Skip to main content

Full text of "Die archäologischen Entdeckungen des neunzehnten Jahrhunderts"

See other formats


Google 



This is a digital copy of a book that was prcscrvod for gcncrations on library shclvcs bcforc it was carcfully scannod by Google as pari of a projcct 

to make the world's books discoverablc online. 

It has survived long enough for the Copyright to expire and the book to enter the public domain. A public domain book is one that was never subject 

to Copyright or whose legal Copyright term has expired. Whether a book is in the public domain may vary country to country. Public domain books 

are our gateways to the past, representing a wealth of history, cultuie and knowledge that's often difficult to discover. 

Marks, notations and other maiginalia present in the original volume will appear in this flle - a reminder of this book's long journcy from the 

publisher to a library and finally to you. 

Usage guidelines 

Google is proud to partner with libraries to digitize public domain materials and make them widely accessible. Public domain books belong to the 
public and we are merely their custodians. Nevertheless, this work is expensive, so in order to keep providing this resource, we have taken Steps to 
prcvcnt abuse by commercial parties, including placing lechnical restrictions on automated querying. 
We also ask that you: 

+ Make non-commercial use ofthefiles We designed Google Book Search for use by individuals, and we request that you use these files for 
personal, non-commercial purposes. 

+ Refrain fivm automated querying Do not send automated queries of any sort to Google's System: If you are conducting research on machinc 
translation, optical character recognition or other areas where access to a laige amount of text is helpful, please contact us. We encouragc the 
use of public domain materials for these purposes and may be able to help. 

+ Maintain attributionTht GoogXt "watermark" you see on each flle is essential for informingpcoplcabout this projcct and hclping them lind 
additional materials through Google Book Search. Please do not remove it. 

+ Keep it legal Whatever your use, remember that you are lesponsible for ensuring that what you are doing is legal. Do not assume that just 
because we believe a book is in the public domain for users in the United States, that the work is also in the public domain for users in other 
countries. Whether a book is still in Copyright varies from country to country, and we can'l offer guidance on whether any speciflc use of 
any speciflc book is allowed. Please do not assume that a book's appearance in Google Book Search mcans it can bc used in any manner 
anywhere in the world. Copyright infringement liabili^ can be quite severe. 

Äbout Google Book Search 

Google's mission is to organizc the world's Information and to make it univcrsally accessible and uscful. Google Book Search hclps rcadcrs 
discover the world's books while hclping authors and publishers rcach ncw audicnccs. You can search through the füll icxi of ihis book on the web 

at |http: //books. google .com/l 



Google 



IJber dieses Buch 

Dies ist ein digitales Exemplar eines Buches, das seit Generationen in den Realen der Bibliotheken aufbewahrt wurde, bevor es von Google im 
Rahmen eines Projekts, mit dem die Bücher dieser Welt online verfugbar gemacht werden sollen, sorgfältig gescannt wurde. 
Das Buch hat das Uiheberrecht überdauert und kann nun öffentlich zugänglich gemacht werden. Ein öffentlich zugängliches Buch ist ein Buch, 
das niemals Urheberrechten unterlag oder bei dem die Schutzfrist des Urheberrechts abgelaufen ist. Ob ein Buch öffentlich zugänglich ist, kann 
von Land zu Land unterschiedlich sein. Öffentlich zugängliche Bücher sind unser Tor zur Vergangenheit und stellen ein geschichtliches, kulturelles 
und wissenschaftliches Vermögen dar, das häufig nur schwierig zu entdecken ist. 

Gebrauchsspuren, Anmerkungen und andere Randbemerkungen, die im Originalband enthalten sind, finden sich auch in dieser Datei - eine Erin- 
nerung an die lange Reise, die das Buch vom Verleger zu einer Bibliothek und weiter zu Ihnen hinter sich gebracht hat. 

Nu tzungsrichtlinien 

Google ist stolz, mit Bibliotheken in Partnerschaft lieber Zusammenarbeit öffentlich zugängliches Material zu digitalisieren und einer breiten Masse 
zugänglich zu machen. Öffentlich zugängliche Bücher gehören der Öffentlichkeit, und wir sind nur ihre Hüter. Nie htsdesto trotz ist diese 
Arbeit kostspielig. Um diese Ressource weiterhin zur Verfügung stellen zu können, haben wir Schritte unternommen, um den Missbrauch durch 
kommerzielle Parteien zu veihindem. Dazu gehören technische Einschränkungen für automatisierte Abfragen. 
Wir bitten Sie um Einhaltung folgender Richtlinien: 

+ Nutzung der Dateien zu nichtkommerziellen Zwecken Wir haben Google Buchsuche Tür Endanwender konzipiert und möchten, dass Sie diese 
Dateien nur für persönliche, nichtkommerzielle Zwecke verwenden. 

+ Keine automatisierten Abfragen Senden Sie keine automatisierten Abfragen irgendwelcher Art an das Google-System. Wenn Sie Recherchen 
über maschinelle Übersetzung, optische Zeichenerkennung oder andere Bereiche durchführen, in denen der Zugang zu Text in großen Mengen 
nützlich ist, wenden Sie sich bitte an uns. Wir fördern die Nutzung des öffentlich zugänglichen Materials fürdieseZwecke und können Ihnen 
unter Umständen helfen. 

+ Beibehaltung von Google-MarkenelementenDas "Wasserzeichen" von Google, das Sie in jeder Datei finden, ist wichtig zur Information über 
dieses Projekt und hilft den Anwendern weiteres Material über Google Buchsuche zu finden. Bitte entfernen Sie das Wasserzeichen nicht. 

+ Bewegen Sie sich innerhalb der Legalität Unabhängig von Ihrem Verwendungszweck müssen Sie sich Ihrer Verantwortung bewusst sein, 
sicherzustellen, dass Ihre Nutzung legal ist. Gehen Sie nicht davon aus, dass ein Buch, das nach unserem Dafürhalten für Nutzer in den USA 
öffentlich zugänglich ist, auch für Nutzer in anderen Ländern öffentlich zugänglich ist. Ob ein Buch noch dem Urheberrecht unterliegt, ist 
von Land zu Land verschieden. Wir können keine Beratung leisten, ob eine bestimmte Nutzung eines bestimmten Buches gesetzlich zulässig 
ist. Gehen Sie nicht davon aus, dass das Erscheinen eines Buchs in Google Buchsuche bedeutet, dass es in jeder Form und überall auf der 
Welt verwendet werden kann. Eine Urheberrechtsverletzung kann schwerwiegende Folgen haben. 

Über Google Buchsuche 

Das Ziel von Google besteht darin, die weltweiten Informationen zu organisieren und allgemein nutzbar und zugänglich zu machen. Google 
Buchsuche hilft Lesern dabei, die Bücher dieser We lt zu entdecken, und unterstützt Au toren und Verleger dabei, neue Zielgruppcn zu erreichen. 
Den gesamten Buchtext können Sie im Internet unter |http: //books . google .coiril durchsuchen. 




/ 



^ 




•.&g«a.'?j»«rj.»a,--.>».^iy.-':.«f^.<Vtj^ffl;i^ 






Xibrariß 



of tbe 



Tllniversit^ of Miaconsin 



srriiKVTrsr 





ADOLF MICHAELIS 



DIE ARCHÄOLOGISCHEN 
ENTDECKUNGEN 

DES NEUNZEHNTEN JAHRHUNDERTS 



VERLAG VON E. A. SEEMANN rN LEIPZIG 
1906 






Das Recht der Übersetzung wird vorbehalten 



Druck von Ernst Hedrich Nadif., O. m.b.H., Ldjpdg 



110214 



•INA 



MEINEN LIEBEN JUGENDFREUNDEN 
UND STUDIENOENOSSEN 

ALEXANDER CONZE 

(BERLIN— ITALIEN— GRIECHENLAND) 

UND 

EUGEN PETERSEN 

(KIEL— BONN— ROM) 

IN LIEBE UND TREUE 
GEWIDMET 



AUGUST 1905 



VORWORT 




ie folgenden Blätter geben den Inhalt einer Vorlesung 
wieder, die ich im Winter 1904/5 vor einem größeren 
Zuhörerkreise gehalten habe. Den Inhalt, nicht die 
Form; denn meines Erachtens bedingen Hören und Lesen eine 
verschiedene Darstellungsweise. Überdies war das gesprochene 
Wort von einer Menge von Lichtbildern unterstützt, auf die hier 
verzichtet werden muß. 

Die »Archäologie des Spatens« und ihre Ergebnisse bilden 
den eigentlichen Gegenstand, ohne daß ich ängstlich vermieden 
hätte diese Grenze hie und da zu überschreiten. Dabei ist 
»Archäologie« wesentlich im Sinne von »Kunstarchäologie« ge- 
faßt; Kulturerzeugnisse ohne ausgesprochenen Kunstcharakter 
werden nur gelegentlich herangezogen. 

Die Blätter zu veröffentlichen haben mich teils mannigfache 
Wünsche aus dem Kreise der Zuhörer, teils der auffallende Um- 
stand veranlaßt, daß der anziehende Gegenstand noch keine zu- 
sammenfassende Schilderung gefunden hat In diese Lücke ein- 
zutreten schien mir die Aufgabe eines Archäologen zu sein, der 
an den Ausgrabungen keinen eigenen Anteil hat nehmen können, 
aber seit einem halben Jahrhundert diesen Unternehmungen aus 
der Ferne gefolgt ist und auch darüber hinaus noch einige un- 
mittelbare Kunde hat gewinnen können. Hinter den Schnittern 
muß auch der Garbenbinder seines bescheidenen Amtes walten. 
Sollten die deutschen Ausgrabungen und Forschungen in der 
Darstellung zu sehr bevorzugt erscheinen, so liegt der Grund 
darin, daß mir hier die Quellen reichlicher flössen. 



VI Inhalt 

Als Leser habe ich mir nicht sowohl die Archäologen von 
Beruf, denen ich nicht viel Neues zu bieten habe, gedacht, son- 
dern teils Studenten der Altertumswissenschaft, teils den größeren 
Kreis derer, die sich ein Interesse für antike Kunst bewahrt haben. 
Ihnen zu Liebe sind behufs bequemer Orientierung am Rande 
kurze Hinweise auf Abbildungen hinzugefügt worden, soweit diese 
sei es in dem von mir umgearbeiteten Handbuch der Kunst- 
geschichte des Altertums von Anton Springer (7. Aufl. 1904), sei 
es in Franz Winters Kunstgeschichte in Bildern (Band I, 1900) 
bequem zur Hand sind. Auf die Figuren der ersten verweisen 
die Zahlen am äußeren, auf die Tafeln der letzteren die Zahlen 
am inneren Rand. 

Straßburg. AD. MICHAELIS 



6 (Y)) und ei in neugriechischen Namen ist wie i, b wie w aus- 
zusprechen. 



i 



INHALT 



Seite 

I. Unsere Kenntnis antiker Kunstwerke bis zum Schlüsse 

des 18. Jahrhunderts 1 

Kunstwerke im mittelalterlichen Rom. — Die Samm- 
lungen im 16., 17. und 18. Jahrhundert — Zerstreuung 
römischer Antiken. — Das Capitolinische Museum. — 
Winckelmann. ^ Herculaneum. Pästum. — Die Soäefy 
of DUätantL Stuart und Revett — Das Piodemen- 
tinische Museum. 

II. Die napoleonische Zeit 13 

Die Entdeckung Ägyptens. — Pompeji. — Das Musie 
Napolkon. 

III. Die Wiedergewinnung Griechenlands 

Lord Elgin und britische Reisende. — Ägina und 
Bassa. — Das Britische Museum. — Sidlien. — Die 
Aphrodite von Melos. — Das befreite Griechenland* 

IV. Die Grabstätten Etruriens. Die antike Malerei . . 52 

Die römischen Hyperboreer. Eduard Gerhard. — - Wand- 
gemälde etruskischer Gräber. — Griechische Vasen. — 
Das Alexandermosaik und andere Einzelfunde. — Das 
Archäologische Institut 

V. Entdeckungen im Osten . 71 

Ägypten. — Assyrien. — Lykien. — Charles Newton: 
Mausoleum, Knidos, Branchidä. Ephesos. — Napo- 
leon III.: Kleinasiatisdie Felsreliefs, Makedonien, Thasos. 
— SüdruBland. 



7 



• 



VIII Inhalt 

Seite 

VI. Griechische Kultstätten 91 

Rückblick. Neue Ziele. — Samothrake, Kabirion. — 
Delos. — Olympia. — Dodona, Asklepieion, Amphiaraeion, 
Eleusis, Epidauros. ^ Kos, Heräon. — PtoTon, Delphi. 

— Ergebnisse. 

VII. Antike Stadianlagen 133 

Pompeji. — Pergamon. — Ägä, Myrina, Assos. — 
Magnesia, Priene, Milei — Lykien, Pamphylien, 
Pisidien. — Ephesos. — Thera, Lindos. — Ergebnisse. 

VIII. Prähistorie und griechische Vorzeit 175 

Geometrischer Stil. — Prähistorische Forschung. — 
Heinrich Schllemann: Troja, Mykenä, Tiiyns. — Home- . 
rische Kunst. — Kreta. 

IX. Die klassischen Länder seit 1870 206 

Griechenland: Ionische Vasen. — Tanagra. — Die 
Archäologische Gesellschaft in Athen. — Die Auf- 
deckung der Akropolis. — Andere griechische Fund- 
stätten. — Italien: Griechische Tempel. Altionische 
Skulpturen. — Altitalische Tempel. — Römische Funde. 

— Boscoreale. 

X. Die Außenländer seit 1870 223 

Äg3rpten. — Babylonien, Sendschirli. — Persien. — 
Gräber: Kypros, Sidon, Petra, Nemrud Dagh, Sardes, 
Gördion. — Baalbek. — Nordafrika, Spanien. — Die 
nördlichen Provinzen. 

XI. Entdeckungen und Wissenschaft 251 

Die ältere Archäologie. — Bedingungen einer neuen 
Betrachtungsweise. — Stilistische Analyse. — Beispiele 
neuer Ergebnisse: Skulptur, Malerei, Baukunst. — 
Schlußbetrachtung. 

Chronologische Übersicht 293 

Quellenangabe 301 

Raster 311 



ADOLF MICHAELIS 



DIE ARCHÄOLOGISCHEN 
ENTDECKUNGEN 

DES NEUNZEHNTEN JAHRHUNDERTS 



VERLAG VON E. A. SEEMANN IN LEIPZIG 
1906 



2 I. Unsere Antikenkeiminis vor 1800 

Schaft nicht bloß mit neuen Kenntnissen bereidiert und gefördert, 
sondern auch ihr beständig neue Probleme gestdlt hat 

Um den ebenso dem Umfang wie der Art des Stoffes nach 
völlig veränderten Zustand unserer Kenntnisse und Anschauungen, 
wie sie sich im Laufe des vorigen Jahrtiunderts entwickelt haben, 
deutlich zu machen, wird es am geeignetsten sein, kurz zu schildern, 
wie es damit bis zum Ausgange des 18. Jahrhunderts bestellt war. 
Wir müssen bis in die ersten Zeiten der Wiederentdeckung der 
antiken Kunst, bis in die Zeit der Renaissance zurückgehen. 
Dabei liegt es in den gegebenen Verhaltnissen, daß zunädist Rom 
im Mittelpunkt der Betrachtungen steht 



Aus den Überresten einer alten Beschreibung der Stadt Rom, 
die bis in Kaiser Konstantins Zeit zurückreicht, erhhren wir, daß 
in der ersten Hälfte des 4. Jahrhunderts, ehe Rom zugunsten 
Konstantinopeb gq>lfindert und in den Whren und Nachwehen 
der Völkerwanderung wieder und wieder verwüstet ward, die 
Stadt noch eine schier unglaubliche Masse öffentlich aufgestellter 
Statuen besaß. Zwei Kolosse von ungewöhnlidier Größe (der 
eine maß 34 Meter) und 22 große Rdterstatuen werden aufge- 
zählt, femer 80 vergoldete und 73 golddfenbeinerne Götterbilder, 
dazu 3785 eherne Bildnisstatuen (die marmornen werden gar 
nicht einmal genannt) — r wo bleiben da unsere Si^esalleen 
und alle unsere denkmalfreudigsten Städte! Wenn wir nun aber 
am Ausgange des Mittelalters, um die Mitte des 15. Jahrhunderts, 
einen Hauptvertreter der Renaissance, Poggio Bracdolini, be- 
fragen, so vernehmen wir die laute Klage, daß von allen den 
fzahllosen Herrlichkeitoi nur noch fünf Marmorstatuen, vier auf 
dem Monte Cavallo und eine am Forum, und die eine eherne 
85 Reiterstatue übrig seien, in der man damals meistens Konstantin, tso 
der gdehrte Poggio ds^q^en riditig einen älteren römischen Kaiser 
(mitUnrecht freilich Septimius Severus statt Marcaurds) erblickte. Da- 
zu kamen die gewaltigen Baureste, die für die Renaissance vorbild- 
lich werden sollten, vor allem das Pantheon, das Colossieum und 
das Marcellusttieater, die mächtigen Gewölbe der Thermen Cara- 



Antiken im mittelalterlichen Rom 3 

callaSi Diodetians und Konstantins» Reste von Tempeln, Säulen, 
Ehrenbogen usw. 

In seinen Bauwerken zdgte sich das alte Rom nodi immer 
von seiner großartigen Seite. Aber auch auf dem Od>iete der 
Plastik siand es nicht ganz so schlimm, wie wir nach Poggios 
etwas rhetorisch zugespitzten Klagen erwarten sollten. Es gab 
danuds drei Orte in Rom, an denen sich antike Bildwerke ange- 
sammdt hatten, zum Teil solche, wdche nie unter die dichte 
mittdalterliche Sdiuttdecke geraten waren. 

Auf dem Quirinal standen noch auf ihrer spatantiken Basis 
die großen Marmorbilder der Dioskuren nd>en ihren Pferden, die 
dem Berge den Namen Monte Cavallo gaben. An sie und ihre 
inschrifttich bezeugten Urhd>er Phidias und Praxitdes hatte stdi 
mittebdteriidies Sagengespinst angesetzt, das audi einen Brunnen 
und dtie von einer großen Schlange umwundene Frauenstatue 
mit iimwob. An die Basis der bdden Kolosse aber war dne 
Hdle angdddit, mit drd Statuen Konstantins und sdner Söhne 
gesdimäckt, die wahrschdnlidi aus den benadibarten Thermen 
Konstantins stammten. Die Halle diente zum Rechtspredien; hier 
wie anderswo brachte der Abeiiglaube Werke der Vorzdt in Ver^ 
bindung mit Oerichtsgd>räuchen. Endlich gehörten audi zwei 
kolossale liegende Flußgötter, vermutlich Reste vom Schmuck dner 
großen Brunnenanlage (heutzutage schmudcen sie die Treppe des 
Kapüolspalastes), zu dem Antikenbestande des Monte Cavallo; zu- 
gleich mit den Dioskuren zShtten sie zu den Wahrzeichen Roms» 
deren Andeutung auf den alten Stadtbildern oder Stadlplan&i 
nicht ieidit fehlt 

Eine Sammlung ganz anderer Art umgab den päpsttichen 
Palast am Lateran. Hier stand auf dem weiten, freien Platzis 
85 jenes eherne Rdterstandbild Marcaurds, in dem bald die Volkä- tso 
sag^ den Ritter od^ den großen Bauer erblickte^ der dnst vor 
dem benachbarten Tor dnen orientalischen Fürsten durdi List 
gefangen genommen und dadurch Rom gerdtd habe, bald deutete 
man den Reiter atrf Konstantin, den Begjnxnder des staatlichen 
Christeirtums. Audi dies Bildwerk war im lo. Jahrhundert ZfSuge 
gmchtlicher Voiigänge gewesen; einmal hatte man dnen rebdli-^ 



4 I. Unsere Antikenkenninis vor 1800 

sehen Stadtobersten vor dem Pferd aufgehängt, ein andermal die 
Leiche eines Qegenpapstes daneben hingeworfen. Ebenso hören 
wir, daß ein anderes lateranisches Erzwerk, die berühmte Wölfin, 315 
aufien an einem Turm des Palastes aufgestellt, im Mittelalter eine 
gewöhnliche Oerichtsstatte bezeichnete; eine alte Abbildung stellt 
daher die Wölfin, umgeben von zwei abgehauenen Händen, dan 
39 Per Domauszieher, der Opferdiener (Camillus), ein Kolossalkopf 
und eine Wdtkugel vervollständigten die lateranische Sammlung 
von Erzwerken, die vermutlich alle die Zerstörungen des Mittel- 
alters fiberdauert hatten. 

Auch das Kapitol besaß schon im Mittelalter seine Antiken- 
sammlung. Auf dem Kapitolsplatze, der damals der Stadt als 
Marktplatz diente, standen die Grabsteine der Gemahlin und eines 
Sohnes des Germanicus, die, aus dem Mausoleum Augusts her- 
voigeholt, nunmehr mit ihrer Höhlung als städtische Normal* 
maße ffir Korn und Salz dienten. Auf der Treppe zum Kapitols- 
palast mit seinem großen Gerichtssaale bot die von Michelangelo 
bewunderte Gruppe des ein Pferd zerreißenden Löwen (heute im 
oberen Hofe des neuen kapitolinischen Museums aufgestellt) ein 
S3rmbol strafender Gerechtigkeit Hier wurden die Todesurteile 
verkündet, die meistens auf dem nahen tarpejischen Felsen voll- 
streckt wurden; Cola di Rienzi fand seinen Tod unmittdbar an 
der Löwengruppe. Sarkophagreliefs säumten die große Treppe 
zur Kirche Araceli. Neben ihrem Seiteneingange stand ein Obe- 
lisk; unten am Forum lag der Flußgott, der als Marforio zu- 
sammen mit Pasquino später seine Rolle im römischen Volksleben 
spielen sollte. 

So erinnerten diese drei hochgel^enen Plätze an die antike 
Skulptur. Einzelne Werke gab es auch sonst noch hie und da 
öffentlich aufgestellt oder in Kirchen geboigen; manche Straßen- 
namen erinnern noch heute an Antiken, denen sie ihren Ursprung 
verdanken. Aber freilich, was wollte das alles heißen g^enüber 
der diemaligen Ffille! 

Erst in den letzten Jahnzehnten des 1 5. Jahrhunderts erwachte 
in Rom der Sammeleifer, der in Florenz schon etwas früher^ 
aber mit geringerem Erfolg b^onnen hatte. Die Oberweisung 



Roms Antiken im Mittelalter und im Cinquecento 5 

der lateranischen Erzwerke an das Kapitel durch Papst Sixtus IV. 
im Jahre 1471 l^e den Qrund zu der dortigen Sammlung, die 
allmählich wuchs und namentlich den öffentlichen historisdien 
Bildwerken des alten Rom Untericunft bot 1506 richtete Sixtus' 
Neffe, Julius IL, den Statuenhof im belvederischen Lusthause des 
58 vatikanischen Palastes ein; die berühmten Meisterwerke, der Apoll, 477 

71 der Laokoon, die Ariadne, Nil und Tiber, der Torso, rfickten hier 617 
75 den ästhetischen Gesichtspunkt in den Vordergrund. Dem Bei* 

spiele der Päpste folgten zunächst die Kardinäle (Valle, Cesi, 
Grimani, Carpi usw.), später auch andere Große. Um das kost- 
bare Material zu mehren, wurden vielfach eigene Ausgrabungen 
angestellt; in den Caracallathermen traten zur Zeit Pauls III. die 

72 große Stieigruppe und der kolossale ausruhende Herakles ans 616 
Licht und kamen in den Besitz der päpstlichen Familie Famese. 
Julius IIL war der letzte Papst, der seinen humanistisch-antiquarischen 
Neigungen in der Villa Papagiulio ein I>enkmal setzte. Dann 
trat die kirchliche Reaktion ein. Der belvederische Statuenhof ward 
geschlossen. Seltener fanden sich Kardinäle, die, wie Ferdinando 
de' Medici, Ippolito d'Este, der Kardinal Montalto (Sixtus V.) ihre 
Villen zu Schatzkästen antiker Kunst ausgestalteten (der Mediceer 

69 erwarb unter anderem die Niob^[ruppe). Dafür erwachte in bfiiger- 482 
liehen Kreisen der Wetteifer; verschiedene Mitglieder der Familie 
Mattei ragen darunter hervor. Aber nicht bloß in großen Samm- 
lungen fanden sich die Antiken zusammen, sondern ein großer 
Teil der immer frischen Ausbeute des Bodens verteilte sich in 
dekorativer Verwendung durch die Stadt: Fassaden, Höfe, Treppen, 
Galerien, Säle, Brunnen schmückten sich mit Statuen, Bfisten, 
Reliefs, Sarkophagen, die durch die Art, wie sie angebracht waren, 
sich der zeitgenössischen Kunst anschmi^en und so erneutes 
Leben gewannen. 

Auch das 1 7. Jahrhundert ist noch eine Zeit eifrigen Suchens 
und Sammeins. Bleibt auch der päpstliche Statuenhof nach wie 
vor in einen Domröschenschlaf versunken, seine kostbaren Schätze 
hinter hölzernen Stalltüren verboi^gen, so entbehrt doch keine 
Papstr^erung der Sammellust eines Kardinalnepoten, und in un- 
unterbrochener Folge füllen sich die Paläste und Villen der Aldo- 



6 !• Unsere Antikenkeniitiiis vor 1800 

brandini, Boijfhese, Ludovisi, Barberini, Pftmfili, Chigi usw. mit 
Antiken. Ober wdche Einflüsse ein Kardinalnepot verffigte^ da- 
von gibt Kardinal Ludovico Ludovisi ein erstaunliches Beispiel, 
indem er binnen Jahresfrist (1622/23) eine Sammlung von mdir 
als 300 Antiken zu bilden wußte — und was ffir eine Samm* 
lungl Vidleicht die vornehmste, die Rom je gesdien hat, die 
70 griechische Originalwerke wie den sterbenden Gallier und die zu- «m 
gehörige Oalliergruppe umfaßte! Es war schwer, mit den all- 
mächtigen PapstEamilien zu wetteifern, und doch gelang es bei- 
spielsweise den Oiustiniani aus Genua, binnen kurzer Zeit drei 
bedeutende Sammlungen anzul^en, in ihrem städtischen Palast 
und in ihren beiden Villen am Lateran und vor Porta del Popolo. 
Auch gründete Papst Innocenz X., dessen Zflge Velasquez in seinem 
meisterhaften Bilde festgehalten hat, das neue kapitolinische Mu- 
seum, und der gelehrte Jesuitenpater Athanasius Kircher aus Fulda 
l^e den Grund zu der kostbaren Sammlung italischer Alter- 
tümer im Palaste seines Ordens^ dem Coll^um Romanum. 

So hatten sich zwei Jahrhunderte lang ungezählte Antiken 
in Rom angesammelt, während von Funden außerhalb Roms 
wenig verlautete. Im G^;enteil hatte schon früh Rom begonnen 
von seinen Schätzen nach auswärts zu spenden. Venedig, Paris 
und Madrid, München und Prag waren in den Besitz römischer 
Antiken gelangt; auch hatte Florenz bereits damit b^onnen, die 
berühmtesten Statuen der Villa Medici an den Arno herüberzuholen. 
Aber mit ganz neuem Nachdruck setzte diese zentrifugale Bew^fung 
im 18. Jahrhundert ein. Die römischen Familien verarmten mehr 
und mehr und schätzten die ererbten Antiken als ein Mittel ihre 
Finanzen zu verbessern. Die Giustiniani b^;annen, Chigi und 
Albani folgten. Zunächst bildeten die Höfe von Madrid und 
Dresden die Käufer, bald aber traten vor allen reiche Engländer 
auf den Plan und l^en durch Vermittelung von Kunsthändlern 
den Grund zu größeren oder kleineren Sammlungen, die auf den 
Landsitzen Großbritanniens sich der Kenntnis und Benutzung der 
Kunstfreunde entzogen. Andere Schätze folgten ihren Besitzern 
ins Ausland, die famesischen Antiken siedelten nach Neapel, die 
Masse der mediceischen nach Florenz über. So ward freilich 



Roms Antiken im 16. und 17. Jahrhundert Winckelmann 7 

die Anschauung antiker Bildwerke über den Bereich Roms hinaus 
verbreitet, Rom sdbst aber lief Oehhr, seine alte Alltinherrschaft 
auf diesem Gebiete zu verlieren. Dieser Qebhr vorzubeugen/ 
sollte die neue Ausgestaltung und Bereicherung des kapitolinischen 
Museums dienen, das im Jahre 1734 eröffnet ward, vorzugsweise 
das Weile zweier PSpste, Qemens XU. und Benedicts XIV., und 
ihrer energisdien Ra^:eber. Ihm schloß sich ein Menschenälter 
später die dnzige private Neuschöpfung dieses Jahrhunderts an, 
die Villa des Kardinals Albani, mit ihren ebenso auserlesenen wie 
geschmackvoll über alle Räume verteilten antiken Bildwerken, 
e Das war im großen ganzen der Antikenbesitz, über den 
Winckelmann verfügte, als er um die Mitte des 18. Jahrhunderts 
nach Rom kam und den bisher ungeordneten Stoff zu seiner 
Kuns^eschichte zusammenfügte. Die römischen Sammlungen 
boten ihm fast das ganze Material. Aber was war es, das sie 
enthielten ? Einige wenige Originalwerke aus spä^echischer Zeit, 

70 wie die Qalliergruppen, den famesischen Stier, den Laokoon; eine 604 

71 Reihe charakteristischer Reliefs, Statuen und Büsten aus der römi- 
schen Kaiserzeit — alles andere waren keine Originale, sondern 
römische Kopien griechischer Werke aus den verschiedensten 
Epochen, zum großen Teil Art>eiten geringer KunsUiandwerker, 
aus denen Charakter und Reiz der zugrunde liegenden Originale 
nur schwer zu entnehmen waren. Selbst so berühmte Werke wie 

58 der belvederische ApoUon hoben sich doch nur durch den Grad 477 
der Qüte der Nachbildung aus ,der Masse hervor. Und all das 
war zerstreut über die verschiedenartigsten Aufbewahrungsorte, 
oft in wahren Schlupfwinkeln verborgen, so daß eine vergieichehde 
Betrachtung überaus erschwert war. Bedenkt man weiter, daß 
auch die Nachrichten der alten Schriftsteller über antike Kunst 
nirgend geordnet vorlagen, sondern auch erst aus allen Ecken zu- 
sammengesucht werden mußten, so treten alle UnvoUkommen- 
heiten in Winckdmanns Kunstgeschichte zurück vor der staunen- 
den Bewunderung, daß es dem Feuereifer, dem eindringenden 
KunstverstiLndnis und der aus dem bunten Schein und idler 
Entstellung zum inneren Sein und zu dessen geschichtiicheni 
Zusammenhange hindurchdringenden Sehergabe des märkisdien 



8 I. Unsere Antikenkeniitnis vor 1800 

Schustersohnes binnen weniger Jahre gdang, seinen Bau aus 
solchem Material haltbar und auf längere Zeit ausreichend auf- 
zuführen. 



Indessen an zwei Stellen hatte doch Winckelmann über den 
römischen Gesichtskreis hinausblicken können. Im königlichen 
Palaste zu Portici wurden in ängstlicher und eifersQchtiger Hut 
die Schätze aufbewahrt, die der Boden von Herculaneum ge- 
spendet hatte. Bekanntlich war den ersten Nachgrabungen im 
Jahre 1711, denen die »Herculanerinnen« in Dresden entstammeni 
bald ein Verbot gefolgt diesen Spuren weiter nachzugehen. Erst 
im Jahre 1738 nahm die Regierung selbst die Ausgrabungen 
wieder auf und setzte sie nun mehr als ein Viertdjahrhunderty bis 
1766, fort Den Glanzpunkt bezeichnete um 1753 die Aufdeckung 
der Villa dei papiri^ in der nicht bloß die Bibliothek des für 
epikureische Philosophie interessierten Besitzers, sondern auch etwa 
hundert Werke der Plastik zum Vorschein kamen, neben Marmor- 
werken namentlich eherne Statuen und Büsten. Handelte es sich 
auch hier wiederum nur um Kopien älterer Werke, so bot doch 
die bisher nirgends geschaute Menge von Erzbildem einen ganz 
neuen Eindruck und wies nachdrücklich darauf hin, wie unvoll- 
kommen das Erz der Originale in den üblichen Marmorkopien 
zu seinem Rechte kommt Außerdem aber eröffnete die Fülle 
antiken Erzgerätes einen Einblick in die reiche Formenschönheit, 
mit der das antike Kunsthandwerk das ganze Leben einer alten 
Stadt, selbst einer Provinzialstadt zweiten oder dritten Ranges, ge- 
schmückt hatte. Nicht minder erschlossen die Malereien der 
Wände, die rein dekorativen sowohl wie die größeren Gemälde, 
der Forschung ein ganz neues Feld. Denn wie weniges der Art 
bot Rom: einige verloschene Reste in den sogenannten Titus- 
thermen (richtiger dem Goldenen Hause Neros) und die soge- 
nannte aldobrandinisdie Hochzeit! Somit gewährten die Alter- vi 
tümer von Herculaneum nach verschiedenen Seiten Eindrücke und 
Aufschlüsse, welche den engen Kreis römischer Anschauungen 
ganz wesentlich erweiterten. Ein großes Kupferwerk machte diese 



Herculaneum. Pästum. Oriedienland 9 

neue Welt bald weiten Kreisen zugänglich. Eines freilich hatte 
Herculaneum nicht bieten können, das zusammenhangende Bild 
einer antiken Stadt Dazu war die Schuttdecke zu dicht; sie er- 
laubte nur hie und da ein einzelnes Stfick der alten Stadt in der 
Tiefe zu untersuchen und seine Schätze ans Licht zu fördern. 

Über Neapel hinaus hatte Winckdmann noch einen Sdiritt 
weiter gen Süden getan, nach Pästum mit seinen alten Tempeln. 
Hier hatte er sich das erste und einzige Mal in seinem Leben auf 
griechischem Boden befunden, griechische Architektur geschaut. 
Mit der Klarheit seines Blickes und der Wärme seines Empfindens 
hatte er die Orundverschiedenheit griechischer und römischer Bau- 
kunst alsbald erfoßt, und was er hier auf einem Gebiete griechi- 
scher Kunst erkannt hatte, das hdlte ihm auch andere Seiten der- 
selben Kunst auf. Zum erstenmale hielten die ernsten, einfach 
großen Gebilde der älteren griechischen Kunst ihren Einzug in 
den Bereich geschichtlicher Kunstbetrachtung. Wir erkennen in 
Goethes italienischer Reise, wo er Pästum besucht, den gleichen 
fiberwältigenden Eindruck einer Erscheinung wie aus einer anderen, 
bisher nur geahnten Welt; vollends in Sicilien, das Winckdmann 
nicht besucht hat, fühlte sich Goethe ganz griechisch angeregt 

Indessen war diese griechische Kunstwdt damals schon nicht 
ganz unersdilossen. Eben um die Mitte des Jahrhunderts be- 
gannen Kleinasien und Griechenland in den Gesiditskrds der ge- 
bildeten Wdt zu treten. Bddemale war es England, von wo die 
Erkundigung ausging. Dort hatte schon zur Zeit Karls L Lord 
Arundd sdnen Blick auf Griechenland gerichtet, und findige 
Agenten waren für ihn tätig gewesen, um griechische Skulpturen 
für sdne Sammlung zu erwerben, die dann ungünstige Schick- 
sale erlebte, bis sie schließlich zum größten Teil sich in Oxford 
wieder zusammenfand. Etwa hundert Jahre später ward 1733 in 
London die Society of dilettanti g^jündet, zunädist, um ge- 
mdnsame Erinnerungen an Italien und die übrigen Länder des 
nordischen grand tour zu pfl^en, bald aber auch, um ihre Unter- 
stützung ernsteren Unternehmungen zuzuwenden. Zu den Krdsen 
der Dilettanti gehörten fest alle jene Sammler, die in Rom einen 
großen Teil der antiken Kunstwerke aufkauften, um ihre englisdien 



10 !• Unsere Antikenkeniitiiis vor 1800 

Landsitze damit zu sdimflcken. Zu den DileUanti gdiörten aber 
auch James Dawldns und Robert Wood, die um die Mitte des 
Jahrhunderts zuerst die Ruinen von Palmyra und Baalbek^ jene 
großartigen Schöpfungen orientalisch-römischer Baukunst im 2. und 
3. Jahrhundert nach Christo, der kunstsinnigen und wissenschaft- 
lidien Welt zuganglich machten. 

Wichtiger noch ward eine andere Expedition, die um die 
gleiche Zeit von England ausging, um Athen wiederzugewinnen. 
Aflien war wihrend des ganzen Mittelalters fast verschollen ge- 
wesen. Der Besuch des Marquis de Nointd, des französischen 
Botschafters bei der Hohen Pforte, im Jahre 1674, dem wir die 
44 fälschlich unter dem Namen Carreys bekannten Zeichnungen ver- 373 
danken, und die Reise des Lyoner Arztes Jakob Spon und seines 
Qelihrten Qeoige Wheler im Jahre 1676 hatten gerade noch 
zeitig genug stat^efunden, um uns manche Kunde aufzubewahren, 
die sonst mit dem unglückseligen Bombardement der Akropolis 
durch Morosinis Truppen im Jahre 1 687 ganz verioren g^;angen 
wäre. Wieder war Athen ganz in das Dunkel zurfickgeh^en, 
bis 1751 der Maler James Stuart und der Architekt Nicholas 
Revett dorthin kamen und die bisher nie ordentlich erforschten 
Reste der Baukunst und Skulptur in dreijähriger Arbeit vermaßen 
und abzeichneten. Damals stand noch manches aufrecht, was seit- 
dem verschwunden ist (z. B. der ionische Tempel am Ilissos, das 
Monument des Thrasyllos an der Akropolis); anderes war besser 
erhalten als heute. Stuarts und Revetts athenische Unternehmung 
war der ergebnisreichste und wichtigste aller bisherigen Ent- 
deckungszfige; sie würde aber ganz anders gewirkt haben, hätte 
sich nicht die Herausgabe des großen Werkes der AnüqaUies of 
Athens so überaus lange hinausgezögert; von den beiden Athen 
behandelnden Bänden erschien der eine erst 1 787, der andere gar 
erst 1816. Kein Wunder, wenn die Dilettant], die die Herausgabe 
unterstützten, ungeduldig wurden und 1 764 auf ihre Kosten eine 
»ionische« Expedition entsandten, der außer Revett der Ge- 
lehrte Chandler und der vortreffliche Zeichner Pars angdiörten. 
Ihr verdanken wir, außer einer athenischen Nachlese, die ersten 
Aufnahmen von Tempelresten an der ionischen Küste Kleinasiens 



Athen und lonien. Das vatikanisdie Museum 1 1 



(m Samos» Priene, bei Milet), eine bedeutende Erweiterung unserer 
Kenntnis der ionischen Baukunst Audi die dorisdien Tempd- 
ruinen auf Agina und auf dem Kap Sunion traten ans Lidit 
So ergänzten die Antu/mties of lonia in erwfinsditester Weise 
das ältere Werk, und indem ihre beiden Bände verhältnismäßig 
rasdi ersdiienen (1769 und 1797), verdunkdten sie fast das In- 
teresse an jenem. 



Windcdmann, dem frfih Geschiedenen, war es nicht veigönnt 
gewesen, dnen Blick in das gdobte Land griechischer Kunst, 
wie es sich hier durch englische Tatkraft aufgeian hatte, zu werfen. 
Aber sdn Ansehen war so überwältigend, daß die nächsten Gene- 
rationen lieber bd ihm stehen blid>en, als daß sie sidi die neu 
gewonnenen Anschauungen zunutze gemacht hätten. Winckd- 
manns Kuns^eschichte blieb auf lange Zdt der Kanon ffir die 
Kenntnis und die Beurteilung der griechischen Kunst, so deutlich 
das Werk auch seinen Ursprung auf italienischem Boden, seine 
Beschränkung infolge des benutzten, fast ausschließlich römischen 
Materials zu erkennen gab. Aber wie vide waren es denn, deren 
Blick damals weiter rdchte? Vollends gewann der römische Geist 
noch einmal völliges Obeigewicht in der Bildung des vatika- 
nischen Museums durch die bdden Päpste Qemens XIV. 
und Pius VI. Das »pioclementinische« Museum war dne glän- 
zende Erweiterung des alten bdvederischen Siatuenhofes. Das 
beste, was sich in Rom und Umgebung durch Kauf, Schenkung, 
Ausgrabungen erwerben ließ, sammdte sich in den Prachtsälen, 
deren Bau mit der Bereicherung des Inhalts gleichen Schritt hidi 
1770 b^onnen, erreichte das Museum seinen Abschluß im Jahre 
1 792, wo der erste Katalog erschien. Der bedeutendste Archäolog 
Italiens, Ennio Quirino Visconti, verfaßte das Prachtwerk, das mit 
päpstlicher Munifizenz hergestellt ward. Es nahm für die Er- 
klärung der antiken Skulpturen etwa diesdbe Stelle ein, wie 
Winckdmanns Lebenswerk für die Kunstgeschichte. So schien 
das vatikanische Museum den glänzenden Abschluß der auf ita- 
lienische Qudlen g^^rfindden Archäologie bilden zu sollen. Diesen 



12 I. Unsere Antikenkenninis vor 1800 

Platz behauptet es bis auf den heutigen Tag; wenn es beim 
weiteren Publikum vielfach auch jetzt noch als das vornehmste 
alier Antikenmuseen gilt, so beweist das, wie zähe noch immer 
die Winckelmannsche Tradition im stillen nachwirkt 



II 

DIE NAPOLEONISCHE ZEIT 




m die Wende des 18. und 19. Jahrhunderts gewann der 
Mann, der jenen Jahrzehnten Oberhaupt seinen Stempel auf *r 
drückte, auch bedeutenden Einfluß auf die Archäologie, so 

daß wir auch hier von einer napoleonischen Zeit sprechen können. 

Der Einfluß äußerte sich in drei Richtungen, durch die wisseur 

schaftliche Aufschließung Ägyptens, durch Ausgrabungen in Pompeji 

und durch die Gründung des Musee Napol6on, 



Ägypten war in früherer Zeit nur von wenigen Reisenden 
aufgesucht worden, unter denen Richard Pococke (1734 — 41) 
hervorragt Was man von ägyptischer Kunst kannte, das waren 
dnzdne Statuen, die namentlich in Rom zum Vorschein gekommen 
waren und auf dem Kapitol ihr Unterkommen gefunden hatten: 
die prächtigen Löwen, die ältere Besucher Roms noch als Schmuck 
der Kiapitolstrq>pe gekannt haben, einige Ptolemäer, aber auch 
eine Statue der Mutter Ramses' IL, aus der Glanzzeit des Neuen 
Reiches. Dazu eine Anzahl Rdieb, zahlrddie Skarabäen, endlich 
dnige Obdisken mit ihren Hieroglyphen — das waren etwa die 
Materialien, aus denen Winckdmann sdne Würdigung der Kunst 
der Ägypter hatte sdiöpfen können. Die Obelisken fanden dem- 
nächst ihren kundigen Bearbdter in dem tidgrfindigsten Gddirten 
der nadiwinckdmannschen Generation, Geoig Zoega, glddi 
Windcdmann dnem nac|i Rom versdilagenen Sohne des Nordens. 
Sdn sdiweigdehrtes Budi über die Obdisken bot zum erstenmale 



14 II. Die napoleoniscfae Zeit 

eine stilistisch genaue Wiedeif;abe der Hieroglyphen» die es er- 
laubte bedeutende zeitliche Unterschiede festzustellen; so gelang 
ZoegBL der Nachweis, daß die Hieroglyphenschrift nicht mit der 
persischen Eroberung Ägyptens aufgehört habe. Femer unter- 
schied Zo^ga bildliche und lautliche Zeichen und stellte damit 
eine der Hauptdgentfimlichkeiten ägyptischer Schrift fest Endlich 
bestätigte er die Beobachtung Barthäemys, daß die sogenannten 
Kartuschen, eine Art linearer Umrahmung von oblonger Form, 
Königsnamen umschlössen — bekannüich der Ausgangspunkt für 
ChampoUions Entzifferung der Hieroglyphenschrift Die Ägypto- 
logie war hierdurch und durch Zoegas Untersuchungen aber 
das Koptische, die jflngste Entwickelungsstufe der altägyptischen 
^radie, so weit gefördert worden, wie es ohne eine ausgedehntere 
Kenntnis der Monumente selbst erreidibar schien. 

Zoq^as Werk erschien 1797, um diesdbe Zeit, wo der acht- 
undzwanzigjährige Bonaparte seinen Siegeszug durch Oberitalien 
mit dem Frieden von Campo Formio beendigte, um dann in 
aller Heimlichkeit seinen Zug nach Ägypten vorzubereiten, der 
gegen Englands indisches Reich gerichtet war. Bekanntiich gab 
der junge General seiner kriegerischen Expedition eine Anzahl 
von Männern der Wissensdiaft bei, die das Wunderland des Nils 
nach allen Seiten, Natur, Kunst und Ld>en umfassend, erforschen 
sollte. Zum erstenmale seit Alexander dem OroBen ward hier 
dn Feldzug zugleich zu einem Eroberungszug für die Wissen«^ 
sdurft gemadit Am 19. Mai 1798 brach Bonaparte von Toulöti 
auf. Von Civitavecchia stieß der nur wenig ältere Desaix zu ihm. 
Am 1. Juli gelang es ihnen, den Nadistdlungen der englischen 
Flotte zum Trotz, in Alexandrien zu landen, und während Nelson 
am 1. August die französische Hotte bei Abukir vemiditete, drang, 
die nunmdir von der Heimat abgeschnittene Armee in rasdiem 
Zuge am Rande der Wüste bis nach Kairo vor, wo sie unter 
Bonapartes Führung den berühmten Sieg über die Mameluk^ 
am FuBe der Pyramiden von Oize erfocht In Kairo ward alsbidd 
das ägyptische Institut gegründet, das die wissensdufüiche Erfor«^ 
sdiung des Landes in die Hand nehmen sollte. Zu seinen bedeutend- 
sten Mi^iedem zählten Dolomieu, der Mineraloge, und DefiotL 



Der Zug nach Ägypten 15 

Vivant Denon, damals 51 Jahre alt und daher den Leitern 
des Feldzuges an AHer erheblich überlegen, stand ihnen an Un- 
ermfidlidikeit und Energie nicht nach. Er war kein Oddirter, 
sondern ein KfinsUen Ein bewegtes Leben hatte ihn, zum Teil 
in diplomatischer Tätigkeit, zu Friedrich dem Großen, zu Voltaire 
in Femey, zu Katharina II. und an den Hof von Neapd geffihrt; 
der ehemalige Günstling der Pompadour war schlieBlidi zu 
Robespierre und zu Bonapartes Gemahlin Josephine in Beziehui^ 
getreten. Er war ganz der geeignete Mann für einen künstlerischen 
Streifzug im Gefolge des Heeres. Kaum in Kairo angelangt, 
treibt es ihn hinaus zu den Pyramiden. Die Nacht bringt er in 
1 Gize zu; am anderen Morgen eOt er zur Pyramide des Cheops 38 
1 und dringt in ihr Inneres ein. Der nahe große Sphinx regt ihn 37 
sofort zur Stilbetrachtung an. Als gewandter Zeichner bringt er 
alle Eindrücke hier wie auf der ganzen Reise flugs aufe Papier. 
Bonaparte wies Denon der Armee von Desaix zu, bei dem 
Denon einem lebhaften Kunstinteresse bq;^[nete. Desaix erhielt 
die Aufgabe, Murad Bey und seine Truppen den Nil hinauf zu 
verfolgen. Denons Reisebeschreibung gewahrt uns ein lebendig^ 
Bild des abenteueriichen Zuges. Denon, immer zu Pferd, be- 
wihrt sich als unermüdlichen Zeichner. Bald unterbredien ihn 
Scharmützel mit den Mamduken, bald studiert er die alten Bau- 
reste; bald reizt das Stimmungsvolle der Landschaft seinen Oriffd, 
bald fessein ihn die fremdartigen Szenen des Volkslebens; dann 
wieder vertieft er sich in das Studium der Hieroglyphen. In 
Sakkara bietet die in Stufen ansteigende Pyramide etwas Neues. 
Ein etwas längerer Halt in Dendera bietet die Möglichkeit die 
dortigen bedeutenden Reste aus der Spatzeit etwas genauer zu 
. betrachten. Der kleine Hathortempd, wohleriialten, aber halb 
versdiüttet, der größere Tempel, starker zerstört, aber reich an 
Schmuck, der berühmte Tierkreis — alle diese Herriichkeiten er- 
schlossen sich zuerst Denons künstlerisdiem Blick. Die aus- 
gedehnte Ruinenstätte Thebens konnte nur flüchtig in Augenschein 
genommen werden, weil ernsthaftere Kampfe den Aufenthalt 
störten; dodi zogen die Reste eines Ramseskolosses, drei Meter 
hoch, I>enons Aufmerksamkeit auf sich. In Edfu gewährte der 



16 II. Die napoleonische Zeit 

Horostempel den ersten Einblick in eine vollständige Tempelanlage, 99 f. 
wenn auch wiederum erst aus ptolemäischer Zeit So ging der 
Zug flußaufwärts bis nach Assuan (Syene) und den ersten Katarakt. 
In Elq>hantine stand noch die mit Pfeilern umgebene reizvolle 
Kapelle Amenophis' IIL; ihre Kenntnis verdanken wir, da sie 1822 71 
abgebrochen worden ist, ausschließlich der französischen Expedition. 
Ihren äußersten Punkt erreichte diese an der Nilinsel Philä, 
die ebenso durch ihre Lage wie durch ihre Baureste einen glän- 
zenden Abschluß des Zuges darbot Dann ging die Rückfahrt 
auf dem Nil abwärts, auch jetzt noch immer von Gefechten 
unterbrochen. Nur im hunderttorigen Theben ward ein längerer 
Halt gemacht, und die weitzerstreuten Reste der alten Hauptstadt 
konnten etwas eingehender gemustert werden. Natürlich bildeten 
die berühmten Memnonskolosse, die Kolossalstatuen Amenophis' III., 7s 
einen Haup^^enstand des Interesses. 

So verlief dieser erste wissenschaftliche Vorstoß in das Innere 
des Pharaonenreiches. In Kairo entfaltete das Institut mehrere 
Jahre hindurch eine r^e Tätigkeit, bei der Gelehrte, Offiziere, 
Ingenieure zusammen ari)eiteten um reichen Stoff zu sammeln. 
Auch von Altertümern ward zur Stelle gebracht was sich ohne 
große Schwierigkeit erwerben ließ. Denn Ausgrabungen wurden 
überhaupt nicht angestdlt; Beobachtung und Sammeltätigkeit 
mußten sich also auf diesem Gebiete an das halten, was offen 
da lag oder was durch Zufall ans Licht gebracht ward; so z. B. 
die bei Befestigungsarbeiten aufgedeckte dreisprachige Inschrift 
von Rosetta, die durch die Wiedergabe des gleichen Textes in 
hieroglyphischer, demotischer und griechischer Schrift zur Ent- 
zifferung der ägyptischen Sprachdenkmäler so wesentiich beitragen 
sollte. Sonst umfaßte die Altertümersammlung siebenundzwanzig 
Bildwerke, meistens Bruchstücke von Statuen, aber auch einige Sarko- 
phage. Das Schicksal der Sammlung war eigentümlich. Nachdem 
Bonaparte schon im Sommer 1 799 nach Frankreich zurückgdcehrt 
und sein Nachfolger Kleber durch Meuchelmord gefallen war, 
sahen sich die Franzosen im Jahre 1801 gezwungen Ägypten 
zu räumen. Zu den nur mit großem Widerstrd>en zugestandenen 
Kapitulationsbedingungen gehörte auch die Auslieferung der ge- 



Ergebnisse des Zuges nach Ägypten 17 

sammelten Altertümer an England; statt in Paris fanden sie also, 
im Britischen Museum ihren Platz. Aber die Ergebnisse ihrer wissen- 
schaftlichen Forschungen verblieben den Franzosen. Eine Redaktions- 
kommission in Paris besorgte in langjähriger Arbeit die Abfassung 
und Herausgabe der bändereichen Description de P^gypte, auf 
lange hinaus des grundlegenden Werkes für die Kunde des Nil- 
landes. In den dem Altertum gewidmeten Bänden trat zuerst 
die ägyptische Architektur in ihrer Großartigkeit und Einfachheit 
ans Licht; die Skulptur und die Malerei erschienen als ergänzende 
Künste im Dienste der Baukunst. Die Perioden der ägyptischen 
Kunst waren noch nicht geschieden; was die Abbildungen brachten, 
gehörte fast ausnahmslos der Spätzeit an. Indessen hatte doch 
Denon beispielsweise drei Arten von Hieroglyphen (vertieft, flach 
erhaben, en creux) richtig unterschieden, wenn er sie auch chrono- 
logisch falsch anordnete. Das Hauptergebnis der dreijährigen 
Expedition war und blieb die Anschauung ägyptischer Kunst 
auf dem Grunde ägyptischer Natur; eine wirklich geschichtliche 
Auffassung blieb späteren Zeiten vorbehalten. 



Das zweite Verdienst erwarb sich die napoleonische Zeit um 
die Aufdeckung Pompejis. Hier war es nicht Napoleon selbst» 
der den Anstoß gab, sondern andere Mitglieder seiner Familie^ 
besonders seine Lieblingsschwester, die ebenso schöne und ge^ 
scheite wie herrschsüchtige Caroline. 

Die Ausgrabungen in Herculaneum (S. 8), die wegen der 
Dicke der bedeckenden Bimstein- und Aschenschicht fast unüber- 
steiglichen Hindernissen begegnet waren, hatte man seit 1766 eint 
gestellt und an Herculaneums Stelle war Pompeji getreten, auf 
dessen Trümmer man im Jahre 1748 durch Zufall gestoßen war» 
Bekanntlich ist die Schuttdecke in Pompeji viel weniger tief. 
Zuerst freilich waren es nur lässig betriebene Versuchsgrabungen 
gewesen, im Südosten beim Amphitheater und im Nordwesten 
in den Resten einer Villa, die natürlich für die Villa Ciceros 
erklärt ward, da man aus dessen Briefen wußte, daß er in 
Pompeji einen Landsitz besessen hat. Erst in den sechziger 

Michaelis, Die archäologischen Entdeckungen. 2 



t8 n. Die napoleonische Zeit 

Jahren, nach endgültiger Aufgabe Herculaneums, war etwas mdir 
Ernst gemacht worden. Damals ward der Spaten im Südwesten 
der Stadt angesetzt und das Theaterviertel freigelegt: die beiden 
Theater und das dreieckige Forum mit seinem altertümlichen 
Tempdresty die Kapellen der Isis und des vermeintlichen Asculap 
(Zeus Milichios). Dazu kam neben der »Villa Ciceros« die zweite 
große Villa zum Vorschein, die auf den Namen des Arrius 
Diomedes getauft ward, ein vortreffliches Beispiel einer städtischen 
Villa oder Gartenwohnung. So ging es langsam und bedächtig 
dreißig Jahre lang; vier, acht, höchstens dreißig Arbeiter waren da- 
bei angestellt Als Kaiser Joseph IL im Jahre 1769 die Aus- 
grabungen besuchte, äußerte er sich sehr unverhohlen über die 
neapolitanische Lässigkeit, ohne daß dieser Tadel eine Wirkung 
gehabt hätte. Dazu kam die üble Gewohnheit, daß man anfangs 
alle ausgegrabenen Häuser, wenn man sie ihres wegnehmbaren 
Schmuckes entkleidet hatte, wieder verschüttete. Aber auch als 
dies aufhörte, hatten die Grabungen doch wesentlich das Gepräge 
des Raubbaues. Gegen die Architektur, gegen das Ganze des 
Gefundenen, war man gleichgültig; nur was für das Museum 
brauchbar war, fand Interesse. So wurden die Gemälde aus- 
gesägt, die Erzgeräte und kleineren Fundstücke fortgeschafft, die 
Wände und ihre Dekoration aber dem Verfall überlassen. Im 
letzten Jahrzehnt des Jahrhunderts brachten vollends die politischen 
Verhältnisse alle Arbeiten ins Stocken. 

So stand es in Pompeji, als zu Anfang des Jahres 1799 der 
König von Neapel nach Palermo übersiedelte und in Neapel die 
parthenopäische Republik gegründet ward, unter Leitung des 
französischen Generals Championnet. Dieser interessierte sich 
persönlich für die pompejanischen Ausgrabungen; ein paar Häuser 
(n der Theatergegend, in mehreren Stockwerken den steilen Süd- 
abhang Pompejis überragend, tragen noch heute seinen Namen. 
Die Rückkehr der Borbonen brachte freilich eine kurze Unter- 
brechung, aber 1806 setzte Napoleon seinen ältesten Bruder Joseph, 
den unbedeutendsten und gleichgültigsten der Brüder, als König 
von Neapel ein. Dem Könige selbst lagen wissenschaftliche 
Interessen fem, reger waren sie bei seinem Minister Miot Dieser 



Ausgrabungen in Pompeji IQ 

veranlaßte denn auch 1807 den tüchtigen neapolitanischen Qe- 
lehrten Michele Arditi, einen neuen Plan für die Ausgrabungen 
zu entwerfen. Danach sollte zunächst das ganze Stadtgebiet 
Pompejis vom Staat erworben, sodann die Aufdeckung von zwei 
Punkten im Nordwesten aus nach einheitlichem Plane, nicht mehr 
wie bisher sprungweise, bald hier, bald da, durchgeführt werden. 
Endlich sollten größere Mittel bereitgestellt werden, 500 Dukaten 
im Monat (jährlich 18000 Mark), damit eine größere Zahl von 
Arbeitern, 1 50, r^elmäßig angestellt werden könnte. Mit diesem 
Plan war eine feste Grundlage für die weitere Arbeit gewonnen. 
Eine bedeutende Förderung erfuhren diese Pläne, als im 
Jahre 1806 dem auf Spaniens Thron versetzten Joseph Bonaparte 
sein Schwager Joachim Murat als König von Neapel folgte und 
dessen Gemahlin, Königin Caroline, ein reges Interesse an den 
pompejanischen Ausgrabungen faßte. Sie bewährte dies durch 
häufiges persönliches Erscheinen in Pompeji, das anfeuernd auf 
den Gang der Arbeiten wirkte; auch wurden die Mittel derart 
gesteigert, daß bis mehr als 600 Arbeiter zugleich tätig sein 
konnten. So ward zunächst die Qräberstraße fast vollständig 
freigelegt: ein geschlossenes ernstes Bild, das noch heute eines 
tiefen Eindruckes auf jeden Besucher sicher ist. Noch bedeut- 
samer war die Aufdeckung des Forums. Zum erstenmal trat 
hier die Qesamtanlage eines antiken Stadtmarktes in erkennbaren 
Umrissen zutage: der Markt geschlossen, für Wagenverkehr 
unzugänglich, von Säulenhallen rings umgeben, mit Denkmälern 
angefüllt; der große Tempel im Hintergrunde; hinter den Hallen 
allerseits andere Ti^mpel oder öffentliche Gebäude, unter denen 
die überaus stattliche Basilika hervorragte. So belohnten be- 54if. 
deutende Resultate die größeren Anstrengungen. Die Königin 
hielt auch mit eigenen Zuschüssen nicht zurück; den französischen 
Architekten Mazois, der in jenen Jahren sein großes Werk über 
Pompeji vorbereitete, unterstützte sie mit 15000 Francs. Für die 
Besuche der hohen Herrschaften wurden schon damals bestimmte 
Ausgrabungen im voraus sorgsam vorbereitet Noch im Herbst 
1814, als schon der Kongreß in Wien tagte, ward der Besuch 
der Königin erwartet, freilich vergebens. Im April 1815 erschien 



20 !!• I^c napoleoniscfae Zeit 

noch der Prinz Adiille mit dem Exkönige von Westfalen; im 
Juni zog König Ferdinand wieder in Neapel ein. Die borbonische 
Regierung setzte zunächst das Werk fort^ und das greifbare Er- 
gebnis war die Verbindung zwischen den beiden Ausgrabungs- 
gruppen an der Oraberstraße und dem Forum. Der hübsche 
Tempel der Fortuna Augusta und die Bäderanlage unweit des 
Forums, eine lebendige Illustration unserer Kunde vom antiken 
Bäderwesen, boten Glanzpunkte dieser Bemühungen. Aber nur 
allzubald riß der alte neapolitanische Schlendrian wieder ein und 
Pompeji versank von neuem in tiefen Schlaf. 

