochten, wez sie zfi schaffen hau ani
gerichte, damide arme lüde verderben. § 8. item slan sie daz gerichte uf, wanne sie wollen,
und enlaßen deme schulteßen keine gewalt, wicwol er über sie si, und brechen ime sinen*
kunimer. WBacharach 1407, G. 2, 218 (vgl. 8. 220 Abs. 4): fregete der scholteiß die scheffene
uf Ire eide, so ein scholteiß ein gerichte beseße und scheffen bi ime bette, und die ane-
laube eins scholteißen umstunden, was den herren recht darumbe were? daruf antworten)
und wisten die scheffene, sie scheffen weren vcrbonden zu allen ungebodcn dingdagcn, und
so man über hals und heubt riechten sal, und so daz gerechte gehäuft ist, zu komen, die
anders inhcims sint und vor krangheit darzu komen mogent sust sint sie nit schuldig zu'
gericht zu gan noch zu sitzen, ez fuge ien dan gar wol. doch wollen sie daz beste duen, als
bizher, und begerten, daz er die frage vorbaß ließ bliben. Scotti Chur-Trier 1, 251, Kob-
lenzer Schöffenordn. § 43 : als bisher an unsem buwedingen, die drimale des jairs, nemlich.
uf geschwomen montag, uf montag nach quasimodogeniti und uf sant Katherinen tag gehalten
werden, der gebruich ist gewesen, das der scheffen mit Urlaub hait moissen reddcn, mit ur>
laub ufstSn und mit Urlaub niddersetzen , so ordnen wir, das nu hinüirter unser scheffen
sonder heischung Urlaubs an unsere buwedingen sitzende redden moegen.
*) Hier vgl. man zum Zweck einer konkreten Vorstellung mit besonderer Beri\ck-
sicbtigung auf das Bd. 2, 264 ff. Ausgeführte noch WFleringen 1345, G. 2, 523: requisiti a
dicto Theoderico . . de specificatione bonorum, scilicet agrorum pratorum et alionun, et de
signis banni et metis vulgariter dicendo marchin, ubi et in quibus locis existant et quomodo^
et apud quos et qualiter nominantur, qui scilicet scabini habita deliberatione super dicta
rc(iuisitione sie facta cum sanioribus et senioribus eiusdora parochie Fleriche reportabant et
dicebant, quod non essent bene triti desuper nee possent nee scirent tarn bene speciticare^
— 1055 — I^ie Grundherrlichkeit]
Sehr natürlich, dafs den Schöffen als Äquivalent für ihre ausgedehnte
Inanspruchnahme in den sich mit der Zeit inmier vermehrenden Dingtagen
auch eine Anzahl von Rechten zugesprochen waren. Sieht man von der
seltenen Berechtigimg zur Teilnahme an der Kreierung herrschaftlicher Be-
amten ab\ so geniefsen die Schöffen vornehmlich dreier Vorteile: sie sind in
gröfserem oder geringerem Umfange lastenfrei ^ ; sie haben Anspruch auf ge-
sicut Thomas de Fleriche, quia quampluries recitavit et speciticavit eadem bona diversis
vicibus. quibus sie recitatis per dictos scabinos prefata domina Hadewigis magistra necnon
Theodericus predictus nomine dicte domine magistre atque scabini predicti reqmsiveront et
roganint prefatum Thomam, ut ipsa bona amore domino magistre necnon ad preces ipsonim
scabinorum ipsa bona ad ipsam curtim spectantia specificare veUet qui respondit, quod ob
reverentiam dicte domine magistre et ad preces dictorum scabinorum et alionim hoc fecere
vellet ad presens, sed de cetero nunquam ipsa bona specificaret: que scilicet bona prefatos
Thomas omnia et singula de puncto ad punctum propter melius et viam pacis specificavit,
ne de cetero aliqua briga deinde oriretur. hiis omnibus sie peractis et interrogatis Johannes
famulus prefate domine Hadewigis magistre necnon conventus monasterii predicti quandam
cedulam seu cartam papiream in suis tenebat manibus, in qua continebantur eadem bona in
consimili vel quasi conscripta eodem modo, prout Thomas predictus recitavit; quam etiam
idem lohannes ad requisidonem predicte domine magistre ac etiam de consensu et voluntate
prescriptorum scabinorum dicte curtis ibidem legit quasi faciendo coUationem cum dicto
Thoma et scabinis prescriptis, utrum ipsi concordarent in cedula, prout ipse Thomas antea
recitabat, eo modo et ad maiorem securitatem, nt de cetero dicti scabini vel eorum successores
eo minus essent onerati et quod etiam non indigerent de anno in annum sie specificare
bannum et metas seu bona subscripta. — Zur Geschichte der Dinghaltung vgl. noch besonders
USMax. S. 433, Schuttringen 10 b: 2 placita, Epiphanien und Johanni; *Arch. Maximin. 4,
567, 1874: annalis placiti in Emmel observatio; WKatherein-Ostemil468 ; WAmel 1472 § 1
WDalheim bei Remich 1472 Einl., Hardt S. 150, auch § 1 und 2, sowie Schlufs S. 157
nVBarweiler 1484, Arch. Maximin. 1, 565. § 1 ff.; *WHagel8dorf, Arch. Maximin. 6, 347
WArgenschwang 1488 § 1 (Zahl der Dingtage); WEttelbrück 1492 § 18; *WWeif8kirchen
1498, Arch. Maximin. 1, 93; WFaha 1494 § 1; Wllargesheim 1505, G. 2, 162; Wlgel 1587
§ 2—4; WTrisingen 1541 § 11—18, 81; Wllasbom 1545, G. 2, 97; WLinster 1546 § 8
W^SVonneldingen 1597 § 1; |\VFilzen 1598, G. 2, 87; WIrsch Serrig Beurich 16. Jhs.
WTJollendorf 1606 § 3; WHünsdorf 1607 § 25; WEdingen 1669 § 6; WBendorf 1671 § 1
WBerg bei Ettelbrück 1780 (Ladung zum Jahrgeding bei Hardt S. 88); WKöllerthal G. 2, 18
WXandscheid § 10; s. auch Bd. 8 Wortr. u. d. WW. dinghdagh u. s. f.
*) WNeumünster, G. 2, 84: wanne die eptissen den meier wilt machen, so sol sie ir
sieben scheffen, die si gemachet hat, dun komen in irre kamer; darzu sol die eptissen nie-
man nifen, dan die ir fugent, und da sol. sie heißen ir sieben scheffen ir welen oben und
nidden, wo die eptissen wilt, uf dem vorg. eigen nun bider manne; under den nünen neme
die eptissen einen meier, und der sol es entfahen von der eptissen; und sollent ime die
7 scheffen den eit staben, als es dan darzu höret, und der meier sol die zinse und die gölte
intwingen und sol si der eptissen hantreichen, oder wem si sie heißet geben.
^) CRM. 2, 169, 1255, Erzbischof Konrad von Köhi für Andernach : volumus, quod tam
ipsi scabini quam eorum successores qui pro tempore fuerint in perpetuum ab omni cxactione
seu petitione sint liberi et soluti, sie etiam quod nos aut nostri successores nullas exaetiones
sive petitiones in ipsos aut eorum posteros fiaeere vel statuere debeamus. *WHagelsdorf,
Arch. Maximin. 6, 858, § 12: item hait der herr vier scheffen da zo machen, sine recht zo
wisen und zo hanthaben, und dem lande recht zu sprechen in dem vorg. hoife; und sullent
[GnmdheiTUchkeit und VogWi. — 1056 —
wisse Gerichtssporteln, auf Verpflegung an den Diiiglagen, auf Lieferui^' voa
SchÖfTenniänteln u. ilergl. ' ; endlich sind ihre Häuser besonders gefreit and
bilden Asyle for Ööciitifre Verbrecher*.
Dem Uiitstand und namentlich den Schößen als Richtern tritt nun der
Herr als Gerichtsherr und Ding^'oreitzeuder r^egenüher'. Als solcher hat er
vor allem das hergebrachte Recht aufrecht zu erhalten. Diese Pflicht seiner-
seits steht ircradezu in direkter Wechselwirkung mit der Weisungspflicht dw
Schoflen: kränkt der Herr das Recht, so versagen die Schöffen die Dingpflicht*.
doruinb fri [sin] alles dingM ron des herren und voiu w^en, usgenonimen ihre ztns van ihrfD
guden; die sullent si geben in der maissen al» vorg. steit TVltemtdi UT7, G. 2, 244: wir
wisen auch die sieben äuheSen im hof vcid Kemich fri hertpeimink und hertbüner, und
alle waichten und biideo, usgenomcu scharwacht. S. auch WLintgen 1587 § 4.
'J S. U2Metl]a<'h S. 194 — 195, 1329: Verzeichnis der iura scabinonini villicorum pisca-
torum atijLie foresiarionim von Hettlach, d. h. der Keichniese, welche die Gmannten zu ge-
wissen Zeit«a erhalten beisw. geben. 'USAlax. 1484 Bl. 6^, WSauer3chwai>enheim 1407: die
ecbeffen sullent . . davan ir bestenteius helien, wanne die hoben [ZioEhufe] ran einer hant
in die ander kommet. WdiLcbt 1462 § IT f.: alle kaul- und verkaufholsgfiter Bind am Hof-
gericht XU versiegeln: die Versieglung bringt dem Schöffen ''i viertel wein und dein Schultbeiss
3 weifipfennig. WMonaiae 1474, G. 2, 278: mm zwölften weisen die seheffen den bem alle
drei Jahr ein weiatnmb and inen den scheffen die kost ; und im fal sich zutrüge, so iemant
geroegt und sich der rhoe verantworten wulle oder sunst etwas viirstunt, sol ein wiiligh uf
den vierzehenden tagh uf ohnrecbten kosten gehalten werden, 'liistr. Max. pro pensionibus
IS. Jli. 4 Viertel: scahinis nostri» pro capucii« 28 fl.; bierzu s. M':>Amual 1417: 14 scheffen
mit bloßen hanpten, ire kogeln nf ire achseln geschlagen. WOberdonwen IM2 § 8; die
Schöffen erbalten alle grundherriichen Bussen zur Hälfte vor ire belonong.
') WBemich 1477, G. 2, 244: man üal niemantz in der piinten zu Kemich, in der
moellen m Beche, noch in der sieben seheffen huser koemeren aingriien heiigen noch phen-
den; und verbrech einer sin lib, es were mau odei' will, und kern in de ponl in die niulli-
oder in der sieben scheffen huiser eins umb bibeit willen, denselben menschen sol man seB
Wochen nnd dii daige darinne fri laissen sonder stomng oder bant ain zu dhou. S. auch
WObeidoDwen lb43 g 33 und WAsselbom 1566 § 27, sowie Honth. HisL 2, 611, 1519: die
Asjlfreiheit der Schaffen zu Montabaur war bisher unbeschränkt; jetzt werden nsgenomen
wisselich morder und geverlich doetschleger, uffentlich diebe, necbtlicb verderber der fruchten,
uffentlich £brecber, sthocher [?] derjung&auwen und doetschleger oder giiddeiabhAwer in den
kirchen oder uf kirchoifen, die in den scheffenhuiseni gar kein Mheit haben, sonder dartis
alieit angenomen und gefangen und nach irem verdinst gestraiit werden moegen.
') Zorn folgenden vgl. auch Hanauer, Paygana S, 61 t
*) WSPaulin Mesenicb 1380 g 2, G. 6, 514: waz sacbe daz dorf Mesenicb antreffe die
lüde des dorfes an irme rechte swechen oder krenken mochte und die lüde dem probiste
dagen, daz sal er in abedoin ; and daz er nit gedun enkan, daz sal er vort suechen an sime
obenten. WHermeskeil 16. Jb. n, gl: so fem als m. gn. h. oder icmand [von] seinetwegen
die ■che€en bei ihrem alten brauch und herkommen erhalten weide, so erkennen wir [die
Schöffen] ihm das jargeding zu halten. WKhrenberg, (i. 3, 770, über Gülten und Renten
der Grafen von Sponheini: die scheffen sprechen, so von u. gn. f. u. h. wegen ihr [der Vogt]
uns wollet handbÄben, wie von alters, so wollen wire auch tia weisen. S. femer WAnder-
nacb 1500 § 3, G. 6, 649, cit unten Bd. 2, S. 648 Note 2. Übrigens beruhte dieses gegen-
seitige Verhältnis zumeist auf dem vollen Vertrauen beider Seiten, s. Bd. 2, 665, auch
Hanauer, Pajsans S. 143 f. Vgl. zur Prsxis auch Loersch. Ingelb, Oberhof No. 394.
— 1057 — IWe Grundherrlichkeit]
Zum Zweck der Aufrechterhaltung des Rechtes ist der Herr zunächst zum
Vorsitz im Ding entweder persönlich oder durch Stellung eines Stellvertreters
verpflichtet. In Wirklichkeit haben die Dingherren noch bis in spätere Zeit
hinein nicht selten den Dingen i)ersönlich präsidiert^; und jedenfalls blieb
ihnen auch bei ständiger Stellvertretung der Vorsitz stets offen ^. Bei ihrer
Abwesenheit aber führten in ältester Zeit den Vorsitz an ihrer Statt wohl
ausschliefslich die Meier bezw. die grundherrlich gewordenen Zender. Seit
der Wende des 12. und 13. Jhs. treten dann teilweis® an ihre Stelle die
Schultheifsen *, sei es nun dafs der einzelne Meier zum blofsen Wirtschafts-
1) Vgl. MR. ÜB. 1, 409, 1104; CRM. 1, 105, 1132; *WSalmrohr 1338, Hs. Koblenz
CXIb, Bl. 48»; *WAuw 1483, Arch. Maximin. 1, 349.
«) Vgl. Bd. 3, 97, 19, 1291; WRoden 1484 § 3; WFaha 1494 § 2.
') Eis bleiben also immer noch Meier in den alten Funktionen voU bestehen, vgl. z. B.
oben S. 212; WHerbizheim 1458, 6. 2, 23: als lange ein meiger, der ein meiger zu H. ge-
west ist, uf eime sessel ungehalten gesitzen mach, so solle er umb alle Sachen, die sich vor
ime, diewile er am ampte ist, verhandelt voUenAurt und verußert, glaupt sin; WRemich
1477, G. 2, 241—243, cit Bd. 2, S. 632 Note 2, sogar für ein Hochgericht; WWelfried
15. Jh.? § 2; WW'ellingen bei Merzig 1498; WIgel 1537 § 1. Vereinzelt tritt an Stelle des
Titels Meier auch der Titel Hofinann, namentlich eben da, wo der Meier nur noch Wirt-
schaftsmeier ist: es stehen dann also Hofinann und Schultheifs nebeneinander; vgl. z. B.
WKreuznach, 6. 2, 151. Und in diesem Falle kommt es denn auch vor, dafs für den Ge-
richtsbeamten nicht der Titel Schultheifs, sondern Meier gewählt wird; es führen mithin
Meier imd Schultheifs der gewöhnlichen, von uns angewandten Terminologie nach die Bezeich-
nungen Hofmann und Meier: so z. B. WPellingen 1545 imd WMerl 1631, Einl.
*) Damit wird denn das Schultheifsenamt besonders und für sich erwähnt, s. z. B.
Guden. CD. 4, 903, 1262: universitas ville [Flörsheim] eliget tres viros ad dictum officium
{sculteti], et presentabimt eos advocato; ex bis acceptabit unum. ^WBreisig 1363, Kindl.
123, 25, Münster St A. : die Aebtissin von Essen hat in Breisig stol und ban und scholteBen-
ambt; das *W. von 1442, Kindl. 122, 249, fügt den klockenslag zu; vgl. dazu auch CRM. 3,
54, 1310. S. auch femer Bodmann, Rheing. Altert S. 733: curia [in Winchela], in quam
officium et ins officii [des erzstiftisch Mainzischen Schultheilsen] cum suis pertinentiis pertinet
Trad. Wizenb., Zeufs S. 306: Weifsenburg hat zu Rode predium cum suis pertinentiis, vide-
licet officium sculteti, curtis dominlcalis ciun bonis censibus et iuribns ad eam pertinentibus.
Kindlinger iförigkeit S. 462, WKrotzenburg 1365: in vUla Crotzenburg in curia dominorum
sancti Petri . . , in qua scultetus ville predicte morari consuevit ; s. WKrotzenburg 1415, ebd.
S. 533: darinne derselben heren scholtheiße zu Crotzenburg pleget zu wonen und da man
zu wamtlichem gerichte plieget zu sitzen. Zur besonderen Stellung des Schultheilsen vgl.
auch noch oben S. 172, 176, 189; Baur, Hess. ÜB. 2, No. 8, 1153: Verzeichnis der Rechte
des Hombachschen Schultheifsen ; MR. ÜB. 2, 4*, 1169; USMax. passim, s. dazu oben
S. 1053; Bd. 3, S. 109, ss, 1302; Honth. Hist 2, 35, 1308, cit Bd. 2, S. 625 Note 4, dazu
MR. ÜB. 2, S. 520; ULuxemburg Bd. 3, No. 287 passim; Hennes ÜB. 1, 496, 1327, cit oben
S. 382 Note 2; WAmel 1472 § 5; WDiedenhofen Ende 15. Jhs., Arch. Maximin. 2, 820,
cit Bd. 2, S. 269 Note 4; WRittersdorf 1565, Einl.; WMarodt 1606, G. 1, 841, cit Bd. 2,
S. 648 Note 3 ; Martene Coli. ampl. 2, 91 ; WBacharach, G. 2, 220 ; Bd. 3 Wortr. u. d. WW.
scultetria, scholtheißenampt. — Von besonderem Interesse ist noch WKersch 1593, G. 2, 274
(ausgedehnter cit oben S. 220 Note 2, auf S. 221): der zentner sal meins herm hofinan an-
rufen als ein Schultheiß: hier sind also die gerichtlichen Funktionen als regelmäfsiges Amt
des Schultheifsen, nicht mehr als Teil der Funktionen des Meiers (Hofinanns) gedacht
[Gnindherrlidiieit und Vogtei. — 1058 —
meier, il. h, zum rein wirtschaftlichen Vorstand des Fronhofes, heiabsinkt und
neben sich <las neue Amt des Schultheirsen für seine bisherigen gerichtlichen
Funktionen entstehen sieht*, oder sei es, dafs mehrere bisherige Froiihofsdinge
vereinigt werden und dann för das so eulstehende kombinierte Geridit,
unter Entlastung der Meier aller dieser Fronhöfe, ein besonderer SchultheiTs
bestellt wird*.
Neben der Übernahme des Vorsitzes liegt dem Gerichtshen-n femer die
Stellung des Dingplatzes* und des für die Dinghaltung nötigen Apparates an
Bänken u. dei^l- ob *- An sich konnte der Grundherr den Dingplatz wählen,
wo er wollte "; selbstverständlich war dabei freilich im allgemeinen, riafs die
Wahl auf einen Plata innerhalb des Gerichtsbezirkes fiel ". Nicht selten findet
sich (ier alte Mai'kdingplatz als Gmndgerichtsplatz wieder, in diesem Falle
wird das Grundgericht unter der Dorflinde'', oder unter einer Eiche "^i einem
Nufebamu" u. dgl. abgehalten. Daneben aber stehen in gleich grofeer Anzahl
Fälle, wo sich das Grundgericht auf dem alten Baudingplatz, also auf Fron-
hofgehiet, versammelt. So in der Fronseheuer, im Kelterhaus, im Fronhofs-
saal oder sonst in irgend einem Frongebände ". Vemmtlich hiermit wie wohl
I) S. oben H. 735 f.
') S. oben S. 1053.
") WMilljngen bei Sierck, G. 3, "86: auch sulleii die geweltliaber der gemeinen vöu
M. dn pletz wisen uf der hübe, danif sie mögen ein stige machen; ab alier die pletz der ge-
meinen nit getil, mögen sie ein selbst madien, wo in gelibt in irer gemeinen sonder intrag
aUer heiren. S. auch W. des Fallastes 1468, G. 2, 236.
*) WBech bei Ecbternach § 2: daz m. herr abt [von Echtemacdi] sol ein hof han,
darin sollen staen stoel and benk. WMereig 1529 g 1: Kiun Jahrgeding sollen da sein und
stehen 3 benk mit ilireni gedeck und ein sessel wler üwei, auch mit ibriim gedeck und Eiigehör.
") WWallmOnster 15. Jh. Ende (?) g 7, ciL unl«n Bd. 2, S. 658 Not« 4. S. auch
WBreisig 1546, G. 2, 633; ob man irrig mnb die ho&gueter wurde, wo der zweispalt richt-
lich erörtert oder verthedingt werden aol? das sol uf der hofBptatzen geschehen, es erlaub
dan der schulteiß von wegen des bofUierni, das es an einem andern ort geschehe.
*) WBacharach, G. 2, 220: wa der schultiB in deme [Bacharacher] b^rif sitzet und
scheffen bi üne hait, id ai uf dem velde of anderswa, da mach er gerichte halden.
') WKirburg 1461 : zn Kirburg unter der linde; WBiebem IS06, G. 2, 189: m Biebero
im dal vor der bnden uf dem plan; WWeidelbacb 1538 (53): jabrgiding zum weistum
alle jars zum halben maien bei der kircben under der linden; WSchwarzenberg 1560
Schlob: zu Crittenich under der linden, da man das iargeding zu halten pflicht S. auch
noch WAIlendorf-Haselbach 1559 g 2 und WJohannisberg: Gericht unter der Linde, nur das
Fastengericht im Dorf (Kälte?).
») WFahr-Ginneredorf-WoIfendorf 1494 § 2.
>) WKochelhausen 1430.
'") WUedelhofen 14S1, G. 2, 532: der hem scholteß . . bat bescheiden naist alder ge-
wonheit die geschworen boifener ind lehnman zur rechter dagezeit uf den hof, ind umb un-
gewitters willen in Kesselerers schewer, als uf des vurg. hoifs erden. WBesch 1541, Einl.:
Weistum abgehalten im obersten Saal des Hofes. WLeyen 1555, G. 2, 507: das Hofgeding
im Kellerhaua gehalten. WSaargan 1561, G. 2, 56: darnach wist der Bcbeffen, das man das
iargeding sol halten zu Fucbten uf der froinscheuren umb ein recht und uf eigenthumb des
— 1059 — IWe GnindherrlichkeitJ
auch luit der Gerichtsqualität des Grundherrn im allgemeinen hängt es zu-
sammen, wenn die Fronhöfe gleich den Schöflfenhäusem besonderer Freiheit
geniefsen und als Asyle für flüchtige Verbrechetr geltend
Endlich ergiebt sich aus der Gerichtsherrlichkeit des Grundherrn noch
eine dritte Thatsache: der Grundherr hat die Exekutive am Grundgericht*.
Sie fiel wie der Gerichtsvorsitz an des Herrn Statt dem Meier bezw. Schult-
heifsen zu, zu ihrer Durchführung aber war noch ein besonderer Subalterner
Stifts van Trier: daselbs sol man finden ein scheur uf vier Stilen, ein feur sonder rauch,
benk und geseß vur unserer genedigen hem amptleut und gericht zu sitzen, auch ein sessel
dabi stain mit seinen zuhören, ob iemants quem, dem es unser g. h. amptleut gimten daruf
zu sitzen.
1) S. WKenn 14. Jh. 2. H., § 5 u. 6, G. 6, 545: dama so wiset der scheffen unsem
liem iren frihen hofe und vortme einen frien man. und abe is sach were daß ein man einen
zoren gedane hette und queme in unsem hemhoif umb genade und schirmes willen, so sal
er Mede und schirme hain, [so lange er da ist]. WWiltingen 1495, §2: der Hof zu
Wiltingen ist so frei als SLudwins Altar. WBech 1529 , G. 2, 68 : dis hofgering binnet der
4 maursteinen, die umb den hof stehn sollen, hat Freiheit (Asyl) auf 8 Tage. WBesch 1541,
§ 27: der Hof ist Asyl als die hilligh kirch; genauere Schilderung Hardt S. 97. S. auch
noch WKönigsmacher 1591, § 10; WRemich 1462, § 15: die Asylstellen (Hof, Mühle,
Schöffenhäuser) sind frei von jeder Pfändimg etc. , es darf hier niemand koemeren, aingreifen,
heiigen noch pfenden. Diese Asyle laufen übrigens viel&ch nur darauf hinaus, die peinliche
Gerichtsbarkeit womöglich von einem Hof dem andern zuzuschieben; man sah es gern, wenn
der Verbrecher entfloh: WRemich 1462, § 18. — Eigentümlich sind WSendweiler 1520—1550,
§ 1, G. 2, 128: ob etlich gueter frei sein? antwort der scheffen und weist, nit mehre dan
ein hofgut, Croppenhof, und ob ein misthediger darin lief, sol er der freiheit geniefsen; wilt der
hofman von ime richten, sol er einen galgen über die pfort machen und sol ime lassen richten
mit dem bauch zur pforten innen und mit dem ruck heraus; wo einem hofinan das zu
schwere ducht sein, sol er ine mit dem rechten gern vor die pforten liefern uf der hem
gericht in der hem haut. WKleinich, G. 2, 185: ich frage dich, daß du uns weis machest,
was die drei freihoefe vor ein freiheit haben, daß sie freihoef heißen? also ich geweist
worden, das weisen ich mit vor recht, wan ein hanttetiger uf der hoefe einen kem oder
kummen wurde, so sol er freiheit haben drei tag und sex wochen; wan die freiheit umb ist
und drei schrit von dem hoef kumpt und kan dan wider uf den hoef kumen, so dick ers
thun kan, solle er freiheit haben. — Auch alle Orte mit Beaumonter Freiheit haben das
Asylrecht; Bonvalot S. 804. Nähere Bestimmungen über Kirchen und Kirchhöfe als Asyle
für Verbrecher enthält Ennen, Qu. 1, 491, 81, 1080. Zur Freiheit der curtis ducis s. schon
L. Baiuw. 1, 9, s, MGLL. 8, 802. S. auch Landau, Salgut S. 119 f.; v. Inama, Ho&yst.
S. o9 Note.
2) Honth. Uist 8, 50, 1577: der Abt von SMatheis beklagt sich, obwol er des gnmd-
gerichts zu Palzele Nenich Heifant Vilmar Romelfingen und Caden im ampt Sarburg ruhig
und friedlich herpracht, als doch ime von unserem amptman zu Sarburg die zeugen an
gericht zu forderen, desgleichen in volnziehungen der urteil die execution an den beweglichen
guetem zu thun nit gestattet werden wolle , daruf und auf eingenommenen bericht von dem
amptman zu Sarburg, so jetzt gegenwertig gewesen, unser gn. herr diese erclenmg gethan:
weil man dem gotteshaus zu sanct Matheis in ben. dorferen der grundgerechtigkeit gestendig,
daß ime auch pillich die citation der zeugen und die execution in mobilibus, zuvor und ehe
die immobilia angegriffen, in grundsachen zu gestatten seie. Vgl. dazu die Anm. Hontheims
a. a. 0.
[Grundherrlichkeit und Vogtei. — 1060 —
vorhantieii ', der Büttel^. Als Subalterner war der Büttel besoldet', als
Exekutivürgau wurde er vom Herrn eniaiint* und ab und zu auch für andere
als gerichtliche Dienste verwendet *. Indessen findet sich bisweilen doch auch
Wohl des Butteis durch die Schöffen", und bei dem Vorhandensein beider
Prinzipien, der Ernennung wie der Wahl, uatllrlich auch die grofse Reihe der
zwischen beiden entwickelten Vermitteluiigeu. wie sie soeben fUr die Schöffen-
kreienmg besprochen worden sind'. Die Thatsaehe aber, dafe der Büttel
auch gewählt werden kann, erklftrt sich nur in der Annalune, dafs bei dei-
Fusion von Mark- und Bauding bisweilen das markgenössische (Jerichtsbotenamt
herllbergenommen wurdel und bestehen blieb, während der grundherrliche
Büttel oder Fronbote zurücktrat.
So weist denn auch das kleinste Amt innerhalb der gnmdherrlichen
Gerichtsverfassung auf die Thatsaehe der Durchdringung verschiedener Gewalten
innerhalb der ausgeltildeteu Grundherrlichkeit des späteren Mittelalters hin. Wie es
im Gruudgericht vor allem ursprünglich die gmndherrliche und die niarkherrliche
') WBreisig I.M6, G. 2, 633: wan die höfiier ein urteil weisen uf ho&gueter, es sei
umb verfallen kiinnont oder aber das niemanis einen vorgenger stclt oder dem Iiofslierm die
eins, die er jerlich zu geben schuldig, nit zu gepnerlicher zeit hezalt, oder die bueB so er
verbrochen nit gibt, wer dieselbige urtheit voltenstreck oder welcher fronebot die einsatzimg
thu? h. a., des hofsherrn schulteiß und botten solte-n ein solii'hs lunb ire belohnung thun,
wie Gnipen Johan sagt, als er ho&bot gewesen, das er es demiasscn practicirt hab. doch
gepuor dem bofsberm wie gewonlich darumb zu dingen.
") Bedellua; ~ s, USMim. Herl S. «5 Schliifä: Naurath S. 445 und S. 446 SchluFs;
Peltenz S. 452; Kürenz 8. 467. Vgl. femer Ceaarius zum ITPriim S. 148 Note 1: 'USMm.
1484 Bl. 8», WSauerschwabenheira 1407: des gerichtz boede aderbuedell; Oberlabnst Zollr.
1465 Pfingsten S. 410: dri burger uß dem raide imd den fronen, die m. h. forat hon helfen
besehen, (einen T^ verköstigt). MB. ÜB. 3, 187, 1222 kommt der Ausdruck nuntiator
vor. Vgl. femer Bd. 3 Wortr. u. d. WW. bodeampt, böte, preco; s. auch Hanauer, Paysans
S. lOS f.
») 'TlSteinfeid Bl. 1.53»: dis naegeschreven en-e ind guet pleit unse geswoeren boede
EU W6r zo hain, ind gilt zoesaemen 3 mir-, ind dat is des boeden gewoenitch loen: item die
hoefetat in dem winkel entgh^n Herman Bors guedc, ind ein stuck lantz under proesten
boumen, item eine wese zoe Nederbnsmont, dat Zopwischgen ind die Buschswese lanx der
gemeinden wesen ind die Valkwese, geldent 3 mir. kom.
*) WBleialf 1600, G. 2, 529: auch weist der scheffen vor recht, das ein abt von
Prüm hat ein hoefecholtheißen und hotten zu setzen und zu entaetzen ; und wan er wie
recht ingesetzt wird, sol in ein abt nder oberscbultbeilt nehmen mit der rechter band und
der vogt von Schönbergh mit der linker band, und sollen in also sammen in gericht insetzen.
S. u. a. anch WDensbom 1334, ö. 2. 566.
') USMax. S. 446, Nauratb: (bedellus) dominicalia nostra ad colenduni distribuet,
lectistemia nobia curabit, equos stabulabit.
*) WOberheimbach , G. 2, 229: wanne ez noit were, das ein buddel nit enwere, so
Bollent die acheffen einen kiesen und unser herre ime Ionen, und sal ime geben in dem
hOntsclien hirbst ein hUntachs fuder wins, wan die kelter eins zügegangen ist, und ein ame
wins von dem wingarteo an dem Riebe gelten uf den Haubern, und einen rocke, dis
ele 18 d.
'') Vgl. z. B. WRommetsbeim 14S0, % l, 0. 6, 580.
__ 1061 — Die GrundherrlichkeitJ
Gewalt waren, deren Zusammenwirken die neue Gerichtsform schuf, so ent-
steht das grundherrliche Hochgericht aus der Vereinigung der genannten
Gewalten mit der Immunitätsherrlichkeit. Und alte grundherrliche, mark-
herrliche und immunitätsherrliche Gewalt bilden denn überhaupt in mehr
oder minder starker Mischung , in . grö&erer oder geringerer Durchdringung
jene imter sich so unendlich verschiedenen grundherrlichen Systeme aus,
welchen wir in der Überlieferung am Schluls des Mittelalters beg^nen. Da
steht neben der einfachen Grundherrschaft, welche kaum die Ausbildung von
Grundgerichten erreicht hat, die weiter entwickelte mit Grundgerichten ver-
sehene Grundherrschaft, die soeben zur Patrimonialherrschaft innerhalb eines
bestimmten Territoriums zu werden anfängt, und aufser diesen Formen findet
sich noch die immimitätsherrliche Grundherrschaft, welche es zwar zu Hoch-
gerichten, nicht aber zu territorialem Abschluls gebracht hat, und das voU
entwickelte immunitätsherrliche Territorium.
Aber sollte der Territorialherr die Grundlagen für die Ausbildung seiner
Landesgewalt nur einer auch noch so entwickelten Grundherrlichkeit ent-
nonmien haben?
2. Die Vogtei.
Die Vogtei involviert die herrschafHiche Verti-etuiip des Bevogteten, vor-
nehmlich vor Gericht und im Kriege; ihren lelieiuÜRsteii Ausdruck gewinnt sie
und am ehesten befnUndet wird sie durch Schutz des Bevo<rteten im Kampfe,
maj: es sich nun um einen Rechtsstreit oder um den offenen Streit der Waifen
handeln '.
Wenn daher vogteiliche Verhältnisse im Mittelalter so aul'serordentlich
häutig sind, so liegt in dieser Thatsache der beste Beweis für die Behauptung,
dafs der mittelalterliche Staat seiner einzigen groCsen Aufgabe, der zwingenden
Kechts- und Friedenswahmng, in keiner Weise gerecht gewonlen ist.
Vor allem trifft dies gegenüber der Kirche zu. Wenn bereits in
spätkarolingischer Zeit der Klerus geradezu auf dem Wege der Gesetz-
gebung angewiesen wird , sich vogteiliche Vertretung zu suchen . so ist
schon diese Vervc^tung einer grofsen und einflufsreichen Klasse der Reichs-
ai^hörigen nicht so sehr auf irgendwelche Rechtsuniähigkeit des Geistlichen
als vielmehr auf die Empfindung der Staatsgewalt inirllckzufllhren, dafs gegen-
über der Bedrängung des Klerus durch die vornehmen Laien die staatlichen
Henschaftsmittel der Friedenswahrung nicht mehr voll zur Geltung gebracht
werden konnten'. So wurde die Vervogtung des Klerus völlig durehgefllhrt ;
seit dem 10. Jh. erscheint jeder Geistliche und jedes geistliche Institut vogt-
pflichtjg: eine au^rordentliche Reihe von Vogteiverhältnisseu wird allein schon
auf dieser Grundlage geschaffen.
■) Zur Vogtei im allgemeinen vgl. Bd. 3 'Wortr. u. d. WW. vocatia ff.; iind aufser
Waitz, Vfg. 5, 253 {., 266; 7, 372 f.; 8, 63 f.; t. Maurer, Fronh. 1, 278, 306 f. a. s. f.;
T. Wyrs, Zs. f. Schweiz. Recht Bd. 17 und namentlich Bd. 18; im besonderen noch Käster S. 49 fr.;
Honih. Hist 1, 634 f.; Back, Ravengiersburg 1, 36 f.; Bodmami 2, 528, 684 f.; Hanauer,
PafBana S. 74 ff.; Baumann, Allgau 1, 308, 315; Acta Morensia ed. Kopp, dazu Waitz. Vfg.
5, 266, y. Wyfs a. a. 0. 18, 157 f.; Wamkön« 1, 480 f.; 8, 374 f.; Bonvalot S. 4-'>2 f.
*) Darüber b. neuerdings Heusler, Institutionen 1, 116 f-
_ 1063 — Die Vogtei.]
Aber auch den sozial tiefer stehenden Laien legte die Gesanitentwicklung
unserer Geschichte seit der Karolingerzeit den Eintritt in iiigendwelche Vogteiver-
hältnisse nui* zu nahe. Mau braucht sich gar nicht der fortwährenden Beichs-
kriege, wie sie namentlich um die Wende des 9. und 10. Jhs. verheerend
wirkten, zu erinnern^; auch in nach aulisen hin friedlichen Zeiten waren
Rechtsunsicherheit und Landesunsicherheit im Innern grofs genug. Schon die
karolingischen Beamten mufsten durchgehends vor Mifsbrauch ihrer Amtsge-
walt gewarnt werden^; zimächst gegen ihre Bedrückungen wurde das schon
früher aus gleichem Anlafs begründete Institut der Immunität immer weiter
verbreitet^. Der Mifsbrauch der Amtsgewalt wurde aber in nachkarolingischer
Zeit, mit der Vererblichung der Ämter, gewifs niu* gröfser *, und neben ihm erhob
sich von Zeit zu Zeit und von Ort zu Ort die Wülkürwirtschaft der Bischöfe und
Könige speziell mit dem geistlichen Gut®. Noch trauriger stand es mit der
Landessicherheit. Nicht nur dafs jeder Kri^ auch innerhalb der Reichsgrenzen
in Mord, Brand und Verwüstung geführt wurde ®, Raub und Zerstörung waren
überhaupt stets an der Tagesordnung: noch schienen die Anschauungen der
Urzeit, wo der Raub in den römischen Provinzen als ehrenvoller Erwerb ge-
golten hatte, nicht völlig tiberwunden, noch im 10. Jh. bezeichnet der Aus-
druck praedo nur einen hervorragenden Krieger, so dafs ihn Ruotger c. 19
auf dei früheren Herzog Konrad mit dem ehrenden Beiwort audacissimus an-
wenden kann ^. Da darf es nicht wunder nehmen, wenn die Quellen vornehmlich
^) S. oben S. 709, daneben die Detailausmalimg in der V. Wiborad. 30.
«) Ein Beispiel oben S. 721.
») Oben S. 1016.
*) Einen Fall der Klage gegen königliche Beamte enthält ME. ÜB. 1, 275, 998:
Adalbero von Metz beschwert sich bei König Otto HI. de quodam (regii) iuris castello
Saarbrücken nominato, a quo tarn ipse quam et sua ecclesia intollerabilia patiebantur in-
, •commoda. Es wird an Metz geschenkt
^) S. oben S. 709, 711.
•) Vgl. z. B. Lambert z. J. 1070, MGSS. 5, 178, i», West&len: villas [der Gräfin
Richinza von Werl] multis opibus et aedificiis omatissimas incendit, bona diripuit, in mulieres
et pueros — nam viri in montes et saltus devios se abdiderant — fbeda et hostilia ipulta
-commisit Chron. reg. 1289, S. 275: castrum luliacum obsidet et villam castri penitos
cremat . . . Rhode pervenit, cuius omnia suburbana comburit G. Trev. c 216, 1800, die
Luxemburger haben den Trierer Thalkessel verwüstet: non est honor neque decus armatae
militiae, inermes invaderc et elemosinas eonun discerpere, quas Christi fideles quondam pro
suis delictis redimendis religiosis pro Christi nomine humiliter obtulerunt cives Treverici
hanc lesionem vix sentiuiit, sed Christi pauperes et ecclesiastici viri hec flagella graviter
pertulerunt. Wie es hier ausgeführt ist so leiden die kirchlichen Institute in der That stets
besonders stark, vgl. MR. ÜB. 2, 176, 1198 die Schilderung der angustiae der Andemacher
Nonnen, quas in instanti bellorum dissidio in domibus destructis et exarsis, in curtibus ex-
spoliatis et penitus incultis relictis . . sibi contraxerunt Ein lehrreiches Beispiel der Quälereien
der Laien gegenüber dem Kirchenbesitz ergiebt auch ^Schreiner Hbt abb. s. Martini Trev.
Trier Stadtbibl., vgl. Goerz Reg. 2 No. 1358, ebenso Goerz Reg. 2 No. 1854.
^) Doch kennt Routger das Wort doch auch schon mit unangenehmer Nebenbedeutung, vgl.
LtimniUieirlichkat und Vogtei. — 1064 —
iler au^eheudeii Karolingeizeit einen Teil der unteren Schichten des Adels in
völligem Räuberleben begriffen schildern: aberall erheben sich Kastelle und
Bulben, von denen ans die Umgebung geplündert wird '.
Nun machten freilich die kräftigen Bischöfe- wie die Könige' der
Ottonen- und fiUhen Salierzeit (liesem Treiben vielfach ein Ende, aber schon
um die Mitt« des 11. Jhs. ei-schlafften diese Gewalten, und schon fiegen Schlufs
des 11. und den Be^un des 12. Jbs. schritten — wenn auch anfangs noch
luit^r gröfserer oder geringerer Teilnahme der Reichsgewalt -- die Beichs-
angehörigen zur Selbsthilfe im Gottesfriedeu*, in der geistlichen Strafandrohung
des Banns'' und in Friedens- und Verteidigungsverbindungen gleichgeaiteter
Lebenskräfte". Mit diesen Vorgängen war natürlich auch der Selbsthilfe de&
c. 20, M0S8. 4, 261, u. Vgl. auch Hod. /. J. 947. MG8S. 3, 394, u: H. nepOB H-i quondan»
an^episcopi habens raimitioDem . . villas drciuaquaque depraed&batur . . contra cuius prae-
doueG. . . Die Besat^iuig wird später auch mit dem Wort grassaCorea bezeichnet. Noch in
der V. Meinverci c 41, c. 1020. heirsen die Burgmanneu von Bemkaslcl prai^dones oder
auch aeditd.
') Zu diesen BAubereien s. aufeer der vorhei^bendcn Note noch Regino z. J. i:^?; G. up.
(^amerac 1, 48, super quodam pretlooe: vir quidam negoliis militaribuE deditus, sed ntpacitatis
studiis iotentiu . . depopulari consuevcrat Aus späterer Zeit s. Lac. ÜB. 1, 130, 203, 1064 :
die Höhe <icü Klosters Siegburg noch vor der Gründung des Klosters (1064) befestigt, um xa
Räubereien in der Umgegend zu dienen. Ähnlich stand es mit dem Platz des sp&teren
Klosters Amstdn, vgl. V. comit- de Amstein: castrum Arinatein . . habilf ad rapinam
habitatoribus suis lapis erat offensionis et petnt scandali, utjiote qtii stipendüa suis minime
contfiiti lolum de alieno, panim de proprio passidebant.
■'1 S. nbcn S. 712, Die G. ep. Leod. 2, c. .''m haben liber deu Bischof Wazo von
LQlüch ein besonderes Kftpitel mit der überschrifl Vuod cagtella praedonum everteriL
■J Flod. z. J. 938, MGSS. 3, 385, t; Riclier 2, 8, 938; Hcrim. Aug. Chron. 1054.
Man vgl. auch die allgemeinen Äufseruiigen bei Ruotger c 16: imperatorem . . tutorem opum,
vindicem scelerum, largitorem bonorum, und in AdaJb. V. Henr. c 19: terra, quam res non
frequentat, saepissime pauperum clamoribus et gemitibus abundat
') Man Tgl. die charakteriatigchen Motive bei Ennen, Qu. 1, 489, 31, 1083. S. auch
die Schilderung der Ann. Aug. 1092: Schwaben wird von den Kriegswehen zu Boden ge-
drückt, keine Räcksichten aus Gottesfurcht, keine Scheu vor den Dienern des Herrn gab es
mehr; ohne sich Arges eq denken war jeder atra^llig, und — wie Salomo spricht — einer
tätet den andern des Raubes, der Habsucht halber; alles geht drunter und drüber, Blut
herrscht und Mord, Raub und Betrug, Bestechung, Treubruch, Unruhen, Meineid, Tumulte,
keine Rücksichtnahme auf Gottesgut, Verseuchung der Seelen, Unbeständigkeit in den Ehen,
Hurerei und Unzucht
')Blattan l,fi, 1112, erstesExkommunikationadekret gegen die raptoi'es bonorum ecdesiae:
congregationibus autem licentiam damus, ut qnicumque eos in bonis stipendlorum suorum
leserit, enm quotidie excommunicatione persequantur. Verstärkt wiederholt Stat aynod.
1238, c 1, Blattau 1, 34 und öfter. Später mischen sich auch die Päpste ein; s. MR. ÜB.
2, 234, 1208; 3, 198, 1223; Gachard, M«m. de l'acad. Belg. 1848 No. 35, 1244: Innocenz IV.
befiehlt dem Dechant und Scholasler von SPaulin-Trier, die Beunruhigung der Abtei Stablo
durch den Herz<^ von Limburg u. a. zu verhindern.
*) So der Städte, namentlich aber der geistlichen Inatitute. Darüber Genaueres unten
Abachn. VUI TeU 2.
_ 1065 — Die Vogtei.]
Individuunis freier Spielraum gegeben: trat das Reich zurück, beruhte die
öffentliche Ruhe nur noch auf der wenn auch vom Reiche sanktionierten Ver-
einbarung hervorragender Reichsangehöriger, so war nicht einzusehen, warum
nicht der einzelne sein Fehderecht üben sollte, wie er sich öffentlichen Frieden
zu gebieten vermafe. An der Mosel zog man diese Konsequenz mit dem Be-
ginn des 13. Jhs. ^: seitdem beginnt eine Zeit adliger Kriegs- und Raubzüge,
welche von den in Erstarkung begriffenen gröfseren Territorialgewalten erst
um die Mitte des 14. Jhs. einigermafsen gedämpft^, aber bis ins 16. Jh. hinein
nie völlig beseitigt wurden^.
So fehlte es zu keiner Zeit des Mittelalters an Vogteibedürftigen, und
besonders die Perioden von etwa 850—950 und von etwa 1050—1850 mögen
es gewesen sein, welche in weiten Schichten der Nation das Bedürfnis eines
besonderen hen-schafüichen Schutzes aufkonunen liefeen.
Dem entspricht es, wenn wir schon in der ersten Hälfte des Mittelalters
Bevogtete der verschiedensten Art finden. Da stehen neben einfachen Privat-
personen, mögen sie nun geistlich oder weltlich sein*, grofse Institute und
») Den ersten FaU urkundlich bezeugter Selbsthilfe bietet MR. ÜB. 3, 10, 1218. Wie
weit man schon eine Generation später gekommen war, ergiebt die Prümer Urkunde im MR.
ÜB. 3, 986, 1249: cum monasterium nostrum in medio nationis prave et perverse sit construc-
tum, propter quod insultibus inimicorum assiduis £atigatur, nos diligenti super hoc habita
speculatione considerare volentes, que nostre pads forent et salutis, necnon quo remedio
monasterium nostrum valeat in posterum tuen, de communi voluntate nostra et assensu sollem-
])niter statuimus, ut quicunque de cetero in fratrem et monachum sive prebendarium nostri
monasterii ftierit electus aut cuicunque auctoritate aliqua conferatur prebenda in nostro mo-
nasterio, quod loricam caligas ferreas galeam et alia defensabilia ad tuitionem corporis et
rerum, que armatus consuevit, secum apportare teneatur, ut dictum monasterium ab hüs in-
cursibus malignantium valeat defensari. S. auch Bd. 3, 77, s, 1277.
'^) G. Trcv. c. 259, 1352 : Erzbischof Balduin plurima castrensium domidlia circa Dunam
et Ulmenam, quac fuerant raptorum receptacula, devastavit
3) Vgl. aufser Toepfer ÜB. 2, 155, 1410; 162, 1413; 481, 1466, noch Trith. Chron.
Sponh. z. J. 1501: in die epiphanie domini sub missa venit quidam de militari genere no-
mine Johannes de £ltz cum quibusdam aliis militaribus, qui iura et libertates suas per
archiepiscopum TreWrenscm violari querebantur, cum navibus et equitibus per Rhenum et
terram, et praeoccupavit Boppardiam, posuitque mox custodes suos ad muros turres et portas
obtinuitque oppidum nullo resistente, omnibus, qui de parte archiepiscopi fuerant, ^iectis; et
quid sequatur, expectamus.
♦) Für Geistliche s. z. B. Lac. ÜB. 1, 118, 182, 1047; für weltliche Einzelpersonen
aufser der aUgemeinen Erwägung oben S. 698 Zeufs, Tradd. Wizenb. S. 208; MR. ÜB. 1,
379, c. 1084: ego üda de Reza libera mulier tradidi me beato Maximino, ut singulis annis
in festivitate beati Maximini [Mai 29] de censu solverem 1 d., et ut similiter omnes, qui de
raea generatione successerint similiter faciant denovi [!], undc ut libera ego totaque mea suc-
cessio ab omni alio advocato permaneanms censu tali soluto . . . nullum igitur advocatum
preter ipsum altare habere volumus, sed semper sub mundiburdio et defensione sancti Maxi-
mini et custodis eiusdem ^cclesic.' esse disponimus. Wenn hier Schutzergebung an ein
Kloster erfolgt, das doch selbst vogteibedürftig war, so ist das nichts Aufsergewöhnliches : wie
die Lehensverhältnisse können sich auch die Vogteiverhältnisse auf einander aufbauen, so
Lainprecht, Deutsches Wirtschaftsleben. I. 68
IGniiidhBn'liclikfil und Vogtei. — 1066 —
Genossenschaften, vor allem alles, was peistlieh heifst. Kapellen', I'fair-
kirchen^, Klöster. Stifter und Bistümer^, ferner aber auch RodeRenossen-
schaften *, freie Markgenossenschaften ^. Fronhöfe ^, niarkheiTliclie Dorfer ',
und seit dem Befdnn des 14, -Flis. ganz allseiti;; auch volle Landkoniplexe*-
und kleine Gnindherrschaflen ". Auch Sachen finden sich verfichiedeutlich
dar« der von A Bevogtete B zugleich Vogthcn- von (.' ist Vgl. darüber weiter unlen. Za
imaercm Bewcisthema 8. fernerhin die Aufecichniuig des Trierer Urbnrcodex Kolilenj; St A.
Bl. 30* : Hii subscripti feceniat üe doinino [Treverensi] ccnsuEles ad eorum litam causa pm-
tectionis, gedruckt unten im Anhang zu Teil 3: vgl. auch schon ^'Lierschberg § 5, 14. Jh.
Anf.: Leute von anderen Orten (Lierscbhei^, Kerrich) lasseji sich gegen einen an den Era-
liischof zu entrichtenden Zins unter (ks Hofgericht des Trierischen Hofes Igel auftiehmen
(in unseres heren Echierm): danimb enmogent sie die vogde nit dreien über der seheffen
urteil de:; hoves. S. femer auch noch Kindlinger, Flilrigkeit S, -519, 140-'>.
I) MR. ÜB. 2, 379, e. 1200: ein advocatus capel!^ sancti Egidii in Pingnia [Bingen],
') G. Trev. c. 216, 1300; Trevtris ecclesia metropolitana , quae 72 mntrices ecclesias
cum suis appenditÜB advocatie filü aui comitis [Lucellenhurgensis] subdidit.
>) Zu diesen sehr bekannten Fällen vgl man u. a. MR. ÜB. I, 255, 981 ; 257, 10. Jh, ;
273, 996; Oudeo. CD, 3, 791—793, 1191.
') So stand der Pfakgraf Chrodoin (oben S. 609} za seinen Ganialodionen in einer
Art von vogteiliehera Verhältnis.
*) So K. B. Briedel; hier kommt MR. ÜB. 1, ■5S2. 1154 neben dem advocslus curie,
dem Vogte eines im Dorfe grlegenen Fronhofes, noch N. »dvocatua rille vor. S. auch
Lehnbucb Werners II. v, Boland S, 17: die Herren von Boland sind advocati super marcam
lignonim in I>ippurc [bei Darmstadt] spectantem et auper pascua et almeinda. S. femer
WSlrohn bei Gillenfeld 13S1 , dazu oben H. 188. und WKiertermendig, vor 1563. G. 2, 492:
irftgger und weide haben wir von dem himlischen vater zu leben, darbei sol m. j. v. V, einen
jedern schützen nnd sehiiTnen nach seiner noiturft. Schon im Beginn des 14. Jhs, war eine
Markgenossenschaft ohne Vo(rt. mochte sie nun frei oder markberrlieli sein, eine entschiedene
Ausnahme, s. WBemkastel 1315, Toepfer 1 S. 124: so hait min herre ein dorf heisset
Thaners, dat is sine frikamer und also fri, wurde ein dief da begriffen mit morde oder mit
dUberien, dat mag mins herm ampbnau richten an den nesten l>aum, er da flndt. auch hait
€1 da ein fri kelterhus und winwaisse, dama dat der win west. dat dorf ist also fri, mochte
is der vadien entperren, so engulde is dem vade keine bede; wann is der vadien nu nit ent-
perren etimag, des wird dem vade dat halfscheit von der beden; des halfscheitz müssent die
vade warten andersit Eimerbach und endürven nit komen in dat dorf.
') S. die Note 5 angezogene Urk. MR. ÜB. 1, 582, 1154; und massenhafte Beispiele im
ferneren Verlauf dieser Untersuchung.
') S. CRM, 1, 185, cit oben S. 231 Note 3, für die Zeit von 1099—1131, femer Lac.
DB. 1, 173-4, 227, 1076 und dazu 164, 254, 1098, sowie Miraeus 2, 368-9, 1101, der
Kaiser urkondet: advocatiam ville (Andcnne hei Namur) , , reddidi ea cum conditione,
ut ibi nullus omnino advocatus esset, nisi ille tootum, qui eam specialiter de manu impera-
toriB teneret
*) WAlflen 1476 g 1, G. 6, 593: min gnediger herri' von Trier solle si (die von Alfjen.
Vdenrait, Gillenbeuren . Goqpviler und Morßwller) schirmen glich sinen eigenen luden, die
In das gericht zu Alfelen boren, des geben si sinen gnaden «ebenundzwanzigh mir. haberen,
■wilche haber heischet schirmhaber ader burghfoder.
*) Die Vogtei Qher kleine Grundherrscbatlen, wie auch die über ganze Landkomplexe
ist jeden&lls, soweit sie sich nicht auf kirchliche Institute bezieht, eine Erscheinung erst
— 1067 — Die Vogtei.]
hevogtet, so bestimmte Schenkungen, welche durch Errichtung einer Spezial-
vogtei vor dem Angriff seitens Erbberechtigter geschützt werden sollen ^ ferner
einzelne Landstücke, z. B. Wiesen, und vor allem Wälder^, bei denen nicht
selten alte Wildbannrechte im Sinne vogteilicher Befugnisse und Funktionen
ausgeprägt wurden^.
Wer aber übernahm die Vogtei so verschiedenartiger Schutzmutender?
Zimächst der König. Schon die merowingischen Könige hatten es sich
angelegen sein lassen, aufser dem allgemeinen herrschaftlichen Befriedungs-
des 14. Jhs. und gehört dem Entwicklungsprozefs der Territorialbildung und Landeshoheit
^. Vgl. *Bald. Kesselst. S. 627, 1335/36: Wir Friderich wildegreve von Kirburg dftn känt
allen luden: want der erwerdige in gote vader und herre unser herre her Baldewin erze-
bischof zft Triere durch unser bede willen die bürg Dronecke, daz dorf und die marke zft
Talvang, die sin und des stieftes zfi Triere achtirlchen sint, nü von ostem nehest koment
vier ganze jar, nach einander körnende sint, in sinen schirm und eid genomen hat, so sollen
und wollen wir und verbinden uns des an diesen gegenwortigen brieve, demselbin unscrm
herren, odir wen er iz bescheidet binnen derselbin zit, alle jar sibenzich phönt hl. halb
uf sente Walpurge dage und halb uf sente Mertins dage in die stad zu Triere antwerten und
reichen; s. dazu auch CRM. 3, 279, 1341. Vgl. femer *Bald. Kesselst. S. 374, 1343: Nico-
laus de Swarzenberg transfert omnia bona sua et fideles in dominum Treverensem et infeodat
burgravium in Grimberg cum bonis, que ab aliis dominis tenet in feodum. S. femer Bd. 3,
No. 203, 1372; No. 266, 1490.
') S. dazu oben S. 693 (auch S. 683 oben), und dazu Lac. ÜB. 1, 102, 164, 1028;
MR. ÜB. 1, 336, 1052, cit. oben S. 656 Note 5; Lac. IIB. 1, 105—6, 169, 1053; 189, 289,
1118; MR. ÜB. 1, 540, 1120—1162, cit. oben S. 632 Note 4; MR. ÜB. 1, 465—6, 1129;
MR. ÜB. 2, 60, 1169—83. S. auch aus späterer Zeit, wo derartige Spezialvogteien selten
werden, Arch. Clen-aux 557, 1386: Diderich von Enscheringen et Coenchin von SVith de-
clarent avoir d(?gage de Jutte de Meysenburch et de Arnold de Lischeim, un bien dit Vuigen-
dorf. Ils les garantiront contre toute Prätention sur ce bien de la part de tiers: das wir
unsen ftieß mu* den hiren setzen suUen und si der anspräche verantwerten sollen. Von
besonderem Interesse ist noch MR. ÜB. 3, 85», 1218, Simon Herr zu Montclair verpfändet
sein Allodium Idweiler an Mettlach: insuper dominum comitem de Geminiponte omnimodo
exoro, quatenus elemosine cognationis et servitii mei causa dictum abbatem in dictis dllis
manuteneat, ne quis occlesiam Mediolacensem . . super perceptione predicti allodii prc-
sumat molestare.
2) S. oben S. 477, 479, dazu auch noch Ennen, Qu. 2, 14, 8, 1203, cit oben S. 696
Note 3; Lac. ÜB. 2, 531, 1263; CRM. 2, 242, 1271: Graf Heinrich von Kessel giebt an
Stift Köln ius nostmm, quod quidem ius vulgariter holzgi'afschaf dicitur, quod habuimus hac-
tenus et habemus in silva sita iuxta Honstaden, quo gemeinde dicitur . • • illis iuribus
nostris et nostromm hominum, que gewelde nuncupantur, dumtaxat exceptis; Guden CD. 5,
as, 1288; Bald. Kesselst. S. 73L 1344, cit. oben S. 517 Note 9; WSponheim 1491, cit. oben
4S. 776 Note 5.
*) S. oben S. 111, 475, dazu auch noch *Bald. Kesselst. S. 325, 1340: Gerhanl von
Treis iiberläfst dem Erzstift min deil wilpandis von Tris . . mit Va amen wines, die da
vftllende ist von Vankele Proticho und von Lfttze, und 7^'« somem havera, die von Mors-
tort', und 4 somem havera, die von Buch vallende sin. WKöllerthal, G. 2, 18: wer da jageret-
haferen gibt, der mag sin swine in der gemeine walt slagen, wan der walt acker dreit, und
sollen keinen demen geben.
68*
I nnmdberrliyhkeil und Vogtei. — 1068 —
ici'hte eine besondere Munt zu entwickeln ' : aus dieser Würze! erwuchs die mit
der Immunität verliehene Munt, wie sie besonders kirchlifhen Instituten pegen-
ülier Ausdruck fand*. Aber die ältere Immunität verfiel, die jüngere brachte
es zu keiner rechten Blüte ^, Eönif^sfailfe war oft weit entfernt, Königseintlufs
schwach*: so treten seit dem Schlufs des 12. Jhs, die sich soeben entwickelnden
Liuidesgewalten an Stelle des Königs, Und wollten die LandesheiTen von dem
sonstigen Inhalt der alten Immunitäten nichts hören, füe vogteiliche Gewalt rissen
sie eifrig an sich. So üheraehmeu aie seit Mitte des 13. Jhs. die Voptei
namentlich der kirchlichen Institute innerhalb der Grenzen ihres Landes* und
weisen ihre Beamten zur Ausübung ierselben an^. und schon am Schlüsse
des 13. .Ths, zieht sich der König gegenüber der neuen Gewalt mehrfach völlig
zurück^, so dafs die Landeshenen in der 2. Hälfte des Mittelalters als die
neboreneu und oliersten Vogthcrren in ihrem Lande", die Landesunterthanen
inngesanit im Sinne landesherrlicher Vogteileute erscheinen'*.
') ^. darüber neuerdings Sicket in ^^'eetd, Zb. Bd. 4, 325f.
*) Vgl, neuerdings Hensler, Institutionen 1, 121 f. Man vgl. auch die Urkunde König
Konrads ni, MTL ÜB, 1, 496, 1188: ad hoc dei ordinaüone constltutoa credimne prindpes
Mi'uli taniquun c^dros Libani, ut s<ib eomm defenaioni'' nidificent id est quiete conversentur
paiiperea Christi.
») S. oben S. 1019 ff.
*) Vgl. dazu die sehr charakteristische Urkunde Lac. ÜB. 1, 365. 1149.
") 'Or. Koblenz St A. 1242, vgl. Goerz MR. Reg. 3 S. 65 ; das Domkapitel bittet die
Griltio Ermesinde von Liisemburg um Schutz filr gewisse Güter, da dieselben in ihrer Herr-
Bchaft gelegen seien, sie auch einige lierseiben von der Trierer Kirche zu Leben habe. Vgl.
ferner Goera Reg. 8 No. 309, 310, (312), 538; 8. femer Cart. Orval 4U7, 1267.
«) CRM. 1. 2, 216. 1205, Graf Dietrich von Cleve an seinen Lehenstrügpr I>ietricli lon
Mulenark auf Tomberg: voUimus, quod de ctutro nostro Toneburg res et peraone [fratnun
Himmerodenfiinm] apud curtem Wilre plena pace gaudeant et quiete . . tos rogantes, qua-
tinus peraonas et res diele curtia, quas sub nostra tuitione suscipimus et custodia, de cetero
in nullo penitus molestetis. Warth-Paquet Reg. Publ, Luxemh. 15, 80, 1257: Henri comte
de Luxembourg et de Laroche, morquis d'Arlon, ordonne ä R. de Stirpenicb, son cbAtelain
ä Bidbourg, ainsi qu'ä ses autres chAtelains, de prot^er contre un chacun le couvent de
Hinitnerode ainsi que sea biens.
') CarL Orval 490, 1277: Kaiser Rudolf ersucht Philipp ID. von Frankreich, Orval in
Schutz zu nehmen, sogar im Reichsland und gegen Reichsglieder, cum (monasterio) a Romani
imperii corde longe Bepogit(o) et in eitremig finibus eiusdem imperii coaatitut(o) sub imperi-
alis protectionis umbraculo respirare non liceat. S. femer Gart. Orval 685, 1356: Karl IV.
Ubertrikgt den. Schulz von Orval an seinen Bruder, den Hentog Wenzel, widerruflich (ad bene-
placittun dumtaxat).
») S. schon oben S. 605.
*) Zunächst oiiDdeslena ffir alle geistlichen Institute, vgl. Cart Orval 672, 1340;
G. Trev. c. 269, 1888—1418. Dann aber auch ganz allgemein, s. WHanmi 1339; ouch aal
der voit gewalt inme gerichte avedun; ave hc is nit vermoichte, so sulde ieme unses hem
amptman zu helfin kumen. Vgl, ferner WR«den 1484 g 21 : die Äbte von Mettlach können
als Grundherren und Hod^erichtsherren gegen Anmafsungen der Vögte klagen beim Fürsten
von Lothringen als eim kaisfoit. Auch das WMeckel 1669 § 6 gehört hierher, wenn auch
erst int 17. Jh. gewiesen: der Yi^ kommt dem Meier des geistlichen Grundherrn zu Hilfe, wenn
_ 1069 — I>ie Vogtei.]
Allein früher neben den Königen und später auch neben den Landes-
herren konnte noch jeder fieie Mann, dessen Arm stark genug wai-, die Vogtei
Schutzmutender übernehmend Und so entstand von Anl)egimi an neben den
grolsen königlichen imd landesherrlichen Vogtherrschaften eine zahlreiche
Oruppe kleinerer, lokal verteilter Vogteien von sehr verschie(iener Ausdehnung
und mannigfach divergentem Charakter^. Indes hatten sie doch alle unter
«ich wie mit den grofsen Vogteien eine Anzahl durchaus wesentlicher Züge
gemein, welche wir uns jetzt vor allem zu vei-gegenwärtigen haben.
Zunächst konnte die Dauer des vogteilichen Verhältnisses sehr verschieden
bestimmt sein, entweder auf feste Zeit ^, oder auf Lebenszeit des Vogtes *, oder
auf Lebenszeit des Bevogteten ® : keineswegs sind alle Vogteiverhältnisse von
jeher und grundsätzlich als dauernd zu denken.
Dabei sollte die vogteiliche Herrschaft eine für den Bevogteten absolut
dieser zu schwach ist, ist auch er zu schwach, solt er anschreien des herren lantfursten
probst Dem entspricht es, wenn den Landesherren oft ein besonderes seitens gewisser
Orundherren zu zahlendes Schutzgeld gewiesen wird, s. WTholey 1450, G. 3, 760: der Abt
Ton Tholey giebt dem Herzog von Lothringen als oberstem Schutzherm 1 eimer weins,
1 eimer biers Moiselmaßen, und ein schweingen als guit als 8 s. hl., ausgworfen die ein*
geweid, und 1 Ib. wax und 1 Ib. flax, und solches zu gebrauchen nach Christag. S. femer
Distr. Max. pro pensionibus 15. Jh. 4. Viertel, cit Bd. 2, 686 Note 1, und ebendiese *Distr.
Max. pro pensionibus: domino Treverensi ad Sarborich pro 1 mutone pro defensione in
Besehe, et etiam pro pascua Vs fl., sowie de Frisingen domino terre ad castrum Lucenborich
^/s mir. [avene] in Signum, quod est verus defensor ibidem et totius monasterii.
^) S. MK. ÜB. 3, 118, 1219: ego G. a progenitoribus meis homo libere conditionis et
legitimus advocatus super villa, que dicitur Waldenhusen. Dabei konnte natürlich im Fall
der Belehnung oder sonstwie vertragsmäfsig das Verbot der Annahme von Vogteien für den
•einen Teil der Paciscenten aufgestellt werden, s. z. B. WRommersheim 1298: auch ist ge-
wist vam scheffeu, dat ein vait van Schoenecken noch sine burglude ensullen noch enmogen
kein möntlude entfaen noch umb waiss noch umb kruit, die dae gesessen sin in den hoefen
der epdien van Prume, die wasscr und weide genesen; die sal ein apt und sin goitzhuis
•entfaen umb waiss und umb kruit, of soe, wie si sich mit eme verdragent auch ist gewist,
das aUe lehenberg manne, die dae gesessen sin in der epdien van Prume noch neman ensullen
noch enmoegen kein muntlude entfaen, als vurs. steit, of were dat dede af gedaen hette, der
sal dat avedoen; aw er das neit acfendede, als it eme ein apt geboeden het, soe mag ein
apt aen sin lehen grifen, als vere, bis eme dat avegedain wirt
') Wie leicht sie auch bei geringem Anlafs entstehen konnten, zeigt z. B. *UMünster-
maifeld Hs. Koblenz CXI» 61. 29»: die Propstei hat in Braubach Güter, sie giebt deshalb
domino castri in Brubacho ex curialitate 1 am. vini . . pro defensione et promotione bo-
norum (suorum).
») Schutz auf 4 Jahre Bald. Kesselst S. 627, 1335/6, cit. S. 1066 Note 9(auf S. 1067).
*) Guden. CD. 5, 83, 1283: decanus et capitulum ecclesie Westflariensis . . honesto
viro Gerlaco dicto Lesche militi castrensi in Kalsmunt, quem ad hoc precibus nostris in-
duximus, nemoris nostri dicti Alberschiz ac aliorum nostrorum nemorum circumiacentium,
quamdiu ipse vixerit, custodiam commisimus et tutelam. . . adicimus preterea, quod post
dicti Gerlaci decessum nullus suorum heredum se de custodia predicta, quam extunc ad no8
devolvi libere volumus, aliquatenus intromittet
*) S. Trierer ürbarcodex Koblenz St A. Bl. 80», unten im Anhang zu Teil 3.
[Ciruiiilherrl ichkeil und Vogiei. — - 107n —
sii'here sein: so sicher, ilafs im Fall von Verlusten des Bevogteten eine Knt-
BchUttigimgsptlicht des Vogtes bestand*. Wie aber imu, weim der Vogt selbst
in Cluster Linie aDgc;iriffeB wurde, der Angreifer aber im Bevogteteü zugleicli
indiickt den Vogt zu schäditien surfiteV Die Quellen erörtern diese iimnerhiu
leiclit uiöglicbe Lage nur für einen ganz bestimmten Fall, den Fall nämlich,
dafs der Bevogtete ein Grundherr, riie angegriffeuen Leute seine Grundhörijieu
sind*. Da bestimmt z, B. das Weistum dos Nalbacher Thals vom J, 1532: ob
ftach were das der voifit einer kregen oder eins andern vhiaat wult werden,
so sat derselbig 14 tag zufur den lelienherru warnen; alsdaii sollen diegruut-
herrn zu sanct Simeon den vogt oder die voigt underweisen, das sie fredeii
halten, so aber sie des nit thun mochten oder wulten, so sollen sie andere
die arme leut« im dal dergleichen 14 tag zuvor warnen, das sie das stroe us
ireu heuseren tragen, die deehe und wende von den spiuwep f^en und
kereu, und nauhe so viel stroes in heusem behalten, das sie ire heupter dar-
auf legen; und so solichs gesehen und daniber eiuichem sein huis verprant
wurde, so sollen die gruuthenii demselbigen sein huis mdderumb ufbawen.
auch sal der ackerman frei sonder einiche sorg mit seinem plog nu acker fareu ;
und so er sehe die vhiaiit koimneu, sal er hiuder seinem ploge stehen mit
einem gegurten roek oder niantel , und ein huet oder kogel uf seinem heuft,
und sein knab sol das viu'ste pferde mit der haut lieden, und pleib er also
bei seinem plog, sollen die gruntherm mit allem vleis beistan, innen zu freihen
und zu erledigen: tiuk fr aber, seiiit die herni vor iimen zu thun nichts
Bchuldig^ Wie hier, so werden auch in anderen Fällen die Grundlierren für
den Schutz verantwortlich gemacht: die von uns aufgeworfene Frage wird
also nicht gelöst , soudem füi- den vorliegenden Fall ausweichend daliin beant-
W(ii1et, dafs dir Gmndhftrige bei mangelndem Schutze des Vogtes des Gnind-
herm der GrundheiT selbst zum Schutz einzutreten habe*.
Entsprechend der Möglichkeit eines Augiifls dui'ch gerichtliche Klage
') MB- ÜB. I, 406, c. 1103, Prüm: ubicumque ras ^cdesi^, agri videlicet ac vine?
Eivu decimationes terra culta et inculta, infra advocatiam suam invasf fuerint, aut iuri «celesie-
retineat aut de suo restituat.
*) Doch s. MGLL. 2, 313, 1235, RT. Mainz, § 2 de advocatis ecdesianim: ne quis
propter quamcumque culpam debitum vel guerram advocatontm bona ecclcsiartun inradat vel
pignoret vel incendiis dampnificet aut rapiuis.
"I 6. 2, 27—28. S. auch WRüden 1342, § 11 u. 12: were aber das die vogde des dorfs
mit eincliem berren cregeden, die amptlude, de sidlent und sind scbuldich [dem GnindhermJ
zo Bflgen und zo warnen, urab das die herren nae irer maicht ire iude des dorfe vurg. ver-
halden und beschirmen vur vure und gefenknus. were aber ob die lüde des Mtrg. dorts,
wenig ader veil, von imant gefangen vurden, den ader die sint [die Grundherren] schuldig
ader der camerer des goitzhuse, der dan camerer ist, in des goitzhuse wegen und umb sins
ampts Wille mit der Btolen zu vorderen und wider zu heischen mit siner möge und gtinst
mitz der gefangen kost
') Zur Schutipflicht des Hen-n gegenüber den Grund- und Vogteihörigen s. auch
Waitz, Vfg. 5, 251, der aber vogleiliche und gnindberrliche Verpflichtung, wie Grund- und
Vogteihörige nicht genug a
— 1071 — I>ie VogteiJ
oder durch Fehde ging nun aber die Vogtei thatsächlich vor allem in kriege-
rischen oder gerichtlichen Schutz auf ^
In ersterer Hinsicht fiel dem Vogt zunächst die Verteidigungspflicht für
das Eigentimi des Bevogteten zu; befanden sich unter dem Eigentum Per-
sonen, Grundhörige u. s. w., so waren natürlich auch sie zu schützen, also
wenn gefangen aus der Gefangenschaft zu lösen u. dgl. mehr^. Femer aber
war die bevogtete Person selbst zu schützen: sie stand im Geleit des Vogtes.
Die Geleitspflicht wurde indes nicht selten, namentlich für den Fall von
Reisen des Bevogteten, auf bestimmte lokale Grenzen beschränkt^. Beides,
der Schutz von Personen wie Sachen, involvierte nun eine völlige Fehdepflicht
des Vogtes im Falle eines kriegerischen Angriffes. Diese Fehdepflicht war
aber im IVßttelalter , beim Überwiegen der Defensivmittel über die verfüg-
baren Kiäfte zur Offensive, für gröfsere Vogteien kaum anders als vom festen
Besitze einer Burg aus zu erfüllen. Wir sehen daher alle bedeutenderen Vögte
späterer Zeit im Besitz von Burgen*; ja infolge der Notwendigkeit eines burg-
^) Geschieden werden beide Fälle |im WKonsdorf 1566 § 8: im fal die frauwe von
Oeren [Grundherrin] feiendschaft het, sol sei oder irer anwalt zu Beffort [die Herren v. B.
sind Vögte] gehen und den rinc der duren schüden ; wer sich da zeigt vor ein vogt, den sol
sei halten vor ein vogt, der sol sie beschüden von gewalt und nit vor recht S. auch WEsch-
weiler 1621 § 10.
'^) S. Arch. Clervaux 1026, 1454, Urkunde der Meisterin jAUet und des Konvents zu
Hosingen; also der veste Johan van Vischbach herre zu Schuldberch unser viant worden
was und einen man van Sievenaller, genant Strit, gefangen und sin gut genomen, der uns
zinshaftich ist, han wir Alleit und kafent vurg. angeroifen den edelen jonker Friederich herre
zu Clerf alz für unsen wcrrenclichen rechten schirmer, want sine alderen unser goitzhus
viu'g. gestift haint und dat vurg. unser goitzhus in sime gericht und hogericht gelegen ist,
und umb sulch üisslich begerde und |ermanonge und auch claren schin, wir den vurg. jon-
kern Friederich herre zu Clerf gesien und hoeren han lassen, dardiurch er gesien und gehoirt
hait, er sulchs allez, wir in gebeden und angerofen han und an in begert han in massen
vurg. steit, van recht schuldich was zo doin, uns und unser goitzhus zo verantwerten gelich
sins selbst gude, hait der vurg. jonker Friederich herre zu Clerf angesien unser flisslich bede,
und er is auch van recht schuldich was zo doin, imd hait den armen man van Siefenaller
verantwert ghent den van Schuldburg mit sinen offenen briefen, als er dat van recht doin
moecht in massen vurg. steit S. femer WKrittenach und Obermennig, G. 2, 119: dargegen
sol unser ehrw. herr [als Vogt] den armen man schirmen, also da ein armer man hienwegh
gefhiirt were worden ahn den Ehein oder darüber so weith, als es hievon dannen daran ist,
so sol unser herr für denselben schreiben und reiden, das er möge zu dem sinen kommen.
Vgl. auch die Urkunde von Kirchheim 1329, bei Hanauer Paysans S. 86: der Vogt mufs
dem gefangenen Vogteimann zur Befreiung nachfolgen barfues mit ungesatteltem pferde einen
Tag und eine Nacht
3) Cart. Orval 98, 1185—1207, cit oben S. 637 Note 2; WFlacht 1462 § 30: wan die
herren zu sanct Florein [GrundherrenJ vcdschaft hetten, so sol die der vogt samt dem burg-
man vergleiden bis uf den Rhein, als weit einer mit einem renspiess gereichen kan und dar-
nach got befohlen; wo es aber sach were das der vogt darüber gefangen würde, sollen ihn
die herren zu sanct Florin lösen sonder sein schaden.
*) Vgl. z. B. MR. ÜB. 2, 96, 1189: Erzbischof Philipp von Köln belehnt Irmintrud,
Gemahlin des Pfakgrafen Konrad und deren Tochter Agnes mit dem castrum Stahelecke imd
der advocatia in Bacharache.
[Gniodhen-Iithkeit und Vogtei. — 1072 —
liehen Baues wurde die Gewälxnmg voffteilichen Schutzes thatsächlich seit der
Ausbildung des Rittertunis, also spätestens seit Mitt** des 12, Jhs., zu eiuem
Vorrecht des Ritteretandes. Indes schoD vor dieser Zeit lag in vielen Fällen
das Bedilrfiiis einer Burg für den VoKt vor, wenn auch seine Befriedigung:
. vonseiten der groisen lievogteten Institute , besonders der Klöster , nicht
elien angenehm empfunden wurde. Denn eiiie Burg, womöglich auf dem Ge-
biete des Bevogteten, eignete sich schliefslich elienso leicht zur Ausübung von
Erpressungen wie zur Beschützung. Darum wehrt sich z. B. SMajtindn im
Beginn des 12. .Ths. energisch gegen die Zulassung vogteilichen Burgenbaues ^
Prüm Hudit noch in der 2. Hälfte des 13. .Jhs. in dieser Hinsicht Iwgangene '
Fehler früherer Zeit möglichst wett zu machen'; und ein Reichsspruch vom
J. 1232 verbietet in einer von dem jeben entwickelten Gesichtspunkt aus
wohlverständlichen Verbindung die Anlage von Burgen in Kirchengebiet und
unter dem Vorwand der Bevogtung*.
Noch weitere Einwirkung auf die Verhältnisse des Bevogteten wie die
Fehdeveitretung gestattete dem Vogte aber sein Vertretungsrecht für den ge-
samten Rechtszustand des Bevogteten*. Zunächst folgt aus ihm eine Ver-
tretung des Bevogteten durch den Vogt in allen Fällen strittiger Gerichtsbar-
keit', Aliein auch füi' alle Fillle fi-eiwilliger Gerichtsbarkeit machte der Vogt
') MR. IIB. 1, 434, 1116, SMaximin: duIIus (advocBtus), siie sit dives aut pauper, smn-
mu£ Bul iufliDus, in nUodio sancti Muxiinini castnim oliquod ediücore preaiunat, sed liceat
abbati suisque succeasoribiM curias totiiis abbatie qoibiiscimque velint fratribua aut villicis
committcre et pro rc et tempore, i)uic<iiiid sibi eeciiDdum comniiHÜtatein eccteaie melius inde
Tisnm titerit, libere disponiTe.
") S. Bd. 3. 81. g 7, mo.
') MGLL. 2, 291, 1232.
*) S. CRM. 3, 268, 1275: Burggraf Friedrich zu Rheineck, Vogt des Klosters STho-
nuu- Andernach, bekundet die hergebrachten Rechte und FreUieiten dieses KlosUrs zu Ander-
nach. 8. auch MR. ÜB. 2, 127, 1192^ si quid cause emerserit, quare «cclesia [Laccusie]
gravari polest, (advocatus) neclecta acceptione peisonorum vindicare debet, et vacante bene-
fido prohibebit, ne quJa contra iustitiam intrare possit.
•) S. G. ep. Camerac 1, 10; MR. ÜB. 1, 305, 1033; 310, 1038; 'Or. Koblenz St A.
(1207), vgl. MR. Reg. 2, 1028; MR. ÜB. 8, 772, 1243 (vgl. MR. ÜB. 3, 780, 1243): cum
OodefriduB miles de Dudetindorp inatigatione ut creditur ruaticonim suonan de Remboldis-
irilre questionem aliqutundiu moTisset dilectis in Christo filiis Cunrado abbat! et conventui
de Hemmenrode super quibusdam posacssionibus in banno dict« ville Remboldiswih'e iacenti-
bua et metis in eo positis, tandem bonorum virorum admonitione inductus et precipue divjna
giatiB inspiratuB . . quicquid iuris vel habebat vel habere videbatur in prediclis vel circa pre-
dicla, deo et beate virgini Marie in elemoainam liberaliter conferens omni super bis re-
nuntiavit integraliter actioni. S. ferner Bd. 3, 50, w, 1266; und Honth. Hist 1, 820, 1237:
der Propst von SSimeon spricht »on den froctus et proventas silvae guae sitae in conlinio
villae de Nagilbach spectantis ad ecclesiam predictant iure dominii seu quasi , in cuius pos-
sessione seu quasi se dicebat percipiendi findua et proventus eiusdem et ex violentia com-
tniasa se conquererettv sustinuisse damna et Interesse ad aestimationem quinque Ib. Trevi-
rensium d. Nachher heifst es, der Wald spectat ad curtem (sancti Slmeonis). Dagegen tritt
nun der Vogt des Dorfes Naibach auf: dicit in iure coram Tobis, domine iudex, Bobemundus
_ 1073 — Die Vogtei.]
gegenüber dem Bevogteten ein herrschaftliches Vertretungsrecht geltend : Über-
tragungen an den Bevogteten^ wie Veräufeerungen von dem Bevogteten^ er-
folgten per manum advocati. Sehr begreiflich, dafe sich mit diesen vogtei-
lichen Handlungen freiwilliger Gerichtsbarkeit eine gröfsere Teilnahme des
Vogtes an den Geschäften des Bevogteten überhaupt verknüpfte. Der Bevog-
tete schlofs Rechtsgeschäfte durch die Vermittlung, unter Verantwortlichkeit,
ja nur bei Zustimmung des Vogtes ab®. So besteht denn ein überall durch-
geführtes Konsensrecht des Vogtes für jede stärkere Veränderung des Vogtei-
objektes*, für Veräufserung*, Tausch®, andere als die bisherige Benutzungsweise®,
schliefslich auch für Annahme von Zuwachs zur Vogtei^, und dieses Konsens-
miles de Nagilbach advocatus villae praedictae nomine suo et hominum suorum, quorum ad-
vocatus existit, contra praepositum sancti Simeonis et capitulum ecclesiae praedictae, quod ipse
miles et sui homines praedicti Silvas de Nagilbach et in confinio villae de Nagilbach tenent
et possident et tenuerunt et possiderunt iure dominii seu quasi et eorum antecessores a tem-
pore, quo non exstat memoria, et ins pascendi porcos in silvis praedictis, propter quod dicit
nomine quo supra, praepositum et capitulum sancti Simeonis nullum ins in dicta silva pas-
cendi porcos vel alia animalia habere, offerens se praemissa in facto consistentia probaturum.
Die Trierer Kurie entscheidet zu Gunsten des Stiftes.
1) Cardauns, Rhein. Urkk. 6, S. 352, 1046?; Lac. ÜB. 1, 160, 247, 1098; ülMett-
lach No. II 1095, Fitten 11 c: ^emewinus custos monasterii sancti Petri emit in villa Wal-
Hng& 4 obas . . 7 talentis, quas et ipsi apud Futram \\.: Fiihtam] coram scabinis et omni
&milia beati Petri in communi placito, presente Wirico advocato, domno Liboni abbati [Me-
diolacensi], deinde per manus eiusdem Wirici advocati super altare beati Petri tradiderunt;
8. auch MR. ÜB. 2, 130, 1193.
«) MR. ÜB. 1, 287, 1008—1016: Erzbischof Megingaud übergiebt an Münstermaifeld
quoddam predium cum advocati mei Sigibodonis manu. S. femer MR. ÜB. 1, 361, 1065, und
£nnen, Qu. 1, 494, 35, 1106. Eine Lockerung der alten Anschauung zeigt wohl schon MR.
ÜB. 1, 898, 11 10 ca.: Erzbischof Egilbert schenkt propria et advocati nostri manu, qui et sig-
nifer, Heinrici reverendissimi videlicet comitis. Zu Tauschen s. noch Lac. ÜB. 1, 25, 55,
841 ; Stumpf, Acta imp. No. 20, 981 ; Lac ÜB. 1, 101, 162, 1027.
•) Den Übergang charakterisiert sehr deutlich MR. ÜB. 1, 273, 996: der Vogt hat zu
einer Prekarei des Klosters SMaximin geraten, werden ihre Bedingungen nicht erfüllt, advocatus
noster, quia hec omnia gessimus eins consilio et instinctu, si negligens exactor extiterit pre-
fate traditionis vel retributionis, ne advocatie negligentia feriatur, detrimentum monasterii de
suo componat.
*) Bezeichnend in dieser Richtung ist schon MR. ÜB. 1, 86, 854: abba [von Prüm]
quam successores illius seu quilibet advocatus ipsius cenobii . . faciat exinde [ex donatione
quadam] per})etualiter, quicquid iuste et rationabiliter elegerit vel voluerit
*) S. oben S. 698, femer *Chart Koblenz St A. 1241, vgl. MR. Reg. 3 No. 255 :
Heinrich von Kobem genehmigt für Laach als Vogt den Verkauf von 103 Morgen Ackerland.
*) ÜRupertsberg S. 379: die capella sancti Egidii in Bingen tauscht Th. sacerdote et
A. advocato eiusdem capell^ consentientibus. S. auch schon MR. ÜB. 1, 306, 1035, SMaxi-
min und Malm^dy tauschen Güter aus : facta est itaque hec commutatio iussu predicti impe-
ratoris et confirmata legali advocatorum banno et recta traditione et habita ab utrisque supra-
dictis abbatibus per annum et diem digna census et servitii solutione.
') S. oben S. 682.
^) MR. ÜB. 1, 338, 1052: Erzbischof Eberhard schliefst eine Prekarei cum legitima
advocati nostri astipulatione, cleri militi^ et filiorum ^cclesi^ nostr^ presentia consilio atque
iGrundheiTlichkeit uinl Vogtei. — 1074 —
rethl wird entspret-bend der allgeiiieitien Eutwicklunp; lier Zustiinmuugsi'ephte
im 12. imii 13. Jh. hier luid da zur vollen Mitbesiegelun^ dispositiver Ui--
kundeii der bevogteten Partei entwickelt'.
Anf diese Weise trug ilie Handhabung der Vogtei schon iu sich, durch
die Betonung ihres Heri'scJiaftsi'harakters , in iler Eutwicklung nicht unbedeu-
tender Einwirknnfisniittel auf Willen und Geschäftsgebaiiing anderer, einen
reichen Lohu. Allein auTserdeni wurden für sie seitens des Bevogtfiten der
Resel nach noch bestimmte Eiuolumeute geleistet. Sie bestanden zumeist
in einer jährlich in Geld oder Naturalien zu zahlenden Summe*, deren Stipu-
lation Leute niedrigen Standes wenigstens in älterer Zeit ohne weiteres in
ihrem Stande mindei-te, und deren Zahlmig aueh von hochstehenden Bevogteteii,
namentlich kirchlichen Instituten, schwer empfunden und darmn, wo es irgend
anginfT, abgeschüttelt wurde*. Natürlich koimteii besser situiert« Bevogt*te
an Stelle jährlicher Zahlungen dem Vogte auch eine Jahresrevenue in ein-
maliger Ühertragiii^ zuwenden, mochte sie in Land oder Renten bestehen*:
ein Modus, der ebenfalls das Drtlckende eines vogteilichen Jahreszinses vermied.
Aber würde (tie Vogtei , wie wir sie uns bisher vergegenwärtigt haben,
t^inen greisen EinAufs auf die deutsche Vei-liassungs- und Wirtschaftseutwick-
lung haben gewinnen können V Würde sie, indem sie zwischen gewissen Pri-
vatpersonen und gewissen Instituten wechselsweise Beziehungen und bestimmte
herrst-haftliche Vertretungsrechte doch auf immerhin vorwiegend ]nivatrecht-
favore. Ö. auch L.u-. ÜB. 1, 127-8, 199. 1063; .MB. ÜB. Ü, 1435, 125H, cit. üben Ö. TW
im Text.
') Deo troheElen Kall bietet Koeliner, Uescli. von fi'BSSBU-lsaarbr. 1, 76 Kote, llätf:
Graf Simund von Saarbrücken besiegelt als patronus von Wadgassen eine jetzt verlorene
Urkunde des Abtes von Wadgassen mit
«) S. Lac ÜB. 1, 102, 164, 1028; MR. ÜB. 1, 379, c 1084, cit. oben S. 1065 Note 4 ; Guden.
CD. 5, 83, 1283, Übergabe eines Waldes an einen Vogt: (quo) fidelius ac diligentius ecciesie nostre
dampnis precaveat dictas Silvas noatras fideliter custodtendo ac siiccisores quoscumque vio-
leutos seu tiirtivoa arcendo, in laboris soi solatiimi ipsum de decima, quam nobis de vinea
sua in monle Kalsinunt sita dare tenetur, duximus supportandum. prcterea quandocunque ad
usus noslros conununiter ligna resecaverimus, ipse quantum imus nostrum et non amplius re-
secabit nullamque penitus aactoritatem ligna aliqua resecandi habebit vel distribuendi nisi
nostra prias requisita et babita desuper voluntate. WLosheim 1302 § 12: dominus wbbas
[Grundherr] tenetur singutis tumis advocato 15 Ib. Treverensiuni d. pro iure sua, quod di-
citur voitrechL
») Lac. ÜB. 1, 189, 289, 1118: ein Graf stiftet eine Kollegiatkircbe, er behält sich
die Vogtei vor, nichil prorsus de eadem advocatura pret«r orationes tratruoi exigens servitii.
Ähnlich MR. ÜB. 1, 465—6, 1129.
') CRM. 3, 263, 1275: die Bur^rafen von Rbeineck waren Vögte des Klosters SThomas-
Andemacb ob contraditas nostris olim antecessoribus ocio petias praionim. Vielleicht gehört
hierher auch Cart Orval 427, 1267: Graf Arnold 111. von Chiny und die Grälin Johanna be-
stätigen der Abtei Orval ihren GUterbesitz zu Cberves und empfangen dafür von der .^btei
300 Ib. fortes.
_ 1075 — Die Vogtei.1
licheni Boden schuf, so aulserordentlich tief in alle Poren der realen Kultur
eingedrungen sein, wie das am Schlüsse des Mittelalters wirklich der Fall ist?
Die bevogteten Personen und Institute kamen thatsächlich nicht blols als
Privatpersonen natürlicher oder juristischer Art in Betracht; sie waren zu
gleicher Zeit ganz überwiegend Träger bestimmter, in sich einheitlich
entwickelter GericTits- und Wirtschaftsverfassungen. Und eben darin, dafs
die Vogtei auch die Qualität der Bevogteten als Träger solcher Verfassungen
angreift und teilweis abändernd durchdringt, liegt die Erklärung ihrer aufser-
ordentliclien Wirkung auf alle Verfassungsverhältnisse des späteren Mittelalters.
Nun haben wir drei Ginippen verschiedener Verfassungsbildimg auf dem
platten Lande des Mittelalters als hier in Betracht kommend zu unterscheiden :
die staatliche, die autonom-markgenossenschaftliche, die grundherrliche: von
allen dreien ist im Verlauf dieser Untersuchungen schon die Rede gewesen ^
Durch die Vogtei konnten von ihnen ohne weiteres angegriffen werden die mark-
genössisclie und die grundherrliche; die staatliche Verfassung in ihrer fast
einzig noch bestehenden Ausbildung, der Gerichtsverfassung, bot dagegen keine
direkten Angriffspunkte dar, wurde aber dennoch von der Vogtei, wie wir später
sehen werden^, wenn nicht aufgesogen, so doch wenigstens assimiliert.
Die markgenössischen und grundherrlichen Verfassungen aber wurden
olme weiteres von der Vogtei getroffen, sobald sich die Markgenossenschaften
und Giiindhenvn — mochten letztere nun Personen oder Institute sein — der
Herrschaft irgend eines Vogtes luiterwarfen. Sehen wir zunächst zu, welche
Verhältnisse dadurch in den Markgenossenschaften herbeigeführt wui'den, und
konzentrieren wir hier unsere Erörterungen, um nicht weitschweifig zu werden,
sofort auf die gewöhnlichste und modernste Fonu der hochmittelalterlichen
markgenössischen Entwicklung, die Dorfinark.
Für die Dorfinark — wie andere Markarten — ist eine Markvogtei*
seit der ersten Hälfte des 12. Jhs. direkt und sicher nachweisbar*. Allseitig
durchgeführt erscheint das System der Markvogteien dann spätestens mit Be-
ginn des 14. Jhs.^, doch scheint schon eine Nachricht aus dem Beginn des
*) S. speziell oben Abschnitt III und Teil 1 dieses Abschnittes VII.
-) S. unten im Schlüsse dieses Teiles.
») Zur Entwicklung der Markvogtei s. v. Maurer, Markenvf. S. 23, 64, 373 ff., 384 ff.,
428 ff.; vgl. auch Waitz, Vfg. 7, 372—3. Die hierher gehörigen Dinge sind freilich noch wenig
sicher aufgeklärt — geradezu in die Irre scheint mir in der vorliegenden Frage v. Wyfs ge-
gangen zu sein. Der Versuch, die vogteilichen Verhältnisse des Mittelalters aus 6iner Wurzel
heraus und in systematischem Zusammenhange umfassend zu erklären, ist Überhaupt noch
nicht gemacht worden; man hat die weltliche Vogtei (d. h. die Vogtei über Laienbevogtete),
mit Ausnahme etwa von Heusler, der aber auch noch nicht radikal durchgreift, nur
als Annex der Kirchenvogtei betrachtet Dieser Standpunkt aber schliefst ein volles Ver-
ständnis von vornherein aus.
*) Früheste Markvögte an der Mosel habe ich notiert in den Urkunden MR. ÜB. 1, 501,
1136; 582, 1154; 224, (1206) 1169—1183; 2, 85, 1186.
'') S. oben S. 1066 Note 5.
[Gmndlierrlic-hkeit uiid Vogtei. — 107ü —
13. .Ihs. anziideuten , dal's vogteilichei* Schulz der Markgeiiiemden iiiii diesp
Zeit die Regel war', Waim die Markvoptei eutstaml, ist bei dem durchaus
laieiiniäfsi|.^en . daher durch Quellen nur spärlich erhellten Charakter dieser
Entwicklung schwer zusagen: eiuzelue Andeutungen scheinen auf eine Existenz
schon in der Karoliiigerzeit hinzuweisen^, uud auch aus dem 11. Jli. liegt
wohl eine Spur vor^. Soll mau sich nach den allgemeinen EntwicklungszUgeu
von Rechts- und Friedenssicherui^, wie sie oben zur Darstellung gelaugten*.
eine Meinung bilden, so wird mau sich am ehesten für das vermehrte Auf-
kommen von Markvogteien seit der zweiten Hälfte des 11. Jhs. entscheiden.
Jedenfalls ist die Markvogtei seit Schluls des 12, Jhs. völlig au^ehitdet vor-
handen: gerade dieser Zeit und dem 13. Jh. gehören die hauptsächlichsten
Quellen ihrer Geschichte an.
Der Markiogt wird meist einfach als ad vocatus bezeichnet, bisweilen konmieu
wohl auch andere Namen, prefectus, custos hanni, vor*. Eine besondere Aus-
gestaltung findet die Vogtei in der Obennftrkei'sc)iaft ; diesell>e ist zumeist nur
im Osten unseres Gebietes zu Hause ". Übrigeus kann eine einzige Markvogtei
bisweilen auch in mehreren Händen ruhen, sei es in Gesanithand ' sei es in
') MR. UB. 2, 190, 1201: W. von Bei'Iingen und Frau sclienkcc an Himmerode
onmia bona nostrn salicu, qiie ioter duas viUas, sfilicet ^^'ilre et Fincrotb, eita simt et circum-
quaque marcata et algnata aed inciiltu et derserta habetnuB .... (sie), ut nulU patroon
tnilli advocalo decimae cenens exactiones neque aliqua alia iura de eisdem bonis solvere
*) a. oben S. 1066 Note 4 : aus einem ScbutzverhälCniH über eine RodcgenossenBcbaft konnte
sich nur eine Markvogtei eanrickeln. S. auch MR. DB. 1. 105, 866: in rilla Bacheim erde-
Biani . . cum omni superposito, quicqoid ad com iuste et legaliter pertinet, una cum mansu
indominicato cum omnibu:i aedificiis nc casticüs superpositis atque manais 26, cum farinuriis
tribuB ad eam curtcm deeerrientibuB , cum omni aervitio et pr^aidio, quicquid in eadem
Villa tui iuris fuiL lat hier pr^aidium etwa Markvogtei?
*) Lac ÜB. 1, 189, 1054: 15 iugera cum mansiuncula 1 aolventia 24 d. ad haper-
scozze. Der Haferscbofa eines Häuslers kann wohl nur markvogteilicbe Abgabe aein. s.
darüber unten S. 1080 f.
*) S. S. 1063 ff.
*) Lebnhuch Wemere II. v. Boland S. 24: prefectura auper viltam £. Die prefectura
igt verschieden von comitatua und kann wohl nur Vogtei sein. Doch vgl. ebd. fol. 6 pre-
fectus. Banni custos findet eich USMax. S. 466, WeirBkirchen.
*) WKambui^ WQrges Erlebach 1421, g 3. die Grafen sind die oberslen Märker:
darumb so soUent [sie] die mark nit vergitligen noch vereuaaem an der merker wißen
and willen oder verkaufen, und sie darin acheuren und schirmen, und der marker recht
helfen haiden. S. femer WKaltenholzhausen 1423; WHeimbach Weifs Gladbach 1476;
WHorhausen 1579 g 4. dt oben S. 341 Note 1. Den Charakter der Obermärkerachatt bat
schon Thudicbum, Gau- und Markvf. S. 139 f., 146 f., richtig erkannt, dagegen achliefät
sich V. Inama, Grundherrach. S. 72, der Theorie v. Maureis vom ObermiLrkertum ala alter
Markvorstandschaft an. Über ein elsAssiscbes Gegenstück zu den Obermarkem s. Hanauer,
Paysana S. 47 Note 2.
') MR. ÜB. 2, 85. 1186.
__ 1077 — I>ie Vogtei.]
anderer Weise ^ ; auch kommt es ausnahmsweise vor, dafs bei Ohmnacht eines
Vogtes hinter demselben subsidiär noch ein oder einige weitere Vögte stehen *.
Der Markvogt hatte natürlich zunächst alle Befugnisse und Pflichten»
welche soeben als für die Vogtei , überhaupt charakteristisch nachgewiesen
wurden^. Aber aus und aufser denselben entwickelte er nun noch eine Anzahl
neuer Rechte und Funktionen, welche nur auf dem spezifischen Boden der
Markverfassung erwachsen konnten, und welche im Falle günstiger Kumulation
die Markvogtei ])is zu einem von der gnmdheiTSchaftlichen Markherrlichkeit
kaum noch zu unterscheidenden Institut ausweiteten.
Diese Ent^sicklung knüpft im wesentlichen überall an das Recht des Vogtes
an, die bestehenden Marknutzungen zu verbürgen* und jeder einschneidenden
Verfügung über die Marksubstanz zuzustimmen**. Schon in der zunächst
') MR. ÜB. 2, 128, 1192 (Fälschung); WTrittenheim 1532, cit. oben S, 191 im Text
'^) WNiederweis 1497, G. 2, 568 u. 570: es erkennen die scheflfen und gericht des
hobs Niederweis, daß der jiinker Fock von Hubing oder dessen erben ein gront- und fogther
des hobs sei, darumb so weisen die scheffen im die fogt- imd grundgerechtigkeit zu und die
banmühlen . . item erkennen die schefifen, wan sach were daß das dorf yertrumpft oder
verkürzet wurd in einigen dingen und nicht bei ihrer alter gerechtigkeit wurde gehalten, so
weisen die scheffen noch drei herren zu diesem dorf, nemlich den herr van Unseldingen, der
das schloß schleußet und verschleußet, die hcm von Maisenburg und den herr van Borschait,
die solten dem Junker als ein oberzenner dis dorfs uf seinen kosten zusanunen thun kommen
vur das dorf zu erhalten bei seiner gerechtigkeit, alsdan solt sich aller schaden kosten und
boeß an denen vei-t'allen, die daran schuldig und versäumet
') S. generell WSPaulin 1380: einen voit über daz dorf, iz zu beschirmen und zu be-
waren vor allem imrechte, als verre der scheffen wiset Im Einzelfall vgl. noch MB. ÜB. 2,
128, 1192 (Fälschung); Remling Speier. Urkk. 1, No. 112, 1194, und No. 128, 1207, cit oben
S. 690 Note 4; MR. ÜB. 2, 224, 1206; 3, 97, 1218, cit oben S. 296 Note 4; zur Besiegelung
durch einen Vogt Bd. 3, 17, 84, 1260. S. auch noch Cod. Salm. 147, 1322, Vergleich zwischen
dem Herrn von Malberg imd Himmerode betreffs der Nutzungsrechte im Himmeroder Wald
Birkscheit : homines nostri dictarum villarum Bettenveit et Mervelt habebunt in predicta silva
Birkenscheit tantummodo usuaria cum dictis religiosis in pascuis glandibus et inscidendis
lignis pro suis propriis necessitatibus, absque qualibet venditione lignorum dicte silve, et non
debent in eadem silva novellare; sed predicti religiosi possunt in eadem ligna inscidere et
secundum suum placitum novellare, nee nobis vel alicui alteri tenentur ibidem dare medemam
vel deeimam; cum fundus eiusdem silve proprius sit eorum.
*) S. Bd. 3 No. 147, 1340.
'•) Hennes ÜB. 2, 447, 1338; Wir Hermann . . heimburge. Gerlach S. unde Lamprich
schoilteisen zu Divelich, Dederich B., Jacob W., Johan B., Johan C. und Eliais S. von der
gemeine wegen und derzo al di gemeine von Divelich dun kirnt . ., dat wir bit einre geluter
clocgin bit willin imd gehenkinisse der edilre lüde heren Ruprichs greven zo Vimenburch,
der da ein mumpair ist Johannis kinder von Vimenburg, deme god genedich sie, und hem
rhilippis von Vimenburg vade zo Diveliche umme grose schollt und noit, die wir schuldich
sint von imsis dorfis wegen, hain verkauft und verkeutin in dusme brive vor uns und alle
unse nacoinelinge . . deme cometure und den gemeinlichen broderen des Dutzen husis zu
Cobelentzen, die da geldint und intfehent vor sich und alle ire nacomelinge, al die bede, die
sie schuldich sint und schuldich warin zo gebinne zo eme imd zo lieirbiste aljerlichs unsen
vaden oder den si von rechte solde valiin, si si gelegin an gelde oder an wine we si gelegin
[Grunillien'lich1(i>it und Vogtei. — 1078 —
vorliegenden Hfnterie wird dies Recht sehr wirkunpsvoli ausfreiiutzt : können
die Markpenofisen ursprünglich nicht ohne Zuslinimunp des Voa:tes vert'i^en.
so verfüÄt bald der Vogt allein unter ilirer Zustimmung'. Dies markgenös-
sische Znstinimungsrecht aber schwücht sich innner mehr ah; im schlimmsten
Falle verschwindet es gilnzlich; der Vogt erscheint als Allmendeoliereigentllmer
oder Marklehnsherr-, die Markgenossen hulden ihni^. er weist in die Mark-
nutzung ein*, er ertheilt Dispense von jimrkgenöRsiechen Vorsehriften *. behält
iHl, iiDunp verzieh mr. godis gelds, dri. bl. vor den penninc gezalt Hierher gehört aiicli
Hennes ÜB. 1, 447, 1334: Enihisthof Balduin hestimmt, i« coloni (fratnun Theutonieonim)
inliahilBDtee pro lemiiore ciiriam suam . . in villa Oftending eilvts lignis aquie et pascnis utj
et gaudere . . valeont, sicut slii incole einsdeni ville, sccedente . . conHensu . . G. de Isen-
liurg fidflis nostri, qiii adTocatiain ihidem tenpt in feodo. Der Eral>i9rhof Baldtiin handeil.
hier als Markgrundherr Mr die Markgenussenschafl.
') S. MR. ÜB. 2, 11*, 1171, dt. ohen H. 525 Note 5; MR. ÜB. 2, 193. 1201 für
Himmerode: TlieoderictiB dcnniniiü minoris castri de Mandereiieit, emn sliquando presedisset
annuo placito nisticonmi in villa eim de Keille, homineg ciirie illins fratrihiis de Heitnmilrode
questtoDca noi-enmt super terris et posBcsgionibiis, quas Jdem cenoliiuin pos»idehat in hannn
el territorio prefate rille, quiun [!] itaque diligenti satis iwus esset inquisitione. nt tarn ecciesie
videlicet quam rusticis iualitiant suam conservaret, intellexit plane, quod possessinnes , quas
ibidem predicti fratres babehant, ubiciinqiic site esaent in cantpis et pratis in aquis et
aquannn decursibus in terris cultia et inndtis, a longo pas teniiprant et iusie fiierant adepti.
tmde, nt 1>ODoruin iamdicti cenaliii de cet«ro particeps tam in vita sua quam in moTtP
etisteret. bona ipsorum. que lunc haliehaut, in siiam defensinnem suacepit, et concessit eis
coneensu rusticomm per inliun banniini smun i^o:niniines tiGsentias tam in paficuis quam in
aitris perpetuo possidendas; ita eane, quod de cet«ro nnllas ibi amplius adipisci possfni
sine sua conniventia rel successonun suorum posaessionea.
') MR. ÜB. 2, 85, 1186; Cod. Salm. 147, l.'ß2; die l.evngleten Markgenosscn vom
Vopt homines nostri genannt; *BaId. Kesselst. W. 284, 1337: ad mc perlinpt lamqiiam ad
advocatum et iure dominü, quod dici potest in Tulgari des ich ein voit und leinheire bin
(Johannes de Rupe senior); Bd. 3, 1S2, n, 1342: voidie leheschaft und herEchaft: WKieder-
emmel 1532, G. 2, 353. erscheint der Vogt als gevrall- schirm- und grtmther. S. auch Bd. S
Wortr. u. d. W. dominus superior feodalis et advocatus, sowie WWampach, ca. 1475, § 13:
9 vaidien genant krouwen lüde, dei sint lein eins hem oder jonkeren /er Nuwerburg . . .
iimb dat dei krouwen lüde dei vaiteven as vurs. al jair schuldig eint zo gefen mit den
honren, sullen si waaser und weiden gebnichen und dorfsgemeinschaft halden.
') WStrwhn [1381J 1510, G. 3, 804—5, freie Gemeinde, Vogt der Herr von Daun:
mir wisen auch, were sache dat eine man queme in Stroner kirspele und wolde daeine
wanen und bede den schultissen, dat er eme beholflich werc, der schuttiß sal ine die erste
nacht herberghen, den andern tag sal ine der schultin foren zu Dune zo dem berm, der den
hoen Ihom inehait . ., dem sal der man hulden, als recht ist. wan dan der man jaer und
tag ine dem kirspel gewant bait, dan sal er genelssen, was ander kirspelslude geneisseni.
were dan sach damae dat der man sich nit da behelfen moicht. so sol er zu dem schultissen
gain und eme dat verkundigen und mit sinen naperen rechenen und si bezalen und magliP
dan zehen, war dat eme el>en ist WButgacbwalbach 14.58: lipliche mit ufgenickten üngem
zu gode und dene heiligen geswom, als eime faide zu Swatbach getruwe und holt zu sine,
sinen schaden zu warnen, als ferne sie macht und craift tnige.
') Bd. 3. 103. !, 1297.
'■) Hennes ÜB. 1, 327, 1293: homines nostri [des Grafen von Sajn] et rillanim
noetranim de Valindre et de Matindre beklagen sich heim Grafen Qber die Deutscbordens-
— 1079 — Die Vogtei.]
sich Jagd und Fischerei vor u. dgl. iiiehr^ In diesem Falle besteht kein
grundsätzlicher Unterschied mehr z^sischen Martv'ogtei und Markherrlichkeit;
nur darin unterscheiden sich beide zumeist, dafs die Markvogtei der Regel
nach, da sie nicht auf einen in der Mark befindlichen Fronhof basiert ist,
weniger markgenössische Rechte aufsaugt, als die Grundherrschaft.
Vom Stützpunkte des Markobereigentums aus greift die Markvogtei nun-
mehr auch in den Beamtenapparat und das Gerichtswesen der Markgemeinde
ein. Für die Wahl des Zenders und teilweis der Unterbeamten wird zu-
nächst ein Zustimmungsrecht, später direktes Emennungsrecht entwickelt^.
Und das Markdinir wird vogteiherrlich ® : der Vogt übernimmt den Gerichts-
vorsitz und die Rechtsvollstreckung*, er bezieht die Markdingsgebühren
herren: sie achten das Recht der Vorgezimmer nicht, reifsen Häuser nieder, quonim inha-
bitatores consueverunt nobis [dem Grafen] solvere . . vasnachthunre et . . iura banni vini et
ipsos homines in Valindre et Malindre sublevare pro parte et sustinere cum ipsis precariam
«t alia onera sive iura nobis debita ab eisdem universitatibus seu hominibus ipsarum villarum.
Der Graf schafft Abhilfe fiir den ersten Punkt, privilegiert aber für den zweiten die Ordens-
herren, giebt ihnen zugleich das Recht der Weinvorlese, das Recht eines besonderen Schaf-
hirten, und Steuerfreiheit gegen Zahlung von jährlich 2 s. (auch von der Pellenzsteuer).
') Hennes ÜB. 1, 299, 1285 : der Graf von I^einingen verkauft advocatiam nostram seu
lurisdictionem, quam habuimus vel habere videbamur in marca seu terminis ville Iberensheim
cum omni utilitate et dominio quesito et non quesito tam super bonis ipsorum fratrum quam
aliomm sive sit de iure de consuetudine vel de facto, cum salmone et omni utilitate in
Rheno et in aquis in terminis dicte ville pro ducentis Ib. hl. numerate pecunie. W. der
Bergpflege 1556, G. 3, 826, der Erzbischof von Trier Schirm- und Gewaltherr: so weisen wir
unserm gn. herm den hohen eichenwalt, den vogel in der luft, den fisch in dem fliessenden
Wasser, das wilt in der hecken, so weith dieser zingel und bezirk g^ und seiner churf. gn.
weidleuth dasselbig gefangen beringen und bezwingen können, herüber sol unser gn. herr
schützen und schirmen witwen und weisen, den herkomenden man mit seinem rostigen spieß
gleich einem inwoner und lantsassen. WAhn 1626 § 4: die Grundherren haben das Recht
zu hagen und zu jagen, soweit sich die Hofgerechtigkeit erstreckt. Die Einwohner (nicht
blofs die Gehöfer) geben nach § 9 auch 3 sester Vogtweizen jährlich für jede Feuerstelle: es
sind also die Grundherren zugleich Vögte.
«) S. Bd. 3, 123, 12, 1321; 182, 12, 1342; No. 174, 1347; WKenn 1409, G. 2, 314,
cit oben S. 311 Note 4 (auf S. 312); *\VLonguich 1408, Arch. Maximin. 8, 36, § 20:
ultimo dixerunt iidem scabini, quod dominus abbas habet ponendi et deponendi villici pote-
statem sui sine cuiuscunque contradictione; et scabini cum consensu domini eligendi con-
socios scabinos; et advocatus cum voluntate et consensu communitatis potestatem faciendi
centurionem et preconem.
«) S. z. B. MR. ÜB. 3, 1010, 1249: König Wilhelm verpfändet iudicium et advocatiam
nostram in Galginscheit für 200 mr. Kölnisch an Konrad von Schönecken. S. auch Hennes
ÜB. 1, 299, 128^5, cit. oben Note 1.
*) MR. ÜB. 2, 193, 1201: (advocatus) cum aliquando presedisset annuo placito rusti-
conim in \-ilhi sua de Keille. CRM. 2, 208, 1264, Urkimde des Grafen Johann von Sayn:
cum questio moverctiu- in curia sancti Albani in Bedindorf, cuius dinoscimiu* advocatus,
coram officiali nostro S. et H. scolteto et scabinis 1) de quadam vinea . ., quod ad eandem
curiam pertinoret, et idem officialis cum scabinis et ceteris curialibus diligenter investigando
invenisset, eam ad ipsam curiam minime pertinere . . 2) de 3 iugeribus terre . ., quod per-
[Grunilherrlidikeit unil Vogtei. — 1080 —
und -brücht#n ' , er setzt als Geriehtsherr den Heimburgeii ein ^ er Hbeniimmt
(las Ganggeleit ^.
Damit hat denn eine volle Einverleibung der markgenössischen l)ing-
und Wirtschaftsselbständigkeit in die Markvogtei stattgefunden, es kann jetzt
nur als natürlich erscheinen, wenn dem Vogt auch die markgenössische Steuer-
verfassiing und ihr Ertrag zum Opfer fällt. Nun kombinierte- sich aber die
Einverleibung des markgenössiscfaen Besteuerungsreehts mit der vogteilich
völlig heiktimmlichen Eintreibung eines Schutzgeldes, und ans dieser Kom-
bination entstan{! ein System von vogteilichen Forderungen an die Markge-
meinde, innerhalb dessen es schwer ist zu beatimnieu, ob gewisse Abgaben
im Einzelfalle ursprünglich aus dem Schutzgeld oder aus markgeubssischer
Besteuerung entwickelt sind.
Den Kernpunkt dieser Forderungsrechte bilden Bede und Schutzgeld im
besonderen Sinne. Die Bede, welche unter verschiedenen Namen vorkommt*,
besteht zmueist in Geld, Korn oder Wein; sie wird vom Vogte als 6ine Summe
einheitlich gefordert ', durch die Markgemeinde auf die einzelnen Verpflichteten
tinerent ad curiain sancti in Wisse, et idem inveniEsent, quod eadem iugera ad ipgain
ciiriau nee pertinuiesent nee perünereot: — noB paci . . conventua de Kiunersdorf [dem diese
Stücke gchörenj consulwe cupieutes . . inhibemus, De quJB officialium scjibinoniin siv«
cnrialiain prefatarum curiarum . . ronventiun pro denominatis iiouis questioneni movendo
audeat in poslenun molestare.
1) Hennes IIB. I. 420, 1319, Urk. Dietrichs von Ai'enl'ela: cuin ratione advocalie, quam
habüinus in villa de Oftindinc, certa portio peue nobis competat et einende occasione pa«tiia
antmalinm ibidem, neenon religioei vir! commendator et fratree domns Tbeutonice in Con-
fluentJu animalia et pecudes in dlt^ta vilia, quas quandoque accuEuri contiugii, dicta pascua
per eoram animalia depnscaniur ibidem, noa . . . omnes et singulas penas et enienrtas nobis
corapetentes conuniesas etiam et conunittendas ab ipsis religiosis pro pastu animalium et
peconun eorundem in pascuia ville predicte remittimus quoad portionem nobis compet^ntem
et effestucamus in bÜB Bcriptis. S. auch WAItwiea 1693 § 7.
') ürk. 1469, G. 2, 439 Note: ich Clais von Mesenich miner gnedigen herschaft von
Spanheim vaigt zu Froticb, erkennen in diesem briefe . . : so ein heimburge jerlich zu Proticli
gesAtst wirt, das ich dem tod miner gn. h. wegen als ir vaigt mit eim zwige, den ich ime
in sin bant reiche, macht gebe als eim beimbui^en.
') WGlllB 1385, Zs. d. Berg. Gv. 18, 158: wanne auch eine gemeinde zu Gulse einer
gancleiilen noit bait und der an eime vaide gesinnit, so sal der vait der gemeinde die gancleide
duin und ist daz schuldich zu duin van rechte.
*) MR. ÜB. 1, 647, 1166, Merl: collectas adTocatorum, quas ibidem Tulgari nomine
gSwerf vocant MR. UE. 3, 313, 1227 : nobilia N. de Ottengea advocatus pro parte in l)anno
pro exactione, quam advocati consueveruct percipere de hominihus sue advocatie, . . reddituni
percep(i)t, quam assisam vocant 'USMax. 1484 BI. 31^: exactio teutonice der schaff.
WDommershausen 1580 § 4, G. 2, 210: kerbgelt. S. auch die folgenden Noten. Über Vogt-
beden s. Waitz, Vfg. 8, 396.
^) Feud. SMax. S. 472: Silvester comes habet advocatiam et 25 s. in Rode pro
advocatia eiusdeui ville. Pellenzw. 14. Jb. g 6, G. 6, 622—8: ir heimburger seit vort
gefraicht und ermant, von weme oder woher ir wasser und weide wald und gefeld zu leben
habt, und wfir dapi schirm- und handbabunk und van weme haben solt? anCwort: sprechen!,
wasser und weide tragen wir zu lehen vqn got dem almechtichen , darpi üoI uns imser gn.
— 1081 — Die Vogtei.]
verteilt iind dann von den Beamten (Boten) des Vogtes gehoben ^ Das
Schutzgeld dagegen ^, für welches ebenfalls eine Reihe sehr mannigfaltiger Be-
zeichnungen gebräuchlich sind ^, wird vom Vogte von vornherein auf jeden ein-
zelnen Vogtmann direkt gelegt und von ihm individuell erhoben. Es l)e-
steht zumeist aus einem Zinskomplex von geringen Geldsummen, Hühnern,
Gänsen, Hafer u. a. m.; dieser Zinskomplex wird anfangs von jeder Hufe*,
später regelmäfsig von jeder Hofstelle bezw. jeder Feuerstelle (Haushaltung)
erhoben *, und zwar nicht selten noch in Abstufungen, je nachdem die Feuer-
h. ein erzbischof zu Trier etc. ein iedes dorf bei seinem dorfrecht schirmen; darumb seint
mir alle jares zu zweien terminen, nemblich zu sent Johans tage und zu winachten, unserm
gn. h. verbimden zu geben 6 fl. aureos, zu bezahlen 22 ganzer nach- p. : rader-]albus vor den
gülden , vor alle beschwemus. Toepfer 1 , 290, 1357 : ich Godevert van Spanheim dun
kunt . ., daz ich Johanne voit van Hunoltzstein und herren zu Numagen oder iman in sinen
wegin keinerleie gelt gold noch silber uf sin dorf Achtilbach geluwen hain und waz darzu
gehorich ist, dan umbe behulfenisse und beschuttenisse der armen lüde, wan ich si
beschirmen suldc umb einen pach zwenzich mir. haverin icrlich und daz gerichte hoe imd
dief imd mit zwein wagcnen in vrundenen zu herfst, as lang as is Johans wille was und ist,
und daz ich vurt niet me da zu schaffin noch zu gebiedin inhatte noch inhain vore noch
nach. CRM. 4, 341, 1476: die Gemeinde des Dorfs Glees nimmt den Georg von der Leyen,
Herrn zu Olbrück, zu ihrem Schirmvogt an und verspricht ihm deshalb jährlich 14 Malter
Hafer und 2 Weidhämmel. Honth. Hist. 2, 474, 1485: Merzig giebt 50 gl. an pagamente
bede oder schetzonge.
') WNiederemmel 1532, G. 2, 351: weisen mir auch dem vogthem, so der monat mei
herankompt, so het des vogthem richter die macht, daß er mag den scheffen gepiethen, daß
sie komen imd legen ime ein meischaft als von alters von fünf pfonden, darunter nit, einen
höchsten fiinf s., darüber nit, und ieglichem man nach seinem wert; wanehe der schaff ge-
lacht ist, dan sal der richter dem hotten das kerb geben, und der bot sal umbgehen und
fordern den schaff in dem mai; und von welchem er den im mai fordert und nit enwirt, der
sal inen geben nach dem mei mit der boeßen; und wo der bot den schaff nit fordert in dem
mei, da sal er auch nach dem mei nit suchen oder fordern, und so der schaft dermaßen
gehoben ist, so sol der bot dem richter das kerb wider liebem, und ist etwan in der
legungh des Schafts ufgangen, das sal der richter liebem dem vogthem halb und seinen ge-
meinden das ander theil. WFankel 1446 § 1, G. 6, 535: dem vogtherm zu alle jähr zu
herbstzeit sieben fuder wein, genant bede, imd sollen acht gemeinsman zu Fankel die bede
kerfen mit ihren eiden auf die guetcr, die be[dc]gultig sein, und solle gebe den Stab des
vogthern knechten imd lasse sie die bede heben.
') Bede und Schutzgeld sind z. B. nebeneinander genannt Bd. 3, 182, u, 1342.
') S. dazu Bd. 3 Wortr. u. d. WW. salvement, schutzgelt; femer MR. ÜB. 1, 653,
1168: 3 d. de unoquoque mansu pro warandia, dazu *Bald. Kesselst. S. 329, 1340: debita
warandia vulgariter dicta werschaft; und WAsselbora 1506 § 5: ein Fastnachtshuhn für
Vogtrecht
*) MR. ÜB. 1, 653, 1168: SMartin-Trier hat in Hinkel und Girat bei Rosport in
Luxemburg die decima de salica terra et 3 d. de unoquoque mansu pro warandia.
^) S. URheingrafen : in Windisse giebt quivis hereditatem possidens galetam vini et
manipulum et d. advocato. Hereditas ist hier wohl dasselbe wie hostart im WBarweiler,
G. 2, 619: welcher kirspelsman auf einen freihen morgen hostart bauwet, derselb sol von
dem morgen geben ein sum. rauchhaber und domit denselben hostart von weiterm last qui-
teren. Ziu: Veranlagung nach Feuerstellen s. ULuxemburg 369, 85, Bazeüle." pour le salve-
Lamprecht, Deutsches Wirtschaftsleben. I. 69
[UrmiaiifiTliilikeit uud Voglei. — 1082 —
sU-llf ein (tonzes oder sel'i'whenes Bett (ein Ehepaar oder eine verwitwete
Person) aufwies'.
Beide AhKabeu, Bede wie spezifisches Schiitzgeld, sind wohl al3 S|)ezieU
auB der VoptheiTschaft, nicht aus der MarkheiTlichkeit des Vo^'tes resultierende
TDgteiliche Eniolumente aufzufassen. Hierfür spricht einmal ihre panz allgemeine
Verbreitung weit ttlier die bis zu spezifischer Markherrlichkeit erstarkten Vog-
teien hinaus, dann die Möfflichkeit, ihre Doppelexistenz gerade aus dem vog-
teilichen Herrschaftsrecht zu erklären: die Bede ist die Vogteiabgabe der Ge-
samtheit, der Markgemeinde, das spezifische Sohutzgeld die analoge Leistung
des einzelnen Markgeuossen.
Aber neben Bede und Schutzgeld kommt noch eine Anzahl von weiteren
markgenöpsischen Vogteileistungen vor, welche sich überwiegend nur aus der
Absorption der Markselbständigkeit, speziell des niaikgenössischeu Besteuerungs-
rechtes durch den Vogt erklilren. Hierhin gehört schon das sog. Servitiuiii,
der Dienst, die Veri'fleRwng des Vogtes hei seiner Anwesenheit zum Markding,
zu welcher auch die Futterbede gehört*, vor allem al>er eine Anzahl von
ment [Vogtei] des bourgeois de cbaacuii feu par an 1 quftrte d'avoine; . . de cljascun feu
12 Tomoia petis; femer Bd. 3, 182, ii, 1342; WBemieh 1462 § 66 u. 67; Vogteieu zu Grei-
weldingen nnd Hütten, heifsen nachher 25 furstedc iind womingen, die itzont begatten seint
mit luden. ^VRoden 1484 g 22: die Vögle erhalten I vollen Bester even, 3 Hühner, '/n Gans
usser eglichem huse, dae der mnth rncht und der cimer druif. *ÜSIMax. 1484 Bl. 47 >: die
Toigtschaf {zu Gostingen) pertinet ad monasterium, venim sie, quod unusquisque inhaJiitans in
0. et ('ondach teoetur annue 3 d. LucenhüricenBea bonos. WEttelbrück 1492 g 7: dem Vogi
Ton jeder Feuerslelle 3 Hftliner und 2 Sesler Hafer; dies das Gewöhnliche, oder WFriBingeii
1541 § 27: 2 Hühner und 1 voegthcUtnk. WSchüttringen 1642 g 16; der Vogtherr hat von
jedeiEi ItiLuch 3 Hühner und '/i mir. Hafer.
■) WMorscheid ISIO, G. 2, 140; hat gerveiet die gemein, das i. gn. junbberm Wild-
und Rcingraven gein Bhaunen ban fallen jerliehen ein vierzel babem und 1 bune von einem
ieklidien insesser zu M., ein widnian gibt die baber und das hoen nit, ein nidfraw gibt das
hun und die baber nit ob der zins nit gereicht wurt, so hanC die Wildgraven macht üu
phenden und die phende macht mit inen zu füren; sperret ieniants die tbur, so oiogen sie
neben der tbnr innen geben, deshalben bat die gemein zu M. macht, wafter und weid im
Hinderwalde zu gebrauchen, und sol sie nieniants darin phenden. WKrittenaeh-Obemiennig,
G. 2, 119: weisen wir unserm bem diese vogtrecht, nemblich von jeder ganzer ehe oder betb
in Crittenacher vogtei ein vierzel baber und ein boi^n; und von jeder zerbrochener ehe oder
heth ein halb vierzel baber und eiu halb hoen; und sol uf gesinnen des meiers der amiman
dieselbe haber niessen und dem meier gutwilligb über den gader lieferen, so doch ein frauw
im kindetbetb Eesee, sol der meier dem hoen den hals abstechen imd der frauwen zurUck
über den gader werfen. WKöUerthal, G, 2, 18 : woe der eimer dnifet und der rauch nichet,
igUche husgesessc 3 d. 3 hunre '/» gans, und der wiedewer half also vil, und die wiede-
werasen auch halp; und was xu den scheffen gehöret, ist des frie. Doch s. dagegen
WHentcm, G. 2, 111: das vogtrcclit . . nemlich von jedem haus, da raucli ufgehet, es sei
ganzes oder gebrochen bet, V4 ev$n und 1 hoen; imd woneten 2 man in einem haus bei
öioem rauch, so geben sie nur ein vogtrecbt.
'] S. WObermendig, G. 3, 820; nachdem daß der j unker solches thun solle, was die
nachbaiven dargegen zu ihun schuldig seien? der junker (sol kommen mit) dreissigsten-
halben pfert, denselbigen sol ein beimhurger rauhefoder geben vonwegen der gemeinden.
— 1083 — Die Vogtei.]
Vorteilen, welche dem Vogt in der Allmende, besonders im Wald gewährt
werden^, und die bisweilen vorkommenden markvogteilichen Fronden^.
Alle diese vogteilichen Einnahmen wurden mm, entsprechend einer im
früheren Mittelalter sich immer wiederholenden finanzgeschichtlichen Erechei-
nimg, mehr oder minder vollkommen auf gewisse Gnmdstücke radiziert. Ganz
speziell gilt das von den Haupteinnahmen, dem Schutzgelde und der Bede.
Das Schutzgeld war ja von vornherein auf die Haushaltung, d. h. bei den
dörflichen Verhältnissen des Mittelaltei-s im wesentlichen auf jede Hofstelle
gelegt^: diese Veranlagung ward nun nach einem Versuch, die Hufe noch
zur Radizierung zu benutzen, seit der Schliefsung der Anzahl der Bedeholden
mit spätestens dem Ende des 13. Jhs. auch für die Bede mafegebend * ; nur
selten steht neben ihr eine andere Veranlagungsweise, z. B. im Sinne einer
leidlich rationellen Grundsteuer*^. Und so ergiebt sich denn als Gesamt-
resultat der markvogteilichen Belastung seit etwa der Höhe des Mittelaltei-s
die ßadizierung aller Leistimgen auf bestimmte Bauenihöfe®: d. h. eine Ver-
und dem jiinker mitsambt seinen dienern geben essen und trinken, wie das einem edelman
geburt, und den vierzehn scheffeu und einem frohnen aus demselbigen düppen, daraus dem
Junker angericht ist worden, mitgeniessen, dieweil sie über fleisch und blut geurtheilt haben.
Vgl. femer MR. ÜB. 3, 297, 1226: Dietrich von Isenburg ex quadam consuetudine in villu
de Rode (solitus est) annuatim a rusticis ibidem mansiones et agros habentibus quandam
exactionem in avena, que voderbede dicitur vulgariter, accipere; s. dazu MR. ÜB. 2, 265,
1211. S. auch MR. ÜB. 2, 33*, 1179: Herimannus, qui cognominatur de Harraz, cum
fratribus suis accepta occasione ex advocatia, quam tenent in Elra, quoddam senritium in
viUa, quae vocatur Thunechingin , de bonis aecclesiae sancti Nicholai, quae est in loco sita
qui dicitur Insula, annuatim sibi persolvi volebant in hunc modum, ut quicunque advocatia
potiretur in Ehu, curtim predictae aecclesiae, quam habet in supradicto loco videlicet Thune-
chingin, in vespere octavae sancti Martini cum quatuor militibus intrare deberet et caenam
in vespere et prandium in mane de expeusa bonorum aecclesiae supranominatae ibidem
sumere. quod factum quia presumptuosum fuit et iustitiae manifeste contrarium, dominus
Godcfridus abbas in Sprenkirsbach tertius auctoritate iustitie et rationis reprobavit.
1) S. WSenheim 1304, G. 2, 431, cit oben S. 318 Note 1, imd diese Note; femer
Bd. 3, No. 213, 1386; WTeterslahr a. d. Wied 1579, cit oben S. 506 Note 10 (auf S. 507).
«) S. WOckfen 1325 § 16, 17; Toepfer ÜB. 1, 290, 1357, cit. oben S. 1080 Note 5, auf
S. 1081; WWincheringen 1494 § 12, W'Wiltz 1631 § 17, beide cit oben S. 436 Note 2.
') WSchuweiler 1635 § 17: daß alle vogteien, so bewohnt und beraucht werden,
seien schuldig die rauchhuhner zu lieberen, sowol die so stehen, als andere so ufgericht
werden mögten ; und so sache were daß einiche vogtei verfiele, so ist man keine rauchhuhner
zu liebem schuldich.
*) S. oben S. 369 f., 605, 617.
'^) WKesselheim 1551 II § 1, G. 6, 615, Abgabe an den Vogt: von ieklichcm morgen,
es sei acker, weingart, wiesen oder weicken, von einem inwendigen 10 hl., von einem aus-
wendigen 3 hl., ausgenomen geistliche gueder, wie obgemelt stehet, ^ird genent bedegelt,
macht zusamen jarlichs sechs gl. und acht weißpfenningh, sol ihme der heimburgh und ge-
schworen auf einmal liebem.
®) Dies sind dann die sog. Vogteien, s. oben S. 375, 627 f., auch WRodenbom 1568
§ 3; WSandweiler 1604 § 59; \MIellingen 1716 § 23.
69*
[GnuiilheiTÜchkeit uiiJ Vöglei. — 1084 —
anlapiuig der markvogteilicben Lasten, welche mit der Veranlagung der gnmd-
herrlichen Lasten im ganzen und grofsen völlig identisch war'.
So niufste sich auch die vogteiliclie Erhebungsweise an denjenigen Orten,
wo die Markvogtei zu vollster Blüte gelangt war, der gnmdherrlichen analog
gestalten: es rauTste sieh ein VogtTiieieraint , ein besonderes Vogtding, ein
Vogthof entwickeln; kurz die grundherrliche FrouhofsverfaBsung etwa des 12.
und 13. Jhs. mufste von der Mark\'ogtei kopiert werden, soweit sie auf Kon-
struktion einer Zinsaiinahmestelle hinauslief.
Das ist in der That der Vorgang, Zwar halten sieh in einzelnen Fällen
völlig oder nahezu völlig freie Gemeinden unter Marti-ogtei ", indes an nicht
wenigen Orten wenien doch die vogteilichen Berechtigungen ganz im Sinne
der Grundlierrlichkeit entwickelt. Da findet sich denn als Vertreter des Vogt-
herrea ein Vogtnieier oder Achtervogt* mit besonderen von den Bevogteten
zu zahlenden Revenuen*, und unter ihm steht zur Einnahme uuil Weisung
') Haii vgl. aufäcr oben S. 605 z. B. UKh^iiigrnfen : in Hilversheim 8 miuisi, in quilms
ringraTins ailvocatos est, dant IG mir. siUginis Pinguensea et i mr. Colonienses bis vicibus:
in lulventii 16 s-, post octAvom epiphonie proxinia die 16 s., post pascha ad 15 dies 16 b.;
pro exactione I corr. vini, et quilibet vir poseidens oliquid ex hU nifuisis 3 d. et oh. Mogun-
timrni. S. auch Cod. Salm. 347, 1474: in MeaBerict 15 TOgtheien, tUenen jailieha ein meier-
icbwin von 6 fl., 13 mir. frucht und ein half^ halb körn halb kern, und 13 mir. haber und
an gelt 28 fl.; und icglich vogtbeie 8 hanen und durzu jars 2 Moeelfarten vHii zu holen uf
das schloß zu Malberg, und seint auch Bust in ander)! schuldig allen gepürlichen dhien^it tu tliun
nach wißlbomb der schetfen diLa[eIhst], wie weit und ferre diu gerechtigkeit des dorfs gan ist
item in demselben dort'Meftseriiii ein mueller, dhientjars 3mlr. koms und 1 scliwin von 3fi.,
2 hoener und 200 eiger. Ferner in Honachdl bei Neuerbui^ drei vogtheien, dienent jerlichs
6 fl. und 3 mir. koms und ein schwin von 3 fl. und 3 hoener; in Dkkscheit ein vogthei,
dhientjars 2 mir. nuen und 11 weißpfemüge, endlich drei vogtheien zu Messerieb zu leben
Yon der herrecbaft von Malberg, die jarliehs dhienen muegen umb die 5 oder 6 fl.
^ So Strohn, Trittenheim und Cessingen, s. oben S. 188, 191, 627 Note 2.
») S. WMastert 1672-82, G. 6, 532, g 11, cit. oben S. 173 Note 1; WBemkastel usw.
1358?, G. 2, 858; daz ein erzbischove von Trier zu ziden im bove zu Wintbrich zu setzen
habe einen centener und einen buddel, die uf gemeiner vadien sitzent, und zwene fiirstere,
die di weide hutent, und die liirstere sind bedefri. und der vaid habe daselbcst zu setzen
einen achtervaid, der ein gemeine man si noch von den richsten noch von den armesten. S.
femer WGraacb 1586 und WBiachofsdrobn 1437, beide cit oben S. 173 Note 7. Hierher
gehört auch WKenn 14. Jh. 2. H. g 12, G. 6, 547: vortme so wist der scheffen, daß da
ligent voithovesteden, die geldent dem voide wjn, und der boret zo her Gerard van Viltze
jonker Colin und Iren gemeinern. und abe sach werc dat ein man of den voitbovesleden
Beße und nit me andern guedes enhette und gebe den voigden iren win, so were er scbul-
dich eime voide zo Kenne fiinf pennink, und umb die 3 d., die der voit da hevet, darumb ist
er Bchuldich den armen manne gewolt und overbracht abezodoin, so ver er das vermagh.
Der Vogt zu Kenn ist hier Achtervogt der Herren von Fela.
') WEsmingen 1348 g 1: die Vägte haben zu Vogtrecbt 10 mir. Hafer 10 b., der
Meier ein zeitiges Schwein und 16 Ib. Flachs. Nach Cod. Sahn. 347, 1474, fällt in Messeric-h
von 15 Vogteien ein Mcieracbwein, s. oben Note 1.
_ 1085 — DieVogtei.]
der vogtherrlichen Gerechtsame ein Vogtding ^ Ja nachdem die Vogtei-
abgaben zu Grundzinsen geworden waren ^, ging der Vogt sogar dazu über, sie
als grundhörige Zinse anzusehen und entwickelte auf Grund dieser Anschauung
ein Obereigentum an dem bisherigen Allod der freien Vogteieingesessenen. Zu-
nächst \\ird in dieser Hinsicht nur die Hinzuziehung vogteilichen Zeugnisses
bei Übertragung freien Vogteigutes betont®, aber bald, schon am Schlüsse des
12. Jhs., ist von Zustimmung die Rede*. Und im 13. Jh. sind dann alle
hauptsächlichen Merkmale des Obereigentums vorhanden: die Vögte haben
ein Konsensrecht bei Übertragung und Belastung von Vogteigut*, das später
zum Recht auf eine bestimmte Übertragungsabgabe herabsinkt®, herren-
loses Vogteigut fällt an sie heim^, bei Eintritt in eine Vogtei wird ein Em-
pfängnis an sie gezahlt®, sogar die ursprünglich für unfreie Grundhörigkeit
^) S. WBischofsdrohn 1437 : wanne und zu welicher zit ein vaed sin vaeddink zu Trone
wiederbieden wulde und des zu doin noit bette ungeverlich, so sulde sin aftervaid solichs
eime zendener zu Trone sagen und an ine gesinnen, das vaeddink zo wiederbieden imd zo
erlengen, und alsdan sulde ein zendener wacg. eime fronden furter gebieden, das vaeddink zo
wiederbieden und zo erlengen. Zum Inhalt von vogteilichen Weisungen s. WRemich 1462
§ 40: es leit ein foudie und erbschaft zu Ellingen mit velden und anderen zugehör, die
hörent in hoef zu R. und ist unsers gn. lanthem; und ist auch schuldich der jener, der uf
der foudien wonet, eime meiger zu R. zu sinem gebot gehorsam zu sein und alles das zu
thon, das ein burger im hof zu R. gesessen gebure zu dhon, sin herdpennink und herdhuner
zu ieclicher zeit zu geben als die fellich sint; und uf den felden, herzu gehorich sint, hait
unser her die nimte garb. Doch werden die Yogtrechte längst nicht immer durch ein be-
sonderes Yogtding gewiesen, s. WStrohn [1381] 1510, 6. 3, 805: were sach dat unser
schirmeherr unsers dorfs und kirspels recht und friheit gern wissen wolde, der sol dat dem
schulthissen zu Strone verkundigen, der sal die kirspelslude verboden zu Strone under die
linde, dar sal der herr komen und fragen, der kirspelsman sal ine dae bescheiden.
') S. dazu noch WAuw 1535 § 6: sol der gemein hoebsman sich der vogdien vermitz
liberong und handrichong irer grontzinsen geprauchen und geneißen.
») MR. ÜB. 1, 501, 1136: Abt Adelb. von Prüm schenkt an SGoar einen Zehnt
aus Biebemheim sub testimonio prefati loci advocati necnon militum [3] ipsius [d. h. des
Ortes B.] liberorum . ., insuper sub testimonio autentico [so z. L] prenominati abbatis
ministrorum.
*) MR. ÜB. 2, 85, 1186: Verkauf eines AUodes zu Rachtig an SThomas a, d. Kill.
Actum est hoc publice super litus Musell^ ante curiam domini archiepiscopi, quam habet
Rateche, Radolfo de Mathelberch et Heinrico fratre eins de Burensheim et omnibus villanis
eorum, quos habuerunt Rateche et Celtanc, assistentibus, quibus etiam advocatiam ibidem
simul tenendo communiter dominabantur. et hü omnes dictis et factis omnibus domini archi-
episcopi assensum communem prebuerunt
^) S. Bd. 3, 102, 86, 1293. Eine Ausnahme bietet WCessingen 1568, § 5, cit. oben
S. 627 Note 3.
«) WAltwies 1693 § 7.
') Dieser allgemeine Sinn liegt wohl ^VWinche^ingen 1494 § 15 zu Grunde, s. oben
S. 629 Note 5.
^) AVDommershausen 1580 § 7, G. 2, 210: ob es sach were daß einer sich inwendig
eines Jahres in die vogtei kaufte oder anstärbe, oder wie es nahmen haben möchte, der solle
auf den ersten dingtag dahe stehen und vor den vögten empfangen mit 1 alb., und wan das
[Gnindlierrliibkeil uud Vogtei. — 10&6 —
charaltteristische Pflicht der BesthauptlciRtung Ififst sich fUr Vogteigut vereinzelt
nachweisen'.
So gab es seit etwa dem Ende der Staufcrzeit keinen durchgi^eifenden
Unterscliied mehr zwischen inark^'Ofrteilichem und pnindhörigem Gut uud da-
mit — da alle alten ijersönlichen Lasten der Unfreien nahezu verschwunden
wai-en — zwischen der wirtschaftliclieii Stellung der Grundholden und der
uiarkvogt<>ilichen Leute ; ja es trat<>n gerade auf dem Gebiete der freien maik-
vogteilichen Entwicklung Formen besonders starker quasigmndhöriger Ge-
bundenheit auf, so namentlich in den Schaft- oder Vogleigtiteni der Eifel
und des Hochwaldes*.
Aber ^in Unterschied mufstc nach unseren bisherigen Erörterungen doch
in der Regel nocli zwischen Markvogtei und Grundlieirliclikeit bestehen bleiben.
Die einfache Gnmdhenliclikeit bezog sich auf Grund und Boden im Streu-
besitz, sie erhob sicli da, wo sie noch nicht zur Markherrliclikeit geworden
war, auf keinem territorial gesclilossenen Substrat. Anders tlie Markvogtei:
gerade fl\r sie bestand ja von Anbeginn der Bezirk der Mark als festabge-
schlossene territoriale Unterlage.
Indes auch dieser Unterschied war schon seit spätestens dem 13. Jb.
nicht mehr grunfisätzlich vorhanden und verwischte sich in Wirklichkeit völlig
seit Beginn des 14. .Jhs. IHe Mark^'ogtei war ein nutzbares Eecht: sie und
ihre Revenuen konnten im ganzen veräufsert uud verleimt werden"; es stand
geding gehalten ist. so solle der gericbtsbot bcnorgeben und nifen: wo jemand vorbanden
vere wad in der Togtei xu tbüligco hvüe, der solle bervortrelen, so solle ibme zu semeiu
recht, ilarzu er befugt ist, geholfen «-erden. WEhrenhurg § 4, G. 3, 770: wen sich eiuer in
dis geding kaiifle oder anerstOrbe oder wie er es bekommen möchte, der sol es erstlich
empfiuigen mit einem hl. (dem Vogt) . . alsdan mit V> vierteil wein . . (den Lehenleuien).
") USJlai. 1484 Bl. 35», cit oben S. 375 Not« 4.
') S. dazu oben S. 653 ff., auch WHellingen 1716 § 6: alle . . vugteien und eine Jede
in particular seind ihrem heiren mit schaff rente fronen und dlensten unterworfen; und
können die Untertanen von selbigen guter am geringsten nichst verkaufen noch verteilen noch
versetzen ohne verwüligung ihres scbaffherren , und haben keine andere disposition darüber,
als dall sie eins ihren kinder, welches sie am besten ratsam erfinden, mit erlaubnus des
herren in die vogtci ein[zu]verheuraten ; und die Übrige, so von gem. vogteien auf eine andere
Jurisdiction verbeuratet, seind ihrem herren den abkauf schuldig zu bezahlen nach gemäßig-
keit Wer zwei Vogteien hat, die zu Einern Gut zusammengeschlagen sind, gieht doppelten
Abkauf.
') MR. ÜB. 2, Nachtr. 1, c. 1191?: der Graf Emicho von Leiningen ius precarie me?,
quod ad me de bonis H. in (Vilmar) pertinebat, . . abbati lohanni ecclesie sancte Mathi? , .
in vita sua possidendum concessi. MR. ÜB. 2, 145, 1195, Urkunde der Abtei AVadgassen:
accidit quibusdam causis exjgentibus, comitem LSdeviciun de Sarwerde udvocatiam de Ror-
bach ciun quadam terra allodii sui, qne in confinio eiusdem vittc sita est, cuidAui militi,
videlicet Hermanno de sanclo Engelberto, inradiasse; nos vero ad redimendam eandem
advocatiam datig 15 talentis predicto comiti fecimus sustentamen cum tali pacto subsequente,
ut eandem advocatiam nulli in posterum vel ipse vel beredes sui invadiarent vel quoquo alio
modo a propriis manibus alienarent
— 1087 — Die Vogtei.]
nichts entgegen, sie durch Befreiungen einzelner von vogteilichen Lasten zu
durchlöchern ^ sie zu zei'sttlckeln und zu zeiteilen^. Und wiederum war es
möglich, zersttickte Teile zusammenzulegen®. Unter der andauernden Einwir-
kung dieser im Laufe der Zeit stets häufiger angewandten Manipulationen
verschwand das tenitorial geschlossene Substrat der Markvogtei* — und nun-
mehr konnten sich Grundherrschaft und Vogtei in einzelnen Fällen zum Ver-
wechseln ähnlich sehen. Wirklich giebt es Fälle, in denen höchstens noch aus
den Titulaturen die besondere Entstehungsweise urkundlich vorliegender Gebilde
des 14. und 15. Jhs. vermutet werden kann, im übrigen aber ein völliges
Durcheinander von Grundherrlichkeit und Vogtei erreicht ist.
Was aber das Verständnis der vogteilichen Zustände des 14. und 15.
Jhs. noch schwieriger, die Entwirrung der damals bestehenden Herrschaftsver-
hältnisse nicht selten unmöglich macht, das ist der Umstand, dafs sich neben
der Markvogtei noch eine Anzahl anderer vogteilicher Bildungen entwickelt
hatte, welche schliefslich alle der Grundherrschaft als gemeinsamem Nährboden
entstammen. Von diesen Bildungen ist im folgenden zu sprechen.
Der einfachste Fall, der hier in Frage kommen kann, liegt in der Vogtei
über einen Grundhemi mit schlichter Grundherrlichkeit, also in der blofsen
Fronhofsvogtei vor. Eigentümlicher gestalten sich die Dinge, wenn der Grund-
heiT schon Markherrlichkeit entwickelt hat: in diesem Falle liegt eine Mark-
und Fronhofsvogtei vor. Der merkwürdigste Fall aber ist der einer Vogtei
^) S. dazu oben S. 606 f., auch Lac. ÜB. 1, 569, 1200; MR. ÜB. 2, 245, 1209; 3, 16,
1213; 18, 1213; *Kop. Cardon. Trier Dombibl. Bl. 4i>, 1222 März 4, fehlt bei Goerz MR.
Regg.: Henricus dei gratia comes de Seina . . notum esse volumus, quod cum habitatores
ville, que vocatur Winningin, nobis soleant certis temporibus ratione advocatic precarium
servitium exhibere, nos ob remissionem nostrorum peccaminum bona ecclesie de Romers-
dorph rogati ab . . abbate et conventu eiusdem ecclesie ex parte nostra et heredum
nostrorum a talis servitii exactione reddimus in perpetuum absoluta prescnti scripto prote-
stantes, quod si quis prefatam ecclesiam super illis bonis, que sunt in prefata villa sita, sub
nostro nomine post nostram absolutionem [BL 5 «7 deinceps presumpserit molestare, sc nobis
ad debitam satisfactionem obnoxium reddidisse. S. femer MR. ÜB. 3, 358, 1228; 449, 1231;
1405, 1257; 1411, 1257; CRM. 3, 460, 1359.
2) MR. ÜB. 3, 716, 1241: Ritter Reiner von der Brücke, als Vogt zu Resten, licen-
tiavi, S. et heredes suos vendere (ecclesie Ilimmelrothensi) aream . ., cuius ius advocatie a
me idcm S. possidet; vgl. hierzu a. a. 0. No. 718, 1241. MR. ÜB. 3, 925, 1247: Graf Simon
von Sponheim schenkt an SPeter-Kreuznach advocatiam super duos mansos agronim in
Cnicenache, quam nobilis vir W. Ringravius a nobis in feodo tenebat. S. auch WHellingen
1716 § 6. Zum Eigentum einer Vogtei in mehreren Händen vgl. ÜMünstermaifeld, IIs. Koblenz
CXIa, Bl. 48», 1345, cit oben S. 982 Note 1.
^) So gehören nach dem WHüpperdingen , Ilardt S. 360, zum Hofe Hü])perdingen
>> Vogteien zu Deiffelt, 3 zu ülflingen, 5 zu Stobach, 8 in Lieser, 1 zu Heinerscheid.
*) Man vgl. Toepfer 2, 34, 1379; WSandweiler 1604 § 90: daß derselbig junker zu
Contcm daselbst im dorf ein grondmeier und gericht, auch etliche eigenleut und vogdeien
habe . . zusamt die beide kremerheuserger. Witzig 1619 § 18: die vogteien . . seint das
predigerhaus, hem H. C. hof, steinmetzers G. vogtei und St. schweinstall, so gelegen hinder
dem backofen. Sehr lehrreich ist auch Toepfer 3, 152, 1561.
[Gruiidlierrliclikeil luid Vogtei. — 1088 —
über einen mit IrainunitJltsrechteii ausgestatteten Grundherrn, also der luiniu-
nitatsvogtei. Derartige Vogteien kommen aus spflter zu entwickelnden Gründen
wohl nur für geistliche Grundherrschaften vor, sie sind es, welche man ge-
wöhnlich als geistliche Vogteien bezeichnet.
Zunächst aber einiges Über die Frouhofsvogtei und die mit derselben oft
aufs engste verquickte Mark- und Fronhofsvogtei : denn wie die Fronhofe-
grundhenlichkeit sich wo irgend möglich mit dem AJlmendeobereigentmn, der
Markherrlichkeit kombinierte , so erwuchs die Vogt<?i über den Frouhof iu
manchen Fällen gi-undherrscbaftlicher Markherrliclikeit zu einem mehr oder
minder ausgedehnten Vogtrechte über die Mark.
Die einfache Fronhofevogtei ist eine noch ältere Erscheinung, als die
soeben besprochene freie Markvogtei: begreiflich genug: das Bedüifnis der
Gnindherren nach ihr nmfs namentlich bei grofser Entfernung des Fronhofes
von dem Sitze der Grundherrschaft von jeher ein ausgesprochenes gewesen
sein ' , und positive Nachrichten beweisen die Thatsache seiner Befriedigung
an der Mosel mindestens seit Mitte des 10. Jhe, '. Spätestens seit Beginn des
11. Jha. ist dann das Institut allgemein verbreitet; der Unterschied zwischen
dominium und ins advocatiae wird bei den Fronhöfen durchaus geläufig';
Fälle, in denen eine Vogtei nicht existiert, werden als Ausnahmen bezeichnet*
und weisen später eine von dem gewöhnlichen Modus aliweichende Verfassungs-
entwicklung auf".
Das Regelmäfsige war nun seit dem 11. Jh. da, wo die Entwicklung einer
') VgL /. B. ClüM. 1, 105, 1132, s. auch oben S. 901 f.
') Frühe Beispiele in Urkunden der Moselgegeud ergeben MB. ÜB. 1, 214, 963?;
249, 976; 2, S4, 1000; Lac ÜB. 1, 105-6, 169, 103S; CRM. 1, 47, 1044; MR. ÜB. 1, 3,
345, 1056; Miraeus 2, 368, 1098.
') S. aU besonders dentljcb, wenn auch aus spaterer Zeit, MR. ÜB. 3, 1435, 1256, cit.
oben S. 700 im Text
<)Lbc. ÜB. 1, 86, 139, 1003; an Deutz werden tres cuites geschenkt; populus
advocatum nulluni habeat nisi centurioneni , quem ibi constitiiit abbas. CRM. 1, 47, 1044:
König Heinrich III. verschenkt curiam et omnia ad eam pertinentia absque servitio et placilo
uUius advocati zu Boppard an SQuirin-Neufs.
') •ULehmen Hs. Koblenz CXI» Bl. 38*, zum SSimeoner Hof in Lehmen gehört ein
Hof in Burgen: una curia cum suis pertinentiis, cum videlicet domibus et una vinea
adiacente eidem et reliquis quibuscumque, tibera ab omni onere, que nee adrocatis nee com-
munitati ville quidquam lenetur nisi unum puUum camisprivialem , quem recipiunt advocati
pro defensjone cnrtis et bonorum ad eandem pertinentium ; et est adeo libera, quod si aliquis
homicidium vel simile malum in villa vel in strata huiusmodi committeret et in ipsam curiam
fugeret, pacem ibidem habere deberet: ad quam curiam pertinent neinora rura et pascua in
einem völlig abgegrenzten Räume, infra quoa limites nullus quidquam iuris habet, nisi
domini soncti Simeonis et curtarins curtis memorate. (omnia) bona spectantia ad curtim . .
soivunt medemam . . Gextam decimam garbam in campiE, weiterhin bat der Hof 32 colonos
sive feuodarios . . colentea vineas . . danCes de eisdem median) partem . . ad torculare
curtis . . in curia serrantur 4 placita dicta dink . . de iure earüs servando et debitas
culturas vineanun faciendo. Emenda: 10 d. hl.
— 1089 — Die Vogtei.]
Iininunitätsvogtei nicht ändernd eingegriffen hatte, dafs für jeden Fronhof ein
besonderer Vogt bestellt war^; noch im 13. Jh. finden sich neue Bestallungen
in diesem Sinne ^. Wo es daher mehrere Fronhöfe an 6inem Orte gab, da
gab es auch der Regel nach mehrere Fronhofsvögte®, neben denen natürlich
im Falle, dafs es kein Grundherr zur Markherrlichkeit gebracht hatte, auch
noch ein freier Markvogt bestehen konnte. Diese Einrichtung, wie sie sich
seit dem 11. Jh. belegen läfst, ist auch wohl von vornherein die gewöhnliche
gewesen. Das schliefst natürlich nicht aus, dafs bei kleinen Grundherrschaften
vielleicht nur 6in Vogt für mehrere Höfe bestand*, und dafs späterhin, als
die Fronhofsvogtei wie die Markvogtei ein nutzbares Recht geworden war.
^) Lac. ÜB. 1, 105-6, 169, 1033: Pfalzgraf Hezel schenkt einen Fronhof an SGereon-
Köln, et ne in iura cedat alicna Tel pretio vel violentia, sab advocatia mea exnunc et dein-
ceps heredorum [!] meorum proximorum tuendam immobil! cyrografi huius testamento confir-
mavi. Miraeus 2, 368, 1098: (der Landesherr) dedimus in eadem Aquensi ecclesia tres
advocatias, videlicet super . . praedium . . Harve et super alia duo loca Loncins et
Mandenrelt, quae pertinent ad praefatam sanctae Mariae Aquensis ecclesiam, ea ratione, ut
eiusdem Aquensis ecclesiae praepositus easdem advocatias tres potestative teneat MB. ÜB.
2, 132, 1194: Elias von Elz dignitatem advocatie, quam in hominibus et curte quadam
(sancte Marie Andemacensis) in villa Trimpze se dixcrat habere . ., remisit MR. ÜB. 2,
261, 1210: B. advocatus curtis Gladebag monasterii Rommersdorfiensis.
*) Hennes ÜB. 2, 302, 1289 : Hermann Herr von Tomberg beurkundet, quod nos omnia
bona immobilia et mobilia in pecoribus nemoribus pascuis ac aliis bonis quibuscimque
virorum religiosonim commendatoris et fratrum domus Theutonice curtis in Muf&idorp sub
nostro recepimus per presentes conductu et defensione speciali; nolentes ipsos fratres per
nos vel per aliquos de nostris in aliquo casu ledi vel offendi, quia ipsos &vore prosequimur
speciali, quicquid ipsis factum fuerit, nobis factum reputantes. Von besonderem Interesse
ist Ann. d. bist Ver. f. d. Niederrh. 44, 93, (1448X Kloster Dilnwald über seinen Hof in
Obermendig gegenüber den Ansprüchen des Markvogtes: as dat gotzhuß zom Doenwalt ind
(die) junferen an dit viu*schreven goit wairen komen , do hadden si gekoren einen vaet ind
einen beschirmer, want id en ungelegen was, mit namen heren Goedart greven zo Seine ; ind
do der greve die vadie eine zlt gehat, do beval der greve ind gaf die vadie eime sime
burchmanne mit namen Giselbert, ind die junferen ind gotzhuiß neit verwart enwas, as in
nutzlichen was, also qwam der burchman mit namen Giselbert vurschreven mit alle sinen
er^'en zo Seine vur den greven ind die burch ind wart gededinkt, da he die vadie overgaf
ind verzeich mit alle sinen cn-en ind den junferen ind gotzhuse zom Doenwalde ere vadie
erflichen ind ewelichen in ere haut widderumb gaf ind updroich ind den hof mit alle
sime zobehoere, ackerlant, wingart, husche, moelen, wasser, weide, so wie he gelegen
is; ind dit hait besiegelt ein greve van Seine ind sin frauwe ind ein abt van Steinfeit ind
ein abt van Seine prelaten eirs ordens, ind herumb so wart overgegeven wingart, zinse, gense,
hoenre zo Engers ind zo Wiß up der Moesellcn ind die [!] junferen sevenzich mr. eigens geltz,
as der breif daruf dat uiszwlst Gemeint ist mit dem Brief eine Urkunde vom 8. Novbr.
1278, Korth Reg. No. 76 a. a. 0.
') So gab es z. B. in Kärlich während des 15. Jhs. 3 Höfe, darunter einen trierischen
Hof mit einer Vogtei der Herren von Eltz und einen Hof von SFlorin-Koblenz mit einer
Vogtei der Herren vor dem Burgtor (Mitteilung von Herrn Prof! Loersch aus der in Arbeit
befindlichen Weistümerausgabe der Ges. für Rheinische Geschichtskunde).
*) So bei SMaria.ad-mart}Tes, ÄIR. ÜB. 1, 244, 973.
[GninilheiTliiihkeit uud Vogtei. — 1000 —
sich Veveiniguugen melirerer Vogteien desselben Gniiwiherrn in ßiner Hand'
ebensogut wie Teilungen ^iner Vogtei unter mehrere Häii<le ' finden. Die Ver-
einigung aller Vogteien oder wenigstens grofeer Fronhofsvogteikoniplexe der-
selben Grundherrschaft in öiner Hand scheint aber häufiger doch nur da vor-
gekoniiiien zu sein, wo sich eine Iminunitätsvogtei entwickelte: hier suchte der
Innniinitatsvügt zugleich sämtliche Frohnhofsvogteieu in seine Hand zu be-
kommen ", so dafs bei voller Entwicklung der Tendenzen des Immunitätsvogtes
das Institut der Fronhofsvogtoi entweder in seiner Seltetandigkeit völlig eretickt
wurde oder von Anbe^n an überhaupt nicht zm- Geltung kam.
Nun gab es aber noch ein anderes weitverbreitetes Institut, von welchem aus
man, neben der Entstehung durch freie Bestallung seitens des Gnindherm, die
EntwicJdung vou Fronhofevogteien hätte erwailen können: die freie Markvogtei.
Mit der Markvogtei war ja ohne weiteres eine Verpflichtung zur Vertretung der
eingesessenen Markgenossen, also auch der eingesessenen Grundheiren gegeben * :
und diese ihre Verpflichtung konnten die Vögte (ieu Gmiidhen-en gegenüber in
den meisten Fällen um so eindringlicher betonen, als sie in ßiner Mark fast stets
Fronhöfe mehrerer Gnindherrsehaften mit der Natm- der Sache nach sehr diver-
gierenden und deshalb sich gegenseitig schwächenden Interessen unter sich hatten^.
Gleichwohl sind Fronhofsvogteien aus der freien Markvogtei nur selten
entwickelt worden. Die Gründe sind wohl darin zu suchen, dafs einmal Mark-
vogt und eingesessene Gmndherren derselben sozialen Schicht angehörten, eine
Übervorteilung also der einen durch den andern auf Grund allgemeinen gröfseren
Einflusses einer Partei ausgeschlossen war, dann aber namentlich in dem Um-
stand, dafs sich die Markvogtei erst gegen die Wende des 12. und 13, Jhs.
weithin entwickelte, während die Fronhofevogtei schon seit Beginn des 11. Jhs.
viel verbreitet war : die Markvögte fanden also meist schon besondere Fronhofs-
vogteien vor. War das aber der Fall, so'liegt es auf der Hand, dafs es den
Markvögten sogar schwer geworden sein mufs, die Fronhöfe ihrer freien Mark-
vogtei auch nur im Sinne sonstiger einfacher markgenössischer Besitzungen zu
unterwerfen.
') Lac. UB. 1, 176, 272, 1109: Erzbischof Friedrich I. von Köln schenkt advocaliani,
qu? mei iuris erat, super duas videlicet curtes S. et R-, practerea super inansos sex in H.
et tlnoB in V. pertinentes omnes ad curtim tuxta ecclesiam beati Severini sitani. S. aucb
Bertholet 5, 83, 1246.
*) WNalbacher Thal 1532, G. 2, 24: die Stiftsherren von SSimeon-Trier sind Giiind-
herren und halbe Vogtherren. Im Fall mehrerer Vogtherren war ^iner der zur Geschäfts-
fUhnmg besonders berechtigte, s. z. B, WHambach 15.— 16. Jh., g 1: der Schelfen zu Ham-
bach wiat dat huigz zo Nurberg einen rechten vurdinger in dem hove zu Hambach, die
ander hem sollen swigen. Daher der Ausdruck schweigender Vogt
=) Vgl. vorläufig MR. ÜB. 3, 631, 1235: der Graf von Veldenz trägt vom Stift Virteii
u. a. zu Lehen die advocatia abbaue Tholei cum 18 curtibus snis.
*) Eine solche hatte ja sogar schon in'freien Marken für die Markgemeinde bestanden,
a. oben S. 287.
5) S. u. a. oben.S. 697, 706.
_ 1091 — Die Vogtei.]
Und so stellt es nun in Wirklichkeit. Zwar stellen die Markvögte seit
Mitte des 12. Jhs. überall die Forderung auf, jeder Fronhof solle sich ihrer
vogteilichen Gewalt unterwerfen: sie verlangen den Besuch der Vogtdinge
durch Meier und Hofgenossen, die Einordnung der Fronhofewirtschaft in den
inarkgenössischen Wirtschaftsplan , die Leistung von Servitium und Bede \ ja
sie beanspruchen im äufsersten Falle sogar grundherrliche Leistungen* und
ein Beamtenemennungsrecht für die Fronhofsverfassung®. Aber sie setzen nur
weniges von diesen Forderungen durch. Meistens sind die Fronhöfe that-
sächlich von der Markvogtei befreit*, ihre Angehörigen bleiben dem Mark-
vogtding fem oder spielen in demselben wenigstens eine gesonderte Rolle*,
der markgenössische Arbeitsplan wird nicht beachtet*, die Bede des Markvogts
^) Eine ausgezeichnete Zusammenstellung der meisten dieser Forderungen ergiebt Bd. 3,
No. 85, 1265. Im übrigen s. die folgenden Noten.
«) MR. ÜB. 3, 1495, 1259 : der Vogt A. von Haybes zu F^pin soll im Fronhof nullam
talliam exigere nee recipere, nee homines cogere, ut ad domum suam veniant ad placitandum,
nee manum mortuam reeipere, nee ab illis aliquid petere, si pari vel impari conditione contra-
xerint matrimonium, nee angarias petere excepta una, welche ein besonderes Emolument für
Nutzbesitz ist.
') Eine solche Forderung liegt in den Bestimmungen des WRommersheim 1298, § 5 und 7,
cit. oben S. 735 Note 4.
*) S. z. B. AIR. ÜB. 2, 224, 1206: Friedrich von Malberg und Genossen behaupten
das Vogteirecht über die Himmeroder Grangien Hardt, Siebenbom und Failz; sie hatten
advocatiam super rusticos quarundam eireumiacentium villanun. Die Herren von Malberg
werden mit dem Anspruch abgewiesen. *WT.onguieh 1408, Arch. Maximin. 8, 34, § 11:
retulerunt . . scabini, . . curtem domini abbatis in Longuich esse liberam haereditarie semper
et onmi tempore, et advocatum nihil potestatis iurisdietionis praeeeptionis vel euiuscumque
rei actionis habere in ea; et quod omnes emendae in ea eedentes soli domino abbati per-
tinent, et omnes campi eiusdem curtis dicti aichten sunt liberi a praestatione decimae
euiuscumque.
^) MR. ÜB. 1, 581, 1154: ^eclesia saneti Trudonis in villa Bredal curiam habet
dominiealem, quc libera fuit semper per onmia. quam advocati eiusdem vill^ cogere nite-
bantur ad annalia sua plaeita, que tertio placitare solent in anno, super hac causa multa
contraria patiebatur prepositus et villicus et lideles ^cclesi^, qui contradieebant huic iniusti-
ti^. et cum aliquotiens non sine dampno hee agitaretur controversia, tempus quidem redi-
mebatur, sed de pace futura niehil agebatur. fideles itaque ^cclesi^, quos amplius movebat
hee violentia et iniustitia, iustitia dei et iudicio scabinorum optinuernnt in pleno placito
presente advocato domno Nicholao, ut iura memorata, que iniuste sibi asseribebat, remitieret
et curi^ libertatem suam recognosceret. WObermendig 1427, G. 3, 822: requisiti scabini per
iiu-amenta ipsorum, imde dependeat advocato advoeatia, unde habeat sua iura, dixerunt, quod
ipse est advoeatus dominorum saneti Florini et communitatis in Mendich superiori, quos
tenetur tuen et defendere, sed unde ab origine seu ab initio advocatiam habeat, dixerunt eis
non eonstare [es ist aber fraglos eine Markvogtei]. item requisiti, qualiter scultetus debeat
sedere in iudicio seculari prope tiliam cum advocato, dixerunt, quod scultetus debet sedere
a latere advocati tacendus, et si opus sit pro dominis saneti Florini, scultetus debet secreto
informare advocatum, ut intercedat pro dominis; et quiequid advoeatus fuerit lucratus in
))anis emendis, tenetur condividere seulteto, maioribus cxceptis dampnis.
®) MR. ÜB. 2, 58, 1183, Springiersbaeh : fratres . . ciurtem quandam in villa Travene
iustissime possidentes infestationes iniuriosas a G. eomite de Spanheim sustinentes pro eo
[Grundlieirlichkoit und Vogtei. — 1092 —
winl algekauft' oder wenijrstens fixiert*, und Fronhof und Meier erscheinen
überhaupt bedefrei ^.
So tritt denn zwischen freier Maj-kvotTtei und Froubofsvogtei kaum eine
Beziehung in der Weise ein, dals ein Mark\'Ogt die Fi-onhofsvogteien seiner
Mark usurpierte und mit seiner Herrschaft verquickte — vielmehr werden
beide Institute bis auf den Grad reinlich auseinandergehalten, dafe der Mai^k-
vogt bisweilen wohl gar von sich aus die Ernennung eines besonderen Fron-
hofsvogtes von den Grundherrschaften seiner Mark fordert*. Und so ent-
wickelt sich deun die Froubofsvogtei völlig aus sich heraus, ohne fremde Zu-
that und Störung.
Der Kern ihrer Befugnisse war natürlich eben der, welcher oben als für
alle vogteilichen Verhältnisse geltend nachgewiesen ist: Gerichts^ewalt und
Kriegsgewalt für den Fronhof und den Fronhofsherm '. Allein diese Funk-
tantuin, quoit eiusdem curtis quedain bona ipsius advocatie terniiniB iucluderentur . . solli-
citaverunt [comitem de Reno]. Dereellie ist Graf des Kröver Reiches. Es wird vertragen,
dars Springiersbach dem Grafen 25 mr. pro oranimoda curüs . . libertotc zahle, eo inter-
dicto. ne abbas vel de suis aliquia aliqueui de eiuadem advocatie advocariis ant de ipsoniin
bonia ulterius sibi attrabcre tentaret MB. ÜB. 2, 173, 1198: die Grafen Heinrich uiid
Robert von Nassau erlaseen der Abtei Roiumersdorf die Vogteiabgaben in Weiss gegen eine
dimnaJige Zahlung des AlAes von 13 mr. argenti . . pro uliqua possessione in rccompen-
sstionem resignatorum comparanda.
') G. .% 802, 1284, Schiedsspruch betr. dotnkapitu] arische Rechte ku Piesiiort: nee . .
advocatua nee honiines dicte ville uliquid iuria habent in racenib seu hengelotis recipiendis
in vineis . . doniinonun, que appellantur pitterin.
^ MR. ÜB. 2, 102, 1190: der l'falzgraf bei Rhein iieireil den RavengiPrslnirger Kloster-
hof bei Diebach «nd Manubacli aU MarkiTigt' von der Bede pfegen Zaliliing von 4 mr.
Quodsi quid de curte et bonis hiis alienari contigeiit in fiitumm, si fuerit in valore unius
mr., 2 d. portabit dicte precarie ab iiuiusmodi alienati possessore . . ammodo persolvendos,
curti vero et bonis predictis de summa 4 mr. . . in pcrpetuum defalcandos.
') ME. ÜB. 3, 313, 1227: der Markvogt N. de Oltenges in Viviers viUicum [eapiluli
Treverensis] . . ab omni exactione, assjsa, hospitatione et aliis prestationibus immunem et
liberum in perpetuum consenabiL MR. ÜB. 3, 449, 1231: der Rittet WUhebn von Spon-
heim bat als Vogt von Boos Guter der Abtei Disibodenberg gescliAtzt. Jetit festgesetzt:
bona, que bucusque in ipsa villa per se possederunt [monachi] . ., in posterum sine omni
advocali iure possideant de aliis vero bonis, que qnamvis . . ecclcsie propria hominibus
tarnen loci hereditario sunt iure concessa, ai prefatus miles ius, quod in eis ratione advocatie
habere se dixit, exercnerit sive invaserit, abbas cum ecclesia hoc ad preseus sub dissi-
mulalione, quamquam scierint, pertransibunt S. auch Bd. 8, Ko. 45, 1269.
*) MR. ÜB. 2, 12*, 1171: der Graf von Salm und Wilhelmus de Pelra patronum, qui
vulgo dincvogt dicitur, ali (sancti Tnidonis in Bridal) curte ej[ig{u)nt Aber der Erzbischof
bestätigt die Vogteifreiheit des Hofes. Die beiden Herren sind Briedeler Marl(vQgte.
•) S. CRM. 1, 105, 1132; Bd. 3.40,«, 1264; "WArnual 1417: were es sach daß meiger
oder Bcheffen gefangen wurden, der capitel sol sie und ir gnt usgewinnen; wer es aber
aacbe daß sie ine nit gehelfen künden, so sollent die sich lieschrieben vorbass an den kass-
fai^ daß er ine beif. "WAuw 1483, Arch. Maximin. 1, 350: sie weisent den hof frei,
soweit und breit der zirkel des hofs gehet; und geschehe dabinnen einig gewalt oder over-
braicht eime abt des gotsbaus ader den leuden, das sal ein voit abseit abstellen umb sin
— 1093 — Die Vogtei.]
tionen gewannen wie bei der Markvogtei so auch bei der Fronhofsvogtei eine
besondere Ausweitung, indem sie sich in die Tiefen der Fronhofsverfassung
ergossen.
Am unmittelbarsten lag dem Einflüsse des Fronhofsvogtes dem ganzen
Charakter seiner Gewalt nach die Gerichtsverfassung des Fronhofs offen*
Konnte die Gerichtsgewalt des Vogtes gemäfs dem allgemeinen Wesen der
Vogtei ursprünglich nui' den Sinn haben, dafs der FronhofsheiT und die Ge-
höferschaft als Ganzes vom Vogte gerichtlich vertreten werden sollten, so wurde
der Gedanke des einer solchen Vertretung inhärenten gerichtlichen Schutzes
doch ohne weiteres auf das Verhältnis zwischen Grundherrn und Gehöferschaft
selbst angewendet: der Vogt wurde zum gerichtlichen Schutzbeamten des
Gnmdherm im Bauding ^ Demgemäfs fällt ihm alle gerichtliche Exekutive
innerhalb der Gerichtsverfassung des Fronhofes zu, während dem Gnmdherm
gleichwohl die GerichtsheiTlichkeit bleibt*: nur selten bringt es der Vogt
recht, als hemach geschriefen volget. WOberdonwen 1542, § 43: die Vögte sollen die arme
leute und hoifsman vor aller totlicher gewalt und imrecht schirmen und schützen und alle
verhinderongh abstellen. WÄIandem 1537 § 7 : der Vogt soll den hem apt [von SMaxi-
min] . . vor aller gewalt und unrecht schirmen hanthaben und bi scheffenwistomp behalten
helfen. WNeumünster, G. 2, 35 : alle die lüde, die da sitzent uf des gotzhuses eigen zu N.
und in den dorfen umb N., die do feudige heißent, do sint die herren von K. schuldig die
lüde zu beschirmen und zu behuden vor gewalt und vor unrecht, vor brant und vor raup,
und das si nieman vahe noch turne noch schetze noch schefte, also das si bliben sitzen mit
genaden und mit frieden, das si mögen der eptissen von X. ir gewonliche zinse und gulte
geben und ir frunde zu aller der zit, als si gefellct
*) S. schon teilweis die Citate in der vorhergehenden Note, namentlich aber Honth. Hist 1,
816, 1282, schiedsrichterliche Bestimmung der Rechte des Vogtes Kobin von Kobem auf dem
SKastorshofe zu Kobem : proprietatem dictorum curtis et hominum ad praedictos decanum et
capitulum pertinere, et quod idem nobilis est advocatus ipsorum curtis et hominum, et quod
ipse nobilis propter hoc praedictos decanum et capitulum defendere teneatur in suis iuribus
et arctare homines eiusdem curtis ad solvendum iura ipsis decano et capitulo debita super
hoc ab ipsis decano et capitulo vel schulteto seu officiato ipsorum requisitus.
*) MR. ÜB. 1, 244, 973, Urkunde Erzbischofe Dietrich: adieci quoque meis usibus
comparatam de proprio curiam in Vilche cum 5 mansis et tribus partibus unius, croadas,
arbustum, terram salicam; hec utique cum tanto integritatis iure, quod ipse advocatus nichil
aliud ibi facere nisi ter in anno placitum possidere ibi debeat, abbas tamen vel nuntius suua
placitum inbanniens duas partes de satisfactionibus ad ecclesiam referat S. dazu MR. ÜB.
1, 302, 1030. MR. ÜB. 1, 514, c 1140: neminem quoque ignorare volumus, quod advocatus
in Sleiche nichil aliud iuris habet nisi carr. vini annuatim et tria placita, abbas tamen vel
nuntius suus placita inbannire debet, et de satisfactionibus ^cclesia duas partes advocatus
tertiam accipiet Bd. 3, 103, e f., 1297; *WLongmch 1408, Arch. Maximin. 8, 88, § 7:
retulerunt . . scabini, quod advocatus in Longuich debet deponcre omnem violentiam in
iudicio sive in i)lacito, et quod propter hoc habeat tertiam partem emendarum. *WAuw
14^, Arch. Maximin. 1, 349: weisent sie, sowanne dass das jahrgedingh zu Auwe gehalten
werden sal, so sal ein abt zur zeit ader eine seiner brüder van des gotshaus wegen oben-
ahn sitzen mit einer stolen und ein voit mit wehrhafüger haut darbi sitzen. WVilich 1485
§ 3: weisent fort u. gn. h. van Collen vur einen schwigenden voegt, und sal staen vur der
bank und lenen uf sein schwert, wanne dat m. firanwen ungebaden gedinge gehalten wirt.
[Gnmiiberrlichkeit lunl Vogi-i. — 1094 —
auch zu Voi-sitz uud Hesning des GL'ridites'. Und wie hiennit der Hegel
nach eine dem deutschen Recht an sich iiuhekannle Unterscheidung zwischen
Gerichtsvorsitz und Gerichtszwang eintritt, so wei-den auch die ui-siirünglich
dem Gerichßhemi allein zufallenden Früchte der Rechtssprechung geteilt, ge-
wöhnlich erhält iler GnmdheiT zwei, der Vogt ein Drittel ^. Eine Konsequenz
WOrdorf 156Ö, G. 2, 292, Amii. 3: zu zeit haitung des jahrgedings süi der vogt nelient
liemelten herm apt stehen und ein schwert in seiner hant iiaben, dnniJI schlitzen und
schirmen vor gewait und ilas recht helfen hanthahen. WBeoh bei Echteruach S 8: daß m.
berr abt [von Editemach] sol ein hof hau, darin soUcn ätaen stoel und henk, da sol mein
berr abt oder einer von seinetwegen obenan sitzen, darnach der vogt mit gewappender band ;
also lang der vogt nit also sitzt, roegen wir in, dergl. auch meinen herm.
'j iMR. ÜB. 1. 581, 1154; der Vogt hat den Bonn; 'DüsBeld. St. A. PsnL Or. 21*.
1189: advocati predictp curtis [Brodenheim] annuati placito presidenles', 'WDetzem 16. Jb.
Trier Stadtbibl. Ifde. No. 1642 BI. 75 b; wan ein jairgedinge da sin sal, so sollen die voigde
eiDcn lichter dar stellen, das gericht zu besitzen; und min her sal einen scbreiber dae haiii,
die boeseen zu beschriben; ein votderichter sal die hoiseen kerben, welche boesaen der
scheffen wiset und zuget, die sint zwo deil mins herren und das drttteil der voigde. WHeim-
bacb 1601 oder 1602: daruf beUeget der vogt das gericht. in und an diesem gericht seiiit
T acheffen, under welchen die üirBprecben genommen werden, und nach verhonuig clage und
antvrürt feilen sie das urtel, nehmen auch bisweilen die gemeine hofer nach gestaU der
Sachen in ihren rat und wirt in diesem hofgericlit nichts mehr, dan was den bof und seini-
gueter und zngehor, als verkaufen kaufeu versetzen ausgehen ingeben entphaen ehumiut etc.
belangen tut, gehandelt
ä) S. Mit. ÜB. 1. 244, 973; 302, 1030; 514, c. 1140; ^\'Long^ich 1408; \VDetiem
16. Jh. — alle schon Note 1 citiert. S. femer ME. ÜB. 1, 214, 963 angebl., Otto n. thr
Scbweinbach (SMaximin): ut advocatua, quem ipsi [boniinee] petierint, dito placita in anno
leneat, et qiiicquid ibi palam vel secreto acqnisierit, duae partes ad ultare sancti Maximini,
tertia advocato cedat. Die Teilung der fructus iurisdictionis ist die althergebrachte zwischen
Kenig und Grafen, s. Cap. 783 c. 5. Im tlbrigen s. zur Detailausbildung der Gericbts-
eimiahmen unter vogteilichem Einflufs noch MR. ÜB. 2, 4*, 1170: qiiicquid iure placitando
acquiritur, sie dividatur, ut duc partes (dem Grundherrn), tertia cedat advocato. in queri-
monia vero, quc non sentcntia sed consilio deciditur, quicquid in compositione offertiu', eque
inter eos dividatur. MR. ÜB. 1, 214, 963, Otto 11. flir Schweinliach ; si in placito advocati
ciilpahihs inventus fiierit aliqms de ipsa familia, non plus quam quinque s. solvet, qui lero
omnino pauper est, nntmi tantum s. et non plus dabil. Per Grund fili' diese Begrenzung
erhellt aus Honth. Hist 1, 816, 1282: quod ipsi honiines, qui sie compulsi iiierint per
(advocatum), ipsi (advocato) tenebuntur ad emendam, quae ememla non debet excedere quan-
titatem census ipsis decano et capitulo debiti. Nachlafs an Bufsen kann nur der Grundherr,
nicht der Vogt aussprechen, s. G. 8, 802, 1284, Schiedsapruch betr. Rechte des Trierer Dom-
kapitels zu Piesport; advocalus in dicla curte penitus nihil iuris habebit. nist tribus vjcihus
in anno, quando tenebit suum placitum, quod dicitur Milgariter vronegedinge, habebit quin-
que s. Treverensium d., si iusütiam fecerit de iudicatis dominis et curtario predictis, nee
dictus advocatus aliquid iuris habebit in remittendo cmendas, nee [wohl auch nisi zu I.] quantum
ipsom pro sua tertia parte contingunt *\VAuw 1483, Arch. Maximin, I, 350: sie wiesent, dass
wanne eine buesa in dem hof vermacht oder verwiest wurde, da sol ein scholteiss van sant
Maximin behalden die zwo deilen, und dem valde geben das drittheil; und were sach dass der
scholteiss vorg. nit enhoefe, so sal ein vait auch nit haben. 'WBisingen, Arcb. Maximin.
1, 1288: de Omnibus emendis ibidem cedentibus habet dominus duas paites et feudales tertiam
partem, potestque dominus remitiere et totaliter quittare emendas ad libitum, si volnerit.
_ 1095 — Die Vogtei.]
dieser Stellung im Bauding ist es, wenn der Vogt Meier und HofschöfFen in
ihr Amt einweist bezw. einzwingt ^ — ein Recht, welches unter Umstunden
bis ziun Emennungsrecht der Fronhofsbeamten gesteigert werden kann ^. Eine
fernere Konsequenz ist es, wenn der Vogt auch den einzelnen Gehöfein gegen-
über eine bestimmte direkte Zwangsgewalt ausübt®, namentlich die ginind-
herrlichen Zinse und Fordenm^^en von ihnen unmittelbar eintreibt*.
etiam contradicentibus feudalibus. sed si sublevaverit emendas, tunc feudales habent tertiam
partem. — Bisweilen hat der Vogt vom Bauding überhaupt keine Einnahmen, s. WKenn
14. Jh. 2. H. § 10, G. 6, 546: dat unse hem ein fri buweding mugent halden alle jare
dichter sent Martins dach, wanne si willent, abe is noit were, dat iet brechens were ain be-
zalong irer frier zinse, ader in iet bresten were ain irem frien brule ader ain iren frien
aichten, so mugen si dama dingen in irem frien buwedinge. und was boißen sich da erfielen,
die da uisgedragen wurden, die sint uns hem alleine, und die vuede enhaint bisher nit daain
gehatte, daß uns wißlich si. S. dazu WLonguich 1408, Arch. Maximin. 8, 33, § 8, cit oben
S. 705 Note 1.
^) Honth. Hist. 1, 816, 1282: quod idem (advocatus) habet installare seu in sedem
ponere scabinatus scabinos de novo creatos ipsius curtis. et quod ipse scabinus installatus
propter hoc debebit eidem nobili solvere quoddam ius quod banveirtel vini appellatur vel
loco eins d, summam, quae sex d. usualis monetae non excedet. WVilich 1485, G. 2, 657:
wanehe der vaet einen scheffen sal inleiden, so sal der vaet den scheffen, der meinre gn.
frauwen geeidt und gehult ist, nemen mit der band und setzen den scheffen in die bank und
in den ban und freden, den der schultiß von unser gnedigen fr. wegen gethaen hat; und in
dem ban und freden sal der vagt den scheffen schirmen, nu und wan das noet geburt ind
darfur anroeft. WNeumiinster , G. 2, 34: wanne der meier [der Äbtissin von N.] wirt ge-
machet, so sol er gen zu Kirkel zu den herren von Kirkel, und sol es in sagen, das er der
eptissen meier si, und sol si bidden, das si im helfent und ime gewalt abedunt. wer im nit
gehorsam wolte sin zu irem anibacht von den zinsen und von der gölte und von dem rechten,
das do gefallen sol von dem vorg. eigen . ., das sollent die herren von Kirkel dem meier
helfen, herumb so git eine eptissen von N. alle jar den herren von K. 15 s. d. Will der
Meier das Amt nicht übernehmen, so sollen ihn die Herren von K. twingen mit der büßen,
das er das am])acht neme von der eptissen und ir gehorsam si; und auch von den sieben
scheffen also, wer der eptissen nit gehorsam wolte sin.
2) S. die letzten Citate auf S. 774 Note 4; femer MR. ÜB. 8, 291, 1226, cit. oben
S. 773 Note 2; auch WLosheim 1302 § 5, cit. ebda Note 3.
«) MR. ÜB. 2, Nachtr. 2, 1192—1200, cit. oben S. 774 Note 4; auch WJrrl 1669 § 1:
dem Abt von Echtemach wird gewiesen ein freier hof und darin 7 schöffen, auch ein vogts-
meier bei meines herm meier, ob es sach were daß sich ein man misbraucht und nicht ge-
horsamb were meines herm meier, sol der vogtmeier bezwenklich machen, daß er gehorsamb
sei meines herm meier.
*) S. Urkunde von 1333, .Vrch. Maximin. 2, 377, cit Bd. 2, 654 Note 1; *WDetzem
16. Jh. Trier Stadtbibl. Ifde. No. 1642, Bl. 75^: wan die jairdinge und wisunge us sint, so
sal min her mit sinen breifen vorfaren und die boessen forderen; und sal er zwo deilen
halden und den voigden das dritteil geben.- woe si nit enwerdent, da sullent die voide nahe-
nden und die boessen den angewinnen, und sullent mime herren von sant Maximin zwo
deilen geben und sullen si das dritteil halden, und das gericht damit sweigen. WMersch
1542 § 6: erhält der Meier des Abts von SMaximin die Herdpfennige nicht, so soll der
Vogtmeier die Widersässigen fiu* den Abt pfänden. Eigentümlich und besonders ausführlich
ist MR. ÜB. 1, 345, 1056, SMaximin, cit oben S. 1040 im Text Die Einrichtungen, welche
[GnmdherrliclikciC uad Vogtti.
1096 —
Alle diese Thätigkeiten auf Gnind von Einiiiischimg iu die Geriehtever-
fagsung gabeu nun dem Vogt eine direkte Beziehung z« sämtlichen GehÖfem,
welche iiu Wesen iler Fronhofsvogtei ohne weiteres nicht hegillndet war.
Nicht mehr der Vogt des Frouhofes , vielmehr der Vogt jedes einzelnen Ge-
höfers schien er jetzt zu sein'.
Wie aber die Thätigkeit im Bauding dem Vogt grofsen EinÜnfs in der
grundhörigen Gerichts- und Personalveiiassung vei'schalFU', so brachte ihn der
Bezug gewisser Emolimiente zum Entgelt für seine Thätigkeit sofort in genaue
Berührung mit der Wirtschafts- und Gttterverfassung des Fronhofes.
Diese Emolumente waren im wesentlichen dreifacher Art. Sie bestanden
im Genüsse eines bestimmten aus den Fronhofspertinenzen ein für allemal
überwiesenen Grundbesitzes', in einem Servitium an den Dingtagen und in
einer Bede bezw. einem Schutzgeld. Dabei war es nicht nötig, dafs alle drei
Formen bei jeder Fi^onhoisvogtei entwickelt waren; in der Regel aber be-
standen doch wenigtens Servitium und Bede.
Das Servitium begriff, wie das Markvogteiservitium , den Vei-pflegui^s-
und Herbergsdienst für den Vogt und sein Gefolge^ während fler Dingtage;
es war der Kegel nach fest begrenzt*, umfafste teilweis sogar Bekleidungs-
sidi liier vorfinden, sind früilicti derari, ikfs sie nur in einer grofsen Cimndherrechait fie-
troffen werden konnten.
') MR. ÜB. 2, 34, lOOO; neti eintretende Pinaulne Geliöfer sollen stehen sub mundi-
biirdio et defensione . . advocati sancti Maiimini, siciit cetcri homines de E?erlingft.
») S. namenüicli Trier Stadtbilil. 23, Cod. 1, Bl. 112b, SMiiriii ad niartiTea, 13. .Ih.
2. H., du oben S. 795 Note 6; femer MR. ÜB. 2, 2G1, 1210: raonaateriiun quoque ailvam
iHiaiidam . . B— i contradidit ; WWelliögen 1582, G. 2, 474: inljei sal der vogt finden eine
freieigene scheferci und eine laufende milhl auf sanct Peters eigen und nirgend mehr.
ä) WLosheim 1302 g 5, ciL oben S. 773 Note 3. Dieser Verpflegungsdienst war für
alle Arten von Richtem, auch die Grafen, hergebracht.
*) S. z. B. MR. ÜB.' 2, Nachtr. 2, 1192—1200: in placito annuali, quod solet celebrari
poBt natale domini, hec dabuntur advocato, videlicet 4 mensur^ aven^, . . et 4 mensuras
tritici . . et 8 aext siligiuis et 12 scxt vini . . dimidiani Ib. piperis, 6 denariatas piscium.
in aliis autem duobus uinalibus placitis nullum aliud advocato dabitur servitium nisi sex
denariate piscium. Das USMax. 12. Jbs. ergiebt u. a. folgende vogteiliche Scrritia tllr je
ein Ding:
Ort
USMax. S.
d.
Scbuttringen ,
Muthfort 483 40
Feulen 435 12
Schönberg .... 435 24
Heisdorf . . .
Mersch 437 14
.\ua späterer Zeit s. WBesch 1541
-_ 1097 — Die Vogtei.]
gegenstände, Socken, Schuhe, Stiefeln, Beinbergen, Pelze, Mäntel ^ — wie denn
der mittelalterliche Beamte in seines Herrn Kleidung stand — , und wurde
später gern in Geld abgelöst^ oder sonstwie noch stärker als bisher fixiert,
da seine Erhebung in vielerlei Gegenständen dem Vogt häufig Anlafs zu Er-
pressungen gab®. Das Servitium war der unmittelbare Entgelt für die An-
wendung der vogteilichen Gerichtsgewalt, es konnte deshalb vom GrundheiTn
zurückgehalten werden, wenn der Vogt seiner Pflicht nicht nachkam*. Eben-
^) MR. ÜB. 2, 185, 1200: Eberhard von Grenzau verzichtet auf 2 paria cothumorum
ratione advocatie ex ciirti dominorum de Lacu in (Bendorf), vgl. dazu CEM. 2, 337, 1290.
S. femer Bd. 3, 71, 2», 1276, auch oben S. 787 Note 4. Eine Börse als Abgabe aus dem
Hofe Rtibenach an die Herren von Isenburg in *Distr. SMax. pro pensionibus 15. Jh. 4. Viertel :
novam bursam valoris 6 vel 8 hl.
«) MR. ÜB. 3, 81, 1218 : der Vogt des Rommersdorfer Hofes Gladbach soll zufrieden
sein dimidia mr. Coloniensis monete, . . nullum aliud servitium vel emolumentum aut com-
modum quomodolibet perceptunis. S. femer Bd. 3, 103, lo, 1297.
8) *Düsseldorf St. A. Pant Or. 28, 1189: Abt Heinrich von SPantaleon legt einen
Streit mit den Vögten von Brodenheim consilio Cunradi abbatis sancti Maximini et aliorum
amicomm suonun bei. Advocati predict^ curtis annuali placito presidentes a predicto ab-
bate . . servitium indeterminatum, vel pro servitio quantum ipsis placebat, exigere consue-
verant, soweit, ut curtim et omnia nascentia in suas abusiones iam scntentiassent Der Abt
giebt ihnen behufe Feststellung eines festen Zinses 15 mr. und erhält accedentc . . sententia
curtis et scabinorum die Bewilligimg des tale servitium, quale scabini intervenientc sacra-
mento dandum assererent Die Vögte — die Vogtei, ursprünglich dem Grafen von Sayn gehörig,
war geteilt — erhalten demgemäfs in quolibet annuali placito 4 s. Colon. . . et ut hoc ex
sententia curi<? et scabinorum robiu: haberet, scripto confirma[tum est] in perpetuum ad
cautelam fiituromm. *Lib. aur. Eptemac. Bl. 107 ^ , 1209 , Urkunde Erzbischof Dietrichs
von Köln: conqucrente in nostra presentia Godefrido abbate Eptemacensi de Siberto
advocato, qui ei dampna intulerat ad 22 mr. et tritici 30 mir. et 70 avene, villicum ceteros-
quc curtis homines Bliderke dampnose molcstaverat , nos ad precavendum, ne in posterum
monasterio Eptemacensi a Siberto eodrm et suis succcssoribus advocatis dampna similia aut
graviora possent subnasci, talem pmdentium virorum consilio adinvenimus et ordlnavimus
compositionem inter abbatem et advocatum: quod abbas singulis annis tribus certis tempo-
ribus CO die, quo ailvocatus suum legittimum sicut dicitur vogitdinc habitums est, in eadem
villa ipsi advocato dimidium mir. tritici et integrum avene assignabit tantum, [Bl. 108 a]
et idem faciet in perpetuum advocatis ipsius successoribus et non amplius, ceteris omnibus
abbati et monasterio salvis et consenatis. ipse quoque advocatus vel successores sui
advocati villicum abbatis in nullo gravabunt, nee exactionem in ipsum exercebunt sie autem
se geret advocatus quicumque predicto contentus beneficio circa homines curtis huius, quod
nuUam possint de eo habere materiam conquerendi. pretercA fide data firmiter promisit
idem advocatus, hec, sicut sunt preordinata, se fideliter observaturum , insuper excepit in se
excommunicationem, ut si hec infringeret et commonitus infra 15 dies abbati non satisfaceret
sine citatione i)romulgar(^tur in eum sententia excommunicationis , et predictas mr. 22 cum
30 mir. tritici et 70 avene, que abstulerat, in penam sui excessus exsolveret
*) MR. ÜB. 1, 345, 1056, SMaximin : advocati autem servitia in curtibus, in quibus iure
dabuntur, cum villicis et scavionibus accipiant et non emittant vel vendant, quia ad hoc eis
donantur, ut quicquid abbati vel familio adversitatis contigerit, corrigant: quod si non
fecerint et bis vel ter [aliquid in agris aut vineis, unde dampnum habet abbas aut familia:
fehlt 1112] [in illomm placitis ex parte abbatis: Zus. 1112] eis accusatum aut denuntiatum
Lamprecht, Deatichey Wirtschaftsleben. I. 70
IGniutlherrlichkeii iind ^'ogtei, — 1098 —
deshalb aber koiinb? der Grundherr die Lieferung des Senitimns nicht aus
der Hand ^elien, etwa gar auf die Grundholden abwälzen und auf die dienen-
den Hufen radizieren; vielmehr wurde geraile diese Abp;al>e bis in spätere
Zeit hinein der Regel nach vom Grundherni bezw. dessen Vertretern direkt,
wenn auch in verschiedenen Fonnen, geleistet'.
Anders die Bede. Von ihr war gerade der Grundherr und alles Fron-
ho%iit frei *. sie wurde nur von den Gmndholden geleistet. Und zwar in ältester
Zeit und hier und dort auch spilter als Kopfsteuer". Daneben alier kam bald
fuerit, et non correxerint, aerviüo eos abbaa conslriDgai, dooec ea, que in prioribus binis
aul tribus placitia acciixatA sunt, ad coirectionem perducant. Calmet' 2, 389, 1179, für Busen-
dorf: fainitie quoi^ue ejiisdcm cccle^ie nuper libertaii dedita« quia iii omnibus succiureri!
tomporalibiis occuputuB noii polerat [der Stifter der Abtei], advocatos tali ronditione prepoeuit,
ut iniiiriog illius tarnquam prnpriaa defendant nei; aliquid ab illa (^absque] constitutione subscripta
extorqueatur: ter in anno ascitus al) abbate ad curiam cum uno socio et famulis 3 adrocatus
venial, quem abbos nocl«! prima hooeste procurabit. sequenti iiice ubi ad placitandum
sederint, quidquid iiidicio scabinonuii requiBituui fiiprit, 2 partes abbatis eruDt, tertia cedet
advocato. ai vero Etatuto («rmino, hoc est post epiphaniam, post octavam pasche, post sol-
stitium estivale adrocatus ad placitandum Tenire supersederit et corngeoda non correxerit,
nihil ab abbate serritii rraipiat.
') MB. ÜB. 1, 2U, 963, Otto Ü. fllr Schweinbach: ad ununi vero placitum villicus
sdvocftto pro aervitio dabit 30 d. aut Bervitium, quod raleat 30 d., ad aecundum qiioqur
ptacitum tantuni semtii dabit illi, quantum ad primum et non plus. MB. DB. 2, 4*, 1170;
ad placila, qiiibus ter in anno presidet advocatus, non exigat expensam servitii ab hotninibris.
sed (der Grundherr) ad singula duas uncia.s ei aolvat. MB. ÜB. 2, 127, 1192: cum dominus
G. generali placltu, quod appellatur toiddiuc, presideat, abbas . . aervittum, quod uppellaitir
voiddinist, super sedeni tr{{>et{am ponat, iic nliqua exactio eiusdem servitii in abbaii-iii
amplius cadat, quicquid indo accidat. C'Ril. 3, 501, 1365: Simon vor dem Burgedor Wepe-
link ist Vogt des FloriniBchen Stiflshofes za Kärlich. Als solcher hat er die Bechte, daz
der pecliter dez vorg. hoves alle jar schuldigh ist zu geven na oisteren '/i mir. weises,
'/i mir. komis, 1 mir. haveren. der scholtheisse des voi^. hoves ist scbuldich alle jar zu
geven 1 eimer wines zu schanke u. a. m. S. dazu a. a. 0. 620, 1390. "WAuvr 1483, Arch.
Maximin. 1, 349: der [Vogt] sal mit sinem vogel und hunden reiten kommen; und sal da of
dem hof ein hofniao ader acholteiss des gotshaus die apise gestalt hain, als erbaren leuden
geburt. "WLintgen, Arch. Maiimln. 9, 240 g 12: wist der scheffen, dass die voide, den
mins hem ambtman oder meier die vorg. even und petiningh liebereu müsseot, dass sie
davan scbüldigh sint zo eime igllchen jairgedingh bi der duerc zu stain und huedeu. dass
idermann mins herren gericht gehorsam si. S. auch WMandem, Arch. Maximin. 9, 237, ciL
oben S. 765 Note 1 (auf S. 766).
*) WNiederemst 1584 G 3, 807: wie man die berrnguter hanthaben solt? antw. der
lehnman <md weisen der ehrw fr guether frei im felde, aus dem felde, frei in dem hofe, aus
dem hofe, frei auf ketaerhche straB: wer den gerecbtigkeit darzu hat, der mags gesinnen.
•WDeUem 16. Jh Tner Stadtbibl Ifde. No. 1643 BI. 75»': so wisent si vierteil- fimftheil-
gute und lehengute und mins berren aptz hovegude fri aller voide. S. auch M'Bomniei-s-
helm 1298, G. 2, 519, cit oben S 762 Note 4, und dazu Bd. 3, 80, § 4, 1280.
') MB. ÜB 1, 214, 96d Otlo ü. fiir Schweinbaeh: faroilia autem per annum advocato
dabit unusquigque eonmi unum manipulum et unum denarium. 'WDelzem, Trier Stadtbibl.
Ifde. No. 1642 Bl. 75 1>: sullent die voide minen herren schirmen und alle gewalt abeUioen
also weit, als das gericht geit, item umb des schirmes unnd friheit willen so bait min her
_ 1099 — Die Vogtei.]
noch eine Veranlagung nach Häusern bezw. Feuerstellen auf ^ und beherrschte
später vorwiegend das Feld, wenn auch unter mannigfachen Variationen und
Abänderungen ^.
Die Bede lastete mithin als Grund- oder Kopfsteuer durchweg auf der
Gehöferschaft.
Welches war nun die Folge dieser verschiedenen Veranlagung der vog-
teilichen Emolumente? Das Servitiimi gab dem Vogt keinerlei Einflufs auf
die Wirtschaftsverwaltung, wohl aber die beiden anderen Abgaben. Der Vogt
wurde durch den Zinsgenufs aus Salland in die Wirtschaftsverwaltung des
Fronhofe, durch die Bede in die Verwaltung der Einnahmen von den einzelnen
verpflichteten Grundholden eingeführt. Die hiermit gewonnene Möglichkeit einer
Einwirkung auf die gesamte grundherrliche Wirtschaft wurde von den Vögten
gründlich ausgebeutet.
Zunächst suchten sie eine Mitberechtigung bei der Verfügung ttber solche
Fronhofspertinenzen zu erreichen, welche dem Fronpfluge nicht direkt unter-
lagen: sie beanspruchten eine Disposition über die grundherrlichen Wälder®,
sie usurpierten Rauchzinse aus grundherrlichem Rottland*.
den Yoigden erlauft von iglichem manne in dem gericht jerlich ein vierzel even und ein hone
über den gaeder. *WLehmen Hs. Koblenz CXI» Bl. 32», ca. 1340: quicunque plus in cen-
sibus [an den Hof L.] tenetur, quam 3 ob., ille tenetur etiam advocato dicte curtis 1 ob.,
qui dicitur vaithellinch. *WAuw 1488, Arch. Maximin. 1, 350: ein herr zoe Broich, der ist
ein beschirmer des hofs und hat das hofgericht, und hat jahrs 4 mir. weitz zu Dudellendorf
van dem abt und goitshuis. item sie wiesent eime vaide so manichen sester haferen, als
manichen sester koms als mime herm dem abt alle jahrs gebuert
^) UlMettlach No. 1, Ende 11. Jhs.: H. schenkt an Mettlach 2Vs mansus. excepit . .
sibi . . advocatiam, hoc videlicet iure, ut omni anno in festo sancti Thom^ qu^que domus sibi
solveret quartam partem i. e. unum virdel aven^ et unum d. ; si [Hs. sive] autem imus homo
totam possideret hereditatem, non plus solveret, quam 1 d. et tantum avene, si autem multi,
unusquisque eorum tantum solveret qne si non solverint in festo sancti Thom^, solvent in
prima die natalis domini; quodsi tunc non solverint, postea culpabiles erunt *USMax.
1484 Bl. 33 ^, WLosheim : wisent och die scheffen, dass alle dicjhene, die uf des aptz zins-
guder sitzen mit rauch iure und flanune , dieselbige sint den vorg. vogden jerlich schuldich
ein iclicher 1 fass rauchhaberen un ein rauchhoene und darzu ein faisnachthoene van der
voigdien weigen, die sie haben van dem apt . . zu lehen.
2) Vgl. als besonders eigentümlich WKenn 14. Jh. 2. H. § 13, G. 6, 547 : da lit guet,
das da heischet hoifgoit, und ist unsem hem zinsgoit und gift ieder morgen ein half vierzel
rockenkoms zo zinse unsem hem van sant Maximin. und wanne uns hem hivon zins haint,
so hait der voit maicht danif zo scheffen sine genade. und abe is sach were dat hin
einich man erzomet hette, so sal er den man nit hoger scheffen, dan sin nabur. und abe
einem amien manne des voides genade zo swere ^nirde, des er des nit liden einmucht, so
mach er das guit laissen ligen, und enmach damf noch sehen noch mehen; so sal der voit
den man laissen sitzen als ein ander man, der sines guedes nie engewan. Vgl. auch noch
ebd. § 23. Zu diesen Stellen s. oben S. 630 Note 1.
') MR. ÜB. 1, 345, 1056, Weistum über die Vogteirechte von SMaximin: omnes
ecclesie et salice decimationes tam in agris quam in vineis sive in silvis -ubicunque in predio
sancti Maximiui iacentibus, tam in Kiliwalde quam in silva circa curtem Steinsiela vel
*) S. auf S. 1100.
70*
[Gniodherrlichlieit und Vogtei. — HOO —
Viel weiter 8ber gingen und riel berechtigter waren ihre Ansprüche auf
Mitverfüjriing üher den gnindhörigen Boden, Sie stutzten sich auf die Ein-
nahmeberechtigung der Bede «als einer Grundsteuer. Vom Gesichtspunkte der
Bederevenüeu aus konnte den Vögten das Schicksal des grundhörigen Bodens
unmöglich gleiclisrtlltig lileiben; sie muTsten seine ^'ennehrung anslrelien und
wenigstens seine Veniiinderung zu verhindern suchen'. Auf Gnind dieser
Tendenz kanten sie zunächst zu einem ausgedehnten Zustimmungsrecht fUr
VeräuTserung und Verleihung gninrihörigen Landes, ausgenommen waren von
ihm höchstens die freieren Wiilschaftslehen ". Aber damit nicht genug. Bei
der Bfdelreiheit des Sallandes konnte dem Vogt auch (imliirch Bede entzogen
werden, dafs der Grundherr Gehöferland zum Salland einzog, grundhöriges
Land verfronte. Auch zur Verfionung entwickelte daher der Vogt mit seltenen
Ausnahmen' ein Zustimmungsrecht — und damit ei*weiterte sich sein EinfluJ^
zu ganz beträchtlichen Verfttgungsrechten über den Betrieb der grundherr-
scliaftliche« Wiilschaftsverwaltung selbst.
Der einfachste Fall der Verfronung lag dann vor, wenn iler Grund-
herr unter Vereinbarung mit den Grundholden aus freien Stücken Teile
des Gehöferlandes in die Fronhofsbestellung zog. Hier, wo es sich um eine
freiwillige und jedenfalls im gegenseitigen Einvernehmen durchzuführende Um-
formung handelte, konnte man sich leicht dahin verstilndigen , dafs die Bede
vom eingefronteu Lande weiter gezablt werden solle*; der Vogt gab dann
nnr noch einen formellen Konsens mid als Äquivalent fUr dos EutgegetdiomnieQ
des Grundherrn in der Frage der Bedezahlung häufig noch die Versicherung,
dafs er seinerseits kein Gehöferland zu erwerben trachten werde*.
castnmi Lticelenbure nut in Hort vel Uunher iiixtii Talevanc ailincenle ad susceptinrem
hospitmn et pauperam debent pertinere; in suis vero silvis, quas adhuc abbas aut fratres
habere Wdentiir, quicquid sibi utile vtdebitur, exceptis feris bannitis, df^cet eos libere dispo-
nere. MR. ÜB. 2, 127, 1192; abbat! . . plane liceat, forestum sutim incidere lignaque inde
ad queeunque volucrit licenter dpducere.
') Zu S. 1099. MR. ÜB. 1, 406, c 1103, Prüm: si abbas in dominicatu suo silvam . .
ad novalia dederit, nicbil advocaüia inde habebit S. vor allem CRM. 2, 267, 1275, ciu oben
S. 396 Note S; vgl. auch Bd. 3, 108, it, 1297.
') Zum folgenden s. schon oben S. 751 f.
=1 MR. ÜB. 2, 127, 1192, Vergleich zwischen Laach als Grundherr und Gerlach von
Kobem als Vogt wegen der Rechte in den Höfen Heimbach lud Bendorf: si aliquod bene-
Hciam, quod lazgSt dicitur, vacare contingat, abbas liberam potestaleni habeat illud locondi
cnicumque suo placaerit orhitrio.
») Hierher gehört wohl Bd. 3, 103, i., 1297.
*) S. WNiedemiendig 1382, G. 2, 490, WKesselheim 1551 § 18, G. 6, 613, beide ciL
oben S. 752 Note 1; zur näheren Ausfljhrung vgl. WDahlheim bei Eemich 1472 g 7, cit
oben 8. 788 Note 7; und WNospelt 1542 g 21: wanehe das erb pflegios lege und nit ge-
handhabt wurde, so sol dem gnindhem von dem erbe sein zins und recht vorabgemacht
werden und dan dem vogthem darnach, und so etwas abgain und acbterstan wurde, sol dem
voigthem abgan und nit dem gnindhem. Man vgl. auch MR. ÜB. 2, 38*, 1179, ciL oben
S. 920 Note 1.
''OMR. ÜB. 2, 361, 1210, Bruno advocatus ciurtis Gladebag monasterii Rommers-
— 1101 — DieVogteL]
Anders lagen die Dinge dann, wenn die Verfronung plötzlich und ohne
vorherige Vereinbarung zwischen Vogt und Grundherrn eintrat. Das konnte
auf zweierlei Weise geschehen, entweder infolge gerichtlicher Aberkennung
oder infolge Heimfalls wegen Aussterbens oder Verziehens einer Gehöfer-
familie.
Im ersteren Falle trat die gerichtliche Aberkennung entweder im Bau-
ding ein: dann fiel das Land allein an den Grundherrn, wurde also verfront,
aulser wenn ein anderer Gehöfer sich zur Bebauung meldete. Oder aber die
Aberkennung erfolgte in den besonderen Vogtdingen: dann fiel das Land an
den Grundherrn, und nur ein Drittel der Früchte des ersten Jahres kam dem
Vogte zu^
Etwas günstiger verlief die Verfronung für den Vogt bei Heimfall : in die-
sem Falle erhielt er ein Drittel des Grundes und Bodens wie der Fahrhabe, die
anderen zwei Drittel wurden verfront^.
dorfiensis: monasterium nullum bonum de bonis ad eandem curtem pertinentibus , de quo
solvitur census, nisi de consensu ipsius B. a censu liberum curti acquirat, nee ipse B. vel
aliquis militum suorum ullo umquam tempore aliquid de eisdem bonis . . sibi aliquo modo
debeat comparare. S. auch WEschringen 1348 § 10: Grundherr und Vogt, unser keiner
[enmag] in dem ban zu E. kein gut kaufen, es ensei mit des andern willen.
^) MK. ÜB. 1, 845, 1056, SMaximin: si cuius bona vel predia propter aliquam culpam
vel querimoniam in placitis abbatis [id est budingun: fehlt 1112] dominicata vel publicata
fuerint, omnia abbatis erunt, nisi bonis eisdem [postquam villici abbatis ea in custodiam
susceperint: fehlt 1112] se quilibet temere intromiserit de bonis autem, que advocatorum
placitis publicata fuerint [dafür in zweiter Ausfertigung 1065: et si aliquis forte in culpam
furti vel seditionis inciderit et abbas ob rebellionem temeritatis vocatum accerserit, ex
eodem vadio] due partes abbatis, tertia vero pars (in eodem tantum anno rerum aut frugum
advocatorum erit; dafür 1112: exceptis firugibus, quarum teitiam partem in eodem tantum
anno advocatus habebitX postea vero nichil ad eos pertinet, quid abbas [per villicos suos:
Zus. 1112] inde disponere velit G. 3, 802, 1284, Schiedsspruch betr. Rechte usw. des Dom-
kapitels zu Piesport: primo de questione seu discordia vronede difOniendo seu arbitrando
pronuntiamus , curtarium dominorum dicte curtis duas partes et advocatum tertiam facere
debere omnium expensarum habendarum circa bona, que missa seu posita sunt in vronede,
tantum anno primo; et anno primo eundem debere dividere fiructus dictorum bonorum, ita
quod due partes cedant dominis seu curtario, tertia vero pars advocato; elapsoque dicto
anno primo advocatus cedet et nihil magis habebit in bonis der vronede predictis, sed
dominus curtarius solus tonebit eadem pacifice et quiete eis utendofruendo tamdiu, donec
venerit proximior heres bonorum eorundem, qui admittetur ad ea iuxta sententiam scabi-
norum dicte curtis, ita videlicet, quod debet dicta bona procurare infronen et domino cur-
tario omnes reümdere expensas circa dicta bona factas.
«) S. Bd. 3, 81, B, 1280; WLangenfeld 1517, G. 2, 592, vgl. WLangenfeld § 7 u. 8,
G. 6, 557: were auche saiche das ein man rumiche worde, so sal man dat steniche
machen jaire und dach, bis jare und dach umb is; kompt der man dan nit weder umb, so
sal man dri deilen machen uis dem goide, und der here von Bl. de zwae deilen holen und
der fait van Schoenecken de dritte, is id aifer sache das de erschaif plegelos belift ligen,
80 sal der fait van Schoenecken komen uf einen weissen perde und sal mit ine brengen
zwene man, einen Mir eme und einen hinder eme, und uf de vurgenante hoifrecht riden; und
[ünmilherrlicLkeit und Vogtei. ^ 1102 —
Man sieht, so günstig sich diese Bestimmungen fttr die Ansübung des
vogleilichen Einflusses in der Fronhofsverwaltung stellten, so ungUiistig war
doch das direkte materielle Ergebnis fUr den Vogt, Hier niuTste also eine
Verbessening angestrebt werden. Sie wurde darin gefunden, dafs es dem
Vogt freigestellt ward, seinerseits einen GehÖfer des Fronhofes, also einen
genossigen Mann , zu suchen , der bereit sei , sich auf dem verfronteu Lande
niederzulassen '. Bereitwilligkeit in dieser Richtung wird sich wohl stets ge-
funden haben, trotzdem wenigstens I)eim Heimfall leicht Reklamationen seitens zu-
nächst noch unbekannter Berechtigter eintreten konnten, wogegen freilich wieder
hl den meisten Fallen die Frist von Jahr und Tag schützte; und so lief denn
eal eiaea aifatoisBen, were eme beleift; doin stil du beti'e van B\. dne sin urnt sul den
man mit den gutem Ijdenen. S. ferner Bd. 3, 81, r., 1280; äS, is, 1280; 145, ta, 1326.
') Diese Bestimmung entwickelt sicli wohl aus der MR. ÜB. 1, 345, 1056 (oben S. IIOI
Note 1) angedeuteten Möglichkeit nisi bonis (dorainicatis) se quilibet teniere intromiserit.
Zur Sache selbst a. Cod. Salm. S. 98 Note 11, 1324: Urkunde Erzb. Balduins betr. den Streit
zwischen Konvent und Meisterin von Ören und dem Edelknecht Adolf von Malberg super
bonis ville Guwendorf cum eorum omnibus attinentjis site prope Dudelindorf, Quorum bonorum
idera Ädolfiis eaudem magistram nomine dictt sui monasterii ilomiuam feudi et se ipsum
ailvocatum esse et etiaoi idem Adolfus eandem advocatiam a nobie et ccclesia nostra Trevi-
rensi in feudum ligium tenere contitebatiu:, taliter est concurdatum, quod ipse Adolfus a data
prpgentium usqne festimi penlhecostes proximum homines et colonos compelentes et lionos
io bona ipsins rille Guwendorf et eins attinentiarum presentabit, et magistra pro tempore
institiiet tales presentatos, ut est iuris, qui dominabus predictis iiu^ eis ex dictis bonis
debita solvant ut tenentur. quos hominea sive colonos si dictus Adolfus infra dictnni festum
penthecostee preseotarc neglcxerit, ut premittitur, extunc dicta magistra seu eius mandatarii
eins uomine potcrunt dicta bona, in quibus colonus non est institiitus, apprehendere et
teuere, quousque in talia bona colom et homines boni presentati fuerint et etiam instituti, ut
est iuris. ^VKenn 14. Jh. 2. H. § 13, G. 6, 547 ; abe sache were, dat unsem hem ir zinse
nit enwurden, so muegen si das guit aingrifen als vur Iren zins, und sie geben dem voide
nit davan. und abe einen voit dat muede, dat hime nit daran enwurde, so mach er brengen
einen genesigen main ain sime sadel, und mach komen vor uns hem meiger, so sal uns
hem meier den man entphaen und sal hin in dat guit setzen mit zweien zinsen und mit
einer boißen. Hiermit vgl. WKenn 1493, G. 2, 314^5: ob dem abt die gnmdzins nit ent-
richt wurden, so mögen der abt und sein arabtleutbe die erbe und g\ieter zu iren lianden
nemen und one gericht für ire gruntzins angreifen und dem vogth davon nichts geben, und
wanne der vogth nit langer entperen seiner gnaden und scbeffe will, so mag er einen
gennßigen man mit ime an sein sattelbaume bringen, und sol der vogiberr denselbigen man
des gnmtherm meiger zu Kenne liebem, inen in solche gucter einsetzen; den genußigen man
sol der maiger guetlich emphaben und das erbe mit zweien zinsen und einer boiißen ein-
setzen, und so nhun über kurz oder lang der rechte erbe und man des zinsguetes queme
und an dem maigem seins erbes und guts widerumb gesunne, so sol der maiger den erben
freimtlicb empfahen und inen verraitz zwaier zinsen und einer boußen einsetzen und ein-
lasen, und so sulchs besehen, sol der genuQig man abstehen, und wiewol er das ermelt
erbe und gute mit thiechten gewonnen hette, iedoch sol des nit genießen, dan den erben
seiner guter unverhindert geprauchen laBen; wie lange zeit und jar er darinnen gesessen
hatte, sol alles nicht hindern. S. auch WLangenfeld 1517, G. 2, 592, cit. S. 1101 Note 2.-
Einen ganz besonderen sehr lehrreichen Fall entwickelt noch WLonguich 1408 , Arch.
Maiimin. 8, 31, cit, oben S. 752 Note 1.
1
— 1103 — Die Vogtei.]
diese Bestimmimg in der Praxis wohl im wesentlichen darauf hinaus, dafs der
Vogt verfi'ontes Land seinerseits mit Leuten aus der Hofgenossenschaft besetzen
konnte. Eine aufserordentlich weitgreifende Bestimmung : wie mufete sie den
Vogt der Hofgenossenschaft persönlich nahe bringen, wie den Einflufs desselben im
Gegensatz zu demjenigen der oft fem vom Hofe lebenden Grundherrschaft erhöhen.
Und zu alledem kamen nun noch andere Hechte direkter Einwirkung seitens
des Vogtes auf den Personalbestand der Gehöfei-schaft. Mehrfach wurde die Bede,
wie wir gesehen haben, als Kopfsteuer erhoben ; da konnten den Vogt irgend-
welche Eingriffe in den Personalbestand des Fronhofes nicht gleichgültig
lassen, er mufste darauf achten, dafs die ordnungsmäfsige Vennehrung seiner
Bedepflichtigen nicht gestört werde. Daher sein Zustimmungsrecht zu Frei-
lassungen oder Vergabungen grundhöriger Leute durch den Grundherrn^ und
die Notwendigkeit seines Konsenses zu grundherrlichen Abmachungen über
Heiratsfreiheit zwischen Gehöferschaften verschiedener Grundherrschaften ^.
In der That, die Fronhofsvögte hatten die vogteiliche Gewalt über den
Fronhof trefflich ausgenutzt, um eine allseitig wirkende Herrschaft zu begrün-
den. Sie unterhielten direkte Herrschaftsbeziehungen zu den Grundholden,
sie beeinflufsten die Wirtschaftsverwaltung des Gehöferlandes wie des Fron-
hofes autoritativ, sie griffen fest in Recht und Gericht des Fronhofes ein: sie
waren zu Vogtherren neben den Grundherren geworden^.
Und diese Macht erweiterte sich noch in den vielen Fällen, wo die
Grundherren eines Fronhofes es zur Markherrlichkeit gebracht hatten; hier
entwickelte sich die Fronhofsvogtei über den bisher dargestellten Umfang ihrer
Rechte hinaus zur Mark- und Fronhofisvogtei*. Welches waren nun die
Folgen dieser Erweiterung?
Sie konnten so weittragend sein, dafs der Mark- und Fronhofsvogt für
den nicht grundherrlichen Teil der Mark geradezu eine Markvogtei im ausge-
sprochenen Sinne der von uns schon erörterten freien Markvogtei entwickelte:
dann hiefsen die nicht grundherrlichen Höfe der Mark Vogteien, ihre Insassen
1) S. CRM. 1, 179, 1163; MR. ÜB. 1, 214, 963?, Otto II. für Schweinbach: ipsos . .
homines de Svejerbahc et omnes, qui ad altare sancti Maximini debcnt censum solvere,
nuUus iinquam abbas audebit vel poterit uUa ratione cuiquam in beneficium prestare. Dies
zum Schutze der Vogtrechte.
«) S. MR. ÜB. 3, 834, 1231.
^) Bezeichnend für die Ausdehnung der vogteilichen Rechte im Fronhof ist die Möglich-
keit folgenden Verbotes im MR. ÜB. 2, 261, 1210: consuetudines et iura prefate curtis ab
antiquo observatas B. non mutabit, nee possessiones eiusdem curtis indebitis et insolitis
exactionibus gravabit.
*) Im folgenden ist also nicht von dem übrigens seltenen Falle die Rede, dafs einem
Markrogt zugleich die Vogtei der in seiner Mark liegenden Fronhöfe zugefallen ist (s.
darüber oben S. 1090 f.), sondern es wird vielmehr der Fall erörtert, dafs ein Grundherr
zunächst seinerseits Alhnendeobereigentum imd Markherrlichkeit erworben hat, und dafs
sich daraufhin die Einwirkung seines Vogtes — der ursprünglich nur mit dem Fronhof lu
thun hat — über diesen Fronhof hinaus auf die Mark erweitert
l(iruiulherrlii:hkeil und Vugtei. — 1104 —
im Gegensatz zu deu Gehöfeni Vogtleiite, und der Vogtherr bracht* es für
sie zu einer der Fronhofsverfassung analogen Verfassung mit einem Meier oder
Untervogt aii der Splt^e^
Andererseits gali es FilUe, in denen es zu kaum einer Eiiiwirkun;: der vog-
teilichcn Krüfte auf die Markverfassung kani, wo sich die Ansprltche und Rechte
des Fronhofevogtes stets in bescheidenen Grenzen hielten*. Noch mehr: es
kamen Fälle vor, in welchen es nicht der Vogtj sondern vielmehr der Grund-
herr des Fronhofs zu einer Vogtei über einzelne Teile oder sogar das gesamte
Areal der Mark brachte. Konnten neben einer derartigen partiellen Mark-
vogtei die Rechte des Fronhofsvogtes nocli bestehen", so liegt es auf der Hand,
dafs sie bei totaler Markvogtei des Gnindlieim nahezu veniichtet werden
mufstra*.
Der gewöhnliche Verlauf der Dinge hat indes mit der aufgestellten
Alternative — freie Markvogtei entweder des Vogtes oder des Grundhemi —
nichts zu thun: er hält vielmehr zwischen beiden Extremen die Mitte.
'J Kin gutes Beispiel bietet das •WSiilraerohr 8 1 und 5, Hs. Koblenz UXl *>: der \*ogt
h&t in SEdDierohr 3 pkcita aimnlia (Geriditsding), der Propst als tirundberr tria placica
dicta buwedink in tilla et loco iudiciali, videlicet in quaJibet oclaTa placiti [d. li. jedes Cerichts-
tages] cuiuslibet fcrie secuode gesworen maindach unum plucitum, et ibidem . . scabini
ima ciun totA dicte ville univcraitate ipai placitn intereBBe dfbebunt . . ipsius domini prepo-
BJti et 3iie predicie prepositure ins ibidem iudicando. Die Bufsen fallen nur an den Gmnd-
henn; über sie urteilt der oificiRtus dea Propsteü. De alüs vero bonis ibidem diutis vailgut
(advocatus) et buiib ofGciahis per totum annura ad requiBitionem dicti domini prepositi aut
Bui otficiati, cum opus fiierit, iiidicare debebunl; et de emendis indc cedentibus dominuä
prepositus duas, (advocatus) tertiam partem recipere debcbunt. S. auult Wßommeraheiiii
1208: vort hact der schefTen geweist, oef einiche vaitsnian nimieb wurde in der epticn van
Tan [!] Pruine und in der vadien van Schonecken, hindcr welchen herren dieselve vaidemen
rSmde und wegevertig wurde, den sal ein apt van Frame ein vait helfen zwingen weder uf
sine vadie und in sin erve, und in dier selven gelichnis sal ein vait van Schoenecken eime
apt van Pninie helfen ewingen, oef ia eme noit geburt Vgl. hierzu WRonimersheim g 16,
cit. oben S. 735 Note 4.
') MR. ÜB. 1, 249, 976, Erzitischof Dietrich schenkt an SMaria ad martyres Schleich:
villam in Sieche cum SO mansis et terra Balica ciun tanta iuris integritate de proprio com-
paravi, quod nee advocatuB aliud quippiam nisi carr. vini et tria placita in anno ibi habere
debeat . . nulla preniemoral« ville pictura dccimam solvit si quid vero decim? de terra
salica provenerit, in curiam deferatur. ccnsus quotjue, qui de molendinis sub banno tüIq in
Mosella pogitis colliguntur bannusquc cum terra salica atque theloneo ad curiam pertinent.
Ein Muster bietet Bd. 3 No, 115, 1326. S. auch WLonguich 1408, Arch. Maiimin. 8, 35.
§ 19, cit oben S. 1012 Note S.
') S. Ennen, Qu. 2, 14, e, 1203, cit. oben S. 696 Note 3. In Erpel bestand aufserdeni
eine Fronhofs- und Markvogtei, s. CRM. 1, 185, 1167.
*) 'USMai. 1484 Bl. 47», WGostingen: der Abt von SMaximin ist Grundherr und
Vogt von G-, doch giebt ein iclich hus, da fiiir und flamme usgeit, . . der herscbaft van
Berprich 9 sext. even, und ein widfrawe 4'/« sext; un die vorg. hersthaft van B. cnhat kein
ander gerechtikeit mit in dem dorf un ban van G., noch in boissen, noch in gericht, noch in
anders keinerlei wisen. unde sullent die voi^. herschaft darumb den apt cavent un ir aime
lüde daselbz beschirmen nach irem besten vennogen.
— 1105 — Die VogteL]
Absolut notwendig war zunächst mit der Erweiterung der Fronhofegrund-
herrlichkeit zur Markherrlichkeit, des Baudings zum Grundgericht eine Er-
breiterung der gerichtlichen Funktionen des Vogtes. Der Vogt war jetzt eben
nicht mehr Baudingsvogt, sondern Grundgerichtsvogt ^. Als solcher war er
der Schützer des Gerichts und Vollstrecker des Rechts fttr alle Markeingeses-
senen; imd damit waren ihm alle Markeingesessenen bedepflichtig*. Auch
erfiel ihm sein Anteil von den Früchten der Rechtssprechung jetzt vom Grund-
gericht, auch bei Sachen, welche früher vor dem freien Markding gebrüchtet
worden waren ^.
Allein in den meisten Fällen begnügten sich die Vögte nun doch nicht
mit der markvogteilichen Stellung im Grundgericht; sie versuchten vielmehr
auch in der markherrlichen Allmendeverwaltung Einfluß zu gewinnen. Hier
handelte es sich aber vor allem um die Frage des Emennungsrechtes der
*) Das besagt wohl schon die Stelle im Lehnsbuch Werners II. v. Boland S. 18:
Werner hat ab imperio 80 s. in Albesheim cum iuramento et banno et in Rudersheim 30 s.
cum iuramento et banno; hec autem bona pertinent ad abbatiam sancti Maximini Treveren-
sem. In gleicher Weise hat W. einen Weissenburger abteilichen Hof inne. S. femer
MTdandem 1537, G. 2, 105: so einer inwendig erw. herm abts grontherlichkeit ader am
ende seines bans unt bezirkhs ein grontmarkh ader entscheitzichen frevelich mit nacht unt
nebel ader sonst abhauwen wurde, imd so man den bequeme und ein igliche berichtong
derowegen haben möchte, sol der voegtherr den annehmen und die boeß vor ein hoech-
gerichtsboeß achten und schätzen, und von dcmselbigen die hoechgerichtsboeß indriben und
einem h. abt davon zehen wißpfenninkh geben.
^) MR. ÜB. 3, 80, 1218: abbas et conventus in ipsa advocatia eundem A. de cetero
sustinebunt, a duobus forestariis et vilUco ecclesie sancti Maximini nullas exactiones ser-
Vitium quodcumque vel ius aliquod recepturum, a ceteris vero dicte ville hominibus exactiones
solummodo recipiet, nuUa alia senitia vel iura, que ratione advocatie aliorum locorum
advocati recipere consueverunt , ipse A. vel eins successores ab eisdem hominibus exacturi.
WBiebem 1506 § 9, G. 2, 191: was einem schirmherm davon gepüre, das gotshaus sambt
seinen armen leuten zu beschirmen? daruf der scheffen mit urtheil und recht geweist, daß
ein iglicher in dem gerichtszwankh diß gotshaus gesessen sol alle jars geben ein mir. habem
und em hun. imd wer es daß der man im hausgeses der probstei mit tot abgieng, eher dan
die erste garb gebunden würde, so sol die frauw habers und huns entledigt sein, so lang die
wiedfrauw verpleibt; stirbt aber der man, nachdem die erst garb gelegt ist, so sol die frauw
haber und hun geben das jar; stirbt die frauw, sol der man haber und hun ausrichten wie
ein ander, kaufen sich aber maegt und knecht, die sollen das erst iar frei sein. WRotzen-
hain 1537 § 1 : welch fraw oder man sich binwendig den zinkel [Gerichtsbezirk] niederschlegt
imd hat jar und tag darin gewohnet, den sollen die fitherm annehmen ftir ein £Ettman oder
-fraw, und soUen zweimal in die b§t geschnitten werden, sol ein dienst tun, d. i. einmal brot
oder wein am nahisten am Rhein holen und gen Hadamar ufs [Herren-]haus führen, und
nichts weiteres schetzen.
') WMersch 1542 § 13: bei Waldbufsen ein Drittel dem Grundherrn, eins dem Vogt
und eins der Gemeinde. Neben fructus iurisdictionis und Bede bestand natürlich noch das
Schutzgeld bezw. Servitium seitens des Herrn, s. WWinningen 1507, G. 2, 504: die vaiteren,
die unser herr der abt dem graven von Spainheim von seinen guden leist geven, dat ist
darumb, dat hie sein vait sol sein und sein gericht waßer und weide schirmen sal.
[Grundlierrlithkeit und VogU-i. — 1106 —
einstigen freien Markbeauiten , und weiter um die VerfÖguiiKsfreiheil über
Mai'knutzuiin^en.
Iin ersten Punkte hatten die Vögte kaum einen Erfolg: der Markherr
setzte günstigenfalls ohne Konkurrenz der Markgemeinde , anderenfalls mit
dieser die Markbeamten ein, und diese waren als grundherrlielie Diener sogar
von der Vogtbede befreit'.
Und auch die Disposition über die Marknutzungen erlangten die Vögte
nui' sehr unvollkommen*. Schon die direkten Allmendenutzuugen blieben
grnn<lsfttzlich zur Verfiigunp der Markherren, so namentlich die Fischerei, für
welche die Vögte iu den meisten Fällen wohl nur eine allgemeine Ein-
schränkung der Nutzungsmöj^lichkeit durchsetzten^. Etwas mehr Erfolg hatten
sie fllr die Walduutzung in Rodung (Medem) uud Jagd: hier brachten sie es
wenigstens zur Konkurrenz mit den Markhenen*. In geringem Grade ist das
') MR. ÜB. 2, Nachtr, 2, 1192—1200: forestaiioa vero prepositus constitiiet, pront
Toluerit; tulvocatus etiani in eis niillani exactionem, nullnm hoBpitntionein faciet, imd zwar
weil diese zum pereönolB aorvitiiim gehören (des Grundherrn).
■) S. z. B. MR. DB. 2, Nachtr. 2, 1192—1200: in nemore autejn et banno nemoris
et in decuraibiis nquarum et banno ipsftrum advouatus niehil iuris haltet. Dieser absolut«
Anescblufs des Vogtes ist nicht selten.
°) WRommerBheiin 1298: vorlmehe hnet der scheffen gewist viu- vol, dat nemaa
fisrhen enssl in allen bechen in der epdien und in der vndien van Scboenerlten, Nen ein apt
und sine kneclit und sine gesworen vischer, it enwere lian sache dat ein frauwe ein kint
droge uf betkrauk lege, die mach doen vischen in den bedien nut eime voisse in deni
Wasser uud deu anderen uf dem landen und wie het enboven vischen wulde, die were umb
die wandel und nrab die hoc^este boisse, des weren zwein pennink eins aptzs und der dritte
eins vai'des van Schonecken. MR. ÜB. 3, 296, 1226 r Streit awischen Ören und N. von
Siebenbom advocatus dp Röisporth super hanno aquo et piaeationis eiusdem cnrtis de Rois-
porth; Entscheid; Ören bleibt in tenore et quieta posseasione banni aque et pisciktionis, sed
tarnen . . ntdii potest vendere niai homini de eadem curte, qui de tallia et servitüs aliis
serviat advocato dicte curtis. si vero . . magistra de Horreo . . aquam predictam vendere
nequiverit, nee aliquis de curte eam emere voluerit, advocatus pacem teneri faciat toti aque,
et tamdiu tola aqua pennanebit sine |)iscatore, quousque magistra . . eam vendiderit alicui
de curte supradicta. Doch a. auch WNeunkirchen 1587, ciL Note 4.
*) Zur Rodung s. WWilwerscheid 1607, G. 2, 392, ciL oben S. 127 Note 3;
WNeunWrchen und Wallen 1551, g 14. Zur Jagd vgl. %VRonimersheim 1298: dat
neman sal keinerlei wüt vain binen der apdien van Prume und der vaedien van
Schoenecken noch htmer noch hasen, aen ein apt und sin knecht und ein valt van
Schoenecken und sin knecht; und wer darenboeven dat dede und vunden wurde, den
sal der hoitsBchollea penden mit dem gesworen boeden vur die hoegeste boisse, der
aal sin zwene pennink eins aptzs und der dritte ponnink der selver boessen eins vaides
van Schoenecken. — Vgl. auch noch WNeunkirchen 1587 : mein gn. h. und die vbgt haben
im hobgericht zu fischen und zu jagen mit diesem beacheid, wan die vügt die erste und zweite
daus oder fuel zum fischen gemacht und der grundher zukäme, sollen sie gleich zum '/i zu-
lassen ; wan sie aber im 3 pfuel fischten, sollen sie ausfischen und der fang ir sein, gleich-
falls wan sie eine Stellung uf lagen getan und der hund noch am strick, imd darüber der
grundher zukäme, sollen sie ihnen zum halben beilassen ; aber im fall dieselbe losgeschüttet
weren, sollen sie fortiagen und den fang allen ihr sein. Vgl. auch WKeonkirchen und Wallen
1551, § 9 und 10.
— 1107 — DieVogtei.]
auch auf dem Gebiete der sonstigen markherrlichen Nutzungen, des Mühlen- ^,
Ofen- 2, Kalkofen-^, Weinschankbannes *, sowie der Accise^ der Fall. Im
ganzen aber wird man uiteilen dürfen, dafs die Bestrebungen der Vögte,
ihrem Amt wesentliche Teile grundherrschaftlicher Markherrlichkeit einzuver-
leiben, in den meisten Fällen gescheitert sind®.
In der That konnte die Fronhofsvogtei eine gröfsere Zukunft nicht in
der Erweiterung zur Markvogtei suchen, schon deshalb nicht, weil ihr hier
aufeer der Zähigkeit der alten Markgemeinde und der jungen Markherrlichkeit
des Fronhofsherm hin und wieder auch noch eine kräftig entwickelte Mark-
vogtei entgegentreten konnte. Ihre Aufgabe war es vielmehr, sich in ihrem
ui-sprünglich gegebenen Wirkungskreise kräftig auszugestalten, aus dem ur-
sprünglichen Amtsverhältnis zur vollen Herrschaft zu erwachsen, und die Herr-
schaft entsprechend der Markvogtei in einem der Grundherrschaft ähnelnden
Einnahmesystem zu verkörpern.
Dieser Weg wurde eingeschlagen und völlig erreicht. War die Vogtei
ui'sprünglich als Amt gedacht gewesen — wie sie denn später unter dem
Einflüsse der landesherrlichen Vei'waltung des 14. und 15. Jhs. vereinzelt
wieder zum Amte wurde ^ — so begannen doch sofort überall Bestrebungen,
^) WRommersheim 1298: vortme wart vßr fiol gewiest, dat ein abt van Frame mach
binnen der ebtien molen setzen, war he wil, und den wassergank ouch darzü leiden d&rch
wesen üelt und büssche , und cnsal eime vaide noch nemans damide unrecht doin. S. femer
Bd. 3, 64, 84, 1273; 82, 22, 1280.
2) S. Bd. 3, 103, 22, 1297.
^) WRommersheim 1298: haet der scheffen vur vol gewist, dat ein apt van Frame und
sin goitzhuis sal und mag kalkoven setzen binnen der epdien van Frame und vadien van
Schoenecken und mag daemit neit unrecht docn eim vade van Schoenecken noch nemans, und
mag den kalkoven doen setze, wae ime gefoegelich ist, und siülen die hover bloch und holz
zovoeren, als sich das heist
*) MR. ÜB. 2, 4*, 1170, gegen den Vogt: in villa quoque Ravengersburc nullus pre-
sumat in taberaa vinum venderc sine prepositi licentia.
*) S. die auch im ganzen sehr charakteristische Urkunde CUM. 5, 119, 1540: Fhilipp von
Warsberg überaimmt die Vogtei Obermendig imter dem Beding, dafs er die Stiftsherren von
SFlorin-Koblenz (Grandherren) ire hochheit Obrigkeit recht und gerech tigkeit, ire schultiß
scheffengericht hcimburgen geschworen und die ganze gemein daselbst vur gewalt schützen
schirmen und hanthaben, bei althem herkommen und freiheiten laßen, inen keinen gewalt zu-
fuegen noch thun, simder die abthun und straefen, nach weistomb der scheffen das gericht
gankbar halten, die klein gerichtsboeßen und wetth mit der hem schultiß zugleich theilen,
keiner newerang, das sie mit gepot oder verpot, sich underziehen, kein ziße vun brot
obs flaichs und anderer kommerschaft, die zu Obermendig fheil bracht wirdet, noch sunst
weithers oder anders, dan der scheffen von altem her gewiesen und noch weiset, der vogdien
halben heben, auch nichts von der vogdien versetzen verpfenden noch zu vereussem on
guiten \'urwissen und willen (der Grandherren).
^) Dagegen haben diese Bestrebungen allerdings gerade genügt, um in vielen Fällen
unter den Kompetenzen von Grandherr, Gemeinde und Vogt eine bisweilen heillose Verwir-
rang anziu-ichten. Sogar das Mittelalter fand, wenigstens am Ausgang der Epoche, derartige
und verwandte Konfusionen unerträglich, vgl. CRM. 5, 44, 1507; 70, 1513; 88, 1524.
') S. Bd. 3 No. 241, 1461.
[Gmndherrlichkeit und Voglei. — 1108 —
Bie zum Lehen ' und darüber hiuaus zum Eigentum * zu entwickeln. Erreicht
wurde dies Ziel meist sebr früh: schon im 12. Jh. sind die Fronhofevogteieu
mit wenigen Ausnahmen erhlicli. Und mit der Erblichkeit wird die Vogtei
zur vollen Herrschaft: der Vogtherr verspricht dein Grundherrn, ein getreuer
und günstiger Vogt zu sein^, und man sichert sich gegen ungewöhnliche aus
der vogt«ilichen Herrschaft etwa herzuleitende Ansprüclie*.
In dieser Lage entwickelt nun der Fronhofevogt eine eigene Vei-waltuug.
Ein üntervogt oder Vogtauitraann oder Vogtnieier liesorgt mit Hilfe eines
Boten oder Förstere* neben dem gnmdherrlichen Schultheifs bezw, Meier des
') S. die lehrreiche, teilweise scioo b. 231 Kote 3 angeführte Urkunde im CRM. 1,
183, 1167, Erpel: quod capitiiltmi ad arbitriuin suuni seu advnc&tuni seu cuslodein ad tuitio-
nein ville et rusticoruin in ea cominorantiimi institueret et remoreret, et quem vellet el
quAüdo rellet . . plnmiit eis tuitionem et custodiam nisticonuu in. villa üla coDunoraDtiiun
cnidam nobili viro Th. coniiti de Hare comroittere annuatim salventes ei intuitu huius custodie
aureum volentcm 30 nunimos Coloniensis monete . . . später erhält sie nobilis Engelbertus, qui
quedara bona ricina rille de HerpiO hahuit. quo mortno Reinardus ßlius eiua ei succedens
bona, que vicina erant ville de Her)>ille, nequaciuani obtinuit; et ideo capitulo beati Petri
utile riBum est, ne et ipse cuHtodiam niBticoruin ciaBdeiu ville retineret. quia tamen R.,
quasi esset heneliciuni £. patris sui, renitebatiir . A. . , maioris ecclcsic prepositus donariis
qnibusdam intervcnientibiis ab onioi petitione R-i Tillam de Heqiill . . liberavit (et) . . cuato-
diam nislicorum fratri suo Ludewico commisit neqiiaquam inbeneficiando eam. So versucht
Aas Domkapitel die Vogte! auch jetat noch lehnfrei zu halten.
*) S. X. B. Lac. ÜB. 1, 459, 1176; Houth. Hist 1, S. 813, 1281: Itobin von Kobeni
■»erkauft filr 50 Ih. Treverenacs die Vogtei ilber dip SSimeonKgüliT lu Lehmen an SSinieon.
S. dazu auch Bd. 2, 58.^ f.
') CRM. 3, 501, 136S: bekennen ich Simont vorg. vor mich und mine erven den voi^.
heren lu seute Florine [dem Grundherrn] getniwe und gonstige vude zu sin ob verre als it
die vadie und bof antriffet
*) 'WLintgen, Arch. Maximin. 9, 240 § 14: so was der scheffen den voigten voi^.
gewist halt, damit aullen sich die voigte genügen lassen und die arme lüde nit vörter drengen.
WMandem 1537 % 18: daß der . . voegther sich dem scheffenwistomp und erkentenus ge-
messe halten, den alten herkomen geleben und witers nit tun haben noch gesinnen, noch
den armen man femer dringen.
') MR. ÜB. 2, 4*, 1170: ein subadvocatus, quem . . maior advocatus prepo(n)it. MB.
ÜB. 3, J061, 1250: II. nobilis dominus de Covema hat den Hartlif dictiis Leitgast als advo-
catus. CBM. 3, 208, 1264, Urkunde des Grafen Johann von Sayn: cum questio moveretur
in curia aancti Albani in Bedindorf, cuius dinoscimur advocatus, coram otBciali nostro S. et
H. Ecolteto et scabinis de (vinea et agris) . ., nos paci et quieti (domini curiae) consulere
cupientes . . inhibemuB, ne quis officialium scahinorum sive curialium prefatarum curiarum
(dominum) pro denominatis bonis questionem movendo audeat ioposterum molestare. WLos-
heim 1465 § 18: der lenherr [Abt von Mettlach] habe maicht, amptleute und boden zu
sezen aunder berait des vaigtsherm [Erzbisdiof von Trier], und der vaigtherre möge auch
amptlude und boden setzen, sine gerechtigkeit zu banthaben. WSteinheim 1669 § 3: im Hof
S. 7 scheffen hinder dem vogthem gesessen, ein gnmdscholtes des bobs S. gesessen und zwei
Toglmeier. S. auch 'WOberemmel 1378, Arch. Maiimin. 4, 569, cit. unten S. 1109 Kote 6.
— 1109 — IHo Vogtei.]
Fronhofes die Geschäfte des Vogthemi, namentlich ist er im Gericht thfttig'
und sammelt die Bede ein*.
Das Tersonal für diesen Stellvertreter und die ihm unterstellten Diener
hatte der Vogt aber der Gehöferschaft zu entnehmen, bisweilen war sogar ein
Präsentationsrecht derselben entwickelt*. Diese Thatsache ist bezeichnend
für die Stellung, an welche die Fronhofevogtei gegenüber der freien Mark-
vogtei doch für immer gefesselt blieb. Die MarkAOgtei entwickelte ihre
pseudogrundheiTliche Gerichts- und Einnahmeverwaltung selbständig aus sich
heraus, sie war in der Wahl ihres Personals durch keinerlei Umstände beengt
und behindert : die Fronhofsvogtei dagegen konnte schliefslich aus dem Rahmen
des Fronhofs, dem sie ihre Entstehung verdankte, nicht völlig heraustreten,
sie blieb stets bis auf einen gewissen Grad grundherrlich gebunden. Dem ent-
spricht es, wenn der Vogt nicht ohne weiteres das Recht zur Exekution
seiner Bedeansprtiche hat. Er mufs vielmehr im günstigen Falle erst die
Erlaubnis des Grundherrn*, im ungünstigen Falle sogar sein Eintreten zur
Exekution* anrufen, und bisweilen ist sein Recht noch beschränkter. So
') WBacharach, G. 2, 220 : derselbe begrif [der Bacharachcr Bezirk] ist eines bischofs
von Cobie und eines pfalzgrafen bi Rine, also dsS der buschof lenherre ist ind der imüz-
grafe belent. item der buschof sal einen schultißen setzen ind der palzgrave einen vaigt
item nimt der schultiß etzwas van frevelen ind bnichen, so sal er deme vaigde das dritte
deil antwerten. S. auch WBech bei Echtemach § 11, cit oben S. 774 Note 4.
*) WOberdonwen 1542 § 45: die Vögte sollen, ire schaeff und voightn»cht inzudriben,
einen meier haben und den darzu verordnen und den derowegen belonen. Ebenso (§ 46)
einen besonderen Boten. Da, wo ein Vogtmeier nicht vorhanden, tritt an dessen Stelle der
gmndherrliche Meier, s. das unten S. 1110 im Text citierte WMingen 1588. Vgl. auch MR.
ÜB. 3, 342, 1228: während der Suspension des Vogts zu Viviors \illicus . . partem assise
et emendarum . . colligat et sub testimonio scabinorum de Viviers illi reddat.
') MR. ÜB. 2, 4, 1169, Ravengiersburg : si quem suorum officialium in eadem advo-
catia voluerit nuiUire advocatus, tres ei de familia ecclesi^ eligantur, de quibus uni, qui plu-
rimum ei placeat, officium suum committat
*) *UMiinstermaif<'ld, IIs. Koblenz CXI*> Bl. 57^: der Vogt von Salmerohr verspricht
dem Gnmdherrn, Propst Elias, wenn die Leute zu Salmerolir die Vogteibezüge nicht liefern,
darumb insoUin wir noch die unse si nit fain noch slain, wir inbavin dan dat von eirst an . .
deme proiste . . ersoigt und en'olgit einen maint zuvorhintz. Nach abgelaufener und un-
benutzter Frist hat der Vogt freie Hand.
^) *WOberemmel 1373, Arch. Maximin. 4, 569, § 5: weisen wir, welcher zeit unser
herr der abt gekoren hat einen meier und zw^n förster zu Emmelde, darnach hant die
obg. herrschaft von Mcisenbiu-g auch zu kiesen einen meier und einen fbrster daselbst,
den vurg. schaff fUnfzehen mir. rocken und fünf pfimd pfenning und die obg. hüner von
den vorg. feuwrstilten zu heben, desselbigen schaffe sollent die obg. meier und förster daselbst
ledig sein, also fem inen das angebüert zu bezahlen, und nit weiters. und were sach dass
demselbigen meier und förster von dem ehg. schaff nit gnug geschege, so entsollent die obg.
meier imd förster nit von ihrer gewalt pfenden oder angreifen, dan sie sollen das bringen an
nnsers herm abts ambtman zu Emmelde: der sal und niemand anders der herrschaft von
Meisenburg vollethun von dem obg. schaff, als einigerlei brest daran wäre. 8. auch
WBesch 1541 § 39, imd WOberdonwen 1542 § 47: so der voigthem meier und der
pot innen, den voigthem, ire schaff nit möchten noch khunden indriben . . alsdan
sol der voigthem meier des grund- und lehnhem meier, ime hilf und biestant zu thnn . .,
tGi-undherrlidikfit mid Vögtei. — UIO —
heifst es z. B. in dem Weistum von Ediiipeu vom J, 1588', dat unsere
herren nieifiei- von Eehtemach dem voigt sin zins so! nfhelieii unii lieliem
und der voigt nit selbst; das auch der voipt vor sein ausstant nit selbst
peuden niiige, dan das gebor des jironthern nieiger zu. wan ater der
gronther zu swach were, die pantschaft«'n zu thun, spricht er den lantfui-st^n
ahn und den probst van Bielborgb in (ies lautfursteii nnuieu. Die Stelle be-
zeichnet zugleich in klassischer Weise noch eine andere und gröfseve Gefahr,
welche der Fronhofevogtei seit spätestens dem 14. Jh. rirolite. Seit dieser
Zeit kam die Landeshoheit mit reifseudcr Schnelligkeit empor; der Landes-
herr verbürgte einen neuen und sieherereu Frieden, als einst das Reich; die
Fronhofavogteien wurden unter dem Walten dieses Friedens um so überflüssiger,
als die kleineren Gnindherreu sehr bald in ein Lehens- oder Unterthanenver-
hflltiiis ziun Landesherrn ti-aten. So üliemahm der Landeshen- als obei-ster
Vogt den Schutz der Grundherrschaften ', der Fronhofevogt#i als Schutzmittels
ward inuner weniger gedacht; sie war zu einer blofsen herrschaftlichen Ein-
nahiuefonn besonderer Gattung herabgesunken.
Wie andere steht dem die Entwicklung (ier Immunitätsvogtei gegenüber!
Schon der Zeit nach ist sie viel früher am Platze als die Fronhofsvogtei ;
bereits im Beginn des 10, Jhs. ist sie wohl in ihi-en wesentlichen Zügen vor-
handen^. Und die Wuraeln ihier Entwicklung gieifen noch viel weiter zurück,
sie liegen in der Stellung der karolingischeu Advocati.
Der Advocatus der karolingischeu Immunität war das genaue Gegen-
stück zum Iudex des karolingischeu Fiskus, soweit dieser gerichtliche Fmik-
tionen ausübte * : dem Immunitätsbezlrk wie dem Fiskus war eben die
gleiche exemte Stellung in der Gerichtsverfassung angewiesen. Diese exemte
Stellmig beiTihte nun zunitchst darauf, dafs die Thätigkeit der regulären
königliehen Gerichtebeamten im Immunitütebezirk wie im Fiskus aufgehol)en
war; die Beamten konnten weder die königlichen Gerichtsgefölle eintreiben,
noch gerichtliche Pfändungen vornehmen, noch endlich Verbrecher dingfest
anroelen und pitten. Der gnin')'><^rrliclie Meier hat dann zu pfänden und die pfende vor
obg. grundhero schelten und gericht des orts und nit anderswoe verhandeln, ven'ecliteD, und
mit recht wie hoibs ubungh TeruBseren, und dem voigthern den Bchaft und vermacht boult
darus . . entrichten und den ugfangen Unkosten entlieh erlegen.
') G. 3, 794.
") S. oben S. 1068.
'j Ein direkter urkundlicher Beweis hierftkr ist aus den Quellen der Moselgegend frei-
lich, soweit ich Xfltierungen gemacht habe, nicht zu erbringen. Doch ergiebt sich die chrono-
logische Ansetzuog mittelbar ziemlich sicher aus der Verfellzeit des Instituts der karolingi-
sehen Advocati. Funktionen der letzteren werden an der Mosel ziun letztenmal Mß. ÜB- 1.
162, 919 genannt, s. oben S. 1046 Note 1. Vielleicht kommt auch noch MR. ÜB. 1, 185, 94T,
oben S. 1046 Note 3, in Betracht. Und sicher sind aufserdem die Vorhedingimgen, weklie die
sofort zu eroitemde Umbildung der karolingischen Vogtei in die eigentliche mittelalterliche
Immunitätsvogtei lur Folge haben, schon gegen Schlufs des 9. Jhs. voll vorhanden.
*) S. Gu^rard, Irminon 1, 436 f., s. dazu oben S. 733 Note 2, auch Cup. Caris. v. J.
873, CiL oben S. 1045 im Text
— 1111 — Die Vogtei.]
machen, welche in die exemten Gebiete «:eflohen waren ^. Für diese Aufgaben
exekutorischer Natur innerhalb der exemten Gebiete zu sorgen, lag mithin der
Immunitäts- bezw. der Fiskusverwaltung ob. Die Fiskusverwaltung erledigte
sich derselben durch Übertragung der genannten Funktionen auf den Iudex —
also auf einen schon anderweitig erforderten Beamten der Fiskusoi-ganisation,
dessen Hauptthätigkeit auf wirtschaftlichem Gebiete lag. Die immunitätsherr-
lichen Grundherrschaften besafsen keinen den ludices analogen Beamtenstand ;
für sie war also eine andere Lösung notwendig. Dieselbe wurde bei
den weltlichen immunitätsherrlichen Grundherrschaften vermutlich darin ge-
funden, dafs der Grundherr diese Funktionen selbst tibernahm*; in den
geistlichen Immunitätsherrschaften dagegen, welche vor Gericht nur durch
ihren Vogt vertreten werden konnten, fiel diese Aufgabe ganz natuiigemäls
eben diesem Vogte zu ^. Der Vogt also, der bisher die Immunitätsherrschaft —
mochte sie nun eine Körperschaft oder eine Einzelperson sein — nur als
Person vor Gericht vertreten hatte, veilrat nun diese Person auch in ihrer
Eigenschaft als Trägerin des Rechtsprivilegiums der Immunität.
Nun blieb aber der Inmiunität der anfänglich n^ative Charakter eines
blolsen an die königlichen Beamten gerichteten Verbotes, welches nur den
Übergang der Exekution, also des Schultheifsenamtes an den Immunitätsherm
zur Folge hatte, bekanntlich nicht lange gewahrt, vielmehr ent^sickelte sich
*) Zum letzteren Punkt s. Guerard a. a. 0. S. 488.
^) Wir wissen darüber aus älterer Zeit nichts Genaueres, doch ist diese Lösung als
sicher verbürgt einmal durch das spätere Fehlen jedweder anderen Einrichtung zu dem ge-
nannten Zwecke, und femer durch die Thatsache, dafs die weltlichen Immimitätsherren später
als volle Gerichtsherren ihrer Herrschaften erscheinen.
') Dafs diese Lösung ausschliefslich beliebt wurde, zeigt die ganze spätere £nt-
wicklimg. Ein besonders deutliches Symptom aber bieten die folgenden Stellen, welche
sämtlich von Immunitätsvögten reden. MR. ÜB. 2, 37, 1095, Echtemacher Yogteiw.: ut, si
quis de familia ecclesie occisus fuerit, si pretium eins, quod wergeldum vulgari locutione
vocatur, abbas acquirere per se potuerit, totum habeat; si per auxilium advocati, ille sui
iuris tertiam partem obtineat. MR. ÜB. 1, 406, c. 1103, Prüm: de occiso intus vel foris
sancti Salvatoris homine, si per se abbas wcregeldum acquirit, nil advocatus habeat inde; si
vero advocatus acquisierit, duas partes abbas, tertiam advocatus accipiat. S. dazu MR. ÜB.
1, 88, angebl. 887, Prümer Fälschung 12. Jh. Anf. : si aliquis [ex familia extra vel infra oc-
cisus fuerit, advocatus weregeldum eins abbati acquirat, nihilque ex eo sibi vendicare prae-
sumat MR. ÜB. 1, 345, 1056, SMaximin: si aliquis ex familia interfectus fuerit, pretium
illius id est weregelt, [si sine advocato adquiri poterit: fehlt 1112] [dafür die zweite Aus-
fertigung von 1065 : si ecclesie homo interfectus fiierit et abbas aut villicus eins ab homicida
weregildum exigere poterit], totum abbatis erit, si autem per advocatum adquisitum fuerit,
tertiam partem advocatus habebit. Die hier für die Immunitätsvögte von Echtemach, Prüm
und SMaximin vorliegende Möglichkeit, dem Immunitätsherm zufallendes Wergeid einzu-
heben, erklärt sich nur aus dem ursprünglichen Charakter dieser Vögte ab der Vertreter
ihrer Herren vor Gericht — Zur Verwendung der teilweis falschen Vogteiweistümer, nament-
lich von Prüm und SMaximin, bemerke ich hier ein für allemal, dafs ihr Inhalt mit Vorsicht
als der Zeit, in welcher die Fälschungen entstanden sind, angehörig ausgenutzt wird. Im
einzelnen vgl. Bd. 2 S. 740 f., und Bresslau in Westd. Zs. Bd. 5, 20 ff.
[Gruiulherrlichkeit uud Vogtei. — 1112 —
auf (lit'ser Gnindlafse alsbald eine volle iiiinitmitätsberrliche Gerichtsverfassung,
Dieser Vorgang filllt in unserer Gegend wohl noch das ganze 9. Jh.".
Wie wirkte nun diese Erbreitening der luimunitätsbefugnisse auf den
Vogt? Folgte die Vogtei der neuen Entwicklung, wurde der Vogt, bisher
nur Schultheifs, nun auch Träger der ImniunitätsgerichtsheiTlichlceit des
Grundherrn ?
Die geistlichen Institute würden mit der Zulassung einer so weitgeliendeu
Berechtigung sich um alle Vorteile der Immunitilt gebracht, ja ihre Existenz
untergraben haben : an Stelle der königlichen Beamten würde ohne weiteres
der Vogt als Peiniger getreten sein. Aber ganz ausschliefsen liefs sich der
Vogt nicht. Einmal war er schon im ersten Stadium der Immunitätsentwick-
Inng mit der Ausübung der exekutorischen Inimunitätsrechte beauftragt worden.
Dazu kam ein zweites. Die volle Ausbildung der neuen Gerichtaverfassung
erforderte auch Hochgerichte; der geistlichen Hand aber war es nicht erlaubt,
Über Hals und Haupt zu richten *. Es blieb nichts ttbrig, als die Gerichts-
herrlichkeit zu spalten: der Gerichtsvoi-sitz blieb dem geistlichen ImiuunitAts-
herm. der Gerichtszwang ging an den Vofrt über.
So entsteht, spätestens wohl in der ereten Hälfte des 10. Jhs., die
Immunitätsvogtei zunächst in den geistlichen ImmimitätsheiTSchaften ^ aus
einer Kombination von Schultlieifsenpflicht und Gerichtszwang in Blutsachen.
Es ist die nächste Aufgabe, sich Befugnisse und Bedeutung dieser Vogtei ge-
nauer zu vergegenwärtigen.
Vor allem bleibt natürlich auch der Immunitätsvogt in erster Linie der
Vertreter des Immnnitätsherm selbst in Rechts- und Waffengang: die allge-
meinsten Pflichten sind also genau dieselben wie bei der freien 'Markvogtei
und bei der Frnnliofsvogtei ■*,
') S. dazu obeD S. 1031 ff.
<) Dazu s. noch aus später Zeit WSPauIin Mesenicb § 4, G. 6, 543: ob ein mis-
thätiger mensch alhier gegrifTen oder gefunden würde, denselben sot mein Junker von Pirmont
handhalien [und von] wegen des abts, und m. b. abt nit, weilen daß er ein geistlich man
ist und ihm das nit geziemet.
*) Doch blieb die Immunitäts- bezw. später die Hochgerich tsvogtei keineswegs blofs
auf geistliche Herrschaften beschränkt, wenn diese auch stets den Hauptherd für diese Ei^
Echeinung bildeten. So konnte es z. B. in Hochgericblen freier Markgemeinden Hoch-
gerichtsvogteien gehen, s. oben S, 189.
*) S. dazu 6. Alberonis c. 25, MGSS. 8, 256, 1148, Erzbiscbof Albero ermahnt vor der
Schlacht bei Treis gegen den Pfalzgrafen die Seinen; Respicite hoc signnm cmcis, hoc, in-
quam, signtun terribile adversariis Ihesu Christi, hec est cnix, in qua Herimannns comes pa-
latii mihi iuravit fidelitatem, die illa, qua advocatum ecciesiae nostrae ipsum constitni, die,
qua illfts vires il lamque potentiam ei contuli, per quam modo me Jnfeatat. tunc predixi ei
in hac cnice esse de ligno domini, in quo ille, cuius hec sacrosancia refiilget imago, de
hoste bnmani generis triumphavit, multorumque sanctomm venerabiles reliquias in hac cnicc
indicavi conlineri. ipse vero palatinus tenens manum super hanc sanctam imaginem iuratus
est micbi in haec verba: hunc dominum, hunc pro nobis cracifiwim, do vobie, domine archi-
episcope, fideiussorem, et iuro vobis per eius virtut«m, quod nunquani aliqiiid contra vos
— 1113 — Die Vogtei.]
Im besondern aber ergeben sich folgende Funktionen. Der Vogt hat
innerhalb der Immunitätsherrschaft den Bann bezüglich aller Verbrechen,
welche an Hals und Haupt treffen, also fllr blutige Wunden, Mord imd Tot-
schlag, für Friedensstörung, Raub und Diebstahl^ Dazu kommt bisweilen
noch ein Bannrecht auch fUr Erbe und Eigen, dessen Behandlung man da,
wo neben vielen Grundhörigen — also für Erbe und Eigen Baudingpflichtigen —
noch wenige Freie im Immunitätsbezirke safsen, notwendig dem Hochdiug
zuweisen mufste^. Femer hat der Vogt die gerichtliche Zwangsgewalt hier
und da auch fllr Versetzung von Grenzsteinen, Feldfrevel u. dgl.: also für
Markvei^ehen, welche bei der Loslösung der alten Markdingkompetenzen aus
den Hundertschaftsdingen vielfach nicht ausgelöst, sondern der Hochdingver-
fassung inhärent geblieben waren ^. Endlich aber kommt das Hochding, für
welches der Vogt den Bann hat, innerhalb der Immunitätsverfassung auch als
Obergericht über den Baudingen oder Grundgerichten als Untergerichten in
Frage : in dieser Jligenschaft konnte es u. a. auch fllr Klagen des Immunitäts-
herm wegen Baunachlässigkeit in den Fronhöfen zuständig sein*. Der Bann
des Vogtes erstreckte sich auch auf diese Kompetenz des Hochdings; der an-
geführte Kompetenzfall aber ist deshalb besonders wichtig und hier betont.
faciam, et quod in omnibus vestris necessitatibus cunctis viribus meis omniqiie potentia mea
vobis fideliter assistam. S. auch MR. ÜB. 1, 406, c. 1130, Prüm: quisquis huiusmodi iuris
est — constringat
') In den Maximiner Urkunden werden genannt furtum, seditio, temeritas, latrocinium.
S. femer Lac. ÜB. 1, 84, 134, 1103, Essen: manuum truncatio vel armorum prociamatio.
Ennen, Qu. 2, 99, 91, 1216—1225: tres mansi . . bona non erunt onerata iure advocati, ita
videlicet, quod de bonis illis advocatus nee hospitium nee petitionem, nee aliquam exactionem
potent exigere, nee homines ecclesie trahere ad iudicium, quod vulgo diciturdenc inde renc,
nee aliquod ratione bonorum illonim eis gravamen inferre. . . . sed iudicabit de maleficiis
ibi perpetratis, scilicct de furtis et sanguinis effiisione circa seculares personas, prout iustum
fuerit WWincheringen 1494 § 7: was das hogericht [von SSimcon] zu W. antreffen mag
von heupt, von halsgebeine, geselde, blodich wenden, waflfen, geschleige, uberbracht zu
kennen und zu entschlagen, das hört alles den voigten zu, und mogent und sollent die voigt
davon richten.
«) Lac. ÜB. 1, 131-2, 203, 1064—6, Vogtrecht für das neugegründete Siegburg: sta-
tuimus vero advocatis, quos [Anno von Köln als Gründer der Abtei] . . previdimus, ut semel
in anno ad loca sibi prescripta conveniant et pro iustitiis faciendis placita tenoant, sie tamen,
ut ipsi cum abbatis consilio eflusioneni sanguinis, fiirta , violatam pacem , hereditatis conten-
tionem iudicantes sua tertia contenti sint, ne<iue ipsam tertiam nisi de bis rebus, quae in
placitis advocati ventilentur vel de placitis inducientur, requirant; cetera omnia abbatis ar-
bitrio cum suis, disponenda relinquant, ita ut in abbatis potestate sit a persona famiUae qua-
Übet pro libito supplicium sumcre, si in aliquo iustis eius imperiis presimipserit contraire.
WWincheringen 1494 § 18 (s. dazu den § 7 des W. in Note 1): ob die lüde zu W. wur-
den dedingen umb unseren garten houfsteden und daz damf steit binnen den zinnen zu W.,
das höret voiu- die voigde oder ire amptlude.
^) So z. B. in SMaximin. S. dazu oben S. 269 f.
*) So ebenfalls in SMaximin nach den Vogteiweistümem von angeblich 1056, 1065,
1112 usw.
Lamprecht, DentschM Wirtschaftolelwii. I. 71
(liiuiiiUiciTliilikHi find Vogtei. — 1114 —
weil er zeigt, auf welche Weise der Iiiuaunitätsvogt über das Hochrting hinaus
Beziehungen zu den Fronhöfen entwickeln konnte , deren Endresultat bei
konsequenter Ausbeutung nichts anderes als eine Absorption der lokalen Fron-
hofsvogteien sein konnte.
Kommen wir indes auf die Hauptbefugnis des Vo^es, den Bluthanu,
zurflck. Seine Verleihung la^ in der Hanci des Königs ' : der Vogt trat iilso
über den Ko\i! des Innnunitiitsherru hinweg in direkte Beziehungen zum
obersten Hort des Rechtes und der Gerichtsverfassung. Entsprechend dieser
hoben Anknüpfung gestalteten sich die Bannkompetenzeu des Vogtes sehr viel-
seitig aus. tlnd zwar in dreifacher Weise. Dem Vogt stand zunächst die
Gefangensetzuug und die Verwahi-ung der Missethfttigen zu*. "Weiter war er
Gewalt- und Schinnlierr des Hochdings: er safs das Schwert zur Seite oder
mit halbgezückteni Schwerte neben dem Immunitittsherm als Geriehtsherm',
schlitzte das Ding vor allem Angriff von aulsen und verbtu-gte die richtige
Anwendung der Beweismittel. Darum war er auch der Leiter des gericht-
lichen Zweikampfes*. Endlieh nach gesprochenem Urteil fiel ihm die Exekution
zu", in diesem Pimkte vei-schmolzen die neuen Rechte der ImnnmitAtavogtei
und die alten Pflichten des karolingischen Advocatus.
') MR. TB. 1, 166. 926: der Vogl Wolinar voi\ SSlHximin, eui l^'ormati^' in publiro
mallo ofBdum advocationis üaditiun est ab lleurico rege. In MR. 1.3. 1, 167. il26 heirst es:
cui W. i. p. III. all Henrico rege niiniBti'riiun adTocationis tradituni est. MR. l'B. 1. 345,
1056: ndvdcalus vcro (Gieelhertufi : datbr in der Urkunde von 1112 Wttlilielmua comps), <|ui
in preaentiamm est, aliique BU<:ccasores ipsius, qui bannum b regia manu susceperint . . MB.
ÜB. 2. 37, 1095. Editeniacher Vogteiw.: quod nullum legittimmn placitnm iilli advocato de-
lieant, nisi qui bannitni ali imperatnre habeat. MR. ÜB. 1, 406, c. 1103, Prüm: advocntiis,
qui bannum ab imperatore sire a rege acceperit . . . S. auch Waitz. Vfg. 7, 341 f.
») S, Bd. 3, 22, », 1262; \VWilwerscheid 1507, G. 2. 391: und wan geschieht, daß
ein mißthädiger mensch begriffen, den solle man dem vogt lieli«ren, der solle ihnen bewahren,
sollen die nachbarn ihme helfen. WMandem 1537 § 16: die Herren von Filzberg sind rechte
Vögte des Abis SManimin dar zv richten über balz und Iwech und alle boeßen, doch vor-
behalten nachfolgende artikul und scheffen erkentenus, den mistedigen menschen anzngrifpn
und in gewaersam zu foeren und zu rechtfertigen.
•) Bd. 3, 80, ei, 1280; WMeckel 1669 gl: der Vogtherr sitzt im Gericht mit ge-
wapender haut, mit halben gezücktem scliwert. WLangenfeld g 5, G. 6, 557, Gerichtsheix
der Graf von Blankenheim und Gerolstein: wanehe ein graf zu Gerardstein auf einem wissi-
gen jahrgeding in Langenfelt das gericht besitzen wil, daß alstan ein voigt zu Scböneckeii
neben wolgcmellem grafen sitzen und ein schwert an seiner selten haben Bol. darnach sol
irolg. graf fried rufen und der voigt den tag und alle tage, die gehalten von allen gen'altigen
Sachen, schützen und schirmen; und weisen also den voigt vor einen gewaldherren.
') S. MR. ÜB. 1, 406, c. 1103, Prüm.
') MR. ÜB. 1, 345, 1056, SMaiimin ; si quis propter fiirtum vel latrocinium [captus
But iusto iudicio ditudicatus vel: fehlt 1112] dampnatus fuerit, substantia illius et omnis pos-
sessio abbatis erit, advocatb vero de homine, quod [tustiun est ant quoil: ffehlt 1112] sibi et
lUüs comprovincialibua suis melius visum fuerit, agcre licebit. WWilwerscheid 1507, G. 2,
891 : m. h. der abt mag einen vogt haben, welcher die vogtei von seinen wegen empfangen
solle, deshalben, ob iemants so weit mishandelt und begriffen wurde, daß er von dem leben
— 1115 — Die YogteL]
Als SchirniheiT des Dinges war der Vogt natürlich Befehlshaber des
Dingvolkes, soweit dasselbe noch nach der Väter Weise bewaffnet, als Kriegs-
mannschaft, zum Hochding zog; das Dingvolk huldete ihm daher auch*.
Die Konsequenzen dieser Stellung für die militärische Gewalt des Vogtes
lassen sich ohne weiteres voraussehen; sie werden sehr bald genauer er-
örtert werden.
Als Emolumente für die Mühewaltung des Vogtes finden sich von vorn-
herein zwei Leistungen. Einmal die Überlassung eines Drittels von den
Früchten der Rechtssprechung nach dem Muster der fränkischen Grafen-
besoldung ^. Femer, analog den Servitien der freien Markvogtei und der
Fronhofsvogtei, ein Servitium, dessen Höhe in den einzelnen ImmunitätsheiT-
schatten sehr verschieden bemessen sein konnte und auch innerhalb derselben
Grundherrschaft schwankte, je nachdem der Vogt zu gebotenem oder unge-
botenem Dinge einritt^. Daneben findet sich bisweilen auch noch eine Dienst-
zum tot geurtheilt würt, das solle der vogt lassen thun, so mein hen* geistlich ist. Ein
Zeichen zunehmender Initiative des Gerichtsherm zeigt WRapwiler 1547 § 2: ab einer den
leib vermacht hette, sal m. h. probst [von SSimeon] richten bis uf den dritten sprossen, und
die vogde fort bis zum dode.
*) WHoenningen 15. Jh. § 38 — 39, G. 6, 659: wir wisen vur recht, dat ein eiklich
man, die jair ind dach binnen dem gerichte van Hoinghen waeneftich is of van hilige daran
bestaedt wirt, unsen vurs. heren van sent Cunibert ind iren gewisligen v#den hulden sal an
dem neisten hoegedinge, nae ailder gewoenden ind herkomen. item bekennen wir ind wisen
vur recht, dat ein eiklich man, die hulden sal, vur dat hoegedinge sal komen in der zit, as
der vait zu ungeboidenen gedinge sitzt, ind sal sinre vingere up die heiigen liegen ind swe-
ren, als hemae geschreven steit : van diesem dage vurwartz ind alle diesin dach hude sal ich
sin hoult ind getruwe u. h. van sent Cunibert ind iren wislichen v^en, ind sal zo alre zit
wrugen ind vortbrengen, dat ich weis dat weder den hoef is ind weder dat gerichte, nae
minen besten sinnen, als mich dergh^n maent, die mich van rechte maenen sal. alsoe helpe
mir got ind die heiigen.
«) S. oben S. 207, femer MR. ÜB. 1, 406, c 1103, PrQm: quidquid vadimoniomm
constituitur, dispositis ad arbitrium abbatis sive prociu*atoris ipsius vadimoniis du^ partes
abbati, tertia advocato persolvatur. WHamm 1339 : wat imses hem amptman dat jair uover
ainme gerichte indingit, des sint zwo deilin unser hem und das dritte deil des voides. ouch
wat der voit indingit zu den drin dingin, des is das dritte deil sin, und die zwo deilen
unses hem. Vgl. auch MR. ÜB. 2, 37, 1095, Echtemacher Vogteiw.: si quis infregerit ban-
num, quod theotlionica lingua burgban dicitur, pro quo 60 s. solvimtur, duas partes fiscus,
tertiam accipiat advocatus.
') Lac. ÜB. 1, 118, 186, 1056, Klotten an Brauweiler: Sicconi vero comiti, qui . . ad-
vocatiam a palatino comite . . Richeza petente suscepit, tale servitium tribus tantum tem-
poribus anni sibique succedentibus advocAtis constituit. Bei jedem Placitum 1 mo. tritici,
1 mo. siliginis, o s. pro carae aut porci vel oves 5 s. valentes, dazu den entsprechenden
Wein ; 5 mo. avene. Es sind 2 Placita angenommen zu Johanni und im Herbst Dabei fällt
noch zu Johanni pabulum in gramine von einer Wiese. Si autem abbas in autumno illuc
emn advocaverit, prandiiun ei det et 30 d. aut panniun, qui tantum valeat, 2 hircinas pelles
vel 20 d. et ceram 20 d. UlMettlach No. 13, Roden 12 d. 15 Hufen: ad servitium advo-
cati de predicta villa RODENA in natale domini porcum valentem 12 nummos, mo. 1 fhi-
menti, tritici et siliginis pariter, amphoram vini, mo. avene ad pabula equorum; in pascha
71*
[Gmndherrlichkeit lind Vogtei. — 1116 —
Vermutung in Fonu oines Servitiums filr lien Fall erschwerter Rechtsvoll-
streckung'. Das Servitiiun wunle nun entweder direkt vom Iniinuiiitätsherm
bezw, dessen Meieni gezalilt, oder aber das THnfJTolk wurde mehr oder weniger
durch Auflaire fixierter LeistuuRen an der Zahlung beteiligt*.
War nun die ImmunitatsvoKtfi iu der eben festgestellten Abgi'eii2ung,
selbst vorausgesetzt, dafs sie den ursprünglichen Anitscharnkter l)ewahrte,
ihren Kompetenzen nach haltbar? Widersprach nicht die Teilung der Funk-
tionen des Richters bei Gerichtsvorsitz nnd Gei-ichtsschutz bezw, Ocrichts-
exekutive, wie sie zwischen linmnnitatsherr und Iramunitätsvogt stattgefundea
hatte, in gleicher Weise der Ti-adition wie jeder gesuuden Konstruktion der
Gerichtsverfassung? Mußten nicht die Vögte jene volle GerichtsherrlicJikeil
zu erwerben trachten, welche sie sonst in allen Hochdingen in ßiner Haud
vereinigt sahen?
Das ist in der That das letzte Ziel der immer ungestümer andrängenden
vogteilichen Tendenzen; die Vögte wollen Gerichtsherren werden. Freilich
direkt und voll haben sie dies Ziel wohl nur sehr selten eiTeicht', doch auf
nrnphoram vini. 6 d. cnrneB, dimidiuiu mo. fhun^nti, trittci et siliginis iuBimul, pabulimi
4 eijuis; in pentecosle ovem 1 valeuti^m 6 niunmos, panes 12 tritici et siligitiis, 3 sext vini,
2 sext pabiili. et cnstodes eqnonim per nocteni. MR. ÜB. 1, 406, c. 1103, Prüm; curtes
etiaiti determinat^, qu^ advocaio integrum servitium debent, acripto mandate et sacrameDto
ärmate h? sunt, videlicet: Mettendort', Riunureaheim, Pnunia inferior, Gunninbretcb, Birgee-
bura, Walmeresheini, Hephirno, Memiche, Siieche; istt aatem diniidiura peraolnmt servitiiun
Ecilicet: Ulmito, Suevirdieheim, Buodenisbeim, Morlbach, Drinisburo, Heribesbanefeth, Lucb,
Mereche, Huttingen, Nonzenlieim, Badenheim, Eddelendorf. Integrum quoque servitium erit
mo. unuB tritici, situl^ rini du«, porcua iinus 12 d., porcellus 1, gallin^ 2, mo. aven? 3;
dimidiiun vero serritium erit mo. dimidiiu tritici, situla vini I, porcus 1 6 d., gatlina 1,
Bvenf mo. et dimidius. Lac. ÜB. 1, iSO, 1174, betr. Abtei Siegbiirg; sitque servitium, qnod
abbas advocato in unaquaque die piociti dare debeat, duo mo. tritiri, am. vini, due am. cer-
viaie, porci duo valentes duos s., porcellus d. sex, anseres duo, puili quatuor, ova viginti,
Bvene mo. sex, in GuUa tantundem, excepU cenisia, que non habetur ibi. in Beltindorp
tantundem. in Strala mo. tritici, porcus Valens s., porcellus d. sex, anser uniis, pulli dno,
ova decem, situla vini, am. cervisie dimidia. in Olma tantum.
') Cantat, s. Huberti c 5, MGSS-8, 572, c. 1060: de [iurisdictionis] quaestu conmiuni
advocatus obsonium debitum accipiebat, et si minus proveniret, ecciesia illud supplebat prae-
terea si quem rebellem advocatus ad iustitiam fadendam compellebat, dccatervam sunm ac-
cipiebat
*) MR. ÜB. 1, 406, c. 1103, Prüm: ad tria placita, qu? praediximus, unum servitium,
qu^ post paacha debetur, ab abbale accipiat, duo, qu? familia sibi debet, taliter exibeat
unusquisqne de familia: obolum 1 in ^pipbsnia domini, alium in festo sancti lohaniiis bap-
tiste ad servitium advocati persolrat S. dazu MB, ÜB. I, 38, angebl. 887, Fälschung
12. Jh. Anf. : in [tribus plaritis] anum servitium ex parte abbatis 6at, reliqua duo familia
exhibeat, advocatus antem se caveat, ut non ultra quam cum 12 homlnilras mediocriter ser-
vitium accipiat, qnodai advocatus ab abbate snpra Isla triaplacita ob aliquam aiiditionem
[«■g, etwa invitaturj ipse abbas ei de auo serviat; si vero advocatus a familia [invitatur]. inde
servitium accipiat.
°) Dagegen entwickelten sie nicht selten aufserhalb der alten Immunitätsgerichtsbar-
keit eine yoUe Konkurrenzgerichlsbarkelt gegenüber dem Immunitätsheim. Ein hervor-
— 1117 — Die VogteL]
dem Wege zu ihm haben sie fast durchweg mehr oder minder weittragende
Fortschritte gemacht.
So tasteten sie zunächst die Leitung des Gerichtsverfahrens durch den
Gerichtsherm an: speziell die Gottesurteile, bei denen es sich ja um Blut
handelte, suchten sie der Einwirkung des Immunitätsherm gänzlich zu entziehend
Femer schoben sie sich mit neuen Rechten in die Gerichtsverfassung ein: sie
suchten die Emennimg des Gerichtsboten an sich zu reifsen^ und sie setzten
hier und da eine Vereidigung der Schöffen in ihre Hand durch ^. Auch ihi*e
ragendes Beispiel bietet Bd. 3, 81 § 6 f., 1280; 97 § 4 und 5, 1291. Vgl. dazu schon MR.
ÜB. 1, 406, c. 1103, Prüm: niillus servientium abbatis pro culpa aliqua in domum advocati
▼el usquam pro gratia sua acquirenda sive ratione reddenda veniat, sive rationem reddat,
nisi in praesentia abbatis in placito publico; sed neque mansionarius aliquis nisi in curte,
ad quam pertinet
*) S. MR. ÜB. 1, 38, angebl. 887, Prümer Fälschung 12. Jh. Anf.: (advocato non) li-
ceat . . duellum componere internus aut exterius sine abbatis aut eins fidelium praesentia.
Dazu vgl. WRommersheim 1298 : vortmehe hait der scheffen vur vol gewist edel und unedel,
aef einiche wort sich verliefen, die aen einem kampen treffen, it were zo Roemmerschem uf
in anderen unsen hoefen der epdien van Prume und vadien van Schoenecken, die sal der
hoiüscholtes und dat gericht und die ganze hoeüe sicher werden, aef si kunnen ; aef si it neit
mechtig weren aef sin, soe sal ein overster scholtes mit deme gericht in deme hove die lüde
leveren und antwerden eime apt van Prume in sin sloiss und neit eime vaide; damae mag
und sal der overster scholtess eins aptzs den warf machen doen uf ier beider koste, und sal
der warf sin echt und vierzich voess lank und echt und zwenzich voeiss breit, und sal ir ein
den anderen wisen mit eime kolfen und mit eime schilde of mit zwein geliehen metzeren
of mit zwein glichen swerderen of mit zwein geliehen Spesen, soe wie ir moitwille si darzo
verdreit; und den kamp sal ein overster scholtes und ein vait schirmen van eins aptzs wegen
van Prflme, und nit van eins vaitzs wegen van Schoenecken.
^ CRM. 4, 328, 1472 : so hait ein vait macht die dri gerichtsboden zu Zelle zu Merle
und zu Pimderich zu setzen, die ime verbuntlich sullent sin mit dem eide, und gift inne dez
zo lone iglichem 2 som. koms und 1 bürde wins. WRommersheim 1450 § 1, 6. 6, 580:
doe hant die scheffen gesait, man sulle z'irst einen boeden machen, 6 man einich gericht
forter besitze, doe hait si der schulteß gemaent, wie man dan einen boeden machen sulle?
daruf hant sich die scheffen beraden und doe geantwort, as si der schulteß gemaent habe,
so wisen si, daz man dri üeudman darstellen sulle, und darus sal man einen boeden nemen.
kan man darus geinen genemen, der nutze si und dem heren genoige, so sal man aber dri
ander faidman darstellen, bis der here einen geneme, der iem genoige. imd wen man dan
einen baeden macht, dem sal man den staf in die hant geben, und da sal min here van
Prume ader sin schulteß van sine wegen die hant aben an den staf halten, der faid van
Schonecken unden imd der boede midten, und neman sulle m6 daran tasten. WDensbom
1534, 6. .2, 566: beruren den hotten, die kicsonge stehe dem herm des slofs Densbur und
die eidunge eime herm apt zu Proeme zu nachfolgender wtse zu, das ein apt zu Proeme,
nachdem botte gekosen vom vurs. hem des slofs Densbur ist, neme einen wißen stab aUer-
underst bi der erden, und ein herre, so das vurg. sloß Densbur uf- und zuthut oder sleußt,
zu alleroberst, und darnach derihenig, so zum hotten gekosen, in der mitte, alsdan wirt ime
der eit von vurg. herm apt gestaept.
^) CRM. 4, 328, 1472: alle scheffen in dem Hemschen gericht sollent dem voit ver-
bindlich sin mit dem eid, und sin ime auch schuldich sin vaitgedinge helfen su besitzen den
[Grundlierriichkpit mid Vögtei. — 1118 —
VollziehuntiSgewalt zu erweitern wareu sie bestrebt, indem sie zu Gunsten der-
sellien die IHszipIiiiargewalt des Immunitjltsherm über seine Gnmdhörigen an-
fochten und günstigenfalls wohl auch beseitigten'.
Und wie wunlen von ihnen erst jene finanziellen Rechte ausgelieutet
uiid erweitert, welche die Exekution im Hochgericht mit sich bracht«. Die
Eufsen sollten durch Erhöhung eintrilglicher gemacht wenlen^; entsprechend
den gräflichen Gerichtsfponden wunlen Vogteifronden verlangt^; wie der
HunddinghoiT leicht einen Wildbann für Jagä und Fischerei entwickelt hatte,
80 suchte ihn auch der Vogt zu erlangen*; sofjar vogteitiche Gnindzölle
nebereo maiidng na dem hulben mciti. doch eu lioit ein vnit mnclit den tag zu leiig«ii zu
siner gdegenheit.
') MR- ÜB. 2, 37, 1095, Ethtenrncbw Vogteiw.: quod advocatus nulluni delieat per-
cutere et niale tractare absque iudicio. MR- ÜB. 1, 33, aiigebl. 8S7, PrCinier Fälschung
12. Jh. Arf. : advocato nuUo modo conceditur, quemquam in sun advotatia verherai-e aut lon-
dere, nisi si in homicidio aut in Auto aul in lAtrocinio aut pugna culpabilis extitit MR. ÜB.
I, 406, c 1103, PrQm; nuilnni vcrbemre vel tondere sine abbatie vel lideliuni siiorum pre-
sentia et socioniiD Buonun iudicio preauniat; ot ai ee culpabilis redimit, pretiuni dtvidant
[abbas et advocatus]. S. auch Lac. ÜB. 1, 132, 203, 1064—6, Siegburg; in abbatis potestato
Sit, H persona ftuniliae qnalib«t pro iibitü supplicium Bumerc, si in aliqno iugtis eins impcriis
presumpsFrit conlraire.
^ S. oben S. 207, femer CantaL s. Huberti c. 5, MG8S. B, 572, Zeit Abt Renuards
tum 1060): eins adhuc tempore vigente public! iuris iustilia in tola abbatia nuUus advocatus
alicui placito intererat, niri tribus generalibus in anno, in hiis si quod vadium proveniret
iudicio scabinonun, eorum quoque orbitrio detetminabatnr solvendum, non ad voluntateni do-
ratnoram, sed ad possibilitatem pereonarum. MR. ÜB. 2, 37, 1095, EchtemBcher VogWiw.:
ut quicquid in plarJcie dcponitur, secundum posse, qui deponit, misi'ricorditi^r ab eitactore
vel villico assidente advocatn vpl eins ministro cum scabinomm consilio disponatur: i>t due
partes fisco , t«rtia advocato solvatur. — Auch ein Recht auf konfisziertes Gut wurde von
den Vögten geltend gemacht, a. MR. ÜB. 2, 37, 1095, Echtemacher Vogteiw,; si in fiirti
crimine aliquis ex familia ecclesie deprehensus et convictus ftierit; quicquid possederit, ftscus
obtineat, für secundum iudicum decreta legibus subiaceat.
") MR. IIB. 2, 37, 1095, Echtemach: HenricuB comes Conrad! pie memorie comitis
filius Bertrami defensoris nostre ecclesie circumventus et deceptus consiliis muneribus et
fraudibus ins advocati in aratura et messione innumeris a dive memorie abbate lieginberto
servitiorum et dooonim irapendüs redemptum pt regali concessionc tradituni nobis abstulit
MB. ÜB. I, 403, c 1103, Prüm: unusquisque de familia diem 1 in anno opei'etur advocato ad
Pruiniain sivc ad Harn et nusquam alihi. WLangenTeld g S, G. 6, 557, der Vogt ist Gevalt-
herr des Ilochdings: des sol er haben alle gewöhnliche dienst im hof Langenfeld mit sack
und mit beutet auf haus Schönecken, und sol ein voigt oder hofsbot in stat seiner dorn höf-
ling zurufen. Von hier aus war natürlich ein Verschwimmen der vogteilichen Rechte in die
grundherrlichen leicht gemacht, a. z. B. Baur, Hess. Urk. 1 S. 50, 1274, Ebersbacber Gitter
in Bünsheim: de omnibua bonis . . ratione advocatie nichil iuris inantea eis [dem Vogte}
competAt quoquomodo, et quod nichil amplius habebunt in Ulis, sivc in precariis seu exacti-
onibus, hospitiia, que vulgariier dicuntur herberge, tritico, denariis, meltoribus capilibus post
mortem principalis persone, viro, qui dingman vocatiu* [Pflicht zur Stellung eines Schöffen],
piillis camisprivialibus, vecturis curruum et equorum et aliis, que ailvocati et patroni sive de
facto solent requirere vel de iure.
*) CRM. 4, 328, 1472; bait ein vaid maicht zu jagen hoe vriltbreit, als wit und fere
— 1119 — Die VogteL]
kommen vor^ Und weiterhin galt es, das Servitium auszudehnen. War es
ursprünglich nur auf die drei ungebotenen und die vom Immunitätsherrn etwa
gefordeiten gebotenen Dingtage berechnet gewesen, so suchte man jetzt die
Zahl der Dingtage eigenmächtig zu vermehren, oder man erzwang durch
Ausbleiben ihre Vertagung und mit der Vertagung ein weiteres Servitium*.
Vor allem aber bot die teilweise Leistung des Servitiums in einzelnen Ab-
gaben der Grundholden sofort den Anlafs, ein Bederecht für dieselben zu be-
haupten und ihnen aufserdem durch gewaltsames Einlager beschwerlich zu
fallen^. Unter diesen Einwirkungen waren Bede und Servitium, wie wir bald
das Hemsche gericht geit, als wall ein herre van Brunshorn. Auch die dru fischewasser
gehorent zu der obg. vaidie . ., diese dru wasser sal nimands fischen, dan allein der vaid.
^) CRM. 4, 328, 1472: was wine in dem Hemschen gerichte geladen oder geschraden
werdeut, ist von iedem boden 1 alden hl. schuldich zu Zelle, das fass si klein ader groiß,
und zuschent sant Remeis dag und sant Mertins dag ist der zol zweifeltig. item schiffen im
Hemschen gericht das da leit oder entleit, 1 alten hl. item karren und wagen^ die da laden
oder entladen, auch 1 alten hl. zu Zelle.
^) Das ergiebt sich aus Nachrichten wie MR. ÜB. 1, 345, 1056, SMaximin: addimus
etiam nos et nostra imperiali auctoritate firmissime interdicimus , ut nullus advocatorum all-
quod placitum preter tria iure debita in abbatia habeat. MR. ÜB. 2, 37, 1095, Echter-
nach: si die constituta (advocatus) non adfiierit et pridie legatiun non miserit, qui eum vel
in utilitate regni vel loci nostri occupatum esse certissima fide vcritate confirmet, placitiun
et servitium non restituant, neque si die dominica vel celebri festo dies placiti eveniant
MR. ÜB. 1, 406, c. 1103, Prüm: advocatus, qui bannum abimperatore sive a rege acceperit,
tria sola placita in anno statutis in locis habeat MR. ÜB. 1, 38, angebl. 887, Fälschung
aus dem Beginn 12. Jhs., Urkunde Karls III.: firmum et stabile statuimus edictum de advo-
catis praedicti monasterii, ut in sua advocatia placita non habeant per circulum anni, praeter
tria iure debita, ubi quidquid vadimoniorum constituitur, primitus duae partes abbati solvan-
tur, tertia advocatis concedatur. MR. ÜB. 1, 425, c. 1112, Laach: ad placitum . . [advocatus]
nunquam veniet, nunquam considebit nisi a fratribus si res ita poposcerit invitatus fuerit
cum vero invitatus venerit subecriptum tantum servitium a fratribus habebit: duo mir. ad
panem vespere unum mane, ad pabulum equorum 10 mir. hiome 5 aestate, duos porcos 5 s.
vespere unum 30 d. mane, hamam vini vespere dimidiam mane. WRommersheim 1298:
vortme so sal ein overste scholteis eins abts gebieden ein iardink in ieclichme [hove], in
eime zuvor und in dem anderen na, und sal gebieden doin eime vaide, dat he dar kome,
und sal hoiren allet dat recht dat man eime abt wiste, und ensal der vait den scheffen niet
manen. were sachc dat der vaid nit enqweme, so sal der overste scholteise dat geriechte uf-
slain over vierzehn tage, kumpt er dan niet so sal und mach der abt af sin scholteis
[Bl. 52», bis hierher Hand 15. Jhs. 1. H.] dat gedinknis averufslaen vierzhendage, enkumpt
he damahe neit soe sal und mag der apt aef sin scholtcs sine scheffen manen und sin ge-
dinknis volfuren, und sal eins vaits van Schoenecken dan neit langer warten, und sal dae-
mit eime vaide von Schoeneck neit unrecht doen. S. schon oben Cantat. s. Huberti c. 5, MGSS.
8, 572, ca. 1060, cit S. 1118 Note 2, sowie oben S. 207.
') MR. ÜB. 1, 240, 973, für Trier: nullus paratas in eorum [archiepiscoporum] pri-
vatas audientias exactare presiuneret; s. dazu MR. ÜB. 1, 322, 1045 die Phrase iniustas ex-
actiones requirendas. MR. ÜB. 1, 345, 1056, SMaximin: nullus [advocatorum] hospitia vel ser-
vitia in curtibus abbatis aut fratrum sive a rusticis [sive a villicis] violentcr exigat, nuUus
eorum per inscisiones aut petitiones homines gravare . . presumat MR. ÜB. 1, 388, 1093?:
der Laacher Vogt nee aliquando in bonis ecclesiae hospitando aecdesiam vel familiam eius
[GruBdlierrlichkcit und Vogt*i. — 1120 —
sebeu wenlen, spätestens um die Mitte des 11. Jhs. schon zui' unertrfiglichen
Last geworden ; die Iinuiunitätshen^n durften von Glück sagen, wenn es ihuen
gelang, die hergebrachten Ansprüche der Vögte dm-ch Vereinbarung zu inindeni
und zu fixieren'.
Aber aufserhalb der direkten exekutorischen Funktionen hatte die
Banugewalt dem Vogt zugleich auch zu einer militärischen Stellung verhelfen :
er war der Führer des kriegerischen Dingvolks; als solchem huldeten ihm die
Gerichtsmannen. Was war natürlicher, als dafe der Vogt auch auTser dem
Gerichtsverhftltnis der Heerführer des Dingvolkes ward , soweit dassellie
überhaupt noch aufgeboten wurde? In der That linden sich dementsprechend
einzelne Immunitiltsvögte im Besitz der Kricgsgewalt ^, wenn auch ihr Auf-
geliotsrecht auf gewisse Zeit beschränkt ist. So konnte z. B. der Echtemacher
Vogt für bestimmte Zwecke einen Auszug auf zwei Tage gebieten*. Aber
freilich: die KriegsfUhigkeit der Immunitätseingesessenen ging verloren, und
80 war dies Recht des Autgebotes von keiner grofsen Bedeutung mehr. Dies
ist wohl der hauptsilchlichste Gnind für die Erscheinung, dafs wir später nicht
selten doch noch Immunitätsherren, womöglich unter Au^chlufs einer vogtei-
lichen Einhuldigung des Dingvolkes*, im Besitz des veralteten Aufgebotrechtes
ü-effen". Um so gründlicher wufsten die Vögte die nutzbaren Rechte der
gravet nee iniusta servitia ab ea ueque violenla» exactiones, qiias precarisG vocant, aliqiiaiuio
exigat. Älfl. ÜB. 1, 434, 1116, Heinricli V. ftlr Maxiiuin, 1 mmiinitikts Urkunde ; precipimus
etiam, ut quIIus advocatua in ciirias abbatia ac fratruni temere introeat, aiit a villids eonim
gervitia violentei- exigat. vcl a reditibiis et prcbenda eoniodem fratnun gibi gen'iri precipiat.
') Dazu s. Dösseldorf St. A. PanL Or. 28, 1189, cit. oben S. 629 Note 5, 636 Note 2;
lehrreicli ist ferner Lac. ÜB. 1, 365, 1149; der Vogt von Hiraenacb non gravabit eccleeiasti-
cam fainiliam vel aliquem de faniilia comniuni geu privata petitione, nee gtativam per noctem
apud prepositum babebit sive apud aliquem e familia, nigi forte prepositus pro aJiqua Justilia
facienda accessiat eum. et tunc noceggaria ministrabtt ei; quod et quilibet de familia
iaciet, si rocaverit eiim. Der letztere Satz vrird nun folgendennargen auggefübrt : in festo
beati Martini einguli bereditatem haheutes dabunt advocato sext. pabuli et unum d-, non
habentes vero hereditatein singuli ntmunum unum lanliun. proximo autcm die post idem
festuni denuntialiit, qua die velit haben mallum guum: quem semel tantutn habebit in anno:
et tunc dabit prepoeitus loci uniua mir. panes et duorum s. cameg. duas }'driaa vini, ut cum
scabinig et cct«ris amicis guig bonegte valeat convivari, et duo mir. pabuli. S. auch CRM. 4,
328, 1472: zwei foder wins genant der rauchewin gebent die Hemsche lüde [Leute im
Hamme] in dem geriebt um den leger und herberge, die ein vait in dem Hemschen gericht
plag zu hain. \VHamm 1339 sind ea 4 Fuder von der bcrberge.
«) S. Waitz, Vfg. 8, 129.
') MR. ÜB. 2, 37, 1095, Echtemacher Vogteiw.: alfirmaverunt idem nobilioreg et
maiores natu, ecciesie nihil amplius erga advocatum gui egge iuria, nisi pro utilitate et de-
fensione ecciesie nostre per duorum dierum gpatium cum suis stipendiis ire; et si comeg
[i. e. adrocatug] aliquam in vicino urbem, que contra regnun et locum nogtnun sentiat, ob-
sederit, pro eius amore et honore per diioa dies miülare.
*) WRommcrsheim 1298; vorlme haet der geheffen vur vol gewist, dat alle vaithide
und ander tude, die gesessen sin in der apdien von Frame, aullcn hiilleu und swcren eime
apt van Prume getniwe und holt zo gin imd eime vait van Schoenecken nit.
") S. Wßommersheim 1298: haet der geheffen geweist, aef einiche hergchal in dat
— 1121 — Die Vogtei.]
Kriegsgewalt, die Heersteueni, zu absorbieren: Paraveredi, Hostilicia, Ein-
quartierungsrechte, kurz alle Alten von Kriegslasten zogen sie in den Bereich
ihrer Einnahmen ^
Eine Vergegenwäiligung der bisher erörterten vogteilichen Befugnisse in
ihrer Ausweitung von einem ursprtlnglich viel geringeren Kernpunkte aus
lafet nicht verkennen, dafe der schliefsliche Umfang dieser Befugnisse schon
kaum mehr dem alten Amtsbegriffe der Vogtei entspi*ach: ein so vervoll-
ständigtes Amt war schon zu einem Komplex von Pflichten und Rechten ge-
worden, der sich nur noch als Grundlage einer Macht zu eignem Rechte
denken liefs.
Und eben diese Entwicklung hatte denn das Vogtamt, ähnlich der Ent-
faltung der Markvogtei und der Fronhofevogtei, allerdings genommen: es war
erst zum Lehnbesitz, schliefslich zum Erbgut geworden.
Noch in der ersten Hälfte des 10. Jhs. begegnet die Immunitäts-
vogtei durchaus als Amt 2, und noch bis über das 11. Jh. hinaus wird im
Zusammenhang mit älteren Zuständen in grofsen geistlichen Immunitätsherr-
schaften die Forderung aufgestellt, die Vogtei sei durch freie Wahl und Be-
lant queme . . ., 80 sullen alle dieghenc volgen, die in der epdien sitzen und in der vadien
gesessen sint, die wasser und weide nutzent und hulde gedaen haent eime apt von Prume,
die sullen volgen van einer nonen zo der anderen uf ir kost und verlost, als auch vurs. ist ... .
vort ist geweist vur vol, aef eime apt van Prume of sime goitzhuis einiche noit aengeinge,
it wcre van raufe ader van brande aef van welicherleige schaden is gcschege, wie balde si
dat vememen, dan sal ein overscher scholtes af ein hoefsscholtes of der froenboede die
docken aenzehen in allen hoven der epdien van Prume und vadien van Schoenecken, und
sallen der namen und schaden naevolgen die alden und die jungen [Kopie 16. Jhs. bat
weiter: die einen spiess of einen kluppel of ander gwer gedragen muegen], und unsem
scholtesen zo volgen van [einer] nonen zo der anderen uf ir kost schaden und verlost; und
wer herweder streifde uf des ungehorsam were, der were umb die hoegeste boesse, die
sal ein hoifscholtes penden mit deme froneboeden, die boess sal ein apt van Präme
und ein vait van Schoenecken deilen, des is eins apts zwen pennink und eins vaitz
der dritte. Kremer Or. Nass. 2 No. 165, 1285, werden als vom Ravengiersburger Vogt zu
Unrecht b(>anspruchte Abgaben zusammengestellt nahtselde herberge dinetspenninge fiider-
havere. WArenberg und MQhlen 1468: u. gn. herr von Triere . . ist . . ein oberster herre,
und clockenclang und nachfolgange ist sin und nimands me. . . vort so sint die von Helfen-
stein vogde über hals über buich über mistedigen etc. W. No. 2 Briedel, 6. 2, 416: wir
weisen alle gebot und verbot u. gn. h. imd niemands mehr und allen auszog und inzog und
den herkommenden man, auch alle klockengeleut, ohne das gericht, das weisen ¥rir dem
jonkheren von dem Oberstein, der ein vogt zu Briedel ist, derselbig ist über hals und haupt
1) MR. ÜB. 1, 813, 1040: der Vogt soll nicht parafredos sibi sumere. MK. ÜB. 1, 845,
1056, SMaximin : (nullus advocatus) in [1. : sibi] pecora illorum aut paraveredos tollere presumat
MR. ÜB. 2, 87, 1095, Echtem. Yogteiw.: quod advocatus nuUi debeat equum suum per vim
et potentiam tollere. MK. ÜB. 1, 406, c. 1108, PrOm: [advocatus] nuUi hominum ^cclesi^
parefredum sive bovem aut vaccam vel porcum, ovem seu vestimentum vel aliquid in domo
sua aut in agro seu in prato vel vinea potestative auferat
«) MR. ÜB. 1, 166, 926: officium advocationis ; MR. ÜB. 1, 167, 926: ministerium
advocationis.
[Grimillierrliclikeit iinJ Vogtei, -
sbtUmig; des Imitmnitätshemi zu Iwbetzen •. lu Wirklichkeit jedoch nei^ die
Vogtei schon seit der zweiten Hälfte des 10. Jlis. zur Verlehnung bezw, zur
Vererbung, Der sicherste Beweis hierfür liegt in folgender Erscheinung. So-
lange die Vogtei durchaus Amt war, muTBteQ die gröfsten in ihi-eni Gniiiil-
besitz und ihrer Fronhofsverwaitung weithin zei-streuten Iiniiiunitätsherrschaften
darauf ausgehen, für die einzelnen Gegenden gesondeiie Vögte auiiustelleu :
auf diese Weise konnten die iiuniunitütsherrlichen Interessen am besten ge-
walirt wenlen. Dementsprechend findet man in den gi'ofsen Immunitätsherr-
schaften um die Wende des 9. und 10. Jhs. stets eine Mehrzahl von Vögten'.
Allein diese Mehi'zahl verschwindet in unserer Gegend für Prüm um 970^, für
SMaxiinin wohl etwa um dieselbe Zeit'; an ihre Stelle tritt der öine bisher speziell
im Sitze der ImmunitätsheiTschaft beschäftigte, besonders vornehme Vogt, der
advocatuB edilis" oder advocatus monasteiii xar' e|oxrJv". Dieser Ül)ergangist uni
die Mitte des 11. Jhs. ganz allseitig soweit vollzogen, dafe ^in Imniunitätsvogt als
selbstverständlich gilt : bei Neugründimgen von Klöstern um diese Zeit denkt
man Überhaupt nur noch an Aufstellung ßines Vogtes^. Wie ist nun dieser
spätestens uni Mitte des 11. Jhs. abgeschlossene, um etwa 970 beginneude
') ä Lac ÜB, 1. 76, 125, 994; ME. ÜB. 1, 234, 970, (Üt SMasimin: nt idem abb&s
eiu«que succeesores advocutiAE habeant quibus vrlint dandi (juibasque veÜDt tollendi. ÜB.
ÜB. 1, 261, 990, (ftr SMaximin; ahbas sibique PomniisBa congregatio eoruniiiue auccessores
potestatein hnbeant advocatios monaeteiii aui cui vdint daadi cuique velint tollendi. Lac.
TR. I, 84, 134, 1008: adrocatus [van Essen], quem abbatiasa et congregatio eiusdem loci in
lioc opu» elcgerit . . , non in civitale abbatisse Astnida, sed foris cxlra civitatem in iudicio
presidebit, cum ipsuni pro nanuum truncatione vel ormonim proclamatione contigeril. MR.
ÜB. 1, 360, 1065, ImmiiTiität fllr SMaxiinin: abbas sibique commissa conßregatio eormnqne
Euccessorcs potestatem babeant, advocatias monaaterii sui cni velint dandi, cuique veUnt
tollendi; et ut nuUa cuiuslibet iudiciarie dignitatis persona in curtibus eoriim placitum babere
presumat Die Maximiner Urkunden sind Fälschungen aus dem Anfang des 12. Jhs.
') S. z. B. MB. ÜB. 1, 162, 919, Priim: ut abbas suos advocatos babeat licentiam
Btaluendi sine regis presentia in cuiuscumqiie cotnitis mallum voluerit. S. dazu oben S. 1110
Note 2.
') Vgl. MR. ÜB. 1, 180, 943; 181, 943; 190, 948—50; 219, 963; 235, 971.
*) MR. ÜB. 1, 216, 963: K. Otto U. befreit einen UnteiBPhenen des Kiostei-s SMaxirain
ab omnibus advocatis. Advoeatiae sind ferner noch MR. ÜB. 1, 261, 990 genannt, sogar
noch MB. ÜB. 1, 360, 1065, hier aber wohl formelhaft. Zudem liandelt es sich um Fäl-
schungen.
") Stumpf Acta imp, No. 20, 981 : Prüm tauscht per manus eiusdem monasterii ad-
Tocati [so fiir advocatum zu lesen], Harpemi videlicet edilis advocati,
*) MR. ÜB. 1, 211, 968; Hilderadus als monasterii advocatus von SMaxiinin, vgl. auch
MR. ÜB. 1, 255, 981: Signum Sigefridi comitis et rentm sancti Maximini advocati; dazu MR.
ÜB. !, 273, 996.
') Uc. ÜB. 1, 131—2, 203, 1064-66. S. auch noch MR. ÜB. 1, 430, 1115: Theo-
derico comite de Ars snmnio advocato [Prumiensis monasterii]; femer Toepfer tJB. 1 , 2,
1197; wohl auch »Or. Koblenz St. A. (1207), vgl. MR. Reg. 2 No. 1028: Himmerode in
strittigen Eigentumssachen betr. den Killwald vor Gericht vertreten durch den iconomus,
quem vulgo appellant dincvoigt.
— 1123 — I>ie Vogtei.]
Wechsel zu erklären ? Doch wohl nur so, dafs die Beamtenqualität der Vögte
anfing zurückzutreten, dafs der Hauptvogt anfing sich als ständige Macht zu
fühlen und dafs er die Beseitigung der Lokalvögte auch schon gegen das
Interesse des Inimunitätsherm durchzusetzen wufste.
Sind derartige nur vermutungsweise zu erschliefeende Vorgänge in die
zweite Hälfte des 10. Jhs. zu setzen, so liegt die weitere Entwicklung bis
zum vollen Abschlufs der vogteilichen Selbständigkeit klarer vor uns: im
J. 1030 erscheint an der Mosel das erste Vogteilehen ^ um die Mitte des
11. Jhs. wohl die erste Erbvogtei^.
') MR. ÜB. 1, 302, 1030: advocatiam predicte curie et alianim . . 4 in feodo a me
[archiepiscopo] tenebat S. femer Westd. Zs. Bd. 2 Korrbl. No. 218, 1215; MR. ÜB. 2, 46*,
1171: eo beneficio excepto . . videlicet advocatia de Witlich; MR. ÜB. 8, 870, 1246: erste
erhaltene Belelinungsurkunde för eine Vogtei (ins advocatie in Wetzflaria); vgl. dazu die sehr
interessante Urk. MR. ÜB. 3, 1888, 1256. S. auch noch CRM. 8, 82, 1309: der Abt
von SMaximin beurkundet, dafs der Wildgraf Friedrich von Kirberg advocatiam de Simem
cum universis et singulis suis pertinentiis , que a nobis et nostro monasterio in feodum ab
smtiquo dependet, recepit et recognovit a nobis, prout et sui progenitores fecenint, in feodum,
adhibitis solempnitatibus debitis et consuetis. et nos predictam advocatiam cum suis per-
tinentiis premissis in feodum contulimus comiti antedicto ipsumque investivimus de eadem.