Was in der französischen Zeit gewonnen war, ist immerhin 
erheblich genug: der Einblick in eine römische Provinzstadt 
mit einigen Mittelpunkten ihres Verkehrs und mit dem geschmack- 
vollen Reichtum ihrer künstlerischen Ausstattung. Hatte sich auch 
Herculaneum im ganzen als wohlhabender, in der Qualität seiner 
künstlerischen Habe feiner erwiesen, so erlaubte doch erst Pompeji 
das ganze Stadtbild zu erfassen. Dies erschien zunächst als ein 
einheitliches, gleichmäßiges Qanze, und man ahnte noch nicht, 
daß, was man pompejanisch nannte, meist der Charakter der letzten, 
der Verfallzeit Pompejis war. Diese geschichtliche Betrachtung 
sollte erst später eintreten; einstweilen sorgten die Prachtwerke 
von Mazois-Gau, Zahn, Temite und populäre Werke von William 
Oell und anderen dafür, daß Bulwers Roman The last days of 
Pompei ein gut vorgebildetes Publikum vorfand. 



Persönlicher als in Pompeji war Napoleons Anteil an der 
Begründung eines großen Museums in Paris, ja die Anfänge 
dieses Unternehmens reichen noch bis über die ägyptische Ex- 
pedition zurück. 

Schon in den Zeiten der Renaissance hatte die Hauptstadt 
Frankreichs und ihre Umgebung begonnen sich mit Antiken zu 
schmücken. Um nur ein paar hervorragende Stücke zu nennen, 
so besaß schon Franz I. außer Erznachgüssen berühmter Antiken 
die Diana mit der Hirschkuh, für die Heinrich IV. die Solle des 
anüques im Louvre herrichten ließ. Ludwig XIV. erwarb den 



Gründung des Antikenmuseums in Paris 21 

79 »Germanicus« und den »lason« aus der Villa Montalto (S. 5). 
Aber die Antiken waren zerstreut, um den königlichen Schlössern 
zum Schmuck zu dienen; Fontainebleau, St. Cloud, Versailles, 
dazu die Stadtpaläste des Louvre und der Tuilerien hatten je ihr 
Teil, und Schlösser wie das Chäteau Richelieu in Paris oder das 
Chäteau d'^couen der Montmorency wetteiferten mit jenen. Freilich 
ward dieser ganze Besitz an Skulpturen weit überstrahlt von dem 
Pariser Cabinet des nUdaiUes mit seinen Münzen, Gemmen, Bronzen, 
einer Sammlung allerersten Ranges. 

Den antiken Skulpturen einen neuen Mittelpunkt in Paris 
geschaffen zu haben, ist das Werk Napoleons. Wie er bei der 
wissenschaftlichen Zugabe seines ägyptischen Zuges dem trefflichen 
Beispiel Alexanders des Großen gefolgt war, so griff er hinsicht- 
lich der Kunstwerke auf die minder löbliche Sitte der römischen 
Feldherren zurück, die die eroberten Länder zu plündern und die 
erbeuteten Kunstschätze nach Rom zu bringen pflegten. Dies 
Beispiel schwebte dem jugendlichen Sieger schon im Jahre 1796 
vor, als er am 23. Juni in die Bedingungen des Waffenstillstandes 
von Bologna den Artikel VIII aufnahm: Le Pope livrera ä la 
Ripubliqüc frangaise cent tableaax, bustes, vases oa staiues, au 
choix des commissaires qui seront envoySs ä Rome^ parmi lesquels 
objels seront notamment compris le buste en bronze de funüis 
Brutus et cehii en marbre de Marcus Brutus, tous les deux placis 
au Capitole, et cinq cents manuscrits au choix desdits commissaires. 
Die Hervorhebung der Büsten des Vertreibers der Könige und 
des Mörders Cäsars ist für den Republikaner bezeichnend. Ver- 
gebens widerstrebte der Papst; die harte Bestimmung ging im 
Februar 1797 in den Vertrag von Tolentino über. Unter den 
Antiken traf die Auswahl die berühmten Hauptstücke des vati- 
kanischen Belvedere und des dortigen Musensaales; das Kapitol 
büßte etwa ein Dutzend seiner besten Statuen ein, darunter den 

70 »sterbenden Fechter« und den Domauszieher. Es blieb aber 604 
nicht dabei; unter mehr oder weniger fadenscheinigen Vorwänden 
wurden auch Privatsammlungen in Mitleidenschaft gezogen, die 
des Herzogs von Braschi, eines Verwandten des Papstes, und 
vor allem die reiche Villa des Kardinals Albani. Ihr gesamter 



22 II. Die napoleonische Zeit 

Antikenbesitz ward konfisziert, und 517 Stück, in 288 Kisten 
verpackt, warteten am Tiber, um nach Paris verladen zu werden. 
Warum dies Schicksal schließlich nur 70 Antiken, natürlich nicht 
gerade die schlechtesten, traf, ist mir nicht bekannt 

Schon im November 1798 — am 18. Brumaire, genau ein 
Jahr vor dem Staatsstreich — ward das Mus6e frangais im Louvre 
mit 117 Stücken eröffnet Im nächsten Jahre siedelte Visconti, 
der inzwischen einer der Konsuln der römischen Republik gewesen 
war, nach Paris über und lieh für fast zwei Jahrzehnte den 
dortigen Museen und der französischen Archäologie überhaupt 
den Glanz seines wissenschaftlichen Namens. Er verfaßte auch 
die Kataloge des rasch sich vergrößernden Museums« Aber der 
eigentlich treibende Geist war hier wie in Ägypten Denon. Er 
begleitete die Armeen und traf die Auswahl der fortzuführenden 
Kunstwerke. Florenz mußte seine mediceische Venus, Venedig 
seine vier Erzrosse von der Markuskirche, Mantua seine berühmten 
Büsten des Euripides und des »Virgil«, Verona seinen Augustus 
Bevilacqua, Modena und Turin andere Stücke hergeben. Wie 
einst bei der Erweiterung des Belvedere zum pioclementinischen 
Museum, so reihte sich jetzt im Louvre ein Antikensaal an den 
anderen. 1806 ward die ganze borghesische Antikensammlung 
einverleibt, die Napoleon seinem Schwager, dem Fürsten Camillo 
Borghese, abgekauft hatte. Bald gesellte sich auch deutsche Beute 
hinzu, der betende Knabe aus Berlin, der der Victoria vom 
Brandenburger Tore das Geleite gab, eine Athena aus Kassel, 
der vermeintliche Sarkophag Karls des Großen aus dem Dome 
zu Aachen und andere Werke, im ganzen 20 — 30 Stück. Oft 
sich erneuernde Kataloge gaben von der Erweiterung der Räume 
und von der Bereicherung ihres erlesenen Inhaltes Kunde. Im 
Jahre 1815 waren 384 Nummern erreicht Der freie Zutritt für 
das Publikum, die Einrichtung einer Gießerei zur Herstellung 
von Abgüssen nach den Bildwerken des Museums, die Vor- 
bereitung und Herausgabe großer Kupferwerke, das alles trug 
dazu bei, den Nutzen und den Glanz des Mus^ Napoleon zu 
erhöhen und die Stimmen derer zu übertönen, die an der Art, 
wie das Museum großenteils zusammengebracht war, Anstoß 



Erweiterungen und Ende des Musie Napolion 23 

nahmen. Wie würde sich wohl 1 87 1 die gebildete Welt empört 
haben, wenn in die Bedingungen des Frankfurter Friedens die 
Herausgabe der Aphrodite von Melos und einiger Hauptbilder der 
Solle carrie aufgenommen worden wäre! 

Die Antikenabteilung des Musie Napolion trug ganz und 
gar römisches Gepräge. Die vornehmsten Stücke der römischen 
Sammlungen, mit Ausnahme der Sammlung Ludovisi, waren hier 
vereinigt, aber doch die Fülle der Anschauung, wie sie Rom 
mit seinem ganzen antiken Charakter geboten hatte, nicht erreicht. 
Daß Neapels eigenartige Schätze fehlten, entzog dem Museum 
einen Vorzug, den es im Besitz jener Gemälde und Bronzen 
vor Rom vorausgehabt haben würde. Immerhin waren die 
klassischen Zeiten der griechischen Kunst in so vielen mehr oder 
weniger guten Kopien, die Zeiten des Hellenismus, zum Teil 
auch die römische Kunst in so vortrefflichen Originalwerken ver- 
treten, daß Viscontis Ansicht begreiflich wird, die antike Kunst 
habe sich von Phidias bis Hadrian auf gleicher Höhe gehalten. 
Es war der erste Versuch, die Gesamtanschauung Winckelmanns 
und seiner Nachfolger durch eine andere zu ersetzen. Daß diese 
eine historische Unmöglichkeit in sich schloß — man denke nur: 
sechs Jahrhunderte voll des größten Wechsels der Völker, der 
Örtlichkeiten, aller politischen und Kulturverhältnisse, und dabei 
die Kunst stets in gleicher Höhe wie über den Wolken wandelnd !—t 
darüber täuschte der große Name Viscontis hinweg. Das Musee 
Napoleon war die Bildungsanstalt der damaligen Archäologen; 
für diese war Visconti, der Hofarchäologe Napoleons, das Orakel. 
In Deutschland ward Friedrich Thiersch, der um jene Zeit die 
Antiken in Paris studierte, zum Verkündiger jener unhistorischen 
Lehre. 

Mit dem Sturze Napoleons im Jahre 1815 brach auch seine 
stolze Schöpfung zusammen. Es war nur gerecht, daß das, was 
durch Kriegsrecht zusammengebracht war, nun auch nach Kriegs- 
recht seinen ursprünglichen Besitzern zurückgegeben ward. Der 
Kardinal-Staatssekretär Consalvi vertrat die Rechte Roms; Wilhelm 
von Humboldt und der Herzog von Wellington bemühten sich mit 
Erfolg, den begreiflichen Widerstand der französischen Kommissäre, 



24 II- Die napoleonische Zeit 

vor allem Denons, zu brechen. Der Vatikan erhielt sein Eigen- 
tum fast vollständig zurück; daß die Tiberstatue ihren alten Qe- 

75 nossen, den Nil, allein an den Tiberstrand zurückwandern lassen 6oo 
mußte, war ein kleinlicher Zug. Übrigens waren die Kosten 
des Rücktransportes so groß, daß die päpstliche Regierung sie 
nur mit einer kräftigen Beihilfe Englands erschwingen konnte. 
Aus demselben Grunde b^^nügten sich die Erben Kardinal 
Albanis, von den siebzig entführten Stücken nur vier zurückzu- 
bringen, die übrigen wurden in Paris versteigert und kamen 
meistens entweder in den Louvre zurück oder in die Münchener 
Glyptothek. Im kapitolinischen Museum ward den heimgekehrten 
Marmoren ein eigener Saal eingeräumt, wo sie sich um den 

70 »sterbenden Fechter« scharten. Nur die Sammlung Borghese 604 
blieb als käuflich erworbener Besitz in Paris zurück und bildete 
den Kern des nunmehrigen Müsie royaly dessen erster Katalog 
im Jahre 1818 als letzte Arbeit Viscontis (er starb in jenem 
Jahre) erschien. 

Das Masee Napoleon ist das letzte großartige Beispiel eines 
Museums römischen Stils. Es bezeichnet das Ende des ganzen 
bisherigen Museumswesens. Auch die Philologie und die alte 
Geschichte hatten jahrhundertelang Rom und die römische 
Literatur -einseitig gepflegt; eben jetzt erfuhr die Geschichte Roms 
ihre großartige Erneuerung durch Barihold Georg Niebuhr. Aber 
am Horizont zeigte sich schon das Wetterleuchten einer anderen 
Zeit Gleichzeitig mit dem römischen Musie Napoleon entwickelte 
sich in London das Britische Museum zum vornehmsten Mittel- 
punkte griechischer Kunst. 



III . 

DIE WIEDERGEWINNUNO GRIECHENLANDS 




s liegt in der alten Stammverwandtschaft und der geistigen 
Veranlagung begründet, daß den Italienern und den Fran- 
zosen das römische Altertum mit allen seinen Kulturäuße- 
rungen näher steht als das griechische. Während die griechische 
Literatur jenen Nationen lange Zeit wesentlich in römischer Über- 
setzung oder Umbildung zugänglich war und auch die Sprache der 
Kirche das Übergewicht des Lateinischen förderte, hielten die deut- 
schen Schulen und Universitäten, zum Teil unter dem Einflüsse der 
protestantischen Theologie, am Studium des Griechischen fest. 
So kam es, daß, als die Zeit erfüllet war und g^en Ende des 
18. Jahrhunderts die geistige Magnetnadel immer stärker nach 
Griechenland als dem Mittelpunkte des Altertums wies, Deutsch- 
land den hervorragendsten Anteil an der Neugestaltung der Alter- 
tumswissenschaft im griechisch- humanistischen Geiste gewann. 
Friedrich August Wolf und August Böckh, Gottfried Hermann 
und Immanuel Bekker waren die Führer in Deutschland; neben 
ihnen standen in England Richard Porson und Peter Paul Dobree; 
Frankreich war durch Boissonade und den dort angesiedelten 
Griechen Koraes vertreten. Wie in Deutschland, so gehörte auch 
in England das Griechische zur allgemeinen Bildung und bildete 
wenigstens teilweise die Grundlage des Interesses, das zahlreiche 
britische Reisende nunmehr statt nach Italien nach Griechenland 
führte, wobei freilich bald auch die politischen Verhältnisse, die 
Schwierigkeiten, denen Briten im französischen Italien ausgesetzt 
waren, ein Wort mitsprachen. Von den Reisenden am Schlüsse 



26 III. Die Wiedei^ewinnung Griechenlands 

des 18. Jahrhunderts mögen Richard Worsley und Edward Daniel 
Qarke, beide zugleich Sammler, genannt werden; in der archäo- 
logischen Literatur ward die gleiche Zeit in England durch das 
Erscheinen des zweiten, Athen und die Akropolis behandelnden 
Bandes der Antiquities of Athens (1790), des Museum Wors- 
kianum (1794) und des SchluBbandes der Antiquities of lonia 
(1797) bezeichnet 

Auf dem Boden der so neu angeregten Interessen erwuchs 
das Unternehmen, das dem Beginn des neuen Jahrhunderts seine 
bedeutendste Signatur geben sollte. Im Jahre 1799 ward der erst 
33 Jahre alte Lord Elgin, aus einer alten schottischen Familie, 
als britischer Botschafter nach Konstantinopel entsandt Der ihm 
nahestehende Architekt Harrison, durch das Studium der obigen 
Werke angeregt, bat den Lord für den AbguB eines ionischen 
Eckkapitells (bekanntlich einer etwas irrationalen Bildung) und 
einiger Skulpturen Sorge zu tragen. Bei dem jugendlichen Earl 
fiel dies bescheidene Samenkorn auf einen fruchtbaren Boden und 
reifte in ihm den Plan, durch Abgüsse und Zeichnungen in großem 
Umfange der britischen Kunst einen Dienst zu leisten. Der Ver- 
such dafür Staatsgelder flüssig zu machen scheiterte an Pitts 
bei den kriegerischen Zeitverhältnissen begreiflicher Ablehnung. 
Somit sah sich Lord Elgin auf sich selbst angewiesen. Durch 
Vermittdung seines überaus tätigen Sekretärs W. R. Hamilton ge- 
lang es, in Italien einen ganzen Stab von Künstlern zusammen- 
zubringen, den Maler Lusieri, den Zeichner Fedor, einen Kal- 
mücken, die Architekten Balestra und Ittar und zwei Gipsformer. 
Im Mai 1800 trafen die Künstler, während der Botschafter gerades- 
wegs nach Konstantinopel gegangen war, in Athen ein, wurden 
aber durch allerlei Schwierigkeiten der türkischen Lokalbehörden 
am Arbeiten gehindert. Bloß Zeichnen ward ihnen auf der Akro- 
polis erlaubt, auch dies nur gegen ein tägliches Eintrittsgeld von 
100 Mark; die Burg war ja damals noch eine Festung. So ver- 
loren die Künstler volle neun Monate, bis die glücklichen Erfolge 
der Engländer in Ägypten, der durch sie erzwungene Abzug der 
Franzosen (S. 16), dem britischen Botschafter größeren Einfluß 
auf die Hohe Pforte verstattete. Lord Elgin nutzte ihn zunächst 



Lord Elgins Unternehmungen in Athen 27 

dahin aus, daß er im Mai 1801 seinen Leuten freien Eintritt in 
die Burg und die Erlaubnis Gerüste zu errichten und Abgüsse 
zu nehmen verschaffte. Aber die Plackereien der geldgierigen 
Türken hörten deshalb nicht auf. Elgin überzeugte sich selbst 
hiervon bei einem Besuche Athens und lernte zugleich sowohl 
die hohe Schönheit der Denkmäler wie die Gefahren kennen, die 
ihnen durch mutwillige Zerstörung, durch Zerstreuung, durch 
Verschleuderung an Fremde bestandig drohten. Beim Niederreißen 
zweier Häuser am Parthenon, die Lord Elgin gekauft hatte, er- 
gab sich bei dem einen reiche Ausbeute von Fragmenten der 
Giebelfiguren, bei dem anderen nichts, weil alles, was dort einst 
gelten hatte, in den Kalkofen gewandert war. Diese Erfohrungen 
und die ähnlichen Beobachtungen des Gesandtschaftspredigers 
Hunt, der sich mehr in Athen als in Konstantinopel aufhielt, ver- 
anlaßten Lord Elgin, sich einen neuen Firman zu verschaffen, der 
seinen Leuten außer Gerüsten und Abformungen auch Messungen 
und Graben nach Fundamenten und Inschriften gestattete; femer 
>solIe niemand sie hindern, wenn sie einige Steinblöcke mit In- 
schriften oder Figuren darauf wegzunehmen wünschten«. 

Die letztere Bestimmung war es, die den Unternehmungen 
eine neue Wendung gab. Hunt verstand sich darauf in diese 
Worte den gehörigen Sinn hineinzuinterpretieren; mit Hilfe 
eines Bakschisch in Gestalt von englischen Waren erlangte er vom 
Gouverneur die Erlaubnis eine Metope vom Parthenon herab- 
zuholen, eine Erlaubnis, die übrigens vor mehr als zehn Jahren 
schon einmal zugunsten des französischen Botschafters, des Grafen 
Choiseul-Gouffier, mit Bezug auf eine Platte des Frieses erteilt 
worden war. Hunts Erfolg bewog Lord Elgin, den früheren 
Firman noch erweitem zu lassen durch die Erlaubnis noch andere 
Skulpturen vom Tempel herabzunehmen. Nun begann jene vid- 
bemfene Tätigkeit auf der Burg, wo 3 — 400 Arbeiter etwa ein 
Jahr lang beschäftigt waren, den bildlichen Schmuck des Parthenon 
fortzuschaffen. Ein Dutzend Giebelfiguren, 1 5 Metopen, 56 Fries- 
platten waren die Beute. Die letzteren wurden zum größten Teil 
rings um den Tempel auf dem Boden oder unter Häusem auf- 
gesammelt, die Statuen aus den Giebelfeldern herabgeholt, ohne 



28 III. Die Wiedergewinnung Griechenlands 

daß die Architektur deshalb geschädigt zu werden brauchte; die 
Metopen dagegen konnten aus ihrem Qefüge nur durch Zer- 
störung des darüberliegenden Kranzgesimses entfernt werden — ein 
schwerer Vorwurf gegen die Leiter des Unternehmens. Daß an 
der Korenhalle des Erechtheion eine der Jungfrauen wegge- 
nommen und durch einen plumpen Pfeiler ersetzt ward, war 
ebenfalls nicht ohne Barbarei durchzuführen (quod non fecerunt 
Qothi, fecerunt Scott hieß es); die Friesstücke des Niketempels 
dagegen und einzelne Skulpturen der Unterstadt Athen wurden 
durch die W^nahme lediglich der Zerstörung oder Verschleuderung 
entzogen. Eine bedeutende Zahl von Abgüssen, z. B. von den 
Friesen des sogenannten Theseustempels, und ein reicher Schatz 
von Zeichnungen vervollständigten die Ausbeute. 

Das alles war erreicht, als Lord Elgin 1803 von seinem 
Posten abberufen ward und seine Heimreise über Athen antrat. 
Lusieri, den er als seinen Agenten dort zurückließ, konnte bald 
200 Kisten mit der kostbaren Ladung auf verschiedenen Schiffen 
abschicken. Eines der Schiffe, die Brigg Mentor, scheiterte und 
sank mit zwölf Kisten am stürmereichen Kap Malea; es bedurfte 
dreijähriger Bemühungen durch geübte Taucher von den klein- 
asiatischen Inseln, um alle Kisten glücklich zu bergen. Was noch 
in Athen unter Lusieris Obhut verblieben war, ward 1807, als 
die Pforte England den Kri^ erklärte, von den Franzosen mit 
Beschlag belegt und nach dem Piräeus verbracht; der Mangel 
einer Schiffsgelegenheit, Englands Herrschaft zur See, der rasche 
Friedensschluß bewahrte die Skulpturen vor dem Schicksal, das 
einst die französische Beute in Ägypten betroffen hatte, dem Feinde 
in die Hände zu fallen (S. 16). Erst im Jahre 1812 sandte 
Lusieri die letzten achtzig Kisten nach England ab. 

Wir dürfen hier von den Fragen absehen, ob Lord Elgin 
recht tat seine offizielle Stellung zugunsten seiner Privatunter- 
nehmungen auszunutzen, ob Hunts Interpretation des großherr- 
lichen Firman sinngemäß war, ob die Arbeiter immer mit der 
gd>otenen Vorsicht und Schonung verfuhren; wir dürfen auch 
die Erwägung beiseite lassen, daß die kostbaren Skulpturen in 
der Tat vor der Gefahr der Zersplitterung und der Vernichtung 



Schicksale der Elgin marbles 29 

gerettet, daß sie den Beschädigungen entzogen wurden, die einige 
zwanzig Jahre später zwei neue Bombardements der Akropolis und 
insbesondere der Westseite des Parthenon zufügte. Wir haben 
hier nur zu fragen, ob durch Lord Elgins Vorgehen die Wissen- 
schaft benachteiligt oder gefördert worden ist, und da kann die 
Antwort nicht zweifelhaft sein. Erst durch die Bergung der 
schwer gefährdeten Reste und durch ihre Ausstellung an einem 
leicht zugänglichen Orte haben die Marmorwerke aus der Schule 
des Phidias den Einfluß auf die Entwickelung der Archäologie, 
auf die Qewinnung eines festen Mittelpunktes und Maßstabes für 
die Betrachtung der griechischen Kunstgeschichte gewonnen, den 
sie in dem damals weltfremden Athen, in der unereichbaren Höhe 
der Giebelfelder oder zerstreut über mehr oder weniger unzu- 
gängliche Schlupfwinkel, niemals würden haben ausüben können. 
Die griechische Kunstgeschichte würde noch ein halbes Jahr- 
hundert oder mehr der mächtigen Förderung entbehrt haben, die 
sie durch die Elgin marbles in London erhalten hat 86 haben 
wir also allen Grund Lord Elgin dankbar zu sein. 



Während in Athen daran gearbeitet ward, wie es einst von 
Lord Arundel (S. 9) gehdßen hatte, to transplant old Qreece 
into England, und der Architekt William Wilkins die athenische 
Architektur studierte, rüsteten sich andere britische Reisende das 
ganze Griechenland wissenschaftlich zu erforschen. Der be- 
deutendste von ihnen war der damalige Hauptmann William 
Martin Leake. Er hatte den Schiffbruch des Mentor (S. 28) mit- 
gemacht und dabei alle Papiere verloren, die er von einer Be- 
reisung Kleinasiens mitgebracht hatte. 1804 kam er von neuem 
nach Athen, um im Auftrage der britischen Regierung das grie- 
chische Festland zu bereisen. So ist er der Begründer der wissen- 
schaftlichen Geographie Griechenlands geworden. Zugleich durch- 
wanderten der redselige Edward Daniel Clarke, Edward Dodwell, 
ein sinniger Altertumsfreund, von dem italienischen Zeichner 
Pomardi begleitet, und der trockene, aber unermüdliche William 
Gell die griechischen Landschaften. Pausanias, der Beschreiber 



30 ni. Die Wiedergewinnung Griechenlands 

Griechenlands aus der Zeit der Antonine, war ihr Führer so gut, 
wie er es einst für Spon und für Chandler gewesen war, allein 
der Blick der jetzigen Reisenden war offener und freier, sowohl für 
die Zustande der Gegenwart wie für die Überbleibsel der Ver- 
gangenheit, die ihnen in überraschender Fülle und Neuheit ent- 
gegentraten. Am meisten packten sie die Reste uralter Baukunst 
in der Argolis. Tiryns ward entdeckt, mit seinen gewaltigen 
Kyklopenmauem, aus kolossalen Blöcken aufgetürmt, und mit 
seinen unterirdischen Galerien, Gewölben von zunächst ratsd* 
hafter Bestimmung. Mykenä, die Burg der Atriden, erschien mit 
ihrem Löwentor und mit dem berühmten unterirdischen Kuppel- 
grabe, dem »Schatzhause des Atreus«, in dem Lord Elgins Ver- 
treter eine Versuchsgrabung angestellt hatten; Ausgrabungen lagen 
den Reisenden selbst fem. So traten zuerst die durch die home- 
rische Poesie und uralte Sagen geheiligten Stätten in greifbaren 
Überresten aus dem Dunkel der Vorzeit ans Licht. Von den 
alten Burgmauern von Mykenä und Tiryns ging das Interesse 
über zu den zahllosen, zum Teil trefflich erhaltenen Städtemauern 
späterer Zeiten, die durch Griechenland zerstreut sind. Dazu 
kamen die schönen Tempelruinen in Korinth, in Ägina, in Bassä 
bei Phigalia, die bisher nur mangelhaft erforscht waren. Grade diese 
Oberreste vollendeter Baukunst veranlaßten die Gesellschaft der 
Dilettanti in den Jahren 1812 und 1813, um die Zeit von Na- 
poleons Zug nach Rußland, eine neue Expedition nach Klein- 
asien und Attika auszurüsten; an ihrer Spitze stand Gell, ihm 
zur Seite die Architekten Gandy und Bedford. Ihre UnedUed 
Antiqaities of Attica, die 1817 dem letzten Bande der AntiquU 
ties of Athens auf dem Fuße folgten, darin die Aufnahme der 
Mysterienheiligtümer von Eleusis und der Tempelgruppe von 
Rhamnus, bezeichneten einen bedeutenden Fortschritt in unserer 
genaueren Kenntnis der griechischen Architektur. 

In ähnlicher Richtung bewegten sich die Studien anderer 
britischer Architekten, Cockerell und Foster, in Athen, wo sie um 
1810 mit Lord Byron zusammentrafen. Technische Fragen be- 
schäftigten sie begreiflicherweise angesichts der beispiellosen tech- 
nischen Vollendung, die in den Bauten der Akropolis ihnen ent- 



Griechische Entdeckungen. Agina 31 

g^enirat. So beobachteten zum Beispiel Cockerell und Wilkins 
zuerst die Eniasis der dorischen Säulen, jene leichte Anspannung, 
die am Parthenon, bei einem unteren Säulendurchmesser von 
1,90 Metern, jederseits nur um 17 Millimeter aus der graden 
Linie des Umrisses vorspringt und doch so wesentlich zur Be- 
lebung des Umrisses beiträgt. Zu jenen jungen englischen Archi- 
tekten, die noch im Anfange der zwanziger Jahre standen, stieß 
im September 1810 eine Gruppe etwas älterer Männer, die sich 
in Rom zusammengefunden hatten und nun nach Griechenland 
fibersiedelten. Es waren zwei dänische Gelehrte, Peter Oluf 
Bröndsted und sein Schwager Koes, der livländische Baron Otto 
Magnus von Stackeiberg, ein feinsinniger Kunst- und Altertums- 
freund mit schöner künstlerischer B^abung, der Nürnberger Archi- 
tekt Freiherr Haller von Hallerstein und ein schwäbischer Kunst- 
liebhaber Linckh. Bald schlössen sich alle in engem Freundes- 
bunde zusammen, der nach der Weise jener Zeit auch seiner 
Symbole und Abzeichen nicht entbehrte; ein besonders nahes Ver- 
hältnis entspann sich zwischen den beiden Architekten Haller und 
Cockerell. 

Der ganze Verein strebte nach denselben Zielen, aber die 
Freunde suchten es auf verschiedenen Wegen zu erreichen. Während 
Stackeiberg mit den beiden dänischen Gelehrten Kleinasien auf- 
suchte, b^aben sich die beiden Deutschen und die beiden Eng- 
länder im April 1811 nach der Insel Ägina, um die Ruinen 
des vermeintlichen Zeustempels genauer zu untersuchen. In einer 
Höhle am Tempel schlugen sie ihr Quartier auf. Indem die 
Architekten ihre Vermessungen vornahmen, stießen sie an einer 
der Giebelseiten auf einen behelmten Kopf. Dieser Spur be- 
schlossen sie nachzugehen. Dreißig Arbeiter wurden angeworben, 
und in sechzehntägiger Arbeit ward eine Menge von Bruchstücken 
zutage gefördert, aus denen sich später fünfzehn Statuen, fünf vom 
östlichen und zehn vom westlichen Giebel, haben wieder zu- 
sammensetzen lassen. Die glücklichen Finder erwarben den ganzen 
Schatz von der Stadt Ägina als Besitzerin des Bodens um eine 
geringe Summe, 6 — 800 Mark; die Ägineten werden die Mar- 
morfragmente wohl vorzugsweise nach ihrem Werte für die Kalk- 



32 ni. Die Wiedergewinnung Griechenlands 

bereitung abgeschätzt haben. Die kostbaren Bruchstücke wurden 
dann über Athen nach Zanip, dem damaligen Mittelpunkte des 
Handelsverkehrs in jenen Gegenden, geschafft, aber bald, weil sie 
hier bei den unsicheren Kriegsläuften gefährdet erschienen, nach 
Malta in englische Obhut verbracht. Der öffentliche Verkauf ward 
für den November 1812 nach Zante angeschrieben. Frankreich 
und England bewarben sich, letzteres mit unbeschränkter Voll- 
macht für seinen Abgesandten, der sich aber irrtümlicherweise 
nach Malta als dem Aufbewahrungsorte der Marmore begab. So 
gelang es dem Kronprinzen Ludwig von Bayern, diese in Zante 
für den verhältnismäßig niedrigen Preis von 120000 Mark zu 
erwerben und damit seiner geplanten Glyptothek den festesten 
Grundstein zu sichern. Die Zusammensetzung und Ergänzung 
der Bruchstücke ward der Leitung Thorvaldsens übergeben. So 
großen und nicht unverdienten Ruf auch diese Restauration lange 
genossen hat, so hat geschärfte Beobachtung und vertiefte Stil- 
kritik doch auch hier das Mißliche eines solchen Unternehmens, 
zumal ohne wissenschaftlichen Beirat, klargemacht. Daß in den 
letzten Jahren unter Furtwänglers Leitung ergänzende Ausgrabungen 
an Ort nnd Stelle stattgefunden haben, über die der eingehende 
Bericht noch aussteht, ist bekannt. 

Damals, als diese Bildwerke gefunden wurden, boten die Er- 
gebnisse namentlich nach zwei Richtungen Neues. Erstens zeigte 
sich, daß die einzigen bis dahin bekannten Giebelgruppen, die 
des Parthenon, kein so ausschließlicher Schmuck der größten 
Tempel waren, wie man bis dahin wohl angenommen hatte; auch 
kleinere Tempel hatten die gleiche Zierde ihrer Stirnseiten besessen. 
Der Gegenstand der neugefundenen Gruppen führte zur home- 
rischen Poesie, zu den Kämpfen vor Troja. Die Komposition 
der Gruppen aber war von unerwarteter Strenge, ein Beispiel — 
und das war das zweite Neue — einer älteren und im Stil merk- 
lich von der attischen abweichenden Plastik. Es war die dorische 
Kunst, die hier zum erstenmal in den Gesichtskreis trat; sie wirkte 
$0 befremdend, daß der feinsinnige Bildhauer Martin Wagner, 
der den glücklichen Kauf für seinen Kronprinzen abgeschlossen 
hatte, sich an die ägyptische Kunst erinnert fühlte — eine Er- 



Agina und Bassa. 33 

scheinung, die sich auch weiter noch vielfech beim Aufbieten 
neuer Werke der altertümlichen griechischen Kunst wiederholte. 

Das Glück war aber den Reisenden, den beiden Engländern 
und den beiden Deutschen, noch weiter hold. Von Ägina be- 
gaben sie sich hinüber nach dem Peloponnes. Im Juli 1811 
kamen sie im südwestlichen Zipfel Arkadiens zu dem Apollon- 
tempel von Bassa, im Gebiete der Stadt Phigaleia, im Volks- 
munde »zu den Säulen« f^ toö? oTÖXoog) genannt. Der Tempd 
ist durch eine herrliche Lage ausgezeichnet, hoch im Gebirge, 
mit freiem Ausblick nach Süden über das reiche messenische Land 
mit seinem Bergmittelpunkt Ithome bis zum freien Meer. Dazu 
kamen die mannigfachen Besonderheiten des Baues, im Grund- 
plan, in der Verwendung ionischer Halbsäulen inmitten eines do- 
rischen Tempels usw. Für die Architekten gab es also reiche 
Arbeit Beim Durchstöbern der übereinander gehäuften Blöcke 
gerieten sie auf den Unterschlupf eines Fuchses, und als sie diesem 
nachspürten, trat ihnen eine Friesplatte entg^en, die dem Tiere 
zum Lager gedient hatte. Also wiederum Skulptur am Tempel! 
Ausgrabungen wurden nicht gestattet, aber natürlich gaben die 
Freunde nach dem Erfolg in Agina die Hoffnung nicht auf, 
auch hier zum Ziele zu gelangen. Der preußische Maler Georg 
Gropius, der als österreichischer Vizekonsul in Athen lebte und 
jenem Freundeskreise näher getreten war, führte die Verhand- 
lungen mit dem Machthaber in Morea, Veli Pascha in Tripolitza, 
und es gelang ihm die Erlaubnis zu Ausgrabungen gegen Zu- 
sicherung der Hälfte der Ausbeute zu erreichen. 

Mit dieser Botschaft stieß Gropius im Juli 1812 in Andrit- 
zena zu den Freunden. Diesmal fehlte Cockerell, der nach Si- 
cilien abgereist war; dafür hatte sich Stackeiberg den drei Mit- 
gliedern der früheren Reisegesellschaft, Haller, Linckh und Foster, 
angeschlossen. So zogen sie, insgesamt 14 Personen, auf die 
luftige Berghöhe und schlugen dort in Zelten und Laubhütten 
ihr Lager auf; > Frankenstadt« (OpaYxoöicoXu;) ward die Nieder- 
lassung getauft Die Zahl der Arbeiter schwankte zwischen 60 
und 1 20. Haller stand als Leiter der Ausgrabung an der Spitze^ 
ihm zur Seite Stackeiberg als Zeichner. Ein lebhaftes Treiben 

Michaelis, Die ardiSologisdien Entdeckungen. 3 



34 ni. Die Wiedergewinnung Griechenlands 

entfaltete sich auf der entlegenen Höhe. Besuche, Spielleute, Feste 
unterbrachen die emsige Arbeit; auch eine Bekanntschaft mit 
Räubern fehlte nicht. Vergebens spürte man Resten von Giebel - 
gruppen nach ; der Tempel hatte offenbar keine besessen. Außer 
53 ein paar Bruchstücken von Metopen waren etwa 30 Meter Fries, 419 
die sich allmählich zu 23 Platten zusammensetzen ließen, der 
Lohn zweimonatiger Mühen. Nun aber galt es, sich mit Veli 
Pascha abzufinden. Zu ihm war der Ruf von gefundenen Silber- 
schätzen gedrungen; dazu hatten die frischen Brüche des grob- 
kömigen Marmors den Anlaß gegeben. Wie groß war seine 
Enttäuschung, als ihm eine der Platten zur Ansicht geschickt 
ward ! Es blieb ihm nichts übrig, als den Kunstkenner zu spielen 
und die schöne Ausführung der Schildkröten — dafür hielt er 
die großen, runden Schilde der Krieger — zu loben. Unter diesen 
Umständen war es nicht schwer ihm seine Hälfte für mäßigen 
Entgelt abzukaufen, und in mühsamem Transport durch das un- 
w^[same Gebirge zogen die schweren Blöcke und die zahllosen 
Fragmente hinab zum Strande, um gleich den Ägineten nach dem 
gegenüberliegenden Zante verbracht zu werden. Hier sah sie 
Martin Wagner, als er den Ankauf der äginetischen Statuen be- 
sorgte, und machte danach Zeichnungen, die er demnächst zum 
Mißfallen der Entdecker veröffentlichte. Der Verkauf fand 1814 
statt. Diesmal war der britische Abgesandte zur Stelle und er- 
stand den Fries für 300000 Mark, die drittehalbfache Summe des 
für die Ägineten gezahlten Preises. 

Die Wissenschaft erhielt durch die Entdeckungen in Bassä 
eine neue Bereicherung. Die komplizierte Anlage des Tempels, 
bei der auf eine ältere kleine Kapelle hatte Rücksicht genommen 
werden müssen, die fremdartigen Einzelformen der ionischen 
Säulen, zu denen sich auch ein korinthisches Kapitell, das älteste 
von allen bekannten, gesellte, die Verbindung aller drei Baustile 
an demselben Tempel, alles das erregte die Aufmerksamkeit um 
so lebhafter, als der Baumeister dieses Tempels, Iktinos, derselbe 
Athener war, der den kanonischen Musterbau, den Parthenon, er- 
richtet hatte. Neue Probleme stellte der Fries. Er hatte sich im 
Innern des größten Tempelraumes über den ionischen Säulen hin- 



Bassä. Hypäthraltempel. Die IBgin marbles 35 

gezogen; wie hatte er sein Licht bekommen? Die Frage der Be- 
leuchtung der Tempel, die Beschaffenheit der sogenannten Hypä- 
thraltempel, war damit auf die Tagesordnung gesetzt, von der sie 
für viele Jahrzehnte nicht verschwinden sollte. Alle möglichen 
technischen Lösungen wurden vorgeschlagen und eifng dar- 
über gestritten, bis endlich dank einer Untersuchung Dörpfelds 
(1891) die Oberzeugung durchdrang, daß Beleuchtung eines ge- 
schlossenen Raumes durch reines Oberlicht den griechischen 
Tempeln fremd war; auch in Bassä handelte es sich um keinen 
gedeckten, sondern um einen hofartigen, oben offenen Raum. Aber 
auch der Fries selbst, seine häufig an Attisches anklingenden Motive 
und der abweichende Stil der derberen Ausführung heischten eine 
Erklärung, über die bis zum heutigen Tage keine volle Einig- 
keit erzielt worden ist Stackeiberg, der dem Friese die größte 
Aufmerksamkeit schenkte und ein großes Werk über ihn all- 
mählich reifen ließ, glaubte ihn dem begabtesten Schüler des 
Phidias, Alkamenes, zuschreiben zu dürfen; wenige haben darin 
die Lösung des Rätsels zu erblicken vermocht. 



Die Funde von Ägina und Bassä waren glücklich in München 
und London geborgen, aber wie sah es mit Lord Elgins Er- 
werbungen aus? 

Lord Elgin war im Jahre 1803 von seinem Posten abbe- 
rufen worden. Auf der Rückreise suchte er in Rom Canova auf, 
legte ihm Zeichnungen seiner Skulpturen vor und trug ihm deren 
Restauration an. Aber Canova erwarb sich den Ruhm höchster 
Einsicht, indem er den Antrag ablehnte und erklärte, Werke von 
solchem Range dürften überhaupt nicht ergänzt werden. Da- 
mit war von der damals angesehensten Kunstautorität eine neue 
Richtschnur bezeichnet, ganz abweichend von dem in Italien 
üblichen Verfahren und zu neu um gleich überall befolgt zu 
werden, aber der Zukunft sicher. Die Archäologen werden darüber 
Canova viele süßliche Umbildungen antiken Geistes vergeben. 

Lord Elgin ward auf seiner Weiterreise wider alles Völker- 
recht von den Franzosen gefangen genommen und drei Jahre 



36 III. Die Wiedergewinnung Griechenlands 

in Festungshaft gehalten. Er bot sofort aus der Haft der eng- 
lischen Regierung seine Sammlung an, aber ohne Erfolg. Wo 
waren überhaupt seine Kisten? Als Elgin 1806 ins Vaterland 
zurückkehrte, mußte er sie in den verschiedenen Häfen, wohin 
die einzelnen Fahrzeuge sie gebracht hatten, zusammensuchen und 
mühsam ein Unterkommen für sie beschaffen. Ehe die Kisten 
aber auch nur geöffnet waren, fand ihr noch unbekannter Inhalt 
die erbittertste Befehdung von Seiten Richard Payne Knights, des 
damals anerkanntesten Kunstorakels in England, der die Bildwerke 
vom Parthenon für Handwerkerarbeiten, zum Teil aus römischer 
Zeit, erklärte. Hinter Payne Knight stand die ganze vornehme 
und einflußreiche Gesellschaft der Dilettant! (S. 9). Solch ge- 
hässigem Unverstände gegenüber schlug Lord Elgin den W^ 
der öffentlichen Ausstellung seiner Schätze ein. Nur wenige er- 
faßten die Offenbarung, unter ihnen niemand mit tieferer Über- 
zeugung und glühenderem Enthusiasmus, als der junge Maler Ben- 
jamin Robert Haydon. Welche Revolution in seinen Anschauungen 
durch die athenischen Marmore erregt ward, mag eine Stelle aus 
seiner Selbstbiographie zeigen. Sie fällt in das Jahr 1 808. Haydons 
Freund, der Maler Wilkie, hatte eine Eintrittskarte zur Sammlung 

bekommen und holte ihn dahin ab. 

»Wir gingen nach Park Lane. Durch die Eingangshalle gelangten 
wir in einen offenen Hofraum und betraten einen feuchten, schmutzigen 
Schuppen, in dem die Skulpturen für Auge und Hand erreichbar aufge- 
stellt waren. Das erste, worauf mein Blick fiel, war der Unterarm einer 
Figur in einer der Frauengruppen, an dem die beiden Knochen des 
Unterarmes, obwohl in weiblidier Form, doch deutlich sichtbar waren. 
Ich war erstaunt, denn ich hatte nie eine Andeutung davon in einem 
antiken weiblichen Arme gesehen. Ich warf einen Blick auf den Ellen- 
bogen und sah dessen äußeren Knorren deutlich auf den Umriß ein- 
wirken, wie es in der Natur der Fall ist Ich sah, daß der Arm in Ruhe 
und die weichen Teile abgespannt waren. Jene Vereinigung von Natur 
und Ideal, deren Notwendigkeit für die erhabene Kunst ich so tief ge- 
fühlt hatte, hier lag sie greifbar vor aller Augen. Mir klopfte das Herz! 
Hätte ich nichts weiter gesehen, ich würde genug geschaut haben, um mich 
für mein ganzes Leben an die Natur zu hallen. Aber als ich mich nun 
zum »Theseus« wandte und gewahr ward, wie jede Form durch Ruhe 
46 oder Bewegung sich änderte — als mein Blick auf den »Ilissos« fiel 376 
und ich sah, wie der Bauch sich vorwärts wölbte, weU die Gestalt auf 



Schicksale der Elgin marbles in London 37 

44 dieser Seite lag — und weiter, als ich in der kämpfenden Figur einer 3M 
Metope bemerkte, wie bei der momentanen Bewegung des Auslegens 
der Muskel unter der einen Achselhöhle sichtbar ward, während er in 
der anderen ohne solchen Anlaß fehlte — kurz als ich den heroischsten 
Stil mit allem wesentlichen Detail des wirklichen Lebens vereinigt sah, 
da war es aus, ein für allemal! Nie werde ich die Pferdeköpfe ver- 
gessen, die Füße in den Metopen! Ich hatte ein Gefühl, als ob mir 
tief im Herzen eine göttliche Offenbarung aufgegangen wäre, und ich 
wußte, diese Werke würden endlich die Kunst Europas aus ihrem 
Schlummer in finsterer Nacht erwecken.« 

Drei Monate brachte Haydon damit zu, nach den Skulpturen 
zu zeichnen, um dann sein Urteil in den Worten zusammenzu- 
fassen: »Ich sah, daß in diesen Werken alles Wesentliche ausge- 
wählt, alles Überflüssige beiseite gelassen war; daß zuerst alle Ur- 
sachen der Bewegung erkannt und dann gerade die erlesen waren, 
die für irgend eine Handlung erfordert wurden; daß sodann Haut 
das Ganze bedeckte und daß die Wirkungen der Bewegung und der 
Abspannung, des Strebens und des Gleichgewichts in der Haut 
sichtbar wurden. Ich glaube zuversichtlich, daß die Überführung 
dieser Werke hierher der größte Segen ist, der je diesem Lande 
widerfuhr.« 

So dachten freilich die anderen nicht. Die Mißstimmung in 
den maßgebenden Kreisen blieb bestehen, und die griechischen 
Götter hausten in den Nebeln der Themsestadt ziemlich unbe- 
achtet. Dennoch blieb Lord Elgin Anerbietungen gegenüber, die 
ihm zugunsten Ae^ Mas^ Napoleon gemacht wtu'den, fest. 1811 
knüpfte er dagegen Verhandlungen mit dem Unterhause an; sie 
zerschlugen sich. Da trat ein neuer Gegner auf, einer der ge- 
^rlichsten. Im Frühjahr 1811 erschien Lord Byrons »Fluch 
Minervas«, eine Frucht seines athenischen Aufenthaltes (S. 30), 
und im Sommer des nächsten Jahres entlud gar Childe Harold 
die ganze Schale seines Zornes gegen den Schotten, den Pikten, 
den Tempelräuber. Alles verschwor sich gegen die athenischen 
Fremdlinge, die von einem Orte zum anderen wandern und sich 
eine Unterkunft erbetteln mußten. .Als 1814 der Fries von Bassä 
nach London gelangte, erhob Payne Knight von neuem seine 
Stimme zu parteiischem Lobe dieser Reliefs gegenüber den Skulp- 
turen vom Parthenon. 



38 ni. Die Wiedergewinnung Griechenlands 

Die rechte Anerkennung der letzteren kam — von Haydon 
und seinen wenigen Gesinnungsgenossen abgesehen — zuerst von 
Fremden. Von den Friedensverhandlungen in Paris aus begab 
sich der Kronprinz von Bayern im Sommer 1814 nach London 
und war von der Schönheit der athenischen Marmore so ergriffen, 
daß er für den Fall, daß die Stimmung in England nicht um- 
schlagen soUte, eine bedeutende Summe für den Ankauf bei 
seinem Bankier anwies. Ihm folgte Visconti, der damals führende 
Archäologe, zugleich der erste, der auf die Sammlung ein ernstes 
Studium verwandte. Sein uneingeschränktes Lob war den Gegnern 
höchst unbequem. So hielt Lord Elgin, der mittlerweile in finan- 
zielle Verlegenheit geraten war, den Zeitpunkt für gekommen, 
seine Schätze dem englischen Volke, in dessen Interesse er sie von 
Anfang an gesammelt hatte, zum Kauf anzubieten. Napoleons 
Rückkehr von Elba, die hundert Tage, die Schlacht von Waterloo, 
die Vertagung des Parlaments brachten einen Aufschub — zu 
Lord Elgins Gunsten, denn außer Viscontis Vortragen in der 
Pariser Akademie traf im November 1815 Canova, der in Paris 
für die Rückgabe der entführten Kunstwerke (S. 23) tätig war, in 
London ein, und seine rückhaltlose Anerkennung der athenischen 
Kunstwerke brachte auch die Feinde und Neider zum Verstummen. 
So begannen im Februar 1816 die denkwürdigen Verhandlungen, 
in denen eine Parlamentskommission als Kunstareopag unter An- 
hörung von Zeugen und Sachverständigen vierzehn Tage lang 
über Phidias Meisterwerke zu Gericht saß. Am T.Juni 1816 be- 
stätigte das nur noch spärlich besetzte Parlament gegen den matten 
Widerspruch der Liberalen (denn auch dies war zur Parteifrage 
geworden) den Ankauf der ganzen Sammlung für 700000 Mark. 
Lord Elgin hatte auf jede bestimmte Forderung verzichtet. Die 
ziemlich obenhin festgestellte Schätzungssumme deckte nicht einmal 
seine baren Auslagen; rechnet man die Zinsverluste hinzu, so ward 
ihm noch nicht einmal die Hälfte seiner Ausgaben ersetzt. Seine 
Ernennung zum Verwaltungsrat {Tnistee) des Britischen Museums 
war eine Art Ehrenerklärung gegenüber den Anfeindungen, 
denen er so lange ausgesetzt gewesen war. Ehrenvoller war noch, 
daß sein Name unlöslich mit den Elgin marbles verbunden ist. 



Die Erwerbung der Elgin marbUs für das Britische Museum 39 

Für das Britische Museum waren diese Schätze gewonnen. 
Dieses war seit 1 753 aus höchst bescheidenen Anfängen erwachsen, 
aber nicht als höfische Sammlung, wie fast alle anderen größeren 
Sammlungen, sondern als Nationalmuseum. Die Erwerbung einer 
bedeutenden Sammlung griechischer bemalter Vasen aus Unter- 
italien, die der britische Gesandte in Neapel, William Hamilton, 
gebildet hatte (1772), die ägyptische Beute von 1801 (S. 16), die 
Übernahme einer bedeutenden Sammlung römischen Stils von 
Charles Townley (1805), endlich der Ankauf des Frieses von 
Bassä (1814) bezeichnen die Epochen des allmählichen Auf- 
schwunges. Jetzt, mit der Einverleibung der Elgin Marbles, stieg 
das Museum mit einem Schlag auf die höchste Stufe. Durch die 
Qualität dieser Erwerbung hatte es sowohl das eben in der Auf- 
lösung begriffene Musee Napoleon wie die römischen Museen 
der Art überflügelt, daß es nicht befürchten durfte, diesen Rang 
jemals zu verlieren. 

Als die athenischen Skulpturen, von Minervens Fluch erlöst, 
endlich im Nationalmuseum ihren festen Platz gefunden hatten, 
wurden sie rasch populär, namentlich der Fries. Die Kühe der 
athenischen Hekatombe erregten das Entzücken der englischen 
Viehzüchter; die Reiter bewogen einen Reitlehrer, seine Schüler 
statt einer Reitstunde lieber für eine Stunde auf deren Betrachtung 
zu verweisen, so meisterlich schienen sie ihm auf den sattellosen 
Pferden zu sitzen. Schnell verbreitete sich der Ruf der neuen 
Schätze auch über den Kanal. Von Paris eilte 1818 Quatremere 
de Quincy herbei, ein hochangesehener Veteran der Archäologie, 
der kürzlich eingehende Studien über Phidias und die Ooldelfen- 
beinkunst herausgegeben hatte. In seinen Briefen an Canova, dem 
beredtesten Zeugnis der beginnenden Geschmackswandlung, äußert 
sich eben wie bei Haydon immer von neuem der Eindruck einer 
ganz neuen Offenbarung. Er vergleicht die einzelnen Statuen 
mit den berühmtesten Antiken; stets schlägt der Vergleich zu- 
gunsten jener aus. Aber noch höher steht ihm das hier allein 
vorliegende Ganze von Originalwerken ersten Ranges — wie ein- 
heitlich und wie reich! In manchen Beobachtungen berührt er 
sich unmittelbar mit Haydon. Den Körpern, sagt er, liege 



40 in. Die Wiedergewinnung Griechenlands 

die vollendetste Einsicht in den Knochenbau zugrunde, wie 
nirgend sonst Daher die Mischung von sicherer Leichtigkeit und ge- 
diegener Kraft: »diese Körper können sich bewegen, sie scheinen 
sich zu bewegen«. Dazu das bald feste bald weiche Fleisch, die 
bald angespannten bald ruhenden Muskeln, die elastische, überall 
sich anschmiegende Haut, jenes in Worten unfaßbare, dem Ge- 
fühl unmittelbar zugängliche Spiel unendlicher feinster Bewegungen 
der Oberfläche, bis in jede Einzelheit wahr und von Leben er- 
füllt! »Ich habe nichts so Lebendiges in seiner Art gesehen wie 

46 den Pferdekopf. Das ist nicht mehr eine Skulptur; das Maul 378 
wiehert, der Marmor lebt, man glaubt ihn sich bewegen zu sehen ... 

46 Und der Flußgott — man meint, er werde sich erheben; man 376 
meint, er erhebe sich schon; man wundert sich, daß er immer 
noch da liegt.« 

Ebenso groß erscheint Quatremere die Gewandung. Nichts 
von jener vermeintlichen Steifheit, von jener etwas herben Hoheit, 
sondern auch hier der unbegreiflichste Reichtum spielender Phan- 
tasie und natürlichsten Lebens. Bald schmiegen sich die Falten 
leicht und fein den Körpern an, bald wehen sie, vom Wind auf- 
gebauscht, in mächtigem Schwünge zurück, bald umhüllen sie den 
Körper in großen Massen, die wieder eine unendliche Fülle 
reichster Einzelmotive umschließen. »Der Reiz dieser Gewand- 
statuen ist wie der der Grazie. Er ist die Verzweiflung derer, die 
überall nach dem Warum fragen, t beUa perchi t bella^ das ist 
in solchen Dingen der beste Grund; hiervon wird der Kenner 
nie mehr verstehen als der Laie.« 

So wirkten die Originale auf den feinen Kunstkritiker. Der 
Bildhauer Dannecker konnte nur nach einigen durch Haydon ver- 
mittelten Abgüssen urteilen, wenn er schrieb: »Für mich ist es 
das höchste, was ich je in der ganzen Kunst gesehen habe; sie 
sind wie auf Natur geformt, und doch habe ich nie das Glück 
gehabt solche Naturen zu sehen.« Der Altmeister in Weimar 
mußte sich vollends nur mit Zeichnungen begnügen; diese aber 
wirkten auf ihn mit solcher Gewalt, daß er nach London statt 
nach Italien zu ziehen wünschte (denn da »sei doch allein Gesetz 
und Evangelium beisammen«) und daß er den Plan zu einem 



Wirkung der E^n marbles. Die Münchener Glyptothek 41 

Verein deutscher Bildhauer entwarf, der das Britische Museum 
zum regelmäßigen Studienplatz für diese machen sollte. Es hat 
etwas Rührendes, wenn der Siebzigjährige, in dessen Geistesent- 
wickelung Italien eine so entscheidende Rolle gespielt hatte, nun- 
mehr sich »glücklich preist auch dies noch erlebt zu haben«. Eine 
vollkommene Revolution des Geschmackes vollzog sich; das Land 
der Griechen, das einst Winckelmann mit der Seele gesucht hatte, 
lag jetzt offen da vor den Blicken aller, die Augen hatten zu 
sehen. »Die Kunstgeschichte«, urteilt Welcker, »hat einen neuen 
Mittelpunkt und für immer den richtigen Maßstab für die Haupt- 
verhältnisse gefunden.« Wäre es so bald dazu gekommen, wenn 
die Elgin marbles auf der türkischen Festung in Athen ver- 
blieben wären? 

Das einzige Museum, das sich, wenn auch in weitem Ab- 
stände, mit dem Britischen Museum vergleichen konnte, war die 
Münchener Glyptothek, die König Ludwig 1830 eröffnete. Denn 
auch hier waren es die Originalwerke griechischer Kunst, die der 
Sammlung ihren Stempel aufdrückten. Dadurch aber, daß der 
königliche Sammler von Anfang an den historischen Gesichts- 
punkt festgehalten hatte und diesen die ganze Anlage der Glypto- 
thek hatte bestimmen lassen, betonte die Münchener Sammlung 
noch stärker als das Britische Museum das Moment, das die Zu- 
kunft der Museen beherrschen sollte: anschauliche Darstellung der 
Entwickelung der antiken Kunst. 



Von Athen aus ward auch eine genauere Erkundung des 
griechischen Westens, der an Reichtum und Bedeutung in den 
älteren Zeiten das Mutterland überflügelt hatte, angebahnt. Die 
griechischen Überbleibsel Unteritaliens, an der langgestreckten 
Küste weithin zerstreut, hatten bisher mit Ausnahme Pästums 
wenig Aufmerksamkeit erregt. Da begab sich zu Anfang des 
Jahrhunderts der schon aus Athen uns bekannte Architekt William 
Wilkins (S. 29) dorthin und legte 1 807 das Ergebnis seiner Unter- 
suchungen in dem großen Kupferwerke der Antiquities of Magna 
Oraecia nieder. Ihm folgte 1812 Cockerell, der sich Sicilien 



42 HI. Die Wiedergewinnung Griechenlands 

für seine Studien ausersehen hatte (S. 33). Sicilien ist bekanntlich 
von allen griechischen Ländern das an Tempelruinen reichste. 
Am augenfälligsten treten diese in Oirgenti, dem alten Akragas, 
dem Beschauer entgegen, wo nicht weniger als sieben Tempel, 
freilich in sehr verschiedenen Erhaltungszuständen, den Archi- 
tekten zur Erforschung einladen. Hier setzte Cockerell ein. Na- 
mentlich die Ruinen des mächtigen Zeustempels reizten zum Ent- 
wurf einer Wiederherstellung. Die rings geschlossene Mauer mit 
Halbsäulen anstatt des üblichen offenen Säulenkranzes, die eben- 
falls abweichende Anlage der Cellamauer mit ihren vorspringenden 
Pilastem, die Reste kolossaler Giganten als Gebälkträger, deren 
ursprünglicher Platz schwer zu bestimmen war, das alles bot neue 
Tatsachen und neue Probleme. Cockerell suchte sich später (1830) 
im Ergänzungsbande einer neuen Auflage der Antiquities of 
Athens mit diesen Fragen auseinanderzusetzen. 

Viel unscheinbarer als in Girgenti liegen die Ruinen in der 
westlichsten Griechenstadt an der Südküste Siziliens, in Selinunt, 
zutage, da die karthagische Zerstörung von 409 hier gründlicher 
aufgeräumt hat. Nichtsdestoweniger haben sich auch hier auf 
den beiden Höhen, die den einstigen Hafen umgeben, Reste von 
mindestens sieben Tempeln erhalten, unter denen namentlich zwei 

12 (gewöhnlich mit B und C bezeichnet) in sehr alte Zeit — man 239 f. 
glaubte zuerst, bis ins Ende des 7. Jahrhunderts — hinaufreichen. 
Hier gruben im Winter 1822/23 die englischen Architekten Sa- 
muel Angell und William Harris; letzterer erlag als Opfer seiner 
Arbeit dem tückischen Fieber. Am dankbarsten erwies sich der 
Tempel C. Alles an ihm zeigte eine vom Gewöhnlichen ab- 239 
weichende, altertümliche Anlage: die große Länge von 17 Säulen 
auf 6 Frontsäulen, nach Osten eine doppelte Querreihe von Säulen 
statt der üblichen einfachen, dafür ein Pronaos ohne Säulen- 
stellung, endlich ein besonderes Hintergemach hinter der Cella, lauter 
Dinge, die die attische und ostgriechische Architektur bisher nicht 
aufgewiesen hatte. Besonderes Aufsehen erregten aber die zahlreichen 

40 Bruchstücke hochaltertümlicher Metopenreliefs, von denen sich drei 281 
(Perseus und Medusa, Herakles und die Kerkopen, ein Viergespann) 
aus 32, 48, 45 Fragmenten wieder zusammensetzen ließen. 



Oirgenii und Selinunt Polydiromie 43 

Mehr noch als der plumpe hochaltertümliche Stil der Skulp- 
tur zogen die vielen Spuren ursprünglicher Bemal ung die Auf- 
merksamkeit auf sich und regten die Frage der Bemalung der 
Skulptur an. Diese erweiterte sich aber zu der anderen Frage 
nach der Bemalung der Architektur, die zunächst ganz in den 
Vordergrund trat Sie ward schon im nächsten Winter von dem 
in Köln geborenen, in Paris wirkenden Architekten Jacques Ignace 
Hittorff auf einer Reise durch Sicilien, wo er von seinem Schüler 
Ludwig Zanth und von Wilhelm Stier begleitet ward, eifrig ver- 
folgt Die farbige Architektur der normannischen Bauten Siciliens 
mag mitgewirkt haben; genug, Hittorff kam zu dem Ergebnis, 
daß die griechische Architektur ganz und gar farbig gewesen sei, 
eine Überzeugung, die er alsbald in der Architedare antique de 
la Steile (1826/30), später (1851) in erweiterter Gestalt in der 
Archiiecture polychrome chez les Orecs darlegte. Inzwischen hatte 
auch Gottfried Semper, der in den Jahren 1830/32 den Süden 
bereiste, aus der Untersuchung der Reste die gleiche Überzeugung 
von einer durchgängigen Bemalung der antiken Architektur ge- 
schöpft und ausgesprochen. Dies lief durchaus den hergebrachten 
Ansichten zuwider und begegnete daher lebhaftem Widerspruch. 
In der Tat haben manche Beobachtungen Hittorffs und Sempers 
vor einer genaueren Prüfung nicht standgehalten, und die aprio- 
ristische ästhetische Forderung, daß, wenn überhaupt Farbe an- 
gewandt worden sei, alles farbig gewesen sein müsse, ist durch 
sichere geschichtliche Tatsachen widerlegt worden; in solchen 
Fragen entscheidet eben nicht die Theorie, sondern das Faktum. 
Aber trotzdem waren Hittorffs und Sempers Anregungen äußerst 
dankenswert und ihre Behauptungen bedurften nur einer Ein- 
schränkung. Diese haben die nachfolgenden Untersuchungen ge- 
brach!, und heutzutage besteht so wenig ein Zweifel darüber, daß 
die griechische Architektur der Bemalung nicht entbehrte, wie 
über deren Grenzen, wobei immer noch Material, landschaftlicher 
Brauch und Zeitgeschmack mitberücksichtigt sein wollen. Für 
Sicilien kommt dabei auch die später (1881) von Dörpfeld und 
Borrmann nebst Genossen gemachte Beobachtung in Betracht, 
11 daß gewisse Teile des Oberbaues mit farbigen Tonplatten und 247 



44 11 1. Die Wiedergewinnung Griechenlands 

Tonkasten verkleidet waren. Auf dem Ton sind die Farben 
nahezu unvergänglich, und so hat sich hier jene ernste Färbung 
(gelblich y schwarz und rot) erhalten, der die übrige Farben- 
stimmung des Baues entsprochen haben wird, g^enüber dem 
lichteren Blau und Rot auf dem weißen Marmorgrunde der 
attischen Bauten. 

Die von Fremden begonnene Untersuchung der griechischen 
Bauwerke Siciliens ward mit Glück von Einheimischen fortge- 
führt. Namentlich erwies sich der Herzog von Serradifalco, dem 
der junge Architekt Saverio Cavallari zur Seite stand, als ein- 
sichtigen Mäcen. Am bedeutendsten unter den neuen Funden 
waren zwei halbe und vier ganze Metopen, beide von Tempeln des 
östlichen Stadthügels von Selinuni Indem an den vier Metopen vom 
Heräon die nackten Teile der weiblichen Figuren aus Marmor, 
alles übrige aus Tuff (mit mancherlei Farbspuren) hergestellt war, 
ergab sich eine neue Technik farbiger Skulptur, die sich mit dem 
Gebrauche der Tonmalerei nahe berührte. 

Etwa gleichzeitig (1828) erforschte der junge Herzog von 
Luynes mit Hilfe des Architekten F. J. Debacq die Tempelreste 
von Metapont, der alten Achäerstadt am Meerbusen von Tarent. 
Für die oben erwähnten Fragen hatte ein schön erhaltenes Stück 
von einer Tonsima mit ausdrucksvollem Löwenkopf wegen seiner 
wohlerhaltenen Farben besonderes Interesse. 

Alle diese eifrigen Forschungen im griechischen Westen lieferten 
die wertvollste Ergänzung der Untersuchungen in Attika und dem 
Peloponnes. Namentlich die Baukunst in ihren älteren Perioden 
lag bedeutend klarer vor Augen, und zwar ebenso der im all- 
gemeinen parallele Entwickelungsgang des Dorismus im Westen 
und Osten, wie die zahlreichen Besonderheiten, die man zu]}ächst 
leicht geneigt war in ihrer Bedeutung zu verallgemeinem. Wie 
vielgestaltig die griechische Kunst sogar bei einer so gleichförmigen 
Schöpfung, wie es der dorische Tempel zu sein scheint, auftreten 
kann, dafür mußte sich der Blick erst allmählich schärfen. Auch 
hier galt es, nicht vorzeitig Theorien und Systeme aufzustellen 
und sich dadurch die Einsicht in die Mannigfaltigkeit der Er- 
scheinungen zu versperren, sondern ruhig das Tatsächliche zu 



Selinuni Metaponi Die Aphrodite von Melos 45 

beachten und den Blick ffir die wirkliche geschichtliche Ent- 
wickelung offen zu halten. 



Inzwischen war Griechenland in seine türkische Stille zurück- 
versunken. Die Mitglieder jenes internationalen Freundeskreises, 
dem die Aufdeckung und Bergung der Skulpturen von Agina und 
Bassä verdankt ward, hatten Athen verlassen. Cockerdl und Foster 
waren nach England zurückgekehrt, wo jener eine bedeutende 
praktische und wissenschaftliche Tätigkeit entfaltete, dieser in be- 
scheidenerer Weise in Liverpool wirkte. Stackeiberg war 1813 
in die Hände von Piraten gefallen, aus denen ihn sein Freund 
Haller von Hallerstein mit Aufopferung befreite. Haller selbst 
fiel 1817 in Thessalien dem Fieber zum Opfer. Stackeiberg und 
Linckh waren inzwischen nach Rom übergesiedelt, wo sich etwas 
später auch Bröndsted niederließ. In Griechenland unterbrach ein 
einziges Begegnis archäologischer Art die allgemeine Ruhe, die 
73 Entdeckung der Aphrodite von Melos. eis 

Es handelt sich hier um einen zufälligen Fund, dessen ro- 
mantische Einzelheiten in ein gewisses Dunkel gehüllt sind. Trotz 
eifrigen Nachstöbems in Berichten aller Art ist es bis auf den 
heutigen Tag, zumal da wichtige Beweisstücke verschwunden sind, 
nicht gelungen volle Klarheit über die Tatsachen zu erzielen. 
Folgendes scheint der Sachverhalt zu sein. In den ersten Monaten 
des Jahres 1820 fand der Bauer Georgios in Melos die Statue 
der Aphrodite in mehreren Stücken. Französische Seeoffiziere, 
darunter der später berühmte Weltumsegler Dumont d'Urville, be- 
trachteten sie; der französische Agent Brest meldete den Fund an 
den französischen Konsul David in Smyrna. Dieser berichtete dar- 
über an den Botschafter in Konstantinopel, den Marquis de la 
Riviere, der bereit war das ihm gepriesene Stück zu kaufen. In- 
zwischen aber hatte bereits ein griechischer Priester die Statue 
von der Gemeinde Melos gekauft, um sie an eine einflußreiche 
Persönlichkeit in Konstantinopel zu verschenken; gekauft, aber 
noch nicht bezahlt, als im Mai der Sekretär der französischen Bot- 
schaft, de Marcellus, in Melos eintraf und die Statue von der- 



46 ni. Die Wiedergewinnung Griechenlands 

selben Gemeinde für eine geringe Summe, 550 oder 750 Francs, 
erwarb, um sie alsbald fortzuführen. Der Priester klagte in Kon- 
stantinopel, aber die Strafe von 7000 Piastern, zu der die Ge- 
meinde verurteilt wurde, ward auf Betreiben des Botschafters 
niedergeschlagen. Dieser selbst sammelte im November einige 
weitere Bruchstücke in Mdos auf und schenkte dann den ganzen 
Fund dem Könige Louis XVIIL, der ihn dem Museum des Louvre 
überwies. Hier ward die Statue im Frühjahr 1821 aufgestellt. 
Sie ist, wohl um das kostbare Material des parischen Marmors 
zu schonen, wie das bei Werken späterer Zeit öfters vorkommt, 
in verschiedenen Stücken gearbeitet worden, deren AnschluBflächen 
in der üblichen Weise hergerichtet sind. Der Körper selbst ist 
in zwei Hälften zerlegt, deren Fuge auffälligerweise nicht mit der 
Grenze des Nackten und der Gewandung zusammenfällt, sondern 
unschön die Falten des Mantels quer durchschneidet; ein be- 
sonderer Flicken ist an der rechten Hüfte eingefügt Die Arme 
waren angestückt, aber nur vom linken waren ein Stück des Ober- 
armes und die Hand mit einem Apfel aufgelesen worden; deren 
Arbeit schien der Schönheit des Körpers so wenig zu entsprechen, 
daß der Verdacht einer späteren Ergänzung auftauchte. Unten 
neben dem linken Fuß zeigte die Basis in ihrer ganzen Tiefe 
eine abgeschrägte Anschlußfläche, an die nach dem völlig unver- 
dächtigen Zeugnis des damaligen Direktors des Louvre, des Grafen 
Clarac, ein Marmorblock von leicht abweichendem Korn genau 
anschloß. Dieser reichte genau bis unter den etwas erhöhten 
Fuß der Statue, trug auf seiner vorderen Fläche die Inschrift des 
Künstlers Alexandros (die ersten drei Buchstaben fehlten, lassen 
sich aber sicher ergänzen) aus Antiocheia am Mäandros, einer 
in der ersten Hälfte des dritten Jahrhunderts gegründeten Stadt; 
die Inschrift selbst wies durch ihren Schriftcharakter etwa um 
100 vor Christo. Der Block hatte auf seiner Oberfläche ein vier- 
eckiges Zapfloch, in das nach einer in Melos selbst genommenen 
Skizze eines Dilettanten eine jugendliche Herme von mäßiger 
Arbeit paßte, die in der Tat mit der Statue von Melos nach Paris 
gekommen ist Leider ist der wichtige Inschriftblock im Louvre 
früh verschwunden — seit Clarac (1821) hat ihn niemand mehr 



Die Aphrodite von Melos. Der griechische Aufstand 47 

gesehen — und dadurch ist allen Vermutungen und Kombinationen 
Tür und Tor geöffnet worden, so daß der Streit noch heute nicht 
geschlichtet ist. Doch scheint kaum ein ernster Zweifel bestehen 
zu können, daß die Statue wirklich das Werk jenes Alexandros 
ist. Ihm fällt der geschmacklose Zusatz der Herme (eine er- 
gänzende Kopie des französischen Bildhauers Claude Tarral macht 
das deutlich) und wohl auch der Apfel (griechisch (jlyjXov) als 
redendes Symbol der Insel Melos zur Last; andererseits aber ver- 
danken wir ihm auch die vorzügliche Wiedergabe des Körpers 
und des Kopfes nach dem Originale, einer Schöpfung hoher 
Kunst, etwa aus der Epoche eines Skopas. Die hier durchleuchtende 
Schönheit der ursprünglichen Erfindung und die in den Haupt- 
sachen vortreffliche Arbeit am Körper (die Gewandung ist viel 
geringer, die Rückseite ganz unfertig) hat der »hohen Frau von 
Milo« schnell ihren hervorragenden Platz erworben und mit Recht 
gesichert; es wird, vielleicht neben dem Hermes von Olympia, 
kaum eine antike Statue geben, welche so rasch und so bleibend 
populär geworden wäre. 

Etwa um die gleiche Zeit, wo die Melierin ihren Platz im 
Louvre fand, im Mai 1821, brach der griechische Aufstand aus. 
Seine Wechselfälle brachten zunächst der Akropolis von Athen eine 
doppelte Beschießung, im Winter 1821 — 22 durch Voutier und 
die Philhellenen, fünf Jahre später durch die Türken unter Reschid 
Pascha. Die Westfront des Parthenon litt stark unter den Schüssen 
der Kanonen, das Erechtheion ward durch Bomben zusammen- 
geschossen und verlor von neuem eine der Korenstatuen. In 412 
Morea hauste seit 1825 Ibrahim Pascha, bis der überraschende 
Seesieg von Navarino einen Umschwung vorbereitete. So rückte 
1820 ein französisches Heer unter Maison ein, wiederum wie 
einst in Ägypten von einem wissenschaftlichen Stabe begleitet. Die 
erste Karte der Halbinsel ward durch Vermessungen vorbereitet, 
daneben alles, die natürlichen Verhältnisse wie die Überreste der 
Kunst und Kultur, untersucht. 

Besonders ergiebig gestaltete sich eine Schürfung, die im Mai 
und Juni 1829 am Zeustempel in Olympia vorgenommen ward. 
Seine spärlichen Überreste waren schon 1787 von dem franzö- 



48 III. Die Wiedergewinnung Griechenlands 

sischen Konsul Fauvel, 1801 von neuem von dem englischen 
Geographen Leake erkannt worden. Jetzt suchten der Architekt 
Abel Blouet und der Archäologe J. J. Dubois in sechswöchiger 
Arbeit die beiden Fronten des Tempels ab; fanden sie auch keine 
Spur der Giebelstatuen, so stießen sie doch auf Reste der Herakles- 
metopen, vor allen auf die Prachtmetope, die den Helden im Kampfe 
mit dem kretischen Stiere darstellt. Teils die Hitze, mehr aber 
noch ein Verbot des tyrannischen Präsidenten Kapodistria, bei 
dem ein patriotischer Grieche die Fremden denunziert hatte, setzten 
den Ausgrabungen ein frühes Ziel. Immerhin ward das Museum 
des Louvre um ein paar Reliefs bereichert, die wiederum einen 
neuen Stil, abweichend vom attischen und äginetischen wie vom 
selinuntischen, ans Licht stellten und von neuem die reiche Mannig- 
faltigkeit der griechischen Plastik bezeugten. Die lebhaften Reste 
von Bemalung, die sich an den Reliefs erhalten hatten, bereicherten 
die in Sicilien gemachten Beobachtungen über die Polychromie 
der griechischen Skulptur. 

1832 traf der neue König des befreiten Hellas, der bayrische 
Prinz Otto, in Nauplia ein, aber erst im Frühling des nächsten 
Jahres räumten die Türken die Akropolis von Athen, um einer 
bayrischen Besatzung Platz zu machen. Die Burg sollte auf- 
hören als Festung zu dienen und ganz den archäologischen 
Studien übergeben werden. Freilich zunächst bedrohten sie die 
Künstler; der bayrische Architekt Leo von Klenze »restaurierte« 
14 einige Säulen des Parthenon mit traurigem Flickwerk, und der 
preußische Architekt Karl Friedrich Schinkel ersah sich gar den 
Felsen Athenas zum Sitz eines feenhaften Königspalastes, dessen 
Hof der Parthenon schmücken sollte! Nützlicher war die Reinigung 
der Burgfläche von Häusern und Schutt und die Aufräumung 
des Aufganges zu den Propyläen, Arbeiten, die unter Leitung 
des holsteinischen Gelehrten Ludwig Roß als Konservators der 
Altertümer ausgeführt wurden. Dabei gelang ihm und seinen 
architektonischen Beiständen, Eduard Schaubert aus Schlesien und 
Christian Hansen aus Kopenhagen, eine wirkliche Wiederherstel- 
lung: Block für Block wurden aus der türkischen Bastion, die einst 
gegen Morosini errichtet worden war (S. 10), die Bestandteile des 



Olympia. Die Akropoiis. Die Archac^ogische Gesellschaft 49 

16 kleinen Tempels der Athena Nike herausgeschält und daraus 384 
der Tempel auf seiner turmartigen Warte aber dem Buiigeingange 
neuaufgebaut (1835). Auch sonst brachten die AuMumungen 
viel Verborgenes zutage, zahlreiche Inschriftblöcke, die die Kunst- 
geschichte bereicherten und berichtigten, und viele Fragmente von 
Skulpturen, besonders vom Friese des Parthenon, darunter nament- 

46 lieh ein ungewöhnlich gut erhaltenes Stfick aus der Göttergruppe 372 
des Ostfrieses. 

Zum Schaden der archäologischen Interessen sah sich Roß 
schon im Jahre 1836 genötigt seine Stelle niederzul^en. Sie 
ging auf Kyriakös Pitiakes fiber, einen fleißigen und wachsamen, 
aber ungebildeten und kleinlichen Hfiter der ihm anvertrauten 
Schätze. Er setzte die Aufraumung der Buig fort und barg die 
Funde äberdnandergdiäuft in den türkischen Zisternen; aus den 
zerstreuten Blöcken des Erechtheion richtete er dessen Mauern 
wieder auf und stellte die Korenhalle wieder her; unterhalb der 
Propyläen sorgte er für eine plumpe Aufgangstreppe. Im übrigen 
Erschöpfte sich sein Interesse in der Herausgabe neugefundener 
Inschriften. Die epigraphischen Interessen standen zunächst auch 
gan2 im Vordergrunde ffir die Archäologische Gesellschaft, 
die im April 1837, fast gleichzeitig mit der Gründung der Uni- 
versität, im Parthenon eröffnet ward; fast drei Jahrzdmte dauerte 
es, ehe sie archäologische Aufgaben in Angriff nahm. So ward 
der bemericenswerteste Skulpturfund dieser Zeit (1846) dem Zu- 
fall verdankt, und seine Ausbeute, der hocharchaische sogenannte 

38 Apollon von Tenea, gelangte in den Besitz des österreichischen 286 
Gesandten Prokesch von Osten, der die Statue sieben Jahre später 
der Münchener Glyptothek überließ. Inzwischen waren es eben- 
falls Fremde, die sich archäologischen Arbeiten widmeten. Der 
englische Architekt F. Q Penrose nahm 1846/47 in Verbindung 
mit Knowles mit unübertrefflicher Genauigkeit den Parthenon 
und die Propyläen auf; besonderes Aufsehen erregte Penroses 
minutiöse Feststellung der Horizontalkurven am Parthenon, die 
sein Landsmann Pennethome 1837 zuerst bemerkt hatte. Unge- 
fähr zu gleicher Zeit war der französische Architekt Paccard mit 
einer Restauration des Parthenon beschäftigt, die dem groß an- 

Michaellt, Die archlologischen Cntdeckunseii. 4 



50 HI. Die Wiedergewinnung Griechenlands 

gelegt/ aber leider im Beginn stecken gebliebenen Werke des 
Grafen L&)n de Laborde fiber diesen Tempel und seine Skulpturen 
zugute kommen sollte. Um das Erechtheion mähte sich bald 
darauf in gleicher Weise der Architekt T^taz, ohne das Lösungs-* 
wort fflr den Ratseibau zu finden. 

WIhrend so auf der Burg Engländer und Franzosen an der 
Arbeit wareti und die Universitätslehrer RoB und H. N. Ulrichs 
die griechischen Länder in weitem Umfange bereisten, RoB nament- 
lich die griechische Inselwelt bis nach Rhodos, ja bis nach Kypros, 
der Wissenschaft neu erschloB, spielte hinter den Kulissen ein 
eifriges diplomatisches Getriebe zwischen den Schutzmächten RuB- 
land, England, Frankreich. Dem Gesandten der letzteren Macht, 
dem alten Philhellenen Piscatory, gelang es endlich im September 1 846 
die Gründung einer französischen Schule durchzusetzen, mit 
dem Sitz in Athen und mit der Aufgabe, die Sprache, die Ge- 
schichte, die Altertflmer Griechenlands an Ort und Stelle zu 
erforschen. Es veif[ingen einige Jahre, die bemerkenswerte Re- 
sultate sich zeigen konnten. Die Leitung war zunächst nicht 
zielbewuBt genug; die vielen Reisen der Mitglieder erzielten mehr 
allgemeine Orientierungen. GroBes Aufsehen err^en die Auf- 
deckungsarbeiten, die ein Zögling der Schule, der spätere Unter- 
richtsminister Emest Beul£, im Winter 1852/53 unterhalb des 
Propyläenaufganges vornahm. Sie führten zur Entdeckung der 
>pofie Beutest die man zunächst nicht abgeneigt war der peri- sesf. 
kleischen Perlode zuzuschreiben; fortgeschrittene Untersuchung 
hat darin einen Flickbau etwa antoninischer Zeit zwischen zwei 
älteren Türmen erkannt Neben Beul^ dessen Buch über die 
Akropolis (1853) zwischen Wissenschaft und Popularisierung die 
Mitte hält, traten früh Lk)n Heuzey und Georges Perrot als 
hervorragende Beobachter und Forscher hervor; Heuzeys Buch 
über den Olymp und Akärnanien (1860) war die erste wissen- 
schaftliche Leistung von Bedeutung, die von der französischen 
Schule ausging. Beiden Männern werden wir später wieder be- 
g^nen. 



Die Französische Schule in Athen 51 

Die erste Hälfte des Jahrhunderts hatte die griechischen 
Lander Europas der Wissenschaft erschlossen, die Grundlagen 
neuer Erforschung waren gewonnen. In der damals eingetretenen 
Pause neuer Ausgrabungen hatte die zünftige Archäologie Zeit, 
das bisher Gewonnene zu bearbeiten und die Bruchstücke einst- 
weileuy so gut es gehen wollte, zu einem Ganzen zusammenzu- 
fügen. 



IV 

DIE GRABSTÄTTEN ETRURIENS UND 

DIE ANTIKE MALEREI 




n den vorigen beiden Kapiteln war fast ausschließlich von 
Architektur und Skulptur die Rede; die Malerei war nur 
in den Wandgemälden Herculaneums und Pompejis ge- 
Ic^[entlich hervorgetreten (S. 8). In diesen erblickte man damals im 
wesentlichen Bel^^ der Kunst der römischen Kaiserzeit, der sie ja 
in der Tat meistens ihre Entstehung verdanken. Drüber hinaus 
zum Griechischen fährte nur die Betrachtung des Inhaltes , be- 
kanntlich zum größten Teil griechischer Mythen; nur in einzelnen 
Fällen wurden die Gemälde an literarisch bekannte Werke der 
griechischen Malerei angeknüpft, wie beispielsweise eine kleine 
reliefartig komponierte Darstellung der Marsyasfabel an ein Ge- 
mälde des Zeuxis. Was von den Malereien auf griechischen 
Tongefäßen, meist unteritalischen Fundortes, in den ersten Jahr- 
zehnten des Jahrhunderts veröffentlicht war, war nicht eben viel, 
überdies stilistisch ungetreu abgebildet. Sir William Hamiltons 
in Neapel erworbene, dann 1772 dem Britischen Museum ver- 
kaufte Vasensammlung hatte wohl auf Wedgewoods Geschirr- 
fabrikation Einfluß gewinnen können, so daß »griechische«, 
»etruskische« oder gar »pompejanische« Vasen ein beliebter Mode- 
artikel wurden, aber die wissenschaftliche Verwertung für die 
griechische Malerei und ihre Entwickelungsgesdiichte ward ver- 
schüttet unter einem Wüste dilettantischer und phantastischer 
Traumgebilde, die lediglich dem Inhalte der Darstellungen galten 
und darin mystische Geheimnisse verborgen wähnten, wie sie der 



Überreste antiker Malerei. Die Römischen Hyperboreer 53 

damals geltenden Vorliebe fflr Creuzeische Religionsmischerei und 
pseudowissenschaftliche Romantik entsprachen. 

Eine Änderung sollte von einer Seite kommen, von der man 
sie am wenigsten erwarten konnte. Nicht auf griechischem, sondern 
auf dem »balkarischen« Boden Etruriens sollte die griechische 
Afaderei ihre Auferstehung feiern, und Rom war der Ort, von wo 
diese neue Wendung beobachtet werden sollte. 

In Rom hatte sich 1816 Stackeiberg niedergdassen, um bei 
reidieren Hilfsmitteln und in anger^er Umgebung sein Werk 
über den Apollontempel von Bassä und andere Frfichte seines 
griechischen Aufenthaltes auszureifen. Bald schloß er innige Freund- 
schaft mit seinem »Pylades« August Kestner, dem vierten Sohn 
von »Goethes Lotte«, der in Rom als hannoverscher Diplomat 
lebte und starke künstlerische Neigungen hatte, auch ein eifriger 
Sammler war. Zu ihnen gesellte sich einige Jahre später der 
bedeutend jüngere Eduard Gerhard aus Posen, ein tüchtiger 
Schüler Böckhs, dabei von Creuzer beeinflußt Ein Augenleiden 
hatte ihn zuerst 1820 nach Italien geführt und ihm die brennende 
Sdmsucht der Rückkehr hinterlassen. Diese fand 1822 statt. 
Damals war noch der Neubegründer der römischen Geschichte, 
Niebtthr, preußischer Gesandter am päpstlichen Stuhle, der zweite 
jener stattlichen Reihe (Humboldt, Niebuhr, Bunsen), durch die 
nach einem geistreichen Worte Amperes nicht Preußen bei der 
Kttri^ sondern die Wissenschaft bei dem alten Rom vertreten 
war. So ward denn auch Gerhard für die von Niebuhr ge- 
plante »Beschreibung der Stadt Rom« gewonnen. Aber be- 
deutendere Früchte sollte die Freundschaft Gerhards mit Stackd- 
bei^ und Kestner zeitigen; sie ward durch Bröndsted, Stackdbergs 
griechischen Genossen, vermittelt, der damals einige Jahre als 
dänischer Geschäftsträger in Rom lebte. Als dann 1823 noch 
der Schlesier Theodor Panofka, ein ebenso begabter und an- 
regender wie methoddoser Gdehrter, hinzukam, schlössen sich 
die vier Freunde bald zu einem Verdn »Römischer Hyper- 
boreer« zusammen, die gemeinsam bald Pausanias oder 
Sophokles lasen, bald die wdtzerstreuten Antiken Roms und der 
Umgegend erforsditen. 



54 IV. Die Orabstatten Etrarieiis iidd die antike Malerei 

Die vier Hyperboreer waren gar ungleiche Genossen. Kestner 
stand den wissensdiafttichen Studien am fernsten, ließ sich aber 
gern ffir alles Schöne und Eriiabene begeistern. Stackdbeiig war 
die kfinstlerischste Natur, mit einem starken Zusätze grQbelnder 
Mystik, ein feiner, fast zu d^^anter Zdchner. Panofka wußte 
durch die Ld>haftigkdt seiner Einfille anzur^en und gewann 
leicht Einfluß auf weitere Kreise, namentlich auf Franzosen, die 
an seinen jeux d'esprit Gefallen fanden. Die gründlichste wissen- 
schaftliche Kraft unter den Vieren war Gerhard. Mochte auch 
die Unbefangenhdt seiner wissenschaftlichen Forschung durch 
dn frühzdtig fes^estdltes System beeinträchtigt werden: was ihm 
seine große Bedeutung gab, war die klare Einsicht in die Be- 
dürfnisse der Wissenschaft und das mit zäher Energie gep^rte 
Organisationsgeschick, mit dem er Personen und Mittd für sdne 
Ziele zu gewinnen und zu verwenden verstand. Gerhard war 
es vor allen, der mit Staunen den ungeheuren Reichtum noch 
vorhandener bildlicher Zeugnisse des Altertums wamahm, die vor 
ihm vielleicht nur Zoega allseitig erkundet hatte; vollends als zu 
den römischen Antiken bald die nur erst so wenig bekannten 
Schatze Neapels, Großgriechenlands^ Siciliens traten. Was wollten 
dieser Fülle g^enfiber die wenigen Denkmäler bedeuten, die 
entweder in den populären Bilderbüchern Millins und Hirts oder 
selbst in der noch leicht übersehbaren wissenschaftlichen Literatur, 
zuletzt den Werken Viscontis und Zoegas, abgebildet vorlagen! 
So gestaltete sich die neugewonnene Einsicht in »die grenzenlose 
Erweiterungsfähigkeit des archäologischen Materials« nach Gerhards 
Wdse zu dem Spruche: monamentorum artis qui anam vidit 
nuUum vidit, qui milia vidit unum vidit. Hier galt es vor allem 
Abhilfe zu schaffen. 

Dies geschah in zwiefocher Weise. Einmal kam es darauf 
an, den Antikenbesitz der Museen durch zuverlässige und sach- 
kundige Kataloge festzustellen, eine Aufgabe, deren sich Gerhard 
alldn für den Vatikan^ zusammen mit Panofka für das wenig be- 
kannte Neapler Museum unterzog. Die zweite und, weil sie 
zdchnerischer Kräfte bedurfte, schwierigere Aufgabe bestand im 
Zusammenbringen und Veröffentlichen von Abbildungen, die den 



Gerhard. Aufnahme des Materials. Etnirien 55 

Kreis der Anschauungen über den bisher vorhandenen Rahmen 
hinaus erweitem sollten. Gerhard wußte teils in Berlin , wo 
Aen an der Vollendung des Museums gearbeitet ward, Mittel 
zur Beschaffung eines Apparates von unedierten Zeichnungen 
flüssig zu machen, teils gewann er den Cottaschen Verlag zur 
Herausgabe eines großen, auf 500 Foliotafeln berechneten Werkes 
»Antike Denkmäler«, das leider, nicht durch Gerhards Schuld, 
ins Stocken geriet, ehe es ein Drittel des geplanten Umfanges 
erreicht hatte. Dabei traten wohl manche Schwächen von Ger- 
hards wissenschaftlicher Richtung hervor, das ausschließlichelnteresse 
für den Inhalt der Kunstwerke, besonders den mythologischen, und 
die Vorliebe für manche entlegene Gattungen, wie z. B. oft recht 
formlose Tonfiguren, denen man wenigstens den Vorwurf »nur 
schön zu sein« nicht machen konnte. Aber darüber darf der 
Grundgedanke nicht übersehen werden, der Archäologie eine 
neue breitere Grundlage zu schaffen. 



Während solche Pläne in Gerhards Sinne keimten und all- 
mählich reiften, lernte er 1824 zuerst Etrurien kennen. Das 
Land der alten Etrusker war seit fast hundert Jahren bei den 
Altertumsforschem in Verruf gekommen durch die überschweng- 
lichen Bemühungen einer lokalpatriotisch beschränkten Qique, 
der sogenannten Etruscheria, ihre Heimat in alter Zeit als dn 
Musterland aller Vollkommenheiten hinzustellen. Die Hochflut 
dieser Bew^[ung war längst vorbei; zwei achtbare Gelehrte, Micali 
und Inghirami, bemühten sich eben jetzt die antiken Denkmäler 
Etruriens zusammenzustellen und in angemessenere Beleuchtung 
zu rucken. Gerhard war aber doch erstaunt über den unerwarteten 
Reichtum des Landes von Kunstwerken in öffentlichem und in 
Privatbesitz. Besonders waren es zwei dem alten Etrurien eigene 
Gattungen von Kunstwerken, die, so unscheinbar und künstlerisch 
meistens unerfreulich sie auch waren, doch durch ihren Inhalt sein 
Interesse err^en: die Metallspi^el mit eingeritzten Zeichnungen 426 
auf der Rückseite, und die mehr oder weniger kubischen Aschen- 
kisten {ume) mit meistens mythologischen Reliefs, nicht selten in 666 



56 IV* Die Orabsiäiten Etruriens und die antike Malerei 

vollem Farbenschmuck. Von beiden Qaitungen sammelte er 
Zeichnungen, von jenen auch sdir viele Originale, die sich jetzt 
im Berliner Museum befinden. 

Zu diesen beiden, bisher wenn auch nicht ganz unbekannten, 
so doch wenig beachteten DenkmSlerklassen gesellte sich nun 
im Jahre 1827 etwas ganz Neues. In Cometo, dem alten Tar- 
quinii, traten in mehreren neu geöffneten Orabkammem falten- 
reiche Wandgemälde zutage. Die Kunde gdangte alsbald nach 
Rom. Gerhard war in Deutschland, aber Stackdberg und Kestner, 
denen sich der Architekt Thfirmer anschloß, eilten hinaus und 
verwandten mehrere Wochen darauf, die ganzen figurenreichen 
Wände von vier Orabkammem in farbigen Zeichnungen zu kopieren; 
die größte der Kammern, die sogenannte groUa dal corso deUe 648 
bighe, fiel Stackdberg als dem kuns^feöbtesten Zeichner zu. Leider 
schdterte die alsbald in Angriff genommene Herausgabe der 
44 großen Tafeln, nachdem sie bereits auf Stein gezeichnd waren, 
an der gleichen Nachlässigkdt wie die Vollendung von Oerhards 
Antiken Bildwerken. Die farbigen Originalblätter sind auf allerld 
Umw^en in den Besitz des Kunstarchäologischen Instituts der 
Universität Straßburg gdangt; nur ganz unzulängliche Abbildungen 
sind erschienen. Die Oemälde sdbst aber sollten nicht lange 

93 allein bleiben. Bald traten in Comdo neue Orotten mit Wand- 645/7 
maiereien hinzu; dann öffneten sich ähnliche Oräber in Chiusi, 

93 in Veji, später in Cervderi und Orvido. So bildde sich all- 643f. 
mählich eine lange Reihe von Wandmalereien, die in leidlicher 
Vollständigkeit die Entwickdung dieses Zweiges der etruskischen 
Kunst dwa von dem Anfang des 6. bis zum Anfang des 4. Jahr- 
hunderts vor Augen stditen. Allerlei Einzelheiten und Rohdten, 
dazu der oftmals staric hervortrdende Naturalismus, der an den 
verismo der toskanischen Kunst des Quattrocento erinnerte und 
als bodenständig erscheinen durfte, ließen zunächst in diesoi 
Malerden nur das etruskische Element hervortrden, zumal da die 
bdid)ten Szenen des täglichen Lebens den Oedanken an die 
mythischen Stoffe der griechischen Kunst fem hidten. Aber in 
alleriei Abstufungen brach sich mehr und mehr die Oberzeugung 
Bahn, daß den etruskischen Bildern fast durch w^ griechisdie 



; Etniskisdie Orabgemälde. Das Archäologische Institut 57 

Voi1>i[der und griechische Anregungen zugrunde lagen. Diese 
Erkenntnis war um so wichtiger, als uns von rein griechischen 
Wandmalereien so gut wie nichts erhalten ist Es eröffnete sich 
also hier ein Einblick in die Entwickelung der griechischen 
Malerei, wenn auch sozusagen in einem etruskischen Spiegel 
gebrochen. Aber je mehr die Nachrichten aber die griechische 
Malerei erforscht, je mehr auch noch auf anderen W^en eine 
Anschauung ihrer Werke eröffnet ward, desto deutlicher stellte 
sich heraus, daß die Hauptstadien ihrer Entwickelung während 
ungefähr zwei Jahrhunderten sich in der Tat in jenem etrus- 
kischen Seitenzweige wiederholten. So warfen die etruskischen 
Gräber Licht in eine dunkle Partie der griechischen Kunst Das 
Licht sollte bald noch heller leuchten. 



Während die Erde sich den Römischen Hyperboreern günstig 
erwies, plante Gerhard eine neue wissenschaftliche Organisation 
im Einverständnis mit dem ebenso kunstsinnigen wie freigebigen 
Herzog von Luynes, als dieser auf einer Reise (1825) jenem Kreise 
näher getreten war. Es galt nichts geringeres, als einen Verein 
aller Archäologen zu gründen, mit wissenschaftlicher Zeitschrift 
und großer Veröffentlichung von Denkmälern. Paris sollte der 
Mittelpunkt sein. Allein der Plan scheiterte an allerlei Hinder- 
nissen und schien aufgegeben. Gerhard war jedoch nicht der 
Mann, etwas als richtig und nützlich Erkanntes so leicht fallen 
zu lassen. Allen Schwierigkeiten zum Trotz hielt er, der allein 
mit Kestner von den alten Freunden in Rom zurückgeblieben 
war, an dem Grundgedanken fest und wußte die italienische 
Reise des Kronprinzen Friedrich Wilhelm von Preußen im Jahre 1828 
dazu zu benutzen, daß unter dessen Protektorat und unter Bunsens 
Mitwirkung an Winckelmanns Geburtstage 1 828 in Rom die Grün- 
dung des »Institutes für archäologische Korrespondenz« 
beschlossen ward. Bunsen, Gerhard und Kestner, Carlo Fea, dessen 
Jugend noch in Winckelmanns Zeit zurückreichte, und Thorvaldsen, 
dnst der Zögling Zoegas^ waren die fünf ßegnmder, die am 
21. A|»il (dem »Geburtstage Roms«) 1829 die erste Sitzung des 



58 IV. Die Orahstaiten Etrariens und die aoiike Malerei 

neuen Institutes zusammenberiefen. Es ist nicht dieses Ortes; die 
Geschichte dieser internationalen Anstalt zu verfolgen, die etwa 
dreißig Jahre hindurch als bloB privater Verein durch ihre r^d- 
mäBigen Publikationen, durch ihre Sitzungen, durch eine Fülle 
au^estreuter Anr^[ungen den größten Einfluß auf die archäologische 
Wissenschaft ausgeübt hat Die besten Kräfte aller Länder ge- 
hörten dem Institut an, aber seine Seele war Eduard Gerhard, 
der von nun an allgemein als der rechte Organisator der Archäologie 
angesehen ward. Auch als Konservator seiner Anstalt bewährte 
er sich in mancherlei auftauchenden Gefohren. 

Es war ein freundliches Geschick, das dem neugeborenen 
Institut alsbald ein überaus wertvolles Angebinde in die Wi^e 
legte. Wiederum öffneten sich die Gräberfelder des südlichen 
Etruriens und spendeten, außer neuen Wandmalereien, eine Unzahl 
bemalter Tongefäße, die wir gewohnt sind mit italienischem 
Namen als Vasen zu benennen. Bemalte Vasen, zum Teil mit 
griechischen Inschriften, waren schon seit lange nichts Unbekanntes. 
Namentlich Unteritalien hatte aus seinen Gräbern viele an den 
Tag gefördert Später war namentlich Apulien mit seinen großen 
92 Prachtirasen aus Canosa, Ruvo und anderen Fundorten hervor- 42^ 
getreten. Im Jahre 1828 nun, zu derselben Zeit, wo in Cometo 
die ersten Wandgemälde ans Licht traten, waren in dem benach- 
barten Vulci, auf einem Gute Lucian Bonapartes, des Fürsten von 
Canino, zum erstenmal Gräber mit bemalten Vasen zum Vorschein 
gekommen. Die ersten Ergebnisse waren heimlich beiseite ge- 
schafft worden, aber bald ward in der weitausgedehnten Nekropole 
der alten Stadt Vulci von den glücklichen Besitzern des Bodens 
nach Vasen geschürft Der Erfolg grenzte ans Unglaubliche. 
Gerhard war sofort zur Stelle. Ein Bericht, den er im Mai 1829 
an den Preußischen Staatsanzeiger sandte, bietet eine anschauliche 
Schilderung. 

»Eine verödete, zwischen den kleinen Städten Canino und Montalto 
gelegene Strecke von fast sechs Miglien Weges hat sich erst im Verfolg 
der besprochenen heimlichen Funde als ein großer etniskischer Oräber- 
platz, vielleicht einer alten Stadt Vuld, bekundet, dessen unscheinbare, 
mehr oder weniger dicht unter der Oberfläche befindliche Grotten von 
den schönsten griechischen Vasen und Vasenbildera erfüllt sind. An 



Die Vasenfunde von Vuld 59 

allen Punkten dieser ausgedehnten Stredce, an der außer dem Prinzen 
von Canino noch zwei Besitzer, die Herren Candellori und Feoli, be- 
teiligt sind, ist bisher unablässig und mit glücklichstem Erfolge nach- 
gegraben worden; mit größtem Aufwand und reichster Ausbeute von 
dem Prinzen, der den größten Teil jener Orundstficke besitzt Außer 
den Hirten der ganzen Gegend waren seit dem November vorigen 
Jahres taglich hundert Arbeiter mit regelmäßigen Ausgrabungen be- 
schäftigt, die unter seiner persönlichen Leitung geführt wmden. Eine 
bedeutende Anzahl bemalter Gefäße und Schalen war die tägliche Frucht 
dieser Ausgrabungen; viele fanden sich heil, die Mehrzahl der übrigen 
ward unverzüglich an Ori und Stelle zusammengesetzt Der Bericht- 
erstatter, der als Augenzeuge spricht, kann des wunderbaren Schauspiels 
nicht vergessen, das ihm zuerst auf der Höhe von Campomorto (dem 
Ausgrabungsorte des Herrn Feoli) aus dem Anblick der in der nahen 
Ebene vom mächtigen Grabhügel in ihrer Mitte [la Cacumella] nach 
jeder Seite hin vielfach zerstreuten Ausgrabungen erwuchs und bei 
näherer Betrachtung auf die überrasdiendste Weise gesteigert wurde. 
Zwischen den einzelnen Scharen fem her gekommener Arbeiter, meistens 
Abbruzzesen und Romagnolen, die unter verschiedene Befehlshaber 
ihrer Provinz verteilt blieben, bildeten drei Zelte den Mittelpunkt für 
den unablässigen Zufluß frisch gefundener, noch von der Erde be- 
deckter und befeuchteter Vasen und Vasenscherben. In dem Zelte, 
das dem Prinzen und seiner Familie tagtäglich diente, wurden sofort 
Versuche der Zusammensetzung angestellt, die vereinten Stücke gesondert 
nach Musignano, dem Landhause des Prinzen, geschickt und mehreren, 
nach längerer Übung bereits wohlerfahrenen Restauratoren übergeben. 
Deren Arbeit schritt Tag und Nacht vorwärts; der Referent sah mit 
Staunen eines Morgens zwei große und schöne Vasen zusammengesetzt, 
deren Scherben er am Nachmittag vorher auf dem Ausgrabungsplatz 
erblickt hatte. Der Prinz gab sich diese ganze Zeit hindurch einzig 
den merkwürdigen Entdeckungen seines Bodens hin, der ihm innerhalb 
wenig Monaten eine der auserlesensten Vasensammlungen lieferte, die 
wir überhaupt kennen, und die Betrachtung jener wunderbaren Er- 
scheinungen und E)enkmäler fesselte ihn hinlänglich, um sich auch in 
das Gebiet ihres erklärenden Verständnisses zu begeben.« 

Die leise Ironie dieser letzten Wendung würdigt, wer weiß, 
daß der Fürst von Canino, von seinem Hauskaplan Padre Maurizio 
inspiriert, beispielsweise in dem Dionysos einer Schale, der im 
Schiffe mit rebenumsponnenem Mast übers Meer fährt, den Wein- 
erfinder Noah erkannte, den Namen des Töpfers Exekias für 
hebräisch (Ezechiel) erklärte und in den Sprüngen, die der Firnis 
am Rande der Schale beim zu scharfen Brennen des Tons erlitten 



60 IV. Die Grabstätten Etniriens und die antike Malerei 

hat, hieroglyphische Zeichen, vermutlich aus der Zeit der Sintflut, 
erblickte. 

Der Oeneralbericht, den Gerhard 1831 über diese ganzen 
Funde in den Schriften des Instituts erstattete, der als Muster 
ebenso knapper wie vollständiger und klarer Berichterstattung be- 
rühmt gewordene Rapporto volcente, legte einen neuen festen 
Grund für die Wissenschaft von den antiken bemalten Vasen. 
Diese neue Klasse von Denkmälern aber trat für längere Zeit 
in der Archäologie so stark in den Vordergrund, daß der Spott 
über das IstUato dei vasi und die science des pots casses nicht 
wohl ausbleiben konnte und vielleicht noch heutzutage nicht 
ganz verstummt ist Was war es denn, das diesen unscheinbaren 
Erzeugnissen des Kunsthandwerkes einen so großen Wert verlieh? 

Zunächst eben der erneute Einblick in die Vollendung des 
antiken Kunsthandwerks, die schon bei der Entdeckung von 
Herculaneum überrascht hatte (S. 8). Wenn es sich aber dort um 
das verfeinerte Erzgeräte der hellenistischen Zeit gehandelt hatte, 
so kam hier attisches Tongerät in seiner vornehmen Einfachheit 
zum Vorschein. Eine große Mannigfaltigkeit herrscht in den 
Formen, die je nach dem Zwecke der Gefäße — zum Aufbe- 
wahren, zum Mischen, zum Schöpfen, zum Trinken des Weines — 
in große Klassen sich teilen lassen, darin aber bedeutende Ver- 
schiedenheit im einzelnen aufweisen und die zeifliche Entwickelung 
der einzelnen Gattungen deutlich verfolgen lassen. Was aber 
allen diesen Gefäßen ihren besonderen Stempel aufdrückt, das 
ist die unlösliche Verbindung größter Zweckmäßigkeit mit mög- 
lichst einfacher, möglichst dem Zweck sich anschmi^ender Form. 
Wie der Natur abgelauscht, ohne eine Spur jener Willkür in der 
Formgebung, die dem modernen Kunsthandwerk so leicht an- 
haftet, stellt sich eine solche antike Vase als ein harmonischer 
Organismus dar, und wenn irgendwo, so ist hier das Wort an 
seiner Stelle: »Des Körpers Form ist seines Wesens Spiegel; 
durchdringst du sie, löst sich des Rätsels Siegel«. 

Mehr noch als die Form, bot der Inhalt der bildlichen 
Darstellungen, die die Gefäße zu schmücken pflegen, den Archäo- 
logen aller Nationen reichen Stoff für wissenschaftliche Erforschung, 



*,' 



Die Bedeutung der griechischen Vasen 61 

ja diese Seite trat, der gesamten damaligen Richtung der Wissen- 
schaft gemäß, zunächst stark in den Vordergrund. Und in der 
Tat war die Bereicherung der mythologischen Darstellungen außer- 
ordentlich groß. Nicht bloß, daß bereits geläufige Mythen in 
neuen Wendungen erschienen, so daß ihre allmähliche Entwickdung 
oder ihre älteren verschollenen Formen sich verfolgen ließen, sondern 
es traten auch nicht wenige Mythen, von denen die literarische 
Überlieferung keine oder nur eine blasse oder irrefährende Spur 
darbot, unerwartet als überaus populäre Sagen ans Licht So er- 
hielt die Disziplin, die man als Kunstmythologie zu bezeichnen 
pfl^ völlig neuen Umfang und neue Bedeutung. Auf Mytho- 
logie war ja die damalige Wissenschaft, nicht bloß Gerhard (S. 55), 
vorzugsweise gestellt. Erst allmählich und mdir von einzelnen 
wurden auch die zahlreichen Darstellungen näher gewürdigt, die 
uns einen reichen und vielfach höchst anziehenden Einblick in 
das tagliche Leben der Athener gewähren. 

Einen dritten Gesichtspunkt stellte alsbald Gerhards Rapporto 
volcente ins Klare, indem er die Wichtigkeit des neuen Materials 
für die Geschichte der antiken Malerei hervorhob. Die Geschichte 
der älteren Malerei ist wesentlich Geschichte der Tonmalerei; be- 644 
malte Tonplatten, wie sie als Wandverkleidung in ein paar alter- 
tümlichen Grabkammern Cerveteris zum Vorschein gekommen sind, 
vertreten die ältesten Tafelbilder. Vor Gerhards kritischem Blicke 
schieden sich die Vasenmalereien deutlich in vier zeitlich aufeinander 
folgende Hauptgruppen: eine älteste »orientalisierende« Gattung; 264 
88 ein Silhouettenstil mit schwarzen Schattenrissen auf rotem Grunde; 297 
88/90 rote Figuren auf schwarzem Grunde in mancherlei Abstufungen; 309/12 
dazu kommt, in Etrurien nicht vertreten, desto häufiger in Unter- 429 f. 

IV 5 

Italien (Apulien und Lucanien), eine malerische, mit mehr und ' 
bunteren Farben auf der Grundlage des rotfigurigen Stiles sich 
entwickelnde Gattung. Diese Einteilung gilt bis auf den heutigen 
Tag, so vieles auch im einzelnen genauer erkannt worden ist und 
so sehr sich auch unsere Kenntnis der älteren Stile erweitert hat. 
Aber noch eine vierte wichtige Frage heischte Antwort; 
durfte man denn die in etruskischen Gräbern gefundenen Vasen- 
gemalde für Erzeugnisse der griechischen Malerei halten und sie 



62 IV. Die Orabsiaiten Eirariens und die antike Malerei 

ffir deren Entwickehingsgeschichte verwerten? Trotz dem griechi- 
schen Stil, dem griechischen Inhalt, den griechischen Inschriften 
ward dies keinesw^fs sogleich allgemein anerkannt In Griechen- 
land selbst waren nur vereinzelte Vasenfunde gemacht worden; 
das meiste davon ward erst 1837 aus Stackdbergs Nachlaß von 
Gerhard veröffentlichi Freilich für etruskischen Ursprung er- 
klärte sich nur der Lokalpatrotismus einzelner italienischer Ge- 
lehrten; aber waren es etwa griechische Ansiedler in Etrurien, 
von denen diese Gefäße herrührten? Oder waren sie auf dem 
Wc^e des Imports von Griechenland (an Athen dachte zuerst, 
wenn auch schwankend, Karl Otfried Müller) dorthin eingeführt 
worden? Diese und ähnliche Fragen wurden eifrig erörtert und 
in gar verschiedenen Schattierungen beantwortet Das klärende 
Wort kam von philologischer Seite, von Gustav Kramer (1837), 
der w^en seiner Strabonstudien sich längere Zeit in Rom auf- 
gehalten und mit dem Archäologischen Institut Fühlung gewonnen 
hatte. Von dem paläographischen Charakter der Inschriften aus- 
gehend sprach er die »orientalisierenden« Vasen größtenteils den 
Korinthem, die schwarz- und rotfigurigen den Athenern zu, ja 
auch die Herkunft der sogenannten unteritalischen Vasen male- 
rischen Stils suchte er in Athen. Kramer fand vielfachen Wider- 
spruch. Seinen Ansichten verschaffte erst siebzehn Jahre später 
Otto Jahn allgemeine Geltung durch die ausführliche Nachprüfung 
in der Einleitung zu seiner »Beschreibung der Münchener Vasen- 
sammlung« (1854), nur daß Jahn den Ursprung der malerischen 
Vasengattung von Athen nach Unteritalien verlegte. Für die 
Chronologie der Vasen glaubte Jahn nach dem damaligen Stande 
unserer Kenntnis von griechischer Paläographie annehmen zu dürfen, 
daß die schwarzfigurige Klasse einer Periode angehöre, deren untere 
Grenze, nach der Schrift zu schließen, bis etwa zum B^inn des 
peloponnesischen Kri^es reiche, daß die rotfigurige Art aber 
lange nebenher gelangen sei. Ihre Anfänge sollten danach schon 
vor die Perserzeit (480) fallen; der »strenge« Stil beherrsche im 
ganzen das 5. Jahrhundert, der »schöne« Stil komme etwa mit 
dem Ende dieses Jahrhunderts auf und herrsche im vierten. 
Diese Andeutungen mögen genügen das Interesse zu erküren^ 



Die Vasenklassen. Das pompejaniscfae Alexandermosaik 63 

dem die Volcenter Funde und was sich daran anschloß fiberall 
in der archäologischen Welt begegneten. Aber bei alledem blieb 
es doch nur Kunsthandwerk und konnte die Sehnsucht nach einer 
Anschauung der großen griechischen Malerei nicht stillen. Auch 
diesem Wunsche ward seine Behiedigung durch die Entdeckung 
94 des großen Mosaiks der Alexanderschlacht in der casa del sog 
Fauno (oder wie man damals sagte, der casa dl Qoethe) in Pom- 
peji. Die Aufdeckung fiel in das gleiche Jahr 1831, in dem Ger- 
hards Rapporto volcente erschien. Freilich war es kein eigent- 
liches Gemälde, sondern nur die vermutlich alexandrinische Kopie 
eines solchen in Mosaik, aber die Komposition bot das Muster 
eines Schlachtbildes dar, insofern nicht ein Oberblick über die Be- 
w^^ngen großer Massen (die niemals ein deutliches Bild ge- 
währen können) angestrebt, sondern der entscheidende Moment 
des Zusammenpralls zwischen Alexander und dem Großkönig ge- 
wählt und zu deutlichstem Ausdruck gebracht worden ist; die 
folgende Niederlage kann keinem Beschauer zweifelhaft sein. Es 
ist ein Bild großen Stils, dessen Eindruck in Goethes Worten, 
kurz vor seinem Tode niedergeschrid>en, zu treffendem Ausdruck 
kommt: »Mit- und Nachwelt werden nicht hinreichen solches 
Wunder der Kunst richtig zu kommentieren, und wir genötigt 
sein, nach aufklärender Betrachtung und Untersuchung immer 
wieder zur einfachen reinen Bewunderung zurückzukehren.« 



Während um die Wende des 3. und des 4. Jahrzdmts Italien 
der Archäologie so bedeutenden neuen Stoff bescherte, boten dort 
die nächsten Jahrzehnte nur Einzelfunde. Zu den Männern, 
die in Toscana seit lange mit dem größten Eifer und mit gün- 
stigstem Erfolg Ausgrabungen betrieben, gehörte Alessandro Fran- 
(ois (1796/1857). In zahlreichen Nekropolen Etruriens hatte 
er seinen Spaten angesetzt, zehn Jahre lang untersuchte er für 
Nod des Vergers, den Schwiegersohn des bedeutenden Pariser 
Veriegers Firmin Didot, die alten Orte der Maremmenküste; mit 
ungewöhnlichem Geschick und sicherer Methode wußte er die 
richtigen Plätze zu bestimmen oder überhaupt zuerst die Lage der 



64 IV. Die Orabstätten Eiruriens und die antike Maleret 

Nelax>polen (z. B. in Pisa und in Volterra) aufzufinden. Seine 
beiden glücklichsten Entdeckungen lagen auf dem zuletzt behan- 
delten Gebiete antiker Malerei. Im Jahre 1844 fand er in einem 
Qrabebei Qiiusi, deraltetruskischen Hauptstadt Clusium, in zahllose 
Stucke und Stuckchen zersplittert und durch das ganze Grab verstreut, 
ein Prachtstuck antiker Töpferkunst und Tonmalerei, die nach ihm 
88 benannte Fran^oisvase, die einen Hauptschmuck des Etruskischen 277 f. 
Museums in Florenz ausmacht und auch aus der Zertrümmerung, 
die ihr kürzlich barbarische Roheit bereitete, fast vollständig wieder 
hervoi:g^;angen ist Man muß den Bericht des trefflichen Mannes 
lesen, um der Mühen, der Leiden und Freuden inne zu werden, 
unter denen der Fund gewönnen und gesichert ward. Das große, 
'/s Meter hohe Gefäß ist das Hauptbeispiel einer bis dahin kaum 
bekannten altattischen Vasengattung, etwa aus solonischer Zeit, 
und bildet den Übergang von der korinthischen zur schwarzf igurigen 
Klasse (S. 61). Füllte es somit eine Lücke in der Geschichte der 
Vasenkunst aus, so boten auch die vielen Streifen, mit denen der 
Bauch des Gefäßes umz(%en ist, eine überraschende Fülle aus- 
führlicher mythologischer Schilderungen in sorgfältigster Aus- 
führung dar; sie warfen Licht auf verlorene wichtige Kunstwerke 
der gleichen Periode, die sogenannte Lade des Kypselos und den 
Thron des Apollon von Amyklä bei Sparta, die wir nur aus der 
Beschreibung bei Pausanias kennen. 

Der andere Fund gelang Fran^ois gegen das Ende seines 
Lebens, indem er 1 857 gemeinsam mit Noel des Vergers in Vulci 
eine Grabkammer mit reichem und mannigfachem Gemäldeschmuck 652 f. 
entdeckte; er hatte die Stelle nach einer Reihe von Eichen ver- 
mutet, deren Nährboden, im Gegensatz zu dem rings anstehenden 
Felsboden, auf eine alte Kulturstätte schließen ließ. Die Bilder 
dieser grotta Frangois sind dadurch so berühmt geworden, daß 
sie in durchgeführtem Parallelismus blut^en Szenen aus der grie- 
chischen Heldensage solche aus etruskischen Sagen gegenüber- 
stellen. Diese Bedeutung ward freilich erst erkannt, als Otto Jahn 
die etruskischen Inschriften der letzteren Hälfte las und deutete. 
So trat Macstma (Mastarna), der Servius Tullius der Römer, mit 
seinen Genossen Caile und Avle Vipinas (Vibenna) ans Tages- 



Alessandro Fran^oid. Odysseebilder. Grab Regulini<}alassi 65 

licht, und auch die aus römischer Königslegende wohlbekannten 
Namen Tanchvil (Tanaquil) und Cneve Tarchnu Rumach (Qnäus 
Tarquinius aus Rom) fehlten nicht. Durch die Anknüpfung an 
ebiiskische Sage standen diese Bilder zunächst ganz vereinzelt da; 
erst spater haben sich einige ähnliche Darstellungen gefunden. 

Einen anderen Beitrag zur Anschauung griechischer Malerei 
lieferte die Hauptstadt Rom, indem 1848 beim Abbruch eines 
ärmlichen Häuschens in der Via Qraziosa am Esquilin eine lange 
bemalte Wand zum Vorschein kam, die etwa 1900 Jahre lang 
ihren Farbenschmuck frisch bewahrt hatte. Rote, perspektivisch 
gemalte Pilaster bildeten eine Art Galerie, von der aus sich zwischen 
95 den Pilastem der Blick in eine weite, mit Szenen der Odyssee 682 
belebte Landschaft, von dem Lästrygonenabenteuer bis zur Hades- 
fahrt, öffnete. Eine landschaftliche Komposition von solcher Aus* 
dehnung, ihre illusionistische Verwendung als Durchblick aus einer 
nur gemalten Galerie, das Wandelbild der von Feld zu Feld sich 
weiter entwickelnden Irrfahrten des Odysseus — all das war neu 
und harrte einstweilen der Einordnung in einen Zusammenhang, 
der sich erst später infolge weiterer Entdeckungen und ein- 
dringender Forschungen aufhellen sollte (s. u. Kap. VII). 

In ganz anderer Richtung, weit zurück ins graue Altertum, 
ffihrte eine Entdeckung, die im April 1836 bei Cerveteri, dem 
alten ehiiskischen Cäre, gemacht ward. Der Erzpriester Regulin! 
und der General Galassi hatten das Glück auf ein Grab von 
ebenso eigentümlicher Anlage wie ungewöhnlichem Inhalt zu 
stoßen. Ein langer Gang, nach dem System vorkragender hori- 
zontaler Steinlagen eingewölbt, gab sich schon hierdurch als sehr 
altertümlich kund, noch mehr aber trug das reiche Metallgerät, 
das ihn füllte, Erz, Silber und Gold, ein solches Gepräge. In 
Formen und Ornamenten wies es auf orientalischen Ursprung 
oder orientalische Vorbilder. Man dachte an die alte Handels- 
tätigkeit der Phönizier, wie sie uns die homerischen Gedichte 
schildern, und da manche Einzelheit geeignet war homerisches 
Gerät zu erklären, so gewann das Grab Regulini- Galassi 
eine bedeutende Wichtigkeit bei den Bemühungen uns von der 
homerischen Kunst ein bestimmteres Bild zu machen, ein Bild, 

Michaelis, Die archäologischen Enideckungen. 5 



66 IV. Die Grabstätten Etruriens und die antike Malerei 

das erst durch die an Schliemanns Namen geknüpften Entdeckungen 
(Kap. VIII) berichtigt worden ist. Der ganze Inhalt des Grabes 
gelangte in das Etruskische Museum, das eben in jenem Jahre 
Papst Gregor XVI. im Vatikan eröffnete, um einen großen Teil 
der Ausbeute Etruriens aus dem letzten Jahrzehnt darin zu ver- 
einigen. 

Endlich entbehrte auch die Skulptur in dieser Zeit nicht ganz 
bedeutsamen Zuwachses. In den dreißiger Jahren fand sich auf 
einem Besitztum der Familie Antonelli bei Terracina eine wohl- 
erhaltene Porträtstatue, die die Besitzer 1 839 dem Papste Gr^or XVI. 