Zum Schicksal einer Lehnvogtei vgl. *Scheckman Spec. feud. C 2: domicelli de Kriechingen
domini in Pittingen suscipiunt in feodum advocatias in Loncquich Kirsche Loesch et
Memink cum carum pertinentiis, quas quidem advocatias domicelli de Smedburgh ab illis in
retrofeudum tenent, et licet ipsis homagii prestent fidelitateni nihilominus et huic monasterio
et abbati eins tamquam doniinis directis et fundalibus eandem servare ac perficere astricti
sunt harum villanim advocatias olim Gisclbertus quidam de Smedburgh et Liefinudis
eoniuges vendiderunt domino Rorico abbati pro mille ac semiquingentis fl. Renensibus; quas
tandem Roricus abbas ex gratia speciali redimendas obtulit Ulrico et Friderico germanis
flliis predictorum coniugum octingentis fl. Renensibus reliquos semiseptingentos fl. Renenses
quitans et indulgens libcraliter, cuius rei gratia dicti duo firatres se directaneos et imme-
diatos constituerunt feudales, promittentes pro se et heredibus suis eorumque successoribus,
se nunquam contraventuros nee facturos feudalia onera portaturos ac iura tuituros, ipsos
abbatem et conventum in dictarum villanim iurisdictionibus dominus libertatibus et posses-
sionibus permissuros ac defensuros, spondentes, si contra facerent quomodolibet in futurum,
posse et debere abbatem et conventum Maximinensem pro tempore libere apprehendere
advocatias sine ipsorum vel alicuius contradictione et resistentia; et si aliquando vellent
resignare fouduni vel resistere promissis dictis, quod extunc infra mensem solvere tenerentur
remissos semiseptingentos fl., ponentes et eligentes in cohorcitorem ultorem refrenatorem
domitorem eorum transgressionis insultationis vel omissionis revorendissimum dominum Wer-
nerum de Falkenstein archiepiscopum Trevirensium [1388—1418], pro suis vero subsequentibus
heredibus archiepiscopum qui pro tempore fuerit, ut quotiens requirerent ipse vel officiati eins
vindicarent abbatem, assentiente huic obligationi domino Wemhero archiepiscopo et appro-
bante pactiun cum appensione sigilli sui in testimonium et robui* omnium premissorum. hiis
per excelsum dictis ad Pittingonses et Kriechengenses revertatur: habent in8ui)er advocatiam
in Kellen sub parrochia de Schombergh, decimam etiam in villa Walle cum iure patronatus;
item quitquid habent seu possident in villa Suell et in villa Rockingen.
«) S. Lac. ÜB. 1, 118, 186, 1051?: Richeza schenkt Klotten an die Abtei Brauweiler,
und das Castrum Kochem an ihren Neffen, den Pfalzgrafen Heinrich, ea scilicet conditione,
qt quamdiu riveret, super ipsum praedium Clotono defensor et advocatos existeret, post
[Gniniiherrlichkeit imJ Vogtti. — 1124 —
Mit dem Schlüsse des ll.Jhs, war dauu die absoluta oder feudale Erh-
liclilceit der ImniiinitätM-ogteieu ganz allgemein durchgesetzt: das folgt aus
den SchutüliestimiimngeD , welche bei Gründung neuer Klöster vno Laach,
Springiersbach, Rolandswerth, Hii-zenach, Merzig seit der Wende des 1), und
12. Jhs. gegen die Erblichkeit der Vogteieu getroffen werden'.
Welche Konsequenzen ergaben sich nun aus der Entstehung der Lehn-
bezw, Erbvogtei in Verliindung mit der Konzentration der vogteilichen Funk-
tionen in der Hand ßines Hauptvogtes ?
Anfangs hielt der Hauptvogt nunmehr alle Dinge in der gesamten Im-
obituDi vero suuiii, si tpee htredibus careret, prosimus heres domin^ Itichezae . . advocatiam
Guper eadem tjotia haberet; si vero et ipsi hernieB del'uerint, ColonkDsiä archiepiscopiis
candem ndvocatiam Iribnat cuicumqiie abbas et fratres petierint. MR. ÜB. 1, 512, 1139.
Scbiffenborg : quicomque bereduin (donatoram) maiar natu psset, super lioua prcdicU loci
ndvocatiam hac lep Wnerct, iil fratrea eosdeni ctim suiü reditibiis et fatnilia ab omni iniuria
tiieatur; nee aliam inde ulilitatem Tel Eervitiiim eiigat aut exspectet, niai nt jier oratlones
eonim etirne remuneratiODie prenHiuii c«nsequatur. Aus späterer Zeil vgl. Bd. 3, 22, ■■,
1262; CRM. 3, 253. 1274; niiin Ausdruck Erbvogt WKonsdorf 1556 Einl. und § 1-5.
') MR LTB. 1, 388, 1093?, Beatimmimgen über die Vogtei von Laach durch Heinrich
Pfahtgraf bei Rhein: advocatiun vero nan aliuin, quam me ipsun quaindiu vixero, buic
caenobio conatituo, post mortem vero meam, quem fratres prefati monasterii sive ex pro-
vignis meis sive in proviocia viribus et beuignitate sed et sulivemenili opportun i täte magis
idoneum providerint, eiusdem monasterii fomiliis et posBessionibiis prefictatur iidvocatus, quod
dicitnr dinchvoit, si tarnen hoc decretum et subscriptnm se observatunun esse pTomiserit,
videlicet ai bona aeccleaine viriliter tuen et familiom eiua dementer et humane tractare
voluerit. noverit itaqiie omnino sil>i ol>servandum, nc advocatiani vel coniugi in dotem aut
alicui in beneficiiun dare presumat, nee alium pro se substituat, ciun sciat tu3 huius honorig
ee hereditano iure non contingi>re, sed bnnc prorisionem pro remedio animae sune ad
tutelam monasterii de manu abbatis se suscipere. MR. ÜB. 1, 415, 1107, Gründung von
Spring! ersbacb : millus (canonicis) ab episcopo nisi iuxta electionem ipsonmi advocatus con-
stituatur, nullus ex hereditate advocatiam eius loci querat, nisi fratrum assit petitio. Lac.
ÜB. 1, 301, 1127, Vogtei ffir Rolandswerth : super ipsiua vero loci advocatia hanc legem
onmium consensu et petitione in perpetuum prefiximus, ut ip&am advocatiam nullus unquam
hereditano iurp possedcat, sed is sine omni contradictione statuatur, quem ipse abbas
cum sororibus concorditer cl^erit huic sanctioni ut formam daremus, Ottonem comilem lirum
eicut videbatur deum timeutem iuxta electionem eorum libeirimam advoeatum eis prefecimus.
Lac. ÜB. 1, 365, 1149: der känigliche Ministerial Erlolf bat Kintenach gegründet; qui
videlicet locus dum per annos ferme sex sine advocato sub tutela tantum regia servaretur,
prenominatus abbas supradicto Erlolfo causa amicitiae nomen advocati concessit, ita dun-
taxat , ut nee ipse nee aliquis posteronmi loci illius advocatiam quasi hereditariam sibi ven-
dicare possit, com sicut iam diximus rex ipse legitimus ibi esse debeat advocatus. at si
forte postmodum conveniret, advocatnm loco constitui, uti non opus esset pro iudicandis
CAUsis curiam regis totiens et totiens appellare, ne quoddam ecclesiastica fomilia prciudicium
per advocati violentiam pateretur, idem abbas, iit erat vir perapicacis ingenii, eollectis unde-
cumque quos prudentiores invenire poterat Iam spiritualibus quam et secularibus viris pro-
penso omnium conBilio ius (certum) ilb ecclesiae iugiter observandum statuit MR. ÜB. 1,
575, 1153, Gründung des Augustinerklosters Merzig: super boc uullo advocato vel ulU
generaliter ecclesiastice vel seciitari persone liceat aut in prefata ecclesia aut in prenotatis
possessionibus ius aliquod aut diviniun aut humanum sibi vendicare.
— 1125 — Die Vogtei.1
munitätsherrschaft pei-sönlich ab ^ Allein auf die Dauer zeigte sich bei grofsen
Herrschaften doch die Undurchflihrbarkeit eines solchen Vorhabens. Der
Hauptvogt mufste daran denken, seine Funktionen zu delegieren, er setzte,
oft von Fronhof zu Fronhof, Untervögte ein^. Diese etwa mit der Mitte des
11. Jhs. beginnende und bald radikal durchgeftlhrte Verteilung der Vogtei-
funktionen war nun aber den Immunitätsherren durchaus nicht angenehm^.
Überall zeigte sich infolge dieser Delegation ein vermehrter vogteilicher Ein-
flufs, und bei der Individualisierung desselben innerhalb jedes einzelnen Fron-
hofes lag eine Aufsaugimg der gerade seit Anfang des 11. Jhs. weiter ver-
breiteten Fronhofisvogteien durch die Untervögte des Immunitätsvogtes aulser-
ordentlich nahe. In der That hatten vermutlich schon die alten karolingischeu
Lokalvögte die Verwirklichung von Fronhofisvogteien erstrebt*, dann hatte
die ausgebildete Immunitätsvogtei diese Bestrebungen in erweitertem Umfang
aufgenommen®: und jetzt, nach Ausbildung der Untervögte, sollte das alte
1) Lac ÜB. 1, 131—2, 203, 1064—66, Vogtrecht der neugegründeten Abtei Siegburg:
nur ^in Inununitätsvogt; die Gehöfer der Abtei aus einem Umkreis von 4 bis 5 Meilen um
Siegburg kommen in drei Tiuni an drei aufeinanderfolgenden Tagen ziun Ding nach Siegburg.
Aufserdem werden Dinge noch in Bendorf, Gtils, Straelen und Ollheim abgehalten. MR.
ÜB. 1, 406, c. 1103, Prüm: advocatus . . tria . . placita in anno statutis in locis habeat
MR. ÜB. 3, 531, 1235: der Graf von Veldenz hat vom Stift Virten u. a. die advocatia
abbatie Tholei cum 18 curtibus suis zu Lehen.
*) S. MR. ÜB. 1, 430, 1115, ein Actum Münstereifel Theoderico comite de Ära summo
advocato ipsius loci [Prüm] existente, Rüdolfo subadvocato eiusdem vill^. Interessant ist
auch USMax. S. 435, Schönberg 9a, wo zwischen comes (von Luxemburg: Obervogt) und
advocatus (Untervogt) unterschieden wird ; s. dazu Libellus de lib. eccl. Eptemac., MGSS. 23,
69—70, 1192, cit. oben S. 881 Note 5.
') S. z. B. Chron. s. Hub. 41, MGSS. 8, 591, 1081 : apud Calvitiacimi advocatus quidam
Albriciis nomine in exigendo sibi indebitas chorveias adeo imminebat ecclesiasticae fiuniliae,
ut in arando vacca cuinsdam pauperis abortiret, eiusque vice per totum diem iugum sustineret
altrinsecus pauper. tantam tamque iniustam exactionem abbas audivit et Albrici inhumani-
tatem exhoniiit, proporans Divum Adelonem expetiit et, quomodo subadvocatus eins £Euniliam
ecclesiae tractaret, satis dolenter ingessit, paratus probare huiusmodi angariam nee illi nee
alteri debitam. indignatus Adelo adversus Albricum, hoc illum fecisse erubuit et expostulatae
probationis diem abbati constituit Heribertus quidam ammodum fidelis et probus erat tunc
Calvitiacensis Wllicus. hie die praefixa inter abbatem et Adelonem testificato legaliter
sacramento, ideni sacramcntum iudiciali examinatione per aquam coniirmavit et advocatorum
violentas exactiones, maxinie vero chorveias illi omnino indebitas comprobavit
*) So wenigstens scheint mir zu deuten MR. ÜB. 1, 261, 990, für SMaximin: familia
abbati subiecta placitum nullius nisi abbatis vel ab eo constitutonun attendat, bannum et
ft'edum nulli nisi abbati persolvat, et nulla cuiuslibet iudiciarie dignitatis persona in curtibus
eorum placitum teneat. Das kann doch nur ein Verbot an die Vögte sein, Baudinge
zu lialten. Freilich ist die Urkunde in der vorliegenden Gestalt Fälschung.
'^) Das ergiebt sich aus den folgenden Nachrichten: Lac. ÜB. 1, 118, 185, 1056: si
villicus vel de <^dificiis vel de agricultura placitum ibidem habuerit, nullam inde partem vel
iustitiam querat advocatus [Zusatz der andern Ausfertigimg: similiter et de placito, quod
vocatur budinc]; MR. ÜB. 2, 37, 1095, Echtemacher Vogteiw.: in placitis vero de private
peculio et usufructu ecclesie [advocatus] neque intersit neque quicquid inde accipiat. MR.
ÜB. 1, 406, c. 1103, Prüm: super officiales ministros et beneficia servientinm et omnia iura
[Gnindlitirlidikeil iinil Vogtei. — \]26 —
Ziel unerreicht bleiben V Wir werdeu uus in der Annahme nicht täuschen,
flal's allmRhliüh ein grofser Bruchteil der Fvonbofsvofitt'ieii in die Hände von
Immuaitätsuntervögten {felaujrt ist
Natürlich widerstrel>ten die Imniunitätsherren einei' solchen Entwichlunp,
welche ihre gesamte Gerichtsherrlichkeit zu so gut wie freier Verfügung des
Hauptvogtes stellte. Man verbot die Einsetzung von Unten'Ögten' oder vei-
pflichtfite, wo dies nicht anging, die Hauptvögfe zur Übertragung untervogteilicher
Rechte auf den grundherrlichen Meier * oder wenigstens auf ein meist unter
Zustimmung des Grundheim und der Gmndholden zu ernennendes Mitglied
der Hofgen ossenschait*. Diese Verjiflichtungen scheinen aber nicht y\e\ genützt
zu haben, was bei dem Unvermögen des Immumtätsherm, den Vogt zur
Durchfllhmng seines Versprecheua zu zwingen, sehr h^eiflich ist. Zu einem
Erfolge des Immunitätshemi auf diesem Gebiete wai- es eben mierläfslich, dem
Vogte eine konkurrierende immunitätshen-liche Macht gegenülMTZUStellen.
Eine solche wurde seit der zweiten Hälfte des 12. Jhs. in den damals
zueret entwickelt^-n Hofschultheifseu fcefunden*. Indem der Inununitätsherr
die (lerichtsfiuiktionen zunächst des Frouhofs vom Meieranit ti-ennte und für
et curtilia abbatis [advocatu^] nullam prormie constitiiendi tlestitueiidivp iiotestatein babenl, oisi
aliqiia rebellio ilii fiatj g. dam Hm. ÜB. 1, 38, angebl. 887, Prümer FälBchung 12. Jh. Anf.: n«
qutaquoni poteatatem halieat placitum tenere v(<'l qiiicquam cniistituprc supci' olficiftles \e\ maii«a
scu orauia iura abbatis. Ferner MH. ÜB. 1, 406, c. 1103, Prilin: super Ijanumn et Uteiitiwn
de vineis coUigeadis et super piscatiooes fratnun nidlani potestateui advocatua babebit
WRonuucrsbeiin 1298: vortnie aiatb eiD abt in allen hoven eineo troneboden kiesio, als
dick de« noit gebärt, und damide eitne vaide nit unrecht 7U doin. vortme hail der Echefüen
vär vol geniest, dat ein abt sal kcsiu vorster visscher und bämeister in allin hoflen, so wie
der hove gewainlieit steit, und äal damide eime vaide nit unreclil doin. vort so hait der
scheffen gewiest eime abte den bieuTSnt, und dem vaide nit
■1 MR. ÜB. 1, 406, c. 1103, fbr Prüm; nullus subadvocatus sive alia persona super
res et familiam sancti Salvatoris audeat plecitare petitiones facere bospitia querere; s. dazu
MR. ÜB. I, 38, angeR 887, Prümer Fälschung 12. Jh. Anf. ; decemimuB quoque [Karl IIl.],
ut nulli licilum sit sibi constituere qnemquam, qui nominetur postadvocatus. Vgl. ferner
MR. ÜB. 1, 432, c. 1112, Laacher Vogt; ne alium pro se siibstituat. Lac. ÜB. 1, 365, 1149:
der Vogt von Hirzenach nuliura officialem aut vicarium , nullum poBl 3e habebit advocatum.
') MR. ÜB. 1, 432, c. 1112: der Laacher Vogt de placitis ad advocatum iure per-
tinentibus, ubi abbas duos nummoa acceperit, tertius eins crit. in quo tarnen suscipiendo
vel in alio quolibet negotio cum familia ^cclesi^ peragendo nullus alius minister adrocati
neque vicarius neque subadvocatus preerit, nisi üle soiununodo, qui villicus abbatis fuerit.
S. schon iiLK. ÜB. I, 388, 1093? Eine Einwirkung der Meier wenigstens wird gewährleistet
MR ÜB. 1, 434, 1116, Maximin: licet unaqueque pene villa contra iustitiam plures quam
necesse sit advocatos habeat, precipimus tarnen, ut nullus ex illis preter unum aliquod
placitum nisi tria iure debita suo loco et tempore ciun nisticis possideat: in quibus plaritis
nichil retro vel ante, dam aut aperte sine villicia abbatis aliquo modo disponat.
■) Lac. ÜB. 1, 181—2, 203, 1064—6, Siegbni^: [advocati iion] subdefensorem
quenquam nisi abbatis electione et familiae collaudatione conatituant. MR. TB. 2, S7, 109.'»,
Echtemach: quod non liceret advocato constituere ullum subadvocaium , nisi ex familia
ecciesie et per electionem et conaenaum eiusdem lamllie.
*) S. dazu oben S. 737.
— 1127 — DieVogtei.]
ihre Vertretung im Hofschultheifsen einen besonderen Beamten schuf, hatte er
eine Person in der Hand, welche er gegen den Untervogt bisweilen bis zur
völligen Verdrängung desselben ausspielen konnte ^ Ja noch mehr. Vereinzelt,
z. B. in Prüm, schritt man sogar weiter bis zur Kreierung von Oberschult-
heifsen fort, denen urspi-ünglich nur die Vertretung des Hochgerichtsherm Ali-
gewisse Distrikte der Immunität oblag, deren Thätigkeit aber schliefelich sogar
Rechte wie Usurpationen des Hauptvogtes bedrohen konnte*.
Indes alle diese Mittel einer Reaktion gegen das Eindringen des Immuni-
tätsvogtes in die Tiefen der Imnnmitätsherrschaft hatten doch nur sporadisch
Erfolg: im ganzen begannen die Vögte bereits seit der Wende des 10. und
11. Jhs. reifsende Fortschritte in der Usurpation neuer Gewalten zu machen.
In dieser Hinsicht dringen die ersten Klagen aus der zweiten Hälfte des 1 0. Jhs.
zu uns hertlber ^, um etwa 1030 nahm die Plage dann überhand*, um die Wende des
11. und 12. Jhs. erreichte sie, scheint es, den Höhepunkt *. Freilich nicht etwa in
1) S. z. B. WDrusenheim, G. 1, 734, cit. oben S. 736 Note 2; auch 'WXenningen 1560
§ 20 : erkent der scheffen auch mit recht, wan einer den leib vermacht hat, den sol der herr
schulteisz angreifen und zu Trier in den bruderhof lieberen, daselbst in den stock schlagen,
sol man im täglichs 2 schillingsbrod und ein biet wassers geben, bis dasz er verfaulet, sol
man die schenken über die mauer auswerfen. Hier ist gar kein Vogt vorhanden; der
Immunitäts- und Grundherr, das Trierer Domkapitel, kommt, wie man sieht, ohne solchen aus.
*) S. oben S. 734 f., dazu den ganzen Inhalt des >VRommersheim 1298, sowie WDetzem
16. Jh., Trier Stadtbibl. 1642 Bl. 75*, cit oben S. 1036 Note 4. Doch vgl. ^Mlommersheim
1550, G. 3, 830, cit. oben S. 1041 Note 1.
«) S. MR. ÜB. 1, 214, 963; MR. ÜB. 1, 244, 973, Fälschung für SMaria ad mar-
tyres: Niemand soll quippiam iuris unquam a cottidianis claustri ministerialibus sive etiam
aliis hominibus per villam commorantibus expetere. Chron. s. Mich. Vird. 32, MGSS. 4, 84,
um 1035 : einige Villae des Klosters prisco tempore duces , qui videbantur loci defensores,
patroni dicti vel advocati, loco subtraxerant , partim sibi retinentes partim suis militibus in
beneücio tribuentes.
*) Vgl. Lac. ÜB. 1, 106, 169, 1033: (advocatus) ecclesiasticarum rerum . . non modo
rectoribus, sod potius oppressoribus : s. femer Lac. ÜB. 1, 106, 170, 1036; MR. ÜB. 1, 313,
1040, SMaximin-Malm^dy : ut advocatus eiusdem ecclesiae in cordibus ad locum respicien-
tibus non presumat mansuras aut paraturas facere, redibitiones freda exigere, aut placitum
teuere, aut parafrodos sibi siunere sine permissu abbatis et voluntate. Damit hat die Kirche
immunitatem ab omni advocatonim infestatione.
") Die V. Bald. Leod. c. 24 zeigt, dafs man schon um 1050 die Vögte scherz-
weise predones statt patroni nannte. Im einzelnen s. noch die oben S. 846 Note 5
citierte SteUe aus der inst Hersf., MGSS. 5, 137; MR. ÜB. 1, 345, 1056?, Ur-
kunde Heinrichs III.: crebram et importunam querimoniam Theoderici reverendi abbatis
de cenobio sancti Maximini benigne suscepimus de multis scilicet oppressionibus , quas
familia sancti Maximini patitur ab advocatis et comitibus eam defendere magis quam dissi-
pare vel affligerc debentibus, que non solum antiquis legibus destituta, sed ita potius in
servitutem advocatorum est omnimodis redacta, ut non quasi regalis sive regle dotis eadem
abbatia, sed ut propria magis eorundem advocatorum esse videatur ancilla. Lac. ÜB. 1, 169,
261, 1103: familia sancti Adalberti de parochia 0., que sita est in pago Ardenne, conductu
prepositi T — i et fratrmn ad nostrum [Heinrichs V.] auxilium confugit, verbera, rapinas et
multas iniiuias a subadvocatis suis eis illatas nobis deplorarit . . . super inauditis iniuriis
w
[GrumlheiTlicbkeit luid Vogtci. — 112S —
dem Sinne, dafs von nun ab ein Niichlasseu vofrteilichen AnilnUipens zu l»e-
nierken wäre; wohl aber lassen die yeistltcben Immuiiitätsherrschaften seit
dieser Zeit in ihrer Otfensive nach und Italien sich iintfT bestÄndifreni Verlust
an Rechtshodeii nur noch im Verteidiffungszustand. Auf diese Weise muTste
es denn ijn Verlauf einiuer Generationen zum völligen Sieg der ImmimitSts-
vögte koniuieu: notuui est, sagt eine Urkunde von 1197, eos, quos vocant
advoeatos, in annis i-etroactis ^clesianini e\titisse tutores'.
Bei diesem Vordringen der Vögte gewährt es immerhin ein Interesse, die
Defensivmittel zu mustern, deren sich die geistlichen Inununitätsherrschaften
ihnen g^euüber bedienten.
Zum bedeutendsten positiven Resultat führte hier eine Mafsregel, welche
mit am frühesten und allseitigsten durchgeführt wiuxle, die Exemtion der
direkten inrnrnnitätsheirliehen Diener- und Beamtenschaft von lier Einwirkung
des Vogtes, also eine partielle Immunität wieder innerhalb der alten Immnui-
tiit selbst ^
Zunächst war dieser Exemtion das eigentliche Hausgesinde des Imnmni-
tiltshenn uutei-worfen, also die niedere Ministerialität, wie sie oben S. 820 f.
geschildert ist. Sie bildete eine Genossenschaft nach Dieustrecht für sich mit
eigenem Ding und dem Dienstherrn als Eicliter; höchstens im Falle dafs
Blutsachen vorlagen war dem Vogt eine Einwirkung gestattet". Im ührigeu
iuilicatuin est in prest^ntia uostra, quia post duccni imum soliuu ndvocdtum . qui lianniun
halj^nt B nobi9, ilebuant habere, et in tribus soliuninodo ])lHcitiH generalibus iu aauo debeont
eum susdpere et servitiuin ei dare. G. Trer. (Jont. 1, 24, MGSS. H. 197, um 1120: in
omni fere circaregione coepenint »iri ueqimm consurgere et rea eeclcsiae, qiiae ipsonun
defensioni et ut ita dicam udvocatiae tommiBsae fuerunt, iiarbarico more depopuJari, quodam
comite Willebelnio, filio üuonradi supramemorati cooiitis de castello quod ^iilgo Liicelen-
burch vocatur, ducatum illis praebenl«. Vgl. ferner auch Cod. Udalr. 45, 1095: MB. ÜB.
J, 406, c. 1108, für Priim; MB. ÜB. 1, 416, U08; MR ÜB. 1, 423, t. 1112, filr Ijiach;
Tbiofrid. V. Willibrordi 3a Nach Cantat. s. Hub. 5, MGSS. 8, 572 freilich wäre lun 1060
in der Gegend von SHubert Unterdrückung durch Vögte noch unbekannt gewesen. Doch s.
Cantat. s. Huberti 20, MGSS. 8, 579-580, um 1070; Th. advocatus ecciesiasticam familiain
quibtiGdam novis iniustitüs opprimere »olebat, qnod qnia alibale viriliter obsistentc evincere
non pcaevalebat, ut se de eo vindicaret, occasiones quaereliat. — S, auch noch Waitz, Vfg.
5, 253 Note 5, 268 Note 1.
■) MR. ÜB. 2, 171. 1197; s. auch MR. ÜB. 2, 157, 1196, ciL oben S. 681 im Text.
^ Zur Anwendbarkeit dieser Anschauung s. WHentem, und elienso W^anipaden,
G. 2, 112! der Grundherr der Gesanitvogtei ist zugleich Hocbgerichtsherr in einem kleinen
Teile derselben, Eder genannt, sonst aber liegt die Hochgerichtsl>arkeit in anderen Händen.
') MR. ÜB. 1, 345, 1056, SMaiimin: (servientes vero, qui prebemlarii sunt et: dafür
1112 praebendarii autem) qui fratrilius infra claustnim serviunt, sive in ipso loco vel in
,cellu1is illuc pertinenlibus id est Apula vel Tavena [quanivis iam diu destructis, deo tarnen
nostroque et dilectissime coniugis nostre Agnetis imperatricis auguste si vita comes fijerit
auxilio patrocinante construendis et recuperandis : fehlt 1112] sive [qui foris vel inhis: fehlt
1112] dagescalci [aut censuales, qui cereales dicuntur: Zus. 1112] vel pistores, bovarii aut
piscatorcs, coci aut lavatorcs [vel quicunque foris vel intus cottidiano senitjo fratribus ser-
vitmi sunt: fehlt 1112] null! advocato vel hunnoni Bubiaceant, sed tantum nbbati (guisque
— 1129 — Die Vogtei.]
aber war die Genossenschaft dingfrei vom Vogt und darum auch bedefrei ^
Nicht selten wurden ihr dann auch die Wachszinsigen und sonstige besonders
gestellte Grundholde angeschlossen^, und auch frlr diejenigen Gehöfer,
welche irgendwie direkt an den Immunitätsherm zinsten, suchte man ein
ähnliches System der Exemtion wenigstens für diese Zinsverbindung durchzu-
drücken^.
Die Exemtion galt aber weiter auch für die gesamte höhere Ministerialität.
Schon im 10. Jh. besafs die höhere Ministerialität angeblich das Vorrecht, dafs
der Vogt das Ding über sie nur unter dem Vorsitz des Immunitätsherm oder
eines besonders bevorzugten Mandatars desselben wahren konnte * ; gegen Ende
prepositis: daflür 1112: aut villicis suis) pro quibuscunque culpis suis respondeant [vapulentur
aut evadent: fehlt 1112]. MR. ÜB. 2, 37, 1095, Echternacher Vogteiw.: quod cottidiani
servitores, qui ad coquinam, qui ad pistrinum, qui ad molendinum , qui ad lavatorium, qui
ad custodiam monastorii, qui ad quodque cottidianum fratrum servitium pertinent, nihil
(advocato) iure debeant persolvere .... quod in 24 dominicatis casis, que ad hortum et
cellerarium attinent et in hiis villulis, Erinza scilicet ac Luterbuma, quarum altera ad lava-
toriiun, altera ad coquinam fratrum servit, et in Bollendorf Steineim Beche et Erle nullus
advocatus debeat habere placitum et servitium, nisi pro monomachia et sanguinea percussura
et scabinis consdtuendis , nisi fuerit invitatus ab abbate vel preposito vel ab aliquo, qui
iustitiam obtinere non potuit a preposito vel villico; et a quo invitatur, ab eo servitium
accipiat Vgl. auch oben S. 1042 Note 1.
') Aufser den Citaten der vorigen Note s. auch noch MR. ÜB. 2, 4*, 1170, Raven-
giersburg: si qui de familia ecclesi^ preposito aut fratribus in lavatorio, in coquina, pistrino,
molendino sive ligna aut frumentum ferendo vel agrum colendo aut in quolibet servitio cot-
tidiano deserviant, absoluti sunt ab omni petitione advocati et placitorum ratione. *Bald.
Kesselst S. 431, Beschwerden Balduins gegen die Trierer Schöffen § 6: item drengen sie
unser ingesinde, daz sie vor dem schulteßen antwerten müßen, die doch billicher vor unserm
hovemeister oder unserm pallasmeister antwerten sollen, als iz von alder herkomen ist Der
Schultheifs war vermutlich der Nachfolger des alten Iudex, entsprach also dem Vogt
*) Vgl. den Zusatz der Maximiner Urkunde von 1112 zu der von 1056 (oben S. 1128
Note 3): aut censualcs, qui cereales dicuntur. S. auch Kindlinger Hörigkeit S. 519, 1405:
Jemand ergiebt sich den Herren von Schöneck, als lange ich leben, zu rechter eigenschaft,
daz ich ire recht eigen angehorich arme man sal sin . . . also daz si mich sullent schüren
schirmen und verantwerten als andere ire eigen angehorige arme lüde, und darumb so sal
ich in alle jaire zu winaichten uf sanct Stephans dag geben und antwerten Vs gl. und iren
hof suchen uf denselben sanct Stephans dag zu Schonecke; und sal in vortme zu dienste
und zu gebode sitzen und gehorsam sin, als andere ire eigen angehorige armlude.
^) MR. ÜB. 1, 345, 1056, SMaximin: si quis ex [villanis vel: fehlt 1112] mansionariis,
qui circa lu-bem vel in aliis longe vel prope positis curtibus commanent, censum debitum,
qui ad usum firatrum cottidianum [sive in lignis aut in aliis quibuslibet rebus: fehlt 1112]
pertinet [neglexerit et: fehlt 1112] statuto die vel tempore non dederit, statim sequenti die
villicus abbatis vadimonium de domo ipsius sine advocato tale accipiat, cum quo illud, quod
ipse ad servitiiun debuit fratrum, plenissime persolvat, ceterum vero servitium eins in eadem
curte, in quahabitat, ab eo (prout iustum est: dafür 1112 secundum iudicium scavionum)
exigendo requirat
^) MR. ÜB. 1, 261, 990, für SMaximin: advocati quoque constituti in villis eorum nee
cum hominibus illius loci, qui vocantur scararii, nisi in presentia abbatis vel eins prepositi
Lamprecht, Deutsches Wirtschaftsleben. I. 72
[Oniiidlierrlichkeit und Vogwi-
des 11 ■ Jhs. reifte dieses Privilepium dann rialiin aus, ilals die Dienstniannea
nur noch in Sachen ihres Dienst^tes und dir Gnuidliolden dessellien unter
vogteilicbeni Gerichtszwang standen mit der Beschränkung, dafs nur einmal
jährlich an Einern bestimmten Oile in dieser Bezieiiung Iting gehalten werden
durfte '. Im Übrigen aber standen die Ministerialen jetzt unter alleinigem
Dienstrecht des Inimunitfttshemi, sie zahlten dem Vogt keine Bede^, und der
Iniinunitatsherr war Richter in ihi-em Dieustding,
War aber so die Aiistokratie der Grundholden dem Einflüsse des Vogtes
entzogen, so muTste dessen Hand auf dem Reste iler Ininiunitätseii^esesseDeu
um 80 schwerer lasten. Aber auch hier suchten die Heneu zu helfen. Dir
erster Blich wandte sich dabei auf den oiwrsten Hüter des Rechts, den König,
Das ihm gegenüber eingeschlagene Verfahren schildert für frühe Zeit und in
klassischer Weise die Vita Deoderici I Mett. c. 11: (Itpodeiiais episcopus.
placilum habere pretiumant lianoiiiuque in pkcito cum scarariU homiiuljus habito non advocatus
a^d nlibas accipiat.
'J MR. ÜB. 1, 345. 105G, SMaximin: servientce vero. qui sCArenaimi dicuniur, uulli
advocato [nisi abliati: fehlt 1112] subiaccimt [oisi noEtro successonimqiie noBlromiu regoli
vel iniperiali doniinio vel pntestale nulli eoniin pro quibuscimque culpis aut rebus respon-
deant: Zusatz 1II2], nulli eomm servianl, nigt beneficia ab eis haheant aut abbas pro
necessitate 6t utilitate monasterü cum Ulis eos alicubi ii-e precJpiaL advocani« vero (Gisel-
bertua: dafilr 1112 Williheimus comes), qui in presentianun est, alüque aucceasorea ipaiua,
qui bannum a re^cia manu suaceperint, proxinia die post festum sancti Alaximini aupa
predia et mancipia eonuu, qui ministri [vel scaremanni: fehlt 1112] dicuntur, illu sola die,
si testuin celebrc vel ieiuniuiij non ftierit, placiiabunt: sin antem, uum prima pulsata fiierit,
placitnin introbunt et usque ad nonam horani iUud tenebunt, poatea vero nuUum ibi diulfus
Stare distringere potenuL et quicquid ibi placitando adqnisierint, dne partes abbatis, t«rtia
eoruiii erit [die zweite Ausfertigimg von 1056 fährt fort; nullumque aliura post se ponere
presumat, qui vocetur postadvocatus]. eadem vero die abbaa ipsi advocato, quicunque est,
servitium dabit, duos scilicet mo. panis, friskiogos quatuor ovinos et am. unam vioi; si
amplius habere voluerit, de placito habebit. SIR- ÜB. I, 406, c. 1103, Prüm: advocatua
placitum cum servientibus id est scarariis sancü SalvaCoris aeraper post natale sancti Remigii
octava die in Memiche placitabit; eadem die ex parle abbatis iauidictuiii senilium integnmi,
si venerit, accipiat, si autem non venerit, servientes de placiUi absotuti emnt et villicus de
aervitio per totiun illum annum.
«) S. aufser den Citaten oben Note 1 MR. ÜB. 2, 4*, 1169; nemorum custodes
a Elia petiiione advocatus pennittat iuununea, nee eos ad sua vocet officia, quamdiu ecclesie
officia [Beyer officio] teneant. blE. ÜB. 2, 61, 1169—63, Hof Merzig des Erzstiftes: mini-
ateriales autem nostri et oBicialea, scolteti forcstarii bubiUci piscatores et alii ad cottidianum
servitjum nostnun specialiter deputati ab omni exactione [advocati] liberi enmt; MB. ÜB. 2,
Nachtr. 2, 1192—1200, cit. S. 769 Note 3, wie die dort sonst citierten Belege; MR. ÜB. 3,
284, 1226, Urkunde Erzbiachof Dietrichs: cum nee iure ccc consuetudine Bit obtentuni, quod
homioes sanctimonialium in Ilorreo Treveri , qui ab ii)sJS infeodati ratione feodorum suonim
cottidiana senitia delient Ulis , . advocatis teneanluT ad aliquam exactionem, deliberatione
prehnbita statuimus et siib pena excommunicatlonis precipimus, ne minisleriales tales ratione
talium feodorum pulsari et inquietari dcbeant de cetero super prestationc aliquarum
eiactionum. WRommersheim 1298: vortme ao liait der scheffen gewiest, [dat] alle diensl-
knechte und ledich knechte eime abte [zugehoeren] und ieme zä verantworten sidlen stain
— 1131 — Die Vogtei.]
965—984) pro laicalibus familiis [Mettensis] aeclesiae et contra superborum
insolentiam vel pravoiiiin iniustitiam iuste et potenter satagebat eas iugiter
defensare . . . ne deesset eis contra iniquitatem iudicum auctoraJe aeclesiasticae
libertatis sufFragium, leges constitutas Ulis a prioribus regibus vel pontificibus
diligenter exquisivit, exquisitas in praesentia imperatoris redtavit, recitatas
edicto imperiali confirmari, scripto insuper et sigilli regalis impressione fecit
corroborari. Also feierliche Feststellung des alten Rechtes vor dem Könige
und urkundliche Bekräftigung desselben durch den König, das war das nächste
Ziel der Immunitätsherren. Natürlich erfolgte die Feststellung des Rechts-
inhaltes hier, wie bei Streitigkeiten zwischen Vogt und Grundherrn S durch
Weistum, und zwar in besonders feierlicher Weisung, wie sie die gi-ofsen
Maximiner und Prümer Vogteiweistümer angeblich aus der zweiten Hälfte des
11. und aus der ersten Hälfte des 12. Jhs. genau beschreiben. Mit den zwanziger
und dreifsiger Jahren des 1 2. Jhs. aber verschwinden diese Bekräftigungen des
alten gewiesenen Rechts durch den König, und an ihre Stelle tritt regelmäfsig
die gleiche Bezeugung durch den Landesherm, nachdem sie sich schon seit
Beginn des 12. Jhs. sporadisch vorgefunden*.
Hörten die königlichen Bekräftigungen seit etwa dem Beginn der Staufer-
zeit auf, vemmtlich weil sie wenig mehr nützten, so tritt nunmehr an deren
Stelle ein neues vom König, in einzelnen Fällen auch vom Papste geliefertes
Defensivmittel, die jüngere Immunität. Über sie ist schon oben in anderem
Zusammenhange gesprochen®; hier erinnern wir uns nm\ dafs ihre etwa seit
als lange, bis si üadie emphient: dan solent si eime vaide zu dienste sitzen und eime abte;
were it sache, dat dieselbe ledich knechte enphiengen lehngät, die sal der abt niitme
halme [belienen], und sullent eme dan zu dienst sitzen und dem vaide nit; hierzu Bd. 3, 72,
§ 3, 1291.
1) S. Bd. 2, 636.
*) S. Lac. ÜB. 1, 172—3, 267, 1106: der Erzbischof von Köln, ins ^cclesi^ sancti
Gerrici [Gerresheim] , quod sub manu advocatorura diutissime laboraverat, reformare cupiens
fideles Qcclesi^ eiusdem in uniun convocavi et, quod esset ius advocati, diligenter investigavi.
cum autem iudices sacramento constricti debitum servitium advocati coram omnibus exdixis-
sent, videlicet 14 s. tribus placitis legitimis tantum in unoquoque placito persolvendis , nos
nostro . . testimonio litterario cum impressione nostri sigilli volumus corroborari. MR. ÜB.
2, 4*, 1170, das Ravengiersburger Vogteirecht wird gewiesen vor dem Mainzer Erzbischof
in Mainz: homines illius ecclesi^ plures quam 100 sacramento confirmavenmt . ., patrem
(advocati) eundem modum in predicta advocatia tenuisse. Vgl. femer noch MR. ÜB. 2, 296,
1211—12, cit. oben S. 178 im Text. Mit diesen Zusammenhängen verwandt ist auch Cantat.
8. Huberti 20, MGSS. 8, 579 bis 580, c. 1070: der Vogt von SHubert ad ducem Godefridum
maiorem se contulit, utque ad firmandum vallum castri sui Bullonensis exigeret iniustam
angariam de hominibus sancti Huberti, importune suggessit Der Herzog fragt deshalb
beim Abt an. Abbas evocatis H. seniore castellano et E. G. R. et H., perorante L. maiore
antiquas provinciae consuetudines, rei veritatem diligenter invcstigavit , et testimonio prae-
dictorum prineipum omnem familiam ecclesiac . . liberam esse . . comprobavit.-
») S. oben S. 1019 f.
72*
[GnindherrlicJikeit und Vopei. — 1132 —
Miltc des 12. Jhs. erfolgemle Eileilung tlii'ekt aegen die Inuuunitätsvositei ge-
richtel war'.
Und netien dem besonders verbrieften SchutJ! des Königs tritt iiuii auch
hier, wie bei der Bekiilft1gun(i der Weisung, die landesherrliche Gewalt iiiinier
mehr in den Vorder^-und. Schon im Bpfiinn der Stauferzeit finden sich ver-
einzelte Fillle, in welchen die Ininiunititsvogtei einem hervon-a^enden Fürsten,
meist dem späteren Landeshen-n direkt übertragen winl mit der Bitte, einen
Stellvertreter einzusetzen und dessen Verwaltung zu beaufsichtigen ' i ein
Gedanke, der dann später, seit dem 14. Jh., einen allsemeinen Ausdniclt
fand in der Anschauung, dafs der Landesherr der geborene oberste Vogt aller
Iinmunitätsherrschaften seines Territoriums sei*.
Wie aber, wenn der königliche wie der landesherrliche Schutz gegentlber
den Angriffen der Vögte versagte? Man war dann auf sieh selbst angewiesen;
und es blieb nichts übrig, als zur Selbsthilfe zu schreiten.
In dieser Hinsicht beaafsen die geistlichen ImmunitätsheiTschaften ein
anfangs sehr ki-äftiges Veileidigungsniittel in der Exkommunikation unter
gleichzeitiger Androhimg der Absetzung*. Indes schon gegen Schlufs des
') a. oben S. 1020 f., ferner z. B. Boehmer Acta tmp. No. 187, 1179: Frieilrici I.
nimmt SPeter-KrcuEDBch in seinen besonderen Schute, und A&Cs sich daseelbe niuoeter und
doeter foudirecbtea mi aieman ax versiebt und zu bezwangt! sot hau. Zu den päpstlicben
Pririle^en s. z. B. MR. 13. 1, .535, 11^, Innocenz II. flkr Amstcin: loci vestri advocatiam
nullus invadere vel usurpare presumat, nisi quem abbaa et fratres secundum deum et ipsias
loci iitilitatem providerint eligendiiiti.
") S. das Iwsonders lehrreiche Heispie! Ml!. ÜB. 1. 530, 1144: lU-i- Ernbiseliof von
Köln erhält die Vi^tei aber Laach, nnter der Bedingung, quod fratree [monasterii} . . in
capitulo eomm liberam babeant potestatem advocatum eligendi, qui proprie in vrügari dink-
voit dicitur, qui secundum tenorem privilegii Henrici fundatoris eiusdem loci hanc provisionem
de manu ahbatis suscipiat ad tuitJonem monasterii scpedicti pro sahite anime sue; hoc
memoriter adiuncto, ut nullus Guccessonun nostrorum alicui hominum advocatiam prenomina-
tam in feodo concedere presumaL hie autem, qui pro tempore advocatiam administrabil,
bona ecclesie fideliter debct tuen et familiam eius humane tractare. quodsi forte advocatus
timoris dei oblitus quod absit, quos fovcre debuerat, violenter oppresserit et ammonitus infra
sex hebdomadas non satisfecerit, tandem apostoUco et nostro anatbemate percussus advo-
catiam amittat, et altum idoneum sibi Iratres eligant, qui supradicta conditione eam admini-
Etraturus suscipiaL
») S. oben S. 1068, auch VVLeudesdorf 1382, G. 1, 831 r wenn der fait gewalt dede,
die sal u. h. von Trier und sin amptman abdoin, und sal ime seime stifte dem amptman und
der gemeinden das dein leeren und richten. WArenberg und Muhlen 14G3: queme der
[jemand aus dem Dorf] und nulte dedingen mit dem herren, imd were is Sache das die
von Helfenstein [die Vögte] hart hielten und vrolden dem manne ader der personen nit ende
geben, so sulle der herre vom lande ime ende geben.
*) MR. ÜB. 1, 425, c. 1112: der Laacher Vogt ita . . agat et tarn piiim tam modestnm
tamque benignum fratribus et familiae se exhilieat, ut et honore nominis sui dignus existat
et pro officio fideliter amministrato aetemam a Christo remunerationem beata Maria inter-
veniente suscipiat. quodsi timoris dei oblitus, quos fovere debuerat, violenter oppresserit
et ammonitus infra 6 ebdomadas non satisfecerit, tandem apostolico anatbemate percussus
— 1133 — Die Vogtei.]
früheren Mittelalters erlahmte die Macht des Bannes, und so blieb den
ImmunitätsheiTen nichts übrig, als sich zur Defensive zu verbünden : die frühesten
erfolgreichen Schritte in dieser Hinsicht wurden in der ersten Hälfte des
13. Jhs. gethan^ Verfing aber auch dieses Mittel nicht, so mulste man, zog
man nicht gar den Abkauf der Vogtei oder einzelner Teile derselben vor^,
zu einem Vergleich mit dem Vogte die Hand bieten. Ein solcher Vergleich
endete dann meist mit einer weitgehenden Belehnung des Vogtes aus den
Mitteln der Immunitätsherrschaft gegen das Versprechen, die Vogtei nunmehr
uneigennützig zu verwalten®. In der That war mit dieser Wendung den
Bestrebungen der Vögte teilweis Halt geboten, denn jeder Bruch des vogtei-
lichen Versprechens konnte nunmehr zu einer Anklage vor dem immunitäts-
herrlichen Lehnhof führen.
Aber war denn überhaupt mit der Möglichkeit eines Verkaufe das alte
System der Immunitätsvogtei noch haltbar? Wenn die Vogtei als gerichtliche
Nutzung veräufserlich war: lag es da nicht nahe, dafe die Immunitätsherren
sie ganz allgemein für sich ankauften, und die vogteilichen Rechte mm ihrer-
seits ausübten?
Diese Lösung wäre von vornherein die einfachste gewesen, wenn die mit
Vogteien ausgestatteten Immunitäten nicht fast durchweg geistlich gewesen
wären: eben die geistliche Qualität des Immunitätsherm hatte ja zur Begrün-
dung der Immunitätsvogtei geführt.
Aber die geistliche Qualität verblafste allmählich. Zunächst bei den
advocatiam amittat et de propinquis eius idoneum sibi fratres eligant, qui sub predicta con-
ditione eam amministratunis suscipiat. Auch ein&che Androhung der Absetzung kommt
natürlich vor, vgl. MR. ÜB. 1, 421, 1112; Lac ÜB. 1, 192, 292, 1121.
J) S. MR. ÜB. 3, 744, 1242; vgl. auch Ennen, Qu. 2, 272—4, 273, 1248.
') Dies und verwandte Mittel (Verpfändung usw.) sind namentlich seit Mitte des
12. Jhs. sehr beliebt, vgl. MR. ÜB. 2, 146, 1136—96; 21», 1174: Erzbischof Philipp von
Köbi hat die Vogtei in Rhens gekauft für 200 mr. ob importunitatem et intolerabiles
exactiones advocatorum. S. femer MR. ÜB. 2, 165, 1197; 168, 1197; 171, 1197; 247, 1209:
Graf Gerhard von Are verzichtet unter bedeutenden Opfern des Klosters Laach auf die
Laacher Dincvoidie, vgl. a. a. 0. 248, 1209; 260, 1210; MR. ÜB. ä, 11, 1213; 12^, 1218.
CRM. 3, 253, 1274: die Polcher Vogtei wird an den Grundherrn SMatheis für 200 mr. ver-
pfändet CR^L 3, 584, 1880: Diederich von Rennenberg und die Brüder Friedrich und
Philipp, Herren zu Schönecken, verkaufen dem SPaulinsstifte bei 'frier ihr herkömmliches
Recht zu drei Herbergen auf dessen Hofe zu Kerben, wo sie dreimal im Jahre zu 30 Per-
sonen und ebensoviel Pferden einkehren und sich beherbergen lassen konnten. *Scheck-
man Spec. feud. C 2: (advocatias in 4 curtibus sancti Maximini advocati) vendiderunt
domino Rorico abbati pro 1500 fl. Renensibus.
') Hierher kann schon MR. ÜB. 1, 374, 1074 gezogen werden. Für später s. z. B.
*ÜMünstermaifeld, Hs. Koblenz CXI^ Bl. 41 », 1380, notariell beglaubigter Vergleich zwischen
Propst Elias und Ritter Dietrich Frle von Treis, betr. die letzterem von ersterem verlehnte
Vogtei Sahnerohr. Der Vogt soll nicht mehr als 36 mk. bladi und 12 Ib. Treverenses
erheben , wozu er sich noch 8 mir. bladi* angemafst hatte. Von letzteren giebt er 4 an den
Propst heraus.
[Gniinlherrlichkeit und VogWi, — 1134 —
geistlichen Fürsten, den Bischöfen und den Reicbsäbten : sie können sclion im
12. Jh. den Blutbann liesitzen un<I denigeniäfs vojiteiliche Funktionen versehen'.
Die Folgen sind namentlich für die Bischöfe sehi' beachteuswert ; sie werden
seit der Stauferzeit fast dm^chweg zu Vögten neupegründeter Klöster erwählt
und erhalten auf diesem M'ege einen bedeutenden Machtzuwachs zur Begrün-
dung einer greiseren Landesgewalt ^, Dabei sind diese geistlichen Vogteien
keineswegs etwa blofs SchutzheiTSChaff^n, wenn diese Seit* der Vogtei auch
anfangs liesondere betont wird ^ ; sie sind nicht minder Hochgerichtsvogteien ira
vollen Sinne der sonstigen Immunitatsvogtei *. Und im späteren Mittelalter
■] FAr die Äbte a. MR. ÜB. 2, 108, 1190: die Äbte von Prüm ersdieüien als ndvocati
et defmsores von NiederprÜiustJien Gütern ; ferner auG späterer Zeit WSinunem u. Dbaiin,
O. 2, 146. Für die Biscliöfe vgl.:
") S. aoTBer oben S. 1132 Note 2 MR. tTB. 1, 526, 1142. ßr Kloster I^nnicli;
qnia rero pir advocatos multas ^cclesios sepe gravatas, immo p^nitus adnichilatas \idimus,
ad con«erv3tionein eiusttem loci conceminiiis, iit nullus ibi sit advncatiia, sed polius siib
nostra [arcliiepiscopi] ttitela nostrorumque Euccessorum ea, ([U^ posaidcnt vel adeptori sunt,
incouvuUa nunc et in perpetaum pmuaneant Vgl. diizu MR. U6. 1, 546, 1147, Urkunde Papst
Eugens III.: prohibemus . ., ut ecciesia vestra ntillum jireter Treverensem archiepiscoponi, qui
pro tempore fiierit, habcat advocatuni. MR. ÜB. 1, 505, 1152, Eugen lU. iur Wadgassen: ad-
vocatiam eiusdcm tooi nemo prorsus occupare presiuuat, aed tontum TreTereD8is arduepiscopus
qui pro tempore fiierit advocatus . . eiiatat, qni tarnen nichil de n-bus occiesie vestre in suo»
usus inflectet nee oliquibus eam molcstiis aut exactionibiis fatigabil, Eed in eius tantiuii obe-
- dientin huiniliter pei^ist^tis. Ficker Engelbert d. H. 8. 342—343, 1223, sehr umfkssend Dber
die Siegburger Yogtei; die Münchc hatten die ErzbischSfe von Köln zu Vägten gewählt
geniäfs ihrem ursprünglich freien Wnhb^cht. Honth. Hist. 2, 121, 1332; Trier hat die
Vogtei von Wadgassen und Springiersbach. 'Balduins Beschwerdepunete gegen Trier 1351,
Ballt. Kcseelst.; der Errbiscbof sei lehenherre und voit zä Triere und geistlich und vemtlich
herre. WKlotten § 1 a. 2, G. 6, 536: m Clotten ist ein erzbiscbof vut und die beren van
Bruwilre lehenherren. Ans späterer Zeit s. noch *W. SPeters Hochgericht xa Riol, 1460,
Arch. Maximin. 9, 596, § 2; AWUich 1485 § 3, cit oben S. 1093 Note 2.
') Au6übung der Vogteirechte durcli den Erzbischof von Trier ittr Himmerode MR.
ÜB. 2, 19*, 1173, und ebda. No. 20* mit der Begründung: licet es iniimcto nobia ponti-
ficatus officio Omnibus nobis commiasia debitores simus sua cuique iura servarc, illorum
tarnen, quos in continuo dei servilio desudare videmus, utilitati et paci curam propeasiorem
exhibeie deberaus. Vgl. MR. ÜB. 2, 21', 1174, Urkunde Erzbiscbof Philipps von Köb:
perpendenles non solum nobis incumbere, subditos pmdenter et diserete regere, venmi etiam
bona et possessiones eonuo ab invasionibus multimodis tuen.
<) Lac. ÜB. 1, 459, 1176, Urkunde Erzbischof Philipps von Köln: ecciesia beati
Clementis in Rindorp predium quoddam habet in villa, quc Ethedor)> nominatur. huius
predü comes Robertus de Nassouve extitit advocatus, verum hanc advocatiam iiuidam Lode-
wicua de Gendertorp ab eodem comite Roberto infeodatus babebat visuiii est autem tarn
fratribus quam sororibus iamdictae ecciesiae in Rindorp, propter insolcntiam ndvocatonun
sibi et poBteris suis fore profutunim, ei neminem jireter solum Coloniensem archiepiscoptun,
quicunque ille sit, in hoc predio give in alio habeant advocatum, nisj forte ab alia ecciesia
advocatum habente aliquod bonum post hec fuerint adeptl. nobis itaque tarn pro huius
ecciesiae quam pro ceteranim utilitate ex debito nostri ofßcii htborantibus comes liobertus
et Lodewicus consilio nostro acquieacentes hanc advocatiam cum omni iure, quod in eodem
predio se habere dicebant, sine omni exceptione in manus nostras resignavcrunt et, hcredibus
— 1135 — Die Vogtei.]
verbreitet sich die Hochgerichtsvogteifähigkeit unter den Geistlichen immer
mehr, sogar gewöhnlichen Pröpsten wird der Blutbann gelegentlich zugesprochen ^
Natürlich verfiel mit dieser Entwicklung der alte Begriff der Immunitäts-
vogtei überhaupt der Auflösung: die Vogtei war nunmehr keineswegs blofe
noch Laienamt bezw. Laienrecht ; ihr Besitz deutete überhaupt den Besitz der
Hochgerichtsexekutive innerhalb abhängiger nicht mehr direkt königlicher
Gerichte an.
Aber welche Gerichte waren denn überhaupt noch in der Hand des
Eeiches? Die Teile der alten Gerichtsverfassung, welche neben den Immuni-
täten anfangs noch unversehrt stehen geblieben waren, hatten sich längst
schon der Verfügung des Königs entzogen; sie waren Eigentum zunächst der
Grafen und Hunnen geworden, und entsprechend anderen jurisdiktioneilen
Eigentumsrechten hatte man sie anfangs im ganzen veräufsert, später auch
zersplittert und von neuem zusammengesetzt, kurz sie so behandelt, dafs sie
in ihrer neuen Kombination häufig kaum noch an die alte Organisation er-
innerten, ihrem Charakter nach sich aber von den Gerichten der Immunitäts-
verfassung wenig mehr unterschieden.
Dabei war die verbreitetste Form der Gerichtsverfassung entschieden die
vogteiliche.
Es begreift sich, wie bei dieser Lage die Beste der alten Gerichts-
verfassung schon früh nach Art der Vogteien aufgefafet werden konnten, so
dafs es dem Sprachgebrauch bereits des hohen Mittelalters geläufig war, unter
Vogtei jede Ait von Gerichtsbarkeit überhaupt zu verstehen*.
coheredibusque suis consentientibus, penitus et in perpetuum exfestucaverunt, 25 mr. et carr.
vini pro reconpensatione ab ecclesia prefata recipientes. S. auch noch nebenher MR. ÜB.
2, lÄ, 1193: Schenkung an SThomas an der Kyll per manum des Erzbischofs Johann von
Trier als des Klostervogts.
') WSPaulin Zerf 1380 § 1 u. 2, G. 6, 515: wisont die scheffen zu Cerve, daz der
probist zu sente Pauline habe zu Cerve gerichte, hoe und diefe, über hals und bein, embinnen
des eders ; . . dasselbe in vier Kammerforsten. S. ferner noch Ann. d. bist Ver. f. d. Niederrh.
44, 189, und auf ein Übergangsstadium hinweisend, WRapwiler 1547 § 2, cit oben S. 1114
Note 5, auf S. 1115. Vgl. auch oben S. 189.
^) Vgl. CRM. 2, 319, 1285: ut autem iamdicta venditio rata et firma permaneat et ne
a quoquam inposterum possit infringi, presentes litteras sigillo nobilis viri domini lohannis
de Waldecke, sub cuius districtu et iurisdictione seu advocatia predicta bona sita sunt, pre-
fato thesaurario tradidimus communitas. Auch dachte man sich wenigstens der Hochgerichts-
barkeit Vogtei inhärent, s. aufser WBiwer 1580 § 1 auch WDaun 1466, G. 2, 606: der Hoch-
gerichtsherr soll die Gerichtseingesessenen schüren und schirmen vur raub und brant und
sunderlich alle diejhenen, die scheffen sin in sime hoegerichtc, ire lif und gude vertedingen
und schirmen , glich anderen sinen angehoerigen luden. Umgekehrt wird jede Gerichtsherr-
lichkeit als Vogtei gedacht, s. WChumbd, G. 2, 192—193: erkent das gericht vor gut den
i gerichtsherren wasser und weit; und der armman, welcher im gericht sitzet, sol sie ge-
\ brauchen, und ob sach were daß der arme man überfahren würde in wasser und in weiden,
sollen die gerichtsherren ihn den armen man beschirmen und beschützen, daß er ihnen möge
ihren zins geben und ihnen furter diene.
[Gnmdherrlkhkeit und Vogtei. — 1136 —
Von EinfluTs auf diese Vorstellung inuJste es vor allem sein, dafa sich
die neu euiiiorkoinnionde Landesgcwall zunächst auf dem platten Lande «ie
auch in dt-n Landstädttn als Schinnj;ewalt ausprägte: der Landcshen' war der
obürsl« Vogt': Vogtei aber war in so groliwn Verhältnissen ohne Gerichla-
harkeit undenkbar*. Und diese VorstelluuR bleibt für die Landes^walteu
das üanze Mittelalter hindurch bestehen, väe ihr denn die Erinnerung zu
Grunde lag, da/s manche Territorialgewalt in der That fast nur durch Zu-
gaiunienfaäsuniz von Gerichtsvogteien entstanden war^; erst später lernt man
zwischen Landeshoheit und Hochgerichtsbarkeit, also voUer Gerichtsherrlichkeit
scheiden *.
Wie aber die Vorstellung von der neuen Landesfiewalt dazu fühi-eu
mufste, Vogtei und Cierichtabarkeit überliaupt als innig verquickt, ja oft als
identiscli aufzufassen, so nahmen nicht minder die Reste der alten staatlichen
Gerichtsverfassung vogteilichen Charakter an.
Vor allem gilt das von der Hunnengerichtsbarkeit: wai-en doch die
Imnmnitätsvögte als Hochdinpvögte direkt oder indirekt Rechtsnachfolger der
Hunnen". So kann es nicht w-under nehmen, wenn die Masiminer Vogtei-
weistümer des 11. und 12. Jhs. Hunnen und Vögte ohne weiteres p&ralleli-
sieren', wenn es femer schon Lac. IIB. 1, 139, 1003, heifst: populus advo-
catum nulluni habest nisi centurioneni, quem ibi constituit Tuitiensis abbas'.
Ja noch mehr: in einem Falle konunt es vor, dafs der Rechtsnachfolger des
alt«n Iudex, welcher ja für das Fiskusgebiet Hunnennt^'Ue einnahm, V<^
') S. oben S. 1068, lUO, IlSS, und ferner Stat sj-nod. 1227, e. 11 (Blnttau 1, 26) mit der
Überschrift: Sequitor de nobilibus et advoeatis. Im Text ist nur die Hede von den nobiles
et doiniüi terrae. S. femer Ces. Hoiiiil. 2. H. 15. cit. oben S. 657 im Tost; CRM, 2, 376,
1298, cit oben S. 773 Note 4; und aus späterer Zeit WBergpflege, CRM. 5, 113, 1538:
erkennen wir u. gn. berm von Trier vvr eineo gewaltigen herm dies lants und ein schirm-
hcrm. — Weil der Landesherr als Vogt betrachtet wurde, so beifsen auch seine Statthalter
gern Vögte, das gilt sogar für die Iteiclisamtleute , vgL Küster S. 73 ff. imd J. Teutsch:
Die Reichs! and vogteien in Schwaben und im Elgafs za Ausgang des 13. Jhs., Diss. Bonn.
I8S0. Vgl. aus unserer Gegend Honth. FlisL 1, 832, 1300; Känig Albrecht setzt den Städten
Oppenheim, lioppard, Oberwesel, Frankfurt, Friedberg, Wetzlar, Gelnhausen den edeln Mann
Ulrich von Hanau als adTocatus generalis et reclor vor. S. auch WMehring 1548; vogt oder
stadtheiter von Prüm.
*) Daher denn jede grofse Vogtei bzw. Landesgewalt auch als iurisdictio bezeictmet
werden kann, 8. z. B. Lac ÜB. 4, 645, 1202, aus der Arenga einer Urkunde des Grafen
Adolf von Berg (s. oben S. 675 Note 9): iudices constituti sumus in terris; s. femer V. conut.
de Aniatein: erant sub (comitis) iurisdictione Boppardia, Wesala, villa sancti Goaris, Laenstein
utnimque, Contluentia et aliae plures villae Rbenenses, et tota provincia, quae dicitur
») Nach dem URheingrafen ist der Hauptbesitz der Bbeingrafen feist der vogteiliche;
ähnlich steht es bei den Bolanden.
*) S. Honth. Bist 3, 806, 1682.
») S. oben S. 209.
•) S. die oben S. 207 im Text citierte Stelle.
') Auch MR. ÜB. 2, 209, 1202 ist die Hunscbaft im Sinne der Vogtei behandelt.
— 1137 — Die Vogtei.]
genannt >rird, obgleich der Titel des Vogtes innerhalb der späteren Fiskus-
verfassiing sonst dem Vertreter der spärlichen Reste gräflicher Gerichtsbarkeit
reserviert blieb ^ Nimmt man zu alledem die Thatsache, dafe die Hunnen
an den wenigen Punkten, wo ihre Funktionen noch erkennbar bestanden, ganz
entsprechend den vogteilichen Ansprüchen mit Forderung von Einlager,
Bede u. dgl. vorgingen^, imd dafe sie schliefslich seit dem J. 1232 der Bann-
leihe des Landeshemi, also der obersten Territorial vögte, zufielen *, so erscheint
es als selbstverständlich, dafe ihre Gerichtsbarkeit nur noch als besondere Art
der Vogtei aufgefafet wurde.
Das gilt aber auch von der gräflichen Gerichtsbarkeit : in ihren Abarten,
der pfalzgräflichen wie der fiskalischen Gerichtsbarkeit, wie auch in der ein-
fachen Form ehemaliger Gaugerichtsbarkeit wird sie seit dem 13. Jh. als
Vogtei bezeichnet *. Die Gründe für diese Einrangierung in den weiten Begriff
der Vogteiherrlichkeit waren fast durchweg dieselben, wie bei der Hunnen-
gerichtsbarkeit: Entwicklung vogteilicher Forderungen, namentlich der Beden*,
Seltenheit der noch vorhandenen direkten Reste dieser Gerichtsbarkeit,
mangelndes Verständnis für ihren alten Zusammenhang, und hier nicht Unter-
ordnung sondern Gleichsetzimg mit der Gerichtsherrlichkeit des Landesherm
als obersten Vogtes.
M S. oben S. 729, dazu S. 180 f.
?) S. oben S. 205. Noch im WNeumOnster 1429, G. 2, 38, kommt als Abgabe ein
honneheller vor, von jedem Haus, da ein man ine ist
») MGLL. 2, 292, 1282.
*) S. MR. ÜB. 3, 461, 1282: Graf Heinrich von Sa}Ti befreit die Laacher Güter zu
Winningen ab omni exactione et iure, quo tenetur mihi ratione advocatie vel iure palatie.
Zur Fiskus vogtei s. oben S. 730 f., zu der einfachen gräflichen Vogtei S. 171 und
S. 177 Note 9.
^) MR. ÜB. 2, 168, 1197: der Pfalzgraf Heinrich verpfändet seine comitia in Meine-
velde ex illa parte Moselle super petitione annone et denariorum et aliorum questuum.
S. femer Bd. 8, No. 150 § 3, 1840; WOckfen 1825 § 14: queUbet domus dicte viUe tenetur
domino archiepiscopo [dem Hochgerichtsherm] singulis annis in festo sancti Remigii fercellam
avene, 1 puUum, 1 d. et 1 panem de 1 d. WNeumünster 1429, G. 2, 38: die lüde in dem
Sinderdale sint schuldig zu komen zu der herschaft lantgeschreie hohegerichte und honnen-
dinge. Jedes Hausgesess giebt zu Weihnacht ein Grafenhuhn und einen HunnenheUer.
WW'allmünster 15. Jh. Ende (?) § 10: welch man in der vurg. dorfer eins komet und jair
und dag dainne gesessen hat [Hochgerichtsbezirk], das u. h. der grafe habe macht über ine,
mit ime zu leben, wie ime daz fuget, als er halt in den andern dorfem vurg. an andern
sinen luden, die da gesessen sint Er giebt I^leischgeld, Geldschätzung und Hafergeld wie
die Nachbarn. WWendelsheim 1526 § 8 : 20 mir. koms jarlicher stewer [an den Gerichts-
herm]; . . und damae ist nichts ausgescheiden, dan allein der wittumb, der ist solcher bede
frei. >\lvonsdorf 1556 § 7 : im faU jemand im hof C. wohnen wolt und het weder haus noch
hof, und want er ufncht zwo wagenleider, da der rauch u^ehet, sol er geben dem hoch-
gerichtsherren 8 sester haberen, 8 hoenen und 8 fröntage thun: den einen tag iren, den
zweiten mehen, den dritten schneiden; die haber sol er lieberen über den gader des haus
und nit baussent den edder, und sol der hochgerichtsherr die atzen sonder der leute
schaden. WSteinbach , G. 2, 208 : erkennet der scheffen järlich zw§n ungebotener dingtag.
[Gnindhcirtiehkeit und Vogtci. — 1138 —
Sn wai' mit dem Ende der deutschen Kaiserzeit, mit dem Verfall des
Reiches im 13. Jh., die alte staatliche Gerichtsverfassuni! in ihren lokalen
Elementen eiid^tiif aufgelöst : an ihre Stelle war ein buntahgestuftes System
von Vogteien getreten, weichem sich auch die Reste der staatlichen fierichts-
verfa£sui^ einranffierten. Dieses System mnfafste die beiden grofsen Wirt-
schaftäbildimgeQ des platten Landes, die Markgenossenschaft und die Grund-
herrschaft, die Onrndholden und die einst fi-eien, nunmehr vt^eilichen Mark-
leute. Hatte die Grundherrschaft aus autonomen Anfällen heraus sieh
ZH einer halbstaatlichen Gewalt emporgearbeitet, so waren umgekehrt in der
Vogtei ursprünglich rein politische Elemente in private, nur mit Vertretungs-
gewalt ausgestattete Hände herabgesunken und dadurch zur halbstaatlichen
Herrschaft umgebildet worden. Erschlofs die Gnindhenschaft dem deutschen
Leben zum erstenmal aus eigener Kraft den Gedanken der Notwendigkeit
und Durchführbarkeit einer grofseren, thuiilichst straff zentralisierten Verwal-
tung, so rettete die Vogtei aus dem Auflösungsprozefs des frünkisch-deutschen
Reiches den fruchtbarsten Gedanken dieser Monarchie, die Allgemeinheit des
Friedens- und Rechtsschutzes, in spätere Zeiten. Freilich die administrativen
Versuche der Gnindherrschaft vollzogen sich auf Grund privaten und zer-
streuten Besitzes, und die Üliemahnie des Rechtsschutzes durch im Ver-
hältnis zur Zentralgewalt unteiTüeordnete Kräfte der Nation war mit einer
traurigen Zei-splittening der Rechtspflege verknüpft. Aber es liegt im Cha-
rakter jeder Verwaltung wie jeder Gerichtsbarkeit, bei energischer Hand-
habung auf Zentralisation und Abrunduiy; zu drängen. Wo nur grofse und
machtvolle Gnmdherrschaften und Vogteien bestanden, wo etwa gar eine
Kombinatiüu solcher krfiftigen Gewillten in ßiner Hand eintrat . da war die
Aufforderung zur Sammlui^, zur Konzentration gegeben. Das ist die Auf-
gabe, welche den Territorien zufiel. Der territoriale Embryo liestand im
günstigen Falle in einer über ein paar Hundert Quadratmeilen verzweigten
Gnindherrschaft mit einer Anzahl peripherischer Verzettelungen und zentraler
Kernpunkte, und in dem Besitz einer Anzahl von Vogteien innerhalb eben
dieses räumlichen Umfanges. Von dieser doppelten Basis halbstaatlicher Ge-
walt aus galt es zur Tollen Hoheit zu gelangen durch Plünderung der Reichs-
hoheit, zum territorialen Alffichlufs zu kommen durch Unterdrückung der
kleineren Konkurrenten in Vogtei und Grundherrschaft,
einen den ersten montag nach halben mei, den anderen nechst montag nach Martini des
beUigen bischoä; und sol nf die genante zyiin dingtage dem gericbtsherren geliefert werden
auf jeden dingtag nemlich 2 pfiint bl., sol iedes pfiint bezahlt werden mit 15 alb. alter
wehrung.
3. Znr sozialen Gliedernng yomehmlich der land-
arbeitenden Klassen.
Mit dem jetzigen Zeitpunkt unserer Erörterungen haben wir die Ele-
mente in der Hand, welche die Grundlinien der mittelalterlichen Stände-
entwicklung des platten Landes zu ziehen gestatten. Sehen wir von älteren
Einflüssen des ersten Jahrtausends unserer Geschichte und von späteren Fer-
menten der geldwirtschaftlichen Entwicklung ab, so sind Grundherrlichkeit
und Vogtei die bewegenden Elemente dieser sozialen Schichtung: wenn die
erstere im Einflüsse des Grundes und Bodens das ökonomische Machtmittel
der Zeit vertritt, so repräsentiert die letztere im Einflüsse der Gerichtsbarkeit
das politische : vornehmlich von wirtschaftlich-autonomen wie rechtlich-politischen
Forderungen aus aber hat sich zu allen Zeiten die soziale Schichtung über-
haupt vollzogen. Um wie viel mehr gilt das ftlr die soziale Entwicklung der
landarbeitenden Klassen des Mittelalters — nur um diese handelt es sich hier
im wesentlichen — , da ftlr sie weder militärische noch etwa geistige Fermente,
jene Hauptfaktoren der Standesgliederung neben den materiellen und poli-
tischen, in Frage kamen.
Die Grundherrlichkeit stellte in den Grundholden den einen Hauptteil
der ländlichen Bevölkerung. Sie zerfallen schon seit der Karolingerzeit in
zwei Klassen, in die eigentlichen Hofgenossen oder Gehöfer — also die-
jenigen, welche direkt dem Fronhofssystem angehören, und in die Markgrund-
holden — infolge grundherrlichen Markobereigentums abhängige Leute. Die
letzteren nehmen dann an Zahl seit der vollen Ausbildung der Markherrlich-
keit im 12. und 13. Jh. ungemein zu: in der zweiten Hälfte des Mittelalters
ma«r die markgrundhörige Bevölkerung nicht geringer gewesen sein, als die
jj:ehöferschaftliche.
Erst nach Schlufs der Karolingerzeit, im 10. Jh., beginnt die volle Ein-
wirkung der Vogtherrlichkeit auf die soziale Schichtung des platten Landes»
Beachten wir zunächst nur diejenigen Fälle, in welchen sie noch freie — also
[Gnimihcniichkeit iiiid Vogtei. — 1140 —
nicht grundhörige bezw. mark^Tundhörige — Leute er^Tcift, so entstellen
einmal unter dem Einflufs der freien Markvogtei die freimarkvogteiÜL'hen
Leute langsam seit der ersten Hfllfte des 12. Jhs. , weitverl'reilet seit Anfang
des 13, Jhs., femer unter dem Einflüsse ursprünglich staatlicher, ummiehr iii
Privathand ühergegai^ener und der V>ei nachgebildeter Gerichtsbarkeit die
freigeriehtsvogtei liehen Leute etwa um dieselbe Zeit. Daneben aber er,giebt
6ich noch früher — entsjirechend der Thatsachc, dafs die Vogtei die grund-
hen-lichen Zustände früher durchdringt als die noch freien Verhältnisse —
eine Reihe dei' vei-sehiedensten Koinbinationen zwischen Grundherrlichkeit und
Vogtei , welche ebenfalls einen Einflufs auf die soziale Schichtung fluTsem.
Aus der Einwirkung der Vogtei auf die Grundherrlichkeit auf der Basis des
Fronhofe erwächst die Gmppe der grund- und fronhofsvogteilichen Leute, am
derselben Einwirkunff auf der Basis des Allmendeobereigentums die Grupi*
der umrkgnmdhörigen und markfronhofsvogt^^ilichen Leute, und aus eben dieser
Einwirkung auf der Basis der Ininiunitilt die Gmppe der gnintl- bezw. mark-
grundheiTlichen und immunitatsvogteilichen Leute. Dabei können noch wie-
derum Spielarten dieser Grup]>en dadurch hervoi^erufen werden, dafe Grund-
herr bezw. Vogt ein und dieselbe Person sein können oder nicht: demgemäfs
kann man z. B. in der letzten Gruppe die Leute geistlicher Immunitäten, in
denen jedenfalls der Vogt nicht zugleich Gnmdherr ist, unterscheiden von
denen der weltlichen Imnmnititen, wo fast stets Vogtei und Gmndherrlichkeit
zusammenfallen.
Es würde vielleicht möglich, wenn auch ermüdend um! ohne weitere
wissenschaftliche Trafn\'eite sein, alle diese Hauptabteilungen und Gnippen in
ihrem speziellen Dasein zu schildern, hätten die Quellen seihst die soeben
folgerichtig entwickelten Unterschiede genau festgehalten. Das aber ist nicht
der Fall. Die unter dem Einströmen der vogteilichen Gewalt auf grund-
herrliche und auch freie Verhältnisse erzeugten Kombinationen, welche sich
schliefslich äufserlich in bestimmten, an sich wenig differierenden Zinsverhält-
nissen niederschlagen, sind zu fein, als dafs sie das mittelalterliche Leben
nicht verwischt und vermeint hätte. Eine solche Verwirrung nmlste aber
spätestens mit dem 13. Jh. eintreten, denn seit dieser Zeit waren mit dem
letzten massenhaften Einmünden noch freier Existenzen in die Vogtei alle
denkbaren Kombinationen entwickelt. Das ist in der That der Fall : seit dem
Schlufs des 13. Jhs. vermag man sogar die Unterschiede zwischen Grund-
holden und Vogteileuten infolge der vielfach eingetretenen Venjuickungen nicht
immer auseinander zu halten: man gewöhnt sich ^■ielmehr daran, beide
Schichten unter dem einheitlichen Ausdnick der annen Leute zusammen-
zufassen.
Wenn so Grundherrlichkeit und Vogtei die Fermente der mittelalter-
lichen Standesbildung des platten Landes sind, so mnfassen sie doch diese
Standeshildui^, wie schon oben angedeutet, nicht völlig.
Zunächst ragen in sie noch die Faktoren der Standeshildung des ersten
— 1141 — Soziale Gliederung.]
Jahrtausends hinein. Diese Standesgliederung, entwickelt auf Grund einer fbr
alle Krieger gleichen Verteilung der wirtschaftlichen Machtmittel sowie auf der
Basis einer vom Staats- und Bechtsleben anfangs völlig ausgeschlossenen un-
freien Bevölkerung, ging nach Abschüttlung des Adels der Urzeit schliefslich
in die Gegensätze von frei imd unfrei auf. Freie und unfreie Leute in ihrem
Gegensatze spielen daher auch in der mittelalterlichen Standesbildung noch
auf lange hin eine Rolle, deren Bedeutung freilich mit der Absorption dieser
Gegensätze immer geringer wird. Diese Absorption erfolgte nun in der her-
vorragendsten Weise durch Vogtei und Grundherrlichkeit. Die unfreien Leute
gingen fast ausnahmslos in der Grundhörigkeit auf, die freien Leute wurden
überwiegend Grundholde oder Vogteileute.
Freilich nur überwiegend. Denn die Freien traf noch ein weiteres so-
zusagen in Oberströmung zur Grundherrlichkeit und zur Vogtei herlaufendes
Ferment mittelalterlicher Standesbildung, die Lehnsherrlichkeit.
Es ist, scheint mir, für die Entwicklung unseres mittelalterlichen Staats-
wesens ganz besonders bezeichnend, dals man die soziale Schichtung der länd-
lichen Klassen — d. h. des bei weitem gröüsten Bruchteiles der Bevölkerung —
der Hauptsache nach zergliedern kann, wie es soeben geschehen, ohne der
Lehnsherrlichkeit, des eigentlichen politischen Fermentes der mittelalterlichen
Staatsbildung, auch nur zu gedenken. Die Bedeutung des mittelalterlichen
Staates war eben viel zu gering, seine Einwirkung auf die grofee Masse der Be-
völkerung viel zu schwach, als dafs sein eigenster politischer Charakter allseitig
hätte standesbildend wirken können. Statt dessen finden wir vielmehr in der
Vogtei die Gerichtsbarkeit, d. h. den Friedens- und Rechtsschutz, politisch
standesbildend: der Friedens- und Rechtsschutz als staatliches Ferment gehört
aber nicht dem eigensten Genius des mittelalterlichen Lehnsstaates an, er ist
vielmehr ein Vermächtnis wenn man will schon des urzeitlichen Staates oder
jedenfalls der kräftigen Monarchie der Karolinger.
Traf aber die Lehnsherrlichkeit als ständebildender Faktor die unteren
Schichten der Bevölkerung nicht, so erreichte sie doch hier und da die noch
s{)oradisch vorhandenen einfachen Freien, und allseitig den sich aus ihnen ent-
wickelnden Adel. Indem diese Schichten dem Lehnssystem einrangiert wurden,
waren sie der ordentlichen Gerichtsbarkeit, wie sie seit dem 12. und IS. Jh.
anfing vogteilicheu Charakter anzunehmen, enthoben: sie sonderten sich von
den Vogteileuten ab, auch von der freimarkvogteüichen und freigerichtsvogtei-
lichen Bevölkerung, wie sie denn schon längst von den Grundholden getrennt
waren, und begannen nunmehr auf der neuen Basis des Lehnswesens die Bil-
dung der ländlichen Aristokratie des späteren Mittelalters.
Und wie die Lehnsherrlichkeit als standesbildendes Ferment einen ge-
ringen Bruchteil der Altfreien zum Landadel umformte, so hob sie auch aus
den Giimdholden einen geringen Bruchteil empor zu adligem Dasein. Frei-
lich nicht direkt, sondern durch Vermittlung eines ferneren seit dem 12. Jh«
vornehmlich standesbildend einsetzenden Fermentes, vennittels des Berufes.
[{irundliorrlichkeit uiiil Vogtei.
Bis zuiii Schlafs der Karolingerzeit hatte der Be.iiriff des Berufes iu der
deutschen Entwicklung, abfiesehen vou der Geistlichkeit, kaum eine standes-
bildende Kraft, Zwar gab es auf dem Gebiete spezieller ^'eistiger wie wirt-
schaftlicher Thatigkeit, z. B. in Kunst und Handwerk, besondere Beruisfonnen,
aber ihre Vertreter wareu zu wenig zahlreich, um eine allfieineine soziale Be-
wegung zu veranlassen ; ihre Existenz besagte wenig gegenüber der Thatsache,
daJs uahezH jedermann Krieger. Richter und Ackerbauer zugleich war. Dieser
Zustand hätte an sich bis zum Schlufs der naturalwirtschaftlicheu Epoche, d. h.
bis zur Differenzierung der wirtschaftlichen Berufsarten, andauern können ; und
thatsilcblicJi ist der volle Umschwung auch eret mit der volkswirtschaftlichen
Revolution des 12. und 13. Jhs. erfolgt. Indes reichen doch Vorlftufer der
neuen Entwicklung tief in die naturalwirtschaftliche Zeit hinein.
Es sind namentlich zwei Erscheinungen, welche hier zur Sprache kommen
müssen. Der Grofsgrundbesitz hatte seit spätestens dem 9. Jh. eine Organi-
sation seiner Liegenschaften durchgesetzt: iu der Fronhofsverfassung war mit
Ausnahme der hier auTser Rechnung stehenden Kirchenverwaltung das einzige
wahrhaft mit diesem Namen zu bezeichnende Verwaltungssystem der natural-
wirtschaftlicheu Zeit entstanden. Dieses Verwaltunpsystem bedui'fte eines
Beamtenkörpers mit abgestuften Pflicliten: es gab AnlaCs zur Entwicklung
administrativer Berufetliätigkeit. Diese Thatigkeit konnte, da das Fronhofe-
system der Grundlierrlichkeit angehörte, im wesentlichen nur den besseren
Grundholden zufallen. Die zweite hier anxufühi-ende Entwicklung bewegt sich
auf dem Gebiete der Heeresverfassuug. Seit dem 10. Jh. spätestens war das
altnationale Heereswesen verfallen; die Kriegs- und Verteidigungs](flicht fiel
der Aristokratie, d, h. den GrofsgRindheiTen, zu. Sie miterzogeii -sich ihr iui
Aufgebot ihrer besseren Grundholden : also fiel diesen eine militÄrische Benife-
thMigkeit zu. Aus administrativer wie niilitjlrischer Berufsthätigkeit erwächst
nun die Ministerialität, sie ist die erste deutsche Standesbildung unter dem
Zeichen des Berufes.
Sehr begreif lieh, dafs ihr Ansehen iu einer Periode aufseroitlentlich
wachsen muTste, während welcher der Beruf infolire der Differenzierung der
nationalen Wirtschaftsthätigkeit überhaupt anfing, im eminentesten Sinne standes-
bildend zu wirken. Diese Periode beginnt spätestens mit der Wende des
12. und 13. Jhs., mit der Entstehungszeit des Gegensatzes zwischen Stadt und
Land, zwischen BUi^er und Bauer. Indem alter die Ministerialität in dieser
Zeit kräftig emporkam , mufste es ihr besonders nahe liegen , sich eben jener
Gewalt sozial anzuschliefsen , welche sie gefordert hatte. Diese Gewalt war
die GnindheiTschaft, der Adel weltlicher wie geistlicher Art. Der Adel al)er
lebte und gliederte sich unter dem Einflufs der Lehnsherrlichkeit — sehr
natürlich, denn er war der politisch führende Teil einer Nation, deren Ver-
fassung im Lehnswesen aufging. So stellte sich auch die Ministerialität unter
das Zeichen der Lehnsherrlichkeit ; unter ihi^em Einwirken wurde sie gleich
manchem Rest altfreier Leute zum niedem Adel des späteren Mittelaltei-s.
— 1143 — Soziale Gliederung.]
Wie sich also die Ministerialität in ihren Anfängen zur ersten deutschen
Standesbildung unter dem Ferment des Berufes entwickelt hatte, so ist sie in
ihrem späteren Verlauf zur letzten deutschen Standesbildung unter dem Fer-
ment der Lehnsherrlichkeit geworden. Denn die neueren beru&mälBigen
Standesbildungen, Bürger und Bauern, wufsten nichts mehr von der alten
Einwirkung des Lehnswesens, sie wurden imter dem Einflufs republikanischer
Staatsformen zu Freibürgem selbständiger Städte und unter der Einwirkung
monarchischer Staatsfonnen zu Unterthanen landesherrlicher Territorien. Nahezu
in derselben Zeit aber, in welcher die Bauerschaften durch ihren Beruf in
einen neuen Gegensatz zum Bürgertum traten, hatte auch der besondere und
spezifische Einflufs von Grundherrlichkeit und Yogtei auf ihre soziale Schich-
tung aufgehört. Der Wegfall dieses Einflusses konnte unter der gegebenen
Konstellation nur segensreich wirken. Wie sich die Bürger in den Städten
des 12. und 13. Jhs., weder durch die volle Strenge der archaisch gewordenen
Stadtherrschaft fernerhin gebunden, noch auch schon eingebettet in die wohl-
abgegrenzte Sicherheit der späteren autonomen Stadtverfassung, besonders
kräftig entwickelten, vor allem das grofee Gut persönlicher Freiheit errangen,
so geschah etwas Verwandtes auf dem platten Lande. Mit dem 12. Jh. war
die grundherrschaftliche Organisation des 9. und 10. Jhs. antiquiert, mit ihr
siechte, nur in schwächlicher Analogie zu ihr entwickelte sich die Vogtei —
den Bauer dagegen begünstigten mit dem rapiden Aufechwung der Grund-
rente, mit der Entwicklung der neuen städtischen Wirtschaftsformen, welche
die Kräfti? des platten Landes massenhaft erforderten und anzogen, ganz be-
sonders reiche Mittel und weithin lockende Aussichten. Das ist die Zeit, in
der Meier Helmbrecht entstand, in der Neidhart von Beuenthal dichtete. In
der That entfaltete der Bauer unter dem Absterben der alten autoritären
Organisationen des platten Landes und bei dem noch embryonalen Zustand der
künftigen autoritären Landesgewalt, der Territorialhoheit, seine frei werdenden
Kräfte eben damals aufs glücklichste. Die freien Pachten kamen auf, die
Grundhörigkeit wurde schwer erschüttert und nicht selten bis zur Auflösung
untei-graben, und mit ihr verschwand auch das vogteiliche Verhältnis für einen
Teil der besser situierten und darum pachtfilhigen Bevölkerung. Und so
konnte es denn scheinen, als ob im Laufe des 14. und 15. Jhs. aus Grund-
holden und Vogteileuten eine mehr oder minder freie Landbevölkerung her-
vorgehen werde.
Diese Hoflhungen erfüllten sich längst nicht in dem Mafse, wie es die
Entwicklung des 13. Jhs. erwarten liefs. Grundhörigkeit und Vogtei schöpften
wiederum Kraft, und namentlich die Giiindherrlichkeit brachte es vielfach zu neuen
keineswegs freiheitlichen Gestaltungen ; aus Grundherrlichkeit und Vogtei aber
erhob sich unter Verbindung mit altstaatlicher Gewalt allumfassend die Landes-
hoheit und ordnete sich die kleineren Grund- imd Vogtherrschaften unter: die
autoritären Kräfte sammelten und gliederten sich im Territorium mit seinen
landesherrlichen und ständischen Rechten, seiner landesherrlichen und stän-
[Gnmilherrüi'hkeit und VogK-i. — 1144 —
dischcu Verwaltung, und schon am Schliisse des 15. Jhs. war ihre Koii2en-
tration zur drohenden Gefahr fflr die freiere Entwicklung der landarheitendeu
Klassen g(^worden. —
Wir stehen aui Schlüsse der mittelalterlichen Entwicklunji ; noch klarer
und vieleeitiger werden wir sie übersehen, wenn wir uns noch einmal die
historische Abfolge jener einzelnen Fennente vergegenwflrtiften, welche ftlr die
Entwicklunnr der sozialen Schichtung; des platten Landes standesbildend ge-
wirkt haben.
Wir fanden da in ältester Zeit fast nur den Gegensatz von frei und
unfrei; Voraussetzung für ihn war die staatlich fixierte Forderung gleicher
wirtschaftlicher Machtmittel für alle Freien. Diese Voraussetzung wird seit
spiltesteus dem 6. Jh. zersetzt durch Entwicklung der individualen Konkurrenz
auf dem Gebiete des Landerwerbes und deren Konsequenz, die Bildung eines
Standes von Grofsgrundbesitzem. Mit der Voraussetzung aber fällt die alte
Freiheit ; ein grofeer Teil der Freien gerät in Abhängigkeit vom Grofsgrund-
besitz und verschmilzt mit den alten Unfreien; die Gruiidhörif;keit entsteht,
der Grofsgrundbesitü wird zur GrofsgnindherrBchaft. Diese Entwicklung ergreift
in iliren Folgen auch den Staat, der die alten Gegensätze von frei und unfrei
politisch verbüi^ hatte: er steht in keiner direkten Beziehung mehr zu der
grofsen Masse grundhörig gewordener Freien, er veifllgt nicht mehr über die
alte Aktionsfreiheit gegenüber der übennttchtig gewordenen tinindherrüchkeit;
und er ordnet seine Beziehungen zu Grundholden und Grundherren neu, in-
dem er im Lehnsnexua diese unmittelbar, jene mittelbar an sich zu fesseln
sucht. . Zugleich mufs er bei seinen nur noch indirekten Beziehunseu zu den
eheuials Fivieu, seinen alten Kürgeru, sciu wcseutlichätcs Recht, den liechtB-
und Friedensschutz, durch Erteilung von Immunitäten schmälern und sehliefs-
lich abtreten: die auf Grund von Immunität entwickelten Rechte aber finden
ihren Endausdruck in der hohen Vogtei, und dieser assimiliert sich jede
sonstviie in Privathand gelangte Gerichtsbarkeit.
So treten dm neue Fennente der Standesbildung seit etwa dem 9, bis
10. Jh. wirksam ein, die Grundherrlichkeit, die Vogteiherrlichkeit und die
Lehnsherrlichkeit. Vou ihnen wirkt die Lehnsherrlichkeit anfangs nur auf die
höchsten sozialen Schichten, erst seit etwa dem 12. und 13. Jh. gewinnt sie
auch auf die noch übrigen Reste einfacher Altfreien Einflufs; Grundherrlich-
keit und Vogteiherrlichkeit dagegen sind die eigentlich standesbildenden
Mächte t^r die grofse Masse der Nation , unter ihrem Einflufs entstehen bis
zum Schlüsse der Stauferzeit namentlich die Gnippen der einfachen Grund-
holden und der Markgrundhörigen , der freimarlnogteilichen und der frei-
gerichtsvogteilichen Leute,
Aber mit dem Schlüsse der deutschen Kaisei-zeit erschöpft sich im
wesentlichen die standesbildende Kraft der Gnmd- und Vogteiherrlichkeit.
Bisher hatten sich alle Standesbildungen auf der gemeinsamen Basis natural-
wirtschaftlicher Existenz vollzogen: diese Grundlage verschwindet jetzt unter
— 1145 — Soziale Gliederung.]
den Wehen der volkswirtschaftlichen Revolution um die Wende des 12. und
13. Jhs., neben die Katuralwirtschaft setzt sich als gleichberechtigte Grund-
lage der Standesbildung die Geldwirtschaft. Sozial findet diese Revolution
ihren Ausdruck zunächst in der Scheidung von Bürger und Bauer, allgemeiner
gefofst in der Einftlhning der Gegensätze des Beinifes als wirksamer Fermente
sozialer Gliederung. Zwar war der Gegensatz der Berufsthätigkeit schon in
der naturalwirtschaftlichen Zeit einmal in der Bildung der militärisch-admini-
strativen Ministerialität wirksam gewesen, allein diese Ausgestaltung war
gegenüber dem Gros der Nation doch nur eine Sonderbildung: allgemeinen
Einflufs auf die soziale Schichtung erhält die Berufsthätigkeit erst mit dem
Aufkommen der Geldwirtschaft. Unser herre, so schildert Bruder Berhtolt
1, 13, 87, das neue soziale Ferment, hAt eime ieglichem menschen ein amt
[Beruf] verliehen, er hat niemen ze müezeckeit geschaifen: wir müezen uns
alle eteswes underwinden, dämite wir genesen.
Und der mächtige Einflufs der Berufsthätigkeit verkörpert sich innerhalb
der Nation sofort in zwei auch politisch gesonderten Lagern: der städtischen
Republik tritt das monarchische Territorium gegenüber. Indem nun diese
beiden staatlichen Existenzfoimen fast zwei Jahrhundeite lang, im 14. und
15. Jh., um die Führung der Nation ringen, wird der Gegensatz bürgerlicher
imd bäuerlicher Berufsthätigkeit, städtischer und ländlicher Gewohnheiten und
Anschauungen in einer so eindringlichen Weise ausgebildet und festgelegt, dafs
wir noch heute unter seinen Nachwirkungen leben. Zugleich aber wird durch
die Übertragung des Gegensatzes der Beinifsbildung auf das politische Gebiet
der Einflufs eben dieses Fermentes auf die soziale Schichtung je länger um
so stärker unterbunden: unter den grofsen Kategorien von Bürgertum und
Bauerntum verfallen Stadt und Land gesonderten sozialen Entwicklungen, fllr
deren Ausbildung die beidei-seitigen politischen Gewalten mafsgebend werden.
So kommt es in den Städterepubliken der Regel nach zuerst zur kommerziellen
Aristokratie des Patriziats mit der industriellen Grundlage der cives minores,
dann zur industriellen Aristokratie der Zunftgeschlechter mit der untergärigen
Masse eines städtischen Proletariats; in den Temtorien aber zunächst zur
Ausbildung eines kleingrundherrlichen Landadels neben vereinzeltem Einflüsse
von Landstädten, über den armen Leuten, unter dem Landesherm, später zur
Entwicklung eines übei-wiegend adligen Beamtenstandes, über den Unterthanen,
unter dem absoluten Fürsten.
Doch die letzteren Gegensätze berühren uns hier nicht mehr; für uns
entsteht jetzt vielnu^hr die Frage, in welcher Weise es lohnend und bei dem
Stande unseres speziellen Quellenmaterials aussichtsvoll ist, die eben allgemein
geschilderte und in den mittelalterlichen Partieen durch die bisherigen Er-
örterungen voll dokumentierte Entwicklung ins einzelne zu verfolgen.
Und hier ergeben sich nun drei gröfsere Gesichtspunkte, welche sich indes
nicht in völliger Trennung sondern teilweis nur in gegenseitiger Gegenüber-
stellung und Verarbeitung der quellenmäfsigen Details verfolgen lassen. Es
Lamprecht, DeaUches Wirt^Khaftsleben. I. 78
[(iiiindbcnlichki'it uuil Vnglei. — 1146
mufs zunächst voii Interesse sein, das Verhalteu des alten Gegematzes von
frei und unfrei genauer zu untersuchpn. Es mufs ferner und vor allem
wichtifi erscheinen , den Einflufs von Gruntlherrliehkeit und Vogt«i auf die
ländliche Standesbiklung eingehend zu erörtern. Endlich aber bleibt noch die
Notwendigkeit, die Entwicklung der landarbeitenden Klassen des spätei'cn
Mittelaltei-s nach dem Ziele eines freiheitlicheren Berufsstandes hin zu
verfolgen.
Von diesen drei Aufgaben ist die erste im Rahmen dieser Erörtemngen
die schwierigste, die letzte dagegen die einfachste und lohnendste: für diese
steht das grofse Material der spätinittelalterlichen Quellen, vor allem der
WeiatHniev, mit seinen Einzelheiten zu Gebote, für jene dagegen 1)edarf es
einer Erweiterung unseres sijeziellen, für so frühe Zeiten ärmlichen, ja teilweis
völlig versagenden Quellenstoflfes durch Heranziehen der allgemeinen Rechts-
queilen fi'änkischer Zeit und der auf ihnen beruhenden Spezialforschung.
Der Ausgangspunkt soll dabei von der Karolintrerzeit und zwar von
einem Denkmal genommen werden, dessen Erklaiiing uns schon bei früheren
Gelegenheiten wertvolle Dienste geleistet hat, vom Capitulare de villis.
Das Cap. de villis unterscheidet innerhalb der in jedem Fiskus ansässigen
Bevölkerung sehr genau zwei verechiedene Klassen, die unfreien Leute oder Fis-
kalinen im eigentlichen Sinne, und die Freien. Die Freien wohnen innerhalb des
fiskalischen Gebietes entweder in besoniieren freien Dörfern Iiezw. Höfen oder
in Orten, welche zugleich einen fiskalischen Hof bergen'. Sie gehören der
Wirtschaftsverwaltung des Fiskus nur insofern au, als sie die staatlichen
Steuern, den Dem, den Medem^ sowie etwaige Gerichtsbufsen , welche dem
König zid^allen', an die Fiskuskasse zahlen; zudem haben sie gewisse Staats-
fronden, welche ihnen im Rahmen der Hundertschaft mit den Fiskalinen ge-
meinsam obliegen, wohl auch im Interesse des Fiskus zu leisten*, und unter-
liegen bei gerichtlichen Forderungen Auswärtiger der Exekutionsgewalt des
Iudex *. Im übrigen aber gehören sie noch der Gauveifassung an, haljen des-
halb auch gewisse staatliche Lasten, wie z. B. die Herbei^-, Verpflegungs-
und Transportlasten königlicher Gesandten und Gewaltboten, von welchen die
Fiskalinen l>efi'eit sind, ihrerseits mit zu tragen*.
Den Freien gegenüber bilden die Fiskalinen die von der Fiskusverwal-
tung wirtschaftlich und rechtlich abhängige Bevölkerungsklasse. Sie werden
neben der natürlichen Fortpflanzung allmählich durch Dedition, auch durch
Erwerb" vermehrt und sind unter die einzelnen Sonderbetriebe in Foim von
') Vgl. Cap. de villis § 4, 52: Franci qui ia fiscis aut villis nostris coninianent; ingenui
qui per fiscos aut villaa noatras corauanent. In § 52 auch der GegensaU fiscalini — ingenui.
») Ebd. S 62.
>) Ebd. § 4.
*) Ebd. § 52.
») Ebd. § 27.
•) Ebd. § 67.
on '
— 1147 — Soziale Gliederung.]
Hofgenosseuschaften (familiae) verteilt ^ Als Bezeichnung für sie ei-scheint
neben fiscalinus der Ausdruck servus^ oder homo noster®, einmal wird auch
mancipium gebraucht*. Iin allgemeinen sind sie als Htifoer (mansuarii) an-
gesetzt^, doch giebt es auch landlose Hofgenossen, welche ihre Kost aus
irgend einem Betriebe erhalten (praebendarii , deputati)®. Zu den letzteren
gehörten wohl teilweis die Handwerker*^ wie die Insassinnen der Frauen-
häuser®.
Die Lage der Fiskalinen war übrigens im ganzen nicht ungünstig. Es
lagen die strengsten Bestimmungen vor, sie gut zu behandeln und vor Armut
zu behüten®; ihren Vorgesetzten war es ausdrücklich verboten, sie für eigene
Zwecke auszunutzen^®, andererseits aber auch vorgeschrieben, alle Hof-
genossen zu ernster Arbeit im königlichen Dienst zu erziehen^*. Feiner
stand den Fiskalinen eine ziemlich weite Aussicht auf soziales Emporkommen
offen. Sie konnten fiskalische Subaltembeamte , z. B. unter Umständen mit
Benefizien ausgestattete Meier werden ^^, sie konnten den fiskalischen Klenis
stellen ^^ und vermochten es bis zur zeitweiligen Vertretung des Iudex zu
bringen ^*.
Auch ihre wirtschaftlichen Verpflichtungen waren nicht besonders drückend.
Die regulären fiskalischen Jahresleistungen bewegten sich auf dem bekannten
Geleise des Frondienstes mit Pflug und Hand", dazu kamen der Wachtdienst
auf der Kalz", die Zahlung gewisser Naturalleistungen" und die unentgelt-
liche Verpflegung fiskalischen Gro&viehes" sowie einige andere kleine Ab-
gaben. Diese Leistungen kannten die Freien des Fiskalgebietes allerdings
nicht, dafür lag ihnen aber eine Anzahl von staatlichen Lasten ob*®, von
^) Cap. de villis § 56. Daneben wird familia auch kollektiv von allen Hofgenossen-
schaften im Gegensatz zu den Freien gebraucht, z. B. § 4. Auch das Ho%efolge des Königs
wird mit fämilia bezeichnet, § 59.
«) Ebd. § 23, 29, 52.
8) Ebd. § 29, s. auch § 86.
*) Ebd. § 67.
») Ebd. § 39.
«) Ebd. § 17, 31.
7) Ebd. § 45.
8) Ebd. § 31, 43, 49.
») Ebd. § 2.
•0) Ebd. § 3, 60.
i) Ebd. § 54.
i«) Ebd. § 10, 50, 67. S. auch oben S. 902.
'») Ebd. § 6.
'*) Ebd. § 5.
'^) Ebd. § 10.
'«) Ebd. § 41.
f) Ebd. § 62.
'8) Ebd. § 11. Zur Viehverstellung vgl. y. Inama, Grofsgrundh. S. 82.
'») S. oben und a. a. 0. § 12, 27.
73*
[Grunilherrlidikoil miil Toglei. — 1148 —
welchen die Hofgeiiossen eatbunrfen wai-eii, und Dem wie Medem hatten beide
Teile gleicherweise zu zahlen',
Nicht ganz klar wird die i-eehüiche Stellung der Fiskalineu. Man be-
findet sich, scheint es, hier werdenden Zuständen jiegenüber, welche einen
festen und sicheren Ausdruck noch nicht erhalten liaben. Der § ö6 des
Capitulare de %'illis bestimmt: ut unusquisque iudex in eorum niiiiisterio
frequentius audientias teneat et iustitiam faciat et praevideat, (jualiter recte
familiae uostrae vivant. Sehe ich recht', so erhellt aus diesem Satz die Ein-
richtung von Rügegerichten des Iudex über die einzelnen Betriebshofgenossen-
BChaften der Fiskalinen, jedenfalls unter Uiieil von hofgenos^nschaftlichen
Schöffenkollegien; so dai's hier die Anftlnge der späteren Baudinge vorlögen,
nur dafs statt des Meiers noch der Index als Richter fungiert Für diese
Rüpedinge gelten dann wohl auch die Bestimnmngen des § 4, nach welchen
bei Vergehen gegen den König und dessen Besitz, abgesehen von Mord und
Brand, auf Erstattung des Schadens und auf Prllgelstrafe statt der Fredus
erkannt werden soll . während bei Mord und Brand auch auf Zahlung der
Fredus erkannt werden kann. Galten diese Bestimmungen für Vergehen an
Fiskalinen und an fiskalischem Eigentum, so wftren bei Vergehen aulserhalh
des Fiskus die Fiskalinen der gewöhnlichen Gerichtsbarkeit unterworfen. Nur
erschienen sie, auch als Klüger, nicht persönlich vor den gewöhnlichen Ge-
richten, sondern an ihrer Statt der Vorstand oder Meister des Sonderbetriebs,
dem sie zugehöileu, also der Meier, Zöllner, Pferdegrofshirt usw.*. Doch
konnten sie bei schlechter Führung ihrer Sache durch den BetiiebsineiBter
vor dem König Beschwerde anmelden, ebenso wie es ihnen, wenn auch unter
manchen Beschränkungen aus praktischen Rücksichten, frei stand, über den
Iudex heim König Klagen anzubrii^en *.
Soviel über die sozialen Verhältnisse innerhalb der karolingischen Fisci.
Malsgebend für ihre Konstruktion ist noch, wie man ohne weiteres sieht, der
Gegensatz von frei und unfrei. Aber die Alternative ist nicht mehr nach allen
Seiten hin gleich vorteilhaft gestellt. Die Freien des Fiskalgebietes koimnen
doch schon mit dem Getriebe der fiskalischen Finanzvei-waltung in Berührung,
und zwar auf dem Gebiete der recht eigentlich politischen Basis ihrer Frei-
heit, auf dem Gebiete des Gerichtsstandes. Ganz anders die Unfreien. Die
Zeiten, wo sie den Haustieren gleich von Rechts wegen als Sache ei-scheinen,
sind längst vorüber: die Disziplinargewalt des Herrn erscheint schon reguliert
durch die liskalinisch-genosseuschaftliche Rechtssprechung des Baudings wie
1) Cap. de villis § 36.
^ Gu^rartl S. 257 Urst diesem Paragraplien eine ganz imxureichende Erklärung zu
teil werden.
') So ist doch wohl der magister des Cap. de villis § 29 und 57 aufzufassen. Zur
Erklärung vgl. vor allem Gu^rard S. 220 f. v. Inama, Grofsgrundhen-schaften S. 79, scheint
schon die nben gegel>ene Erklärung im Auge zu haben.
*) Cap. de villis § 29, 57.
— 1149 — Soziale Gliederung.]
durch die wenn auch bedingte und vertretungsweise Einbeziehung des Un-
freien in die öffentliche Eechtssprechung. Auch sozial und wirtschaftlich stehen
die Unfreien weit über dem Niveau der Urzeit; ihre ökonomischen Leistungen
für den Herrn sind fixiert, und gute Führung befähigt sie zu sozialem Auf-
steigen, wenn auch zunächst nur innerhalb der Beamtenstaffel der fiskalischen
Verwaltung.
Wollen wir jetzt den gewonnenen Einblick über den Inhalt des Cap. de
villis hinaus erweitem, so wird das in doppelter Hinsicht zu geschehen haben.
Wir müssen den Gegensatz von unfrei und frei im Fiskus durch Vergleich
mit den Verhältnissen der aristokratischen Grundherrschaften allgemeiner zu
fassen suchen, und wir müssen für ihn den Zusammenhang geschichtlicher
Abfolge herstellen.
Die Freien der Fiskalverfassung traten mit dem Fiskus zunächst in Be-
rührung nur als Insassen der fiskalischen Hundertschaft, also auf dem Wege
territorialer Verbindung, nicht aber infolge irgendwelcher vertragsmäfsiger oder
erzwungener persönlicher Abhängigkeit. Ein solches Verhältnis konnte für die
aristokratischen Grundherrschaften deshalb nicht bestehen, weil ihnen jeder
territoriale Abschlufs ursprünglich fehlte. Indes gab es in den adligen Grund-
herrschaften doch Freie, deren Lage derjenigen der freien Fiskusleute auch
insofern ursprünglich entsprach, als sie dem Herrn ebenfalls zunächst nur füi*
ganz bestimmte Summen zahlungspflichtig waren. Es sind dies die freien
Hintersassen: Leute, welche auf dem Wege freien Vertrages, sei es durch
Prekarei oder Beneficium oder auch durch einfache Kommendation in ein
Verhältnis zum Grundherrn gelangt waren ^ Dieses Verhältnis verpflichtete
sie zu bestimmten Zahlungen, welche die Grundherren in weit zerstreuten
Grundherrschaften der Natur der Sache nach nicht direkt an der Zentralstelle
einnehmen konnten, wohl aber auch bei kleineren Grundherrschaften meist
nicht persönlich einnahmen, und die daher der Regel nach an die nächste
Fronhofisrezeptur des Herrn geliefert wurden.
Durch eine solche Leistung von Zahlungen an den nächstliegenden Fron-
hof, welche der naturalwirtschaftlichen Zeit entsprechend meist Abgaben waren,
setzte sich nun aber der freie Hintersasse ohne weiteres in Parallele mit dem
Unfreien der Frongehöferschaft: auch dieser Hofeenosse lieferte ja, wenn er
Ackerbau trieb, bestimmte oft schon völlig festgelegte Al^aben an den Fron-
hof; der Unterschied zwischen den Abgaben des freien Hintersassen und des
unfreien Gehöfers war äuiserlich nur ein quantitativer. Nun waren freilich
die Abgaben des Freien nur vor dem ordentlichen Gerichte einklagbar, während
dem Hemi gegenüber dem Unfreien wohl ohne weiteres disziplinarische Pf&n-
dunjr zustand — aber wie leicht mußte sich die Gehöferschaft , wenn sie im
*) S. darüber schon oben S. 899 f., vgl. ferner Roth, Benefizialw. S. 375 f.; v. Maurer,
Fronh. 1, 368 f.; v. Inama, Grofsgrundh- S. 74 f., 78 f., 87 f.; Waitz, Vfg. Bd. 3 und 4 passim.
[GninJheirlichkeit und Vogtei. — 1150 —
vei'saiiiüieltcn BaudiDg zinste, über die etwa zu gleicher Zeit zahlenden freien
Hintersassen ein Urteil erlauhen , dem der Anspruch auf Einverleiltunc; und
Gleichberecliti^ng zu Grunde lag.
Dazu kam, dafs die ^rundhen-schaftliche Einnahme- Verwaltung schon im
Interesse einer Vereinfacliung des Dienstes gewifs auf eine gleichmiffsige Be-
handlung aller Zahlungspflichtigen hinarbeitete, gleichgültig ob sie frei oder
unfrei waren.
Indes alle diese Absichten und Vorgänge würtlen doch schwerlich die
Eluft zwischen frei und njifi-ei ausgefüllt haben, soweit diese Gegensältze sich
im Grof^iTindbesitz trafen. Gewifs beseitigten sie die sozialen und ökonomischen
Unterschiede zwischen frei und unfrei immer mehr; ihre wirkliche Fusion aber
zu der neueu Bildung dei' Gi-undhörigkeit konnte doch nur durch völlige Ver-
quiekung auf dem Gebiete der Gericlitsverfassung und Gerichtszuständigkeit
eneicht werden. Die Notwendigkeit dieser Forderung ergiebt sich ohne weiteres
aus dem Wesen der germanischen Freiheit. Durch Gerichtspflicht und Heeres-
pflicht hingen die Freien ursprtlnglich mit den höchsten Interessen des Staates
2usammen. Nun begann die Heereapflicht schon in knroliugischer Zeit in den
Hintei^rund zu treten, voller Gerichtsstand und volle Gerichtspflicht wurden
damit herab Ms zu den Schöffenbarfreien des Sachsenspiegels zum hen'or-
ragenilsten Merkmal des echten Freien. EI)en dieses Merkmal galt es zu be-
seitigen, sollte sich die Fusion der Unfreien und des freien Hintersassen der
Karolingerzeit zu den Grundhörigen des eigentlichen Mittelalters vollziehen.
In der That kam es nun zu einer Verschnielzui^ von frei und unfrei
auf (loni Gebiete der Cierichtsvei-fassung durch Entwickhmg einer vollen gi'und-
licnliclien Gerictitsbarkeit. Diese Gerichtsbarkeit aber knüpfte einei-seits an
die Disziplinargewalt des Herrn über seine Unfreien, andererseits an die Aus-
gestaltung eines genossenschaftlichen Baudings in den Fronhöfen an'.
Über die Unfreien besafs der Herr eine urspiUnglich in keiner Weise
begrenzte Disziplinai^iewalt. Diese Gewalt hielt sich im wesentlichen auch
noch bis zum Schlüsse der Karolingerzeit, nm' filr gewisse schwere Ver-
brechen, deren gerichtliche Ahndung dem Staate des 9. Jhs. besonders am
Herzen liegen muTste, trat die öffentliche Rechtspfl^e ihr unmittelbar entgegen.
Indes wird nun doch Bchon in merowingischer Zeit die pereönliche Vevant^
wortung des Unfreien bei Delikten gegenüber anderen als genossigen Leuten
bezw. gegenüber dem Herrn selbst anerkannt; der Unfreie wird nicht mehr
dem Haustier gleich betrachtet, für dessen Zerstörungen der Herr ausschliefs-
lieh haftet; vielmehr wird ein eigenes System von Strafen für ihn rechtlich
begründet Und freilich wird die Klage bei Delikten Unfreier immer
noch gegen den Herrn gerichtet; aber für den Fall, dafs dieser die private
') Vgl, zum folgenden J. Jastrow, Zur stratrechttichen Stellung der Sklaven, bes.
ö. 18 f., und neuerdings G. Meyer, Die Gerichtsbarkeit über Unfreie und Hintersassen nach
ältestem Recht, Zs. der Savignystiftung Germ. Abt 2, 83 ff.; 3, 102 ff.
— 1151 — Soziale Gliederung.]
Befriedigung der klägerischen Ansprüche verweigert, wird der Unfreie doch
vielleicht schon nach der Lex Salica, sicher nach den Kapitularien vor
das öffentliche Gericht gestellt und dort einem Gottesurteil unterworfen. So
finden wir denn im ganzen den Unfi-eien in karolingischer Zeit dem gewöhn-
lichen Gericht fttr gewisse schwere Vergehen überhaupt, für alle Delikte
wenigstens imter Umständen unterworfen. Doch ist anzunehmen, dafs dieser
partielle Gerichtsstand des Unfreien vor dem öffentlichen Gericht im letzteren
Fall nicht übemiäfsig häufig praktisch geworden ist; meist provozierte hier
die klägerische Partei wohl das Schiedsgericht des Herrn: so dafs sich
thatsächlich eine Art privater Rechtssprechung des Herrn auf Grund alter
Disziplinargewalt 'entwickelte.
Von dieser Disziplinargewalt besafs nun der Grundherr gegenüber dem
freien Hintersassen ursprünglich nichts; die Hintersassen stehen selbst-
verständlich für alles, was an Leib und Leben trifft, unter der öffentlichen
Gerichtsgewalt. Allein schon nach Rib. 31, i, 2, und ganz allgemein seit
späterer karolingischer Zeit ^ besteht doch Recht und Verpflichtung des Herrn,
seine freien Hintersassen vor Gericht zu stellen^.
So näherten sich schon auf strafrechtlichem Gebiete die Verhältnisse der
Unfreien und der freien Hintersassen. Zur Verschmelzung aber kam es gar
bald auf dem Gebiete zivilrechtlicher Klagen. Hier waren zwar für Klagen gegen
Unfreie (bezw. den Herrn des Unfreien) wie gegen freie Hintersassen grund-
sätzlich die öffentlichen Gerichte zuständig, allein meist wandte sich die kläge-
rische Partei direkt an die Vermittlung des Herrö. So entwickelte der Grund-
herr ein reguläres schiedsrichterliches Verfahren, dessen Beständigkeit sich um
so leichter ergal), als es sich vielfach um Streitigkeiten innerhalb der eigenen
unfreien bezw. hintersässigen Genossenschaft handeln mufste. Die Formen dieses
Verfahrens mufsten, je mehr sich das ganze schiedsrichterliche Amt des Grund-
herrn dem öffentlichen Richteramt an Umfang und Häufung der Thätigkeit
analog ausbildete, um so mehr dem der öffentlichen Gerichtsverfassung ähnlich
werden. Dabei bot vermutlich das Bauding des Fronhofs, die alte Wirtschafts-
versammlung der bäuerlichen Unfreien, einen Anknüpfungspimkt : sicher ist,
dafs sich die neue grundherrliche Gerichtsbarkeit zunächst an den Fronhof an-
^) Nach Meyer 3, 102 f. infolge Elntstehimg des Seniorates; s. dazu auch Hoth,
Benefizialwesen S. 375. Sicher hat Meyer S. 107 darin Recht, dafs diese Pflicht nicht der
Immunität en^ächst
^) Das gilt auch von den Liten, welche wohl schon in karolingischer Zeit völlig mit
den freien Hintersassen verschmelzen (s. Meyer a. a. 0. 3, 107, Note 2) und deshalb ebenso
wie einige andere merowingische Zwischenstufen zwischen Freiheit und Unfreiheit (zu deren
Charakter s. die guten Bemerkungen Guerards in Bibl. de F^c. des Chartes III, 2, 3) von
mir im Texte nicht besonders eingeführt sind. Die Liten konnten aber mit den freien Hinter-
isassen im fränkischen Rechtsgebiet lun so eher verschmelzen, als sie nach fränkischem Recht
vou jeher unmittelbar imter dem öffentlichen Gericht standen, ein eigenes Bufsensystem hatten
und nur bei schweren Verbrechen unter die Haftung des Herrn fielen.
[QnindlicnliiJikpit und Vogtei.
achlol's: im allgemeinen liildete von uuu ab jede Fronhofegenossenschaft einen
Gerichtfikfirper mit liesondereni SchÖflenstuhl und dem Meier in Vertretung
des Grundherrn als Richter.
Wir haben nun die Geschichte dieser Geiichtsbarkeit, siieziell ihre Aus-
gestaltung zui- Gi-undherrlichkeit des Mittelalters hier nicht weiter zu verfolgen ' :
für unsere Erörterung ist nur der Gesichtspunkt wertvoll, dafs vornehmlich
durch die Entwicklung eben dieser Gerichtsbarkeit die freien Hintersassen zu
Grundholden hinabsanken, die Unfreien sich zu Grundholden erhoben. Und
der mit Beginn lies 10. Jlis. schon mehr oder minder einlieitliehe Stamm ilieser
Gnindholden unterlag nun im ganzen und gi-üfsen der sozialen Einwirkung
der Grundherrlichkeit des Mittelalters.
Bevor indes der Charakter dieser Einwirkung näher untersucht wird, ist
es an der Zeit, sich zu fragen, welches denn das Schicksal jener Teile der
alten freien und unfreien Bevftlkenxng war, welche nicht der agrarischen
Thütigkeit in den karolingisctien Grundherrschaften angehörten und darum
nicht in die gemeine Grundhörigkeit aufgingen. Denn nicht alle Freien waren
freie Hintersassen, und nicht alle Unfreien unfreie Fronhofsbauera.
Zunächst von den Freien aufserhalb der GmndheiTschaften.
Die Zahl dieser Freien kann noch in karolin^scher Zeit nicht unbe-
deutend gewesen sein. Für die Gegenden, in welchen die Abtei Weifsenhujg
begütert war, führt Hanauer" für das 9. Jh. wohl noch mit Recht aus: la
propri^tß privöe (gemeint ist lüeinbesitz) ßtait de beaucoup plus considßrable
que la propri6tÄ seigneuriale; la majeure partie des ten-es ötait exploitfe par
des cultivateurs lihres^. Der allgemeine Eindruck, welchen man ans fien An-
gaben mosellöndischer Quellen erhält, ist nun nicht ganz so gUnstig; ev ist
schon von Waitz, wohl völlig richtig, dahin wieilei^egeben worden, dafs in
Lothringen während des 9. bis 11. Jhs. die vermutlich relativ wenigsten freien
Leute gesessen hal>en*. Ist es leider notwendig, für die ältere Zeit mit all-
gemeinen Enipßiidungen und Eindrücken, wie sie das Quellenstudium zurttck-
lilfst, zu operieren*, so können wir dafür das allniiVhliche Verschwinden der
freien Leute in späterer Zeit um so rleutlicher konstatieren. Noch im Beginn
des 12. Jhs. sind Freie nicht selten'; aber schon seit 1220 wii-d es bei ihnen
Sitte, den Stand besonders zu betonen *. Dann beginnt in der 2. H. des 13. JIis.
') S. darüber oben H. 994 f.
^) Hanauer, Paysans S. 117.
') Wail2, Vfg. 5, 379.
*) S. u. ft. MR. ÜB. 1, 207, 960: zur Bestiramung von Grenzen placuit ingenuorum
tarn clericoriun quam et laiconun . . ibidem fieri conventum : viele Freie. Aus bcnachbaiter
Gegend vgl, Lac. ÜB. 1, 9, 15, 794—800; Ennen Qu. 1, 618—9, 118, 925-36.
») S. Lac ÜB. 1, 154, 239, 1086; 161, 250, 1094; 172, 266, 1081-1105; MR. ÜB. 1.
419, 1110; Lac. ÜB. 1, 190, 289, 1118; Ennen, Qu. 1, 501, 89, 1119; G. Godefr. 4, MGSS.
8, 202, 1124—1127.
«) MR, ÜB. S, 118, 1219; ego G. a progenitoribus meis homo liberc conditionis et
— 1153 — Soziale Gliederung.]
der Begriff des echten Eigens, jener Vorbedingung der alten Freiheit, immer
mehr zurückzutreten, sein Zugeständnis tritt schon als besonderes Privilegium
auf; und im 14. Jh. verschwindet auf dem platten Lande nahezu Begriff imd
Name^ Damit war den Altfreien eine durchaus wesentliche Existenzbasis
genommen; und dementsprechend verschwindet ihre Erwähnung auch in der
urkundlichen Überlieferung*. Uf den hoefin saßen birbe lüde, sagt das
WBacharach 14. Jhs.^, die kois man gerne zu scheffin, die sint vor langen
jaren vergangen.
Niui treten freilich auch später noch Freie auf; namentlich in den alten
Fiskusgebieten und in den spätkolonisierten Hochflächen der Eifel und des Huns-
rücks sind sie zu Hause. Gewifs sind sie auch Nachkonunen der altfreien Bevöl-
kerung des früheren Mittelalters. Aber das Wesen ihrer Freiheit ist nicht
mehr das alte. Sie haben Veriügungsfreiheit über Fahrhabe und Grundeigen, sie
sind freizügig, sie zahlen nur staatliche oder ehemals staatliche Lasten * — aber
legitimus advocatus super villa, que dicitur Waldenhusen; s. dazu oben S. 1069 Note 2. Vgl.
ferner MR. ÜB. 3, 1283, 1255 ; 1340, 1256. Wenn man unter der universitas parrochianonim
Freie verstehen könnte — was bei dem fiskalischen Charakter von Sinzig nicht ausgeschlossen —
so erschiene eine ganze Anzahl von Freien noch in der Urkunde MR. U6. 8, 230, 1224:
ein Beschlufs der parrochiani de Senceche de consensu tarn militum quam ministerialiiun et
hominum nccnon et tota imperii üämilia cum universitate parrochianorum eiusdem loci in hoc
cum acclamatione sollempni convenientiiun et voti sui affectum exprimentium.
1) S. oben S. 627.
«) Vgl. noch Cart Orval 459, 1271, cit oben S. 261 Note 1; Or. St A. Koblenz
Abtei Himmerode, reg. Goerz MR. Reg. 3, 2774, 1272 Dez. 21, cit oben S. 679 Note 2;
femer Bd. 3, 390, 21, 1314; vieUeicht auch Cod. Lac. 142, 1326. — Über die Freien in
Luxemburg (späteres Ma.) s. Bonvalot S. 316 — 17; über Freie und Bedeleute im Ingel-
heimer Reich Loersch S. LX; zur Erhaltung der Freien in Westfalen endlich Kindlinger,
Hörigk. S. 69 f. , auch Chron. reg. Cont ffl, S. 202, 1208.
») G. 2, 221 N. 1, schon oben S. 331 Note 1 citiert Schon viel früher wird im aU-
gemeinen der Gegensatz von frei und unfrei zu Gunsten dessen von adlig und unadlig ab-
gelöst 8. Waitz, Vfg. 5, 188 Note 1.
*) Vgl. Wllamm 1339, G. 2, 84 : so is sente Petirs man und we inme Hamme sitzit also
fri, dat ho uzer dem Hamme von dem stifte und von dem voide magh varin gain und flizen,
war he wilt und solen in gebeidin uz irme gerichte, ave he is begert, und sal ieme sin
eir\'e in sin gut na eme dinen ledig ind los dar, da her is, ain widerspräche und ain hinder-
nisse unses hem ar siner amptlude ar des voides, mitz eirflichin eins, ave id keinen schul-
dig is. WBemkastel Winterich usw. 1358?, G. 2, 358: vort wisen die sche£fen, daz in den
vierdehalben hoven kein eigen man noch verbürget man sitzen suUe; item, daz ein iglicher
binnen den vierdehalben hoven gesessen, der nit wibes noch kinder enhait, sine varhende
habe geben muge, wem er wilt, ane imans Widerrede ; item daz sant Peters lüde, im vierdem-
halben hove geseßen, varen und fließen mögen mit der sonnen, war in fuget, sie enweren
dan umb scholt oder anders vor gerichte angesprochen. WHönningen 15. Jh. § 40, G. 6,
659: dat ein eiklich man, die binnen dem gerichte van Hoinghen gesessen is, van hörlicheit
ind vriheit wegen unser viirg. heren van sant Cunibert vri is ind neit vurder zu dienste
einichem heren verbunden enis, dan alleine umb dri noitsachen, as sich die geburent, ind
as die vurs. steint WReinsfeld 1546, von den Waldleuten im Hochgericht Reinsfeld: der
arme man . . sal binnent dem hochgericht also fr^i sitzen und beschirmt sein, als wenn er
[Grumlherrlichkeit und Vugtei.
ihre alten politischen Rechte haben sie verloren ; sie spielen keine Rolle mehr in
der Heeresveriassung, und ihre geriL-hÜiehen Befugnisse verschwinden vor der
Macht des über ihnen stehenden adligen Richters. Zudem sind sie wiilscbaft-
lich wenigstens teilweis gesunken und stehen jedenfalls in dieser Hinsicht
oft nicht viel über dem Kräftezustand unfreier Ivcute'. SchlieJslich aber
haben die Gegensätze von frei imd unfrei Oberhaupt nicht mehr die alte Be-
deutung; seit dem 10. Jh. waren ganz andere Fermente der Standesbildujv>:
wirksam geworden , unter ihrem Einflnfs verblafsto der alte Gegensatz *,
Gregor von Tours vergleicht eimnal den Unterechied zwischen frei imd unfrei
mit dem zwischen weifs und schwarz": wer hatte im späteren Mittelalter
noch solchen Vei^ileich ziehen wollen? Die Altfreien wurden, privatrechtlich
unbehelligt, iwlitisch ihrer Rechte entkleidet, zu Unterthanen der neuen Terri-
torialgewalt, zu annen Leuten im Sinne des 14. und 15. Jhs. Als solche aber
wurden sie ganz nach Analogie der anderen hörigen Klassen der Unterthanen
l)ehandelt*. Für diese war schon längst der Onindsatz aufgestellt und immer
weiter in der Pra.\i8 durchgeführt, dafs die Luft das Recht gebe": wer einem
bestimmten Bezirke angehörte, der genofs das Recht dieses Bezirkes'. Ein
XU Grimbiirg binnen der bürg ses/. er sal auch frejlieiten und macht haben, seine kinde zn
verhiraden ns diesem hochgericht, war ime sein ehr und narong konneu verhelfen . . .
der armman binnen diesem hochgericht geaessen eol macht und gewalt hnbeu, eein erb und
guetgin zu verkanfrn zu verwenden zu verpteadpn im intrag aller lierm. er eol auch freiheit
und maclit haben za ziehen mit seinem guetgiD aa eins hem land in das andere, na dem
andern ioa drit, üol sein giiet imc nachdienen ungehindert einichs hem. Vgl. ferner WThom-
nn?n 1555 g 11; WCessingen 1568 § 5. cit, oben S. 627 Note 3; WMondorf 1569 § 11;
WReuland Vm S 4.
') WABpelt 1566 § 7, 8, 9 nntenchddet Eigenleute und Freidienstleate, letztere stehen
aber wirtschaftlich nor wenig besser.
*) Wie das unter dem EinilufB des standeebUdenden Prinzips des Berules schon früh
möglich war, zeigt G. ep. Leod. 2, 29: Bischof Notker von Luttich erzog ad honorem aec-
clesiae suae . . et ingcnuos, et eos qui eseent ex fideli familia aecclesiae, quoruni nonnulloa
sepc a praegnantibos etiam ex postii lasset matribus. S. dazu schon Regino Caits. synod. 1
Note 76, auch 79.
») Hist. Fr. 3, 15.
*) S. schon MB. ÜB. 3, 1398, 1257; Adolf Herr von Berg veraichtet iiirisdictioni de
Gnunirsbrecht, liberis hominihua de (Much) et hominibus de Uukete.
') Der Satz »Stadtluft macht frei* ist nur eint^ Anwendung dieses viel allgemeineren
Satzes; auch Landluft einiger Bezirke (s. luiten S. 1155 Note 2) macht frei. Die generelle zu
Grunde liegende Anschauung betont schon Thudichmn, Gau- und Markvf. S. 223 — *.
*) Vgl. W. des Amtea Nürburg 1491 § 10, G. 6, 591: of auch iemants mehe meihemel
im ampt have, dan min gn. her? item, of die lüde genant die wilde sich auch anders ge-
halden haven dan angehorigen gehurt? item, wie wit, breit und verre dat land und hirlicheit
und hogericht des ampts von Nurberch ghae und kere, und wiltban, hoacht und nederacht?
item traden die scheffen zoruck und nae dem berade quamen sie weder und antworten durch
Peter Toll, dat niemants meihemel im ampt gehurt, dan mime p. hem; item, dat die wilde
sich gehalden haven als andere angehorige lüde mit bestetenis schetzunge und dienst, und
dat ire etliche gedenken 40, 50, 60 jare, und nehe anders van den wilden veraomcn ges^n
ader gehört haven; item der wiltban und gericht were also wit und breit, als in eime zedel
— 1155 — Soziale Gliederung.}
Grundsatz, der sehr natürlich mit dem Aufkommen des Territorialismus sich
Bahn brechen mufste. Hatten im früheren Mittelalter alle politischen oder
halbstaatlichen Machtbeziehungen als Unterlage so zu sagen eine Diaspora,
war die Grundherrschaft von Anbeginn auf Streubesitz basiert, die Vogtei
duich Zersplitterung und Zusammenlegung schliefslich auf Streubesitz reduziert
worden, so war es das natürliche Streben des Territorialismus, wiederum volle
und fest abgeschlossene Bezirke gleichen Rechtes zu schaifen. Personale bezw.
dinglich individuell radizierte Behandlung aller Rechts- und Machtbeziehungen war
die Losung des früheren Mittelalters, welche durch die Rezeption des Lehn-
])egriffes in die obersten staatlichen Beziehungen eingeführt wurde und unter dem
Druck dieser Rezeption alle tiefer stehenden Verhältnisse durchdrang: dem-
gegenüber ist das Ziel des Territorialismus von vornherein die Herstellung
eines einheitlichen Staatsgebietes und damit die Auflösung aller personalen
und fundalen Fesselung in der Einheit des Landrechtes.
Ein Anfang in dieser Richtung wurde nun damit geschaffen, dafs man
zunächst für kleinere Bezirke Einheit des Rechtes in Stand und Grundeigentum
schuf. Were sache, heifst es im WDaun 1466, G. 2, 605, das ein herkomende
man queme in dis land, in welche zenderie das were, so sal er an demselben
zender der gehucknisse gesinnen, ime zu huse und zu herbergen zu helfen,
dann er wolle hinder u. gn. h. in die herreschaft von Dune setzen, und so
derselbe man alsdan daeselbs jare und tag gesitze, sal man ine fri laissen
sitzen, und wanne das jare umb ist, wil er dan hinder dem herm bliben,
sal man ine ufnemen und er mins gn. h. angehoerig man sin und glich an-
dern verdedingt werden. Ganz in gleicher Weise, nur nicht für vogteiliche
Verhältnisse ftüirt das WObermendig 1882, G. 2, 495, aus: haut dei scheffen
gewist, so wa etn vromet man aen navolghighen herren dar queme, dat hei
dein gerichtesherren, der over hals und buich richtet, keisen sal vur einichen
lantherren, sint hei under om sitzet und siner wasser und wede gebrucht^
Diesem neuen Prinzip der Territorialität wurden mm auch die Reste der
Altfreien untergeordnet; und aus ihm erklärt es sich, wenn Freie später nur
noch in gewissen Bezirken vorkommen, in andern dagegen gänzlich fehlen*:
dat gelesen wart. Zum Prinzip der Abgrenzung nach Ämtern s. schon MB. ÜB. 3, 1458,
1258: nos Wilhelmus comes luliacensis et Ricardis comitissa, collateralis nostra, notum faci-
mus Omnibus prcsens scriptum inspecturis, quod nos homines universos ad officium Nunbret
pertinentes, pro quibus cum viro nobili Johanne comite de Spainhem altercavimus, resignavi-
mus, et si quid iuris in eis habuimus, penitus eifestucavimus, nee unquam nos vel nostri suc-
cessores et heredes de eisdem de cetcro movebimus questionem.
') S. auch Bd. 3, 300, § 4, 1497.
^) WBommersheim 1298: auch haet der scheffen gewist, dat neman ensal eigengoede
haen in der cpdien von Prume, it si in deme hoüe van Bommerschem noch zo Prume noch
im hove van Alfe noch im hove van Se£feren und in anderen hoven, die in der apdien gelegen
sint. Auch im ganzen Hochgericht des Saargaus sitzt kein rechter Freier, dann aUein ein
rechter Pastor, und es si dan, daß einer im S. gesessen were u. gn. h., der inen zu dienst
nachride mit schwert und schild, s. WSaargau 1561, G. 2, 56 f. Nach einer Angabe von
[Gnmilherriichkeit und Vugtei. — 1156 —
in den ei-steren waren sie zahlreich genug gewesen, mii im geraeinen Bezirks-
reclit eine Stelle zu erhalten, in den letzteren dagegen waren sie den über-
wiegenden anderweitigen StandesverhJlltnissen unter- und eingeordnet worden.
Natürlich galten nun für diese freien Uuterthanen aucli durchaus die sonst
gezogenen Konsequenzen der Territorialität So im Dauucr Bezirk. Hier be-
stimmt WDaun 14Ü6 und 1489, G. 2, 607: hait der lantscheffen und lantnian
gewiest, das u. gn. h. habe etliche lüde im lande von Dune, geheischen fti
dienstlude, die haben solche friheit, das sie mögen billigen, woe sie woilent,
und wanne dieselben, is sin man afler wif, geheliclit und bigeschlaifen liaint.
ist es ein man iisser dem gerichte von Dune, so ist das wif und die kindere,
80 sie miteinander gewinnent, desselben herren und von dem rechten, als der
mau ist. und were^ ein wife, so sulle derselbe und ire kindere abesin von
dem rechten und dem herren angehoeren, als die frauwe. Noch bezeichnender
fast ist eine Urkunde K. Max I., in welcher dieser zuvorderst erklärt, dafs kein
Trierer ünterthan der Unterthansphaft eines andern ohne Zustimnuiug des
Erzbischofs unterworfen werden kömie; femer damit dem stift zu Trier nicht
abbi-uch geschehe, und die freien leuth in vergeß der freiheit und gnat, die
sie vom stift haben, ihre wesen und condition nicht udnderen, dafs die vorg.
freien Trierische und ihre kinder, man und frawen, die gewest noch sein oder
werden, nicht haben macht gehabt noch hemachmahls immer haben sollen
oder mögen einicherlei weis, mit anderer heim aigen Ofler einicherlei dienst-
bahrlicher condition leuthen zu heurathen oder die oder anderer weis sich oder
ihre kindere anderen herrn zu veraigenen oder mit einigerlel dienstbahrer
condition zu undcrwerfen oder zu thun, ohne wissentlich und öffentlich crlaub-
nus eines erzbisohofs ziir zeit.
So sehen wir denn am Schlüsse des Mittelalters gerade diejenigen Alt-
freien sinken, welche ohne Wanken, unter strikter Äufrechterhaltung ihrer
alten sozialen Merkmale die Jahrhunderte überdauert hatten: sie wurden zu
Unterthanen eines gnädigsten Landesherm und von diesem nach Analogie der
hörigen Klassen behandelt.
Aber nicht alle Freien waren genau auf der alten Basis stehen geblieben.
Sehen wir zunächst noch von denjenigen Gruppen ab, welche sich rechtlich ganz
wesentlich vei-schlechtert oder ganz wesentlich verbessert hatten, so hatte es
aufserdem mehrere Möglichkeiten gegeben, unter allgemeiner Aufrechterhaltung
des alten rechtlichen Freiheitsbegriffes andere soziale Stellungen einzunehmen.
Vor allem im Pachtwesen: sicher ist ein Teil der noch im 12. Jh. vor-
handenen Freien dem freien Pächterstande des späteren Mittelalters zugeflossen '.
Dann in der freien Arbeit. Zahlreich waren im frühern Mittelalter die
1573 bestand in Oberhessen Leibeigenschaft nur in den Gericbten Blankenstein, Lohra, Wetter,
Kalilern, Weimar, Rauschenliei^ und Königeberg, g. Landau, Salgut B. 166 Note l.
') Man vgl. dazu MGLL. 2, 294, 1232, Fr^e des Bischofs von Osnabrück: si libero
censuali bonti censualia sibi collata in hominem conditionis alterius licpat absque comitis
vel conferentia voluntate transferre? super quo sententiatum est, nou licere.
— 1157 — Soziale Gliederung.]
Gründe , welche Freie von Haus und Hof bringen konnten : neben gemeinem
Unglück elementare Ereignisse^, Hungersnöte^, Kriegsdrangsale ^ , Rlger-
fahrten*, Kreuzzüge u. a. m. Es ist daher nicht zu verwimdem, dafe sich
trotz im allgemeinen gewifs geringer Mobilisierung der Bevölkerung* doch
eine stets gröfsere Gefahr drohende Klasse Enterbter heranbildete, die schon
in der 2. H. des 11. Jhs. zum förmlichen Landfahrertum entartete®. Von diesen
freien Landfahrem (grassatores) fielen nun gewifs viele dem Gros der Land-
streicher und Jokulanten zu ^ deren Leben speziell seit Zunahme der fahrenden
Scholaren und Lotterpfaffen einen eigenen Eeiz erhielt®. Aber viele fanden
doch auch im freien Arbeitsvertrage Unterkunft Lassen wir an dieser Stelle
die grofse Masse freier Kriegsknechte aus dem Auge, welche sich schon im
früheren Mittelalter zumeist aus freien Landfahrem bildete ®, so sind auch freie
Existenzen im Hausgesinde und im Tagelohn schon seit der Karolingerzeit durch-
aus nicht unbekannt^®. Mit dem 13. Jh. aber scheint ihre Zahl sehr gewachsen
') So Seuchen, vgl. V. Adalb. II. Mett. c. 14 ; Überschwemmungen, s. Warnkoenig 1, 85
zur Überschwemmung von 1180.
2) V. Ger. Tüll. 8, MGSS. 4, 496—7, Winter 984 : als Gerard von Rom zurückkehrt,
Langobardorum ünes mox penetrat, ubi quamplures creditae sibi plebis [Tullensis] invenit,
quos victus in^dia a nativo solo expulit. S. auch oben S. 502.
*) G. ep. Leod. 2, 87: Reginhardi episcopi tempore [1025—87] non parva exulum
copia ex occidentali regione in hanc urbem [Lüttich] confluxit, qui patriam et ^ulcia arva
linquentes [Vergil. Ecl. 1, 8], ut ipsi ferebant praedis et incendio in solitudinem redacta,
parvulos suos miserabiliter circumferentes ab ignotis gentibus stipem mendicare cogebantur.
horum cottidie concurrcntium turba cum aliquantum gravis esset indigenis cibos manu et
arte querentibus, propter coemendi panis angustiam, qui tantae plebi minus posset sufficere,
hie domnus episcopus ad concives nostros patema usus est anmionitione, ut unusquisque
huiusmodi egcnis studeat pro posse misericordiam impendere, qui autem aliquid largiri ne-
(|ueat, vel nullam eis molestiam inferat . . . trecentos ex eis stipe sua alendos soseepit, et
ad similia pietatis opera pro posse explenda alios accendit.
*) S. Flod. z. J. 920, MGSS. 3, 369; Ennen, Qu. 1, 522, 56, 1145.
'^) S. Bd. 2, 245, auch Regino Gaus. syn. 2, 123.
ö) S. Ennen, Qu. 1, 491, 31, 1083 ; MR. ÜB. 1, 4, angebL 634, Fälschung 1 H. 12. Jhs.
Zum Auftreten dieser Leute vgl. Richer 2, 57: der habitus abiectus [Richer 3, 8: habitus
paupertinus] bestand aus sportule ab hiunero dependentes, in der Hand ein baculus ferratus»
S. dazu die prächtige "^Federzeichnung eines solchen Bettlers in Cod. Mon. lat 15093
Bl. 99b , 11. Jh.
') Gyrovagi, histriones, ioculatores, s. G. ep. Leod. 2, 14; Herim. Aug. z. J. 1043;
Ann. Hildish. (sancti Albani) zum J. 1044; Bd. 3, 452, so f.
®) S. zu ihnen z. B. Stat synod. Trevir. 1227 c. 9, Blattau 1, 25: praecipimus, ut
omnes sacerdotes non permittant trutannos et alios vagos scholares aut goliardos cantare
versus super Sanctus et Agnus dei aut alias in missis vel in divinis officiis.
») S. vorläufig Lac. ÜB. 1, 132, 203, 1064—6, cit oben S. 881 Note 1 ; Ann. Corb*
z. J. 1147, MGSS. 3, 16; Cart Orval 459, 1271, cit oben S. 261 Note 1. Näheres darüber
im ersten Teil des folgenden Abschnittes.
**>) S. schon Ed. Roth. 152, vgl. 144—6; femer Regino Caus. syn. 2, 5, 77: Verbot,
einen eingewanderten Peregrinus, der bei jemand loco mercenarii dient, zum Servus za
inachen, dazu a. a. 0. 2, 433 — 434.
(Giundlierrlitbkeit iind Vogtri. — 1158 —
ZU sein ' ; ein volles System freier Mietsverträge eDtwickelt sich ', und in allen
VerwaltuDften treffen wir auf Arbeitsleistungien von freien Dienern und Sub-
alteraen^. Das Los dieser Klasse von freien Leuten ist scliliefslich kein
schlechtes gewesen; die meisten haben sich wohl in den Städten emponiear-
beitet, und der Rest brachte es auf dem platten Laude fast duiThw^ zu einem
kleinen Gruudeiffentum *■
Wirtschaftlich günstiger sind freilich auf die Dauer diejenigen Freien
gefahren, welche im eigentlichen Mittelalter zuuilchst eine Minderung ihrer
Freiheit erlitten. Es konmien da vornehmlich zwei Klassen in Betracht, die
Markhörigen und die Vogteileute.
Von ihnen sind die Markhörig;en fiilher und wohl auch noch massenhafter
entwickelt als die Vogteileute; ihre Bildui^r ist im wesentlichen mit Beginn
der Stauferzeit abgeschlossen. Ihre rechtliche und soziale Stellung läfst sich
nach den Ausfilhrnugen im ersten Teile dieses Abschnittes'' sehr ein^h um-
schreiben: nur selten halten sie sich frei von Vermischung mit den Grund-
holden des Fronhofes*; in Belastung^ wie Gerichtszwang ^ erreichen die Grund-
herren vielmehr zumeist das Ziel mehr oder minder umfassender Verschmelzung
mit den Gnmdholden*. So wird es namentlich zum Grundsatz, dafs jeder
Gehöfer als solcher Markgenosse ist^", dafe jeder eingesessene Markgenosse
") S. K. B. Cea. Heislerli. Homil. 2 S. 68 (Dial. mai. 1 S. 233 Note): quaedam sunt
donms ordiois Cisterciensis adeo diril«», ut uoa earum singulia diebus qainque inillia lio-
ininum pascere Bufticiaf, ita tarnen si luonachis et conversis colooi cum mercenariie, bospit^
ciuii [jauperibuE connunKrentur. In dor Prorinz Sachsen dagegen bilden sich die freien
Tagelöhner nach Pommer S, 39 erst Anf, dea 17, .Ilia, aita ; ähnlich in Hannover (Kaienberg)
nach Graf Goertz S. 6ä.
*) S. dazu P. Hertz, Die Rechtaverhältnissi' des freien Gesindes (Gierkes Unter-
suchungen VI); aus unserer Gegend z. B. Oberlahnst. ZoUr. HM'65 S. 423: den Wagen-
knechten vor ir emerecht, als ir gedingniß inhelt, 1 fl.; femer Loerscli, Ingelh. Oberbof
No. 28, 181, Beil. 2.
») S. oben S. 861, § 11, 1296; Bd. 3, 470, 2b, 1345; No. 296, 1350; Oberlahnst ZoUr.
S. 290, 1464—65; USMai. 1484 Bl. W, cit oben S. 7-54 Note 1: Bd. 3, 315, §5, c. 1530;
s. auch Bd. 3 Wortr. u. d. WW. gedinkt knecht und menonie. Vgl. auch Beck 1, 259.
') S. Beck 1, 220, 267.
") S. S. 996 ff.
*) S. z. B. Justi Hess. Denkwürdigk. 4», 31, 1193: liberi et serviles omnes incole . .,
qui vulgo dicuutur merchere.
') S. oben S. 797 ff.
') S. oben S. 232 Note 1.
*) S. oben S. 800, vgl. auch noch UKarden 11.— 12. Jh. : tote villa de Bittelesdorf cum
suis appcnditiis est ^cclesi^ Cardoneneia; die Einwohner heifacn beueficiales. 'USElisab.
Hoap. Bl. 26 ■, Haus: bannua lerre et aque sunt abbati, et bomines tenentur facere üdeli-
tatem abbati. "\VLintgen 1320 und 1484: lehnberr und erfgrontherr für gnmdhörige Ver-
hältnisse identisch, hierzu •USMax. 1484, WHeisdorf: gruntherr und erf- und gruntherr sind
gleichbedeutend.
'") WAmel 1472 g 19: wer im Hof ron Amel gesessen ist, er mag unterthan sein, wem
er will, wenn er nur zu Feuer und zu Flamme sitzt, der hat Wasser und Weide. WDörren-
bach 1504, G. 2, 39, Fr.: wer in dem berisz wasser und weidgang mit recht zustee tmd des
— 1159 — Soziale Gliederung.]
inarkhörig sein muIsS daXs endlich alle Forensen in die Zinsung der
Markhörigen eingeschlossen werden^. Damit verfliefsen Markhörigkeit und
Grundhörigkeit ineinander^, und das Schicksal der Markhörigen fällt im
wesentlichen mit der später zu schildernden Entwicklung der Grundholden
zusammen.
Das gilt auch vom Schicksal der Vogteileute da, wo die Vogtei sich
völlig, ])is zur Analogiebildung der Grundherrschaft hat ausbilden können.
Zwar ist das keineswegs überall der Fall ; noch spät werden mehrfach Grund-
holde und Vogteileute ausdrücklich unterschieden*; aber im ganzen nähern
sich doch die Verhältnisse der Vogteileute je länger je mehr denen der Grund-
zu geniszen habe? R. dieselbigen hofislut, die darin sitzen und uf nechst daran stoßen.
WImmerath (1507), G. 2, 395: der lehenman weiset, ein hofman, der hie sitzet, er seie wie
er wolle, der sitzt wie ein einichsman gegen dem hcrm, gegen der gemein; sie minderen
und mehren ihme sein dienst nicht WMeddersheim 1514 § 9: wer bei uns sitzt und won-
haftig ist und den hem dienstlich lieb leiden gnad und ungnad litt, der hat macht und
freiheit zu gebrauchen wasser und weid, fischen und jagen gleich ein ander gemeinsman.
Darum spricht das WLenningen 1560 in § 2 und 18 geradezu von gemeinen hofsleuten oder
gemeinen einichhofeleuten.
») S. Cesar. zum UPrüm, cit. oben S. 436 im Text; UWincheringen um 1200, MR.
ÜB. 2, 364, SSimeon ist Grundherr : incole quoque omnes, qui sunt in banno (villeX debent 9
dies in anno in servitio fratrum (in Ernte- und Hausarbeit) pro conmunibus pascuis et con-
munibus aquis. WHerl 1537, G. 2, 304: wiesen sie, das keiner unnerthon inwendigh dem
ban gesessen [si], der einige frie guter ader eigen laut hab, er bedeine es dan mit dem budel
und mit dem sack. WGostingen 1539, G. 2, 261 : Grundzins gibt, wer laufwasser und gras
zu lehen hat Vgl. auch WRübenach, G. 2, 344 (so oft): wanne der inwoner des dorfe R.
seine herrendienst gethan, sein gruntzins geliebert und bezalt, alsdan mach er sich ge-
brauchen wasser und weiden, filz und lei, wilt und zam nach notturft seiner narungh.
*) Dahin ist doch wohl WRetterath, G. 2, 480 zu verstehen: weisen, daß m. gn. her
von Trier belhenen so! die uswendigen, si seien witwen oder weisen, die inwendigen seien
selbst belhenet. Die Forensen heifsen perterranei, s. *üSMax. 1484, WBisingen: perter-
ranei sie dicti, quod quamvis in loco de Semibesengia personalem non fociant residentiam,
habent tarnen terras in dominio banno et finagio dicti loci. Hiermit sind nicht zu ver-
wechseln die alieni oder extranei. Unter extranei versteht das UPrüm No. 45, Yillance, nicht
gehöferschaftliche Markgenossen : homines extranei, qui infira nostra potestate resident, s. auch
No. 46, Mabonpr^; No. 118, Bingen. Dasselbe sind im UMettlach die alieni, s. UlMettlach
No. 5, Vahl 15 d: alieni etiam, qui utuntur nostra silva et pascuis, 40 puUos etunum simul
solvunt S. zum Verständnis auch UStift 395, Fitten 11c: ceteri rustici [die Nicht-Gehöfer]
banno archiepiscopi utentes ibidem tribus diebus in anno venient ad atthin archiepiscopi ad
arandimi.
") WDemerath 1578, G. 3, 841: weist der sche£fen, wer hie wonhaftigh ist und neit
frawenlehen hat, der sol des buschs entpfangen gleich seinen andern guitem, dan sal er sich
des geprauchen mit holz und ecker gleich seinen andern nachparen.
^) WBemkastel Winterich usw. 1358?, G. 2, 358, unterscheidet noch eigen man und
verbürget man. S. femer noch WRemich 1462 § 59; WMeisenheim 1549 § 6. Zum folgen-
den %. auch noch v. Maurer, Fronh. 1, 278, 306—7, 313 f., 331.
[Gruniilierrliclikeit imil Vogtoi.
holiien: Statuieruiig von 2ins- und Dingpflieht ', Abstufung* und Radiziemng'
der Lasten, ja sc^ar pei-sönliche L«istuiigspflicbt im Besthaupt* und Bindung
im Eberecht " findet sieb bei Vogteileuten wie bei Gnindholden. Da kann vs
') WThron, Toepfer 1 S. 282: wer is eache, das ein maii bougcte eiu huH iu einen
guten iif der fodien und dmn wonte, der gal davon doeii als vaa eiiier rethlan hobgtat,
wonet er aber nlt darinne, so vorriditers mit ander Binem erbe, wer wonet zu Droni? uf der
rechten vodigen, der is schuldich 8 honer, 3 fas babem und 2 sestet rauchwins. di
holffitede zu Niunagen, di da aten uf der rechten fodien, da man inne wonet, gelien mime
herm dem voide 2 Bester rauchwins, I hocn, 1 firzel even iind mime herm dem aple ein
hoen und »:ehendehalf eier. anderwerbe wer sitzet uf der rechten vodien, der ist schuldich
KO komen zu allen foitdingeu und zu allen lioiidiagen; wer sich daran sumet, der mus liden,
was der schetFen wiset S. anch WAltwies 1698.
') MR. ÜB. 2, 4*. 1170: advoc«tua de suii petitiono non debet ultra ah aliquo
hominum . . etiam inier ditiores plus exigere quam mir. speltf, a pauperioribus mir. avcn'^
... et soll hahenles iumenta deferant hanc fhunenti coUectam ad habilationem adrocati
Kereberc, non hahentes vero iiuneota ea, qu? dant, presentent suhadvocato, quem eis major
adTocaWfi ptepMuerit.
') S. u. a. oben S. 1083, vgl. auch "Bald. KesselsL S. 236, 1332: tredetim uiansiones
dicUs saitzunge cum hominüras nd easdem pertinentihus et unam domum torculftreni in vilLa
Tnmthingen inter LuEellenburg et Remiche.
•) 8. oben S. 1086.
') Lac ÜB. 2, 5-58, 1265, Vergleich iwischen Jülich und Köln über die Hochstaden-
ÄliTBclie Erbschaft: de hominibus . ., qui dicuntur bomines FnimiejiEcs, toliter est condictiim,
qnod tili homincs, qui sunt in Arwilre Are Kesselig et in aliis villis ipsi domino arthiepiscopo
et ecclcsie Coloniensi deputatis commorantes, suj enint, ilh vero qui morantur in villis nobis
deputatis et alias, nostri erunt. et si huiusmodi hominee nostri in villas ipsius domini archi-
episcopi declinaverint, siu enmt, ex converso [so ta lesen] qui in villas nostras dedinaverinl,
nostri erunu et aic ournis controversia inter nos hacteaus bahita integrslitci- et omicalMliter
est sopita. Kremer, G. d. Ardenn. Geschl., Cod. dipl. S. 535, 1376: ich Frederich von Ippel-
bom ritter dun ktint allen luden, das umhe de hont, der da st6t in deme briefe, durch well-
eben lirief dies genwortiger hrief durchgestnchen ist, der da spricht, das niine lüde mogent
nemen imder des edeln herm mins liehen herni grafe Johan von Sarbriicken . . luden in deme
Zinder daile crlich dieme zu eimc elichen wibe, und sine lüde unter minen luden dasselbe
iridderumb, des sin wir zu beiden siten obirkommen und hau den pont erlutert und wollent,
das er sich also verstc: das die dochter, die man also zu der £ nenien mach als vorg. ist,
die ensal nit ein stock sin, dan von andern dochtern sal is sin, als der eg, brief heldct.
und auch ist zu wißin, was dochter hitzher, e dieser genwortiger brief gemacht werde, von
minen luden hindir min herren den graven vorg. und von sinen luden hinder micb in der
vorg. maißen kommen sint, es eint stocke oder nit, die sollent hüben, als sie itzunt silzent;
und sal auch der eg. hrief in allen andern sinen ponten und stflcken stede veriilien und in
Einen krelUn, ane an deme vorg. ponte von den dochtem. Toepfer 2, 34, 1379; die Bruder
Johann und Hügel Vögte zu Hunolstein schliefsen mit den Brüdern Heinrieb und Friedrich
Grafen zu Veldenz einen Vertrag, wonach unser beider particn ir arme lüde zu Oorenhausen
gemeine herrscbafl haben sollent die nesten zehen jair, da sie arme Leute in der Vogtei der
beiden Grafen und diese wieder anne Leute in ihrer Vogtei sitzen haben. WNalbacher
Thal 1532, G. 2, 27: weisen, das die obersten mit den nedersten, und die mittelsten mit
den in der obeisten v(^ei heiligten vermitz Iren gewonlichen zinsen; und so sie dermafsen
mit einander geheiligt haben, mögen sie auch zehen mit irer bah und guetem an der dreien
vogteien eine, welche ine gelieht ; doch so sal alweg die hoefrede und hehaustmg pleiben,
ig-^H
— 1161 — Soziale Gliederung.
nicht wunder nehmen, wenn Vogteüeute auch wie Grundholde veräufsert
werden ^ wenn auf sie hier und da sonst für Leibeigene geltende Bezeichnungen
übertragen werden ^, wenn schliefslich für sie dieselbe Maxime zur Anwendung
gelangt, nach welcher bei den Markhörigen jeder eingesessene oder einkom-
mende Mann dem Rechtszustande der schon vorhandenen Leute ohne weiteres
unterworfen wurde®.
Diese sozial sinkenden Klassen machen nun aber den gi'öfsten Teil der
noch vorhandenen altfreien Bevölkerung aus, wie schon daraus hervorgeht,
dafs der Rest, welcher sich über das Niveau der alten Freiheit erhebt,
ohne weiteres aristokratischen Bildungen anheimfällt. Über den letzteren Vor-
gang noch einige Worte.
Der alte Adel der Urzeit war schon in der merowingischen Epoche mit
Ausnahme weniger Reste zu Grunde gegangen; ein neuer Adel hatte sich im
allgemeinen* aus dem Umschwung des gesamten Volkslebens in der Volks-
rechtsperiode heraus, im besonderen auf der Basis von Grofsgrundbesitz und
Amtsgewalt entwickelt. Ihm gehören jene Geschlechter an, welche sich schon
in karolingischer Zeit zur sozialen Führung der Nation herandrängen, sie dann
im 10. und 11. Jh. in Verbindung mit der geistlichen Aristokratie thatsächlich
übernehmen, und während der letzteren Epoche mit den Worten maiores oder
nobiles oder mit ähnlichen Ausdrücken bezeichnet werden^.
Aber das Ferment der Amtsgewalt, welches in fränkischer Zeit sehr
wesentlich zu ihrer Bildung beigetragen hatte, fiel mit der deutschen Kaiser-
zeit hinweg. An seine Stelle trat, vom rein politischen Standpunkte aus ge-
sehen, das Ferment des Lehnsnexus. Indem indes der Lehnsnexus an Stelle
der alten Staatsunterthanschaft ein auf Gegenseitigkeit beruhendes Verhältnis
als Basis des Staatslebens einführte, minderte sich die Selbständigkeit seiner
standesbildenden Kraft ganz aufserordentlich. In fränkischer Zeit hatte der
60 weit der drauf derselbigen geht; und wo einer erstlich schaffer wirt und sich nedersetzt,
sal er auch sein lebtag schaffer imd zinsbar pleiben. vorts so iemants usser dem hoef und
tal Nalbach heiligen und greifen zu ehe wulde, der mag es thun, und sollen ime vermitz
hermschaff und zins one hindemus der lehen und vogtherm sein erbgueter volgen und nach-
thenen.
») Hennes ÜB. 2, 262, 1280.
*) So sind nach WSchuweiler 1635 § 3 dreizehn Vogteien mit Leibeigenschaft ver-
pflichtet. S. auch a. a. 0. § 13 u. 14: wanehr ein kind auser der vogteien ausbestat und
heiratsgut empfenkt, auch von dem hcm abgekauft wirt, so hat nachmals dasselb abkauftes
kind vemers nichts nach der elter dot an der eigenschaft zu suchen, sondern allein an dem
möbel, do einiche vorhanden, sovem aber ein kint in die eigenschaft inbestat wirt und be-
gert die eigenschaft zu teilen, wirt ime solches ohne verwilligung der hem nicht zugelassen.
») S. z. B. WEdiger u. Eller 16. Jh., G. 2, 426: weiset vort der scheffen, kehme ein
mahn bei uns wohnen, jähr und dagh bei uns gewohnet hette und lieb und leid bei uns ge-
litten hette, als ein ander bürgen den sol m. gn. horre schirmen und verantworten als ein
ander burger.
*) S. darüber Genaueres oben S. 51 f.
*) Vgl. z. B. Alp. de div. temp. 2, 8; Bruno de beUo Sax. 37.
Lamprecht, Deutsches Wirtschaftsleben. I. 74
[CmindlieiTlithkeit und Voglei,
Staat ilie Fülle der Anilf^ewalt als eiu ilurchaus und i-eiu politisches Ferment
der StaiuiesMlduug einseitig, nur von sich aus, Reliefert: jetzt daliegen, im
Lehnsstaat, mufste der ehemalige Unterthan, nunmehr Vasall, zum standes-
bildenden Ferment des Lehnsnexus ein gutes Teil eigener KrafC mit einbringen.
Zu hen'orragender Stellung im Lehnsstaat eigneten sich daher nur an sich
machtvolle, mit eigener Daseinsenergie ausgerüstete Gesclilechter'; in der
karolingischen Monarchie hatten auch Unfreie Grafen werden können. Aus
diesem Gegensatze heraus versteht es sich, dafe die soziale Bedeutung des
Lehnsbegriffes gering ist, darum auch — wie wir schon früher gesehen —
nicht in die Tiefen der Nation einwirkt; denn dieser LehnsbegrifF kann stände-
bildeud nur werden auf Grund anderweitiger, vom Vasallen her erborgter Kräfte.
Diese anderweitigen Krftfte aber konnten nur ökonomischer, und in der Zeit
der Naturalwirtschaft nur grundherrschaftlicher Natur sein. Alle grofsen
Adelsgeschlechter der frülieren Kaiserzeit sind daher im Besitz von Grofsgrund-
herrschaften , für sie oJle ist das soziale Ferment in dieser Zeit im Grunde
mehr wirtschaftlicher wie politischer Natur.
Dieser Gesichtspunkt verdient namentlich dann eine gewisse Beachtung,
wenn man ihn auf den allgemeinen Flufs der Wirtschaftsei-scheinuugen an-
wendet Wir haben früher gesehen, wie etwa seit dem 6. Jii. die ueuent-
wickeltfl Möglichkeit wirtschaftlichen Wettbewerbs zerstörend auf die gemeine
Freiheit der Urzeit einzuwirken begann " ; wenige Jahrhunderte darauf erschienen
Armut und Freiheit schon als nahezu unversöhnliche Gegensätze: quainvis
paupev sit, tamen libertatem suam non perdat nee hereditatem suam, sagt die
L. Baiuw. 1, 7, *'. Jetzt nun, spätestt'ns mit dem 10, Jh., wurde die wirt-
schaftliche Macht auch nahezu das einzige Ferment der adligen Standos-
hildung*; in der späteren Kaiserzeit lag das jedermann offen zu Tage, und
') Zur Illustration vgl. Publ, Luxemb. 14, 111, 1282; Dietrich von Hayingen giebt die
Hülftc seines Lebens an Luxemburg zurück, cum gravis sarcina debitonini iam diutius pro
mea ac meonini sustentatiune necessaria contraclonim nie ad inojiiam traxerit evidentem et
in (antnm mearum exbaiiserit substantiam facultatum, (^uod domino nico coniiti Luccenburgenei,
CUJUS homo existo ligius, iuxta feodi, quod ab eo teneo, exigentiam servire nequeo nee ipsuni
feodum defendere.
') S. oben Abschnitt 1, zusammenfassend besonders S. öl tf.
") MGLL. 3, 2Ö8. Vgl. auch Trad. a. Magni 15, MGSS. 4, 426, c. SSO; quaniTis
pauperculus, tamen ex bonis parentibus natus.
*) S. Alp. de ep, Mett, MGSS. 4, 699, ib : Deodericus [Bischof von Metz] generosiute
parentum et excellentia maionim, ex innata quoque copia magna praedioruni clarissinms ha-
betnr; aliter enini vires ejus magnitudiuis ab eo ineunte aetate secuin crescere et suae gloriam
potentiae usque in tinem vitae apud se consislere impossibile esset Vit. loh. Gorz. 40: A.
cum esset regii qiiidem patema simul ac matema stirpe longe rctro usquo ab hominum me-
moria sanguinis, sed ob rei familiaris inopiam, qua secundis niatris nuptiis laborabat, censti
aliquanto tenuior. Vgl. femer Lambert z. J. 1076, MGSS. 5, 244, j«; erant diio cuiusdam
Geronis comitis filü, satis quidem edito loco nati, sed propter inopiam rei familiaris inter
principes Saxoniae nullius nominls vel momenti, und hierzu a. a. U. S. 252, n: parentibus
suis, qui inter regni principe» et opum et dignitatig speciali praerogativa ei
Tristan 3795 f.
— 1168 — Soziale Gliedenmg.]
der Gedanke wurde bald mit Bedauern bald mit einem gewissen Cynismus
vorgetrajren. So heilst es im Erec 431 f.
swen dise edelarmen [arme Grafen]
niht wolden erbarmen,
der was herter danne ein stein*.
Im Gregorjus aber wird V. 441 S. ausgeführt:
nu waz mac danne ir mnot
gefrumen iemen äne guot?
noch bezzer ist guot &ne muot
Diese Entwicklung hatte gewifs ihr sehr Bedenkliches, um so mehr, als
sie im 12. und 13. Jh. mit einer bis dahin in der deutschen Geschichte uner-
hörten wirtschaftlichen Revolution zusanunenfiel , deren Wirkung selbst-
verständlich ebenfalls auf eine Steigerung der wirtschaftlichen Fermente
sozialer Bildung hinauslief. Ein Gegengewicht gegenüber diesem Über-
wiegen materieller Tendenzen bestand eigentlich nur noch im Bildungs-
charakter der Ministerialität: hier waren während der Stauferzeit persönliche
Tüchtigkeit und Berufsthätigkeit in Staats- und Herrendienst in glänzendster
Weise standesbildend aufgetreten. Eben auf Grund dieser isolierten Basis ist
die Ministerialität die Vertreterin der idealen Interessen dieser Zeit: die erste
nationale Bildung der Laienwelt, die glänzende Blüte mittelalterlicher Dich-
tung, der ideale Schwung der staufischen Politik sind die höchsten Ruhmestitel
des Standes. Aber die Ministerialität verfiel mit der ereten Hälfte des 13. Jhs.,
ihr altt^r Charakter verlor sich, mit der Umbildung zum niedem Adel gingen
die idealen Interessen verloren, sehr reale traten an ihre Stelle und wurden
unter Aufwendung des althergebrachten Überschusses an Energie bald mehr
als zulässig betont: die Zeiten des Raubrittertums kamen herauf.
So stehen mit etwa der Mitte des 13. Jhs. die wirtschaftlichen Strebungen
imd Ziele für die Anstrengung aller Stände durchaus im Vordergrund; ein
Hasten nach Reichtum beginnt, wie es bis dahin unbekannt war. Über seine
Stärke belehrt nichts mehr , als der Umstand , dafs damals zuerst eine der
gröfsten sozialen Fragen, diejenige nach der Ausgleichung zwischen Ammt
und Reichtiun auftritt. Und sie nimmt zu an drohendem Umfang, bis sie nach
drei Gcnierationen , nach Besiegung jedes Widerstandes der konservativen
Mächte, namentlich der Kirche, in den Gräueln imd Sonderbarkeiten der Epoche
des schwaizen Todes zu revolutionärem Ausbmch gelangt. Im 13. Jh. freilich
vennochte der Klerus, damals noch eine Macht von eminentem und idealem
Einflufs, die drohenden Wogen noch zu beschwichtigen. Wir haeten alle
gonuoc, predigt Bruder Berhtold S. 60, 28, der ez geltche teilte ; unde darumb,
ir saeligen goteskinder, gehabet iuch vil wol. habt ir [hie] ze lützel unde sie
ze vil, so habet ir dort gar genuoc, da sie gar w§nic habent unde davon
sprichet got selber: :>saelic sint die armen, wan daz himelrtche ist ir«.
^) S. dazu V. Adalb. II. Mett. c. 27, um 1000: multi . . nobiles in paupertatem et
magnam miseriam dcvoluti.
74*
[Gntndherrlichkeit und Vopei.
Suchen wir nun die soziale Eiit\rieklung der Altfreien, soweit sich die-
eelhe in aufsteigender Linie bewegt, diesen all^uieinen Strebungen des 10. bis
13. Jhs. einzuordnen, so ist zweierlei ohne weiteres klar: die Freien inufsten
einen Adel unter den alten Maiores oder Nobiles der Karolingerzeit bilden,
und ihre HehunfT zu dieaeni, ihie Abstufung in diesem neuen Adel mufete nach
wirtschaftlichen Gesichtspunkten erfolgen,
Und 80 verlauft denn die Entwicklunfr. Charakteristiscli für sie ist, ganz
entsprechend den eben festgestellten Vorbedingungen, eine lang andauernde
Unklarheit der Abstufung; weil nicht bestimmte festabgegi^enzte Fermente, wie
etwa die staatlichen Rangstufen des Herzogs Grafen usw. hei der froheren
Adelsbildung, sondern TO'lmehr die rein individuelle, unter sich so abweichende
wirtschaftliche Machtstellung des Freien für sein Aufrücken nialsgebend waren,
so konnt^'n nicht \'on voniherein hestinunt fixiert*? Klassen eines neuen Adels
entstehen'. Darum nennen sich die neuen werdenden Adligen noch im 11. Jli.
meist einfach, aber mit besonderer Betonung liberi*, so wie sich etwa jetzt
ein grofser, aus eigener Kraft emporgekommener Bank- oder Handeisherr mit
eigenartigem Stolz nur schlechthin Kaufmann nennt. Ei-st mit dem 12. Jh.
tritt dann die Bezeichnung liher et nobilis ^, erst seit den Staufem regelmäfsig
die einfache Bezeichnung nobilis auf*. Und die genauere Abstufung im neuen
Stande, deren Untersuchung uns hier fem liegt, erfolgt noch später.
Entsprechend der wirtschaftlichen Basis und der Zeit ihres Emporkommens
waren diese neuen Adligen natürlich GrundheiTen " wenn auch meist kleineren
') .S. dazd Lamprfihl in Cimrads .Tahrhli. N. F. Bii. U, 8-'A mr Arbeil Roths von
Scbreckenatein über die Teiminologie der GrUndunganotix des KtonUre SGeorgen auf dem
Schwarzwalde hinsichtlich der Stände der 2. H. 11. Jhs. (1083)-
*) Diese Bezeichnung tönt sogar noch im 12. Jh. nach, tgl. Lac ÜB, 1, 181, 278, 1116;
190, 289, 1118 ; Eunen, Qu. 1, .WO, 39, 1119 ; ME- ÜB. 1, 501, 1136, cit, oben S. 1085 Note 3.
UlMetUach No. XII, 12. Jh. Mitte, cit. oben S. 640 Note 1. Daneben stehen dann schon viel
voller lautende Bezeichnungen nicht technischer Art, vgl.z. B. MR. L'B. 1, 390, 1096: testea idonei
sunt isti gcnere et fama et opibus viri clarisäinii: folgen einfache Adlige bezw. Vollfreie.
") So zuerst wohl MR. ÜB. 1, 458, 1128.
*) Charakteristisch ist MR. ÜB. 2, 252, 1209.
'') Vgl. Lac. ÜB. 1, 161, 250, 1094; 168—169, 260, 1102; MR ÜB. 1, 419, 1110: vi-
neas 8, quas emi a Lamberto de Walemiche homine libero, 4 sitas in eodcm pago, 4 Cestene
et Hardrichforst inxta Malendre; MR. ÜB. 2, 65, 1184: Adlige schenken curiani stiam in
Lesseniche cum 2 mancipiis usw.; MR. ÜB. 3, 1283, 1255; R. de tboro legitiino protreatus
et moe potestatiB lu'kundet. er hat ein allodium bei Maricnslatt und verkauft necessitate
paupertatis compellente. Kr hat kein eigenes Siegel , ist offenbar iin Sinken aus der Voll-
freiheit begriffen. Ilennes US. 2, 336, 1298: Rittersitz in Eckuiii bei Rommerskirchen hostet
775 mr, Coloniensium d., umfafst curtem nosti-aia Erglnfceiin sitani infra pan'ochiam de
Bumerskirgen cum duobus mansis et dimidio et sex iumalibus consistentibus tain in agri^
arahilibiis pratis pascuis piscariis luam nenioribus, item et iiu'ibus iurisdietionibus cippo uno
propter iudiciuni posito in eadem curte et serrttutibus hominibus censitis redditibus pensinni-
bus censibus et quibiiscunque aliis pertinentibus in eandeni curtem, quocunque iure et no-
mine censeantur. Heimes 2, 375, 1307: (ieronl von Nievenheim verkauft an den Deutsch-
— 1165 — Soziale Gliederung.]
Besitzes, uud als Grundherren fast stets Gericlitsherren * : eben dies letztere
Moment trennte sie schliefslich endjrtiltig von Ihrem Ausgangsstande, der ge-
meinen Freiheit^.
Dazu kam ein weiteres. Gewife blieb eine ganze Anzahl solcher kleiner
Grundherren noch innerhalb der Markgenossenschaft, der sie ureprünglich an-
gehört hatten, sei es als einfache Gemeindemitglieder ^, sei es in der bevor-
zugten Form der Edolmärkerschaft* bezw. des kleinbürgerlichen Patriziats*^
in den Landstädten. Aber nebenher versuchten doch alle diese ehemals freien
Mitglieder des kleinen Adels sich dem Ritterstande einzureihen. Ritterstand
und Bauerstand waren aber schon im Beginn des 13. Jhs. Berufegegensätze*,
und sie wurden es seitdem immer mehr. Indem sich daher die neuen Adligen
dem niederen, ursprünglich vornehmlich ministerialischen Ritterstande einord-
neten, indem sie auf Grund dieser Einordnung Dingfreiheit vom Landgericht,
Lastenfreiheit von territorialen Auflagen entwickelten und wohl gar ein beson-
deres Personenrecht ^ ausbildeten, entfremdeten sie sich den landarbeitenden
Klassen. Der Altfreie war Bauer gewesen, der der Altfreiheit entwachsene
niedere Adel war es nicht mehr®, er war, trotz mehrfach noch festgehaltener
Zusammenhänge mit den alten agrarischen Entwicklungen, doch vornehmlich
Ritter. Diese herren ritter und knechte aber, erzählt die Limburger Chronik
Orden bona nostra, quc ab eisdem tenuimus in feudo, que sita sunt apud Noithusen, videlicet
centum et triginta tres iumales cum triginta virgis terre arabilis et cum duabus potestatibus
et dimidia nemoris in palude apud Eilse^ et cum omni iure ac attinentiis ipsorum bonorum,
prout sita sunt ab antiquo in parochia de f^ilse predicta Coloniensis diocesis pro quingentis
et triginta duabus mr. ac decem s. d. Colonie usualium, videlicet Turonensi minuto pro uno d.
ac duodecim s. pro mr. qualibet computatis.
^) Die Ausnahmen sind sehr selten, s. z. B. WThommen 1555 § 7: daß noch vil
fronune edelleuth sein, die gulde und rente binnent dem hof von Th. zu heben haint, man
nennet sie die kleine herm. ire gulde und renthe sullen sie nit heben, als unse drei herm,
sei ensullen der auch drumb nit entberen. ist iemant innen schultig gulde oder renthe . .,
so sollen sie gain bei den meier, darhinder der man, der innen schuldig ist, zu leben sitzt,
und sollen den hofsboten lehenen und sollen ire gulde und renthe nae pfenden, gleich imsere
drei herm, dan sie sollen nicht selbst richten.
*) MR. ÜB. 8, 744, 1242 rechnet zu den Herren, qui iurisdictionem habere nos-
cuntur.
^) So wurden die Ritter im Ingelheimer Reich noch bis zum 16. Jh. als Gemeinde-
genossen angesehen, s. Loersch S. LXXIV u. LXXVII. Vgl. femer oben S. 187; CRM. 8,
24, 1805, cit oben S. 888 im Text; Toepfer, ÜB. 1, 288, 1857; WAmel 1472 § 2; auch
Honth. Hist. 8, 943, 1729.
*) S. dazu aufser oben S. 278 f. MR. ÜB. 8, 358, 1228: Henricus quondam comes in
Seine possessionem quandam, que vulgariter Haslag appellatur, a primoribus ville Valen-
drensis . . compara(vit). Das wird später strittig gemacht von tam plebanus R. ville prefate
quam milites et iudices cum tota parrochia, aber schliefslich doch anerkannt
'') S. z. B. Rhenus 1, 98, 1606—1642.
«) S. z. B. MR. ÜB. 8, 14, 1218; vgl. schon Waitz, Vfg. 5, 188 Note 1.
^) S. oben S. 83, 642.
^) S. auch V. Maurer, Dorf^. 1, 130 f. über das Ausscheiden der Ritter aus dem Anbau
und der Markgenossenschaft.
[Gnindherrlichkeit und Vogtei, — 1166 —
für die Zeit von etwa 1S40' von 17 Limlnu^cr wohl teils ursprünglich inini-
sterialisehen tfils urspiünglich altfreieu Rittern, gingen alle in langen kleidern,
eine grosse spanne nedewcndig iren knien, und gorten sich ire einteils, das
sie sich ofsehorzeten. item was undir diesen itzont genanten ritterschafteii ein-
teils, die er rosse und kostliche hengste bi en hatten stehen, dan sie dicke
tomerten und stachen mit der geaelschaft, und waren riebe selige lüde. Und
danehen' erzählt die Chronik von 39 anderen Leuten mit trme gezuge und sillteni
beschlage, hurgerschaft, die riebe und selig waren und hielten stat als ritter
und knechte; auch hatten sie pferde und gewapende kneclite wol gezuget zu
den eren und zu dem ernste. Dazu kommen endlich noch 5 Leute, welche
ire gestech und toruergezug hatten glich den andern edeln knechten.
Kein Zweifel , das sind nicht mehr Leute, deren Interessen und Bestre-
bungen der Landwiitschaft uud häuerlicher Beschafdgunji gelten ; ihr Schicksal
kann unmittelbar nichts mein- gemein habeu mit dem der landarheitenden
So war der Zweig der altfreien Leute, welcher sieh über seine alten
Verhältni^e erhob, zugleich der Entwicklung des platten Landes im wesent-
lichen verloren gegangen; dem Bauerntum des späteren Mittelaltei-s geholten
nur die gemeinfrei gebliebenen oder frei gewordenen Pächter und Arbeiter,
sowie die mehr oder minder gruudhold gewordenen Markhörigen und \'ogtei-
leute an.
Aber andererseits drangen Bildungen in diese Schichtung hinein, welche
sich aus der alten Unfreiheit zu besserer sozialer Stellung zu erheben an-
fingen, ja sie überholten das Niveau dieser Schichtuns teilweis und liedeckten
es mit höher geachteten Standesformen.
Wir haben schon früher gesehen, inwiefern der Kern der alten Unfreiheit
durch die Ausbildung der Grundhörigkeit im 9. Jh. aufgelöst werden konnte:
hier war, wirtschaflsgeschiehtlieh betrachtet, die gemeine nationale Lehensart
in selbständiger Landarbeit, wie sie frei und unfrei in der Grundherrschaft,
vereinte, zu einer Grundlage geworden, in deren Anerkennung sich die alte
Unfreiheit zu milderer Hörigkeit abschwächte.
Aber neben der geraeinen Landarbeit gab es andere Beschäftigungen der
Unfreien in besonders qualifizierter Arbeit und im persönlichen Dienst. Ihnen
entsprechend hatten sich weitere besondere Gruppen unfreier Lebensart aus-
bilden müssen: wie wandte sich nun das Schicksal dieser Gruppen?
Was zunächst die Gruppen qualifizierter Arbeit betrifft, so bestehen als
Fermente für ihre weitere Verzweigung namentlich drei Arten qualifizierter
Arbeit, ^arische Thätigkeit besonders schwieriger Art, industrielle Arbeit und
kommerzieller Beruf. Von ihnen wurde das zuletzt genannte Ferment am
wenigsten wirksam ; kommen auch unfreie Kauf leute in besonders begünstigter
') Ed. Wyfs, Anh. 1, c. 9.
•) a. a. 0. c. 10.
— 1167 — Soziale Gliederung.]
Stellung vor \ so ist doch zu bezweifeln, dals sie es ausserhalb der Städte allgemein
zu einer besonderen Gruppenbildung gebracht haben. Besser schon steht es mit
der industriellen Arbeit, wie sie ihren Ausdruck im Handwerk fand *. Es ist be-
kannt, dalis die Handwerker es in der zünftigen Gruppenbildung der Grofestadt
^hr bald bis zur Freiheit brachten ; und auch da, wo sie auf dem platten Lande
mehr vereinzelt vorkommen, ist [ihre Stellung eine freiere, als die der ein-
fachen Grundholden: sie zahlen meist nur einen unifizierten' Geldzins' und
werden nicht selten völlig freigelassen^. Fast noch günstiger aber, als die
Gruppe industrieller Arbeit entwickelt sich auf dem platten Lande diejenige
qualifizierter agrarischer Thätigkeit Hier erblüht au& reichste, speziell an der
Mosel, die Weinbaulehngenossenschaft, deren Charakter und Schicksal schon
früher erörtert ist*; auf diesem Boden erwachsen femer die wohlhäbigen und
halbfreien Forsthufergenossenschaften ^.
Ein Rückblick auf die verschiedenen Gruppen qualifizierter Arbeit lädst
zwei durchgehende Merkmale besonderer Standesbildung erkennen: sozial
bessere Stellung, als sie die einfachen Grundholden hatten, infolge ökonomisch
höherer Wertschätzung, und Standesabschluüs genossenschaftlichen Charakters
entsprechend der allmählich ausgebildeten Arbeitsteilung.
Eben diese Prinzipien gelten nun auch, nur in viel höherem Ma&e und
mit viel weiter tragenden Folgen, für die Gruppenbildung auf Grund per-
sönlichen Dienstes'.
Auch hier lassen sich für die weitere Verzweigung des Dienstbegriffes drei
Fermente unterscheiden, das Haus, die Medliche Herrschaft im Groisgrundbesitz
bezw. im Territorium, und die Eriegsgewalt. Unter dem Einfluüs des ersten
Fermentes entwickelt sich das Gesinde der niederen Ministerialität, unter der
^) y. et Mir. s. Maximin., 8. Jh., c 2, § 14: ein Friese Ibbo, cum ad beatum Mazi-
minum se cum omnibus, quae habebat, condonans pro stipendiis fratrum emendis ultra mare
ire decrevisset in una navi.
*) S. dazu oben S. 54, 587, 776 f., auch MR. ÜB. 1, 108, 867, sowie MR. ÜB. 1, 888,
1052: Erzbiscbof Eberhard giebt die erzstiftischen Villae Buss Merzig Witten Osann Ensch
Serrig Borg Ayl etc. (s. Goerz Reg. 1 No. 1850) in Prekarei, exceptis servientibus [Ministe-
rialen] necnon yenatoribus piscatoribus fabris cementarüs architectis sive latomiä nostris
eorumque beneficiis.
') S. V. Ger. Tüll, c 24: in suburbio [Mettensis] civitatis erat quidam artifex lignarius,
>eccle8iae sancti Aniani capitali censu senrulus; auch MR. ÜB. 2, 852 u. 854, 11. — 12. Jh.,
finden sich unter den mit Geld |an das Trierer Domkapitel zinsbaren Leuten 1 sellator
mit 17 d., 1 faber mit 12 d. jährlich. 8. auch Arch. Clervaux 498, 1877 : Jutte, dame de
Meisenburg, du consentement de ses gendres Jean de Brandenburg et Henry Beier, fiiit do-
nation ä Jean Pluchmansonne , leur tailleur, de la moiti^ d'un bien sis k Massolter, qu*il
possMera sa vie durant, sans ayoir besoin de üedre des corvöes.
*) Vgl. z. B. Goerz Regg. der Erzb. zum 29. Dez. 1426.
^) S. oben S. 16 und besonders S. 902 ü
•) S. oben S. 495 f.
^) Zur Entstehung derselben neben der anderen Gruppe s. schon oben S. 54.
[Gnmdberrliclikeit und Vopei. — 1168 —
Einwirkung dee zweiten liaK ministerialische Beamtentum, unter der des Ietzt«D
die ministerialische Kriegerschaft,
Von der niederen Ministerialität ist schon oben S. 820 ff. näher die
Rede gewesen; es ist gezeigt worden, wie sie allmählich geradezu im Sande
verlief: wie wir nunmehr Übersehen können, hauptsächlich deshalb, weil sich
in der 2weiten Hälfte des Mittelaltei-s das freie Gesinde mächtig entwickelte'.
Die tieideii anderen logisch unterschiedenen Gnippen aber, Beamtentum
imd KriPKorschaft, gehen fast stets ineinander Über infolge der durchaus regel-
mäfeig beibehaltenen wechselsweisen Verwendung der den beiderseitigen Gruppen
angehörigen Personen': sie zusammen bilden die eigentliche MinisterialitAt, die
Blüte der Unfreiheit*. An ihnen wird daher an dieser Stelle das spätere
Verhalten des alten standesbiidenden Elementes der Unfreiheit um so mehr
zu untersuchen sein, als die verwandte Untersuchung für diejenigen über den
Gnindholden stehenden Gruppen der Unfreiheit, welche im Rahmen unserer
Erörterungen näher interessieren, sonst schon gemacht ist*, und als sich an-
nehmen lafst, daTs das alte Verhältnis der Unfreiheit in einer Gruppe hervor-
ragenden persönlichen Dienstes länger nachgeklungen halien niufs, als etwa in
den Gruppen qualifizierter Arbeit.
Das ist mm in der That bei den Ministerialen der Fall; eben die Bei-
l)eha!tnng schärfeter pereönlicher Bindung neben im übrigen hoher ökono-
mischer und sozialer Wertschätzung auf lange Zeit hinaus, bis zum Schlüsse
des 13. Jhs.* ja vereinzelt bis tief ins 14. Jh. hinein", winl der Geschichte ge-
rade dieses Standes vom Gesichtspunkte allgemeiner sozialer Entwicklungs-
geschichte aus stets eine erhöhte Bedeutung sichern.
Schon friüi finden wir die Ministerialen in nicht ungünstigen wirtschaft-
lichen Verhältnissen, als Ökonomische Unterlage ihres Dienstes in Krieg und
') S. dazu oben in diesem Teil S. 1157 f. Aurserdem aber kam, wie bald näher zu
zeigen sein wird, um diese Zeit ein neues eigenliöriges (leibeigenes) Gesinde auf.
*) SpezieU über das Beamtentum s. schon oben S. 768 f., 822 f., 873 f. Über die
kriegerJEche Bedeutung wird, al^sehen van der froheren zusammenhängenden Mitteilung auf
S. 879 f., noch unten in Abschnitt VIII Teil 1 zu sprechen sein.
*) Die letzte zusammenhängende Darstellung der Ministerialität s. hei Waitz, V%. 5,
288 f. Über die Ministerialen im Reich Ingelheim vgl. Loerech S. LXIU.
*)^FUr die niedere Ministerialität oben S. 820 f., für die Wingertslehngenossenschaft
oben S. 903 f., fUr die Forstbufergenossenschaft oben S. 495 f.
") Noch lange blieb daher die Abgrenzung dieser Ministerialität von den übrigen
Gruppen der Unfreilieit eine flüssige, lag im persönlichen Belieben des Herrn ; e. dazu oben
g. 708, und Acta PalaL 6, 276, Konrad II. fUr Limburg: habet etiam potestatem abbas super
filios illonun [der Hörigen] nondum uxoratos, ut, quem voluerit, in coquina, quem valuerit,
in piatrino ponat, quem voluerit, mutatoria abluat, quem voluerit, equiritia custodiat, et ad
quelibet minigt«ria, quoscunque voluerit, deputet. de nairatis autem, qiioscunque et ubicun-
que iuEserit abbas, sint cellarii, frumentarii, thelonearii, forestarii. si vero abbas quempiam
prescriptomm in suo obsequio habere voluerit, faciens eum dapiferum aut pincemam sive
militem suum, et oliquod beneficium ilU prestiterit, quamdiu erga abbatem bene egerit, cum
eo Bit; cum non, iua, quod antea habuit, habeat
«) S. v. ßelow, S. 72 Not« 269.
— 1169 — Soziale Gliederung.}
Verwaltung besitzen sie ein ansehnliches ihnen vom Herrn übertragenes Dienst-
gut, und sie entwickeln für dasselbe wohl schon im 10. Jh., sicher aber und
ganz allgemein bis zum Beginn des 12. Jhs. ein so festes Untereigentum, dals
dem Herrn nur noch die letzten Reste einer Einwirkung auf Grund von
Obereigentum übrig bleiben ^ Daneben aber* — schon seit der Karolinger-
zeit, und jedenfalls in der späteren Zeit der ersten Hälfte des Mittelalters
durchgängig — sind die Ministerialen vom Herrn belehnt®; klösterliche
1) S. dazu die Bd. 2, 671 Note 1 ciderte Urkunde MR ÜB. 1, 230, 965—75, welche
doch wohl hierher gehört: unter ÜEunuli sancti Petri sind aller Wahrscheinlichkeit nach
Ministerialen zu verstehen. Vgl. weiter Lac. ÜB. 1, 189, 289, 1118; Cardauns, Rh. Urkk. 14»
S. 859, 1126, cit oben S. 682 Note 2; Lac. ÜB. 1, 304, 1129; Lac Arch. 3, 136, 1135; MR. ÜB.
1, 505, 1138, Stiftung von Himmerode: (monachos Cisterdenses) locavimus in quodam solitario
loco episcopii nostri infra terminum curtis nostre Cordule, quam de manu Lodoici camerarii
nostri idcirco redemimus. MR. ÜB. 1, 526, 1142: ministerialis (sancti Petri Treverensis)
Wemerus capellulam quandam in proprio fundo Lunnecho sitam cuidam religioso viro
nomine LAdoldo tradidit, qui in doctrina sana multis ibidem ad se confluentibus profuit
Daraus entsteht das Kloster Lonnich. MR. ÜB. 1, 532, 1144: Springiersbach monasterium . .
Benigna . . in propria hereditatis su^ possessione hedificare c^pit et ad Treverensem
episcopatum ex consensu Sigifndi Palatini comitis, cuius ministerialis erat, . . contulit
Erhard, CD. hist. Westf. 2 No. 276, 1150: duo firatres ministeriales ^esie nostr^ [Her-
ford] . . bona ^cclesi^, qu^ possidebant in (Leudesdorf), uxoribus suis ab ecclesia nostra
alienis . . velud propria tradiderant nos [die Äbtissin] autem ibidem venientes et hanc
traditionem a fidelibus recognoscentes irritam fecimus hoc scilicet modo, quod ipsi prefiiti
fratres cum uxoribus suis in presentia nostra nostrorumque ministerialium ceterorumque
virorum honestorum ibidem commanentium ipsa bona «cdesi« fore recognoscentes, in bene-
ficium ea secundum ins ministerialium a nobis susceperunt, insuper et fidem in manus
nostras sacramento firmantes dederunt, quod filii vel fili^ eorum ^cclesi^ nostr^ filiis conubio
iungerentur, ne possessiones ipsorum ab ^cclesia alienarentur. et ut hoc in posterum a
progenie in progenies ratum permaneat, . . confirmavimus. Folgen noch 3 verwandte Fälle:
alle bei ^iner Anwesenheit der Äbtissin! S. femer noch MR. ÜB. 1, 575, 1153, Erzbischof
Hillin bestätigt die Gründung des Augustinerklosters Merzig: ministerialis beati Petri et
noster RAdulfus in primordio allodium suum dedit (cuius quidem partem a venerabili pre-
decessore nostro Alberone cambivitX super quod claustrum et cetere officine constructe sunt;
et insuper idem RAdulfus ecclesiam cum investitnra de Raildingin et in Marceto piscariam
et molendinum et item in Marceto Harledengen Bueze Fremerstorf 120 iumales et allodium
apud Hustat pro remissione peccatorum suorum et pro anima uxoris sue Vespe, que ibidem
tumulata quiescit, prefate ecclesie contulit
*) S. oben S. 771, 777; femer Lac. ÜB. 1, 189, 289, 1118; von besonderem Interesse
ist femer Ennen, Qu. 1, 538, 65, 1152. Noch 1280 ist (Bd. 3, 82, 4o) von bona feodalia,
ministerialia, censualia nebeneinander die Rede. Vgl. auch oben S. 724.
') Über die regelmäfsige Verknüpfung von Ministerialität und Landbesitz in Lehns-
weise s. Waitz, Vfg. 5, 332, 334, der diesen Punkt mit Recht besonders betont Vgl. femer
oben S. 880; wohl schon Lac. ÜB. 1, 117, 186, 1051; femer MR. ÜB. 1, 391, 1097; MR.
ÜB. 1, 462, 1128: beneficium cuiusdam serrientis sui nomine R. apud Sobemheim, qui nuper
obierat, [Sigefridus archiepiscopus] sancto Dysibodo contulit Ennen, Qu. 1, 541, 65, 1158:
cunctis inbeneficiatis a Coloniensi archiepiscopo, baronibus et ministerialibus, ecclesiasticis
quoque personis, archidiaconis , abbatibus et prepositis. Ernst, Hist du Limbourg 6, 155,
1176: in Imsheim zwischen Zülpich und Euskirchen feodum ministerialis . . cnrtim sdlicet,
in qua molendinum est, cum pratis et terra arabili; et habet computationem 90 iugermn,
que vulgo morgen vocantur. S. auch MR. ÜB. 2, 290, 1190—1212.
[Grundherr! ichkeit und Vogtei. — 1170 —
GrundlieiTBchaften dürfen wohl j^ar nur an ilin- Ministerialen verlehnen '.
Dieser Lehnliesitz, anfangs yielleichl noch gering, wuchs nun al)er im Verlauf
des früheren Mittelalters und voruehmlieb seit dem 11. Jh. infolge der zuneh-
mendeu militärischen Bedürfnisse und des eingerisseneu Geleitsluxus * ganz rapide ;
um die Mitte des 12. Jhs. war die Ministerialität völli}j mit Lehen gesattigt".
Und nahezu gleichzeitig war ein anderer Erfolg eingetreten, welcher den
Ministerialen zu der auf Giund von Dienstjnit und Lehengut emingenen
ökonomischen Bedeutung auch noch hohe soziale Achtung eintrug: im Laufe
der 1. H. des 12. Jhs. hatten sie angefangen, sich zu Rittern auszubilden*.
Damit war deun eine Entwioklungsphase erreicht, welche in ihren Folgen
notwendig zur Loslösung der Ministerialität aus den bisherigen Zusanmien-
hängen führen muTste. Bisher waren die Ministerialen zimächst freilich
Diensthörige ihres Herni gewesen; in dieser Eigenschaft hatten sie eine beson-
dere Genossenschaft nach Dieustreeht, mit dem Hofe des Herrn als lokalem
Zentrum und Dingplatz, gebildet*. Aber ihr Dienstherr war doch zugleich
stete auch Grundherr, und sie selbst gehörten vielfach nicht hlofs dem persön-
lichen Dienst in der zentralen Kiiegs- und Hoft'erwaltimg , sondern auch in
der lokalen grundherrschaftiichen Verwaltung an. So standen sie auch zur
Grundherrsehaft in Beziehungen; und so sehr die Ministerialen ^ines Herrn
öine Genossenschaft bildeten , so sehr waren doch Teile derselben wieder ge-
wissen Fronhöfen i^igregiert *, ja bei gi-ofsen Ministerialitäten, z. B. (ler Reichs-
ministerialitiU , konnten wegen der Entfernung des Dienstherni sogar die Be-
ziehungen zu einem bestimmten Fronhof, hier Fiskus, allmählich über-
wiegen''. Und so lagen denn die Dinge wen^steos noch in der 1. H. des
12. Jhs. in Wahrheit eo, dafs der dienstrechtliche ZuBammenhai^ der Gesamt-
korporatioD nur etwa in einmaliger Jahresversammlui^ der Genossenschaft
zu äinem Dingtage betont ward, im übrigen aber das lokale Einvernehmen
mit gewissen Teilen der Gnmdherrschaft überwog. Ein deutliches Synii)toni
<) So darf SMaximin Land nur an Ministerialen verleihen, s. MR. ÜB .1, 300. 1023. Urk.
Heinrichs IL: ne . . alicui de tnaioribtis hominibus aut atiene fumilie vel alterius ecclesie
semtoribuE quicquam beneficiare presumiuiL Weitere Beweisetellen bei v. Below, S. 14 Note 49.
*} S. oben S. 851, 879 f.
») S. oben S. 713, 879, 881.
*) Zu den Anlangen s. oben S. 811, auch Bd. 2, 137 ; zur Durchführung die Zeugenreihe
bei Ennen, (ju. 1, 499, 37, 1116, wo militeB und servientes noch geschieden.
>) S. oben S. 1129 f., auch MB. ÜB. 1, 571, 1152: die Grafen Heinrich und Eberhard von
Sajn Übertragen die Burg Sayn an das Erzstift Trier excepto allodio, quod fuit Rorici, et area
q^uadam, qw Pomerium dicitur, in qua minist«rialibus suis ad consequenda iura sua, cuni
oportuerit, diem ponere possint.
•) S. MR. ÜB. 2, 48, (1120—1169): Adlige besitzen tres curtes (Ursfeld. Wollmeralh
und Sprink zwischen Elz und Lieser} cum ministerialibus et niancipiis utriusque sexus cum
mansis vineis molendinis pratis silvis rultis et incultlg. Vgl. femer Or. Si. A. Dusseldorf
Pant Or. 26, 1181, ciu oben S. 870 Note 3; und Calmet 5, 140. Longueville, cit. oben
S. 819 Note 6.
') S. oben S. 732.
— 1171 — Soziale Gliederung.]
dieser Lage ist die noch bis zur Mitte des 12. Jhs. andauernde Erscheinung, dafs
die Ministerialen gemeinsam mit grundhörigen Schöffen der Fronhöfe das Ge-
samtrecht der Grundherrschaft, speziell die vielfach ungeordneten Vogtredite
weisen ^ ; und nichts kann diese Lage der Dinge besser zum Ausdruck bringen,
als die folgende Stelle aus der SMaximiner Urkunde vom J. 1135 über die
ministerialischen Rechte und Befugnisse auf dem einmal jährlich um das
Maximinsfest unter Vorsitz des Vogtes abgehaltenen Dienstding. De servitio
heilist es hier, quod in festo praedicti patroni [Maximini] ministerialibus datur,
[nos advocatus] urgentibus ipsis ministerialibus nee minus petente abbate et
fratribus per sententiam quesivimus. accepimus igitui* per sententiam, quod
equos eorum , qui ministeriales sunt et ins ministerialium a predecessoribus
suis integiitate generis et conditionis obtinuerint, illi, qui ad hoc officium in-
feodati sunt, circa horam nonam advenientis festi in quoddam pratum, quod
est Kenne, deducent et usque ad nonam sequentis diei, vel quamdiu abbas
ipsos ministeriales detinere voluerit, custodient. nullum pabulum eis debetur.
ministerialis si cum uxore sua venerit, 12 panes 6 sext vini ovem unam re-
cipiet; si autem sine uxore venerit, cum abbate ipse et famuli sui, qui duo
tantum vel tres esse debent, comedet. et sicut nullus predictorum ministeri-
alium a consilio et a mensa abbatis in ipso festo arceri debet, ita nullus
^) S. dazu teilweis oben S. 10d9 f., femer MR. ÜB. 1, 345, 1056 : duodecim de servientibus,
qui scaremanni dicuntur, et 24 ex antiquioribus de familia per sacramentum iurare et confirmare
decrevimus, quibus legibus vel iuri sub tempore Heinrici ducis senioris et Heinrici duds
iunioris serWentes aut familia loci illius subiaceret, qualiter placita et iudlcia fierent, ad
quem prebendarii, qui ante portam vel circa urbem sunt et in cellula, que Tavena vel Apola
dicitur, respectum habere deberent, ut ipsi et posteri eorum eodem iure eademque lege
exinde perfiruerentur. confirmatum est itaque eorum sacramento usw., folgt das Yogteirecht
MR. ÜB. 2, 87, 1095, Weisung der Echtemacher Y ogteirechte : der P&lzgraf bei Rhein in
Yertretung des Königs iurare fecit honestiores servitores nostros et scabinos, ut neque pro
amore neque timore uUius dimitterent, quin secundum nudam et puram veritatem, quid
advocatus, quid iuris fiscus noster ex antiquitate iuste retinuisset, liquido edicerent et secer-
nerent igitur iure iurando obstricti afißrmaverunt usw. MR. ÜB. 1, 488, 1155, Urkunde
des Grafen von Luxemburg als Yogt von SMaximin: cum in ecclesiam beati Maximini
proximo die post eiusdem gloriosi confessoris festum venissemus et in loco nobis preparato
una cum abbate Gerharde ad celebrandum placitum nostrum sedissemus, de omni hire nostro
et precipue de servitio, quod ipso die nobis debetur, presendbus liberis hominibus nostris,
ministerialibus nostris et ministerialibus ecclesle diligentius perscrutati sumus. quod tarnen
ut debito ordine processum haberet, Tibaldum de Bettingen, Wezelonem de Zolvere, Reine-
rum de Dumeldingen, ut commimicato consilio cum paribus suis de iure nostro, iuzta quod a
patribus suis perceperant vel certe ez privilegüs, que in ipsa sunt ecclesia, cognovisse
poterant, nobis referrent, sicut debuimus monuimus. S. auch noch MR. ÜB. 1, 406, c 1108,
für Prüm, und MR. ÜB. 1, 541, 1146, dt oben S. 995 Note 8. Nicht in diesen Zusammen-
hang gehört dagegen wohl UlMetthich No. XX, 1152: Erzbischof Adalbero nimmt die Yogtei
in Gisingen und Bolzingen aber die SLutwinsgüter iusto iudicio ministerialium sancti Petri
für das Erzstift in Anspruch, hanc enim quidam F. de Winechra . . usnrpavit nuticosqne
ibi degentes censumque Mediolacensi monasterio, ut iure debebant, dare volentes multia
infestationibus eiecit et hoc devictus iusto, ut dixnnus, hac est iudicio privatus.
[Üniiidherrlkbkeit und Vogtei. _ 1172 —
eonim predictum scrvitiuin foris deferenduiu recipiet, nisi loco militis abbat)
decenter adsistere et serviri; possit. . . ipsi ministeriales deposito aniictu cla-
midis vel iilterius supervcstimenti in vespeiis in ceua in iiiissa subsequentis
festi debitJi cuni reverentia abbatjs obsequio se Offerent, abbas si prosimo
die post festum de privatis negotiis vel conimunibus cum minist^rialibus aliqua
tractare voluerit, sive nos [advocatus] presentes sive abaentes fuerimus, absque
expensis eonim ipsos detinebit. si ad plaL'itum venire non poterimus et abba«
eonim presentia carere voluerit, circa iionain in ipso festo redeundi ad pro-
pria stngiiliä licentiam dabit.
Konnte nun dies alte Verhältnis, nach welchem die Ministerialität als
Ganzes vomehnilich nur am Tage des Dienstdinges und der Heeresschaii auf-
trat, im llbr^en aber vielfach der FronhoftTerwaltung angeschlossen war, nach
Ernngung wirtschaftlicher Macht und sozialen Ansehens bestehen bleiben?
Schon im J. 1085 finden wir den Fall, dak ein Ministeriol aulserhalb
seines Dienstverh<nisBes unter Wissen und Willen seines Dienstherm belehnt
ist'; im J. 1095 heiratet eine Freie einen Ministerial, welcher egregius vir
genannt wird, ohne vollen Schaden an ihrer Ebenbürtigkeit'; ein Jahihnndert
daraiif werden die Ministerialen über die doch soeben erst aus dem Stande
der Altfireiea in eine tiefere Schicht herabankenden Vogteileate gestellt*;
<) HR. UB. 1, S83, 1085: Eisbisdiof GgiUiert ecclesieun [sancti Simeous in villa
Mfissebach} cnidun de &roilia «utcti Petri strenao viro nomine Benrico in beneficimn
dederam, cuiiu servitio et opere in plerieque negotüs domi et foris sepe uaua fiiertun. Auf
Kttfln des Propstes ron SSimeoa habilo fidelicmi noBtroram consilio restitaiert jelit der
Enbischof die Kirche ea vjdelicet conditione, at (BerwicuB) illam a preposito in benefidum
reciperet et omnibas vite sne diebus absqne ulla contradictione teneret et annis singulis in
festo sancti Simeonis 3 d, pio investiture rcepectu persolveret . . . sed post nbitum (Ber-
wici) kommt sie an das Stift zurück. S. auch MR, UB. 1, 434, 1116, SMaximin; preci-
pimus etiam, ut äervieiit«s eccleaic, qui scaremanni djcuntur. nulli advocai« et domino preler
imperatorem et alibatem violenter coganiur servire, nisi sibi placeat aut beneficimn aliquod
ab eis videantur habere. S. dazu MR. UB, 1, 382, 1082-1084. cit. unten S. 1174 Note 2.
») Dies ei-giebt die lehrreiche Urkunde MR. UB, I, 389, 1095: matrona nobilis
lUcardis nomine de Hunriu cuidam ^egio viro iuncta erat matrimonio, qui ministerialis fiiit
ecclesie sancle dei genitricis Marie in Treveri, quo llorreum dicitur Dagobert! regia, et in
Villa Wilare dictjt ad eondem eccleeiam pei-tinente marabatur. quo sine liberis mortuo et
infra ambitum eiubdem loci honorifice sepulto predicta. matrona ob honnrein re^ne celi et
propt«r amorem mariti sui, cum ingenua eeset et liberis orta natalibus, semet sponte cidem
eccleaie in aneillam mancipavit post non uiultum vero temporis consilio amicorum suonun
alteri libero iuncta viro filios et Blias genuit, qui velut non coocti aut aliqua necesaitate
eonvicti, sed spontanea voluntate matris in ministerium sancte dei genitricis adducti inter
optimoB ecclesie ministeriales computati sunt hiis ergo cum omni conceseione [I. : successione]
BOa pacem firmam statuimus, ne alicuius violentia aut iniqua exactione a<l alia cugantur vel
in aliud ius transferantur.
*) Kiudlinger Hörigkeit S. 242, 1170: quosdam de (quadam) parentela niinisterialiuin
[von Altemnünster] Sifridus de Lapide a iure ministerialiuni ad ius advocatie sue homlnum
conalus est redigere, et ad id sustinendum multis afHictionibus ut^ere, .\uf Bitten der
Äbtissin lAfEt Sigfried nach.
1
_ 1178 — Soziale Gliederung.]
und wieder ein Jahrhundert weiter sehen wir Ministerialengeschlechter, welche
man wenige Generationen früher kaum nannte, in hervorragender Macht-
stellung ^
Da war es keine Frage : der alte Zusammenhang zwischen Ministerialität
und Giimdherrschaft mufste sich lockern. Zwar einzelne Scharhufen sehen
wir auch noch im 18. und 14. Jh. in die Grundherrschaft eingeordnet: sie
sind der allgemeinen Loslösung der Ministerialität nicht gefolgt*. Generell
aber hören die alten Beziehungen mit der Wende des 12. und 18. Jhs. auf;
ministerialischer Markfronden wird, soweit ich sehe, um 1220 zum letztenmal
gedacht^; gegen Ende des Mittelalters erscheint jede Zinspflicht abgeschüttelt*.
Dis ist der dienst, heifst es im WKröv*, den des Reichs man ist schuldig
zu thun: er sal helfen und zehen dem lehenherm und dem vogt mit
sime centener und gemeinde und auch des Reichs gewalt helfen weren mit
sime hämisch und gewapeneter band; er sal dabei sein, so man das Reich
begeit und marken helfen setzen; und thut es dem vogt noth, so sal er ime
den thom zu Dhune, den man nemiet Falken, helfen hueden und bewaren uf
des vogts costen, also das er ine dar zu Dhune und herwider heim in sein
haus geleide geben sal, das er sicher sei, one argelist.
Natürlich aber wurden die Ministerialen infolge der eben geschilderten
Loslösung aus der Grundherrschaft noch nicht frei vom dienenden Stand: im
Gegenteil, je mehr das direkte Dienstverhältnis zum Herrn allein betont
ward, um so angelegentlicher mufste man an der persönlichen Bindung der
Dienstpflichtigen festhalten.
Und sie ging noch bis über die erste Hälfte des Mittelalters hinaus ganz
regehnäfsig soweit wie nur denkbar. Der Herr konnte den Ministerial ver-
tauschen und sonst veräufsem, freilich nur mit seinem Dienstgut und Lehn-
besitz®, und er blieb in dieser Freiheit ohne jede nennenswerte' Beschränkung
i) Vgl. z. B. das oben S. 179 über die Vögte von Hunolstein Bemerkte.
*) S. UStift S. 831 Xo. 5: 5 scarhuven, qui tenentur dare somarium cum servo trans
Alpes et annuatim petitionem; femer a. a. 0. S. 881 No. 7: in SOlm scarhuve solvens 5 s.
-et petitionem et reUqua; und ebd. S. 346—7: 5 Scharhufen, neben anderen Zinsen dantur
in tertio anno 25 s. S. auch S. 864 No. 1 ff., und zu aUen diesen Nachrichten UStift
S. 322 No. 13.
^) Ces. UPrüm No. 1: omnes homines villas et terminos nostros inhabitantes tenentur
nobis curvadas facere; non solum mansionarii verum etiam scararii, id est ministeriales , et
haistaldi, id est qui non tenent a curia hereditatem, quia habent communionem in pascuis et
aquis nostris.
*) S. die oben S. 877 im Text mitgeteilte Stelle aus Scheckmans Lehnspiegel D 2. Zur
Freiheit der Ministerialen von landesherrlichen Abgaben s. v. Below, S. 25 f.
^) G. 2, 376.
*) MR. ÜB. 1, 458, 1128: Udo cum esset liber ac nobilis et diem extremum imminere
sibi videret, iiiinisteriales suos, quos imbeneficiatos habebat, beato Martino et Mogontino
archiepiscopo contradidit, predia vero sua cum colonis et mancipiis censum persolventibus
sancto Christophoro in Revengeresburc. Nach dem Tode behaupten die Mönche von Raven-
gicrsburg. quod [ministeriales] de prediis monasterio coliatis plus equo, plus quam domino
[GnmdJieiTÜchkeit und Vogt^i. — 1174 —
seitens geiner Miuisterialität ' , wenn man auch gerade Ministerialen deshalb
ungern veräiifserte , weil man militärischer HUlfskraft nit'ht leicht entraten
mochte ^.
Dieser Verfüpungsfreiheit des Herrn Aber die Person des Ministerialen
entsprach natürlich eine sehr weitgehende Beschränkung der persönlichen Ver-
fllgungsfreiheit des Ministerialen selbst. Zunächst war es ihm auf keinen Fall
gestattet, sein MinisterialverhiÜtnis durch Übertritt in einen anderen Rechts-
kreis zu alterieren oder gar zur einseitigen Aufhebung zu bringen; noch im
15. Jh. ist ihm das verboten". Milder sah man nur fiinen, und allerdings
den häutigsten Fall des Übeitrittes in einen anderen Rechtskreis an, die Ver-
heiratung. Das begreift sich. Mit seltenen Ausnahmen fand die Heirat unter
8110 vivente tenuerint, in beneficiom EÜii UBurpaverint Aus späterer Zeit s. MB. HB. 8, 104,
1280, Urkunde K. Heinricbs VH.; coi'am nobiB a dilecto principe noaCro Theoderico Treve-
renBt archiepiscopo necoon snb frequeotia impcrii et eiusdem eccieeie ministeritLliuin rommu-
tatio quedam facta est de Gerardo de SinMge et Theoderico de Valendcre, ita quod Gerar-
du3 de Sinzcge, qiii priaa fiiit ministerialis Treverensis ecriesie, deincepB imperio pciiüieat,
el Theodericus de Valecdere, qui prius luit ministeriolia imperii, in recorapensatiooeiD
Trevercnai ecciesie cedat. Kindlinger Hörigkeit S. 281. 1256, Aiislausch von Ministertaleu
zwistien dem Entstift Trier and den Grafen von Arnsberg; cum propter distantiam loconim
(juidam njnisteriales nostri ad nos venire non poesuit, iit nobis fidelitatem faciont debitam
et consiietam, zum Taiisdie dilecto minieteriali nnetro L. militi diclo de MiCteldona damus
[der Erzbischof) plenariam polcBtatem, quatenus vocatis miiiisterialibus nostris scuileto scabinia
et civibus de Ahtendeme universis coram ipsiä «acnuueunuu iauaut fdiu eingctouschtcu
Ministeriuleu] prestite fidelitatiB, et super hoc eomin recipiat patentes litteras.
'J Vgl. dazu .MR. ÜB. 8, 3, 1213, ciL oben S. 876 Note 1.
•) Vgl. schon MR. ÜB. 1, U8, 880, CiL oben S. 809 Note 8; ferner MB. ÜB. 1, 814,
1041, cit. oben S. 876 Note I; MR. ÜB, 1, 324, c. 1045; MH. ÜB. 1, 338, 1052, dt oben
S. 1167 Note 2;" MB. ÜB. 1, 580, 1084, cit. oben S. 708 Note 1; MB. ÜB. 1, 382, 1082 bis
1084: Abt Dietrich von SMaximin hat zur Zeit Heinrichs III. niultis precibus ab eodem
convictUE maximum bonuni de Brechine [Brechen] cuidam fideli suo A. nomine non sine
multia lacriniis . . usque in iinem dunitaxat vite sue zu Lehen gegeben (prestiterini), aus-
genommen die gervientes, quos domna W, , dum ipsam cnrteni sancto Maximino tradidit,
habebat, quos scaremannos vocamus: qui cum 20 mansia lerre a noliis relentj sunt et nulla-
tenus ipso beneficio adiu>cti. bii enim nohis in curte sancti Maximini, et ubi opus fuerit,
cnm celeris nostre famllie militibus servire debent, nullique advocato vel domno debent
obedire nisi nobis, nee alicuius ni^i parium suorum subiacere iudicio. nomina eorum sunt
hec: A. et B. cum 3 fratrihus eonun; E. cum clerico uuo; U. 0. M.; I. cum filiis suis, et
alii complures. Aus späterer Zeit s. noch Lac. ÜB. I, 163, 253, 1096; MH. CB. 1, 396,
c. 1098; 482, 1135; wohl auch MR. ÜB. 2, 298, c. 1200.
*) Cart. Clairefontaine 202, 1424, Regest: Hantz van Parsperch, chcvalier, droEsard du
duchä de Luxembourg et du coml^ de Chiny, constate que dame Marie de Smelle, abbesse
de Bardcnbourg, a d^clar^. en son nom et au nom de son couvent, que leur vassat Henri,
fils de Heinen maire de Nordange, a quittä son village pour aller s'etablir k Arlon. La, en
präsence de Jean de Messancy, prevöt de Chiny, de Pieixe de Mourstorfe, sousprävöt
d'Arlon, de Jean de Serainchamps et de Jean de Busteiden, echevins d'.Arlon, un arrange-
ment est intervenu en vertu duquel Henri pourra continuer de roster a Arlon : mais svs
beritiers seront et rcsteront vassaux de l'abbaye.
— 1175 — Soziale Gliederong.}
Ebenbürtigen statt ; es handelte sich also um Verbindung zweier Ministerialen
verschiedener Dienstherren. Die Veranlassung zu solchen Verbindungen mufste
bei benachbarten Ministerialitäten beiderseits eine ziemlich gleich starke sein;
es stand also bei gegenseitigem Entg^enkommen der Dienstherren nichts im
Wege, solche Verbindungen zuzulassen, da Vorteil und Nachteil sich für die
beiderseitigen Interessen auf die Dauer ausgleichen mufsten. In der That kommt
man allmählich immer mehr zu dieser Anschauung. Verabredet man anfangs und
vielfach auch noch später zunächst nur die Zulassung von Heiraten verschieden-
herriger Ministerialen im Einzelfall^, so tritt doch zumeist, bisweilen unter
kleinen Rechtsnachteilen im Falle von Mischehen^, an deren Stelle bald eine
dauernde Abmachung. Da wird dann wohl zuerst vertragen, dafs die aus
der verschiedenherrigen Ehe zu erwartenden Kinder unter die Herren geteilt
werden sollen®; später wird man liberaler, die Kinder bleiben gemeinherrig
und ungeteilt*. Aber diese letzte Verabredung bedeutet schon eine Abweichung
^) Joannis 2, 788, 1092: ego Noth serviens sancti Albani [Mainz] accepi uxorem de
familia sancte Marie Auguste civitatis, nomine Crimhilt, natique sunt michi ex ea 8 filie et
1 ülius. duobus igitui*, ne exhereditarentur predio meo, tradidi deo et sancto Albano . •
mansum 1 in Germeze, mansum 1 in Dietesse, mansum 1 in Nezebach, mansos 2 in Larheim
et in inferiori Nesene, et 2 molendina, ea conditione, ut liberi mei in hereditatem ab abbate
suscipiantur et ad anniversarium diem meum perpetualiter ipsi et posteri iUorum 80 d., et
30 d. ad anniversarium diem uxoris mee solvant. interposui etiam, ut pro hoc bono nuUum
placitum adeant nihilque ad Stipendium advocati inferant; et posteri illorum, qui sibi here-
ditatis iure in hoc predio succedunt, simili lege sint liberi et ab omni servitio absoluti [so
z. 1. f. advocati]. si autem supradictum censum supersederint, tunc incidant in iudicium
familie abbatis, scilicet que est in curte Nesene, secundum leges illonun, et pro negligentia
sua satisfacere cogantur. MR. ÜB. 8, 1227, 1253, Urkimde des Herrn von Isenburg und
Heinrichs Herrn von Kobem: nos ad petitionem Cunzonis de Hunhusen, vestri ministerialis,
et Ide, uxoris sue, nostre ministerialis , suorumque amicorum medietatem puerorum, quod
vulgaritcr dicitur kintgedinge, vobis donamus in pueris dictorum C. et I., quos iam habent
vel in postenun insimul generabunt, supplicamus insuper vestre dominationi, quatenus dicte
Ide suisque pueris cum bonis , que dictus C. eius maritus a vobis «tenet in feodo ministeriaU,
gratiam facialis. Über Vergleiche bei Mischehen von Ministerialen verschiedener Herren 8.
auch Siegel, Dienstmannen S. 45 ff.
-) MR. ÜB. 1, 483, 1135, SMaximin: si quis ministerialium ecclesie extraneam uxorem
duxerit, tilii eius predictum servitiimi [gewisse Einnahmen bei Abhaltung des Dienstdinges,
welches zugleich Heerschau war], quod pater eorum, quia ministerialis ecclesie erat, habuisse
videbatur, non habebunt femina ministerialis ecclesie si viro extraneo nupserit, filii eius
propter conditionem matris predicto servitio non privabuntur.
8) MR. ÜB. 8, 133, 1220, Friedrich II. für Oberwesel und Schönberg: ut inter mini-
steriales de Sconcmburch Magdeburgensis ecclesie securius matrimonia contrahantur, statuimus,
ut sive ministerialis imperii ducat ministerialem ecclesie, sive ministerialis ecclesie ducat
ministerialem imperii, sive filios sive filias procrearint, inter imperium et ecclesiam equaliter
dividantur, ut videlicet imperio medietas et ecclesie medietas pertineat puerorum. quodsi
forsan de aliquo matrimonio provenire contigerit solam prolem, illa sive cedat imperio sive
ecclesie, per aliam, ubi locus fuerit, oquipollentem in divitiis et honore parti alten com-
pensetur. Ganz ähnlich schon Heinrich VI. für die Reichsministerialen und die Mainzer
Dienstmannen, s. Guden. 1, 312, 1192.
*) MR. ÜB. 3, 1042, 1250, Urkunde Konrads, Erzbischofs von Köln:' nos de consensu
[Grunriherrlichkeit iinil Vtiglri. _ 1176 —
vom alten Prinzip : wie konnte das straffe Dienstverhältnis gettenüher mehreren
Herren aufrecht erhalten lileihen, denen man doch schon nach hihliechem Aus-
Bpruch nicht zugleich dienen kann? Noch mehr mnfete die alte jiersonale
Gebundenheit verloren stehen, wenn derartige Verabretiungen zwischen den
verechiedenen Dienstherren immer siewöhnlicher . ja schliersHcli die Resel
wurden. Eben dies trat mit dem Ende des 13. Jhs. ein : mit diesem Moment
hatten die Ministerialen eine Freiheit erreicht, welche ihnen jegliche oder
nahezu jegliche Heirat innerhalb ihres Standes ennöglichte , d. h. sie waren
frei geworden innerhalh der Grenzen des all)ieniein geltenden Prinzips der
Ebenbürtigkeit'.
Aber noch behielt der Hen^ tias freie Wri'ügungsrecht ttlwr Pei-son und
Besitz*. Indes auch hier tritt an der Mosel mit liem Schlüsse des 13. Jhs, eine Ab-
schwilchüng auf : bis daliin hatte man die Personen veräufsert, jetzt veräufeerte
man nur noch das Treuverhilltnis derselben — von dem Gesichtspunkte des Dienst-
verhältnisses wurde abgesehen. Damit aber war das ministerialische Verhältnis
auf das allgemeine Lehnsverhältnis reduziert". In der That ist dies schon
die allgemeine Anschauung des l>eginnenden 14. Jhs.; im J. 1318 läfst sich
prionun et ciipituli noatri maioris eccieeie Colonieimis luiniKteiialea bA dominiuni Ruspe tt
Wide pertineotes. quos pro indiviso cum suis pusteiis Henriciis burggroviiis Cnlünienais et
G«rsrdu8 vir DObilia dominus de Wild«nberg cum uoliili domioa Uoclitilde quaudauk atmi'
tuBs Sainensi et Guis progenitoribus hactenos hafanerunt, eisdem illos dimittanua in postemm
pleno iure, est enim hactenoa obsermtoin inter predictos, cuiuEcunque mbisterittlis cum
ministeriali atteriis coDlr&serit, proles erit hinc inde communiB et indivisa. quod ius eisdem
recognoscenius . nee ipsb in ei§dem miuigterialibafl aliquod impedimentum vel iniuriam de
cetero facienms.
') Wie aebr im 14. Jh. die Abgrenznng der ehemaligen Tenduedenhenigen Mini-
sterialitäten schon verwischt aein konnte, zeigt der Umstand, dafs der Nachweis der Zu-
gehörigkeit zur Kröver Minieterialität um diese Zeit mit einem Siebenereid erbracht werden
mufste, Tgl. WKröv, G. 2, 376: wie sich des reichs und sancl Peters diensUeude beboeseraen
sullcn. ob man inen nit glauben enwulle noch gewist hetten, das sie dienstleude weren,
weiset der scheffen, das sie das beiprii^n iind beweren siillen selbsiebenten, die ir mommen
und mommen kinder sein als von moder halb, die dessellien kundes und Ireiheit si; und
sullen die eide thun ungeverlich alle de» tags, als lange die sonne nit nndergangen ist.
*) Vgl.Honth. Hist. 1,748,1263; Cod. Salm. 467, 1277. Veraufaerungen von Ministerialen
bis zur Mitte des 14. Jhs. stellt zusammen v. Below, S. 12 Note 42, vgl. auch S. 15 Note 51.
") Man vgl. die Ausdrucksweise der beiden folgenden Urkunden: MR. ÜB. 3, 967,
1248, Urkunde Heinrichs Herrn von Heinsberg: dedi eisdem tideles et ministeriales onines
alios, quos ego habeo ex parte mei patris, ita quod hcc omnia bona habcant sil)i et sint
eoram domint, ipgique et eorum commune» liberi eaden possideant heredit^rie in perpetuum.
item dedi eisdem fideles et vasallos, qui attinent mee parti, qiiorum homagium et serritinni
emerat dilectus mens avunculus bone memorie Henricus comes Seinensis, scilicet ens tantuni
qui nianent ex ea parte Moselle, qua situm est castnim Kestelun [Kastellaun bei Sitnniem|.
Lac. ÜB. 2, 927. 1292: nos EberhaiiJus comes de Katzenelenbogen . . juo nobis et cognatis
nostris super fidelilate seu homagio, quo nobis quondam Tb. E. miles sfu cognatis nostris
erat nstrictus seu eius liberi nunc sunt astricti, resignamus et eiTestncanuis per presentcs et
damus ipsam fidelitatem nobili viro comiti Adolpho de Monte per piesentes, eo quod ipso
dominus A. comes noliilis dedit Hentzonem de Gerhard este in militcm suum fideleni cconverso
in nostrum castellanum. Vgl, dazu femer Hennes ÜB. 2, 317, 1292.
— 1177 — Soziale Gliederung.]
jemand vom Trierer Erzbischof in das Trierer consortium ministerialium et
vasallorum aufnehmen, er wird ministerialis et vasallus^ Es giebt keinen
Unterschied mehr zwischen Vasall und Dienstmann; die alte Unfreiheit ist
abgestreift, die Ritterbürtigkeit erworben; als Lehnsmann rangiert der ehe-
malige Ministerial unter dem niederen Adel des neugebildeten Territoriums *. —
Wir habep nunmehr die Erörterung des ersten auf S. 1152 aufgestellten
Gesichtspunktes abgeschlossen: es hat sich ergeben, dafs sich Reste der alten
Freiheit seit dem 1 2. Jh. nur noch in der Umwandlung zum Adel, Reste der alten
Unfreiheit bis ins 13. Jh. nur noch in der Umformung zur Ministerialität hielten.
Wir schreiten jetzt zur Untersuchung des zweiten, aus den Anfangs-
betrachtungen dieses Teiles gewonnenen Gesichtspunktes fort: wie verlief die
Einwirkimg der Grundherrlichkeit und Vogtei auf die ländliche Standesbildung?
Die frülier in dieser Form gestellte Frage läfst sich jetzt mit Hülfe der
jüngst gewonnenen Anschauungen vereinfachen. Wir wissen jetzt schon, dafs
Markhörigkeit und Vogthörigkeit schliefslich mehr oder minder den Charakter
der Grundhörigkeit annahmen: die letztere ist das überwiegende Fennent.
Demgemäfs wird es genügen, die Einwirkung der Grundhörigkeit zu ver-
anschaulichen; ihr analog, nur nicht so früh entwickelt und weniger scharf
ausgeprägt verlaufen auch die Einwirkimgen der Mark- und Vogthörigkeit.
Und auch für die Untersuchung grundhörigen Einflusses können wir an
frühere Erörterungen sowohl dieses wie des ei-sten Teiles des vorliegenden
Abschnittes VIT anknüpfen. Da hatte sich ergeben, daJs schon bis zum
Schlufs der Karolingerzeit eine Fusion ursprünglich freier und ursprünglich
unfreier Elemente innerhalb des Grofsgrundbesitzes stattgefunden hatte, deren
Charakter durch die Entwicklung grundhen-schaftlichen Obereigentums und
grundherrschaftlicher Vertretungsgewalt vor Gericht bestimmt ward. Dem-
entsprechend standen innerhalb der durch Fusion neu entwickelten Klasse der
Gnmdholden die Pei-sonen unter der gerichtlichen Vertretungsgewalt, deren
Eigentum unter dem Obereigentum des Herrn. Konsequenz dieser Stellung
war es, dafs die Grundholden nach aufsen hin, bei Delikten, durch den Herrn
gerichtlich vertreten wurden^, und dafs sie für den Vermögensverkehr beson-
deren gnmdhenlichen Gerichten mitergeben wurden, welche ftlr diesen Zweck
mit den einzelnen Fronhöfen verbunden waren. Dabei beschränkte sich der
Vermögensverkelir eines Grundholden selbstvei-ständlich auf die Grundherrschaft,
ja zumeist wohl auf den besonderen Fronhof, von dessen Gericht er ressortierte.
') Bd. 8 No. 94, 1318.
^) Deshalb kann der alte Titel sich immerhin noch länger erhalten, s. CRM. 3, 572,
1379 , Urkunde K. Wenzels : alle unser und des heiigen richs manne, burghmanne und dienstlude,
in wilchme adel oder State si sin oder weren . . zu Sintzigh. — Ueber die Möglichkeit, dafs
Ministerialien schon Ende 18. Jhs. im Besitz der Ilochgerichtsbarkeit sind, s. Siegel, Dienst-
mannen S. 267 f. ; V. Below S. 30 Note 102.
') Da wo die Grundherren es zur Immunität bringen, ist deren schliefsliche Konsequenz
natürlich eine Inkorporation dieser Yertretungsgewalt in die Grundherrlichkeit Auf diesen
Unterfall, wie auf seine vogteiliche Analogieen ist hier nicht einzugehen.
Lamprecht, Dentichei Wirt8chaftsIeb«D. I. 75
[Gnindlierrlicbkeit iind Vogtei. — 1178 —
Kein Zweifei, dafs diese Entwicklung, wie sie sich im 10, Jh. voll aus-
gestiiltete, ftlr die ehemals unfreien Teile der Gruiidholdeu einen ganz au&er-
ordentliehen Fortschritt zur Freiheit bedeutete. Aber dieser Fortschritt ward
freilich durch Deterioration der alten freien Elemente der GrundheiTschaft
erkauft'. Und aufserdem brachten die alten unfreien Elemente in die nunmehr
alßchliefsende Fusion doch eine Anzahl von Einrichtungen ein, welche, wenn
aucli in starker Ahschwftchung , so doch immer noch an die alte Unfreiheit
erinnerten.
Diese Hinrichtunpen laufen, entsprechend dem Charakter der Unfreiheit,
scblieralicb alle auf die Bindung der Person hinaus, mag diese nun zu
materieller oder zu unmittelbar personaler Abhängigkeit führen. In ei-sterer
Hinsicht stofsen wir auf die persönliche Abgaljenpllichtigkeit des Gnindholden,
wie sie, liemhend auf einem ursprünglichen Eigentum des Herni am Besitz
des Unfreien, ihi-en Ausdruck fand in der auf den Jahreswechsel periodisierten
Abgabe des Kopfzinses sowie sonstiger Jahreszinspfl lebten, und in den auf den
Generationenwechsel periodisierten Abgaben des Empf^ngnisses und der Ert»-
gebOhr. Die mmuttelbai-e personale Abhängigkeit des alten Unfreien aber
spiegelt sich noch wieder im grundherrlich begrenzten FamilienrecJit und
im grundherrlich begrenzten Gerichtsstand des Gnindholden: beiden liegt die
einst unbeschränkte Verfügunfffifreibcit des Herrn Über den Unfreien zu Gninde,
welche uisprünglich in einer absoluten Veräufserungsfähigkeit — also der Durch-
brechung der Familienbande — , und in einer absoluten Diszi])Iinargewalt —
also der Negierung jedes Gcriclitsstan{le8 — zu T^e trat.
So sind es die Elemente der [lersönlichen Zinspflicht, speziell <ler Kopf-
zinspflicht, und des Enipfilngiii&ses sowie der Erbgelillhr. der familienrecht-
lichen Bindung und der Beschränkung des Gerichtsstandes unt«r gel^ent-
') An der Mosel werden Freie in den Grandberrscliaflen (ingcniu, Franci, auch coloni.
8. L. Alam. I, 83, MGLL, 8, 48; Cap. min. 792 vel 786, Boretiiis S. 67, c. 4; Ed.PisL 864,
c. 30, MGLL. 1, 495—6) regelmäfsig nicht länger als bis ca. 860 genannt, vgl. MR. ÜB. 1,
7, 706; 9, 721; 28, 775; 48, 815; 57, ?26; 62, 886; 95, 860. Später findet sich der .\U3-
druck coloDus wohl in so prägnantem Sinne nur noch MR. IIB. 1, 458, 1128: Jemand schenkt
an Ravengiersliurg prediu . . sua cum colonig et mancipiis censuni persolfentibus. Vielleicht
gehört hierher aber auch noch Mon. Boica 28», 495, 1021, Urkunde Kaiser Heinrichs U.:
colonig, qui inhabitant vel postbac inhabitabunt praedium (in Boppard, das jetzt an Bamberg
geschenkt ist) . . omne dehiCum, quod hucusque curtl nostrae per^olvebant , araturam scilicet
et si quae alia de fisco ab eis exigebantur . . perdonamus et ab huiusmodi debiti tugo
absolvimus. Und jedenfalls werden die Ausdrücke colonus, colere usw. auch später noch mit
Vorliebe auf freiere Landnutzung bezogen, vgl. MR. ÜB. 1, 14, 762—804, eicolere vcl colla-
borare, mit MR. ÜB. 1, 568, 1152, eolere; Ann. d. hist. Ver. f. d. Kiederrh. 9-10, 255,
1163, colonus; MR. ÜB. 2, 99, 1164-1189, tenere iure colendi; UStift S. 394 Morzig, 397
Serrig, 414 Osburg; Cesarius zu UPrüm S. 180 Note B, cit. oben S. 910 Kote 11 (auf S. 911);
MR. ÜB. I, 342, 12a5, ciL oben S. 907 Note 3, hereditario iure colere; MR. ÜB. 3, 419,
c. 1230, colere et inhahitare; MR. ÜB. 8, 445, 1231, tenere et colere. Vgl. auch Bd. 3
Wortr. u. d. W. colonus, sowie Waitz, Vfg. 5, 201.
— 1179 — Soziale Gliederung.]
lichem Eingreifen grundheiTlicher Disziplinargewalt, welche der Gmndhörigkeit
noch aus den Zeiten alter Unfreiheit anhaften: sie galt es zu zerstören,
wollte man aus dem etwa mit dem Beginn des 10. Jhs. völlig durchgebildeten
Stande der Grundhörigkeit zu weiterer Freiheit fortschreiten. Der Kampf
gegen diese Elemente umfaßt nun etwa die nächsten drei Jahrhunderte, und
er wird je nach dem Charakter der einzelnen unfreien Elemente verschieden
geftlhrt. An der Zinspflicht, dem Empfängnis und der Erbgebühr haftet das
Moment der direkten materiellen Leistung ; es mufste möglich gemacht werden,
dieses Moment besonders zu betonen, von diesem Gesichtspunkte aus die
Leistung auf den Grund und Boden zu radizieren und damit die Personen als
solche zu entlasten. Familienrecht und Gerichtsstand des Grundholden da-
gegen waren hofrechtlich gebunden: Heirat und Dingpflicht innerhalb der Ge-
höferschaft bildeten die Hauptforderungen dieses Systems. Hier kam es darauf
an, die hofrechtliche Bindung direkt zu sprengen, also Heiratsfreiheit aus dem
Hofe und landrechtlichen Gerichtsstand vor dem Gericht, in dessen Bezirk der
Fronhof lag, zu erwirken. Das waren aber Ideale, welche auch im späteren
Mittelalter nur hier und da, und meist auf Umwegen und in eigentümlichen,
später zu besprechenden Formen erreicht worden sind. Im allgemeinen ver-
schwanden die Zusammenhänge der personalen Bindung nm- dort völlig,
wo ein förmlicher Bruch mit den alten grundhörigen Verhältnissen durch
Einführung freier Pacht stattfand; wo dies nicht der Fall war, kam es
nur zu partieller Lösung. Der hauptsächlichste Grund für diese unbefrie-
digende Entwicklung ist in der Art eines Vorgangs der Befreiung selbst, näm-
lich in der Abwälzung der persönlichen Zinspflichten auf den Grund und
Boden zu suchen. Die Radizierung der ursprünglich persönlichen Lasten auf
den Grund und Boden führte nändich ohne weiteres zur Bindung der persön-
lich entlasteten Grundhörigen an den Grund und Boden : die Adscriptio glebae
ist eben ein Moment dieses an sich persönlich befreienden Vorgangs. Durch
die Bindung an die Scholle aber waren die Grundholden nun freilich dem
Getriel)e der Fronhofsverfassung in einer Weise eingefügt, welche die Lösung
der familienrechtlichen und der gerichtlichen Bindung nur schwer gestattete —
sie nur dann völlig gestattete, wenn man sich in irgendeiner Alt, meist durch
Abkauf oder Flucht oder durch Allodifikation des grundhörigen Bodens oder
endlich durch Übergang aus grundhörigem zu freiem Pachtverhältnis der
Fronhofsverfassung völlig entzog. In allen diesen Fällen gewann man persön-
liche Freizügigkeit: so dafs sich denn in dem Besitze freien Zuges auch im
späteren Mittelalter wieder, wie einst in der Urzeit, die eigentliche Giiindlage
der Freiheit ausprägt. Das Losungswort, in welchem man mithin, stärker
vornehmlich seit en-eichter Glebae adscriptio, d. h. spätestens seit dem 13. Jh.,
die Überwindung der alten Grundhörigkeit sucht und zusammenfafst, helfet
Freizügigkeit; in der Forderung der Freizügigkeit sind die beiden älteren
Forderungen freien Familienrechts und nicht grundhörig gebundenen Gerichts-
standes ohne weiteres mit enthalten.
75*
[Grundherrliclikeit imd Vogtei. — 1180 —
Wie man sieht, sind die Vorgänge, welche man unter dem Titel rier
grundhörigen Emanzipation zusauinienfassen könnte , keineswegs einfacher
Natur: sie können es auch nicht sein, denn sie gehen aus von der Fusion der
beiden absolut entgegengesetzten Standesbegriffe alter Freiheit und Unfreiheit,
und sie verlaufen innerhalb der Fronhofeverfasfiung , welche von vornherein
und an sich schon verwickelte Verhältnisse umfafste, sich zudem aber im
Laufe der, Jahrhundeite überdauernden Emanzipationsvoi^änge sellist zu stets
komplizierteren Bildungen abwandelte. Es schien daher angemessen, ei-stjuals
die allgemeinen Züge der Entwicklung zusammenzufassen, ehe, wie nunmehr
geschieht, zur genaueren Erörterung der Einzelerscheinungen geschritten winl.
Die einfachste Frage, welche zeitlich wie sachlich zuerst aufgeworfen
werden mufs, geht auf die allitifililidio Tiiateriello Bindung der personalen Zins-
j>äii:ht au deu Gniud und Bodeu und doivu Kuii^equuuzeii.
Zunächst von deu auf Jahresvechsel periodisierten Zinspflidtteo, also
dem eigentlichen Kop&iius und deu sonstigen Leistungen. Auf diesem Ge-
biete ist die Radizierung der eigentUäien Abgaben , mögen sie nun in
Naturalien oder in Geld bestehen, uralt; schon in den ältesten Urbarau&dcb-
nungen Hudet sie sich durchgeführt ' und schon das karolingische urbariale
Aufzeichnungssysteni der Lasten nach Bufendnheiten beruht auf ihr*; denn
oft genug waren mehrere Familien im Besitz äiner Hufe, so dafs bei Ver-
zeichnung nach personaler Ziuspflicht die Hufe nicht hätte zu Grunde gelegt
werden können^. Auf eben dieser Thatoache der EadJaerung der Abgaben
beniht es, wenn schon im 9. Jh. von mansa plena*, späterhin von maust
plenariimi cenaum solventes oder plenicensuales und semicensuales' die Rede
ist. Seit dem 11. Jb. aber ist die Radizierung der Abgaben auf den Grund
und Boden zu solcher Höhe gediehen, dafs der leistenden Personen bei Er-
wähnung der Abgaben entweder gar nicht mehr oder nur völlig nebenher ge-
dacht wird'.
Dieser Entwicklui^ folgten aber auch die pei"sönlichen Leistungen,
Fronden u. dgl-, wenngleich hier gewisse Schwierigkeiten besonders im Fall
von Gesamtbesitz mehrerer Grundhörigen an ßineni Frondensubstrat eintreten
') S. Gii^ranl, Polyplique d'IrmiDon 2, 341, 706.
^) S. oben S. 779 und die dort Note 3 gegebenen Citate.
') Vgl. >IR. ÜB. 1, 832, 1042—1047 ; quia 60 mansionalia, que et ciirtilia vocitantui.
hereditarie dicuntur possidere, decretiin est, ut, qiianticumque predictoram curtilium poBses-
Eores fuerint, pinres vel pauci, singuÜB annis a singulis curtilibus 3 s. d., qui faciunt 9 Ib.,
in festivitate persohant sancti Paulini, et am. vini, que dicitur Pip|iini.
*) MR. ÜB. 1, 58, 844.
•) UWincheringen um 1200, MR. ÜB. 2, 363 f.; VSMnx. S. 448, Sledeni. S. auch
Düsseldorf i>t. A. Pant. Or. 30, 1199, cit. oben S. 872 Note 2.
«) Lac. ÜB. 1, 253, 1096; Ennen, Qu. 2, 106, 97, 1266; Bald. Kesselst. S. 194, 1328,
cit oben S. 886 im Text,
— 1181 — Soziale Gliederung.]
konnten^: auch die Fronden erscheinen schließlich, spätestens seit dem
14. Jh., radiziert^.
Nicht ganz so günstig verlief die BAdiziening des Eopfzinses. Teilweis
erhält sich diese Leistung im ^alten Sinne und völlig rein bis in späteste
Zeiten °. Indes wird sie doch auch, besonders seit in der Bede ein neuer
direkter Besteuerungsmodus gefunden ist*, vielfach radiziert und hält sich mm im
wesentlichen nur noch bei deiyenigen Grundhörigen, welche keinen Grund und
Boden besitzen, auf welchen sie veranlagt werden konnte*. Wo aber der
KopMns dingliche Last wird, da erscheint als Substrat der Last die Hofreithe
oder der Herd, kurz die Behausung des Grundholden®.
Schwieriger wie bei den im Jahreswechsel erhobenen Zinsleistungen
mufete wegen der Seltenheit des Falles die Badizierung bei den auf Gene-
1) S. oben S. 784 f., 790, 865.
2) Bald. Kesselst 8. 178, 1324, cit oben S. 868 Note 3; WTholey 1450, G. 8, 759:
so einicher man were, der 2 hobgoiter oder mehr fuirte, so derselbe daruf abstürbe, ist er
schuldig, sovil guiter als er fürt, sovil frönendienst und besthaupter und auch sovil coppel-
haus und burgwerk; so vil empfenger, so vil froenendienst, es seien hoifgueter oder schaft-
güter. S. auch oben S. 924 Note 1.
>) Vgl. Lac. ÜB. 1, 49, 88, 927, wohl auch MB. ÜB. 1, 211, 968: mansum unum et
dimidium cum servis censualibus in Feulen in den Ardennen. Femer s. MB. ÜB. 1, 287,
1008—1016, cit oben S. 920 Note 1; CBM. 1, 179, 1168; sowie WUndscheid 17. Jhs., § 8:
das sie alle jar fallen haben uf den hüben 22 mir. kom, und auf ieglichen köpf 2 Binger hl.
imd 22 s. habem.
*) S. oben S. 1098 f.
») 8. Lac. ÜB. 1, 86, 189, 1008; MB. ÜB. 1, 406, c. 1103. VermutUch gehört hierher
auch MR. ÜB. 1, 542, 1146: Konrad III. bestätigt die Klostergründung Amstein, sowie die
Schenkimg von Gütern an die Abtei, es sollen reliqua [Ludowici de Amstein] predia tarn
invia quam penia, tam saltuosa quam p],ana, prata, pascua decursusque aquarum, saltus
nemorum, piscationes, venationes ad hoc cenobium pertinere, et eiusdem loci homines ad
eandem curiam pertinentes virum videlicet 4 d., mulieres vero 2 perBolvere. hec autem sunt
nomina locorum ad ecclesiam predicte ceUe suo iure pertinentium: Seibach, Kirchtorf
ecclesia scilicet cum omni decima, Gozmirod ac Kebirlo, Weltrod, Hattinhusen, Salscheit,
Holdenrucke, tres hübe de Singobin, Brunenbach, due hübe de Pissenhophen , Neiven cum
vineis et silvis, AVezhe, Bubinheim cum ecclesia et omni eiusdem ville populo, una huba
alterius ville etiam nomine Bubinheim, que singulis annis 10 s. persolvit
«) S. Bd. 3, 140, 27, 1325; WNiedermendig 1382, G. 2, 491, cit oben S. 799 Note 6;
und WRemich 1477, G. 2, 241, die Bürger sind frei: wir wisen auch, das ein eclicher burger
dez hofs von Remich u. gn. 1. h. alle jar uf sent Johans dach baptista sin hertpennink schul*
dich ist, und dez des lantherren amptluden und dieneren, die darnach in den hof von Remich
geschickt werden zu heben, bezalen sol, so wie der herre den zu Lutzenborch und in
anderen friheiten dis lantz mit der müntzen heben dut, und uf sent Remeistag sol ein
eclicher burger des lantherren ampluden, die in dem hof von Remich darnach geschickt
werden, vorain siner husduren lieberen dri fetter hennen, und zu winachten sol auch ein
ieklicher burger des hofs von Remich u. gn. 1. h. einen hertpennink bezalen und sinen
ampluden lieberen, als auch in dem herzogthum von Lutzenborch gewonlich ist
[Gnindherrlichlieil und Vogiei. — 1182 —
ratioiienwechsel periodisiert^n Lasten, also bei dem EmpfUngnis und der Erb-
gebilhr, sein.
In ilei- That besteht die ei-ste Erleichterung, welche zunächst in der
Ei-bgangsbelastung riurchgeflihrt wird, auch keineswE'RS in der soforti?cn Radi-
zierung derselben. Vielmehr geht hier eine Abschwilchunj.' der Belastung
selbst voraus, welche auf immer geringere materielle Vorteile des Henn
hinausläuft und auf rechtlichem Gebiete in der Ablösung der alten Buteiluug
durch die jüngere Kumiede (Besthaupt, Toder, Niederfall, Heitinal, Bahren-
recht, Optimale, Capitale, Manus-mortua oder Mortemain') ihren Ausdruck
findet', .-in der Mosel und am Rhein speziell wini die Buteilung, welche
noch am Beginn des 10. Jhs. herrschend gewesen zu sein scheint*, in liegün-
stigten Orten schon im 13. Jh.", überall aber seit dem 14. Jh. vermieden*;
') Über das Verhältnis von Biitt'ü und Kiiniii'de hat Heusler, InstituiioneQ 1, 137 ff.
in lichtvoller Darstellung gplnindril ; si'iner .Sclieuiftlisiemni; der EntwiukluiiK oriiiitn jich die
Quellen des MoaellandeB Töllig ein. VgL übrigeiu auch Wtülz, Vlg. ä, 240 t. Zu ileii haupt-
sächlichsten Benennungen s. WHeimbach Weita Gladbach UT6: 8ol einer auB den scheffen
mit deiu lironen eu den erben kommen und ansucken, daß ue za galem genügen du beste-
baubt oder kmmut ausrichicn. *USHbx. 1461 BI. 81 ti; kunnoit ader besteh&oft, opiinulift
teutonice bestbaufier ader könnet, und ftholich *USM&x. 1484 BL 18>: optimalia Tulgariter
besthaufter. Optimalia capita statt des samt einfachen optimale findet sich 'Bald. KesselBt.
8. 208, 1329. Zu Toder s. WBeach bei Echtemach g 6; WBdingen 1669 § T; za Niederfall
VTKalhacher Tal 1349: von einem ieden mit fiter imd flamme ün dal N. gesewen ein best-
henpt, optimale, ins man nennet einoi neder&l; *Arch. SMax. 9, 1069, Tbaben: mandonea,
qusc lencntiir ius capilale sive niederfel; b. aoch Bd. 3 Wortr. n. d. W. niderral. Hertma]
findet sich ti. a. Bd. 3. 408, 9i, 1828, aovie ÜStift S. 408, Foretamt: 12 vaccaa coi^regabit
de animalibue moituoium, que bertmal vocantor; auch WRhens 1ST8, 0. 3, 780 Note 1,
gehurt hierher. Später verstand man das Wort wohl nicht mehr, s. WOppen 1730 % 5:
«an ein haupt in einem hauB zu Oppen abstürbe oder aucli sein stAt oder haushaltung auf-
geben oder aber in frembde landen abziehete , ist . . schuldig das besthaupt TOn einem bart-
maul. Bahrenrecbt findet sich WWaldbredimus 1545 § 12: barenrecht oder curmut; zur
Erklärung s. Wlgel 1537 § 13; s. auch Cesarius zu UPrüm S. 176 Note 1 (dazu WWirf
1565, cit. unten S. 1163 Note 6): quandocumque aliquis sive vir sive mulier de familia
eccleeie obierit absque berede, quod nos Tulgariter appellamus barlois, quod dominus abbas
ad opus sae ecdesie oninia bona sua debet confiscarc et eibi colligere. Für Capitale ius s.
•üSMax. 1484 Bl. 21b, Simmem u. DL; für Manus mortua USMax. S. 432 Mnnternaeh,
S. 436 Heinsei und Heisdorf; filr Mortemain Bd. 3 Wortr. u. d. W. ; ebd. sind auch noch
die yVW. eleciio pccudis und kumieide zu vergleichen. EigentOmllcb ist die einmalige Be-
zeichnung der Kunnede als Durzins in Hennes ÜB. 2, 210, 1271; zur Erklärung s. oben
S. 370 Note 2. Nach Kindlingcr Hörigk. S. 141 f endlieh würde die Kurmede seit dem
14. und 15. Jh. auch Erbteilung genannt Vgl. übrigens noch WRoden 1342 Einl., Lager
S. 229; WVabi 1479 § 15; WGedscheid 1491 g 23; WWiebelsheim 1498 g 8; WMettlach
1499 § 31; WMichelniiach 1514; WSteinheim 1669 g 18; WEdingen 1669 § 7; Wlrrel 16G9
g 5; WMeckel 1669 g 4 f.
*) Regino Caua. synod. II, 89, CoQC Tribur. 895.
») Lehnsbuch Werners II. v. Boland S. 16—17, cit oben S. 869 Note 2.
') 'Bald. Kesselst. S. 711, 1343 2. April, Walram Graf von Zweibrücken verepricbt
fUr Blieskastel: oueh ensullin wir nieman budeilin in der friheit noch in dem dal zu Castele.
— 1183 — Soziale Gliederung.]
nur in öinem Falle bleibt sie wie es scheint allgemein erhalten. So wo des
aptz eigenlude sitzen, sagt das WSimmem unter Dhaun 15. Jhs., und ein
man sinen ungenosen genomen hede und der man stürbe, dan mochte der
obg. herre die frawe budeilen^ Dabei findet sich das jüngere System der
Kurmede an der Mosel schon am Schlufs des 9. Jhs., freilich wohl noch als
besonders günstige Ausnahme 2. Aber bereits im 13. Jh. galt auch die Kurmede
als eine unwürdige, namentlich als eine vom christlichen Standpunkte aus
verwerfliche Leistung. Klassisch bringt das die folgende Erzählung des Cesarius
von Heisterbach aus dem Kloster Steinfeld in der Eifel zum Verständnis^.
Praepositus [monasterii Steinveldensis] ad unam grangiarum suarum venit, in
qua pullum equinum pulchrum satis vidit. de quo iamdictum fratrem, cuius
esset vel unde veniret, interrogavit cui cum con versus responderet: »talis
homo bonus et fidelis amicus noster moriens eum nobis legavit« ; ait prae-
positus: »utrum ex devotione vel ex aliquo iure legavit eum?« respondit con-
versus: >ex decessu illius emersit. nam uxor eins, eo quod esset de familia
nostra, iure curmeidiae illum obtulit-^ tunc ille movens caput respondit
verbum pium : »quia bonus homo et amicus noster fidelis erat, idcirco uxorem
eins spoliasti? redde eiigo feminae destitutae equum suum, quia rapina est,
aliena vel rapere vel retinere.^ Die hier gegebene Mahnung wurde nun that-
sächlich an einigen Stellen im grofsen befolgt, so wurde das Besthaupt z. B.
im J. 1232 für die Kasselrie Brügge aufgehoben*. An der Mosel ging man
freilich in dieser Frühzeit an keiner Stelle gleich weit *, doch kam es im Ver-
laufe der 2. Hälfte des Mittelalters überall zu Ermälsigungen , unter denen
namentlich die Bestimmung eine Rolle spielte, dafs die erben voraine das beste
heben [sollen], und darnach sal der (Grundherr) das beste heben®. Auch
Kindlinger Hörigkeit S. 456, 1360, Kindgeding zwischen Kloster Arnstein uud Johann vom
Steine: wanne di man sterbent, so ensal der vorg. her Johanne oder sine erben di wip
oder di kint nit budeilen, dan besteheubet mogent si nemen, ob si woUen.
1) Hier cit nach *USMax. 1484 Bl. 20*, vgl. G. 2, 145. Vgl. auch WKröv, G. 2, 875,
cit oben S. 181 Note 5.
') UPrüm No. 55: si quis obierit, Optimum, quod habuerit, seniori datur; reliqua
vero cum licentia senioris et magistri disponit in suos.
») Ces. Heisterb. Dial. mai. 4, 62.
*) Wamkönig 2, 159; s. auch Waitz, Vfg. 5, 250 f.
^) Aus später Zeit s. WTholey 1587 , G. 3, 787 : daß man von der leibeigenschaft im
obem hof Th. kein besthaupt schuldig seie.
«) *üSMax. 1484 Bl. 30», WMechem; vgl. auch ÜStift S. 394, Merzig, cit unten
S. 1185 Note 1; WLosheun 1465 § 10; WWelfried 15. Jh.?; WKonfeld 1547, G. 2, 102;
^VXeiningcnaltorf, G. 2, 48; WWirf 1565, G. 2, 617: so iemant stürbe, der bestattet were
von den lehenleuthen, so solle das bestheupt oder los bei der feurstat pleiben, und das zweit
dem lehenhem zu(fallen) uf genade. und so unbestat stürben, sulle man werfen an dem heim
mit einer geiß oder mit einem schafc, und solle der lehenman inwendich 30 tagen von dem
hem nit geiragt werden; diesem nach durch den hem beibescheiden werden, und so er dan
nit erschien, uf phare auspleiben. Von anderen Ermäfsigungen s. noch USMax. S. 448,
Eslingen 7c: defuncto mansionario tertia die heres corimedem in curti nostra coram villico
[ünindheiTlichkeit und Vogiei. — 1184 —
AbstufuDKen imievhalij der Kurmedpprticlit wui-deii zu offenbaren Gunsten
der Pflichtifieu getroffen', und diese Abstufungen und sonstige Erläuterungen
der Leistuu^tspflicht KiiiKPn bisweilen so weil, dafs die Abp:ahe als solche nahezu
illusorisch wTirde. So nach dem W Wetteldorf * ; hier soll der Schultheifs nach
des Mannes Tode der Frau unter Umständen nur einen dreistempliehen stul
nehmen, denselben auf der frawen hof tragen und ihn daselbst verbrennen,
damit sul die anue frau ihr churniuth an den henn bezahlt haben.
Aber freilieh trotz aller dieser materiellen Plnnilfsigungen blieb die Last
zunächst doch stets eine persönliche , sie erinuei-te inuuer noch an den alten
Status der Unfreiheit. Elieu dieser Charakter niufste ihi' nunmehr, nach
materieller und rechtlicher Abschwächung im ^'erlaufe ihrer ui-sprftnplichen
Veranlagung, genommen werden, sollte ein wesentlichei' Fortschritt eintreten.
Sieht man von wenigen Fällen ab, in denen sich eine Umwandlung der Kur-
mede in eine lokal abgegrenzte, also bezirkssteuerliche Abgabe nachweisen
läfst*, so erfolgte dieser Fortschritt durch dingliche Eadizierung.
adducit, et quonti valcat computattir. si in preseati vult, dat; si non, in domum redncit et
in trigettima die non deteriorem dabiL WCborweiler 160S, O. 2, 195: wem ein besthaupt
fUlig ist im lehen zu C. , hat er ein-pfi?rd das 10 gl. weit ist, so sol er der herscliaft 5 gt.
geben, allweg das lialbe ieü, es sei pferd kuh oder scLaf.
') WLeimersdorf 1559, G. 2, 648: angostalt was den herren geliüere von einem eur-
moedigen goit von demjenigen, der niüi veretorbeD h, was das vor ein curmuth geben sol,
sprecben die geücbwoiren : was Dahnmgh deijenigcr gebabt, der das eurmoedige guet lieseßen
und auch verstorlien, derselben sollen seine erben nach seinem doit auuli vor ein curmuth
gellen: das int also zu verstehen, so derselb seine nabrungh mit pfenlen gehabt, sol er das
beste |ifen1 vor ein curmuth darstellen; hat er aber kein pferd gehabt, sol er die beste kolie
Eum kurmuth geben; in buuuua das beute i|iuek er gehabt, sol vur die euimuth sein, sein
aber kein quick, sol man das curmuth mit dem besten kleid verbeßeren ader mit einem
ailbercn ploch, daß sein \-unf mr., und alles uf gnad. WKretz 17. Jh. g 7, G. 6, 606: da
der hüfer einen hofbau hette, nemblicb 31 morgen und zwei pferd vorhanden, aladan sie das
beste abstellen, das andere auf den hof bringen; wan aber nur dafn] eins vorhanden, sol
sie dassetb bringen, wo aber keins vorbanden und ein kube dabe were, solle sie dieselbige
bringen; und alsdan sol das ])ferd oder kuhe, welches sie dan bringen und darstellen wird,
durch die scheffcn geschetzet werden; wohe aber auch keine kube vorhanden, alsdau solle
sie den besten rock bringen; doch sol ihr derselbe mit sechs mr. zu lösen stehen, und der
hobsherr sol in allem sein gnad darbei thun. S. ancb WRoxheim, G. 3, 165.
>) G. 2, 536 Note I ; vgl dazu WBrorabach 1508 § 8; WNalbacher Thal 1532, G. 2, 24.
Weitere starke Naeblässe s. im UStift S. 403, Forstamt; si quis in bonis illis [den Hufen
im Forstamtsbezirk] decesserit, vidua accipiet melius iumentum, et postea dabit archiepiscopo
melius, et per annura ab omni iure erit exempta; dazu WSchillingen und Waldweiler
1549: Boten, Witt&auen und Erben, die das Eesthaupt in diesem Jahre geben, sind vom
Zina der Weihnachtshühner befreit S. femer 'USMax. 1484 Bl. 20ii, WSimmcm u. Dh.i
wanne awin beslossen weren in einer stiegen und nit zu weige und steige weren gegangen,
da sal man keine bestehaufte van heben.
') Hierher gehört wohl schon "Arch. SMaü. 9, 1086, Tbaben, 1353: onines homincs
ibidem sedentes sub dominio santi Maximini, quilibet eonun tenetur post mortem ins capi-
tale, quod dicitur vulgariter bestheuit. S. femer WBirresbom, G. 2, 526: weist der scheffen
dem bem von Prüm ein runden fueß vor eine churmot von dem freien gut, und ein geschlibteu
— 1185 — Soziale Gliederung.]
Nach der Wahl dieses Weges bestimmt sich aber fast ohne weiteres der
Zeitpunkt, in welchem die freiheitlichere Auffassung der Kurmede eintreten
mufste. So lange die Hufenverfassung noch wesentlich unversehrt bestand,
konnten die Henen kein Interesse an der Radizierung der Kurmede auf den
Grund und Boden besitzen, denn es trug für ihre Wirtschaft nichts aus, ob
die Last vom Hufenbesitzer oder von der Hufe geleistet wurde. Sobald aber
mit dem Verfall der Hufenverfassung die alten agrarischen Grundlagen ins
Schwanken gerieten und neue Güter von unabsehbarer Abstufung bis ins
kleinste hinein entstanden, da mufste es für die Grundherren von Wichtigkeit
sein, die Kurmedepflicht jedes, auch des geringsten Teiles grundherrlichen
Bodens zu betonen und auf diese Weise Aussichten auf eine fast imgemessene
Vermehrung der Kurmeden zu eröf&en.
Diesen Erwägungen entspricht der wirkliche Gang der Dinge. Noch am
Schlüsse des 12. Jhs. wird die Kurmede als spezifisch unfreie Peraonallast
angesehen, werden in diesem Sinne Verhältnisse in ihr neu geol'dnet^
Thatsächlich erhält sich auch ein giofser Teil der Kurmeden während des
ganzen späteren Mittelalters auf diesem Punkte ^. A]>er im Verlauf des 13. Jhs.
setzt sich nebenher und allmählich unter dem Eindruck des vollen Verfalls
der Hufenverfassimg eine andere Anschauung durch. Die Kurmede erscheint
nunmehi- als dingliche Last^, welche jedem kleinsten Teil grundherrlichen
fueß von deme hobsgiit. WDockweiler, 6. 2, 437: qiieme ein mensch das gericht gegangen
und ¥rürde krank und stürbe dabinnen, dem hem, do er binden stirbt, sol der mensch ein
koermoet geben. WUetterath, G. 2, 481: weisen auch, da ein wandelman zu roß oder fuiß
in dem kirspel Retterait verstorbe, sol er dem hem koermodig sein, doch ein gnedig ver-
dinknus. Zu dieser letzten Stelle s. UStift S. 419, Retterath: quicumque mansionarius in
eodem banno moritur, scultetus accipit meliorem bestiam; sed qui nullas bestias habuerit,
heredes eins 6 d. Colonienses solvent
1) Vgl. Lac. ÜB. 1, 456, 1176, cit oben S. 415 im Text; Westd. Zs. Bd. 8, Korrbl.
No. 122, 1198, cit oben S. 872 Note 3; UStift S. 894, Merzig: si aliquis colonus habuerit
2 vel 3 vel 4 mansos vel partcm mansi quantulamcumque, si vir moritur in manso, uxor eins
vel heredes ipsius primo accipiunt Optimum pecus, quod relinquitur a mortuo, vel optimam
suppellectilem, si non habet pecus; deinde dominus archiepiscopus accipit, quod melius est
si nee pecus ncc aliqua suppellex invenitiu* in domo mortui, uxor vel heredes maximam pen-
sionem dent pro pecore vel suppellectile, quam solvunt de manso uno tempore. Ebenso
a. a. 0. S. 394 Fitten, S. 395 Weiler, S. 396 Besseringen.
2) Aufser vielen späteren Beweisen vgl. Honth. Hist 2, 97, 1318.
») Lac. ÜB. 2, 569, 1266, cit oben S. 928 Note 2; Lac. L^. 2, 661, 1274, cit. oben
S. 928 Note 2 (auf S. 929); *üMünstermaifeld, Hs. Koblenz GXI*, Bl. 24*: zur Curia in
Kond gehören in Sivenich 5 mansiones, quarum quelibet solvit ius, quod dicitur niederval,
et in universo solvent 8V2 d. ; Aufzeichnung des Koblenzer St A. Ende 14. Jhs., cit oben
S. 799 Note 5; aus späterer Zeit sehr bezeichnend WSteinecken 1506, G. 2, 399, cit oben
S. 793 Note 2. *rMünstermaifeld Hs. Koblenz CXI» Bl. 25», Hof Sahnrohr: quilibet
masculus colens bona curtis in obitu suo tenetur preposito ius, quod dicitur dat bestheoft,
excluso uno meliori. WWeiher bei SGoarshausen 1543: wan einer zu W. stirbt, ist m. gn. h.
[GruniUieiTlieLkeit und Vogtei. — 1186 —
Bodens inhärent gedacht w-ird his herab zu Stücken, auf denen eben noch ein
(Ireisteniplicher Stuhl Platz findet', und erst im Verlaufe dieser neuen An-
schauung gewöhnt man sich daran , die Kadizierung speziell auf das Haus,
oder den Herd , jenes neue allgemeinste Veranlagungssubstrat des spätei'eu
Mittelalters, zu beziehen*. Eine solche Radizienmg tritt nun in Wahrheit
auch dort oft ein, wo die Quellen noch die persöidiche Kurmedepflicht anzu-
deuten scheinen, und unter ihrem Einflufs vollzieht sich zugleich eine sekun-
däre Bewegung, welche schon früher, liei Zeiten personaler Kunnedepflieht
begonnen hatte, die Ablösung und Fixierung des Besthauptes*.
ein beathanbt ver&lleD, ala manich bove, aU manicb bestluuipt; were nit huTer, gibt andi
kein beathtuibt Charakterbüscb ist WRhenB 1316, 0. 3, 760 Note 1: des goitahus hoflnde,
die da howelicb goit haut von dem vurg. goitzhuse, it sin ho&tede ader ander goit, wan der
eint stirbit, dat da ent&ngen halt dat goit, dan ist dem vuig. goitahnse ein besteheubit
vellich, dat da beisit ein beider, aa dat recbt und gewonlich ist
^) S. oben S. 625, M9, 865; vgL auch nocb WIrUch 1478: wüicb man so nl gnet
bait von dejii boif m I., dat man danif aetiea mag einen dristelligen stoil, wao der doita
halben abgeit, davon ist m. h. von Tri» erfillen dat best koermoet; fihnlicb WArgen-
Bchwand 148S g 6j WBoUendorf 1606 g S. Die Thatsache konnte nun auch so aoagedrOckt
werden, daCs man auch die mit miniinalen Grundzinsen belasteten Leute kunnedepflieht^
erklarte, s. WLindscheit 17. Jb. § 4: wer ein btsnacbthun giebt, wan der stirbt, giebt er
de» iiuikem ein besthaubt *üSMax. 1484 Bl. 18*, in Furfelt . . IS g. census: et omnes
Uli in Furl'elt danteg censos tenentur etiam dare optimalia, quod census, quos dant, sunt
Eignum subiectioniB domino abbati et suo iudicio . . propter heredttatem, quam possident,
jiertinentem domino abbati et suo iudicio. 'USHax. 1484 Bl. 20*, WSimmem n. Db.; wiaent
o::li die äcbefen, daS alle diqjbeiie, die dem apt zinse gebent oder schuldich sint, und veres
nit me dau einen ht. oder mi, er sie in- oder uswertigea, derselbe ist unsenn heren . . und
sime goitzbua, wauere er stirbet, schuldich zu geben ein bestbeupt van eime gespalden fuge.
') UStift S. 411, Officium dolabri, Pfalzel-Ehrang : solvitur hertnial una melior bestia,
quam habet quis in morte, quicumque habet danmm in prediciie bonis dolabri; qui
autem domum in eis non habet, bertmal non fiolvet; UMtlnstemiaifeld Bl. 24>, cit. oben
S. 1185 Nole S; WNalbacber Thal 1349: von einem ieden mit fuer und flamme im dael Nalbacb
gesessen ein bestheupt, optimale, das man nennet einen uederfal. 'Rodel Koblenz St A.,
Census in Gala 14. Jhs.: Thomas der Hase S bcxL cum dimidio vini de vinea Sf Leierkip,
et cuimedam de domo et area. WMettlacb 14S5, G. 2, 59: ieglich iiaus zu Besseringen uf
der fogdeien, auch uf der forsthoben, ist schuldig allezeit, wan das bet gebrochen wird und
ein mensch stirbt, das bestheupt S. auch WBech bei Echtemach § 6. WAbn 1626 g 13
heifsen die Pflichtigen geradezu haubt- und hausleute. Eigentiindich ist 'USMax. 1484
Bl. 20^: quicunque in predictis locis [wo der Abt Grundlehnherr ist] habet valorem 5 aut
6 s., ille, quando obieric, lenetur domino abbati . . ein bestbauft van eime gespalden fois ex
sua hereditale seu mansione in predictis locis. — Radizierung auf die Hufe findet sich nur
äufserst selten, s. USMax. S. 482, Mantemach 9c: die mansi zahlen pro mortuamanu tertiam
partem census. In diesem Falle bildet sich später eine llauptmannsthat't (Lebnstrftgerscliaft,
Durzinssystem) aus, vgl. WKalbacber Thal 1532, G. 2, 24; WSensweiler 1520 — 1550,
G. 2, 128.
*) Vgl dazu Waitz, Vfg. 5, 245. Das früheste Beispiel aus unserer Gegend ist wohl
MR. ÜB, 1, 514, ca. 1140; mansus quilibet in obitu possidentis qainque s. in redemptiooem
debet. Aus dem 13. Jb. vgl aufser Ennen, Qu. 2, 79, 66, 1219, namentlich US.Max. S. 432,
Mantemach: pro manu mortua tertiam partem cpdsus; S. 436, Steinsel: pro m. m. 14 d.;
_ 1187 — Soziale Gliederung.]
In dieser neuen Form, als dingliche und oft wohlbegrenzte Abgabe im
Todesfalle, erhält sich nun die Kurmede bei günstigen Verhältnissen das ganze
spätere Mittelalter hindurch und noch weit über dasselbe hinaus. Sie ist aber
in dieser Form kein Zeichen persönlicher Bindung mehr. Schon früh, von
jeher fast im Falle gnmdhörigen Besitzes Freier ^ seit dem 12. Jh. im Falle
ihrer Zulassung bei relativ freien Zinsverhältnissen* und seit eben dieser Zeit
wohl vor allem auch l)eim Wingertlehen * hatte die Kunnede einen Zug ins Frei-
heitliche erhalten: diese zunächst nur in besonders glücklichen Einzelfällen
vorhandene Neigung war jetzt allgemein geworden und trug in ihrer Wirkung
viel zur Lösung der alten Grundhörigkeit bei.
Weniger wichtig wie die Entwicklungsgeschichte der Kurmede ist die des
Empfängnisses oder der Vorhure vornehmlich deshalb, weil das Empfängnis
nie eine so niedrige spezifisch grundhörige Abgabe gewesen ist, wie etwa die
Kurmede: von jeher wurde es auch von Dienstlehen, z. B. den Meierämtem *,
und von Weinlehen* erhoben; und es hielt sich relativ lange auch noch in
der städtischen Entwicklung®. Nicht minder von Bedeutimg wird es gewesen
sein, dafs die Höhe der Empfängnisabgabe meist nicht allzu bedeutend war'';
das Gewöhnlichste waren ein paar Sester Weins ®, deren Verzehr sogar teilweis
der Hofgenossenschaft zufiel ®. Diese Umstände sicherten nun dem Empfängnis
S. 436, Heisdorf: pro m. m. tantum de rcdemptione, quantum census solvit mansionarius.
S. femer a. a. 0. S. 441, Kenn; S. 442, Fell; und anderweitig aus späterer Zeit *Koblenzer
KeUnereirechn. 1432 — 38: feria sexta post dominicam exurge pro quodam optimali in Irlich
a quodam paupere ad preces domicelli de Wida 1 fl. 6 alb. WRavengiersburg 1509 Thomasw.
§ 11, G. 2, 180: der man und frauw, die da sitzen in des closters gericht und das gotshaus
angehörent, ist iars schuldig 3 d., stirbt die frauw, sol der man geben halb so viel, stirbt
der man, so ist es die frauw entragen ir leben lang, und wan sie gestorben ist, so ist sie
ein Yogtmas schuldig, das sollen die freunt lösen mit fünfthalben s. hl. Lehrreiche Nach-
richten in dieser Hinsicht enthält namentlich das *USteinfeld, z. B. in einem Titel auf BL
99 »: Dit sint uns gotshuis kurmoedige leinguede in dem Mutscheit Die Relnitionen
schwanken zwischen 1 s. 8 d. und 4 s.
1) S. aus später Zeit noch Honth. Hist 3, 147, 1582, auch wohl WRapweiler 1547
§ 3, G. 2, 101.
2) S. oben S. 925 f., 961 Note 2.
3) S. oben S. 915 Note 4.
*) S. oben S. 770.
*) S. oben S. 907, 913.
•) S. oben S. 925 f. Der Trierer Abschreiber des UStift 13. Jhs., der um die Mitte
des 14. Jhs. kopierte, verstand das Wort Vorhure nicht mehr.
'') Besonders hoch erscheint UStift S. 427, Münstermaifeld: si quis moritur in manso,
ei succedens in eodem dat tantum ad vurehure, quantum dat census, scilicet 5 s. Doch liegt
hier schon eine Yerquickung mit der Kurmede vor, s. unten S. 1188. £inen gl. beträgt das
Empfängnis WKonfeld 1547 § 4.
8) Zwei Sester z. B. WAhn 1626 § 2, drei Sester *WThaben 1487, üSMax. 1484
BL 25^. S. auch *WHeisdorf, ÜSMax. 1484: wer erbschaft entsetz, der entsetz esubermitie
2 beier, ein halfscheit mins herren, das ander halfscheit dem gericht
^) WHeimbach Weifs Gladbach 1476: es gehet ein lebendiger aus und ein lebendiger
K«
[Gnindherrlichkeit und Vogtei. — 1 188 —
eine weitaus sicherere Erhaltung' als der spätestens seit Schluls des Mittel-
alters als Personallast allgemein verhaisteu Kunnede^; nur selten scheint es
zu direkter Radizierung des Enipfhngnisses etwa durch Unigestaltuiij: zum
Johreszins (jekommen zu sein^.
Dagegen konnte das Empfängnis nicht selten zur dinglichen Radizienmg
dadurch gelangen, dals man es mit der Kurmede vermischte. Von vornherein
mufste sich leicht die Anschauung ausbilden, dafs die Kunnede nicht Rest
eines nicht mehr verstandenen vollen Erbrechts des Hevm an unfreiem Nach-
lais, sondern vielmehr eine selbständige Belastung der Erben für den Erban-
tiltt sei: war sie doch jedenfalls von den Erben auszuzalden^. Die erste
Folge einer solchen Ansicht war, dafs man die Alternative zwischen Kunnede
und Enipfäi^inis stellte*; die zweite, dais man beide vei-mischte. An einzelnen
in, und der es empraugt umrs dem ragt geben ein letchmass weim, den boflieren eün viert«!
wein und vor 8 hl. weck.
') Man vgl. X. B. WMarodt 1532 (1575), G. 1, 839: was binnen den hoben ligt, das seind
entpfengliche guter, die sal kein man gebrauchen, das er driatemplichen stuel diof seuen
möge, er sal es entpfangen nn der bank, wie recht isL imd wan ein enpfangenc hAnt dotz
ballier abgeben wurde, so aal der ander lehenmim, der da zustat, das leben inwendig den
siebenten, und zu dem lengsten zu dem SOtn mit des Herren gnad entpfangen, oder in wetten
ertailen sein. WMayeii, G. 2, 482: da aucb jemanla wissig, daß einer oder raher burger
hoifeguit unentphongen besessen, dasselb sol er bei aidsptiidit anzeigen. S. auch W'^'inden
1465 g 8, G. 6, 748; WSteinheim 1669 § 10; ft-Meckel 1669 § 5; WWatlersheim,
G. 2, 536.
') Tgl. dazu die lehrreichen Notizen einer Äbtissin des Klosters SKatliarina bei Linz,
16. Jh., G. 1, 623-624: in dem stift von Trere iu der Eifelen nent man si bestheuft ader
kormoit, die sal man hefen na heider stift gewaeuheit, dal ist Coüen und Treie. ich hain
gehaefen anno 1500 zo Lins und buissen Lins penle koe swin ader dat beste cleit, und bin
ungehindert worden, wiewail etlichen darweder waren, und aucb wanne die irfcn ein kor-
modich goit verdeilen, sal ecliche deil uch vor einen grundberren haldeu und ein kormoit
geben; dies gewaenheit bricht auch der lanther. were sach dat uch dat kormoit mit arge-
liat und bedroche worde enifondeii, ist uch dat goit aengefallen. item es sin etlich lüde ge-
west, die unser eloister wolden in eren krenkeien umb dat kormoit bedregen, und gaefen ir
goit mit bedroich und argelist uf, den hain ich das kormoitgoit na erer krenkten genomen
Honder alle gericht. item do ich zo Bonne bin komen, hain leb nocli besser bescheit kregeu,
da nil pert noch koe euain alsdan moissen die frunde ader partigen uch ein silvem ploch
geben, dat ist 5 mr., zo dem allerkleinsten. S. dazu WLeimersdorf 1559, G. 2, 648, cit.
oben 8. 1184 Note 1.
■) S. z. B. Küster S. 47.
*) S. dazu WTJiedermendig 1435, ü. 2, 491 : were sache dat ein hofeman were, de sin
gut niet selver gewinnen künde, icd bede einen anderen leman, de bem sin gut wunne, ind
lege daenbinnen de bofsman neder ind stoirve, so mochte der scboltisse den l^nman pen-
den, de dat gut gewonnen het, vur sine kurmode, mit namen mit der bester koe, die der
l^nman hette. ind der lenman mochte dat hofzgut, dat he gewunnen bette, as lange in sinre
haut halden, bis die neisten erven dem l£nmanne sine kurmode gebessert betten, die he
darumb verloren hette. WLisaingen, G. 2, 598: dahe . . den kiudem ihre eltom abfielen, die
sollen bei dem scbultbeissen die erste sch&r zu thun Urlaub heischen und sich darnach mit
dem herren wegen des cburmuts empfangrecht und sonstigen vergleichen.
^) So sehr bezeichnend WTholej- 1450, G. 3, 759 : der Grundherr soll nemen ein best-
— 1189 — Soziale Gliederung.]
Nachrichten läfst sich verfolgen, wie eine Neigung in dieser Richtung bis zu
schliefslich voller Fusion führen konnte^: dann stand aber der Radizierung
des Kurmede-Empfängnisses nichts mehr entgegen.
Ein Rückblick auf unsere letzten Erörterungen ergiebt das allgemeine
Resultat, dafs spätestens bis zum 13. Jh. alle diejenigen Lasten der Grund-
hörigen dinglich gefafst wurden, welche auf den Jahreswechsel periodisiert
waren, und femer, dafs seit dieser Zeit auch die auf Generationenwechsel
periodisierten Lasten mehr oder minder in die gleiche Entwicklung ein-
lenkten.
Die unmittelbare Konsequenz dieser Vorgänge war die Bindung der
Grundhörigen an die Scholle: eben durch die Radizierung der Personallasten
kam erst vollends das zu stände, was wir Grundhörigkeit nennen. Wir sahen,
wie die Entwicklung in diesem Sinne bis ins spätere Mittelalter in vereinzelten
neuen Ausläufern andauert. Aber im ganzen war sie doch schon viel früher
abgeschlossen; sie charakterisiert recht eigentlich die erste Hälfte des
Mittelalters.
Der Beweis hierfür ist schon mit unserer bisherigen Untersuchung gegeben ;
sein Inhalt läfst sich aber durch Erörterung der Geschichte der Adscriptio
glebae zu noch gröfserer zeitlicher Präzision und umfassenderer Anschau-
lichkeit erheben.
Die ältesten Quellen bis zur Mitte des 9. Jhs. verneinen noch sämtlich,
hanpt, und wer dan das guit besitzen wirt, mag mit dem besthaupt ingane ane wine, tut er
das nit, so sol er den wein geben.
^) S. dazu WSalmerohr, 6. 2, 841 : wan ein man sterbt und zu der erden bestat ist,
so saldiefraw dem richter erlaubtnis heischen, bis sei einen momper mecht, ir gut zu ver-
gahen und zu bestain. wan der man begangen ist, dan sal der amptman zu £sch ein kui^
mont hieben, hat er nit pferde, alsdan köhe; so hult die fraw das best vorab, und darnach
der amptman, so lang bis an den dristemplichen stuel. W. des Königreichs bei Horweiler
1550: wan ein huber uf diesem konigreich begüetet, derselbig verstürbe, was der m. gn. h.
von Nassauw vor ein besthaupt uszurichten schuldig? des verstorbenen erben sollen in
14 tagen dem Schultheißen um des graven wegen das besthaupt liefern, und das besthaupt
sol sein, demnach einer uf dem konigreich begütet ist. WKretz 17. Jh. § 7, G. 6, 606: wan
ein Schöffen oder höfer stür1)e oder tods halben abgienghe, was zeit und wanehr sol man
das könnet geben und liebem, und wanehr sol man die guter empfangen? darauf antworten
die Schöffen und höfer: wan einer von denselbigen stürbe, so sol die frau oder erbe an dem
schultheisz Urlaub bitten auf die guter zu gähn, und der schultheisz sol ihnen das nit
weigeren, und es sol gerocht werden am erstlichen dinglichen tagh, und am zweiten sollen sie
das kürmond verenderen und die guter empfangen. WBetzing, G. 2, 478: welcher sovil
guts hab, das er einen drcistemplichen stuil daruf könne setzen, der sol an dem hofshem
das entphangcn, inwendig dem dreischten sol es entphangen und binnen dem siebenten
verkoermoedt werden. WRommersheim 1298 : dat alle lehenber man, die ir lehen entfeint van
eime apt van Prume mit irem munde van deme sime, dat die eime apt kurmode of ir best-
heuft schuldich sint, als si verdaren und doit sint damahe als si die kurmede gericht
haent, soe sal ein apt in die erven belenen mit deme erve imd guede, dat si van eme zo
lehen haent, aen des aptzs wcdersprache beheltenis sins rechtes.
[ürmnUierrlkhkeil iiud Vnatei. — 1190 —
wie es scheint, den Geilanken der Biuduug an die Scholle. Sieber gilt das
iüT die Nachrichten bis zur Wende des 8. und 9. JIls. '. Aber noch im J. 853
schenkt Kaiser Lothar 4 Maucipieu ex licneficio Adolardi fidelissimi comitia
nostri', welche allem Anscheine nach landlos waren, und die Thatsache, dafs
im J. 843 das Kloster Prüm laut seiner Einweisungsurkmiiie in die Villa
Villaoce neben dem Lande noch Icsonders mit den Unfreien investiert wm-de'.
Bpricht ebenfalls Regen Geltung der Adscriptio. Späterhin finden sich dagegen
kaum noch Nachrichten, welche gegen di^elbe in Anspruch zu nehmen wären*:
dagegen reichen die fiHheaten Quelleiistelleii , welche man filr die Adscriptio
anführen kann, noch bis in das dritte Jahrzehnt des 9. Jhs. zurück. Wenn
in einem Mancipientausch des ,1. 823 zwischen dem Kloster Prüm und einem
Privaten das Kloster 11 Männer und 3 Frauen gegen 3 Männer und 4 Frauen
erhält", so ist das anscheinend seltsame Mifsverbältnis der Tauschwerte doch
wohl nur durch den Umstand za erklären, da& mit diesen Alancipien schon
selbstverständlich Land zum Austausch kam, dessen Erträge ein ebenmälsigeres
Verhältnis der Tauschobjekte herstellten. Ebenfalls ein Symptom einmietender
Adscriptio ist es ferner, wenn es seit dem dritten Jahrzehnt des 9. Jhs. ge-
wöhnlich wird, urkundlich von Mancipien und Gnmd und Boden in einer
Weise zw reden, welche eine enge Kohärenz derselben voraussetzt. Dafs
aber schliefslich gegen Ende des 9. Jhs. die Adscriptio der Regel nach erreicht
war, beweist die Art, in welcher man spätestens seit dieser Zeit die Ausdrücke
mansus ingenuilis, leiiilis, servilis gebraucht'. Diese Ausdrücke bezeichneten
ursprünglich natürlich Hufen, auf welchen Freie, Hörige, Unfreie sal'sen. Aber
bei dem en^en ZuBainmenhan^' von Hufe und Httfner hatte man sich bis gegen
Schlufs des 9. Jhs. längst daran gewöhnt, die Hufe mit dem eigentlich die Fer-
sonaleigenschaft des Huftiers ausdrückenden Beiwort näher zu bezeichnen, ja es
war schon so weit gekommen, dafs man der Hufe die Bezeichnung liefs, auch
wenn infolge Verziehens, Aussterbens usw. an Stelle des Bebauei-s urspi-ün.iz-
lichen Rechtes ein solcher anderen Rechtes getreten war. So finden wir z, B.
im J. 900 in Diedenhofen mansuni unum ingenuileni cum integre censu et
debito servitio atque cum sei-vo, qui illum tenet, nomine Isichone, et uxore
eins et infantibus*.
■) S. MR. ÜB. 1, 16, 762; Lac. ÜB. 1, 16-17, 31, 815.
•) MR. ÜB. 1, 85, 853.
') MR. ÜB. 1, 103, 843: de omnibus vero mancipüs per semim suum nomine (!. si-
militer eosdem niissos revestivit.
*) Vgl. allenfalls Regino Caus. synocl. 2, 351 (ex ep. Rhabani): de co, qui honiineni
fiiratus fiierit; auch Lac. ÜB. 1, 52, 98, 941.
») MR. ÜB. 1, 55, 823.
") S. /. B. MR. ÜB. 1, 57, 826; 58. 826; auch Dronke, Tradd. et Ant. Fiilil. S. 84,
cit oben S. 717 Note 4.
') S. darüber imlen S. 1192 Note 4,
*) MR. ÜB. 1, 149, 900. S. auch UPrüm No. 3: Stephanua tenet [in beneficio] iiiansa
scrvilia 6'/8, welche wie die anderen mansa senilia Zinsen und zahlen. UPriini No- 84, Lin-
— 1191 — Soziale Gliederung.]
Die somit seit Schlufs des 9. Jhs. allgemeiner eingeführte Adscriptio
glebae wurde nun aber seit dieser Zeit um so wirksamer, als sich der Stand der
Grundhörigen nunmehr erst recht konsolidierte. Das gilt für äufsere wie innere
Beziehungen. Nach aufsen deshalb, weil spätestens seit Mitte des 10. Jhs.
die bisher häufigen Gelegenheiten zum Verfall in Unfreiheit anfingen seltener
zu werden ^ so dafs die Grundhörigen keinen Zuflufe mehr erhielten, der mit
ihnen für Besitz und Genufs grundherrlichen Bodens in ausgedehnteren Wett-
bewerb getreten wäre. Nach innen deshalb, weil sich jetzt die Hofesverfassung
immer mehr zu befestigen begann*, deren erstes Ziel mit die Sicherheit des
Besitzes für die Gruudholden, d. h. Adscriptio glebae, sein mufste.
Dem entspricht es denn auch, wenn im 11. Jh. der Gedanke dinglicher
Gebundenheit für die Grundholden als eine ganz selbstverständliche Errungen-
schaft früherer Zeit erscheint und als solche bis tief ins 13. Jh. hinein eifer-
süchtig bewahrt wird^.
Aber die Adscriptio glebae mufste ohne weiteres zu einem festeren und
widerstandsfähigeren Begiiflf des grundhörigen Besitzes überhaupt führen.
Noch im Beginn des 10. Jhs. war der Besitz der eigentlich oder ur-
nich : ex supradictis mansis tenet presbiter 4 et senilia 2. MR. ÜB. 1, 274, 997 : Otto III.
schenkt dem Siggo unum mansum genuilem, qiii teutonica lingna lazeshuova dicitur, cum
mancipiis nomine H. atquc eins uxore nomine R. atque cum omnibus hereditario iure eundcm
mansum habentibus in villa Tiedenhovon dicta cum una area in comitatu Sigefiridi comitis
situm [des Grafen des Saargaues] atque eundem mansum cum omnibus suis appenditiis in Se-
taco [Sentzich 1 Meile nö. Dicdenhofen] in edificiis terris cultis et incultis agris pratis campis
pascuis silvis vineis venationibus aquis aquarumque decursibus molendinis piscationibus etc.
Vollständig verwischt und nicht mehr bekannt sind dann die Unterschiede in den Erklärungen
des Cesarius zum UPrtim S. 144 Note 1; vgl. auch UKarden 11. — 12. Jh.: in (Alflona) habet
Cardonensis (^cclesia curtim unam. Zu der curtis gehören 12 mansus census reddentes et
6 mansus ser\'itiales, qui multiplici iure curti subseniunt.
') Zu den gegensätzlichen Wirkungen der Normannen- und Ungamkriege vgl. Richer
1, 6, ca. 890; V. Ilerib. Colon, c. 1. Dafs alle früheren Kriege ähnliche Wirkungen hatten,
bezeugt Widuk. 1, 11; s. auch Flod. z. J. 923, MGSS. 8, 872, u. In späterer Zeit kamen neue
Unfreie wohl nur aus dem Ausland, s. Ces. Heisterb. Dial. mai. 10, 44: cum adhuc scholaris
pan'ulus tempore quodam in acutis laborarem et semel ac secundo post chrisim recidivassem,
contigit, ut puella quaedam pagana, quam matertera mea pecunia comparaverat, bapti-
zaretur.
«) S. u. a. oben S. 707 f.
'») Lac. ÜB. 1, 106, 170, 1036: 19 Hufen cum inherentibus mancipiis; MR. ÜB. 8,
501, 1284: Dietrich von tilmen schenkt allodium suum in Weiler und Badem sive in homi-
nibus sive in aliis rebus quibuscunque consistens; Cart Orval 264, 1240: Je Robert, fr^re
le segnor Cuenon de Mucy, fai savoir . . , ke je par le looz et par Passentement de mes
fr^res Cuenon, le segnor de Muscy et monsegnor Huon, le fils monsegnor Cuenon, et de mes
altres oors ai donnet cn almosne ä T^glise d'Orvalz tot ce ke je tenoie en boiz en terre
en rentes et en totes altres manieres el ban de Saint Legier et Richar de Severi, mon homme
at Wiar et Bertrison ses enfans et tote lor prog^ne et lor oors ki desorenavant en isteront
et tot lor h^r^tage entierement ensi comme il en sont tenant at Severi et alhor en sorketot.
S. femer Cod. Salm. S. 37 Note I, 1276, cit oben S. 930 Note 2.
[Gnmdberrliehkdt unil Yoitiei, — 1192 —
sprüjiglkh Uufreien ein sehr prekärer ' , und auch das Besitzverhftltnis der
anderweitigen Gnmdholden wurde nocli in etwas unbestimmter Weise als
tenere, liabere usw. bezeichnet ^. DentgegenUber bildete sich nun auf Grund
der Adscriptio glebae der B^riff eines allen Gnindholden treuieinsauien erb-
lichen Kutzbesitzes heraus^. Die Entwicklung desseil)en füllt wesentlich das
10. Jh. ; das deutlichste Symptom ftli- seine Fortschritte bietet das allmähliche
Verschmnden der Sonderbezeichnunpeii grundhöriger Hufen als ingenuiles,
lediles, serviles*. Seit dem 11. Jh. erscheint dann der erbliche Nutzliesitz der
Gnmdholden durchaus anerkannt^; und mit dieser Anerkennung war das
Problem der Entfaltung gruadhöriger Nutzungsrechte nach iler Richtung freien
Eigens hin gegeben.
I) TgL Begino Caas. synod. 1, 409, s. auch ffir Mhere ZeEt HR. DB. I, 66, 839, nitd
oben S. 55.
*) Vgl. dazu OPrüin No. 4S, Vilhnce: ü homines 4 unum mansnm tenent . . si Ires
honiines super umiiii iiiimsimi sederinl . . ai duo Itotmnes super miimi maDGam sedent . . ai
tiomo unm mttiisum unum aiit dimidiuin (enet . . et si DUOS homo maoBDm diinidinm ha-
buerit; mansus semlis, ijuem tenet H. Ferner b. a. a. 0. No. 4: vidna Itadulfi tenet in-
gera; No. Sit habet presbitt^r in lieneficiiuii mansaS, solntB. 10; in benefidum habere audi
No. 45, Villancc! S. 169. — Tenere in diesem Sinne kommt »ogar noch MR. ÜB. 1, 868,
1069 vor.
*) S. dazii olien H. 90O, auch S. 922, wo aber der SaU »Die gnindhörige Nntzang —
siebt das so fest' nacli den Aiisflibruiigen oben im Text ea modifizieren sein wird.
*) Zur Frage nach der Bedeutung der Ausdrucke mansus ingenuilis, ledilis, BervUis ttsw.
vgl. u. a. Landau, Salgut S. 4f.; v. Maurer, Fronh. 1, »42, 8S1, 866ff. Mansi ingeimki
finden sich im Mosellarid u. a. MR. ÜB. 2, 21, 885, dt oben S. 705 Note I ; spater noch
im LTrüm und ülMettlacli Xo. 3 und 4; ÄfR. ÜB. 1, 189, 895; MR. ÜB. 1, 170, 929, Qo-
Blingen in Luxeniliiii;g; Mit. VB. 1, 27^, S96, Dahlem in Luxemburg. Seitdem fehlt jede
Nachricht, anfser der Erklärung des Cesarius zum UFrüm S. 144 Note 1, vom J. 1222:
mansi ingenuales iacent in Ardenna, id est Oselinc, in qua terra iacet Alve et üiinlar et Vi-
lantia. <juilibet istorum mansonun habet 160 iumales terre, quos appellamus vulgariter ku-
nibkgeshuve. Vgl. dazu auch a. a. 0. S. 155 Note 1 ; No. 47. Diese Erklärung hat natüi>
lieh mit der alten Bedeutung von mansus ingenuilis nichts zu tbun, s. o1>en S. 348 f.; in
ihrem Sinne sind vielleicbt auch schon die soeben citierten Stellen der JJ. 929 und 996 zu
verstehen. Zum Verbleib der Bezeichnung Mansus kdihs vgl. aufser dem UPrüm (z. B.
Bd. 2 S. 151) Lac. ÜB. 1, 52, 93, 941. Später kommt der Ausdiiick nur noch vor in
einer Kaisenirkimde (Otto III., MR. ÜB. 1, 274, 997, cit. oben S. 1190 Note 8) für die Ge-
gend von Diedenhofeu und Sentzich in der Form lazesbuova, und Ennen, Qu. 1, 572, 87,
1176, sowieMR. ÜB. 2, 127, 1192, beide Stellen cit- oben S. 901 Note 2, in ganz abgeschwächter
Bedeutung als laigSt. Liten selbst erscheinen in der eigentlichen moselländi sehen Über-
lieferung überhaupt fast nie, in späterer Zeit werden sie einmal für Leudesdorf am Rhein
im Herförder Urbnr, 13. Jh. 2. H-, genannt: Wihn. Kaiserurkk. 1 S. 162, cit. oben S. 410
Note 3. Zum Ausdruck Mamua .lervilis endlich s. MR. IIB. 2, 21, 835; 23, 882—838;
UPrüm (z. B. Bd. 2, 151); UlMetÜach No. 18; MR. ÜB. 1. 139, 895; Lac. ÜB. 1, 43—44,
81, 898; 49, 88, »27; MR. ÜB. 1, 174, c. 938; Uc. (JB. 1, 52, 93, 941; MR. ÜB. 1, 273,
996. Spät, aber offenbar aus alter Zeit übertragen finden sich mansi serviles uoch genannt
im ÜKarden 11.— 12. Jha. und im USMax. S. 431, Mertert 9c.
") S. Quix, Cod. Aquens. No. 22, 1007, cit oben S. 240 Note 3; MR. ÜB. 1, 332,
1042-47, Wasserbillig: quia 60 mansionilia, que et curtilia vocitantur, hereditarie dicuntur
possidere. Vielleicht wäre hier sogar schon MR. ÜB. 1, 286, 965—75 anzuführen.
— 1193 — Soziale Gliederung.]
Die erste Etappe, welche auf diesem Wege erreicht werden mufete, war
die Herstellung einer festen grundhörigen Erbfolgeordnung innerhalb des ge-
nossigen Kreises, welche, seitens des Hemi anerkannt, nur bei Mangel eines
Erbnachfolgers, bei bürgerlichem Tode oder Abzug des Grundholden, oder
endlich bei Verwirkung des Erbbesitzes kraft Hofrechts* durchbrochen werden
durfte. Es ist schon oben erzählt worden, wie die Herstellung einer solchen
Erbfolgeordnung thatsächlich in den meisten Fällen und in ziemlich weiter
Ausdehnung der Erbfolgereihe gelangt; schon mit der ersten Hälfte des 13. Jhs.
war auf diese Weise eine grofse Sicherheit grundhörigen Besitzes erreicht Th.
de Petra, heilst es in einer Urkunde des MR. ÜB. 3, 613, vom J. 1238—39,
Walterum de Geiene dictum Cokin et sororem suam filiumque sororis sue,
qui sibi pro servili conditione obligati erant et allodium memoratum quasi iure
hereditario possidebant, ad hoc induxit, ut ipsi omni iuri, quod in eo habere
videbantur, penitus abrenuntiarent ; et ipse pro hoc conditionem illorum me-
liorem faciens super altare beati Willibrordi eos reddidit et omni iuri, quod
in eis habere videbatur, penitus abrenuntiavit.
Weiterhin aber mufste man das erblich gesicherte grundhörige Gut thun-
lichst von der Einwirkung des Herrn zu befreien und in das Recht gemeinen
landrechtlichen Verkehre zu bringen versuchen.
Hier war es die Hauptaufgabe, Veräufserungen grundhörigen Gutes aufser-
halb des Kreises der Genossen zu ermöglichen. Derartige Veräufserungen
waren nun zwar stets mit Zustimmung des Grundherrn möglich gewesen^, und
oft genug mögen sie infolge mangelhafter Aufsicht auch ohne dieselbe statt-
1) Zu diesen Fällen vgl. oben S. 751 ff.; Bd. 3, 145, i, 1326; WAmel 1472 § 23;
WWellingen 1582, G. 2, 474-5; femer WBreitfiirt 1453, G. 2, 41: obe ein man adir frauwe
aussetzig weren, wisent si miner frauwen an dem iren, das sie lieszen. gewönne er einich gut
in zit siner ussetzigkeide uf dem felde imd Hess das, das sal auch m. fr. sin. WKatharein-
Ostem 1463: so guter daselbs legen und niemans erschienen, solche guter zu entp&hen, wie
man sich mit den gutem halden sol, damit den hem ir rente und guet gehantrecht werd ? —
der schultiß sol solche guter ufiiemen, so lang bis daß die erben komen, solche guter zu
entpfahen. WUlflingen 1575 § 28, G. 6, 552: wan der hofinan verarmut were und von
seinem guet abwähren mucst, armut oder sonst anders halben, und die gueter über jähr und
ein tag pfleglos liegen lest, alsdan sol man die gueter ausrufen, wo nieman von unsen
erben herbei und damach kombt, so seind sie in der herren bände gefallen. WScheidweiler
1506, G. 2, 389: da der man oder frawe das gut ligen ließen und nicht garzinsig machten
. . , so magh der herr oder sein knecht das einem andem verleimen , der es braucht und
seine pachten darvon geben, und solle den lehenman oder -frawe mit recht suchen und an-
nehmen umb die pachten und zinsen churmunt und was darauf stehet darvon sie schuldig
blieben seint; und der man oder frawe sollen alsdan forters kein gerechtigkeit zu dem gut
haben noch fordem. — Einen Fall wirklichen Heimfalls bietet MR. ÜB. 1, 462, 1128: Jemand
schenkt an Disibodenberg apud Monzecha, quicquid servus eins nomine Hazecho habuit, quod
ipse eo mortuo in publico placito acquisivit
«) S. oben S. 644 ff.
3) Vgl. z. B. MR. ÜB. 1, 629, 1161 ; 3, 801, 1244.
Lamprecht, DeuUches Wirtschaftaleb«n. I. 76
[Gnmdhervlicbkeit und Voglei. — 1194 —
gefimden haljen^ Jetzt aber Kalt es das Zusümmungsi-echt des Herrn zu
einem blofsen Vorkaufsrecht herabzustininieo. Der Versuch gelaii},' zuei'st
wohl und wenifistens teilweis in der ersten Hälfte des 13, Jhs.^. Später
wurden dann die urspillnglichen Eigentumsrechte des Grundhemi noch weiter
zurückgedränst, er behielt nur das Einziehungsrecht fur eine Quote der Ver-
kaufssunime ", oder die VeräuTserung wurde freigegeben untei' der Bedingung,
dafs sie mit einer Bessening des gnuidherrlichen Zinses vom veräul'serten Gut
Hand in Hand ginge'.
Weniger bedeutend waren einige andere Vorg&nge fOr die Befreiung des
gnmdhörigen Nutzbeätzes. Ich erwllhne nur zwei deraelben: die Gnmdholden
setzten allmlLhlich durch, dafs ihr Besitz in keinerlei Weise fUr Verpflichtungen
des Herrn haften sollte', wahrend sie ihrerseits volle Belastungs&eiheit fOr
eben diesen Besitz zu entwickeln sachten und dieses Ziel in der That auch
bisweilen erreichten*.
Die letzten Erörterungen in Verbindung mit früheren AusfQhrungen
zeigen nunmehr zur Genüge, in welcher Bichtut^ sich die Befreiung der grund-
') Vgl. CRM. 1, 10-5, 1132; MR. ÜB. 2, 61, 1170—1181.
») Vgl. oben S, 648 f.
^) Wülflingen 1575 % 12: waneli ein ho&man erbgnet veriiauft, so sei er dem herren
den cilften pfenning Bcholdig ron der hauptammne des kau& Nach WAhn 1626, § 11, fällt
ein Drittel des Kaufschilling» an den Oniddhemi beim Verkauf von ihren eigenen (d. h. m
Zins verliehenen) Gutem, und von OmndgOtern.
*) S. WRavengiereburg 1509, Xhomasw. § 16, G. 2, 180. Noch weiter geht aber
WPoniniem 15^19, (i. 2, 446, Vereidung und verplichtung der zukommenden hofer, wie man
sei annimbt ond vereidt, inBonderheit im Nassen kirepel auf dem gedingtag nach Martini im
Winter gelegen in unserm hof zu Pommem: zum dritten, alle hofsguter, welche genant Bein
oder noch gefunden möchten werden, nicht verwenden noch verkehren oder helfen ver-
wenden vor eigen oder vor ander hofsguter, zum vierten, wan aber saeh were das einer
aus nothwendigkeit mufs verwenden verkauden oder verkaufen, so sol derselbi^ zum
wenigsten zwen vereidter gehöfer neben dem keufer und verkeufer darbei haben. Vgl. auch
femer noch Waitz, Vfg. 5, 276; Hanauer, Paysans S. 132; angebl. Rheingauer \V. 1324,
G. 4, 573; WWeidelhach 1538(53), G. 2, 172; WKieselbach irA9, G. 2, 197; WEidenboin
und Falscheid 1564, G. 2, 53; WHolzfeld und Sachsenhausen 1664, G. 2, 234; WBendorf
1671, G. 1, 614; WOppen 1730 § 4, Lager S. 264—5; WGeniünden, (i. 2, 170; WSprcndlingen,
G- 2, 157; WSteinbach, G. 2, 203.
") WAnwen 1362 § 9; die grundherrlichen Guter sind nicht pfandbar flir Herrenschuld;
WBesslingen 15. Jh. § 5: wer zu goedem hoeferecht im Hofe zu Wain[)ach sitzt, der haftet
wenigstens nicht mit seinem Inventar fiir den Herrn.
*) Wie schwer gerade diese Belastungsfreiheit zu erreichen war, zeigt das Beispiel der
Weinlehenaverhaltnisse, s. oben S. 908. Zur Sache selbst s. \MJertert 1589 g 6; Wl'lf-
lingen 1575, g 34, G. 6, 652: niemand mag gueter versetzen sonder zulasz des herren oder
zum wenigsten des mciers. und wo man gerichtsleut beschreibt, sol mit ihrem willen und
wissen geschehen, und vermits ihr recht zwen batzen iedem gerichlman, so beschrieben würd.
Viel weiter geht WLaacherhof, G. 2, 500: wan einer wer, der uf den Mergenguetem zu thon
het, und der hüber het kein ander guet, dan hofsguet, wie sich der halten solt? danif erkent
der scheffcn, wan einer quem vom haus Monrial oder Meien und precht einen richtlichen
schein an den scholtes und vierzehen Ecbeffen und gieog dem gerichtlich nach, so sol ein
— 1195 — Soziale Gliederung.]
hörig-landarbeitenden Klassen im früheren Mittelalter bewegte: Radizierung
der anfangs persönlichen Lasten, Bindung der Person an die Scholle statt an
die Willkür des Herrn auf Grund der Radizierung, Entwicklung möglichst
freien Besitzes auf Grund der Bindung an die Scholle: das ist die Kette von
Vorgängen, in welchen der Grundholde des früheren Mittelalters zur Freiheit
strebte: ihm handelte es sich also noch nicht um die Freiheit der Person,
sondern in erster Linie um die Freiheit des Bodens, um die Loslösimg eben
jenes Besitzes aus der Grundherrlichkeit, an welchen er gekettet war.
Den auf diesem Wege erreichten Fortschritten entspricht eine verändeite
Bezeichnungsweise der grundhörigen Klassen im früheren Mittelalter gegen-
über ihrer Benennung in der Karolingerzeit. In fränkischer Zeit war der
gewöhnlichste Ausdruck für den Unfreien Mancipium gewesen ^ ein Wort, mit
dem man direkt den Begriff persönlicher Bindung verband *. Dieser Ausdruck
wird nunmehr, schon seit Schlufs des 9. Jhs., durch Zusätze wie censuale ge-
mildert^, imd im Laufe des 10. Jhs. verschwindet er an der Mosel fast gänz-
lich*. Zur Bezeichnung der Grundholden tritt statt dessen Servus ein. Dies
Wort war in der Karolingerzeit vornehmlich zur Bezeichmmg von besseren
Unfreien, von Fiskalinen oder werdenden Ministerialen in Gebrauch gewesen*^;
scholtes von wegen des junker lout des wistumbs richtungh oder pfantschaft vergönnen an
die hofsgueter.
') S. Gu^rard, Irminon S. 283; aus unserer und verwandten Gegenden z. B. MR.
ÜB. 1, 7, 707; 82, 851; Trad. Lauresh. 3170; Trad. Wizenb. S. 68, 774, cit. oben S. 779
Note 7. Für den Niederrhein findet sich in Lac ÜB. während des 9. Jhs. regelmäfsig nur
der Ausdruck mancipium , statt dessen nur Bd. 1, 38, 73, 882 vemaculum. Das Wort Sla-
vus kommt nur in der V. loh. Gorz. c. 120 für die Diener Abderrahmans vor, an Sclavus
denkt wohl auch die V. Bald. Leod. c. 20 beim Worte Scita in der Schilderung des Him-
mels : (hie est) non Scita non dominus, non servus, non peregrinus, non personarum distinctio
Christicolarum.
>) Vgl. G. ep. Camerac. 2, 11 : Jemand, dem die Hände auf dem Rücken gefesselt sind,
wird losgebunden und heifst nun emancipatus. Als Epitheton omans zu mancipium kommt
gern vile vor, s. z. B. Alp. de div. temp. 2, 13, MGSS. 4, 716, 9.
«) MR. ÜB. 1, 120, 886.
*) Mancipium findet sich noch MR. ÜB. 1, 174, c. 938 (Ardennen); Lac. ÜB. 1, 52,
93, 941; Ennen, Qu. 1, 406, 12, 959; MR. ÜB. 1, 228, 967, zum letztenmal im alten Sinne
im MR. ÜB. 1, 287, 1008—1016, cit oben S. 920 Note 1, hier aber wohl schon aus früherer
Aufizeichnimg herübergenommen. Das letztere gilt mit Bestimmtheit von der Stelle ülMett-
lach No. XY, 13. Jh. Anfang. Länger erhält sich der Ausdruck am Niederrhein, s. Lac.