62 schenkten. In ihr ward alsbald Sophokles erkannt. Es ist die 478 
vollendetste Bildnisstatue, die aus dem Altertum auf uns ge- 
kommen ist, die Mitte haltend zwischen der idealen Wiedergabe 

42 eines Periklesbildnisses und der naturalistischen Durchbildung 393 

62 einer Demosthenesstatue. Der Sophokles war für den Papst der 505 
würdige Anlaß zur Gründung eines neuen großen Antikenmuseums 

im lateranischen Palaste; einen weiteren Anstoß dazu gab ein 
kolossales Athletenmosaik, das in den Caracallathermen aufgedeckt 755 
worden war. Kaum minder bedeutend war die zehn Jahre später 
im Trastevere stattgefundene Entdeckung einer Athletenstatue, in 

63 der nach kurzem Schwanken der Apoxyomenos Lysipps erkannt 487 
ward. Die gute Kopie bot uns die erste sichere Anschauung 
lysippischer Kunst und bildete so für lange die feste Grundlage 
für ein genaueres Studium des letzten großen Meisters und Gesetz- 
gebers griechischer Plastik. 



Die meisten der aufgeführten Einzelfunde fanden ihre erste 
Veröffentlichung und Erklärung in den Schriften des Archäo- 
logischen Instituts. Unter der Leitung deutscher Sekretäre, 
mit pekuniärer Beihilfe der preußischen R^ierung und des Herzogs 
von Luynes (S. 57), waren etwa zwanzig Jahre hindurch deutsche, 
italienische und franzosische Gelehrte an seinen Arbeiten beteiligt, 
bis in dem bew^en Jahre 1848 die französische Sektion ihre 
Tätigkeit einstellte und den anderen beiden Nationen das Institut 
überließ, das außer durch seine Publikationen auch durch wöchent- 



Sophokles. Apoxyomenos. Tätigkeit d. Archäolog. Institutes 67 

liehe Sitzungen und durch eine allmählich wachsende Bibliothek 
mehr und mehr der Mittelpunkt der archäologischen Studien ward. 
In besonderem Maß erfuhren dies die jüngeren deutschen Ge- 
lehrten, die seit dem Ende der dreißiger Jahre Rom um gelehrter 
Zwecke willen aufsuchten. An deutschen Universitäten vorge- 
bildet, wo besonders Welcker in Bonn, Karl Otfried Müller in 
Göttingen, Gerhard in Berlin Archäologie lehrten, fanden sie in 
dem Sekretär des Instituts, Emil Braun, einen geistvollen, wenn 
auch nicht streng wissenschaftlichen Führer. Braun gehörte übrigens 
zu den Ersten, die den Nutzen archäologischer Übungen erkannten. 
Jahn, Brunn, Stephani, Wieseler, Stark und andere erfuhren 
solchen Einfluß. Als dann, nach kritischen Jahren, 1856 Heinrich 
Brunn an Brauns Stelle trat, war inzwischen eben durch jene 
ältere Generation das Studium der Archäologie an den deutschen 
Universitäten zu größerer Blüte gelangt, und die bald in ganzen 
Scharen zuströmenden »ragazzi^ fanden im Institut, unter Brunns 
Leitung, eine Art von Oberuniversität für Archäologie. Eine reich- 
lichere Unterstützung seitens des preußischen Staates und die Ein- 
richtung einiger Reisestipendien förderten die Zwecke des Instituts. 
Dieses aber erschöpfte seine Tätigkeit weder in der Anleitung der 
archäologischen Jugend noch in der Herausgabe der regelmäßigen 
Publikationen {Monumenti, Annali, BuUeäini), sondern es griff 
auch auf die beiden Aufgaben zurück, die ihm gewissermaßen als 
Erbteil Gerhards (S. 54 f.) überkommen waren. 

In erster Linie galt es die Katalogisierung des zerstreuten 
Antikenbesitzes wieder aufzunehmen. Zöglinge des Instituts waren 
es, die in Rom das lateranische Museum (Benndorf und Schöne), 
die Sammlung Ludovisi (Schreiber), die zerstreuten Antiken Roms 
(Matz und von Duhn), neuerdings auch das vatikanische Museum 
(Amdung und Petersen) bearbeiteten. In Neapel verzeichnete 
Heibig die Gemälde, Heydemann die Vasensammlung. Die zahl- 
reichen Museen Oberitaliens wurden von Dütschke, Florenz über- 
dies von Amelung beschrieben. In Athen inventarisierte Kekule 
das Theseion, Heydemann die kleineren Sammlungen ; hier nahmen 
auch Mitglieder der französischen Schule, CoUignon (Vasen), 
Martha (Terrakotten), de Ridder (Bronzen), an dieser mühsamen 



68 IV. Die Orabsiatten Etruriens und die antike Malerei 

Aufgabe teil. In München katalogisierte Jahn die Vasensammlung, 
Brunn die Glyptothek; in Berlin sorgten Gerhard, Friederichs, 
Wolters, in Petersburg Stephani für brauchbare Kataloge. Die 
Skulpturen Spaniens beschrieb Hübner, die zerstreuten Bildwerke 
Großbritanniens Michaelis. Alle diese Arbeiten, Werke entsagungs- 
vollen Fleißes, bildeten die notwendige Ergänzung zu der Tätig- 
keit des Spatens. Wenn zumeist E>eutsche daran teilgenommen 
haben, so liegt das wohl zum Teil im deutschen Charakter und 
in der wissenschaftlichen Erziehung unserer Universitäten be- 
gründet (liegt doch auch die mühsame Beschaffung des hand- 
schriftlichen Apparates für die kritischen Ausgaben der klassischen 
Schriftsteller vorzugsweise in deutschen Händen), aber es sind auch 
das Vorbild Gerhards und die Einwirkung des Instituts, die mit- 
gewirkt haben. So sind ja auch die französischen Teilnehmer an 
diesem Werke Zöglinge der Französischen Schule in Athen, 
während die Italiener, denen lange eine gleiche Schulung fehlte, sich 
von dieser Aufgabe fast gänzlich fem halten; Giuseppe Valenti- 
nen! (Venedig), Giovanni Jatta (Ruvo) und Antonio Sogliano 
(Pompeji) bilden seltene Ausnahmen. England geht seine eigenen 
Wege, aber das Britische Museum sorgt wenigstens für tüchtige 
Kataloge, unter denen die der Münzsammlung eine besonders 
hohe Stelle behaupten. 

Auch eine zweite Reihe von Aufgaben des Instituts liegt ganz 
in der Richtung Gerhards. Dieser hatte, älteren Vorgängen folgend, 
die Notwendigkeit erkannt, gleichartige Kunstwerke in möglichst 
vollständigen Abbildungswerken zu sammeln. Für die etrus- 
kischen Spiegel hatte er dies selbst besorgt; bei den griechischen 
Vasen hatte die Überfülle des Stoffs zu einer Auslese gezwungen; 
bei den etruskischen Aschenkisten war es beim Sammeln von 
Zeichnungen geblieben. Das Vorbild des Corpus inscriptionum 
Qraecamm, dem mittlerweile die methodischer angestellten Vor- 
arbeiten für die Sammlung der lateinischen Inschriften gefolgt 
waren, war geeignet die Unentbehrlichkeit solcher Stoffsammlungen 
handgreiflich zu machen. So nahm denn Brunn die Sammlung 
der etruskischen Aschenkisten oder »Urnen« mit neuem Material 
wieder auf, und als das Institut, 1 874 in eine Anstalt des deutschen 



Kataloge. Serienpublikationen. Epigraphik 59 

Reiches umgewandelt^ fiber reichere Mittel verfügte, schlössen sich 
andere Unternehmungen an: Kekule übernahm unter Mitwirkung 
Hermann von Rohdens und Franz Winters die Sammlung der 
antiken Terrakotten, Matz und nach dessen frühem Tode Robert 
die Bearbeitung der römischen Sarkophage, Conze im Verein mit 
anderen die Herausgabe der attischen Grabreliefs, wozu die Wiener 
Akademie den Orund gd^ hatte. Die Wahl der Denkmaler- 
gattungen hing davon ab, ob sich ein geeigneter Bearbeiter fand 
und bereit erklärte. Die umfangreichsten Gattungen, Statuen und 
Büsten, sowie Vasen, stehen noch aus. Die vom Institut in An- 
griff genommenen Serien zeigen aber, daß ohne sehr bedeutende 
Mittel und ohne einen Stab arbeitslustiger und opferbereiter Be- 
arbeiter dergleichen Unternehmungen unausführbar sind. Bisher 
ist das Institut auf diesem Wege allein vorgegangen, es erstrebt 
aber durchaus kein Monopol; andere Anstalten und andere 
Nationen finden hier ein weites Feld für gemeinsame Arbeit. 

Im Zusammenhang hiermit mag auch darauf kurz hinge- 
wiesen werden, daß das Archäologische Institut in Rom auch die 
Wiege der heutzutage so blühenden römisch-epigraphischen 
Studien ist. Durch den Grafen Bartolommeo Borghesi waren sie 
beim Institut eingebürgert worden; unter seiner Ägide hatte schon 
Kellermann sich ihnen gewidmet und führten in den vierziger 
Jahren Mommsen und Henzen jene epigraphischen Reisen und 
Studien durch, aus denen das Corpus inscriptbnum Latinamm 
hervorgehen sollte. Daß dieses aber in möglichst vollkommener 
Weise unter Mommsens Oberleitung hat ausgeführt werden können, 
daran gebührt ein nicht geringes Verdienst der klaren Einsicht 
und zähen Energie Eduard Gerhards, der nicht müde ward bei 
der Berliner Akademie diesen Plan zu vertreten und langem 
Widerstände gegenüber ihm zu seinem endlichen Siege zu ver- 
helfen. Die ganze Arbeit, die sich ein halbes Jahrhundert hin- 
durch um die Vollendung dieses großen Werkes gruppiert hat, 
hat bekanntlich eine völlige Neugestaltung der römisch -antiqua- 
rischen Studien zuwege gebracht. 

An den Vorbereitungen zum Corpus wie an den Sitzungen 
und Arbeiten des römischen Instituts war seit etwa 1850 der 



70 IV. Die Grabstätten Etruriens und die antike Malerei 

römische Edelmann Qiambattista de Rossi auf das lebhafteste be- 
teiligt. Der Archäologie noch näher verwandt als der Epigraphik 
ist das Hauptgebiet seiner Studien, die christlichen Alter- 
tümer. Hier genügt es, auf den ganz neuen Weg hinzuweisen, 
den diese Disziplin infolge von de Rossis Neuentdeckung der 
römischen Katakomben eingeschlagen hat. Im Jahre 1849 fand 
der siebenundzwanzigjährige Forscher nach methodischem Suchen 
das Inschriftfragment, das ihm den Weg zur Calixtuskatakombe 
wies und ihn so auf die Bahn immer steigender Erfolge führte. 
Heute verehrt die christliche Archäologie in de Rossi ihren wissen- 
schaftlichen Begründer. 



ENTDECKUNGEN IM OSTEN 




n den Arbeiten und der Leitung des Archäologischen 
Instituts hatte zeitweih'g in den dreißiger Jahren auch 
Richard Lepsius teilgenommen, der von italischen Dialekt- 
^dien ausgegangen war. Ihn hatte Bunsen, der Generalsekretär des 
Instituts, zu dessen Bereich damals auch die ägyptischen Denk- 
mäler gehörten, auf das Studium der ägyptischen Hieroglyphen 
hingewiesen, die durch Champollions Entdeckung dem Verständnis 
erschlossen worden waren. In der Tat begann der junge Gelehrte 
seine ägyptologischen Arbeiten 1837 mit einer Revision von 
Champollions Entzifferung, die einen methodischen Fortschritt 
bezeichnete. Damit hatte Lepsius die Bahn betreten, auf der er 
seine größten Erfolge erringen sollte. 

Abgesehen von der Lesung der Hieroglyphen hatte die Er- 
kundung der Denkmäler Ägyptens seit der napoleonischen Ex- 
pedition (S. 14 ff.) keine sehr bedeutenden Fortschritte gemacht 
Die in den Jahren 1828/30 ausgesandte französisch-toskanische 
Expedition unter Leitung Champollions und Rosellinis hatte wohl 
den Stoff gemehrt, aber wenig neue Gesichtspunkte zutage ge- 
fördert Das größte Aufsehen err^en die Gräber von Betii 6o 
Hassan mit ihren einfachen protodorischen Säulenformen, in denen 59 
man das Vorbild der dorischen Säule der Griechen gefunden zu 
haben glaubte. Somit war eindringender Forschung ein weites 
Feld geöffnet, zumal wenn sie über die Mittel und die Erlaubnis 
gebot Ausgrabungen vorzunehmen, die bisher kaum in nennens- 
wertem Maße stattgefunden hatten. 



72 V. Entdeckungen im Osten 

Hier setzte Lepsius ein, und dank der einflußreichen Für- 
sprache Alexander von Humboldts und Bunsens gelang es, den 
sonst mehr an Plänen als an Ausfuhrungen reichen König Friedrich 
Wilhelm IV. zur Gewährung bedeutender Mittel für eine auf 
drei Jahre (1843/45) berechnete Forschungsreise in Ägypten zu 
bewegen. An die Spitze der Expedition ward der damals erst 
einunddreißigjährige Lepsius gestellt; ein Stab von Architekten, 
darunter Erbkam, von Zeichnern und anderen Gehilfen ward ihm 
beigegeben. Es handelte sich nicht, wie bisher, um eine bloße 
Erkundung und um Ausbeute des mehr oder weniger offen zu- 
tage Liegenden, sondern um eine Erforschung, die überall wo 
es nötig schien den Spaten ansetzen sollte. Die in Aussicht 
genommene längere Dauer sicherte vor Oberhastung, wie denn 
z. B. sechs Monate auf Memphis, sieben auf Theben verwandt 
wurden. Bisher waren, abgesehen von den Pyramiden und von 
Beni Hassan, nur Denkmäler des Neuen Reiches oder der noch 
späteren Perioden beobachtet worden. Gleich das erste große 
Ergebnis der preußischen Expedition war die Entdeckung des 
Alten Reiches in zahlreichen Denkmälern. Die Zahl der Pyramiden, 
der augenfälligsten Zeugen dieser alten Glanzperiode, wuchs auf 

1 67 ; daneben trat die bisher unbekannte Gräbergattung der Mastabas, 3i 
deren 130 aufgefunden wurden. So reichte jetzt die Kenntnis 
der ägyptischen Kunst bis ins vierte Jahrtausend hinauf. Weiter 
stromaufwärts traten in Mittelägypten die späteren Gräber des 
Alten Reiches zutage, die Felsgräber (z. B. von Kom-el-achmar), 
je weiter nach Süden desto jünger. Auf der weiten Trümmer- 
stätte Thebens ward das Ramesseum und das Felsengrab Ramses' II., 75 
weiter südlich der Felstempd von Abu Simbel mit seinen Kolossen 77 
untersucht Die Expedition machte auch nicht an den Grenzen 
Ägyptens Halt,'^sondem drang nach Äthiopien vor, bis über Chartum 
hinaus; auch das Gebiet des Sinai blieb nicht unerforscht 

So weit die äußere Ausdehnung der Expedition. Ihre Er- 
gebnisse kamen zunächst der Geschichte des Landes zugute. 
Zahlreiche Kartuschen mit Königsnamen wurden als feste Merk- 
steine für das »Königsbuch« (1858) gesammelt In Teil el Amama 

3 zeigte sich die Gestalt des revolutionären Königs Amenophis IV. ssf. 



Lepsius ägyptische Reise. Bottas Entdeckung von Chorsabad 73 

in ihren ersten Umrissen. Die geschichtliche Betrachtungsweise 
förderte auch die kunstgeschichtliche Erkenntnis; die großen 
Epochen der ägyptischen Kunst vom Alten Reich bis zur Ptolemäer- 
und Römerzeit traten jetzt erst ans Licht Im Zusammenhang 
damit ward die Architektur zum erstenmale von Fachmännern 
genau erforscht Die Reliefs, die die Wände bedeckten, und die 
Inschriften wurden eifrig abgeklatscht oder abgeschrieben, mit 
großem Gewinn für die Kenntnis der Sprache, der Religion, der 
Verhältnisse des täglichen Lebens. So ist es nicht zu viel gesagt, 
daß die Ägyptologie durch diese Expedition eine neue, völlig 
veränderte Grundlage gewonnen hat I>as große Tafelwerk als 
Urkundensammlung und die Einrichtung des Ägyptischen Museums 
in Berlin als Veranschaulichung der gewonnenen Ergebnisse 
machten diese bald allgemein zugänglich. 



Zur gleichen Zeit, wo Lepsius mit seinen Genossen Ägypten 
neu erforschte, trat auch Assyrien ans Licht Von Mossul, dem 
Hauptorte jenes Landstriches, streift der Blick fiber ein weites 
Gebiet am jenseitigen linken Ufer des Tigris, das an mehreren 
Stellen mit unförmlichen Erdhügeln übersäet ist Diese Hügel, 
oben glatt, mit steilen, vielfach eingerissenen Rändern, hatten 
bereits ältere Reisende, Kinneir, Rieh, Ainsworth, als schützende 
Hüllen von Ruinen erkannt, ja in der Hügelgruppe von Nebi 
Junus bei dem Dorfe Kujundschik, Mossul gegenüber, die Stätte 
des alten Ninive vermutet Mit der Untersuchung Ernst gemacht 
zu haben ist das Verdienst Paul £mile Bottas, der seit 1840 als 
französischer Konsul in Mossul lebte. Die Grabungen, die er 
zunächst bei Kujundschik anstellte, blieben freilich ergebnislo& 
Desto reicherer Ertrag belohnte die Bemühungen, die Botta mehrere 
Jahre hindurch (1843/46) 16 Kilometer entfernt an der östlichen 
Hügelbegrenzung der Ebene bei Chorsabad durchführte. Hier 
trat auf mächtigen Terrassen der gewaltige Palastbau zutage, den inff. 
König Sargon nach der Eroberung Babylons (709) als eine Art 
SommerpalastJ oder Versailles aufgeführt hatte. Große Höfe mit 
Portalen und Prunkräumen, ein Gewirr von Gängen und Kammern, 



74 V. Entdeckungen im Osten 

eine Abteilung des Palastes mit dreifachem Harem, die Überreste 
eines Terrassenturmes als Heiligtums wurden aufgedeckt. Die 
einfachen Ziegelmauern waren bald mit Alabasterreliefs, meist 131 
Szenen des königlichen Lebens darstellend, bald mit dekorativen 
Friesen von bunt emaillierten Ziegeln bekleidet; ah den Portalen 126/7 
hielten kolossale Stiere und Löwen Wacht. Es war ein durchaus 128 
neuer Anblick, der sich hier auftat. Begreiflicherweise suchte 
Botta zunächst die Ausbeute an bildlichen Werken in Sicherheit 
zu bringen. Aber nur ein Teil, darunter ein paar der großen 
Portalfiguren, gelangte glücklich nach Paris; eine andere große 
Sendung, die auf Flößen flußabwärts geführt ward, verunglückte 
und sank auf den Grund des Tigris. Botta sorgte im Verein 
mit dem Zeichner Flandin für eine große Publikation, die auch 
die verlorenen Stücke enthielt. Aber die architektonische Erforschung 
der wichtigen Ruinenstätte ließ noch viel zu wünschen übrig. 
In diese Lücke traten etwa zehn Jahre später der damalige fran- 
zösische Konsul Victor Place und der Architekt Albert Thomas. 
Ihren eindringenden Forschungen gelang es den alten Palast im 
Bilde wieder aufzubauen und dadurch die Eigentümlichkeiten 
der assyrischen Baukunst in helles Licht zu setzen. 

Die Erfolge Bottas reizten den britischen Reisenden und 
Journalisten Henry Austin Layard auch seinerseits sein Glück zu 
versuchen, wozu ihm der britische Botschafter bei der Pforte, 
Sir Stratford Canning, die Mittel verschaffte. Layard verl^e 1845 
den Schauplatz seiner Tätigkeit 30 Kilometer weiter südlich auf 
die Schutthügel von Nimrud, die sich als die Überreste der 
ahen Stadt Kalach ergaben. Hier traten ganz ähnliche Palast- 
bauten zutage wie in Chorsabad. Auch hier ließen sich die 
Alabasterbekleidungen der Wände mit ihren Reliefs reihenweise, 129 
wie sie einst hingefallen waren, dem Boden entnehmen; auch 
hier bildeten dieselben gigantischen Tiergestalten die Leibungen 
der Portale. Aber alles war größer, mächtiger und trug einen 
kräftigeren Charakter, sowohl die Skulpturen wie die erhaltenen 
Farben. Die Oberreste reichten eben um mehr als anderthalb 
Jahrhunderte höher hinauf in die Zeit des Königs Assumasirpal, 
der die Reihe der großen assyrischen Eroberer begann. Der 



Layards Ausgrabungen in Nimrud und Kujundschik 75 

von Layard aufgedeckte »Nordwestpalast« war von jenem um 
870 erbaut worden. Ihm folgte der »Zentralpalast« seines Sohnes 
Salmanassar IL, der ebenfalls von Layard in Angriff genommen 
ward; besonders berühmt ward der »schwarze Obelisk« mit der im 
illustrierten Chronik von dreißig Regierungsjahren. Die ganze 
reiche Ausbeute fand ihren Weg ins Britische Museum und diente, 
im Verein mit Layards großer Publikation und populären Dar- 
stellungen, ganz wesentlich dazu, das allgemeine Interesse auf die 
assyrische Kunst zu lenken. 

Layard ruhte aber nicht, sondern setzte 1849 im Auftrage 
des Britischen Museums den Spaten in den einst vergeblich an- 
geschürften Hügeln von Kujundschik an. Wiederum belohnte 
ihn ein gleicher Erfolg, dessen Ertrag natürlich ebenfaills dem 
Britischen Museum zufiel. Diesmal war es die jüngste Periode 
des assyrischen Reiches, das siebente Jahrhundert, aus dem die 
Palasttrümmer von Ninive stammten; König Sardanapal war der 
Hauptvertreter dieser Periode. Äußerlich betrachtet zeigten sich 
wieder dieselben Erscheinungen wie an den beiden anderen 
Stellen, und doch ist es ein neuer, lebendigerer, der alten Stil- 
5 fesseln sich mehr entledigender Geist, der diese Skulpturen durch- 133 
5 weht. Ein Werk wie die ins Rückgrat zum Tode getroffene Löwin, 135 
die hinten bereits erstarrt sich vorne zum letzten Heulen emporhebt, 
steht hoch über allen Schöpfungen der älteren assyrischen Skulptur. 
So trat hier der ganz ungewöhnliche Fall ein, daß eine jahr- 
hundertelang in starren zeremoniellen Bahnen sich bewegende 
Kunst sich zum Schluß noch einmal zu lebendigerer Auffassung 
und Wiedergabe des umgebenden Lebens aufrafft. Kein Wunder, 
wenn man sich nach der Erklärung einer solchen Anomalie um- 
sah und sie in der Annahme suchte, ionische Einflüsse hätten 
hier auf die alternde assyrische Kunst verjüngend eingewirkt. 
Ob freilich die ionische Kunst im Beginne des 7. Jahrhunderts 
schon so weit erstarkt war, ist mindestens sehr fraglich. 

Diese assyrischen Entdeckungen der vierziger Jahre eröffneten 
den Ausblick in eine zusammenhängende, drei Jahrhunderte um- 
spannende, in deutlichen Stufen sich entwickelnde Hofkunst eines 
abgeschlossenen Reiches. Nachwirkungen erstreckten sich bis 



76 V. Entdeckungen Im Osten 

nach Kypros, wo Ludwig Roß 1845 eine Reliefstele mit dem 
Bilde König Sargons entdeckte. Die assyrische Kunst gehörte 
dem letzten vorchristlichen Jahrtausend an, stand also an Alter 
hinter der ägyptischen weit zurück, war aber immerhin alt genug 
um die Frage aufwerfen zu lassen, ob nicht von Assyrien sich 
Licht fiber die noch immer sehr dunkle Frage des Ursprunges 
und der Art der homerischen Kunst gewinnen lasse. Adrien de 
Longgerier, später Heinrich Brunn, schlugen diesen Weg ein. 



Kleinasien war seit der »ionischen« Expedition Chandlers 
und seiner Genossen von 1764 oftmals, besonders von britischen 
Reisenden, besucht worden, doch hatte sie entweder der geo- 
graphische Gesichtspunkt geleitet, oder sie hatten »den sieben 
Gemeinden« der Offenbarung nachgespürt. Die archäologischen 
Interessen traten erst bei der Reise wieder in den Vordergrund, 
die Charles Texier in den Jahren 1833/37 im Auftrage der 
französischen Regierung ausführte. Eine Menge von Stadtplänen 
und von Bauwerken ward aufgenommen, nur leider vielfach 
so flüchtig, daß spätere Untersuchungen die weitgehende Un- 
Zuverlässigkeit von Texiers großer Publikation feststellen mußten. 
Etwas völlig Neues für die Kunstgeschichte bot der dorische 
12 Tempel in Assos, einer Stadt an der Südkäste der Troas. Die 248 
altertümlichen Architekturformen und die über Epistyl und Metopen 
ausgebreiteten Reliefs von gleich altertümlichem Aussehen, alles 283 
aus dem spröden Trachyt des dortigen Gebirges gearbeitet, waren 
geeignet das lebhafteste Interesse zu erwecken; nachdem die 
Reliefs auf Raoul-Rochettes Bemühen für das Museum des Louvre 
erworben worden waren, fehlte es nicht an Stimmen, welche sie 
ganz an den Anfang der griechischen Skulptur versetzen wollten. 
Umgekehrt ward der amerikanische Architekt Joseph Thacher 
Qarke, als er 1881/83 im Auftrage des Ardtaeologiaü Institute 
of America den Tempel und die ganze Stadt Assos von neuem 
untersuchte, durch den Grundplan des Tempels zu der Ansicht 
gebracht, daß er etwa aus perikleischer Zeit stamme! Ein lehr- 
reiches Beispiel, daß weder architektonische noch archäologische 



Texiers und Fellows' Reisen in Kleinasien 77 

Betrachtung allein zum Ziele ffihrt; heute dfirften wenige zweifeln, 
daß wir es mit einem Werke von etwas provinzieller Sonderart 
aus dem 6. Jahrhundert zu tun haben. Nimmt man die große 
Tempelanlage im phrygischen Aizanoi (die man lange für hellenistisch 
zu halten geneigt war, bis sie als hadrianisch erkannt ward), den 
Augustustempel in Ankyra und die Felsreliefs von Boghazköi 154/6 
und Nymphiö hinzu, die bald genauer untersucht werden sollten 
(S. 87), so dfirften damit die wichtigsten archäologischen Er- 
gebnisse von Texiers Reisen bezeichnet sein. Eine neue französische 
Expedition unter Philippe Lebas, in den Jahren 1843/44 aus- 
geführt, brachte für Kleinasien nur geringe Resultate. Überdies 
blieb deren Verwertung, zum Teil infolge der politischen Ver- 
hältnisse, fragmentarisch; nur Teile des groß angelegten Werkes 
sind veröffentlicht worden. 

I>as bedeutendste Ereignis jener Jahre für die Kenntnis Klein- 
asiens war was man die Entdeckung Lykiens nennen könnte. 
Dies aus der Südküste Kleinasiens ins Meer vorspringende Alpen- 
land, in seinen hohen Bergen nicht bequem zugänglich, war bis 
dahin nur an seiner Küste besucht worden, wo Myra als Landungs- 
platz des Apostels Paulus besonderes Interesse erregte. Ältere 
Reisewerke, von Qarke, Ludwig Mayer, Beaufort, ließen von dem 
besonderen Reize lykischer Kunstwerke nur gerade so viel ahnen, 
um die Lust nach genauerer Kenntnis zu wecken. Indessen ward 
Charles Fdlows kaum hierdurch bestimmt, als er zum eigentlichen 
Entdecker Lykiens ward. Als Sohn eines reichen Bankiers, ohne 
bestimmten Beruf, hatte er sich früh auf Reisen begeben, die ihn 
seit 1832 mehrere Jahre lang in Italien und Griechenland fest- 
hielten. Im Frühjahr 1 838 brach er nach Smyma auf und machte 
von hier eine dreimonatige Rundreise, die ihn nordwärts über 
Pergamon und Troja nach Konstantinopel, von hier querland- 
einwärts nach Adalia, und dann über Lykien, Karien, Lydien 
wieder zurück nach Smyma führte. Er wußte nichts von früheren 
Reisenden, schrieb in voller Unbefangenheit seine Tagebücher 
nieder und skizzierte was er sah mit leidlich geübtem Stift Als 
er nun in London von seinen Reisen berichtete und seine Zeich- 
nungen vorlegte, erfuhr er erst, wie viel Neues er gesehen und 



78 V. Entdeckungen im Osten 

beobachtet hatte. Das größte Aufsehen erregten die Zeichnungen 
aus Lykien, sowohl die Bauweise der Grabdenkmäler, die bald i6if4 
in den Fels gehöhlt bald freistehend die ausgeprägte Nachahmung 
einer Holzarchitektur in Stein darboten, wie der Reliefschmuck 
mancher dieser Gräber. Namentlich der Fries des sogenannten 303/4 
Harpyiendenkmals in Xanthos mußte, obschon in der Zeichnung 
jammervoll modernisiert, als besonders wichtig erscheinen. 

Der gänzlich unerwartete Erfolg bestimmte Fellows, sobald 
er seinen Reisebericht {»Asia Minore) hatte drucken lassen, im 
Herbst des Jahres 1839 von neuem aufzubrechen, mit dem be- 
sonderen Zweck Lykien genauer zu durchforschen. Als Zeichner 
nahm er den jungen George Scharf mit, den in London geborenen 
Sohn eines bayrischen Künstlers. Diese zweite Reise, mit vier- 
monatigem Aufenthalt in Lykien im Frühjahr 1840, vertiefte be- 
deutend die Kenntnis des abgel^enen Landes, mit seinen zahl- 
reichen großartigen Städteruinen, seinen Gräbern, die im natürlichen 
Fels bald Holzbauten bald ionische Tempelfassaden darstellten, 
seinen Reliefs, die zum Teil hochaltertümlich waren, teils spätere 
Stilarten in etwas eigenartiger Ausprägung vorführten. Nament- 
lich das jetzt erheblich genauer gezeichnete »Harpyiengrab« verriet 
deutliche Anklänge an gewisse Kunstwerke, in denen man ionische 
Kunstweise vermutete, bot aber auch durch seine Darstellungen 
dem Erklärer ein interessantes Problem. Der nachgeahmte Holz- 
bau regte die Frage nach dem Verhältnis der griechischen Archi- 
tektur zum Holzbau neu an. Dazu kamen Inschriften in eigener 
Schrift und fremder Sprache, die den Sprachforschem besondere 
Aufgaben stellten. So kehrte Fellows mit reicher Ausbeute heim 
und berichtete darüber in einem neuen Buche {»Lycia<)y dem 
einige von Scharfs Zeichnungen beig^eben wurden. Dessen 
größere Aufnahmen gelangten 1844 als Geschenk von Fellows 
in den Besitz des Britischen Museums, darunter einige, die die 
deutlich erhaltenen Farbspuren mehrerer Denkmäler wiedergaben. 

Der neue Reisebericht mußte die Lust wecken oder auf- 
frischen, die bedeutendsten Skulpturen^aus Xanthos für das Britische 
Museum zu erwerben. So kam es zu Verhandlungen mit der 
Pforte und zu einer überaus nachlässig vorbereiteten Expedition, 



Die Erforschung Lykiens 79 

die wohl vöUig gescheitert wäre, hätte nicht Fellows sich ihr zur 
Verfügung gestellt und mit seiner Sachkenntnis und seiner Kunde 
türkischer Bräuche die Haupthindernisse beseitigt. Im Januar 1842 
leitete er die Arbeiten der Matrosen, die ihm von der britischen 
Marine gestellt worden waren. Es gelang die Reliefs von dem 

33 acht Meter hohen Harpyiendenkmal herunterzuholen, ohne dies i63 
weiter zu schädigen. Die Hauptausbeute aber bot die Umgebung 

53 eines großen Quaderunterbaues: Statuentorse, vier verschiedene 424 
Relieffriese, Qiebelrdiefs, ionische Architekturstücke, alle zu einem 
einzigen Bau gehörig, der zunächst als »das ionische Sieges- 423 
denkmal«, später als das »Nereidendenkmak bezeichnet werden 
sollte. Die Matrosen gewannen an ihrer Aufgabe das lebhafteste 
Interesse. Eines Tages kehrten sie mit der Nachricht heim, sie 
hätten etwas ganz Seltsames gefunden, ein Relief mit y>the parson 
and his clerk^. Es war ein Stück einer belagerten Festung, von 
deren Turm ein Wächter in etwas vorgebeugter Haltung herab- 
schaut, während unter ihm — beim englischen Gottesdienst sitzt 
der Küster unter der Kanzel — ein anderer Krieger sichtbar wird ! 
Fellows selbst und die Seeoffiziere wohnten in einer Hütte, die 
mit ihrem flachen Balkendach und ihrer luftigen, mit hölzernen 
Säulen gestützten Vorhalle völlig einem altlykischen Baue glich. 
Ein Besucher, der damalige Marineleutnant, spätere Admiral 
T. A. B. Spratt, gibt eine anschauliche Schilderung des dortigen 

Lebens und Treibens. 

»Während wir dort waren, wurden täglich Skulpturen aus der 
Erde gegraben und wieder ans Licht gebracht. Das Suchen danach 
war höchst aufregend, und in der Begeisterung des Augenblicks war 
unsere Bewunderung ihres Kunstwertes vielleicht etwas übertrieben. 
Sobald ein Block aufgedeckt und sorgfältig von Erde gereinigt war, 
kam die Gestalt einer schönen Amazone [deren allerdings keine an dem 
Denkmal auftritt] oder eines schwergetroffenen Kriegers, eines orienta- 
lischen Königs oder einer belagerten Festung zum Vorschein und gab 
Stoff für hübsche Unterhaltungen über die Kunst des Bildhauers oder über 
den hier dargestellten Vorgang aus der Geschichte des alten Xanthos, 
Unterhaltungen, die alle Teilnehmer zu den schönsten Erinnerungen 
ihres Lebens zählen werden. Oftmals, wenn wir nach getanem Tage- 
werk und nach Anbruch der Nacht in der behaglichen türkischen Hütte, 
die das Hauptquartier der Gesellschaft bildete, um die lodernden Scheite 
versammelt waren, eäten wir unter Charles Fellows' Führung mit einer 



80 V. Entdeckungen im Osten 

Fackel in der Hand hinaus, um noch einen mitternächtlichen bewundern- 
den Blick auf eine lebensvolle Kampfszene oder eine kopflose Venus, 
das Hauptergebnis der Arbeiten dieses Morgens, zu werfen.« 

In solcher Arbeit ward binnen kurzer Zeit eine reiche Ernte ein- 
geheimst. 87 Kisten wurden gepackt und mit Mühe an den ent- 
fernten Strand geschafft, wo ein Kri^sschiff sie aufnahm, um sie 
nach London zu bringen. 

Aber dies genügte noch nicht. War es doch bei der mangel- 
haften Ausrüstung nicht einmal möglich gewesen, den mächtigen 
Deckblock des freistehenden Grabes des Pajava (sog. Horse tomb) 
fortzuschaffen. Somit ward 1843/44 noch einmal eine besser 
ausgerüstete Expedition ausgesandt, der sich wiederum Fellows 
als Führer anschloß. Ein großer Stab ward beigegeben, George 
Scharf als Zeichner, Rohde Hawkins als Architekt, dazu Gips- 
gießer, die Abgüsse von solchen Denkmälern nahmen, welche 
sich nicht wegschaffen ließen. 27 Kisten bargen schließlich die 
neue Ausbeute, darunter die beiden großen Gräber des Pajava 
und des Merehi {»Chlmaera tomb^), mehrere Friese, von denen 
die lebensvolle Schilderung eines Hühnerhofes mit Hahnenkämpfen 
besonders hervorzuheben ist, endlich eine Menge Abgüsse von 
Felsreliefs aus abgelegenen Orten. 

Das Britische Museum gewann in seinem Lycian Saloon 
eine Abteilung, die nur durch die Nähe der Elgin Marbles in 
Schatten gestellt ward, sonst aber einzig in ihrer Art war und 
ist. An mehr als einer Stelle greift die lykische Kunst, deren 
hauptsächliche Denkmäler von Kyros' Zeit bis etwa ans Ende des 
5. Jahrhunderts reichen, mit Rätseln oder mit Aufklärungen in 
die Geschichte der griechischen Kunst ein; die ionische Kunst 
Kleinasiens erhält von hier aus reiches Licht. Dieser Bedeutung 
entsprach nicht die Art, wie die mitgebrachten Werke im Museum 
aufgestellt wurden: gedrängt, unübersichtlich. Zusammengehöriges 
auseinander gerissen. Ebensowenig geschah zu ihrer Veröffent- 
lichung. Kein neuer Band der Museumspublikation, der Ancient 
Marbles, ward ihnen gewidmet; Rohde Hawkins' Aufnahmen sind 
ganz verschollen, Scharfs Zeichnungen ruhten unbenutzt in den 
Archiven des Museums, die Herausgabe des Hauptstückes der 
Sammlung, des Nereidenmonuments, ward privater Initiative über- 



Die lykischen Marmore. Die Reliefs von Budrum 81 

lassen. Es war als ob infolge der Unzfinftigkeit des Entdeckers 
ein leiser Fluch auf den lykischen Skulpturen gd^en hätte Fellows 
selbst freilich erhielt eine öfjfentliche Anerkennung. Eine Geld- 
entschädigung lehnte er mit den auf Lord Elgin zielenden Worten, 
er sei kein Steinhändler, ab; den Lohn, den er wünschte, eine 
Dankeserklärung seitens des Parlaments, bekam er zwar nicht 
(diese Auszeichnung erschien zu hoch), aber die Königin machte 
ihn zum Sir Charles. Das geschah im Mai 1845; schon im 
Oktober desselben Jahres gab es auch eine Lady Fellows. 



Gleichzeitig mit den assyrischen und den lykischen Skulpturen 
gelangten ins Britische Museum noch andere wertvolle Über- 
bleibsel aus Kleinasien, Zeugnisse einer edlen reingriechischen 
Kunst. Als Fellows im Spätjahr 1841 sich nach Konstantinopel 
begab, um die Schwierigkeiten hinwegzuräumen, die seinen lyki- 
schen Plänen entg^enstanden, befand sich auf dem von der 
britischen Regierung bei der Pforte eingereichten Wunschzettel 
auch das Beehren, einige in der Festung von Budrum (dem 
alten Halikarnass) eingemauerte^^Rdiefs herauszunehmen. Fellows 
erschien dies als ein ungehöriges Verlangen {an unreasonabk 
request), und indem er darauf verzichtete, sicherte er die Ge- 
währung der lykischen Wünsche. Damit war aber jener Plan 
keineswegs aufg^eben. 

Es handelte sich um zwölf Reliefplatten, die in die Festungs- 
mauem des einst von den Johanniterrittem gebauten Schlosses als 
Schmuckstücke eingdassen waren und die Neugierde der Reisenden 
um so stärker gereizt hatten, als sie mit großer Wahrscheinlich- 
keit als Überbleibsel des nahen Mausoleums, des berühmten Welt- 
wunders, angesehen werden durften. War schon das Betreten 
einer türkischen Festung ein schwierig Ding, so mußte es in der 
Tat für nahezu unmöglich gelten aus ihren Mauern Stücke heraus- 
zunehmen. Indessen das Wort »unmöglich« fand sich nicht im 
Lexikon des energischen Vertreters Großbritanniens bei der Pforte, 
desselben Sir Stratford Canning, der schon Layard bei seinen 
Unternehmungen in Ninive unterstützt hatte (S. 74). Wirklich 

Michaelis, Die archfiologischen Entdeckungen. 5 



82 V. Entdeckungen im Osten 

gelang es ihm aller Schwierigkeiten Herr zu werden, und er er- 
hielt 1 846 einen Firman mit der Erlaubnis die Platten w^nehmen 
zu lassen. Natürlich ward dies sogleich ins Werk gesetzt Einen 
Monat lang dauerte die Arbeit, und noch in demselben Jahre ge- 
sellten sich die Reste des Amazonenfrieses vom Mausoleum der 
lykischen Ausbeute im Britischen Museum. Der Zuwachs machte 
großes Aufsehen; als eine rheinische Kunstfreundin, Frau Sibylla 
Mertens^Schaffhausen, kurz darauf im Gartenhause der Villa di 
Negro in Genua eine wohlerhaltene ähnliche Platte bemerkte und 
in Abgfissen verbreitete, erkannten die Beamten des Britischen 
Museums darin ohne Mühe ein Stück des gleichen Frieses, das 
vermutlich vor Jahrhunderten von einem Johanniterritter dorthin 
verbracht worden war. Die Aussicht mehr dergleichen versprengte 
Stücke aufzustöbern mußte verlockend erscheinen. 

Dieser Gedanke haftete bei einem der Museumsbeamten, dem 
damals dreißigjährigen Charles Thomas Newton, der gründliches 
Wissen und einen überaus feinen Kunstsinn mit stiller zäher 
Energie vereinigte. Er beschäftigte sich eingehend mit Halikamass, 
suchte namentlich die genaue Lage des alten Mausolosgrabes zu 
ermitteln, und bald stand ihm als Ziel vor Augen, dort einmal 
den Spaten anzusetzen. So ließ er sich 1852 als Vizekonsul nach 
Mytilene schicken, von wo aus er zeitweilig das Konsulat in 
Rhodos versah. Sieben Jahre diplomatischen Dienstes in der 
Levante sollten nach der Anweisung des Auswärtigen Amtes mit 
dazu dienen, dem Britischen Museum neue Erwerbungen zuzu- 
führen. Gleich auf der Hinreise fand Newton seine Hoffnungen 
durch eine schöne Amazone bestärkt, die er in dem damaligen 
kleinen Museum zu Konstantinopel bemerkte; es war offenkundig 
ein Stück vom Friese des Mausoleums. Ein paar andere Frag- 
mente fand er in Rhodos. Aber erst 1 855 betrat Newton zuerst 
das Schloß von Budrum. Das erste, was ihm in die Augen fiel, 
waren ein paar große Löwenstatuen, die in die Mauern gegen 
die Seeseite eingemauert waren, auch sie offenbar zum Mausoleum 
gehörig. Jetzt galt es Ernst zu machen. Der Botschafter, nun- 
mehr zum Lord Stratford de Redcliffe erhoben, ging auf New- 
tons Pläne, die ja eine Fortsetzung seiner eigenen alten Unter- 



Newtons Entdeckung des Mausoleums 83 

nehmung bildeten, dn; die glückliche Wendung des orientalischen 
Krieges (Sebastopol war mittlerweile gefallen) schien den Wünschen 
des britischen Botschafters den nötigen Nachdruck zu verleihen. 
In der Zwischenzeit veranlaßte Newton in Konstantinopel die 
Bloßlegung der Schlangensäule auf dem Atmeidan, eines Über- 322 
bleibsds vom panhdienischen Weihgeschenk aus der Beute von 
Platpy und ermöglichte so die Auffindung und Entzifferung der 
darauf eingegrabenen Wdhinschrift durch die in Konstantinopel 
ansässigen deutschen Qdehrten Frick und Dethier. 

Während der Firman der Pforte immer länger auf sich warten 
ließ, erforschte Newton in Halikarnass genau das Terrain und 
stdlte die Lage des Mausoleums an eben der Stelle fest, wo schon 
etwa dreißig Jahre früher der englische Architekt Donaldson sie 
vermutet hatte. Aber erst am Neujahrstage 1857 erfolgte der 
erste Spatenstich. E>rei Viertdjahre mühsamer, wechsdvoUer, auf- 
r^ender Arbeit brachten dne Menge kostbarer Marmore zutage, 
darunter zahllose Bruchstücke, aus denen die Statuen des Mausolos 
59 und der Artemisia zusammengesetzt wurden, femer den pracht- 455 
59 vollen Kolossaltorso eines persisch gddeideten Reiters, vier Platten 456 
59 von dem Ostfriese, der dem Arbeitsgebiete des Skopas angehörte; 458 
drd davon gehörten unmittdbar zusammen. Die Kunst des Skopas 
und sdner Genossen, Timotheos, Leochares, Bryaxis, trat glanz- 
voller zutage, als man es nach den schon in London bdindlichen 
Friesen hatte erwarten können. Ein Hauptwerk griechischer Plastik 
aus der Mitte des 4. Jahrhunderts war so weit wiedergewonnen, 
wie man es zu gewinnen hoffen durfte, und im Britischen Museum 
fand sich durch Newtons Energie allmählich alles, auch die Bruch- 
stücke aus Genua, Konstantinopel, Rhodos, zusammen. Von der 
18 ionischen Architektur des Wunderbaues waren so vide und so be- 232 
deutende Reste gefunden worden, daß der nachträglich einge- 
troffene Architekt Pullan das Wagnis einer Rekonstruktion unter- 
nehmen konnte, dem er freilich kaum gewachsen war. 

Newton beruhigte sich nicht bei diesem einen großen Er- 
folge. Im nächsten Winter sieddte er nach Knidos über und 
deckte in den verlassenen Ruinen der blühenden alten Handels- 
stadt, vidldcht zum erstenmal, mit einiger Genauigkeit den Plan 



84 V. Entdeckungen im Osten 

einer griechischen Stadt auf. Der schönste Gewinn bestand aber 
56 in der wundervollen Statue der sitzenden Demeter, die wohlge- 466 
eignet war die praxitelische Glanzzeit attischer Plastik zu vertreten. 
Dazu kam im nächsten Sommer durch einen glücklichen Zufall 
die Entdeckung des abgelegenen dorischen Denkmals, das von 
der Fdsküste auf jenes Schlachtfeld hinabblickte, wo Konon 394 
die lakedämonische Flotte geschlagen hatte. Der kolossale li^^de 
Löwe aus pentdischem Marmor, der den Gipfel des Denkmals 
gekrönt hatte, war ein dankbar begrüßtes Beutestück; die Ein- 
schiffung des schweren Blockes erforderte freilich die Arbeit eines 
vollen Monats. Zum Schluß heimste Newton dann noch die mar- 
33 momen Sitzbilder ein, die südlich von Milet die Prozessionsstraße 288 
vom Hafen Panormos zum Heiligtum des Apollon Philesios, dem 
Didymäon, eingerahmt hatten. Zehn Sitzbilder, ein Löwe und 
eine Sphinx, in ihrer Aufstellnung an ägyptische Tempelstraßen 
erinnernd, waren Zeugen der Glanzzeit Milets vor dem ionischen 
Aufstande gewesen, jener Zeit, wo die Hauptstadt loniens leb- 
hafte Beziehungen zum Nillande unterhidt. 

Als Newton 1861, nachdem er ein Jahr lang das Konsulat 
in Rom versehen hatte, ans Britische Museum zurückkehrte und 
die Leitung der Antikensammlung übernahm, durfte er sich sagen, 
durch seine kleinasiatischen Unternehmungen der Skulpturenab- 
teilung eine Bereicherung zugeführt zu haben, dergleichen sie seit 
Lord Elgins Zeiten nicht erfahren hatte. Newton stand auch 
fernerhin unermüdlich auf der Wacht, wo sich Gelegenhdt zu 
weiteren Erwerbungen bot Als zum Beispiel während des deutsch- 
französischen Krieges von Antikenfunden in Vaison, dem alten 
Vasio, gemeldet ward, da, wie er sdbst erzählte, »nahm er seine 
Reisetasche und fuhr hinüber nach Frankreich« — um den polykle- 
52 tischen Diadumenos heimzubringen. Der allmähliche Ankauf der 403 
Sammlungen Famese in Rom, Pourtal^ und Blacas in Paris, 
zwder Sammlungen Castdlani in Rom, mit einem Gesamtaufwande 
von zwei Millionen Mark, kamen nicht bloß jener Abteilung, 
sondern auch den Gold- und Bronzesachen, den Gemmen, den 
Vasen zugute. Newton beförderte aber auch fremde Ausgrabungen 
oder sicherte dem Museum deren Ergebnisse Von Biliotti und 



Knidos. Didymäon. Kameiros. K3rrene. Artemision 85 

Salzmann in Rhodos erwarb er schon 1 859 die wertvolle- Samm- 
lung meist altertümlicher Vasen, die diese an der Statte der frfih 
verlassenenen Stadt Kameiros ausgegraben hatten. Im Gebiete 
des alten Kyrene hatten 1860 die Seeoffiziere R. Murdoch Smith 
und E. A. Porcher mit schönem Erfolg eine Anzahl hellenistischer 
oder römischer Skulpturen aufgespürt; in dem kyrenäischen Orte 
Benghazi und an manchen anderen Orten war der englische 
Konsul George Dennis, dem wir das hübscheste Buch über Etrurien 
verdanken, als Sammler für das Museum tätig. Der Architekt 
Pullan (S. 83) setzte seine Forschungen an verschiedenen Tempeln 
der kleinasiatischen Westküste (Teos, Smintheion) fort und brachte 
in Priene eine Reihe von Reliefs ans Licht, die man zuerst, freilich 
mit Unrecht, dem Fries des von Alexander dem Großen ge- 
weihten Tempels der Athene Polias zuweisen wollte; sie stammten 
vielmehr von einem jüngeren Altar vor dem Tempel. Auch sie 
kamen ins Britische Museum. Den bedeutendsten Zuwachs aber 
brachte ein anderes Unternehmen. 

Gleich dem Mausoleum gehörte zu den sieben Wundem der 
antiken Welt der Tempel^ der Artemis bei Ephesos, der nach 
dem herostratischen Brande von 356 mit größter Pracht wieder- 
erbaut worden war. Jede Spur von ihm war in dem Sumpf- 
lande verschwunden, selbst seine genaue Lage war bestritten. Im 
Jahre 1863 begab sich der Architekt J. T. Wood, von dem Briti- 
schen Museum und der Gesellschaft der Dilettanti unterstützt, auf 
die Suche, und nach langjährigen Bemühungen fand er Ende 
1869 den Platz unter dem Felshügel von Ajasoluk, genau an der 
Stelle, wo Heinrich Kiepert der Geograph ihn dreißig Jahre vor- 
her angesetzt hatte. Es folgten noch fünf Jahre (bis 1 874) über- 
aus mühsamer Untersuchungen tief unten im Sumpf, über sechs 
Meter unter der heutigen Oberfläche. Man mag diesen schwie- 
rigen Umständen, vielleicht auch ungenügender Ausrüstung, vieles 
zugute halten, leider aber bleibt das Urteil bestehen, daß die Aus- 
grabung ihren Zweck nur mangelhaft erfüllt hat und daß sie wesent- 
lich noch den Charakter des Raubbaues trug. Die gewaltigen 
Reste von Architektuiigliedem und von reliefgeschmückten Bau- 
teilen, die ins Britische Museum verbracht wurden, sind in der 



86 V. Entdeckungen im Osten 

18 Tat von höchstem Wert Vor allem erregten die Säulentrommeln 472 
mit Reliefs schönsten Stiles, Oberreste der von Plinius genannten 
colamnae caelaiae^ und vollends die Fragmente ähnlich verzierter 

33 Säulen vom älteren Tempel aus der Zeit des Krösos das größte 234 
und gerechteste Aufsehen. Dieser ganze Säulenschmuck war neu, 
und der sich darbietende Vergleich der vollendeten Kunst des 
vierten Jahrhunderts mit der archaischen des sechsten war höchst 
belehrend. Aber das Bemühen jene Skulpturwerke aus der Tiefe 
emporzuschaffen führte zu arger Rücksichtslosigkeit g^en die 
Tempelanlage als Ganzes, deren Rätsel denn auch nicht sicher 
gelöst ward. Seitdem lag die Stätte, britisches Eigentum, öde 
und wüst. Ein kundiger Besucher äußerte sich jüngst: »Wie sieht 
es heute aus? Man erschrickt über den wüsten Trümmerhaufen, 
der einem aus einer großen, mehrere hundert Meter langen und 
breiten Grube entgegenstarrt — ein Bild ärgster Verwahrlosung! 
Anstatt solche Arbeit zu schaffen, hätte man lieber den Schutt 
darüber liegen lassen sollen.« Dies geht entschieden zu weit an- 
gesichts der Belehrung, die Woods Arbeiten gebracht haben; aber 
es erscheint allerdings als eine Art Ehrenpflicht Englands, die Aus- 
grabungen wieder aufzunehmen und gemäß der seither gewonnenen 
Ausgrabungstechnik zu Ende zu führen. Hoffentlich setzen sich 
die neuerdings vom Britischen Museum begonnenen Ausgrabungen 
ein so hohes Ziel. 

Newtons eigene und die von ihm geförderten Unternehmungen 
haben für die Kunst des vierten Jahrhunderts eine ähnliche Bedeutung 
wie die älteren Entdeckungen in Ägina und Bassä und die Er- 
werbung der perikleischen Skulpturen für das fünfte. Die Statuen 
vomDidymäon und die alten Säulenreste vom ephesischen Arte- 
mision gingen zusammen mit dem lykischen Harpyiendenkmal auf 
das sechste Jahrhundert zurück. So umrahmten die kleinasiatischen 
Marmore zeitlich die älteren Genossen aus dem fünften Jahrhundert. 
Durch Fdlows' und Newtons Verdienst hatte das Britische Mu- 
seum seinen alten Rang als vornehmster Sammelplatz griechischer 
Plastik siegreich behauptet. Newtons Bedeutung tritt erst recht 
klar hervor, wenn man die Stille vergleicht, die seit seinem Ab- 
gang (1888) auf diesem Gebiet am Britischen Museum geherrscht 



Newtons Bedeutung. Perrots galatische Expedition 87 

hat Newton war aber zugleich der Organisator wissenschaft- 
licher archäologischer Studien in England, wo sie bisher fast nur 
im Gebiet der Numismatik, dort freilich von Head und seinen 
Genossen in ausgezeichneter Weise, betrieben wurden. Newton ge- 
hörte femer zu den Stiftern der Society for the promotion of Hellenic 
studies (1879), er war bei der Gründung des l^pt exploration 
fand (1882) und bei der Errichtung der Archäologischen Schule 
in Athen (1885) beteiligt. Dabei übte er sein Amt als Verwalter 
der Schätze des Britischen Museums mit einer großherzigen Libe- 
ralität, auch gegen Fremde, wie sie überall vorbildlich sein könnte, 
es aber leider selbst am Britischen Museum nicht für alle Ab- 
teilungen geworden ist. 



Von einer ganz anderen Seite her wurden in diesem Zeit- 
raum einige Teile des inneren Kleinasiens erforscht. Das Interesse 
Napoleons HI. für die Geschichte Cäsars wirkte fördernd auf eine 
Reihe wissenschaftlicher Unternehmungen. So ward 1861 Georges 
Perrot, einer der hervorragendsten Zöglinge der französischen 
Schule in Athen (S. 50), an die Spitze einer »galatischen« 
Expedition gestellt, deren Hauptzweck die vollständige Aufdeckung 
und Lesung des Rechenschaftsberichtes des Kaisers Augustus war, 
mit dem die Wände des Tempels des Augustus und der Roma 
in Ankyra (jetzt Angora) in doppelter Ausfertigung bedeckt waren. 
Der Architekt Guillaume und der Zeichner Delbet begleiteten 
Perrot. Schon vor dreihundert Jahren hatte Busbeke den latei- 
nischen Text jenes »monumentum Ancyranam<^ entdeckt und ab- 
geschrieben; andere Reisende hatten später Teile der griechischen 
Übersetzung kopiert. Jetzt wurden große neue Stücke der über- 
aus wichtigen Urkunde aufgedeckt. Für die Archäologie aber 
war weit bedeutender der Streifzug, den Perrot mit seinen Ge- 
nossen in das benachbarte Kappadokien unternahm, um die be- 
6 reits von Texier (S. 76) bemerkten Felsreliefs von Boghazköi 154/5 
(Pteria) und anderen Orten genauer zu untersuchen. Es war eine 
fremde, ungriechische Kunst, die sich hier auftat, mit Anklängen 
an mesopotamische Formen, aber doch selbständig. Solche Fels- 



88 V. Enideckungen im Osten 

reliefs b^^nen an mehreren Stdlen des nördlichen Kleinasiens 
und erstrecken sich bis in die Nähe von Smyma, wo der »Ka- 
rabel« von Nymphiöy ein Kri^erbild, schon Texiers Aufmerksam- i56 
keit err^ hatte; abweichender Art ist die sogenannte Niobe am 159 
SipyloSy ein altphiygisches Kybelebild. Sicherlich haben wir es 
in jenen Fdsreliefs mit der Kunst einer älteren Bevölkerung Klein- 
asiens zu tun, die anscheinend unter dem Einfluß der einst im 
nördlichen Syrien seßhaften Hetiter sich entwickelt hat, ohne daß 
wir deshalb, wie das seit William Wrights > Empire ofthe HiäUes^ 
(1884) oft, auch von Perrot selbst, geschehen ist, die politische 
Herrschaft jenes Volkes fiber ganz Kleinasien ausgedehnt zu 
denken brauchen. 

In noch näherer Beziehung zu Napoleons III. Plänen steht 
die »makedonische« Expedition, mit der der Kaiser um die 
gleiche Zeit Perrots Studiengenossen L£on Heuzey (S. 50) und 
den Architekten Daumet beauftragte. Es galt vor allem die Schlacht- 
felder von Pharsalos und von Philipp!, denen sich das von Pydna 
zugesellte, zu untersuchen. Aber Heuzey faßte die Aufgabe weiter 
und dehnte sie mit großer Gründlichkeit über eine Menge mytho- 
logischer Denkmäler Thrakiens, sowie fiber verschiedene archi- 
tektonische Anlagen aus, unter denen die bis dahin ganz unbe- 
kannten Reste einer großartigen Villa guter griechischer Zelt bei 
Palatitza im südlichen Makedonien hervorragen. Von den Skulp- 
turen war namentlich das Bruchstück eines Grabreliefe aus 
Pharsalos mit zwei Frauen um seines besonderen, leicht alter- 
tümlichen Stiles willen bemerkenswert Die Ergebnisse beider 
Expeditionen wurden später in trefflich ausgestatteten Werken ver- 
öffentlicht 

Hier mag auch die Reise nach Thasos Erwähnung finden, 
die der Pariser Akademiker E. Miller im Jahre 1864 unternahm. 
Galt sie auch in erster Linie der Ausbeute von Inschriften, so 
bereicherten doch die angestellten Ausgrabungen das Museum des 
Louvre um zwei erlesene Stücke vorattischer, ionischer Kunst, die 
Friese eines den Nymphen und ApoUon geweihten Altars von 
zierlich archaischem Stil, den Reliefs des Harpyiendenkmals (S. 78) 
nahe verwandt, und das ungewöhnlich fein gearbeitete Grabrelief 



Heuzey in Makedonien. Thasos. Südrußland 89 

der Philis. Dieses zeigt in besonders hohem Maße jenen auch 
in dem Relief von Pharsalos vertretenen »pastosen« Stil, in dem 
Brunn die besondere Eigentfimlichkeit der nordgriechischen Relief- 
bildnerei erkennen wollte; auf alle Fälle ist es eine etwas eigen- 
tfimlich gewandte Abart des ionischen Stiles. 



Das nördlichste Gebiet, das in diesem Zeitabschnitt unserer 
Kenntnis erschlossen ward, ist das Skythenland im südlichen 
Rußland, auf dessen archäologische Ausbeutung die russische 
R^erung große Kosten verwandt hat. Es handelt sich haupt- 
sächlich um Gräber skythischer Könige oder Häuptlinge, die als 
künstliche Hügel teils in der Krim bei Kertsch und jenseits der 
Meerenge auf der Halbinsel Taman, teils am rechten Ufer des 
Dnjepr landeinwärts bei Alexandropol und Nikopol emporragen. 
Es war im Jahre 1830, daß der französische Emigrant Paul 
Dubrux, der in russischen Diensten stand und ein r^es Interesse 
für die Altertümer gefaßt hatte, den Kul Oba (Aschenberg) bei 
Kertsch öffnete und zum erstenmale die reichen Goldschätze dieser 
Herrschergräber ans Licht brachte. Zu den Königsgräbem am 
Dnjepr wandten sich die Arbeiten der russischen Archäologischen 
Kommission, deren wissenschaftlicher Berater Ludolf Stephani war, 
erst 1852; die erfolgreichste Ausgrabung bei Nikopol fand 1862/63 
statt. In der Krim wiesen zahreiche Vasen von attischer Fabrik, 
zum großen Teil von hoher Schönheit, auf die lebhaften Handels- 
beziehungen zwischen Athen und dem Skythenlande hin; ein 
athenischer Vasenmaler Xenophantos, allem Anschein nach in Panti- 
kapäon (Kertsch) ansässig, legte auch den Gedanken an eine dort- 
hin überimgene attische Kunstübung nahe. Ähnlich war man 
auch die großen und kleinen Gefäße aus Gold, Silber und Elektros 357 
(Weißgold, einer Mischung von Gold und Silber) und das präch- 
tige Goldgeschmeide anzusehen geneigt, worin die Hauptaus- 
stattung jener Gräber bestand. Griechische Kunstform war hier teil- 
weise einen Bund mit national-skythischen G^enständen einge- 
gangen; mit erstaunlich scharfem Blicke war das charakteristische 
Leben und Treiben der antiken Kosaken erfaßt und wiedei^e- 



90 V. Enideckungen im Osten 

geben. Erst allmählich hat sich auch lonien gemeldet, um seinen 
Anteil an jener Prachtkunst geltend zu machen, deren Schönheit 
bekanntlich auch die Kunst von Fälschern zu Nachbildungen ge- 
reizt hat; die »Tiara des Saitaphames« lebt noch in aller Ge- 
dächtnis. Die gefundenen Schätze selbst bilden den Stolz der 
Antikensammlung in der Petersburger Eremitage; auf diesem Ge- 
biete, namentlich dem des erlesensten Goldschmuckes, kann es 
keine Sammlung der Welt mit ihr aufnehmen. Das Prachtwerk 
der AntlquU^ du Bosphore Cimmerien, mit kaiserlicher Muni- 
fizenz ausgestattet, und die Jahresberichte der Petersburger Archä- 
ologischen Kommission haben die Funde in würdiger Weise ver- 
öffentlicht. 



VI 

GRIECHISCHE KULTSTÄTTEN 




IS in den B^inn der sechziger Jahre war der Strom 
der archäologischen Entdeckungen fast ohne Unter- 
brechung dahingerolit; zuletzt hatte er in Newtons klein- 
asiatischen Unternehmungen von neuem eine Höhe erreicht, die 
an den B^inn des Jahrhunderts gemahnte. Jetzt folgte eine Pause, 
nur durch einzelne Entdeckungen unterbrochen. 

Im Jahre 1862 unternahmen Ernst Curtius und die Archi- 
tekten Karl Bötticher und Heinrich Strack eine Studienreise nach 
Athen. Curtius untersuchte besonders die sogenannten Payx- 
höhen in topographischem Interesse; Bötticher richtete seine Studien 
auf die Bauten der Akropolis; Strack begann die Aufdeckung des 
gänzlich verschütteten Dionysostheaters* — Im nächsten Frühjahre 
ward unweit Roms bei Prima Porta, den alten Saxa Rubra, wo 
einst Konstantin sich die Weltherrschaft sicherte, die Villa der 
Kaiserin Livia entdeckt, mit landschaftlichen Wandmalereien und 
80 mit der Statue ihres Gemahls, dem authentischsten Bilde Augusts, 712 
das durch seinen höfisch beziehungsreichen Panzerschmuck und 
durch lebhafte Farbspuren gerechtes Aufsehen err^e. — Auch 
die Stadt Rom bot Neues aus augustischer Zeit Im Jahre 1861 
erwarb Napoleon III. von der entthronten Neapler Königsfamilie 
die Villa Famese auf dem Palati n und beauftragte den römischen 
Ingenieur und Architekten Pietro Rosa mit der Freil^fung der 
alten Kaiserpaläste, so weit sie in jenen Bereich fielen. Diese 
Ausgrabungen hatten überaus reichen Erfolg für die Kenntnis 
der palatinischen Bauten, besonders des flavischen Palastes, eine 



92 VI. Griechische Kultstatten 

besonders schöne Frucht aber trugen sie kurz vor Torschluß (1869) 
durch die Aufdeckung eines etwas tiefer gelegenen und daher 
besser erhaltenen Teiles des Hauses der Livia oder des Germanicus. 
Drei gewölbte Räume wiesen hier noch ihren malerischen Wand- 
schmuck auf, so fein und so eigenartig, wie Herculaneum und 
Pompeji nichts aufzuweisen hatten. Die ganze Bedeutung des 
Fundes sollte erst allmählich klar werden. 

So fehlte es also dem siebenten Jahrzehnt — auch abgesehen 
von den am Schlüsse des vorigen Kapitels aufgezählten Ent- 
deckungen, die großenteils erst später zur Veröffentlichung kamen 
— nicht ganz an neuen Funden; aber doch ward eine Stockung 
bemerkbar. Dadurch ward die Frage nahe gelegt: Was war bis- 
her erreicht? Wie hatte sich durch diese lange Reihe von Ent- 
deckungen unser Antikenbestand verändert? Was hatte die Wissen- 
schaft dadurch gewonnen? 

Zu Anfang des Jahrhunderts hatte die Archäologie fast nur 
mit römischiem Material gearbeitet; jetzt waren beinahe alle Um- 
länder des Mittelmeeres, das ganze griechische Gebiet von Sicilien 
bis Kleinasien, in den Kreis der Betrachtung gezogen, durch 
Reisen, Untersuchungen, Ausgrabungen der Wissenschaft dienst- 
bar gemacht worden. Pompeji und Etrurien waren hinzugewonnen; 
Ägypten und Assyrien hatten den Gesichtskreis über die klassischen 
Länder hinaus erweitert. 

Die griechische Kunst, die damit nicht mehr bloß in 
Kopien, sondern in ihrer eigenen Gestalt leibhaftig erkennbar in 
den Mittelpunkt der wissenschaftlichen Behandlung getreten war, 
zeigte ihre Entwickdung erst jetzt in deutlichen Umrissen. Durch 
die Kenntnis Mykenäs [war ein matter Strahl in die Vorzeit ge- 
fallen; der Inhalt des Grabes Regulini-Galassi (S. 65) beleuchtete 
die homerische Kunst; die Felsreliefs Kleinasiens, darunter die 
vermeintliche Niobe am Sipylos, deren Bild Homer besungen, 
(S. 88), schienen ebenfalls einer grauen Vorzeit anzugehören. 
Die eigentlich griechische Kunst dagegen glaubte man erst etwa 
gegen 600 b^innen lassen zu dürfen, wo die ersten Künstler- 
namen auftreten. Von da an aber lagen drei Jahrhunderte, bis 
zur Zeit Alexanders des Großen, ziemlich klar vor Augen. 



Einzelfunde. Stand der Denkmälerkenntnis vor 1870 93 

Die dorische Baukunst war durcli zahlreiche Tempel im 
Westen (Sicilien und Pästum) und im eigentlichen Griechenland 
vertreten; von der ionischen waren die Beispiele viel spärlicher, und 
namentlich fehlte es an solchen aus der Anfangszeit, so daß der 
Athenetempel in Priene aus Alexanders des Großen Zeit als 
Normaltempel gelten mußte. Dennoch genügte dies Material 
einem genialen Manne wie Gottfried Semper, um die Grundlinien 
der Entwickelung der Baustile zu ziehen und ihre Hauptperioden 
zu scheiden, während die logisch-systematische, aber des geschicht- 
lichen Sinnes bare I>enkweise Kari Böttichers in glänzender Ab- 
straktion den Gesamtbau des dorischen Tempels, in seinem strengen 
Zusammenhang und in seinem Verhältnisse zu den Bedingungen 
des Kultus, vor unseren Augen entstehen ließ. 

Für die Malerei war überhaupt erst dank den Vasenfunden 
eine Grundlage gewonnen. Man hat die Vasenbilder bleichen 
Mondesstrahlen verglichen gegenüber dem hellen Sonnenlichte 
der für immer geschwundenen großen Malerei der Griechen. 
Freilich können jene Erzeugnisse des Kunsthandwerkes diese 
Meisterleistungen nicht ersetzen, aber die sichere Hand und der 
zarte Sinn in jenen bescheidenen Werken atmen doch echter griechi- 
schen Geist als die späten Werke Herculaneums und Pompejis, 
und sie geben uns unmittelbare Anschauung statt der bloßen 
Beschreibungen und Erwähnungen in der antiken Literatur. So 
boten sie der Phantasie Nahrung, um das Bild der verlorenen 
Schöne wiederzugewinnen, und antik gebildete Künstler wie die 
Gebrüder Riepenhausen verbanden sich mit einem nachempfindenden 
Meister der Wissenschaft wie Friedrich Gottlieb Welcker, um Polygnots 
große delphische Wandgemälde in Zeichnung wiederherzustellen. 
Von dem Stilwandel griechischer Malerei konnten die etruskischen 
Wandmalereien einen matten Abglanz gewähren. Der Fund der 
Alexanderschlacht in Pompeji hatte, wenn auch nur in der ver- 
gröbernden Wiedergabe mittels der Mosaiktechnik, den ersten 
Begriff von malerischer Behandlung historischer Gegenstände in 
großem Stil gewährt Daneben hatten immer neu gefundene 
pompejanische Gemälde den Kreis mythologischer Bilder um 
manches schöne Stück erweitert 



94 VI. Qriediisdie Kulistatten 

Weit größer war der Gewinn für die Plastik. Über das 
6. Jahrhundert hinauf schienen die ältesten Metopen von Selinunt, 
vielleicht auch die Friesreliefs von Assos, den Ausblick auf eine, 
wenn auch nicht gerade primitive, so doch stark archaische Kunst- 
weise zu öffnen. Die massigen Statuen von der heiligen Straße 
zum Didymäon, die hochaltertfimlichen Reliefs von den Säulen 
des ephesischen Artemistempels, die befangenen, jedoch »schon 
von Anmut leise umflossenen« Friese des lykischen Harpyien- 
denkmals dienten verschiedene Richtungen des 6. Jahrhunderts 
anschaulich zu machen. Die Scheidung der Kunst in eine dorische 
und eine ionische, die für die Baukunst von alters her geläufig 
war, begann unter solchen neuen Eindrücken auch auf die Skulptur 
angewandt zu werden. Eben dahin führte im 5. Jahrhundert 
der Q^ensatz zwischen den äginetischen, den paar ol3rmpischen, 
den jüngeren sdinuntischen Skulpturen einerseits und den athenischen 
und phigalischen Meisterwerken andrerseits; die Plastik der Zeit 
des »hohen Stils« war überhaupt erst anschaulich geworden. 
In ähnlicher Weise hatten die Funde in Halikamass, in Ephesos, 
in Knidos die nach Kleinasien übergesiedelte Skulptur des 4. Jahr- 
hunderts lebendig gemacht; der Apoxyomenos und der Sophokles 
waren ergänzend hinzugetreten. Oberall waren Anhaltspunkte 
gewonnen worden, verwandte Werke aufzusuchen und das Bild 
der griechischen Skulpturentwickelung reicher und farbiger aus- 
zugestalten. Es begann jene Reihe von »Geschichten griechischer 
Plastik«, die das Vorurteil erweckten oder bestärkten, als ob die 
Geschichte der griechischen Kunst in der Geschichte der griechischen 
Plastik beschlossen wäre; der Sinn für die unzertrennliche Zu- 
sammengehörigkeit der drei Künste ging mehr und mehr verloren. 

Mit Alexander dem Großen endete, wie gesagt, die Reihe 
der neuen Entdeckungen. Bei der Aphrodite von Mdos erhob 
sich immer von neuem der Zweifel, ob sie nicht ins 4., wo 
nicht gar ins 5. Jahrhundert versetzt werden müsse; sie schien 
zu gut für die hellenistische Epoche, der man desto geringere 
Leistungsfähigkeit zutraute, je weniger man von ihr wußte. Denn 
in der Tat war hier eine weit klaffende Lücke unserer Kenntnis 
geblieben, um so empfindlicher, als auch die Literatur uns hier 



Plastik. Hellenismus. Jüngeres Archäologengeschlecht 95 

fast ganz im Stiche läßt. Das Verdienst mit neuer Forschung 
hier eingesetzt zu haben gebührt Wolfgang Heibig, einem Zög- 
ling der Bonner Universität aus der Zeit Ritschis und Jahns. 
Seine Katalogisierung der erhaltenen Wandgemälde aus Hercu- 
laneum und Pompeji (1868, s. S. 67) führte ihn auf weitere 
Untersuchungen, die er 1873 ausführlich darlegte. Das Haupt- 
ergebnis war, daß jene Gemälde, wenn auch in römischer Zeit 
gemalt, doch mit verschwindenden Ausnahmen auf die hellenistische 
Malerei zurückgingen und deren Erzeugnisse in mehr oder minder 
abgeblaßten oder entstellten Kopien wiedergaben; was römisch war, 
zeigte abweichenden Stil und war meistens derb realistisch. Um 
dies Resultat völlig klarzustellen, führte Hdbig eine lange Reihe 
von Einzeluntersuchungen durch, die sich als der erste Versuch 
einer Kulturgeschichte des hellenistischen Zeitalters bezeichnen 
lassen. Damit war für die Kenntnis der spätgriechischen Kunst, 
zunächst für die Malerei, ein neuer Grund gewonnen. Wie immer 
traten die Unterschiede erst einmal vor dem Gesamtbilde zurück, 
aber der Boden war bereitet um neuen Entdeckungen auf diesem 
Gebiete, die bald eintreten sollten, ihren Platz anzuweisen. Anderer- 
seits hatte die römische Kunst eines ihrer geschätztesten Erzeug- 
nisse, die »pompejanische« Malerei, an den Hellenismus abgeben 
müssen und durfte sich auf weitere Terrainbeschränkungen ge- 
faßt machen. 

Die Aufgabe alle die neuen Entdeckungen wissenschaftlich 
zu verarbeiten traf eine neue Generation. Von der älteren wurden 
in Deutschland drei Hauptvertreter, Gerhard, Weicker, Jahn, in 
den sechziger Jahren abberufen; Otfried Müller war schon 1840 
in Griechenland gestorben. Brunn wirkte noch am Archäologischen 
Institut in Rom als Erzieher der jüngeren Fachgenossen, bis er 
1865 nach München berufen ward und seinen römischen Posten 
an Hdbig abgab. Für die neuen Lehrstühle der Archäologie, 
die an immer mehr deutschen Universitäten errichtet wurden, 
ließen sich nunmehr die Kräfte aus der Zahl jener jungen Männer 
gewinnen, die am Institut ihre archäologische Ausbildung ver- 
vollkommnet hatten. Eben diese methodische Vorbereitung der 
Lehrer und die Verbreitung archäologischen Unterrichts über 



96 VI. Oriechisdie KuHstätten 

alle, auch die kleineren deutschen Universitäten verlieh der 
deutschen Wissenschaft ffir einige Zeit ein Obei^ewicht, das 
auch von Fremden anerkannt ward; die deutschen Universitäten 
wurden gern von Ausländem, namentlich von den Griechen, auf- 
gesucht. Die französische Schule in Athen hatte unter Amed^ 
Daveluys und j^mile Bumoufs Leitung noch stille Zeit; in Frank- 
reich selbst hatte die Archäologie fast nur in Paris eine Stätte. 
England besaß überhaupt noch kein zünftiges Studium der Ar- 
chäologie; erst etwas später ward in Cambridge der erste archäo- 
logische Lehrstuhl gegründet Italien nahm an der neuen Ent- 
wickdung nur vereinzelten Anteil, diesen meistens im Anschluß 
an das Archäologische Institut; doch zeigten sich allmählich die 
ersten Anzeichen der beginnenden prähistorischen Forschung. 
Bei den Griechen endlich erschöpfte sich fast das ganze Interesse 
in der Epigraphik und Numismatik. 



Die neue Lage der archäologischen Wissenschaft wirkte auch 
auf die Ausgrabungen zurück. Alles was bisher entdeckt worden 
war, beschränkte sich, wenn man von Pompeji absieht, zumeist 
auf Einzelfunde oder einzelne Bauwerke; selbst Newtons Unter- 
nehmungen trugen diesen Charakter, etwa mit Ausnahme von 
Knidos, wo er den ganzen Stadtplan bloßlegte. Oft hatte auch 
der Zufall seinen Anteil an den Entdeckungen, so bei den Ne- 
kropolen Südetruriens. Fortan mußte es gelten, von vornherein 
größere Gesamtanlagen nach wissenschaftlichen Gesichtspunkten 
planmäßig in Angriff zu nehmen und möglichst erschöpfend zu 
bearbeiten. Dazu war vor allem die Mitwirkung geschulter und 
in der antiken Baukunst wohlbewanderter Architekten notwendig; 
nur zu viele der bisherigen Unternehmungen ließen hier einen 
Mangel empfinden. Der erste, der mit klarer Einsicht diese 
neue Bahn betrat, war Alexander Conze. 

Conze, noch ein Schüler Gerhards, hatte nach Vollendung 
seiner Studien in den Jahren 1856/57 eine Fahrt nach den nörd- 
lichsten Inseln des Archipels (Samothrake, Imbros, Lemnos, Thasos) 
und nach Lesbos unternommen, voll neuer Ergebnisse, auch ohne 



Neue Art von Ausgrabungsplänen. Alexander Conze 97 

daß er eigene Ausgrabungen hätte vornehmen können; ein solcher 
Gedanke lag überhaupt damals noch merkwürdig ferne. Von 
der Burghöhe Mytilenes hatte er hinüber nach den Küsten Klein- 
asiens geschaut, die damals, nach dem Krimkriege, von Banden 
entlassener türkischer Soldaten durchzogen wurden und für jede 
wissenschaftliche Untersuchung, vollends eines einzelnen, ver- 
schlossen schienen. Nachdem Conze seine Reisebeschreibungen 
bearbeitet und herausgegeben hatte, ging er nach Rom und lernte 
hier Newton kennen, der eben damals im Saale der preußischen 
Gesandtschaft im Palazzo Caffarelli die großen Zeichnungen und 
Photographien des Mausoleums und seiner anderen asiatischen 
Unternehmungen ausstellte und erklärte. I>em war also gelungen, 
was Conze unmöglich erschienen war! Die Bedeutung des so 
Gewonnenen, die Unterhaltungen mit dem glücklichen Entdecker, 
die Erinnerung an so manche Stelle, die er selbst hatte unerforscht 
lassen müssen — das alles zusammen ließ einen Stachel in Conzes 
Seele zurück. Als er dann nach einer Bereisüng Griechenlands 
— er und der Schreiber dieser Zeilen waren die ersten Inhaber 
eines Reisestipendiums des Archäologischen Institutes (S. 67) — 
und nach mehrjähriger Lehrtätigkeit in Göttingen und Halle 1869 
an die Wiener Universität berufen worden war, eröffnete sich 
ihm ein weiteres Feld. Das Studium der Archäologie lag damals 
in Österreich ganz brach; hatte doch einst Mettemich die Teil- 
nahme am Archäologischen Institute, dessen Ehrenpräsident er war 
(Präsident en air, wie er selber spottete), in Österreich ver- 
boten! Neben der Einrichtung der archäologischen Studien an 
der Universität und der Bereisung der österreichischen Länder 
mit Rücksicht auf die Überreste ihrer römischen Vergangenheit 
ließ Conze es sich auch angelegen sein, das allgemeinere Interesse 
für archäologische Fragen zu wecken. So hielt er z. B. 1872 
einen Vortrag über »zwei griechische Inseln«, Syra und Samo- 
thrake. Syra, im Mittelpunkte der Kykladen gelegen, vertrat damals 
die ehemalige Handelsbedeutung der Nachbarinsel Delos, während 
deren Heiligkeit seit einem halben Jahrhundert auf das ebenfalls 
benachbarte Tenos mit seiner Evangelistria überg^angen war. 
Ebenso hatte das abgelegene Samothrake mit seinem Mysterienkult 

Michaelis, Die archäologischen Entdeckungen. 7 



98 VI. Oriediiscfae Kulistätten 

längst seine Stelle an den klösterreichen Athos, den »heiligen 
Berg« der orientalischen Christenheit, abgetreten. Beide Inseln 
lagen in der Interessensphäre des österreichischen Handels und 
der österreichischen Politik. Im Hinweis darauf schloß Conze 
mit den Worten: »Hoffentlich wird schon bald der Bann gelöst 
sein, der die Denkmälerwelt der ebenso merkwürdigen wie wenig 
bekannten Insel verschlossen hält. Das Machtwort hierfür kann 
täglich gesprochen werden.« Der Ruf verhallte nicht ungehört. 
Die Regierung verlangte von Conze einen Ausgrabungsplan, 
dessen Ausführung sie ihm und zwei Wiener Architekten, dem 
sorgfältigen Alois Hauser, in strenger Bötticherscher Schule ge- 
bildet, und dem genialen George Niemann aus Hannover, über- 
trug. Damit war die entscheidende Mitwirkung der Architekten 
gesichert Außerdem ward auch für einen Photographen Sorge 
getragen. Schon Newton hatte von der damals noch nicht so 
wie heute entwickelten Photographie Gebrauch gemacht; sie 
mußte fortan für jede ähnliche Unternehmung unentbehrlich er- 
scheinen. Ein Kriegsschiff ward von der Regierung zur Ver- 
fügung gestellt, und im Mai und Juni 1873 ward sechs Wochen 
lang in Samothrake gegraben, mit so gutem Erfolge, daß im 
Herbst 1875 eine zweite Expedition auf zwei Monate entsandt 
ward. Ihr gehörte außer Conze und Hauser unter anderen auch 
Benndorf, damals in Prag, an. 

Samothrake ist ein rauhes Felseiland, abgelegen und selten 
das Ziel von Schiffen. Auf der Insel gibt es nur wenige ebene 
Stellen von auch nur mäßigem Umfang. Seit Conzes Besuch 
hatte 1863 der französische Vizekonsul Champoiseau aus der 
gegenüberliegenden Stadt Kabälla etwa 200 Bruchstücke einer 
großen weiblichen Statue ausgraben lassen und nach Paris ge- 
sandt Dort hatte man daraus eine Nike zusammengesetzt, die 
man auffälligerweise — so neu erschien vieles an ihr — als 
»mittelmäßige Dekorationsfigur aus später Zeit« einschätzte; 
erst Wilhelm Fröhner erkannte 1869 ihren hohen Weri Die 
Statue war nicht weit von der Stelle gefunden, die die österreichische 
Expedition zum Operationsfelde ausersehen hatte. Außerhalb 
des altertümlichen Mauerringes der alten Stadt Samothrake lag 



Das Mysterieiiheiligtum von Samothrake QQ 

das Ruinenfeld der alten Mysterienstatte auf zwei unebenen Land- 
Zungen zwischen tief eingerissenen Flußbetten. Hier förderten 
1 873 die Ausgrabungen hauptsächlich zwei Gebäude zutage, beide 
von ungewöhnlicher Anlage. Der »Marmortempel«, dem 3. Jahr- 
hundert vor Christo angehörig, bot eine Form dar, die durch 
Querschiff und erhöhten >Chor« mit gerundeter Apsis in auf- 
fälliger Weise die Grundform der christlichen Basilika vorweg- 
zunehmen schien. Innerhalb des »Chores« wies eine eigentümlich 
hergerichtete, bis auf den Felsen hinabgehende Grube, etwas 
völlig Neues, auf die blutigen Opfer des Mysterienkultus und der 
Einweihungsgebräuche hin. Nicht minder eigentümlich war der 
nicht große Rundbau, als zweistöckiger Bau charakterisiert und 
allseitig fest geschlossen, anscheinend für Versammlungen der 
Eingeweihten bestimmt. Bruchstücke der Weihinschrift wiesen auf 
Arsinoe, die Tochter des ersten Ptolemäers und damals Gemahlin 
des Königs Lysimachos (gest. 281), als Stifterin hin. Diese Bau- 
gruppe aus früher Ptolemäerzeit ward 1 875 durch ein Torgebäude, 
eine Stiftung Ptolemäos IL, vervollständigt; neben den Marmor- 
tempel trat außerdem ein älterer, bedeutend einfacherer Mysterien- 
tempel des 4. Jahrhunderts mit ähnlicher Opfergrube, vermutiich 
der Tempel, für den nach antikem Zeugnisse Skopas gearbeitet 
hatte. Endlich lief neben dem Mysterienplatz eine lange Säulen- 
halle hin, das erste Beispiel einer Anlage, die sich bald als ein 
stehender Bestandteil hellenistischer Baugruppen herausstellen sollte. 
So viel neue und interessante bauliche Einzelheiten auch 
die Ausgrabungen zutage gefördert hatten, das Wichtigste war 
doch, daß hier eine größere zusammenhängende Bauanlage, die 
Gesamtheit eines Mysterienheiligtums, aufgedeckt worden war. 
Alles, mit Ausnahme des älteren Tempels, gehörte der ersten 
Hälfte des 3. Jahrhunderts an, vermutiich eine Neugründung ver- 
schiedener Mitglieder des Ptolemäerhauses. Damit war der erste Ein- 
blick in hellenistische Baukunst gewonnen. Eine erhebliche Anzahl 
charakteristischer Einzelformen ließ sich bemerken; daneben aber er- 
innerte der malerische Zug der ganzen Anlage auf das lebhafteste an 
pompejanische Landschaftsbilder und stellte eine wichtige Seite helle- 
nistischen Kunstsinnes ins Klare. Wenn die Ausbeute an Skulpturen 



100 VI. Oriechische Kultstatten 

gering war — die Reste der Oiebelfiguren vom Marmortempel ver- 
rieten eine flotte dekorative Mache — so boten die benachbarten Kalk- 
öfen hier wie so oft die traurige Erklärung. Dafür entschädigte aber 
eine andere Entdeckung, um deren wissenschaftliche Verwertung 
sich namentlich Benndorf verdient gemacht hat Neben dem Ende 
jener langen Halle ward an der Stelle, wo Champoiseaus Statuen- 
fragmente gefunden worden waren, emsig nachgeforscht, und 
außer einigen weiteren Bruchstücken der Statue fanden sich die 
Blöcke ihres Unterbaues, die sich zum Vorderteil eines Kriegs- 
schiffes zusammenffigten. Nike hatte also auf einem Schiffe ge- 
standen, genau so wie Demetrios Poliorketes nach dem entscheiden- 
den Seesieg von 306 beim kyprischen Salamis, der die Zerspaltung 
von Alexanders Monarchie in vier selbständige Königreiche be- 
si^elte, auf seinen Münzen Nike auf dem Schiffe geprägt hatte; 
ja so genau entsprechend, daß sich von selber die Vermutung 
aufdrängte, die samothrakische Nike sei von Demetrios selbst zum 
Andenken an jenen Sieg geweiht worden. Damit war für den 
B^inn der hellenistischen Periode ein Hauptstück gewonnen, 
ebenso schwungvoll in der Komposition wie virtuos in der Durch- 
führung der selbstherrlich gewordenen Gewandung. Die Entdecker 
teilten den Fund Champoiseau mit, der alle Stücke nach Paris 
68 schaffen ließ. Dort ward die Statue vervollständigt und auf ihre 
Schiffsbasis gesetzt, um anläßlich des Besuches des russischen soi 
Kaisers ihren Platz oberhalb des stattlichen escaüer Daru zu 
erhalten: eine Aufstellung von glänzender dekorativer Wirkung, 
wenn sie auch der Einzelbetrachtung des großartigen Werkes 
flicht ganz gerecht wird. 

Ober die österreichischen Ausgrabungen ward ein ausführ- 
licher Bericht ausgearbeitet. Hier trat zum erstenmal die Photo- 
graphie in den Dienst nicht bloß der Ausgrabungen, sondern 
auch der Publikation. Newton hatte noch die Photographien 
lithographisch umzeichnen lassen müssen; hier wurden sie selbst 
dem Buche einverleibt. Eine andere Neuerung brachte der Bericht 
dadurch, daß die Architekten sich nicht, wie es bis dahin mit 
wenigen Ausnahmen üblich gewesen war und auch seither noch 
vielfach geschieht, mit bildlichen Wiederherstellungen der ganzen 



Die Nike von Samothrake. Das böotische Kabirion 101 

Gebäude und charakteristischer Einzelheiten begnügten, sondern 
außerdem die einzelnen wichtigen Blöcke mit ihren technischen Be- 
sonderheiten genau abbildeten. Erst durch dies vorsichtige und 
gewissenhafte VerMren ist die Möglichkeit gegeben, die Wieder- 
herstellungen nachzuprüfen und nach der technischen wie nach 
der formalen Seite die Besonderheiten verschiedener Zeiten und 
Bauschulen kennen zu lernen. Die den Architekten eingeräumte 
führende Stellung hatte sich glänzend bewährt; damit war für 
weitere Unternehmungen die sichere Richtschnur gefunden. 

Das samothrakische Heiligtum war den »groBep Göttern«, 
den Kabiren, und ihren Mysterien geweiht So mag hier ein 
anderes kleineres Kabirenheiligtum angeschlossen werden, 
das 1887/8 von dem deutschen archäologischen Institut etwas 
westlich von Theben aufgedeckt ward. Wie häufig bei genauerer 
Untersuchung, so ergaben sich auch hier mehrere Bauschichten 
übereinander. Vom ältesten Tempel, etwa dem 6. Jahrhundert 
angehörig, war nur ein Stück einer Apsis nachweislich, die an 
Samothrake erinnert. Der zweite, hellenistische, Tempel bot statt 
einer Cella ein doppeltes Gemach dar, wie es in selinuntischen 
Tempeln vorkommt; im inneren Gemach stand die breite Basis 
für die Götterbilder. Hinter dem Tempel lag ein ummauerter 
Hof mit der Opfergrube; ohne vom Tempel aus zugänglich zu 
sein, hatte er, ebenso wie das Querschiff des Tempels in Samo- 
thrake, auf beiden Seiten eine Tür. Auch der letzte Tempel, 
aus römischer Zeit, behielt im ganzen diese Anlage bei, nur daß 
er Cella und Vorhalle in der allgemein üblichen Weise um- 
gestaltete. Von der Popularität des Kultus l^en die Massen von 
Scherben Zeugnis ab, die durch den derben humoristischen Stil 
ihrer Malereien ein charakteristisches Gegenstück zu der gleich- 
zeitigen attischen Malerei bildeten und durch die Schilderung des 
Kabiren und seines Sohnes in bacchischer Umgebung ein interessantes 
Kapitel der Mythologie aufhellten. 



Während die Österrdcher in Samothrake zum erstenmal auf 
diesem Gebiete Lorbeeren pflückten, faßte die Französische Schule 



102 VI. Griechische Kultstatten 

In Athen ein ähnliches Ziel ins Auge: Delos, das Oeburtseiland 
Apollons. Die kleinste unter allen Kykladen, aber ihr Mittelpunkt 
durch den Kultus des ionischen Gottes und in späterer Zeit auch 
als Zentralpunkt des griechischen Seehandels^ bot die Insel, von 
dem kahlen Berge Kynthos fiberragt, das Bild trostloser Öde, 
nicht jener natürlichen Rauheit wie Samothrake, sondern infolge 
menschlicher Verwüstung und des Fluches, den das Christentum 
früh auf die heilige Insel der Hellenen gelegt hatte. Kein Baum, 
kein Haus, nur ein einsamer Invalide als Wächter, ein paar Ziegen 
und Schweine, die im Moraste des »heiligen Sees« wühlten: 
so habe ich die Insel im Jahre 1860 gefunden. Die Stätte des 
Heiligtums war durch einige Trümmerhaufen, die Stadt durch 
das Theater am Bergabhange bezeichnet; höher am Beige gab 
ein mit großen Steinplatten bedeckter kurzer Felsgang ein Rätsel 
auf. Schon Stuart und Revett (S. 10) hatten einen sehr mangel- 
haften Plan und die Überreste der Halle Philipps V., nicht viel 
mehr die Expedition de Moree (S. 47) aufgenommen. Dazu hatte 
1873 Albert Lebfegue, ein Mi^lied der Französischen Schule, jenen 
Felsgang erforscht und in der Grotte mit großer Wahrscheinlich- 208 
keit ein hochaltertümliches Heiligtum Apollons erkannt Aber 
die Hauptarbeiten harrten noch dessen, der sie in die Hand 
nehmen sollte. 

Dies trat ein, nachdem der energische Albert Dumont 1 876 
die Leitung der Französischen Schule übernommen hatte und im 
Wetteifer mit dem kürzlich in Athen gegründeten Deutschen 
archäologischen Institut der Schule einen neuen Schwung verlieh 
und höhere wissenschaftliche Ziele steckte. So richtete er seinen 
Blick auf Delos und wählte unter den vielen ausgezeichneten 
Zöglingen, die damals die athenische Schule besuchten, mit 
sicherem Urteil den achtundzwanzigjährigen Theophile Homolle 
zu einer Erkundigungsfahrt nach Delos aus (1876). Homolle 
kam mit einem klaren Programme zurück, und im Mai 1877 
begann er mit einer Summe von 1300 Francs, die der Verein 
französischer Architekten der Schule für irgend eine Ausgrabung 
zur Verfügung gestellt hatte, die Arbeiten, die zur Aufdeckung 
des delischen ApoUonheiligtums führen sollten. Am ApoUontempd 



Die Ausgrabungen auf Delos 103 

selbst ward das Werk begonnen, und in den ersten drei Jahren 
(1877/79) ward dieser mit seiner nächsten Umgebung bloBgel^ 
Im Vordergrunde des Interesses standen aber teils die überaus 
reichen Funde wichtiger Inschriften, die auch fiber viele künst- 
lerische Dinge Aufschluß gewährten, teils eine bedeutende Anzahl 
von Marmorbildwerken, die die Skulptur der ionischen Insdn 
während des 6. Jahrhunderts gegenüber den derben milesischen 
Sitzbildem (S. 84) in neuem Lichte erscheinen ließen. Die wie 
aus einem Balken gehauene Statue der Naxierin Nikandre bot 
34 das primitivste Bild einer Qewandfigur; die fliegende Nike, von 294 
Archermos selbst oder nach seinem Urbilde geschaffen, stellte 
den kühnen fHug einer formal noch gehemmten Phantasie vor 
Augen; andere Frauenstatuen verg^enwärtigten die allmähliche 
Vervollkommnung in Haltung und Gewandung. Neben diesen 
altertümlichen Werken fehlte es audi nicht an Bruchstücken 
jüngerer Gruppen, in denen bald darauf (1882) Furtwängler den 
Akroterienschmuck des ApoUontempels, etwa zur Zeit des pelo- 
ponnesischen Krieges entstanden, erkannte. 

In diesen ersten drei Jahren hatte kein Architekt HomoUe 
zur Seite gestanden. Infolgedessen war die Architektur wenig 
erforscht, kein Gesamtbild der Ausgrabungen gewonnen worden. 
»Am Ende des Jahres 1879«, schildert Radet, »breiteten sich die 
aufgedeckten Grundmauern in unzusammenhängenden Massen über 
das Gelände aus. Ein Wirrwarr von Gräben und Erdhaufen 
durchschnitt sie. Man konnte kaum ihre Gestalt, ihre Ausdehnung, 
ihren Zusammenhang erkennen.« Mittlerweile hatte nicht bloß 
das Werk über Samothrake, sondern vor allem die Ausgrabung 
von Olympia (S. 106 f.) die Unentbehrlichkeit der Architekten bei 
solchen Unternehmungen klar vor Augen geführt Somit begab 
sich HomoUe 1 880 in Begleitung des tüchtigen Architekten Nenot 
(er ist später der Erbauer der neuen Sorbonne geworden) von 
neuem an die Arbeit Von dem gewonnenen Ausgangspunkte 
aus suchten sie ringsum die Ringmauer des heiligen Bezirkes 
zu gewinnen und stießen dabei auf eine Menge von Gebäuden, 
die den Raum dicht anfüllten: Heiligtümer, SchatEhäuser, die 
eigentümliche »Stierhalle«, von der Ninoi Plan und Aufriß ver- 543/4 



104 VI. Oriediiscfae Kultstatten 

öffentlichte. Auch nahm er den ersten Plan der bisherigen 
Grabungen auf. 

Ich weiß nicht» warum der so glücklich beschrittene W^ 
doch alsbald wieder verlassen ward. HomoUe selbst führte seine 
Untersuchungen noch zweimal, 1885 und 1888, weiter, das zweite- 
mal zusammen mit dem Architekten Demierre. Im übrigen ward 
die Leitung der Ausgrabungen von dem neuen Direktor der 
Französischen Schule, dem ausgezeichneten Epigraphiker Paul 
Foucart, den jugendfrischen, für dergleichen Aufgaben aber doch 
nicht geschulten Zöglingen der Schule übertragen. So waren 
1881 Am&i^e Hauvette, 1882 Salomon Reinach, 1883 Pierre 
Paris, 1886 Gustave Fougb-es, 1889 Georges Doublet, 1892 Joseph 
Chamonard, 1893 dieser und £douard Ardaillon, 1894 letzterer 
und Louis Couve tätig. Sie alle haben die Kenntnis nicht bloß 
des Heiligtums und seiner mannigfaltigen Anlagen, der Versamm- 
lungslokale der römischen Merkurverehrer wie der Orientalen 
die sich um Sarapis scharten, sondern auch der Stadt mit dem 
Theater und vielen öffentlichen und privaten Gebäuden, endlich 
des Hafens mit seinen Staden, Lagerhäusern, Verkehrsanlagen, 
jeder an seinem Teile, erheblich gefördert, so daß mit Hilfe von 
Inschriften das heilige wie das profane Delos uns in leidlicher 
Klarheit vor Augen steht. Dem feinen, früh verstorbenen Couve 
gelang überdies ein so schöner Fund, wie der des polykletischen 
Diadumenosin fast vollkommener Erhaltung. Aber das Schwankende 403 
der wechselnden Leitung gab sich doch darin kund, daß kein 
fester Ausgrabungsplan konsequent innegehalten, sondern auf die 
gleichen Punkte oftmals zurückgegriffen ward. Und wenn wir 
auch einen Obersichtsplan der ganzen Anlagen von N^not be- 
sitzen, wenn auch Ardaillon und Convert eine archäologische 
Karte der Insel aufgenommen haben, das Architekturbild von Ddos 
mit allen seinen Bauten, das ^für die hellenistische Baukunst so 
belehrend sein würde, fehlt uns doch, und die Frage läßt sich 
nicht unterdrücken, ob es sich noch nachträglich wird beschaffen 
lassen, da die Ruinenhaufen von Ddos und seiner Nachbarinsel 
Rheneia die bdiebtesten Steinbrüche für Baiast suchende Schiffer 
sind. Um so dankbarer wollen wir sein, daß, abgesehen von 



Die Ausgrabungen auf Ddos 105 

einzelnen genauer bekannten Gebäuden, in den letzten beiden 
Ausgrabungssommern der Ingenieur Henri Convert für die Pläne 
einer Anzahl von Privathäusem Sorge getragen hat. Diese Häuser 
stammen aus der Zeit zwischen dem Ausgang des Krieges g^en 
Perseus (166) und der doppelten Zerstörung von Ddos, durch 
Mithradats Feldherm Archdaos und durch die Seeräuber (88 
und 69); es war die Zeit der höchsten Handelsblüte der Insd, 
wo Griechen, Syrer, Ägypter und Römer hier als Wettbewerber zu- 
22 sammentrafen. So stehen denn auch in den Hausplänen griechische 634 
und römische Anlagen nebeneinander, ein höchst interessantes 
Bild aus der Zeit des Überganges von dem niedergehenden Hdle- 
nismus zum aufsteigenden Römerium. 

Neuerdings (1902) sind die Ausgrabungen in Ddos wieder 
aufgenommen worden. Einer jener Mäcene, auf die Frankreich 
stolz sein darf, die einsichtiges Interesse mit großartiger Opfer- 
willigkeit verbinden, der Herzog von Loubat, hat seit 1 903 dafür 
jährlich 50000 Francs angewiesen. Es steht mit Sicherheit zu 
erwarten, daß so die Lücken, die die fünfzehn früheren Arbeits- 
jahre noch gelassen, so befriedigend wie möglich werden ausge- 
füUt werden. 



Noch ehe die ddischen Ausgrabungen in Angriff genommen 
wurden, war auf dem griechischen Festlande vom neuerstandenen 
Deutschen Reich ein alter Plan ins Werk gesetzt worden: den 
heiligen Bezirk von Olympia vom Schutte zu befreien. Davon 
hatte schon Winckdmann geträumt; Blouets Ausgrabung (S. 48) 
hatte das Lohnende eines solchen Unternehmens bewiesen; der 
junge Ernst Curtius hatte 1 852 durch einen Vortrag in Berlin die 
Begeisterung dafür anzufachen gesucht. Als aber Ludwig Roß im 
folgenden Jahre zu diesem Zweck eine Subskription in Deutsch- 
land eröffnete, ergab sich in jener lahmen Zeit dn Resultat von 
787 Mark! Erst das Jahr 1871, die Gründung des Deutschen 
Reiches, ließ dergleichen Pläne, die große Mittel erforderten, fest 
ins Auge fassen. Wiederum war es Ernst Curtius, der mittler- 
weile an Gerhards Stdle nach Berlin berufen worden war, der 



106 VI. Griechische Kultstätten 

den olympischen Plan in Verbindung mit anderen Plänen in An- 
griff nahm. 1873 ward das Archäologische Institut, das seit 1871 
als preußische Staatsanstalt auf festere FfiBe gestellt worden war, 
vom Reichstag in eine Anstalt des Deutschen Reiches umgewandelt 
und alsbald auf Curtius Betreiben durch eine Zweiganstalt in 
Athen erweitert Das folgende Jahr brachte die kaiserliche Be- 
stätigung; zugleich aber ward Curtius nach Athen entsandt, um 
namens des Deutschen Reiches mit der griechischen Regierung 
die Bedingungen festzusetzen, unter denen die Aufdeckung der 
Altis, des heiligen Bezirkes von Olympia, Deutschland gestattet 
werden sollte. Da die griechische Verfassung jede Ausfuhr von 
Antiken verbot, verzichtete das Deutsche Reich auf jeden Erwerb 
mit Ausnahme etwa sich eigebender Doubletten ; es gab das hoch- 
herzige Beispiel, solch ein kostspieliges Unternehmen, unter Ober- 
wachung eines griechischen Ephoros, lediglich im Interesse der 
Wissenschaft durchzuführen. Es fehlte in Deutschland nicht an 
engherzigen Kritikern dieses Vertrages; seltsamerweise dauerte es 
auch in Ath^ ein volles Jahr, ehe die Volksvertreter ihre Zustim- 
mung zu einem so uneigennützigen Abkommen gaben. 

Im Jahre 1875 begann die Ausführung. Sie ward nicht dem 
soeben g^jündeten athenischen Institut übertragen, dem die er- 
forderlichen Hilfskräfte hätten zugewiesen werden müssen, das 
aber so mit einer glanzvollen Tätigkeit eingesetzt haben würde, 
sondern die Oberleitung blieb in Berlin in den Händen von 
Curtius und dem Architekten Friedrich Adler. Sechs Winter 
(1875/80) nahm die Arbeit in Anspruch. Das Reich verwandte 
darauf 600000 Mark; für den letzten Winter übernahm Kaiser 
Wilhelm die Kosten auf seinen Dispositionsfonds. Gustav Hirsch- 
feld, dem der Architekt Adolf Bötticher zur Seite stand, begann 
1875 die Arbeiten am Zeustempel. Bald fand sich eine späte Mauer, 
in die viele Skulpturen hineingemauert waren und die deshalb 
den Namen »Je länger je lieber« erhielt. Hirschfeld ward in der 
Leitung schon 1877 von Georg Treu abgelöst, neben dem Karl 
Pui^old sich der Inschriften annahm und zeitweilig auch Rudolf 
Weil und Adolf Furtwängleri tätig waren. Der architektonische 
Teil der Aufgabe lag zuerst in Richard Bohns, dann in Wilhelm 



Die Aufdeckung Olympias 107 

Dörpfelds Händen; dieser verdiente sich hier seine Sporen. Die 
zu lösende Aufgabe umfaßte die ganze Altis und ward ganz plan*- 327 
mäßig durchgeführt Kein Fleck, kein Gebäude ward nur leicht 
angegraben und dann verlassen, sondern überall ward volle Arbeit 
gemacht Auf jede Einzelheit ward sorgfältig geachtet und das 
Ausgegrabene alsbald so weit geordnet, daß die Mittel zur Re- 
konstruktion übersichtlich vorlagen; das Konservieren und Ordnen 
schloß zugleich das Rekonstruieren in sich — ein durchaus neues, 
heilsames Verfahren. Bei den in zahllose Stücke zerbrochenen 
und zersplitterten Skulpturen ward bei jedem Fragmente die Lage 
und die Tiefe der Verschüttung beachtet; die Schichtenhöhe gab 
bei baulichen Denkmälern nicht selten den entscheidenden Finger- 
zeig für die Zeitbestimmung. 

Die Funde reichten vom achten vorchristlichen Jahrhundert bis 
in die Schlußzeiten des Altertums und darüber hinaus, umspannten 
also mehr als ein Jahrtausend. In den tiefsten Schichten traten 
Massen an sich unscheinbarer Weihgeschenke von Ton und Erz 
zutage, die aber über einen Punkt der Anfänge bildender Kunst 
völlig neuen Aufschluß gaben. Bisher herrschte die Meinung, 
daß die griechische Bildkunst an den Darstellungen der Götter 
groß geworden sei; jetzt zeigte sich, daß das Genre, die Dar- 
stellung der Menschen und Tiere des umgebenden Lebens, auf 
unmittelbarer Beobachtung beruhend, an der Spitze der Ent- 
wickdung stand. Für die Götter und deren menschenähnliche 
Verkörperung ergab sich erst später das Bedürfnis, zugleich mit 
dem Verlangen nach einem Götterhause, dem Tempel. In unmittel- 
barer Nähe jener Weihgeschenke befand sich denn auch der älteste 
11 Tempel Olympias, das Heräon, ein Bau von grundlegender Be- 250 
deutung für die Geschichte der Baukunst, insofern er das Ver- 
hältnis des Steinbaues zum ursprünglichen Holzbau in helleres 
Licht rückte (siehe unten Kapitel XI). Die alte Bauart aus »Luft- 
ziegeln«, das heißt an der Luft getrockneten Lehmziegeln, in Ver- 
bindung mit Holz, durch den modernen Gebrauch erläutert, ward 
für die Baugeschichte gewonnen. Und neben den langen, ge- 
drückten ' Tempel der Hera trat der gewaltige Bau des Zeus- 
iempels, dessen bisher vielbestrittenes Alter sich auf die nach- 



108 VI. Oriediisdie KuUstatten 

persische Zeit des 5. Jahrhunderts festsetzen ließ. Gegenüber 
seinen kolossalen Blöcken von stahlhartem Muschelkalk, seinen 
wuchtigen Säulentrommeln, die durch Erdbeben reihenweise auf 
den Boden geworfen waren, erschien der marmorne Parthenon fein 
und fast überzierlich. Hier erst zeigte sich der dorische Baustil 
in seiner ganzen ungebrochenen Kraft 

Neue Überraschungen boten die Gruppen der Giebelfelder, 
wie sie sich aus Hunderten großer und kleiner Bruchstücke allmäh- 
lich zusammenfügen ließen. Da das Goldelfenbeinbild des Zeus im 
Inneren des Tempels bekanntlich von Phidias Hand herrührte, 
hatte man bisher als selbstverständlich angenommen, daß auch 
der übrige plastische Schmuck des Tempels aus seinem Kreise 
stamme. Der überlieferte Name des Alkamenes als Schöpfers des 
Westgiebels wies auf Phidias bedeutendsten Schüler hin; Päonios, 
dem dieselbe Überlieferung den Ostgiebel zuteilte, ward daher 
ebenfalls in dieser Schule gesucht Nun wollten aber schon die 

40 Metopen, die sich alle zwölf in Bruchstücken vorfinden, geschweige 329 

41 denn die Giebelstatuen sich durchaus nicht der Vorstellung ein- 390/2 
fügen, die wir durch die Parthenonskulpturen für den Stil des 
Phidias und seiner Schule gewonnen hatten. Nach einigem Winden 
und Wenden mußte man hier Werke einer ganz anderen Schule 
anerkennen. Dazu kam ein Zweites. Von Päonios fand sich um 
Weihnachten 1875 ein durch Inschrift gesichertes Originalwerk, 

53 die aus Adlershöhen herabschwebende kolossale Nike, die einst 421 
von sieben Meter hohem Untersatz auf die Altis herabgeblickt 
hatte. Diese kühne Gestalt paßte kaum zu einem Schüler des 
Phidias, durchaus nicht zu dem überaus gehaltenen Ostgiebel des 
Tempels, den die Tradition demselben Päonios beilegt. Also ein 
neues Rätsel, dessen wahrscheinliche Lösung von philologischer 
Seite, von Adolph Kirchhoff, gefunden ward: auf der Inschrift der 
Nike wird Päonios als der Verfertiger der »Akroterien« auf dem 
Tempel genannt; indem man hierin statt der bezeugten Nike- 
figuren über den Spitzen der Giebel die Giebelgruppen verstand, 
wird die Tradition von Päonios als Schöpfer der östlichen Gruppe 
entstanden sein. Wie freilich der Westgiebel zu Alkamenes Namen 
gekommen, blieb unerklärt; manche denken an einen älteren AI- 



Päonios und Alkamenes. Die Nike. Chronologisches 109 

kamenes der fruhperikleischen Zeit, dem dann am wahrschein- 
lichsten beide Giebel zugewiesen werden würden. 

Päonios stammte von der thrakischen Küste, die Heimat des 
älteren Alkamenes ward nach einer unsicheren Angabe in Lemnos 
gesucht So kam Brunn auf den Gedanken, in den Bildwerken 
des Zeustempels Arbeiten einer nordgriechischen Kunstschule (S. 89) 
zu vermuten. Kekule dachte lieber an Großgriechenland und 
Sicilien, wo damals der Künstler Pythagoras den Ton angab. 
Furtwängler glaubte Paros, Robert gar den parischen Begleiter 
und Gehilfen des Phidias, Kolotes, in Vorschlag bringen zu 
dürfen. Andere begnügten sich, wie der Tempel von dem Eleer 
Libon erbaut worden ist, so auch die Skulpturen auf elische 
Künstler, von denen wir einige Namen kennen, zurückzuführen; 
es ward auch wohl auf Argos hingewiesen. Nur einzelne, wie 
Flasch, hielten an dem attischen Ursprung fest 

Noch ein anderes Problem ward durch die olympischen 
Funde neu belebt Eine doppelte Tradition läßt Phidias nach 
Vollendung der Parthenos (438) entweder in Athen im Kerker 
sterben oder nach Elis auswandern, um das Goldelfenbeinbild 
für den olympischen Tempel zu schaffen. Bisher hatte die letztere, 
besser bezeugte Version Geltung gehabt; demgemäß hatte man 
auch den Bau des Tempels sich langer hinausziehen lassen. Nun 
ergaben gewisse Fundumstande mit Sicherheit, daß der bauliche 
Abschluß schon um das Jahr 456 stattgefunden hatte. Darauf 
hin trat Löschcke für die geringer bezeugte Tradition ein : wenn 
Phidias 438 gestorben war, konnte er nur vor dem Parthenon- 
bau (447/438) in Olympia tätig gewesen sein; seine dortige 
Tätigkeit schloß sich dann ganz natürlich an die Vollendung des 
Tempelbaues an und fiel in die fünfziger Jahre des Jahrhunderts. 
Die blendende Vermutung fand großen Beifall, doch erhoben sich 
teils aus quellenkritischen Gründen, teils wegen Schwierigkeiten die 
das Prozeßverfahren bot, auch ernste Bedenken dagegen, die in 
Phidias Meisterwerk lieber eine nachträgliche Bereicherung des Tem- 
pels, vielleicht an Stelle einer älteren kleineren Statue, erblicken. Noch 
heute heißt es von dieser Streitfrage: grammatici certant etadhacsub 
iudice lis est, wenn sich auch die Wage immer mehr auf die Seite 



110 VI. Griechische Kulisiatten 

der älteren Ansicht und der besseren Oberlieferung neigt Ähnlich 
steht es mit dem Datum von Päonios Nike: gehört sie in die 
Mitte des Jahrhunderts oder ist sie, wofür Pausanias sich ent- 
scheidet, das stolze Denkmal, das die vertriebenen Messenier w^en 
der mit ihrer Hilfe erfolgten Eroberung ihrer heimischen Insel 
Sphakteria (425) errichteten? Eine von Amelung erkannte, besser 
erhaltene Wiederholung ihres Kopfes enthält strengere Zfige, die 
manche für die frühere Zeit eintreten lassen. 

Pausanias, des alten Reiseführers aus antoninischer Zeit, bisher 
nur vereinzelt angezweifelte Autorität bekam durch die olympischen 
Ausgrabungen zwar für die tatsächlichen Verhältnisse eine glänzende 
Bestätigung, erwies sich aber für andere, von ihm aus der Literatur 
oder von Fremdenführern geschöpfte Nachrichten als minder zu- 
verlässig. Von seinen Angaben über die Schöpfer der Tempel- 
giebel war schon die Rede; über die Nike des Päonios bietet 
er jene doppelte Tradition. Nun beschreibt und benennt er 
— ein ganz einziger Fall — die östliche Oiebelgruppe, die Vor- 
bereitung zum Wettrennen des Pdops und Oinomaos, Figur für 
Figur. Genau ebensoviele Figuren sind gefunden worden, wenn 
auch Pausanias Beschreibung eine kniende weibliche Figur für 
eine männliche versieht Man hätte denken sollen, da überdies 
die Gestalt des Giebelfeldes und die GröBenverhältnisse und 
Stellungen der Statuen sehr wesentliche Anhaltspunkte für die 
Aufstellung gewähren, es hätte über die Anordnung der dreizehn 
Statuen und acht Pferde kein Zweifel bestehen können. In der 
Tat ist es ganz sicher, daß die fünf aufrechten Gestalten die 
Mitte einnahmen, zwei liegende Figuren in die Giebelecken ge- 
hörten und die beiden Viergespanne zwischen ihnen, nahe der 
Mitte, ihren Platz gehabt haben müssen; es bleiben also nur 
2X3 unsichere Figuren. Und doch gibt es über ein Dutzend 
verschiedener Vorschläge zur Anordnung! Prinzipielle Fragen^ 
z. B. wie weit Fundumstände, wie weit technische Merkmale, 
wie weit die für einen Giebel notwendige Symmetrie entscheidend 
sind, spielen dabei eine über das einzelne Objekt hinausreichende 
Rolle und sind Jahre hindurch lebhaft verhandelt worden, bis 
Treus Anordnungen ziemlich allgemeine Zustimmung gefunden 



Die Anordnung der Oiebelgruppen. Praxiteles Hermes 1 1 1 

haben, ohne daß sich leugnen läßt, daß Kekulds Vorschlag einzelne 
Vorzüge bietet 

Diese längeren Ausführungen im Anschluß an den Zeus- 
tempel be2:wecken eine Vorstellung davon zu geben, wie jeder 
neue Fund nicht bloß unsere Anschauungen bereichert, sondern 
zugleich auch neue Unsicherheiten schafft, wo wir bisher einiger- 
maßen sicher sein zu dürfen wähnten; wie dadurch eine Fülle 
neuer Probleme auftaucht, die die Wissenschaft befruchten und 
die Forschungsweisen bereichem. Erscheint die neue Entdeckung 
auch manchmal zunächst als ein Rückschritt, wenigstens als eine 
Einbuße an Sicherheit: immer bringt sie doch zuerst einen me- 
thodischen, dann auch einen sachlichen Fortschritt 

Letzteres galt uneingeschränkt von dem glänzendsten Statuen- 
55 funde in Oljrmpia, dem Hermes des Praxiteles, dem einzigen uns 402 
erhaltenen Originalwerke eines griechischen Künstlers ersten Ranges, 
in seiner wunderbaren technischen Vollendung einer wahren Kunst- 
offenbarung. Als der Oötterjüngling, im ganzen trefflich erhalten, 
genau an der Stelle, wo er nach Pausanias gestanden hatte, von 
seiner schützenden Lehmhülle befreit war, konnte freilich nur 
barer Unverstand zweifeln, daß es der Hermes des Praxiteles sei; 
aber was wir bisher aus Kopien von diesem Meister wußten oder 
zu wissen glaubten, war doch so verschieden, daß zuerst der 
Gedanke auftauchen konnte, es handle sich nicht um den be- 
rühmten Praxiteles, sondern um einen gleichnamigen Enkel. 
Das dauerte freilich nicht lange. Bald ward die olympische Statue 
der neue Mittelpunkt für unsere Betrachtung des Praxiteles und 
verbreitete überallhin Licht; wie er denn beispielsweise sogleich 
den belvederischen »Antinous«, dem man bis dahin vergeblich 
seinen Platz anzuweisen sich bemüht hatte, in seine Nähe zog. 

Das durch die Ausgrabungen gewonnene und in muster- 
hafter Übersichtlichkeit klargelegte Gesamtbild der olympischen 327/8 
Altis zeigt die Anlage eines solchen .griechischen Kult- und Fest- 
platzes besonders deutlich. Während in Ddos der heilige Bezirk, 
mit Gebäuden aller Art dicht vollgestopft, rechts und links von 
der Stadt eng umschlossen wird und gegen Westen unmittel- 
bar an den Hafen stößt, liegt die Altis allein, ohne benachbarte 



112 VI. Griechische Kultstatten 

städtische Ansiedelung, in der flachen Ebene, nördlich an den 
Kronoshügel angelehnt, im Westen vom rasch strömenden Kladeos, 
im Süden vom breiten tiberähnlichen Alpheios b^frenzt Der 
Platz ist geräumig genug, um neben den Tempeln des Zeus, der 
Hera, der Göttermutter und neben dem Grabgehege des Pelops 
noch für zahllose Weihgeschenke Raum zu lassen, deren Inschrift- 
basen sich noch in Menge vorgefunden haben, kostbare Urkunden 
der Künstlergeschichte. Besonders die pdoponnesischen Schulen 
waren hier vertreten, unter ihnen vor allen die Künstlerfamilie 
Polyklets in mehreren Generationen. Im Norden begrenzt die 
Terrasse der Schatzhäuser, in denen griechische Staaten ihre Weihe- 
gaben für den olympischen Zeus niederlegten, den Festplatz; das 
Schatzhaus der Megareer lieferte den damals ältesten, unbeholfenen 
Versuch einer Giebelgruppe in Relief. Im Westen deutete der 
Rundbau des Philippeion mit den Statuen der makedonischen 
Königsfamilie auf das Eindringen monarchischer Einflüsse. Im 
Osten begrenzte die »Echohalle« die Altis, eines der ältesten 
Beispiele dieser immer beliebter werdenden Form für die Um- 
rahmung eines geschlossenen Bezirks. Im Süden haben römische 
Bauten, darunter ein Ehrenbogen, die ursprünglichen Anlagen 
verdrängt. Draußen aber, außerhalb der Altismauer, ziehen sich 
am Kladeos Gymnasion, Palästra, Heiligtümer, das große Gast- 
gebäude »Leonidaion« hin; im Süden erregt das sehr eigentüm- 
liche, dreigeteilte alte Rathaus unser besonderes Interesse; im Osten 
erstreckt sich das Stadion, einst auch der vom Alpheios wegge- 
spülte Hippodrom, weit in die Ebene. Auf dem ganzen Gebiet 
ist von den Leitern der Ausgrabung der so oft vernachlässigten 
Pflicht der Erhaltung alles Freigelegten musterhaft genügt worden. 
Alles ist klar und übersichtlich, auch für den heutigen Beschauer, 
so lange nicht Überschwemmungen der Flüsse oder üppige Vege- 
tation das Bild wieder verwüsten oder überdecken. Ganz neuer- 
dings hat sogar die Freigebigkeit eines Bremer Kunstfreundes, Karl 
Schütte, erlaubt unter Georg Kaweraus Leitung zwei Säulen des 
Heräon sorgfältig wieder zusammenzusetzen und dadurch das Bild 
des altehrwürdigen Tempels bedeutend eindringlicher zu gestalten. 
Die gefundenen Skulpturen, Erz- und Tonwerke, Architekturstücke 



Oesamtanlage von Olympia. Dodona 113 

sind in einem von Adler entworfenen Museum untergebracht, 
der Stiftung eines Herrn Syngros, wo auch Arbeitsplätze für Ge- 
lehrte vorgesehen worden sind. So wäre alles schön, wenn nur 
der Hermes nicht hier stände, noch dazu in mäßiger Beleuchtung. 
In das olympische Museum gehört was in Olympia so zu sagen 
bodenständig ist, wie die Oiebelgruppen des Zeustempels und 
die Nike des Päonios; der Hermes ist von Praxiteles sicherlich 
nicht in Olympia gemacht worden, er verdankte seine dortige 
Aufstellung einem für uns nicht mehr erkennbaren Zufall, er ist 
aber ein Werk so einzigen Ranges, daß er nur in Athen, seinem 
vermutlichen Entstehungsorte und seiner geistigen Heimat, seinen 
rechten und würdigen Platz finden würde; für Olympia würde 
ein Abguß genügen. Möchte es doch gelingen alle kleinlichen 
Kirchturmsrücksichten zu besiegen, die sich der Überführung des 
Hermes nach Athen widersetzen! 