ÜB. 1, 106, 170, 1036; 110, 177, 1041; 144, 221, 1066—75; vielleicht ist sogar Ennen, Qu.
2, 32, 27, 1208, noch hierher zu ziehen. Auch in Franken war das Wort noch um die Mitte
des 11. Jhs. gebräuchlich, s. Adalb. Y. Henr. c. 18; in Schwaben sogar noch um 1083, s.
Laraprecht in Conrads Jahrbb. N. F. 11, 354 zur Arbeit Roths von Schreckenstein über die
Terminologie der Gründimgsnotiz des Klosters SGeorgen. — An der Mosel wird mit man-
cipium später nur ganz vereinzelt der Taglöhner, nicht mehr ein Grundbesitzer bezeichnet,
so erklärt schon Cesarius zum ÜPrüm S. 153 Note 3 das Wort mit operarius sive nuntins.
^) Ygl. Cap. miss. 792 oder 786, Boretius S. 67, c. 4, cit oben S. 725 Note 6; MR.
ÜB. 1, 44, 806; 51, 816; 115, 873. Den alten Gebrauch zeigt noch recht deutlich V. s. Liutb.
c. 36: seni necnon et ancillae liberiores, und namentlich MR. ÜB. 1, 170, 929: mansus do-
76*
[Gniniilierrliclikeit unil Voglei. — 1196 —
jetzt mnkt es auf die gewöhnlicheD tinmdliolden herab'; sehr charakterietiBclt
begegnen sich beide AusdrOeke, Mandpium und Serrus, am Eoinzidenzpunkte
ihres endgültigen Schwindens bezw. Aufkonimens noch in einer Urkunde vom
J. 997, in der eine Hufe sine banno atque servitio ac omni mandpatione
senioriB geschenkt wird*.
Das Wort Servus war in der That in hohem Grade geeignet, die Fort^
schritte zum Ausdruck zu bringen, welche die Gnmdholden bis zum Beginn
des 11. Jhs. gemacht hatten. Denn wenn Handpatio im prägnanten Sinne
die volle Unfreiheit bezeichnete, so bedeutet Servitium je^ichen Dienst, auch
den der Freien im Lehns- oder BeamteuTerhältnis'. Dementsprecbrad war
das Wort ServuB fQr den Grundholden des 10. Jhs. fast noch zu vomdim,
und man mälsigte seine Bedeutung daher bisweilen durch den Zusatz proprius*.
Allein seit dem 11. Jh. tritt das Wort doch stets für sich auf^ und man
spricht sogar bald von einer Serritus oder änem Servitium gnmdhOrigeii
Das Wort Servus bleibt nun die technische Bezeichnung der Grund-
holden bis tief ins 13. Jh. hinan*: so dalk seine Dauer vOllig jenes eben ge-
schilderte Stadium grundb&riger Entwicklung umschreibt, dessen Ziel Freiheit
des Eigentums ist Aber schon seit etwa dem dritten Jahrzehnt des IS. Jbs.
wird der Ausdruck sätener uif den grundhöi^n Bauer angewendet, gewöhnlich
bezeichnet er seitdem und nunmehr den gs^izen Rest des Mittelalters hindurch
das persönliche Dienstgesinde'. Ffir den Grundholden aber tritt schon lang-
minicatns cum onmibiu exitibaa suis et >lios musos ingnailes 6 cum EmmEtrdo servo et
«lÜB mancipüs ad enndem locom upidentibaB. Hier ist mit semu jeden&lla der Meier be-
zdchnet EigentOnilich ist der Gebrauch von serritor in MR. ÜB. 2, 30, 695.
<] Für die Moselgegend ist sehr bezeichnend MR. ÜB. 1, 163, 923; im Lac. ÜB.
kommt servus zum erstenmRl Bd. 1, 40, 76, 888 vor. Ebd. famulus zum erstenmal Bd. 1,
49, 88, 027. S. auch Sigeh. V. s. Maxim, cap. 1 § 15, cit. oben 8. 215 Note 2; Alp. de
div. temp. 2, 15.
') MR. ÜB. 1, 274, 997.
») Vgl. Lac ÜB. 1, 78, 127, 996, laut welcher Urkunde K. Heinrich I. einem Grafen
pro Servitute sedula eilten Teil seines Lehens zu Eigen giebt; ferner MB. ÜB. I, 450, 1123,
CiL oben S. 901 Note 1. Servitium oder opuB servile ist dann Feldarbeit, die freilich wesent-
lich gnmdhörige Arbeit wurde, s. olieu S. 463, S. 811 Note 5, und S. 923 Note 3. Zu feo-
dum servile s. oben S. 901 Note 2.
*) Regino C^us. Bjnod. 2, 39, eü. conc. Trih. 895.
«) S. MR. ÜB. 1, 351, 1058: plena servitus, vgl. auch MR. ÜB. 1, 375, 1075, cit.
oben S. 124 Note 6. Man sehe ferner auch S. 747 Note 1.
») S. MR. ÜB. 3, 537, 1235; 1051, 1250; Hennes ÜB. 1, 241, 1275, cit oben S. 645
Note 2; Kindlinger Hörigkeit S. 330, 1292: der Wildgraf Konrad hat von SMaximin zu Leben
homincs meos, qui sunt servi mei ; et alios homiues, <|ui appellantur boniincs sancti Remigii.
'') Aufserordentlich früh in dieser Bedeutung findet sich das Wort servus Ml!. ÜB. 1,
287, 1008—16, cit oben S. 920 Note 1. Durchschlagend kommt es in derselben zuerst bei
Cesarius von Heisterbach vor, s. aufser Dial. mai. 12, 33 namentlich Dial. mai. II, 53:
servus quidam, aliquando Cursor Ottonis archidiaconi Leodiensis, und Dial. mai. Ü, 10: Engil-
bertus cunctis audienttbus prophetice respondit: «baec cum omni domo sua convertetur ad
— 1197 — Soziale Gliederung.]
sam seit Mitte des 12. Jhs., ganz überwiegend mit dem dritten und vierten
Jahrzehnt des 18. Jhs. eine neue Benennung ein^ welche, sehr charakteristisch
für das Zeitalter berufsmäfsiger Standesbildung, von der Beschäftigung her-
genommen wird: Rusticus^; und mit ihr wechselt ab und zu dort, wo der
Orundholde als Markgenosse bezeichnet werden soll, das Wort Civis*. Kein
Zweifel, dafs beide Wörter als Kennzeichen einer weiteren Entwicklung der
Orundhörigkeit in freiheitlichem Sinne anerkannt werden müssen. In welchem
Sinne dies aber zu geschehen hat, ergiebt sich aus zwei weiteren Ausdrücken
für die landarbeitenden Klassen, welche sich seit den dreifsiger bezw. vier-
ziger Jahren des 14. Jhs. durchzusetzen beginnen. Seitdem heifst der Bauer
bald Armmann*, bald Unterthan*. Der erste dieser Ausdrücke wird vornehm-
lich im Verhältnis zum Grundherrn gebraucht; noch im 16. Jh. wechselt im
selben Schriftstück die Bezeichnung arme leute imd arme hoebeleute*^ oder
ist von armen leuten und gemeinen gehoebem als einer und derselben Bevöl-
kerungsklasse die Rede*, imd im J. 1450 spricht der Abt von Tholey als
Christum«, quod non multo post impletum est. nam cum marito, filio et filia, quae hodie
abbatizat in iamdicto coenobio, servo et ancilla ad ordinem nostrum venit Des weiteren
▼gl. MR. ÜB. 3, 631, 1238; Kremer, Ardenn. Geschl. C. Dipl. S. 415, 1318; Arch. Clerraux
489, 1367. Der deutsche Ausdruck ist Diener, s. Toepfer 1, 346, 1371.
>) Der Ausdruck rusticus findet sich natürlich von jeher yereinzelt filr die Land-
bewohner, vgl. z. B. Mir. s. Ger. Tüll, c 6; Flod. 923, MGSS. 3, 371, se; V. loh. Gorz. 51;
als technische Bezeichnung indes tritt er erst seit etwa Mitte 12. Jhs. au^ vgl. Ennen, Qu.
1, 519, 54, 1145, cit. oben S. 919 Note 3; Schannat, ffist. Wormat. 2, 79, 1158, cit oben
S. 923 Note 2; MR. ÜB. 1, 652, 1168, cit oben S. 905 Note 4; MR. ÜB. 2, 82, 1186, cit
oben S. 916 Note 2; MR. üB. 2, 296, 1211—1212, cit oben S. 178 im Text; MR. ÜB. 8,
92, 1218, cit oben S. 934 Note 2; MR. ÜB. 3, 376, 1229, cit oben S. 315 Note 2.
>) Der Ausdruck civis findet sich fdr die Landbevölkerung in Treis, s. MR. ÜB. 1,
494, 1136, cit oben S. 291 Note 3, dazu a. a. 0. 1, 640, c. 1163, cit oben S. 291 Note 1.
Vgl. femer Ennen, Qu. 2, 63, 53, 1216: oppidani, nachher cives von Honnef; ÜStiftS. 422, Alt-
rich: cives de Noviant et Maranc, cives de Grache, de Platene. Auch die Ingelheimer
heifsen cives, s. Loersch 8. LXXYI. Vgl. noch oben S. 235 für den Zeller Hamm, femer
Bd. 3 Wortr. u. d. W. burger, auch S. 322 Note 1. Nun bedeutet freilich Civis das ganze
Mittelalter hindurch den allerseits vollberechtigten Stammesgenossen überhaupt (s. oben
S. 816 Note 5), indes verdient es doch bemerkt zu werden, dafs der Ausdmck erst seit dem
Beginn des 13. Jhs. für Bauem häufiger vorkommt Ziu* Bezeichnung vulgaris s. Ann. d.
hist Ver. f. d. Niederrh. 23, 169—171, 1252.
«) Vgl. Thudichum, Gau- und Markvl S. 219; v. Maurer, Dorf^. 1, 135. Im techni-
schen Sinne findet sich die Bezeichnung an der Mosel wohl zuerst Bd. 3, 161, si, 1336, s.
femer Bald. Kesselst. S. 431, 1351, § 2, cit oben S. 1054 Note 3; WKenn 14. Jh. 2 H., § 12,
G. 6, 547; WArenberg und Mühlen 1463; WBurg an der Mosel 1488-, W Wendelsheim 1527
§ 20 u. a. m.; auch Bd. 3 Wortr. u. d. W. lüde. Zur früheren noch nicht technischen Be-
deutung s. V. s. Gerard. Tüll. c. 20; Chron. Median, mon. c. 15, MGSS. 4, 92, c. 1000; Bd. 8,
379, 17, 1315; 392, 88, 1314.
*) ündertenig zuerst Bd. 3, 185, sa, 1343; undertan Bd. 3, 209, 28, 1350; undersaissen
Bd. 3, 246, 12, 1389. S. ferner aufser Bd. 3 Wortr. u. d. angef. WW. auch WMatzen
1544 § 3; WManubach 1601, G. 2, 208.
») WLintgen 1537.
«) WMandera 1537 § 16.
[Grund hoirlichkeit und VogU'i.
Grundherr von sich und seinen armen Leuten'. Das Wort arm ist hier noch
im Gegensatz zur mittelalterlichen Bedeutung von rieh zu nehmen; es bedeutet
den persönlich Abhängigen, es charakterisiert die Stellung der Ginindholdea
zur Gmmihen'schaft als einer halbstaatlichen Gewalt. Einem in verwandter
Weise zu charakterisierenden Vorstellungskieise gehört aber auch das Wort
Untertan liezw. untertenig oder untersaß an; es bezeichnet die Stellung der
Territoiialeingesessenen , vor allem der landarbeitenden Klassen, zur Landes-
gewalt ries TeiTitorialherm.
Der Sinn dieser Terminologien und die allmähliche Verdrängung der
froheren Bezeichnungen Rusticus-Civis durch sie ist wichtig genug, um beson-
ders betont zu werden: aus ihrem Wesen und ihrer Geschichte ergiebt sich,
dafs die weitere freiheitliche Entwicklui^ der Gnmdhörigkeil im späteren Mittel-
alter über die bis zum 13. Jh. erreichten Erfolge hinaus in dem Gedanken ge-
Bucht werden rauTs, die Gnmdholden in direkte Beziehung zu den vorhandenen
halbstaatlichen bezw. völlig staatlichen Gewalten zu setzen. Das Verhältnis
des Unfreien zum Hemi war ein rein privatrechtliches — aufaiifrs sogar
ein sachenrechtliehes — gewesen; im wesentlichen privatrechtlich wurde auch
noch das Verhältnis des Servus zum Giiuidherm angesehen. Jetzt dagegen
wird der Versuch gemacht, an Stelle des privatrechtlichen ein halb oder ganz
Öffentlich-rechtliches Verhältnis zu setzen: der frühmittelalterlichen Tendenz
auf Befreiung des Grundeigentums folgt nunmehr die Tendenz auf Befreiung
der Person.
Wenn wir daher jetzt in die Erörterung der sozialen Schichtung der
lamlarbeitenden Klassen im späteren Mittelalter eintreten, so mufs es unsere
Aufeabe sein zu ze^n, in welcher Weise man das vorschwebende Ziel, die
Freiheit der Person, zu erreichen versuchte.
Zur Lösung der hiermit gegebenen Frage ist vor allem festzustellen, in
welcher Form denn die Gnmdholden der ersten Hälfte des Mittelalters über-
haupt gebunden waren.
Sehen wir hier von der 4inen grofsen, bald genauer zu besprechenden
Ausnahme der Wachszinsigen ah, so erscheinen schon seit dem 9, Jh. alle
Gnmdholden hofhörig gebunden^; ihre persönliche Verpflichtung und Belastung
ist also nicht mehr direckt auf den Herrn , sondern auf einen der Fronhöfe
desselben bezogen. Ein äufserst wichtiger Punkt: wie sich heim Zinsrecht
') WTholey 1450, 0. 3, 759.
') Vgl. z. B. die Bd. 2, 99 f. gedr. Urk. vom 26. Febraar 886. Hofhörige Bindung im
Sinne der Wachszinsigkeit finde ich nur einmal in früher Zeit, s. MR. ÜB. 2, 34, 1000:
Warner schenkt an SMaximin quandam mee proprietatiB ancillam nomine Uodelam . . cum
filiis et älinbus suis, et quia iustum videtur, ut qui fidelius pcrseverantiusque deseniant,
maiorem ceteris servientibus recompensationem recipiant, concessi illi '!s mansum in Platten
im Arrelgau . . ea . . ratione quod singulis annis inter cunctos persolvant 4 d. ad curtim
Everiinga iugo totius alterius serviiutis soluti, sed sub mundiburdlo et defensione sint advo-
cati sancti ^faumini, sicut ceteri homines de Everiinga.
— 1199 — ' Soziale Gliederung.]
des Herrn gegenüber dem Grundholden der Grund und Boden als dingliches
Moment, als Radizierungsunterlage zwischenschob, so tritt auf dem Gebiete der
sonstigen persönlichen Beziehimgen die Fronhofsverfassung zwischen die Grund-
holden und den Grundherra : eben in der Einwirkung dieses Zwischenelementes
wird die alte Unfreiheit zur Grundhörigkeit.
Welcher Art aber waren diese sonstigen Beziehungen? Sie sind dop-
pelter Natur, je nachdem sie auf die alte Disziplinargewalt oder auf das alte
Eigentum des Herrn gegenüber dem Unfreien zurückzuführen sind. Im
ersteren Falle handelt es sich nunmehr, innerhalb der grundhörigen Verhält-
nisse der ersten Hälfte des Mittelalters, um die Fronhofsdingpflicht, im zweiten
Falle ima das Familienrecht des Grundholden.
Auf welche Weise gingen nun Dingpflicht und Familienrecht des Gnmd-
holden freiheitlicher Lösung entgegen?
Die Dingpflicht oder Dingsuche ^ war seit dem Beginn des eigentlichen
Mittelalter zu einem förmlichen Gerichtsstand vor dem Fronhofsding für alle
bürgerlichen Sachen wie für Nachlässigkeit im Bau grundhörigen Bodens ent-
wickelt^; mit ihr verbunden war eine allgemeine Huldigungspflicht gegenüber
dem Grundherrn^. In Strafsachen dagegen, für welche der Grundholde zu-
nächst ebenfalls dem Grundherrn unterstand, blieb der Disziplinargewalt des
Grundherrn noch lange freies Spiel * ; nur die Kirche wehrte hier den gröbsten
Übertreibungen*^. Am frühesten imterbunden wurde diese Disziplinargewalt
in denjenigen GrundheiTSchaften, welche es zur Immunität gebracht hatten ; es
ist kein geringes Verdienst der politisch so schädlichen Immunitätsverleihungen,
dafs sich auf Grund derselben frlr die Grundholden und damit für die weitesten
Kreise der landarbeitenden Klassen überhaupt erst eine verständige Straf-
gerichtspflege herstellen liefs. War aber auf dem Wege der Immunität für die
grofse Mehrzahl aller Gmndholden schon in der ersten Hälfte des Mittelalters
ein besonderer Gerichtsstand in Strafsachen geschaffen worden, so folgten die
nicht immunitätsherrlichen Grundherrschaften dem hiermit gegebenen Beispiele
sehr bald in Analogiebildungen, indem sie ebenfalls für Strafsachen eine ordent-
liche Fronhofsgerichtsbarkeit entwickelten : si et quotiens homines • . preposito
[Monasteriensi] ratione sue prepositure subiecti deliquerint seu forefecerint, poterit
et licitum erit eidem preposito, tales delinquentes homines pro delicto huiusmodi
^) Dies ist die mittelalterliche Bezeichnung, s. Ennen, Qu. 2, 3, 2, 1200, cit oben
S. 927 Note 4.
2) S. u. a. Bd. 3, S. 496 § 6, c. 1325; WRemich 1477, G. 2, 245; auch WBlieskastel
1540, G. 2, 29: so einer einen verclagt in dem frei jargeding und hette einen vorhin nit
ersucht nach hobsrecht und geprauch, was der dem herm dardurch verfeUen sei oder were?
>) S. z. B. WRittersdorf 1565, Hardt S. 614, Schlufs.
*) Zur früheren Zeit s. oben S. 723; für später u. a. Ennen, Qu. 1, 490, 31, 1083:
non ledit pacem [den Gottesfrieden], si quis delinquentem servum suum vel discipulum vel
quolibet modo sibi subditum scopis vel fustibus cedi iusserit
^) S. Regino Caus. syn. 2, 5, lo, le; 2, 26. Doch vgl. Alp. de div. temp. 2, 9.
[Grundherrlithkeit und Voglel, — 1200 —
pro modo qiiidem excessue corrigere et pimire, iuxta sententiam et iudicium
tarnen scabinorum curtis, in confinio cuius iiioraiii traxeriut tales delinqueutes'.
Wie in diesem Falle, so war auch sonst wohl durehKäntrig spätestens mit Be-
ginn des 14. Jhs. eine volle Fronhofestrafgerichtsbarkeit vorhanden =, so dafs die
Grundholden mit einem allseitig ausgebildeten, aber gnmdherrlich gebundenen
Gerichtsstand in die zweite Hälfte des Mittelalters eintraten.
Aber eben dieser personal izebundene und private Gerichtsstand niufste
nun zu Gunsten eines Öffentlichen Gerichtsstandes aufgelöst werden.
Die Erscheinungen, in welchen sich diese Lösung vollzieht, sind doppelter
Natur. Entweder kam es zu einem radikalen Bruch mit der Fronhofe-
dingptlicht, worauf der befreite Grundholde in den Personalbestand der ge-
meinen, landreclitlichen GtTichtsverfassung übertrat. Oder es kam zu einer
Weiterentwicklung des alten Fronhofsgerichtes selbst im freiheitlichen Sinne,
namentlich zu einer Erbreitemng desselben in ein Bezirksgericlit statt seiner
ursprünglichen B^renzung auf den Streubestand der ürundholden: dann be-
durfte es keiner Sprengung des alten Gerichtsverbandes, sondern der Grund-
holde erwuchs innerhalb desselben selbst zu mehr oder minder ausgedehnter
gerichtlicher Freiheit.
Beide Wege sind föngeschlagen worden, der eiste mehr in froherer, der
zweite vornehmlich in späterer Zeit der zweiten HSlfte des Mittelalters. Sehr
begreiflich: nur im 13. und 14. Jh. war der alte Rahmen landrechtlicher
Gerichtsverfassung noch kr&fUg genug, um neue Bestandteile aufeunehmen;
seitdem verlor er neben den immer freiheitlicher ausgestalteten herrschaftlichen
Gerichten seine singtd&re Bedeutung; er wurde den anderen Gerichtsbildungen
koordiniert. Das Resultat der ganzen Bew^ui^ aber war, dals an die Stelle
der alten sozial und darum personal begrenzten Gerichtsverfassungen des
früheren Mittelaltei-s nunmehr wieder Bezirksgerichte in lokaler Begrenzung
traten.
Die Details, in welchen sich diese Entwicklung ausspricht sind etwa die
folgenden *.
Auf Grund der Entwicklung von Weinbaulehngenossenschaften, welchen
sich die Rottlehngenossenschaften anschliefsen , entsteht schon früh, spätestens
seit dem 11. Jh. ein teilweiser Bruch mit den Formen der alten grundherr-
lichen Gerichtsverfassung zu Gunsten freierer Gestaltung*. Dieser partielle
■) *UMünstermaifeld, Hs. Koblenz St. A. CXIi- Bl. 45». 1337. S. auch im. ÜB. 3, 930,
1247, cit oben S. 924 Kote 3.
') V. u. a. *Bald. Kesselst. S. 719, 1343 Okt. 2: alle miii gflt, daz ich in den zwen
dorfem [han] zä Proistrad und zu Sneppenbacli gelegen bi Saiideburg, mit nauieo rlerzeben
man und zwo wideweu mit Iren kiodeu und wie si gesellen sin, die jerliches dieoent zwelf
punt gudcr bl. und gulde und mit deme gerichte ho und dif und alle dein daz darzu
geboret
») S. auch schon oben S. 1154 f.
*) S. oben S. 904 f., 919 f.
1^
— 1201 — Soziale Gliederung.]
Bruch hatte eine Abklärung auch der verbleibenden Fronho&verfassungen zur
Folge ^ Zu einer Paralysierung der alten Dingverfassung des Fronhofes kommt
es weiterhin dadurch, dals man sich seit spätestens dem Beginn des 13. Jhs.
die Dingpflicht als dinglich radiziert dachte *. Die Folge war, dafs ein und die-
selbe, unter Umständen auch freie Person auf Grund des Besitzes von Fronhofe-
dependenzen Genosse verschiedener Fronhöfe sein konnte^, ein Umstand, der
notwendig zur Lockerung der alten ursprünglich exklusiv gedachten Fronhofs-
verfassungen beitragen mufste*. Neben dieser Lockerung aber kam es auch
zum vollen Bnich mit der alten Dingpflicht durch einfache Ablösung derselben
als eines nutzbaren Rechtes: eine Ablösung, welche mit dem Aufkommen der
freien Pachten im 12. Jh. und mit ihrer immer weitergreifenden Verbreitung
seit dem 13. Jh. beachtenswerte Dimensionen annahm '^.
Dem EinfluTs eben dieser Bewegung mag es wohl mit zu danken sein,
dafs nunmehr auch die freiheitliche Entwicklung der Fronhofedinge zu Bezirks-
gerichten ein immer rascheres Tempo einschlug. Schon aus dem einfachen
Fronhofsding heraus, wie es ohne Markherrlichkeit der Grundherren bestand,
wird ab und zu seit der 2. H. des 13. Jhs. der Versuch einer Bildung von
Bezirksgerichten gemacht, indem man durch Tausch den verstreuten Personal-
bestand des alten Fronhofsdinges lokal zu vereinigen sucht*. Den eigentlich
klassischen Boden aber für die in Frage stehende Umformung gaben diejenigen
Fronhöfe ab, deren Grundherrlichkeit sich zur Markherrlichkeit erweitert hatte.
J) S. oben S. 929 f.
«) S. z. B. Ennen, Qu. 2, 106, 97, 1226.
') S. oben S. 924 f. Freilich galt das nicht unmittelbar für erbliche Verhältnisse ; wie
Kindlinger, Hörigk. S. 123, mit Recht ausführt, hatte der Freie, welcher ein Eofgat besafs,
kein Erbrecht an demselben: woUte der Sohn seinem Vater, der nur eine fireie Hand am
Hofgute hatte, diesem folgen, so mufste er sich zuvor hörig machen, oder die Folge in das-
selbe (doch nur auf seine Lebzeiten beschränkt) von der Gnade des Hofherm oder des Hofes
erlangen.
^) In welchem Sinne dies möglich war, zeigt z. B. ^Andernach. Schreinsr. Ko. 66,
G. 756, um 1250: Cunradus Bingezere fecit conventionem cum domino suo lacobo de Cmtte,
quod daret eidem pro quolibet anno 8 d. et dim. mir. siliginis tali conditione adiecta, quod
si posset scmel in anno ad iudicium suum venire non tardaret — Übrigens erhält der gnind-
hörige Boden durch die dingliche Fassung der Dingpflicht natürlich eine direkte Beziehung
zum Ding der Fronhofgenossenschaft, so dafs sich diese jetzt einen Einflufs auf Veräufserung
und Erhaltung seines Bestandes anmafst, s. z. B. Ennen, Qu. 1, 611, 113, 1198, und Hennes
ÜB. 1, 270, 1280: Ludwig von Weis verkauft Septem iumales terre arabilis iacentes in per-
tinentiis ville Buvinheim attinentes curtim Walrisheim cum licentia et consensu curtis ipsius
et solventes ccclcsic sancti Castoris in Confluentia nomine census annuatim septem quadrantes
monete Aquensis iusto venditionis et emptionis titulo pro quinque mr. denariorum Aquen-
sium legalium et usualium.
'^) S. oben S. 925 flf.
^) Wenigstens konnte eine solche lokale Vereinigung die Folge von Taoschoperationen
sein. Vgl. Kremer, Or. Nass. 2, 161, 1255; Hennes ÜB. 2, 179, 1265 und dazu a. a. 0.
203, 1269: Lac. ÜB. 2, 588, 1268; Toepfer ÜB. 1, 326, 1368; Kindlinger, Hörigkeit
S. 694, 1569.
r
IGrunJherrlichkBit und Vogtei.
^* Hier war ohne weiteres das lokale Substrat der Mark TOrhaodea, durch Ein-
^
Ordnung der Markhörigen in das Hofding erhielt dieses ungesucht und voa
selbst einen freiheitlicheren Charakter: so entstand das lokale üutergericht
des späteren Mittelalters ^ Neben dieser gewöhnlichsten aller Entwicklungen
koinmen aber noch einige andere Fälle in Betiacht. Hier seien noch zwei
angeführt; es konnten freie Bezirksgerichte durch ausdrückliche Rechtsver-
leihuns an einen bestimmten Ort begründet werden, und es konnti?ii einheit-
liche Bezirksgerichte durch Äuftragung der Dingiiflicht andersheiTlicher bezirks-
eingesessener Grundholden an den Hauptgerichtsherren, speziell den Landes-
gerichtsherren entstehen. Beide Fälle finden sich an der Mosel, der eine seit
der 2. Hälfte des 13. Jhs.^ der zweite seit etwa Mitte des 14. Jhs.^,
Das Ergebnis all dieser Vorgänge war nun , wie schon oben ange-
deutet, die Bildung von Bezirksgerichten an Stelle der alten Koi-porations-
gerichte, und damit der Übergang der landarbeitenden Klassen von einem
personalen zu einem lokalen, von einem stirker gebundenen zu einem freiereu
GericbtsBtande. Denn jetzt entschied nicht mehr die Frage persönlicher Zu-
gehörigkeit, sondeni vielmehr die Frage des Aufeothalteortes den Gerichtsstand:
die Luft, nicht der Herr gab das Recht*, und wie sich neben hörigen Bezirken
andere Bezirke zu bilden anfingen, welche keineiiei HörigkeitsverhSltnisse
1) S. darüber oben S. 1046 ff.
■) 8. z. B. 'Eoblens St A. Stokenfels, Kopie 19. Jlu. des FriedensricliterB Greb«! in
SGoar bob dem NuhlaTs des Kanzlers WiraphelinK (f 1587), 1275 Sept 29: nog Henricos . .
TreTiromm archiepiscoptu . . liominibns noBtriB in suborbio de Stolzenfels commontDÜbuB
presentibuB et üitoriB eandem per omnia conferimus et concedimui libertatem, qua cives
nostri de Confluentla gaudere dignoscuntur, hoc etiam addito, quod DuUam cum illis de Con-
fluentia, vel ad eonindem iDEtanüam, eiactionem solvere tenebuntur. nihiloininus tarnen
voloniua, ut dicti homines de Stolzenfels ac cives nostri de Oonfluentia concives sint et ean-
dem per omnia ad iDvicem babeant et conservent fratemi latent, quam hactenus lial)uerunl.
') Vgl. Bd. 3 No. 156, 1343; No, 172, 1347; CRM. 3, 287, 1342, dt. oben S. 297
Note I.
') Vgl. filr das Strafrechl schon Guden. CD. 2, 1126—1127, 1351: ich Craft van Nue-
nare dun hunt, dat ich tuschen mir und hem Gerard herren zn Lantscrone mime omen \iir-
worde gemacht und gegeven haben, die ich vaste und stede sal halden, tliwile ich geleven, in
discr wtee; so wanne und wie dicke des vurg. mins omen lüde, of di in sinen gerichten ge-
sessin sint, in minen gerichten wetlich werdent, id si dan dat id irelTe an doitslach an offene
wunden of an lif und an gut, bo sa! ich van den luden keine wette heven , und sal disclve
lüde, id sin man of wif, witer senden minem omen, dnt he di wette heve, of be willet.
und dateelve sal (er) ouch wider tun, so wanne und wie dicke mine hidc, of die in minen
gerichten gesessin sint, wetlich werdent in sinen gerichten, so sal he van minen luden keine
wette heven und sal mir mine lüde, si sin man of wif, heimsenden, dat ich die wetie [hebe],
of ich willen, id si ouch dat id treffe an doitalach an offene wunden of an lif und an gut.
und hir inboven sal unser kein des andern lüde nit me drengen noch nut vorwetten noch
mit unrechter schetzungen, dan as van aiders tuschen uns berkomen is, bussen alle arge-
list. Des weiteren vgl. WThron, Toepfer 1 S. 282; WMeddersheim lfj|4; \VBIie!^kastel 1540,
G. 2, 29; WWalhniinster, G. 2, 38.
— 1203 — Soziale Gliederung.]
mehr kannten, so gab es hörige und nichthörige Bezirkseingesessene ^ Die
Frage des freien Gerichtsstandes vermischte sich daher in dem nunmehr er-
reichten Stadium ihrer Entwicklung mit der Frage freien Zuges insofern, als
Freizügigkeit unter allen Umständen in einen freien Bezirk führen, also Rechts-
freiheit geben konnte.
Die Entwicklung der Freizügigkeit ist nun ihrerseits nicht ohne Kenntnis
der Geschichte des Familienrechtes der Grundholden zu verstehen ; und die Frage
nach dem gnmdhörigen Familienrechte führt wieder auf jenen zweiten Kar-
dinalpunkt zurück, welcher neben der Disziplinargewalt des Herrn oben S. 1178
als grundlegend für unsere jetzige Untersuchimg erkannt wurde, auf das ursprüng-
liche Eigentum des Herrn am Körper des Unfreien. Denn von diesem Eigentum
waren in der That recht wesentliche Stücke auf die Grundhörigkeit des
früheren Mittelalters übergegangen. Sehen wir von der noch lange bestehenden
Berechtigung des Herrn ab, das Wergeid für getötete Grundholde zu erheben *,
so liegt der alte Zusammenhang namentlich im Recht der Heiratsvergabung
zu Tage: noch im 10. Jh. nahmen die Grundherren das Recht wie es scheint
generell in Anspruch, die Töchter Grundhöriger nach ihrer Wahl zu verheiraten • ;
imd erst im 13. Jh. hebt König Richard ein dementsprechendes, ihm zustehendes
Recht für die Stallt Wetzlar auf*.
Dies Verheiratungsrecht, wie es freilich wohl in den meisten Fällen nur
als Heiratserlaubnis wirksam wurde, war nun aber für die Entwicklung des
freien Zuges von ganz besonderer Bedeutung , sobald es sich um Heirat eines
Grundholden aufserhalb jenes Fronhofs handelte, welchem er zugehörte. Es
lag zwar an sich nicht aufserhalb des Interesses des Grundherrn, eine solche
Verheiratung zu gestatten, sobald der imgenossige Ehegatte frei war : die Kinder
folgten dann mit seltenen Ausnahmen* der ärgeren Hand: wie aber, wenn
es sich um Ehen zwischen zwei Grundholden verschiedener Grundherren han-
delte?
1) So wird z. B. im Lahngaue während des 16. und 17. Jhs. mit aUer Bestimmtheit
ein Unterschied gemacht zwischen solchen Gerichtssprengeln, welche Hörigkeit nicht kennen»
und solchen, welche hörig sind; s. Landau, Salgut S. 165. Aus früherer Zeit s. Kindlinger,
Hörigkeit S. 566, 1429: die Amtleute der Grafechaft Sponheim und des erzstiftischen Amts
Boppard tauschen zwei Personen gegeneinander aus, deren eine zu der grafschaf von Span-
heim und in daz ampt gein Kastellen gehArich gewest ist und die andere in daz ampt gein
Boparde geh^rich gewest ist Über die Fremden in Territorien des späteren Mittelalters s.
Heusler 1, 146—7.
«) S. dazu Waitz, Vfg. 5, 250—251.
') S. MR. ÜB. 1, 186, c. 948, cit oben S. 898 Note 1.
^) MR. ÜB. 8, 1415, 1257: specialiter duximus indulgendum, ne aliquis predictorum
civium filiam vel neptem sive consanguineam in uxorem alicui trauere per nos absque suo
pleno consensu aliquatenus compellatur. — Zu den vogteilichen Rechten in den oben be-
sprochenen Verhältnissen s. oben S. 1108 L
^) S. z. B. AVDaun 1466 und 1489, G. 2, 607: das u. gn. h. habe etliche lüde im
lande van Dune, geheischen fri dienstlude, die haben solche firiheit, das sie mögen hilligen,
woe si wollent , und wanne dieselben, is sin man ader wif, gehelicht und bigeschlaifen haint,
[Qnmdherrlichkeit und Yogtei. — 1204 —
Der Fall lag hier noch am einfachsten, wenn der die Heiratserlaubnis
aasinnende Grundholde nicht mit grundherrlichem Lande ausgestattet war —
von d^ besonderen Klasse dieser Grundholden wird bald genauer die Rede
sein — : dann konnte man den Grundholden gegen eine einfache Heirats-
gebühr ziehen lassen^, eine Gebühr, welche sich mit der Zeit immer mehr
abschwächte', teilweis völlig verfiel^ und an einzelnen Stellen wohl sdion
seit der 2. Hälfte des 14. Jhs. nur noch als Bechtsaltertum gewiesen werden
mochte *.
Verwickelter lag die Sache, wenn der Grundholde, wie meist in älterer
Zeit, vom Fronhof aus b^tert war. Dann galt f&r ihn die Bindung an die
Scholle, und es entstand die Frage, ob diese Bindung bei seinem Austritt aus
der Fronho&personalverfassung nicht gelöst werden müsse. Die Frage wird
von frühester bis zu spätester Zeit einstimmig bejahend beantwortet*; man
ist 68 ein man ofser dem gerichte von Dune, so ist das wif und die kindere, so sie mit-
einander gewinnent, desselben herren und von dem rechten, als der man ist und weres ein
"wifle, so sulle dieselbe und ire kindere abesin von dem rechten und dem herren angehoeren,
als die frauwe p. der man]. Über den Stand des minderfreien Teils bei Heiraten in die
Städte der Loi de Beaumont s. Bonralot S. 819 f.
1) S. dazu Waitz, V^. 5, 286 f.
') S. dazu WDaleiden, G. 2, 550: wen ein kind bestadt wird uf ander hochheit oder
herschaft, gebürt dem herren zw6n herrengülden und dem oberamptman ein hermgulden; da
ein armer ist, ist ihme aUe zeit gnad besehen, was gefonden wird, gebOrt dem hochherm
half WXlotten 1511, 6. 2, 821, Grundherr Brauweiler: wer ungenoeschaft deit versteit der
adieffen ader duischt, wan sich ein sent Niclais man bestadt buißen sent Niclais lüde, der
sal gnaid bidden. WKobem vor 1585, G. 2, 469 : wan ein eigen hofinan ein ohngenoB oder
einhendig ist und wil sich bestatten, derselb sol von einem keiner zur zeit urlaub heischen,
und der keiner sol ime auch urlaub geben, imd wan er sich bestatt hat, so sol er kommen
uf den negsten dinglichen tag und dem keiner vonwegcn u. gn. h. von Trier einen eit thun.
imd ein solcher ahngenoß sol den scheflPen geben einen bönischen [? hönischen] eimer
weins, derselb ist abzulösen mit fünf alb., und dem keiner sechs hl.
*) WHüpperdingen § 14: so ein man in dem hoebe seine kinder bestaden wulde
buiszent die hoebe H. , sol er das thun mögen mit hülf seines guets sonder erlaubnisz der
herren von P. [der Gnmdherren].
*) S. z. B. WMayen § 11 u. 12, G. 6, 637: wanhe ein angehoriger hoefinan sich
bestatten und in die ehe begeben wil, was der zu thun schuldich, damit dem hoefshem dem
alden brauch nach recht geschd und der angehoriger seine entschafl erwerben möge? ant-
wort: weisent, derselb sol den hoefsscheflfen , danmder er gesessen, aen das haus Meien
inschreiben oder ein gewis waerzeichen von demselben brengen imd seine entschaeft werben,
und nach geworbener entschaeft ist der angehoriger dem keiner ein alt schilt oder goldgl.
und den hoefscheffen 8 alb. von zu geben schuldigh. und wanhe der hoefscheffen mit dem
angehorigen perschoenlich vor den keiner, wo es iderzeit sein sol, erscheinet, geburt ime vor
kosten imd alles 6 alb., die der angehoriger zu erlegen schuldig. . . wanhe ein angehoriger
sich baiißen ansuchen und erlaubnus eines kelners bestatten würde, wie man mit demselben
handelen solle? antwort: weisent, ein hoefs- oder angehoriger man sol ansuchen, wo nit, in
gnad und ungnad des hem verfallen sein. Die hier genannten Münzen gehören der zweiten
H. des 14. Jhs. an.
'') Lac. ÜB. 1, 118, 186, 1051: si homines sancti Nikolai [Brauweiler] alienas uxores
— 1205 — Soziale Gliederung.]
fafst den Austritt des Grundholden geradezu im Sinne btlrgerlichen Todes für
den Fronhof auf: wie wir sehen werden, wird von ihm die Kurmede er-
hoben ^
Bei solcher Auffassung konnte natürlich der Grundholde nicht aus einem
Fronhof in den anderen ehelichen , wenn ihm nicht an der neuen Stelle die
Möglichkeit des Erwerbes von Grund und Boden gegeben war. Diese Mög-
lichkeit konnte aber für ihn nur feststehen auf Grund besonderer Verein-
barung der beiden in Betracht kommenden Grundherren. Nur eine vertrags-
mäfsige Sicherung reziproker Behandlung der Gnmdholden seitens der Grund-
herren gestattete daher dem Grundholden einen gesicherten Verzug aus seinem
bisherigen Fronhof.
In diesen Betrachtungen sind die allgemeinen Grundlagen gezeichnet, auf
welche hin die Freizügigkeit der Grundholden allmählich eingeführt wird : sie
wird in Verträgen der Grundherren über gegenseitigen freien Zug, den sog.
Unterzug oder Intercursus ihrer Grundholden entwickelt. Freilich mögen die
Grundholden daneben bei der nachlässigen Verwaltung der Grundherren oft
genug auch ohne Erlaubnis und doch unbehelligt verzogen sein ^, um so mehr,
als sich aus physischen Gründen wie aus Anlafs der Anforderungen des kano-
nischen Rechtes wohl nicht selten die Notwendigkeit herausstellte, aus dem
kleinen Kreise der Hofgenossenschaft heraus zu heiraten®.
Die Bewegung zu reziproker Behandlung der abziehenden Grundholden
seitens der Grundherren machte sich auch nicht sofort in der Bewilligung vollen
freien Unterzugs geltend. Vielmehr versuchte man es vorher und auch später
noch vielfach neben dem vollen System des Unterzuges mit anderen Mitteln.
Hierhin gehört die Herstellung eines Miteigentums der Herren an ver-
heirateten verschiedenherrigen Grundholden und deren Nachkommenschaft*,
acceperintf omiiis hereditas eonun et universa, que possident, ad sancti Nikolai cedant mona-
sterium, et nullus heredum suonim in hiis quicquam habeat. Vgl. ferner Arch. Clervaox 449,
1309; WUlflingen 1575 § 41, G. 6, 553.
») S. unten S. 1210 Note 2.
*) Vgl. Guden. CD. 2, 971, 1285, Schlichtung emes Streites zwischen Gerhard und
Otto von Sinzig: vunftewerf sprechin wir, dat die lüde, die her Gerart spricht die sich an
dat Riche han gemacht, ind Otte spricht si havin sich gemacht an irin vadir: des sal sich
irvarin her Heinrich dir gude [1. lüde]; vindit he bid warheide, dat si me Riche solin volgin,
so sal man ir nit deilin. vindit he, dat si me Riche nit volgin solin, so solint si die lüde
gliche deilin.
») S. Bonvalot S. 281, 1475, cit. oben S. 871 im Text
*) Vgl. MR. ÜB. 3, 971, 1248: Vertrag zwischen Heinrich und Konrad Raugrafen von
Baumberg ex una parte et comitem Simonem de Spanheim ex altera pro Godefrido de
Lebersheim filio quondam Hirzhals et Engelbrehto de Merchesheim, . . quod omnes pueri
et heredes predictorum Godefridi videlicet et Engelbrehti ab eis descendentes nobis et nostris
successoribus prefato Simoni comiti et suis heredibus in perpetunm communiter attinebunt et
e<iualia servitia facient nobis et ei heredibus quoque nostris et suis. Zur späteren Behand-
lung solcher Fälle s. WFechingen 15. Jhs., G. 2, 50: ist ein firier zuck nnder dem gemeinen
lürimaiierrlichkeil und Vogtti. — 1206 —
ferner der Tausch analoger verschiedeuhemger Paare S vor allem aber daa
KindgediiiK, eine bald fttr bestimmte Fälle-, l)ald dauernd' abgeschlossene
Vereinbarung, nach welcher eine Teiluifi der Kinder verechiedenherriger
Grundholdeii stattfand, mit der sich bisweilen ein besonderer Zins, die Kind-
Iwde, verknüpfte*. In dem dauernden Kindgeding, wie es seit Beginn de«
13. Jhs. auftritt, war dann allerdings schon eine Einrichtung voihanden, welche
den Eltern eine gewsse Freizügigkeit, wenn auch auf Kosten verschiedeo-
herriger Bindung der Kinder, einräumte.
Viel weiter aber ging das System des eigentlichen Unterzugs. Nach ihm
war ein voller freier Verkehr zwischen den Gnmdholden der im ünterzugB-
tnan zu zicn von einem herren hinder den anderen aengeverlichen, and kinde xu beradea in
derselben maßen nach herkomea, und keiner unser vorgenanten kerre dem anderen forter
dnr iazuilragi'n.
') S. Bd. 8 No. 217, 1393.
■) S. MR. ÜB. 1, 374, 1074; Bd. S Ko. 202. 1370.
*) S. MB. L'B. 3, 434, 1231, Vereinbarung KTJschen Laach und Rommersdorf, bestätigt
von Erabiscliof Dietrich: ni quando ECilicet eontingeret, bomines ecctesie Liscensis, qui per-
tinenl ad curtem eorum de Mcitscheit, et bonuaeii ecclestc de Humerstoipb iuvicem matri-
nonio copulari, quod proles de ipsis procreata inter easdcni eccleaias equaliter lUvidatur,
knie compromiHsioni presente et annuente consangutneo nostro Theoderico de Isenburch
advocato predictanim fanuiianun ecciesie utriusque. preterea et hoc insertum est in com-
prooiisso et a nobis coaümiatuin, Ecilicet ut consueludo dividende prolis bactenua observata
de hominibus de Adenhain, qui peitinent ad ccclesiam Lacensem, et iiiter homiues ecciesie
de Rumerstorph fiima pennaneat et ita de cetero oliBerretur. S. femer MR. ÜB. 3, 450,
12S1, Vertrag zwischwi Bouiuiorsdorf und Ludwig Walpode von der Neuenbürg o. d. Wied;
El contigerit inter hominea ecciesie nostre et hominea iUins matrimonium cclebrari, quod
proles. ijue de illis fnerit procreata, eqna sorte dividatur. Cod. Lac. 66, 1263: Gerlach
edier Herr von Otgensbach und der Abt von Laacli convenimus concordando, quod si aliquis
de liominibus, qui curie noBtre attinent in OtgensiMcli, cum hominibus nttinentibus curie in
Adenhain ceterisque hominibus predicti nbbatis totiusque conventus ac eorum successomm,
qui sine advocato esse dinoscuntur, matrimonio [in] inviccm fuerint copulati, pueri, qui de
ipsis procreantur, rqua portione dividentur, prout ius dictaverit quod dicilur kinlgedinge.
preterea sciendimi sit, quod homines memornti domini abbatis et conventus, qui nostris
hominibus scilicet curie in Otgensbach attinentibus matrimoniali copulatione coniuncti ab
ipsa nostra curia in Otgensbach sicut nostri homines infeodantur et c converso, quod id
nostris hominibus simili modo fieri debet in sua curia Adenhain. In diesen Zusammenhang
gehört wobi auch schon die Notiz URheingrafen: bii sunt homines,, qui divideiidi sunt,
quomm origo descendit ab Ulis, ubi [I.: qui] mancipia erant domiue Gude de Bolaiiden,
folgen eine grorse Reihe von Namen.
*) Deutlich liegt die Kintbede vor MR. ÜB. 2, 265, 1211, Urkmide Bnmos von Braims-
berg: [abbas et conventus Rommer8<lorfiensis] quosdani homines nobiscum et cimi dictis
consanguineis nostris H. et Th. dominis de Isenburch permutatos, qui quoddam ius annualis
petitionis, quod vulgariler kintbeide dicitur, persoivunt, quieto iure nobis coiitulenmt ammodo
colligendos (so mit vielen Verbesseningen gegenüber dem Abdr. im MR. Uß. zu lesen.].
Spuren derselben liegen auch vor Honth. Hiat. 2, 129, 1337, und vielleicht sogar schon 5IR.
ÜB. 1, 214, 963?, Otto II. für Schweinliacb: insuper toto anno quicquid advoratus in famiüa
vel petendo vel in hoc, quod eitraneas luores dnxerit, aut in aha qualibet causa placitando
adquisierit, duae partes altaris, tertia advocati eriL
— 1207 — Soziale Gliederung.]
vertrag verbundeneu Gniudherrschaften gestattet; die Grundherrschaften wur-
den im Punkt der Heiratsmöglichkeit wie 6ine Grundherrschaft angesehen.
Dabei konnten anfangs, im 11. Jh., wohl noch Beschränkungen, besonders be-
züglich des Heiratsgutes, gelten S später indes, mindestens seit der 2. Hälfte
des 13. Jhs., wird das Prinzip rein und gänzlich durchgesetzt '.
Mit dieser Richtung der Entwicklung war nunmehr der Erwerb voller
Freizügigkeit für die Grundholden von der allseitigen Durchführung des Unter-
zugs abhängig. Diese Durchführung wurde indes in nur sehr beschränkter
Weise erreicht. Gewifs stellte sich zwischen vielen befreundeten Grundherr-
>) Lac. ÜB. 118, 186, 1051: omnes etiam [homines, familia, mancipia], quos dedit
sancto Nikolao, ita tradidit, ut nuUus extraneas, nisi forte liberas, vel ex potestate sancti
Petri Coloni^ (uxores duceret) . . . si vero ex potestate sancti Petri Colonie uxores duxerint, filii
eorum iterum accipiant uxores ex potestate sancti Nikolai; quod si non fecerint, omnis hereditas
eonim et oninia, quac possident, ad sancti Nikolai et abbatis redeant dominium, et nullus
heredum suorum in hiis quicquam habeat. MR. ÜB. 1, 845, 1056, SMaximin: nusquam nisi
inter se [villani aut mansionarii: Zus. 1112] nubant aut uxorem ex familia sancti Petri
accipiant, ita tarnen, ut alten ecclesie altera dampnum non inferat, sed per successiones
filiorum aut filiarum quod suum est utraque ecclesia retineat. Zu späterer Zeit s. u. a.
\Mlerbom 1573 § 9.
*) Kremer Or. Nass. 2, No. 161, 1255, Nassauer Teilung zwischen Walram und Otto:
item homines dictorum fratrum, qui Loginam [die Lahn ist Teilungsgrenze] transierint et
residentiam fecerint, domino illius partis, ad quam se transtulerint, servient, prout iure
tenentur. S. feiner Bd. 3 No. 65, 1281, und dazu a. a. 0. S. 86 Note 8. Aus später Zeit
s. Toepfer ÜB. 3, 175, 1574: nachdem es auch von alter zwischen dem geschlecht Schwartzen-
burg und Himolstein herkommen, do einer aus gedachtem ampt [Weiden] eins oder mehr
kinder seiner gelegenheit nach hinder berührten junkhem einen verheirathen und bestatten
hat wollen, das inen dasselbig unverhindert des andern teils, auch on einichen abkauf und
nachdienst frei zugelassen worden, darbei soll es auch nachmalen verbleiben. Ganz besonders
lehrreich für die Frage des Unterzuges ist aber Kremer Ardenn. Geschl. Cod. dipl. S. 364,
1276: Vertrag zwischen dem Grafen von Saarbrücken und Rorich und Friedrich von
Benenges, quod intercursus, qui solet esse inter homines nostros de valle de Sinde et de
Sifwilre cum appenditiis et homines dicti comitis de curia da Novo monasterio cum appen-
ditiis, laude et assensu dicti Simonis et nostro est adnullatus et destructus, ita quod dictus
Simon vel heredes sui non debent vel possunt de cetero retinere homines nostros de dicta
valle de Sinde et Sifwilre, nee nos seu heredes nostri debemus vel possumus retinere
homines ipsius Simonis de dicta curia de Novo monasterio. et est sciendum, quod aliqua
puella de valle de Sinde et de Sifwilre cum aliquo homine dicti Simonis de curia de Novo
monasterio potest licite matrimonialiter coniungi et erunt pueri homines dicti Simonis et
similiter puella de curia de Novo monasterio potest licite matrimonialiter coniungi cum
aliquo homine de valle de Sinde et de Sifwilre, et pueri erunt homines nostri. et homines
supradictorum loconim habebunt et tenebunt hinc inde hereditatem suam, sicut hactenus
tenuerunt, et habebimus nos et homines nostri de locis supradictis in nemoribus dicti
Simonis usuarium, sicut hactenus habuimus, et remanebimus nos et heredes nostri et
homines nostri erga dictum Simonem et heredes suos obligati cum talliis arietum et
Omnibus iuribus et consuetudinibus, sicuti pater noster et nosmet ipsi fuimus tempore Lorete
matertere dicti Simonis quondam comitisse Sarepontensis.
[Grundherrlichkeit mid Vogtei. — 120S
^
scbaften ein üuterzug her', und namentlich waren jene grofscn Gniudherr-
schaften reich mit Unterziigsrechten au^estattet, welche später die Gnind-
lagen t^mtorialer Bildungen abgaben*. Allein ein iu sich abjieschlosaenes
Netü von Unt^rzugsrecliten, welches jegliche Sonderexistenz einzelner Gehöfer-
schafteii vernichtet hätte, wurde keineswegs zustande gebracht*. Namentlich
die kleinen Gnindherren wehrten sieh gegen eine solche Ausdehnung der
ünterzugsheziehungen und entwickelten vornehmlich zu diesem Zweck das
Retraktiecht in besonderer Weise*; von ihrem Standpunkte aus mit Recht,
denn bei völlig freiem Zuge wQrde eine beträchtliche Anzahl ihrer Grund-
holden den meist milderen Existenzbedingungen gröfeerer Grundherrschafteü
zugeströmt sein.
Gleichwohl wurde doch viel erreicht. Infolge der Entwicklung einer
neuen Bezirksgerichtsverfassung, wie sie soeben geschildert worden, bildeten
sich grofse lokal al^eschlossene Distrikte ebeniuäfsiger Rechtshildung und
gleichen Pei-sonenrechtes ; filr sie im einzelneu mufste sich ohne weiteres Frei-
zDgigkeit, und für Distrikte gleichen Rechtes wenigstens sehr bald Unterzug
hei-stellen. Was das unter Umständen bedeutete, zeigt der freilich nicht un-
serem engeren Untersuchungsgebiete angehörende Erfolg der Loi de Beau-
mont; die vielen Hunderte von Orten dieses Rechtes hatten im wesentlichen
unter sich vollen Unterzug^. Nicht minder einflufsifich wirkte die liesondere
Anziehungskraft der pi'ol'sen landesherrlichen GruiidhiTisrhaftcii seit s])ät(.'rJton»
dem 14. Jh.; seit dieser Zeit waren die GiuinllH'irM'hattm div i'viiii'iil(.'ii
Kertie dos Territoriums, und nach überallhin innerhalb der Landesgrenzen
eriilTnete ihnen die landesherrliche Gewalt ihres Besitzers Unterzugsrechte ;
das Wort Unterzug ohne weiteren Zusatz wird in dieser Zeit geradezu vom
landesherrlichen Unterzug verstanden*. Gegen diese Einflüsse kämpfen nun
freilich die kleinen, nunmehr ständischen Grundherrschaften innerhalb des
') Vgl. z. B. die in der vorhergehenden Note citierte Stelle aua Toepfer ÜB. 3,
175, 1574.
") S. S. 1207 Nole 2.
") S. z.B. Gachard, Invent arch. Chambre des comptes 1,213: Katherine duehesse de
Lorraine et tnarquise, fait connaitre qu'elle ne peut retenir en ea terre, en nul Heu, nul des
honunes de son frire Henri, comie de Luccelbom^, si ils ne sont des neuves villes ou de
droit d'entrecourt. Vgl. auch Goera Regg. der Erzb. zu 1373 Dez. 9; und MR. ÜB. 3, 1357,
1256; Dullus etiani hominum nostrorum [Trier] vel abbatis [von l'riiin], si sc transferre vellet
ad alterum, a neulro Bostmin debet recipi vel teneri. Weitere Veiträge, welche das Ein-
wandern Höriger von einer Grundberrscbatl zur anderen unmöglich machen sollen , zählt
BoBvalot S. 321 auf.
*) In Lothringen beklagen Eich die Stünde 1392, 1519 und 1569 darüber, dafs ihre
Unterthanen und Vasallen von den herzoglichen Beamten zu leiclit /um Bürgerrecht zu-
gelassen würden, b. Bonvalot S. 500. Vgl. femer Berg. Landr. c. 7, Lac. Arcb. 1, 33.
») Bonvalot S. 332.
s) -Bald. Kesselst. S. 226, 1331.
— 1209 — Soziale Gliederung.]
Territoriums mit mehr oder weniger Energie an ^ ; indes ihr Erfolg ist auf
die Dauer nicht allzu grofs. Die Territorien selbst aber streben nun unter
sich wieder freien Unterzug an, so dafs von dieser Entwicklungsphase aus, wie
sie etwa mit dem 15. Jh. beginnt und mit dem 16. Jh. vollen Aufschwung
nimmt , in der That eine Aussicht auf allgemeine Freizügigkeit der alten
grundhörigen Klassen eröffiiet wird^.
Wie weit sich aber der freie Zug der Grundholden auf Grund der soeben
dargestellten Entwicklungen verbreitet hatte, ergiebt sich am besten aus der
allseitigen und eindringlichen Fixierung der Forderungen für Abzug und Ein-
zug Grundholder in den Weistümem des 14. und der folgenden Jahrhunderte.
Beim Abzug aus einer Grundherrschaft wird vor allen Dingen die vollste
Offenheit des Vorganges verlangt^, gewöhnlich wird bestimmt, dafs der Ab-
zug drei oder sechs Wochen vorher von der Kanzel oder sonstwie verkündigt
werden solle*. Were sach, heifst es im WPronsfeld vom J. 1476, G. 2, 559,
dat einich man in vurg. hoef auch ausfaren wurde, der sal des sontags in der
kirchen roefen, he wil aus dem hoef faren , of he iemant zu thun sie , dat he
beikonune, he wil bezalen oder sein minne werfen und desglichen das sein
euch iiiforderen; und nach dem ruef beiden 14 tag und denselben ruef noch
doen in vurg. maissen bis zu dem dritten nief zu alle mal 14 tagen beiden,
und nach dem dritten iiief sol he beiden noch dri tag, dat ist zusamen
6 Wochen und 3 tag; und mach dan zein in gots geleit, sonder widderstand
der herren. Noch anders, aber nicht minder drastisch erscheint die Forde-
rung offenen Auszuges im WDockweiler 16. Jhs., G. 2, 436, gewahrt: der her
sol den man verantwurten gleich andern seinen angehörigen leuthen umb das
ghene, als obgenant ist; und obe der here dem man zu dick thete, das er
des nit herden mögt, so magh der man schönes tags und heiders hiemels eine
gesandt [?] in seine haut nemen und zwene seiner nachpuren bei sich holen und
sol sprechen: »dieser her thut mir zu dick, ich wil von diesem hem hinder
den andern hern«.
Die zuei-st citierte Stelle untemchtet zugleich über den Grund, welcher
ftlr die Fordenmg offenen Auszugs mafsgebend ist: es soll allen Gläubigem
offenbare Frist gegeben werden, sich ihrer Schuld am ausziehenden Gehöfer zu
erholen; ohne Lösung seiner bestehenden Verbindlichkeiten aber ist es dem
J) S. S. 1208 Note 4.
^) Vgl. zunächst die Einung zwischen Trier und Lothringen, Honth. Hist 2, 344,
1406, und dazu a. a. 0. 346, 1406, und 600, 1515. Es folgen nun eine Masse von uniones
vicinales mit Jülich, Hessen, Köln u. a. m. Für spätere Zeit vgl. auch Honth. Hist 3, 40,
1574; Kindlinger, Hörigk. S. 721, 1586; Honth. Hist 3, 159, 1588; 166, 1590; Scotti, Chur-
Trier 1, 544, 1590; Honth. Hist 3, 932, 1723. — Zu vereinzelter Freilassung bzw. Abkauf
der pei-sönlichen Bindung s. MR. ÜB. 3, 204, ca. 1223; Kindlinger, Hörigk. S. 727, 1602.
') S. WOberelbert 1507 : so ein man buissen wissen der hem uf unentpfenklich gut
ginge, der sulle in der herren gnad und umb ein hoberwet verfallen sein.
*) S. WDemerath 1578, G. 3, 841, und die folgenden Nachrichten des Textes.
Lampraebt, Deutsches WirUclutftsleben. I. 77
[Grimdherriichkeit lani Vogtei.] — 1210 —
Gehöfer nicht gestattet, von daiinen zu ziebeu'. Das ^It natürlich auch für
die Zinsverbiudlichkeit des Gehöfers gegenüber dem Grundherrn, und damit
audi filr die vor dem Abzug zu zahlende Kurmede^. Ist aber der Gehöfer
allen seinen Verbindlichkeiten nachgekommen, dann mag er frei ziehen, ja
der Herr soll ihm wenn nötig beini Auszug behilflich sein: eine Pflicht des
Grundherrn, welche die Weistüuier nicht verfehlen in besonders kräftiger und
BumenfUliger Weise zum Ausdruck zu bringen^.
') 8. *WHospelt, USMai. 1484: vort wiset der Beheffen den hof also frihe, wer nil
pliben mag, der sal mit vollen üinsea sine erbe ufgebnn un ziehen, war er wil, un auch
sine kinder hesladen sonder indrag des grontheren noch voigtheren. WBemkastel 1490,
G. 4, 7ä3: abe ein onnei' man wante binen dem hoegericht und [iiti] uit gelegen were da
XU wanen, so sa.1 er gane bi einen scholtissen Kcnder ader meier, so welticli über ia zu
gepeiten heit, und sal mit sim herm rechenen zins acbatl und bet, und die reniogen und
bezalen und mit sinen schuldicbem verdmne. und sal dan iieini gane und sin fiire usdoin
und sin hulde ofgeben mit vairhcit, und sal hiozehen, woe ie im clwn ist. WSWelfrid
15. Jh.?; (laß der bof daselbst einen freien zuck hab, und so wanne der man seine schulden
bezalen moige, habe er einen freien zug, mag hinziehen, wo got inen hingeleit oder hin-
ziehen wil. \\Xeiwcii I5i6 § 15, G. 6, 52S: es sol auch der anuman mit weib, kind und
gut also leibsfrei sein, wan er aus in ander orter ziehen «il, dan zuvor die heilige kirch,
darnach unsem gn. h., die gcuiein und wem er schuldig were bezale und nisdan sein guet
uflede, der vier strasz, weiche ihm gefeit, frei aus und in friiwen heiters tngs. S. ferner
noch ^VSteinheim 1042, G. 2, 278; WLanpaden, 0. 2, 113, cit oben S. 81? Note 8
(auf S. 318).
") S. WHoenningen 15. Jh. § 13, G. 6, 951: soe wie entfenkllcb erre hait so
Hoiu^htn binnen bSrlicheit ind gericbte tiuser heren van sent Cnnibertz vur«., soe «ikbe zit
dat die verrert, daevan geburt unsen vurg. heren van b. C. dat beste vie, dat dJe vervaeren
man hinder im Mst, soe wie dat der scheffen kuißt nae stnen besten sinnen. WSteinecken
1506, G. 2, 399: wer seines guts ausgehen wil oder mud were und ligen Hesse, der solle es
garzinsigh machen; wil er verkaufen, so solle er das dem herm feil bieten, wil der herr
das kaufen, das hat er macht; kauft der her das nicht, so mag er solches fort verkaufen und
solle dem herm sein churmit geben; desgleichen wil er solches verkauCen, das solle er ihnu
mit wissen des herm, und verkurmiten. wil er es lassen ligen, so solle er das gut garzinsig
machen, die pächt oder zins, so darauf stehen, bezahlen, das chumiit geben, und solle der
herr das aufnehmen. Des weiteren s. 'WTrcis 1501, G. 3, 810; WDörrenbach 1504,
G. 2, 39; WZurmühlen 1507, G. 2, 395; WSpang 1518, G. 2, 601; WDemerath 1578.
G. 3, 841. Zur Motivierung s. Kremer, Ardcnn. Geschl. C. Dipl. S. 424, 1321, Saarbrückener
Freiheitsbrief: wer van uns rumede oder burgcrschalt anderswa eintfinge, des gut hnn wir
Duch gcwunnen. Die Einwohnerschaft soll offenbar erhalten bleiben, s. S. 427: wir ver-
bieden, so wer einen son hat, das er den nit paffen mache ane luseren willen, hat er me
dan einen suu, so mach er einen paffeu machen, vellct den gut ob erbeschaft ane, das uns
ist, oder wirt dinest schuldich, das er das verdine, also es sich heiset, wer dawider dede,
der verlure sin aneval, erbes un gudes.
») S. z. B. WKenn 14. Jh. 2. H. § 14, G. 6, 547: vortme wist der scheffen, abe is
sach were dat ein man zo Kenne sesze und hin beduchte, dasz er sich nit da behelfen
moicbte, und abe er sin annoit geladen hette, und die hem liden quemen und in halden
wuldeo, dasz er nit fort ewnuchte, so suUen si neder sitzen und hime vorter helfen, of das«
ir heu komen muege, da er sin broit gewinnen muege, und in nit irren ain siner vart
WLeiwen 1546 g 15, G. 6, 525: und begebe aichs, das er nit fürt fahren konte, luid u. gn.
— 1211 — Soziale Gliederung.]
Ist der Gehöfer auf die geschilderte Art frei ausgezogen, so ist er für
die Herren und die Bevölkerung seines künftigen Aufenthaltsortes ein her-
kommender, d. h. ein mit Recht ausgezogener und darum mit Recht aufzu-
nehmender Mann^ Denn der aufnehmende Herr soll sich vergewissem, ob
der Aufnahme nachsuchende Mann wirklich freien Zug hat, d. h. aus freiem
Ort kommt oder von seinem Herni entlassen ist und seine Schulden am Ab-
gangsorte bezahlt hat^. Ist das der Fall, so nimmt ihn der neue Herr auf
h. ihme begegnet, solle ihro churf. gn. oder ihrer churf. gn. diener abstehn, dem armen
man fürt helfen, das hinderste rad Scheiben, da das fiirders gestanden hat; wan das also
geschiht, habe ihro churf. gn. ihre ehr bewiesen und dem armen genugsam gethan: das (uf)
sie also von ihren vorfahren den schieff [1. scheffen] an sie ¥rie hofsbraucht bracht und bis
an diese stunde in aUen puncten gewestlich und genoeclich gehalten worden. S. femer noch
\VNiirburg 1515, G. 2, 612; WDockweiler 16. Jh., G. 2, 486; WTdastershausen, G. 2,
198—9. — Im übrigen vgl. zur Frage nach dem freien Zug noch aUgemein die teilweis sehr
detaillierten Nachrichten der WW, Koenigsmacher 1273 § 5; Erpel 1388 § 24; SAmual
1417, G. 2, 21; Tholey 1450, G. 3, 768; Breitfurt 1458, G. 2, 42, vgl. mit WGerstheim,
G. 2, 42--i3; Liesdorf 1458, G. 2, 15; BoUendorf 1459 § 18, Hardt S. 122; Remich 1462
§ 5; Amel 1472 § 28; Dalheim 1472 § 20; Wampach 1475 § 15; Roden 1484 § 16; Ettel-
brück 1492 § 9 u. 10; WaUmünster 1497, G. 2, 68; Mettiach 1499 § 48, Lager S. 250— 251
Heinerscheid 15. Jhs. § 19 u. 39; Wiltingen 1504, G. 2, 76; Kirchheim 1508, G. 2,44—45
Michelnbach 1514, G. 2, 98; Treissem 1526 § 3—5; Nalbacher Thal 1532, G. 2, 27
Throneck 1534 § 3, G. 6, 473; Rotzenhain 1537, G. 1, 687; Gostingen und Kanach 1589,
§ 36 u. 37, Hardt S. 290; Pluwig 1542, Schlufs; Waldbredimus 1545 § 15; Meisenburg 1549
§ 22; Linster 1552 § 16; Thommen (1555) § 13—15; Lenningen 1560 § 24; Wabern und
Hamm 1561, G. 2, 83; Zolwer 1561 § 48; Rittersdorf 1565 § 4 u. 5; Asselbom 1566 § 35
Ouren 1567 § 17, 1589 § 8 f.; Herbom 1573 § 10 u. 11; Uflingen 1575 § 16 u. 28
Tholey 1580, G. 3, 766; Reuland 1586 § 5; Holler 1589 § 11; Wormeldingen 1595 § 5 u. 8
Eich 1597 § 63 u. 64; Berburg 16. Jhs. § 85; Bollendorf 1606 § 18; Heisdorf 1606 § 22
Heinsdorf 1607 § 26; Schuweiler 1685 § 13; Edingen 1669 § 10 u. 11; Irrel 1669 § 6
Steinheim 1669 § 17; Schönfeld 1682 § 18; Oppen 1780 § 5; Bech bei Echtemach § 10
Hüpperdingen § 9; Tettingen, G. 2, 47, Schlufs. S. auch Bd. 8 Wortr. u. d. W. zuck.
^) CRM. 5, 178, 1573, Vertrag zwischen dem Erzstifte Trier und den adligen Mit-
herren zu Ulmen, betreffend beiderseitige Rechte daselbst: so einer, der vorhin anderswo ge-
whonet hat und der obg. eins von adel zu Ulmen leibeigener zuvor gewesen, do er vorhin
gewhonet, uf brechen und zu Ulmen in die hocheit rücken und ziehen wil, der sol nit für
ein herkommender man geachtet, sonder den\jenigen zustendig sein und pleiben, dessen leib-
aigener er vorhin gewesen ist. Der Ausdruck ist sehr alt, vgl. die homines advenientes im
UStift S. 420, Manderscheid, cit S. 866 Note 3.
3) Kremer Ardenn. Geschl. C. dipl. S. 423, 1821, Saarbrückener Freiheitsbrief: der
meicr noch die scheffenen mugen keinen unsen gotzlenman noch wip noch keinen von
anderen unseren dorfen intfan noch keiner unser biu'gmanne lüde in dise zwo stede, sie
inhaben danne rehten zuch, den inwollen wir nit brechen, sie mugen wole lüde intfan von
steden un von dorferen, di vri sint. S. auch \M)emerath 1578, G. 8, 841: wan der her-
khommende man keinen nachvolgenden herm hätte, so sol er u. h. schätz und dienst thun,
wie andere ihre eigene leut, nach seinem vermögen. Ganz ähnliche Bestimmtmgen finden sich
in angelsächsischer Zeit für die Freien unter dem Bürgschaftssystem, bei dem ebenfalls der alte
Grundsatz der Freizügigkeit nicht aufgehoben war. Kein Hläford darf den unter ihm sitzen-
den Freien am Hläford-socn (Aufeuchung eines anderen Herm) hindern, aber der Abziehende
.77*
[Grundberrlichkeit und Vogtei. — 1212 —
und weist ihn in einer Fonn in sein neues Besitztum ein, in welcher sich
wiederum ilie ganze Poesie deutsch-bäuerlicher Rechtsfassung ausspricht ' .
Fest aber wird das neue Verhältnis erst nach Jahr und Ta^;, nachdem eine
Reklamation seitens des alten „nachfolgenden" Herrn nielit stattgefunden hat;
mit diesem Termin tritt auch an einzelnen Orten ei-st die volle Zinspflicht
für den herkommenden Maan ein^.
Kein Zweifel, dafs mit einem iu der eben beschriebenen Weise gereftel-
ten Recht freien Zuges noch nicht jeue Freiheit der Pereon gewonnen ist,
welche uns heutzutage unerläTslich scheint. Und auch die so vorhandene be-
schränkte Freizügifikeit galt nur für die bestgestellte Klasse der alten Grund- i
holden", die nunmehrigen armen Leute.
Aber welchen Fortschiitt bedeutete dies Recht doch gegenüber früheren
Verhältnissen, etwa gar gegenüber den Ausgangspunkten der grundhörifien
Bewegung um die Wende des 9, und 10, Jhs, Neben der Freiheit
des Grundbesitzes war jetzt die Freiheit der Person, wenn auch noch
nicht ungetrübt, so doch in ihren Haujiterfordemlssen zimi gröfsten Teile er-
rungen ; und sie bestand jetzt sogar in vielen Fällen neben ausgedehnter Zins-
pflicht*. Indem sie sich immer weiter ausdehnte, wurde die alte persönliche
mtifs GJch daniber ansneiaen, dafs er bei seinem bisherigen Herrn alle Yerliindlichkeitcn
erfüllt und desseii Abzui;siirlaub erreicht habe, ehe ihn der neue Herr aufnimmt (Edw. n 7;
Athlst II aS, m 4, V 1; Edni. Ill 3; Co. H 28); Tgl. Gneisl, Engl. Vfg. S. 24, 25.
') WGoodeubre^ G. 2, 541: ob ein freoibd seclender kchme und begehrt in dem haf
zu« iroimcE, der sal gähn za einem hofichuItheiBen und ihme das anzeigen; dan sal der
BcholtheiB den frembden man hohlen hinder sich uf sein pfert und den fOren uf die fröen;
nnd wEuiebe der frembcl uf der fröenen ist, dae es ihme gefUt, und springt ab und wilt da
bawen, da sal der scholtheiß ihme abmessen tunizehn morgen weit und breit und denselbigen
damit belehnen und ihme bnn und frieden gebieten; davon Bol derselb man u. g. berm
geben alle jar funfthalben zins, ein halb mir. even, drei froentog und ein angerpfert.
') Pellenzw. 14. Jb. § 82, G. 6, 627 : wan iemants uis frembden landen mit heuslicher
nonungh in die Pelleuz sich begebe und dei^elbig hette(n) keinen naichfolgenden herm, wie
sich der gegen die oberkeit halten sol? autwort: derselbig sol jaer und dage roichlich sitzen,
und nach endungh des jares sol er, so er pleibt, den laudherm zu einem eigenen herm
erwelen. WMenzweiler 1429 § 5: wenn ein annman hinder uns herm von Stidzenberg zöge,
der sol das erst jar fri sein achtens. Vgl. ferner \\'Galgenscheid 1460, G. 2, 453; WUrbach
1480, G. 1, 630; WMeddersheim 1514 § 12; WBlieakostel 1540, G. 2, 29; WWallmünster,
G. 2, 38; WBoxheim und Braunweiler § 18.
') S. dazu weiter unten über die Eigenhürigen.
*) S. dazu schon oben S. 923—4; ferner CBM. 2, 203, 1263, Auseinandersetzung
zwischen dem Erzstift Köln und der Grälin Mecbtild von Sayn: die Gräfin belieldit zu ii-me
dienste inde zu ierre urbure Sechteme inde Gilstorp mit alle deme, dat darzu gehorit. si
beheldit oug alle die man, alle die dienstman, alle die hoveslude, alle die waiszinscge lüde,
ove wilchis rehtis si sini, mit alme irme gude, die wonechtich sint an der siden des Hines,
da Kolne ane steit, so war si gchorin, dat si van irme dienste niet mugin virfarin, so war si
varin, noch diu unse ensulen van unseme dienste niet varin, so war si varin. WBemich
1477, G. 2, 241: das alle burger und inwonner des bofs von Remich friburger uud auch
Eust quit los und ledich sin sullent und u. gn. 1. h. sinen amptluden und allen anderen
— 1218 — Soziale Gliederung.]
Bindung des Grundholden an den Fronhof yemichtet^ und an ihre Stelle trat
jene halb- oder ganzöffentliche Unterordnung des armen Mannes unter den
Grund- oder Landesherm, deren Aufkommen schon früher aus der blofsen
Veränderung der Benennung für die einstigen GrundhOrigen gefolgert wurde. —
Aber waren denn in der That von vornherein alle Grundholden nicht
mehr direkt an die Person des Grundherrn, sondern an die Dingverfassung der
einzelnen Fronhöfe gefesselt?
Ganz evidenterweise trifft diese Behauptung, welche allen unseren Er-
wägungen von S. 1177 ab zu Grunde liegt, nicht zu für die Ministerialen, falls
man dieselben anfangs noch als Grundholde rechnete : sie stehen unter Dienst-
recht, nicht unter Hofrecht; gerade die direkte Bindung an die Person des
Herrn ist für sie charakteristisch. Sie trifft femer nur teilweise zu für die
Weinbaugenossenschaften mit ihrem besonderen Wingertlehnrecht Sie trifft end-
lich nicht zu für die Wachszinsigen. Für die Ministerialen und Wingertleute
braucht eine Erklärung dieser Ausnahmestellung im jetzigen Zeitpunkt unserer
Untersuchungen nicht mehr gegeben zu werden ; sie liegt schon in demjenigen
begründet, was oben S. 902 f. und 1167 über die Ministerialität und S. 1168 f.
über die Weinbaulehngenossenschaft ausgeführt ist. Anders steht es mit den
Wachszinsigen ^ Für sie ist die Ausnahmestellung erst zu beweisen und zu er-
klären. Und die mit dieser Forderung gestellte Aufgabe, zu deren Lösung
wir nunmehr schreiten, wird uns zugleich noch auf andere Verhältnisse inner-
Yort aller andern heischungh, forderongen und schetzongen, es were dan sache das si erb-
schaft lunb ire zins bestanden betten oder ander schalt scbuldigh weren, die soUen sie be-
zalen deigengen, den das geburt, und vermitz das si ere schuld bczalt betten, so suUen und
mügen si anderswohin zehen wanderen faren und fließen in andere lande, hinder ander
herm, und ire kinder bestaiden und hienlichen, wo si hin wullent WThaben 1487, *USMaz.
1484 Bl. 25^: wisent och die scheffen mit ortel und recht die lüde alsamen im banne van
Thaben Me vermitz rente zins und gulde, und vermitz ir bestentenis, sie davan schuldich
sint nach scheffen urtel dem proste und den scheffen, und mogent anderswo zihen und
wanen und bidderkommen nach allem irem wailgeval, und sal sie nimant darin irren, und
van dem kauf sint sie nimant it schuldich, dan als vorg. steit WRapwiler 1547 § 8, G. 2,
101: wer ein erbtheil hait entpfangen und bestanden also guit, daß man ein dreistempe-
lichen stoil daruf stel, der ist meim herm dem probst ein bestheupt schuldig, er wone, woe
er wil. WBech bei Echtemach § 19: weisen die scheffen, dasz der (Abt von Echtemach)
die underthanen des hofes zu B. vermitz kirmet und zins vor freie leut halten sol. Auch
die erbzinsigen Bauern in Brandenburg waren freizügig, an die Scholle gebunden werden sie
erst 1518, s. Bomhak 1, 122.
*) Aufser ihnen könnten vieUeicht noch die Fiskalinen &a unsere Erörterungen in
Betracht kommen. Sie fallen indes für die Moselgegenden infolge zu geringer Ausdehnung
des Quellenmateriales weg. Man vgl. übrigens MK. ÜB. 1, 29, 775, cit oben S. 650 Note 8;
UPrüm No. 6, No. 88 dazu Cesarius S. 162 Note 1, No. 87; femer die Quellen über den
Fiskus Kröv (s. oben S. 180 f.) und dazu WGüls 1885, Zs. d. Berg. Gv. 18, 158: der Vogt
hat nach Martin van ieklichem huse zu Gulse, da ein man inne woint, ein vaitpenninc,
uzgescheiden die huser, die der lüde sint, die dat Riebe anhorint, die dienstlude sint u. gn.
herren von Triere, und der scheffen huser zu Gulse. Zur Freizügigkeit der Reichsleute
6. auch Loersch S. LXU.
[Grundhenlitbkeil und Voglei. — 1214 —
halti (1er spatmittelalterlichen Entwicklung der laDdarbeitentlen Klassen führen,
welche einen weniger tröstlichen Anblick bieten, als ihn <lie bisheri^ien Er-
örterungen j:ewährt haben.
Für die Wachszinsigen ist ea in der That vor allem bezeichnend, dafs
sie mit ihrer Person, ihrer Zins- und Dingpflicht nicht einem Fronhofe, son-
dern dem Herrn dii«kt unterstellt sind ; eben hierauf beruht zunäi-hst ihre
Trennung von den gemeinen Grundholden •. Hiermit schliefsen sie sich aber
zugleich an das alte Verhältnis jener hörigen Klassen an, welche in frtth-
kai'olingischer Zeit, namentlich unter dem Namen der Liten, der vielfach
imgebrochenen Unfreiheit noch ki-äftig gegenüber gestanden hatten * : die
Wachszinsigkeit ist nichts weiter, als die gemäfe der Grundhflrigkeit des eigent-
lichen Mittelalters umgeformt fortdauernde Hörigkeit der älteren Zeit. Der
Beweis für diesen Zusammenhang Mst sich direkt urkundlich erbringen', und
ihm entsprechend münden alle noch bis zum Schlufs der Karolingerzeit oder
auch länger erhaltenen Spuren alter Hörigkeit, die Verhältnisse iter Muudi-
lionen, Censualen, Trihutarii schliefslich entweder in die Wachszinsigkeit, das
ius legitimomm servientium*, aus oder gehen zu Grunde'. Am Schlüsse des
■) thuraliteristisch tritt dos vornohnilicli uu Tage in MR. ÜB. 3, 220, 1223, Sicghurg:
mulier qiietkm, £. uomiue, de iure curün DoUre Itpätcr heilst es serviim curtibj in Bnldin-
dorp in las cCTocfflignnliam Sibergouis ecdeeie Be com filio bqo A. et filia £. tramferri
postulnvit, et ad hoc focUins impetrandum pecuniam optulit taxatam ad coemptioDem
bononitn, de qnibna in predictam cartim 12 d. lolvantor annuatim. hob ergo . . nichil
eci.-le»]e )i(T hoc deperire, immo accregcere tentienteB, com . . corti fieret recompensatio et
nnlier cDm ■ua poiteritate mchilomimis in inre cerocensnalitatU ecdesie remaneret, (cod-
Bensimos). ipsam ergo coram sc&binis cnitis noBtre in B., cui a progenitoribus anis erat
obligata, et coram achocato W., qui et iuri suo acceptis ab ea 30 e. renuntiavit, a Servi-
tute curtie abaolutam sollempniter in ius cerocensualium ecclesie nostre asBumpsimiiB,
decernentea, ut in feslo Eancti Mauritii et Bocionim eins tam ipsa quam quilibet de sua
progenie in perpetuum super altare beati Midiaelis Sibergensis censimi suum dcfcraul, singuli
TJdelicet 2 d. annuatim.
■) Zum ErlöBcben des alten LitenstendeB b. oben S. llSi Note 2. Ein Lite u. a. noch
Lac. ÜB. 3, 4, 794.
*) Trad. Fuld. S. 367, 7S9; ein Unfreier wird an das Kloster gesclienkt eo videlicet
pacto, ut pro data oblatione sine censu optimo lidorum uteretur iure, nulliuB advocati vel
iudicis obnoiins dominio, nisi qui praeesBet Fuldenei coenobio,
*) Lac ÜB. 1, 97, 157, 1020: legem legitimomm servientium; s. unten S. 1220 Note 1.
*) Dafs diese einzelnen Verfiältnisse sich nicht getrennt erhalten, hat an sich nichts
Verwunderliches; mit Recht bemerkt Hanauer, Faysans S. 115, Über die feinere Einteilung
der Unfreien in liti, ÜBcalini, lazzi etc.: cea distinctions ont leur valeur fiscale pour Ic tarif
des compositions; elles n'influent gu^re sur la Situation reelle de Thonune. Im speziellen
Tgl. zum Schicksal des römischen Koionats v. Maurer, Fronb. 1, 317; zur Ausbildung eines
besseren Standes kirchlicher Unfreien Regino, Caua. B^nod. 1, 381, 382, 416, 417. Censuales
im Sinne von Wachs:; ins igen finden sich MR. ÜB. 1, 83, 853: Jemand schenkt an SMaxImin
96 mancipia, ex quibus 7 a iugo servitutis solutos ad ips.im eccleslam censuales feci; vgl.
ferner ME. ÜB. 1, 120, 886, Braubach: curtis una et de vineis aripennes 5 cum homi-
nibus 5, qui ea possident et fructificant, mancipia quoque jcensualia, quicquid [I. quotqot]
— 1215 — Soziale Gliederong.]
früheren Mittelalters bildete daher die Wachszinsigkeit die einzige über der
Grundhörigkeit stehende bessere Hörigkeitsform innerhalb des regelmäfsigen
grundherrUchen Nexus, und ihr Wesen war so fest umschrieben , dafs dessen
charakteristische Vorztlge im Einzelfall sogar zur Begründung einer besseren
Grundhörigkeit ausgenutzt werden konnten ^
Dabei war ihr ursprünglicher Typus bis tief in die Stauferzeit hinein un-
verändert geblieben. Noch immer bildete die ausschliefsliche personale Bin-
dung an den Herrn unter Wegfall jeder Fronho&zugehörigkeit und jeder
Vogtei^ den Kernpunkt des Verhältnisses^, und mit ihr verband sich, ja aus
ihr folgte der Wegfall jeder grundhörigen Bindung des Eigentums : der Wachs-
in eodem morantur pago [Heinrichi] et in pago Loganacensis. S. auch noch UPrüm No. 109,
Flacht, doch s. auch onten S. 1223 Note 1. Zu den Mundiliones Tgl. UPrUm No. 43, und
dazu MR. ÜB. 1, 104, 871 : mandpia mit Ackern an PrOm übergeben ea videlicet ratione, ut
defensionem et mundeburdem et salvationem de prefato monasterio eiusdemque abbate
habeant Eben dieser Schutz aber war Sache des Herrn bei Wachszinsigkeit, s. oben im
Text und Lac ÜB. 1, 38, 78, 882. Zu späteren Muntluden s. WRommersheim 1298, G. 2,
520. Auch die Tributarii gehören hierher, s. Mir. s. Verenae c 18, 11. Jh., und doch wohl
auch die Clientes, s. UlMettlach No. 7; Ennen, Qu. 1, 501, 1119. Zu den Ausdrücken
Cerocensualis, Jus cerarium, Census cerarius s. Lac ÜB. 1, 170, 263, 1104; Düsseldorf
St A., Pant Or. 26, 1181, cit oben S. 870 Note 2; MR. ÜB. 3, 220, 1233. — Auf wachs-
zinsige Verhältnisse gehen wohl auch noch Mir. s. Ger. Tüll, c 2 und c 10, sowie Cantat
s. Hubert c 27, 9. Jh.
1) S. Westd. Zs. Bd. 3, Korrbl. No. 123, 1199, cit oben S. 872 Note 2; femer schon
MR. ÜB. 1, 558, 1150, Bestätigung des Erzbischofs Albero für die Neuordnung der Verhält-
nisse der Schiffenburger Eigenleute: notum facimus tarn futuris quam presentibus, qualiter
hec fEunilia a Servitute dominorum suorum videlicet Adelberti et filiorum eins Friderici et
Conradi in libertatem senritii ecclesie dei genitricis Marie, que est in Schephenburc, manu-
missi sunt hac videlicet ratione: ut, cum ad annos 15 vel plus 16 sive nubant sive coniugio
carere velint penrenerint, persolvant censum ad altare eiusdem ecclesie singulis annis duos
d. in festo purificationis eiusdem genitricis dei. quod si impedimento aliquo intenreniente
uno anno persoWere non potuerint, in subsequentibus, cum primum poterunt, restituant, quod
neglexerint post mortem autem eorum de bis, qui inter pares suos coniugium duxenmt,
ecclesia melius vestimentum vel melius animal, quod potius elegerit, sibi sumat; si vero in
extraneam vel alienam cuiuscunque conditionis familiam nupserint, duas partes totius sub-
stantie vel possessionis de mortuo viro accipiat ecclesia, de muliere vero tertiam partem.
ceteri utique, qui suas familias pro remedio animarum suarum eidem ecclesie dederunt,
eodem suo iure donaverunt
^ Sigeh. Mir. s. Max. 2, 25: regi serenissimo Ottoni videlicet primo ea luce Treveris
existent! . . puerum suae regali magnificentiae praesentasti [abbas \Slckere], utque testamento
suo traditionem pueri praedicti confinnaret necnon ab omnibus advocatis ipsum puerum
memoratum eiusque pastores absolveret, et ut nulli beneficiarentur, exorasti. quam denique
petitionem piis votis morem gerens fieri decrevit, et chirographum inde conscribi sigillique
sui impressione anno eins [dedmo] tertio iussit communiri. Lac ÜB. 1, 504, 1187: quia
vero advocatorum insolentia plus nocere quam prodesse consuevit, propter ipsorum impor*
tunitatem constitutum est, ut [cerocensuales] nullum omnino preter solum archiepiscopnm
Coloniensem habeant advocatnm.
s) Dafür mannigfache Belege in den folgenden Noten.
[Gnindherrlidikcit und Vogtei. — 1216 —
zinsige konnte frei über dasselbe verfügen'. Entsprechend der personalen
Bindung an den Herren gestalteten sich femer die Einzelpflichten des Wachs-
ziusigen aus. Die I>in^flicht zunächst verband ihn zum Besuch eines Dinges,
welfies unter dem Vorsitz des Henn je nach der Zahl der Wachszinsigen
entweder dii-ekt und für sich als Ding der Wachszinsigen, oder auch kombiniert
mit dem Dieustmaimending gehalten werden mochte, jedenfalls weder mit
irgendwelchen Vogtdingen noch mit irgendwelchen Gmnddingen des Herrn zu-
sammenfiel *. Die Zinspfiicht weiterhin war ebenfalls nur auf den Herrn be-
zogen: ilim war unter AusschluJs eigentlichen Kopfeinses* eine geringe, meist
2 bis 4 d. für Männer, 1 bis 2 d. fUr Frauen betragende Sunmie in Wachs
oder auch in Geld vom Zeitjiunkte der Mündigkeit oder der Verehelichung ab
zu zahlen*. Und zwar erfolgte diese ZalUung, wie besonders und wiederholt
') Lac. ÜB. 1, 38, 73, 882: Kwerwia und seine .Schwester Lantsviot quendam ez
uostris proaptcientea devotum ac üdelem aobia fidel iter serrientem rernaculiun nomine
sdlicet Salafridum et coniugem eiiis nomine Lieliuni . . a iugo servitutis de servitio public«
ingenue relazBimis cum ßliis ot filiabus, sicuti per banc absolutioDis cartam a die presenl«
visi s.Luuuä feciale . . . eant, pcrgant, per portas intreut et exeant apertaH nullo obstaado
reaisbeote. mundabardem vero aut patrocinium eligant sub ecclesia dei et sancti Ipoliti . ,
ea rationis causa, ut singulis annis ad supradictam ecclesiun Bancti Ipoliti unusquisque
eorum in festivitate eiusdein martms 2 denaratas rere persolvere satafjerit, nihil magis de
propiift facidtate dantes; post olpitiini luiiiisciiiusrjuf cyrum ]iieu>r lantiim ijuod oblinmm
habent aut !□ eqiüs live in bnboa sen in pords aut in ceteris rebus dare feetinent Im
übrigen haben sie volle Disposition ttber ihr Vermi^n. Lac. ÜB. 1, 46, 84, 907 lassen sie
diestlbon noch niehr frei, hier der Zusatz; peculiare vero fii hahuerint aut postea elaborare
potoerint, sibi teneant posaideant suigqne posteris iure hereditario possidendum derelin-
quant exccpto capitali, . . quod deferatur ad aecclesiam. Man vgl. auch den Unterschied
zwischen Cerocensualen und den Manclpia dotalia in Mit. ÜB. 1, 336, 1052, cit oben
S. 656 Note 5.
') Vgl. darüber vornehmlich Kindlinger, Höriglieit S. 26 f., vo diese und andere
Eigenlieiten der Wachszinsigkeit sehr gut behandelt sind. Aus unserem speziellen Material
5. Mit. ÜB. 1, 345, 1056 bzw. 1112, cit. oben ä. 1128 Note 3; und Lac. ÜB. 1, 154, 239,
1086: tantum generali» placita in anno obsen'et. Vgl. auch Lac. ÜB. 1, 144, 222,
1056 — 75: Gritlin Irmintrud universos servientes, quos in illis habuit partibus [um Rees], sub
censu duorum d. (Coloniensi) contulit ecclesi^ eo tenore, ut ad similitudinem alianun ecclesiarum
sub canonica religione viventium, sub solius arcbiepiscopi potestate constitnti nulii archi-
diacono, nulli decano nisi suo preposito [zu Rees] ceterisque magistris in&a claustrum con-
Etitutis de qualicunquc causa respondeant Vgl. femer auch nach oben S. 1040, und lünd-
linger, Uörigk. S. 519, 1405, cit. oben S. 1129 Note 2. — Zur Ilochgerichtsptiicht der
Wachszinsigen vgl. Lac. ÜB. 2, 683, 1275, cit oben S. 1035 Note 5.
') S. Lac. ÜB. 1, 97, 157, 1020, cit. oben Note 2; St. A. Düsseldorf Tanl. Or. 26,
1181, cit. oben S. 870 Kote 8.
*| MR. ÜB. 1, 151, 905, die it^nua Wieldmd ei-giebt sich an Münstemiaifeld cum
consensu senloris mariti zinsig: nie cnm omnibus successoribus meis sancto iUartino in
censum contrado ea vidolicet ratione, ut omni vitae nieae tempore dnos d. in cera in pre-
dicti sancti festivitate annaliter persolvam. successores itaque mei, si quando ad aetatem per-
venerint, ut ips'um censum persolvere queant, hoc ipsum facere ullo modo non dimittant. Die
— 1217 — Sociale Gliederung.]
festgestellt wird, ohne jegliche Vermittlung eines vom Herrn angestellten
Dritten; wo gröfsere wachszinsige Familien bestanden, bildeten sie eine
freie Zinsgenossenschaft, deren Zinse dem Herrn gemeinsam durch einen
Hauptmann (Zinsträger) aus ihrer Mitte überbracht wurden ^. Wie Dingpflicht
und Zinspflicht wurden schlieMich auch Kurmede und Heiratsgebühr, soweit
Urkunde ist nach Datierung und Besiegelung unecht, gieht aher das VerÜEthren richtig
wieder. Sigeh. Mir. s. Maximini c. 2 § 25: Reinerus . . et Engela de Braubach liberi ex
liberis parentibus orti se et unicum filium suum Adalmanum sancto Maximino tradiderunt,
ea conditione, ut ipse puer quoad viveret posterique sui, qui masculi essent 2 d., feminae
vero 1 d. ad altare beati Maximini in festivitate sancti Maximini persoWerent; post mortem
vero illorum, quod melius haberent in pecoribus sive vestibus, ecdesiae cederet Vier de-
nariatae cer^ sind genannt Lac ÜB. 1, 121, 189, 1054; 1 d. für eine Frau Lac ÜB. 1, 127,
197, 1061; 2 d. für eine Frau St A. Düsseldorf, Pant Or. 26, 1181, cit oben S.870 Note 8.
S. auch noch Kindlinger, Hörigkeit S. 234, 1118: Berewic von Koblenz wird an SStephan-
Mainz geschenkt eo iure, ut in festivitate sancti Stephani 4 d. semper, quamdiu viveret, ad
supradictum persolveret altare, et post terminum huius vite preciosissimam vestem vel s. d.; und
Lac. ÜB. 1, 504, 1187: Lambertus de Wede et Lambertus filius sororis sue de Nuereburch '
Hadewigem Bertam Volsuindem ancillas suas manumittentes ecdesie sancti Clementis in Rin-
dorp contradiderunt, et quicquid iuris et potestatis in eis habebant, cum suis heredibus et
coheredibus resignaverunt et exfestucaverunt: hac videlicet conditione adiuncta, ut tam ipsae
quam quilibet de earum posteritate quolibet anno in medio maio ad altare sancti Clementis
duos d., postquam matrimonium contraxerint, persolvant — Neben der Zahlung einer ge-
ringen Smnme kam freilich auch noch die ursprOnglichere Belastung mit meist 1 Ib. Wachs vor,
s. z. B. Honth. 1, 91, 698. Diese Belastung mit Wachs erklärt sich daraus, dafs Wachs-
zinsigkeit zumeist durch Schenkung an die Kirche entstand (s. unten S. 1220 t)i dieser aber
wurden Wachskerzen bei Prozessionen (Flod. z. J. 920, M6SS. 8, 869) oder bei bezw. zum
Zweck von wunderbaren Heilungen (6. ep. Camerac 1, 81; Mir. s. Bemw. Codd. 8— 5X
überhaupt gern Mittel ad luminaria concinnanda (G. ep. Camerac 1, 89) geschenkt Übrigens
waren derartige Wachslasten der Cerocensualen keineswegs gering, vgl. das oben S. 505
Note 5 Bemerkte, und hierzu noch weiter MR. ÜB. 2, Nachtr. 9, c. 1200: tribus candelis
ex talento cere fkctis; MR. ÜB. 2, 259, 1210: de una Ib. cere fient due candel^, qu^ in-
cendi debent sero et ardebunt tota nocte. Ennen, Qu. 2, 58, 44, 1214 endlich kommt
eine candela unius librc vor, sowie auch solche zu P/a Ib. S. auch noch WEschweiler 1401,
G. 2, 268.
^) Zum Institut des Hauptmanns s. oben S. 650 f., für unseren speziellen Fall Lac
ÜB. 1, 154, 289, 1086: eligant autem inter se unum de comparibus suis, qui censum aliorum
recipiat et fideliter respondeat MR. ÜB. 1, 405, 1102: qu^dam matrona Hildigardis vocata
nobilis, sed ex familia sancti Salvatoris [Prüm] orta, Mathildis de Lizendorf filia, a Novo
monasterio [Münstereifel] migrans Coloniae habitaverit; quae ad monasterium veniens ob
emolumentum animae suae et posterorum suorum parentum ante altare domini nostri et sal-
vatoris mundi Ihesu Christi libero arbitrio devovit, singulis annis se daturam ad illud sanc-
tum altare cum filiis suis per singulorum capita denariatas totidem cerae pretio nummi aut
totidem eiusdem monetae, cuius filiorum nomina haec sunt: Wiricus, Mathildis, Hildegardis,
Margareta, Albero. et constituit, ut senior suae stirpis per subsequentes generationes hoc
spontaneum debitum a reliquis acceptum ad altare sancti Salvatoris annnatim aut deferat ant
transmittat I^c. ÜB. 1, 504, 1187: nullum etiam habebunt super se censualem magistmin,
sed quicunque maior natu fuerit in eorum cognatione, censum pre&tum ab alüs colliget
annnatim et memorato monasterio representabit
nad Togwi
1218
sie Qberttuipt besUnleD', direkt auf äea Herrn bezoeea. Tod Omen fiiklet
äck die Heiratseeböhr nur sporadiscfa * : sehr bcgreiflidi, d» die Freiheit wacbs-
öaäsea Eiireiitams fe^tsUad and Vertieiratong &n fxac^sK Leute überhaupt
asT da io Fräse kommen konnte, wo die ^Varhszinsigen eines und desselbea
Herrn sehr zahlreirfa waren. Viel regelmifeiger eisAeint dagegen die Kur-
mede, WHBD auch rieltadi in reduzierter Gestalt (meet nnr 6 d. oder 1 s.>";
Nb ic|e: oiD i« M Mite IfifaBw . . taä» fenrii
nx regBAüte Ka-
< vi^id as hUkUaI^b i
I CM [M. tl»J MffCR dwhMt a« i.
I tttmiBmBm vaUa de ipca fedena habere
4v k^ M ■£■• de hac fn&ta |»BgMie aabeaiE KenäiM ak aUfMt »»wH äve vmU-
■Btt, aaipB Oad q|Md vnlp» >^ £d crrMeaa litiiie i
e totnRt, icd «
S et DKi«. m bl. dfr-l ad altire .
t tae. CB. 1, 501. IlS7i Tr. - ^z^^UBMi cMkufeBf nnioe tir neque
(^■tas ai^as quam ta. d. dai« ragantnr. .MK. 0& 3, I
ccBtiani dabont 6 d. rt in obitn femine optimnin litwnm. ri
Qo. 2, 9G — 97. 83. 12ffi; die Lasiri der Cat>c«tsa«l« Verden dahin festgestellt, dafs sie
nr Verloban; 7 d. nhlen, 6 an den Kustos nnd 1 *d den lon diesem mit dem Einsamneln
des Zinses Betnnten. bei der HoduHt 2 d.. beim Tod das beste Kleid (restis optima, qua
T^ Tir Tel mnlier Titnis indni solriwi Eadente 6iea eo cnstodil sd den Kustos.
•) Zar Ktimede t^ Lac. FR I. SS. 73, S?2. tit. oben S. 1216 Sote 1 ; Sigeh. Slir.
9. ^"i-i" c. 2 § 2ä dt. oben S. 1216 Note 1: KiDdlioser. HOri|teii S. 234. IIISL cit. oben
S. 1216 Sote 4; MB. ÜB. 3L 220, 1223, and Ennen. Qn. 2. 96—97. 'Ä 122.x beide ciu oben
Xote 2: ferner Ennen. Qu. 1, 61;^— 9. 118. 925—9%: ecv< E. et Th. luor mea de Ubera
nati<»e parentom profeniti sinol cimi tribnf älüs nostiis et ma tilia . . nosmef ipsos non
exacte, sed Tohutate spontanea tradirnns [an SÜKula] . . in preprios. ea videlieet mtione,
Ol vfBMninati filii nostn et fiüa ^ingnli pn se den^^fttam I de ii^ra in huninaiibns annis
TJfpiKg lQdc ad ■«i««» sancti Ipoliti pers^hanL noä aiitem. qni )iaivntes iUoram sumns, abs-
qne mltiBS nnsiE redditiMte semri simns et maneamos. nihil debile« nee leddentes. et
ä qnB ex eis obierii, nihil ta»fis »ä piae&an ecelesiam reddere debims $it. qoam onam
roB. qoae pretimn nnins solidi nJeal. inl s. 1. Keine, nicht at^'K>sie Kannede findet Eich
o. a. auch noch Emien. Qo. 1. £92. 100. Ilsji: prmil iuris est («rerensualinm, singali an-
nnadm 2 d- . . per^ohent: post obitum qn<>>iDe snum niiiü^vs ijuideD) in lineis. riri Tero in-
difereaier qnininid habest preliasios in ipstimentis . . solvent. l,it-. IB. 1, 504, 116";
foet ofahmn uton samn mnlier optimun qoam hibeMi TVsieiu de lino teitam ecdesie
piedicte tnnsainet. lir antem restem dabii kiiiusenDqae generi* habaeht meUorem. Aas
— 1219 — Soziale Gliedenmg.]
zudem wird seit Beginn des 12. Jhs. betont , dals man diese Last freiwillig
auf sich genommen habe: ein Zeichen ihres bald eintretenden Verfallest
Die Wachszinsigkeit in der geschilderten Weise, als freiere Form grund-
herrlicher, unmittelbar persönlicher Bindung hSlt sich nun bis ins IS. Jh.
hinein noch immer im Zusammenhang mit dem ursprünglichen Charakter der
alten, seit karolingischen Zeiten untergegangenen Hörigkeit, aus welcher sie,
geflossen.
Die alte Hörigkeit war durch Übergabe und durch Freilassung entstanden.
Eben diese Entstehungsformen dauern jetzt fbr die Wachszinsigkeit fort In
freierer Art zunächst die Übergabe. Der Grund för eine freiere Ausgestal-
tung gerade der Übergabe, welche unter dem Grundtypus der Wachszinsig-
keit die verschiedensten Modifikationen (im äufsersten Westen und daran an-
schlieüsend in Frankreich sogar eine wieder ftür sich ziemlich festgeschlossene
Form, die Kollibertät^) zuliefe, liegt darin, dafe Übergaben fast nur noch an
Kirchen nach wunderbaren Heilungen, aus besonderer Frömmigkeit und aus
sonstigen rein geistlichen Motiven statthatten. Diese Motive waren aber Ge-
meingut der ganzen Nation: so dafe sich auf Grund ihrer Wirkung Personen
sehr verschiedenen Standes zur Hörigkeit ei^oraben. Natürlich stipidierten sie,
wie denn der Modus der Stipulation ganz in ihrer Hand lag, je nach ihrem
froherer Zeit Tgl. Lac ÜB. 1, 98, 159, 1014—21; 90—91, 147, 1015; Eimeii, Qo. I, 498,
88, 1064.
^) MR. ÜB. 1, 405, 1102: Ubero animi proprii voto hoc posteris suis statoit, at posi
separationem corporis et animae suomm vestimentoram optima quaeque mas et femina sine
Ulla ambigoitate ad eandem ecclesiam persolvens transmittat, quibus spontaneis non senrili-
bus votis persolatis sie posteros suos utriasque sexns liberos voluit remanere. Man vg^ auch
Lac ÜB. 1, 154, 289, 1086: libera femina . . Datha deo sanctoque Adalberto ad altare in
Sonm libertatem suam offerens hoc modo sese et omnem posteritatem suam censnalem con*
stituit: sive mascnlus sit sive femina, postquam l^timom matrimonium inierit, mmm d. sol*
Tat singniis annis, tantom generalia placita in anno observet, com pari suo absqae licentia»
cum dispari per licentiam matrimonium ineat, in morte omni penitos exactione careat
>) Zur Kombertät vgl. Lamprecht, Beiträge S. 81 ff. und 151 f. FOr das Eindringen
dieser zunächst französischen Form vgL man Mir. s. Mansneti c 5: Drogo miles nodssimus
. . um geheilt zu werden, imposito cervici vinculo, sancto se ex Ubero in serrum dedicat
et Votum censuale die certo devovet Er wird geheilt S. femer Mir. s. Gorgonii c 17,
MGSS. 4, 244: ein geheilter Wahnsinniger non immemor . • sui corrigia dlsdnctns coUum
suum circumdedit atque per eandem se sancto Gorgonio fiimulom contradidit . . . quamdiu
in hac came deguit, debitnm tot annis pensum suo exsolvit . . adiutorL Chron. 8. Mich.
Vird. c 86, MGSS. 4^ 86, ca. 1080: ein BUnder innexo sibi ligamine com sese mandpat
sancto eo pacto, ut omni annorum, dum advixerit, recursu pro reddita sospitatione persolvat,
quod vovit devotione spontanea. Ges. Heisterb. Dial. mal. 7, 88, S. 51: tanta circa se be-
atae dei genitricis benefida ... in tantum in illius amore accensus est, at in qoadam pau*
pere ecclesia, in eius honore dedicata, conscio sacerdote, fune collo suo iniecta, serfum ^e*
bae se illi super altare offerret, solvens singulis annis censum de capite suo, qnalem send
originarii solvere consueverunt. Eigentümlich, aber in diesem Zusammenhange erwähnens*
wert ist Arnold de s. Emmer. 1, 12: nobiles quidam viri [Nachkommen des Mörders des h.
Emmeram, welche diesen sich versöhnen wollten] capita cum manibus religiöse altari [sancti
Enmierammi] imponentes professi sunt se martiri perpetuos censuales.
[Gtodhaiikliktit im^ TosML — 1220 —
Stande sehr versehiedeiie Bedingungen der AbhängiglEeit Dodi enriebt sidi
für diesplbeo als Gmodkise im aU^renkdnen das wa^faszinsigp Verliältiiis'.
Viel deuÜJcber aber liegt der Zosammeafaaiig der allen Hüri^keit uod der
spiicren Waefasänsi^eit anf dem zweiten Entstehungsfrebiele beider Formeti,
in der FreQsfsang, zu Tage. In frinkisdier Zeit hatte die Kirche^ wekbe trotz
ihrer steten auf Befreion« der onteren EUssen gerichteten Predigt* der ab-
solDlen Finlassmig keineswegs hold war', es dnrcfazusetzen giewofst, dals die
Freäassang womö^ch m ihren Gunsten, anter Bindung der Freigelassenen
an Sdintz tmd GetichtsTertretans der Kirche, erfolg. Auf diese Weise
>J So tecten denffidk lae. ÜB. 1, 9, 15, 7»— 800: tuatn)» nomine R. et filii eiin,
OH awaa Bkmt CMAiaai> a omctis progtnitoribas suis, inftioMa dd oommoniii «t nü-
^MKBB *innia CMaÜo iadocti lefhiiiu tnditkute et sine omni cootndktioDe se «tm
) a' alMn bcali Sererini . . Mrecatsnalcs prv mnfdio aninunim soamm
B coBdiÜMie, nt äagnli bnius posuntaies homines, qni ad uuuh per-
muiitf TkBi eUät, nngnlis aimis in feslo pnenominiti «nifeaonB duts nommuas eere
■d Mob iltee pwwlnmit. pro liontia T«ro marit*!! csstodi alttris 6 d. , in morte Mtt«m
aafaK^Baqpv «iri litt ■nlieris 6 d. Untmn etiun cn^odi taütßanUL VgL fetner TtsnaL
1. lAMi c 28; I^e. DB. U 97. 157. 1030: qoed^m bliaa kmim Uäan pmdbas et pm-
wäm» pwyäti A-i et &4 adTwati [des SAd^bert»tift»-Aad»] cmdaB Bod«ÜDo servienti
wiriftt» aaeti Adtfbati in Aqnisgnni legnli nutrunoDio anb^n übartMon soam deo Mncto-
qoe mu^ri Adalbeno eaca bona rolontate obtulit; et l^an hgiliwimim serricntiiin , qni
tutfoe cenaom Otitis sohnnt, neqne placitum aücnias adrocaU lannt, ^onle sna stUunt:
et eandan le^em le^timonnn Hniratiam omoi propa^ni ne reKnqDm haita «t st^o tn-
diSonis STi? memoriain sibi ei jKisteris suis confirmari fifot hec detemtiitatio snb anathe-
male rfnii nn*t* est ■ tota congre^tkoe ecdesie, ne attqma a l^itimo ime sarientiam
andeat eoa infrii^oe. 'Or. Eobleni St A. ca. 1880, x^ MR. Bcg. i No. 1518a: der Edl«
and Freie ETerard von Doi^wilre begiebl sich mil seiner Familie unbeschadet seiner Freiheit
in den Dienst der SalTator^blei zum Dank für seine Geoesimg daselbst nach mehr als
30)ähnger Lähmung and Terpflichtet den .\liesten seines Stammes zu jühriicher Entrichtung
von 2 Tanben CMler 2 d. an die Kirche. S. auch noch MR. IB. 1, 151. 90-5, CiL oben S. 1216
Sote i; EnneaQn.1,618— 9, 11^.925—36, ciu S. 1218 Note 3: Uc. VB. 1. IM. 239. 1086.
dt- S. 1219 Sote 1; MR. LB. 1, «ö, 1102, ciL S. 1217 Xoie 1; Uc. ÜB. 1, 50t 1187. eit.
oben S. 1216 N'ote 4, auf S. 1217. Mit dem Beginn des 13. Jhs. lassen daim ftvilich diese
Deditionen sehr nach; charakteristisch ist, dafs schon bei den lleilnn^n am Grabe des b. Bent-
ward sich keiner der Geheilten zur Dedition verpflichtet fühlt. Aus spüierer Zeil v^. man noch
die späjücben Sachrichten HR. CB. 3. 255, 1225; 1471. 12-56; Hennes IB. 1. 428. 1323. —
Übrigens bewegte sich auch der Eintritt in den Kirchendienst in der Form der Dedition,
T^ ans ältester Zeit schon MR. L~B. 1, 19. TS5. vom Mönche Egid in Prüm: ubi ego co-
mam capitis mei propter nomen domni deposuL Tfaietmar 4. 47 vinl ein Mönch als altnris
(cainsdam) servus bezeichnet, AJp. de div. temp. 1. 13 heifit es von einem Bischof; dominus
. . illum ad suam Servituten advocarit, und V. loh. Gorz. c. 45 wird Johann als fidele
Christi mancipium bezeichnet. S. auch noch Cesar. Helsterb. I>ial. mai. 4. 51. und MR. ÜB.
3, 605, 1237. ^ Über das Herabsinken Freier zu Unfreien zur Sühne eines Verbrechens s.
Hanauer Pavsans S. 134. Ein ähnlicher FaU Bd. 3. So. 17&, 1349.
*) S. z. B. Lac. l"B, 1, 34, 73, 8^2; V. loh. Gorz. c. 7.
') Das betont neuerdings wiedemm Foumier, -Xfianchissementi du 5 au 13 slecle,
Revue hist 21, 1 tf. Man vgl. auch Regmo. Cans. s>^. 1. 366.
— 1221 — Soziale Gliederung.]
entstand in fränkischer Zeit eine grofse Anzahl von Hörigkeitsverhältnissen S die
absolute Freilassung dagegen verschwand allmählich gänzlich ; in unserer Gr^end
reichen die Freilassungsurkunden des früheren Mittelalters nicht über die Mitte
des 9. Jhs. hinaus^. Statt dessen treten nunmehr die Freilassungsurkunden
auf Wachszinsigkeit, die ingenuitatis cartae cerariae, auf' ; sie sind nichts an-
deres als die Fortsetzung jener alten Freilassungsurkunden der fränkisdien
Zeit zur Hörigkeit ; wie diese, so sind auch sie einziges Beweismittel der Frei-
heit^, und in ihrer Ausdehnung auf Laienkreise* ergeben sie sogar den einzig
gebräuchlichen Freilassungsmodus der deutschen Kaiserzeit.
Eine Änderung in dieser Lage wird sehr drastisch durch eine Freilas-
sungsurkunde zu voller Freiheit vom J. 1223 angedeutet, der ersten vollen
Freilassung, welche seit dem J. 851 innerhalb der Moselgegenden wiederum
erfolgt®. In der That war das System der Wachszinsigkeit mit dem herauf-
kommenden 13. Jh. in seiner bi^erigen Durchbildung antiquiert^; und mit
ihm und seiner alten Form erstarb der letzt« Nachhall der sozialen Bildungs-
fermente fränkischer Zeit, soweit die letzteren zwecks Vermittlung der grolsen
^) Darüber Foomier a. a. 0.
') S. Testam. Grim. 683 I d: omnimodis toIo, quantumcumque per tabulas Tel per
epistolas seu quolibet titalo ingenuos dimisi seu et per epistolas meas ad loca sancta seu
merentibas personis contuli aut donavi, firma stabilitate pennaneat Vgl. femer Honth. Hist
1, 91, 698; MR. ÜB. 1, 79, 8i8; 81, 851. Zu grofsen Freilassungen in merowingischer Zeit
8. Rotb« Feud. S. 812—818. Vgl. auch Waitz, V%. 5, 225; Hanauer Faysans S. 122 £
*) Die Urkunde Lac. ÜB. 1, 88, 78, 882 heifst ingenuitatis carta ceraria. An Freilassungs-
urkunden selbst vgl. Ennen, Qu. 1, 468, 10, 942 ; *0r. von 1079 Koblenz St A. (vgl. Goen
MR. Reg. 1, No. 1460); Lac ÜB. 1, 157, 248, 1079-^; Westd..Z8. Bd. 2 KorrbL No. 128,
1199; s. auch Lib. aur. Eptemac, dt oben S. 1218 Note 1; MR. ÜB. 1, 88, 888, cit oben
S. 1214 Note 5 ; Lac ÜB. 1, 88, 78, 882, cit oben S. 1216 Note 1 ; MR. ÜB. 1, 257, 10. Jh.,
cit oben S. 1218 Note 1.
*) *Dasseld. St A. Pant Or. 81, (1200): Wachszinsige haben ihre Urkunden verloren
und bitten um Erneuerung derselben, da das Privilegium nc^ectum eos in gravanjto indebi-
tum et errorem posset deducere. S. auch Ennen, Qu. 2, 96— -97, 88, 1225.
^) Diese ergiebt sich doch wohl aus Thietm. 7, 49.
*) S. oben Note 2 und nunmehr dazu MR. ÜB. 8, 204, c 1228: comes Henricus de
Gremino-Fonte intuitu divine remunerationis et ob reverentiam ecdesie Wadegodngensis Mer-
bodonem textorem de Yrolspach ab omni exactione et vexatione et servitio, quo ei tenebatur
in iure, liberaliter absolvit, ea pia devotione, ut liberos suos, qui sunt de familia ecclesie,
liberius et quietius de cetero possit procurare. Aus späterer Zeit v(^. auch noch
Hennes U6. 1, 476, 1865: ich Ck>enraet von Schonecke der aide ritterdoen kunt . .
daz id mit minen gehenknisse und willen is, daz Rulle von Pedemache, der min
man ist und mir zogehoert, bi di Deutschen herren zo Kovelentze komt und ir broder
Wirt, und ich kein recht von ime un von sime gode und luterlich durch gods willen im-
merme gevorderen enwil, und gheven den vorg. herren Rullen vorg. vri und ledich mit
sime gode.
^) Die letzten ihm angehörigen Urkunden der Moselgegend sind MR. ÜB. 8, 765,'
1243; 1878, 1256. Nach Kindlinger, Hörigkeit S. 84 f., 717 ff. verschwänden freilich die
Wachszinsigen erst spätestens im 16. Jh. Hierzu vgl oben den folgenden Text
[Gruudherrlichkeit und Vogtei. — 1222
konstitutiven Gegensätze von unfrei und frei zur Bildung einer personalen
Hörigkeit gefuhrt hatten.
Aber in veränderter Bildung lebte die alte Wachszinsigkeit noch weiter :
sie verquickte sich mit dem Gedanken der Vogteihörigkeit, wie ihn gerade das
13. Jh. besonders weit entwickelt hatte, und so entstand eine neue Form,
welche für unsere Gegend besonders deutlich aus einem Trierer Dokument
der Mitte des 14. Jhs.' erhellt und sich am besten als persönliche Schutz-
hörigkeit bezeichnen Iftfet-.
Im Trierer Uriiar des 14. Jhs. werden nämlich für die Jahre 1340 bis
1350^ 53 Fälle verzeichnet, in welchen einzelne Personen oder Familien, zu-
meist bessere Leute, Handwerker, Wirte, Krämer, Meier, Weiersanverwandte
und Hausbesitzer aus Trier und dessen näherer Umgebung, in einem Falle
auch fremde grundherrschaftliche Uuterthanen *. in den persönlichen Schutz
des Erzbischofes treten. Zu diesem Zwecke tragen sie sich, bisweilen unter
Dienstversprechen, dem Erzbischof im Beisein des Trierer Pallastschultheifsen'
und Pallastkellnei-s ' auf und vei-sprechen aufser ihren Leistungen als Landt«-
eingesessene ' die Zahlung eines Zinses, welcher zu verschiedenen Tenninen
au den Trierer Pallust als den Haupthof der erzstiftischen Hen-schaft liefer-
bar ist*. Dieser Zins selbst besteht entweder aus Geld, gewöhnlich 5 s., aber
auch 2'/3, 6, 10, 14, 15, 20 s. bezw. 1 kleinem gl., oder aus Naturalien,
Hafer, Wachs, Pfeffer und Ingwer; er kann auch dinglich radiziert wenlen.
Durch eine derartige Auflragung wird nun ein uicisl Jclicii^hiiiiiliches, in
einigen Fallea* auch erbliches Verhältnis b^TQndet, welches dem Zinsmann
Exemtion von der gewöhnlichen Gerichtsbarkeit sowie Gerichtsstand vor dem
Trierer Fallast für hohe und niedere Sachen *" sichert. Es braucht nicht erst
betont zu werden, wie innig hier die Grundlagen der alten Wachszinsigkeit
und der modernen Vogteihörigkeit verschmolzen sind; und es scheint, als wenn
verwandte Verhältnisse auch aufserhalb des Trierer Erzstiftes nicht selten
vorgekommen seien". Wie lange sich diese persönliche Schutzhörigkeit er-
halten hat, läfst sich nicht angeben'-; da ich indes im 15. Jh. Spuren derselben
') Unten im Anhang unter No, 1 abgedruckt
^) Die authentische Bezeichnung eines in diesem Verhältnis gebundenen Mannes würde
etwa sein homo domino censualis ad vicam causa protectionis.
*) Nur Tier Fälle, darunter die drei letzten Nununem, liegen später.
•) Ö. Ho. 43.
=) Ko. 44, 46.
•) So. 47, 48.
') Namentlich der Bedeteistuog, s. No. 30, 47.
*) Nur einmal, No. 45, ftn den Schultheifsen von Saarbm^.
') S. No. 24, 29, 30, 43.
">) De alto et basao: No. 44, 46, 47.
") Vgl. 'Bald. Kesselst. S. 711, 1348 Apr. 2. Urk. Walrams Grafen von Zweibrücken:
vort wan uns etliche lüde, umb d&z wir sie schirmden, etviel havirn globet haitten jerlicben
zu gebene . .
") Vorhanden ist sie wohl noch HontL. Hist. 2, 271, 1376.
1
— 1223 — Soziale Gliederung.]
vergebens gesucht habe^ so steht zu vermuten, dafs sie — und mit ihr die
Wachszinsigkeit — seit dem 14. Jh. endgültig ausgestorben ist. Trifft aber
diese Veimutung zu, so würde die persönliche Schutzhörigkeit als die Form
ei-scheinen, in welcher das alte Institut der Wachszinsigkeit zur Bildung von
persönlichen Schutzvogteien und damit zur Entwicklung eines Elementes der
sich im 14. Jh. entfaltenden Landesgewalt ausgenutzt ward.
So scheint es denn, dafs die Wachszinsigkeit vöUig im Sande verlaufen
sei, ein absterbender Zweig Mherer sozialer Entwicklungen, ohne für die
weitere Standesbildung der landarbeitenden Klassen sichtbare Folgen zu hinter-
lassen.
Allein täuscht nicht alles, so scheint dem nur so. Mit der Wachszinsig-
keit hatte sich das Prinzip direkter Abhängigkeit vom Herrn, wie es für die
minderfreien Stände der Frankenzeit charakteristisch gewesen war, bis tief
in das Mittelalter hinein, wenn auch auf einen Punkt beschränkt, so doch in
eben diesem Punkte lebenskräftig erhalten. Wie wenn ihm jetzt eine be-
stimmte Strömung in der Entwicklung der allgemeinen Grundhörigkeit ent-
gegenkam? Falls sich aus der Grundhörigkeit mit ilu-er Fesselung der
Person an die Hofesverfassung und damit an das Hofding einzelne Elemente
absonderten und für sich zu existieren begannen: mufsten diese Splissen
unfertiger sozialer Bildung niclit leicht dem Grundherrn zu direkter Behand-
lung nach Analogie der Wachszinsigkeit, nur nicht in dem milden Abhängig-
keitssystem dieser zufallen? Konnte nicht auf diese Weise, in einer Analogie-
bildung schlechterer Art zur Wachszinsigkeit, eine neue Leibeigenschaft entstehen?
Schon früh begegnet innerhalb der Hofesverfassung unter dem Namen
der Präebendarii, Haistaldi, später unter demjenigen der Proprii, Capitales oder
Hovetlude, Censuales, Censiti, Censiticii oder Zinsleute u. a. m. eine Klasse
der Bevölkerung, welche allerdings dem Bereiche eines besonderen Fronhofes
zugehört^, aber kaum oder gar nicht begütert ist^. Es sind die nachgeborenen
1) Höchstens wäre hier •Abschr. Koblenz St. A. MC. MH Bl. 155»— 155 1> No. 455,
reg. Goerz Regg. der Erzbb. S. 239, vom 5. Apr. 1475, anzuführen.
') Zu dem Namen vgl. für Prebendarius UPrüm No. 43, auch schon Cap. de villis
c. 31, und dazu oben S. 1 147 ; für Haistaldus Ces. zu UPrüm S. 145 Note 3, s. oben S. 436 im
Text vnd S. 797 Note 6, vgl. auch Waitz, Vfg. 5, 261; für Proprius Kremer Akad. Beitr.
2, 203, 1074; Cesarius zu UPrOm S. 162 Note; für Hovetman oder Capitalis Cesarius zu
UPrüm S. 178 Note 1 ; für Censualis MR. ÜB. 3, 1082, 1250 ; für Censitus oder Censiticius
Westd. Zs. 2, Korrbl. 122, 1198; MR. ÜB. 3, 1351, 1256; zu Zinsmann WOlingen 1545
§ 10, wo neben Hoebsleuten Zinsleute erscheinen. Früher hatte wenigstens das Wort Cen-
sualis einen anderen Sinn, vgl. oben S. 1214 Note 5. Zum Beweis der Hofhörigkeit vgl. die
vielfachen Citate unten S. 1225 Note 6, und zunächst CRM. 2, 211, 1264, Saynische Erbteilung:
omnes etiam fideles ministeriales et homines, cuiuscunque iuris fuerint, qui ratione patris ad
DOS iiu-e hereditario devolvi potuerunt, attinentes dominus castrorum Seine Hachenburch
Weitersberg Vresprecht et Holstein, quocunque devenerint vel ubicunque manserint ex ista
vel illa parte Reni, nobis et nostris heredibus remanebunt. similiter dicimus de fidelibos
ministerialibus et hominibus castrorum de Spanheim Dille Starkenborg et Ellenbach predicto
») S. Seite 1224.
[Gnindherrlichkeit und Vogiei. — 1224 —
Söhne der vollberechtigten Gehöfer. Sie bleiben entweder im vollen Besitze
des Hofesherm und sind ihm dann gegen Lebensunterhalt im Hofe zu un-
geniesaenem Dienste als Hirten, Knechte u. dgl. verpflichtet, oder aber sie
kaufen sich von diesem Dienste los und wandern aus dem Hofe'. Im letzteren
Falle werden sie als Usvertige, Uswendige, Wildfili^e, Extranei, Percorania-
nenles, Solivagi und anderswie bezeichnet^, dringen schon im 11. Jh. in die
Städte ein", bleiben aber trotz Ablösung ihres persönlichen Dienstes, häufig
pairi ooEtro hereditarie attinentibus , qnod trstri nostro servient guo iure, ubicunque
manserit
') Zu S. 1323. Hierzu Tgl. UPrüin No. 43 : sunt in prefato (? Fey) de terra iumales 5, quos
teneot preiendarii ; femer Cesarius znUPrlim.S. ISSNoleS; haistnldi vooantnr manentes in villa,
non tarnen habentes hereditatem de curia, nisi areaa lantum et communionem in aquis rt
pascuisi s. auch S. 156 Note 3; haistaJdi appellantur hoiuines habitantes In ciu'iis nostris non
habentes hereditatem ex eis, nisi hareas tantimi et communionem in pascuis in aquis et siliis.
Vgl. femer üPrüm No. 24: si haistaldus (von Mehring nacli Prüm) pondus portat in angaria;
kein GeGpann.
') CesariuB zu UPriim 8. 162 Note: quandocunque femine ecclesie nostre servoa pro-
prios duxerint et en illis lilioB geauerint, . . filii illi omnibus diebiis vite sue servi pemia'
nebunt noslri, qiii vulgariter appellantur (h)oveiungere ; et ei nobis placuerit, dabitur eis pa-
nis et vestimentum, et onmibiis diebua vite sue in cutüg nostris permanebunt: vel custodient
pecora vel minabunt aratram tarn ipsi quam ülii eonim. et si volumiis tali senitio c&rer«.
posaimius redemptionem nb eis accipere. S. dam aurh Ces. zu UPnlm H. 195 Note B, cit oben
8.781 Not« 2, und aus fnlbercrZeit MR.TB. 1,-tOO, c, 1103,Prtlm; qui';.|uis huiusnuidüiiris (?st,
nt ad bulmkum iure poBSit constcingi , et qni censiun de capite suo persolvit, tiic si extra poteatatem
fiigerit, vel in tali loco, abi magister eiua iostiti&m Ab eo habere non potest, constj|«rit, advocatna aut
misEus eiuE cum l^ato abbatis illuc eat et fiigitiTum atque rebellem ad curtim propriam constringat.
«) Zn üsvertig b. WThron, Toepfer ÜB. 1, 282; für üswendig unten Anhang No. 2,
1467 ; zu Wildfcng WMeddersheim 1514 g 12. Von den lateinischen Ausdrücken sind be-
legt Eitraneus UPrOm No. 24 und URheingrafen; Percommanens RIB. ÜB. 1, Öl, 835; Soli-
vagus Lac. ÜB. 1, 86, 139, 1003, Auch Absus, Ges. zu UPrüm S. 170, gehört wohl hierher.
Anderswo sind wieder andere Ausdrücke gebi^uchlich, s. Bodmann, Altert. 775, ca. 1280;
Tbllringer in Mainz ausgestellte Urkunde de hominibus, qui bintersedel dicuntur . . apud nos
vero eileftege lüde; vgl. dazu Bodmann S. 774. Beispiele der Verteilung und des Wandems
solcher Hofhöriger bieten MR. IIB. 1, 61, 835: im Wormsgau in loco, qui dicitur Albulfi
villa [Albisheim] mansum videlicet indominicatum, sed et in Gouvirkhesheim nernon in
Stetin; inter prescripta loca mansi 13 cum mancipiis utriusque sexus de percommanentibus ;
UPriun No. 45, Villance: absi bomines ex nostra familia, qui intra potestatem nostram
sunt sine mansis, . . si foris potestate nostra sunt . . .; abse femine ex nostra familia, sive
infra potestat« nostra sint, sive extranea. URbeingrafen : hec sunt nomina illorum exlra-
neorum attinentium in Swabelieim, quorum ringravius advocatus existit. Folgen 14 Namen,
deren Träger also in den Saurscbwaben heimer Hof gehören. URbeingrafen: der Rh. hat a comite
de Seine omnes homines pertinentes Rense ex ista parte nemoris, quod [so zu I.] dicitur San. Es
sind vohl 26 Erwachsene. WMeddersheim 1514 § 12: wildtaiig sind gleich der gemeinen
u. gn. h. hohe und niedere [erg. büß schuldig] wie ein anderer nachfar, als lang er da sitzL
WThron, Toepfer 1 S. 282: ein üsvertig man, der da der vodien halt, der sal komen zu der
dinge eins, ist er nit ansprechich, sa mach er gaen, war er wil. Hierzu s. WBachamch, G.
2, 221 : komet ein man o<ler wip zo wanen in unser herren lande in die dele, man ensol
neit vragen «an er komme, wil er van dan zehn, so sal man ime helfen in des Reichs
Etraifsen iod sal in neit halden.
^1 Kremer, Akad. Beitr. 2, 203, 1074; servi Nuxiensis opidi, omnes etiam alii ad
4
— 1225 — Soziale Gliederung.]
wohl auch unter Überwindung ihrer an sich sehr geringen sozialen Würdigung ^
mit Dingpflicht und Zinspflicht dem Hofe verbunden, von welchem sie aus-
gegangen sind^.
Denn diese hofhörigen Leute, wie wir auswärtige sowohl als im Hofbereich
wohnende Mitglieder dieser Klasse zusammenfassend nennen wollen, sind im
übrigen zum Fronhofe zunächst in derselben Lage, wie die vollen Gehöfer.
Sie unterliegen der vollen Dingpflicht ^, nur dafs sie, wie es scheint, in spä-
terer Zeit die Entwicklung grundhöriger Strafgerichtsbarkeit nicht mitmachen^,
und dafs die Städte eine solche Dingpflicht in ihnen ansässiger Wildfänge
nicht immer dulden *. Sie unterliegen auch der Zinspflicht, wenngleich natür-
lich infolge kaum vorhandenen dinglichen Zinssubstrates Zinse mit Ausnahme
des Kopfzinses nicht regelmäfsig und nie sehr umfassend vorhanden sind*.
So tritt der Kopfzins um so mehr in den Vordergrund , zumal er nicht , wie
bei den vollen Gehöfem, im Laufe der Zeit radiziert werden kann ^ : seit dem
13. Jh. heifsen die Hofhörigen deshalb geradezu Kopfidnsleute. Der Zins
selbst ist meist nicht übermäfsig hoch ; gewöhnlich beträgt er 1 bis 15 d., ffXr
Weiber der Regel nach die Hälfte ® ; auch wird er in einem Falle aus dem Ende
cortes Herd et Ucklichem pertinentes, qui proprii homines dicnntor . ., manomissi sunt et
effecti cerocensoales ecclesiae Nuxiensis.
1) Adalb. V. Henr. c. 15: (eum) per capillos arripnit et hämo tenus quasi babalcum
vilissimum deiecit
«) S. MR. ÜB. 8, 1082, 1250.
*) S. namentlich den im Anhang nnter No. 2 gedruckten Brief von 1467.
*) WKröv, G. 2, 875, cit oben S. 181 Note 5.
^) MR. ÜB. 2, 171, 1197, cit oben S. 869 Note 2.
*) Vgl. z. 6. üPrüm No. 29, Trittenheim: haistaldus de vino mo. 5., ferner WNieder-
mendig 1882, G. 2, 491, cit oben S. 799 Note 6.
^ S. dazu oben S. 1181.
^) Vgl. UPrüm No. 108 : sunt in Deventre haistaldi 8, unusquisque iUomm solvit d. 12.
Lac ÜB. 1, 86, 189, 1008: man schenkt an Deutz tres curtes . . et quicquid ad eas per-
tinet prediorum vel mancipiorum tali traditione et pro lege, qiialem nobis persolvere sole-
bant, Bcilicet ut vir, qui ibi solivagus dicitur, persolvat 11 d., similiter et mulier. MR. ÜB. 1,
No. 802, 1030: in (sancte Marie ad martyres) curiam [in <]K)ndorf] spectant homines singuli
de capitali censu annuatim 12 nummos debentes. Cesarius zum UPrOm S. 178 Note 1,
Kreuzberg an der Ahr: homines illuc attinentes, qui appellantur hovetlude, alibi morantes
solvunt de capitibus suis annuatim mr. vel drca hoc ... et sdendum est, quod omnes ho-
mines, et mansionarii et capitales, quando moriuntur, [quod] curmede solvunt üStift 417,
Niederberg bei Koblenz: homines attinentes curie N. quilibet vir solvit in censu in festo
Martini 6 d., mulier 3 d. in festo Andree. ÜStift 418, Ochtendunk: archiepiscopus habet
etiam ibidem homines attinentes curie, qui bona non habent de curia; solvunt censum annua-
tim, aliqui 6 d. vel minus, mulieres 5 d. vel drca hoc in festo Martini. *UPoldi (SMa-
theis) Hs. Koblenz CXI^Bl. 60»: qui non est scabinus, tcnetur singulis annis, videlicet ge-
sw&ren maindach post nativitatem Christi, in curia personaliter presentare 6 d., et vidua 8 d.
*Lib. aur. Eptem. in Gk>tha, Bl. 122 », unter Abt Bartholomaeus: quidam homines in dvi-
tate LfCodicensi constituti, quorum nomina hec sunt: Fhilippus et Heimannus atque Richerus
cum sorore eorum Gesla necnon et progenie sua: censuales sunt beati Willibrordi, in cuius
Lau p reell t, DevUchcf WiriaehafUIeben. I. 78
4(8 12. Aa. aBdrtd&k Toa 15 auf 10 d. omi^l'. Nebeo den Espfidn
afccr ak Ar alle Ha&bigea (fie Kamede - uad 1« nnbfctKan Todfiill Heiin-
Ul aOcs Beötzee', ndi die Bein&crianbnb war vie faei dm T<dks Gehölleni
la dB «feca ^esrUdertea Ait Uteb am Ar HgOBn^keit nel£ich )m8
Ms- dB IBteblter tätaas bestekn; es fieges, me sa taofe in der Eot-
nUoK: dhsWt aamW ZoBüBde, TesliltnBe m, ««Itfa^ siA tihu II
Abtr mtH •henB Melt Bck fit BsfUt^oäL Öfttr miidcn Fn»liöit
«iae die aagMägm UatUngm iiiiwiiit. detnt^ FiDe bseai äefa scbaa'
■K 11. Jlk. Ii iiirfiiii aber aeit des IS. A. Mt^»ii»m*. Aber aurJL
1 ^ätestens sett
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L i:b. 1. 4K c uo. <ft. «ta* &- mc x«a> i: sacB. r tn. tut. dt. «ha s. gm
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ii- t, ■". ."jni johlüiis il-(CTm jcv^k ;
ic-ics snöiac. ~cn-T>n> imaiK äonoiv'oi '.•:<
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.jj£ ;. ssi, :,'*.
-■^f^EsiÄ freies». A«i ~)ät«nr
*-* 1227 — Soziale Gliederung.]
B^nn des IS. Jhs. die hofhörigen Leute massenhaft aus dein Hofesverband
zu ihrer persönlichen Verfügung an sich gezogen. Der Beweis wird durch
eine grol^ Anzahl von Einzelfällen ^ namenüich aber durch die Thatsache
erbracht, dafs etwa seit dem dritten Jahrzehnt des 13. Jhs. eine ganz über-
raschende Anzahl unfreier Hausdiener in den Quellen erscheint': sie können
nur durch Einzelveräuüserung aus der Masse der Hofhörigen gewonnen sein.
In der That ist gerade die nunmehr bald eintretende absolute Veräulserungs-
freiheit der Grundherren gegenüber den alten Hofhörigen das charakteristische
Zeichen vollendeten Überganges'. Mit ihr verschieben sich die alten wohl
^) Vgl. u. a. URheingrafen 18. Jh. Anfl: H. habet in beneficio a rin^vio omnes ho-
mines inter Wissebura et Waldaphen morantes ecclesie in Blidenstat attinentes preter hos
mulieribos sois matrimonio copolatos. MR. ÜB. 8> 26, 1214 : Reiner von Werdorf schenkt an
Wadgassen Erwinum de Wenrele et uxorem soam Idam com ipsorum liberis. Von ihren
Gütern keine Rede. ^Andernach Schreinsr. No. 108, G. 1247, 1215: Johannes de Ludens«
torp una cum omni tribu sna Henricmn Yaccam proprium suum existentem Andemaci co-
ram scabinis beate Marie in Hammenroth libei« eum contulenmt, et ita ut annnatim dimidiam
Ib. cere predicte conferat ecclesie. *Andemach Schreinsr. No. 128, G. 1888, 1228: D. mi«
les et P. frater eins et heredes ipsorum Gerlacum Carin, quem habebant iure hereditario
tanquam proprium, ad claustrum beate yirginis in Andemaco libere obtnlerunt ^Andernach
Schreinsr. No. 127, G. 1887, 1228: Radolfus et Fridericus de Bleide et sui heredes Mctthil-
dim cognomine Schonam ad clau[s]trum beate virginis Marie in Andemaco monastice reli-
gionis, cum ad ipsos tamquam propria pertineret, libere obtulenmt idem vero Metthildis
ad prefatum claustrum se et suos heredes reddidit censuales annuatim in Ib. cere. S. auch
MR. ÜB. 3, 462, 1282, cit oben S. 869 Note 4.
') S. MR. ÜB. 3, 218, 1228: H. sacerdos de Arweiler quoddam praedium in Bacheim
compararit denariis suis, quod devote cum quadam puellula libere tradidit ecclesie de (Nie-
derehe). S. femer MR. ÜB. 3, 885, 1230—81 ; 899, 1280 ; 568, 1286 ; auch Arch. aenaux
S. 687, 1406.
*) S. Hennes ÜB. 2, 309, 1290: Wilhelm von Inne schenkt an das Deutschordenshaus
Saarburg quinque s. censuum Metensium d. annuatim super quodam prato sito in Breiden-
bach, quod iacet iuxta Enkenroit, quod est meum verum allodinm, quod habet a me Isen-
bardus et Irmengardis eins uxor ac ipsorum heredes de Breidenbach predicto iure heredi*
tario, tanquam veros census in perpetuum possidendos; ac etiam contoli predictia commen-
datori et fratribus predictum Isenbardum meum hominem ipso iure, quo michi servire sole-
bat. S. femer Bd. 3, 91, if., 1291; Geschlechtsregister Isenburg usw. Urk. S. 101, 1306;
Bd. 3, No. 105, 1323; No. 166, 1345 ; Guden. CD. 2, 1140, 1848. Aus späterer Zeit s. auch noch
*Abschr. Koblenz St A. Adel v. Bicken, 1410 November 30, inseriert in den Belehnungs-
brief des Erzbischofs Otto v. Trier von gleichem Datum, der den Schnitt für den Pergament-
streifen des Siegels trägt, aber nie besiegelt worden ist, vgL Goerz Reg. der Erzb. S. 148:
ich Gerhart von Bicken dim kunt allen luden: als seliger gedechtenis der erwirdige her
Wemher etzwan erzebuschof zo Triere, dem got gnedkh sin wille, etzwan Robine von
Bicken mime vatter selige gegeben und geluwen hatte bis an sin siner nakomen und Stifts
widdenrufen Stinen von Wulterode mit aller der geburte, die von der vurg. Stinen komen
muchte und gekumen ist, welche frauwe vurg. dem stifte von Triere von doede mins seligen
vatters angefallen und mit irme gepoete ledich wurden waz: bekennen ich uffentlich an disme
brieve, daz der erwirdige in got vatter und herre her Otte erzebischof zu Triere min gne-
diger lieber herre mich von besundem sinen gnaden begnadiget und mir die vurg. Stine mit
alle irme gesiechte, daz von ir komen ist und komen wirdet, von nuwes zu rechten manlehen
geluwen hait und ich han si auch itznnt liflich von dem vurg. mime gnedigen herren in
78*
[Gninaherrlkhkeit und VogWi. — 1228 —
konsolidierten Verliältnisse ; schon in der zweiten Hälfte ilea 13. Jhs, sehen
wir Scharen ehemals hofhöriger Leute in fremden Besitz gelanpt und fast
vogelfrei behandelt. In einer Sühne zwischen dem Wildgrafen Konrad und
dem Grafen Gerlach von Veldenz vom J. 1259 heifst es'; nos [Konradus]
honiines beati Remigii, ubicunqiie locoruni in nostra iurisdictione fuerint com-
Hiorantes, quos actenus habuimus, dictfl G. reddidimus, ut de cetero sibi et
Buia herpdibuB attineant, exclusis tantuni hiis, qni in die beati Andree, quo
conconlia est effectui mancit>ata, in iiilla Uffinbach fuerant residentes; exduso
etiani Petro de Kii-wilre. qui nostro et hereduni nostrorum sunt et enint,
quamdiu vixerint, dominio attinentes. nee prefafi de Uffinbach et de Kirwilre
honiines nostri cum hominibus liicti G. matrimouio se coniungent, nee eiusdem
honiines jirefati G. se coniungent, ut predictum est, cum nostris hominibus
prenotatis; sed si feceriiit, nos de nostris et G. de suis capienius emendatn,
prout nostre placuerit voluntati. item homines sancti Maurizii, quos er^a Eck-
» bertuni de Ribolskirchin comparavimus , sine aliqua diniinutione donavimus
nepoti nostro G. suprtulictfl.
Mit dieser Loslösung vom Hof wunlen natürlich auch die alten Benen-
nungen der Hof hörigen lupassend ; es stellen sich nunmehr andere ein, welche
vereinzelt schon seit Beginn des 13, Jhs., dreister seit etwa dem dritten und
vierten Jahrzehnt dieses Jhs. den Bepriff eigenhörig umschreiben ^ bis dann
mit der Wende des 13. und 14. Jhs. der dem neuen Verhältnis entsprechende
Ausdruck leibeigen mehr oder minder sicher gewonnen wird^.
sin siner nnkninen imd Stifts wegen entpbanpen und cniplmin an dlsme bricre mit rmwen
hnlden eiden iind dieosten, als Bolicher tehenne nnd dez stiftg von Triere recht und gewon-
lieit ist
') MH. ÜB. 3, 1507, 1259.
*) Es findet sich tanquam proprius domini 'Andernach SchreinEf. No. 127, G. 1887,
1228; 128, G. 1888, 1228; proprius domini 'Andernach Sclireinsr. No. ICQ, ü. 1247, 1215;
attinens domino, attingens dominum URheingrafen 13. .Ih. Anf.; CRM. 2, 285, 1277; Bd. 3,
128, se, 1323; 494, i, 1324; 523, «, 1346; angehörig WKröv, G. 2, 375, cit. oben S. 181
Note 5; WBreisig 1863, cit. oben S, 765 Note 1; iure proprietatis attinens domino Bd. 3,
96, e, 1291; allodialiter seu iure proprietario pertinens domino Bd. 3, 194, e, 1345; homo
domini Cod. Salm. 139, 1320, cit. oben S. 868 Note 3; lüde des Herren 'Lib. aur. Eptemac.
Bl. 134 Gothaer Bibl.; Heinricus advocatus in Waldorf habet in feodum homines of dem
Hootsnicke noniinatos sent Willibrords lüde, b. auch MR. ÜB. 3, 1507, 1259; Cart. Claire-
fontaine 180, 1378, cit oben S. 923 Note 4. Doch bezeichnet der Ausdrack homo noster
an sich kein Eigentum, da er auch vom Lehnswesen gebraucht wird, s. z, B. MR. ÜB. 3,
472, 1232; Heonea ÜB. 1, 227, 1273, beide cit oben S. 888 Note 1. Zum Ausdnick eigen
lehnman s. WPeterswald 1512, G, 2, 418, cit. oben S. 1031 Note 3.
») Vgl. schon MR. ÜB. 3, 674, 1240: ein Ritter in Boppard schenkt an Marienbei^
cum pleno dominio quicquid iuris habebam in üliabus Gerlaci de Seiewege in Campe, Ger-
trude vidclicet Odilia Bertbeide et Methilde, quas iure proprietario tamijuam verus dominus
quiele tunc possidebam. Attinens cum corpore findet sieh in einer Urktmde von SPeter-
Mainz schon 1289, Kindünger, Hörigkeit S. 4. S. ferner Kindlinger S. 837, 1299 : zu Lutz
ein scholtheiß, de si [die Frau Lise von Schöneck] anehorit mit dem live- Bd. 3, 155,
It. 1333 spricht dann von eigenluden, und Guden. CD. 2, 1128, 1352, Olbriick, von leib-
— 1229 — Soziale Gliederung.]
Denn jetzt war die alte Klasse der hofhörigen Leute allerdings leibeigen
geworden, und man schied sie demgemäls sehr genau von der Klasse der
Grundholden (servi): das 13. und 14. Jh. hat die Ausdrücke attinere iure
proprietatis und attinere iure servitutis wohl auseinander zu halten gewufst*.
Dieser neuen Lage entspricht denn auch ein neues Recht und andere Pflichten.
Die Zinse der leibeigenen Leute wachsen allmählich zu bedenklicher . Höhe, es
finden sich z. B. schon im J. 1320 einmal 20 s., 1 mir. Roggen imd 1 mir. Hafer '.
Dagegen konnte in Ausnahmefällen die Kurmede fehlen*. Noch mehr aber
veränderte sich die Dingpflicht der ehemals Hof hörigen. Sie wurden nunmehr
zu einem besonderen Dingvolk unter dem Leibherren — also ganz analog den
Wachszinsigen — formiert, mit eigenem Recht und eigenen Gerichtstagen.
Über das Nähere unterrichtet keine Quelle gegenständlicher wie eine Münster-
maifelder Aufzeichnung aus der ersten H. des 14. Jhs.^. Est notandum,
heifst es hier, quod omnes supradicti homines ac omnes ad . . preposituram
pertinentes tenentur venire in die sancte Katherine vii^nis [November 25]
ad curiam prepositure infra muros Monasterienses, et eadem die ibidem iudicio
dicto dink interesse et satisfacere, videlicet masculi dicti vulgariter homines
sancti Martini quilibit 6 d* exceptis scabinis, et mulieres 3 d. vidue vero 2 d.
cum ob.; homines autem nuncupati in vulgo homines sancti Severi masculus
7 d., mulier 1 pullum. et si non satisfacerent de censu predicto ipsa die
Katherine, tunc sine emenda possunt satisfacere usque in diem lune post nati-
vitatem domini dictam gesworen maindach, quando secundum dink presidetur ;
et si usque tunc non satisfecerunt, tunc cediderunt in penam 20 d. unusquis-
que hominum predictorum, et iUa pena duplicatur usque feriam secundam
post pascha, quando fit secundum dink, necnon triplicatur feria secunda^ post
nativitatem beati lohannis, quando fit tertium dink, et extunc si non satis-
fecerit nee® gratiam . . prepositi obtinere meruerit, tunc scultetus . . prepositi
ponet eum in penam, que dicitur gevrönit, et extunc poterit prepositus et of-
ficiatus suus manus apponere ad corpus et res; et si non posset eum attingere
lieber Zugehörigkeit; vgl. auch Bd. 3, 194, 9, 1345: homines ad dominum allodialiter seu
iure proprietario pertinentes cum onmibus eorundem hominum successione rebus corporibus
atque bonis, sowie auch CRM. 3, 324, 1346: lüde, die uns nu von irem libe sunderlichen
angehorent. Der direkte Ausdruck leibeigen findet sich an der Mosel wohl nicht vor Schlufs
des 15. Jhs., s. Bd. 3, 300, 25, 1497. Eindlinger, Hörigkeit S. 179, kann den Ausdruck auch
ganz allgemein nicht vor 1483 nachweisen; in Westfalen erscheint er zuerst um die Mitte
des 16. Jhs. (a. a. 0. S. 3 f.), und in den Luxembiu^er Weistümem konmit er, so viel ich
gesehen, gar erst im WSchönfels 1682 zum erstenmal vor.
1) Vgl. Bd. 3, 96, 4, 1291 mit 494, s, 1324.
«) Cod. Sahn. 139, 1320, cit. oben 8. 868 Note 3.
») WTholey 1587, G. 3, 787.
*) ♦UMünstermaifeld Hs. Koblenz CXI» Bl. 15b, CXI^ Bl. 18», 8. oben S. 1082
Kote 3. Vgl. dazu auch Bd. 3 S. 523 c, 1346.
*) In Hs. B. durchstrichen und übergeschriebefi quarta.
« Hs. B. Bl. 18^.
[Gnindherrlichkeit und Vogtei. — 1230 —
propter (iistantiam vel potentiaiii , tunc anno finito et revoliito . . offidatns
iloniini . . archiejiiscopi, si requiratur ex parte . . prepositi, iudiciuni faciet et
hal>ebit unam partem, prepositus vero rtuas partes enieudaiiiui'. ^Et est
scienduni, quod omnes homiiies, tani masculi feiuiiie quam scabini, quilibet
eonimdeiu tenetui' luium d. in ultimo tennino videlicet feria secunda^ i)Ost '
lohannis, qui dicitiir luitdink*, et ex illis denariis dantur cellerario domini -
■Treverensis 3 s. et 6 d. in recognitionem iudicii prenotati. Est etiain Bciendum,
quod . . officiatus prepositure tenetui . . preposito de dictis hominibus in die '
sancte Katherine vii^nis unam mr. et cuiljbet prebende MonasterienHis ecelesio
onuni pullum in caniisprivio.
Derartige Einrichtungen, wie wir sie hier in MUnEterniaifeld getroffen
^nden, waren aber natürlicli nur da möglich, wo ein gröfscrer Stock von Leib-
eigenen vorhanden war; wo dieser fehlte, scheint einfach die Disziplinargewalt
des Herrn wie einst in fränkischer Zeit einKetreten zu sein. Nun war es den
Eigenleuten allerdings möglich, diese so wenig sichernde Dingpflicht abzu-
kaufen, und es scheint in der That nicht selten zu ihrer Ablösung gekommen
EU sein^, aber immer blieben doch solche Abkaufe im ganzen unwirksam,
vielmehr bildete sich seit spätestens dem 13. Jh. eine fluktuierende Masse
irirklich leibeigener Leute aus.
Und was schlimmer war, diese neupebildete Klasse gewann EinfluTs auf
die alte Grundhörifjkeit. Mit dem Verfall der Fronhofsverfassung waren die
alten Gehöfer seit der Wende des 12. und 13. Jhs. gewifs nicht selten des
Schutzes entkleidet, welchen ihnen das Hofding für die Integrität ihrer Rechts-
ätollung audt anderen Stilndcu und iremder Gewalt gegenüber guluistet hatte.
Und keine neue Form autonomes Schutzes trat an diese Stelle. Was lag^
nither, als den einzelnen Gehbfer aus den Trilmraem der alten Fronhofever-
fassung herauszuziehen und als direkt an die Person des Herrn gekettet ia
Anspruch zu nehmen? Wo aber dieser Weg eingeschlagen wurde, da bestand
') Hs. B. fugt hieriu auf Bl. 19'> kimit: propter quod preco sive nuntius dicti
Eculteti .Monasteriensig Labet quolibet anno ab ipso preposito I mir. siligiais et 1 mir. aveae
in Kailthe; de quibus solvit Johannes |de Kailtbe filius Theoderici multoris 6 sum. siliginiB
et 6 sum. avene de bonis suis ibidem, videlicet de uno agro continentc iumale unum et
quartam partem imnalia dictum Broilrestucke situm sapra RSdilbergh.
') Am Ratide dieees Paragraphen tt» Bs. B.: Presedi ego Nicolaua de Cfissa pre-
positus 1439 iu die 2 iulii que fuit 2* 4» feria post lohannis.
') Hs. B. durchstrichen, darüber qnarta,
*) Hs. B. stizt eu hora nona.
'■) Hs. der Trierer Stadtbibl. 1486, vgl, Wyttenb. u. Müller G. Trev. 2 Animadv. S. 17,
1456: item sal man keinen man in den rait zu Trier inholen, der einichen lieren junkeren
oder berrschaft von eigenschaft wegen verbmiden sl oder sich von sine hcren abgekauft habe
vermitz zins krit peffer niass geld oder dienst, das er mit sime Übe geben muesse. Kind-
linger, Hörigkeit S. 727, 1602: Abkauf aus kurpfälzischer Leibeigenschaft gegen Heraus-
gebuug von S fl. per 26 albus und der gebiirlichen Tax. Doch mufs in Jedem einzelnen Fall
der Kurfilrst gefragt werden.
3
t
M
:]
— 1231 — Soziale Gliederung.]
die Gefahr der Verwechselung oder wenigstens der dem Verfahren gegenüber
den eigenhörigen Leuten analogen Behandlung.
In der That weisen eine Beihe von Symptomen seit etwa dem vierten
Jahrzehnt des 18. Jhs. auf eine Entwicklung in dieser Richtung. Alte Grund-
holde werden unter willkürlicher Aufhebung der Adscriptio glebae veräu&ert S
ja im Beginn des 14. Jhs. glaubt man gelegentlich die Thatsache der Adscriptio
besonders, als wäre sie eine Ausnahme, betonen zu müssen '. Seit dieser
Zeit aber macht die Verquickung von Grundholden und Eigenhörigen auch in
der sozialen Wertschätzung bemerkenswerte Fortschritte. In Urkunden, welche
über Grundholde handeln, tritt eine Terminologie auf, welche man bisher nur
in Urkunden über Eigenhörige zu vernehmen gewohnt war, selbst da wo sie
etwa noch mit Grund und Boden übertragen werden'; und allmählich gewöhnt
man sich daran, auch die Grundholden als Leibeigene anzusehen und zu be-
zeichnen. Abgeschlossen liegt dieser Gebrauch freilich erst aus dem 16. Jh.,
nach der Zeit der groüsen Bauemunruhen, vor^; nunmehr findet er sich bis-
weilen sogar für Vogteileute ^. Mit diesem Verfall sozialer Wertschätzung der
Grundholden bleiben aber auch materielle Folgen nicht aus ; namentlich zwingt
man den Grundholden Fronden auf, welche bis dahin als unerhört galten*.
1) MR. U6. 8, 1011, 1249: Mechtild Gräfin von Sayn schenkt an Herchingen cortim
nostram in Man(a?)chenrode com nemoribns et ceteris attinentiis exceptis hominibus. CRM.
2, 285, 1277, Urkunde der Familie von Wildenberg: nos nnanimi consilio . . Wenzonem
curtilanum in Nova-coria et Hedewigim uxorem suam legitimam cum liberis eorum homines
hactenus nobis liberaliter attinentes domno Theoderico preposito et conventui in Ravengirs-
burg tarn pro remedio animarum nostrarum quam hereditatis nomine cum Emesto nepote
nostro liberaliter dedimus perpetuo possidendos et babendos. Yg^. auch schon MR. ÜB. 8,
861, 1228.
*) Vgl. die Urkunde vom J. 1819 über die besessen IMude in Bd. 8 No. 96, und
dazu Bd. 8, 494, s, 1824.
«) Vgl. z. B. Bd. 8 No. 125, 1882.
^) So behandelt z. B. das WEscb § 2 die Ausdrücke eigenschaftleut, inwohnder und
eigenleutb als identisch, und im WPleizenhausen 1582, 6. 2, 188, werden die Hofleute gar
als ,Niedereigentumb' bezeichnet In ähnlicher Weise wechseln im WMatzen 1544 § 8, 15
und 17 die Ausdrücke arme underthaene, arme leute und unerthane, arme angehorige uner-
thaene leute für dieselbe Klasse der Grundholden. Vgl. auch noch die Linsterer Herren-
erklärung 1552, Hardt S. 447 — 451, und WGreisch 1588 § 2: erkennen mir eigenschaftleut
zu sein mit leif und gut, mit ploch und wagen zu froenen, imd die underthanen sich ab-
zukaufen, wie in anderen herschaften.
^) WTholey 1584, G. 8, 766. Dagegen unterscheidet z. B. der Erblehenbrief von
Wiltz, 1681, ganz konsequent zwischen leibeigenen Schaftgütem und Freischaftgütem, wie
auch zwischen Grund- und Lehnherr und Grund- und Schaftherr.
*) S. z. B. Wiltzer Erblehenbrief 1681, § 15: und sein aUe die in denselben dorferen
inwohnende undertanen meistenteils leibeigenleut und etzliche aUerlei frönden, so oft und
dick sichs gebürt und sie geboten wurden, auszurichten verpfligt und underworfen . • . wie
ingleichen, wenn sie zur jagd geboten werden. Diese Fronde hier zum erstenmal in den
ganzen Luxemburger Weistümem. Vgl. femer WHeimbach 1602 oder 1608. Besonders
lehrreich ist aber WSchönfels 1682. Es handelt sehr ausführlich über die Fronden der
[Qrunilherrlichkeit imd Vogiei. — 1232
Welches aber war die innere Kraft, welche diesen Verfall bewirkte?
Sie ist, alisieseheu von der Bedeutung anderer später anzufahrender '.
scheinunpen, zuiu p;uteu Teile, vielleicht überwiegend, iu der drüdienden Aus-
[Gestaltung der Eigenleute zu einem ländlichen Proletarial zu sucheu, welches
an den Kräften der Grundholden nagte und sie schliefslich mit sich ins Ver-
derben hinabzog.
Die Entwicklung in dieser Richtung läfst sich auf Giiind der uns vor-
liegenden Prämissen und init Zuhilfenahme einiger weiterer Erörterungen lui-
schwer zeichnen, sobald man dem Charakter ländlicher Entwtckluugsreiben
Rechnung tragend sich eutaehliefst , ihre Wurzeln über Jahrhunderte rück-
wärts zu verfolgen.
Tauscht nicht alles, so war die Zahl der Unfreien und Minderfreien am
Schlufs der Völkerwanderung in Deutschland keine allzu grofse '. Sie kann
-auch bis in die Höhe der Karolingerzeit, wenigstens so weit es sich direkt
um Unfreie handelt, nicht überniäfsig gewachsen sein, anderenfalls wäre die später
einsetzende freiheitliche Entwicklung zur Grundhörigkeit durch einfachen Zuschub
wenn auch inmierhin zalilreicher freier Elemente nicht erklärlich. Aber nun-
mehr freilich, spätestens seit Ende des 8. Jhs., nahm die abhäi^ge Bevöl-
kerung des platten Landes ganz aufserordentlich zu. Ein sehr beträchtlicher
Bruchteil der Altireien verschmolz mit den bisherigen Minder- und Unfreien
um die Wende des 9. imd 10 Jhs. zum Körper der Gruudholden, und die so
entstandene abhängige Gmppe vermehrte sich in der Folgezeit noch sehr durch
die markhörigen Leute und schliefslich durch die Vogteileute.
Da fragt es sich nun, mit welchi'ii Besitzmitteln die litniilirhe Bevölkeruuc;
des 9. Jhs. iu diese Entwicklung der deutschen Kaiserzeit eintrat, welche
schliefslich mit fast voller Einbeziehung aller Landwirte in die Grundhörigkeit
oder in ein dieser korrelates Verhältnis endete.
Der individuate Wirtschaftswettbewerb, wie er in unseren Gegenden
wesentlich seit dem 6. Jh. durch Änderung lier Gesetzgebung auf dem Gebiete
des Immobiliarrechtes entfesselt wurde, hatte sich vornehmlich auf die ver-
mehrte Besiallung des Landes geworfen. Man teilte die alten Hufen noch nicht ;
die Erscheinung, dafs jüngere Söhne neben dem ältesten Erben auf der Hufe des
Vaters sitzen blieben, war noch ungewöhnlich * ; diese Söhne zogen in den Wald.
Derartigen, von Generation zu Generation der Vermehrung der Bevölkerung pro-
portional wachsenden Angriffen hielten aber leicht zugängliche und gut lohnende
Waldl)estände nur bis in die frühere Karolingerzeit hinein ausgiebig Stand. Seit-
dem war die Rodung im ganzen und grofsen schon mit Kapitalaufwendungen
Schönfelser Eigenleute — hier auch in den Luxembui^er Weistümem z\m erstenmal das
Wort Leibeigenschaft, s. oben S. 1228 Note 3 — : bei vielen Paragraphen befindet sich eine
Allegation des Grundherrn, die meist die Frohnden verschärft angiebt.
') S. dazu V. Inauia, Wirtschaftsg. l, 70. Anders in Frankreich, s. Guerard, Irmi-
non 1, 3.^8.
») Vgl. u. a. auch Ed. Roth. 167, MGLL. 4, 38.
lea '
— 1233 — Soziale Gliederang.]
verknüpft, deren Höhe nachgeborene Söhne wenig bemittelter Gemeinfreier von
einer Beteiligung am Ausbau ausschlois. Diese Söhne blieben darum, wenigstens
teilweis, daheim, und somit begann die Zersplitterung der alten Hufen. Und
mag sie auch de facto durch Vermeidung von Realteilungen noch um
eine oder die andere Generation angehalten worden sein} im 9. und 10. Jh.
bestand sie und tritt in den Urkunden offen zu Tage.
Nun waren aber die meisten alten Hufen in dieser Zeit in einer oder
der anderen Weise schon in grundherrliche Verbände getreten oder drohten
wenigstens in dieselben hineinzugeraten; die geschilderte Entwicklung wurde
also unmittelbar ftlr die Grundhörigkeit bedeutsam. Inwiefern dies der Fall,
das läfist sich aus dem Quellenmaterial des 9. und 10. Jhs. glücklicherweise
noch einigermalsen erkennen, denn eben dieser Zeit gehören eine Reihe von
Urkunden an , welche über die Anzahl der auf je einer oder einigen Hufen
sitzenden Grundholden wenn auch nicht stets zweifellos berichten^. Daergiebt
^) Ich stelle im folgenden das gesamte vorhandene Material chronologisch zusammen.
MR. U6. 1, 76, 762: unter S6 Unfreien 28 Männer, 18 Franen; MB. ÜB. 1, 44, 806, auf
einem Mansus ein Serms, s. dazu Neugart, CD. Alam. 8. 71: casatom unum cum hoba sua,
dagegen Trad. Lauresh. 1094: mansum, ubi tres homines manere possunt Im MB. ÜB. vgl.
weiter Bd. 1, 52, 820, cit oben S. 868 — 864 im Text: mansa dno et manentes duodecim, es
werden aber 18 Familien aufgezählt, nur ist aus äiner der Mann gestorben. Bd. 1, 55, 828:
7 Manzipien (8 Männer und 4 Frauen) wurden gegen 14 (11 Männer und 8 Frauen) getauscht
MB. ÜB. 2, 20, 882: auf 8 Hufen in Matzen 8 Manzipien (2 m., 1 weibl.) mit 6 Kindern
(8 m., 8 weibl.). Lac ÜB. 1, 22, 46, 884: an der Buhr 2 Mansi mit 5 Manzipien his
nominibus ünina, Sigifrid, Badgis, Batruut, Frithuric MB. ÜB. 1» 64, 886: zu 7 Hufen
58 Manzipien (80 m., 28 weibl.), also auf die Hufe ca. 8,25 (4,25 m., 4 weibl.). MB. ÜB.
1, 58, 844: im Bitgau vermutlich 1 Curtilis und 8 Hufen mit 9 Familien in 88 Personen,
nemlich 82 erwachsenen und 56 unerwachsenen. MB. ÜB. 1, 88, 858: (1 Mühle und)
12 Hufen mit 90 Manzipien (ca. 50 m., ca. 46 weibl.), also auf die Hufe exkL Mühle ca. 8
(4 m., 4 weibl.). MB. ÜB. 1, 89, 855: das Benefiz Albrichs besteht aus 2 mansi cum octo
iugeribus in Hoffelt und Barweiler w. Adenau, und 22 mancipia utriusque sexus et etatis
desuper residentia vel illuc pertinentia. CBM. 1, 8, 855: zur Sinziger Kapelle gehören ex
una ripa fiuminis [Are] mansus IV2 et ex altera medius, cum domibus etc.; dazu 4 männ-
liche mancipia, necnon et alia mancipia utriusque sexus atque censuales homines ac cerearit
ibidem aspicientes. MB. ÜB. 1, 98, 856: ein Bifiuog bei Ottenheim mit 14 Manzipien (2 m.,
12 weibLX wohl 2 Familien. MB. ÜB. 1, 108, 867: in Wanlo bei Ericelenz inter silvam et
terram bunnaria 54 cum mancipiis 8 (1 m., 2 weibl.) und 10 Kindern; Mann, Frau und
7 Kinder, Schwester des Mannes mit 3 Kindern. Ebd. in Boslar und Jülich 2 Hufen mit
4 Manzipienfamilien nebst Kindern; doch ist der Text Terderiyt MB. ÜB. 1, 112, 870:
bei Aachen 2 mansa und terra indominicata, dazu 2 Familien Unfreie. MB. ÜB. 1, 119, 881,
Waldhausen, Amt Weilburg: i casa mdominicata mit IVs eingefronter Hufe, darauf 6 Man-
zipien (4 m., 2 weibl.) mit 11 Kindern; 2 Ehen zu 7 bez. 4 Kindern. MB. ÜB. 1, 120, 886,
Bemagen: 25 mancipia censualia (15 m., 10 weibLX dabei 8 Parteien Kinder; ebd. Yilipp:
9 mancipia censualia (2 m., 7 weibl.) und 10 Kinder, nemlich 2 Ehen mit 1 bzw. 2 Kindern,
eine Frau mit 8, eine Frau mit 4 Kindern; diese mancipia censualia sind aber Wachszinsige
oder Hofhörige. — MB. ÜB. 1, 158, 909: in Burmeringen 247 iugera de terra arabile mit
28 Manzipien (10* m., 7 weibl.) und 10 Kindern, also auf 1 Mann ca. 15 iugera; und in
Efslingen 216 iugera mit 27 Manzipien (15 m., 12 weibl.) und einer Anzahl Kindern, alao
[Gnindhenlitbkeit und Vogtei. — 1234 —
Bicli deirn allerdings t!;egenüber der Thatsache, dafs sich im 9. Jh. noch öfter
unbesetzte {pfleglose) grundherrliche Ihifen ünden ' , eiue schou recht weit
vorgeschrittene Anhäufting der gniudhörigen Bevülkeniiig auf den ein-
zelnen Hufen: neben selteaerea Fällen, in deneu je eine Familie und eine
Hufe sich decken, steht die ziemlich häufige Erscheinung, dafs auf eine
Hufe je sechs, ja je acht erwachsene Grundholde kommen, ZifFei-n, welche
auf 1 Mann ca. 14 iugera. CardauDs, Rh. Drkk. 1, 338, 922: l Hofe in Flodorf b«i Zitlpich
nit I Semu. Lac IIB. I, 48, 67, 927; 30 mfinsi cnin totidem numcipüa utriimiue aexus ea
fnhabitAntibuB. MR. ÜB. 1, 173, 936: in MariesflofB bei Bolchen (Ardenneo) mansum indo-
ntnicntum cum tems indomini catis, ubi possunt seminari 148 mir. annon?, et duobus pratis
indominicatis ad 30 utir. feni, et alioa aosBOB servile» 4Vi, et qnicquid ad eimdem mansum
indominicatum pertinere videtur in pratis etc., et mancipia utrinsque aeitis 26, Cardauns,
Hb. TJrkk. 1, 342—3, 941: mansa laeülia 3 <nim 3 servilibns et 5 horainibuB ea inhabitan-
tibiis. Ennen, Qu. 1, 462, 10, 942: in Meriesheim (Zülpichgau) ein praediiun mit T Unireien
(Gm., 1 weibl.), einer der Männer tum daobiis pairuli» piieris. Lac, ÜB. 4, 604, 945; in
riüa Reinsa pihens] nominata ecclesiom 1 (iim 27 niancipüs et insuper 8 bominuni beneficia,
de pralo ad duas ctur. cum arpennie 6 ac 9 particulis arpeimarum. MR. DB. 1, 184, 946:
12 munsi in Boewingen (Luxemburgische Ardennen) mit 15 mandpia utrinsque sesus ent-
Bprechen 9 mansi mit 12 mancipia utriuaque seius in Lens m der Auvergne, MR. ÜB. 1,
199, 955: in zvei Dörfern der Grafschaft Ivois 2 mansi indominicati mit 6 appeodices (dazu
noch ein Weinberg, eine Mühle und Wald für 100 Schweine) und 27 Manzipien (12 m.,
16 weibl.) mit 37 Kindern (also im ganzen 64, nicht, wie die Urkunde zahlt, 66 Seelen),
daninter 9 ganze Ehen mit 0. 0. 1. 1. 2. 4. -5, 6. 7 Kindern. MR. Ult. 1, 206, 960: ein
Mansus in Mamem cum andlia A. et [3] filiis. MR IIB. 1, 220, 964, Leuken im .Saargau:
airalis von 73 Morgen mit 7 Manzipien (S m-, 2 weibl.), darunter zn-ui volle Ehen. Ebd.
6 Hufen mit 14 Manzipien (8 m., 6 weibi.), dantnter 6 volle Ehen. MR. ÜB. 1. 260, 989,
Deren: 14 Manzipien (8 m., 6 welbl.) mit 21 Kindern, daninter 4 Eben mit 2. 2. 4. 4 Kin-
dern, 4 Frauea mit I. 2. 2. 4 Kindern, 2 IrVanen, qnae adhuc sunt absque liberis. — Lac
ÜB. I, 101, 162, 1027: 12 roansos et 24 mancipia. Lac. ÜB. 1, 145, 224, 1073-75: ein
Mansus, quem quidam Berohardus nomine tunc inhahitabat et mancipia 11 nuinero, nemlich
Ozo et Älvecha cum propagine filia filiorumque suortmi. Lac. ÜB. 1, 146, 225, 1073 — 75:
eine Hufe cum uno homine. Lac. ÜB. 1, 146, 127, 1073-75: 2 Hufen in Deutz mit 5 Man-
zipien, nemlich Guso mit seiner Schwester Goza und seinen 3 Tüchtem. L'lMettlach No. I
Ende 11. Jhs.: 2'/i mansi una ciun mancipiis supersedentibus werden an Mettlach geschenkt
Es sitzen darauf W. et uxor eins; B. et G.; E. et E.; R et R.; W. B. et omnes, qui de
eonun progenie piovenluri easent. 4 Familien, 2 Unverheiratete: fuemnt autem fadem die
de progenie supradict? famili^ 33 anim?, de quibus . . dominus (donator) sibi duos excepit,
Williman et Mania. Williman licentia domini sui poatca accepic uxorem de familia sancd
Fetri et permanait cum ceteris. — Lac. ÜB. 1, 168, 261, 1102: 4 mansi cum 8 mancipiis.
MR. ÜB. 1, 558, 1150: Bestätigung des Erzbischofs Albero fiir die Ordnung der Schiffen-
burger Eigenleute. Es sind 47 Männer, 47 Frauen und 19 Kinder, von ihnen sitzen 8 M.,
3 F. in Linden bei Giefsen, 9 M., 16 F. in Leikestem, 5 M., 2 F. in Hagen, 2 M., 3 F. in
Busen, 1 M., 3 F., 4 K. in Wetzlar, 2 F. in Mulenheim, 1 M., 1 F. in Werhtorf. 3 M-, 3 l".,
4 K. in Girmea, 1 M. in Bukenheim, 1 M., I F., 6 K. in Rockenberg, 1 M., 1 F., 5 K. in
HappershoTon, 5 M., 6 F. in Burchardesvelt, 2 M. in Dorffe, 1 M., 1 F. in Blasbacb, 2 M.
in Dodenbovon, 2 M. in Wisecbo, 3 M., 5 F. in Liehe. UlMettlach No. XVI 13. Jh. Anf :
1 mansus in Loebeim, darauf 5 mancipia: B. et &ater suus R. et mater ipsorum cum duabus
filiabus suis.
') S. u. a. oben S. 722.
— 1285 — Soziale Gliederung.]
nach der Zählweise der Urkunden eine Besetzung mit je drei oder vier Familien
andeuten ^ Und das alles, obgleich die Kinderfrequenz innerhalb der Ehen an-
scheinend nicht hervorragend ist', wenn auch neben ihr ein aller Wahrscheinlich-
keit nach sehr hoher Prozentsatz unehelicher Kinder steht Denn die vielen für
sich stehenden Mütter, welche in den Urkunden vorkonmien, sind schwerlich stets
oder auch nur überwiegend Witwen, vielmehr ist bei ihnen aufsereheliche
Konzeption anzunehmen : führt doch eine Urkunde vom J. 964 ganz naiv neben
derartigen Frauen zwei andere Mädchen ein, quae adhuc sunt absque liberis.
War dies nun der Status des 9. und 10. Jhs., wie er aulserhalb der
S. 1233 Note 1 angeführten Einzelnachrichten namentlich auch aus einigen genauen
Angaben des Prümer Urbars erhellt, nach welchen g^en Schluls des 9. Jhs.
ein sehr bedeutender Prozentsatz aller Hufen sogar in den Ardennen schon
zersplittert erscheint^, so konnte man der Entwicklung etwa vom 10 Jh. ab
nicht ohne schwere Befürchtungen entgegensehen. Mag nun die absolute Ver-
mehrung der Bevölkerung ganz oder nur annähernd in den oben S. 168 be-
rechneten Prozentsätzen vor sich gegangen sein, jedenfalls müssen wir vom
Beginn der Ottonenzeit bis zum Beginn der Stauferzeit mindestens eine Ver-
doppelung der nunmehr durchaus überwiegenden grundhörigen Bevölkerung
annehmen ; und der agrai^eschichtliche Ausdruck dieser Thatsache liegt um die
Mitte des 12. Jhs. in dem jetzt völlig zu Tage tretenden Verfall der Hufen-
verfassung vor*.
Es hätte um diese Zeit zu einer agrarischen Revolution infolge unzu-
reichenden ökonomischen Substrates für die wachsende Bevölkerung konunen
müssen — und in der That fehlen Anzeichen in dieser Richtung nahezu bia
zum Beginn der Stauferzeit nicht '^ — , wenn nicht die Entwicklung selbst
mehrere Auswege auf Einmal an die Hand gegeben hätte.
Es kam zu einem letzten Ausbau des Landes, an dem sich alle Stände
aufs gründlichste beteiligten, bei welchem aber den Grundholden als der acker-
bauenden Klasse der Löwenanteil zufallen mufste; die Kreuzzüge absorbierten
einzelne Kräfte, beträchtlichere Massen schon die Kolonisation des deutschen
') Über das Verhältnis der Unfreien zu den Hufen (Familien usw.) 8. auch noch
y. Abb^, Viersener Programm 1885 S. 10 1, sowie aus früherer Zeit ▼. Maurer, Fronh.
1, 885.
^) Ebenso urteilt ▼. Inama, Grofsgrundh. S. 114 Note 8; s. auch Wirtschaftsg.
1, 514-5.
») S. Bd. 2, 145 ß,
^) S. zu den Bemerkungen dieses Absatzes oben S. 864, auch S. 868 und 876.
^) S. schon oben S. 864 Note 2; auch Chron. s. Hub. c 59, M6SS. 8, 598. Bonyalot
S. 68—69 führt u. a. an den Aufstand der Unfreien von SMartin-Metz um 950, Cahnet*
2, 203, und die Auswanderung von 800 unfreien Familien des Metzer Stiftes nach Italien im
J. 1014; femer bemerkt er, wie im J. 1057 die Hörigen des Stiftes Toul, in Vancouleurs ein-
geschlossen, ihre Freiheit ohne Erfolg 3 Monate gegen die Truppen des Grundherm ver-
teidigen, sowie dafs Herzog Simon H. von Lothringen im J. 1177 die au&t&ndischen Saarbanem
bei Remich schlägt.
IGniodherrlichkeit imU Vogtei. — 1236 —
Osteiis, eine sehr zahlreiche Menge aber vor allein wohl die städtische Ent^
wicklunf?. So fühlte man sich um die Wende des 12, und 13, Jhs. auf dem
platten Lande erleichtert; es kam soi^rar zu einer gewissen Knapiiheit der
Arbeitskräfte '.
Aber die Vermehrung der Bevölkerung hielt nicht inne. Nach unseren
Berechnungen oben auf Seite 163 stieg die Einwohnerzahl der Moselgegenden
TOn 220 000 im J. 1200 auf 450 000 im J. 1800; ein nicht geringes Quantuui
-dieser Zunahme wird den drei letzten Jahrhunderten des Mittelalters gut-
geschrieben werden müssen.
Unter dem Einftufs dieser Vermehrung der Bevölkerung vollzog sich
nun die soziale Entwicklung der landarbeitenden Klassen, von welcher wir
oben sprachen. War das Geleise, in welchem diese Entwicklui^ verlief, diuth
soziale und rechtliche wie halbstaaüiclie Verhältnisse bedingt, so erhielt sie
doch Anstol's imd Intensität nicht zum geringsten Teile aus den eben erörterten
Umständen, unter welchen die Bevölkerungszunahme vor sich ging.
Denn jetzt konnte fast nicht mehr geteilt werden. Seit dem 13. Jh.
war in der Dismenibrierung der Güter wie in der l'arzelliening des GiTindes
imd Bodens ein Sättigungspunkt erreicht, welchen die volkawii-tschaftliche
Entwicklung des 14, und 15. Jhs. mit den ihr zu Geliote stehenden Mitteln
nicht wesentlich verschieben konnte: eben von ihm aus gewann sie vielmehr
ein anderes soziales Aussehen bis zur Entfaltung völlig neuer Seiten ihres
Charakters.
Die hofhöngen, nun eigenhörigen und leibeigenen Leute wurden immer
zahlreicher, der Besitz immer geringer, die Lebenshaltung siets unsicherer.
Gewifs mögen viele von diesen l^euten in die Städte gezogen sein und dort nicht
zum geringsten zur Bildung eines städtischen Proletariats beigetragen haben, wie
dieses seit der Mitte des 15. Jhs. überall, und je älter eine städtische Ent-
wicklung, lun so eher erscheint^; aber eine noch gröfsere Anzahl dieser Eigeu-
•) S. oben S. 137, 287, 913.
*) Ich habe auf einige Momente dieser Entwickhmg schon Conrads Jiilirbb. N. F. 11,
356 aufmerksam gemacht. So gab es z. B. 1520 in Augsburg 3000 Kichlshäbige, Tg). Heriag,
Theol. Stud. und Kritiken 1884, 256 f. Dies Proletariat ist es, Kelches in den spätmittel-
alterlichen Stadtrevolutionen zum erstenmal bedeutsam in die politische Entwicklung eingreift,
BO in Rotenburg U50, Wien 1462 und 1500, Köln 1482 und 1518, Augsburg 1491, Erfurt
1509, Konstanz 1511, Speier 1512, Worms 1512. Spater halten diese Fi-oletarier es dann
sehr bezeichnender Weise gern mit den aufständischen Bauern, vgl. z. B. über die Sympathieen
der Schniiedezunft in Mühlhausea i. E. H. Mofsmann, Mulhouse pendant la r^'olte des
paysans, in Risielhuber Bibliogr. alsacienne 1871, S. 138; Hartfclder S. 58 f. Die gleichen
Sjmpatbieea herrseben in Colmar, Hartfelder a. a. 0. S. 101 f., hier speziell seitens der
Beb- und Ackerleute; ebenso seitens der Handwerker in Speier, Hartfelder S. 246 f. Vgl,
femer den Versuch der .Zünftigen' in Freiburg i. B., Hartfelder S, 305. Auch Breisach ist
unsicher, Hartf. S. 330 f-, und in Strafsbui^ giebt es noch 1527 eine den Bauemkiiegen
verwandte ß^ung, Hartf. S. 438. — Es wOrde eine lohnende Aufgabe sein, Ent3t«buiig und
Bedeutung dieses städtischen Proletariats im Mittelalter genauer zu untersucben.
— 1287 — Soziale Gliedemng.]
leute blieb doch auf dem Lande, schmuggelte sich in die alten Marknutzungen
ein, erwarb hier und dort eine Scholle Landes und fristete im ganzen ein
elendes Dasein. So erwuchs von Generation zu Generation drohender ein
Stand ländlicher Proletarier, welcher sich an den beiden groüs^ Institutionen
des platten Landes, die Markgenossenschaft und der Grundherrschaft, gleich
gefahrdrohend festsaugte und aus ihrem Mark heraus ein Schmarotzeileben zu
fahren unternahm.
Gleichzeitig mit der Entwicklung dieses ländlichen Proletariates erfolgte
aber auch eine Zersetzung der grundgesessenen Hörigkeit, des alten Stammes
der Grundholden. Aus diesen Grundholden helfen sich jetzt eine ganze An-
zahl kräftiger Elemente zu einer neuen Freiheit empor ^, so die Weinbauern'
und vor allem der Pächterstand. Wer sparen gelernt hatte und einigermaiisen
kapitalkräftig war, der brachte es seit der Stauferzeit wohl ziemlich leicht
zum freien Pächter; schon im zweiten Viertel des 18. Jhs. schwoll die dahin
gehende Bew^ung mächtig an, und gegen Schluls des Mittelalters brachte
sie es nochmals zu besonders kräftigen Impulsen^. Aber dieser fortwäh-
rende Aderlafs der alten Grundhörigkeit, welcher den Ho^enossenschaften
fortdauernd gerade die besten Kräfte entzog, muiste schlielslich zum Unheil
der verharrenden Elemente ausschlagen. Die verbleibenden Grundholden be-
gannen zu sinken; die Unterschiede zwischen ihnen und den Leibeigenen ver-
wischten sich, eine gleiche Behandlung beider Klassen in Dienst und Leistung
wurde versucht und oft genug erreicht*.
Nun hätten freilich solche Versuche doch nicht völlig glücken können«
hätten sie sich nicht unter dem Verfall der alten Wirtschaftsmächte des früheren
Mittelalters überhaupt vollzogen. Wie wenig glücklich ist doch die Ansicht,
dalis sich innerhalb der mittelalterlichen Grundhörigkeit soziale Verschiebungen
überhaupt nicht ereignet hätten, daTs die Grundherrschaft eine Kraft gewesen
sei, welche die ihr einverleibten Teile der Bevölkerung in die eisernen Fesseln
völliger und sich auf Jahrhunderte gleich bleibender Uniformierung geschlagen
habe. Das Gegenteil trifft zu; schon früh bringen es einzelne Grundholde,
wenn auch selten so doch hier und da zu angesehenster Stellung; vom Bischof
Durand von Lüttich besagt die Grabschrift:
Quos tulerat dozninos, hisdem famulantibas usus
In theatro mundi feibala quanta fait^.
^) Sie erscheinen später als potiores sive ditiores des Dorfes, s. Stat cap. mral. in
WadriU 1590, Bla^au 2, 362, cit oben S. 585 im Text Vgl. auch oben S. 889, sowie über
die Squatters oben S. 123.
«) S. oben S. 917.
») S. oben S. 890 Note 1.
*) Dieselbe war natürlich mit der Usurpation gröfserer Dienste und Leistungen der
Grundholden als der bisherigen verbunden. Zu den Jagdfronden s. z. B. oben S. 786.
B) Wattenbach Gqu. 2, 108 Note 5; vgl. Chron. Median! mon. e. 11, MGSS. 4, 91,
um 980.
[tinmilherriicliktit irad Vogtei. — 1238 —
Wir haben aber soeben gesehen , wie im späteren Mittelalter inmitten
der Gnmdhörigkeit eine Anzahl von Spaltungen aufklaffte, welche sich zwischen
den stärksten Gegensätzen alles sozialen Daseins, zwischen frei und unfrei,
zwischen unabhängiger Pacht und Leibeigenschaft bewegten. Unter der Ein-
wirkung dieser Spaltungen zerrifs der alte Halt der Gruudherrschaft wie der
Markgenossenschaft. Für die Grundhenschaft bedarf dies keiner Ausführung:
was hatte freie Pacht und Leibeigenschaft noch mit dem grundherrschaftlichfflt
Organismus der Ottonen- und Salierzeit gemein? Aber das Gleiche gilt für
die Markgenossenschaft. Die freie Pacht vemiochte sich kaum dem schwer-
iäUigen Turnus, der bedächtigen Wirtschaftsberatung der Markgemeinde ein-
zuordnen; und am Substrat derselben, an der Allmende, zehrten die leibeigenen
kleinen Leute. Es waren nmtatis mutandis dieselben Grtlnde, welche schon
die alle Markgenossenschaft der Urzeit in nierowingtsch-karolingischer Zeit zu
Fall gebraciit hatten, das Auftreten des Anspruches individualer Wirtschafts-
disposition besonders kapitalkräftiger Genossen und der Andrang unaufhalt-
samer Bevölkerungsvermehrung mit der Konsequenz agrarischer Splitterung.
Zerfielen aber Grundherrschaft und Marl^enossenschaft des Mittelalters
unter der Einwirkung ilieser Elemente, bis sich aus ihreu Ti-ümniem Patri-
nionialherrschaft und Personalgemeinde erhoben, so sank mit ihnen die auf
beiden beruhende Grundhörigkeit, und indem sie fiel, assimilierte sie sich
der Leibeigenschaft.
Und das Unglück wollte, dafs dieser soziale Umschwimg mit der Entwickluiyj
einer positiv scldechlen mateiiellen Lage der landarbeitendeu Klassen zu-
sammentraf.
Nie war wohl im ganzen Verlaufe des Mittelalters die wirtschaftliche Si-
tuation der landarbeitenden Klassen im ganzen günstiger gewesen wie im 13. Jh.
Noch besafs in dieser Zeit die freie Arbeit, soweit sie schon bestand, die hohe
Bewertung, weiche sie im gesamten fiHhei-en Mittelalter auszeichnet', und
zugleich wai-en die Besitz- und Ertragsverhältnisse des grundhöiig gebundenen
Landes glücklicher ausgestaltet wie je bisher. Der Wert des Bodens war seit
dem 9. Jh. etwa um das siebzehnfache gestiegen; und da die Abgaben der
Gnindholden von demselben meist schon im 9, Jh. fixiert worden waren, so
entsprach dieser Steigerung der Landesertragsfähigkeit eine sehr weitgehende
Reduktion der alten Grundzinse*. Ist in dieser Thatsache schon ein
bedeutsamer Verfall der alten grundherrlichen Zinsbezüge zu Gunsten der
Grundholden ausgesprochen, so war dereelbe uoch fühlbarer in den allerdings
nicht allzu häufigen Fällen, in welchen die Naturalziuse seit dem 9. und 10. Jh.
in Geldzinse verwandelt worden waren. Hier betrug nämlich der Ausfall infolge
1) Die Gründe hierfUr habe ich in Conrads Jabrbb. Bd. II, 334 entwickelt.
') 8. oben S. 863. In Hannover venierzebnfacht sich der Bodenwert in der Epoche
twa 1600 bis 1860, s. Graf Goem S. 16.
— 1239 — Soziale Gliederung.]
der gesunkenen Kaufkraft des Geldes und der Münzverschlechterung bis zum
13. Jh. nochmals mindestens die Hälfte des an sich schon, im Verhältnis zum
Steigen der Grundrente, so sehr gesunkenen Zinswertes*.
Mochten diese Vorgänge sich nun auf einfache Abschwächung der alten
Grundzinse beschränken oder auch noch deren doppelte Verminderung durch
Ablösung mit einschlielsen, jedenfalls gaben sie dem Grundholden des 13. Jhs.
eine bis dahin unerreichte wirtschaftliche Selbständigkeit Bedenkt man aber,
dafs für den Grundholden mit dem vollsten Auswirken der alten grundherr-
lichen Verfassung zugleich auch absolute Rechtssicherheit des Besitzes seit
spätestens ebenfalls dem 13. Jh. bestand*, so begreift es sich ohne weiteres,
wie sich mit dieser Zeit ein allseitiges materielles Wohlbehagen in den land-
arbeitenden Klassen einstellen mufste. Dies Wohlbehagen wurde auch durch
die gleichzeitig eintretende, vornehmlich seit dem dritten bis fünften Jahr-
zehnt des 13. Jhs. bemerkbare Steigerung der Preise nicht merklich gemindert* :
war doch eben diese Preissteigerung, wie auch die verwandten Ereignisse im
10. bis 11. Jh., im 16. und in der 1. H. des 17. Jhs., wie in den letzten
Jahrzehnten unserer Geschichte, nur der Ausdruck neu erwachender wirt-
schaftlicher Initiative und energischer Neugestaltung des materiellen Volks-
lebens*. Und brachte es diese Initiative im 13. Jh. auch vor allem zur Ent-
wicklung der städtischen Geldwirtschaft, so ging sie doch auch den ländlichen
Verhältnissen keineswegs verloren. Die landarbeitenden Klassen wurden be-
häbiger, kapitalskräftiger *^, und so begannen sie mit Meliorationen auf Grund
ihres alten Besitzstandes* oder versuchten sich unter Abstreifimg der Grund-
hörigkeit in freier Pachtnutzung*.
Dieser Aufsch\\nng dauerte auch noch tief bis ins 14. Jh. hinein ^. Zwar
wmde durch die immer weiter greifende Verbreitung der freien Pachten schon
eine Entwicklung angebahnt, in welcher die Grundrente nicht mehr in so
tiberwiegendem Mafse wie bisher dem nutzenden Landwirt, sondern zu
gröfserem Teile dem landwirtschaftlich indifferenten Grundeigentümer zufiel :
die persönliche Freiheit des Pächters wurde mit einer Ableitung der bisher
besonders günstig zufliefsenden Betriebsmittel erkauft, deren Fehlen wenig
später, im 15. Jh., bitter empfunden werden mufste. Aber vorläufig, im
1) S. oben S. 863. Vgl. auch MR. ÜB. 3, 312, 1227: die Leute in Winningen weisen,
quod cum defectus [vini] esset generalis, 2 s. vel 30 s. pro ama solvere tenerentur. Macht
die karr, zu 79, 2—9 Gr.: das sind Preishöhen des 9. — 10. Jhs. Vereinzelt kommen
freilich Zinserhöhungen im 11. und 12. Jh. vor, s. Waitz, Yfg. 5, 269 fif. Man vgl.
auch S. 780.
«) Vgl. z. B. MR. ÜB. 2, 43, 1149.
») S. Bd. 2, 616.
*) Über diesen Zusammenhang s. Lamprecht in Conrads Jahrbb. N. F. 11, 333.
^) S. oben S. 912.
») S. oben S. 428.
') S. oben S. 622.
[Gnmdbm-licbkeil und Vogiei. — 1240 —
14. Jh., stand der Landwirt noch gut, die Preise der Lasdesprodukte stiren,
die Kornpreise speziell erreichten in der 2. H. dieses Jahrhunderts ihren
KulminationspunVt während des ganzen Mittelalters*. Und auch fltr die
Diedrif^n laud&rbeitenden Klassen, die jetzt so reifsend zunehmendeD eigen-
hörigen Leute, war die Lage eine dauernd, ja sogar steigend günstige. In-
folge der Entvölkerung des platten Landes im 12. und 13. Jh., sowie der
freiheitliehen Bew^cung in der GnmdhÖrigkeit in eben dieser Zeit und Qber
diese hinaus' war für die Löhne auf dem Lande eine Steigerung ganz unver-
meidlich, und sie trat denn auch in der 2. H. des 14. Jhs. in ausreichendster
Weise ein, nachdem sie ein bis zwei Generationen vorher infolge der unglaub-
lichen Mtinzdepravationen dieser Zeit etwas zurückgehalten worden war'.
Und so läfst sich denn das 14. Jh. im grolsen und ganzen immer noch als
ein landwirtschaftlich glückliches bezeichnen.
Im 15. Jh. dagegen hörte die alte Gunst der Lage auf. Zunächst sank
der Arbeitslohn. Freilieb wurde dies Sinken durch ein noch viel stärkeres
Hinal^ehen der Landesproduktenpreise zunächst scheinbar ausgeglichen*. Es
wftre indes falsch zu schliefsen, dafs nun die Lage des ländlichen Arl^iters
eine günstige hätte bleiben müssen. Das Bestimmende in der Entwicklung
des IS. Jhs. war noch keineswegs das Schicksal der ländlichen Arbeiterklasse,
sondern vielmehr das Schicksal der häuerlichen kleinen Besitzer^. Diese aber
wurden durch das Sinken der Landesprotiuktenpreise um so härter betroffen,
als dasselbe bis zum zweiten Viertel des 16. Jhs. anhielt*, wfihrend im übrigen
mit der Wendung vom 15. zum 16. Jh. eine immer energischere Steigerung
der lYeise eintrat.
So war es der kleine, wenig kapitalkräftige Bau^, welcher seit dem
B^nn des 15. Jhs. Schwierigkeiten zu empfinden, seit der 2. H. des 15. Jhs.
zu leiden begann ' ; eben jener Bauer, welcher sich nicht aus der Giiindhörig-
keit in den freien Pächterstand hatte emporschwingen können, der zudem
durch schon geschilderte Vorgänge in Grundherrschaft imd Markgenossenschaft
dem Stande der Leibeigenen zugedrängt wunle. Wer zweifelt, dafs die Ge-
fahr, welche in dieser Richtung lag, durch die ungünstige materielle Li^e
aufe bedenklichste erhöht wurde. Der Teil der Bevölkerung, welcher der
') S. Bd. 2, 617 f. ■
') S. Bd. 2, 617. Über die analoge Bewegung im 19. Jb. nach der französischen
Revolution und der Aufhebung der Feudaliasten s. Lamprccht in Conrads Jahrbb. N. F.
II, 329.
') Dazu s. Lampreeht a. a. 0. S. 327, 331.
*) S. Bd. 2, 617-618.
'■) S. oben S. 622 f.
•) S. Lamprecht a. a. 0. S. 334.
') Diese Erscheinung ist in Deutschland ganz allgemein, in Schleswig-Holstein ist im
15. Jh. sogar der Grofsgrundbesitz in gedrückter Lage, s. G. v. Bucbwald in Zs. f. Echlesw.-
holst Gesch. 12, 84.
— 1241 — Soziale Gliederung.]
Paria der volkswirtschaftlichen Entwicklung ist, ist fast stets auch derjenige
der sozialen Schichtung.
Für das Gros der landarbeitenden Klasse des späteren Mittelalters kam
aber noch hinzu, dalis sie schlieUslich auch Paria der geistigen Bildung der
Nation wurdet Wie auf materiellem Gebiete, so war auch im geistigen
Leben der Nation eine gewisse Arbeitsteilung innerhalb der intellektuellen und
moralischen Interessen nach Ständen eingetreten. Aus dem Urgründe gemein-
samen nationalen Geisteslebens hatte sich die geistliche Bildung des Klerus
im frühen Mittelalter, seit der Stauferzeit die dichterische Empfindungsweise
des Sitters emporgehoben; eben jetzt arbeiteten die Städte an der Entwick-
lung einer besonderen bürgerlichen Bildung. Nur der Bauer befand sich noch
im Banne der alten geistigen Gesamtverfassung. Aus tausend Zeugnissen der
ländlichen Weistümer tönt es zu uns herüber wie ein verlorener Laut aus der
Urzeit unseres Volkes; und ich bedauere, daTs es die Ökonomie der hier ge-
pflogenen Erörterungen verbietet, diesen reichen Stoflf über Sitte und Recht,
Poesie und Humor, Alltagsleben und Hochzeitsgebrauch in eigener Zunge reden
zu lassen^. Aber was uns in ihm so besonders anheimelt, die noch nicht
vollzogene Trennung von Sitte und Becht, die Vermischung logisch-scharfer
und dichterischer Rechtsform, das Hineinragen des Humors in alle Lebens-
äufserungen — ein Umstand, aus welchem man gar neuerdings die glückliche
^) S. dazu Gothein, Westd. Zs. Bd. 4, 16 ff.; Lamprecht, Prenfs. Jahrbücher
Bd. 56, 189 f.
^) Ich denke, auf diesen Punkt anderwärts zurückkommen zu können. Man Yg^,
J. Grimm, Von der Poesie im Recht, Zs. f. geschieht!. Rechtswissensch. Bd. 2, 25 f.;
0. Gierke, Der Humor im deutschen Recht, Berlin 1871 ; die Schriften von OsenbrQggen, und
neuerdings auch Heusler 1, 68 ff., auch unten Bd. 2 die Einleitung. — Von den QueUen-
stellen sind diejenigen von besonderem Interesse, welche denselben Rechtsbrauch in der
Auffassung etwa eines Klerikers und eines deutschen Schöffenkollegs überliefern. Man y^.
z. B. WLangenfeld § 7 u. 8, G. 6, 557 (s. auch WLangenfeld 1517, G. 2, 592): wäre auch
sach dasz ein man rumig würd, so sol man das guet steinig machen jähr und tag, bisz jähr
und tag umb ist kombt der man dan nicht wiederumb, so sol man dreitheilung machen
aus dem gut, und der herr von Blankenheim die zwoe theilung hoelen und der voigt von
Schönecken die dritte, ist es aber sach dasz erbschaft ploiblichs [1.: pfleglos] lieget, sol der
Voigt von Schönecken kommen auf einem weiszen pferd und sol mit ihm bringen zwen man,
einer vor ihm und einer hinder ihm , und auf die vorgemelte hofgericht [— Hofireite] reiden
und sol einen abstoszen, wer ihme beliebt dan sol ein herr von Gerolstein da sein und
sol den man mit den gueteren belehnen. Fast denselben hier geschilderten Rechtsbrauch
driickt das lateinische Wl^onguich 1408, cit oben S. 752 Note 1, auf S. 758, folgendermafsen
abgeblafst aus: si advocato in Longuich pro tempore displiceret, quod huinsmodi bona
dimissa nimis diu in manibus domini abbatis sive in froengewalt iacerent et quod tallias et
exactiones suas inde sibi non darentur [!], tunc ipse advocatus potest unnm legalem virum in
sella sua pendentem cum duobus censibus et una emenda ducere ad villicum domini abbatis
praedicti in Longuich, qui vir sie ductus erga ipsum villicum bona huinsmodi acceptare et
villicus sibi ea sub testimonio scabinorum in Longuich cum dictis [censibus] et una emenda
assignare debcbit, etiam talis vir huinsmodi census prius domino abbati praedicti monasterii
et tallias deinde de dictis bonis advocato in Longuich dare et praesentare debet
Lamprecht, Deutacbes WirtMh»flal«ben. I. 79
[(irundhervlitiikeit und Vogiei. — 1342 —
Lage des Bauernstandes im 15. Jh. hat deduzieren wolleü — dies und \ieles
andere machte im 15. Jh. eben das Unglück der Bevölkerung des platten
Landes aus. Es war in keiner Weise mehr zeitgemäfs; es trennte diese Be-
völkerung von den übrigen fortgesehritteneren Bestandteilen der Nation, Sclion
im gewöhnlichen Leben hat der Bauer, der „arme Mann" des 15. Jhs. , von
dieser Lage eine dumpfe Empfindung gehabt'. Daher sein Hals gegen den
Städter, sein Abscheu gegen das römische Recht, das er bei weitem früher
wegen seiner gänzlichen Unvereinbarkeit mit seinen eigenen Rechtsanschauun^ien
verwarf, ehe er von ihm direkt filhlbaren Schaden erlitten haben mochte ^.
Wie aber mufste dieses Gefühl zu schlimmem Bewufstsein erwachen, sobald
der Bauer anfing, zur Besserung seiner Lage, wenn auch zunächst in oft un-
geordneter und formloser Weise, positive Fordei-uugen aufzustellen. Schon in
der 2, Hälfte des 15. Jhs, wurde er hierzu getrieben, und nun zeigte es sich;
die einzelnen Stände der Nation in Stadt und Land, Bürger imd Ratsherr.
Ritter und Landeshen', verstanden den Bauer nicht mehr; die Basis ihrer
Argumentationen, die Art ihrer Begründungen war von der der landarbeiteuden
Bevölkerung absolut und unübenvindbar vei-seliieden.
Damit war die Revolution eingeleitet. Wo Grtüide nicht mehr ver-
standen werden können, hilft nur noch die ultima ratio der Gewalt
Und nunmehr wirkten noch eine Reihe nur begleitender, ich möchte
fast sagen sekundärer, mit den elirn geschildei'ten primären Gründen mehr
oder minder direkt zusamiiieuhilngeuder Elemente mit, welche man gewöhnlich
fnr die agrarischen Bew^ungen des 15. tmd 16. Jhs. deshalb verantworilich
macht, weil sie den Ere^ssen Fftrbung und Individualität geben. Hierhin
gehören die Eingriffe der Grundherren in die Allmende , die Bedrückung der
Bauern durch die emporkommende Territorialgewalt, die Überlastung des
ländlichen Etats durch mafslose Forderungen der Kirche, die ländliche Ver-
Bchuldui^ an die Kapitalisten benachbarter Grofsstädte wenigstens in den
Hauptgependen der Aufstände*, vielleicht auch die Einfuhrung des römischen
Rechtes und anderes mehr.
') Vgl. H. V, Bezolil, Die armen Leute «od die deutsche LiUerntur des späteren Mittel-
alters, Sybela Zs. 41 (1879) 1 ff,
*) Der Krage nach der Bedeutung des römischen Kechtes für die agrarische Entwick-
lusg um die Wendo des 15. und 16. Jhs. trete ich hier nicht naher, da sie nur unter ein-
gehendster Kenntnis der Dokumente auch des 16. Jhs. zu lösen ist Für das 15. Jh. alier
mit Ausnahme vielleicht des Schhif^ahrzehnts möchte ich den Einilufs römisclien Rechtes
auf die agrarische Entwicklung an der Mosel so gut nie verneinen. Man vgl, übrigens Honth.
Hist. 1, 688; 806 Note 6; 810 Note 6; 816 Note; ferner zur spateren Deterioration des
deutschen Hörigkeitsbegriffes durch Einführung des römischen Rechtes Kindlinger, Hörigk.
S. 36 f. Übrigens ist, wirft man die Frage nach dem EinAufs der verschiedenen Hechle auf,
ebensosehr wie das römische Recht auch das kanonische Recht in die Diskussion zu ziehen,
vgl. Hering, Theol. Studien und Kritiken 1884, 235 ff.
») S. dazu auch oben S. 624,
4
Anhang.
1. Notate über Ergebung eu persönlicher Schutzhörigkeü an die Erebischöfe fxm Trier^
Tritrtr Orharkt, KobUnM St, A. (igl. Bd. 2 S, 170, w> du Notate schief als Lehntregistsr biseichnä
sind, und S. 690) Sl. 29^ f. Nach fremder Abs,
HÜ sunt census ad vitam cedentes domino archiepiscopo Treverensi
in die beati Martini solvendi a quibusdam civibus civitatis Treverensis, qui
exempti sunt a iurisdictione sculteti et iustitie secularis pretorii Treve-
rensis, qui coram domino Treverensi vel eins cellerario palatii tenentur
respondere.
1, Primo Ebirhardus et Phiela dicta Yladenfrouwe coniuges 10 s. Treverenses et
unnm talentum cere ad dies vite supra domum, que quondam fuit Hentzemanni de Bredenis,
Sita in Orreo^ inter monasterium sancte Katherine et muros Treverenses, contigua ex una
parte domui dominorum de Himenrode uf deme Kalchove, ac domui Tisonis naute nati quon-
dam dicti Hutzint parte ex altera.
2, Item^ Iwanus et Metlena coniuges 5 s. supra domum ad Rubeam-caligam prope
domum Rudeleri supra ripam ad dies vite.
5, Item Gertrudis relicta Ruperti fobri 14 s. de domo sua prope curiam Würebet-
nach sitam.
4, Item Hennekin dictus Rusche et eins uxor tenentur singulis annis de domo eomm
Sita uf der Ecken inter textores Treverenses 10 s.
6, Item Rudegerus de Longo-fonte tenetur 15 s. Treverenses die Martini causa pro-
tectionis.
^Hii subscripti fecerunt se domino censnales ad eorum vitam causa
protectionis.
6. Primo Contze de Detzme^ tenetur 5 s. annuatim.
7. Item Gerhardus sutor de Bakonde'^ 5 s. annuatim
8. Item Petrus de Bakonde 6 s. annuatim.
9. Item Isinbardus de Clusserde® 5 s. annuatim.
^) Kloster Oeren in Trier.
*) Am Rande mortnat.
«) Bl. 30 a,
*) Detsem, Rechteck 8d der Orientierungskarte tu Bd. 3.
B) Bekond 8d,
6) Klüsserath 8d.
79*
[Grundherrlichkeit und Vogtei. — 1244 —
i
10. Item lohannes dictum Ruao de Clusserde 6 s. annnatinL
11. Item Thomas dp Trittenheim ' 10 s. aimuAtiin.
12. Item LudewicuB faber de CIusBenle 5 s.
13. Item lohannea liJlicus dicbis Zappe de Clusserde 5 s.
li. Item Fridtuicus filius Bonifatii de Clusserde 5 s.
15. Item LudewicuB eius freier 5 s.
16. Item H. dictus Wentze et Iiitta eius iixor in Emsche* coromorantes tenentur sin-
gulis attuis festo Martini 12 s. Treverenses causa protectionis.
17. Item Iselmus de Loisme* X mir. aveoe festo Martini.
18- llcm Theodericus curtarius de läsel* tenetur auuin taleutmn cere ad dies vite
festo Martini caiiea protectionis.
19. Item RintzeDiierg eommorans in Novo-vico Treverensi unum lalentum cere od
dies vite siie festo nativitatis Christi, quod sit ezemptus a iuriedictioDe sculteti Treverensig.
20. Item Hcnnekin ölios Hennekini de Cdder gener Henrici olim villici in dem Mais
tenetur ad dies rite sue drca festuni pasche unwn talenCum piperis super domum ipsius, qae
quondam fiiit Abelonis dicti Eppe extra Vetus-castrum,
21. Anno XLO. Item lohannes opilio de Esch" et lohannes eins ßliiis commoranles
in Nuwerod" facti sunt homines domini. et tonentur ad eomm vitam circa festum pasche
unam talentum piperis et unum talentum zinzilieris causa protectionis, et promiserunt domina
serrire, sicut alii sui homines.
2-1. Anno ILO, Item lohannes filius Walpurgia de cmte in Nuwerod commorana in
curte Specht efiectua est homo domini , et tenetur singulis annis presentare ad palalium
Treverenfe unum mir. avene et tenetur domino servire, sicut alü sui homines.
äS". 'Item anno xxxixo xv" die martü GerhardoB et Hennekin eius ülius de Issele
et Conemannus de äweich" filius Veldentzer proraisenmt domino Treverensi fideliter cuEto-
dire fluvium Moselle in suis distrtcttbus , ne exts-anei piscatores sine licentia domini Treve-
rensia lel eius ofüciatorum piscentnr in ea; et supradicti Gerhardus et Henricus de lasele
et Conemaimits de Sweicb possunt piscari cum instrumentis sicut piscatores Trererenses, et
tenentur sIngalis annis circa Martini predicti Gerhunliif 20 s. , Heokin eius filius 10 s. et
ConemiuiDtu 10 e.,'. Hon Bolmnl, qui» nou obaervatur eis promissio, yidelicet quud deber«Bt
ponere in Moseila querdenisen, qnod eis non pemittitur.
[33], *Item Thomas curtarius domini abbatis sancti Maximini in Detzme.
25. "Item Simon scultetus de Nickele" effectus est hono domini anno Liiio xiiii
augusti pro 1 fl. parvo solvendo singulis annis festo Martini causa protectionis. "Non plus,
quia obiit'-.
■) Trillniliiim St.
1) Buek Si.
9) ituhtin, m.
*) ikü si.
^ EeA iw Mal/M 4f. vdrr Back an dir Atiig 10a.
«) yaurai)- Sd.
') Surclialrlckm.
') Sthicüth Si
*) Dltstl Sotat ist iarlAatriilitK. vgl. hUrlu dit St. S»b ritinttragaint Selalc:
24. It«in luobiu d« Brttine Bllni iDhiniu* de Koerich effeclni ttt boaii) damini bareditirii
TnnieiiiibDI MsTtioi ueo XLVIII», et («iwlsc domino Hrrli« lirnt iLii biü bomioBB.
S3. Item Tbomu cutirisl domini ibbutia gucti HuInlDi in Detime tntin tiKobi de Dotim
Min Xtlalm ii
— 1245 — Anhang.]
66. ^Item Gobelo cortarius in Celle* apad Merinche tenetur singulis annis dare circa
festum pasche, quamdiu vixerit, causa protectionis 10 s. Treverenses ^.
26<*. ^Item Rudegenis de Longo-fonte tenetur singulis annis circa festum Martini
causa protectionis 15 s.^ Mortuus est*. ,
26 f»» Item de domo Bubea sita in vico Pontis, quam Amoldus de Arluno olim
senescalcus comitatus Lutzelnhui^gensis tenet a domino archiepiscopo Treverensi in feodum,
cedunt singulis annis 4 s. census.
27. Item lohannes dictus Krinetzer commorans iuxta Vetus-castrum tenetur ad dies
Fite sue singulis annis feste nativitatis beati lohannis baptiste causa protectionis faciende
sibi ex parte domini Treverensis 20 s. d» Datum anno XLio.
28. Item anno XLViio die beati Kiliani Ludewicus Petri de Kirsch^ efifectus est
homo domini pro 1 mir. avene Martini persolvendo.
29. Item anno XLio die Simonis et lüde Amoldus de Fönten lutta eins uxor et eorum
liberi effecti sunt homines domini hereditarii pro uno mir. avene et nno talento zinziberis rel
piperis quolibet anno festo Martini.
30. Item Petrus filius Greissner de Portz^ efifectus est homo domini hereditarius et
tenetur solvere exactiones et cetera sicut alii sui homines in terra. Datum anno xlyiio
XII» februarii. solvit 1 mir. avene annis singulis.
31. Item Gerhardus opilio de Riol* efifectus est homo domini pro 10 s. Treverensibus
Martini.
32. Item Petrus de V&me"' pro 6 s.
33. Item Reinherus Hullin commorans in £rbach* pro 10 s.
34. Item Gobelinus de Eptemacho* quolibet anno festo pasche pro duobus talentis
videlicet uno piperis et uno zinziberis.
35. Item lacobus apothecarius quolibet anno festo pasche pro duobus talentis vide-
licet uno piperis et uno zinziberis.
36. Item lacobus ülius lohannis dicti Stozers de Hetzilrod^^ efifectus est homo domini
die 4» septembris anno XLn pro 1 mir. avene Martini persolvendo.
37. Item Stephanus de Erlebac sub anno XLII 10 s., et fuit in principio, quo fuit
homo efifectus.
38. Item Lampertus de Nidecke ^^ prope Treverim commorans efifectus est homo
domini circa lohannis annis XLiii pro uno mir. avene quolibet anno Martini persolvendo.
39. Item lohannes de Reclusorio ^* Coloniensis diocesis efifectus est homo eodem tem-
pore pro 20 s. Treverensibus eodem festo persolvendis.
40. Item .Mathias de Nenche^* efifectus est homo domini die ix» maii anni XLim
pro 1 mir. avene Martini persolvendo.
41. Item anno XLsexto die ni» decembris Heinricus de Sidelingen^^ dictus de
Leone conmiorans ad sanctum Mathiam^^ et Iliana coniuges efifecti sunt homines domini ad
vitam eorum pro 20 s. Treverensibus quolibet anno Martini persolvendo.
*) Gestrichen.
*) ZelUrhof bei Mehring 8d.
S) Zu diesem Notat s. oben Xo. 5.
*) Kirsch 8d.
») PortM 10c.
«) Riol 8d.
T) Föhren 8d.
^ Srhach Kr. Simmirn^ Kr. Kreusnach odtr Kr. SOoar,
^ Echtertuieh 8e.
»0) Häserath 8e.
*») Sidtggen Kr. Düren.
IS) ? KlaoMn gab et in der Kölner Di5z«M o. a. za Hftls, Kotnigshoren, Mondorf, Siec^nrg und Stotzheiro,
t. ngen in ErgÄnznngsheft 2 der Weitd. Zs. S. 188.
>«) AVnMt^ lOc.
1*) Siedlingen.
«) SMatheis, Trisrer Vorstadt.
[Gnmdherrlielikeit untt Vogtei. — 1246
4
i2. Item anno . .' in iulio Heokin Apnartg' son de Bakonden homo domini ad
vitam ijuoUbet anno pro 1 mir. aveoe.
43. 'Anno domini etc. quinquagesimo xsi"»» mensis novembria sunt recepti pro
hominibus domini nostri Balduini archiepiscopi Treverensis infrascripti de villa Hetzelroit
cum suis heredibus sub conditionibus anotatis viddieet hü; primo Theodericos Binnan,
Theodericus Scliowinberger, Mathias dictua Neigekhen, Tb. de SweJtb, Tb. dictus Hitzsiii-
bart et Henkin dictua Schonwei^ in hunc modum, quod dominus non intendil ininriori
domino abbati Prumiensi oec ipsos proloqui in iure aibi competeoti, itn quod quilibet horuin
predictorum dablt annuatim in fi^ato beati Remigii domino nostro prediuto pro censu perpetno
in Bimiil inter eos compiit*ado quinque mir. avene mensare Treverensis eademque ad pal»-
tium Trcverem deducent auis periculia et expensia.
4i. Anno L«o secundo die heate Mw^arete in presentia H. sculteti Kempe Henne-
kinus tUius ScbusBeler effectoa bomo domini de olto et baaso ; dabit domino causa protectjonig
Epecialia singulig annis die beati Remi^i 1 mir. avene.
45. "Petma de Porlze opüio fectus foit homo domini, ut dicit, aimo l»», quolibet
nnno pro 1 mir. avene, de qnibus BaIJsfecit sculteto de Sarborg.
46. Anno domini HixxicoLnono im ■ die iimü in presentia H. Kempe Gcult«ti Fetiu
Gerhardi de Ittele' commorans in Cläasart effectus homo domini de alto et basso; dabit
domino protectionis CAOsa specialiter eingulis annis in nativitate Chriati 5 s. TreTerensimn
denarionua.
47. Anno domini hocccolxiiio xiiiii* apriUs Gerhardus de Isael et Henldnna
Eote in presentia H. Kempe sculteti et Gobelini cellerarii paiatü effecti sunt homines domini
de alto et baaao, et quando dominus noBt«r Treverenaia petit subaidium ab hominibus et
viUa de trank", iidem Gerhardua et HenlfiitM debent domino, quanhim poaitum luerit super
eoB per scabinos, absquc Uunen fraude, adeo, aicut morarentur in Irank.
48. Anno domini uocccolxii sccundum stilnm Treverenaem die dominica qiui
cantatur Eccleaia dei letare receptua est pro homine domini nostri Cunonis archiepiscopi
Treverensis Hennikinus filius Stinen curtarius prepositi Lucembm^ensis in presentia domini
Gobelim prepositi sancti Simeonia, cellerarii polatii Treverenaia, domini Everhardi scolastici
dicte ecclesic et c«nturiouis in Urin", et dabit aingulia uniÜB 2 tabnta cltg in fest« paache
ad dies sue vite.
3, Abt Anlon von SMaseimin erguchl Bürgermeister und Rat vo» Köln um ihreti Beistand
bei der ISinforderwig des Bestkatipts von der Wüice eines iu Köln ansässig gewesenen
und dort verstorbenen, in den Maximiner Hof zu Sühenach gehörigen Mannes, melcher
bis tu seinem Tode sieh mit einem von seinen Freunden im Jahrgeding dargebradtten
kl. Zins als soldten bekannt hat. 1467 Januar 32.
I SiegiU, A'Äln ,S. A. Abs. dl! Hirm Dr. Ktufim,
Den ersamen wisen unde vursichtigen burgermeister unde ganzem rade der Etat zn
Collen, unsem lieben herren unde besunderen guten fninden.
Unser innich gebet unde, was wir guts vermoegen, zuvor.
Ereamen vursichtigen lieben herren. Uch geliebe xn wissen, so wie das wir unde
unser gotsbuB ein dorf unde einen frihen hof genant BeGenach b! Cofelentz gelegen, darinne
_ 1247 — ' Anhang.]
wir vierzehen scheffen unde gericht haben, den wir nnde nnser gotshnß von keiserlicher gut
mit aller herlicheit fHheit unde gerechticheit nach wistomp der vorgenanten vienehen scheffen
allezit von an&nk derselber gift bift an diesen hntigen tag gemgelich nnde gerestlich sonder
einichen wederstant gebracht genützt unde besess^i hain. nnde under andern vil herlicheiden
unde Mheit, uns dieselben scheffen wisent, so sint etzliche ufiwendige lüde weder unde fort
gesessen in steden unde in dorfm, die danne von alters heruB hofislude geheißen sint; die-
selben sint n& plichtich unde schuldich, zu allen jaregedingen in den vorgenanten hof
Revenach zu konunen unde sich gehorsam da zu erzeigen Termitz einen hl. zinßs durch sich
selbst oder iemantz anders von sinen wegen, also hait es sich nu begeben, daß binnent
jarsMst Yur datum dißs briefs einer uwer mitburger, mit namen Johan FSck, ein becker,
von dodes halben abgangen ist, dem got gnedich sl, derselbe auch derselber hofsmanne einer
gewest ist biß an sin ende, unde ist all^erlichs vermitz den Yurgenanten hl. zinßs durch sine
frunde uns unde dem hofe gehorsam, derselbe unde ein jeglidi hoftmanne derj^ch ist nu
uns unde unserm gotzhuße schuldich , so schier er von disser erden gescheiden ist, ein best-
heupt zu geben, auch nach wistomp der vorgenanter scheffen, deß wir auch an sinen mit-
genoißen zu heheaa, alzit in gerugelichem besesse gewesen sin unde noch hutbitage sin.
sulche Yorgenante bestheupt hain wir nu durch unsem keiner an des vorgenanten Johans
Fdcken hußfrauwe, burgers zu Collen, gutlich dun fordern: hait uns nit von ir mögen ge-
digen. bitten wir uch, so wir fruntlichts mögen, dieselbe uwer burgers gutlich zu under-
wisen, uns sulche bestheupt zu vemugen, uf daß uns nit noit sl, sie yurter mit recht dammbe
zusuchen . hettent ir aber einichen zwivel, daß unser vurfam oder wir sulchs in obgenanter
maiße nit also besessen unde herbracht betten, so truwen wir, uch des zu siner zlt, ob got
wil, genuchlich zu underwisen; danne uns enzwivelt nit, ir slt woil in der wlßhdt unde Ver-
nunft, daß ir je noide mit wissen uwem underthanen gestaden sultent, daß uns oder einichem
gotzhuße sulche alt herkommen beseß unde herlicheit abgezogen sulde werden, des wir uns
auch genzlich zu uch versten. unde was uns in diesen Sachen von uch wederfeuren mach,
begeren wir uwere gütliche beschreben antwert mit diesem boten, uns wissen darnach zu
richten, der almichtige got st mit uch.
Qehen zu sant Maximin under unserm secreten ingesigel des domstags nehst nach
sant Agneten dagh in jaren unsers [herrn] xiüi« unde Ixyi nach gewoinheit des stiftz zu
Trier zu schriben.
Anthonius von gots gnaden
abt zu sant Maximin.
Praesentationsvermerk Anthonii abbatis sancti Maximini Treverensis — anno Ixvii die
25. februarii^.
>) Die Sladi KöJn hat dtn Briif amtehnmttd nidit Umäit»ri§t, wmtigttiMt fmM «M, wi% Jh. Kt^ftm fnt'
guttut hatt im buHgliehtn Bri4fb%tdle Mm AH$ekrnTmng.
vm.
Zur Entwicklungsgeschichte der Landes-
gewalt.
u
1. Die Bildung des Temtorinms.
Mit dem nun folgenden Abschnitt kommen wir zum letzten gröüseren Thema
unserer Erörterungen ; es soll gezeigt werden, wie aus der bisher geschilderten
Entwicklung der realen Kräfte des Mittelalters heraus die Landesgewalt und
damit der moderne Staat erwuchs. Ein an sich schwieriges Unternehmen, dem
im Bahmen dieser Untersuchungen noch eine beträchtliche Anzahl besonderer
Hindemisse entgegensteht: so dafs man gut thun wird, an die folgende Dar-
stellung mit mehr Zurückhaltung heranzugehen, als gegenüber den bisherigen
Ausführungen erforderlich ist.
Maßgebend fOr eine solche Rücksicht ist vor allem die veränderte
Stellung des Quellenstoffes. Bis hierher konnte froh aus dem Vollsten ge-
schöpft werden : für jede Erscheinung der materiellen Entwicklung bot sich eine
Fülle von Material dar, welches ein und dieselbe Abwandlung an einer gro&en
Anzahl verschiedener und doch im groüsen Ganzen konformer Einzelentwiek-
lungen der vielseitigsten Betrachtung erschlols. Jetzt sind wir im wesentlidien
auf die Quellen zur Geschichte 6ines Territoriums, des Kurfürstentums Trier,
angewiesen ; andere Territorien, wie Luxemburg, Saarbrücken, Salm, Sponheim,
kommen daneben nur hier und da in Betracht
Und ist die Entwicklung des Kurfürstentums Trier fOr die hier auf-
tauchenden Fragen besonders günstig?
Übersieht man die gesamte Territorialentwicklung in Deutschland, so wird
man den raschesten Aufschwung und den nachhaltigsten Erfolg in deqenigen
Landesteilen finden, welche entweder dem Kolonialgebiete des 18. Jhs. oder dem
Mündungsgebiete der grotsen deutschen Flüsse angehören. So tritt der Ordens-
staat im 14. Jh., Tirol im 15. Jh. besonders hervor, und in der Blüte der
territorialen Entwicklung, den beiden späteren Grofsstaaten Österreich und
Preufsen, vereinigen sich beide Gesichtspunkte: Österreich wird grols duidi
die zentrale Lage des Urterritoriums im Kolonialgebiet der unteren deutschen
Donau, Preufsen durdi die Vereinigung des Kolonialgebietes Brandenburg
[Entwicklung der Landesgewalt — 1252 —
mit einigen Territorien des rheiniscUen Müntfungslandes. Das Kurfürstentum
Trier aber geliört den begünstigten Entwicklungszentren der Laudesgewalt
nicht an.
Dazu ein weiteres. Der EinfluTs , welchen die Reformation auf die Ent-
wicklung der Territorialhoheit ausübte, ist liekannt. Wer mithin ein Spiegel-
bild der deutschen Territorialentwicklung auf Grund genauer llntei-suchunweu
über ^in Territorium geben will, wird ein Gebiet aufzusuchen haben, wo den
Einwirkungen der Reformation genügender Spielraum gelassen wurde. Trier
gehört am allerwenigsten zu diesen Teiritorieu.
So zeigen schon ein paai- Gesichtspunkte allgemeinster Art in ihrer An-
wendung auf unser besonderes Gebiet, dafs dasselbe, sonst so vorzüglich ja
vielleicht einzig filr unsere Untereuchungen geeignet, uns hier im Stiche läfct.
So paradox es klingt: die bisher angestellten Eröilerungen mufsten, sollten sie
auf rheinischem Boden bis ins 18. .Ih. oder gar bis zur Gegenwart fruchtbar
fortgeführt weriien, nach dem Norden Ütiertragen werden: die neuere Wirt-
Bchaftsgeschichte des Kheinlandes kann nur vom Niederrhein aus geschiieben
werden.
Zudem aber kann es unsere Absicht nicht sein, auch nur auf Grund
trierischer Akten einen Überblick der gesamten Temtorialentwjckluug zu geben.
Unser Material begrenzt sich zeitlich auf das Mittelalter, d. h. es schneidet
mitten im Eroberungszuge der Landesgewalt innerhalb der el>eü gewomienen
Grenzen des Territoriums ab; über den Verlauf dieses Zuges seit Beinnu des
16, Jhs. können wir uns nur Ausblicke und Ansichten gestatten.
Und auch füi' das Mittelalter bestehen beengende Grenzen. Hie Ent-
wicklung der Territorialhoheit des Landesherm ist voll verständlich nur unter
genauestem Eingehen auf die Reichsgesetzgebung bzw. die königliche Privile-
gierung; eine Geschichte der Landeshoheit von dieser Seite aus zu geben,
kapn nach dem ganzen Charakter unserer auf autonomes Quellenmaterial ge-
stützten Untersuchungen nicht die Aufgabe sein. Femer hat uns bisher
nur die Geschichte des platten Landes beschäftigt; im Territorium aber be-
ginnen auch die Landstädte als Teil des landständischen Korpus Einflufs auf
die fürstliche Gewalt zu gewinnen. Da uns die geschichtliche Unterlage
zur Charakterisiei-ung dieses Einflusses fehlt, wir auch die Einwirkung der
fürstlichen Gewalt auf die Städte und die büi^erlichen Zustände auf Grunti
unserer bisherigen Erörterungen nicht absehliefsend zu beurteilen vennögen, so
bleibt nichts übrig, als auf eine volle Darstellung deijenigen Seiten der
Territorialentwicklung zu verzichten, in welcher die Landstädte aktiv oder
passiv eine hervorragende Rolle spielen.
Wir müssen daher mit einer gewissen Resignation Musterung über die ein-
zelnen Gebiete der Territorialentwicklung halten, welche nach Lage der Dinge im
lokalen Umkreise unserer bisherigen Erörterungen für eine eingehendere Dar-
stellung entweder hervoiTagend ungeeignet oder hervorragend geeignet sind.
— 1253 — Bildung des Teiritoriiinis.]
Ungeeignet ist die ständische Entwicklung \ weil ihr die Städte ange-
hören, weil die Trierer Akten für sie nur spärlich flielsen, weil sie endlich
erst seit der 2. Hälfte des 15. Jhs. in eigenkräftiger Ffille einsetzt. Denn die
Stände, Vertreter ländlicher und städtischer Interessen zugleich, brauchen den
Fürsten, kommen zu einer ständig andauernden Thätigkeit im Interesse des
Landes und der Landesgewalt erst dann, als es darauf ankommt, in innerer
Gesetzgebung die seit Mitte des 15. Jhs. immer mehr aufklaffenden wirtschaft-
lichen Gegensätze von Stadt und Land zu versöhnen; und der Fürst seiner-
seits wendet sich an die Geldbewilligung der Stände erst dann, als er zur
Führung einer kräftigen äufseren Politik seit der zweiten H&lfte oder spätestens
dem Ende des 15. Jhs. kostspieliger Söldnerheere bedarf '.
Bis zu einem gewissen, freilich viel geringeren Grade ungeeignet ist femer
die landesherrliche Zentralverwaltung. Die Quellen zu ihrem Verständnis flielsen
im Trierschen, wie auch anderwärts^, während des 14. und 15. Jhs. nur spärlich;
Original-Schreiben und Konzepte der Zentralstelle treten in gröberer Fülle
und andauernd erst mit Mitte des 15. Jhs. auf ^. Zudem aber entwickelt sidi
die fürstliche Zentralverwaltung in Einrichtung des kollegialischen Systems
und fester Scheidung der Departements ftlr allgemeine Regierung, für Wirt-
schaftsverwaltung, Rechtssprechung, Kriegswesen u. a. m. erst aus häufiger
Anwendung der landesfürstlichen Verordnungsgewalt und aus der Territorial-
gesetzgebung heraus, d. h. erst nachdem die Stände in volle Thätigkeit ge-
treten sind, also erst im 16. Jh. Was vor dieser Zeit in deutschen Territorien
an Zentralverwaltung bestand, war relativ einfach und in den einzelnen Ländern
sehr verschieden entwickelt, bedarf trotz einiger einschlägigen Arbeiten &st
überall noch genauerer Untersuchung, wird aber für die allgemeine Verwaltungs-
geschichte schwerlich von gröfserem Interesse sein ^. Denn die späteren deutschen
') Damit natürlich auch die Verwaltung, welche die Stände auf Grund der Steuer-
bewilligung entfalten. Kurze Darstellung derselben bei Ritter S. 792 — 88.
*) In dieser durch gegenseitige Bedürfiiisse begründeten Harmonie der Interessen sieht
Ritter S. 782 mit Recht den Kern für die gedeihliche Entwicklung der landst&ndischen Ver-
fassungen, wenn er zusammenÜEissend sagt: Der Gedanke dieser Ver&ssung war Vereinigung
der Elemente der öffentlichen Gewalt und mittels dieser Vereinigung Schutz und Erweiterung
der Macht des Fürstentums nach aufsen, der Rechte seiner Angehörigen nach innen.
') Charakteristisch ist in dieser Hinsicht, dafs die Hofordnungen &st überall erst der
2. H. des 15. Jhs. angehören. Besonders früh liegen die Hofhaltungsordnungen der nieder-
bairischen Herzöge Otto Ludwig und Stephan yom 10. Mai 1298 und 20. August 1294, in
Quell, u. Erört 6, 12—14, 52—60, Ried CD. Rat. 1, 650; s. dazu Riezler, Bair. Gesch.
2, 508 ff.
^) Die ältesten derartigen Akten enthält das Koblenzer St A. unter Kur£ Trier, Staats-
archiv, Geh. Kabinet, Personalien der Erzbischöfe; Bd. 1 reicht yon 1456—1490; Bd. 2 yon
1490 — 1508. Genauer und zahlreicher werden die Akten erst etwa mit 1486.
^) Bezeichnend ist, dafs es im Reiche erst unter Sigismund zu einer eigenen Verwal-
tungsorganisation kam; bis dahin hatte wenigstens seit Karl IV YÖllige Fofdon der betr.
königlichen Hauslandesyerwaltung und der Reichsyerwaltung bestanden; s. Seeliger S. 25, 61.
^
[Entwicklung der LHndeägewaK. — 1254 —
Zentralverwaltimgen, vor allem die des Reiches, knüpften wenißer au die kleinen
Vei-suche des deutschen Mittelaltei-s , als an fremde Entwicklungen an. So
kommt, das Reich nach dem Seheitem der Maii-scheu Verwaltungsreform in den
Jahren 1463 — 64 zu einer angemessenen Zentralverwaltung erst unter Kaiser
Max nach franzilsisch-niederländischeni, unter Karl V. nach teilweis spanischem
Vorbild', und an diesem Vorgang lehnt sich der junge Absolutismus der Terri-
torialfUrsten des 16. Jhs. an.
Mit der Zeutralverwaltung aber erscheint for unsere Erörterungen teil-
weis auch die Geschichte der Landeshoheit ungeeignet. Zwar bleibt es rätlich,
die Entwicklung der Trierer Landeshoheit im Mittelalter unter Heraushebung
der generellen Gesichtspunkte zu verfolgen, so weit dies heute, bei dem Fehlen
einer allgemeinen Geschichte der Landeshoheit im Mittelalter, möglich ist.
Allein die volle Entfaltung der Landeshoheit gehört der Periode unserer
Darstellung noch nicht an. Die Landeshoheit im Sinne des Absolutismus
erwächst erst aus dem von der landstjtndischen Gesetzgel)ung etwa seit Schlufs
de« 15. Jhs. sich völlig loslösenden landesherrlichen Verordnungsrecht des
Fürsten ', imd aus der Möglichkeit, dieses Verordnungsrecht auch ohne standische
Mitwirkung durch das Mittel einer gut funktionierenden Zentralverwaltui^
wirksam und anwendungskräftig zu maelien. Sobald die Lande^ewalt dieses
Verordnungsrecht entwickelt hat, beginnt sie dann vermöge desselben die
Autonomie der alten lokalen Verwaltungskörper, der Landstädte, der Mark-
genossenschaften und Grundhen-schaften , schliefslich auch die generelle Selb-
ständigkeit der Stände aufzusaugen : so entsteht die absolutistische Landeshoheit
seit etwa Mitte des 16. Jhs.
Im Gegensatz zur Schwierigkeit der Behandlung von Ständen, Zentral-
verwaltung und Landeshoheit im Rahmen unserer Erörterungen ergiebt sich
nun als durchaus darsteUl)ar die Entstehungsgeschichte des Territoriums und
der Lokalverwaltung ^. Sehr begreiflich: diese unteren Bildungen noch halb
autonomer Art gehören dem Werden der Landesgewalt im Mittelalter an, sie
bilden die Grundlage jener mit ihren Verzweigungen in weit spätere Zeiten
hineinragenden oberen Gewalten, deren volle Untersuchung abgelehnt wer-
den mufste. Und damit fallen einige doch bedeutende Momente innerhalb
der Entstehungsgeschichte der Landesgewalt in den Ki'eis unserer Er-
örterung. Die Untersuchung der Bildung des Temtoriums führt uns von
') S. dazu Meiller, Herald.-geneaL Zs. Bd. 1, 23 f., und Deuerdiags Adier, ZeatraJ-
Verwaltung unter Kaiser Maximilian I S. 3 ff.
*) Ein erster Ausdruck deseelbeo sind die zuerst seit Ausgang 1.5. .Ths. stäiker vor-
kommenden allgemeinen Landesordnungen, eine Zusammenstellung der wichtigsten bei Ritter
S. 737 Note 1.
') Abgesehen freilich \oa der Gerichtsverwaltung; hier brachte die Rescplion des
römischen Rechtes zumeist erst im 16. Jb. mit der Umgestaltung des Rechtes und der
Rechtssprechung auch eine Neuordnung der Gerichtsverfassung.
— 1255 — BilduDg des Territoriums.]
den die Landesgewalt direkt konstituierenden Kräften weiter auf die militärische
Gewalt als die jene Kräfte zusammenfassende Bildung und eröffiiet damit
einen fruchtbaren Gesichtspunkt auch fikr die Geschichte der Kriegsverfassung ;
in der Lokalverwaltung aber tritt uns das wesentlichste, bisher noch im G^en-
satz zu der ziemlich regen Forschung tlber die Zentralverwaltungen kaum be-
achtete Element entgegen, welches die deutschen Fürsten selbständig als Basis
eines künftigen Absolutismus geschaffen haben.
Und so werden denn unsere Untersuchungen am besten so zu gliedern
sein, dafs zuerst von der Bildung des Territoriums, dann von der mittelalter-
lichen Entwicklung der Landeshoheit, endlich von der Entstehung der landes-
herrlichen Verwaltung, vornehmlich der Lokalverwaltung gesprochen wird.
Li diesem Teil hat uns zunächst die Frage nach der Bildung des Terri-
toriums zu beschäftigen. Wir sind auch sdion in der Lage, die nähere
Disposition für ihre Beantwortung zu entwickeln : es handelt sich zunächst um
die konstituierenden Kräfte der Landesbildung, dann um die militärische Ge-
walt, welche dieselben zusammenfaßt.
Unter den konstituierenden Kräften aber können wir wieder halbstaat-
liche, staatliche, und bei geistlichen Fürstentümern wie Trier auch kirchlidie
Gewalten unterscheiden. Von ihnen sei zunächst die Bede.
Als halbstaatliche Gewalten sind Grundherrlichkeit und Vogtei zu nennen,
neben ihnen aber auch die Lehnsherrlichkeit, welche in der Bildungsepoche
der Territorien schon längst von ihrer einst ausschlielslich politischen Höhe
bis zu halbstaatlicher, ja teilweis völlig privatrechtlicher Ausnutzung herab-
gesunken war^.
Von diesen Gewalten bildet nun die Grundherrlichkeit in ihren unendlich
verschiedenen Abstufungen^ seit etwa der Mitte des 12. Jhs.^ zweifellos das
Hauptiundament ^ für die Entwicklung des Territoriums; Wesen und Lage der
Grundherrschaft geben die Grundlage ftlr Bedeutung und Ausdehnung des
späteren Landes ab.
Aber nicht jede Grundherrschaft war als territoriales Substrat geeignet
Am wenigsten natürlich die etwa seit Mitte des 18. Jhs. vornehmlich aus-
gebildete Rentengrundherrschaft^, in welcher der Grund und Boden kaum noch
^) S. oben S. 627. Zur ursprünglichen Abgrenzung des politischen Lehnswesens von
der älteren wiedenun mehr privatrechtlichen Bildung s. Waitz, V^. 6, 15.
«) S. oben S. 991 f., 1061.
*) S. z. B. über Abt Markward yon Fulda (1150 ff.) und sein Bestreben, auf die Ghrund-
herrschaft der Abtei hin eine Territorialgewalt zu begründen Y. Abb^ Beitr. z. 6. d. Abts
M. von F., Viersener Programm 1885, S. 4.
*) Die Markherrlichkeit allein kommt daneben wenig iq Betracht, s. oben S. 1014—15.
Zur Allgemeinheit der hierher gehörigen Erscheinungen s. Schulte zu Fritz, Das Territorium
des Bistums Strafsbuig, Österr. Mitt 7, 181.
*) S. dazu oben S. 886.
[Entwicldimg der Laadesgewilit. — 1256 —
als Träger von Henrschaftarecbten , soudeni fast mir als Träger von privaten
Nutzungsrechten erscheint. Ihr geffcnülier kommt fttr die Bildung der Terri-
torien fast ausschliefslich die alte GnmdheiTSchaft in Betracht, wie sie über
möglichst grofse Strecken ausgedehnt ist, hier und da mit gewissen Zeatral-
punkten und räumlich geschlossenen Herrschaftsi'echten, wie z. B, dem Wild-
bann ausgestattet erscheint', und endlich bis in das 14, Jli, hinein noch wirk-
liche, in Regie betriebene Fronhöfe und einen sich noch immer erweitenideD
Kreis dienender Hufen unter völlif: festgehaltener Abhängigkeit vom Fronhof
aufweist ^.
Wo aber eine derartige Grundherrschaft als günstige Unterlage fttr die
Bildung eines Territoriums bestand, da handelte es sich noch immer darum,
sie durch Umformung und Abmndung für die neue Aufgabe geeigneter zu
machen. Zu diesem Zweck bedurfte es zunächst eines festeren Zusammen-
schlusses und einer strafferen Ärrondiening der Fronhöfe in sich*. Dann aber
galt es, die klaftenden Lücken zwischen der f^treulago drr eiiiv-ehien Höfe thun-
lichst auszufüllen : es wurden zwischenliegende Besitzungen bisweilen gepachtet*,
noch lieber in Pfand genommen, wenn irgend möglich gekauft. Und diese
Transaktionen erstreckten sich nicht blotsanf einzelne Höfe und die veradiiedenen
Arten der Grundherrliehkeit, je tiefer wir diese Dinge ins 14. Jh. hinein ver-
folgen, um so mehr handelt es sieh um teilweisen oder vollen Erwerb ganzer
Städte. Territorien, Länder mit aufs verschiedenartigste abgestuften Hoheits-
rechten'. Von i)e8onderer Wichtigkeit aber mutete es bei energischer Auf-
nahme dieser Bestrebungen sein, das Reich mit seinem Beätz allmählich ans
dem ISireii'h des kUnftii-'en Temtoiiaigebietes zu entfernen ; wurde seine Macht
nicht mehr gefohlt, so waren die kleinen Herren der beachtenswertesten
Stütze beraubt und konnten um so eher ülierwältigt wenien. Die Füi-sten
zeigen daher schon früh einen besonderen Eifer, allen Reichsbesitz innerhalb ihrer
Machtsphäre aufzusaugen ; am frühesten hatte wohl das Reichskirchengut unter
diesen Bestrebungen zu leiden". Wurden zu dessen Sclmtze noch im 13. Jh.
Vorkehrungen getroffen, so räumt dagegen seit Beginn des 14. Jhs, das Reich alle
seine Positionen; König Ludwig erlaubt z. B. im J. 1314 dem Erzbischof Balduin
von Trier, quod omnia bona imperii, ubicunque in sua dioecesi reperiantur ob-
') Vgl. oben S. 705.
^) S. oben S. 743.
*) S. oben S. 740.
*) S. oben S. 946 Note 1.
') Zur Verpfändung s. z. B. Cod. Salm. 77, 1281; CRM. 3, 53, 1314; zum Verkauf
Gart Onal 672, 1340; WSGoar 1384, G. 4, 737, g 6; 'Koblenz St. A., Dipl. Pniniiense
Bl. 22», 1469.
*) Zur Einverleibung von Reichskirchengut in den Territorialbestand der Kirchenflu:sten
s. Ficker, Reichsfiirstenstand S, 337 ff.; Bercbtold, Landeshoheit S. 88 ff. Verboteo wurde
sie 1216 durch die sententia de non alienandis priocipatibus, Berchlold a. a. 0., welche frei-
lich einen noch veitertragenden Sinn hatte.
— 1257 — Bildung des Territoriums.]
ligata, coniunctim vel divisim eo pretio modo et forma, quibus sunt obligata,
redimere valeat ac eo iure tenere ' ; und wenig spätere Gnadenbeweise gehen
noch weiter*.
So bildete sich denn seit spätestens der 2. Hälfte des 13. Jhs. ein stets
festeres grundherrschaftliches Substrat fOr die Ausgestaltung eines künftig ge-
schlossenen Territoriums ; und mit seiner Herstellung wurde zugleich der Grund-
herrschaft innerhalb des territorialen Embryos eine andere Funktion und ein
vom Bisherigen abweichender Charakter g^eben. Das Ziel der hier ein-
setzenden Bestrebungen war die Übernahme der bisher mit der grundherr-
schaftlichen Organisation verknüpften halbstaatlichen Herrschaftsrechte, also
der Grundherrlichkeit, auf die Territorialverwaltung, und die Umbildung der
verbleihenden Gütermasse zum landesherrlichen Domanium. Dies Ziel wurde
nun freilich im Mittelalter noch nicht völlig erreicht, immerhin aber wurden
beachtenswerte Versuche in dieser Richtung unternommen und teilweis auch
mit Glück durchgeftlhrt Mafsgebend fQr sie war vornehmlich das Aufkommen
der freien Pachtformen. Mit der freien Pacht war die trotz vieler Rückfälle
in das alte System immer wieder benutzte Möglichkeit g^eben, die wirt-
schaftliche Seite des Fronhofsmeieramtes an einen kapitalreichen Pächter zu
verpachten, für die obrigkeitliche Seite aber einen besonderen Territorialbeamten
zu ernennen ^. So entsteht seit der 2. Hälfte des 12. Jhs. der von uns schon
wiederholt betonte Unterschied zwischen Wirtschaftsmeier und Schultheifis, und
der Schultheifs entwickelt sich zum Richter des territorialen Untergerichtes ^.
Und wie in der eigentlichen agrarischen Grundherrschaft, so lag in den ander-
weitigen wirtschaftlichen und rechtlichen Annexen derselben die Möglichkeit
einer verwandten Trennung vor. Mit den Fronhöfen waren vielfach Kirchen-
sätze verknüpft*, jetzt konnte der Fürst diese Kirchensätze aus der Grund-
herrschaft herausziehen imd ihre Pflege durch eine besondere landesherrliche
Patronatsverwaltung besorgen lassen. Femer hatten die Forsten in älterer
Zeit in nächster Beziehung zur Fronhofsverwaltung gestanden^; jetzt trennt
man sie von derselben ab und regelt ihre Verwaltung nach den Ämtern der
neu begründeten Landesverwaltung ^.
Liefs aber der Landesherr auf diese Weise seine Grundherrschaft, die
Hauptgrundlage der Territorialbildung, nach den ersten sicheren Fortschritten
eben dieser in das neue grofse Ganze anheben, so liegt die Annahme nahe genug,
>) Honth. Hist 2, 93, 1314.
^) Generalvollmacht für Erzbischof Baldain zum Erwerb der Reichsgüter 1321 Aug. 19,
unvollständig gedr. Honth. 2, 99, reg. Dominicus S. 187, s. auch Honth. Hist 2, 624. Im
übrigen vgl. Goldene BuUe c 10.
«) S. oben S. 947, 973; Bd. 3 No. 162, 1344.
*) S. oben S. 735 f., 1053, 1057 f.
») S. oben S. 118 1, 240, 1006.
•) S. oben S. 494 f.
^) S. Bd. 3 No. 260, 1478.
L amprecht, DentfchM WirtMh«flil«l)«9. I. 80
[Eotwicldung der Landesgewalt. — 1258 —
dafs er verwandte Bestre1)uii,i;en auch gegeuüber den fremden Grundherrscbaften
geltend gemacht halieu wird, welche innerhall» der sich schliefseiiden Grenzen
seines Territoriums lagen. Diese Gmndherrschafteu wai-en nun aber teils geist-
lich, teils gehörten sie dem Adel und der Rittei-schaft an, d. h. sie waren
in der Gewalt eben jener Klassen, welche seit dem 13, Jh. die StAiide des
Territorimns zu bilden begannen', Mafsregeln des Territorialherm g^en
fremde Gnmdherrschaften fielen also im wesentlichen mit Mafer^eln gegen-
über ständischen Personen zusammen und gehören mithin der Entwicklungs-
geschichte der Landeshoheit an. Daniin ist von ihnen erst im zweiten Teile
dieses Abschnittes zu sprechen.
Die zweite halbstaatliche Gewalt, deren Entwicklung von grijfeter Be-
deutung fttr die A\isgestaltung des Territoriums wurde, ist die Vogtei.
Sehen wir hier von der bei geistlichen Füi-stentümem früher oder später
eintretenden Notwendigkeit ab, zunächst die eigene immunitiUsherrliche Be-
vogtmig aiiKiischlltteln*. so sind fftr die Ausbildung der Lnndesirewalt minient*
lieh die vollen Gerichtevogteien von Bedeutung gewesen, aJgo die Mark- und
Fronhof- oder Grundgerichtsvogtei und die ImmunitAtsvogtei : ist doch in ihnen
eine der Hauptbestimmungen der erwachsenden Landesgewalt, der Rechts- und
Friedensschutz, besonders deutlich und organisiert ausgepri^". Daneben
kommen dann noch die Kirchenvogteien im Sinne landesherrlichen Patronats-
wesens*, die Markvogteien , endlich auch die bald aof Wachszinsigkeit, bald
auf sonstiger Scbutzhörigkeit beruhenden Personalvogteien^ in Betradit, welch
letztere sich einzelne lAndeaherren wohl innerhalb ihres Machtbereichs mehr
oder minder ausschlielslich vorbehielten".
Die Summe dieser verschiedenen Bildungen ging aber nicht roh imd
einfach in die territoriale Entwicklung auf, vielmehr suchte man auch hier den
in früherer Zeit vielfach ohne sichere Grundsätze und durch die Laune des
Zufalls erworbenen Bestand in sich zu befestigen und abzurunden. Zu diesem
Zwecke b^ann nun ein mit jeder Generation steigender Neuei-werb von Vog-
teien durch Kauf, Pfandnahme und Befreiung der Bevogteten von gewissen
Lasten ' ; schon seit der Stauferzeit wunie es Brauch , dafs der Laudes-
') Das gilt wtnigalcns im allgemeinen. Ein PriTÜeg aber der Eitterbürtigen als alleiniger
Grandherren, wie es v. Below S. 30 annimmt, läfst sich in keiner An erweisen.
"} Das geschah in Trier 1197, a. Mß. ÜB. 1, 165, 116, 1197; 2, 1G8, 1197; G. Trei-.
CoDt. 4 Add. 2, MGSS. 24, 393; UStift 14. Jb. Anf., Lac. Arch. 1, 258; vgl, auch Honth.
Hbt I, S. 469 f.
») S. oben S. 1136.
•) S. oben S. 1066 Note 2.
') S. oben S. 1222 f.
=) WRommershcim 1298, cit oben S. 1068 Sole 9, niif S. 1069,
') Vgl. für Trier Honth. Hist. 1, 635, auch \nrscb usw., Lac. Arch. 1, 256; im all-
gemeinen s. auch Waitz Vfg. 7, 335 f. Um ein spätes, besonders gut dokumentiertes Beispiel
zu nennen, so kommt die Vogtei Schoenecken bei Prüm 1381 an Wenzel von Boehmen
i
— 1259 — Bildung des Temtorioms.]
herr der Zukunft zum Vogt der im Bereiche seines Einflusses belegenen geistlichen
Grundherrschaften erwählt ward\ und seit dem 14. Jh. wurden seinem vogteilichen
Schutze, seinem schirm, verspreche und verantwurtunge^ auch eine grofse An-
zahl weltlicher Grundherrschafien in direkter Anerbietung ihrer Besitzer unter-
stellt^. Zu alledem kam speziell filr die Bischöfe noch der besondere Vorteil
eines 1180 erflielsenden , tlbrigens durch lang eii^ebtlrgerte Gewohnheit vor-
bereiteten Reichsspruches, welcher die Behandlung der geistlichen Vogteien in
ihrer Diözese fast völlig ihrem Ermessen unterwarf*. So bfldete sich denn
ein fester und territorial fast völlig geschlossener Kern landesherrlich-vogtei-
lichen Einflusses aus*^, und von diesem aus versuchten die Landesherren nun
auch die Bedeutung der sonst vorhandenen Vogteien entweder zu schwächen
oder sich anzueignen. Am schärfsten gingen sie dabei gegen die Fronhofe-
bzw, Grundgerichtsvogtei vor*. Das zu erreichende Ziel war fireilich hier be-
sonders klar: es kam darauf an, die landesherrliche Hochgerichtsbarkeit ent-
weder direkt oder im Sinne einer Immunitätsvogtei möglichst fest über die
(^Koblenz St A. Rep. Prüm ISSs Kopie 18. Jh&X 1884 Dez. 7 kauft sie Erzbischof Kuno
von Trier, vgl. *0r. Koblenz St. A. Rep. 140, dazu zwei •Orr. in Trier 1384 Dez. 7 und
1385 Jan. 13. — Zur Befreiung Bevogteter s. MR. ÜB. 8, 88, 1215; 85, 1215; 444, 1231;
Büttinghausen, Beitr. 2, 325, 1284; MR. ÜB. 8, 565, 1236.
>) S. oben S. 1132, 1184.
«) S. Bd. 8 Wortr. u. d. W. schirm.
') S. dazu oben S. 1006 f., femer auch aus späterer Zeit mehr oder minder hierher
gehörig Bd. 3 No. 156, 1848; No. 172, 1847; CRM. 8, 515, 1867: Graf Johann von Sayn
übergiebt dem Erzbischof Kuno von Trier seine Grafschaft, seine Lande und Testen, Burgen
und Städte Sayn, Hachenbuig, Freufsberg, Weitersburg, Friedewald und Bendorf auf dessen
Lebenszeit in Schutz; dazu CRM. 8, 547, 1874: Graf Johann von Sayn überträgt dem Erz-
bischof Kuno von Trier seine Leute in dem Gerichte zu Kunen-Engers. S. auch CRM. 4,
276, 1460; 277, 1460; und besonders erwähnenswert Ferdinand S. 99, 1867: Erzbischof Kuno
ü1)emimmt den Schutz der Stadt Trier gegen 3000 Ib. gL Trierisch unter Beibehaltung des
Schiedsspruches Karls IV. zwischen ihnen.
*) MGLL. 2, 164: quod episcopus vacantem sibi cuiuscunque loci advocatiam vel in
manu sua quantocumque vult tempore retinere potest, vel alii cuicunque dare. Über' vor-
bereitende Schritte in dieser Richtung s. Berchtold, Landeshoheit S. 187; vgl. auch oben
S. 281 Note 8, sowie Ennen, Qu. 1, 462—63, 10, 942; 508, 41, 1180; MR. ÜB. 2, 850, 1139.
Zu den Konsequenzen s. *Absdir. Koblenz St A, 1220, vgl. MR. Reg. 2 No. 1458: Erz-
bischof Dietrich spricht Kloster Lonnich von der Vogte! des Trierer Ministerialen Marsilius
von Gondorf frei, welche letzterer sich angemafst hatte, trotz früherer päpstlicher und erz-
bischöflicher Privilegien, und bestimmt, dafs das Kloster nur dem Erzbischof von Trier unter-
geben sein solle. In diesen Zusammenhang gehört wohl auch *ChartuL Koblenz St. A. 1257,
MR. Reg. 3 No. 1384: Erzbischof Arnold von Trier überträgt dem Abt von SMartin-Trier den
Schutz von Ilimmerode gegen alle Anfechtungen einer gröfseren spezifizierten Güterschenkung.
Reg. über letztere MR. ÜB. 3, 984 und MR. Reg. 3 No. 1474.
^) So werden z. B. im Bereich des Luxemburger Landes vom ULuxemburg bei vielen
Orten nun Vogteiabgaben verzeichnet, s. Bd. 8 Wortr. u. d. WW. salvement und voerie, wo
aber nur ganz signifikante Stellen verzeichnet sind.
*) S. dazu schon oben S. 1110.
80*
[EDtft-icklung der LandcBgewalt, — 1260 —
fremilheniiclien Froiihofevügteien hinweg^uspannen'. Aber auch die fremd-
herrliclieii InuiiuniUits- oder Hochgerichtsvogt^ien wurden beunruhigt, mau
suchte sie entweder lehnsweise oder anitsweise dem landesherrlichen Einflüsse
zu unterstellen*.
Nun gelang freilich die AusscUiebmig fremdherrlicher Vogt« vom Landes-
gebiet oder wenigstens ihre Unterwerfung unter landesherrliches Ermessen
keineswegs völlig und besonders frtlh; aber immerhin stand doch schon bei
Beginn des 14". Jhs. dem Landesherm eine wohlgeschlossene Summe vogtei-
licher Herrschaftsrechte zu Gebote, bei denen es sich nach den Bedingungen
fragen mufste, unter welchen sie sich der erwachsenden Landesgewalt ein-
reihen liefsen.
Da kommt nun eine Eiurangierun^ im grundherrlichen Sinne, so dais
die Besitzungen des Bevogteten als Pertinenz der vogtherrlichen GmndheiT-
schaft behandelt werden, nur in ältester Zeit bei solchen Gmndherren vor,
welche später Landesgewalt erlangen^; sie gehört nicht eigentlich der Ent-
wieklung^'eschichte des Tenitoriiuns, sondern vielmehr derjenigen vogteilicher
Drangsale im 11. bis 13. Jh. an. Späterhin dagegen wird die Vogtei bei ihrer
Einreihung in die Landesgewalt ganz vorwiegend als Gerichtsliarkeit ü>ierhaupt
gefa/st* «nd demgeniäfs entsprechend den usurpierten Rechten staatlicher Ge-
<) Mail vgl. in diesem Sinne CRM. S, S89, 1381 : die Rede von der vodle der dorfer
Builche und Morahusen . . beheltlicbe . . dock der obersten herachafl und des hoengericbts
derselben dorfpre [an das Sllft] . ., die nit m dersellien vodien gehorent, und autli mit
sulifben vunserten, die (deii'Erebischöfen) die uberbraclit binnen den vorg. dorfeni nnd vodie
deden oder die sost da verbrechen, daz man sie halden und vaben wurde, daz man die füren
und antwerten sal gefangen in eine mins vurg. heren von Triere und sins Stifts vesten, und
sie da gevangen halden; und waz bessenuigen von dem gevellet, die sal halb mins heren von
Triere . . und halb min sin, behelüiisse doch mime vurg. heren . . des hoeugcrichts und
buscD, die lif und gut antrefient, und waz darzu gehoeret, darane ich kein recht han oder
-haben sal. Schon sehr IHih ist die Dichtung ausgepHlgt in MR. UR. S, 725, 1241 : Maiheus
dux Lothoringle et marchio dilecto suo domino Winemaro de Mandresem salutem . . abl>a-
tissa et conventus de Orreo Trevireusi sua nobis insinuationc monstranint , quod vos super
curia in Flericbe et appenditiis eius, que movet de feodo nostro, iustitiam, quam debetis de
hominibus ipsius ecclesie, eis<lem nou exhihetis. cum igitur a nobis tamquam a siunmo advo-
cato super eadem requiraiit sihi iustitiam elihibere, licet alias vobis Bcripserimus super eodem,
iterum vobis mandamus rogantea, quatinns dicte ecclesie de Orreo ita iuris plenitudinem
exhibeatis, quod de cetero de vobis ad nos non habeant materiam conquerendi; alioquin
talem iniuriam sihi fieri ulterius non sustinebimus. Das ist treilich ein Ton und eine Art zu
verfahren, welche um diese Zeit in Trier und an der Mosel noch unbekannt waren, vgl.
MR. ÜB. 3, 254, 1225.
*) Vgl. oben S. 234 und ULuiemburg 372, i«, Viviersr messires at la haute justice
ou ban de Wiviers et le tient li vocis [Vogteileule] de monsignour en fies oa d'nrrier-fles.
") S. (Tiron. s. Jlich. Vird. 32, MGSS. 4, 84, um 1035, dt. oben S. 1127 Note 3,
dazu ebd. c. 1 1, S. 82, um 1020.
') S. oben S. 1135.
i
— 1261 — Bildung des Territorioms.]
richtsbarkeit einverleibt ^ wenn sich auch mit ihr seit Mitte des 18. Jhs. noch
viel allgemeiner die Idee landesherrlichen Schutzes verband ^. Indem aber nun
die Yogtei wesentlich als Gerichtsherrlichkeit aufgenommen wurde, ergab sich so-
fort das Bestreben, die nicht selten lokal zersplitterten und verstreuten vogteilichen
Jurisdiktionsrechte zu lokal geschlossenen zu machen. Eine solche lokale Ab-
grenzung und Einbettung aber liefe sich nun am einfachsten im Anschlüsse an
die Bezirke der eben in Ausbildung b^riflfenen Territorialverwaltung durchführen.
Wie aus den zerstreuten Fronhofebeziehungen der altlandesherrlichen Grundherr-
schaften unter später genauer zu schildernden Vorgängen die Ämter der terri-
torialen Lokalverwaltung erwuchsen, so wuchsen aus zersplitterten Vogteirechten
und sonstigen Resten staatlicher Rechtssprechung günstigen Falles Amtshoch-
gerichte in diese Ämter hinein^. Und an diese neuen Hochgerichte, denen
sich die Grundgerichte als Stellen niedrigster Instanz unterordneten, wie an
deren lokal gesddossene Bezirke lehnte sich dann auch die alte Idee allgemeinen
vogteilichen Schutzes an. Im Weistum des Amtes Nürburg vom J. 1515 heifst
es : der untersaesse im lande von Nürburg, welchem herm er auch zugehoere,
der sich gebruicht wassers und weiden im land, schirm und schuiringe gesint
vom herm, der sal dienen an dat huis Nürbui^ gleich andern undersaessen
und angehoerigen sonder aigelist und umb dat er dat dein sal, so sal der
herr demselbigen manne seine haefe lif und gut verantworten binnen dem
lande \wr sinen vianden^. Aus dieser allgemeinen Schutzgewalt heraus ent-
wickelte dann der Landesherr wiederum die Präsumtion allgemeiner Ver-
waltungshoheit für den gleichen Bezirk.
Hilft die Vogtei in dieser Weise auf der Basis grundherrlicher Wirt-
schaftssubstrate zumeist indirekt den späteren Verwaltungszusammenhang der
Ämter mit entwickeln, so sind doch vogteiliche Grewalten bisweilen noch viel
unmittelbarer an dieser Bildung beteiligt Dies ist namentlich da der Fall, wo
sich eine alte Vogteiberechtigung auf lokal geschlossenem Gebiete schon an
sich zur vollen Amtsthätigkeit im Sinne der Lokalverwaltung des 14. Jhs. aus-
geweitet hatte; hier bedurfte es natürlich nur der Anerkennung des Vogtei-
bezirkes als Amtes durch Eingliederung desselben in ein umfassenderes terri-
toriales Verwaltungssystem '^, um die Vogtei verwaltungsbildend zu machen.
0 S. oben S. 1068; Arch. Clervaux 1026, 1454, cit oben S. 1071 Note 2; S. 1182,
1186. Aus späterer Zeit 8. noch Honth. Uist 2, 846, 1406; 874, 1428; 428, 1456; 456, 1471;
und dazu WFrisingen 1541 § 28. Zu verwandten Verhältnissen in Österreich vgl. Hasenöhrl
S. 55. Umgekehrt entwickelt der König sein Verhältnis zuerst zu gewissen Klöstern, später
zu allen Unterthanen im Sinne der Vogtei, er ist später des Reiches Vogt; s. Waitz,
Vfg. 7, 838 f.
>) S. oben S. 171 und 177, 1186 f.
>) S. oben S. 186 ff. und 1188.
*) \VNürburg 1515, G. 2, 612.
^) Ein Beispiel bieten die späteren Ämter Oberwesel (und Boppard^ vgl. MR. ÜB. 8,
1406, 1257 ; CRM. 8, 87, 1809 : K. Heinrich giebt Oberwesel und Boppard an Enbischof Balduin
[Entwicklung der LaudeBgewail. — 1262 —
Die Grundlagen einer ganz ähnlichen Entwicklimgsmöiilichkeit bestanden aber
auch bisweilen aufserhalb der eigentlichen Vogtei. So z. B. bei Wildbann-
rechten. Der Wildbann umfafste stets ein rämnlich b^jrenztes Gebiet, er
konnte sich völlig im Sinne einer Vogtei entwickeln', und diese Vogtei konnte
dann bei Einrangiening in ein Territorium ohne weiteres zum Amt werden.
Das scheint beispielsweise der Entwicklungsgang im trierischen Amte Monta-
baur gewesen zu sein.
Können auf diese Weise Gnindherrlichkeit und Vogtei meist kombiniert,
bisweilen auch wohl isoliert, als direkte Grundlf^e der territorialen Ämter-
bildung in Anspruch genommen werden, so hflit sich das dritte halbstaatliche
Moment der Territorialbildung, die Lehnsherrlichkeit, diesen Vorgängen gegen-
über etwas abseits. Aus den Lehnsauftragungen — nur von diesen, nicht von
den Verlehnungen kann natürlich im vorliegenden Zusammenliang die Rede
sein — erwachsen vielmehr wesentlich jene Teile des späteren landeshenlichea
Territoriums, welche mit demselben iu loserem zumeist nur durch ständische
Vermittlung lien^estellten Zusammenhange bleiben. Eben in diesem Sinne alier
wird der Erwerb durch LehnBauftragung innerhalb der Bildungsgeschichte des
Territoriums wichtig namentlich für solche Herrschaftsrechte, deren direkte
Inkorporation durch Kauf und Rechtsgeschäfte gleicher wirtschaftlicher Wirkung
ans ii^endwelchen Gründen nicht möglich war*.
Katürlich Bind auch diese Herrschaftsrechte und deren lokale Substrate
sehr verschiedener Natur. Nnr seltener werden im LehnBauftrag ausgedehnte
Grafbchaftsrechte, vielleicht gar volle Grafschaften erworben', ebenso wie es
nicht häufig ist, dals abgesehen von den auf Zeit lautenden, daher hier auTser
Betracht bleibenden Lehnsdienstvertr&gen Lehnsverbindung mit einzelnen ein-
fachen Pei-sonen begründet wird'. Häufiger dagegen kommt es schon vor, dafs
Treu- b/w. Lehnsverhältnisse ganzer oder zerstückelter Ministerialitäten oder
Lehnsgenossenschaften auf den Landesherm übertragen werden^; wenn auch
in guljernatioiK'm, quaiinus eitlem arcliiepiscopo tamquam gubematori et adrotato Tcstro vel
eius subfititulo suo nomine pareatia. S. dazu Küster S. 85 Sole 1.
') S. oben S. 111, 479.
') Mao vgl. hierzu und ;!uin folgenden ii. a. nur die von Doininicus aufgeführten Lehns-
erwerbungen des Erzbiscbofs Balduin, a, a. 0. S. 83; 113 Sol« 3; 119 Note 3 und 120
Note 1; 127 Note 1; 159; 182 Note 2; 186 Note 1; 190 Note 3; I93if.; 262ff.; 265
Note 1-3; 270 Note 3; 273 ff.; 408 ff.; 411 ff.; 505 ff.; 506 Note 1; 579 Note 1; 583;
592 Note 3. S. auch Loersch, De ortu etc. S. 16 f.: de territorio luliacensi conubiis feudo-
Tumque consociatione adaucto.
') Lehnsauftragungen ganzer Grafschaften an Stifter konunen seit II. Jh. namentlich
in Uthringen vor, 3. Waitz, Vfg. 7, 261. Für unser Gebiet vgl. u. a. MR. L'B. 2, 124,
1192; 3, 952, 1248.
*) S. Ua. 3 No. 178, 1349.
'■) S. Bd. 3 No. 107, 1324; auch "Bald. Kesselst S. 372, 1S43: Boemund von Nail-
bacfa trägt an ilas Erzstift Trier auf alle unser edeln man, die leben von unB . . haben
i
— 1263 — Bildung des Territoriiims.]
hier durch Lehnsauftrag nicht eine neue Lehnsverbindung begründet wird, sondern
nur derartige verwandte oder schon völlig gleichartig bestehende Verhältnisse
durch Zession auf den Landesherm Qbergehen. Bei weitem am verbreitetsten aber
ist die Lehnsauftragung von Grundherrschaften , speziell von kleineren weithin
über mehrere Quadratmeilen verstreuten Grundherrschaften des sich eben bilden-
den niederen Adels und der freien Herren^ : ohne Ausnahme fast, soweit sie inner-
halb der Machtsphäre des Territoriums liegen, kommen sie in einen Lehns-
nexus und damit in eine, künftige Unterthanschaft vorbereitende Beziehung
mit dem Territorium *. Eine ganz besonders betonte Form des Lehnsauftrages
adliger Grundherrschaften bildet dabei der Burgenauftrag: wir werden spftter
sehen, dafs er eine ganz spezifische Bedeutung hatte, und können seine Wich-
tigkeit schon jetzt an der aufserordentlichen Höhe der Summen erkennen,
welche für Burgenaufträge gezahlt wurden'. Mit den Lehnsauftrftgen von
Burgen an den Landesherm, wie sie seit Mitte des 12. Jhs. reifsend zunahmen,
wurde nun aber dem Lehnsherrn, abgesehen von der nicht selten ausdrücklich
stipulierten Lehnskriegspflicht der Vasallen, namentlich das ()ifnungsrecht an
der Burg zuerkannt, d. h. im wesentlichen die rechtliche Möglichkeit, sich
jederzeit auf die Burg zur Verteidigung zurückzuziehen, und das im Einzelfall
mehr oder minder fest umschriebene Recht, die zeitweise Auslieferung der
Burg zur bedingungslosen militärischen Unterstützung in lehnsherrlichen Kriegen
zu verlangen*.
[omnes fideles] . ., daz er [Balduin] sie mag maDen und manschaft an sie vordem glicher
wis, als wir . . mochten.
^) Zu Bedeutung und Charakter dieser Grundberrschaften s. oben S. 702 fL Man
sehe u. a. Bd. 8 No. 93, 1816; CRM. 3, 548, 1574. Eigentümlich ist eine am Schlüsse dieses
Teils mitzuteilende »Urkunde des Bald. Kesselstadt S. 374, 1844 Febr. 2.
*) Im Laufe dieser konzentrischen Bewegung im Lehnserwerb des Landesherrn werden
dann exzentrisch gelegene Lehnsverhältnisse abgestofsen, ebenso wie yon den Grundherr*
Schäften einzelne femliegende Höfe aufgegeben wurden, vgL CRM. 8, 455, 1859: die Abtei
Korvei erlaubt dem Grafen Johann yon Sponheim und seinen Erben, sich wegen der Lehen-
güter in der Pfarrei Traben und der lehenrührigen halben Burg Starkenbuig einen andern
beliebigen Lehenherm zu wählen.
*) Hier einige Daten in dieser Hinsicht MR. ÜB. 2, 124, 1192: an Trier wird lehns-
weise aufgetragen castrum Viraeburg una cum comitatu für 1600 ib. Treyerenses (etwa
870000 M. nach heutiger Kaufkraft des Silbers). MR. ÜB. 8, 664, 1289: Lehnsauftragung
der Burg Leyen bei Uerzig für 120 nur. (etwa 80000 M.). MR. ÜB. 8, 789, 1242: Lehns-
auftragung der Burg Waldeck an Köln für 200 mr. köhiisch (etwa 50000 M.i
*) S. zu diesen Fragen MR. ÜB. 1, 551, c. 1148, der Graf yon Vianden Lehnsmann
des Erzstiftes: de omnibus predicti comitis . . castris (nos archiepiscopus) . . auxilium habe-
bimus; licebit quoque nobis de hiis castris quemlibet hostem nostrum impugnare, preter solum
abbatem Prumiensem, cuius homo ligius est Zur Bedeutung des Wortes ligius s. Waitz,
Vfg. 6, 42; auch *Scheckman Spec feud.: yasallus potest esse unius yel plurium, sed legius
Tel ligius nisi dumtaxat unius . . . omnis homo ligius est yasallus, sed e contrario non
omnis yasallus est ligius. Über die Burgenanftragung belehrt weiterhin MR. ÜB. 1, 571,
1152: die Grafen von Sayn tragen den Erzbischof Hillin yon Trier das Castmm und die
[Entwicklung der Laodesgewalt. ^ 1264 —
Neben der Abiiindung der teixitorialeii Bildung durch Herbeiführung
von Lehnsaiifträffen steht nun freilich mit teilweis entgegengesetzter Tendenz
die Thatsache massenhafter Verlehnuiigen von Rechten und Grundstücken aus
dem landesherrlichen Besitze '. Allein man darf sich den Einflufe derartiger
Curia SajTi üh Lehn auf eandcm fidelitatera facientes, quam legii homines factre consueverunt,
quod, si nos guemun cum aliquü bobüre conliiigerct, contra quem nobis adiutoriiini prcstaro
non po&sent, de Castro exire et cius potestatem absque corum exberedatione nobis dare debent,
ita qnoU finita gueira ad castnmi tamquam ad srnim feodum rodettnt Dafilr erhalten sie
100 libratns de lienpficio primo vacantc in beneüciuni. Bei Hand Wechsel wird weder
Hergewede noch Hersture gezahlt. MR. ÜB- 1, 616, 1159: Johann von Siedelingen erhält
gewisse Hechle zu Lehen tali conditione, ut casiruin suum Siedelingen, quod erat Guum
proprium, reciperet in feodo ab (archiepiscopis) . . in perpetnum. Weiteres über die
Burg s. MR. ITB. 1, 627, 1161. MR. ÜB. 3, 664, 1239; die Herren zu Leyen
tragen ftkr 120 mr. ütre Burg Leyen bei tlerzig an Küln auf prolitentes, quod nos . .
ecclesie . . in omuilius necessitatibus suis idem caslruni libcre aperieniaB, de ipso tauiquani
homines sui contra omnem hominem aervituri. MB. ÜB. 3, 995, 1249: Mefiried, Herr von
Keumagen, trbgt seine Allodialburg Claracoata dem Grafen von Luxemburg zu Lehen auf,
ita quod dictum castrum ego et heredea mci debebimus roddere et deliberarc diclo comiti et
heredibus suis ad Tolunlatem snam, et quotienscunque eis placuerit. et de dicto Castro cum
appenditiis deltent et possunt dietus coraes et hercdes sui ndiuvari contra omnes principe«,
archiepiscopos, nobiles vel innobites et etiam contra omnes homines, qui vivere possunt et
mori. Ganz ahnlich lautet der Lebnsauftnig der Burg Arras au die Grafen von Luxemburg
MR, ÜB. 3, 996, 1249. Zum Charakter des Offenbauses s. genauer *0r. Koblenz SL A.
Prilni Rep. No. 62», 1343 Juni 24, Kuno von Glemency (KOnzich) hat seine Burg als Offen-
hauä au PrQm aufgetragen: ouch üullen mine voi^. herren vou Prunie, wanne sie entbatden
sin wollea, mich zitUchen lassen wiszen, wieder wen si enthalden sin wollen, und uf daz ich
und min erben unser gut dannen gefuren mögen, imd sullen die vorg. herren von Frumen
dan daz hus in ire hüte und koste nemen und htüdcn, als lange der crieg wert, wider den
die sie enthalden «int, und wnnne der crieg uz ist, sa suUen sie mir und miuen erben daz
hus wieder inantwerten an allerhande argelist und geverde. Vgl. femer noch Ennen, Qu. 1,
603, 108, 1193; Acta acad. Theod.-Palat 2, 288, 1220; Lac. ÜB. 2, 24-5, 1239; CRM. 2,
160, 1254; Lac. ÜB. 2, 58.5, 1268; Hontli. HisL 1, 801—2, 1273; Guden. CD. 2, 980, 1300;
CRM. 3, 90, 1318; 118, 1323; 132, 1325; Bertholet 4, 370, dazu WQith-Paquet, Publ. de
Luxeinb. 14, 78. In diesem Zusammenhang sei auch noch erwölmt Honth. Hist. 2, 174 — 175,
1353: Karl IV. weist das Reichslehen Gerlachs von Braunshom zu Ellenz und Poltersdorf
(Reichsburg Beilstein) an Trier. Ähnlieb Honth. Hist. 2, 191, 1356 für Kiz. — Das älteste
Beispiel tür ein Offenhaus, welches Wailz Vfg. 8, 202 Note 6 kennt, ist vom J. 1110. Vgl.
auch Honth. Hist. 1, 471.
') S. dazu oben S. 703, 713, 875. Nach dem 'Register zum Bald. KesselsL S. 2 sind
von Erastift Trier in der 1. K. des 14. Jbs. Feoda simplicia ausgethan: Rinenscs 4-i, Super
Moaellam42, Meinefelt 11, Einia27, Hundisrucke 27, andersite Rlns 14, Luteni 28, Sarkauwe
et Lutzelenburg 36, Inferiores 12 [nördlich vom Erzbistum], Superiores 6 [südlich vom Erz-
bistum]. Das genannte Riester verzeichnet Lehen der Grafen und Herren von Barrum,
llennenbei^, Nife, Veldentia, Sarepons, Katzenelbogen, Salme in Ardenna, Sobnße, Seina,
bpaenheim, Limpurg, Isenburg, Runkel, Eppenstein, Trimperg, Wilhauwe. Heinbach, Satfen-
berg, Rennenberg, Haraerstein, Bruberg, Hoenvels, Sleida, Blankenheim, Kerj)ena, Rifer-
scheid, Cronenberg, Duna, Mailberg, Vinstingen, ICirkel, HunoJtstein, Vienna, Rodemacra,
Rupea, Novumcaslnini, Falkenslein in dem Wasechin, Brandenburg, Septemfontes, Wiltz,
Falbenstein in comitatu Lutzelenburg, Meisenberg, Usildii^e», Berperg, Bolcbc, Berewart,
Ham, Vispach, Berge super Elsenze, Keile in Bellevans,
— 1265 — Bildung des Territoriums.]
Verlehnungen wenigstens in der späteren Entwicklungsperiode des Terri-
toriums doch auch nicht als allzu grofs vorstellen. Wir Johannes grave
van Sarbiiicken, heifst es in einer Urkunde vom J. 1313, tun kunt allen,
daz her Simont von Kastele riethere ist unser man wurden und unser erben,
er und sine erben, van soligme gute, daz er van uns hat zu Burbach, also
das die lute die er van uns hat sullent und sint schuldich zu kumene in alle
unser jardinc, also sie bietheire gedan haut und was peninge besserunge und
busen sie wurden [heben] uf deme voiig. irme gute ufe der lute erbe, daz sal hem
Simondes sin, und ist das hohe gereithe und busen van walde und van waigen
und so was ussewendich dez gutes ist unser, und sol her Simont unde sine
[erben] vermannen vor uns und alle die unser das gut van Liebenberch in
unsem weigen^ Man sieht in diesem Falle besonders deutlich, dafs die Ver-
lehnung landesherrlichen Gutes in dem Verhältnis dieses Gutes zur jeweilig
bestehenden Gewalt des Landesherm fast nichts ändert; dem Belehnten fallen
mit der Nutzung des Gutes nur die Revenuen, nicht die Herrschaftsrechte zu.
Zudem aber bestand überall die grolse Mehrzahl der Lehen aus Mannlehen ',
imd damit war in absehbarer Zeit auf einen grofsen Prozentsatz von Heim-
fällen zu rechnen ®, falls es die Vasallen nicht vorher auf geraden oder krummen
Wegen zur Allodifizierung des Lehngutes gebracht hatten*.
Welches aber war nun das durch Lehnsauftrag wie Belehnung gegen-
über dem Landesherm begründete Verhältnis? Es war zunächst nicht das
der Unterthanschaft , d. h. der Unterordnung unter die Landeshoheit: viele
Vasallen sind nie Unterthanen ihrer landesfUrstlichen Lehnsherren geworden.
Es bezog sich im wesentlichen nur auf die Lehnskriegspflicht , von welcher
bald genauer die Rede sein wird^, und auf die Dingpflicht im fürstlichen
Lehnshof. Und auch die letztere Pflicht stand bei Lehnsauftrag in früherer
Zeit so ohne weiteres noch nicht fest. Anfangs wurde wohl nur vertragen,
dafs die Lehnsauftragenden, falls sie in Lehnssachen am Lehnshofe Recht
suchten, bei Weigerung ihres Gegners vor diesem Gericht zu erscheinen der
^) Kremer, Ardenn. Geschl. Cod. dipl. S. 406, 1818. Sehr belehrend ist in dieser
Hinsicht auch der ^Entwurf eines Lehnsbriefes Johanns von Schieiden über die Prümer Herr-
lichkeit Schoenberg (Kr. Makn^y) vom 27. Aug. 1409, Koblenz St A. Dipl. Prüm.
Bl. 136 b f., partiell ausgeführt unter d. 9. April 1428.
') So bestehen in Trier mit wenigen Ausnahmen nur Mannlehen, Honth. Hist 1,
686 f.; Beispiele von Weiberiehen ebd. S. 687 f. Zum Begriff Mannlehen s. *USMax. 1484
Bl. 14» Sauerschwabenheim: Hans Jude Piabet] 18 albos in feodum und ist ein manlehen:
hoc est, si decesserit sine berede virili, tunc idem feodum revolvetur ad monasterium.
*) S. dazu Honth. Hist. 2, 656—670 auf 14 zweispaltigen Folioseiten den Ton Peter
Maier 1587 aufgestellten Katalog der Nomina principnm, comitum, nobilium dominonun,
equitum etc. archiepiscopatus Trevirensis vasalloram aut burgmannoram, quorom familiae
extinctae sunt.
«) S. dazu oben S. 878 ff.
<») Vgl. vorläufig MR. ÜB. 8, 215, 1228; 227, 1224; 1159, 1252.
[Entwicklung der Landesgewalt — 1266 —
Unterstützung des Lehnshemi sicher sein sollteu ' ; erst später kam es zum
Versprechen des Auftragenden, sich in jedem einschlagenden Falle dem Lehns-
hof zu stellen', sowie zur Abgrenzung der vor den Lehnshof gehörigen Materien'.
Wie man aber die Aussteller von Lehnsaufträgen dem Lehnshofe einver-
leibte, so geschah es auch sonst mit allen Grofsen des Landes, auf deren Ver-
hältnisse der Lehnsbegriff anwendbar schien*. So sind die Vertreter hervor-
ragender geistlicher Institute Lebnshofsgenossen " ; auch juristische Personen
konnten dem Lehnshof angehören"; und wo es anging, suchte man in geist-
lichen Territorien den Imniunitiltsv(^t durch Belehnung unter die Spruehgewalt
der Lehnsgeuossenschaft zu bringen '. Daneben erecheint danu schon früh —
in Trier scheint das bereits heim ersten sichereren Auftauchen des Lehnshofes
um die Mitte ries 12. Jhs. der Fall zu sein — die Ministerialitilt als Teil-
nehmerin am Umstand*: so dafs dem I^ehnshofe in der That alle diejenigen
Elemente innerhalb der künftigen Temtörialgrenzen angehören, weiche in sich
oder durch ihren Zusamnienliang mit der Person des Landeshenn eine be-
') MR. ÜB. 1, 571, 1132: si nutent in pre<ticto Castro ab aliquo gravarentur et in
noatra curia iiistitiam ei voluerint exhiliere, contra illum ms et ^cclesia nostra pro posse
noatro eis auxiliiim preatabimiis.
') Honth. Rist. 2, ISO, 1842, PViede dea Wildgrafen mit Baldiün: so enaolleu vir
wider unseren eg. iierni von Triere nit dun; ujid wes wir mit ime seinen mannen bargniannen
lind undeitancn, geistlii^hen und werentlichen , die unser eg. herre von Triere verantworten
wolde, oder sie mit ans zu dune oder zu schaffen gewinnen, des sollen wir recht geben und
nemen vor unserem eg. herm von Trier nach seiner wolgebomen manne orteil und dasselbe
diin und hnlden. und sal dersellie unser herre, narhdem daß die klage an ihn bracht wirt,
binnen sechs wochen ende geben, und sollen auch wir die tage, die unser eg. herre tnu
daenbinnen bescheidet, vor ihme leisten.
■) Honth. HisL 2, 145, 1340, Lehnsrevers des Grafen von Saj-n für Trier: si aliqnid
dissensionis seu quaeetionis inter praedictum dominum nostrum Trevireosem seu ecclesiam
eorumve subditos quoscunque et nos et nostros baeredes aut subditos qualitercuuijue emer-
serit, aut si ipsi agere nobiscum habebunt aut noa cum eisdem: super bis coram praed.
domino nostro archiepiacopo et suis successoriiius iuri stabimus dando et recipiendo iuxta
detinitionem et sententiam nobilium vasallorum praedicti domini nostri archiepiscopi et suae
ecciesiae Trevirensis. S. dazu Honth. Hist 2, 148, 1342; auch WAmel 1472 g 10.
') Zur Bildung der Lehnshüfe und der Lehnsgericbtsbarkeit, auf welclie hier nicht
genauer eingegangen werden kann, vgl. für die früheste Zeit Waitz, Vfg. 6, 71 ; ?, 72 f. Zur
speziellen Ausbildung des Trierer Lehnshofes s. Honth. Hist. 2, S. 7—6; subsidiär gilt in ibni
das gemeine LehnsrechL Vgl. fllr ihn auch noch ME. ÜB. 3, 609, 1238—89; 1120, 1251;
CEM. 3, 318, 1345; 322, 1346.
') S. MR. ÜB. 1, 572, 1152; vgl. auch MR. ÜB. 1, 352, 1059.
*) CRM. 3, 377, 1351 : gewisse Lehen sollen Balduin und das Trierer Stift dem ge-
stiebte van Colne, as verre si van em zu iene rurent, dun vermamien na derselver lene
rechte, mit eime edebi manne ove mit eime dumproiste ove dumdcchen der kirche zu Treire.
') S. oben S. 1133.
*) MR. ÜB. 1, 571, 1152. Zum ersten Auftreten des Trierer Lebnsbofes s. auch Hontb.
Hist 1, 471.
— 1267 — Bildung des TerritorioniB.]
sondere Bedeutung beanspruchen könnend In dieser Ausdehnung konsolidiert
sich nun der Lehnshof rasch ; speziell in den geistlichen Territorien wird seine
Existenz imd sein Vollstreckungsrecht seitens des Reiches im Privileg von 1220
anerkannt und gesichert', und in Trier erhält er im J. 1809 die vollste Un-
abhängigkeit seiner Rechtssprechung vom Reichsho^ericht abgesehen vom Fall
der Rechtsvei-weigerung®, späterer detaillierterer Privilegien nicht zu gedenken^.
Eine derartige Konsolidation unter gleichzeitig zunehmender Festigung
der Territorialbildung überhaupt konnte für die landesherrliche Gewalt nicht
ergebnislos verlaufen. Zunächst wird im Lehnshof ein gern und fast überall
regelmäfsig benutzter Rekrutierungskörper für den Hofrat gefunden, jene nach
Zahl und amtlicher Stellung viel&ch unbestimmte Masse von Ratgebern, welche sich
schliefslich zum festen Kern der Zentralverwaltung zusammenballt^. Femer aber
gewöhnt man sich an die Forderung, im Lehnshof alle landeseingesessenen
freien Herren und Ritter vertreten zu denken® und ihn selbst hiermit als
spezifisch ritterschaftlich-ständisches Gericht anzusehen, dessen Zugehörige wenn
auch noch nicht einfache Unterthanen, so doch auch nicht mehr Vasallen im
Sinne der wenigen grofsen aufser Landes gesessenen Lehnsträger sind.
Kommt nun in den letzteren, schon jenseits der zeitlichen Grenze unserer
Erörterungen liegenden Erscheinungen bereits eine weitentwickelte Energie der
Landeshoheit zum Ausdruck, so ist freilich zu bedenken, dafis diese Energie
ihren Ursprung und ihren Bestand keineswegs blofs der Amalgamierung der
bisher betrachteten halbstaatlichen Gewalten verdankte, dafis sie vielmehr nicht
^) Im J. 15d9 hat das Trierer Erzstift zu Vasallen 17 Grafen, 8 Freiherren, 162 ein-
fache Adlige; Honth. Bist 8, 190 ff. S. auch Bd. 2 S. 226 Tab. ^; oben S. 884 Note 4,
auf S. 885.
') Confoederat 1220 § 5: si quis (principum ecclesiasticoram) vasaUum suum, qui eum
forte offendit, iure feodali convenerit et sie feodum evicerit, illad suis osibos taebünur. S.
auch schon MR. ÜB. 2, 148, 1196, K. Heinrich VI. für Trier: quia questio apnd vos fiiit,
qnod dilectus noster Johannes Treverensis archiepiscopus homines suos super feodo ad ius
per 14 dies debebat vocare, quidam affirmabant per sex septimanas per trinam yocationem,
curiae nostrae dictavit sententia, qnod idem archiepiscopus homines suos super feodo ad
14 dies tantum per trinam vocationem vel ad sex septimanas peremptoriter teneatur dtare.
«) S. Bd. 3 No. 89, 1309.
«) Honth. Hist 2, 121, 1332; 167, 1346, dazu Honth. Hist 2, 176, 1354 und
Dominicus S. 591.
^) S. dazu Waitz, Vfg. 1, 309 f., weiter unten Teil 3 dieser Abschnittes und schon
hier Catal. abb. Eptem. I, MGSS. 23, 33: Abt Gerhard (1110 ff.) quaeque potuit laicis feodavit,
quorum consilio depravatus succidi fedt circumadiacens nemus; Ennen, Qu. 2, 36, 30, 1209:
Graf Dietrich von Kleve verschenkt Eigentum sano et matnro consilio fidelinm nostrorum; . . .
nomina autem fidelium nostrorum . . hec sunt: B. decanus Xantensis; C. canonicus de
Wischele, I. de Husdenne, I. burggravius de Clivo, B. Strunckede dapifer, H. de Gladebach
pincema, R. de Sulen, Th. de Vunderin, Ph. de Humphe, R. Zobbo.
*) Vgl. WRommersheim 1298 § 24: vorter haet der scheffen gewist, aef eman gnet
ligen het in der apdien van Pnune, dat neit anger noch zinsen engeve noch vronedage, dat
sal man van eime apt und sime goitzhusse zo lehen halden.
[JBQtwiddong der Landesgewalt — 1268 —
minder durch das Einströmen von Überresten der Reichsgewalt in die terri-
toriale Entwicklung gespeist ward. Diese Überreste aber waren sehr ver-
schiedener Natur und konnten auf sehr verschiedenem Wege auf die Landes-
gewalt übergegangen sein.
Fassen wir zunächst den letzten Punkt ins Auge, so ging der Erwerb
von Beichsrechten zu Gunsten späterer Landesgewalt wohl in den meisten
Fällen durch Usurpation vor sich. In dieser Hinsicht wurde z. B. das alte
Amt des Grafen nicht mehr nach Amtsweise, sondern nach Lehnsweise ange-
sehen, und als Lehen wurde es erblich ^. Dem Grafschaftslehen aber ordneten
sich wieder die Hunnenlehen, hier und da wohl schon seit karolingischer Zeit,
unter '. Nicht minder häufig, nur in etwas späterer Zeit, wurde Reichsgeriehts-
barkeit auf vogteilichem Wege usurpiert, indem der werdende Landesherr an
Orten mit noch nicht geordneter Gerichtsverfassung, besonders in erwachsenden
Städten, als allgemeiner Vogt angesehen und seiner Yogtgewalt Gerichtsbarkeit
inhärent gedacht wurde '. Und wie die Könige das Lehnsverhältnis des Hunnen
zur Grafechaft, des Grafen zum Reich anerkannten, so blieb ihnen auch im
Falle vogteilicher Usurpation von Gerichtsbarkeit schliefsUch nichts anderes
übrig als zuzustimmen^.
Eine andere Erwerbsart fllr Reichsgewalt war in der königlichen Privi-
legierung gegeben, d. h. in der Exemtion vom Einfluis gewisser Reichsrechte.
Eine solche Privilegierung hatte bei den Eximierten naturgemäfs die Entwick-
lung positive Gewaltbefugnisse im Sinne der erlassenen Verpflichtungai zur
Folge. Der bedeutendste hierher gehörige Fall ist der der Immunität : aus
ihr heraus entwickelte der Immunitätsherr ohne weiteres eine Gerichtsbarkeit
im Sinne der Grafschaitsverfassung des Reiches. Weiter sind hierher diejenigen
Befreiungen von finanziellen Leistungen zu ziehen, bei welchen dem Befreiten
die Erhebung' dieser Leistungen zu seinen Gunsten zufiel.
Eine dritte, namentlich in späterer Zeit häufige Erwerbsart für Reichs-
gewalt ergab sich aus der einfachen Ühertragimg von Reichsrechten seitens
des Königs im Sinne von Privatrechten*. So wurden namentlich alle nutzbaren
Rechte verliehen, Märkte, Zölle, kurz alle Regalien, aber auch die Gerichts-
barkeit. Natürlich waren derartig verliehene Rechte am allerwenigsten an die
>) S. oben S. 200.
ä) S. oben S. 200 Note 1.
3) S. oben S. 1136.
*) Ein Reichsspruch von 1218, welchen ich wie Berchtold S. 96 verstehe, giebt die
Gerichtsbarkeit in den Marktorten dem betr. Marktherren mit Ausnahme der Exekution in
Kriminalfällen. S. femer CRM. 3, 60, 1314: König Ludwig bestätigt dem Erzbischof Balduin
die Immunität der Städte Saarburg, Welschbillig, Bemkastel, Mayen und Montabaur nach Art
der königlichen St&dte (so schon Rudolf CRM. 2, 338, 1291).
'^) Beispielsweise s. CRM. 3, 62, 1314: K. Ludwig bestätigt Balduin die Verpfändung
von Boppard und Oberwesel und fügt derselben wegen weiterer 22000 nu'. hl. das Galgen-
ficheider Gericht, die Zölle und das MQnzrecht daselbst hinzu.
— 1269 — Bildung des Territorioms.]
Person gebunden, welcher sie ursprünglich vom König übertragen worden waren ;
sie wurden allgemein Gegenstand vermögensrechtlichen Verkehrs, und so wurde
es denn im Verlaufe der deutschen Kaiserzeit sehr bald möglich, fast alle Arten
staatlicher Gewalt auf dem Wege privaten Erwerbes überhaupt zu erlangen^.
Innerhalb der an sich unteilbaren Reichsgewalt aber lassen sich mit Rück-
sicht auf ihre spätere territoriale Zersplitterung am besten drei Seiten unter-
scheiden, die Heeresgewalt, die Gerichtsgewalt und die finanziell-administrative,
sowie die mit dieser verbundene polizeiliche Gewalt*. Die hervorragendste
unter ihnen ist in der Bildungszeit der Territorien bei weitem die Gerichts-
gewalt', denn die Heeresgewalt war schon im Verfall, während die admini-
strativen und polizeilichen Befugnisse erst im Beginn ihrer Entwicklung standen :
die Gerichtsgewalt kann daher recht eigentlich als der Kern jener staatlichen
Rechte bezeichnet werden, welche vom Reiche an die Territorien übergingen.
Was zunächst die Heeresgewalt^ angeht, so hatte sie gegenüber dem Ver-
fall der alten gemeinen Dienstpflicht nicht mehr viel zu besagen. Soweit aber
die allgemeine Heeresfolge noch bestand, ging sie nicht vom Reiche direkt,
sondern vielmehr durch das Medium der Immunitätsherrschaften und -vogteien
wie der selbständigen Grafschaften an das Territorium über^. Direkt von-
1) Für spätere Zeit s. das Regest CRM. 4, 842, 1476: die BrOder Johann und Friedrich,
Herren zu Pirmont und zu Ehrenberg, verkaufiBn an Erzbischof Johann ihre Hochgerichts-
und andere Rechte zu Lutzerath, Strozbusch, Bertrich, Driesch, Kenfus, Kliding, Urschmitt,
Beuren, SAldegund, Bremm, Eller, Ediger und Geyenich. Ausgenommen von solchem Erwerb
sollten nach der Sententia de non alienandis principatibus vom J. 1216 und deren Vorläufern
(s. Ficker, Keichsfürstenstand S. 292 f.) zu landesherrlicher Gewalt erwachsene und demgemäfs
auf ein Territorium bezogene Komplexe ehemaliger Reichsgewalt sein. Doch wurde dieser
Grundsatz durch c 10 der Goldenen Bulle wenigstens für die Kurfürsten wieder schwankend;
und in späterer Zeit kehrte man sich jedenfalls im Mosellande nicht mehr an ihn. SMazimin
fällt 1570 definitiv unter Trier, Prüm 1575 bezw. 1579. Freilich leisten beide Abteien der
Inkorporation noch lange Widerstand.
') Alle diese Teilgewalten finden sich in den späteren Territorien wieder, wie die
folgenden Noten darthun. Man vgl. auch den ersten kaiserlichen Belehnungsbrief («kr Trier
vom J. 1309 bei Honth. Hist 2, 603, 1809: (Imperator Baldewino) regalia feoda principatus
pontificalis, quem obtinet, . . concessimus et ipsum archiepiscopum investivimus de eisdem,
administrationem temporalium et iurisdictionem plenariam prindpatus eiusdem ecclesie (ei) . .
committentes. Femer wird bei versetzten Ämtern 1599 vorbehalten die landfürstliche Obrig-
keit, als folg, reis, appellation und religion; Honth. Hist 8, 194. Im einzelnen s. noch
WBeltheim 1877, G. 2, 204 f.; 1482, a. a. 0. 208; WMünstermaifeld 1872 und ebenso W. von
1417, G. 2, 458; Würbach 1480, G. 1, 627; WWeiher bei SGoarshausen 1548. — Über
die Fridericianischen Privilegien mit besonderer Rücksicht auf Trier s. Honth. Hist 1,
688—634.
') In dieser Hinsicht führt Waitz, Vfg. 8, 98, durchaus zutreffend aus, daTs die Ge-
richtsgewalt namentlich im 10. bis 12. Jh. als Mittelpunkt aller staatlichen Gewalt betrachtet
werden mufs; ihr Besitz wurde die Grundlage für eine nicht blofs obrigkeitliche, sondern
herrschaftliche Stellung.
*) Vgl. oben S. 1120.
[Entwicklung der LamJe&gewull, — 1270 —
seilen des Reiclies erhielten die Landesheiren aus der Heeresgewalt alter Zeit
wohl nur das königliche Quartieriialuiierecht eiugcrätunt ; für Trier speziell
erfolgt die Zuweisuog nach längeren selbständigen Versuchen der Landesherren
im J. 1376'. Aber auch die Lehnskriegsverfassui^ , wie sie nach dem Ver-
lust der allgemeinen Dienstpflicht im Reiche entwickelt wurde, blieb von den
Landesgewalten nicht ungestört, schon am Schlüsse des 12. Jhs. erscheint sie
zu Gunsten der Territorien unterbunden^. Wenn aber seitdem eine gröfsere
AuflöBimg und Aneignung derselben durch die Territorien nicht stattfindet,
so wird das weniger dem Mangel an fürstlicher Initiative, als dem kläglichen
Zustande dieser Verfassung selbst zuzuschreiben sein. Schon längst stand die
Lehnskriegsverfassung nicht mehr im Vordergrund der militärisclieu Bestre-
Imngen; bei dem Mangel einer kräftig organisierten Offensive war man in der
Stauferzeit zu nachdrücklicher Betonung der Defensive übei-gegangen ; der
Bui^enbau nahm bisher nicht ^leahnte Dimensionen an. Auf dies(>m Gebiete
vor allem suchen sich daher die gleichzeitig in Entwicklui^ begriffenen Terri-
torien in den Besitz der Reichskri^regewalt zu setzen. Uraprünglich hatte der
König das Recht alleinigen Burgenbaues ' ; dieses Recht muTste gebrochen werden.
So b^innen die erwachsenden Landesgcwalten denn, sehen wir von angeblichen
imraunitätfiherrliclien Burgbaurechten älterer Zeit ab * , etwa seit Schlufs des
12. Jhs., vennutlich auf lehnsrechtlichem Boden fuTsend ^, ihre ausschliefsliche
Berechtigung zur Anlegung von Burgen iimerhalb ihres territorialen Bezirkes
zu betonen*; und seit dem J. 1220 prägen sie ihre Usurpation in immer
') S. Bd. 3, 220 No. 1, dazu Bd. 2, 251; und Hontb. Hist. 2, 746, 1376: quoties
HrchiepiHCopuB IVeiireuaia pro imperatoriB . . imperü aut ecclesiae suae negotiis in expeditione
fu<?rit, in quemlibet locum ipse seu eias capitanei et marscalci cum comitiva sua diverterint,
victiialm hospitia et alia necessaria sicut ipsc imperator et Imperium possint licite et libcre recipere.
*) Die Constitutio ic expeditione Romona (entstanden um 1190) ist nichts anderes, aia
eine wesentlicli im fiirstlicbcn Interesse abgefafete Festsetzung der Kriegsdienstpflichten der
Vasallen und MinJBterialen eines Territoriunis. So niit Becht Spannagel S. 68.
') Waita, Vfg. 8, 203.
*) S, ol>en S. 1030 Note 3, 1072. Zum vogleilicLen Bui'genbau a. oben S. 1071 f.
"1 Die Belehnten dürfen ohne Zustimmung des Lehnsherrn keine Bui^ bauen, MR.
ÜB. 2, 104, 1190. S. auch aus spaterer Zeit 'Abschr. U Jhs., Trier Sudtbibl. Bald.
Kesselst. S. 211, 1880 Aug. 10: Wir Arnold lierre von Blankinbeim dftn kunt allen luden,
daz wir unser gät zä Pisport zfl Boveris und i& sente Michaele und waz darzö gehöret, von
deme hochwerdigeo in gode vadere und berren unserm hcrren hem Baldewine erzebiscofe lä
Triere zä andern unsem lenen, die wir von ieme und sime vorgenanten stiefte han, i3
rechteine lene han entfangen, und geloben vor uns unser erben und nabkomen, daz wir uf
deit gflt dkeine nunimer burchlichen bft bcgrifen noch bßwon solen, ane also viele, daz wir
den tom, den wir ban zä Pisport, mögen in alsolichen bäwe Lalden, als er bizher gewest ist,
und den nit fester zä machene.
') Als vorbereitend läfst sidi schon ansehen MB. ÜB. 1, 598, 1157: König Friedrich I.
bestätigt Trier oninia . . castra, omnes villas et possessiones ad tiuim episcopium pertinentes.
Zur Sache seibat vgl. G. Trev. Cont. 4 Add. 2. MGSS. 24, 393: Erzbischof Johann
[1190—1212] vinim nobilem de Kovema pro eo, quod extra castrum suum aliud de novo
— 1271 — BUdimg des Territoriums.]
präziseren Reichssprüchen und Privilegien zu wirklidiem Beichsrechte um*.
Seit dieser Zeit bis tief ins 14. Jh. hinein unterliegt dann nur noch die An-
lage neuer Städte königlicher Genehmigung ' ; das Hecht des einfachen Burgen-
baues dagegen gilt durchaus als landesherrlich'. Und so gestatten die nun-
mehr fest abgeschlossenen Landesgewalten fremden Burgenbau innerhalb des
Territorimns meist nur unter dem Versprechen der Lehnsauftragung zum
exstruxerat, cepit et accepto in proprietatem Castro dimisit eum et castrum dimisit ei (vgl.
MR. ÜB. 2 S. 823). G. Trev. Cont 4 Add. 2, MG8S. 24, 892, um 1204: Erzbischof Johann
destruxit castrum, quod comes de Castris interim constnixerat in Berincastel. post paucos
annos comes Viandensis castrum edificare cepit non longo a civitate in Quintinberch iuxta
fontem Milonis; Johann zerstört es. Zur ersten Nachricht s. MR. ÜB. 2, 189, 1199—1200:
in der Bemkastler Vogtei soll weder der Vogt (Graf von Blieskastel) noch der Inhaber der
Grafenrechte (Erzbischof) Burgen bauen, nach gegenseitiger Vereinbarung.
') Vgl. die Confoederat 1220 § 9: nuUa edificia, castra videlicet seu civitates, infundis
ecclesianun vel occasione advocatie vel alio quoquam pretextu construantur; et si qua forte
sunt constructa contra voluntatem eorum, quibus fundi attinent, diruantur regia potestate.
i'ber vorbereitende Schritte seit etwa 1180 s. Berchtold, Landeshoheit S. 144, auch
V. Maiu-er, Einl. S. 88, und aus unserer Gegend Remling, Speier. ürkb. 1, Xo. 124, 1206:
K. Philipp verbietet den Ausbau einer Burg bei Kreuznach, quia castrum illnd fidt ^dificatum
in bonis Spirensis ecclesi^. Wer es gebaut hat, wird nicht gesagt Aus späterer Zeit s. die
Keichssprüche von 1231, MGLL. 2, 288; von 1282, a. a. 0. 291; von 1279, a. a. 0. 1279;
von 1294, a. a. 0. 461 § 2. Speziell für Trier vgl. aufserdem Honth. ffist 2, 121, 1832,
Urkunde K. Ludwigs: inhibemus et iniungimus universis et singulis . . ne quisquam aliqua
fortalitia munitiones aut castra infra leucam unam a locis iurisdictionis aut districtus archi-
episcopi et ecclesie Trevirensis, quam prerogativa venerande senectutis merito precellentem
pre ceteris decemimus huiusmodi privilegio decorari, sine expresso consensu suo erigere
collocare vel facere valeat seu audeat in futurum. Erweitert Honth. Hist 2, 168 — 169, 1847,
Urkimde Karls IV: inhibemus, ne quisquam aliqua fortalitia castra vel oppida in fundo
Trevirensis ecclesie vel aliarum ecclesiarum seu monasteriorum Trevirensis civitatis et dioecesis
vel in ipsius ecclesie Trevirensis iurisdictionibus aut districtibus, etiam ratione alicuius pro-
prietatis allodii aut feodi advocatie seu aliquo quoquam pretextu, vel infra unam leucam a
locis iurisdictionis aut districtus pretacte ecclesie Trevirensis . . sine expresso consensu suo
erigere collocare construere vel facere valeat seu audeat in futurum, et id ipsum nobis et
nostris successoribus esse volumus interdictimi volentes, ut si quisquam in hoc contraire pre-
sumpserit, ut ultra penas infrascriptas per archiepiscopum et ecclesiam predictos suosque
fuutores sine iuris iniuria impugnari et edificium dirimi valeat et repelli. S. auch noch die
Privilegien von 1354 und 1876, Honth. Hist 2, S. 3.
«) Vgl. Boehmer, Reg. imp. No. 802-4, 1310; für Trier spezieU Bd. 8 No. 108, 1821,
und — trotz des in vorhergehender Note angef. Privilegs von 1847 — Honth. Hist. 2,
204, 1357.
^) *Bald. Kesselst S. 480, Beschwerdepunkte Balduins gegen die Stadt Trier, 1851,
§ 27: item sal nieman keinen burglichen bä han oder machen in unserm lande ane unsem
willen, si enniren von uns, daz an vil enden gebrochen ist von etzlichen bürgern von Triere.
Die Gräfin Loretta von Sponheim fangt den Erzbischof Balduin, weil dieser innerhalb seiner
Diözese, aber auf dem Sponheimschen Gebiete Birkenfeld einen burglichen Bau begonnen;
s. Dominicus S. 243.
[Entwicklung der Landesgewalt, — 1272 —
OfFenliaus ' und nehineu schliefslich auch die sonstige t^ndesbefestiguiig völlig
in ihre Hand^.
Zu noch weitergehenden Konsequenzen führte die AufBaugung der Ge-
richtsgewalt des Reiches durch die Territorien. Die Gerichtsgewalt des Reiches
fand ureprünglich ihren doppelten Ausdruck in der Gerichtsbarkeit des Königs,
und in der Gerichtsbarkeit der Hunnen und der Grafen: einer Gerichts-
barkeit, welche, ursprünglich niclit virtuell verschieden, in der Karolingerzeit
getrennt, Bpäter wiederum völlig identisch in die Hochgerichtspraxis des eigent-
lichen Mittelalters verlief*. Dazu kani dann in der zweiten Hälfte des Mittel-
alters noch ein dritter nicht völlig legitimer Ausdruck der Reichsgeriohtsgewalt
in der Vehme.
Alle diese verschiedenen Existenzformen der Reich^ericht^'ewalt muTste
nun das Territorium entweder in sich aufzunehmen oder völlig von sich aus-
zustofsen suchen. Ausschliefslich der letztere Weg wurde gegentiber der Vehme
betreten; siwziell für Trier werden die Funktionen der Vebnigerichte im J. 1458
aiifgehoben *. Der ausschlieJsliche Weg der Aufnalniie dagegen ward für die
Hunnen- und Giufengerichtsbarkeit eüageschlagen , während ftlr die königliche
Gerichtsbarkeit die Mittel der Aufnahme und des Ausschlusses in gleicher Weise
zur Anwendung gelangten.
Am einfachsten verlief demgtmäfs, abgesehen von der Vehnie, die Ent-
wicklung auf dem Gebiete der llunni»!)- und Gnifm^rericlitsbarkpit : hier ge-
langten die Landesherren nach dem ersten Übet^ang voller Gra&chaften an
einzelne Stifter unter Otto HI.* durch Reichsspruch vom J. 1232 in den aus-
sehlielslichen Besitz der Cent- und damit auch der Grafengerichtsbarkeit inner-
') MR. ÜB. 3, 1335, 1256: LuJwig Walpoil von der Xeuerburg und Ernst von Vime-
burg treten ein Stück Land am Holzbnch bei Piiderb»cli .in den Kölner Ei'zbiscliof ali.
Dieser gestattet Ihnen auf demselben die AnInge der Burg lieichenslein und giebt ibnen die-
selbe zu Leben, S. ferner Bd. 8 No. 93, 1316; die eigentümliche Urkunde Xo. 111, 1325;
•Bald. Kesselst. S. 233, 1335; Honth. Ilist. 2, 152, 1342; auch "Or. Koblenz St. A. Prüm
Rep. No. 62a, 1343 Juni 24.
=) S. dazu aufser Bd. 3 No. 253, 1471, WDietz 1424 g 1 : so wo lüde in der grafscbatt
von Dielze graben ufwerfen schlege setzen oder zunen , ohn der bem oder irer amptlnde
willen und wissen, die haint verbrochen die höchste wette, als dicke und viel als sie das
tbunt, und als manch persoue da ist. Ferner g 2: so wer in der grafsehaft [D.] erbliche
buwe machet und erbliche Strassen verbuwet, des sollen die herm der grafsehaft wem mit
gewapneler hant mit mannen und mit biu^manuen, mit scbilde und mit schwert und mit
Einer [I] macht. WUrbach 1480,6.1,630: nur der Graf von Wied darf in der Grafschaft Vesten
bauen und Wasser dämmen, aufser zur Bewässerung, wozu es auch andere können.
^) S. z. B. »Bald. Kesselst S. 640, 1337: Johan von Wizkirche verkauft alle mine
hogerichte, daz man nennet die hunrie um, Grimburg gelegen , an das Erzstift für 150 Ib.
Turonenses. S. auch oben S. 209, 211; vgl. dazu Waitz, Vfg. 8, 47 f.
*) Honth. Hist 2, 432, 1458; s. auch die unten im Anhang abgedruckte Urkunde.
") Wailz, Vfe. 7, 255 f., s. auch a. a. 0. S. 259.
— . 1273 — Bildung des Territoriums.]
halb ihrer Territorien ^ Freilich blieben trotz dieses Reichsspruches in Heim-
gereden und freien Hochgerichten noch lange Reste der alten freien Reichs-
gerichtsbarkeit erhalten, aber sie bildeten doch nur noch spärliche Ausnahmen
und unterlagen allmählich den (in Trier seit Mitte des 14. Jhs.) gegen sie ge-
richteten Angriffen^.
Weniger sicher und rasch vollzog sich die Auseinandersetzung der Landes-
gewalt mit der personalen Gerichtsbarkeit des Reichsoberhauptes. Die ersten
grofsen Vorteile, welche hier mit Beginn des 13. Jhs. errungen wurden, kamen
nur den geistlichen Fürsten zu gute. Der erste derselben betraf die Voll-
streckungsgewalt des Königs: der geistliche Bann sollte nach gewisser Dauer
die Reichsacht nach sich ziehen •. Der zweite ergab sich mit der Konföderation
vom J. 1220: es wurden Beschränkungen der bei Anwesenheit des Königs mit
der landesfürstlichen Rechtssprechung konkurrierenden königlichen Jurisdiktion
durchgesetzt*. Diesen Vorteilen folgte dann für Trier erst im 14. Jh. — zu-
erst im J. 1314 — das Privilegium de non evocando ^ und noch später das
Privilegium de non appellando. Beide waren zudem keineswegs sofort völlig
wirksam. Das Privilegium de non evocando erscheint, obwohl durch die Goldene
Bulle sattsam bekräftigt, doch schon 1362 und 1364 wieder angezweifelt und
durchlöchert*, und im 15. Jh. wurde es dann so vernachlässigt, dafs es Kur-
1) S. oben S. 190, 1187, MGSS. 2, 292, 1232: centamgravii recipiant centas a domino
terre vel ab eo, qui per dominum terre fuerit infeodatus. locum centc nemo mutabit nisi
consensu domini terre. ad centas nemo sinodalis vocetur. In Salzburg beruht die Landes-
hoheit auf dem Erwerb der Grafengerichtsbarkeit, Nachweis von £. Riditer; s. auch Schulte
in Österreich. Mitt 7, 181. Zur Bildung geistlicher Territorien im Sinne von Herzogtümern
auf Gnmd von Grafschaftsrechten vgl. Waitz, Vfg. 7, 166. Im übrigen s. auch Wam-
könig 1, 274 f.
2) S. oben S. 189 f., und Honth. Hist 2, 92, 1314; 94, 1314; 195, 1356.
^) S. dazu Berchtold S. 52 f., für Trier speziell nochmals CRM. 3, 60, 1314. Daneben
veraltete auch schon das Einholen des Blutbannes vom König, s. Berchtold, Landeshoh.
S. 161 ; Stobbe in Zs. f. d. Recht, Bd. 15, 90.
*) Berchtold S. 149 f.
^) CRM. 3, 61, 1314, König Ludwig für das Erzstift Trier: nobiles et vasallos castrenses
et ministeriales, cives, opidanos et quoscunque subditos ecclesiasticos et seculares suos et
ecclesie suc promittimus conservare per sacrum impcrium et tueri in libertatibus, bonis,
statutis et consuetudinibus suis hucusquc habitis per eos et usitatis, et quod nuilum ex
premissis ad iudicium curie nostre evocabimus nee evocari permittemus, quamdiu Treverensis
archiepiscopus paratus fuerit facere querelantibus de eis iustitie complementum, decementes
exnunc irritum et inane quicquid contra premissa vel aliquod premissorum ullo unquam
tempore fuerit attemptatum. So war schon auf Zeit von K. Heinrich VII. versprochen worden.
S. femer Goldene Bulle c. 11, Hamack, S. 223: ut nulli comites barones milites feudales
vasalli castrenses milites clientes cives burgenses, nulle quoquc pcrsone Coloniensi Magun-
tinensi et Treverensi ecclesiis subiecti vel subiecte . . extra territorium . . ad quodcunque
aliud tribunal . . vocari debeant Rechtszug aus dem Territorium ad imperialem coriam nur
bei Rechtsverweigerung.
«) S. Ferdinand S. 37, 81 f.
Lampreeht, Deatsche« Wirtschaftsleben .1. 81
[Entwicklung der Londesgewalt. — 1274 —
fOiBt Johann im J. 1562 geradezu wiedererwerbeu inulste. Er erhielt es aber
nur bis zur Höhe von 500 gl. Gold ; ganz und ohne Eiuschräukung wurde es
erst durch kaiserliches Privileg vom J. 1721 wedergewouneu '. Und auch das
Privilegium de non appeJlando fand vielfachen Widerstand. Im J. 1458 hatte
Kaiser Friedrich dem Erzbistum Trier die Gnade gethan, dafs hinfUhro alle
and iegliche des Stifts von Trier undertbanen, die dahe veiiiieinen, dafe sie
an den werentlichen gericht«n, die da an denselben stift von aigenscbaft zu-
gehören oder in dessell^n stifts hochgerichten (lelegen seint, beschwerdt sein
oder werden, sich an . . [den] erzbischof zu Trier ohne mittel berufen oder
appelliren, und sich da ihres rechtens erholen und bekommen mögen*. Gleich-
zeitig war das Trierer Hofeericht eingesetzt und mit demselben für den
Erzbischof die kaiserliche Bestimmung getaoffen worden, ob er, sein nach-
kommen und Stift von Trier mit einigen iren undertanen, in was Standes
wurden oder wösen die wären, icht zu tun hätten oder zu tun gewonnen, daß
«e dan dieselben ihre undertanen fflr sich und dasselb sein hofgericht heifchen
und forderen, und dan die saclien nach erkantnuß ihres richters, den sie ie
zu Zeiten darumb setzen werden, und ihre i-äte, die darumb zu recht sitzen,
anßtragen mögen, als redit, ungeverlich *. Aber «iPichwohl mufste der Era-
bischof im J. 1476 gegen eine Ladung des kaiserlichen Kaiiunergerichtes auf
unmittelbare Appellation aus einem Dorfgericht protestieren*.
Blieb so der Übei^ang der vollen personalen Gerichtsgewalt des Königs
auf den Landesherm während des Mittelaltere für immer ein frommer Wunsch
der Fllffiten, so gewannen sie um so mehr durch Erwerb und Ausbeutung der
administrativen Gewalten des Reiches,
Nun hatte freilich das Reich diese Gewalten nur sehr einseitig entwickelt.
Sehen wir von der für sich stehenden Administration des Fiskalgutes ab, inner-
halb welcher das Reich ja nur als eine besondere Art von Gnmdherrschaft
erscheint, so waren von ihm fast ausschliefslich diejenigen Verwaltuugszweige
auBgel>iIdet , in welclien es sicli um finanzielle, rezeptive Thätigkeit handelte;
eine präventive Thätigkeit, eine verwaltungsmäfsige Fürsonie für irgendwelche
Zwecke geistiger oder materieller Kultur hat dem Reiche völlig femgelegen.
Dementsprechend ist die Reichsvei-waltung, soweit sie eingehender ausgebildet
ist, in überwiegender Weise rinanz\'erwaltung -, die si»ärlichen Zweige polizei-
licher Thätigkeit lehnen sich durchaus an die Finanzverwaltuug an.
Und selbst die Finanzverwaltung wai" wieder in Zielen wie Mitteln sehr
begi-enzt. Die aus der Römerzeit stammenden, noch über die Merowingevzeit
hinaus beibehaltenen Reste einer wirklichen Steuerverwaltung waren mit dem
Erlöschen des Tributums zu Grabe getragen worden ; an Stelle der Steuerverwai-
■) S. Honth. Hisl. 3, 916.
') Honth. Hisl. 2, 433, 14-58.
") Honth. Hist. 2, 434, 1458.
') Goera, Regg. der Erzb. ziun 27. Febr. 147C.
— 1275 — Bildung des Territoriums.]
tung trat eine blofse Verwaltung von Regalien. Die Regalien aber bezogen
sich, abgesehen von einigen kleineren Einkünften in regalischem Sinne, wie dem
Fundrechte und dem Rechte herrenlosen Gutes*, auf den Grund und Boden
oder auf den Verkehr : in Bodenregal und Verkehrsregal erschöpfen sich mithin
neben den Domanialrevenüen im grofsen und ganzen die Wirtschaftseinkünfte des
deutschen frühmittelalterlichen Staates. Dabei umfafste das Bodenregal im
wesentlichen den Dem und den Medem, den Wildbann für Wald und Wasser,
die Bergwerke^, und wenn man will auch die Strafsen, das Verkehrsregal
dagegen bezog sich auf Zoll und Geleit, Markt und Münze, sowie auf den
Judenschutz.
Alle diese Teilregalien versuchten nun die Landesherren in ihre Gewalt
zu bekommen; mit ihnen mufste ihnen zugleich die Verwaltungshoheit des
Reiches und damit die Möglichkeit einer viel intensiveren Ausnutzung generell
erworbener Verwaltungsbefugnisse zufallen.
Am zeitigsten ging das Bodenregal in seinen verschiedenen Bestandteilen
an die Landesherren über®, solange sich auch noch hier und da Spuren der
alten königlichen Rechte hielten*. Dem und Medem wurden fast überall
schon in frühester Kaiserzeit dem Reich entfremdet ; ihre definitive Übertragung
an die Landesgewalten erfolgte am Schlüsse des 13. Jhs.^. Auch der Wild-
bann fiel den späteren Landesherren bereits in der ersten Hälfte des Mittel-
alters zu; seit Mitte des 14. Jhs. ward er schon zum freien Besitz der Bann-
wälder und Bannwässer erweitert®.
Und das Verkehrsregal folgte dem Bodenregal. Die Zölle und das sich
an dieselben anschliefsende Geleit wurden schon in der Fridericianischen Ge-
setzgebung der ersten Hälfte des 13. Jhs. weithin landesherrlich; spätere
Privilegien um die Wende des 13. und 14. Jhs. ergänzten dann die noch
fehlenden Freiheiten'. Ähnlich erging es mit Markt imd Mtlnze, deren Ent-
wicklung man bei der engen Zusammengehörigkeit beider kurz am besten am
Münzrecht verfolgen kann. Hier entfaltet sich in rascher Folge aus Münz-
*) S. Waitz, Vfg. 8, 247, 275 ; Schwab. Landr. Lafsb. c. 197, 1. Zum Übergang dieser
Rechte auf die Landesherren s. WWincheringen 1494 § 15, cit. oben S. 629 Note 5; vgl.
auch WTholey 1527 § 11; WBerburg 16 Jh. § 27.
2) Wenigstens wird man die Bergwerke in dem oben gewählten System dem Boden-
regal zuteilen könneh. Zur Berghoheit im Moselland s. Bd. 2, 889 f., auch WMeddesheim 1514
§ 15: heimlich fünde und berg^'erke wiesen sie den herm.
') S. darüber auch v. Maurer, Einl. S. 113.
*) S. MR. ÜB. 1, 532, 1144, K. Konrad 111. bestätigt den Springirsbacher Besitz: nee
liceat alicuius conditionis persona in villis vel locis, ubi possessiones habuerint, introitus vel
exitus eis interdicere, non aquam vel silvam communem vel pascua sive publicum rerum usum
uUatcnus prohibere. Vgl. femer Honth. Hist 2, 204, 1357, cit. Bd. 2, 238 Note 1.
^) S. oben S. 395.
ö) S. oben S. 464, 475 f.
') S. Bd. 2, 275 ff., auch Waitz, Vfg. 8, 282 f.
81*
[Eiitwickluiig Jer LnndesgewaJt. — 1276 —
privilepuiii Münzrecht zu eignem Schrot um] Korn, aus Münzrecht tenitoriaJes
Älünznionopol, aus tenitorialem Münzin onopol landesherrliches Münzrogal: mit
dem Beginn des 14. Jhs. schon stehen wir am Schlüsse der Entwicklung'.
Am spätesten endlich fällt das Judenrecht an die Territorien; hier bedurfte es
der grausamen Erfahrungen in den Judenhetzen am Schlüsse der ersten Hälfte
des 14. Jhs., ehe die Eeichsgewalt wenigstens in unseren Gegenden den Schutz
des verhafsten Volkes völlig und in Form eines Privilegiums in die Hand der
Territorialgewalt legte*.
So könnte man denn glauben, mit etwa Mitte des 14. Jhs. seien die neuen
Landesgewalten allseitig und definitiv in den Besitz der Vei-waltungshohc-it des
Reiches gelangt. Diese Vermutung liegt um so näher, als die Goldene Bulle
in der That wenigstens den Kurfürsten alle wichtigen Regalien zuweist.
Gleicliwohl ist diese Anschauung unrichtig. Das Reich hatte auch auf dem
begrenzten Gebiete der Regalien seine Verwaltungshoheit nie bis in die untersten
Volksschichten wirksam ausgestaltet; nur an den wichtigsten Punkten, wo es
keiner Ausbildung eines weithin verzweigten lokalen Beamtentums bedurft«,
war es zur Ausbeutung seiner Regalien administrativ thötig geworden. So
konnten sich denn die unteren lokalen Bildimgen autonomer Art, Markgenossen-
schaften, Gnindhen-schaften , Städte, von vornherein an die Ausbeutung der-
jenigen regalischen Vorteile wagen, zu welchen das Reich mit seiner ober-
flachlichen Verwaltung nicht hinabreichte. Dementsprechend usurpiei-te man
Überall und massenhaft schon seit dem 10. Jh. den Dem und den Medem
des Bodenregals^, forstete seit Beginn des 11. Jhs. Wald und Wasser ein*,
legte Wegegelder und Grundzölle an °, bildete ein besonderes nieilei'es Markt-
recht aus*, ja entwickelte — was d&£ Reich nie vermocht hatte — eine volle
eigene Besteuerung in Fronden und Ungeld. Und da die ft'eien Markgenossen-
schaften allmählich unter der Einwirkung der Gmnd- bzw. Markherrlichkeit
unmündig wurden und verkümmerten, so befanden sich am Schlüsse der
Stauferzeit vor allem Städte und Grundherrschaften weithin in Besitz und
Verwaltung niederer regalischer Rechte.
Dies war der Zustand, welchen die Landesherren vorfanden, als sie sieh
allmählich durch generelle Verleihung von obenher in den absoluten Besitz
territorialer Regalienhoheit gesetzt hatten. Natürlich mufsten sie diese absolute
Hoheit nunmehr gegenüber den landsässigen Grundherrschaften imd Städten —
■) S. Bd. 2, S52 ff.
=) S. Honth. Hist. 2, S. 8, 1356; vgl. auch Dominicus S. 492—8, dazu a. a. 0.
S. 497 Note 3. Doch reifst schon Erzbiächof Heinrich {1260 — 86) den Judenschutz an sich,
G. Trev. c. 185; s. auch 'Bald. Kesselst. S. 209, 1829; Bd. 3. 169, § 5, 1338.
') S. ohen S. 106.
*) S. oben S. 110.
s) S. Bd. 2, 271.
3) S. Bd. 2, 262, auch 257.
— 1277 — Bildung des Territoriums.]
abgesehen etwa von ihrer eigenen Grundherrschaft — zu wirkungsvoller An-
wendung bringen: mit dieser Notwendigkeit begann ein Kampf, welcher das
ganze spätere Mittelalter füllt, ja über dasselbe hinausreicht, und deshalb von
uns hier nicht genauer zu verfolgen ist^ Übrigens wurden doch nicht alle
Regalien in diesen Hader autonomer und landesherrlicher Interessen hinein-
gezogen. Auch die viel konzentriertere landesherrliche Administrationsgewalt
vermochte auf langehin noch nicht in die tie£sten Kreise regelnd einzudringen
und wieder zu erwerben, was die Oberflächlichkeit der alten Reichsverwaltung
verloren hatte. Und so blieben denn in besonders starkem Mafs lokal ver-
teilte und namentlich in Realrechten niedergeschlagene Regalien nach wie vor
in privatem Besitz, so das Bodenregal im Dem, im Modem und teilweise auch
im Wildbann ^ , femer das Regelungsrecht des Gemäfses ^ u. a. m.
Auch suchte die landesherrliche Gewalt ihre Haupterfolge keineswegs in
der absoluten Revindikation alles dessen, was ursprünglich einmal Regal ge-
wesen war: ein solches Bestreben hätte von vornherein an dem Widei-stand
scheitern müssen, welcher jedem durch jahrhundertelange Unordnung ge-
schaffenen Zustande an sich innewohnt. Viel wichtiger war es für die Landes-
herren, aus der Administration der Regalien heraus, zunächst zur Sicherung
einer prompten Verwaltung dieser selbst, dann aber auch für weitere Ziele,
eine reiche Fülle jener polizeilichen und präventiven Gewalt zu entwickeln,
zu deren Entfaltung das Reich stets nur in geringem Mafse gelangt war. So
konnte man von der Administration des Marktes aus allmählich eine volle
Kontrolle für die Weiterbildung des Stadtrechtes, speziell des Genossenschafls-
und des Verwaltungsrechtes, gewinnen; so liefs sich die Verwaltung der Zölle
zur Ausbildung des Geleitsrechtes, die Wahrung des Geleitsrechtes zur Ein-
richtung einer Landespolizei erweitem *. Schwierigkeiten standen einer solchen
Entwicklung nur da im Wege, wo das Reich schon aus seiner Verwaltung
heraus zum Gedanken umfassenderer polizeilicher Befugnisse gelangt war,
diese Befugnisse aber nicht mit den Realien, von welchen sie ausgingen, an
die Landesgewalt übertragen hatte. Der Fall kommt, soviel ich sehe, in
unserer Gegend nur für 6in Regal vor, für das Marktregal. Auf seiner Basis
hatte allerdings schon das Reich eine Oberaufsicht über die städtische Ent-
wicklung begründet, und dies Oberaufeichtsrecht ging erst im J. 1346, ge-
^) Zum Verständnis vgl. man Bd. 2, 276. Noch in den sechziger Jahren des 14. Jhs.
wird dem Erzbischof das Recht landesherrlichen Acciseverf&gungsrechtes von den Koblenzern
bestritten, Ferdinand S. 37 ; vgl. dazu Ferdinand S. 95, 1365 : die Stadt Trier erklärt, der Erz-
bischof Kuno habe ihr erlaubt, das Wegegeld weiter zu erheben bis auf Widerruf des Erz-
bischofs oder seiner Nachfolger.
>) S. dazu oben S. 392 f.
8) Doch vgl. Scotti, Chur-Trier 1, 272, 1527; Cod. Sahn. No. 887, 1589, Weisung für
die Grafschaft Salm: die ünterthanen sollen in nafs und trocken landesherrliches Gremäfs
haben. Auch in Österreich soU nach LR. § 47 ^in Mais und Gewicht gelten, Hasenöhrl S. 54.
«) S. Bd. 2, 290, dazu Cart. Clairefontaine 48, 1270; und Honth. Hist 8, 51, 1577.
(Entwicklung der Lundesgewalt. — 1278 —
sondeit vom Marktrecht, an das KuifUrstentum Trier über'. Im übrigen
aber war das Kurfilrsteutum von Reichs wegen unbehindert wie in der Aus-
beutiuig der Regalien , so in der Erbiviterung der auf dieselben begrllndeten
polizeiliclien Hoheitsi-echte, Mit diesen Gewalten aber wie mit der Überweisung
von Heeresgewalt und Gerichtsgewalt hatte das Reii-h in der That die Eck-
steine geliefert, auf welchen mit Hilfe von gmndherrlichem, vogteilichom und
lehnshen'lichem Baumaterial der neue Territorialstaat erstehen konnte.
Aber Trier war nicht nur Kurfürstentum, es war noch viel früher Erz-
stift. Sollte nicht auch diese kirchliche Eigenschaft die Begi-Undung der Laudes-
gewalt wesentlich gefördert haben, um so mehr da das Territorium im wesent-
lichen innerhalb der Diözesangrenze verlief* ? Vergegenwärtigen wir uns diese
Seite der Entwicklung, welche auch schon im Mittelalter in der klaren Gegen-
überstellung von ecclesia und auctoritas im Sinne kirchlicher und weltlicher
Gewalt, sowie von dux und pastor im Sinne weltlicher und kirchlicher Führung
zum Ausdruck gelangte*, innerhalb der Ökonomie unserer Untersuchungen
mit wenigen Bemerkungen, welche den reichen Stoff nur andeuten, nicht er-
schöpfen können.
Da ist vor allem zu beachten, dafs der bisehöflichen Gewalt im Gegen-
satz zur Staatsgewalt von jeher ein stark betonter administrativer Zug inne-
wohnte. Die merowingischen Bischöfe hatten die reichen Vei-waltungserfahrungen
der römischen Kultur in die h'Unkische Zeit hinübergerettet ; wesentlich auf Grund
eben dieser Thatsache waren ihre Kachfolger in karolingischer wie ottonischer Zeit
zu umfassendster Beschilftigung in die Staatsverwaltung einbezogen worden*.
Den landesherrlichen Bischöfen des 12. und der folgenden Jahrhunderte war
') Honth. Hist 2, ITO, 1346, Karl IV. fllr Trier: archiepiscopo ^uisquc saccessoribus
concedimus, ut ipsi in civitatibus oppidis et villis suis cominmiitatcs societates fraternitates-
itatuta pvecepta ordinationes concilia et reclores, quibuscunque censeantur nominibiis, absque
beneplacito archiepiecoporuin statulos vel statucndos ordinales vel ordinandos, quando et
quotienscimQue ipsis cxpedire visum fuerit, deponerc valeat et cassare. Docb rgl. dazu den
KeicbEBpnicii von 1218, Iluillard-Br^holles 1, 2,551—559: TreTironim archiepiscopus . . per
Gententiam indixit, nos [regem] nee posse nee debere in civitate . . principis BaEÜiensis dare
vel instituere consilium citra eiusdem episcopi assensrim et voluntatem at^iue siiorum in eodem
episeopatu successorum.
^) Bisweilen wurde auch die Diözese geradezu als territorium bezeicbnet, s. Otto
T. Freising I, 62; Bobardiam viUam regalem in territorio Tveveronun super Rhenum
positam. Später freilich halt man die Unterschiede besser auseinander.
') S. G. ep. Vird. con. c. 11, MGSS. 4, 49, c. 1038; MR. ÜB. 2, 189, 1199-1200.
') Vgl. beispielsweise Honth. Hist 1, 169, 817: Er/biscliof Hetti ab kaiserlicher Legat
an den Bischof Frothar von TuII de verbo imperatoris, ut solerti sagacitate provideas cum
sumina fcstinatione omnibus abbatibus abbatissis comitibus vasallis domjnicis vel cuncto poptdo
parochiae tuae, quibus eonvenit militiam regiae potestati exhibere, quatenns omnes praeparati
sint (zum Heereszug nach Italien). Aus ottonischer Zeit vgl. zur Vorqnickung geistlicher
und weltlicher Angelegenheiten G. ep. Camerac. 1, IS, 946: Otto 1. kommt nach Kamincrich
visitaturus quippe, quomodo dominus Fiübertus episcopus in relius aecclesiasticis se liaberet.
— 1279 — Bildung des Territoriums.]
deshalb eine Verwaltungsthätigkeit, wie sie die nun erwachsende Landesgewalt
erforderte, nicht neu; sie hatten ihre auf dem weiten Gebiete kirchlicher
Administration gewonnenen Erfahrungen nur den nun auf sie einstürmenden
analogen Bedüiihissen weltlicher Art anzupassen. Kein Zweifel, dals schon
mit der Thatsache dieser Vorbereitung auf kirchlichem Gebiete an sich ein
grofser Vorteil der geistlichen Landesherren gegenüber den weltlichen ge-
geben war.
Aufserdem aber wurden die geistlichen Fürsten auf weltlichem Gebiete
doch auch durch den thatsächlichen Gehalt jener Verwaltungshoheit unter-
stützt, welche ihnen auf kirchlichem Gebiete zustand.
Schon das allgemeine geistliche Oberaufsichtsrecht mufste hier von gröfster
Bedeutung sein ; liefs sich doch auf Grund desselben eine Kontrolle aller geist-
lichen Institute auch nach weltlicher Seite hin — d. h. aller geistlichen Grund-
herrschaften — ausübend Zudem aber lag hier ein der Möglichkeit seiner
Ausdehnung und Wirkung nach unbestinmites Recht vor, welches sich durch
kräftige Hände sehr wohl in ein völliges Abhängigkeits- und Treuverhältnis
der untergebenen geistlichen Institute ausarbeiten liefs ^.
Femer stand dem geistlichen Landesherren das ganze Gebiet geistlicher
Rechtssprechung zur Verfügung; und diese Rechtssprechung begann sich in
unserer Gegend eben seit Anfang des 13. Jhs. in einer besonderen Gerichts-
verfassung auszuprägen: es entstanden die Trierer Offizialate zu Trier fllr das
Trierer Oberstift, etwas später zu Koblenz für das Unterstift und zeitweilig
wohl auch zu Ivois für die Terra Gallicana®. Mit der Entwicklung einer
1) S. Lac. ÜB. 1, 50, 91, 931; 52, 93, 941; MR. ÜB. 1, Nachtr. 4, 1071.
^) Albero von Montreuil erreicht es, dafs alle Äbte in der Diözese ihm Treue schwören,
s. Brower 14, 44; 2 S. 44; Waitz Vfg. 7, 218.
^) Zu den Vorläufern der Ofüzialatsverfassung s. Beauchet, Origines de la Jurisdiction
ecclesiastique, Nouvelle revue hist de droit frangais et ^tranger 1883 Sept— Okt, dazu
Kevue hist 24, 198; vgl. auch Schulte, Strafsburger ÜB. Bd. 3, Einl. S. XVII f. Ziu-
Entwicklung des Trierer Ofßzialats vgl. Honth. Hist 1, 639; 2, 8, 331, 541, 549, sowie
unten Bd. 3 Namcnreg. unter Trier, Geistl. Verwaltung; an aUgemeinen Urkunden Honth.
Hist 2, 263, 1374; Blattau 1, 279, 1449; 2, 64, 1533; Honth. 3, 48, 1576. Im ein-
zeben s. für das Offizialat Trier MR. ÜB. 3, 77, 1217 : C. dei gratia cantor Trevirensis vices
domini archiepiscopi agens in hac parte entscheidet einen Streit über den Patronat der
Kirche zu Deudesfeld. Diesen Entscheid sub pena excommunicationis auctoritate domni
archiepiscopi precipimus observari. MK. ÜB. 3, 176, 1221: W. dei gratia maior decanus
officialis domini archiepiscopi totumque capitulum Treverense beurkunden Schenkung eines
Hauses etc. seitens eines Domherrn an einen Subdiakon und dessen Schwester. S. femer
MR. ÜB. 8, 278, 1226, gedr. oben S. 324 No. 1, und dann die entscheidende Urkunde MR.
ÜB. 3, 345, 1228. Aus späterer Zeit s. noch CRM. 2, 197, 1263: Entscheidung einer Klage
coram decano sancti Castoris in Confluentia ofQciale curie Treverensis, dazu G. Trev. c. 136:
lohannes decanus sancti Castoris in Confluentia, qui tunc erat officialis Trevirensis. Femer
wird Honth. Hist 1, 822, 1287 ein advocatus curiae Trevirensis genannt, und Honth. Hist
1, 825, 1292 ein notarius fidclis et iuratus curiae Trevirensis ab officiali dictae curiae specia-
litcr destinatus [ad negotium quoddam]. Ein späteres Statut betr. das Trierer Offizialat ist bei
[EntwiokluDg der Landesgewalt. — 1280 —
besonderen Gerichtsverfassung ei^ab sich zugleich eine sorgfältigere Zustäiidig-
keitsbegrenzung für die geistliche Kechtssprechiuig; in dieser Hinsicht ist es
flu- unseren Gegenstand besonders nichtig, dafs alle Streitigkeiten zwischen
kirchlichen Instituten und Laien , d. h. im wesentlichen zwischen weltlichen
und geistlichen GrundheiTen, immer ausschliefslicher schon seit Beginn des
12. Jhs. vor den geistlichen Richter gezogen wurden ', und dafs den Offizialaten
die Einzwingung kirchlicher Subsidien, wie sie häufig genug für Landeszwecke
verwendet wurden, mittelst Bannandrohung zugewiesen ward*. Damit aber
waren dem Landeslierren aufserhalb jeder Beeinflussung seitens des Reiches'
immerhin mächtige Mittel zur Äbschliefsung des Territoriums und der Landes-
gewalt an die Hand gegelieu.
Fast noch absoluter wie auf dem Gebiete geistlicher Oberaufsicht und
Rechtssprechung war der bischöfliche Fürst auf dem Gebiete kirchlicher Ver-
mflgensverwaltung. Das kia'hliche Vermögen der Diözesen war ursprünglich
ein einheitliches gewesen, es hatte nur der Verfügung der Bischöfe unter-
Scotti, Chiir-Trier 1, 296. 1533 gedruckt (a. dazu oben), ein 'Kntalog der Trierer Üfflzialen
eiwllirh von 1289—1578 befindet Bich in einer Ha. 18. Jlis. aus Hontheims Naclilars in etoem
Sammelbd. des Koblenzer SlA. — Zur EnUtehung des OfSzialate Koblenz s. MR. ÜB. 3,
972, 1244. zn seiner Wirksamkeit u. a. Bd. 3 Ko, IM, 1321 ; CRM. 3, 257, 1340. Ein
Advokat der Kotilenzer Kurie begegnet Honth. Hist. 1, 40, 1309, ein Eid des Koblenzer
Offizials steht Honth. Hiat. 2, 458, 1472. — Zum Offizialut Ivois s. Cart. Or\-aI 539, 1285: notia
moistres Jehajis de la Freteit, chanonoea de Ivois et offieisiis cn Boumance terre a rfivfirent
peire Henri, jmr la gracc de dien archivesijue de Trieves; daneben Cart. Orval
545, 12S9: DOus maistres Poncbars, dis de Sathauay, ofßciaue en Roniunche terre home
röv^rant monaignor Heiirit de Winslwiges, par la grace de deu archidiacre en l'^gtiae de
Trires. Zu den Archidiakonatsoftizialaten s. auch noch Cart. Orval 442, 1269: nos Nicholeg,
dolens de la crcstienteit de Givegni, et Jakes, vestis de t^cthenai et ofüeiuus ä bonie bono-
rable monaignour Tbirrit, par la grasse den grant priSvost de Trifives ei archidiake; Cart.
Orval 474, 1273: Jaques vestis de Sathenai et officiaiis monsignor Thierrit; Honth. Hist. 1,
822, 1237: ein oflicialis seu iudex venerabilis viri domini Henrici de Vinstingen. Vgl. dazu
Honth. HisL 1, 822 Note b.
') Honth. Hist. 1, 529, 1135, Urkunde Alberos von Trier: lunc enim pastor bene dicitur
vigilare et laborare, cuni non sohini caelestia verum etiam leniporalia alimenta ovibus suis
[den Klösiem] inii>eodit ac ministrat easque a niorsihus luporum protegit et sen'at. Deshalb
zieht er A'ogteistreitigkeiten zwischen dem Kloster Senones und dem Grafen von Salm vor
sich. Aus späterer Zeit "Cod. Himmerod. Bl. 63», und Honth. Hist. 1, 816, 1282: der Erz-
bischof will einen Streit zwischen Eobin von Kobem und SCastor-Koblenz entscheiden; iinde
ofBcialis Trevirensis de speciali mandato ipsius domini arcbiepiscopi quosdam testes super
iuribus partium recepit in forma iuris et diligenter examinavit et ipsoruni depositiones in
acriptis redigi fecit. Das Urteil wird an S Florin-Koblenz überlassen.
«} S. Honth. Hist. 2, 39, 1309, und Cod. dipl. Rommersd. 63, 1437: das Konzil zu
Basel beauftragt den Propst von SGeorg und den Dechunten von SAndreas zu Köln, die
Abtei Rommersdorf von der Exkommunikation, welche das Ofßzialat zu Koblenz wegen der
Weigenmg, die ausgeschriebenen Subsidiengelder zu zahlen, über dieselbe verhängt habe, zu
befreien und in dieser Angelegenheit endgültig zu entscheiden.
') Zur Beeinflussung seitens höherer kirchlicher Gewalten s. die vorhergehende Kote.
— 1281 — Bildung des Territoriums.]
standen. Diese Regelung der kirchlichen Frühzeit wirkte als Grundanschauung
noch aufserordeutlich lange nach, die ganze deutsche Eaiserzeit stand noch
unter ihrem wenn auch allmählich immer mehr verblassenden Eindruck ^ : so
dafs die bischöflichen Landesherren mit ihr sogar noch in die Bildungszeit der
Territorialgewalt eintraten. Ausgeschieden aus dieser Vorstellung waren in
früherer Zeit eigentlich nur die Reichsabteien ; für sie machte der König Eigen-
tumsrechte geltend. Allein auch hier drängte sich die allgemeine Ansicht vom
Charakter des Kirchenvermögens doch immer wieder auf: daher die frühen
territorialen bzw. diözesanen Einverleibungsversuche gegenüber den Reichs-
abteien ^ und späterhin die andauernde Einmischung in ihre Verwaltung* bis
zur schliefslich doch nicht vermiedenen Inkorporation*. Sehen wir aber von
^) Charakteristisch ist in dieser Hinsicht, dafs Kegino in seinen Caus. S}ii. über das
Verhältnis der Klöster zum Stifte nahezu keine Bestimmungen hat; das Klosten-ermögen galt
eben noch nicht als ausgeschieden. Dagegen bringt dann App. 2, 4, 5 S. 425 — ^26 ; 28 S. 440
einschlägige Bestimmungen. Im einzelnen s. Mir. s. Apri c. 20; Ennen, Qu. 1, 458—460, 8,
922; Testam. Brunonis archiepiscopi, Ennen, Qu. 1, 467, 13, 965; G. ep. Yirdun. cont c. 7,
MGSS. 4, 47; Ennen, Qu. 1, 470, 16, 976—984; MR ÜB. 1, 256, 981; 315, 1041; 324,
ca. 1045, cit oben S. 898 Note 3; Lac. ÜB. 1, 131, 203, 1064—6; MR. ÜB. 1, 380, 1084;
G. Trcv. cont. 1, 22, MGSS. 8, 195, um 1114; Enncn, Qu. 1, 536, 63, 1152; MR. ÜB. 2, 86,
1187. Besonders bezeichnend ist 'MR. ÜB. 1, 348, 1056: Heinrich UI. schenkt an SSimeon-
Trier 3 Hufen in Mertloch ea videlicet ratione, ut episcopus eiusdem loci nullam potestatem
super illud predium habeat, ... et si ullus episcopus [gemeint ist natürlich der Trierer]
dehinc prefatum predium illis fratribus velit auferre, iterum hoc ad regales manus redeat
Sogar über den Privatbesitz des Klerus konnte der Bischof in älterer Zeit verftigen, s. EInnen,
Qu. 1, 462, 10, 942. — Vgl. auch oben S. 676.
2) S. z. B. MR. ÜB. 1, 511, 1139, K. Konrad III. überweist die Angehörigen von SMaximin
an das Stift: archiepiscopo . . obediatis et ei servitium, quod hactenus regno et nobis de
eadcm ecclesia proveniebat, . . exhibeatis. Die entgegengesetzte Strömung vertritt MR. ÜB.
1, 434, 1116, Heinrich Y. für SMaximin: ut abbatia . . nulli unquam sedi vel ecclesie quolibet
ingenio vel quacunque occasione subdetur, nullius persone magne vel parve violentiam sive
dominationem patiatur; sicut sub antecessoribus nostris usque ad presens ab omni inquie-
tudine inmunis extiterat, ita quoque sub nostro successorumque nostrorum mundiburdio ac
defensione perpetualiter libera permaneat
8) S. z. B. Bd. 3 No. 72, 1291; No. 118, 1329; Honth. Hist 2, 242, 1367, cit Bd. 2,
642 Note 1. Vgl. auch Honth. Hist 2, 117, 1322: K. Ludwig verpfändet dem Erzbischof
Balduin für 3000 mr. Silber das Recht, die Äbte von Echtemach und Prüm zu belehnen, und
dazu *Lil). aur. Eptem. Bl. 132^, luramentum abbatis in susceptione regalium : Ich Ropricht
abt zu Echtemach geloben und sweren dem hochwirdigstem hochgepomem fursten minem
gnedigsten herren von Trier in namen von wegen und us bevelhe des allerdorgluchstigsten
groeßmechtigsten fursten und herren herren Maximilians Roemschcn konings mins aUer-
gnedigsten herren, das ich siner koniclichen maiestat und siner genaden nakomen Romschen
koningen und keisem und dem hilgen Rieh so lang ich leben getruwe und holt wil sin, Iren
schaden warnen raet helen und bestes werben, auch in rait ader dait nummer gesin, das
iren maiestaten an iren personen eren und wirden hinderlich mögt gesin, und alles das thun,
das min vorfaren dem hilgen Rieh schuldich und pflichtich sin gewest; als mir got helf and
die hilgen.
*) Vgl. beispielsweise für Prüm speziell MR. ÜB. 3, 560 1236; femer die *Inkor-
[Entwicklung der Landesgewalt. — 1282 —
deu Reiehsabteieii ab, so verfügte der bischöfliche Landesherr, soweit ibn
nicht päpstliche Eingriffe ' und wohlerworbene Rechte Dritter behinderten, frei
über den Zehnterti'ag der Diözese ^, er hesafs eine sehr bedeutende Einwirkung
auf Personal- und Vermögensbestand der Pfarreien^, und er disponierte, hatte
er sonst die Macht dazu, aufserhalb der Tragweite bestehender autonomer
Rechtsordnungen nahezu imbehindert über Personalbesetzung, Vemiögens-
verwaltung und Veniiögensbestandteile der kirchlichen Institute*. Diese Di*-
positionsrechte ermöglichten eine Ausnutzung der Wirtschaftskräfte siwziell der
geistlichen Institute im einzelnen, über welche man wahrhaft erstaunt ist,
wenn man sie, wie z. B. im Moselland für das Kloster Himmerode um die
Mitte des 14. Jbs., detailliert kontrollieren kann''; und sie gestatteten vor
porationsaklen toh 1347 in Koblcos St. A. Rep. PrQm No. 67—73, anch im angef. Rep.
No. 75, 1350; No. 76, 1350; No. 79, 1354.
') S. z. B. 'Or. Koblenz St. A. o. D., vgl. Goerii MR. Reg. 9 No. 51, (1154): die
päpstlichen Legaten I>f nachrichtigen das Trierer Domkapitel, dafg sie die Yerleihung der
KirchenptrUnde zu Vilinar seitens des Erzhiscbofs Ilillin an die Abtei SMalheis l>eEtätigt
haben. Vgl. MR. ÜB. 1, 638.
») S. Cart. Orval 368, 1260.
') S. z. B. 'Vallendarer Eopiar 15. Jhs. Bi. 23, Kobleni St A., vgl. Goerz, MR. Reg. 2
No. 263: Erzbischof Hilün bestätigt den Erbpaclitsvertrag des Pastors zu Kesaelnheim mit
W. von Vallendnr für einen der Kesselnheimer Kirche zu Urbar gehörigen Weinberg. 'Or.
Trier Stadtbibl. 1227 Nov. 6, vgl. Goerz, MR. Reg. 2 No. 1821; Propst, Dechant und Dom-
kapitel bestätigen dem Kloster Niederprtlm die vom vprstorbenen Abt Gcrard von Prüm per
manns des Erzbischofs Johann gegebene Schenkung der Kirchen Rommersheim und Mehriug.
S. auch Stat synod. 1310, c. 69, Blattau 1, 102, dt oben S. 933 Note 4, auf S. 939.
•) Vgl. Lac. ÜB. 1, 146, 225. 1073-75; 111, 179, 1043; MR. ÜB. 2, 68, 1169-83:
Ei'zbiscbof Arnold beatiktigt rogatti dea Domkapitels impressione sigilli sui einen Pachtvertrag
des Domkapitels. MR. ÜB. 2, 292, 1190—1212, Erzbischof Johann ordnet die VerhältnisBe
von Deren neu: quia vero sunt quidam, qui ab eadem ecciesia iure et lege hominii feoda
habere noscuntur, statutum est, ut homines feodati archieplsoopo in loco illo videlicet apud
Horreum hominiiun faciant et feoda Bua de manu archiepiecopl in prescntia conventus illius
recipiant et fidelitatem ecclesiae iurent. in qua ordinaüone hoc cautum est, ut si feodnni
absque legittimo berede vacare contigerit, ipsuui liberum et libere ad usum et ad Stipendium
dominarum cedat, st vero in confercndo feodo iustis heredibus quicquam feodali nae dare
contigerit, quod vulgari appellatione berwede dicitur, id ipsum quorjue ad conimunem utili-
tatem et usum dominarum debet transire. MR. ÜB. S, 216, 1223: Erz bischof Dietrich ver-
ordnet die Einziehung jeder vakanten Präbende des Stiftes Pfalzel auf ein Jahr zum Besten
der ■Wiederherstellung der KireLe. MR. ÜB. 3, 691, 1240: Dcchant und Kapitel von
SSimeon ecciesiam in Hoingen et quosdam alios reditus refectorio . . deputatos aliquando
processu temporis de assensu et auctoritate [archiepiscopi] in usus mult« melJores duser[unt]
convertendos, statuentes, quod in choro distributio fierit eonindem. Vgl. auch noch Bd. 3,
37, IS, 1274; 44, >i, 1265; sowie Stat s. Castor. 1451, Blattau 1, 368: quod in hiis, in
quibus requiritur auctoritas vel consenaus archiepiscopi, capitulum nihil slatuat sine aucloritat«
et consensu praedictis. Aus spaterer Zeit vgl. noch Stat Boem. 1290. Bl.tttau 1, 61; und
Bd. 3 S. 464 Note I. — Andererseits genossen die kirchlichen Institute freilich auch den
besonderen Schutz des geistlichen Landesherren, s. G. Trev. c. 269, sowie mancherlei Be-
freiungen, B. MR. ÜB. 1, 650, 1167; 3, 100, 1220; Honth. Hist 2, 109, 1326.
") S. Bd. 3 No. 191.
— 1283 — Bildung des Territorituns.]
allem die Schafiung und Besoldung eines besonders befähigten und ausnahmsweise
zahlreichen Landesbeamtentums grofsenteils auf Grund kirchlicher Pfründenleihe^
Neben alledem aber war es möglich, von diesem weitgehenden Dis-
positionsrechte des bischöflichen Landesherren über den Kirchenbesitz aus ein
wohlgeordnetes System direkter Besteuerung zu entwickeln. Die kirchliche
Steuerverfassimg, welche schon sehr früh eingehend ausgebildet worden war,
traf in der Entstehungszeit der Landesgewalt sowohl die Karreien wie die
kirchlichen Institute. Für die Karreien galt noch, wenn auch bereits im Ver-
fall begriffen, die alte Kathedralsteuer ^ ; für die kirchlichen Genossenschaften
war allmählich die Subsidiensteuer aufjgekommen*. In Trier wie auch sonst
spielten nun wohl die Subsidien vor dem 13. Jh. noch keine grofse Rolle.
^) Wie sehr die Bischöfe die Lösung der Personaliragen in der Hand hatten, zeigt
G. Trev. Cont 5, MGSS. 24, 418, über Erzbischof Arnold [1242—1259]: omnes archidiaconi,
quos ipse temporibus suis instituit, viri strennui et discreti, ipsius erant consanguinei et
amici; et fere onmes prelature suis diebus Treveri vacaverunt, quas ipse prudenter de per-
sonis idoneis restauravit, tarn in abbatiis quam in aliis prelaturis. S. auch G. Trev. c. 277:
Jacob von Sirk (1489—1456) nonnuUos capitulares canonicos domino archiepiscopo lacobo rebelles
variis laboribus ac sollicitudine . . dignitatibus et beneficiis in ecclesia Trevirensi privari
aliisque personis sibi acceptis de his provideri fecit, maximis inde litium anfractibus ortis;
nihil tarnen destituti proficientes omnes passim obierunt. unde effectum est, ut archiepiscopus
usque ad finem vitae a reliquis in timore et reverentia haberetur nihil quod expeteret abnuere
ausiä. Diese Macht wurde nun günstigenfalls zur Besoldung zahlreicher Landesbeamten
ausgenutzt, s. G. Trev. c. 280: Erzbischof Balduin legistas . ., canonistas, physicos, artistas, philo-
sophos, capellanos, clericos, laicos edam multos, milites, nobiles, domicellos aliosque mini-
steriales numero multum valde multiplicatos , suo ministerio deputatos, decenter sustentavit,
quos omnes et singulos alios archidiaconos, quosdam praepositos, nonnullos decanos scholasti-
cosque praebendatos, canonicos et pastores fieri procuravit, nam de tam excellenti magnatorum
progenie extitit oriundus, quod nullum habuit affinem seu cognatum, quem ad praeposituram
maiorem vel aliquem archidiaconatum vellet promovere. unde Godefridum in maiorem prae-
positum, alterum vero suorum paedagogorum in maiorem decanum sublimavit Für spätere
Zeit s. bei Honth. Hist 2, 580, 1500, das Verzeichnis der vom Erzbischof für die verschie-
denen Stifter präsentierten Capellani; vgl. dazu Honth. 2, 625, 1581.
') Nach dem UStift S. 427 — 428 betrug das Servitium magnum archiepiscopi in decania
Keimtam de iure cathedratico bei 28 zahlenden, 4 nicht zahlenden Mntterkirchen unter
einem Schwanken von 4 unciae 1^/2 mr. bis 8 unciae 12 mr.: 160 unciae (Trev.) IV/t mr.
9 Ib. (Trev.), der Zins von den 20 zahlenden, 6 nicht zahlenden Kapellen bei einem
Schwanken zwischen 6 d. und 2 unciae: 18 unciae 76 d. Vgl. femer Lac ÜB. 1, 176,
272, 1109; 191, 291, 1120; MR. Reg. 2 No. 927 (1202); dann zwei ♦*Orr. Düsseldorf
St. A. 1202, MR. Reg. 2 No. 927 und 928, sowie die Reg. 2 No. 961 und 962 vom J. 1208,
No. 1221 vom J. 1214, No. 1838 vom J. 1217, und No. 1981 vom J. 1230. S. auch
Quix, Cod. Aquens. No. 156, 1233: H. dei gratia Trevirorum archiepiscopus . . capitulo
Aquensi . . . cum in ecclesiis de Winninghen et de Kesselheim nostre diocesis contra
consuetudinem ratione cathedratici nostri anno presenti receperimus duas nu*., nos con-
suetudinem earundem nullatenus infringere volentes, de cetero secundum consuetudinem
hactenus habitam quatuor mr. volumus esse contenti debitis annis de qualibet ipsarum pro
omni iure, quo tenentur, persolvendis, et hoc presentibus protestamur. Übrigens war das
Kathedraticum wie viele andere Leistungen vielfach in die Hände der Archidiakone ge-
kommen, 8. den Freiheitsbrief für Lonnich bei Honth. Hist. 2, 109, 1826.
3) Vgl. auch Waitz, Vfg. 8, 403.
[Entwicklung der Landesgewak. - — 1284 —
Seitdem aber nebmen sie überall an Höbe imd Regelmäfsigkeit zu*; in Tri^i
betragen sie in einem kontrollierbai-en Fall der ei-stcn Hiüfte des 14. Jhs. — m
för das Jahr 1339 — nach heutiger Kaufkraft des Silbei-s 220000 M.^ und]
um die Wende des 14. und 15. Jhs. werden etwa 40000 M. nach uuserem f
Gelde als gewölmüche Jahressubsidie der Institute des Trierer Unterstiftes an-
gesehen^. Das sind in Anbetracht dos Umfangs der Landesbedflrfnisse jener ^
Zeit sehr bedeutende Siunmeu ; die von Honth, Hist. 3, 202 erzäJiIte Nacliricht
wird in allen iliren Teilen richtig sein, wonach die Beitragspflicht des Klerus
zu den ständischen Landsteuem anfangs die Hälfte, später ein Drittel, dann
ein Viertel des Gesauiterfordemiases })etragen habe, bis sie im J. 1603 auf
ein Ftlnftel herabgesetzt ward.
So sind es denn neben geistlicher Rechtssprechui^ und kirchlichem Ober-
aufsichtsrecht doch vor allem die reichen seitens der Kirche gebotenen finan-
ziellen Mittel, welche der Entwicklung der geistlichen Landesgewalt im Vorzug
vor der weltlichen Teiritorialbildung zu gute kommen. Aus dieser Thatsaclie
erklärt sich die Erscheinung, dafs sich geistliche und weltliche Fürstentümer
in der Ausbitdung der Territoriaüioheit späterhin nicht eben wesentlich unter-
scheiden: die kirchliche Verwaltungshoheit lieferte den bischöflicheu Landes-
herren nicht allzu\'iele von den laienfüretliclien Rechten grundsätzlich ver-
schiedene Gewalten, sondern setzte sie blofs anfangs in den Besitz einer
stärkereu finanziellen Macht, deren Wirkungen von denjenigen der Wirt-
schaftskräfte sonstiger Territorien nicht qualitativ, sondem nur quantitativ ver-
schieden sein konnten.
Und so hat denn die kirchlich - ndndnistrative Gewalt der geistlichen
Fürsten in der Entwicklung der Landesgewolt schliefslich nicht diejenige
Rolle gespielt, welche man ihr auf den ersten Bück zuzuschreiben geneigt
seiu kann; sie hat nichts wesentlich Neues zur sonstigen Entwicklung hinzu-
geliefert: auch in den geistlichen Territorien bleiben einst staatliche Hoheits-
rechte und halbstaatliche Gewalten, wie sie oben geschildert sind, die kon-
stitutiven Elemente der Landesentwicklung.
Wie aber wurden diese Elemente nun zusammengefafst? Welche Kraft
schuf aus ihrem zeitlichen und räumlichen Durcheinander, dem WiiTwarr ihrer
') Für die Trierer lautet die erste völlig zweifellose Xuchricht in den G. Trev. c. 199:
Bocmund (1286 — 1299) saepius ab ecclesiis subsidia postiilabat. Doch vgl. schon G. Trev.
Cont 5, MGSS. 24, 413: Erzbischof Arnold (1242—1259) pacem et concordiam cum ecclesüa
Buis babuit . ., que sibi etiam in omnibus oecessitatibus plurimum senivenint. Vgl. dazu
G. Trev. Cont 5, MGSS. 24, 409.
=) S. Bd. 3 No. 292.
ä) Honlh. Hist 2, 325. Im J. I54I beträgt nach Honth. Hist. 2, 679 das Subsidium
conauetum cleri inferioris TrcrirensiB [d. b. das Simplum] 1224 fl. 13 alb. 3' 'g d., das Simplum
des Clems superior 960 fl., es sind nach unserem Geld ca. 13000 bzw. 10000 M. Die Sub-
sidie von SMaximin speziell beläuft sich nach den 'Distr. 8Mn\. jiro pensionibus, 13. Jh.
4. Viertel, auf 56 Ib., et facit ima Ib. 10 alb., et totalis siunma Ib. facit 23 ft. 8 alb. Es
sind das nach unsenn Geld vermutlich gegen 700 JI.
— 1285 — Bildung des Territoriums.]
qualitativ so verschiedenen Abgrenzung und Ausbildung das einheitliche Ganze
des Territoriums?
Die Antwort auf diese Frage läXst sich nur aus einer genaueren Be-
trachtung des positiven Bildungs- imd Erwerbsvorganges eines Territoriums
gewinnen. Bei diesem Punkte aber sind wir gerade für Trier trefflich be-
richtet: seit Schlufe des 12. Jhs. bis tief ins 14. Jh. hinein besteht hier
eine nahezu ununterbrochene Reihe von Spezialaufeeichnungen , welche über
die Erwerbsmafsnahmen der einzelnen Erzbischöfe fast durchweg bis ins
kleinste belehrend Aus ihnen ergiebt sich, dafs nach kleineren Anläufen die
energischsten Schritte zum territorialen Abschlufs der erzstiftischen Herrschaft
vornehmlich in der 2. Hälfte des 13. Jhs. unternommen worden sind. Und
hier stehen die Erzbischöfe Heinrich von Vinstingen (1260—1286) imd Boemund
von Wamesberg (1286—1299) durchaus im Vordergrunde. Heinrich gab
während seiner Regierung nach heutigem Kaufpreis des Silbers fttr Lehns-
erwerb etwa 1450000 M., für direkten Erwerb etwa gleichviel, im ganzen
gegen 2800000 M. aus, Boemund, soweit sich nachrechnen läfst, fttr Lehns-
erwerb 896000 M., im ganzen 1210000 M.: beide verbrauchten mithin zur
Abrundung der Landesherrschaft jährlich etwa 100000 M.^. Die damit einge-
leitete Bewegung wurde dann nach der kurzen Regierung Diethers (1300 — 1307)
von dem grofsen Erzbischof Balduin (1307 — 1354), dem Bruder Kaiser Hein-
richs Vn., zu Ende geführt; imter ihm eiTeichte das Trierer Territorium im
wesentlichen seinen späteren dauernden Bestand® und zugleich den nahezu
völligen Abschlufs seiner landeshoheitlichen Rechte*.
Überaieht man nun aber die Einzelvorgänge des Erwerbes, so fällt es
^) Zu den Erwerbungen der früheren Trierer Erzbischöfe s. Honth. 1, 840, femer 471,
635; 2, 7. Die Erwerbungen Hmins (f 1169) werden G. Trev. Cont. 3, MGSS. 24, 880,
231 ff. verzeichnet, diejenigen Johanns 1. (1190 — 1212) sind in einem besonderen, a. a. MR.
ÜB. 2, 298 und G. Trev. Cont 4 Add. 2, MGSS. 24, 893, s f. gedruckten Verzeichnis enthalten,
s. Bd. 2, 690 Note 4. Zu den Erwerbungen Dietrichs (1212—42) s. MGSS. 24, 403, nf.;
zu denen Arnolds (1242—59) MGSS. 24, 409, 5o f.-, 418, is f. Für die Erzbischöfe Heinrich
(1260 — 86) und Boemund (1286—1299) liegt wieder ein besonderes Verzeichnis der Erwerbungen
vor, 8. dazu Bd. 2, 690 Note 5. Unter dem folgenden Erzbischof Diether (1300—1307) ist
dann nicht viel erworben worden; um so mehr dagegen unter dessen Nachfolger Balduin
(1307—1854), dem eigentlichen Vollender des Trierer Territoriums; seine Erwerbungen sind
sogar in Verse gebracht, s. G. Trev. c. 259, Wyttenbach und Müller 2 8. 270—271; vgl.
dazu Dominicus S. 464 Note 3.
^) Berechnungen nach dem Note l erwähnten Verzeichnis in der ^Rezension des
Bald. Kesselst S. 505.
^) S. Honth. Hist 2 , 1 £ ; Dominicus S. 15. Zur späteren Ausdehnung s. Honth.
Hist. 2, 118—119, 1382; CRM. 3, 558, 1376; Honth. Hist 2, 265, 1376 u. a. m.
^) Nachdem seit der sententia de non alienandis principatibus 1216 die Fürstentümer
nicht mehr Reichsämter, sondern endgültig Reichslehen waren (s. Berchtold, Landeshoheit
S. 91), wird in Trier der Abschlufs der Landeshoheit etappenweise bis zur Goldenen Bulle,
spätestens mit dem Privileg Karls IV. vom 81. Mai 1376 (Honth. Hist 2, 265) erreicht
Über den Streit der Erzbischöfe mit der Stadt Trier s. Schoop, Verfossnngsgeschichte der
Stadt Trier bis zum J. 1260, in Westd. Zs. Erg.heft 1, und Ferdinand S. 35 ffl
[Entwicklung der Landesgewull. — 1286 —
sofort auf, welche hewoiTapende , ja einzige Rolle innerhalb dei'selben der '
lehusweise oder allodiale Ankauf von Burgen spielt Die Bewegung, welche '
zuerst im Reiche von den Staufern, in unseren Gebenden von dem kölnischen i
Erzbischof und Reichskanzler Philipp von Heinsberg eingeleitet worden war^,
beginnt im Trierscieu ganz sichtbai' und fast ohne jede Vemiittlui^ mit Erz-
bischof Johann (1190 — 1212), und sie dauert seitdem ununterbrochen an', bis '
unter Bidduin der enorme Bestand von über 100 landesherrlich-allodialen oder in '
lebnsweise offenen Burgen erreicht wird *. Seit Batduin aber tritt dann ein nierk-
'] Ca«3. HeisCerb. Dial. mai. 4, 38; Pbilippus archiepiscopus Coloniciisis, dum propUr i
castrn, que cmerat beuCo Petro, multis debitis esset obligatus . . . Vg[. auch Becker,
Philipp I. von Köln, S. 116 ff.
') G. Trev. Conl. 4 Add. 2, MGSS. 24, 395, so: Erzbbchof Johann (1190— 1212) de 1
□ovo castnun quoddom, quod Grimburg sppellaliiT, conslntxit, quod silum est ia medio pos- 1
sessionuiD maionim et melionun archiepiscopatus et fcre omniiun ecclesiarum in civitate 1
Trevireosi Bitanim. MB. UE. 3, 478, 1233: Erabischof Dietrich schenkt die Bui^ Uonkler i
an das Erestilt MH. ÜB. 3, 67S, 1240: pro edificatione novi castri Kilburg rcrkaufi En-
biscbof Dietrich fUr 200 Ib. Treverenses BeaitziingeD des Erzstifts capituli noetri Trererenüa
accedente consensii. Für Erzbischof Arnold vgl. 0. Trev. Cont 5, MGSS. 24, 410, u. 0--
Trev. c. 184: Erabischof Heinrich (1260— 128B) Berincistel castnim ererit a ümdamento, 1
Meiene tillam condidit et ibidem castnun constrimt, quod ecclesiae Treviveiisi soblugaviL, in
Confluentla de domo Wilhelmi militis, qiiac dicebstur Archn, castmni fortissimum msxiiniK J
impensis comparavit [». dazu Bd. 2, 517], castrum Sarburch, palatinm Trerirense et etiam
Palzele-, Grimbergh, Pilliche, Noviim costmm, quod dicitur Meinnimt [odd. Cod. Eberhardskt.;
Mnnderscbelt, Marienberch, Ebrenbreitslein, montabuir, Qardinvels] magats aedilidis somptno-
sissime renovaviL S. auch G, Trev. c. 190, sowie Dominieus S. 157. G. Trev. c 199;
Boeaiund (1286—1299) mimitiones et caatra totiua diocesis plurimuni emendavit: inferiiis
costnim de Niutiagio Alben et domuni quae Baptismus dicitur erexit a fando; Montliabor
Hardenvels Pillicb Meiene et alia castra plurima et precipue Berencastei aulis, cameris, muris,
turribus et propugnaculis ac diversis aedificiis copiose decoravit. Dazu kommt der Erwerb
von Kochem. Trithem. Chron. Sponh. z. J. 1289; Erzbiscbof Boemiind conslnixit a iunda-
mentis novum castellum in Numachen iuxta Trittenheim. Iura et Institut eccl. Trev. aut.
Leiinbacb (\Vj-tU'nb. u. Müller 2, 18-5): Erzbischof Dielber (1300-1307) erbaute Ruimstein
castrum. — Ziun Ganzen s. auch noch Honth. Hist. 1, 245. Erzstiftische Bui^en hatte es
freilich immer gegeben, s. MR. IIB. 1, 24, 772; und G. Trev. 30, MGSS. 8, 172, Adclbero,
der Bistumspritendent, giebt um 1015 seine Ansprüche auf; paiatium et aua caslella et
omnia sua contradidit. Auch begami man die Wichtigkeit der Burgen an der Mosel eben-
falls schon um die Mitte des 12. Jhs. zu erkennen, s. MR. ÜB. 1, 551, c. 1148: die Burg
Arras war dem Erzstift verloren gegangen, ac per hoc tota pene fuerat Treverensis ecciesia
depressa et pessumdata.
^) Nach dem 'Register des Balduineum Kesselst. S. 2 f. sind um 1340 vorhanden fol-
gende 103 genannte Castra, que a domino Treverensl dependent in feoduni: Eremberg, Brole
etc., Stirburg, Eltze, Longuion, Mussj-, Vemich, Nassowc. Lurcnbui^, Hademar, Bilstein et
Mengerskirchen, Seine, Kirberg, Winterberg, Neve, Starkenbei^, Traenrebach et Bille, Richen-
bei^ (prope Katzenelboge) , Stalecke, Stauf (Gemioiponti), Lehenberg, Sancti Laurentii, Li-
ningen, Dietze et alia, Vimenburg ei Bosse, Monreal, Kaldenbume, Wildenbarg, Wellestein,
Buschfeit, Semem, Moinchwilro, Huwenbeumbiu-g, Üben (comitis irsuti), Nuwenburg (comitis
irsutiX Solmße, Weitersberg (Isenburg), Grenfiowe, Schadecke, Molsbei-g, Ilelfenstein et Spur-
kenberg, Kempenich, Lisheim, Uren, Aldendfine, Wllre; (Manderscheit), Broeche et Clussart,
Sente Johansberg (wildegravü de DunS], Crampurg, Heinzenberg, Ovcrstein, Wißkirchen,
— 1287 — Bildung des Territoriums.]
lieber Stillstand ein; es werden zwar hier und da noch einige Burgen hinzu-
erworben \ aber im ganzen ist die Höhe der Bewegung überschritten.
Schon nach diesem zeitlichen Verlauf zu urteilen liegt die Vermutung
nahe, dafe die Bewegung mit der Entwicklung der Landesgewalt unmittelbar
zusammenhängt: sie umfafst genau die Epoche der Territorialbildung. Und
ein solcher Zusammenhang ist ja begreiflich genug: den künftigen Landes-
herren mufste daran gelegen sein, jeden Abschnitt neuen Erwerbes dui-ch
Burgen und Öffhungsrechte zu sichern. Indes diese Erklärung genügt nicht
völlig. Auch die früheren Erzbischöfe waren erwerbslustig und kriegerisch
gewesen^. Warum verfielen sie nicht auf den gleichen Gedanken?
Es liegt auf der Hand : die Erklärung für die Thatsache, dalis die lokale
Befestigung und allgemeine Angliederung der sich enger schliefsenden Teil-
rechte der Landesgewalt auf militärischem Wege durch Burgenbau erfolgte,
kann nicht in der Geschichte des Territorialerwerbs allein gefunden werden,
sie mufs vielmehr in der allgemeinen Geschichte des Kriegswesens begründet
sein. Wir werden daher den — wie sich später zeigen wird, für die Ge-
schichte der Territorialverwaltung recht wichtigen — Vorgang der räumlichen
Schliefsung des Territoriums auf dem Wege des Burgenbaus nur dann völlig
verstehen, wenn wir ihn der allgemeinen Entwicklung des deutschen Kriegs-
wesens einzureihen versuchen. Und so führt uns denn der Gang unserer Er-
örterung allerdings von der Untersuchung der Territorialbildimg zunächst ab zur
Vergegenwärtigung der Grundlagen frühmittelalterlichen Kriegswesens und damit
zur Untersuchung des Verfalls jener auf ältester Basis beruhenden karolingischen
Heeresverfassung, von welcher schon öfter gelegentlich gesprochen worden ist.
Der bewegende Gedanke dieser Heeresverfassung, die allgemeine Dienst-
pflicht imd dementsprechend die allgemeine Wehrhaftigkeit , ist nun im
Grunde genommen niemals gesetzlich imd rechtlich beseitigt worden:
auch den niederen Schichten, speziell dem Bauer, wurde die Waflfenfähigkeit
niemals aberkannt^. Es wäre auch falsch, irgend eine direkte Einwirkung
Lievenberg et Leie, Hoenberg oppidum, Odenbach, Dagestul, Mosl^, Ippelbure, Swarzenberg,
Baldeneltze, Ruissberg, Trts, Bischofstein, Smideburg, Belle, Arras, Bnile (prope Rlnecke),
Domus regia Bopardiensis, Siefsch, Geispusch, Wachenheim, Winchern, Wunnenberg, Hunolt-
stein (advocatia), Schussel, Pumer, Kethge, Guntravia, Senheim, Studernheim, Bertingen, Vume
et in Ponte, Iluisbach et in Ponte, Rumstein et plura alia, Moncler et alia, Somerauwe, Esch-
lingin, Erlebach et Derenbach, Esch , Wil Flache Loclnvilre , Sidelingen , Wiltberg. S/ dazu
das Biu*gmannenregister aus dem Koblenzer Balduineum bei Honth. Hist 2, 5 ; auch G. Trev.
c. 227: Erzbischof Balduin plurima castra et fortiora iuxta praedonum fortalitia, per que
ipsi iugiter tanquam obsessi habebantur, malis eorum gratibus funditus aedificavit, et sie eos
ad pacis obscrvantiam, quantumque magnos, violenter coartaYit
1) S. z. B. G. Trev. c. 270 : Erzbischof Werner (1388—1418) baut Wemerseck, erneut
das castrum ad muros Witlich; vgl. auch G. Trev. c. 273 über Erzbischof Otto (1418—1430).
") Sie ziehen z. B. in eigener Sache zu Felde, so Adalbero U. von Metz (929 — 962),
Adalbold von Utrecht (1020—1027), s. Alp. de div. temp. 2, 3. S. auch MR. ÜB. 1, 304,
1031; G. Trev. Cont 1, 22, MGSS. 8, 195, um 1114.
') Wie sie aber durch Änderungen im Kriegswesen selbst (weite Züge — daher Rofs-
dienst) allmählich zurückgedrängt wurde, setztWaitz,y%.8, 125 f., aufs anschaulichste auseinander.
[Enlwitkliing Jer Landeegewalt. — 1288 —
lier verschiedenen Arten niittelalteilicher Hörigkeit, besonders etwa d(
Grundliörigkeit, in tiieser Richtung anzunehmen. Die deutsche Gnindlii
Schaft tmg nicht anders wie die Vogtei und die Landesgewalt einen R^chts-j
Charakter, der allgemein anerkannt wurde' und sich gar bald in der Uuver-
letzlichkeit der Person aussprach. Der persönliciien Freiheit ohne richterlicheB
Sprach beraubt zu werden war auch für den Gimndholden, abgesehen von den^
Füllen haudhafter That, rechtlich undenkbar; Zahlungssäumnis für Gericfata-
gelder sollte nur Pfändung, nicht Verhaftung nach sich ziehen*; und wo
ii^end möglich setzte maji an die Stelle persönlicher Festnahme die Ver-
pflichtung zui- Bürgenstellung ^. Auch der Hausfriede der anueii Leute er-
scheint auf das energischste gewahrt; die Einforderung von Hen-enzinsen
gestattete seinen Bruch keineswesa — zumeist besteht die Bestimmung, die
Zinse sollten über das Gatter oder wenigstens die Hausschwelle gereicht
werden* — ; und mehrfach drückt sich die strenge Koustniktion des ältesten
Hausfriedens noch in dem Rechte aus, Diebe und Heimsuchcr im Haus bei
handhafter That straflos oder so gut wie straflos zu töten".
Eine derartig feste und selbst durch vorhandene Abhängigkeitsverhält-
nisse niemals gebrochene Auffassung persönlicher Selbständigkeit schliefst von
vornherein den Gedanken ans, die landarbeitenden Klassen des Mittelalters
seien absolut wehrlos und unkriegerisch gewesen.
Aber freilich besteht daneben die Thatsache, dafs die alte Heeres-
verfassung, welche eben diese Klassen zu grofsen "Wirkungen vereint hatte,
den neuen Anforderungen der deutschen Kaiserpolitik in beiner Weise zu
entsprechen vermochte, und dafs das Reich hier wie auf so vielen andern
Gebieten seine gänzliche TJniUhigkeit zur zeitgemflfsen Umformung der alten
') G. abb. Tnidon. 11, 16; dillgeliatur a famüia necclesioe valde, eo quod tractabat
eam bonorifice et Theutonicorum diseiplinaw more. S. auch v. Maurer, Fronh. 1, 268.
-) WArenber^ und Mühlen 1463; wer ein wette vcrbroichen hat und ein wette zu
bezailen bat binnen dem hirspel, sitzlt ii. gn. h. zu dtcnste, flicre und rauch heldet und
zuebrofhen halt, den ensolle man nit antasten stocken noch piachen, sunder man sulle ine
pfenden darvor, wan is gehandelt were worden vur dem gericht
") WHamm erste! n 1563 g 4: wer einiehe hurger, der da verbnicht bette leif und gute,
sofern derselbig bürgen setzen mag vor lif und guts, so sal der her die von ime nehmen;
ksn ers aber nit gedun, so mag der her inen da verwaren nach s. gn. willen.
*) S. z. B. WOensheim 14it7, G. 2, 800; WKemieh 1477, G, 2, 241, cit, oben S. 1181 Note 6.
^) WLosbeim 1302 g 9; si Reinaldua et filii et fratres sui aliquem furem super ipso
nun allodio capient, cum suspendere debent in festo domus, qui vulgariter dicitor virst, snb
tecto, ita quod (sol eum) superlucere et ventiis eum superflare non possint; et sl contrarinm
fieret, debet advocaWi restitui ad emendam. Angebl. Rheing. Landr. 14. Jh. Ende, § 72:
werez daz ein man, der in sime eigne hus gesucht wurde, manlichen daz virwerte und den
hussucher unde alle sine ni idegesellen, die da mide weren, doit sluge, der sulde gelden mime
hern von elken irslagen man 4 d., und is min her ader sine nachkomen plichtig, den man
darumb zu schüren und zu besehermen und auch zu virsunen gein des doden ader der doden
fruntschaft, und im ein festen vreden zu geben.
I
— 1289 — Bildung des Territoriums. J
Verfassungsgrundlagen bewies. So wurden denn die landarbeitenden Klassen
nicht wehrlos, aber ihre Wehrhaftigkeit veraltete, bis sie nach langem Schlafe
von den Territorialgewalten langsam und unsicher zu neuem Leben geweckt
ward. Diesen Prozefs haben wir für unsere spezielle Aufgabe jetzt in einigen
Zügen weiter zu verfolgen.
Am einfachsten konnten sich noch diejenigen Teile der alten Heeres-
verfassung erhalten, welche sich nicht auf den Krieg direkt, sondern auf seine
Vorbereitung bzw. Verhütung bezogen, also die Pflichten der Verpflegung und
Ausrüstung, der Fortifikation und des Sicherheitsdienstes.
Von ihnen wurden die Verpflegungs- und Einquartierungsdienste in
ihrem fast ausnahmslosen Übergang auf die Immunitäten oder auf diesen
analoge spätere Bildungen zumeist rein finanziell gefafst und damit zu einer
Steuer- oder Zinslast umgebildet ^ teilweise auch abgelöst^. Daneben erhielt
sich wohl ' überall das Recht der Kriegsherren auf Requisition beim Heeres-
durchzug ^.
Etwas anders verlief die Geschichte des Ausrttstungsdienstes, speziell
der Pferdelieferung und Stellung von Heeresrüstwagen. Hier gingen die alten
Gnmdlagen der Veranlagimg wohl fast ausnahmslos schon früh verloren*,
aber die Territorialgewalten entsannen sich später der alten Verpflichtungen
und ordneten sie von neuem durch Abgrenzung der Zeitdauer und Übertragung
der Last auf ganze Höfe oder Dörfer, hier und da auch auf freie Hufen ^.
') 8. oben S. 1024 f., 1121.
2) S. oben S. 1027.
«) S. WBemkastel 1513, Toepfer 1, 121, cit. oben S. 1026 Note 3; femer WNieder-
emmel 1532, G. 2, 353: so unser gn. her als unser gewalt-, schirm- und gninther lege vor
stellen flecken oder schlossern in stifts noten, und abgienge an essenfleisch, so hat er die
macht, daß er mag greifen zu Emmel in die herde und mag holen idel kuhe und
hornlos ochsen und simst kein ander viehe, imd das darumb, daß dem armen man
sein i>loch nit beraupt und den armen kindem die milch nicht genommen werde, und uf daß
unser gn. her das Trierische stift bei altem herkhomen behalte, und so die name des vihes
wie obg. beschehen ist, so sal ein zender die klock leuthen und sal die name und grif jedes
vihos legen in die gemeinde, uf daß ein man oder zwene die nit allein tragen. Vgl. auch
AVNiederbachem 1460, G. 1, 594 Note, und das eigentümliche Stück der G. Trev. c. 342.
*) S. oben S. 1025; v. Below S. 29 >Jote 99.
5) S. Bd. 3 No. 212, 1385; WMayen, G. 2, 483: wanehe die burger not halben uß-
zichen moeslen, sein die hem in dem closter zu Meien und der Mergenstader hoibman,
Trierischs hoibman daselbst, auch Trierischs hoibman zu Alzens, bede sanct Thomas hoef
zu Kierich und Berentzheim, ieder uf erforderen zwei pferd und einen halben wagen zu geben
schuldig. WHerbizheim 1458, G. 2, 23: wan ein bischof zu Metze uszuhet zu felde und
drie dage im felde gelegen hait, sanct Steffens eigen zu beschulten, so mag ein caißfoigt von
AU »an in den hof gebieten nach zweien wagen, die sollent sie im iglichen mit fünf pherden
und zweien knechten und ein ladfasse gein Alban vor des bischofs huse schicken, und damit
drie frieschelinge, zwene von recht und einen von gnaden, der sol iglicher also gut sin als
18 s. d. Wüdem, G. 2, 65: als es sach were daß u. gn. h. von Lothringhen kriegh hette,
vor Städte und Schlosser zu zehen, so mach seiner f. gn. gebot zu Udem in dem hof ge-
schehen; so sol man ihm einen wagen mit zweien ronkbäumen und vier pfert mit einem
Lamprecht» Deutsches Wirtschaftsleben. I. 82
{Ii^[ Wicklung der Lamleegewalt. -
Nicht minder wurde seitens der Laiidesgewalten der Wachtdienst, eben-
falls durch Übertragung auf Höfe und Dörfer, neu (jecrdoet', nachdem er
»chnn froh fast durchweg;, sei es durch die Markherrlichkeil, sei es dui-ch die
Immimität , miter kümmerlicher Radizieruug meist auf itie einzelnen Haus-
haltungen *, von der alten Behütung der Landwehren, Strafseu und Gebücke^
auf die Bewachung der Burgen abgelenkt worden war*. Und den Burgen
fielen denn auch alle filiheren allgemeinen Fortifikatioiisfi-onden zu; anfangs
nur selten, häufiger erst seit dem 13. Jh. machte sich daneben das Bestreben
zur Befestipuns der Dörfer, natürlich unter Zustimmung der Landesherren,
geltend ". Die Fortifikationstronden aber konnten von sehr verschiedenen
GiTindlapen, von der markherrlichen Centena wie der Immunität wie bis-
weilen sogar dem Wildbann aus entwickelt sein"; schliefslich fielen sie wie
auch die Veiproviantienmgspflichteu fast sämtlich der Laude^ewalt zu und
wurden nunmehr unter Beseitigung älterer unter sich abweichender Veran-
lagungen ' organisch und in milderen ÄHfordeningen als bisher weitei^ebildet ^,
kaeclil zustellen, und sol der kneclit u. g. h. liei-zehen tagh naclisiehcn; und wan die 14 tngh
Mia Bein, so solle er tlrm knecht gelcit gelien, daß er seinem mdster möge heinikonmitia
mit dem wagen. M'^latzen 1.544 § 10 u. 11 erwähnt eine gaia freie Hufe uszgonomen dem
lantüirsten mit wagen und pfenlen, wie gewoinlich und nbigli, zu tLeinen. — Tgl. auch
Stenzel S. 197 f.
') Honth. Bist 2, 474, 148.5: nie ist geordent und vertragen, da« die von Merzig un-
sem iglichen lierrn oder nngom naecrinunendcn und erben , so wir des noit haben und ge-
sionen werden, mm jarc eius und nit mehe, seB gerUster und gerarder schützeji Bolti-ni
schicken ane eine ende uinl> seß nmilen wegen nahe bei Merzig. in schlösse statte oder
pletzen, dar sie iiescheidcn werden, doch alles uf unser der fürsten und desihenen, der
solcher schützen gesinnen wirdel, koste, daeselhst einen maent lank und neit lenger zu be-
lieben und willpnklirh zu tunp, das man ine beveblen wirdet und gewanlich ist; und zu us-
gang des maents sollent sie macht hain widdcr anelieimisch zu kommen, sonder unser der
fürsten ader unser naekommenc und erben ader auch unser amptlute zome und Ungnade, alles
ungcverlich. S. dazu WMerzig 1529 § 19. Vergl auch Bd. 3 No. 231. 1418— U'jg; Honth.
Ilist. 2, 706, 1547.
=) Schon MH. ÜB. 3, 788, 1242—43, wird unterschieden zwischen homines ad Huuol-
stein castrum pertinentcs, qui eidem Castro tenentur custodiam exibere, und alü homines ad
custodlani dictam non obligat! ad idem castrum pertjnentes. Vgl. femer W Haiti' nliacb-Bicken-
bach 1647, G. 2, 237, cit. oben S. 100 Note 2, und auch W. im Hamnie 1339, G. 2, &5.
') Noch erhalten WSandweilcr 1604 § 40; wan durch die hohe obrigkeit auf dem
platten land weg und steg zu wachen verordnet wird, seien sie . . mit ihren wehr und wapfen
zu thun schuldig (die freien Unferthanen des Gerichtshei-ni). Über Landwehren, Gebiicke,
Knicke u. dergl. s. Stenzel, Kri^sverf. S. 204 f.; Mones Zs. Bd. 6, 47.
*} S. dazu oben S. 1011, 1030.
") S. oben S. 298, auch Bd. 3 No. 276, 1501. Ein Ifefostigungsbricf für ein Dorf vom
J, 1469 bei v. Below Ü. 34 Note 116, Über Dorfbefestigung, speziell Festlingsausbau der
Dorfkirchen s. auch Mones Zs. Bd. 6, 42 f., sowie Wömer und Heckmann, Orts- und Landes-
befestigungen des Mittelalters mit Rücksicht auf Hessen und die benachbarten Gebiete, Mainz 1884.
«) S. oben S. 1011 und 1030; MR. ÜB. 1, 410, 1106; 616, 1159; 2, 211. 1202.
') S. z. B. MB. ÜB. 1, 308, III, 1087 angebl. (12. Jh.): Propst Adalbero von SPanliu
") Siehe S. 1291.
— 1291 — Bildung des Territoriums.]
Viel weniger umfassend als die Organisation der alten Kriegsverwaltung
erhielt sich die Organisation des Kriegsauszuges. Zwar ging auch er in den
meisten Fällen nicht völlig zu Grunde, aber er bestand doch auch nicht
mehr aus eigener Kraft: die Thatsache, welche seinen völligen Verfall ver-
hindeile, war nur in der engen und ursprtlnglichen Verquickung von Heeres-
und Gerichtsverfassung gegeben. Wie in der Urzeit, so zog auch noch im
Mittelalter der Umstand bewaffnet zum Hochgericht, und zwar sowohl in der
freien Markverfassung wie auch in Herrengerichten, im letzteren Falle unter
Fülirung sei es des Vogtes sei es eines sonstigen herrschaftlichen Richters ' ;
nur wenige und späte Ausnahmefälle aus der zweiten Hälfte des 15. Jhs.
lassen auf Abnahme der alten Gewohnheit schliefsen*. Mit der gerichtlichen
schenkt an SMatheis die Orte Nennig Palccm Dihuar und Heifant unter Übertragung der alten
gutslierrliclien Rechte, hoc dumtaxat excepto, ut quelibet domus dictarum villanun uno die
singulis annis unius viri labore pro castro nostro Sarburch [Vk — 2 Meilen von den Dör-
fern] laborare tenebitur et tenetur ad edictum illius, qui ipsuni castrum tunc pro tempore
titulo possederit iusto, adicientes, ut si que domus dictarum villarum aut omnes huiusmodi
laborem redimere voluerint et decreverint, obulo Treverensi bono et legali singule domus
singulis annis redimere valebunt, ac deinceps anno illo ab omni exactione et Servitute quan-
tum ad predictum castrum S. libere manebunt et absolute. Ähnliche Veranlagung noch
WSAmual, G. 2, 19 ; dagegen Veranlagung der Verproviantierung auf den Hof im Sinne von
Schutzrecht *USMax. 1484 Bl. 52^: der Hof Osperen zahlt jährlich pro defensione ad
castrum Lucenborich 45sum. grani, 6 gr.; ad castrum Everlingen 4 mo. grani; ad castnmi
Oislingen 2 mo. 4 siun. avene; ad castrum Hupis IVs mo. 3 sum. avene. Eigentümlich ist,
wenn auch in anderweiten Fällen analog vorkommend, ÜStift 415, Koblenz: archiepiscopus
si rcedificare vult Confiuentiam , omnes, qui de Pinga sunt, ex utraque Rcni parte, debent
adiuvare; et ob hoc nullum unquam ex eis exigitur vadimonium. simili modo debent adiu-
vare, qui de Cochchemc sunt et qui de Ve . . cum eiusdem vadimonii intermissione. illi, qui
de Tuitione et Turisbiu-g, qui antiquitus pertinebant Confiuentiam, illi poterunt reverti, si
quam patiuntur iniuriam, sed ex debito, si imperabitur eis, debent edificai-e turrim unam ciun
clausura interruptionis imius. S. auch WGenzingen, G. 2, 156: wer es sache daß man uf
dem hof leutet, und wer dan nicht alsbalt kompt, der verleuret 6 s. item hat die gemein
ein wachthaus zue Bingen, und wen es sach were daß die stat feintschaft bette, so muessen
wier dasselbig mit zwaien persohnen behüeten unt bewachen, wan wier erfordert werden ; da-
gegen dörfen wier kein zol geben, was wier in unt außer der stat führen, und wo es sach
were daß wier feintschaft im laut betten unt gen Bingen kemen, so mögen wir unser kühe
in ihren statgraben treiben, bis so lang daß wier sie wieder holen.
^) Bericht über Dienste im Amt Montjoie, v. Below S. 28 Note 96, 1536: alle, die
gespan liaifen, . . sint van altz her verpflicht und verbunden uf dat sloss m. gn. h. zu dienen,
und dat ist mit underscheit: ein ort ist schuldich bouwholz, dat ander, wes zum bouw van
noeden ist, und fort anderen allerlei profanden und etlichen allerlei fruichten, und de freien
den win. Blankenheimer Statut 15. Jhs., Ann. d. bist Ver. f. d. Niederrh. 9—10, 126: den
dienst van ein ind van anderen zo hoelen ind zo voeren , ind auch die holzvoiren [auf die
Burg], dat stelle men mit dem gelichstem ind unlestigstem den untersaissen , dat men A*an;
ind desselven gelichs mit allen anderen dinsten. Zum Schanzen- und Burgbau vgl. auch
Stenzel, Kriegsverf. S. 205; Spannagel S. 11.
1) S. oben S. 1013, 1031, 1120, 1125, auch WRommersheim 1298, cit. oben S. 1120
Note 5, auf S. 1121.
^) S. WBeltheim 1483, G. 2, 208: were ein mistedich mensche, davon man rechten
82*
[Entwicklung der Landesgewali. _ 1292 —
Folge aber war die Folge bei handhaftei' Tliat bis zu völliger Identität ver>-
bimden; auch sie erhält sich daher bis gegen Schlufs des Mittelalters ^ Die
Folge bei handhafter That aber friiig nun wieder unmerklich in eine solche
bei Ijandfieschrei, in Landesschutz, über: ein Massenangriff auf Herd und Heim
unterlag keiner anderen Behandlung als die einfache Heimsuchung durch
Kinzelverbredier '.
So ergieht sich denn allein schon aus der Fortdauer der Gerichtsfolge
in Waffen auch die Auü'echterhaltung des Auszuges zum Landesschutz. Dies
ist nun in (ler That die Form, unter welcher sich die alte I'flicht der Freien
zur Reise auch unter henschaftlicher Gewalt, unter Vogt und Imniunitätsben",
bis ins spätere Mittelalter erhält"; übei'all tritt uns diese Pflicht zur Laiides-
KOl, da Bollent ii. g. h. 24 gewapenden dem lande nu stuninge thun, ob ieniant sie uberfallea
wolt, das sie den rucke davon betten, der sol u. g. h. von Trire i«'olf thun. n. g. h. von
Spanheim 6 und unser jungherre von Winnenlierg 6; und wan die gedcden das, eo aollen sie
iüziegen in eine herberge, binnen dem gericht ine gelegen were, da boV niiin ine tbun liauwe
und ruwefoiter und ein messelicb kost, dn boI der lantman gemeinenklicb bitredden und das
Terfacben, daz solidi dorf den last nit alleinc eubabe. Vgl. auch in dieser Richtung WGal-
genscheid 14ß0, G. 2, 455; WWeiden 1478, G. 2, 137.
>) Vgl. WLeudesdorf 1362, G. 1, 830: dalt die gemein dem vait nit fnrter schuldig
[sei] naauvolgen tut einige geweltlighe sache, dan als weit das gericht zu I.udestorf geit.
WAndetnacb 1498, G. 2. 630 — 31 : ob einicb uflauf binnen Andernach von fremden luden
gescbege, den ein Schultheiß nit bezwingen moichte und die burger darumb anriefe, ime solick
gewolt helfen zu schirmen, obe sie des nit dein ensulden und obe sie des nie deden, was sie
unsenn gn. b. danunb geweilt haben? damf sprechen wir vnr recht, wan eincher uäauf Id
vurB. inaissen geschcge, des ein Schultheiß von wegen unsers gn. h. nit bezwingen enmochte
lind die hurger inie solches helfen zu schirmen anriefe, sulden sie doin, und were des nit
endede, moichte der scbultheiß die mit recht viu'heischeu. nach aeneprach und antvrort wulde
der scheffen recht wisen. S, femer WWilwerscheid 1507 § 16, cit. oben S. 1114 Note 2;
WBerburg 1595 § 3 und WHolzfeld und Saxenbausen 1664: der Schultheifs hat den An-
griff, ist der schulteiB aber zu schwach, so solle er die burger ansprechen, ist aber kein burger
hei haut, alsdan sol er die lehenleut ansprechen.
') Ein frühes Beispiel s. Lambert z. .1, 1066, MGSS. 5, 172. Aus späterer Zeit s,
WNeumünster 1429, G. 2, 33, cit. oben S. 1137 Note 4, und ins Kinzehie gebend WHerbiz-
heun 1458, G. 2, 23: wunic das gut im lande umligestageu und umligenomnien , und keine
deshalben ein lantgescbrei, und erbutte ein caißfoigt in dem hofe den armen luten, das si zu
ime kement, im helfen solich gut /u entschutten, das soUent sie dun; und welicher des nit
endete und ober sine gebot daheim bllbe, der ist dem caißtbgt 5 s. d. zu bussen veriallen;
es were dan das er eine kinthettem hette, der solle nit witer ziehen, wan das er des nachts
Widder heim möge kommen bi sin kintbettem. und ist der caißfoigt schuldig, obe er nit mocht
das gut, so sanct Steffens luden so sanct Marien luden genomen were, zumale beschiitten,
das er sanet Steffens gut licsse und sanct Marien gut beschütte, obe er mochte, und wan
ein caißfoigt uszichet, sanct Steffens eigen zu beschirmen, und in den hof gehütet, das die
man gein Alban koment, die stat m behüten, das sollen sie dun imd sollent da huden einen
dag imd eine nacht in irenj costen; und wer ir daraller me bedarf, der sol so Übe mit ine
reden, das sieme Ulibent.
"} S. oben S. 1120, vgl. auch WKesseling 1395, ü, 2, 637: do njande sie der vagt . .
so weme sie dat hohe geriebt die kl ocken schlage inde die voige alda zu Kesselink zuwisen
ind in den dorfem zu Wcidcnbach Stapfel ind Crainschnit; des weisten sie die folge alda
— 1293 — Bildung des Territoriums.]
wehr bei Landesnot, wenn auch meist auf kurze Dienstzeit berechnet, ent-
gelten ^ ; überall noch erscheint der Bauer waflfenföhig mit Schwertmesser und
Spiefs, Beil und Knotenstock ^, mid reisefertig bis zur Landesgrenze. Erst
im 16. Jh. verliert sich hier und da dies Auszugsrecht der landarbeitenden
Klassen^, nachdem es noch im 12. und 18. Jh. in der Loi de Beaumont*,
und im 14. und 15. Jh. hier und da in kleinen Territorien eine Reorgani-
sation erfahren hatte ^.
meim herm van Colne ind seim gestiebte under der baner von Are uis und heim, ind geime
berm mehe. Über die Teilnahme der Rheingauer Gemeinden an den Kriegszügen der Erz-
bischöfe von Mainz giebt Roth, Rhenus 1, 18, Mitteilungen aus dem Hattenheimer Rechnungs-
buch von 1452 und 1471. Honth. Hist 2, 466, 1480 bezeichnet Erzbischof Johann die Teile
des Trierischen Heeres mit unsem heubtleuten, dienern, steden, landschaft und andern volke,
reisigen und zu fueß. Aus früherer Zeit ist eine Stelle bei Bruno de hello Saxonico c. 26, lehr-
reich ; in ihr wird eine Versammlung der Sachsenbauem noch ohne weiteres magnus exercitus
genannt Über das Volksaufgebot des 10.— 12. Jhs. s. neuerdings Spannagel, Zur Gesch. des deut-
schen Heerwesens, Diss. Lips. 1885, S. 4 f. Es stirbt nach ihm im wesentlichen mit Heinrich IV.
als ausschlaggebend aus; in Ungarn und Boehmen ist es noch im 12. Jh. in Geltung. Dafs
aber die Bauern noch im 12. Jh. ganz aUgemein die Folge haben, zeigt der Weifsenburger
Landfriede Friedrichs I. von 1179, dessen Bedeutung von Spannagel S. 10 nicht voll ge-
würdigt wird. Im übrigen s. zum Aufbieten der ünterthanen bei Landesnot noch die ge-
nauen Angaben bei Hasenöhrl S. 41 ff.
') S. MR. ÜB. 2, 37, 1095, cit oben S. 1120 Note 3; WRommersheim 1298, cit. oben
S. 1120 Note 5, auf S. 1121; vgl. femer Stenzel S. 199; v. Below S. 45 Note 164.
^) S. Bruno de hello Saxonico z. J. 1080; Ennen, Qu. 1, 489, 31, 1083; Ges. Heisterb.
Dial. mai. 10, 64, cit. oben S. 497 Note 3; WRonunersheim 1298, cit. oben S. 1120 Note 5,
auf S. 1121. Dagegen ist der landstädtische Bürger besser bewaflhet; so zieht z. B. nach
der Echtemacber Freiheit v. J. 1236 § 15 der Echtemacher Bürger aus mit equus und arma-
tura, wenn er das nicht hat, habebit wambaisum, lanceam et capellum ferreum.
^) WWelmich 1507: dieweil sie an ort des Stifts sitzen [d. h. in kurfürstlich Trierer
Grundeigen sind], haben sie nie gereist, und auch dieweil sie aichten und froenden uf die
bürg [I)iu*emberg]. Sie tragen nämlich den Proviant nach dem Durenberg (jetzt Burg Maus)
hinauf. WCessingen 1568 § 8 : seien [die Ünterthanen] ungelt-, weggelt- und zollfrei vermitz
deme sie, wanehe das banner flucht, dem grundherm dienen mit einem wagen und 4 pfer-
den und einem lebenen hauen, danif 6 wochen imd 3 tag in des herm kosten und hof be-
lohnung, und sullen haben ein hauve, ein achst, ein sens und ein sichel. S. dazu § 26 : wan-
ehr man banerleute monstert und ufermahnt, seint sie zu erscheinen nicht schuldig, angesehen
sie den wagen halten müssen, wie obstehet, wanehr das banner fleucht S. auch WMerzig 1529
§ 19: wen u. gn. h. in krieg komt und gesinnen wurd an ims zu M., dan sollen wir geben
6 schützen uf der nechsten Schlosser eins 6 wochen lank uf unsem solt und des fursten kosten,
und ob sich sulches begebe in dem jar, wanne man hie . . die Schätzung gibt, in demselben
jar sollen wir der 6 schützen frei sein, und wanne sich begebe ein gemeinlicher auszuk, han
wir die freiheit lue nit weider zu ziehen, dan aus und in mit Sonnenschein.
*) S. MR. ÜB. 3, 1435, 1258, cit oben 8. 700 im Text
^) S. z. B. WBendorf 1403 § 3 : zue welche zeit imse junkheren grave zu Saine sie uns
geb^den oder geboden betten oder noch gebuden, uszuziehen und irs lands zu weren, so
ist geweiset vor recht und gewonheit, das iglich hove bestellen sei 3 gewapnete, und 3 hove
3 herwagen. § 4 : ob die gemeinde gewomet wurde umb gemeine not binnen dem dorfe oder
erbausscn des dorfs not zu beschütten, so sol ein ieglich hove auch bestellen 3 gewapnete
beiste, so dick dies not gepurte.
[Entwicklung der Laniiesgewiüt. — 1294 —
Aber auf die Dauer liers sich diese Landwehr auch für die gröfseren '
Territorien nicht entbehi'en. Ilire Wiederbelebung, wie sie um die Wende
lies 16. und 17. Jhs. fast Überall eintrat', ging von der Einrichtung der land-
städtischen Auszüge aus. Hier war schon in der zweiten HiUfte des Mittel-
alters ein im wesentlichen innerhalb der Landesgrenze verlaufeude.s Miliz-
system entwicltelt worden ' ; jetzt übertrug man dieses System auf das platte
Land. Im Trierer Lande speziell hatte sich der alte Auszug des Mittelalters
verhältnismäfeig sehr lange erhalten; er trat noch in den Jahren 1567 imd
1568 — wohl zum letzteumale — in Thätigkeit ^. Dann aber beginnen die
Reorganisationsentwilrfe*, welche schliefslich in den Jahren 1609 und 1619
zu einer völligen Milizverfassunp; führen *. Diese Heeresveriassung hat dann
unter wiederholten Auffrischungeu bis zum Einmärsche der französischen
Revolutionsheere bestanden * ; dienstpflichtig war nach ihr um das Jahr
1678 jeder männliche Unterthan im Alter von 20—54 Jahren, unter den
Söhnen einer Witwe nur der tauglichste, ausgenommen waren Gebrech-
liche und in heiTSchaftlichen und Gemeindediensten Stehende. Eine Aus-
hebuim nach diesem Grundsatz erpab im genannten Jahre für das Niederslift
222 Korporale und 4526 Gemeine'.
Nach dieser kurzen Übersicht des Verfalls unserer ältesten Heeres-
verfassung läfst sich ohne weiteres ermessen, inwiefern die kriegerische
Kraft der landarbeitenden Klassen im 12. bis 14 Jh. zur Bildung teiritorialer
Macht Verwendung finden konnte. Au die Mobilisiening des alteu Auszuges zn
dem genannten Zwecke konnte damals nicht mehr gedacht werden; in Betracht
kommen konnten nur die für Verpflegung und Ausrüstung, namentlich aber For-
tifikation und Sicherheitsdienst verfügbaren Kräfte. Suchte man sie aber für
territoriale Zwecke von neuem zu organisieren, wie dies vielfach wirklich ge-
') S. Stenzel S. 199 f., 289 f.
^) Zur Bedeutung der Landstädte fiu- die Miliz s. Stenzel S. 195 f., Bruder S. 12, auch
V. Below S. 44 f. Aaa unserer Gegend ist liesonders lehrreich W. von Thal und Haiu
Schöneck, G. 2, 562: vnn der herr, so Schönecken schleußt und entschleußt [der Vogt des Abts
von Prüm als Landesherm], vehde oder feintsohaft hat und der herschauwen im land ließ uf-
gepieten, sollen sie auch in der freihält herschauwen, dergestalt, mit der sonnen aus mit der
sonnen in, und wen die zeit umb ist, und der herr mit wegreisen muß und begehret die burger-
Echaft mitzuziehen, sol mans nit abschlagen und volg Uiuu, dessen solle der herr inen die kost
geben gleich seinen reisigen ; wer sach daß einiger burger verwandt oder verletzet wurd, sol der
herr inen thun theilen. so auch einer oder mehr gefangen werden, sol der herr die lösen;
bleibt einer oder mehr tot, sol der herr weih und kinder nehmen und versorgen.
») Honth. Hist 2, 533,
*) S. n. a. Honth. Hist. 3, 184, 1598.
''i Verordnungen des Kurfürsten Lothar vom 19. Sept. 1609 und 27. Miirz 1619. VgL
auch die Rhenus 2, 74 obgedr. Ordnrag des Trierer Schützenauszuges, angebt. 17. Jlis.
') Vgl. das bei Wyttenbach und Müller, (i. Trev. 3 Animndvers. S. 86 ff. gedruckte
Tableau für Errichtung einer erzstiftischen Miliz vom 26. Febr. 1794. Zur AiiBhebung sollen
gelangen 58 Compagnieen mit 6000 Mann.
') Scotti, Chur-Trier 1, 663.
— 1295 — Bildung des Territoriums.l
schab, so konnten sie natürlich nur in der Defensive, unter Anlehnung an lokal
befestigte Punkte zur Wirkung kommen. Der Inhaber herrschaftlicher Gewalten,
welcher zum Landesherm werden wollte, war daher bei Ausnutzung der
militärischen Kräfte des platten Landes notwendig auf den Burgenerwerb
hingewiesen.
Zum selben Ergebnis absoluter Notwendigkeit zahlreicher fortifikato-
rischer Anlagen führt aber auch die Betrachtung derjenigen Kriegsverfassungen,
welche für die Offensive an Stelle des alten Landesauszuges getreten waren.
Es sind das, sehen wir vorläufig von dem zur Bildungszeit der Territorien
ei-st wenig entwickelten Söldnerwesen ab, wohl überall zwei, die Dienstkriegs-
verfassung und die Lehnkriegsverfassung. Beide sind innerhalb der für die
spätere Bildung der Territorien wichtigen Zustände im wesentlichen gleich-
zeitig erwachsen ; für ihre Erörterung aber wird es von Vorteil sein, zuei-st die
Lehnkriegsverfassung zu besprechen, da die Dienstkriegsverfassung zu der
Zeit, in welcher sie in den Vordergrund tritt, auch schon in die Entwicklungs-
wege der Lehnkriegsverfassung einzumünden beginnt.
Mit den veränderten Kriegszielen des Reiches und der dieser Verände-
rung analog umgemodelten Taktik — Zurücktreten des Fufsvolkes, Betonung
der Reiterei — mufste die Lehnkriegsverfassung seit dem 9. Jh. auch in die
unteren politischen Bildungen des Reiches ihren Einzug halten; verlangte das
Reich von den ihm unterstehenden Gewalten militärische Kontingente in
Lehnsweise, so mufsten solche Kontingente von den Untergewalten schliefslich
wieder auf dem entsprechenden Wege aufgebracht werden. Nun waren freilich die
Reichskontingente keineswegs hoch, auch für die geistlichen Kontingentsherren
nicht ^, obgleich diese verhältnismäfsig höher als die Laien belastet waren ^;
man konnte sie sogar leicht durch eine kleine Anzahl von Vasallen, sozusagen
in Generalentreprise, aufbringen lassen®. Indes zu den Reichsanforderungen
M Nach dem Heeresanschlag unter Otto IL für Italien (Jafff^ Bibl. 5, 471) stellen je
100 loricati (Panzerreiter) Köln, Strafsburg, Augsburg; 70 Trier, Salzburg, Kegensburg; 60
Verdun, Lüttich, Würzburg, Fulda, Reichenau; 50 Eichstädt, Lorsch, Weifsenburg; 40 Kon-
stanz, Chur, Worms, Freising, Prüm, Ilersfeld, Elwangen; 30 Kempten; 20 Speier, Toul,
Sehen, SGallen, Murbach; 12 Cambrai. Der Trierer Erzbischof ist unter Lothar mit 100 Mann
eingeschätzt, kommt indes nur mit 67: G. Alber. c. 15, MGSS. 8, 251, 1136. Zur Inter-
pretation dieser Stelle s. Waitz, Vfg. 8, 136 Note 4; der Text wird zu belassen sein, wie ihn
die Hs. hat Für Ileereszüge in Deutschland gilt wohl die doppelte Zahl, vgl. Waitz, Vfg.
8, 137, welcher das mit Recht aus dem Vertrag zwischen Trier imd den Grafen von Arl
schliefst, MR. ÜB. 1, 338, 1052, cit oben S. 899 Note 3. Übrigens nahmen die Anforde-
rungen des Reichs im Laufe der Jahrhunderte nur sehr langsam zu, nach Chron. reg. 1166
S. 116 der Oktavausg. geht Erzbischof Reinald von Köln cum centum loricatis militibus nach
Italien (s. oben), nach CRM. 2, 354, 1293 will der Trierer Erzbischof den K. Adolf gar nur cum
50 militibus seu militaribus personis nach Italien begleiten , und nach der Reichsmatrikel von
1521 bzw. 1545 stellt das Kurfürstentum Trier nur 40 Mann zu Rofs, 184 zu Fufs, Honth.
Hist, 3, 203.
^) S. Spannagel S. 22 und die dort angeführte Litteratur, auch S. 32.
8) S. MR. ÜB. 1, 338, 1052, cit oben S. 899 Note 3.
[Eulwicklung der Landesgewall. — 129(i —
gesellten sich bei der Uiifäliigkeit lies ßeichä zum Friedensschutz je langer Jel
mehr die territorialen Bedürfiiisse, Füv sie mufsteü \iel bedoutendeio Wh-tscliafta-
IcrUfte auKespannt^ viel gröfsei-e Kontingente aufgestellt', eine weit aiisehn-
liclieve Zahl von Vasallen in Bereitschaft gehalten werden. Alis diesem Zwange
heraus entwickelt sich zumeist im 9. bis 11. Jh. die tenitoriale Lehnkriegs-
InnerfiaJb dieser Verfaasuug war nun die militärisdie Wirkungsßlhigkeit
der Viisallität von jeher eine beschränkte. Galt sie nach Reichslehnrecht über-
haupt nur für das Reich^ , nach dca meisten :iuf gewohnheitlichem Einzel-
vertrag beruhenden Landesrechten m-spi-ünglich in allgemeiner Leistiuig — falls
der Vertrag nichts Besonderes über Baimeraiut, Manichallamt u. dgl. auswies* —
') MK- ÜB. 1, 254, 980; cum ipsius cpiscopii niaxima pars roilltibuB esset in ben^
ücium distributa. Ausclm. Leod. 2, 29: Biscbof Notker von Lüttich giebt TOn den bischöf-
lichen Gütern partein tertiam bis, qiti mUitiani enerccrenk S. ferner G. Trev. Uli, MGSS. 8,
195, m, cit. oben S. TU Note 1, und uns spaterer Zeit Ces. Hebterbac. Dial. mal. 2, 27:
clericus quidaui Parisiis ante paucos annos verbuin Icrribile contra episcopos locutus est, di-
cena; oinnia credere possum, sed aon {Kiaüuni credere, quod unqnam aliqnis episcopns Al»>
manniae possit BaJvari . . . quia pene oomes «plscopi Atemanniae iitminque hobent gladium
spirituoleui vidolicet et materialem; et quia de sanguine iudicant et bella exercent, magia eoa
sollicitos esse oportet de stipendiis militum, quam de aalute animanua aibi commiGsarum.
■) So Biellt Trier einmal unter Erabischof Albero (G. Alb. c. 15) 500 Heisige auf;
freilich tilhrC nach G. Alb. 19, MGSS. 8, 253, der Graf von Luxemburg imd Namur
gegen Trier sogar 1500 milites. Aus der Abschlufszeit der Teiritoriulbllducg beachte man
die folgenden Kachrichten unter Anwendung der Bd. 2 S. 3 ff. begründeten Vorsicht: G. Trev.
c. 188: Eribischof Heinrich von Vinstingen erscheint nur Wahl Hudolfe nrniipotens et glo-
rioeus pre ceteris principibus universia cum 1800 armatis tam militibus quam amiigeris et
vasallis. Nach CRM. 2 S. 381 erhält er von Rudolf freilich auch fiir Wahllinkosten 1555 nir.
bonommetlegaliuuiAquensiumet Hallensiumd. Ann. Culniar., lioehmerl'ontes 2, 29: Erzbischof
Boemund kommt mit 3000 Reisigen zur WaM li. Adolfs; s. ferner elid. z. J. 1303; der Erz-
bischof Dietlier zieht gegen Koblenz mit 500 etjuis phaleratis, und vgl. auch Koriander 237,
1304 : die Stadt Trier will Ei-zbischof Dietber mit 300 armati unterstützen. Erzbischof Bal-
duin kommt wenig sjiater zur Wahl K. Ludwigs mit 4000 Mann, s. Dominicus S. 144. Er
sclückt ferner zur Schlacht von Mühldorf nach Brower 1.500 Mann, s. die Angaben bei Do-
minicus Ü. 191 Kote 1, und stellt zum Kampfe gegen Metz 300 Reiter und dem entsprechen-
des Fufsvolk, Dominicua S. 216. Zu kleineren Kriegsimtemehmuugen unter Ei'zbischof Bal-
duin s. CIDI. 3, 226, J337, Bündnis wider den Wildgi-afen -loliann von Dann: Erzbischof
Balduin mit 30 Manu mit Heimen, der Graf von ^'eldenz ebenso, der Wildgraf mit 20 desgl.,
die Herren von Daun mit 20 und nochmals 20 desgl. Schon im 15. Jh. wuchs dann die
Gröfse der Heere aufserordentlich, s. Steiizel S. 186.
') Homcyer Ssp. 2, s, 377; vgl. auch Spannagel S. 14 ff.
*) S. den Libeiius de lib. ecci. Eptemac, MGSS. 23, 69, 1192, und "Bald. Kesselst.
S. 166, 1323: der Burggraf von Hammerstein erliält ein neues Lehen und verpflichtet sich
dafür fiir sich und seine Erben zu tragen banderiam et alia insignia ipäius archiepiscopi ac
suorum suctessorum, ubicumque fuerint, contra eorara iiiimicos et i-ebelles nui ecclesie Tre-
verensis. — Zum Marschallamt, dein eigentlichen Heerfuhi'eraiut (Stenzel S. 120 ; MR. ÜB.
8, 959, 1248), vgl. MR. ÜB. 3, 121, 1220, cit. oben S. 883 Kote 3; CRM. 8, 517, 1868.
I
— 1297 — Bildung des Territoriums.]
gegen jeden Feind mit Ausnahme des Königs ^ so treten doch schon
früh stärkere, bald zu besprechende Begrenzungen auf, und im 14. «Th.
ist eine Beschränkung der Lehnkriegspflicht auf die Landesverteidigung nicht
ungewöhnlich^. Fernerhin war auch die Dauer des kriegerischen Auszuges,
soweit er auf eigene Kosten des Vasallen erfolgte, ziemlich kurz bemessen;
der gewöhnlichste Termin ist der von sechs Wochen; nach dieser Zeit tritt
der Vasall in die Veipflegung des Herren®.
Machten derartige Bestimmungen das vasallitische Heer von vornherein
zu einer wenig schneidigen Waffe des Kriegsherrn, so ergab sich au&erdem
innerhalb des ursprünglichen Umfangs der Verpflichtungen seit dem 12. Jh.
ein immer bedenklicherer Verfall der Leistungsfähigkeit, innerhalb der einmal
erworbenen Kriegstechnik ein immer offener zu Tage tretender Mangel an
taktischer Fortbildung. Mit dem 12. und 13. Jh. kamen die grolsen Städte
auf und mit ihnen die drohende Zukunft ausschlaggebender Verwendung des
FuiSävolkes, aber die Lehnkriegsheere brachten es ihr gegenüber zu keiner
durchgreifenden Umgestaltung der Taktik. Eben diese Städte suchten sich
in Erp:änzung ihrer eigenen kriegerischen Macht durch Abschliefsung von Lehns-
verträgen im Sinne von Aufeenbürger- später Glevenbürgerbriefen in den
Besitz der kriegerischen Kräfte des platten Landes zu bringen^: und die
Lehnsherren eben dieses Landes, die künftigen Territorialherren, fanden kein
völlig wirksames Mittel, um diese Ablenkung der ihnen zunächst offenstehenden
Quelle militärischer Macht zu verhindern^. Schlimmer war es noch, dafs das
ganze Lehnssystem in sich an einem unheilbaren Schaden krankte, welcher
seit Schlufs des 11. Jhs. immer weiter um sich frafs. Die vasallitische Heeres-
pflicht beruhte auf der Treue gegenüber dem Lehnsherrn: von dieser Seite
aus betrachtet konnte also ein kriegsfähiger Mann nur Vasall 6ines Herrn
sein, jedes Eingehen vasallitischer Pflichten gegenüber mehreren Herren war
logisch undenkbar und muMe praktisch zu heillosen Verwirrungen des mili-
tärischen Pflichtgefühls führen. Nun wurde es aber gleichwohl ganz allge-
mein Sitte , mehrerer Lehnsherren Vasall zugleich zu sein. Es war ja nun
') So wenigstens nacli dem Roncalischen Leimsgesetz Friedrichs I., 1158: at in omni
sacramento fidelitatis imperator nominatim excipiatur.
«) S. V. Below S. 17—18, vgl. auch S. 78.
») Vgl. z. B. *0r. Koblenz St A. Prüm Repert Ko. 18, 1261 Okt 5, Lehnbrief Wal-
rams, Bruders des Grafen von Jülich, über das ehemalig Hochstadensche Lehen von Prüm:
promisimus (Prumiensi) abbat! , cum a nobis requisierit, cum centum hominibus per 6 ebdo-
madas nostris expenais et dampnis servire; et si ultra hoc tempus nostri indigeat, suis ex-
pensis sibi ultcrius serviemus; et omnia fetciemus ad ipsius profectum, que homo legius suo
domino facere tenetur.
^) S. dazu Stenzel S. 154 f. So waren z. B. die Grafen von Luxemburg und die
Grafen von Sponheim Aufsenbürger der Stadt Trier, a. a. 0. S. 155. Vgl. auch Kyriander
242, 1321 : Johann von Sierk verspricht der Stadt Trier mit 15 armati zu helfen, and Ky*
riander 248, 1827: Wirich Landir verspricht das Gleiche mit 2 anmgeri.
^) Stenzel a. a. 0. S. 162 f.; s. auch Goldene BuUe c. 16.
[Entwicklung der Landesgewaii. .— 1298 —
in solchem Falle möglich , eiuer Kollision der ein^regaiigenen Verpflichtungen
durch vertragsmäfeige Ausnahmen innerhalb der eigentlich allgemein bindenden
Dienstpflicht auszuweichen ' ; allein wie wenig konnten derartige künstliche
Mittel bei einem allgemeinen Durcheinander von Anrecht und Verpflichtung
auf die Dauer nützen. Schon am Sclilufa des 11. Jhs. war man soweit ge-
kommen , dafs man dem gewöhidichen Lehen — welches ja ursprünglich ex-
klusiv sein sollte — das ligische Lehen als nunmehr eigentliches, durchaus
ansschliefsliches, nur öinem Herren geltendes Leimsverhältnis entgegensetzte-.
Natürlich nicht auf lange; sehr bald wird auch mit dem ligischen Lelins-
verhältnis eine Mehi'zahl von Lehnsherren für einen Vasallen vereinbar
jrehalten *.
Die Folgen dieser Vorgänge mufsteu sich natürlich in einer Depravierung
des ursprünglich rein persönlich und durchaus ausschliefelich auf lebenslänglicher
Treue beruhenden Lehnsverhältnisses zu einem blofsen Kriegsdienstvertiag auf Zeit
zeigen, wobei freilich die änfseren Formen des Lehnsvertrages noch lange gewahrt
bleiben konnten. Diese grundstürzende Änderung, die Ablösung des alten
vasallitischen Verhältnisses durch den Lehndienst\ertrag , vollzieht sich lang-
sam etwa seit Beginn des 13. JhB.*, und sie wird begleitet und in ihier
weiteren Verbreitmig durch den Lauf des 13. Jhs. hin ermöglicht durch das
Aufkonmien einer besonderen Art des Lehnsauftragea, von welchem schon oben
') S. oben S. 12Ö3 Note 4, und Waitz, Vfg. 6, 42. Aul' ligisches Lehen geht wobl aucli schon
MR. ÜB. 1, 394, 1097 viehnehr 1096, vgl. Goerz Eeg, 1 No. 1539; i'go Egiibertus . . Tre-
rironun orchiepiscopus licet indignus comili Willelmo [von Ltixemburg] pro lideliUle, pro
devdto obsequio, pro ecrto et indubitaio contra onines pretcr regiani polnstateni forcndo
aoxilio, quod mihi et beato Petro promisit et inravit, aexcentos mansos in beneficium collau-
davi. Im übrigen vgl. z. B. noch MR. ÜB. 3, 1159, 1252, der Pfalzgraf belehnt don Grafen
Gottfrid von Eppenstein mit der heimgefallcnen Grafschaft Wied: eadem enim cometia pala-
tinatiti Riieni sie est astricto, quod quicunque eandem possidet, comiti )>alatino Rheni tamquain
bomo tidelis, quod dicitur vulgari[ter] ledig mane, contra quemlibct inimicum siium assistere
tenetur. Berthoiet 4, 376; Jaques de Cons (la grande ville, Lothringen) foit connaltrc, qu'il
est dcvenu liomme lige de W. comte de Luxembourg, qui pourra s'aider du chiUeau de
Bethenges contre tous les hommes. Comnie il en a re^u 50 Ib. de Jletz, il lui assignera
500 Ib. de Metz.
") S. z. B. CRM. 2. 160, 1254: Johann Herr zur Nürburg und sein erstgehomer Sohn
Cunzo vcrspreelien dem Erzbischof Conrad von Köln von ihrem Scblofs aus wider jeden zu
dienen, ausgenommen wider das Reich und ihre Verwandten, den Grafen Gerhard von Neuen-
ahr und Gerlach von Saffenberg.
■) Charakteristisch ist MB. ÜB. 3, 215, 1223, Wildgi-af Konrad wird Luxemburger
Vasall : fcci ligium et fidele hominium contra omnes hominee praeter dominum imperatorem
et comitem palatinum Rheni, qiiibus principaliter ligio hominio siun astrictus, et tarn ego quain
heredes mei comiti de Luccenburch in perpetuuni simili hominio asiringemur. Ganz ähnlich
MR. ÜB- 3, 227, 1224.
•) S. z. B. MR. ÜB. 3, 10, 1213: Rheingraf Werner verspricht dem Grafen von Weil-
nau Hilfe gegen den Grafen von Kaizenelenbogen cum 30 armatis militibus et totidem anni-
geris. JIR. ÜB. 3, 670, 1239: Wildgraf Konrad verspricht Main/ zu dienen cum 60 miliii-
bus et annigeris 40 per 5 annos.
— 1299 —
Bildang des Territoriuins.]
S. 883 f. gesprochen worden ist^ Das Ergebnis war schlielslich der Über-
gang des alten Lehnswesens in ein höheres Soldwesen mit ([riegsdienstverträgen
auf Zeit oder gar wohl zum besonderen Behuf bestimmter Fehden ; in dieser
Form blüht die neue Einrichtung im 14. Jh.^. Im 15. Jh. tritt dann der
Verfall audi dieses letzten Auswuchses des alten Lehnskii^sverhältnisses ein*;
^) Hand in Hand damit ging die Veranschlagung der Lehen in Oeld, wenn auch diese
Art der Veranschlagung vereinzelt schon früher vorkonunt, s. Waitz, Vfg. 6, 28. Zu der
Art, wie Dienstlehen in dieser Form anÜEings veranschlagt wurden, dem Werte nach in Geld,
schliefslich aber doch thunlichst in Naturairenten angelegt, giebt einen guten Beleg MR.
ÜB. 3, 1172, 1252; s. auch a. a. 0. No. 1191, 1253.
>) Zur Form der Dienstlehen des 14. Jhs. vgl. Bd. 3 No. 78, 1800; No. 81, 1801;
CRM. 8, 7, 1801; 58, 1818; Bd. 8 No. 93, 1816; Bd. 8, S. 425 Note 5, 1888; *Bald. Kesselst
S. 407, 1347 : Ich Johan hem Johans Boßen van Waldecke ritters son dfln kunt . . , dat . .
her Baldewin erzbischof zu Triere mich . . zu dienen gewünnen hat, also dat ich in dienen
sal mit eime gecronten helme und mit zwein panzieren wol geriden und gezuget wider ire
viande. Honth. Hist 2, 201, 1857: der Edelknecht Heinrich von der Leien tritt in den
Kriegsdienst des Erzbischofs, wanne min eg. herr mir einbudet mit munde oder brieven, daft
ich ime selbdritte mit glevien wol erzuget und gerieden einen crieg allus sal dienen, da ich
is mit eren gedun mag, und sal mir dun koste geben, als ich komen bi sinen fründ, da er
herberge heldet, und sal auch mir dun reichen mine kuntlichen Verluste, und der sal [ich] verliben
bi sinen marschalk oder heubtmane des krieges, wie er di saßet Zur Ausrüstung einer
Gleve s. Stenzel , Kriegsverfassung S. 102 f. Im übrigen vgl. ftür Kriegswerbungen des in
dieser Hinsicht besonders eifrigen Erzbischofe Balduin Dominicus S. 141 Note, 157 Note 5,
185 Note 2, 187 Note 8, 194, 292 Note 8, 312 Note 2, 327 Note 2, 891 Note 8, 407 ff.,
455 Note 1, 472 f., 499 Note 5, 502 Note 8, 527 Note 2, 556 Note 2; s. auch G. Trev.
c. 251 : Balduin sammelt momentaneum . . exercitum nobiUum plus quam 1000 galeatorum.
Aus späterer Zeit vgl. noch Honth. Hist 2, 208, 1859; CRM. 8, 507, 1366; 556, 1878; Honth.
Hist 2, 443, 1461; CRM. 4, 413, 1468; Honth. Hist 2, 566, 1504; 579, 1506; s. auch Bd. 8
Wortr. u. d. WW. dienst, reisig man.
') Die folgende Zusanmienstellung Trierischer Reverse nach Goerz, Regg. der Erzbb.,
zeigt, wie gegen Schlufs des 15. Jhs. militärische und Verwaltungszwecke bei Begründung
neuer Dienstverträge inuner mehr vermischt werden, mithin der absolute Lehnskriegsrevers
früherer Zeit verschwindet
Dauer des
Dienst-
Datum
Name
Dienstes
geld
Pferde
Bemerkungen
Jahre
in gl.
1472 Jan. 1.
D. Freengen
1
40
4
selbdritter, mit 2 reisigen
Schützen.
Jan. 23.
Ein Mann
1
6
1
1474 Nov. 25.
Graf V. Vimeburg und
Neuenahr
1
500
40
in Harnisch gerüstet
Nov. 30.
Jacob von Soetem
4
20
2
1475 Jan. 4.
Burggraf v. Rheineck
1
100
10
wohlgerüstet
Apr. 24.
Eng. Hurt v. Schöneck
1
100
10
darunter 8 gewappnet
1476 Okt 14.
Adolf von der Mark
1
80
8
in Harnisch wohl gerüstet
(wird 1477 Okt 18.wiederh.)
[Entwickluug der Landesgewüli.
1300
die ritterlich-adligen Sölfliier in Lehiisweise weitlen abgelöst durch die ein-
fachen Sölduer in Landsknechtsart und in der Weise einfachen Lehnsvertrages;
der Atlfl zieht siüh vom kriegerischen Leben mehr zurück, er denkt mehr an
den Aubau seiner Güter ' , so dafs ihm eine reiclisgesetzliche Bestimmung
einige Generationen später den Kriegsdienst unter fremden Heri-en im Sinne
der Verträge des 14. und 15. Jhs. geratlezu und offenbar mit Erfolg verbieten kann ^.
Ein Rückblick auf die Phasen, welche die mittelalterliche Lehnskriegs-
verfassung durchlaufen hat, zeigt, dafs den erstehenden Territorialmächten
etwa schon seit B^inn des 12, Jhs. mit den Mitteln der vasallitischeu Kriegs-
führung nicht gedient sein konnte. Die vasallitischen Krilfte versiegten seit-
dem, und soweit sie sich noch erhielten, hatte der Landesherr sie nicht mehr
in seiner Hand. Aber während die Lehnskriegsverfassiuig verfiel , entwickelte
sich, wie oben S, 1263 gezeigt, fast seit eben dieser Zeit oder wenigstens seit
Mitte des 12. Jhs. das Burgenlehnrecht immer mächtiger; hier lag der Ersatz
für die Einbufee an jenen vasallitischen Kräften, welche für den offenen Krieg
Dauer des
Dienst-
O&tuui
Name
Dienstes
Jahre
geld
in gl.
Pfei-de
im Apr. 11.
Burggraf von Rheineck
1
80
a
selbsechster.
1479 Jan. la
Ülockenpeterz.S\Vendel
«
6
1
als RottmeiBter, dazu 4 mir.
Kom, 8 mir. Haler.
Juni 17
Clas von Drachenfela
5
50
5-6
in Hämisch wohl genistet
Okt 2.
Engelb. vam Stein
8
60
4
in Harnisch wolil gertlstel.
1482 Dez. 24.
WUh. TOD Runkel
2
60
6
wirtl Hat nnd Diener.
1486 Apv. 25.
Hans .\lbifh
Leiten Bueit
a
1
1487 Apr. 17
Hans Burkart
Lebenszeit
6
1
1488 Apr. 28.
Weckw Graf von Zwei-
l)rUcken
1
aoo
34
oliei-ster Hauptmann ul er
Reisigf und FiifBvolk
Juli 24.
TMelm. von EUenz
1
24
3
selhzfl elter
ÄQg. 25
Job. von llalzfeld
I
100
a
1490 Dez. 24
üietricii vom Stein
12
')
1
'Jlrah Ivom 12 mir Hafii-
1 &omni(rhotkiud
1494 Juni 26
Hilger von Primi
4
12
1
dazu 1 Sommerhöfkieid
1497 ÄQg. 6.
Ph. v. Huelirliilieim
6
50
4
scIbdnUet uls Helfer und
Ditu.r, da/u 1 Hofkleid
1490 Mz. 12.
Fripdi-. V. .Sombreff
I
100
10
als Hit unl lldfei
Charakteristisch ist CRM. 4, 88S, 1491, 8. 703, Testament des Graten Ocrhird lon Sij-n
Ennahnung an die Erben: auch sullent si sich hueden vor sweren dinstcn mit nitcruerk
der fiirsten, want nngoade davon cotsteit, so man schaden enpfeit, so ui-in den gerne gi
keret sege.
') S. Stenzel S, 285, 287.
*) Rtabsch. 1570 § 4. Um dieselbe Zeit verbietet auch schon Brandenburg fremde
Kriegsdienste des landsässigen Adels, s. Stenzel S. 240 Note 2,
— 1301 — Bildimg des Territoriums.]
nicht mehr zu mobilisieren waren. Und wir haben gesehen, dafs die erwach-
senden Landesgewalten diese neue Wendung der Dinge eifrig ausnutzten.
So führte denn die Entwicklung der alten Heeresverfassung wie der
militärischen Lehnsdienstpflicht in gleidier Weise zu der Notwendigkeit, seit
Mitte des 12. Jhs. die Defensive, d. h. den Burgenbau, besonders zu betonen:
um diese Zeit wai-en eben alle bisher für die Offensive benutzten Kräfte zer-
klüftet und unbrauchbar geworden.
Aber gewährten nicht um eben diese Zeit andere Kräfte des Volkslebens
die Mittel zur Ausbildimg einer neuen OlFensivmacht?
£s hätte hier an zwei schon vorhandene Bildungen angeknüpft werden
können, das freie Söldnerwesen und die Ministerialität.
In der That sehen wir nun das freie Söldnerwesen in der Epoche be-
ginnenden deutlichen Verfalls der Lehnkriegsverfassung einen ersten grofsen
Aufschwung nehmen: in den Kriegen der ersten StaMer, namentlich Fried-
richs I., spielen Brabanzonen und Sarjanten, oder wie die aus freien Land-
fahrem und entlaufenen Hörigen zusammengesetzten Mietstruppen sonst
heifsen^, eine grofse Rolle*. Allein diesem Anfang entspricht die weitere
Entwicklung wenigstens in Deutschland nicht. Während die Söldnerheere in
den französisch-englischen Kriegen des 13. und 14. Jhs. eine grofee, bald für die
Landesruhe in friedlicher Zeit gefahrvolle Bedeutung gewinnen, verhinderte in
Deutschland der Zerfall des Reiches in kleine Territorien und die damit Hand
in Hand gehende Entblöfsung der Regierungsgewalten von grolsen materiellen
Mitteln ihr Aufkommen. Denn Soldheere erfordern vor allen Dingen starke
finanzielle Aufwendimgen; ihre endliche und dauernde Einführung in Deutsch-
land gegen Schliüs des 15. Jhs. war nahezu gleichbedeutend mit dem Eintritt
voller Entwicklungsfreiheit für die an die Steuerbewilligung anknüpfenden land-
ständischen Rechte*.
Mit den bisherigen Bemerkungen ist aber natürlich nicht ausgesprochen,
dafs die Entwicklung der Soldkriegsverfassimg in Deutschland während de&
13. und namentlich 14. Jhs. stillgestanden hätte. Im ersten Zeitraum dieser
Epoche nahmen namentlich die Städte Söldner an*, im zweiten die grofsen
Bünde* und hier und da auch schon die Territorialgewalten, die letz-
^) Zur sozialen Kckratiemng der gemeinen Söldner s. oben S. 1157, femer Alp. de
div. temp. 2, 7 und 11; Ann. Ck)rb. 1147, MGSS. 3, 6; Ces. Heisterb. DiaL mai. 1, 16.
^) Über Söldner in deutschen Heeren bis zum EInde des 12. Jhs. handelt neuerdings
in besonderem Abschnitt Spannagel S. 71 f. Er findet sie zuerst in der 2. H. des 11. Jhs.,
dauernd aber nur in Niederlothringen (Cambrai, Lüttich). Wichtiger Faktor im Reichsheere
werden sie zuerst unter Friedrich I. S. femer Stenzel S. 248 ff. Besonders lehrreich sind
aus früherer Zeit G. ep. Leod. 2, 55, ca. 1060; Lambert z. J. 1074, MGSS. 5, 217, as; Bert-
hold z. J. 1075, MGSS. 5, 279, is; Chron« Casin. 8, 70, 1080. Za dem Soldheere Beinaids
von Dassel s. Ennen, Qu. 1, 552—8, 75, 1167.
3) 8. oben S. 1258, auch Stenzel S. 278 ff., 281 f.
*) S. Stenzel S. 168.
>) S. Stenzel S. 185 f.
[Kntwitkluug der Laudösgewalt. — 1302 —
teren u. ii. auch in der Weise, riafs sie ans ihnen streifende Korps nach Art
einer Landgensdarnierie oi'Kauisierteu'. Wirklich in Flufs kam diese Entwick-
lung aber erst im 15. Jh., nicht zum gerinfjsteu wohl rtun-h die Anfordeningen,
welche ()ie Hussitenkriege an die Organisation des Reichskriegswesens stellten ^,
la unserer Gegend speziell finden sich nicht mehr nach Lehnsweise gegebene
Triersche Solddienstbriefe massenhiifter schon seit Anfang des 15. Jhs.^; um
etwa 1450 zeigen sich die Anfänge des miles perpetuus * ; 1497 bei der Belage-
rung Yon Boppard ist neben den Cadres der alt#u Heeresverfassimgen auch
ein Söldnerheer beteiligt*; unter Lothar von Sehönburg (1581—1599) endlich
wird ein stehendes Söldnerheer eingerichtet".
') Sehr inMressaiit ist in dieser wie iu anderer Hinsicht der folgende Brief, 'Or.
Koblenz St A., Erzstift Trier Staatsarchiv, Pgt., wohl 1337 : Dem edeln hoegelobeten försten
und mime gnedigen herren . . Boldewin von gotz gnaden eraebischof zfi Triere pieger dea
heiigen at&ls r& Mentze und des bisluuunes zQ Spire . . enbeiht ich Heinrich von Flecken-
stein ein ritter min gewilligen dinst x& allen ziden gei-eiht. herre wiEzent, alz ich von ucb bin
gescUMen umbe daz anibaiht des bistiuuines zQ Spire bie diszite Rincs mir z& libenne von
&wem gnaden , daz ban ich mich berathen mibt min ifründen und die oucb des stiftes
&üut siut, Aue ich von zwölf kneithen miht mir gewofieut zft ritenne uod das bistumme zft
beschinuenne nemmen wil Ecizbändert phSnt id. ein jar umbe ufrftslänge derselben
kneithe, also wanne sie in dem bistumme sint, daz sie oucb in des Stiftes kosten s&llent sin ;
und von fSnßig kneithen die veslen zä behötenne von ieklicbenmie seazeben phSnt hl. oucb
ein jar, und sullent die in minre koste sin ane des süftes schaden, und d&nket daz alle
mine frftnt, wie es wenig gn&g sie. und were oiicli daz icli oder dieselben dlener oder an-
dere, die von des Stiftes wegen und miht öwerm willen bie mir werent oder bie dem stitle,
iht TÖrlärent, das süIte ouch von des stiAes wegen vAi^i«d werden, ditz got wende, daz ich
dem stifte zÜ Mentze die veslen sielte antwSrteu, die Sicherheit wil ich ucb, domitte ucb
wol begnägct [vgl. dazu Dominicus S. 389 f.]. und woz domitte uwerz willen sie, daz enbiethent
mir oder unserme scriber zft Luterbui^ miht diszem boden. Datum in Benbeim crastino puri-
ficationis beate viipnis. Zusatz des Mainzer Domdechanten , durch dessen Hand der Brief
an Erzbiachof Balduin ging: Herre disen brief hon ich uffegehrochiii ; und waz auwer welle
sie, daz laot mich endelich wissen mit eime lofenden boden. ex parte decani Mugimlini.
Rückseite; . . Rcverendo in Christo patri ac domino . . domino BaUlewino sanete Treve-
rensis ecciesie archiepiscojio. In der Ecke links der Vermerk; pactum H. VIekslein petitum.
Erabiscbof Balduin ist von 1331 Mai 9 bis 1337 Mai 31 als Pfleger von Speier nachweisbar.
vgl. Reniling, Gesch. d. Bisch, zu Speier 1, 593; Dominicus, Baldewin von Lützelburg S. 299;
Goerz, Reg. der Erzb. S. 74—80. Das Schreiben fällt vermutlich in das Jahr 1337, vgl. Do-
minicus a, n. 0. S. 339—840. Diesem Datum widerspricht auch der Tite! Balduins als
Pfleger von Mainz nicht unmittelbar, denn die Übergabe der Iflegerscbaft dauerte bis iu die
ersten Monate des J. 1837 hinein, wie die Urkunden der Übergabe im Koblenzer Si. A.
zeigen. — Man sehe auch Bd. 2, 293, und vergl. zu iihnlichen Euirichtungen Bd. 3 Woitr.
u. d. WW. beriten, waegenbereider, sowie Bd. a, 204, 4, 1349; 211, i^, 1350. Doch kann
hier auch Geleilsluxus vorliegen, s. Parc. 1, 212; Gahmiu^t hat 16 Knappen, darunter 6 in
Eisen gewappnet. Vgl. auch noch Bd. 8 No. 268, 1495.
s) S. Stenzel S. 259 1.
') Sehr bezeichnend ist in dieser Hinsicht Honth. Hist. 2, 372. 142G.
*) Honth. Ilist. 2, 416, 14iO.
") Honth. Hist. 2, 505, 1497 : Erzbischof Johann mit 700 P'iif^kiiefliten vor Boppard.
") Sielie S, 1303.
— 1303 — Bildung des Territoriums.]
Alle diese Vorgänge liegen indes, wie man sieht, viel zu spät, um für
die Bildung der Landesgewalt wesentlich in Betracht zu kommen; namentlich
für die kritische Zeit dieser Entwicklung trägt das Söldnertum, weil noch zu
jugendlich, wenig aus. Das letztere gilt nun aber auch yon der Ministerialität,
nur aus entgegengesetztem Grunde : sie ist in der entscheidenden Epoche schon
zu alt, ja in militärischen Dingen fast bis zur Verwischung ihres ursprünglichen
Charakters veraltet.
Die ursprüngliche Kriegsdienstpflicht der Ministerialen war fast unbe-
grenzt gewesen, wie ihre Administrationspflicht, und sie hatte dem ofienen
Krieg wie dem Burgendienst in ebenmäfsiger Weise gegolten ^ Im Banne
die^r Pflichten, zahlreich an Kriegern' und ungebrochen an Kraft, war die
Ministerialität ursprünglich die breite Grundlage, auf deren niederer Dienst-
barkeit sich das Lehnskri^wesen erhob. Allein mit der zunehmenden
Schwächung des kriegerischen Lehnsverbandes gewann diese Grundlage immer
mehr an eigenständiger Bedeutung; schon im 11. Jh. besteht eine Bewegung
in dieser Richtung^, im 12. Jh. kommt es dann ziun vollen Emporblühen
kriegerisch -ministerialischer Selbständigkeit*. Das Zeidien, unter welchem
sich dies Emporkommen vollzieht, ist die Aufiiahme in die Ritterschaft; sie
erfolgt vielfach schon um die Wende des 1. und 2. Viertels des 12. Jhs.,
ziemlich allgemein wenigstens bis zur Mitte dieses Jahrhimderts ^, und mit ihr
läuft eine letzte grofse Vergabung dienstherrlichen Eigens an die aufstrebenden
dazu von 5 Grafen je 20 Pferde, von 18 Herren viermal 10, fünfinal 4 und viermal 3 Pferde,
im ganzen 172 Pferde. Hierzu sollen stofsen aus Mainzer Hilfe 400 Pferde, ebensoviel von
der Pfalz und vom Landgrafen von Hessen; 200 zu Fufs, 110 Pferde von Christoph von
Baden, vom Herzog Johann vom Hunsrück 30 Pferde, vom Herzog von Jülich 50 Pferde.
Weiter sind aus fast dem ganzen Elrzstift 800 Graber zusammengebracht Vgl dazu ebd.
S. 509 : Inventar des Geschützes vor Boppard. In Summa lagen *ob die 12000 [(] man vor Bopart«.
^) Honth. Hist 2, 533. Ziur Beorganisation des Trierer Sölduerwesens durch Kurfürst
Johannes Hugo s. die Verordnung vom 8. Jan. 1680.
^) Einen Nachhall aus dieser älteren Zeit bietet noch WHamm 1339, G. 2, 83: vortme
so solen die dinstlude sente Petirs dienen unsme heren von frieren und sime stifte bit deme
live und sich gewaipint und gerieden haldin, dama sie it vormoigen, in des Stiftes kost di
dinstlude aver, die der moigen nit inhaint, die solen unsme hem dienen uf des Stiftes kost
uf sinen vestenin, so it deme stifte noit doit. S. auch WlCröv, cit oben S. 1173 im Text
Vgl. im übrigen noch MR. ÜB. 1, 382, 1082—1084. Über Ministerialen als Burgmannen s.
Waitz, Vfg. 5, 348, über die spätere Abgrenzung ministerialischer Kriegsdienstpflicht v.
Below S. 19 ff.
s) S. MR. ÜB. 2, 328, 1190-1212, das Verzeichnis erzstiftischer Ministerialen im
Koblenzer Gebiet
») S. oben S. 713, 1170.
^) Über wenig angenehme Äufserungen derselben s. Waitz, Vfg. 5, 345; 7, 49 — 50.
^) Der (Eintritt der Ministerialität in das Rittertum ist in dem SMaximiner Dokument
von 1135 teilweis, im Ahrer Dienstrecht von 1154 völlig vollzogen, Spannagel S. 46. Im
übrigen s. noch oben S. 1170; und G. Godefr. (1124— 1127X MGSS. 8, 202, cit oben
S. 881 Note 2. Die späteren Landesritterschaften konstituieren sich &st auBsdüiefslich aus
der Ministerialität, v. Below, S. 11—12, S. 71 Note 269. Diese Ansicht ist insofern be-
[Kn(B-ii-khing der I.iiniiesgcwalt. — 1304 — i|
Dienatiiiaimeu parallel '. Beides, soziale Hebung wie materielle Verbesserung,
sehr begreifliehe Erscheimmgen : sollten die Ministerialen im Kriegsdienst den
Lehnsverhand ablösen, so niufsten sie hierzu vor allem durch Erhöhung ihrer
persönlichen Bedeutung befähigt werden.
Indem man auf diese "Weise vorging, erhielt man denn in der That einen
für kriegerische Offensive wie auch — um hier sofort auch die andere Seite
zu betonen — friedliche Verwaltung in hohem Grade geeigneten sozialen
Körper: in seiner Begründung und A'ei-nendung beniht nicht zum geringsten
Teile die Gröfse (ler staufischen Politik.
Aber waren die Vorztige dieser neuen Bildung dauerhaft? War es
denkbar, daJs man an dem der Unfreiheit entstammenden Dienst jener Krieger
festhalten konnte, welche man sozial und materiell der rechtlichen Basis ihres
Standes unendlich weit entrückt hatte? Sollte der ritterliche Dienstniann
nicht dem frei-vasallitischeu Ritter uaeheil'em?
Die Fragen gerieten in Flufs durch ein schon in früherer Entwicklimg
gegebenes Moment. Die Erscheinung, dafs die IHenstmannen Vasallen ihres
Hen-en waren, bestand schon in den ersten Jahrhunderten deutsclier Kaiserzeit
ziemlich allgemein^; und sie wurde in einzelnen Fällen schon seit dem 11. Jh.,
gewöhnlicher wohl seit dem 13, .Jh. dahin ausgedehnt, dals ein Ministerial zu-
gleich auch von anderen Herren belehnt sein konnte^. Bedenkt man zugleich,
dafs die liehen im Laufe der deutschen Kaiserzeit bald erblich geworden
waren*, so ist die Frage ohne weiteres begründet, inwiefern sich denn die
Ministerialität noch mit der Vasallenstellung des Ministerialen vertragen
konnte. Die Entwicklung des 13. Jhs, giebt hierauf stillschweigend AJilwort,
indem sie den ministerialischen Charakter dei' Dienstmannen immer mehr zu-
rllckdrängt, den vasallitischen immer mehr betont. Und so ergiebt sich denn
um die Wende des 13. imd 14. Jhs. eine Konstellation, nach welcher das
spezifisch Ministerialische der Hauptsache nach verschwunden, die Ministerialität
in den einfachen Lehnsverband aufgegangen ist\ Ziehen wir aus der bisher
gründet, als iler spatere ntterschiltliche Korpei ]c ienfalh ein/ ul v^i genl ins eliemaheen
Minis torialcnfiehililtchtem bestanieu Inlpn wiri
■) S. oben S SSI 1170
2) In diesem binne hnt die Bamberger Ministen alitat schon iim lOöO lasallmsi-lieii
Charakter, Spannagil s 46
') S. ohin S 1172 lind v Below ^ 9
') S. oben S 880 f Das wurde treihch fur riienstlihcn iioüi gileugnet von einem
Reichsspruch v T 1192 AIGLL 2 195 nulltis miuistenalis iIiluius eiclesic tcodum quod
habet ab ccckäii iure ministenalinm filio suo qui suc non est condilionis lel iln |irsonc
in fraudem eidesie \(1 subterfagiiun potest tel debet LoncHkie In ein m \ eringt zniscben
dem Ffahgiafen Ileinnch lei Rhein und dem Bischof lon Bremen imn T 1219 wurde da
gegen festgesetzt dafs die Güttr der Ministerialen »eich •■le \oni Pfilzpiitcn naih Dienst
recht ülierkommen hatten jetzt von ihnen nnch Lehnr ibt cihillen w uden = '^ten7el
Kriegsvf. S. 112
'■) S. d.izu oben S. 1176-77.
— 1305 — Bildung des Territoriums.]
verfolgten Erörterung den Schlufs auf unsere Hauptfrage nach der Bedeutung
der Dienstkriegsverfassung für die Bildung der Landesgewalt, so ergiebt sich,
dafs die Ministerialität an sich in dieser Richtung wenig geleistet hat, und
dafs sie, so weit sie hier als schon im Lehnsnexus befindlich in Betracht
kommt, einer Epoche der Lehnskriegsverfassung angehört, in welcher derselben
die Möglichkeit kräftiger Offensive zu Gunsten der Territorialbildung längst
abhanden gekomnien war. Und somit bleibt nach einer Revision der Geschichte
mittelalterlicher Kriegsverfassung nichts übrig, als anzuerkennen, dafs in der
Bildungsepoche der Territorien vom 12. bis 14. Jh. sich alle alten Formen
offensiver Kriegsfühning tiberlebt hatten, neue dagegen noch nicht zu mafs-
gebender Bedeutung gelangt waren, dafs dementsprechend die Defensivmittel
ein ganz aufserordentlich und aufsergewöhnlich hohes Gewicht in der Kriegs-
führung besafsen, und dafe somit ihre Stärkung eine der Hauptaufgaben wer-
dender Landesgewalten bilden mufste.
Von diesen Gesichtspunkten aus ist der territoriale Burgenerwerb des
12. bis 14. Jhs., wie wir ihn uns schon oben S. 1263 von der einen Richtung
lehnsheiTlicher Entwicklung aus vorführten, überhaupt zu betrachten. Nun ist
es aber natürlich, dal's eine so lebhafte Bewegung, wie sie sich im territorialen
Burgenerwerb der gedachten Zeit vollzog, nicht ohne nachhaltigen Einflufs auf
die ganze Organisation und den Zusammenschlufs des Territoriums bleiben
konntet Und das eben ist der Punkt, von welchem aus der Burgenerwerb
uns hier interessiert, und von dem aus eine genauere Untersuchung von Burgen-
bau und Burgenverwaltung nunmehr, unter Kenntnis der Grundzüge der
Kriegsverfassung, erforderlich und lohnend wird*.
Die ältesten Burgen, welche an der Mosel schon im 8. Jh. erwähnt
werden^, sind schwerlich mittelalterlichen Ursprungs. Es mufs vielmehr an-
genommen werden, wie das neuerdings namentlich die Ausgrabungen in Neu-
magen zeigen, dafs schon die Römer in der späteren Zeit ihres rheinischen
Aufenthaltes aus den monumentalen Bauten ihier früheren und schöneren Kultur
^) Zur Wichtigkeit der Burgen für die Territorialentwicklung s. auch Loersch, De
ortu etc. S. 49.
^) S. zum folgenden namentlich Ilonth. Hist 1, 245 über den Ursprung der Burgen;
er weist die frühesten mittelalterlichen mit Recht dem 10. oder höchstens 9. Jh. zu. In
römischer Zeit nimmt er Burgenbau namentlich unter Galien an. Über Burgenbau seit Ende
9. Jhs., vornehmlich früh in Lothringen, s. auch Waitz, Vfg. 8, 200. Vgl. femer Bodmann,
Rheingau 1 S. 137 flf. über Burgen und Burgmannschaften des Rheingaus ; Frey, Königliches
Gut, S. 285f., über Reichsburgen und Burggrafen; und Baumann, Gesch. d. Allg. 1, 348, über
die Entstehung der Burgen im Allgäu Ende 11. Jhs. und 12. Jh. 1. H. Die hauptsächlichste
archäologische Litteratiw über den rheinischen Burgenbau habe ich in Conrads Jahrbb. N. F.
Bd. 11, 321 Note 2 zusammengestellt, es befmdet sich unter ihr kein abschliefsendes
Werk. Die Monographieen sind meist völlig unbedeutend. Unter diesen Umständen würde
eine umfassende historisch -archäologische Bearbeitung des rheinischen Burgenbaues ein
grofses Verdienst sein.
3) S. z. B. MR. ÜB. 1, 24, 772.
Lamprecht, Dentachefi Wirtschaftsleben. I. 83
(EnCviicklung der LauJcsgewulL — 1306 —
i-olie Steiuhurgen pegen den Andrang innerer wie äiiberer Feiude zusammen-
gehäiift hallen. In diese Buiyen zog sich dami der einwandernde fränkische
Adel, und sie genügten seinen Bedttrfiüssen bis zum SchluTs der friedlichen
Zeiten der Kai'olinger.
Erst mit dem 9, Jh., mit den Noimannenzügen ' und dem Verfall des
Reiches, beginnt die Zeit mittelalterlichen Burgenbaues; die gröfsten spil-
teren Vesten werden schon in den nächsten Generationen nach der Wende
des 9. und 10. Jhs. entstanden sein, und balil ei'gab sich dann auch
schon ein erstes Aufkommen kleinerer Raubnester ^. Abgeschlossen ist diese
erste Epoche wohl im wesentlichen mit dem Beginn des H. Jhs., denn nach
der Mitte dieses Jhs. findon wir schon derartig befestigte Verhältnisse, dafa
die Benennung gräflicher und freier Geschlechter nach gewissen Burgen Sitte
werden kann.
Ein neuer Impuls zum Burgenbau ei^ab sich wieder etwa seit Mitte des
12. Jhs.; für ihn war ilas iuinier massenhaftere Aufti-eten der Vogtei^ und der
Beginn landesherrlicher Bestrebungen mafsgebend*; unter dem Einflufs der
letztei-en dauerte er wohl mindestens bis zur Mitte des 14. Jhs. fort*.
Das Schlufsergebuis dieser Entwicklung war eine wahre ÜberfUllung
der Rhein- und Mosellande mit grofsen und kleinen Befestigungen. Noch jetzt
zählt man in den Regiei-ungabezirken Koblenz und Trier, selbst unter
Weglassung einiger Kreise, 161 beachtenswerte Burgruinen*, und wieviel
Burgen sind nicht völlig oder nahezu unauffindbar verschwunden, darunter so-
gar Hauptbui^en hertlhmter Geschlechter, wie dei- Grafen von Hochstaden^.
Schon das Mittelalter hat in dieser Hinsicht aufgeräumt^, Könige und Bischöfe
in früherer" wie Landesherren in späterer Zeit*" zerstörten die kleineren
'j Zur Einwirkung lierselben in dieser Richtung s. Regino Cliron. /. .7. 882, die Normannen
in Prlun ; triduo conimorant^s omnem in circuitu regionem depopulati sunt in quo loco [Priini ?]
innummera inultitudo peditum ex Bgris et villis in unum agmen conglol ita eos quasi
ptigoatura aggreditur. sed Nornianni cementes ignobilo vulgus iion tantuin menne, quam
disi'iplina militari nudatum, super eos imiunt; töten sie. Vgl. auch liier die an die Nor-
mannen zu zahlende peeunia collatitta Richer, 1, 48; Flod. z. J. 924 MC '^s 3 373 ii; z. J.
926, a. a. 0. 376, an. Zur analogen Wirkung der L'ngamkriege s Caidauiis Rhein, Urkk.
1, 834, 922.
') S. Flod. z. J. 947, MGSS. 3, S94, as; MR. ÜB. I, 211, 963; Flod. z. J. 959, MGSS.
3, 404, 3s; auch oben H. 1064; und im Gegensatz hierzu Liudpr. Antap. 2, 24.
') S. oben S. 1071.
*) S. oben S. 1286 Note 2.
") In Österreieh mehren sich die Burgen namentlich während des InterregniimB,
Hasenohr! S. 43.
') S. Bd. 2, 23 tt'. Die Burgen zwischen Idar, Hahnenhach u. Zimmer verzeichnet Dominiciis
S. 263.
■) S. ^^'eidenbacll, Grafen v. Are S. 138—139; Cardauns, Conrad von Hostaden S. 62.
") So ist 2. B. die 6ut^ Heinzcnberg am Sitiimerbach noch 1395 vorhanden, g. Toepfer,
ÜB. 2 No. 93, alier schon 1464 zerfallen, s. Back 1, 39.
*) S. oben S. 1064.
'») S. oben S. 1065 Note 2.
1
— 1307 — Bildung des Territoriums.]
Kaubnester; andere wurden aus militärischen Gründen, weil andere Burgen
bedrohend, ge])rochen ^ ; einige endlich wurden zu frommen Stiftungen umge-
wandelt ^. Aber gleichwohl blieb die bei weitem gröfsere Anzahl aller Burgen
unter eifriger fortifikatorischer Fürsorge der Besitzer bestehen*, bis sie der
Vandalismus der Franzosen im 17. Jh. und der revolutionäre Freiheitstaumel
am Ende des vorigen Jhs. brach und zerstörte.
Zieht man die mittelalterlichen Zahlen in Betracht, so wird man nicht
irren, wenn man die einstige Anzahl der Burgen in unserer Gegend auf gut
300 berechnet: besafs doch um 1340 Trier allein über 100 Burgen allodial
oder lehnsweise*, hatte doch im 13. Jh. die Abtei Echtemach 30, das Ge-
schlecht Boland 17 Burgen, und befanden sich doch im J. 1437 in dem Mosel-
amt und dem Amt Kreuznach der Grafschaft Sponheim 18 Burgen*^. Es gab
kaum ein freies oder ritterliches Geschlecht, welches nicht mindestens in Ge-
meinerschaft eine Burg besafs*; und sogar zur Offensive nutzte man den
Burgbau aus, indem man bei Belagerungen einer Burg eine G^enbui-g zur
Zwingung des Feindes emchtete ''.
Nun waren freilich diese Burgen von sehr verschiedener Gröfse und
dementsprechend vielfach abgestufter militärischer Bedeutung. In der älteren
Bauperiode mochte man wohl kaum Burgen in unserem Sinne des Wortes,
sondern nur spärliche Steinringe auf abgelegenen Höhen als Rückzugspunkte
*) Vgl., freilich aus später Zeit, G. Trev. c. 304: Joh. Christoph von Soetern reliquias
veteris castri Ilelfenstein demolitus est, ne ex illo adversi quidpiam Erenbreitsteiniano accideret
^) So Siegbiurg, Amstein, vgl. S. 1064 Note 1, weiter die Marienburg, s. auch MR. ÜB*
1, 425, c. 1112, für Laach: casteilum ecclesi^ vicinum quieti fratrum prospiciens destruxi,
et bona ad ipsum priiis pertinentia fratribus ibi deo et beate Mari^ famulantibus tradidL
^) S. z. B. Damianus Dhame Honth. Prodr. S. 1045, cit oben S. 851 Note 1.
*) S. oben S. 1286.
^) S. dazu V. Meinwerci Paderb. ep. 41 : Athelbero praepositus monasterii sancti Paulini
Treverensis ortus de Lucelingeburch, vir potens et dives valde ; habens inter alia bona haere-
ditaria castella haec: Sarburg Berencasdel Rudiche. Mon. Eptemac, MGSS. 23, 69; Gisleb.
chron. Hanon. 1184, MGSS. 21, 540: Wemcrus de Bollanda . . castris 17 propriis et nllis
multis ditatus et hominiis 1100 [!] militum honoratus. Vgl. dazu freilich das Lehnsbuch
Werners II. v. Boland S. 32 : Werner hat 4 Burgen. Sponheimer Ordnung 1437 § 29 : diß
sint die slosse, die in daz ampt an der Musel gehorent, mit namen (Gräfenburg bei Trarbach,
Trarbach, Starkenburg bei Trarbach, Allenbach im Idarwald, Birkenfeld, Frauenberg bei Ober-
stein, Herrstein bei Oberstein, Dill bei Kirchberg, Kastellaun, Winterburg). Das Amt Kreuz-
nach hat 8 Schlösser. — Vgl. im übrigen noch G. Trev. c. 46, cit oben S. 177 im Text,
und G. Alberon. 20, MGSS. 8, 253: Albero nimmt 30 munitiones comitis Namucensis.
^) Zu den Gemeinerschaften, auf welche hier nicht genauer eingegangen werden kann«
vgl. MR. ÜB. 3, 10, 1213; 3, 192, 1222; 471, 1232; Geschlechtsreg. Isenburg usw. ürkk.
S. 159—160, 1269; *Kop. Cardonense, Trier Dombibl. Bl. 15^, 1330 Okt. 23; Hennes, ÜB. 2,
461, 1356; Toepfer, ÜB. 2, 357, 1450; vgl. auch Dominicus S. 392 Note 1, und Mones Zs.
Bd. 6, 45, wo auch der Nachweis, dafs öfter Klöster zu einer Gemeinerschaft gehörten.
') G. Trev. Cont. 4 Add. 2, MGSS. 24, 392, um 1204.
83*
[Enlvricklung der LandesgewRlt. — 1308 —
erbaut haben', At)er auch io späterer Zeit Ulielieu die baijichen AnforderuniieB
bei kleinen Burgeii nach unseren Begriffen minimal, Lagen sie auf r!er Höhe,
auf Fels oder auf altem Weinbergssrnind ^, oft abgelegen von reicherem An-
bau^, so bestanden sie wohl der Hauptsache nach fast nur aus dem steinernen
Berrfrie{!, nur wenige andere Bauteile mögen in Stein aufgefUbit gewesen sein.
Und an diese Ausführung wurden die niederen Burghenen denn auch später
noch, in der landesherrlichen Zeit, durch ausdrtlckliche Anordnung seitens der
Landesgewalt gefesselt]*. Lagen die kleinen Bunden aber in Dörfern und
kleinen Städten — und meist gab es hier deren mehrere, in Sinzig z. B.
sieben" — so bestanden sie meist nur in Steinhäusern oder Steintünuen, welche
unter die Holzbuden der Baueni, am liebsten in einen Fronhof des Burgherrn
gebaut waren". Derartige Steinhäuser sind noch heutzutage an der Mosel
luehi-fach, mit ani besten in Gondorf, erhalten; in Karden befindet sich sogar
noch ein hierher gehöriger Prachtbau des romanischen Übeiyangsstiles , die
sog. Karbtlsch, welche aus einem zweistöckigen Wohnhaus (a) nebst Speicher-
') Das hat Naeher, Bonner JBB, 76, 91—175, m. E. ttiierzeugend begiOndet V^.
ancli O. alib. Lob. c. 25, MGSS. 4, 66, s>, 954 : cum plausunrum vel i]ualiiiinciiiqiie Gurcnlonun
vel Bepium inipedimeiitis (montem) in modmn munitionis cingit.
«) S. MK. ÜB. 1, 166, 986, dt oben 8. 401 Not« 2; Bd. 3, 58, ts, 1269.
') CILM. 3, 396, 1352.
•} Vgl. Bd. 3, 115, 4, 1316; 135, ii, 1325; CHM. 3, 169, 1330t oncli ensolen wir noch
unser erren den vorg. tom za Smidelrarg mminier hoher laisen gemachen von steinwerke,
wan drie getreneze hoch, der iectich si zwelf fiios hoch zum meisten und nit hoher, and
daruf mögen wir Beizen einen heim von holzwerke nit dan zu eime gedeche. 'Bald. KesBelat
S. 233, 1335 Mai 1 ; die Edelknechte Nicolaiis und Jobann v. d. Hain tragen dem Erzstitt
Trier ihre burgstad z3 der Motten bie Lebach auf. Der Erzbischof Balduin erlaubt ihnen,
daz wir mögen daselbes z& der Motten bftwen ein steinen hits von vier wenden ane kalk
nicht dan mit steinen und mit erden gemuret, also daz die niflre in der erden vier ffize und
ober der erden dri fflze dicke sie und nicht me, unde daz man die viere wende bewerfen
mag, wanne sie alsus vollenbracht werden, mit einem ducke kalke, unde keinen steinen buw
insal man uf daz lehen nicht mer buwen. *0r. Koblenz St. A. 1339 Jimi 18: Wilhelm Herr
von Manderscheid verspricht den zu Manderscheid und Kall begonnenen Bau in der Mauer
nur 32' hoch über die Erde zu führen, ein gestülptes Dach aufzusetzen und keine Planken
um den Bau zu ziehen. Vgl. auch Bd. 3 No. 111, 1325.
') S. oben S. 706.
^) S. MR. ÜB. 1, 325, c. 1045 : idem predium, quod M. . . in villis, quo vocanliu- Ura
Odolvinga Wilre Soevenicha Bevera et in ceteris locis reliquit . . excepta una curte, que
cum lapidea domo in eadem constructa sita est in valle Treverica (Huren, Udelfangen, Trier-
weiler, Sirzenich (?), Biewet, gegenüber Trier I. d. Mosel auf dem Raum von ca. 'U Quadrat-
meile). 5IR. ÜB. 3, 58, 1216 : Bitter haben in Kruft dimidiam partem lurris . . et domos et
possessiones eorundem et qiiicquid predionun in prefata villa habebant in agris in rure et
casalibus. S. femer MR. ÜB. 3, 597, 1237; Bd. 3, 30, w, 1263; CRM. 3, 91, 1318: zwei
Brüder empfangen mansionem nostram, que tnrris dicitur, in Kettiche sitam vom Erzstift
Trier zu Lehen. Ob der alte Wartturm zwischen den Er/stiftem Trier und Köln, jetzt
WeifsenturmV S. Günther a. a. 0. S. 184 Note. Zum Sinn des Wortes Haus vgl. WTütz
1560 § 3, cit. oben S. 739 Note 1.
— 1309 —
Büdung des Territoriums.]
räumen und einem turmartigen zur Verteidigung eingerichteten Anbau (b)
mit Treppe (c) besteht.
b ^
c
Wo solche Anlagen noch unter den sonst allgemein verbreiteten Holzhäusern
als besonders verteidigungs&hig gefaJst wurden, da kann es schliefelich nicht
wunder nehmen, wenn auch die Kirchen als feste Orte galten, deren Sicher-
heit oft der einer kleinen Burg gleich geachtet wurde*.
Indes neben diesen geringen Anlagen stand nun doch eine ganz be-
trächtliche Anzahl grofser Burgen, so die Reichsburgen, die landesherrlichen
Burgen — in Trier unter Erzbischof Balduin etwa 23 mit einem Etat von
294 Burgmannen ^ — imd einzelne andere bedeutende Vesten. Ihre Anlage
war nicht leicht*, der Bau war kostspielig, und auch die Erhaltung forderte
bei der exponierten Lage meistens auf Höhen beträchtliche Mittel*. Auch hier
mag nun der ältere Bau, abgesehen von dem steinernen Bergfried, meist aus
1) Ces. Heisterb. Dial. mai. 10, 19: tempore discordiae inter Ottonem et Philippum in
Oratorium sancti Goaris confessoris, quod situm est in territorio Treverensi et est finnissimum
tum propter situm loci tum propter structuram, provinciales se suaque transtulerunt S. auch
Hist Mart Trev., MGSS. 8, 221, 1072.
«) S. Honth. Hist 2, S. 5—6. Vgl. auch Otto von Freising 1, 62, 1150: duas arces
fortissimas, quarum altera super MoseUam Cohina, altera super Bheni litus posita Rinecca
[vocatur], expugnavit, in Cohina praesidia ponens, alteram igni tradens.
3) Zur Anlage vgl. aus früher Zeit Alp. de div. temp. 2, 2 (Wasserburg^ und auch
Lambert z. J. 1063, MGSS. 5, 167. Vgl. femer CRM. 2, 198, 1262 : Erzbischof Arnold hatte
zum Bau von Stolzenfels (1242—59) vom Propst Werner von SCastor 400 mr. kölnisch ge-
liehen; Erzbischof Heinrich zahlt jetzt diese Summe mit je 80 mr. jährlich ab.
*) G. Trev. c. 190, 1279: das castrum Maleberch cum advocatia de Wittelich für 1400 Ib.
Metensium d. gekauft (später heifst es ebda, für 2050 Ib. Treverensium d.X und in renovatione
muri et aedificiorum dicti castri 500 Ib. Trev. d. verwandt Toepfer ÜB. 3, 8. 67—68, 1508—1528:
nach einer Baurechnung im St. A. Koblenz war Salentin von Isenburg bis zum Jahre 1528
Amtmann und Pfandinhaber der Herrschaft Hunolstein und verbaute während dieser Zeit am
Schlosse und an den Wirtschaftsgebäuden die Summe von 2102 gl. Der Kalk wurde von Wasser-
biUich, die Steine zu den Thüren und Fenstern von Birkenfeld geholt. Namentlich wurde
in den Jahren 1510 und 1511 ein neuer Turm, ein neues Haus vor der Küche und ein neuer
Stall gebaut; 1514 die userste brück mit einer vaUebrücken, femer das dachwerk uf dem
windelstein, sowie die vallebrücke und treppe an der binnersten porten neu hergestellt; 1516
das Bollwerk abgebrochen; 1517 die Gresindestube hergerichtet, das Backhaus abgebrochen und
neu angerichtet, auf dem Saal gemauert und neue Fenster in des gnädigen Jankers Stube
und Kammer gemacht; 1523 die Mühle repariert; 1528 die Schmiede erbaut
rEntwiclcluiig (Ipt LandeBgewalt. — 1310 —
Holz bestanden haben • ; findet sich (foch einmal eine Anlage, welche auf Be-
nutzung eines srofsen Bauineii hinausläuft. In der Chron. reg. heilst es zum
J. 1205 von der herzoglich lindim-gischen Burg Herzogenrath: castruni Rode
nsque ad miirum interioreni totalitär igne consiinip8er(u)nt. succiderunt et
tiliain, que diversis cdificiis niirabili structura in moduni propugnaculi in altuni
latumque dedueta, intuentibus quideni delectabile prestabat spectaculuni, subtu8
eani vero ambulantilms vel sedentibus optabile jirebebat unibraeuluni '. Indes
bald kam man doch von dem Holzbau ab: Thore und Stiniiiiauern, Vor-
bui^en und Kapellen*, und wohl auch die Buiphäuser der LehnsheiTen, falls
die Bui^ Offenhaus war*, wurden regelmillBig von Stein enichtet, und man
scheute sich im Einzelfall nicht, zu diesem Zwecke das Steinmaterial zerstörter
Kirchen zu benutzen*. So entstanden denn jene stattlichen Bürgen, an
deren Fufs sich schutzsuchende Aiisiedlungen anlehnten ", die Nürburg, Kochein,
Vianden u. a,, deren Substruktionen und Aufbau noch heute oder bis vor
kurzem die Bedeutung jener Kräfte ahnen liefeen, welche sie errichtet. Im
Mittelalter aber waren diese Burgen mit Hausrat ', Waffen und Munition " ge-
füllt und wohl veiproviantiert ", so dafs der Belagerer nach Aussaugung der
Umgegend meist eher Hunger litt als die Belagerten'". Vor allem aber dienten
') Darauf weist das hUnäge Ycrbrennen von Butten bin , s. z. B. Flod. t. 3. 956,
MG83. 3, 403, n; s. auch Bd. 3. 252, i, 1586; und oben S. 1309 Note 2. Zur Seltenheit
steinerner Türme s. Tliietm. 7, 22.
s) Chron. reg. Oktavausg. S. 176.
') S. Kom Bau dieser Stücke Ann. Bland, z. J. 1127; CRM. 8, 10, vor 1302: Philipp
Ton Heinsberc, der spätere Köhier Erzbischof, oecupnvit montcm Rlnectte et destroctn ijnadun
camern Inpidi'ii Pivlcsip Cnlnnipiisis in rivilato Coloniensi ]ios\iit fiindcni in ninntem ipsum
Rinecke ciiin pinaculo anreo, sicut adhuc apparet. postmodum idem Philippns . . circmn-
cinxit montem illiun muro. CRM. 3, 244, 1339: uns buis i^u Broel, tum ind porze ind vur-
burge aliunme oren ind neden; s. aucli Bd. 3 Wortr. u. d. W. bercbvride. Zu den Kapellen
Tgl. MR. ÜB. 1, 551, c. 1148; der Graf von Vianden wird mit einem Teile der Burg Arras
belehnt exceptis porla et capella et puteo; femer B<1 3 No. 145, 1339. Nach der Speierer
Amtsordnung von 1470 g 2 soll in jedem Schlofs eine Kapelle seiu.
*) Guden. CD. 2, 980, 1300, Wilhelm von Honnef für Jobann von Saffenlnirg: domum
unam infra muros munitionis inee in Bodendorp, 30 pedes in longitudine et 25 in latitiidine
continentem, ab ipso teneo et possideo.
») G. Godefr. 4 (1124-1127), MGS8. 8, 202.
*) Die sog. villae oder suburbia (urbs = castnim Chron. reg. 1206, S. 180). Zu Stellung
und Schicksal derselben vgl. Richer 2, 56; Flod. r^ 3. 943, MGSS. 3. 389, «; MR. ÜB. 3,
1357, 12-56; Bd. 3, 81, sb, 1280. S. auch Wigands Archiv 3, 109: Anbau des Dorfes Füreten-
berg in W. 1450 von den Einwohnern der Dörfer Vesperte, Dorsel und Eilem unter dem
Schutz der Biii^ Fürstenberg.
■■) Derselbe war allerdings noch gering, s. Bd. 2, 539, Xo. 13.
*) Vgl. n. a. Mones Zs. Bd. 6, 60 f: Waffen und Mnnition auf Jen pfalzischen Burgen
am Mittelrhein 1412 — 19; ebenso zu Ettenheim, Kenzingen, Herholzheim und Nürnberg,
1444 und 1449.
"1 S. dazu Bd, 3, 439 Note 1.
'*) Vgl. z. B. Flo<L z. J. 960, MGSS. 3, 405, u: ad cuius (munitionis = castri) obsi-
dionem properans B. loca circuraquaque rebus exhausta repiierit, sicquc alimentis abundantem
— 1311 — Bildung des Territoriums.]
sie einer besonderen kriegerischen Organisation zur Grundlage, welche ihren
eigentümlichsten Ausdruck im Institut der Burgmannen gefunden hat.
Die Besatzung der Burg zerfiel vermutlich von jeher in zwei scharf ge-
gliederte Teile, die gemeinen Söldner und die Burgmannen. Die Söldner sind
in freiem Lohnvertrag angenommen und jederzeit entlafsbare ^ niedere Dienst-
knechte ^, welche zu kriegerischen Zwecken als Turmhtiter, Pförtner, Wächter,
oder zu wirtschaftlichen Zwecken als Hausverwalter, Köche, Eseltreiber, Vor-
ratshtiter, Feldaufseher u. dgl. Verwendung fanden®. Von jedem höheren
Posten waren sie ausgeschlossen; schon der Blidenmeister gehörte den Burg-
obsidet hostem. Nach G. Trev. Cont. 5, MGSS. 24, 409, kostete die Belagerung von Arras
imter Erzbischof Arnold (1242—1259) sine dispendio aliorum [so zu 1.] 3000 carr. vini,
100000 mb:. annone et pecuniam infinitam [?].
») MR. ÜB. 8, 912, 1247: in einer Erbteilung behält die Gräfin von Sayn die Löwen-
burg, quamdiu vixerit. et homines, quos ipsa statucrit in turrim ibidem, sibi facient fidelitatem
consuetam . . . ipsa etiam potent iUos a turri amovere pro*'Sua voluntate et alios in eorum
locum substitüere. Geschlechtsregister Isenburg usw. Urkk. S. 71, 1263: Gerlacus dominus
de Limpiu*ch omnibus . . esse notum volumus, quod quoscunque custodcs scu vigiles in turri
de Cleberg locaverimus, iidem sororio nostro Godefiido domino de Eppinstein et Godefirido
filio suo suisque liberis et nobis in custodia et observatione turris predicte obedientes erunt
per omnia aequaliter et fideles.
') Als solche haben sie wohl von jeher bestanden, wie sie sich denn auch durchweg
erhielten; s. in V. Bald. Leod. c. 22 (1009—18), cit. oben S. 880 Note 10, den Gegensatz von
vigiliae und milites; femer Lambert z. J. 1075, MGSS. 5, 227, 42; Chron. reg. z. J. 1205,
S. 178 ; Alb. Argent. 1347 : populus Leodiensis expugnans quoddam castrum episcopi Leodiensis
custodes castri evicti decapitavit, nobiles et plebeios.
») Vgl. Bd. 2, 530, No. 2, 13. Jh. 1. H.; MR. ÜB. 3, 1357, 1256 scheidet für Killbwg
genau castrenses, burgenses oder cives, vigiles et portarii. MR. ÜB. 3, 755, 1242 : auf dem
castrum Saarburg befinden sich castrenses et custodes tiurium. Die Burg Grimburg gehört
zu ^/a dem Erzstift, zu V« SPaulin, zu ^'4 dem Domstift Pro custodia castri G. famulis turris
ibidem (sancti Paulini) prepositus de quarta parte eum contingente 6 mir. siliginis et sum.,
sex s. sex d., capellano quinque s., vigilibus quinque s., portario 15 d. persolvet. S. femer
Bd. 2, 531, No. 3, 1327—28; Bd. 3, 161, la, 1336—45; Honth. Hist 2, 316, 1400; Bd. 2,
537, No. 11, 1432; 589, No. 13, 1464—65; Honth. Hist 2, 579, 1497; auch Bd. 3 Wortr.
u. d. ^\"VV. portarius, portier, tumhuder, tumknechte, vigiles, waite, wechter. Besonders
lehrreich sind die Anordnungen des Blankenheimer Statuts 15. Jhs., Ann. d. hist Ver. f. d.
Niederrh. 9 — 10, 122 ff. Auf der Burg befinden sich neben den Territorialverwaltungsbeamten
ein Burggraf (über diesen s. unten Teil 3X ein Koch, ein Scheuerknecht, zwei Pförtner, ein
Turmknecht, eine Magd. Den Koch sal men doe halden, as men eins plach, . . dat hie selve
sin holz houwe ind indrage, want man dat nu narre bi die burgh voirt Ebenso holt er
Wasser. Der Scheuerknecht hat in der Nacht in der Scheuer zu wachen. Zwei portzener,
der sal einre ein halve nacht wachen; ind men sal si darzo halden, dat si die poertzen wael
bewaeren ind hueden. Der tomknecht sal alle dink mit helfen doin, des dages den dorn
hueden, ind des nachtz ein halve nacht wachen. Über die Magd fehlt genauere Bestimmung.
Ferner aber soll man einen dinghen, die buißen der kost ein halve nacht wache, ind der auch
die benden, die wieren, die beche ind die buische verwaer tmwelich ind eirbarlich. man
mach ouch deme mit darinne dingen, of einighe botschaften in den landen zo doin weren of
gevielen, dat hir die zo doin willich si.
[KntwickluQg der Landesgewalt.
iiiauuen aii^ Aufeer ihnen aber gab es auf der Burg, aehuien wir die siȊterea
Lokalbeaniten der Territorialverwaltuug aus, meist nur noch eiueu höheren
Posten, welcher lier Bui^iannenscliaft nicht einfiei-eilit war, de« des Kaplans".
Die Burgniflnnen selbst waren nun, abgesehen von dem gemeinen AV acht-
dienst, die eigentlichen kriegerischen Verteidiger der Biir^". Anfangs und
noch bis zmn Schlufs des 12. Jhs. waren es wohl durehweg Ministerialen*, es
miü's angenommen werden, dafs sie den Eurgeudienst auf Zeit unter einander
altwechselnd versahen". Allein mit Beginn dos 13. Jhs. erfolgte dann für diesen
Dienst die Ausbildung einer besonderen noch lange von anileren Lehnsarten
genau unterschiedeneu Lehnsform ", des Burglehens. Diese Lehnsform ver-
') 'Bald. Kesselat H. llH, 1S16: Tliilemanus balistarius do Sarburcb wird castreusis
in Saarburg. S. auch Cliron. reg. z. J. 1249, S. 107.
') Zu Beiner Notwendigkeit Tgl. oben S. 1310 Note 3. S. auch Blankenheimer Statut 1-5. Jhs.,
Ann. d. hist Ver. f. d. Niederrb. 9—10, 125: die zwein paffen [ans der Umgegend der Burg]
Ballen alle dagbe alle ir gezide huiden ind ordeohlich verse in der CBpellen lesen, as des [ge-
woinlich 13. so] suUen sj zo s^s uiren luiden, asdan aldae alle ir gezide bis an die vesper
lesen, ind suUen it so Btellen, dat am seien [?) alle daghe ein miese in der capellen gescfaeie;
ind na niiddaghe zo (Irin iiiren aullcn ai bilden, ind dae asdan vesper ind complet Icsea . . .
item der j)astor sal zncin dagbe in der weche in deine dach miese doin, die zwein daghe sal
men ime die kost geven.
') Zu ihrer Entwickhing vgl. Ilonth. Hisl. 1, 636; Sten/el S. 107 f.; Waitz Vfg. 6. 32;
Bd. 3 u. d. WW. b&rgman, ULStrensis.
*) S. V. Meinwerci c. 41, 1020; Ennen, Qu. 1, 542, 66, 1153: tastellum . , Vden-
kirchen cum ministerialibns, cum eervis ancillis et omnibua appenditÜE suis; Ueiuemann Cod.
Anhalt 1 No. 496, 1166: castnuu SchonenbSrch cum omnibus siüs pertinentiis, Uberis et
miniBtenalibuB, villa quoque Wisde et curia Wogenheim [OI>erwesel lud Jugenheim]. Viel-
leicbt gehört hierher auch noch G. Trev. Cont. 4 Add. 2, MGSS. 24, 392, um 1204, Erzbiachof
Johann zieht g(^n eine Burg; lohannes igitur coUecto exercitu castrum obsedit, aliud ipse
in proxinio monte editicavit et sie obsidionem solvit infra paucos dies pei' eins industriam,
vino optitno ibidem tabemario e):posito, castellaui servi conütis facti simt tenudeuti; etsque
sie sopuratis, castellani episcopi castrum comitis invaserunt et conbussei-unt. quo facto epis-
copus delevit et suum. Vgl. auch Waiu, Vfg. 8, 204.
^) Einen Beweis aus unseren Gegenden habe ich freilich nicht ;^ur llatul. Nach dem
Teeklenburgcr Recht müssen die ministeriales infeudati 14 Tage nach Anktindigung zur Burg-
hut kommen und 4 Wochen auf eigene Kost in der Burg bleiben; s. Stcnzel, Kriegsvf. S. 110;
auch oben S. läOÜ, spez. Note 1.
*) S. dazu Wcstd. Zb. Bd. 2, Korrhl. Ko. 21ö, 121-^: Ego Cunmdus comes Silvester
Bcire volo, quod ductus aliquamdiu inani opinione putabam, quod de advocatia in Simeren
castrensis consessio micbi dcberet ministrari in Castro Dune, quam cum a Cunone ibidem
advocato exigereni, rccusavit una cum matre mea constaiiter asserente necnou et hominibus
et consessoribos meis veraciter affirmantibus, quod ipsa advocatia iustum esset feodiuu et non
consessorium. his igitur assertionibus et veritatis experimento commotus vaue opinioni mee
finem imposui, nani memoratani advocatiam cum onmimodo Iure prelibato Cunoni et suis
auccessoribuB iusto et hcreditario feodo concessi. Lelmshuch Werners II. v. Boland S. 32:
erga S. de II. comparavi in B. 80 iug. 4 minus et 3'.'« curias, de quibus boiiis H. de W. tali
modo inbeneflciavl, ut medietatem pro cert« habeat beneficio, et aliam parlem de nie habens
castcllanus Sit in Stouf loco mei. CRM. 2, 390, 1254: Mechthild von Saju erklärt, quod
omnia feoda, que ego quibusdam castellanis de Wede [es sind 3] solvo, sunt feoda, que
dicuntur hantlen; et soivi ea et ailhuc solvo de bonis meis, ubi mtehi placuit et placet
— 1313 — Bildung des Territoriums.]
pflichtete den Belehnten in der Weise der damals aufkommenden Dienstlehns-
verträge gegen Anweisung bestimmter Einnahmen in Geld- oder Naturairenten
zur lebenslänglichen oder auf Zeit nonuierten Burghut ^ Natürlich war der
Dienstlehnsvertrag jedermann zugänglich; auch Grafen und freie HeiTen, be-
sonders gern Edelknechte, gingen ihn ein, wenn auch die ersteren vielfach
unter Stellung eines Ersatzmannes^; und als gewifs darf nach früheren Er-
örterungen über den Eintritt der Ministerialität in den Lehnsverband gelten,
dafe auch die zur Burghut verpflichteten Dienstmannen sich dem neuen Ver-
hältnis einordneten*.
Auf diese Weise wurde nun für die ganze Periode der Territorialbildung
und über diese hinaus ein Kern von kriegerischen Verteidigern der Burg
gewonnen, der zum gröfseren Teile dauernd, zum geringeren auf Requisition
in gefahrvollen Zeiten zur Burghut verpflichtet war*. Die Zahl der einer Burg
CRM. 3, S. 705, 1363: suliche manlen und burgldn, als man jerlichen von der herschaft zu
Bielstein hantreichet, die sich an 18 gl. von Florenz und nit hoer trefifent Cod. Salm. 310, 1419 :
zu burglehne des slosses Mailberg und zu rechten manlehene suliche gude hernach geschrieben :
zum ersten ein huis und zwene garten zu Mailberg, daz ist burglehen zu Mailberg; item ein
teil des zehenden zu Minrelitghe ; item eine schüre zu Segendorf; item zweie mir. fruchte zu
Steden, item zu Wilßacker ein teil an dem höbe und zehenden.
1) Zu frühen Beispielen s. oben S. 883 Note 2; femer MR. ÜB. 2, 191, 1201:
Heccheman armiger et castrensis de Sarburch hat Zehnten in der Parochie Wincheringen.
Würth-Paquet Reg. Publ. Luxemb. 14, 86, 1227: Fr^d^ric avou^ d'Arlon fait connaitre, qu'il
doit faire la garde (du chäteau d'Arlon probablement) pour Ermdsinde comtesse de Luxembourg
et marquise d'Arlon, aussi souvent qu^ellc le demandera. S^il n^glige de faire cette garde, la
comtesse peut saisir ses fiefe. Wiederholt 1237, und hiemach Bertholet 5, 78. MR. ÜB. 3,
715, 1241 ein Embrico castrensis de Richenstein mit regulär ausgebildetem Burglehen.
^) S. z. B. MR. ÜB. 3, 658, 1239 : die Grafen von Luxemburg werden mit Bitburg als einem
Burglehen für die Trierer Burg Killburg belehnt,' ibidem pro se miUtem locaturi, qui habebit
ab episcopis Trevercnsibus pro eo, quod vulgariter dicitur sezlen, quicquid sibi a comite
Lucillinburgensi pro residentia in dicto Castro üetcienda fuerit assignatum. MR. ÜB. 3, 959, 1248:
der Junggraf von Leiningen wird Burgmann zu Winzingen mit einem Lehen von 300 mr.
kölnisch (72 000 M.). promisimus . . onmi tempore necessitatis in eodcm Castro residentiam
nos facturos. tempore vero absende nostre duos milites ibidem locabimus nostrum defectum
supplentes et indesinenter aliorum more castrensium residentes. Geschlechtsregister Isen-
bürg usw. Urkk. S. 95, 1288, Erzbischof Heinrich von Mainz urkundet: nobilem virum Lude-
wicum de Isenburg in castrensem castri nostri Ameneburg acquisi>'imus nobis et nostre ecclesie
Moguntine, habitumm pro se unum castrensem nobis placentem, qui suo nomine in dicto
Castro vel opido faciet continuam residentiam personalem, et cui de feodo castrensi, quod
eidem nobili assignamus vel quod habebit a nobis, duarum mr. redditus assignabit, dantes
sibi propter hoc centum nur. d. Aquensium legalium et bonorum.
') Man vgl. z. B. WZolwer 1591 § 1, wo wohl die vermutete Thatsache noch nachklingt
*) S. noch Lehnsbuch Wemers H. von Boland S. 34 f.; MR. ÜB. 3, 1452, 1258:
Gerhard von Urlei wird Burgmann auf der Neuerburg mit residentia continua et personalis
fiir verlchnte 80 Ib. trierisch, etwa 8000 M. unseres Geldes, dazu Honth. Hist 1, 760, 1263,
cit. oben S. 884 Note 2; Honth. Hist 1, 756, 1263; Cod. Sahn. S. 40 Note XVI, 1289;
Bd. 3 No. 74, 1293; Honth. Hist 1, 831, 1300: Friedrich von Dann empfängt Lehen vom
[Entwicklung de- Landesgewall. — 1314 —
zugehörigen Burgmanuen schwankt natürlich sehr nach der Berteutunp der~1
Burg selbst; in den Trierer Burgen treffen wir in der 1. Hfilfte des 14. Jhs.
überall mindestens auf 3, höchstens auf 40, im Durchschnitt auf etwa 13 Burg-
inannen'. Von ihnen wohnten die zu dauernder Hut Verpflichteten auf der
Bui-g selbst oder im unmittelbaren Bereich der Burg in besonderen ihnen in
Lehnsweise zugewiesenen kleinen Hilusem, den sofr. Burgsessen*; noch heut-
Erzstift und wird Bui^uann auf ilondprscheid, ver|>fliclitet sich sinpiLis annis i>er '/a annum
reaidentiani conlinuam l'acere in coslro de Manderscheid . . m succurrere in armis dicto
domino Trenrcnei et eins succeetsoribus secundum deccnüam nostri stfttus, quotienscumque
Euper hoc fuerimtis requisiti; Bd. 3, 107, i, so, 1301; 109, >, 1301; Domintciis S. 268 f..
271—72, 560 Note 2, 577 Not« 2 und 3. CRM. 8, 108, 1320; 117, 1323; 130, 1325; 1Ö3.
1329; Honth. Bist. 2, 114, 1.S89, Burgleben in Grimbnrg: residentia persoiialis com annis et
eqiiis, ut raoris est. Bd. 3, 485 Note 1, 1339; 486 No. 31, 1350; CRM. 3, 564, 1377; Bd. 3
No. 209, 1379; CRM. i 27, 1408. S. auch Bd. 3 Wortr. n. <L WW. ca&trensis, resideutia,
und vgl. Bd. 3, 109, «, 1301.
') Die grörsereii Burgen unter Baliluin sShlt Ilontli. Hist. 2, S. 5—6, nach dein KoblenMr
Balduin<eum aat Es sind nacb den beigegebenen Tafeln 23 mit 30, 11, 6. 3, 16, 14, 28, 13,
23, 3. 6, 13, 40, 7, 21, 7, 6, 8, 3, 22, 4, 3, 7. im ganzen 294 Burgmannen. Dagegen weist
das 'Register zum Bald. KesseUt. S. 2 f. au ausgethanen Feoda casti'eneia auf tiir Covelenie 1,
Covem 3, Thuron 7, Tils 3, CocJime 6, Clotteo 4, Baldenowe 2, Berencastel 6, Erenbretstein 7,
Hartenfele 9, Jlontbabur 16, Baldenstein 2, Steinberg 4. Baldenecke 3, Smideburg 9, Sanctl
Wendelini 4, Stolzenl'els II, Bopardla 2, Monster 2, Meien 17, Manderscbeid 7, Koppe 2,
Kilberg 7, Hoilberg 2, Püliche 5, Arras 1, Kofumcastium 27, Sarburg 13, Erimburg IS. Im
übrigen vgl. noch Westd. Zs. Bd. 2, Koirbl. No. 218, 1215; MR. ÜB. 3, 345, z. .1. c. 1235,
dazu Bd. 2, 169 Note 1; CBM. 3, 131, 1325: auf Scbmidtburg Heinrich der Wildgraf Burg-
herr und 6 Ritter nebst 1 Knappen als burchman uf dem vorg. hus Smideburg; CRM. 3,
273, 1341: auf Slolzeufels 4 ritterliche Bur^männer; Honth. Hist 2. 316, 1400: Castrenses
in Montabaur. Es sind 53 Bin^männer, welche zusammen 410 fl. 4 alb., also durchscbnittlich
etwa 3 d. beziehen. Dabei kommen Schwankungen zwischen 1 ä. 12 alü. und 20 fl. vor.
Nach dem Kaiaster von 1663 endlich gab es in Altenahr (erzbiscböflich kölnische Burg) 12
Burgmänner aus hohem und niedemi Adel, wplche das Präsentatio nsrecbt zur Pfarre Altenahr
besafsen, wobei jedoch der Kurfürst mit 4 Stimmen konkurrierte: Weidenbach, Grafen v. .Vre
8. 133.
') S. G. Trcv. c. 259, 1352, cit. oben S. 1065 Note 2; MR. ÜB. 8, 845, 1245: ogo Her-
mannus de Vcldenze notum facio . . , quod Henricus cognomento Vus homo mens de Numagen
bona, que a me acceperat apud prefatum castrum, domum videlicet et ortnm adiacentcm, in
manus meas rcsignavit CRM. 3, 487, 1363: ein Kobemer Burglehen umfefst eine hobestad
uf der bui^, einen garten under der bürg daselbis in den beseln, einen wingarten gelegen
nidenwendig der niderster beche zu Covern, den wingarten den man nennet Geisloch, und
einen andern wingarten an Langendal an der bach daselbis zu der sitcn der beche gen Covern,
und trift unden allemest an die Musel zu dem wege daselbis, dieselben xv/eue wingarten ge-
achtet sin an zwene morgen oder umb die maze. Arch. Clervaux 634, 1400; Jacques de
Bollant et Fridiric seigneurs de Stollzonbureh döclarent avoir acquis zu burchmanne Gerart
de Wilz dit Rotart et lui ont assignä un terrain pr^ du chuteau, il, l'eFfet d'y construire ime
maison, plus un jardin dit Guldemvoes et une rente de 4 fl. ä Ilosy. Toepfer 2, 229, 1432:
ein burgseß gelegen inwendig in der hurg zu Hunolstein. Vgl. femer noch Toepfer 2, 239,
1435; Honth. Hist 2, 387, 1436; Toepfer 2, 261, 1438; und W. von Thal und Haus Schöneck,
G. 2, 560: btnnent der fVeiheit sollen zwen stat sein, nemblich ein burgmansstat und ein
1
— 1315 — Bildung des Territoriums.]
zutage kann man an der Mosel mehrfach, z. B. bei der Ehrenburg, die Ruinen
solcher Burgsesse sehen. Und so waren denn unter dem gröfsten, andauernd
verpflichteten Teil der Burgmannen alle jene Vorbedingungen gemeinsamen
Lebens gegeben, welche nach den sozialen Gewohnheiten des Mittelalters ohne
weiteres zu einer genossenschaftlichen Bildung führen.
Es liegt unseren Erörterungen fem, die Lebensbedingungen dieser ver-
mutlich schon zur Zeit ausschliefslich ministerialischer Burghut entwickelten
Genossenschaften im einzelnen zu untersuchen ^ wie sie aus dem lehrreichen
und eingehenden Material der Burgfrieden leicht zu erkennen sind*, uns ge-
nügt hier festzustellen, dafs durch die genossenschaftliche Bindung eine ein-
heitliche, unter dem Burgherrn oder einem Mandatar desselben auch recht-
lich gebundene und gerichtlich abgeschlossene Lebensgemeinschaft entstand ',
welche Schutzmacht wie Verteidigungskraft der Burg zu lebensvollem Ausdruck
zu bringen vermochte.
Und eine derartige Organisation der Burghut, welche die Burg von vorn-
herein nicht gegenüber der Umgegend militärisch abschlofe, sondern das Be-
dürfnis des umliegenden Landes nach Schutz vielmehr durch das Mittel der
Burgsesse mit den Interessen der Burg fest verknüpfte*, sollte für das platte
burgerstat, und es solle niemants binnen der freiheit wonen, er habe der zweier stät einen. Nach
Weidenbach, Grafen von Are S. 142, (und Baersch Eifl. ill.) bestand dementsprechend an der
Südseite der Nürburg eine eigene Abteilung für die Burgsesse der Biurgmänner. Toepfer 1,
102, 1291 nebst Note finden sich noch sehr interessante Nachrichten über ein festes Burgsefs
der Burg Bemkastel.
») Aus früherer Zeit vgl. in dieser Richtung MR. ÜB. 8, 164, c. 1220; 1379, 1257;
Toepfer 1, 100, 1291 ; namentlich aber Westd. Zs. Bd. 2 Korrbl. No. 218, cit. teilweis oben
S. 1312 Note 6, und MR. ÜB. 3, 1472, 1258 : der Wildgraf Konrad teilt letztwiUig seine Burgen
unter seine Söhne de consilio et assensu nobilium meorum castrensium. Drohung: welcher
der Söhne sich nicht fugt, castrensium omnium consilio carebit et auxilio. Zeugen sind
2 domini genannte freie Herren, und 15 Leute, vermutlich alles Ministerialen.
^) Ich verzeichne zu den Burgfrieden Guden. CD. 2, 1246 betr. den Landskroner Burg-
frieden; Isenburger Bfr. 1334, Geschlechtsregister Isenburg usw. Urkk. S. 126 f.; Hammer-
steiner Bfr. 1351, CRM. 3, 375, vgl. a, a. 0. 431, 1356; 484, 1362; Kempenicher Bfr. 1389,
CRM. 3, 619; Leyener Bfr. 1894, CRM. 8, 633; Wartensteiner Bfr. 1402, CRM. 4, 8;
Hammersteiner Bfr. 1410, CRM. 4, 41 ; 1461, a. a. 0. 287, vgl. a. a. 0. 3. 375, 1351 ; 484,
1362; Ehrenbürger Bfr. 1413, Acta acad. Theod.-Palat. 6, 461; Guden. CD. 2, 1313,
1450; Scboenecker Bfr. 1415, G. 2, 565 f.; Sinziger Bfr. 1426, CRM. 4, 128, s. S. 241
Note; 1428 Bfr. der vorderen Grafschaft, 1437 der hinteren Grafschaft Sponheim, CRM. 4,
137, 169, s. dazu CRM. 5, 151 und 152, 1557; Elzer Bfr. 1430, CRM. 4, 143; Beilsteiner
Bfr. 1435, CRM. 4, 162; Olbrücker Bfr. 1478, CRM. 4, 346; Schmidtburger Bfr. 1504, CRM.
5, 18; WRohr 1, 585, G. 2, 577.
») S. Bd. 3 No. 132, 1336; W. von Thal und Haus Schöneck, G. 2, 560: die Burg-
mannenstätten und Bürgerstätten sollen haben zwen richter, nemblich die biu*gleut einen
burgmansrichter, und die burger einen burgerrichter, ab dem willen wa iemants zu thun hette,
daB man doch alle zeit einen richter finde.
*) S. z. B. WZolwer 1571 § 1: wie viel burgleut zu der herschaft Z. gehörig und
wer diselben sein? erkennen, dasz in dem dorf Z. 5 sitzen ... ist noch einer gewesen . .,
derselbig ist gar ausverstorben, und haben die herren das gut angenommen und zinsbar gemacht
[Entwicklung der Landefigewali. — 1316 —
Land ohne Bedeutung gewesen sein? Das Gegenteil leuchtet ein; die Burgen
sind höchstens in ältester Zeit blofse Verteidiguuftsstätten des Bur?henu, be-
festigt« strategische Punkte für die militärische Sicherung der herrschenden
Geschlechter gewesen; sehi" bald wurden sie jedenfalls vomebmlich, ja teilweis
ausschlielsiich zum direkten Schutzmittel des umliegenden Landes.
In älterer Zeit bis tief ins 9. Jh. hinein hatten sich die Bewohner des
platten Landes bei Feindesgefalir mit ihrer Habe auf unzugängliche Höhen,
in Steinriuge, wie es deren im Mosellande sehr bedeutende giebt *, oder in rasch
hergestellte Befestigungen geflüchtet". Daneben war jedenfalls seit ältester
Zeit die Flucht in die Stadt beigebracht; noch im 13, Jh. klingt ihre frfihere
Bedeutung in einer Bojjpai-der Nachricht deutlich nach^. Endlich mochten
schon Burgen und burgähidiche Anlagen beim Nahen des Feindes in
Betracht gekommen sein, namentlich soweit sie mit Fronhöfen verbunden
waren: so erklärt sieh wohl auch das später ziendich allgemeine Asylrocht
der Burgen*.
Geregelter und ausgedehnter wurde aber der Schutz letzterer Art
erst mit der aufserordentlichen Zunahme des Bm-genbaues seit der Staufer-
zeit. Jetüt erschien das Land vollauf mit Burgen besät * , und gerade
den bebautesten Gegenden — nicht den Gebirgseinöden , wie eine weitver-
breitete Ansicht meint^ — schlössen sich die wachsenden Anlagen an. Dabei
<) Vgl. g. B. Westd. Zs. Bd. 2 Eorrbl. No. U9 über den Stebwoll zu Ützenhaosen.
') a. Begino Cbron. z. J. 892: ArduenDO-m intrabont, tibi quoddatn castnuii in qaodam
praeeminenti loco Dovitcr constructum, in ijuo iuniiniGra mttllitudo vulgi cünfugerat, ndgre-
diuiititr ei absque niora expiigiiaot.
*) MR. ÜB. S, 597, l^SI: in Boppard de doto editicabit domum in ipsa area tante ampli-
tudinis et spatü, quod capere raleat omnes homineE ad eundem curteni ab iwtiquo spectautes,
statutis temporihus anoi placita eua niore solito inibi c^lcbratiiros. et sciendiun, quod procu-
rator ecclesie presidens placitia recipiet in ea census suos certis horis n feodalibus curie,
vicissini etiam eisdem sua iura datunis ibidem, que eis debentur. bello quoque ingruente
conununi ruriculis in adiacentibus villis deinonuitibus cum mobilibus rebus eomiii et iunientis
domuB supradicta patebit, donec pace reatituta posEint ad propria secure reveili, itlis inquam
solummodo, qui ad Ipsam domum pertinere dinoscunlur.
') WBockenau 1487 g 8: der Hof soll in gudem gewunlichem buwe und beachlaizzeD sein,
also, abe vientschaft queme, so sal Eich ein hofinan naber tun und of ein sit rucken und
dieselben, die in dem hoefe von vorclit wegen fliegen, zu sicli neixien, und sal die diire, zu
der kuchen galt, runen, of daz man zu noeden sie bable nioecht treffen und ufthua.
WHelfant, G. 2, 258: abe es sich begebe, das fientachail wcre, so sol scnt Matbeis hoil' zu
Heifant solche freibeit haben, so die nacbparn ihr vebe darin flegen, sol gelreihet sein. Wenn
freilieh v. Maurer, G. der Fronh. I, 112, 136, jeden Fronbof als Burg ansiebt, so ist das viel
zu weit gegangen.
^) In Österreich sollte keine neue Befestigung im Umkreis einer Hast (1 bis 2 Meilen)
Ton einer schon bestehenden Bui^ oder Stadt gebaut wei-den, Hasenührl S. 47.
*) Die Widerlegung dieser immer wieder gehörten Meinung ergiebt sieh aus einfacher
Einsicht der Karte 8 in Bd. 2. Die kleinen Raubnester liegen freilich, soweit sie nicht
ZoUbiu-gen sind (s. MR. ÜB. 1, 185, 947, dt. oben S. 1018 Kote U rielfach im tiefen Ge-
— 1317 — Bildung des Territoriums.]
wird der Zusammenhang zwischen Burgenbau und grundherrlichem Schutz
immer deutlicher. Die Burgen liegen nunmehr stets in einem Komplex von
Fronhöfen der burgherrlichen Grundherrschaft und nicht selten auch im Treff-
punkt der für die Transporte dieser Grundherrschaft wichtigen Wege^; ja es
kommen nicht selten Burgen vor, welche nur 6inem Fronhof angeschlossen
sind 2 und wohl gar mehr oder minder mit der Wirtschaftsverwaltung desselben
verschmelzen®.
birge, s. CRM. 3, 396, 1852: Johann von Schieiden als Landfriedensvogt hat zu thun haupt-
sächlich mit Vesten bei Limburg und nemlich in der Eifelen.
1) S. schon >rR. ÜB. 1, 6, 636: locus domus und castrum Teulegium [Tholey
Kr. Ottweiler] cum campis pratis silvis et mancipiis, cum omni iure suo, cum appenditiis
villares seu reditibus cum domibus inexquisitis. MR. U6. 1, 275, 9d8, das kaiserliche
Kastell Saarbrücken mit Zubehör : cum predio Völklingen nominato et QuterscTind et Warwd,
cum Omnibus ad iamdictum predium pertinentibus, villis terris cultis et incultis familiis utriusque
sexus forestis ecclesiis teloneis mercatis aquis piscatiouibus molendinis silvis, cum omnibus
pertinentiis, que dici vel nominari possunt Vgl. femer MR. ÜB. 1, 335, 1051, dazu Bd. 2,
367; MR. ÜB. 1, 308, angebl. 1036—37 (12. Jh.); Ennen, Qu. 1, 542, 66, 1153;
C4. Trev. Cont. 4 Add. 2, MGSS. 24, 395, so, cit oben S. 1286 Note 1; MR. ÜB. 3,
738, 1242—43; Cod. Salm. 71, 1279: die Herren von Vinstingen verkaufen an Trier für
1400 Ib. d. Metensium castrum nostrum, quod habemus in Mailberg, cum villis videlicet Sütze,
Stadevelt et Alve attinentibus eidem, necnon advocatiam nostram de Wittelich cum villis
quibuscimque et universis ac singulis redditibus proventibus honore dominio directo sive in-
directo, hominibus castrensibus vasallis mansionariis feodalibus sive non feodalibus, cuius-
cunque conditionis existant vel quibuscunque nominibus appellentur seu censeantur, terris
agris cultis et incultis pratis silvis nemoribus pascuis vineis aquis decursibusque aquarum
viis et inviis piscatiouibus iurisdicdonibus ac quibuscunque aliis iuribus corporalibus et in-
corporalibus, et cum omnibus aliis suis attinentiis seu appenditiis ad ipsum castrum necnon
advocatiam predictam quomodolibet spectantibus. So auch Bd. 3 No. 297 c, 1824; CRM. 3,
240, 1338: das Schlofs Dill besteht in ipso castro et eins suburbio, villis et curiis Dille,
Lainsheim, Dreisc, Cruzenach, Swabeheim, Claustro, Aldenfeld, Perdesfelt, Capellen apud
Kirberg, Kiren, Imtzenrodem, Gemunde, molendino zu den Hecken, Kerwilre, Dilledorf, curia
ante castrum Dille, molendino et valle ibidem, Seibach, Belthe, Keltrod, Ruchenhom, Buchen-
buren, Soren, Walenowe, molendino in Hunwibre, Lutzenhusen, Nidemwilre et quinque silvis,
videlicet Belgerstrud, Steinberfrod, Dille, Eichholz et nemore dicto der Scheit, cum dominus
castrensibus fidelibus ministerialibus hominibus villis iurisdictionibus altis et bassis pratis
pascuis aquis aquanim decursibus piscatiouibus venadonibus nemoribus redditibus iuribus ac
pertinentiis universis ad ipsas castrum suburbium dominium necnon villas et curias predictas
spectantibus, prout ad nos pertinebant Dazu s. *Bald. Kesselst S. 299, 1338: zu dem castrum
Dille gehören die hove zu Laineheim und zu Dreise, die verpachtet man iedes iars umb
hundert mir. fruchte und umb zehene oder zwenzig mir. darzfi, darnach daz fruchte wissent,
oder man snidet die fruchte und dAt sie selber in, des ist ein deil weise und ein deil rocken,
ouch werdent da ses und drizzieg s. hL, davone gibet man den . * scheffen ein essen umb
sente Mertins dage. ouch verpechtet man den win alda umbe siben fuder oder umbe echte,
als iz gerächt an dem jare. ouch horent zA deme hove zA Lainsheim siben scheffen, die
sint schuldig des hoves recht zA sprechene. Aus späterer Zeit vgl. noch CRM. 3, 324, 1346;
Guden. CD. 2, 1339, 1466, cit oben S. 963 Note 1. \
'^) MR. ÜB. 1, 571, 1152: castrum, quod Seina dicitur, et ipsam curiam de Seina;
MR. ÜB. 1, 605, 1158: castrum de Xassoue et curiam adiacentem mit 40 mansi. S. auch
oben S. 1308 Note 6.
') URheingrafen: castrum cum multis hominibus, vindemiis, agris dominicalibns , qoi
[Enlwicklimp der LandeagewalC. — 1318 —
Da kann es denn nicbt wundorn, wenn die Bm-gen mit dem imigebenden
Lande in allgemeine grundheirliche Bezieliiuigen traten. Sehen wir von der
direkten Einnahme von Zinsen aus den untei-sfellteu Fronhöfen ab', so wurden
auch von deu dem Burgherrn nicht unmittelbar grundhörigen Umwohnern
oft auf weite Entfernung hin Grandzinse als Schutzgeld unter dem Namen des
Schirmhafers, Burgfoders u. dgl. erhoben " ; und nicht minder wurden Fronden
für Verproviantierang und Burghau gefordert*. Dazu kam endlich noch, dals
die Bulben 2umeist in die Einung einer benachbarten Markgemeinschaft ein-
bezogen waren*, anfangs Teil hatten an deren ÄllmendegenuTs und schliefslich
es nicht selten zur ganzen oder partiellen Markherrlichkeit brachten ''.
Die Burgen eines Territoriums aber mufsten nun mit all diesen Be-
ziehungen um so mehr in den Vordergrund treten, je mehr sich dieselben bei
ihnen durch Verbindung mit anderen Arten halbstaatlicher Gewalt kräfügten.
bundin dicuntur, et mansU censualibus. S. auch MR. ÜB. 1, 425, c. 1112: Pfalzgraf SigfHd
castelluni ecclesiQ [Lacensi] vicinum . . destnixi et bon» ad ipsutn prius pertinentiu iratribua
. . tradidi; und vgl. Alp. de di». lemp. 2, 20, eil. oben S. 133 Kote 2.
') ME. ÜB. 3, 71, 1217: ein Jahvcszina vou 50 mir. sigüinis Trierer Mafs des E«-
gtifts von Altrieb uns preseDtabitur ve) in Novo Castro vel in ripn Moselle apud Keston,
videlicet prout magis noliis [dem Embischof Dietricb] aiit nosMs successoribus videbitur
expedire. Vgl, aucli Hennes ÜB, 1, 457, 1344, und teilweis schon hierher gehörend Cod.
Salm. 347, 1473: das sehloll Malberg mit seiner frcibeit, bogerieht und zubeboer; item die
fischerie nach aldem wißlomb der scbeffen zii Malberg dient jarlichs 9 mir. komsz 6 weilte pf.
100 eigere und all wocb als gut alü 5 veiQ pf. nnd die inwoner des dnels, so vit der uf dieß
srbloli geboren, dhienent jars 2 weehter und jarlkhs uf saut En{Ire8tag von zinsen von burger-
gut 14 weiDpf., im<[ sollen auch alle gepUrliclie bctredung thun von :!uiieii und in das huK
zwto tag za dienen, deß sint [sie} alles anderen dienstes und der schatzong gefreihet von
den berren von Malberg, item darüber in dem dhael, das dient 3 H. imd 6 weißpf. und
einen wachtel und 3 alb. und alle woch 6 hl. werths «ecken.
») S. oben S. 1066 Note 3, 1068 f., auch 'Bald. Kesselst S. 299, 1338: ouch gibet
man lus dem bove zä Ureiso echte mir. rocken den . . tornknechten uod den , . weehtem zA
Spainlieini uf der bürg, und gibet man 2 fuder wins bem Heiiiricbe von Baclieracb und ein
fiider wines bem Wolfram von Lewenstcin riltem iedes jars zä manleue.
') UStift S. 397, Saarbui^; homines curie de (Bilziiigen) de littore in castrum (Saar-
burg) supei-pOitabunt vinum et annonaiii episcopi. CRM. 3, 324, 1346: die Leute des Thaies
Grensau sollen mit füren zu ziten dinen uf die bürg Gi'ansoie und daz darzu gehöret, zu
unsers berren vou Trire teile, ane keinen andern dinst zu dun. S. auch Cod. Salm. 347,
1473, cit. oben Note 1.
*) CRM. 3, 169, 1330: die bürg Smideburg mit den burgmau . . dem burgfrede, und
dazu wazzere, weiden, anebow, viescherie, S. auch Mli. ÜB. 2, 2ö, 1177, cit. oben S. 205
Kote 1.
") So ist wohl Bald. Kesselst S. 152, 1319, cit. oben S. 701 Kote 2, zu vei-stehen.
S. auch *Bald. Kesselst S, 263, 1334: nemus nostrum dictiuu Swarzerdin prope castrum
Cüppenstein situatum cum universis eiusdem nemoris appenditiis, ac onmia bona nostra in
villis Windecke et Molkenrod cum agris, pascuis, campis, pratis, silvis, aqois aqnaniin deeur-
Bihus, piscariis, venationibus ac alüs universis ac singulis eorundem bonorum iuribus et
pertinentüs, et quicquid aliud in predictis nemore ei villis sive loeis ac eorura confinüs
habemus. Man vgl. auch Honth. Hist 2, 115, 1329.
— 1319 — Bildung des Territoriums.]
Schon oben S. 1071 ist bemerkt worden, dals sich seit etwa dem 12. Jh. vog-
teilicher Schutz wirkungsvoll kaum ohne den Besitz einer Burg ausüben liels :
nun war der landesherrliche Schutz seit dem 18. Jh. gewüs der wirksamste,
er nahm nach Ausdehnung wie Bechtsinhalt außerordentlich zu, und seine
Durchführung knüpfte sich natürlich an die landesherrlichen Burgen^.
Und auch das dritte territoriale Bildimgselement halbstaatlicher Natur,
die Lehnsherrlichkeit, blieb dieser Entwicklung nicht fem. Wie die Allodial-
burgen des Landesherm in Lehnsweise verwaltet wurden und zu ihrer Ad-
ministration ein besonderes Burgmannenrecht und Burggrafenrecht — von
letzterem wird imten in Teil 3 dieses Abschnittes die Rede sein — - geschafifen
wurde, so gerieten die meisten fremden Burgen innerhalb des Territoriums
als Offenhäuser in Lehnsabhängigkeit vom Landesherm, und nach der Aus-
dehnung ihrer Lage wie dem Wirkungskreis der von den Territorialburgen
aus zu leistenden militärischen Hilfe' richtete sich nicht zum geringsten der
spätere endgültige Abschlufs der Landesgrenze.
Bei dieser Lage der Dinge war es natürlich, dafs sich mit dem vollen
Mafse halbstaatlicher Gewalt auch die Fülle der vom Reiche abgeleiteten
hoheitlichen Gewalt, mithin jener ganze neue Komplex von Rechten, welchen
wir im Beginn dieser Erörterungen als Landesgewalt kennen gelemt haben,
sozusagen lokal auf die Burgen niederschlug®. In kleineren Territorien galt
die Burg der Landesherren als das Zentmm der neuen Territorialgewalt; in
diesem Sinne wird schon im J. 1192 von dem castmm Vimeburg una cum
comitatu ac universis . . iurisdictionibus, pertinentüs et appenditiis gesprochen ^.
In gröfseren Territorien dagegen, in welchen dem Landesherm eine Anzahl
von Allodialburgen zu Gebote standen, wurden diese die Mittelpunkte ver-
') Zur weiten Verbreitung der Yerknüpfimg grundherrlicher und vogteilicher Rechte
im Burgenbesitz s. Cod. Sahn. 71, 1279, cit oben S. 1817 Note 1, auch Toepfer 1, 106, 1292:
ego Conradus comes silvestris domicellus de Dnna notum &cio . ., quod castrum de
Duna . ., curtim de Husin ac nllam meam Cafifelt cum omnibus et singulis eorum iuribus et
attinentiis, item homines meos, qui sunt send mei, ac alios homines meos, qui appellantur
homines sancti Remigii, teneo et habeo in feodo ab abbate monasterii sancti Maximini extra
muros Treverenses.
^) Zur Ausdehnung derselben vgl. Honth. Ilist 2, 124, 1334: Erzbischof Balduin ver-
bündet sich mit Herzog Raoul von Lothringen zur Hilfe a Castro nostro Grimberg ad decem
leucas contiguas circumcirca infra quindenam a tempore monitionis per literas suas apertas
desuper factas cum quinquaginta hominibus, armis et equis bene expeditis, vel paucioribus
numero, prout ipse nos aut officiatum nostrum in Sarbourg, qui fuerit pro tempore, requisierit
super eo. Nach Guden. CD. 2, 1000, 1311, ist der Yerteidigungsbezirk der Burg Landskron
auf 8 Meilen im Umkreis festgesetzt
*) S. in dieser Richtung schon MR. ÜR 2, 25, 1177, cit oben S. 205 Note 1; und
MR. ÜB. 2, 104, 1190: castrum Treis des ElrzstÜts cum omni banno et districto suo, et cum
Omnibus ad ipsum pertinentibus. Vgl. auch oben S. 782, und Cod. Sahn. 71, 1279, cit oben
S. 1817 Note 1; CRM. 3, 240, 1838, cit oben S. 1817 Note 1; Cod. Sahn. 847, 1478, dt
oben S. 1818 Note 1.
«) MR. ÜB. 2, 124, 1192. S. auch WStrohn [1881] 1510, G. 8, 804-5, dt oben
S. 1078 Note 8.
(Entwicklung der Landesgewail. — 1320 —
Wiiltunt-'smiU'siger Gfltendmachimg der neiieu Landesgewalt; nach ilirer Lape
und zuTii guten Teile nacli iler Ansdefinungsmöglichkeit ihrer Sehutziiflicht
wurden die neuen Tenitorialverwaltungsbezirke geschaffen; und nicht ohne
Grund heifsen diese Bezirke im Westen unseres Gebietes, im Flandrischen und
anderswo Kasselreien, Chastfilerieu oder Ciiatellanien,
Ist es aber die eigentümliche Entwicklung der Kriegsverfassuiig gewesen,
welelie eine lokale Anordnung und Verteilung der erwachsenden Landesgewalt
auf die Burgen herbeiführte, so niufs der Bur^konimandant der erste Beamte
der lokalen Landesverwaltung gewesen sein. Das ist das erste Thema pro-
bandum, welches sich filr die Entwicklungsgeschichte der Territorialverwaltung
ergeht. Bevor wir aber in seine Erörterung im dritten Teil dieses Abschnittes
eintreten, ist es nötig, die innerhalb des Territoriums erfolgende Ausweitung
der Lande^ewalt zur Landeshoheit zu übersehen, wenigstens soweit sich diese
Ausweitung noch im späteren Mittelalter vollzieht. Denn man wini die Bil-
dungsgeschichte der Landesverwaltung in eben dieser Zeit nicht verstehen
können, wenn man nicht die Kräfte der zeutialen Landesr^erung völlig
übersieht, welche in ihr zur Wirkung gelangen.
^i
Anhang.
Efzhischof Johann fxm Trier schreibt an defi Freigrafen Johann Hackenberg iiber das
erzstifUsche Privilegium de non evocando. 1467 April 18.
Cr. KMifU st, A„ Bl. 29 dtt IHpl Prumümt.
Johann van goitz gnaden erzbischof zu Triere etc. korfurste Johann Hackenberg zur
Nuwerstat frigreve in dem Suderlande, uns sind zwene dine brieve vurbraicht worden, in
den du imseren lieben getreuwen schoultheissen, zenderen, scheffenne, meigeren und gemeinden
unsere gerichte und dorfere zu Sweich und zu Merinke van clage wegen unsers lieben ge-
treuwen Bemhartz van Waveren gebietende bist, das sie sich mit demselben clegere in
freuntschaft sliechten und scheiden in vierzien tagen nach ansehen dinre brieve ; und geschege
des nit, so setzes du ine ein richtlichen rechtage zur Nuwerstat an den frien stoile nidden
vur der portzen gelegen im Suderlande, uf den anderen mantag nach deme sondage phings-
tage nehstkompt etc., wie dine brieve das furter besagent daruf verkundigen wir dir, das
wir als ein kurfurste des heiligen Richs van loblicher gedechtenissen Romischen keisem und
koningen und sunderlich von unseren gnedigen herren dem keisere, der itzont ist, und van
unsers stifts wegen begnadet und gefreiheit sin, das niemands, er si auch wer er wulle,
einchen unseren und unsers Stifts mannen, burgmannen, dienstmannen, bürgere oder untertane
umb eincher sache willen an einche keiserliche königliche oder andere gerichte buissen un-
seren stifte gelegen ziehen sulle ader möge, herumb und in kraft solicher unser und unsers
Stifts privilegia und freiheit heischen und forderen wir die obgen. unsere undertanen gemein-
lich von dir und dem gen. freihen gerichte an diesem unserem offenen brieve vur uns und
unsere rete zu rechte, dan wir sin derselben unser undertanen mechtig, das sie dem obgen.
cleger umb sine forderonge binnen geburlich zit und an gelegen orden vur uns ader unsen
reten thun sullent, so vil si ime van eren und rechts wegen plichtig zu sin erkant werden.
Urkund etc. Geben zu Paltzel uf sontag iubilate anno domini m^cccc^lzseptimo.
Lampreeht, DenttcliM WirtMhaftalelMn. I. 84
2. Die Landeshoheit.
Im bisherigen Verlauf dieses Abschnittes sind die Voi>;äu^e geschildert
worden, in welchen sich, aus den verschiedensten Quellen gespeist, einheitlich
gefafst durch militärische Kräfte und Ktalsuahmen, allmählich die Lande^ewalt
entwickelte. Nachdem somit das Territorium zur Unteriage eines besonderen
forstlichen Machtbereichs herangereift war, kam es weiterhin darauf an, die
fürstliche Gewalt systematisch durch Umformung der bestehenden territorialen
Verfassimgs- und Verwaltungszustinde zu einem stets erweiterten Ausdnick zu
bringen. Die in dieser Richtung geltend gemachten Bestrebungen füllen das
spätere Mittelalter und die folgenden Jahrhunderte; in ihrem Verlauf erwächst
die Landesgewalt zur Landeshoheit. Die volle Entwicklungsgeschichte der
Landeshoheit ist somit ' nicht Gegenstand unserer auf das Mittelalter be-
grenzten Studien. Gleichwohl mag es gestattet sein, hier kurz diejenigen
Anschauungen zusammenzustellen, welche sich schon aus dem mittelalter-
lichen Quellenmaterial zum Thema ei^eben.
Die Landeshoheit*, soweit sie sich im Mittelalter ausbildet, lehnt sich
natuiyemäfs in Konstruktion und Charakter ihrer Teilgewalten noch eng an
den Charakter des mittelalterlichen Staates an: Militärhoheit und Gerichtshoheit
bilden ihren Kernpunkt. Aber daneben wird doch schon den anderen eben-
bürtigen Teilgewalten der modernen Staatshoheit ein gröfserer Spielmuni ge-
lassen , als dies in der alten Reichsverfassung der Fall war. So namentlich
der Finanzhoheit und der allgemeinen Verwaltungshoheit ; die Landesherren
duUlon je später unt so weniger jene Eingriffe seitens autonomer Verfassungs-
kräfte iu diese Gewalten, welche im alten Reiche so liäuüg waren und so her-
vorragend zu dessen Verfall beigetragen haben. Wir werden daher die Fort-
schritte der Landesgewalt zur Landeshoheit in völlig gleichmäfsiger Weise
') S. auch schon oben S. 1251 f.
") Zum Ausdi-uck landfÜMte s. Bd. 3, 274. s«, 1462; 291, ir,, 1477.
— 1323 — Die Landeshoheit]
sowohl auf militärischem, wie auf gerichtlichem, finanziellem und administrativem
Gebiete zu suchen haben.
Mit dieser allgemeinen Erörterung sind aber die Fragen zur Lösung
unserer Aulgabe doch noch nicht richtig gestellt. Vorausgesetzt ist bisher ein
völlig gleichmäüsiges Verhältnis des Landesherm zu allen Territorialeingesessenen.
Dies Verhältnis bestand in Wirklichkeit nicht. Stand der Fürst dem grölseren
Teil der Territorialbevölkerung auf Grund ehemaliger alleiniger Grundherr^
Schaft oder Vogtei als voller Landesherr mit der Forderung ausschliefslicher
Unterthänigkeit g^enüber, so bestanden daneben doch groüse Stücke des Terri-
toriums aus fremden Grundherrschaften und halbselbständigen Städten, deren
Verhältnis zum Landesherm sich zunächst vertragsmäisig zu regeln pflegte.
Seinen Ausdruck fand dies Verhältnis im Laufe des späteren Mittelalters in
einem Ständewesen, in welchem die Grundherrschaften und Städte immer fester
zu einem halbstaatlichen Körper zusammenwuchsen. Natürlich war daher die
Einwirkung der Landesgewalt auf die Stände eine andere, als auf die Unter-
thanen ; bildete sich die Landesgewalt hier relativ leicht zu voller Landeshoheit
heran, so bedurfte es dort längerer Zeit, grölserer Kämpfe und anderer Mittel
zur Erringung des gleichen Zieles. Das Verhalten der Landesgewalt zu den
Ständen bedarf somit gesonderter Untersuchung. Dieser Sachlage entsprechend
werden wir die Entwicklung der Landeshoheit zuerst gegenüber den unmittel-
baren Unterthanen, dann gegenüber den Ständen zu erörtern haben.
Treten wir nun in die Geschichte der Landeshoheit gegenüber den Unter-
thanen ein, so ist zimächst über die militärische Seite der Entwicklung
wenig mehr zu sagen; alle hierher gehörigen Erscheinungen sind schon oben
S. 1287 ff. besprochen; es bedarf höchstens noch des Hinweises, dafs das
Recht auf Landesverteidigung und Auszug späterhin allgemein als hoheitlich
gefafet wurdet
Um so ausführlicher ist über die Entwicklung der Gerichtshoheit und
ihre allmähliche Ausgestaltung in einer veränderten Gerichtsverfassung zu
sprechen. Nicht als ob mit dem Eingreifen der Landesgew^alt sofort eine
systematische Neugestaltung eingetreten wäre: dazu war diese Gewalt selbst
zu schwach, und der Trümmerhaufe alter Bildungen, wie ihn der Zusammen-
sturz der Reichsgerichtsverfassung seit der Mitte des 12. Jhs.* und der kor-
porativen Gerichtsinstitutionen in der zweiten Hälfte des Mittelalters® lieferte,
zu übermächtig. Aber allmählich mufste sich doch die Landesgewalt unter
diesen Trümmern einzurichten suchen, um so mehr, je mehr sich das Reich
auch als Oberinstanz * und auf dem Gebiete der Gerichtsvollstreckung zurück-
^) S. z. B. Honth. Hist 2, 761, 1558; 8, 194, 1599, cit oben S. 1269 Note 2.
») S. u. a. Waitz, Vfg. 5, 177 t
') S. u. a. oben S. 1154 f.
*) S. darüber oben S. 1272 ff.
84*
[EnlwiciluDg der Landesgewalt. — 1324 —
zog', und sie niu/ste riaraa denken, unter Benutzung: des noch brauchbaren
Vorhandenen und unter Stärkung der eigenen Bedeutung eine neue territorial-
abgeschlossene Gerichtsverfassung zu bejrrunden.
Versuche in dieser Richtung konnten am ehesten an die Person des
Landeshemi als obersten Hortes des Rechtes anknüpfen: wurde docli bei einer
solchen Auffassung der landeshenlichen Gewalt niu- eine im Reich hergebrachte
Anschauung auf die Territorien übertragen. Nun hatten die Herren künftiger
Territorien schon früh pei-sönlich, über alle Gerichtsinstanzen hinweg, eine aus-
gedehnte schiedsrichterliche und vergleichende Thätigkeit auszuüben begonnen ;
an tler Mosel ist sie seit Mitte des 12. 3h%, in den geistlichen Territorien ganz
besonders bei Streitsachen kirchlicher Institute, gewöhnlich ^. Mit ihr verband
sich aber seit der zweiten Hälfte dos 13. Jhs. ein weiteres; die Bürgschaft
für andenii'eitig oder auch in landesherrlichem Kompromifs geschlossene Ver-
gleiche, sei es durch direkte Beurkundung oder durch Besiegehmg der Ver-
gleichsurkunden, auch hier wieder vornehmlich bei Streitsachen geistlicher In-
stitute oder Belehnter*. Indem nun bei solchen Vergleichen die Bürgschaft
immer starker betont wurde*, wurde dem vergleichenden und bürgenden Landes-
herm geradezu das Recht eingeräumt, bei Bruch des Vergleichs den schuldigen
Teil entweder dii-ekt zu bestrafen — hierzu bot namentlich die Banngewalt
') S. Honth. Hist 2, 271, 1876. Welche selUamen Leistungen die LandeBherreu als
Qerichlsvollstrecker schon tun die Mtte des 14. Jhfi. wagten, zeigt Bd. 3, No. 178, 1349,
vgl dazu o!)en S. 1220, Note 1 Schlufs. Aus späterer Zeit b. Cod. Salm. No. 387, 1539,
Weisung für den firafen von Salm als Landeehermr dafs ghein gefangener olin (des I.andes-
herrn) willen seines gefenknus erledigt soll werden.
-) S. z. B. MR. ÜB. 1, 521, c. 1140—1150: dominus Waltherns de Sigesperc super nsuario
aque, quantnm ad litus [das SaamferJ ville de Bits pertlneliat, quod etiam ad feodum suum
apectare ipse asserebat, diu ecclesiani Wadegotiensem ealurapniatus est; ijue qiierela niediante
comitissa Gisela de Sarbruchen in hunc modum est decisa; videlicet quod prefatus Walterus
ipsius interventu, quicquid iure feodoli inter duo littora a comitissa Mechtilde de Houburcb
cuius fuit proprietaä possidere Tidebatrtr, et preterea transitiun lilwrum per pratum ad molcn-
dinum super litus situm prefaCe comitisse Mechtildi resignavit, quod ipsa comitissa una cum
prcfato domino Waltero et filio eius WUlelmo in manus Simonis comitis de Sarbrucken cod-
tradidemnt et per eius manum deo et sancte Marie pro remedio anime sue obtiUeruni. MR.
ÜB. 2, 4*, H70; Ravengiereburg klagt gegen seinen Vogt vor Krabischof Cliristian von Mainz,
und zwar nimmt man scbliefslich den Erzbiscliof als Schiedsrichter. Honth. Hist 1, S. 188,
1269: cum ego Gerlaciis facerem exactionem in aliqiios homines ecdesiae saneti Simeonis
apud Hoingen, et super hoc nos capitulum referremus ipsi domino Gerlaco quaestionem, eo
quod ad nos dictos homines libere et absolute pertinere diceremus, quos idem dominus Ger-
lacus ad suam advocatiam de Iloingen spectare diceliat: pariter in hoc conscosimiis . quod
coram domino nostro archieiiiscopo Trevireosi iuri stabimus super eisdem.
") S. z. B. Bd. 3, 17, s«, 1260; Goem Regg. der Erzh. S. .50 zu Mai 1261, S. 51 zu
Nov. 1261, ^. 52 zu Mai 21 1273, S. 53 zu Sept. 20 1275; Bd. 3. 85. lo, 1280; Goerz Regg.
der Erzb. S. 56 zu März 3 1284, S. 67 zu März 2 1291 usw., auch Bd. 3, 253, n, 138f!.
•) S. 7. B. Bd. 3, 120, .1, 1320.
— 1325 — I>ie Landeshoheit]
der geistlichen Landesherren ein sehr bequemes Mittel ^ — oder vor sein Forum
zu ziehen. Räumte man nun aber dem landesherrlichen Schiedsrichter diese Ge-
walt ein, so mulste man ihm natürlich auch das Literpretationsrecht des Ver-
gleichs zugestehen^. Und bald, im Laufe des 14. Jhs., schritten die Landesherren,
wenigstens in Trier, noch weit über die genannten, um etwa 1300 erreichten
Vollmachten hinaus: sie warnen vor Abweichungen vom Vergleich^, ja sie
bestrafen ohne weiteres jede Kontravention ^.
Bedenkt man hierbei, dals das Austragsverfahren schon um 1170 so häufig
war, dals es neben dem ordentlichen Gerichtsverfahren als gleich wichtig ge-
nannt wird^, ja daCs in Luxemburg um 1280 eih besonderer Justitiar in seiner
Durchführung beschäftigt erscheint ®, so begreift man ohne weiteres den aufser-
ordentlich weitreichenden Einflufs, den seine Existenz für die Begründung einer
besonderen territorialen Gerichtsverfassung haben mulste.
Schon im Beginn des 13. Jhs. war der künftige Landesherr nicht mehr
imstande, die für das Vergleichsverfahren notwendigen thatsächlichen Unter-
lagen allein festzustellen, um auf sie hin das schiedsrichterliche Urteil zu fällen ;
er betraute mit dieser Thätigkeit besondere Ausschüsse, welche zumeist aus
dem Kreise der höfischen Berater ad hoc geschafiien wurden^. Im 14. Jh.
ftmgieren dann diese Kommissionen ganz regehnäMg und erscheinen nunmehr
meist aus landesherrlichen Beamten, speziell aus Mitgliedern des um die Person
des Landesherm fluktuierend gebildeten Rates zusammengesetzt^; noch liefe
sich die Vorbereitung schiedsrichterlicher Thätigkeit in derartigen Einzel-
kommissionen bewältigen^.
Indes je mehr sich das Territorium abschlofs, je mehr der Landesherr
^) S. Bd. 3, 84, 2s, 1280; 105, le, 1297. Die Bannaodrohung konnte auch von einem
Officialat ausgehen, s. Dipl. Prumiense Bl. 187» , 1815, cit oben S. 970 Note 4.
*) Zu der Natürlichkeit dieses Interpretationsrechtes vgl. u. a. oben S. 987 § 15.
«) Bd. 3, No. 134, [1386].
*) Bd. 8, 240, 87, 1373.
^) MR. ÜB. 2, 4», 1170, cit oben S. 1094 Note 2.
^) Bd. 8, 85, 10, 1280. Dieser Justitiar fand aber vermutlich auch in der Grund-
herrschait eine Verwendung ähnlich der der Prümer Oberschultheifsen von 1291, s. oben
S. 734.
7) MR. ÜB. 2, 218, 1208: der Hof (grangia) Winterbach wird in seinen strittigen
Grenzen neu bestimmt Erzbischof Johann ad silvam ipsam accessimus, ubi diligenter inqui-
sita veritate a circumiacentibus tam nobilibus quam ministerialibus necnon et rusticis, de
consilio prudentum virorum, quos ad hoc decrevimus convocandos, . . litem determinavimus. . .
procuravimu^ etiam precidi arbores et signari, novas quoque et expressas per loca disponi ad
habendam in posterum plenam et perpetuam notitiam terminorum. Folgt die Grenzbeschreibung.
Vgl. auch unten S. 1880 Note 8.
8) S. z. B. Bd. 8, No. 117, 1828; No. 196 und 197, 1857, s. auch nochNo. 249, 1469.
*) Bisweilen fällt den Kommissionen wohl auch das gesamte Ver&hren einachlieiklich
der Aussprache des Urteils — aber dann doch unter selbstverständlicher Zustimmung des
Landesherm — anheim, vgl. Guden. CD. 2, 1095, 1844: Ortolfus consul Trevirensis, deno-
(Entft-itklung der Land esge wall. — 1326 —
allen TonitorialeingcsesBenen als oberster Vogt und Richter erschien •, om so
stärker mehrten sich die Ansprüche auf schie(!srichterliche Thätigkeit*. Zu-
gleich Qolmien sie jetzt einen anderen Charakter an. Bisher hatten beide
Parteien kompromittiert; jetzt gewöhnen sich die niederen Territorial-
eingesessenen daran, gegen vemieinüiche Reehtsvergewaltigiingen von irgend-
welcher Seite, nicht blofs von Seiten der gegnerischen Partei, sondern auch
-von Seiten des Richters, Hilfe beim Landesherm zu suchen: sie appellieren®.
So heifst es z. B. im § 4 des Weisturas von Liscbberg, Igel usw. aus dem
Anfang des 14. Jhs. : oh den eg. dorferen gewalt geschee in den dingen [Ge-
richtshandlungen], daz mag ieclich dorf sinen heren clagen [dem Grundherrn,
Hochgeriehtsherr ist SMatheis]; und enmoichten die heren dez nit geriechten,
so sullen sie iz clagen u. h- von Triere als eime obersten ricliter. Die mit
derartigen Bestimmungen eingeschlagene natürliche Richtung der Appellation
an den Landesherm fand übrigens bald ihre gesetzliche und dauernde Be-
stätigung durch die Verleihung des Rechts de non evocando und de non ap-
pellando von Seiten des Reiches*. Natüi-lich aber nahmen mit dem immer
hÄufigeien Einlaufen von Appellationen und Klagen, wie mit der Legalisiening
des lustanzenzuges durch das Reich die Geschäfte der landesherrlichen Ver-
gleichs- bzw. Gerichtsausschüsse immer mehr zu, und es fragte sich bald, ob
ad hoc gewählte Kommissionen zu ihrer Bewältigung noch genügten. Die
Frs^e wurde dahin beantwort*?t, dafs man entweder, wie in Luxemburg am
Schlufs des 14. Jhs., den ganzen Rat mit ihrer Besorgung betraute '', oder
aber für sie, wie in Trier im J. 1458, ein besonderes Hofgericht aus dem Rate
ausschied". Mit einem solchen Hofgericht war dann aber eine wahrhafte
oberste Gerichtsiustanz im Territorium gewonnen, deren Bedeutung weit über
diejenige des alten Lehns- und Dienstmannendings hinausging, wenn man diesem
wohl auch ali und zu Fragen nicht lehns- oder dienstherrlichen Rechtes vor-
gelegt hatte'. Jetzt ei-st war eine Zentralstjitte gewonnen, von welcher aus
Tninatus ab archiepiscopo iudex in causa prosecutionis damni [illall ciiidam hominum suonini
■Wesalicnsiiim Gtailoni Volkcnbach per Hemicuni de Schonenlturg, dum ilhim prehendit ei-
cruciavil preti.ivft' et in siunmum coniecit escidium] cum assessoribus suis pronuntiat, patra-
torem in Biimmam mille inr. ar^enli libellatam condemnando. Ein Beispiel für die Thätig-
keit besonders eingesetzter Gerichtskommissionen aus der Zeit unmittelbar vor der Errichtnng
des Hnfgerichts s. noch bei Loersch, Ingelh. Oberhof S. 514.
') H. oben S. 1136.
■-) S. z. B. oben S. 955, femer oben S. 675 Note 9; Bd. 2, 648 Note 2.
') Schon in Buchl. 1, 506 findet sich ze hove kumen=vor den Richter gehen. Vgl.
femer Bd. 2, S52, speziell Note 5.
*) S. darüber oben S. 1273 f.
') Clart. Clairefontaine 187, 1385.
•) S. oben S. 1274. Zur Thätigkeit desselben s. u. a. Bd, 3, No. 270, 1497.
■■) Namentlich solche, in welchen der Landesherr Partei war. So iiidt z. li. Erzbischof
Kuno im J. 1862 die Stadt Koblenz in einem Streit wegen der .Accise vor sein Manngericlit.
— 1327 — Die Landeshoheit]
die landesherrliche Gerichtsgewalt zur vollen Geltung gebracht werden
konnte.
In der That beginnt eine weitergreifende landesherrliche Regelung der
alten Zustände überkommener Gerichtsverfassung von oben her in Trier erst
nach der Kreierung des Hofgerichtes. Zwar war schon vorher für das Trierer
Stadtgericht eine R^elung vorgenonmien worden * ; zu einer Verbesserung un-
leidlicher Zustände auf dem Lande aber kommt es erst im Beginn des 16. Jhs. ^,
und eine allgemeine Untergerichtsordnung wird gar erst im J. 1533, zwei
Generationen nach B^ründung des Hofgerichtes erlassen^. Und auch jetzt
noch geht man g^enüber dem geschichtlich erwachsenen Wirrwarr von Ge-
Die Koblenzer bestreiten aber die Kompetenz, s. Ferdinand S. 87. Dagegen kommen 1S64
der Erzbischof und die Stadt Trier aberein, ihre Streitigkeiten dem königlichen Gericht znm
Entscheid Yorzolegen, a. a. 0. S. 81 t Der Lehnhof gehörte an sich nicht direkt der terri-
torialen Entwicklung an, namentlich nicht, nachdem er mit dem Dienstmannending ver-
schmohsen war (s. Bd. 8, 116, se, 1818). Zur Bedeutung und dem Schicksal dieser uns hier
nicht weiter interessierenden Instanzen s. oben S. 1038 f., 1170, 1266 f., femer CRM. 8,
818, 1845; 822, 1846; Honth. Hist 2, 167, 1846; 176, 1854; Dominicus S. 591.
^) Die Trierer Schöffenordnung von 1400, Honth. Hist 2, 767, ist gemacht vom Erz-
bischof mit rade unsers capitels und frunde, und auch mit wissen und rade der (Trierer) bür-
geren; der Erzbischof ordiniert und setzt sie. Ebenso heilst ein Nachtrag von 1422 (Honth.
Hist. 2, 792) satzunge und ordinatio. Von Hontheim nicht beachtete Stücke der Schöffen-
gerichtsordnung Yon 1400 hat herausgegeben Kraus in den Berichten der Trierer Ges.
f. nützl. Forschgn. 1869—1871, S. 88 f. Ein verwandtes Stück aus früherer Zeit ist
Goerz Regg. der Erzbb. S. 54 zum 15. Novbr. 1277, s. unten S. 1844 Note 1. Vgl. femer
noch in diesem Zusammenhang die * Beschwerden Balduins gegen die Stadt Trier 1851, Ar-
ticuli contra scabinos, im Bsdd. Kesselst, wovon einiges gedruckt oben S. 1054, Note 8;
femer die Koblenzer Schöffenordnung von 1515, gedr. Scotti, Chur-Trier 1, 288—55.
*) Vgl. z. B. CUM. 5, 88, 1516: Vertrag zwischen dem Erzbischofe Richard von Trier
und dem Grafen Philipp von Yimenburg, -eine verbesserte Kriminal-Gerichtsordnung in der
Pellenz betreffend.
') Von der Untergerichtsordnung steht bei Scotti, Chur-Trier 1, 805 das Inhalts-
verzeichnis; gedruckt ist sie 1587 und 1589 bei Ivo Schöffer in Mainz. Ich citiere nach
der Ausgabe von 1589. Spätere Ordnungen werden in unserer Darstellung nicht mehr in
Betracht gezogen. Das hauptsächlichste spätere Material ist etwa das folgende: im 16. Jh.
eine neue Hofgerichtsordnung von 1569, s. Honth. Hist 8, 17, vgl. auch 47, 1576; eine ge-
meine Amtsordnung vom 14. Mai 1576; eine Reformatio iudidorum von 1587, teilw. gedr.
bei Wyttenb. u. Müller, Gesta Trever. 8 Animadv. S. 12-18, s. auch Honth. 8, 149, 1587.
Zum 17. Jh. vgl. Scotti, Chur-Trier 1, 619, 1640: zeitweilige Errichtung eines zweiten Hof-
gerichtes in Trier neben dem in Koblenz; dasselbe wird aber 1652 wieder mit dem Kob-
lenzer vereinigt, vgl. Honth. Hist 8, 674. Femer erscheint im 17. Jh. unter Karl Kaspar
ein allgemeines Landrecht: Landrecht des Erzstiftes Trier, Trier 1688, 109 SS. . Es wird er-
neuert und vermehrt in Trier 1772 ausgegeben und ist neu gedruckt bei Maurenbrecher, Rhein-
preufs. Landr. 2, 42—206, und Scotti, Chur-Trier 2, Nr. 880. Zum 18. Jh. ist fernerhin
noch der Erlafs einer neuen Hofgeriditsordnung im J. 1719 (200 SS.) zu erwähnen, s. da-
zu Honth. Hist 8, 908 ff., auch 918, 1722. Im übrigen vgl. zur Entwicklung der Trierer
Gerichtsverfassung vom 16. bis ins 18. Jh. noch Honth. Hist 2, 541; 8, 207.
[Entwicklung der Laadpsgewalt. — 1328 —
richten thiuilichst schonend vor. Noch erscheinen nach der Untergericbts-
oriinuns als Richter Schiiltheilscn, Meier umi Vögte, als Uvteiler Schöffen und
Geschworene, und als ihi- Zweck wird nui' angegeben, damit hiufiiro sui l)e-
rQrten undergerichteu fonnlicher dann biß anher gehandelt, die proceß ver-
stendlicher fani;enommen, instituiert und gebessert, auch, soviel immer niöglicli
l)ei den undei:gerichtsi)ersouen , dem gemeinen besduiebenen rechten gemeß
procediert und geurtheilt, die irrigen und untunlich und Inlseu mißbreuch, so
nidit allein der Vernunft sonder auch aller erbarkeit und redlicheit zugegen
und wider erfunden, hingenonunen, nichticheit des proceß verhttt und menig-
lieheni fürderlichs rechten verholfen, auch fride und einigkeit desto baß ge-
pflaiizet und erhalten werden möge. Dementsprechend beziehen sich die
hauptsÄchlichsten Neuerungen nicht auf die Verfassung , soniiern auf flas
materielle und vornehmlich das prozessuale Recht; in die Verfassung greift
höchstens ein die Trennung des Schöffenamtes von der Beschäftigung als
Fürsprech sowie die Bestellung von Gerichtsschreiberu, welche Gericlits-
bttcher zu führen hal)cn für alle gerichtshandlung , bei- und endemleil,
auch aj)pellation„ heischung und gebung der apostel, darzu alle contiact, als
keuf, verkeuf, übergab, donation, erbuug, einkindschaft u. dgl-, item testameut,
80 die vor gericht gemacht und aufgericht würden. Eine weitergehende
Änderung endlich wird bezüglich der bislang bestehenden Oberhofszüge ge-
troffen, oder wie sich die UGO. S. XXVII ausdrückt, des Brauchs, das die
Schöffen nach beschluß der Sachen gelt von den partheieu gefordert und ]m
anderen gerichten, die etwa den haiidel nit recht oder villeicht weniger als
die ei-sten schöffeu vci-standen, rat geholt, demnach von einem hof oder gericht
zu dem anderen geferen und unsere unterthanen dardurch mit vergeblichem
Unkosten merklich beschwert haben. Statt solcher nunmehr regellos erscheinender
Oberhofszüge wird jetzt eingeführt der Zug der Süidtjrerichte des Obei-stifts aus-
schlielslich des Amt^'S Kochem an das weltliche Gericht zu Trier, der Stadtgerichte
des Unterstjftes und des Amtes Kochem an das weltliche Gericht zu Koblenz, und
der Dorigerichte an das jedesmal nächste Stadtgericht, niemals aber aufser
Landes, sowie bei schweren Sachen nach Trier oder Koblenz'. I)at>ei bleibt
natürlich die Appellation aller Gerichte an das Hnfgerieht nach wie \or
bestehen.
Aus diesem weithei7igen System der Untergerichtsordnung von 1533 darf
man aber keineswegs schliefsen, dafs die Einwirkung der Landesgewalt auf die
'I Man vgl. zu diesen Bestimmungen Scotti, Chur-Trier I, 244, Kolilenzer Kclioffen-
ordnung von 1515, § 22; Wir wollen auch und ordeneu, das uuser ticholleiß und scheffcn
nit verpflicht sin Bollen, ob es schon von den partliien samptlich ader sonderlich licgert wurde,
in Bachen, die under zwenzig gl. siu, sich an irem oherhoif an unserem schefieugcrichte
hinnen unser stat Trier zu erfaren, und das unih zu vermiden unnützen und groilien kosten,
der den parthicn mit solichem erfaren ufget. — Die Tendenz, die Städte zu henonagenden
Stätten der Rechtssprechung l)zw. Hechtsfindimg zu mitchen, ist iilirigens viel älter, vgl.
MR. ÜB. 3, 193, 1223; Stat. synod. 1227 e. 11, Blattau 1, 27.
1
— 1829 — Die Landeshoheit]
teiTitorialen Gerichtszustände abgesehen von der Zentralstelle vom 14. Jh. bis
zu den dreifsiger Jahren des 16. Jhs. an sich gering gewesen sei. Der Landes-
gewalt standen aufser der bislang betiachteten Ein\iirkung vom Hofgericht
bezw. von der Person des Landesherm aus noch andere Handhaben für die
Umfonnung der alten Gerichtsverfassung zu Gebote.
Sehen wir hier zunächst von der Entwicklung der fremdherrlichen Grund-
gerichte (Patrimonialgerichte) ab, so war für die landesherrlichen Grundgerichte
in unserer Gegend, und ganz besonders ausgedehnt im Erzstift Trier, schon
um die Wende des 12. und 13. Jhs. eine Verschmelzung erfolgt, in welcher aus
mehreren Fronhofsgerichten 6in Gericht unter Vorsitz eines Schultheifsen ge-
bildet ward*. Diese anfangs korporativen Gerichte hatten sich dann in der
zweiten Hälfte des Mittelalters, wie die meisten Fronhofsgerichte überhaupt,
zu lokalen Gerichten mit räumlich geschlossenen Gerichtsbezirken ausgestaltet ".
Über ihnen standen, teil weis mit einem mehr oder minder ausgebildeten In-
stanzenzug, wie in allen alten Immunitäten®, Hochgerichte zunächst ftlr Straf-
sachen, da, wo die Teilnahme altfreier Leute erhalten war, auch wohl noch
für Streit um echtes Erbe und Eigen. Diese Hochgerichte in ihrer sehr ver-
schiedenartigen Ausdehnung ergriflf nun die Landesgewalt und pafste sie, be-
günstigt durch den allgemeinen Zug der Entwicklung, aus Korporationsgerichten
wieder räumlich begrenzte Gerichte erstehen zu lassen*, durch Teilung und
Zusammenlegung von Gerichtsbarkeiten* in ihrer Bezirksabgrenzung allmählich
so viel als möglich den Amtsbezirken der neugebildeten Territorialverwaltung
an^. Nicht überall wurde diese Anpassung völlig erreicht', stets aber ist ihr
') S. oben S. 1052 f.
2) 8. oben S. 1200 f.
») S. oben S. 1113.
*) S. oben S. 1154 f.
^) S. oben S. 186.
®) S. oben S. 186 flf., und zum Beispiel die oben S. 191 citiertcn Nürburger Weistümer,
sowie CRM. 5, 113, 1538, W. über das Amt Bergpflege: zum ersten erkennen wir unsem
gn. herm von Trier vur einen gewaltigen herm dies lants und ein schirmherm. zimi zweiten
weisent wir unserm gn. herm alle gewaltsachen, alle doerengestoeß, die in freyel geschehen,
die zu boissen nach zimlichkeit zum dritten weisen wir unserm gn. herm wasser und weid
zu, des sal unser gn. herr den armen man laßen gebrauchen und nit zu versagen in kein weiß.
zum vierten weisen wir zu unserm gn. herm den hohen walt, den fogel in der luft, den fisch
im wasser, dat fließende ist, dat wilt in der hecken, also ferre unser gn. herr oder siner gn.
diener bezwimgen moegen. fortan sal unser gn. herr beschurren und beschirmen witwen und
weisen, den herkommenden man mit seinem mstigen spieß gleich den inwendigen; usgehalten
Gulleß Kevenach und Metterich mit iren insonstlichen herm bei alter herlicheit und freiheit
zu laßen, als von alters her breuchlich ist
~) 8. oben S. 191 f. Auch anderswo geschah das nicht, s. für Schleswig-Holstein
Hansseu, Abh. 2, 545. Über die Schwierigkeiten informiert z. B. CRM. S\ 44, 1507: in
Bruttig Trier gnmdhochlierre und richter, die Grafen von Sponheim vogthem, welche daselbst
über soliche . . vogtie sieben scheffen haben, die über eigen und erbe daselbst richten und
dem Vogt) auch . . gerechtikeit und gefelle wisen. Zum Hochgericht gehen die Trierer
[Entwicklung der Landesgewalt. — 1330 — •
Zweck (lurchsiehtig : die alten Strafgerichte sollen als Amtsgeridite den Grund-
gerichten des Amtes übergeoi-dnet werden, sie sollen zu einer zweiten Iiistanz
dieser Gnindgeiichte in Zivilsachen durchgebildet werden, und über ihnen soll
sich das Ho^ericht als dritte Instanz und oberstes Landesgericht erheben'.
Innerhalb dieser Anpassunpspraxis aber stiefs die bisher beibehaltene
Sehöfiengerichtsverfassung mit einem Element zusammen, das für sie schliels-
lich sehr gefilhrlich werden sollte, dem territorialeu Beamtentum, speziell dem
Amtaiauii als Vorstand des Amtsbezirkes.
Der Auitmatn hatte als solcher, wenn er nicht nebenher Schultheifsen-
oder Vogtftiuktionen versah, keinerlei gerichtliche Befuj-Tiisse. Aber er war
der allseitige Vertreter des Landesherm im Amtsbezirk. Wie wenn ihm
der landesherr seine schiedsrichterliche Thätigkeit für das Amt mehr oder
weniger übertrug? Schon seit der Wende des 12. und 13. Jbs. wurden, wie
wir sahen, vom Landesherm der Zukunft Konmiissionen imd Einzelpersonen mit
dem Auftrage der Vorbereitung schiedsrichterlicher Erkenntnisse ins Land ge-
schickt*, vereinzelt finden sich auch Einzelpersonen direkt mit dem Schieds-
richteramt betraut". Es lag nahe genug, diese letztere Befugnis im 14. Jh.,
mit der vollen Begründung der Amtsverfassung, für jedes Amt mehi- oder
minder ausgedehnt dem betreffenden Amtmann zu überlassen, um so mehr,
als den Amtleuten für ihr Amt schlielslich die volle gerichtliche Vollzieliungs-
gewalt* und die Verantwortlichkeit füi- die Thätigkeit der Schultheilsen als
Richter der Grundgerichte " zugeschoben wurde. Noch mehr aber mufste die
schiedsrichterliche ThÄtigkeit der Amtleute da in den Vordergrund ti'eten, wo
sie gleichsam als landesherrliche Fiskale zu fungieren* und speziell das
Interesse der fürstlichen ünterthanen gegenüber Gnmdhen-eu und Städten zu
vertreten hatten : wer ez auch daz den bui^rem und armen luten , . icht an-
Leute natb Kochern und Baldeneck vor den Amtraanii, ebenso in Jlittelgericbtssachen , die
Sponheinier nach Kastellaun. Jetzt wird nuu die Gerichtsverfassung durch Vertrag zwischen
b^ideu Parteien vereinfocht S. auch CRM. 5, 70, 1510; 88, 1524.
') VgL dazu Honth. Hist 2, 541.
") S. oben H. 1325 Note 8, vgl. auch MR. ÜB. 2, 128, 1192; 2, 224, 1206; 2, 2fl6,
1211—1212, cit. oben ö. 178 im Text; MR. ÜB. 3, 669", 1239; Bd. 3, 68, «, 1275; Arch.
Maxinin. 2, 377, ld33, cit. Bd. 2, CM, Note 1.
'I SIR. ÜB. 3, 486, 1233: Streit -zwischen Hinimerodc und Udo sowie Heribert von
Waldeck. Der Erzbischof, der am lloflager zu Bojipard ist, dieni partibns apud nllam Urcige
constituimus, uhi scultetua nosler E. de Minheim ex mandato nostro veniens . . rem perdux(it)
[als Schiedsrichter].
'} Speierer Amtsordnung 1470, § 43: die Amtleute haben die Gerichtsexekutjoii, such
für Todestrafe, ohne vorherige Aoli-age beim Fürsten.
") Speierer Amtsordnung 1470, g 17: die Amtleule sind filr frome erber redliche ver-
steudige Schultheißen und ächöfien in ihren .'bntem verantworilicb.
^) Speierer Amtsordnung 1470, § 18: die Amtleute sollen anfeile, bruche, dibstal und
andere mißhandelunge tragen und Hißtiche hcrfaren han, das di<> nit undergetnirkt oder un-
gestraft hingelegt werden.
— 1831 — Die Landeshoheit]
lege . . , ez were gegen fursten herren rittem knechten oder stetten, da soUent
die amptlute . . denselben allemole fürderlich und beholfen sin zu glichem
billigem lantleufigem rechten und ustrag, heilst es in § 4 der Sponheimer
Ordnung von 1437; und es wird fortgefahren, die Amtleute sollten die Sache
vor den Landesherm bringen, falls ein gütlicher Austrag nicht gelänge. Hier
ist es keine Frage: neben den alten Grundgerichten des Amtes wächst eine
neue schiedsrichterliche Thätigkeit des Amtmanns heran, wie sich einst neben
den alten Landgerichten des^Reichs die schiedsrichterliche Thätigkeit des künf-
tigen Landesherm erhoben hatte. Und diese Thätigkeit mufste um so mehr
bis zur vollen Rechtssprechung erstarken, je weniger die alten personalen
Grundlagen der Grundgerichte vorhielten. Hier beruhte alles auf der Tüchtig-
keit der Schöffenbank. Aber die Schöffen fanden sich nicht in das neue, seit
dem 16. Jh. aufkouunende Recht und das schriftliche Verfahren; sie wurden
zudem in ihren Rechten, z. B. der Asylfreiheit \ vielfach beschränkt und an
zahlreichen Orten nicht mehr oder nicht blofe gewählt, sondern vom Gerichts-
herm gesetzt oder auf Präsentation erkoren*. All diese Erscheinungen, wie
das langsame und schwerfällige Verfahren, muteten die Bedeutung der Grund-
gerichte abschwächen, diejenige der einfachen und raschen Rechtssprechung
des Amtmanns erhöhen. Und so finden wir die letztere denn in Luxemburg
schon gegen Schlufe des 16. Jhs. durchaus überwiegend. Im WBerburg vom
J. 1595, § 6, heilst es: wiewol in allen der herschaft B. angehorigen dorferen
sonderliche meier und scheffen gesetzt sind, so haben doch dieselbige in keinen
anderen Sachen dan was marken und ihre heingedingte gepotten anlangt zu
erkennen, sondern werden alle actiones aufserhalb criminalsacheu [d. h. alle
Mittelgerichtssachen] für dem ambtmau und seinem beisitz in dem pforthaus
gütlich und gerichtlich verhandelt; und kan der beschwerte teil von seinem
urteil, ob er wil, für die herschaft, auch von derselbigen an den hohen rat zu
Lützemburg appelliren^. Zugleich zeigt diese Stelle, welches schliefslich das
Schicksal der alten Grundgerichte war: sie wurden ihres spezifisch gericht-
lichen Charakters entkleidet, nur noch die alte Rechtssprechung des Mark-
dings verblieb ihnen*. In anderen Territorien verlief nun die Entwick-
lung fast noch rascher, wie in Luxemburg; in Trier speziell scheint die
Rechtssprechung des Amtmanns schon im Beginn des 16. Jhs. genauerer
') S. z. B. oben S. 1056 Note 2.
^) Das gilt sogar für Städte wie Boppard, s. Bald. Kesselst S. 215, 1880, cit oben
S. 1051 Note 1 : vgl. auch Bd. 8, 483 No. 8 u. 9, 1850.
>) Schon citiert oben S. 804 Note 2, auf S. 805. .
^) Hierin beruht der Kern dessen, was Stölzel S. 864 ff. über die späteren ROgegerichte
beibringt. Die Kompetenz dieser Gerichte beruht nicht auf einer neuen Bildung, sondern
vielmehr auf dem Umstand, dafs den Untei'gerichten nach Übergang der politisch-gericht-
lichen Funktionen an die Amtleute noch immer die Kompetenzen ihres alten autonomen, nur
lange Zeit mit dem politischen Gericht verquickten Wirtschaftsgerichtes bleiben mufsten.
Vgl. dazu die Auseinandersetzungen oben S. 269.
[Entwickliuig der Liutdesgewatl, — 1332
Staats- 1
Ordnung unterzogen zu sein'. Später bemerkt dann Moser, Trier. Staats-
recht S. 200, allgemein von der Trierer Gerichtsverfassung: in denen Stätten
ist ein Schultheifs oder Vogt und ein Gericht wenigst von 7. an \'ilen Orten
aber von 14 Schöffen; ingleichen eine von Churfürst Franz Ludwig (1716 — 1729)
angeordnete Aintliclie Verhör von 4 Personen, Tienilich einem ritterbürtigeu
Amtmann, einem Amtsverwalter, Kellner und Schultheifsen ; und haben die
gemeine Unterthanen und Burger in erster Instanz die Wahl, ihre Kitten und
Nothdurft au ein- oder dem anderen Ort anzubringen^.
Es ist indes nicht unsere Aufgabe, diese Ühei^änge der Rechtssprechung
aus den mittelalterlichen Schöffengerichten an das tenitoriale Beamtentum der
späteren Zeit genauer zu untersuchen: stellen wir nur fest, dafs Anfönge in
dieser Richtung schon am Schlüsse des Mittelalters völlig zu Tage liegen und
sich genügend stark betont zeigen, um die später erfolgende Umwandlung der
Gerichtsverfassung auch ohne überwiegende Inanspnichnahme der Rezeption
<les römischen Rechts zu erklären.
Und so ist <ienn die Bahn, auf welcher sicli die Entwicklung der terri-
türialen Gerichtshoheit bewegt, schon im Mittelalter klar erkennbar vorge-
zeichnet: Entwicklung schiedsrichterlicher Thätigkeit in der Zentralstelle wie
in den unteren Verwaltungsstellen, Umgestaltung derselben zur Rechtssprechui^
und Aufoaugung der Jurisdiktion der älteren Gerichtsverfassung durch diese
Bechtssprechui^, in der Zentralstelle direkt, in den unteren Verwaltungsstellen
(Ämtern) nach lokaler Anpassung der alten Gerichtsverfassung an diese Ämter.
Weniger bedeutsam, als die Entwicklung der Gerichtshoheit, verläuft die
Entfaltung der landesherrlichen Finanzhoheit während der letzten Zeiten des
Mittelalters. Man hatte sich allerdings auch hier, wie innerhalb der Gerichts-
verfassung, aus einem bunten Wirrwarr von Einzelfunktionen zu bestimmlerer
Einheit empoi-zuarbeiten : das allgemeine Ziel der Zentralisieiiiug war in beiden
Fällen das gleiche. Allein während auf dem Gebiete der Gerichtsverfassung
die Hindemisse nur in dem Chaos der alten Einrichtungen an sich lagen, kam
bei der Finanzverwaltung noch die Unmöglichkeit hinzu, sich aus den Fesseln
jenes langsamen Übergangs von der Natural- zur Geld Wirtschaft zu lösen,
durch welchen die Vielheit der Erhebungsarten, die Mannigfaltigkeit der
finanziellen Quellen, kurz der ganze Charakter des bisherigen Verwaltungs-
systems zum guten Teil unaliänderlicli bestinnnt schien. So konnte es nur
darauf ankommen, die alten Bezugsrechte thunlichst zu vereinfachen und zu
unifizieren, und wenn möglich, neben ihnen allein auf Grund der Landeshoheit
neue Finanzquellen spezifisch geldwirtschaftlicher Art zu entwickeln. In diesen
beiden Ricbtui^en bewegt sich die finanzielle Thätigkeit der spätmittelalter-
lichen Landesherren.
'I Hierauf läfst g 2ö der Trierer Kellnereiordnung von 1509 schliefsen. Die Trierer
Anitsonlnung von 1574 ergiebt dann schon sehr ausgedehnte Jiirisdiktionsbeiiignisse des Amt-
manns. Vgl. auch WBischofsdrohn 1560 g 5; Scotti, Chur-Trier 1, 568, 1597: 716, 1686; 717,
1688; und unten S. 1397 f.
') Audi die diesem Satze noch lolgenden Kachrichten bei Moser sind sehr lesenswert
— 1338 — Die LAndeshoheitJ
Der alte Bestand finanzieller Bezüge innerhalb des Territoriums erflofs
aus der Grundherrschaft in Domanialrevenüen ; aus der Vogtei in Beden und
bald nahezu grundherrschaftlich charakterisierten Rechten, von denen die ersten
unter dem sich stetig aufdrängenden Zug der Radizierung standen und von
ihm nur mit Mühe und auf dem Wege der Erpressung freigehalten werden
konnten*; femer aus lehnsherrlichen Einnahmen, Lehnwaren u. dgl. Alle
diese Rechte, speziell diejenigen der Vogtei und der Grundherrschaft, suchte
man nun zu imifizieren; im wesentlichen dadurch, dafs man die grundherr-
lichen Einnahmen soweit als möglich im Sinne indirekter Steuern entwickelte,
sie in dieser Form von der nunmehr in Regie oder in reiner Pacht betriebenen
Verwaltung des Domaniums loslöste, und ihnen die vogteilichen , meist zu
grundherrlichem Charakter entwickelten Abgaben anschlofs^. Dabei war es
dann vor allem das Bestreben, die eigentlichen Grundzinse und Renten rein
privatrechtlichen Charakters in den Hintergrund zu stellen, dagegen die grund-
bezw. vogtherrlich entwickelten indirekten Abgaben besonders zu betonen. So
flieXsen z. B. schon nach dem Luxemburger Urbar aus dem Beginn 14. Jhs.
die Haupteinnahmen der Luxemburger Grundherrschaft bezw. Vogtei nur aus
Bede und aus Bannwein, Zoll, Abgaben von Bannöfen, Bannmtihlen, Bann-
walkereien, Bannbrauereien, aus Dem und Landrecht, aus Aus- und Ein-
weisungsgeldem, Erlaubnisgeldem ftlr Fischerei, Jagd u. a. m. Der Erfolg
dieser langsam vor sich gehenden Umwandlung war schliefslich ein bedeutender;
das Domanium wurde frei für eine rationelle Eigenwirtschaft oder ein ver-
ständiges Verpachtungssystem, und die alten grundherrlichen und vogteilichen
Abgaben konnten in Vereinfachung und Zentralisierung einer heilsamen Reform
unterworfen werden.
Handelt es sich bei den finanziellen Rechten, welche auf halbstaatlicher
Gewalt beruhen, wesentlich um Vereinfachung der alten Einnahmen und ihrer
*) S. das in dieser Hinsicht ausgezeichnet charakterisierende c. 126 der Stat synod.
1810, Blattau 1, 146: circa quaestas collectas seu tallias sciendum est, quod, si dominus in
concessione rci suae instituit, quod possit talliare homines et colonos, hoc licite facere potest;
imo colonus de hoc aliquid ex certa scientia retinens vel subtrahens vel Celans ad restitu-
tionem tenetur, dum tarnen antiqua et solita tallia fiat et talis etiam, quae scitur et probabi-
liter creditur, quod ab initio ex iusta causa fuerit imposita. verumtamen si non fuerit dic-
tum, quota tallia fiat, sed in concessione rei fuit indeterminate dictum, quod dominus in tali
homine vel cassamonto possit talliam facere, intelligendum est de moderata tallia considerata
hominis facultate et cassamenti qualitate. si vero dominus immoderate extorsit, debet ad re-
Btitutionem per sacerdotem induci; sed si colonus non exactus tacite vel expresse absque
domini dolo et fraude aliquid ultra domino offert, dominus gratis recipiens restituere non
tenetur. secus tamen est, si violenter aut minis vel terroribus extorsit quodsi forte ipse
et eins praedecessores tot exegerint ab hominibus suis, quod si venderet quidquid haberet
restituere non posset, tunc consulat ei sacerdos, ut remittat hominibus in recompensationem
aliquam servitutem vel aliquos census, ad quos ei forte tenentur, vel concedat eis aliquam
libertatem vel construat hospitale vel aliquid aliud piiun agat cum consensu damna passomm
seu successorum illorum.
2) S. dazu oben S. 1257.
[Entwicklung der Landesgewalt. — 1334 — - H
Erhebung, so bedurfte es bei den Rechten, welche aus der Übertragung von
Reichshoheit erflossen, vielmehr einer Anpassung und Erweitemiig. In diesem
Sinne wurden hauptsächlich die Regalien behandelt, weniger die alten an die
Territorien Übergegangenen Grafenrechte, welche schon früh gnmdherrschaftlichen
bezw. vogteilichen Charakter angenommen hatten ^ In welcher Weise man
mit deu Regalien verfuhi", ist schon oben S. 1276 f. erörtert worden: man
brachte zum erstenmal ihren Charakter voll, bis in die lokalen Verhältnisse
hinein zur Anwendung und scheute dabei den Kampf weder mit Markgenosseu-
Bchaften noch mit GrundheiTschaften und StAdten; höchstens daTs man ihnen
die finanzielle Ausnutzung einzelner Regalien unter landesheniicher Aufsicht
überliefs*. Der allgemeine Erfolg dieses Vorgehens aber spricht sich ilari» aus,
diiTs die Realien am Schlüsse des Mittelalters im Gegensatz zu den halb-
privatrechtlichen indirekten Steuern aus Gnmdherrechaft und Vogtei als die
eigentlichen öffentlich-rechtlichen indirekten Steuern des Tenitoriums erscheinen.
Zu diesen indirekteli Steuern kamen uun aber noch direkte Landes-
steuem: eben auf diesem Gebiet liegt eine folgenreiche Ei'weiteiimg der terri-
torialen Fiuanzhoheit im späteren Mittelalter vor, welche um so bedeutungs-
voller war, als sie durch die gewöhnlichen ScliiUlen der frühmittelalterlichen
Finanzverwaltung , namentlich die Privilegierung zu Steuerfi-eilieit , nur wenig
mehr beeinträchtigt wurde*. Ausgehend von dem Gedanken landeshenlich-
Togteilicheu, wenn man will auch gerichtsherrlichen Schutzes*, entwickeln die
') Zu den Ornftwec-hten s. olicn S. 168, ferner 'Waitz, Vfg. 7, 25 f., 47, 420 f.; 8.393.
>) S. CRM. 3, 466, 1360, eil. üben S. 319 Kote 3; auch Seotti, Chur-Trier 1, 272,
152T, KoinpetenzregpluDg zwischen Schiiltheirs und Schfiffea bezw. Bürgenneisier und Itut in
Koblenz, § S: das der landesherrlichen Obrigkeit umnittelbar zuständige Aicbunga-Kecht des
trockenen und nassen Mafses imd des Gewichtes soll vom landeslierrlicheu Schultheiss und
Schefien ausschliefslich unter Zulassung des zeitlichen Kiii^einicisters als blofsen Zuschauers
ausgeübt, jedoch die Mafsen, Kannen imd Ellen [Nomialmarse] beim Bürgermeister und Rat
hinterlegt werden und bleiben.
°) Ks kommen zwar auch jetzt noch Privileg! eiiingen und lieduktioneu vor, s. z. Ü.
Goerz, Re^. der Erzb. z. J. 1319 Juli U; Bd. 3 Ko. 223, 1409; Xo. 237, 1450; im all-
gemeinen aber werden Steuemacblässe nur aus besonderen wiristhaft liehen Gründen und auf
Zeit gewährt, s. z. B. CRM. 3, 21, 1304: K. Albreebl befreit die Bopparder Bunker auf
l'|: Jahr a solutione sture et exacitonts cuiuslibei; und namentlich Honth. Hist 2, 373,
1427; da unsere stat zu Cochme lange zit und noch hude bt tage gelüden haint und lident,
und besonder wan die peslilence imd sterben also sterkelich und seliedelieh dieselbe stat
geschwechet hant, daß wir vergenklichkeit derselber stede . . versoriet hain, so verleiht ihr
der Krzbischof auf 10 Jahre Steuerfreiheit Zn landesherrlichen Bteuemachlässen und -Be-
freiungen s. auch noch oben S. 604 Note 2, und Bnider S. 79 f.
*) Ritler S. 15, wie y. Below S. 25 bezeichnen die Bede allnemein als üffenlHche, auf
Grund von Gericbisbarkeit erhobene Abgabe. I>ies trifft in dieser Allgemeinheil nicht zu;
es giebt z. B. auch grundlierrliche Bede. Doch kann man die oben bcsjirochenc Bede wohl
als gcrichtsherrliche bezeichnen, insofern Vogtei und Gerichtsherrlichkeit im Rahmen der
Landesherrlichkeit in einander übet^ngen, s. oben S. 1135, 1258, 1260, 1268. 5. auch
UErzstia Ko. 8, i»; 12, »; 13, m, 14,!; 20, s; vgl. 44, "; 46,3: und ferner zur Vorgeschichie
dieser Steuer oben S. 1027 f.
— 1835 — I>ie Landeshoheit]
Landesherren für diejenigen Teile des Tenitoriums, welche ihnen direkt unter-
stehen, also nicht den Ständen angehören, eine rohe Vermögens- oder Ein-
kommensteuer, welche sich im Erzstift Trier seit Mitte des 13. Jhs. nach-
weisen läfst^, um diese Zeit indes schon allgemein verbreitet und herkömmlich
gewesen zu sein scheint^. Der Form nach erscheint die Steuer als Bede,
entsprechend ihrer vornehmlich vogteilichen Begründung; in den geistlichen
Territorien scheint sie sich im Erhebungstermin gern an die hergebrachte
Hebungsart der Kathedralsteuer angeschlossen zu haben*. Diese Bede war
ganz allgemein sehr einträglich* und bedingte — abgesehen von aufser-
ordentlichen Mitteln, wie z. B. der materiellen Inanspruchnahme der Juden
vornehmlich bis zur Mitte des 14. Jhs. — recht eigentlich den Fortschritt
der Territorialfinanzen zu geldwirtschaftlicher Behandlung, da sie im Gegen-
satz zu vielen anderen indirekten Abgaben der Regel nach in Geld erhoben
wurde. Zugleich bildete sie gegen Schlufs des Mittelalters wohl das Rückgrat
des gesamten Landesbudgets, da man auf ihr Einkommen in veranschlagter Höhe
mit ganz anderer Sicherheit rechnen konnte, wie auf den gleichwertigen Ein-
gang von Naturalintraden. Ihrem geldwirtschaftlichen Charakter entsprechend
*) S. G. Trev. Cont 5, MGSS. 24, 409, um 1250, zur Belagerung von Arras durch Erz-
bischof Arnold: ecclesie quoque et civitates diocesis Treyirensis de mandato domini pape
vohmtarium sibi subsidium impenderunt; immo plures ex eis sepe, cum necessitas incubuit«
in auxiUum personaliter advenerunt Vgl. auch G. Trev. c, 184: Erzbischof Heinrich (1260
bis 1286) metas iiuisdictionis ecclesie Trevirensis fiducialiter dilatavit ac totam provinciam
suis tcmporibus feliciter gubemavit Im c 185 heifst er vir . . prudentissimus in acquirendo
transitorias huius mundi facultates, et onmi carens religionis disciplina • . clerum et religiosos
semper habuit exosos .... quasdam exactiones fecit fieri per onmes villas sibi subiugatas;
et maxime a ludeis sub sua defensione constitutis, quos ipse specialiter protexit, thesaurum
infinitum extorsit. Sehr eigentümlich ist WPrüm 1640, G. 8, 835: wan m. gn. her [von
Prüm] gelts not het, so ist ieder bürger ihm schuldig zu lehnen 2 s.; und so m. gn. h.
solches gütlich widerumb gibt, so mag [er] ihm mehr lehnen.
^) S. Ges. Heisterb. Dial. mai. 2, 8: quidam episcoporum tarn graves in plebem sibi
subiectam hodie faciunt exactiones, sicut personae seculares. isti sunt ficus malae, malae
valde. valde timendum est talibus, ne sibi cathedras praeparent iuxta sedem usurarii in In-
ferno, quia usura et exactiones violentae nil aliud sunt, nisi praedationes et rapinae.
^) Uonth. Hist 2, 865, 1419, Urkunde Erzbischof Ottos: wan und welche zit wir
vollest in unserm stifte und lande heischen und legen, als über das dritte jähr gewonlich ist,
so wiülen wir von unsere burger der stede zu Monthabur nit me heischen zu iglichen vollest
dan echt hundert guder silberner Rinischer gl., der sie alle jar binnen der vier jaren uf sent
Martins tag zweihundert geben und hantreichen suUen. Hiermit vgl. man Lac ÜB. 1, 173,
268, 1106; Blattau, Stat sj-nod. 1, 7, 1155. Im Gegensatz zur vieijährigen Bede wird dann
die grundherrliche Bede wohl auch exactio annualis genannt, s. Bd. 3, 407, is, 1328.
*) In der terre de Kulant des ULuxemburg S. 388 beträgt die Gesamteinnahme 128 Ib.
6 s. Turonenscs, 103 mo. Roggen, 142 Va mo. Hafer, 17 Hühner, 7 Kapaune, 6 Schweine,
3 Ib. Wachs; davon kommen auf die Taille 116 Ib. Turonenses, 21 mo. Roggen, 41 Va mo.
Hafer; d. h. mindestens */b der Einnahmen. Reuland war ein Schlofs — das Ganze ein
kleines Amt Das ist mm allerdings im Vergleich mit sonst sehr hoch. Doch vgl. auch UStift
S. 398, Irsch und Serrig; ♦USElisab. I][psp. Bl. 54»; Bd. 3 No. 288, 1328; U2Mettlach
S. 191. 1329.
[Entwickkuig der Landeegewalt. — 1336 —
spielten die landeBhenlichen Städte bi'i ihrer Aufbringung die pröfete Rolle';
der Einllufs, welchen diese Stäldte später unter den Lflndständen erhalten,
wird niclit zum geriufKt^n auf die Thatsache zurOckzuführen sein, dafs ihr
namhafter Beitrag zur Laudesbede die Fürsten zu besonderer Rücksic)itnahiue
auf ihre Wünsche veranlassen nuiJste*.
Neben der allgemeinen Laudesbede pab es nun in ileu seistlichen Teiri-
torien mindestens schon seit dem 13. Jb. eine weitere direkte Besteuerung
wenigstens des Klerus, von welcher hereits oben S. 1283 f. pesprofheu ist,
die Subsidienbesteuemng. Diese Besteuerung, in ihrer Einfühning schon
früh durch päpstlichen EinfluTs unterstützt und auch später mit Hilfe des-
selben besonders für aufseronlentliche Fälle erhöht und aufrecht erhalten",
verlor indes in Trier ihre Bedeutnnfi wohl schon seit Mitte des 14. Jhs.
und sicher im Laufe des 15. Jhs.*; namentlich wurde ihre Höhe im Ver-
hältnis zu den Gesamteinnahmen des Territoriums inmier geringer ^, Um bi>
wichtiger war es, dafs ihre Veranlagung vermutlich als Vorbild der ständisclien
Besteuerung diente", weiche vom 14, Jh. ab einen immer gröfseren Einflufs
auf die Entwicklung der tenitorialeu Finanzen erhielt.
') S. Hontli. Hief. 2, 143, 1340: die precaria seu slura m Neustadt am Speierbach wird
auf lOO Ib. Iil., die cisa vulgaHtcr dicta ungelt pbda. auf 72 Ib. hl. jährlich berechnet. S.
ferner Bd. 3, 454, is, 1344; und Hontli. Hist. 2, 365, 1419, i-it oben S. 1335 Note 8.
*) Cber die finanzieUe Bedeutung der landestlirstJichen Städte tiir die TerritorialTer-
wattung im allgemeinen s. Bruder S. 11 f.
») S. G. Trer. ConL 5, MGSS. 24, 409, um 1250, cit. olwn S. 1335 Note 1; femer
wird Honlli. Hist. 2, 88, 1314 eine pftpetliche Urkunde für Krzbischaf BaMnin erwflhnt mit
der Erluubma, 10000 Ib. auf die Trierer Kirche zu erheben. Vur allem aber igl. Uouth. Hist.
2, 457, 1472. Zur Möglichkeit dieser päpstlichen EinniischuDg vgl. MR. ÜB. 1, 368, 1069;
■5S2, 1155.
*) Von einer letzten grofsen Auftnscbung eraählen die G. Trev. c. 276: Erzbischof
Jacob (1439 — 1456) war ein unzuverlässiger schlauer Geschäftsmann, extoreit maniraam siiin-
mam imponendo subsidia. Nach Note d. ex ms. bei Wyttenb. u. Müller 2, S. 326 disGidium
cleri et civitatis componit pereuadetque clero auxilium charitativum, salvo icu« libertatis et
exemptionis eonim ab omni vectigali. sie consensit clenis in tributuni sexannale pro vino
vendibili pendendum civitati; sed oliservatum esi postea, hac re plurimum imminutam [so
statt immunitam] esse der! liberatem, dam rapiebat fiscus, quod non accipiebat Christus.
") S. oben S. 1284.
*) Wenigstens wurde das Subsidium auch durchaus auf die einzelnen geistlichen In-
stitut« als Ganzes, nicht auf die Pertinenzen der Institute veranlagt, s. Bd. 3, 437, :o f.,
1339, imd namentlich Honth. Hist 2, 39, 1309: der decanus ecciesie sancti Florini in Con-
fluentia, collcctor subsidil . . Baldevini . . archiepiscopi in partibus infcrioribus, hatte von
der Kirche von Hönningen, welche dem Stift SSImeon inkorporiert war, das Subsidium ver-
langt; er erklärt jetzt; cum ratione subsidil dictae ecclesiae de Hoingen non soluti una cum
collega nostro sententiam excommunicationis suspensionis interdicti in dictam ecclesiani dc-
conum et capitulum praedictos ac vicepastorem eiusdeni promulgaverimus ac diligenti inqui-
sitione postliabita et investigatione nobis sit facta fides, dictos decanimi et capitulum sicut
alias conventuales ecelesias imica solutione subsidil ipsis in ipsorum ecclesiani imposili snper
universis beneflciis et ecclesüs eis incorporatis exjjncratos esse debere, sententias praed. in
personfls decani et capiluli praed. ac ipsorum nomine in ecciesiam de Hoingen prnrd. latas,
— 1337 — Die Landeshoheit]
Wie schon oben bemerkt wurde, traf die landesherrliche Bede nur die
direkten landesherrlichen, nicht die ständischen ünterthanen^ Diese That-
sache mufste um so mehr als Unrecht empfunden werden, je mehr das Terri-
torium an staatlichen Leistungen für alle Landeseingesessenen aufzuweisen begann,
und je deutlicher der Einflufs der Stände auf die Landesregierung sichtbar wurde.
Wie der Klems als Berater des Erzbischofs zu Zahlungen für das Stift her-
angezogen worden war, so wurden nunmehr auch die Stände auf Grund ihres
Beratungsrechtes zu Leistungen verpflichtet; neben die Subsidien, welche der
Klerus als geistlicher Stand zahlte, traten die ständischen Beiträge von
Bürgertum und Ritterschaft. Und so ergiebt sich denn am Schlufs des Mittel-
alters eine zwiefache direkte Besteuerung des Territoriums, die der landes-
herrlichen Unterthanen in der Bede; und die der Stände in den ständischen
Beiträgen und Subsidien: eine Besteuerung, welche beiderseits nicht über die
Anfangszeit der volkswirtschaftlichen Revolution der Stauferzeit hinaufreicht
und als geldwirtschaftlich in Gegensatz tritt zu den indirekten, aus grundherr-
schaftlichen, vogteilichen und altstaatlichen Rechten hergeleiteten Auflagen
meist naturalwirtschaftlichen Charakters.
Wie sich aber auf finanziellem Gebiete noch am Schlüsse des Mittel-
alters in den bestehenden Steuerverhältnissen deutlich genug die verschiedenen
Strömungen halbstaatlicher, einst reichsrechtlicher, und endlich neuerdings be-
gründeter landeshoheitlicher Gewalt unterscheiden lassen, auf welchen die ein-
zelnen Landeseinnahmen beruhen — nur dafs je länger je schärfer und
umfassender der Einflufs der Landeshoheit hervortritt — : so ist das auch auf
dem Gebiete der Landesverwaltung der Fall : auch hier eine Entwicklung der
Verwaltungshoheit, welche ursprünglich an Giimdherrlichkeit, Vogtei wie auch
Lehnsherrlichkeit anknüpft, dann die vom Reiche überkommene Verwaltimgs-
macht ausbeutet, schliefslich aber sich immer mehr auf eigne Füfse stellt.
Die Punkte, in welchen sich die erwachsende administrative Gewalt des
Landesherm in der Ausnutzung halbstaatlicher Kräfte ausbildet, sind schon in
Teil 1 dieses Abschnittes besprochen; ebenso ist auf S. 1277 die Bedeutung
der Reichsgewalt fi\r die Entwicklung der tenitorialen Verwaltungshoheit ge-
streift worden. Es ergab sich da, dafs namentlich die administrative Aus-
beutung der Regalienrechte von Wiclitigkeit war; so entwickelte sich bei
energischerer Ausbildung der Landesgewalt aus dem Markrecht ein allgemeines
landesheiTliches Oberaufsichtsrecht über die Landesstädte und deren Ver-
fassung, aus Zoll- und Acciserecht die Oberaufsicht und rechtskräftige Be-
willigung von partikulai^en Bannrechten und Monopolen wie von kommunalen
(juas praesentibus revocamus et annullamus, revocatas et annuUatas publice nuntietis senten-
tiis in vicepastorein dictae ecclesiae impositis suo robore duraturis. — Freilich hatte man
auch im Reich schon eimnal unter Heinrich V. den Versuch gemacht, eine allgemeine, wohl
auf die selbständigen Gewalten zu repartierende Steuer einzuführen, s. Waitz, Vfg. 8, 400.
') S. noch Berg. Landr. 48, Lac. Arch. 1, 99.
Lamprecht, Deatschei Wirttchaftaleben. I. 85
[Eutwickluug der Landesgewalt. — 1338 —
Steuern nanicutlieh indii-ektci- Art*, aus dem Geleitsrecht eine allgeineine
Polizeihoheit über das platte? Land mit der Konsequenz der Aufstellung eiuer
Landaendarmerie * und eiuer Regelung der Verbältnisse fahi-euder Leute",
aus dem Bodem-egal eiidHch ein durchgreifendes Auföichtsrecht über alles Öd-
land wie aucli über die grofsen Wälder des Temtoriums*.
Allein Über diese Hechte, wie sie noch aus alten Wurzeln der sich bil-
denden Landesgewalt abgeleitet werden können, spannte sich nun immer
kräftiger der einheitliche, in sich abgeschlossene, für sich bestehende Betriff
einer landesherrlichen Verwaltungshoheit, ein Begriff, dessen Wichtiglieit ohne
weiteres aus dem Umstände erhellt, dafs auf ihn schon seit Scliluls des
15. Jhs. ein umfassendes landesherrliches Verordnungsrecht konstruiert wui-de,
aus dessen unablässiger praktischer Anwendung seit etwa Mitte des 16. Jhs.
der teiTitoriale Absolutismus envuchs.
Diese Vcrwaltungsholieit könnt« nun schon im Mittelalter geltend gemacht
werden gegenüber den Markgenossenschaften und den Grundherrsciaflen, den
beiden gro&en Verfassungsinstituten des platten Landes, imd gegenüber den
Territoilalstädteu. In der That sind die Landesherren in allen drei Rich-
tungen vorgegangen. Hier aber interessiert zunächst nur die Entwicklung;
ihrer Thätigkeit gegenüber den Markgenossenacliaften, denn Grundherrschaften
und Städte waren zugleich Stände des Landes, so dafs eine Schilderung der
Einwirkung der Landeshoheit auf sie dem zweiten Absatz dieses Teiles, der
Darstellung des gegenseitigen Verhältnisses von Landeshoheit und St5nde-
autonomie, vorbehalten bleibt.
Im Verhältnis der Markgenossenschaften zur Landeshoheit ater ist im
wesentlichen wieder nur von den Dorfmarkgenossenschafteu zu reden, einmal,
weil gegen Schlufs des Mittelalters der gröfste Teil der alten Markgenossen-
schaften schon in Dorfgemeinden zerfallen war, dann aber, weil die Landes-
regiei-ungen alle besonderen markgenössisehen Bildungen der Vergangenheit,
soweit sie individuell geformt wai-en, zu Gunsten weniger Tjjien zu besi'itigeu
suchttm '^i ein Bestrel)en, welches die landesherrliche Bepünstigimg und wirkliche
Ülierhandnahme der Dorfgemeinde als des einfachsten Typus sehr begreiflieh
macht.
In der Dorfgemeinde also und im Verhältnis der Gemeinden zu einander
vor allem wirkte sieh die neue landesherrliche Vei-waltungshoheit aus.
Dabei war die Form , in welcher das • im Verhältnis der einzelnen
Gemeinden zu einan<ler geschah, sehr einfach; sie ist uns auch schon aus
I) Vgl. Bil, 8 No. 200, 1364; No. 252, 1471; 8. auch v. Maurer, Dorfvf. I, 364 f.
») N, oben S. 1302 Note 2.
") H. die licttltTordnimg von lb3-i, Blattnu 2, 81; Scolti, C'hnr- Trier I, 29t<.
*) a. oben S. 90, 108, 139 Kote 7, 506, 507 f.; vgl. auch unt^n b, 1346 Noie 7 und
S. 13.56 Note 5. Am Schlufs des Slittelalters artete d.as Aufsiclitsrccbt der Wälder sogar schon
in Wildbahneinforstungen aus, s. oben S. 113.
'■) S. oben S. 274-5.
~ 1339 — Die Landeshoheit]
der Entwicklung landesherrlicher Gerichtshoheit bekannt * : der Landesherr be-
anspruchte zunächst das Schiedsrichteramt bei allen Streitigkeiten der Dörfer
untereinander, besonders wenn es sich um Allmenderechte handelte, und zog,
nachdem dieses Schiedsrichteramt gebräuchlich geworden war, alle auf diesem
Gebiete entstehenden Differenzen entsprechend dem auch sonst beliebten Ver-
fahren vor den Hofrat bezw. das Hofgericht. So wurde denn schliefelich das
Hofgericht kompetent für interkommunale Prozesse.
Viel wichtiger war es indes, der Verwaltungshoheit innerhalb der Verfassung
der einzelnen Dorfgemeinden selbst Platz und Gehör zu verschaffen *. Hier kam
es vor allem darauf an, die autonomen Vorstände, Zender, Heimbuigen, Bürger-
meister, daran zu gewöhnen, sich als landesherrliche Beamte anzusehen, sowie
gleichzeitig ihre von alters her festgehaltene Bedeutung für die Gerichts-
verfassung zu mindern. Das zweite Ziel wurde dadurch erreicht, dafs man
diesen Beamten thunlichst jede exekutorische Funktion benahm^, das erste
dadurch, dals man ihnen und dem ihnen unterstehenden autonomen Vei*wal-
tungskörper eine besondere fides publica von Landes wegen, namentlich durch
Verleihung eines Siegels, beilegte*. So kam es, unter dem gleichzeitig wir-
kenden bedeutsamen Einfiufs der Vorstellung einer vollen Unterthanenschaft
unter dem Landesherm, dazu, dafis schon am Schlüsse des Mittelalters die
alten autonomen Behörden der Markgenossenschaften sich als landesfürstliche
Beamte fühlten und wenige Generationen später geradezu als solche bezeichnet
\sairden: im Kurfürstentum Trier werden schon gegen Schlufe des 15. Jhs.
Zender ohne weiteres vom Landesherrn ernannt*, und in der Einleitung der
Trierer Amtsordnung vom J. 1574 spricht der Kurfttrst von allen seinen
burgenneistem, räthen, heimburgen, geschwom usw.
Mit der Inkorporation der Gemeindel)ehörden in das Landesbeamtentum
aber ging notwendig die Kreierung eines Oberaufeichtsrechtes über die Ge-
meindeverwaltung Hand in Hand. Landesherrliche Beamte wohnten der
Weisung des alten Gemeinderechts bei •, zu deren eventueller Erzwingung sich
der Landesherr für berechtigt hielt ^; landesherrliche Beamte griffen in das
markgenössische Einungs-(Straf-)recht ein ® ; speziell aber \iiirde die kommunale
Finanzverwaltung unter landesherrliche Kontrolle gestellt®. Die Folge der
^) Vgl. oben S. 1325 f., s. auch oben S. 274, und noch Bd. 8 No. 249, 1469.
8) Zum folgenden vgl. auch v. Maurer, Markenvf. S. 95 f.; Dorh-f. 2, 163 f., 172 f.
202 f.
3) S. oben S. 220 f.
*) S. z. B. Bd. 3 No. 175, 1847.
•^) S. Bd. 8 No. 268, 1495, dazu S. 1008 Note 4, auch v. Maurer, DorfVf. S. 275.
«) S. \\^Viel)elsheim 1498.
') S. Bd. 8 No. 261, 1479.
») S. WBischofedrohn 1550 § 8, cit oben S. 808 Note 2.
*) Speierer Amtsordnuug 1470 § 8: ein jeder Amtmann sol dabi und mit sin, die
dorfrecbnung jerlichs geschee in iedem dorf eins ampts, und wes sich erfindt unnutzlich uß-
85*
[Entwicklung der LandeBgewalt. — 1340 —
letzteu Mafsrege! war dann ein von Generation zu Generation erweitertes Ver-
fügunpsrecht des Landesherm über den Gemeindegrundbeeitz, die Allmende'.
Ein solches Verfügun^'srecht , in der Gnindhcrrschaft und auch in der Vojztei
auf Grund von Markhen'lichkeit panz gewöhnlich, konnte nun freilich it» Be-
reich der Landesgewalt aufserdem beruhen und beruhte gewifs in vielen Fällen
auf alter IinmunitiVt und aus ihr erwachsener Hochgerichtsbarkeit des Landes-
hen'u". Allein neben diesen Enlstehungs^nden tritt doch seit Beginn des
13. Jhs. immer deutlicher ein besonderes landeeherrliehes Verfttgungsrecht zu
Tage. Schon mit der Entstehung eines territorialen Befestigiuigsuionopols
flu- den Fürsten im Beginn des 13. Jbs. war ein starker Anlafs zum EingritT
in ilie Allmenden gegelien"; jede Dorfbefestigung auf Genieindeboden war jetzt
vom Landesfllrsten abhängig. Sehr verschärft wurde aber dieser Einflufe
durch die ReichsschlüESe von 1291, welche, noch auf Grund der alten An-
schauung vom königlichen Bodenregal, den Landesherren wesentliche Rechte
gegenüber den Allniemlen übertrugen*. Gleichwohl findet sich noch im 14, Jh.
hier und da eine Reaktion der alten niarkgenössischen Autonomie gegen das
landesherrliche Verfügungsrecht *, ehe sich dasselbe etwa seit der zweiten
Haltte des 14. Jlis., wesentlich unterstützt durch die Auffassung des Fürsten aU
landesheiTlichen Vogtes und einer ihm als solchem zustehenden MarkheiTüch-
keit", völlig Bahn brach. Wenig später freilich finden wir dieses Verfügung»-
recht weithin ausgebildet; der Landesherr weist Fremde, namentlich seine
Beamten, in die Nutzung der Allmenden ihres Aufenthaltsortes ein ' ; er regelt
Genufs und Bebauung der Marken®; ja er gewährleistet sehliefslich den Ge-
gab«ii itnd uncoBtens geschiecht, das sollichB abgestalt und aller nncoste vennitten werde,
und was den dorfem und amien luten zu f^te kommen möge, daran zu sin daß es gesehee,
es si liep oder leit, nnd das die annen luie ire &.ictien vorderlich ußriclilen und nii verharren
darin mit costen.
') S. zum folgenden auch Ritter S. 739.
■'} a. oben S. 256 ff.
') S. oben S. 1270 f., speziell S. 1272 Note 2, vgl. auch Bd. 3 No, 253. 1471 (das
dort genannte Dorf SIerl ist nicht eristiftiscliea Domanium, s. I)d. 2, 8. 175 — 6), und Bd. S
No. 276, 1501.
*) H. oben S. 108, 288.
") S. t. B. CRM. 3, H. 249, 1326, cit, oben S. 387 Note 2; s. auch S. 295.
•) Darilber vgl oben S. 1261, auch v. Maurer, Dorfvf. 1, 71 ; Vtonh. 3. 1 f^ 9 f.
') S. Bd. 3 No. 224, 1409; No. 262, 1482; Scotti, aiur-Trier 1, 642, 166a Vielleicht
gehört liierlier schon Arch. Clervaux 110, 1320, Urkunde Johanns von Bölrnien und Luxem'
bürg; volenles Ilenkinum dictum F'akeler de Mullendorf villicuin nostrum in titeinsel propter
fidelia et utilia sua servitia, quihus nobis hactenus complncuit, prerogativa specialis gratie
prevenire, ipsum et heredes suos ab omnibus senitiis illis, ad que de bonis suis, que in
Kobstal et alias ubicuuque euumc obtinent, teuebantur et astricti fuenuit huciisque, liher-
tamus, volentes eos huiusmodi bona sua, participando tamen in campis et pascuis, sicut hac-
leniis consueverunt a servitiis ut premittitui- possidere et lenere libera et e\empta.
") Speierer Amtsordnung 1470 § 11: die amptlude sollen auch Hiß tun, wie die dorf
an ireu atmenden oder sust mit schulden zineen oder gulten hesweret sin entlediget, auch
_ 1341 — Die Landeshoheit]
meinden ihr Allmendeeigentuin \ eine Rechtshandlung, welche die absolute
Yerfügungsfreiheit des Landesherm über die Allmenden vorauszusetzen scheint '.
In einem Falle aber lälst sich sogar ein weit über die landesherrlichen
Allmenderechte hinausreichender Eingriff des Landesherm in die private Yer-
fügungsfreiheit des Einzelnen über seinen Grund und Boden nachweisen, behufe
Sicherung der Leistungsfähigkeit von Grund und Boden für territoriale Zwecke.
Nach § 12 der Speierer Amtsordnung vom J. 1470 sollen nämlich die Amtleute
darauf achten, dafs die Güter nicht an von Landbede und Landsteuer Freie
veräussert und nicht mit Zinsen überlastet werden. Das ist nun freilich ein
Eingriff, für welchen Beispiele aus unserer Gegend nicht anzuführen sind^;
«0 beträchtlich auch das Verfügungsrecht des Luidesherm über Dorfgemeinde
und Dor^emeindebesitz entwickelt war.
Eigentümlich bleibt es bei dieser Lage der Dinge, dafs territoriale Dorf-
ordnungen in unserem Gebiete, wie auch andern Orts, erst sehr spät, zumeist
erst im 18. Jh., vorkommen ^, während sich doch generelle R^elungen der wirt-
schaftlichen Nutzungen von Mark und Allmende schon viel früher, seit Aus-
gang des 15. Jhs., vorfinden^. Der Grund hierfür liegt wohl in der trotz
aller Uniformierungsbestrebungen doch noch immer jeder gemeinsamen Re-
gelung widerstrebenden Mannigfaltigkeit der Dorfverfassungen ^: dieser bunte
Wechsel der Zuständigkeiten, dieses lokal völlig verschieden erscheinende Durch-
einander von Recht und Verpflichtung hat die Selbstverwaltung der Dorf-
gemeinden noch lange wenigstens vor einer völligen Aufsaugung durch den
Beamtenkörper des absolutistischen Staates bewahrt.
Eben diese Thatsache mannigfachster Abwechselung in den vorhandenen.
soUichs von tag zu tage abgelost werde, und das sie ire ahnende und weide ufrechts er-
halten und nit verwüsten, darzu ire greben, banzune, Stege und riegel nit verg^n laßen
£ondem ufrechts halten, derglich mit iren weren, die zu haben und zu halten, wie ine dan
von alter her ufgesest worden ist
^) Goerz Reg. der Erzb. 1467 Mai 20: Erzbischof Johann II. bestätigt der Gemeinde
Merl auf ewige Zeiten die Weide. Vgl. auch Bd. 8, 286 b, 1471; No. 256, 1474
^) 8. dazu Thudichum, Gau- u. Markvf. S. 294 f., über das Einziehen von Allmenden
durch die Landesherren.
') Ein gleich rigoros, aber noch viel froher ent¥rickeltes landesherrliches Verordnungs-
recht findet sich wohl nur in Österreich, man denke an die Mafsnahmen Rudolüs IV., seine
Ablösungsgesetze vom J. 1860, seine Aufhebung der Grundherrlichkeit in den landesfUrst-
lichen Städten vom J. 1860, sein Verbot der Zünfte vom J. 1861.
^) S. Haussen, Abh. 2, 108; Lamprecht in Conrads Jahrbb. N. F. Bd. 11, 866 f.
^) S. z. B. die pfälzische Allmendordnung f&r die Kellnere! Waldeck, Mones Zs. 1,
484, 1488; aus späterer Zeit vgl. auch Scott!, Chur- Trier 1, 729, dazu oben S. 582 Note 2.
^) Zu andern Gründen vgl. u. a. Hanssen, Abh. 2, 586 fl, 562. Dada der oben angegebene
Gnmd ein henorragend wichtiger war, zeigen die Gegenden der Lo! de Beaumont; hier war
die Dorfgemeindeverfietösung infolge der Verbreitung der Loi an sehr vielen Orten nahezu iden-
tisch entwickelt; die Folge war eine unveiigleichlich viel frühere volle Zerrüttung der Selbst-
verwaltung durch die absolute Monarchie schon un 16. und 17. Jh., 8. Bonvalot S. 528 £,
über die Art des Verfalls S. 530 f.
[Entwi<.'kliniK der LandeBgewalt. — 1342 —
auf den N'erfaßsunpstrümmeni von Jahrhunderten mit mehr oder minder _
starker Eneipe erbauten Institutionen niuTs nun aber auch bei Vtigt^ien-
wärtigimp des Verhältnisses zwischen Landeaherrschaft luid ständiaeher
Autonomie und bei Dai-stellunK seiner Entwicklung stetig berücksichtigt
werden. Auch hier ist ein wesentlicher Teil des Verständnisses mit licni An-
erkenntnis der Thatsache (gewonnen, dafs die LandesheiTen gar nicht imstande
waren, eine Politik giosser und uniformer Richtung gegenüber stSudischen
Grundhen-schaften wie Städten einzuschlagen, von denen jede ein historisch
erwachsener Körper für sich, ein kleiner, durchaus individuell gestalteter Halb-
stajit war. Erwägt man nun zugleich, dafs der Landesherr flir die Führung
des Gesamtstaates auf den guten Willen dieser kleinen, innerhalb des Terri-
toriums in gefährlicher Ausdehnung und Verteilung' gelagerten Halbstaateii an-
gewiesen war, so wird man nicht erwarten, dafs er die neu erworbene
Landeshoheit diesen Bildungen gegenüber allzu früh und allzu energisch an-
zuwenden veimochte.
Am wenigsten gilt das noch vom Verhalten der LandeBgewalt gegenüber
den Stfldten, das den allgemeinen Bemerkungen auf S. 1252 entsprechend hier
mit wenigen Strichen charakterisiert werden soll. Die Stüdte in unserer
Gegend waren im allgemeinen von geringer Bedeutung und Anzahl * ; \iellach
erst im 13. und 14. Jh. gegrttndet oder aus Landoiten zu Sttldten umgewan-
delt", zudem auch in der neuen Daseinsfonn erst sehr spät, teilweis niemals
aus den lündlichen Verhältnissen völlig ausgesi'hält *, brachten sie es zu keiner
imposanten Vertretung städtischer Interessen, und nötigten deshalb auch die
Landesherren nur selten, ihre Verfassungen und Autouoniieen durch Verord-
nungen einschränkend zu umschreiben.
Eine Ausnahme machten in dieser Beziehung fast nur die Stldte Koblenz
und Trier; wie sie bei weitem früher als die andern Städte, schon im Be-
ginn des 13, Jhs., in die Territorialbildung eingriffen*, so wurden sie erst
') Im 3. 1575 liesitzt die Ritterschaft fast ein Drittel der im Kurfürstentum belegenen
Güter, Moser, Staatsrecht S. 182. S. auch WBettemburg 1594 g 40 f.
-) S. V, Restorff, Topograph.-statist, Beschreibung, 1820. Auth im Jülichschen gab es nnr
19 Städte, 3 Freiheiten, 2 Thäler, im Bergischen 8 Städte, 9 Freiheiten; v. Below S. 33—34.
») S. z. B. Dominicus S. 591, Note 4; auch Honth. Hist. 1, 824, 1291: König Rudolf
giebt dem Ort Mayen die Immunität, indulgentes et concedentes eideni loco et civibus eiusdem
necnun ccteris persoois quonimcunque iocorum ad dictum locum sc transferre volentibus, ut
omni iure hoQore et honesta consuetudine, quibus cetera nostra et imperii oppida muniuntur,
gaudeaut et utantor. et oti hoc damus predicto archiepiscopo et suis succeasoribus, ad quos
dictum oppidum devolvi contigerit, plenam et tiberam polestatem per se vel vicarium animad-
vertendi in facinorosos et punire scelera nocnon iustitias alias exereere, salva iustitia et
iurisdiclione in predicto oppido iure vel consuetudine competenle.
*) Auch in grofsen Städten verlor sich die Grundherrlichkeit erst spät, z. B. in Basel
erst Ende H. Jhs., s. Bruder H. 45; vgl. auch .\mold, Kigentum S. 284.
'1 MK. ÜB. 2, 202, 1202: zum erstenmal besonderes Hervortreten der cives ^eclesiif
Trevireiisis (gemeint ist die Stadt Triei', nächstdem Koblenz), welche neben Prälaien, Klerikern,
— 1843 — I>ie Landeshoheit]
sehr spät, im 16. Jh., zu dauernderer Anerkennung der Landeshoheit gebracht^.
Eine Schilderung der Einzelvorgänge aber, welche schliefslich zu dieser Unter-
werfimg führten, liegt aufserbalb des Zieles unserer Erörterungen*. Nur das
^ine entnehmen wir der Thatsache dieser Kämpfe, dals die Verfassung dieser
Städte, wie auch anderer, in denen verwandte Kämpfe weit weniger hart-
näckig und aufr^end verliefen, schliefslich keineswegs uniform sein konnte;
fast überall war durch hin- und herschwankende Kompromisse im Verlaufe
längerer Perioden eine individuelle Begrenzung der Rechte von Stadt und
Landesherm geschaffen, welche bis tief in die Zeiten absolutistischer Landes-
hoheit hinein durch einen besonderen Eid des Landesherm beim Regierungs-
antritt verbürgt und aufrecht erhalten wurde*.
Innerhalb dieser abweichenden Zustände der einzelnen Städte läfst sich
aber doch eine Anzahl ihrem Kern nach gleichmäfsig wiederkehrender Er-
scheinungen beobachten.
Zunächst ist fast durchweg die landesherrliche Militär- und Finanzhoheit
in identischer Weise abgegrenzt ; überall finden wir die Forderung eines Miliz-
auszuges im Landesinteresse ^ und die Forderung ständischer Beisteuer ^ unter
Überlassung gewisser, zumeist indirekter Steuererhebungsrechte an die Stadt zu
kommunalen Zwecken.
Auch die landesherrliche Gerichtshoheit findet fast durchweg den gleichen
Ausdruck. In Vertretung des Landesherm als Gerichtsherm in bürgerlichen
und Strafeachen wie in Sachen freiwilliger Gerichtsbarkeit* funktioniert ein
Schultheifs, unter ihm ein Schöflfenstuhl '', und Gerichtsverfassung wie Gerichts-
Äbten und Ministerialen von K. Philipp privil^rt werden (namentlich ZoUireiheiten — gegen
den Erzbischof).
^) Koblenz lehnt sich sogar im J. 1561 noch einmal gegen die Kurfürsten auf, s.
Moser S. 193.
*) Eine Anzahlung der wichtigsten Urkunden über das Verhältnis zwischen Stadt Trier
und Erzbischof findet sich Wyttenb. u. MüUer 2 Animadv. S. 6 u. 7. Im übrigen vgl. noch
aus neuester Zeit Schoop, Verfiassungsgeschichte der Stadt Trier von den ältesten Immuni-
täten bis zum Jahre 1260, Westd. Zs. Ergänzungsheft 1, S. 65—162; hier am Schlnfs,
S. 152 £f., die wichtigen Aktenstücke aus dem J. 1351. Zum 14. Jh. sehe man namentlich
auch noch Honth. Hist 2, 233, 1364, und Ferdinand, Cuno von Falkenstein, Diss. Münster
1885, S. 35-55 (oben S. 1285 Note 4).
^) S. z. 6. *Lib. aur. Eptemac Bl. 132^, luramentum abbatis civibus prestandum: Er-
wirdiger herr her apt: uwer gnade geloft scholtiss richter scheffen gemeine burger undersaess
und inwaner der stat Echtemach zu halten und zu laissen bi alder herlicheit fnheit und her-
komen, als uwer vor&ren ept gedaen haut und schuldig sint zu duen? — Was uwer genade hl
geloeft und gesprochen hait, das nempt ir uf uren orden und conscientz also zo halten und
nit anders, und keinen scholtiss richter scheflfen burger undersaess und inwaner der stat Echter-
nach forter anzufirtigen noch zu drengen dan mit scheffenurteil imd recht
*) S. oben S. 1294.
'^) S. darüber schon oben S. 1336.
«) S. Honth. Hist 1, 824, 1291, cit oben S. 1342 Note 3; und oben S. 935.
^) Vgl. z. B. Honth. Hist 1, 819, 1283 : eine Anzahl von Bürgern wird aus Koblenz
accedente consensu archiepiscopi exiliert; kommen sie in die Stadt, so per scultetum et oppi-
[Eiiiwitklung der Landesgewalt. — 1344 —
zug ersclieiuen durch landesherrliche Verorduui^jen * , bisweilen unter Beirat
der Büi:ger*, geregelt. Anfangs ist der Schultheifs zugleich auch noch Stadt-
haupt, also ganz allgemein Vertreter des Landesheirn als Stadthemi, so noch
um die Wende des 13. und 14. Jhs- in Koblenz und Trier", Später, mit
voller Ausbildung der Amtsverfassung geht diese Funktion zumeist an den
Amtmann des Bezirkes über, welchem die Stadt angehört, und der SchultUeiis
wird rein auf die gerichtlichen Fimktionen beschränkt*.
Abel- unter dem fUi-stlichen Beamten, in welchem die StadtheiTSchaft
«Unna capiantur et donüno orchiepiscopo . . tcadantur; si quis autem ipsos reot> defensaretit
vel toUoquinm aeu tractatus aliquos htibuerit cum eisdem sine liceotia Bculteti et iltjus, quem
ad hoc dominus arcbiupiscopus di^putaverit, vel ei quis Gcultetum non iuverit ad dictos reos
capiendos, si reversi fuerint sine licentia doraini arcbiepiscopi, vel alias dictum ecultetum in
exiiibemla et eieqiienda iustitia impediverit vel auiilium reqoisitus non prestiteiit vel se
annaverit aeu campanam ad convocationem faciendam pulsaverit seu puUari niaudarerit sine
Ucentia si^ulteti aeu cius vicea goreotis Bctdteto absente, aut Biquia dominum archiepiscopuni
Trerirensetn in casti'o edificando cum suis jiertinentiia Impedirerit vel suos aut etiam
noTos conspirationes confederationea societaies seu consiüa ac nova statuta in preiudictum
domini on-liiepiacopi Trevirensia et iiirium Buoram ordinaverit vel nlicui ti-actatui buiusmodi
intertiierit aut impedimeuttun aliquod iurisdietioni sue preBtilerit . . . , aut ai quia in mortem
ludeoruni, danmum et diapendium renim et persooanuu eanmdiuu conspiraverit aut qiiovia
iugeuio vel arte machinatue titerit, et convictus de predictia vel aJiquo eonim per duos idoneos
teates cives sive oppidauos Confluentinos fuerit: Loua sua queciwque cedaut domino archi-
episcopo extuDC ipao facto , et persona ipsius sit in eiuadem domini orbitrio et potestxte.