Wie der Fortgang der Ausgrabungen vom Beginn an als- 
bald in vorläufigen Berichten kurz und klar geschildert ward, so 
liegt der ganze Ertrag in einer schnell geförderten und zum Ab- 
schluß gebrachten großen urkundlichen Publikation vor, an der 
außer Curtius und Adler besonders die Architekten Dörpfeld, 
Borrmann, Gräber, Graf und die Archäologen Treu und Furt- 
wängler beteiligt sind. 



Es war nur natürlich, daß auch die Griechen an diesen 
Untersuchungen ihrer eigenen Vorzeit teilzunehmen wünschten. 
Das Beispiel gab Konstantinos Karapänos, indem er 1875/6 in 
Dodona Ausgrabungen veranstaltete, die die Lage des Ortes erst 
über allen Zweifel erhoben. Das Theater und der Tempel traten 
dabei um so mehr zurück, als kein Architekt an dem Unternehmen 
teilnahm. Desto reicher war die Ausbeute an ehernen Weihge- 
schenken, wie sie auch seitdem dort zum Vorschein gekommen 
sind; manche darunter stimmen mit olympischen und delphischen 
Funden so genau überein, daß man deutlich erkennt, wie an ge- 
wissen Fabrikationsorten die Weihgeschenke für die verschiedenen 
Kultplätze verfertigt wurden. Die Archäologische Gesellschaft in 

Michaelis, Die archäologischen Entdeckuneen. 8 



114 VI. Griechische Kulistatten 

Athen (S. 49) hatte bisher nur in bescheidenem Maße kleinere 
Unternehmungen gefördert (vgl. Kap. IX). Jetzt, im Jahre 1876, 
unternahm sie am Sudabhange der Akropolis die Aufdeckung 
des Asklepiosheiligtums, das dort, wie wir später gelernt 
haben, im Jahre 420 als eine Filiale des epidaurischen Asklepios- 
kultus gestiftet worden ist Es ergab sich eine bedeutende An- 
zahl von Weihreliefs, die die Darstellung des Heilgottes und seine 
allmähliche Erhöhung vom stehenden Arzte zum thronenden Gott 
inmitten der Seinen in einer Reihe charakteristischer Reliefs des 
fünften und vierten Jahrhunderts vorführten. Aber die ziemlich 
komplizierte bauliche Anlage, mit dem älteren und neueren Tempel, 
dem Altar, den Hallen am Felsbrunnen, blieb mangels eines sach- 
verständigen Architekten unklar und ist erst viel spater durch 
Dörpfeld aufgeklärt worden. 

Dörpfeld, der die Seele der neuen konservativen Ausgrabungs- 
methode in Olympia (S. 1 07. 11 2) gewesen war, siedelte nach der 
Beendigung jener großen Arbeit 1882 nach Athen über, wo er 
beim Deutschen Institut zunächst eine Beschäftigung, bald eine 
feste Anstellung als einer der Sekretäre fand. Seine Tüchtigkeit, 
seine Erfahrung und die Selbstlosigkeit, mit der er seine Fähig- 
keiten in den Dienst anderer stellte, machten ihn bald zum gern 
herangezogenen Berater bei den Unternehmungen der Archäolo- 
gischen Gesellschaft, für die er dann auch die technischen Auf- 
nahmen zu machen pflegte. Dies kam zuerst der Aufdeckung 
des Amphiaraeion zugute, die Basfleios Leonardos 1884/7 für 
die Gesellschaft in Angriff nahm. Im Gebiete des alten Gropos, 
Euböa gegenüber, liegt in einem FluBtale die Stätte, wo der Sage 
nach der Seher Amphiaraos auf der Rückkehr vom Zuge der 
Sieben g^en Theben wieder in den MutterschoB der Erde hin- 
abgefahren war. Ein Orakel war an der Stelle gegründet worden, 
die schon früher durch einzelne Funde angezeigt war. Hier grub 
Leonardos und fand das Heiligtum. Vor dem kleinen Tempel 
über dem FluBrande stand der Altar, der fünf Gottheiten diente, 
ein recht greifbares Beispiel einer solchen Altargemeinschaft, wie 
sie im Altertum häufig vorkam. Auch für Festspiele waren aller- 
lei Baulichkeiten vorgesehen, am auffälligsten war aber das Vor- 



Athenisches Asklepieion. Amphiaraeion. Eleusis 115 

handensein eines, wenn auch nicht sehr großen, Theaters an diesem 
abgelegenen Orte; es mochte freilich nicht bloß für szenische 
Aufführungen, sondern auch als Versammlungsort bei anderen 
Veranstaltungen gedient haben. Immerhin gewannen gewisse 
wohlerhaltene Besonderheiten des Bühnenhauses, überdies durch 
Inschriften benannt, eine Wichtigkeit bei den bald beginnenden 
Untersuchungen über die Einrichtungen der griechischen Bühne 
und deren Verwendung. 

Die Archäologische Gesellschaft, deren Mittel inzwischen 
bedeutend gesteigert waren und die an Panagiötes Evstratiades 
einen energischen und wissenschaftlichen Leiter besaß, begnügte 
sich nicht mit solchen kleineren Unternehmungen, sondern legte 
zu gleicher Zeit Hand an zwei Ausgrabungen von größerer Trag- 
weite: in Eleusis und bei Epidauros. 

Das Mysterienheiligtum von Eleusis war längst nicht mehr 
jungfräulicher Boden. Schon Oell und seine Genossen (S. 30) 
hatten die allgemeinen Orundzüge des heiligen Bezirkes verzeich- 
net. Im Jahre 1859 hatte sodann Charles Lenormant auf der 
Reise, wo er in Athen seinen Tod finden sollte, Ausgrabungen 
veranstaltet, über die sein Sohn Frangois nachher berichtete; ihr 
schönstes Ergebnis war das große Relief aus dem Triptolemos- 
48 tempel, das unter dem Namen des »eleusinischen Reliefs« bald 3g4 
bekannt geworden ist : Triptolemos wie er von den beiden großen 
Göttinnen für seine Mission ausgerüstet wird. Jetzt begannen 
1882 unter Demetrios Philios Leitung gründlichere Ausgrabungen, 
die bis 1890 fortgesetzt wurden. Den völligen Abschluß des 
mystischen Heiligtums, der in Samothrake durch die tief einge- 
schnittenen Flußtäler gebildet ward, bewirkte hier ein fester Mauer- 
ring; einerseits gegen den niedrigen aber steilen Burghügel ge- 
lehnt, hob sich der heilige Bezirk andrerseits wie ein Bollwerk 
über die umgebende Landschaft, mit dem Blick auf den stillen 
Meerbusen, an dessen Ufer einst die Mysten unter Fackelschein 
ihren nächtlichen Zug gen Eleusis gehalten hatten. 

Innerhalb des ummauerten Raumes lag als Hauptgebäude 
der Weihetempel oder das Telesterion, durch seine annähernd 388 
quadratische Gestalt von gewöhnlichen Tempeln abweichend. 

8* 



116 VI. Griechische Kultstatten 

Hier ergaben die Grabungen im Innern Stufenreihen an allen 
vier Wänden; dazwischen war der weite Raum mit Pfeilern be- 
setzt, die die Säulen des zweistöckigen Gebäudes tragen sollten. 
Durch sorgfältige Beobachtung der Pfeiler, ihrer Größe, ihres 
Materials, ihrer Verteilung ließen sich dann verschiedene Stadien 
des Baues unterscheiden. Der Mystengemeinde der peisistratischen 
Zeit hatte ein kleinerer Versammlungsraum für die geheimen 
Schaustellungen genügt; der perikleische Bau, von Iktinos, dem 
Baumeister des Parthenon, entworfen, war etwa auf das Dreifache 
erweitert worden. Um zu seinem oberen Stockwerk zu gelangen, 
waren an beiden Seiten des Tempels große Treppen angel^; 
sie führten zu einem breiten in den Burgfelsen gehauenen Gange, 
der dem Oberstock vorgelagert war. Auch das ließ sich erkennen, 
daß an der Frontseite (wenn nicht gar an drei Seiten) eine Säulen- 
halle geplant war, die aber erst viel später, gegen 300, zur Aus- 
führung gelangt ist, der einzige äußere Schmuck des abgeschlos- 
senen Bauwerks. Waren auch längst nicht alle Geheimnisse der 
Anlage des Weihetempels enthüllt, so war doch ein großer Fort- 
schritt in seiner Kenntnis gemacht worden. 

In sehr alte Zeit zurück versetzten die wohlerhaltenen Mauern 
aus Luftziegeln, die, frühzeitig unter den Boden geraten, der 
Auflösung durch die Nässe widerstanden und so das seltene Bild 
dieser Bauweise (S. 107) bewahrt hatten. Auch die sonstige 
Ausstattung des Heiligtums bot viel Neues, aus guter Zeit bis in 
die römische Epoche. Jener gehörte das einer Höhle vorgebaute 
Plutonheiligtum an, in dessen Bereich sich ein trefflich erhaltener 
57 und ungewöhnlich schöner jugendlicher Kopf mit reichem Locken- 46a 
haar, den sogenannten Vergilbüsten verwandt, vorfand. Benn- 
dorf und Furtwängler erkannten darin mit großer Wahrscheinlich- 
keit den eleusinischen Unterweltsgott Eubuleus, den eine etwa 
gleichzeitig bekannt gewordene Inschrift keinem geringeren als dem 
Praxiteles zuschrieb. Ein zweites Originalwerk des gefeierten 
Meisters neben dem olympischen Hermes? Anderen schien das 
Glück zu groß, und sie wollten lieber Triptolemos in dem 
schönen Jüngling erkennen. 

Eine interessante Zusammenstellung verschiedener Stilarten 



Eleusis. Das Hieron von Epidauros 117 

boten die beiden hintereinander gelegenen Torbauten des heiligen 
Bezirkes. Das innere Tor, wohl aus spätattischer Zeit, kopiert 
einfach in trockenen Formen den Mittelbau der athenischen Pro- 
pyläen, ein in damaliger Zeit nicht seltenes Zeugnis baulicher 
Erfindungsarmut. Das äußere Tor, eine Stiftung des Appius 
Claudius Pulcher aus ciceronischer Zeit, ist eigentümlicher und 
19 schließt sich in seinen dreiseitigen korinthischen Kapitellen, mit 523 
reichem Rankenwerk und greifenartigen Eckfiguren, der leben- 
digeren hellenistischen Gestaltungsweise an. 

Im ganzen bot Eleusis in engem Rahmen das geschlossene 
Bild einer für den Mysteriendienst eingerichteten Kultusstätte, 
nicht so einheitlich im Stil wie Samothrake, aber gerade dadurch 
bedeutend, daß es die zeitliche Entwickelung dieses vornehmsten 
Mysterienheiligtums der griechischen Welt durch die Jahrhunderte 
hindurch zu verfolgen erlaubte. Wiederum ganz anders stellte 
sich das Heiligtum des Asklepios im Gebiete von Epidauros 
dar, das die Archäologische Gesellschaft 1881 aufzudecken be- 
gann, nachdem schon die französische Expedition von 1829 die 
allgemeinen Grundzüge der großen Anlage festgelegt hatte. Die 
neue Ausgrabung leitete Panagiötes Kabbadfas, ein Schüler Brunns, 
damals noch einer der Ephoren jener Gesellschaft; in öfterer 
Wiederaufnahme der Untersuchung hat Kabbadias, auch nach- 
dem er 1885 als Generaldirektor der Königlichen Museen und 
Altertümer an die Spitze aller griechischen Ausgrabungen getreten 
ist, diesem Unternehmen bis in die jüngste Zeit seine besondere 
Fürsorge zugewandt Sie hat sich reich gelohnt. 

Das »Hieron« des Asklepios, eine der bedeutendsten Kult- 
stätten des Heilgottes, liegt gute zwei Stunden von Epidauros 
entfernt im Binnenlande, in einer flachen Talmulde, die wohl 
als besonders gesund gegolten haben muß, da das Heiligtum sich 
zu einem vielbesuchten Kurorte gestaltete. Zahlreiche dort ge- 
fundene Inschriften liefern seltsame Zeugnisse für den guten 
Glauben oder Aberglauben, den die Hilfesuchenden den Wunder- 
kuren der aller rationellen Medizin abholden Priesterschaft ent- 
gegenbrachten. Natüriich mußten die Anlagen des Heiligtums 
den Zwecken der Kuranstalt angepaßt werden. Den Kern bildete 



118 VI. Griechische Kultstatten 

auch hier ein umschlossener, durch Propyläen zuganglicher Bezirk 
mit dem Tempel, einem Bau aus dem B^inne des 4. Jahrhunderts. 
Reste des bildlichen Oiebelschmuckes, die sich fanden und durch 
Inschriften dem Timotheos zugewiesen wurden, lehrten uns diesen 
bedeutenden, für die Verfeinerung der Oewandmotive tätigen 
Künstler, der später am Mausoleum mitwirkte, in seiner Jugend 
kennen. Die zahllosen Basen von Weihgeschenken, die den 
Tempel und seinen Altar umdrängen, zeugen für die hohe Ver- 
ehrung des epidaurischen Gottes. Langgestreckte Hallen, zum 
Teil doppelstöckig, dienten als Schlaf räume für die Kranken, 
denen der Gott im Schlafe Heilung bringen sollte. Ein be- 
sonderer, aber rätselhafter Schmuck des Tempelbezirkes war die 
Tholos oder Thymele (»Opferstätte«), ein Rundbau mit umgebender 44o 
Säulenhalle, dessen Kellergeschoß eine labyrinthartige Anlage von 
unsicherer Bedeutung, nach einigen die Wohnung der Tempel- 
schlange des Asklepios, aufweist Mehrere Jahrzehnte lang ist an 
der Thymele gebaut, die für uns eines der ältesten, wo nicht 
das älteste derartige Rundgebäude der griechischen Architektur 
darstellt; das für sie bestimmte korinthische Kapitell bietet das 234 
älteste Beispiel für dessen später normal gewordene Entwickelung. 
Ist die Thymele auch nicht groß, so zeigt sie doch in den 
17 plastischen Ornamenten ihrer . zuletzt ausgeführten Teile eine 441 
technische Vollendung, welche selbst die des athenischen Erech- 
theion übertrifft. Als Baumeister nennt die Tradition Polyklet, 
sicherlich nicht, wie man früher annahm, den berühmten Bild- 
gießer des 5. Jahrhunderts, sondern eines der jüngeren Mitglieder 
dieser Künstlerfamilie. Aber war dieser Polyklet, wie doch am 
natürlichsten scheint, der erste Urheber des Planes oder war er 
jener jüngere Künstler, der die korinthischen Säulen und die 
feine Ornamentik des Inneren entwarf? Vielleicht bringen neue 
Funde einmal volle Sicherheit. 

An den heiligen Bezirk schlössen sich in großer Ausdehnung 
weitere Anlagen an, teils andere Tempel, teils Baulichkeiten für 
die Kurgäste und ihre gymnastischen Übungen (meistens aus 
römischer Zeit), teils Einrichtungen, die zur Unterhaltung des 
Publikums dienen sollten. So befand sich in unmittelbarem 



Tempel, Thymele und Theater im Hieron 119 

Anschluß an den heiligen Bezirk eine Rennbahn, die Haupt- 
sehenswfirdigkeit des Hieron aber war das wirklich großartige 
20 Theater, das in einiger Entfernung vom Tempel in eine Aus- 442 
buchtung des Berges eingebettet ist Die trefflich erhaltenen 
Stufenreihen des weiten Zuschauerraumes, die schon seit dem 
Werke der französischen Expedition bekannt waren, bestätigten 
vollständig den Ruhm, den die antike Tradition diesem zweiten 
Bauwerke jenes Polyklet beilegt, das schönste und am harmonischsten 
durchgeführte Theateiigebäude Griechenlands zu sein. Jetzt aber 
deckte Kabbadias auch die Orchestra mit ihren Zugängen und 
die Überreste des Bühnengebäudes auf. Jene erwies sich wider 
Erwarten als kreisrund, während bisher nur halbkreisförmige oder 
hufeisengestaltige Orchestren bekannt waren. Von dem Bühnen- 
gebäude war genug vorhanden, um seine Ergänzung mit den 
jederseits aufsteigenden Rampen zu der oberen Fläche des Pro- 
skenion zu gestatten. So ward das epidaurische Theater der Aus- 
gangspunkt für Dörpfelds Untersuchungen über das griechische 
Theater, die seit zwanzig Jahren die gelehrte Welt in Atem er- 
halten. Daß ursprünglich, in der klassischen Zeit des attischen 
Dramas, die Orchestra ebenso den Schauspielern wie dem Chore 
als Standplatz diente und nur eine »Spielbude« mit flachem I>ach, 
keine erhöhte Bühne, den Hintergrund bildete, darf als gesichertes 
Ergebnis gelten; darüber, ob das feste Proskenion der uns er- 
haltenen Theater, deren keines bis in die Lebenszeit des Sophokles 
und Euripides zurückreicht, ebenfalls eine solche Spielbude oder 
nicht vielmehr, nach dem Schwinden des Chores, eine erhöhte 
Bühne gewesen sei, wogt der Streit der Meinungen noch un- 
geschlichtet Jedenfadls ist das Interesse für diese Fragen mächtig 
genug gewesen, um überall die Ruinen der Theater zu unter- 
suchen. Während vor zwanzig Jahren fost nur Theatetgebäude 
römischer Anlage bekannt waren, kennen wir jetzt weit über ein 
Dutzend echt griechischer Theater, an deren Untersuchung Archäo- 
logen aller Nationen teilgenommen haben; es seien nur die 
Theater von Megalopolis, Mantineia, Sikyon im Peloponnes, von 
Athen, von Eretria auf Euböa, von Priene, Magnesia, Pergamon 
in Kleinasien hervorgehoben. Wieder einmal hatte ein methodisch 



120 VI. Oriechische Kultstätten 

gewonnener Fund ein bedeutendes Problem erweckt, und dessen 
Verfolgung zahlreiche neue Funde hervorgerufen. 



Nur mit einem Worte soll an das epidaurische Asklepieion 
das kaum minder berühmte auf der Insel Kos, der Heimat des 
Hippokrates, angeschlossen werden, dessen Aufdeckung schon 
über die zeitlichen Grenzen unserer Darstellung hinausgreift 
Sie ward in den Jahren 1902/4 von Rudolf Herzog unter dem 
Beistande der Architekten Gustav. Hecht und Ernst Wagner mit 
Mitteln des Deutschen Reiches, der württembergischen Regierung, 
des Deutschen archäologischen Instituts und privater Gönner, wie 
des Stuttgarter Fabrikanten Ernst Si^lin, durchgeführt Auf 
luftiger Höhe, ein reiches Küstenbild überschauend, lag das 
Heiligtum unfern der Stadt Kos. Ein stattlicher Altar, ein alter 
Tempel, Brunnen und Zypressen hatten das ursprüngliche Heilig- 
tum gebildet, bis im 3. Jahrhundert eine in hellenistischem Stil 
durchgeführte Anlage in drei Terrassen an die Stelle trat Unten 
ein geräumiger »heiliger Markt« mit umgebenden Hallen; darüber 
die alte Kultstatte, aber neu hergerichtet und mit allerlei weiteren 
Baulichkeiten ausgestattet, zum Beispiel einem ionischen Tempel. 
Von hier aus führte eine hohe breite Freitreppe zum neuen 
dorischen Marmortempel empor, der nunmehr die ganze Anlage 
beherrschte, vielleicht von den Oberresten des heiligen Zypressen- 
haines umrahmt Säulenhallen mit Kammern, vermutlich für die 
Aufnahme von Kranken bestimmt, schlössen den Tempelplatz 
seitwärts und im Hintergrund ab. So stellte das Ganze eine 
Musteranlage hellenistischen Stils dar, in der, anders als in Samo- 
thrake, die Spuren der ersten unregelmäßigen Gründung fast 
ganz verwischt waren. 

Eine andere Aufgabe nahm die Amerikanische Schule auf, 
die im Jahre 1882 in Athen gegründet worden war. Als der 
älteste dorische Tempel Griechenlands galt den Alten das Heräon 
der Argeier, das eine Stunde von Mykenä entfernt am Ostrande 
der Ebene von Argos gelegen war. Dieser uralte Tempel ward 
423 eine Beute der IHammen; alsbald ward ein neuer Tempel 



Asklepieion auf Kos. Heräon bei Argos 121 

erbaut, ffir den der berühmteste Künstler von Argos, Polyklet, 
im Wetteifer mit Phidias olympischem Meisterwerke die Gold- 
elfenbeinstatue der Hera schuf. Die Lage des Heiligtums war 
längst festgestellt; eine kleine Ausgrabung, die 1854 Alexandros 
Rhizu Rangab^ im Auftrage von Ludwig Roß für die »olympischen« 
787 Mark (S. 105) unter Konrad Bursians Leitung veranstaltet 
hatte, hatte nur unbedeutende neue Aufklärung bringen können. 
Da griff die Amerikanische Schule 1892 unter Charles Waldsteins 
Leitung die Aufgabe von neuem an. Leider waren die Über- 
bleibsel des alten Tempels auf der oberen Terrasse so gering- 
f^&Sy d^B sich nicht einmal sein Grundriß sicher ermitteln läßt; 
doch scheint es als ob der Tempel, wenn auch sein Hinaufrücken 
hoch ins zweite Jahrtausend eine phantastische Annahme ist, die 
Gestalt des homerischen Hauses (s. u. Kap. VIII) treuer bewahrt 
hätte als andere östliche Tempel. Von dem jüngeren Tempel 
ist mehr, wenn auch nicht allzu viel zum Vorschein gekommen; 
die Mehrzahl der Steine wird als Baumaterial in den benachbarten 
Ortschaften der Ebene verschwunden sein. Am wertvollsten sind 
die Oberreste der Tempelskulpturen, die ohne Zweifel ebenso 
der polykletischen Schule entstammen, wie die Parthenonskulpturen 
der des Phidias; sie lehren uns, wie groß schon damals der 
attische Einfluß auf die peloponnesische Kunst gewesen ist. 



Es bleiben endlich noch zwei Unternehmungen der Französischen 
Schule übrig, von denen die eine den glänzenden Abschluß dieser 
ganzen auf die griechischen Kultplätze gerichteten Untersuchungen 
des vergangenen Jahrhunderts bildet. Beide stellten sich, wie die 
delische Ausgrabung, in den Dienst Apollons. 

In Böotien erhebt sich, im Südosten der Kopais, das mehr- 
gipflige Ptoion, auf dessen Höhe Apollon einen in alter Zeit 
blühenden, nach der Perserzeit nur noch wenig besuchten Kult- 
platz besaß. Eben hierin lag etwas Verlockendes; hier durfte 
man hoffen, altertümliche Beute zu machen. In der Tat gelang 
es Maurice Holleaux in den Jahren 1885/86 die alte Grotte 
Apollons, die an Delos erinnerte (S. 102), und den alten Altar 



122 VI. Griechische Kultstatten 

aufzufinden. An deren Stelle war später ein Tempel getreten. 
Auch allerlei andere Anlagen binden sich, alte große Zisternen, 
die hier auf der Berghöhe nötig waren, und Nebengebäude, wie 
sie zu jedem Heiligtum gehörten. Eine Anzahl altertümlicher 
Statuen kamen zum Vorschein. Wenn man auch den »ApoUon- 
statuen« gegenüber, die als älteste Versuche einen nackten Jüng- 
lingskörper darzustellen seit einem Jahrhundert überall aufgetaucht 
waren, allmählich etwas von dem Wunsche des Zauberlehrlings 
empfand: »Besen, Besen, sei's gewesen«, so bot doch der »ptoische 
ApoUon« einige so eigentümliche Züge, daß sie ihm einen be- 
sonderen Platz in der langen Reihe jener mit dem linken Fuß 
antretenden Jünglinge sichern. Besonders reich erwies sich das 
Ptoion an Erzeugnissen des Kunsthandwerkes, die etwa aus dem 
8. bis 6. Jahrhundert stammten, Tongefäßen und Tonfigür- 
chen, Erzfiguren und Erzgeraten, darunter den auch in Olympia 
so häufigen altertümlichen Dreifüßen homerischen Angedenkens. 
Bei der Betrachtung dieser Ware fühlt man sich zu der Annahme 
getrieben, daß Verehrer aus sehr verschiedenen Gegenden dem 
ptoischen Gotte Kunsterzeugnisse ebenso verschiedener Herkunft, 
ionische, peloponnesische, einheimische, dargebracht haben. Man 
würde über diesen und andere Punkte klarer sehen, wenn ein 
zusammenfeissender Bericht vorläge. — Einen anderen alten Kult- 
platz, den der Athena Kranäa bei Abä im Phokerlande, abseits 
von der großen Heerstraße, hatte kurz zuvor (1884) Pierre Paris 
mit ähnlichem Erfolg untersucht. 

Das Hauptwerk der Französischen Schule, dem olympischen 
Unternehmen vergleichbar, galt dem großen Festplatze Nord- 
griechenlands, Delphi. Die »felsige Pytho« bildet von Natur den sor/s 
schärfsten Gegensatz gegen die stille flache Ebene am Alpheios. 
Delphi ist nur von zwei Seiten auf bergigem Pfade zugänglich. 
Im Norden bilden die steilen beiden Phädriaden, Abstürze des 
Pamass, eine hohe Wand; darunter fällt der Felsboden, fast ohne 
Terrassenbildung, zuerst gelinder, dann rascher südwärts zum 
Pleistos hinab, jenseits dessen die kahle Kirphis den Blick auf 
den korinthischen Meerbusen versperrt Eine großartige Einöde, 
in Griechenland wohl nur von der G^end um die Styx über- 



Ptoion. Abä. Delphi 123 

troffen! Auf der Höhe unter den Phädriaden lag der Orakd- 
bezirk, von Süden nach Norden steil ansteigend. Zwei Quer- 
mauem waren hier sichtbar, als Stützmauern von Terrassen 
kenntlich; unten die Quadermauer des »Hdlenikö«, darüber die 
Polygonalmauer des »Pelasgikö«, oberhalb deren die südliche 
Stufe des Tempels sichtbar ward; sonst war alles durch die 
Hütten des ärmlichen Dorfes Kastri bedeckt und verborgen. Beim 
Entziffern der zahllosen Urkunden, die in das Pelasgikö ein- 
gegraben sind, war 1840 Karl Otfried Müller von den Strahlen 
des delphischen Gottes zu Tode getroffen worden. An derselben 
Aufgabe hatten sich in bescheidenem Maße 1860 Conze und 
Michaelis, im folgenden Jahre mit großem Erfolge, indem sie 
das Pelasgikö der Länge nach freilegten, Paul Foucart und Karl 
Wescher beteiligt. . Wescher stellte überdies 1862 fest, daß diese 
Mauer, die Terrassenmauer des Tempels, an ihrem Ostende gegen 
Norden umbi^e; damit war nach dieser Seite die Ausdehnung 
des Tempdbezirks und die Richtung der Zugangsstraße zur Front 
des Tempels bestimmt Die Hauptzüge der Topographie von 
Ddphi hatte schon 1838, so weit das ohne Ausgrabungen möglich 
war, Heinrich Nikolaus Ulrichs klargestellt Von Skulpturen war 
nur wenig vorhanden, darunter eine Rdiefplatte mit dnem Vier- 
gespann, die später ihre Genossen finden sollte (S. 126). 

Eine längere Pause trat ein. Erst 1880, nachdem die Archäo- 
logische Gesdlschaft in Athen das Hauptterrain in Delphi an- 
gekauft und der Französischen Schule zur Verfügung gestellt 
hatte, wurden die Arbdten wieder aufgenommen. Foucart, nun- 
mehr Direktor der Schule, entsandte Bemard HaussouUier; er 
deckte an jener von Wescher bloßgelegten Ecke des Pelasgikö 
dnen Teil der Feststraße und eine an die Mauer gdehnte Halle 
auf, die sich durch eine Inschrift als Stoa der Athener, zur 
Niederlage von Siegestrophäen bestimmt, zu erkennen gab. Ober 
ihr Alter war man nicht gleich im klaren; vermutlich hat die 
Eroberung von Chalkis und die Erwerbung Euböas (506) den 
Anlaß zu ihrer Errichtung gegeben. Der glückliche Erfolg 
Haussoulliers ließ nun den Plan reifen das ganze ddphische 
Heiligtum seitens der Französischen Schule auszugraben. Aber 



124 VI. Griechische Kulistatten 

es dauerte lange, ehe Hand angelegt werden konnte. Allerdings 
gelang es Foucart schon 1882 mit der griechischen R^ening 
einen Vertrag abzuschließen, der die Bedingungen der olympischen 
Ausgrabung (S. 106) auch für Delphi festsetzte. Allein der nächste 
Ministerwechsel brachte die Aufhebung des Vertraget, und es 
folgte eine längere Periode des Schwankens. Politische Er- 
wägungen spielten hinein;* man wollte auch wissen, daß die 
wenig befriedigende Handhabung der delischen Ausgrabungen 
im Vergleich mit den olympischen der griechischen Regierung 
Bedenken eingeflößt habe. Sie bot Deutschland die Ausgrabungen 
an, das sie aber mit Rücksicht auf Frankreich ablehnte. 1 887 kam 
es zu einem zweiten Vertrage zwischen Griechenland und Frank- 
reich, der aber wiederum nicht bestätigt ward. Da meldete sich 
1889 Amerika zu dem Unternehmen, ohne Erfolg. Endlich kam 
es 1891, nachdem Th£ophile Homolle an Foucads Stelle getreten 
war, zu dem endgültigen Vertrage, der das Recht der Ausgrabung 
auf zehn Jahre Frankreich übertrug; die französische Regierung 
bewilligte eine halbe Million Franken. Eine Vorbedingung war 
die vollständige Expropriation der Bewohner von Kastri, wozu 
Griechenland eine Summe von 60000 Drachmen beitrug. In- 
zwischen hatte 1887 H. Pomtow nicht ohne Erfolg in Delphi 
Untersuchungen angestellt; ein Hauptergebnis war die Feststellung 
des Haupteinganges an der Südostecke des ganzen Bezirks. 

Homolle übernahm selbst die Leitung des großen Unter- 
nehmens. Ihm zur Seite standen der Ingenieur Henri Convert 
(S. 104 f.) und der Architekt Albert Toumaire; weiter nahmen jüngere 
Mitglieder der Schule, Louis Couve, Paul Perdrizet und andere, 
teil. Aber nicht allein kostete die Aufgabe den abgelegenen Be- 
zirk zugänglich zu machen viel Zeit und Arbeit; als es an die 
Expropriation der Grundstücke, den Abbruch und Wiederaufbau 
des Dorfes ging, begannen die Kastrioten aufrührerisch zu werden 
und sich an den Werkzeugen der Fremden zu vergreifen. Erst 
im April 1893 waren alle Vorbereitungen so weit vollendet, daß 
mit den Ausgrabungen begonnen werden konnte. Daß es sich 
sozusagen um drei Stockwerke handelte, deren mittleres die 
Tempelterrasse bildete, war klar. Die beiden unteren waren durch 



Homolies Ausgrabungen in Delphi 125 

das Pdasgikö geschieden, das Helläiikö stellte die südlichste und 

tiefste Grenze des Bezirkes dar. Zwischen beiden setzte HomoUe 

den Spaten an, und das Glück war ihm hold. Er stieß sogleich 

auf ein Gebäude, das ihm nach seinem Grundrisse ein söge- 307,28 

nanntes Schatzhaus (vgl. S. 1 1 2), nach Pausanias Beschreibung von 

Delphi das Schatzhaus der Athener, zu sein schien. Hören wir 

ihn selbst weiter erzählen. 

»Nach vierundzwanzig Stunden reiflicher Überlegung glaubte ich 
als sicher nach Paris telegraphieren zu dürfen, wir hätten le trisor des 
Aihiniens gefunden. Unsere Freude ward in Paris geteilt, ebenso aber 
auch, obschon aus ganz anderen Gründen, seitens der griechischen 
Behörden in unserer Bezirkshauptstadt Amphissa. Schon am nächsten 
Tage erhielt ich eine Depesche vom dortigen Unterpräfekten, der mir 
den Besuch seines Kassenbeamten ankündigte, um »den Schatz« in 
Empfang zu nehmen. Der griechische Staat war damals in einer nicht 
gerade glänzenden Finanzlage; so war man auf das kleine Mißver- 
ständnis verfallen und bildete sich in aller Unbefangenheit ein, es sei 
bares Geld, was da so zur rechten Zeit, um die fälligen Zinsen zu be- 
zahlen, aus dem Boden gestiegen sei.« 

Das unterste Drittel des heiligen Bezirks, von der ansteigenden 
Feststraße in einer spitzen Kehre durchzogen, ist wesentlich von 
den Schatzhäusem griechischer Staaten und am Eingange von 
einigen hervorragenden Weihgeschenken eingenommen. Von 
letzteren, darunter den großen Gedächtnisgruppen ah Marathon 307,8.5 
und an Ägospotamoi — Athens Ruhmeshöhe und Untergang — , 
sind begreiflicherweise nur die Basen erhalten oder die Plätze 
mit Wahrscheinlichkeit nachweislich. Die Schatzhäuser, für deren 
Benennung wiederum Pausanias unser Führer ist, sind zum Teil 
viel reicher ausgestattet als die olympischen. So ist beispielsweise 
das Schatzhaus der Athener ein dorischer Bau mit nicht weniger 307,28 
als 30 Metopenreliefs von altertümlichem Stil. Seine Wände 
waren mit dem ApoUonhymnos beschrieben, dessen Notenbeischrift 
so großes Aufsehen erregte und den ersten sicheren B^riff von 
griechischer Komposition gab; dazu enthielten die Wände noch 
die Akten der offiziellen athenischen Festzüge nach Delphi. Von 
dem Schatzhaus der Sikyonier wurden- fünf längliche Metopen 307,12 
gefunden, die naive Belege älterer sikyonischer Plastik abgeben. 282 
Besonders reich war das — zuerst den Siphniem zugeschriebene 



126 VI. Griechische Kultstätten 

Schatzhaus der Knidier ausgestattet, ein zierlicher ionischer Bau, 307,13 
dessen Vorhalle (ähnlich wie im benachbarten siphnischen Schatz- 307,14 
haus) Frauengestalten statt der Säulen schmückten. B^egnen wir 
schon hier einem Vorläufer der Korenhalle vom athenischen 
Erechtheion, so verg^enwärtigt uns der fast vollständig erhaltene 
Fries, der das Gebäude an allen vier Seiten umzog (zu ihm ge- 317 
hört das oben S. 123 erwähnte Relief mit dem Viergespann), aufs 316 
ld>hafteste die ionischen Vorbilder des Parihenonfrieses; nur ist 
alles noch frischer, lebhafter, naiver als in der maßvollen Kunst 
des perikleischen Athen, während die Giebelgruppe noch eine 
große Unbeholfenheit verrät. Der ionische Stil des Schatzhauses 
erhielt bald eine wertvolle Ergänzung in der mit einer altertüm- 
lichen Sphinx bekrönten Säule der Naxier, die an der Terrassen- 
mauer des Tempels, dem sogenannten Pelasgikö, stand. Je spär- 
licher unsere Kenntnis der älteren Stadien des ionischen Stils noch 
immer ist, desto wichtiger wird ein Stück wie das ebenso mächtige 
wie einfache Kapitell dieser Säule; daß aber gerade aus Delphi 
solche Förderung unserer Kunde vom ionischen Stil kommen 
würde, hatte sich am wenigsten erwarten lassen. Eine andere 
delphische Säule stellt eine besonders reiche Entwickelung des 
korinthischen Akanthosmotivs dar, noch gehoben durch drei über- 
aus zierliche Tänzerinnen, die in der Höhe ihre graziösen Bewe- 
gungen ausführen; ein Dreifuß wird das Ganze gekrönt haben. 

Steigen wir zu der Tempelterrasse empor, vorbei an der 
Basis des platäischen Schlangendreifußes (S. 83) und an dem 307,35 
turmartigen Unterbau des Denkmals des Siegers von Pydna 307,40 
Aemilius PauUus, von dessen Friese schon 1840 einige Stücke 
bekannt waren, so harrt unser eine neue Überraschung. Nach 
Pausanias durften wir erwarten, den Tempel zu finden, der, in 
der zweiten Hälfte des 6. Jahrhunderts erbaut, am Ende jener 
Zeit durch die aus Athen vertriebenen Alkmeoniden mit einer 
marmornen Fassade geschmückt, dessen Giebelfelder im 5. Jahr- 
hundert von Schülern des Kaiamis mit Gruppen versehen worden 
waren, dessen Metopenschmuck uns Euripides schildert Wäre 
dieser Tempel in ähnlicher Erhaltung wie der olympische Zeus- 
tempel gefunden worden, welche Aufschlüsse hätte er gegeben! 



Ionische Bauten. Apollontempel. Lesche der Knidier 127 

Aber nichts von alledem — mit Ausnahme einiger Skulpturreste 
des Alkmeonidentempels — hat sich gefunden; es scheint, daß 
Pausanias bei seiner Beschreibung aus einer zu alten Quelle ge- 
schöpft hat. Denn der alte Tempel war im Jahre 373 durch 
ein Erdbeben zerstört worden, und der neue Tempel, dessen nicht 
besonders reichliche Überreste gefunden worden sind, stammt 
erst aus dem 4. Jahrhundert; er hat dann nach Ausweis von 
Inschriften im Jahre 83 vor Christo durch Brand gelitten und 
ist langsam wieder ausgebessert worden. Auch das Innere be- 
reitete eine Enttäuschung; namentlich ist von dem Erdspalt, an 
dem einst der Pythodrache von ApoUon erschlagen sein sollte 
und über dem thronend die Pythia ihre Orakel spendete, nichts 
zum Vorschein gekommen. 

Blieben die Tempelreste hinter unserer Erwartung zurück, 
so war die oberste Abteilung des heiligen Bezirkes dafür desto 
ergiebiger. Im Nordwesten das stattliche Theater, neben dem 307,4t 
sich draußen das Stadion erstreckte; unter dem Theater die Spur 
einer großen Gruppe von Lysippos, in der Alexander der Große 307,46 
auf der Löwenjagd von Krateros gerettet ward. Im Nordosten die 
Lesche der Knidier, eine Versammlungshalle, deren Wände einst mit 307,55 
zwei großen Gemälden Polygnots, Uions Eroberung und Odysseus 
Hadesfahrt, geschmückt waren. Pausanias hat uns die Bilder 
Gestalt für Gestalt beschrieben; sie sind daher für uns das wich- 
tigste Werk des großen Meisters der Wandmalerei, und zahlreiche 
Versuche zu ihrer Wiederherstellung sind gemacht worden. Aber 
alle diese Versuche entbehrten der festen Grundlage, die nur die 
Kenntnis des Gebäudes und seiner Wandflächen gewähren konnte. 
Diese Grundlage war nun gewonnen. Die Lesche erwies sich 
als ein oblonger Raum, dessen Dach, von acht Säulen getragen, 
in der Mitte offen war und dem Lichte den Zutritt bot; der Bau 
läßt sich etwa mit dem Ephebeion (sog. Palästra) in Pompeji in 
seiner ursprünglichen Gestalt vergleichen. Die Tür in der Mitte 
der südlichen Langseite macht es wahrscheinlich, daß die beiden 
figurenreichen Gemälde sich auf die West- und Osthälfte der 
Halle so verteilten, daß jedes sich über drei Wandstücke er- 
streckte, die Mittelgruppen je an den Schmalseiten der Halle 



128 VI. Griechische Kultstatten 

sich entwickelten. Das hatte freilich niemand voraussehen 
können. 

Unterhalb der knidischen Lesche, unweit des Tempels, kam 
eine große Gruppe von Marmorstatuen zum Vorschein, die An- 307,53 
gehörige einer thessalischen Fürstenfamilie in ziemlich verschiedener 
Stilweise darstellten. Einflüsse der Kunstart des Skopas, des Praxi- 
teles, des Lysippos machten sich bemerkbar. Ein erhöhtes Interesse 
hat diese Gruppe gewonnen, seit Erich Preuner in einer der 
Statuen, der des Agias, ein Werk des jugendlichen Lysippos nach- 485 
gewiesen hat (s. Kap. XI). Aber das beste und berühmteste 
plastische Werk, das die delphischen Ausgrabungen geliefert haben, 
39 »der delphische Hermes«, ist die Erzstatue eines Wagenlenkers, 337 
der Rest eines Viergespannes, das der syrakusische Prinz Polyzalos 
nach 480 seinem Vater Gelon errichtet hatte. Es ist der einzige, 
aber um so wertvollere Überrest der zahllosen Erzstatuen Delphis, 
unter denen einst Kaiser Nero eine Auswahl von 500 Stück 
hatte treffen können! 

Außer dieser großen architektonischen und bildnerischen 
Ausbeute belohnten etwa 3000 Inschriften, großenteils von hohem 
sachlichen oder sprachlichen Interesse, dieachtjährigen Ausgrabungen. 
Auch hier, wie in Olympia, gewährte Syngros und nach seinem 
Tode seine Witwe die Mittel zum Bau eines Museums. Einige 
Schatzhäuser, wie die der Athener und der Knidier, waren so 
vollständig aus dem Schutte wiedergewonnen worden, daß ihre 
Wiederherstellung, ähnlich wie beim Tempel der Athena Nike in 
Athen (S. 49), in Angriff genommen werden konnte. Endlich 
ist eine große Publikation im Erscheinen, die die Früchte der 
Ausgrabungen dem wissenschaftlichen Publikum vorlegen soll. 
Man möchte fast bedauern (ich spreche da nicht bloß meine 
Ansicht aus), daß die Veröffentlichung gerade mit den Restaurations- 
entwürfen Toumaires begonnen hat, die, so elegant auch ihre 
Mache ist, doch viel Willkürliches und Verfehltes enthalten und 
mehr at^f eine Ausstellung vor großem Publikum berechnet als 
für wissenschaftliche Zwecke geeignet zu sein scheinen. Ohne 
Zweifel wird die Fortsetzung des Werkes, unter Homolies kundiger 
Oberleitung, auch jene Einzelheiten bringen, ohne die sich ein 



Delphische Einzelfunde. Kulistatten. Geheimkulte 129 

Urteil über bauliche Rekonstruktionen nicht wohl gewinnen läBL 
Die Bauwerke sind eben sozusagen das Gerippe, ohne dessen 
festen Aufbau auch die übrigen Kunstwerke des festen Haltes 
entbehren. 



In fast dreißigjähriger Arbeit, bei der sich alle Nationen die 
Händen reichten, ist, mit Samothrake beginnend, mit Delphi 
schließend, eine Reihe von Kultusstätten ans Licht gebracht worden, 
die ein bis dahin nur aus der Literatur bekanntes Kapitel der 
gottesdienstlichen Altertümer hell beleuchten. 

Gewisse Grundzüge sind allen diesen Anlagen gemeinsam. 
Der Altar ist immer das Erste (in Olympia ist sein Platz nicht 
ganz sicher); hochaltertümliche kleine Weihgeschenke finden sich 
in seiner Nähe, auch wohl eine Höhle, wie am Ptoion, oder eine 
künstlichere Grotte, wie in Delos. Mit der Bildung der Gottheit 
in Menschengestalt stellt sich dann auch das Tempel haus als 
die Wohnung des Götterbildes ein; Nebengebäude werden bald 
erforderlich. Dieser Zustand liegt auf dem Ptoion, etwas ver- 
feinerter in Abä vor; ohne Frage gilt das gleiche für eine Menge 
kleinerer oder abgel^ener Kultorte. Am vornehmsten erscheint 
dieser Typus im argivischen Heräon, wo erst ein Neubau des 
Tempels die ganze Pracht vollendeter Kunst entfaltete. 

Nun scheiden sich aber die Heiligtümer nach ihrer ver- 
schiedenen Bedeutung. Wo ein Geheimkultus bestand, wie 
an den Mysterienorten Eleusis und Samothrake, kam es vor allem 
auf Abgeschlossenheit an, sowohl des ganzen Bezirkes wie der Kult- 
gebäude. Verschließbare Torgebäude bildeten den Zugang zu 
dem Bezirk, der entweder von Natur schwer zugänglich war 
(Samothrake) oder einen Mauerabschluß erhielt (Eleusis). In 
Eleusis, wo gewisse symbolische Schaustellungen den wesent- 
lichsten Teil der Zeremonien ausmachten, bedurfte es eines großen, 
mehrstöckigen, festummauerten Weihetempels, neben dem kleinere 
Kulttempel Platz fanden; der große Tempel ward im Laufe der 
Zeiten, entsprechend der wachsenden Menge der Eingeweihten, 
vergrößert. An dem jüngeren Mysterienheiligtum in Samothrake 

Michaelis, Die archiolofischeii Entdecknngen. 9 



130 VI. Qneditsche Kitatitten 

fitiden wir neben dem ersten Tempd des 4. Jainiiiinderis eineii 
«liMtcheren NMNra der frihen PtolemSerEett, beide Ifir die be- 
sonderen Srändie des Kabireriktdtes mit einer 0]ifeifnibe *««- 
sehen und so weiträumig, daß die Menge der Gläubigeii 4ät 
Handlung zuschauen konnte; hierin verschieden von dem kleinen 
böotischen Kabirion, wo der Opferhof nur äußerlich mit dem 
Tempel vcrbmiden war. Fat anderweitige g<sdilosBene Versamm- 
tungen diente m Samothrake der Rundbau Arsinoes. Nodh ^iwx 
cfipSler dürfte die lange offene Halle entsüm de » sein, die «iffler- 
tailb des heäigen Bezittes den Bedfirfnissen der von allen Seüm 
herbeiströmenden Mysten auf da* rauhen, wenig wegsamen tasd 
esn^egenkommen sollte. 

Weit großartiger gestalteten sich die Heüigtümer, die tfidM 
allein dem Opferkattus dienten, sondern zugleich ffir Festerer- 
saTnmlungen und Wettspiele bestimmt waren. Olympia iind 
Delphi, die Schauplatz der olympisdien imd pyfirischen Spide, 
iiaben hier rächen Aufschluß gegeben, so daß kaum anzunehmen 
i^ daß Atfögral^ngen sirf dem Isthmos and in Nemea weseiA- 
tiche Ergänzungen bieten wurden. Während in Delphi Apolton 
4»it seinem öfter neugebauten Tempel der Atleinhenscher wsh*, 
hatte in Olympm zuerst Hera ihren Tempd, daneben PtiopB 
sein umschlossenes Qrabgcfi^e. Zeus sdidnt sidi lange nät 
dem Opferdienst am großen Altar unter frdem Himmel begnSgt 
za hs^Msn, bis ihm nac^ den Persedcrt^fen ein die ganze Um- 
gebung beherrschender Tempel, bald auch Phidias Kolossalsti^toe 
ns Ootd und Elfenbdn erricMd ward. Später gescffle sich die 
iäöttermillter als Dritte im Bunde hinzu. Qemdnäim smd beiden 
Orten, wenn auch nach Lage vmsi Au^tattung voischieden, 4Sit 
Sdiaüdiäuser, meist in Form von Antentempefn, die sdt dem 
6. Jahrfumdert sidi mach mehtten, um die kleineren Weih- 
gesBdienke der mit Ddphi oder Olympia in festem KuttverfiSßms 
stellenden Staaten aufzunehmen. Größere öffentUdie Weih§^ 
sebenloe und die unendltdie Menge der Siegerstatuen fällten den 
öbrigen Ramn des heiligen Bezidces. In Olympia fenden sielsequemen 
Platz aitf der geräumigen d>enen Fläche der Altis, in Delphi 
^dbtt^ten isie skrh entweder an der gewundenen FeststraBe Mn, 



Die AtäMgt der Festfiläjtae 131 

oder sie sfagen auf dea sdimtlea verfögbaren PUtaen de^ caarb 
amieigendett Febbodens empor. Der ginze fienric war bkr 
wie dort ummauert. In Olympia bildete auf der Oslseite äne gß- 
läwmge Sloa eine Art WaodeikaUe, Mährend in Ddphi 4& Fels- 
afahang für soldie offene Halle ksine MögUcUcdt bot; daifir Mt hier 
am obo^n Rimde die Leadie der Kiiklier ein. Etoe BeaonderiieM 
Delphis bUdet das Theater imierhafi) des Bezirkes, das woJM cott 
der Rolle zusammenhängt , die ntusisdie Aufiuhm^^ bei 4e» 
Pythien spielten. Fdr die gymnastischen und iätnlidien WiHr 
kSmjpte war an fadilen Feslcoien innerhalb des Be^wkes kcig 
Platz. In Olympia wie in Delphi stand jedoch der Schauplatc ^ 
die gymnastiadien Kampfarten, das Stadion, in entger Verbindumg 
mtt dem heilten Bezirk. Die Rennbahn für Wagen «md Rosse 
lag dagegen in CMympia in der benachbarten Ebene, wo ^m 
von den wanddbaren FJnt^ des wasserreichen Alpfaeios urfolltg 
hin weggespült ist; in Delphi mnJite nm gar von der ateiten 
Höhe in das krisäische Gefilde hinabsteigen, um ffir diese Wett- 
Idunpfe genügenden Raum zu ftsiden. An beiden Orden aber war 
der hdlige Bezirk umgeben ^non allerlei anderen Anlagen« die in 
entfernterer Beziehung zinn Heiligtnai und zu den Spielen standen; 
besonders deutlich ü^fen sie in Olympia vor (5. 112). 

Das Anan^iaraeion, obwohl mit Spielen und einem TheiriiQr 
ausgestattet, ist doch im Vei^^ch mit den großen Nationalfi^- 
putzen zu unbedeutend, um hier bescmdere Berfidcaichti^^isiig W 
verdtenen. 

In Delos handelt es sich iticht um Wettspiele, sondern 
nur um Kulifeste, zu denen der nahe tiäbm die von weHber 
zusammenströmenden lonier herheifübrte. Daher fehlen Staäimn 
4ind Hippodrom, und statt ihrer tritt mxi dem engen ^enen Räume, 
den die Insel überhaupt nur bietet, die Sbuit, der hier da$ Theater 
und die Riläsha angehören. In iiädiste Nähe zum Heiligtum. 
Dies erscheint infolgedessen dicht zusamm^gepfercht: die Tempel 
ApoUons, seiner Schwester und seiner Mutter, nebst dem See, 
dem Zeugen der Zwillingsgeburt, die Schatzhäuser, die Hallen 
drangen sich eng zusammen, so daß der benachbarte Markt am 
Hafen als Versammlungsplatz eintreten muß und die Tempel der 

9* 



132 VI. Griechische Kultstatten 

fremden Götter, der ägyptisch-syrischen und der Kabiren, ebenso 
wie die Versammlungslokale der Ausländer draußen ihre Stätte 
zu suchen haben. 

Wiederum verschieden mußte die Anlage bei den Heilig- 
tümern des Asklepios sein, bei denen die Rücksicht auf die 
Gesundheit und die Kur den Kultus überwogen. Das athenische 
Asklepieion ist freilich so klein, daß es als Kurort kaum in Be- 
tracht kommen kann; doch fehlen auch ihm Quelle und Hallen 
nicht Die berühmten Heilstätten von Epidauros und Kos ge- 
boten dag^en über eine freie Lage und weite Räume. Säulen- 
hallen, die den kranken Wallfahrern als Schlafstellen dienten, und 
Wandelgänge bildeten einen wesentlichen Bestandteil, dazu reich- 
liche Nebengebäude. Im epidaurischen Hieron gab es auch An- 
stalten für Leibesübungen und ein Theater zur Unterhaltung, weil 
es fem von der Stadt li^; in Kos machte die Nähe der Stadt 
dergleichen Anlagen entbehrlich. 

Das sind einige der Ergebnisse, die wir den dreißigjährigen 
vereinten Bemühungen verdanken. Auf ganz anderem Gebiete 
li^ es, daß diese Arbeiten die hohe Schule für die Methode 
und Technik der Ausgrabungen geworden sind. Oberall strebt 
die Grabung, ohne das Einzelne und Kleine zu vernachlässigen, 
dem Ganzen zu. Die ursprüngliche Gestaltung sowohl der Ge- 
samtanlage wie aller einzelnen Teile zu ermitteln, die allmählichen 
Umgestaltungen durch den Lauf der Zeiten zu verfolgen, jeder 
Einzelheit ihren festen Platz in dieser Entwickelung anzuweisen 
und so die Ausgrabung zugleich zu einer Rekonstruktion des 
verlorenen Ganzen zu machen, das ist das auszeichnende Merk- 
mal dieser neuen Methode. Samothrake bezeichnet den Beginn, 
Olympia die Hauptstation auf diesem W^e; die folgenden Aus- 
grabungen der athenischen Archäologischen Gesellschaft und die 
französischen in Delphi haben die weitere Bewährung der ge- 
wonnenen Lehren gegeben. 



VII 

ANTIKE STADTANLAOEN 




as Streben nach wissenschaftlicher Kenntnis antiker Ge- 
samtanlagen konnte nicht bei den Kultplätzen stehen 
bleiben, sondern mußte sich auch auf das Ganze antiker 
Städte richten. Zeitlich gingen beide Forschungen nebenein- 
ander her, ja an einem Punkte hatte die Städteforschung einen 
Vorsprung. Es war nur natfirlich, daß sie da einsetzte, wo die 
Ausgrabungen schon früher vorgearbeitet hatten, in Pompeji. 

Pompeji war seit 1860, wo die ganz und gar verrottete 
borbonische Mißr^ierung ihr Ende gefunden hatte, in ein neues 
Stadium der Erforschung getreten. Die italienische R^ierung 
hatte verdientermaßen Giuseppe Fiorelli, einen durch und durch 
wissenschaftlich gearteten Mann, der unter den Borbonen nur 
mit Hindernissen seine pompejanischen Studien hatte betrdb^i 
können, mit der Leitung der Ausgrabungen betraut Diese wurden 
nicht bloß mit größerer Energie, sondern auch nach besserer 
Methode durchgeführt Bisher hatte man feist nur einzelne Häuser 
in Angriff genommen. Dabei war es unvermeidlich gewesen, 
daß in der mehr oder weniger engen Grube die oberen Teile 
der Häuser hinabstürzten und sich der Erkenntnis entzogen. In 
der Tat kannten wir kaum ein oberes Stockwerk in Pompeji, so 
vielfach auch Treppen auf deren einstmaliges Vorhandensein hin- 
wiesen. Fiorelli ließ nun ganze, von Straßen begrenzte Häuser- 
blöcke (»Inseln«) auf einmal vornehmen und von oben schicht- 
weise bloßlegen; was von Balken oder charakteristischen Bauteilen 
entblößt wurde, ward vorsichtig bewahrt, gestützt oder durch neue 



134 VII. Antike Stadtanlagen 

Balken ersetzt, und so ward allmählich in die Tiefe vorgeruckt 
So fiberraschte z. B. die Beschauer der auf diese Weise wieder- 
gewonnene, für das Aussehen der Gasse so charakteristische Erker 
im Oberstock, der seiner Gasse den Namen des vicolo del bakone 
pensUe verschaffte. Wiederherstellung der pompejanischen Häuser 
nach ihrem mehrstöckigen Aufbau, der Dachanlage usw., ward 
erst jetzt möglich und dadurch eine viel vollständigere Kenntnis 
des italischen Hausbaues gewonnen. Ein weiteres Verdienst 
Fiorellis bestand darlii^ daß das bisher mit althergebrachter Eng- 
herzigkeit erschwerte Studium Pompejis nunmehr allen freigegeben 
ward. Eine eigene scuola di Pompei ward g^[ründet, aber ebenso 
atick allen Fremden der Zutritt eröffnet, eine Erlaubnis, von der 
namentlich die Angehörigen dei römischen Archäologischen In- 
stRiii» dankbar GebrAucb machten. 

Zuerst knüpfte die Forschung an den Teil der Ausgrabungs- 
ergetmisse an, der am ehizigartigsten erschien und am populärsten 
w»-, die Wandgemälde. Schon oben (S. 95) wurden HdMgs 
Arbeiten erwähnt, die in ihnen wesentiich hdlenistisdies Erbgut 
erfatfint haben. Otto Donner ergänzte diese Untersuchungen durch 
(tefi Nachweis, daß die viel bestrittene Technik der Malereien die 
von den Alten mit besonderem Geschick, etwas abweichend von 
den Neueren, geübte Freskomalerei sei. Mit jenen Untersuchungen 
war die Frage der Scheidut^ hellenistischer l%erlieferui% und 
pompe)anischen Eigengutes atif die Tagesordnung gesetzt 

In demselben Jahre 1873, wo Hdbigs »Untersuchui^fen« 
erschienen, veröffentlichte Fiorelli das Ergebnis langjähriger For- 
schulden ^ die die Stadtanlage und die Baugeschichte Pompejis 
zum G^enstande hatte. Die Stadtantage, nach italischer Weise 
auf Grund der sich rechtwinklig schneidenden Hauptstraßen cardo 
Md dMWumus gegliedert, mit allen den daran sich anscbließes- 
den Kontroversen dfirfen wir hier, wo es nur auf die künstlerisdie 
Entwtckdung ankommt, beiseite lassen. Es mag nur darauf 
hingewiesen werden, daß 1888/9 Brizio in Marzabotto, unweit 
Bologna, eine italische Stadt aus der Zeit um 500 vor Cfarislo 
nad^ewiesen hat, die das auf jenen Grundlinien au^ebaote 
rechtwinklige Straßennetz in strengster Ehirchfdhrung zeigt 



Pompeit. 9w!ti4t&k dtr Eiugcschichte I3f5 

Ffir ttttfere Zwecke bedaiteiider sind Fiorälis Uatecsucbtiflsci» 
itar ^ BauMitefiaUci» imd die Batitedmik d^ pomp^mschen 
Bttttcn tuid fiber die daea» für die Bsugescbicfate der Stadt sieh 
eqpdbeiiden Fc^geruiigm. Die gntadlegendeti Tatsachen hat Fich 
rdK Fidi% ericaimt, so vieles anch ka eiozeloen durch die fj^dih 
itStig mit Fiordlt in gldcher Riebtung vorgenommenefit Fee- 
schungen Richard Schönes und Hekmh Nissens genaner bestimmt 
wcffde» ist. Scbraes Ptt^e »pompefanischer Unfersuchungen« 
war schon 1869 ersdiienen» die von Nissen ausgefährte Bearbeüum 
ikr gemeiasamen Forsdiit^en beider Freunde erschien 1877; 
wde naditrae^fae berichtigende Enizduatersuchungen biacbte sett 
I9tl9 Anglist Mau. Die seitdem in die populären DarsteUwigen! 
Po«q;>e|te fiberg^[ai^enen Hauptresultate lassoi sich km^: so z^k- 
santtmeidassen. 