HontU-Hiat. S, 3-% 1306, Vcrtra); zwischen Entbischof Balduin und der Stadt Trier: clamores
et quermonie uoram atultelo nostro fadende exnunc in antea fient, sicut antiquitus aub Henrico
et Anioldo quondam arcbiepiscopi s Treveritis et uliia predecesBoribus ipsorum iieri con-
suevcruut; de quibm damoribus et ccremomi^ ac eujendis lade coiitingeotibus scultet)is uoater
Trevirensis se reget inxta iudicium acabinonim noatronim Trertrenaiura, ac iura et consue-
tudinea eonindem scabinorum observabil, sicut tempore dictonun predecessonuii nostrorum
extitit obsenatuiii. et vice versa dicti scabini ipsi sculteto ns^idere tcnebuntur et se habebunt
ad usus dicti Beultet!, prout tempore Henrici et Amoldi predictorum facerv coiisuoveruut. Zu
früheren Zeiten s. für Trier MR. ÜB. 3, 1468, 1258, cit. olwii t<. 1M2 Note 2; für Koblenz
MR. UH. 3, 489, 1246.
') S. z. B. 'Übersetzung 15. Jhs. in den Ämterbuch der Stiidt Münstenuaifeld Bl. 73i>,
Koblenz bt, A., 1277 Novbr. 1-5; Erabisebof Heinrich bezeugt, diifa wir mit vorsichtigem be-
raide und von raide birfcr uud guder lüde viertzehen acheSenne in uuserme blosse Munster
iu dem Mcinfelt gemacht und gcsatzt hain, den wir verlihende sin und wollen, das sie haben
dieselbe fribeit uberal, die da haint und der sich frauwenl unsere acheffenne bir vorgeschr.
und wir wollen darzu auch, daa dieselben unaere schefTenne über die uiteil, der sie nit wise
sint und sieb daruss nit gerichten huunent, vor unsem Trierschen schefFen i-ait undgewisheit
schuldig suUent ain zu suchen. In welticbs dings gezochnisz und ewige vestikeit hain wir
den gedachten unsem Munstersen scheffen in dem Mcinfelt gegeben und geben in iliese
gcnwertige schrift mit vestenunge unsers siegeis bekreftiget. Ueschehen und gegeben zu Alunster
in dem Meinfeit im jaire imsers herren mcclxxvii des xvü kaienden im lu.iende deceniber etc.
^) Honth. Hist. 2, 312, 1400; Erzbischof Werner gielJt die Trierer Scböffenordnuug
mit rade imsers capitels und fnmde, und auch mit wissen und rnde der . . bürgeren.
ä) S. S. 1343 Kote 7.
*| S. wohl schon Honth, Hist. 2, 111, 1327; und Btl. 3, 4if6, 25, 1350. Bisweilen wurden
auch Amlnianns- und Schullheirsenfuiiktionen völlig fusioniert ; der Kaiuc ist dann bald Amtmann,
— 1345 — IHe Landeshoheit]
des Landesherm in Erscheinung trat, entwickelte sich nun schon froh die Yer-
waltungsautonomie der Bürger. Aus dem Schöffenkollegium und aus anderen
Elementen, deren genauere Charakterisierung uns hier fem liegt, erwuchs der
Rat, am frühesten wohl in Trier um die Mitte des 12. Jhs. ^ überall aber im
Laufe der folgenden Generationen'. Diese Bildung wurde durch den Landes-
herm wenigstens in späterer Zeit so viel als möglich gehemmt^; und als sie nicht
mehr rückgängig zu machen war, wurden doch noch die ältesten imd mit der
Landesgewalt am engsten verknüpften Bildungselemente bei der Zusammen-
setzung des Rates besonders begünstigt \ Ln übrigen muMe sich die Landes-
gewalt zunächst mit einem Eontrollerecht über die Ratsverwaltung b^nügen,
wie es sich ohne weiteres aus dem fürstlichen Rechte der Bewilligung von
Städtesteuem sowie aus der Handhabung des Marktrechtes ergab ^. Neben
dieser Kontrolle der Ratsverwaltung aber wurde auch noch eine OberauMcht
über die sonstigen autonomen Bildungen in der Stadt beansprucht imd viel-
fach bis zu weitgehendem Eingrifisredit entwickelt. So über die alte Mark-
verwaltung der Bürger*, über Bildung und Fühmng der gewerblichen Kor-
porationen'' u. a. m. In der Folge derartiger Eingriffe aber vollzog sich der
schlieMiche Übergang der städtischen Polizei an die Landesgewalt ® und damit
die Eröffnung eines ausgedehnten Spielraums für die Auswirkung der Ver-
waltungshoheit überhaupt.
Gegenüber diesen schliefslichen Erfolgen der Landeshoheit auf städtischem
Gebiete bleibt die Entwicklung derselben auf dem platten Lande, gegenüber
den Grundherrschaften, etwas zurück. Die Gründe hierfür sind vomehnilich
sozialer und politischer Natur. Unter den grundherrschaftlichen Ständen des
platten Landes ist der Fürst in sozialökonomischem Sinne anfangs doch nur
bald Schultheifs, s. Bd. 8, 109, w, 1302, vgl. dazu W'Erpel 1383 § 29, cit oben S. 1052,
Note 1 ; femer WSaarbrücken 1321 ; WKreuznach G. 2, 151.
1) MR. ÜB. 1, 627, 1161, vgl. No. 628, 1161.
*) S. dazu ol)en S. 322 Note 1.
^) S. noch aus dem 14. Jh. Honth. Hist 2, 111, 1827: die Bopparder bekennen dem
Erzbischof, dali wir einen raite gemachet hätten, des wir nit thun ensolten, und sine ambt-
lute und sein gerichte zu Bopparte gehindert hain und gecrenket
*) Scotti, Chur-Trier 1, 272, 1527, Kompetenzregelung in Koblenz, § 6: in Gemäfsheit
älterer Satzungen sollen, wenn der alte und neue Rat der Stadt Koblenz in wichtigen, den
gemeinen Nutzen der Stadt oder der Bürgerschaft betreffenden Angelegenheiten versammelt
w^ird, auch alle Schöffen dazu berufen werden, welche den Ratschlag mit üassen und voU-
bringen helfen sollen. Bei Veihandlungen solcher Sachen aber, welche Personen der Schöffen
oder des Rates betreffen, sollen diese nebst ihren Verwandten und Anhängern, welche Schöffen
oder Mitglieder des Rates sind, während jener Verhandlung abtreten.
^) S. dazu u. a. Bd. 2, 322, 1356, Einleitung; femer Bd. 2, 514, vgl. auch oben S. 1277
und S. 1337.
•) Dagegen Widerspruch der Stadt Trier im J. 1351, s. oben S. 307 Note 2.
^) «Koblenz St A. MC. UI^ Bl. 224»— 224^, No. 493, und gesonderte Kopie 18. Jhs.
auf Pp., wahrscheinlich aus dem MC. lU^ , reg. Goerz, Regg. d. Erzbb. S. 134, 1410 Okt 13;
•Goerz, Regg. d. Erzbb. z. J. 1469 Apr. 13.
<*) S. Scotti, Chur-Trier 1, 367, 1562: Rats- und Polizeiordnong für Koblenz.
[Entwickliirg der Landesgewalt. — 134(3 —
primus inter pares; als zumeist gröfster Giimdherr des Landes hat er dieselben
iDteressen wie die gnindherrllcheu Stände, nur in vei-stilrktem MaTse; jeder
Schlag, welchen er gegen die Grundherrliclikeit als solche unternimmt, kann
auf ihn selbst empfindlich zurückwirken. Zudem ist er adlig, zu Schildesamt
geboren, wie die ständischen Gnindherren auch'. Endlich aber sind nicht
sämtliche Stände des platten Landes ohne weiteres dem Territoriuni eiu-
geordnet Die Standeszugehörigkeit wurde anfänglich durch Lehnsverbindung,
ohne die Notwendigkeit räumlichen Zusammenhangs der lehnsrührigen Grund-
herrschaft mit dem Territorium, begründet*, und nicht selten gab es auch später
noch Stände, welche dem Territorium nicht zugerechnet wurden*. Nun waren
das allerdings Ausnahmen, im allgemeinen kamen die ständischen Grundherr-
schafteu später dazu, Teile des Landes zu bilden, namentlich so weit es dem
LandesheiTn gelang, den schützenden Ami des Reiches für sie unerreichbar
zu machen*.. Aber immerhin sahen diese inkoii)orierten Stände doch Mitstände
neben sich, auf welche die Territörialhoheit und vor allem die Verwaltungs-
bolieit des Landesherrn keine Anwendung fand, eine Thatsache, welche sie zu
grörseivm Widei-stand enimtigen muTste.
In Wirklichkeit sind darum viele der ständischen Giiindherren von dem
belebenden Hauch der neuen Teiritorialbildung nur obenhin berilhrt worden ;
und im ganzen verkümmerten ihre Hen-schaften infolge liennetischen Ab-
schlusses, bis die französische Revolution mit denselben auftäumte". Die
GrandheiTen selbst aber gii^ien teilweis schon früh dazu Über, ihren Einflufs
auf Land und Landesr^erung nicht so sehr auf der Basis der Gnindherr-
lichkeit, wie auf bureaukratischem Wege, durch massenhaften Eintritt in das
höhere Landesbeamtentum, auszuülien".
Dieser ganzen Konstellation entsprechend macht die Landeshoheit gegen-
über den ländlichen Gnmdhen-schaften nur gerii^e Fortschritte, namentlich
gelingt es ihr nicht, in die Verwaltung derselben, abgesehen von der Gerichts-
verwaltung, irgendwie tiefer einzudringen; das einzige, was hier noch während
des Mittelalter geleistet wird, ist die Entwicklui^! eines Oberaufsichtsrechtes
über den Betrieb gmndherrlicher Wälder'. Was aber Militflrhoheit und
') S. oben S. 1162 f., 1258, auch S. 1142 f.
>) S. oben S. 1262 f.
') So gehörten z. B. zu den Trierer geistlichen Ständen die exterritorialen Abteien
Echtemacli, Prüm und SMarien-Loxembtirg, s. Honth. Hist. 2, 538 f.
*) S. oben S. 1256.
») S. schon oben S. 973.
") Charakteristisch ist in dieser Hinsicht die Klage in den G. Trev. 276 über Ejz-
biscbof Jacob (1439—1456): de suis incolis iieniini confidit, forensibiis a quacunque patria
venientibus scnitia secreta commisit.
') S. schon oben !;. 1338 Note 4, an Urkunden ii. a. Cod. Lac. 168, 1344, cit. oben
S. 477 Note 3; und Bd. 3 No. 167, 1345. Wie notwendig die letzlere war, zeigt Lager, Mett-
lach, Reg. 1491 Okt. 7, 1492 Jan. 13. Febr. 3, cit. oben S. 516 Note 4. Zu Kiiigriifen der
Landesherren in private Waldvenraitung s. auch Bitter S. 739, und unten S. 1356 Note 5.
— 1347 — Die Landeshoheit]
Finanzhoheit des Landes gegenüber den Grundhenschaften betrifft, so waren
dieselben durch das territoriale Buigbaumonopol ^ und die vasallitische Militär-
pflicht der Grundherren*, sowie durch die Zerstörung der grundherrlichen
Regalien^ und die Entwicklung ständischer Steuern^ geregelt
Auf gerichtlichem Gebiete waren die Standesherren selbst zunächst der
Einwirkung jeder unteren Gerichtsinstanz entzogen; schon fiHh gehen sie vor
dem Lehnshof zu Bechf^, und man sucht sie mit Erfolg durch interterritoriale
Verträge * wie durch besondere Abmachungen ^ für immer an diesen Gerichts-
stand zu gewöhnen. Die Entwicklung der territorialen Gerichtshoheit aber
fand weniger auf diesem Gebiete Platz, wie vielmehr auf demjenigen der
standesherrlichen Gerichte.
Die ständische Gerichtshenlichkeit konnte nun entweder auf landesherr-
licher Immunität oder auf alter Vogtei, welche sich jetzt mit der Grundherr-
lichkeit immer mehr verquickte, oder auf alter Grundherrlichkeit beruhen.
Der ei*ste dieser Fälle war relativ selten und kommt in der Ausbildungs-
zeit der Landeshoheit kaum noch stärker in Betracht; schon im 13. Jh. beginnt
der Verfall der wenigen landesherrlichen Immunitäten®.
Auch über den zweiten Fall ist nicht viel zu sagen. Wo sich die
Vogtei rein ohne giimdherrliche Zuthat erhielt und sich darum auf keine aus-
gebreitetere Verwaltung stützen konnte, da hat sie der Landeshen* wohl meistens
an sich gerissen oder mindestens der Territorialgerichtsbarkeit eingeordnet*.
Wie aber stellte sich die landesherrliche Gerichtshoheit zu den grund-
herrlich-ständischen Gerichten? Es handelt sich hier um Unter-(Grund-)gerichte
und Hochgerichte. Da gilt nun vor allem der allgemeine Grundsatz, dais die
Untergerichte, soweit es nicht anders möglich, den Grundherren als Patri-
monialgerichte überlassen bleiben, wobei dann die thunlichste Unterordnung
derselben unter landesherrliche Hochgerichte angestrebt wird*®, bisweilen in
der Form, dafs der Landesherr von ihm in Anspruch genommene Teile der
^) S. oben S. 1270 f.
3) S. oben S. 1296 f.
«) S. oben S. 1276 l
*) S. oben S. 1336 f.
"") S. oben S. 1164 f., 1265 f.
*) Über derartige Verträge von Trier mit Köln 1454, mit Mainz 1484, mit der Pfalz
1489, mit Hessen 1514 s. Ilonth. Hist 2, 318 f.
^) Sehr häufig versprechen Adlige des Territoriums : alsofem sie wider den erzbischofen
oder seine unterthänige zu thun hätten oder sie mit uns, des sullen sie und wir recht geben
und nehmen vor dem erzbischofen und seinen amptlenten na irer manne urteil. S. dazu
Honth. Hist 2, 6.
*') S. oben S. 1022 f.
») S. oben S. 1259 f.
^^) S. oben S. 1086—37. Eine verwandte Unterordnung hatte ursprtkn^ch auch in der
alten Reichsverfassung bestanden, s. oben S. 207.
[Entwicklung äet LaDdesgewnlt. — 1348 —
ÜLtergeiichtsharkeit abgiel)t, ila^'egcn aber volle Hochn:erichtsbarkeit Über die
Insassen des Uutei^ericlites erlangt'. Die Hocligerichteharkeit rlagegen wird
Olwrall, wenn irgend möglich, dem Landesherru vorbehalten '. Daher gestattet
mau den Gnintihenen schon in der zweiten Hälfte des 13. Jhs. die neue Ein-
richtung von Hocbgenchten nur noch in Ausnahmefällen^, für welche es im
14. Jh. Regel wird, dafs die Erlaubnis nur für Ällodialgut und unt«r Vor-
behalt der landesherrlichen Gerichtshoheit gegeben winl*. Si)äter aber geht
') BesonJers deutlich bt in dieser Richtung, wenn auch aus si)äterer Zeit, Honth.
Hiat 9, 761, l'iSS, Ausgleich zwischen Trier, vertreten durch den Amtnutui Burggrafen von
Grinibui^, und den VonaaDdem der Kinder Kaspars von Hagen [liier die Rechte in Nonn-
weiler; so sol unser und unsere erastifts »ender zu Nonweiler unsere chur- und lantfürstl.
hohe oberkeit, wie von alters xa Konweiler herbratht ist, vortmehe, one in- oder widderrede
dero von Hagen, dingen und weisen, also das uns unsem nachkommen imd stift unverhindert
Biistein volgen und werden aol alles das, so der hohen oberkeil von rechts oder gewoinheit
wegen der Innt snhengig ist, es sei erzbergwerk, item uhcr hals und trnuch zu richten, dergl.
die Zulassung der medomguetcr, die Schätzung, auch volgh und reis in kriegs-leuf oder-fellen
und alles anders, so zu der hoben uberkeit gehoert, nichts darron us- noch abgescheiden ;
dargegen sollen die ohg. von Hagen und ire vormonder von dersellien w^gen macht haben,
innerhalb Nonweiler bezirk, wie der uf den Kirchennachtagh gewiesen wirt und herbracht ist,
zu jagen, zu fischen und in burgerliclien gerichtlichen Sachen, als unih eigen und erb, schuld,
schaden und faxende häb, auch unib harruppen und streich zu handien. S. femer CRM. S,
371, 1161, Auszug aus dem Vergleiche zwischen dem Erzbischofe und dem I>omkB]iitel zu
Trier die Gerichtsbarkeit zu Niedennendig beti-effend; I. das würdige dhonicapitel bepebt
sich aller iarisdictionsansprach , welche es in ilem ort Thilr und dessen bezirk zu haben
Tenneinet; 2. iliro cburf. gn. und dero erzstift Qbergiebt dem würdigen dhonicapitel die
derasellieu bis hiehin wiedersprochene iurisdictionem civilem xn Niedennendig. soviel die erste
Instanz betriff ... 5, die landcehoheit, das merum imperiiun. die criminaliurisdiction und
was diesem anklebig, bleibet wie bis hiehin, also künftig jirivative dem hohen ei-zstift Trier
ohne alle exception, restricCion oder modificntion.
") S. oben S. 1259 f.
3) S. z. B. Bd. 3, 81 1», ISaO.
*) S. Arch. Clenaux No. 221. 1340: .lohaiin der Blinde von Luxemburg erlaubt dem
Gerhard von Harn, quod ponere )>ossit ponat et statuat super proprinni siium allodiiun albun
iustitiam seu iurisdictionem, que pertineat et pcrtinere dinoscatui' ad domum suam de Ham,
ad vallem et ad omnem attinentiam ipBiuB domus tenendam et {»ssidendam perpetue et here-
ditarie de berede in heredem, salvo iure alte iustitie nostre in Bidebourch locis universis,
quam gratiam et iustitiam supradictas eidem Gerardo et suis heredibus pro nobis nostrisque
successoribus comitibus Luccembinrgenaibus, iit dictum est, in augmentiun feodi nostri, quod
a nobis obtinent, concedimus et in perpetuum donamus. 'Koblenz St. A. MC III'' Bl. lli»
Ko. 22, reg. Goerz Reg. der Erzb. S. 125, 1398 August IB: Wir Wei'ner von gotz gnaden
erzbischof zu Triere etc. dun kund und erkennen mit diesem brieve: wan zusscheu unsenii
amptmanne von Sarbui^ und unsem vorsthubem von Zerve in unsem wegen uf eine site
und dem erberen Wilhelme probate zu sent Pauline bl Triere und s'men scheffen zu Zen^e
uf die andere site zweiunge gewest ist von dem gerichte uf desselben probsts und siner
probstieii gude zu Zen-e und darumb gelegen, hau wir nach der saehen erfaren und sin von
herkomen und auch mit brieven, die der stift von sent Paidine von seliger gedechtenisze
et^lichen unsem \iirfaren erzebischofeu hait, genzeliche underwist: daz alle gerichte hoe und
nieder, auch über hals und heubt, uf den straissen und anders binnen den ederen zu Zen'e
— 1349 — Die Landeshoheit]
man noch weiter ; die alten ständischen Hochgerichtsherren, welche man nicht
hat beseitigen können, verlieren diese oder jene obersten gerichtsherrlichen
Funktionen, beispielsweise das B^nadigungsrecht * ; und ihre Gerichtsherrlich-
keit erscheint als eine von der eigentlichen landesherrlichen Gerichtshoheit
abgetrennte und von derselben tiberragte Gerechtigkeit, deren Verhältnis zur
Landeshoheit der Einzelregelung vorbehalten bleibt^. Abgesehen von diesem
Eindringen der territorialen Gerichtsbarkeit in die ständischen Gerichts-
verfassungen des platten Landes ist es aber durchaus gewöhnlich, dafs neben
des viirg. probsts und siner probstlen ist und sin sal (und enbuissen den ederen uberal uf
desselben probsts und probstlen gude zu Zerve geboerig ist daz gerichte über hals und heubt
unser und unsers Stifts von TrireX und alle andere gerichte uf der vurgen. probsts und
probstlen guden imd alle boessen und was davon gevellet des egen. probsts und probstlen
sint und sin sullen. des heizen wir uch unsem amptman und keiner zu Sarburg und unsere
vorsthuber vurgen., daz ir dem probste probstlen und stifte zu sent Pauline vurg. daz vurgen.
ir gerichte boessen und gevelle ungehindert lazent und sie darbi behaldent und uch der in
unsem wegen nit annemet Zu Urkunde aller vurgen. Sachen han wir Wemher erzebischof
obengen. unser ingesiegel an diesen brief dun henken, Der gegeben ist zu Sarburg do man
zalte na Cristus geburte druiz^nhundert echt und nuinzig jair uf den echtzenden dag
im augste.
») S. oben S. 195.
^) S. dazu das sehr lehrreiche Beispiel in Honth. Hist 3, 806, 1682, Austrag zwischen
Laach und Trier betr. das Dorf Knift: es ist und bleibt (dem Stift) auch in temporalibus
besagter orthen die hohe landsfürstliche Obrigkeit, kraft deren dan ihre churf. gn. fiir sich
imd dero nachkommen besagtes gotteshaus und dessen dorf Ouft änderst nicht dan des erz-
stifts aigene orthen und unterthanen in ihren landsfürstlichen schütz haben erhalten, und wie
(labevor allezeit geschehen, also forthin gegen männiglich zu fried- und kriegszeiten nach ver-
mögen vertreten, auch mit durchzügen nachtlägeren und quartieren gleich anderen des erzstifts
oithen zu verschonen suchen solle. Dabei bleibt Laach ,IIochgerichts-, Grund- und Erbherr* ;
auch soll Kruft nie einem Trierschen Amt einverleibt werden. Zum Genaueren vgl. Honth.
Hist. 3, 807, 1682: civilsachen die Grufter in persohn oder ihre güther betreffend sollen bei
dem gericht zu Gruft oder dem herm praelaten in prima instantia ventilirt und nach des
erzstifts landrechten judicirt werden, wan dan des hofgerichts Ordnung nach die summ ap-
pellabel, so sol denen partheien dahin zu appelliren freistehen, auch auf deren ansuchen
nothige processus erkant und demselbigen gebülirliche parition und folge geleistet werden, in
peinlichen Sachen aber, so leib- oder lebensstraf nach sich ziehen mögten, sol dem gericht
zu Gruft die Cognition und nahmens des gotteshaus die execution gelassen, bedenkliche bei-
und endurtheil aber bei dem oberhof zu Goblenz darinnen in aUe weg eingeholt und denen
gemäß verfahren werden, was ein zeitlicher praelat und convent gegen ihre unterthanen zu
Ouft, oder diese gegen jene für strittigkeiten jetzo haben oder künftig überkommen würden,
die solen, wan änderst in gute nicht beigelegt werden könten, wozu sie dan von ihro churf.
gn. commissarios erbitten mögen, dem herbringen nach ahm churf. hofgericht fürgenohmen
und daselbst mit recht abgethan und erörtert werden; doch daß denjenigen theil, so sich
durch urtheil beschwert achten wolte, an die höchste reichsgerichte zu appelliren oder aber,
wan die summ nach des erzstifts privilegiis nicht appellabel, alsdan bei ihrer churf. gn. umb
revision unterthänigst anzusuchen bevorbleibet Sehr instruktiv für verwandte Verhältnisse
in fhiherer Zeit ist auch Kremer, Ardenn. Geschl. God. Dipl. S. 462, 1346: wir Johannes
grave von Sarbnicken . . dunt kunt . . das ume solichen misehel, der da was tuschent uns
unde der vrouwen van Gastele, alse van der vrouwen luden van Burbach, da ist beret, wa
[Entwicklung der Landesgewalt. — 1350 —
der ständischen Gerichtaexekutive überhaupt die Vollstreckungsgewalt des
Laudesherrn subsidiär in Wirkung tritt'.
Indes der Einflufe der territorialen Gerichtshoheit ist nicht hlofe auf
dem Gebiete der Gerichtsveri'assuDg bemerkbar, sondern mindestens ebenso-
selir auf eiuem weiteren Gebiete, welches vnr etwa als der heutigen Verwaltuugs-
gerichtsbai-keit entsprechend bezeichnen können. Es handelt sich da im
■wesentlichen um die Regelung der Beziehungen zwischen den Standesherren
als Grundherrschaften unter sich wie zu den alten Korporationen mid als
solchen halböffentlichen Bildungen des platten Landes, den Markgenossen-
schaften und den Hofgenossenschafteu. Die Tendenz der Landesherren ist hier
stets die gleiche: sie suchen die Regelung aller vorhandenen gegenseitigen Be-
ziehungen imd speziell das Äusgleichsrecht fllr etwa auftauchende Streitigkeiten in
ihi'e Hand zu l>ekomnien. So treten die Kurfürsten des Trierer Teiritoriunis schon
seit Mitte des 14, Jhs. als Ordner der Verhältnisse einzelner Gi-undherrechaften
zu einantier auf* und wissen ihren Anspruch in dieser Richtung im 15. Jh.
zum heiTschenden zu machen^. Nicht minder libeniehmen sie seit Schlufs
des 14. Jhs. die Vennittluug zwischen Gmndherrschaft und Markgenosseu-
der vrouven ludi^ tud Costela sezent ufc unser voidlcn bit füre uni) bit vlammen. die sollen
uns dienen bo unde nidor nn unser gennde, ar sie sollent die voidie lasen ligen: na imaeF
lade \iße der vrouwen voidie rezent, die sollent dasselbe dun. item sint schaldich der
TTOUwen lüde in &Ue unser usw. s. weiter oben S. 203 Note 2 bis : under fonf s-, <Ue sint
der TTouven. item swtmne wir banwin legen in nnsenn bof mi Majestät, so insollent der
TTounen lüde Tan Burbach in dem höbe nergend anderswa trinken nodi win holen, wände
EU unsenn banwine, in nller uiasen aUe ander unser hobeslude da zu KLilesUtt, ane geverde.
item sint der vronwen lüde van Bnrbntb schuldig ku unsenn liomhrast, zu unsenn hogerehte,
m unsenn gescreie zu comen und zu loifene, unser gut zu heschudene, es enwere danne also,
daz wir uffenen krieg hetenl. oucb sint schuldich unser lüde der vronwen luden ir gut
helfen zu beschnden, so die vrouwe niet ufenen krieg enheU item ist daz hogerehte un alle
boe buesen in dem höbe zu Malestat unser durch das Jar an iniannes widersprechen.
') S. CMünstennaifeld, Hs. Koblenz St. A. CXI« Bl. 1.5*. CXIi» Bl. 18«, 14 .Ih. 1 H.,
cit. oben S. 1230 im Text. WSPaidin 1380, Zerf S 6, G. 6, 516; mins bereu von Trierc
amptman, der ist schuldig des probstes amptinan zu helfen gewalt abezudune, so iiinn des
gesinnei; allenfalls auch Bd. 8 Ko. 220, 139G; WKerach 1593, G. 2, 274, cit. oben S. 220
Kote 2, auf S. 221.
') S. zu den Anfängen Bd. 3 Xo. 173, 1347. Koch nicht durchgesetzt erscheint der
Anspruch Töpfer I, 238, 1357: ich Baldewin scholtiesen Simons soin von Bemkastcl dun
kont allen luden und bekennen an desem briere, das ich geloift hau und uH'entlich zu den
heiligen gesworen, so wat anspräche ich han oder haben mach biz uf disen budigen tag an
de lüde, de zu der lierrschaf von Hunoltzstein gehorent, si sin man nder wif, edel oder un-
edel, daz ich davan zu rechte stan sal zu Hunoltzstein in deme gereichte und nit vurwerter.
") S. z. B. Töpfer 2, 488, 1486: Nieolaus, Vogt imd Herr zu Ilunolstein, schreibt dem
Erzhischof Johann von Trier, sein Keffe der Kheingraf liabe die Dörfer Malbom und Licht
von der Ilerrsebaft Hunolstein pfandweise inne und dieselben jetzt in Seliützimg gelegt, was
unbillig sei; er habe seineu Neffen gebeten, das abzustellen, dieser aber balie es ihm ab-
geschlagen ; da nun beide Dörfer im erzbischöflichen Hochgericht Gnmburg liegen, so ersuche
er den EIrzbiscbof, die Sache zu entscheiden. Doch kann man hier auch nur einfache An-
wendung des Forum rei sitae sehen wollen.
— 1351 — I^ie Landeshoheit.]
Schaft^; eine Veimittlung, welche um so notwendiger wurde, je mehr sich
auch die kleinen Grundherren aus den alten markgenossenschaftlichen Ver-
bänden zurückzogen^. Am wichtigsten aber war doch die oberhoheitliche
Stellungnahme der Landesherren zwischen Standesherren und Grundholden^
zwischen Grundherrschaft und Hofgenossenschaft. Zwar störte hier die Landes-
hoheit die korporative Rechtsentwicklung, vorausgesetzt dafs sie unter An-
erkenntnis der Landeshoheit in den obersten Rechtsbeziehungen, z. B. in
Fragen des Strafrechts, vor sich ging, keineswegs ^ ; wie andere genossenschaft-
liche Rechtskreise*, so blieben auch die standesherrlichen Baudinge in ihrer
unmittelbaren Rechtssphäre frei von landesherrlichem Einflufs ^. Allein schliefs-
lich ergaben sich doch einige Koinzidenzpunkte. Zunächst auf dem Gebiete
der Strafi-echtspflege. Hier konnte dem Landesherm die Anwendung der
standesheiTlichen Disziplinaiigewalt über die Grundholden nicht gleichgültig
bleiben; spätestens in der 2. Hälfte des 16. Jhs. setzt er sich mit Erfolg
ihrer unbeschränkten Anwendung entgegen, indem er die Polizei bezw. die
Gerichtsbarkeit der Landesbeamten für sie eintreten läfet®. Ein weiteres Ge-
biet landesherrlichen Einflusses eröffnete sich im Falle der Rechtsvei^weigenmg
seitens des Baudingherm; auch hier trat die territoriale Rechtssprechung in
die Schranken^. Schliefslich aber machte sich, schon seit dem 14. Jh. durch die
>) S. Bd. 3 No. 137, 1336; 265, 1490; auch Cod. Lac. 247, 1443: Erzbischof Jacobs
zu Trier Vergleich zwischen den Klöstern Laach, Himmerode und ü. L. Frauen bei Ander-
nach und der Gemeinde Leudesdorf, wonach letztere die Höfe der ersteren gegen eine mit
75 fi. ablösbare Rente von 3 fi. von allen Lasten usw. freispricht, mit Ausnahme der Stellung
eines Gehamischten in Kriegszeiten imd eines Wächters und Schützen, wenn es not thut
2) S. oben S. 279 Note 1, 1165 f.
') Cart. Orval. 298, 1247: Graf Heinrich von Luxemburg versichert, quod nullam iuris-
dictionem reclamamus nee reclamare volumus in curte de Longuion, quae spectat ad ecclesiam
sanctae Mariae ad mart}Tes Trevirensem, pro eo, quod nos magistram R. et omnia bona sua
sub protectione nostra recepimus et tutela.
*) Töpfer 2, 446, 1469: weres auch daz die werkemeister oder knecht zweidrechtig
worden, is were umb Scheltwort ader derglichen, so geben wir ime die macht, daz unter sich
zu verrichten und zu vereinigen nach iren besten sinnen, ane unser gericht und amptlude
darüber zu suchen; dcz sal auch ein iklicher gehorsam sin bi einer gebürlicher penen, sie
under sich setzen werden; usgenomen was an den lip und bluit zu recht treffen, daz sal
unser amtman oder scholteß, zu wilichem unsem gebiet dez geschre bracht und verhandelt
worden, richten nach lauf dez gerichtz.
'^) S. oben S. 1036.
®) Trierer Amtsordnung 1574, § 27, 28: das keinem herren von adel ader imand an-
dern gesUittet werden sol, seine leibeigene leuth, die in unserm gebiet und obrigkeit gesessen
sind, selbsteigener that zu pfenden, anzugreifen, wegzuführen, sondern was der leibsherr an
seinen leibeigenen zu prechen, das sol vor den ambtleuthen geschehen, der ime, wozu er
recht hat, forderlich verhelfen sol. und sollen die leibeigene leuth in unser obrigkeit ge-
sessen zu allen diensten und gehorsam, wie sonst andere unsere underthanen, angehalten
werden, doch dadurch ihren leibsherren an ihren rechten nichts benommen sein. Man vgl.
auch Scotti, Chur-Trier 1, 652, 1674, cit S. 614 Note 2.
•) S. oben S. 1036.
[Entwicklung der Landesgewttit. — 1352 —
Übernahuie fremder Gruntlholden in besonderen landeshenlichen Schutz unii ähn-
liche Mafsiiahnu'n vorlle^eitet^ woh! seit der 1. Hlllftedes 16,.TIis. ein verstärkter
Einflufs des liindesherrlichen materiellen DoniauiRlrechts auf die Rechtsbildiing der
StandesheiTlichen Grundherrschaften geltend *, etwa in der Weise, wie im früheren
Mittelalter das ftskalische .Recht des Reiches die privaten Rechtsbildunpen an-
derer Fronhöfe beeinfliifst hatte. Und so war denn in der Thal ;rerade auf
diesen] Gebiete ein gewisser Anfang Inndeshoheitlicher Einwirkung vorhanden,
welcher von dem Eifer des voll entwiFkelten Lokalheanitentunis hald zu Über-
griffen benutzt ward'.
Wir haben aber diese Entwicklung nicht weiter zu verfolgen; stellen wir
aus ihren An&ngen vie aus den Fortechritten der einzelnen Wirkungsrieh-
tiiu^en di'i* Landedioheit bis zum Schlüsse des Mittelaltere Überhaupt nur fest,
dafs der Weg zur Schaffung eines territorialen Staates mit Erfolg eingeschlagen
war. AVar aber das staatliche Ziel einmal erkannt, so mufste die Lande^oheit
ohne weiteres auch noch zu einer Reibe von Fragen der inneren wie Aufsereu
Politik Stellung nehmen, deren Behandlung den mittelalterlichen Staatsgebilden
au sich fem gelegen hatte. Grade in diesem Punkte zeigt eich am besten das
Werden des neuen Territorialataates und des modernen politischen Gedankens;
waren in unseren Gegenden die Ausdrücke Territorium und Landesherr schon um
die Wende des 11. und 12. Jbs. im technischen Sinne ausgeprägt*, so formt der
Staat der Neuzeit aus der Landesgewalt heraus doch erst durch vie] spätere und
langsam erweiterte AuAiahme allgemeiner dvilisatoriscber Anforderungen seine
politischen Ziele. In der Aufnahme dieser Ziele aber erwächst das Territorium
eben zum einheitlichen Körper, zum wahrhaften staatlichen Individuum. Im
einzelnen lassen sich bei diesem Bildungsprozefs zwei Richtungen unterscheiden,
eine nach auTsen drehende und eine auf das Innere gewandt*'; von ihnen, von
den Anfängen einer iliiTseren wie inneren Politik des Territoriums als eines
Staates, soll im folgenden noch die Rede sein.
In den Äufseren Beziehungen kommt das Territorium unter diesem Ge-
sichtspunkte als politischer Kön)er, Rechtskörper und Wirtschaftskörper in
Betracht.
Am fiHhesten natürlich als politischer Körper, Als solcher war das
Territorium vor allen Dingen bltndnisiähig und zum Abschlufs von Teiritorial-
verträgen berechtigt; auf diesem Grundrechte beruht z. B. das ganze Land-
friedenswesen des späteren Mittelalter; die Bünduisl^ihigkeit wird in diesem
Punkte auch noch reichsreehtlich besonders anerkannt*.
') S. oben S. 1246 No. 43, 1350.
') S. die Notizen aus SKatfaarina bei Linz, dt. obeo S. 1188 Note 2.
') S. Bd. 3 Xo. 242, 1462.
*) S. Rössel ÜB. 1, 3, 108-5; Waitz, Vfg. 5, 182 Sote 3; und Waitz, Vfg. 7, 306 f.
^) Goldene Biille t. 15, Hamacli S. 227: Verbot aller Bündnisse unter Roichs-
angehärigen, ausschliefslieh der Landtriedensverbande. Es ist nicht direkt bemerkt, ob dies
Verbot aiich die Kurfürsten treffe.
i
— 1353 — I^ie Landeshoheit]
Als einheitlicher Rechtskörper ei-scheint das Territorium seit etwa dem
zweiten Viertel des 14. Jhs. Die ersten Thatsachen, in welchen diese Eigen-
schaft zum Ausdruck kommt, beziehen sich auf die höchste Gerichtsbarkeit der
Landesherren, also die Strafgerichtsbarkeit ; sie liegen in den interterritorialen
Auslieferungsverträgen zunächst für Hochverräter, dann für Verbrecher über-
haupt vor^ Später wird dann die Landeshoheit viel allgemeiner für die
Handlungen der Landeseingesessenen verantwortlich gedacht^; damit tritt die
Idee eines partikularen Landesrechtes auf. Im Sinne des letzteren liegt es,
wenn man auch die sozial höchststehenden Landeseingesessenen, die Stände,
seit Mitte des 15. Jhs. durch interterritoriale Veiträge an die ausschliefsliche
Rechtssprechung der heimischen Landesgewalt zu gewöhnen sucht^.
Die gi'öfste Mühe verursachte endlich die Betonung der Wirtschafts-
einheit des Territoriums nach aufsen hin. Sie wurde auch anfangs keineswegs
in der Weise erreicht, dafs man das Territoriiun als einheitlichen Wirtschafts-
körper anderen Territorien gegenüber ausspielte, sondern vielmehr nur in der
Erscheinung geltend gemacht, dafs die einzelnen Landesherren in voller Ver-
tretung ihrer Territorien gewisse allgemein empfundene, also interterritoriale
Wirtschaftserfordemisse gemeinsam regelten. So kamen die Territorialgewalten
schon seit etwa Mitte des 14. Jhs. zum Abschlufs von Münz-, Zoll-, Geleits-,
Strafsen- und Schiffahrtsverträgen*; ihr gröfstes Werk in dieser Hinsicht ist
in unserer Gegend die Begründung des rheinischen Münz Vereins im J. 1386**.
Nachdem die Landesherren indes als Intei-preten der Wirtschaflsbedürfhisse
ihrer Territorien nach aufsen hin aufgetreten waren, kann es nicht wunder
nehmen, wenn sie nun dieselben Territorien nach aufsen hin auch als selb-
ständige, individuale Wirtschaftskörper hinstellen wollten. Die Bewegung in
dieser Richtung, welche schliefslich im System des Merkantilisnms ihren wissen-
schaftlichen Ausdi-uck findet, beginnt schon gegen Schlufs des 15. Jhs., ihre
*) Auslieferungsverträge für Verbrecher zwischen den einzelnen Territorien erwähnt
Bonvalot 8. 306 für sein Gebiet aus den JJ. 1115 (noch grundherrlich), 1259, 1382, 1387,
1392, 1395, 1400. Für Trier speziell sind die frühesten Stücke wohl aus der 1. Hälfte des
14. Jhs., s. Bd. 3 No. 106, 1324; CRM. 3, 238, 1338. Im allgemeinen s. auch noch Grün-
hagen, Schlesien unter Karl IV., Schlesische Zs. Bd. 17, 26.
2) S. z. B. Töpfer 2, 431, 1466: Kurfürst Ruprecht von Köln schreibt an den Kur-
ftlrsten Johann von Trier, dafs Heinrich, Vogt und Herr zu Hunolstein, von ihm die Be-
zahlung einer Schuld gefordert habe, und da er nicht sogleich zahlen konnte, so habe der
Vogt mit dem von Winneberg kürzlich einen Einfall in sein Land gemacht und daselbst ge-
raubt und gi'ofson Schaden angerichtet Da mm der Einfall aus, in und durch des Kurfürsten
von Trier Lande geschehen sei, so verlange er Zurückgabe des abgenommenen Gutes und
Bestrafung des Vogtes und des von Winnenberg.
3) S. oben S. 1347 Note 6.
*) S. dazu im genaueren Bd. 2 Abschnitt 4, S. 236 ff., vgl. auch Honth. Hist 2, 319 f.
^0 S. Bd. 2, 460 ff.
Lampreebt, Deatscbes Wirtschafttleb«n. I. 86
[Entwicklung der Lanilesgowali. — 1354 —
ersten dcutlichei-üu Sjinptouie sind Ausfuhrverbote für Getreide und Edel-
metalle ^
Bedeutender noch fUr die Zukunft, wie die ilufsere Politik, waren die
eraten Anfänge einer auf Verwirklichung umfassejider staatlicher Ziele gerich-
teten inneren l'olitik der Territorien, wie sie schliefslich hier und da schon
seit Ende des 15. Jhs. in völligen Landesordnungen'' zum Ausdmck gelangen.
Das erste Ziel, welches auf diesem Gebiete eireiclit werden muTste, war
Belbstverstaudlich die vollständige Verwirklichung des mittelalterlichen Staats-
gedaiikens; der Rechtsschutz mufste durchgreifend geliandhabt, Ruhe und
Ordnung dauernd geschaffen werden. Die erste Mohe galt hier der Weg-
räumung einer Anzahl erheblicher Hindemisse: die Grundruhr wurde auf-
gehoben^, das Recht kriegerischer Brandschatzung hegi-enzt*, das Fehderecht
unaufhörlich bekämpft", die alten Asyle, welche den gerichtlichen Sti-af-
Tollzug vielfach illusoi-iscb machten^, thunliclist eingeschränkt'. Dazu kam
dann als positive Maisregel die Entwicklung einer LandesiioUzei auf der
Grundlage alter Wachtfrouden «, oder die Begründung einer Landgendamierie
auf dem Prinziii des Soldwesens*. Der Erfolg dieser MaTsregeln blieb nicht
■) S. Goerz, Re^. diT Ereh. Ufil Dez. 13, dazu oben S. 597, und Ritter 8. 741. Kin
Ausfuhrverbot für Gold und Silber bei Üoerz, ßegg. der Erzb, 1495 Aug. 11.
") S. oben S. 1254 Nolc 2.
*) S. Dd. 2, 29&
*) llonth. Uist. 2, 2!)9, 13S6, Eiuung zwischen Köiu und Tner vir \urg htirn ensullen
auch kein dingsul oder brantscbatzungen nenien oder unser frundc losten nemeu wir ennerdcn
des dan aemuientlicli zn rade; und wo und wanne wir die dinptial und brantailiOiic nge er
laubcn zo nemen, so sal die iglichem von nns beim valleu und werden zu ghcbem deile na
mansale der reisiger gewapneter lüde, die dan in dem velde waren
") Vgl. aufser Bd. 2, 292 f., Arch. Clervaux 167, 1331 iicholaus dit Biabant
de Uluiena, cbevalier, et Edmond, moiue a Prüm, soii frere, promettent tntic ies nianis d(
Jean de Kerjien, pr^vöt de Tr&ves, poor eux et pour Ies leiira dobsener la pjix et
l'arniistice condas avec Waller du Clervaux. S, ferner 'Or. 1338 Mai 27 Ich WalraiL gie\t
von Zweinbrucken dunt kunt allen luden, daz icb vor mich luid toi berni lialdenaren
von Odcnbacb ritter uud vor alle unsere helfer und dinei-e vemchert han und lersiihei-n an
diseme brieve unsers berm von Trire . . aniptlude zä Castele und die ime belohn &m oder
werden. Vgl. femer WAmel 1472 § 10; Honth. Ilist. 2, 251, 1ö71 und dizii Limb Cbron
c 92, 1371, cit. Bd. 2, 292 Note 3.
•) S. oben S. 1059 Note 1.
') S. oben S. 1331.
") S. oben S. 1011 Note 2, auf S. 1012.
*) S. dazu oben S. 1277, 1302 Note 2, und Bd. 2, 293; zur Polizeigewalt der Grafen
B. Waiiz, Vfg. 8, 60. In Flandern sind die Bereiter sehr alt, b. Warnkönig 2, 172 f.; im
13. Jb. sind sie schon völlig ausgebildet, hIb Polizeiniacht lu^piünglicli des (iraten, dann des
Chatelain. Die niederosterreichische Polizei für das platte Land (Landprofofs) wiiü erst
1570 infolge der Brandschatzungen entlassener Landsknechte eingerichtet, vgl. A. König, Die
n.ö. Landpro fofsen, BIl. d. Vereins f. Landeskunde von Niederösi erreich N. F. 13, 247 fl'. —
Zur Anknüpfung dieser wie einer Anzahl anderer Entwicklungen an die alle Kegalienboheit
8. oben S. 1277 und 1337 f.
^
— 1355 — I^ie Landeshoheit]
aiis und wurde schliefslich durch die Reichsreformen der Maxiniilianischen
Epoche noch verstärkt; war schon seit Mitte des 14. Jhs. grölsere Landes-
sicherheit eingetreten, so genofe man seit Mitte des 16. Jhs. völliger Ruhe^
Aber die Landesherren begnügten sich nicht mit Durchführung des
mittelalterlichen Staatsideals; sie schritten zur Verwirklichung einer ganzen
Anzahl von neuen Wohlfahrtszwecken fort. Am frühesten geschali das wohl
in Fonn der Fürsorge bei besonderen Notständen oder bei besonders dürftigen
Verhältnissen. So wurde das Magaziniersystem gegen Hungersnöte seit dem
14. Jh. immer reicher entwickelt^; so half man bei Brand und Verwüstung
durch Steuemachlafs ^ , bei wirtschaftlichen Krisen durch Schuldmoratorien*;
so nahm man die soziale Fürsorge für Bettler und Landstreicher in das Pro-
gramm der Landesverwaltung auf*. Aber bald ging man weiter. Der Ge-
danke positiven Schaffens für Wohlfahrtszwecke des Territoriums kam auf;
schon im 14. Jh. sorgten die Landesherren für Wege- und Brückenbau und
Besserung der Leinpfade®, und im 16. Jh. suchten sie dem Verkehr durch
Märkte und Verkaufsordnungen '', dem Ackerbau durch territoriale Kolonisation
zu helfen®. Von diesen Mafsregeln war es dann nur noch ein Schritt bis zu
dem Anspruch, das wirtschaftliche Leben der Landeseingesessenen überhaupt
von Landesobrigkeit wegen gewissen Regelungen zu unterziehen: und mit ihm
erwuchsen die ersten noch unzusammenhängenden Anfänge einer temtorialen
inneren Wirtschaftspolitik. Diesem Ideeenkreise gehört es an, wenn die Durch-
führung 6ines Münzsystems unter Valvation oder gar Verbot anderer Münzen
1) S. oben S. 592 Note 2; 1865; 1286 Note 2, auf S. 1287; Bd. 2, 293; und Ritter
S. 745.
«) S. oben S. 596, vgl auch S. 838, 844, sowie G. Trev. c. 273: Otto [1418—1430] fuit
maximus elemosinarius, nam inter innumera optimi animi bona illud quoque non minimum laudi
suac accedit, quod omnia castra suae ecclesiae reformavit et reaedificavit eaque frumento et
vino abundantissime replevit, non suae avaritiae causa, sed in pauperum subsidium necnon
ad reprimendum eo facilius hostes in futurum, nam pauperibus sibi subditis et maxime
ruralibus advcnientibus in onmibus suis cellerariis et castris siliginem in bono foro vendi et
concedi fecit, animo nihil ab eis rehabendi. sed ne occasio otiandi daretur ipsis pauperibus,
procuravit recipi ab eis cautionem de restituendo huiusmodi siliginem, licet nihil ab eis
repetiit.
^) S. dazu oben S. 1334 Note 3 über Kochem. Aus anderer Gegend vgl. noch
V. Below S. 38 Note 131, 1449: Lennep erhält die Accise, weil die Stadt infolge verderfliches
brantz ind schaden van v^den ind auch sust zurückgegangen war. Ein allgemeines Trierer
Brand- Yersicherungs-Institut wird erst 1783 errichtet, findet aber zunächst keinen Anklang;
s. G. Trev. c. 379, 1783.
*) Honth. Hist. 2, 621, 1529.
^) Eine Ordnung der Bettler vom Erzbischof Johann von Metzenhausen von 1533 im
Cod. dipl. Trev. Ms. tom. I erwähnt G. Trev. 3 S. 4 Note d, vgl. Scotti, Chur-Trier, 1, 293.
Zur landespolizeilichen Seite der Sache vgl. oben S. 1338.
6) S. Bd. 2, 242 f.
•^) S. Honth. Hist 2, 755, 1551, s. dazu Bd. 2, 270.
^) Vgl. Lamprecht in Conrads Jahrbb. N. F. Bd. 11, 339.
86*
IKntwicklung der Landesgewalt — 135Ö —
versucht wird', wenn der Laudesherr die Regelung der HeiniatsverhÄltnisse
der Uiiterthaneu in die Hand nimmt* und den C>iergang von Grund und Boden
iu das Eigentum der toten Hand verbietet", wenn er weiterhin gemeingültige
Wirtscbaftsoi-dnungen, z. B. für den Weinhau, erläfst* und die Bewirtschaftung
der Privatwälder landesheiTlicher Oberaufsicht untei-stellt *.
Die Wirkung solcher Mafsrepeln konnte nicht zweifelhaft sein, namentlich
sobald sie ans ihrer Vereinzelung heraus zu einem abgeschlossenen System
ergänzt wiu-den: sie mulsten die Durchbildung des Territoriums zu einem
besondem, für sich bestehenden, originalen Körper zur Folge haben. Das
aber war überhaupt, bald mehr bald minder ausgeprägt, die Konsequenz der
neuen staatUeh-tenitorialen Politik: indem sie das ans den verschiedensten
Bestandteilen zusammengesetzte, durch militärische Kraft zusanmiengehalteue
Territorium mit einem immer dichteren Netz wiitschaftliclier , reditlicher und
politischer Beziehungen umstrickte, wurde sie recht eigentlich erst Schöpferin
des neuzeitlichen Territorialstaates. Durch militärische MachtentfaJtung war
aus dem losen ZusammenfluTs halbstaatlicher Kräfte und abgeleiteten Reichs-
rechta die Landesgewalt gebildet worden, die Landeshoheit erwuchs aus dieser
Gewalt durch konsequente Weiterbildung der in ihr beruhenden Befugnisse
unter dem einheitlichen Gesichtspunkte des modernen Staatsideals.
') S. Bd. 2, 361, speziell Note 3; auch S. 359 Note 5.
^ Vgl. die Eiaungen (uoiones ncioBlce) seit Hontb. Hist. 2, 344, 1406, dazu ol>cn
S. 1209 Note 2, aus späterer Zeit Hirnth. Hiat. 3, 40, 1574; 157, 1586; 159, 1586; 166, 1590;
Scotti. Chur-Trier 1, 544, 1590; Honth. Uist. 3, 243, 1609; 923, 1723. S. aiicli oben
8. 1208 f.
■) Honth. UiBt 2, 619, 1S2»: Btxbischof Jacob an den l^hultheira ut der Alben: Lieber
getreuer, uns langet an, wie der abt zu Bniweiler in willen und arbeit ste, etliche guetcr
iif der Alben an sich und sein gotteshaus zu bringen etc. nu sein wir in meinungen und
ganzen willens, kein erbgueter an soliche geistlichen hinfiirtber kommen zu laissen; demnach
dir mit ernst bevehlend, obgedachter abt oder iemanta iler seinen an dich gesinnen wurde,
ime derhalb gericht und recht zu thun, du wuUest ime ein solichs abschlagen, nit bescheiden
thun, und ime gemeltc unsere meinongen und willen vorhalten, sich damacb baben zu richten.
*) S. oben S. 583 Note 10, sowie S. 1341 Note ü.
") S. darüber, soweit es sich um standesherrliche Wälder handelt, schon oben S. 1338
Note 4 und S, 1346 Note 7. Eine kurfürstlich trierische verbesserte Wald- und Forsloninimg
vom 31. des Heumonats 1786 im St. A. Koblenz, 48 SS. mit Anlageii Litt A— E; |s. auch
oben S. 517 Note 9, auf S. 518. Vgl. femer die Mitteilungen Winters zur österreichischen
Forstverwaltnng in den Bll. des Vereins f- Landesknnde von Niederösterreich, N. F. 16, 273 ff.
3. Die Landesyerwaltung.
Der Fiskus Sinzig war wohl der gröfste von allen Fisci der Mosel- und
Mittelrheingegenden, ursprünglich umfafste er 5 bis 6 Quadratmeilen ^ Kein
Wunder daher, wenn sein Hauptort Sinzig zugleich Pfalzort war; in der mit
einer Kapelle des heiligen Petrus versehenen Pfalz pflegten die deutschen
Herrscher von der Karolingerzeit ab namentlich dann zu weilen, wenn sie vom
Khein hinweg nach Aachen ziehen wollten^. Das Fiskalgebiet selbst blieb in-
des nicht lange ungeschmälert; schon im 8. Jh. kam der westliche Teil mit
dem Orte Kefsling an Prüm®, und im J. 1065 wurde gar der Kern des Be-
zirkes, das Pfalzdorf Sinzig, mit seinen Hörigen, Weilern, Wingerten, Mühlen,
Fischereien, Einkünften und Gefällen, Münze, Markt, Zoll und Gerichtszwang
an das Ei-zstift Bremen geschenkt*. Nun scheint allerdings diese Schenkung
nur auf etwa drei Menschenalter Bestand gehabt zu haben, denn von den
ersten Zeiten Friedrichs I. ab halten sich die Staufer häufig und bisweilen
längere Zeit in der wiederum villa regia genannten Pfalz auf*; indes hat
») S. oben S. 714 f.
«) Vgl. MR. ÜB. 1, S. 18, 762: Sentiaco palatio. S. femer Einh. Transl. ss. Petri et
Marceil. c. 44, 45, 828: villa regia, cui Sinciacus vocabulum est Hier bleibt Einhard über
Nacht, sicher in der Pfalz. Pfalz ist Sinzig auch noch 842: Nith. Hist 3, 7, MGSS. 2, 667.
Über die Kapelle des h. Petrus s. CRM. 1, 15, 855.
») Vgl. MR. ÜB. 1, 15, 762.
*) Lappenb. Hamb. ÜB. 1, 94.
^) Bei Otto T. Freising 2, 8, 1152, heifst Sinzig wieder viUa regalis; und 1158 hält
sich Kaiser Friedrich I. in Sinzig auf, Urk. mit Actum Sinzeke im MR. ÜB. 1, S. 673 und
mit Actum in regia villa Sinzeche CRM. 1, S. 362; apud Sinzeche Lac ÜB. 1, 315,
1174, apud Sinzeke Lac ÜB. 4, 633, 1174. Der Kaiser empfängt femer französische Ge-
sandte zu Sinzig: Ann. Col. max., MGSS. 17, 790; das Jahr ist 1181, s. Goerz, MR. Reg. 2,
461-, Säur, Forsch, z. D. Gesch. 8, 553 — 4. K. Heinrich VI. ist in Sinzig 1192, Quix, Cod.
Aqu. 1, 50, 1193; Stumpf, Acta imp. 264, No. 19L K. PhiUpp ist April 1207 in Sinzig,
Ann. Col. max., MGSS. 16, 822; K. Heinrich VU. endlich ist 1225 in Sinzig, Huülard-
Bröholles 26, 858.
[Enlwickhin? dfr LandeBgewall. — 1358 —
allem Ansidieine nach die zeitweise Veräufserung doch genügt, um die alte
Fiskalverfassung zu stürzen. Mit dem Wegfall des Pfalzdorfes wurde die
Stellimg des karolingisdieu Iudex natui^emäfs gegenstandslos; die einzelnen
Meier der Fronhöfe — also auch der des nunmehr erzstiftisch bremischen
Hofes Sinzig — wurden selbständig. Das blieb auch so, als spätestens um die
Mitte des 12. Jhs. der Ifalzort wieder an das Reich kam; in Siuzig selbst
gab es auch jetzt, wie in allen andern Fronorten des Pfalzgebietes, blofs noch
einen königlichen Meier'; handelte es sich um Augelegenheiten und Versamm-
lungen der gesamten Pfalzcingesessentii, so stand nicht ein Schultheifs, sondeiii
das Kollegium der Meier an der S|iit2e deiyfllieii -.
Dieser Abäßderui^ alter Verfessungsgrundlagen folgte aber nnt dem
13. Jli. die Ausbildung einer besonderen Eommunalverfassung im Orte Sinzig:
schon im .T. 1227 findet sich hier ein Magister ville, und im J. 1289 ist der
Abschlufs in der Gliederung von BUrgerm^ster, Batsmannen und BUi^rschait
eii-etcht^. Diese Aussonderung seit dem 13. Jb. gestattete natürlich ganz
andei"», wie im 11. Jh., eine besondere Verpfändung oder Veräulserung des
Pfalzortrs Sinzig*; und so finden wir denselben 1267 im Besitz des Erzstifts
Köln, 127S in dem der Grafen von Jülich, 1277 wieder unter Köln, 1295
von neuem an Jülich verpfendet, 1298 nochmals an Köln gegeben, 1348 end-
gültig vom Beich an Jülich entfremdet, 1352 von Jülich an das Erzstift Trier
verpfändet, bis er endlich durch Erbschaft an die Herzöge von Berg fiel.
Die bisher betonten Momente, der frühe Untergang der oberen Fiskal-
verwa)tiiti;r und die zeitige Aiusonderung des Pfalzortes Sinzig aus dem Fiskus
mit der Konsequenz vollständig e%ner Verfassungsentwicklung desselben er-
mdglicbten es nun, dals sich auf dem Boden des alten Pfalzgebietes aufser-
halb des Pfalzvorortes auch noch zwei gröfsei-e, der Ministerialität angehörige
Amtsbildungen entfalteten. Es sind dies die spätere Bur;;{;rafsi'haft Landskron
und die Bnrggiafschaft Haniinerstein.
I) Ann. (1. hJBt V. 23, 266, 1162: Adalbero villicus de Senzecho. Quix, Cod. Aqu.
1, 73, 1222: Gerhardus de Sineeke villkus; Lac. L'B, 2, 162, 1229: Herimann Jleier von Sinzig.
') Äufsersl cljaraklerialisch ist Qnii, Cod. Aqu. 2, 105, No. 149, 1227: Auflassung in
curia Je Sintzge coram villicis, minislerialibus, scabinis ei inansioiiaiüs eiusdeni ville. Die-
selbe Audassting findet in Aachen dagegen coram advocato, sculteto, scabinis, biii^ensibus,
militibus et bominibus imperii statt. Das Kollegium der Sinziger Villici ist wohl auch imter
den iudices in Guden, CD. 2, 969, 1280 zu verstehen: iiidices, iriilites, lilü militiun ac
universitas opidanorum in Sinziche bezeugen einen Akt freiwilliger Gerichtsbarkeit des Ger-
hard von Landskron. Daran das sigiltum oppidi nostri. Doch scheint bei weniger wicbligen
Angelegenheiten der Sinziger Meier allein die Sache des ganzen Bezirks geführt zu haben,
vgl. Quix, Cod. Aqu. 1, 73, 1222.
') Quix, Cod. Aqu. 2, 105, No. 149, 1227: Riqubus magister vilie, Georgius canipacarius
von Sinzig; Guden. CD. 2, 978, 1289: nos magister eivium, consules et universi civc»
de Sinzege.
') Doch scheint hier noch der aanze Pfalzbezirk verliehen zu sein, vgl. CR>I. 2,
227, 12G7.
i
— 1359 — Die Landesverwaltung.]
Von ihnen gehört die Burggrafschaft Hammerstein allerdings dem Fiskus
Sinzig nicht eigentlich an, sie liegt auch räumlich entfernter von ihm, als vom
Fiskus Andernach. Indes finden sich seit dem 13. Jh. doch viele Beziehungen
der Hammersteiner Burggrafen zu Sinzig: abgesehen von einem späteren Burgen-
besitz ^ und den engen Familienbeziehimgen zur leitenden Sinziger Familie^
haben sie teil an Rechtspflege und Gerichtsgefällen ^: so dafs eine Feststellung
der Entwicklung ihres Amtes auch für die Sinziger Fragen von Interesse ist
Freilich ergiebt sich da keine Sicherheit über Zeit und Art der Einbeziehung
der Hamniersteiner Burggrafen in die Sinziger Verfassung; war in letzterer
Beziehung wohl das Bedürfnis mafsgebend, der alleinstehenden Burggrafschaft
irgend welche feste Einkünfte zuzuweisen, so muls in ereterer Hinsicht ange-
nommen werden, dafs es nach dem Übergang des Fiskus Andernach an das
Erzstift Köln im J. 1167 passend erscheinen mochte, die Burg Hammerstein
nunmehr dem nächstgelegenen noch unveräufserten Fiskus, d. h. eben Sinzig,
für die Gewinnung derartiger Einkünfte anzuschliefsen. Die Burg Hammer-
stein selbst wurde nach ihrer Zerstörung im J. 1021 * auf Befehl Heinrichs IV.
im J. 1071 wieder aufgebaut^, schon 1074 ist dann an ihrem Fufse eine ZoU-
ßtätte vorhanden®, unter deren Verkehr sich der im J. 1139 zuerst genannte
^) Guden. CD. 2, 988, 1306: die Burggrafen von Ilammerstein haben ein festes Haus
in Bodendorf.
*) Guden. CD. 2, 976, 1298: der jüngere Gerhard von Landskron heiratet Beatrix,
Tochter des Burggrafen von Ilammerstein.
8) Vgl. CRM. 2, 274, 1276: Graf Wilhelm von Jülich (seit 1276 ist Sinzig im Besitz
des Grafen) bestätigt den Burggrafen von Hammerstein iura sua in bonis de Sinzeche;
gaudeant libere ab hoc tempore ut antea tertia parte iudiciorum, precariarum seu petitionum
exactonim donorum et aliorum ibidem emergentium quorumcumque in bonis predictis, prout
hec omnes progenitores ipsorum burgraviorum ac etiam ipsi a retroactis imperatibus et
regum Romanomm temporibus habuerunt. Dagegen haben sie nichts in personis rebus et
servitiis emergentiis ludeorum et Cauvercinentium residentium vel venientium apud Sinzeche,
nisi de causis in iudicium tractis, de quibus nos auctoritate imperil libere disponere poterimus.
S. femer P>nst, Hist. du Limbourg 6, 206, 1226: die Burggrafen von Hammerstein haben
den dritten Teil des Rostant genannten Rechtes in Sinzig vom Reiche zu Lehen. CRM. 9,
156, 1253: Friedrich Burggraf von Hammerstein und Gerhardus dominus de I^andiscrone
promulgieren eine in Sinzig gemachte Schenkung. Unter den Zeugen auch die mansionarii
de Sinzeche, qui vulgo dicuntur hovinnere. CRM. 2, 227, 1267: Erzbischof Engelbert ver-
sichert, quod nos dilectos fideles nosti'os Amoldum et lohannem burgravios de Hamerstein,
Gerardum et Theodericiun de Lanzkronen fratres ceterosquc milites, ministeriales, et universos
opidanos de Sinzeche tenebimus et conservabimus apud Sinzeche in omni iure et libertate, que
hactenus ab imperio tenuerunt ac antiquo.
*) Vgl. MR. ÜB. 1 S. 345, 1020; Goerz, MR. Reg. 1, 1215—16; s. neuerdings
K. Menzel, Irmengard von Hammerstein, in Maurenbrechers Taschenbuch VI, 5, 89 — 119.
'') Lambert z. d. J., MGSS. 5, 180.
«) Schannat, Hist Wormat 2, 342, 1074; Ludwig, Reliqu. 2, 180, 1112; Schannat
a. a. 0. 2, 86, 1184; Moritz, Worms S. 153, 1208.
[Entwicklung der Landeagewalt. — 13Ö0 —
Ort (Ober-, Nieder-)Hammerstein entwickelt habeu mag'. Von der Besatzui^
der Burg hört man wohl zum erstenmal durch einen Brief der Banii>ei^er
Stiftsherren an Kaiser Heinrich V., der von Ministerialen, qui apud Hanierstein
(iraesident, spricht^. Befehlshaber war damals wohl der Reichsniiuisteriale
Engelbert, den wir 1120 als königlichen Kommissar (Gesandten), 1129 am
Königshofe zu Duisburg treffen^. Fhin folgte der Mioisteriale Ludwig, der
zum ei-stenuial (1163) Burggraf genannt wird*; er war zugleich Vogt der
Deutzer Abtei für Remagen *. Der Nachfolger Ludwigs emilich, der Burggraf
Arnold (mindestens 1202^1218) ei-scheint als einer <ler hervorragenderen
Reichsdienstniannen " dieser Zrit: i^r ist oft am Hofe und i^t-hwört im J, 1207
mit andern Ministerialen fui' den Kuiiiy'. Unter ilini lüruen wir eine giiuze
Anzahl von untergeordneten Hammersteiner Rittern kennen, so Hermann und
Arnold, Ludwig und Konrad ^.
Zeichnet sich die Hammersteiner Entwicklung dadurch aus, dals man in
ihr ein Reichsminist erialeugesehiecht in relativ früher Zeit zu bedeutendem
Einllufs erstarken sieht, ohne dafs ein genauerer Einblick in die Entwicklung
möglich wiire, so ergiebt sich für die Entwicklung der Bui^fgrafechaft Lands-
kron ^'erade das umgekehrte Verhältnis : sie liegt später und IBJst sich
weiter ins Detail hinein verfolgea. Beiden Burggra&chaften aber ist es ge-
meinsam, dafs sie Ämterbildungen auf neuen Burgen, auf verfassungsgeschicht-
lich voraussetzungslosem Boden, imd damit in für ihre Zeit besonders modemer
Erscheinung zur Auswirkung bringen.
Die frühesten Ministerialen, welche wir in Sinzig kennen lernen, sind
Rudolf 1158; Eppo und Reinger 1162; Konrad 1174, wenig spater Heinrich;
vielleicht gehörte auch der Stiftsherr Johannes von SFlorin-Koblenz (1191)
einem Sinziger Ministerialengeschlecht an*. Von allen diesen Dionstmauneu
wissen wir fast nur die Kamen; bedeutend wird erst der von 1207 ab nach-
weisbare, um 1228 verstorbene Gerhard [I.] von Sinzig'". Er findet sich oft
') Vgl. MK. ÜB. 1 S. 560, s. auch CRM. 1 S. 431, 1179. Zu Jeu sonstigen Schltk-
Galen der Burg s- üiesebrevbt 3, 715, 811.
') Cod. Udal. 223, 1111—1125.
») Brower. Ann. 2, U, vgl. Goerz, MB. Bog. 1, 1716; Lac. L'B. 1 S. 201, 1129.
') Lac. UB-1 S. 299. Vgl. sonst über ihn CBM. 1 S. 297, 1145; Kremer, Orig. N.)ss.
2, 186, 1159. sowie:
") Ann. d. bist. Ver. f. d. Niedeirh. 23, 265, 1162.
•) Vgl. über ihn GEM. 2 S. 79, 1202; Wegeler, Laach 2, 15, 1210; MK. ÜB. 3 S. 17,
1213; Huillard-BraoUes l*, 408, 1215; MB. ÜB. 3 H. 54, 1216; S. ?0, 121S.
') Lac. ÜB. 2 S. 11.
s) Vgl. CBIL 2 S. 79, 1202; MR. ÜB. 3 S. 4, 1213; 2 S. 2.54, 1204; 3 S. 193, c. 1209
(zur Datierung letzterer Urk. s. Goerz. MR. Reg. 2, 1896).
") CRM. 1 S. 362, 1158; Ann. d. bist. Ver. f. (i. Niederrli. 23, 26-J, 1162: Lac. ÜB.
4, 633, 1174; Erhard, Cod. Westf. 2, 256; MB. ÜB. 2, 118, 1191.
'») L.1C. ÜB. 2 S. 11, 1207; Goerz, MB. Reg. 2, 1862, 122j<.
i
— 1361 — I^ie Landesverwaltung.]
am Hofe^; seit 1216 ist er Prokurator sämtlicher Reichsgüter des linken Rhein-
ufers von der Mosel abwärts*; späterhin hat er auch das Einziger Köuigs-
meieramt inne^.
Ein dauernder Anlafe zu weiterem Aufschwimg aber wurde für die
Ministerialität — und vermutlich besondere für das Geschlecht Gerhards —
erst dmch die angeblich im J. 1206 erfolgte Erbauung der Burg Landskron*
gegeben. Als sich König Friedrich U. im J. 1214 im Lager vor der Burg be-
fand, vei*sprach er dem Ministerialen Gerichwin von Sinzig für den Fall der
Eroberung der Burg sub fide regia pro . . fidei et devotionis (suae) obsequiis . .
(Landscron) castri palatium . . custodiendum ; [ceterum] de bonis nostris et
imperii tibi assignabimus, quod tu ipsum castrum in L. simul cum palatio . .
possis conservare. ad haec parentes et amicos tuos, qui sunt castellani in ipso
Castro Landiscron, quos ibi locavit . . rex Philippus, ibi habitare volumus . . .
insuper officium in Sinzeche cum omni iure et codicibus suis tibi committimus,
ita ut tu nobis inde solvas debitam annuam pensionem*. Die hiermit ge-
schaffene Lage wurde im J. 1226 durch einen weiteren Gnadenbeweis noch
besser gestaltet ; damals gab der König an Gerichwin ins patronatus in Kunigs-
felt tali modo, quod uullus ibidem instituatur clericus, nisi faciat residentiam
in Villa prenotata, et in capella nostra Landscron tam per se tam per alimn
procuret divina officia celebrari®. Gerichwin scheint sein Amt bis zum
J. 1230 — vermutlich bis zu seinem mit dem Ableben Gerhards I. nahe
zusammenfallenden Tode — geführt zu haben; zum letztenmal erscheint er
im J. 1227, am Hofe Heinrichs VE. zu Oppenheim ''. Sein Nachfolger war
Gerhard [U.] von Sinzig, der vermutlich von c. 1230 bis 1284 Befehlshaber
von Landskron war®. Wir finden ihn 1230 als Mann der Grafen von Geldern,
1) So im J. 1207 in Köln, Lac. ÜB. 2 S. 11; 1212 in Aachen, Lac. ÜB. 2, 40; 1215
in Aachen, Huillard-Br^hoUes 1^, 408; 1222 in Aachen, Lac. ÜB. 2, S. 79; Butkens, Troph.
1, 68; Quix, Cod. Aqu. 1, 50; 1225 in Kaiserswerth, Lac. ÜB. 2 S. 66.
«) MR. ÜB. 3, 47. Über eine verwandte Stelle in Boppard s. oben S. 726 Note 2.
') Quix, Cod. Aqu. 1, 73, 1222: Albero Sconevedere de Sinceke . . predium, quod
habuit apud Consdoi-p, Sinceke, Westheim et alibi . . liberum dimisit et hoc manifeste fecit
in iudicio de Sinceke, Gerhardo de Sinceke villico presidente, in presentia ministerialium
imperii, scabinorum et hominum totius ville, qui omnes vinum testimoniale de hoc facto . .
biberunt.
*) 1212 erteilt K. Otto IV. auf Landskron der Kapelle unter der Burg einen Schutz-
brief und Abgabenfreiheit; Goerz, MR. Reg. 2, 1180. Cesarius von Prüm nennt um 1222 im
ÜPrüm S. 175 Note 1 Landeskron castrum regium.
'') MR. ÜB. 3, 19, 1214.
«) MR. ÜB. 3, 292, 1226.
') Lac. ÜB. 2 S. 77.
^) 1285 ist Übel' die Erbschaft eines Burggrafen Gerhard von Landskron Streit, Guden.
CD. 2, 971. Dieser Gerhard lebte noch 1284, vgl. die Zeugenreihe in CRM. 2, 314. Er
hatte ferner Dietrich und Lufried zu Brüdern, mit welchen beiden er 1248 (Guden. CD. 2,
945), mit deren ersterem er 1267 (CRM. 2, 227) zusammen genannt wird. Dietrich war 1276
[Entwiddiing der Liindesgewiilt. . — 1362 —
von Nauiur imd MaDden; später ist er auch noch Jülichscher Mann geworden'.
Im J. 1230 in die Reichsdienstmannschaft übercegangen * ist er sicher schon
1231 fest im Amt verwendet^, 1233 befindet er sich in Sinzig*, 1238 kommt
er vom Reiehadienst aus Italien heim\ seit 1241 zeigt er sich evident im
Besitz (ies SinzigerKönigsmeieramtB", 1244 wird er zuerst ausdrücklich Burg-
graf von Landskron genannt'. Nach Lage der Sache ist indes kein Zweifel,
dafs Gerhard von vornherein Burggraf war und zugleich das Meieramt führt« ,
sonst hatten 1231 und 1233 für ihn ergangene Befehle^ keinen Sinn. In diesem
komhinierten Amt blieb Gerhard nun sein Leben lang, mehr als ein halbes
Jahrhundert; es ist leicht begreiflich, dafs es seiner, nach allem, was wir wissen,
kraftvollen Pei-sönlichkeit gelang, in so langer Zeit unter den mannigfachen
ReiehswiiTeu zu einer im Sinne des Lehnswesens nahezu selbständigen Hen'-
schaft zu gelangen, welche sich schliefslich über die Bui^ und ihr Gebiet so-
wie fast alle Reste des Fiskalbezirks erstreckte, soweit sie nicht der Stadt
Sinzig angeschlossen waien. Schon 1246 ist der König in seiner Schuld und
mufs ihm 5 mr. Rente und einen Wald fUr Burgbauauslagen in der Höhe von
100 nir. ver|ifönden " ; 1248 erscheint das Bmggrafengeschlecht in der Auf-
lösung aller Reichsverwaltuug auf kurze Zeit nahezu selbständig. Damals
schwören Gerhard von Sinzig und seine Eiüder dem Stift Köln Urfehde:
contra . . ecclesiam Colonienseni de castio Landscrone nichil attemptahimus
aut facienms, nee gueiTam ipsis movebimus . .; et si forte hi, qui maiorera
nobis i»otestatem habent in ipso Castro, vellent movere guerram , . ecclesie . . ,
nos pro posse nostro a tali proposito removebinms eosdem ; et si ipsos revocare
tot, Tgl. CRM. 2, 276; Lufried ist vermutlich schon vor 1267 gcstorhfii, da er CRM. 2, 227
nicht mit genannt wird. Steht so auf der einen Seite fest, dafs ein und derselbe Gerhard
von 1248 bis 1284 Burggraf auf Landskron wnr, so ist es nahrGcheiiilich , dafs er sehr alt
geworden, da er seine beiden vor 1267 bezw. 1276 gestorbenen Briider weit überlebte. Es
steht also nichts im Wege, ihn für denselben Gerliard Kti halten, der schon 1231 als erster
Ministeriale in Sinzig erscheint, s. MR. ÜB. 3, 429, um so mehr, als filr die Jahre 1231 bis
1248 keinerlei Anzeichen vorliegen, ilafs wahrend dieser Zeit mit dem liäiifig genannten
Namen Gerardus im Anfang und Ende der Periode zwei Pereonen bezeichnet würden. Auch
Guden,, CD. 2, 935, identifiziert den 1230 und 1248 genannten Gerhard. Übrigens ist es hier
nicht unsere Aufgabe, die Genealogie der Burggrafen von Landskron zu erledigen.
') Guden. CD. 2, 935, 1230 ; MU. ÜB. 3, 1091, c. 1250.
«) Guden. CD. 2, 936, 1230.
') ME. ÜB. 3, 429, 1231.
*J MR. ÜB. 3, 475, 1233.
") MR ÜB. 3, 610, 1238: Gerhard von Sinzig heifst vallettus et fideüs impeiialis,
kommt aus Italien zurück mit 5 servientes und 7 equituture.
") MR. ÜB. 8, 746, 1242.
') MR. ÜB. 3, 788, 1244.
") MR. UR 3, 429, 1231; 475, 1233. Über diese Befehle s. bald das Genauere unten
8. 1365 Note 4.
') MK. ÜB. 3, 869, 1246.
— 1363 — I^e Lande8ver?raltaDg.]
non possumus, nos . . archiepiscopo ad tres septimanas prediceInus^ Ein
Ausdruck dieser vomehmHch infolge der Zerrüttung des Reiches erworbenen
Selbständigkeit wird auch im Titel gewonnen; 1253 nennt sich Gerhard
nicht mehr burgravius sondern dominus de Landiscrone, bald darauf kommt
auch das einfache Gerhardus de Landiscrone statt des bisherigen G^rhardus
de Sinziche vor*. Doch erfolgt nach dem fllr das Reich verhängnisvollen
Schlufs der vierziger Jahre des 13. Jhs. nochmals eine Periode stärkerer Heran-
ziehung zum Reichsdienst, welche durch eine Urkunde des erwählten Königs
Konrad vom J. 1251 eingeleitet wird, in welcher dieser den Burggrafen vom
Tode Kaiser Friedrichs n. benachrichtigt und ihm Schadloshaltung für alle
bisher zu Gunsten des Reichs gemachten Ausgaben verspricht, sobald er an
den Niederrhein komme ^. Zu mehr als dieser blofsen Ankündigung brachte
es indes erst das Regiment der Könige Wilhelm von Holland und Richard
von Komwallis, für welche die Sinziger Dienstmannen um so wichtiger sein
mufsten, je mehr der Schwerpunkt ihrer Thätigkeit an den Niederrhein fiel.
Unter ihnen finden wir Gerhard im J. 1255 als kaiserlichen Kommissar nach
Dinant bestimmt, und im J. 1258 mit zwei Rittern gegen Worms entboten*.
In gleicher Zeit erhielt aber Gerhard von König Richard auch eine neue Be-
stallung als Burggraf von Landskron. Diese Bestallung ist für die nun-
mehrige Stellung der Königsgewalt zum ehemals völlig abhängigen Ministerialen
bezeichnend : protestamur, quod nos Gerhardo burggravio de Landscron, dilecto
fideli nostro, castrum nostrum in Landscron commisimus eodem modo
tenendum, quo ipsum castrum hactenus tenuit et possedit^. Das ist alles:
die Bestallung ist zur reinen Formalie geworden : in der That war der Burg-
graf schon damals nahezu nur noch im Sinne des Lehnswesens abhängig : seine
Freiheiten wuchsen von Jahr zu Jahr. Schon Gerhard H. war Schwager des
Grafen von Neuenahr geworden ; sein Sohn Gerhard HI. heiratete die Tochter
eines reichen Kölner Schöffen®; so wurde die soziale Stellung der Familie
durch vornehme und reiche Vei-wandtschaft gehoben. Zugleich sorgten die
Könige durch stets erweiterte Belehnungen für die Vermehrung des Besitzes '' ;
») MR. ÜB. 3, 958, 1248.
2) CRM. 2, 156, 12513; MR. ÜB. 3, 1451, 1258; Guden. CD. 2, 953, 1266. Dagegen
nennt sich Gerhard bei Guden. 2, 948, 1249, selbst noch miles de Sinzeke burgravius in Landis-
crone. Ähnlich ist der Ausdruck in einer Urkunde Wilhelms von Holland, MR. ÜB. 3,
1308, 1255.
9) MR. ÜB. 3, 1101, 1251.
*) MR. ÜB. 3, 1308, 1255; 1451, 1258.
'') MR. ÜB. 3, 1402, 1257.
«) Vgl. MR. ÜB. 3, 1168, 1252; Guden. CD. 2, 962, 1276.
') Guden. CD. 964, 1276: K. Rudolf erneuert dem Miles Gerhardus de Lantzkrone
conccssiones donationes et infeodationes villarum Conixfelt de Heckenbach cum hominibus
iuribus et iurisdictionibus, cum silvis et nemoribus infra limites eanmdem . . sitis . . , prout a
nobis et sacro Romano imperio dependent et prout ipse et sui progenitores ea hactenus . .
possederunt et tenuerunt . . . ipsumque G. et eius heredes utriusque etiam sexus infeodamus
[Entwicklung der Laiiilesgewult. — 1364 —
und die Burggrafen kauften selbst zur Änoudierunj! noch fehlende Teile',
Auf diese Weise entstand ein Dui-cheinander allodialeu, feudalen und ministe-
rialischeu Besitzes, dessen Scheidung infolge gleichniilfsiger wirtschaftlicher Be-
handlung schon nach dem Tode Gerhards II. zu Streitigkeiten führte, welche
nur durch Schiedsgericht zu schlichten waren. Zugleich aber önden wir tiei
diesem Erbgang den Gesamtbesitz scliou als völlig einheitliche Eibmasse be-
handelt; in der Auseinandei-setzung der erbenden Söhne Gerhard III. und
Otto heilst es, ohne dafs die Ansprüche des Keirhes weitere Beachtung finden :
1) dat her Gerart havio sal die burch zu Landiscrone, bid ludin ind bid gude,
dat zu dis hmis hudin gehört, als id sin vadir hatte vanme Ridie, ind Otte
nit; 2) dat her Gerart ind Otte deilin solin bescheidinliche al solch erre, als
ir vadir und ir mudir hattin, so wa id si gelegin ; 3) ove her Gerart ind Otte
zveinde wurdia umb ir erve, dat her Qerart spreche, id horte zume Riche,
ind Otte spreche, id horte zu irme erve, dat sal ervarin her Heinrich dir Gude
[Rittergeschlecht in Sinzig], der aide, bid warheide ove bid rechte*. Der
hier erhaltene Eindruck weit^hender VerfUgungsfreiheit des Erblassers bezw.
der Erben verstärkt räch noch bei der Lektttre des Testamentes, welches
Gerhard HI. als dominus castri de Landscrone' im J. 1311 machte*; hier ist
von niiuisterialischer Abhängigkeit gar nicht mehr die Rede. Alledem aber
entspricht es, wenn die Burggrafen nach den letzten Diensten unter König
Bidiard im 13. Jb. niemals wieder zu Beicbsdieast aufgeboten worden sind,
wenn sie statt dessen vielmehr Ämter seitens einiger Territorialherren an-
Dehmen, deren Führung neben dem Reichsamt schlimme Verwicklungen nicht
aussehlofe und deshalb vom Gesichtspunkte einer energischen Reichsverwaltung
aus nicht statthaft war".
Gleichwohl müssen doch auch noch am Schlufs des 13. Jhs. die nunmehr
freilich eigenmächtig ausgeübten Amtsfunktionen der einstmaligen einfachen
Beichsdienstmannen als der Kern der l)urggiäflichen Macht bezeichnet werden.
Worin bestanden aber jene Funktionen? Die beste Einführung zu einer Ant-
wort auf diese Frage gewährt ein Rezefs vom 2. Mai 1242 betr. Abrechnung
Gerhards von Sinzig über seine villicatio coram officiatis [regis Conradi R".]*,
Sie ei^ebt folgende Posten:
de eisdem villis. S. ferner Guden. CD 2, 975. 1296, »gl auch Oudcn CD 2, 9>5, 1270
die Inhaberin eines Landskroner Lebens und ihre Erben übertragen dasselbe an Gerhard
den Burggrafen; sie versprechen, quod in pnmo adventu glonosissmu doniini Romanoruni
regia [Kichardi] procurabunt, ab ipso Bssignori et coiiLcdi prenotato Geiaido siiisque here
dibua feodum memoratum.
■) Guden. CD. 2, 956, 1271.
«) Guden. CD. 2, 971, 1285.
") Guden. CD. 2, 997, 1310.
') Guden. CD. 2, 1002, 1311.
^) Guden. CD. 2, 973, 1289; 936, 1305.
■} MR. ÜB. 3, 746, 1242.
i
— 1365 — IWe Landesverwaltung.]
Einnahme:
[Pecimia] Redditus 28*/* mr.
ludei 5 „
üxor prepositi 15 „
Precaria 50 „
ludei - . . . . 15 „
Exactiones in hostes imperii 105 „
Annona Siligo 88^/2 nälr.
Avena 80 mir. «= 8^/4 mr,
Vinum 16 carr.^
Summa 227^/« mr.'.
Ausgabe:
[Pecunia] Rest der vorigen Rechnung . . . . 28 mr. 8 s. — d.
Militia Gerhards, alte Schuld 20 „— „— ^
Feuda castelli [Landscron] 14 „ — „ — „
Blide 18 „ - „ _ „
Expensa pro rege in Sinzich 62 „ 2 „ 2 „
Expensa pro militibus regis 31 „ 9„ — „
Expensa messis et autumni 6„4„ — „
Dextrarii pro regis servitio 91 „ — »— »
Balistarii sex per tres menses 18 „ — „ — „
Expensa pro rege apud Treverim 8 Ib. — „ — „
Expensa Gerardi Aquis, Colonie, Moguntie . 10 mr. — „ — „
Summa 306 mr. — s. — d.
Computatis hinc inde singulis et universis nos [rex] tenemur solvere eidem Gerardo
78 mr. et dimidiam mr.; et habebit officium usque ad festum sancte Margarete
proxime futurum.
Aus dieser Kechnungsablage folgt, dafs die Grundlage des Sinziger Burggrafen-
amtes eine doppelte war, eine militärische und eine administrative. Gerhard
von Sinzig war, als er diesen Rezels erhielt, einmal Burggraf (im spezifischen
Sinne des Wortes) von Landskron, andrerseits Königsmeier von Sinzig, Da-
bei wurden die beiden Ämter noch im Sinne einer blofsen Personalunion in
den Händen Gerhards vereint; das Meieramt wird ihm nur bis nächste Maga-
rethen verlängert. Indes diese Verlängerung war doch nur noch formal.
Schon Gerichwin hatte 1214 neben der Burg Landskron das Eönigsmeieramt
Sinzig erlangt imd wenigstens bis zum J. 1222 behalten^; auch Gerhard hat
das Meieramt sofort mit dem Bui^grafenamt erhalten*, imd er ist noch 1246
') assignata duci Brabantie.
') Nach der Urkunde.
«) S. oben S. 1361 Note 8.
*) Das geht fast sicher schonlans der Bestimmung der Urkunde MB. ÜB. 3, 429, 1231
über die Abrechnung hervor. Völlig klar aber ist MR. ÜB. 3, 475, 1233, K. Heinrich an
die Sinziger Ministerialen: volentes nniversa bona et res ditioni nostre attinentes tarn in
possessionibus quam in fermis illesas nobis et imperio conservari necnon fermam nostram
[Entwicklung der Landcsgewalt. — 1366 —
im Besiti: desselben', trotz iler iui Rezel's gettebenen, scheinbar definitiv ab-
schliefseiideii Verlängerunfir auf nui' öine Etalsi)eriodo. Weiterhin bal)eu wir
allerdings keine urkundlifheu Nachrichten; nach dem ganzen Habitus mittel-
alterlicher Verfassungs- und Verwaltungsverhttltnisse aber unterliegt es wohl
heineni Zweifel, dafs beide Ämter gewohnheitsmärsig in den Hunden des Burg-
grafen blieben und dadurch auch i-eajiter vereinigt worden sind.
So war denn der Burggraf vor allem militärischer Beamter; er wahrte
die Burg, sorgte für deren bauliche Instandhaltung, befehligte die Besatzung,
zog auf Königsgebot ins Feld *. Alter er war zugleich Verwaltuiigs- und vor
allem Finanzbeamter: er trieb Bede und Steuern ein, erhob die Natural-
eiuVdnfte des Köuigshofes, stand mit der Zentral Verwaltung in amtlichem,
namentlich Finanzsachen betreffenden Schriftwechsel*. So wie sich uns das
Amt um die Mitte des 13. Jhs. darstellt, ist es daher gleichmäfsig aus modernen
militärischen BedUrftiissen und aus der Übernahme alter grundhenlichev Ver-
waltung^eschäfte entstanden. Dazu kommt endlich noch ein dritter Bestand-
teil: Gerhard von Sinzig winl noch 1255 als allgemeiner Reichskomniissar
nach Dinant gesandt: wie früher am Hofe, so behielt sich auch noch jetzt der
König die generelle Verwendung seiner Dienstmannen zu jeder, z. B. diplo-
matischer Vertretung vor.
Stellt nun diese Entwicklmig der Sinziger Verhältnisse, welche wir for
die staufische Periode im gesamten Deutschland in besonders deutlich beglau-
bigter Weise urkundlich übersehen können*, eine Ausnahme dar oder ist sie
in ihren ilauptzügen typisch?
Zur Antwort sind doppelte Vergleichsmomente heranzuziehen. Inwiefern
ist die Entwicklung derjenigen anderer Fiskalgüter analog; und inwiefem ent-
banni custodie subiacere, fideii nostro Gerhardo de Siitzech dedimus in mandatis, ut si qui
maudati nostri traa^ressoi'es extit«i'int, eosdem iiixta bouoreui nosiinim et iniperii debeat
cmendaro. Dazu sollen die Ministerialen dein König helfen.
') Im J. 1246 fand die Rechnungslegung, wi<' ülinlich 1242, kurz vor Juni, wohl im
Mai sUtt, vgl MR. ÜB. 3, 874, 1246 Juni 9: quod a nobis novissinie recessisti.
«) S. oben S. 1362, auch MR. ÜB. 3. 869, 1246; 1451, 1258.
') Aus dem Schriftwechsel sind einige sehr lehrreiche Stücke erhalten. MR. ÜB. 3,
763, 1243: kgl. Befehl an Gerhard von Sinzig, quateniis a ludeis de Sinzehe stalim visis
litteris 500 mr. debeas assignarc Curie nostre et per captivitatem, si nceesse fuerit, extoniuere.
MR. ÜB. 3, 788, 1244: Gerhardo de Sinzech, biircgravio de Landescrone, fideh nostro, plenani
dedinuis facultatem, quod pro necessitatibiis nostris et imperii ab hominibus nostris, ubi-
cumque in baiolatlone sua viderit eapedire, exigat et extorqueat, qiie nunc uecessario duxerit
exigenda. Dazu (MK, ÜB. 3, 787) eine Ausschreibung von 60 mr. Precaria der Christen und
20 mr. Precaria der Juden. MR. ÜB. 3, 874, 1246: K. Konrad IV. Gerhardo de Sinzegr
burgravio et fideli . . mandamus. . . quatenus, iuxta quod a nobis novissime recessisti, C'un-
rado de Bruneche . . 100 mr, Colonienses de ludeo, quem detines captivuin, . . persolverc
*) S. Bd. 2, 781 Note 3, vgl. auch oben S. 728. Frey, Königliches Gut S. 28:. f.
stützt sieb ebenfalls namentlich auf die Sinziger Urkunden , verarbeitet sie aber nicht ein-
dringend.
— 1367 — Die Landesverwaltung.]
spricht sie, falls sie mit dieser zusammenfällt, den Vorgängen in den nicht-
königlichen Grundherrschaften ?
Der genaueren Prüfung der ersten Frage werden wir eigentlich durch
den Wortlaut einer Stelle im Kleinen Kaiserrecht 2, 119 überhoben: der keiser
hat in etzlichen landen um ein bürg oder um ein stat ligende zehen dorfe oder
zwelf, und hat ober der dorfe terminimge einen man gesatzt. Das hier ge-
schilderte System ist das Sinziger ; man könnte diese Worte geradezu als Motto
über die Sinziger Spezialgeschichte setzen. Und hierzu stimmen nun auch die
Einzelnachrichten über andere Fisci zimächst der Kheinlande: überall die
gleiche Entwicklung, ein Burggraf oder Amtmann an der Spitze je eines alten
Fiskalgebietes, und in gleicher Weise in kriegerischen Geschäften wie auf dem
Gebiete friedlicher Verwaltung thätig^
Aber die Voraussetzung einer solchen Thätigkeit war ein bis zu einem
gewissen Grade lokal geschlossenes Gebiet, welches die Umgebung des bui^-
gräf liehen Sitzes bildete ; nur in diesem Falle vermochte der Burggraf die erste
Bedingung gedeihlicher Verwaltung, die militärische Sicherung des Schutz-
gebietes, durchzuführen. Diese Voraussetzung traf nun für die Fisci zu; ur-
sprünglich absolut kompakte Bezirke waren sie auch noch im 12. Jh., der
Bildimgszeit des bui^gräflichen Verwaltungssystemes , trotz mancher Ver-
gabungen, wie wir sie ja bei Sinzig beobachtet haben, doch im ganzen noch
räumlich geschlossen.
Eben diese Eigenschaft aber fehlte, wie in Abschnitt VI Teil 1 ausge-
führt ist, dem sonstigen grundherrlichen Besitz, jener Grundlage der späteren
Landesgewalt. Indes der ursprüngliche Mangel wurde eben in der Bildimgs-
periode der Territorien je länger, je mehr überwunden. Schon öfter ist im
einzelnen darauf hingewiesen worden, wie viele Bestrebungen hier gerade auf
einen lokalen Abschlulis des Gebietes und seiner Unterabteilungen hinaus-
kamen. Schon die Betonung landesherrlich-vogteilichen Einflusses*, wie er
fast stets vom Stützpunkt einer Burg aus wirksam wurde, mufste zu einer
Bezirksabgrenzung zwischen den landesherrlichen Hauptburgen führen; dieser
Begrenzung aber lief eine Zusammenfassung der landesherrlichen Gerichts-
kompetenzen in einer teilweis neuen, ebenfalls in territorialem Abschlufe
gipfelnden Gerichtsverfassung®, sowie die Ausbildung besonderer räumlich be-
grenzter Kechtsgebiete für die landarbeitende Bevölkerung durch kräftige und
1) S. oben S. 726 Note 2, auch MR. ÜB. 3, 224, 1224: König Heinrich VE. bestätigt
Maricnbei*g als königliches Geschenk 6 mr. dimidia carr. vini de vineis nostris, quas edicto
regali precipimus, ut quicunque noster aut successomm nostronim officiarius in Bopardia ex-
titerit, sine aliqua diminutione vel excusatione vel occasione seped. ecclesie de fisco regio
ad usus fratnim et sororum annuatim persoWat Aufserhalb unserer Gegenden vgl. über die
Burggrafen namentlich von Goslar und Nürnberg Waitz, Yfg. 7, 52 f., s. auch Nitzsch,
Minist und Bürgert S. 144 f.
8) S. oben S. 1259, auch S. 1138.
») S. oben 1138, 1154 f., 1261, 1329.
[Enlwiüklung der Landesgewall. _ 1368 —
weise Handhabung der Unterzugsreehte ' parallel. Sehen wir nun aufser diesen
hauptsächlichsten Momenten noch eine Anzahl niehr vereinzelter Einflüsse in
gleicher Richtung wirksam^, so begi-eifen wir ohne weitei-es, wie sich innerhalb
der Tenitorialentwicklung sehr bald eine aussesprochene Richtung zur Bildung;
von Tenitorialiinterbezirken und zur Abgrenzung derselben nach landesherr-
lichen Hauptbuigen zeigen niu/ste. Damit war aber schon seit etwa der
zweiten Hälfte des 12. Jbs. die Aufgabe der Bildung einer Tei-ritorialverwaltunji
nicht eben viel andere zu lösen, wie die Äuigabe einer sachgeniäfsen Behand-
lung der Reichs\-erttaltung. Inj Reiche keine durchgehenden Verwaltungs-
suhstrate mehr, sondern nur noch die alten, ursprünglich geschlossenen, jetzt
durch Vergabung und Verkauf mehrfach durchlöcherten Fiskalgebiete mit dem
Zentnini einer Reichsburg — llber jedem von ihnen als militärischer und ad-
ministrativer Beamter der Burggraf; in den Territorien noch keine vÖlliR
festen und lokal geschlossenen Uuterbeziike , aber doch Ansätze zu solchen
um das Zentrum einer landesherrlichen AUodialburg — und über ihnen eben-
falls ein militärisch-administrativer Beamter, ein Burggraf,
Aber woher kommen nun diese Burggrafen? Was sin<i ihre Funktionen,
welches das Schicksal ihrer Verwaltung?
Finden wir in den Fiskajgebieten die Burggrafen, abgesehen von manchen
firllheren Nachriclitcn, in den mis interessierenden Gegenden und entsprechend
dem am Beispiel von Sinzig festgestellten Amtscharakter etwa seit Mitte des
12, Jhs. ausgebildet^, so begreift es sich ohne weitei-es, dafs die territorialen
Burggrafen sich in der gleichen Gegend erst etwas später finden werden. Erst
mit der Wende des 12, und 13. Jhs. begann im Moselland der eigentliche
Bunfenausbau * und damit die völlig klar zu Tage tretende Gründimgsperiode des
Territoriums; erst mit dieser Zeit treten auch die tenitorialen Bui^grafen auf.
Das schliefst natllrlich nicht aus, dafs sie sicli anderwärts viel friiher finden.
■) S. oben S. 1154 f., 1208 f.
') S. oben S. 1261 f., auch Töpfer ÜB. I, H. !>! Note, zur Bildung des Amtes
Baldenau.
») S. oben S. 1360.
*) 15. oben S. 1286.
'') Natürlich ist bei den hier in Frage kommenden Burggrafen von der Stellung der
usurpatorischen Bur^;rafen Dietrich und Ludwig zu Trier in der Mitte des 11. Jhs. abzu-
sehen, s. oben H. 824 Note 3. Im übrigen kommt zunächst in Betntcht MH. ÜB. 3, 152,
1194: Helias castellanus de Elze. Daa Wort castellonus ist freilich doppelsinnig, es kann
auch Burgmann bedeuten, s. oben S. 1313 Note 4 letztes Citat, und ebd. Note 6; doch hcifst
es hier wohl Burggraf. Die Urkunde scheint von einem Schreiber aus dem Westen geschrieben
zu sein, da sich auch villanus für rusticus findet, ein in Urkunden deutscher Provenienz nicht
eben häufiges Wort, s. z. B. aus gleicher Zeit MR. ÜB. 2, 133, 1194 (SThomas-.\.ndeniiich);
136, 1194 (Mainzer Urkunde). Den nächsten Biir^rafen erwiihnt MR. ÜB. 2, 261, 1210;
hier unter den Zeugen H. burchgrarius de Ysenburch (so liest das ÜB. des Kl. Honimers-
dorf Koblenz St. A. MC. CXIIIb Bd. 2 S. 275, in welchem diese Stelle nur erhalten).
Femer b, MR. ÜB. 3, 412, ca. 1230.
— 1369 — IWe Landesverwaltimg.]
SO schon im 11. Jh. in Flandern und in der Lütticher Gegend*: hier begann
eben die Tenitorialbildung viel früher. Wichtig aber wird die Betonung dieses
Unterschiedes für die Frage nach dem Ursprung dieses territorialen Burg-
grafentums: gehört es ursprünglich der Territorialentwicklung des äufsereten
deutschen Westens an, um dann vom Reich und den Territorien in das heutige
Deutschland übernommen zu werden, oder ist es ursprünglich nur Institution
der Reichsdomanialverwaltung, deren Verpflanzung in die Territorien zu ver-
schiedenen Zeiten, je nach früherem oder späterem Eintritt der Entwicklungs-
periode der Landesgewalt, stattfindet? Die Frage bleibt nach Lage unseres
Quellenstoffes unentschieden ; die Präsumtion scheint vorläufig dafür zu sprechen,
dafs das Reichsburggrafentum älter ist *. Ist diese Annahme richtig, so würde
die alte karolingische Fiskalverfassung, in welcher zum erstenmal in Deutsch-
land der Gedanke einer wahrhaften Landesverwaltung verwirklicht war, noch
in ihrem Verfall während der deutschen Kaiserzeit die ursprüngliche Kraft der
grofsen in ihr enthaltenen Ideen bewährt haben: wie sie zur Zeit Karls des
Grofsen der Ausdruck eines Staatsgedankens war, welcher weit über das ge-
wöhnliche Mafs mittelalterlicher Anschauung hinaus einem politischen Wohl-
fahrtsideal zustrebte, so würde sie nunmehr, in der Salier- und Stauferzeit,
als Vorbild für die erste Einrichtung einer Tenitorialverwaltung gedient haben,
deren schliefslicher Erfolg ebenfalls kein anderer sein sollte, als die Verwirk-
lichung des sich schon in der karolingischen Renaissance ankündigenden ab-
solutistischen Staates mit seinen Wohlfahrtszwecken.
Für das 13. Jh. erlauben uns nun unsere Quellen eine ziemlich genaue
Übersicht über die Funktionen des territorialen Burggi-afen. Sie sind natürlich
zunächst militärische ; der Burggraf ist Kommandant einer landesherrlichen Burg,
er hat Aufsicht und Befehl über die Burgmannschaft, er löhnt dieselbe aus bezw.
zahlt ihre Lehnsgelder, er kauft sie aus der Gefangenschaft los und ent-
schädigt sie für etwaige Verluste an Kriegsmaterial^. Soweit sich die mili-
^) Ein Chatelain von Gent zuerst genannt 1039 oder 1057 (Wanikönig 2, SS), von
Brügge 1046 (ebd. 2, 154), von Ypern 1072 (ebd. 2, 207). Aus der Lütticher Gegend s. Cantat
s. Huberti 20, MGSS. 8, 579—80, ca. 1070, cit oben S. 1131 Note 2; und Cantat. s. Huberti
93, MGSS. 8, 625, 1103: Bovo castellanus Mirveldensis (ein Burggraf des Bistums Lüttich)
schädigt die Abtei Hubert und ihren Abt Wiredus ; nam violenter pervasis quibusve reditibus
silvae, qui eatenus erant ecclesiae, vastatis etiam sartis rusticoruin, eo quod illa sine suo
permissu fecissent, piscatores quoque ecclesiasticos ad Lumniam transmissos missis apparitori-
bus cepit et in castro custodiae mancipavit Zu dem Eindringen des Wortes Capitaneus in
Süddeutschland vgl. Lamprecht in CV)nrads Jahrbb. N. F. Bd. 11, 854.
2) S. Nitzsch, Minist, u. Bürgert. S. 144 f. über die Widukindschen Burggrafen.
') Cod. Salm. 53, 1267: Venerabili viro domino suo domino comiti de Salmis Nicho-
laus advocatns de Hunolstein suus castrensis et fidelis tam debitum quam paratum ad queque
beneplacita famulatum. Benignitati vestre duxi significandum, quod a filio domini lohannis
comitis de Spanheim pro famulis, qui adhuc in captivitate detinentur, cautionem fideiussoriam
recepi sufficientcm in summa ducentarum mr., pro quibus vero mr. me apud vos tenore pre-
sentiiun obligatum esse recognosco, rogans omni quam possam ampliori studio, quatinus hos
Lamprecht, Deutsches Wirtuchaftsleben. I. 87
[Entricklung der LaiKiesgewall. — 1370 —
tärischen Funktionell des Burggrafen über seineu Sitz hinaus auf das Sehutz-
geliiet der Bui-g erstrecken, nehmen sie uatUrlich vogteilichen Clmrakter an.
Nui' selten ist die Vogtei des Schutzgebietes in besoudereni Amt verlielien',
meist ist der Bui^graf zugleich der geborene Vogt des Schutzgebietes^, wie
denn die Burgen nicht selten zunächst vogteilicher Zwecke halber angeleyt
sind*. Als Vogt aber ist der Burggraf in deu meisten Fällen zugleich Führer
lies Landesauszuges im Schutzgebiet*, so dafs er mit den FunJttionen des
Bui^gkonimaudanten diejenigen des Landwehrkommandeurs vereinigt.
Diesen militärischen Pflichten hält die administrative Thätigkeit des
Burggrafen so ziemlich die Wage, In dieser Hinsicht erscheint er als olierster
Aufsichtsbeamter für die Verwaltung der gnindheiTlieheu Einkünfte des Landes-
herrn im Schutzgebiet, und mit der Oberaufsicht verbindet er die verantwort-
liche Rechnungsablage über die Gesamtrevenüen '^. Zur Bewältigung des
Schreibwesens steht ihm ein Biufau zur Seite*; nicht selten mag wohl der
Burgkaplau zugleich den Sekretär abgegeben haben.
Im Gegensatz zu deu uiilitarischeu, vogteilichen und administrativen Ver-
pflichtungen hat der Burggraf durchaus keine richterlichen Funktionen, oder
braucht sie wenigstens nicht zu haben. Gewifs winl er bisweilen Richter
des Ihngs seiner Burgmannen gewesen sein, aber dies Amt konnte aucli
tres EfrvoB, quoB dommus comes Barrensis delinet captivatos, Henricimi Hallenun a Gsbel-
lonem tratrem ipsius nccmm et Tli. de Kiunliemu absolvi procuretis. parotus enini ero vobis
tum de duupno quam de pecuuia principtLli {wr omnia respondere. Man Tgl. auch Ducli aiis
BpäUrer Zeit Arch. Cleriaux No. 171, 1832; und CRM. 3, 496, 13G3.
') ö. z. B. aus spftterZcii Bd. 3 No. 241, 1461, dazu oben S. 1107.
^ S. Wßrth-Paquet, Heg. Piibl. Luxerab. 15, 80, 1257, cit. oben S. 1068 Note 6; Lac.
ÜB. 2, rm, 1263; Bd. 3 No. b5. (1303); Ann. d. hisL Ver. f. d. Niederrh. 44, 93, (144S), cit.
oben S. 1089 Note 2.
") H. oben S. 1071 f., nnd MR. L'B- 2. 61, 1169-83; Aniulf von Walcourt, Ci-zl.ischöf-
llcher Vogt des Hofes Merzig, bittet deu Erzbischof, ut ei in pro|jrictBte ecclesi^ noitrQ . . in
loco . . fSchive castnun edificare ]ierniittereinus . . . nos . . castnini in partilius illis iiropriuni
habere propter inciu^us raptonun necesaarium aiiiraadvertentcs . . id tieri concessimus . . .
<) S. oben S. 1115.
») Bd. 3 Ko. 285, 1277—1291: erzstiftisch kölnische Einiialimen zu Rliens, gelmcht
vom Bhcinecker Burggrafen, s.S. 329, ir: anno (1277) burgi-avius de lünecke incepit recipere
redditus doiuini in Rense. Ilonlh. Hist 2, 34, 1306: Frater Ditkerus arcbiepiscopus dilecto
suo burggravio in Sarburg, qui est vcl pro tempore iuerit ibidem, salutem et omne bonuni.
Cum nos alias Kenricuni dictum Wunne uxoremque suam ac heredcs suos quoscuuque legitinios
propter grata sen'itia nobis et eccicsie nostre per dictum Henricum et suos oliiu inipensa et im-
postenini impendenda ab ezactionibus precariis et lalliis liononim suonini quorumcunque
exenierimus et exeniptos in jierpetuuiii habei-e volunms, vobis qui estia aut pro tempore erit
mandanius seriöse volentes, ut eundcni Ilenricuni uxoremque suam legttimam nc liberos ab
Omnibus exactionibus talliis et precariis quibuscunque exeniptos ei privilegiatos iiiviolabiüter
observetis.
') Hierhin gehört der Bd. 3, 48, 93, 1265 genannte tiotarius burgranl, s. auch Bd. 3
Wortr. u. d. W. escrivain dou chastel. Dagegen ist der in den Klienser Rechnungen Bd. 3
Nd. 285 genannte OfHciatus ein Kelhier, s. oben S. 997 Note 5.
— 1371 — I^ie Landes Verwaltung.]
für sich verjreben sein ^ ; und ge^ifs wird er vom Landesherm oft als schieds-
richterlicher Kommissar beschäftigt^, aber diese Thätigkeit hing ganz vom
Belieben des Landesherrn ab. Im ganzen bleibt es somit charakteristisch, dafs
der Burggraf in keinerlei Verhältnissen autoritativ thätig ist, welche, wie die
Gerichtsverfassung, mit der alten Reichsverfassung unmittelbar zusammen-
hängen; er ist durchaus und allein Diener seines Herrn, und seine Funk-
tionen erstrecken sich nur auf Verhältnisse, welche wie Gmndherrschaft,
Vogtei und Fehdegewalt im Sinne des 12. und 13. Jhs. privatem Recht ent-
wachsen sind und höchstens als halbstaatlich gelten können.
Man mufs diesen Gesichtspunkt im Auge behalten, will man sich die
für Begründung des Burggrafentums vorhandenen Möglichkeiten vergegen-
wärtigen. Es handelt sich hier nach allem, was wir gesehen, nicht um Deri-
vation aus irgend einem Amt der alten Reichsverfassung; der Amtscharakter
der Burggrafen ist ein rein privater. Somit kann der Burggraf nur aus dem
dem Landesherm privatim zur Verfügung stehenden Material zur Begilln-
dung einer Verwaltung hervorgegangen sein; er mufs anfangs entweder Mini-
sterial gewesen sein oder vertragsmälisig geworbener Freier.
Von diesen beiden Möglichkeiten ist nun die auf Ministerialität zurück-
gehende offenbar früher ins Auge gefafst worden. Die ältesten Burggrafen
sind zweifellos Ministerialen®; noch spät, in den ersten Zeiten des 13. Jhs.,
finden wir kleinere Burgen der Sorge von Unfreien anvertraut, welche sich
eben erst aus der untersten Stufe der Hörigkeit zur Ministerialität zu erheben
suchen*, oder auch abgetretene Burgteile in OfFenhäusem an besondere Mini-
sterialen als Hüter übergeben*. Nun mufste aber das Dienstverhältnis der
ministerialischen Burggrafen schon früh seinem Verfall entgegen gehen. In-
folge des gi'ofeen sozialen Aufschwungs der Ministerialen bis zur Mitte des
') S. Bd. 3 No. 132, 1836; dazu oben 8. 1815, spez. Note 3.
2) Ann. d. bist V. f. d. Niederrh. 23, 176, 1267: A. dapifer de Hart . . aliique ml-
lites, scilicet I. de Hart, Th. et E. de Waggendorp, Th. de Virmennich, mllites et castellani . .
Engelberti Coloniensis archiepiscopi ab codem missi questiones diversas . . inter . . conven-
tum de Steinveit . . et . . dominum C. de Sleida . . audi\'imus.
8) S. oben S. 1360 f., ferner Waitz, Vfg. 5, 329 Note 2. (T)er Ministerialität und Verwal-
tung s. auch noch Waitz, Vfg. 5, 333 f.; Nitzsch, Minist u. Bürgert, S. 70 und 245.
*) ('es. Heisterbac. Dial. mal. 4, 88: duae cognationes militum in espiscopatu sunt
Coloniensi tam multitudine quam diritiis et probitate fortes satis atque magnanimes. ex
quibus una illarum de villa Bacheim originem ducit ; altera de villa, quae Gurzenich vocatur . . .
et illi de Giu*zenich in terminis suis fecerunt sibi domum munitam, in nemore, non quidem
timore inimiconun, set ut ibi possent confluere quiescere et simul procedendo illos acrius
impugnare. habentes autem seniim quendam originarium, Steinhardum nomine, fidei eius
claves munitionis commiserunt.
'^) MR. ÜB. 3, 186, 1220, die Burg Veldenz Lehen von Verdun: aulam suam episco-
palem, quam habet episcopus in castro Valdencie, intrabit ibidem episcopus in guerra sive
extra guerram pro velle suo, ibidemque suos et sua, quandocunque voluerit, coUocabit S.
dazu MR. ÜB. 3, 1188, 1253: in dem erzstiftischen Burgteil auf Arras wohnen ständig die
Trierer Ministerialen Winand und Friedrich genannt Vögte von Merl.
87*
[Entwicklung der Laiiiiesgewall. — 1372 —
12. Jhs. ' trat eine Loslösung dei'sellieii von den lokalen Interessen der
Gnindherrschaft * und damit von den Verwaltungsinteressen der auf der Basis
der GnindlieiTSchaft erwachsenden Landesgewalt ein; zugleich begann sich
(las Ministerialenverhältnis langsam in ein VasalliUitsverhäUnis zu versehiel)en.
Die Folge dieser Vorgilnge war, entsprechend der Entwicklung auf dem Ge-
biete der Meieräjuter", die allmäblifh eintretende Verselliständigung und
Vererblichung der miniBterialischen Bui^grafenäinter , wie sie in einzelnen
Fällen schon in der ersten Hälfte des 12. Jlis. voll zum Ziele flllirte* und im
^gemeinen im 13. Jh., trotz eines Verbots infolge der Reichsgesetzgebung vom
J. 1219", allerseits durchgesetzt ward''.
Und so war denn trotz aller Vorsicht die Verwaltung der Burgen irnd
ihres SchulÄbezirkes aus dem Wege iles Dienstrechts wieder auf den alten,
auf Grund der Erfahrungen ottonischer und salbcher Zeit so verabscheuten
Weg des Lehnsrechts abgelenkt. Seit Mitte des 12. Jhs, fing es an sich gleich
zu bleiben , ob eine Burg nach Dienstrecht an einen Ministerial oder nach
Lehnsreeht an einen freien Alann vergel)en wurde; und wir finden demgemäfs
in der That seit etwa 1148 Lehnsvei^zabungen von Burgen, welche sich in
zahlreicheren Beispielen bis zur Mitte des 13. Jhs., vereinzelt sogar bis etwa
zur Mitte des 14. Jlis. verfolgen lassen'. Nattirlicli aber war die Folge dieser
') S. oben 8. 1303.
=) S. oben S. 1170.
>) S. oben S. 767 f.
'I Zu noch frtlherer Zeit s. Warnkönig 1, 277 f., 284 f., 297 f.; 2, 207; vgl. Waiu,
Vfg. 5, 328 Note 2.
») MOLL. 2, 216.
6) Vgl. Libelliis de üb. ecel. Eptemnc, MGSS. 28, 69-70, 1192, eil. oben S. 881
Note 2; CUM. 8, 10, vor 1302, Aussage des Krzbischots Wikbold von Köln über R]ieiiie.'k:
castreuses, capetlanus, ctistodes turriuni, vigjles, portennrii sunt archiepiscopi et ecciesie Colo-
niensis; . . quilibet castrensium habet 6 mr. annuatim ab ec^lesin ColonienBi, et btii'g-
gravius 12; . . burggravius nihil aliud iuris habet in castro predicto, et alii custodes castri
habent redditus suog de ecclesia Coloniensi, proul hec sunt manifesla in tenninis illis. Da-
bei sind die Burggrafen mit der Burg als dominium et ligium castnini ecelesic Coloniengjs
Itelehnt. Der Erzbischof behauptet femer, quod nullug debet esse custos castri Itinecke,
qui dieitur burgravius, . . nisi sit iure ministerialitatis ecclesie Coloniensi alTectns, sicut et
quedam alia castra ab ecclesia Coloniensi tenentur et teneri debent secnndiun approbatam et
antiquam consuetudinem ecclesie Coloniensis. S. dazu MR. ÜB. 3, 858, 1246: ein seitens
Käln einzusetzender burcgravius in Castro Hostaden.
') S. MR. IIB. 1. 551, c. 1148: der Graf von Vianden wird mit einem Teile der Burg
Vianden belehnt, unter der Bedingung, nt neqiie in tiirri ne<|ue in aliqua parte castri . .
quemquam ibi loeare presumat nisi (archiepiscopi) permissione et consilio et ordtnalione. Kr
versichert das, ebenso die einliegenden Mannschaften; stellt femer dem Erzbischof Geiseln,
quod . . omni tempore et in omni necessitate et voluntate nostra . . casCmni nobis parntuni sit
et ad quaslibet utilitales . . semper sit apertum. Der andere Teil der Feste verbleibt den
Erzbiscliöfen. MR. ÜB. 1, 610, c. 1158: Erzbischof Hillin von Trier belehnt die Grafen von
Luxemburg mit der Biu^ Nassau in hunc moduni, ut omni temiKiie Omnibus etiani necessi-
tatibus nostiis contra omnes homines nobis . . idem castrum libere . . |>atevet et eiusdem
i
— 1378 — Die Landesverwaltung.]
Lehnsvergabungen im wesentlichen die gleiche, wie die der Vergabungen nach
Dienstrecht; auch hier trat Erblichkeit ein*, von welcher sich die Landes-
gewalt nur durch Abkauf befreien konnte.
Indes seit Beginn des 13. Jhs. trat nun eine neue Lehnsform auf, in
welcher es möglich war, nach Art der sonst vorkommenden Dienstlehens-
verträge auf Zeit auch Burgbewachungsverträge in den sogenannten Burglehen,
und in gleicher Weise Burgkommandoverträge abzuschließen^. Beutete man
nun diese Form der DiensÜehnsverträge bezw. des Burglehnsvertrages für die
Bestallung der Burggrafen aus, so war es möglich, den Lehnsvertrag auf kurze
Termine zu beziehen und damit das Lehnburggrafentum dem erforderten Be-
griff des Amtsburggrafentums aufserordentlich nahe zu bringen. Der Fort-
schritt in dieser Richtung ist in unserer Gegend urkundlich deutlich zuerst
in der Überlieferung der siebenziger Jahre des 13. Jhs. zu verfolgen: seitdem
geht nach sicherer urkundlicher Bezeugung innerhalb des Burggrafenamtes der
Dienstlehnsbegriff langsam in den vollen Amtsbegriff über.
castri custodes nobis . . fidelitatem facerent. et . . locum in codem castro nobis ad ^difican-
dam nobis domum et capellam retinuimus, qui noster erit proprius, cum ibidem presentes
fuerimus, et cum inde recesserimus, cum predicta possessione ipsis in ius redibit feodale.
S. ferner vor allem MR. ÜB. 2, 61, 1169—83, Urkunde Erzbischof Arnolds von Trier: Ar-
nulphus de Walecurt etc. (s. oben S. 1870 Note 3) . . . id fieri concessimus. nostr^ itaque pactionis
est castrum ibidem edificatum, quod ipse a nobis et successores eins in beneficio habebunt,
ad tuitionem terrc^ nostr^ et ad omnes usus et necessitates nostras contra omnium hominum
incursus semper paratum esse debere, et tam ipsam turrim cum castellanis quam ipsum totum
ambitum castri contra quemlibet hominem ad mandatum nostrum aperiendum fore . . . castrum
nobis et successoribus nostris absque omni contradictione patebit . . . castellani, quibus
custodia turris commissa erit, nobis et successoribus nostris fidelitatem iurabunt et iuramento
et fidelitatc nobis tamquam ei astricti erunt, ita, ut si forte inter nos aliqua dissensio . . orta
fiierit, de eodem castro nee eum contra nos nee nos contra eum iuvabunt; sed nee ipse
contra nos guerram inde exercebit . . . intra ambitum autem castri aream idoneam ad edi-
ficandam nobis domum propriam et capellam ad arbitrium nostrum nobis reservabimus, quam
iure f^odi nuUi obligabimus, et hominem convenientem ad custodiam domus nostr^ et victua-
lium , si ea ibi habuerimus , preficiemus. Der Vertrag yfM gesichert durch von Arnulf zu
eventuellem Einlager gestellte Bürgen; femer durch eventuelle Exkommunikation und Bann
fiir das Land Arnulfs und Verfall seines Lehens ohne weiteres gerichtliches Urteil. Vgl.
noch MR. ÜB. 2, 289, 1190-1212, s. auch a, a. 0. 298; 3, 658, 1239; 683, 1240; 1014,
1249; Honth. Hist 1, 408, 1277; dazu Bd. 8 No. 102, 1321; No. 154, 1342. S. auch
CRM. 3, 216, 1336, Urkunde des Marsil von der Arken armiger opidanus Confluentinus : me
recepisse recognosco in feodum ligium et aperibile fortalitium meum in Guntravia et curiam
eidem adiacentem, in qua torcular strenui viri lohannis dicti Groise de Guntraria consan-
guinei mei esse consuevit, una cum officio dicto schutzampt, cuius fortalitii partem mediam
cum curia et officio predictis a prefato lohanne de permissione et consensu reverendi in
Christo patris et domni Baldewini archiepiscopi Treverensis, a quo dictum fortalitium curia
et officium in feodum dependebant et dependent, pro certa summa pecunie comparavi.
») S. Lac. ÜB. 3, 1, 1300; Bd. 8, 150, ii, 1331; 178, s«, 1340.
*) S. oben S. 1312 f.
[KntwicWuny der Lftii<!esgewalt. — 1374 —
Bevor wir indes diesen wichtigen Prozess im einzelnen verfoliien', wird
ee put sein, sich seinen .illniählichen Al>schlufs zunächst an einer Änderunp;
der Terminologie zu verfregenwärtigen. Der alte Vorstand iler Bui>r und des
Burgeiischutzgebietes nach Dienst- bezw, Lehnsreclit hatte Burggraf, nur in sel-
tenen Fällen Ämtmann geheifsen; der neue Vorstand ilesselhen Bezirks nach
reinem Anitsbegriff heilst sehr bezeichnend Amtmann : et>en dieses ursprünglich
jeden Beamten bezeichnende Wort wurde für ihn als den jetzt kot iioxr,v
nach Amtsweise , im Gegensatz zur dienstlehnsweisen Verwaltung , funk-
tionierenden Vertreter des Landesherm bald mit Vorliebe, später technisch
Russchliefstich angewendet*. Nachdem schon seit etwa 1220 der Ausdruck
') Gegenüber dieeer EntirickltmgSKeBchichte des Amtsb^p^es findet sich bei v. Below
S. 32 Note l<n die bislierige Anschaoung mit den Worten vertreten: Eine Neigang,
die miiüstcria in lientlicia zu venrandeln, iat iwar auch bei den MiniBterialen vortiandeu ge-
wesen. Abor me ist dooh keineswegs dnrchgedningeu; dafs sie unterdrückt iat, bildet den
wichtigsten Punkt in lier Geschichte der deutschen Territorien. S, Bnrnner bei Holtzendorff
Encycl.* S. 235 iiIk'ii. Demgemälä gelingt ea den Landesherren, mit iliren Ministerialen die
Herrschaft ües Lehnswesena auf dem Gebiete dea Beamtentums eu brechen.
^ Der Ausdruck offidum lOst im aUgemeinen den Mheren Ausdruck ministerium ab,
wemigleich der letztere uch nalOrlich in beschrankter Weise and namentlich in der deutschen
Form dienst hält, s. Bd. 3 Wortr. z. d. W. Im Qbrigen vgl. zu diesem Vorgang DPrtlm No. 23:
sunt in Merxh in ipso mimsterio mansa ledilia 44. An Stelle des Ausdruckes miniaterinm
brancht das UStift 13. Jhs. in diesem Sinne ofOcinm, s. Bd. 2, 173. Im übrigen s. noch an
frühesten Zeugnissen MR. DB. 1, 166, 926: officium advocationis; MR. ÜB. 1, 167, 928:
ministerium advocationis, vgl. daiu oben S. 1114 Note I, S. 1121 Note 2 ; MR. ÜB. 1, 406, c. 1103,
eil. obeu S. 1125 Note 5; MR. DB.2, 61, 1169—88, dt oben S. 1180 Note 2; und Cea. m
UPrüm S. 166 Note 1 : mansi 49 . . unnm reünet minister sive villicus noster de offido suo.
Aus sjiätester Zeit bietit das interessanteste Beispiel wohl die Bezeichnung der Vögte von
Geislingen; sie werden bald advocati, bald ministri oder officiales (deutsch .Amtleule),
bald sculteti genannt Der erste bekannte ist Ulrich minister von 1281 ; der zweite Albert
genannt Kuchalmer minister oder otficialis, 1281—1291; vgl. Klemm, Beitr. zur Gesch. von
Geislingen, Württemterg. Vierteljahrshefte Bd. 7, 214 — 15. Über ministerium s. noch N'itzsch
5. 66, im Verlialtnis zu officium Waitz, Vfg. 5, 324; über die besondem ministri obsequii
(Leute, welche den Dienst um den Herrn haben) V. Herib. Colon, c. 9, MGSS. 4, 747, sa.
Im allgemeinen wird man sagen können, dafs der Ausdruck officium für .\mt gewöhnlich
wird, sobald man sicli daran gewöhnt, sich unter ministeriales einen besondern Stand, unter
ministerium ein besonderes soziales Verhältnis zu denken. — Der nun allgemein aufkommende
Ausdruck offidatus, oflicialis, officiarius (die Formen gehen noch lange durcheinander, ehe
officialis speziell anf den Richter der geistlichen Kurie bezogen wird , vgl. MR. ÜB. 8, 162,
6. 1220; 604, 1287; 718, 1241; 888, 1246; 912, 1247; Hennes ÜB. 2, 243, 1277; und viel-
leicht gar noch Bd. 3, 198, is, 1347 — s. dagegen Honth. Hist. 1, 822, 1287, cit oben S. 1279
Note 3, auf S. 1280), bedeutet ursprünglich jede Art von Beamten, vgl. Mit. ÜB. 1, 396,
1098: Güter anSäimeon geschenkt, guicquid est faciendum vel disponendum, totum per ofßciarium
ftatriim fint et disponatur et in usum prebendc eoruni conferatur. S. femer Lac. L'B. 1,
365, 1149, cit oben S. 1126 Note 1; MR. ÜB. 2, 5* 1171: der scabinatus in Andernach ein
othdum; MR. ÜB. 2, 82, 1186; 86, 1187; 147, 1196; USMax. S. 446, Naurath 8e, cit oben
S. *tl; MR. HB. 3, 162, ca. 1220; 604, 1237; 718, 1241; 888. 1246. Diese Bedeutung bleibt
auch noch später für viele Einzelfalle bestehen, (in denen also bei lateinischem Text officia-
tus nicht mit Amtmann, sondern mit Beamter zu übersetzen ist), s. G. Trev. c. 131, ca. 1260;
i
— 1375 — I^ie Landesverwaltung.]
Amtmann, officiatus, sachlich gleichbedeutend mit Burggraf gebraucht ist^,
finden sich dann von den achtziger Jahren des 13. Jhs. bis über die Mitte des
14. Jhs. hinaus Stellen, in denen auch eine formale Gleichstellung beider Be-
ziehungen nachweisbar ist^. Wenig später wird wohl auch hier imd da
das Wort Amtmann entgegen früherem Gebrauch geradezu mit besonderer
Betonung zur Bezeichnung des Befehlshabers einer Burg verwendet®. Das hin-
dert indes nicht, dafs sich gerade für diese Funktion bis ins späteste Mittelalter
das Wort Burggraf erhält*; ja aus der Thatsache, dafs die späteren grofsen
Ämter oft eine Anzahl von Burgen umfassen*^, wird es erklärlich, dafs man
c. 172, ca. 1265; *Koblenzer Baurechnungen 1277—1289; Töpfer ÜB. 1, 68, 1279; Bd. 3,
103, 9, 1297; Cod. Lac. 112, 1298. Aus dem 14. und 15. Jh. sind besonders bezeichnend in
dieser Richtung CRM. 3, 16, 1303: officium sive auctoritas consulatus . . in Confluentia;
Bd. 3, 137, 18, 1825; WOckfen 1825 § 12, cit oben S. 1010 Note 9; CRM. 3, 148, 1326,
§ 1; 171, 1331; WSalmerohr, cit oben S. 1104 Note 1; WAnwen, 1362 § 8; Honth. Bist
2, 242, 1367, cit oben S. 642 Note 1 ; Cod. Sahn. 262, 1391 : alle die amptlude [zu Hunol-
stein] . . mit namen bourgknechte, portener, tumknechte und wechter uf der bürg; Stat.
Wetzlar. 1433, Blattau 1, 261, cit oben S. 977 Note 2; WRemich 1462, 1477, G. 2, 241,
cit. oben S. 1181 Note 6; WMandem, Arch. Maximin. 9, 237, § 1, cit oben S. 775 Note 4;
WOlingen 1545 § 10; WWiltz 1631 § 47. Demgegenüber ist ein Übergang zur spezifisch
technischen Bedeutung Amtmann vielleicht schon zu bemerken MR. ÜB. 3, 888, 1246 : ab Omni-
bus iudiciis captiosis per totam terram ac iurisdictionem meam volo [der Graf von äayn]
omnes officiales meos deinceps omnino cessare ; et omnia pedagia nova si qua inventa fiierint
dimittantur. Mit immer gröfserer Sicherheit läfst sich der Übergang verfolgen MR. ÜB. 3,
912, 1247, Auseinandersetzung zwischen der Gräfin von Sayn und den Gebrüdem von Spon-
heim: ut vitetur discordia, consentimus, quod quamcunque penam pecuniariam propter ex-
cessus suos incurrerint homines comitisse in nostra iurisdictione manentes, officialis comitisse
accipiat ad opus suum; et quamcunque homines nostri incurrerint manentes in iurisdictione
comitisse , officiales * noster accipiet ad opus nostrum. pro maiori autem delicto , sicut pro
iudicio colli et capitis et simili, ipsa iudicet in sua iurisdictione de quolibet, et nos similiter
in nostra; MR. ÜB. 3, 1188, 1253, Erzbischof Arnold : nullum officiatum vel castrensem illo-
nun de Schoninberch vel de Ulmen locabimus in ipso castro (Arras); CRM. 2, 177, 1258,
cit oben S. 389 Note 2; Bd. 3, 68, 86, 1275; Hennes ÜB. 2, 243, 1277: in Kaiserslautem
neben den autonomen Behörden ein officialis regis. — Zu dem früheren Ausdrack agens, ac-
tionarius, actor, auch exactor und peractor für Beamte, speziell Finanzbeamte vgl. MR. ÜB.
1, 6, 636; 17, 763; 22, 770; 27, 782; 62, 835; 73, 845; 252, 979; und sogar noch MR. ÜB.
2, 1*, 1169, cit oben S. 1023 Note 4, auf S. 1024. Vgl. zu dieser Note auch noch Bd. 8.
Wortr. u. d. WW. ampt ff., officium ff.
») S. Guden. CD. 2, 57, c. 1220; MR. 3, 470, 1232; Honth. Ilist 1, 766, 1267; Ge-
schlechtsreg. Isenburg u. s. w. Urkk. S. 54, 1275.
2) Lac. ÜB. 2, 815, 1285; Bd. 3, 111, 9, (1303); 167, n, 1337; CRM. 3, 291, 1343:
Wyfs, Limburger Chronik S. 100 Note 2, zum 24. Juli 1347 ; Honth. Hist 2, 184, 1355.
') S. WKröv 14. Jh., G. 2, 377: der amptman von Wittlich oder weme die bürg zu
der Neuerburg von u. h. wegen bevolhen were; vgl. femer *Bald. Kesselst S. 326, 1841 Febr. 5;
Bd. 3, 483, 6,. 1350; Limb. Chron. c 56 ed. Wyfs S. 50, 20 f.: ein Amtmann feuert die
Limbiu'ger zum Sturme auf Gretenstein an. Auch im Burgfrieden von Schmidburg vom
J. 1504, CRM. 5, 18, erscheint der Amtmann ganz als Burggraf.
*) S. z. B. Bd. 3 No. 269, 1496.
'') S. Sponheimer Ordnung 1437 § 29, cit oben S. 1307 Note 5; und Ilonth. Hist 2,
295, 1393 : Unterordnung der Burg Schwarzenberg unter das Amt (Burggrafschaft) Grimbnrg.
[Ecitwicklimg der Laiidlesgewalt. — 1376 — •
8pät4?r hier und da. die speziellen Kommandanten solcher Ämtsburgen unter
der Bezeiclinung Burfifliafeu als Untersrebeue des Amtmanns trifft'. Danelten
hflit sich dann der Titel BurpKi'af für den Voreteher eines Amtes, da wo er
als solcher hergebracht ist, wie z. B. in den Äiiiteni Kocliem, Saarburg und
Grimburg, noch lange*, mehrfach bis zum Schlüsse des Mittelalters", ehe er
der Gleichmacherei der entwickelleren territorialen Zentralverwaltung verfilllt.
Im 16. Jh. schwindet er dann freilich; seitdem heifsen wenigstens im Triei-schen
alle Vorstände von Ämtern Amtleute*, auch für Kochein und verwandte Ämter
ist der alte Titel beseitigt. Die Geschichte dieser Titulaturen ist nicht ohne
Interesse; sie zeigt, dafs der Begriff des mnen Amtes schon seit der zweiten
Hälfte des 13. Jhs. allgemeiner für die Burgen und Bui^enbezirksverwaltung
gewonnen war^, so dafs es nur darauf ankam, ihn anzuwenden.
') Besondere deutlich ist das Blankenheüaer Statut 15. Jlis.. Ann. d. h. Ver. f. d.
Niedeirh. 9 — 10, 122: zu BlankeDheim soll sein der amptmon mit eime knecht, iteui einen
tiurtrbgrevi'n , item ein keiner, item einen koch, item den BcholtisBen zo perde, item erneu
ediurenkuecht, item Ewein portzener, item einen tomknecht, item ein niaet. Dabei soll
(S. 123 — 124) der bui-gligreve .. vliüliclic ind tniwclieb zusecn mit up ind zn, dat Ant
avent« ind morgena eo gueder zit gescheie. ind wail besorgen, meh s&l hie die wechter
WKel wachgende biUden. hie aal auch binnen der burch, ind mit dem, dat dat gesinde doen
sal, wael mit zoseeo, dat dat truwelich ind wael gescheit, des si van geheiUe ind bevele des
amplaians, des scholtissen ind des kelnere doin sulden. Femer vgl, aus friüierer Zeit Honth. Hist.
2, 188, 13.55, Amtarevers fllr die Burg Neumagen, auf Lebenszeit, seitens des Nikolaus Vogt von
Hunolstein, aber nur die inilitikrische Seite : und was lüde gerechtes gulde und herrsehatl zu
der eg. vesten gehorent, deren sal ich mich nit anuemen noch nimand von ininen wegen, dan alleine
SU beschuden, wan min vorg. beer sine nakome und der stift suUen di bestellen mit iren ampt-
lUdcD wie in liii^t; und wclich sniptman 2U zidcii di guldc bebet, der sal mir ulletärlichs
hantreichen an koni zwei mir. und ein swin, die da gevallent von der mulen, an havem nun
mir., an wine ein ftider und vierzig h^ire, die da gevallent von den lüden, und sal ich die-
selben vesten beköstigen liehuden und in gudem gewonitcbom gehewe und an graven haldcn,
besser dan si ilzund sin. Ähnlich ist wohl Bd. 3. 486, No. '-U. 1350, gedacht.
») S. ziu- früheren Zeit MR. ÜB. 3, 1071, la.W; Bd. 3 Xo. 90, 1810; 'Bald. Kesselst.
S. 374, 1344; CRM. 3, 564, 1377; oben S. 212.
*) So werden Burggrafen neben den Amtleuten noch Hoalb. ilist. 2, 491, 1493,
genannt.
*) Nur Amtleute, keine Burggrafen, erscheinen ?.. 1). Honth. Hist. 2, G21, 1529;
193 f., 1599.
'*) Der Gegensatz von Amt und Lehen ist .illerdings schon viel fiiiher ganz gut be-
kannt gewesen, s. Waitz, Vfg. 6, S. 11 Note 1, S. 25 Note 1. Wirklich praktisch konnie er
aber erst werden, als es möglich war, die freie Besoldung einzufüliren , d. h. mit dem Auf-
kommen der Geldwirtschaft ; s. dazu oben S. 724, 768 f., 835, und die unten folgenden Aus-
fiihrungen über Beamtenbesoldung. Dementsprechend wird der Gegensatz allgemein nutzbar
gemacht und in weiteren Kreisen anerkannt erst im Laufe des l:t. Jbs., vgl. L'Stitt 401, wo
es vom forestarius (Inhaber des Forstamis) heifst; (ia), cui ipse [archiepiscopus] hoc officium
commiserit: non enim est beneficium; und femer Bodmann, Kheingau 1, 480, 1267 sowie
1316; Erzbischof Peter von Mainz officium custodie seu banni ferainm . . non iure feodi sed
puri niinisterii contulimus (Hermanno Potoni). Bd. 3, 101, ss, 1293 iindet dann der Gegen-
satz in der Bezeichnung eines Amtmauus als Melis et officiatus schon einen Ausdruck,
i
— 1377 — I^ie Landesverwaltung.]
Seine Auwendung aber konnte nur dadurch durchdringen, dafs man den
Begriff des Dienstlehns allmählich immer ausschliefslicher in den des Amtes
tibergehen liefs. Urkunden, welche diesen Übergang bezeichnen, setzen, wie
schon S. 1373 gesagt, etwa mit den siebenziger Jahren des 13. Jhs. ein. Am
ehesten hierher zu rechnen ist wohl eine Wieder Verhältnisse behandelnde Urkunde
vom J. 1275, in welcher ein Amtmann den Burgmannen absolut gleichgestellt
erscheint, mithin wohl auch im kontraktlichen Abhängigkeitsverhältnis der
Burgmannen zum Landesherm steht*. Deutlicher spricht schon eine Urkunde
von 1293; hier ist der Amtmann noch völlig Lehnsmann des Herrn und steht
demgemäfs zu ihm im Treuverhältnis, die besondere zum Amtsbegriff neigende
Form des DiensÜehnsverhältnisses aber findet einen scharfen Ausdruck in der
Thatsache, dafs der Amtmann seine Stelle auf Kündigung eventuell sofort
aufzugeben hat-. Man sieht: hier ist die Form des Lehnswesens noch fest-
gehalten, der Geist des Vertrages aber läuft auf ein Amtsverhältnis hinaus.
In dieser Richtung erfolgen dann bald auch äufsere Konzessionen. Zwar bleibt
für das ganze Verhältnis der Ausdruck des Lehens noch lange bestehen ^, aber
welcher in seiner an der betr. Stelle völlig nebensächlichen Einführung darauf schliefsen
läfst, dafs \im diese Zeit die Erkenntnis seiner Existenz ganz allgemein verbreitet war. Aus
späterer Zeit ist namentlich Bd. 3 No. 112, 1325, und CRM. 3, .508, 1366, ein nach Anits-
begriifen abgewandelter Lehenrevers, interessant Wie schwer übrigens während des 13. Jhs.
dies Prinzip des Beamtentums in kleineren Territorien durchfuhrbar war, ergiebt die Ge-
schichte des Hauses Hunolstein in seinem Verhältnisse zur Grafschaft Salm im 18. Jh. 2 H.,
8. die ürkk. Cod. Sahn. S. 37 f., 1276-1294.
*) Geschlechtsregister Isenburg u. s. w. Urkk. S. 54, 1275: die Gräfin von Wied hat
ilire Grafschaft an Köln vorläufig abgetreten. An der Spitze mit dem Sitze Wied steht seit-
dem ein Amtmann; inde die burchmanne inde die thurenlude inde der porzennere inde der
amptman van Wiede inde die andere lüde, die darzu gehorent, so wilches rechtes sie sin,
die sulen derselver vrouwen dieselve truwe inde hulde halden inde leisten, die si Ire schuldich
waren, e si uns hulden.
^) CRM. 2, 351, 1293: Johannes de Turri officiatus . . archiepiscopi apud Are . . re-
cognosco, quod, cum ideni . . archiepiscopus castrum Are fidelitati mee commiserit cum suis
attinentiis universis, ipsum castrum (omni tempore requisitionis) . . restituam et deliberabo,
nee ex aliqua causa .• . castrum . . potero retinere. Er beschwört diesen Revers.
^) CRM. 3, 13, 1802: Conradus de Schonecke affinis et fidelis noster et officiatus
noster [archiepiscopi Coloniensis] in Rense; der Erzbischof giebt ihm in augmentum feodi
sui, quod a nobis et ecclesia nostra in feodo tenet et possidet, in feodo . . (quasdam) vineas.
Lac. ÜB. 3, 69, 1308, Urkunde des Grafen Heinrich von Luxemburg, Wahlversprechen für
Köln : promisimus, quod dominus noster Baldewinus archiepiscopus Treverensis, firater noster,
constituet . . Ropertum comitem [de Yimeburg] officiatum suum in Cocheme, Monasterio
Menevelt et Meiene, sibi dictas munitiones cum suis attinentiis tamquam officiato committendo
ad dies vite sue, dum tamen ipse Ropertus non committat infidelitatem contra ecclesiam
Treverensem. Vgl. dazu CRM. 3, No. 40, 1309 (nicht 1310, s. Dommicus S. 70 Note 4).
Hierher gehört femer wohl auch Arch. Clervaux No. 124, 1323: Mathias . . Moguntine sedis
electus et consecratus strenuo militi Gotfrido dicto Stal de Biegen officiato suo in Trowen-
stoin gratiam suam et omne bonum. Vt super bonis, que prope castrum Trowenstein in loco
dicto in dem Eigen a nobis et ecclesia Moguntina tenes in feodum, Elizabeth uxori tue legi-
w
[Entwicklung der LanJesge*aU. — 1378 —
bald baut man doch auf den allgemeinen Lehnseid noch einen besonderen
Aintseid auf'. Und schliefslich schwächt sich die Betonung des Leliuswesens
zu einer so allgemeinen Fonu ab, wie etwa in der Urkunde in Bd. 3 vom
J. 1324, wo es S. 131, n vom Amt heifst: (princeps) castnmi . . et opiduni
, , custodienda fideliter (offlciato) commisit, dabei aber zugleich absolute
Widemifliclikeit der Stellung zu jeder Zeit nusgoniacbt wird. Mit solcher
Ahschwftchung war das alte DiensÜehnsverhältnis schon gänzlich illusorisch
gemacht. Eiu offener Bruch aber, ein rücksichtsloser Übergang zum Amts-
wesen liegt dann in der Urkunde No. 112 des dritten Bandes vom J. 1325
vor, speziell iu den Notizen auf S. 138, sa fF.; hier sind Lehnsbegiiff und
AmtsbegrifF klar gegeneinander abgegrenzt, und zugleich erfolgt der Entscheid
für lieu Auit^begriff bis zu dem Grade, dafs er sogar bei lebenslänglicher
Überweisung eines Amtes und Übeniahme der vasallitjscheii Dienstpflicht fUr
den Kriegsfall als durchaus moTsgebcnd hingestellt wird. Es ist kein Zweifel:
mit dem Anbruch des zweiten Vierteis des 14. Jhs. hat der Aintsbegriff völlig
gesiegt; einzelne RUckföUe aus späterer Zeit können diese Thateache nicht
verdecken, sondern in ihrer meist sehr lehrreichen Fassung nur bestiltigen.
So wenn es iu einem Ämtsrevers des Ritters Johann vom Steine für Über-
wesel vom Jahr 1341 (Bd. 3 No. 153) S. 181, as f. heifst, der Amtmann
solle das verliehene Amt hanthaben verantworten haldeu und schirmen, und
die lute zu rechte und zu bescheidenheit halden na (s)iner möge, »vortme
als von der ierlicher gulde. die von dem ampte vallet, sal ich alle jar, diewile
ich mins vorg. herren amptman da bin, nemen zehen jiunt hl. zfl manlohen,
und mime herren oder deme er ez bevelt daz uberige von der sridile reichen:,
Ist es nun aber zweifellos, dals mit dem Beginn des zweiten Viertels
des 14. Jhs. der Sieg des Amtsbegriffs über den Begriff des Dienstlehens
entschieden ist, so ist doch immer noch die Frage aufeuweifeu, ob sich denn
dieser Sieg erat nüt den übersichtlichen , soeben benutzten Nachrichten aus
Urkimden der Wende des 13. und 14, Jhs, entscheidet. Der Betriff des Dienst-
lehens kam ja viel fiHher auf, seine Anwendung im Burglehen ( rfolgtc ■<( it Beginn
des 13. Jhs. ^: sollte es mehrere Generationen gedauert hnben bis man aui
time usque ail suniniain diiccntanim inr. d. ( olomenstiitii tnlius hl [to d com] iiiandi-, do
nationem propter nuptias facere valeas, ad tempus vite sue til>i presentil ns lilcram coutcdi
mus fiicultat«m , nostrum huiusniodi donationi tdhibendo onsensum Man vgl aiuh Doch
Bd. 3 No. 104, 1322; No. 111, 1325.
') CRM. 3, 371, 1297: Graf von Neuenahr fecimus üddit-itia homigium (electo
C'olooiensi) »le castris Schoinstebe et Novo-eastro ac le opido seu \illa Aspatb ti 1 onis seil
ofßciis ud hec pertinenttbiis . . . promisimus tide prestiia torpordi et iiiramenlo intprposito
quod dicta castra et opidiim . . conservabimus ad omnem voluntaton (eleiti) iiei. dnbimiib
in maniis aliciiius ex ijuacunque causa, nisi de man lato et lussu (ekiti) n€c ratione ex
penBarum nee ex alia causa qualicunque reyuisiti per (electiimi ip x lastrn et opi liini
deliberare et reassignare aliquatenus differenmi
^ S. oben S. 884 f.; 1298 f.; 1312 f., vgl audi s "~i NotP 4
— 1379 — Die Landesverwaltung.]
seiner Anwendung für das Burgenkommando die Konsequenz der Amts-
bildung zog?
Vereinzelte urkundliche Zeugnisse zeigen uns den Amtsbegriflf in der
That schon viel früher ausgebildet, nur dafs sich aus ihnen bei ihrer aufser-
ordentlichen Dürftigkeit ein genauerer Nachweis für die Entstehung des Anits-
begriffes nicht entnehmen läfst; einer der häufigen Fälle, wo das volle Ver-
ständnis einer neuen Entwicklung in ihren Anfängen durch den Charakter
eben der ältesten Quellen erschwert wird. So erscheinen Amtleute im Sinne
der Beamten des 14. Jhs. schon sehr früh im Westen unseres Gebietes, be-
sondei's in Luxemburg^; seit etwa 1220 finden sich verwandte Funktionäre
am obem Mittelrhein (Mainz, Pfalz) ^; um die Mitte des 13. Jhs. treten
sie im Trierschen^, in Koblenz imd den Rhein abwärts seit etwa dem
J. 1260 auf*.
») Aus Zeugnissen des MR. ÜB. s. Bd. 3, 1001, 1249; 1396, 1257; vgl. auch noch
Bd. 3 Wortr. u. d. WW. prepositus, pr^vost. Sollte hier französischer Einflufs vorliegen, sich
vielleicht gar bis zur Mosel erstreckt haben? S. dazu oben S. 79. Auch die flandrischen
Amtleute hiefsen in der ältesten Zeit praepositi (prevöts), so schon 1110 in Ypem (Wam-
könig 2, 198); die Benennung ballivus (bailli) tritt erst seit Ende 12. Jhs. ein. Für die
deutsche Entwicklung vgl. man noch Honth. Hist. 2, S. 2; Bodmann, Rheingau 1, 511;
Küster S. 56 ff.; Baumann, Gesch. des Allgäus 1, 305. Zum alten Beamtenrecht der frän-
kischen Monarchie s. W. Sickel in Westd. Zs. Bd. 4, 345 f.
*) Guden. CD. 2, 57, um 1220: Sifndus [Erzbischof von Mainz] in iudicio coram do-
mino Theoderico Trevirorum archiepiscopo , qiii ad mandatum domini Henrici regis Romani
iudicio presidebat, constitutus . . per suum advocatiun conquestus est de uxore quondam
Philippi de Bolandia, quod violenter detinuit res ecclesie, videlicet castrum Erenfels, quod
castrum Philippus de Bolandia construxerat nomine archiepiscopi et cum rebus suis et cum
auxilio hominum suorum, tempore quo idem Philippus fiiit officialis domini et in termino
ad idem officium spectante. Urteil: quod dominus rex deberet (archiepiscopum Moguntinum
inducere in talem possessionem, de qua dictus ofßcialis suus eiecerat eum infra terminum sui
officii). MR. ÜB. 3, 1129, 1251 : Pfalzgraf Otto bei Ehein universis iudicibus suis vel procura-
toribus seu cuiuscunque officii nomine censeantur in Furstenberch et Bacharacum tam presen-
tibus quam futuris. Hennes ÜB. 1, 188, 1260; 193, 1261 kommen officiati in Trechtinghausen
Boppard Oberwesel Braubach vor, man vgl. dazu Hennes ÜB. 1, 293, 1283: universi ofßciati
et thelonearii des Grafen von Katzenelenbogen in Boppard; Hennes ÜB. 1, 319, 1290: Pfalz-
graf Ludwig universis officialibus suis videlicet vicedominis notariis procuratoribus scultetis
theioneariis ac aliis quocunque officii nomine censeantur in Furstenberch et in Bacheraco.
^ MR. ÜB. 3, 1188, 1253: Urkunde Erzbischofs Arnold von Trier: nullum officiatum
vel castrensem illorum de Schoninberch vel de Ulmen locabimus in (Arraz) Castro. Hier
deutlich unterschieden zwischen Burglehnleuten und dem beamteten Vorstand d. h. Burggrafen.
S. auch Bd. 3, 68, ae, 1275.
*) CRM. 2, 208, 1264, cit oben S. 1079 Note 4 und 8. 1108 Note 5; Honth. Hist 1,
766, 1267, Interrogatoria Clementis pape IV. facta Henrico archiepiscopo: An ipse teneat
castrum Confluentie? respondit quod sie; sed est ibi quidam officialis, qui ipso invito stat
in officio. Lac. ÜB. 2, 586, 1268: A. comes de Monte universis officialibus suis, dapiferis
advocatis scultetis necnon ceteris officiatis, qui per districtus sui territorium successione per-
petua tuerint constituti vel nimc existunt, salutem et fldem presentibus adhibere: die Rhein-
[Entwicklung der Landesgewalt, — 1380 —
Die BewegunR, welche iin 14. Jh. vollendet erscheint, war mithin keines-
wegs geniip vorbereitet ; schon ein Jahrhundert früher lassen sich ihre Spuren
verfolgen. Nim aber, seit etwa den dreifsiger Jahren des 14, Jhs,, tritt in
unseren Gegenden eine Konsolidation des neuen Anitswesens ein; es bilden
sich feste BestaUui^pat«nte aus^ deren Wortlaut Itald im seihen Amte von
Amtmann zu Amtmann unter verbessernden Amendierungeu forterlrt*, bis seit
dem zweiten Viertel des 15. Jhs. die ans den Erfalinmgen mehr als eines
Jahihunderts ni festen Bestinnniuigen kodifizierten Amisordnungen einsetzen*.
Mit dem Aufkommen einer solchen Konsolidation erwächst für uns
die Auigabe, den Amtsbegriff d^ 14. und 15. Jhs. durch Schilderung ()er
fUire der Abtei Altenberg liei Milhllieim sei iiemt- und steuerfrei. Gudeo. CD. 2, 962,- 1276;
der Erzbiecliof von Köln weist an 6 mr. reditus . . in censibus nemoris apud Namede, per
miinus officiati nostri Andemacensis singulis annis recipiendoa. Guden. CD. 2, 978, 1289:
dominus Gerbai-dua de Landscrone ist jUIicbscher Amtmann in Sinzig; der Graf von Jülich
bekennt, quod noa omnia, qne (Gerbardus) officlatus noster apud Sinzege per computationem le-
gitimam potent edocere, noa sibi [debere] . ., antequam renioveaiur de coniniisso sibi per
nos officio, pereolveroue. CRM. 2, 347, 1293: 1. de Binberg dapifer et officiatus reverendi
pBtris ilouiini arcbiepiscopi Coloniensis in Weide [Wied] trifit nacb Urteil der autonomen Ge-
richte in einer Streitsadie Entscheid. Erzbiecbof SigfridvonKüln bestätigt dies iui selben Jahre.
S. auch noch CRM. 3, I, 1300. — Zur frühesten Geschichte der Amis Verfassung am Nieder-
rhein vgl. noch Lac ÜB. 3, 67, 1808; (86, 1310); 150, 1815; 228, 1327; Guden. CD. 2, lOJS.
ca. 1328: 1054, 1332; Lac. ÜB. 3, (243, 1329); (253, 1331J; (271. 1333); 312, 1337; 344, 1339.
i| Die Tendenz läfst sich etwa seit Mitte der dreifsiger Jahre des 14. Jhs. verfolgen,
B. zunächst Bd. 3 Xo. 127, 1333.
'J S. Bd. 3 Ko. 18J>, 1336— 134&; No. 1S3, 1850; tgl. Ko. 867, H59. — Die Zahl
de: leit den dreibiger Jahren des 14. Jhs. auegestellten Amtsbest&Uui^n bezw. Antsreverse
igt eine ungemein grofse, vgl. nur Bd. 3 No. 296, 1350. Im Bald. Kesselst, finden sich Burg-
grafenrevei-se H. 160, 216, 315, 337, 499, 58-5, 776; Amtsrevei-se ^i. 574, 581, 584, G12, 628,
633, 653, 658, 659, 664, 672, 694, 707, 711, 716, 726, 757, 759, 761, 780. Von diesem Heich-
tum der Quellen wird man alleniingB in den Urkundenbüchem unserei' Gegend nichts gewahr;
nach ihrem Inhalt lasseu sich auch nicht einmal die Gmndzüge der Kntwiclielungsgescbichte
der Anitsverfossung ahnen.
') Die erste Amlsonlnung unserer Gegend ist die freilich aus besonderem Anlafs enl-
standene Sponheimsche vom J. 1437, gedr. Mones Za. Bd, 6, 385 IT. Dann folgt, nenn auch
nicht ganz imsereni Gebiete augehüiig, die schöne Speierer Amtsordnung vom J. 1470, ge-
druckt in der Sammlung der hochfiirstlich-speierischen Gesetze und Landesverordnungen Thl. 1,
S. I ff., Bnichsal 1788. Sie wendet sicli zunächst an die Oberamtleute, den Vogt am Bruli-
rain, den Amtmann zu Lauterburg und den Landschreiber, diese sind mit Ausnahme des
Landschreibers mit den Trierer Amtleuten zu parallel! gieren. Im übrigen ist sie, wie ihr
Schlufs und auch der ganze wohlabgerundete Inhalt zeigen, nicht die erste deranlge
Verordnung. Viel später als im Sponheimschen und Speierschen kam man im Triei'schen
zu einer allgemeinen Amtsordnung; die er^te im J. 1574 ei-schienene Amtsordnung enthält
zudem fast nur Vorschriften über die Gerichtspraxis der Amtleute. Dann arbeitete man im
J. 1654 wieder an einer Landes- und Amtsordnung, s. Scotti, Chur-Trier 1, 629; es ist die
im J. 1668 erschienene. Eine dritte Amtsordnung endlich winile am 8. Februar 1719 aus-
gegeben. Ich benutze hier nur die älteste Ordnung von 1574, welche bei Honth. Hist. 3, 40
gedruckt isl, und zwar nach einer Kopie vom 27. Febniar 1603 in der Trierer Stadtlnhl.
Trevirensia 1541 Schrank 11, S. 105 f.
— 1381 — Die Landesverwaltung.]
Einzelfiinktionen des Amtmanns zur vollen Deutlichkeit zu bringen. Wir er-
örtern zu diesem Zwecke die persönliche Stellung des Amtmanns, sein Verhältnis
zur Zentralstelle und seine Funktionen im Amtsbezirke selbst nach unten hin.
Zum Verständnis der persönlichen Stellung des Amtmanns sind die
Fragen der Anstellung, des Gehalts, der Entlassung und der Pension zu be-
sprechen.
Die Anstellung geschah stets durch den Landesherm persönlich; meist
scheint auch die Einführung in das Amt durch landesherrlichen Akt, in Form
einer Proklamation an die Amtseingesessenen, erfolgt zu sein^ Die Amtsdauer
wurde dabei in sehr verschiedener Länge in Aussicht genommen; überwiegt
im ganzen wohl stets das Prinzip, sich in allgemeinster Form auf gegenseitige
Kündigung zu vereinbaren*, so finden sich daneben doch namentlich in spä-
terer Zeit Abgrenzungen auf ein halbes bis zu zehn Jahren, ja auch Verleihung
auf Lebenszeit ist zu keiner Zeit völlig ausgeschlossen. Damit war aber
natürlich die Gefahr gegeben, das Amt wieder erblich werden zu lassen, und
dementsprechend trifft man denn in der That im 15. Jh., zu einer Zeit, wo
das Verderbliche früherer Vererblichungen nicht mehr genugsam bekannt sein
mochte, vereinzelt Amtsverleihungen auf zwei Generationen, also mit stark
erblicher Tendenz, oder gar zu voller Erblichkeit^. Mit der Annahme des
1) S. Bd. 3, S. 486, 25, 1350; No. 188, 1351.
2) S. Bd. 3 No. 158, 1343; S. 213, n, 1351. Dieses Kündigimgsrecht ist gegenseitig,
s. Bd. 3, 217, 87, 1351.
^) Amtsernennungen erfolgen : auf ein halbes Jahr 1480 Aug. 15 [alle ohne Zusatz an-
geführten Daten sind den Goerzschen Regg. der Erzbb. entnommen]; auf etn Jahr 1492 Juli 26;
auf ^icei Jahre Bd. 3 No. 183, 1350 ; 1490 März 22, Dez. 26 ; 1496 März 26 ; auf drei Jahre CRM. 3,
391, 1352; Bd. 3 No. 264, 1488; 1498 Mai 1; auf drei bis vier Jahre 1499 März 15; auf
vier Jahre Bd. 3, 179, 24, 1340; auf sechs Jahre Bd. 3 No. 184 § 11, 1350; 1494 April 19;
auf zehn Jahre *Bald. Kesselst S. 727, 1348; 1499 März 2; auf Lebenszeit Bd. 3, 137, 12,
1325; S. 155, 10, 1333 (hier aber das Recht des Abkaufs mit 1000 Ib. hl. ausbedungen); 246,
5, 1380; No. 225, 1411; 1415 Apr. 8; 1421 Mai 13; 1423 März 23; 1437 Febr. 16; 1499
März 15; auf zwei Generationen 1415 März 21; *Koblenz MC. VII B1.595b-596a, No. 1730,
Goerz, Regg. der Erzbb. S. 299, 1496; erblich CRM. 4, 155, 1434; 310, 1467. Die Ver-
leihung auf zwei Generationen steht ♦Koblenz. St A. MC. UI^ Bl. 266^—267», No. 620,
reg. Goerz, Regg. der Erzbb. S. 140: Wir Wemher etc. dun kunt allen luden, wan wir
Conraid Kolben van Boparten den alden unsem lieben getruwen unsem und unsers Stifts von
Triere amptman zu Baldenecke und siner zugehore gemachet han na Inhalt sulichen briefss,
als uns derselbe Conraid darüber hait gegeben, so bekennen wir ufenlich an diesem brieve
und reden in guden truwen, daz wir unsere nakomen und stift denselben Conraide umb
nutzen getruwen dienst, die er uns und unserm stift getan hait, aislange er lebet, und na
ime sinen son Conraid Kolben, auch als lange er lebet, bi dem ampte sullen lazen und sie
davon nit entsetzen, is enwere dan sache daz dieselben Conraid und na ime Conraid sin son
kimtlichen wieder uns, unser nakomen und stift oder wieder sulichen brief, als uns der aide
Conraid itzunt gegeben hait und sin vurg. son na ime geben wirdet, deden; und nit 6 mugen
wir unser nakomen imd stift sie und irer iglichen, welcher unser amptman were und an
dem gebrechen fimden wiurde, von dem ampte entsetzen, welche zit auch der aide Conraid
Kolbe abegcgangen ist und der vurg. Conraid sin son an daz ampt kompt, so sal er uns
[EInlwicklung der Landesgewalt. — 1382 —
Ainls war daiiu weiterhin die Leistung eines Amtseides, siieziell auf Aufrecht-
erhaltung der Ai-tikel des Anitsi-evpi-ses^ bezw. auf getreue Ausführung sonst
bestehender Ordnungen* verbunden.
unsem nakomcn und stift einen brief aber daz ampte geben und uns uusem nakomen und
BtiCl darüber globen und eide dun, als üa vater gatan hait, u^escheiden [Bl. äiiT"] alle
argelist und geverde. I>e5 zu Urkunde und ganzer stedtcheit han wir unser ingesigel an diesen
brief dun heukeu. Datum Erembretstein anno donitni MCCCC xmino iuita stiluni scribendi
in diecesi noatra Trevercnsi fena quinta post doniinicaui iudica,
') S, Bd. 3 No. 127 g S, 1333; so schwört auch der Ol.eramtmann. a. Bd. 3 No, 1H4
§ la, 1350.
') S. *0r. Koblenz St. A., Knstiti Trifr Staatsarcliiv , an Pgtstreifen hangen die drei
nmden braunen Siegel, nur Ko. 2 ist vollständig erhalten ('Abschr. Trier Bald. KesseUt.
8. 707 mit dem Regest l'romiaaio .tiium Baurorum pro BacheracU, 42 I Jan.; 1348
Januar 1): Wir Hftiarich Beier von Boparten Simon und Htinrith sine soene rittere
dAn kirnt allen ISlen: wan der erwirdiger in gode Tader luid herre her Baldevin erze-
bischof zfl Tiire und der dorchlöchte fflrste her Johan könig von Bebemen gnove zQ
IiUtzelnbeig uns zA iren ampililden züL Stalberg Stalecke Brunshom Baeheracb und Stege
Binholn und in dem näwen gerichte und waz darzd gehoerit benant han. und unser vorgen.
herre von Trire uns daselbes kA sinen siues stittes imd unchkomen niuptluden gcsatz und
gemacht liat: des Itan wir ouch itzunt alle dri und unser iglich »nserai vorgen. herrea dem
erzebischof und sinen nachkomen und dem Glitte von Trire mit unsem triJwen gloht und
siJ den heiigen geswom und glolien an disem bricve, in mit den vorgen. festen delren und
guden und mit allem dem, daz darzfl geborit, gehorsam zfl sine und zfl wartene als ir ge-
truwe amptlude und in alle die artikel atflcke und p^cte und ir iglich stede tmd veste zfl
haldene in alle der wise, a!s die brieve begrifien imd geschrlben stehen, die die edeln
fiirsten her Bupreeht und her Ruprecht palentzgraven an dem Hine und heraogen in Beiem
unserra vot^. heiTen von Trire von den egcn. veaten delren und guden gegehen hau, uzge-
scheidcn allerlei argelist an allen disen stocken und an ir iglichem. Und des £z einem
Urkunde und stedikeit han wir unser ingesigel an disen brief gehangen. Der gegeben ist na
Crists geborte drü^enhundert jar und dama in dem zwei und virzicsteni jare uf den heilgeit
jars abint. 'Bald. Kesselst. S. 780, 13.52 Febr. 22; wen sie dan zä eimc amptrtiaune dar
setzen wullen, der sal geloben und sweren genzlichen an allen iren artikeln und stucken zu
haldcne die brive, die unser vorg. herre von Trire und seligis gedengnisses her Johati
kuning zD Behem uf eine siten und die vorg. liocbgebom fursten her Buprecht und her
Huprecht uf die ander site nnderein gegeben han umb die vorg. vesten Stalberg Stailecke
und Brfiiisbom und Vaz darzö geboret, Ilonth. Ilist. 3, 184, 13.>5, Einigung zwischen den
drei rlieinischeuErzbiscliÖfen; is sullent auch unser ieglicheni der vorg. drier herm amptlüde
und burggreven, die eime sint oder furbalt werden, in unseii« ieglichen laude und vesten ge-
sessen nach gclegenheide der vorg. zile und temiine alle diese voi'g. punctc und articul und
i^lichen besonder in guten trewen geloben und uffenliche zu den heiligen schweren, ge-
trewlich zu lialden und zu voUenfiiren, als verre sie das rm-et, von uns iegliches wegen. "Or.
Koblenz St. A. Bep. Prüm No. 191, 1414 Febr. 4; Ich Dicderich von Giunerspach dun kunt
allen luden und bekennen ulTenliche an diesem brieve, daz der erwirdige in gode vader und
herre her Wemher erzbischof zu Triere min lieber gnediger herre uuch sineu und sins Stifts
amptman irer slosse Piiime und Murlehacli und waz zu denselben slossen gehöret geinachet
hait, und sat ich die lüde rechte herlicheide und gude zu denselben slossen und anipte ge-
hörig geCruwelieh als ein amptman na minen besten sinnen und vemuigen hanthaben scliinnen
und verantwerten in aller mazen, als derselbe min herre von Triere und der ei-Hirdige hene
her Friederieb von der Sleiden administrutor der abbalien uud gotshuses zu Pnuiie daz
undereinander haut beredt verbrievet und versiegelt.
i
— 1383 — I)ie Landesverwaltung.]
Mit der Ablegung dieses Eides trat der Amtmann in den Genufs eines
bestimmten Gehaltes, das in der ältesten Zeit auch noch Pacht genannt wird ^
um das veitragsmäfsige Verhältnis voll zu kennzeichnen. Das Gehalt bestand
zunächst in einem Fixum von Einzeleinkünften, Geldrenten Naturalbezügen
und dergl., so dafs der Amtmann in dieser Hinsicht fast als Herr einer kleinen
Rentengrundherrschaft erschien*. Später läfst sich dann die Richtung ver-
folgen, auf diesem Gebiete zu unifizieren und zu einem thunlichst weitgehenden
Ausdruck des Gehaltes in Geld zu gelangen^. Daneben aber hat der Amt-
mann an ordentlichen Einkünften noch eine bestimmte Quote der Bede *, hier
und da auch des Erlöses aus Juden und Kauwerzinen ®, sowie aus den Früchten
sei es der niedern, sei es auch der gesamten Rechtssprechung •. Neben diesen
») Bd. 8, 179, ai, 1340; 193, 9, 1345; auch *Bald. Kesselst. S. 780, 1352 Febr. 22:
die wingarten, die zä den eg. vesten gehorent, die ich buwen sal, und sal davon jerliche
mime eg. herren von Trire ein fiider wines uz dem wingarten, den man nennet den Ketzer,
geben, wo man aber daz fiider wines uz dem Ketzer genzliche nit haben mAchte, waz daran
gebreche, daz sal ich im erfuUen uz dem andern besten wingewaße, der zu den besten ge-
höret, vortme waz hunere zft den eg. guden jerliche ervallen und die achte von dem lande,
die suUen min sin alleine; und waz andere gulde renthe und nütze von den vorg. guden und
landen mime eg. herren von Trire komen, die sal ich glichhalb haben, und daz ander halb-
teil so balde sie gevallent mime eg. herren von Trire, oder wem er daz bevelet, antwerten
und reichen ane hindemiß. wanne aber min eg. herre von Trire wil, so mag er wem er
wil bevelen, dz er sin halbteil der gülden renthe und nütze selber von erst uf hebe.
2) Man vgl. z. B. Bd. 3 No. 139, 1337. Im übrigen s. Bd. 3 No. 127, 1333; No. 190
§ 5 f., ia51 ; S. 231, ss, 1358. Ein Oberamtmann über 5 Ämter hat nach Bd. 3 No. 184
§ 9, 1350, jährlich die landesherrlichen Revenuen zu Limburg und 600 gl. Aufser den
Quellenstellen in Bd. 3 s. auch noch Honth. Hist 2, 209, 1359, Amtsrevers Peters von der
Leien für Saarburg, auf unbestimmte Zeit: und umb die vorgenante bürg, stad und ampt zu
handhaben zu beschirmen und zu verantworten sol mir min vorg. herr alle jare und na
martzal der zit, daß ich ir amptman da verbliben, sinem keiner zu ziden zu Sarburg dun
geben zwölf mir. rocken, drissig mir. habem Sarburger maß, ein fuder wines, zwei schwin,
als sie zu winachten vellich sin; auch sol ich haben das holz, das an dem zolle zu Sarburg
vellet, binnen der zit da ich amptman verbliben. Sponheimer Ordnung 1437 § 8: die Amt-
leute erhalten jährlich 100 gl., 5 fudere wins, 60 mir. koms, 150 mir. habem, hauwe, stro
und auch brennholz nach notdurft ungeverlich, femer zur wochen ein dienst fische. Dazu
werden sie geritten gehalten und haben beim Umritt im Amt freie Herberge. Nicht selten
haben die Amtleute für die ihnen absolut notwendigen Pferde noch besonders angewiesene
Nutzungen von Wiesen oder Lieferungen von Futter, s. z. B. Bd. 3 No. 135 § 5, 1336—1345 ;
No. 158 § 5, 1343.
3) Vgl. schon oben S. 769.
*) S. unten Note 6 passim.
6) S. Bd. 3 No. 158 § 5, 1343.
^) Diese Einnahme hat noch eine volle, nicht uninteressante Entwicklung durchgemacht.
Anfänglich bisweilen etwas unbestinunt (s. Bd. 3 No. 108, 1324; S. 181, so, 1341) geht sie
doch im wesentlichen in einem Drittel der Gerichtsfrüchte vom Niedergericht auf, s. Bd. 8,
135, 23, 1825; No. 135 § 3, 1336—1345; No. 158 § 8, 1343; No. 182, 1350; S. 231, ss,
1358; Honth. Hist. 2, 209, 1359; 364, 1419; vgl. auch "Bald. Kesselst S. 727, 1844 Jan. 80:
Diderich von Kinberg ritter und Gerdmd sin eliche husfrouwe reversleren sich wegen 4e8 Amts
[KiitwickliiDg <\et Laiuieagewalt. — 1384 —
oi-dentlicbeu Einnaiinieii aber stehen noch aufserorrienüiche, namentlich Ent-
schärtifamgsgelder. Die giöfste Rolle spielen hier Zahlungen zur Schadlos-
haltung hei kriegerischen Expeditionen * , für Verluste von Ifenien *, Loskauf
von Gefangenen* und Ähnliches. Die Schadenheredmiing war hier oft nicht
einfach, und so begi'eift es sich, wenn für dieselbe zumeist die EinsetJtung einer
hesondören Schiedskommission zwischen Landesherra und Amtmami vereinbart
MUnstennaifeld (statl ampt und plege) auf 10 Jahre. Unter den EionaliiDi-n sollen die
büßen, die under sechzig Schillingen der wemnge sin, die der scheffen teilet . . . was ahir
büße gevallen, die der scheffen nicht enteilet, die nber sechzig ». sint, und von totalnfen,
und die lip und goit anruren, davon erhalten sie nichts. 'Bald. KeseeUt S. TKO, 1352
Felir. 32: und unib daz daz ich die eg. vcsten, die ich bekustigen und behuden sal, und daz
ainpt dieboz behuden und hanthaben mSge, so hait mir min eg. heire, als lange ich amptman
ila bin, zh dem ampte da gelazen: von erst alle die buzen, die im in dem ampti gevallen
niilgen, die ich doch von den luden gnedigtich sal heben, ane dli> büße, die lif und gSt an-
treffen, die hait er im behalden alleinc. Dasselbe besagt auch Bd. 8 No. 230 § 2, 1420. Seit
dem 15. Jh. beginnt nun aber auch ein Anteil der Amtleute an den HocfabufBen einzutreten, und
zwar in der Höhe einea Zehnten, der als Wfinkauf bezeichnet wird, s. Bd. 3 No. 240 g 12,
1464; S. 295, is, 1438; und Blankenbeiraer Statut 15. Jhs., Ann. d. biet Ver. f. il. Xiederrfa.
9 — 10, 122—133: der auiphnan snl hain van iegelichen scha/1 sin gewonllcb gelt zo meie
iod zo herft, ind darzo von allen buQen, die uns da vallent, den zeuden d., wat der is, die
boven vunf mr. Bin, die hie of der scboltisse uisdedingten. Wenig später aber Verden in
weiterer Ausbildung dieser Richtung dem Amtmann die minderen Bufsen nicht mehr hlofs
zu einem Drittel, sondern zu grüfseren Teilen oder wohl gar vällig überlaseen, s. Bd. 3
No. 240 § 12, 1464; S. 295, i», 1488. Kne allgemeine Ordnung dieser Verhältnisse scheint
bis zum 17. Jb. nicht eingetreten m sein, s. Scotti, Chur-Trier 1, r58S, 1611: die in den
Ämtern vorfallenden groben Exzesse, als Ehebruch imd dergleichen Vergeben, welche grofse
Bafeen nach sich ziehen, dürfen von den Amtleuten, in Gemäfsbeit bestehender Vorschrift,
nicht eigenmächtig mit Strafe belegt, sondern müssen von denselben dem Landeshetrn, unter
Angabe der Vcrmügensverbältnisse des Exzedenten imd mit Beantragung dei' Strafe angezeigt
werden, wonach leti:tere landesherrlich bestimmt werden wird. Zugleich wird den Amtleuten
zugesichert, dafs, Insofern ihre Bestallungen ihnen einen Anteil an dergleichen Geldbufsen
zusichern, sie desfalls gehörig berücksichtigt werden sollen. — In den ältesten Urkunden
sieht man Übrigens noch deutlich die Ableitung vom vogtcilichon Drittel der Gerirhtsfrflchte
in der Immunität (s. oben S. 1115X welches seinerseits wieder nur Nachbildung einer Besol-
dungsart der fränkischen Grafen war; s. MR. ÜB. 2, 61, 1169—83: der Vogt Amulph von
Walecurt (s. oben S. 1370 Note 3 und S. 13T2 Note 7, auf S. 1373) des crabischöflichen
Hofes Remich petitiones . . sive exactiones, quocunque modo in prefata curia üniit vel in
valle illa, sive in annona sive in nununis, ex ?quo dividemus, et quod de dimidia parte
terci« parti, quam ei [archiepiscopo] recoposcebamus, supererit,' ad augmentum feodi et
nominatim ad custodiam castri habcbit. de placitis autem tertiam solummodo partem accipiet.
et nee in placitis nee in petitionibus vel per se vel per nuntios suos noa aliquo modo
circumveniet. ministeriales autem nostri et ofliciales, scolteti forestarii liubulci piscatores
et alii ad cottidianiun servitium nostrum specialiter deputati ab omni exactionc liberi erunt.
') S. Bd. 3 No. 165, 1345.
'■') Ein Tarif für Schadiosbaltung bei getöteten Pferden entuickelt sieb in Osterreich
schon unter Albrecbt H., ca 1350, s. Bnider S. S.
') S. Bd. 3 No. 190 § 4, 1351; No. 244 § 7, 1464. — Genaueres über die Schadlos-
baltimg s. Bd. 3 No. 184 § 7, 13-50; No. 187 g 9, 1351; No. 190 5 4, 1351 ; No. 230 § 3,
1420; No. 244 § 5 f., 1464.
— 1385 — I^e Landesverwaltung.]
wird^ Die Zahlung derailiger aufserordentlicher Entschädigungsgelder er-
folgte natürlich stets auf besondere Anweisung der Zentralstelle. Die Zahlung
des ordentlichen Gehaltes dagegen lag nur ausnahmsweise in den Händen der
Zentralstelle, der Landrentei oder der Siegelämter ^, meistens war der Kellner
des Amtes selbst oder derjenige eines Nachbaramtes mit der Auszahlung bezw.
Anweisung betraut^. Nur selten kommt es daneben vor, dafs sich, in der ver-
derblichen Weise früherer Zeit, der Amtmann selbst direkt aus den Revenuen
des Amtsbezirkes bezahlt macht. Im wesentlichen ist dies nur da der Fall,
wo das Amt dem Amtmann veq)fändet oder sonstwie zur Ausbeutung über-
geben ist*; hier nimmt der Amtmann natürlich alle Amtsintraden ein und
führt nur den Uberschufs über seinen Gehalt bezw. die ihm sonstig geschiddete
Zins- oder Amortisationssumme und eventuell auch über die gesamten Unter-
haltungskosten von Burg und Amt ab®.
Stand der Amtmann schon durch die Regelung der Gehaltszahlung in
den meisten Fällen ganz anders zur Disposition des Herrn, wie irgend eine
Beamtenklasse der deutschen Kaiserzeit®, so wurde die hiermit begründete
neue Auffassung des Beamtencharakters noch in sehr bemerkenswerter Weise
durch die Konstiiiktion der Entlassungsmöglichkeit verschärft. Wie auch immer
die Vereinbarungen über die Amtsdauer lauten mochten ^ fast stets war es
dem LandesheiTn auf Grund meist sehr unbestimmt formulierter Aussetzungen®
möglich, seine Amtleute sofort oder nach einer kurzen Kündigungsfrist von
vier bis sechs W'ochen^ zu entlassen, ja bisweilen ist sogar eine Entlassung
») S. Bd. 3 No. 185 § 6£., 1336—1345; No. 198 § 7, 1358; No. 244 § 6, 1464.
2) S. Bd. 3, S. 232, 8, 1858; ♦Or. Koblenz St A. Rep. Prüm No. 191, 1414: uf daz
daz ich steteliche zu Murlebach huishaldc und wane, so suUen der vurg. min herre sine
nakomen und stift von Triere mir iglichs jares, als lange ich ir amptman an den vurg. enden
bin, dun geben und hantreichen zwei stucke wins, zehen mir. koms und drutzehendenhalben
gl.; nemeliche den win und kom in siner kelnerien zu Witlich, den win zu sente Mertins
dage im winther, daz kom zusehen zwein unse frauwen dagen assumptio imd nativitas, und
daz gelt vurg. sal mir ein iglicher des vurg. mins herren und sins stifts siegiller zu zidcn zu
Triere jerliche in den cristheiligen dagen geben und hantreichen.
») S. Bd. 3 No. 127 § 1, 1333; No. 135, 1336-1345; No. 195, 1356; No. 244 § 11,
1464; No. 273, 1499.
*) S. Bd. 3 No. 182, 1350; *Bald. Kesselst S. 780, 1352 Febr. 22.
'^) S. Bd. 3 No. 140 § 1, 1337; No. 153, 1341.
ö) S. dazu oben S. 724, 768, und namentlich S. 835.
^) Also sogar bei lebenslänglicher Ernennung, vgl. Bd. 3 No. 128, 1333.
«) S. z. B. Bd. 3, S. 155, ii, 1383; No. 149, 1340; No. 184 § 13, 1350. Gewöhnlich
war die Entlassung bei Gefangenschaft des Amtmanns, s. Bd. 3 No. 127 § 6, 1383; No. 185
§ 8, 1336—1345; No. 165, 1845; s. auch CRM. 3, 891, 1852: auch sal ich die vesten
Sterenberg allezit bestellen, wt iz mit mir queme, ab ich dodes wegen abegenge gevangen
oder anders mines libes entweldiget worde, daz god wende, daz min vorg. herre von Trire
und sin stift irer vesten wol sicher sin, daz man in die antwerte, wanne sl des gesinnent
mit münde oder mit iren uffenen versigelten briben.
«) S. Bd. 3 No. 182 § 6, 1350; S. 213, n, 1351.
Lampreeht, Deut-^ch««« Wlrtschaftdeben. I. 88
[Entwicklung der LanJesgewult. _ 1386 —
ohne Angabe jeden Grundes möglich'. DemgeRenüber war es gewifs ein iie-
ringer Trost, dafs auch den Amtleuten das Kumliguiigsrecht vielfach zustaud *.
Helfen konnte hier allein eine Vereinbai-ung, wonach Klagen des Anitiiiaims
gegen den Landesherrn gerichtlichem Spruch oder schiedsrichterlichem Ent-
scheid unterworfen wurden*; ein Ausweg, welcher denn auch schon fiUh,
namentlich für Differenzen bei der Rechnungslage, wenn auch keineswegs
regelmilfsig gewählt ward*.
Dem entlassenen Amtmann aber stand noch keinerlei Anspruch auf
Wartegeld oder Pension zu: noch war der herrschende Gesichtspunkt nicht
der hureaukratischer Anstellung bezw. Entlassung durch den Landesherrn,
sondern vielmehr derjenige gegenseitigen Vertrages zwischen zwei gleich un-
beschränkten, darum sich auch aus gleichen materiellen Gesichtspunkten l)e-
handeluden Parteien, Eben von diesem Gesichtspunkte aus, zur Symptomatik
der allmilhtich eintretenden bureaukratischen Behandlung des Beamtentums, ist
die Geschichte der Pension von besonderem Interesse. Der niodenie Bejniff
der Pension wird dabei keineswegs leicht gewonnen, Hei-von-agende Beamte
belohnt man zunächst nicht durch einen Pensionsanspruch, sondern dui'Cli
direkte Gehaltserhöhung" oder allenfalls durch Verleihung landesherrlicher
Güter an sie selbst und ihre Erben auf Widemif. Später, im 15. Jh.,
geht man dann etwas weiter, indem man verdienten Amtleuten die Erlaubnis
zur Ausnutzung landesherrlicher oder landesheiTlich-gi-undhen-lieher Monopole,
Zl^leich im Sinne der Verbesserung des eigenen Besitzstandes, ul>ergiebt'.
') S. Bd. 3 No. 135 § 1, 1336-134.5; So. 140 § 2, la^".
') S. S. I3Ö5 Note 9.
'') S. *BaId. Kesselst. S. 665, Balduinsteiner Amtsrevci-s , 1339 März 29; hd Streitig-
keiten mit dem Stift soll der Anttniann vor dem Stift zu Gericht stebvti, und zwitr für geiüt-
lichc Dinge vor den geistlichen Blchteni, ginge iz aber n-eintliche sache au, so sal ich vor
minem egen. Iien'en oder »inen . . nakomcn oder iren aniptlmlcn, die sie darbi schicketen,
nach ire manne orteil recht geben und nemen. Vgl. fcnier Bd. 3 Xo. 182 § 7, 1350;
No. 187 § 10, 1351; vgl. auch noch No. 278, 1502.
*) S. Bd. 3 S. 185, 4. 1343; No. 187 g 13, 1351.
•) S. Bd. 3 No. 195. 1356.
«) S. Bd. 3 No. 201, 1369.
■J) S. 'Koblenz Sl. A. MC. IlJb Bl. 168'', No. 378, i-eg. Goerz, lieg, der Erzb.
S. 129, 1404 Sept. 10: Mtn heiTe von Triere hait Thielmanne von Grimhurj; sime amptmauiie
zu Swartzeniwrg gegunnet, sullche wihcrstad und mule darane mit irem zugeliore zu Tliiel-
manswilre gelegen wieder zu buwcn und mit siner koste ulzurucken, und daz er der ge-
bnichcn muge, als lange er amptman zu Swartzenberg si. und welche zit mime herren oder
ime nit me gefiiglich wcre, daz er amptman zu Swartzenberg bliebe, so sal ime min herre
sine nakomen und stift von Trire den buw zu bescheidenheid wiederkeren und bezalen, und
sollont Tbielman oder sine erben alsdan mime lierreu oder stifte die mule und wihcr unbe-
knidt und fri wieder in geben. "Koblenz St. A. MC. VIII. Bl. 13'', No, 39, reg. Goei-z,
Reg. der Erzb. S. 215 (der statt Wancbenheitn Wacheuheim Jlauchenheimer liest), 1463
Febr. 19: Wir Johan elc. tun kunt und bekennen uffcntlicli an diesem brieve: so als eine
wüste Btat eins wibers, der i-umiails vergenklich norden ist, zusehen Luitzldrehe und Niddern-
i
— 1387 — IWe Landesverwaltung.]
dieselben wohl auch in den unentgeltlichen Allinendegenufs ihres Wohnortes
einweist * oder eine Ennäfsigung der landesherrlichen Lasten für ihren Faniilien-
besitz und eine besondere Inschutznahme ihrer Familie ausspricht^. Das ist
aber alles, was im 15. Jh. erreicht wurde ; zur prinzipiellen Anerkennun geiner
Pensionspflicht hat es die mittelalterliche Landesverwaltung niemals gebracht^.
Ergiebt sich gerade aus diesem Punkte, wie wenig der mittelalter-
liche Amtmann schon Staatsbeamter in unsemi Sinne und im Sinne der ab-
soluten Monarchie war, wie vielmehr sein Verhältnis zum Landesherni im
Sinne privaten Vertrags aufgefafst wird, so begreift es sich auch, dafs ein
solches Verhältnis nicht zu einer so festen Eingliederung des Amtmanns iii
eine Beamtenhierarchie Anlafs geben konnte, wie sie fOi- die vollendete Bureau-
wurtzbach in dem ampt von Blieskastel liget, han wir unserm amptman zu Bliesekastel und
lieben getruwen Simond Wanchenheime von Zweinbrucken gegunet und erleubt gunnen und
erleuben ime viu* uns unsere nakomene und stifte in craft dieses briefs, das er solichen
wiher w^idder ufrusten und eine mule darane machen muege, doch also das er darane bis
an die hundert oberlendsche Hinsehe gl. und darüber nit verbuwe. imd wir geredden
und versprechen danimb vur uns unsere nakomene imd stifte in craft dieses brieves, den
obgenanten Simond Wachenheime und sine erben solichs wihers mitsampt der mulen ge-
nieiien und gebruchen und alle nutze und gevelhe davon schinende geben zu laissen also
lange und bis zur zit, das wir ader unsere nakomene und stifte ine soliche hundert gl. ader
sovil sie bis an dieselbe somme hundert gl darane verbuwet betten, widdergeben usgericht
und bezalt hain. und sobalde auch dem benanten Simond ader sinen erben soliche buwe,
üoril sich an gleublicher rechnunge erfindet bis an die somme hundert gl. imd darüber nit,
usgeracht und bezalt ist, alsdan sal solich wiher mitsampt der mulen an uns unsere
nakomene und stifte anstont widder komen und fallen, sunder des vurg. Simonds ader siner
erben hindemis ader inredde in einche wise ane argelist.
>) S. Bd. 3 No. 224, 1409; No. 262, 1482.
») S. •Koblenz St A. MC. VIU BI. 155* — 155b , No. 455, reg. Goerz, Regg. der Erzb. S. 289,
1474 April 5: Wir Johan etc. tun kunt und bekennen uffentlich an diesem brieve, das wir
angesiehen haben anneme flissige getruwe dienst, die unser amptman zu Witlich und lieber
getruwer Dietherich von Lontzen genant Robin uns und unserm stift zu dick mailen unver-
drossenlich getaen hait; und hain alsdarumb, demselben Dietherichcn zu besundem gnaden,
Imigin siner magt und irer beiden naturlichen kinden diese hemachgeschr. guter und gulte,
die Dietherich derselben Irmgin und den itzgemelten sinen kinden gekauft gegeben imd ufge-
tragen hait, gefriet und begnadet frien imd begnaden vur uns unsere nakommen und stift in
craft disses brieves also: das die vurg. Irmgin und ire egemelte kinder solcher guter halb
von allen beten schetzungen froenden diensten und andern bürden unser stat Witlich gefriet
sin sullen. ane unsem unserer nakommen unser amptlude keiner ader imands anders irrunge
intrag ader hindemis in einche wise. darzu so haben wir Johan erzbischof zu Trier etc.
obgenant die vurg. Irmgin mitsampt Dietherich Robins und iren naturlichen kinden obgemrt
in imsem und unsers Stifts schirme und versprechnis genomen, also das wir sie und ire gut
\iu: gewalt schüren schirmen und bi recht hanthaben sollen und wollen simder alle argelist
^) Doch auch nicht in Bd. 3 No. 262, 1482. Im übrigen vgl. zur Steuer- und Fronden-
freiheit der Beamten noch Goerz, Regg. der Erzb. z. (L JJ. 1471 Aug. 25, 1474 Apr. 5,
1481 Mai 27, 1486 Juli 13, 1494 Apr. 15; und zur Frage der Beamtenpensionen Goerz,
Regg. der Erzb. z. d. JJ. 1474 Mai 1, 1481 Juli 20, 1482 Apr. 20, 1489 Novbr. 16?, 1492
Mai 17, 1501 Febr. 3.
88*
[EmHieklung det Landesgewalt. — 1388 —
kratie bezeiclmend ist. Im Verhältnis zu den späteren Lokalbearaten der
LandesverwaltunR war der mittelalterliche ^VmtiiiRnn ganz ftufserordentlieh selb-
gtiindig. Zwar wuide er ab und zu, als bloiser Mandatar des Landesherm,
von diesem direkt mit einer Anzahl von Kleinigkeiten, welche sich schwer in
bestimmte Ressorts abgrenzen lassen, behelligt^ iiit übrigen aber war er in
seinem Amte nahezu Selbstherr*: schworen ihm doch soRai- neu eintretende
Amtsunterthanen anstatt des Landesherm^, und führte er untei" UmstJlnden
sogar selbständige Verhandlungen mit den Gi-enznachbam *,
Bei dieser Lage der Dinge bedarf es nicht weiterer Belege für die Be-
hauptung, dafs die Stellung der Amtleute gegenüber der Zentralstelle eine sehr
freie war. Wie (bänglich hier in späterer Zeit die Notwendigkeit einer engeren
Verbindunfj empfunden wurde, zeigt eine Anzahl von landesherrlichen Resknpten
des 16. Jhs., welche schliefslich in der Weisung der Anit-sordniuig vom J. 1574
g 31 gipfeln; gleichfals sollen unser ambtlenth und bevehlhaber unsem hefelch-
schiifteu, so ihnen aus unser canzlei zugeschickt wenlen, wan sie von einem
unserer secretarien underzeichnet, ob sie gleich von uns selbst nit und einschrieben,
ohne einichen verzugh gehorsam leisten, und was darinnen ihnen befohlen wurd,
imweigerlich volnziehen; es were dan das ein anibtnian kuren oder befinden
wurde, das der befelcb aus boseni berieht und verschwiegener warheit bei uns
erlangt und ausbracht were, und er bessei-e und unpartheilige inforaialion thun
konte : das sol er unverzüglich zu unser canzlei berichten und bis uf feraem
bescheid stellen und Inhalten. Im Mittelalter wäre eine solche enge Bin-
dung der persönlichen Verantwortlichkeit des Amtmanns noch undenkbar ge-
wesen; hier vollzog er. die meisten Anitsgeschäfte lokaler Art ohne irgend-
welche Ingerenz der Zenti-alstelle und war für diese nur ausfühn'ndes Organ
an der obersten Stelle empfundener Bedürfnisse*. So begreift es sich, dafs
") Vgl. Bd. 3 No. 191 lind No. 296.
') Oder wie es Hanssen, Al>li. 2, S38, treffend ausdrückt: die Amtleute regierten mehr
als die Zentralregiening. Charakteristiscli ist auch Speierer Amtsordnung 1470 S 42: die
Amtleute werden aufgefordert, die Amtsordnung öfter durchzulesen und etwaige Vorschlage
zur Verbesserung vorzubringen.
■1) S. Bd. 3 No. lÖC, 1343.
*) Speierer Amtsordnung 1471) § 21 ; bei Verhandlungen mit Grenznachbam wird ruhige
Sprache empfohlen.
^) Über die Art, wie die Anzeige eines ausgefülnlen Befehls der Zentralstelle durch
Transfix gegeben wurde, s. Cod. Lac. 186, 1356. Anders wunle die Sache erst dann, als
das Schreihwesen voll in die Lnndesverwaltung eindrang. Das ist indes kaiun vor beginnen-
dem 16. .Ih. der Fall gewesen, wenn auch die Anfänge stärkeren schriftlichen Verkehrs bis
In die Mitte des 15. Jhs. ziuUckreichen. Von gröfseren Korrespondenzen, welche indes
sämtlich noch für die grofse Selbständigkeit der Amtleute sprechen, sind erhalten a) Briefe
belr. den Amtmann zu Grimtmrg 14-52— .53, Regesten bei Töpfer 2, 368, vgl. auch Bd. 3
No. 23i^; li) Korrespondenzen mit dem Amtmann von Salm, niei^t in Bd. 1 und 2 der
Original schreiben in Koblenz St. A. (s. oben S. 12.53 Xote 4), von folgenden meist bei Goerz,
Regg, der Ei'zb. registrierten Daten: 1486 Sept. 2, 21, 28, Xovbr. 20, De/br. 26; 1487 Dezbr.
21; 1488 Apr. 2, Juni 26, Okt. 2 [steht in Bd. 1]; 1490 Apr. 23, Ang. 3; 1491 Pexbr. 7;
— 1389 — I^ie Landesverwaltung.]
^ine ordnungsmäfsige Kontrolle der umfassenden schiedsrichterlichen Thätig-
keit des Amtmanns erst im 16. Jh. erreicht ward*, während der Schlufs des
Mittelaltei'S es nicht weiter gebracht zu haben scheint, als bis zu der Be-
stimmung, dafs der Amtmann niemand hindern solle, klagend an der Zentral-
stelle zu erscheinen*. So ist es auch ohne weiteres zu verstehen, dafe das
System der gegenüber dem Amtmann entwickelten Kontrollen im wesentlichen
auf gelegentliche i)ersönliche Visitationen des Landesherm oder einzelner Mit-
glieder der Zentralstelle bezw. zeitweilige Zitation des Amtmanns an den Hof*
und auf Revision seiner Rechnungslagen hinauslief.
Die Rechnungslage selbst ist aber nun im Einzelfall sehr verschieden
weit entwickelt. Am besten und vollendetsten tibersehen wir ihr System nach
der Speierer Amtsordnung vom J. 1470. Hier erscheinen die Amtleute allein
— nicht noch neben ihnen ein besonderer Finanzbeamter, der Kellner, —
dem Landschreiber (Rentmeister) für die Revenuen verantwortlich; sie legen
über Einnahmen und Ausgaben im Amt Rechnung*. Dabei ist die Amts-
rechnung bis Sonntag Invocavit einzuliefern; sie soll sich über alle Ein-
nahme und Ausgabe erstrecken, es si an wine, kome, fruchte, gelte, freveln,
feilen und unfellen . . , und zu wellicher und ieder zit bestimt, wan und von
wem sollichs gefalle, wie es ußgeben und ingenomen si. Femer soll der hußrat
auch gerechnet werden, was des abgee und gebeßert werde imd wievil zu ieder
zit vorhanden si; und derselbe nuwe hußrat sol zu ieder zit in die register
des hußrats gezeichnet werden*. Wie ein Inventar des Hausrats vorhanden
sein soll, so auch ein solches der Renten und sonstigen Zinsen: die ampt-
1492 Febr. 9, Juni 22, Novbr. 27, 30; 1493 Juni 20; 1494 Novbr. 9, 16; 1495 Jan. 29,
Apr. 20, 22 [2 Briefe], Mai 4, Aug. 27; 1496 Jan. 8, Febr. 26, Apr. 24, Mai 1, 12, 18;
1497 März 19, Apr. 1, 18, Sept. 11; dazu Briefe vom Salmer Amtmann in Bd. 2 der
Originalschreiben von 1490 Apr. 19, Aug. 8; 1491 Aug. 19; 1492 Febr. 4 more Leodiensi,
24, Apr. 6, Juni 18, 24, 27, Aug. 2, 13, Novbr. 26, Dezbr. 2; 1494 Novbr. 3, 11; und end-
lich an den firzbischof eingesandte Kopieen von Salmer Verwaltungsakten von 1492 Aug. 14
[französisch, nach Bastnach] nebst Antwort, und von 1494 an capitaine Imoit in Bastnach
[cest nuyt sent Ljuair], sowie 1494 Novbr. ?, Novbr. 11 ; c) Korrespondenz mit dem Amt-
mann von Saarburg, 1498 Jan. 29, 30 [mit der Erlaubnis, an den Erzbischof adressierte
Aktenstücke zu öffnen], Aug. 7, Dezbr. 29; 1499 Jan. 27, Febr. 21, Juli 1, Aug. 25; 1500
Febr. 22, Juli 10; 1502 Juli 11, Novbr. 7. Leider ist eine umfassende Ausnutzung dieser
fast durchweg sehr lehrreichen Korrespondenzen durch die Ökonomie unserer Erörterungen
ausgeschlossen.
1) Trierer Amtsordnung 1574 § 22 und 23.
^) Speierer Amtsordnung 1470 § 41: die amptleute sollen auch keinen armen, er si
wer er wolle, verhindern unbilligen oder gremen, der vor unser selbs persone kommen und
sin Sache furbringen will, und ine darumb deste geneigter sin, dan wo wir des von ine
geware wurden, hetten wir zu keinem gefallen, und wan wir erfunden, unser armen lute uns
unwarheit furbringen, danunb wollen wir sie selbs tun strafen.
•) S. Speierer Amtsordnung 1470 § 6.
*) Speierer Amtsordnung 1470 § 26.
•^j A. a. 0. § 35.
[Entwicklung der Landesgcwall. ^ 1390 —
lute sollen auch die nuwen zinsbuclier in eron und wespu halten und Hiß tun,
was von Zinsen von nuwem erliinden oder suß genieret wurden, die juii'h daria
zu si'hrihen*. In gleicher Weise endlich soll Klarheit Über das Einkommen
der Amtleute seilet geschaffen werden; die Amtleute haben zu diesem Zweck
Verzeichnisse ihrer Besoldung einzusenden, und geschiecht sollichs in der
ineinuugß nit, das wir ine iren solle mineren wolten, sondern eines ieden
aiupts gelegenheit gnmtlich wissen mögen*. Gleich gründlich wie die Bml-
getierung wird nun auch die Rechnungslagf selbst behandelt*; vor ihrer jähr-
lichen Wiederkehr sollen alle Gefölle beigetriebeu werden : ohe das nit beschee,
sollen (die Amtleute) das darlegen; die Reste werden dann im Re«efs ver-
zeichnet*. In der Rechnung sind femer die einzelnen Posten wohl zu imter-
scheiden, so sind z. B. die Einnahmen von Ausleuten (auswärtigen Eigenleuten)
gesondert zu verrechnen'. Für die Ausgaben sind Quittungen als Beleg bei-
zubringen, so speziell für Löhne und Besoldungen ^. Eine Ausnahme scheinen
nur die Ausgal^en im tAglichen Domanialverkehr zu machen, wie er sich unter
Aufeicht des dem Amtmann unterstehenden Kellners abspielt; hier giebt der
Amtmann wohl nur eine Aufetellung im ganzen, wird aber dadurch kon-
trolliert, dafs er in diesen Sachen (wegen der Drescherlöhne, des Zehnts, der
Kelterweine) mit dem Kellner genau abrechnet, und zwar mit Kerbhölzern,
deren eines der Lohnarbeiter, eines der Kellner fuhrt'. Ist so schon für die
ßechnungslage eine Anzahl von Kautelen getroffen, so erfolgt schlieislich nach
Absi'hlufs derselben noch eine Generalkontrolle mittels Durchsicht der Bestünde
im Amte selbst: iglicher amptman, was er in sin i-echenunge verrechnet und
schuldig bliiie des remanets, sol er daran sin, das sollichs in kelleni kästen
uu<l schuwem alles fuuden werde, und was er au barem gelt schuldig blibe,
sol er dem landschriher uberantwurteu, oder wie wir das bescheiden zustunt,
mit denie die rechnunge beschlossen wirt".
So deutlich wie in der Speierer Amisonlnung ist nun sonst die Rech-
nungspflicht des Amtmanns in unseren Gegenden nicht betont. Diese Erschei-
nung hängt dantit zusammen , dafs sich an der Mosel wie auch sonst meist
neben den Amtleuten noch besoniiere, aus «leui Villikat der alten landesherr-
lichen Grundherrschaft herauswachsende Finanzbeamte entwickelt hal)en, die
Kellner": so dafs hier eine Zweiteilung der Funktionen eintrat, wUhrend die
■) A. a. 0. g 29.
*) A, a. 0. g 34.
*) CharakteristiacU für sie wie iür das ganze System ist Speierer Aiiitsordmmg 1470
: genaue Bestimmungen über die Behandlung der verücbieilenen eint) iefs enden Miuizsorten.
') A. a. 0. § 36.
^) A. a. 0. § 37.
•>) A. a. 0. g 32.
') A. a. 0. g 36.
") A. a. 0. § 15.
") S. darüber unten S. UIO ft'.
— 1391 ^- I^ie Landesverwaltung.]
Kellner im Speierschen wesentlich in ihrer alten Stellung als landesherrliche
Meier unter den Amtleuten erhalten blieben. Indes ist doch auch sonst der
Amtmann keineswegs von jeder Rechnungslage ausgeschlossen. Zunächst liegt
ihm wohl stets die Rechenschaft über die seiner Eintreibung überlassenen
Fructus iurisdictionis ob *, wenn dieser Posten sich auch im Trierschen in den
Kellnereirechnungen verrechnet findet^. Femer abei- kommt es bei aufeer-
ordentlichen Fällen (z. B. der Ernennung eines Oberamtmanns über mehrere
Ämter) ^ wie in der Frühzeit der Amtsentwicklung, wo die Funktionen zwischen
Amtmann und Kellner noch nicht erfahrungsmäfsig genau geschieden erscheinen,
vor, dafs die Amtleute auch zu umfassenderer Rechnungslage herangezogen
werden *. Und in der That hatten sie ja, besonders soweit sie zugleich Burg-
grafen waren, direkt unter sich eine mit genügend grofsen finanziellen Mitteln
arbeitende Verwaltung, über deren Stand eine Oberaufsicht auszuüben man
mit Recht beanspruchen konnte. Später aber, nach voller Ausbildung des
Kellneramtes, ei-scheint eine umfassendere Rechnungslage der Amtleute wohl
nur da, wo denselben ein Amt pfandweise oder unter verwandten Be-
dingungen übertragen war*.
Dieser geringen Rechnungsthätigkeit entspricht es denn auch, wenn die
Amtleute erst sehr spät mit vollkommneren bureaumäfsigen Hilfemitteln aus-
gestattet werden. Wenn es auch schon früh verwandte Aufzeichnungen ge-
geben haben mag®, so hören wir doch im Sponheimschen erst 1437, im Trier-
schen erst 1548 von der Einfühlung offizieller Amtsbücher ^ d. h. von Büchern,
') S. Bd. 3 Xo. 135 § i 1336-1345.
«) S. z. B. Bd. 3 No. 294, 1344--45, S. 454.
«) S. Bd. 3 No. 187 § 12, 1351.
*) S. Arch. Clervaux No. 66, 1300; Bd. 3 No. 90, 1310; Arch. Clervaux No. 191,
1336 ; Bd. 3 No. 140, 1337 ; No. 157 § 1, 1343.
^) S. z. B. Bd. 3 No. 244 § 10, 1464.
^) Honth. Hist. 2, 201, 1357: Heinrich von der Leien hat zu zahlen solche broche
und ubergrieft, die Johan von Steine amptman zu sente Wcndeline gezeichent und die [der
Erzbischof] an mich gevordert hat.
^) Sehr interessant ist namentlich Sponheimer Ordnung 1437 S. 393 — 4, zu Art 23:
unser herren habent ire oberamptluden und den lantschribem entpholen von des gultbuches
wegen, daz sie rlten sollent iglicher in sin ampte von stat zu stat, von dorfe zu dorfe, und
ein gultbuche verschriben und machen uf daz allergrundlichistc und beste, es st an beten,
an sturen, zollen, ungelten, zinsen, feUen und an andern renten, auch an fruchten, wine, hunren,
cappen, gensen und anders, nutzit ußgenomcn, wie und wovon ein iglichs gefeilet, und soUent
daz hergrunden an den scheffen und gemeinde so heimelich so offlich, als sie dunket, damit
daz ganz hergrundet möge werden, und soUent alte und nuwe zinsbuchere und gultbuchere
vor sich nemen, lunb daz ez allez destu eigentlicher zu wege bracht werde und nutzit ver-
geßen werde oder dahinden blibe. und wan daz also vollenbracht ist, so sal iglichem herren
von iglichem amptman der bucher einez geantwort werden in glicher forme. Vgl. auch Scotti,
Chur-Trier 1, 322, 1548, Befehl an jeden Amtmann, daß du anstunt ein amptbuch machen
und ufrichten imd darin aUes das, was du amptshalb von diesem tage an hinfuro handlen
vertragen imd entscheiden wirdest, vleißgih ufischreiben und registriren lassen wullest, der-
[Entwicklung der Liin(iesge*alt. — 1392 —
welche nel)eii einer Buchung von Einuahnie und Ausgabe vor allem auch die
fortlaufende Führung eines Ämtsurbars enthalten sollten'. Später wird daun
freilich ihr Inhalt ein \iel mannigfaltigerer; nach der Bestallung besonderer
Ainlsschi-eiber zur Führung der Bureauarbeiten des Aintjuaniis sollen die Trierer
Anitsbücher vom J, 1574 u. a. enthalten das Anitsurbar einschliefslich der Ver-
Iiflichtungen gegen auswärtige Herrschaften, die Weistümer des Amtes und die
rrotokolle der Vei^leiche und Scheidungen im Gerichtsverfahren vor dem
Amtinaim ^.
Nach dieser Entwicklung der bureauniiüsigen Unterstützung des Amtmanns
bis zum 16, Jh. unterliegt es schon keinem Zweifel mehr: der mittelalterliche
Amtmann war mehr ein Maim der ki-äftigen That, als der überlegten Ver-
waltung; er vertrat zunächst noch die Interessen des mittelalterlichen Staates;
seine Hauptaufgaben waren i)olizeiliL*he : Aufrechterhaltung der Ordnung, richter-
liche: Schiedsspnich und Vergleich der Stieitenden, und erst in zweiter Linie
handelte es sich bei ihm um eigentlich administi'ative und finanzielle Funktionen.
Die [xilizeiliehen Funktionen des Amtmanns aber beruhten vor aUem
wieder auf seiner ursprünglich militilrisch-vogteilichen Stellung. In ihr me ia
der ganzen Thätigkeit des Amtmanns wirrt aber wohl kaum ^in Element mehr
betont, wie das des vogteilichen Schutzes; von der frühesten bis zm- spätesten
Zeit miterläfst es kein Amtsrevere, die Amtseingesessenen vor allem dem Schutze
des Amtmanns zu empfehlen^. Aus diesem Schutze folgt dann direkt die
Bürgschaft des Amtmanns für Landesruhe und Landessicherheit , um! so
wird der Amtmann zum obersten Lokalbeamten der Landespolizei*; eben in
miiß, so sich wQrd zatrogen, daß wir davon berichts h«durfen wurden, daß wir das bei dir
oder in dem aiiiptiitiecli befinden und du uns denselbigeu besiendiglicheii tliun und zu-
schreiben lassen mögest vor eins.
') S. Bd. 3 Ko. 281 g 3, c. 1530.
-) S. Trierer Auitsordnung 1-574 gg 1 —7, 12. S. aucb Ungefährliche VeraeielinuB etlicher
Titul. so zu einem Ampts-Buch gebraucht werden mögen, welche auch zur Instniciion, wie
die Vemeuenmg der Zins- und Gült-Bücher soll voi^enonimen werden, dienstlich, in Wencker,
Apparatus et instractus orchivonun, Strafsburg 1713, 4», S. 426—433.
') S. z. B. Bd. 3 No. 85, [I303J; So. 127 § 2, 1333; Ko. 140 S 2, 1337; Ko. 149,
1340; Ko. 153, 1341; No. 135 § 12, 1336-46; Ko. 182 §§2—4, 18.50; Ko. IS7 § 1, 1351;
Ho. 244 § 1, 1464. S. auch noch -Bald. Kesselst. S. 780, 1352 Febr. 22: Ich Wemher
Knebil von K atz ineinbogen ritler dün kunt allen luden und bekennen ufTenlichen au disem
brive, daz der erwerdige min herre her Boldewin erzebischof /ft Ti'iro mich zu -Stalberg
Slalecke Brunshom Bacharach und Stege Kiubulle und in dem nuweu gerichte und waz darzä
geboret sinen amptman geinacbet bait und uiir dieselben vesten und lant mit ireni zügehore
bevolen halt, und sal ich dazseihe ampt beriden hanthabcn, gude, rechte, lüde edil und
imedil riebe und arme geistliche und wemtliche, die in doz iimpt hftrent, verantwertea luid
die schirmen geruliche nach aller miner möge und na minen besten sinnen, und sal ich mime
vorg. herren von Trire sine lebetage in welchem wesen er were mit den vorg. vesten delen
und gäden und mit allem dem, daz darzä gebJtret, gehorsam sin und warten als ein getniwe
amptman.
*) S. CRSL 3, 224, 1337; 314, 1345; auch WLeudesdorf 1382, G. 1, 831, eil. olien
— 1393 — I^ie Landesverwaltung.]
dieser Eigenschaft zunächst ist er Befehlshaber einer kleinen, im Amtssitz
lagernden Polizeitruppe zur Bereitimg des Amtsbezirks ^ Nicht minder aber
folgt aus der Schutzpflicht des Amtmanns die Verpflichtung guter Behandlung
der Amtseingesessenen eben von Amts wegen; dem Amtmann wird jede Be-
lästigung der Unterthanen verboten ^. Ich enwil auch niet, sagt der Graf von
Blankenheim im Blankenheimer Statut 15. Jhs., dafs der Amtmann min under-
S. 1132 Note 3. Zur Durchführung ist ferner sehr charakteristisch ^Koblenz St. A., Kurf.
Trier Staatsarchiv, Geh. Kabinet, Personalien der Erzbischöfe, 1472 Dez. 12: Unserm ampt-
man in Ilamme und lieben getruwen Clais Stetgis von Tris, Johan von gots gnaden etc.:
Lieber getruwer. Uns ist furkomen, so wie die von Cochme etliche plege us unserm stifte
nuwelings vur sich verbott und bescheiden haben gehabt und daselbs under ine beslossen,
uf nehst montag zu Tris zusamen zu komen, also haben wir daruf den unsem zu Celle im
Hamme und der pflegen darzu gehörig tun schriben und verbieten der dinge muessig zu
geon und ghenTHs als obg. st^t nit zu komen. ist darumb unser ernstlich bevelhe, das du
solicbs mit den im Hamme verhinderes und nach dem besten darfUr sls, das sie in solicher
obg. gestalt ghen Tris uf nachstkomende montag nit komen. Geben zu Erembreitstein uf
sant Lucien abent anno etc. Lxxiio. S. dazu ^Koblenz St. A. , Kurf. Trier Staatsarchiv,
Geh. Kabinet, Personalien der Erzbischöfe, 1472 Dez. 12: Unsem lieben getruwen zender
scheffen etc. zu Celle im Hamme und der plegen darzu gehörig, Johan von gots gnaden erz-
bischof zu Trier etc. : Lieben getruwen. Als wir itzt wieder anheimsch in unsem stift sin
kommen, hait uns gleublich angelanget etlicher der unsem handel in unserm abewesen, und
besunder wie deshalb unser burger von Cochme uch und andem haben beschrieben ader
verbodt zu eime heimlichen gespreche ghen Cochme uf unser lieben frauwen tag conceptione
daselbs etwas versamelunge der unser si gewest und nach etlichen ei^gangen redden die
meinunge, das bis nehst montag ein ander verhantlunge zu Tris gescheen sulle: soliches be-
fremdet uns etwas fast und vil mer der burger zu Cochme gedurstikeit, das sie sich der
oberkeit annemen verbodunge uwer [uch] und ander zu machen, besunder in unserm abwesen :
dan were ine ader andem den unsem icht angelegen, sie mochten uns billicher darumb be-
schicket ader unser zukunft erwartet und iren bresten geoffenet haben, doch wie dem [si],
wir bevelhen uch mit ernst gebietende, angesehen wie ir uns gewant sit, das ir in keinen
wege zu der nehsten versamelunge ghen Tris koment oder schickent noch uf der von Cochme
oder ander angeben uch zu einchem heimlichen gespreche reizen ader bewegen laissent, als
wir uns des zu uch genzlich versehen, dan ist uch ichts anligens ader brestens, so mogent ir
bi uns senden, wir wollen die uwem gnediclich hören und frilich gutlich antwort geben
laissen. Geben zu Erembreitstein uf samstag nach conceptione Marie anno etc. LXXiio.
1) S. CRM. 3, 148, 1326 § 8: Erzbischof Balduin beklagt sich über die Bopparder, dat
si sime amptmanno virboden haut, dat he numme wan dri knechte mit drin svertin halde;
femer oben S. 1302 Note 2, 1337; Bd. 3 No. 188, 1350; No. 244^ § 8, 1464; No. 264, 1488.
») S. Bd. 3, S. 135, 89, 1825; No. 238, 142; No. 244 § 2, 18, 1464; Speierer Amts-
ordnung 1470 § 5: Geschenkannahme durch die Amtleute verboten, aufser Vs Viertel Wein,
1 — 2 Kapaunen, Gänse oder Hühner oder dergliche eßende speise; s. femer a. a. 0. § 8:
die Frondienstei sollen gefordert werden, so es (den Unterthanen) am allerlidlichsten und be-
quemlichsten ist; auch soll man das Fronholz spärlich brennen; und a. a. 0. § 10: Verbot,
die Unterthanen mit unentgeltlicher Speisung (atzunge) zu bedrängen. Vgl. auch noch Bd. 2
S. 655, und *Kirchenarchiv SGangolf-Trier, 1499: er sal auch dieselben unsere bürgere
und undersaißen zu dhoinen ungewoenlichen diensten firoenen achten ader anderen beschwer-
nissen dringen, sonder er sal is dabei laissen, als is bi unsem vorfaren seligen und iren amptluden
gehalten ist worden.
[Entwicklung der Laniieegewalt. — 1394 —
Baissen bitlde eme zu dienen, is si vil ofte weinich, want ich si mit nieniajis
me (»eladen eiiwüle hain, dan mit mir selver'. Und in der Sponheimer Anits-
ordnung vou 1437 § 10 heifst es: die Amtleute sollend von niemand . . in
u. h. lant keinerlei schenke oder miete nemen von golde oder von silber; ob
aber ir eim icht beschenket minie von liuten deschen mosuem, oder ob eiui
hunre oder cappen geschenkt \vurdent, daz mochte er wol nenien ungeverlich,
doch daz sie nitdesteminre den Inten gliche und gemeine sient. Mit diesen
Bestimmungen hänjrt es zusammen, wenn dem Amtmann keinerlei Eingriffe
iwlizeilicher Willkür gegenüber den Untei-thanen gestattet werden; er soll
weder an Personen noch an Sachen Hand legen ohne gerichtliches Urteil *.
Mit dieser vogteilich-polizeilichen Stellung verbinden sich nun aber aufs
engste die militärischen Funktionen des Amtmanns. Man kann von einer
doppelten Grundlage dei-selben sprechen; sie beruhen einmal auf der ursprüng-
lichen Stellung des Amtmanns als Burggraf, dann aber auch auf seiner ur-
sprünglich vasallitiscben Pflicht militärischer Dienstleistung laut Hienstlehns-
revers"; eben diese Pflicht militärischer Dienstleistung hatte sich ja von jeher
mit dem Burggrafenamt verknüpft. Als Bui-ggraf war der Amtniami vor allem
kommandierender Burgmann der Burg, welche seinen Amtssitz bildet«; in
fi-ühester Zeit wachsen sogar die Amtleute bisweilen direkt aus einem Burg-
iiiannenverhältnis zur Amtsbnig; in ihre Amtsstelle hinein*. Als Konmiandaiit
hatte der Amtmann dann den Befehl Über die gesamte Burgbesatzung, und
zwai- sowohl über das eigentliche Sohlburggesinde wie die nach Lehnsrevers
dienenden Burgmanneu*. Dabei verfügte er über das Gesinde völlig unbe-
dingt: er nahm es in Sold*, es schwor ihm nach dem Landesherm', nicht
selten beköstigte und löhnte er es auch aus*, falls die Zahlungen nicht dem
') Ann. (1. hist Ver. f. d. Niederrh. 9-10, 122.
») S. Bd. 3, S. 131, 16, 1324.
') S. diiiM Bd. 3, S. 138, as, 1325.
•j So wird die Beelallung zu Amt StulzenfeU, Bd. 3, ^i. 155, u, 1336, ausgestellt für
Everliart Brenner ritter von Lonsten börgman z& Stolzenfels. S. autli Bd. 3 Nu. 165, 1345.
*) Sponheimer Ordnung 1437, zu § 19; dem Kreuznaclier Aintmaun ist entpliolen, den
burgfreden zu Cnusenach zu sweren, nacfadeni ime daz geburt als eime aitiiiiinan. Zur mili-
tärischen Stellung des Amtmanns zu den Burgmannen seiner Burg, wie zu deren Unterhalt
und Verteidigung s. vor ollem den Bm^rieden von Schmidbiirg, CRM. 5, 18, 1504, welcher
sehr genau Auskunft giebt.
') S. Bd. 3 No. 127 § 4, 1333; No. 190 § 9, 1351; No. 198 § 1, 1358; No. 244
g 9, 1464.
') S. Bd. 3 No. 127 S 3, 1333; No. 135, 1336—1345; No. 210 S 3, 1380.
") S. z. B. Bd. 3 No. 230 § 2, 1420, luid vgl. nuch Honth. Hist. 2. 340, 1404,
Amtsrevers Dietrichs von Kesselstadt fitr Dann: schloß und herrschaft von Dune init den
dorferen Crove, Kinhcim, Kinnel, Kinheimerburen, Jttle und Bengele, das dn liidie beischet
. . . uf mine kost, und nit uf ntines herm kost. Er hat aber i'in sehr hohes (iehalt, zahl-
bar durch den Kellner in Kochern. Ich sal auch stetlich uf und in der bürg zu Dime mit
minem gesinde huishalden und wonen und mich stetlicb ballen selbsiehende reisiger ge-
— 1395 — -We Landesverwaltung.]
Kellner vorbehalten waren ^ Den Burgmannen dagegen stand der Amtmann
weniger selbständig gegenüber; obwohl es auch hier in Einzelfällen vorkommt,
dafs er völlig in die Stellung des Landesherm ihnen gegenüber einrückt*.
Wie das Kommando, so hatte der Amtmann auch die Verantwortung für die
bauliche Instandhaltung der Burg^; doch sollen die Amtleute nach den Ord-
nungen späterer Zeit nur kleinere Bauten ohne Wissen der Zentralstelle aus-
führen*, für gröfsere Bauaufwendungen dagegen deren Erlaubnis einholen und
mit dem Landesherm über den Ersatz der Kosten besondere Vereinbarung
treffen*. Neben der eigentlichen Amtsburg al)er standen auch die übrigen oft
zahlreichen landesherrlichen Burgen des Amtsbezirks mit seltenen Ausnahmen •
unter der Aufsicht und dem obersten, ursprünglich bisweilen alleinigen Kommando
des Amtmanns ' ; die dort kommandierenden Burggrafen oder Unteramtleute wur-
den in einzelnen Fällen sogar nicht von der Zentralstelle, sondern vom Bezirks-
amtmann eingesetzt®, und jedenfalls hatten diese Burggrafen ihr Gesinde mit
Rat und W^illen des Amtmanns bezw. auch des Amtskellners zu wählen ®, und
dieses schwor dem Amtmann vor dem eigenen Burggrafen*®.
wapcnder und echt reisiger pferde, vier thomknecht, einen portener und einen waenknecht
uf mine kost, und nit uf mins horm kost.
1) S. Bd. 3 No. 135, 1336—45.
«) S. Bd. 3 No. 140 § 1, 1337 ; No. 198 § 1, 1358.
«) S. Bd. 8 No. 127 § 2, 1383; No. 158 § 2, 1343; No. 182 § 5, 1350; No. 210 § 6,
1380; s. auch *Bald. Kesselst S. 659—660, 1338 Sept 29, H. Bimschure est burgravius
Malberg ad vitam, cum promissionibus: wo auch wir zä solichem k&ntlichen bäwe [an der
Burg] holzes bedorfen, daz sullen wir in unsers vorgen. herren weiden nemen und houwen
und sullen ez uns unsers herren armen luten von den ampten zä Kilburg und zu Malberg
heruz helfen fiiren, ez sin steine oder holz, des wir zö buwe da bedorfen.
^) Speierer Amtsordnung 1470 § 28: die Amtleute dürfen ohne Wissen der Zentral-
stelle nicht bauen, aulser Dächer und Schwellen zu halten. S. auch Bd. 3 No. 281 § 12, c 1530.
») S. Bd. 3 No. 229, 1415.
•) S. Bd. 8, S. 210, 18, 1350.
^) S. Bd. 3 No. 135, 1336^-45; Sponheimer Ordnung 1437 § 2: der Amtmann soll sin
ampt in slossen, stetten, dörfem und andern allen herlichkeiten und zugehörungen . . hant-
haben, versprechen und verantworten. Speierer Amtsordnung 1470 § 1: der Amtmann hat
soliche schloße und stette, so ime von unser wegen bevolen sint, in guter acht zu haben.
S. dazu auch noch a. a. 0. § 23: die Amtleute haben die Oberaufsicht des Hausrats in
den Burgen, der Geschütze, des Werkzeugs sowie der Verproviantierung.
») S. Bd. 3 No. 182 § 5, 1350; ♦Koblenz St A. MC. 11^, Bl. 269» No. 257, Goerz
Regg. der Erzb. S. 102, 1368 Febr. 3: Adolphus dictus Renner de Wevelinchoven fidelis
noster, quem nobilis Gerardus de Bilsteine canonicus Coloniensis consanguineus noster nunc
o£Qciatus dicti castri et ofßcii de scitu et voluntate nostra suum in eodem Castro et officio
subofficiatum constituit, nobis ad usus redemptionis et absolutionis pre&ti castri et offidi in etc.
») «Bald. Kesselst S. 628, Obligatio Balduinstein Th. de Stafle pro 400 fl., 1385 Febr. 9 :
Diderich von Staffele Ritter reversiert sich für bürg Baldenstein mit allem, daz darzu gehöret,
als man und dinstman des Erzbischofs. Er soll die Burgleute rekrutieren mit rade und mit
willen unsers burgreven und kelneren . . zu Montabür.
i<>) *Bald. Kesselst S. 574—5, 1331 Febr. 20: der Lombarde Jacomin von Monkler
erhält ein Unteramt imter Grimburch, SWendel. Er soll daselbst einen burglichen Bau
(Entwicklimg der Landeagewall. — 1396 —
Ül>er das Burgkoimiiaudo hinaus war fler Amtmann ursprünglich noch
durch seine Stellung nach Dienstlehnsi'echt zu luilitÄrischen Leistungen ver-
pflichtet. Diese Veri'flichtunp uTinle auch späterhin beibehalten; ganz all^'e-
meiu leisten die Amtleute Tage, wie der mittelalterliche Ausdruck lautet, wenn
auch auf Kosten uud Verlust des Landeshemi ' ; und diese Leistunj: kann ge-
legenUich noch dadurcJi eitöht werden, dafs der Amtmann sich nach besonderer
Vereinbarung zur Haltung einer kleinen Kriegstruppe bereit erkläil*. Mit
dieser Stellung, wie mit der aus vogteiliclien Befugnissen folgenden Berechti-
gung des Amtmanns zur Führung der alten Heeres- und Gcrichtsauszüge der
Amtseingesessenen war es nun ohne weiteres gegeben, dafs der Amtmann zum
eigentlichen militärischeu Befehlshaber und militärischen Vei-waltungsbeamten
des Amtes heranwuchs; so finden wir ihn schon im Mittelalter direkt thätig';
enichtpn. die Knechte desseibcn sollen schwören mime vorg. herren [von Tripr] oder sime anipt-
manne zä Ürimberg, wer da ein bui-grere wirl ?ä ziden, an mincB hc-rren sind zövorenz, und
mir danach also sime aDiptmanne r.& Santc Wandaline. 'Bald. Kesselst S. 658, 1388 Jau. 20:
H. de Clotten est bnrgraviue ibidem ad Wlam, wird auch Amtmann genannt Seine Knecliie
hulden und schwüren dem Burggrafen ton Kochern und ihm. 'Bald. Kesselst S. 659 — 660,
1338: die Burgleute von Malberg schweren dem Aiutniann zu Killbui^ und dem Burggrafen
Bu Malberg; es sind 1 porCener 2 tiirukuechte 2 wechter. Dagegen heifst es «on den Burg-
mannen nur: ouch sullen wir und globen von berolnisse und geböte unsers vorg. herren alle
die hurgman von Malherg manen darzÄ halden und twingen von unsers herren wegen mit
iren burglehen und wie wir mögen, dnz sie sitzen und unsem herren und deme stifte von
Triere tun. als sie scbuldig stnt zft töne. 'Bald. Kesselst. S. 664—5, Prombsio Th. de Stafle
pro Baldinstein 89, capituliun Treverense habet simitem, 1339 März 29: auch aal ich allezlt
poiteiier lumkneehte wechter und behuter der vorg. bur^e nenien und setzet;, die dem stift
von Triere angehorent und die in mins ^en. herren von Trire und sines Stiftes lande imd gerichle
gebom und geseßen sint Sie sollen dem Burggrafen von Montiibaur anstatt des Erzbischofs
imd Stiftes schwören, dann dem Amtmann. Töpfer 1, Ko. 284, 1355: Itevers des Nicolaus
von Hunolstein, daß ihm Kmliischof Boemund von Trier die dem Erzstift geliöiigc Feste
Neuniagen an der Mosel auf Lebenszeit verliehen bat. Und sal ich dise]l>e vesten bekostigeh
behuden und in gudem gewonlichem gebewe und an graven halden besser, dan si itzund
Bin auch sullen mine diener, 'den ich die egen. veste bcvolen zu bilden, von erst i'
ich si dar setze und e si mir einicbe globnUsse oder eide dun, globen Imlden und schweren
einem ampiman zu ziten zu VVitlich in mines egen. herren und sines stifles wegen, mit der-
selben vesten getrewlich zu warten und geborsamb zu sin in aller der massen, als vi«- ist
begriffen.
'I S. Bd. 3 No. 182 § 4, 1350; auch Ko. 184 § 5, 1350; Ko. 187 g 6, 13.>1; Ko. 190
§§ 2 und 3, 1351 ; Ko. 244 § 6, 1464.
«) S. Bd. 3 No. 230, 1420.
») S. z. B. Bd. 3 Ko. 212, 1385, aus späterer eiitttickcltcrer Zeit Ilontb. Htst. 3, 184,
1598, Erzbiscbof Johann an alle Amtleute: nachdem liei diesen bescbwerlichen kiiegsleuften
und hochgefehrlichen geschwinden practiken hochnötig, gut und fleißig ufiieliens zu haben,
viewol wir mit niemants in ungutem etwas zu schaffen wissen, so ist unser giiedigst bevehlen,
du wollest in unsem ambtem deiner Verwaltung alsbald eine generalmusterung anstellen, da-
bei den underthanen ernstlich auferlegen, sich mit nothwcndigen wehren gefast und in guter
bereitacbaft fertig zu halten ; auch diejenige under inen, so in kriegssachen am besten ei-fareu
und versucht, aussetzen, womit sie auf unser erfordern an ort und ende, sie binbesclieiden
— 1397 — IHe Landesverwaltung.]
von diesem Gesichtspunkte aus ist es auch erst voll zu verstehen, wenn den
AinÜeuten Kriegsfühiiing auf eigene Faust auf Grund ihrer Amtsbefugnisse ver-
boten wird^
Die Notwendigkeit, ja tlberhaupt Denkbarkeit dieses Verbotes zeigt
wiederum besonders deutlidi den schon früher betonten Charakter ungemeiner
Selbständigkeit, welcher den Territorialbeamten des späteren Mittelalters inne-
wohnt. Eben auf dieser selbständigen, unabhängigen Stellung bauen sich nun
diejenigen Funktionen auf, w^elche der Amtmann auf dem Gebiete der Ge-
richtsverwaltimg und Rechtssprechung ursprünglich besitzt oder später über-
nimmt. Da ist der Amtmann vor allen Dingen in umfassender Weise Ver-
treter des Landesherm als Gerichtsherm ; er übt den Gerichtsschutz in
jedem Sinne aus^ und tritt von diesem Standpunkte aus auch als subsidiärer
Richter der gnmdherrlich-standesherrlichen Dinge auf, falls sich die grund-
herrlichen Beamten als machtlos erweisen^: eine Befugnis, welche begreif-
licherweise mannigfache Übergriffe veranlafste *. Regulär lag aber neben
dieser Befugnis die Gerichtsexekution in der Hand des Amtmanns ; eine Pfän-
dung ohne sein Zuthun war durchaus verboten*. Aus dieser gerichtsherrlichen
Schutzpflicht wie seiner nicht seltenen kommissarischen Thätigkeit in schieds-
richterlichem Entscheide bei Streitigkeiten, besonders zwischen dem Landesherm
und den Grundherren ^, entwickelte nun der Amtmann unter Zulassung, ja bald
Begünstigung der Zentralbehörde schon bald nach dem Aufkommen des Amts-
begriffes die Anfänge jenes Vergleichs- und Schiedsgerichtsverfahrens, dessen
Entfaltung zu voller Richterthätigkeit schon oben S. 1330 f. erörtert worden
ist. Die Details dieser Entwicklung weiter auszuführen ist hier nicht am
Platze ' ; stellen wir nur fest, dafs dem Trierer Amtmann im Verlauf derselben
werden, mit ihren wehren bereit erscheinen und unserer Verordnung darunder erwarten
moegen; wie ingleichem daß sie gute hut und wacht anstellen halten und sich selbsten am
besten vorsehen, vor allen dingen aber hastu auf gute kuntschaft auszuschicken und daran
nichts zu ersparen, was dir auch von einem oder anderm ort des kriegswesens imd dahero
antrowcnder gefahr in ein und andern weg zukömbt, uns bei tag und nacht unseimblich zu
berichten. Ganz ähnlich Scotti, Chur-Trier 1, 594, 1619.
') S. Bd. 3 No. 158 § 7, 1348; No. 184 § 8, 1350; No. 187 § 4, 1351; S. 232, 5, 1358.
2) S. Bd. 3 No. 127 § 2, 1338 ; S. 483, e, 1350.
8) S. UMünstermaifeld, Hs. Koblenz CXI* Bl. 15b, cXlb Bl. 18*, cit oben S. 1230
im Text
*) S. Bd. 3 No. 242, 1462; Honth. Hist 3, 50, 1577, cit oben S. 1059 Note 2.
«) S. Bd. 3 No. 150, 1340; No. 184 § 6, 1850; S. 229,85, c. 1350; Honth. ffist 2, 644,
1533 : Erzbischof Johann III. weist zur Exekution aller gerichtlichen Urteile — auch auf Re-
quisition der beiden Offizialate — wie aller sonstigen Gerichte die Amtleute aufs strengtse an
und bestimmt ihr Pfändungsrecht genauer. Vgl. auch WLeyen 1555, G. 2, 505 : es gebe auch
ein gemeind jerlichs dem amptman 40 weisspfg. der Ursachen halben, das der amptman dem
heimburger erleubt, wen hinlich oder breuloft, das alsdan keiner den andern heiligen oder
kommem dorf.
«) S. z. B. Bd. 3 No. 180, 1349.
^) Zu den Etappen im Mittelalter vgl. u. a. Bd. 3, S. 68, se, 1275 ; *Bald. Kesselst.
[Entwicklmig iler LuBdeägcwalt. — 1 398 —
auf Grund rior AmtsoritnuiiL' vom J. 1574 etwa folf,'ende Befusmissp zustande«:
die Feststellung der Geriehtsstrafen im gewöhnlichen Veifahien unter Teilnalime
von Kellner und Ämtsschreiber sowie Beirat des Schöffenstuhls und Richtera
je nach MaTsgabe der besonderen Uinstüiide, die Oberaufsicht ttlier die ge-
wöhnliche (Schöffen )gerichtsbarkeit und die in derselben zugezogenen Ref hta-
beistände, das Recht, gegen lYozefswut einzuschreiten*, die Gerichtsexeltutive
fdr die Patrimonialperichte und die geistlichen Gerichte, endlich und vor allem
eine mit der gewöhnlichen Gerichtsbarkeit bevorzugt konkurrierende Rechts-
sprechung; auf Grund früherer Thfitigkeit in Vergleich uud Schiedsgericht.
Noch viel mehr, wie die Entwicklimg einer richterlichen Stellui^, fällt
die Durchbildung der administrativen Funktionen des Amtmanns in die Zeiten
jenseits des Mittelalters: was hier für das 14. und 15. ,11, anzufahren ist,
bildet nur bruchstücksweise und in sieh vielfach noch wenig zusanunenhängende
Anfilnge einer später sehr ausgebreiteten Thütigkeit. In den Vordergrund
treten daltei noch Leistungen, in welchen der Amtmann nur als Geschäft3-
fllhrer des Landesherm erscheint, so die Vertretung der Person des Lande»-
herm bei Akten freiwilliger Gerichtsbarkeit^, die Vereidigung autonomer Be-
amten an Stelle des Landesherm*, die Kontrolle der landeshenlichen liomänea
und Domanialrevenüen, sowie die Stellvertretung der landeshenlichen Donianial-
1325 Juli 26: Giselbrecbt gen. Pelegrio von Gli[ierch gelobt dem Erebiscbof Balduin von Trier
gehorsam zu sein und recht TÖr sinen anbitluden und aii^n andersw» [zu] geven und [m]
Demen. Sponheimer Ordnung 1437 g 5; wer ez dciK die burger und anuen lute imdereinander
ich zu schonende gewünnend von angevellans erbe und guts wegen oder sust unib ander
flpemie, dft eio teile von den andern rechts begerte, da eollent die aniptltite allemale be-
stellen, dem clager eins unverzogenen rechten geholfen werden in dem gerichte, da daz erbe
geiTiIlen ist oder da der silzet, dem man nusprichet, nach desselben gerichls laufe recht und
herkomen.., es were dan ob die parthlen mit irer beider wissen nnd willen übertragen
werden machtent. Der § nennt das hilfe dez rechten oder gutlicher teidingc. Sjteierer Anits-
onlnung 1470 § 20; was kleine aachen sinl, daran nit großes oder mergliches gelegen ist
(in Streitsachen, vornehmlich wohl Vermögensfragen), das sollen die Amtleute selbständig
erledigen und mlindlicb berichten, wann sie an den Hof kommen. S. dazu auch noch a. a. O.
8§ 7 lind 19.
') S. dazu schon Blankenheinier Anitsstatut 15 -Ih»., Ann. d. hist. Ver. f. d. Kiederrli.
9 — 10, 123; wir willeu auch, dat ir die arme lüde ind uiidersaissen vüsselicben ind tniwe-
liche verhoidt, dat sie sich under sich mit gedingen noch mit hadelicn noch mit .indoren
tuisserien nich enverdorven.
") Töpfer 2, 224, 1430: Nicolnus Vogt imd Herr m Hunolstein verepricht, über lU-n
Verkauf seines Zehenten zu Guntzenraid an den SKatharinenaltar in der Kirche zu Bt'isch-
droj-n bis nächsten Martinstag den Kaufbrief zu fertigen nnd mit Konsens des Erabischofs
von Trier durch Daniel von Kellenbaeli, Amtmann zu Baldcnan, den Zchenien gerichtlich
zu überweisen.
") S. Bd. 3, S. 182, II, 1342. MTolch, G. 2, 470—471 : so was aiiiptcr man da setzet,
es sei heimburgen geswomon schützen klockener und fioenen, die gclobenl eini aniptman von
Covern von uosers gn. h. wegen oder dem vogt von Covern, und dnn den erben darnach,
und schwören dan mim herm den erben und den nachpareii, mnllich /u seinem rechten: dan
tut man inen ban und frieden, als von alters herkomen ist.
^
— 1399 — I^ie Landesverwaltung.]
beamten bei Verwaltung von Kammergtitern und Kammergefällen in deren
Verhinderung ^ Daneben sind es besonders Oberaufsichtspflichten, welche
relativ früh ausgebildet erscheinen. Seit der zweiten Hälfte des 15. Jhs. er-
scheinen die Amtleute mit der Aufsicht und Hegung der Landeswälder, der
Fischereien und Jagden beauftragt ^, schon früher läfst sich in einzelnen Fällen
ein Beaufsichtigungsrecht der landesherrlich verliehenen Monopole nach-
weisen*. Hieran schliefst sich dann die Kontrolle über die Bevölkenings-
bewegung* sowie über einzelne Berufsstände, z. B. die Geistlichkeit*^. Vor
allem aber wird eine gewisse Einwirkung auf die Genossenschaftsbildung
gewonnen^; die Rechte autonomer Körperschaften werden beaufsichtigt und
die Öffnung ihrer Weisungen nur unter Beisein des Amtmanns zugelassen®,
bis sich aus kleinen Anfängen ein umfangreicheres Eingriffsrecht entwickelt •.
Am spärlichsten endlich findet sich der Gedanke wirtschaftlicher und sozialer
Fürsorge in den Befugnissen des mittelalterlichen Amtmanns vertreten, ob-
gleich sich aus dem Umfang vogteilicher Zwangsgewalt ein Recht sozial-
ökonomischer Exekutive mindestens ebenso leicht hätte entwickeln lassen, wie
1) S. Bd. 3 No. 124, 1332; No. 2a5, 1374; Speierer Amtsordnung 1470 § 22: die
Amtieute haben die oberste Kontrolle der Domänen in ihrem Amt, speziell auch der Schäfe-
reien, der Fischteiche, Weinberge, gegenüber den Schultheißen, Schäfern, Fischern, Windel-
boten. Vgl. auch Scotti, Chur-Trier 1, 590, 1616, sowie Sponheimer Ordnung 1437, S. 893
zu Art. 19: amptman und lantschriber sollen t daz plazampte und spielegelt verlihen und
versorgen zum besten, als sie dunket bequemelich und notzlich sin. sie soUent auch die
buwegarten [?, bungarten] verlihen, so sie beste mögen, nach nutze unser hem ; und wie sie
ez understent zu verlihen, daz sollent sie Vorzeichen und daz bringen an unsere hem, ob ez
also woil gefalle.
«) S. Bd. 8 No. 244 § 4, 1464; No. 264, 1488; No. 281 § 7 f., c. 1580; vgl. schon
S. 150, 2R, 1331. S. auch noch Speierer Amtsordnimg 1470, § 88: die Amtleute haben die
Waldordnungen jährlich zu erneuern; Holz darf, aufser für bestehende Forderungen, nur auf
Befehl der Zentralstelle verabfolgt werden.
') S. Bd. 3 No. 200, 1364.
*) S. Kindlinger, Hörigkeit S. 566, 1429, cit oben S. 1203 Note 1; Speierer Amts-
ordnung 1470 § 9: die Amtleute haben über aufser Landes ziehende oder heiratende Unter-
thanen zu berichten.
'^) Speierer Amtsordnung 1470 § 4: die Amtleute sollen alle amtseingesessenen Geist-
lichen getniwolich schirmen (vgl. dazu G. Trev. c. 269) und acht uf sie haben, das sie ein
erbar wesen fiiren imd den armen luten ein gnugen tun mit dem gotsdienst. Bei Kontraven-
tion Bericht an den Bischof. Vgl. auch Speierer Amtsordnung 1470 § 40: die Amtleute
sollen den Geistlichen bei Erhebung ihrer Gefälle behilflich sein, aber auch bei Nichtsolvenz
für die Unterthanen eintreten, dan uns nit liep were, unser armen lute on not mit geistlichen
geriechten besweret sollen werden, dan wir auch unser geistlichkeit ire gerechtigkeit, desglich
den geistlichen geriechten ire oberkeit und gerechtigkeit nit benemen lassen wollen, auch nit
gestatten, die armen lute durch die geistlichen geriechte zu vil und groß beschediget werden,
über ihr vermögen.
«) S. schon oben S. 1398, Note 8.
^) S. Bd. 3 No. 191 k, c. 1354; Bd. 2, 322, 1856.
») S. Bd. 3 No. 261, 1479; WWiebelsheim 1498; WMeckel 1669 Einl.
*♦) S. z. B. WBischofsdrohn 1550 § 8, cit. oben S. 308 Note 2.
[Entwicklung der Laudtsgewult. — 1400 —
ein Zwaiigsrecht für Zwecke der direkten Verwaltunj; thatsft(!hlich entwickelt
worden ist '. Diese Seite gehört der Ausbildung landesherrlicher Itechte
uud damit amtmäunischer Funktionen im ^Httelalter noch kaum an; das
einzige, was hier zu nennen wäre, ist die Thätigkeit des Amtmanns auf
dem Gebiete der — freilich zunächst militärischen — Magazinienmp ^ und
eventueller Fruchtverleihung an Anne in teuei-er Zeit^, und allenfalls noch
seine Thätigkeit auf dem Gebiete der StrafBenverhesserung*.
Kacli alledem wird man auch von der Entwicklung der finanziellen Befiig-
nisse des Amtmanns im Mittelalter wenig erwarten, tun so weniger, als ihm, wie
wir noch genauer sehen werden, für das finanzielle Gebiet im Kellner ein beson-
derer Beamter zur Seit« trat. In der That besteht nun seine Hauptwirksamkeit
auf diesem Gebiete, selien wir von gewissen, oben S. 1389 f. besprochenen Rech-
nungslagen ab, fast nur darin, dafs er eine bestimmte Zwangsgewalt zur Einnahme
der landesherrlichen Revenuen durch den Kellner*, sowie auch hier und da
') S. Bil. 3, S. 220, 19, c. 1350.
') S. dazu oben S. 596 Note 3; auch BJ. 3 No. 281 g II, e. 1530. sowie Speierer
Amtsnnlnitng 1470 § 81 : der Amtmann hat za magBKinieren, fruchte und «ine in den slossen . .
nf den mißwachse oder Unfrieden zu halten.
") Speierer Amtsordnung 1470 § 30: bei Notdurft bot der Aniünann den Unterthaneii,
aber nicht vor Mittfnsten, Frucht zu leihen. Vgl. a. b. O. § 3: die Amtleute sollen achten,
das das alniusen, so man jara von imsen wegen spulget zu geben denihencn, die des notdürftig,
gegeben und suB an kein ander ende gewant werde.
') S. z. B. Seolti, Chiir- Trier 1, 317, 1543: bei der dringend nötigen Herstellung de«
Leinpfades an der Mose! werden die erzstiftischen Beamten, jeder insbesondere, folgendei^
matten angewiesen: du wultest ansnint und unverzügliche den leinpfot in deinem ampt mit
vleiß besichtigen; und wo du betindi?st, daß derselbig ingethllen zu schmale oder sonst nit
were, wie er billig sein sulle, alsdan bei dei^enigen, die mit iren gurtem anstossen, mit
allem em^t daran sein und verfliegen, daß solicher mangel mim allerfllrderlichsten geheßert
und der leinpfat nach notturft gemacht werde, und laße dich an demselbigen, es beniere
wen CS wulle, nichts irren noch hindern, dan ob sich imant des widdersetzen oder sperren
würde, so bestelle du was von noethen ist zu machen, und lalle damach, die sich sperren,
in den heusem oder mit der orpschatt unib so viel pfenden, daß man den uncosten davon
bezalen und diesem gebrechen, gemeinem nutz zu gutem, einmal abhelfen inuge etc. Ein
verwandter Befehl ergeht 1548, Scotti, Chur-Trier I, 823,
') S. Bd. 3 No. 135 § 11, 1536—45; No. 163, 1350; No. 187 § 2, 13-')1; No. 190 § 7,
1351; No. 244 § 3, 1464; Sponheimer Ordnung 1437 § 7: die Amticute sollen den laut-
schribem beholfen und beraten sin, ob sie ir iergcnd zu bedorfent oder anrulent, tmsem
herren Ire nutze und gevelle inzunemende luid inzubringend. Speierer Amtsordnung 1470
§ 25: die .\mtleute haben die Eintreibung der gnindherrlichen Gefälle des Bischofs wie der
Landsteuem; s. auch a. a. 0. § 14: dem Amtmann oder defsen Kommissar liegt die Ver-
teilung der Landbedc in den Dörfern ob; und ferner g IG: die Amtleute sollen Besthäupter
und Gerichtsstrafen rasch, binnen 5 — 6 Tagen, einfordern. "Kirchenarchiv SGangolf-Trier,
1499: er sal auch unserm keiner zu Cochme zur zit, alsferre er magli, funlerlich und be-
holfen sin, so der keiner des noit halt und is auf ine gesinnet, unsere und unsers Stifts renthe
und gulthe zinse und gevehle in dieselbe unsere kelneri fallende und dienende iuzogi'w innen.
Ein Beispiel Bd. 3, S. 221, sa, e. 1-350.
— 1401 — I^ie Landesverwaltung.]
zur Erhebung von Einnahmen geistlicher Institute' in Anwendung bringt,
sowie für die Wiedereinbringung abhanden gekommener Einkünfte kraft eben
dieser Zwangsgewalt sorgt*. Im übrigen aber fehlt ihm jede finanzielle Ini-
tiative ; er hat weder mit der Domanial- mid sonstigen Gefälleverwaltung, noch
auch mit der Verwaltung der Zölle* und verwandten technischen Verwaltungen
irgend etwas direkt zu thun. Eine bei der grofsen Selbständigkeit des Amt-
manns sehr weise Einrichtung: was man vom eventuellen Eingreifen der Amt-
leute in die Finanzverwaltung erwartete, zeigt das Verbot, dafs kein Amtmann
seinen Amtsbezirk eigenmächtig mit Schulden belasten* oder ohne besondere
Anweisung mit einer Bede belegen* solle.
Diese vollständige Loslösung des Amtmanns von den technischen Ver-
waltungen, namentlich — mit Ausnahme gewisser Gerichts])uJsen — von jeder
Rezeptur, wie seine geringe Thätigkeit auf dem Gebiete eigentlicher Verwal-
tung, für welche eine sichere und dauernde lokale Abgrenzung absolute Not-
wendigkeit ist, gestatteten nun in der Begrenzung der Amtsbezirke noch auf
lange Zeit hin eine Freiheit, welche zuerst in Erstaunen versetzt. Bestand
z. B. das Erzstift Trier im 14. Jh. aus etwa 30 bis höchstens 40 Ämtern, so
sehen wir diese Zahl um etwa 1530 olme grofsen Zuwachs an neuem Terri-
torialgebiet, zumeist durch einfache Teilung, auf etwa 50 angewachsen. Und
dieser Zersplitterungsbewegung folgt dann etwa seit dieser Zeit wieder eine
Tendenz zur Zusanmienfassung; durch das Mittel zunächst der Personal-
union, welches man schon früh gelegentlich anwandte**, erscheinen im J. 1599
aus 52 alten Ämtern 43 — die übrigen 9 waren verpfändet — zu 21 Amts-
verwaltungen kombiniert. Später aber scheint man dies System der Kombi-
nation im ganzen beibehalten und im Laufe der Zeit aus ursprünglich nur
personell unierten Ämteni wirklich einheitliche Amtsbezirke gelrildet zu haben;
so erklärt sich eine Zahl von 37 Ämtern ohne Rest an Verpfändungen um
etwa 1 740 und eine Zahl von 38 Ämteni gegen Schlufs des vorigen Jhs. '.
J) S. Bd. 3 No. 220, 1396; Speierer Amtsordnung 1470 § 40, cit oben S. 1399 Note 5.
^) S. Bd. 3, S. 138, 15, 1325; No. 158 § 1, 1343.
3) S. schon MR. ÜB. 2, 61, 1169 — 93: ante idem castnun niülum a descendentibus vel
ascendentibiis per Saroam theloneum exigetur, nee eis aliqua molestia vel dampnum inferetur.
Vgl. femer *Bald. Kesselst. S. 780, 1352 Febr. 22: ouch sal ich [der Amtmann] keinerlei
recht han uf dem Rine noch uf dem zolle zä Bacharach als von dises ampts wegen, dan von
den fleschin, die man an dem zoUe hebet, die suUen mir halb und daz ander halbteil dem
schriber, den min eg. herre von Trire zu ziten hait an demselben zolle oder wem er wil,
werden ; und sal man mir jerlich von dem zolle ein par cleider und winter- und sommerrftcke
geben und reichen und nit me. were iz aber daz min eg. herre von Trire oder iman von
sinen wegen an mich gesunnen, daz ich in an dem vorg. zolle oder an andern stucken in
deme ampte behulfig were in eincherhande wise, daz sal ich tän getniliche mit aller miner muge.
*) S. Bd. 3 No. 165, 1345; No. 135 § 10, 1336-45; No. 184 § 2, 1350; No. 190 § 8,
1351; CRM. 3, 391, 1352; Bd. 3 No. 210 § 6, 1380; No. 225, 1411.
'^) S. Bd. 3 No. 187 § 3, 1351.
«) S. Bd. 3 No. 127, 1383; Honth. ffist 2, 263, 1419.
'^) Die Quellen zur vollständigen Kenntnis der Ämterabwandlung im Trierschen sind
L amp recht, Deutsches Wirt8cluift8l6b«n. I. 89
[Entwicklung der I.Ände3gewnit. — 1402 —
Wenn mm aber di« ganze TliStigkeit des Ämtuianns im Mittelalter eine
Teilung der einzelnen Amtsbezirke so leicht machte, dafa aus den Äiiitein des
14. JhB. die lieträchtlich höhere Zahl gleicher Verwaltuni^en im Be<riun des
sehr verstreut und sehi- vei-sthiedencr Art; der übersichtlichat*! Quellenfitoff, alte Landkaiten
[AufitiiUlung bei Moser, Staatareclit S. 184), geht leider nicht weit genug zurück. Im folgenden
gebe ich eine Reihe sonst signifikanter Stetleti, ohiic eine Rbschlieraende Sammlung anzustreben,
wie deim überhaupt eine Feststellung der Details im Wechsel unseren Zwecken völlig fem liegt
Honth.ilist 2, US— 119, 133S: König Ludvig bestätigt dem Erzbischof BalduinTTevirim, Barburg,
Marcetum, Grimborg, Pilliei, Kilburg, Mall)erg, Manderscheit, Willich, Bemcastel, Baldenowe,
Baldeneck, Cell im Hamm, Cochcme. Cloltene, Escb. Trls, Carden, Alkene, Maiene, MOneter,
Conftuentiam, Capelle sub caetro Stokinvelz, Nidenlalmstein, Baldenstein, MontJiabur, Hartenvels,
Ludendorf Trevirensis dioecesis, Sancti Wendelini Metensis, Ijcbmidburg Moguntinensis dioe-
cesia. Die hier genannten 30 Orte sind mindestens zum gröfseren Teil Amtsorte, eum Be-
weis vgl. man ini 'Bald. Kesselst für SWendcl S. 574, 1330; Knpellen-Slolzeuteis S. 584, 1324;
Niedcrlalmstein S. 612, 133S; Baldninstein S. 628, 1834, S. 664, 1339; Mandei-scheid S. 6SS,
1337; Klotte-n S. 658, 1337; Malberg S.659. 1338; MQnslermaifeld S. 726, 1343. Zu Alken s.
CSM. 3, 303, 1344. Freilich gab es nocli mehi' Ämter, als nach den angef. Orten benannte,
z. B. Wolfstein, 'Bald. Kesselst. S. 633. 1336; 672, 1339; 761, 1350; Oberwesel, 'Bald.
Kesselst S. 694, 1341; Blieskastel, 'Bald, Kesselst S. 711, 1343; Lautem, 'Bold. KessebL
S. 716, 1348; S. 759, 1349; vgl. auch Bd. 3 Wortr u. d. W. umptman. Zur 2. H. 14 Jha-
8. Honth, HisL 2, 238, Sp. 1, 1367, giebt eine Besclavibung des /luu Ca^truin Sarbiu^ zug^
hörigen Amtes Saarburg. Weiterhin ist die Rede voni Amt P&lzel, dem ofßciiim palatii, dann
vom dibtrictua von WeUubbillig und BemknsteL ferner werden 24 fette Schweine ge-
nannt, peraolvuntur in oiBciis palatii Treverensis, sancti Vandalini, Saarburg, Orinibiirg et
Welschpillich. Honlh. Hist 2, 265, 1376, das giofsc Privileg Karls IV., z&hlt als Trierisch auf!
civitatem, oppidu, villas, castra et fortalidu sua et ecclesiue predictae, scillcet Treverim cum
advocaüa, Sarijurg, Moncler, Sarettnn, Marcetum, Freudcaberg, (irimburg, Pillig, Kilburg, Mail-
burg, M&ndeiBcheit, Litichc, Irang, Ploltzcl, Wittlich, Kuvum castnuu, £!sch prope WittUcli,
Enscib, Bemcastel, Baldenaw, Baldeneck, Cellts in Hamnione, Sanct Marienburg, Arras, Beilstein,
Briedal, (Jochme, Clotlen, Esch, Treis, Balden-Eltz, Carden, Alken et castrum TImron, Coveni,
Meicn, AIonasteriuin-Meinfclt, Kerlicb, Conflucntiam, Capellen cum Castro Stolzcnfels, Ehrea-
breitstein, Kicdcrlaluistcin, Steraenberg, Welmich, castnim et vallem Baldenstein, Limburg,
Montliabaur, llartenfels, Molsberg, Kidderbrechen, Cuncn-Engers, Vallender, Argeuleb. Hoen-
Dingen, Cums et Leudesdorf Trevirensis dioecesis; sancti M'endalini et Casti! Metensis dioecesis:
ac Schuiidburg Moguntinensis dioecesis, necnon DImne, Ulmen et Hillesheinib Colonieusis dioe-
cesis. S. dazu CRM. 3, 55», 1376, und das oben zu Honth. lüst. 2, 118—1», 1332 Bemerkte.
Ilontli. llist. 2, 491, 1493: Erzbiscbof Johann proklamiert Jakob von Badeu zum Coadiutor
gegenüber den amptleuden, burggraven, kebieren, meieren, zolschreibera und Schultheißen unser
etat, schloß zu Sarburg, Paltzel und Wclschpillig, sanct Wendcliu, Liebenberg, Bliescastet,
Schmidburg, Grimbu:^, Ilimstein, Baldenauw, Bemcastel, Bilstein, Baldenii^k, Alken, BojiarteD,
Stemenberg, Stoltzenfels, Welmich, Baldenstein, Uietz, Brechen, Molsberg, Limbui-g, Holtel-
bach, Harlenfels, Monthabucr, Ereinbreitstcin, Engers, Ilammerstein, Arenfcls, Kerlich, Coveren,
Meien, Wcmherseck, Kempenich, Dune, Castelberg, Ilillesheim, Schoneck, Kilburg. Escli,
Numagen, ^^'ittlicll, Coehnu<, Ulm, Keisersescb und (.'ovelenz. Ilontli. llist 2, 621, 1.529,
an Generalerlafs des EiTibischofs, geht an die Gerichte, Ofßzialate, Amtleute und Kellnoreien
2u Trier und Koblenz, an die Gerichte, Amtleute und Kclbiereien zu Boppard Wesel Liiubui'g
Montabaur, an die Amtleute und Kellner zu Münster Koelieni Mäzen Wittlich Bemcastel
Sarburg Zell und Dann. Blattau 2, 86—87: die Versendung der Druck exemplare der Bett ler-
ordnung von 1,533 erfolgt an 6 Städte und die Ämter Koblenz, Kapellen, Berg{)tlcge, Boppard,
Wesel, Wellmich, Stemenberg, Kiederlahnstein, Ercnbreitstein, Haselbach, Baldeusteiu, Limburg,
— 1403 — l^ö Landesverwaltung.]
16. Jhs. heiTorgehen konnte, so fragt es sich, welche Anlässe denn zu einer
solchen Teilung hindrängten. Diese Frage aber führt zur Geschichte des
Amtsbegriffs im 14. und 15. Jh.
Wir haben oben S. 1373 f. gesehen, in welcher Weise im Verlauf etwa
der ersten vier Generationen nach dem Beginn des 13. Jhs. der Amtsbegriflf
im Gegensatz zu dem alten LehnsbegiiflF , dem ministerialischen Dienstbegriff
und schliefslich auch dem modernen Dienstlehnsbegriff gewonnen wurde. Auf
diesem Amtsbegriff baute sich nun die Lokalverwaltung der Territorien des
14. und 15. Jhs. auf. Aber sollte seine Existenz so absolut unangefochten
geblie])en sein ; sollte sich nicht eine Reaktion der im Lehns- und Dienstbegriff
grofs gewordenen Familien und Geschlechter erhoben haben, aus welchen man
doch schliefslich die Beamten der neuen Landesverwaltung nehmen mufste?
Zudem war die Existenz dieses Amtsbegriffs innig verquickt mit der Möglich-
keit reiner, geld wirtschaftlich gedachter Gehaltzahlung. War diese Zahlung
schon völlig durchführbar, und konnte sie, wenn einmal in der ersten Hälft«
des 14. Jhs., in einer Periode besonders glänzender Finanzen S durchgeführt,
Montabaur, Felsberg, Brechen, Engers, Hartenfels, Argenfels, Hammerstein, Kobem, Schmidtberg,
Schöneck (Hunsr.), Mayen, Münster, Kaisersesch, Ubnen, Dann, Schöneck, Schönberg, Hikles-
heim, Manderscheid, Welschbillig, Wittlich, Saarburg, Pfalzel, Killburg, Grimburg, Hunstein,
Baldenau, SWendel, Blieskastel, Schwarzenberg, Bemkastel, Zell, Kochern, Baldeneck. An
verwandten Nachrichten s. noch Honth. Ilist. 2, 701, 1544; Scotti, Chur-Trier 1, 322, 1548;
Honth. ffist. 2, 754, 1550; 8, 174, 1592. Honth. Hist. 3, 193, 1599, Stand der Ämter:
1) Trier— Pfalzel — Grimburg: komb. Statthalter u. Amtmann von Fels, 2) Saarburg — SWendel:
Amtm. V. Soetem, 8) Bemkastel — Hunolstein — ^Baldenau: Amtm. v. Elz, 4) Kilburg: Dom-
dechant, 5) Welschbillich: Chorbischof, 6) im Hamm und zu Baldeneck: Amtm. v. Kesselstadt,
7) Wittlich — Bruch: Amtm. v. Fels, 8) Manderscheit— Cröv: Obervogt und Amtm. v. Kessel-
stadt, 9) Kochem — Daun— Ulmen: Amtm. Landhofineistcr Zand v. Merl, 10) Schöneck — Schön-
berg— Prüm: Amtm. v. Schönenburg, 11) Prüm: Mannrichter v. d. Leyen, 12) Fumay — F^pin —
Rerin: Officir Nollet, 13) Awans: Officiatus Nollet, 14) Gusten: Amtmann v. Mettemich,
15) Koblenz— Bergpflege— Engers: Amtm. v. Scharfenstein, 16) Ehrenbreitstein: Ambt- und
Haubtman v. Scharfenstein, 17) Boppard — Wesel — Welmich: Amtm. v. d. Leyen, 18) Mon-
tabaur— Molsberg: Amtm. Hoimarschall v. Elz Obrist, 19) Limbiu-g— Camberg — ^\'ilmar: Amtm.
V. Ileyden, 20) Münstermaifeld — Kobem: Amtm. v. Soeteren, 21) Mayen — Kaisersesch: vacat,
22) Hammerstein: Amtm. Haußmann v. Namedy. — Versetzt sind: 28) Kempenich, 24) Hön-
ningen, 25) Hartenfels, 26) Werheim, 27) Baldenstein, 28) Schmidtburg, 29) Wartenstem,
30) Blieskastel, 81) Schwarzenburg. Moser, Staatsrecht S. 184 giebt (1740) als Trierer Ämter
an a) im Oberstift 24: Pfalzel, Welschbillig, Killburg, Wittlich, Neumagen— Drohn, Schönecken,
Schönberg, Hillesheim, Daun, Ulmen, Manderscheid, Baldeneck, Kochem, Zell, Schmidtburg,
Wartelstein, Bemkastel, Baldenau, Honstein, Grimburg, SWendel, Sarburg, SMaximin, SPaulin;
b) im Niederstift 13: Koblenz— Bergpflege, Ehrenbreitstein— Äugst, Engers, Hammerstein,
Boppard, Ober^-esel, Montabaur, Limburg, Kamberg, Münster, Mayen, Herschbach, Grenzau.
Nach dem Tableau für Errichtung einer erzstütischen Miliz, 1794 Febr. 26, aus einem Generale
Kurf. Clemens Wenceslaus, gedr. Wyttenbach u. Müller G. Trev. 3 Animadv. S. 86 — 87, be-
stehen um diese Zeit 88 Ämter. — Vgl. auch Honth. Hist 3, 1—12. — CRM. 5, 278, 1776
unterrichtet über die spätere Verwaltungseinteilung der hintem Grafschaft Sponheim.
*) Über die Gründe einer wohl in den meisten Territorien besonders günstigen Finanz-
lage während der 1. Hälfte des 14. Jhs. s. unten S. 1472 ff. '
89*
[Entwicklung der Lsndesgewall. — 1404 —
im 15. Jh. unter teil weis erecliweremlen UmstAnden, zur Zeit stärkerer
niilitärisfher und administrativer Anspannung der territorialen Kräfte, aufrecht
erhalten weriien?
Wenn aber die angeregten Zweifel Lehen gewannen, so niuTsteu sie in
einer Rückbilclunf? des Auitsbejii-lffs mit seiner Disjjositionsfreiheit über die
Kräfte der Beamten Ausdruck finden. In der That tritt mehrfach eine soldie
Rückbildung ein; ihre Etappen können mit den Worten; Verpfändung des
Ajutes', Verleihung auf Lebenszeit*, Veriehnung", Erblidikeit*: bezeichnet
werdeu, imd in ihrem Gefolge, als ihre Kouse(|uenz stellte sich jene Zer-
splitterung der Ämter ein, welche sich oben konstatieren liefs.
Diese Zersplitteninfj und die ihr folgende Wialervereinigung hinderte
aber mm bei dem Chai'akter der mittelalterlichen Anitmannschaft keineswegs
die feste Ausbildung einiger vornehmlich imd technisch administrativer Ämter.
Von ihnen und ihrem VerhiÜtnis zur Aintniannschaft ist noch zu sprechen, be-
vor ein voller Überblick über die Lokalverwaltung der Territorien gewonnen
wenlen kann.
Dem Charakter jener Elemente gemäfs, aus deren ZusnnunenschliUs sich
die Landesgewalt entwickelte, handelte es sich hier zimächst um die ver-
waltungsmflJsige Umbihlung von drei grofsen Machtgelneten, der Giimdherr-
schaft des Landesherm als der domanialen Basis filr die gesamte Territorial-
bildung, der landesherrlichen Vogtgewalt als des filr Polizei und Gerichts-
veifasBung entscheidenden Elementes, endlich des Regaiienhesitzes für die Aus-
bildung indirekter Belastung. In welcher Weise traten nun diese Elemente
in die Lokalverwaltung der Amtsbezirke ein, in welches VerhiÜtnis wurden
(iie zum Verwaltungsbereich des Amtmanns gebracht?
Bei den Begalieu handelte es sich im wesentlichen um Münze, Geleit und
Zoll bezw. Accise. In allen diesen Vei'waltungszweigen ist von irgendwelchem
Anschlufs an die Amtsverwaltung nicht die Rede. Die Münze steht zunächst
absohlt fHr sich; die i>ersönliche Thätigkeit der Münzer verteilt sich auf nur
wenige Ämt«r; die gesamte MOnzverwaltung steht direkt unter der Zentral-
') Zu .InitsverpfdndungeD s. Bd. 3 No. 90. 1310; CRM. 3, 110, 1332 (liiirg und Vogtei);
'Bald. KosselsL S. 628, 1335; Bd. 3 No. 182, 1350; No. 198, 13.55; Guprz, Regg. d«T Erzb.
■i. J. 1358 Febr. 8; (Bd. 3 No. 210 § 7, 1380); (No. 229, 1415); Töpfer 2, 317, 1446; Bd. 3
No. 267, 1459; No. 244, 1464; No. 263, 1486; No. 273, 1499; •Kirdienarclüv SGangolf-Trier
1499. Im J. 1599 sind 9 Ämter versetzt, s. Houth. Hist. 3, 193, cit. S. 1401 Note 7, auf S. 1403.
Die Konsequenz der Verpfandung war natürlich die Innehaltung des belrefil'ndfn .Ijntes durch den
Claubiger bis zur Zahlung der Pfandgumme, s. Bd. 3, S. 228, ISÖ.5, und *Bald. Kesselst. S.
628, 1335 F'obr. 9: Dietrich von Staffel wird Kommandant der Burg Baldenstein gegen Zah-
lung von 400 fl. Der Erzbigchof kann ihn nicht entsetzen vor Zahlung von 400 pimt hl. oder
iren wert an gereitem gelde, einen deinen gl. von Florentien vor 1 punt hl. oder einen grozzen
Tflmose vär Kwenzig hl. Die Pfandbriefe konnten auch an andere obeitragen werden — und
damit auch das Amt, s. Bd. 3 No. 263, i486; iind 'Ivirchenarchiv SÜangolf-Trier 1499.
•') S. oben S. 1381 Note 3.
") S. Bd. 3 No. 233, 1434.
— 1405 — I^ie Lande^verwaltung.]
Stelle ^ Das Gleiche gilt aber auch für den Zoll und verwandte Verwaltungen.
Auch hier ein absolut für sich stehendes Beamtenpersonal ^, eine von der
Lokalverwaltung in keiner Weise abhängige Kontrolle^, eine Berührung mit
der Amtsverwaltung höchstens in Form von Geldanweisungen auf die Zoll-
verwaltung seitens der Zentralstelle *, wie solche Anweisungen gegenüber jedem
dritten vorkommen konnten. Somit stand die gesamte Regalienvem'altung
der Lokalverwaltung fem; nichts beweist hierfür wohl btlndiger als der Um-
stand, dafe Teilverwaltungen dieses Verwaltungszweiges häufig genug verpachtet
wurden ohne irgendwelche Rücksicht auf das Amt, in dessen Bezirk sie lagen ^,
Bildete sich die Eegalienverwaltung somit als ein völlig für sich stehen-
der Teil der Territorialverwaltung aus, so war das Schicksal der Vogtei ein
anderes. Nur selten finden wir innerhalb der Landesverwaltung des 14.
und 15. Jhs. besondere Vogtämter neben den Amtmannschaften*; das Ge-
wöhnliche ist der völlige Untergang der Vogtei als einer durch ein besonderes
territoriales Amt vertretenen Gewalt. Sehr natürlich: die Vogtgewalt als
Landesschutzgewalt war an den Amtmann übergegangen; sie bildete bis zu
d6m Grade den Kern seiner Amtsgewalt, dafs die Amtleute in manchen Teiri-
torien geradezu Vögte hiefsen''. Weiterhin war mit der ausgebildeten Vogt-
gewalt oft eine weitgehende, aus gerichtlicher Vertretung entwickelte gerichts-
herrliche Gewalt verbunden gewesen. Sie erscheint jetzt ebenfalls an den
Amtmann übertragen und spricht sich nunmehr in der gerichtlichen Exekutions-
gewalt desselben aus. Dagegen war der Gerichtsvorsitz im allgemeinen eben-
sowenig Sache des Amtmanns, wie einst des Vogtes; zu seiner Handhabimg
ist eine neue Gerichtsverfassung aus der Grundherrschaft heraus durch Schei-
dung der administrativen und gerichtlichen Funktionen des Meieramtes und
Übertragung derselben auf getrennte Schultheifeen- und Wirtschaftsmeierämter
entwickelt worden.
Bevor wir aber diese Bildung und ihre Stellung innerhalb der lokalen
Landesverwaltung erörtern, ist es nötig, die Stellung der landesheiTlichen
Grundhen-schaft innerhalb dieser Verwaltung überhaupt ins Auge zu fassen.
Und da ergiebt sich denn, dafs die technischen Verwaltungen der Grundherr-
schaft ebensowenig eine absolute Verbindung mit der Amtmannschaft einge-
gangen sind, wie die Regalienverwaltung. Es läfst sich das ziemlich allseitig,
1) S. Bd. 2, 878 f.
«) S. Bd. 2, 285.
8) S. Bd. 8 Wortr. u. d. W. cista.
^) S. Bd. 8 No. 142, 1888. Hierüber hinaus gebt nur Bd. 8, 468, t9, 1856.
'^) S. oben S. 964, speziell Note 2; Bd. 2, 878 f.
ß) S. oben S. 1107 und S. 1870 Note 1, dazu WHamm 1839, cit S. 1068 Note 9, S. 1115
Note 2; Bd. 8 No. 241, 1461; WErpeldingen 1585, Hardt S. 228; vgl. auch Grimm RA. 756
Note, Jülich: unsere amtleute, vögt, Schultheißen, richter, schefFen, boden, fronen, honnea
und andere unsere befehlshaber.
^) S. oben S. 1136 Note 1.
[Entwicklung der Landesgewalt — 1406 —
hei der Forstverwaltung und Bauverwaltung ebensowohl wie bei den Meier-
äiiitern verfolgen.
Die Forstverwaltung nahm von jeher eine besondere Stellung ein ', wenn
sie auch stets zur Fronhofsverwaltung in näherer Beziehimg stand; und die
Abwandlung der Amts-, Lehns- und Dieustbegriffe vollzieht sith in ihr beson-
ders rasch, ja fast vorbildlich fUr die allgemeine Entwicklung. So sehen wir
in ihr bereits in dem ei-sten Vierte! des 13, Jhs. den Amtsbegriff über
den LehnsbegriiT siegen * : ein Vorgang, der allein schon zeigt, dafs die Forste
Verwaltung im Beginn der Territorialeutwicklui^ nicht in enger Verbindung
mit der Äraterbildung gestanden haben kann. In der That wai' sie von jeher
der Zentralstelle direkt unterstellt^; und dieser Zustand bleibt auch der Re^I
nach noch über das 14. Jh. hinaus erhalten. Dementsju-echend werden die
einzelnen Jäger — und die Jäger spielen noch eine gröfsere Rolle als die
stationären Förster — von der Zentralstelle unter l)estinnnter Vereinbarung
mit dem jeweiligen Amtmann in die Ämter deputiert; von einer Unteratellung
derselben unter die Amtsverwaltung verlautet nichts*. Eine Änderung beginnt
eich in diesen Dingen ei-st im Laufe des 15. Jhs. vorzubereiten. Je mehr die
Forsten wegen ihres Holzreichtums, und nicht mehr blofs wegen des Wild-
standes, wirtschaftlichen Wert erhielten, um so mehr mufste es sich um dauernde
örtliche Aufsicht, um so weniger um blofs voillbergehende Jagdau&beutung
bandeln. Diese Aufsicht aber wurde nun, wie wir sahen', seit der zweiten
Hälfte des 15. Jli. den Amtleuten anvertraut. Danut nmfste auch leicht ein
bald genauer zu entwickelndes Aufsichtspersoual ihrer Einwirkung verfallen.
Anzeichen hierfür lassen sich schon in dem Bd. 3 No. 260 fredruckten An-
I) S. oben S. 494 ff.
^) UErzstift Abschn. de officio foresti S. 401, 13 -Ilis.: im Hochwald darf niemand
jagen oder tisehen oder roden nisi permissione episcopi vel eius, cui ipse hoc otSciiim com-
tniseril, non enim est bcneticium. S. weiter MR. ÜB. 3, 162, ca. 1220: die Jäger des Grafen
von Luxenilmrg werden officiaies genannt, und Bodmann, Rheingau 1, 480, 1267: Werner,
Erzliischof von Main:;, tiberträgt an Conrad Halbir von Riidesheim und dessen Erben offi-
cium seil ininisterium custodie ferarum, quod vuigaiiter dicitur wildforsterambacht, in foi-t'sto
noBiro . . caiiimerrorBt . ., ut inde feras fideliter custodia!, feripetas ad iusiain sui coherclttonem
perducat, amplius et nobis.., si quando [so zu I.] venandi causa ibidem divertere nos con-
tigerit, in hospitio et annona feris et piscibus vehiculis etiam alimonia canuni et accipitnun
ceterisfjue ncccsaitatibiis inserviat, prout alü custodes femrum hactenus consuevenint; in re-
stannim cuius sen'itii dedimus et concessimus . . eidem huobani unam predicti foresti . . titulo
officii predieii encolendam pariter et haliendam iure iisufinictuario perpeiuis futuris temporibus
necnon et immunitatem bonorum suorum que nunc possidet ab omni onere decimationis.
Dazu s. Urkunde des Erzbischofs Peter vom J, 1316 (a. a. 0. S. 480): officium custodie seu
banni ferarum . . non iure feodi sed puri minisierii coiittilimus (Hermantio Potonlj suisque
Buccessoribiis.
"] S. oben S. 494 f.
') S, Bd. 3, S. 285, 1, 1420; auch Bd, 3, 410, e f., 1327—28; 410, ii f., 3», 1327—28;
Trierer Kellnereiordnung 1509 g 19.
") S. oben S. 1399.
— 1407 — Die Landesverwaltung.]
stellungspatent eines Lokalförsters vom J. 1478 erkennen. Zwar wird hier
eine Unterordnung unter den Amtniann noch nicht ausgesprochen; aber es
wird doch schon der Wirkungskreis des neuen Beamten nach einem Amts-
bezirk abgegrenzt. Da konnte die Ausbildung einer Kontrolle durch den Amt-
mann wohl nur Frage der Zeit sein^
Während die Forstverwaltung auf diese Weise, ursprtlnglich völlig los-
gelöst von der Lokalverwaltung, doch mit zunehmender Intensität der Wirt-
schaft gegen Schlufs des Mittelalters in gewisse Berührung mit den Ämtern
zu treten beginnt, scheint sich die Bauverwaltung ^ stets nur von der Zentral-
stelle abhängig gehalten zu haben: wenigstens gab es noch um die Mitte des
14. Jhs. im Trierschen nur 6in Bauamt, dessen Angestellte bei Bedarf durch
das ganze Land versendet wurden, ohne dafs sie am Orte ihres jeweiligen
Aufenthalts in Unterordnung unter die Lokalverwaltung traten^.
Dem Bauamt und der Forstverwaltung gegenüber nimmt nun die eigent-
liche grundherrschaftliche Domanialvei-waltung in den Meierämtem insofern
eine etwas abgesonderte Stellung ein, als es sich hier von jeher nicht um eine
einheitliche, zentralisierte Verwaltung, sondern stets um eine grofse Eeihe
lokal verteilter Verwaltungen handelte. Gleichwohl treten auch die Meier-
ämter in keine direkte Berührung mit der Verwaltung des Amtmanns. Der
Grund liegt in dem Umstand, dafs die Meierämter des 14. Jhs., ja schon des
13. Jhs. nach Ausscheidung der Gerichtsfunktionen mit Ausnahme des Vor-
sitzes in den hofgenossenschaftlichen Baudingen zu einfachen Zins- und Reuten-
rezepturen, hier und da unter Aufrechterhaltung einer kleinen Eigenwirt-
schdt, geworden waren. Sie waren mithin rein finanzielle Ämter geworden*:
der Amtmann aber hatte gerade mit der lokalen Finanzverwaltung, wie wir
schon bemerkten, fast nichts zu schaffen. Diese Verwaltung war Sache des
Kellnei-s: ihm unterstanden daher die Meier als Unterbeamte.
Nun hatten sich aber die gerichtlichen Funktionen des Meiers auf den
Schultheifsen tibertragen: aus den Hofgenossenschaften mehrerer Meierämter
war der Eegel nach 6in Gericht gebildet worden, dieses hatte sich mehr oder
minder vollendet auf einen fest umgrenzten Bezirk projiziert, es war zum
Grundgericht geworden, und an seiner Spitze stand nunmehr als besonderer
Gerichtsbeamter der Schultheifs *. Für diese Schultheifsen war eine Ordnung
^) S. dazu schon oben S. 125 f.
^) S. UStift S. 411: dolabra, id est redditus, qui sie vocantur eo, quod ad edificium
pertineant.
») S. Bd. 3, S. 220 No. f., c 1350 ; vgl. Bd. 3, S. 410, ss, 1827-28.
*) S. dazu oben S. 873.
'^) S. oben schon S. 176, 281, dann S. 735 f., 772, 878, 1052 f., 1057 f., 1257; Bd. 2,
172 f. Dabei braucht die Bezeichnung Schultheifs für den Vertreter dieses Amtes nicht
stets vorzukommen, wie denn auch der Ausdruck Schiütheifs während des. späteren Mittel-
alters in mannigfach anderen Verhältnissen gebraucht wird. S. dazu z. B. oben S. 1009;
1041; Bd. 3, 112, i8, 1325; WAuw 1483, Arch. Maximin. 1, 349, cit. oben S. 1098 Note 1;
[Entnicklung der Lande sgewalt. ^ 1408 —
ihres Verhältnisses zum Aiiitiimnii um so weniger zu umgehen, als sich der
Aiiitiiiann im Besitz der gerichtlichen Z^wanRi^ewalt befand'. Die Abgrenzung,
welche sich hier herstellte, verlief nun ganz in der Weise der alten Scheidung
zwischen Vogtei und Gerichtshaltung * : der Amtmann llbeniahm die Exekution
in <len Schultheifsenamteni seines Bezirks, der Schultlieifs den GericitsvotBitz
in seinem Amt'; nur selten gelang es dem letzteren, auch die gerichtliche
Zwang^gewalt zu erwerben*. Dafür steht ihm aber wohl bisweilen da.s Ver-
eidigui^:8- und Bestiltigimgsrecht der autonomen Beamten seines Gerichta-
bezirkes zu ". Einen andern Weg schlägt die Entwicklung anfangs nur in den
gi-öfaeren Städten ein. Hier hatte das Amt des Schultheifsen sich schon fi^her,
WDeUem 16 Jh., Trierer SbiJtbibl. 1642 Bt. 75», dt. oben S. 1036 Note 4. Zu Tenrandten
sonstigeil Vorkommnissen 8. oben S. 10.17 Not* 8.
') 8. olwn 8. 1405.
') 8. oben 8. 1112.
') Zu dieser Ordnung s. aus späterer Zeit die ausführlielien Beatiminungen der Anits-
ordnuDfien, z. B. Sponheimer Onbrnng 14S7 g 6: ieglicber anitman sol in eim ifgUchen dorf
and f^erichte mit äem RcliiiltheißeD dasell>s besltillen und vei^o^^en, daz derselbe scbultheiße
im alle rierteil jars verschrieben gebe alle frevebi, die in demselben gerjchte verschuldet
siDt und sich hei^ngen liant, und waz umb ein iegliche frevel herkomt si; und aol dan der
amptnian soliche freveln in bIwesen eins schultbeiBen und anderer erbarer lute. ob er die zu
im geziehen mag, verteidingen, und den mit ime uberkoraen lassen, der die frevel ver-
si'huldet hat, nach dem dan die frevel ist und waz also darus laufet luid geet, daz eol der
lantachriber in demsetl>en anipt inncinen und in «in recbnung setzen und daz gaiu ver-
rechenen. Weitere Eingriffe des Amtmanns zeigt schon die Trierer Amtsordnung 1574 § 11:
die Amtleute, Kellner und Amtxachreiber setzen die Gerichtsbursen: ftlsdan zu erkundigung
notwendiger wahrer umbstende unsere ambtleutli keiner land- und ambtscbreiber sich jeder-
zeit bei scboltheisen liurgermeistem meicrs gerichten heiniburgem geschworen und gemeinden
berichts werden zu erholen wissen. S. auch noch Blankenheimer Amtsstatut 15. Jhs. , Ann.
d. hist. Ver. f. d. Niederrh. 9 — 10, 123. unter dem Amtmann ein Schultheifs: want der
sfholliß ein pert halt, ind zu Keile, zo Gunderstorf, zo Woishen [!], zo Holsmolen ind so
vast an allen enden des landcs boeden sint, so endarf er niet [so xu lesen] lantboeden in
deme huise noch in der kost lialden; ind der scholtiß [folgt in Ennens Ausgabe eine völlig
unverstandliche Zeile], want it seiden vclt, die gcricht zo besitzen, so hait hie dat bas zo
beriden, dan einre zo belofen, hie voert it auch lichtlieher in dat huis zo perde, ilan it einre
zo vois droege, ind dat allet binnen min zitz, korzcr, ind endclirher, dan anders. Aus
früherer Zeit vgl. zum Verhältnis von Amtmann und Schuliheifs schon MB. ÜB. 3, 1443,
1258, wo der Vogt ganz Amtmannsstelle einnimmt; s. daüu WBachariicli 1386, G. 2, 216,
dt. oben S. 1050 Note 1, 1109 Note 1; CRM. 3, 208, 1264. dt. oben S. 1108 Note 5;
UMünstermaifeld, IIa. Koblenz St A. CXI» Bl. IfiS CXIb Bl. 18», cit. oben S. 1229 im
Text; Bd. 3, 112, 20, 1309; 0. Trev. c 258, 1348: Auftreten der Gdfsler, welche dominus
Balduintis non per plebanos, quos laid interfecissent, sed per suos burchgravios , scultetos
et Ecabinoa executioni mandavit, et cos vix extirpavit.
*) S. oben S. 1126 !. Zmn Übergang der Vogtei an den SchultheiTsen s. auch Kind-
linger, Hörigk. S. 73.
5) S. WObermendig 1452 S 13, G. 6, 645, cit. oben S. 1007 N.'te 2: Arch. Masimin.
1, -565, 1484, dt, oben S. 1049 Note 2. In beiden Fällen freilich handelt es sich nicht um
landesherrliche Schultheifsen. Im übrigen stand das im Text genannte Recht bekanntlieh
den Amileuten zu, s. oben R. 1398.
— 1409 — I^ie Landesverwaltong.]
wie sonst im 13. Jh., zu großer Bedeutung emporgeschwungen; und so kam
es, dafs hier den Schultheifsen anfänglich zugleich die Funktionen des Amt-
manns zufielen ^ Indes seit dem zweiten Viertel des 14. Jhs. änderte sich das
nicht selten*; vielfach treten Amtleute als besondere Vertreter des Landes-
herm neben den Schultheifsen auf^ und wissen allmählich die Befugnisse des
Schultheifsen mehr oder minder an sich zu ziehen. So kann es kommen, dafe
sich in einzelnen Städten die Funktionen des Schultheifsen und Amtmanns
völlig verquicken ; worauf denn zur Bezeichnung des vollen Amtsumfangs bald
der Name Schultheifs, bald der Ausdruck Amtmann Verwendung findet*.
Wurde durch diese Verschmelzungsvorgänge das Verhältnis zwischen
Amtmann und Schultheifs in den Städten vielfach bis zur Unkenntlichkeit ge-
trübt und vei-schoben, so traten auch auf dem platten Lande verwandte Ver-
dunkelungen infolge der immer stärker entwickelten amtmännischen Rechts-
sprechung ein. Wir haben sie hier nicht näher zu verfolgen; im allgemeinen
lief die Entwicklung darauf hinaus, die Schultheifsen und mit ihnen die alte
Rechtssprechung immer mehr von den Amtleuten abhängig zu machen*.
Übemeht man nun das gesamte Gebiet der landesherrlichen innerhalb
der Amtsbezirke verlaufenden Verwaltung, soweit dieselbe sich auf Grund der
Bildungselemente der Landesgewalt selbständig entwickelte, so wird das Er-
gebnis darin gefunden werden müssen, dafs nur wenige Zweige dieser Ver-
waltung in engere Beziehung zur Amtmannschaft traten. Zwar die Vogtei
verschmolz mit der Amtmannschaft, die Gerichtsverwaltung wurde im Stadium
des Rechtsvollzugs an sie gekettet, aber die Regalienverwaltung ordnete sich
ihr nicht unter, und die grundherrliche Verwaltung wurde absichtlich von
ihr getrennt. Eine derartige Ausbildung bedeutete indes keinesw^ eine Un-
fähigkeit der Lokalverwaltung zur Assimilation von Verwaltungen, auf deren
Kern hin scfiliefelich das Territorium entwickelt worden war ; sie lief \ielmehr
auf den weisen Gedanken hinaus, den Amtmann von jedem Eingriff in die
^) Die karolingischen ludices werden in den Städten zu Schultheifsen, s. oben S. 727.
2) 8. oben S. 727 Note 3 Schlufs; und S. 1343 f.
^) S. z. B. Guden. CD. 2, 986, 1305: W. comes de Monte viris providis et honestis
sculteto scabinis consilio ceterisque oppidanis suis Remagensibus salutem et affectum sincerum.
Gerhardum de Landescrone vobis pro officiato mittimus atque damus, mandantes etvolentes,
ut sibi in omnibus obediatis tamquam nobis. Datum anno m. ccc. quinto in die epiphanie
domini. Der Schultheifs anscheinend rein auf die Gerichtsbarkeit beschränkt auch Bd. 3,
No. 131, 1335.
^) So steht schon MR. ÜB. 3, 658, 1239 an der Spitze von Bitburg ein scultetus,
welcher die Kammereinkünfte der Luxemburger Grafen sammelt In den Münstermaifelder
Akten des 14. Jhs., beispielsweise Bd. 3, 510, e, 529, si und 521, is, 4o, 523, 9, wechseln
die Ausdrücke Schultheifs und Amtmann für denselben Beamten; und das WMünstermaifeld
1417, seinem Charakter nach aus Ende 13. oder Anfg. 14. Jhs., nennt da den Schultheifs, wo
WMünstermaifeld 1372 den Amtmann hat S. auch oben S. 1344 Kote 4.
'^) Vgl. oben S. 1330 f.
I Entwicklung der Land esgeis all. — 1410 —
Finauzverwaltung fern zu halteo uud fUr diese eine besondere Beamtenkate-
gorie zu entwickeln: die Kellner'.
Kelluereieu im Sinne der si)äteren Aiiitekellnereien sind genau seit Be-
ginn des 14. Jhs. nachweisbar*; seit etwa den dreifsiger Jahren des 14. Jhs.
treten sie dann zahlreicher auf^; bis zum Schluls des Mittelalters wenlen im
Trierer Kurfüi-stentum etwa 20 ^renannt*. Um 1599 sind im gleichen Terri-
torium in 43 alten zu 21 neuen Bezirken komirinierteii Ämtern 24 Kcllnereien
vorhanden, doch keineswegs so, dafs im allgemeinen auf ein neues Amt jedes-
mal eine Kellnerei käme; es giebt vielmehr in 6 Ämtern Überiiaupt keine
Kellnerei, und in 9 kombinierten Ämtern bestehen 1 bis 3 Kellnei-eien ". Schon
aus diesen Angaben folgt, ilafs die Eutwickluu;: der Kellnereien, obwohl später
liegend, als diejenige der Äinter", sidi keineswegs völlig den Amtsbezirken
angeschlossen hat "Wie eine Personalunion in der Verwaltung mehrerer Kell-
nereien möglich war', der nicht selten eine Verschmelzung der Verwaltung
gefolgt sein mag, so konnten stets mehrere Ämter nur ^ine Kellnerei haben;
und andererseits ist in einzelnen kleineu Ämtern, namentlich da, wo der landes-
herrliche Domanialbetrieb gering war o<ler fehlte, nie eine Kellnerei eingeführt
worden*. In diesem Falle fllhrte der Amtmann seinerseits aurh die Finanz-
') Quellen xiir Gescliicbt« der Kellnereien einJ zuniLchst die allgeuicinen Urkimden,
dann speziell die Kechnimgen, Drchargen und Kellnerei ordnimgcu. Von den letzteren
kommen aus unscTer Gegend in Betracht die Spunbeimer Ordnung von 1437, Mones Zs. Bd. 6,
390 ff., und die Trierer Ordnung von 1509, Bd. 5 No. 280. Zur Qaellenfcunde der Rechnungen
B. Bd. 2, ISO ff. Dechargen sind Bd. 3 S. 170 Note 1 venreichnet, aufserdem vgl. die
Urkunden von Uli April 25, 1443 Aug. 3, 1466 Febr. 11, 1467 .luü 13, 1476 Man: 11 in
Bd. 3, und (inerx. Regg. der Erzhb. zuni 5. Febr. 1473. 2.5. Juli 1477, 4. Juni 1480, 7. Mai
1494, 17. März 1496, 14. Febr. und 28. März 1498, 28. Miira 1500, U. Febr. 1502, auch
zum 11, .lan. 1329, ntid zu Aug. 1360-1861 (S. 352).
«) S. für Welschbillig -Or. Koblenz St A., Erzstift Trier Staatsarchiv, 1301 Juni 25;
für Mfinstermaifeld Bd. 3, 109, w, 1302; für Koblenz CRM. 3, 29, 1307, eil. oben S. 815
Note 9; lür Arlon Bd. 3, 358, w, 1309. Docb gebort bieriier vielleicht schon der officiatua
des Burggrafen von Rheineek in der Rhenser Rechnung Bd. 3 No. 28-5, 1277—1291, vgl.
oben S. 997 Note 4.
') S. Bd. 3 Wortr. u. d. W^V. cellerarius, keiner.
') S. Bd. 3 Wortr. u. d. W. cellerarius. S. auch G. Trev. c. 275, um 1435: in
Limpurch, MouthBbor, Erenbreitstein, Monasterio-Meinfelt, Jleien, Kochem, Witlicli, Sarhurch
ac aliis cellerariis totius dioccsia Trevirensis.
") Honth. fflst 8, 196, 1599.
*) So ist z. B. im J. 1310 in Saarburg eine Kellnerei anscheinend noch nicht vor-
handen, s. Bd. 3 No. 90, wohl aber 1827 schon ganz ausgebildet, s. Bd. 3 No. 288.
■') S. Bd. 3 No. 226, 1411; No. 236, 1443.
*) So bat Manderscheid weder 1337 (Bd. 3 No. HO) noch 1599 (s. Note 5) eine
Kellnerei. Zu kleineren kelüierei losen Ämtern des 14. Jhs. s. Arch. Cienanx No. 171, 1382:
. . nos lohannes dictus Schillinch miles de superiori Lainstein . . Eimodus . . Fridericus de
Deipurg . . Simon dictus Broitsaich et lacobus dictus Hunczwin aimigeri de Lainstein inferior!
notum facimus . ., nos quitantias recepisse ex parte domini nostri Baldewini Treverensis
arcbiepiscopi per . . strenuum militem dominum . . Eberhardum dictum Brenner militem
— 1411 — Die Landesverwaltang.]
Verwaltung \ wie er denn auch in Amtsbezirken mit Kellnerei Verwaltung die
Kellnergeschäfte bei Abwesenheit des Kellners oder Vakanz versah^, während
sich nie der umgekehrte Fall einer Führung von Amtsgeschäften durch den
Kellner findet. Indes ist doch trotz dieser Abweichungen im allgemeinen an
der Anschauung festgehalten worden, dafs jedem Amtsbezirk auch im ganzen
ein Kellnereibezirk entspreche^.
Die Kellner dieser Bezirke waren nun Beamte genau im Sinne der
Amtleute*; sie erhielten Gehalt, standen zur uneingeschränkten Disposition
des Landesherm, waren für ihre Verwaltung verantwortlich u. a. m. Schon
früh, spätestens seit Schlufs des 12. Jhs., finden sich hier und da Finanz-
beamte in diesem Sinne ernannt*; indes durchschlagend und der neuen
Amtsverfassung einigennafsen angepafst treten sie doch erst im 14. Jh. auf*.
Das Bedürfnis, welchem ihre Einrichtung entsprang, ist im wesentlichen ein
doppeltes. Einmal genügte das Meiersystem nicht mehr, nachdem man inner-
biirgravium in Lainstein, quivis nostrum pro sua pordone ut patebit inferius: vidclicet ego
lohannes supradictus miles pagatus sum in quinquaginta Ib. bl., ego Eimodus armiger supra-
dictus in quadraginta, nos vero . . Fridericus de Deipurg et . . Simon Broitsacb armigeri
predicti quilibet nostrum pagati sumus de triginta Ib. bl., ego vero lacobus Hunczewin pre-
dictus in quindecim Ib. bl. sum pagatus, protestantes quod nos supradicti recepimus pecuniam
memoratam ex parte reverendi domini nostri supradicti pro servitio nostro inpenso seu adbuc
inpendendo, si necesse fiierit, contra prepositum Bunnensem . . . Item ego E. miles supra-
dictus dedi lohanni de Dicbeim armigero 29 Ib. bl. et 4 s. bl. pro equo, quem perdidit apud
Maguntiam anno supradicto. CRM. 8, 496, 1868: leb Gerart ein bere zo Erinberg bekennin
micb in desim offin breve, dat mir Ricbsint amptman zu Kestillon zein gl. gegevin hait van
mine burcblein, dat icb daselvis hain yan mine herin greve Walraven van Spainbeim, unde
san in der los unde quit in desen quitanzbreve.
') S. dazu oben S. 1898—1899.
^) S. Bd. 8 No. 124, 1832.
3) S. Bd. 8, 264, 18, 1420; Scotti, Cbur-Tner 1, 389, 1550, cit unten Bd. 2, 884 Note 1.
*) S. Bd. 2, S. 581 No. 3, 1827—28; Sponbeimer Ordnung 1487 § 18: die Land-
scbreiber erbalten jährlich 20 gl., 1 fiider wins, 10 mir. koms und 10 mir. habem, dazu
werden sie beritten gebalten. S. a. a. 0. auch § 24.
^) S. MK. ÜB. 2, 103, 1190: der Erwählte Jobann verpfändet an das Domkapitel die
Höfe Pfalzel, Ehrang und Kordel ; die Einnahmen soU eine Yiererkommission des Domkapitels
sammeln. A predicta tamen universitate proventuum totam annonam et iura minuta excipi-
mus, que per ministros nostros, qui nobis fidelitatem iuraverunt, percipiemus. MR. ÜB. 8, 604,
1287 : der Graf von Sponheim bat in Böckelheim einen officialis, welcher im Fall der Ab-
wesenheit seines Herrn für diesen Zahlungen zu leisten hat MR. ÜB. 8, 820, 1245, die Grälin
von Vcldenz urkundet: reddet autem annuatim colonus curtis nostre, qui boveman dicitor,
in Mulenbeim decem mir. siliginis et decem am. vini mensure usitate ibidem, recipiendas de
nostro torculari de vinea, que Isanes dicitur, et decem s. monete Treverensis; et colonus
curtis nostre in Audelle novem nur. siliginis. Über diesen coloni steht, wie MR. ÜB. 8,
821, c. 1245, zeigt, ein procurator in Yeldencia, welcher die Anweisungen zur Auszahlung
erteilt. Vgl. auch allenfalls MR. ÜB. 1, 416, 1108, cit oben S. 834 Note 6.
«) S. oben S. 1410 Note 2; vgl. auch Landau, Salgut S. 285 ff. Über die SteUung des
Kellners als Wirtscbaftsverwalters (Meiers) und seine Entwicklung im 18. Jh. orientiert gut
Heisig S. 50-51.
[Entwicklung der Landesgewall. — 1412 —
halb der landesherrlichen Grundhen-schaft die landwirtschaftliche Verwaltung
des DoiiianiuniH von der Rezeption der grundhenlicheu Renten zu losen be-
gonnen' und gleichzeitig die Rezeptur einer grofsen Anzahl vogteilich-Iandes-
henlicher Gefälle iu die Hand bekommen hatte. Da kam es darauf an, den
Meier des Hauptortes innerhalb eines bestimmten Rezeptui'bezirks mit l)esoß-
dereni Ansehen zu bekleiden und ihn mit Funktionen auszustatten, für deren
Abgrenzimg die althergebrachten Kellnereien der geistlichen Institute das Vor-
bild abgegeben zu haben scheinen*. So entstanden landesheirliche Kellner,
welche zugleich noch Meier eines Hauptortes wai'eu^, «lemgemäfs noch dem
Bauding des Hauptortes prfeidieiten* und ein mehr oder minder grofsea
Domanium, namentlich gern ein Weiiynit^, in Regie verwalteten"*. In dieser
Lage erhalten sich viele Kelhiereiverwaltungen bis zu der meist jenseits unserer
Zeitbegrenzung liegenden Periode, in welcher die Verjtachtuiig auch dieser
RegiegOter aufkam '. Andrerseits aber bestand för die erwachsenden Landes-
herren schon frith das Bedürfnis, in ihren gröfseren Burgen neben dem Burg-
grafen einen besonderen Beamten mit der Finanzverwaltung zu betrauen. So
entstanden auf diesen Burgen wiedenim I)esondere Kellner — in Trier sind sie
schon im ersten Viertel des 13. Jhs. nachweisbar^ — , deren Amtsbereich sich
') S. oben S. 1333.
') S. oben S. 829 f., auch S. 815 Note 1. Dagegen bat der alte Hon>eamte unUrdem
Namen Cellerarius (vgl. z. B. MB. ÜB. 1, 891, 1097) mit der hier erürtertf'n Entwicklung
nichts zu schaffen.
") Soichi' sind noch f^miz eviilmt die Kelluer der Speierer Amlsordnung vom J. 1470.
'; ä ü. C. Majoitei Bau^i^aiiiti IS. JU. g 4, G. 6, 635, cit oben S. 1036 Note 3.
») Trierer Ordnung von 1509 g 20.
') Trierer Ordnung von 1509 § 15; WSerrlg Irsch Beiirig 16. Jlis. S 12.
') Sehr früh wird die VerpacLtunfr schon im Sponheimstheu versucht, s. Siionlieiuitr
Ordnung 1437 g 19: waz guter die hersehail biflher selber gebuwet hat, da sollent die lant-
Bchribere mit hilfe und rate der oberamptlute dieselben gutere umb einen jerlichen zinß
underst^n zu verlihend, die man ander« verüben mag, umb daz unsere berrcn solichs costen,
der bißber daruf gegangen ist, abc slend.
») S. Bd. 2, 530 No. 2. Hierher ist wohl auch MR. ÜB. 3, 363, 122930 zu ziebem
der Graf von Sajn spricht von R. de ü. cellerarius noster in Seimi. Ein solcher binter der
sonstigen Entwicklung zivUckgeb bebener Burgkellner ist der von Blankenbeim im 15. Jh., s.
das Blankenheimer Statut 15. Jhs., Ann. d. bist Ver. f. d. Niederrh. 9—10, 124: der keiner
sal alle fruchte ind körn ontfangen iod inoemessen ind die widder uismessen ind avelrveren,
ind daevan claere ind eirbare bewisonghe ind rechenschaf doin van innemen ind uisgeven.
desselven gellchs sal bie doin van aire provianden, it si vieis, buttcr, kese, vische groene
of droege gesalsen of frische, win, hier, broet, untzel, was, oellich, ind van atre provianden.
euch sal hie die bui^h ind cameren reinen, ind den huisraet wal bewaeren, ind dat daeinne
ia vur regen, sne, gewidder zo besorgen, dat et onvorderf liehen blieve, ind darzo mit
finsteren ind dueren zo beslissen ind bewaeren. Neben ihm steht dann noch — ein sonst
nie vorkommender Fall — ein besonderer Geldeinnehmer, a. a. 0. S. 12-j; men sal mit
Goebelgin oeverkommen, dat bie die berfest- ind meiescliatzonge, bruchen, zinse ind alle
ander gevelie, il ei rente of anders, dat zo gelde konipt ind gevelt, iiphevc ind dat an kleine
kochen overmitz den scboltißen, an manlen, an geslndeloen ind an ander l>ehoeve, des dae
— 1413 — I^e Landesverwaltung.]
ßchliefslich mit der Umwandlung des Burggrafen zum Amtmann auf den somit
gewonnenen Amtsbezirk erweiterte. Dabei war es denn nicht ausgeschlossen,
dafs beide Momente zusammentrafen oder sich in dieser oder jener Weise durch-
kreuzten: daher denn jene Mannigfaltigkeit der Abgrenzung im Verhältnis zu
den Amtsbezirken, auf welche oben hingewiesen wurde.
Wie aber auch diese Abgrenzung sich im einzelnen ausgestaltete, immer
blieb doch der Kellner als reiner Finanzb'eamter auf die Unterstützung des
Amtmanns für die Exekution seiner Forderungen angewiesen^: ein Umstand,
der denn eine Kooperation beider Teile nach mancher Seite hin, bei Bestellung
des Burggesindes ^ , bei Bewilligung städtischer Accisen * , nur nicht auf reiu
finanziellem Gebiete zur Folge hatte.
Als Finanzbeamter aber war der Kellner vor allem mit der Erhebung
aller landeshen^lichen Forderungen, der Steuern*, Domanialrenten^, Gerichts-
bufsen* betraut. Alle diese Einnahmen bildeten den Kellnereifonds, der nur
noit wirt sin ind gevallen, mach keren ind widder uisgeven ovirmitz raide ind mit willen
des amptmans, des scholtißen ind des kellners, ind also, dat hie des antfenkenisse ind in-
nemens ind uisgevens allet herechenen ind bewisen könne overmitz die dri vurg., die eme
auch, as oft si it \iir sich selven doin sulden, die rechenschaf sullen helfen machen ind
doin; ind darzo sullen si hain hem Johan den huiscappellaen pastor zo Weisben, die inne
die rechenschaf schriven ind helfen machen sal. item her Peter [der zweite Kaplan] sal
dem keiner auch mit raide overmitz des amptmanne raide ind hülfe dem keiner sins ont-
fenkenisse ind uisgevens der fruchte und provianden ind sine rechenschaf daevan schriven
und helfen machen, ind gevilt is, so it wael mach, dat der keiner binnen of buissen huis
zo doin hette ind onmoissich were, so sal der vurg. her Peter ieme helfen in bottelrien ind
kehren dat gesinde levem, ind truwelich daeinne dat beste doin.
1) S. Bd. 8 No. 135 § 11, 1836—1845; No. 183, 1850; No. 190 § 7, 1351; Honth.
Hist 2, 864, 1419, Stellung zum Kellner: ich sal sulche boissen und geveUe und vurter alle
rhente und gülden in die vurgenante ampte gehorich und gevaUende eime kellner zu ziten
zu Cochme getrewlich helfen inforderen und ingewinnen, so er des an mich gesonnen wirdet
ich sal auch die deine boissen also guetliche heischen und heben, daß die arme lide des-
halben unverderblich werden. Die kleinen Bufsen gehören dem Amtmann zur Hälfte. Spon-
heimer Ordnung 1437 § 26: die lantschribere sollent auch keinerlei verteidingen noch sich
deheinerlei gewalts annemen one wissen der oberamptlute. Vgl. femer Bd. 8, No. 244 § 8,
1464; Ordnung von 1509 § 6.
2) S. Bd. 3 No. 127 § 3, 1833.
») S. Bd. 2, 322, 1356.
*) S. Bd. 2, 186, 1482—3.
^) S. z. B. Ordnung von 1509 § 4.
•) Hierzu s. aufser dem ersten Citat in Note 1 noch Bd. 8, 455, i f., 1844 — 1845;
465, 6 f., 1845—1346; No. 135 § 8, 1386—1845; Honth. Hist 2, 209, 1859, Amtsrevers für
Saarburg: auch hait mir min eg. herr gelassen alle die bussen und frevel, die binnen der
eg. zit in dem ampte von seßich s. peningen Trierischer werunge oder darunter vallent, die
der Schelfen deilet, die ich doch gnediglich und den lüden unverderflich heben mach, was
andere bussen da vallent und alle hoebussen, die lif und gut antreffen, die hat min vorg. herr
ime und sinem stifte behaldich, und die sal ich einen keiner zu ziten zu Sarburg lassen
heben. Der Kellner setzt mit dem Amtmann die Bufsen, Ordnung von 1509 § 28.
«ü
[Emwicklung der Laniiesgewuli. — 1414 —
ausnahmsweise noch durch Kauf oder Überweisiuip; von Eiiinalimen, besonder»
Naturalien, aus anderen Kellnereien* otier aus der Zentralstelle* erhöht wurde.
Da die Einnahmen noch zum grofsen Teile in natiu'a erfolgten, so fiel dem
Kellner natürlich auch die Erhaltung derselben in initeiu Zustande liis zum
Verkauf, darunter k'sonders auch die Besorgung, ja bisweilen auch der teil-
weise Ausschank der Weine* zu.
Bei dem ttilweis sehr prekären Charakter der verschiedenen Einuahiae-
quellen lag dem Kellner eine umfassende Insiiektiou dersellien ob; er war
zu diesem Zwecke so^ar beritten^. Sn revidierte er zwei- bis dreimal jährlich
den landesherrlichen Domanialbesity ■, beging die Weinberge ', beaufeichtigte die
Strafsen mit, Rücksicht auf die Bedüi-fnisse imd Anordnungen der Zollverwal-
tung^ inspizierte die Bauten", bereiste die Städte zwecks Revision der Accise-
rechnungen '*". Mit der Inspektion hing die Konserviening aufe engste zusammen
sie verursachte namentlich flir den Doinanialbesitz viele Mühe. Der Kellner
bearbeitete die Personalverhältnisse der eingesessenen Eigenleute zur Erhebung
von Kopfzins, Heiratsalv^alKi undKurmede", er verpachtete das Domauialgut,
und zwar bei einjähriger Pachtzeit selbständig, sonst unter Einwilligung der
Zentralstelle '', er wies in den Pachtbesitz unter IHiergabe eines Verzeichnisses
') S. Bd. 3, 466, SB, M. 469. ■ f.. 134-5-1346.
») S. Bd. 3, 466, », 477, lo, 1345- 1346,
') S. Bd. 3, 407, 0, 1327.
*) S. Ordnung von 1-509 g 20; Bd. 3, 464, ji. 134-5. Eine Vcr^illienuig der Naturai-
einnahnipn erfolgte nur auf Befehl der Zentralslelle , s. Oi'dnung von 1437 g 21, von
1509 S 22.
■) Ordnung von 1437 § 13, vgl. S. 1411 Note 4.
•) Ordnung von 1-509 S 5.
^) S. Bd. 3 Ko. 254. 1472.
») Ordnung von 1509 § 29.
») Ordnung von 1509 § 24.
") llonth. Hist. 2, 373, 1427, Erzbiscliof Otio iibei'weist die Kochenier Steuern für das
Erzstift auf 10 Jahre der Stadt zur Melioration: die vurg. uusere bürgert' und wer von der
8tede wegen die zise uflielient, sollent allcjerliclis in biwesen eines igliclien unsers keiner^ zti
ziden zu Cochme redelicbe und gude rechenschaf doin von solchei' zisen , welche sie auch
von unseren vurfaren imd unseren gnaden in der vur^. slat ufhebcnt, und snlehe zise mit
raide iinsers keincrs in derselben stede nutz liesserting buwe luiil urbar keren. Vgl- aueb
Bd. 2, 322, 1356.
") S. WMajen §§ 11 und 12, G. 6. 637. cit. oben H. 1204 Note 4; oben S. 1247, 1467.
") Ordnung von 1509 §2.5. Zur Anwendung vgl. olien S. 965; Bd. 3. No. 240, [1460];
und 'Koblenz St, A, MC. VII Bi. 311b_3]2s No- S99, reg. Goerz, Regg. der Erzbb.
S. 243, 1476 .Inni 26: Wir Johan etc. tun knnt ttnd bekennen offenüieh an diesem hrieve:
wand der erBame unser lieher andecbtiger Engelhart von Entzberg declian und unser keiner
zn Munstenneinfelt von nnserni geheische und bevelhe erblicli verluwen bait Kuntz Johan
SDider von Slackeii und Eifgin Fremden Jobans tochter von Stacken lur sich und ire libs-
crben unser und unsers stifts hoifgin daselbs zu Macken mit huis hoif garten schüren und
andern zugehorungen, wie Mertin Bisz von Dumershuseii das hait ingeliaht besessen und
genossen nngeveriich (welche hoifgin hait dri gunsten, nemlicb in der Werhecken z«i shicke,
— 1415 — l^e Landesverwaltung.]
der Einnahmeberechtigungen ^ ein^, er empfing die Pachtsummen®. Wie die
Verpachtung, so ordnete er auch die sonstige Bewegung im Domanialvermögen,
er schlofs sogar Kaufe- und Verkaufegeschäfte namens des Landesherm ab*.
Den Einnahmen des Kellners aber standen sehr ausgedehnte selbständige
Ausgaben gegenüber. Hierhin gehörte zunächst die Zahlung aller durch Ver-
fügung des Landesherm oder der Zentralstelle auf die Kellnerei dauernd oder
einmalig angewiesener Summen und Renten®, die Bestreitung der Gehälter
für die Beamten innerhalb ® und bisweilen auch einzelne Beamte aufserhalb ^ der
Kellnerei, die Deckung für Baumaterialien und Bauten ®, Landesbestellung, Herbst
die andere gunst in der Hoensbach vur Lenskomp ein stuck an den Molenweg, und die
dritte gunste ein stuck zusehen den weiden und ein stuck an dem Ewesser weg und ein
uf dem Scheibweg, mit drien stuckelgin wiesen in Falbach und an der Leien uf der anwenX
also das die vurgenant lüde und ire libserben das gemelt hoifgin [Bh 312 o] mitsampt dem
gclende darzu gehörig in gudem wesen buwelich halten sollent, als lentlich und gewonlich
ist, imd uns unsem nakommen und stift ierlichs zu sant Mertins tag im winter davon zu
pachte geben und liebem eim keiner zu ziten zu Monstermeinfelt in die kelnerie dritthalb
mir. habem Monsterer maisse und darzu einen bock: — so haben wir Johan erzbischof
zu Trier etc. obgenant zu solcher verlihunge unsem guden willen gunst und verhengnis getan
und gegeben, tim und geben vur uns unsere nakommen und stift in kraft dies briefs. Datum
Confluentie quarta post lohannis baptiste anno Ho cccco Lxrvio.
1) S. Bd. 8 No. 124, 1332.
«) ♦Koblenz St. A. MC. Vm Bl. 96^ No. 286, Goerz, Regg. der Erzb. S. 228, 1466:
und sint dies hemai^ geschrieben solche zinse erbe und gutere zu dem obgemeltem unserem
hoefe zu Oichtendunk gehörig und unserem hoefinan zusten sollent, als unser kelnere und
dienere in eime registere bezeichent geben haint.
«) S. Bd. 8 No. 194, 1356; No. 219, 1395; No. 222, 1408; »Koblenz St. A. MC. VID
Bl. 96^, 1466, cit oben S. 970 Note 1, imd a. a. 0. MC. VU Bl. 385»— 835^, 1482, cit
oben S. 954 Note 8, auf S. 955.
*) Honth. Hist 2, 157, 1345 : Koblenzer BUrger verkaufen dilecto viro domino Petro
dicto Siure cellcrario reverendi in Christo patris ac domini nostri domini Baldewini sancte
Trevirensis ecclesie archiepiscopi , sacri imperii per Galliam archicancellarii , in Confluentia
ementi et recipienti nomine iamdicti domini Trevirensis et suorum successorum omnium et
pro ipsis domos nostras. Das Geld (200 mr. d.) zahlt der Kellner aus, ihm wie dem Erz-
bischof wird auch Verkaufsbürgschaft geleistet
^) Sponheimer Ordnung 1437 § 17 : ein lantschriber sol soliche manschaften gulten und
zinse, die versichert und verbürget sint, zu einer ieglichen zit geben, als sich daz geburet und
verschrieben ist, und auch versigelte quittancien von den nemen, den die gulte gehöret, umb
daz icht Schadens uf unsere herren getrieben werde mit manung und leistung. S. auch
Bd. 8, 457, 8 f., 460, aa f., 1344; 467, so, 476, 82 f., 1345; No. 214, 1388. Zur Honorierung
einer Einzelanweisimg durch den Küchenmeister s. Bd. 3, 410, 27, 1327 — 1838; über das
Anweisimgssyst^m selbst vgl. oben S. 882.
6) S. Bd. 8, 410, 2 f., 1327; No. 135 §§ 1, 2, 1336-1845; Bd. 2, 187, 1482—1488;
Bd. 3 No. 244 § 11, 1464; 298, 29, 1495; Bd. 2, 8. 580, 587, 589.
") S. Bd. 8 No. 195, 1356; No. 264, 1488.
«) Onlnung von 1509 §§ 23, 24; s. auch Bd. 8, 412, 17, 1827; 458, 12, 1844-1345;
470, 17 f., 134.5—1346; Bd. 2, 186, 1482-1433.
[Eutwickluug ilev LftiiJesgewaU. — 1416 —
und Ernte', Handweifeko8t<'n*, Fuhrlöhne * und Biirgenverprovi»utiening*
n. a. in. Femer sind hier die Veri'flegungskosten fllr solche Personen zu
nennen, denen von der Zentralstelle ein Yerpfleguugsschein für die Reisen im
Lande bewilligt war*, also für Amtleute, Rate des Hofes, Mai-schälle, Ge-
sandte II. dgl. Ülier die Kosten dieser VerpfleKung wurde ein besonderes
Buch geftlhrt, das im Triersehen den Titel Liher domini führte und für jede
Verptlegungsstation einzeln gefuhrt warcl". Der nach Abzug der genannten
wie anilerer Einzelausgaben verbleiliende Rest an EiRnahiiien aber wurde an
gewisse Zentralstellen, im Trierschen nach der Trierer I'allastbellnerei und
nacli der Kellnerei Kol)lenz, gegen Quittung abgeführt'.
Die rechnuiigsniiirsige Bewältigung einer so ausgedehnten Verwaltmig
verursachte natürlich eine Masse von Schreibwerk; der Kellner muTste deshalb
Schreibens und Rechnens kundig sein, und nicht selten war ihm noch ein
Schreiher als Unterbeamter zugesellt*. Das Schreibwerk war aber um so
gröfser, als dem Kellner auch die Hei-st^Hung eines Etats der Beamtengehälter*
und die Aufetellung eines Gültbuches'" seiner Kellnerei in zwei Exemplaren
") S. Bil. 3, 410, t f.. 1327; 457, n f., 459, i f., 1344—1^45; 467. « f., 1345—1346;
Bd. 2. 186, 1432-1433.
^) S. Bd. 3, 410, a», 1327.
>) S. Bd. 3, 410, ti, 1327.
•) S. Bd. 3. 413, s, 1827.
') Ordnung von 1509 g 17. Doch konnten die Kellner auch sonst Freundi.' und Be-
kannte anEtAndig beherbergen, e. ft. a. 0. § IS; vgl. atidi Speierer Amtsordniing 14T0 § 24:
die ampdude sollen ußwendig den Blossen tliedungen mit armen imd zukomeaden lulen und
deßhalb kein costen in slossen iifriechten; obe man aber zu ziten cim fremden oder buB eim
biedermtm einen credrunke in slossen gibt, ist nit an gelegen.
«) Vgl. Bd. 2, 251 ; Ordnung von 1437 S 27. von 1509 g§ 16—18. Im speziellen s.
Bd. 3, 408, B* f., 1327—1328; No. 290, 1333; Bd. 2, 183, 1843-1344; Bd. 3, 4-39, xs, 461,
SR, 1844; Bd. 2, 187, 1432—1433. Eine besondere liegeliing dieser Fnige l.esteht im Spon-
heimsclien, s. Sponheimer Ordnung 1437 § 8: wenn die Amtleute in ihrem Bezirk umreiten,
in welichs sloß sie dan kement, da sol ine der keller daselbs hauwe und liiter von u. h.
wegen geben, und so manigmale sie daselbs bruclien werden, daz sol ein lantschriber bezalen
und daz in sine rechenung schriben. docli sol der aniptman zu einer ieglichen zit ein ver-
sigelte recesse hinderlasscn dem keller, darin er sich herkennen sol, daz er uf daz male da
gewesen si und gehabt habe so vil male und so vil habem ete. und wan der lantschriber
solicb gelt dem keller bezalet, so sol der keller im dieselbe versigelte iierkentnisse wider
geben, umb daz er die an die rechenung lege, so er reckenen wirl. Dazu vgl. a, a. 0. § 9:
wer ez auch daz den anipiluten uswendig der herschaft [d. h. ihres Amtes] geburte zu riten
von u. h. Sache und notdurft wegen, waz sie da verzerend, daz sol ein lantsckribcr von
u. h. wegen nsricliten und bezalen; doch daz dem lanisehriber aber ein vcrsigeltc recesse
geben werde.
') S. Bd. 3, 410, ao, 411, ii, 1327; 460, u, 1344-1345; 467, 24 f., 1345—1346.
"1 S. Bd. 2, 183, 134-?- 1344; »Koblenzer Kellnerei rechnung 1432 Bl. 19»; Ordnung
von 1509 § 5.
°) Ordnung von 1509 g 27.
") Dies der Name in der Ordnung von 1437 g 22.
— 1417 — Die Landesverwaltuiig.]
für Kellnerei und Zentralstelle oblag S welches das landesherrliche Urbar, ein
Verzeichnis der landesherrlichen Lasten und die Weisttimer ^ des Bezirkes ent-
halten sollte.
Die Rechnungslage selbst sollte auf einem Abschlufs der Geldeinnahme
am 1. Januar und der Naturaleinktinfte am 2. Februar jedes Jahres
basieren ^ ; das Etatsjahr lief dabei von Johanni zu Johanni *. Die Revision
und Entlastung fand gewöhnlich im Frühjahr, also vor Schlufs des Etats-
jahrs, statt®, vermutlich weil man bei mangelndem Voranschlag den Ab-
schlufs thunlichst früh übersehen wollte, um demgemäfs finanziell ins Grofse
veifügen zu können. Die Aufstellungsformen der Rechnung waren dabei schon
frühzeitig gut entwickelt, auch war die Hinterlegung eines Duplikats in der
Kellnerei ® und die Belegung der einzelnen Posten durch Quittung angeordnet '' ;
in den meisten der hierher gehörigen Punkte läfst sich ein stetiger Fortschritt
von der karolingischen Rechnungslage des Capitulare de villis ab verfolgen®.
^) Ordnung von 1509 § 8, 7. Die Anfhahme erfolgt wohl meist im Herbst, s. Bd. 2,
662. Zu Erneuerungen vgl. Scotti, Giur-Trier 1, 530, 1587: die sämtlichen erzstiftischen
Kellner werden in Erneuerung eines ihnen bereits erteilten Befehls angewiesen, alle in ihren
Kellnereibezirken zu erhebenden Zinsen und Renten unter Zuziehung der »Vorgenossen« zu
erneuern und dieselben nebst einer Beschreibung der zur Entrichtiuig verpflichteten Güter in
ein besonderes, dieser Au&eichnung ausschliefslich gewidmetes Buch einzutragen. Zur Er-
füllung dieser Vorschrift soll den KeUnem der erforderliche Beistand von den churfÜU^ichen
Lokalbeamten pflichtmäfsig geleistet werden. Scotti, Chur-Trier 1, 607, 1623: unter An-
weisung zur genauen Befolgung einer wegen Verwaltimg der landesherrlichen verrechneten
Ämter im Jahre 1610 im Druck erlassenen (Kellnerei-)Ordnung werden die churfürstlichen
Beamten aufgefordert, — behufs der landesherrlichen, beim jetzigen Regierungsantritte er-
forderlichen Kenntnisnahme der gegenwärtigen Beschaffenheit der ihnen anvertrauten Kellne-
reien — , ihren j&ngsten Kellnereirecefs, und was seithero bis auf dato ab- und zukommen,
ob und wieviel und weme einige fruchten imd anders verkauft, verborgt, in andere kellereien
geliefert, und was noch im vorrat vorhanden, ob auch noch ichtwas und bei weme ohn-
geliefert ausstendig , auch was jetzt kauf und lauf der fruchten seie, und dan letzlich ob
auch alle landesherrliche renthen und gefel in guetem schwang, oder vor und nach etwas
nachteiligs eingerissen sein mag, sofort einzusenden und resp. desfalls zu berichten.
*) Daher denn auch die Kellner oft bei Weisimgen zugegen sind; s. WRoth 1398,
G. 6, 563; WPallast 1463, G. 2, 286; WWiebelsheim 1498; WMeckel 1669; WMayen § 4,
(t. 6, 635.
^) Ordnung von 1509 § 9 und 10.
*) S. Bd. 3 No. 228, 1328; No. 294, 1345; Xo. 295, 1346; No. 226, 1411; Bd. 2,
18.5, 1432—1433; Bd. 3 No. 247, 1467. In der Karolingerzeit lief es vom 25. Dez. zum
25. Dez., s. oben S. 807. Vgl. auch unten S. 1475.
^) Im Sponheimschen um Sonntag nach Pfingsten, s. Ordnung von 1437 § 28. VgL
femer Bd. 3 No. 288, 1328 (10. Mai); No. 294, 1345 (1. Juni); No. 295, 1346 (2. April);
No. 226, 1411 (25. April); No. 247, 1467 (13. Juli); No. 257, 1476 (11. März).
«) Orthiung von 1509 § 9.
^) Bd. 3, 414, 27, 1328; Ordnung von 1509 § 11.
«) S. oben S. 804 ff.; den Rezefs Gerhards von Sinzig vom J. 1242, oben S. 1366;
ULuxemburg, Terre d'Ardenne, S. 373; auch die Koblenzer Baurechnungen 13. Jh. 2. H.,
Bd. 2 S. 519.
Lamprecht, Dentcches Wirtschaftsleben .1. 90
[Enlwiokluiig dvv LandeEgewali.
Die Rechaun«: selbst zeräel dabei seit der vollen Ausbildunj; der Kelliifieieu
in der ei-steu Hälfte des 14. Jhs. in ihrer ausführlichsten Fomi in sechs Teile,
den Rezefs (Enllastunjisurkunde) iles Voijalirs, das Einnahmeverzeiehnis. das
Au^abeverzeichnis, die Bilanz, den neuen Rezefs, das Veraeichnis verbleiben-
der AufsensUlnde. Diejenigen Abteilungen, für welche Rubriken in Betracht
kamen, weisen zumeist folgende Unterpliederung auf: a) grofse Einnahmen:
Weizen, Spelz, Gerete, Rogfien, Hafer, Heu, Geld ; b) Hülsenfrüchte ; c) Tien- :
Ochsen, Kühe, Schafe, Schweine (Schinken), Gänse, Hühner; d) kleine Ein-
nahmen: Wachs, Pfeffer, Butter, Öl, Seife, I'ett, Salz, Kraut, giHlne und ge-
salzene Fische, Hölzer, Tuche'.
Mit der Abfassung dieser Rechnung, welche tremilfsden Einnahme- und
Ausgaberetrisleni vom Kellner selbst mundieit und nochmals i-e\idiert wurde*,
verband sich nun eine der wesentlichsten Kontrollen der Kellnereivei-waltung
dui-ch die Zentralstelle. Der Kellner präsentierte, nach eventueller Revision
der in seinen Speichern ruhenden und seit dem 2. Februar des Rechnunss-
jahres kompleteu Naturaleinkünfte *. seine Rechnung peraöulich beim Landes-
herrn'*. Dieser liefs sie nun durch einen oder mehi-ere Revisoren der Zentral-
stelle prüfen", und entlastete dann, wohl auf deren Bericht hin, den Kellner.
Auch sonst fehlte es nicht an Büi^iscliaften und Kontrollen für die Aintsfilliruni;
des Kellners. Oft wunte schon beim Antritt des Amtes eine Kaution, sei es
materieller, sei es moralischer Art, gefordert ° ; genügte sie nicht, so hielt sich
der Landeshen' im Notfalle aufs strengste an das Privatvennögeu des Kelliiei-s".
Daneben wurden dann persönliche Kontrollen durchgeführt , sowohl duivli
Revision seitens eines Beamten der Zentralstelle*, wie schon in karoIingis€hf>r
Zeit*, wie durch zeitweise Aufnahme neuer Urbare seitens besonders zu-
sammengesetzter Kommissionen'". Ferner bestand eine Reihe sachlicher Kon-
trollen und Garantieen: Überall wurden Quittungen erfordert "; der Kellner
') Hierzu s. Bii. 3, 405, 21, 1327— 132^; Bd. 2, 183. 1343-1344; Dd. 3, 454. 1», 134.i;
«3, M, 1346; B.1. 2, IHr,, 1432-1433.
") S. IM. 3, 478, m, 479, st, 1345-1946: Bd. 2, 185. 1432—1433.
') Ordnung von 1509 S S.
•) Ordnung von 1509 g§ 9 und 12.
») Spuren solcher L>un-li|irLifung s. in Bd. 8, 41S, 2h, vm ; 463, so, 134-5, vgl. 463, n.
Der Rexe^s wird vom Berisor ni-llist gcscbiieben.
») "Or. Koblenz St. A. 13^2 Mai 16: die Äbte von Busoiidorf und Tbolej leisti^ii
Büigschaft für den Mönch Arnold
von -Weifskirclieu, welclien Balduin
zum Kellner iti
Tholey anuimmt
') S. Bd. 3 Xo. 171, 1346; Kc
: 189. 1351 ; Xo. 207. 1376.
«) S. dazu Bd. 2, .i32-533.
°) S. ol)en S. 807.
■") S. ULuxembui^ Ü. 864 No.
V. S. 870. if.: vgl. auch Kicker. Wien
.er SB. 14. 20.-,
um 1309: Berielit iibcr eine von K.
Heinrich verankrstc Untersiiduuig iil.e
f die EinktiuHe
der Reichsvogtei im S|)eiei'gau.
") S. z. B. Ordnung von 1437
§ 22.
— 1419 — Die Landes Verwaltung.]
durfte keine Geschenke annehmen ^ ; er mufste seine landwirtschaftliche Eigen-
produktion wesentlich beschränken ^ ; er sollte seine Produkte nicht neben dem
Gut des Landesherm lagern®. Endlich aber suchte man durch die Aussicht
auf besondere Belohnungen die Redlichkeit der Kellner zu stärken*.
Alle diese Mafsregeln wurden sehr wesentlich durch den Umstand
unterstützt, dafs der Kellner keineswegs die einzige Rezeptur in seinem Be-
zirke besafs, wenn er auch häufig genug ein Hauptgut der Kellnerei in Regie
hatte '^ und unter ihm eine Anzahl von Wagenbereitern und Landboten direkt
für die Zuftihrung der Einnahmen thätig waren®. Vielmehr stand unter dem
Kellner noch eine ganze Reihe lokaler Rezepturen. So wurden z. B. Gemeinde-
aligaben gern durch den Zender gesammelt und von diesem insgesamt an den
Kellner abgeliefert ' ; Gerichtsbufsen und vielfach auch andere Abgaben wurden
zunächst an den Schultheifsen gezahlt und erflossen erst aus dessen Kasse an
die Kellnerei®. Kurz es gab solcher lokaler Rezepturen so viele, dafs eigens
1) Ordnung von 1437 § 24, von 1509 § 26.
«) Ordnung von 1509 § 28.
8) Ordnung von 1509 § 23.
*) ♦Koblenz St. A. MC. VUI Bl. 322b No. 986, reg. Goerz, Regg. der Erzb. S. 289,
1494 Apr. 15: Wir Johan etc. tun kunt und bekennen öffentlich an diesem brieve, das wir
angesehen und betrachtet hain getniwe und flissige dienste, die imser lieber getruwer Johan
von Lernen ims und unserm stifte ein gude zit von jaren, er unser keiner im Hamme gewehst
ist, getaen hait; und haben als darumb demselben Johan als unser diener so laug er in
leben ist begnadet und gefriet begnaden und frien ine auch vur uns unsere naekommene imd
«tift in kraft dis brieves von allen und iklichen froenen und anders, damit unsere bürgere
der pflegen im Ham uns und unserm stifte verplicht sin, sunder argelist und geverde. Und
des zu Urkunde hain wir unser ingesigel an diesen brief tun henken, Der geben ist zu Erem-
breitstein uf dinstag nach dem sondage misericordia domini anno etc. cxiiio.
'^) S. oben S. 1412, besonders Ordnung von 1437 § 20, von 1509 §§ 15, 20. Die in dem
Regiebau beschäftigten Knechte imd Mägde geloben dem Kellner anstatt Landesherm Treue,
Ordnung von 1509 § 14.
*) Ordnung von 1509 §§ 3 imd 5. Doch stehen die Wagenbereiter vor allem wohl
unter dem Befehl des Amtmanns, s. Bd. 3 No. 258, 1477.
") S. WGalgenscheid 1460, G. 2, 453 ; WSerrig Irsch Beurig 16. Jhs., cit. oben S. 816
Kote 6; W Münstermaifeld 1589, G. 2, 460: weist der scheffen des hofs, das ein ieglicher
heimburger aus den sechs dorfem sollen ihre zins an frucht und komgelt uf den benanten
tag bezalt sein; und bedeuten, das rechte zeit sei zu sant Martinstag. und wanehe ein
keiner den heimburgem obg. einen tag darnach setzt zu bezalen vor den weinachten, darauf
sollen sie ganze bezalung thun; und ob das nicht geschehe, sal ein keiner macht hau, ein
ganze gemein darvor zu penden; imd ein heimburger des dorfs, an dem gebrech ist, hat
macht den üirter zu penden, also das sich die gemein Schadens enthebe.
") Sponheimer Ordnung 1437 § 14: alle nutze, rente imd geveUe . . von golde un^
von Silber, ez si in stctten dorfem oder anderswo, an beten, sturen, zollen, zinsen, heupt-
rechten, vellen, freveln, einungen, bussen und bessemngen und anders, was von gelte gevellet
oder gevallen mag, daz sol ieglicher schultheiße in eim ieglichen dorf dem lantschriber hant-
reichen und niemand anders, und ir einer dem andern dämm ein versigelt quittancien geben,
die man an die rechenunge legen sol. S. auch a. a. 0. § 16. S. femer Bd. 3, 408, a, 1327;
465, 10, 1845—1346; Ordnung von 1509 § 5.
90*
. [EntwitkluDg der Lamiesgevrult, — 1420 —
die BfstiininuD^ Ketroffen werden konnte, es soHe an jedem Orte der Re^el
nach nur 6ine Untei-stelle der Kellnerei bestehen'. Bei weitem die wichtipslen
Unten-ezepluren aber sind die Meiereien ^, mochten ihre Inhaber nun zu reinen
Beamten geworden sein* oder die Stelle in Pacht bezitzen*. In ihnen fliefsen
alle landesherrlichen Gefälle der nächsten Umgegend zusammen, nel>en dem
Domaninlinteresse vertreten sie jetzt auch völlig die Steuerinteressen des
I-andesherm ; in Luxembui^ sind sogar die Burgen mit ihren lokalen Bezügen
aus Bannwein u. a. m. stets einem nahe gelegenen Meieranit untergeordnet*.
Und so ei-scheint denn die Kellnei'ei im wesentlichen geradezu als eine Oher-
rezeptur jener Meiereien, aus deren Mitte sie in den meisten Fällen hervor-
g^angen ist, und in eben dieser Stellung Hegt eine nicht geringe Blli^scliaft
för ihre gesun<)e Verwaltung.
Es begreift sich aus dieser Konstruktion einer der hauiitsÄchlichsten
Kontrollen wie aus der ganzen bisher betrachteten Organisation der Kellnerei,
dafs die Stellung des Kellners gegentiber der Zentralsfelle noch eine ver-
hältnismäfeig sehr selbständige war". Die Kellnerei hat das alte natural-
wirtschaftliche Anweisungssjstem noch nicht völlig abgestreift, sie ist noch in
ebenso hervorri^endem Sinne Ausgabe- wie Einnahmestelle. Noch ist es bei
dieser Konstruktion möglich, dafs die Ausgaben bei einer Kellnerei die Ein-
nahmen in einer Weise übersteigen, welche das Eintreten des Kellners mit
seinem persönlichen Vermögen erfonleil. eine Möglichkeit, aus welcher sich
beiläufig in den Zeiten schlechter Finanzpolitik während der zweiten Hälfte
des 15. Jhs, im Kurfürstentum Trier unerträgliche Mifsstäncte entwickelten'.
Und neben dieser zu weit gehenden Selbständigkeit des Kellneramtes einer-
seits welch enge Bindung des Kellners an die Befehle der Zentralstelle andrer-
') Sponheimer Ordnung 1437 g 15; in einer ieglichen iXaX und dorf ^ol nit me dan einer
sin, der u. h. nutze und gevelle innimpt, und die er furbassGr dem lantäclirilwr aDiTriirten sol.
2) S. Bd. 8, 408, iB, 1327; 456, b f., 1344—1945, dazu Bd. 2, 184; ferner Scotii. Chur-
Trier 1, 339, cit. Bd. 2, 384.
ä) S. z. B. Töpfer, ÜB. 1, 68, 1279; Cod. Lac. 112, 1298. Über den Villicus in
Flandern s. WamkQnig 3, 138 f.
*) S. Koblenz St A. MC. VIII Bi. 96 b No. 286, reg. Goerz, Regg. der Erab. S. 223,
1466, cit oben S. 979 Note 1. Die Pacbter hatten eventuell die Einnahmen zu buchen, s.
oben S. 947, so dafs ihre Beiregungsfreiheit gegenüber den Villici früherer Zeit (s. oben
S. 634) sehr beschriüikt war.
'■) S. i. B. ULuxemburg S. 382, lo. Vgl. auch ULuremburg 377: zum Meieramt
Lignii-res geliürt auch ein Hof in Warizy, wo der Graf nur den Schaft hat Ähnlich gehört
S. 378 die Vogtei von Vivier ziun Meieramt Ortho. Überhaupt bietet das ULuxemburg zu
dem hier erörterten Thema eine Fülle von Belehrung Im einzelnen; eine Besprechung der
Bedeutung desselben für die Geschiebte des Finanzwesens behalte ich einer besonderen
Studie vor.
*) Ebenso unabhängig stand der Kellner dem Amtmann gegenüber; die Befehle der
Zentralstelle an ihn erfolgen direkt, nicht durch den Amtmann, s. Goerz. Hegg. der Erzb. z.
1368 März 28.
'I S. Bd. 3 No. 239, 1456; No. 246, 1466; No. 257, 1476.
— 1421 — I^ie Landesverwaltung.]
seits. Der Kellner kann Naturaleinnahmen nur auf Befehl des Landesherrn
yersilbem ^ ; er kann Vorräte seiner Kellnerei in eine andere nur iussu domini
überführen^; Quittungen über Auszahlungen aus einer Kellnerei werden in
frühester Zeit auf den Landesherm ausgestellt*; Kleinigkeiten wie das Um-
füllen der Weine werden von der Zentralstelle aus angeordnet*. Es ist das-
selbe Schwanken, wie bei der Amtmannschaft, im ganzen und gro&en eine
über das Mafs modemer Vorstellung weit hinausschielsende Selbständigkeit
der Beamten, auf der andeirn Seite eine kleinliche Bindung an diese und jene
Willküräufserung der Zentralstelle.
Und das ist denn überhaupt der Charakter dieser ersten Landesverwal-
tung: keine Einordnung der einzelnen Instanzen in einen wohlabgewogenen
Geschäftsverkehr, keine sichere Abgrenzung der Verwaltimgskompetenz, son-
dern andauernde Selbstherrlichkeit in den unteren Kreisen gegenüber ruck-
weisen und willkürlichen Anordnungen der Zentralstelle. Geholfen konnte
Tiier nur werden duich Ausbildung einer mehr kollegialen Verwaltung in den
unteren Kreisen, me sie durch die Kreierung von Amtsschreibem und Bildung
^ines Kollegiums aus Amtmann, Amtsschreiber und Kellner für viele Ver-
waltungsgebiete des Amtsbezirks seit dem 1 6. Jh. geschaffen wurde, und femer
durch eine völlige Umgestaltimg der Zentralstelle im Sinne einer Gliederung
in Departements, wie sie ebenfalls erst im 16. Jh. bewufet erstrebt ward.
Welches aber war denn nun die Geschichte der Zentralverwaltung bis
2U dieser Zeit?
Aus der Mitte des 14. Jhs. ist uns das folgende ftlr die Beantwortung
dieser Frage, welche uns nunmehr zu beschäftigen hat, besonders bemerkens-
werte Aktenstück erhalten*: Wir Dederich von Ettinc borchman m. h. van
Trere und zu MonreaJ, und Henrich van Merthelache ein borchman zu Mon-
reaZ doen kont allen luden . . , dat wir in boetsceffe u. fr. frauwen Marien
van Cleve frauwen zu MonreaZ [Witwe von Viraeburg] reden an u. h. hern
Baldewine erzebischove zu Trere, as um de loesunge der Pelenzen, de eme
verlacht was van hera Henriche selegen van Viminborch und frauwen Marien
Turg. sinre elicher frauwen [Urkunde von 1335, CRM. 3, 211], und sprachen
u. h. \iirg. van Trere selber zu, dat wir da weren van u. fr. weghen van
€leve vurg. und gesunnen enre losongen der Pelenzen, und hurten gerne de
breve van der Pelenzen, wie si stunden van werde zu werde, of dat wir uns
des debaz gerichten muchten na den breven, want u. fr. ir geld begaet hette
binenander, um die Pelenze zu loesene. do antwerte uns u. h. van Trere,
$:eldis bedürfe he wal, he wulde de breve doen suchen van der Pelenzen, und
^) S. oben S. 1414 Note 4; Bd. 8, 476, s, 1845—1846; Ordnung von 1487 § 21, von
1509 § 22.
«) Vgl. Bd. 8, 466, », 477, lo mit Bd. 8, 876, le, 1845-1846.
») S. Bd. 8, 109, 21, 1802.
*) S.' Bd. 8, 461, 18, 1345-1846.
«) S. CRM. 8, 402, 1353.
[Entwicklung tii'r Lande sgewali. — 1422 —
wat de sprechen, dat wulde he nemeü. und iieis he uns des andern dagis
orier des zweiten wederkomen , um de breve zu huriune. des quoiiten wir
weder flu- u. !i. vau Treren vurg. of de zit, und sulden de breve huren lesen,
do sprach u. h, vurR., he hette de breve verloren, dat »ir hinder uns reden
an u. fr, \-urg. und brechteu ire loesehreve, die wulde he ummer sehen, und
dat freit : he wultie fielich bid u. fr. doen van Cleve. do vradeu wir hem.
Petern Sarazzen und den andern raet u. b, viu^., want de breve sprechen
dusint Ib, hl., de pilHch zuznbrenghene weren, bid wat niuutzen wir weren
und bezalen niuchten? ind wem wir dat gelt gebcu sulden, as wir weder
quenien? des Entwerte uur lier Peter Sarazzen, wir sulden [is] peben liera
Geralde dem rentmeistere, de da bi eine stont, de sins heni rente plege in-
zuueuiene, und sulden geben einen alden schilt fiu' sevenschen s., und einen.
Tomoes für echtzen hl,, want brechten wir zumal hl., u. h. von Trere inneia
er niet'. ond gaf uns her I'eter vurg. dat ende van nionrte ». h. vurg.. und
sprach uns dai-fur: were oeh sache dat u. h, vuit^. tier breve niet invuude,.
he wulde u, fr. bid dem tapitt^le as sicher machen, dat si und ere erben
des nunimer anspi-ache geliden insulden. des begate uns her Peter vorg, einen,
brief van u. h. van Triere an den boi-chgrelwn van Cochnie, want surgelicb
was, de breve und dat gelt zu furinne sunder geleide, as wir eme saden, dat
he de breve und dat gelt zu Trere in einen wegen geleite, dat dede der
horchgipbe und geleite ilat gelt zu Trere, und wanl dat gelt inifangen, gezalt
und gewogen van u. h. wegen van Trere. och inwolde der rentmeister de».
geldis van der Pelenzen niet nemen, he inhette de breve gesehen van der
losongen der Pelenzen: de he sach und eme wal genugede van den breven^
und och moesten wir u. h. van Trere für beznleu zweihoudert aide Schilde,
de eme m, fr. und ir man von andere scolt schuldich woren. und do wir
allit dat gedaen hatten, as wir van u. h. vaii Trere und sinie rade pescheiden
woren, und dat gelt wal liezalt hatten van der IVlIenzen zu der \onif'i-sten
schulde, <lo besehen wir unse breve weder, af Sicherheit darfur, as geret was.
des sprach u. h. vurg. weder uns, sine frunt betten in undenvist, dat de-
losonge der Pelenzen nemans nie inwere, <lan des |)rostis van Aghe; niet nie-
inkonde uns wederfaren, dan dat wir gelt und breve u. h. lesen vui-g. Die-
beiden Burgleute bezeugen sclillefslich, omnia premissa de verbo ad verbuiii . .
sie esse.
Inhaltlich dieser in hohem Grade in die Geschäftspraxis einführenden
Urkunde kommen also Geschäftsführer eines Diitten zur Abwicklung einer
bestimmten Sache an den Trierer Hof. Sie werden zunächst vom Ei7bischof
empfangen; dieser leitet die geschäftliche Behandlung der Sache ein. Nach
diesem ersten Akt spielt sich die Fortsetzung im erzbischöflichen Rate ab, als
') So wird zu lesen sein. Günther liest: want brechten wir zwey Maid er Hailere unse
Hern von Trere Innemer niet Sarrazin will sagen ; bringt ihr die Summe nur in Hellem,
BO nimmt das der Erzbiechof nicht.
— 1423 — I^ie Landesverwaltung.]
dessen Sprecher Herr Peter Sarrazin, als dessen Mitglied u. a. der Rentmeister
Gerard erscheint. Peter Sanazin verhandelt nun mit den fremden Geschäfts-
führern in der Weise, dafs er sieh in den einzelnen Stadien der Verhandlung
mit dem Erzbischof [und jedenfalls auch dem Eate] verständigt und dann
vom Munde ^ des Erzbischofe Antwort erteilt, auch einschlägige Urkunden und
Befehle an die Lokalverwaltung von demselben erwirkt. Nach Abschlufs der
Verhandlungen empfängt endlich der Erzbischof die Geschäftsführer wiederum
persönlich und teilt ihnen den gemäfs dem Bericht des Rates gefafsteu end-
gültigen Entscheid mit.
Neben den Verhandlungen im Rat spielt aber noch eine Geschäftsscene
vor der zentralen Finanzverwaltung. Wir finden an ihrer Spitze den Rent-
meister Gerard; er bucht keine aufserordentliche Einnahme ohne Einsicht
von Urkunden imd scheint bei grofsen Zahlungen Geldsorten nur nach den
im Rate festgesetzten Bedingimgen annehmen zu wollen; zugleich ist er Mit-
glied des Rates.
Bringen wir die hiennit gewonnenen Kenntnisse^ auf die allgemeinste
Fonnel, so finden wir an der Zentralstelle unter dem Erzbischof einen Rat
mit einem Kabinetsminister an der Spitze, eine Finanzverwaltung mit einem
Rentmeister an der Spitze, imd als allgemeine Voraussetzung schriftlichen Ver-
fahrens auf Bericht des Rates eine Kanzlei. Der Geschäftsgang im Rate aber
ist der, dafs der Erzbischof sich Einleitung und Abschlufs der Geschäfte per-
sönlich vorbehält, ihre Verhandlung im einzelnen aber wie ihre Durclifühiiing
gemäfs dem Schlufsentscheid dem Rate überläfst.
Sehen wir also von der technischen Voraussetzung jedes gröfseren Ge-
schäftsbetriebes, der Kanzlei, ab, so haben wir um die Mitte des 14. Jhs. zwei
Verwaltungen an der Trierer Zentralstelle zu unterscheiden, den Rat und die
Finanzverwaltung. Von ihrem Entstehen und Wesen soll nunmehr im einzelnen
die Rede sein.
Zunächst vom Rat.
Natürlich hat eine beratende Zentralstelle von jeher in jedem gröfseren
Verwaltungsbezirke, welcher späterhin zum Territorimn erwuchs, d. h. in jeder
Grundherrschaft, bestanden ®. In geistlichen Herrschaften, wo die Quellen einen
genaueren Einblick gestatten, setzt derselbe sich aus den geistlichen und welt-
lichen Grofsen des Verwaltungsgebietes zusammen*. Die geistlichen Grofsen
^) Es ist das lateinische de iussu, s. Bd. 3. 486, 1850.
2) Vgl. zu denselben Seeliger S. 93 ff.
3) Zum folgenden s. u. a. Waitz, Vfg. 7, 809 f. ; v. Maurer, Fronh. 1, 206 f.
*) MR. ÜB. 1, 134, 893: Bischof Rodbert von Metz schenkt an Kloster NeumOnster
cum consultu tidelium nostrorum, clericorum scilicet et laicorum. Ennen, Qu. 1, 459, 922:
der Kolner. Erzbischof handelt consultu fidel ium nostrorum tarn clericorum idoneorum, quam
etiam laicorum nobilium. Lac ÜB. 1, 52, 98, 941 : der Erzbischof von Köln verschenkt res
ecclesiae Coloniensis cum consultu et consensu der fideles tam clerici quam laici. S. auch MR.
ÜB. 1, 33«, 1052, cit. oben S. 1078 Note 8.
m
[Eutwicklung der Landcsgewiilt. — 1424 —
erecheiueu dabei früh ^'euau abgegrenzt als Prälaten V und unter ihnen iiehmeTi
dann in den Diözesen wieder die Domkapitel bald eine besondere Stellung
ein*. Die weltliehen Grofseu setzen sich anfangs voniehinlich aus den be-
lehnten freien Henen und Grafen zuRaminen; bald aber ei-scheineu neben
ihnen, spätestens seit Ausgang des 11, Jhs. deutlich beteiligt, die Ministerialen';
und scbliefslicb befriunt um die Wende des 12. und 13. Jhs. auch eine Be-
teiliinmg der Büi^ger einzusetzen*.
'] Lac. ÜB. 1. 166, 257, 11. Jh.: UuerdenBiuin coogregatio fratnim . . suis (idelibus
uque (irelBlis id sibi coDsiliantibus consona et coiiuuuiii collaudantia laudaveniot atqne
gtatuenint. MR. ÜB. 1, 616, 1159! Belehnuug de coosilio prelatonun et tideliiun uostronun,
unterzeichnet Dompropst, Deehant, 3 Arthidiakone , die Grafen von Kirberg und Veldenz.
einige freie Herren und Ministerialen. MR. ÜB. 1, 610, 1158: Erzbischof Hillin von Trier
beiehnt die Luiemliurger Grafen mit Bui^ Nassau und Zubehör detiberato ecclesie nostr?
liberonim et ministerialium coosilio. Es Bind ab Zeugen unteraeicbnet: Dompropat und
Decliant, 3 Archidiakone ; die Ähte von SMaxiniin, SMatheis, SMaria-ad-martyres , SMartin,
Springiersbach, Hitnmerpde; die Propste von SPaulin, Pfolzel, MQnstermaifeid iind SCaalor-
Koblenz; der Domkustos und ein Kapellan [wohl beide im erzb. Rat]: Laien: die Grafen \oa
Ysenburg und Sayn, die freien Herren von Ehrenbreitstein , Braubach. Burgen, Bettingen,
Neum&gen, Kerpen, und 16 Miniatenalen, darunter der Marschall und 2 Schenken.
*) Enneo, Qu. 1, 580, 93, 1179: der Kölner Erzbiachof verschenkt Kammern in der
Nähe der Kölner Münze de consilio priorum et tideliuiu nosCronim. capituli etiam maioris
ecciesie Coloniensis eonsensu accedente. MR. ÜB. 3. 21, 1214: Erzbi^chof Tbeoderich l>e-
eiätigt SMaria-ad-maityres den Besitz der ihm von Erzbiseliof Johann zugewendeten Ehranger
Pfeurkirche de conununi conailio et eonsensu capituli nostri contra maloram incursua. S.
femer MR. ÜB. 3, 73, 1217; 75, 1217; 82, c 1218 usw.
*) S. schon MR. ÜB. 1, 171, 929, Erzbiachof Rutger will sieb Über Stift«guter im Eiaafs
(Gimbrett bei Strafsbiu^ ?) informieren ; nos ergo missos nostros Waltercherum vnsallum nostrunL
et cum illo Qualterum Rodingum et Albuinum famulos nostroa illuc direximus, qni perspectis
et inquisitis oninibus renuntiaverunt nobis. nichil aliud ibi esse nisi mausum indorainicatuni
et alios mansos 9 absolutoa absque ullo homine, de pratis autem ad carr. 5. Er vertauscht
das per consensum nostrorum fidelium clericomm atque laicomm. Vgl. zu dieser Urkunde
MR. ÜB. 1, 610, 1158: Erzbischof Hillin 1.50 mr. in manu quarundam personanun ecclesie
nostr?, libcrorum eliam et miniBterialium nostrorum posuimus, et iit ex eis aliquod allodiuni
emerent pro restauratione curi^ nostrc Pardenheini, qui; nobis aliquantulum iniminuta vide-
batur, precepimus. Dieser immunitio hatten geistliche und weltliche Grofsc wie Ministerialen
der Kirche zugestimmt (s. a. a. 0. 60-5. 1157). S. femer MR. ÜB. 1, .501, 10»9, der Abt
von Prüm schenkt Nochem an SGoar; inito consilio sapientes suos de omni abbatia cuius-
cunque conditionis, monachos sive clericos, liberos, ministei'iales, ad locum prefatum eoadunavil
et rillam . . coram Omnibus . . tradidit. AIR. ÜB. 1, 639, 1163: Erzbiscbof Hillin bestätigt
Forstrecbte des Klosters Oeren consilio et eonsensu personarum liberorum bominiim et minisle-
rialium nostronun. Vielleicht gehört hierher schon V. Bald. Leod. c. 24; die Gräfin L. schenkt
von ihrem Allod fldelis usa clientelae consilio; sie will nichts thun sine eorum consultu.
') MR. t:B. 2, 328, 1190-1212, Urkunde Erzbischof Jobanns: nos ad preces dilecli
nostri Anaclmi abbatis sancti Maximini pueris Cononis dicti advocati in Confluentiu. qiii
ministeriales sunt beatt Maximini, de consilio et eonsensu üdelium nostrorum tam minisle-
rialium quam civium in Confluentia et cürca Conäuentiam manenlium tale iua et libertatem
concessimus, ut, ubicunque ipsi infra i«rminos nostrae iurisdictionis fuerint, ab omni petitione
t ministeriales beati Petri sint exempti et omni iure gnudeant et utantur.
— 1425 — Die LandesverwaltungJ
Lange bevor indes diese Vervollständigung erreicht ward, welche schliefs-
lich im Beginn des 13. Jhs. auch einen reichsgesetzlichen Ausdruck fandS war
man in dem beratenden Köi-per von der blofsen Ratserteilung zur Forderung
eines Zustimmungsrechtes zu bestimmten Handlungen der Herrschaft fortge-
schritten. Mit dem allmählichen Durchdringen dieser Forderung, deren Ge-
schichte hier nicht weiter zu verfolgen ist *, wurde aber natürlich der beratende
Körper zm* berechtigten Behörde, zu einer Verfassungsinstanz, deren Kompe-
tenz und persönliche Rekrutierung genauer Begrenzung bedurfte; und er
verlor damit jene Eigenschaften freier beratender Meimmgsäufeerung und un-
gebundener Wahlfähigkeit seiner Mitglieder, welche ihn urspiUnglich charak-
terisiert hatten.
So mufste der Herr der Grundherrschaft bezw. des sich bildenden Terri-
toriums nach einem Ersatz fUr sein altes Ratskollegium suchen; er musste
einen neuen Kreis vertraulicher Berater bilden, welche ohne irgendwelche ver-
fassungsrechtliche Stellung nur ihm verpflichtet waren*. Das Personal hierzu
quo ministeriales beati Petri gaudent et uti consueverimt Honth. Hist 1, 760, 1268: Mit-
bcsiegelung eines erzbischöflichen Burglehnbriefes in . . rei testimonium durch die Stadt
Trier. Zum Abschlufs der ganzen Bewegung im ständischen Sinne s. für Trier CRM. 3,
155, 1328, Sühne Erzbischof Baldnins mit der Gräfin Loretta von Sponheim: und waut wir
dit gedan hain von willen rade und gehenknisse unses capitels und uns gestiechts man und
der stede, so band die vorg. unse capitel kuning [der Graf von Luxemburg und König von
Böhmen] und edel man uns gestiechts und die stede ir ingesiegel gehangen an diesen brief.
Folgen die Besiegelungen mit ausführlicher Motivierung CRM. 3, S. 267 f. Als Städte und
edle Mannen sind genannt: die Grafen von Luxembniig, Sayn, Saarbrücken, Veldenz, Katzen-
elenbogen, Vimeburg, die Raugrafen; die Herren von Blankenheim, Manderscheid, Dann;
die Städte Trier, Koblenz, Boppard, Wesel, Montabaur. Vgl. auch noch S. 1344 Note 2.
^) Vgl. das Gesetz K. Philipps vom J. 1205 (Verfügungen von Fürsten nur communi-
cante sibi meliorum terrae baronum et ministerialium consilio), den Reichsschlufs von 1231,
MGLL. 2, 283, und Schlufs von 1287 § 44, a. a. 0. S. 452. Zur Ausführung vgl.
oben S. 1037 Note 5, 1292, und MR. ÜB. 8, 71, 1217: Erzbischof Dietrich vererbpachtet
den Wald Veivere u. a. m. communicato consilio praelatorum nostrorum nobilium et mini-
sterialium, quorum discreta circumspectione honestas ecclesie Trevirensis gaudet ad meliora
provehi.
») Für Trier vgl. G. Trev. Cont 1, 22, MGSS. 8, 196, 1079—1101, cit oben S. 712,
Note 2; G. Alberonis 27, MGSS. 8, 257. Zustimmung zu Regierungshandlungen der Grafen
von Jülich und Berg erwähnt v. Below S. 6 erst seit d. J. 1226.
') Das sind die familiäres, welche seit Schlufs des 11. Jhs. neben den verfassungs-
mässigen Beratern vorkommen, s. Lac ÜB. 1, 157, 244, 1090: Erzbischof Hermann III. von
Köln entscheidet einen Streit zwischen SMaria-ad-gradus und Brauweiler prudenti priorum
et familiarium nostrorum consilio. Vgl. femer MR. ÜB. 2, 6*, 1171, Urkunde Abt Roberts
von Prüm: dum vero, quod mente conceperam, sepius inter familiäres meos pia sollicitudine
retractarem . . , quatinus subtili indagatione et sapienti consilio providerem .... Nach dem
Testament des Erzbischofs Johann (f 1212), MR. ÜB. 2, 297, sind ständig am Hofe neben
19 Ministeralen 2 edle Herren und ein Magister — wohl der Anfang eines Rates. S. dazu
MR. ÜB. 3, 327, 1227, cit. oben S. 847 im Text Auch für die Ausübung des Rechtes des
Consilium bezw. des Consensus der Landesstände machte sich doch firüh eine Beschränkung
[EntwickluDg der LnnJesgewalt. — 1426 —
boten spätestens seit Be^nn des 12. Jhs, die Ministerialen; sie haben das
ganze 12. Jh. hindurch die intimen Berater ihrer Herren gebildet'.
Aber auch hier schob sich seit etwa Mitte des 12. Jhs. die allgemeine
Entwicklung der sozialen und Veifassungsverhältnisse immer bestimmter
zwischen den freien Verkehr der Räte und des Laudesheim. Die Ministerialen
bildeten zugleich den Rahmen für die Zentralverwaltung der Grundherrschaften
bezw. erwachsenden Territorien wie fUr die Hofi'erwaltung - ; so sind im Era-
stift Trier z. E. von ihnen die Ämter des Marschalls, Truchsessen, Schenken,
Kämmerers, Thürhüters, spilter auch des Speisers besetJtt^, Mit dem Eindringen
geltend; nuchEnnen, Qu. 2, 373, 273, I2'18, ist Tür kleinere Mafsregeln des Erabischofe tob
Köln nötig consilinm priorum, qui conunode haberi possunt, Dir gröfsere consilium eonindem
prionun et capitiüi Colonienais.
') MR. ÜB. 1, 396, c. 1098: fiuniliaribuB , qui archiepiscopatus servientes dicuntnr, et
hoc, si necesae est, piobare possunt MB. DR 1, 483, 1135, SMaximin: nach dem Dienst-
ding der Ministerialen abbas ei in proximo die . . de privaiis negotiis vel coramunilnis nun
ministerialibiia aliiiua tractare voluerit, eive nos [der Vogt] presentcs sive absenles fiierimiia,
absque expensis eonim ipsos detinebit. Am Hofe des Hüftes SSeverin-KüIn finden Eich Ennen,
Qu. 1, 503, 42, 1099—1131 elE, a. a. 0. 592, 100, 1185 ftof Ministerialen. S. ferner Lac. ÜB.
I, 367, 1149, liir Kaifenheim; qualiter bonae memoriae Bertolfiis abbaa BrAwilareusis eccle-
ftiae hominibus ad ins curtiB nostre Kevenheim pertinentibus tempore necessitatis «ubvenerit
et lunpliando corum beneficia inopiam eormu alleviaveril. liiis enim infortunio et miaeria pro-
fligatia, quam predonum inmanitas igne et rnpina inflixerat, ne tantia maus exac«rbali eflii-
gerentur et predia ecclesiae horum reccsBU vastarentur, conailio usus est fratrum suorum, lai-
conun etiam, scilicet ministrorum suorum, qualiter ea emendarentitr. quorum comniuni deli-
beratioDc et consilio bona eccIeEie, que vulgari lingua sellant nuncnpantur, ad predictam
Gurtün pertinentia predictis hominibus ad ea, que primitus possederant beneficia, Iradidit et
conürmavjt. V. coinit. de Amatein: ministeriales suos velut socios sie atnabat, quomm con-
silio super coniugalis eopulae matrimonio penirgetur, quia rei sie poscebat utilitas. — In
frühester Zeit, vor den Anfängen der Stäudebildung, suchte man wohl auch die Vasallen in
dieser Weise heranzuziehen, s. V. Vodalrici c. 5, MGSä. 4, 393, i^ f.: similiter et de vasal-
lis suis seniper seeum aliquos sapientissimos habere voluit (Vodalricus], si ei aliquod negotium
de aeccleaiasticis rebus vel de secularibus ad tractandumdeveniret,uieo]iimconsilioeiiute ti-actare
et regere semper paratus esset. Hierhin gehöil vielleicht auch MR. ÜB. 1, 305, c. 1033, cit.
oben S. 894 Note 3. Auch in spaterer Zeit finden sieb noch derartige Versuche, s. oben
S. 1267; sie erttlaren sich aber durch den Umstand, dafs miltlerweile die Ministerialen zu
Vasallen geworden und in den Lehnsverband eingetreten sind.
') S. im allgemeinen, aufser oben S. 820 f., auch MR. ÜB. 3, 1168, 12.52: eine Schuld-
verschreibung des Grafen von Neuenahr bezeugen milites, der Sohn des Grafen et Herbordus
de Ludorf servus noster, quibus mediantibus res fuit onliuata. l'hroD. ep. Mettens. 1186; der
Bischof Bertram von Metz steht gegen Kaiser Friedrich , deshalb ad iram et indignationem
princeps Incitatus bona eins universa confiscari fecit totunique episcopatum Metensem per
ministeriales suos [unier Werner von Bolanden, Chron. reg. 1187] in facti huins vindietam sa-
siri. — Ausgenommen sind hieiTon nur die grörsesten Verwaltungen, in welchen auch Freie
Verwendung fanden, s. z. B. Ennen, Qu. 1, 466, 13, 965.
') Vgl. für den Marscaicus MR. ÜB. 1, 604, 1157; 610, 1158; den Dapifer MR. LB.
1, 604, 1157; den Pincema MR. ÜB. 1, 604, 1157 (zwei pincenn- MR. ÜB. 1, 605, 1157;
610, 1158); den Camerarius MR. ÜB. 2, 297, c. 1212; UStift S. 321 Xo. 11; MR. ÜB. 3, 71.^,
1241; den lanitor'MR. ÜB. 2, 297, c. 1212.. Später wird .luch noch ein Speiseramt erwiümt,
— 1427 — I^ie Landesverwaltung.J
des Lehnsbegriffs in die Ministerialität begannen nun diese ursprünglich in
freier Wahl des Herrn ^ besetzten Ämter seit der zweiten Hälfte des 12. Jhs»
Lehnsäniter zu werden, und im ersten Viertel des 13. Jhs. war die Entwick-
lung soweit abgeschlossen, dafs die Lehnserblichkeit der Hauptämter im J. 12 Id
reichsgesetzliche Anerkennung fand^. Damit war nach zwei Seiten hin eine
Stellung erreicht, welche die alleinige Rekiiitierung eines freien landesherr-
lichen Rates aus den Ministerialen immöglich machte: einmal waren die
Ministerialen nunmehr volle Vasallen, hierdurch fest dem sich soeben bilden-
den Körper der Landstände einrangiert, und somit in der o])en geschilderten
Lage der alten im Ständewesen aufgegangenen Räte ; weiter aber waren sie jetzt
im Besitz von Erbämtem, also in einer verfassungsmäfsig feststehenden eigen-
rechtlichen Stellung zur Herrschaft, welche ihre Fähigkeit als unparteiischer
Berater oft beeinflussen mufste.
Es war daher um die Mitte des 13. Jhs. nötig, einen neuen Rat zu
schaffen, wie es nötig war, ein neues Beamtenpereonal ft\r die Zentralstelle
zu entwickeln®. Beide Aufgaben wurden, wie sie schon in der Blütezeit
Honth. Hist 2, 352, 1411. In Jülich existieren anfangs sogar nur Tnichsefs, Schenk und
Marschall, der Kämmerer kommt erst im 14. Jh. auf, s. Loersch De ortu etc. S. 35.
») S. oben S. 1168 Note 5.
-) Reichsspnich 1219, MGLL. 2, 216: mortuo nno episcopo et alio substituto onmia
ofticia vacant exc^ptis quatuor principalibus , dapiferi videlicet et pinceme, marschalci et
camerarii. Die Erblichkeit der grofsen Ministerialenämter an der Mosel ist freilich erst nach
diesem Datum, nicht schon für das 12. Jh., bezeugt, vgl. MR. ÜB. 3, 121, 1220: Ego Henri-
cus de Duna etc., quod dominus noster Walramus de Limburg comes de Lucemburg et do-
mina Ermesindis uxor eins marscalciam comitatus Lucemburgensis michi et heredibus meis in
feodo et homagio contulerunt perpetuo possidendam. cum predicta etiam marscalcia centum Ib.
Metenses mihi contulerunt, et donec eas reposco, medietatem omnium proventnum in silva de
Kirvant mihi et heredibus meis possidendam assignarunt cum autem illas centum Ib. rece-
pero, super waragiam ponere vel de ipsis terram teneor comparare, que ad prefate marscal-
cie officium pertinebit villam quoque meam , que Altare nuncupatur, quam presens ab ipsia
habemus in feodo, ad petitionem meam ad feodum eidem marscalcie fecerunt pertinere.
MR. ÜB. 3, 713, 1241: Ei*zbischof Dietrich dilecto ministeriali nostro G. de Esch favemus»
ut percipiat omne ius, quod ratione camere nostre a nobis in feodo debet teuere. *Bald.
Kesselst S. 427, 1349, Fcudum lohannis de Treveri: ofßcium pincematus [das schenkeampt
als manlehen]. CRM. 8, 517, 1368: Lehenrevers für das Sponheimsche Marschallamt Honth.
Hist 2, 352, 1411: Friedrich von Brandenburg empfängt zu rechtem Mannlehen die Lehen
und Güter, als ein obrister spiser des Stifts von Trier von demselben stift gehaibt halt
CRM. 4, 186, 1440: Lehenrevers Hermanns Herrn zu Ilelfenstein über die Burg gleichen
Namens, das Tniclisessenamt und andere Triersche Lehen. Novillan. c. 44: quidam Gerardua
tenuit bona in feodum in Remich, in Ellingen, in Keckesdorf, in Willesdorf, et inde ianitor
abbatis; ille Gerardus adhuc fuit sub abbate Bartholomeo [Wende 12. u. 18. Jhs.], sed et
eodem tenore Wilhelmus de Tnitinga [Trautingen] habuit feodum in Willesdorf et circa Tru-
tingam et apud Broich iuxta Modevort, unde et ipse ianitor domini abbatis. 1599 bestandeD
an erzstiftischen Beamten der Marschall, Hofmeister, Kämmerer, Truchsefs, Schenk und
Speiser, Honth. Hist 3, 191.
^) Zur Art des Übergangs vgl. schon jetzt CRM. 2, 327, 1287: der Erzbischof von
[Entwicklung der Landesgewall. — 1428 —
der Miiiisterialität geiiieinsam gelöst worden wareu, so auch jetzt wiedei- ge-
meinsaiii ins Auge gefafet mid auf deniselbeu Wege tiuidigefiütit, auf welchem
man ein neues Lokalbeamtentuin zu schaffeu iu Begrifl" war: duixrli Anwendung
des aus dem Lehnsbegriffe zum AintsbegritFe überfühvendea I^hnsdienstvertrages
zur Kreiening von Raten.
Anlange in dieser Richtung scheinen sich alsl>ald nach dem Aufkommen
des Lehusdienstveitrages tiberhaupt ' zu zeigen ; schon der Ei'zbischitf Johann
von Trier (t 1212) scheint einige nach dem neuen Prinzip angestellte Räte
gehabt zu halien^. Der ei'ste sichere Ratsrevers neuer Art aber föllt ei-st
in die Mitte des 13. Jhs,^. Und l>ei der unmittelbar von der Persönlichkeit
des Landesherm abhängenden Entstehuugsmöglichkeit der Institution dauerte
es noch lange, ehe von einem wirklich ausgebildeten Rate die Rede sein konnte,
Noch in der zweiten Hälfte des 13. Jhs. war im Erzstift Trier die ganze Eän-
richtung formlos und der Zusammensetzung der Räte nach dem gi-öfsten
Wechsel untenrorfen*; erst mit dem Beginn von Balduius Regiment in den
ersten Zeiten des 14. Jhs. scheint eine Kräftigung soweit eingetreten zu sein,
daJs man einigen Katsmitgliedem die Vei-waltung des Erzstifts bei laugdauemder
Abwesenheit des Landesherm anvertrauen konnte*. In den dreifeiger Jahren
Köln suis dütgenter comiserat oflitiatiä, videlicet Arnaldn militi dupifero suo de Wede diclo
Dumbelir atque Conrodo dapifero suo de U'oldenbtirg, ut . . toiicordiam r(>fonnarent.
') S. oben S. 1298.
■] Das Testament des ErzbUchofs Johann, MK. ÜB. 2. 297, nennt unter der mit Legaten
bedachten Familifi den I>ekan Jakob [er war wohl Kanzler], ferner den Kaplan Heinrich und
5 Naßien lermutlicli atich von Kaplanen; dann Henricus coais (Küchenmeister). Hierauf
folgen die Namen von zwei edlen Herren nnd der eines Magisters. Ferner die zwei Pfarrer
von Andernach und Koblenz, der Priester von Ehrenbrei (stein , der Sehnimeister Hugo von
SCaator-Koblenz , der erzbischöfliche Vikar Peter, der Vogt Cuno und sein Sohn. Dann
19 Ministerialen, darunter der lanitor und Kämmerer, der Kapellan, 11 andere Personen,
vielleicht auch noch teilweia Ministerialen. Schliefslicli 2 persönliche garcioiies, 2 g&rciones
de Camera, 3 de coquina, 7 sen'i novi de Palatio und 7 andere genannte Diener. Im ganzen
70 Persooen. Hier sind die vor den Pfarrern stehenden Personen wohl als Räte zu fassen.
Im übrigen ist bekanntlich ein erster ständiger Rat am Königshof in der 1. H. 13. Jhs.
eine Ausnahme, s. Isaacsohn De consilio regis etc., Diss. Berol. Iä74. Über Terriiorialrüte
des 13. Jhs. s. T. Bclow S. 82; Lamprecht in den Forschungen z. d. Gesch. 23, 97 Anm. I.
°) MR. ÜB. 3, 959, 1248: der Junggraf von Leiiiingen wird besonders geehrter pfalz-
gräflicher Bui^mann in Winzingen, der Vertrag hcifst faniiliarilatis ordiiiatio et amicitie
connectio. Das Lehen beträgt nach unserm Geld 72000 M.
*) G. Trev. c. 191 : Hie idem pater Henricus [1260--1286] hahnit modum laudabilem
et consuetudinem memoriae dignam. cum enim tractaret de slatu et negotiis temporal tl>us
Buae dioceais, assumpsit sibi viros consnltissimos in rebus temporalihus expeilos, prout immi-
nentis negotii perplexitas requirehat si circa milites aut vasallos causa agebatur, assumpsit
harones et nobiles probatae prudentiae, si circa clerum et ecciesiasticam libertatem negotium
vertebatur, consuluit viros litteratissimos; si circa cives, idem fecit prudenciore» asauniens, quem-
libet venerans et salutans laeEo vultu et henigno, prout requirehat Status et conditio eonin-
dem. nee mutavit mores prescriptos, dum coram eo ventilabantur negotia ludeomm.
») S. 'Epistolarcodex Balduins Bl. b^. 1312 Novbr. 80, dazu Friedenshurg in Westd.
— 1429 — I^ie Landesverwaltimg.]
des 14. Jhs. tritt dann die feste Bezeichnung für den Bat als Freund^
wenig später als Heimlicher auf^, und um die Mitte des 14. Jhs.
kann das Institut als völlig ausgebildet angenommen werden*, wenn wir
Zs. Bd. 3, 301 No. 28. Zu Analogieen aus späterer Zeit s. «Koblenz St A., Kurf. Trier
Staatsarchiv, Geh. Cabinet, Personalien der Erzbischöfe, 1467 Januar 21 : Wilhehn von Baden
Amtmann zu Saarburg an die Zentralverwaltung, Johann und Wilhelm Herren von Yilez [?]
und Eberhard von der Arken, die Statthalter des Erzbischofs (der Erzbischof war eine Zeit
lang aufser Landes, vgl. Goerz liegg. der Erzb. S. 225, zu 1466 Novbr. 24); geben under
minen ingesegel uf mitwoch nehst nach dem zweinzigsten dage anno etc. LXVI. Berichtet
über Verhandlungen mit Luxemburg, deren Abmachimgen von Heinrich von Warsperg ge-
brochen sind, sowie seine Mafsregeln gegen Heinrich von Warsperg, unter Übersendung einer
Abschrift des an diesen gesandten Briefes und der darauf erfolgten Antwort, sowie der von
der Luxemburger Seite in dieser Sache erlassenen Schriftstücke. Diese mittel und ander,
die hemah geschrieben stont, biden ich uch mich zu nnderwisen, wie ich mich darinne
halden solle, nastdem das mins gnedigen herren gnad nit inlendich ist Folgen neue zweifel-
hafte Fälle: Gefangennahme zweier Unterthanen [armman] in Nennich durch Arnold von
Yels und Wirich von Putlingen, und ähnliches. Da biden ich uch, gut frunt, mir zu schriefen
und zu wissen laissen, wie ich mich in diesen vurg. sachen halden sol, wan solich homnt
und gewalt nie me geschieht ist in dem hogericht von Sarburg, und wer meins gnedigen
herren gnad inlendich gewest, so het ichs nit dabi gelaissen. Got si mit uch. Vgl. auch
G. Trev. c. 293, Erzbischof Johann IV. (1540 — 1547) wird alt: coeperunt ergo totius di^cesis
gubemacula a consiliariis pendere, quapropter summum capitulum ei coadiutorem designavit . .
cum spe fiiturae electionis. Im übrigen erfolgt in früherer Zeit nie die Einsetzung eines
Regentschaftsrates, sondern eines Regenten, s. oben S. 1302 Note 2, 1337; vgl. auch Bd. 3
No. 179, 1349; No. 184, 1350; 187, 1357. — Wenn bei Königswahlen Trierer Räte genannt
und mit hohen Summen bedacht werden, so ist hier schwerlich an die Räte der gewöhnlichen
Verwaltung, sondern an aufserordentliche Bevollmächtigte zu denken, s. CRM. 2, 349, 1293,
K. Adolf bekennt sich schuldig : providis viris consiliariis venerabilis archiepiscopi Treveren-
sis principis nostri dilecti tenemur in 2000 mr. Coloniensium d. bonorum et legalium ratione
laborum et expensarum, quas fecerunt in electionis negotio. Die Räte werden nicht genannt
S. femer CRM. 3, 63, 1314: consiliarii Balduini, qui pro (Ludowici regis) promotione actenns
laborarunt
^) Die gewöhnlichste Bezeichnung ist des hem frunde, s. Bd. 3, No. 137, 1836 ; *Arch.
Maxim. 4, 650, 1377; Bd. 3, No. 163, 1344; später auch rete und frunde, s. Bd. 3 No. 249,
469, No. 261, 1479. — Lateinisch amici domini, Bd. 3, 431, i«, 1840; 457, 7, si, 1844-1345;
485, 11, 489, 9, 12, 1350; bezw. consiliarii et amici G. Trev. c. 267, 1362—1388. Daneben
tritt dann etwa seit Mitte des 14. Jhs. der Ausdruck Heimlicher technisch auf, wenn er auch schon
zur Bezeichnung eines Rates viel früher bekannt war, s. Tristan 8589 : heimlichaere, und die
Bezeichnung consecretalis bei Ennen, Qu. 1, 433, 5, 874. Für sein Aufkommen vgl. Bd. 8,
231, 13, 1358; Ferdinand S. 79—80, 1863; G. Trev. c 267, 1362—88 (intimi consiliarii et
amici); Honth. Hist 2, 293, 1388; 297, 1895 (fruntschaft, heimelicheit und raid); Bd. 8, 255, as,
1395. S. auch Bd. 3 Wortr. u. d. WW. amici domini, frunde, frundschaft, heimelicher,
heimelichkeit, helfer und diener, rait, raitman.
^) Ich schliefse das namentlich aus dem Umstand, dafs bei Austragsgeschäften, welche
eine Hauptdomäne des voll entwickelten Rates bilden, bis zur Mitte des 14. Jhs. noch häufig
Kommissionen vorkommen, welche nur aus Amtleuten der Lokalverwaltung bestehen, s. CRM.
2, 327, 1287; Bd. 3 No. 180, 1349; S. 228, 84, c. 1350; auch Bd. 3, 151, », 1881; 220, «,
c. 1350.
[Entwicklung der Liimkägewalt. — 1430 —
auch zahlreichere Batsi-evei-se erst seit den sieheuziger Jahieu des 15. Jlis.
kenneu'.
Die allgemeine Stellunfl der Räte war anfangs ganz die der auf
Dienstleheu angenommenen Beamten^; später tritt die volle Beamtenstellung
ein. Doch dauert es bei den Bäten weit länger wie liei den Amtleuten,
ehe der Begiiff des Amtes völlig durchgeffthrt wird. Es treten hier zwei
Momente hindernd dazwischen: einmal die Thatsache, dafs die Räte am Hofe
des Herrn, mithin in gewissem Sinne als Gäste dessellien lebten*, ihm über-
haupt persönlich nahe standen — daher die Bezeichnung als Freunde — ; dann
die häufige Verwendung des Ratstitels und etwa mit ilini zu verknüpfender
Emolunieute seitens des LandesheiTU zu dem blofs politischen Zwecke, sich die
Anhänglichkeit einflufsreicher tenitorialadliger oder sonstiger Herren zu ge-
winnen*. Aus dem zweiten Moment folgte sehr leicht eine Äbblassung dei'
Ratsftinktionen, welche erst dann für die wirklich funktionierenden Rfite völlig
venuieden ward, als man sich entschlofs. den Ratstitel teilweis eben nur als
Titel zu verleihen und zwischen wirklichen und Titularräten zu unter-
scheiden". Das erste Moment aber hindei-te auf lange die Ausgestaltung eines
wirkliehen Gehaltes und damit der notwendigsten materiellen Unteiiage für
die volle Auspi-ägung des Amtsbegiiffes. Statt eines Gehaltes finden sich noch
lange gelegentliche Schenkungen oder Belehnungen im Sinne eines Entgeltes
für einzelne Leistui^ien ' ; erst si)äter, und zuerat bei den wirklich voll am-
') Vgl. Qoen., Regg. der Erab. xa 1477 OkL 9; 1478 Mai 8; 14« AprU 11, hei. ÜS;
1488 Sept. 3; U89 Jnn. 1, Nov. 17; 1492 Jan. 1, Kov. 17; 1492 Apr. 23; 1494 Dez. 10;
1497 Jnli 17. Aug. 23; 1501 Dee. 2-5; 1-502 Juni 4. Die grofse Zuiialime mit etwa 1488 er-
klärt sich freilich daraus, dafs seitdem die Dienerhüchpr erhalten sind, s. dazu Bd. 2. 576
und 689, wo l>eidemale statt 1446 vielmehr 1488 zu lesen i^t.
*) S. oben S. 1428 Noie 8.
*) Sie sind auch in Kost des Herren, Bd. 3, 431. is, 1340.
•) S. CUM. 3, 307, 1344; Bd. 3 No. 198, lft58: Honth, Hist. 2, 293, 1388; 297, 139->:
Bd. 3 Ko. 218, 1395; Ko 2j9 1477
") S. AR-h. Cleyvaiii 716 1409 'Or holdenz ^( \ hwh Tuer snaisirchii in
breitcniPei^anieDtstreifenhungenBestedesganzzerhroi.heMenbiegelsniitIiuck3ieg 1 1 ~4 hiiu
Ludovicus dei gratia Fi'anconim rex unnersis inesenle'. hlteias nispeitun* saluleni Regnni
et principiun omnium ea dobet esse curi fenentior et pieiipua soUicituJo iit eis lu ton-
siliis suis assument personos qiias et fania retcieiile scientiaque et \irtutum niciitis iQii
tantibus prestantiores esse noierunt et maxinie cum excellention geneiis nobilitate letanlur
et ampliori dignitate ceteros antecellnnt notum igitur fdcuuu<, (jn d nos attendeotes \iilutuni
et merilorum eKcellentiani pnidentiam Mem et iniegntateiu can^simi et dilectissinii con°an
guinei nostri lohannis aichiepiscopi Treierensis sacn inii>eni pnanpis eicctons nobili^si
mumque geuus, a quo ipse et sua donius traxeruiit orisintin qui nobis et no>tris ctiaiii
proxima consanguinilflte iungiintiu eundeni consanguineuni nostnun in consihariuni nostnuii
retinuimus et retinemus per presenles et tn alionim consdunonmi no-.iroiuiii miniero tenou
presentium aggregamus, lolentes ut demceps hononbus prmlegiis lilertitil us pitrogiiiiia
et aliis quibusciunque iunbiis quibus constliaiii nosQi uti et giudeie con'iieunuii utaiui tt
gaudeat.
•) S. Bd. 3, S. 490 Note 16, I3oI. •LMünsteniiiildd, 11, lulle»/ C\U Bl .t,
— 1431 — I^ie Landesverwaltung.]
tierenden, darum auch andauernd beschäftigten Räten tritt eine völlige und
sichere Gehaltszahlung ein^
Indes diese Räte auf Grund von anfangs Dienstlehens-, später Aintsrevers
waren keineswegs die einzigen Mitglieder des sich l)ildenden Rates; neben
ihnen stand noch eine weitere Gruppe, die der Kapläne*. Wir können die
Bedeutung dieser Kapläne, deren sich auch in weltlichen Territorien stets
mindestens 6iner findet®, in älterer Zeit nur am Königshofe verfolgen. Hier
ist ihre Stellung deutlich und bekannt genug * : sie bilden das beamtenmäfsige,
an den verschiedensten Orten bepfrtlndete Personal des Kanzlers; mit ihrer
Hilfe ^ird die Leitung der Verwaltungsgeschäfte im Reiche bewältigt. In
diesem Sinne entwickelte sich aber die Thätigkeit der Kapläne auch in den Terri-
torien ; auch hier stellen sie das Personal der Kanzlei für jegliche schriftliche Ge-
schäftsführung ^ ; so finden wir in Köln am Schlufs des 1 1 . Jhs. mindestens 8 ®, in
Trier um die Wende des 12. und 13. Jhs. wohl 6 Kapläne^ thätig. Die Zahl
steigt in Trier seitdem entsprechend der zunehmenden Ausdehnung der Geschäfte ;
lun 1500 giebt es hier 19 amtierende Kapläne, Stellen sind wohl für höchstens
1348: Propst Elias macht Fnedrich von Elz zu seinem Mann umb gunst dienst und sunder-
licher heimelicheit und gnade, die wir zu F. . . dragin und he umb uns zu mainchen stunden
wail verdienet hait Volles Gehalt ftXr die Hof- und Regierungsbeamten besteht in Österreich
und Bayern wohl schon in der 2 H. 14. Jhs., am Kaiserhof erst unter Sigismund; Seeliger
S. 78-79.
') Vgl. z. B. Bd. 3 No. 271, 1497; auch G. Trev. c. 292, 1540. Den vollen Amts-
begriff setzt auch voraus CRM. 4, 385, 1491, S. 707, Testament des Grafen von Sayn:
bidten wir Gerhard und Sebastian unser sone, das si imser rethe dienere und gesinde in
aller maissen bi sich wollen behalten in iren landen, als wir si gehait hain und bis noch
behalten, die ine anders doeglich sin. Im übrigen ergiebt sich die volle Amtsqualität der
wirklich funktionierenden Räte für schon viel frühere Zeit aus den später folgenden Bemer-
kimgen über die einzelnen Ämter.
2) 6. MR. ÜB. 2, 86, 1187 den Ausdruck capeHani vel officiati.
^) Ein Capellanus am Jülicher Hof des 13. Jhs., s. Loersch, De ortu etc. S. 38. Vgl.
femer Bd. 3, 41, s, 1264, und CRM. 3, 236, 1338: es urkundet Johan der schriber des
•edlen herren grefin Johannes von Spanheim.
*) Vgl. beispielsweise G. ep. Leod. 2, 50 : als Wazo zum Bischof von Lüttich gewählt
wird, sind einige dagegen : ex capellanis potius episcopum constituendum, Wazonem nunquam
in ciute regia desudasse, ut talem promereretur honorem. Cod. üdalr. 7, JaflK S. 28, 1007:
Heinrich H. schickt duos ex suis capellanis nach Rom. Chron. Casin. 4, 108, MGSS. 7, 821,
1137; MGSS. 5, 237, s», Lambert z. J. 1075; s. femer Herim. Aug. Chron. 1047, MGSS. 5,
126; Ann. Rod. Ernst S. 13, um 1120: Conradus . . sacerdos, cum ministerialis regni esset et
Henrici imperatoris capellanus.
^) Zu den Anfängen s. Lac. ÜB. 1, 33, 67, 874: Ego Adiluuinus indignus diaconus ad
vicem Adilloldi presbiteri atque cancellarii subscripsi.
«) Lac. LB. 1, 138, 24,5, 1091; 183, 281, 1116.
') Nach dem Testament des Erzbischofs Johann (f 1212), MR. ÜB. 2, 297, gab es
höchst wahrscheinlich einen Kanzler (den Dekan Jacob) und 6 Kapläne; der Hauskaplan des
Erzbischofs hatte wie in Köln den Titel Kapellan Aus friiherer Zeit s. fiir Trier noch MR,
ÜB. 1, 610, 1158.
[Entwit'kliing der Lande ^gtw dt. — 1432 —
26 vorhanden'. Dabei Mst sich wohl schon im 14. Jh., sicher gepen SohluTs
des 15. Jhs. die Beobachtung tiiacheii, lials man zu Kapläneu geiii jurißtiscb
gebildete Geistliche nahm ^ : so treten im Laufe der Zeit die Kapläne den
Laienmilgliedem des Rates, welche meist aus dem Adel gewählt wurden, als
zumeist rechtegelehrte Bäte entgegen, und der ursprüngliche Gegensat?, zwischen
Laien- und Klerikerraten wandelt sich in einen solchen zwischen adligen und
reehtügelehrten Räten. Voll zum Ausdruck gelangt zeigt sich liiese Wendui^
im Etat der Trierer Zentralverwaltung vom J. 1599; hier bestehen die Ge-
meinen RJlte aus 15 adligen und 23 rechlsgelehrten Rilten^.
Die Stellung der Kapläne war schon im 14. Jh. keine geringe*; ae
wurden Herr tituliert * ; unter ihnen stand eine Anzahl von Notaren,
Schreiben! und Boten'; sie konnten kleinere Summen ohne weiteres auf die
Zentralkaase anweisen'. Ihre Thätigkeit ging, abgesehen von den Geschäften
im Ratsplenuni oder in Ratskonmiissionen , in der Führung der Kanzlei auL
Diese Führung umfafstc das Briefwesen, die Oberrevision der Rechnunpen*,
imd teilweis sogar das eigentliche Rechnungswesen".
An der Spitze der Kapläne stand der Kanzler. Die Wüi-de, wenn auch
nicht der Name, ist sehr alt, der älteste Trierer Kanzler ist der zum J. 707
>) HontlL Hist S, 530, 1500: TereeichiuB der amtierenden Capellanl üomini. Ei sind
bepfründet im Itomkapilel 2, in SSimeon l, in SPaniin 1, in Pfaleel 1, in Killliiirg 1, in
Korden 2, in MünBtermaifeld 1, in SHorin-Kobleo« 2, in SCaator-Koblenz 2, in Limbui^ 1,
in Wetzlar 1, in Dietkirchen 1, in Gmtknden I, in SGoar 1, in Weilburg 1 ; frei sind SMoztin-
Oberwesel, SMaria-OberweBel, Ivois, ICiienstein, Boppard. Dietz, Prüm. Es waren also
19 EaplAne vorhanden; besetzt werden konnten vermutlich 26 Stellen. S. auch Hontb. Hist.
2, 625, 1.531 ; und vgl. mich oben S. 974 Note 4,
') Erzbiscbof Balduin hatte gern Legisten und Kanonisten in seiner Umgebung, Hooth.
Hist. 2, S. 8: dieselben können ntu* als Kapläne angestellt gewesen sein. Unter den Kaplänen
bei Honth. Hist. 2, .530, 1500 ist aber u. a. auch Diebard Gr.ieman genannt, a. zu ihm Bd. 3,
301, lt.
») S. Honth. Hist. 3, 194 f.
') Für noch frühere Zeit s. V. Herib. Colon, c. 9, MGSS. 4, 747.
") Vgl. auch 'Cod. Himmerod. Bl. 63", 14. Jh. 2 H.: Supplicatio cuiusdani domini Tre-
verensis, ut ipsum dominum informet, ne patiatur nos com(jelIi contra ins per credilores
fratris H. de NäSBia ad solutionem suonun debitomm. Anrede: venerande magister et do-
mine prccariBsime. Es kann mit dieser Anrede nur ein Kaplan gemeint sein.
•) Darüber später S. 1441.
') Bd. 3, 433, ti, 1340: der Kaplan Werner weist dreimal kleinere Summen zur Aus-
zahlung aus der Zentralkasse an.
°) S. dazu unten S. 1443 und S. 1477. Wegen dieser Revisionspflicht können einzelne
Kapläne auch den Finanzbeamten bei grofsen Geschiiften zur Kontrolle beigegeben werden, s.
Bd. 8, 428, II, 1339: recepit dominus Werahenis [ein Trierer Kaplan] in uno saceo Angiie in
Colonia pro expensis 75 clipeos valent 100 fl. [4400 M.]. Das englische Geld nimmt der
Kaplau in Köln in Begleitung des jüdischen Buchhalters lacobus des Jacob Daniels in
Empfang; S. 430, a, 1339. S. auch noch S. 480, s-, 1339; 435, s», 1341.
*) Bd. 3, 436, a, 1341 : ein Kaplan führt über einen Teil der geistlichen Permulationen
Rechnung (computat) neben dem Siegler des Oflicialais.
— 1433 — I^ie Landesverwaltung.]
beglaubijrte Priester und Weihbisehof Huncio ^ In späterer Zeit entschwindet
dann die Kanzlerliste teilweis unserer Kenntnis; der erste Kanzler, welcher
mit einem Kaplan zusammen genannt wird, ist wohl ein Domkustos des
Jahres 11 58-. Mehr henor tritt aber die Würde erst in den Quellen des
14. Jhs.^. Hier erscheint neben unbedeutenderen Namen der Koblenzer Stift^-
heiT Wicker von Birgel als Kanzler; er führt u. a. im J. 1339 die Subsidien-
verhandlungen mit England und spielt im J. 1 344 auf dem Reichstag zu Frank-
furt eine Rolle. Zugleich mehren sich die Geschäfte des Kanzlers um diese
Zeit so, dafs aus seinem Amte unter Erzbischof Balduin ein besonderes Ge-
heimsekretariat zur pei-sönlichen Disposition des Erzbischofs dauenid abgezweigt
erseheint*.
Um eben diese Zeit, speziell für das Jahr 1350, übersehen wir die
laufende Amtsthätigkeit des Kanzlers genauer an der Hand des Bd. 3 No. 296
gedruekten Fragments eines Kanzleijoumals ^ , welches behufs Aufnahme der
Siegeleinnahmen und Botenkosten geführt wurde. Kanzler ist um diese Zeit
Gerhard, bepfründet mit der Kantorei des Stiftes SPaulin-Trier; von ihm ist
*) MR. ÜB. 1, 7a, 707 (nach verb. Pariser Abs.): Ego Warembertus presbiter iubente
(loinino meo Leodoino archiepiscopo et ex permissu seniore meo Himcione presbitero et ad-
iiianuense hanc donationem perscripsi et ipse manu propria subtus roboravi. Huncio unter-
schreibt als presbiter et admanuensis.
2) MR. ÜB. 1, 610, 1158.
') Trierer Kanzler des 14. Jhs. kennt Honth. Hist. 2, S. 12, nur zwei, den Magister
Konrad z. J. 1313, und Wicker z. J. 1344. Der letztere wird auch als Protonotar bezeichnet
Über seine Thätigkeit auf dem Frankfurter Reichstag s. Honth. a. a. 0. Er ist wohl schon
identisch mit dem Honth. Hist. 2, 139, 1339 genannten Witel von Birgel, welcher die Trierer
Subsidienverhandlungen mit England nebst anderen Trierer Räten fuhrt^ und mit dem Bd. 3,
431, 21, 1340 — 41, zum Kaiser reitenden Magister Wicker, welcher wiederum vermutlich
identisch ist mit dem bei Goerz, Regg. d. Erzb. S. 83, zum 8. Sept 1340 erwähnten Stifts-
horiTi von SCastor-Koblenz Wiker von Birgel, den I'>zbischof Balduin von der persönlichen
Residenz in Koblenz dispensiert sehen will, da er um seine Person beschäftigt sei. Wiker
wild in Diensten des Erzbischofs noch erwähnt 1344-45, s. Bd. 3, 459, n fF., 461, sb, 85.
Anfser den genannten beiden Kanzlern kommen aber für die erste Hälfte des 14. Jhs. noch
in Betracht der SPauliner Sänger Gerhard, s. oben im Text S. 1433—1434, und vielleicht auch
der Bd. 3, 427, le, 1338 genannte magister Rmlolphus nunc , . ofticiatus.
*) G. Trev. c. 229: zu Balduins Zeit besteht ein seriatus [1. secretus] camerarius,
Kabinetsekretär des Erzbischofs, er ist immer bei ihm. S. femer Bd. 3, 223, i8, c. 1350,
eine sehr interessante Urkunde; Honth. Hist 2, 248—249, 1368: Herbord de Hexheim von
Erzbischof Kuno secretarius noster, auch consiliarius noster genannt. Völlig klar wird die
Stellung des Geheimsekretärs durch Bd. 3 No. 279,- 1502. Im 16. Jh. war eine Zeit lang
d»T Dr. iur. Wilhelm Kyriander Sekretär und Registrator der Kanzlei, der spätere Trierer
Stadtsyndikus und Verfasser der Annales civitatis Augustae Trevirorum; s. Honth. Hist 2, 555,
••) So ist die a. a. 0. geilr. Urkunde genauer zu bezeichnen. Es gab fiir Ausfertigung
von Trierer Urkunden drei grofse Siegel, vgl. G. Trev. c. 272, 1398, wo von den sigilla can-
cellarie archiepiscopalis und curiarum nostrarum Trevirensis vel Confluentine die Rede ist
Zur Ven^altung des Trierer Officialatssiegels gehört die Urkunde Bd. 3 No. 292; unsere Ur-
kunde Bd. 3 No. 296 bezieht sich aui|das Kanzleisiegel.
Lamprecht, Dentscbe« WirtschafUleben. I. 91
[Entwicklung der Landcsgewalt.
speziell ein Kaplan, JnbanneR, mit der Führunfi der Registratur und Bui-eau-
rechnuup; heauftraet ' ; eiu Auftrag, weteher diese und jene eigene ReKistneruufi
des Kanzlei-s nicht ausschliefst*. Neben dem RegistraUir Johannes lenien »-ir
auch noch einen anderen besonders beschäftigten Kaplan der Kanzlei kennen,
den Johannes Galticus, welchem die Expedition in französischer Sprache unter-
steht^. I'ie Thiitigkeit (les Kanzlers selbst bestand nun darin, die Relatiou
zu Ubernelimen , d. h. die ihm vom Ei-zbischof gewordenen Aufträge wo-
möglich in der Form des Diktates in kanzleiniäfsige Sprache und Form zu
bringen und für deren AusfUhmng zu haften*, bezw. auf sie einlaufende Ant-
worten zur Einsicht des Erzliischofs zu bearbeiten. Nur selteu übernahm ein
Kaplan bei einzelnen Sachen stellvertretend für den Kanzler diese Arlieit; wo
es geschah, wurde der Registratur ein entsprechender Vermerk einverleibt ',
Aus der Zeit nach dem J. 1350 bis zum Schlufe des 15. Jhs. wissen wir
nichts Eingehenderes üiter die Thätigkeit der Triei-er Kanzler, wenn wir auch
deren Namen kennen lenien. Es scheinen indes giölsere Veränderungen nicht
vor sich gegangen zu sein. Eine um so stäikere bereitete sich vor. Iin 14. Jh.
und meist auch im 15. Jh. waren die Kanzler einfache geistliehe und im
wesentlichen technische Beamte gewesen*. Jetzt, im 16. Jh., waren sie zu-
meist juristische Doktoren, dazu teilweis Angehörige der erzstiftischen Ritter-
schaft, unter ihnen Leute wie Ludolf von Enschrinpen'' und Johann .A\'im-
') Bd. 3, 480. ID. Id früherer Zeit ersckeint in dieser Stellung ein Kaplan Ditiuar, v^.
Bd. 3, 483, I«. 1387: Ja£oli Daniels zahlt domino Dinnaro pro prelio nuntionim U s. gr.
antiqu. IS maü 38.
'} Bd. 3, 482, 18. Für iü^Une und ijcbretber figurieren übrigen« beüuuJere Kanzlei-
«innajimcn (wohl Taxen), s. 4S0, is; 485, is; 486, i>t; 488, iz.
') Bd. 3, 489, in; Brief nach Bastogne (offcnbai- franKäsiscIi) ad dictimi dotnini lohannis
tiallici, qui litterss scripsit; vgl. auch S. 4ÖS, u f.
*) Zum Sinne von referre vgl. Hs. Trierer Sladtbibl. 29, bei Wyttenbacb u. Müller 2,
S. 328 Note c, cit. unten S. 1441 Note 2,
") Bd. 3 No. 296, 13-50, S. 484, i: der Erzbischof trifft eine Mafsregel ad preces do-
mini Gerlaci Mogiintini [es ist der Erzl>ischof von Blainz], ad relationem magistri 'Roiulfi.
qui de hoc respondehit Schon vorher erfolgt S. 483, * eine Amtsverleihiing per magistnim
Roduf/tim, und später S. 486, ii, u die Verleihung von Judenhäiisem per ningistrum Rodiil-
fum. Ks ist wohl der S. 487 , > genannte magiater RodW/u.v de Frideherg, der Anspriiclii'
auf die Wetzlarer Propstei machte. Ähnlich findet sich a. a. 0. S. 485, i eine Zollbefreiung
ad litteram domini Henrici Kptei'nacensis, qui litteram [die Zollbefreiung] expedivit Heinrich
war wohl Kaplan, s. Bd. 3 Namenreg. u. d. W, Ilenriciis dominus Eplemacensis. Sehliefslich
vgl. noch a- a. 0. S. 487, in: Interdiktsnachlafs suh sigillo secreto in {lendenti. ad niandatiini
domini, et ad relationem dominoruni Thforfmci et Wemheri. Werner ist ein sehr bekannter
Kaplan, s. Namensregistcr u. d. W. Wemherus deCasle; Dietrich ist wohl auch Kaplan und
vennuüich identisch mit dem 483, ii, 491 it, genannten Th. und den 4f<ß, l^ genannten Tb.
-de Didishem.
') S. Honth. Ilist 2, 332.
') IIs. Trierer Stadtliibl. 1346: habuit loaniies [archiepiscopus] eancellarium LudoifiuiL
ab Enscringen . . omnis antiquitatis cultorem ac solei'tissimiin) indagatoreni. philo^nphum
— 1435 — We Landesverwaltung.]
pheling^ Mit dieser Äuderun«? der personalen Rekrutierung nahm das Kanzler-
amt schon im 16. Jh. einen entschiedenen Anlauf dazu, erstes Landesamt zu
werden. Dies Ziel ward dann in der Folgezeit erreicht; die Kanzler des 17.
und 18. Jhs. sind zweifelsohne die ersten Minister des Landes*.
Wenn aber nun so aus der geistlichen Hälfte des Rates schon im Ver-
laufe des 1 5. Jhs. das erste Amt des Landes zu erwachsen drohte : wie stellten
sich hierzu die Laienräte des Rates? Ordneten sie sich dem althergebrachten
Kanzleramt unter? Versuchten sie eine Sonderbildung durch Aufstellung eines
eigenen Vorstandes ihrer Ratshälfte?
Es ist im hohen Grade bemerkenswert, dafs die aufstrebende Teni-
torialverwaltung des 13. bis 15. Jhs. einen Versuch im letzteren Sinne unter-
stützte ; und es beweist für den grofsen Umfang der dieser Verwaltimg seitens
der Laien gewidmeten Kräfte, dafs dieser Versuch zunächst völlig gelang. Er
gewann Leben im Hofineisteramt^.
Das Hofmeisteramt in der Bedeutung des Wortes im späteren Mittelalter
ist im Erzstift Trier vollständig spontan* im Laufe der ersten Hälfte des
14. Jhs. entstanden, wenn es auch in dem Amte des Viztums, Prokuratoi's
oder Okonomus in der ersten Hälfte des Mittelalters einen Vorläufer besafs.
Das letztere Amt war ui*sprtinglich ein geistliches*, wurde aber im Trierschen
spätestens während des 11. Jhs. weltlich und lief nunmehr ziemlich foniilos
auf die oberste Verwaltung der Grundherrschaft und des Landes hinaus. Bis-
weilen mit der Vogtei zusammenfallend geriet es doch schliefslich in rein
ministerialische Hände, und wurde nun in der ersten Hälfte des 12. Jhs. zu
energischer Bevonnundung der Erzbischöfe ausgebeutet*. Die damit verbun-
suramum, sagacissimum iuris interpretem. *Stat. fakult. iuridicae univ. Trevirensis (Trierer
Stadtlnbl. No. 1188): Ludolphus de Enschringen, artium magister Erfordiensis, decretorum
Homanus, logum vero Ferrariensis doctor et primus in studio Trevirum iuris cinlis lector
Ordinarius primusque ah universitate deputatus rector parochus ecclesie in Eptemaco, decanus
ecclesie sancti Paulini.
^) J. Wimpheling war Rat unter 3, Kanzler unter 2 J^rzbischöfen, s. Honth. Hist 2, 554.
2) S. Honth. Hist. 3, 217 f.
^) Ziur Entwicklung des Hoftneisteramtes im allgemeinen s. neuerdings G. Seeliger,
Das Hofmeisteramt im späteren Mittelalter, Innsbruck 1885 ; dazu die Rezension von Wenck,
DLZ. 1885, 1273, sowie Lamprecht in Conrads Jahrbb. X. F. Bd. 12.
*) S. Seeliger a. a. 0. S. 10.
'^) S. zu ihm schon oben S. 824; Honth. Hist 1, 341, 468 f.; Waitz, Vfg. 7, 312 f.
Zum Titel prociuntor s. noch Bd. 3 Wortr. u. d. W., auch MR. ÜB. 3, 820—821, c. 1245.
Zum ürspnmg s. Uhlhom 1, 408 Note 53; zum geistlichen Charakter V. Herib. Col. c. 9,
MGSS. 4, 747^
«) S. zu dieser Entwicklung aufser MR ÜB. 1, 318, 1042 als wichtigste Stelle früher
Zeit MR. ÜB. 1, 361, 1065, Erzbischof Eberhard tauscht mit Nopelo in der Gegend der
Lieser (bei Wittlich): et precepto nostro accepit idem Nopelo per manum advocati Gerunc
vice Teodorici comitis et procuratoris nostri . . agnim. Dafür giebt er andere Äcker: qu^..
91»
[Eiitwicklting der Lfuidesgenalt. — 143(5 —
(lene auTseronlentliche Ausweitung der Aiiitsfunktiünen, namentlich durch den
Viztum Ludwig, scheint aber spätere Erzbischöfe zur Beschränkung, ja völliger
Vernichtung des Amtes veraulafst zu hahen. Jedenfalls hat das spätere Hof-
nieisteramt mit der Entwiclchiug des Viztumanites nichts zu thun ; es knttiifte
vielmehr an die einfachen Funktionen eines Hofhaltsinspektoi-s an , wie eine
direkte \acliricht aus dem Anfang des 13. Jlis. für Köln' und deutliche spa-
tere Spuren auch noch für Trier* beweisen. In welcher Weise sich der Auf-
schwung von diesem Ausgangspunkt zu der Höhe der Mitte des 14. Jhs. voll-
zogen hat, bleibt völlig dunkel.
In Trier ist der erste und einzige Mann, welchen wir in seiner Thfltigkeit
als Ho&iieister genau verfolgen können — wenn er auch nirgends direkt so
genannt wird — Hen- Peter Sarrasin von Eclitei-nacli ^. Er ist um die Jlitte
des 14. Jhs. der Vorsitzende des weltlichen Teiles der Räte und hat zu ihnen
eine analoge Stellung, wie der Kanzler zu den Kaplänen; namentlich ver-
mittelt er wie dieser im allgemeinen den Verkehr zwischen dem Gros der
Räte und dem Landesherm*. Dabei steht er zugleich in einem wenn auch
Biipraiiominfllis ailvocuta nogtro t-t procuratori in domo iiastr.i npud Altreiani idem Nopi'lo
ptiMice et kgaliter tradidit. Unter den Zeugen nur Oeninc Geninc kömmt sonst nicht
»(ieder vor; er ist offenbar Lokalvogt, Termullich Fronhofsvop von Altrich. Dagegen Ut
Orsf Dieiricb der Hauptvogt; als solcher kommt er SIR. ÜB. 1, 337, 1052 in der Zeugen-
reihe vor. Dafs er identiscb mit dem zum ,1. 106S von Lmnbert vicedominus, von Sigebert
comea Trevirorum genannten Dietrich ist, weist Hontb. Hist. 1, 407 Note a nach. Im J. 1075
dagegen erscheinen Ticedominat und Vogtei getrennt s MR ÜB 1 375 1075 Hier ist
HauplTogt des Erzhischofs Udo ein Graf Reinbald TizEum dagegen Adatliert allem Anschein
nach ein MiuiBtertal. So bleibi es auch im 19 Ib wo wir bei-onder« den "Viztuni Ludwig
genauer kennen lernen; s. die Zusammen stellmig der (^uelku bei Hontli Hibt 1 46<^ Er
wird liiirgravins, ciistoa Falatii, primor TrevuoruDi genannt ditebit se in lienehcio tenere
I'alaiiiun, atque omnes reditus episcopales in illud deferindos et ([uod ipse pasieie deberet
episcopum cum suis capellanis, et caetera omnia ad ej» ropitnm peiimcntia de ■'»o esse
beneticio . ., sui . . iuris . . esse terram regeie omniaque in epiiiLopatu diaponere et mditiim
tenere . ., ciimque viniun et annona . . et caetera ad Mctitm Itrchiepiscopi) |)ennientia
secundujn antiijuiun conGnettidinem ad Palatium defenentiu jiediLtus L omnia includens
. . (arcbiepiscopo) per singulos dies distribuebit Er bnt emtii procurntor Palatii imter
sii-li. Diesem procurator Palatii begegnen wir auch sp<iter wiederholt unter dem Namen
magister Falatii, Palasme ister; er ist später der eigentliche Haushofni ister anderer Terri-
torien und darf mit dem Regiemngshoftneister nicht lerwcihselt werlen MR LB 2 286,
1212; Bald. Kesselst S. 431, 1351, cit obm s 1129 Not 1 'l. '^EIl al IIosp Bl o6 !■
l-'i. .Tb.: lohainies dictus palasmeister.
') Ennen, Qu. 2. 34, 29, 1205—1208.
■^) Bjld, Kesselst S. 431, 1351, dt oben S. 1129 Note I. - In J.iixemburg entspraeli
dem deutschen Hofmeister der Seneschall, s. Bd. 3 Wortr. u. d. \V. to^ncsc-baui. aiu'b Seeligcr
S, 16 Note 2.
*1 Zu seiner Persönlichkeit s. Bd. 3, S. 490 Note 16.
*\ S. oben S. 1421 f., und Bd. 8, 490, ü, 1350 Apr. 24: ein Kote nach Echlemacli ge-
sandt, iii P. Sarrasin siatim veniat ad dominum ad deliberandum super negotiis agendis per
Skolaum de Gimenich (,'olonie et Boemie; s. dazn Bd. 3, 491. i, ly.'O Apr. 25: ilerata vice.
— 1437 — Die Landesverwaltung.]
beschränkten und unter Kenntnis des Kanzlers verlaufenden direkten Verkehr
mit der Kanzlei, speziell für selbständige Anordnung von Briefexpedition ^ ;
•eben hierin zeigt sich die erste Spur einer Erhebung über den zunächst eben-
bürtigen Kanzler zum ersten Rate des Landesherm. Leider erlaubt nun unser
Quellenmaterial nicht, das weitere Vorgehen der Hofineister gegen die Kanzler
2u verfolgen; aus den dürftigen Nachrichten ergiebt sich nur, dafs der Hof-
meister mn die Mitte des 15. Jhs. noch mindestens die Position Sarrasins völlijx
innehatte^; und aus den Notizen vom Schlufs des 15. und Beginn des 16. Jhs.
folgt, dafs damals der Hofmeister vor dem Kanzler rangierte®. Dann aber
•erfolgt der schon oben angedeutete Verfall des Amtes; binnen wenigen Gene-
rationen überholt der Kanzler den Hofmeister völlig und wird zum ersten
ut P. Sarrasin veniat ad expediendum "Sicolaum de Gimenich, et quod faciat festinare nobiles
[unlesbarea Wort ; etwa zu ergänzen : amicos] debentes venire ad dominum, ut idem Nico/aw«
ante recessum audiat singulos tractatus.
*) Bd. 3, 488, 14 f., 1850, Ernennimg von Meiern im heutigen belgischen Luxemburg:
dedit iittcras P. Sarrasin scientibus [so zu lesen] dominis . . cantore et lohanno Gallico; qui
P. respondebit de pecunia. Bd. 8, 491, 8, 1850: ein Bote geht nach Uillesheim an zwei
Adlige cum litteris P. Sarrasin et ad eins iussum pro caballp domino mittendo. Expediert
durch die Kanzlei.
«) S. Bd. 8, 276, 86, 1452.
3) S. Bd. 8, 299,85, 1496; Uonth. Bist. 2, 621, 1529; 8. auch noch die Bestallung
Bd. 8 No. 277, 1501, und dazu Honth. Hist. 2, 686—7, 1542: Peter von Dann wird zum Hof-
meister, Bat und Diener ernannt ; er soll wesentlich an unserm hof sein . . , sich auch mit
schickimg in- und ußerhalb unsers Stifts, dahin wir sein von nöthen haben werden, brauchen
laßen. Er erhält jährlich durch unsem renth- oder khamermeister 100 goldgl., durch imsem
hoefechneider zwei unsere ein sommer- und ein wintherhoeftuch, wie andern unsem hoef-
rethen. Hierzu vgl. das auch sonst lehrreiche *Verzeichnis der Personen, so teglichs zu hoif
sin, aus dem Dienerbuch des Koblenzer St. A., ca. 1500: Unser g. h. von Trier; unser g. h.
coadiutor; min g. h. von Wimenburch, 8 pers., 8 pert; Junker Gerlach von Isenburgh, 6 pers.,
■6 pert; junker Henrich von Permont 6 pers., 5 pert [erhielt 1486 das Amt Kobem, Bd. 8
No. 263]; der hoifiaaeister, vier pers., 4 pert [war 1486 Hermann ßoos von Waldeck, Bd. 3,
^94, 18 ; seit 1501 Paul Boos von Waldeck, Bd. 8, 805, isf.]; junker Frederich Zandt, 3 pers.,
8 pert; Casper von Develich [war 1502 Küchenmeister imd Rat, Bd. 8, 306, lo]; mins gn. h.
artz, zwoe pers., 1 pert; Thobuisch der aide, zwoe pers., 1 pert; Thoboisch der junge; herre
Johan capellain; Philips Baiss, zwoe pers., 2 pert; herre Jacob organist ; Schere Hentberg [?];
Eckart snider; Dederich; Daune; zweine edelknaben; Hanz smit marsteller; Rentmeister
und sin knecht; der aide Bartholdus; Gorge; Petrus; Huprich; Nicolaus; Bartholdus der
junghe; Mathias; Ailbricht; Henselen; der Wael; Hanz Hesse; Hanz Boitzbach; ein becker
und sin knecht. — Kuchenschriber ; meister Mertin; Lucas sin knecht; Dederich von Seine;
Paltzge Hentgin; Cleisgin und 2 kuchenknaben; ein prantknecht; ein metzeler und sin knecht;
ein almoser; ein hauwebender; ein portener. — Nuwer; Bemhart rechener; Bemhart von
Witlich; Grimburch; Steinenbach; Gressenich; Burenfrunt; This smit; Temus von Witlich;
Colbe; Haiswin; Foiss trompter; Huprich Rutterbloth; Reinhart von Baden. — Hennan;
Adam; Ulricht; Hentgin vombe Nuwerburg; Swiger; Berenhanz [die letzteren sechs als Boten
bezeichnet]. — Sehs jeger; ein wiltschutze. — Im ganzen 100 Personen, von denen 11 zur
Küche gehören, 7 Jäger, 6 Boten waren; dazu 80 Pferde ausschliefslich des kurfürstlichen
Marstalls.
[Entwicklung der Landeagewall. — 1438 —
Minister des Landes. So spärlich indes diese queUeumälsigen Notizen sind,
so wenig liraucbt man über die allgemeinen Gi-ünde für den Verfall des Hof-
iiieisteramtes ini Zweifel zu sein: lüe Zeit einer auf blofee persönliche Er-
fahrung begründeten Laienver waltung, wie sie mindestens bis tief ins 15. Jh.
hinein gedauert halte, war mit dem 16. Jh. voiHber; ihr niufste jetzt eine
Jlegienmg gelehrter Verwaltungsbeamter folpen, deren neue Existenz allerdinss
kaum deutlicher als durch den Sieg des Kanzlers über den Hoftneister gekenn-
üeichnet werden konnte.
Indes kehren wir zum Rate des 14. und 15. Jhs. in seiner zwiespältigen
Zusammensetzung aus Laienräten und Kaplflnen zurück; wie verteilten sich
in ihm die Geschäfte?
Seinen bezeichnendsten Ausdruck findet die Geschäftsverwaltung dieses Rates,
im Kommissiouswesen'. Die Geschäfte des Landesherm wuchsen mit der stets
welter erstarkenden Territorialbildung von Tag zu Tag, und mit ihrer Zunahme
war ein stets erneuter Wechsel der einzelneu Geschäftsbeziehungen untereinander
verbunden: wie hätte man da feste Ämter kreieren sollen? Nur für die tech-
nischen Geschäfte, welche absolut einheitlich betrieben wenlen nmfsten, die
Kriegsvei-waltung , die Finanzen, das Schreibwesen, später auch die oberste
Recht£spn>ehung, bildete man besondere Ämter aus, im übrigen überwies man
alle administrativen Sorgen an besondere Kommissionen mit aus Laienräten
und Kaplänen gemischter Besetzung. So gab es schiedsrichterliche Kom-
missionen', Kommissionen zui- Prüfung von Rechnungelagen* und von Grenz-
streitigkeiten*, zur Hörung von Weistüniem* und zur Urbaraufnahme * , zur
Abschätzung von Kriegsschäden' und zum ErlaTs von Lokalverordnungen*,
sogar die politischen Verhandlungen wurden durch Kounuissioiien geflüirt".
') Zum verwandten Charakter fixerer Verwaltungen s. schon oben S. 825, 830, 843.
Durch denselben wurde die oben besprochene erste Form Jaiidcsheirlicher Zentralvei-waltung
nufs beste vorbereitet.
"I S. schon oben S, 1325, speziell Note 9, sowie Bd. 3 No. 137, 1336; No. 146 g 3.
1340.
■) S. I. B. Bd. 3, S. 464 Note 1, 1338; 'Mayener Kellnereirechmmg vom J. 134.5,
Koblenz SL A.
*) Bd. 3 No. 163, 1344! 'Ardi. .Maximin. 4, 050, 1877.
'■) Bd. 8 No. 261, 1479.
•) ULuxemburg S. 370, in.
') Bd. 3 No. 244 § 6, 1464.
") Mones Ze. Bd. 1, 434, 14&S; Honth. Hist. 2, 621. l-i3a.
') S. Hontli. Hist 2, 139, 1389: die Subsidienverhandliingen mit England liihrcn ex
parte domini arehiepiscopi die milites Johann von Braunshorn und Paul von Kich [so zu lesen],
der armiger und magisier coquine Tilman von Kodemacher, und die niagisiri ileriei doraini
arehiepiscopi Witel [I. Wiker, g. oben S. 1433 Note 3] von Birgel, Rudolt dictus Lasse und
Dietrich Hacke. Ferdinand S. 79—80, 1363: Eribischof Kuno benutzt zu Verhandlungen mit
Köln den Wilheltn grafe z9 Wiede, Conrad probst z3 sencte Mauritien zu Menuc, Herburd
von Hexscbem und meister Thomas, uusir hemelichen. — Einzel Verhandlungen sind gegenüber
solchen Konimi^sionsverhandlungen selten, s. Bd. 3 No. 278, 1M)2.
— 1439 — 1^6 Landesverwaltung.]
•
Dabei ist nicht zu leujmeu, dafs die Zentralverwaltung durch diese Behandlung
eine grofse Beweglichkeit erhielt, ähnlich wie die Stadtverwaltung durch die
Ausbildung ihrer geschickten Freunde in gleicher Zeit. Schon rein äufserlich :
alle Räte waren beritten und entschieden oder informierten sich wenigstens an
Ort und Stellet Aber auch der Sache selbst nach: diese Verwaltung konnte
jedem an sie herantretenden Bedtirfiiis rasch durch neue Oiiganisationen
gerecht werden. Dabei war der Verkehr mit dem Landesherm ein sehr ein-
facher; jede Kommission hatte einen Vorsitzenden, nur dieser berichtete an
den Fürsten^.
Auf der andern Seite läfet sich nicht verkennen, dafs bei einem solchen
Geschäftsbetrieb eine feste Verbindung mit der Lokalverwaltung nur sehr
schwer herzustellen war. In der That liegt hier der gröfste Fehler der
Organisation. Kontrolle wie Befehlsausgabe an Amtleute und Kellner blieben
mangelhaft; sie behielten etwas Willkürliches und waren an keine feste
Instanz gebunden®; sie geschahen sozusagen nur ruckweise; am besten kam
man noch aus, wenn man die Lokalbeamten zeitweilig an die Zentralstelle
zitierte*, wie man umgekehrt die Räte stets in das Land schickte. Eine
andere Konsequenz des Systems begann sich erst gegen Schlufs des Mittelalters
zu zeigen : da sämtliche Kommissariate ihre Einheit nur im Landesherm bezw.
dessen Hofmeister und Kanzler fanden, so wuchs an diesen Stellen mit Zu-
nahme der Intensität der Verwaltung die Geschäftslast derartig, dafs sie nicht
mehr zu bewältigen war. Gegen diese Kalamität gab es nur das radikale
Mittel der Delegation bestimmter Geschäfte an bestimmte Ressorts. Aber wie
schwer mufste sich der Landesherr darein fügen, dasselbe anzuwenden. Bisher
hatte er alles selbständig erle<ligt; eine Delegation kam einer Beschränkung
des souveränen Verfllgungsrechtes gleich. Und so begreift es sich, dafs man
sich wenigstens in Trier zu einer Übeiigabe bestimmter Geschäftssachen an
gewisse Ressorts behufs selbständiger Erledigung vor dem 16. Jh. noch nicht
entschlofs *.
Dagegen drängte die zunehmende Geschäftslast wie die Ausbildung der
Jurisdiktionshoheit doch schon um die Mitte des 15. Jhs. zur Ergänzimg der
alten technischen Zentralstellen für Schreibwesen, Krieg und Finanzen um eine
neue, das im J. 1458 geschaflFene, aus Räten des gemeinen Rates zusammen-
») S. z. B. WManderscheid 1506, G. 2, 603, cit oben S. 1026 Note 8.
2) S. Bd. 3 No. 137, 1336.
') So stehen z. B. die Kellner nach der Trierer Ordnung von 1509 noch im allge-
meinen in direktem Verkehr mit den Landesherm, doch nach § 22 mit dem Herren aeder
wer das befeie haed; ähnlich § 23.
*) S. Bd. 3 No. 243, 1462; Speierer Amtsordnung von 1470 § 6.
^) Bei grofsen Verwaltungen, so im Heich, mufste die Entsdieidung natürlich früher
getroffen werden. Zu den Stadien ihrer Entwicklung s. Seeliger S. 96. Für Trier vgl. aach
noch Honth. Bist 2, 355, 1417; Cod. Sahn. 372, 1508.
[Kntwicklimg der Lttndesgewalt. — 1440 —
gesetzte Hofgericht.' Alier gerade hier zeigt sich recht deutlicli, wie schwer
es war, die ^iiie liisber firofses wie Kleines gleich uiiifasseude Zentralstelle vou
Fürst und Rat zur Auerkeununi; des Ressort^edankeiis, sogar unter VorliehiUt
des obersten laiideshenlicheu Entscheides, zu veiinögeu. Oliwohl das Hof-
gericht schon ühev 10 Jahi-e bestand, finden wir doch noch im J, 1469 eine
schiedsrichterliche Kommission des Rat*8 thätip', und uocli im J. 1400 funk-
tioniert sofrai- der ganze Rat mit dem Landesherm an der Spitze in liieseui
Sinne*.
Dieser Widei-willen der Zentralstelle gegen jedes Ressortwesen verleiht
einer Betrachtung der wirklich schon seit alter Zeit abgezweigten technischen
"N'erwaltnngcn erhöhtes Interesse. Es handelt sich da um Marschallanit, Kanzlei
und Finanzverwaltung. Von dem ereteu ist fi-eilich beim Stande unserer Quollen
nicht viel zu sagen ; eine Erörtenms der Geschicbte der Kanzlei weiterhin
liegt unserer Aufgal» fem, soweit sie diplomatische Untei-suchungen benötigt;
so wird denn die Dai-stelluug der Finauzverwaltuug für ims von besonderer
Bedeutung sein.
Wie oben ausgeführt, war das alte niinisterialische Mai'schallanit vielleicht
bereits in der zweiten Hälfte des 12. Jha., sicher im 13. Jh. erblich geworden" ;
ein pfalzgräflieher Marschall Zumo, welcher im J. 1248 ei-seheint, war wohl
schon in Lehnsdienstweise angestellt*. Seit der ersten Hälfte des 14. Jbs.
finden wir femer am Trierer Hofe nahezu stitndig und in Amtsweise einen
Marschall tliStig, welcher anfangs die Funktionen des KriegsmiDistere und des
Heerführers in sich vereint". Seit etwa Mitte des 14. Jhs. tret^'n dann aljer
neben ihm Kriegshauptleute, capitanei, auf", deren Stellung zum MarschaUamt
nicht recht klar wird; zu vernuiten ist, dafs sie den Marschall als Heeiführer
wenigstens teilweis ersetzten. Als Kriegsverwaltungsbeamter aber bot der
Marschall die Kriegsveiijflichteten nach wie vor zum Heei'zuge direkt oder
durch Rottmeister als Unterergane auf, wie er denn auch die Sold Verhältnisse
der Trappe regelte* und die besonderen Entschädigungen für Kriegsverluste
') Bd. a So. 249, 1409.
') Bd. 3 Tsii. 265, 1490. Eine grüfsere Stütze erhielt die Ausäclieidiiiig deü Hotgeritlils
durch die Benifung wirklich recht sgelelirter Räte, s. Bd. S Ko. 271. 1497. auch Hoiitli. Hist.
2, 555. Später ist dann das Hofgericht völlig vom Rat getrennt, nach dem Ktal loii l-t99
(Hontli. lÜBl. 3, 194 f.) besteht es aus einem Direktor, 6 Assessoren, 2 Sekietarien. Mind<>-
Etens der Direktor ist zugleich Mitglied der Gemeinen Itäte,
>) S. oWn S. 1427, auch S. 1296.
*) 8. MR. ÜB. 3, 959, 1248.
") S. Bd. 3, 417, «, 1334; Ausgaben in Wittlieh pro marsclialco [Gerardo] doniini equi-
tanti cum alia fainilia domini versus Elze, pemoctanti in Witlicb. .\hnlich K. 417, st. 1335.
S. auch Bd. 3 Wortr. ii. d. W. marschalcus.
•) S. Honth. Hist 2, 201, 1357, cit. oben S. 1299 Kote 2; Honih. Hist. 2, 746. 1376.
cit. oben S. 1270 Note 1 ; Hanlh. Hist. 2, 466, 1480, dt. oben S. 1292 Note 3 (auf S. 1293).
') S. Bd. 3, 294, u, 1495.
") Bd. 3, 425, I«, 1138: Anweisung von KriegssoUl durch .Jakob fianiela de iussu
Gerardi marschalci.
— 1441 — Die LandesvenÄ'altung.]
der Lehnsveqjflichteten entweder allein oder als Vorsitzender einer Rats-
kommission feststelltet
Mehr wie til>er das Marschallamt ist über die Kanzlei zu sagen. Ab-
gesehen von Kanzler und Kaplänen gab es hier ein zahlreiches Unteii)ei'Sonal ;
Notare^, Schreiber^, welchen Kanzler und Kapläne diktierten*, endlich Boten
für Austragung einzelner Briefe wie von Rundschreiben **, welche bis zu durch-
schnittlich 20 Kilometer auf den Tag zurücklegten ®. Die Kosten für die Unter-
haltung dieses Unteri)ersonals wurden wohl völlig durch die Einnahmen aus
Siegel bezw. Taxe eingel)racht; trug doch schon allein das Trierer Offizialats-
siegel in den Jahren 1339 und 1840 313 Ib. 15 s. Trierisch, etwa 17300 M.
nach unserem Gelde"'.
Die Thätigkeit in der Kanzlei galt nun teils der Expedition, teils der
Registratur, teils endlich dem Rechnungswesen. In der Expedition, deren ver-
schiedene kanzleimäfsige Formen uns hier nicht interessieren®, trat natürlich
mit zunehmender Entwicklung des Territoriums eine inuner gröfsere Arbeits-
häufimg ein®. Etwa mit dem Anfang des 13. Jhs. beginnen sich die landes-
') Honth. Hist. 2, 201, 1357, cit oben S. 1299 Note 2; Bd. 3 No. 198 § 7, 1358.
2) Vgl. Ferdinand S. 94, 1363 : Papst Urban V. erlaubt dem Erzbischof Kuno vier Notare
(tabelliones) anzustellen und schreibt den von denselben zu leistenden Eid vor. S. auch MR.
ÜB. 3, 1057, 1250.
") Goerz, Regg. der Erzb. z. 1369 Aug. 9 kommt ein Schreiber und inniger diener des
Erzbischofs vor.
*) Bisweilen auch der Erzbischof, s. Hs. Trier Stadtbibl. 29 cit. bei Wyttenbach und
Müller 2 S. 328 Note c, von Erzbischof Jakob (1439 — 56): ferunt eum in cancellaria seden-
tem pluribus copiosam dictandi scribendique matenam retulisse, ac demum in fine, quod
cuique exarandum tradiderat, ubive inceperit vel cessaverit, fortissima memoria recitasse.
^) S. Bd. 3 No. 85, 1303; S. 482, si, 1850.
«) Der Bote Schedil läuft in etwa einem Monat 630 km, Bd. 3 No. 296, 1350. Im
übrigen vgl. zur Lage der Boten noch Bd. 2, 584 f., aus früherer Zeit Berthold z. J. 1076,
MGSS. 5, 282, u; Cod. Udalr. 97, c. 1101; und zu dem Fleischermeister von Trier als erz-
bischöflichem Boten M. Baer S. 237—238, und unten S. 1470 Note 1. Lehrreich ist auch *Koblenz
St. A., Kurt*. Trier Staatsarchiv, Geh. Kabinet, Pereonalien der Erzbischöfe, 1487 : Hogebom forst,
gnedige leif herre. üwer forstlichen gnaden intbeiden ich minen willigen dinst und wat ich ver-
mach, alz ich uwer forstlicher gnaden dan zo zwen moilen heibofen geschreben hain gehat an-
treffende dei lüde van Geissen, deiselben üch dan versat hain in hende Geratz van Palant her
zo Rulant, so halt uwer forstliche gnade mir almail laissen antworden durch minen boiden : uwer
forstliche gnade sulle mir mit uwer forstlicher gnaden boiden ein antwort schreiben, dama
ich mich halden sulle, daz dan neit gescheit enist also gnedige leif herre bidden ich uwer
forstliche genade mir ein antwort doin schreiben uf min vurschrift, in dem besten wis dama
zo richten. Der almechtige got wil uwer forstliche gnade bewaren in gesontheit mir laissen
gebeiden. Geschreben uf sondach na unser leifer frauwen dach nativitas anno Ixxxvii. Johan
van Lontzen genant Roben, amptman zo sent Vit.
'^) S. Bd. 3 No. 292. Eine Gebührentaxe der Kanzlei bei Goerz, Regg. der Erzb. zum
9. April 1426.
«) Vgl. dazu Bd. 3 Wortr. u. d. W. littera.
^) Zu Entwicklung und Charakter der Kanzleithätigkeit s. auch schon oben S. 841 f.
imd Bd. 2, 667, 673.
[Entwicklung der Landesgewalt. — 1442 —
herrlichen VerwaJtunpordres zu entwickeln, wenigstens gehören die ältesten
uns erhaltenen Stücke dieser Zeit an' ; sie häufen sich bis zum Eingang des
14. Jhs. derartig, daJs in Trier unter Erzbischof Balduin (1307 — 1354) ihre
begrifiliche Trennung als Teaiporalien von der Abteilung der Pei-petualien,
also der Verfügungen und Beurkundungen von Geschäften dauernden Charakters,
durchgesetzt wird^. Dabei berechnet Dominicas die Zahl der aus Balduins
Zeit erhaltenen Urkunden auf etwa 1800 Stück^; nach Bd. 3 No. 296 gehen
von Mitte März bis Ende April des Jahres 1350 etwas Ober 100 Urkunden
allein durch das Trierer Kanzleisiegelamt, V))n welchen uns nachweislich blof»
zwei erhalten sind : man suche sich demgemäfs eine Vorstellung von der that-
sächlich zur Zeit Balduins von der Trierer Kanzlei aus expedierten Urkunden-
masse zu machen*. Die Zahl der expedierten Nummeni scheint nun seit
Balduins Tod ein Jahrhundert lang nicht wesentlich gestiegen zu sein, bis nach
Mitte des 15. Jhs. der Aufschwimg des Aktenschreibwerks und eine Zunahme
der Urkundenausstellung zugleich eintrat*. Die Gesehäftslast der Kanzlei
wurde dadurch so vermehrt, dafs man sich damals entschlossen haben mag,
Abschlufs und eventuell Beurkundung kleinerer Geschäfte, z. B. der Pachte
kontrakte von weniger als einjähriger Dauer^, der Lokalverwaltung zu über-
ti-agen.
Gleichzeitig mit der Zunahme der Expeditionsthätigkeit schliff sich auch
tue unbeholfene und schwerfällige urkundliche Ausdnicksweise der alten Zeit
ab. An ihrer Stelle entstand im Laufe des 14. Jhs. ein klarer und kurzge-
fafster lateinischer Aktenstil, wie ihn die Stücke des Hininieroder Formelbucbes
widerspiegeln ' ; und neben demselben entwickelte sich ein in seiner prägnanten
Kürze noch nicht wieder eiTeichter, wahrhaft klassischer deutscher Verwal-
tungsstil, für welchen beispielsweise die Urkunden No. 132, 134, 173, 175 des
dritten Bandes aus den JJ. 1336 und 1347 ein glänzendes Zeugnis ablegen^.
Mit der Erhöhung der Expeditionsthätigkeit nahm natürlich auch die
Registratur immer gröfseren Umlang an; schon die Führung des Journals be-
') S. ,MK. ÜB. 2, Nachlr. 7, um 1200; 295, 1203-1212; 296, 1211—1212. In der
königlichen Verwaltung sind die Dinge natürlich viel früher entwickelt, s. Cod. Udalr. 49,
Jaffö S. 109.
«) S. Bd. 2, 681 ff. Im Fürstentum Breslau existieren seit 1331 libri perpetuorum für
Eintragung definitiver Verfügungen ilber Immobilien, im Gegensatz zu den von 130T ab er-
haltenen libri reemeiulonim filr Eintragung von Renten auf Wiederkauf, s. Cod. dipl. Sileaiae
Bd. 4 S. 18.
') Dominicus S. 7, vgl. Bd. 2, 681.
*) Vgl. auch Bd. 3, S. 480, Note 1.
^) Vgl. Bd. 2, 681, 687.
•) S. Trierer Kellnereiordnung 1509 § 25.
') S. Bd. 3 No. 191 ; vgl. schon Bd. 3 No. 124, 1332.
*) S. auch tirimm, Poesie im Kecht S. 45; der Kanzleistil ift im 15. Jh. zumeist voll
der trefflichsten Formen, der treuherzigsten Wörter und gar gefüger Wendungen.
— 1443 — I^i® Landesverwaltang.]
anspruchte in der ersten Hälfte des 14. Jhs. die Kraft eines Kaplans ^ Nicht
minder schwierig mochte sich die Aufbewahrung und Disposition der Eingänge
gestalten, um so mehr, als bei der Kontinuität der mittelalterlichen Rechts-
verhältnisse auch Eingänge längst verflossener Jahrhunderte nicht selten zur
Hand genommen werden mufsten ^. Indes bestand doch wohl schon ein Unter-
schied zwischen der Registratur* zur Aufbewahrung jtlngster Verwaltungssachen,
Rechnungen u. dgl. und dem eigentlichen Archive*. Das letztere wurde für
die laufende Verwaltung auch teilweis durch die umfangreichen Kopiare er-
setzt; eben darum wurde auf deren Vervollständigung seit dem 14. Jh. grofse
Sorgfalt verwendet und für lunfangreiche Teile derselben im 15. Jh. die Glaub-
würdigkeit der Originale erwirkt*.
Neben Expedition und Registratur endlich spielt das Rechnungswesen in
der Kanzleithätigkeit eine grofse Rolle. Es kommt dabei weniger die Buch-
fohrung in Betracht^, welche im ganzen nur für das eigene Ressort betrieben
ward und somit wesentlich mit der Joumalführung zusammenfiel, als die Revision.
Die Kanzlei war zugleich die Oberrechnungskammer ; sie prüfte die Kellnerei-
rechnungen wie die Rechnungen der SpezialVerwaltungen, der Zölle usw., wie
auch die Hauptrechnimg ^. Diese Prüfung erforderte aber in ganz anderer
Weise Zeit und Genauigkeit als heutzutage, ganz abgesehen von der Unbeholfen-
heit der in der Registratur der Kanzlei beruhenden schriftlichen Kontrollehand-
haben schon aus einfachen äufeeren Gründen: die alte Abfassungsform der
Rechnungen war noch längst nicht der neueren Form der Kolonnenanordnung
gewichen ^, und die Zahlen wurden noch vielfach mit den äufserst unhandlichen
römischen statt mit arabischen Ziflfem ausgedrückt*.
>) S. oben 8. 1434.
«) S. Bd. 2, 667 Note 4.
^) Sie ist wohl Bd. 3, 112, as, 1310 mit archa bezeichnet Zur Einverleibung der Rech-
nungen, sicher der Zollrechnungen und der Kellnereirechnungen, aber wohl auch der Küchen-
rechnungen, vgl. Bd. 3, 429, u f., 1839; 426, i4, 1888—1339; 430, », 1389-1840; 483, i f., 1840.
*) Schon in der Invent. Celsi 2, 15, 978 kommt ein Archivar des Stiftes Trier vor, epis-
copii clavicularius. Zum Inhalt des Archives vgl. Stat Boem. 1289, Blattau 1, 59; und *Bald.
Kesselst. S. 532, 1388 Okt 28: Nos Johannes decanus totumque capitulum ecclesie Moguntine
notum facimus universis et recognoscimus publice per presentes, quod reverendus in Christo
pater et dominus Baldewinus sancte Treverensis ecclesie archiepiscopus mitram sive infulam
et baculum pontificales necnon calicem unum cum quibusdam libris privilegiislitteris registris
rotulis et scripturis, que ipse dominus Treverensis archiepiscopus, dum provisionem sive am-
ministrationem dicte nostre ecclesie Moguntine habuit, retinuit apud se et reservavit, nobis
restituit liberaliter ac de eis nobis et nostre ecclesie satisfecit. In cuius rei testimonium si-
gillum nostrum ad causas presentibus est appensum. Datum anno domini mo ccco xxxviii, x«
kalendis novembris.
• ) S. Bd. 2, 680 Note 5.
**) S. oben S. 1432 Note 9.
') S. dazu oben S. 1432, unten S. 1477.
8) S. dazu Bd. 3 No. 285, 1277—1291 ; No. 293, 1341—1342.
^) S. Bd. 3, S. 420 Note a. Die Folge war ein häufiges Verrechnen bei Addition und
Subtraktion, vgl. Bd. 8, S. 419.
[ErtwickluDg der Latideägewalt. — 1444 — -
IMe letzten Bemerkungen fuhren uns scbon vom Gebiete der Kanzlei
hinüber auf das Feld der Fiuanzverwaltunp, deren Geschichte an letzter Stelle
erörtert werden sollte. Zu ihreni Verständnis bedarf es aber weiteren Aus-
holens.
Die grofse wiitschaftliehe Revolution, welche mit dem Übergang von der
Naturalwirtschaft zur Geldwirtschaft und dem aus ihr resultierenden Enipor-
blühen einer ersten wahren Stadtwii-tschaft seit etwa dem Beginn der Staufer-
zeit verbunden war, machte sich zunächst in den autonomen Bildungen des
platten Landes wenig umfangreich geltend. Hier war die Anwendung von
Tauschweilen beim Kauf noch bis ins 14, Jh. hinein nichts Ungewöhnliches^,
die Güterhewegung blieb in sehr mäfsigen Grenzen*, und die Wirtschafts-
anschauungen bewegten sich , je tiefer man im Volksleben hinaltstieg, um so
länger auf naturalwirtschaftlicher Grundlage. Der Bauer hielt sieb noch bis
mindestens zum Schlüsse des Mittelalters an die Kerbhokrechnung*, die Kirchen
nahmen wie bisher ihren Zehnt , und auf dem Gebiet der Grundherrschaften
machte das Reluitionswesen nur sehr langsame Fortschritte*. Denientspi-echeud
■) S. öd, 2, 375; ferner MR. ÜB. 1, 537, ca, 1145: decimam [Biola« invadiatam alibas
saucli Matbine redemit] 12 inr. examinati argenti et 4 cniratU vini et 2 amis; ME. ÜB. 2,
139, 119-5: man kaua 100 iurnalünuä et SOinr; CRM. 3, 186, 1332: 20 ndr. (.■orageldes und.,
vnnf pont halleiBeldes. S. ferner Bd. 3, 422, ib, 1336; 427, lo, 1338; 429 Note 3, 1350;
No. 191 1, c. 1350, B, dazu auch 'Cod. Himmerod. Bl. M", 14. Jh. 2. H.: (PremUsa aalutatione
siöcera) amice carissinie. Hsbita deliberatione cum tonventu nostro super pensione nobis per
noB &dendu scitote. qiiod multum libentitis habebimus bladum quam pecuniam, unde Gigni-
Gcetia nobis, ad quem locum illud nobis preBentari facietis et quo tempore, et illo babito
vobis quitantiam trademiis ad libitum vestre voluntntis. Feliciter valete. Arcb. Clenaux
333, 1355: Nicolas de Bedingen et Hennekin de Decker . . . d^clarenl avoir vendn ä
Nicolas dit Netz, boui^eois de Luxenibourg, uue rente de trois mir. de fronient, de 4 mir,
de seigle, mestire de Lnxenibonrg, et 8 chapous, sur Icurs biens de Redange. poni' un |>rix
d'iin tlieval entier, avec engagere de ses biens ä Hanse et ä Milrojt; 11 accorde eu menie
temps audit Weher la facultii de degnger les biens de Bithl, Wisenbacb ei Budingin. MR.
ÜB. 3, 1246, 1254 ist sehr instniktir für die Bedingungen, unter denen eine grufsere Zahlung
vor sich ging. — Zur Geschichte des mit dem Tausch eng zusammcnliüngenden Rreiskampfes
vgl Cantat. a. llnberti c. 60 f., MGSS. 8, 599; Bd. 3, 44, » f., 1265; ürfgorjus 3110 f.. und
Ces. Heisterb. Dial. 3, 37: dno cives Colonienses inter cetera siui peccata confessi sunt duo
pcccatonim genera, quae quidem in se valde sunt magna, licet projiter usum, niercatoribus
maxime, jmrva videantur et quasi nulla, mendacium scilicet atque periurinin. «domine. in-
qaiunt, «pene nihil possunms eniere, nihil vendere, nisi oporteat nos mentiri, iurare et saepe
periuraro . .» ait sacerdos: 'utimini consilio meo, et bene cedel voliis. nolite menlirl, uolite
iurare, sicut mercatum vestnim dare (TjUis, sie euni laudale.« S. auch Lsniprecht, Beitrage
S. 131 ff.
■') S. oben S. 689 Note 3. MR. ÜB. 3, 386, 1230—1231. *i)ri.ht von den jiossessiones
immobiles, quc quidem res mobiles facillime dilabentes stabilitate pix'ceduul.
") S. Bd. 2. S. 6 Note 1 ; auch Loersch, Iiigelh. Oberhof No. 23S.
') S. oben S. 795 f., 839, auch Bd. 2, 381. Am fi'dbesten abgelöst werden Natural-
abgaben bei Zöllen, s. Bd. 2, 308; dann Naturalabgaben in der Nabe nröfseriT Städte, s. Bd.
2, 214, 14 Jh. Anfang.
— 1445 — I^i^ Landesverwaltung.]
war noch im 15. Jh. die Mobiliarhinterlassenschaft auch der höchsten Kreise
auf dem platten Lande eine verhältnismäfsig geringe ^
Am ehesten wurden nun diese konservativen Tendenzen des Landlebens
im Umkreis grofser Städte gebrochen; hier zeigt sich schon im 12. Jh. eine
andere Bewegung? ^, das platte Land in Flandern bot schon im 13. Jh. einen
vom heutigen nicht sehr verechiedenen Anblick^. Diese unmittelbaren nach-
barlichen Einwirkungen aus den Zentralstellen der neuen geldwirtschaftlichen
Bewegung wurden nun allerdings an der Mosel wie im gröfsten Teile des
sonstigen Deutschlands nicht unmittelbar gefühlt; hier besteht noch bis ins
13. Jh. hinein fast unberührt der Charakter reiner Naturalwirtschaft*. Allein
seitdem bricht sich die geldwirtschaftliche Richtung eigenmächtig immer stärkere
Bahn durch Entwicklung der Pachten*. Mochte die Pacht auch noch lange
in Naturalien gezahlt werden®, mochte anfangs ein Stand kapitalkräftiger
Pächter fehlen', immer handelte es sich jetzt doch um die Verwendimg
gröfseren Kapitals zur Hebung des Anbaues, und diese Verwendung war
möglich, da man die wachsende Kapitalbildung® des platten Landes und
auch der Städte dem Boden dienstbar machen konnte. Und so war denn
vorauszusehen, dafs namentlich auf dem Wege der Pachtentwicklung die neue
^eldwiilschaftliche Phase auch auf dem Lande, wenn auch erst im Verlauf von
Generationen, Fufs fassen würde.
Indes die Territoriallnldung wartete diesen Erfolg nicht ab, um sich die
Vorteile der Geld^irtschaft zu nutze zu machen. Zwar war sie in ihren
Lokalverwaltungen an den langsamen Fortschritt des Landes selbst gebunden;
noch liis zum Schlüsse des Mittelalters bestehen die Einnahmen der Kellnereien
zum guten Teile aus Naturalien^, erfolgt eine Regelung ihres Budgets in der
alten Weise, dafs für bestimmte Verwendungszwecke bestimmte Einnahmen
ein- fi\r allemal angewiesen sind. Indes strömte aus den Einnahmeteilen dieser
Kellnereien in barem Gelde wie aus den Zöllen, der Münze und ähnlichen
Verwaltungen doch eine Geldsumme in der Landeshauptkasse zusammen, an-
sehnlich genug, mn eine Anknüpfung an Geldwirtschaft und Geldmarkt zu ge-
M CRM. 4, 355, 1480: die Mobiliarhinterlassenschaft der Gräfin Johanna von Vime-
burg wird auf 700 gl. geschätzt, etwa 12 800 M. unseres Geldes. Dagegen hinterläfst Heinrich
der Erwete in Köln im J. 1232 aufser vielen Liegenschaften 1800 mr., etwa 475000 M. un-
seres (ieldes, Ennen, Qu. 2, 136, 132.
2) 8. oben S. 796.
') Wamkönig 1, 86.
*) S. oben S. 461 f., auch S. 685.
'') S. oben S. 972.
«) S. ol)en S. 945, 966.
") S. ol)en S. 946, 967.
^) S. oben S. 677, 687.
") S. aufser den im dritten Bande publizierten Rechnungen auch Bd. 2, 215 No. 7,
1001: 155 No. 4, 1329.
[Entwicklung der Landesa
Blatten, Indem nun diese Aiilehutiiig seit der zweiten Hälfte des 13. Jhs. ge-
sucht ward, wurde den Teiritorien zuut erstenmal das Machtmittel des Kredits
umfangreicher ei-schlossen : sehr bald scheint man von ihm fianz allgemein und
weitreichend Gehrauch gemacht zu halben.
Da fragt es sich, in welchen Formen und Instituten organisiert der Kredit
um diese Zeit zur Verfügung stand.
Die hen'orragenden Bankhäuser der älteren deutschen Kaisei-zeit wai-en
die geistlichen Institute gewesen'. Mochte auch noch im Beginn des 11. Jhs.
ein Kreditverltehr unter ihnen und etwa gar von ihnen nach den Haupt-
zentren des damaligen Geldmarktes nicht ausgebildet seiu^, — spÄter pflegte
man ihn dadurch zu begründen, dafs n]au bei Gebetsverbrüiierungen zugleich
gegenseitige GeschäftsuuterstUtzuug ausmachte" — , sicher ist, dafs schon im
10. un<l 11. Jh. die Stifter und Klöster vielfach Darlehnsgeschäfte im kleinen
machten*, imd dafs um die Mitte des 11. ^IhB. die Könige Heinrich III.
und Heinrich IV. sich ihrer Hilfe bei Aufnahme von Geld bedienten". In der
Tliat wurden gröfsere Ka|)italien in den geistlichen Instituten als Ergebnis sorg-
samer anderthalbhundertjähriger Wiitschnfl wohl erst um die Mitte des 11. Jhs.
frei*; und liemeutsprerhend nahm das Geldgeschäft erst etwas später einen
völlig gewöhnlichen Platz in ihrer Wirtschaftsgebarung ein. Ausgebildet wurde
dabei neben dem Depoaitengeschäft ' wohl namentlich das Darlehen auf dem
Wege der älteren Satzung oder auf anderen Zinsgenufs verheifsenden Um-
w^en"; mit beiden verbanden sich dann alle Arten gewöhnlicher bankmüfsiger
*) S. dazu Brefslau, Komiid U.. Bd. 2, 390; neuerdii^ Hoeniger in Zs. f. d. Gesch.
der Juden in Deutschtand Rd. 1, HS ff.
») Das ist doch wold aus Chron. s. Michael. VinJun. c. 17, MGSS. 4, 83, um 1020 zu
schliefsen: Abt Nanlei' nimmt einen Mönch von Itoni mit nach Dcutschlatiil, damit er das
in Rom versprochene Geld nach Italien l>ringe.
«) S. Eiinen, Qu. 2, 192-198, 195, 1239.
*) S. Hoeniger a. a. 0.
»( Waita, Vfg. 8, 23S.
') S. oben s, 68.'i.
') Ann. Corb. 1145, MGSS. 3, 9: fames aspera, et t'ures plures ev niiliiibns foi-tiorilms
foctione perniciosa coDglobati, multos in hac terra' durius angehant, denique Vulrtensem
ecclesiam . . multis Cliesauiis spoliabant et nonnullas alias huins terrne rebus projiriis et eis
aliunde illatis , . privabant. Ces. Heisterbac. Dial. 2, 34: usurarius quidani euidam ordinis
nostri cellerario quandam pecuniae suae summam comniisit resen'andam, quam ille signatam
in loco tuto iuxta pecuniam monasterii reposuit. poBtea cum uBumrius depositum re|)eteivt,
celerarius arcam reserans neque illam neque siiam invenit. MR.l^B. 3, 602, 1237: l'rkunde,
in welcher jemand sein Eigentum während einer Kreuzfahrt durch Deposition heim Kloster
Himmerode schützt Ähnlieh MR. ÜB. 3, 612, 1238—1239 (8 Urkk.). S. auch Bd. 3. 57, aa, 12G9.
') S. oben 8. 849 Kote 3 und 4; aufserdem MR. ÜB. 1, 535, 1145: ein Allod an Laach
fbr92 nir. argenti verkauft, es werden wegen zu geringen Preises 40 mr. zugelegt. MR. ÜB. 2, 16*.
1172: Heinrich von Gladbach verkauft zu 5 mr. verpfändete Wingerte ?,u Lieser an SSIaria-
ad-martyres für 6 mr. unter Zustimmung seiner Erben. MR. L'B. 2, 8«, 1213: Heinrich von
laenburg empfängt von Laacli 230 mr.. und zwar: 1) am 13. -lanuar 60 nir., 2) am 1. Mai 60 mr.,
— 1447 — Die Landesverwaltung.]
Geschäfte. Die ungestörte Blüte dieser Geschäfte scheint dem 12. Jh. und dem
Anfang des 13. Jhs. angehört zu haben. Dann traf eine Behinderung zunächst
durch die strengere Betonung des Zinsnahmeverbots seitens der allgemeinen kirch-
lichen Meinimg ein ^ ; speziell in der Diözese Trier wurde der Geistlichkeit im
J. 1238 jedes kaufmännische Geschäft verboten^. Femer mufste in noch viel
höherem Grade der Umstand beengend wirken, dafs der Reichtum der kirch-
lichen Institute seit etwa Mitte des 13. Jhs. mit dem Verfall der alten Grund-
herrschaft wesentlich zurückging. Indes sehen wir nichtsdestoweniger die geist-
lichen Institute noch das ganze 13. Jh. hindurch und über dasselbe hinaus
3) am 13. Juli 60 mr. (diese Summe ausgezahlt in Köln), 4) am 11. Novbr. 40 mr. Macht nur
220 mr. Posten 2 ist falsch zusammengerechnet, macht in Wahrheit 83 mr. Dann kommen
freilich 243 mr. heraus, was aber unter Zinsenberechnung vom Tage des Kaufs an (6. Jan.
1213) richtig sein wird. UEheingrafen : de centum mr., quas dominus Eberhardus clericus de
Pathenheim tulit de monte sancti Kuperti ad Bolandiam, ringravius nihil percepit Ebd.:
exposuit ringravius predium in Egelsheim claustio in Eberbach pro 10 mr. ad memoriale [so],
eo pacto, quod cum heredes ringravii 20 mr. eidem claustro dederi[n]t, predium liberum sit
Ebd.: ein predium für 15 mr. verpfändet claustro beati Petri in Kruzenache. URupertsberg
385, zu dem Abschnitt Census [nicht im MR. ÜB.] : das Kloster giebt Didoni de Bergen 7 un-
cias pro 3 iug., ita ut si ipse d. nobis retulerit, 3 iugera sibi rehabebit MR. ÜB. 3, 465,
1232 : interessantes Zinsgeschäft von Himmerode, die Preise (1 mir. siliginis 3 s., 1 mir. avene
18 d.) s- 49,68 Gr. sind viel zu gering. S. femer aufser Bd. 3, 41, u, 1264 noch *0r. Koblenz
St. A., Abtei Himmerode, 1275 März 25: Nos Amoldus filius quondam Wemeri militis de
Develich et Sophia uxor eins vendimus manu sociata viris religiosis . . abbati et conventui
de Hemmenrode ordinis Cisterciensis Treverensis diocesis duas mr. census pro certa pecunie
summa nobis ab eisdem ntunerata, quos census eisdem singulis annis in festo beati Martini
hiemalis in perpetuum in usualibus d. legalibus tenemur persolvere et solvemus de tribus
particulis vinearum, videlicet duabus in dem Vriversdale et una uf den Wicken in parrochia
de Ludensdorf constitutis, promittentes bona fide, quod crementum dictarum vinearum a dicta
Villa Ludensdorf nuUatenus deducemus, nisi prius ipsis religiosis dictum censum integraliter
solvissemus. si vero ipsis dictum censum dicto termino non solveremus, eligimus arbitriom
et volumus, ut manus apponatur ad dictas vineas, usque diun de duabus mr. predictis eis sit
integraliter satisfactum.
1) Ces. Heisterb. Dial. 2, 30: tanta est virtus contritionis, ut nulltun ei obstare possit
peccatum, non periuria, non homicidia, non fuitA nee usurae quidem. Ces. Heisterb. Dial.
12, 24: ein gestorbener Wucherer in Lattich ab episcopo de cimiterio eiectus (est).
■) Stat synod. 1238 c. 9, Blattau 1, 37: omnem negotiationem clericis inhibemus bene-
ficiatis vel in sacris ordinibus constitutis; vgl. schon Stat sj-nod. 1227 c 10, Blattau 1, 26.
Wie kontrastiert hiermit die Auseinandersetzung Bnider Berchtolts (1, 18, si f.): swaz (dem kouf-
manne) ze gewinne gevellet an dem koufe, daz er durch gewin koufet äne gevaerde (daz mein
ich . daz er nicht für hat gekoufet üf die lenge der ztt, ftf daz naeher, unde niht gedinges
git üf daz jar umbe daz tiurre) oder dämite du nieman betriugest, daz hastü mit rehte, wan
man dines amtes in keine wlse geraten mac. wir möhten der kouflinte niemer enbem, wan
sie fiierent üz einem Isgide in daz ander, daz wir bedürfen, wan es ist in einem lande däz
wolveile, s6 ist in einem andern lande jenz wolveile; unde davon sullent si diz hin föeren
und jenz her, davon sullent sie ir lön ze rehte haben: daz ist ir gewin, den sie ze rehte
gewinnent
[Kiiiwickliiiig (1er Liunieügewalt. -
Bankgeschäfte betieibcu*, weniger die Stifter*, mehr die modernen , in ihren
Existenzpiindlagen nicht vom Ruin der alten Gnindhen-schaft ergiiffenen In-
stitute, namentlich die Cisterzienser^ und den Deutschen Orden*. Indes diese
Institute stehen nunmehr, im 13. Jh., nicht mehr allein auf diesem Ge-
biete; neben ihnen kommen zunilchst je länger je mehr die Bürger* und ver-
einzelt auch der hohe Adel* in Betracht. Ein Verzeichni.s der Schulden des
■} S. Bchon oben S. 1446 Note 8 gegen Scblurs.
') S. wohl CRM. 2, 193, 1262, dt oben S. 1309 Note 8. nnmeiillich dber Bil. 3,
16, 31, 1316.
') S. schon oben S. 1446 Note 8; Bd. 3, S. 3.5f.; 'Cod. Himmwoil. Bl. 8&^ a: rogo
V08 . ., quatenus 7 fl., quos vobia ad veetram monitionem solTere promitto, pro quilms decre-
tAli's vel alias librott equivBlente« loco pigaeris vnbis mittam, . . velitja accommodare. Der
Cod. Himmerod. unierrichtet überhaupt beKeichnenderweise mehr übiir Geldgeschäfte nls über
Ackerbau; an der Zentralstelle treten ilie direkten Interessen des letzteren zurlick. S. ferner
Ml]. ÜB. 8, 1063, 1250, aus den Statuten des SEI isabeth- Hospitals m Trier; oificiuni magistri
sive provisorie, qui de consensu omnium fratnun eligendiis canonice existit, taliter describitur:
qnod univerfii redditiis ad fratemitafem spectontes disi^retioni eiusdem comniittuntur ad aog-
mentandnm debilo modo, qualibet aegotiatione illiciia evjiata, et perfeclo computo, si quid
fiierit nitra neceseitates (rairuni, temporilnis ad hoc statiitis iratribiis tenebitur respondere. —
Die Cisterzienser trieben übrigens ancb flott Handel, vgl. Ccs. Heisterli. Diai. T, 41 : hoc anno
com navea ordinis per Zelandiam timore praedonum tnuisire non auderent, ninior venit Co-
loniam, quod omnes essent depraedatoe. et dixerunt quidam: «iuste attuni est cum eis,
monochi nTari snnt, niercatores sunt, deus illorum avaritiam sustinere non potesL ■ S. dazu
MR. ÜB. 3, 93, 121^: Kimmcrode «ird vom Herzog von Brabant befreit ab omni thelonio
seil vienagiii apud Antwerpiam; imd MR. ÜB. 3, 357, 1228: Heinrich Herzog \on Lothringen
schenkt an Himmerode eine Geldrente vom Tuchhause zu Antwerpen zum Ankauf von Heringen.
*) Hennes ÜB. 2, 397, 1288: Heinrich Graf von Sponbeim bevollmächtigt die Deutsch-
ordeiisbrtider zu Koblenz, eine bei ihnen deponierte Summe von IVinfzehnbundert nir. dem
Grafen .lohann von Sayn zu übergelien. Hennes ÜB. 1, 362, 1302: (iraf Diether von Katzen-
elenbogen leiht vom Koblenzer Dentschordenshausc 200 mir. siliginis Coloniensis mensure.
Hennes ÜB. 2, 365, 1303: die Stadt Koblenz leiht vom Deiitscbordenshause 200 nir.
*) Ces. Heisterb. Dial. 2, 31 : dixit fuisse qnendam usurariiim divitem nimis, qui diversarum
ecclesiaiiim tbesauros loco pignoris tenebat . . . habebat enim dims avcas plenas auri et argenti,
pignora eljam phirima in vasis lihris variisque omamenlis, fnunentiim viniun et supellectilem
multam pecoraque inlinita. Mit. HB. :), 528, 1235: der Abt von Lauch hat an Papst Uregtir IX.
berichtet, qiiod Ricardos civis Metensis et quidam alü laici Metensis et Trevirensis civitatum et
dioecpsts midta extorsenmt et adbuc extorquere nituntiu* ab eo per iisiuariam pravitutem. Deshalb
befiehlt der Papst Untersuchui^ der Sadie, s. weiter hierzu MR. l'B. 3, 572, 1236. Lac.
ÜB. 2, 527, 1263: Papst Urban IV. ennachtigt den Erzbischof von Köln, die demselben und
dessen Vorgängern von nonnulli laici diversanuu civilatum et diocesium nbgedningenen Zinseu
m! die Kapitalschuld abzunehmen und femer keine Zinsen zu zahlen. S. ferner lid. 3, 100, si,
1291; und 'Cod. Himmerod. Bl. 41», 14 Jh. 1. H.: Schuldschein des Marienklosters bei An-
dernach über 240 mr. d. pagamenti Andemacensis flu den discrelus vir lohannes vcl litte-
rarum i)resentiuni conservatori [d. h. den Inhaber; Wechsel] mit Angnbc des 7ahlunga-
temiines. Sogar Wucherbauern gab es, Ces. Heisterb. Dial. 2, 7; erat ibi quidnni nisticus
. . opere usurarius-
") URbeingrafen : der Rheingraf hat 346 mr. 16 d. auf PfandiT bmausseljehen, in
15 Posten von 5—52 mr. Die Pfander hat er zum kleineren Teile zu Leben gegeben S
dazu MR. ÜB. 3, 364, 1229: Borg von 168 mr., welchen Bischof Sifnt \on Itegeni-bur^t
— 1449 — Die Landesverwaltung.]
in der Saargegend heimischen Rittei-s Wilhelm von June vom J. 1290 lautet
auf folgende Posten: Vemero dicto Slikere tres Ib. et 19 d., uxori H. dicti
Kaure 24 s. cum dimidio, Folmaro fabro dicto Xulderclop 14 s., Folmaro ante
portam de Saraponte 8 s., Reimerico civi Metensi 8 Ib. duobus s. minus, mo-
nialibus de Freistorf 5 s., monialibus de Novo monasterio 10 s., apud Kilebure
5 s., apud Yune 20 s. in debitis communis, apud Vilarium monachis 10 s., et
apud Wadegosingam monachis 7 s. cum dimidio; usque ad smnmam 16 Ib.
computata^ Dies Verzeichnis zeigt klar, wie noch am Schlufs des 13. Jhs.
das Darlehnsgeschäft zwischen Bürgern und geistlichen Instituten geteilt war.
Aber jenseits des ei-sten Jahrzehnts des 14. Jhs. finden wir fast nichts mehr
von dieser Teilung; nur spärliche Depositen erinneni noch an die einstigen
Bankgeschäfte der geistlichen Institute^, im übrigen sind diese als kredit-
gewährende Macht verschwunden. An ihre Stelle ist eine neue Macht getreten,
die Judenschaft.
Die Juden finden wir im Mosellande schon bis zur Mitte etwa des 13. Jhs.
in allen Orten ansässig, welche entweder alte Fisci sind oder später in Reichs-
besitz gekommen waren. Seit Ende des 13. Jhs. bezw. seit Beginn des 14. Jhs.
sitzen sie denn auch in allen gröfseren sonstigen Städten des Mosellandes über-
haupt^; kaum 6ine unter denselben ist von ihnen übergangen, imd wo sie selbst
l)ei seinem Bruder, dem Kheingrafen Emicho, in 6 Summen von 20, 40, 25, 25, 43, 15 mr.
angelegt hat.
1) Hennes ÜB. 2, 311, 1290.
^) Hennes ÜB. 1, 414, 1318, vgl. 417, 1319: im Deutschordenshaase ist das Silberzeug
eines Verstorbenen aufbewahrt Hinterlegung von wichtigen Verträgen zu Münstermaifeld und
zu SFlorin - Koblenz, Dominicus S. 394. Bd. 3, 176, ir, 1340 : 1000 aurei regales cum
i-lippeis signati boni et legales deponiert im Deutschordenshaus Koblenz. S. auch Töpfer, 1,
347, 1371, cit. oben S. 849 Note 5.
^) In Metz sind die Juden schon nach V. Adalb. 2, 9 s^hr zahlreich; für Trier vgl.
G. Trev. Cont 1, 8. u. 17, MGSS. 8, 182 u. 190, 1066 u. 1096; MR. ÜB. 2, S.354, 12. Jh.;
UStift S. 400; MR. ÜB. 3, 543, 1235; 570, 1236; seit 1838 sollen es höchstens 50 Haus-
gesesse sem, Bd. 3 No. 141, 1338; für Bappard MR. ÜB. 3, 61, 1216: 7 Juden genannt,
s. femer MR. ÜB. 3, 224, 1224; 596, 1237; ein vicus ludeorum MR. ÜB. 3, 1053, 1250,
s. dazu *Bald. Kesselst S. 243, 1331: Johannes de Bopardia miles natus quondam Cünonis
dicti unter den . . Juden; für Sinzig MR. ÜB. 3, 746, 1242; 763, 1243; 787, 1244 usw.; für
K<jni()fiicint€r: Ces. Heisterb. Dial. mai. 10, 69; für Kocliem MR. ÜB. 3, 699, 1241—1242
(2 Juden); Bd. 3, 172, s, 1339; für Kröv MR. ÜB. 3, 699, 1241—1242; für Koble^iz CRM.
2, 212, 1265; Hennes ÜB. 1, 296, 1284; ein cimiterium ludeorum iuxta Confluentiam *Bald.
Kesselst. S. 161, 1322; für Ohencesel G. Trev. c. 196, 1287, schon Vertreibung; für Ander-
nach CRM. 2, 325, 1287, schon Vertreibung. S. femer für Luxemburg Arch. Clervaux 31,
1276; WittUch Arch. Clervaux No. 136, 1326; Töpfer 1, 201, 1330; Liniburg *Bald. Kesselst
S. 727, 1344; Mioistermaifeld *ÜMünstermaifeld, Hs. Koblenz CXI^ Bl. 42, 1337: ein Jude
früher dort ansässig, jetzt verschwunden; Bd. 3, 172, is, 1339; Saarburg (Arch. Clervaux
1^4, 1334; ein nach Trier gewanderter Saarburger Jude); Bd. 3 No. 155, 1342; Mayen
Bd. 8, 172, 8, 1339: mehrere Juden; Daun (Bd. 3, 172, 13, 1339: zwei nach Daun genannte
Juden); Bd. 8, 172, 20, 1339; Lehmen Bd. 3, 172, s», 1339; BlieakasUl (Bd. 3, 187, s, 1848:
Annahme, dafs Juden ins Land kommen würden); BemJcastel *Bald. Kesselst S. 729, 1343
Dez. 9.
Lainpr«cht, DeutschM Wirtschaftsleben. I. 92
[Knt Wicklung der Landcsgewalt. -
nicht eiiiheiinisdi sind, da sind es wenigstens ihre Doppelgänger in dem uns
hier interessierenden Sinne, die Lombarden' und Kauwerziner^. Dabei bilden
die Juden jeder Stadt, in welcher sie einipemiafseu zahlreich sind, eine Ge-
meinde. Dies nicht blofs im kirchlichen und jiclitischen Sinne'; auch für ihi-e
Geschäfte erscheinen sie in vielen Beziehungen, wo die Gemeinde nicht grofs
war, in gemeinsamem Handeln; und wo die Gemeinde umfaufjreicher ist, da
traten wenigstens hftufig eine Anzahl von Juden zu einer kaufmännischen Ge-
sellschaft zusammen*. Durch dies Moment me durch die enge Geschlechts-
genieinschaft unter ihnen bei begrenzter nationaler Basis erklärt sich die That-
eache, dal's sich die jüdischen Geschäfte schon im 14. Jh. in relativ sehi- wenigen
Händen, welche aber mit weitreichenden VerbiudunKen arbeiten, veiiünt finden.
Die Erscheinung ist eine ähnliche, wie sie unser Jahrhundert in der Periode
') Lombarden sind wohl schon Mh in A'ö/n ansässig, s. Bd. 2, 3^9, Note 1 ; fenii->r ^'Imu
früh auch in Tri«-; zur Vennittlung des GeldverkeUre mit der Kurie mercatores Romaui G. Tri-v.
c. 143, c 1268; s. daiu ßil. 3 No. -Jl, 1276. Der erste sichere Lomliarde ist Facinua. Goera.
Begg. der Erzb, S. 54, zum 15. Juni 1879. S. ferner filr Sdiönecken hei Prüm Cod. Snlro.
92, 1290i fiir Obeitcefid Ilennes VB. 1. 364. 1303 (mehrere); filr Sirgbvrg Lac. ÜB. 8, 61,
1308; filr Mnifiltr •Dii>l. Prüm. Bl. 8fi^ f.. KoWeiw St. A-, 1314; filr JWoxt/«- 'Bald.
KesaelBL S. 574—5, 1331. Znr Stellung der Lombarden im 14. Jh. Tgl. Bd. 3 No. 129.
lääü; sowie 'Bald. Kesselst. S. 574 — 5, 1331 Fehr, 20: Couimissio sancti Wondalini lacobo
Loinbdrdo. Revers aiiagesteltt von Jacomin von Moncleir Lamperler ftlr daz ampt [wi
SWendel] und darzB wat er [Erzbiscliof Bslduiu] da it/änt bat von gfllde und gevelleii, daz
in der parre zä sante Wandaline gelegen iat in dorfe und in velde . . u/genomen denip
kirchi>atze daaelves und sinen H-olgebom luden und mannen, die dai^fl gehören, auf Leliens-
srit. Was min herre ouch hemamalcs in demgericlite [von SWendel; es ist ein Hochgeric!it|
gew&nne, daz sal sin sin; waz aber ich da gehezzertc oder kouftc oder anders gewinne, daz
sal min sin niinc levedage, und darnadi niines bcrren und sincs stieftes. Stirbt Iklditiii, so
HoU der .^nitnianii gleichwohl bleilien krall der verliehenen Bestallung.
*) Kauu'iTzini'r u'erden sebnii Stal. synod. 122T c. 10, Blattaii 1, 26, genannt, vgl.
auch noch Bd. 3, IST, a, 1343. Xacbwelsbar sind sie in Simir/ wohl 1276. s. CRM. 2, 374.
dt oben S. 13.W Kote 3: in Trier 'ÜEIisab. Hosp. Bl. 41«. c. 1280: Baldewinus dictu,
anwercin ; in Kobem CKM. 3, 516, 134S.
») S. UStift S. 400; MR. TB. 8, 543, 1235: univenjit.-is ludeomm Treverensiuni ; vgl.
auch MR. ÜB. 2, S. 364, 12. Jh. : an das Trierer Domkapitel solvunt ludei 6 d. de cinüteri»
eoruni (in Trier).
') MR. ÜB. 3. 543, 123.5; vier Juden, darunter ein Jude Daniel, rielleicbt Vorfahr
der grofsen Familie des Jacob Daniels im 14. Jh., prl>auen in Trier vier Häuser; sie bilden
eine Zinsgemeinschaft (comnuiniI:is) zu diesem Zweck. Honth. Jlist. 2. 2li, 1304; 250 nir.
monete currentis in Koclieme, welche apud ludeos de Kocbcme deponiert werden sollen.
Bd. 8. 172, 3, 1389; Saloraoni thelonario in Cochme et suis consociis mille mr. BrabautiuHs.
schuldig seit 1333. Daneben macht Salomon auch einzeln Geschiifte, a. a. 0. Z. n ff. 'Bald.
Kesselst S. 636, 1337; Friedrich, erstgeliomer des Herrn Friedrich von Croninberg, Herr
von Novum castruin und Frau verkaufen an Isaah quondam Sandormanni Meier seiuen
Schwiegersohn, Isaac und Salraann und ihre in hac parte coinpliccs für 150«' Ih. Tm^iiensiiini
parvorum [180000 M.] ilu-e iurisdictio in Wasweiler u. a. m.; s, dazu .\n:li. Clerveaiix 180.
1334, cit. unter S. 1453 Note 2. Man vgl. auch die l'luase inter ludeos ponci-e, Bd. 3,
— 1451 — I^ie Landesverwaltung.]
vor der Emanzipation der Juden erlebt hat, viie sie noch heute in den giofsen
jüdischen Bankhäuseni fortwirkt. Dabei ist es aus später erhellenden Gründen
von besonderem Interesse, diese Thatsache an einem speziellen Trierer Bei-
spiel zu verfolgen. In Trier lebt in den dreifsiger und \ierziger Jahren des
14. Jhs. ein sehr angesehener Jude lacobus Danielis^ Er hat einen Sohn
Daniel, dessen SchwiegeiTater Samuel Maldir von Saarburg ist^, ferner zwei
'Schwiegersöhne, Salman Grutzingesson ^ und Michael^. Daniels ist ein unge-
mein begüterter Mann; 1336—1341 steht er an der Spitze der erzstiftischen
Finanz Verwaltung^, für welche schon früher sein angeheirateter Verwandter
Samuel Maldir thätig gewesen war ^ ; in dieser erzstiftischen Stellung folgt ihm
vom J. 1341 ab sein Schwiegersohn Michael®. Um nur eins seiner selb-
ständigen Geschäfte zu nennen, so leiht er im J. 1345 an den Speierer Scholaster
Otto von Schonenberg 800 fl. aurei parvi de Florenzia, etwa 35 200 M. unseres
Geldes, rückzahlbar in vier Jahren ''. Bei weitem die meisten Geschäfte macht
Jakob Daniels nun aber nicht allein, sondeni in Gemeinschaft mit einigen
andern Juden. So schuldet ihm, sowie Isaak dem Kleinen und Aaron von
Witlich, Juden zu Trier, das Erzstift Mainz im J. 1336 1661b. 5 s. giofser
Tumose, wiederzuzahlen in gleichem G ekle oder in „deinen gl. von Florenze,
ie einen deinen gl. vor den Schilling großer tunioße" gerechnet, angewiesen
auf die Zölle zu 01)erlahnstein und Ehrenfels®. Diese Schuldsumme beläuft
sich nach unserem Gelde auf etwa 190000 M. Und mit den genannten beiden
Trierer Juden** bezw. deren Familien steht nun Jacob Daniels auch sonst in
Verbindung: Samuel wilne deinen Isaackes son erscheint mit einem andeni
Juden Abraham von Resten im J. 1342 als in freundschaftlichster Beziehung
zu Jakobs Sohn Daniel ^ ; und mit Aaron von Wittlich kauft der alte Jakob im
J. 1336 die Biu*g Schwierzheim ^^ und im J. 1337 auf Rückkauf ausgedehnte
Besitzungen des Grafen von Zweibrücken". Dabei beschränken sich die
Geschäftsverliiudungen Jakob Daniels keineswegs auf dem Trierer Platz;
während die kleineren jüdischen Firmen im Trierschen Wechsel auf ihn ziehen ^*,
1) Bd. 3 Xo. 155, 1342 wird er ,her* tituliert. Es ist fi^eilich eine Judenurkunde.
2) Bd. 3 Xo. 155, 1342.
») Töpfer ÜB. 1, 255, 1346.
*) S. Bd. 3 Xo. 291.
f^) S. Bd. 3, 412, 36, 1327—28.
«) S. Bd. 3, 435, 2R. Töpfer ÜB. 1, 255, 1346.
7) ♦Bald. Kesselst S. 731, 1345 Febr. 21.
«) *Bald. Kesselst. S. 788, 1336 Okt 21.
^) Sie hängen vermutlich mit den Arch. Clervaux Xo. 136, 1326 gelegentlich einer
Summe von 200 Ib. hl, 10 600 M., genannten Juden Isaak und Salomon von Wittlich so zu-
sammen, dafs Isaak mit unserem kleinen Isaak identisch ist, während Salomon Vater
Aarons ist.
»«) S. Bd. 3, 420 Xote 5.
'») S. Bd. 3, 420 Xote 4.
") Z. B. Houdein und Sohn, wohl in Kochern, Bd. 2, 422, si, 1387.
92*
[Eiitwiclilajig der LacilesgewalL — 1452 —
ai-beitft er seil»st mit giofsen jüdischen Eauqiiiers in Stralsburg, Metz und Köln
und den hinter ihnen stehenden Konsortien. So besorgt er bei den Metzer Juden
fllr das Trierer Erzstift eine Anleihe von 8000 fl.i, etwa 350000 M., so zahlt
er in Köln durch das Haus Aaron und Btmich ^ aus, und negoziiert in Strafs-
burg ebenfalls fllr das Trierer Erzstift eine Anleihe^ bei einem jüdischen Kon-
sortiwn unter Flüining des Vivelin Rode oder Kote * , mit welchem er auch
sonst Geschäfte macht *.
Nattlriich ist ein Bankhaus, wie Jakob Daniels, nicht ohne bestimmte
Voraussetzungen denkbar; seine Existenz in der ei-sten Hälfte des 14. Jhs.
beweist völlig sicher für eine schon längere Thätigkeit der Juden in Geld-
geschäften.
Indes waren die Juden keineswegs von jeher im Mittelalter Banquiers
oder gar Wucherer gewesen ". In den ersten Jahrhunderten der K^serzeit er-
scheinen sie vielmehr als Handelsleute, speziell lag der Handel mit Unfieien
in ihrer Hand '. Aber auch den Weinhandel sclieinen sie liier und da besessen,
bisweilen sogar als Wirte fungiert zu haben '*. Daneben endlich waren sie die
berufenen Ärzte dieser Zeit*. Von diesen Positionen ging ihnen nun im Be-
ginn des 13. Jhs. zimäclist diejenige als Arzt verloren; ein Sjiruch des Trierer
'1 Bil. 3. 424, 17, 133Ö; 430. «, 1339.
'I Bd. 3. 420, 1«. 1336.
») M. 3, 419, «, 1389.
*) 'Bald. Kesselst. S. 788, eingefegter Zettel, 1344 Dec. 2S: Wftlr«f, Graf voa Zvä-
brücken, IjekeiiDt sich dem Trierer Jnden Jakob Daniels sone und item Strarsburger Juden
Vnelia ßote imi 1090 Ib. bl. schuldig, zu bezahlen t>ez. 25 1345 121 Ib. hl. usw. alle Jahre;
als Pfand iliiliir soll der Erzbischof von Trier innehalten die Stadt Zabeni und die Burg
Stouf, auf welche damit im ganzen 6jOO Ib. geborgt sind (von diesen Juden). Über letztere
Summe lautet ein 1344 Aug. 29 für Jakob Daniels und Vivelin Rote aiisgestellter 'Brief
auf S. 7><7 des Bald. Kesselst.; vgl. auch Bd. 3, 193, i, 1345,
'■1 Bd. 3, 430, 81, 1339, vgl. auch S. 4-59, si, 1844.
") Vgl, zum folgenden, aufser dem Buche Stobbes (Die .luden in Deutscldand, 1866)
und Koscher, Ansichten der Volkswirtschaft» Bd. 2, 311 ff., Waiiz, \'fg. 5, 370; Boiivalot
S. 3641'.; Hanauer, Eludes I, 524 f.; Dominicus S. 408; lleusler, Instiiutionen 1, UTE, und
neuei'dings Hoeniger, Zur Gesch. der Juden Deutschlands im Irübem Mittelalter, Zs. f. d.
Gescb. der Juden in Deutschland Bd. 1, 65 ff.
') S. u. a. TUetm. 6, 36; Canap. V. Adalb. e. 12.
-) V. Adalb. 2, 6.
«) G. ep. Leod. 2, 44; G. Trev. ConL 1, 21, 51GSS. 8, 195: Erzbischof Bruno (An-
fang 12. -Ilis.) hüuüg krank, propter quod exquisitisstmos scmper becmii solebat habere
medicos. Iialebat autem inicr eos ludaeum quendam losuae nomine iihisicae artis erudi-
tissiinum, comjiotistam peroptimum, hebraicanim litterarum et totius ludaisnii perfectissiuiuni,
quem circumdabat militaris habitus. Er wird schliefslich getauft; der Erzbiscfaof hält ihn
selu- gut, er bittet die Glaubigen, quia genus illud hominum multuni est in fide instabile
semperque desiderat in vitae necessariis babundare, quatinus ubiciunque ille ipsis manentibus
supei'venirel , providerent ei necessaria cum caritate. Min. s, Motbie, JIGSS. », 232: ein
kranker ludeorum quoque auxilia ac vetulanim carmina consuluit.
— 1453 — I^ie Landesvenv'altung.]
Provinzialkonzils vom J. 1227 machte ihnen — aus welchen Gründen, unter-
suchen'wir hier nicht ^ — die Ausübung dieses Berufs so gut wie unmöglich^.
Alhnälüich trat dann aber auch der Warenhandel zu gunsten des Geldhandels
zurück. Auch hier verzichten wir auf Nachweis der Gründe, welche diesen
Wandel herbeiführten — hierzu bedarf es einer viel genaueren Kenntnis der
deutschen Handelsgeschichte, als wir sie l)isher besitzen — : genug, dafs seit
Beginn des 13. Jhs. die Juden reich genug wai'en, um bald in ausgedehntester
Weise Bankgescliäfte zu betreiben^. Vom J. 1213 datiert die erete uns er-
haltene urkundliche Nachricht Über jüdische Darlehen an der Mosel * ; nicht ganz
zwei Jahrzehnte später ei-scheinen die Juden neben einem stets unbedeutend
blei])enden Element von Kauwerziner schon als Hauptinhaber der Darlehns- .
geschäfte*. Und diese Geschäfte sind von nun ab auch urkundlich in rapid
anwachsender Zahl beglaubigt®. Dabei waren die Zinsen enorm hoch — als
1) Doch vgl. G. Alberonis 28, MGSS. 8, 258: Albero hatte als Arzt den Lombarden
Philipp. Ces. Heisterb. Dial. 9, 56: Coloniae in ecclesia sancti Andreae canonicus qiiidam
«xstitit ordine sacerdos, arte medicus.
') Stat synod. 1227 c. 8, Blattau 1, 24: praecipimus, quod sacerdotes illiterati non
confcrant cum ludaeis coram laicis et sacerdotes praecipiant omnibus subditis suis, ne aliquam
potationem vel medicinam ab eis sumant.
^) MR. ÜB. 3, 61, 1216: der Jude Isaak erbaut in Boppard auf einer area, que ad
bona Ravenbergensis ecclesie pertinebat, domum lapideam. MR. ÜB. 3, 224, 1224, Boppard:
domus Simonis quondam ludei postea baptizati. MR. ÜB. 3, 368, 1229 — 1230: Daniel civis
Treverensis domum quandam, quam in censu 50 s. tenebat a nobis, . . ludeo Rüben rendidit
pro quinquaginta decem [!] Ib. monete Treverensis. Es sind nach unserm Gelde ca. 10 300 M.
MR. ÜB. 3, 746, 1242; 787, 1244: die Juden geben der Regel nach in Smzig 20 mr., die
Christen 60 mr. Precaria. 20 mr. sind 4800 M. nach unserm Gelde. Im Jahre 1243 aber
werden von den Juden auf einmal 500 mr. (120000 M.) verlangt: MR. ÜB. 874, 1246
Konrad IV. an Gerhard von Sinzig: 100 mr. Colonienses [24000 M.] de Indeo, quem detines
captivatum . . persolvere non omittas. S. zu diesen Nachrichten schon oben S. 1366 Note 8.
•CRM. 3, 152, 1327: m Boppard 20 mr. et 16 Ib. hl. annui redditus, quos ludei solvunt,
«s sind ca. 3000 M.; vgl. dazu Bd. 3 No. 129: ein 1335 zugelassener Lombarde giebt an
erzstiftischer Steuer pro Jahr 50 Ib. parvorum Turonensium, c. 1200 M. Samuel Maldir
von Saarburg hinterläfst 1342 an guten Schulden 48560 M., an *8wivelheftigen' Schulden
37376 M., zusammen c. 86 000 M.; Bd. 3 No. 155, 1342. Speziell zum Landliesitz s.
♦üMünstermaifeld, Hs. Koblenz CXIb Bl. 42^, 1337: Thilmann MultÄrlin hat ein eigen
«tuckc ackii'lant, dat ein morgen helt . ., dat emails was Petirs Juden von Muinstere.
*) MR. ÜB. 2, 3», 1213: Heinrich von Isenburg bezahlt mit vom Kloster Laach ge-
liehenem Gelde u. a. zwei Judenschulden in Köln von 2 und 9 mr.
^) Stat synod. 1227 c. 10, Blattau 1, 26: praecipimus districte, ne in mutuo ultra
mortem aliquid exigant, et ne propter moram solutionis aliquid petant, ne etiam propter
inducias sua mercimonia carius vendant, et ne pecuniam suam ad Cauwercinos vel ludaeos
ponant propter lucrum.
ö) Vgl, beispielsweise Lac. ÜB. 2, 829, 1287: das Kloster im Kottcnforst granbus
debitis apud ludeos et alios creditores nostros in magna summa pecunie . . oneratum. *Kobl.
Baurechnungen 1285: der Jude Lewentinus leiht der Stadt Koblenz 25 mr., s. dazu Hennes
ÜB. 1, 296, 1284: Lewantinus und Hainegeda ludei Confluentini (Ehepaar). S. femer Bd. 3,
122, «, 1321, und Arch. Clervaux 184, 1334; 186, 1335; 188, ,1335; 190, 1335; 209, 1339;
286, 1349.
[Entwicklung der Landesgcv
Maximum galten filr Jahiesdarlehen 35' a, für Wochendarieheii 43 ''a Prozent' —
und die dargelielieHen Suniinen en'eiehen eine immer zunehmende Höhe, bis
eie in der ersten Hälfte des 14. Jhs. einen Stand einnehmen, welcher nur bei
drohendem Pauperismus auch in den sozial führenden Schifiiten der Nation
begreiflieh wird^.
Dem ungewöhnlich raschen materiellen Aufblühen der Juden stand nun
aber ein rechtlicher Zustand primitivster Art gegenüber. Die Juden hatten
lu^prünglich nur in den königlichen Fisci gesessen^; über ihr Reclitsver-
hältnis in denselben schweigen die älteren Quellen; später erscheinen sie als
Leibeigene des Königs *. Als einige Fisci , in unseren Gegenden Trier
') S. Bd. 2, 608. Dil' Ziusen bei Jakob [DacieU] betrageu de qualibet lli. scptiinanntim
S ob.: 81>Wo, s. "Cod. Himmerod. Bl. 421^ i, I338-]350.
*| S. Tor Mllem Bd. 3 So. 143, 1389; ferner Lac ÜB. 3. 61. 1308: ein Lombarde RicLaid
m Siegburg quittiert dem Grafen Adolf von Berg Über ein Anlehen von 8000 mr., c. 400000 M.
unseres Geldes. Arch. Cleri'niix No. 186, 1326 Apr. 23; Friki^ric, seigneur de Neuexliourg,
coMIitue Walter, seigneur de Clervaiis, sh caution iiour 200 Ib. Je Halle [10600 M.], a«pr^
de Isaac et Salomon de \reitliche, juils; i1 le tiendra indemne. Tüpfer 1, 201, 1330: Ger-
hard von Blaskeaheim Moisseit ludeo de Witlich de ducenliü et octuaginta Ib. TreTeTensiiun
d. restantibiis de quadiingentia octo Ib. [16 800 M.], quaa nobilis vir dominna OodeMdus
comes de Iiiliaco, dominus de Bercheim et dominus Fridericua coEoes Silvester de Kir-
berch advocatuin de Hunoltstein felicis recordatiunis super ueipsos contra ludeos.
acconunodare iuüserunt, et de quibus dicti doniini ipsum advocatiun relcvare promiserunt,
xatisfecit Arch. Clervaux 180, 1334: Jean, seigneur de Valkinstein , ubevalier de Godelrid
de BrandinbouT^, cbanoine k Trfrves, fr^res gennains, d^clarent que Heman, üeigneur de-
Brandinl«rcb, Chevalier, ieur parenl, a'est engage ä payer potir eux une sonime de 400 livrea
petits toiimois [48 000 M,] an juif Isaar, fils Sandemiann. Ils le tiemlrnnt iiidenme, dp
meme ipe ses cautions. S. hierKii Bald. Kesselst. S. 636, 1337, cit. oben S. 14.'i0 Note 4.
*Bald. Kesselst. S. 788. 1336 Okt 21; das Stift Mainz sduddet einem Trierer Juden-
kousortium 166 Ib. 6 s. grofser Tumose, 190 000 M., s. ob.'u S. 14.^1. 'Bald. Kesselst.
S. 71g, 1843 Juni 7: Wir Joban grei-e von Spanheini . . erkennen . ., daz wir . . {dem
Kr^liiscbof von Trier) unsem berren und sinen Juden lange schuldig gewest sin . . (tmd
noch scimidig verbleiben) vier tusent und vierbiindert deine gülden einen zclf [!j aide
Känigestumose zu bei^alene, es sind 193600 .M,
') S. oben S. 1449 Note 3.
') Zu ihrer Behandlung vgl. als charakterK tische Stellen MK. ÜB. 3, 763, 1243,
Konrad IV. an Gerhard von Sinnig: a ludeis de Sinzeehe statini . . .500 mr. [120 000 M.j
debeas assignare ciuie nostre et per captivitatem, si necesse fuerit. extorquere; s. dazu
S. 1453 Note 3, und S. 1366 Note 3. MR. ÜB. 3, 699, 1241-1242, Urkunde K. Kon-
rads IV.: clericus noster Henricus prepositus Palatiolensis nobis presiitit 300 Ib. Trevirenses
et nos eidem iraptos assignavimus nostros ludeos cum integritate renun snarum, scilket
HeleraiUinuni et Heckelintun suum generum de Cognie et Aaron de (.'i'ove, ut ab eisdein
arcipial cum accessoriis dicte pecuuie ijuantitatem , danti'S eidem preposilo poteslatem
vendendi domos et res eorum, quibuscimque sibl visuni fuerit expedire. CitJI. 2, 274,
1276: Graf Wilhelm von Jülich, im Besitze der kaiserlichen Rechte in Sinzig, bestätigt die
alten Rechte der Burggrafen von Hammerstein daselbst, indes nieliil iuiis halmeranl vel
haliitwi suiit in personis rebus et servitiis emergens ibus] [G.; eniei'genlüs] ludcorum et
1 residentiiun vel vcnientium apud Sinzeehe, nisi de cansis in iudicium
— 1455 — J^ie LandesverwalUmg.]
und, freilich hier wegen viel späterer Jiidenansiedlung nicht in Betracht
kommend^, Koblenz in fremden Besitz gelangten, änderte sich die Lage
der Juden nicht; sie erscheinen nun als unfreie Untergebene des neuen Herrn,
z. B. in Trier im Beginn des 13. Jhs. als solche des Erzbischofe^. Dieser Zu-
stand trat nun aber auch dann ein, wenn sich Juden, wie das im Moselland
seit der zweiten Hälfte des 13. Jhs. geschah^, aus altfiskalischen Orten ent-
fernten und in andere Städte zogen; hier traten sie ebenfalls in die Leib-
eigenschaft des Stadtherm^. Nun war aber der Stadtherr fast stets schon
in dieser Periode oder wurde wenigstens sehr bald identisch mit dem Landes-
lienn: so wurden die Juden landesherrliche Knechte; das Reich zog sich
schliefslich völlig von ihnen zurück*. Der Wechsel war für die Juden kein
ungünstiger ; der Landesherr vermochte sie besser zu schützen , als der
König; zudem besafsen sie territoriale Freizügigkeit*. Das letztere Moment
macht sich bald in einer starken Anhäufung der Juden in den gröfseren
Städten fühlbar: so finden wir einen Wideman von Saarburg und Samuel
Maldir von Saarburg, weiterhin einen Aaron von Wittlich und einen Abraham
vonKesten in Trier®, wohingegen die Stadt Trier im J. 1338 ausdrücklich eine
Beschränkung der Trierer Juden auf 50 Hausgesesse stipuliert': in der That
mulste der Aufenthalt in grö&eren Städten für jeden unternehmenden jüdi-
schen Kopf allerseits wünschenswert erscheinen.
Während aller dieser Abwandlungen, dem Verschwinden der Reichszu-
ständigkeit und dem Aufkommen landesheiTlicher Herrschaft, war nun aber
die privatrechtliche Lage der Juden die gleiche, unbefriedigende geblieben.
Der Jude gehörte mit Leib und Gut dem Landesherm; dieser konnte ihm de
tractis; de qiiibus nos [Wilhelm von Jülich] auctoritate imperii libere disponere poterimiis
quod nobis videbitur expedire.
1) S. oben S. 1449 Note 3.
«) S. UStift S. 400, und schon G. Trev. Cont 1, 17, MGSS. 8, 190, 1096: Hucht der
Juden in den erzbischöflichen Palast. Vgl. auch schon a. a. 0. c. 8, S. 182, 1066.
^) Bisweilen auch in den Schutz der Stadt ; dieses vorübergehende Moment jüdischen
Stiidtschutzes wird im J. 1356 für Trier unterdrückt, s. die folgende Note.
*) S. oben S. 1276; speziell Honth. Hist. 1, 796, 1356, K. Karl IV. urkundet für Trier
in Erneuerung älterer Privilegien : in ihre statte Trier Coblenz und andere vesten und schloße
mögen [die Krzbischöfe] zu ihrem willen empfahen setzen und behalten Juden mit irer haben,
von welchen landen daß sie konmien ; und gebiethen l)ei unsem hulden den vorg. statten Trier und
Coblenz und allen anderen gemeinden und untersäßigen in statten und vesten des Stifts zu
Trier, daß sie solch unser sätze und freiheit, als der vorg. erzbischof sein nackkommen und
der Stift ihren Juden geben globen und mit ihren briefen verschreiben, ungekränket und
ungeletzet halten, und daß sie kein Steuer volleist mitgäbe oder schenke an die Juden fordern
heischen ader mit gewalt von ihnen bringen.
^) DtT Landesherr schützte sie jetzt überall im Territoriiun, vgl. CRM. 3, 148, 1326:
Erzbischof Balduin beklagt sich über die Bopparder, dat si sinen Juden verdriven haven. S.
ferner Bd. :1 No. 160, 1344.
«) Ardi. Clervaux 184, 1334; Bd. 3, 420 Note 4, 1337; No. 155, 1342.
^) Bd. 3 No. 141. 1338.
w
[EBtwicklung der Land es gewall. — 1456 —
iure alles und jedes nehuien; nicht einmal ein (iesifhertes Erbfolgereeht war
vorhanden'.
Dieser klaffende Rife zwischen uiaterielier und i-echtlicher Ltige niuTstc
zu höchst abnonnen Ereeheinunsen führen.
Auf der einen Seite la^ die Versuchung für den Landesherrn unüber-
windlich nahe, die reichen oder reich werdenden Juden vennittelst jährlicher
Prekareien oder Pachte- legal zu bi-andschatzen , und diese Brandscliatzung
wohl gar zum integrierenden Bestandteil seiner Finanzpolitik zu machen".
Auf der antiei-en Seite mul'ste sich der Jude daran gewöhnen, va-hanque
zu spielen, fürs Leben herauszuschlagen, was herauszuscJilageu war. In dieser
Empfindung wurzelt wohl nicht zum geringsten Teile der Wuchei-sinn der
Juden des späteren Mittelaltere. Nimmt man hierzu die generelle wirlscliafts-
geschichtliche Erscheinung, dafs fremde Bevonnundung in wichtigen Wirt-
schaftebetrieben st^ts zu gewaltsamer nationaler Reaktion treibt, so erklären
sich aus allgemeinen wie besonderen Gründen die Judenunruhen des 13. und
14. Jhs. *. An der Mosel begann es in dieser Beziehung zum erstenmal im
J. 1241 luiheimlich zu werden; damals llbte der König zum letztenmal wirk-
sam den Judensehutz aus^. Dann hatte man im J. 1265 besonderen Anlals,
die Koblenzer Juden unter den Schutz des Trierer Erzhisdiofs wie der Stadt
zu bringen ", Diese Mal'snahnie vermochte indes nicht, eine erneute Bewegung
I) Vgl. als bezeicLnend Bd. 3 No. 160, 1344; auch No. 155, 1342; s. feniei- 'Bald.
KpsselsL 1352 Nov. I ; Enbischof Baldiiin verleilit ein Haus mit Backhaus und Garten au
Karden, das beim Tode des .riiden Saltimn von Kochern ihm veHnllen wai'. Im letzteren
Fall handelt es sich lielleicht nm Gut, welche« infolge der Judensrhlachten henenlos ge-
worden war.
s) S. sithon olien in S. 1453 Kote 3 MR. ÜB. 3, 746, 1242; 787, 1244; CBM. 3, 152, 1327;
vgl. femer tttr Trier Bd. 3, S. 422, b, 1836: von den Judenpensionen dieses .lahres sind
6800 Ib. hl. = 292 200 M. nicht eingegangen. Im J. 1337 werden von den .luden in Trier
eingenommen 216-5 11». 11 s. 1 hl. = 95 282 M., a. a. 0. S. 422, m. 1337. Im ,1. 1338 bleiben
die Juden schuldig de pactis suis 23 000 fi. pan-os vel circa = 1 012000 M., a. a. 0, S. 427. as.
Im J, 13-39 werden von den .luden eingenommen 6000 11. vel circa = 264000 H., a. n. 0.
8. 428, 13. Zum Ausdruck Pacht s. auch noch Bd. 3, S. 187, u, 1343.
") Dartiber s. unten S. 1469 f.
') Die früheren Unruhen waren an der Mosel gering; die ersten antijüdischen Si-igungen
waren wohl dogmatischer Natur, vgl. Stat. synod. 888 c, 4, Blattau 1,4: Giinthenis Metensls
ecciesiae primicerius obtulit lihellum prociamationis super ludacos, (jui liabitant Metis.
quapropter inlcrdictum est iuxta capitula sanctorum patruni, ut nemo Christianoi'um cum eis
manducat et bibat, vel quicquid comedi aut potari potest, a ludaeis accipiat. Auch die Un-
ruhen der .IJ. 1066 und 1096 trugen noch wesentlich religiöse Färbung, s. G. Trev. Cont. 1,
8 u. 17, MGSS, 8, 182 u. 190.
^) G. Trev. Cont. 4, MGSS. 24, 404, 1241; ludeorum yuoque pUu-imi exultare cepemnt,
Messiam suum venii'e putantes et liberationem suam eo anno instare ... et aliijuibus sus-
picantibus, quod aliquid mali deberent contra Christianos nioliri, niultorum favorem anii^enmt,
sed auctoritate potestatis imperatorie simt protecli. Schon die Urkunde MB. ÜB. 3, 543,
1235 giebt deu Eindnick (vgl. z. B. die Bestimmung: (fenestras) ludei fen'o sufticienter
munient), dafs die Sicherheit der -luden in Trier gefährdet war.
«1 CRM, 2, 212, 1265.
— 1457 — I)ie Landesverwaltung.]
in Koblenz im J. 1283^ zu hindern, der sich nach vier Jahren Kitiwalle in
Oberwesel (der h. Werner) und in Andernach anschlössen 2. Nach diesen
Skandalen folgte eine längere Zeit der Ruhe; jetzt hatte der Landesherr den
Judenschutz endgültig und ernstlich in die Hand genommen, während die Un-
ruhen der achtziger Jahre des 13. Jhs. eben die Übei^angszeit von Reichs-
zu Landesschutz bezeichnen. Allein mit den dreifsiger Jahren des 14. Jhs.
wurde der populäre Hafs gegen die immer gefährlicher aussaugenden Juden
so grofs, dafs auch der landesherrliche Schutz nicht mehr vor Gewaltthaten
zurückhielt. Im J. 1337 begannen, von verarmten Adligen ausgehend, die
Krawalle am Mittelrhein, in Boppard und Oberwesel, wie in Trier ^; damals
fingen Ausdrücke, wie pei*cussor ludeorum *, die slacht dim ^, an, völlig technisch
ausgeprägt zu werden. Dann erfolgte in der Mitte des Jhs. der Hauptschlag,
von welchem sich die Juden Jm Mittelalter nie wieder erholt haben. Die
nächste Folge war ihre Vertreibung sogar in Orten wie Trier und Koblenz®,
ob das Interesse der Fürsten gleich auf sofortige Wiederansiedlung hinauslief.
Seit den sechziger Jahren des 14. Jhs. treffen wir denn allerdings wieder
Juden in Koblenz® imd Trier®, sowie an kleineren Orten, wo sie sonst kaum
*) Zur Unterdrückimg s. Honth. Hist. 1, 819, 1283, Koblenz: si quis in mortem ludeorum
damnum et dispendiimi rerum et personarum eorundum conspiraverit, aut quovis ingenio vel
arte machinatus fuerit, et convictus de predictis . . per duos idoneos testes cives sive oppi-
danos Confluentinos fuerit: bona sua quecunque cedant doniino archiepiscopo extunc ipso
facto, et persona ipsius in eiusdem domini arbitrio et potestate. S. dazu oben S. 1343
Kote 7.
2) G. Trev. c. 196, 1287, De bono Wemero zu Ober^esel: die Juden aus Obenn-esel
vertrieben, tanttun illi, qui sc in castris et munitionibus nobilium recipere poterant, ab huius-
niodi plaga vix tuebantur. Fiu* Andemacli s. CRM. 2, 325, 1287.
') G. Trev. c. 257, 1337 : quidam depauperati nobiles sibi regem prefecerant, cui nomen
Armleider imposuerunt, qui magnis civitatibus expugnatis ludeos, quotquot invenire poterat,
crudeliter trueidavit. Zum Genauem s. Bd. 3, 168 Note 1: 454 Note 1; Dominicus
S. 403—405.
*) S. Bd. 3 Wortr. u. d. W.
'') Vgl. *Bald. Kesselst. S. 36, 1338 März 18., s. auch schon oben Note 1.
8) S. Bd. 3, 486, No. 28, 31, 1350; *Bald. Kesselst. S. 429, Beschwerdepunkte Erz-
bischof Balduins gegen Trier, 1351, § 12: Item han ir ingeseßen burger und burgers kint
uß Triere und wider darin imser Juden binnen Vorworten erslagen und ir gut genomen und
ir brieve genomen und verdiliget und darzft unser Juden huser und iren bischof geraubet
und zübrochen.
7) ♦Or. Koblenz St. A. 1350 Mai 22. erw. Dom. 532 Note 1 : Befehl Karls IV. an
Richter, Schöffen imd Bürger von Luxemburg, auf sichere Ansiedlung von Juden Bedacht
zu nehmen. S. dazu Arch. Clervaux 361, 1358: Jean vonme Steine, Jean et Fr^d^ric, ses
fils, Chevaliers, d^clarent que dame Lucart de Bassenhem leur a pr^t^ 130 florins, qu'elles a
empruntes pour eux chez des juifs ; ils la tiendront indemne de tout donunage. — In Wittlich
ist 1351 ein Jude, s. Töpfer 1, 266, 1351.
**) Judenhäuser werden vom Erzbischof verpachtet zu Koblenz 1366 Dez. 22, 1367
Mai 12; zu Trier 1369 Juni 3; alle dreimal an Juden; s. Goerz, Regg. der Erzb. za
den Daten.
«) S. Honth. Hist. 2, 227, 1362; Ferdinand S. 92, 1377: auch suUent die Juden, die
[EotwicWung der Landesgewalt- — 1468 —
eine Rolle gespielt hatten^; zugleich suchte man durch vermehrte Besetzung
mit Loniliiu-den die entstandene Lücke zu füllen'. Und gegen Schlufe des
14, Jhs. schien es sogar, als ob sich die Juden nochmals von dem ünglüeb
der dreifsiger und vierziger Jahre erholen würden; sie ziehen sich wieder in
die grofseu Städte^ und lösen in den kleinen Orten die Lombarden erfolgreich
ab*. Aber in diesem Aufschwung unterbricht sie eine neue Verstofsuug aus
Trier um das J. 1419": seitdem finden sie sich bis gegen Schlufs des Mittel-
alter nur noch als verhafste lUsse in einzelnen kleinen Orten des Mosellaudes*.
(u Triere wonent, uogelt zu Tnere geben, aJs andere linrgei' dAselbst Vgl. aucb Ferdinand
S. 40. Ein Haupijude zu Trier war in den nchtriger Jahren Mcnchin, s. Töpfer DB. 2, 36,
1380; Anh. Oervaiw 649, 1384; 569, 1368; Toepfer ÜB. 2, 75, 1389,
') S. Töpfer L'B. 1, 342, 1370; 503. 1378.
") HonCh. Uist 2, 276, IST6: Erabischof Knno erlaubt in einem sehr auEAhrlicben
Privileg vier Lombarden in Einern Hause zu Oberwesel den Aufenthalt auf 9 Jahre; und ein
weiteres Jahr zw GeBchUUabwicklnng. Sie werden vielfach eximiert, haben das Monopol
fllr Oberwesel und Umgegend, ihr Zins betrügt in festo beati Remigii et principio cuiuElibet
onni 90 fl. de Florencia ponderosos et legales vpI valnrem ennindem noraine annui ceums.
Sie erhielten schon einige Jahre vorher Privilegien, 5. Goerz, Regg. der Erzb. ziuii 27. und
2«. Dez. 1872. S, femer WBreisig, G. 2, 637, dessen Notizen auf diese Zeit zurflck-
gehen mögen.
") Töpfer ÜB. 2, 94, 1395.
*) Su in Oberwesel (s. Note 2) nach (-UM. 4, 44, 1410. Auch in Ahrweiler, w»
iiTBprilnglich ('Dipl. Prüm. Bl. 88'' f., 1314) nur Lomlardeii safseii, vgl. WAhrw-eiler 1395,
G. 2, 645.
'■) Am BchhiHse der Trierer Schöffenordnung Ton 1400 steht noch eine Verordnung
über die Eidstabung der Juden, Ber, der Ges. f. ntltzl. Foi-schgn. 1869—71 S. 39. Dann
erfolgt aber die Austreibung c. 1419, e. Honth. Hist. 2, 363 Nole a; vgl. Hemi. Körner
Chron. z. J. 1419: Enbibchof Otto confirmatus . . onrnes ludeos de sua provjncia expnltt,
magiä eorum exhorrens malitias . . ([uani ponderans lucruin vel coniniodum, qaod ex eis
habere potuihset. bona veio eorum confiseavit, restituens cuilibel 30 d. in inemoriam vendi-
tionis Christi pariter et vindictam. reddidit eliam pignora circa eos invenia ouinilms tlelii-
toribiis eorum, ijuae ipsi jiro mutuis a Cluistianis aceeperant, postiilans ab eisdeiri dehlioriluis
solani summam a ludaeis ipsis concessam. Trithem. Ann. Hirsaiig. z. ■!. 141£: Erzbischof
Otto veiireibt die Juden aus Trier, quoruni nullus Trevirim revereus est usifUC in presentem
diem. erant aulem eo tempore in civitale Trevironim alnmdantes ludei, propriam et clausam
baud procul a foro habcntes plateam, qiiae et hodie exstans nomen haltet ludeorum. Juden-
häuser werden verpachtet zu Trier 1422 (das Hospital), 1424 Aug. 29, 1418—1430, alle
dreimal an Christen, s. Goerz, Be^. der Erzh. z. d. JJ.
") Töpfer 2, 459, 1474: das Haus eines Juden zu Neuniagen geplündert. CUM. 5,
119, 1540; um! dieweil ^ich ein gemein zu Obermendig nit wenig beschwcit findet, daß
(unter dem fiilheren Vogt) ein Judde daselbst zu hauswonong gesetzt wurden und dadurch
allerlei boeßheit, mit namen versetzen und wucheren, entstanden, det^lelch auch so alleiiei
bubelfolks durch mißbrauch des vergleidens sich zu 0. niddergeschlagen und daselbst bis
noch enthalten hah, . . begeren sie . ., dan erstlich der Judde seiner wouong uß dem dorf
verwesen und hienfurters keiner mehr <lahin gesetzt, auch kein frembde tot^chleger nioerder
dieh und dergl. misdedigen über acht oder vierziehen tag ufs langst vergEeitet und siiiist
auch so wenig als möglich frembde, die nit hoebner seien, daselh^^t geduldet werden suülen.
Zu den weiteren Schicksalen der Juden vgl. Honth. Hist. 2. 608. I.'.IS; 621, l-i29; 762 und
763. 15.55; Scotli. Cliur-Trier 1, 642, 1663; G. Trcv. c, 301.
« — 1459 — I>ie Landesverwaltung.]
Ziehen wir nunmehr aus der Geschichte der Juden einen SchluXs zur
P'inanzgeschichte des Territoriums, so wird er dahin lauten müssen, dafs die
Juden mit ihren Kreditinstituten und Bankfinnen für dieselbe nur im 13. Jh.
und in der ersten Hälfte des 14. Jhs. in Betracht kommen konnten, bei ihrer
personalen Stellung zum Landesherm aber fast unausbleiblich in Betracht
kommen mufsten.
Wenn wir aber nunmehr mit dieser Direktive in die Geschichte der
Trierer Finanzverwaltung selbst eintreten S so scheint es sehr natürlich, zu-
nächst die Frage zu stellen, um welche Summen, welche Höhe des Jahres-
budgets es sich bei dieser Verwaltung gehandelt habe.
Angaben über die Einnahme- bezw. Ausgabehöhen von König und
höherem Adel sind uns aus dem früheren Mittelalter in ziemlicher Menge
erhalten. So hätte z. B. Kaiser Otto I. nach den Angaben der Ann.
Palid. S. 62 und des Ann. Saxo z. J. 968 täglich Naturalservitien im Werte
von etwa 30 Ib. zu verwenden gehabt; wenigstens nach den Ausführungen
von Waitz, Vfg. 8, 274, decken sich die Angaben in ungefähr dieser
Weise. Es wären dies c. 3 780000 Gr. Silber auf das Jahr oder nach
unserem Gelde unter Annahme heutiger Kaufkraft des Silbers 7560000 M.
gewesen^. Eine andere lehrreiche Angabe findet sich bei Adam von
Bremen 3,45; er berechnet den Ertrag einer Grafschaft auf c. 1000 Ib.
argenti, etwa 201600 Gr. Silber oder heutige 220000 M.». Hierzu ver-
gleiche man den Wert des Ruwerhundertschaftsamtes in der Trierer Gegend
während der ersten Hälfte des 13. Jhs. mit mindestens 465 Ib. Trierisch,
66960 Gr. Silber oder 77387 M., einer Summe, welche ein Einkommen von
7700 M. voraussetzt*. Eine der letzten und umfassendsten Nachrichten end-
lich über Einnahmehöhen im Mittelalter bringen die Kolmarer Annalen fllr
die zweite Hälfte des 13. Jhs., Böhmer, Fontes 2 S. XU; sie schätzen die
Einkünfte von Böhmen auf 100000 mr., von Sachsen auf 2000 mr.'^, der
Pfalz auf 5000 mr., von Bayern auf 15000 mr. Femer werden geschätzt
Mainz auf 7000 mr., Köln auf 50000 mr., Trier auf 3000 mr. Hier erhalten
wir also auch eine Angabe für Trier; sie würde auf 480000 M. unseres
Geldes hinauslaufen.
») S. u. a. auch Warnkönig 1, 284, 290; 3, 123.f.; v. Below S. 2o f.
'•^j Gfrörer, Gregor VII, 1, 547 berechnete aus den Angaben des Ann. Saxo zweifellos
zu hoch 9 300 000 fl. und schlägt zudem die Einnahme aus Geldrenten (im 10. Jh.!) ebenso
hoch an. Aufserdem übersieht er, dafs es sich in den Angaben niclit um die Einnahme^
sondern um die Ausgabe für die Hofhaltung handelt Die Stelle des Ann. Saxo z. J. 968
lautet: (Otto) Imperator singulis diebus habuit huiusmodi cibum, sicut scriptum invenitur:
1000 porcos et oves, 10 carr. vini, 10 ccrevisie, frumenti mir. 1000, boves 8, preter pidlos
et porcellos, pisces, ova, legumina aliaque quamplurima. Vgl. auch oben S. 808 Note 1.
») Vgl. Waitz, Vfg. 7, 32.
*) S. oben S. 202, wo die obige Grammsumme statt 6138 Gr. zu lesen ist
^') Wohl verdächtig, vgl. Lorenz, Deutsche Gesch. 1, 882 Note 3.
[Entwicklung der Landesgewall. — 1460 —
Seit dem 14, Jh. aber verslumiiieE Angaben ^Yie die eben zitJerten ; ei-st
im 18. Jh. treten an der Mosel wieder in allgemeinen historisclien Quellen
80 generelle Schätzungen mit dem Ansiii-uch auf Glaubwürdigkeit auf'. Das
hindert natürlich nicht, dafs auch in der Zwischenzeit allgemeine Angaben,
aber ohne gröfseren Anspruch wie den vager Schätzung vorkommen. Hierhin
gehört der bekannte Aussiinich Luthers, zum Leben eines wohlsituierten
Butlers oder Bauers gehöre eine Jahreseinnalmie von 40 gl,, zum Leben eines
wohlhabenden Rittei-s, Grafen, Fürsten, Königs das jedesmal Zehnfaclie der
Sunmte des nächstunteren Standes, so dafs also auf den König 400000 gl.
kommen.
Welcher Grund besteht nun dafür, dafs man in der zweiten Hälfte des
Mittelalters nicht leicht mehr so allgemeine Angaben wagte, wie sie im früheren
Mittelalter häufiger vorkommen V Ohne Zweifel hatte man mit dem Auf-
kommen immer strengerer Anfordenmgeu au die Budgetienmg allmählich das
Vage, unmittelbar rechnerisch kaum zu Verantwoilende solcher Au&telluugen
erkannt. In der That war es noch im 14. und 15, .Ih. eine volle Unmöglich-
keit. Ausgaben und Einnahmen eines Landeshaushaltes in dem uns geläufigen
genauen Sinne zu berechnen. Sehen wir auch ganz von dem Schwanken der
Naturaleinnahmen ab, welches damals noch einen \'iel gröfseren Einflul's auf
das Jahresbudget hatte, wie heutzutage^, so war es vor allem das Au-
weisungss>stem, welches eine ausreichende Budgetierung an der Zentralstelle
unmöglich machte*. Nach diesem System war einmal eine ganze Reihe per-
manenter Anweisungen erfolgt, d. h. eine gi-ofse, ja vielleicht hier und da die
Oberwiegende Masse aller Einnahmen war ein- für allemal für vorgesehene
Zwecke festgelegt und wurde zu diesem Zwecke, ohne rechnerische Spui-en an
der Zentralstelle zu hinterlassen, womöglich in wiederum in sich schwer über-
sichtliche Nebenrezepturen* abgeführt. Aufserdem aber kam es nach diesem
System zu massenhaften einmaligen direkten Zahlungsanweisungen an untere
Kassen, deren Kontrolle in der Zentralverwaltung wohl stattfinden konnte, aber
schwierig war. Und dieses Anweisungssystem holte in den Territorialver-
waltimgen keineswegs sogleich auf zu funktionieren ^ ; es schleppte sich noch
') Honfh. Hist 3, 211: unter Enbischof Franz üeoi-g (1729—17561 aiicti dotnoniales
reditiis ad 50000 imperial iiiiii et ampüus. servat prneterea imniensani vini vinoi-uin el aDOoiiao
finmentariae, ccrtum adversus inexspeetatani coiiitimnein pcniiriain rcmtHliuiii. lüenu stimmt
es, wenn Moser, Staatsrecht S. 206, die kurilirstliclii^n Kaiiimcreiiikünftt' als um 1721 gering
bezeichnet. Vgl. ferner G. Trev. c. 377, um 1777: .lahreit'innahmo der kurfürstlichen Kammer
320000 Thlr., Schulden derselben 150000 Thir., Landosschiildcn 1 MÜl. Thlr. Diese Ao-
gahen erscheinen durchaus glaubwürdig.
^) Das Schwanken der Einnahmen von Jabr zu .lahr läfsi sich gut bei rLuxeiniiurjt
S. 359 f. Tenc de Byedebourch et d'Eplemay verfolgen; ebenso S. 364 t. T.'itc de M,ii-.ille.
») S. dazu oben S. 834 f., 882, auch S. 300.
*) S. oben S. a37.
") S. z. B. Cart. Ciairefontaine 68, 1270, für Keuiicli und Grcvciim.ieher; Margarets
comitissa Lucebui^ensis et Henricus eius primogenitus i)raej)ositis villicis ac nniversis ofticiatis
suis de Bamur et de Macre et aliis qiubuslibet, ad qtios jiraeseiues liiterae penenerint,
— 1461 — Die Landesverwaltung.]
lange fort und ward nur sehr langsam durch ein rigoroses, nach Einnahme
wie Ausgabe in der Hauptkasse zentralisiertes Budgetsystem abgelöst. Aber
auch abgesehen von diesen technischen Schwierigkeiten: wie sollte in einer
Verwaltung, in der unendlich viele Einnahmen auf Spanndienst und Fronde,
auf festen Naturalzins und quotale Abgabe hinausliefen, denn alles und jedes
berechnet und gebucht werden? Auch hier trat allerdings mit der Hebung von
GeldsteueiTi, mit dem Aufkommen des Subsidiums in der zweiten Hälfte des
13. Jhs. ^ und der Zunahme der direkten Besteuerung besonders im 15. Jh.*
allmählich eine Änderung ein, allein vorläufig hatte man noch mit der alten
naturalwirtschaftlichen Einrichtung des Budgets zu rechnen. Und eben der
Gegensatz zwischen der genaueren Budgetierung, welche man anstrebte, und
dem nicht mehr genügenden System, welches man vorfand, mag zu einer ge-
wissen Zurückhaltung in der Angabe voller Einnahmehöhen geführt haben.
Hat man nun aber den früheren Angaben des 10. bis 13. Jhs. absolutes
^lifstrauen entgegen zu bringen?
Zur Prüfung kann man ein doppeltes Material verwenden. Einmal kann
man Einnahmen und Ausgaben von Unterverwaltungen heranziehen und aus
ihrer Höhe einen Schlufs auf die Gesamtlage des Landes zu machen suchen.
Am wenigsten würden hier die kleinen Hof budgets der landesherrlichen Grund-
lien'schaft zu verwenden sein, sie gehen zu sehr in der Naturalwirtschaft auf;
am brauchbarsten wären — aufser den zu spät erscheinenden Subsidien® —
die Budgets von Münzen und Zöllen für die Einnahme, die Budgets von
Ämtern und Burgmannschaften für die Ausgabe *. In der That steht hier auch
manch wertvolles Material zur Verfügung, so z. B. die Angabe, nach welcher
die kölnischen Münzeinkünfte im J. 1174 für 1000 mr. (c. 320000 M.), die
Zolleinkünfte für 600 mr. (c. 190000 M.) verpfändet wurden \ Allein sehen
gratiam suam et omne bonum. Mandamus vobis et firmiter iniiuigimus, quatenus omni im-
pedimentorum occasione cessante dilectis filiabus nostris in Christo abbatissae et conventui
(.'larifontis vel eorum certo mandataro viginti in Macre et in Ramur decem am. vini de meliori,
qiiod ibidem nos habere contigerit, deliberetis et deliberari faciatis quolibet anno, altero
mandato minime expectato, quousque vobis aliud dederimus in mandatis. Cod. Salm 275, 1894 :
10 gl. Reute angewiesen in Nuzichen Wahlen Gebenhusen und Noswilre uf die schaffe, die
de gefallent, zu wissen uf die scheffe die zu sant Remeis dage gefallent, fünf alte gl., und uf
die scheffe, die zu osteren gefallent, ouch fünf gl. und obe die vorgenanten dörferen so
crank wurden, dovor got si, dafs der vorgenante Collin oder sine libserben der egenanten
zehen gl. geltz nit jores bezalt möchten werden an den scheffen vorgeschrieben, so bewisen
ich in zehen gl. geltz uf allez min ander gut zu Putelingen und sine zugehörde.
J) S. oben S. 1283 f , vgl. S. 1274.
'^) S. oben S. 1334 ff.
=») Bd. 3 No. 292, 1339.
*) S. Bd. 2, 580, 531, 537, 539; Bd. 3, 161, lo, 1336—1345.
^) S. Bd. 2, 350. Vgl. femer oben S. 964 Note 2; auch Bd. 3, 421, so, 1386: der
Moselzoll in Koblenz wird auf 200 Ib. hl. = 88000 M. Einnahme gerechnet; ist so hoch
verpachtet a. a. Ö. S. 426. i, 1338.
^^m
[Entwii'kliiug der Luniiesgenalt. — - 1462 —
wir ganz liavoL ali, dals das vorliegende Mnterial für unser Vorhal)en viel zu
lackenhaft ist und viel zu spät einsetzt, so steht doch auch hier das Bedenken
entgegen, dafs die Aiisgabeseite bei den vielen nicht berechneten Dienst-
leistungen der Untertbanen an Boainle und Söldner überhaupt nicht in Betracht
kommen kann, dafs aber auf der Einnahmeseite die vollen Revenuen von
Zoll, Münze u. a. m. in den meisten Fttllen deshalb an der Zentralstelle und
in den au diese gestallten Rechnungen nicht übersehen werden, weil von ihnen
pennanente wie bisweilen sogar einmalige Anweisungen vorher abgezogen er-
scheinen'. So fällt denn das Material aus dem Budget der Untenerwaltuuyen
für unsere Prüfung aus.
Aber es lileil)t noch ein weiteres Material: direkte urkundliche An-
gaben über die Höhe gewisser Au^aben oder Einnahmen, welche mit den
Territorialfinanzen irgend welchen Vergleich zulassen, Hierhiu gehört zu-
nächst die Angabe der G. Godefr. Trev, c. 2 vom J. 1124, wonach dem
Könige als Preis für Erlangung des Erzstiftes Trier 1100 mr., etwa 420000 M.,
geboten werden^: unter tleui Eindruck einiger bald anzuführender Thal-
sachen wird man annehmen dilrfen, dafs dieser Kaufpreis die Schätzung
einer Jahresrevenüe nicht eben v\e[ überstiegen haben wird. Femer ist in
diesen Zusammenhang eine sehr lehrreiche Urkunde vom ,1. 1096, MR. ÜB.
1 , 394 , zu ziehen , nach welcher Graf WUhehii von 300 Hufen als jährliche
Einkünfte 200 nir., etwa 30000 M. heutzutage, entrichtete. Diese Summe
wird nach dem sonstigen Inhalt der Urkunde ganz den wirkliciien Einkünften
entsprochen haben. Nim hatte das Erzstift Trier im Beginn des 13. Jhs.
etwa 620 Hufen im Eigengenufs*, die direkten Einkünfte aus grundheirlicheu
Hufen mögen mithin im 12, .Th, etwa 60000 M. betrugen haben. Hierzu
stimmen einige spatere Angaben. Im J. 1242, MB. ÜB. 3,755. wird das Castnini
Saarburg mit Ausnahme des Hofes Bilzingen für 1000 Ib. Trierisch (160000 M.)
auf Bückkauf veriifilndet; die Einnahme wird demgemiifs auf 1001b. (16000 M.)
geschätzt*. Saarburg aber war ein Hauptplatz der Trierer GnaniiJieri'scbaft.
Koch bedeutsamer ist die Nachricht, wonach 8 Höfe der Trierer landesherr-
'I Vg] 7 B für die Münze Bd 2 374
) \gl hierzu \en\andie Allgaben über ändert geisllidie bttUen liei ^^ iitz ^fg 8 40ö I
^1 S Ol en S 703
') Agl zu diesLii Angibcii oben •> 1263 \m 3 und MR IB 3 K-58 1-M6 der
Graf Fnedrich loii Hothstiden schenkt seine Gnifschilt Hocli-t iili n und die Buiprn Alten
ahr Hart und Hochstaden an Köln pegen eint, Icilirente (on fO mi kolmsrli |1500n "M ]
Es Bind (las aber nicht du einzigen Einkünfte des Oralm I ic l B 2 416 125? Lrz
biachof Konrad von I\oIn uberncisl seine sämtlichen Bcsit/iingen 7ii Kinns dem Piiedu h
von Schoninliurg welelier die Befnedigung der alingen diinuf ingenie-ciien 1 oidonuii.) n
übernommen für 5*!0 mr in Pfandnutznnj; sie Ingen etwi -jö mr jiIhIkIi i 7W0 M Lu
ÜB 2, 952 1295 Konig Adolf lietiehit den VorsUnJen und Bürgern ^on '«iiuig dem Fddbemi
Gerhard von lulicli welchem ei ihre Stadt flir lOOfi mr vei-pfundet, zu Kchoi-siiiien unl 1.
Btätigt ihre Piivilegien Ls sind diu 140000 M Fim weitoigebfndi \eiptimlimg I ic
ÜB 2 1042 1300
— 1463 — IWe Landes verwaltimg-l
liehen Grundherrschaft im J. 1323 3136 Ib. Trierisch, c. 10500 M. unsei-es
Geldes, trugen ^ Nun hatte die Trierer Grundherrschaft des 13. bis 14. Jhs.
mindestens den siebenfachen Umfang des Besitzes der genannten 8 Höfe*,
die Gesamteinnahmen wären also für diese Zeit auf mindestens 73 500 M. zu
veranschlagen.
Vergleicht man diese Nachrichten mit der Angabe der Kolmarer Annalen,
wonach die Trierer Einkünfte in der zweiten Hälfte des 13. Jhs. auf
480 000 M. geschätzt \Mirden, so zeigt sich kein Giimd zum Mifstrauen gegen
dieselbe. Die Einnahmen würden vom Beginn des 12. Jhs. bis über Mitte
des 13. Jhs. von 420000 auf 480000 M. gestiegen sein, die grundherrschaft-
lichen Revenuen würden in dieser Periode und noch über dieselbe hinaus
etwa V'6 bis Vi der Gesamteinnahmen ausgemacht haben ^.
Übenaschen könnte höchstens das geringe Steigen der Einnahmen im
Laufe von vier bis fünf Generationen. Allein eben hier bietet die sonst be-
kannte Geschichte des Erzstiftes die vollste Erkläinmg; gerade seit etwa Mitte
des 12. .Ths. beginnen, von nun ab ohne Unterbrechung, detaillierte Nach-
richten l\ber den Stand des erzbischöflichen Vermögens, welche diese Er-
scheinung aufklären. Diese Nachrichten sind aber, wie sich bald zeigen wird,
für uns überhaupt von viel giöfserem Interesse, als die direkten Angaben über
die Höhe der Einnahmen; sie müssen daher auch noch über das 13. Jh.
hinaus genauer verfolgt werden.
Um die Mitte des 12. Jhs. finden wir die finanziellen Verhältnisse des
Erzstiftes ziemlich zeiTlUtet; um das J. 1160 wird in Trier zur ersten Ver-
pfändung geschritten, von welcher wir urkundlich wissen*. Da folgt mit Erz-
bischof Arnold (1167—1183) ein guter) Wirt; er leiht im J. 1182 80000 M.
an Köln*, erübrigt jedes Jahr durchschnittlich 50000 M. für Klöster und hat
aufserdem einen Schatz hinterlassen. Doch war diese Fürsorge für den Nach-
folger infolge der Ausübung des Spolienrechts illusorisch ®. Erzbischof Johann
(1190 — 1212) mufste also nach einem siebenjährigen Schisma ökonomisch
wieder von vom beginnen ', wobei es ohne Veri)fUndungen nicht abging ®. Doch
1) S. Bd. 2, 180.
«) S. Bd. 2, 178 f.
^) Vgl. zu der Geringfügigkeit dieses Bruchteils auch oben S. 1460 Note 1.
*) MR. ÜB. 1, 657, c. 1160. Pfandnehmer ist schliefslich das Kloster Himmerode.
•*) MR. ÜB. 2, 5.5, 1182: Erzbischof Arnold von Trier leiht an Philipp von Köln
232 nir. kölnisch gegen Verpfändung der kölnischen Ciu iae Rhens Senheim Rachtig Zeltingen.
6) G. Trev. C'ont. 3, 5, MGSS. 24, 383: Erzbischof Arnold stirbt 1183: post cuius
decessum purum vel nichil de omnibus divitiis suis, quas in urbe vel castellis reliquerat, ad
effectum suae ordinationis processit, preter hoc solum, quod industria prefatorum abbatiun
illa rata mansemnt, quae aecclesiis ad elemosinam concessit [es waren c. 2000 mr., nach
unserem Gelde 750 000 M.]. siquidem Wemerus de Bonlanden cimi aliis nuntiis imperatoris
omnia ubique invaserunt et copiosas eins divitias in potestatem imperatoris redegerunt.
^) S. MR. ÜB. 2, 103, 1190.
**) MR. ÜB. 2, 155, 1191 — 1196: Johannes . . Trevirorum archiepiscopus notum esse
vuhmius . ., quod nos dilecto nostro Wemhero de Bolanden curiam nostram in Partenheim
[Hiitwicilung der Landesgewait. — 14ö4 —
brachte er es schliefslich zu zieniliL-h erträglichen ZustÄnden, namentlich wohl
durch Nachniltnzimg der Köluer Denare in Koblenz', in einem bei der damaligen
Bedeutung des Kölner Geldes" sehr lukrativen Geschäft; er ersparte jährlich
etwa 10000 M. und hinterliefs einen Schatz von 224000 M.^. Von seinem
Nachfolger Dietrich (1212—1242) wissen wir in finanzieller Beziehung nur
wenig, auch sein Testament* emiöglicht keine Übersieht. Unter Arnold
(1242 — 1259) scheint dann noch Im wesentlichen der alte Zustand des
12. Jhs. Yiestanden zu haben; zwar kauft dieser Erzbischof Höfe für 140 000 M.
auf Rückkauf*, aber er vei-pfilndet auch wieder Saarburg für 160000 M.=.
Mit Heinrich (1260 — 1286) dagegen besannt der nachhaltige Aufschwung der
erzstiftischen Finanzen; er wie sein Nachfolger Boeiiiund (1286—1299) ge1)en
jährlich etwa 100 000 M., im ganzen über 4 000000 M. zur Abnindung des Terri-
toriimis aus'. Nun hinterliefs allerdings Heinrich ftlr 5000000 M. Schulden*,
dieselben müssen aber schon unter Boemund wieder abgetragen worden sein,
da dieser Erzbischof ganz bedeutende Summen für Luxusausgaben , z. B.
30000 M. für den Kirchenschniuck seiner Kapelle zur Vei-fllgung hat". Auf
diese schöne Zeit folgte im Beginn des 14. Jhs., unter Diether (1300 — 1307), zu-
nächst ein Intenuezzo schlechter, wohl namentlich auf Kosten stJUidiscber Sub-
fiidien geführter Verwaltung '" ; dann bestieg der grofse Erzbischot Balduin, rän
per manue donmi nostri H. gloriosiseinii Rommiorum imperatoris pro 100 nir. Coloniensinm
12 s. pro mr. compiiUtis obligaviraus hoc pacto inten'enieote, ut in le^to purificationis sancte
Marie hob vel successoreB nostri eam redimamus; quod si tunc redempta non üierit, predictns
W. fhirtus eiiisdeui cm-ie usqua nd sequeotis fesiutn purificationis percipiat et sie de anno
ad Hnnnm feetiun purificationiB ad buius pecunie solutionem expecletur.
') t<. Bd. 2, 419 f.
-) S. oben S, 1461.
^) S. Bd. 2, -576 g. unter c. 1200.
•) S. oben S. 639 Note 6.
'■) MB. ÜB. 3, 1287, 1255, cit. oben S. 847 Note 3. auf S. S48.
•^J S. oben IS. 1462; die Verpfändung ge&chali wohl lur Waldkosten.
') S. oben S. 128-5.
») G. Trev. c, 178, 1272: der Erwablte Heinrich von Trier hat an SMatlieis 1000 Ib.
zu zahlen. Saeh einer andern Angabe bei Wyttenb. u. Jluiier 2 S. 101 Xole a (und Brower)
machte Heinrieh für 83000 mr. Schulden, mr. iiualibet pendente 12 s. 4 steriingos; nach
G. Trev. c. 184 sind es gar S4000 mr., nach G. Trev. c. 189 dagegen 33000 mr. sterlingo-
rum, 12 s. et 4 sterlingis pro marcha qualibet conipuiatis. Es waren das nach unsenn Gelde
gerechnet ca. 5000000 M.
'') 3000 Ib., vgl. G. Trev. c. 201.
■") S. Dorainicus S. 30. K. Heinrich VII. sagt, CRM. 3, 41, 1310, von seinem Bruder
Balduin: castra munitiones el redditua archiepiscopatus (Treverensis) reperier)it per suos
predeeessores . . obligata et alienata eierumque principalem sue diocesis silii subiectuni , ,
depauperatum. Vgl. ferner G. Trev. c. 219 : Erzbiscbof Diether statini ecciesie sue terras
plurimas et redditns pignorali cautione el litterali obligatione constangils gravibns damnisque
datas impignoratasqiie permaxima debila eontraxit, de <|iubus paruni dicitur persolvisse.
Trithem. Chron. Sponheim. z. J. 1305, Erzbi seh of Diel her gegen Koblenz; pro hac vittoria
incre<li1)iles pecunias exposuit; nnde pene omties ecdesie rcditus et provenlits oldigavit et
— 1465 — I^ie Landesverwaltung.]
Binder Kaiser Heinrichs VII., den erzbischöflichen Stuhl, 1307 — 1354. Der
erwerdige erzebischof Baldewinus zu Trire, sagt die Limburger Chronik in
c. 32 von ihm , der was ein klein man unde det doch groß werk . . . auch
mach ich denselben Baldewinum glichen als konig T)a\id sprichet in dem
seiter: »tibi derelictus est pauper, ori)hano tu eris adiutor.« daz lut also:
^(lir ist bevolen der arme man, den elenden unde weisen saltu zu hilfe stan.«
Balduins finanzielle Anfänge waren nun keineswegs rosig*; mn die schlechte
Wirtschaft seines Vorgängers wett zu machen, hatte er grofse Summen auf-
zunehmen, nicht minder, um eine kräftige Reichsi)olitik zu treiben: im J. 1316
schuldete ihm das Reich 3150000 M.^. Trotz alledem konnte der Chronist
als Facit seiner Regierung den Satz notieren: ,ecclesiae suae redditus ultra
quam invenit fere duplicavit^. Und wir haben für die Glaubwürdigkeit dieses
Satzes genügende urkundliche Anzeichen zur Hand. Im J. 1339 dominica 4*
aprilis erscheinen im Liber expensaiiim domini, also im Ausgabebuch des erz-
bischöflichen Hofhaltes, vemmtlich für ein Jahr, vielleicht für einen noch ge-
ringeren Zeitraum an Ausgaben 2095 Ib. 8 s. 7 d. Treverenses * 2 hl., etwa
123000 M., verrechnet*. Während desselben Jahres, im März, kauft Balduin
in Frankfurt für etwa 36000 M. Kristallperlen, Pelze, Henneline u. a. m.*^.
Wo derartige Ausgaben möglich sind, mufs das Gesamtbudget weit über die
480000 M. aus der zweiten Hälfte des 13. Jhs. hinausgegangen sein. Wenn
ich es auf mindestens 1 200 000 M. ansetze, so leitet mich dabei folgende Er-
wägimg. Nach dem lehrreichen Schriftstücke des Bds. 8 Xo. 291, aus den
JJ. 1336 — 1341, betrugen in diesen Jahren an der erzstiftischen Hauptkasse
durchschnittlich :
odium in se tarn clericonim quam laicorum et maximc nobilium provinciae Trevirensis conci-
tavit. S. forner a. a. 0. z. J. 1307: clorus ecclesie Trevirensis Diethenim . . propter dila-
pidationem renini ac proventuum ecclesie et alia diversa contra equitatem Komam citari . .
fecerunt — da stirbt der EIrzbischof.
') Vgl. zu den Summen, welche Balduin im Beginn seiner erzbischöflicben Thätigkcit
aufnabm, Dominicus S. 52—53. Über die Finanzen Balduins vgl. weiter Dominicus S. 77, 78
Xo. 1, 100 No. 3, 125 No. 4, 137 No. 2, 141 No., 152—3, 156-157, vgl. 160 No. 1, 161,
1>^6— 87, 194, 198, 247 No. 1, 273 No. 4, 454 No. 2, 470 No. 5, 491, 496, 500, 523, 539
No. 2, 541, 579 No. 2 unten, 595.
2) Dominicus S. 153 — 154: Balduin empfängt von König Ludwig bei der Wahl
im ganzen 8000 mr. bar und 26000 mr. in Pfandschaften. Im J. 1316 schuldet Ludwig
an Balduin 58300 Ib. (*ürk. von 1316 Koblenz St. A., Dominicus S. 158—159.)
8) G. Trev. c. 235. Vgl. auch noch Bd. 3, 428 Note 4; imd Bald. Bilder BL 6
(12 Bild), Inner zu S. 28: currus cum auro et argcnto domini Trevirensis in via transalpina,
[Römoi-zug], de quo pluries subvenit regi Romanorum. Es ist ein Karren mit doppeltem Vor-
spann und Begleitmannschaft.
*) Bd. 3, 426, 8, 1339.
-) Bd. 3, 426, 11, 1339.
Laniprecbt, Deatsch<>s Wirtschaftsleben. I. 93
[Entwickliiug der LaDileigewiilt. — 14Ö6 —
die Kiissenrestbestände bei Anfang des Etat^nhres 18520 !b. lil. = ca. 815000 31. unsere? Geldes:
die Nachträge ziir votbergeh enden Rechnung,
vom Kassenrestlwstand abiiuzieben, lun das
wahre Kredit zu ermessen 14880 II). hl. = ca. 665 000 M. „ „
diu verlorenen Posten 677 Ib. hl. = ca. 30000 M. , ,
Mithin betrug des EriEbiscbots wirkliches Kredit durchschnittlich ca. 120000 U. unseres Geldec
In einem Budget, wo die Hofhattuug etwa 120 000 M. kostet tuid sich
durchschnittlich am Schlufs des Jahi-es ein Restliestand von etwa 810000 Sr.
ju der Kasse befindet, miifa der Aufwand für das Land doch mindestens
200 000 M. betrafen haben: so eniäbe sich eine Einnahme von mindestens
1 200 000 M. GleicliWüliI würde nach unseren BudgetieranjjsgrundsiStzen ein
Kassenrestbestand von 810000 M. auf ein Budget von im ganzen 1 200000 M.
als ungeheuerlich erscheinen. Hier ist aber zum Veretändnis die Erscheinung
heranzuziehen, dafs in den fünf Jahren 1336— 1S41 der Kassenrestbestand
zwischen einem ^Maximum von 29823 Ib. 3 s. hl. und einem Minimum von
9833 Ib. 13 s. 1 hl, schwankte'. Die Einnahmen waren also höchst ungleirh-
mäfsig; der Überschul's über die absoluten Bedürfnisse kannte fast bis auf das
Dreifache seiner geduzten Höhe steigen. Bei solchen Schwankungen war
offenbar die heutige Art der Budgetieruag — genaue in Einnahme und Ausgabe
balancierende Voranschläge — nicht durchzuführen; man verfuhr vielmehr in
ganz anderer Weise. Von den Einnahmen brauchte man im Laufe des Jahres, in
welchem sie erfielen, nur das für die unabweislichen Verwendungen Not-
wendige; alles übrige sammelte man als Restliestand au und disponierte dar-
über erst im Budget des folgenden Jahres. Auf diese Weise war es möglich,
auch ohne unser System der Voranschlflge bei gewaltsamen Schwankungen der
Einnahmen eine gesunde Finanziiolitik zu treiben.
Indes halten wir diesen für die ganze Finauzgebarung entscheidenden
Punkt, welcher hier schon erörtert werden umfste, nunmetir liis zur Dar-
stellung der Finanzverwaltung selbst in petto und kehren wir zur Geschiebte
der Finanzen zurück.
Nai'h Balduins Tod dauerten die günstigen A'erhiUtnisse etwa noch eine
Generation an; der letzte finanziell glückliche Erzbischof war Kuno (1362 —
1388), er erübrigte durchschnittlich auf das Jahi- fast 200 000 M. und mehrte
so den Schatz um 3000000 M.\ Allein schon unter Werner (1388—1418)
') Kd. 3, 419.
) (. T 26 IJM»* El 1 fK I t It 1 l-rztft Er^b Mhon\ i
ta lunta at t lu q d n lOOOOO fl a t n It ai ilus epert n t 1
statu JU 1 m nu Cuno n ti luptaaonna t|laDn I
w I b n g aran It 1 I alt 1 1 uno d lir no h o » I u I u\o
Böen i g tlan I tie T tl th o S| I n I la 8 Frzl 1 f K n I t 1 I
saunm ng nten I ai qu d 1 t b olutam t on n l t all p
p 0 in \lso no h uu 14 11 de olle S hat/p xs Shtzsian n fiuh □ 1
— 1467 — IHe Landesvenv-altung.]
änderten sich die Dinge: exitus eins ferme pauper, auro consumpto, promp-
tuariis vacuis^ Und so blieb es unter den drei folgenden Erzbischöfen Otto
(1418-1430)2, Ulrich (1430—1436)8 und Raban (1430-1439), wenn auch
unter Otto, besonders wohl infolge erhöhter ständischer Subsidien, eine geringe
Besserung eintrat*: namentlich Raban verschuldete das Erzstift von neuem
mit etwa 11000000 M.*. Nach ihm suchte ein sparsamer und haushälteri-
scher Erzbischof, Jakob (1439— 1456), wenigstens durchzukommen" — aber nyt
welchen Mitteln! Thelonium Bopardiense . . impignoravit et cetera officia in
diocesi etiam nobilibus pro pecunia tradidit; de suis incolis nemini coufidit;
forensibus a quacimque patria venientibus servitia secreta commisit'. So
brachte es Jakob dahin, das Erzstift ziemlich schuldenfrei (mit 80000 M.
Schulden)® an Johann (1456—1503) zu hinterlassen. Johann aber mufste
gleich anfangs 1 300 000 M. für Konfirmation und Pallium aufiiehmen ^, suchte
bischöfen namentlich Arnold (1169— 1188X s. G. Trev. Cont. 3, 5, MGSS. 24, 383, cit. oben
S. 847 Note 3; ferner Johann 1190-1212, MR. ÜB. 2, 297, 224000 M.
») G. Trev. c. 270.
2) S. G. Trev. c. 273, über Erzbisdiof Otto (1418—1430): hie dimisit archiepiscopatiun
in Omnibus refertum et opulentiim et coqiünas bene proWsas in castris et villis quasi omni-
bu8. S. dazu auch oben S. 1355 Note 2.
^) G. Trev. c. 275: Ulrich von Manderscheid omnia . . mobilia diocesis consumsit,
et immobilia multa impignora\it alienis.
*) S. oben Note 2. Um ca. 1400 macht unum consuetimi subsidium cleri ofticialatus
Confluentini 1150 fl. et 5 gr., 40000 M.; vgl. Honth. Hist. 2, 325.
'') G. Trev. c. 275. Die unter Ral)an (1430—1439) gemachten Schulden des Erzstifts
bolicfen sich auf 400000 fl., Raban resignierte endlich für 100000 fl. Im einzelnen vgl. Trith.
Chron. Sponheim. z. J. 1480: Ersbischof Rhaban verpfltodet an den Grafen von Vimeburg
erzstiftische Güter für 45000 fl.; als Erzbischof Jakob von Sirk einzieht (Trith. Chron. Sponh.
z. J. 1439), ecclesiam Trevirensem omnino depauperatam et ouuiia castra ojipida telonia ac
census impignorata promptuariaque onmia vacua reperit et nihilominus 60000 fl. . . exsolvere
coactus fuit. S. auch Prower ann. msc, W}'ttenb. u. Müller 2 S. 325 Note d, 1439: Erz-
bischof Raban telonium urbis Treverensis vectigal mensure et ponderum civitati Treverensi
oppignorat; deniquc acceptis a siunmo capitulo 60000 aureorum resignat episcopatui Treve-
rensi; immo totidem aiu-ei putantur soluti eins coadiutori. Dazu stimmt G. Trev. c. 276.
Es sind im ganzen fast 3000000 M. unseres Geldes. S. auch noch Töpfer ÜB. 2, 248, 1430;
319, 1445.
^) G. Trev. c. 277: licet ecclesia Trevirensis debitonun oneribus nimium fuerit gi*a-
vata, ipso tarnen archiepiscopus, ut erat magni consilii et providentiae, patriam tranquille
rexit tutando subditos spirituales et saeculares pro posse, nee dedignabatur ea de causa sol-
datis et satellitibus grandem exponere pecuniam.
*') S. zu diesem Citat schon oben S. 1346 Note 6. Vgl. femer für die Finanzmisere
unter .Jacob Wyttenbach und Müller 2, S. 327 Note 6, 1444: Erzbischof Jakob verpfändet
um 900 gute schwere Rhein, fl. , ca. 21 600 M. unseres Geldes, Burg Baldenau, da wir zur
zit so vil gelt nit enhain, lun die Schuld abzutragen.
») Peter Maior De iur. et privil. Trev. (Wyttenb. u. Müller 2, S. 336 Note a): 1456
1 Mai ist Erzbischof .Takob schuldig gewest aller schuld an pantschaften, versatzten schlössen
ampten und sust 2425 fl,, davon noch ufzeichnongen vorhanden.
») P. Maier De iur. et privil. eccl. Trev. O^yttenb. u. Müller 2, S. 888 Notec): pro
pallio et confinnatione sua 41000 fl. in aiu^.
93*
{Elitwicklung <ier Liunlesgewalt. — 1468 —
dann freilich durch mannigfache ROckkätife Finanzen und Verwaltung zu liebeu ',
brachte es aber schliefslich doch zu keinem günstigen Abschlufs^.
>tit welcher Sehnsucht mögen die guten Kurfürsten des 15. Jhs, auf die
Zeiten Baldnins, Boeitiuiids II. und auch noch Kunos IT. zurückpeschaut halten.
Itamals litühende Finanzen, eine vorwftrts schreitende Landesverwaltung', volle
Hurchführung des absoluten BeamtenbegritTs als sicherster Handhalie fßr die
Entwicklung absoluten Fllrstentunis — jetzt Schulden über Schulden, adniiai-
strative Versumpfung, vielfach lebenslänglich vergebene oder verpfändete
Ämter und rascher Aufschwung der stündischcn Rechte. Aber die Zeiten vou
Baldnin bis zu Kuno II., diese glückliehen ersten Dreiviertel des 14, Jhs.,
waren schon eingeleitet worden durch das rasche Euiporblühen der Tenitorial-
finanzen unter den Erzbischöfen Heinrich und Boemund , seit spätestens deu
sechziger Jahren des 13. Jhs. Bis dahin ein seit Beginn des 12. Jhs. fast
stabiles Budget, kein fest umgrenztes Territorialgebilde, geringe weltliche
Aktionsfreiheit der Bischöfe — seitdem rapide wachsende Einnahmen, Ali-
Bclilufs des Territoriums, und eine glückliche Entwicklung der Landesherr-
licbkeit.
Welches waren die finanziell bewegenden Gillnde dieses Aufschwungs und
der späteren Katastrophe?
Einen Anlals zu ganz anderer Finanzgebarung der Erzbischöfe Boemund
(laSfi— 1299) und vielleicht schon Arnold (1242—1259) als bisher kennen wir
schon ; das Aufkommen stÄndiseher Subsidien. Diese Suhsidien l>etrugen im
J. 1339 allein für das Oberstift 220000 M.; sie werden auch sonst niclit
gering gewesen sein.
Aber hierzu tritt noch ein zweites nicht minder wichtiges Jlonienf : die
Benutzung des Kredits, welchen die beginnende territoriale Festigung gewährte,
speziell bei den Juden, oder anders ausgedrückt die Ausnutzung der neu er-
worbenen landesherrlichen Schutzstelhmg zu den .ludengemeinden gegenüber
henoiragenden jüdischen Kaufleuten. Nur aus dem Wegfall dieses Einflusses
seit der jüdischen Katastrophe in der AFitte des 14. Jhs. lässt sich der idötz-
liche Umschwung in der Finanzlage der Erzbischöfe wühreud der zweiten
Hälfte des 14, Jhs. erklären.
Noch gegen Ende des 12. Jhs. sehen wir die Erzbischiife ausschliel'slich
den Kredit Keistlicher Institute in Ansprach nehmen ^ ; höchstens dafs neben
■> G. Trev. 280 r Johann von Bwlen kauft Pfanilscliafteii im Wert von 46000 fl. aaivi
zurück.
-) Tritiiem. Ann. Ilirsaug. z. .1. 1503: Erzbiscliof ■loliann von Baden vcliquit eccie&iam
satis teniieni et aere non pariim gravatflni nlieno, ciiins inopiac causam nonnulli tri|i!iceni ns-
signanmt:i) ilen Kriep mit Hoppard, kostete mehr als 100000 fl,;2) die niiiiia in alicnns de-
mentia lies Erzbischofs;s) die Alchimisten, fllr welche der Knilii^ohof mehr als 30000 fl. aus-
gegeben haben soll ; er selbst iiehauptetc freilich nur 500 fl. aurci.
=) S. obenS. 14&JMotc4, vgl. auch S. H63Xote 5, und fenier.MH.UB. 2, 103,1100: der
EnFühlte Johann von Trier verpiandot, in pecunia preparata minus siifticienter halnindanteg
— 1469 — I^ie Landes Verwaltung.]
ihm hier und da noch der Kredit des Laienadels in Frage kommen mochte'.
Wie sehr änderte sich diese Auffassung im Laufe von zwei Generationen.
Erzbischof Heinrich (1260—1286) belegt nur einen geringen Teil der aufser-
ordentlichen von ihm aufgenommenen Summen bei der Geistlichkeit^. Da-
gegen finden wir dann Geistlichkeit und Städte wieder seit etwa 1430 aus-
giebig ausgenutzt^. Wie half man sich in der Zwischenzeit?
Von P>zbischof Heinrich erzählen die G. Trev. c. 184: maxime a ludeis
sub sua defensione constitutis, quos ipse specialiter protexit, thesaurum infini-
tum extorsit*. Und dafs dieses System mindestens bis zum Schlüsse der Re-
gierung Balduins (1354) fortgesetzt wurde, beweist die ganze sofort zu er-
örternde Finanzgeschichte dieser Zeit Allein bald begnügte man sich nicht
mit der einfachen Ausbeutimg der Juden; man fügte das Ausbeutungssystem
selbst der Finanzverwaltung völlig ein. Um die Möglichkeit einer derartigen
Mafsnahme zu begreifen, bedarf es einer kurzen Übersicht der Finanzverwal-
tung bis zum 13. Jh.
In karolingischer Zeit wären am Hofe finanziell namentlich der Kämmerer
und der Seneschalk thätig gewesen, unter jenem stand die Verwaltung des
Schatzes und der Pfalzen, unter diesem die Sorge für die Verpflegung des
Hofes **. Dies System wurde nun in der ersten Hälfte des Mittelalters beibe-
halten, nur dafs in unsem Gegenden an die Stelle des Titels Seneschalk die
Bezeichnung Küchenmeister trat*.
Der Kämmerer gab es nimmehr an jedem grofsen Hofe meist mehrere ^ ;
wo nur einer vorhanden war, unterstand ihm wenigstens eine Anzahl von
Unterbeamten (ministri, garciones)®. Im Trierschen fiel dem Kämmerer die
Verwaltung des Schatzes^ und damit auch mit gewisser Vorliebe die Ein-
nalune von Geldzinsen zu^®; femer überwachte er die grundherrschaftliche
Verwaltung, vornehmlich soweit es sich in ihr um handwerkliche Fragen ftlr
i't curtes episcopatus avido fenori dampnose exponerc formidantcs, dem Domkapitel goldene
Kunstwerke.
^) Auf den Gedanken dieser Möglichkeit bringt z. B. das im URheingrafen enthaltene
Veraeichnis der Verpflichtungen und Ausstande des Grafen. Die Ausstände des Grafen lassen
sich nicht genau überscheu, die Verpflichtungen betragen in 22 Posten 508 Vi mr, und 20 ib.
= ca. 200000 M. unseres Geldes; die Posten variieren zwischen 6 nir. und 55 mr.
*-*) S. oben S. 1464 Note 8.
«) S. oben S. 1467 Note 5.
*) S. oben S. 1335 Note 1.
'^) S. oben S. 803.
«) S. MR. ÜB. 2, 297, c. 1200.
^) S. Lambert z. J. 1063, MGS8. 5, 163; und z. J. 1(}76, a. a. 0. 247, se.
«) Nach dem Testament des Erzbischofe Johann (f 1212), MR. ÜB. 2, 297, hat der
Trierer Kämmerer 2 garciones, der Cocus 3 garciones unter sich. S. femer Testam. Bnmonis,
Ennen, Qu. 1, 466, 13, 965.
«) G. Trev. Cont. 1, 6, MGSS. 8, 180, c. 1140: der Erzbischof accito mox ad se cubi-
culario suo iussit exhiberi sibi festinato thesauri non modicam quantitatem.
»<>) Ennen, Qu. 2, 292, 290, 1249.
^w
tEatwidUuiig ilür Laniipsgewalt. — 1 470 —
Bauten, Heeresausrüstung u. dgl. handelte'. Wohl imter dem Kämmerer stand
endlich auch die Hauptrezeptur der Trierer GmndlieiTschaft im Triei^er Palast, iler
alten, ans Röinerbauten zupauimenfresetzteu Residenz der Erzbischöfe -. Diesem
Palast stand ein besonderer Beamter, der schon im J. 1097 genannte Palast-
kellner, vor'*; er bewahrte die Urbarialakten*, sammelte die Trierer Lokal-
einkünfte ^, erhob Dienste und Leistungen an das Erzstift, welche sonst
keinem Hof angeschlossen wai-eu^, — er wai- also Meier ftlr den Palast als
Trierer Hauptiof — und nahm anfserdeni die Naturalüberschüsse aus sämt-
lichen andern Höfen {bezw. später Kellnereien) in Empfang*. Erst im 14. Jh.
begann sich, wie es scheint, neben dem Trierer Palast eine zweite Zentralstelle
in der Koblenzer Kellnerei zu bilden*. Während sich aber so die Einrichtung
') UStiil S. S21 So. 11; Ecnlletus Trevereneis coneiitnet magiEtrum caraificum, qoi
camerai-ti disci)iuIuB est, « ipse ibit ex precepto camerarii in legationera srchiepiscopi >4
MX miliaritt circa TreTerim: vgl. hierau nhen S. 1441 NoW 6. S. ferner a. s. 0. S. 322
Ha. 13: cnmerarius est mngister omniiun »(»rhtiven, gUshuven, peremintbuvere. scorhuverit
dahuni arehiepiscopo srimarins ex nrnndalo camerarii, quamlo itums est ad cnriam impera-
toris vel in expedilione transalpina; ulii si somariiis moritiir, capnd et catida inde reducta
redditur cnmerario, et ipse 5 s. de denariis arcliiepiscopi dabit illis, qiionim t'uit somarioa.
si viviis reducitar, reddilnr Bcarhaveren, et ipai pascunt emn, quousque ilenim requiretor
ab eis.
■^ Erwähnt echon Thietraar 6, m vgl. ferner G. Trev. 30, MGSS. 6, 172. ca. 1015,
CiL oliei) S. 12SG ^'ote 2 ; Residenz noch im 14. Jh., a. Bd. 3, 146, «, ISSä. S. auch Bd. 3.
489 Xote 7.
") S. WR. ÜB. I, 391, 1097. Im J. 1839 war Palastiellner der spätere Diedenhofener
Pfarrer .Simon, s. Bd. 3, 439 Note 7, auf S. 440; 1346 ein Herr Ludwig, Töpfer ÜB. 1. 2.=.5;
1359 (s. Goerz, Begg. der Erzb. z. d. J. unter Juni 2), der Stiftsherr H. Kenpe von SSimeon ;
spiiter »ird dieser Palastsehiiltheirs, und der Propst Gobelin von SSinieon Kellner, b. oben
S. 1240.
*) S. Hd. 2, 170.
"•) S. oben S. 1222.
") S. Mit. ÜB. 2, 126, 1192; -Trierer Urbarcodex, Kolilenz St. A. Hl. 29-, c. 1340.
') Zur genaueren Verfassung vgl. Bd. 3, 302, si, 1497; das Schöffen- und lluberretbt
des Trierer Paiasts von c. 1400, Ber. der Ges. f. nützl. Forschgii. 1;?69— 71 S. 41 f., nach
welchem im Palast ein ^chöffenstubl, ein Kellner mit einem Knecht, 2 M'ächtcr und
Pförtner waren, femer der Meier von Kürenz und 4 Förster da/u gcliürten; und W. des
Palastes 1463, G. 2, 286: das unser gn. herre von Treir daselbs pllcht alle jairs des nesten
dinsLnchs nahe der drler konink dag ein jaerdinge ze holden, inmaissen hema folget ge-
scriben. zum irsten, so sal ein kellener von I'altzel adei- iemans von sinent wegen ah ein
Echriber daselbst sin, und sal der scholteß mit den scheffen daselbst nedersiizen in dem
ondersten sale uf oberdeckten lienken ader wo is von dem palastmeister ader dem keiner
von Paltzel dan gestalt und geonlenet ist, und fraigt der scholies den scheflen.
s) S. G. All)eroni3 c. 14, MGSS. 8, 251, 1132; Bd. 3 Xo. 286, 1327— 132Ö; S. 166, io.
1337. Die Übergabe an den Palastkeltner erfolgt gegen Quittung, s. Bd. 3, 410, so; 411, n,
1327. — Eine .Abrechnung des Pnlastkellners mit dem Erzbischof von 1339 steht im Cliron.
monet. bei Honth. Ilist. 2, 1170, cit. Bd. 3, 439 Note 7, auf S. 440.
^) So führt Oberwesel in dieser Zeit seine I.'berschüsse nach Koblenz ab, s. No. 294
und 295, 1344—1346; doch gehen Weinproben auch damals noch direkt nach Trier, s. a. a. O.
— 1471 — l^ie Landesverwaltung.]
der Palastkellnerei durch den Wechsel der Zeiten hindurch ziemlich unver-
ändert erhielt, verfiel das Kämmereramt; ursprünglich ministerialisch ist es
schon um 1240 erblich geworden^; später genannte Kämmerer sind nur
Kammerherren in unserm Sinne ^.
Und die Funktionen des Kämmerers, in dessen Händen bisher die
Finanzverwaltung hauptsächlich gelegen hatte, gingen nicht an den Küchen-
meister über — an das alte Küchenmeisteramt schon deshalb nicht, weil das-
selbe, ministerialisch wie die Kämmerei ^, auch wie diese erblich geworden sein
wird. Nim treffen wir allerdings im 14. und 15. Jh. wieder einen in Amts-
weise angestellten Küchenmeister* als Finanzbeamten, indes er ist nur Teil-
verwalter, nicht Generalverwalter der Finanzen. Seine Wirksamkeit erhellt
am besten aus der Amtszeit Thielmanns von Rodemacher, welcher mindestens
von 1327 bis 1338 Küchenmeister war'^. Unter ihm stand die coquina, die
parva coquina, die butticlaria, die panetaria®; über sie alle führte er die
grofse Küchenrechnung, welche mit dem Liber expensarum domini ganz oder
teilweise identisch ist^. Er konnte auch für seine Ausgaben kleine Sunnnen
selbständig anweisen ®, indes im allgemeinen wurde seine Kasse aus der Zen-
tralkasse gespeist". Mochte darum auch der Küchenmeister als Mitglied des
landesherrlichen Rates zugleich in mannigfachen Geschäften verwendet werden^®
S. 459, 86, ebenso einige Lieferungen, a. a. 0. S. 461, 12; 462, la, 475, is, 1345 — 6. Zur
Abgabe von Geld an die Kellnerei Koblenz gegen Quittung s. a. a. 0. S. 460, 14, 1344—45;
467, 24 f., 1345—6.
^) S. MK. ÜB. 8, 713, 1241, cit oben S. 1427 Note 2.
«) S. Bd. 3, 485, 44, 1342; vgl. auch Bd. 3 Wortr. u. d. WW. kamerknecht,
kemmerlink.
8) MR. ÜB. 2, 117, 1191 : Abt Gottfrid von Echtemach bestimmt gewisse Einkünfte aus-
schliefslich zunächst zur Kostenbestreitung einer Bleibedachung, dann zur Fabrik der Kirche. Dazu
eine besondere Einnahmekoramission gebildet, bestehend aus W. custos, W. sacerdos, H. cocus
et ministerialis noster. — Im übrigen vgl. zum früheren Vorkommen der Küchenmeister noch
Cantat s. Hub. 50, MGSS. 8, 593, um 1080: Dodo dispensator episcopalis mense (von Lüttich);
Testament des Erzbischofs Johann (f 1212), MK. ÜB. 2, 297: der Cocus hat 8 garciones
unter sich; Ennen, Qu. 2, 175, 174, 1288: Kölner Ministerialen, u. a. Th. magister coquine,
R. panetarius. S. femer noch zum folgenden Bd. 3 Wortr. u. d. W. kuche.
*) Zum 14. Jh. vgl. die folgenden Noten, für die spätere Zeit Bd. 3, 306, 10, 1502.
^) Zuerst erscheint er in der Saarburger Rechnung, Bd. 3 No. 288, zuletzt wohl Bd. 8,
424, 10, 1337—1888; s. auch Bd. 8 Namenregister u. d. W. Rodemachem.
«) S. Bd. 3, 426, 14 f., 1838; 480, 19, 1889; 433, 7, 488, 84, 1340.
^) S. Bd. 3, 426, 8, 1338. 8 Stücke bei erster Abrechnung mit der Zentralkasse ver-
gessener Küchenmeisterrechnung stehen Bd. 8, 426, u, 1838—1889; 480, 9, 1889—1340;
433, 7, 1340.
^) Bd. 8, 410, 37, 1827-8: der Kellner von Saarburg zahlt cuidam Gileto armigero
2 mir. [siliginis] de iussu magistri coquine. Eine gleich autorisierte Zahlung S. 410, 88.
») Bd. 3, 426, 8, 1339.
^^) Bd. 3, 409, 81, 1327 Nov. 26: archidiaconus Treverensis et decanus sancti Simeonis
Thielemannus magister coquine in der Kellnerei Saarburg; vgl. dazu S. 410, 20, 1827
Novbr. 26: Vdrus decanus cum archidiacono Treverensi in Saarburg; Bd. 8, 417, 11, 1884:
[Eatwicklung der LanJesgenalt. — - 1472 —
und eine aojfesehene Htcllimg eiunehiiicii ; in der Zenti'alfinanzvei'waltung
spielte er QUf eine untergeordnete Rolle.
Wer übernahm da nun iiei dem Wegfall des KiUnnierers, dem Zurück-
ti-eten des Küchenmeisters die Aufealie der obersten FinanzverwaltungV Eine
Zeit laug scheint man sich mit geistlichen Genewlrezeptoreu liegntigt zu
haben ' ; dann treten, unter Erzbischof Balduiu, judische Banquiers au die
Spitze der Finanzen, nachdem sie schon unter Erzbischof Heinrich (1260 —
1286) eine gewisse Rolle im erzbischöflichen Rat gespielt haben*. Der erste
jfldische Fiuanzmiuister, welchen wir kennen, ist Muskin oder Mussechin; er
amtiert mindestens von 1323 bis 133Ij^; nach dem J. 1336 scheint er den
Koblenzer Moselzoll für 88000 M. gepachtet zu haben*; 1339 wird er als Re-
storlien anfjeführt'. Sein Naclifolger wai' der uns schon hinreichend bekannte
Jakob Daniels, 1336—1341^; dessen Kachfolger sein Sohn Michael, mindestens
bis 1345, venuutlich bis 1349'. Mit den Judenschlachten um die Mitte des
14, Jhs. scheint dann die Reihe jüdischer Finanzininister geschlossen zuhaben*.
Sehr eingehend sind wir, dank der No. 291 des dritten Bandes, über die
Amtsführung Jakob Daniels' unteirichtet. Wir sehen ihn völlig bureaumfifsig
eingerichtet; er hat eine hebriüsche Kanzlei und fühlt seine Bücher deni-
geniilTs hebrüisch " ; er und sein Bureauchef werden oftiziell ludei doniiui
genannt'".
Ausgaben der KflLiorei WittUch pro magisti'U cviiuine vetiieiite de Hciio cun'. pecouin douiüii.
Vgl. xa diesen Nacliricblea Bd. 2. 532— ä33.
') S. Bd. 3, 114, II, ISIS', dazu Nameurcg. u, d, W. Auselmus cellerariufi und 'Bald.
Kesaelat. S. 124, 1302 Juni 25, sowie Bd. 3 Wortr. u. d. W. bursa aithiepiscopi. In ver-
wandter Weise bat, nach irRheingrafen, Wpmw von Boland einen Dispensator Burcbardus.
S. auch Ces. Heistcrh. Dial. 12, 33: Theodericus Traiectcnsis episcopng, de Castro Nnreber^
oriuudus, scrvum quendam habebat ETerwacb nomine providiim satis, qiti in dircrsis loci<>
bona illius djs|>eiiüavit. erat cnini in cunimiüüo lidi'lis, in ad min istrat ione iitilis, diligcns ac
cireiiinsiH.'ctuj; propter quod a dominn suu aniabatur. undc quidam es ofiicialibus qi di'tivi-
hentcs ex invidia accusabant illuni apiid tpiscopiim diecnleü: domine. neu ßdcUter, iit
aestimatis, Evcruach iionn vcstra dispi'nsat; cousulimus, ut cum cd conipiitetis. quod cum fac-
tum fuissct, tarn i-ationabüiter computavit, iii ouuioni episcopo toUcret suspitioiiem. habeliat
enini omnia iiotata in cartula.
s) G. Truv. c. 191.
») b. Bd. 3, 421 Note 3. Ilor Eizbisehnf Balduiu war ihm eine Summe schiddig ge-
blieben, welche Jakob Daniels in seine Amisperiode Übernimmt a, n. 0. S. 421, lo, 1*36.
') Bd. 3, 425, «, 133Ö; s, auch a, a. O. S. 421, so, 1886; 429, t, 1339. A'ielleicht
ist er auch identiscli mit Mussechin in Koblenz, Gläubiger des Gi'afen von Vimuburg über
1550 mr. (c. 200000 M.) seit 1333, Bd. 3, 172, s, 1339: in diesem Falle hiefse sein Sohn Got-
schaik, Bd. 8, 172, ü., 1389,
''■) Muskin Iiidcus defunctus, Bd, 3. 172, as, 1339.
"J S- oben hl, 1451,
') S, oben S. 1451, auch Bil. 3, 435, », -a.; val. ;<. 463, .;, 1344-1345; 47'J. j..
1345—1346.
«) H. miteii S, 1480 Kote 1.
») S. Bd. 3, 423, 6, 1337-1338.
'") S. u. a. Bd. 3, 437, n. 1341; 193, i, 1345,
I
— 1473 — I^ie Landesverwaltimg.]
Um nun die Geschäftsführung selbst kennen zu lernen, bedarf es einer
Einsichtnahme in den nicht vor dem J. 1345 gefertigten* Rechnungsabschlufs
der Finanzperiode 1336—1341. Hier tritt nun folgendes zu Tage-:
Ib. s. hl. Mark ca.
Die Kassenbestände vor Abzug der Nachträge ergeben 72920 12 6 3208500
Davon gehen ab an Nachträgen zu den einzelnen Rechnungen, gebucht 38179 6 10 1591 700
do. ungebucht 2171 7 — 95500
Blieb als Restforderung des Erzbischofs an Jacob im J. 1341 . . . 32569 19 — 1521300
Hienon sind bis ca. 1345 abgegangen als von den Juden gezahlt . . 5774 10 — 254080
Es werden femer abgerechnet als von den Juden zu erwarten c. . . 12000 528000
Bleibt Kestforderung des Erzbischofs an Jacob im J. c. 1345 . .. 14795 9 8 749220
Hiervon ist zweifelhafte, noch aufzuklärende Schuld 3288 144670
Mithin bleibt als sichere Forderung des Erzbischofs 11507 9 8 604550
Dabei bleibt eine Schuld des F^bischofe von im J. 1341 35574 10 — 1564180
Hiervon Sindbis c. 1345 durch Judensteuem abgetragen 5774 10 — 254080
Bleibt c. 1S6 als Schuld des Erzbischofs 29800 1310100
Hiergegen steht ein Guthaben des Erzbischofs an die Juden von c. 12000 528000
Mithin bleibt als Schuld des Erzbischofs 17800 782100
Diese Abrechnung ist nur auf Grund folgender Annahmen zu erklären:
die Finanzvenvaltung des Erzstifts wird auf der Grundlage des jüdischen Ein-
kommens im Lande geführt. Will der Erzbischof Kredit in Anspruch nehmen,
so haben ihm die Juden vorzustrecken, entweder selbständig oder durch Auf-
nahme von Schulden ihrerseits^ bei andern Judengemeinden (Strafsburg*,
Metz Z^). Die auf diese Weise flüssig gemachten Kredite bilden einen grofsen
Teil des Betriebsfonds der erzbischöflichen Hauptkasse. Zum Entgelt für diese
rücksichtslose Inanspruchnahme gestattet der Erabischof den Juden vollste
Einsicht in seine Finanzgebarung, indem er einen der ihrigen zum Finanz-
minister macht. In dieser Eigenschaft scheinen sich die hervorragendsten
jüdischen Banquiers ohne bestimmte Periodisierung nach freier Vereinbarung
mit dem P]rzbischof abgelöst zu haben.
¥Aii raffiniert durchdachtes Svstem, den Juden das Odium des Wucher-
treibens zu überlassen, den Vorteil der Wucherfrüchte aber selbst nach
Belieben einzuheimsen; erträglich wohl nur imter den Händen eines so ein-
1) S. Bd. 3, 422, 5—6.
2) S. Bd. 3, 4:35.
3) Über die jährlich von den Juden 1336—1339 gezahlten Summen s. oben S. 1456
Note 2; zur Art ihres Beitriebs Bd. 3, 169, 21, 133Ö.
*) S. Bd. 3, 419 Note 2: 435, si, dazu oben S. 1452 über Vivelin Rode.
'^) S. Bd. 3, 424, 17, 1338; 430, n, 1339.
[Kiitwifiklnng der Landesgewalt. -
sichtifteii HeiTschers, wie es Baliluin war. Natürlich aber inuTste dies System
eine volle Identifilcation der erzbischöflichen iiiid der jüdischen Geldinteressen
zur Folge haben. In der That seilen wir nun die Juden des Herrn für den
Erzbischof kaufen und Pfandgeschäfte machen ' ; wir sehen den Erzbiscbof
Judenschulden quittieren*; wir sehen jüdische Fortlerun^ien durch die erz-
bischöfliche Zentralvei-waltunfT, versteht sich gegen angemessene Prorision, zur
Einziehung gebracht*. Und diese ganze Veniuickung ist möglich doch nur
auf Grund der völlig prekären privatrechtlichen Stellung der Juden *. Aus ihr
als tiefster "Wurzel folgt freilich wie rfiese finanzielle Ausnutzung, so auch die
mächtige Beachützung der Juden durch die Landesgewalt.
Doch vermeiden wir es, weiter auf die heilloien Konsequenzen einzu-
gehen, welche die Geschichte aus der schiefen, zwi'when materiellem Über-
flufs und rechtlicher Ohnniaclit sehwankenden Stellung der Juden unerbittlich
gezogen hat; beschäftigen wir uns vielmehr noch nnt emi^en Detailfragen
aus der jüdischen Verwaltung der Territorialfinanzen.
') S. Bd. 3, 420, li, 1336, dazu Sote 4; 420, so, 1336, dazu Note h- 424. >n f.. 138a
•Bald. Kesselst. S. 727, 1343 Januar 21: Harlrad Herr von Sehönecken verkauft an Jakob
Panids zu Trier alle sein gut und seine gßlte zu Lnnghen uf der Mosele bei Loisch für
200 kl. gl. von Florenz; Cod. Seim. 178, 134.*!: Reinriclj, Herr von Mall-erg. vergleicht sich
mit Trierisclien Juden über Eeine bei ihnen gemachten Schulden und giebt ihnen die Villen
ürimoldei-oit und Hizenrot mit der hohen imd niedern Gerichtsbarkeit in PfBndnntrnngj
Bd. 3, No. 156. 1343; 166, 1345; dazu Bd. .% S. 420 Sote 4 und 6. Natilriich nimmt dag
jüdische Konsortium dafür auch alle Einnahmen an sich. vgl. 'Mayener Kellnereirechnung
1345: dedi domino [Dberschricbcn per manua lacohi Dajuelia ludei] anno lx° qiiarto die 9*
ianaarii 1499 mr. Hierhin gehört wohl auch »Cod. Himinerod. Bl. 42 ^i. 133S— IS.W: Ab-
rechnung von Hiramerode mit lacobus ludeus de omni deliilo seu usuranun excrescentiis , in
summa 800 Ib. hl.
=) S. Bd. 3 No. 143, 1339. Hierhin gehört auch 'Bald. Kesselst. 8. 36 und S. 291,
S 6, 1338 Äliirz 18, Oljerwesel: ob kein Jude quenie zä Wesele oder anderswa und brecht«
lirieve von schult, die u. h. gerechenl oder gesum^ict ist, die wir u. h. under unserm deinen
ingcsig<'le nSlichc beschrcben han gegeben, die schult von den brieven ensal u. h. noch kein
sin ampman gestaden noch darzu vorderen, daz icman die anderwerbe zaie oder keime . .
Juden gebe. Sinn : eine Reihe dem Erzbischofe geschuldeter Summen in Oberwcsel {es sind aber
offenbar Schulden an die Juden des Erzbiachofs) sind vom Rate in einem Schuldiettel notiert
und dem Erzbischofe bezahlt worden: nun soll sie kein Jude zum zweitenmalc einfordern.
B. dazu auch v. Ledeburs Archiv 14, 214. 1343: die Rede von Summen, welche der Graf
von Sponheini unserm eg. Lerren von Trieren oder sinen Juden schuldig ist.
') S. Bd. 3, 183, 21, 1342; 455, n, 1344: der Obert-eseler Kellner nimmt ein lö Ib.
hl. . . a quodam ludeo Wormatiensi , qui repetüt virtute cuiusdani littere debitimi 30 Ib. in
Wesalia. Vgl. femer a. a. 0. S. 465, u, 1345—46: der Oben*-escler Kellner nimmt ein a
Petro talzgreben et Henrico Voismoil 8 mr. et 6 s. d. de quadam litiera David occisi ludei,
i|ue littera tangebat lohannem dictum Minner tanquam dehitorcm principalem. Zwei äbulicbe
Falle auch noch im folgenden. Ilaa littcras tres recepi[t cellerarius] a Levi ludeo Con-
fluentino, et quasdani alias litteras de mandato amicomm domini.
') S. oben S. 1453 ff.
— 1475 — Die Landesverwaltung.]
Eine der bemerkenswertesten Erscheinungen in dieser ältesten aller uns
genauer bekannten mittelalterlichen Finanzven^^altungen eines Territoriums ist
schon besprochen worden ^ Es ist die Art der Budgetienmg ; sie lief darauf
hinaus, von den Einnahmen im Verlauf einer Jahresetatsperiode nur das Not-
wendigste zu bestreiten, über die Verwendung des somit entstehenden grofsen
Überschusses aber Bestimmung bis nach Abschlufs des Etatsjahres vorzu-
behalten. Die Folge dieser nach Lage der Finanzen sehr weisen Mafsregel
war in der Verwaltung allerdings die, dafs zu jedem am Ende des Etats-
jahres erfolgenden Hauptrechnungsabsclilufs späterhin noch ein besonderer
Nachtragsetatsabschlufs gefertigt werden mufste, ehe sich die Finanzlage völlig
tibersehen liefs. Eine solche Übersicht über die Nachtragsetats der fttnf Jahre
von 1336 bis 1341 in ihrem Verhältnis zu den Hauptrechnungsabschltissen,
und eine definitive Abrechnung über dieselben ist es, was in dem kleinen
Bd. 3 S. 41 9 ff. herausgegebenen Heftchen vorliegt.
Der Hauptrechnungsabschlufs erfolgte nun jährlich zu Remigii, dem
1. Oktober^; das somit entstehende Etatsjahr wurde durch Osteni in zwei
ungleiche Teile zerlegt^. Im Gegensatz zu diesem Hauptabschlufs wurden die
Abschlüsse der Unterrezepturen, speziell der Kellnereien, einem alten Brauche
gemäfs* bis mindestens zu dem vorhergehenden Johanni gefertigt*: ein Ver-
fahren, welches den Vorzug hatte, dafs man im Oktober jedenfalls mit grofser
Sicherheit alle Einnahmen übei-sehen konnte.
Die Einnahmen dieser Unterrezepturen liefen nun schliefslich , ab-
gesehen von besonderen Anweisungen, sämtlich in der Hauptkasse in Trier zu-
sammen, höchstens dafs in Koblenz für eine Anzahl benachbarter Kellnereien
eine vermittelnde Durchgangsstelle geduldet ward*^. Wie die Einnahmen
1) S. oben S. 1466.
s) Bd. 3, 161, 20. Vgl. auch Bd. 8, 162, 21, 1845; 204, 10, 1349, wonach auch die
Amtsperiode der Amtleute sich bisweilen an dieses Datum anschlofs. Das Ilechnungsjahr
des Elisabethcnhospitals schliefst im 13. .)h. 2. H. mit omniiun sanctomm; s. USElisab. Hosp.
Bl. 51». In den Stadtrechnungen des 14. Jhs. besteht noch kein bestimmtes Finan;gahr: s.
für Nürnberg Hegel, Chroniken d. d. St. 1, 281 ; Frankfurt (wenigstens keine Bilanz), Kriegk,
Biirgerzwistc S. 29; Wien, Schalk, Bll. d. V. f. Landeskde. Niederösterreichs 17, 4; StraTs-
biu*g, Schmoller, Quellen u. Forschgn. z. Sprach- u. Kulturgesch. 74, 47. Vgl. auch Schmoller,
Epochen der Finanzpolitik, Jahrbuch Bd. 1, 44.
») Bd. 3, 204, 9, 1349.
*) S. Lac. ÜB. 1, 165, 257, 11 Jh.; MR. ÜB. 3, 320, 1227, cit oben S. 977 Note 1;
Ennen, Qu. 2, 1S3, 183, 1238; oben S. 861 § 10, 1296. Dagegen galt für Pachtungen (und
auch für Erbzins in den Städten : Ennen, Qu. 2, 232, 229, 1243) noch lange kein fester Termin,
s. oben S. 965 Note 3.
^) 8. dazu oben S. 1412 Note 7. Nach FronfEisten wurde in Oberlahnstein (mainzisch)
gerechnet, s. Khenus 1, 61, 1444.
*) In Koblenz scheint der Dechant von SFlorin zeitweilig ein Untereinnehmer der
Zentralkasse zu sein, s. Bd. 3, 421, 26, iaS6; 429, 7, 1339. Vgl. auch noch Bd. 3, 456, tsf.,
[Kutviitkluiig dc^i* Lmulesgewalt. — 1470 —
durchweg iu die Hauptkasse flössen, so zahlte auch die Hauptmasse, abgesehen
wiedemm vou noch starken Resten des Auweisuussverkehi-s. allein aus'. Diese
Auszahluiipeu geschahen auf Zahlbefehl des Laudesherrn* oder der einzelne«
Beamten als Voreteher von Auszahlstellen oder einzelner Räte, in den letztere»
Fällen pepen Quittung bezw. t}l)er]assung der Verbrauclisbelepe. So wies der
Küchenmeister auf die Hauptkasse an^, nicht minder der Elemosiuar*, die
mit der Lehns^reldeiTens'altunp beauftragten Personen*, der Marschall ", der
1344—45; der Oberweseler Kellner führt ab nach KobleiK nii Jnkoh Daniels ludciis doiuini
und J<»ep de DQsberg ludeus (Tgl. S. 479, 17, 1346) 218 mr. ä e. d. 2 hl.: au den KoMenzet
Kellner Peter Sure 200 rar. d. S. dam a. a. 0. S. 459, ^, wo tob einer rocatio ainicoruin <lo-
mini . . Irina ad fereuduiu pecHuiam Cnnfluentiam die Bede ist. Weitere« Geld wird aus
Oberwesel nach KoMeta abgeführt S. 460, 7 f., 1344—5. Für dnä Jahr 1845—1346 s. Bd. 8.
467, m: der OberweBeler Kellner fiüirt ah an den Landesherm per manus Gerliardi rapellani
in Confliienlia 15. Sept 1845 138 nir. 10 a. d. 8 d.; au den Koblenzer Kellner Peter Sä«
4. Febr. 1346 63 ou-. 5 s. d. 4 hl; an Amtmann und Kelbier von Koblenz 334 mr. 8 s. ä.
8 d. am 29. SlUrz 1346. Doch liefert die Koblenzer Kelliierei wiederunt nlles Geld an die
Trierer Zentralkasse ob, a. a. 0. S. 425, 117, 1338.
') Iteiclit der Geldvorrat der Hauptkasse nicht aus, so wird von ihr auf untere Ter-
waltungon angewiesen und zwar zunächst auf die Zollverwaltung: Bd. 3, 425, la t^ 133:^.
') ad umndatum, de iussu domini, s. Bd. 3, 429, m; 432, 1, 1340.
"] y. Bd. 3, 420, 0: 426, «; s. dazu oben S. 1471 Note 7 und 9.
') ^j. Bd. 3, 421, s; 426. is; 427, n; 430, 1; 433. 10. Zum Amt des ElemosinarB vgl.
V. Herib. Colon, c. 9, MGSS. 4, 748; 'Koblena St A. WC. VIII, Bl. 143" Ko. 415, reg. Goera,
Begg. d. Erzb. ä. 233, 14T1 Äug. 25: Wir Johan etc. tun kont und l>ekeiinen uffentlich an
diesem brieve, das wir angesehen und betrachtet haben anneme getmwe fliesige dienste, so
Johan von Berberg unser Spender und lieber gcitruwer unserm nehsten Turfaren und auch ma
und unsemi stift bisher gelaen halt und ftirbas zu tunde willig ist, und haben als damnili
denselben Johan als unscm und unsers Stifts dienere, so lange er in leben ht, liegiiadet
und gefrihet also das er sine Icbtage, so lauge und dwilc er im fui'geburge zu Erembreitstein
ader zu Moelen im Daile und in dem gcrichtc zu Nei'emlierg mit siner huiswunuuge schszliaft
blibet, von allen und iglichen froeneu achten waelien Beheizungen diensten reisen und anders
desglii'li, damit unsere undertanen und bürgere im gerichte zu Nercnilicrg gesessen uns und
unserm stift veijiflicht siu, ganz fii imd entbonden sin sal: doch also, das der gennut Johan
von Berberg von siner erbschaft und gutei-n in dem egemelten gerichte, die er izunt hette
oder liemach nberkonimen und eroberen mag. pflichtig und schuldig sin sal licde sthetzunge
und anders zu geben und zu liantreichen , glich als dan dieselben gutere \onuails und e sie
an ine sint kommen zu tunde schuldig gewest sint, sunder alle argeliste. l'nd des zu Urkunde
hain wir unser ingesigcl an diesen bcief tun henken, Datum Kreml >reitjtein douiinica post
Bartholomei anno etc. Ixxprimo.
") S. Bd. 3 Wortr. u. d. W. über lidelium. Die LeJinsverwaltung wunle wohl von bc-
stimnitcn Kaplatien der Kanzlei gefiihii. Auch die Kanzlei nies tibrigens bisweilen an. so-
weit ihre eigenen Einnahmen von Taxen u. s. w. (s. oben S. 1441) nicht ausreichten, vgl, Bd. 3.
423, III, 13:J7, und oben S. 1432 Note 7.
^) Bd. 3, 425, le, 1338. I>er Marschall regelte wohl auch die Ver|>roviantieniug der
Burgen. CUM. 3, 155, 1328. S. 267, betmg die gewohnliche Verprovinntierung: für Kochern
200 ndr. lioggen luid 12 Fuder Wein; fiir llandersclieid 100 inlr. RoRgen und 8 Fuder 'Wein;
fttr Bemkastel 100 mir. Roggen und S Fuder Wein, alles Ti-iercr Mjfs. S. auch Bd. 3.
439 Note 1.
— 1477 — I^ie Landesverwaltung.]
Palastkellner^ , die Roisemarschälle - ; die einzige Verwaltimg, welche sich in
Ausgabe und Einnahme von der Hauptkasse gesondert hielt, scheint die geist-
liche Intraden- und Subsidienverwaltung gewesen zu sein^.
Die Hauptkassenverwaltung fl\hrten nun die Juden des Hemi, der
eigentliche Vorstand und dessen Bureauchef, der scriptor ludeus*. Die
( )riginalbuchung war hebräisch *, doch scheint die aus ihr ausgezogene Haupt-
rechnung fi\r den A])schlufs am 1. Oktober lateinisch bearbeitet worden zu
sein^; in ihr wurden zugleich alle eingegangenen Ml\nzsorten unter Kurs-
berechnung in eine einheitliche Mi\nzsorte, unter Jakob Daniels in Ib. hl.
umgerechnet^.
Auf Vergleichung dieser Hauptrechnung hin mit den Belegen wie nament-
lich mit der hebräischen Buchimg^ und mit dem Kassenbestand ^ am 1. Ok-
tober wurde nun die ei-ste Entlastung erteilt. Die Vergleichung war Sache der
Kanzlei, wie wir auch in anderen Tenitorien frt\h wie spät die Kanzlei zur
Kontrolle der Finanzverwaltung herangezogen sehen**. Wahi-scheinlich wurde
nun die Kanzlei in der Weise beteiligt, dafs man aus einer Anzahl von Ka-
plänen und andern Räten eine Revisionskommission bildete, welche dann vor
d(nn Landesherrn berichtete, worauf dieser in Gegenwart der Rechnungs-
behörde wie der Revisionskommission entlastete. So wenigstens oder analog
•-) Bil. 8, 430, 8, 1339; 431, 21, 1340; 433, 5, VUO. Vgl. Peter Maier (Wyttenb. u.
Müller G. Trev. 2 Animadv. S. 18) 1356 : der Erzbiscliof reist mit 126 Pferden nach XOm-
berg, er braucht auf 8 Reisetagen 4 clip. aurei, 341 Ib. hl., 31 grossi antiqui. — Im übrigen
wurden auch direkt manche Einzelsunimen auf die Ilauptkasse angewiesen, z. B. konüssarisch
festgestellte Entschädigungssummen für besondere Verluste von Beamten im Krieg usw., s.
Bd. 3, 423, 8 f., 1837; 425, ji, 1338; 482, 2«, 1340; 48:3, 1, 1840; einmal auch ein Stück
Baurechnimg, 428, 19, 1839, verrechnet wohl nach Angaben des Biu-ggi*afen von Kochem.
») S. Honth. Ilist 2, S. 2-3, sowie Bd. 8, No. 292, 1889—1841: der sigillifer der
Trierer Kurie (und ebensowohl der der Koblenzer Kurie bezw. des Oflficialats der Terra
(iallicana) führen selbständig Rechnung über fast alle geistlichen Intraden, auch die Sub-
sidien; die Abrechnung erfolgt aber vor den gewöhnlichen Kontrolleinstanzen der welt-
lichen Verwaltimg. Ebenso werden jedenfalls die weltlich-ständischen Beden in gesonderter
Verwaltung erhoben und veiTechnet. Zur Vei-^'altung des erzbischöflichen I*rivatbesitzes s.
ii. Trev. c. 301 : Erzbischof Johann VII. (1581 — 1599) emit domum zur Goltreben et illuc
bona hiix hereditaria collocavit, primiis, qui bona familiae et privata ab archiepiscopalibus
separavit et seorsim administravit.
') Bd. 9, 429, 22, 1339; 437, 13, 1341.
') Bd. 3, 428, 6, 1387.
«) Bd. 3, 421, 7, 1336; 426, 9, 1388.
') Bei kleineren Venvaltimgen geschah die Vergleichung mit dem Kassenbestmd durch
Zerbrechen der (wohl thönemen und) nicht aufschliefsbaren Kasse, s. Bd. 3 Wortr.
u. d. W. cisti.
^) (t. ep. Leod. 2, 69 : der Bischof Wazo abbates et presb} teros cum nonnullis ordine
inferioribus clericis in capellam, quae cubiculo contigua est, iubet recipi, ut his coram de
rebus ecclesiae disponeret. In Handem hat der Kanzler sogar das ganze Rechnungswesen
nntrr sich; Wamkönig 1, 262 f.; 3, 117 f. S. auch oben S. 1432 und 1443.
[Eutwicklimg der Landesgewalt. — 1478 —
gCBtaltete sich der Geschäftsgang hei der Entlastung kleinerer Fiaauzver-
waltungen*.
Die Monita der Revisionskoiuinissiou wiirdeu dann bei Aufstelluiig des
Nachtragsetats zur Hauptrechnung, der zweiten gi'ofsen Budgotarl)eit jeder
Etatsperiode, beillcksichtigt Dieser Etat scheint im ganzen ebenfalls allein von
dem hebräischen Bureau aufgestellt wonleu zu sein, indes ist es sehr wahr-
scheinlich, dafs sich au der Aufstellung auch einige Vertreter des Erzbischofe,
wohl Tviederum einige KaplRne, beteiligten^. Jedenfalls aber wurde der Nach-
tragsetat wiederum von der Eanzlei revidiert, und zwar wohl durch diuen
'] Zur Geschichte der Entlastiuig vgl. die Rcthiuingslage Gerhards rnn Sinzig im J,
194S coram ofGciatis [regis Conradi IV.], oben S. 1364 f.; ferner Arcb. C'len,-aux No. 66, 1300i
Nos Itnpertus conies in Nassanwe omiiilius . . volumus fore notum, qu«Ki loliannes railea ile
BitHTg nost^r ofGciaCus dilectus in ligilia beate Barhare lirginis ad omnem nosCrsn] rolim-
taieiii integre nohiscum conputsvit mediantitius viris houorabilibvs et diKcretis videlicet Hfr-
mantio libero de Maguntia, Sigfrldo de Lintauwe, . . de Longinauwe uülitibuB, Marquardo pa-
■tore eccieeie in Eckinstein ac H. scultüis ibidem, et hoc tempore sui oüäciatug. nos omnea
predicci vero provida dclibei'atioDe et bono Qostra coQBensu de predicta toniputatioiie sumiu
contenti. HonÜi, Hist 2, 88, 1813: .Tohaon, König Ton Böhmen, stellt dein Erzbischoi Balduin
eine Generelquittiing aus mediante comptitatinne tinnli mtionahili et legiiima nobis fa^ta et
redditji per eundcui anuo domini 1313 die penultima mCDsia iannarii in civltatc Trevirensi
in pnlatio suo coram nobilibuB et discretis viris Henrico comite de Willnove, Egidio domino
de Rodemaehra. magistro Conrado cancellario , Roberto archidiacono iii ecciesia Treiirensi,
lohaune de Bmnshom et Paulo de Eich militibus uecnon Petro de Griffe et Ladowico de
Eaiistne clericis notariis dicti domini nostri archiPiiiBCDpi tarn per titeras sigillatas quam per
olia dociimenta apperlinentia. Bd. S No. 288, 1328: Bechntmgslage des Saarhurger Kellners
nobisciim [dem Eribisrhof] in palalio nosiro Treverensi am 10. Mni, presentibus Henrico
capellano, ThiWemnnno de Roderaacra [Küchenmeister] et Johanne clerico capelle nostre.
Bd. a Xo. 292, 1339—1341; der Trierer Sigiilifer rcehiiet ab corum arthieiiiscopo in jialatio
Treverensi presentibus Elia prei>osito Moiiasterieiisi vencrabili. üiiirico et (.n-riimvlo cupollanis
nostriä necnon lacobo I^iinieli!« et lacobn seiiptore Iiideis no^itris. Bd. 3, 4Sii. ss, 1344. Oher-
vresel; eine Abrechnung des Kelhiers cum amicis domini. und zwar zu Trier, s. S. 460, i.
Bd. 3, 462, Inf., 1345; Reelinungslage des Oberweselcr Kellners tum domino in palatio Tre-
verensi am I. Juni ]>resentil)ns Wemhero Gerardo Everhardo ca]>el]anis et lolianne de AI-
denar pincema nostris. •Mayener Kellnereirechnung, 1345: feiin 4» post fesiuni palmaruin
domini lacobus decaniis ecclesie snncti Florini C'onfluenlini, loliannes de Uz burgi'avius in
Maien, Tli. de Itinberg scultetus Monasteriensis, Petrus cellcmrius Conlluentinus et Petnis
cellei'arius Monasteriensis missi per dominum Meien ad audieiidum coniputationem a nie
Gobelino habucnint in paliulo etc. Bd. 3, 47:^, :o f., 1346 2. A|)ril : Reelinungslage des (llier-
weseler Kellners cum dotiiino in jialatio Treverensi prei-entil ( I nt I t
Paulini et Everhardo capellanis nostris. Der Recefs trägt d P t Kol 1 n 2 Aj 1 1346
Für «)>ätere Zeit s. noch Loerscb. Ingelheimer Oberhof 149 161 l t Bd 1 261
1411; No. 236, 1443; 2S0, s», 1467; 289, 4«, 1476. . a 1 BI J M 1 I ^\^\
reces — rechcnschatt
^) Bd. 3, 429. K f., 1339. Dafs Knpläne und .lüde I b |t r n s. h uz II
Angelegenheiten besorgen konnten, ei^ebt sich aus der Kjutnbl mLifn
der englischen Subsidien in Kühl, Bd. 3, 428, i>i, 430, 3, 1B39 IUI 4 7 1341
Rccbnuugslage des Siegler« presentibus . . Hennen et 0 1 d j 11 1 t
Danieiis et lacobo scriptore ladeis nostris.
— 1479 — Die Landesverwaltung.]
Kaplan^. Auch hier wurde wiederum die lateinische Aufstellung mit der
hebräischen Buchung verglichen^, es wurden sonstige laufende Akten, Zoll-
rechnungen^, Lehnsregister ^, wohl auch Kellnereirechnungen* befragt, imd
schliefslich zog man auch noch den jüdischen Vorstand** wie sonstige gerade in
Betracht kommende Personen® zu Kate. Erst auf Grund dieser letzten und
genauesten Revision wurde dann für beide Rechnungen, die Hauptrechnung
und den Nachtragsetat, eine gemeinsame Aufstellung vorgenommen und even-
tuell Decharge gegeben. Doch scheint man die sch\\ierige Arbeit der Re-
vision des Nachtragetats und der Aufstellung eines endgültigen Abschlusses
nicht jährlich, sondern nur etwa in fünfjährigen Perioden vorgenommen zu
haben: so wurden z. B. die Etats der Jahre 1336—1341 auf Einmal revidiert
und gemeinsam von ihnen entlastet.
Revision und Decharge wurde in diesem Falle nicht vor dem J. 1345
abgeschlossen^: sehr begreiflich, wTun man die Schwierigkeit der Prüfung
bedenkt, welche fast das gesamte Aktenmaterial der Etatsperiode in ihren
Bereich ziehen mufste. In der That war denn der Erfolg der Revision auch
ein nach unseren Begriffen sehr wenig vollkonmiener; jährlich finden sich
etwa 30000 M. an verlorenen Posten, welche als gezahlt gebucht sind, ohne
dafs sich ein Zahlvermerk findet. Diese Posten stammen vor allen Dingen
aus der Lehensverwaltung® — vermutlich erfolgten gerade hier infolge be-
sondei-s zähen Festhaltens an Naturalbezügen viele Anweisungen auf Lokal-
ämter: diese wmden dann nur im Lehnsbuch gebucht, fanden aber in den
Rechnungsberichten der Lokalämter an die Hauptkasse keine Meldung. Aufser
solchen Fehlem aber kam in den Berechnungen der Zentralstellen selbst
eine ganze Anzahl von Fehlem rein technischer Natur vor, falsches Umsetzen
fremder Münzen in die gangbare Valuta, fehlerhafte Kursberechnung, ja mi-
richtige Additionen und Subtraktionen®: Fehler, welche jeder milder beur-
teilen wird, der einmal versucht hat, gi'ofee Zahlen in römischen Ziffern nach
den vier Si^ezies zu behandeln, wie es die Rechner der ersten Hälfte des
14. Jhs. noch meist thim mufsten^^. Wenn die Verbreitung der Schreibkunst
') Bil. 3, 420, 22, 421, 24 f., 1336; 423, 24, 1337; 425, i, 1338; 430, 7, 26, 431, 2, 1339.
2) Bd. 3, 429, 12, 1339.
») Bd. 3, 422, 10; 423, is, st; 428, 1; 431, e: 434, 20; 435, is.
*) So wohl Bd. 3, 432, 11 f., 1340 die der Palastkellnerei.
^) Bd. 3, 423, B, 1337.
8) Bd. 3, 424, 3, 1337.
^) Bd. 3, 422, 5—6.
^) Sie werden in No. 291, 1336—1341 mit folgenden oder verwandten Worten ein-
geleitet: Inventa in libro fideliiun domini, nescitiir qiiis solvent pecuniam; Inventa in libro
üdeliiim et alibi, de qiiibus dubitatur, qiiis solvent pecuniam.
*) S. dazu den Nachweis in der Ta]>elle auf S. 419 des dritten Bandes.
>«) S. Bd. 3, 420 Note a, vgl. oben S. 1443 Note 9.
[Entwickln Qg der Landes gewalt. — 1480 —
in tiefere Klassen zu folgenieifhen Verändei-ungen in der VerwaltimgspraxiB
Anlafs gab, so hat die allgemeine Einführung der arabischen Ziffern der Finanz-
Verwaltung nicht minder kräftige Impulse gegeben. Jedoch sieht man von den
verhältnismaisig geringen Aussetzungen ab, welche sich gegen das Rechnungs-
wesen des hebräischen Bureaus und die Revisionsart der Kanzlei im Trierer
Tenitorium der ersten Hälfte des 14. Jhs. vorbringeu lassen, so winl maa
nicht umhin können, der binnen kurzer Zeit erworbenen Verwaltungsaua-
bildung dieser Instanzen alle Auerkenjiung zu zollen.
Aber nicht lange blieb die Verwaltung so geregelt. Schon im J. 1353
erscheinen die Juden fftr inmier aus der leitenden Stelle in der Trierer Finanz-
veiTvaltuiyi verschwunden, und an Stelle der Juden des Hemi tritt ein Rent-
meister oder Reddituarius auf, mit Vorliebe ein geistlicher Herr", welcher
die Verwaltung schlecht und recht führt, ohne dafs man von derselben weitere
lehiTeiche Details erführe*. Und so bleiben die Zustände bis ülier (ias Mittel-
alter hinaus; die Landrentmeiaterei besteht noch int J. 1599*.
Allein wenn sich vielleicht aucii auf dem Gebiete der Finanzvei'waltuiig
die Spuren einstiger jüdischer Einwirkung verwischen liefsen, so lilieb diese
Einwirkung docli jedenfalls in der Gesaiutgescliichte der TeiTitorialbildimg
nicht oliue tief eingi-eifende Ei-gebnisse. Wohl schwerlich wird sich in andern
deutschen Territorien die Bedeutung des jüdisclipu Einflusses bis zur Mitte
des 14. Jhs. in ebenso sicherer Weise veranschaulichen lassen wie in Trier —
wo wird uns deun überhaupt ein gleich übersichtliches Bild einer Landes-
fiuanzverwaltung gezeigt? — : indes wird es doch möglich sein, in den meisten
Territorien einzelne Spuren einer in analoger Weise ausgebildeten Ein-
wirkung aufzuweisen. Ist dies aber der Fall, so kann den Ju(ien ein be-
merkenswerter, wenn auch erzmuigener Anteil an der Entwicklung des
deutschen Tenitoriuuis und damit des niodenien deutschen Staates nicht
abgesprochen werden. Wir haben fillher gesehen, wie es die militärische
Kraft war, in deren Durchbildung es den Lamiesfürsten gelang, die lialb-
') Zuerst CR3I. 3, 402, i:>5:i, cit. olien S. 1422 im Text, der hier genannte KcntineUlcr
(iernrd scheint idcntiscli mit dem noch im J. I3S0 nls Ivanzier gcmiuuten (Gerhard zu sein,
v)r]. o!*n S. 14-33 f. Zum Titel redditiiariiis vgl. Bd. 3, 261, i\ U12. Das Rrntmeisteramt war
auch sonst verhreitet, s. z. B. für Jülich WWeissltirchen 1493, Ari-li. Maxiniin 1, 98, cit.
olien S. 240 Note 5, auf S. 241.
^) Um 1412 war es in Trier wohl ein Adliger, siiiiti;r der Pastov xu Strciiiich, .lohanii
vonBeclicI. s. Bd. 3, 280, aa, U67; 289, ao, 1476; Gocra, Begg. der Ei-zh. mm 15. -Iiili 1477;
vgl. noch -Jioljlenz St. A. MC. VllI, B). 201* So. 610, reg. «oerz, Regg. der Erzh. S. 251,
14S0 -Inni 4; Item halt imser gnediger heire lier Johan von Becheln sin linalc recesse von
den rentmeisterien und kellnericn zn Cochrae gelien und damit uf ine gen7lifli vorliegen.
Datum (lominica post coi-poris Oiristi anno domini 1480.
'I Er zahlt Be.imtengehiilter aus, Bd. 3, 232, », 13-^8: kontrolliert die rntprrezeiitiiipn,
Bd. :'., 261, f.. 1412; 280, m, 1467; 2S9. tc, 1476; ist zugleich Rat, Bd. 3, 299, 2«. 149«.
') Honth. Hist. 3, 194 f.
I
— 1481 — Die Landesverwaltung.]
staatlichen Kräfte der Gnmdherrschaft, der Vogtei und der Lehnsherrlichkeit, wie
die vom Reich abgeleiteten staatlichen Hoheitsrechte zum neuen Begriff der
Landesgewalt, der fürstlichen Hoheit zu einen: jetzt erkennen wir auch die
Quellen jener mächtigen finanziellen Kräfte, deren die Landesherren vor-
nehmlich bis zur Mitte des 14. Jhs. zur administrativen Ausprägung dieser
Landesgewalt, namentlich zur Schaffung eines neuen Beamtenrechts und Be-
amtenstandes bedurften.
Und so bildet denn die Gedankenreihe am Schlüsse dieses Teiles eine
sehr wesentliche Ergänzung zu der im ersten Teile dieses Abschnittes ge-
gebenen Darstellung über die Bildung der Landeshoheit: neben der militäri-
schen Gewalt sind es vornehmlich aufsergewöhnlich reich erschlossene finan-
zielle Kräfte gewesen, welche eine rasche Zusammenschweifsung der Territorien
und der Landesgewalt aus dem Chaos von Landfetzen und Einzelrechten des
früheren Mittelalters ermöglichten.
Lampreclit, Deni^ches Wirtsehaftsleben. I. 94
IX.
Schlufs.
94
Das historische Leben Mst sich ebensowenig wie das vegetative oder
animalische Dasein von äufseren Erscheinungsformen getrennt denken; es ist
die bewegende, ja überhaupt erst verbindende Kraft bestimmter Organismen.
Die wissenschaftliche Forschung ist an sich nicht imstande, dieses Leben
in seiner Gesamtheit wiederzugeben und untersuchend zu erläutern. Sie hat
es nur mit den Gliedern des Organismus zu thun; sie ist bestrebt, deren
Zusammensetzung und Aufbau, ihr Verhalten an sich und im Verhältnis zu
•den übrigen Teilen darzulegen ; versagt ist ihr die Fähigkeit, das Leben an sich
^u erfassen, wie es diese Glieder zu einem Ganzen verbindet
Auf dem Felde der historischen Wissenschaft aber steht über der Ge-
:schichtsforschung die Geschichtsschreibung. Es ist die künstlerische Aufgabe
des Geschichtsschreibers , das Leben historischer Organismen auf dem W^e
-der Nachempfindung zu dauernder Gegenwart zu erwecken. Nur in der Ge-
^schichtsschreibung, nicht in der Geschichtsforschung können sich Leben und
Wissenschaft, jene oft als unversöhnlich betrachteten Gegensätze, zur höheren
Einheit einer wahrhaft geschichtlichen Anschauung verbinden.
Aber wieviele Schwierigkeiten bieten sich nicht schon auf der ersten
Stufe zur Erreichung dieses Zieles, auf dem Gebiete der Geschichts-
forschung. Allerdings mag sich die Forschung bei günstigem Thema und glück-
lichem Wurf der Bearbeitung nicht selten über sich selbst hinaus zu einer
Art von Geschichtsschreibung erheben. Indes die wenigsten Gegenstände von
wahrhaftem historischen Interesse dulden diesen Übergriff und das mit ihm
Terbundene Schwanken zwischen freier Erzählung und methodischer Prüfung;
je verwickelter die Vorgänge sind, je regere Beziehungen einzelner Funktions-
reihen zu einander im geschichtlichen Verlaufe eines bestimmten Organismus
auftreten, um so weniger wird es gelingen, den schmalen Weg der Ver-
mittlung zwischen Darstellung und Forschung sicher einzuhalten.
In unsem nunmehr abgeschlossenen Studien handelte es sich um einen
nach ursprünglicher Zusammensetzung wie geschichtlicher Entwicklung gleich
^komplizierten Organismus. Die gesamte materielle Kultur ist in ihrer Ent-
m
wm
ISchlurs. _ i486 —
faltun^ von tausend natürlichen Vorbedingun^eo abhängig; ihre Teilentwit-b-
lungen iu Wirtschaft, Recht untl Verfassung unterliegen einer gegenseitigen be-
ständigen und kamii llbersehbaren Einwirkung, in welche zudem der in ewiger
Unibildiing hegriffene Charakter der sozialen Schichtung unablässig eingreift;
und nicht minder drückt schliefslich jede Errungenschaft der idealen Kultur
in Glauben und Wissen, in Dichtung und Kunst den materiellen Kräften ihren
Stempel auf. Wer sollte es da wagen, forschend und darstellend zugleich in.
das Labyrintli all dieser Beziehungen einzudringen. Der alleinige Weg
methodischer Erforschung ist hier am Platze; erst nach wiederholten Anläufen,
und zahlreichen Untersuchungen paralleler Entwicklungsreihen in verschiedenea
Gegenden des deutschen Bodens wii-d eine Darstellung des Entwicklungsganges
im Sinne der Geschichtsschreibung möglich sein.
So war es unsere Aufgalie, in der Geschichte der materiellen Kultur auf
bestimmtem Boden bestimmte Entwicklungsreihen untersuchend zu verfolgen
und dabei die Anordnung der Untersuchung so zu treffen, dafe in der Reihen-
folge der einzelnen Darstellungen immerhin schon jene hauptsächlichsten Stufen
ihrer Entwicklung zur Gellung gelangen, welche eine spätere reiue Geschichts-
dai'stellung aufzustellen haben würde. Von diesem Gesichtspunkte aus wurde
nach einer Feststellung der Zustände Ältester Zeit auf Grund der fränkischea
Volksrechte zunächst die Entwicklung der autonomen Wirtschaftskräfte erörtert!
die Besiedlung, wie sie vornehmlich durch Einzelkräfte und deren korporativea
Verband eingeleitet und durchgefühlt ward, die Entwicklung der Bevölkemng-
und deren Si-tbstständige Wirtschaftsorganisation in Markgenossenschaft und
Agran'erfassung. War so eine Übersicht der autonomen Bildungen erreicht, in.
deren Kreisen <lie nationale Wirtschaftsarbeit während des gesamten Mittelalters
überwiegend verlief, so trat von selbst die Frage auf, wie sich denn das Ergebnis
dieser Arbeit in Charakter und Höhe der Landeskultur ausgedi-ückt habe. Die
Antwort konnte freudig lauten: schon im 8. und 9. Jh., in höherer Staffel im
12. und 13. Jli. eigiebt sich eine bedeutende Aufspeichei-ung wirtschaftlicher
Kräfte, welche der anhaltenden Arbeit der einzelnen Volksgenossen zu ver-
danken ist. Diese Kräfte mufsten nun geordnet und dadurch erst völlig
nutzbar gemacht werden : eine Notwendigkeit, welche naturgeniäfs zur wirtschaft-
lichen Bevorzugung hervorragend energischer Naturen und sozial besonders-
hochstehender Mächte führte. So drängten die Erörterungen über die Landes-
kultur zur Untersuchung der autoritären Bildungen, welche sich auf Grund der
schon stärker angesammelten volkstümlichen Wirtschaftskräfte entwickeln mufsten.
Hier trat uns, der naturalwirtschaftlichen Zeit des 8. und 9. Jhs. entsprechend,
vor allem der Grofsgrundbesitz entgegen ; wir verfolgten die auf ihn vornehm-
lich gestützte Ausbildung erst pseudopolitischer Befugnisse, daim territorial-
staatlicher Hoheitsrechte unter dem gleichzeitigen Verfall des nationalen Staates,,
und wir erk;mnten in der grundheirlichen Organisation die erste grofse vor-
bereitenile Tiiat zur Entwicklung des modernen Staates.
Wenn min aber in der Reihenfolge unserer Teiluntersuehungen doch
— 1487 — Schlufs.]
schon die Hauptzüge der geschichtlichen Gesamtentwicklung zum Ausdruck
gelangten, so ist es verlockend, der damit gegebenen Anregung jetzt etwas
weiter zu folgen. Gewifs wird es möglich sein, unter zeitlicher Anordnung
mancher Thatsachen, welche sich in den bisherigen Teiluntersuchungen mehr-
fach nach sachlichen Gesichtspunkten zerstreut finden, ein allgemeines Bild
der materiellen Entwicklung des platten Landes im deutschen Mittelalter zu
geben. Es mag sein, dafs sich in diesem Bilde mancher lokale, nur fUr die
Moselgegenden zutreffende Zug finden wird. Aber dieser Fehler wird durch
die Vorteile tiberboten, welche eine Zusammenstellung gleichzeitiger, in unseren
Untersuchungen an verschiedenen Stellen behandelter Thatsachen für deren
gegenseitige Erklärung und Begrenzimg und damit auch für das Verständnis
der gesamten Entwicklung bieten kann. Zudem entspricht es dem Gefühl des
Verfassers, am Schlüsse einer Jahre hindurch andauernden imd mit mancher
Mühe verknüpften Arbeit das Ergebnis derselben wenigstens nach der einen
und anderen Seite hin allgemein festzustellen.
Blicken wir von der Schlufsepoche unserer Forschungen um anderthalb
Jahrtausende rückwärts, auf die Zeiten des Cäsar und Tacitus, so erscheint um
diese Zeit die Nation noch nicht geeint, ja der Begriff der Nationalität ist kaum
vorhanden. Die Völkerschaft ist nahezu das alleinige Gefäfs des politischen
Lebens; kaum mehr wie 30000 bis 40000 Seelen werden durchschnittlich
einen gesonderten Staatskörper gebildet haben. Dieser Zustand dauerte bis
tief ins 8. und 4. Jh. hinein, bis die Ül>erreife des bisherigen politischen Systems,
die Notwendigkeit zusammenfassender Organisation gegentiber dem jahrhunderte-
langen Andränge der Römer, das langsam erwachende Verständnis der gröfseren
staatlichen Organismen im feindlichen Westen, endlich und wohl vor allem der
den Völkerschaften an sich innewohnende Drang zur Ausbildung umfassenderer
Verbände im Sinne einer nationalen Einheit zur Entwicklung der grofsen
deutschen Stämme führte.
Diese Stämme aber beherrschen nun vom 5. Jh. ab grundlegend für alle
weitere Entwicklung mehr als ein halbes Jahrtausend der deutschen Geschichte.
Ei*st im 11. Jh. erhält der Zug zur nationalen Einigung einen völlig ge-
sicherten sprachlichen Ausdruck in dem Worte Deutsch, das von nun ab den
Sondersinn ,zum eigenen Volk gehörig' annimmt ; und erst um die Wende des
12. und 13. Jahrhunderts singt Walther von der Vogelweide ein erstes Lied
voll wahi'haft nationalen Stolzes.
Diese langsame und systematische Durchreifung des Volkes der germa-
nischen Völkerschaftsepoche zur deutschen Nation des hohen Mittelalters wurde
durch die Begrilndung der merowingischen Monarchie und die Entstehung des
occidentalen Weltreichs der Karolinger nur modifiziert, nicht unterbrochen.
Die merowingischen Herrscher blieben stets weit davon entfernt, ein Reich
einheitlicher Verwaltung zu schaffen, etwa in auch nur gröbster Anlehnung an
jene eindringliche Regierungsform des Kulturstaates, welcher vor ihnen über
diese Gegenden gewaltet hatte: ihr Reich trug, vornehmlich in Deutschland,
[SchluTs. — 1468 —
die, wenu auch aiigeschwächten, so doch immer noch gent^end gekeDiizeichiieten
Merkmale der eiDfacbeii pei-Bönlichen Despotie. Diese Könige herrschten, sie
regierten nicht; die deutschen SlÄmnie waren ihnen wenijrer uuterthan als
unterworfen. Stanimesart und Stauimeshofs wurdeu von der Zentralstelle des
Reiches aus niedergehalten, nicht ventichtet: noch blieben die alten Stani-
niesgewalten beateheu, noch lebte teilweis der alte Adel aus Tölkerschaftlicher
Vorzeit in den ül)errheinischen Stämmen fort. Auch der Herrschei^eist Karls
des Grofeen hat das Stammesleben der deutscheu Nation dem Staate mehr
ein- als untei^ordnet : indessen stand doch in seinem Reiche, das interterri-
torial und international dem uneiTeiehbaren Ziele einer Verwirklichung des
römischen kultuojesättipten Staatsideales nachstrebte, der Sachse gleichberech-
tigt neben dem Aquitanen, und Aleuiannen wie Bayern und Italer unterlagen
derselben Behandlung. Es ist eine mit strengem Wohlwollen geleitete Schul-
zeit von fünf bis sechs Generationen, welche die gärenden Nationen des
Abendlandes seit den ersten Ti^:en des grofsen Kaisers und Pftilagogen dui'Ch-
uiachen; eine Periode, die diese Nationen zu selbstilndigem Leben Ijefdhigt
und ihnen auf ihre Sonderpfade die zunächst vielfach unverstandenen, erst im
Laufe von Jalirhunderten zu reichster Frucht erwachsenden Lehren einer höber
stehenden Kultui- mitgiebt. Mit rasch wachsendem Einflufs hatte der Karo-
liugeretaat die ilufeersten Enden des Occidents unifafst, fem vom Zeutrum traf
er in Italien wie Irland -England auf die noch immer lebensfrischen Reste
klassischer Bildung und zog sie an sich: Paulus Diaconus wie Alkuin folfrten
mit gleicher Liebe dem kaiserlichen Rufe. So entstand am Hofe ein Brenn-
punkt klassisch-röndsclier, auf ganz andere Kulturverhältnisse wie die der
Gegenwart berechneter Anschauungen; eine vorfrOhe Renaissance kam zum
DurchbriK'h. Karl der Grofse versuchte, diesen Sti-ebungen litterarisch wie
sozial und politisch Fleisch und Blut zu geben: seine Staatsanschauung ist die
imperatorische, sein Ideal der allen Kulturinteressen oifen stehende Staat
höchster Kulturrpochen , nicht der primitive Staat germanischer Friedens-
wahrung. Unberechenbar reich ist das Erbteil, welches der grofse Kaiser der
Ausbildung der abendländischen Nationen in der Erinnerung an seinen Staat
mit auf den Weg gab, wenngleich die praktische Durchführung seiner Politik
vor allem an der natural «irtscbaftlichen Lethargie der Zeit scheitern mufste:
nicht umsonst erscheint Karl das ganze Mittelalter hindurch als Heiliger der
Kirche, als Held der Sage, als unerreichbares Ideal des christlichen Herrschers,
bis die naturliche, die aus der Erfüllung der Zeiten geborene Renaissance seine
Ideen zur Wirklichkeit gebar und sein Staatsideal, soweit es anging, verkörperte.
Es ist nötig, sich diese allgemeinen ZUge unserer nationalen Entwicklung
zu vergegenwärtigen, will man anders zu einem vollen ^>rstänc^nis der Be-
deutung der germanischen Völkerschaft als keimartiger Teilfonn des späteren
Stammes- und Volksstaates gelangen.
Aber war die Völkerschaft des ersten Jahrhundei-ts vor und nach Christus
Überhaupt ein Staat? Ging ihr Wesen nicht vielmehr so sehr in der Heeres-
_ 1489 — Schlafs.]