Die älteste Zeit Pompefis ist die » Kalksteinperiode s wo aus 
dem KaHcstein des benachbarten Flusses Samo mit Hilfe von 
LduB einfädle Hiuser (»Atriiunhiuser«) gebaut wurden^ ohne 
SMen^ einstödcig» ohne farbigen Schmuck, also von dem späeren 
BBde Pompejis ganz abweichend. Das besterhaltene Bespiel 
bictel die sc^enamite casa dd chiiwgo. — Darauf folgt (nach mi 
Nissen etwa um 200, vidtteicht erst etwa ein hatbes Jahrhundert 
9fäigs) die »TuKperiode«, wo der Tuff von Nocera neben den 
Kalkstein tritt. Das fernere Material ermöglicht eine feinere Aus- 
ffihrung aller Glieder. Mit dem Gebrauche vcMi Säulen tritt eine 
Erweiterung des attitalischen Hauaplans em. Periatyle, Sak ver- 
sdiie&ner Art und andere griediische Bauteile schließen sich den 
ftetischen an, und ein oberes Stockwerk tritt hinzu. Gegen die Straße 
fangen die bisher festgeschlossenen Häuser an sich in Läden zu 
cjhien. Daneben werden die Wände farb^, wenn auch noch 
ohne Qemakieschmttdc. Die Hauser steigern sich gelegentlich, 
22 wie X. B. die easa del Fmmo^ zu palastartiger Gröfie und Pracht 6tb 
21 der Attssiattung. Stattliche öffentliche Gd>äude entstdien, Theater^ 54i f. 
Bider und Palisfaren, die schöne Basilika, der ApoUoten^ 
mit seinem nadi heHemstiacber Weise haHenumgebenen Tenapd- 
hol Alles in dieser ardtitektonischen Qbmzperiode der sanmitl- 
sehen Ff eistadt weist auf starke griedusche Kultur- und Kunat- 



136 VII. Antike Stadtaniagen 

einflösse hin, die zum Teil ihren Ursprung sicher im Osten haben. 
— Mit der Verwandlung Pompejis in eine römische Kolonie 
durch Sulla hört diese Pracht auf. Neben Tuff und Lava werden 
gebrannte Zi^d das beliebteste Baumaterial dieser »Ziegel- 
periode«. Die Zi^d verlangen Bewurf, und die Wände werden 
nidit mehr bloß farbig, sondern auch mit sowohl dekorativen 
Malereien wie wirklichen Gemälden geschmückt 

Wie anders war das Bild dieser allmählichen Entwickdung 
als die bisher allgemdngfiltige Vorstellung von dem gleichmäßig 
farbenfrohen »pompiejanischen Stil«! Aber nicht die einzdnen so 
gewonnenen Kenntnisse waren die Hauptsache, sondern daß audi 
hier der allgemeine Zug zu historischer Auffassung, zur Erkennt- 
nis der Entwickdung, d. h. des Lebens, zum Durchbruch kam. 
Pompeji ward uns eine werdende Stadt, deren künstlerische Fort- 
bildung wir im Zusammenhang mit der Entwickelung des städti- 
schen Gemeinwesens und den großen politischen Ereignissen 
verstehen lernten. Es war das gleiche Streben, nur energischer 
und mit vollerer Sachkenntnis verfolgt, wie es Ernst Curtius auf 
griechischem Boden sich vorgesetzt hatte. Seine Versuche, die 
Stad^eschichte von Pergamon und Ephesos auf Grund der auf 
dner kleinasiatischen Reise (1872) gewonnenen Ortsanschauung zu 
rekonstruieren, mußten freilich an der Lückenhaftigkeit dieser 
Grundlage schdtem, sie verfolgten aber doch dasselbe Ziel wie 
Nissens »Pompejanische Studien«. 

Parallel mit Fiordli- Schöne -Nissens pompejanischen For- 
schungen gingen d^endort August Maus Studien, deren Ergeb- 
nisse im gleichen Jahre wie Hdbigs Untersuchungen und Fiordlis 
Bericht, 1 873, im Oiornale degU scavi di Pompei ihre erste Formu- 
lierung erhidten, um neun Jahre später in ausführlicher Darstellung 
dem Publikum vorgdegt zu werden. Mau hatte seine Aufmerksam- 
keit auf die Art der farbigen Wanddekoration in Pompeji gerichtet, 
die bisher neben den eigentlichen Gemälden nur oberflächliche Be- 
achtung gefunden hatte. So galt auch hier als »pompejanischer Stil« 
was in Wirklichkeit ein Gemenge verschiedenartiger, unzusammen- 
hängender Erscheinungen war. Mau brachte Ordnung in dies 
Chaos, indem er die historische Betrachtungsweise einführte. 



Pompeji. Die Dekoraiionsstile 137 

Natürlich geschah dies im Anschluß an die gleichzeitig er- 
mittelten Perioden der Baugeschichte. Die farblose »Kalkstein- 
periode« schied von selbst aus; erst als die hellenistische Strömung 
sich Pompejis bemächtigte, zog griechische Farbenfreudigkeit dort 
dn. Die vornehmste Zeit Pompejis, die »Tuffperiode«, begnügte 
sich mit der »Inkrustation«, d. h. mit dem Belag der Wände 679 
mit nachgeahmten Quadern von buntem Marmor, die aus Stuck 
sehr sauber in Relief hergestellt wurden. Pilaster und Gesimse, 
ebenfalls in Stuckrelief, traten die Wand gliedernd oder abschlie- 
ßend hinzu. Es ist ein Außenstil, der in das Innere übertragen 
ward und die Räume rein architektonisch fest umschloß. Die 
ernste, etwas steife Pracht dieser Wandbekleidung ward durch 
M Mosaiken auf dem Fußboden (z. B. die Alexanderschlacht, S. 63) sos 
ergänzt; griechische Kunstwerke, griechisches erlesenes Hausge- 358 
rate vervollständigten das Bild. 

Mit den Zi^elwänden der sullanischen Kolonie machte dieser 
Inkrustationsstil einer völlig abweichenden Dekorationsweise Platz. 
Die durch die Quaderwände beengten Räume strebten nach Er- 
weiterung, deren Eindruck man durch perspektivisch zurücktretende 

Architekturen zu erzielen suchte; dabei blieb aber die Wand esi 

1x2 
glatt, die Perspektive war auf bloß malerische Mittel beschränkt. 

Bald trat nur die Wand scheinbar hinter Pfeilern mit Blumen- 
gehängen zurück; bald eröffnete sich zwischen dunkel beschatteten 
Pfeilern ein freier Ausblick in eine weite Landschaft, die auch 682 
wohl mit Staffage belebt war (vgl. S. 65); bald vereinigten sich 

96 beide Mittel, wofür das römische Haus der Li via (S. 92) die 683 
reichsten Belege darbietet Eine gehaltene farbenfrohe Stimmung 
hatte sich der Wände bemächtigt; die landschafUichen und Staf- 
fagemotive verdankten anscheinend einem römischen Künsfler 
Tadius ihre Einführung. 

Völlig neu war Maus Feststellung eines dritten, etwa der 

97 augustischen Zeit angehörigen Stils, den man als omamentalen 717 
Flächenstil bezeichnen kann. Die Wandfläche tritt wieder in ihr 
Recht, die raumerweiternde Perspektive schwindet ganz oder fast 
ganz. Alle Ornamente werden flächenmäßig, bortenariig oderix,3f. 
m der Art eingelegter Arbeit ausgeführt; eingerahmte Gemälde 718 



13a VU. Airtike Stadtanlagen 

slrenger^ Clutfakters treten an die Stdle der Aiisblidic in$ Freie. 
Efifilere FarlM» sind beliebt^ doch fehlen audi nicht reichere 
Töne. Die ganze sdir vomehme, etwas kühle DcJoofatioo er- 
innert an Horazais heische Dichtnngen; auch die soi^gfältige 
Attsffihrung entepricht dem vornehmen Oesamteindnick. 

Der vierte Stil endlich, der phantastische Architdcturstit, 722 
herrscht in den letzten Zeiten Pompqis. Es ist derjenige Stil, 
an den wir Modernen zuerst denken, wenn Pompeji genannt 
wird. Er stellt die konsequente Weiterentwickelung des zweiten, 
per^pdftivischen Stiles dar. In allmählichen Abstufungen löst sich 
die ganze Wand zuletzt in Perspektiven auf; die architektonisdien 
Gd)ilde kehren sich an keine Wirklichkeit mehr und erreichen 
namentlich in den oberen Wandteäen eine ausschweifende Phan- 
tastik. Die Farben werden tninter, ja schreiend; die Ausffihrung 1x3 
wird derber, flüchtiger und nimmt vielfach zur Sdiablone ihre 
Zuflucht Die zahlreichoi Wandgemälde wiederholen gern die 
gleichen Muster; sie spiegeln die Welt hellenistischer oder ovi* 
discher Lid>espoesie und zeigen ebenso große Vorlid>e für nackte 
Gestalte, wie der vorige Stil sich ihrer enthielt Diese Riditung 
feiert ihre Orgien in den letzten Jahren Pompejis, zwischen dem 
großen Erdbeben von 63 und dem Untergang im Jahre 79. 

So ungefähr erschien die Entwickdung dieses Teiles der 
pompejanischen Kunst. Mau bklt die vier Stile für zeitlich ein- 
ander ablösend. Dies steht für die erstm beiden fest, für die 
letzten bdden kann man zweifeln, ob sie nicht nd>enetnandcr 
hergingen: der dritte Stil als bewußte Reaktion gegen die per- 
spdctivische Richtung des zweiten Stils, vornehm, exklusiv, sch<Hi 
um seiner Kostspieligkeit willen nur auf Wohlhabende berechne^ 
während der vierte Stil den zweiten unmittelbar fortsetzte und 
ebenso in seiner effektvollen Darstellungsweise wie in seiner ober- 
flachlicheren Madbe den Ansprüchen und den Mitteln des größe- 
ren Publikums entg^enkam. Daß der letzte Stil den anderen 
bald verdrängte, ist nai&iich, vollends bei der ganzen Richtung 
der neronisdien Zeit 

Es versteht sich von sdbst, daß diese vier Stile nicht aut 
Pompeji beschränkt waren oder in der kleinen Landschaft sdbr 



PompeiL Onediisdie Vojrbilder 12§ 

enlsteideit sind. Hte und da bietet uns üforn^ namfiiatlich 
fttv den zMPettcir und den vierten Stil» nadstli^;ende Panallden; 
der erste findet «di in Pergamon und noch sonst an manelKB 
Orten, neuerdinp in Pergamon auch der zweite. Aber die Ftage 
nadi der Herknirfl der verschiedenen Arten der Wanddekoratioii 
uad nach den Faktoren , die aof ihre Entwidcdung oder ihren 
Wechsd eingewirkt haben, ist nodi ungelöst, ja kaum ernsWeh 
in: Angriff genommen. Einiges li^ freSSeh auf der Hand. Der 
Iffikrustationsstä z. B. kann nur in einer G^end entstanden sehi, ix,i 
wo bmter Marmor heimisch oder leicht erreichbar war. Bei dem 
dritten Stil, dem eig^tümlidien Erzeugnis der augustischen Zek, 
ist es gewiß kern ZufaU, daß die vielfachen ägyptisierenden Zu* tm 
taten nrit der Unterjodiung Ägyptens im Jsdire 30 zusammenfallen. 
Für die phantastisdien Ardiitekturspide des vierten Stib endlich 
scheint eine Nadiricht über den karisdien Maler Apaturios nadr 
Ktennsten zu weisen, so daß man vermuten mochte, die ganze airf 
perspdctiviscke Erweiterung zielende Richtung stamme, im Gegen- 
sätze zu jener alexandrinisierenden, von dort her. Aber das sind alles 
Fn^n, deren sichere Lösung nur durch neue Entdeckungen ge- 
wonnen werden kamt; sie lassen sicji nicht bloß aus dem Osten, son- 
dern vielteicbt auch aus dem griechischen Süden Italiens erwarten. 
Hier, wie bei den Fn^en der Bautechnik und BaugesdiicMe 
haben wir freilich in Pomp^ zunächst nur die samnitische Land- 
stadt vor ans, die durch hellenistische Einwirkungen hindurch 
sieh ztur römischen Veteranenstadt entwickelt, aber ebenso wichtig 
ist es, dies Bild in den Zusammenhang der allgemeineren Kunst- 
geschichte einzuordnen, die ihr Gepräge noch nnmer von grie- 
drisdier Seite erhielt Somit mußten wir unsere Blicke nadi 
Osten richten, ob ntdit die Erforschung griechischer Stadtaniagen 
ms weilcr zu führen vermöchte. Dabei konnte freilich weniger 
dBs e^entiidie Griechenland, das in der Spiftzeit immer mdir 
verfid, als das in hellenistischer wie in römischer Zeit viel blühen- 
dore Kleinasien in Betracht kommen, wo schon Newton durch 
scRie Untersuchung von Knidos (S. 83) die Fruchtbarkeit einer 
sokhen Arbeit erwiesen hatte. 



1 40 VII. Antike Stadtanlagen 

Den ersten Schritt auf dieser Bahn zu tun fiel wiederum 
Alexander Conze zu, indem er die Ausgrabung von Pergamon, 
wenn auch nicht zuerst anregte (das war schon früher durch 
Gustav Hirschfeld geschehen), so doch sie angriff und ihr die 
Richtung auf das Ganze gab. Der Residenzstadt der Attaliden 
hatte schon Texier (S. 76) flüchtige Aufmerksamkeit geschenkt 
Dann hatten 1872 Ernst Curtius und Friedrich Adler das was 
von Altertumsresten zutage lag gemustert und Curtius danach 
versucht eine — freilich verfehlte — Stadtgeschichte von Per- 
gamon in großen Zügen zu entwerfen. Ein besonders wertvolles 
Ergebnis dieser Reise war die Bekanntschaft mit Karl Humann, 
der seit 1861 als Ingenieur in Kleinasien lebte und seit 1869 
eine Zeitlang den Mittelpunkt seiner Tätigkeit in Pergamon hatte. 
Die warme Begeisterung des trefflichen und ungewöhnlich sym- 
pathischen Mannes für das Altertum fand in Pergamon frische 
Nahrung. Hatte doch hier eines der hervorragendsten Herscher- 
geschlechter aus der Nachfolge Alexanders des Großen seinen 
Sitz aufgeschlagen, von hier aus die landverwüstenden Galater 
bekämpft und besiegt, das Reich allmählich vergrößert, die Haupt- 
stadt zu einem Mittelpunkte sowohl gelehrter Studien wie der 
Bildkünste gemacht, von welch letzteren der sterbende Galater 604 
im Kapitol und die ludovisische Galatergruppe seit lange glän- 
zendes Zeugnis ablegten. Kein Wunder daß in Humanns regem 
Geiste der Wunsch entstand, hier durch Ausgrabungen alte Herr- 
lichkeit neu erstehen zu sehen. Aber sein Wunsch, wenn er 
auch zunächst durch Hirschfelds Bemühung Erfolg zu versprechen 
schien, fond doch in Berlin, wohin Humann sich gewandt hatte, 
kein nachhaltiges Echo. Ein paar Bruchstücke einer überlebens- 
großen Reliefdarstellung von ungewöhnlichem Stil, die Humann 
als appetitreizende Gabe dem Berliner Museum übersandte (sie 
stammten von der Burg von Pergamon), wurden von der da- 
maligen Verwaltung ohne Dank und ohne Beachtung der Samm- 
lung einverleibt. Und doch hatte Brunn kürzlich auf eine späte 
Nachricht von einem Altar mit großer Gigantomachie in Perga- 
mon als einer Art Weltwunder hingewiesen, und es fehlte nicht 
an Archäologen welche in jenen Bruchstücken Überbleibsel dieses 



Pergamon. Beginn der Ausgrabung 141 

Werkes vermuteten. Diese Spur ward aber zunächst nicht weiter 
verfolgt 

Das sollte erst anders werden , nachdem 1877 Conze von 
Wien nach Berlin fibergesiedelt war und an Karl Böttichers Stelle 
die Leitung des Berliner Museums übernommen hatte. Er be- 
nutzte einen g^ebenen Anlafi um sich zu Humann in Beziehung 
zu setzen und holte dessen Ansicht über die Ausführbarkeit 
einer Grabung zur Suche nach dem Oigantenaltar ein. Humann, 
der jetzt endlich einen Genossen seiner Pläne gefunden hatt^ 
ward Feuer und Flamme durch die frohe Aussicht gemeinsamer 
Arbeit Eine byzantinische Mauer oben auf dem Burgfelsen, aus 
der die bisherigen Fragmente stammten, schien ihm eine reiche 
Ausbeute zu versprechen. Fortan arbeiteten beide Männer im 
engsten Vereine. Der damalige Ministerialreferent, später General- 
direktor Richard Schöne half alles ins Werk setzen, und der 
Kronprinz als Protektor der preußischen Museen gewährte wirk- 
same Unterstützung, so daß es gelang, ohne daß etwas darüber 
laut ward, in Konstantinopel den Firman zu erwirken, der die 
Ausgrabungen gestattete; von der Ausbeute sollten Preußen zwei 
Drittel, ein Drittel der Pforte zufallen. Die Zeitumstände be- 
günstigten den erfolgreich stillen Verlauf der Unternehmung. 
Die Augen der archäologischen Welt waren gerade auf Olympia 
gerichtet, und das Interesse des großen Publikums war dermaßen 
durch Heinrich Schliemanns verblüffende trojanische Entdeckungen 
in Anspruch genommen, daß Pergamon vor Troja ganz ver- 
schwand. Geschah es doch, daß ein Seekadett, der im Früh- 
jahr 1879 an der Einschiffung pergamenischer Beute mitwirkte 
und darüber nach Hause berichtete, von seinem Vater die Be- 
lehrung erhielt, er schreibe irrtümlich von Pergamon und Humann, 
der Ort heiße Troja und der Mann Schliemann! 

Die Burg von Pergamon krönt einen 310 Meter hohen, 
mit breitem Rücken nach Süden abfallenden Berg. Am 9. Sep- 
tember 1878 setzte Humann den Spaten an mit den patriotischen 
und zugleich mit Rücksicht auf seine Zuhörer orientalisch ge- 
färbten Worten: »Im Namen des Protektors der Königlichen 
Museen, des glücklichsten allgeliebten Mannes, des nie besiegten 



142 VII. Airifte SMtanlagen 

Kriege», des Eiten des schönsten Thnmes dar Weli, im ManMn 
unseres Kronprinzen möge dies Werk zu Glück und Segen gt- 
Leihen!« »Meine Arbeiter«, sagt er in seinem überaus anzidienden 
Beriebt, »haben gq^laubt, ich spreche dne Zauberformel, und ae 
iMlten nicht ganz Uarecht.j( ^ene alte byzanttnisdie Bin^gmatter, 
mit deren Abbrudi boomen ward, erwies sich gleich iler 
olympischen JMauer (S. 106) als eine Sdiatzicammer eigener All 
Bald als ganze Phtten, bald in Bruchstficken waren grofie Teile 
des gewaAtigen Frieses mit der Bildseite nach innen darin ver- 
mauert. Qleidi zu Anfang fanden sich bedeutende Platten, der 



wageldenkende Helios und der ApoUon, der es an Schönheit nät 6ii 

dem bdvederischen aufnimmt; bis zum JahresscbiuS w»en «es 

39 Platten! »Wir haben eine ganze Kunstefioche gefunden«, 

jubelte Hnmann, »das gröfite aus dem Altertum «briggebUdMeoe 

Werk haben wir unter den Händen.« Um die groBen fitödoe 

nach dem etwa 30 Kilometer entfernten Hafenort IHkeli zu schaffen, 

mtlBte die LsmdstraBe in Stand gesetzt und in Dikeli eine Landungs- 

brficke gdiaut werden. Im folgenden Jahre IS?^ ward dann 

unter Conzes persönlicher Mitwirkung der Kern des Ahaibaues 

aufgedeckt, und weitere Plattenfunde gingen nebenher. Wir Jassen 

noch einmal Humann berichten. 

»Ich hatte Besuch in P e rgamon; meine Fnni war von Snqana 
herübergekommen und Herr Dr. Boretius aus Berlin, auf einer Qneot- 
reise Smyma berührend, gleichfalls. Es war am 21. Juli^ daß ich die 
71,3 Besucher einlud mit zur Burg zu kommen, um die Platten wenden zu 
sehen, die mit dem Rücken nadi außen und mit der beaibefteten S^ite 
gegen den Schutt standen. Während wir hinaufstiegen, unäepei^len 
sieben mächtige Adler Otödc verheißend die Buig. Die erste Platte 
fiel um. Es war ein gewaltiger, auf seinen Ringelfüßen stehender 
Qigant, der uns den muskulösen Rücken zeigt, das Haupt nach links 
gewandt, eine Löwenhaut auf dem linken Arm — »sie paßt leider an 
keine bekannte Platte« sagte ich. Die zweite fiel. Ein herilidier Qdtt, 
die volle Brust zeigend, so gewaltig und doch so sdiön, wie noch 
keine dagewesen. Um die Schidtem hängt ^ein Qewand, das dann ^e 
beiden weit ausschreitendeH Beine umflattert »Auc^ diese Platte ^aßt 
mir an nichts Bekanntes!« Die dritte Platte zdgt einen schmachten 
Giganten, der in die Kniee gestürzt ist; die Linke greift schmerzhaft zur 
rechten Schulter, der redite Arm ist wie gelähmt — ehe er ganz von 
&de geremigt t^, fälH die vierte Platte: einOigaift stür^ rücklings auf 



Der Zettsailar in Pergttnon 143 

4en Feisen^ der Bitte hat ihm den Oberschetd»! dmcbbdlHt — tdi 
fühle deine Nahe, Zeus! Fiebeihalt tmeilte ich die vier Platten. Hier 
die driitgefundene paßt an die ersls^efundene: der Schlangenringel des 
großen Giganten geht deutlich in die Platte mit dem ins Knie gesunkenen 
^ganten über. Der obere Teil dieser Platte, wohinein der Oigant 
seinen fdhmiwfckelten Ann streckt, feihH; doch sieht man deuülch, er 
Icämpft über den gestiMen hinweg. Sollte er gegen den gn^en Odtt 
kamplen? Wahrlich ja, der linke vom Gewand umwallte Fu6 ver- 
schwandet hinter dem knienden Giganten. »Drei passen aneinander^ 
rufe ich, und bin schon bei der vierten: sie paßt auch — der blitz- 
getroffene Gigant fällt vom Gott abwärts. Ich zitterte förmlich am 
ganzen Leibe. Da kommt noch ein Stfidc — mit den Nägeln knrtze 
idi die Erde ab: Löwenhaut — es ist der Aam des riesigen Giganten 
— dem gegenüber ein Gewirr von Schuppen und Schlangen — die 
Ägis! es ist Zeus! Ein Werk, so groß und herrlich wie iigend eins 
war der Welt wiedergeschenkt, unseren ganzen Arbeiten die Krone 
aufgesetzt, die Athenagruppe hatte ihr schönstes Gegenstück erhalten, 
lief ergri^en umstanden wir drei ginddichen Mensdien den kösiBkhen 
Fund, his ich midi auf den Zeus niedersetzte und in dicken Freuden- 
tranen mir Lufi machte.« 

In zweijähriger Arbeit wanen die Reliefs 4es Alfares geborgen, 
neben großen Platten und Stöcken zahllose Bnichstiickeiind Splitter. 
Für Berlin blieb die mühsame und langwierige Arbeit, alles Z11- 
samn^ngehörige zusammaizufinden und zusammenzusetzen, so- 
dann die Verteilung auf die vier Seiten vorzunehmen, wobei sich 
Otto Puchstein da Hauptverdienst erwarb, £r fand durch metho- 
dische Forschung sichere Anhaltspunkte dafür, daß die böd^Klen 
Olympier die Ostseite, die Tagei^götter die mittäglich^ die Gatter 
der Nacht, der Gestirne und die Höllenmächte die mitlemäch- 
tige Seite einnahmen, während die Abendseite zumeist der breiten 
Aufgangstr^^pe gehörte. Eine Oötterwelt von bisher unerhörter 
Ausdehnung und Mann^gfaltigJkett bewiqgt sidi im Kampfe mit 
den Erdsöhnen, 4te in verschiedenartigster Korperbildung suf- 
treteo; alles ein einz^es Woigen und Rauschen ohne Ende. Ein 
zweiter kleinerer Fries, der die Abenteuer des pergamenisdien 
Nationalhelden TelqaJios schildert fand durdi Karl Robert und 
Hermann Sduader seine Ordnung und Erklärung, durch letzteren 
audi der eigenfliche AltarJ^au bis zu einem gewissen Grade seine 
Wiedeiiierstellung, während die Gesamtanlage mit der Säutenbaiie 



144 VII. Antike Stadtanlagen 

über dem Gigantenfriese bereits in Pergamon von Richard Bohn 
im wesentlichen richtig erkannt worden war. Im neuen Pergamon- 
Museum ward dann der Altar wieder aufgebaut, so daß der Fries 609 
mit jeder Einzelheit in gutem Lichte betrachtet werden kann; 
nur darf man unter der lastenden flachen Glasdecke nicht an die 
luftige Höhe von Pergamon und die ursprüngliche Lage des 
»Stuhles des Satanas« (Offenb. 2, 13) denken. Das Berliner 
Museum hatte mit der Erwerbung der Altarreliefs (die türkische 
Regierung hatte ihr Drittel käuflich abgetreten) mit einem Schlage 
eine Bedeutung erhalten, die wenigstens seiner Skulpturenabteilung 
bisher nicht zukam. Die durch Größe, Stil, Darstellungs weise 
mächtig wirkenden Reliefs wurden, völlig neu wie ihr Eindruck 
war, von einigen Seiten zuerst etwas überschätzt, indem sie bald 
über die Bildwerke vom Parthenon gestellt, bald als Inbegriff der 
ganzen hellenistischen Skulptur angesehen wurden. Beides war über- 
trieben; wohl aber gab der Gigantenfries zuerst einen Begriff von 
der hohen Leistungsföhigkeit der hellenistischen Plastik, in der 
man bisher nur impotente Verfallkunst zu sehen geneigt gewesen 
war. Dadurch daß sich der Fries bestimmt datieren ließ (unter 
König Eumenes IL, etwa um 180), gewann die Kunstgeschichte 
eine doppelt wertvolle Bereicherung; dies In Formen und Motiven 
protzende Barock, von dem bisher nur vereinzelte Spuren bekannt 
waren, erwies sich hier als eine bedeutsame Richtung der helle- 
nistischen, speziell der pergamenischen Kunst, und zwar zu einer 
Zeit, wo beispielsweise das europäische Griechenland nur noch 
ärmliche Nachwirkungen seiner klassischen Periode aufzuweisen 
hatte. 

So weit der pergamenische Altar, um des willen die ganze 
Unternehmung vom Berliner Museum unternommen worden war. 
Aber wie einst Saul ausgezogen war um seines Vaters Eselinnen 
zu suchen und ein Königreich gefunden hatte, so ging es auch 
hier. Der Altar hatte sich nur als eine Einzelheit in der perga- 
menischen Hochstadt erwiesen — sollte man darauf verzichten, 
diese vollständig aufzudecken? Indem Conze diese Erweiterung 
des ursprünglichen Planes betrieb, ergab sich als Gegenstand der 
Forschung die Gesamtanlage einer antiken Stadt, zunächst ihres 



Die Hochstadt von Pergamon 145 

höchs^elegenen Teils. Für die neue Aufgabe ward 1880 in 
Richard Bohn der bereits in Olympia (S. 106) und in Athen er- 
probte leitende Architekt gewonnen, der sich ganz in Pergamon 
ansiedelte. Neben ihm waren die Architekten Hermann Stiller 
und Otto Raschdorff, die Archäologen Karl Schuchhardt, Ernst 
Fabridus und andere tätig. 

Die Stadt Pergamon, besonders die Hochstadt, baut sich in 590 
Terrassen auf. Eine solche Terrasse nahm der Altar ein; darfiber 56o 
erschien nun, schon innerhalb des Burgringes, an dem ansteigenden 
Burgwege auf der nächsten Terrasse der älteste Athenetempel der 
Stadt, aus sprödem Trachyt erbaut, aus der frühen Königszeit 
oder gar noch älter. Auf seinem weiten Hofe fenden sich Reste 
der Basen für jene ehernen Siegesdenkmäler Attalos I., von denen 
uns Marmorkopien wie die kapitolinisch-ludovisischen Statuen 
(S. 6) eine Vorstellung geben. Attalos Sohn und Nachfolger 
Eumenes IL, der Schöpfer der Großstadt Pergamon, hatte dann, 
hellenistischem Brauche folgend, den Hof mit einem stattlichen 
doppdstöckigen Hallenbau umgeben, in dessen Nordflügd sich 
die berühmte pergamenische Bibliothek, mit ihren Büchei^festellen 556/7 
für mehr als 100000 Bände und mit ihrer luftigen Arbeitshalle, 
erkennen ließ. Jenseits des Burgweges kamen zwei größere Haus- 537 
bauten zum Vorschein, nach griechischer Weise je um einen Hof 
angeordnet In einfacher, dadurch für die pei^menischen Herrscher 
charakteristischer Ausstattung stellen sie ohne Zweifel Teile ihres 
Palastes dar, an den sich eine Reihe weiterer stattlicher Wohn- 
gebäude noch höher hinauf über die Kuppe des Beleges anschloß. 
Südlich von dieser viraren alle älteren hellenistischen Bauten ver- 
schwunden zugunsten eines großen, auf gewaltigen Unterbauten 
errichteten Tempels, in dem man zuerst den Tempel der Stadtgöttin 
Athene, dann den des Augustus erkennen wollte, bis er sich als 
das von Hadrian erbaute Trajaneum herausstellte. Die Phantasie 
träumt sich gern in jene Zeit zurück, wo dieser prunkende Kaiserbau 
sich noch nicht dem Beschauer aufdrängte und die Attaliden von 
dieser beherrschenden Steile aus auf ihre Stadt und ihr Reidi bis an 
den Oolf von Eläa hinabblickten; ein dort gefundener marmorner 
Ruhesitz (Exedra) kann dieser Phantasie zum Anhalte dienen. 

Michaeli! , Die arcfalologisdien Entdedningen. IQ 



146 VII. Antike Stadtanlagen 

Sfidlich unterhalb des Altarplatzes ward die Marktterrasse 
mit ihren Hallen und Laden und mit dem anspruchslosen Dionysos- 
tempel aufgedeckt; weiter im Westen, unterhalb des Burgabhanges, 
eine langgestreckt^ hochaufgemauerte Terrasse, nach außen einst 
von einer Halle umsäumt, während gegenüber das Theater sich 
steil am Berge hinaufzieht und am Ende des langen Ganges der 
»ionische Tempel«, der architektonisch feinste Bau Pergamons, sao 
hochaufgetreppt das Auge fesselte. Hier, wie überhaupt auf der 
Burg, gliedert sich die ganze Anlage zu künstlerischer Wirkung, 
ähnlich wie dies schon bei Samothrake sich bemerken ließ (S. 99); 
besonders aber tritt uns dieser künstlensche Aufbau von den 
19 westlichen Höhen jenseits des Flusses Selinus entgegen, denen seo 
die Burg gleichsam ihre Vorderseite zuwendet: das Theater über 
seiner langen Terrasse als Mittelpunkt, links darüber der Athene- 
tempel mit seinem Hallenhofe und ganz oben das Trajaneum, 
rechts der Altarplatz und darunter die Marktterrasse. 

Im Jahre 1886 war die Untersuchung der Burg beendet. 
Damit konnte das Werk als abgeschlossen gelten. Allein von 
der Burg herab zog sich eine mächtige Mauer um die Stadt 
des Eumenes; über ihrem unteren Ende war bereits zu Anfang 
der ganzen Unternehmung ein Qymnasion teilweise ausgegraben 
worden. Hier bot sich also noch ein weiter Spielraum, wenn 
es galt die Stadtanlage weiter zu verfolgen. Während das Ber- 
liner Museum unter neuer Leitung andere Pläne verfolgte, von 
denen bald die Rede sein wird, behielt Conze Pergamon fest im 
Auge. Die Arbeiten an dem großen Werke, das den Ausgrabungen 
von Pergamon gewidmet ist, machten gelegentliche Ergänzungen 
der bisherigen Forschung nötig, so die erneute Untersuchung der 
Hochdruckleitung, die einst die Burg mit Wasser versorgt hatte. 
Ihre Auffindung war schon 1886 Friedrich Gräber in energischer 
Arbeit einiger Wochen gelungen; Karl Schuchhardt erweiterte 
diesen Nachweis, indem er die Herleitung des Wassers vom 
Madarasgebirge aufspürte. Aber damit war die Hauptaufgabe 
nicht vollständig gelöst. Auf Conzes Antrieb erlangte das Archäo- 
logische Institut, dem das Berliner Museum die Untersuchung 
abtrat, im Jahre 1898 von der Reichsregierung die Bewilligung 



Fortsetzung d.pergamen. Ausgrabungen. Sicherung d. Funde 147 

einer jährlichen Summe von 10000 Mark, die dem athenischen 
Institut fiberwiesen ward. So wird denn seit 1900 alljähriich in 
Pergamon unter Dörpfelds kundiger Leitung ein paar Monate 
g^:raben: das Haupttor der Stadt, ein unterer Stadtmarkt zu dem 
oberen, eine Kopie des Hermes Propyläos nach Alkamenes haben 
bisher diese Bemühungen belohnt 

Aber noch Eines blieb zu tun übrig. Bei älteren Ausgra- 
bungen ward mit der Vollendung der Ausgrabungen die aufge- 
deckte oder aufgewühlte Triimmerstätte in dem Zustande belassen, 
in den sie durch die Ausgrabung versetzt worden war. Wo es 
nur auf transportable Beute von Skulpturen oder Inschriften an- 
gekommen war, war dieses Verfahren natürlich; wo es aber galt 
ein Ganzes dem Boden wieder abzugewinnen, da mußte sich die 
Pflicht für die Erhaltung des Gewonnenen aufdrangen. In Grie- 
chenland, wo in früheren Zeiten die Invaliden den Schutz der 
Denkmäler in mehr als läßlicher Weise betrieben hatten, durfte 
man nunmehr diese Sorge der wohlgeordneten und einsichtig 
geleiteten Verwaltung der Altertümer überlassen, wie denn bei- 
spielsweise in Olympia alsbald nach Vollendung der Ausgrabungen 
eine griechische Aufsicht bestellt ward; ebenso steht es in Delphi 
und an anderen Punkten. Übler ist es selbstverständlich damit 
in den weiten Strecken der Türkei bestellt, desto übler, je abge- 
legener die Ausgrabungsstätten sind. Marmor eignet sich so gut 
zum Kalkbrennen, behauene Steine zum Häuserbau; ja sogar daa 
Blei, das zur Befestigung der Metallklammem in den Mauern ge- 
dient hat, reizt zur Zerstörung der Mauern. In Samothrake fand 
Conze schon nach zwei Jahren vieles von dem früher Aufgedeck- 
ten zerstört und verschleppt; der Athenetempel in Priene (S, 152) 
hat 15 Jahre lang Steinmetzen von der Insel Karpathos als be- 
quemer Steinbruch gedient; der Tempel des Zeus Sosipolis in 
Magnesia (S. 151) ward alsbald nach Beendigung der Ausgrabungen 
vernichtet Hier gilt es also verdoppelten Schutz zu sichern. Aber 
die hie und da von den türkischen Lokalbehörden angestellten 
Schutzmänner genügen nicht; wurden sie doch beispielsweise in 
Magnesia selbst dabei betroffen die marmornen Wände der Markt- 
hallen auseinander zu reißen, weil ihnen das Blei zum Kugelgießen 

10» 



148 VII. Antike St^dtanlagen 

für ihre Flinten ausgegangen war. So hat denn in Pergamon 
Preußen eigene Wächter angestellt und hält sie auf seine Kosten 
in eigens erbautem Hause; ähnlich ist es in Magnesia und anderswo. 
Das Beispiel sollte überall nachgeahmt werden, wo es gilt die 
dem Boden abgewonnenen baulichen Urkunden auch den folgen- 
den Generationen lesbar und kontrolierbar zu erhalten. 



Pergamon liegt inmitten des nördlichen Abschnittes der 
kleinasiatischen Küste, der einst von äolischen Griechen besiedelt 
worden war. Dies Gebiet ward auch sonst noch durchforscht. 
So veranlaBte der mehrstöckige für Magazine und Läden einge- 
richtete Unterbau der pergamenischen Theaterterrasse Bohn zu 
gründlicherer Erforschung der kürzlich von Salomon Reinach 
aufgefundenen und von Michel Clerc untersuchten äolischen Land- 
schaft Ägä (Nimrud Kalessi), wo ein gleichartiger Bau der ab- 545 
fallenden Seite des Marktplatzes als Stütze und Abschluß diente. 
Daß damit ein beliebtes bauliches Motiv der hellenistischen Periode 
gewonnen war, bewies weiter ein von Ernst Fabricius hierher be- 
zogenes Gebäude von gleicher Anlage in der karischen Stadt Alinda. 
Der gleiche Zug fehlt denn auch nicht dem Stadtbilde der äoli- 
schen, an der Südküste der Troas hoch gd^enen Stadt Assos, 
das auf Kosten des amerikanischen Archaeological Institute 1881/3 
von den Architekten Joseph Thacher Qarke, Francis H. Bacon 
und Robert Koldewey ermittelt ward. Außer dem alten Tempel 
(S. 76) war die Aufmerksamkeit besonders auf die Anlage der 
Stadt gerichtet, die in schmalen Terrassen an dem steil ansteigenden 
Felsen emporgebaut ist; »geh nach Assos, wenn du schneller zu- 
grunde gehen willst« lautete ein altes Sprichwort. Besonders 
der Markt, mit dem einstöckigen einfachen Rafhause, den ein- 
und zweistöckigen, ein- und zweischiffigen Hallen, einem Tempd 
und Bädern, dazu ein Gymnasion boten dn ld>endiges Bild einer 
solchen Anlage in einer hellenistischen Stadt, das freilidi erst 
nach zwanzig Jahren in einer Publikation dem Publikum vorge- 
legt zu werden begann. 

Noch ein paar andere Untersuchungen auf äolisdiem Ge- 



Die Äolis: Agä, Assos, Neandreia, Lesbos, Myrina 149 

biete mögen, wenn sie auch nicht gerade Stadtaniagen galten, 
hier Erwähnung finden. Der Architekt Robert Koldewey unter- 
suchte 1 889 auf Kosten Berliner Kunstgönner etwas nördlich von 
Assos das hochgel^ene altertümliche Städtchen Neandreia, von 
dem aus der Blick über die ganze Troas schweift Das Merk- 
würdigste waren die Überbleibsel eines sehr alten Tempels von 26o 
zwdschiffiger Anlage: eine damals noch recht ungewöhnliche, 
seitdem öfters beobachtete Erscheinung. Die Säulen boten eine 
Kapitellform dar, die kürzlich auch von Qarke und anderen be- 
obachtet worden war und die auf äolische Gebiete beschränkt 
zu sein scheint: die beim ionischen Kapitell wagerecht gelagerten 262 
Voluten entwickeln sich hier, wie bei ionischen Pilasterkapitdlen, 231 
aufrecht Ein von Koldewey unmittelbar damit verbundenes 
10 Stück von künstlicherer Bildung, an spätere persische Kapitelle 261 
erinnernd, scheint vielmehr als selbständiges Kapitell zu anderen 
Säulen gehört zu haben. Koldewey bereiste femer 1885/6 im 
Auftrage der Deutschen Archäologischen Instituts die Insel Lesbos, 
einst den Hauptsitz äolischen Lebens. Von den Bauwerken älterer 
Zeit lagen nur vereinzelte Reste zutage, dag^en deckte Kolde- 
wey bei Messa, am Oolfe von Kallone, die Überbleibsel eines 
großen ionischen Tempels auf: ein um so wertvollerer Fund, als 233 
der Tempel anscheinend dem Anfemge des 4. Jahrhunderts ange- 
hört und daher die erhaltenen ionischen Tempel Kleinasiens an 
Alter übertrifft. 

Ein anderes Unternehmen an der äolischen Küste ging von 
der Französischen Schule aus. In den Jahren 1880/82 führten 
Edmond Pottier, Salomon Reinach und Alphonse Veyries Aus- 
grabungen in der Nekropolis der kleinen Seestadt Myrina aus, 
deren Gebiet ihnen von dem Besitzer Aristic]^ Baltazzi zur Ver- 
fügung gestellt worden war. Die hauptsächliche Ausbeute be- 
stand in einer Unmasse von Tonfiguren aus hellenistischer Zeit 
Im Vergleich mit denen von Tanagra (s. u. Kap. IX) stellen sie 
den loseren, koketteren, malerischeren Stil der Spätzeit, und 
zwar in charakteristisch j^kleinasiatischer Ausprägung dar. Motive 
der praxitelischen Zeit erscheinen in diesem moderneren Sinne 
umgewandelt, eine Menge neuer Motive hinzugefügt, so daß wir 



150 VII. Antike Stadtanlagen 

die Erfindungsgabe und den Qeist der Plastik im hellenistischen 
Kleinasien fast besser nach diesen Figuren und Gruppen würdigen 
können, als nach den meisten der uns erhaltenen größeren Skulp- 
turen. Die Ausstellung dieser Funde im Louvre und das von 
den Leitern der Ausgrabungen herausgegebene Werk geben dafür 
die authentischen Belege. Leider nahm sich das in Smyma wie 
in Athen blähende Fälscherhandwerk dieser neuen Erscheinung 
mit Vorliebe an, und falsche, teilweise mit Geist und Geschick 
verfertigte »kleinasiatische Terrakotten« überschwemmten bald die 
Kabinette vertrauensseliger Liebhaber. 



Auf dem Gebiete der Sfädteforschung, der das Berliner Mu- 
seum seine pergamenischen Schatze verdankte, wurden von hier 
aus, nachdem Reinhard Kekule 1889 an Conzes Stelle getreten 
war, neue Pläne ins Werk gesetzt. Es galt den südlichsten Streifen 
ionischen Landes, das Gebiet des vielgewundenen Mäandros, 
das schon mehrfach das Ziel von Ausgrabungen gewesen war, 
mit seinen bedeutenden Städten Magnesia, Priene, Milet genauer 
zu erforschen. Humann hatte dies Gebiet längst ins Auge ge- 
faßt; er liebte es schwärmerisch, und setzte sich jetzt ganz dafür 
ein hier gründlich nachzusuchen. Der Anfang ward mit der 
Stadt der Magneten gemacht. 

Magnesia am Mäandros ist kunstgeschichtiich besonders 
berühmt durch den großen Tempel der Artemis vom »Weißen 
Berge« (Leukophiys), den g^en Ende des 3. Jahrhunderts 
Hermogenes, der bedeutendste Architekt Kleinasiens in dieser 
Spätzeit, erbaut hatte und der als vielbewunderter Musterbau galt. 
Von seinem Friese mit Amazonenkämpfen befanden sich seit 1843 
durch Charles Texiers Vermittdung beinahe 70 Meter im Louvre. 
Da man damals geneigt war Hermogenes in Alexanders Zeit 
anzusetzen, war die Enttäuschung g^enüber diesem handwerks- 
mäßig gearbeiteten und mit althergebrachten Motiven schaltenden 
eintönigen Werke groß. Als aber 1874 Gustav Hirschfeld in 
Teos Friesplatten ähnlichen Stils von einem anderen Tempel 
des Hermogenes studierte (sie waren 1862 von Pullan [S. 85] 



Magnesia am Mäandjros 151 

aufgedeckt und zum Teil ins Britische Museum verbracht worden), 
mußte man sich wohl oder übel drein finden, Hermogenes Zeit 
später anzusetzen und wenigstens den plastischen Schmuck seiner 
Tempel geringer zu bewerten. Immerhin blieb es erwünscht Her- 
mogenes als Architekten kennen zu lernen, und auch sonst ver- 
sprach eine Untersuchung Magnesias allerlei Belehrung. Eine Er- 
kundung durch Olivier Rayet und Albert Thomas, 1873, förderte 
das Problem nicht wesentlich. So machten denn 1890 Otto 
Kern und Friedrich Hiller von Oärtringen einen Versuch; letzterer 
grub auch auf eigene Kosten das Theater auf. Da die Ergeb- 
nisse befriedigend waren, ward in den folgenden Jahren 1891/93 
vom Berliner Museum eine Expedition entsandt, bestehend aus 
dem inzwischen zum Museumsdirektor im Ausland ernannten 
Karl Humann, dem Architekten Julius Kohte, dem Archäologen 
Carl Watzinger und dem Philologen Otto Kern. 

Der Tempdbezirk des Artemision und der Markt mit dem 
kleinen Tempel des Zeus Sosipolis (einem seltsamen Bau, vorne 
mit offener Säulenhalle, hinten mit Antenhalle) bildeten den Haupt- 
g^enstand der Untersuchung, wobei sich der Marktplatz, von 
doppelschiffigen Hallen (einer Lieblingsform der hellenistischen 
Zeit) umgeben, als ein schier unerschöpfliches Archiv von In- 
schriftplatten erwies. Von hohem Werte war die Erkenntnis, 
daß die ganze Anlage aus einem Ou6 war, also ganz von Her- 
mogenes herrührte, ein Werk der letzten beiden Jahrzehnte des 
dritten Jahrhunderts. Da Hermogenes, eine Hauptquelle Vitruvs, 
bald auch für die römische Baukunst maßgebend ward, war es 
desto erwünschter ein größeres Bauganze von ihm kennen zu 
lernen. In der Tat zeigt der Artemistempel einen ungewöhnlichen 
Grundplan: eine kleine Cella und desto tieferen Pronaos; Schran- 
ken mit einer Tür vor dem Pronaos und dem Opisthodom; dazu 
eine achtsäulige Front mit weiterem mittleren Interkolumnium, 
letzteres eine fortan beliebte Neuerung. Als solche kann nicht 
unbedingt die Anlage des Tempels als Pseudodipteros, mit einer 
weiten, einst holzgedeckten Ringhalle, gelten, da schon die alt- 
sicilischen Tempel diese Form kannten und auch der Tempel von 
Messa (S. 149) sie aufwies, aber sie ward fortan gebräuchlicher. 



152 VII. Antike Stadtanlagen 

Die kolossalen Säulen selbst sind sehr schlank, mit verhältnis- 
mäßig kleinem Kapitell (das Zusammenschrumpfen dieses bedeut- 
samen Bauteils b^^[net noch starker im gleichzeitigen Dorismus), 
das Ganze mehr wirkungsvoll als fein, zum blofi dekorativen 
Friese stimmend. Eine geschmacklose Neuerung bieten drei 
türenartige Fenster im Oiebdfelde; wo ein plastischer Giebel- 
schmuck fehlte, schien wohl die große Fläche des Giebelfeldes 
einer anderweitigen Unterbrechung bedürftig. Alles in allem ge- 
nommen, ist durch diese Ausgrabung das Bild des durch Her- 
mogenes vertretenen kleinasiatischen lonismus der hellenistischen 
Periode bedeutend lebendiger geworden ; zusammen mit anderen 
kleinasiatischen Bauresten tritt es uns im stattlichen Architektur- 
saale des Beriiner Pergamon-Museums deutlich entg^en. Weniger 
bedeutsam sind die Skulpturreste von Magnesia, immerhin inso- 
fern belehrend, als sie uns die ionische Plastik Kleinasiens als 
erheblich von der pergamenischen Richtung auf das Barocke 
abweichend kennen lehren; sie ist ruhiger, aber freilich auch 
langweiliger. 

Von Magnesia richteten sich Humanns und Kekul6s Gedanken 
weiter westwärts nach Priene, der Stadt, in deren Gebiet einst 
das gemeinsame Heiligtum der zwölf ionischen Städte Kleinasiens 
gelten hatte. Die Aufgabe ward 1895 noch von Humann be- 
gonnen, der aber schon im nächsten Jahre einem langen, tapfer 
bekämpften Leiden eriag. An seine Stelle traten Theodor Wie- 
gand und Hermann Schrader, neben denen Rudolf Heyne und 
Wilhelm Wilberg als Architekten wirkten. So ward das Unter- 
nehmen bis 1899 fortgeführt. Auch hier handelte es sich nicht 
ganz um jungfräulichen Boden. Schon seit Revetts Aufnahme 
(S. 10) gehörte der Athenetempel, einst von Alexander dem 
Großen geweiht, zum festen Besitze der Wissenschaft und galt 
in den Lehrbüchern für den ionischen Normaltempel. Aber erst 
1869 hatte ihn PuUan wirklich bloßgelegt und dabei wertvolle 
neue Resultate gewonnen (S. 85). Ehe er jedoch diese ver- 
öffentlicht hatte, machte sich der um Chorsabad hochverdiente 
Architekt Albert Thomas (S. 74), der zusammen mit Olivter 
Rayet 1873 auf Kosten der Gebrüder Gustave und Edmond de 



Priene, Tempel und Stadt 153 

Rothschild in Milet und Umgebung Ausgrabungen veranstaltete 
(s. u. S. 155)y die Arbeit Pullans zunutze und publizierte deren 
Ergebnisse 1880 in einem unvollendet gebliebenen Werke fiber 
Milet und den latmischen Oolf. Und doch ward erst durch 
Wi^and und seine Genossen festgestellt, daß dieser Tempel, den 
18 man so genau zu kennen glaubte, keinen Fries gehabt hat und 221 
sich dadurch von dem normalen ionischen Stil entfernt Im 
Architektursaale des Petigamon-Museums in Berlin kann man die 
Ordnung des Prienetempels mit der des Tempels von Magnesia 
vergleichen und sich fiberzeugen, wie weit jene an Ofite der 
Arbeit und an Feinheit der Umrisse dieser fiberl^en ist 

Weit bedeutender als die Nachuntersuchung am Tempel war 
die Aufdeckung der Stadt Priene. Die Lage Prienes ist höchst 
eigentfimlich; sie gleicht insofern der von Delphi, als auch hier 
der Fdsboden, auf dem die Stadt erbaut worden ist, ziemlich 
rasch ansteigt und von einem schroff abstfirzenden Bui^gfdsen, 
zu dem nur ein schwindelnder Saumpfad hinauffuhrt, unmittelbar 
überragt wird. Das Terrain eignet sich, wie in Delphi und Kni- 
dos, nur zu terrassenförmiger Bebauung. Und doch hat man 
in Priene wie in Knidos im 4. Jahrhundert die Stadt nach dem 
strengen Schema rechtwinkliger Straßenkreuzung angd^: die 16 
langen west- östlichen Straßen verlaufen mit geringer Steigung 
gegen die Mitte ziemlich eben, die 6 nordsudlichen dag^en sind 
steil oder geradezu als Treppen gestaltet Starke Stfitzmauem 484 
dienen den Terrassen als Halt; während aber früher eine Mauer 
möglichst als g^lättete Einheit erscheinen sollte, ward jetzt jede 
Quader, entsprechend der Weise des Inkrustationsstiles (S. 137), 
durch die Behandlung gesondert Auf dner höheren Terrasse 
liegt der Tempd der Athene Polias mit seinem rdiefgeschmfick- 
ten Altar (S. 85). Eine steile Treppe fuhrt von ihm hinab zum 
Markt, genau dem Mittdpunkte der Stadt An die Hauptstraße 548 
sich anschließend, mit einem Altar in der Mitte, ist er von 
Säulenhallen mit Läden dahinter umgeben; eine auf der anstei- 
genden Seite gdegene höhere Wanddbahn vermittdt den Zugang 
zu städtischen Gebäuden, z. B. einem theaterartigen Sitzungssaal^ 
und erlaubt den Wandelnden den Blick auf das Marktgetriebe 



154 VII. Antike Stadtanlagen 

zu ihren Füßen. Nirgend war bisher das Bild eines Marktes so 
klar zutage getreten. Ein Asklepiostempd in der Nähe und 
einige andere Heiligtfimer, hie und da durch die Stadt zerstreut, 
können durch ihre Anlage zeigen, wie auch auf diesem Gebiete 
nichts weniger als Einförmigkeit herrschte. Dazu in der Höhe 
21 das Theater mit einem besonders gut erhaltenen Bfihnengebäude^ 
ein sehr lehrreicher Bau; femer ein Stadion und ein Oymnasion. 
Neben dem Athenetempel und dem Markte fesselten vor allen 
Dingen die vielen Privathäuser, die wohl zumeist dem dritten 
und zweiten Jahrhundert angehören mögen. Während in Pom- 
peji das italische Haus mit griechischen Zusätzen herrscht (S. 135), 
in Ddos meist kleinere griechische Häuser neben solchen von 
italischer Grundform auftreten (S. 105), bietet Priene das reine 
hellenistische Haus in zahlreichen Beispielen. Es fehlt nicht an 
Normalhäusem, die den R^eln Vitruvs für das griechische Haus 
entsprechen. Da erscheint als Kern noch der Hauptteil des home- 
rischen Hauses (s. u. Kap. VIII): ein Hof, von dem eine offene 
Vorhalle in das Hauptgemach führt; um den Hof Schlaf- und 
Wohnräume, auch wohl eine auf den Hof sich öffnende tiefe 
Nische (Exedra); auch das Badezimmer fehlt nicht. Aber neben 
dem Normalhause treten so viele Variationen des Grundgedankens, 
eines offenen Hofes {patto) mit umgebenden Räumen, auf, daß eine 
reiche Mannigfaltigkeit, je nach Raum, Mitteln, Bedürfnissen, auch 
auf dem Gebiete des Privatbaues zutage tritt Auch von der 
inneren Ausstattung der Häuser hatten sich einzelne Beispiele er- 
halten, z. B. ein ehernes Bettgestell (jetzt im Berliner Museum), das 
durch seine geschmackvolle Einfachheit bei gleicher Grundform 
vorteilhaft von einem reicher durchgebildeten Exemplar aus der 
Umgegend Pompejis (ebenda) absticht Alles in allem genommen 
gehört die Aufdeckung Prienes zu den verdienstvollsten Beiträgen 
zu unserer Kenntnis hellenistischer Stadianlagen. 

Kaum war Priene für die Wissenschaft gewonnen, so ver- 
legten die Leiter des Berliner Museums ihre Tätigkeit nach dem 
g^enüber, jenseits des Mäandros, gelegenen Milet Die be- 
ständigen Anschwemmungen des Flusses haben das ganze Terrain 
völlig verändert Der launische Meerbusen ist zu einem Binnensee 



Privathäuser in Priene. Milet 155 

zusammengeschrumpft, die Halbinsel Milets mit der voi^elagerteh 
Schicksalsinsel Lade ist ein binnenländischer Teil des sich weit- 
hin erstreckenden y häufigen Überschwemmungen ausgesetzte 
Marschgebietes geworden. Somit sind hier Ausgrabungen mit 
ungewöhnlichen Schwierigkeiten verbunden. Das hatte sich auch 
1872/3 gezeigt, als Olivier Rayet und Albert Thomas sich diesen 
Platz für ihre Forschungen ausersahen (S. 152 f.); das Theater, an 
einem festen Hügel gelten, und ein Teil einer Graberstraße, die 
ein altertfimliches Sitzbild lieferte, waren die Hauptei^gebnisse ge- 
wesen. Hier griff 1899 Theodor Wi^and die Aufgabe niit 
seiner ganzen Energie und Qewandheit an; die Architekten Hubert 
Knackfuß und Georg Kawerau, femer die Archäologen Carl Wat- 
zinger und Julius Ziehen standen ihm hilfreich zur Seite. Zum 
Teil durch die Liberalität Georg von Siemens und anderer Ber- 
liner Kunstfreunde gelang es Wiegand, einen erheblichen Teil 
des milesischen Stadtgebietes zu erweri)en und die Bloßlegung 
der alten Stadt Jahr für Jahr methodisch zu fördern. Außer dem 
Theater ist zum Beispiel ein zweistöckiges nischenreiches Nym- 
phäum zutage getreten, eine architektonisch reich ausgestattete 
Brunnenanlage, wie sie namentlich in Kleinasien häufig vorkommt 
Besonders interessant aber waren die Überreste des Rathauses, 553 
das sich danach von Knackfuß völlig hat wiederherstellen lassen, 
nnerhalb eines ummauerten und von Säulenhallen umgebenen 
Hofes mit stattlichem Eingangstor befand sich ein großer Altar, 
wie er für die Opfer des Rates erforderlich war, und dahinter 
der Sitzungssaal, wiederum, wie in Priene, in Theaterform ein- 
gerichtet Alles was bisher gefunden worden ist gehört dem helle- 
nistischen Milet an. Noch viel wichtiger würde natürlich das alte 
Milet sein, das im ionischen Aufstande zerstört ward, der glän- 
zende Mittelpunkt ionischen Handels und ionischen Lebens. Ob 
aber von diesem mehr als etwa Gräberstätten aufzufinden sein 
werden, dürfte sehr zweifelhaft sein; doch lassen auch diese 
wenigstens eine Ausbeute archaischer Skulpturen erhoffen. 

Am Südende der dreieckigen Halbinsel, die das Gebiet von 
Milet bildete, lag in dem Flecken Didyma oder Branchidä das 
Heiligtum des Apollon Philesios, das sogenannte Didymäon, 



156 VII. Antike Stadtanlagen 

das Herodot neben dem Artemistempel in Ephesos und dem 
Heräon auf Samos zu den gröBten Tempeln seiner Zeit zählt 
Schon Revett (S. 10) hatte ihm 1764 seine Aufmerksamkeit ge- 
schenkt und einige Einzelheiten aufgenommen, aber einen ver- 
läßlichen Plan nicht mitteilen können. Während Texier (1836) 
die Frage kaum viel gefördert hatte, b^[nügte sich Newton 1 858 
die Sitzbilder von der »heiligen Straße«, die vom Hafen zum 
Tempel führte, nach London zu verbringen (S. 84). Erst Rayet 
und Thomas (S. 152) l^en 1872/73 ernsthaft Hand an die Auf- 
18 deckung des Tempels und konnten seinen Plan genauer feststellen, «so 
Der Hauptraum war danach w^;en der ungeheuren Größe des 
Tempels (zwei noch aufrecht stehende Säulen von etwa 20 Meto' 
Höhe machen diese dem Besucher unmittelbar anschaulich) keine 
bedeckte Cdla, sondern ein offener, von Mauern mit Pilastem 
umschlossener, etwas vertiefter Hof, in dem die Statue des Gottes 
von der Hand des alten Kanachos ihren Platz in einem besonderen 
Kapellchen gefunden haben wird. Leider war eine Bloßlegung 
gerade des Mittelraumes unmöglich, weil darüber auf einer kleinen 
künstlichen Höhe eine Mühle mit Nebengebäuden steht, die der 
Besitzer sich weigole zu veräußern. Die von Rayet nicht be- 
endigte Untersuchung nahmen 1895/96 Rayets Freund Bemard 
Haussoullier und der Architekt Emanuel Pontremoli wieder auf, 
aber auch ihnen gelang es nur teilweise jene Hindemisse hinweg- 
zuräumen. Sie konnten aber wenigstens die Frontseite des Tempels 451 
mit dem eigentümlich gestalteten Treppenaufgang und mit den mehr 
reich als geschmackvoll verzierten Basen der großen ionischen Säulen 
bloßl^en. Leider ergab sich, daß der Tempel in seiner noch jetzt 
erhaltenen Gestalt ein später, sich über eine sehr lange Bauzeit bis 
in die römische Epoche erstreckender Bau ist Nichtsdestoweniger 
ist es bei der Größe des Tempels und bei den vielen Besonder- 
heiten seiner Anlage mit Freuden zu b^;rüßen, daß es endlich 
Wi^;ands Energie gelungen ist nicht bloß die Mühle, sondern 
auch ein erhebliches Terrain rings um den Tempel zu erwerben. 
So steht zu hoffen, daß in Verbindung mit dem For^;ange der Aus- 
grabungen in Milet selbst auch das Didymäon endlich einer umfassen- 
den und gründlichen Aufklärung teilhaftig werden wird. 



Das Didymäon. Samos 157 

Von Milet schweift der Blick am Kap Mykale vorbei nach 
der Insel Samos, einer anderen Hauptstätte ionischen Lebens, 
als deren drei Wunderwerke uns Herodot die Hafenanlagen, den 
Tunnel durch den Stadtberg und den Heratempel bezeichnet. 
Von dem großen Molo am Hafen sind noch die Grundmauern 
unter dem Wasser erkennbar. Trefflich erhalten, aber noch nicht 
genau erforscht sind die großartigen Stadtmauern, die auf dem 
Kamme des die Stadt landeinwärts begrenzenden Bergrückens sich 
hinziehen. Durch diesen Bergrücken ward, vermutlich im 6. Jahr- 
hundert unter dem Tyrannen Polykrates, ein Tunnel gebrochen, 
um das Quellwasser von jenseits des Berges in die Stadt zu 
leiten. Im Jahre 1882 ward der Tunnel unter Leitung zweier 
samischer Äbte großenteils wieder freigelegt, in einer Länge von 
mehr als 1000 Metern. Seine Anlage entsprach im wesentlichen 
der Beschreibung Herodots, bot aber noch die weitere Eigen- 
tümlichkeit, daß die Durchbohrung seinerzeit (ebenso wie in Jeru- 
salem unter König Hiskia) von beiden Seiten zugleich in Angriff 
genommen worden war. Die beiden Tunnelhälften sind freilich 
nicht genau zusammengetroffen, aber in Ermangelung von Kom- 
paß und Theodolit ist es immerhin eine anerkennenswerte Leistung, 
daß der Richtungsfehler seitlich und in der Höhe so gering aus- 
gefallen ist, daß er sich durch eine leichte Knickung in der Mitte 
hat ausgleichen lassen. 