Terfassung auf, dafe sie nur als militärisch geordneter Volksteil im Wander-
verhältnis zu fassen ist?
Aus der Möglichkeit, diese Frage überhaupt aufzuwerfen, entnehmen wir
die Thatsache, dafe innerhalb der Völkerschaftsverfassung militärische Gesichts-
punkte von gröfster Bedeutung gewesen sein müssen. Und in der That, sehen
wir von dem Nomadenzustand der Germanen ab, wie ihn noch Posidonius bei
Strabo schildert und wie er notwendig zur Vorstellung eines reisigen Volkes
nach Art asiatischer Steppenhorden führt: auch noch in der Zeit des Cäsar,
ja fünf Generationen später in der Schilderung des Tacitus erscheint der
Germane vor allem als Krieger, und sein Staat nur als politischer Ausbau
der Heeresverfassung.
Man hat den germanischen Staat eine Demokratie genannt: eine Be-
zeichnung, welche schon in Anbetracht der Thatsache, dafe die politisch-tech-
nischen Ausdrücke der Griechen keiner niederen, sondern einer sehr hohen
Kulturstufe angehören, der wirklichen Sachlage nicht entsprechen' kann. Die
Bezeichnung führt al)er in noch \iel weiterer Ausdehnung irre. Der Umstand,
ob der völkerschaftliche Staat mit oder ohne monarchische Spitze schlofs, ist
ft\r die Beurteilung nebensächlich: das dm'chgehend Bezeichnende bleibt
vielmehr das gegenseitige kameradschaftliche Verhältnis der Volksgenossen.
Noch fühlen sich alle Freien als Genossen 6ines Heeresverbandes, noch herrscht
unter ihnen kriegerischer Korpsgeist, noch beruht die Stellung aller Staats-
beamten auf ursprl\nglich militärischem Vorzug. Ja noch mehr : zu Cäsars Zeit
beruht die wirtschaftliche Thätigkeit des freien Volkes zu nicht geringem Teile
noch auf Speerenserb, auf Beuteauszug und Beuteteilung; erst in zweiter Linie
kommt die Okkupation der natürlichen Gaben des Landes in Jagd und Fisch-
fang, in Wonne und Weide, und endlich gar erst in dritter Linie der Acker-
bau in Betracht.
Diese Abstufung des nationalen Erwerbslebens erzeugt den richtigen Vor-
stellungskreis für das Verständnis der ältesten und für immer grundlegenden
Vorgänge unserer Wirtschaftsentwicklung. War der Germane vor allem
Krieger, war er gewöhnt, Beutestücke mit seinen Genossen als Ennerbsstücke
kameradschaftlich zu teilen, so lag ihm nichts näher als der Gedanke, auch
die eudglUtig erlangte Heimat als wohlgewonnene Beute anzusehen und
zu behandeln. Das ist die Auffassung: der Grund und Boden ist Beute wie
anderer Kriegserwerb : er gehört dem völkerschaftlichen Heere, aber jeder Freie,
jeder Kamerad hat ein wohlerworbenes Anrecht auf seine Nutzung. Die
Nutzungen der Kameraden sind dann natürlich unter sich gleich, gleich, wie
die Stellung der Durchschnittsfreien im Heere, wie die gemeine Freiheit über-
haupt, wie der Genufs von Luft und Licht und Wasser. Nur der Befehlshaber,
der militärisch vorgezogene Adlige, ist auch bei der Landbeuteverteilung be-
vorzugt: der gröfseren Verantwortung, der schwereren Pflichterfüllung dort
entspricht hier ausgedehnteres Recht und reicherer Vorteil. Aber die Gnmd-
lage aller Verteilungen und Berechtigungen, für die Freien wie den Adel, ist
ISdilußi. — 1490 —
die pleiche: Freiheit ist noch ein rechtlicher wie wirtschaftlicher Begriff; frei
ist nur der vollberechtigte Heeresgenosse mit ganzem Anteil an der Staats-
verfassung lind mit vollem GenuTs an den Schätzen der Heimat.
Dies die grundlegende Änschnuunc. Wie verhielt sie sich zum Erwerb
von Grund und Boden? Wie wurde das Recht des Heeresgenossen auf Land-
beute wirtschaftlich zur Geltung gebracht?
Das älteste Zeitalter, wie Cäsars Aufzeichnungen dasselbe schildern, weifs
noch nichts von der einzig gearteten Bedeutung des Grundes und Bo<lens in der
Reihe der wirtsehaltlichen Güter; es betrachtet ihn wie jedes andere Beutestück;
ja es wirtschaftet mit ihm gleichsam als Fahrhabe unter der Voraussetzung nur
vorübergehender Sefshaftigkeit. Denigemäfs hütet man sich ängstlich vor jeder
Feststellung von Einzelrechten ; nur der Völkerschaft im ganzen, dem gesamten
Heeresauszug der Freien wird ein uumittelbai-es Eigentumsrecht am Grund und
Boden zugeschiieben ; das Volksgebiet ist noch Volkseigentum im priviitiwht-
lichen Sinne. In diesem Gebiete erhält dann der einzelne Freie sein Nutzungs-
atück von Staats und Heeres wegen nur von Jahr zu Jahr zugewiesen; die
Beuteverteilung auf den Einzelnen erfolgt auf Zeit und wird nach jeder Nutzung^
wideiTufen. Aber wie man jede Beute von selten der Heeresleitung nicht
sofort an die einzelnen Krieger verteilt haben wini, wie man noch heute inner-
halb gröfserer Heereskörper Rationen von der Zentralstelle aus nicht an den
gemeinen Soldaten direkt, sondern zunächst an Unt4:'rabteilungen ausgiebt, so
&nd auch die Landanweisung nicht an liie einzelnen Freien, sondern an mili-
tärische Unterabteihmgen zu weiterer Verteilung statt. Diese Unterabtei-
lungen waren die Hundertschaften: Heereskörper von mäl'siger Stärke, vrelche
durch selbstständigen Zusanuneiiti'itt mehrerer Gt'schlcchter — bisweilen wühl
auch nur durch 6in Geschlecht — und freiwilligen Anschlufs aufserlialb ihres Ge-
schlechtsverbandes stehender Freier an diese Geschlechter gebildet wurden. So
war Gliederung und Funktion des Heeres für die Verteilung der Landnutzung
einfach genug: die grofse Heeres- und Volksvereammlung wies als Inhaberin der
Souveränität und Eigentümerin des Volksgebietes den autonom gebildeten Heeres-
kör|)ern der Hundertschaften von Jahr zu Jahr Land an; die Hundertschaften
aber besorgen die Unterverteilung, für welche die gleiche Ausstattung jedes
gemeinfreien Heeresgenossen oberster Grundsatz blieb.
Man kann es nicht verkennen: diese Einrichtung hat etwas Vorläufiges,
sie betrachtet das Völkerschaft^iebiet noch kaum als Heimat, sie sieht in ihm
noch keine bleibende Stätte. Aber die ileutsche Geschichte in den ersten Jahr-
hunderten nach Cäsars Kriegen hob diese Voraussetzung auf. FUe Römer
schlugen die germanische Kriegs- und Beutelust in eherne Bande; ein Heer
von bOOOO Kriegern, das gröfste, welches Rom je aufgeliracht, gab der be-
ständig festgehaltenen Politik, die Germanen in festen Sitzen zu halten,
unwiderstehlichen Nachdruck. So geschah, was die (jeriTianen noch zu Cäsars
Zeit für undenkbar erklärt haben würden: die Völkersi- haften wurden unver-
— 1491 — Schlufs.)
brtichlich sefshaft, sie erhielten eine Heimat. Was war natürlicher, als dafs sie
nun wirklich heimisch wurden?
Tacitus unterrichtet über die Vorgänge, welche diese Entwicklung einer
vollen Sefshafügkeit begleiteten.
Bisher hatte sich die Völkerschaft als privatrechtliche Eigentümerin des
Gebietes angesehen, welches sie als Kriegsbeute gewonnen hatte; nunmehr
beginnt der staatsrechtliche Gesichtspunkt aufzudämmern. Zwar behält sich
die verfassungsmäfsige Völkerschaftsversammlung, dieses Organ der gesamten
Völkerschaft, auch jetzt noch die gelegentliche Verfügung über jeglichen Grund
und Boden vor — ein Hoheitsrecht, welches später mit andern Rechten gleicher
Ableitung, wenn auch in stets mehr abgeblafster Form, an die fränkischen
und deutschen Könige übergeht — , aber von der regelmäfsigen , periodischen
Verteilung des Bodens tritt sie zurück. An ihre Stelle tritt in dieser Hinsicht
die Hundertschaft. Wurden in früherer Zeit die Hundertschaften in jährlich
wechselnder Weise über das Völkerschaftsgebiet zur Wald- und Weidenutzung
und auch zum Anbau verteilt: jetzt sitzen sie für immer fest auf dem bei der
letzten Teilung gewonnenen Land : sie besitzen nunmehr dies Land kraft Eigen-
tums und mit den Folgen desselben in wirtschaftlich freier Verfügung
und Vererbung. Nicht mehr der Staat ist jetzt Eigentümer des Landes — er
macht nur noch allmählich verschwimmende Obereigentumsrechte geltend — :
die Hundertschaften vielmehr sind nunmehr Eigentümer und Disponenten.
Über die Art der hunrteitschaftlichen Verfügung ül)er den Gnmd und Boden
giebt Tacitus einige ausführlichere, leider mehrfacher Auslegung ausgesetzte
Nachrichten. Wie man aber auch ihren Wortsinn deuten mag, sie sind nicht
zu verstehen ohne gewissenhafte Erwägung des allgemeinen wirtschaftlichen
Zustandes der germanischen Zeit. Man wird sich vergegenwärtigen, dalis die
Gebiete der einzelnen Hundertschaften, wie verschieden immer ihre Aus-
dehnung gewesen sein mag, doch auch bei Anwendung des mäfsigsten Durch-
schnittes kaum unter einer Quadratmeile geblieben sein werden; dafs sie
mit Wald und Weide, mit Bruch und Moor bedeckt waren; dafs die Be-
dürfnisse der einziehenden Hundertschaft wohl nirgends zu hastiger Urbarung
nötigten. Das Land entsprach im ganzen dem Lebensstand seiner Bewohner;
erst mit der Hebung des letzteren konnte eine arbeits- und kapitalfordemde
Besserung des ersteren eintreten. Aber erst die Sparsamkeit von vielen Ge-
schlechtem schuf ein geringfügiges Anlagekapital, und erst eine Jahrhunderte
umfassende Bevölkerungsvennehrung bot die erforderliche Masse menschlicher
Arbeitskraft. So wird die erste Nutzung des Landes seitens der sefshaft ge-
wordenen Hundertschaften nur oberflächlich zu denken sein: die okkupa-
torische Thätigkeit in Jagd und Fischfang, in Holzhau und Weide stand im
Vordergrund, die produktive im Ackerbau bildete nur einen aufis bedächtigste
zu erweiternden Anhang.
Und war der Einzelne überhaupt imstande, auf dem Gebiete der Ur-
produktion den ungebrochenen Kräften der ewig sprossenden Waldwildnis, des
tScülufB. — :4(12 —
Ubermfttig ansehwellenden Stroms Widerstand zu leisten? Gegen fiuTsere Feinde
hatte die Hundertschaft als militärisch geschlossene Unterabteiluivg, als Kriegs-
genossenschaft genieinsam gekämpft; sollte sie diesen Kampf niüht auch ate
Wirtschaftsgenossenschaft aufnehmen gegen jene feindlichen Mächte der Un-
kultur, welche sich der Deutsche noch lange genug im wilden Wald verkörpert
hausend dachte?
So geschah es: als Gemeinde eines abgeschlosseueu Gebietes, als Mark-
genossenschaft sorgte man fClr gemeinsamen Schutz des Weideviehs vor den
Angriffen der Waldtiere, traf man gemeinsame Vorrichtungen zum Fischfang,
rodete, ja sftete und erntete man vielleicht anfangs gemeingani. Damit war die
markgenossenschaftliche Wirtschaft in wesentlichen Punkten eine Gemeinwirt-
schaft; und es ist nur eine unmittelbare Folge dieses Zustande», wenn dem ein-
zelnen Markgeuossen noch keinerlei festes Eigentum aufser seinem Hofe, aufser
der eigenen Wobnstätte zugesprochen ward.
Allein altmählich wurde man immer mehr sefshaft. Hatte die Mai'kgenoBsen-
schaft zunächst in gemeinsamem Ringen gegen die neidischen Naturgewalten
der Mark das Wirtschaftsgut der Wohnlichkeit erstritten, so konnte jetzt der
Einzelne auf Grund dieses Erwerbs in Frieden und ohne Slönmg seine persön-
lichen Kräfte versuchen; er konnte MUhe und Kapital dem Boden einverleit»ea
und durch eben (liese Thätigkeit dem Lande einen Wert anfilrücken, den es
bisher eicht besafs. Die Arbeit der Genossenschaft wurde immer Ulierflüssiger,
der Erfolg des Einzelnen immer sicherer und darum sein Eifer immer gröfser;
die Einzelperson begami die Genossenschaft zu Überholen.
Eine wirtschaftliche P^ntwicklung, welche nicht ohne rechtliche Folgen'
Weihten konnte vor allem auf dem Gebiete der Agrarverfassung. denn
gerade im Ackerbau — weit weniger, ja in jener Urzeit wohl kaum bemerkens-
wert in der Weide- und Waldwirtschaft — besiegte der Wettbewerb des Ein-
zelnen die genossenschaftliche Thätigkeit. Nun hatten bisher nach der wahr-
scheinlichsten Auslegung der einschlägigen Quellenstellen die Fejdstreifen inner-
halb der Gewannen jährlich in der Nutzunj; der einzelnen Markgenossen
gewechselt; die Markgenossen hatten also einen festen Ackerbesitz nicht, statt
dessen nur feste Ackemutzungsteile gehabt. Dieser Wechsel der Feldstücke
höi-te jetzt unter der immer stärkeren Befiiiclitung derselben durch Arbeit und
Kapital imd der damit Hand in Hand gehenden Differenzierung ihi-es Wertes
auf; der Einzelne erhielt festen Besitz, ja er erhielt mehr, er erhielt neben
seinem festen Hofeigentum festes Ackereigentuni.
Individualeigen an Grund und Boden! Das war das letzte, notwendige
Ergebnis der Besiedlung; mit seinem Auftauchen schliefst das erste Zeitalter
der nationalen Wirtschaftsentwickluug. Das Eigentum an Grund und Boden
war binnen wenigen Jahrhunderten herabgesunken vom Staat auf die Hundert-
schaft, von der Himdertschaft auf den Hundertschaftsgenossen. Welchen
grundstUrzenden Umschwung aller materiellen Verhältnisse mulste nicht diese
Difterenzierung des Grundeigens nach sich ziehen.
I
I
— 1493 — Schlufs.]
Es ist der p:eringste Schaden, dafe mit diesem Prozefe die alte ver-
teilende Wirtschaftsthätigkeit erst des Völkei-schaftsstaates, dann der Hundert-
schaft aufhörte: beide erlahmten und verrosteten langsam, den Rädern einer
Maschine gleich, welcher die bewegende Kraft genonnnen ist. Die bewegende
Kraft aber, welche nun vermifst ward, war das ungebundene Kriegerdaseia
der Vergangenheit. Bauer werden und Landeigentümer werden hängt in der
(jeschichte unserer Urzeit ebenso zusammen, wie Krieger sein und eigentums-
los oder wenigstens besitzlos sein an Grund und Boden.
Indes mit dem Schwinden des Kriegerdaseins ging der Halt der alten
Verfassung überhaupt verloren; sie war aus der Heeresverfassung erwachsen,
wie konnte ihr Aufbau bestehen bleiben, wenn die Grundlage schwankte und
endlich hinwegschwand? Es liegt uns fem, den ganzen Vorgang dieses Absterbens
auch auf politischem. Gebiete zu verfolgen ; seit dem Übergang der Landver-
teilung auf die Hundertschaft und dem damit verbundenen Wegfall jeder wirt-
schaftlichen Funktion der politischen Zentralstelle kann die Entwicklung der
politischen Verfassung unser Interesse nur noch mittelbar gewinnen. Wie aber
stand es mit den Hundertschaften?
Sie waren ursprünglich Heereskörper. Noch mehr: sie waren zugleich
die untersten Körper der Gerichtsverfassung. Der Krieger, welcher seine
Kameraden gegen den äufseren Feind schützen half, hatte Recht wie Pflicht,
sie auch gegen jene Angriffe zu verteidigen, welche sie innerhall) des Staates
trafen; er sorgte für den Frieden nach aufsen wie im Innern, er war Krieger
zugleich und Uileiler. Heeresverfassung und Gerichtsverfassung fallen zu-
sammen; sie treffen sich in demselben Rahmen, jede Heeresabteilung ist
auch Gerichtsabteilung. So auch die Hundertschaft. Und die Grundlage
dieser Einrichtung war in der kameradschaftlichen Gleichheit der Freien ge-
geben. Nun war die Hundertschaft aber auch Mark, d. h. Wiitschaftsgenossen-
schaft: auch für dieses Gebiet setzte daher die kameradschaftliche Gleichheit
dieselben Rechte und Vorteile, d. h. die wirtschaftliche Gleichheit aller Ge-
nossen voraus. Diese Wirtschaftsgleichheit war bisher kraft der landvertei-
lenden Thätigkeit der Markgenossenschaften auft-echt erhalten worden, und
sie hatte in einem gleichen und auf alle Söhne freier Krieger in gleich
grofser Ausdehnung vererblichen Anspruch jedes Markgenossen auf Bodennutzung
ihren Ausdruck gefunden. Nun trat das Individualeigen an Grund und
Boden ein, der bezeichnete Anspruch verblafste bis zur Bedeutungslosigkeit, die
wirtschaftliche Gleichheit und damit die kameradschaftliche Gleichheit, die
Gi-undlage des Staates der Urzeit, hörte auf. Wir sehen von den Folgen
des Vorgangs nach oben hin, von der Notwendigkeit eines veränderten
politischen Systems hier ab: für die Hundertschaft aber unterlie^rt es nach
Lage der geschilderten Entwicklung keinem Zweifel, dafs die alte Har-
monie militärischer, gerichtlicher und wirtschaftlicher Leistungen und In-
teressen unter dem Einflufs entstehenden Individualeigens an Grund und Boden
[Schlufs. _ U94 —
echon mit dem Schlüsse der Völkerschaftsepoche, mit dem Beginn der Stamme*:"!
zeit fUr iminer gestört war.
Die Bewegung: griff aber Boch tiefer, sie (franü; hinali bis zu den unterstes
Wurzeln alles sittlichen Zusammenlebens, sie erfafste Geschlecht und Familie.
Der Staat der Völkerschaftsepoche zeijrt nnch nach vielen Richtungen
hin den Charakter einer jugendlichen, unvollendeten Bildung; Ziel und Zweck
des politischen Zusammenlebens sind erst roli, im äufsersten Umrisse erhaimt;
die staatliche Thatigkeit geht fast panz im Friedensschutz nach aufsen und
innen auf, ja noch ist der Grundsatz staatlicher Friedeiiserhaltung im Imieru
gegenüber dem leidenschaftlichen Eigenwillen der Einzelperson kaum zui' vollen
Geltung pebraclit. Nichts bezeichnet diesen uranfilnglichen Charakter des
gennanischen Staates besser als die Bedeutung der Geschlechtszusammenhänge
innerhalb seines Bei-eiches. Die Zeit war noch nicht völlig vergessen, in
veleher der Staat g^eusätzlich zum Geschleehtszusainmenhang und sciiwAelter
als dieser bestand; noch schimmerte sogar l)i8 ins 5. Jh. nach Chr. in der
Ordnung und LebensäuTsening des Geschlechts die älteste Fonn staatlich-
genealogischen Zusammenlebens deutlich genug durch <ias lockere Gewebe der
modern-staatlichen Funktionen.
Einst war das Geschlecht der Staat; die Natuniiaclit des Blutzusamnien-
hangs bilndigte zuerst die rohen Leidenschaften des Einzelnen, lieh dem
Schwachen Schutz und wehrte der Übermacht, Alle fördernden Mächte des
Daseins, sittliche wie materielle, standen damals allein unter der Obhut des
Geschlechts : das Geschlecht regelte das Verhilltnis des Einzelneu nach aufseo
bin, gegenüber allen fremden, dem Geschlecht nicht angehörenden Leuten, es
entwickelte eine starke Strafgewalt im Sinne einer Rechtsprechung im
Innern, es ordnete die Verteilung und Vererbung des materiellen Besitzes. Es
bildete einen rechtlich-politischen Verband nach aufsen, einen rechtlich - sitt-
lichen und einen wirtschaftlichen Verband nach innen.
Verbände, deren Wirksamkeit, wenngleich beschi-änkt und verdunkelt,
doch auch nach der Entstehung des kriegerischen Völkerschaftsstaates, ja so-
gar innerhalb der Stannnesverfassung fortdauerte. Hier finden wir, wenigstens
in frankischem Land, das Geschlecht geordnet nach Familien und eiuem diese
umgebenden weiteren Verwandtenkreis der nächsten drei Generationen: schon
schMt sich als schliefslich allein in alter Festigkeit verhan^ender Keni aus dem
Gescldecht die Familie in Elteni und Kindern aus, aber noch steht um sie
als schützende Hülle, als wehrender Nimbus die Sippe der nächsten di-ei
Generationen. Und ftlr diese Ordnung des Geschlechtes dauert noch immer
die Restthätigkeit des alten politisch - genealogischen Verbandes fort. Auch
jetzt hat der neue Staat noch nicht die alleinige Erziehung und Aufsieht,
die volle Rechtsgewährung und den einseitigen Schutz der Einzel])ei-son
übernommen; gerade in den gefiihrlichsten Lagen tritt das Geschlecht
noch vennittelnd zwischen Staat und Individuum. Und das Geschlecht be-
dient sich dazu der abgeblafsten Funktionen seiner alten Verbandsfoniien.
— 1495 — SchlufsJ
des äufseren Rechtsverbandes wie des inneren sittlichen Verbandes wie end-
lich des Wirtschaftsverbandes. So ist es zunächst der natürliche Schützer und
Verteidiger der Geschlechtsgenossen im Rechtsgang mit Nichtgesippten ; es ge-
währt die Eideshilfe, es zahlt die Restsunime des Wergeides im Falle der
Zahlungsunfähigkeit des schuldig befundenen Genossen, wie es auch einen
Teil des für einen erschlagenen Sippengenossen zu zahlenden Wergeides er-
hält. Nicht minder - und vermutlich in viel umfassenderer Weise, als unsere
Quellen das erkennen lassen — regelt das Geschlecht die inneren Verhältnisse
der Genossen, soweit sie unter den Gesichtspunkt der Geschlechtsehre und
der Geschlechtsdisziplin fallen. Nach salischem Recht kann ein Gesippter eine
Geschlechtsgenossin, welche durch standeswidrige Heirat die Ehre ihres Ge-
schlechts l)efleckt, ohne weiteres niederschlagen; ganz allgemein äufsert sich
die Thätigkeit des Geschlechts in dieser Richtung mindestens in einer wohl-
ausgebildeten Obervormundschaft der Gesamtsippe ül)er unmündige Frauen.
Was aber hier unser Interesse vor allem fesselt: in allen diesen Fällen
handelt zunächst die Familie, der engere Kreis des Geschlechtes; erst in
zweiter Linie, zum Zweck der Aushilfe, tritt der weitere Kreis der Ver-
wandten in Thätigkeit. Und eben diese Gliederung des Geschlechtes, unter
dem Erstarken des Staates für den rechtlichen und sittlichen Schutz der Ge-
nossen allmählich verblassend, gewinnt an Festigkeit und sicherer Durch-
bildung für die wirtschaftlichen Aufgaben. Hier war ein Feld, auf welchem
der Staat seit dem Schwinden völkerschaftlicher Landverteilung in Cäsai-s
Zeit grundsätzlich unthätig blieb; hier konnte das Geschlecht mit freier
Hand um so mehr leisten, als die wirtschaftlichen Interessen seit erlangter
Sefshaftigkeit unendlich zu wachsen begannen.
Nun hatte eine Wirtschaftsordnung des Geschlechts selbstverständlich
schon vor aller Sefshaftmachung bestanden. Ihr klarster Ausdmck ist die
Erbfolgeordnung. Diese Erbfolgeordnung hatte aber nur für Fahrhabe gelten
können; innerhalb dieses Gebietes statuierte sie unter dem obersten Grund-
satze eines Gesamtol)ereigentums des Geschlechtes den Übergang des vor-
handenen Besitzes von einem Genossen auf den anderen in bestimmter Stufen-
folge nach der Zugehörigkeit zu Familie und Geschlecht, und berücksichtigte
hierl)ei Männer imd Weiber in gleicher Weise.
Wie aber, als nunmehr, nach erlangter voller Sefshaftigkeit, Ginindeigen-
tum entstand ? Liefs sich die alte Erbfolgeordnung auf die neuen Vermögens-
objekte ohne weiteres anwenden?
Das salische Recht antwortet mit dem Rechtssatz: de terra nuUa in
muliere hereditas. Der Grund für dies neue Recht liegt auf der Hand. Land
war Beute, und Beute gehört nur dem Krieger. Von jeher hat der Deutsche
den Begriff der Freiheit nicht nur rechtlich, sondern eben so sehr wirtschaftlich
gefafst: voUfi-ei ist nur, wer das volle Recht des Staatsbürgers und die zur
Ausübung dieses Rechts nötige wirtschaftliche Selbständigkeit besitzt Politische
ISchlufB. — 1496 —
Freiheit und Landbesitz, Kriegsbereitseliaft um) Befu^is zur Rechtssprechnnpr
das alles sind unzertrennliche Vürstellunp^n des 6ineii gennaniiichen Freiheits-
tiemifstseiiis. So konnte nicht einmal die blofee Frage auftreten, ob die Weibw
erbberechtigt in Gmndeigen seien: solange die Veifassuiigsgrundsätze der
Völkerschaftszeit bestanden, war je{ier in dieser Richtung verlaufende Ge-
danke thöricht.
Aber diese VerfassungspiTiudsilty-e schwanden; die Übereinstimmung-
wirtschaftlicher und kriegerischer, politischer und jurisdiktioneller Inter-
essen im gennanischen Fi-eiheitshegniff löste sich. Wenn der Freie sein
Land nicht mehr kraft |>eriodi8cher Verteilung als Krieger, sondeni ohne
eine Gegenleistung an den Staat kraft gemeinrechtlicher Vererbung besafs,
wenn sein Grund und Boden nicht mehr Nutzungsland unter Volkseigen,
sondern Erbeigeu — wohl gar in fremder Nutzung — war: konnte es
dann noch gerecht scheinen, die Weiher von der Erbfolge in einen so wesent-
lichen Besitzteil des Erbes auszuschliefsen , wie es das Laudeigen war und
immer mehr ward?
Ein Edikt König Chilperichs vom J. 574 Iftfst die Weiber auch zur Erb-
folge in Land zu. So war die alte wirtschaftliche Ordnung des Geschlechts-
verbandes, wie sie in der Erbfolge ihren vornehmlichsten Ausdruck fand,
nunmehr auch für Landeigen eingeführt : jetzt hatte der Grundsatz i\er'
Sefshaftigkeit voll gesiegt, jetzt ei-st war der unumschränkte Begriff des privaten
Gnmdeigens unabhängig von jedem Aufbau politischer Pflichten gewoonen..
Damit endet eine der denkwtti-digsten Umwandlungen unserer Wirtschafta-
geschichte Überhaupt: noch vor sechs Jahrhunderten nur Gesamteigen, jetzt
schon I'rivateigen an Grund und Boden, und in Zukunft ein stets energischerer
Kampf beider Fonuen und ein stets vollerer Sieg der letzteren. Es sind Gegen-
sätze entfesselt, deren Härten man nimmer völlig ausgleichen kann, um deren
Grenzbestinuuung von nun ab auf immer der heifse Streit sozial auseinander-
strebender Interessen entbi-ennen wini; aber es ist auch ein Fortschritt erreicht,
der allein zu höherer materieller und damit auch geistiger Kultur befShigt.
Fieilich, die hergebrachte Wirtschaftsordnung wurde durch diese Um-
wälzung zu Siechtum und Tod verdammt. Diese Ordnimg knüpfte sich
an die Hundertschaft-Markgenossenschaft. Nicht als ob sie nnt ihr völlig und
ansschliefsend identisch gewesen wäre: der hunderlschaftliche Verband mili-
tärisch-politischer und wirtschaftlich-autonomer Inteivssen , dieser eigentüm-
liche Rahmen, in dessen Fassung sich von unten emiioi-gewachsene Wirt-
schaftsoiyanisationen und von oben her durchgeftlhrte staatliche Einrich-
tungen in mannigfacher Kreuzung trafen, Übei-stand auch diesen Anstunn;
noch Illieb seine örtliche Ausdehnung und der wesentliche Umfang seiner
LebensäuTsenmgen ungestört. Um so stärker wurden die I'ei-sonen, die Ge-
niissen des Verbandes getroffen. Das Erbrecht fordeile gleiche Verteilung des
viiterlichen Gi-undeigens, der nur öinem Hansstand zugemessenen Hufe, auf
alle Kinder; da hätte bei völlig folgerichtiger Anwendung desselben schon die
i
i
— 1497 — Schlufs.]
zweite Generation hungern, die dritte verderben müssen. Man half sich mit Aus-
künften ; die eine oder andere Generation hindurch vermied man die Realteilung
oder halbierte nur, viertelte höchstens ; vor allem aber mufe das Mittel der Aus-
wandemng jüngerer Kinder , unter thatsächlichem Vorzugsrecht eines , zumeist
wohl des ältesten Sohnes auf das väterliche Erbeigen , ergriffen worden sein.
Und die Auswanderung war noch kein Abschied auf weite Feme und Nimmer-
wiedersehen. Rings um die spärlichen Ansiedlungen der Väter lockte noch Wald-
geheimnis, tiberall zog sich verschwenderische Waldfalle meilenweit hin in die
Berge oder die Ebenen abwärts bis zur nächsten nachbarlichen Siedelung. Furcht-
los drangen die jungen Söhne in das Dunkel, bald hallte der W^ald von kräftigen
Axthieben wider, hoben sich Wolken dunklen Rauchs über die Wipfel : und aus
Brennen und Roilen entstand eine neue Heimat der Enterbten. Was die
Söhne so begonnen, das setzten Enkel und Enkelkinder fort ; in regelmäfsigem
Pulsschlag trieb jede absterbende Generation den gröfsten Teil der neu er-
wachsenden in den Wald, und in reifsendem Fortschritt entwickelte sich der
Ausbau des Landes. Jahrhunderte mag diese Bewegung, hier früher, dort
später einsetzend gedauert haben; nur der Charakter der Ortsnamen deutet
noch heute in oft rätselhafter Kunde auf Zeit und Gang dieser Entwicklung;
aus der Merowingerzeit und dem Anfang der karolingischen Herrschaft, dem
Hauptzeitalter dieses Ausbaues, dringt kaum 6ine unmittelbare Nachricht über
sie zu uns herüber. Und doch mufe diese emsige Arbeit von Tausenden, dieser
tägliche Kampf mit dem wilden Wald, diese Umschaffimg des deutschen
Landes zur brauchbaren Grundlage höherer Kulturentwicklung als eine der
wichtigsten Thatsachen merowingisch-karolingischer Zeit bezeichnet werden.
Indes die für unerschöpflich gehaltene Vorratskammer des Waldes leerte
sich dennoch; die Marken wurden im Laufe einiger Geschlechter ausgebaut,
die Welt war vergeben. Es blieb nur die Teilung übrig. Jetzt setzte der
Grundsatz einer für alle Erben gleichen Erbfolgeberechtigung am Boden
mit Macht ein; die festgeschlossene Wirtschaftseinheit der Hufe wurde zer-
spellt, die Hufenverfassung begann zu verfallen, die wirtschaftliche Grundlage
der alten Freiheit ging verloren.
¥Ai\ trauriges, aber auch seitens der Zeitgenossen nicht völlig unerwar-
tetes Ende; schon in einigen jüngeren Bestimmungen des salischen Rechts,
vorab in dem Titel De migrantibus ist es vorausgesehen. Und mehr noch;
es sind Vorkehrungen getroffen, ihm überhaupt vorzubeugen; ein erster Ver-
such prophylaktischer sozialwirtschaftlicher Gesetzgebung liegt vor. Es wird
bestimmt, dafs aufsermärkische Volksgenossen innerhalb einer Markgenossen-
schaft zur Siedelung und Landnutzung nur unter Zustimmung aller Markgenossen
zugelassen werden sollen: die Mark wird geschlossen. Es ist, von wirtschaftlicher
Seite aus gesehen, eine kräftige Gegenwirkung des in seinen inneren Lebens-
äufseiiingen schwankend gewoi*denen Wirtschaftsinstituts der markgenössischen
Hundertschaft g^en störend wirkende äufsere Einflüsse, dem Kerne nach keine
andere Mafsregel, als die Schutzzollpolitik der spätmittelalterlichen Städte und
Lamprecbt, DenUcbei WirtschafUleben. I. 95
[Sciihir», — 1498 —
der absolutistischeil Staaten des 17. und 18. ,Ihs. Einen audem Eindruck
hinteilälst die Betrachtung vom sozialpolitischen Standpunkte aus: wir begepnen
hier zum ei-stennmle der fllr das deutsche Mittelalter bezeichnenden Mafs-
repel genossenschaftlichen Schlusses, dem Gedanken, die wiitschaftliche und
soziale Grundlage eines bestinunten Standes durch prinzipielle oder nahezu
prinzipielle Anaschliersung aufsti-ebender Ungenossen zu sichern. So sehliefst
sich später der geistliche Stand wenifTstens in den Klöstern, so schliefsen sich
die ministerialischen Genossenschaften unti die Zünfte — und so verknöchern
sie -insgesamt. Im Zeitalter aufstrebender Tüchtigkeit haben alle diese Ge-
nossenschaften jede Kraft willkoranieu peheifsen, Raum flu- alle ist ihre Losung
gewesen ; nunmehr, nach erreichter wirtschaftlicher Höhe und erlanjrteni sozialen
Typus, schreckt man junge Kräfte ab, zieht sich in sich ein, schreitet nicht
mehr vorwärts und K^ht deshalb zurück. Das gilt füi' die tjseheinuugett
des späteren Mittelalters wie für die urzeitliche Markgenossenschaft schon seit
dem Beginne des 6, Jlis.
Die Ausscliliefslichkeit wirkte natürlich nicht im beabsichtigten Sinue.
Der König hatte nut der alten Staatslioheit der Völkei-schaftsversaninilung ein
freies Veifttgungsrecht Über allen Grund und Boden erworben. Dies Boden-
regal war in frühmerowingischer Zeit noch nicht verblafst, es hatte sich noch
nicht in Wüstenei und unwegsame Waldgegend geflüchtet, es konnte noch auf
jeder Mark zur Durchführung gelangen. Nun war dies Recht freilieh ursprüng-
lich wohl imr im Sinne eines Äufeichtsrechts bezw. eines Besseningsreehts
bei llni-egelmäfsigkeiten der markgenössischen Verfügungsvorgange über Grund
und Boden gemeint Wie aber, wenn es die Frankenkönige anders aus-
nutzten — wenn sie es zur Ausstellung von Rodepatenlen , zur Einweisung
begünstigter Freien in eine beliebige Maik in Anwendung brachten? So ge-
schah es. Überall treten Inhaber königlicJier Rodebriefe auf, nehmen auf
Grund ihrer Urkunden Land in den Marken in Anspi-uch, bauen und ernten,
ohne (iafs diesem Vorgehen ein markgenössischer Widei-spruch hätte entgegen-
treten können. Und das neue Briefland dieser Privilegierten l>efand sich nicht ia
der engen Gemengelage des markgcnössischen Besitzes, behindert im Aul>au
und verzettelt für die Bestellung — frei lag es im Walde, zusanimenliängend,
einheitlich kultiviert, nur dem Wii-tschaftswillen des Besitzers unterthan. Es
war individuales Rottland, und daiimi wirtschaftlich freier, als das alte ge-
nossenschaftliche Rottland markgenössischen Besitzes.
Aber auch einfache Markgenossen konnten sich wenigstens nebenher die
Vorteile solchen Rottlandes verschaffen. Nichts war im Wirtschaftsgetriehe
der alten Markgenossenschaft weniger sicher geregelt, als die individualen
Nutzungen am Gemeinbesitz in Weide und namentlich Wald. Noch stand
eine Übei-fülle jeglichen Waldwuclises zur Veifügimg, noch war es eher ge-
meines Verdienst, als genossenschaftlicher Nachteil, wenn jemand den Wald-
wuchs beschränkte, sengte und rodete. So stand die individuale Nutzung
des Waldes, ja die Üherfühning von Waldareal in I'rivateigen jedem frei, der
die hierzu erforderlichen Wirtschaftskräfte besafs. Eiue weitherzige Anschauung,
I
— 1499 — Schlufs.]
welche die besseren Wirte innerhalb der Genossenschaft in die ausgiebigste
Praxis umsetzten: bald erhob sich Neuland aus Wald und Sumpf, junge
Fluren gesonderter Äcker und Wiesen entstanden neben den alten Feldern
der maikgenössischen Gemengelage, und auch für sie galt die Wiitschafts-
freiheit des königlichen Brieflands.
Diese Wirtschaftsfreiheit zeigt aber nur 6ine Seite der vorteilhaften Be-
dingungen alles gerodeten Aufsenlandes ; zu ihr tritt noch eine rechtlich privile-
gierte Stellung. RotÜand war kein Erbeigen. Stand das Erbeigen unter dem Bann
des Geschlechtsobereigentums, war seine Vererbung obligatorisch, seine Ver-
äufserung unzulässig : die Errungenschaft im AuTsenland kannte diese Schranken
nicht. Im Rottland entsteht zuerst veräufserungsfähiges Grundeigen, von ihm
aus entwickeln sich zum erstenmale iniierhalb des deutschen Rechts die
Formen der freien Landübertragung und des Rechtsganges für Behauptung
und Einklagung von Grund imd Boden. Man erkennt die Bedeutung
dieses Fortschrittes: jetzt erst entwickelt sich ein Verkehr mit Ginmdstücken,
wird die Verteilung des Grundes und Bodens nicht blofs von der Wirkung des
Erbrechts, sondern auch von der Wirkung wirtschaftlichen Wettbewerbs in
Kauf und Verkauf abhängig. Nun erst bedeutet der gute Wirt in voller
Wahrheit mehr, als der schlechte: der urzeitliche Standpunkt wirtschaftlicher
Gleichheit als eines unumgänglichen Bestandteils voller politischer Freiheit ist
überwunden, die Aussicht auf eine soziale Gliederung des Volkes nicht mehr
nach militärischen oder politischen, sondern nach wesentlich wirtschaftlichen
Motiven gewonnen. Zunächst aber mufste eine wenn auch langsame, so doch
nach Endergebnis und weiteren Folgen ungeheure Umwälzung der Grund-
eigentumsverhältnisse das Ergebnis dieser Voi-gänge sein.
Wie gestaltete sich das Schicksal der Freien innerhalb dieser Ver-
schiebung ? War ihre Kraft noch zur Ausdauer gestählt in diesem Umschwung,
war ihr Mut noch ungebrochen, ihre Umsicht noch allseitig, wie einst in den
Schlachten der Urzeit?
Mit dem Eintritt der fränkischen Monarchie hatte sich die Lage der
Freien, auch abgesehen von den wiilschaftlichen Vorgängen innerhalb der
Markgenossenschaft, von der Einwirkung individualen Immobiliareigens und
freien Bewerbs in der Erringung von Grundeigen , ganz aufserordentlich ver-
schoben. Und nicht blofs die Änderung des politischen Systems, noch mehr
die Einwirkungen der hohen Kultm* der Provinzialen auf den germanischen
Eroberer tinigen die Schuld an dieser Verschiebung. Victi victoribus leges
dederunt: das römische Wort hat sich stets bewährt, wo eine Minderheit
barbarischer Sieger kulturübei-sättigte und darum schwache Völker zu beherr-
schen suchte.
Der Deutsche, welcher ständig in die Provinzen einrückte oder ihren
Einflufs in anderer Weise dauernd erfühl*, war noch von jenem urkräftigen
volkstümlichen Egoismus durchdrungen, der nur die Volksgenossen als volle
Menschen anerkennt, und dem sogar die idealen Interessen der Religion nur
95*
[Schlufä. _ 1600 —
in nationaler Ausgestaltung zugänglich ei-scheinen. Es bedurfte einer kosnio-
politisch-kii-chlichen Entiehung von mehr als anderthalb Jahrtausenden, ehe
diese trübe und gewaltthfttige Empfindung, diese Leidenschaft des natioiiateji
Egoismus zu dem Nationalstolz unserer Tage abgeklärt wurde. In der Ur-
zeit aber führte sie in der Praxis vor allem zu der Erscheinung, dafs jeder
dauernd unter dem Volke lebende Nichtvolksgenosse , soweit er nicht unter
Gastrecht stand, ursprünglich als Sache, als unfrei betrachtet wunle. Wer
im Volke lebt , aber nicht zu ihm gehört , wer seiner Volkszugehörig-
keit sich durch Verkauf hegiebt, wer kriegsgefangen der Heimat zugefüliri
wird, der ist unfrei, der unterliegt gleicli dem Vieh rein sachenrechtlieher
Behandlung.
An sich waren auch die Provinzialen in gennanischem Sinne Kriegsgefangene.
Liefs sich aber der altnationale Grundsatz gänzlicher Verkennung der Menschen-
wüi-de auf sie anwendend Schon in der germanischen Heimat hatte sich eine
Lücke in der i-eclitlichen Auffassungsweise der Unfreien ei^eben; immer wiedea*
brach doch bei diesen Sachwerten der Mensch durcli ; es hatte Unfreie gegeben,
deren Menschenqualitilt infolge dieser oder jener hervorragenden Eigenschaft
niclit geleugnet werden konnte, und für sie wm- man zm- Anerkeimung eines
}Ialbstandes der Hörigen üliei^jegangen. Jetzt, bei der Eroberung der IVo-
vinzen, lag es nahe, den hochgebildeten Unterworfenen die Stellung etwa der
Hörigen anzuweisen. Damit waren die Provinzialen der gerinaniscben Stande»-
gliederung der Form uach eingeordnet : der Sache nach zerstörten sie dieselbe.
Wie konnte es gelingen, die grofse Mehrzahl der Bevölkerung, eine ganze Summe
reich ausgebildeter sozialer Schichten, ein ganzes Volk mit einer durch hohe
Kultur unendlich weit entwickelten Al)8tufung von PHicht unfl Kecht in die engen
Schranken eines germanischen Halbstandes zu zwängen! Wie sollte es auf
die Dauer möglich werden, die ständische Überlegenheit des gennanischen
altfreien Hufeiibesitzers Ober den latifundienreichen römischen Tributarius zu
wahren! Wie konnte überhaupt in einein Lande alter Kultur mit seinen sozial
individualisierenden Anfordenmgen die ständische Gliederung eines Acker-
bauvolkes gewahrt werden , das nomadischen Zustünden noch kaum ent-
wachsen war!
Wenn sich aber die soziale Schichtung vei-schob, so konnte das nur zu
Ungunsten der eingewanderten Germanen geschehen. Nicht i-echtlicher, wesent-
lich wirtschaftlicher Natur war in den von Rom verlassenen Prorinzen die Gi-und-
lage der sozialen Gliederung; dieser Grundlage niulste sich nunmehr auch die
Stellung des deutschen Eroberers anbequemen. Wirtschaftlich war der Gemiane
angehender Ackerbauer; auf diesem Gebiete galt er nicht eben mehr, als seine
Unfi'eien, und oft recht viel weniger, als die neben ihm ansässigen I'rovinzialen.
So näherten sich in der neu erstehenden Stufenfolge sozialer Schichtung Frei
und Unfrei germanischer Herkunft, jene unvei-söhnlichen Gegensätze iler Urzeit ;
und nicht selten erhob sich die soziale Lage des Provinzialen über sie in be-
merkenswertem Abstände.
_ 1501 — Schlufs.]
Man kann einwenden, der Deutsche habe gleichwohl durch seine Teil-
nahme am politischen Leben einen besondeni, auch sozial wirksamen Nimbus
behalten. Aber diese Teilnahme bestand nicht mehr im alten Sinne. Die
Kechte des Freien waren verdunkelt, zusammengeschnimpft, mehrfach in Lasten
verwandelt, die Pflichten waren nicht nur geblieben, sondern verdoppelt.
Krieger zu sein, auf Beute in fremde Lande zu ziehen, war bisher nicht blofs
Ehre und Recht, sondern Gewinn gewesen; kein Germane würde den Heeres-
dienst allein aus dem Gesichtspunkte der Pflicht heraus verstanden haben.
Jetzt hatte der Speererwerb aufgehört, die Kriege hatten politische oder
königlich-persönliche, nur selten der groUsen Menge der Freien unmittelbar ein-
leuchtende Gründe , das Aufgebot führte auf Wochen und Monate fernab von
der Heimat, und die BewaJ9&iung für den Feldzug, einst billig, jetzt mit vielem
Eisen ausgestattet und theuer, war nur mit Mühe zu erschwingen. Nicht
anders stand es mit dem Gerichtsdienst und dem Verhältnis des Freien zur
Rechtssprechung überhaupt. Der Gerichtsdienst war zur Last geworden, die
Urteilnahme vor dem Volksgericht bildete den wahren Ruin der Freien, welche
die durch Veränderungen im Münzsystem ihrem Werte nach außerordentlich
erhöhten Bufssätze der alten Volksrechtsbestimmungen kaum noch aufzubringen
vermochten. Und zu den aus alten Rechten erwachsenen Pflichten kam ein
ganzes System neuer staatlicher Anforderungen, welche zwar nicht alle unmittelbar
aus der römischen Verwaltung entnommen, doch aber römischen Verwaltungs-
anschauungen entsprechend entwickelt wurden : die Sorge für die Beherbergung
königlicher Gäste, die Arbeit an Wällen und Burgen, an Strafsen und Brücken,
und die Übernahme sonstiger Dienste zur notdürftigen Erhaltimg der staat-
lichen Kulturanlagen römischen Ursprungs. Diesen Lasten erlag der freie
Deutsche ; seine bevorrechtete Stellung ward zur Plage, sein Recht zur Pflicht,
seine Freiheit zur Abhängigkeit von unbegriflfenen staatlichen Anforderungen.
Die Aufrechterhaltung einer glänz- und vorteilslosen Freiheit seitens der
politischen Gewalten war keine Wohlthat mehr, sondern ein weiterer besonders
eindringlich wirkender Anlafe zum Verfall des altfreien Standes.
So ging die germanische Freiheit ruhmlos zu Grunde ; wirtschaftlich zer-
rüttt^t, sozial zurückgestofsen, politisch vernachlässigt sank sie in sich zusammen,
eine wilde Pflanze, die auf ganz anderen Boden, unter ganz andere Kultur-
bedingungen vei-setzt keine Möglichkeit des Gedeihens und der Anpassung findet.
Die Freien der Urzeit waren die Nation als solche gewesen; es hatte
keinen eigentlich sozial führenden Stand, nur militärisch und politisch führende
Adlige gegeben. Jetzt war durch Verschmelzung mit der Gliederung der
Pro\inzialen eine reiche soziale Schichtung eingetreten; die Freien versanken
in deren Tiefen, und die Frage nach der sozialen Führung durch hervor-
ragende Gruppen des Volkes erhob sich zum erstenmale in der deutschen
Entwicklung.
Sie wurde in doppelter und doch 6iner Antwort erledigt: Kirchenadel
und Laienadel traten an die Spitze der nationalen Standesbildung. Bis tief
ISchlufs. _ 1502 —
in die iiieiowiiigische Zeit hinein waren die Bischöfe von der unto-worfenen ,
^ro^^nzialbevölker^ng gestellt worden ; die alten senatorischen Familien Gallien» '
erscheinen gleichsam in einem Erbanrecht auf die ersten geistlichen Stellen.
Keine Thatsache kann besser die Stellung des kirchlichen Adels auch dann
noch bezeichnen, als an Stelle römischer Geschlechter deutsche Sippen in den
Besitz der Bischofsstühle gelangt waren : der hohe Klerus ist keine zunächst a
den Tiefen des volkstÜnJichen Lebens entwickelte Erscheinung ; er ist der hervor- 1
ragendste Ausdruck des zeitlichen Imports so vieler Emingensehaften aus der J
hohen Kultur der Römerzeit, sein Dasein venuittelt Vergangenheit und Gegen- J
wart : in diesem Teil des neuen Adels leben starke klassische Tendenzen fort. [
Aber Mst sich nicht annJÜieind gleiches auch von dem welllichen Adel der
fränkischen Epoche, dem si)ilteren hohen Adel der deutschen Kaiserzeit behaupten ?
Aus dem Amt war er erwachsen ; der Vertretung königlicher Verwaltungshoheit
verdankte er sein Ansehen. Diese Verwaltungshoheit aber war kein germa-
nisches Vennächtnis; mochte ihre Ausgestaltung in den Grafschaften noch so
roh sein und noch so wenig an die zu den feinsten Graden der Amtsunter- 1
Scheidung entwickelte Hierarchie der römischen Kaiserzeit erinnern: immer |
blieb doch der Gedanke einer grofseu Vollzielnmgsgewalt des Königs auf dem j
Wege der Verwaltung der Endepoche klassischer Staatsbildung abgelauscht.
So stutzte sich der neue Adel in jener Zeit der Zweiteilung weltlicher
und geistlicher Bestandteile, deren Kampf das eigentliche Mittelalter erfllllen
sollte, doch anfangs fast gleichmäfsig auf das Fortlehen römischer Kntwicklungs-
lichtungen: gerade indem er, gestOtat auf die königliche Macht, dieselben in
den ei-sten .Tahrhuuderten fränkischer Slaatsbüdung energisch vertrat, wurde
er zum Adel,
Da ist es nun von besonderem Interesse zu sehen, wie dieser Adel, über-
mächtig zunächst durch Vorgflnge politischer und politisch -kirchlicher Natur,
doch sofort die Notwendigkeit begreift, sich materiell auf der Grundlage der
nun einmal eingetretenen Wirtschaftsentwicklung zu befestigen. Keine der
gröfseren Aufgaben, welche noch für den Verlauf der Wirtschaftsentwicklung
im ersten Jahrtausend unserer Geschichte zu lösen sind, würde wohl mehr
Befriedigung gewähren, als eine Untersuchung der Voi^änge, in denen die
reichen kultursatten Provinzen des Imperiums, welche von (len Germanen l>e-
setzt wurden, wiilschaftlich auf eine von ihnen schon längst tiberholte Stufe
materiellen Daseins hinabsinken. An Stelle eines fast bis zur Kreclitwirt-
schaft entfalteten Wirtschaftslebens Erscheinungen einer mäfsig vorgeschrittenen
Naturalwirtschaft unter gleichzeitigem Fortleben des ausschweifendsten, nur
häfslich ins Barbarische verzerrten Wohllebens hoher Wirtschaftsepochen,
neben Rönierstrafsen mit ihren Posfreiais Brennkultur und nomadenartige
Weidewii-tschaft, neben den verlassenen Trünmiem alter Grolsstädte elende
Hütten, neben den Villenvorstädten dieser Zentren mit ihrer einstigen Garten-
kultur, ihren Wasserleitungen und ihren Ziersträucheni wüst bebaute Kfarken
in Feldgraswirtschaft voll stauender Nässe und wildwachsenden Buschwerks;
_ 1503 — Schlufs.]
das sind einige der Gegensätze, welche diese Epoche in sich vereint. Und
aus diesem Zeitalter germanischer Einwanderung schlägt sich schliefslich eine
Periode fast reinster und ursprünglichster Naturalwirtschaft nieder, in welcher
das germanische Element und seine Wirtschaftsthätigkeit siegen; Karl der
Grofse versucht vergeblich eine Hebung des Handels durch Strafsenbauten, wie
durch Anbahnung einer rationellen Münz- und Handelspolitik, sogar auf land-
wirtschaftlichem Gebiete haben seine vemmtlich römischem Vorbild entnommenen,
jedenfalls der höheren Kultur der Vergangenheit angepafsten Vorschriften über
den Domanialbetrieb kaum grölsere Erfolge gehabt.
Wie konnte dem Adel bei dieser Lage der Dinge der Gedanke nahe
treten, seinen materiellen Stützpunkt anders, als auf naturalwirtschaftr
lichem Gebiete zu suchen. Grund und Boden wurde bald der hervorragendste
Wertgegenstand der Zeit; ihn schenkte man der Kirche, mit seinem Ertrag
wurden die Grafen imd andere Beamte besoldet. So bestand beiderseits ein
Kern übertragenen oder geliehenen Bodens; an ihn knüpfte geistlicher und
weltlicher Adel an, um einen weitreichenden Grofsgrundbesitz zu entwickeln.
Bis ins 7. Jh., ja über diese ftllheste Zeit urkundlicher Sonderbeglaubigung
hinaus reichen die Bestrebungen zur Schaffung von Gro&grundbesitz zurück ; erst
in späterer Zeit übersehen wir das volle Ergebnis. Da erscheint fast ein Viertel
bis ein Sechstel des gesamten Landes eingefettet; 12®/o des besten Landes vom
Gesamtareal sind aulserdem im Besitze des Königs ; und kirchlicher Grundbesitz
von mindestens 9000 bis 18000 Morgen in 6iner Hand ist gewöhnlich, solcher
von 30 000 bis 60 000 Morgen keine Seltenheit. Und wie dicht ist nicht dieser
Grofsgrundbesitz aneinander gelagert! An der Mosel zählt man bis zum 13 Jh.
mindestens 80 einheimische und ebensoviele fremde Grofsgrundbesitzer ; im
16. Jh. aber wird ein Drittel alles Landes als ritterschaftlich bezeichnet;
mindestens ein weiteres Drittel wird den geistlichen Genossenschaften zuzu-
rechnen sein.
Es leidet keinen Zweifel, dafs ein solcher Gro&gnmdbesitz bei geschlossener
Lagerung der einzelnen Herrschaften von gar nicht abzuschätzender Gefahr für
die nationale Entwicklung gewesen sein würde. Allein eine solche Lagerung
wurde durch das altbegründete System der Hufenverfassung gänzlich aus-
geschlossen : eben in jener Zeit, in welcher die Freien der steigenden Macht
des Adels zum grofsen Teile zum Opfer fielen, hat die von ihnen früher ge-
schaffene Agrarverfassung mit ihrer Gemengelage, ihren individuellen und kollek-
tivistischen Rechten des Einzelnen die Nation vor der Gefahr einseitiger Boden-
absperrung ganzer Gegenden durch den Adel bewahrt. Nur für die noch be-
stehenden Urwälder liefs sich eine solche Absperrung — und auch hier nur in
der Form königlicher Einforstung — durchführen ; im übrigen war der Adel auf
Hufenerwerb, das heifst auf Ackererwerb in Streulage, angewiesen. Und es fehlte
viel, dafs derselbe Grundbesitzer das Ganze oder die Mehrzahl der Hufen eines
bestimmten Dorfes in seiner Hand vereinigt hätte. Bei dem hastenden Wettbewerb
geistlicher und weltlicher Mächte auf engbegrenztem Räume war es vielmehr
1504 — ^^^H
gewöhiilidi , (lafs mehrere Erwerber in deiiiBelheii Dorfe zuffleidi iFn^^
faTsten: bis zu einem Dutzend unil rtaiilber Zierden sie später iin gleichen
Orte angetroffen. Die Folge war eine Streulage nicht blofß der Äcker im '
Hufenbesit/, sondeni auch der Hufen im üüterbesitz: nirgends bildeten sicJi "j
Grofsftüter nach Aii unserer Rittergüter iu wenisen Ortschaften, llberall nur
einfaches Hufeueigentuiii iu günstigenfalls der Mehrzahl aller Dörfer einer tie-
stjmmten Gegend.
Schon diese Lage schlofs den landwirtschaftlichen Grofsbetrieb aus. Und
wie hatte man ihn auch sonst im Zeitalter etwa iler Karolinger auiiiehmeo
sollen! Wo sollten sich die noch heute seltenen Meisler finden, welche den
verwickelten Mechanismus eines unifangreiclion Rittei^tes aufzustellen ver-
mochten, wo die Gehilfen, um iliesen Mechanismus in Gang zu brinp;eii
und in Betrieb zu erhalten? Es konnte nicht der Sinn der adligen Grofs-
grundbesitzer sein, ihr Gnindeigen in Regie auszunutzen. Und hätten sie die
Regio aufnehmen können, sie würden in ihr keinen Vorteil gesehen haben.
Der GiTuid und Boden war für sie nicht Gegenstand vornehmlich wirt-
schaftlicher Ausbeutung, so wenig wie er es heutzutage für die englischen
Lords ist; er war zunächst politisches Machtmittel. Durch Austhun des .
eigenen und mehr noch des aufgetragenen Grundbesitzes Macht über die Ge- \
meinfreien zu erhalten : das war der in erster Linie verfolgte Zweck. Und so i
traf sich die in der Natur der Volkswirtschaft gegebene Beschränkung mit denJ
politischen Zielen des Adels in dem ^inen Punkte leihweiser Einweisung voij
Freien in die Hufen des zei-streuten Grofsbesitj^es, soweit diese nicht von Uu^
freien bearbeitet wm-den.
Die vereinzelte Einweisung schlofs alter eine Organisation anderer Art
nicht aus. Konnte man den Gnmdbesitz nicht wiitschaftlich organisien?n, so
gliederte man die Grundbesitzer sozial ; vertnigen die zei-streuten Hufen keine
gemeinsame Regelung, so war eine gleichartige Ordnung der bald freien, bald
minderfreien Hufenbaueni nicht unmöglich.
Und lagen nicht gerade in letzter Richtung die Handhaben für eine
allgemeine Regelung auf der Hand ? Die Unfmen wurden vom Herrn in ihi-en
Kräften, soweit sie Ackerbauer wan'n, schon seit Taciteischer Zeit nicht mehr
einseitig und ausschliefslich ausgenutzt; sie zahlten von ihrem Körper luid
zinsten von ilirem Gute; im übiigen waren sie wirtschaftlich nahezu frei. Jetzt
zinsten auch die beliehenen Freien vom Henengut. Was lag näher, als für
Freie und Unfreie die gleichen Erhebungsstellen ihrer der Wiilschaftsepoehe
gemafs in Arbeit und Naturaleraeugnissen erfallenden Abgaben zu errichten. Für
je einen Verband von etwa 12 bis 24 Streuhufen wunle auf einer dieser
Hufen eine solche Einnahniestelle errichtet; so entstand das Meieramt mit
seinem ministerialischen Vorstand: ihm unteistanden in wirtschaftlich gleicher
Unterordnung die Hufen der Freien wie der Unfreien. Freilich war damit
der Untei-scliied zwischen Frei und Unfrei noch keineswegs verwischt; noch
bestand für die Freien wenn nicht die alte Heerespflicht, so doch noch die
_ 1505 — Schlufs.]
andere Säule germanischer Freiheit, die alte Dingpflicht. Aber schon im
Laufe der späteren Karolingerzeit wurde auch sie erschüttert ; wie die Unfreien,
80 wurden auch die Freien schliefslich dem Meier des Grundbesitzers als
Richter unterstellt. Der Vorgang ist hier nicht genauer darzustellen, noch
weniger die fein abgewesene Ausgleichung unfreier und freier Pflichten und
Rechte zur Grundhörigkeit des eigentlichen Mittelalters, welche bei dieser
Gelegenheit stattfand M genug, dafs mit dem Beginn des 10. Jhs. die ehemals
fi-eien oder unfreien Leute des Grofegnmdbesitzes als Grundholde, die Grofe-
grundbesitzer als Grundherren in die deutsche Kaiserzeit eintraten.
Mit dieser Verwandlung beginnt die Blütezeit der deutschen Grundherr-
schaft in der Epoche der Sachsen und Salier. War schon früher das weitver-
breitete Gebiet der Meierhöfe mit einem Netze von Transportverbindungen
tiberspannt worden , welche die Leitung aller Zinshebestellen von 6inem Orte
aus, wie auch die Zusammenführung aller Überschüsse an diesen Ort, an den
Mittelpimkt der Grundherrschaft, erlaubten, so wurde dieses System . jetzt noch
vervollkommnet. Damit erstand in ihm das erste gröfsere, wirklich eigen-
ständige Verwaltungssystem des Mittelalters, eine Ordnung, innerhalb welcher
jeder einzelne Bestandteil völlig aus den Bedürfiiissen der Zeit erwachsen,
gänzlich der Naturalwirtschaft angepafst war. Und mit diesem System zugleich
bildete sich, ebenfalls aus der Grundherrschaft heraus, in der vollendeten
Ministerialität das erste gröfeere Verwaltungspersonal des Mittelalters. Eben
dieser Beamtenkörper ist für das System und die Epoche bezeichnend.
Noch handelt es sich hier nicht um den Begriff reinen Amtes; mit der Be-
gründung wirklicher Ämter auf der Grundlage von Naturaleinnahmen hatte
man in der Zeit karolingischer Naturalwirtschaft schlechte Erfahiimgen ge-
macht; die Grafen dieser Periode drohten bald nicht zum geringsten eben
dadurch zu freien Edelherren zu werden, dafs sie mit den Naturalrevenüen
sehr bald in den erblichen Besitz des Grundes und Bodens gelangten, aus
welchem jene erflossen. Ministerium aber heifst Dienst, nicht Amt: und in
der That nur auf unfreiem oder sonstwie personal gebundenem Dienst kann in
naturalwirtschaftlichen Zeiten eine wahre Verwaltung begründet werden.
Und da der Dienst, sei es in halbstaatlichen, sei es in staatlichen Verhält-
nissen, stets eine der wichtigsten Grundlagen der Standesbildung abgiebt, so
begreift es sich ohne weiteres, wie diese Ministerialität in ihrer Blütezeit, bis
zum Schlufs höchstens des 12. Jhs., zum wahren Ausgangsort der sozialen
Schichtung des hohen Mittelalters werden mufste: das Handwerk und teilweis
der Grofshandel, der niedere persönliche Dienst und die feinere Landeskultur
z. B. im Weinbau, die Ritterachaft und der Hofdienst, freie Bürger und Bauern,
niederer Adel und höheres Beamtentum des späteren Mittelalters entspringen
eben dieser Bildung. Sie selbst al)er mufste mit dem Aufkommen der Geld-
wirtschaft untergehen. Jetzt fand der unfreie Dienst keinen Platz mehr in
') S. oben S. 1150 ff.
[Sühlufä, — 1506 —
edlerer Beschäfti^ing ; die Ministerialitüt verschmolz mit deigrofsen Menpre der*
Vasallen, und aus den alten Begriffen des Lehns in Aintweise wie des Dieosteg
iu Amtweise entwickelte sich langsam im Verlaufe des 13. Jhs. durch das Mittel
des üienstlehena der wichtige Begriff des modernen Beauitentums mit freiem.
Gehalt, mit Ähset^barkeit auf Grund disziplinarischer Vergehen und mit un-
bedingter Ergebenheit an den Landesherm und dessen Vertreter.
Wir wenieu später auf diese Gedankem-eihe zurückkommen'; hier sei
sie schon angedeutet zum Beweise der entscheidenden Rolle, welche die Gmnd-
herrschaft, diese vollgültige Verkörperung naturalwirtschaftlicher Verwaltungs-
weise und Verwaltungsmöfiliehkeit, bei der Entwicklui^ der spatmittelalt^rliehen
Territorien gespielt hat. Die Entfaltung dieser Territorien, und mit ihneu die
Entwicklung der neueren Staaten, knüpft eben weniger an die politischen An-
schauungsreihen des mittelalterlichen Grofsstaates, als an die der Grundherrschaft;
an; die Grundhen'schaft, nicht das Reich, ist die Wiege des modernen Staatea.
Sehen wir aber vorläufig von diesen später reifenden Früchten der
gmndherrschaftlichen Entwicklung ab, Erfolgen, in welchen die GrundherrBChaft
sich selbst verzehrend aufging: auch die ihr seihst noch in den Schofs fallen-
den Früchte ihres Ausreifens bis zum Schluls der Salierzeit sind bedeutsam
genug. Schon mn die Mitte des 11. Jhs. geutl^en die bisher erreichten Be-
triehstlbersehüsse , um eine gleichmäfsig flotte imd dem vernünftigerweise
wünschensweiten Intensitätsgi-ade entsprechende Bewirtschaftung des Landes
zu sichern: nun bt^nnt dos Sammehi der lljerschüsse, die Preise fallen, das
Kapital mehrt sich , baukmäfsige Geschäfte werden mit ihm versucht ; alle
Vorboten der Geldwirtschaft kommen in Sicht, eine Zeit neui'n Aufschwungs
in ungeahnten Formen scheint in Vorbereitung.
Aber das Gegenteil tritt ein. Zwar treibt die alte Grundherrschaft noch
bis ins 14. Jh. hinein spärliche Siultblüten, aber im Ganzen ist ein immer
wichtigerer Verfall unverkennbar. Die Anhäufun-i neuen Besitzes dui-ch An-
kauf un<i Schenkung hört auf; statt dessen werden die femer liegenden Höfe
veräussert und die Eigenwirtschaften durch Verkauf in Einzelteilung oder dim:li
Verleihung der grofsen Hoffelder (Beunden) an die Hofgenossenschaften (Gehöfer-
scliaften) geschmälert, wenn nicht gar aufgelöst. Die lebendigen Beziehungen der
Zentralstelle zu den Meieränitem, der Meier zu den Hofgenossenschaften fallen
weg; statt dessen werden ilie alten Zinsverpflichtungen ihrer pei-sönlichen
Beziehung entkleidet und zu einfachen Renten umgewandelt und die Hufen-
und Hofländereien verpachtet: so wird der Meier zum Pacht- und Renten-
schreiber, die Zentralverwaltung zur Hauptbuchhalterei. In diesem Umsturz
der alten Verwaltung uiul ihrer Voraussetzungen aber sinken die Einnahmen
aus den Grundhen-schaften aufs heilloseste; um die Wende des 12. und 13. Jhs.
steht der Laienadel wie der hohe Klerus vor der drohenden Gefahr unaus-
bleiblicher Veranuung; bald tritt bei den geistlichen Genossenschaften die Ver-
-. 1507 — SchlufsO
ringerung der Personalbestände, bei dem Laienadel der von Geschlecht zu
Geschlecht schwerer lastende Fluch der Überschuldung ein; und am Schlüsse
des 13. Jhs. ist der geistliche wie der weltliche Adel politisch und moralisch
entartet, seiner führenden Stelle in der nationalen Entwicklung beraubt, in
denjenigen Gliedern, welche es nicht zum Territorialbesitz und damit zur
Landeshoheit gebracht haben, für lange Zeit dem Spott und der Verachtung
preisgegeben und jedes stärkeren Einflusses auf zivilisatorischem und politischem
Gebiete verlustig. An Stelle des Adels aber tritt triumphierend zunächst
das Bürgertum die Führung der Nation an; das 14. Jh. ist nach einem Aus-
druck Rankes die plebejische Zeit der deutschen Geschichte.
Die Ursachen aber, welche diesen jähen Verfall der Grundherrschaft be-
wirken, sind nicht einfacher Natur; ja es läfst sich überhaupt nicht kurzweg
von einem Verfall reden.
Wenn sich im 15. Jh. der monarchische Gedanke neben dem städtischen
Republikanismus erhebt, wenn er seit dem Schlufs des Mittelalters in der
Fonu des Absolutismus kraftvoll die erste Rolle in der deutschen Ent-
wicklung an Stelle des Bürgertums behauptet, so wird man sich zu erinnern
haben, dafs dieser Aufschwung der Tenitorien ohne ihi-e frühere imtrügliche
Fundamentierung auf grofee Grundherrschaften unmöglich gewesen wäre : die
grofeen Grundherrschaften haben in Aufopferung ihrer selbständigen Lebens-
bestimmung das Material zu den Territorien geliefert. Eben hiervon wird
bald noch genauer zu reden sein.
Allein auch solche Grundherrschaften, welche sich nicht zu Territorien
erweiterten, gingen zu Grunde. Es gab noch andere Anlässe genug, welche
zum Verfall der alten Grundherrschaft der Ottonen- und Salierzeit zusammen-
wirkten.
Schon die allgemeine politische Lage war den Grundherren ungünstig,
soweit sie nicht die Schwäche des Reichs zur Umwandlung ihrer Herrschaft
in ein Territorium ausnutzen konnten. Die grundherrlichen Güter waren weit-
hin zerstreut, die Grundholden nicht militärisch geschult und auf ihrem Streu-
besitz unfähig zu jeglicher Abwehr: da mufste der Mehrzahl der Grundherren
eine kräftige Reichsgewalt willkommen sein. Wie preisen die späteren Chronisten
der geistlichen Grundherrschaften die friedlichen Jahrhunderte der Ottonen
und ersten Salier; mit welcher Sehnsucht blicken sie auf diese Epoche wie
auf ein goldenes Zeitalter zurück. Seit Mitte des 11. Jhs. aber herrschte in
Deutschland Eisen und Schwert; die Gewaltigen des Reiches standen wider
einander und der Bauer war das Opfer ihres Zwists. Was thun bei der
Schwäche der Reichsgewalt? Man kam zum Gedanken örtlichen Schutzes. Hier
treten die ersten Gottesfrieden auf, hier erwuchs, teilweis auf älterem und
anders gelegtem Grunde, erst jetzt recht das verwickelte System der verschie-
denen vogteilichen Gewalten. Aber die Entfaltung der Vogteien brachte nur
auf kürzeste Zeit Milderung. War der allgemeine Reichsschutz ohnmächtig
geworden, so war der örtliche und persönliche Vogteischutz bald übermächtig ;
die Vögte «Tirden zu Vojitlierren, und ihr Schutz endete Sfhliefslich mit dO'a
Vergewalti;nui^ des Bevojjteten. Wie aber sollte imter solcheu allgemeiueo i
Vorgängen nicht die Organisation der Gnindherrschafteu gelitten haben? 1
Kicht minder wurde der gimulherrliche Onjanismus durch Verändeniugen 1
in seinem Innern lahmgelegt. A'on vielen anderen Ursachen abgesehen, seien i
hier zwei hervon-agende Gesichtspunkte betont. Die Hufeiiverfassung war wie
Anlafs des grundheiTlichen Bildungscharakters überhaupt, so auch Voraus- I
Setzung der grundhcrrliehün Organisation gewesen, lleni Meierarat unterstand I
eine Anzahl von Hufen. Von der Hufe wurde gezinst und gedient, sie war die ,
Veranlagungseinheit aller grundherrlichen Bezüge, Aber diese Einheit b&- I
gaun im 12. Jh. zu zerfliei'sen. Seit der ivarolingerzeit hatt<.'u die allen Hufen |
dem TeilunpbedUrfnis von mehr als einem halben Dutzend Generationen krSf- j
tigster Bevölkerungszunahme unterlegen ; jetzt war das Grundeigentum schon ]
sichtlich allgemein zersplittert; schon begann die Frage der Parzellierung der I
einzelnen Feldstücke immer dringlicher aufzutauchen: \'ereinzelt wurden zur I
Lösung der eingerissenen Verwirrung liereits Verkuppelungen durchgeführt. Unter I
diesen Umständen verschwand die Hufe langsam als Belastungsgrundlage, und J
keine neue feste Form trat an ihiv Stelle; zugleich wunlen die Grundholden in 1
ihren Mitteln beschränkter als bisher: war zu Beginn der Kaiserzeit noch di6 I
ganze Hufe das ordnungsmäfsige Bauerngut gewesen, so waren es am Schlujg J
des Mittelalters nur deren Hälften und Viertel. 1
Gesetzt aber auch , die Hufe hätte als Veranlagungspnmdlage die I
Stauferzeit und damit den Verfall der Gnindherrschaflen überlebt, so kann 1
man sich fast fragen, wer denn die Zinse und Lasten in alter Reselmüssig-
keit hätte vereinnahnieu und beaufsichtigen sollen. Denn auch der eigentliche
verwaltungsmässige Aufbau der alten Grundherrschaft begann um die Mitte des
12. 3hs. unheilbar zu erkranken. Die Ministerialität, dieser Bildungsboden der
meisten Verwaltungskräfte für die Zentralstelle wie für die örtlichen Hebestelleu
der GiTindherrschaft, hatte fast zwei Jahrhunderte in anfangs völlig unfreiem,
später nach genossenschaftlicher Weisung begrenztem Dienst der Grundherren
gestanden: jetzt steckte sie ihre Ziele höher. Ihr genossenschaftlicher Zu-
sammenhang, die im Wechsel der Geschlechter angehilufte Geschäftserfahrung, die
steigende soziale Würdigung ihrer Beschäftigung, vor allem ihr reisiger Dienst,
welcher ihr nunmehr Eintritt gewährte in die unter dem Hochdruck der
staufischen Politik in Gärung geratende Masse der Ritterschaft: das alles hob
ihr Selhstbewufstsein und begründete ihrer Ansicht nach einen Anspruch auf
wenn nicht rechtliche, so doch thatsächliche persönliclie Selbstbestimmung.
Wie aber liefs sich mit solchem Ideal der kleine Dienst im Meieramt und die
voraussetzungsioseAbhängigkeiteines Verwaltungsbeamten an der giTindherrlichen
Zentralstelle vereinen? Hielt der Grundherr am alten Recht fest, welches ihm
freie Verfügung über Person und Besitz des Alinisterialen gab, so suchte der
Ministerial einen Anhalt wider den Henn in dem Verdienst lauRJähriger
treuer Pflichterfüllung, und er verdichtete diesen Anhalt zur Auffassung der
— 1509 — Schlufs.]
Erblichkeit seines Amtes wie seiner Verdienste. Die Meierämter wurden so-
mit bald zu allodialen, bald zu vasallitiscben Erbämtem, und die Ämter der
Zentralverwaltung folgten dem gleichen Zuge der Entwicklung. Der Organis-
mus der alten Grundherrschaft stand still, er inkrustierte sich gleichsam, eine
Masse fremder Bestandteile setzten sich an den in Erstarrung geratenden
Gliedern fest und überwucherten den alten Zusammenhang in zerstörendem
Wachstum.
Man konnte durch Abkauf der Ämter aus den Händen der Ministe-
rialität und neue Vergabung — nunmehr völlig in Gehalts- und Amtsweise
— helfen wollen. Der Weg wurde teilweis eingeschlagen, der Erfolg war
gering. Denn nicht blofs die Organisation der Verwaltung war verfallen ; die
Grundlagen selbst, auf welche sie aufgebaut war, begannen sich zu ver-
flüchtigen.
Nimmt man die Kaufkraft eines bestinnnten Stückes Ackerland im 8,
bis 9. Jh. auf 100 an, so war diese Kaufkraft in der zweiten Hälfte des 12,
Jhs. auf 1184,3, im 13. Jh. auf 1671,3 gestiegen. Welchen Aufechwung be-
deutet die Reihenfolge dieser Ziffeni: es giebt kein Zeitalter deutscher Ge-
schichte, in welcher eine auch nur annähernd gleich reifsende Zunahme der
Grundrente nachzuweisen wäre. Gewifs wird auch vom 8. bis 13. Jh. die
Einverleibung von Kapital und Arbeit den Bodenwert wesentlich erhöht haben,
wissen wir doch von einem Fortschritt der Wirtschaftsintensität dieser Epoche
von einfachster Dreifelderwirtschaft bis zur Besömmerung der Brache. Allein
diese Erscheinungen erklären das aufserordentliche Steigen der Grundrente nur
zum geringsten Teile. Voll verständlich wird es eret im Lichte der Thatsache,
(lafs das 11. und 12. Jh.* die letzte grofse Ausbauzeit jungfräulichen Bodens
umschliefst. Man kann sich diesen Ausbau kaum energisch genug denken.
Nicht nur, dafs er an sich bei steigender Bevölkerung selbstverständlich war
— und die Bevölkerung vennehrte sich von 900 bis 1100 um mindestens das
Doppelte, bis 1200 um fast das Vierfache — ; auch die im Verhältnis zu an-
deren Preisen besonders hohen Getreidepreise der deutschen Kaiserzeit mufsten
ihn besonders begünstigen. So wurde denn in einem letzten grofsen Anlauf
die Heimat endgültig erobert; und hiermit wurde der wirtschaftliche Wert des
nationalen Bodens zum erstenmale wahrhaft übersichtlich und schätzbar. Als
übersichtlich und schätzbar aber erwies er sich zmn erstemnale auch begrenzt;
das Gefilhl, dafs Gnmd und Boden andere Werte, andere Rechte und andere
Pflichten schaffe, als jeder andere Besitz, gelangte zum Durchbruch, und es fand
seinen Ausdruck in einem Vorzugspreise des Bodens vor anderen Gütern. Die
Bodenpreise wurden Monopolpreise: nur in dieser Entwicklung erklären sich
die soeben angefühlten Ziffern zur Geschichte der Bodenkaufkraft.
^) Dies ist wenigstens die fiir die Moselgegenden speziell in Betracht kommende Be-
grenzung der letzten Ausbauepoche.
[Schlufs. — 1510 —
Es begreift sieh, dafs dies Steigen der Grundrente nicht ohne nachbaltim
Einwirkui^ auf die Gnindheirschaft , das hervorragendste Institut des plattea
Landes in dieser Zeit, bleiben konnte. Wenn aber diese Einwirkung l>e-
sonders uachhaltifi war, ja fast verheerend ttenannt werden kann, so liegt
die Erklärung dafür in dem Charakter der Grundhörigkeit und in der auf
ihr l)eruhenden eigenartigen Beliandlung der Zinspfliclit innerhalb der gruntl-
herrlichen Verfassung. Der deutsche Gruudhohte war nicht unfrei, noch we-
niger bildete er urspiUnglich eiu Zubehör des Giiuides und Bodens. Per-
sönlich fi'ei, im Schutze t'ines fast überstrengen Hausrechtes HeiT seines Heims
und seiner Familie, war er, geeint in geno^ensdtafliicbeui Verbände, audi starb
gegenüber der Herrschaft. Wie einst die Mari^enossenschaft auch Arbeits-
geuossenschaft gewesen war, indem sie in gemeinsamem Roden vorging gegen
die feindliche Macht des Urwalds, wie späterhin die Zunft zunächst Arlwits-
genossenschaft ist im Kampfe mit den übermächtigen Wirtschaftskräften des
Grofskaufmanns, so erwächst auch eine Hüfiiergenossenschaft jedes Meieramtes
in gemeinsamer Bearbeitung der Heixenfehler und in vereinter Vertretung der
Hofinteressen gegenüber dem Gnindhemi. Ja es ist eine noch ältere Grund-
lage, welche in diesen kori)orativen Bildungen fortlebt. Im Zusannueidiang der
Geschlechter hatte die Hundertschaft auf den Schlachtfeldern der gernianischea
Urzeit gekämpft und gesiegt; es war nur die Übertragmig eines zugleich natür-
lichen und niilitäiisehen Verbandes auf die wirtschaftliche Bezwii^ning der
Heimatsfluren gewesen, in welcher die Hundeilschaft zur Markgenossenschaft
und damit zum Url)ild wirtschaftlicher Genossenschaften geworden war. Auch
die Gnindholden waren zu nicht geringem Teile Kinder dieser Urzeit, auch sie
gehörten zur Nation: ist es zu verwundern, wenn sich auch bei ihnen rlii*
allerwärts vorhandene Richtung auf eine genossenschaftliche WirtschafLsgliederung
unverwtlsüich geltend machte? Und Genossenschaft bedeutet Selkständigkeit
des Lebens innerhalt) des Verbandes; eine Hofgenossenschaft ist undenkl>ar
ohne Hofautonomie. Es giebt aber unter Deutschen ui-sprünglich keine andere
Autonomie, als die in gerichtlicher Form geregelte; denn nur in der gericlit-
lichen Form wai" eine über der Selbständigkeit jedes Genossen stehende, gleich-
sam unpersönlich wirkende Zwaiigsgewalt entwickelt. So war die Hofgenossen-
schaft ein Hofgericht, ihr Brauch ein Recht, ihr Spruch eine Weisung.
Diese rechtlich gefafste Autonomie umspannte rias ganze Leben der Hof-
genossen, ihre Gerechtsame nicht minder wie ihre Pflichten. Somit waren ihr
auch Herrenzins und Hen-endienst unterwoifen: beide wurden im Hofding als
Recht gewiesen. Das Recht aber ist auf niederen Kultui-stufen bei fehlender
geschichtlicher Anschauung und demgemäfs mangelndem BegiifF von der Mög-
lichkeit gesetzgeberischer Änderungen ewig und unwandelbar; es kommt von
Alter heraus, es ist gottgegelien, sein Inhalt findet fatalistisch begründete An-
erkennung. So waren auch die Zinse und Pflichten der Gnmdholden unveränder-
lich ; von der karolingischen Periode ihrer Feststellung an blieben sie, was sie
waren. Nun mögen sie anfangs ein getreuer Entgelt für die Landnutzung im
— 1511 — Schlufs.]
Sinne eines Pachtzinses gewesen sein : wie aber mufsten sie sich im Laufe der
nächsten drei Jahrhunderte verändern bei dem aufserordentlichen Steigen der
Grundrente?
Kein Zweifel, daJis die Grundherren schon am Schlüsse des 12. Jhs. bei
dem nunmehr bestehenden Verhältnis der Zinse zu den vom Boden erfliefsen-
den Einnahmen wirtschaftlich fast enteignet waren. Hatte die Unterscheidung
zwischen Eigentum des Grundherrn und Besitz des Grundholden an den hof-
hörigen Hufen auch noch im 10. Jh., zur Eintrittszeit völliger Erblichkeit der
hofhörigen Hufen, die Bedeutung gehabt, dafs dem Herrn immerhin ein er-
heblicher Teil des wirtschaftlichen Reingewinnes zufiel, so war diese Auf-
fassung jetzt zum besten Teile beseitigt: das Eigentum des Grundherrn hatte
jetzt vornehmlich rechtliche, weniger wirtschaftliche Folgen.
Wenn sich aber in diesen Vorgängen der unabweisliche wirtschaftliche
Verfall der Aristokratie der deutschen Kaiserzeit ankündigte, so frohlockten
auf der anderen Seite die niederen, landarbeitenden Klassen. Nie vielleicht
hat sich der Bauer im Mittelalter wohler gefühlt, als im 13. Jh.; ein bar-
barisches Wohlleben zog auf dem platten Lande ein, und Grofsmannssucht
und Uberhebung waren weitverbreitete Krankheiten schwächerer Charaktere.
Kräftige Naturen aber wufsten die Gunst der Lage auszunutzen. Schon die
Kreuzzüge hatten eine gewisse Bewegung der Bevölkerung verursacht; jetzt
erhob sich auf dem Lande alles, was die glückliche Konstellation zur An-
sammlung wirtschaftlicher Mittel und erweiterter Anschauungen benutzt hatte,
und eine gärende Unruhe bemächtigte sich gerade der besten Teile des
Landvolks. Jetzt zieht man in die Stadt, um ein neues freiheitliches Leben
als Bürger zu beginnen; jetzt sucht man die weiten Femen jenseits der Elbe
und an der unteren Donau auf, um auf zwei Dritteln des heutigen deutschen
Volksgebietes ein neues koloniales Deutschland zu begründen. Und auch der
daheim bleibende Teil der Bevölkerung rastet nicht. Man war im Verhältnis
zu früher wohlhabend geworden ; man hatte die Augen geöffiiet für den Wider-
spruch zwischen dem allgemeinen wirtschaftlichen Wohlbefinden und dem
Mangel des zunächst idealen Gutes rechtlich begründeter Freiheit; und man
war für diesen Widerspruch empfindlich genug, um jedes hilfreiche Mittel zu
seiner Ausgleichung anzuwenden.
Eben in diesem Punkte trafen die Interessen der landarbeitenden Be-
völkerung und der Grundherrschaften noch einmal zusammen. Der einsichtige
GrundheiT mufste sich leicht der Berechnung hingeben, dafs die Aufhebung
der Grundhörigkeit und damit freilich die Aufgabe eines politischen Macht-
mittels seines Standes materiell aufeerordentlich vorteilhaft sein würde, sobald
es gelingen mochte, das losgelöste Hofgut in freie Pacht zu bringen. Denn die
freie Pacht, vornehmlich die Zeitpacht, bot eben jene Sicherheit, welche die
genossenschaftliche Weisimg der Grundzinse vernichtet hatte, die Sicherheit
eines mit jeder neuen Verpachtung entsprechend dem Wachsen der Grundrente
gesteigelten Pachtzinses. Dem Grundholden aber war mit dem Eintritt in
— 1512 —
die fi-eie Pai-'htung eiu Mittel zur persönlichen Befreiung aus der Hofsreoossen-
schaft gegeben, wenn auch imter materiellen Opfern, Mit dem Begrinn des
12. Jhs. war der Zeitpunkt erreicht, in welchem schon mancher Bauer hin-
reichend kapitalki-afti^, mancher Grundherr in seinen Mitteln genttgend btv
schi'änkt war, um jenen Erwägungen zu folgen; seitdem mehren sich die
freien Pachtungen von Jahr zu Jahr, uiiri die Aussicht auf eine allmShIiche Auf-
lösung der GnindhÖrigkeit durch freie Vei-einharung scheint eröffnet.
Die Entwicklung des späteren Mittelalters entspricht aber mit nichten
dieser Erwartung.
Gewifs sind es zunächst in der stÄndischen Entwicklui^ des Bauemtuius
selbst liegende GrUnde gewesen, welche den heilsamen Fortschritt grofsenteils-
verhinderten. Der Grundliolde des 9. Jhs. war mit seinem Gute nicht ver-
wachsen gewesen. Demgegenüber erscheinen die Grundholden schon -i^ea
ScMufs der Otlonenzeit an die Scholle gebunden. Ein aufseronleutlicher Vorteil
war zunächst mit dieser Entwicklung gewonnen: jetzt erst erscbeint der Bauer
völlig setshaft; jetzt erst ist die Möglichkeit gegeben, iiersönliche Verpflich-
tungen von dem Inhaber des Gutes auf da.s Gut selbst abzuwälzen, in sozialem
Aufechwung sich freizumachen von der Last persönlicher Dienstbarkeit. Aber
andrerseits: mufste nicht im Laufe der kommenden Generationen, noch dazu
unter dem Eindruck eines fast regelmäfsig wachsenden Vermehningskoeffizienteo
der Bevölkerung, bald die Zeit eintR'ton, in welcher die Familie , an die Hufe
gefesselt, nicht mehr imstande war, ihre Angehörigen von derselben zu ernäliren?
Nun konnte man gewifs die Hufe bis ins Vierfache, ja Achtfache teüen —
aber schüefslich war eine Grenze gezogen. Das Endergebnis blieb, da& eich
eine immer stilrker zunehmende Masse hofliöriger Proletarier bildete, eine
Klasse, welche ohne Gnindbesitz oder fast ohne Grundbesitz durch nichts ge-
fesselt war, als durch ihre Hofhörigkeit, eine gärende Menge, fflr welche die
Bezeichnung als Grundholde wie Ironie klang und bald durch den richtigeren
Ausdruck Leibeigene ersetzt ward. Wie sollte diese gegen Schlufs des Mittel-
altei-s stets drohender anwachsende Bildung zur Wohlthat freier Pachtung er-
zogen werden, da ihr die erste Voraussetzung für die selbstständige Entwick-
lung eines Pächterstandes, eine gewisse Behäbigkeit, eine kapitalhegünstigte
Willenskraft mangelte?
Auch die allgemeinen Bedingui^en für die gesellschaftliche Hebung der
landarbeitenden Klassen lagen ungünstig. Die spätere Stauferzeit hatte eine
reifsende Entwicklung des Handels, eine reiche Entfaltung aller industriellen An-
fänge gebracht; die Geldwirtschaft war überrasch hereingebrochen; eine bisher
nie erlebte Preissteigerung bezeichnete eine der gröfsten wirtschaftlichen Re-
volutionen unserer Geschichte. Es war ein Unglück, dafs dieser Umschwung
mit dem völligen Erliegen aller autoritären Bildungen der alten Zeit, vor-
nehuüich auf dein platten Lande, verknüpft war. Das Königtmn erschlaffte,
der Klerus und der Laienadel wufsten sich kaum noch zu halten. So fiel
denn der Segen der neuen Entwicklung zunächst einseitig den Städten zu; die
1
— 1513 — Schlufs.]
Anfänge der Geldwirtschaft treten im wesentlichen an die Städte gebunden
auf. Wie anders würde sich die Entwicklung gestaltet haben, hätte ein
noch vollkräftiger Adel die Vorteile der neuen Wirtschaftsform in passender
Übertragung auch dem platten Lande vermittelt, hätte nicht blofs die zur freien
Pacht führende Kapitalbildung der besseren Bauern die nahezu einzige Ge-
legenheit geboten, die Eigenheiten der neuen Wirtschaftsform auch aufserhalb
der Stadt zur Wirkung zu bringen. Indem nun aber die Städte fast allein
sich der geldwirtschaftlichen Errungenschaften bemächtigten, gewannen sie
einen aufserordentlichen Vorsprung vor dem platten Lande, und jener Zwie-
spalt zwischen Stadt und Land trat ein, dessen politische Phase durch
die Kriege des 14. und 15. Jhs. bezeichnet wird, dessen soziale und wirtschaft-
liche Nachwirkungen noch heute nicht völlig überwunden sind. Im späteren
Mittelalter aber waren eben diese sozialen und wirtschaftlichen Folgen
wenn auch nicht ohne weiteres sichtbar, so doch ungemein einschneidend:
keine Industrie, kein Handel erblühte auf dem platten Lande; die Kapital-
bildung wurde gehindert und Kapital aus den Städten, wo es überflüssig vor-
handen war, gleichwohl nur widerwillig, wucherisch und unverständig geliehen.
Die Folge war ein Stillstand, ja hier und dort wohl ein Rückschritt der länd-
lichen Entwicklung, soweit sie die landarbeitenden Klassen betraf; und das
letzte Ergebnis dieser und anderer unbefriedigender wirtschaftlicher und
sozialer Zustände eine zu blutigen Unruhen gesteigerte und Generationen über-
dauernde Gärung.
So hat der Verfall der Grundherrschaft mit seinen weithin reichenden
Folgen auf sozialem und wirtschaftlichem Gebiete nicht jene Flüchte getragen,
welche man nach der allgemeinen Lage des 13. Jhs. zunächst erwarten konnte;
er ist für die untern landarbeitenden Klassen fast nicht minder ein Unglück
gewesen, wie ftlr die Grundherren selbst. Aber in der sozialen und wirtschaft-
lichen Richtung lag schon am Ende des 12. Jhs. überhaupt nicht mehr die
Hauptbedeutung der Grundherrschaft. War sie auch im 8. und 9. Jh. zunächst
von politischen Gesichtspunkten aus gebildet, dann aber doch bald in rein
wirtschaftlichem Sinne gefördert worden, so war die Anschauung, welche sich
im 12. Jh. geltend machte, eine völlig andere: damals erschien die Grund-
hen-schaft schon als ein hervorragend rechtliches, oder, besser gesagt, halb-
staatliches Institut; sie war schon der Bildungskeim des spätmittelalterlichen
TeiTitorialstaates.
Wie war sie zu dieser Umformung gelangt?
Man vennag diese Frage nicht zu beantworten, ohne zurückzugreifen bis
in die ursprünglichen Verfassungsbildungen unserer Nation ; denn eben dadurch,
dafs sich die Grundherrschaft je länger je mehr mit dem Rechtsinhalt dieser
zertrümmerten Bildimgen füllt und auf diesem Wege je länger je mehr die Rechte
staatlicher Lokalverwaltung aufsaugt, wird sie zum wirksamsten Vorbereitungs-
mittel des Territorialstaates.
Wir haben die alte Hundertschaft in früherer Betrachtung in jenem Zeit-
Lampreeht, Dtutoches Wirt«chtfUlel>«n. I. 96
[Schlufs. — 1514 —
punkte verlassen, wo sie, wenn auch innerlich vielfach durch neue Bildungea 1
beenfft umi in ihrer ursprUtiglicheu Bedentuiig uiiterpiaben, doch noch aulser« |
lieh in alter Abgrenzung bestand, in der Weise, wie sie sich in den ersten
Besied] ungsvoi-gäugen auf heimatlichem Boden uiedergeschlagen hatte. In dieser
Fomi uiüfafstc die einzelne Hundertschaft wohl stets ein nicht unbedeutendes
Areal, lasst^n sich doch sogar im reich- und frtlhbesiedelten Moselland Hundert-
schaften bis zur Ausdehnung von ftlnf Quadratineilen nachweisen. Für solche J
grofee Laudßtrecken also und ihre anfangs geringe Besiedlung und Bevölkerung l
bestand eine einzige und ungeteilte Ordnung, welche wirtschaftlichen und I
staatlich -gerichtlichen wie staatlich -militärischen Zwecken in gleicher Weise ^
diente: sie war der unterste Rahmen, in welchem staatliche Macht tlberhaupt \
noch zur Gellung kam.
Es liegt auf der Hand, dafs eine solche Bildung ihrem Umfange nach
bald (iem Andränge vermehrter Bevölkerung und zunehmender Besiedlung zum
Opfer fallen muTst«. Schon nach wenigen Jahrhunderten wird namentlich die
Bevölkerung so gestiegen sein, dafs ein einmütiger Betrieb der Hunderlschafts-
geschäfte durch dieselbe, namentlich eine einheitliche Aufrechterhaltuiig des
Friedens für alle unmöglich ward. Die Notwendigkeit von Unterabteilungen
mufste sich aufdrängen.
Die fränkische Gesetzgebung des 6. Jhs. zog diese Folgerung ; die
Hundertschaften wurden in eine gröfsere Anzahl von Zendereien — oft neun bis j
vierzehn an der Zalii - zerlegt luid letztere als staatliche I'olizeibezirke vonielim- J
lieh der Friedenswahrung bestimmt Zu diesem Zwecke erhielt jede Zenderei einen
wohl von der Zendereigemeinde gewählten, staatlich hestStigten Vorstand im
Zender oder Heimburgen, welcher durch staatlichen Auftrag zur Friedens-
wahning verpflichtet ward und zu diesem Zwecke das militärische FOhrerrecht
der Gemeinde wie das Rügerecht von Verbrechen am Hundertsehaftsgericht,
dem alten ordentlichen Gericht (ier fränkischen ^>rfassung, erhielt.
So die ursprüngliche Einrichtung. Allein bald wird eine Weiterbildung
dieser Schöpfung des 6, Jhs. eingetreten sein. Sobald sich am ordentlichen
Gerichte der Hundertschaft ein Schöffenstuhl ausbildete, war es natilrlich, dafs
die Zendereien ihre Vorstände als Schöffen ?.u demselben abordneten, kamen
doch diese Vorstände schon auf Gnin{l ihrer Zenderthätigkeit in häutige
Berühning mit der Rechtssprechung. Nicht minder einfach erklärt es sich,
dafs von diesem Zeitpunkte ab allmählich jene Rechte des Hunnen oder
Thunginus, des alten Hundertschaftsrichters, an die Zender übergingen, welche
die örtliche Thätigkeit des Hunnen in den Zendereien betrafen, so namentlich
das Strafvollstreckungs- und das Pfändungsrecht. Auf diese Weise UTirde aber
die Zenderei inuuer mehr ein Gefäfs jurisdiktioneller Rechte; die Gemeinde war
zur Spurfolgc von Verbrechern verpflichtet, trat also unter Umständen zu ge-
richtlich-polizeilicher Handlung militärisch — nicht anders wie der Umstand
im Hundertschatt^ericht — zusannnen, und ihr Vorstand war schliefslich im
Besitz einer ziemlich ausgedehnten gerichtlichen ^'ollstreckungsgewalt. Nament-
— 1515 — Schlufs.]
lieh der letzte Punkt bedarf der Betonung: die Vollstreckungsgewalt ist nach
deutschem Recht recht eigentlich das Hauptrecht des Gerichtsherrn. Wie leicht
versteht man es, wenn sich entsprechend diesen Rechten die Zendereien, die
alten Polizeiunterbezirke der Hundertschaft, zu Untergerichten des Hundert-
schaftsgerichts ausbildeten. Das Hundertschaftsgericht nur noch Hochgericht
und insofern im wesentlichen Strafgericht, das Zendereigericht Untergericht und
Ci\ilgericht : das ist die Bildung, welche bis zur deutschen Kaiserzeit, einige
Jahrhunderte vor der endgültigen Zerstörung der Hundertschaftsgerichte im
12. und 13. Jh., wohl überall mehr oder minder erreicht ward. Dem-i
entsprechend tritt der Zender nunmehr als Gerichtsbeamter auf; er erhält den
Gerichtsbann vom Hunnen; er verkündet den Spruch des meist mit sieben
Schöffen besetzten Zendereischöffenstuhls.
War aber mit diesem Vorgange, mit dem Herabsinken eines Teiles der
Rechtssprechung auf Unterabteilungen der alten Hundertschaft, nicht die alte
Einheit der Rechts- und Wirtschaftsinteressen in der Hundertschaft gelöst?
Liefsen die Wirtschaftsinteressen in gleicher Weise wie die Rechtssprechung
eine Trennung ihrer Funktionen und eine Übertragung eines Teiles derselben
auf kleinere Bezirke zu?
Seit Jahrhunderten hatte man jetzt gerodet ; an Stelle einer oder weniger
Ansiedlungeu in der Hundertschaftsmark war eine grofee Anzahl von Dörfern
und Höfen getreten, die alte Weidenutzung war von Geschlecht zu Geschlecht
mehr der eindringlicheren Nutzung im Ackerbau gewichen. Was war natürlicher,
als dals sich demgemäfs die gemeinsame Behandlung der Wirtschaftsangelegen-
heiten in der Hundertschaft immer mehr abschwächte und Sonderbildungen
und Sonderberatungen stets vollere Kraft gewannen? Wenn schon die Ge-
richtsverfassung eine Zerlegung der alten allzu grofeen Verbände gefordert
hatte, die Wirtschaftsentwicklung forderte sie noch viel mehr; die Zendereien
bildeten ohne weiteres auch Wirtschaftsverbände.
Aber die Intensität der Wirtschaft nahm noch weiter zu, die Besiedlung
schritt fort, die meisten Zendereien umfafsteu bald mehrere Dörfer. Von jeher
hatte wohl die Einzelsiedlung für die aus der gemeinen Mark ausgesonderten
Teile ihres Anbaues, für die eigentliche Feldflur wie für deren nächste Nach-
barschaft in Weide und Wald, eine besondere Regelung des Wirtschaftslebens
getroffen, wenn wir auch aus früher Zeit von solchen Regelungen urkundlich
nichts wissen : jetzt, mit wachsender Intensität des Anbaues, drängten sich diese
örtlichen Regelungen hervor, sie schlössen sich zu einem förmlichen System ab
und führten zu einer Unterabteilung auch der Zendereimark in Dorftnarken.
Und so hatten denn die Fortschritte der Wirtschaft die Entwicklung
der Gerichtsverfassung in ihrem zersetzenden Einflufs auf die räumliche Ein-
heit der Hundertschaft sogar noch überholt; in doppelt und bisweilen drei-
fach wiederholten Ausgestaltungen war die alte Wirtschaftsverfassung von der
Hundertschaft auf die Zenderei, von der Zenderei auf die Dorfgemeinde herab-
gesimkeu, und schon in der Kaiserzeit zeugten nur noch dunkle Zusammenhänge
96*
[Schiurs. _ 1510 —
gemeinsamen Besitzes vomehiiilich an Wald und Weide von dem Bestund des
imi])rUnglichen Oi^auisnius. Ja nicht lange sollte es wähi'en , bis der alte
Gedanke der Wirtschaftsverfassui^ bei zunehmender Verfeinerung der Dorf-
wirtschaft Überhaupt seinem Unterfange entge^jengeführt mirde. Etwa im
9. Jh. mag die Bildung von Dorfinarkgenoseensehaften stärker begonnen haben
und bis zum 12, .Ih. ziemlich allgemein durchgeführt woiilen sein: in der
zweiten Hälfte des 13. Jhs. hören wir bereits von Genteinheitsteilungen, deren
Folge schliefslich der völlige Zusammensturz der alten markgenossen&chafÜicheD
Ordnung sein mofste. Freilieh zog sich dieser Ruin in seiner sporadischen und
sprungweisen Entwicklung noch lauge genug und teilweise bis zur Gegenwart
hin, ehe sirh aus der alten Horfiiiarkgemeinde des Mittelalters im 16. Jh. die
Tersfiualgemeinde, seit der französischen Revolution die politische Gemeinde
zu bilden liegann'.
Indes schon mit dem Übergang des Wirtschaftsgedankens der Ur/eit von
der Zeuderei auf die Dorfniarkgenieinde seit spktkaroliiigischer Zeit war der
erete und folgenschwerste Schritt zum Verfall der alten ^\'irtBchttftsverfassung
gethan: die Dorfgemeinde bildete der Regel nach kein Untergericht, die
Einheit gerichtlicher und wirtschaftlicher Interessen war gesprengt, die Mark-
einuug sonderte sich von der Gerichtsbufee, die genossenschaftliche VerwaltunR
verkttmnierte in ihrer Trennung von dem belebenden, sie mit staatlichen In-
teressen verknüpfenden Element der Gerichtsverfassung.
In eben dieser Zeit aber, in welcher die alte Verbindung zwischen Wirt-
schaft und Recht sich zu lösen begann, trat die GrundheiTschaft der selbstÄndig
gewordenenen Wirtschaftsverfassung näher. Zwar war der gnindheirliche Besitx
in Sireuhufen gelagert, zwar gab es an vielen Orten mehrere Grimdherren,
deren Einflufs sich gegenseitig mehr oder weniger aufhob, aber es waren doch
auch viele Marken vorhanden, in denen sich geschlossenere Besitzungen eines
Gnmdherm vorfanden, und wo sie bestanden, da safs auf ihnen gewöhnlich ein
grundherrlicher Meier. Der Gi-undbesitz war die Basis, der Meier das Organ
grundlierrlicher Einwirkung; oft kam das Bedürfnis der gesamten Gemeinde
nach Schutz eines Mächtigen hinzu, um dem Gnmdherin noch weiteren Ein-
flufs zu verschaffen. All diese Macht aber wandte (ier Gnmdherr regehnäfsig
äinem Ziele, der Vergewal%uug der Markgenossen, zu. In der Mark war
einei-seits das EingrifTsrecht des Einzelnen nach deutschem Genossenschafts-
recht weitgehend gewahrt, gleichzeitig alK'r ein grofser Teil des verfügbaren
Bodens gemeinsamer Nutzung vorbehalten. Beides Einrichtungen, welche dem
Grundherrn wenig behüten: ihm kam es auf unbekünuuerten AiLSbau seiner
') Ks liestatid die Absicht, diesem Abschnitt als Anh»ng noch eine liuigeie Untersuchung
zur Geschieht« <Jer deutschen Hundertschaft hinzuzufügen zum Zweck des Beweises, dafs
die Entwicklung im gröTsten Teile des übrigen alten (nicht kolonialen) Deutschlands mit der
hier genauer dargestellten Entwicklung an der Xosel im wesentlichen identisch ist. Diese
Absicht mnfste aber aua Rücksicht auf die Ökonomie der ganzen Arbeit aufgegeben werden.
— 1517 — Schlufs.]
Felder und umfassende Urbarung neuer Landstrecken an, und seine Hof-
genossenschaft mochte oft genug in Gegensatz zur freien Markgemeinde geraten.
Diese Bestrebungen und Widersprüche führten den Grundherrn mit überall wieder-
kehrender Notwendigkeit auf den Gedanken, sich zum Herren der Mark, die
Markgenossen zu Nutzniefcern des gemeinsamen, nunmehr markherrlichen
Bodens, alle grundhörigen Hofgenossen zu Märkem, die Märker aber zu einer
mehr oder minder abhängigen Klasse von Hofgenossen zu machen.
Dies Ziel wurde zumeist erreicht. Überall erhob sich siegreich die
Markherrlichkeit der Grundherren; nur wenige Gemeinden traten noch als
freie Markgenossenschaften in di5 Stauferzeit ein.
Aber die Grundherren beruhigten sich nicht mit der einfachen Mark-
herrlichkeit. Ihre Hofgenossenschaften bildeten zugleich den Bahmen einer be-
sonderen Gerichtsverfassung der Grundholden mit eigenem Schöffenstuhl und
dem Meier als Bichter : jetzt traten nun dieser Genossenschaft der Grundholden
die Markholden aus der bisher freien Gemeinde hinzu: sollte sich da nicht
das bisher personal begrenzte Hofgericht zu einem räumlich geschlossenen, zu
einem Dorfgericht oder Grundgericht erweitem? In der That ergab sich diese
Entwicklung mit ziemlicher Begelmäfsigkeit; der grundherrliche Meier ward
zum Gnmdrichter des markhörigen Dorfes; die alte Markversammlung, seit
etwa dem 9. Jh. ihres Zusammenhangs mit der staatlichen Gerichtsverfassung
beraubt, trat jetzt in die neu entwickelte grundherrliche Gerichtsverfassung
ein ; und die Nachbarn verhandelten bürgerliche Streitigkeiten wie Einungssachen
vor dem gleichen grundherrlichen Dorfgericht.
Mit diesem Vorgang war der Eintritt der Grundherrschaft in den
untersten Kreis jener Bildungen, welche aus der Auflösung der alten Hundert-
schaft erflossen waren, vollzogen: eben jene Bildung, welche, rein wirtschaft-
licher Natur, über den Kreis der Zendereien, also der untersten zugleich ge-
richtlichen und wirtschaftlichen Verbände, hinausging, war der Vereinsamung
und der ungenügenden Widerstandskraft einer blofs wirtschaftlichen Grundlage
zum Opfer gefallen.
Aber die Macht der Grundherren griff weiter. Nicht selten lagen
mehrere Grundgerichte nebeneinander; in jedem derselben befand sich ein
Meier als Richter und Wirtschaftsbeamter zugleich. Was lag näher, als diese
kleinen Gerichte zu 6inem Gericht zu verbinden, diesem einen besonderen grund-
herrlichon Richter vorzusetzen und so die seit Entstehung der Grundgerichte
mehr als früher beschäftigten Meier zu entlasten ? Und wann konnte die Aus-
führung dieses Gedankens von vorteilhafterer Wirkung sein, als in jener Zeit,
in welcher sich die ministerialischen Meier selbständig zu machen bestrebten?
So schreitet man in der zweiten Hälfte des 12. Jhs. zur Vereinigung; die
Meier werden auf die blofise Zinseinnahme beschränkt, und ein Schultheifs
tritt an die Spitze der vereinten Grerichte.
F-ine Entwicklung von sehr weitgreifender Bedeutung. Jetzt wird die
unterste Ausbildung der Markgenossenschaft, die Ortsgemeinde, wieder jeder
(Schlu/s. — 1518 —
gerichtlichen, fftr sieh stehenden Tliätigkeit entfremdet, sie sendet nur nocäi
einige Schöffen in den Stuhl der neuen Grundgerichte, welcher aus den alteo
Schöffeustllblen unter BeschnLnkuu^ der Schiiffenzalil zusammengesetzt winl ; im
übrigen ist sie nur noch Wirtsehaftsgenieinrie. Aber keine freie Wirtschafts-
genieinde mehr. Der Meier bleibt nach wie vor der Vorsitzende ihrer Mark-
vetsamuihingeD, und ihre Strafgelder fliefseu ganz oder teilweis in die Kasse
dea Grundherrn. Und wie wirksam war nun erst der EinfluTa der gröfserea
Grundgerichte, wie er sich etwa seit Beginn des 13. Jhs. zu äufsem anfii^.
Diese Gninrigerichte durchsetzten mit ihrer Bildung die alten Zendei-eibczirke,
ja sie lösten sie zum nicht geringsten Teile auf; und sie traten mit ihrer
Kompetenz in vollsten Wettbewerb mit den Zendereigerichten, auch hier mit
dem schliefslichen Erfolge fast völligen Ruins der alten selbständigen Bildungen,
Damit war die Zenderei, der erste und hervorragendste Unterverband der
Hundertschaft, gestürzt und flir die fernere Entwicklung unbrauchbar gemacht,
mochten auch hier und dort noch ausgedehnte Trümmer derselben auf lange
hiu den Boden der Gerichtsverfassung bedecken und Neubildungen tadellos
einheitlichen Aufbaues verhindern.
Nun blieb nur übrig, auch die Hundertschaft, deren räiiniliche Be-
grenzung schon durch die fortwährenden Unlerentwicklungen von Zenderei
und Ortsgenieiude schwer gelitten hatte, noch in ilireui Kern, dem Hoch-
gericht, zu treffen.
In nierowingischer Zeit war ein Volksbeaniter , der Thimginus, Richter
im Hundertschaftsgericht gewesen; der Graf hatte als königlicher Verwaltuags-
beaniter mit der Rechtssprechung selbst keinerlei Berührung gehabt. Anders
unter den Karolingern. Jetzt machte sich der .\ufscbwung des monarchischen
Gedankens auch im Aufbau der Gerichtsverfassung geltend , der Graf wird
zum Richter der Hundei-tschaftastStten. Al)er diese machtvolle Ausweitung
der königliehen Gewalt hat die Jahrhunderte der Karolinger nicht lange über-
lebt, bald darauf findet sich wieder der Hunne als Richter in der Hunderlschaft,
und der friihere Elnflurs des Grafen erhält nur noch in dem Umstand einen un-
geschwächten Auatruck, dafs der Hunne nunmehr vom Grafen belehnt erscheint.
So ist es denn der Hunne, welcher, in karolingischem Sinne zu sprechen, nun-
mehr im Besitz der gräflichen Gerichtsbarkeit erseheint, als Hochgerichtsherr
auftritt. Und er verfügt über seine Gerichtsbarkeit in demselben Sinne, wie es die
Könige und andere Gerichtsherren der deutschen Kaiserzeit thun; er betracbtet
sie als nutzbares Privatrecht, verkauft, verpföndet, zerstückt sie. Auf diesem
Wege entstehen aus der milfsigen Anzahl alter Hundertschaft^erichte Dutzende
von neuen kleinen Hochgerichten, deren Abgrenzung der Laune des Zufalls
anheimgegeben ist; und in ihnen verschwindet fast klanglos der letzte Nach-
hall einer der ältesten Verfassungsgnindlagen unseres Volkes. Die Käufer
dieser tJberreste ältester Gerichtsbarkeit aber sind die Grundherren; ihnen
ftllt damit das letzte unmittelbare Erbe aus dem einstigen reichen Besitzstand
der Hundertschaft zu.
— 1519 — Schlufs.]
Freilich hatte sich auf dem Boden der Grundherrlichkeit teilweis schon
früher gerade für den Besitz der hervorragendsten Grundherren eine andere
Bildung von Hochgerichten und durch sie eine Zerstörung der alten staatlichen
Rechtssprechung vollzogen. Im Gegensatz zur soeben geschilderten Sprengung
der Hundertschaftsgerichte durch eine Reihe einzelner autonomer, in langen
Zeiträumen erfolgender und einer Verwitterung gleichender Vorgänge und
Ereignisse vollzog sie sich autoritär, durch einmaligen Akt der Privilegierung
von oben her. Ihr Ausdruck ist die königliche Immunität; auf Grund der-
selben wurden schon seit dem Ausgang der Karolingerzeit grundherrliche Hoch-
gerichte entwickelt und damit halbstaatliche Gewalten in die Hände von
grundherrlichen Privaten gebracht.
So begreift es sich, wenn die Grundherrschaften der Stauferzeit vornehm-
lich als rechtliche, halbstaatliche Bildungen erscheinen, wenn diesem Charakter
in eben dieser Zeit auch schon in der Schaffung des Richteramtes der
Schultheifseu ein nicht mifszuverstehender Ausdruck gegeben wird. Damals
hatte die Grundherrschaft die alte Wirtschaftsverfassung der Urzeit zu nicht
geringem Teile in sich aufgesaugt oder zu nutzlosen Resten verstückelt, sie
hatte die Gerichtsverfassung der Hundertschaft und der Unterentwicklungen
derselben allerorten durchbrochen und vielfach völlig zerstört, sie hatte an die
Stelle der alten Untergerichte und Hundertschaftsgerichte ihre neuen Grund-
gerichte und Hochgerichte gesetzt. Mit dem Verfall der Hundertschaftsver-
fassung aber war der staatliche Einflufs vom platten Lande weithin ver-
schwunden ; an seine Statt war die grundherrliche Einwirkung unter staatlichen
Ansprüchen getreten. Eben diese Einwirkung imd nicht minder diese
Ansprüche waren es, welche die Grundherrschaft zur Bildung des Terri-
toriums einbrachte.
War es zu verwundem, wenn einem so machtvollen Eingreifen, welchem
in grofsen Grundherrschaften schon seit der Stauferzeit territoriale Ziele vor-
zuschweben begannen, jene einfachen Freien nicht mehr lange widerstanden,
die sich bisher noch aufserhalb der grundherrlichen Bildungen selbständig ge-
halten hatten?
Etwa um die Mitte des 11. Jhs. begann für diese Freien die Zeit
der Entscheidung; waren sie nicht in besonders günstiger Lage, so dafs
sie in langsamem Emporwachsen sich den ersten Bildungsanfängen eines
niederen Adels einzureihen vennochten, so blieb ihnen nichts übrig, als in
den Schutz und damit die Abhängigkeit zumeist grofser Grundherren ihrer
Nachbarschaft zu treten. Die Erscheinungen des 8. und 9. Jhs. wiederholten
sich in verjüngtem Mafsstabe; unter ihrer Einwirkung gingen fast allenthalben
jene letzten Reste germanischer Gemeinfreiheit unter, welche die Katastrophe der
Karolingerzeit überdauert hatten. Aber das Los der neuen Schutzbedürftigen
war milder, als das Schicksal der in karolingischer Zeit zu Grunde gegangenen
Freien. Hatte bei diesen Auftragung des Eigentums und persönliche Kommen-
dation schliefslich zur Grundhörigkeit des 10. und der folgenden Jahrhunderte
[Schlufä. _ 1520 — ■
geführt, war es in der KaroÜn^erzeit, als der Staat seine ersten Hoheitsrechtel
noch immerhin ki'Uftig wahrte, nicht mügliL'h gewesen, das Verhältnis schütz- I
mutender Freier zum SchutÄherm anders als in der noch vorwiegend piivab- |
rechtlichen Fonii der Zinsabhängigkeit festzustfllen , so hatten diese Voraus- 1
Setzungen bis zum 11. Jh. eine Umgestaltung von Grund aus erfahren. Jetzt ]
wai-en die gniudhen-lichen Schutzherren zugleich Geriehtsheri-en , wesentliche I
Teile staatlicher Hoheitürechte ruhten fast ohne Vorbehalt seitens des Reichs- 1
Oberhauptes in ihi-er Hand ; es war eine Srhutzaufhahme einzelner Freier uud
freier Gemeinschaften möglich, in welcher zunächst blofe das Anerkenntnis der 1
Gerichtsheniichkeit als Entgelt für den gewährten Schutz in Betracht koinmeo j
konnte. Auf dieser Grundlage erwächst, besonders kräftig seit der Stauferzeit, }
der Stand freivogteilicher und freimarkvogteilicher Leute; dem Vogtherm
zunächst nur in gerichtlicher, d. h. staatlicher Beziehung unterworfen, sdieinen
sie recht eigentlich beiiifen, das erste Vorbild späterer Landesunterthäiiigkeit
zu geben. Freilich, Wünsche und Maferegeln der Vogtherreu gehen Über die
Zuerkennung dieses einfachen Verhältnisses je länger je mehr hinaus. Neben J
den Vogteilputen standen die Grundholden unter demselben Herrn; wie die ]
Grundholden zinsten, so zahlten auch die Vogteileute zum Zeichen des Schutzes 1
und der Gerichtsunterthänigkeit gewisse Abgaben und Leistungen; es war ver-
lockend, gleichwie in karolingischer Zeit für kommendierte Freie und Unfreie, i
so jetzt für Vogteileute und Hofholde aus der gleichen Zinsunterthänigkeil J
den Schlufs derselben gesellschaftlichen Li^e, gleicher Stellung Kum Herrn za I
ziehen. Und wurde nicht ein solcher Schlufs jetzt, wie ebenfalls schon in der I
Karolingeizeit, durch den Umstand sehr erleichtert, dals die Gi-undhÖrigkeit sich '
soeben unter dem F,influfs geldwirtschaftlicher Entwicklungen, freier Pachtung,
häufiger Auswandenmg, lehnsweiser Ausgestaltung dns Weinbaues, riel freier
zu gestalten begann? Schon im 13. Jh. wurde der Charakter der Renten-
gnindherrschaft voll durchgebildet ; auch die Zahlungen der Vogteileute konnten
als Rentenzahlungen erscheinen. Und wenn andererseits die Vogteileute nur
der Gerichtsbarkeit des Schutzherm unterstehen sollten: hatte sich nicht
auch die Grundherrlichkeit in ein zum guten Teile gerichtsherrliches Hoheits-
verhältnis aufgelöst? Diese Züge der Entwicklung traten bald deutlich zu Tage:
mochten auch geringere Unterschiede zwischen Grundhörigkeit und Vogtei bald
mehr bald minder betont bestehen bleiben, im ganzen vei-schmolzen die grund-
hörigen und die vogteilichen Klassen zu der 6inen grofsen Masse der ab-
hängigen, der ,armen' Leute des 14. Jhs.
In dieser Vereinigung aber fonnte sich der Begriff tenitorialer Unter-
thanschaft. Grundholde und Vogteileute bildeten nicht einige Klassen, sie
bildeten die Klassen der arbeitenden Bevölkerung des platten Landes ül)er-
haupt; in ihrem Zusammenschlufs uud ihrer Unterordnung unter den Landes-
herm auf dem Wege grundherrlicher und vogteiliclier Behandlung war ohne
weiteifs die persönliche Gnindlage der TenitorialgewaK , waren zum Lande
die Leute gewonnen.
— 1521 — SchlufsJ
Und die sozial fllhrenden Schichten des platten Landes: der kleine
ministerialische Adel, die alten edlen Grundherren, die geistlichen Körper-
schaften? Auch sie wurden, wenn auch auf anderem W^e, dem territorialen
Gedanken gewonnen. Die Landesherren griffen hier nicht zu besonderen, erst
zu entwickelnden Mitteln ; es handelte sich hier zunächst nicht um die Bildung
eines neuen, eigenartig territorialen Standes; es kam nur darauf an, das Ver-
hältnis der meisten dieser Gruppen zum Reich mit Geschick auf die Landes-
gewalt zu tibertragen. Nun waren die hervorragenderen geistlichen Körper-
schaften wie die grofsen Grundherren innerhalb der ktinftigen Landesgrenze
dem Reiche seit der Ottonenzeit zumeist vasallitisch verbunden gewesen, der
Begriff der Lehnstreue allein hatte ihr Verhältnis zum Reichsoberhaupt ge-
regelt. An dessen Stelle mufste jetzt der Begriff landesherrlicher Lehnstreue
treten: der territoriale Lehnhof wurde zum Sammelpunkt aller gesellschaftlich
höher stehenden Schichten der Landeseingesessenen. Auch der Ministerialen.
Schon längst hatte bei diesen die Umbildung des alten Dienstverhältnisses in ein
Lehnsverhältnis begonnen ; jetzt nun wurden sie den anderen Vasallen in einer
Reihe von Verschiebungen angegliedert und als Stand ritterlicher Herren dem
sonstigen Lehnsstande altadliger Herren untergeordnet. War auf diese Weise der
Einflufs und die Macht auch der höheren Klassen im Territorium dem Landes-
herm zur Verfügung gestellt, so lälst sich doch nicht verkennen, dafs diese Ein-
ordnung des Adels in die Landesinteressen nur auf ursprünglich rein gegen-
seitigem vertragsmäfsigen Verhältnis beruhte. Es bedurfte der willensstarken
Thätigkeit vieler Jahrhunderte , ehe diese Thatsache und ihr verfassungs-
mäfeiger Ausdruck im Stände wesen verdunkelt und beseitigt, ehe der reine
Unterthanenbegriff für alle Landeseingesessenen entwickelt ward.
Diese Thätigkeit aber mulste eine langsam ordnende sein, sie mulste dem
Diu*cheinander alter Verfassungstrtimmer autonomer Art in Hundertschaft, Zen-
derei und Markgemeinde neuformend und beseitigend entgegentreten, sie mufste
die nunmehr abgelebten Bildungen autoritärer Art in Grundherrschaft und Vogtei
ihren Zwecken in freier Umwandlung anpassen, sollte ein territorialer Organismus
voll neuen Le1>ens entstehen, dem in voller Seele anzugehören auch die sozial
führenden Schichten des Landes mit Recht gezwungen werden konnten.
Die Thätigkeit der Landesherren in dieser Richtung füllt das spätere
Mittelalter aus, ja sie reicht noch ttber dasselbe hinaus in fernere Zeiten.
Ausgehend von den alten Rechten der Grundherrlichkeit und der Vc^tei,
von dem lehnsherrlichen Zwangsrecht gegentiber dem Territorialadel, endlich
von den allmählich erworbenen Hoheitsrechten des Reichs auf dem Gebiete
der Rechtssprechung wie der Verwaltung, namentlich der Finanzverwaltung,
streben die Landesheiren nach vereinfachten Verhältnissen unter dem Ziele
der allgemeinen Landeswohlfahrt
Und wie vortrefflich wu&ten sie nicht die Mittel zu entwickeln, welche
sie diesem Ideale näher ftihren konnten. Vor allem mufste es sich darum
handeln, eine genügende Macht zu entfalten, um die noch verstQckelten und
— 1522 —
zerstreuten Landesteile in dem (iedanlceii gemeinsamen Schutzes \mA territorialer
Zusiuimiengehörißkoit zu einem wirklich organischen Ganzen zu verbintlen.
Hierzu heilurfte es vor allem starker finanzieller Überlegenheit gegenüber den
Eifersüchteleien der kleinen lienachbartfiu , Jeilweis vom Landesgebiet völlig
umschlossenen Grundherren. N'ur eine völlige Umformunt: der alten auf die
vergchiedenarüfisten Gerechtsame begründeten Einnahmen des Landesherren
konnte diesen Zweck erreichen. Sie wurde durchgeführt, so durchsichtig und
80 von neuen Finanzanschauungen durchwoben, wie man es nur in der Zeit
beginnender Geldwirtschaft unter weitgehender Verabschiedung naturalwiTrt^
BChaftlicher Finanzgebanmg vermochte. Die alten Bezüge gnindherrlichen
und vogteilichen wie sonstigen holbprivatreclitlichen Charakters mid Urspiningg
wurden soweit als möglich unifiziert und zu indirekten Steuern entwickelt;
ihnen traten die kräftig entfalteten Abgaben und Einnahmen aus einst
mchsrechtlichen Regalien als zweite Steucrquelle indirekter Natur zur Seite.
Und dieser Gesamtmasse indirekter Steueiii wurde nun, je weiter die Ent-
wicklung im 14, und 15. Jh. vorschreitet, um so nachdrücklicher und aus-
giebiger ein System direkter Besteuerung gegenübergestellt, dem alle Lande»-
eingesesseneu, die Unterthanen in der Landeshede, einer rohen Einkommeit-
oder Vermögenssteuer, die vasallitischen Stände in Subsidien und Matrikular-
beitragen untei-worfen wurden. Bedeutungsvoll aber stand neben diesen regel-
mäfsigen Einnahmen in der Epoche abschliefsender Territoriulgründung , in
dem der Stauferzeit folgenden Jahrhundert bis zu den grol'sen Elendsjahrea
des schwarzen Todes, der Geifselfahrten und der Judeuschiachten , noch eine
Anzahl aulsergewöhnlicher Finanzquellen. TiVuscht niclit alles , so wurden
in dieser Zeit wie im Kurfürstentum Trier so auch in vielen anderen Terri-
torien die Juden, diese Grofskapitalisten und Grofsbankherren des späteren
Mittelalters, in energischster Weise zur Stärkung der landesherrlichen Finanzen
ausgenutzt. Indem man sie in ihren Privatgeschilften landesherrlich schützte
und wohl gar ihre Geschäftserfahrung zur Fühniug des Landeshaushaltes
heranzog, fundierte man zugleich auf ihren Kredit und ihren Kapitalreichtum
eine ganze Reihenfolge von Anleiben in nicht mehr zu übersehender Höhe,
deren Mittel zunächst zur thunlichsten Erweiterung und zum völligen Altschlufs
der Landesgrenzen ausgenutzt wurden. Kleine Grundherrschaften wurden ge-
wonnen, Vogteien gekauft und pfandweise erworben, neue Vasallitätsverhfilt-
nisse begründet, und somit territorialer Zusammenhang, Einheit und Ordnung
durch Erwerb fehlender Rechte und mangelnden Einflusses geschaffen.
Zugleich aber wurden die überschiefsenden nicht unbedeutenden
Finanzmittel zum Ausbau der militärischen Einrichtungen und damit zur
Begründung einer erstmaligen völligen Landessicherheit verwandt. Wo nur
landesherrlicher Einflnfs eindrang und sich bald in gnindherrlichen, bald in
vogteilichen oder hoheitlichen Rechten niederschlug, da wurden zu seiner Ver-
stärkung Buigen erbaut und mit einer in freiem Soldverhältnis stehenden Be-
satzung unter einem nach Anitsweise geworbenen und absetzbaren Burggrafen
— 1523 — Schlufs.!
belegt Und wie wohlthätig wirkte diese Sicherung des Landes durch gut
verteilte Burgenanlagen zugleich auch nach anderer Richtung. Die Unter-
thanen gewöhnten sich daran, in dem Burggrafen ihren natürlichen Vorgesetzten
und vom Landesherrn gesetzten Berater zu sehen; so wurde der Burggraf
neben seiner militärischen Stellung zum Landesbeamten, die Burg selbst zur
Amtsstelle, und der ihrem Einflufs unterstehende Gebietsteil des Landes zum
Amtsbezirk. Eine neue Bezirkseinteilung des platten Landes bildete sich auf
der natürlichsten aller Grundlagen, auf der Basis des Friedensbedürfiiisses
und des Friedensschutzes, und aus der Militärverwaltung heraus erwuchs eine
erste wirkliche Territorialverwaltung. An diesen Kern lehnten sich nun alle
anderen Verwaltungsbedürfnisse des Landes an. Die Hochgerichte der alten
Verfassung, so verschiedenen Ursprungs und so abweichenden Umfanges sie
sein mochten, glichen sich jetzt mit den neuen Amtsgrenzen womöglich biß
zur Entwicklung eines einzigen Amtshochgerichts aus, und die Schultheißen
der Grundgerichte wie die wenigen noch vorhandenen Zender der alten freien
Zenderei- oder Untergerichte gaben ihre gerichtliche Vollstreckungsgewalt in
den Schutz, ja bald in die freie Hand des zuständigen Amtmanns. Nicht
minder suchte die landesherrliche Finanzverwaltung bald mehr bald weniger
Fühlung mit der Bezirksabgrenzung der Ämter. Was auch immer von Ein-
nahmen innerhalb eines Amtes erfiel, was die Schultheifsen an Gerichtsbufsen,
die Meier an grundherrlichen und vogteilichen Abgaben einnahmen, es wurde
an eine gemeinsame Amtshebestelle abgeführt, der ein Kellner in besonderer,
von den Geschäften des Amtmanns getrennter Verwaltung vorstand.
Es versteht sich, dafs die glückliche Ausbildung der neuen Lokalver-
waltung von der nicht minder sorgsamen Entwicklung einer landesherrlichen
Zentralverwaltung begleitet ward. Der BegriflF aber, welcher beide Verwaltungen,
abgesehen von der äufseren Regelung der gegenseitigen Zuständigkeiten, mit
einander verband, war der des Amtes. Das frühere naturalwirtschaftliche
Mittelalter hatte nur den Vasallitätsb^rifif einerseits, den Dienstbegriff anderer-
seits zur Führung von Verwaltungsgeschäften in Anwendung bringen können.
Beide Begriffe waren der nunmehr erforderten freien und doch zugleich von
Geschlecht zu Geschlecht strenger zentralisierten Verwaltung nicht gewachsen.
Die Vasallitätsverwaltung hatte unter dem Übermafs eingeräumter Selbst-
ständigkeit jede Fühlung mit der Zentralstelle verloren, die Dienstverwaltung
hatte sich, soweit ihr Personal in der höheren Ministerialität nicht zur Lehns-
verwaltung überging, nie zu jener Freiheit erhoben , welche zur Führung ver-
antwortungsvoller Geschäfte unerläfslich ist. So konnte dem neuen Bedürfnis
nur ein neues System der Verwaltung gentigen. Es entwickelte sich während
des 13. Jhs. langsam aus den alten Bildungen heraus zum Kernpunkt des
Amtsbegriffes. Seine Ausgestaltung aber war natumotwendig mit dem Ein-
tritt der Geldwirtschaft gegeben und bedurfte zum Ausreifen nur geringer
Nachhilfe seitens der Landesherren. Die Vasallität hatte, vom wirtschafts-
geschichtlichen Standpunkte aus gesehen, zur Erblichkeit der Ämter geführt,
- 1524 —
weil die Aiiitsbt'solduns in Naturalertriifxen bestand, mit deren Zuwendung
zugleich die Übergabe des tragenden Fundus verbunden sein mufste, so dafs der
Beamte nicht blofs iu deu Genufe des Gehaltes kam, srjndem auch in den
Besitz der Quelle, aus welcher dieses Gehalt erflols. Eine solche Begründung
des Gehaltes könnt« bei genugev Vei-waltuiigszenti-alisation nur mit der Erb-
lichkeit rier Ämter abschliefsen. Aber jetzt, häufiger etwa seit der zweiten
HiUfte des 12. Jhs., wunle es möglich, Belehnungen auch auf Giiuid vod
Geldzahlungen vorzunehmen ; hei ihnen gelangte der Vasall nicht in den BesiU
jener Kinuahniequello , welche die Zahlung seiner Lehnsgelder eniiöglichte.
Bald ging von diesem Punkte aus ein UIllseh^^■ung des Lehnswesens von deii'
weitreichendsten Folgen vor sich. Da mau durch Zahlung von Lehn^eldem
die Erblichkeit vennied, so wurden Zeitlehen gewöhnlich; und indem man zu-
gleich auf Grund jährlicher Lefanszahlungen vom Belehnten jetzt wieder b»-
stinimte Leistungen auiserhulb der allgemeinen Forderungen des I^hnsrechtes
verlangte, entstand seit dem Beginn des 13. Jhs. der Begriff des DienstlehenB.
Was aber unterschied ein Dienstlehen auf Zeit noch einschneidend vom Amte?
Nur wenige Generationen dauerte es, so wurde der alte Lehns- und Diensfc-
hegiiff völlig abgeschnttelt, und aus der Hülle der alten Begriffe schalt« si^
rein und klar der neue, in der Landesverwaltung sofort und umfassend zur
Anwendung gebrachte Anitsbegriff.
Auch die Zenti-alverwaltung wurde, wie ilie Lokalvenvaltuug, auf diesem
B^iff hin entwickelt. Ein Rat, welcher aus gelehrten wie aus ungelehrtea
meist adligen Mitgliedern bestand, umgab den Landeshemi und wurde voti
diesem durch Annahme der einzelnen Mitglieder in Amtsweise nach freiem
Belieben msainmengesetzt. Kein Zweifel, dafs dem Landesherru iu einer
solchen Behörde ein ungemein thatkräftiges Werkzeug zur VerfUgunp stand.
Und lange genug, bis etwa zur Mitte des 15. Jhs., haben sich die Landes-
herren diesen Rat ungeteilt, in freier \'erwendung seiner einzelnen Mitglieder
erlialten. Die Zeit eiforderte vor allem das Zusammenschweifsen der ein-
zelnen Landesteile ries Territoriums so verschiedenen Urs|irungs, eine Aus-
gleichung der örtlich unendlich voneinander abweichenden Rechte und Ansprüche,
eine kräftige Vertretui^ des Landes nach aulsen hin unter der wechselndsten Auf-
fassung der Territorialselbständigkeit und der mannigfachsten Behandlung des
Beichsgedankens : da war imr eine Zentralvei-waltung zu gebrauchen, welche
sieh biegsam all diesen Notwendigkeiten anpafste, weiche nelien der bestän-
digen Bearbeitung fester Verwaltungsgegenstände auch vorübergehenden Bil-
dungen und dem Bedürfnis des Tages gerecht werden konnte. Eine solche
Zentralverwaltung war dieser Rat mit seinem Konunissionensystem, das die
wandelndste Zusammensetzung aller in ihm erhaltenen Arbeitskräfte für jeden
besonderen Zweck zulieCs: el>en seine Elastizität, der Mangel einer Ausbildung
von Einzelämtem oder Ministerien in ihm bildet eins der liezeichneudsten
Merkmale des jugendlichen Territerialstaates.
Aber mit dem Schlüsse des Mittelalters l)egann eine andere Periode der
— 1525 — Schlafs.]
Entwicklung. Jetzt waren die Grenzen des Territoriums geschlossen, eine
freie Stellung innerhalb der Reichsverfassung durch den längeren thatsächlichen
Bestand umfassender Privilegien gewährleistet, jetzt war eine Übersicht über
die alten Verüassungsbildungen innerhalb des Territoriums gewonnen und ihre
Klärung mit Rücksicht auf das oberste Ziel einer einheitlichen Territorial-
gewalt weithin durchgeführt: das Territorium war aus einem Konglomerat zu
einem Organismus, aus einer Sammlung auseinanderstrebender rechtlicher und
ökonomischer Entwicklungsrichtungen zu einem einheitlichen Staats- und Wirt-
schaftskörper geworden. Mit dieser Umgestaltung zum Individuiun machte sich
auch der Egoismus aller individualen Lebensformen geltend. Ein neues ein-
heitliches Staatsideal, die Wohlfahrt der Landeseingesessenen und des Terri-
toriums, wird nunmehr aufeestellt und seine Verwirklichung mit allen Mitteln
als fürstliches Recht vom Landesherm beansprucht, ein Abschluls der Landes-
individualität gegenüber anderen Territorialstaaten zu gunsten bevorzugten Son-
derbestandes wird ins Auge gefafst. So entsteht eine Fülle neuer politischer Ziele ;
das Territorium tritt allseitig als Staat auf und entwickelt eine eigene äufsere
Politik nicht blofs der einfachen Machtbestrebungen, sondern auch der Handels-
vorteile und industriellen wie landwirtschaftlichen Stärkung; und im Innern
versucht der Landesherr zum erstenmale ernsthaft eine Einfügung der noch
widerwilligen Stände in das ordnungsmäfsige Verhältnis der Landeseingesessenen,
wie eine weitgehende Fürsorge für den wirtschaftlichen und sozialen Zustand
der niederen Unterthanen.
Gerade in letzterer Beziehung that jetzt schnelle Hilfe not. Fast seit
Ausgang der ersten Hälfte des Mittelalters waren die niederen Klassen der
Grundholden und Vogteileute sich selbst überlassen geblieben; jetzt seufzten
sie schwer unter den unglaublich verschrobenen Verhältnissen, in welche sie
der Verfall aller unmittelbar fttr sie bestehenden Einrichtungen, autonomer wie
autoritärer, gebracht hatte. Von den Markgenossenschaften bestand kaum noch
mehr als der Schatten ihrer früheren Bedeutung; ihre grofsen Verbände, wie
sie auf alter Hundertschaft oder Zenderei beruhten, waren in wirtschaftlicher
Nutzung wie Handhabung der Verwaltung gleich unheilbar verfallen, und die
kleineren Verbände waren in die Markherrlichkeit der Grundherren auf-
gegangen oder durch Verkauf oder sonstigen Verlust einzelner gemeiner
Nutzungen gesprengt und geborsten. Auch die Grundherrschaft bot keinen
Halt mehr. Wo war ihre einst den Verhältnissen so weise angepafste obere
Verwaltung geblieben? Wo die milde Rechtssprechung der Meierämter, die
regelmäfsige und nicht überhastete Einnahme der Zinse, die Fürsorge für
weiteren Ausbau des Landes zu gunsten jüngerer Söhne der Hof hörigen?
Diese Wohlthaten hatten zum guten Teile auf Einrichtungen eigenartig
naturalwirtschaftlichen Charakters beruht, mit dem Aufkommen geldwirt-
schaftlicher Bestrebungen auf dem platten Lande mufsten sie haltlos zu-
sammensinken. Oder sie waren aus noch nicht vollendeter Urbarung des
Landes erwachsen : der Landesausbau aber verschwand seit Beginn des 18. Jhs.
[öchlufs. — 1526 —
vor der Ei-seheiuun;! einer wahren ÜhenfilkeruDg des plattpn Landes bei niclrt
mehr genügeudein Nahmngsspiehauin. Diesen harten Thatsaclien aegenülwr
half der Eintritt mancher erfreulichen Entwicklungen, das Aufldilhen der
freien Pachtung, die zunehmende rechtliche Freiheit der niederen Klassen, das
Wachstum der Städte, nicht viel: unter dem Veifall aller autonomen und
autoritären Bildungen, unter dem Einfluls mit zunehmender Schwieriplteit zu
besphafl'ender Lebenshaltung entstand ein liludliches Proletariat, dessen droheßd*!
Bildung sich schon im 14. Jh. erkennen läfst. Und doch waren die Zeiten
des 14. Jhs, noch verhilltnismäfsig günstig. Noch stieg der gemeine Tüj^lohn
bis zur Höhe dieses Jahrhunderts, und fiel er seitdem, so wurde sein SinkenLj
zunächst doch unch durch eine bei weitem stärkere Abnahme der l'rodukten-
und Ärbeitstierjireise ausgeglichen. Allein im Laufe und besonders gegen
Schlufs des 15. Jhs. verschlimmerte sich die Lage in der bedenklichsten Weise.
Hatte bisher das besitzlose ländliche Proletariat in seiner Not weseotUrh
allein gestanden, so begann jetzt auch der kleine Bauer zu krSnkcln. Auf
dem platten Laude gab es jetzt fast kein fi'eies Eigen mehr; gewifs wird man
den ritterschaftlichen und geistlichen Besitz am Schlufs des Mittelalters auf
mehr als die Hälfte alles bebauten Areals berechnen können, und ein beträcht-
licher Teil der anderen Hälfte wird als verhältnismäfsig unfruchtbares Ge-
meindeeigeutum anzusprechen sein. So war der kleine Grundbesitzer im
wesentlichen auf die Aiisi>eutung von Heirengut angewiesen; er ziuste und
zahlte vom Boden, die Grundrente kam dem Buden nur zu geringem Teile
zugute, die Widerstandskraft gegenüber gröfaeren Schwierigkeiten wirtschaftlicher
Natur war nur schwacli entwickelt. Nun kam es aber schon gegen Schlufs des
Mittelalters, und noch mehr im ersten Viertel des 16. Jhs. zu einem ganz aufser-
gewöhnlichenFallen der Getreidepreise, und hiennit zu einerschweren Krise gerade
des kleinen Grun<leigentums. Der Bauer überstand sie nicht, der Territorialstaat
war noch zu wenig entwickelt, um ihm durch kräftige organische Mafsr^eln zu
helfen : eine dauernde Gärung bemächtigte sich des kleinen Maunes und führte zu
einer Vereinigung seiner Forderungen mit den älteren Klagen des besitzlost^n
Arbeiters. So bereiteten sich die schweren Zeiten bäuerlicher Unruhen und
Kriege um die Wende des 15. und 16. Jhs. vor.
Auch die Aussichten des Territorialstaates bei seinem Eintritt in die
Neuzeit waren uicht übennäfsig günstig. Läfst sich eine erste Blutezeit der
deutschen Territorien ziemlich allgemein für die erste Hälft« des 14. Jhs,
nachweisen, so waren die Machtmittel der Fürsten seit dieser Zeit wohl in
den meisten Lilndem nicht jenen Erwartungen entsprechend gestiegen, welche
man aus der bisherigen Entwicklung hätte begründen können. Vor allem
waren es die Finanzen, welche von Generation zu Generation mehr Sorge
verursachten. Mit der Mitte des 14. Jhs. fielen die aufserordentlichen Ein-
nahmen weg, welche man in reichstem Mafse aus dem Judenschutz gt«70geii
hatte; wohl schwerlich hat die seit den Greueln des Jahres 1349 gebtofheno
Knpitalkraft der Juden jemals wieder eine so hohe Schätzung gestattet, wie
1
_ 1527 — Schlufs.]
sie vor dieser Zeit gewöhnlich war. Auf der andern Seite aber wuchsen die
Ausgaben von Jahr zu Jahr mit den erweiterten Aufgaben der Territorial-
gewalt und luit dem sich zu dauerndem Kriegszustand zuspitzenden Gegensatz
zwischen Territorien und Städten. So sind die meisten Territorien nament-
lich in der ersten Hälfte des 15. Jhs. heillos verschuldet; landesherrliche
Bankerotte gehören nicht mehr zu den Seltenheiten. Um aus diesen unerträg-
lichen Zuständen heraus zu gelangen, bot sich nur 6in Mittel dar, die An-
rufung der Stände. Man bequemte sich zu ihr, man räumte damit den höheren
sozialen Schichten des Territoriums eine En^'eiterung jener politischen Selb-
ständigkeit ein, welche man noch im 14. Jh. völlig vernichten zu können ge-
hofft hatte: die Periode ständischer Regierung in den Territorien wird ein-
geleitet. Und so schien denn das deutsche Fürstentum von seinem ursprüng-
lichen Ziele der Begründung eines monarchischen Absolutismus entfernter als viel-
leicht jemals vorher. Aber es schien nur so : noch bestanden die kraftvollen
Keime eines künftigen Absolutismus, wie sie im späteren Mittelalter in einer
ausgedehnten landesherrlichen Verwaltung und in der Aufstellung eines neuen
Wohlfahrtsideals staatlicher Entwicklung gelegt waren; aus ihnen erwuchs
scldiefslich trotz aller noch zu überwindenden Schwierigkeiten die unbeschränkte
Monarchie des 17. und 18. Jahrhunderts.
V
ZcittaftI uichligerer Ernchfiiiungeii
Anhang.
, ictlüic im Verlnuf der vorKlchevdeti ü'ilcrsifchungem ,\
1. Jahrhundc]
HegrÜJidimg von Grorslmltuten längs der Römen
rarseii aufEifel unJ Huitärücli; S. 143£J
rS. and 4. Jahrhundert
Ansieilliing von Barharen (Saliern, Siumaten) in den Mob el gegen den ^ S. 151 f.
ä. Jahrhundert
Ahsdilufs der träuldschen Wanderangen; S. 8 und 156. [Gegen Scblufs des Jahi^ j
hnnderis:] alleinige Immolnliareuccession der Söhne, hei unbeerbtem Todfall der Nscbbun |
(Markgenossen); S. 44.
6. Jahrhundert
[Erste Hälfte:] Aufkommen massenhafter Bosiedlangen aufserhalb deB aalischen (Hufen-)
Landes; S. 45. [Decr. Dilnt u. Childel..:) Rinflilirung der Zendi>reien als Untei-ableilunffen
der Hundertschaft, Tlhertragung des militärischen FOhrerrcchts , der Pflicht der Rüge und
der Friedensbewahrung in der Zenderei an den Zender; S. 294 f. [Mitte des Jahrhunderts:]
Beschränkung der alleinigen Immobiliarsuccesaion der Söhne auf salisches Erbe; S. 40 f.
[561— .S84, YA. Chilp. g 3:] Zulassung der Töchter, Brüder und Schwestern des Erblassera
zur Immobil iarsuccession in salisches Erbe, hei Fehlen dieser Heimfall an die Markgenossen-
schaft; S. 43 f. [Viertes Viertel:] Entwicklung des Veräurseningsrechtes an Grund und
Boden aufserhalb des salischen Landes; S. 49.
8. Jahrl
nderl
Spätestens in dieser Zeit Begründung eines im wesentlichen einheitlichen materiellen
Rechtes der Franken auf der Grundlage des salischen Rechtes; S. 6. Zulassung der Schwert-
magen bis zum sechsten Grad und sogar der Kunkelmagen in die Erbfolge an Salland, Ver-
fall des Vicinenerbrechts ; S. 44. Erste Anzeichen der Ilufenzersplitterung; S. 366. [Mitte
des Jhs-O Auftreten der Precaria oblata; S. 891. [8. und 9, .Tb.:] Hauptepoche der Besied-
lung durch den Laienadel im Bifangsystem; S. 123, 419, G9S. Allseitige Ausbildung des
Zinslehens; S. 901. [8.— 10. Jh.:] FUierung der grundherrlichen Zinse; S. 621.
9. Jahrhundert
[.Anfang des Jhs. ;] Volle Trennung der Bezeichnung des heutigen Anlenner Waldareals
von der Irüheren Ausdehnung des Begriffs Ardennen; S. 95. [Anfang:] Regelung des Be-
— 1529 — Anhang.]
triebes der königlichen Fisci vornehmlich durch Karl denGrofsen; S. 719 f., 802 f. [An£uig
des Jhs.:] schon Bestand der Dreifelderwirtschaft; S. 545. [817:] Überweisung des Bezehntungs-
rechts an die Kolonialkirchen; S. 116. Entstehung der Scharmannen; S. 811. [Mitte des
Jhs.:] Aufhören der Freilassungsurkunden zu voller Freiheit, statt dessen Aufkommen derer
zu Wachszinsigkeit; S. 1221. [850—950:] erste Periode der Vogteibedürftigkeit; S. 1065,
s. unten [1050—1850]. [Ca. 860:] Schwinden der freien Hintersassen; S. 1178 Note 1. Ent-
stehung und Ausbildung der Grundherrlichkeit; S. 992. Schon grundherrliche Zender; S. 1008,
vgl. S. 225. [Ende des Jhs.:] Abschlufs der spezifisch grundhörigen Landnutzimgsform ;
S. 900, 922 f. [Ende des Jhs.:] Bindung der Grundholden an die Scholle; S. 1190. Entwick-
lung der Immunitätsgerichtsverfassung ; S. 1031 f., 1112. Verleihung einfacher Münzprivilegien;
Bd. 2, 352. [Zweite Hälfte des Jhs.:] Auftreten der Precaria remuneratoria; S. 891. Be-
stand eines besonderen (ministerialischen) Weinbaulehens; S. 903 f. Schon Zweifelderwirt-
schaft in der pfälzisch-rheinischen Gegend; S. 546. Schon drei Pflugarbeiten gewöhnlich;
S. 557. SchluTs der ersten Ausbauperiode in vollen Dörfern; S. 109. Beginn des Beunden-
ausbaues; S. 419 f. [Ende des Jhs.:] Beginn des Ausbaues von Rotthufen in Einzelhof-
system; S. 854. Erstes Vorkommen der Königshufen; S. 148,350. [9. — 10. Jh.:] Sichtbarer
Bestand der Hufenzersplitterung; S. 1283 f. [9. — 10. Jh.:] Zeit der grofsen Inforestierungen;
S. 113. [9.— 10. Jh.:] Erste Epoche des Burgenbaues; S. 1306, s. unten [12. Jh. Mitte].
10. Jahrhundert.
[Ca. 900:] Vermehrungskoefißzient der Bevölkerung ca. 3,5<>/o; S. 163. [Erste Hälfte
des Jhs.:] spätestens Entstehung der Immunitätsvogtei ; S. 1112. Beginn der sozialen Ein-
wirkung der Vogtherrlichkeit; S. 1139. [Ca. 900:] volle Durchbildung der Grundholden;
S. 1152. [Mitte des Jhs.:] die Gelegenheiten zum Verfall in Unfreiheit werden seltener;
S. 1191. Verfall des alten Heerwesens ; S. 1142. Verleihung von Münzprivilegien zu eigenem
Gepräge an Private; Bd. 2, 351. Beginn des Ausbaues in den Forsten; S. 112. [10. Jh. ff.:]
Ausbau der Fluren, vermehrter Squatterausbau; S. 123, 148.
11. Jahrhundert.
[Ca. 1000:] Vermehrungskoefißzient der Bevölkerung ca. l,8<>/o; S. 163. [Ca. 1000:]
Höhepunkt der bischöflichen Schenkungen an die kirchlichen Korporationen; S. 676. [Mitte
des Jhs.:] Verfall der alten vornehmlich dem Grundbesitz zugewandten kirchlichen Erwerbs-
politik; S. 675, 686. [Zweite Hälfte:] Entstehung der Laienbruderschaften in den Klöstern;
S. 690. [Viertes Viertel:] Betonung der Novalzehnten als bischöflicher Einnahmequelle;
S. 119 ^ [Schlufs des Jhs.:] Entstehung eines besonderen stiftischen Verwaltungssystems
auf Grundlage von Pachtung; S. 977. [Anfang des Jhs.:] der Charakter des Landrechts
(Bodenregal) nicht mehr hoheitlich, sondern grundherrlich, das Inforestierungsrecht grund-
heiTlich; S. 106, 110. Der erbliche Nutzbesitz der Grundholden anerkannt; S. 1192. Volle
Ausbildung der grundherrlichen Gerichtsverfassung (Bauding, Grundgericht, Hochgericht);
S. 1046. [Anfang des Jhs.:] spätester Termin allgemeiner Verbreitung der Fronho&vogtei ;
S. 1088. [1030:] erstes Immunitätsvogteilehen; S. 1123. [Mitte des Jhs.:] erste Immunitäts-
erbvogtei; S. 1123. [Mitte des Jhs.:] Aufkommen von Immunitätsuntervögten; S. 1125.
[Ca. 1050—1350:] Zweite Periode der Vogteibedürftigkeit; S. 1065, s. oben [850—950].
[Zweite Hälfte des Jhs.:] vermutlich vermehrtes Auftreten von Markvogteien ; S. 1076. [Ende
des Jhs.:] Abschlufs der lehnbaren oder absoluten Erblichkeit der Immunitätsvogtei ; S. 1124.
[Zweito Hälfte des Jhs.:] Herabsinken des Lehnbegriffs zum Wirtschaftsbegriff; S. 627. All-
mählicher Verfall der RömerstraGsen ; S. 814; Bd. 2, 239 f. Bestand einer lokal entwickelten
Eisenindustrie; S. 555; Bd. 2, 331 f. [Mitte des Jhs.:] die geistlichen Institute beginnen
gröfsere Darlehnsgeschäfte zu betreiben; S. 1446. [Mitte des Jhs.:] Au&chwung des All-
mendeausbaues in Spezialkulturen (Gärten, Wiesen, vor allem Weinberge in Mannwerk- und
Pichtersystem); S. 401 f., 409, 915. [Schlafs des Jhs. :] Entwicklung gröfserer Scha&ucht; S. 536.
Lamprtcht, Deutsclies WirtscIiafUIeben. I. 97
12. .lahrbundort.
[Ca. 1100:] Vennehrungskoeffizienl der Bevölkening ca. 2,25%; S. 163. [Ca. I100:J
Stärkere Anvendung organisierter Selbsthilfe im Gottesfrieden ; S. 1064. Der kaiserlicbtt
Machtspruch nicht mehr zum Schutz kirchlichen Gruntieigens verwendet; S. 713. Ausprägung
der Worte Territorium und Landesherr im technischen Sinne; S. 1352. Zeit vermchrteii
walloniscb-franzöaischeD Einflusses an der Mosel; 8. 79, [Ca. 1100:] Ausgang der ftlreren
Immunität; S. 1019. [Ca. 1100:] nebepunkt der Klageu über die ItnmunitatfiTögte, beginnen-
der Sieg der Vogte; S. 1127. Die Fronhofe^ogleien fast stets erblich; S. 1108. [Ersis
Hälfte des Jhe. St.:] Bildung der freimarkvogtei liehen und fi-eigerichtävogteüicben Klassen;
S. 1140. [Ca. 1150:] Abschlufs der Büdung der Markbörigen ; S. 1158. Anfinge atldtischer
AatoDomie; S. 1345. [Erste Hälfte des ,Ibs.:] die Ministerialen werden Ritter; S. 1170.
[Mitte des Jhs.:] die MinisterialiUt mit Lehen gesättigt; S. 713, 879, 681, 1170. BlUto des
Miuist(irifllenrats ; S. 1425 f. [Mitte des Jbs.:] spätestens Radizierung der Cierichtsbarkeit;
S. 1043. Beginn der jüngeren landesherrlichen Imrauniiat; S. 1019, 1023. Der Blutbann in
geistlicher Hand; S. 1134, Entstehimg territorialen Münsruchts zu eignem Schrot und Korn
(Mlumnonopol); Bd. 2, 851. Anlange des territorialen Geleitsrecbts; Bd. 2, 275, 290. Begiim
schiedsrichterlicher und rei^l eichender Thätigkeit des Landesberm; S. 1324. [Mitte des
Jhs. f.;] Zweite Epoche des Burgmbaues; S. 1306, 1316, s. oben [9.-— 10. Jh.]. [Mitte dea
Jhs.:] Zunahme der Lehnsauftragungen von Burgen an die Landesherren; S. 12Ö3. Beginn ros
Burgenvergabmigen seitens des Landesherm in der Weise alten Lehens; S. 1372. Entstetaunc
der Burggrafen oder Amtleute zur militärischen und finanziellen Verwaltung der kÖniglicheE
Fisci in der Verbindung von Kumtnandantur- und Meierei- Funktionen : S. 1366 f. [Zweit*
Hälfte:] die Lehnskriegsverfassung des Reichs durch die Territorien unterbunden; S. 127(1
[Ca. 1100:} etwa achtzig fremde Gnudberrschaften an der Mosel ansässig; S. 134 t
Schun weite Verbreitung des AllmendeobereigentumB(Markherrlichkeit); S. 696, 996. Spätestem
Aofkonmien der Doribiarkgeneindeui S. 274. [Anfang des Jhs.;] Begiim stärkeren Ausbaue«
des Landes durch kirchliche Institute (Cistorsienser), Ausbau von Einielböfen; S. 121, 688 t
Pfleglose Hufen werden selten; S. 752. [12. Jh. bis 13. Jh. 1. H.:] Steigen dt» BodenpreisM
um iWa; S. 602. [Erste Hälfte des Jhs.:] Hauptausbauzeit der Weinberge, Beginn d«s
Terrassenbaues: S. 122, 402 Kote 3, 404. Entwicklimc kleiner selbständiger M'einbergsgiiter;
S. 416. Beginn stärkerer Parzellierung, Einbeziehung von Itottland in die Hufenäcker zur
Kompleticntng zersplitteiter Hufen; S. 377 f. [Mitte des Jhs.:] offener Verfall der Hufen-
verfassung; S, 367 f., 1235, [Mitte des Jhs.:] Beginn von Privatverkoppelungen; .S. 301.
[Mitte des Jhs.:] Einführung des Pflugs als Belastungscinheit; S. 371. [Zweite Hälitc des
Jhs.:] erstes Auftreten von abgewirtschaftetem Ödland; S. 128. [Viertes Viertel des Jhs.:]
spätestens Beginn häutigerer l?treitigkeitc*n beim Hilarkausbau ; S. 270. [Schlufs des Jhs.:]
Anfkonunen von vier PSugarbeiten; S. 558. [Scldufs des Jhs.:] Wiesen werden häufig:
S. 528. Verbreitung der Wiesenbewässerung; 8. 529. [Schlufs des .Ihs.:] volle Entwicklung
des Begriffs Hochwald; S. 473. [Schlufs des Jhs.:] Aufkommen des Qualitätsunterschiedes
von fränkischem und hunnischem Wein; S. 571.
[Erstes Viertel des Jhs.:] Die Pachtungen kommen auf, am ehesten in den Venkal-
tangen der Stifter, die Erbpacht vielleicht etwas frülier als die Zeitpacht; 8. 937 f., 972,
980. Teilweiser Übergang der Weinbauleben in Pachtungen; S. 916. [Mitte des Jhs.:]
Beginn des Übergangs grundliöriger Landoutzungen in freie Pachtung, teilweis s(%ai' Allod;
S. 925 f. Übergang der Precaria remuneratoria in Erbpacht; S. 893. [Viertes Viertel des
Jhs.:] i'liergang der Preearia oblata in die Kategorie der Leibrentenverträge; S. 897. Beginn
der Alilüaung giiindhöriger Dingiiflichtcn; S, 925 f , 1201. Verfall der grundherrlicben Zinse;
8. 621. [Ende des Jhs.:] Aufgabe der gnmdhenlirlicn Heundenregie, Verpachtung (Gehöfer-
schalten) oder Verkauf derselben; S. 438 f. (Ende des Jhs. :] immer stärkere Häufung von
Belebnungen aus der Grundherrschaft; S. 713, 881. Verfall der alten Grün dhcrrschaft, schon
um ca. n-iO entschieden; S. 984, 991. (Zweite Hälfte des Jhs.;] deutlicher Vorfall der
I
— 1531 — Anhang.]
Klostereinnalimen; S. 847. Die Meier werden teilweis erblich und Ritter; S. 771 f. Ver-
suche, die Meier auf reines Oehalt zu setzen oder auf andere Weise wieder abhängig zu
machen; S. 769, 772. Ausscheidung des Schultheifsenamts aus dem grundherrlichen Meier-
amt, S. 785 f:, Bd. 2, 171 f.
[Anfang des Jhs.:] Aufkommen der Barrenwährung; Bd. 2, 886. Köhi verdrängt den
selbständigen niederrheinischen Handel im Oberland; Bd. 2, 339. Vordringen der Kölner
Münze nach Süden; Bd. 2, 416 f. [Mitte des Jhs. bis 13. Jh. Mitte:] der Zinsfufs konsti-
tuierter Erbrente beträgt W/o\ Bd. 2, 610. Preissteigerung bis zum 14. Jh.; Bd. 2, 616.
[Mitte des Jhs.:] erste Abschwächung des Erbenwarterechts ; S. 632. [Ende des Jhs.:] Zu-
nahme der klösterlichen Pensionsgeschäfte auf Lebenszeit, Begründung von Klöstern aus
Geschäflsspekulation; S. 678, 681.
18. Jahrhundert
[Ca, 1200:] Vermehrungskoeffizient der Bevölkerung 2,9<>/o ; S. 163. [Ca. 1200:] Knapp-
heit ländlicher Arbeitskräfte; S. 1236. Günstige Lage der arbeitenden Klassen; S. 870,
1238 f. Erstmalige dichterische Verklärung des landwirtschaftlichen Berufes; S. 463. Zu-
nahme der Klasse ft*eier Diener; S. 1157 f. [Ca. 1200:] endgültige Loslösung der Ministe-
rialität aus den grundherrschaftlichen Beziehungen; S. 1173. [Anfang des Jhs.:] Ausbildung
des Burglehens (Dienstlehens); S. 1312. [Drittes Jahrzehnt:] Zunahme unfreier Hausdiener;
S. 1227. [Ca. 1240:] stärkeres Auftreten von Klausen und Beginenhäusem; S. 164, [Erste
Hälfte des Jhs.:] Verfell der Wachszinsigkeit; S. 1221. [Zweite Hälfte:] die Veräufserung
hof höriger Leute nimmt zu; S. 1227. Teilweise Radizierung der Kurmede; S. 1185 f. Ver-
schwinden der altfreien Leute; S. 1152 f. Echtes Eigen in der Hand des Ackerbauers eine
Ausnahme; S. 627. Verfall des ministerialischen Standesrechtes; S. 1175 f, [Schlufs des
Jhs.:] Verschmelzung von Grundholden und Vogteileuten zur Klasse der armen Leute; S. 1140.
[Ca. 1200:] Durchgehende Bedeerhöhung; S, 1606. Entwicklung der Markvogtei zur
Markherrlichkeit; S. 1076, 1085, vgl. S. 996, 1008. [Ca. 1200:] Verfall des grundherrlichen
Transport- und Nachrichtendienstes; 8. 810, 817. Beschränkung der Personalbestände der
geistlichen Körperschaften; S. 847. Beginn häufiger Pfarreiinkorporationen in den Besitz
kirchlicher Genossenschaften; S. 687. [Zweites Viertel des Jhs.:] Beginn der Ablässe;
S. 677. Anfang adliger Kriegs- und Raubzüge; S. 1065. [Erste Hälfte des Jhs.:] Schutz-
verbände der Grundherrschaften gegen die Immunitätsvögte; S. 1133. [Mitte des Jhs.:] Be-
ginn der Gesetzgebung gegen den Personalluxus der Geistlichen; S. 852. Einschrumpfen
der Meierei zur Zinsrezeptur; S. 873 f. Verpachtung von Meierhöfen; S. 774. [Mitte des
Jhs.:] Entwicklimg der Halfenpacht; S. 962. [Mitte^ des .Ths.:] Entartung der Landsiedelleihe
zur Erbpacht; S. 960. Zahlreiche Veräufserungen von abgelegenen Fronhöfen; S. 874 f.
[Mitte des Jhs.:] Ausbildung der Rentengrundherrschaft; S. 886, 1255. [Zweite Hälfte des
Jhs.:] Bewegung auf AUodifikation grundherrlicher Lehen; S. 879. [Schlufs des Jhs.:] Ende
der königlichen me der landesherrlichen Immunität; S. 1024. Letzte Spuren des Amtes des
karolingischen Iudex ; S. 730. Beginn landesherrlichen Verfügungsrechtes über die Allmenden;
S. 1340. [Ca. 1200:] Zusammenlegung der alten Grundgerichte durch Kombination je eines
neuen Schöffenstuhls aus mehreren bisherigen; S. 1052 f. Existenz weitgehender Dismem-
bration der Hunnenämter; S. 211. Die Zendereigerichte konunen an die Landesherren;
S. 190. Übergang des Burgbaurechtes an die Landesherren: S. 1270 f. [Anfang des Jhs.:]
Abschlufs der ständischen Elemente; S. 1424 f. Anfang landesherrlicher Verwaltungsordres;
S. 1441 f. Aufkommen des Dienstlehens; S. 884 f., 1298 f., 1312 f., 1378. Verleihung von
Burghut in Dienstlehnsvertrag, Entstehung der Amtsburggrafen; S. 1368, 1373. Beginn der
Abgrenzung von Territorialunterbezirken nach landesherrlichen Burgen; S. 1368. [Mitte des
Jhs.:] Verfall der ministerialischen Burggrafen- oder Amtleuteverwaltung in den königlichen
Fisci; S. 1366 f. Bildungsanfänge des landesherrlichen Rates nach Amtsrecht; S. 1428 f.
Bestand einer direkten Landessteuer; S. 1335. Subsidienbesteuerung des Klerus; S. 1288 f.,
97*
IScliIufe. _ 1532 —
1336. [Zweite Hikifte des Jhs. :] die Juden treten in landesherrlicheD Schutz, ihr Kredit irird
von den landeaherren in Anspruch genommen; S. 1455, 1469, Weiterbildung der alteren
vergleichenden und schiedsrichterlichen Thittigkeit des Lcuidesherm ; S. 1324 f. Einriclitiing
neuer patrimonialer Hochgerichte von den Landesherren selten gestattet; S. 1848. [1270 £:]
Übergiing des Burggrafent^uns zu Diengtlehen in das Amtsburggrafcutuin oder die Amtmaiui'
Schaft; S. 1373 f. Weitere Verbreitung der Ueschworenenkolle^en als Vertretangskörper da-
Markgemeinde ; S. 81B. [Zweite Hültle des Jhs.:] Beginn der Bildimg von Bezirksgerichten
aus l'ronhofsdingen , wie überhaupt der Dntergerichtsbezirke ; S. IZOl f.
[Beginn des Jhs.:] AhschlnTs des regeren Ausbaues an der Mosel: S. 9.üd Note 4.
[Ca. 1200:] Kinfilhrung des Rührens in den Weinbergen; S. 576. [Ca. 1225:j Miiderting
lokaler Teuerungen duich Aufschwung des Handels; S. 593. [Mitte des.Ihs.:] AhschlnTs dsr
im 9. Jh. begonnenen Verbreitung des Weizens; S. 547 (. [18. Jh. 2. H. bis 14. Jh. I. H.jJ
Steigerung der Bodcnpreise um 26°/o; S. 602. [Zweite Hälft« des Jhs.:] Erweiternng dv
Weinbergskulturen. Aufschwung des Weinhandels; S. 569. [Zweite Hälfte des Jhs.:] Nftch-
blQte des Hofiiusliaues auf AUmendebiiang ; S, 866, 701. [Ca. 1275:] Besömmening dtr
Brache; S. 562. Erste ausgiebige Erwähnung der Butter; S. 585. Völliger Untergang der
Hufenverfassung; S. 369. Auftreten neuer Londgitterfoniien (Hof, -Sassnng, Vogtei. Krim);
S. ST5 f. Beginn der Gemeinheilsteilungen; S. 270. Anfh6ren der bülEei-nen Dachsdiiniteln;
S. 509. Beginn rationellen Waldscbutzes; S. 139. Verschiebung des Wildbannbegriffs zum
Eigentiun am Walde; S. 475.
[Änlimg des Jhs. r] Beginn des l.ehnsanweisungssyslenis; S. 882 f. Aufkommen der
Laienteslamcnte ; S. 639 f. [Ca. 1225:] Beginn des Widerstands der Laien gegen Übertmgiing
von Omndbesitt an die tote Hand: S. 657. [Hüte des Jhs.:] Eintritt der Meistbcgfmstigung
gewisser Erben beim Adel ; S. 643, Entstehung der Schaft-, Stock- und VogteigUter ; S. fiS&.
[Anfang des Jhs.:] die Bürger, teilweis der hohe Adel, vor allem die Juden beginnea
DarlehnsgescbiUte zu machen; S. 1448, 1453. [Erstes Viertel des Jhs.:] Aufündung der
LUtticher Steinkohle; Bd. 2, 330. Aufschwung des Handels; S. 593; Bd. 2, 241. I>ie
ReichszöUe werden zu Territorialzöllen; Bd. 2, 271, 273. Verfeinerung der alten Transport-
milleltarifiening bei Zflilen; Bd. 2, 297. [Mitte des Jhs.:] erste wirtschaftliche .Tuden-
unnihen an der Mosel; S. 1456. [Zweites bis drittes Viertel des Jhs.:] Aufkommen der
TiuTiosen; Bd. 2, 435. [Mitte des .llis.:] Verfall der Kölner Münze; Bd. 2, 400 f. Verfall
der Schatzpraiis ; Bd. 2, 376 f. [Zweite Hälfte des .Ihs.:] Vertall lier Barren wall rung;
Bd. 2, 387. Beginn legierter Ausmünzung: Bd. 2, 893. Aulschwung des Weinhandels;
S. 569. Übergang zur liewichts<VVert-)tarifierung bei Zöllen; Bd. 2, 305.
14. J.ihrhundert.
[C:i. 1300:] Aufkommen der spätmittelalterlichen Leibeigen schalt; S. 122». Vielfache
Veninickung /.wischen Gehöfei-n und Leiiieigenen; S, 1231. Die Fronhöfe im wesentlichen
nur noch Substrate von Renten; H. 885 f. Rente oder Laud in Rentenweise als Pfandobjekt
verwertet; S. 957, s. 993 Note 2.
[Anfang des Jhs.:] das tenilflrial geschlossene Substrat der Markvogtei verloren;
S. 108Ö. Endgültiger Untergang des Hunnenamtes; S. 210. .\ufgelien des Reichsbesitz^
innerhalb der neuen territorialen Maehtsphären ; S. 1256 f. [Erstes Viertel des Jhs.:] Be-
ginn einer territorialen Zollpolitik und allgemeiner Landfnedcnsbestrebungen ; Bd. 2, 277.
Entwicklung der Appellation an den Landesherm; S. 1826. [Zweites Viertel des Jhs.:]
das Tcrritoriiun erscheint als einheitlicher Rechtskörper: S. 1353. [Mitte des Jhs.:] Ab-
Bchlufs territorialer Münz-, Zoll-, Geleits-, Slrafsen- und Schiffahrtsvortrüge; S. 1353.
Entstehung des territorialen .Mdnzregals ; Bd. 2, 3-55. Eintritt gröfserer Landessicherheit
(Verwirklichung des mittelalterlichen StaatsgedankensJ; S. 1855. Ueichei'e Entwicklung der
territorialen Magazinierung gegen Hungersnöte; S. 596, 1355. [1354:] Überweisung aller
I
— 1533 — Anhang.]
Reichshoheit üher die freien Reichsgerichte an den Trierer Landesherm, doch halten sich
noch lange freie Heimgerede; S. 190. [Zweite Hälfte des Jhs.:] Sieg des landesherrlichen
Yerfügungsrechtes über die Alhnenden; S. 1340. Ausbildung landesherrlicher Gerichts-
barkeit für Streitigkeiten zwischen Ständen, Gemeinden und Hofgenossenschaften des Terri-
toriums; S. 1850 f.
[Anfang des Jhs.:] sicherer Bestand ständischer Besteuerung; S. 1386. Unifikation
der naturalwirtschaftlichen Elinnahmen im Territorium; S. 1383. [Zweite Hälfte des Jhs.:]
Verfall der Subsidienbesteuerung des Klerus; S. 1336.
[Ca. 1825:] völliger Sieg des Amtsbegrifiis über den Dienstlehnsbegriff in der Terri-
torialverwaltung; S. 1378. [1330 ff.:] Konsolidation des territorialen Amtswesens; S. 1380 f.
Zusammenfassung der alten Hochgerichtssplissen zu Amtshochgerichten; S. 191 f. Über-
lassung schiedsrichterlicher Praxis an den Amtmann; S. 1380. [EIrste Hälfte des Jhs.]:
Abschlufs des Landesrates nach Amtsrecht; S. 1429. Entstehung des Hofmeisteramts;
S. 1435. Entstehung des Geheimsekretariates; S. 1438. Jüdische Finanzminister; S. 1472.
[Mitte des Jhs.:] Auftreten von Kriegshauptleuteu neben dem Marschall; S. 1440. Das Ver-
waltungsschreibwerk wird beweglicher; S. 842.
[Ca. 1300:] Einf^ihrung des Heftens und Laubens in der Weinkultur; S. 576. Verfall
der Bierbrauerei im Moselland; S. 586. Volle Ausbildung des Morgens als Belastungs-
einheit; S. 372. Zunahme der Zehntfixierungeu ; S. 616. Verwischung des Charakters der
Beunde; S. 418, 759. Ausgedehntere Verkoppelungen ; S. 382. Höhepunkt der Landes-
Produktenpreise; S. 622. Steigerung des Bodenpreises um 46®/o; S. 602. [Mitte des Jhs.:]
Existenz des Mergeins; S. 560. Beginn massenhafterer Alhnendestreitigkeiten; S. 270.
Spätestens detaillierte Regelung der Weidenutzungen, besonders der Schafweideberechtigung;
S. 527, 538. Steinbauten auf dem platten Lande noch Ausnahmen; S. 544. Hier und da
schon Waldmangel; S. 517.
[Ca. 1300:] Aufkommen der Zollerhebung in Turnosen; Bd. 2, 287. Verbreitung der
Juden auf alle Städte, Anhäufung in den gröfseren Orten; S. 1449, 1455. Ende des geist-
lichen Leihbankbetriebes; S. 1449. Eintritt völliger Schenkungsfreiheit an die Kirche von
Todeswegen, wie der Schenkungsfreiheit unter Lebenden; S. 639. Sinken des Rentenzinsfufses
(bei Rentenkauf) von 9 auf 8 bis 7^/o; Bd. 2, 610. Erstarkung des Rheinhandels, Beginn
eines Frül\jahrsmaximums neben dem alten Herbstmaximum im Schiffsverkehr'; |Bd. 2, 271.
[Zweites Viertel des Jhs.:] Einführung der Goldmünzen in den Verkehr; Bd. 2, 890, 445 f.
[Mitte des Jhs.:] Übergang zur Zollfiidertarifierung; Bd. 2, 306. Strafsenbesserung; Bd. 2,
242. Marktschiffsverkehr auf dem Rhein; Bd. 2, 254. [1386:] Begründung des rheinischen
Münzvereins, Bd. 2, 391, 460 f. Verschiebung des Wertverhältnisses zwischen Gold und
Silber von 1 : 12 auf 1 : 10; Bd. 2, 876, 606. Vorübergehender neuer Aufschwung der
Juden; S. 1458. [Ende des Jhs.:] der Charakter der Handelsbewegung auf dem Rhein noch
wesentlich landwirtschaftlich; Bd. 2, 324.
15. Jahrhundert
[Ca. 1400:] Bestand einer Landessicherheitspolizei; Bd. 2, 298. Erste Anfänge einer
büreaukratischen Ausbildung des Beamtentums; S. 1386 f. [Mitte des Jhs.:] erneute Zu-
nahme des Schreibwesens (Akten); S. 1388 Note 5, 1442. [1458:] Schaffung des Trierer
Hofgerichts; S. 1274, 1326, 1439. [Schlufs des Jhs.:] Umbildung der geistlichen Räte in
rechtsgelehrte Räte; S. 1432. Entstehung eines umfassenden landesherrlichen Verordnungs-
rechtes; S. 1338, 1354, 1380. Anfänge territorialer Markordnungen; S. 1341. Einordnung
der autonomen Gemeindeverwaltung in die Landesverwaltung; S. 1839. Die alten Grund-
gerichte werden unter Übergang der ordentlichen Rechtssprechung an den Amtmann auf
Markdinge reduziert; S. 1331 f. Zunahme der direkten Besteuerung; S. 1834 t, 1471. An-
fänge einer inneren territorialen Wirtschaftspolitik; S. 1385.
[ScMul^
1534
[Erete Hälfte des Jhs.:] Einfillirung fies RäumenB in der Weinlniltur; S. 576. Slarfecs
Sinken der Landesproduktenpreise; S. 622 f. Verfall der Zehntrcntubilität; S. 620. [Mitte
des Jhs.:] Existenz von ftinf Pflugitrbeitei) ; S. 558. Vermehrte Fürsorge tur den Wald;
8. 468. [Ende des JliB.:] EinforBtang tu Wildbakien; S. 113. llBurpaiion von Jagdfronden;
B. 785. Eintritt ländlicher Verschuldung; S. 624.
[Co. 1400;] Erwachen der Montanindustrie; S. 516; Bd. 2, 332 f. Die Saarbrückener
Steinkohle schon bekannt; Bd. 2, 280. Sinken des Renten zinslnfaes (bei Rentenkauf) von
8 bis 7''.'i> auf &'•'<,, 80 reeebnäfHig seit 1460; Bd. 2, 610. [Scblufs des Jhs.:] Territoriales
AuEfuhrverbol fllr Getreide und Edelmelallc; 8. 1354.
I
X.
Anhänge. Register.
L Chronik der elementaren Erei^isse.
Vgl. dazu oben S. 590 ff.
Im folgenden sind diejenigen Quellenstellen in Form einer Chronik vom
J. 700 — 1700, aber unter besonderer Berücksichtigung des Mittelalters, zu-
sammengestellt, welche für den Einflufs elementarer Ereignisse auf das Wirt-
schaftsleben an der Mosel von Bedeutung scheinen. Für die älteste Zeit ist
der Umkreis, aus welchem Quellen benutzt worden sind, weiter genommen;
später, bei gröfserer Fülle der Nachrichten, konnte er enger gezogen werden.
Mafsgebend für die Auswahl und Aufnahme nicht direkt einheimisch erscheinen-
der Quellenstellen wurden von nun ab besondere Beziehungen zur Mosel, etwa
auf Grund von Moselbesitz, wie bei Brauweiler, oder infolge von Handelsverbin-
dungen zmu Moselland, wie bei Köln, oder infolge relativer Gleichartigkeit des
Klimas und der Kulturverhältnisse, wie z. B. bei der Lütticher Gegend.
Die Zusammenstellung im ganzen hat nur das Moselland im Auge, sie
beansprucht nicht, auch nur für Nordwestdeutschland eine annähernd voll-
ständige Übersicht der Überlieferung zu geben. Zu bedauern bleibt es, dafe
bisher eine gröfsere kritische Arbeit auf diesem bedeutsamen Gebiete fehlt.
Sie wäre freilich nicht leicht; sie erfordert ausgedehnte chronologische Unter-
suchungen, namentlich bei den nicht sicher datierenden Chroniken; eine wei-
tere Voraussetzung besonders für die früheren Zeiten ist die genaueste Kenntnis
der Ableitungsverhältnisse der Quellen.
Diese Schwierigkeiten lassen sich nur bei wörtlicher Wiedergabe der
Überlieferung in einer einheitlichen Zusammenstellung übersehen, wie denn
auch nur in diesem Falle das Besondere der einzelnen Ereignisse in der Dar-
stellung der Quellen klar hervortritt: eine allgemeine Chronik der Elementar-
ereignisse in diesem Sinne ist eins der dringenderen Bedürfhisse der Wirtschafts-
geschichte. Die bisherigen Zusammenstellungen leiden an dem Mangel, dals sie
die Quellen nicht selbst zu Worte kommen lassen ; sie bieten infolge dessen nur
ein verwaschenes, für weitere Untersuchungen unbrauchbares Material.
Für unseren Zweck kommen da im liesoniieren folgende Arbeiten
Betracht: 1
Schultz, Das höfische Leben der Minnesiufter , Bd. 1, S. 102 — 107;,]
Witteruiijreiiachrichten von 1100—1315.
Goerz, MittelrheiniBche Regest^in zu den betr. Jahren.
Grofsntann, Weincrescenzenchronik, in der Trier. Chronik 1822.
N e H m a 11 n , Über Weincrescenzen , in den Rheinischen ProvinzialblSttern
Bd. 2 (1833).
Ladner, Über gute und schlechte Weinjahre; Trierer Jahresberichte 1B56,
S. 57-60; Nachtrug 1857, S. 72. '
Lentz, Urkundliche Geschichte der Pfarrei Rachtig; giebt im Anhang S. 83 f. |
eine zweihunder^ährige Übei-sicht der Crescenzen (17. .Ih. Mitte bis i
19. Jh. Mitte) nach dem FrUhniessereibuche in Zeltingeu.
Arnoldi, Handschriftliche Notizen über Winninger Crescenzen, mit LadnerJ
compiliert hei:
Beck, Der Weinhau an Mosel und Saar, S. 41 — 55,
Trierer Wochenblatt vom J. 1819: Crescenzen von 1500 ab.
Crescenzen-Chronik an der Mosel von 1638—1859, publiciert von E. Koeisel,]
(Bemkastel), von neuem abgedr. Ann. des bist. Vereins f. d. Niederrtu |
16, 111—114.
Baersch, Statistik von Trier, S. 16—18; Weincreacenzeu von 1700—1846.
709 Ann. Laurteham. MGSS. J, S3. [Asm.
MoseU. MGSS. ]C,, 494]\ Vemus dnma
et dcticiens fnicliis.
711 Ann. I^mrefiham. MGSS. 1, 7, 34. (Ann.
Mosell. MGSS. 16, 494J. Aquae innnda-
722 Ann. Lauresham. MGSS. 1, 24; [Ann.
MomU. MGSS. 16, 494]. Magna ferti-
litas.
763-64 Ann. iMunsham. MGSS. 7, S8;
[Ann. Mosel}. MGSS. 16, 764]. Hibernus
grandis et dijnjs*.
779 Ann. Laurfüham. MGSS. 1, 31 ; [Ann.
Mosell MGSS. IG, 497J. Famea ?ero
magna et mortalilas in Franda.
783 Ann. Lauresham. MGSS. 1, 32; [Ann.
Mosel}. MGSS. 1(1. 497]. Et fuit estua
tarn vebementer calidus, ita ut phtrimi
liomines de ipso «alore e;([iirareiit'.
784 Ann. LaurtshmH. MGSS. 1, 33; [Amt.
MostTl.MG8S.ie,497]. Inuodatio Rqnanim
[jierjvalida fiiil.
786 Ann. Ijairtsham. MGSS. I. 33. Wunder
mense decembre; imAe pavor ingeiis et
metus in populo imiit, ac mortalitas magna
pi>s[ea secuta est.
793 Ann. MoarO. MGSS. 16, 49S. Farnes
vero, quae anno priori ca^pit, in tantnm
exfrerit, ut non solnm alias inunonditias,
venun etiani, peccatia nostris exigPDtibns,
ut homines boniineä, frntres fratrea ac
mattes lilin^ comedere coegit. ostensa
aiitem eodcm anno in ipso regno per
diversu loca veno tempore ialaa annona
per campos et giIvos atque paliides in-
Duniera roultitudo, quam videre et tangej^
poterant, sed coiamedere niillus.
794 Ann. MotitU. MGSS. 16, 4!IS. Fuit eo
- 1539 —
Elementare Ereignisse.]
anno siccitas magna, sed tamen largiente
deo et abundantia bona.
803 Einh, Ami. MGSS. 1, 19 L Hac hieme
circa ipsum palatium [Aachen] et finitimas
regiones terrae motus factus et mortalitas
subsequuta est
810 Ann. Lauriss. min. MGSS. 1, 121.
Mortalitas bovum maxima pene in tota
Europa, necnon et hominum plurimorum.
811 Ann. Lauriss. min. MOSS. 1, 121.
Hiemps fuit durissima, perdurans usque
ad finem martii mensis. Auch Einh. Ann.
MGSS. /, 198, 27 sprechen von der im-
manitas frigoris.
820 Ann. Fuld. MGSS. 1, 357. Propter
niniietatem pluviarum aere corrupto homi-
num et boum pestilentia longe lateque ita
grassata est, ut vix ulla pars regni Fran-
corum ab hac peste inmunis posset reperiri.
fruges quoque vel colligi non poterant, vel
collectae putruerunt. vinum etiam propter
caloris inopiam acerbum et insuave fiebat'.
821 Einh. Ann. MGSS. 1, 208, 36. Autum-
nalis satio iugitate pluviarum in quibusdam
locis impedita est, cui hiems in tantum
prolixa successit et aspera, ut non solum
minores rivi ac mediocres fluvii, verum
ipsi maximi et famosissimi amnes, Rhenus
videlicet et Danubius Albisque ac Sequana,
caeteraque per Galliam atque Germaniam
oceanum petentia flumina adeo solida
glacie stringerentur, ut tricenis vel amplius
diebus plaustra huc atque illuc commeantia
velut pontibus iuncta sustinerent, cuius
resolutio non modicum villis iuxta Rheni
fluenta constitutis damnum intulit*.
823 Einh. Ann. MGSS. 1, 211, 35. In multis
regionibus iruges grandinis vastatione
deletae, atque in quibusdam locis simul
cum ipsa grandine veri lapides atque in-
gentis ponderis decidere visi; domus
quoque de coelo tactae, homines atque
caetera animalia passim fulminum ictu
praeter solitiun crebro exanimata dicuntur.
secuta est magna pestilentia atque homi-
num mortalitas, quae per totam Franciam
inmaniter usquequaque grassata est et in-
numeram hominum multitudinem diversi
sexus et aetatis gravissime saeviendo con-
siunpsit
850 Ann. Fuld. MGSS. 1, 366. Gravissima
fames Germaniae populos oppressit, maxime
circa Renum habitantes ; nam unus mo. de
frumento Mogontiaci vendebatur decem
siclis [l. solidis] argenti'. Folgen einzelne
charakteristische Geschichten, Ann. Xan-
tens. MGSS. 2, 229. Inundatio aquarum
ipsa hieme humanum genus affligebat; et
sequenti aestate calor nimium solis terram
urebat
852 Ann. Xant. MGSS. 1, 229. Nimius
ardor solis, et fames subsequuta est; et
pabula animalium defecerunt; et pastns
porcorum exuberans.
857 Ann. Xant. MGSS. 2, 230. Plaga magna
vesicarum turgentium grassatur in populo,
et detestabili eos putredine consumpsit,
ita ut membra dissoluta ante mortem deci-
derent Vgl. Pntdent. Ann. MGSS. i,
449. Hiems asperrima et sicca ; pestilentia,
qua magna pars hominimi absumitur.
860-861 Ann. Xant. MGSS. 2, 230. Hiemps
longissima. Fr/Z. Prudent. Ann. MGSS.
U 454. Hiems diutina et continuis nivibus
ac gelu dira, a mense videlicet novembri
usque ad aprilem. S. auch Ann. Weifsen-
burg. Hiemps magna et mortalitas ani-
malium^.
861—2 Ann. Xant. z. J. 863 MGSS. 2, 230.
Hiemps turbulenta mutabilis et pluvialis
valde, et pene absque gelu omnino. Da-
her folgt nimia inundatio aquarum.
862 Ann. Lauhac. MGSS. 1, 15. Fames
valida.
868 Ann. Fuld. MGSS. i, 380 \ Fontes . .
et flumina propter nimiam imbrium inun-
dationem crescendo intumuerunt et per
diversa loca in frugibus et aedificiis dam-
pnum fecere non modicum. hanc plagam
fsmaes etiam magna cum ingenti pemicie
1) Vgl. Simon, Ludteig d, />., Bd. h SOS Xoi* 2.
*) Vgl. auch Amt. Xant. MGSS. B, 224 und 286.
S) Nach Gfroerer, Karol. 7, 156, daf iwanMigfache dis gwöhnliekm Preistt. Vgl auch Sottbitr , Forsdnmgm
Mur D. G§9ch. 6, 84 f.
«) F/7L hymmUr, Ostfr. JUich, Bd. 1, 488 Sott 88.
B) Vgl. iu di€9tm und dem folgtndm Jakrt Dümmler, Ottfr. Reich, Bd. 1, 671 Sott 29.
[Anlüjige.
humaui gcneris per lotam Germaniam ot
GalUatn secuta esl. An». Xant. MGSS.
S, 333. Autuninali tempore exüt edictum
a regibus, ut ieiumum triduanum gcneraliter
obsen'ctur, iimnineate tcrrore famis peati-
lentiae; et terrae motus magnus per regna.
869 Ann. Xant. MGSS. 2, 333. 15 kal.
raartii [Febntar 15} Btatim niniia tempestas
ventonun et inmciisa inimdatio aqiianun
est äiib^ecuta, in qua multa iinprovitU
. et posteaaeslivo tempore fames
t multis proTiaciis subsequiCur,
masime in Biirgundia et Gallia, in quibus
mapia inuliitudo bominuin acerham suati-
nuit morteoi, ita ut bomioCB borninuu
corpiiiL comediase fenmtur; sed et camim
caniibus aliqui vesci dicuntur.
873 Ati«. Xant. MGSS. S, 33:>. KoAem
hiemis tempore insperatum diluvium nive
madens rf!i)ente inolevit, maxime in titoriliiu
fibeni fluminis , ez influeutia aquarani
multanun. multitudo hominum cum aedi-
ficüs et fi-ugibus iimuinenkbilibus deperiic
. . . postea rero meiliaute mease augiisto
«ntiipw Egiptiomm piaga, id eat lotuatarum
innumembilis turma more apinm de alveo
exeuntiuin ab Oriente novn esorta est iter
terras Dostras; quae in aere folitantea
yocem subtilem velut aviculi parvi dantes.
et dum elevareotur, coeluin rix velut per
«ibrani intiieri potuit. in plerisqnp Ycro
lotia pastoreB ectclesiarum et onmis i'lerus
«Uli kapsis et cnicibus occuirerunt eis,
miBericordiam dct implurantes, ut defen-
dei'et eos ab liac plaga. dou tarnen ubique,
sed per loca nocuerunt. item in kalendiB
novembris iisqtie ad aeiageslmam [ST4
Frbnuir 14J nix tolam superticiem terrae
CODperuit, et diversis plagis dominus
assidue populmn suum afHixit et risitAviL
Ann. Stabuleng., Räffenharg, Monuments
7, 303. Pestiiontia locuslanun. Regina
MGSS. 1,585. Locüstartim inaislimabiüs
multitudo mense augueto ab Oriente vcniene
totam pene pervoEtavii Ualliam. Folgt
genauere Bexchreümng da- Tiere und ilirer
Lebenejreiff. Spatiuin lUiinü itineris qoa-
tuor aut quinqiie milibus extendebantur.
pervenenuit autem usque od maie Britan-
perflciem terre cAoperiei
Fttid. MGSS. 1, 3S6, 37.
fames valida per i
Germaniam, et multi inedia
sunt tempore vero novaruni trugiun ntri
generis plaga et prima in gcnte Francorum
Visa Germaniciim populnin, peccatis «d-
gentibufi , non mediocriter afHixtt. dud
vermes quasi locustae quatuor pennis
volanteti et sex pedes halientes ab Oriente
veuenmt. et universam Buperlicietn terme
instar uiTts opemenint, cuncta, qua« in agria ,
et pratis erant viridia, detastantes. F^gt
genauere Baelireitiung. Tantaeque eruit
multitudinis, ut una horadiei centum iugen
fnigum prope urbem Mogontiam consn-
merent quando autem volabant, ita totoni
aerem per unius miliarii siiatium relabant,
ut spiendor aolis in terra positis vix
appareret . . . qnibusdam vero ad occidentem
profectis supervenerunt aliae <;t per duonaa
mensium curricula pene cotidie suo volatu
horribile cementibna praebuere spectaculum.
864 Ami. Ftüd. MGS.'i. 1, 387\ Hiema aipeta
nimiB et Eolito proliiior; nix quoqae iu-
mensa a kalendis novembris usqne m
aequinoctium vemalc sine intennissione
occidene nutgnum bominibua fecit impedi-
mentum silras petere lignaque colligerti.
unde accidit, ut non solmn animalia, Tenim
Ctiam lioiiiines plurtini rigore iierirent. seil
et Rhenus et .Miii.'nnä glaciali rigore eou-
Stricti longo tempore se sah vestigüs in-
cedentium ealcabtles pracbuerunt. Ann.
C\>lon. MGSS. 1, 98, z. J. S?5. Nix valida.
Hiitcm. Ann. Rem. .1/G.S'S. I, 497. Hiemi
prolixa et fortis, et nix fuit tanta niemietate
perfuEB, quantam nemo se vidisse memi-
nerit .... aestas longa siccitatem foeot
et messium inopiam reddidiL
889 ff. Richer 1, 5. Dem Einfall d<r Nor-
mannen iameB valida subsecuta est, cum
triennio terra incuita remanserit. Nach
Ann. Fuld. tiS!> 'ht mo. frunicnti 10 dragmis
venlebat, gallinatitiB quoquc 4 dragmis,
ovia vero 3 unciis atqae racca 1 aba
[deuncc] toUebntur. vini nulla coemptio
erat, cum rinetia nbique saccisia vix eiua
aliquid babebatur. Der König mS nicht
— 1541 —
Elementare Ereignisse.]
eher niheti, ah bis das erstere Mafs 2 dr,j
der GaUinatius 1 d., das Schaf 2 dr,,
die Kuh 3 uficiae l'OStH,
893 MB. ÜB. 1 iVo. 127; Stat synod. 888
c. 2, Blattau 1, 3. Peccatis exigentibus
clauditur coelum et fit nostris diebus
saepissime fames. Zur Datierung vgl.
Goerz^ MB. Beg. z. d. D.
919 Fhd. MGSS. 3, 368. Nihil vini in pago
Remense nisi parum admodum fiiit
921 Flod. MGSS. 3, 369, 36. Aestus in
aestate magnus, et foeni plurimum. siccitas
ingens tribiis ferc continua mensibus iulio
augusto atque septembri.
927 Fhd. MGSS. 3, 377, 10. Pestis . .
quasi febris et tussis, quae mixta quoque
mortalitate in cunctas Germaniae Galliaeque
gentes irrepsit
928 Flod. ^fGSS. 5, 378, 25. Vindemiae
pene peraguntur infra mensem augustum.
939 Ann. Colon, brev. MGSS. 16, 730.
Terrae niotus. Ann. Colon. MGSS. i, 98.
Hiemps valida et mortalitas animalium.
940 Ann. Laub, et Leod. MGSS. 4, 16.
Cometes apparuit et fames subsecuta*.
956 Flod. MGSS. 3, 403. Moxque pesti-
lentia super Germaniam omnemque Galliam
effusa interiere nonnulli, plures gravi sunt
langore confecti. Cont. Beginoti. MGSS. 1,
623. Ea tempestate gravis per omnes regni
partes pestilentia grassabatur, quae in-
numeram populi multitudinem possim
extinxit'-.
964 Flod. MGSS. 3, 406. Hiemps magna
et aspera valde fiiit usque kal. febr.
975 Ann. Coloti. MGSS. 16, 731. Gelu
magnum a kalendis novembris usque ad
equinoctiiun vemale. Vgl. Ann, Leod.
MGSS. 4, 17; Thietm. 3, 3 (974).
976 Flod. app. MGSS. 3, 408. Circa mensem
augustum 7 d. emebatur vini mo.
977 Flod. app. MGSS. 3, 408, 13. Magna
fuit copia vini, in tantum, ut non amplius
pro imo vini mo. venditores nisi aut quin-
que aut quatuor seu tres d. ab emptoribus
accipiebant.
987 Ann. Colon. MGSS. 1 , 99. Rheni ac
Mosellae fluminum inundatio insolita^.
988 Ann. Colon. MGSS. 1, 99. Tanta in-
temperies estatis fuit,uti ex aeris inclementia
complures interirent*.
991 Lamb. Ann. Ignis de Reno ascendit et
villas proximas absumpsit
1003 Ann. Mosomag. MGSS. 3, 161. Carum
tempus; mo. irumenti 8 Ib. emebatur.
1005 Ann. Colon. MGSS. 1, 99. Fames valida.
V. Herib. Col. 9, MGSS. 4, 748. Gallia . .
artabatur famis angustia, et per tiumas
dispergebantur, quocumque audiebatur sua
foecundior patria, praecipue ad patemum
Heriberti gremium . . . super hoc in omni
terra celebre nomen eins innotuit Alp.
de div. temp. 1, 6. Fames et mortalitas
gravissima per totum orbem factae sunt,
ita ut in multis locis prae multitudine
mortuorum et taedio sepelientium vivi adhuc
spiritum trahentes, vi qua poterant reni-
tentes, cum mortuis obruerentur. Vgl:
10%' Sigeb. Ann. MGSS. 16, 731. Fames et
mortalitas tam graviter per totiun orbem
invaluit, ut tedio sepeliendi vivi obruerentur
cum mortuis. Vgl. Ann. Laub, et Leod.
MGSS. 4, 18.
1012 Thietmar 6, 50; MGSS. 3, 830, 31.
Inundante Danubio in Bawariis et stagnante
Reno ita ineffabilis populi ac pecoris, edi-
ficiorum quoque et silvarum tali inpetu eru-
tarum multidudo periit, quod omnes harum
habitatores partium sua vel antecessorum
memoria id numquam accidisse ürmabant»
hoc gementes ex variis criminibus suis
tunc evenisse, et post haec magnum ali-
quid timentes sibi esse venturum.
Um 1035 Mir. s. Sinuon. MGSS. 8, 210.
Nimia aquarum inundatio.
1040 G. Trev. Cont. 1, 6; MGSS. 8, 180.
Teuerung: 1 mo. frumenti 25 s.*.
1042 Anseltn. G. ep. Leod. MGSS. 7, 221, 6.
1) Vgl. Widttk. 2, 26 (940): Asperrima hiemps, hiemenque sribtecata est famei Talidissima, u^d thd. 2^ 82
{942 u. 94S): Inundatio nimia, innndationemqn« bo«m pettilentia Babtecata Mt.
S) V. a. starb auch am 18. Mai Erabitekof Boibert von Trier, 8. Dümmlir, Otto d. Gr. 3. 281 KoU 6.
S) Tgl. SUinittgir, Gesch. der 2)revirer 2, 158 Note 2.
*) Ygi. Ann. Ottenbur. 988: Temp«8taa nimis ferrida; Ann. Hüdish. et Qxtedlmb. 988: Tempestatis fenror
nimit» . . p«ne cunctos Amctas conrampsit.
5) Zum Yorhergehenden und Foigtnden rpl. Jiod. Qlabtr lY, 4; V, 1. Ann. Lanb. 1042 f., MGSS. 4, 19.
^ÜInni peste cnidelior faniea incubuit, qiiEie
sex fere continuis aitnh GolUae et Ger-
tnBniae populuin noscitor oppr«BaUse. cuius
feda nbivia faa est adhac' cenutr« restigin.
Folgt Beschreibwu/ der Mafsregcin Bischof
1043 ^nn. Laubiens. 3IGSS. 4, J». Fnmes ex-
^Dr1>l et gelu magnuiii a calendis decembris
UBque calendas martii. Herim. Aug. e. J.
10-tH. AealM pluviosa trugum et vinde-
uiiunun penuriam effecit.
1044 Uerim. Äug. MGSS. 5, C7 ff. Maiima
pestis peciidiim et hiems satis dura et
mvo^a magnatn viaeanun pariem frtgore
perdidit et fru^m Bterilitaa fanieni uod
mudicaiu effecit'. Bernold. Chrcm. MGSS.
6, 425. Magna vis famis bomiiieB immiuida
onimalia comedere eoegit. Aim. Laiibien«.
MGSS. 4, 19. Farnes prcvalida.
1045 Ann. AUah. JUGSS. HO, 801, SS. (I'nmes
po]iuli) tarn valida erat per totuni regnum
eiusdem anni teinporibux, ut graudes vici
plerique vacui i-enianerent, pereuutibus
habitutoribus*.
1Ü46 lirrim. Aug. MGSS. 5, 125. 36. Blapia
lunrlJilitas multos pOiSsim extinxJL
1047 Ami. Coltm. Jl/G.S*'. 16, 732. Nix tanti
io occidenl« cecidit, ut Silvas &aiigerel.
Ehmso Mar. Seat. z. d. J.
1050 Am. BTumeilar. MGSS. 1, 100. Ventna
gravissimiis Sknlendisfehnmrii/JniiM'rcSS?,
11)53 Haini. Aug. MGSS. 5, 133, 3. Kt lioc tt
Buperiure anno l'ruguin penuria facta tat
Wän Lambert MGSS. 5, ir,l. . . pestilentiam,
quae tunc teinporis reheinentcr grasaabatur
in Gallia [d. h. Wt^tdaUschland]. Vgl.
Berthold 3. J. 1060. Sicut in priori [anno]
mnrtalitas mulloa cxCinxtt.
1068 A«n. Liiuh. MGSS. a
inundaviTunt, magna et in
vini et pomi tkcta est Vgl. 1
J. 10(18. Totus ille annus pluTialti.
■,9 Ann. LnHb. MGSS. 4, 20. Uivam'
magna et aspera*.
107S An«. BrumrUar. MGSS. 1, 100. Hiems
et aspeiriniR fiiit, adeo ut Krana
calcabilis meantibua eiti-
1077 -l'i«. Colon. MGSS. 16. 732. Facta e
hienips horrida a festo sancti Briciii iisqne
ad festum stincti Gregorii. [Novetnbtr IS
tw lOTS Mkri 121*. Ann. Laub. MGSS.
4. 21. Geln penuaiimDni a calradii
novcmbris usque uedium martii. .ilnn.
Mosom. MGSS. 3. Ißl. Annus glacialjs.
Vm Sigeb. Geifibl MG.SS. 6, 3G5. Nimfi
aciuaniRi inundatio jnallis in loris damaa
et periculo ftiit.
1087 Ann. BrnnuiloT. MGS.S. 16. :
Hiemps tenebrosn fuit, et circa fflvdiina •
ianuai'ü laaxima onmiuni Gerniaiiiae riumi-
num imuidatio fuit.
1089 Ann. Mo'Oin. MGSS. 3, 162. Anmu
plnvialis. Ann. s. laeob. Lrod. MGSS. 19,
63'J. Pestilcntia terribüis et niultiplei
ardentiunt ''.
1090 Arm. Leod. MGSS. 4, S9. Anma
pestilens, multia homiiübuE sacro i
coniputreseeniii)us. A>m. Limb. MG S'.t.
i, 21. Ortu est päatis in buiiiiniliiiä. quae
arsiira dicitiir, qua etiara multi perierunt.
Sigeb. Gemhi. MGSS. ti, 36Ö. Sterilität
äugiim teiTHe augesdt, et fuses lutulatiin
irrepit. Vergl. dngfgen Bern. Clircn.
Magna fames niultaa regiones repc'iit«
afflixit, quamvjs non magna sterilitas terrae
jirnecesäerit.
«) 1(J, Axn. Ci»*, XeSS. 3. S: Vindemi» hoc inno p
") F)!. Sirindorf. AntirirA III Bi. I. 196-108.
•) l>f. Lambert i. J. 10119, UäSS. i. HS. IS: 1
erillUa; h. irdlrr S. 17S, XS. t. J. 1070: silnatcinn uboi
rtiliUi foit, nt pl*ri«<|M In loeli ptu maltitiidine lii colli
*) r^.Arm. anen. mai. H)76: llipmc grBiiijiin« incii
CDtl a^t BDio ■ecuDdD itcdtu miitmi. Lamitrl, MOSS. ö
jieti Martini ISotm/irr llj Kbenai floTini, glaciili fi'igo
> va< ••viftorin. i. Btriiold. VOSS. 3. 2S7. II.
*) Vgl. Ann. Bland. 1077: Hl«mpi griTJa,
I) Tfi. ilHK. Forwiatl. I0S9: PdtiKotil Icn^irli Ingi
Mn. Bland, i. J. 1109: loccndii pln«! in CiiriitUnai ilernm
■d kaltodu tptDi« ptd^it
inSoü I. J. 1109: I
— 1543 —
Elementare Ereignisse.]
1094 Ann, Brunwilar, MGSS. 1, 100, Mor-
talitas magna facta est Bemöld, MGSS,
5, 459, 5. In Baioaria magna mortalitas
grassabatur, adeo ut in Ratisponensi civitate
infra 12 septimanas 8500 illa mortalitate
intercepti numerarentur. sed et alias pro-
vincias eadem mortalitas afflixit, non tarnen
adeo, ut Baioariam'. in Teutonicis par-
tibus multa prodigia facta sunt; nam et
homines se ipsos suspenderunt, et lupi
multos manducaverunt. Ann. August
MGSS. 3, 134, Mortalitas convaluit in-
moderata, adeo ut villae plures existerent
sine cultoribus et ecclesiae sine sacer-
dotibus, pestilentia consumpti. Ann. Laub.
MGSS. 4, 21. Magna mortalitas hominum
fuit, et Visus est igneus draco volare per
aerem. Ann. Bland. MGSS. 5, 27.
Inundatio magna a pridie id. octobris
usque ad kal. aprilis.
1095 Ann. Leod. MGSS. 4, 29. Fames diu
concepta invalescit. Ann. Bland. MGSS.
5, 27. Sequitur sterilitas anni ciun gravi
fame«. Sigth. Gembl. MGSS. 6, 367, 4.
Annus calamitosus multis fame laboran-
tibus et pauperibus per furta et incendia
ditiores graviter vexantibus. cum valido
ventorum turbine etiam terrae motus factus
est, media nocte 4 idus septembris [Sep-
tember 10].
1097 Sigeb. Gembl MGSS. 6*, 367, 95. Nimia
aquanun inundatione autumalis satio im-
peditur et sterilitas frugum terrae sequitur'.
1098 Sigeb. Gembl. MGSS. 6, 307-8. Multis
in locis 5 kalendis octobris [September 27]
caelum quasi ardere visum est noctumo
tempore , et secuta est gra\is animalium
pestilentia, et segetes nimio imbre et
aurugine correptae sunt
1100 Ann. Argent. MGSS. 17, 88. Fames
incomparabilis et mortalitas horribilis. Vgl.
Anti. S. Blasii, MGSS. 17, 277. Fuit
vero fames valida per tres continuos annos
cepta ab . . anno (1098), sed in medio
maxima, quia erat hiemps durissima, et
semina et arbores defecerunt.
1101 Ann. Ottenbur. Adhuc fames circa
Renum saevit
1105 (110© Ann. Brumcilar. MGSS. 16, 726.
Ubique rapinae et incendia vel cedes
hominum fuerunt.
1107 Ann. Bod. Ernst Hist. de Limbourg
7, 8. Annona erat cara, et plebs est fame
nimis afdicta, quia fnictiun suum negarat
terra.
1112 Ann. Bmnwilar. MGSS. 1, 101. 3
nonas ianuarii [Januar 3] accidit terrae
motus per Universum orbem. Ann. Laub.
MGSS. 4, 22. Aestas nimis arida.
1116 Chrofi reg. kl. Ausg. Magna aeris in-
aequalitas facta est.
1117 Ann. Disib. MGSS. 17, 22, 35. In
octava sancti lohannis ewangelistae
[Januar 3] terrae motus bis inter diem
et noctem tam terribilis per totum orbem
terrarum factus est, ut multa aedificia
corruerent et homines vix eflugerent; sed
maxime in Italia usw. Ann. Colon. MGSS.
16, 732. Teri-ae motus factus est per
multas proWncias 3 nonas ianuarii
[Januar S] ad vesperum, et cummote sunt
in ecclesiis imagines domini et multa in
eis pendentia. Ann. Leod. 3fGSS. 4, 30.
Terrae motus magni per loca terroresque de
coelo. Ann. Laub. MGSS. 4, 22. Terrae
motus magnus. Ann. Mosom. MGSS. 3,
162. Terrae motus visum est 3 nonas
ianuarii. Ann. Bod. Ernst S. 22. Terrae
motus factus est magnus in ianuario.
[S. 23] Ventus validus factus est in vigilia
Thomae apostoli. [Dezember 21],
1120 EJclehard. (liron. MGSS. 6, 255, 42.
(Dens) in episcopatu Trevirensi mense
iunio suscitata tempestate glaciem mirae
magnitudinis effiidit, quae et aedificia
evertit et alia pericula intulit So auch
in Sachsen, namefitlich in der Diözese
Halberstadt. Ann. Bod. S. 25. Ventus
factus est validus. (Ann. Hüdesh.
[Paderb.] Fames valida, mo. siliginis
duobus s. venit).
1123 A$in. Egtnund. MGSS. 16, 451. ffiemps
1) Ygl. Attn. August, t. J. 1094.
^) Jtajftgett Ann. August. 1095: Hiems raria; commoda aestatis et antnmni temperies; fnignin ubiqae
habnndantia.
S) Ann. Attgust. 1097: Aatamnoii pene totoa plaTioans, inandatio plamrnm et flnminwn caitra et Tillaa
▼icina« Alpibos subrertit.
{Anhang
fftcta est aspemmn, ita iit omncm aqimm
pniet«r raiuinam indifferenter boinineB cal-
rarent geln solidatam. super ternun anteni
it«r culcabile vix invenire poterant prae
glacie congelata ab aeria densital«.
1124 Anit. Brwacilar. MGSS. J, J01. Hiems
asperrima fuit, adeo nt Renus glacie con-
cretus calcabilis ineantibus exdl«rit. Ann.
Ltod. MOSS. i, 30. Hiems aspera et
aggestu niTium nimis humida. fTiran. reg.
Masiina foines accidit.
U25 ^M". Ltod. MGSS. 4, 30. Hiemps longa
et aspeiik. et fame« valida. ^nn. Laub.
SfOSS. 4, 33. Hiems contigit as|>emma,
ijuam fames subse(|uitnr praevalida.
1126 Ann. Bland. Iterum fames grayissima
repetita per Flandriam yer Lolharingiam
per Francioni per Angllam midta dominum
1129 An«. Lavb. MGSS. 4, 32. Pestis ignea
in hoinines fiiHt . . . roorticiniuni pcGorum
fiiit
1132 Chron. reg. [Frühjalir]. Vehementiasima
vis Tentonim inniimera edificia subniit
1133 Chron. reg. Magna inaeüjualilas aeris et
plunanim inundatio per totutn tcmpiis
1136 Ann. Leod. MGSS. 4 , 30. Aestatis
tempore circa solstitiain inEoUtum caJorem
tarn terram et gennina quam hoinines et
pei'ora gravi defeclu . . [Lücke].
1137 Chrui'. rtg. Regiü (Cuiiradil tenipora
iocnnda fuere. nam bona aeris temperie,
omnigens terrae fertililale, cunctaruiu rerum
i^opia nou solum per regnuin, sed et pene
per tutum mundum exuberabat
114t .-In». Laub. MGSS. 4, 32. Pestis borrida
ignis et gravissimae debilitatis in homines
furit, et tieata dei genitrix ntiraculis ubique
1142 Ann. Laub. MGSS. 4, 22. HieniB
aspera, famea pluriaa, languor hominum
estitit. Ann. Leod. MGSS. 4, 31.
Flamm a ignis divini mtUtos aduriL
1141 und 1142 ff. Alb. v. 307; MGSS. 8,
340. iKci Krieiiyahre: quos bietiies validi
venii pliiviaeinie fuere cum magno plcbis
dampno gemitnqne aecoti. Nameodieli
grofse CberschwemnniDg an der Kill.
1143 Ann. Disib. MGSS. 17, 36. Hiemps
dura. An». Colon. MGSS. 16, 783. Ei
babundantia nirium focta est ioundaljc,
que subruit vUlas et jKtnteB. Chron. rrg.
Hiemps TalidisEima et prolixa . . . tota a«%tai«
et antumpno pluviae intolerablles. Amt.
Lmib. MGSS. 4, 22. Aspera hiems et ula
pemiaxima super facieu terrae a ealendia
decembris usque calendaa febniarii, et
seqnitur fames valida T annis.
1144 Ann. IHsib. MGSS. 17, 26. Hiemps
valida et venttiosa. ^ti". CoUm. AWSS.
Iß, 738. Fuit ventus vehemens Tigilia
aancti Sebastiani [Janaar 19j, qiii multa
edilicia subniit et tecta turriiun et macbinaa
cum ipsis canipanis. Ann. Bodmg. Entt$
S. ÖG. TentUE fuit vebementisginius, qoem
sempcr, ut fenint. fames sequitur et tanim
tempuB. eiHlem anno facta est fkmoa
mt^n>^ I>i>Sf Naduicht bis canim tempns
wird S. 5~ s. J. Il4ä iciedrrhoU. Viji.
Ann. Ehum. mai, U kaL februarii tnnta
ventormn violentia&cta est, ut etiani tiUTM
lapideaa, domos et templa deiceret. vlHirra
etiaro et silvaa ladicitua evellerft.
1145 Ann. BrunKilnr. MGSS. 16, 7ä7. In
maio plus U noctibus cometes apimniit.
secuta est cum mortalitate et fames ante
inaiidita ' .
1140 Ann. hüiib. MG.i^S. 17. 3G. Terrae
niotus factus est magnus 1>5 ricibua. CAron.
reg. Comcta ajiparuil, in niiaa orta
aslrologi aiunt famem aut pesiilentiam
auL inutationem regnoruni prcfigorari,
qiie cuncta niuic impleta sunL fJitc.
codd. BCJ Ht'niia fluviua alveuiu suiini
Coloiiiae egresaus inaudita antea niagni-
tudine excrevil. Ann. Colon. MGSS. IG,
733. Fames ma;(ima fiiit, quod mir. sili-
ginia pro mr. dabatur in Colonia. Ann.
BntnteiUtt. MGSS. 16, 727. In lantnm
angustia fkmia per totum orbem praevaluil,
ut ponia. qui piüma comprebendi queat,
pro d. Colouien^is monete daretur, plures-
ijue bac inopia praegravati rodiclbus her-
— 1545 —
Elementare Ereignisse.]
banim pro cibo uterentur, hoc autem victu
penitus carentes crudele sui mortis inditium
mimdo reliquerint Ann. Rod, Emfd S. 60.
Facta est fames validissima et onmi adhuc
aetati inaudita, ut mo. Coloniensis pro
12 s. et 6 venderetur d. ; et mo. Traiectensis
pro 8 Ib. et 6 s. Ann, Leod, MGSS, 4,
31. Fames gravissima . . multos afflixit
Ann. s. Jacob. Leod. MGSS. 16, 641.
Fames inaudita, mo. siliginis viginti, speltae
imdecim s. vix se redimentibus.
1147 Ann. Disib. MGSS. 17, 27, 7. Pesti-
lentia magna facta est Chron. reg. Fames
niaxima per totam Galliam et Germaniam,
ita ut mir. siliginis 12 s. emeretur [Bec.
codd. BC setzt zu mense iunio], panis vero,
qui pro d. dabatur, vix pugillum palmae
excederet erat videre miseriam, eos, qui
nuper deliciose vivebant, pro panis inopia
domos circuire. famem quoque secuta est
ingens pestilentia, ita ut deficientibus
sepulchris multitudo fossis pariter immit-
teretur.
1149 Ann. Bruntcüar. MGSS. 16, 727.
Hiems tarn valida fuit, ut arborum fructus
vinearumque ubertas tota perierit Renus
calcabilis fuit Ann. Cumerac. MGSS.
16, 318, 31. Hiemps gravis extitit, et
plurima nix, quae a festo sancti Nicholai
[Dezember 6] cepit et usque ad kalendas
martii fere duravit Ann. Egmund. MGSS.
16, 456. Hiemps tam valida fuit, ut etiam
maria, qui frigore solent esse immunia,
glacie tenerentur, et volucres coeli in
rigorem versae deficerent, et omne, quod
movetiur, gelu constringeretur. aestas
eiusdem anni pestibus et valde nociva
fuit, ut multi mortales aeris intemperie
morerenter, pueri, iuvenes, senes, et in
solaTraiectensi civitate quadragintahomines
una die ducerentur ad tumulum.
1150 (liron. reg. Hiemps valida [Bec. codd.
BC setzt zu] et diutuma. Ann, s, lacob,
lAod. MGSS. 16, 641. Hiemps asperrima.
Ann. Bland. MGSS. 5, 29. Hiemps
validissima fuit, perdurante glacie a 5 idus
decembris [Dezember 10] usque ad 14
kalendas martii [Februar 16]. Ann.
Laub. MGSS, 4, 23. Hiems asperrima.
Apin. Erph. MGSS. 16, 20. Sterilitas
frnmenti vini ; et hiems asperrima et longa
fuit Ann. Isingr. mai. MGSS. 13, 313.
Per triduum, id est in ipsa epiphanie die
[Januar 6], facta est tanta vis algoris, ut
multi homines perirent, arbores et petrae
per medium scinderentur; lupi silvis egressi
in vicis cum animalibus cnbabant aquarum
fragor longe lateque auditus est
1151 Chron. reg. Bec. codd. BC. Fames
horrenda,et omnium rerum inaudita penuria.
Ann. 8. lacob. Leod. MGSS. 16, 641.
Tempus asperrimum et pluviale. fames
valida. mors in homines. messis tarda,
plus vindemia; mustum vix Lucae ewan-
gelistae [Oktober 18]. Ann. Laub. MGSS.
4, 23. Famis periculo multi intereunt
annus totus pluvialis. Ann. s. Vinc. Mett.
MGSS. 3, 149. Fames valida. Ann.
Isingr. mai. MGSS. 17, 313. Facta est
fames adeo valida, ut dimidius mo. tritici
pro 80 s. venderetur; 6 panes admodum
parvi pro 7 emebantur s. ipsi principes
aliquot dies sine pane diversis coctionibus
vescebantur, camibus pecorum et herbis
populus vivebat, nonnulla mortalium milia
fame interienint, ita ut in villis plurimae
domus sine cultore vacuae remanerent
factum est et hoc mirabile, ut mense maio,
cum pene nullae segetes in agris appare-
rent, in iunio et subsequente mense tantae
subito exortae sunt fruges, ut a rusticis
hoc quasi pro celebri proverbio haberetur,
per hos duos menses deum non aliud
fecisse, nisi fruges de coelo pluisse. per
eosdem menses pluvia continuatim des-
cendit. Ann, Camerac. MGSS. 16, 522,
19. Ante augustum gravis venundatio
tritici subito invaluit, ita dumtaxat, ut
publice Cameracensis mensura plus quam
9 s. venderetur. pestis etiam aoimalium
gravissima in linguis eorum extitit, maxime
caballorum. Sigeb. Auct. Aquic. MGSS,
6, 396, Fructus terra habuit uberes; sed
pluviarum inundatione a festivitate sancti
lohannis [Juni 24] usque ad medium
augusti omnia vastante, vix ad maturitatem
perduxit. nam vinum et ceteri fructus ex
parte defecerunt, et quod de uvis collectum
est, in acorem versum est*.
1) Auch Ann. s. Htnign. Div. MGSS. 59, 46: lUfiia penoria rini.
Lamprecht, DentMcheA Wirtächaftsleben. I.
98
[Anliäiigi?-
1162 Ann. Laub. MOS& 4, 33
lluininuDi innndatio hicme fiscU
J-Jrph. MGS8. J6, 30. In meiie
inugDEi inuDilBtio aqiue in partibus Beni
fiiit.
llfi& niron. reg. IniiDdatio Bquunim insolita
fuit 7 kaleniias dectmbris fKovember 25j.
um Jnn. Laub. MfiSS. 4, 23. Hiema
arida, ver temperBtuiD. initio nipnsis iimii
maximn et ho leitipore inaadita fluminiuo
inundatio '.
1159 Ann. i. Vinc. Meü. MGSS. S, 158.
InuDdatio aqiianim.
llb"2 Ann. ». Vinc Mett. MGSS. 3. 149.
Farnes vaJida.
1173 Chrrm. reg. In kaleiidis tuasis inlolera-
bilis et inaiiiliiii nmne Theulonicum regnum
el predpue Gallium comatoiu ptrvasit,
senes cum iunioribus et infantibus debili-
tarit, plures morti addixii. Die Ann.
Colon. MGSS. 16. 733 habtn 7. J.
1174 TubbIb magna fuit'. C'hroti. reg. Totum
nestivmn tcmpus in pluviaa hiemalcs con-
vergiun cBt, undc acgoles et vineae Bimt
romiptae .... inundatio Bern et flufio-
niin insolita et diulina*. Ann. s. Vinc.
Melt.MGSS.3,150. Inundotioncs aquarum.
Ann. a. lacob. Leod. MGSS. 16, 642.
Facta ef(t inundatio aquamm [Lücke] in-
tinnii, amplius nndemia, mustum lIAdeJ.
117« Ann. >■ Vinc. Mett. MGSS. 3. 150.
1179 Ann. Bnintcilar. MGSS. 10, TUT. Terrae
motus magDus in kaleudia augusti.
1185 (.'hmn. reg. In tiienBC ortobri insolilua
tiirbinis vtDlus adeo vehemena fuit, ut
tecta lapidea arhoresque grandes deiceret
et Jomos pluTCs everteret. Ann. s, Vinc,
Mett. MGSS. 3, 15<K Inundatio uquantni.
Ann. Leiid. MGSS. i, 31. Media hieme
florent arbores, nascuntur . . [Lücke}.
1186 ^i"". Argent. MGSS. IT, äü. Erat
liiema caltda. ita c[uod in deccmbri et
ianuario multe arbores dorercnt, in quibus
circa februarium pira quanCitatc in uioduni
arellane magna
proxime sequenti
magna aeri^ inclementia et mperita.« aigori»
Teuiens fere usque ad kaleodas judÜ
duravit. itA quod in pentecoete, videlicel in
medio maio". nix magna cecidit et fen>
onmia poraa perierunt
1187 Chron. reg. In ianuario et febniarin
aestaa quaedam pro hieme apiwruit. nom
picae et corvi et diversae ariculae pullo«
educanint in eisdem menaibus, aibortrs et
herbae direrti generia floribus veniutM
couspiciebantur-
1188 Chrün. reg. In apriU erupüones rinUoruiB
facta«, quales ante nemo viderat, sed M
in siccis louia iuxtii fluenta inaximanua
inuudatioumn ebullltiooes >ip|ianierunL
aestas Bicca et fen'enUssima fuit.
1189 Ann. DisS). MGSS. IT, 3ü. Ing-ro
terrae motu« media nocte 3 kaleiu
marti) [Februar 27] factns est. Chn^n.
reg. kl. Awg. S. 143. Acetas fcnon-
tiasiuiu usque od augustoin menseni luk^
in quo etiam mortalitaa bominiim
penidum immenita eontigit.
1190 Chnm. Ttg. H. Awg. S. J47. Uirmpi
sicca et talido. mortalitaa hombum inunmu
... in muo grandu in&olibi drca Uogoo-
üfun ad 100 viUas et am|iliua oüuiB
TasiaviL
119-> Cbron. reg. kl Ausg. S. 15Ö. AeälM
ft-rvcnlissima in auguslo uiense subito
tempore retriguit, unde febres acntae el
quartanae passim iu hominibus domi-
1194 Chron. reg. In maio vineae floniiase
visao sunt. Ann. Reineri MGSS. 16, 651,
35. MessJB bona, vindeinia optima.
1195 Ann. Reineri MGSS. 16. (152, 6. Plum
iugis a festo sancti lohannis (Juni 2i]
ufique ad natale dumini. et maxime tempore
sationis, ita ut in natale damini ris esset
perseniinatum . . . hoc anno ma. siligtnis
circa maiuni lä b., mo. spelte 9 mo., ordei
octo se redemit. messis pigre, vindemia
I
') Vgl. .4>i>i. e. Srmg«. D>\. I
V r^l. .1»«. Bland. WS: Pui
') V/L .Ihm. Bland. W4! PIbt
•) Vgl. .Irr. i. BmigK. Dn. II
«) ^ii;>lni /fl me auf dm ;
Jüni. damtn M e$ 1181 auf di
d. /olfmd, Jalir 118T.
- 1547 —
Elementare Ereignisse.]
tarda et periculosa. Ann. Argent. MGSS,
17 y 89, Facta est maxima fames in terra.
11%' Chron. reg. Penuria frumenti et annonae
magna facta est, quae et in sequentem
annum usque duravit . . . aestas frigida
et humida. Ann. Beineri MGSS. 16, 652,
20. Annus iste gravis et periculosus;
seges cara . . . pluvia iugis et periculosa;
pauperes maximam victus patiuntur penu-
riam, et maxime circa principium augusti
. . . corpus beati Lambert! propter immi-
nentia pericula et pluviarum inundationes
et timorem sterilitatis et egrae messis et
panrae in vigilia sancti lacobi [Juli 24]
cum maxima devotione non sine multis
lacrimis in montem Comelii deportatur
ibique . . celebratur . . . messis tarda
circa festum sancti Bartholomei [August 24]
vix habuit principium; eodemque tempore
mo. siliginis 18 s. vendiderunt, mo. speltae
8 s. et dimidio . . . satio pulcra, mustum
vix habitum Luce ewangeliste [Oktober 18;]
sie permansit tempus usque ad finem in-
camationis, hoc est natalis domini. hiemps
prolixa usque ad martium'.
1197 Ces. Heisterb. Dial. 4, 65. Fames vali-
dissima . . incubuit et plurimos extinxit.
Chron. reg. Penuria annonae et frumenti
magna et fames valida, ita quod mir. sili-
ginis in partibus Reni ad 15 s. vendebatur.
plaga miserabilis grassatur, nam lupi in
partibus circa Mosellam plures homines
devoraverunt Ann. s. Vinc. Mett. MGSS.
3y 150. Fames valida; hoc anno venit
quarta frumenti 12 s., et facta est mor-
talitas maxima. Ann. Bein. MGSS. 16,
652y 41. Anni istius periculum vix audeo
scribere, cum nunquam similem viderint
qui vixerunt hoc tempore, multitudo
pauperum fame moritur. cadavera mor-
tuorum animalium indifferenter . ab eis
comeduntur, et fere ab universis propter
imminentem necessitatem desperatur. mo.
siliginis 18 s., mo. speltae 10 usque ad
festum sancti Bamabe (Juni 11 J venditur.
insequenti autem die de mo. siliginis S2 s.
accipiuntur, de mo. speltae 17. procedente
autem tempore, cum messis adesse spera-
retur, malum increvit, et circa festum sancti
lacobi [Juli 25] mo. siliginis 40 s. venditur,
mo. Spelte 20 s. pauperes per plateas
iacebant et moriebantur, et ante fores
ecclesiae nostrae, cum matutinae laudes
canerentur, iacebant gementes et morientes,
elemosinam, quae suiuno diluculo fiebat,
expectantes. hoc in anno in epiphania
[Januar 6] annona defbit nobis, et plus
quam centum mr. usque ad augustum in
pane expendimus, nee vinum a medio maio
nisi raro usque ad novam vindemiam
habuimus ; cerevisia autem toto anno defidt
nobis. panem vero siligineum 15 diebus
ante augustum comedimus, aquam autem
in conventu indifferente» bibimus.
1198 G. Trev. C<mt. 4 Add. 2 MGSS. 24,
392. Fames magna, it ut mir. siliginis
mr. venderetur. Chron. reg. kl Ausg.
S. 166. Penuria annonae magna. Ann.
Bein. MGSS. 16, 654, 15. Mo. siliginis
15 8., mense iunii carius est venditus, mo.
spelte 7 s., mo. ordei 8 s., vini sextarium
14 d. est venditum; et vinum de Rochella
primum in hanc civitatem est advectum
.... 15 die ante natale et tertio similiter
die . . tonitrua . . . fluvius Mosae num-
quam minor visus est, quam fuit hoc tem-
pore, vinum canim; mo. siliginis 12 s.,
mo. speltae Septem ante natale domini.
moneta nova.
1200 Ann. Bein. MGSS. 16, 655, 18. Mo.
siliginis pro tribus s. et dimidio, mo. speltae
pro duobus s. siccitas magna a medio mar-
tio usque ad kalendas maii . . inaudita
mortalitas boum per totum imperium.
1201 Ann. Bein. MGSS. 15, 655, 44. ffiemps
longa a festo sancti Martini [November 11]
usque ad kalendas Martii; annona bono
pretio fuit, sed vinum carum. bona spes
fuit in flore vindemie, sed postea fhistrata
est, augusto impediente.
1202 Ann. Btin. MGSS. 16, 656, 9. Im Fe-
bruar mo. siliginis 5 s., speltae 40 d., vi-
num 6 d.
1203 Ann. Bein. MGSS. 16, 657, 31. Mustum
Mosellanum 10 d., mo. siliginis 10 s., spelte
autem 5 s., hordei 4 s.
1204 Chron. reg. kl. Ausg., Cont. lU S. 216.
Aestas calida et sicca. S. 175 Cont. II vgl.
1) Vgl. Ann. Elnon. mai. 1196: Apttd Tornacxiin nser» fromenti Tennmdatar 50 s., quod a pMdeMmoribns
noftri« non est audiittm.
98*
[Ajihängc. — 15
( ottt III 8. 319. HieiiiB prolixa et os-
piTTimn fuit. Atin. ntin. MGSS. 16, 658,
13. Mo. siliginiB 8 s., epeltae 5, ordei 4
veixlitur in leeto omnium süDctonuii fNo-
vtmbef }J onni praeGentis, rinuni B d.
■m. Sein. MGSS. 16, 659, 5. De qaa-
litate liiemis buius anDJ pauca volo scribere
ad i:autel3in pruefientituii et notitimn fiitu-
ronmi. hiemps boc anno quinquies respi-
ravit, graviorque semper fttit subsequens
respiratio priore: prima respiratio in festo
aanc-ti Martini [Notremher 11], secnnda in
ifesto saocti Andree [Noven^irr 30], tertia
in ftsto aancti Marcelli [Jnnuaf 16], iinarta
in festo ptuificationis fFehmar 2], quinta
in |ias(^ha [Aprü 10]. jwr tolnin febmarinin
et toUiiti martium aralra non eiierunt ad
CüIeaduDi, nee ciittores ortünmi ad labo-
randnni. silvestrea fere ad villas veniebant,
quereiites pascua tamquam domeeticae ;ioul-
tae tarnen fanie periere. mortalitas per-
maxima oviiun et ceteroriini animalium,
deficiente pabulo et hiemis Baevienle j>eri-
cido. in kalendie martii vix erat aliqua
notitia annonae in satis; scd ex iDsj)erata
douiinns magnam copiam annonae tribuit,
et estas sicca fuit; n festo sanctae Mariae
Magdalenae (Jaii 32] usque ad kalendas
atigtisti aesUis ntmiBg et intolerabilia ftiit,
sei post IcalendaB quievit . . . measia bona,
vindi'nijn rarn. mo. siliginis 10 s., speltae
5. viDiun odo d. Ann. Leod. MGSS. 4, 32.
Hieniia maxinia asperilaa usque ad fcEtum
eancti Benedicti [Mä/n 21]. Atm. Bliatd.
MGSS. 5, :iO. Iliemps valida durante
glaiue a 1* kalendia febraarii [Januar 19]
usque nd 14 kalendas aprilis [Märt 19].
1206 Ann. Rein. MGSS. 16, 659, 50. Usque
ad circumcisionem domini [Januar 1] nulla
Aienint signa hJemiB, nee in gelu, nee in
nive; sed a circuincisione domini in 15 se-
quentes dies et non amplina hiemps dcsevit;
reliquum tempiia iisque in pasiba [April 3)
noD quasi ver sed quasi aestas fuic seges
tarnen cara, viniuti carius, et omnia, quae
ad viclum hominis prodesKe debent, caris-
slmo, in allcciis in ovis et camibus et pia-
cüfüs. fS. 660, 13] Mesais bona, vindemia
optima, in Moseila infra Tindeminm «ext.
?iüi pro d- Treverensi; ego, qui interfiii,
vidi, apud nos TJnum sex d. . . Inier festum
fiancti lacobi [J^i 25] et ad Tincnla aaneti
Fetri [August 1] lantos ferror salis ini
luit, ut videres messores vim caJoris iert»
non valentea pnsBini per agros morienUSf.
ires fiierunt mortui, quoB ego presentina
Bcriiitor agnovi . . hiemps tarda, sed ospen
et februaria. inundatio aquarum nuutinua,
maxime in Alemannia et Francis, ita Ol
Mogus in altitudine 32 nteanun se extol-
leret, Rentis qnedam clanetra suhverteret
et plurima milia vironun mulienun et par-
Tulomm Biibmergcret. Ann. Ar0enl. JUOSS,
17, 90. Datum fuit in Argentiim nnum quar-
tale vini pro duobns s., sequenti ebdomada
dababu* pro duobus d,, et vfu Tacumn pro
duabus Ib.
1207 Rein. Ann. MGSS. 16, 660, iO. Mensis
maii crudelJs üiit, quia sevitia iemis non
naturalis vineas. Silvas quasi qaodam igne
combuegit; aed pluvia snperveniens in ka-
lendia iunii ma^am utilitatein vineis prne-
stitit. glacies non modica visa est Bon^Eadi
martyris [Juni ü]. eatas sicca, uessia piiloa.
satio piilcherrima. vindemia satis temp««-
tiva, sed gelu octobris fere abstiilit omni»
vina . . biems temperata, sine magno gelu
1208 Chi-on. reg. kl Aus^. S. im. AesiM
levis et sicco, fertilis et calida, adeo ut mir.
sUiginis 6 Ib. et 7 d. einereHir. Bein.
Ann. MOSS. 16, 601, S. Mo. ailiginis
5 s., spebae mo. Iribus venduntur, rinuni
7 d. . . tempcrieE afris lain veris quam
aestatie; babundantia annonae in canipia
laudabilis; vinum sicut priua, siligo tribos
B., spelta 30 d. uoniparatur. sical a veridids
reintoribus audivimus, flores visi sunt in
vineis in vineto in prima ebpthomadn maii
in niootibuE - . mensis augustl pluvioaus fiiit
diebus 15 primis. annone babnni]anti&,
quali^ non fnit a quadraginta annis et
1209 Cftron. reg. U. Ausg. S. 230. Aeataa to-
nitnÜB fulminibus et imbribus valde teui-
pestiiDsa, et hiems nitnis asperrima. Ce».
Heifterbac. Dia!. 10. 17. Post contima-
tioneiu Ottonis in regno [1209J tanta (exat)
abundantia annonae, ut in episcopatu C^
loniensi mir. 5 vel 6 d. //. s.y multo tem-
pore venderetur . . tempore abundantiae
pislores modieum lucrantiir. Hein. Ann,
MGSS. 16, 661, 30. Annus iste paupenun
gloria, divitom maestitia, habmidans ad
— 1549 —
Elementare Ereignisse.]
Totum in annona. mo. siliginis 15 d., Spelte
eodem pretio venditur, cetera genera an-
nonae pretio inferiore, vinum praecipuum
5 d. sicut anno 1197 mo. siliginis venditus
est 40 s., ita hoc anno 40 mo. siliginis
dati sunt pro 40 s. [S. 663, 17; ScUufs des
Jahres] Annona bono pretio, siligo duobus
s., spelta 20 d., et hordeum et avena carior
spelta.
1210 Chron. reg. kl. Ausg, S. 230, Dezember 20,
tarn vehementissimus ventus fuit, ut per
provincias plurima edificia deiceret et ar-
bores maximas funditus evelleret Bein.
Ann. MGSS. 16, 663, 20. Hiems longa
aspera et continua a kalendis ianoarii us-
que ad festüm sancti Mathie apostoli [Fe*
bruar 24j, pestilentia murium in agris in
satis et domibus, in villis . . flores praeter
solitum tarde appanierunt, vix aliqui flores
arborum in aprili apparuerunt, vix enim
apparuenint spiee in siligiue Urbani papae
[Mai 25J . . annona carior solito, siligo 6 s.,
spelta quatuor. [S. 664, 14, Schlufs des
Jahres] Annona bono pretio, vinum sex d.
1211 Bein. Ann. MGSS. 16, 664. Hiemis
asperitas . . defectus vini propter vineas
gelu attritas . . abundantia fhigum.
1212 Bein. Ann. MGSS. 16, 664. Hiems
temperata . . februarius plurimum ventosus
cum aquarum inundationibus . . in paras-
ceve [März 23 J per octo dies hiems fiiit
asperrima, que omnesnuces abstulit; mar-
tius tamen siccissimus fiiit [S. 665, 48]
Annona bono pretio fuit, spelta duobus s.,
siligo 40 d., vinum 7 d.
1213 Bein. Ann. MGSS. 16, 666, 7. Hiems
longa sed temperata a kalendis novembris
usque in pasca [April 14], hoc est Tibur-
tii et Valeriani. processus florum tardus,
sed postea bonus. nivis modicum, sed gla-
ciei plurimum . . circa maium vinum carum
et rarum 8 d., annona bono pretio, siligo
4 s., spelta 28 d. [S. 670, 36, Schlufs des
Jahres j Tres utilitates . . apud nos sunt in-
vente omni memoria digne, videlicet marla,
de qua plurimum impinguatur terra, et terra
nigra carbonum simillima, que fabris et
fabrilibus et pauperibus ad ignem facien*
dum est utilissima, et plumbum, quod apud
nos in pluribus locis est inventum. hiems
longa a kalendis novembris usque ad oc-
tavas pasce [1214 April 6], sed non con-
tinua. annona bono pretio, siligo trium,
spelta duorum s., vinum septem d.
1215 Ann. Bein. MGSS. 16, 672, 45. lems
in februario aspera et sicca, hordeum carius
siligine, aveua carior spelta, mo. siliginis
duobus s., spelta 20 d., vinum carius sex
d. venditur.. motus florum et cantus avi-
um tardissimus . . malus pluviosus.
1216 Bein. Ann. MGSS. 16, 674, 16. An-
nona bono pretio.
1217 Chron. reg. kl. Ausg. S. 195. Aestas
sicca et niminm fervida. Bein. Ann. MGSS.
16, 675, 35. Hiems longa, in fine ianuarii et
februarii aspera a feste sancti Severini [Ja-
ntiar 8] usque ad kalendas martii. annona
bono pretio, spelta 18 d., siligo 2 s., vinum
7 d. in Leodio nulla certa moneta. [S.
676, 9] Annona in duplo carior solito, si-
ligo quatuor s., spelta tribus . . hoc in anno
in Moseila vinum fuit habundans, sed su-
perveniente repentino frigido cruda reman-
serunt et male defecata, unde multi diversas
incurrerunt inflrmitatum molestias.
1218 Bein. Ann. MGSS. 16, 676, 41. lemps
sine ieme et sine nive: annona multo carior
solito ante natale, et post siligo octo s.,
spelta 4 se redimunt [S. 677, 8] Messis
optima, vindemia bona, iemps aspen*ima
a festo omnium sanctorum [November 1]
usque ad festum sancti Andree [Novem-
ber 30], postea pluvialis usque ad natale . .
inaudita pestilentia caulium, non solum per
regna transmontana, sed per totum Impe-
rium.
1219 Bein. Ann. MGSS. 16, 677. Iemps longa
a festo omnium sanctorum [November 1]
usque kalendas martii . . nova moneta pau-
peribus gravissima. vinum quinque d., si-
ligo quatuor s., spelta tribus venduntur . .
sterilitas in satis, ieme faciente; messis
modica et humilis, arescentibus hominibus
prae timore future famis; sed ille, qui pavit
quinque milia hominum de quinque pani-
bus, paucitatem illam panis et vini convertit
in melius, aestas nulla, sed quasi veris
tempora . . cum vindemia esset in ianuis,
repente supen^enit intempestivum gelu et
asperitas immitis boree intolerabilis, cuius
initium septima die octobris et per dies octo
continue duravit. quid multa? tunc videres
vineas folüs spoliatas et nudas, racemos
nigros dependentes quasi in clibano de-
[Atihüjige. — 15
coetoB, ita periit vindenia. iliud idem
Tinum, quod de torcularibus eliriebatiiF,
ultra Epem Uabundans inveniebatvr. itHque
vinum fuit karum, nOTiun novem, Tetus <le-
c:em d, nonas octobris ortiuu est tempus
pluviale cum vi venlonmi et aquaruni fre-
([uenti inundatione, quod perHeverovit sine
interraissione osque ad natale, et, <|UDd mi-
rum est, sine geLu'et sine nive.
ISStf Ann. Hein. JUG.SS. 16, 677, 47. Nalulis
feslivitas ventoaa fuit et pluvialü caui aqua-
rum inuDdatione, Kubscquensque tempus
gimile preterito usque ad conversionera
aancti Pauli (Januar 35J. fiinc per tres
äies iemps atiquantalum aspiravit, quarto
auteui die pluvia quasi penitos vires re-
sumpsit. (S. 67S, I9J Ante festuin sancti
lohannis [Juni 3iJ annoua multo carior
fiiit solilo, siligo 11 s., spelta sex et di-
midio E., hordeum ses b., avena 5 b. vcn-
ditur; viniim vile et caro. non soluni pau-
peribua «ed etjam divitibus hoc anno detiiit
annona; solaris, que prius erant repleta,
suut vacua; et m^niim fninis esset peri-
culiun, nisi habundantia siliginis apud nos
de inferinri terra in vehiculis et plaustris
fuissf t allata. annona tarnen in cainpia sa-
li« laudabilis . . ante uatale domini nuUa
fuenint bigemis signa, sed quasi veris
t«inpora. siligo 8 s-, spelta 4 [s.] et 4 d.
vendehatiir, vinmu G d.
1^21 Aitii. IMii. MGSS. iH. r,78. Hiemps
aspera a tircLinicisione doiiiini [Januar l]
usque ad puriticationein sanctae Mariae
[Frhnmr 2J.
1224 Chron. reg. *(. Amg. 8. 255. Oiems
longissiniH et valde aeperrinia, faines etiam
magna et inaudita perbiennium perdurans.
1225 Amt. Sei«. MGSS. 16, G79, 19. Hieoips
aspenima a festo onmiuni sanctonun [No-
vember ]J usque medium aprilem. wmoiia
bono preti» a messe usque kalendas februa-
rii, postmodum in kalendis maii spelta
10 a., silign 17, frumentiuii 20 venditur,
ordeum octo.
1227 C'firoii, reg.lä. Aiisg. S. 260. In deeem-
bri ventus validus partfs edificionun stra-
vit, arbores rodicitus emit. biemps nimis
1229 Chron. reg. kl. -4u.?_fl. S. AfJ. Hiemps
erat longa et aspera, Ann. Maeom. MGSS.
3, 164. Tauta fuit inundatio aquarum et
jituvianun, quod rivtdi Bnentes prae iiind9<
impetn fecerunt cauvas in teiris ad modm
1233 CItron. reg- kl. Aagg. S. 36.6. MesBJB
et viudemia titit piuviosa, vinum plurimiim,
sed vile . . hiems solito asperiur inliormit
et multas vineas ficus et oliras per Italimn.
Franciam et Tentoniam congelaviL
1237 Cftiwi, reg. kl. Augg. S. 273. Hiwup«
remissa, ventis nive pluvia distenipeniU*
1241 Rhein. Chronik. N.Archiv 4, ?4. Tantt
haliundaiitia vini, quod carr. solvit 40 i.
Wormatienses.
1246 Chron. reg- kl Ausg. S. 386. Menae
niaio et iunio tanta thit ppouria wiDone
Colonie, ut raro paiiis invemrelur veaaliL
et id ideo acciderat, quod citpb atatnerui^
quod mir. siliginiü uounisi pro 3 a- *en- ■
(ieretur, cum in rure plus solreretur . . liie-
mali tt'inpDre nltra solitum Renus plurimm
exundarit . . änis aestads et totus autuni'
Dus pluviosus fiüt, et tempestattts msrina
multas naves circa Angliam FUndriam et
Daciam obruerunt.
1248 Ckron. reg. kl. Äugg. S. 29G. Hiems io
partibus nostris tota erat comiptA plnvialii
et omnino remissa, ita quod per totam
hiemem duobus diebus, et hoc int^rpolatis,
niodicA glacies est visa. unde in eobse-
qucnti aeslate frngea, licet aboodanter
provenisseiiE, fnictmn sperutiim nun redde-
Ijant: seü et vinum, licet multum, non bene
potuit maturari. Bhtin. Oironik N. Ar-
chiv 4, rs. Vinum inaiirae aciduni.
1255 -4««. -Limb. Dielk. Pons ceddit in Lim-
ptu-g ex aquarum inundantia.
IffiJI Ann. Bland. MGSS. 5, 31. Factua est
motus terrae nonas maü qulnto [Mai 3j.
12^ CUM. ä, S34. DerEr^bintAofvonMaäu
als EeichSKnceser auf Grund der Land-
friedenn- und ZolB/egdüüUKt de» Wortn»tr
BeiehnUujK an Sehuäheiß und Sehöffeti von
Koblem : sciatis . . , quod propter caristiam
et communem defectutn annone. quem sn-
stinuerunt in nostris et superioribua par-
tibus civitates et generaliter uiunes prin-
cipales terre nostre, nos fecimus interdid,
ne ad partes inferiores annona per Rem
alveum ali<[uatenus duceretur. sed ne con-
tra nos sinistre suspitiunis niateria aliqna-
lenuB babeatur, no3 interdiclum hniusmodi
1551 —
Elementare Ereignisse.]
revocamus, ut annonam et res alias ducat
quilibet, prout placuerit, et reducat.
1277—1284 Für die Wevnhreszem dieser Jähre
vgl. die Zusammenstellung über das Bhenser
eigene Wachstum des Erzbischofs txm Köln
in Bd. 5, No. 285, S, 336^-337.
1291 Bhein, Chronik N, Archiv 4, 75. Gorgo-
nii [September 9] factus est terrae motus . .
[S. 76] Prothi et lacincti martinim [Sep-
tember 11] fiiit terrae motus circa crepus-
culum in terra ista Renensi, Wormatie et
prope.
1294 Bhein. Chronik N. Archiv 4, 76. Ma-
xima nix, qualis umquam visa fuit, et du-
ravit quinque ebdomadis.
1295 G. Trev. c. 208. Per totam diocesim
Trevirensem vinee congelantur, et vinde-
miis cessantibus non pauci ad vindemiandum
vineas intrare dedignabantur.
1296 G. Trev. c. 208. Inundaverunt aque Tre-
veris, et flumen Mosellae elevatum est super
muros Trevirenses in ripa Mosellae sitos,
ita quod cellaria in medio civitatis sita
aquis replerentur, quod etiam prius nus-
quam visum est a diebus antiquis. (hanc
inundantiam et superioris anni sterilitatem
secuta est foecundissima vindemia). Ann.
Ä. lacob. Leod. MGSS. 16, 643. Bladi fuit
caristia, et vini quarta 27 Turonensibus
vendebatur, quod numquam ante visum fuit
1297 Bhein. Chronik N. Archiv 4, 76. Carr.
vini solvit 5 s. hl. inWormatia.
1302 Ann. Mogunt. MGSS. 17, 3. Amarum
et miserum vinum crevit
1304 Ann. Afogunt. MGSS. 17, 3. Nullum
frigus compertum est per totam hiemem.
quam hiemem secuta est aestas sine onmi
pluvia et tantae siccitatis, quod ad fundum
Renus et putei decreverunt et hoc anno
crevit vinum tam nobile, quod vinum igno-
bile praeferebatur vino nobilium vinearum.
1306 Ann. Limb. Dietk. Glacies omnes pontes
destruxit in Logena et pontem cum turribus
in Frankenfurt. Vgh Ann. Frankenf.
Boehmer FonUs 4, 394 (dt. Wyfs).
1309 Ann. s. lacob. Leod. MGSS. 16, 644.
Hiemps asperrima, deinde aquarum inun-
datio maxima.
1310 Ann. Limb. Dietk. Frigus lesit omnes
vineas, et nucum arbores exscindebantur,
eratque in die natalis domini nostri..
oppressit totum tunc dira caristia
mundum,
atque fames multos dissolvlt cor-
pore sanos;
annone maldrum binis marcis fuit
emptum^
1313 G. Trev. c. 250. Fames permaximaque
caristia in tota ista terra, ita quod mir. si-
liginis vendebatur Treviris pro 60 s. monete
tunc gravis. Gellis in Hammone venditum
est mir. tritici 7 Ib. hl. gravium Treviren-
sium pro 14 hl. etiam pestilentia univer-
salis erat adeo magna , quod multorum
pauperum corpora exanima fame et pesti-
lentia infecta in stratis publicis inveniebantur,
et a pluribus civitatibus magnae generales
foveae in cimiterium consecratae parabantur
et pretia statuebantur, ut ipsa cadavera se-
pulturae traderentur. istae plagae [Pest
und Teuerung] heu post mortem . . Hen-
rici imperatoris . . plus quam per triennium
[1312—1314] . . duraverunt«.
1315 Ann. Leod. MGSS. 4, 33. Valuit mo.
spelte 6 s. veterum gr., fuitque gentium
mortalitas inenarrabilis , et anno sequenti
valuit mo. spelte per totum annum 40 gr.
1317 Ann. Leod. MGSS. 4, 34. Valuit mo.
spelte per totum annum tantummodo 6 gr.
1318 Ann. Limb. Bec. A. ed. Wyfs. In die
Theodori martiris [November 9] fuit motus
terrae.
1324 ^UMünstermaifdd Hs. Koblenz St. A.
CXJa Bl. 25 a. Annus non fiiit multum fer-
tilis, sed bladum mediocriter crevit
1335 Ann. Limb. Bec. A. ed. Wyfs. In festo
Simonis et lüde [Oktober 28] flavit maxi-
mus ventus, ita quod talis et huiusmodi
impetuositas ventorum prius non fuit ho-
minibus tunc viventibus visa, ita quod sub-
vertit arbores magnas turresque ecclesiarum.
Limb. Chron. c. 1. üf daz fest Simonis
1) S. Dominicus S. 78.
>) S. Domittieua S. 156 Note 1; Broirtr u. Ma»m 2^ 198 cii. nach Tüman Goting Ji». LimpHrg. noch au/str'
dem: qvarta avenae solido, panii d. nno, gallina dnobut, capo tribni, 26 ova senil d., Tidelic«t argenteis et
gravibas, qao pretio porcellom aestimaase pritcof memini.
LA
I
unJi- ludu lOhtobrr mj da was der große
wint, der tet großen subnideu, der warf
jrolte huis gezinucer und«; tome uuib unile
lellet groBe baome in den velden. Äim.
t. lacob. Lata. MGSS. 16, M4. Magna
haliundantiiL vini, tres hame ColonienscB
vini sancti lohannis [Juni 2ij pro duolius fl.
)6 G. Trn: e. 256. Turiwt vina gelu. ven-
tus segeles, equos sprue [d. h. siiffhigo, cm-
Tum /irtTurn,.
11342 G.Trcv.cISJT. InvigUia latobi /Juii'34;
mitximii erat ui|Uäniiu immdaiitiB per tolum
fEhennin, non a Rheno, sed a tluvio Mogos
dicto, quod tarnen contra auam est naturam,
f intlagelluu causata, ita quod integrae villoe
I disniptae et delluxae ix'mebanlur. Limb,
t Chron. c. H. VI sente Jacobes dag des
[ heiligen apostolen gelegen in deni erne
[Juli üBJ da was große flnt und waßer uf
erden . . unde ist dit die erste wnilerüut,
die den alten luden indenklich ist.
1347 G. Trev. c 257. Die exaltationis äanctae
cnicis [SepUiiAa- 14 j vioeae et nueea con-
geleliHDUir caiitnate pniinali. ita quod ma-
^^^ jtinia yinoruni cflristia ftierat subserula.
^^U3I6 O- Trev. c. 258. Primo percussit (gcnus
^^^B hiuDanuni) epidimia, cui gibbus crevit
^^V quacuinque corporis parte; .. secunUo he-
meroida; tertio sacro igne . . ita per ae-
qneiiteni annum dursvenint.
1349 Limb. Ckrmt. c. 14. Da quam ein groß
BterliPiL in I'usclip Inndi', ibu ist geuant
daz große erste sterben. Lind storbeu si
an den drusen, und wen dea aueging, der
starp an dem dretten dage in der ma&e.
unde storbeii die lüde in den großen steden
EU Men;te zd Collen unde also meistlicben
alle dage me dan hondert nienscbeu oder
in der maße; uiuie in den kleinen ateden
ata Limpurg sterben alle dage zwenzig oder
vir uude zwenzig oder drißig, also in der
wiae. daz werte tn etzlichen etat oder lande
nie dan dru virtel jars oder ein jar. unde
storlien lu Limpurg me dan vir unde zwen-
zig hondert menschen, ußgenomen kinde.
Nach 1349 (SUSI r*) Limb. Chni«. c. 16. In
disen jaren was gude zit von fruchten und
1355 Mein. Chranih N. ArtAiv 4, 79. De-
CoUationig lobannis baptiste lAugust äSj
ftiit ventus validisainiua, qul eradicavit ar-
bores inlinitas et destruxit sumptuosa edi-
ficia, tumin sancti Virtoris prope Mcigun>
tiain, ecclesiani in Caatel et qunm plura ali«.
13Bfi Limb. Chron. e. 44. In disem seil»«!
jare irhup sich groß Jamer unde (|iuun doi
zweite groll sterben, also das dj lüde an
allen enden in Duschen landen storlfen mil
großen häufen an der seihen suchte. aU st
Sturben in dem ersten sterben, unde war
ez mit enquani in diseni jare, dar quam «•
in dem andern jare, unde ging Blnntb. auch
so galt daz hom unde di fiuchte sin gelt, dax
ez an manichem lande gar hertlichen unde
kunierlicben wart eten. unde sundeiüi'iien
in Hessen in Westfalen unde daramb
unde anderswo, iteni der win g»lt groS
gelt, mit namen so galt ein ijwart wines
von Elsaflen zu Limpnrg ftinf eugelseu,
daz ist war, luide der lantwin unde von
Kinc einen s. d. Limb. Chntn. e. 43. Oral
ertliebunge, der was vil unde geschoch gar
dicke, hude und nioni, darnach uade tAte
me, hi unde da, unde werte daz me dan
ein vittel jares- und sunderiichen iii »entr
Lucas dag des belligen ewongeli&ien da wiu
die ertbebunge so groß, dax Kaaele uf dem
Hine, di herliche stat, wart beweg«t. du
si binach Kiimale vil unr. .Inn. Umb.
Rec. B. ed. Wyfii. Caristia nubgna, «endu-
bfttur menswa vini 4 /i. 1/ s. d. ei l UL
monele Linthui^ensis, et durarlt fetme per
annum. V/rf. Hec. A. i. J. 1357. BÄWh.
('Iirotiil- N Archir 4. f^l. Magna cari^^tia
vini. Anii.Leod.M(iSS.4,34. Fuemnt..
menses septembris et octoürts adeo pla-
viosi, 11t vix semina possent seminari sine
pluvia solo die.
1357 ^"n. Limb. Rre. A. ed. Wyß. Caristia
vini tarn magna, quod quarta vini salvebat
unum s. d. cum hl. monete Limpurgensis;
et durahat per integiiun annum.
1K8 -Inn. Leod. MG.-^S. 4, U. Hiemps mag-
nus a fest« beati Thome [Dezeml^r 21}
usque ad purificationem [Ftbrunr äj.
1360 .4«n. Leod. MGSS. 4. 34. Pult mensis
augustus adeo siccus, ut vix tiiit dimissum
solum instans in coUectione bladoruni, ce-
pitque mortalitas hoc anno post augtistuin
per majorem partera temmiin, nt dicebatnr,
et quasi gena intinita moriebatür es impe-
diinin, et maxiine iu mengibus septembris
octobria et novembris. et hoc anno cepil
gelu ad j'estiun sancti Kicholai [JDciem-
I
- 1553 —
Elementare Ereignisse.]
ber 6J et terminavit ad . . [Lücke], ftiit-
que magna copia fructuum et vinorum. Ann.
lAtnb. Dietk, Frigus in vigilia sancti Thome
[Dezember 20] omnes vineas inter Weil-
burg et Laenstein misere destruxit
1361 Ann. Leod. MGSS. 4, 34. Etiam mor-
talitas. Ann. s. lacob. Leod, MGSS. 4, 644.
Siccitas magna, et habundantia vini.
1362 Bhein. Chronik N. Archiv. 4, 81. Gran-
dines devastaverunt et percusserunt vineas
prope Cnizenach.
1363 Ann. s. Jacob. Leod. MGSS. 16, 645.
Hiemps aspera; et Mosa ingelidatus fuit
ab adventu usque ad pasca [Aprü 2].
1364 Bhein. Chronik N. Archiv 4, 81 -S2.
Yolavit maxima multitudo locustarum, ita
quod claritas celi respici vix poterat pre
eorum multitudine, vorantes quasi omne vi-
ridum [!] tam de vineis quam de arboribus
in septembre ; et statim eodem anno seque-
batur magna pestilentia in Cruzenaco. Limb.
Chron. c. 65. Hauveschrecken . . quamen
unde flugen als dicke in der luft unde in
dem velde, als bette ein groß snie gevallen.
di tuen in di fhicht und daden großen vur-
derplichen schaideu unde flugen dan wider
uf, unde herten an von dem eme an, bit
daz sie vurgingen mit eime rifen unde von
kelde, binach ses wochen. [c. 66] Item
in demselben jare galt di quarte wines
zu Limpurg einen s. d. unde einen hl. unde
follenclichen anderswo sin gelt daz werte
binach ein jar. Ann. Leod. MGSS. 4, 34.
Cepit hiemps ad festum sancti Nicholai
[Dezember 6J, duravit per 14 septimanas
nive existente semper super terram, fiiit-
que magna caristia pastinarum animalium.
1365 Ann. Limb. Bec. A. ed. Wyfs. Tertia
pestilentia et minima. Limb. Chron. c. 69.
Daz große drette sterben, unde was daz
sterben meßlicher dan die ersten sterben,
also daz si mit zehen oder zwelf menschen
den dag storben in steden als Limpurg
unde dem glich sint.
1366 *Chron. ep. Treberor. Hamb. Stadtbibl
Hist. 31 b fol Bh 189, zitiert bei Wyfs,
Limb. Chron. S. 53 Note 2. Heuschrecken-
plage. Ann. Leod. MGSS. 4, 35. Incipit
pluvia in primo festo pasce [April 5] et
quasi continue duravit usque mensem au-
gusti; et fuit bladum satis carum usque
post augustum.
1367 Ann. Leod, MGSS. 4, 35. ffiemps quasi
nuUus, et iuerunt multa blada et vina.
1368 Bhein. Chron. N. Archiv 4, 82. Fames
maxima fuit in terra Renensi. Limb. Chron.
c. 75 (nicht 1367). Harte zit unde dure jar,
also daz ein mir. koms Limpurger maßes
galt fünf punt hl. unde zwene tomose, und
daz mir. habem galt dru punt hl.; unde
hatten arme lüde großen gebrechen unde
gemangel. die quarte wines galt zwenzig
alder hl. Vgl. Ann. Limb. Bec. A. ed.
Wyfs. Solvebat mir. siliginis quinque Ib.
hl. cum duobus gr. mensure [l.: monetej
Limpurgensis et mir. avene tres Ib. hl.
1371 Ann. Leod. MGSS. 4, 35. Parum >'ini,
adeo ut maYinifi. pars hominum bibecet
multas cerevisias et medones.
1372 Ann. Leod. MGSS 4, 35. Multa vina
et multi fructus, in tantum ut ad nativi-
tatem domini adhuc essent satis in silvis
et in ortis.
1373 Bhein. Chronik JV. Archiv 4, 82. Morsus
luporum in homines mirabilis; et statim
sequebatur eodem anno magna pestilentia.
Bhein. Chrotiik N. Archiv 4, 79. A festo
purificationis [Febntar 2] usque ad messem
solvit mir. siliginis Pingwensis mensure 4
Ib. hl. in communi foro, et quartale vini
octo s. hl.; attamen non erat auditus ali-
quis talis defectus, quod aliquis hominum
fame perisset sed sequenti anno mir. si-
liginis solvit 8 s. hl. et quartale vini 1 s.
in communi foro. Ann. Limb. Bec. A. ed.
Wyfs. Habundantia aquarum . . omnes
molendine quasi fuerunt destructe, quod vix
molares lapidesremanserant cessante diluvio
[zunächst an der Lahn], Ann, Leod.
MGSS. 4, 35. Fuit habundantia bonorum,
precipue fructuum, adeo ut in quadragesima
' mo. pomorum haberetur pro tribus antiquis
gr., mo. Spelte pro septem antiquis gr.,
sext ceparum pro uno gr. antiquo, sext
vero pisorum pro uno antiquo gr. cum di-
midio. fuit etiam habundantia glandium,
ut multi porci in nemoribus canonicorum
istius ecclesie et alibi efficerentur pingues.
1374 Quaedam folia mss. dt. bei Wyttenbach
H. Müller G. Trev. 2 S. 263 Note d. Mor-
lins sultentitun . . Treviroe iucesbit'. Shein.
t hronik N. Archiv 4, 82. Maximo inun-
dntio iu]uanim per totiim Almaomflin, et
Ken US tan tum crevit apud MoguDtiiun,
qiiod ^xce^sit auperiores gnüuB ecclegie
beste Marie virgüiig Moguntine mincupnte
Grailos. et Bolvit mir. siliginis in Wor-
matia 8 s. hl. et i|uartale vioi 1 s. hl.
Li'mft. Chronik c. 96 [»icht 13731- Des
donerstages vur fastnacht (Ftbraor ilj Aa
was ein große tliit uf erden uude große
not von waJJere wegen, also da/ der Hin
und die Laae ober iren rechten 6taden in
dl hohe gingen Die dun sea unde Knenzig
fuße hocJi. unde quam di flnt von eime
großen snie, der gebllen was . . unde di
Bute werte me dan fimf dage unde nadiie
uf unde abe, und was groß betrupnisse von
den luden, und dax gevogehe in den Luisen,
hanen undehuiner, sangauchbetniplichen..
antb so was ein fluit zubevor gewest uf den
Eweltlen dag nach winachten [Januar 6J
di nest was, unde di fluit was diser nit
glich, want diae mcr wag. Ann. e. lacob.
Ltod. MGSS. IG, 6J5. Maxima habiin-
duntja aquamm ubique, maxime circa prin-
cipium ianuarii et febnumi. .^in. Leod.
MGSS. 4, 35. Versus ephifaniam fuit
miudnia copia aquanun . . periditalianlur-
que mutte ville in inferioribus partibus
Almrtnie *.
1375 Li'i»''. Chrun. c. lO'.K Da was ziimule
ein dnicken und ein heize somer, also daz
ez nier dan uwelf wocben ungereigent was.
unde in dem jare wart also gut kern und
öiichte, daü man darvor binnen virzenjaren
desglichen i mochte gesehen, unde galt zu
Limpurg in dem eme daz mir. under der
sicheln einen gl. unde zuslunt zehcn s. d.;
unde wart gar gilt win In der zit. unde des
were gor vil worden, dan di sonne hatte
in ™rbrant imde vurhelgeL unde galt di
maß dos besten wines zu Limpurg echte
aide bJ. ; unde daz werte fiinf jar naeb
einander. Ann. s. lacoh. Leod. JtlGSS. 16,
h'i5. Vindemia bona. Jmi. T^oil. MGSS.
4, 35. Fuemnt oque adeo magne in I
raartii, guod multi dicebanl, quod in taut
magne erant. sicuti foeraat aono 1374.
1383 Ann. Umh. Btc. A. td. Wyfa. P«stiJr7iIi« '
i'egnavit in Limpurg ita, niaxime, quod inngii
quam 1.300 bominee ntoriebaDtur*. A'ath
Bei-. B. sind es 1400 hominee. Ijimb.
Chron. c. 131. Dax drett« sCorben in der
niuQe als di erste sterben waren ; dan du
TneQlicher was.
1380 Folia »WS. bibl. Trre. bei Wi/Uenl^adt
und Müller 2, S. SS8 Note e. Plnustnim
dni absque vase vendebalur Treveris iino
aureo ; vas vacuuni duobus vel etiatn trihn
aureis. Cod. HivmfTod. Trier StaOlhäA.
1438 ; a. a. 0. l'lanstrum vini vaiH . ,
3 fl.. et exponenti propriam ras mustu re-
pletum fuit pro uno fl.
1387* IrttM/i. Chron. e. lil- Da waren gud«
Jar. da kaufte man uf dem Rine ein gnt
iuder wines umh echte gl. unde umb sei
gl. unde umb vier gl-, nade redelich gut
win, den ein iglich gut man mochte trinkeB
ober tafeln, ein tiider nml) dri gl., imde
etzliche umb zwene gl. imde kaufte bisrbof ,
Adolf von Menze bondert fuder wines u—"-
hondert gl, unde gap be di vaß eu i
winen.
1389-1400- -Für dieet Jahre tigl die AM^abm ,
über die Weinprtige in Sd. 3 A'o. 305,
ciifaiii»i<iigfste!ll obeii S. 593 f. wnttr dm
Wein-Eimetpreixeii.
1390 Limb. Chron. c 153. In dem berbeste
da was also vil wines uf der Ij^ae ge-
wassen, als imans uf der Lane gedenken
mochte, also daz ein gut (renz fiider wines
daz galt zu Nossauwe unde in dem tenne
i'chte gl. unde in der maße.
1391 Limb. Chrun. c. 167. Krieg im Norden;
darumb wart grolle durte in disftn landen
von gesalzen fischen, also daz ein tonne
heringefi galt gerne 9 swere gl.
1392 Limb. Chron. c. Wiii. Da was wtne»
gnuch an den stocken, unde quam ein groB
rif unde frost uf sente Matbeus dag ewan-
gelisten in dem berbeate [Sqilember 21],
1. du aiufülirlidii Schlldrrung Jer Taniirut i
nln-f .'•'actiriMni gtM Wg/t, LrnUi. OiTtn. i
r ZaI-t tgl. Higii. Slädltthrw. 18, WS f.
< meH me, >. Kg/t, Limb. Otron. S. 78 Xe
— 1555
Elementare Ereignisse.]
unde zusehen demselben dage bit uf sente
Micbahelis dag [Septemba' 29] . ., da ir-
frois der win unde di trüben an den stocken
an dem Rine uf der Lane uf der Mosellen
unde allenthalben in Duschem lande, also
daz man die trüben muste stoßen mit gro-
ßen stoßein, also hart waren si. unde di
wine worden also sure, daz si worden
smackende als saft von holzeppeln. der
win hiß ratzeman, unde di quarte wolde
nit gerne gelden 3 hl.
1393 Limb, Chron. c. 166. Wart gut win,
unde galt di quarte zwene engeis. unde
was der somer also heiß, daz der Rin unde
ander alle flißende waßer also kleine waren,
als man binnen virzig jaren zubefomt i
mochte gesen. unde der nest winter dar-
nach quam, da vil so groß ein snie umb
sente Katherinen misse, als binnen zwenzig
jaren in disen landen i mochte gefallen,
also daz vil lüde, di ober feit solden wan-
dern, in dem snie viurdorben unde worden
fonden, da der snie vurging.
1394 Limb, Chron, c, 177. Gar sure win,
want der froist oberfil den win an den
stocken, e dan he rif worde. unde kaufte
bischof Wemher [von Mainz] hondert fu-
der desselben wines uf der Mosein mit
den vaßen umb virhundert gl., daz was daz
fuder umb vir gl.; unde di worden also
luter uf den heben, daz man si trank vor
winachten uß den glesem.
1395 Linib. Chron, c, 184, Uf sente Bamabas
dag [Junill] . ..wart ein groß ertbebunge,
also daz die lüde sere irschrocken unde
worden irferet . . große sterben in Duschen
landen.
1396 Limb, Chron, c. 188 [Februar]. Was
ein große bescheideliche fluit unde ein ge-
weßer, also daz man zu Cobelenze mit
schiffen für in sente Castors gaßen uf den
kommarkt bis an die brücke, da man geit
ober den graben zu sente Florin, unde ging
in di kirchen unde clostere zu den Barfußen
unde durch den cruzegang.
1397 Ann, Limb, Rtc, A, ed. Wyfs. Tempore
maii floruerunt blada simul et botri, et
eodem tempore fiiit magna pestilentia, et
in mense iulio eodem anno inventi sunt
botri maturi. Limb. Chron. c. 197 Februar.
Di waßer worden groß, also daz di Lane
bi Limpurg ging ober iren gemeinen floiß
funfzen fiiße ho. [c 202] im . . meige da
stont daz kom unde auch der win in einer
gemeinen blut unde daz kom in disen
landen vurblude zumale unde wart in dem
meige rifig, unde sneit man rif kom zu
brode in den nest pingestheiligen dagen
zu Boparten zu Cobelenze unde anders an
vil enden, das mir. koms bleip an eime
gl., unde derselbe win der beste galt vir
hl. ein qwarte zu Limpurg, unde ein qwarte
vur dri hl., vur zwene hl., und einen hl.,
unde was redelich zu trinken, daz werte
ein jar.
1399 Bd. 3, 530 f 33, Nullum vinum vel paucis-
simum crevit
1408 Ann. Limb. Dietk. Die beati Valerii
[Januar 29] fregit glacies pontem in Wiei-
burg et Dietz necnon omnes ligneos pontes
in Logena Rheno et Eschaffenburg. Ann.
Limb. Bec. A, ed. Wyfs.
M6sel und Riene von iese
alses hart waren bestanden,
daß man zu Covelenz und in viel landen
mit laste darobir mochte gane,
foren karen sledden und wane.
zu nacht Marcelli das geschaich
und wert biß off santa Aldegonden dag
[Jan. 16 bis Jan. 30],
1416 Ann, Limb, Bec. A. ed. Wyfs. Circa
festum conceptionis Marie virginis [De-
zember 8] fuit tanta frigiditas hiemis, quod
omnes vinee circa Limpurg eximio frigore
araerunt; et tempore succedente in mense
apprili sequente vinee excise sunt Ann.
d. hist V, f. d. Niederrh. 15, 202-205:
Wasserflut in Münstereifel in der Nacht
vom 6, auf den 7. Juli 1416,
1417 Ann. Limb. Bec. A, ed. Wyfs. Solvebat
mir. siliginis 2 fl., et fuit magna caristia,
durabat per mensem ante messem. et ve-
niente messe magna copia frugum congre-
gata est, videlicet in siligine tritico et
avena, ita quod mir. siliginis statim sol-
vebat 14 gr.
1419 Ann, Limb. Bec. A. ed. Wyfs. Solvebat
mir. siliginis ante messem . . Ib. hl., quod
facit 20 albos minus 2 hl.; sed adveniente
messe et in [l. a] messe per totum annum
solvebat mir. siliginis octo gr. monete Lim-
purgensis, et mir. tritici vix fl., et mir.
avene sex gr.; et ista venditio frugum du-
rabat a anno vicesimo usque ad annum
vicesimiuii primm» nativitatis Christi; es-
tUDc mir. siUgini» solvebat ä. Atm. Limb.
Bklk. SiJigo scindebfttur circa featum as-
sumptionis beste virginb Marie [August 15}
triticum cilius quuni siligo; et mir, venit
8gr-
,1420 ÜTk. No. 230. in Bd. 3, S. 264. Dia
jair, van is miswab geweat ist . . Wyttenb.
u. Müller. 3, S. 313 Note t. Annus . . in
oninibua preaaturuE fuit ; hinu ilie veraiis :
Ruffi lAuifust 37 j saneU dieB Muaelle col-
ligit »vas.
I 1428 Ann. Limii. Btc. A. «'. Wyß. Magna
pesülentia in Limpurg a festo penthecOBtcs
uaque aA natiritateni Christi [Mai 23 bh
Daaiiher 35J.
132 Ann. Limb. See. Ä. ed. Wyff. Teraporc
hieniali tuerunt Tinee causa nimie frigidi-
taCis el circa Limpurg et cireumquaque
abscise et ad nichilum redacte, itn ut in
isto anno nullius ntilitatis fuiL
I 1433 Am: Limb. Eec. Ä. ed. Wyß. Iicra in
ino ( 1432 : [so]) itenim vinee corrapt«! sunt
I hiemc et tempore su<!cedente abscise
et mir. siliginis solvebat 8 gr., et
i fl.
t sioiiliter sexageaimo
D pretio potuit vendi ;
I 1443 Am,. Limb. See. B. rd. Wyfs. Uheous
fuit congetatua, ita quod currus onustoa sup-
portaret a festo sancifi Barbare u£que ad
cathedra Petti [1443 Dezember 4 bis 1444
Ftbnmy :!2}.
1406 -Iii«. Liii'h. liec. A. ed. U'j//». Mir. si-
ligiuia salvebat
doinibua sei gi
septirao nx prc
et mir. tritici octo aut
14(i7 «. 1466.
liT2 Ann. Limb. See. A. ed. Wyfs. Wine
und konie mitsampt aller ander frucbt
ganz woiifeil und gude jare.
1473 Ann. Limb. Reo. A. ed. Wyfs. Kue so
wanuiier somer, dall keinem raenscben zu
der zit cit gedaecht des gelichin mit «ine
1483 Arch. Chrvmix 1361, 1483. Mißwachs
und auch der harter theiu'er zeit der frucht,
sich jctz ein zeit von jaren bieliinnent lan-
des begeben hajt) (LuxrmhurgJ.
1491 Dezember 13: Goeri, Heg. der Jirzb., Aas-
fuhrrerbol für Getreide.
1529 Hoyith. Bist. 3, 630. Mi߻achs imrai
und teucmng in daa getreid auch weio und
genieinlich all andere fruehl der erden ge-
fallen. Rs. Trier. Sta^^ibl 1346 f-ei
WyUenbach u. ilüller 8 S. 37S NoU e.
In agro Trevireusi niuld noTo morbi gp-
nere — sudoreni Äaglicum vttcant — intm
paucisainiae horos alisumpti sunt.
1536 G. Trer. c. 291. Hiema erat ingtar veri».
1539 G. Trev. c. 291. Tanta fiiii annonae fer-
tilitaa et vini ubertas, ut nou sulficerenl
vssa. unde cUteruae iu terram defossae
miu^tae cum oleo et sevu illita«, aüae as>
seribiis vestltae, ut tiniuu c^ntinereat «t
serrarenL
1510 ff. Tm. e. 292. Valria Trerirtawis al-
ftigitur peate. G. Trev. c. 291. Tanta fuil
aeris Biccilas et caliir, ut ajjuae alias \tc~
rennea et fontes ei^aicriircnUu', et Kbeuus
in multie locis vaduaus tiierit, ut pcditea
praeataniisGimi et fninienii satis. Chroi:
Limb. Ein fiider wein umb 10. 11 auch
12 gl.
1542 RbettH» 1, 20. Uml) trilinitatia ist t-in
gemein sterben der peatilenz zu Lanstejn
gewest, hat gowert nf ■'* jara. und seint
dik jung und alt gestorlien, und das scliloB
Laneck bei aniterhalb mol aus: alio hat
sich der omptman her J. v, E. Ma gani
jor gen Poparthen gethan, bin ich H. G.
xfllschreiber ach bei im gewest uf 5 wochen,
und danioch et] ich zeit zu Menz.
C. 1555 O. Trei: c. 2iU, Bd. 3, 23—24, extm
J. 1557. Cuni aliquando auni steriles in-
ddiasent atque inlen)]>eetatiB aut pecunie
innpiae aut aquarum eniptione difficUis
easet annonae proventus . .
1565 Artn. Limb. JUc. B. ed. Wyfn ; z. J. 14 43.
Kbentis coogelaius, ita quod ciutus ontietoa
aupportaret
1B73 5cwH(, ChwTrler 1, 492. Tewnng.
1581—1599 G. Trev. c. 301. Continua annooat
caritaa . . duo eienim fertiles tautuiu liiere
anui de novemdecint. scilicel 1584 et SOmus.
. . (|uia vulgo cre^litum est, multoniu an-
Qonim continuatam sterililatem a strigibujä
et nialefida diubolica invidia causari, toia
patria in extinctionem malcticaruin in^ur-
rexit . - deficiebat aiator et vinitor, hinc
sterilitaa. rix putatur saevior pestis aut
atrocior bostis perograsse Trenrenaiiun
fines, quam hie . . persecutionis modus.
Ygl dam Hmih. Rift. 3, 174, 1592 Uk-
— 1557 —
Elementare Ereignisse.]
tober 2: Voraussieht, dafs die bevorste-
hende Weinernte fast schmal und gering
fallen wird. Dasselbe gut vonl593t Scotti,
Lhur-Tner J, 562.
1599 6^. Trev, 3 S. 58 NoU *. Maturas uvas
reperit baptista Joannes fJuni 24].
1600 G. Trev. c. 302, Plurimi pontes per
dioecesim inundatione aquarum nipti. istum
uf der Alfen Lotharius [archiep.] restauravit
1615 G. Trev. c. 203. Ma^am superioris anni
siccitatem secuta est magna vindemia.
1636 G. Trev. c. 306. Confluentiae venditum
unum mir. siliginis 100 fl. et pluris.
1657—1658 G. Trev. c. 311. Frigidiosissima
hiems . . soluto gelu aquarum insolita mag-
nitudo extitit Europae universae formida-
bilis.
1662 G. Trev. c. 316. Parum vini crevit, si-
ligo satis magna, deo gratias!
1663 G. Trev. c. 316. Parum vini crevit, si-
ligo etiam satis magna.
1665 6r. Trev. c. 316. Dyssenteria et pestis
fere in omnibus locis. In Köln sterben in
ettca 4 Monaten 4573 Menschen.
1666 G. Trev. c. 316. Grassata circumquaque
pestis.
1667 G. Trev. c. 316. Dyssenteria et pestis . .
Confluentiae et circa partes Trevirenses.
1669 G. Trev. c. 316. Siccitas tanta fuit circa
has partes Trevirenses, ut . . etiam Con-
fluentiae putei nullam plane aquam habue-
rint . . bonus satis annus, sed in aliquibus
locis nimis cito advenit frigus, quod causa-
vit aliquibus plurima damna in uvis et
vineis.
1670 G. Trev. c. 316 ed. Wyttenb. u. Müller 3,
S. 110 — 111. Magnum frigus. Sehr ge-
naue Mitteilungen über den Ehein bei
Koblenz, der zugefroren war^ . . vinum
satis bonum, sed parum; siligo optima et
satis abundans.
1698 G. Trev. c. 324. Ingens fames et Caritas,
ita ut mir. siliginis 12 immo 16 imperialibus
constiterit, unum plaustrum vini vero Mo-
sellani de 1684 anni crescentia pro 500 usque
imp. Trevirensibus venditum fuerit: adeo
rarae, ob sterilitatem huius et anteriorum
annorum, erant fruges et vina.
1699 G. Trev. c. 324. Annus in frugibus
fructibus et vinis valde ferax in Treviratu
erat
1) Vgl damit die B»9chreibimg des Winters von 1709 G. Trm. c. 883.
2. Bibliographie.
Da F. X. Kraus bald eine eingehende Bibliographie si)eziel! auch der ■
Geschichtelitteratur des Mosellaiides in deu Ergänzuiigsheften der West- ,
deutschen Zeitschrift publizieren wird , so brauchten die Arbeiten ziu" all-
gemeinen Provinzial- und Lokalgeschichte in der folgenden Übersicht nicht
berücksichtigt zu werden. Aus demsell)en Grunde war es möglich, die biblio-
graphischen Details hei Angabe der eiiizelnen Titel Öiuulichst kurz zu halten-
Bibliographische Hilfsmittel.
Dom Calmet, Biblioth&i]ue lorraine, du his-
toire des homoes illustres, quj out fleuri
en Lorraine, dans les trois eväch^, daus
l'archevScU de Tr^es, dsitB le ducbä de
Liuembourg. Nancy 1751. fol. Vgl. dazu
Calmet, llisloire dy Lorrainr', XLI.X f.:
Cataloguc alphabi^tliique des etrivains tant
imprimeü que inaniisi:rita, qui ont rapport
ä i'histoire etclesiaatique et civile de
Lorraine.
Catalogder Stadtbibliotbek zu Aachen. Aachen.
1834.
Catalog der Bibliothek des Ereises Bonn.
Bonn. 1666. 4".
Catalog der Bibliothek der Sladt Coblenz. 1875.
Drnnke, E.. Beitrüge zur Bililiograpbie und
Litte ratiirgefichi übte , oder Merkwürdig-
keiten der Gymnasial- und stitdtischen
Bibliothek zu Coblenz. Coblenz 1»37.
Iter literarium (dui'ch die Rheinprovins) I
[Ada ac. Theod. Palai. 3, IS— 169-]
Eal&log der Bibliothek der Kgl. Begierang «
Trier. 1847.
Klein, Zur Bibliographie aus den ScMtz*n
dor hiesigen (i)-iiinasial- und vereinigten
stadtischen Bihlioüiek. Koblenz. 1848.
Namur, Catiilogue de ia bibliothi^jue de
TAthSnee royal grand-ducal deLuxembourf.
Luxemburg. 1655.
Neyen. A., Biographic Liuteuibourgeoise.
3 Bde. Luiembourg, lj!76 f. Vgl. liierm
M. I... G. Biographie Luxembourgeoise.
Arlon. 1851.
Rouyer, T.. Fragments d'Studes de lüblio-
graphie Lorraine. Nancy. lii<SO.
Schoetter, 3., Catalogue de Ia Biblioib^ue
de Luxembourg. 1875.
B. Zur Quellenkunde.
ecker. A., Das Archiv der Stadt Limburg ; Dronke, E., Über die Gymnasial bibliotbek
an der Lahn [Nasa. Ann. 74, 308 — 317; I [zu Koblenz] und einige in derselben auf-
ebd. S. 302—308 über das Archiv des ! bewahrte Handschriften. Koblenz. 1832.
Wilhelmsklosters in Limburg.] Friedemann, P., Bodmanns und Kindlingera
— 1559
Bibliographie.]
hinterlassene handschriftliche Sammlang
zur Geschichte des Rheingaues [Nass. Ann.
4, 9, 457].
Ooetze, Die archivalischen Sammlungen auf
Schlofs Miltenberg in Bayern [von Löhers
Archival. Zs. 2, 146-204].
II gen, Rheinisches Archiv; Wegweiser durch
die fiir die Geschichte des Mittel- und
Niederrheins wichtigen Handschriften.
I. Teil der Niederrhein. [Westdeutsche
Zs. fdr Gesch. und Kunst, Ergänzungs-
heft II, hrsgg. von K. Lamprecht]. Ent-
hält auch Vieles für die Moselgegenden
Wichtige.
Papiers de Mabillon contenant principale-
ment les notes prises par ce savant dans
les archives et les biblioth^ques de Cham-
pagne de Lorraine et d'Alsace. Hs. Paris
Nat bibl. 11902.
Quich^rat, Les manuscrits de la Bibliothdque
de Metz [Catalogue g^n^ral des Manuscrits
Bd. 5; vgl. A. Archiv f. alt. d, Geschk. 8, 5].
Würth-Paquet, Rapport sur les anciennes
archives du Grand-Duch^ de Luxembourg
[Publ. Luxemb. 3, 153—174; 4, 75—90].
Vieles auch in den Abt A. genannten
Schriften. Über die lothringischen Archive
giebt Lepage in seinem 1853 erschienenen
Buche Les communes de la Meurthe,
2 Bde., vielfache Auskunft. Dürftige Aus-
züge aus den Handschriftenkatalogen von
Aachen, Bonn, Koblenz, Kues, Luxemburg,
Trier (Stadt- und Dombibliothek) finden
sich im A. Archiv f. alt. d. Geschkde. Bd.
8 und 11. Kurze Übersichten aller im J.
1882 bekannten Archive habe ich West-
deutsche Zs. Bd. 2, 390 f. zusammen-
gestellt. Man vgl. auch das in Abt. C
angeführte Verzeichnis der Rhein. Weis-
tümer.
C. Regesten.
Goerz, A., Regesten der Erzbischöfe zu
Trier von Hetti bis Johann H. 814—1503.
Trier. 1859. 4^
Goerz, A., Mittelrheinische Regesten, oder
chronologische Zusanunenstellung des
Quellen-Materials für die Geschichte der
Territorien der beiden Regierungsbezirke
Koblenz und Trier in kurzen Auszügen.
4 Bde. Koblenz, 1876—1886.
Herquet, Regesten des gräflich Solms-Rödel-
heimschen Archivs zu Assenheim [Nass.
Ann. 13, 49—99].
Kreglinger, Analyse critique de la collec-
tion des diplomes sceaux cachets etc. du
cabinet de ^Ir. le comte de Renesse-Breid-
bach. Anvers. 1836. Vgl. dazu
Weidenbach, Die Freiherren von Breid-
bach zu Bürresheim [Ann. d. bist V. f.
d. Niederrh. 24, 70—125].
Lager, Regesten der Abtei Mettlach bis zum
17. Jahrhundert [Geschichte der Abtei
MetUach S. 290—407].
Lepage, H., Catalogue des actes de Ferry in
duc de Lorraine 1250-1303 [604 Nrn.]
in dessen Au&atz : Opinion de Dom Calmet
sur Temprisonnement de Ferry in [M^-
moires de la Soci^te d'archeologie lorraine
1876].
Liste chronologique des edits et or-
donannces de la principautä de Stavelot
et de Malm^dy de 650 ä 1793. Brüssel.
1852.
Menzel, K., Regesten der im Archiv des
Vereins für Naussauische Alterthumskunde
und Geschichtsforschung aufbewahrten Ur-
kunden aus den Jahren 1145— 1807. [Nass.
Ann. 15, 143—266.]
P e r 1 b a c h, Regesten der auf der Grofsherzog-
lichen Universitätsbibliothek zu Heidelberg
verwahrten Urkunden-Sammlung (des 1829
t J. E. von Fischard, meist SMaximiner
Urkunden). [Mones Zs. 23, 129 f.]
Chartes de la £amille de Reinach d^pos^s
aux archives du Grand Duch^ de Luxem-
bourg (4398 Nrn. vom J. 1221 ab.) [Publ.
Luxemb. Bd. 33, 1877].
Chartularium Salmense, Regesten; s.
unter D.
Verzeichnis der Rheinischen Weis-
tümer, Vorarbeit zu der von der Ge-
sellschaft [für Rheinische Geschichts-
kunde] unternommenen Ausgabe. Nebst
einer Orientierungskarte. Trier. 1883.
Wauters, Table chronologique des chartes
et dipldmes imprim^s concemant Thistoire
ile la Belgique. 5 Bde. BräsBet. 1806 ff.
4«.
(Teiüenbath. Eegesteo der Stadt Bingen,
Uingen. 1853.
ferveke, N. van, Table chronologique des
Ctiartes et Dociimenta concernant la Loj
de BeaumonL [Publ. Lmemb. 32, 140—
176.1
irtb-Pn
Liwemburger Regesten,
119^-1483. [Pnbl. Ltaerab.
35.]
Wttrth-Paquet, Table imaljtique i
tes et des dociuneois concenumf'l
d'Echtarnaclt et see ^tabÜBaemeatB. Luxem-
burg. 18Ö7 f.
Wartb-Pftqiiet et ». Werveke, ArcJiires
de Clervaux analys^B et pabljees. Laxem-
btirg. läeS. [Publ. Luxemb. Bd. 86, 14.]
D. Publikationen urkuuiUichen Stoffes'.
I
Uritundeti des Klosters auf dem BeaCusberge
bei Koblena (10 Urkunden von 1153—
1396). [KeiEBcb und Linde. Archiv 1^
Rheinkche Gesubicbte 1, 211-240.]
Die Privilegien der Stadt Buppard [Wigaads
Wetil. Beitr. 2, i].
B r e i t h o f . L'abbaye d'Echtemacb 1 597 ;
Extroit d'un inanuscrit de l'abbä BerteU.
Echtemarher ProgymoBBialprogramm 1682,
(Ca r d a u n 5, Rheinische Urkimden 10—13 .lalir-
hiinderts, aus der Bibliothek der katholischen
Gymnasien in Köln , [jetzt im Kütner Stadt-
archiv] herausgegeben in: Forschungen sur
d. Gesch. 12, 453 ff., Ann. des hisL V. t. d.
Kiederrh. 36, 392 £ und 36, 1 ff.; Zs. des
Aachener GeschichtKTereina 1, 180 ff.; und
rtopert/.Qiiellenund Beiträge zur Geschichte
der -ibtei München-Uladbach. [\'gl. Wesltl,
Zs. 1 Korrbl. No. 285.]
Codex diplomaticus IJassoicus. Nas-
sau iE cfaes Urkundenbuch. Erster Band,
erste .\bteilung. Die Urkimden des ehe-
mals ktirniainzischen Gebiets, einschliersUcb
der Herrschaften Eppensteiu, Königsteia
und FalkeuEtein ; der Niedei-grafschaft
Kat^icnelnbogen und des kiupfälziscben
Bearbeitet ^
W. Saner.
e|to.
.Amts Caub.
Wiesbaden. 18S5.
Diplomatarium niaibodenberg<
nis Tabularum liRerarmniiiie
Icgiiun. Frankfurt 1724.]
Alte Dorfweislbümer am dem 15. n.' I&
Jahrhundert [Wigand, Wetzl. Beifr. 1, *;
3, 62 -7S].
Necrolog der Abtei Eugelpurt herausgegeben
von V. Stramherg [Reisach und Linde,
Archiv f. Rhein. Geschichte 2, 1—95).
Ennen, Blankenheimer MinlBterialenstatiit
(Ann. fL hist V. f. d. Xicderrh. 9 u. 10,
182—126].
G i e s e 1 e r , Syrabolae ad historiam monastcrii
Lacensifi ex codicibus BonnetuibiiB. Bonn.
1826.
Goeri, Luxemburgische Frkunden in dem
kimiglithen Archiv zu Koblenz [PubL
Luxemb. 27, 170—175; 28, 11)3—229; 29,
360—365; 30, 301—306].
Goffinet, Cartulaire de Clairefontaine, ou
recueil de docimienis prcsque tous in^its
concemani cetle andenne abliaje- Arion.
1878.
Goffinet, Cartulaire de l'abbaye d'Orval,
de3)uiB l'origioe de ce monastöre juaqa'ji
\
SVitli, Winiig,
■1» In disHr
UrlniiiiiBiibacl
mureni Ept«r
865-271. -
tritriKhir Cr
I Tg!, inch nooh db CiknndnMIkcoi in Warken «i« Bcrtholtt. Hirt. «ccMluti^M at dvlk da
mbolIrK at cimU da Cbinj, 8 Bde.. 4', LsHmboiirg I742-4S. dam ualufan Wtrka CalBata tUt
1. m. Dia itidtrachllicban . latnehmlieli atUnUriuben QBtlltnpBblikationa Tan Bubanck. Bar^
Eb, BBllnEan, Dudaldoir, EcblirDach, Oaiolitsin, OrsTanniub«, Iditain, Kirebbaig. KircUwdm. Knu-
1, Laclieiiicli, LIni. Lniamliiirg, KoBUbini, Hfinilaraifel, Odarnheitn. Sairlirtekan, Biubn^ SOnw.
nHtr, fVttilu Ttnalchort Ogiiglar, DenUcta atadtncblHltertllnar aOSl B. 4TS-50$; aa bnachta
ticbtang oben nnr einigst erglniend aaganbrt ts vaidan.' SpMialliUaratnT bbar aiD»I>a bamt-
a Uilfrialisniimmlqngen, wir nbti in Uhn anrana PrDiiiianali ,
ir a. a. M. iil Bd. S puandEn OrtH aDgenbrt; die Littantsr «ber das B
wengii id Ootba iit Fnbl. dg Lniembonrl Bd. •i6, ^ll~^l^ iDiammaagsatallt; Tgl. aush Bod ttm
t Anigaba dai HoBnmenla EptarDioniia in den HGSS. Bd. 23 tob Fetan. P*bl. la Launbomg Bd. SO.
D übrigen 1. mm Varatlndnli dar llrkanden nach Man. Taa .moie TraTireDii' in dar DntiamBc
in Mbanr Zeit [Gm. f. nbtiL F. ISSä-'il.
9-1
— 1561 —
Bibliographie.]
Tannee 1865 inclus. Bruxelles. 1879.
40.
Goffinet, Ex necrologio in Mariendal, a
me (P. Alexandro Wiltheim S. J.) descripta.
[Publ. Liixemb. 29, 358-360].
Urkunden und Acten zur Geschichte von Stadt
und Stift SGoar als Anlagen bei Grebel,
Geschichte der Stadt SGoar S. 421—562.
Günther, W., Codex diplomaticos Rheno-
Mosellanus, 5 Teile. Koblenz. 1822 bis
1826.
de Haisne, Chartes Luxembourgeoises k
Lille. [Publ. Luxemb. 82, 806—310.]
H a n au er, A., Les constitutions des campagnes
de TAlsace au moyen-äge. Recueil de do-
cuments in^dits. Paris-Strasbourg. 1864.
Hardt, Luxemburger Weistümer als Nachlese
zu J. Grimms Weistümem. Luxemburg.
1868.
Hennes, Urkundenbuch zur Geschichte des
deutschen Ordens, insbesondere der Bailei
Koblenz. Mainz. 1845.
Hennes, Urkundenbuch des Deutschen Ordens,
insbesondere der Balleien Koblenz, Alten-
biesen, Westphalen und Lothringen. Mainz.
1861.
Reihe von Himmeroder Urkunden, aber
wenige aus dem späteren Mittelalter, passim
bei Heesius, Manipulus rerum memorabilium
claustri Hemmenrodensis. Köln. 1641 fol.
Hoeniger,R., Der Rotulus der Stadt Ander-
nach, 1178—1256. [Ann. d. hist Ver. l
d. Niederrh. 42, 1—60].
(J. N. ab Hontheim). Historia Trevirensis
diplomatica. 8 Bde. Aug. Vind. 1750. fol.
(J. N. ab Hontheim). Prodromus historiae
Trevirensis. 2 Bde. Aug. Vind. 1757. fol.
Urkunden zum Geschlechtsregister der ur-
alten deutschen Reichsständischen Häuser
Iscnburg, Wied und Runkel(327 Nrn.
1194 — 1747) in Geschlechtsregister u. s. w.,
Mannheim. 1775. fol.
(Kindlinger), Urkunden betr. die Schutz-
herrlichkeit über die vormals der ge-
fürsteten Abtei Essen gehörige Herrschaft
Breisich am Rhein, [v. Ledeburs Archiv
2, 812—385.]
Kremer, Originum Nassoicarum pars altera
diplomatica. Wiesbaden. 1779. 4®.
Codex diplomaticus Lacensis(827 Urkunden
und Regesten, 1093—1756) bei Wegeier,
Das Kloster Laach. Bonn. 1854.
Laroprecht, I>eat«che8 Wirt^chafUlelMii. I.
Archivium domus burgravialis imperii de
Landscron, ea anno 1870 extincta per
haeredes ac successores ditionum amplis-
simarum nobiles dominos de Tomburg,
Eynenburg, Schoenberg, porro illos de
Saifenberg Sombreff Quad ulterius conti-
nuatum. [Gudenus Cod. dipl. 2, 929—1858.
Frankfurt 1747. 4^]
Liel, Das alte Weistum der Stadt Koblenz,
nebst fünf sich auf dasselbe beziehenden
Urkunden des vierzehnten und fünfzehnten
Jahrhunderts. [Reisach und Linde, Archiv
f. Rhein. Geschichte 2, 95—125.]
Loersch,H., Urkunden des 14. und 15. Jahr-
hunderts aus Ingelheimer Urteilsbüchem
mitgeteilt [Archiv f. hess. Gesch. u. Alter-
tumskunde Bd. 15.]
— Der Ingelheimer Oberhof. Bonn. 1885.
Chartes L u X e m b 0 u r g e 0 i s e s. [Publ. Luxemb.
5, 149-158; 7, 197—206.]
Weistümer der Abtei Mettlach. [Lager,
urkundliche Geschichte der Abtei Mettlach.
Trier. 1875. S. 228-407.]
Miraeus, Diplomatum belgicorum libri duo.
Brüssel. 1627.
— Opera diplomatica et historica. 2 Bde.
Brüssel. 1720. Löwen. 1723. fol.
Monuments pour servir ä Thistoire des pro-
vinces de Namur, de Heinaut et de
Luxembourg, publik par le Baron de
Reiffenberg (Bd. 1. 4. 5. 7. 8)., L L de
Smet(Bd.2), L. Devillers (Bd. 3), A. Borguet,
E. Gachetet [Uebrecht] (Bd. 6); 1844—1874.
Enthält:
I.Division, Cartulaires: 1. Chartes de
Namur et de Hainaut. 2. Cartulaires
de Cambron. 8. Cartulaires de Hainaut.
II. Division, L^endes: 4—6. Le Che-
valier au cygne et Godefroid de Bouillon,
po^me historique.
HI. Division, Chroniques Annales: 7. Le
Roman de Gilles de Chin. 8. Autres
chroniques monastiques da Namurois
et du Hainaut
Neyen, Revenues et charges du monastdre
des daines Chanoinesses de Tordre de
St Augustin (vom J. 1784). [Publ. Luxemb.
16, 201—205.]
Nick, Liber donationum ecclesie sancti Severi
Bopardie (aus den Jahren 1290—1800).
[Nass. Ann. 9, 1—49.]
99
[Anliiuige. — 15
Peters, Das Obiluariuiii der Abtei Echter
nach. [Publ. Liutenib. 27, 140—170.)
Beisach, (iraf, MBimbiicb der Grafschaft
Sayn (vom Jabre 14TS). [R«ifiacb und Linde,
Archiv L Rhein. Gegchichle 2, 125-161.]
— UrkuD den buch der Grafschaft Sponbeim.
{20 L'rkimden von 1065 bia 1367). [Rei-
aiicli und Linde, Archiv f. Rhein. Ge-
schichte 2, 23-5-2SB.)
CoUectio üiploQiatuni C ad illtustrandam hle-
toriam comiCuni a Kieneck (1304— 1561)
[üudenus, Cod. Dipl. 5, 344—600.]
Cüdei diplomaücus RommeradorfienBis
(61) Urkunden 1162—1572) [Wegeier, Die
PrimonBlratenser-Abtei Ronimersdorf, Kob-
lenz 1888; im Atibaog.]
RiiBsel, V., Urkmidenbuch der Abtei Eber-
bach im Rheingaii. 2 Bde. Wiesbaden.
Ihm f.
Ro t h , F. W. E., Geschichtsqu eilen aus Nas«aii.
1. Die Geschkbtsquellen des Niederrheio-
gaues. 3 Teile. Wiesbaden. 18»0.
— Bruchstück eines GüierrotiUa des Klosters
Rupertsberg 12. .lahrhunderts [Korrbl. des
Gesamtvereiös 1682 No. 7 u. 8].
Chartiilariiim Salinense (21 Regesten und
17 Urkunden 1274—1753) {Kreiuer. Genea-
logische Geschichte des Ardenniachen Ge-
biüilechts. Frankfurt und Leipzig. 1785.
4*. Codex DiplomaÜCDa S. 59—96].
Codex diploniaticus Salmo-Reiffergchei-
daniis. Köln. 1^58. fol. [Bd. 2 von Fahne,
Geschichte der Grafen, jetzigen Fürsten
zu Satra-Reifferscheid].
C^artulariuin Saraepontanum (263 Urkun-
den von 864—1475) und Appendix ad Cb.
Saraep. , in qua iua statuariuui Sai-aepon-
taniim. [Kreuier. Genealogische Geschichte
des alten Anieimischen Geschlechis. Frank-
fiirt und Leipzig. 1785. 4". Codex diplo-
maticus S. 27y-628j.
Sauer, Die iUtesten Leheusbilcher der Herr-
schaft Bolanden. Wiesbaden. 1888.
Stehre», Geschichtliche Notizen und Anck-
düten, gesammelt ans Dikonden dea
Schlosses 7.a Erpeldingen. Diekirelier Pro-
gramm. 1841-42(6. Weifs).
Toepfer. F., Urkundenbuch fiir die Ge-
schichte des gräflichen und freiberrlicfaea
Hauses der Vögte von Hunolsteio. 3 Bde.
Niimherg. 1866 f. 4".
Burgfneden von üren und Feltz. [Piibl,
Lujtemb. 7. 1—27.]
Urkundenbuch zur Geschichte der jetzt
die PreafsiscbenRegieTungsbeihrkeCQhleiu
imd Trier bildenden Mittelrheinischrn
Territorien, bearbeitet von 11. Beyur,
L. v. Eltester, A. Goen. 3 Bde. Kobltw.
1860 bis 1874.
Wegeier, Diarium des TrierischeD SekrHAn
Peter Mutcr von Regeosburg iiber sein«"
Ein- imd Ausgaben, gehaltenen Scbeffen-
essen etc. als Scheffen und Scheffenmeister
von Koblenz. 1508 f. [Ann. d- hist. T. f. d.
Niederrh. 8, 1-16.]
Weifs, Fortsetzung der geschichtlichenXottzen
aus den Archiven des Erpeldingei* Schlosse«.
Diekirther Progtuiuii 1647—48 (s. oben
Stelires).
V. Wervekc, Ausgabenregister des AbiM
Winand von Echtemach, 1440— 144S.
[Pub!. Luxemb. S5, 608 f.]
— Cartulaire du prieiiri de Marieathal. l'n-
mier volume 1831-1317 [Bd. 38 (16) der
Publ. LiLcemb.]'
Diphmiatiuium cci-lesijie collegialae Wet
larieiisis |211 Urkunden) [Gudeous Cod.
dipl. S, 1-308].
Urkunden des Marienstifts zu Wetzlar
[\\'igand. Wettl. Beitr. 1. Heft 2 u. 3.]
Urkundenbuch der Stadt Wetzlar (bis 1361).
[Wigand, Wetzl. Beilr. 8, 227 u. 329.]
Wörtb-Paquei et van 1
tulaire ou recueil des documents politi<iues
et ailministratifs de la ville de Ltixembourg
de 1244 ii 1795. Luxemboui^. 1881.
Wyttenbach und Müller, Gesta TreviiioruBi
iutcgra. 3 Bde. Trier 1836—39. 4".
E. Verordnungen und Kodifikationen^
tau, Stetuta synodalia ordinationes etl Aug. Trev. 1844— 49. 4". Von den thlheren
indata arcbidioecesis Treverensis. 8 Bde. | S.immliuigen vgl. namentlich :
I) Dioea Ena« 1SS5 e
in in ugef. W*tk*D to
NiuenbnchM niUl v<
— 1563
Bibliographie.]
Statuta provincialia Treverensis dyocesis.
Colonie. 1506.
Bonvalot, E., Droits et coustumes de la
rille de Remiremont. Paris. 1871.
Bonvalot, E., Les plus principales et
g^nörales coustumes du duchi^ de Lor-
raine, texte inedit avec introduction. Paris.
1878.
Coutumes g^nörales des p&ys duch^
de Luxembourg et comt^ de Chiny.
Luxemb. 1692. 12^. S. dazu: Lands-
bräuche von Luxemburg und Chiny. 1709.
Coustumes g^n^ralesde laville de Metz
et pays messin, corrig^es en suite des
r^olutions des trois Etats de la dite ville
es ann^es 1616, 1617 et 1618. Avec les
proces - verbaux de correction. Enrichies
d*un commentaire sur les principaux ar-
ticles. Metz. 1738. 40.
Geyer, F., Holzordnung zu Laufenseiden
[Nass. Ann. 7, 2, 251].
Leclercq, Coutumes des pays duch^ de
Luxembourg et comt^ de Chiny. 2 Bde.
Bruxelles. 1867. fol.
Maurenbrecher, Die Rheinpreufsischen
Landrechte. 2 Bde. Bonn. 1830—81.
Nahm er, W. v. d., Handbuch des Rhei-
nischen Partikularrechts. 3 Bde. Frankfurt
a. M. 1831 f.
Polain, L., Recueil des ordonnances de la
principaut^ de Stavelot. 1864. fol.
Recueild'^dits ordonnances declarations et
r^glements concemant le duchö de L u x e m -
b 0 u r g et comt^ de C h i n y. Luxembourg.
1691. 40.
Scotti, J. J., Sanunlung der Gesetze und
Verordnungen, welche in dem vormaligen
Churfurstenthum Trier über Gegenstände
der Landeshoheit, YerÜGissung, Verwaltung
und Reditspflege ergangen sind. 2 Teile.
Düsseldorf. 1832. [Provinzial - Gesetze,
4. Sammlung.]
Sittel, Sammlung der Provinzial- und Par-
tikular-Gesetze und Verordnungen, welche
für einzehie an die Krone Preufsen ge-
fallene Territorien des linken Rheinufers
. . erlassen worden sind. 2 Bde. Trier.
1843.
Würth-Paquet, Recueil d'^dits, ordon-
nances, r^glements et declarations dans le
ci-devant pays de Luxembourg, en matiäre
de bois et for^ts. Luxembourg. 1825. 12^.
F. Topographie und Statistik.
Abicht, F. K., Der Kreis Wetzlar historisch,
statistisch und topographisch dargestellt
3 Teile. Wetzlar. 1836-37.
Amtsbeschreibung der Grafschaft Spon -
heim von 1601, cit. Gr. Weist. 2, 164.
Axer, J. C, Alphabetisches Ortschaftsver-
zeichnis der Rheinprovinz und WestfiEdens.
Köhi. 1880. 40.
Baersch, Der Moselstrom von Metz bis
Koblenz. Trier. 1841. 12«.
— Statistisch-topographische Beschreibung des
Regierungsbezirks Trier. Trier. 1841. 12^.
— Beschreibung des Regierungsbezirks Trier.
2 Teile. Trier. 1846—49. 4«.
Beck, 0., Beschreibung des Regierungsbezirks
Trier. 3 Bde. Trier. 1868.
— Der Weinbau an der Mosel und Saar,
nebst einer von Clotten angefertigten Wein-
baukarte. Trier. 1869.
Bemmel, E. van, et Glavraud, F., La
province de Luxemboiu^. Voyage ä travers
champs. Bruxelles. 1845.
Bungeroth, Die bäuerlichen Verhältnisse in
der Bürgermeisterei Altenkirchen. [Schriften
des Vereins für Sozialpolitik 22, 177.]
Buss, Die industrielle Gewerbsth&tigkeit im
Regierungsbezirk Trier. [Ges. f. nützL F.
1861—62, 89]. Vgl. weiter Buss in Ges.
f. nützl. F. 1864, 89 ff.; 1865—68, 92 ff.
Dom Ca Im et, Notice de la Lorraine, qui
comprend les duch^s de Bar et de Luxem-
bourg, r^lectoratdeTrfeves, les trois ^vdchös.
2 Bde. Nancy. 1756. fol. [Neue Ausgabe
in 8«. Lun^ville. 1835-36. 2 Bde.]
Clomes, Versuch einer geographisch - statis-
tischen Beschreibung des Grofsherzogtums
Luxemburg. Programm des Athenäums
1839-40. Dazu:
Joachim, Fortsetzung eines Versuchs einer
statistisch-geographischen Beschreibung des
Grofsherzogtums Luxemburg. Programm
des Athenäums 1840-— 11.
Der Regierungsbezirk Koblenz, nach seiner
Lage, Begrenzung, Gröfse, Bevölkerung
99*
[Aiililliigfe. — 15
und Einteilung, sunt einem doiipelteo Ort-
BchaftsveraeichnisBe. Koblenz. 1S17. 4".
Colcben, Memoire gtatistique du d^parte-
ment de la Moselle. Paris. .\ii XI.
Crollius,C'b. U., Observationen geographicae
nd illuBtrandum omiiem tradtuii Mose-
lienscm spectantes. [Acta acad. Theod.
Palat. 5, 187—323.]
lUinkelberg, Kulturtecbnieche Skizzen aus
der Eifel, im liesondem aus den Kreisen
Adenau, Daun, FrQtn und Mamedy. 1684.
fol. (Auf Anordnung des Landwirtschafte-
ministers ausgearbeitete Denkscirift.)
Eichhoff, J. J., Topographisch-statistische
Duratellung des Rheins, mit vorztiglicber
Hinsicht auf dessen Schiffahrt und Bändel.
Köln. 1814. 4".
Allseitiges Gemälde der Kifel und ihrer
nächsten Umgebung, Ton einen katholischen
Geistlichen der Eifel. Prflm. I»i4.
Engling, Die Gemeinde WaldbiUig archäo-
logisch-statistisch dargestellt [Publ.Luxemb.
3. 174—200.]
Eaaer, Qu,, Die Lebensweise der Eifel-
hewobner. [Mahnedyer Kreishiatt 1883 ff.]
Friedel, Die Wassen-erhaltnisse und Schiff-
barkeit der Mnael. (Vierter Jahivsber.
des Metzer Vereins (ür Erdkunde. 1882.]
Qavarelle, De, AhbudlungüberdieSchiff-
lrnrniachung der Lahn, Nahe, Mosel, .Saar
und anderer mittlerer und kleinere Flüsse.
Koblenz. 1806.
Grebe, H., Geologische Mitteilungen aus der
Gegend von Trier. [Ges. f. nütgl. F.
1878-81, 68 ff.]
Grövig, N., Das Grofsherzogtum Liixemburg,
Land und Volk in seinen jeCitigen po-
litischen und sozialen Verhältnissen. Luxem-
hui^. 1857. 4°,
Hörter, J., Der rheinländische Weinbau
nach theoretisch - praktischen Grundsätzen
ttir denkende ()konomen. Koblenz. 1828.
Hörn, A., Das äiegthai von der Mündung
des Flusses bis Kur Quelle in seinen
historischen und sozialen Beziehungen.
Bonn. 1854.
Itin^raire de Luxemhourg gennanique.
Luxembourg. 1B44.
Karteis. Die tsirtschaftli ehe Lage des Bauern-
standes in den Gebirgsdi strikten des Kreises
Merzig (RGÜ. Trier), insbesondere in den
Bürgermeistereien Wadern, Weifskirchen
imd llaustadt. [Schriften des Vereii»
(ur Sozialpolitik 22, IBT.]
Kaufmann, A., Ziu- Litteratur der Bhein-
reisen. (Ann. d. bist V. f. d. Niederrii.
IB, 166-179.]
Kinkel, Die Ahr. Bonn. 1846.
Koch, F. W., Der Weinbau an der Mosd
und Saar. Trier. 1881.
Kunz, A., Der Kreis SOoar, seine Geographie
Statistik und Geschichte. Nenwied nnd
Leipzig. 1877.
Mathienx, Beschreibung des Kreises Scbled-
den. Köln. 1851.
Die Mosel und ihre nächsten Urot^imgen '
von Metz bis Koblenz historisch-topo-
graphisch. Koblenz. 1841.
Müller, M. J. F., Versuch einer historisrU-
statistischen Erdl)eschi-eibung des Ilersog-
tums Luxembiu-g und der GratschaA C'hiay.
Trier, 1794.
— Historisch -topographische Ansichten nbo'
die Ardenne und den Ardenuer Wald.
[v. Ledebur» Archiv 7. 75-88.]
— Historiscli - topographische Beitrftgt^ rar
Kenntnis des Saur-Thales. Trier. 1S44.
Reinhardt und Beck, Beschfeibong da
Oberamts zu Meisenheim -Neurkirclien.
Meisenheim. 1868.
V, Hestorff, Topogmpbiscb-Btaüsiiache Be- 1
Schreibung derkönigÜchpreursiscbenlUieJii- •
]>roiin^en. Berlin und Stettin. 1890.
Kistelbuber, L'Alsnce ancienne et moderne
ou Dictionnaire topographique historique
et Btatistique du Haut- et du Baa-Rhin par
Baiiuol;3* ed. parRistt'lhuber. Htrasbour^
1865.
Schenk, C, F., Statistik des Kreises Siegen.
2. Aufl. Siegen, 18a9.
Schlicke ysen, Topographische &es<Jirei-
liung des Regienmgsbezirks Trier. 1833.
Schnapper-Arndt, G.,Fünf DorigemeindeD
auf dem hoben Taunus. Eine sozial-
statistische Untersuchung ober Klein-
banertum, Hausindustrie und Volksleben.
[SchmoUers Staats- und sozialwissensch&f)-
liche Fälschungen Bd. 4 Heft 2.] Y^.
auch Schriften des Vereins für Sozialpolitik
Bd. 22, 145—169.
Schneider, Das KyUthal. Trier, 1843.
Sivering, IL, Statisiique du Ürand-Duchä
de Lnxembourg. Luxembouig. 1865. 8*.
Statistische Darstellung des Kreises
— 1565 —
Bibliograpliie.]
Saarlouis 1859 — 61. Ähnliche Dar-
stellimgen sind vorbanden für die Kreise
Kochern, Saarbrücken, Saarburg, Bern-
kastei, Trier, Adenau, SGoar, Sinimem,
Mayen, 1860—1864.
Storck, A. Th., Darstellungen aus dem
preufsischen Rhein- und Mosellande. 2 Teile.
Essen und Duisburg. 1818.
y. Stramberg, Das Moscithal zwischen Zell
und Koblenz. 1887.
Table alphabötique des villes bourgs
villages etc. du Grand Duch^ de Luxem -
b 0 u r g. Luxembourg. 1847.
Topographische Beschreibung des
Regierungs-Bezirks Trier. Mit einem An-
hange, enthaltend eine Sammlung stati-
stischer Übersichten. Trier. 1833. 4«.
— Trorbachische Ehren-S&ul oder ge-
schichtliche Beschreibung förderst der fürstl.
Sponheymischen Ober- Amts-Statt Trorbach
an der Mosel, teils auch anderer Ort in
derselben Gegend, sonderlich des dahin
verbürgerten Hauptfleckens Traben, durch
Johann Hofmann. Stuttgart 1669. kl. 8®,
820 SS. ohne Register und Einleitung ^
V. Ulmenstein, Geschichte und topo-
graphische Beschreibung der freien Reichs-
stadt Wetzlar. 8 Bde. Hadamar. 1802.
Vandermaelen, Dictionnaire g^ographique
du Luxembourg. Bnixelles. 1888.
Weyden, Das Siegthal. Bonn. 1865. 12<>.
Widder, J. G., Versuch einer geographisch-
historischen Beschreibung der kurfürst-
lichen Pfolz am Rhein. 4 Teile. Frank-
furt. 1786—1788. Kl. 8«.
Wirtgen, Ph. , Die Eifel in Bildern und
Darstellungen. Die Nette. Brohlthal-Laach.
Das Ahrthal. 3 Teile. Bonn. 1867 f.
— Aus dem Hochwalde. Kreuznach. 1867.
Wolter, W., Geographisch-statistische Dar-
stellung des Regierungsbezirks Koblenz nebst
dem Herzogtum Nassau. Koblenz. 1889.
Zegowitz, Statistique du däpartement de
la Sarre. Tr^ves. An XI.
Zeiller, Topographia Palatinatus Rheni et
vicinarum regionum, mit Kupfern von
Merian. Frankfurt 1645. fol.
6. Münze und Mafs.
Aldefeld, C. L. W., Die älteren und neuen
Mafse und Gewichte der königlich prenssi-
schen Rheinprovinz. Aachen und Leipzig.
1835.
Arnold, Das alte Mainzer Hausgenossenrecht
[Anz. f. Kde. der deutschen Vorzeit 1857,
85 f.]
Arnoldi, I. v., Beitrag zur Geschichte des
Münzwesens, gesammelt aus Urkimden
des Archivs in Dillenburg. [Nass. Ann. 1,
87-99.]
— (Angeblich von J. J. Bohl) Berichtigun-
gen zur Münzkunde desMittelalters und
neuerer Zeit O.J.8^ Heidelberg, J. Engel-
mann, Firste Lieferung. Enthält : Münz- und
Medaillenkunde des vormaligen Erzstifts
und Kurfürstentums Trier; Zeitraum 974
bis 1808. [Ist nach Leitzmann, Wegw.
S. 197, vielmehr von Dinget Freilich giebt
L. den falschen Verlagsort Koblenz 1830.
Sicher liegt die Arbeit zeitlich nach der von
Bohl über die Trierer Münzen (Kobl. 1823).]
Berstett, A. Frhr. v.. Versuch einer Münz-
geschichte des Elsasses. Freiburg. 1840.
Gr. 4P. Nebst Nachtrag.
Berstett, A. Frhr. v., Münzgeschichte des
Zähringen - Badischen Fürstenhauses und
der unter seinem Scepter vereinigten Städte
und Landschaften. Freiburg. 1846. Gr.4^
Bohl, J. J., Die Trierischen Münzen, chrono-
logisch geordnet imd beschrieben. Kob-
lenz. 1828. Nachtragheft Hannover 1837.
[Von der zweiten, umgearbeiteten Auflage
1847 wurden nur 3 Bogen gedruckt] Man
vergleiche: H. Dannenberg, Nachträge zu
Bohls Buche über die Trierschen Münzen
[(Wiener) Numismatische Zs. 3, 546 f.].
Cappe, H. Ph., Beschreibung der kölnischen
Münzen des Mittelalters. Dresden. 1858.
— Beschreibung der Mainzer Münzen des
Mittelalters. Dresden. 1856.
Chälon, R., Recherches sur les monnaies
des comtes de Hainaut Bruxelles. 1847
bis 1857.
M Ein Exemplar dieiM aarsent Mlteneii Buches in Betikt TOn Prof. Birlinger, rgL Zs. f. deattche Pbilologi«
Bd. 17 (1885). S. 439 f.
[Anhaogi'.
Chaiou. R.. Rechnriies sur
des comtes de Xamur. Bnixelles. 1860
bis 70. Mit Snpplemeni.
de CiiTry imd Settegaat, Moneln Wissen-
üis. [Grotes Müiu-.studieii 7, 93 f.]
Dabl, K., Abbandlung von den alten M&nz-
Borten und dem Werte des Geldes im
»Mittelalter in V ergleich im g gegen den
24tl.-Fur8 zur Erläuterung der Lorecher
und anderer Urknnden. SGeschidite des
Fürstentums Lorsch. Dnnnsladt. 1812.
Teil 2, 155 f.;.
en Duyis, Notice sur les anciennes mon-
naies des eomt«s de Flandre, duM de Bra-
hant, comtes de Hainaut, comt«« de Natnur
et de Luxembuurg, Msant partie de la
collection des m^ailles de l'uniTersitä de
Gand. Gent ISIT.
Engel, Dociunents poiir servir k la numis-
matiqiie de l'Alsace. MUhlbaiisen.
Euler. Die alte Mlüwe in Wiesbaden. [Nass.
Ann. 4. s. 614.]
Grote, H., Über dag MUnzwesen der Abtei
Siegburg. [Gcscbicbte der Mlinien der Grafen
^^ und Herzöge von Berg, Jlünzstudien 7, 63.]
H^^p- Die HlinKen und Medaillen des Hauses
^^^V iGenbnrg. fMünzstudien 7, 173 f.]
^^^^P~~ Die MUDEsn der Grafen und Herzoge von
JttUdi. [MünzBtwdien 7, 379-473.]
* — Die Mtknzen der Grafen von Spanbeim.
[Mün/stndien 7, m^ f.]
Hanauer, Etudea economiqucs siv l'Alsace
ODcienne et moderne. Tome 1; Les mon-
naies. S. unter H.
Harater, W., VerBuch einer Spei erei' Miinz-
geschichte. [Mitl. des bist Vereins der
Pfalz Bd. 10. 1882.]
— Urkundliche Natbrichtcn über den Aus-
gang der Speierer Hausgenoesenschaft. [Zs.
f. d. ö. des Oberrbeins 36, 322—426.]
Hegel, C, Munzverbältnisse (in der Stadt
Mainz, 15. Jh.) [Chroniken der deutseben
Suidte 18, 2. Abt, 91 f.)
Jacob, V., Catalogue des munnaies gauloises
de la ville de Met/. Metz. 1874.
— Catalogue des monnaies merovingiennes
de la collection de MeU. Metz. 1869.
JoBeph, P., Beiträge zur pfalzgräf liehen und
mainzischen Münzkunde. [Mitteilungen
des historischen Vereins der Pfalz 9, 1—49.)
— Die Münzen der Stadt Mainz. [Archiv f.
hess. Gei;cb. a. Landeskunde Bd. 15.]
Joseph, ß., Die Frankfurter MBiKcn. lUHL'
an die Mitgl. d. Vereine f. d. Gesch. a.
Altertumskunde in F'rkft. a. M- Bd. 6.]
— Goldmünzen des 14. uml 15. Jahrhunderts
(Disiliodenberger Fund). Nebst urkund-
lichen Beiträgen zur Miinzgescbichle der
Rheiiilande, besonders Krankftirts. [Archir
des Vereins tWr Geschichte und Altertiims-
kunde in Frankfurt, N. Folge Bd. 8.]
— Der Bretzenheimer Münzfund. (Ze. des
Vereins zur Erforschung der KlicinischeD
Geschichte und Altertümer in Mainz, Bd. 8,
179-273].
Isenbeck, J., Das Nassauische Mönzneseo I-
[.Nass. Ann, 15. 99 u. Zusatz 876).
Ladner, Katalog der in Trier geschlagenen
römischen Münzen der Münzsammlung der
Gesellschaft für nütfl. Forschungen. [Ge«.
f. nötil. F. 1874-77, 1 f.].
Mone, Über das MUne^resen vom 13. b\»
17. Jahrhundert [Zs. f. d. Oesch. des
Oberrheins 2, 3ß.i f.: vgl. auch Bd. «,
257 f., und Bd. 3, 317: Münzprägung
rheinischer Fürsten und Städte 1503 bis
1513.]
Müller, Kleine vermischte Beiträge lar
Kenntnis der Schickaale einheimischer
mid fremder Münzen im Herzogtum Luxem-
burg und in der Grafechafi CMiy. IVier.
1829.
— Auszüge aus Trierschen Milnzveronlnuiigen.
[v. Ledeburs Archiv 9, 162; H, 241 f.]
Kurze zuverlässige Nachrieht von der
gräfl. Wiedischen Münzgerechtigkeit. Neu-
wied. 1768.
Neiler, G. Chr., Kleine Münzscbriften,
welche ich hier mit abgekürztem Titel
gehe; Exemplare in der Trierer Stadt-
bihliothek: Brcvie Instructio de Solido
Speciei Argenteo apud Trcviros. Von dem
Trierischen Schilling. 1759. Instructio Ca-
nonico-Monetaria de Grosso Turonensi et
Trevirensi. 1760. Breris Instructio de
Monela Rotata. Von der liader-Müiu.
Instructiones Breves de Denario et Hallensi,
eonunque successiva Declinatioue, coneo-
milanle Explicatione Solidonuii aliarum-
que Monetarum etc. Trier, Kscherrnann,
1761. De Turonensi parvn seu nigro.
1762. Kurzer Unteiricht von denen AJt-
Rämischen, Fränkischen , auch gemein
Rbeintändi sehen Pfennigen und Hellem bis
i
I
— 1567 —
Bibliographie.]
auf gegenwärtige Zeit u. s. w. 1763. Co-
natus exegiticus etc. 1779. — Aufser-
(lem sind die Teile in Hontheims Hist
Trever. Diplom. 2, 885— 8Ö4 und Pro-
drom. Hist Trev. S. 682—642 über das
Münzwesen (aus den Jahren 1750 und 1757)
von Neller.
Pfaffenhoven, F. v., Die Münzen der Her-
zöge von Alemannien. Karlsruhe. 1845.
Renesse-Breidbach, Grafv., Histoirenu-
mismatique de P^vech^ et principaut^ de
Li^ge. Bruxelles. 1830—81.
— Mes loisirs; amusemens numismatisques.
3 Bde. Antwerpen. 1835.
Robert, N. E., Recherches sur les monnaies
des ^vöques de Toul. Paris-London. 1844.
— Etudes numismatiques sur une partie du
Nord-Est de la France. Metz. 1862.
Caignart deSaulcy, L. F. J., Recherches
sur les monnaies des ^v^ques de Metz. Metz.
1834. Dazu Supplement aux recherches
sur les monnaies des ev^ques de Metz.
— Recherches sur les monnaies des ducs h^
röditaires de Lorraine. Metz. 1841.
Schalk, R. , Münzsammlung des Vereins fiir
nassauische Altertumskunde und Ge-
schichtsforschung. Die mittelalterlichen
und neueren Münzen. Wiesbaden. 1865.
Schneemann, Die Klostermünzen im Sprengel
der trierischen Erzdiöcese. [Ges. f. nützl.
F. 1858, 2 f.]
— Die Münzstätten der trierischen Fürsterz-
bischöfe. [Ges. f. nützl. F. 1858, 14 f.;
Nachtrag hierzu von Schlickeysen a. a. 0.
1859—60. 52 f.]
— Beitrag zur Geschichte des Falschmünzer-
wesens unter den Römern. [Ges. f. nützl.
F. 1861-62, 17 f.]
Sen ekler, Übersicht der Münzgeschichte
des Rheinlandes bis zur Mitte des achten
Jahrhunderts. [Bonner JBB. 15, 143 bis
172.]
Wentz, Ausführliche Berechnung aller Münz-
sorten, welche an königlich preufsischen
Kassen angenommen werden. Köln. 1817.
Vergleichende Wertbestimmung ver-
schiedener Geldsorten und Mafseinteilungen
am Niederrhein aus dem 15. Jh. [Lacom-
blets Archiv 1, 207.]
Würdtwein, St. A., Tractus Rhenani chro-
nicon monetarium ab anno 134.3 — 1766 e
documentis authenticis confectum. [Diplo-
mataria Maguntina Bd. 2, 151 ff.]
H. Rechts- und Wirtschaftsgeschichte.
Achenbach, H., Die Haubergsgenossen-
schaften des Siegerlandes. Ein Beitrag
zur Darstellung der deutschen Flur- und
Agrarverfassung. Bonn. 1868.
Bachmann, J. H. , Pfalz -Zweybrückisches
Staats-Recht Tübingen. 1784.
Bär, M., Zur Geschichte der deutschen
Handwerksämter (über die Trierer Hand-
werksämter). [Forschungen z. D. Geschichte
24, 232-272.]
Beck, L., Beiträge zur Geschichte der Eisen-
industrie [Nass. Ann. 14, 817; 15, 124].
Beck, 0., Die Güterconsolidation in der
Rheinprovinz und das altpreufsische Sepa-
rationsverfahren. Cöln. 1859.
— Die Zusammenlegung in Saarhölzbach.
Trier. 1864.
Bernaerts, Etudes etymologiques et lingui-
stiques sur les noms de lieux romans et
bas-allemands de la Belgique. [Ann. de
l'Academie d'Arch^ologie de Belgique
Bd. 87.]
Blum, J. P., Die Begründung der Kultur in
den Ardennen durch den Benedictiner-
Orden. Echtemacher Programm 1851 bis
1852. 4«.
Bodmann, T. J., Rheingauische Altertümer,
oder Landes- und Regimentsverfassung des
westlichen oder Niederrheingaues im mitt-
leren Zeitalter. 2 Teile. Mainz. 1819. 40.
S. auch unter Heufser.
Brants, V., Histoire des classes rurales aux
Pays-Bas jusqu'ä la fin du XIU« si^cle.
[M^moires publ. par TAcad^mie de Belgique
Bd. 82.]
Dom Calmet, Sur les salines de Lorraine
et de l'öv^ch^ de Metz. [Histoire de
Lorraine 3, S. XXV f.]
Chronik der Kreszenzen, s. dieLitteratur
oben S. 1538.
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geschicbte der Vügtci und Stadt Siegburg
unter den rcidisimmittelbareD Äbten im
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derer Berücksichtigung der Kulturgeschichte,
[Ann. d. hist. V. f. d. Niederrh, 23, 60 bis
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— Was liodcutet der Lokalname Kahrel?
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Bd. 7, 296.]
— Zwei verschollene Keltenorte im Kegie-
nmgsbeüirk Koblenz (Sendenich bei Bube-
nach, lieisenach bei I'olcli). [Bonner .lalubb.
Hett 72.]
— Bemerkungen /u den Ortsnamen des Kreises
Malm^dy [Kreisblatt für den Kreis Mtd-
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[Ann. d. bist. V. f. d. Niederrh. 24, 158
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Schwerz, J. N. v., Beiträge zur Kenntnis
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Thudichum, F., Rechtsgeschichte der
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femer imten unter Berichtigungen und Zu-
sätze zu Bd. 1 S. 3 Note 1.
— Notice sur Porigine des magistrats com-
munaux et sur Forganisation de la marke
dans nos contr^cs au moyen-äge. 8^.
Verhandlungen der Lokalabteilung zu
Prüm des Vereins för gemeinnützige Be-
mühungen zur Beförderung der Landwirt-
schaft etc. in den Eifelgegenden. Prüm.
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Vogel, Beiträge zur Geschichte des nassaui-
schen Kriegswesens oder der Landes-
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fern und Höfen im Herzogtum Hessen.
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Wiederholdt, J. G., Dissertatio juridica
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sub nominibus derer Märkergcdingen und
Ordnungen. Argentorati. 1728.
Wilhelmj, A., Beitrag zur Controverse von
Frenze -Win und Hunzig-Win. [Nass.
Ann. 14, 182—247. Nachtrag ebd. S. 444.]
Wilhelmy, Th., Über die Zusammenlegung
der Grundstücke in der preufsischen Rhein-
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preufsischen Spezialseparationcn. Berlin.
1856.
Wolff, J. B., Recherches sur la langue ad-
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bis 1848. 40.
Würth-Paquet, Relev^ de quelques localit^
luxembourgeoises . . qui ont disparu.
[Publ. Luxemb. 23, 182-204.]
Zangen, CG. van, Abhandlung über M&rker-
recht und Märkergedinge. Giefsen. 1800.
Die Register zerfallea in ein Sadtregist«
auf Text und AmnerkungeD des t
ttbachniues im eratea Band S. 1483— 1534.
Die Cilate in Petit gehen auf die Seite, die Anguben in Perlsohrift auf die Aniuer-
kungen. Der iweite Bond ist mit der römischen Zitier IJ citiert.
Das Sachregigler enthält im allgemeinen nicht diejenigen Mateiien, welche iu den
Inhaltsangaben des ersten Baudes Teil 1 S. XJ f. und Teil 2 S. III f., sowie des zweiten
Bandes S. V f. erwähnt werden.
Im WoiLTegister sind seltenere Wörter der Regel nach au^enonunen, viele andere
Wörter nur in dem Falle, dafa sich eine besonders lehrreiche Bedeutung nachweisen läTsi
oder dars sie an einem Orte stellen, wo man sie nach dem allgemeinen Inhalt des Textf^
nicht Buchen würde.
1. Sachregister.
Aachener Denare; II, 427 f.
Aberglaube, lündlicber A.; 462.
Abgrenzung kirchlicher Erwerbsbezirke; 694.
der Markberechtigung; 288 f.
Abkauf von Meierämtem; 772. von Vogteien;
1133.
Ablafs; 672; 677.
Ahleitunpkritik der Quellen; II, 11.
Abscheren des Haupthares; 32.
Absolutismus; 1254,
Abtrieh, Berechtigte; 634r. Fristen; 634f.
Itecbt des A.; 6:^3 f.
Abwälzung karolingi scher Staatslaslen ; 863.
Abzug Grundholder; 1209 f.
Acciae; II, 315; ;319; 345.
Achtenschnitt; 432 f.
Acbtersend; II, 625.
Achten-ogtei; 1084
Acker; Ackerbau in Konkurrenz mit der
Viehzucht; 332, i. Geräte; 15; 124 f.
Ackergüterausbau; 417. Masse; 307; 343 f.
Preise; II, 577 f. Zins; U, 587 f.
Adel; 53. Amtsadel; 1161. A. und Ausbau;
137. Dienstadel; 58. A. der Urzeit; 1161.
Adscriptio glebae s. Bindung an die Scholle.
Advocatus, karolingischer A.; 1I10£
Amtsadel; 1161.
Affinierung; D, 393.
Afterverlehnung; 877,
Agrarische Bewegungen des spateren Mittel-
alters; 1242.
Agran'erfaSBung, Terminologie derA. ; 364,4;
Dorfgemeinde-(Agrar-)verfcssung; 285; 304 1.
A. der Urzeit; 444 f. A. und Weistum; II,
633.
Abrweinbau; 566 f.
— 1573 —
Sachregister.]
Akten, Material; II, 677. Schreibwerk; 1442.
Stil; 1442. A. zur Bevölkerungsstatistik;
162, 8.
Albus; U, 454.
Alemannen; 154 f. FlurverfiELSSung der A.;
155. Typus der A.; 155.
Allmende s. auch Mark, Ausbau; 366; 373;
401 f. Ausdehnung; 81 f. Bestand; 11, 631.
Bifang; 366. Fronden der Gehöfer; 785 f.
Grundheirlichkeit und A.; 996 f.; II, 631.
A. wird individualer Markgemeindebesitz;
388. Kontrolle durch den Meier; 766 f.
landesherrlicher Einflufs auf die A.; 108,
1340. Nutzungsrechte im allgem.; 14;
148 f. ; 385. der Grundherren ; 477 f. der
Handwerker; 465. des Königs ; 469 f. der
Schöflfen; 465. der Vögte; 477 f. der
Volksgenossen; 464 f. Meliorationen; 298.
Obereigentiun s. Markherrlichkeit Pacht;
932. Revindikation ; 388. Verleihung; 388.
Verkauf in neuerer Zeit; 81. Verpachtung;
388. Vogtei und A. ; 478 f.
AUodifizierung grundhöriger Güter ; 928 f. A.
der Lehen; 877 f
Almosen, landesherrliches A.; 1400. Ver-
dienstlichkeit der A.; 670. A. ein Gebet;
672, 1.
Alter der giimdherrlichen Schöffen; 1051.
Altfreie und Ritterstand; 1165 f.
Amt, Begriff" und Geschichte des A.; 773;
1377; 1403. Bezirke; 1401 f. Bildung der
Ämter; 1261 f. Amtsbücher; 1391 f.; II,
665; 689; 691. Amtsburggrafen; 1373 £1
Amtseid; 1378; 1382. Amtsgewalt; 1016;
1063. Hochgerichte un A.; 191; 1261.
Amtmann s. d. besonderen Artikel. Amts-
ordnungen; 1381; II, 665 f. Schreiber;
1392. Urbare; 1392. Verfassung; 191. A.
und Wildbann; 1262.
Amtmann s. auch Amt. A. imd Burggraf;
1374 f. Einzelfunküonen ; 1381 f. Ent-
lassung; 1385. Gehalt; 1383 f. Gerichts-
früchte; 1383, 6 (1384). A. als Landes-
anwalt; 1330 f. KriegsfÜhrung; 1396 f.
Kündigungsrecht; 1386. Rechnungslage;
1389 f. A. als Richter; 1330 f. A. als
Schiedsrichter; 1330 f.; 1397. A. und Stadt-
verfassung; 1344. VergleichsverfEdiren ;
1330 f.; 1397. A. und Weistum; II, 555.
Anbau, Energie des A.; 132. Anbaufeld im
Verhältnis zu den Gewannen; 336. Anbau-
formen, Fluktuation derselben; 128 fl mo-
derne Anbauformen; 88. A. auf Hoch-
flächen; 146. Höhe des A. bei den ein-
zelnen Getreidearten; 552 f. sarmatischer
A.; 144 f.
Angeki; 4; 157.
Angewande; 340. s. auch Anwende.
Angriff; 912; 918.
Anhäufung der Grundholden auf den einzelnen
Hufen; 1233 f.
AnmÄrket; H, 639.
Anniversarienkalender; H, 674; 694; 704;
711; 717; 719; 744; 765.
Ansetzung neuer Grundhörigen; 186.
Ansiedlung s. Besiedlung.
Anweisungssystem; 300; 832 f.; 834 f.; 882;
1460; 1476; II, 286 f.; 374. s. auch Finanz-
gebarung; Zahlungsanweisungen.
Anwende, Anwender; 340. s. auch Ange-
wande.
Apanagierung ; 83.
Appellation an den Landesherrn; 1326.
Arbeit, freie A. ; 1186 ü; 1238. gemeine A.;
16; 18; II, 569. Arbeitstage; II, 604.
Arbeitsteilung; 587. unqualifizierte A. s.
gemeine A.
Archiv; 1443. alte Einteilung; U, 700; 741.
älteste Ordnung; 841. archivalische Hand-
schriften; II, 677.
Ardennen. Vasta Ardinna; 5; 93 f.
Arengen mit Schenkungsmotivierungen; 670 f.
Armut und Freiheit; 1162.
Arpent als Weinbergskomplex; 409.
Arrottdiening; 422 f.
Ärztlicher Beruf der Juden ; 1452 f.
Aschenbrennerei; 516.
Assimilation von Leistungen neuen Besitz-
standes durch die Grundherrschaft; II, 663.
Assise; 1027.
Asylrecht; 1001; 1002,6 (1003). der Bargen;
1316. der Fronhöfe; 1059. grundherrliches;
1023. der Kirchen und Kirchhöfe; 1059, i.
der Schöffenhäuser; 1056.
Aufforstung, preufsische; 91 f.
Aufgebot, grundherrliches oder Yogteiliches,
1120.
Auflassungswesen; 630; 995, i.
Aurei Codices s. Codices aurei.
Ausbau; 45; 110; 402. Adel und A.; 187.
Allmende und A.; 366; 378; 4011 Be-
siedlung und A.; 1471; II, 17 f. Grofs-
grundbesitz und A. ; 698 f. Hofausbau; 366.
Medemrecht und A. ; 396 f. Salhöfe und
[Register. _ 15'
A.; 136, WiMfenpusbau: 132. Zehntrecht
imd A.1 113 f.
Ausdehnung der Allmenden; 81 f. A. der
GrunUherrscbaften ; 705.
Ausfrieren der Winterfrucht; 142 f.
Ausfuhrverbote; 594; 597; ü, 329.
Ausgang, Drteilsfindung mit A.; 11, 637.
Ausleih ^escbät^ a. Bankgeschäft und Darlebe.
Auslieferungsyerträge fllr Verbrecher; 1853.
Äusraüaiung. Trierer A.; II, 329; 352; 872 1'.
yuellen der A.; U, 397£ A. der Kaiser-
zeit bis zum Verfall der Kölner Münze
03. .TL. Mitli.'); II, 400 f,
AufgeDbOrger; 1297.
AuFsenfelder; 400f.; 4S3f.; 501.
Aufsenmnrk; 102 f.
Aursenniärkerschaft; 298.
AuTserebelicbe Konzeption; 1S39.
AoBtragsverfahren s. SchiedsHchlerrerfahreu.
Auswanderung; 164f.; 592.
Autonomie der Maritgcnossenüchaft ; 286 f.
städtische A, imd Markgennssenschaft; SOS-
Bäckerei; 5»6f.
Backofenbann: lOOS. vgl. Bannbackofen.
Baclcsteine; U, 334.
Balduineen; U, 6ä8f.
Bankgeschäfte der Juden; 1150 1\ der KlOster
und Stifter; 828; 1446 f.
Bann = Mark; 2fi0. Bbiifkofen ; 801; inOO,
Iittiert*g; 2,53; II, 25l:<. Uftscb; 487.
Bgemäfse ; U, 502. Bleibe, königliche; 190.
landesherrliche; 1137. Bmeile; II, 29T.
Bmeise; 472; 474, 9; 500. Bmuhlen; 801;
999. Bwälder; 96 f. Brauhausbann ; 1002.
Banneramt; 1296,
Barrenwilhnmg; II, 379: 386.
Banding; 305; 764 f.; 994 f.; 10321.; 1035;
1042; 1093; 1148; 1150f.
Bauern im 12. und 13. Jh.; 870 f. B. und
Ritter; 1165 f. Aiifsttade der B,; 864.
Bbauser; 543,
Baugewerk; 588.
Baugründe und Gebäude. Preise; II, 579 f.
Zins; II, 591t:
Bauhobt; 509 f.; II, 326,
Bauleitung in Koblenz; II, 517 f.
Baumeister; 772; 906.
Baupolizei; 510.
Baul«chnik; S.
Bauverbindlichkeiten bei Pacht; 949.
Bau Verwaltung, landesherrliche; 1407.
Beauioont. Loi de; ia5f.; 701; 791; 871;
1059, 1,
Bede; 605; 1027; 1139. Ebtreibung; 220, ij
Erhöhung; 606. grimdherrüche B.: 301;
863. froubo&vogteiliche; 1098 f. landes-
herrliche; 301: 1335. markgenosaensiAoH-
liehe; 299. markrogteiliche; 1080 f. Wda.
tumschnrakter der B,; II, 629.
Befestigung der Städte; 11, SlSf. «. i
Burgenbnu.
Beginenstiftungen ; 164,
BegnadigungBrechi ; 195; 1349.
Begrikbnisexspektanz ; 683.
Begrenzungsrecht der Markgenossenscbafi;
295 f.
Beholziguug; 468 f.; 5061.
Beilage: 95S.
Beispruchsrecht ; 645.
Beize; 499.
BekleidunpgcgenstlUide ale vogteilkhes ^v
Titium; 1096 f.
Belastung, steuerliche B. durch die Gemeind»;
6031'. den Gntndbemi; 620 f. den Scut;
604 f. Bfreibeit gnindhörigeu Besil
1194. Beinheit des Moi^ens; 372. da
PHuges; 371. des Viertels; 372. 6. t
Be&teuerung.
Beleidsel; U, 684.
Beleuchtungsstoffe, Preise derselben; n, £65 C-
Benfticimn; S9I; 893. »; 899 f.
Hei'gfried; 1308 t.
Berghoheit; 1275.
BergweiatOmer; II, 333.
Bergn'erksordnungeu; II, 333.
Bemkastler Ilochgericbt; Schilderang des
B. H.; 170 f.
Beruf als Kenaent der Standesgliederung; -54;
IUI f.
Berufs Verteilung inj Moselland; 78.
Besiedlung und Ausbau; 147 fl; II, 1711 fis-
kalische B.; 151 f. germanisciie B-; 157t
Karten zur B-, Charakter der Karten in
Bil. 2; I, 160 f. Kirchen und B.; 115 f.
Ortsnamen und B. ; 135. Bprivilegien,
königliche; 46 f. Bodenregal und B.; 10&£
Besöinuierung der Brache; 88; 561 f.
Besoldungsvei^eichnisse; 1390.
Bestandnisbücher: 935.
Besthaupt; 376; 625; 1086; 1182f.
Besteuerung, direkte; 1029. Beinheiten; 871 1
s. auch Belastung.
— 1575 -
Sachregister.]
Bevölkerung, absolute Vermehrung der B.;
168 f. Dichtigkeit; 161 f. ethnographische
Zusammensetzung; 149 f. Fluktuation; 180.
Gärung im 12. und 13. Jh. ; 868 f. Bstatistik ;
II, 6; 50. Aufgaben der mittelalterlichen
B.; 161. Akten der B. des Mo^sellandes ;
162, 8. neufreie B. des späteren Mittel-
alters; 1153 f.
Betriebsgemeinschaft; 430 f.; 452.
Betriebsstörung, landwirtschaftliche B.; 979.
Bettlerordnung; 1338; 1355, s.
Beunde ; 397 f. Ausdehnung fi)r den einzelnen
Fronhof; 759 f. Bauart; 424; 561; 866 f.
Begriff, 423. Bezeichnung; 418 f. Ent-
stehung; 422. Forensen beundepflichtig;
437. Frondienst auf der B.; 430 f.; 760;
782 f.; 797. Gröfse; 427 f. Höfe auf B.;
430, 8. Immunität der B.; 1015, a. Lage;
423 f. Meier und B. ; 430 f. ; 451 ; 762 f. ;
772 ; U, 166 f. Parzellierung; 440. Pfän-
dungsrecht auf B.; 426. Recht der B.;
425 f. Schicksal der B. ; 438 f. ; 866 f.
Wirtschaft; 418 f.; 445. Zahl; 428 £
Bevogtete Personen ; 1065 f. b. Sachen; 1066 f.
Bewässerung; 529.
Bezchntungsrecht der Kolonialkirchen; 116 f.
Bibelsprüche in Urkimden; 670 f.
Bienen; 10. Fang; 504. Fund; 474, a; 488.
Recht; 257 f.
Bier; 586; II, 327. Brauerei; 551 f.; 586.
Bifang, 102; 123 f.; 419; 698. Einzelhöfe im
B. ; 129 ; 366.
Bilanzierung, naturalwirtschaftliche; 838 f.
Bildung; geistige B. und landarbeitende
Klassen; 1241 f. Bildungskosten im früheren
Mittelalter; 845.
Bindung an die Scholle; 1179; 1189 f.; 1231.
hof hörige B. der Grundholden; 1198 f.
Bischöfliche Verwaltung. Charakter der b.
V.; 1278 f.
Blattgewächse; 561 f.
Blei; II, 304, 330.
Blidenkugeln; II, 335. Blidenmeister; 1311.
Blockflurverfassung; 358 £; 404; 655.
Blutbann in geistlicher Hand; 1134 f. könig-
licher; 1273, 8. vogteilicher; 1114.
Blutrache; 20; 23; 26; 56.
Blutzehnt; 540.
Boden, Belastung des B.; 603 f. Nutzungs-
verteilung; 625 f. Okkupationsrecht; 385 f.
Preise; 602 f. Regal; 46; 109 f.; 288, 8;
390 f.; 492; 518; 629, u (680); 997, •;
1019; 1022; 1275; H, 238. speziell grund-
herrliches ; 106 f. königliches ; 103 f. landes-
herrliches; 108. Veräufserung von B.; 49.
Wert des B. ; 1238 f.
Bonitierung; 341 f.; 602.
Bonuarium; 345 f.; 347 f.
Bopparder Münze; U, 457 f.
Boten; 1432; 1441; II, 253 f.; 571 f.
Brabanter Mark; U, 429 f.; 434 f.; 455 f.
Brabanzonen; 1301.
Brache, Besömmerung der B.; 88; 561 f
Brachen; 557.
Brandbettelbrief; 951, 7 (952).
Brandversicherung; 1355, s.
Branntwein; 586, i.
Brauerei ; 551 f. ; 586.
Brauhausbann; 1002.
Brennkultur; 88; 125 f.; 511 f.
Briefe; II, 705; 721; 744; 746 f.; 759.
Brief land, königlich privilegiertes; 47.
Brockholz; 507.
Brombeerensammeln ; 786.
Brot- und Mehlpreise; II, 559 f.
Brückenbau; 298; 1855; U, 242 f.
Brühl; 404; 425; 530.
Buche, Vorkommen der B.; 89.
Bücherkataloge; II, 696; 701; 733; 771; 774.
Budgetierung; 805 f.; 1460; 1466; 1474 f.; II,
674. s. auch Finanzgebarung.
Bündnisfähigkeit des Territoriums; 1352.
Bungerte; 563 f.
Bureau des Kellners; 1416.
Bureaukratie ; 1386 f.
Burg, Asylrecht der B.; 1316. Bauftrag;
1263. Bbau; 178; 1030; 1805; 1307 f.
Recht des Baues; 1270 f.; 1847. Territorial-
bildung und Bau; 1285 f. Besatzungshöhe;
1314. Berwerb; 1268; 1285 f.; 1305.
Bfoder; 1318. Bfrieden; 1315, a; U, 625.
Gemeinerschaft; 1307. Bgraf s. den beson-
deren Artikel. Grundberrschaft und B.;
1317 f. Bhäuser; 1310. Bkaplan; 1312.
Bkellner; 1412 f.; H, 172. Bkommando;
1373. Lehnswesen und B.; 883, a; 1312 f.;
1819; 1872 f Bmannen; 1811 f. Ministe-
rialen als Bmannen; 1312. Bmonopol;
1270 f.; 1847. Bnamen; 79. Borte; 149, i.
Bsesse; 1314 f. Söldner; 1311. B. und
Vogtei; 1319. Wachtdienst; 1030. s. auch
Befestigungsrecht.
Biu^graf der Landesverwaltung; 1368 f. der
Reichs verwaltimg; 1356 f. Amtsburggraf;
[lU'gi^r-r. — 15
miSS. B. und Amtmann: 13T4 f. B. und
Ministemlität; 1871 f.
Borger im Eal; 1424.
Bargermebttraml; 316.
BürgBchaftssystetn der PnchtgenossenschatWn;
978.
Buleilung; 1182.
Bltllel; 1060.
Bötler; 535. Bpreise; ü, 5fll.
Ciipitulare de villis. Bedeutung des C; 718.
Censoalen s. ZioalFut^.
tlenlcna; 1011. vgl. auci Zenderei.
Centenar der Karolingci'zeit ; 222. s. auch
Zender.
Centner; II, 506 f.
('ernuensualen e. WachszinEige.
Chamttven; 51".
ChHinavorum lex. Genauür bpS|iroclien sind;
lU S. 29 f.; 42 S. 40.
Champart; 919, *.
Clmrskteristik des Preises; 11, 518.
Chatten; 4; 156 f.
Cbrodegangische Reform ; 9T4.
Chronicon Diunetarinm Treverenae; II, 399 f.
CiBWrzienaer; 121; 125; 137; 688 f.
Civis; 1197.
CmiiceB aiirei; U, 701; "OS f.; 734 f.; 737 f.
Con$titutio de expeditione Romana; 1270, s.
»niiipler auf der Mosel; II, 34:J.
Darleben, freies ; ü, HOä (. DarlehnsgescliÄft
s. BaubgeschlktL
Data preearia; 891.
Deehant; 776. Stelhmg des D. in der Vei^
waltimg; »29.
Decharge s. Entlastung.
Decretionea Chlot et Childeb. ; 224 f.
Dekanat, VerhiUtuis des D. znr Hundert-
schaft; 2.54, 1.
Dem: 104; 107; 491 f.; -523 f. Erhebung des
D.; 107 s.
l>einonetisiening des Silbers; H, 391.
Dpiiarii Aquenses; II, 427 f.; Brabantini; 11,
430 f. brevea: II, 452; s. Monetu levis.
Colonienses; II, 412 f.; 4^7 f. Ilallenses;
U, 433 f.; 453 C Metenses; II, 416; Mogun-
tini; II, 415; Treverenses: II, 408 f.; 4S2 f.
Tnronenaes; II, 431 f. Wederei l)enses ; II,
4.58.
DepositenHeschafl ; 1446 t.
Diener, unfreie; 1227.
Dienerlums; 8.51 f.; 8791
Dienerschaft, niinisterialiscbe ; 820 f. Donl-J
nungen: 11, 693; 697.
Dienst (Festessen): 310; 314.
Dienst, Öadel; 58. Dbacher; 1480, '; H. ,
576; 689, Dgnt; 1169. Dkriegsverfassong;
1303f. DIehen; 877: 8801-; 901t; U«9.
Dlehensvertraf; 1313. Dlehensvertrag »nf '
Borgenkununando ; 1373, Dptlicht, aUfe-
roeine; 1287 f. Dreverse; üSi.
Differenztarif; U, 347.
Ding, Dakten; II, 7-58; 782. Dbaom; 1058. ]
Dlialiiing; 1054, • (1055). DpIaU; 1068. \
DpHicht; 922 f. speziell der Gnindliolden;
1199. der Hofhärigen; 1225. der Ldb- i
eignen; 1229. der Wachsun&igen; ISIG.
Dismenibralion der alten Fronhöfe; 867 f.
Disciplinargewfllt, grundherrliche ; 1047. nber
die Gmndhörigen ; 723. über das Hbiu>
gesinde; 1042, i. der Iminiimtu>ben«ii;
1118. über Leibeigene; 1230. liberUDfröe;
54 f.; 1150.
Domkapilel tuid Rat; 1424.
DomiinialverwalOing der Karolinger; 720; 801 IC
Domaniiim, Bildung des landesherriidieti !>.; '
1257.
Dotnanenwirtschaft; 689,
Doppelwährung, laktische; U, 3
Dorf, Dograrve-fasaungi 285; 804 L tibe- j
fesiigung; 298: 1290; 1340. Dbesprechnng;
304 f. lränkisth<?s I).; 7 f. l'itassen: 362;
365. Dgmeinde; 285; S04f,; 1338f. Dg:e-
mengelngeveriitssung; 360 f. DgruDdimgen;
109. D.. und Hofeystem; 351 £ Donl-
nungcn; 1341. Drecbt; 299. Dverfiusung;
282, 1. Dvertrctnng, koinmiGsarische; 319.
Iteender; 229; 246 f.; 275, ».
Dos; 32 f.
DreifeldcrH-irtschaft; 88; 429; 545 f. *. aack
FelderwirtBcliaft.
Driesoh; II. 166. Djahre beim Weinbau;
.579 f. Dwirlsehatt; 561.
Droit de parcour« ; 526 f.
Dukaten: 11, 446.
Dünger: 532, künsllitber D.; 560.
Dungliefenmg; 559.
Düngung ; 559 f.
Duplizitfbt der Zender; 314 f,
Durzitis; 790: 86.5, Daystem bei Kurmede:
11 86, i.
Diirchsclmittspreise; 599 f.; 11, 513. D. der
— 1577 —
Sachregister.]
Getreidearten als Reduktionsfaktor in der
Preisgeschichte; II, 602.
Ebenbürtigkeit; 1175.
Ecker; 521. Erecht; 484 f.; 491 f.
Edelmetalle, Ausfuhrverbot der £.; II, 329.
Edelmärkerschait; 278 f.; 998; 1165. s. auch
Markgenossenschaft
Effektivwert; II, 471; 477.
Egartenwirtschaft; 561.
Egge; 555.
Ehe. Erecht; 32. Eschliefsung; 31. Ever-
träge; 628; 641,8. Recht des (überlebenden
Egatten; 645.
Eiche; 89; 126.
Eichgeschäft; II, 481.
Eichung; 11, 488. Erecht; U, 268.
Eideshilfe; 29 f.
Eidstabung der Juden; 1458, 5.
Eierpreise; II, 561.
Eifel als räumliche Bezeichnung; 103.
Eigen, echtes; 1153.
Eigenhandel; II, 337.
Eigenleute; 1414.
Eigentum der gesamten Hand; 642. der
Markgenossen an der Mark; 283, s.
Eindemung ; 491 f.
Einforstung; 14; 96 f.; 104; 109 f.; 111; 113;
469 f.
Einfronimg; 764. E. von Gehöferland; 750 £
Einigsieute s. Einung.
Einkommensteuer; 1385.
Einlager; 971; 978; 979, i; 1119.
Einmännerei; 452.
Einquartierung. Edienst; 1024 f.; 1121; 1289.
Elast; 1026. Erechte; 1121.
Einschlag; 484 f.; 491 f.
Ein Schmelzung; II, 377 f.
Eintrittsform in den Kirchendienst; 1220, i.
Eintrittsgeld in Klöster und Stifter; 679 f.
Einung; 256; 306 f.; 314; 1339. Bleute; 256.
Einwanderung, germanische; 77 f.; 153 £
EinWeisungsrecht des Hofes in die grund-
herrlichen Güter; II, 627.
Einwirkung, fremde, auf das fränkische Wirt-
schaftsleben; 19.
Einzelhöfe; 129; 353 f.; 366.
Einzug Grundholder; 1209 f. Egeld; 290, i.
Eisen; 9; 163; II, 330 f. Egewinnung; U,
331. Eindustrie; 555; H, 382; 342. E-
schmelzen; U, 331. Everbrauch; II, 338.
Elemosinar; 1476. |
Lamprecht, Deutsche! Wirtecbaftoleben. I-
Elle; H, 506.
Emailletechnik; II, 378.
Empfängnis; 649; 923; 925 f.; 941; 954; 994;
1187 f.
Engels, Engelsch, Englisch; II, 452; 468.
Engerfahrten; 816 f.; vgl. U, 137; 163; 164;
172; 248; 327.
Entenpreise; U, 549.
Entfronung; 751 f.
Entlastung der Kellnerei Verwaltungen ; 1417 f.
der Zentralfinanzverwaltung; 1477 f.
Entschädigungspflicht des Vogtes gegenüber
dem Bevogteten; 1070.
Entwaldung; 90.
Epidemieen; 590.
Erbe. Ebestandgelt; 941, 6;954f. Efolgeordnung
für Fahrhabe; 38. für Grundholde; 644;
1193. für hinterfällige Güter; 645 f. für
Pachten; 938 f. Egebühr, grundhörige;
1 182 f. Egut realiter geteUt ; 641 f. Eleihe ;
893. Emeier; 736; 771f. Epacht; 899, 4;
902; 916 f.; 921; 925; 943 f. Erecht,
Erente s. die besonderen Artikel. Eschaft;
II, 221; s. hereditas. Eschulzen; 737, i.
EteUung; 641 f. Ezins; 916; 925.
Erben. Beispruchsrecht der E. ; 638 f. Warte-
recht der E.; 632 £ Zustinmiungsrecht bei
Yeräufserungen ; 633 f.
Erblichkeit grundhöriger Nutzung; 922. der
Fronhofsvogtei ; 1107 f. des Meieramts;
736; 771 f.
Erbrecht; 83. fränkisches £.; 23. E. an
Landeigen; 36 f. des überlebenden Ehe-
gatten; 628 f. E. der Yicinen; 43 f. Kais
WeisUunsinhalt; U, 633.
Erbrente aus Leihe mit Zahlungspflicht bei
Handänderung, ebenso ohne Zahlungspflicht,
konstituierte; II, 609 f.
Erbsenpreise; II, 560.
Erdbeben; 590.
Erlaubnisrecht; 468; 490 f.
Erstgeburtsrecht; 83 f. E. bei Stockgütem;
654.
Ertragssteigerung der Land¥rirtschaft ; 601 f.
Erwerbsbezirke. Abgrenzung der kirchlichen
E. ; 694.
Erwerbspolitik des weltlichen Grofsgrund-
besitzes ; 697 f. der Kirche ; 637 ; 670 f.
Erzkaplanei, karolingische; 802.
Esel; n, 248.
Ethnographische Zusammensetzung der Be-
völkerung; 149 f.
100
[llegister. — 1!
Exceptio grandinis et exercitas; 951.
Exkommiinikatiou als Strafe bei Pachtkontra-
vcntionenj 955.
Expedition der Kanzlei: 1441 f.
Fabrikate und Rohstoffe, Preise derselben;
II, 563 f.
t'aUrliabe prekariscb vergel)eB; 8Ö8, i. Erb-
folgeordnung für F.; 3e. Waldb&ame als
F.; 128. Wohnhäuser als F.[ 48t.: 128.
Fähren; 1003: U, 243f. Fahrgeld; II, 245.
Fährrecht; 801. FührweiatUiuer; U, 244.
Falken; 11.
Fallholz : 506.
FaUcbmlkazerei; II, 3.58.
Familie. F. und Geschlecht; 25 f.; 2ef,;36f.;
39. Fpraebende; 680,8. Frecht; 56; 11,638.
Faselvieh, s- Zuchtvieh.
Fafs-Zins; 447.
Fehdepäicht des Vogtes für den Bevogteien;
1071 f.
Fehderecht; 1065; 1S54; II, 298 f.
Feiertagsgebole; 608.
Fell). Fgeineinachaft; 47f.; 49; 441; 444f.;
449. Fmarse;343f. Fmeaaung; 342f. FoM-
nungen; U, 783. Fpolizeiakten; II, 782.
Felderwirtschatt; 18; 48; 377; 388. b. auch
Dreifeldervirtschail, Zveitelderwirtachsft
Felgen; S57£
Fels. Ürbariuig «uf F.; 122.
FermeiiU; der uiitteliilierlichen sozialen Schich-
tung; 1139 f.
FideikomuüBse; 643.
Filialen von HJöstem; 831 f.
Finanzgebnrung, geistliche; 684 £ karolingi-
sühe; 804 f. immunitälsherrliche; 1024 f.
markgenüssische ; 30Ü; 1010. Daluralnirt'
schuftliche; 300; 832 t; II, 515. F. des
Reichs; 1274f. territoriale F.; 1479f. Vgl.
auch Anweisungssystem, Budgeüerung, Zah-
lungsanweisungen.
Finauügeschichte, Trierer äusaere F.; 1462 f
Finaniboheit, hmdesherrliche; 1332f.; 1343;
1347.
Finanzminister, jüdische; 147Sf.
Fiakalinen; 1146f.; 1213, i.
Fiskalische Besiedlung; 151 f.
Fiskus. Freie im F.; 1146. F. und Gerich ts-
veriassimg; lllOf. F. und Hundertschaft;
730 f. Lokalbetricbe des F.; 724 f. Meier
un F.; 724 f. Oberschultheifsen im F.; 728.
Reich ^ F.; ISO. siudale Schichtang in
F.; 732. Städte und F.; 727 f.; 731 t
Umfang der F.; 714 f. Verwaltung der F.;
713 f.; 719 f. Vogtei; 730 £ Weinbau im
F.; laS.
Fisch, achtbarer F.; 487. Ffcng; 15; 502f.
Fbandel; n, 327. FbeguJig: 501f. Fpreiw;
n, 562.
Fischerei; 75; 469; 472; 480; 4«6f.; 494t;
500 f. noble Fischerei; 486 £ Fordoungen;
497. Frecht; 283 1
Flachshau; 403; 562t ,
neischerei; 586.
Fleischtiere; 5.35 f.; 539.
Florin: U, 44-5 f.; 460t
Flöfserei; II, 326.
Flug; 504 t
Fluktiatioii der Anbaufonneu; 128 1 F. det
Bevölkerung; 130.
Fhu;. Begreuzung der F.; 102 1 Oiarafctet
der F. im Moselland; 360 £. spei. S64t
Fverfasaung; 13; 155. ihre Quelleu; II, 779;
7«3. FüKftug; 14; 546-
Flussläufe: II, 243.
Fodet; 131Ö.
Folge, gerichtliche; 1291t
Forensen; 6.59, j. F. beundepfiichtig : 487.
Fonualiamus des ältesten Rechts; 56 f. dar
ältesten Sitte; 57 t
Fcmnelbücher; 11, 689; 746 t j (759). '
Forst; 96t Famt; 823; U. 171t Fbewnte;
49at Fronfurst; 473; 481 1 speu. 483.1.
bliuler; 495t; 1167. Fmeisler; 495t Bo
dtmg in den F.; 112. Frecht; 111 f.; 470.
Frti-waltung; 90; 1257.
FortiiikationsfrondeD; 1011; 1030; 1290-
Fragcbogen, karolingischer, fUr Urbarweisung;
864. •; II, 633; 660.
P'rancia Rinensia: 157.
Frank; II, 446.
Franken: 1.54 t.
Fränkischer Wein; 570 f.
Französischer Einflufs an der Mosel : 78 t
Frauen. Ffrage; 849. Siegelßhigkeit der F.:
Fredus; I14*i.
Frei. Freidori'; 194. Freiheit a. den beson-
deren Artikel. lYeihof; 194. Freilossiuig;
1219. Freizügigkeit; 17; 130; 6.58; 872;
1179; 1203 t
Freie, f. Arbeiter; 11.56 t; 1238. F. im Fii-
kus; 1146. F. in den Onmdfaerrschah«!!;
— 1579 —
Sachregister.]
1178, 1. F. in grundhörigem Besitzverhältnis ;
928. F. in karolingischer Zeit; 992 f. ; 1152.
Freiheit. F. und Armut; 1162. Bestreitung
der F.; 29 f. Charakter der deutschen F.;
20; 41 f.; 56 f.; 289; 1150. F. und Unfrei-
heit als Ferment der Standesbildung; 1140 1.
F. der Person in der grundhörigen Ent-
wicklung; 1212.
Fremdenpolizei, grundherrliche; 1004 f.
Frequenzen mittelalterlicher Klöster und Stif-
ter; 844 f.
Frieden. F. der Burg; 1315,«; U, 625. Frie-
denswahrung; 217; 1062 f.
Friedweide; 525.
Fronbote; 776.
Fronden ; 778 f. spez. 781 f. AUmendef. ; 785 f.
Beundef. ; 430 f. ; 760 ; 782 f. ; 797. Charakter
der F.; 435. markhörige; 1011. Unver-
änderlichkeit der F.; 707 f.; II, 648; 655;
663. Zersplitterung der F.; 865.
Froneinnahmen; 764.
Fronfahrten; 816 f.
Fronforst; 473; 481 f. spez. 483, i.
Fronhof. Asylrecht des F.; 1059. Beunden
und F.; 759 f. Fronden ; 781 f. Hofareal;
753 f. Kreditfähigkeit; 834; 840, 6. Renten-
charakter; 885 f. Rittergut und F.; 753 f.;
758. Servitien;833f. Spezialbetriebe ; 748 f.
Unterbeamte; 775 f. Vogtei, s. den beson-
deren Artikel. Wirtschaft; 762; s. Grund-
gericht, Gruudberrschaft.
Fronhofsvogtei ; 1088 f. Bede und F.; 1098 f.
Erblichkeit der F.; 1107 f. Grundgerichts-
vogtei und F. ; 1105 f. Immunitätsvogtei und
F.; 1090; 1125 f. Markvogtei und F.; 1090 f.
Fronmafse; II, 487.
Frucht, glatte -rauhe; II, 504; 512.
Fruchtbarkeit, natüriiche; 86 f.; 597.
Fruchtbäume; 506.
Fruchtwechselwirtschaft; 88; 149.
Frühlingsbegeisterung; 461.
Fuder; U, 510 f.
Fimdgewicht königlicher, herzoglicher und
bischöflicher Denare zur Ottonen- und Salier-
zeit; II, 408 f.
Fundrecht; 257 11; 1275.
Fundstatistik; 141 f.
Futterbau; SS.
Futterkräuter; 561 f.
Oanerbschaft: 278.
Ganggeleit; 1080; II, 634.
Gänsepreise; II, 549. Gänsezins; 539, s.
Gartenbau; 15 f.; 408; 561 f.
Gärung der ländlichen Bevölkerung im 12. und
18. Jh. ; 868 f.
Garzinsigkeit; 798.
Gastfreundschaft, markgenössische; 466.
Gau. der G. ohne wirtschaftliche Bedeutung;
198. räumliche Beziehung der Gaunamen;
103.
Gebet Almosen ein G. ; 672. Ggemeinschaft;
683; 1446; U, 703; 785.
Gebäude und Baugründe, Preise derselben;
II, 579 f. Zins; 591 f.
Gebücke; 1290.
Gefolgpflicht militärische G. der Gemeinden;
216.
Gehalt; 1403; U, 574 f.
Geheimhaltung des Besitzstandes; II, 662.
Geheimsekretariat; 1488.
Gehöferschaft; 281; 801 f.; 442 f. AUmende-
fronden der G. ; 785 f. heutige Ausdehnung ;
82. Land der G.; 746 f.; 749 f. Einfronung
desselben ; 750 f. Kontrolle und Zinsnahme
von ihm; 768 f. Gesamteigentum der G.;
452. Schaft der G.; 447.
Geiseln, karolingische ; 806.
Geistlichkeit Anzahl der G. im früheren
>Iitt;elalter; 846,6.
Geld. Wert, Geschichte, Kaufkraft; U, 605 f.
Gnehmen auf Schaden ; 958, 4. Gpacht ; 945.
Gverkehr; II, 478; 694. Gwirtschaft, s. den
besonderen Artikel. Gzinse; 796.
Geldwirtschaft; 600 f.; 623 f.; 1444 f.; U,877;
881; 386; 619. G. imd Markgenossenschaft;
808 f. G. und Pacht; 945; 972; 1445. G.
und plattes Land; 1445.
Geleit; U, 289 f. Gbriefe; II, 290. Gluxus;
1802, 2; U, 255. Gpflicht des Vogtes; 1071.
Grecht; 1802,«; 1838; II, 271; 275. des
Zenders; 217, a; 259. Gverträge; II, 294, i.
s. auch Grundgeleit.
GemäfskontroUe ; II, 481.
Gemeinde. Dorfgemeinde - (Agrar-)verfa8sung ;
2a5; 804 f. Gbehörden; 228 f.; 261. als
Landesbeamte; 1889. Belastung; 608 f. Be-
ratungsplätze; 309. Gefolgspflicht; 216. G.
und Gerichtsverband ; 188. Kooperation der
G. mit den Gbehörden; 220. kirchliche
Lasten der G.; 603. Nutzungen der G.;
288, 8. Verwaltung im späteren Ma. ; 1889.
Gemeinerschaft auf Burgen; 1807.
Gemeinheitsaufteilungen; 81 i; 270 f.
100*
[RegisWr. — 15
GemengelageverfaGsmig; B5£; 835 f.; ;160t
Generalrezeploren ; 1472,
Genist; 507.
Genosaeoschatteii, neuere »grariBcbe; 82.
Genufs- und Nabningsniiiiel, Prcbe deraelben ;
II, 550 f.
Geologie des MosellaDdeK; 66 f.
Gerade; 34 f.
Gerite. landwirtschaftliche G.; 555 f. O. zmn
FiBchiang; 502 E Q. lur Jagd: 4m.
Geraite; 305 Note.
üevberei; II, 827.
Uerechtsajtie, fundierte. Pr<-isc derselben; U,
Oergewannen; Bä9.
Gericlit. Gbecirke, Ausbildung einheitlicher
0.; 1155 f. Gfrüchte; I3W(,« (1384). Gge-
nalt des Reiches nnd der Territorien; 1272 f.
0. = Mark; 260. Gpflicbt undUeerespflicht;
217. Gscbutz; 217. Gverbünde und Ge-
meinden; 188. GweistÜmer; II, 6G6. Uzeag-
nia aU Ersatz des Weiatuns; 11, 638.
Gerichtliche Folge; 1291 f. g. Zwangsgewalt ;
193. g. Jtweikampt'; 1114.
Gerichisbwkeit im Gau; 1137; 1272f. der
Grundherren; 994 f.; 1056 f.; 1150. über
freie Inimuml^tgeingeBeseene; 10441'. per-
sonale G. des Königs; 1273(1 des Landos-
berni; lS2Sf.; 1S49; 1347 f. im Markt;
n, 264. niedere-mittlere; 188; IH.
Gerichtsverl'aasung. Fiskus und G.; IIIO
NeubnidiBgegendcD und G.; 2;i6.
Gerste. Bau; 551 f. Brot; 553. Preise ; C, .5.58.
üesaniie Hand. Eigen der g. H.; 642. Ll^en-
BchaftsQbertri^ing der g. H.; 633 f.
Gcaamteigentum, gehäferscludUichee; 452. G.
des Geschlechts un der terra nviatica; 43.
GeBchäftsstil; 1442.
Geschlecht. Cliarakter ;!ur fränkischen Zeit;
20. Klire:30i; Familie und G.; 25 f.; 28 f.;
36 f. ; 39. Gesamteigen an der terra aviatica ;
43. Ohercigcntuni; 626. Verband des G.;
22 1', Zeugen ans dem G. ; 29 f.
Geschworene; 220; 232; 234; 28^; 303; 305
Note; 318 f.; 320 f.; 1006,4.
Gesei; II, 494.
Gesinde, freies; 1157 f.; 1168. niedere Mini-
sterialität; 820f.; 1167r. unfreies G.; 1227.
Gesundheitspolizei. ländliche; 303, i.
Getreide. Anbarihöhe der einzelnen Oetreide-
arten; 552 f. Ghandel; 593 f.; 623; 11, 325;
488. GpreUe; 595 f.
Gewanne; iS,*; 48; 396. Technik der OtB'
läge; 399 C Gansbau; SSBf. GfiDt«aniig;
335 f. Gröfee der peripherischen G.; 897.
Grodung; 339 f.
Gewebe, Preise derselben; 11, 566.
tiefferbesteiier; 11, 314.
Gewerf; 1017; 1030.
Gewicht nnd Mafs; I27ß f.; 11, 481 £j
497. Kontrolle von G. nnd M. ; 303 ; 1008; I^
483.
Gewiirapreise; II, 561 f.
Glebae adacriplio s. Bindung aa die Scholle.
Gleve; 1299, s. Glevcnbürger; 1297.
Glocke; 310, i; 316.
Gold; II, 329. Wertverhältnis «im Silbw;
II, 376; 891; ?m; 470 f.; 478; 606. U-
sduniede; U, 378. Gwährung; U. 478.
Gottesfrieden; IÜ64.
Gottesgcwalt; 1047.
GottPsnrteile ; I1I6.
Graben statt des Zauns; 14.
Oraf. Entsteh>uigde9G.;60. Beaoldimg; 1I1A.
Gerichtabarkeit; 1272 f.
Qrafechaftsrechte. Erwerb Ton G. ; 1262.
Grangien; 6891; 758 f.; 773, t.
Grenze. Charakter der älteren G.; 101 I. 0.
zwischen Wald nnd Neubmch; 101 f. Gbe-
gang;295C Gfrevet; 341. i. Omarken; S41.
Gve^ben; 258r. Gweisung; 296; II, tÜL
Grofsanlwi, rflmischer; 14.^ f, ; 151 f. ; 534 : S.'*« ;
698.
Grorsgnmdbesiiz- Ausbau dua G.: fi9Vf. Xat-
deluiung ; 70<5. Erwerbspolitik; 697 f. H6he;
702 f. königlicher G.; 718. 1. Statistik; Q,
125 f. Streucharakter; 701t.; 70.5 f.; 738 1
Grofsgüter; 6.59 f.
Grofsstädte und Geldvirtscbaft auf dem platten
Lande; 1445.
Gnind und Boden, Preise; 11, 577f. Zins;
U, 587 f.
Gnuidbuchwesea; 296 f.; 995, i.
Grundeigentum. Verteilung dea G.; 12: 81 £;
362. MobUisierung des G. s. Guterbeweguug.
Grundgeleit; U, 291 f. s. auch Geleit.
Gnmdgericht; 994f.; 1012; 10:J3; 1036f.; 104.3;
1046f.; 11, 632. Gerichtsherr und GericktB-
vorsitz; 1056f.i 11-JO. Inslanzenzug; 10:}7f.
Rechtssprechung; 823 f. SchefFenstuhl:104Kt
(Aller der Schöffen; 1051. Ämtsdajier; 10-il.
Vorhedingimgen ; 10.50.) acbiedsricbterlicliis
Verl'ohren; 1151. Schultheifs; 1057. Um-
stand; 1047 f. Voglei; 1105 £ Zwängte-
— 1581
Sachregister.]
walt; 1059 f. s. auch Fronhof, Grundherr-
schaft.
Orundherrlichkeit Wesen der G.; 991 f. G.
als Grundlage territorialer Entwicklung
1255 f.
Orundherrschaft. Allmenderechte der G. ; 477 f.
996 f. Asylrecht; 1028. Ausbau; 132 f. Aus
dehnung; 705. Bede; 801; 863. Belastung
620 f. Bodenregal; 106 f. Burgen und G.
1317 f. Dingplätze ; 1058. Disciplinargewalt
728 ; 1047. Einnahmen ; 844. fremde G. an
der Mosel ; 133, s. Generalverwalter; 823 f.
830. Gewaltboten; 772. Gerichtsbarkeit s
Grundgericht. Handel; 810; 815. Hofämter
^23 f. Immunität; 1023,4. Klerus und G.
825 f. Kreditfähigkeit; 884; 840, 6. Lasten-
veranlagung; 784 f.; 789 f. Lehnsauftragung
von G. ; 1263. Lehnsvergabung aus G. ; 875 f.
Lokalmärkte der G.; 815; 1003; U, 257 f.;
260 f. Markobereigentum; 390 f. Mafs und
Gewicht in der G.; U, 482f.; 510. Medem-
recht; 394 f. militärische Rechte; 1013.
Ministerialität und G.; 819 f. Nachrichten-
dienst; 809 f. Patronate und G. ; 1 19; 1005 f.
Rechtscharakter der G.; 1288. Registratur;
841. Reinergebnis; 844 £ G. als Renten-
substrat; 886; Rottabgabe; 890. Rottverbot;
390. schiedsrichterliche Thätigkeit; 1151.
Schultheifsen ; 733 f. Transportwesen ; 744 ;
812 f. Veräufserungen ; 874 f. Verkehrsvor-
teile; 1003 f. Verpachtungen; 931 f. Ver-
schuldung; 839 f.; 847 f. Verwaltungskon-
trollen ; 840 f. Vorkaufsrecht bei Veräufse-
rung hof hörigen Gutes; 1194. Weingüter;
135. Weisung; 1171. wissenschaftliche Be-
handlung der G.; 669. Zahl der G. an ^inem
Orte; 135. Zehnt und G.; 118. Zentral-
verwaltung; 809 f. Zersetzung; 1237 f.
Grundholde. Abzug; 1209 f. Allmendebestand
der G.; II, 681. AUodifizierung ihrer Güter;
928 f. Anhäufung auf einzehien Hufen ; 1233 f.
Beholzigungsrecht ; 488 f. Belastungsfreiheit
ihres Besitzes; 1194. Dingpflicht; 1199.
disziplinare Behandlung; 723; 1047. Ein-
zug; 1209 f. Entstehung; 992 f. Erblichkeit
der Nutzung; 922. Erbfolgeordnung ; 644 f. ;
1193. Erbgebühr; 1182 f. Familienrecht;
1203 f. Freie im Verhältnis der G.; 923;
1178, i;1212. Haftpflicht fÜrVerbindlichkeiten
der Herren; 1194. Heiratserlaubnis; 1203.
holhörige Bindung; 1198 f. Huldigungs-
pflicht 1199. Landnutzung; 899 f.; 921 f.
Leistungen; 778 f., auch 1180 f. Sittlich-
keit; 1285. Strafrecht; 1199; 1351. Ver-
hältnis in der Stauferzeit; 187. Weisung
derG.;n,655. Wergeid ; 1203. Zersetzung;
1237. Zinspflicht; 1180 f.
Grundrente; 602 f.; 622; II, 617; 619.
Grundruhr; 1854; H, 298.
Grundsteuer; 299; 607; 1088.
Grundzins; H, 587 f.
GrundzöUe; 1003; II, 271 £1 vogteiliche G.;
1118.
Guldenmünze, rheinische; n, 891; 460 f.
Mainzer; II, 463 f. fremde; II, 424 f. ; 441 f.
Güter, accisepflichtige; II, 322 f. herrenlose;
1275. hinterfällige; 648 f. konfiszierte;
1118, 9. zollpflichtige; II, 322 f.
Güterbewegung; 83; 630 f.; 658 f.; 1444.
Güterrecht, eheliches ; 32 f.
Haferbrot; 553. Haferpreise; H, 558 f.
Haftpflicht grundhörigen Besitzes für Verbind*
lichkeiten des Grundherrn; 1194.
Hagel und Heereskraft; 951.
Hagenhufen; 353, i.
Halfenpacht; 962.
Halfwinner; 981.
Hammerwurf; II, 7.
Hand, tote ; 656 f.
Handel, grundherrschaftlicher; 810; 815. H.
im 14. Jh.; 600 f. Hgewächse; 562 f. H-
masse; U, 491 f.; 505; 510. Hmünze; II,
382; 417; 435; 437. Hverträge; U, 295.
Hwaren; U, 322 f.
Handmühlen; 585.
Handschriften, archivalische; II, 677.
Handwerk, ländliches, der fränkischen Zeit;
10; 16 f.; 18. höriges späterer Zeit; 1167.
H. und Allmenderechte ; 465. Lohn ; H, 570 1
Hanf; II, 326. Hbau; 562, t. Hspezialgut;
416, 6.
Haubergswirtschaft; 456; H, 827.
Haufinafs; II, 487; 504; 512.
Haupthaar. Abscheren des H.; 32.
Hauptmannschaft; 650 f.; 790; 865; 1217. s.
Steuerverband der Hufe.
Hauptrechnung; 1477. *
Haus. Hbau; 509; 548 f. Bauernhaus; 543.
romanisches Haus; 544. — Hdiener, mini-
Bterialische; 820, s. auch 1042, i. H-
friede; 1288. Hgesetze; 643. Hindustrie;
[Begistw. — 15
587. Hteilmiete auf dem Lende; 288, ■.
Hvieh; 10.
Heer. Hgtwidt dea Reidies; 1269 f. Hkraft
nnd Hagel; 951. Hpflii-M; 217. Hrüst-
wagm; 1289f. HBteuem; 1121. Hstrafsen;
n, 23Ö1'. HyerfeBBting: 1030 f.; 1287 f.
Heilige. Hineinziehung der H. in die kirch-
liche Enterbspolitik ; 673 f.
Heiligenfeste nnd -Schau etellungen; 677 f.
Ileiinburge s. Zender.
Heimgerede; 268, i; 304 f.; 322; 127a frei«
H.; 188f.; 1012. Gnindgerichte und H.;
1331. Schöfienstuhl des H.; 305 Not«; 820.
Heinrute; ao8. o; »44.
Heirat Herlanbnis; 12ce. Hgebühr; 1204;
1217 f. Hkonsens; 1103. Hve:^biing ; 120S.
Heller; II. 424 f. spez. 436f.; 453f,; 455;
468.
Herberge. Hpnichl; 778; II, 2.53. Hwesen;
1004; 1026; H, 249.
Herbstmarktpreise : II, 614.
Herde, Stückzahl derselben; 11 f.
Herdpfennig (markhOriger); 799.
Herdsteuer; 1029.
Hergerftte; 34 f.
Herkommen, altes; II, 649.
Herrenloses GiiL Recht des h. G. ; 1275.
Herrennot; 1047.
Herrschaften und Landgütei-, Preise derselben ;
n, 5SSf. Zins; H, 593 f.
Hessen; 15.1 f.
Hcuni Schwein a. Hunnisi'lier Wein.
Hintertäilige Güter. Erbfolgeordnung der h.
G. ; 645 f. Teübarkeit; 648 f.
Hintersassen, freie; 11491'.
Hirsche; 497.
Hirten; 524.
Hochbufsen; 1383, a (1384).
Hochflächen. Anbanphysiognomie der H. ; 146.
Hochgericht- H. im Amt; 191; 1261. Be-
hörden des H.; 192. Bemkastler H.; 170f.
freie H.; 139; 1278. iramunit&tsherrliche
a.;1033f. Kompetenzscbmäleningen; 193f.
Krüver H.; 180 f. .Möglichkeit der Rekon-
struktion der H.; 185 f Schöfrenstabl; 285.
Umstand; 193; 1013; 1031; 1120; 1125;
1291 f Veriall; 186f. H. über zerstreute
Grundstücke; 1043.
Hochwald; 100 f.; 473 f. Rodung im H.; 111 f.;
475.
Hochwild; 486.
Hochzeitsleute; 465, b.
Hnhe des Ororsgrundbesit/eB; 70Sr.
Hof. H. der fränkischen Zeit; 8 f. ganzer —
halber H.; 174. i; 1036, i (I0S7): lOSS.»}
1053. H.^Hiife; 267f. HämWr: 8281;
U27. Hanirigen: 862; 689£ Uar«»!: T5SC
Hausbau; 701. Hbau;543f. Beundehdft;
430, 3. Hgericht; 1041; 1274; 1326; 13S9;
1489, Gröfse der IL; 659 f. Hhörige 1.
Orundholde. Hjageramt; 803. Hmeisteff
1435 f. HordnuDgen; 1253. >. Ilquartia»
meisteramt; 803. Ilntt; 1267. HsfliuItbeirMii;
737; 1129 f. Hstellen, unbesetzte: 130 C;
Hsystem; 7t.; 84; 851 f.; 354, t. Ihenral-
tung; 1426. Hvieh; 11. Hweitüun; ll,6a6£
Hzaun; 543. Ilzeudei', 210. S. «nch Vröo-
hof, (Jnmdgericht. Grundberrschaft.
Hohlmafse für Flüssigkeiten; ü, 500 f.
Holr, Hbau; 8; 138; 544. Hbestwd, Recld«
am H.; 14. Hgewalt; 292; 387. HhMdBl;
n, 826. Hkohlen: 516; H, 326; 881. H-
mangel: 517. Hm&rk; 292; 387. Upreise:
H. 563 f. Hveri>raiich ; 516 f.
Honig; 505.
Hopfenban; 562, i (-563).
Hon«! in Urkunden; 670, » (S71).
Hospitaler; 848, • (849); II. 251.
Hostilicium; 1025; 1121.
Hotelwesen ; II, 252.
Hufe. H. als Ackermafs; 367. altkAlnücteJ
H.; 345 f. Auffllllung der alten H.; 373;
379f Heiiiheit: 347. Fronbof und H.: 756
Gröfsü der H.; 3461'. Gnuidholde und H,
12381'. Hagerh.; 367 f. kölnische H.;347t
HIand: 334 f. MtninialgrOrse der H.; 124;
Preise; 868 f; II, 581 f. R^st«r; II, 779-
Rottland und H.; 377f Hschlag; SS-b, i
Spe/ialh.; II. 179. Steuerverband der H.
370f. Tausche; 346. Teilungen ; 366 f. H-
Verfassung; 332f ihr Verfall; 36
liai; II, 670. Hveraeichnisi II, 757- Zahl
der H. im Fronhof; 741 f an i\nem Orte;
376 f. ZerBplittenmg;864;867;1233. Zinse;
II, 593 f.
Hühnerpreise; H, 549. Htlhnerrins; 539, e.
Huldigungsptlicht des Grundhalden: 1199.
Hundding: 208, i; 1046,
Hunde; 10.
Hundert, grofses und kleines H.; II, 9 f.
Hnndertachaü älteste H.; 59. Dekanat und
H.;254, I. Fiskus und H.; 730 f. Ortf«
der H.; 264 f. Kontrolle dir IL Qber Ge-
wicht, Mafs, Mlinie; 2.59; 302f.: 11.481.
1
— 1583 —
Sachregister.]
H. als Wirtschaftsverband; 259 f. H. und
Zendereien; 265 f.
Hungersnöte; 589 f. Auswanderung bei H.;
592.
Hunnengerichtsbarkeit ; 1 136 f.
Hunnischer Wein; 570 f.
Hunsriick; 99. •
Hydrographie des Mosellandes; 63 f.
Hypokaustensystem ; 138.
Jäten der Saat; 556.
Jagd; lOf.; 15; 469f.; 480; 485f.; 494f.;
497 f. hohe J.; 471; 485 f. Jbeute; 14.
Jfronden;786. Jgeräte;498. Jrecht; llOf.;
283 f. J. auf schädliche Tiere; 300. Jschlös-
ser ; 498. Jtiere ; 498 f.
Jahn; 456.
Jahresbudget, Höhe einzelner J. ; 1459 f. Jahres-
gehalt, Höhe des J.; II, 574 f.
Idarwald; 99.
Identität der räumlichen Abgrenzung staat-
licher und autonomer Verwaltungen; 197.
Immobiliarcrbrecht ; 626 f.
Immobilien, Auflassung von I.; 630. Ver-
äufserungsfähigkeit für L; 630 f.
Immunität, ältere L; 1015 f. grundherrliche;
1023, 4; 1015 f ; 1268. jüngere I.; 1019 f.;
1131 f. landesherrUche I.; 1022 f.; 1347.
Beunde-I. ; 1015, 2. Disziplinargewalt in der
L; 1118. Finanzwesen; 1024 f. Fronhofs-
vogtei und I.; 1090; 1125 f. Gerichtsver-
fassung; 1031 f. Heeresverfassung; 1080 f.
Hochgericht; 1033 f. Steuererhebung; 1017 f.
Ivogtei; 1110 f. Zollfreiheit; 1018.
Individualbürgschaft bei Pachten; 958. Ver-
teilung des Individualgnindeigens ; 83 f. die
Allmende wird individualer Markgemeinde-
besitz; 388.
Industrie und Holzverbrauch; 516 f.
Inforestierung s. Einforstung.
Inkorporation von Pfarreien; 687. von Reichs-
abteien; 1281.
Inmärker; 294.
Institute, kirchliche s. kirchliche Institute.
Intercursus; 1205 f.
Introitus iudicum; 1016.
Inventare; 850 f.; II, 708; 715; 746; 767 f.
Juchland; 335.
ludei domini; 1472.
Juden, allgemeine Geschichte; 849; 1449 f.
J. als Ärzte; 1452t. J. als Bankherren;
1450 f. Eidstabung ; 1458, 6. J. als Finanz-
minister; 1472 f. Handel; 1452. Pachte;
1456. Precarien; 1456. Recht; 1276; 1453 f.
Verwendung im Trierer Landeshaushalt;
1468 f. Weinhandel; 1452. Zinsen; 1452;
n, 608.
Iudex, karolingischer; 719 f.; 804 f.; 1044 f.;
. 1110 £; 1136.
Jungfemwein; 579.
Juniorat; 941.
Kaiendarien; H, 704; 710; 717; 721; 725;
746; 750; 764 f.
Kalk; H, 527. Kbrennerei; II, 334. Kofen-
bann; 1002. Kpreise; H, 528; 564.
Kameral-Statistik; H, 691.
Kammerforste; 112; 473 f.; 483 spez. 483, 1;
998.
Kammerherren; 1471.
Kämmerer; 803, 1; 1469 f.
Kanon; 943 f.
Kanzlei; 1441 f.; 1477. Expedition; 1441 f.
Rechnungswesen; 1432; 1443; 1477. Re-
gistratur; 1442 f. Stil; 1442.
Kanzler; 1432 f.
Kapellen. Erhebung von K. zu Kirchen ; 252, s.
Kapitalverwendung; 133; 135. Kzins; II, 595 f.;
606 f.
Kapläne; 1431; 1477 f. K. auf Burgen; 1312.
Kappus; II, 327.
Karatbetrügereien; H, 473.
Karins, koninks K. geboet; 172.
Karolingerstaat. Charakter des K. ; 667 f. Do-
mänenverwaltung; 720; 801 f. Erzkaplanei;
802. Freie; 992 f.; 1152. Finanzen; 804 f.
Geiseln; 806. Heeresverfassung; 1287 f. Jä-
gerei; 803. Iudex; 7 19 f.; 804 f.; 1044 f.;
1110 f; 1136. Kämmerei; 803. Pfalzämter;
802 f. Rechnungsführung; 805 f. Seneschall;
803. Servitium; 806. Zentralverwaltung;
802 f. Zeughäuser; 806.
Kartoffeln. Einführung der K.; 162.
Käse; 535; U, 327. Kpreise; II, 560 f.
Kastanien; 563; II, 326.
Kataster. Aufnahmen ; 331 ; 608. Bestrebungen
zur Herstellung eines K.; 331, t. Ein-
tragung; 378 f. Güterbeschreibung nach K-
art; n, 668; 754f.; 771. Kwesen; 296f.
Kathedralsteuer; 1283 f.; 1335.
Kauf und Tausch; 1444. K. bricht nicht
Miete; 943.
|R
Kaufleute, unfreie; 1166 t'.
Kautionen bei Pachtungen; 955 f.
KMiwerEioer i 14-50; 1453-
Kehre; 840. g.
KeUervirtscbafl; 583 f.
Kellner; 823; 1390; 1399f.; 1410 f.: 11, 172.
Bureau der K.; 1416; 11, 183; 135. Burg-
fcellner; 1418 f.; II, 172. Kntlastung des K.;
14171 geistlicher K.; 839 f. Meier und K.;
1419 f. KediQUDgawesen : 1417 f. [Jnter-
Fezeptureo; 1419 f. VerjHicIitiingen durch
den K.; 1414. 8. auch TJnlerkellner.
Kelten; 75 f.; 149 f.
Kelter; 581. Kbnum; 1002. Kknecht; 906.
Kelto-romaDische Kultur; 3; 75f.: 148f.
Kerbholzrechmug; 841; 1890; 1444; D, 6, i.
Elllwald; 96 f.
Kindbede; 1206.
Kindbelterinnen ; 465, t.
KindertreqiieaK grundböriger Ehen; 1236,
Kindgeding; 117, n; 1S06. |
Kirche. Asylrecht der K.t 1023; 1059, i. K. i
und Kolonisation; 115 f.; 699. KdJenst;
1220, 1. K. als feste Plätie; 1309. Frei- |
lasüung und die K.; 1320f. Geschworene; |
288; 320. Kgriindung; 115f.; 338; 699. |
Kgut, Bestitution; 712. Onveraofgeriichkeit ; I
692 f. Hundertschaften und K.; 246. Khöfe, j
Asylrecht; 1059, i. Kpatronat; 119; 1005f.
Knuh; 709 f. Salhof und K.; 116. Ksatz;
12-57; s-KpalroniL Schutz der K.; 1062 f. I
Kspiel: 24H. Kweih; II, 2.7.7- ,
Kircliliche Gewalt und LandeHgewalt; 127^f-
k- Erwerbspolitik ; 637 ; 670 f. k. Gemeinde-
lasten; 608. k. Institute im Verfall; 846 f.
k. Verwaltung; 826; 889.
Klauantirinnenstitlungen ; 164.
Kleebau, Folgen desselben; 162.
KleininduEtrie: U, 333.
Klenis. Teilnahme des K- an der grundhen^ .
scliaftlicben Verwaltung : 825 f- an der land- .
wirtschaftlichen Thätigkeit; 462 f. Verrog- 1
tung; 1062. j
Klima des Mosellandes ; 72. Veränderung des I
K.; 596, .. j
Klöster. K. als Banken: 849; 1446 f: Be-
amtenwahl; 827 1, Eintrittsgeld zum K, ;
679 f, Filialen; 831 f. Gründungen; 681. j
königliche K.; 826. t. Lebensveraorgtug; i
678 f; 68.5. Kordnungen; U, 724; 728; 747; '
763; 76a- Kreformen; (176f.; 680; 691,
Verfassung; 826f- Vermögen; 1281, i.
Kluckerti 11, 446-
Köblenzer Münze; II, 4-56 f K. NaehmiinKUBg;
II, 419 f.
Kühlerei; 516-
Küln. Bedeutung fUr den westdeutschen Han-
del ; n, 336 f. K. Ausprägung ; 11, 401.
Denare; II, 411 f. Münzgeschichn*; 416 £4
4.57.
König. Die K. aU Scbenkgeber ut die Kirche; 1
675 f. Khufe; 348 f. Kmeier; 732. .;
Silber; 11, .^e, Kzin«; 1025.
Königliches Allmenderechl ; 469 t. K. Ba
leihe; 190. K. BIntbann; 1273, ». K. Bodm-
regal: 103 f. K. Gerichtsbarkeit; 1273 f.
Grundbesitz 1 718. i. K. Munt; 1068.
Königttun- Ausbildung des K-: 59 f.
KoUegialsystera der Zentralverwaltung; liiS.
KoUeJttiveigen an Ackerland; 284 f.
KoUiliertät; 12191
Kolonat, rümisclies; 891; 1447.
Kaloneu, nttermärsige; 137.
Kolonialkirciien.BezehntuDgsrechtderK.; 116)1
Kolonisation der kirchlichen GrtindherrvD ;
687 f. der weltlichen Onmdlierren : 69t
auf KirchsatB; llSf. Kpachten; 959f.
KommeniUtion; 899.
Konifort; 545; 8-52.
Komraifisionen iu der gnmdherrschalUicIiea
Verwaltung; 823; 825; 830. in der landes-
herrlichen Verwiltnng; 1325; 1438 f.
Komm nun 1 Verfassung. F.nt»-icktung der K, ii
nui-biilb der Mark; 318 (.
Konlisziertea Gut; 1118, a.
Kousensrecht s. Zustimmnngereclit,
Konsolidation; 85.
Kontelwald; 97.
Konversen s. Laienbrüder.
Konzeption, aurserehellche; 1235.
Kooptation; 172; 233; 311, i.
Kopfzins: 1180 f. Klaute; 1225 f.
Kopfsteuer; 1028; 1098.
Kopiare; H, 677.
Korn (im Münzwesen); II, 393 f.
Kornpreise; 11, 618. s. Gerste-, Hafer-. Rog-
gen-, Spelz-, Weilenpreise.
Kourantgeld; II, 383; 417; 43-').
Kredit, langfristiger — kurzfriatiger; 11, fi07 £
K. ah Machtmittel der Landesrerwaltung;
144öf.
KredittÜhigkeit der FronhOfe und der Grund-
heiTschatt; 834; 840, t. der Landesregie-
rung; 1446 f.
1585 —
Sachregister.]
Kreuzzugsschenkungen; 638.
Krieg. Kauszug; 1291. Kbesoldung; II, 572.
Kdienstverfassung; 1298; 1308 £ Kführung
der Amtleute; 1396 f. barbarische; 128. K-
gewalt, YOgteiliche; 1120. Khauptleute;
1440. Kknechte, freie; 1157. Kpflicht;
1287 f. Kwesen; 1287 f.
Kritik. Reale Kritik und Ableitungskritik der
QueUen; II, 11.
Kröver Hochgericht Schilderung des K. H.
180 f.
Krummenschnitz ; 506.
Küchenmeister; 823; 1469 £ Krechnung 1471.
Kultur. Wandelbarkeit der K. ; 128 £ Wasser-
scheide und Kgrenze; 65 £
Kunst und Wirtschaft, vornehmlich im früheren
Mittelalter; 849 £
Kimstweiden; 91.
Kupfer; II, 830.
Kurien, geistliche; 1276 £
Kurmede; 870, 2; 647; 649; 923; 925£; 1182£;
1205; 1210; 1217 £; II, 231 £ Durzins und
K.; 1186, 2. Hauptmannschaft und K.; 1186, 2.
K. der Leibeignen; 1229.
Kurs; II, 448; 475. Kbezeichnung ; II, 390.
Kurvereinsmünze; II, 468 £ s. Münzverein.
liaeten; 151 £
Lagemorgen; 389.
Lahnweinbau; 569, 5 (570).
Laienbrüder; 678 £; 690 £; 773; 819.
Land. Allmenden und Landesherren ; 108; (469) ;
1840. Amtmann als Lanwalt; 1330 £ L-
ausbau der kirchlichen Grundherren ; 687 £
Iherrliche Bannleihe; 1137. Beamtentum;
1846; 1405. Bauverwaltung; 1407. Bede;
301; 1335. Befestigung; 1270 £ Bodenregal;
108. Burgenbau; 1270 £; 1285 £; 13ia£;
1347. Boten; 1419. Budget s. Finanzen.
Domanium; 1257. Dorfordnungen; 1341. L-
eigen s. den bes. Artikel. Lfahren; 1157.
Finanzen; 13:32 £; 1343; 1347; 1466; 1479.
Lfrieden; II, 278; 293 £; 465 £ Gebiet;
II, 291 £ Gemeindebehörden als Beamte ;
1339. Gensdarmerie; 1302. Gerichtsgewalt;
1272 £; 1323 £; 1343; 1347 £ Lgeschrei;
1292. Gesetzgebung; 1258 £ Lgewalt s. den
bes. Artikel. Lgüter s. den bes. Artikel.
Gnmdherrlichkeit und L.; 1255 £ Heeres-
gewalt; 1219 £ Immunität; 1022 £; 1847.
Lehngenossenschaften; 918 £ Mafse; II,
489. Lnutzung; 284£; 620£; 899£, 921£
Lordnungen; 1254, s; 1354. Markherriich-
keit und L. ; 1255, 4. Münzmonopol und L. ;
H, 353. Polizei; 1011, s (1012); 1277;
1302, 2 ; 1854 ; 1392 ; H, 298. Lpreise ; 868 £
Produktenpreise; 1240. Lrat; 1428 f. L-
recht; 104 £; 1858. Regalien; 1404 £ Rent-
meisterei; 1480. Lschöffe; 208. Sicherheit;
1068. Lsiedelleihe ; 959 £ Lstadte; 822;
1886; 1842 £ Lstände; 1842 £ Lsteuem;
1838 £ Lstrafsen; U, 286. Lvermes-
sung;841£ Lwehren; 1290. Lwehrpflicht;
1292 £ Lwirtschaft s. den bes. Artikel. L-
zender; 172 £; 210. Lzölhier; II, 285. s.
auch Territorialität
Landeigen, Entstehung desselben; 21; 41 £
Erbrecht an L. ; 86 £ Erbfolgeordnung; 89 £
Landesgewalt L. und Dorfgemeinde; 1888 £
L. und kirchliche Gewalt; 1278 £ L. und
Grafengewalt; 1272 £ L. und Lehnsherr-
lichkeit ; 1262 £ L. und Markgenossenschaft ;
1338 £ L. und Reichsgewalt; 1268 £ L.
und Vogtei; 1068; 1110; 1182; 1186; 1258£;
1847.
Landesherr s. Land.
Landgüter und Herrschaften. Gröfse; 88 £
kleinere L. ; 878 £ Preise derselben ; U,
582 f. Zins; U, 598 £
Landwirtschaft fixklusivität der L. bis ins
18. Jh.; 461. Geräte der L.; 9; 555 £ L.
und Kirche; 462 £ L. und Laien; 463.
Litteratur derL.; 464. Rentabilität der L. ;
619 £
Langhalm ; 525 £
Lasten, grundhörige, markhörige; 797 £ Frei-
heit der SchöfiFen ; 1055 ; II, 659. Höhe und
Charakter; 778 £ Radizierung; 1180£ Un-
gleichheit; 708 £ Unveränderlichkeit; 707 £ ;
II, 648; 655; 663. Veranlagung; 784 £;
789 £
Lateinischer Ausdruck in den Urkimden,
Schwierigkeiten desselben; 268.
Laubfallnutzung; 507.
Laubfütterung; 581.
Lebensversorgung durch Klöster; 678 £; 685.
Lederpreise; II, 564 £
Legierung; II, 879; 398.
Lehen. Ladel; 1161 £ Allodifizierung der L.
877 £ Anweisung; 882 £ Auftragung; 882 £
1262 £; 1298 £ Lbücher; II, 709 ; 718 ; 769
778; 782. Burgen und Lwesen; 888, 2
1312 £; 1319; 1872 £ Dienstlehnsvertrag ;
[Register.
— 1586 —
877; 880 f.; 901 f.; 1169; 1298 f.; 1813;
1873; 1428. Ldingpflicht; 1265 f. Lgelder;
1476. Landgenossenschaften in L. ; 918 f.
Lgut ; 876 f. Lherrlichkeit und Landesge-
walt; 1262 f. als soziales Ferment; 1141 f.;
1161 f. Lhof; 1265f. Kriegspflicht; 1263;
1265. Kriegsverfassung; 1270; 1295 f. li-
gisches L.; 1298. Mannlehen; 1265. Mi-
nisterialität und L.; 901 f.; 1172; 1266 f.;
1304. Lnexus verdunkelt ; 877 f. politisches
L.; 900 f. Lrente; II, 609. Lträger; 790.
Lvergabung aus der Grundherrschafb; 875 f.;
882 f. Lvertrag und remuneratorische Pre-
caria; 899. Lverwaltung; 1479. Zeitlehen;
883, 8. S. auch noch Dienstlehen, Pacht-
lehen, Zinslehen.
Leibeigene. Dingpflicht; 1229. Disziplinar-
Stellung; 1230. Kurmede; 1229. Zinspflicht;
1229. L. im späteren Mittelalter; 1223 f.
Leibgeding; 896.
Leibrenten vertrage; 685; II, 609.
Leibzucht; 940.
Leiengrubenbann ; 1002.
Leiheformen, freiere. Entwicklung der fr. L.;
889 f. S. auch Landsiedelleihe.
Leinpfade; 1355; II, 242 f.; 276.
Leinweberei; 563; 588.
Leistungen s. Lasten.
Leprosenhäuser; II, 251.
Lesen und Schreiben, Unkunde; II, 643.
Lex Anglionun et Werinorum; 4. Chama-
vorum; 6. Ribuaria; 5; 156 f. Salica; 3;
6; 157. Im einzelnen vgl. unter Chama-
vonini, Ribuaria, Salica, Thuringorum lex.
Liber domini; 1416; II, 251. 1. expensarum
domini; 1471. Libri aurei s. Codices aurei.
Liegenschaftsübertragung gesamter Hand ; 633 f.
Ligisches Lehen; 1298.
Limburger Münze; II, 457 f.
Linde. Die L. als Dingbauni; 1058.
Liten; 1151, 2; 1192, 4; 1214.
Litteratur, landwirtschaftliche; 464.
Lohe; II, 326.
Lohheckenwirtschaft; 88; 126; 511 f.; 515.
Lohnverzeichnis; II, 776. Lohn der Hand-
werker; II, 570 t.
Loi de Beaumont s. Beaumont.
Lokalbetriobe des Fiskus ; 724 f.
Lokalmärkte, grundherrliche; 815.
Lokalmafse; II, 486; 4H8; 496 f.
Lokalverwaltnng, territoriale ; 1254 f.
Lombarden; 14o0; 1452, 1, 3; 1453, 1; 1458.
Losungsrecht; 629 f.
Lotharienses; 77.
Lotterpfaffen; 1157.
Ltibisch ; U, 468.
Luft giebt Recht; 1154; 1202.
Lustbarkeiten, öffentliche; 1005.
Luxus, geistlicher des früheren Mittelalters;
849 f. weltlicher; 851 f. Gesetzgebung gegen
den L.; 852. L. und Komfort; 852. Diener-
luxus; 851 f.; 879 f. Gartenluxus; 562. Ge-
leitsluxus; 1302, 8; II, 255.
Hagazinierung; 844; 594; 596; 888; 844;
1355; 1400.
Magenhaftung; 23 f.
Mainzer Denare; U, 415. Gulden; U, 463 f.
Majorat; 941.
Mtgoritätsrecht; 46; 310 f.; II, 4.
Malter; II, 508 f.
Mancipium; 1195.
Mannigfaltigkeit von Mafs und Gewicht; H
484.
Mannlehen; 1265.
Mannwerk; 409 f.
Manuale cellerarie; II, 715.
Manusfinna; 685; 893, 4; 961, 2.
Mark, kölnische; 400 f. Mgewicht; U, 507.
M Währung; II, 508.
Mark; 463. M. == Gericht; 260. Ämter in
der M.; 311 f. ; 314 f.; 1006 f.; 1079 f. Aus-
dehnung der M. ; 13; 284. Aussonderungen
aus der M.; 273; 389. Begriff der M. ; 282 f.
Berechtigungen ; 288 f. Mding; 307; 313f.;
1079. Eigentum an der M.; 283, s. Finan-
zen; 300; 1010. Gemeinde s. Genossen-
schaft. Genossenschaft s. den bes. Artikel.
Gröfse; 266 f. Mhenlichkeit; 390 f.; 695 f.;
797 f.; 996 f.; 1078 f.; 1085 f.; 1255, 4. M-
höfe;689. Mhörigkeit; 797 f.; 1010 f.; 1158 f.
Kommunalverfassung und M.; 318 f. Kon-
dominat; 278 f.; 697. Landeshoheit und M.;
133« f. Mlosimg ; 284 f. ; 449 f. ; 629 f. Ober-
eigentum, grundherrliches ; 390 f. Mrecht
ausgebauter Dörfer; 293 f. Mstreitigkeiten;
270 f.; 291, s (292). Subaltembeamte; 315 f.
Mverfassung; 276; 281 f. Mvergehen; 1113.
Mversammlung ; 309 f. Mverwaltung; 294f.
Mvogtei s. den bes. Artikel, vgl auch All-
mende, Aufsenmark, Markgenossenschaft
Märkergeld; 299.
Markgemeinde s. Markgenossenschaft.
— 1587 -
Sachregister.}
Markgenossenschaft. Autonomie; 286 f. Bede;
299. Besteuenmgsrecht; 1010. Edelmärker-
schaft 8. u. diesem Artikel. Eigentimi der
M. an der Mark; 288, «; 388. E^nungsrecht
s. Einung. Finanzverwaltung ; 300; 1010.
Fischereirecht; 283 f. Gastfreundschaft ; 466.
Geldwirtschaft und M.; 308 f. Jagdrecht;
283 f. Landnutzungsrecht; 284 f. Rechnungs-
wesen; 298. Rechtlicher Charakter; 282, 9.
Rügepflicht; 313 f. Städtische Autonomie
und M.; 309. Steuererhebimgsrecht; 298.
Sühnegerichtsbarkeit; 227, a. Unterstützxmgs-
pflicht; 226, 2. Verftigungsrechte; 286 f.;
295 f. Verfall; 1287 f. Waldnutzung; 286.
Weidenutzung; 286. S. auch Mark.
Markt; 1275; II, 256 f. Accise; H, 319. Frie-
den; II, 264 f. Gerichtsbarkeit; II, 264.
gnmdherrlicher M.; 815; 1003; H, 257 f.;
260 f. Mplatz; II, 267; 270. Mregal; 1277 f.;
II, 268. Mrecht, niederes; 1276; 11, 257;
262. Mschiffe; n, 254. Wochenm.; H, 260 f.;
264.
Markvogtei; 1075 f. Markämter unter ihr;
1079 f. Bede; 1080 f. Markding; 1079.
Fronhofsvogtei und M.; 1090 f.; 1108 f.
Nutzungen; 1106 f. Schutzgeld; 1080 f.
Marmor; II, 334.
Marschallamt; 1296; 1440 f.; 1476.
Mart}Tologien ; D, 702 f. ; 721 ; 750 ; 764.
Mafs und Gewicht; 1076; II, 481 f.; 497. M-
bestimmung; II, 497. gehäuftes M.; 788.
Grundherren und M.; H, 482; 484; 510.
Hundertschaft und M.; 259; 802 f.; II, 486.
KontroUe; 803; 1008; II, 488. Schwan-
Inmgen; U, 486. Verwirrung; II, 486.
Massenerscheinnngen; 11, 4; 15.
Masteichelsammeln ; 786.
Materialismus des früheren Mittelalters ; 1162 f.
Materielle Lage der landarbeitenden Klassen
gegen Schlufs des Mittelalters; 1288.
Medem; 103 f.; 105 f.; 107 f.; 112; 392; 475;
514; 919; 1106. Mgut; 406; 425. Mrecht;
' 894f.; 458f.; 475; 498; 514f. Ausbau im
Mrecht; 896 f.
Mehl- imd Brotpreise; II, 559 f.
Mehlverkauf; 999.
Mehrheitsbürgschaft bei Zeitpachten; 970 f.
Meieramt; 761 f. Abkauf; 772. Erblichkeit;
736; 771 f. Fiskus und M. 724 f.; 782, 6.
Haftbarkeit ftir Froneinnahmen; 764. Kell-
nerei und M.; 1419 f. Kontrolle der All-
mende; 766 f. des Beundedienstes; 480 f.;
451; 762 f.; 772; H, 166 f. Landesverwal-
tong und M.; 1407. Lasten; 770. Mini-
sterialität und M. ; 819 f. Priester im M.;
773. Schicksal des M.; 878 f. Schultheifs
und M.; 728; 735 f.; 772. Servitien im M.;
834. soziale Entwicklung im M.; 767 f.
Verpachtung; 778 f.; 947. S. auch ünter-
meier.
Meilengeld; U, 534.
Meise. Bannmeise; 472; 474, 2; 500.
Meitzen über Königshufen; 358.
Meliorationen der Allmende ; 298.
Memoriale; H, 726.
Memorien; 683. Mämter; 835.
Menschenfresserei; 592.
Mergeln; 560.
Merkantilismus; 1853.
Messe; 105, 4; H, 220; 263.
Mefszeit; H, 261.
Metallindustrie; II, 332. Mpreise; H, 567 f.
Meth; 505.
Metzer Denare; II, 416.
Miete wird durch Kauf nicht gebrochen;
948.
Mietstruppen ; 1301 f.
Mietsverträge, freie; 1158.
Milchpreise; II, 561. Mproduktion; 535.
Miles perpetuus; 1302.
Militärhoheit; 59; 1332; 1843; 1346.
Militärische Rechte des Gnmdherm; 1018.
Miliz; 1294 f.
yinderfreie. Zahl derselben; 1282.
Minderwertigkeit der Münzen; H, 852.
Mineralische Wasser; II, 828.
Minimalgröfse der Hufe; 124.
Ministerialität; 54; 767 f.; 771; 775; 1039 f.
1163. niedere M. (Gesinde); 820 f.; 1128 f.
1167 f. höhere M.; 1129 f. Ämter der M.
822 f. ; 835. Burggrafentum und M. ; 1871 f.
Burgmannschaft und M. ; 1812. Entstehung
1142; 1167 f. Grundherrschaft und M.
819 f. Kindgeding; 1175. Krieg und M.
713; 880 f.; 1303 f. Lehnswesen und M.
901 f.; 1172; 1304. Markfronden und M.
819. Meieramt und M. ; 819 f. Rat aus
derM.; 1424 f. Ritterschaft und M. ; 1170;
1303. soziale Stellung der M.; 1167 f.
Mischkom; 552.
Mifswachs; 597.
Mitbesiegelung; 1074; 1424, 4 (1425).
Miteigentum; 642.
Mittelgerichte; 1032, 2.
[Hegiater. _ H
Mittelwald. Entstehnng des M.; 131.
Mobiliarvindiknlion, fränkiache ; li), i.
Mobilisierung der Bevöllterung ; 1157, M. des
Grundeigentums a. Gftlerbewegimg.
Modiuä; II, 510.
Moiler; 1002.
Mönche. Undwirföcliattlicbe Tbätigkeit der
M.; 462 f. Zu<lrang zum Mouclisleben im
10. Jb.; S4ä.
Moneta lei-is; D, 41äi 430; 42;^.
Monopole, grundherrilcbe; lOOS.
Montaiunduatrie: 516.
MoralisthesBewu Tatsein der fränkischen Zeit ; 57.
Moratorien 9. Schuld moratorien.
Mora»; 7«6.
Mörchen; II. 468.
Moi^en als Belastnngseinheit; ST2. Einteilung;
336 f. Grörse des M.: 344f. MaUMafB;
338 f. M. als Rodeeinheit; äS8 f. Mrute;
■M.
Morgengabe; 32 t',
Mort^main; 1182.
MoEelhufe; 346 f. Mmafs; II, 489; 492. M-
verkehr; I], 341; aw. Mweinbaui 566 f.
Mostartl'abrikation; 587.
Mühle. Asflrechl; 1001. fiunnm.; 801; 999.
Betrieb s. MQllereL Gerechtigkeiten; 585.
Öffentlicher Charakter der M.; 17. Recht;
584; 1001. Weistüner; 999.
MtÜilateine; U, S3S.
Müllerei; 16: .'ift4.
Mün/e; 137-J f.; 1401; II, 2G2; 268. betrieb;
U, 362f. Bild; II, 391. Funde; II, 397 f.
Üewitht; 11, 396; 400f. Iloheil; II, 351 f.
Kontrolle; n. 259; 302 f, Konventionen; n,
389. Mandate; U, 361: 399. Mmeister; R,
374. Monoiiol, territoriales: U. 3.53. M. als
Hominalwerte; 11, 385. Mordnungen; C, 359.
Pachtung; 964. Politik; U, 3,H; 356; 465 f.
Polizei; II, 357 f. Privilegien; U, 352; 357.
Probationen; U. 473. Mrecht: H, 351 f.
Reduktion; II, 4.59 f. Regal; U. 355. Re-
lationen; U, 399; 441; 447; 459. Mstätten
s. den bes. Artikel. Msystem, fränkisches ;
17 f. rheinisches; H, 4.53 £; 457 f. Um-
lauf; II, 374 f. Unsicherheit: U, 384. M-
verein; 1853; U. 460 f.; 384. Vermf; 11,
355:392. Verträge; II, 399; 464 f. Ver-
waltung; 11, 373f. Vern'immg; II, 383;
424 f. Mwerte; 11,6. Speaiell über Effektiv-
wert, Wührungsweil, Fundwert und Sollwert
s. II, 395.
M ünzerhausgenossett
463.
Münzstsnen ; U, 363t:
Uehen Fisd: II, Sl
neu bt^gründete; II
entstandene; 11, S
Mundilionen; 1214.1
Munt, königliche; IC
Muntäcbatz; 'H.
Muto aurena dujiliot
Mutter kirchen; IIS;
Mutungsrecht ; II, Ü
RTachbarrecht, 285}
cineorechL
Nachbarschaft; ChM
kischen Zeit; 20 £
Nnclienfischerei; 603
NachmimziiDg; 1464i
461.
Nachrichtendienst; 8
Nachtfischerei; 486;:
Nachtragsetal ; 147S<
Nacht£elde; 1026.
Nachtweide; 525.
Nadelholz; '90 f.
Naheweinbau; 566 &
Nahrungs- und Genn
11, 550 f.
Naturulpatbt-Geldp»
Natural Wirtschaft un
623 f.; 1444 f.; II,
schuft, natunvirt
syst
2 f.; n,
Naturgeflihl. Mittel»
Natürliche Bedingun
B. durch den Aul
649.
Nekrologien; II, 697
727; (735); 7-54; 7
Nenbruch. Gerichts
266. Grenzen; 101
124. Standorte; 1
bot: 111. Walduni
119 f.; 698.
Seufrcie Bevölkerung
11-53 f.
Nieden'hein. Hofeyi
Verkehr von denia
Niederwald ; 514.
Nobilis Anglie; II, 4
— 1589 —
Sachregister.]
Noble Fischerei ; 486 f.
Nominalrelation bei Münzen; 11, 448; 474.
Nominalwerte. Münzen als solche; n, 385.
Nonnenklöster, wirtschaftliche Entwicklung der
N.; 848 f.
Normalien; U, 268; 483 ; 485 f. ; 494 f.
Normalkurs ; II, 448 f.
Notare; 1432; 1441. Notarius imperii oder
imperialis aule; 726, a.
Novalzehnt s. Neubruchzehnt.
Nufsbaumzucht; 563 f.
Nüsse; II, 326.
Nutzung an der Allmende; 14; 148 f.; 284 f.;
464 f.; 1106 f. am Boden überhaupt; 604 f.;
625 f.
Obedienticnsystem ; 975 f.
Oberaufsichtsrecht, geistliches; 1279.
Obereigentum. 0. des Geschlechts ; 626. des
(Trundherm; 390 f. des Vogtes; 1073.
Oberhöfe; 1037 f.; II, 652.
Obermärkerschaft; 314; 478 f.; 1076.
Oberrechnungskammer, die Kanzlei als 0.;
1432; 1443; 1477.
Oberrheinischer Verkehr; II, 340.
Oberschultheifsen; 734; 1127.
Oberweseler Münze; II, 457 f.
Oblata precaria; 891 f.
Obstgärtnerei; 563 f.
Ödhufen; 123. Ödland; 89 f.; 92. s. Wüd-
fange.
Öffnung, jährliche des Weistums; II, 641.
Öflfnungsrecht der Burgen; 1263; 1272; 1319.
Okonomus; 1435.
Öl; II, 327. Ölbereitimg; 564; 587.
Offenhäuser; 1263, 4 (1264).
Ofßzialatsverfassung; 1279 f.
Ohm ; II, 510 f.
Okkupationsrecht; 385 f.
01k; 405; 425.
Orographie des Mosellandes; 69 f.
Ortsgemeinde; 275 f. Stellung des Ortsge-
meindeverbandes in der deutschen Verfas-
sungsentwicklung; 169.
Ortsgründungen urkundlich überliefert; 185.
Ortsnamen, lateinische ; 150. keltische; 150 £;
154 f. slavische; 152. auf -heim, -ingen,
-bach, -weiler, -feld, -rath, -scheid, -hofen
und -hausen; 153 f.; s. auch noch S. 135;
II, 45.
Ortsstatistik. Verwendung der 0. zur Bevöl-
kerungsstatistik; 163.
Ottemfang; 500, i.
Ottonenzeit Wohlstand der 0.; 78.
Pacht Bauverbindlichkeiten bei F.; 949.
Pbücher; U, 698; 710 f.; 712; 721 f.; 723 f.;
731; 743; 753; 755; 757; 763; 766 f.;
768 f.; 773; 775 f. Pdinge; 982. Empfäng-
nis; 941. Erbpacht s. unter Erbe. Elrb-
folgeordnung ; 938 f. freie P.; 137; 1257.
Geldwirtschaft und P.; 972; 1445. Ge-
nossenschaften; 977 f. Halfenp.; 962. In-
dividualbürgschaft bei P.; 958. Inventar;
946. Kaution; 955 f. Kolonisationsp. ; 124;
959 f. Kontravention; 955. Plehen: 902;
983. Meierämter in P. ; 778 f. ; 947. Münzp. ;
964. Neubruchp.; 124. Pfandsatzung bei
P.;955f. Pschilling; 943f. Synchronis-
mus der Pformen; 937 f. Ptermin; %5, ».
Vitalpacht s. u. d. W. Zeitpacht s. u.
d. W.
Pächterstand; 938.
Pagament; II, 389 f. Pgulden; II, 474. P-
mark; II, 456 f.
Palastkellner; 1476. Pverwaltung; 1470.
Paraveredi; 1025; 1121.
Parcoiu-s, droit de; 526 f.
Parforcejagd; 499.
Parke; 562, b.
Parochialauizählungen ; 249, a; 252, 9. P-
gemeinderecht; 239, s.
Partikularmarkgenossenschaften ; 277 f.
Parzellienmg, gegenwärtige; 84 f. frühere
Höhe; 379 f. der Wemberge; 407 f.
Patrimonialgerichte; 1347 f.
Patriziat, kleinbürgerliches; 1165.
Patronat s. Kirchenpatronat
Pensionen; 1386 f. Pgeschäfte; 678 f.; 685.
Pschweine; 770; 787,6. Pstatute; 977 f.
Psystem; 975 f. Verleihungen an Aus-
wärtige; 980, 8.
Perpetualien ; 1442; II, 681 f. Erhaltung der
P.; 935.
Persönlichkeit zur Geschichte derselben; 27.
deutsche P. zur fränkischen Zeit; 19 f.; 56 f.
Problem einer Geschichte der P.; 19.
Personalbestände von Klöstern und Stiftern;
845 f.
Personallasten. Radizierung der P. in natural-
wirtschaftlicher Zeit; 291.
[Register.
- 1590 —
Petrus Brabantie; II, 446.
Pfalz; 721; II, 250. Ämter; 802 f. Bauten;
544. Pgraf; 802.
Pfändungsrecht, gnmdherrliches P. in den
Beunden; 426. P. desZenders; 198; 219 f.
Pfändrecht als Weistumsinhalt; 11,638. Pfand-
satzung bei Pachtungen; 955 f.
Pfarreiverleihungen; 686.
Pfarrkirchenbesitz; 656.
Pfennig, ewiger; II, 262.
Pferde. Lieferung von P.; 1025; 1289.
Preise; II, 544 f. wilde P.; 497. Zucht;
12; 76; 77, 4; 532 f.
Pflasterung; II, 384.
Pflug; 555. Bedienung; 556. P. als Be-
steuerungseinheit; 371. Pfahrten; 557 f.;
783. Pfronden; 421; 430 f.; 435; 437.
Pfimd, karolingisches ; D, 400. Trierer; II, 402 ;
506 f.
Pichterbau; 409 f.; 903 f. Pgüter; 411 f. s.
Weinbau.
Pilger als Boten; II, 253.
Platzregen. Wirkung von P.; 545.
Politisches Lehen ; 900 f.
Polizei; 1011, s (1012); 1277; 1302, s; 1354;
1393; II, 293. spez. Münzpolizei; U, 357 f.
geistliche P. ; II, 361 f.
Pontaticum; 1017.
Ponten; 1003; H, 245 f.
Prachtbauten. Schicksal der römischen P. ; 78.
Praebendae sine mensa; 974.
Praebendesystem in den Klöstern; 983, b.
Prägekosten; II, 391.
Prälaten; 1424.
Prämonstratenser ; 137.
Präsentfisch; 487.
Precaria; 685; 891 f.; II, 91; 97; 99; 101.
p. data 891. p. ludeorum; 1456. p. oblata;
891. p. remuneratoria; 899. Zmszahlung
bei Precaria ; 895 f.
Precarium; 891.
Preise; II, 512 f. Charakteristik; II, 513.
Entwicklungsreihen; II, 611 f. P. der
fränkischen Zeit; 17. Pgeschichte ; II, 601 f.
Pkampf; 1444, i. Psch wankungen ; 591 f.;
597 f. Psteigerungen ; 1239; II, 616. Ptaxen;
II, 513. Zusammenstellung vonP.; II, 6, i.
Prekarei s. Precaria.
Pressionsmittel, geistliche P. für Schenkungen ;
670 f.
Priester als Meier; 773.
rrior. Stellung des P. in der Vei-waltung ; 829.
Privatwald; 14, s; 48; 104, s; 108.
Privilegierung, königliche P. und Landes-
gewalt; 1268.
Privilegium de non appellando, de non evo-
cando; 1273 f.
Problem einer Geschichte der deutschen Per-
sönlichkeit; 19.
Produktenpreise; 1240. Sinken der P. im
15. Jh. ; 622 f.
Projektion, räumliche, der Wirtschafts- und
Rechtsverbände; 263 f.; 269.
Prokurator; 1485.
Proletariat, ländliches; 1282 f. städtisches;
1286.
Proprietas; 891, 2 (892).
Propst; 738. Stellimg des P. in der Verwal-
tung; 829. P. als Zwischeninstanz zwischen
Zentral- und Lokalverwaltung der geistlichen
Grundherrschaften; 881 f.
Prozessionen; II, 257. Pverbände; 252 f.; II,
257 f.
Pseudomarkgenossenschaften; 280.
Quartiemahmerecht, königliches; 1270. Q-
meisteramt; 808.
Quellen, Ableitungskritik; II, 11. zur G. der
Flunerfassung; 331; U, 779; 783. zur 0.
der staatlichen Verbände; 195 f. zur G.
der Stiftsverwaltung; 973, 1. Urbarkritik;
II, 59 f.
Radizierung. Tendenz der Naturalwirtschaft
zur R. von Personallasten; 291; 1180 f.
Rat; 1423 f. Bildung; 1428. Bürger im R.;
1424. Domkapitel undR.; 1424. Dorfrat;
320, 1; 322, I. Gehalt; 1430. Geschäfte;
1438 f. R. in Kleinstädten; 820, 1; 822, 1.
kommissarische Thätigkeit des R. ; 1488 f.
Ministerialen im R.; 1426. rechtsgelehrte
Räte ; 1432. städtische Räte ; 1345.
-rath: 170.
Raubbau : 127 f.
Raubburgen; 1316, e.
Raubritterwesen; 1065; 1163; II, 292.
Raubwesen; 57 f.
Rauchbrot, Rauchhafer, Rauchhuhn (mark-
hörig); 799 f. Rauchzins; 396, ».
Räumliche Projektion der Wirtschafts- und
Rechtsverbände; 263 f.; 269.
Real; 11, 446.
— 1591 -^
Sachregister.]
Realteilung; 877; 641 f.
Rechnungen; H, 692; 695; 696; 698; 708; 712;
714; 751; 758; 757; 759 f.; 762; 768; 771;
777; 779 f.; 781. Rführung s. Budgetierung.
Manipulationen; II, 5. Münze; II, 450.
Rlage s. Entlastung.
Recht Ranschauung, fränkische-römische; 4.
Rcharakter der Grundherrschaft; 1288. der
Markgenossenschaft; 282, 9. Einflufs des
R. auf niedriger Kulturstufe; 6 f. Rfindung;
II, 686. Rformeln; 7, i. rechtsgelehrte
Räte; 1432. natürliches R.; II, 649. R-
schutz; 138. Rsprechung; 828 f.; 1279 f.
Rsymbolik; 7; II, 493. Territorialität des
Rs.; 1155 f.
Rechtsverband des fränkischen Geschlechts
gegenüber der staatlichen Rechtsordnung;
28 f.
Rechts- und Friedenswahrung. Geschichte
derselben ; 1062 f.
Rechts- und Wirtschaftsverbände in der räum-
lichen Projektion ; 268 f. ; 269.
Reduktion mittelalterlicher Münzen; II, 391 f.
Reduktionstafel; II, 479 f. Rfaktoren in
der Preisgeschichte ; II, 602. R. der Zinse;
708.
Reformation und Territorialentwicklung; 1252.
Regalien; 1018; 1275 f.; 1384; 1387; 1847;
1404 f.; II, 263; 835. s. auch Bodenregal.
Registratur der grundherrschaftlichen Verwal-
tung; 841. der Kanzlei; 1442 f. R. und
Weisung; 842 f.
Regularklerus. finanzielle Schädigung des-
selben durch den Neubruchszehnt; 120 f.
Reich. Rabteien; 682; 693; 1281. Rächt; 1278.
Rburgen; 1170. Rburggrafen; 1356 f. R-
finanzen; 1274 f. Fiskus und R.; 180. R-
geleit; II, 291 f. Gerichtsgewalt; 1272 f.
Gerichtsverfassung; 1135. Rgut; 1256 f.
Rhofkänmierer; 726, a. Rho&otar; 726, s.
Rkirchengut; 1256, 7. Kriegsgewalt; 1269 f.
Landesgewalt und R.; 1256 fl; 1268 f. R-
ministerialität; 732; 1021. Rschöffenbare ;
782. Rschultheifsen; 727. Rverwaltung;
1276; 1356.
Reinergebnis der grundherrschaftlichen Ver-
waltung ; 844 f.
Reisemarschälle; 1476. Rpflicht; 1291 f.
Reispreise; II, 560.
Reiten; U, 248.
Reitpferde; 538.
Rekonstniktion der alten Hufeneinheit; 847.
Relation; 1434.
Reliquiare der spätromanischen Zeit; II, 878.
Reliquien. Schaustellung von R. ; 677 f.
Reluitionswesen ; 795 f.; 839; 1444; II, 881.
Remuneratoria precaria; 891 f.
Renovation von Urbaren; n, 667; 669.
Rentabilität des Landbaues; 619 f.
Renten. £)ntwicklung der R. auf dem platten
Lande ; 886 f. der Fronhof als Renten-
substrat; 885 f.; 1255 f.; II, 685. Lehens-
renten; II, 609.
Rentmeister; 1480.
Requisitionsrecht; 1289.
Ressortbildung; 1489.
Restitution von Kirchengut; 712.
Retraktrecht; 1208.
Revindikation der Allmende; 888.
Rezefs; 1418.
Rheinweinbau ; 566 f.
Ribuaria lex. Genauer besprochen sind; 12, s
S. 26 f.; 58, is S. 81; 35, a S. 81; 81
S. 32; 37 S. 32 fl; 56 S. 38 f.; 60, s S. 47
und 49.
Ribuarier; 5; 155 f.
Rinderpreise ; II, 545 f. Rzucht ; 584 f.
Rinensis Francia; 157.
Ripaticum; 1017.
Ritter und Altfreie; 1165 f. R. und Bauern;
1165 f. ritterbürtige Schöffen; 1050. Fron-
höfe und Rgut; 758 f.; 758. Rgüter in
neuer Zeit; 83. rittermäfsige Kolonen; 137.
R. und Ministerialen; 1170; 1303.
Robertusgulden; II, 446.
Rodung noch Hauptmittel materiellen Fort-
schritts; 123 f. Abgabe; 890. R. in den
Forsten; 112. Fronden; 148; 688. Fron-
tage; 124; 136; 890, 2. Gemeinschaft der
R. ; 337, 8 ; 888 ; 898 f. Gewannenr. ; 389 f.
R. im Hochwald; 111 f.; 475 f. Hufen in
R.; 853 f. Hufenland und R.; 377 f.
Morgen in R.; 338 f. Patente; 46 £; s.
auch Besiedlung. Verbote; 390.
Roggenpreise ; II, 555 f.
Rohstoffe und Fabrikate. Preise derselben;
II, 568 f.
Rolle; II, 105; 109; 214.
Romanische Häuser; 544.
Römische Kultur im Moselland ; 74 f. Recht ;
1242. Strafsen; H, 239 f. Villen; 145.
Wirtschaftshöfe; 145.
Rofsarztgewerbe ; 587.
Rotten s. Rodung.
[Segiiter. — II
Rottmeister; 1440.
Rotuius 8. Rolle.
ttilgep6iclil iler Harkgenossen ; 313 t des
Zmiders; 2l8f. Bgerichte; 1331.
Bllhren; 757 f.
RauCwagen; 12891:
Rtisticus; 1197.
Rut? ; 343 f. grofse R. ; 344, « ; 346. Mo:^enr.
344.
Rutschplennig; 793.
Saatpflügen; 557 f.
Saceharonen; 59.
Silkiilariwiion; 709 f.
Salgut: 334. g. Salttuid.
Snlhul'; 746. S. aJs Herd deE Ausbaues; 136.
Kirche als Pettmenx des S.; 116.
Siilicn lex. Genauer beBpruchen sind TiL 60
S. 22; .58 S. 2S f.; 89; SS S. 28; 70
S. 30f.; Extra». 96 S. 81i 78 8. 38t;
44 S. SiC: 59 S. 37 f.; 45 S. 42; 46 f.;
14, 1 S. 46 f.; Ext»v. 74 S. 48; 27, n
S, 48; EitHiv. 98 S. 49.
Salier; 151 f.; 157.
Salland; 89; 44 f.; 745 f.; 749 f. Gröfse;
753 f. gpexilisches S. und Grörse desselben;
7ß5f. Verpachtnng TOnS.; 7t)2. 8. zehn t-
frei; 118. s. auch Sügut.
Sfllmen&ng; 501; 962,t (963). Swässer; 501.
Salpeter; n, 383.
SnU: II, 828. Sgöter; 11, 828. Smafs; II,
49Ö. Sinunopol; 1004.
Salzeböl; 107 f.; 611.
Samtmarkgemeinden; 975.
Sanior pu»; 827.
Saijanten; IIJOI.
Samalen; 144 f.; 151 f.
SaVamg. altere S.; 1440;II, 609. jüngere ö.;95&
Saubatz; 499.
Saumtier; II, 249-
Schaden. Geldnetunen auf ü.; 953, i.
Schädliche Tiere. Jagd auf s. T.; 300.
Schafe; 12. Preise; II. 548. Weide; 537 f.
Zucht; 90; 515; 527 ; 586 f. ; 563.
Schaft; 376, i; 447; 605; 1027; U, 629. S-
gut; S3t; 651f.; 660f.; 1029; 1086; U,
221, Sregister; U, 779.
Schaukiiionopol ; II, 259.
Schnrdieust; 8I0f. Shufen; 820.
Schal/praxis; n, 377 f.
Schaiutellungen von Heiligen und Reliquien;
677 1.
Schenkimgen, kirchliche &.;
seilien: 682 f. Motive dcreelbcn: 670 t
.Sfreibeit unter Lebenden ; 639. S. ran
Todes wegen; 638 f. ; 685 ; 696 f.
Sdiiedsricbt«rstellung des Aratmaniis : 1330 f.;
1397. des Unmdherm; 1151. der Ilof-
genossenscliafl ; U, 636. des LaadedHvni;
1324 f.
Schieferberge; 580, i.
Schieferbnichpacht; 944.
ScUeferung; 574; 577.
Scliiffahrts- und Handelsverträge; n, 9
SchiffelwirUchalt; 72; 68; 128; 394; 883; 1
511 f.: 515; 536; .539: 767.
SuhitTsliau; II, 326.
SvliitfEDiilhlen; 585.
ächitilgidden; II, 446; 450 f.
Schirmhafer; 1318.
ScbUgBchatx; II, 269; 391.
ScUeitsUine; II, 335.
Schliersung der Mark nadi aiifu'n ; 466.
Schmalipreis; II, 561.
Sclimiede; 16; 5S7.
Schaffen. Asylredii; 1056. Bücher; U, 042) J
647; 661; 689; 721; 72.5. Ernennung; IStt.
Hochgerichtssch.; 21)5. Kooptation; 172;
235. Landecbofren ; 208. La^tenfrelheit;
10.^5; II, 679. MMtel der Seh.; 1058.
KutxungsTorteile in der Allmende; 46S.
Schordnung ; 192 f. ritterbOrtige t>cli. ; Ifr^lX i
Schrein; 631, 1. Stuhl: 1048 € des Heün-
gfriihts: 3« Note; 3'JO. Zabi der Sek;
1052.
SchnA'enbare Familieo; 1051. Rcichsschoffen-
bare; 732.
Scholaren; 1157.
Schonung des Wildee; 498.
Schreiben und Lesen, Unkunde; II, 643.
Schreiber; 1392; 1432; 1441; U, 183; 185.
Schreibwerk; 315; 825; 841 f.; 1442; 11,667;
673.
Schrein swesen, kleinstadtisches; 297, i. der
Schöffen; 631.
Schrot; U, 392.
Schuldjnoratorium; 624; 1355.
Schullheifs; 59; 176; 231; 733 1.; 772; ÜlS;
1052 f.; 1257; 1407 f.; U, 172 f. Seh. und
Meier; 728; 73.5e; 772. Hofsch.; 787;
1129 f. Obersch.; 728: 734; 1127. Reicha-
sch.; 727. StadlEch.; 730; 1330 f.; 134S1;
1408 f. s. auch Erbscbulxen.
Schutz. Schbricfe; 1019. Schgeld; 1068, •
— 1593 —
Sachregister.]
(1069) ; 1080 f. ; 1096. Schhörigkeit ; 1222 f. ;
1243 f. kirchlicher Seh.; 1062 f, Schver-
bände gegen die Vögte; 1133.
Schweigen ; 536 f.
Schweine. Mast; 484; 491 f.; 521. Pensions-
schw.; 770; 787,6. Preise; II, 546 f. Ter-
minologie; 11. Zucht; Hfl; 520 f.
Scutum secundum; II, 451.
Seelgeräte ; 835 f.
Seilmessung; 343.
Selbsthilfe. Geschichte der S. gegenüber dem
Staat; 1064 f. gegenüber den Vögten;
1132 f.
Send; 239. S. und Feldmessung; 342 f. S-
weistum; II, 625; 657.
Seneschalk; 803; 1469.
Seniorat; 1151, i.
Series viventium; U, 704; 710; 735.
Servitium; 833 f.; 1115 f.; 1119. grundherr-
liches ; 833 f. karolingisches ; 806. S. des
Meiers; 834. vogteiliches; 1082; 1095 f.
Servitutsmarkgenossenschaften ; 277.
Servus; 1195 f.
Sicherheit der Zinseinlieferung ; 792 f.
Siegel; II, 643 f. Sfähigkeit der Frauen;
629, 1.
Silber. Ankau&monopol ; II, 387. Bergwerk;
11,329; 388. Knappheit; II, 387. Königs-
silber; n, 386. Währung; II, 397; 478.
Wertverhältnis zum Golde; II, 376; 391;
396; 470 f.; 478; 606.
SippenbegriflF; 631. Sfriede; 27.
Sitte. Charakter der ältesten S. ; 57 f.
Sittlichkeit unter den Grundholden; 1235.
Solatium; 828.
Solidarische Zinszahlung; 790.
Söldner auf Burgen; 1311.
Soldwesen, einfaches; 1300 f. höheres; 1299.
Sonderhirt; 997.
Sonderungen; 414 f.; 912; 915.
Soonwald; 99.
Soziale Frage nach der Ausgleichung zwischen
Armut und Reichtum; 1163. soziale Schich-
timg; 51 f.; 1139 f. in den Fiskalgebieten;
732.
Speerschufs; II, 7.
Speichergebühr; II, 316.
Spelzbau; 550 f. Spreise; 11, 558.
Spezialbctriebe. Stellung der S. in der Fron-
hofsverfassung; 743 f. Spezialkopiare ; II,
688; 718; 731. Spezialkulturen ; 400 f.
Lamprecht, Deutsches WiriücbRftileben. I.
Spezialvogteien ; 1067. Spezialurbare; II,
661.
Spielleute als Boten; 11, 253.
Sprachgrenze, französisch-deutsche; 78.
Springprozession; 678, i.
Squatter s. Wildfang.
Staatsrat, karolingischer; 802 f.
Staatliche Verbände. Quellen zur Entwick-
lungsgeschichte der st. V. ; 195 f.
Stadt Amtmann und St; 1344. Stbau; U,
514. Stbefestigung ; II, 513 f. Stbrände;
138; 544. Einflufs der St an der Mosel;
73. Sterweiterung ; II, 514 f. Fiskus und
St; 727 f.; 731 f. Landstädte; 322, t;
1336; 1342 f. Stadtluft macht frei; 1154,6.
Markgenossenschaft und St; 309. Polizei;
1345. Rat; 1345. Schultheifsen ; 730;
1330 f.; 1343 f.; 1408 f. St als Zufluchts-
ort; 1316.
Stahl; II, 331.
Stal; II, 481; 490; 494.
StallfÜtterung; 531.
Stamm und Völkerschaft; 59.
Stammgut; 40.
Standesbildung s. soziale Schichtung.
Stände (politische); 1342 f. Akten; II, 682.
Entstehung; 1425. Steuern; 1336 f.; 1347.
Standgeld ; II, 270 ; 314.
Standesherren ; 1345 f.
Standort intensivsten Neubruchs bis 13. Jh.
Mitte; 160.
Standeszugehörigkeit, territoriale. Charakter
der St ; 1346.
Statistik der Bevölkenmg s. Bevölkerung, der
Orte; 163. Kameraist; II, 691.
Steinbau ; 544. Stbruchbann ; 1002. Sthäuser ;
1308 f. Stindustrie; n, 334. Stkohlen; II,
330. Stpreise; 11,564. Stringe; 1307 f.;
1316. Ststrafse ; U, 240.
Sterling; II, 423; 426.
Steuer, direkte; 1334 f.; 1461. indirekte;
1333 f. Erhebungsrecht der Immunität;
1017 f. der Markgenossenschaft; 298. Frei-
heit des Adels und des Klerus ; 606 f.
Heerst; 1121. kirchliche St; 1283 f.; II, 381.
Landesst; 1334 f.; 1461. Nachlässe; 1234;
1.355. ständische St; 1336 f.; 1347. St-
verband der Hufe; 370; s. Hauptmannschaft
Stverfassung, grundherrliche ; 369 f. mark-
genössische; 298 f. vogteiliche; 369 f.
Stickholz; 515; 580; II, 326.
101
tRegisler. — U
HüRei. SiutkgesdiälteaGrSt;1446i Eintritts-
geld; 679 f. Statuten; U, 693; 695; 697;
699; 734; 750; 758; 761 f.; 765; 768. Ver-
möRen; 974. Verfassunß; 828 t Verwal-
tung; 973 f.
Stockgut s. Schaßgnt Stpfeonig; 490. St-
reclil; 510.
Bloppelweide ; 526.
Btroä%cht der Gmndholden ; 1199: la^.
Strafsenfriede; 259. Heerst. ; 11, 236 f. Land-
et; II, 236 f. RömiTBt; II, 239f. SteinsL:
II, 24a Verkehnst.; II, 286f. VidnalsL
II, 236 f. B. auch Wege.
Streicliraafs; n. 487; 5M: 512.
SIrepituB iadicii; 9S4.
Streu- und LaubMnotzung; 507.
Streucharakter des Grofsgrundbesitzeii : 701 f.;
705 f. ; im I.
Stftckelung; II. 392.
KtUrrae. Wirkungen der St.; -544 £
Stiitenherden; ^,33, t.
Succesaionsrccht ä. Erbfolgcordoung.
Subsidium; 1283 f.; 1336; 1461; 1468.
Substrat tilr grundherrliche Lastenveranlugnng:
784 f.: 789 f.
SGbnegerichlsbni'keit der Markgenosse D ; 227, t.
Sopplemcntum; 95S.
Symbolik desßtchts; 7; n, 493. derZohlen;
n, 8.
fi der Erb-, Vital- und Zeitpacht;
1
Taxen; 594; n. 513.
Technik des Xeubruchs ; 124.
Teichwirtschaft; 504. J
Teilbarkeit der hinterfall igen Güter; 6481
TeUbau ; 395 ; 7-50 ; 774 ; 907 f. ; 909 f. : 9l(
944; 962; 966.
Teiluug und ZuBonunenlegung tod Gi4
Stücken; II, 6S4. T. von Qufen; 866 Ci
Tomporalien; 935 ; D, 634 t ; 6S7 ; S«». '
Temien; 85.
Terminologie der Agrarrerfassung; 96^
lateinische; ;J31, i; 335, i.
Terra aviatica. GesamteigeDtum des i
schlechte an der t &.; 43.
Terragiura; 103f.;391f. J
Territorialität der Münxsysteme; II, 91
de& Rechtes-, 11.55 t der Z&Ue; n, S^
Territorium s. Land. i
Testierfreiheit; 639 f. ]
Teuerung: .""lai £ |
Textilindustrie; 587 f.; IT, 3S4. j
ThaJbildung im Moselland; 69 f. I
Theloneiuu s. Zoll. '
Theorieen über die Begelung der Oene^
nutsimg: 288, ».
Thonwurenpreifie; H, 564. ]
Thunginua: .58 f. J
Thuringurum lex. Genauer b«s|>rochm j
14 S. 27 f.; 6, «-i S. 3-5; 6 S, 40r. ]
Titelsucht, mittelalterliche: 822.
TitnlarrAte; 1480.
Todilerkliister; K:il.
Tote Hand; 187, neuerer BesiU der t, U.;
Totgefimdene. Recht der Aufhebung vna
Totboh'; 506.
Traditionsbücber; 841.
Arbeitere als Iteduktionafafcior in der Treis- j Transport Dauer; U, 254 f. Kosten;
Sjmchroni:
Svii>-
; IL nsl C.
Tu);dölinerorduung; II. 783. Tmiirsche; II,
2.55.
Tugeslohn; II, 617. T. des gewöhnlichen
geschichte; H, 603. Tverbrauch; 11,573.
Taille; 1027.
Tarife; II, 39.5 f.
Taritiening auf das Transportmittel; II, 296 f.;
314. nach dem Gewicht; II, 303 f. nach
der Stückzahl; 11, 304. nach Zollfuder; II,
305 f. Differenztarif; II, 347.
Taubenhaltung; 539, i. Tpreise; 11, 549.
Taiibbotz; 506.
Tansch. T. von Hufen; 346. T. und Kauf;
1444. T. innerhalb der kircblichen Verwal-
wallnnjtspolitik; 692 f. Twerte; II. 375.
TiLxator.'ii, vereidigte; II, 634.
254 f. Mittel; 9. Preise; H, 571 f, Twe»
744; 812 f.; II, 247.
Tributarii; 1214.
Tributum; 10.5; 1017; 1024; 1037.
Trier als YerkehrBmittelpunkt; II, 342.
Trierer Pfund; 11, 402. Denare; It, 40f
I)e])iavation des Münzfiifses; U, 41;^. B
Wertung der Denare; 11. 420; 42,5. Pri(
lecbnik; 11, 403. simtere Schicksale;
4-52 f.
Trift, gemeine; 389.
Triiikkonsuni: -569.
Trockenrnafse; II, 497 f.
— 1595 —
Sachregister.]
Tnunmen; 85.
Turaosen ; II, 287 ; 344 ; 424 f. spez. 435 f. ;
438; 450; 454 f.
Ubergangsstil des 12. und 13. Jhs. Wirt-
schaftliche Basis des Ü. ; 849 f.
Überlebender Ehegatte. Erbrecht des ü. E.;
628 f.
Überlieferung und Weisung; II, 642 f.
Überproduktion, landwirtschaftliche Ü. im
15. Jh.; 623.
Überschwemmungen; 590.
Übersicht über den Flurencharakter des Mosel-
landes; 360 f. spez. 364 f.
Übertriebsrecht ; 526 f.
Umfang der Fisci; 714 f.
Umlauf der Münzen; II, 374 f.
Umstand im Grundgericht; 1047 f. im Hoch-
gericht; 793; 1013; 1031; 1120; 1125;
1291 f.
Unfreie ; 53 f. ; 1227. Disziplinargewalt des
Herrn; 54 f.; 1150. U. der Karolingerzeit;
992. u. Kaufleute; 1166 f. Wergeid; 55.
Zahl; 1232.
Ungeld; II, 312; 315; 322; 488; 514 f.
Ungleichheit der grundhörigen Lasten; 708 f.
Unifikation der Lokalmafse; U, 488. der
Handelsmafse; II, 489.
Unqualitizierte Arbeit s. Arbeit, gemeine.
Unruhen, agrarische, im friiheren Mittelalter;
1235.
Untergerichte. Entstehung der U. ; 1046 f. ;
1202. Uordnung; 1327.
Unterkellner; 829.
Untermeier; 744; 776.
Unterrezepturen der Kellnerei ; 1419 f.
Untersuchungsmethode der Markverüassung;
276.
Unterthan; 1197.
Untervogt; 1104; 1108 f.; 1125.
Unterzug; 1205 f.
Unveränderlichkeit der grundhörigen Lasten;
707 f.; II, 648; 655; 663.
Unverletzlichkeit der Person; 1288.
Urbar; 369; U, 57 f.; 657 f. Amtsu.; 1392. Uaus-
zug; II, 672. Hofu.; H, 661. Katastern.;
U, 668; 754 f.; 771. Kritik der U.; II,
59 f. Registratur; 841 f.; II, 666. Reno-
vation; 11, 667, 669. Schema, karolingisches
s. Fragebogen. Spezialu.; II, 661. Ur-
kunden und U.; U, 671; 673; 751. Ver-
zeichnung; II, 663. Weisung; II, eaS; 660.
Urbarialien, kleinere; ü, 667.
Urbarung auf Fels; 122.
Urdoi-ftheorie ; 269, 2.
Urholz; 506.
Urkunde. Aufbewahrung und Gewährleistung
von U. ; II, 647. U. ins Deutsche übersetzt
II, 748; 760; 780. U. und Urbar; 11,671
673; 751. Uwesen, trierisches; II, 685
687.
Urteilsfindung mit Ausgang; II, 637.
Usurpation von Reichsrechten durch die
Landesherren ; 1268 f.
Valvation; II, 382; 462; 468.
Vare; II, 641.
Vehme; 1272.
Vener; II, 468.
Veräufserungsrecht an Grund und Boden ; 49 ;
630 f. Veräufserungen aus der Grundherr-
schaft; 874 f.
Verdunkelung des Lehnsnexus; 877 f.
Vererblichung der fränkischen Staatsämter
und der Ministerialenämter; 835.
Verfall der kirchlichen Institute des Mittel-
alters ; 846 f.
Verfassung der Klöster. Verhältnis der K.
zur Klosterverwaltung; 826 f.
Verfronung; 751 f.; 793 f.; 1100 f.
Verfügungsfreiheit über verlehnten Besitz;
876, 4.
Vergleichsverfahren des Amtmanns; 1330 £;
1397.
Verkauf. Vabgabe; 1005; H, 314; 320. V.
von Allmende; 81. Vordnungen; 1355; II,
270.
Verkelu-. Abgaben; II, 312. Art; II, 343 f.
Aufschwung; II, 349. Belastung; U, 348.
V. der fränkischen Zeit; 17 f. Frieden;
II, 295. Höhe; II, 835 f. Kontrolle; 259;
302 f. Maxima; U, 348. Politik; II, 268.
Strafsen; II, 236 f. Verbindungen; ü, 385f.
Vorteile, gnmdherrliche; 1003 f. Zeiten;
II, 345 f. ZöUe; U, 284.
Verkoppelung; 381 f.; 422; 693 f.
Veriehnung ; 882 f. ; 1264 f.
Verleihung von Allmende; 388.
Vermehrung der Bevölkerung, absolute; 168.
Vermessung des Landes; 341 f.
101*
[Regisler. — 15
Vermögai, IVeies; 658; 0, 576. kirclilichea;
2S9f.; 1280f. Vstetier; 1S35.
VeronioungEivcht des Landesherm; 1253 f.;
lai«. des Zenders; 318.
Verpxthtungen; II, 732. von Allmende; 388.
von grundherrlicheii Verwaltungen ,- 9S1 f.
VeJTftJiriung; 11, 37>*.
VerpflegiingsdieiMt; 1024 f.; 1121; 1289.
VerproTmntierungspflkht ; 1290.
VwniftiQg TOD Müiwen; H, ä55; 392.
Verscliuldung der Gnindherrscbaiten; 839f.:
847 (. der kirchliclien Institute; aSd, i.
lündliche; r,2ii; 1242. («iritoiiale ; 14ö3f.
Versilberung ge!;en laud wirtschaftliche Un&lle ;
979.
Ter^teigemng; Hß4, t.
Verteilung der Berufe; IS. des Grundeigea-
«uns; 12; «If.j 362.
Vprtrug nml Weisung; II, 651 f.
Vt-rvoglung des Kien»; 1062.
VonroitungderKlaster. Verhältnis nur Klastcr-
Verfassung; 826 f.
Verwaltungsfilrsor^ im Mittelaller; 1274.
Vertpinhiiisse verlehnten Gutes; II, 664.
VicinalstrarEen: II. 2311 f.
Vicinenrecht; 43 f. spez. Erbrecht; 48 f.
sonstiges Hecht; 45 f. s. auch Nachbar-
reciit-
Vieh. Vfinder; S26. Vhallnng; 540t. T-
hanilel; n,-S83. Ilofvieh; II. Vpreise; U,
.-^4 f.; 6ai: 61H. VverBtelliiiig; 1147. V-
trift: 126. Vwirtschaft; 10. Yziicht: 332, r;
5.-!2f.; 540 f.
Vierfelderwirtachftft; .j46.
Tieitel als BelastuDgseinheit; 373.
Villen, römische; 14-'».
Villen verfasEimg. karolingische; 719f. Schick-
sal der V.; 726 f.
VlUikationsvertrag; 961 f.; 980.
Visitationsrecht der Bischöfe; II, 66;i.
Vitalpacht; 936 f.; 958 f.
Viitiim; 733; 824; 14*5.
Vogtei. Ahkauf von V.; liai. AUmende-
vogtei, s. u. d. W. Allmende. Ämter und
V.; 1261 f. Vogtämter; 1107; 1370; 1450.
Vogtamtraann; 1108. Beamtentum und V.;
1261 f.; 1405. Vhedllrftlgkeit; 1065. Be-
rechtigung zur V. ; 1067 f. Besthaupt: 1088.
Bliilbttim; 1114. Burjren und V.; 1071;
1309. Vding;1084f. Entschadigungsptticht
tilr den Bevogteten; 107a Febdepflichl :
1071 f. fiskalische V.; 730 £ F^ndml
1118. Fronhottvogtei , a. u. d. W. Geleil»
pflicht: 1071. GrundgerichlsTogtei, s. n. 4|
W. anmdzölle;1118. Vgater: 83f.; 651£}
660; 1029; 1086. Heiretskonseos : 110^
Vhof; 1084. ImraunitatsvogU-i. s. u. d. V,
Konaensrechte; 1073; 1103. Kriegsgevalu
1120. Kumulation von V. ; 1066, <. Lanile>^
ge«alt undV.; 106»; UIO; 1132; 113«$
12.58 f.; 1347. TUsten; 605. VInitaj
1159 £ Markherrlichkeit und T.; 10i<5 C
Marknutsung von V.; 477 f.; 1106 f. Maifei
vogtei, B. u. d. TV. Tmeier; 1084; 1106,
Mttbceiegeliingsre(.'ht; 1074. SchatzvertiAadv
gegen V.; ll-tl BchwrigenJe V.; 1090, ■!
Selbsthilfe gegen die V.; 1132 t Serritica]
1082; 1096 f. Spenalv.; 1067. SteuerVB»
fftssung ; 369 f. Untervogtei, s. u- (I. W^
Verü'etmigBpflicht für den Bevogiet«n ; 1072&
Wesen der Vogtei; 1069 f.
Völkerschafi und Summ; 59.
VoUeist; 680.
Yorgcsiminer; 31)*, i.
Vorhiue; 923; 954; 1187 f.
Vorkauferecht; K«. i; 1194.
Vorlese; 427; 997.
Vormundschaft; 30 f.
Vorsdmitt; 427; 997.
Vonrerk; 690; 754.
Vnibort; 11, 637 f.
Wachs; .5a5 f.; II, 327. miedürtiiis da
Kirche: 1216, . (1217^
Wachszinsige; -50.% »; 1129; 1198; 1213 C
Pingpflicht; 1216. Übergabe m W.; 1219t
Zinspfticht; 1216 t
Wachtdienst; 782; 1030; 129a
Watfen, bäuerliche; 129.1.
Waffenfähigkeit; 1287 f.
Wagen; II, 24a
Wagenbereiter; 1419.
Wnhlbeamte des Mitielaltere. Schalung dv
W.i 315,
Wiihlkapitulationen; II, 882.
Währung; n, -368; 391 f.
Waid; II, .326. Wbau; 562, i (563).
Wald, absoluter Waldboden; 86; 110. W-
aklen; II, 690; 783. Ausdehnung, heutige;
89 f. Bannwald; 96 f. Bäume; 128. Ein-
Iteinng; 50ß. Erbengenossenschaft; 2dO;
— 1597 ~
Sachregister.]
292, 1 (293); 801 f. W. in fränkischer Zeit;
14. Gebrauch vom 8.— 10. Jh.; 469 f. W-
höfe; 689. Wlichtung; 101 f. Namen; 98 f.
Neubruch und W.; 101 f.; 128 f. Ord-
nungen; 468; 481; 494; 497. Preise; 189;
n, 579. Privatvogtei; 479. Schmieden; H,
881. Schonung; 498; 519. Schutz; 90;
108; HO f.; 189 f.; 506; 507; 1888; 1846, 7;
1856; 1899; 1406. Teilung; 189. Vermes-
sung; 189. Verwüstung; 95 f. Vogtei;
. 477 f. Weide; 484 f.; 525 f. Zerstörung;
138.
Walpode; 209.
Wandelbarkeit der Kulturen; 128 £
Wanderungen, fränkische; 8 f. germanische;
155 f.
Waren. Ausbildung qualifizierter W.; 18.
Handelsw.; U, 822 f.
Wariner; 4.
Wartegelder; 1886. Erben warterecht; 682 f.
Wasgenwald; 99.
Wassermühlen; 585.
Wasserscheide und Kulturgrenze ; 65 f.
Wechsel; 1451. Wbank; II, 262; 268.
Wege. Bau; 1885; U, 242 f. Geld; U, 271.
Servitute; 284, s; 888; 885. Sperrungen;
II, 289. s. auch Strassen.
Wehr; 472; 502 f.
Wehrhaftigkeit; 1287 f.
Weide; 12. Wgemeinschaft; 286. Wnutzung;
520 f. offene W.; 525. Stoppelw.; 526.
Waldw.; 484 f.; 525 f.
Weidenhieb; 580. WTtultur; 580.
Weilerausbau in Stockgütersystem; 655. W-
bildung, alemannische ; 858 f. W. aus Ein-
zelhöfen entstanden; 854 f.
Wein. Ausbau; 402. Ausschank; II , 825.
Bann; 801. Bau s. den bes. Artikel. Bauern;
902 f.; 1167. Berge s. den bes. Artikel. Be-
steuerung; 1005, 3. Export; 569. Güter;
135; 411 f.; 416 f. Handel; 1452; II, 824.
Jahre, gute und schlechte; 597, «. Lese;
582 f. Mafs; II, 500f.; 510 f. Orte; 402,8;
II, 54. Preise; U, 550 f. Qualitäten; 570 £
Transport; 11,825. Zapfinonopol; 808; 1004.
Weinbau; 16; 408 f.; 565 f.; U, 618. Alter;
565 f. Ausdehnung; 182; 569 f. Bestellung;
572 f. Ding; 915. Drieschwirtschaftund W.;
579 f. Fiskus und W.; 185. Lehen; 908 f.
Medemgutund W.; 406. Recht; 918 f. Pro-
duktivgenossenschaft; 914. Standort; 122.
Terrassenbau ; 122 ; 404 f. ; 567 ; 572. Ver-
breitung; 565 f. Zinsgenossenschaft; 914.
s. auch Pichterbau.
Weinberg. Ausbau; 898. Verbreitung des Be-
sitzes; 415. Erbpacht; 917 f. Förster; 582.
Gremeindebesitz; 899. Gewanne; 406. inner-
städtische W.; 405. Mobilisierung: 416.
Parzellierung; 107 f. Preise; II, 578 f. Re-
visionen; 915. Schlufs; 581 f. Zins; 590 f.
Weistum; II, 624 f. Agrarverfassung und W. ;
n, 683. Amtieute und W.; II, 655. Bede
und W. ; U, 629. Erbrecht und W. ; H, 688.
t erichtszeugnis als Ersatz des W.; II, 688.
Gerichtsw.; II, 666. Grenzw.; 296; II, 684.
Hofw.; n, 626 f. Wkopiare; U, 661. W-
kritik; II, 459. Mühlenw.; 999. Öffnung;
U, 641. Pfandrecht imd W.; U, 688. W-
sammlungen; 11, 677 ; 696; 706; (719); 720 f.;
(722); 724; 728; 780; 743; 748; 768 f.; 765;
767; 774; 776; 778; 782. Sehner- oder
Sendw.; n, 625; 657. Urbarw.; II, 638; 660.
Weisung; 778. Wberechtigung, Eingriffe der
Grundherren bezw. Territorialherren in die-
selbe; II, 656. feierUche W.; 1181. Frei-
heit der W.; II, 647 f. W. von grundherr-
lichem Gesamtrecht ; 1171. W. von Gewicht
• und Mafs; II, 481; 483 f. Wpflicht und
Wrecht des Hofes für grundherrlichen Besitz-
stand und dessen Rechte; II, 628; 657. Re-
gistratur und W.; 842 f. Überliefenmg und
W.; II, 642 f. ürbarw.; II, 633; 660; 671.
Vertrag und W.; II, 651 f.
W^izenbau; 547 f. Wbrot; 558. Wpreise; II,
554 f.
Wergeid der Grundholden; 1208. der Un-
freien; 55.
Wetterauer Münze; II, 458.
Wetzlarer Münze; II, 457 f.
Wiederbewaldung; 181.
Wiese; 12. Ausbau; 898 f. Bau; 408 f.; 527 f.
Bewässerung; 529. Gemeinbesitz; 398 f. Ge-
wannen; 404. Preise; II, 578. Übertrieb;
530. Zins; U, 590.
Wildacker; 897. Wbann; 110 f.; 470 £; 1067;
1118; 1262; 1275. Wbahn; 113; 476; 1:388,4.
Wfang; 101; 109; 128; 182; 148; 164. W-
folge; 470 f. Wland; 110; 118; 127 f. W-
park; 497 f. Wpreise; U, 568. Wstand;
497 f. Pferde, wilde; 497.
Windelbote; 772; 905 f.
[Register, — II
■\Vinilfnll; 506. WmuLlüii; 585.
Wingert b. Weinberg.
Winter, starke und lange; ä97, s.
Winterfrucht Aosfijeren der W.; 142 f.
Winzer; 16.
Wirtgcliaft und Kunst, vomelimlicli im früheren
Mitteliil(«r; 849f. W. und WisEenschaft,
vornebmiich im früheren Mittelalter; Bi5;
Wä f.
Wirtschaftegebäude ; 9. Whöfe , römische ;
H5.
WiBBeasi'haftllche Behandlung der Grundhen^
Bchaft; 669.
Wissigenacht; 11, 641.
Wittum; .33.
Wochenfeiertage; II, 521 f., s. Arbeitslage.
Wraärkte; 11, 260 f.; 264.
WoblsLuid der Ottonenseit; 78.
Wohnhaus a.k Fahrhabe; 48 f.; 128.
Wolf; 497. Wjagd; 471, ». Wvertilgung;
724.
WoiljirüduktioQ; M6.
Wucherverhot, kirchliches; 1447.
Wüstungen; 129f.i II, 42.
Zahl. Z.- und Maasenerscheinungen; O, 4; 6.
Z. der Grundhemuhaften an änem Orte;
185. ZmQnze; II, 450. Z. gnudherrlicher
Schaffeu; 1052. Svinboük der Z.; II, 8. Z.
der Unfreien; 1232,
Zählweise, fränkische; 17.
Zahlungsanweisungen, einmalige; II, 389.
B. auch Auweisungssjstem und Finanzge-
baning.
Zftubnei; 728.
Zaun; 8; 14i 138, t; 543. Zwesen; 341; 425;
434; .528; 533 f.
Zehnt; 608 f. Befreiungen; 121. Begrenzungen;
114, 4; 249. Beschreibungen; 98. Bezirke;
114 f. Dnui; 128. Erträge: 617 f, Fi-
xierung; 6V>. gnindheirlicher Z.; IIS. Neu-
bruchsz.; 119 f.; 689. Pacht; 614 f.; 932 f.
Zpflicbl bei Teilbau; 910. Recht am Z^
113f.; 1282. Revindikation; 611. Tarife;
615 f. Verkuppelung; 383. Wiesen; 616.
H. auch Salzi-hnt.
Zeidler; 495; .'i04.
Zeitkurs -. II, 448.
Zeitielien; St^S, u.
Zeitpacht; 916 f.; »21; 936(1; 963 f.; I
970 f.
Zellen als Zwiachenstellen zwischen Zentral» .
und Lokal Verwaltung der geistlichen Orund^ I
herr»choften; 831 f.
Zender; 173; 162 f.; 314f. Zbote; 316. »e-.j
fiignisee, ursprünglich staatliche; 222. von
Hunnen abgeleitete; 222 l Dorft.; 229;
246f.;275, I. Dupliatät; 314 £ Familien;
221. FriedeusEichening; 217. Geleit; 217, ■•
259. Gemeinde imd Z.; 220; 22;^ f.; 261.
Hofz.;210. Land^.; 172 f.; 210. Pfandungs-
recht; 193; 2IS f.; 302. Rugepflicht; 2l»t.
Veronlnungfirecht;8l8. Zwerk;881. s. audi
Centcnar.
Zenderei. Geschichtlichea zur Erforschung des
Charaklera der Z.; 206, ». Gr^fse; 265 £
Zahl im VerhUtnis nir Himderbichaft; 265. 1.
ZentralverwaJtung,grundhert8chaftliche; 809t:
822 f.: 843. karolingische; e02f. Kolle^al-
system; 1253, territoriale; 1253; 1421 f.
Zersetzung der Grundberrscbaft; 1237 f. der
Gmndholden; 123T.
Zersplittenuig der Fronden und Zinse; »6S.
der Hufen; 864; 1233. des Hiifsallandi!« ;
867. 1.
Zeugen aus dem Geschlecht; 29 f.
Zeughäuser; 723. karolingische; 806.
Zeugnisgebühr bei Weisung; II, 659. Zzwang,
Knindberrlicher; II, 640.
ZiM|jelbrenrn'vei ; 11, 527.
Ziegenpreise; II, 548,
Ziffern, amb iscUe-ru misch c ; 144:J: 1470.
Zimmerei; .588; 776 f,
Zinn: il, 304; 330.
Zinse; 778f,. spez. 787 f. Alkauf; 795 f.
Ablösung; 795 f Belastung; 791 f. freier
Z.; 137, Zftifs; n, 606 r. Geldz.; 796. 2-
genossenschatt im Weinbau; 914. Hühnere;
,539, «; II, 7. Zgut; U, 222, Juden*.; 14S2;
n, 608, Zkategorieen; 788 f. KönigsE.; 1025.
Ziehen; 900 f. ZIeistuugen; U, 375. ZIeut«;
1214. Znacldftfs; 872; 969. Nutzungsz.;
620 f. Zpflicht; 922 f.; 1180 £; 1229.
Reduktion; 708. Beluition; 795 f. Säum-
nis; 783 f, Sicherheil; 792 £ Termine;
813. Weigerung; 870. Zahlung bei der
Precaria; 895 f, solidariscbe; 790. s. auch
Erbe.
Zoll; 1017; 1275: 1405; 1414; II, 2661.;
— 1599 ~
Sachregister.]
271 f.; 290 f. Abgaben; II, 302. Befreiung
II, 279. Belastung, subsidiäre; II, 310. Be
seher; II, 285. Burgen; 1316, «. Einnahmen
II, 273. Erhöhung; 601, 2. Freiheit; 1018
1021. Fuder; D, 287; 305 f.; 344. Gesetz
gebung ; II, 273. Instruktion ; II, 286. Kiste
n, 286. Knechte; U, 285. Linien; II, 284
Nachlafs; II, 282. Ordnungen; 767. Fach
tungen; 964. Plackerei; II, 348. Politik
U, 277. Polizei; U, 273. Rechnungen; H
286; 343; 760. Regal; U, 272. Schreiber
n, 289. Stätten; U, 285; vgl. 279. Tarife
1119; II, 279. Territorialität des Z.; II, 275.
Tumos; II, 287 f. Verein; II, 279. Ver-
gabung; II, 272. Verkehrzölle; II, 284. Ver-
legungen; II, 274.
ZöUner; II, 285.
Zuchttiere; 12; 76; 77,4; 532 f.; 540 f.; 1010;
II, 631.
Zudrang zum Mönchsleben im 10. Jh. ; 848.
Zugvieh; 535; 555 £
Zusammenlegung von Grundstücken; II, 634.
Zwangsgewalt, gerichtliche; 193; 1059 f.
Zweifelderwirtschaft; 88; 377; 546; 551; 561.
s. auch Felderwirtschaft.
Zweikampf, gerichtlicher; 1114.
2. Wortregister.
Man Tgl. die allgemeinen Bemerkungen Über die Anordnung des Registers '
. 1571, sowie das Wortr^ster in Bd. 3 S. 591—608,
abbatia; 207.
acUo in factum; 954, i.
abbatizare; 1196, i (1197).
abkauf; 1086, *.
actor; 858; 1374, i (1375X
abreinen; 341.
actu residere; 974, ».
acutarius (canis); 11, i.
absare; 750: 911, >.
adäquate; 1017, » (1018); 1021, t
abschofs; 519, ..
adaquatura; 859.
aboniement; II, 634.
adcensare; 938, « (939). s. acc
absuE; 750 f.; 1224, i.
ascensa.
abteie: 746. i.
adelige guter; 924, i.
abtreten; II, 637; 648.
abtrift; 635, sf.
ftdimpletio; 583.
abusio; 1097, s.
admallare; 1016, 4.
accenaa; 938, * (939); 958, b. b. acens, ad-
censare, ascensa.
administratio ; 975.
accessorium; 1453, ..
admissarius ; 12, i.
acens; 938, 4 (939). s. accensa, adcensare.
adpretiare pretium; 18.
asr^Dsa.
adtenninare; 120, «.
achasius; 32 f.
advena-, 615, i ; 869, t.
acht, aicht; 390, i; 418 f.; 1091, 4: 109i s
adveniens homo; 866, t.
(1095); 11, 180, s. aghia, abtin, ätie.
advocaria; 1091, > (1092).
achten; 781.
advocatio; Ü80, »; 1114, i.
achtervaid; 172, «; 1084, t. s. aftervaid.
ftdvocatura; 1074, 4.
achtung; 557, «.
achtweid; 538, «.
aediti.us;82I; 1063, i (1064).
aichtmse; 425, «.
afgain; 294, t (295).
acker s. ecker, ackergwin.
afterdinktag; II, 658.
acker; 419, ..
aftcrvaid; 1085, 1. s. achteiraid
ackersfltz: 522,
02en*: «19. e: 1374. s (1375).
agrariDm; 104, 4.
Etgricola; 9S1, i.
agrimensor; 342.
slmgenoD & ohngenoB.
ahtin; 1035, s. b. acht, aghta, ätte.
aicht s. acht.
airalia; 382, «; 375; 756, .; ISSS; (1234).
aisentia; 527, t.
albergaria; 204.
albus; II, 435; 454.
alienus; 1159, >.
allodium; 374; 62S, s; 748 f.
almende, almeide, almeinda; 148, »; 174, ■
42.5, i; 1066, i.
almoser; 1437, 1.
alste. ^escbwonie; 318, 4; 820.
alta iurisilictin 886. a. nemus; 120, 1.
amü'us domini 1429, i.
anuncüiiiobe 773, 4,
Hmptliiich Tl, 691.
amptmaiinia 608, *.
amputare; 576, i.
ancinga; 420, «.
-ancum; 154 f.
anerben; 278.
anoi^terlien 1065, a; (1060).
anlirtig;tin; 1343, *.
anfora; 944, i.
angargnHgo; 533, a.
angaria: 810, ■; 816; 872,i; 1091, 1; 1223,
(1224); 11, 137.
angariare; 816, 1.
Bsgehürig-, 1226, >.
aogel: 817, > (818). s. anger.
-aogen; 154.
anger; 126T, s. s. angel.
angerfahrt; 817, s.
aogerpferd; 817, « (818); 1212, ,.
angerwagen; 817, t.
angh; 502, a.
anygieih 912. 1.
.tnbaii, aiiliituwc, anhou, anehow; 108, <; 26(
1; 483; 1318, 4.
anhoerig, anhorich; 765, 1; 799, a.
anehorin mit dem IWe; 1228, *.
animp redemtio; 670, i.
annale (placitum); 324; n, 730.
anrüuTs.irii dk-; 683.
aDDona; 549 f.
ansatz; 615, 1.
anstöfser; 180; 294, 1; 296.
; 924, > (925).
[>1 — Wortregister.]
antematutinalia pftBCua; 525, n.
aneval 1210, a.
anveitigea 959, 4 (960).
anwant; 340.
aawcnder, anwande; 340.
apoilieoariiis; 821; 855 f.
apparitor; 833, i; 1369, i.
appellabel; 1349, t.
appellereo; 1089, 1; 1040, ■; 1041.
aratratua; 371; 430; 785, t; 797, 1 (798);
11, 166.
sratrum; 371. a. nemorale; 125, 1.
aratura; 420 f.; 782.
araturia terra; 346; 419.
•irbi-it :.1I0, ü (311).
arbinuntja; 40.
arcba, arca; 1443, ■; H46, i; 1448, 4.
Ardinna rasta 95.
areale; 374, a. b. arialia.
ftigcalaria H, 829.
ai-gcntiiTii probatiim; 407. a. eiaminatum,
publicmn, punim; n, 386.
arialis; 416, a. s. areale.
aripenna, aripennia; 409; n, 100. 8. arpenna,
arpens.
annarium; 650, 1.
annarins; 829, i.
annman; 432; 510, ■; 556, ■; 1042,*; 1082, 1;
1129, g; 1135, 1; 1197; 1429, 1.
annonini rrotbniaLiii II22, 1.
arpenna, -is; 414; 417, 1. a. aripenna, arpens.
arpena; 409. s. aripenna, arpenna.
arrenda; 947, ■; 949, 4.
arrendarius; 947, s; 949, 4.
ascus; 17, t.
asilis; 787, a. s. assile, axilis.
aspe; 508, i.
aspellis; 30.
assentia; 1078, 1.
asseasor; 215, a; 883, 1.
assile s. asilis, axilis.
assisa; 769, *; 1080, 4; 1092, ■; 1109, 1; n,
271.
atepluge; 421; 785, >.
atba a. acht.
itte; 745, i. a. acht, aghta, ahtin.
attinens cum corpore; 1228, ■.
[Register.
attractuitt 333; 400.
audientia; 1119, i; 114ä.
audiiio; 1116, t.
autnehtigi 768, ii (769).
aula; 747, :; 765, i; 1038, «.
aureus ciim leone; II, 446.
ausfaren; 1209.
auBDiahlen ; 1002, a.
ausmerker; 294.
auswegeo; 222, t.
aufswendig; 243, s; 1048.
avena combusta; 553, 4.
aviatica, avica terra; 39 f.
axilis; 509, i. 3. asitis, asaile.
baccinus; 850, i (851).
bache; U, 312.
backesmagt; 1002, t.
baenner des reichB; 183.
baiolatio; 1366, s.
balcarius; II, 78.
balisuria; n, 342.
haliEtarius; 1812, i.
bailiTus; 1879, i.
balneaiia stupa; 832, i.
ban und vrede; 317, i.
baue, gririiche; 222, i.
bantlage; 174.
banderia; 1296, «.
Unfisch; 487, «.
liangarten; 564, i.
banheiTe, banneheir; 696, «; 1009, i.
banmeile; II, 8.
banmeiaa; 474, s; 500, i.
bannalis Turnus; 1000, «; 1002, t.
bannita fera; 1009, »(1010). b. vinum; 997, i.
Iianiius; 104, k; 243; 260,«; 406; 407, s; 419;
996, 3. b. feranim; 111, i. b. venaticus;
494, * (49-j). 3. wiltban.
banviertel; II, 501.
banwoide; 220, s (221).
banwin; 1004, s; II, 180.
barenrecht; 1182f.
barfues; 1071, a.
borgus; 14, s; (a).
; 489, I
barlois ;
baugedingb-, 103>
buwedink.
baumeisterus, ba«
bomeigter, b&mi
bavarium; 504.
beboeBemen; 1176
bechenschwein; 41
bede; 299; 1027,
bedecoro, b^dkoir
bedegelt; 1083, t.
bedeleude; 183.
bedellua; 431; 77'
befekhscfarift; 13t
beforcbung; II, 7<
befi-eden; 389. *.
befiiraten; 516, ».
begehen und belei
begenkenis; 959,
begrifen mit dem
beie (= biene); 5
beleihen; 953, i;
bekerben; II, 6.
bend, bende, btad'
II. 231 f. 8. bt
bereden; 1205, .
berauchen; 1083,
bergaria; 293,
bergteheu; II, 33(
bergmeister; I[, 3
bei^recht; II, S3S
bergueria; 536, 4.
berisz; 1158, 10.
bersarius; 803.
beschünner; 1089.
besehreiben; 11, (
besehrien ; 223. 1.
beschütten; 1293,
beschüttiuig ; 636,
besessen l&rnnan;
besperren; 258.
besseren; 174, s;
befserung; 550; S
liestechen; 750. "
bestehauft, bestlia
1247; II, 635;
bestehen; 959, 1 1
bestender; 136; 4
330.
besteutnis, 940, 1
bestrichin; ü, 487.
bet, ganzes, zerbrochenes; 645, i; 1082, ■-
betkmnk; 1106, ».
beugen; 574; II, 536.
beunde s. bend, biunt, bunde, bunne.
beverarius; 803.
bewischen; 750, >.
biblioteca; 850, ■ (851).
biedennan; 1416, a. s. birbe lude-
bienvogel; 505.
bieWn mit der sonnen; 218.
hifang; 133 f.; 158.
hifiirca; 555.
bilaege; 956, t.
birbe lüde; 311, •. s. biederman.
birsen; 499.
bitredden; 1291, > (1292).
bitschel; 616, *.
biunt <4I9, '.), B. bend, beunde, bnnde, bonne.
bleiimen 1029, i.
bloicli 588, ij.
blualsturzung 1042, i,
bode, geswocren; 1060, t.
bodwin; 908.
bi^eu; 573.
boil; 503, ..
boit«hen; 240, t (241).
bomester; 910, ii (911). s. baumeJBtenis,
bänieister.
bomiariiun; 345 £ b. bunnarium.
bonum; 37.5, i.
bomholz; 508, 4.
bouchaft; 1008, i.
bouc; II, 376.
bouding; 1160, i. s. baogedingfa, budink,
buwedink.
bovarius; 1128, *.
brobiren; 564, «.
broecb, braghe; 547, ■, t; n, 215.
bracbe, die; 558, i.
brachen; 558, i. s; 574£; 577; n, 536.
braecbfelt; 547, ■; II, 231. s. brochfelt
brachialis diela; 785, i.
brachium aeculare; 955, t.
bi-HiiU 1' blitz Ling: 1354, 4.
br-i^bina 58ti.
liral. liMz, limiz; 787, ».
brauch, gemeiner; 327.
brasare; 586, i.
brechen den pflng; 871, i.
breme; 509,
brenogeld; 919, t.
33 — Wortregiater.]
brevis denarius; II, 452.
briga; 1054, < (1055).
brochfelt; 561, i. s. braechfelt
brockholz, broholz; 507.
broeling; 484; 492. a. bruling.
bnil; 425, s.
bruling; 523. s. broeling.
burglicher b&; 1271, i.
bubelfolk; 1458, ■.
buddel, buedel, buedell; 230; 431; 1060, «, «.
s. bedellus.
budellcn; 1182, «f. b. buteU.
budelgelt; 964, <.
buden; 786, i.
blidenband; 1047, n.
budink; 450; 764, n (765); 765, i; 1086, *
(1087); 1101, i; 1125, x. b. baugedii^,
bouding.
büerde, vierte; n, 228 f. s. bürde.
buirsprake; 304, i.
bQmeJBler, huwemeiBter; 652, > ; 735, • ; 772, ■;
906, •; 1125, » (1126); H, 639. b. ban-
meisterus, bomester.
bunde; 1317, i (1318). s. bend , beimde, biunt,
bunne.
bungart; 403; 403, i ; 564, i.
banne ; (428, «). a. bend, beunde, biunt, bonde.
bunnarium; 348; 408. s. bonuarium.
himle; 941, t. a. buerde.
bui^ban; 1115, i.
burgensis ; 1311, >.
liurp-raieistfr; 311, 4 (312); 316, ».
liiUKli lüder; lit66. ».
burgfrede; 1318, *.
bnrgravius; 1372, «; 1435, «; (1437).
burgien; 1312, < (1313).
bui^eB; 1314, 1.
buigwardug; 499, ■.
buraa; 1097, 1.
buacus; 126, n.
buteil ; 869, t. 3. budeileo.
biitl.irum r&.% T.
biKi.iiUiritis: ii<Ki. i.
butticlaria; 1471.
buwediok, buwegedinge; 765, i; 1054, ■;
1101, i. fries b.; lOU, i (1095). 9, ban-
gedingh, bouding, budink.
buwehoifslat; 799, >.
I Reisten _ U
caltorium; 581. i.
cainba; 5S6, ■; U, 140 C
Camera; 1089, >; 1040, o. c. iuEÜtia; 1040, t.
camerarius; 1426. if; 1470, i. c imparialü
aule; 72ij, i. c. aecretuB; 1433, 4.
camerknecbt; 943, n.
caniervDrst,cainerfnrat,caiiierwDrst; 4Sl;478,i;
483; 520. ».
caiapana; 310; Sil; 656.
campanarius; 240, i: 243.
cainpestria; 419.
caiDpio; 27.
campua: 13, i, »; 419.
camsil; 587, j.
Mnavera; 562, i; U, 64.
csncellai'ia; 14.S3, s; 1441. a; U, 700.
cancellarius: 1431, g; 1434, i; 1477, 7
(1478).
candda. locore apud c; 619, i.
capeUanus; 1283, i; 1431, tf.; 1435, ■ (1436);
1477, ; (1478f.). capeltani domini; 974, *.
capellarius; 1431, ^.
capillaturiae ; 32. i ; 34.
capitale:224;236;946,9; 1182f. cdauipnam;
293. capitalis; 1223 f. c. census; 870, i.
oapitnneus; 1370, i; 1440.
capuciiun; 1056, i.
Caput melius; 961, i.
camificum magititet; 1470, i.
carpenlariuE ; 776. i; II, 527,
rarpentiim; II, 248.
inqjiuiis: 1-üfl, 4,
carraila: II, 500.
cairalis evtctio; II, 280.
camiaila s. coirada.
camica; 409. s.
CfUTUcalis dieta ; 765, i.
caaa; 8, b; 23.
casale; 291, s.
casattis; 1233. i.
castaneanuD silva; 11, 178; 206.
CÄBtellanus; «81, » (882); 902, <; llSl.»;
1312, «f.; 1368, E.
caaticium; 398.
castrensis; 883, .; 1065, i; 1311, af. c. bene-
ficiiun; 883, i. c. feodum; 854, ».
caauB fartuitus; 985.
catena; 150, 4.
cathedraticum; 240, 4; 1283. s.
cauwercinens, cauwercinua; 1450, a; 14.')3, -i;
I4S3, 4.
cedua Bilva; S14, t.
cedula; 842, «; H. 519.
ceUa: S31.
cellerarius maior; 829, b.
censa; 938, * (939).
cüiisalis s. c«nsua1is.
censiticins; 872. s; 1223 f.
censinw; 1223 t
cenBualis; 1018. i; 1065. 4 (10661; 1128, *;
1195; 1214 F.; 1223 f.; 1233, i( 1243. c Jos;
938, 4. c. terra; II, 206.
ceuBus dispositus; 370, ■. c. legitiinnB; 992. i-
c. regalis; I0S5, 4.
centa; 311, « (312); 1273. i.
ms; 315. s. g. centcnariiis.
; 224 f.; SOO; 1011.
8; 225 f.; 249, i. centeDarii
dies, opus; 801, i; 1011, i. b. centanariiu.
ceoteneru; 764, ».
i^Dtgravius; 311, (.
ceotua; 4U5, ■; 408, «.
cenlnmgraviuB ; 1273, i.
centurio; 198, i; 200; 249, i; 291, » i292)i
1007, t, .; 1014. .; 1088, *; 1136.
cerarius. c carta; 1221, a. c. ceasus; 1214, «
(1215). c. iuB; 870, a; 1214, t (1215).
cer^alts. 821; 855^; 1198, s.
cereos pasclialis; 506, >.
i;erifex; .505, ■.
ceroeenaualis ; Ui35, n; 1214, i, 4; 1224, >
(1225).
cervicale; 852, 4.
cervus Gtadalis iiaidaris; 15, 1.
respes; 354, t.
-cttam; 158.
chauhie; II, 240.
chandinaria; 18, a.
cliaritatiiTun aiixilium; 1336. t.
chevaucli^e : 1025, i.
chirotheca; 295, 1.
chorene: 309.
iJiürog; 54, 2.
diorveia; 1125, a. g. tor^ada. con-idjci,
croada, croeria.
i'hreiie crfid; 23 f.; 28.
chunnas; 17, i.
Chimnund; 649, n; 650, >.
Ciceniis; 10, 3.
cingere; 574.
riiuera; 764, *.
dt»; 1336, i; II, 315.
cista; 1477, s. c, privilegiorum; 11, 700.
civile ius; 916. c. institia; 291, i.
civilibu; 387, i.
civis; 291, (sX »; 316, n; 1197. c Romanus
52, 8.
clarificatio; 583.
cluinB; 563, i.
claostnun; II, 252. claoBtri opm; 828.
claiiBnra; 581, g; 781; n, 362.
claTiciilaridÄ, 1443, i.
clavorius faber; II, 725.
clericus; 1453, i; 1477, i (1478).
detia; 15, i.
cUenB; 1214, «(121^)'
clientela; 1424, ».
rlosure; 271.
ehide; II, 268; 322.
cociis; 1428, a; 1469, s; 1471, a.
coeniptio 093, *,
coherediiHti 278.
coheres 272, i; 281; 291, i, t; 299, i; 634, a,t.
coler
1-8,1
collatiorare '253, t.
coUntio -ecclesianun; II, 212.
coJlatitia pecimia; 1306, i.
coUiiiiilantia 1424. i.
colI«cta; 606; 1020, < (1021); 1080. 4;
1331, 1.
collimiUtrc; 295, 1.
colonarium ius; 960, 1 (961); 961, 1.
colonus; 129, ■; 448, «; 778, ■; 959, s; 960, 1 ;
976, t; 985; 987; 993, >; 1042, .; 1045;
1077, s (1078); 1088, s; 1102, 1; 1178, ..
c. diuestris 137
com, ehoni, comincr; 546, t. g. künde.
comes foresitu-iua; 494, 4; 495.
comitia; 1027, 1; 1137, 4.
comitiale opus; 1030, » (1031).
comitiva ; 1270, 1.
commanere; 332, 1; 779, i.
commarca; 102; 268; 756, t.
ri; 277, >.
le; 911, t.
conunuiuo; 284, t; 285, 4
comiisfftliiin aJS.
compnrocliiaiiLis; 232; 241
compiLrticeps 232; 248.
uompensiouarius; 981, 1.
compositua Kuuiaus; 354; II, 100.
<:ouiprGliensio ; 386, 1.
compromiäsio ; 1206. >.
comprovinciu ; 717, t.
lonc^mbiiun II, 393.
conceptto; 717, 1. ""
conciris; 731, s; 1202, 1.
condivisor (s. mitteiler); 648, i.
condiioiitius 754, 1; 769, ■; 777, ^.
conductor; 976, 1-
conducUiB ecciesie; 118, «. c. et protectio;
1020, ».
confessor; 830, ■.
confideiusaor; 970, < (971).
; 1017, 1; 1045, * (1046).
conscientz; 1343, s.
conscribere; II, 756.
conscriptio; II, 759.
consecretalis ; 1429, 1.
consenaus; 1423, «f.
conservator; 1448, t.
LWiSMbiu iÄ5lri'ii,is; 1312, «.
cou=e^,sor; 1313, e.
coDsesBorium feodum; 1312, 4.
conaitjarius; 1429, 1; 1430, t; 1438, 4.
consilium; 14241'. c. populi; 298, « (299).
consocius; 1079, »; 1450, t.
constangia; 1464, t. a. cuatengia.
consuetudinarium servitiuin; 679.
consuetudo Dovarum nllanim; 135. c. t«n«
et iuris; 1038, >.
consulcatus; 381, ».
cousultus; 1428, tL
coutectalis; 629, 1.
coDiributio; 951, s.
'Contubomiuui ; 58, i.
conuüla 31.
coDvereio; 678 f.
MinvereuB; 773, ».
converti; 679, 1.
coDvicmi; 484.
coDvUIani; 299, 1.
convivales denarii; 837.
cODTOcatio; 1343, 1 (1344>
coquina; 1428, 1; 1467, 1; 1471. c. parva;
[RegiBter. _ 1606 —
147. über c; n, 775. magisterc; 1438, .;
decimalJB pactio;
1471, .f.
decimatjo; 114, »:
corbis; 945, i.
decimator; 199, i
comda; 420fc; 781, »; 785, ». b. chorveia.
declinare; 1160, d
cnwda, croeria, and:
deaceoa; 553, ».
corridica; 102.5, «.
defensio; 11,636.
coTltlus ; 333, a. s. curtilis.
d. et patrocini
cotharnus; 1097, i.
promotio; 1069,
cottidianus minUUrialis; 917, •; 1023, i;
defectus monete;
1127. >; 1128, >; 11, 254. c. aemtium, c
delegare; 631, i;
servitor; 833, i.
delegatio; 938. 4;
covis; 150, ..
dem; 316, <; 483
<:rassare; 291, ».
dema; 523 f. s. i
credn; 300, i.
demare: 523, i.
crediUrius; 849, •.
demeratuin vinimt
croada; 451; 949, .; U, 107; 168; 206; 221;
denarialig; 52, *.
223; 226. s. chorveia, con-ada, und:
denarias testimoni
croeria; 424, i.
denc B. ding.
cubicularius; 1469, *.
d^nombremeat; II
cubiculum; 239, «.
depactare; 86.5. e
cultilis; 417, ».
depascere; 297, 4;
cultura; 420 f.; II, 145; 166; 209.
deputatus; 1147.
cupa; 945, i.
describere; II, 66
*ui|.dle' lOl-S, . (1019).
descriptio; II, 661
vun.i, 7.-14, U, 172.
deaenire; 987.
turialis; 1079, *; UO^, e. c. pUcilum; 851, ..
desertuE; 117; 12
curialilas; 981, i; 1069, a.
dextrariuB; .533.
cumis; II, 529.
dielploch; 507, m
curtarius; 77^, .; II, 227; 639.
diemb E. dem.
curtelanus; 778, i.
diener; 1196, 7 (1
curtile, curtilis; 332 f.; 1192, (. E, cortilus.
dienst: 1374, 9; 1
nirtis; 7.a;332f.: 374f.;739; 754,.; U, 172.
diepsehilling; 306.
1 .lüiiimK^i 721; 755. c iudicialis; 754...
dies; 336, *. d. 1
eiiBtengia, 484. b. conBtangia.
dieta; 336. 1; 437
«.u^todia et tuitiu; 1068, «.
digestio; 5f4.
tustosbanni; 1076. c.paktü; 1435, > (1436).
diheme s. dem.
custui,; 484; 970, »(911)-
dil; .5^1, 7.
dilatio; 76-5, ].
diinidia curtiE; i
dalrastobuB T^^T s E daurastuva.
776,7(777). d
laih^giltl- dem) 465 i
dimidietas: 915, s
daürsialuis 12^8
dinei,i|uHminge- 1
danipDuui kgiilt 978 i
ding, dink: 765,
dapiter 1427
rinc; 927. *; 9
datnu», II ^58 d ei usiialis; II, 388.
632. ungcbode
<luiibe> holz 516
76-5. ].
(louerde II 312
dingen 245. 1.
tlmnsiiiia -)I5 787 i s dabrastobus.
dinkgeit; 1033, .;
«klinlu 92a s (929)
iliiigfl.-rii'lil: 047.
dt UHU 239 21 "
diiiklmus: 309. 1.
denn 104 60J 921 d ctnona; 129, i.
dinkheDer; 193. »
& ^ulIi deiiia
Ams\mi(: 194.
— 1607 —
Wortregister.]
dinglich; 993, s; U, 658. d. gut; 747, i.
dinklichof; 1032, 2.
dingman; 1118, s.
dingsal; 1354, i.
dingstol; 1033, i (1034).
dincsäche; 927, «.
dincvogt; 1092, 4; 1122, 7; 1132, 9; 1224, 1.
directaneus; 1123, 1.
discoloratum vinum; 584.
dispensare; 1472, 1.
dispensator; 803; 1471, a; 1472, 1.
districtus; 248; 1016, 4; 1319, s.
ditiores; 1237, 1.
diumalis; 336, 4.
divisor; 342.
dobbelen, doppelen; 854.
doerengestoeß; 1320, a.
doetholz; 489; 490, s. s. dotholz.
dolabrum; 1407, 1.
dolare; 385.
domare; 322.
domicilium; 275, s; 375.
dominatio; 748, 1. d. plena; 292, 1.
dominicalis ; 748. d. homo; 865, «. d. terra;
419 f.
dominicare; 750; 1101, 1.
dominicatus (subst); 1099, 4 (1100).
dominicus; 747. d. curtis; 721; 755.
dominium directum -utile; 626, 1. d. et pro-
prietas; 928, 2 (929). ius d. seu quasi;
1072, 5.
dominus terre; 986; 1136, 1.
domus; 8, a; 332.
dona; 344, 1.
donatio; 908, 2. d. et precaria; 892, 2. d.
inter vivos; 638, 1. d. propter nuptias;
954, 8.
donativus; 787, 5.
donatus; 846, 9.
doppelen s. dobbelen.
doppelung; 793, a.
dorfrechnung; 1339, 9.
dorfrecht; 299.
dorpf; 154, 1.
dotholz; 507, a. s. doetholz.
doufholt, doufhout; 484; 506, 7.
drauf; 1160, b (1161). s. druifen.
dreger; 608, a.
dresch s. driesch.
dresselarius ; II, 216.
driesch, drisch, dresch, dreiß, driß; 128, 1;
405,4; 451, 1; 561, a; 576, 5 (577); 579, 5
(580); 751, a (752); 865, 4.
drift; 525, 4.
driß s. driesch.
drißiger; 920, 1.
dristellig; 1186, 1.
druifen; 1081, r (1082); 1082, 1. s. drauf,
duale; 346, 1; ü, 501.
ducere; 778, 1.
duciUatio; 584.
duellum; 1117, 1.
duipstein s. thonus.
duirzinsig guet; 765, 1; II, 627 f. s. durzins.
dumerlink; 107, a.
dunki-echt; 438, 5 (439).
durzins; 370; 1182, 1; II, 711. s. duirzinsig.
dwankmoele; 1002, 2.
ebrius; 80.
ecclesiasticus; 52, a; 1017, a; 1042, 2 f.
echtedel; II, 497.
ecker; 521. s. eikeir.
edelarm; 1163.
edehnan ; 1042, a ; 1082, 2 (1083).
edelscheffenampt; 1070, s (1071).
eder; 1001, 1; 1135, 1. s. etter.
edificare; 781.
edilis advocatus; 1122.
edituus; 855 f.
effestucare; 630, e (631); 637, 1.
effiigari; 1426, 1.
egerde; 561, 2.
ehe, ganze, zerbrochene; 1082, 1.
ehrlos; 646, 1.
eid und schirm; 1066, 9 (1067).
eigde; 555, 8.
eigen; 749, 1.
eigenman; 1228, 2; 1231, 4.
eigenschaft; 1129, 2; 1230, 5.
eigenschaftman; 1231, 4.
eikeir; 484; 521, 1. s. ecker.
eilefteg; 1224, 2.
einichshofinan ; 1158, 10 (1159).
einigsman, einenzman, einungenman; 307, 2;
327, 1; 696. einigsleute; 256.
einigsrecht; 305 Note; 327 f.
einigung; 306, 1.
einhendig; 1204, 2.
einkindschaft ; 1328.
einschirig; 530, 2.
«inuug; ISI; 183; 220, i; 203; 284,
:t06, s (307); S06, t (dOT); 1419, 8. redi
licb<> e.; 811.
vinweidig; 260.
uinwesaerig ; 2SD.
oit luul liult; 256, 4. cid; 260.
»ilgcscUe ;
elaboratus; 116; 253, e.
emeliorare; S94, ■.
eneiulu magnit-parva; 103S, i (1034).
euier, emems; 11, 501. e. lummariua ; 995,
.mcf^entia; 985; 1359, ».
«njit'aiigrecht ; 1188, t.
<mipfenglir?-b ; 130. s. entfenklidi.
t^mptengliclisgUter; 1048, 3.
eophitheosis; 935, i. e. perpetun; 938,
einphili
emiiuiias s. inunimitaa.
enchpaiiiin; 7T0, a.
ende geben; 1132. i.
eoger; 372; 791, i.
entbaum. inlbaiun; 514, i.
intfenkenis; 907, i; 923, 4.
■•utfeiiklicL; 925, i; n, 231.
enthiddeD ; 1263, i (1264).
entnigeu; 209.
intreileii, sieb; 1001, t (1002).
intruiten; ST6, t.
entBcluft; 1204, *.
eiitscheitzichen; 110.5, i.
eui^tiiiitien; 1292, i.
enUpenen; 523, b.
entweten; 1026, ».
e<tualis in liliertate mundana; G40, i
equestres coloui; 137.
equiritium ; 1168, i.
equitare el stare; 639, t.
eradicare; 1265.
erbar, erber; 855; II, 651; Ö53.
erbe, erf; 370, i; 448; 967, . (968).
erben (jemanden); 645, s.
erligenosse; 448,
erbgoed; 925. i.
en-elien; 938, * (939).
erlieechatl, en'escof; 938, i |939);
957, a (958).
erfs recht; 953, i.
erbwiltfurster; 480, i.
enledisgen; 947, t.
erdeneii; 587, o.
eredrunk; 1416, s.
cren, erren; 518, i; 555; 557, ■; US, •
erf s. erbe.
erfallen; 223, i.
erfling: 44»; 800, x.
ertullen; 1
erbeben; 1048, «.
erleiigen; 178, i.
emtgons; 800, i.
erpex; 9, n.
ersterben; 632.
ersucht; 333, *.
ürutoni; 136, •.
errideila; 1218, i.
Igen; 262; 1109, i
eschaingiare; 38S, i.
e^cbkaiil; 654, i.
escreuDa; 9, t.
e^&Hrt; 126, i. s. exartum, satt, sutiuL'
esseling s. iixiiis.
easenlleiscli; 1289. s.
eSsack; 502, i.
etter; 543. s. «ler.
evagaiio libem; 998, *.
evengewande; 647, a; II. 280.
ewelich und erfÜch; 931, i.
ewiger «üb; 954, « (955).
exai'tare; 1119, s.
uxtKtia; 376, i; 606, i; 1027, .; 1080, t; tt,
180.
exMtor; 1113, >; 1374, i (1375). e. palatii;
II, 1
; U, 394.
exartare: 126, i.
exartum; 386, i. a. essart, sart, sartuai.
exceptio mali doli; 954, t, a.
excrescentia ; 1474, i.
exdicere; 1131, i.
excmpla; U, 83£; 86; 89; 109.
exereitus; 1292, ■ (1293),
exitus; 333. e. in Sal. 74 Eittav.; 13, i.
eipenae domini; 1465. über e. d.; 1471.
exquisitio; 941, e.
extorquere; 1453, t.
;204; 11.59,»; 1224f. e. heres ; 63t, •.
fcbrica lerraria; 85
facb; 503.
facinorosus; 1342, :
faculiog; 23; 24, i; tö.
fadcD ziehen^ 280; 1050, i.
&ex cerevisialia; 813, i.
faid B. vogt
Sa, val; 1419, 8.
fiülhole; 507, ».
folsarius; II, 859 f.
1'nlter: -554, g.
foinilm; 1147 t. domini; 1440, ■.
iamiljaris; 827, «; 142S, »t
fiuniliaritas; 1428, t.
famiilus; 1196, i.
fono; 850, 1 (851).
fare, fahr; H, 648^
fare b. phara.
farinariiiin; 17, i.
phaselriot; 541, i.
faselvieh; Mit; 948, t; H, 631.
fassimg; 434; 1001, t.
lam-ii' II. 49:1.
leiii'drafi 626, *.
feldschvfinger 539, 4.
feile imd unfeile 1889.
felwe 487 d (488).
feoduiu s. fuiidiim.
fem bfumiia; 1099, t (1100> ferannn bumiifi;
111, 1.
ferger; U, 244.
feripeta ; 1406, a.
fenoa b. finna.
fermentatuB panie; 589, i>
femtura; 777, i; n, 248.
festum; 1288, rt.
feudalis; 875, i (376); 721, t. f. cnrtia;
277, I. f. et hereditariimi ius; 915.
feuditarius; 931, i ; 855 f.
feudum cnrti^e; 375, i. t. hereditarinin ;
899. 1. f. legahtriuin; 611, ». f. liberale;
85af.; 877. i ininisteriale; 822, i; SSSf.^
817. f. «ervüe; 822, i; 855fl; 901.
feurzins; 799, «.
tiiii!iiiä.üiv^ tullm-; 1016, t; 1045, ■.
tiüclituu lilitii-; 1479, i.
tigere; 574.
figura monete; II, 391.
finagium; 391; U, 654.
finaler recefa; 1480, «.
linna; 938, t (939); 943, i; 958, ■; 964, i;
1365, t; II, 213. f hereditas; 923, •.
fimjtas; 298, >.
flscaliQuB; 993, t; 1045; 1146; U, 650; 659.
fiscalis; 748; 1018, >.
Sscbhove; 798, t.
fischsack; 487, < (488).
Üsr-as- 721.
dageUuin 595, i.
flahsnienger; 563, e.
flectere; 574.
flescba; 852, *.
flonis; 406.
aug; 50411
flflr; 347, i.
fodere; 574 f.
foenile; 9, *-
foliare; 575.
foU; 124, ..
foraneuB; 437; 615, i.
forderwagen; 24S, «; 256.
forense ius; 627, ».
forestaria; 496; 514, i; n, 180.
forestarius magister; 494, i; 495.
foregtia; 470, 4.
forestia; 104, «; 470 f.; 463.
forsthäbe; 496. s. fiirster, farsteireclit
forsthuber; 1348, t.
fortuna; 24, i; 48.
fossa; 578, t (579); 579.
fhicta; 291, >.
fractor lapidum; 11, 533 f.
francicufi, frooconicuB ; 570, t; 571, i, i.
ftancus; 1017, .; 1042, i; 1146, .; 1178, i.
Fr. der lex Cham. ; 53, i.
frangere; 559, •.
freda, frcdmn, fredtu; 1016,4; 1045, ■; 1125,4;
1127 1.
freibürgergut; 627, 4. 8. fribuTger.
freihocf; KW9, i.
freitt; 426, i (427).
frenchart; n, «8.
frenlBch; 571, t-
freDtzwin; 571, t.
fn^vel 1033, * (1034).
friburger 121ä. t. 8. freiliQigergat
friden; 784, i.
friedewalt; 175; 468.
friedweide i 525, •.
frier rins; 789, i.
frigrere; 1321.
frihamer; 194; 1066, ».
fristigen; II, 627.
fronde, froende, froene; 136; 393f.; 419f.;
748; 781; 946.
fronebot; 1060, i.
froendag; 748, t; 924, i.
102
[Register-
froneiter; 953.
frohnfeld; 127, »; 128, i.
frocugeiralt; 753, i (759); 1241, :
froneguth; 748, i.
troeoliant. in f. legen; 750, n; I
froneiiof; 748, «.
Ixoinliols; 509, i.
froevkole; 516, i.
froniant: 136; 393.
TroiDplug; 436, i.
rrfienachnit; 425. i (42S).
Bronwaglie; 1003, a.
froinewise; 425, s.
fnuaenüom paius; 553, a.
fmnienliiin ; 549 f.
frtmt^ 1422; 1429, i.
fnistum; 406; 410. s; U, 493.
föderbede; 552, i.
fudurliavere ; 1121, i.
fttgam dare; 869.
fiindalis census; 7!
; 1027, .
f. doniinuB
11!
fmubtor; 696, u; 773. «.
fun^undicli leben; 930, i.
(iiniuiiliis distributionis; 343, t.
fiirluiga; 346, 9.
fiiniarius; 770, s.
fitmus bannalis 1000. i; 1002, n.
ontach; 499, «.
fttrspreiA; 1094, 1.
fui-stcr; 495, ». s. forsthabe,
fursterietlit; 490, 3. s. iorsthäbe.
fui-tuua s. fortima.
füll, runder-gesohlibler, gesUttener, gespal-
dener; 486, ij 1184, >; 1186, 1.
cader, gaider; 290, 1; 543.
gallina; 787, «.
gamaladio; 698 f.
gamallus; 699, 1.
gancleide; 1080, *.
gan erben; 278.
gäng und gäbe; II, 888.
gankperich; 947, t.
gapfrl ; 817, s.
garcio; 1428, i; 1469; 1471, ».
gardus; 581, 1; 787, ».
garten; 403.
garzinsigh; 793, a; 1193, 1; 1210, 1
gebiut; 424, 2.
geboet koninks Korlus; 172.
geburrecht; 603, * (604); 961. ..
gecronter heim; 1299, a,
gedech; 1308, 1.
geMret; II, 641.
gefroilicli; 126, ■.
gefronWs erlie; IL 627.
gefüglich; lOSl.
getulglich; 932, a.
gegeuoth; 962, t (963).
gcgurter rock oder nuntel; 1070.
getiemeUche; 24a » (241).
gehenkenis; 1424, t (1425).
gehöfener; 136; 893; 448.
gehöter. geböber. gebover; 44S; 4g4: II, 22;« C;
637. gehuwennan; n, 781.
gebuilt, gehufl'euet; U, 487.
gdeide; II, 234.
geleidesgelt; II, 291.
geleitzgelt; II, 265.
geleufe; 107, n; 523.
geliiiia; 391, ■■
goluti- clocke; 1077, s.
geniirk, geimrk; 308; 511; 864, 1 (895).
geinarschaft; 462.
gemat; 966. t (967V
geineio; 1394. g. man; 1084. 1.
gemeinde; 180f.; 1067, t.
generacio; 37; 40, a.
g«ie^g B. genoiasich.
genici&iia; 118, >.
geddum; 9.
geiiiat; .'>07.
geiioiß; 1051, i.
genoissicb; 735, i (T36J; 1102, i.
genuculum; 29; 38 f.
genuilis; 1190, s (1191).
genußig 3. genoLssicl).
geötnen; 432.
ger, gera, gere; 223, i; 339, 1; 340, 1; 407.
gerba; 776, 3; 777, a.
gerbagium; 891, a.
gereite giiter ; 654, a.
gereitschaft; 854.
gericbtshaus ; 309.
gerlchtslauf; 645, 1.
gerithtsman; 1049, 1, s; 1050, 1.
gerichlszwankb ; 1105, a.
geris; 492, a.
geritte; 1018, a (1019).
geroiet; 277, . l278v
geroube; II, 312.
geräit; 914, 1.
— 1611 —
Wortregister.]
geschön; 574, 4.
geschworene; 290; 818 f. g. alste; 296.
gescrei; 1349, s (1350).
gesei; II, 269.
geselde; 1131, i.
gesetz; 406.
gestech; 1166.
gesticket; 914, i. g. win; 579, s.
gestopp, gestüppe; 580, 4; 968, 9 (969).
gevr5iiit; 1229.
gewalther; 191.
gewande, gewan, gwanda; 885; 1050, i; U, 381.
gewelde; 1067, 9.
gewender; II, 842.
gewer; 217, i.
gewerf, gftwerf; 908, s; 928, 4; 928, i; 1017;
1080, 4.
gewin; 1447, 9.
gewinnen; 128.
gewisliger vait; 1115, i. s. wislicher vait.
gezimnierz; 950, 6.
gezit; 1312, 9.
ghan; 456.
glashuve; 1470, i.
glauf; 944, 4.
glava, glavis; 508, 6.
glei, gleige s. glava.
glevie; 1299, 9.
glocke; 229; 810, i; 311, 4 (812). s. klocke.
gnade; 817, i.
goliardus; 1157, s.
gotsgewalt ; ' 1047, 5.
gottsheller; 685, s.
granariuni; 543, s.
granarius; 964, 4.
grandinare; 844, s.
graneca granica s. granarium.
grangia; 275, s; 298; 690, i; 759, i; 1012, i.
magister g.; 692.
grangiarius; 692.
granum; 549, 4.
grascaf, graischaft; 1018, 9 (1019).
grassator; 1157.
gratia; 326; 1226, 4.
gravedinc; 186, i.
gremen; 1389, 9.
grif; 1289, s.
grömetgrund; 389.
gront s. grünt,
grossus; II, 485.
gründel; 482.
grumait; 260. rechter g.; 258, 1.
grundgerechtigkeit; 1059, 9.
grontgericht; 1050, s.
grundherr; 696. grond- und fogther; 1077, 9.
grondmeier; 1087, 4.
grontmarkh; 1105, 1.
gruntrichter; 1033, 9.
grundscholtes; 1108, 6.
gruntzins; 948, »; 947, 4; 958, 9; 788, 7;
1010, e; 1085, 9; 1102, 1.
guerra communis-specialis; 951, 6.
gürten, garten; 573 f.; II, 586.
gulwert; 528, 7.
gunst; 1414, 19.
guntfano; 850, 1.
gut und giftig; U, 388.
gutlich-richtlich; 805 Note,
gäwerf s. gewerf,
gynaecium; II, 342.
gyrovagus; 1157, 7.
liaccom; 800, s.
haereditas, haeres s. hereditas, heres.
hagel, hau; 951; 952, 9. h. und hier; 985, 9.
haia; 298, s.
hail s. hagel.
haistaldus; 436; 797, e; 1173, s; 1223 f. ; U, 150.
half^'inne; 985, 4; 987, 1.
halla; 8.
halsgebeine; 308, 1.
ham; 234, s.
handfesten und behalten; II, 655.
hanthaben; n, 648 f.; 655; 659.
hantlen; 1812, e.
handomknebel ; 172.
handrichtung, handreichen; 790, 9.
hainf; 562, 7.
happerscozze ; 1076, s.
hariraida; 58, 1.
hamippen; 1348, 1.
hatta s. acht.
häuf, zu h. rufen; 311, 4 (812); II, 638.
häufen; II, 656. daz gerechte h.; 1054, s.
hauptfal; 503, 6.
haubtgut; 351, 1; 971, 1.
hauptman; 182; 370; 650, k; 651, 1 f.; 1186, 9;
1223 f.
hauptmark; 642, 4.
-hausen; 158 f.
huessgenosz; II, 354 f.
hausgeseß; 784, 1; II, 245.
haushalden; 1048, 1.
102*
lueigtr.
heimel; 804; 821. s. heimerde, heimgerede,
beimgericht, heingericht.
heimerde ; 804, i. a. heimel.
heiinerich; 908, i. b. heimbnrge, heinmeiger.
heimgerede; 188 f.; 304. s. heimel.
heimgericht; 188 f. b. heimel.
heimlegen; 1004, t.
heimelicheit; 1429, i; 1430, e (1431).
heimlicher, hemelicher; 1429, i; 1438, «.
heineetraSe ; 344, i.
beingedingtes gepot; 1331.
heingericht; 304, i. s. heimel.
heinmeiger; 220, i. s. heimburge, heimericb.
heinnite; 303, ■; 344.
bengelotus; 1092, i.
heakstpferd; 525, «; 542.
her; 951; 952, i.
heraus; 375, i; H, 141.
herbarium; 1032, ».
herbariug; 316. herbarionim magiater; 816.
herberga, herbergte; 1026; 1027, i; 1118, ■-
1121, <.
hcrdel, herder; 650, t; 799,i; 1185, ((1186);
11, 667.
herdhuii; 1055, i (1056); 1085, i.
herdpennink; 1055, s (1056); 1085, i; 1181,«.
hereditarius; 900, i. h. feodum; 899, i. h. et
feodale iue; 915. h. ius; 988, *. h. locatio;
11, 776.
hereditas; 40; 375; 74ef. ; 988, « (989); U,
207. h. mutua; 287, .. Iarhereditati8;682,i.
berereclit; 869, a.
heres; 375; 915; 938, • (989). h.
herTart; 1
uigeu; (tao, i y^f-aij ivtta, il
hilligsgut; 1011, t.
hinter- vorftlüg; 626, ».
hmtenedel; 1224, t.
hindenieDdigh ; 751, i.
hinderwagen; 243, i; 256.
hipe; 100, 1.
histrio; 1157, t.
hob s. hof.
hoba, bobe, hove b. bufe.
boacht; 480, i.
hochbueB; 1033, * (1034).
hoegeding; 193.
hoicbeit; 194, 474.
hoiclgaich; 486.
hochvalt, hoewalt, hochemlt, hohewalt
488, .; 495, i.
hogezit; 858.
bof, hoif, bove; 789, i; 956, i. ze b. k
1326, >.
hoebacht; 435, t.
hofebot; 1060, 1.
hoifbueB; 1033, 4 (1084).
■bofen; 156 f.
hovefelt; 950, i.
hofflur; 419, i ; ^7, t.
hoifsgeding; 193.
liofgericbt; 127, i.
hoifgut; 483; 747, i; 752, i; 11, 630.
hoefhamer; 471.
hoibherre; 11, 749.
(h)oveiimger; 1224, i.
hoeflich, howeUcb; 489, i; 1185, ■ (lU
höfling; 1118, 1.
hoönao; 375, t; 778, »; 788, *; 913,*;
g, 4; 1247; 1411, s.
— 1613 —
Wortregister.]
hoefrat; 1487, s.
hoverecht; 927, 4 (928); 1101, a.
hovereide; 888, a, 4; U, 685.
hoefschneider; 1^7, s.
hoifsscholtes; 785, 4.
hovestat; 272, s; 291, s; 412.
hofwegge; 558, e.
hoberwet; 1209, s.
holca 8. olca.
holzförster; 476.
holtgenoten; 280, s.
holzgewalt, holtgewalt; 271; 292, 1 (298);
996, 9.
holzgrafschaf; 1067, a.
holzhaber; 475, 6.
holzmarche ; 291, a; 292; 299, s.
holzwerk; 1808, 4.
homicida; 1447, 1.
honne und Komposita von honne s. u. hunne.
hordeaceus panis; 558, 6.
hornbrast; 1849, a (1850).
hornlos; 1289, s.
hörogaui; 54, a.
hospitatio; 769, s.
hospitium; 829, 1.
hostilicium; 816, a; 1025.
hontslehen; 930, a.
hovetman s. hauptman.
hufe, huobe, huove, hove, hoba, oba; 882, a,
8, 7; 461; 1078, 1. hoba regalis; 849.
hufer, hubener; 448; 1048, s.
hftfgüt; 705.
hufhamer, huphamer; II, 8.
hubrecht; 871.
hufzins; II, 626; 666; 711.
hulde; 486.
hummelgeding s. hunnindink.
hunaria s. hunrie.
hunne, hunno; 184, 4; 199; 245; 291, 1 ; 1128, s.
hunnindink, hundding; 199; 200; 1197, 4.
honneheller; 1187, 1.
hunkirche; 246.
hunrie, hunrige, hunaria; 201 1 ; 207 ; 1272, s.
hunschaf, honschaft; 199, 1; 222, a; 265.
hunnelTolk; 174.
hunicus, hunnicus; 881, s; 570, s; 571, a, s, s;
925, a; U, 674.
h&ntzwin; 571, s.
hus, huis s. haus.
h}'potheca; 957, a. hypotheca et pignus; 956, 1
(957).
Jagerethafer; 1067, s. s. jegerrecht
ianitor; 1426, s i; 1427, a; 1428, a.
jardinc; 204.
jaerzaile; 440.
iconomus s. oeconomus.
idel; 1289, s.
jegerrecht; 486, s. s. jagerethafer.
igneaceus; 507, 1.
ignire; 588, a.
immeliorare ; 894, a.
immunitas; 1016, sf.
imperialis protectio; 1020, s.
imperium merum et mixtum; 190.
indominicalis ; II, 62.
indominicatio ; 920, s (921).
indominicatus; 89, s; 748.
inbannire; 750; 995, s.
inbeneficiare ; 875, 11.
inbreviatio; U, 90.
incendiarius noctumalis; 1028, s.
incidere; 574.
incisio lignorum; 291, a.
inclaustrare ; 680, 4.
incola; 981, s.
induciare; 955, s (956); 986.
infeodore; 875, 11; 881, s.
infirmarium; 829, 1.
inforsten; 495, 4.
infractio sabbatorum; 608, 4.
infronen; 750.
-ingen; 154 f.
ingenuilis mansus; 1190 f.
inhau; 287.
iniectio manuum; 860.
ink; 581, 7.
inkbude; 581, 7.
inlendich; 1429, 1.
inmerker; 294.
inngericht; 188.
innoTare; 124, 5.
inquirendum; 888.
inscisio; 1119, s.
insessus; 750.
int- (deutsche Vorsilbe) s. ent-
integritas; 888.
interconditio; 682, 4.
intercursus; 1207, a.
interesse; 958, 4; 970, e (971).
introitus iudicum; 1016.
iuTia; 888.
invocatio iudicii; 954, 6.
ioculator; 1157, 7.
; 121,
; 724.
iuramentum in Sal. 60; 22.
iuratus; 232; 273; 320f: i. cnitiB; lOSft, >.
iurati et acabini; 297, i.
iurisdictio; 1136, «. i. alla; 177, >; 886. i.
bessa; 886. i. plena; 190.
iurnalia; 34S; 40S.
ins censuale; 936,1. i. dimidii rnauBi; 769, ■;
776, 1 (777). i. dominii seu quasi; 1072, ».
i. einphiteoticum ; 938, t. i. forenae; 627, ■.
i. hereditaritim ; 938, t. i. parrocbie; 243, >;
293, I. i. secandi in nemore; 996, i. i.
Tenaticum; 495, i.
iusaus domioi; 1421; 1423, ■; 1476, ».
iustitia camerae; 1040, s. i. civilis; 291, i.
iustitiarius; 132>'^
iLalchepise; 949, i.
kamarchio, kamarcho; 283, a,
kanier; 1055, i. frio k.; 290, i.
kamerholz; 493, ».
kamermeister; 1437, *.
kamervorst; 482, ».
kamp; 1117, i.
karl, kahrel. kerl; H, 240.
Karies Idt; II, 392. Karli menaura; 11, 501.
Karins geboet; 172.
karp; -502, i.
kaisvogt, kaiafoit, caiBvoigt, kasa≯ 1033,4
(1034); 1068, e; 1092, e; 1289, >; 1292, >.
caßmeiger; II, 640.
kauf, von k. wegen lihen; 938, 4 (940).
kaufen, sich; 1085, n.
kaule, koule, kulc; -578, t; 944, i; n, S32.
keffer s. kepper.
keliereezauwere : 587, i.
kirchemeiater; 220, i-
kirchhoDDe; 245, i.
kirlant; 419, i.
kinnet b. kunnede.
kirsgart«D; 565, *.
klent; II, 497.
dii«elnj257, > (258X
docke; 216 f.; 301 f. geluithe c; 187
doBter; 403, s.
kogel; 1066, i; 1070.
kolehobs; 11, 833.
kolemeise; 500, >.
koelen; 516, i.
kolfe; 1117, 1.
kom s. künde.
kommerecbaft; 1107, i.
konde s. künde.
I copeleweide; 408, *,
I koeren und ichen; 11, 488.
korzbusch s. kurzbiucb.
koule s. kaule.
krademe; 125, ■; 474, 4 (475).
krame; 1005, *.
krause; 433 f.
krauwel; 854.
crenken; 1345, *.
krieg,. uffener; 1349, « (1350).
mminalische Bacbeu, kleine; 1062, *.
kromme; 127, ij 300.
kronunenschnitz; 485.
kucbe; 1471, >.
knchenknabe ; 1437, *.
kudienschreiber; 1437, t.
kütz; 487, e.
cumtchin; 11, 216.
künde: 418 f.: 745. a: U. 216.
kantschfift; M», t; II, 633; 661; 732.
kurmede; 370, .; 923, .; 925; 926, i; 927, *
928. s; 930; 1225, »; U, 642.
kurmedig, kunnoedjch, konnodjch; 930, t
1184, i; 1186, a; 1166, * (1187); 1188, «
11, 231.
knnbusch; 100, i; 174; S14, t.
labor; 13, «; 483.
ladfafi; 1289, ».
laetilis s. ledilis.
lagena; II, 500.
lahss; 501, '■
laiswerpiri; 23.
L&mperter; 1450, i.
laoghalm; 274; 484; 525, t ; II, 634. 8. auch:
lange weitb; 286, i.
IftntftnJ- 951, i
landfurste 1322, ..
lantgeschm 1031, i; 1137, t; 1292, t.
lanihtre 9T8. i. 1- und lehenherr; 1041.
lautlos LI tig: 872, i.
laDtre<^t; 391, •; 393 f.; 420, t; 493; 514, s.
lantsBBse; 1079, i.
limlsdireiliiT 1419. i f.
lantekriech; 951, i (952).
lantstraie; II, 287 f.
lanturtel; 193, i.
lapidda; 586; 11, 524 f.
lapidea domiis; 138, i; 1453,
Iniiifodii
.iPb, )
lapsus; 502 f.
-lar; 151 f. I. bereditatia; 632, i.
laUralia porcus; 787, >.
laterittio; 339, i.
latta; 581, «.
latienploch ; 507, lo.
Uubcn; 574 f.; II, 536.
lanfWasser; 1159, i.
laiiterrUbren ; 574 f.
lazeshunva; 1190, n (1191); 1192, t.
laig&t; 901; 1100, ■; 1192, «.
leberidi s. lieberich.
lebnus; 554, a.
ledig; 172, s; 1298, i.
ledilis; 1233 (1234). 1. mansns; 1190r.
legatio; 810, i.
legatorium feodum; 531, i; 811, b.
legitimus; 116, s; 748.
It^uB a. ligius.
leben; 412; 901, > (902); 912; 928, >.
— Wortregister.]
lehenguet; 791, i; 901, t; U, 231.
lebnherr; 696. lant- uad 1.; 1041. 1. und
voit; 1078, 2.
Unnutn; 929; II, 228. g. besessen l^nman.
lehenmeiger; 787, t.
leinpeter; 412, i.
I^necbeffe; 1040, i.
leinvroue; 696, •-
teibbeth; 1006, i (1007).
leibeigen; 1211, i; 1228, s (1229>
leibeigenman ; 1231, «.
leibsirei; 1210, i.
Icibsberr; 1351, s.
leida; II, 497.
leibebank; 1005, i.
s. lehi-n.
|itnt UW, *.
lelua; 945, i.
len s. leben.
leufTen (nässe); 564, ».
levis moneU; II, 416; 420.
lex antiqoa; 708, i.
Über amicortun; II, 187. I. coquine; n, 775.
I. domini; 1416. I. ezpensanun domini;
1465; 1471. 1. fideUum; 1479, i. 1. per-
petHoruiii re emendonim ; 1442, i. I. sca-
binalis; 998, t.
über; 1164. 1. et nobUis; 1164.
liberale feudum; 855 f.; 877.
libmilili-r eniprc; 642, t.
\\h>'T.- i't .iliEoUite reverti; 953, s (954). 1. con-
ducere eiponere; 938, 4 (939).
libertäre; 869, i (870); 927, >.
lidus; 1214, ■.
[■lii'li- 327- 784, i.
lieferhaftig; 787, * (788). s. lieberieb.
liebe; 472.
Uenberich ; 901, i (902). >
lifcrkouif; 476.
ligare; 574.
ligatura iive; 417, i.
ligius; 1263, t; 1297, i; 1298, >.
iriniii 508. j; 787, s.
lignatio; 293, i.
lignorum marca; 1066, t.
■s; 406.
t-.toi- 279.
linde; 809(310); 1058, i.
Inbium ; 309, i.
locare apud candelam; 619, i.
tocatio hereditaria-vilalitia; U, 776.
locator; II, 221.
[Register. — 1
lorliniacn; 50d, n (904).
locus; 267; S69, i; S35; S3>i. 1. principalis
1040. L subiettiia; tJSl, -i.
\«chem; 341, i; s. da«u 341, ».
looaebref; 1483.
loüKende; 609, ti.
-loh; 158.
loricAtus; 1295, i.
loa; lIB-% 4.
IM. Karies 1.; n, 392.
lotte; 573.
lovetP; 515, ».
Iui%mana; 508, i.
lucrare; 126, »; 456; 873, ..
ludorimn; 982, i.
luuiiiiarius emerus; 995, i.
luitdink; 1082, t; 1230.
n&clialus; 9, s.
muerc; .533.
IiuigiHtcr; 1I4S,3; 1S17, i; 1224, i. m. corni-
I ßcum; 1470. m. coquine; 1438, «. ni.
1 (orestariorum, forestorius; 494, t; 495. m.
fnssor; II, -518; 524. m- herbarionmi ;
916. in. 1apidds;II, 518;524. m. palatii;
\iSä. (1436). m. parocbianorum ; 231 f.;
I 243. ra. Bcalinorum; 647, a; lOdl, n;
1052, >. m. ville; 1359.
magni dies; 783, *.
nivalis; 11, 1.
maior; 724. maiores; 1161.
i. terra; 747,
mauMo: 8, >; 375; 1017, 4. m. luibttalnliif]
868, 3. m. pereonalia; 981. a (982).
mansionnriuE; 375,* (376); 412; 448,«; 773, *
961, ».
muDsiomle; 721; 1193, g.
mansuale boiium; 646,
1127, ,.
usus; 332; 867 f.; 408; 956,
poailus; 3-54; 11, HO. m. dimidiiis; 76d,
776 (777). Dl. iDdomiaicatns; 7ä5. m.
geuuilU; 1190 f. m. Icdilü; 1190 f.
plenus; 1180. m. rc^s; 348, « f. m. ser-
vilis; 992, *; 1190 f.
is; 410. m. diettt; 785. 1.
mannfidelb; 961, i.
manus-mortiia ; 1182 f.
inanutencDtia : 240, t.
manwerk, maDwcrker: 409 f.; 903 f.; 908 f.;
912. «.
mamch; 533.
inarca; 13, 1; ü, 387. m, liguonini; 1066. «.
Diarcarius; 248.
narcliata; II, 494.
marescalda; 883, .; 1427.
niariture; 576.
mark, raarko; 292, i; 347,
markatuB; 425.
m&rkenrrclil; 642, t.
markgenofi; 232; 248.
maTBcalcuK; 1270, i; 142<
K. murescalcia.
r; i. marscalcua.
; 467 ; 1054, .
I
tcllcr
1437,
nmleficiiun; 1113, i.
nmrtirölogiimii D, 663.
mallidicus locus; 1046, 3.
maltus: 104.5; 1046, 1; 1120, i; 1122.
m.
inassH argenti; 11, 379.
principalis; 186, .. in. pul.liciis
309,
310).
maisseil; 343.
mälplate; 286, ..
medem, medcma, medena, medum; 105; 136
■nalfitein; 341, ..
391 f. ; 494, > ; 496; 514, «; 944. >; 1018, i.
maizeichen; 763.
1088, i,; II, 666,
manalitus; 825.
medietas; 910, 1; 917, g (918) f.; 921. .. m
mancipatio; 1196.
cremenli; 916, ■-
mancipium; 1147, 1195.
medium vinmn; 910, ».
. quadra-
medomguet; 1348, 1.
gpsimale; t<83, 1.
medumbuseh; 394.
iDündra; 150, t.
meier; 1057, >.
mauere; 136, ..
meia, meii; 332, i.
raanica stricu; 860.
meisa, racise; 500, .; H, 497.
meiscbaa; 1081. 1.
manlehPu; 1265, s; 1312, 0 (1313)
1318
g.
iHrisselwonden; 1033, ..
raannesmat; 34.5, 3; s. auch:
meislersebefle; li, 639 f.
mdswerbc; 7ö:1, s.
mel decoctuin; SOS, i.
meUorare; 148, >; 579, t (SSO); 966, ■; 968, «.
memura; 785, i; II, 482; 487. m. Karli; H,
501.
mercator Ronianus; 1450, i.
mercBtus publicus; II, 264 f.
merken und steinen; 341, i.
mercher; merher, 1158. t. eldster m.; 301.
nierkergelt; 299.
merlare; 950, <.
merum et mixtuin imperiuin; 190; 1032, «.
merzelink, merthling; 492; 522; 523.
mescom; 799, i.
messe, meae; 105, «; 420, *.
messis; 13; 420.
meta: 292, < (293); 335.
metzeler; 1437, i.
metzlen; 1004, i.
miliarium; II, 240.
müitia; 880; 881, i.
milkalle; 297, t (298).
miM!. -^27 1.
minare; 527, >.
mindaeh; 261, ■; 465, i.
minfueder; 261, ■; 465, i.
minister; 319, t; 820, i. m. obsequii
1374, >.
minisieri&Us; 54; 824. m. cottidiaDiie; 917, ■
1023, 1. m. feuditaiius; 855 f. m. fea
dum; 822, i; 855 f.; 877.
ministerium; 768; 802; 835, i; 1374, ■
1406, t; U, 713.
mirgUlin; 968, ».
]iiii|jt>l>UR'k yö2. T (963).
misback; 303, a.
miabau; 995, a.
misbrauchen, sich; 1047, t.
tnissale; 11, 664.
misBel; 1098, a; 1069, i.
misBUS; 825-
mila; 543, ■.
mitgenoiß; 1247.
mitstulbruder; 1052, *.
mitteiler; 648, i.
mixtum et merum Imperium; 190;
modiator; II, 495.
modius regia; 105, a.
moitbescheit; II, 6S2.
moidwillen (Verbum); 312 i.
molinuui IT t.
molier lOOl, i. 8. mouture.
exerdtus; 1299, i
moneta; 1018, a. m. levis; U, 416; 420.
moDomucbis 869, i; 1128, * (1129).
monster; S53.
moLiC^dmf II. 181.
mouture; 1001, i. s. moller.
morari; 247, «.
moratum; 564, ..
morbois; 507, ».
iiiorgaugeba -33.
morgen niorgiis; 34S; 395, (; 1169, s.
moi^enrnt; 344, a.
852, ..
mos et iuB agricolaium communiutn; 961 t.
mosttag; 317, *; 581, ■.
moatert; 587, i.
movere; 575; 995, i.
mubel; 923, * (924).
roulentrippel; 10(X), i.
liiiiltfr s. III oller,
Timriillliiiidiiim mundabuidia, mundiburdia;
992, 4; 1016, ■; 1065, t; 1198, a; 1214, s
(1215); 1216, t; 1218, i; 1281, a. m. et
defensio; 1096, i.
mundiUo; 1214, t (1215); II, 66.
munt. van monde desherren; 1422. s. iubbus,
liiiidali
I tiomi
inJlntman 1069, t.
muoUe; 522.
miihtuni; 582, i. m. MoBellanam; n, 324.
multjen 11, 504.
mutua hereditas; 287, t. mutuom verum; II,
376.
Hachbargeding; 304, ■.
nachdienst; 1207, i.
nacho; II, 297.
nachtbrant; 1033, i.
nachtselde; 189, a; 219; 604, a; 1018, i (1019);
1026; 1027, a; 1121, i.
nama; 975.
name; 1120, i (1121); 1289, t.
nafs winkauf; 964, *.
^^^^^^1
oavolghigh; 1185.
offlcKim; 1374, »;140e, t; O, ITI t 1
nebenfurst«!! 1 477.
ufScinae r«gular«s; 974, ».
nederacht; 48ft i.
ofgabP ; 906.
negligentia; 232.
ohngfnoll 9. ungenoß.
nmuj oltutn ; 120, i. nemoris poieetae ; 1104,. >.
olca. olka, olk; 405, s; 420, t; 440, «: +MH t
(1165).
(441); 917, .; II, 167.
uleatrU; 587, ..
niedereigentiimb; 1231, 4.
opumriiis; 1195, 1.
nidirvah 799. «; 997, *; 1182 f.
optimale; 961, t; llSÄf.; U, 182.
ninlerscbbgen, gich; 1105, i.
opii« cluisiri-monasKrii-onttorü; SZS. 0. i«>
nobilis; llßl; 1164. 1. et nobilis;; 1164.
giüe; 1030, s (1031J. 0. servile; 463.
Tioct«, XV; 816. 1.
oroiorii opus; 828.
»olfl-campiin» [ 856.
ordo; 408, 1.
nonn et ilecima; 129, >.
üriginariua; 1219, .; 1371, t.
nötarbeiter; 624; 1047, «.
ürmenetum; 150, ..
notaritis; 1477, i (U78). n. imperii oder im-
oBtiariuE; 803.
periaUs aule; 726, 9.
over- s. aller-
uotgift; M3, ~.
overdrift; 527, 1. ^^^H
noüiok; 507, «.
orergrif; 260. ^^H
notttirftbauw; 4S9.
oYile; 537, 1. ^^^H
uuvH vilU; 956, 1. novanun vUiarum «in.
^^H
auetudo; 700.
^^^M
novdle; 128, 1; 511, 1; 512 f.
p&bulare; 562, i. 1
»Ovare; 398, ,; 512; 518, 1.
pwlit. paecht; 925, 1; 938, t (939». ■
paiturins; 933; 934, <; 977, •; »81; II. 489u'a
noveUa; 512.
paclio; 896, 1; 905, 1 (90flf; 933 t p. ded-9
' novellare; 326; 398; 512; 1077. ».
mnlis; 933, 1. ■
i nucaria; 150, ..
]>actuin; 896, 1; 897, i; 915. t; 917, > mfOt^
' Dinninns mntatorios; n, 255. m. tcnionis
919, «i 923,.; 926, ,; 932, », ■; 938 f.; 93^ . 1
1 818, ■.
(939). p. perpetuiim; 934, «. I
liimtiator; 1060, *.
pmti-n; 4^5. ~
nuiitiiis; 916. -s, 1195, 4.
eba s. hufe.
obetllentia; 948, i; 956, 1; 975 f.
obedientiariiis; 948, 1; 985 f.
oberhof; 103«, i (1039); 1039, 1, 3; 1040, 5.
oberschutteß; 1041, 1.
oberjenner; 1077, ».
oblala senitug ; 789.
obgequitim ; 833, s. minister obsequii ; 1374, g
ucina; II, 141.
oculatn nofitia; 1038, 1.
octale; II, 497.
ociava pars; 922, >.
offergarve; 427.
offgehnffe; II, 487, u
officialis; 726, »; 1279, s; 1374, a
ofBciarius; 776, .; 1374, u.
officiatTis; 431; 1374, »; 1375.
ofüciaus; 1279, 3 (1280).
, , (&04).
pailt; 503, 1.
pflgatnentum; 11, 889 f.
pagLis als Mark; 336.
pabtnr; 452.
palasmeieter; 307, 1; 1129, 1; 1435, e (1436);
1470, 1.
palatieius; 1187, 1. a. pellince.
pnlniii ciutoe; 1435, i il436> p. magiater^
1435, « (14361.
palatium; 1017, 1.
panagiitro s. pasnagium.
panetaria; 1171.
panetarius; 1471, i.
panis thimentinus; 553, «. p. spelteaceus; 279.
pniiniis croceus ; 860.
parafrediis, paraveredos; 436, 1; 1025; 1121, ■;
1127, ..
parata; 1017, *; 1119, >.
paratura: 1127, 1.
parc; 543, s.
parentüla; 22: 37.
parochia; 239: 24Sf. ius p.; 243, i; 293, i.
parodiJaDUB;24Tf.;U,639. magiBterp.; 23U;
243.
pars, particnia ; 406. p. tertja; 910, s,*; 915,*;
916, ». p. quarta; 916, i; 1053, •. p. quinta:
910,«; 921,1. p.sanior; 827; 847, . (848);
sei.
partes superiores- inferiores; 77.
paiticipatio sociaiis; 291, >.
pannim ius; 768, s.
paBCuariiun ; 104.
pasnagium. panagium, paeiiageg ; 298 ; 492, i ;
523; 625, i (526); U, 227.
passagiuDi; II, 246.
paEtorale; 586, i.
pastoria; 525, s.
paatura; 537, i.
patroDus; 1074, i.
Pachter; 981.
peculiarilas ; 748.
peculium; 1125, b.
pecuDiaria pena; 1374, i (1875).
pedagiiim; 1374, .(1375); II, 271; 273 f.; 281.
peJetura, peditura e. pictura.
peigelen; II, 495.
pellem; 1027, i. s. auch:
p^lllnce; 1018,1 (1019).
-pelt; 152.
pena pecuniaria; 1874, i (1S75).
pennae cliunis-scurine; II, 327.
pensa; 774, i.
pensio; 938, * (989); 975 f.; D, 674.
j><-n=inmiriiis &44, i; 956, i (956); 976; 981.
I>«nwerth ; 777, i.
peractor; 1874, a (1375).
percommanens 332, i ; 1224 f.
percussör ludeorum; 1457.
peremintliuve 1470, i.
perfudere 575, i.
penialis porc-iis; 770, * (771).
perputimlia 1442; II, 681 f.
Perpetuum pactum; 934, >. perpetuonmi libri;
1442, 1.
perterraneus; 1159, >.
pervia; 333.
peda, petiola; 339; 406; U, 75; 493.
pi-titio; 1027,..
petitiu-a G. pictura.
petre B. pitter.
pesch; 478; 1025, t.
peuntacker; 452, t. s. beunde.
19 — WortregiBter.]
pfcd; 385,«: 510.
pfarkint; 245.
pfennigguilt; 372, t.
pfertschar; 810, i; 1025, i.
pflege, plege; 1383, • (1384); 1392, * (1398);
1419, 1.
pBeglos; 395; 750, >; 1100, 4; 1101, i; 1193, i.
prtuK lirecheii; 371, i. silberner p.; 1184, i;
1188, ..
plouchfart; 557, i.
plocbman; 432.
,>tiiifr«Jnnoii|j, 242, i; 421,7.
pfninl s. pnmL
pfundig B. phundig.
phaleratua; 1296, t.
phare, phare; 859; 1183, t.
phundig; II. 391.
pictora, pedetura, peditura, petitura; 410 f.;
910, I (911); 911, 1 f.; 1104, i. s. piUer.
pignus et h)-potheca; 95S, i (957).
pilleiis salia; II, 498.
pinaculum; 1310, *.
pincerna; 1426, > f.; 1477, t (1478).
pincematus; 1427. «.
piscaria; 502, >.
pitter, p£tre; 410. •; 412; 1092, 4. s. pictura.
placitum annale annuale; 324.
feudale; 851, i.
placken; 340, i.
plaga Iudei>runi 1457.
plflgt'loi s. pilfgioä,
plaisanneau; 11, 728.
Planta; 405, i; 578,«.
plantarium; II, 71; 73.
plantarius; 405, t.
plantttio; 40-5, i; 407.
plantatum; 405, t; II, 71; 73.
plantula; 578, i (578).
plauBtnun; II, 246; 501.
plazampt; 1399, i.
plebeiua; 960, i (961).
plege a, pflege,
plenarium debitum; 872, a.
plenetsch, plenter; 405, i.
plenicenaualiB; 789. t\ 1180.
plenter b. plenetsch.
plenus. pl. iurisdictio; 190. pl. u
pl servitus; 789.
I ploch 3. pflüg,
poel s- pulle.
p. cnriale-
potestafij 1018, a (1019); II, 671. p. miütarifi
in eür&m; 279, i. p. nonoriei IIH t (1105).
podores; 1237, i.
potus; n, 524.
pouiprie; 128 f.
prae- s. pre-.
praiBen(?); 576, ».
prantkaecbt ; 1437, b.
pratuin; 152.
prebenda sine toensa; 974.
prebendarius; 1128,1; 1147; 1171, i; 1223t
precaria;606, i; 891 f.; 898, «;920, i; 1086, t;
1092,.; 1II8,.; 1119, > (1120); 1458,». p.
et donatio; 892,».
precariare; 875, u; 898, i.
precarie [Adv.]; 895, i.
precarium ius; 898, t. p. servitiuni; 1087, i.
precator; 578, »; 898, i.
preco; 1049, ■; 1052, i.
predium; 333; 874.
predo; 1063; 1064, i f.
preemineutia; 615, i; 647, i.
prefectura, prefectorium ; 1017, ■ (1018); 1076, t.
prefectiis; 1076.
preincisio; II, 216.
prelectura; 997, *; 11, 537.
prenominatio; 293, i.
prepanunentum; 1001, t.
prepositUB; 733, s; 831, .; 1379, i; 1460, b.
presantfisch, presentfiBch; 484, g, «.
presidiiun; 1076, »,
prestaria; 898, »-
pretium adpreciare; 18.
pretor; 735, >,
principalis; 748. p. locus; 1040.
nrivilPBinro- 137(1 r..
i; 902,»; 1196; 1223 f.; ]
propriuB; , ,
proprisus; 123, i.
proteciio et coaductos; 1030, l
1020,1.
protocoUum; II, 717.
protonotarios; 1433, s.
proveDda s. probende.
proTincia; 810, «.
provisor; 819, «; 880, t; 835,
976; 1448, >.
pnmt; 257.
pnblicare; 750, «; 1101, i.
publicus; 748.
puer; 940, i.
pulle; 581, i; U, 332.
pnllus; 787, >.
puritas monete; II, 39t.
putare; 574; 576.
«uadn^^simale mandatiun; 83!
quaesitum; 333.
quarta pars; 916, ». qa. p. cd
quartale; 346, i.
quartarium; 348; II, 145.
querderuse; 1244.
quick; 930, i; 1184, i.
quiddige; 565, t.
quindecim noctea; 781.
quinlibratum feodum; 930, t.
quiuta pars; 910, «; 921, t.
quittus; 293.
rait ein r. verbindeD; 191.
-rath; 158 f.
ratihabitio; 2S1; 1048, s.
ratio in Sal. 60; 22.
rauchwiQ 605 1120, i.
rnuhfelgen; 573.
riumen 573 f.
rauss; 627 ..
rauwkauf; 61Ö, ..
TeaBBJgnare; 1078, i.
recca; 531, >.
recedere; 868,
rec«pt«r assiaie; n, 519.
recess, receBsus; 873, i; 1416, «. finaler r.;
1480, 9.
rech; 432.
rechener; 1437, i.
rechte, gemeine beschriebene r.; 1328.
rechten; 187.
recoraus; 1037, >( (lOSS).
rciUiluariiis 1*Ö0.
reilemptio-, 7%, i; 814, t. r. anime; 670, s.
reemendonun libri 1442, >.
refectio pro memoria defimctonun; 886, i.
referre; 1441, i.
regalis censua; 1025, 4. r. manaus; 348, t f.
r. opus; 1030, > (103]^ r. nllicas; 782,«.
r. virga; 353, i.
ri-gisterl)(}icii II, 670.
registrare II. 731.
regius liomo 52, i. r. Bcutom; 881, « (882).
regresäus SJS.
reiden, einen dorren bome; 172.
reifling i 573.
reinen und steinen; 648, t.
reipus; 32 f.
reisen; 1298, >.
reishabe; 798, >.
reillwBgen: 1025, » (1026).
reit; 817, s.
reitgöt; 374, ■ (375).
relatio; 1434.
remanet; 1390.
remisBio; U, 845.
renorare; II, 667.
renoTatio; n, 98 f.; 170.
renspiess; 1071, t.
rentbericb; 440.
rentmeister; 1422; 1437, ■; 1480.
rentneiEterie; 1480, t.
repagulatio; 583, t.
replantare; 916, t.
21 — Wortregister.]
repletio; 583.
reporUtio; 103S, >; n, 653.
residentia; 884, t. r. continna; 1313, 4. r.
personaliB; 1313, 4.
respoosum; II, 650; 659.
restaurum; 1406, >.
retrofeudom; 879, i; 1123, i.
reuBe; 487; 503, > (504).
reugener; 503, * (504).
revestire; 1190, ).
RicbBluide; 1026, s.
riehen; 786, ».
richten- ht'iifüu 789, 4.
richtlich handeln; 1032, i,
riac; U, 376. r. unde dinc; 927, 4; 928, ■;
1048, «; 1113, i; H, 632.
rintschar; BIO, i.
ripaticum; 1017.
riß; n, 497.
rod, roder; 123, .; 125; D, 628.
roden; 126, i; 148, i; 456; 513—515.
rotbusch; 512; 514, t, t, t, U, 227.
reitgaren; 502, a.
rodehoTe; 123, t.
roggenge wände; 547, i; U, 230.
rogo; 787, i.
rohr, die; 558, i.
röhren b. rühren.
rolle und regigler; II, 647.
Roma Belgica; 79.
Romanus ; 52, a. R. civis ; 52, >. B. moxator ;
1450, 1. R. possessor; 52, i. R. trihnlariiu;
ronkbaum; 1289, . (1290).
rotula clausa; II, 647.
nibus; 126, >; 128, i.
räd s. rod.
ruhres, roiren, rOren, rureo; 558, i; S7S; 575;
576, i; 577, t; n, 536.
rumen; 1104, i; 1210, i.
rumich; 1101, i; 1104, i; 1241, t.
nire; 344, *.
rusticuB; 1197.
niterwerk; 1299, > (1300).
•oceUarins; 803.
Bacirnn 37.). ; D, 66.
Sacra nienlalis; 30-
satrarimn II. 716.
sangen, srhwuinc s.; 806, i (307).
sal, sael; 747, >; 1041; 1058. Zn den Korn-
poüteo TOD sal- s. anch sei-.
[Begisler-
sala; 8; 39; 74-5.
salaricius; 116, »; 419 f.; II, »9 f.
Galsrium; 856; II, 537.
salgut; 104, 1.
saihof; 7M, i-
saliciiB; 39 f.; 44 f.; 108, g; 118, «
920, 1.
aalictum; 580, t.
sftlire p^l 1.
Ulis pilleus; II, 498.
aalivare; 961, t.
salmdienBt; <'>02, <.
salmenfank ; 501, g.
salmenrctise; -50:), « (504).
salvement iOHl «, it.
sauctiDionacbus; 899, i.
sandex mi, t (563); 968, i; 986.
sanguisuga, samsuga ; 787, i.
sanior liars; ö27; 847, ■ (848); 861.
snreil; .587, i.
earcina; II, 502.
m; 512.
sartare; 126, i; 512 f.
sartum; 106, t; 111, i
a. aiith sHrt, essart, e
sasire; 1426, %.
sassiug; 375.
364; .511 £; 514,
I. saitzuDg.
säet; II, 231.
satiim; 547, i.
sattclhof s. sedelbof.
gaitzun);; UGO, a. s. sassuug.
saugcnfrei: 523.
saiunarius, summarius; 1173, a; 1470, i; II,
280; 299. s. auch soima.
scabelliim; 404, t; 836, i.
srabinalU liliei-; 998, «.
scabinatus seilis: 1094, i (1005).
BcaliiDJus; 1033, t.
sfiibinonmi magisier; 647, s; 1051, a; 1052, i.
scaiioanlua; 803.
scara, scum: 392, .; 810 f.; 1017, i; 11, 100;
137. s. scbi«'.
scarariHH. aeariiis: 436; 809, a; 1129.4: 1130, i;
1173, s; II, ti»; 80; 137.
scaremanims: 820. ii 1040; 1130, i; 1171, i;
1172. i; im. s; II. 639.
M-ailmvü; «11. «: 1173, s: 1470, t. s. schar-
hilbe.
schadeborch; 9.54,
Bcbaff, Schaft; lOS
BchafTen, achaften,
(1092): 1099, ■;
ecUafFer; 1160, d |
Bch&r, Bcbare, ach
scharhabe; 496. i
scharwacbt; 105.5,
j scharzehnt; 390, i
scbaube; II, 322.
I Bi'hedel; 944, t; I
achcffenrat; II, 63
scbeffeDstuel ; 321
638; 648; 651.
schcften s. Bchaffe
-scheid; 1.58 f.
I scheidmark; 642,
■ Schelm; 303, i.
Bchenkeampt; 142
scherze; 125.
schiefen); 574.
schieflimg; 128, ■
M-iiiffdn 3l>ii, ;
schinn und eid; 1
Bchiniier; 1071, i.
schirmhali<^i
achinnher; 478, a.
schleif linge ; 509,
scliliisselher; 480,
schneiden, in die
acbnittlJDg : 573.
scholaris; 11.57, k.
schorvD: 341, i
schriller, schriver,
1441. 1.
schultheifs; 727.
scholteltenambt ; 1
scbur^Dknecht- 13
scimtzaniiit; 1372,
Bi'butzgelt; 1081, ;
scbweitie sängcti;
scindela: 9, <; 50
sciudere; 574; II,
scioliis: 691.
scliLsa; 17, i.
scolasiicufl exterio
üca|iai': 54.3. 3.
siragn: II. 313.
HcultetiuE ; 995, s. s. gchultheifs.
scultetus regni oder imperii; 727, i
gcmidele a. scindela.
scnria; 9, 4; 543, ».
scutaria; II, 342.
scuteUa stannea; 852, 1.
acutam; 938, t (939). b. r^um; 8)
secretum Bervitium; 1346, t; 1467. a.gigillnitt;
1434, I.
secretus cainerarius; 1433, 4.
sedelhoTe s. si'kihol'.
Bedcä tripptiu 1098, 1.
sedUe; 37Ö, i; II, 141.
seie, aeige, siege; 581, i; n, 495,
seien, seihen; 1005, t; D, 269; 485.
seitag; II, 269.
selceade; 108, 1.
selectuB^^ salicus; 747, a.
Bdgut, sflgut, Beilgut; 334; 456; 11, 659;
745,
746,
747,
765, i; 909, s
748, I
749,
Belehof, aelehova, sedelhof^ sattelhof; 660, •;
746, »;748, 1; 754, >■
seien inde setzen ; 630, «; 748, 1.
selich; 486,
seUant; 440, s; 450; 746, s; 1426, 1.
semicensualis ; 789, t; 1160.
semicola; 963.
semüugerum; 409, >.
gemioiaiisus ; 123, 1.
Bcneschall; 1436, a.
•^.■nlii.-r 24:1.
^c[,«'ii:idi dies; 683.
septima pars; 910, «.
sequestntre; 710, 1.
MTirs viv.'ulium 845, I.
aeniens; 1017, >; 1042, 1 £; 1426, i.
aerrilis. s. feodum; 822, 1; 85S f.; 901. s.
mansuB; 922, 1; 1190 f. B. opus; 463. B.
terra; 747, 1.
senitiaüs; 747, ,; 1190, b (1191).
Herritimn; 723, «; 768; 770, 1; 787; 806;
833; 1115, 1; 1196. B. consueCudtnarimu;
679. B. cotüdianum; 833, 917 e. b.
diunukle; 833, *. s. precorium 10^, 1.
s.secretum;1346,(; 1467. s. servile; 923,1.
semtor; 1171, 1; 1195, » (U96).
aervitus; 124, .; 1023, ». s. oblata; 789. s.
plena; 789.
aerroa; 1147; 1195 f.; 1229; 1426,»; 1428, t;
1472, 1; U, 526. B. originanus; 1371, 4.
settigen; 541, t.
seusiuB (canis); 10.
eezlen; 1313, 1.
shatznemer; 523, t.
siebent; 392.
siege s. sei.
siegiller; 1385, a.
si^llum secretum; 1434, d.
signuin; 310.
sitridus i-:^ siligü); 559, i.
ailbemer ploch; 1184, i; 1188, >.
sUva alta; 473, «; 474, 1, 4. a. culU; II, 180.
siliiräinidehuve n, 329.
sicgulariiaa 414.
sinila; II, 500.
Situs; 335; 546, ■.
sl^egam; 500, ».
bUtus; 1195, I.
slisen; 574. s; 580, 1; U, 536.
smelhalni; 257.
smidebove; II, 331.
snidemetzerecht; 953, i.
soalis, sualis; 787, • f.
soege; 551, 4.
söhn; 573.
aoima; H, 247; 497; s. auch
Solarium; 239, 1.
aolatium; 823.
solidata; 11, 494.
Bolidilas; 333.
solJTagus ; 1224 f.
somariua s. saumariug.
snrnii-riLLig 1. sunderuiig.
iOODB, Lieten mit der a.; 213.
sonnogang 218.
hein 216.
spelteaceus panis; 279.
spenda; 684, t.
Spender; 1476, t.
spicarium; 9, 1; 543, a.
spielegell; 1399, 1.
spilhus; 309, 1; 327; 582.
Spille; 12, 1.
spiser; 1427, >.
Spült; 649, >.
flioLi'ii, Imniiunie; 181,
sprengin 470, 4; 499, 10 (500).
spuicelwiThc 783, ».
stabulariA cuitis; 907, 4.
[Hegister. — It
Stacken; 968, i (969).
Btadeihof; 370, i; 754, i; U, 352; 628.
stagDiun; 504; H, 206.
bUI; n, 269; 401.
stamrecbt; 490, i ; U, 333.
Stander; 853; b. dazu 656.
Etanneiis; 852, t.
litaphn; 5S3, r..
Stare et equitare; 6S9, t.
staitdoilen; 650, s.
statio molendini; 584, » (585).
Btatira; 1120, i.
stfchcisen; 502, ).
stehetkaul; 615, t.
steil; 503. .
Bteileiter; 11, 229. a. atilettcx.
steinen und merken; S41 , i. st. u. stocken;
651, 1.
- steinig; 1241, t.
steimthJagi 306, i (307).
Bteinstrozn; II. 240.
steinwerk; 1308, i.
aterlingi; I], 426.
Bteczmeise; 472; 500, a.
sticken; 434; 573 f.; 576, ■; 786, it.
BÜckhcilz; II, 312.
etUeu; 751, « (752).
stileti«r; 503, a. s. Eteiletter.
Btipare; 574; 579, *; U, 536.
stipendionariua ager; 414.
stipes; IT, 529; 536.
siochauwe; 474, b (475).
stock, stoch; 651, i; 1035, i; 1160, n.
stockemer; 911, i.
stocken und steinen; 651, i.
stocker; 310; 1036, 4 (1037).
stockpfennink; 490, s.
stoekreclit; U, 333.
stoffa B. Btuofa.
Bt«l; 1057, ..
stole; 1093, !. mit der sL vorderen; 1070, s.
Btoppeb; 403, i; 564, i.
stoppen; 425, t,
strata pnblica; 680, e ; n, 240 f.
streichbret; 487, « (488).
strepitus iudicii; 954, s; 955, a.
; 607, i; 1334,»; 1386. i
sturio; 500. ..
auaiis s. fioalis.
Eubadrocatus; 872, i; 1108, i
1126, 1 f.; 1160, t.
subcustos banni; 316, i.
sulidefcnsor; 112S, i.
subiectiis locus; 831, i.
suliiugalis terra; 747, i.
EUl>sidiutn; 240, n; 1S36, t.
snburbanuni; 715.
suburbium; I3I0, «.
subventio; 6T0, i.
suceegarve; 427, i; 1047, 4.
Buffuicire; 574.
sulcare; 559, >.
Bulcus; 339, I.
sSnienis; 577, »; 1033, . (1034).
summa dictaminis: ü, 747.
stückrecht; U, 228.
Etumpf; 651, ii.
stuofa, stofTa; 105, g.
htupa bajnearia; 332,
Gummanio b
summen; 1474, ».
sununua advocatus; 1122, t; 1125, a.
sundelinga; 787, i.
Sünder; 912.
sundening, sondenisg; 415; 561, •.
suiier in Sal. 45 ; 46.
superius (iudiuium); 180, i.
supennina; 527, i.
BupefpeUicium; 852, *; 860.
supervestimentiun ; 1172.
suppellcx; 545,
supplemtutum ; 95y.
supiuportare ; 9S2, i.
sweie. sweige, schweige; 536.
swigender vogt: 1090, a; (1091, •); 109^ i
1095, J.
swiugen (Düaee); 564, «.
sj-nodalis; 1273, i. B. sc&binus; 934, *.
Bynodiis; 240, 6.
I tabeilio; 1441, t.
I tabulariiis; .52, s.
tacendus advocatus; 1091, «.
l taihlgät; 415.
tage leisten; 139S.
I tflgewerk; 393.
1 tag^'an; U, 100.
I tallia; 300; 606; 607, i; 1091,
I 1333, .; 1370, »; 11, 630.
— 1625 —
Wortregister.]
talliare: 1888, i.
tangarium; Ih 100.
teloneum s. theloneum.
temerarius; 952, s.
temeritas; 1118, i.
temonis niimmus; 818, s.
temporalia; 1442; II, 681 f.; 687.
tenere; 1192, 2.
termen; 85.
tenninabilis ; 858.
terminatio; 47; 117; 120, 1; 249.
termimis; 120, 1; 715.
terrage; 106, a; 894.
terragium; 104; 891 f.; 895, 2; 419; 11, 226 fl
terrale ius; 891, s.
terratio; 419.
territorium; 284, 2; 377, s; 882; 417, 1; 419;
717, 4; 1278, 2.
tertia pars; 910, s, e; 915, s; 916, 2.
testeia; 1045.
testris; 582, 7 (583).
theatrum; 279; 309, 1.
theileguder; 909, i.
thelonarius ; 816.
thelonenm; 1017; 1018, 1 f.; 11,271; 815.
th. minutom; 11, 263.
theo; 54, 2.
theoscidia; 82.
thesaums; 11, 377.
thonus, togi sive duipsteine; II, 529.
tilia; 309, 1 (810).
tillis; 45; 49, s.
tina; II, 501.
tirmgenoiß; 954, 8 (955).
toder; 1182 f.
togus s. thonus.
tondere; 1118, 1.
torsio; 792, 2.
tractus; 502, 5.
traha; 555.
transitoriae res; 942, t.
transitus; 1021, 2.
transmntatio ; 770, 1.
transvasatio ; 588.
trappa; 15, 2.
tra> iKJD. vierter; 11, 228 f.
tr^ensuf ; 976, 5.
creinen8i^^;|i|^9, 1; 778, 1.
tremissigf 17,
trespilliof; 12, s?
treuga^82; 821; 10557Vi.
treuscl^ 8. driesch,
L»iiilprecht, Deutsche« Wir? «cli»fl«leben. I,
tribuiius; 198, 2.
tributarius; 805; 1214 (1215). tRomanus;
52, s.
tributum; 105; 391, s; 1017; 1018, 2.
tricenarii dies; 683.
triens; 17, 5.
triester; 582, 7 (583).
trila; 886, 1.
trinne; 1001, 2.
tripetia sedes; 1098, 1.
trocta; 586, 4; 787, 3; n, 62; 64.
trompter; 1437, s.
trotinia; 45. s. trutinare.
tnimmen; 85.
trustis ; 224 f.
tnitannus; 1157, s.
tnitinare; 533. s. trotinia.
tuitio; 1023, 2. t imperialis; 1020, 3. t et
custodia; 1068, e.
tünechun; 10.
turnen; 1092, 5 (1093).
turris; 1308, e.
«beltedig; 1038, 4 (1034).
über- s. over-
ubiramptman; 734.
überbau, uberbauw; 805 Note; 320, 1.
überbauen; 1012, s.
uberbracht; 1260, 1.
überechen; 1032, s (1033).
ubereiren; 308, 1.
uberfaren; 426, e; 1033, 1; 1135, 2.
ubergan, bi der kirtzen; 438, «; 439, 1.
übergibt; 643, 5.
ubergraben ; 1083, 4 (1084).
uberhof s. oberhof.
ubermehcn ; 308, 1 ; 1038, 4 (1034).
uberpfluchen ; 1033, 4 (1034).
überschneiden; ia33, 4 (1034).
ubircultes; 734.
übersehen; 308, 1.
uberseihen; 1033, 1.
übersetzen; 1033, 1.
ubersticken; 308, 1.
übertreiben; 242, 1.
Überzehnen; 1032, s (1033).
uberzunen, ueberzeunen; 308, 1; 1012, 3.
ufdun; 303, 1.
ufheber; 841, 2; II, 647.
ufsatz; 1033, 4 (1034).
ufslan, das gerichte u.; 1054, s.
103
■
[Register. _ 1626 —
^^^1
ufatechen; 615. i.
usveitig; 1224 £
^^^^H
ulca, ulke s. nlru.
osTendig; 1224 1
^^^^^H
ulna; II, 506.
^^^^^H
umberen; r5-W, a.
^^^^H
iimegiiDc; II, 6»4.
Taccaria; 534.
^^^^H
unbeknidt; ISSC, t.
vacuua; 547; U,
^^^^H
vad, Tsid ». Togt
^^^^^H
unbilligen; 1369, t.
vagh s. fach.
^^^^^H
«ndedich; 2ia
vaida; 525, a.
^^^^H
linder- s. unter-
vallettus; 1362, i
^^^^H
undrecbtig; 173; 812, i.
variatio roonete;
^^^^H
unentpfwiglich; 994, ».
vm; U, .500 f.
^^^^^H
unersucht ; 3S3. ,.
vasnaththun ; 101
^^^^H
ungi^be lüde; 193, i.
vaspennege ; 910,
^^^^H
vasia; 421.
^^^^^H
tingclende; 393.
TaatuG; 95; 115,1
^^^^^H
veeuiraüa solidni
^^^^H
ungenoB: 1183; 1204, t.
vedergpil; 499.
^^^^^H
ungenoeschaft; 1204, t.
vedimgelt! 48*.
^^^^^H
unh.>lz ; 490, i.
velceote; 108, i.
^^^^H
imio; 273; ;J07.
vellrariua; 803.
^^^^^H
unltrbRuni; -114, i.
Teltria; 11, i.
^^^^H
iinderbinden; ST6, r.
Tenaticus bannusj
^^^^^H
underdingen : C, 641,
venna: 502 f.; 0,
^^^^H
undergericbtsperson; l;i28.
(495).
^^^^^H
underpant; 956, i; 9.17, ..
verbaut; 1002, b.
^^^^^H
untereaß; 1191. «f.; 1261.
verbieten; 194.
^^^^H
Untertan; 1197.
verbrechen; 312,
^^^^H
undertenig; 1197, * f.
»erbult; 799, t.
^^^^H
underaigh; 786, ..
^^^^^H
unterbauet; U, 237.
verdrengen; if5o>
^^^^^H
imverboidt; 19!t.
vereüden; 320.
^^^^H
iinversprochen; 11, 632.
veriachen; 1291,
^^^^^H
imversteint; IL 237.
verfaren. verrareii
^^^^^H
iirbari 1212, ..
verfors leren ; 184
^^^^H
urceiis; &50, t (85U
vergieiten; 145S,
^^^^H
iirholi; 506, n, «.
vergnügen; 968, t
^^^^^H
ui'kundsquut; 654, n.
verhalden; 1070,
^^^^H
' iirliiup; 468, *■, 1054, i
verhenielen; 649,
^^^^H
1 Qrsaiasin; 583.
verkallung; 913, ,
^^^^^H
1 1 iirsiitio ; 583.
verkurueden , ve
^^^^H
uBlmrtig ; U, 315,
650, «; 1189. .
^^^^^H
uisdraeht; 1041.
verladen; 53ä, i.
^^^^H
uagtinc uinbe urteile; n, 6-53.
verlegen-, 750, ..
^^^^H
usgewinnen; 1092, «.
vemaonen; 1265
^^^^^H
usnicrker^ ilU, i.
verminen; 538, ..
^^^^H
uasio monete; U, 394.
vernaculum; 1195
^^^^H
ustedtngen; 764, ii (765).
vemugen. vemog
^^^^^H
üsmigium; 293.
1-247. B. vergn
^^^^^H
usualis et dativus; n, 388.
verrechten; 1109,
^^^^H
verreissen; 653, i
H
1
usurarius; 1446, t; 1448, *.
Teradicn; 308, i.
— 1627
Wortregister.]
▼erselin; 680, 6.
▼ersessener zins; 751, s.
▼ersmelen; 959, 4 (960).
▼ersteinen; 649, «.
▼ertere; 559, e.
Tertnimpfen; 1077, a.
Tertnmfien; 426, e.
vervicaria; 536.
verzinsen; 938, a (939).
vessere; 484.
veste; 187; 245.
▼estiarium; 829, i.
yestimenta; 777, e.
via convicinalis, vicinalis, equalis, pastoralis,
publica; U, 26; 241.
▼icaria; 225.
▼icarius; 249, i; 725.
▼icedominus; 738, t; 824; 1379, t; 1435, e
(1436).
Ticinus; 43 f.; 204; 295, 2; 296, 4; 11, 660.
▼ictima; 920, 1.
▼iculus; 135, a.
▼icus publicos; 289.
▼ideredus; 227, a.
vienagium; 1448, s.
▼ierzennachten ; 816, 1.
▼igaria s. Yicaria.
Villa; 7; 154, 1; 239; 721; 789. magister v.;
1358.
villanus; 190; 872, a; 1868, 5.
▼illaris; 358, a.
villicatio; 980, s; II, 170; 18a
▼illicus; n, 209. v. regalis, regia; 782, s.
▼iltban s. wiltban.
vindemiarios; 910, 11 (911).
▼indemiator; 905 £; 910, 11 (911).
▼inicola; 906, t; 916, a.
vinicopium; 768, s; 964, 4.
yininuntias; 905 £; 910, u; 911, a.
virga; 844. v. magna; 846 (844, t). v. re-
galis; 858, 1.
virst; 229, a; 1288, 5.
▼irtdeil; 346, 1.
▼isitalis denarios; 777, s (778).
Visitare; 777, s (778).
visitatio; 778, a; 920, 1.
vitalitia locatio; n, 776.
vivarimn; 504.
vloze; n, 297.
vlure; 835, a; 690, 5.
vocatio trina; 1267, a.
voderbede; 1082, a (1088).
vodie; 375.
vogelhunt; 499.
voglen; 1004, a.
vogt, voit, fad, faid; 1405. v. and leinherre;
1078, a. swigender; ▼. 1090, a; (1091, e);
1093, a; 1095, 4.
vogitdinc, voiddinc, vaeddink; 1085, 1 ; 1097, s ;
1098, 1.
voiddinist; 1098, 1.
vaitgut; 1104, 1.
vaithellinch; 1098, t (1099).
vaidman; 1117, a.
vogtmeier; 774, 4; 1095, s.
voitrecht; 765, 1 (766); 1074, a; 1081, t;
1082, 1; 1109, a.
voiderichter; 1094, 1.
voUeist, voUest, voUost; 680; 765, 1 (766);
1385, t; 1455, s.
vurburge; 1310, t.
vftrdag; 309, 1.
vurdinger; 1090, a.
vore; 260.
vor-, hinterßdlig; 626, 4.
vorgenger; 312, 1.
vorgenoß; 1417 1.
vorhore, vArhure; 928; 924, s (925); 926, 1, s;
927; 941, 4; 954 f.; 1187 f.; H, 218.
vorlesen; 997, s.
vormunner; 456.
vorrät; 595.
vorschnit, vursnit; 427, s.
vurschrift; 1441, e.
vorslach; 962, t.
vorst s. forst
vorweser; 321.
vorwetten; 1202, 4.
votivus; 992, 4 (993).
vroinde; 750; 1101, 1; II, 62.
vronegedinge; 1094, a.
vronehof; 686.
vronen; 750; 911, ».
vronevuder; II, 62; 501.
vur- s. vor-
Wachta, wacta; 780, a; 782, s; 1011, a (1012);
1040, ft (1041).
wachthaus; 1290, t (1291).
waichtkom; 782, s.
wactare; 782, s.
wagenleider; 290, 1.
108»
■
"f
H l-Regisler. _ 1628 —
^^^1
■■ Taghstath; 503. «.
iwerschaft; 1081, i.
^^^^^1
■ wahr seteen; 828.
Iweratat; 503, s.
^^^^H
■ nuatai 52.
'weninge; II, 363 f.
^^^^^1
M A.aldusi268; 511,1(512).
' weßel, weßelbonc, i
^^^^H
] «-iiliiförster; 481, »; 506, ..
weasem; 174, «; 58
^^^^^1
waltgeiiosseni 280. ».
wetlich; 1202, ..
^^^^H
«altniMcn; 97, t; 354; U, 100.
wichter; II, 268.
^^^^H
waldpodiP; 207, ..
wideglage; 508, »; i
^^^^H
wttlpodo; 215, ».
widemhof; II, 223.
^^^^^1
«.-allrecht; 465, ».
wiech; 487, 1.
^^^^^1
wiederhieden; 173,
^^^^H
waa: 503, ..
wiedertreibung; 635
^^^^^1
wandel; 175; 1106, ».
wierhus; 754, t.
^^^^^1
»andelnikii; 1184, » (1185).
wiesbanm; 425, i.
^^^^H
wanms; 29.5, ..
Wildacht; 424; 425,
^^^^H
wapfinal; 841, ..
wiltban; 112, .; *
^^^^H
waragia; 1427, '..
478, .; 479, s; «
^^^^^1
wanindi»; 290, .; 637, i; 1081, 3 f.
^^^^^1
waranio; 12, ..
wilde; 105, ..
^^^^H
warbis, HTirbis; 17, i.
wiltfang; 472; 474;
^^^^H
waide: 1011, a{1013).
wiltfiirster; 471, 1.
^^^^^1
warenna; 471.
^^^^H
warf; 1117, 1.
wilthane; 113, 1; ti
^^^^H
wargus; -57, i.
Wilthuve; 1026, *.
^^^^^1
waringn, wiuringia; S37.
wiltkom; 547, •; 59
^^^^^1
warta; 499, s.
wiltochnlze; 1437, i.
^^^^H
warten, des erbs w.; 633.
wiU; 533, ..
^^^^H
1 waspennege b. vaspcnnege,
wimmelbode, s.:
^^^^^1
wassergank; 1107, i.
windelbote; 199; 611
^^^^H
wassergelt; 585, 2.
Tindelstein; 1309, u
^^^^^1
wäSBern s. weBsero.
winden i 127, 1.
^^^^H
witsackh; 102.^, ^.
windschlag; 465.
^^^^^1
wuitfichar brüht; 92:j, 4.
wingartiKnguet; 913,
^^^^H
wege, nachparliche; 11. 236; 238.
wingert; 403.
^^^^H
wegevertig; 1104, 1.
wingertstorster ; .582.
^^^^^1
wegreisen; 1294, 1.
winkauf, nasaer; 964
^^^^H
weidganc; n, 634.
winnen; 136.
^^^^^1
weidnachen: 502, 1; 777, 1.
winnung; 461.
^^^^^1
weidoclise; 538, a.
wim[hiint]; 499; .543
^^^^H
weinkauf, nasser- druckener w,; 516, 1.
wint&l; 481, «; 507,
^^^^^1
wenden und kebi^n; 260; 266.
wirdira; 18, >.
^^^^H
; wer; 503.
wischen; 751, s (752
^^^^H
werendare; 244; 627. «.
wislicb. w. ding; 7
^^^^H
wergeldum, weregdl, weregildum; IUI, s.
w. Zins; 765, 1. «
^^^^H
wergraa; 427, 1; 526, ',.
wissighi765, 1. w.
Yferhaft;290, 1; S69, 3.
wißkoni; -549, ..
^^^^H
werlude; 148, ».
wisungei 649, 1; 771
^^^^^1
wercman; 962, 1 (963).
(982).
^^^^H
Werkmeister; 966, 4; 1351, 4. )
wisungsemer; 778, 1
^^^^^1
,
wermeister; 480, »; 516, 1. j
wiz; n, 391.
^^^^H
werpire; 99-5, 1. '
wizschienaht; 204.
B
1
1 wen>latz; 503, s. '|
wizzet; 292, 1.
— 1629 —
Wortregister.]
woleshif ; U, 297.
wolf ; 503, 2.
wolgeboren; 1266, s.
wollenkeufer; II, 497.
vronide, wronen s. Troinde, vronen.
wrugen; 1115, i.
wustgelt; 130.
wuocherrind; 427, a.
wurbis 8. warbis.
wusch ausstechen; 803, i; 1004, a.
xenium; 778, a.
xenodocium; II, 251.
Jdria; 1120, i.
ypotheca s. hypotheca.
Beden; 435; 784, i.
zehenge, zehne; 420, a.
zelga; 371 f.
zelgoit s. seigut
zeltenpert; 638, i.
zeiter; 533.
zendehobe; 754, i.
zenner; 199, i; 614.
zennerei; 814, s.
zent; 207, s.
zerbel; 964, 4.
zielvieh; 541, t; 542.
zingel, zinkel; 1079, i; 1105, a.
zins. ewiger z.; 954, s (955). frier z.; 954, s
(955). wisliker z.; 765, i.
zinsman; 1228 f.
zise, ziBe; 1107, s; II, 271.
zuck, frier z.; 1205, 4; 1210, 1. rechter z.;
1211, 8.
zunen; 1272, a.
zunftrecht; 286, a.
zweideil; 346, 1.
zwic; 1080, a.
zwicken; 573.
Znsätze und Berichtigungen.
Abgeschlossen den 10. August 1886.
NB, Die in diesen Untersuchnngen noch nach der handschriftlichen Vorlage zitierten
Quellen der Andemacher Stadtrolle 12. — 18. Jhs. sowie der gegenseitigen Beschwerde-
punkte des Erzbischofs Balduin von Trier und der Stadt Trier vom J. 1851 sind
mittlerweile gedruckt worden; vgl. R. Hoeniger, Der Rotulus der Stadt Andernach,
1178—1256, in den Annalen d. bist Yer. f. d. Niederrh. 42, 1—60 (oben S. 1561);
und Schoop, Verfassungsgesch. der Stadt Trier, im ersten Ergänzungshefte der Westd.
Zs., S. 152—162.
Ureter Band.
S. 8 Note 1. Meine einschlägigen Forschungen haben neuerdings in Belgien Fort-
setzung geftmden durch L. Vanderkindere, Les origines de la population flamande, la question
des Su^ves et des Sazons (Bulletins de Pacad. royale de Belgique, 8»« s^e, Bd. 10, No. 9—10,
1885, und in Antwort auf eine Entgegnung von Wauters a. a. 0. Bd. 11, No. 8, 1886). An
erster Stelle ist auch eine Carte toponymique de la Belgique et des r^gions voisines gegeben,
welche sich an meine Rheinische Karte in Bd. 4 der Zs. des Aachener Geschv. anschlieist:
so dafs nunmehr eine Gesamtübersicht über Nordwestdeutschland in dieser Hinsicht er-
reicht ist
S. 18 Note 8. Eine detaillierte Erklärung des Titels Sal. 74 Extrav. giebt neuerdings
E. Hermann, Die Ständegliederung bei den alten Sachsen und Angelsachsen (Gierkes Unter-
suchungen Heft 17) S. 104 £
S. 86 Z. 10 ▼. 0. 1. Muntochatzes st Mundschatzes.
S. 42 Z. 5 y. u. 1. Wald fürs erste abgeschlossen st Wald abgeschlossen.
S. 46 Z. 8 y. 0. Neuere Erklärungen des Titels 45 der Sal. s. bei Hermann, Stände-
gliederung bei den alten Sachsen S. 107 f.; Fustel de Coulanges, Etüde sur le titre »de
migrantibus« de la loi salique, Paris 1886, 86 S., 8®, Extr. de la Revue g^n^rale du droit;
W. Sickel in Göttinger Gel. Anz. 1886, No. 10, S. 484 ff.
S. 72 Z. 6 u. 7 1. Zweifel darüber sein st Zweifel sein.
S. 75 Z. 28 y. o. 1. di^enigen st diejenige.
S. 84 Z. 5 y. 0. L vo^herrlicher st grundherrlicher.
S. 85 Z. 1 y. 0. Mittlerweile ist bekanntlich das Rheinische Konsolidationsgesetz vom
24. Mai 1885 erlassen worden.
nZusnt/ii u. Berichtiguiigcß. — 1632 —
a. 9» Z. lä V. 0. L J £L 10.
S. 104 Z. 2 V. o. I. JägenttnnsTechte st Rechte.
S. 113 Z. 20. Zur Einführung: von Medcm als Hauptzinä i
"Lothringen vgl. jeizl Guyot, I.es riües neuves en Lorraiae, im 11. Bd. der älemoires de 1a J
äoci^tö d'archeologie lorraiae.
S. 114 Z. IS V. 0. 1. vier st. zehn.
I. 116 Z- 19 V. 0. I. eccleiia« st. ecciesia.
). 120 Note 2 Z. 1 L HierAiii st. Bierin.
1. 126 Hote Z. 2 V. IL 1. Vom fn. Wort kommt dn* mit. st. Das 6i. Wort komnrt j
n mit
S. 145 Z. 2 ist das Wort Weise zu tilgen; Z. 10 1. den st. die.
ä. 160 Z. 6. Über spatere gnind- bzw. landesherrliche Kolonisation in Lothringen
(le. Jh. und namentlich 17. Jh. 1. H.) Tgl. neuerdings Guyot, Les illles nenves en Lorraine
(11. Bd. der M^nioires de la boc. d'ftrchäologie lorraine). und darüber Lamprecht in Conrad«
Jahrbb. f. National Dkonomie und Statistik N. F. Bd. 11, 3Sd.
S. 163 Z. 20 V. o. 1. 1237 st 1287.
S. 180 Note 2. Zum Ausdruck , Reich' (Kröver Reich} vgl. neucrdiogä auch Loersch,
Der logelheimer Oberhof (Bonn, 18B5) S. LIV Note 2; sovrie Haltaus Gl. I5S7.
S. 187 Z. 13 T. u. Zum Ausdruck vesle s. WAltwied 1403: hominea, ijuoruin iuterenu j
ad Judicium huiusmodi seu landfesten conveniendi sen sumuuu [L seuteotias] vulgnriter dicU*
landrcicht proferendi.
L; S, 190 Z. 5 V. 0. 1. königlkhea st. kuserlichen.
K S. 194 Z. 2 V. o. I. bisher mit vor at bisher vor.
W- S. 202 Z. 21. Vgl. den Ertrag einer Grafschaft nacii Adiuii van Bremen ä, 4S (Haitt;
Vft. 7, 83); pensionem Ib. dicunt esse mille argenti. Es sind vermutlich 201600 Gr. Silber. —
Z. 24 1. C6960 st 6138 Gr.
9. 204 Z. IG y. o. I. iuriditione st. iuriadictloue.
S. 207 Z. 6. Zur prekären Bedeutung gerade dieser Maximiner Urkunden vgl. neuer*
dings Brefslau in der Weetd. Zs. Bd. 5 S. 50 ff. So sicher indes wie diese — und eins
Reihe anderer Maximiner, von uns auch spöterhin vielfach ungezogener Urkunden — im
Beginn de* 12. Jhs. gefälscht eind, so bedeutenden Einblick gewälu^n sie trotidem in die
Verfassungsentvricklung dieser und der vorangehenden Zeit, wenn sie mit freilich sehr
wohl angebrachter Voreicht benutzt werden. — Zu Z. 17 vgl. auch MR. ÜB. 1, 310, 1038,
wo tilr die Matheiser Hofgenossenschafl durch Erzbischof Poppo bestimmt wird, nuUum . .
centurinnem absque . . abbatis fratrumve consensu ac legall familiae electione preficiendum
esse. S. dazu oben S. 1007 Note 1.
S. 216 Z. 10 V. o, 1. vorkommt st. vorkonunen.
S. 221 Z. 1 v. u. I. d«n Schaffen sL döo Scheffen.
S. 223 Z. 1 V. n. ist binzuzuftkgen : Vgl. oben S. 13 Note 3.
S. 225 Z. 20 f. Ueber Centena und Vikaria und die Stellung von Centener und Vikar
s. neuerdings namentlich Beauchet, Histoire de l'organisation judictaire en France 22,
194 f., 215, und dazu wie zur neueren Litteratur über fränkische Verfassungsgeschichte über-
haupt W. Sickel, Gott Gel. Anz. 1886, 565—571.
S. 237 Z. 8 v. 0. 1. thun sL thum.
S. 246 Z. 20 v. o. 1. im st in.
S. 254 Z. I f. Ein gleiches Resultat hat neuerdings Schricker in seiner Studie üt«r
älteste Grenzen und Gaue im Elsafs (Sbafsburger Studien Bd. 2, 805—402) erhallen; vgl.
dazu Lamprecht in Conrads Jahrbüchern tltr Natiomil Ökonomie und Statistik N. F. Bd. 11,
— 1633 — Zusätze o. fierichtigungen.]
S. 291 Z. 6. V. Ab^e, Beitr. z. Gesch. des Abt& Markward I. von Fulda (Yiersener
Progr. 1885 6. 6) führt aus, da(s bei Fulder Schenkungen des c. 8.— 10. Jhs. von nur 8, 10,
15 oder 20 Moigen nie der Pertinenz von Markrechten gedacht ist; in den Fulder Gegenden
wurden also die Markrechte in dieser Zeit wohl als ausschliefsliche Pertinenz der Hufe
gedacht
* S. 297 Note 1 Z. 9 v. u. 1. curtario st curiario.
S. 298 Z. 23 V. 0. 1. domus dotis st domnus dotis.
S. 315 Z. 5. Zu vergleichen ist Bonvalot, Loi de Beaumpnt S. 302: en certains lieux,
on tient tellement au concours (des hommes d'honneur, de talent et d'experience), qu'on a
toiyours soin de faire eutrer dans la composition de la nouvelle justice quelques membres
de Pancienne, afin d*y perp^tuer les traditions et la science des affaires.
S. 819 Note 2 Z. 4 ist nach ^ fehlen* zu ergänzen: S. oben S. 297 Note 1 erstes Citat
S. 824 Z. 12 V. u. 1. 2, 1748. st 1, 1748.
S. 825 Z. 16 V. u. 1. MR. Beg, st MR. ÜB.
§. 342 Note 2. Vgl. auch noch Thiofr. Y. Willibrord. 38: funem perpendicularem
iussit extendi super fundum, wohl als Zeichen der Besitzergreifung.
S. .349 Z. 5. Hier ist gerade die älteste Nachricht über Königshufen in unserem Ge-
biete übersehen worden; sie steht bei Dronke^ Cod. d|pl. Fuld. No. 529, c. 840: donamus
autem et in oppido Cobelenze nuncupato . . sex regales mansos cum vinea ad sex carr.
vini, cum omnibus, qu^ ad hec pertinent, et cum 66 mancipiis utriusque sexus. Durch diese
Stelle wird die S.;850 Z. 15 v. u. geäuTserte Ansicht, dafs die Königshufe seit spätestens
dem 10. Jh. entstanden sei, bestätigt; hier haben wir eine Nachricht des 9. Jhs^ und aus
dem 10. Jh. lassen sich vielleicht auch noch MR. ÜB. 1, 170, 929, und 273, 996 anführen,
8. dazu oben Seite 1190 Note 8. Zuerst kommen übrigens in der Gesetzgebung m. W.
Königshufen vor im Cap. Aquisgr. 80}— 818 c. 19, Boretius S. 172: (villici regales faciant)
in forestis mansum regale, et ibi vivaria ponant, et homines ibi maneant Eine Analogie
zur späteren Abschwächung des Ausdrucks mansus regius (S. 350 Z. 11) bietet übrigens
die Geschichte des Wortes fiscalinos, vgL Waitz, Yfg. 5, 207 f.
S. 851 Z. 11 V. u. 1. wären st wäre.
S. 359 Z. 7 V. 0. ist das Notenzeichen 1 zu tilgen.
S. 375 Note 2. VgL auch noch *Bald. Kesselst. S. 286, 1331, cit S. 275 Note 3.
S. 388 Z. 21 V. 0. 1. Mittelalters st MitteUters.
S. 397 Note 2 1. CBM, st ÜB. .
S. 409 Z. 8 V. 0. 1. er st es.
S. 417 Note 2 Z. 1 L Marienrode st Mardenrode.
S. 423 Z. 5 V. 0. 1. G^ewannen st gewannen.
S. 432 Z. 6 V. u. 1. Demgegenüber ist auf ein *Schriftstück st Demgegenüber ist in-
des ^Schriftstück.
S. 442 f. Eine kurze Übersicht meiner Anschauungen über Entstehung und Wesen
der Gehöferschaft habe ich neuerdings gelegentlich eines Referates über Hanssens Agrarhist
Abhandlungen Bd. 2 in Conrads Jahrbb. f. Nationalök. u. StatbtUc N. F. Bd. 11 S. 341 ff.
gegeben.
S. 444 Z. 8 V. u. im Text 1. Denkschrift st Druckschrift
S. 448 Z. 7 V. 0. L zinshem st zinschem; Note 7: s. auch oben S. 375, besonders
Note 4.
S. 451 Z. 9 f. Vgl. noch die sehr charakteristische Nachricht in MR. ÜB. 3, 737,
1242—43, betreffend Zehntpflicht zu Wiltingen : de terra autem salica abbatis et conventus de
Mediolacu, quam ibidem habent, abbas idem et conventus de Mediolacu ante omnia deducent
portionem fructuum, que ipsis debetur de terris ipsis, nullam decimam inde solventes, de
residua vero portione, que remanet apud colonos, iidem coloni solvent decimam ecclesie in
Wiltingen, in qua infsuates eorum baptizantur et in qua per circulum anni audiunt missas et
alia recipiunt ecclesiastica sacramenta.
[ZuB&tze u. Berichtigangeii. — 1684 —
S. 456 Z. 6 y. u. im Text I. rotbusche st oiibusche.
S. 471 Z. 21 f. Die hier angeföhrteD Steilen lüixemb. Karte von 1244 § 19 (vgl.
S. 485 Note 4) und WGalgenscheid 1460, G. 2, 455, gehen nicht auf ursprüngliche l^^d-
banne, sondern grund- bzw. vogtherrliche Bannwaldverhältnisse.
S. 483 Z. 2. y. u. im Text 1. silva st silv.
S. 491 Note 1 Z. 1 1. 1293 st 1298.
S. 493 Note 4 Z. 3 1. Ffg. st L%.
S. 525 Note 5 Z. 5 1. antematutinalibns st autematutinalibus.
S. 560 Note 3 Z. 2 1. Mon^'oie st. Montoie.
S. 570 Z. 18 y. o. Zur Frage nach dem Heunischwein s. neuerdings auch die teilweia
Neues bringenden Bemerkungen in Webers Bamberger Weinbuch (66. Bmcfat ttber Bestand
und Wirken des bist Ver. zu Bamberg, 1884) 8. 20 f.
S. 576 Note 1 Z. 1 1. Fronde st. Fonde.
S. 578 Note 6 Z. 5 1. 4 stuck, S 4 amen st 4 st^k, u. 4 amen.
S. 584 Note 7 Z. 4. 1. Abschnitt Vn Teü 1 sL Abschnitt VI.
S. 585 Z. 22. Windmühlen kommen in der Champagne und im Barrois seit An£Euig
13. Jhs. yor; Bonyalot S. 425; Cr^pin, Notice sur Bl^court; ygl. auch Grasoreille, Moulins
au XV« si^cle, Reyue bourbonnaise 1884, Mz. 15.
S. 596 letzte Zeile des Textes schiebe nach Erneuerungen ein: Erzbischofe Otto
(1418—1430). Vgl. dazu oben S. 1355 Note 2.
S. 597 Note 1 Z. 2 1. Abschnitt VIU Teä 2 st Abschnitt X Teil 1.
S. 616 Z. 19. Die Datierung ist um etwa eine Gtoeration früher zu setzen.
S. 642 Note 1 Z. 8 1. ^Andernach. Schreinsr. No. 63, G. 756, um 1250 st *Andmiach,
Schreinsr. No. 63, G. 756. um 1250.
S. 693 Z. 1 y. u. im Text I. nur, einmal im st nur einmal, im.
S. 696 Note 5 Z. 2 1. Schönberg 9a st Schönberg 19a.
S. 703 Note 3. Zu den Maximiner Urkunden, welche über die Einziehung eines
grofsen Teils der Klostergüter im J. 1023 berichten, s. neuerdings H. Brefslau in der Westd.
Zs. 5, 45 ff.
S. 708 Note 1 Z. 6 1. Mamer st Mamem.
S. 710 Note 2 Z. 4 1. defuncto st defuncta.
S. 728 Note 1 L Teil 3 st Teü 2.
S. 735 Z. 1 V. u. 1. vroingewalt st yiemgewalt
S. 772 Note 3 erg. nach Abschnittes VII: S. 1058.
S. 778 Note 2 Z. 8 1. gebante st gebaute.
S. 808 Z. 6 V. 0. 1. grö/serer st grösferer.
S. 813 Note 2. Die Erklärung ist auf S. 1053 gegeben.
S. 821 Note 2. Zu dem Modus propinandi ygl. neuerdings Goerz, MB. Reg. 4 No.
3119. Nach Goerz, welchem übrigens die Edition des Modus unbekannt geblieben, fiele die
Aufzeichnung schon ins 13. Jh.
S. 823 Note 3 Z. 2 1. VIU Teil 3 st VIII Teil 2.
S. 877 Note 3 Z. 4 v. u. 1. ifose st kose.
S. 898 Note 1 Z. 4 1. dimi(?iam st dimitiam.
S. 922 Z. 10 f. Vgl. S. 1192, speziell Note 3.
S. 944 Note 3 Z. 8 1. Vt st Vs.
S. 959 Note 1 Z. 5 1. 126, 1192 st 1126, 192.
S. 962 Z. 6. Vgl. MR. ÜB. 2, 98, 1189, cit S. 980 Note 3.
S. 969 Note 2 Z. 2 1. Vingisguet st vingisguet
S. 975 Note 1 letzte Zeile 1. Konfusionen st Konfussionen.
S. 1011 Note 1. Vgl. auch S. 801 Note 3.
S. 1015 Note 2. Zur Immunitätsgerichtsbarkeit in fränkischer Zeit s. neuerdings
Beauchet 421 ff. auch S. 78 ff., und W. Sickel, Gott Gel. Anz. 1886, 564 ff.
.:. 1335 — Zusätze u. Berichtigungen.]
S. 1017 Z. 12. Zum Tribatum s. auch noch Heosler, V^. von Basel S. 18, 45; und
F. V. Wyfs in Zs. f . Schweiz. Recht 17, 7.
S. 1080 Z. 17 y. 0. 1. waren st ward.
S. 1087 Z. 18 iL YgL Bd. 2, 652 ff., dessen Noten am ersten Ort nicht zu Rate
gezogen sind.
S. 1040 Note 4. Die a. a. 0. f&r den Beginn des 12. Jhs. vermutete Entstehung der
grofsen Maximiner Privilegien ist f&r diesen Zeitraum mittlerweile als völlig sicher nach-
gewiesen von Brefslau, Über die älteren Königs- und Papsturkunden f&r das Kloster
SMaximin bei Trier, Westd. Zs. Bd. 5, 20 ff.
S. 1058 Z. 14 f: S. auch oben S. 818 Z. 1 f.
S. 1095 Note 8 Z. 1 1. Irrel st Irrl.
S. 1150 Z. 21 V. 0. 1. der st des.
S. 1165 Note 8. Vgl. auch oben S. 278—279.
n. 1214 letzte Zeile 1. quotquot st quotqot
S. 1228 Note 2 Z. 9 1. Note 8 st Note 6.
S. 1245 Note 12 m&fste hursw gesetzt sein.
S. 1272 Note 8 Z« 2 L hunrie, um Grimburg st hunrie um, Grimburg.
S. 1481 Note 5. Über die Kanzleibeamten (cancellarii oder notarii) der geistlichen
Institute des firüheren Mittelalters spricht neuerdings Brefslau, Forschgn. z. D. Gesch.
Bd. 26 (1886), S. 80 ff. Nachrichten besonders über das älteste Trierer Kanzleiwesen, welche
über unsere Ausführungen hinausgehen, stehen a. a. 0. S. 87 Note 6.
S. 1485 Z. 1 in den Noten 1. facult st fakult
S. 1461 Z. 8 in den Noten 1. mandatario st mandataro.
S. 1475 Note 5 1. 8. 1417 Note 4 st S. 1412 Note 7.
S. 1558 Z. 8 V. u. 1. Ann. 14 st Ann. 74.
S. 1574 Z. 8 V. 0. 1. Darlehen st Darlehe.
S. 1602 Z. 2 V. u. 1. bestoppen st bestappen.
Zweiter Band.
S. 8 ff. Vgl. neuerdings den Abschnitt über Rechtsplastik bei Heusler, Institutionen
Bd. 1 S. 65 ff; auch Jastrow, Volkszahl deutscher Städte, Berlin 1886; und von Inama-
Stem^^, Die Quellen der historischen Bevölkerungsstatistik, Oesterr. stat Zs. 1886 Heft 7.
S. 4 Z. 5 v. 0. 1. noch aus der der Flurverfiissung st noch der Flurverfassung.
S. 5 Z. 7 V. 0. 1. Ausgestaltung st Umgestaltung.
S. 6 Z. 6 f. Vgl. die Bd. 1, S. 162 Note 8 gegebene Übersicht der im St A. Koblenz
beruhenden Akten zur Bevölkerungsstatistik der Mosellande.
S. 7 Z. 8. Vgl hierzu den französischen vol d'un chapon; de Lauri^e, Gloss. s. h. v.;
Grimm RA. S 105; v. Maurer, Einl. S. 204.
S. 11 Z. 7. Von germanistischer Seite werde ich darauf aufinerksam gemacht, dafs
gerade Wolfram von Eschenbach sich am wenigsten unverbrüchlich an seine Quellen ge-
halten zu haben scheint
S. 11 Note 5. Man vgl. auch die bei Waitz, Vfg. 8, 188 f., über die Gröfse des deutschen
Reichsheeres im 10. — 12. Jh. zusammengestellten Ziffern.
S. 82 unter 7hc ist die Ziffer 172 zu tilgen.
S. 57 Note 2 1. in dem ersten Teü der zweiten Abteilung st in der Einleitung zur
zweiten Abteilung.
S. 62 Z. 8 V. 0. 1. eoclesia st eSclesia; Note 8 bezieht sich auf die letzte Textzeile
V. u., wogegen auf S. 68 Z. 1 das Notenzeichen zu streichen ist
S. 80 Z. 8 V. u. 1. aber ist auch st aber ist aber auch.
[Zusätze u. Berichtigungeo. -
S, 106 Z. 17. Zum Ziiaammeahaiig xniscben Urijar nnä Tradjtionsbudt vgl. i
ilings Kedlich,. über hairiarhn Tradiiionsbücher lind Traditionen, Mineügn. i. öslerr. Iiutitott
Bd. 5 (1884) S. 59 f.
S. 108 Note 1. Die Nebej)eioaudeKtelluDg eteht auf S. 158.
S. 169 Z. 12 V. 0. Die Handschrift ist □euerdings beschriebeo i-on Bär, Forschungen
ZOT D. Gesell. 24, 234 f. Ebda, auch wichtige quellenkriiisebe AaspiuBndereetzunsen Über
den Inhalt der Handschrift.
S. 212 Z. 13 T. u. 1. 'ScheckmanB st. Scheckmanus.
f S. 216 Z. 21 V. 0. I. Pr^terea st Pretera.
' S. 237 Note 5. Vgl. WOuren 1567 § 3 fT-, wo Genaueres über den Zusammenl
zwischen den 4 Sti^faen und rechtssjmbolisuhen Vorslellungen. ä. auch v. Maurer, Eild.'
S. 36, 38 f., sowie allgemeine)' S. 89 f.
S. 251 Z. 14 V. o. 1. den Reisen st. der Reisen; Note 1 Z. 1 v. u. !. Iietnotbhaber «L
betothhaber.
S. 266 Z. 7 V. 0. 1. Der st. Den.
I 8. 374 Note 1. Hierher gebort auch noch die Terordnimg Friedrichs IIl.
MBischer keiserlieher machtvolkomenbeit Über die Art der Verzollung in Boppard, Über vrelcliei
ivischen dem Erzbischof von Trier und dem Bopparder Rat Meioungsvecwhiedenhcit beaun^
CRM. 4, 423, 1471.
S. 277 Z. 16 y. o. l. sie st. sie.
S. 2SS Note 4. Die Auffassung, dafa der ZoUempfänger unter dem Burggrafen stas^
bleibt doch sehr zweifelhaft, s. Bd. 1 S. 1401.
S. 290 Z. 9 V. o. 1. contigerit ad st. contigerit, ad.
S. 306 Z. 13. Vgl. die Korrektur der geaufserten Aoüicht in Bd. 1 S. 599. speziell
Nöte 2.
8. 330 Note 3 1. Zinns st. Zins; Note 4 I. in Z. 2: Kohlen gefunden iSt^inkohleo},
s. Chronik der elem. Ereign. z. d. J. 1213 in Bd. 1 8. 1.549.
8. 343 Z. 10 V. u. I. animadv. st aihiimadv.
S. 345 Z. 18 ff. Zu dem folgenden konnte die Acta imp. inedita 2, 780—781 gedr.
Abrechnung Über den Zollertrag »u Bacharacb zn-ischen 1316 April IS bis 1817 Mai 17 leider
noch nicht benutzt wo^dl'I^
S. 366 Note 1 Z. 3 1. 1869—70 st. 1869—60.
S. 370 Z. 5 f. Die Milnz- und Marktrechts Verleihung Ottos 111. für Wasser1>illig
(8Maximin) ist von Brefslau, Westd. Zs. Bd. 5, 58 ff., endgültig als formell bedenklich nach-
gewiesen worden. Materiell ist aber gegen die Urkunde nichts einzuwenden. Im Übrigen
will Brefslau das Diplom 2. J. 1000 einreihen.
S. 417 Z. 24 V. 0. 1. HandeUmlinze st Handelmünze.
S. 424 Note 2 Z. 5 T. u. schiebe nach , Morgensprache etwa' ein: t«ilweis (vgl. S. 457
Note 2).
S. 428 ist sub 12 (I27T) statt contra vermutlich £ommuniter zu lesen.
S. 4^ Z. 23 f. Hier ist auf die aufserordentlich gründlichen, von mir leider über-
sehenen Arbeiten von Natalis de Wailly, Recherches sur le systime monStaire de saint Louis
und Memoire sur les variations de la livre touinois depuis le r^gne de saint Louis jusqu'jk
l'^tablissement de la monnaie dicimale, in den MMoirea de l'lnstitut, AcadL des inscr. et bellea
lettres Bd. 21, >, 114 f., zu verweisen.
S. 475 Z. 21 v. o. 1. setzen st. sehen.
S. 483 Note 4 ist tu streichen.
S. 500 Note 2 Z. 2 1. cspientia st sapientia.
S. 513 Z. 11 V. u. ff. S. neuerdii^ auch noch Terwelp, Die -Ringmauern, Wetutürme
imd Thore von Andernach (Bonner JBB. 76, unter den Miscellen), eine Geschichte derselben
mit Rechnungsbelegen.
— 1637 — Zusätze u. Berichtigungen.},
S. 531 Z. 17 V. 0. 1. Küchengeld st Kürchengeld.
S. 547 Z. 1 y. u. 1. 347, so st 347, so.
S. 550 sub 1140 Z. 6 1. monet^ st monete.
S. 556 sub 1380 Z. 6 1. Münsters st Münsters.
S. 558 sub 1197 Z. 1 1. speltae st spelae.
S. 576 Z. 3 V. 0. 1. 1488 st 1448.
S. 580 sub Vor 1281 Z. 2 1. hospit^li st hospitali.
S. 598 Z. 5 V. u. 1. et st ret
S. 611 Z. 28 V. 0. 1. Kaufkraft der betreffenden Waren st Kaufkraft des Geldes.
S. 614 Note 1 Z. 2 1. 1;237 st 1937; i974 Gr. st 2974 Gr.
S. 633 Z. 1 V. u. 1. gewiesen st gewichen.
S. 688 Note 2 Z. 5 1. WAnu;en st WAniven ; Note 3 Z. 3 Gottesurteil st Gottesurtei.
S. 646 Note 3 Z. 6 1. heutes tages . . . und st heutes tages und.
S. 657 Z. 17 y. o. l. Grundherrschaft nur unter st Grundherrschaft unter. Ebda.
Note 1: zur späteren Entwicklung vgl. Thudichum, Gau- u. Markvf. S. 296 i. Man ging
bis zur Aufhebung der Weisung; so beseitigte z. B. die Abtei SMaximin 1764 die Mark-
dinge ihrer Untergebenen, Wigands Denkirürdigkeiten S. 180.
S. 658 Z. 17 y. o. 1. Weisun^pflicht st Weistumspflicht
S. 673 Z. 3 y. u. im Text 1. 14 und 720 st 14 7nd 720.
S. 680 Note 1. S. auch J. J. Moser, Trierisches Staatsrecht S. 281 ff.
S. 689 Z. 21 V. u. 1. 1488—1584 st 1448-1534.
S. 691 Z. 5 y. 0. 1. zwei Bänden Nachträgen, welche aus einzehien gesammelten
Kopieen bestehen, die Urkunden des Kapitels bis z. J. 1784 herab. — Z. 22 y. o. 1. Ort-
schaften in der Kellnerei st Ortschaftender in der KellnereL
S. 693 Z. 21 f. Die Hs. über die Ordnung der domkapitularischen Dienerschaft ist
auch bei J. J. Moser, Trierisches Staatsrecht S. 288 No. XXU erwähnt, und wohl richtiger
als dem 18. Jh. (genauer 1258) angehörig bezeichnet; als Besitzer um diese Zeit wird Hont-
heim angegeben. — Z. 5 y. u. im Texte 1. 1084^ st 1086.
S. 696 Z. 8 y. o. 1. welchen st welchem.
S. 699 Z. 15. Ein PfBÜzeler Kopiar 14. — 15. Jhs., welches sich im Besitze des ver-
storbenen Dompropsts Holtzer in Trier befand, ist am 10. Juni 1885 in Lempertz* Antiquariat
zu Bonn zur Versteigerung gelangt
S. 742 Z. 25 y. o. 1. Kopieen st Koipeen.
S. 747 Z. 13 y. o. 1. wenig sicher gegliedert Nach Briefen auf Bl. 1—6 beginnt
Bl. 7» eine Summa.
S. 763 Z. 12 y. o. 1. Flache st Flachs.
S. 769 Note 3. S. auch Ann. d. bist Ver. f. d. Niederrhein 26—27, 268-316.
S. 770 Z. 19 1. nichts; atich ist st nichts; sonst ist.
S. 784 Z. 9 y. 0. 1. Weinorte i5, die der Weistümer st Weinorte die der Weistümer.
Dritter Band.
S. IX Z. 8 y. u. 1. Ausdri'icke st Arsdrücke.
S. 5 Z. 39 1. Wilre st. Wilze.
S. 16 Z. 11 1. Liemette st Liememe.
S. 41 Z. 37 1. Wiaekini st ^Ni^elmL
S. 42 Z. 35 f. mufs das Regest lauten: Abt Wilhelm von STrond beurkundet Lasten
und angemafste Befugnisse des Pommemschen Vogtes Ritter Walter im früher STronder,
jetzt Himmeroder Hofe zu Pommern, sowie die Rechte dieses Hofes im Gemeindewald von
Pommern.
^^
fZusstze u. Ucrifliligungi'ii- — 1638 —
S. 49 Z, 30. Nach güliger Mitteilung des Herrn Professors vao Werveke in Loxec
bürg stebt die nach den a. a. 0. angef. Regestenwerken citierte Absclir. der Urk. r. 1269
der Hs. des Luxemburger histflriacheo Instituts Ko. 25 (aus dem Ende 13, Jbs.), dieselbe hat
aber richtig ante pentecosten , nicht wie die Regg. angeben post. Nach dieser Ha- ergcl"^
sich als wichtigere Abweichungen von unsenn Druck S. 50 Z. 2 percipiat sL percipit; Z. 1-^
super st Bupra; Z. 23 beaU st aancti.
S. 51 Z. 19 I. movebotur st, movebitur.
. S. 53 Z. 34 1. Curvatiam', dicti st Curvatiam', dirti.
^ ä. 57 Z. 27 1. quod cum super st quod super.
■ S. 59 Z. 12 1. me st ne.
P S. 72 Z. 10 f. I. Wemero st. W,; WtifeW«o st Willelmo; Prtro sL Piitite.
S. 75 Z. 10 1. cellerarius st. cellarius; Z. 24 Gerardus st G.
S. 81 Z. 31 1. hcrcdibuB st heredihns.
S. 88 Z. 13 1. itosere st Bösere; Z. 34 eiini peiisionario st de pensionario; Z. lii
codettt Bt. codet
IS. 89 Z. 3 I. tarnen st etiam.
S. 99 Z. 23 I. oris st eins.
S. 102 Z. 38 1. völuntate st vuluntnie.
S. 106 Z. 22 l. archiepiscopo st actaiepiscopo.
S. 110 Z. 11 ist Termutlich parviii st magnis zu lesen.
S. U5 Z. 39 beliebt sich das Citat aus Westd. Za. Bd. 3 auf ebda. S. 300.
S. 123 Z. 13 1. et 3t de.
S. 128 Z. 27. Das Or. befindet sich nach ('iner Npliz Ton Dominicus in Koblens
8t A.. Erastift Trier, Staalsan;h.; Si^ fehlt
8. 129 Z. 14 1. srchiepiscofjo st archiepisco.
S. 183 Z. 3 1. Ange st Auge; Z. 8 Massalrec st Massalree.
S. 13.S Z. 15 I. betbirmen st beschirmen; Z. 30 han. daz wir. ouch st. ban. dai
S. 142 Z. 17 1. a st a.
S 144 Z. 6 f. muTs das Regest lauten; Beurkundung der grundherrlichen Rechte
der Abtfi SMatheis in Kahren durch den Vogt der Abtei, den Edelknecht Jacob, Herrn in
Monclair.
S. 153 Z. 25 1. Thümonno st Tlieoderico; Z. 33 palrui st patris.
S. 156 Z. 26 I. anois seu st annisseu.
S. 161 Überechrift I. No. 135. 7336—1345) st No. 135. 1345.]. So auch die folgenden
S. 162 und 163.
S. 165 Z. 40 I. 7e st. 17e.
S. 169 Z. 41 1. wan st wann.
S. 172 Z. 36. Ko. 144 mufs vor No. 143 stehen.
S. 179 Z. 8 I. 1339 st 1839.
S. 185 Z. 43 I. Ehlenz st tlilenzm.
S. 192 Z. 34 1. sinen st sine.
S. 192 Z. 41. No. 166 ist schon CRM. 3, 311, 1345 gedruckt, aber nach anderer
Torlage.
S. 201 Z. 34 1. Stent st Bt«nt.
S. 210 Z. 47. Nach «ürk. im St A- Wiesbaden Amt Runkel wurde Reinhart Herr
von Westerburg 1350 trierischer Amtmann zu Schadeck; vgl. die Erwaimnng bei Wyfs, Limb.
Chron. S. 101 Note 2.
S. 211 Z. 41 I. voi^eschr. st vor geschr. ^
S. 213 Z. 8. Die Urk. ist auch CRM. 3, 383, 1350 Testiert
S. 215 Z, 10 1. orfer anderswo st ode randerswo.
— 1639 — Zusätse u. Berichtigungen.]
S. 217 Z. 1 1. oach st Ouch; Z. 10 angrif st angriff.
S. 222 Z. 19. Zu dem a. a. 0. nicht erkl&rten Schadeburch vgl. neuerdings N. van
Werveke im Luxemburger Land N. F. Jahrgang 1, Probenummer vom 15. Novbr. 1885 S. 15,
in dem Aufisatze ,Noch einmal das Wort SchobermesseS S. auch Arch. Clervaux 551, 138L
S. 225 Z. 18 1. assignamus^ st assignamus<^.
S. 226 Z. 29 1. continentur st continetur.
S. 281 Z. 18 L portenem st porten.
S. 233 Z. 24 1. werden, st werden:
S. 250 Z. 12 1. uns zu st unszu.
S. 251 Z. 25 1. bflhulz st b&hultz.
S. 260 Z. 22 1. waner st wanner.
8. 262 Z. 31 1. Madtershusen st Materhusen; Z. 36 ackerlant st acker lant
S. 264 Z. 41. 1. Sckmidlhvarger st Grimburger.
S. 265 Z. 34 1. Moselledorfere st Moselle dorfere.
S. 284 Z. 5 1. gemist teile st gemistteile.
S. 321 Z. 31 f. Ko. 283 ist bis zu dem Absatz S. 324 Z. 31 neuerdings ediert von
H. Brefslau, Neues Archiv £ alt D. Geschkde. 11, 104—107. Vgl. auch Westd. Zs. Bd. 4,
KorrbL No. 123.
S. 323 Z. 1 u. 28 1. Merchedt^ st Merched; Z. 6 lohannts st. Johannes; Z. 15
7t) st 20.
S. 824 Z. 7 1. 200 st 90; Z. 23 MerchedOA st. Merchede; Z. 29 claustroles st.
claustres.
8. 353 Z. 41 1. ee st 6f.
S. 364 Z. 38. Es ist zu lesen amenrir.
8. 368 Z. 17 1. de st do.
S. 388 Z. 85 L pa^ st payr.
S. 393 Z. 26 1. escergaites st escergaices; Z. 29 qufils st qu'ils.
S. 399 Z. 7 ist vermutlich für cenrimes Centimes zu lesen.
S. 401 Z. 48 1. 2b st 8a.
S. 405 Z. 25 1. Cera st Pera; Z. 26 Ib. st mr.
S. 415 Z. 1. Zu No. 289 vgl. oben Bd. 2, 322.
S. 417 Z, 8 1. XI st XXI.
S. 420 Z. 29. Bezieht sich wohl auf *Bald. Kesselst S. 574—5, 1331 Febr. 20:
Conmiissio sancti Wandalini lacobo Lombardo, einen vom Lamperter Jacomin von Monkler
ausgestellten Revers für daz ampt [SWendel] und darzft wat (Erzbischof Balduin) da itzänt
hat von gülde und gevellen, daz in der parre zft sante Wandaline gelegen ist in dorfe und
in velde.
S. 424 Z. 40 l. 8;2 st 83.
S. 429 Z. 17 1. 47 W. gr. st 47 s. gr.
S. 433 Z. 26 1. Wakamt st Wabramo.
S. 435 Z. 14 1. 12000 Ib. st 1200 Ib.
8. 486 Z. 26 ist statt DitmanniM vielleicht Ditmarus zu lesen, s. Bd. 3 S. 545—546
unter DitmanniM.
S. 465 Z. 84. Hierzu erg. als Anm. : Die hinter der Parenthese gedruckten Wer Zeilen
in Petit beziehen sich auf Z. 22 bis 29.
S. 475 Z. 83 1. officia/»s st officiatus.
S. 477 Z. 40 1. officiaZi8 st ofgciatus.
S. 479 Z. 30 mufs das Regest lauten: Kassenjoumal der Trierer Kanzlei vom 12. März
bis Anfang Mai 1850.
8. 483 Z. 15. Dominus Th. ist wohl identisch mit dem S. 486 Z. 16 genannten
Theodericus de Didishem.
[Zusätze u. Berichtigongen. — 1640 —
S. 485 Z. 8. W. wohl zu WtlAe/mo zu ergänzen. Ein meister Wilhelm monzer zu
Trier begegnet Chron. mon. 1859, Honth. Prodr. S. 1172, und Bd. 2, 872 Note 8.
S. 487 Z. 84. Nach recepit ist vennutiich zu ergänzen tritico.
S. 488 Z. 17 1. scientt&ii« st sciente.
S. 491 Z. 5. Nach nobiles Yennutlich zu ergänzen amicos.
S. 501 Z. 89 Note 8. Diese deutsche Übersetzung ist nach anderer Vorlage ver-
öffentlicht von F. X. Kraus, Jahresber. der [Trierer] Ges. f. nOtzl. Forschungen 1865—1868,
S. 69 f.
S. 510 Z. 27 1. 1200 st 12.
S. 518 Z. 1 1. commode st commodo; Z. 2 L geeicht >9 6t geeicht*.
S. 515 Z. 7 1. bereinigten st vereinigten.
S. 516 Z. 88 1. sententiahtmi st summabunt; ebda. Z. 85 sententism st summam.
S. 522 Z. 84 1. deme eide st demeeide.
S. 587 Z. 11 1. Ltebfrauenkirche st Lebfrauenkirche.
S. 557 Z. 9: Vilin Rode ludeus und Welen Rose sind nicht identisch, vgl. das Bd. 1
S. 1452 Bemerkte.
S. 574 Z. 1. Rode. S. das soeben zu S. 557 Z. 9 Bemerkte.
S. 575 Z. 2 ist unter Rndolphus einzuschieben: wohl identisch mit dem Bd. 8 S. 487
Z. 3 genannten Bodulfus de Frideberg.
S. 580 unter Theodericus ist einzuschieben: Theodericus de Didishem 486, ir, wohl
identisch mit dominus Th. 488, is; 487, lo; 491, n.
S. 595 u. d. W. dieta 1. 526, 5 st 526, lo.
PierPT'pche Honiuchdrnokerei. Stephan Geibel * Co. in Altenbnrg.
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