Minder gut ist es dem Heräon ergangen, obwohl die Kennt- 
nis dieses Tempels, an den sich die Namen der alten Baumeister 
Rhökos und Theodoros knüpfen, für die älteste Geschichte des 
ionischen Baustils von größter Wichtigkeit sein würde. Eine un- 

10 kannelierte Säule und der mächtige Eierstab ihres Kapitells waren 258 f. 
schon seit den Tagen Revetts bekannt Erst 1879 machte Paul 
Giiardy dem die Erwerbung der hochaltertümlichen, von Cheramyes 

33 geweihten samischen Herastatue für den Louvre gelang, einen 
freilich verfehlten Versuch in zweimonatiger Arbeit den Plan 
des Tempels aufzuklären; die Wiederaufnahme der Arbeit durch 
Michel aerc(1883) führte nicht viel weiter. Girards Untersuchung, 
die nur sieben Säulen in der Front nachwies, wurde bald darauf 
durch eine nachträgliche Schürfung Karl Humanns berichtigt: 



158 VII. Antike Stadianlagen 

der Tempel war achtsäulig, und zwar mit verschiedenen Säulen- 
abständen, die nach beiden Ecken gleichmäßig abnahmen. Weiteren 
Untersuchungen des Tempels stellten sich lange die Schwierig- 
keiten entgegen, die von der R^erung der bekanntlich Süzeränen 
Insel fremden Wünschen bereitet wurden. Erst 1902 gelang 
es endlich der athenischen Archäologischen Gesellschaft dieser 
Schwierigkeiten Herr zu werden und unter der Leitung von 
Themistoklfe Sophules den Tempel aufzudecken. Es li^ wohl 
nicht allein an den durch die Größe der Werkstücke und durch 
das Klima bereiteten Schwierigkeiten, sondern vor allem an dem 
Mangel eines sachkundigen und geübten Architekten, wenn diese 
Ausgrabung hinter den gehegten Erwartungen zurückgeblieben 
ist Immerhin ist der Plan des Tempels im allgemeinen geklärt, 
seine bedeutende Ausdehnung festgestellt, manche wichtige Einzel- 
heit gefunden, z. B. ein Teil eines ionischen Kapitells, das in 
der herben Wucht seines Blattkranzes an das lOipitdl der Naxier- 
säule in Delphi (S. 126) erinnert 



An der Städteforschung nahm neben dem Berliner Museum 
auch Österreich eifrigen Anteil, wo 1877 Otto Benndorf in Wien 
an Conzes Stelle getreten war und die Ziele archäologischer 
Arbeit kräftig förderte. Bei seinem ersten Unternehmen ging 
es wie mit Pergamon: ein einzelnes Werk gab den Anlaß, eine 
weiter aussehende Erforschung ging daraus hervor. 

Lykien bot das erste Ziel. Dort hatte 1841/2, zugleich 

mit Fellow$ und Spratt (S. 77 ff.), ein deutscher Schulmann, August 

Schönbom, einsam das Land durchstreift und dabei an abgd^ener 

Stelle ein umfangreiches Denkmal aufgestöbert, dessen reicher 

Reliefschmuck ihn so tief ergriff, daß er sich nicht entschließen 

konnte Notizen zu machen, sondern sich b^[nügte, sich an der 

Schönheit des Reliefs und an den G^enständen zu erfreuen. 

»War es doch der trojanische Krieg den ich vor mir hatte, Homers 
Schöpfung in bildlicher antiker Darstellung, und ich gestehe, daß ich 
mich daran nicht satt sehen konnte. Das Relief in der Ecke der West- 
seite zeigt Achill sitzend bei dem hochgeschnäbelten Schiffe, voll Er- 
bitterung den Kopf mit der Hand unterstützend. Es folgt der Herold, 



Das Heroon von Giölbascfai 159 

der die Versammlung beruft, und die Krieger kommen, Schlachlszenen 
reihen sich an, auf die Stadt wirft sich der Kampf, an dem Tore wird 
gestritten, die Schar der Greise sitzt über dem Tor, und so zieht sich 
Bild an Bild hin, ein reiches Leben, mit griechischer Sicherheit in den 
Gruppen, in den Bewegungen, in den Proportionen der einzelnen Ge- 
stalten entworfen. Ich trage kein Bedenken es auszusprechen, daß diese 
Reliefs in gehöriger Höhe aufgestellt jedem Museum zu einer wahren 
Zierde gereichen würden, wie reich es auch sonst ausgestattet sein 
mag.« 

Diese und ähnliche Eindrücke vertraute Schönbom seinem 
Tagebuch an und versuchte nach seiner Rückkehr vergebens die 
preußische Regierung zu einer Expedition behufs Hebung des 
Schatzes zu bestimmen. So kamen seine Aufzeichnungen nur 
dem bändereichen Werke Karl Ritters über Asien zugute, wo 
sie wiederum eine verborgene Existenz führten, bis ich sie nach 
sechzehn Jahren, 1875, zur Erklärung des Nereidendenkmals (S. 79) 
heranzog. Auf dieses Denkmal richtete Benndorf seine Blicke. 
Im April des Jahres 1881 b^;aben sich er und George Niemann, 
beide einst an dem samothrakischen Unternehmen beteiligt (S. 98), 
auf einem österreichischen Kriegsschiffe auf die Erkundigungsfahrt 
In K^kowa, an der steilen Südküste Lykiens, stiegen sie ans Land 
und strebten sogleich dem hochgelegenen Orte Oiölbaschi zu, 
wo sie nach Schönboms Angaben das Denkmal erwarten mußten. 
Benndorf erzählt: 

»In bereits sommerlicher Glut war der Anstieg auf noch unge- 
gewohnten ungemein mühsamen Steilpfaden höchst beschwerlich. Spät 
und erschöpft kamen wir auf dem gegen 1800 Fuß hohen Rande des 
Küstenplateaus an, aber hier ließ sich bereits der Gipfel von Giölbaschi 
von weitem erkennen. Wir verdoppelten unsere Anstrengungen, als 
wir auf der Sattelhöhe des steilen Berges angelangt die von Schönbom 
geschilderten Stadttrümmer erkannten und bald darauf an dem Ostende 
der Akropolis lange Reliefstreifen erblickten, die dem Heroon angehören 
mußten. Vorauseilend arbeitete ich mich durch domiges dichtes Gestrüpp 
und Steingeröll atemlos rasch empor, auf das Eingangstor zu, das sich 
in bedeutendem Abstand über dem steilen Abhang in der Mauer öffnete. 
Ich kletterte erregt in den Steinfugen der Mauer zur Torschwelle hin- 
auf und sah mich im Innem der Ruine plötzlich einer Fülle von Bild- 
werk gegenüber, die, von benachbarten hohen Bäumen überragt und 
von innen aufgeschossener Vegetation teilweise reizvoll verdeckt, im 
Glänze der sinkenden Sonne einen wunderbaren Anblick gewährte. 



160 VII. Antike Stadtanlagen 

Ich bekenne, daß diese ersten Augenblicke der Betrachtung an dem 
langerstrebten und nun glücklich erreichten Ziele, in lautlos weihevoller 
Stille und Abgeschiedenheit einer großartig ausgebreiteten Natur, Stein- 
wildnis rings umher, mit dem Ausblick auf eine von Schneeketten um- 
säumte schluchtenreiche Gebirgslandschaft und das hochgewölbte end- 
lose Meer, zu den tiefsten Eindrücken meines Lebens zählen.« 

Das glücklich Gefundene und Erschaute galt es nun auch 
zu erwerben und zu sichern. In Österreich bildete sich auf Benn- 
dorfs Betrieb ein Verein kunstsinniger und freigebiger Mäcene, 
die die Mittel für eine Expedition zusammenschössen; die Regierung 
stellte ein Kriegsschiff zur Verfügung. So konnte schon 1882 
Hand ans Werk gel^ werden. Benndorf und Niemann ge- 
sellten sich Eugen Petersen, damals in Prag, zu; jüngere Männer, 
wie Emanud Löwy und Franz Studniczka, schlössen sich an; in 
dem Ingenieur Gabriel von Knaffl ward der wichtigste und tüchtigste 
Beistand gewonnen. Denn es galt beispielsweise an der steilen 
Schlucht des Flusses von Myra eine Landstraße herzustellen, auf 
welcher die schweren Blöcke fast 600 Meter aus der Höhe von 
Giölbaschi zum Flusse hinabgeschafft werden konnten. Das Heroon 
von Giölbaschi selbst ist der Hof eines Fürstengrabes etwa aus 
der Zeit des peloponnesischen Kri^es, dessen Quadermauem an 
der Eingangsseite und an allen vier Innenwänden mit einem 
doppelten Streifen von Flachreliefs bedeckt waren. Diese ent- 
54 hüllten einen mythologischen Bilderschatz von bisher unerhörter 422 
Mannigfaltigkeit, in dem die lykischen, griechisch geschulten Bild- 
hauer in ähnlichem Stile wie am xanthischen Nereidendenkmal 
(S. 79), aber viel geistreicher und malerischer, aus einer reichen 
Fälle von Vorlagen und Erinnerungen geschöpft hatten. Nicht 
wenig steigerte sich das Interesse durch Benndorfs Nachweis, daß 
die Komposition allerlei Anklänge an polygnotische Motive ent- 
hielt; waren sie direkt dem großen Meister von Thasos (s. u. 
Kap. XI) entlehnt? oder lag ein gemeinsames Erbteil ionischer 
Malerei vor? Aus diesem entlegenen Winkel des lykischen Alpen- 
landes öffnete sich plötzlich ein Ausblick auf wichtige, bisher kaum 
gestreifte Probleme der griechischen Kunstgeschichte! 

Die Reliefs wurden nach Wien geschafft und demnächst in 
einer stattlichen Publikation veröffentlicht Mit dem Heroon waren 



Giölbasdii. Lykische Städte 161 

aber die Zwecke der Expedition nicht erschöpft Fellows* Be- 
richte, die neben Spratts Reisebeschreibung noch immer die 
Hauptquelle über Lykien bildeten, waren doch gar zu dilettantisch 
um strengeren wissenschaftlichen Ansprüchen zu genügen. Somit 
machten sich Benndorf und seine B^leiter an eine Revision ganz 
Lykiens und erheblicher Teile Kariens. Abgesehen von dem Ge- 
winn für die geographische Kenntnis dieser Länder (Heinrich 
Kiepert hatte die Expedition ebenso mit vorläufigen Kartenskizzen 
versehen, wie er nachträglich ihre Ergebnisse in neuen Karten 
verwertete) wurden die hauptsächlichsten Städte Lykiens, Xanthos 
Pinara Tlos Myra, neu durchsucht und andere hinzuentdeckt oder 
zuerst genauer untersucht Letzteres gilt beispielsweise von der 
kleinen Bergstadt Kragos-Sidyma im südlichen Teile des Kragos- 
gebirges. Hier waren die Ergebnisse so anschaulich, daß Mommsen 
sie alsbald benutzte um das Bild einer kleinasiatischen Kleinstadt 
zu zeichnen. 

»Auf einer abgelegenen Bergspitze unweit der lykischen Küste, 
da wo nach der griechischen Fabel die Chimära hauste, lag das alte 
Kragos, wahrscheinlich nur aus Balken und Lehmziegeln gebaut und 
darum spurlos verschwunden bis auf die kyklopische Festungsmauer 
am Fuß des Hügels. Unter der Kuppe breitet ein anmutiges frucht- 
bares Tal sich aus, mit frischer Alpenluft und südlicher Vegetation, 
umgeben von wald- und wildreichen Bergen. Als unter Kaiser Claudius 
Lykien Provinz ward, verlegte die römische Regierung die Bergstadt, 
das »grüne Kragos« des Horaz, in diese Ebene; auf dem Marktplatz 
der neuen Stadt Sidyma stehen noch die Reste des viersäuligen, dem 
Kaiser damals gewidmeten Tempels und einer stattlichen Säulenhalle, 
die ein von dort gebürtiger, als Arzt zu Vermögen gelangter Bürger 
m seiner Vaterstadt baute. Statuen der Kaiser und verdienter Mitbürger 
schmückten den Markt; es gab in der Stadt einen Tempel ihrer Schutz- 
götter, der Artemis und des Apollon, Bäder, Tumanstalten für die ältere 
wie für die jüngere Bürgerschaft; von den Toren zogen sich an der 
Hauptstraße, die steil am Oebirge hinab nach dem Hafen Kalabatia 
führte, zu beiden Seiten Reihen hin von steinernen Grabmonumenten, 
stattlicher als die Pompejis und großenteils noch aufrecht, während die, 
vermutlich wie die der Altstadt aus vergänglichem Material gebauten, 
Häuser verschwunden sind.« 

In der Ebene unterhalb Xanthos gelang es auch das Bundes- 
heiligtum des lykischen Bundes, der um seiner guten Einrichtung 

Michaelis, Die archäologischen Entdeckunsfen. H 



162 VII. Antike Stadtanlagen 

willen im Altertum Ruf genoB, aufzuspüren. Vor allem aber ist 
Lykien das Land der Oraber (S. 78). Ihre verschiedenen Ge- 
staltungen wurden genauer untersucht, vor allem die national- 
lykischen Formen: die hohen Grabpfeiler mit und ohne Reliefs; i63 
die den Ri^elbau der Holzarchitektur im Stein nachahmenden 
Felsfassaden oder Freibauten; die mehrstöckigen, pfeilerartigen, 161/4 
54 reliefgeschmückten Familiengräber, deren Dach einem umgestürzten i63 
Kahn mit dem Kiel nach oben gleicht, während es in Wirklich- 
keit seine Form einer Laube entlehnt zu haben scheint Erst 
im vierten Jahrhundert treten die Formen ionischer Architektur da- 423 
neben. Aber auch an bemerkenswerten späteren Grabmälem 
fehlte es nicht Unter ihnen ragt das mit Inschriften bedeckte 
Neroon des Opramoas in Rhodiapolis aus dem 2. Jahrhundert 
hervor, dessen Wände ein förmliches Familienarchiv enthalten; 
noch jetzt sind Bruchstücke von 64 Urkunden vorhanden. 

Im ganzen überwi^en in Lykien, wie überhaupt in Klein- 
asien, dem römischen »Lande der 500 Städte«, die Reste der 
Römerzeit, wo das Land in jahrhundertelangem Frieden sich 
neues Aufschwungs erfreute; aus der älteren Zeit hatten die 
englischen Expeditionen, wenigstens für die Plastik, den Rahm 
abgeschöpft und nur für eine Nachlese genauerer Erforschung 
Raum gelassen. Die ganzen Ergebnisse der österreichischen Ex- 
pedition sind rasch in einem musterhaften zweibändigen Werke 
wissenschaftlicher Benutzung zugänglich gemacht worden. 

Zu den Mäcenen der lykischen Expedition gehörte auch der 
eifrige Kunstfreund, Karl Graf Lanckororiski. Angeregt durch 
die dortigen Ergebnisse bereiste er noch im selben Jahre die 
östliche Nachbarlandschaft Pamphylien und faßte den Plan, 
auf eigene Hand eine Expedition zur Erforschung dieses wenig 
bekannten Landes auszurüsten; denn die Tafeln eines großen 
Werkes, das der französische Architekt P. Tremaux als Frucht 
einer kleinasiatischen Reise, besonders in diesen südlichen Ländern, 
b^onnen hatte, lagen ungekannt und unbenutzt in wenigen 
Bibliotheken b^aben. Lanckoronski ersah sich zu Ausführern 
seines Planes Eugen Petersen und George Niemann aus, mit 
denen er zunächst 1884 eine Erkundungsfahrt unternahm. Als 



Lykische Gräber. Die Städte Pamphyliens und Pisidiens 163 

Zweck der Reise, die auf Ausgrabungen verzichten sollte, ward 
eine genauere Kenntnis der Städte der Küstenlandschaft Pamphylien 
und des nordwärts darüber emporsteigenden Qebirgslandes Pisi- 
dien festestem Mit diesem Programm begaben sich 1885 
Petersen und Niemann nach Adalia. Sie untersuchten außer 
Adalia selbst (mit den Resten eines schönen hadrianischen Stadt- 
tores) einmal die westlich darüber gelegene bedeutende Bergstadt 
Termessos, sodann in der stufenartig über das Meer sich erheben- 
den langen Küstenebene die Städte Perge, Sillyon, Aspendos, alle 
durch ihre tafelförmigen Akropolen schon von fem erkennbar, 
endlich am östlichen Ende die Hafenstadt Side. Überall ward 
was über der Erde sichtbar war aufgenommen, und meistens 
gelang es wenigstens die Hauptumrisse der Stadtanlage wiedo*- 
zugewinnen und danach die einstige Entwickelung der aus der 
Geschichte wenig bekannten Ortschaften zu erkennen. In Aspendos 
bot das prachtvoll erhaltene römische Mustertheater, das schon 
Texier und Schönbom untersucht hatten, ein hervorragendes Ob* 
jekt Sonst erregten namentlich die in Kleinasien besonders be- 
liebte Nymphäen oder Wasserschlösser (S. 155) die Aufmerksam- 
keit der Reisenden; ihre Anlage, dem ehemaligen römischen Septi- 
zonium verwandt, trat hier besonders deutlich hervor. 

Von Pamphylien ging es durch die steile Schlucht des Eury- 
medon in die rauhen und wilden Gebirge Pisidiens hinauf, 
die hier den Übergang zu den großen Hochebenen des inneren 
Kleinasiens bilden. Auch hier fehlte es nicht an Städten: Selge, 
Kremna, Sagalassos. Manchmal war der Raum für die Stadt nur 
mit Mühe dem steilen steinigen Boden abgewonnen; ein ander- 
mal, wie in Kremna, war eine ebenere Fläche zu einer Anlage 
benutzt, die noch heute übersichtlich daliegt und das Bild einer 
römischen Stadt mit ihren Tempeln, Märkten, Hallen, Theatern usw. 
entfaltet Manche Tempel mit eigentümlichen baulichen Einzel- 
heiten legen Zeugnis für die barocker werdende Architektur des 
zweiten nachchristlichen Jahrhunderts ab; besonders aber weisen 
die zahlreichen Gräber viele besondere Formen auf. So trug die 
ganze Expedition reichen Gewinn besonders für die Kenntnis 
dessen, was die Kaiserzeit für Kleinasien, selbst bis in so wilde. 



164 VII. Antike Stadtanlagen 

entl^ene Gebiete wie Pisidien hinein, bedeutet hat Eine glänzende 
Publikation, durch die Kunst Niemanns und die Libetalität des 
Grafen Lanckororiski mit ungewöhnlichem Geschmack ausgestattet 
und mit einem klaren und inhaltreichen Texte versehen, bildet 
ein vornehmes Denkmal dieser Forschungsreise. 



In Wien war inzwischen der Beschluß gefaßt worden, die 
Inschriften Kleinasiens von neuem zu sammeln und so dem neuen 
Berliner Corpus der griechischen Inschriften einen Teil der Arbeit 
abzunehmen. So wurden Rudolf Heberdey, Ernst Kaiinka und 
andere jfingere Gelehrte entsandt um Kleinasien zu diesem Zwecke 
zu bereisen, wobei natürlich auch die Geographie und die Archäo- 
logie nicht zu kurz kamen. Sie dehnten ihre Reisen bis nach 
Kilikien aus, während schon in den achtziger Jahren der Schotte 
W. M. Ramsay das kleinasiatische Binnenland mehrfach durchreist 
hatte und zahlreiche Mitglieder der Französischen Schule in Athen 
bald hier bald dort ähnliche Forschungen verfolgten. So war 
der Blick der österreichischen Gelehrten fest auf Kleinasien ge- 
richtet Daher hatte auch schon 1895 Otto Benndorf Ephesos 
für eine archäologische Untersuchung größeren Stils ausersehen. 
Mit Unterstützung österreichischer Kunstfreunde b^;annen 1896 
die Ausgrabungen, die bald, nachdem 1898 das Österreichische 
archäologische Institut in Wien gegründet worden war, von diesem 
zur Weiterführung übernommen wurden. - 

Ephesos war einst neben Milet und Samos die bedeutendste 
Stadt loniens gewesen und hatte beide überlebt Aber dieselbe 
Naturgewalt wie im Mäandrostale (S. 154f.) hatte auch hier die Stadt 
seit den frühen Zeiten des Altertums immer weiter von dem 
Meere, das ursprünglich ihre Hügel bespült hatte, abgedrängt 
Infolge der Anschwemmungen des Kaystros war zuerst die älteste 
Stadt mit dem Artemistempel, dann die hellenistische Stadt, endlich 
auch die römisch^ die der Reihe nach dem weichenden Meeres- 
strande nachgezogen waren, in dem frischen Sumpfboden ver- 
schwunden, und nur wenige Reste, hauptsächlich auf den Fels- 
höhen, vor allem die großartige Stadtmauer des Lysimachos, 



Ephesos 165 

zeugten von vergangener Pracht Es war daher wenig mehr ak 
ein Phantasi^ebilde, wenn 1862 Edward Falkener, ohne erheb- 
liche Nachforschungen, das Bild der alten Stadt wiederherzustellen 
suchte. Auch Ernst Curtius hatte bei einem Versuche die Stadt- 
geschichte an die Lokalitäten anzuknüpfen aus Mangel an festen 
Anhaltspunkten fehlgehen müssen. Nur der Artemistempel war 
durch Woods Ausgrabung (S. 85) festgelegt Nunmehr hatte 
Benndorf 1895 im Verein mit Humann das Terrain untersucht 
und einen Operationsplan entworfen; die erforderlichen Boden- 
ankäufe wurden gemacht, der Firman erwirkt 1896 b^;ann unter 
Benndorfs steter Mitwirkung die Ausgrabung der hellenistisch^ 
römischen Stadt zwischen den Felshöhen und der Küstenniederung, 
wo das längliche Hafenbecken dieser letzten Periode sich deutlich 
innerhalb des angeschwemmten Marschgebietes abzeichnete. Unter 
Rudolf Heberdeys einsichtiger Leitung, dem unter anderen der 
Architekt Wilhelm Wilberg zur Seite steht, werden diese Aus- 
grabungen seitdem alljährlich weitergeführt Der römische Markt 
bildet den Mittelpunkt Säulenhallen mit vor die Mauer gestellten 
Säulen, Hallenstraßen, eine sehr merkwürdige dreieckige doppel- 
stöckige Halle, die den Übergang von einer Straße zu einem 
Platz vermittelt, bilden Hauptzüge des Stadtbildes, das auch hier 
mehr römischen als hellenistischen Charakter trägt Eine mehr- 
geschossige Bibliothek, deren Wände noch die Nischen für die 
Büchergestelle aufweisen, unterscheidet sich in der Anlage merk- 
lich von der pergamenischen (S. 145). Auch mancherlei Einzel- 
funde lohnen die Bemühungen; unter ihnen ragt eine Erzstatue 
aus dem 4. Jahrhundert hervor, der wir später (Kap. XI) noch 
Wiederbeginnen werden; sie mußte aus nicht weniger als 234 
Stücken zusammengesetzt werden! 

Ein Ziel, das alle diese kleinasiatischen Untersuchungen im 
Auge behalten müssen, ist die Scheidung hellenistischen und 
römischen Gutes. An manchen Stellen überwiegt ersteres, so in 
Pergamon, Magnesia, Priene; im ganzen aber scheint die ruhige 
Zeit unter der Kaiserherrschaft die ältere Schicht zugedeckt zu 
zu haben. Die große Masse gehört der römischen Zeit an. Hier- 
her gehört auch die Expedition, die Conrad Cichorius im Verein 



166 VII. Antike Stadtanlagen 

mit Karl Humann und unterstfitzt von Franz Winter und Walther 
Judeich schon 1887 nach dem karischen Hierapolis unternommen 
hatte; daß schon Tremaux (S. 162) Hierapolis aufgenommen hatte, 
konnten sie nicht wissen. Die gewaltige warme Quelle, der die 
Stadt ihren Ruhm und ihre Bedeutung verdankte, hat aus ihren 
Kalkniederschlägen eine Art von Gletscher von kolossaler Aus- 
dehnung gebildet, auf dem, zum Teil von jüngeren Niederschlägen 
wieder fiberdeckt, die Reste einer römischen Stadt aus später Zeit 
kenntlich geblieben sind. Eine schnurgerade breite HallenstraBe, 
von anderen Straßen rechtwinklig geschnitten, durchzieht die Stadt 
von einem Tore zum andern; Spuren einer Agora schließen sich 
ihr an. Eine große Thermenanlage, zwei Bauwerke, die man als 
Basilika und kaiserliches Lararium bezeichnen möchte, ein wohl- 
erhaltenes Theater über der Stadt lassen sich erkennen, fast durch- 
vfeg in späten plumpen Architekturformen gehalten. Dazu vor 
den Mauern der Stadt eine fabelhafte Menge von Sarkophagen 
und anderen Gräbern, die der Ruinenstätte bei den Einheimischen 
den Namen Tambuk-Kalessi (»Trögeburg«) verschafft hat Der 
ganze Ort bietet das grandiose Bild einer Menschensiedelung, 
über die die Natur mit ihren unerschöpften Kräften wieder Herr 
geworden ist Man erinnert sich der mittelalterlichen Stadt Ninfa 
an den Volskerbergen, nur daß hier das Wasser und die von 
ihm geförderte üppige Vegetation das Werk der Zerstörung voll- 
bracht hat, das in Hierapolis der kalkhaltige Strom durch seine 
Versinterung zuw^e bringt 



In Verbindung mit der Suche nach Inschriften stehen noch 
zwei Unternehmungen, die der Erforschung griechischer Inseln 
gelten. Diese ffir die Sammlung der griechischen Inschriften, die 
die Berliner Akademie veranstaltet, zu bearbeiten hat Friedrich 
Freiherr Hiller von Gärtringen fibemommen. Die Vorarbeiten 
haben ihn auch nach Thera geführt; es ist sehr begreiflich, daß 
die Wunderinsel es ihm angetan hat und er seine Forschungen 
auf die ganze Insel auszudehnen beschloß. 

Thera, heute Santorin, ist ein Vulkan, der einsam aus dem 



Hierapolis. Thera I57 

Meere emporsteigt An drei Stellen ist der Kraterrand durch- 
brochen und das Meer in das Innere des bis zu fast 400 Metern 
tiefen Kessels eingedrungen. Dieser Kratersee wird von steilen 
Rändern umgeben, die mit ihren bunten Horizontalschichten eine 
Höhe bis zu 360 Metern erreichen. Die alte Stadt Thera lag 
aber am östlichen Außenrande der Insel auf einem schroffen, 
567 Meter hohen, die ganze Insel überragenden Berge von Kalk- 
stein. Von hier aus breitet sich ein wunderbares Bild vor den 
Augen aus. Die ganze vom Kraterrande g^en das Meer ge- 
neigte Fläche ist mit einer dicken weißen Bimsteinschicht über- 
zogen, die teppichartig mit niedrigen Weinstöcken gemustert er- 
scheint Durch den R^en tief eingerissene Runsen durchfurchen 
vom oberen Rande herab radienförmig den geblümten Teppich mit 
dunkeln Streifen; in den Wänden dieser Risse sind Weinkeller, 
Keltern, ja auch menschliche Wohnungen ausgehöhlt Wo die 
Bimsteindecke den Rand des umgebenden Meeres erreicht, ist der 
leichte Bimstein w^gespült und ein dunkler Saum scheidet die 
weiße Insel vom tiefblauen weiten Meere, das fem im Süden von 
dem langgestreckten Kreta mit seinen drei Schne^pfdn, im 
Osten von der Küste Kleinasiens, im Norden von der bunten, fein- 
geformten Inselwelt der Kykladen b^jenzt wird. Dazu unten im 
Krater die neugebildeten kleinen Vulkane und ein leise kochendes 
Meer, dem noch zu unsere Zeit vulkanische Neugestaltungen 
entsti^en sind — wer diese ganze Pracht von der Höhe des 
alten Stadtfelsens einmal geschaut hat, dem hat sie die Seele tief 
gerührt! 

Auf den Felsen der alten Stadt hatte 1834 Freiherr von 
Prokesch-Osten altertümliche Inschriften aufgefunden, die durch 
Böckhs Behandlung berühmt geworden sind. Später (1835, 37, 43) 
hatte Ludwig Roß mehrmals Thera besucht und namentlich im 
Süden der Insel merkwürdige Felsgräber und ein wohlerhaltenes 
marmornes Heiligtum oder Heroon entdeckt Auch oben in der 
Felsenstadt hatte er manche zutage Uzende Baulichkeiten be- 
merkt und beschrieben, aber doch nicht einmal erkannt, daß hier 
die Hauptstadt der Insel gelten hat Diese Felsstadt aus ihrer 
leichten Schuttdecke wieder ans Tageslicht gebracht zu haben ist 



168 VII. Antike Stadtanlagen 

das Verdienst Hillers von Oärtringen, der aus eigenen Mitteln^ 
mit Hilfe von Architekten (Dörpfeld, Wilberg), Archäologen (Schiff, 
Wolters, Dragendorff), dem Ingenieur P. Wilski und anderen 
Forschem seit 1 896 während sechs Jahren wiederholt dieser Auf- 
gabe obgel^en hat Die kleine abgelegene Stadt, in Terrassen 
mit Trq^pen auf der windigen Höhe angel^ li^ jetzt mit ihren 
Heiligtümern, öffentlichen Gebäuden, Privathäusem offen da. Bcr 
sondere Beachtung erweckte eine zweischiffige Halle, von älterer 
Anlage, aber mehrfach umgebaut, die im 2. Jahrhundert nach 
Christo unter dem Namen einer Basilika neu hergestellt ward: 
ein Beweis, daß dieser vielumstrittene Name nicht auf saalartige 
Gebäude mit erhöhtem Mittelschiff, wie in Pompeji, beschränkt war. 

Auch von dem bildlichen Schmucke der Stadt in alexan- 
drinischer und besonders in römischer Zeit haben sich einige 
Reste erhalten. Vor allem aber haben sich die Untersuchungen 
auf der Insd ergiebig an Tonwaren der verschiedensten Zeiten 
erwiesen. Schon in den sechziger Jahren waren auf der Insel 
Thirasiä, einem der Bruchstücke des alten Vulkans, unter der 
Lavaschicht Vasenscherben gefunden worden, die damals w^en 
des hochaltertümlichen Charakters ihrer Ornamente Verwunderung 
und hinsichtlich ihrer Einordnung in das damals übliche System 
ein gewisses Unbehagen hervorgerufen hatten. Nunmehr spendete 
Thera in ungewöhnlicher Fülle eine zusammenhängende Reihe 
dieser unzerstörbarsten Zeugnisse alter Kultur, so daß sich der 
ganze, mittlerweile durch vielfache Forschung neu aufgehellte Ver- 
lauf der Vasenmalerei, namentlich ihrer älteren Stadien (Kap. IX), 
hier besonders deutlich verfolgen ließ und manche neue Auf- 
klärung erhielt. Ein großes Werk, die vereinigte Arbeit aller 
Beteiligten, gab dem ganzen glänzenden Unternehmen seinen 
würdigen Abschluß. 

Schon über die Grenze des vorigen Jahrhunderts" hinaus liegt 
die rhodische Expedition, die die dänische Gesellschaft der Wissen- 
schaften aus den Mitteln des von Carl Jacobsen gestifteten A^ 
Carlsberg Fonds ausgerüstet hat In den Jahren 1902/4 haben 
Christian Blinkenberg und K. F. Kinch auf der alten Akropolis 
von Lindos gegraben. Die Heliosinsel Rhodos li^ von allen 



Thera. Lindos. Arten von Stadtanlagen 169 

Inseln des ägaischen Meeres am weitesten dem Osten und der 
Sonne zugewandt; die Stadt Lindos selbst ragt am freiesten in das 
weite insdlose Ostmeer hinein. Auf ihrer Burgfläche hatte 1844 
Ludwig RoB eine Menge griechischer Künstlerinschriften gefunden, 
die auf die rhodische Kunstschule Licht zu werfen geeignet waren. 
Andere Funde ähnlicher Art waren 1864 Paul Foucart gi^lückt 
Inschriften sind es denn auch, die — abgesehen von der genaueren 
Aufnahme des Athenatempels — die Hauptausbeute des dänischen 
Unternehmens bilden; wie schöne Resultate aber dadurch gewonnen 
worden sind, mögen zwei Tatsachen zeigen. Erst durch diese 
Funde ist es möglich geworden, Zeit und Heimat des Künstlers 

76 Boethos, des Schöpfers des bekannten Knaben mit der Gans, ssi 
beide sehr bestritten, sicherzustellen; ebenso ist es hierdurch 
gelungen, die noch viel heftiger umstrittene Entstehungszeit der 

71 Laokoonsgruppe, deren Ansatz zwischen dem 3. Jahrhundert und tn 
der Zeit des Kaisers Titus schwankte, mit ziemlicher Sicherheit 
in den Anfang der R^erung des Augustus zu setzen. 



Versuchen wir die Hauptergebnisse dieser Städteforschung 
kurz anzudeuten. 

Nach der Anlage der Städte lassen sich zwei Gruppen unter- 
scheiden. Entweder schließen sich die Städte in sozusagen 
naturalistischer Weise den natürlichen Bedingungen des Bodens 
an ; der Burgberg, die Quellen und Flußläufe, die Neigungen und 
Faltungen des Bodens, etwa das Verhältnis zum Meere, bestimmen 
die Anlage des Marktes, der Tore, der Straßen, die durch keine 
kunstmäßige R^el gebunden wird. Oder die ganze Stadt wird als 
Kunstwerk behandelt; Plätze und Straßen werden, ohne sich viel 
um die von der Natur gegebenen Verhältnisse zu kümmern, nach 
festen Formeln und Regeln angel^; besonders beliebt ist die 
uns so modern anmutende rechtwinklige Schneidung der Straßen, 
unter denen auch wohl breitere Hauptstraßen sich von den engeren 
Gassen abheben. Es ist kein Zufall, daß dies zweite System nicht 
von einem praktischen Architekten, sondern von einem klügelnden 
Theoretiker, dem Milesier Hippödamos, erfunden ward. Die Hafen- 



170 VII. Antike Stadtanlagen 

Stadt Peiraeus und die altische Kolonie Thurioi am Meerbusen 
von Tarent lieferten in perikleischer Zeit die ersten Proben auf 
das Exempel; bei der Neugründung der heutigen Stadt Pdrä^s 
seit den vierziger Jahren brauchte man nur dem überall noch zu- 
tage tretenden Straßennetze des Hippodamos zu folgen. Von 
spateren Anlagen dieser Art sollen nur »das schöne Rhodos«. 
(408), dessen antiker Plan sich leider w^en der späteren Über- 
bauung und Umgestaltung nicht nachweisen läßt, und AlescanderSi 
orientalische Wdthauptsiadt Alexandreia (332) genannt werden; 
das rechtwinklige Straßennetz der letzteren brachten 1866 die von 
Napoleon III. veranlaßten Untersuchungen unter Mahmud Bey 
zutage. 

Diese »hippodamische Weise« herrscht unter den neu unter- 
suchten Städten am augenfälligsten in Priene und Knidos, also 
nahe der Heimat des Erfinders. An beiden Stellen war das sehr 
unebene Terrain einer solchen r^elrechten Anlage nichts wehiger 
als günstig, und doch ist sie ihm aufgezwungen worden, indem 
das ganze Stad^ebiet in Terrassen zerl^ ward und in der auf- 
steigenden Richtung die Straßen sich vielfach in Treppen ver- 
wandelten, ein deutliches Zeichen, daß der Wagenverkehr in diesen 
antiken Städten keine allzugroße Rolle spielte. Auf die große 
Bedeutung, die in diesen Städten den Stützmauern zukam, ward 
schon oben (S. 153) hingewiesen. In gemäßigter Weise kdirt 
diese r^elmäßige Anlage in Thera wieder; in dem steilen Assos 
bot sie noch weit größere Schwierigkeit als in Priene dar; in 
Hierapolis war sie dag^en auf der ebenen Oberfläche des Kalk- 
gletschers leicht durchzuführen. 

In Pompeji geht die R^dmäßigkeit des Stadtplanes auf das 
italische System der beiden sich kreuzenden Hauptlinien, [des 
Kardo und des Decumanus, zurück, das am reinsten in Marza- 
botto (S. 134) vorliegt Nur sind in Pompeji durch die natür- 
lichen Bedingungen gewisse Unr^dmäßigkeiten entstanden, die 
das im großen ganzen rechtwinklige System durchbrechen. Der 
Kardo mußte g^en Süden einer etwas schräg verlaufenden Falte 
des Lavahügds, auf dessen ziemlich ebenem Rücken die Stadt 
gebaut ist, folgen, während im Nordwesten das sogenannte 



Regelrechte und naturalistiscfae Stadtanlagen 171 

Herculanertor mit der berfihmten Gräberstraße eine leichte Ver- 
schiebung der normalen Rechtecke bedingte. 

Ganz anders erscheinen die Dinge in Pergamon. Die be- 
deutende Höhe der Burg und die Steilheit des zu ihr sich em- 
porziehenden breiten Bergrückens, den die Stadt des Eumenes 
bedeckte, haben hier (ähnlich wie in Delphi, S. 124 ff.) zu einer in 
teilweise scharfen Windungen ansteigenden Hauptstraße genötigt 
Diese Hauptstraße ist die Lebensader der ganzen Anlage gewesen. 
Wie weit die Stadt zu ihren Seiten in Terrassen g^liedert war, 
wie weit hier das System rechtwinkliger Straßeninseln herrschte, 
das läßt sich einstweilen noch nicht sagen; man wird sich kaum 
verwundem, wenn hier dereinst größere Unr^elmäßigkeit zutage 
treten sollte. Im ob^en Teil, nahe der Burg und in ihrem Innern, 
gliedert sich freilich die Anlage no^edrungen in hoch überein- 
ander aufsteigenden Terrassen, diese aber weisen keine starre R^d- 
mäßigkeit auf, sondern schmi^en sich bald den Bi^^ngen der 
Hauptstraße, bald der natürlichen Beschaffenheit des Felsbodens 
an. So steht die Residenz der Attaliden in scharfem G^ensatze 
zu jenen »hippodamischen« Städten, auch beispielsweise zu Ha- 
likamass, der Residenzstadt der karischen Herrscher, wo der kreis- 
förmige Hafen gleichsam als Orchestra den Mittelpunkt der rings 
theaterförmig ansteigenden Stadt mit breiten Hauptstraßen bildete. 
In einem Punkte freilich glich auch Pergamon allen den nicht 
in der Ebene gel^:enen Städten: Terrassenmauem von teilweise 
bedeutender Höhe waren auch hier unentbehrlich, ja die über 
200 Meter lange mehrstöckige Aufmauerung unterhalb der Theater- 
terrasse ist ein bedeutendes Werk, das anscheinend für andre 
kleinasiatische Städte als Vorbild gedient hat (S. 148). 

Fast scheint es*, daß die Lockerung der strengen hippoda- 
mischen R^el (am pedantischsten ward sie in dem ganz eben 
gd^enen Nikäa, der Hauptstadt Bithyniens, streng auch im syri- 
schen Antiocheia durchgeführt) später allgemeiner geworden sei. 
Wenigstens zeigen sowohl Ddos, wie die meist römischen Städte 
Lykiens, Pamphyliens, Pisidiens ein weit engeres Anlehnen an 
die natürliche Bodenbeschaffenheit; eben dieses rief in Hierapolis 
die r^elmäßige Anlage hervor. 



172 VII. Antike Stadtanlagen 

Abgesehen von diesen Verschiedenheiten in der Gesamtan« 
läge sind uns auch viele Einzelheiten in den Städten durch die 
neueren Ausgrabungen deutlicher geworden. Von Stadtmärkten 
z. B. war uns früher nur das Forum von Pompeji bekannt, dessen 
allmähliche Umbildungen wir erst neuerdings haben verfolgen 
lernen. Einen Normalmarkt hat uns jetzt Priene, etwas abvieU 
chende Bildungen Assos und Pergamon, einen Markt am Hafen 
Delos, einen römischen Markt Ephesos kennen gelehrt Zum 
Markte gehört das Rathaus, dessen Sitzungssaal in einfachster 
Gestalt in Assos, etwas reicher und zweckmäßiger gestaltet in 
Priene, am stattlichsten innerhalb eines umfriedeten Bauganzen 
in Milet zum Vorschein gekommen ist Säulenhallen, öfter mit 
dahinter liegenden Läden, umgeben den Markt wie den Hof 
des milesischen Rathauses und fast alle Tempelhöfe. Sie sind 
bald ein- bald zweischiffig, bald ein- bald zweigeschossig (be- 
sonders stattlich in Pergamon und in der athenischen Halle Atta^ 
los II). Vielfach von Königen erbaut führen die stattlicheren von 
diesen Markthallen den Namen der Erbauer oder die allgemeinere 
Bezeichnung Basilika (»Königshalle«), die sie mit den anscheinend 
auf ägyptische Vorbilder zurückgehenden geschlossenen Sälen 
(wie der großartigen Basilika in Pompeji) teilen. 

Die Straßen dieser Städte sind nicht selten, z. B. in Pergamon 
und Priene, gepflastert und mit Abzugkanälen (am deutlichsten 
in Pompeji) versehen. Die früher gegen die Straße fest abge- 
schlossenen Häuser öffnen sich allmählich im untersten Stockwerk 
in Läden, die dem Straßenbilde weit größeres Leben verleihen; 
das steht jedem Besucher Pompejis vor Augen, läßt sich aber auch 
beispielsweise in Pergamon verfolgen. Dagegen fehlt in den 
neuaufgedeckten hellenistischen Städten die Übertragung der Hallen- 
umsäumung von den Plätzen auf die Straßen, die uns z. B. für 
Athen und Smyma schon für die hellenistische Zeit bezeugt wird; 
auch in Rom gab es schon früh solche Laubenstraßen. Später 
ward diese Sitte ganz allgemein; in Ephesos liegt ein Beir 
spiel vor, ganz besonders deutiich aber in Hierapolis, wo die 
Hauptstraße beiderseits von einer Halle mit Läden dahinter ein-^ 
gefaßt war. 



Märkte. Straßen. Öffentliche Gebäude. Oräberstraßen 173 

Zu der weiteren Ausstattung der Städte gehören Theater, 
von denen sich nicht bloß in Aspendos (S. 163) ein stattliches 
Beispiel erhalten hat Femer die gymnastischen Anstalten, meist 
Höfe, von Säulenhallen und mancherlei Kammern und Nischen 
umgeben, vielfach gesondert für Ältere und Jüngere; so z. B. in 
Stdyma (S. 161) und besonders deutlich in Pompeji, wo die 
spätere Gladiatorenkaseme mit ihrem großen Hofe ursprünglich 
ein Turnplatz für Erwachsene war (genau dem olympischen Oym- 
nasion entsprechend), während die kleine sogenannte Palästra der pom- 
pejanischen Jugend gewidmet, also ein sogenanntes Ephebeion war. 
Eine Thermenanlage nach römischer Art bietet Hierapolis mit 
seiner warmen Quelle. Welche Einblicke Priene und Delos uns 
in die Anlage der Häuser in hellenistischer Zeit erschlossen haben, 
ward schon hervorgehoben (S. 105. 154); bis dahin war man auf 
die immerhin sonderartigen, weil Italisches mit Griechischem ver- 
bindenden, Häuser Pompejis beschränkt gewesen. 

Pompeji bot uns auch zuerst das greifbarste und ergreifendste 
Bild einer Gräberstraße, die vom Tor der Stadt den Wanderer 
hinaus ins Land geleitet Ihre Ausgestaltung gehört fast aus- 
schließlich der römischen Zeit an. Ein Bild aus klassischer Zeit 
bot der 1870 aufgedeckte athenische Friedhof vor dem Haupt- 
tore der Stadt, dem Dipylon. Hier stehen vielfach noch aufrecht 
jene unvergleichlichen Grabdenkmäler aus dem 5. und 4. Jahr- 
49.54 hundert, die vornehme Hegeso, der Ritter Dexileos der zwan- 4i7 
zigjährig bei Korinth 394 gefallen war, die etwas anspruchsvollen 
61 Damen Demetria und Pamphile, die »recht freundlich« dem Be- 
schauer sich zukehren. Es sind nur einzelne Beispiele einer 
Denkmälerklasse, die es an edler Einfalt und stiller Größe mit 
allen anderen aufnimmt Bedeutend bereichert hat sich die An- 
schauung dieser vor den Städten sich ausbreitenden Nekropolen 
durch die Nachforschungen in Kleinasien. Lykien war dafür 
schon länger berühmt (S. 78), ward aber erst jetzt auch nach 
dieser Seite genauer erkundet (vgl. S. 162). Während Milet be- 
gonnen hat die altertümlichen Sitzbilder seiner Nekropolis zu 
spenden, bieten Pamphylien und Pisidien eine Fülle verschiedener 
Grabformen, die zum Teil in die Formenwelt des sinkenden Alter- 



174 VlI. Antike Stadtanlagen 

tums fiberleiten; Hierapolis fiberrascht durch die einförmige Masse 
seiner Sarkophage. 

Der hellenistischen Epoche gebührt der Löwenanteil an dieser 
Städteforschung. Grade sie hatte es aber auch besonders nötig 
wenigstens in ihren unvergänglichen Spuren erkannt zu werden, 
da keine Periode der griechischen Geschichte in unserer litera- 
rischen Überlieferung so sehr das Bild eines wirren, ausgeplün- 
derten Trümmerhaufens darbietet Hier mußten die Steine reden, 
und sie haben geredet, bald durch Inschriften, bald durch die 
Oberreste der Baukunst und der Bildkunsi 



VIII 

PRÄHISTORIE UND GRIECHISCHE VORZEIT 




on den Zeiten des niedergehenden Altertums wendet 
sich der Blick zurück zu den Anfängen. Wieder ein- 
mal ist es die bescheidene Gattung der bemalten Ton- 
gefäße, die uns erlaubt die bisher erkannten Grenzen rückwärts 
zu erweitem. 

Die Vasenklasse, die man lange als die älteste betrachtete, 
die orientalisierende oder korinthische (S. 61), ging etwa bis in 26418 
das siebente Jahrhundert zurück. Da auch die Nachrichten von ' 
griechischen Künstlern nicht höher hinauf reichten, so schien da- 
mit überhaupt die Grenze für die Anfänge der griechischen Kunst 
g^eben. Höchstens führten die Angaben der homerischen Ge- 
dichte noch etwas weiter zurück in ein unsicheres, von Fabeln 
durchsetztes Gebiet, über das die »blumenreichen« ältesten Vasen 
oder die »gebuckelten« Erzschilde des Grabes R^^ulini- Galassi 
(S. 65) und einige ähnliche Kunstwerke, allenfalls einige Analogien 
aus der assyrischen Kunst, ein mattes Licht zu werfen schienen. Im 
ganzen durfte man sagen, daß die greifbare griechische Kunst 
anfing, wo die homerische Poesie aufhörte; jenseits gähnte ein 
gestaltenloses Chaos. 

Der erste, der diese Lücke auszufüllen unternahm, war Alexander 
Conze. Schon 1 862 hatte er einige Tongefäße aus Melos heraus- 263 
g^eben, deren malerischer Schmuck im ganzen dem der korinthi- 
schen Vasen ziemlich nahe stand, jedoch traten neben den orien- 
talisierenden Ornamenten, den stilisierten Pflanzenformen (Rosetten, 
Palmetten usw.) einfache Linearomamente (Zickzacklinien, Qua- 



176 VIII. Prähistorie und griechische Vorzeit 

drate usw.) auf, die eine ganz abweichende Quelle der Ornamentik 
verrieten. Ganz vereinzelt hatte schon 1847 Thomas Burgon auf 
diese linearen Formen aufmerksam gemacht, und Gottfried Semper 
nahm 1863 diesen Hinweis auf; aber im Zusammenhange wies 
doch erst Conze 1870 diesen »geometrischen« Stil als den 
einer besonderen, hochaltertümlichen Vasengattung nach. Das 
Charakteristische an ihr ist, daß das ganze Omamentsystem rein 205 
linear ist Grade Linien, Zickzack und gekreuzte Linien, einfache 
Mäandermuster, Vierecke, Kreise, Spiralen und ähnliche geome- 
trische Formen, anscheinend den uralten Techniken des Webens, 
Flechtens und Punzens entnommen, schließen sich zu einem ganz 
bestimmten System der Anordnung, der Verbindung, der meist 
streifenförmigen Verteilung über die Fläche zusammen und unter- 
scheiden sich eben dadurch von der Kunst wilder Völker, die 
viele von diesen einfachen Formelementen ebenfalls verwenden. 
Jene im orientalisierenden Stil so beliebten stilisierten Pflanzen- 
omamente fehlen gänzlich, ebenso wie die Löwen und Panther, 
die Sphinxe und Greifen des Orients. Wo Tiere auftreten, sind 
es Haustiere, Gänse, Störche, Pferde an der Krippe und dergleichen. 206 
In Italien erscheint dieser geometrische Stil besonders in den ein- 
geritzten Mustern des Metallgerätes, aber auch wo er dort auf 
Tongefäßen auftritt, sind die Ornamente gern mit dem Griffel 
eingeritzt Daß dies die ursprünglichere Weise ist, scheint dar- 
aus hervorzugehen, daß auch auf den bemalten Tongefäßen Grie- 
chenlands ein zeichnerischer, nicht ein malerischer Charakter 
herrscht Die Ornamente so gut wie die omamental gestalteten 
Tiere sind nur gezeichnet, die Flächen mit gestrichelten Mustern 
ausgefüllt; selten wird einmal ein voller Pinsel gebraucht 

So etwa erschien der »geometrische« Stil in den ungefähr 
60 Beispielen, an denen Conze zuerst seine Entdeckung darlegte. 
In ungeahnter Schnelligkeit mehrten sich, nachdem einmal der 
Blick für die neue Erscheinung geöffnet war, die Beispiele und 
ergaben namentlich nach zwei Seiten hin eine Erweiterung der 
anfänglichen Erkenntnis. Ein großer Vasenfund am athenischen 
Dipylon im Jahre 1871 zeigte, daß dieser lineare Stil auch auf 207 
Menschen, richtiger auf Menschenschemata, ausgedehnt worden 



Geometrischer Stil 177 

war, ja daß man sich mit diesen einfachen Mitteln an größere 
Darstellungen, wie Leichenzüge oder Schiffskampfe, gewagt hatte. 
Man bezeichnete diese reichere Ausgestaltung als :»Dipylonstil«. 
Andere Beispiele etwas verfeinerter Art zeigten geometrische Oma- 276 
mente und Figuren in unmittelbare Verbindung mit Löwen und 
ähnlichen Elementen des orientalisierenden Stils. Es konnte hier- 
nach, wie nach dem gesamten Charakter des geometrischen Stils 
kein Zweifel sein, daß er älter war als alles bisher Bekannte und 
daher in die große Lücke eintrat, die bisher jenseits der orien- 
talischen (wohl, wie bei Homer, durch die Phöniker vermittel- 
ten) Einflüsse klaffte. 

Aber noch etwas Weiteres konnte schon Conze nicht ent- 
gehen. Dieser geometrische Stil stimmt mit seinem Omament- 
system im großen und ganzen mit den Zieraten überein, mit denen 
die alten Tongefäße und Erzgeräte im mittleren und nördlichen 
Europa geschmückt zu sein pfl^en. Damit eröffneten sich neue 
Perspektiven in weitere Zusammenhänge. War der geometrische 
Stil ein gemeinsames Erbgut der arischen Völkerfamilie? Stellte 
er eine besondere europäische Ausprägung der arischen Orna- 
mentik dar? War er nach Griechenland vom Norden her infolge 
jener Völkerschiebungen gedrungen, die wir unter dem viel zu 
engen Namen der dorischen Wanderung zusammenzufassen und 
etwa um den Anfang des letzten vorchristlichen Jahrtausends anzu- 
setzen pfl^en? Namentlich diese letztere Auffassung fand großen 
Anklang und herrscht auch heute noch im allgemeinen. Wir 
können erst später (S. 182) erwägen, ob nicht eine etwas abweichende 
Anschauung noch größeren Anspruch auf Wahrscheinlichkeit er- 
heben kann. Einstweilen müssen wir die Blicke über das grie- 
chische Gebiet hinaus auf die weiten Gefilde der prähistorischen 
Forschung richten. 



Unter dem übel gebildeten Namen Prähistorie versteht 
man bekanntlich die Erforschung der Urzeit, in die keine schrift- 
liche Überlieferung zurückreicht An ihr haben je nach dem 
verschiedenen Gesichtspunkt gar verschiedene Wissenschaften teil, 

Michaelis, Die archäologischen Entdeckangen. 12 



178 VIII. Prahistorie und griechische Vorzeit 

die Anthropologie, die Ethnologie, die Kulturgeschichte. Deren 
Gesichtspunkte liegen unserer Betrachtung ebenso fem, wie bei- 
spielsweise bei der Numismatik die Fragen der Währung, des 
Handels, der Geschichte. Ob Rund- oder Langschädel, ob Ver- 
brennung oder Bestattung, ob Hockergräber, die Art der Lebens- 
weise, der Kleider und Geräte — alles das berührt die Kunstarchäo- 
logie nicht; ihr kommt es nur auf die Äußerungen und Schöp- 
fungen des Kunstgefühls jener Völker der Vorzeit an. 

Die Aufmerksamkeit auf die vorzeitlichen Oberreste ist schon 
früh wach geworden, besonders im Norden, wo der altertümliche 
Kulturzustand sich viel länger erhalten hat und seine Überbleibsel 
augenfälliger sind. Skandinavien hat auch mit der wissenschaft- 
lichen Forschung zuerst eingesetzt Im Jahre 1832 stellte Christian 
Jürgen Thomsen in Kopenhagen die Scheidung der Vorzeit in 
drei gesonderte Kulturperioden auf, die Steinzeit, die Bronzezeit, 
die Eisenzeit, so daß das hauptsächliche oder besonders charakte- 
ristische Material den Perioden ihren Namen gab und damit zu- 
gleich den allmählichen Fortschritt bezeichnete. Die Berechtigung 
dieser Scheidung begegnete lange lebhaften Zweifeln, die aber 
heute als verstummt gelten können. So ist damit also auch für 
diie Betrachtung der künstlerischen Erzeugnisse, die aber durchaus 
nicht in den einzelnen Perioden auf das jeweilige Hauptmaterial 
beschränkt sind, der allgemeine Rahmen gegeben. 

Zunächst stand die Steinzeit — später die jüngere Stein- 
zeit genannt — im Vordergrund. Sie spricht ihren Charakter 
am mächtigsten in ihren Bauten aus gewaltigen Steinblöcken aus, 
die hauptsächlich in Skandinavien und im westlichen Frankreich 
auftreten. Diese »megalithischen« Denkmäler stehen entweder zum 
Kultus in Beziehung — so die einzeln aufgerichteten Kolossal- 
blöcke (Menhir) oder die aus solchen Blöcken gebildeten Stein- 12 
kreise (Cromlech) — oder sie bilden Gräber; so die einfachen 
Steinkammem (Dolmen) oder Steingänge mit gewaltigen Deck- 9 
blocken, sodann die »Hünengräber« mit darüber geschüttetem Erd- 10 
hügel, endlich die großen unterirdischen »Riesenstuben«. In allen 11 
diesen Bauten wirkt ausschließlich die Kolossalität des Materials; 
Kunstformen oder auch nur Glättung kennen sie noch nicht 



Prähistorie. Jüngere und ältere Steinzeit 179 

Daneben aber tritt am Geräte, sowohl den TongeEäßen wie be- i6 
sonders den Metallgeräten, eine Ornamentik auf, die ihre An? i 
r^^ngen nach einer freilich nicht ohne Widerspruch gebliebenen 
Anschauung den Urkünsten des Flechtens und Webens entnimmt 
Daher sind ihre Muster rein linear oder »geometrisch«. 

Etwa um die Mitte des Jahrhunderts erweiterten sich Material 
und Forschung in doppelter Richtung: rückwärts nach der Urzeit, 
vorwärts gegen die Eisenzeit hin. 

Dort trat der jüngeren die ältere Steinzeit zur Seite. Seit 
1853 fanden im westlichen Frankreich, in der Dordogne und 
Charente (östlich und nordöstlich von Bordeaux), Höhlenfunde 
statt In den Höhlen fanden sich Knochen von Höhlenbären, 
von Mammuthtieren, von Renntieren, Reste der Eiszeit, die ins^ 
gesamt um viele Jahrtausende hinaufreichten, unter sich aber ver- 
schiedene Perioden darstellten, denn beispielsweise das Mammuth 
gehört einer früheren Periode als das Renntier an. Auf die 
menschlichen Höhlenbewohner jener Urzeit aber wiesen die in 
jene Knochen eingeritzten Zeichnungen hin. Sie sind von sehr 4/8 
verschiedenem künstlerischen Wert, manche aber sind ebenso 
erstaunlich durch die Schärfe der Beobachtung wie durch die 
Sicherheit in der Wiedergabe. Das größte Aufsehen erregten die 
in den siebziger und wiederum in den neunziger Jahren in der 
Nähe von Schaffhausen gemachten Funde, z. B. die meisterhafte 
Darstellung eines äsenden Renntieres. Die Vollendung der Zeich- 8 
nung erschien für jene Urzeit so unb^jeiflich, daß ein — leider 
durch einige Fälschungen genährter — Verdacht gegen die Echtheit 
laut ward. Er verstummte bald. Neuere Entdeckungen in Frank- 
reich haben jene Werke fast noch übertrumpft, und das Studium 
des Kunstsinnes und der Kunstleistungen bei wilden Völkern hat 
das in seiner Vereinzelung unbegreiflich Erscheinende als allge- 
meingültig nachgewiesen. Eine höchst primitive Kunststufe schließt 
keineswegs künstlerischen Blick und treffende Wiedergabe aus: 
eine für die Ursprünge der Kunst wertvolle Beobachtung. 

Diese ältere Steinzeit war durch Jahrtausende, ausgefüllt durch 
die wechselnden Zustände der Eiszeit, von jener jüngeren Stein- 
zeit geschieden, zu deren m^^alithischen Denkmälern sich nunmehr 

12* 



180 VIII. Prähistorie und griechische Vorzeit 

auch Holzbauten gesellten. Ein Jahr nach dem ersten Höhlen- 
funde, 1854, kamen in der Schweiz die ersten Pfahlbauten zum 
Vorschein, jene auf Pfählen und hölzernen Rosten in die Seen 
hineingebauten Dörfer von Holzhütten, deren Abfälle über die 
Lebensart der Bewohner Aufschlüsse gaben. Rasch mehrten sich 
die Reste der Pfahldörfer und fanden sich bald auch außerhalb 
der Schweiz. Namentlich in der Poebene ward ein eifriges Stu- 
dium auf die Pfahldörfer in den Seen (palafitte) und in der Ebene 
(terremare) verwandt, die hier schon die gradlinige Anlage der 
späteren italischen Städte (S. 134) aufwiesen. Die Sitte des Pfahl- 
baues vererbte sich übrigens aus der Steinzeit bis in spätere hellere 
Perioden. Was von Geweberesten und von Töpfen in den Pfahl- 
bauten gefunden worden ist, zeigt die oben besprochene geome- 
trische Ornamentik, im Übergange zur Bronzezeit, der diese 20. 22 
Zierformen insbesondere eigen sind. 

Schon etwas früher als die Höhlenfunde und die Pfahlbauten 
den Blick in die blauen Femen der Geschichte richteten, waren 
Funde gemacht worden, die die späteren Abschnitte der Vorzeit, 
die sogenannte Eisenzeit aufhellten. Der Name Eisenzeit weist 
bloß darauf hin, daß das früher ungebräuchliche Eisen nunmehr 
neben der Bronze für allerlei Gerät angewandt wird. In der 
Kunstentwickelung hat im ganzen Altertum das Eisen keine Rolle 
von Belang gespielt, vielmehr ist auch in der Eisenzeit das Erz 
der Hauptträger der künstlerischen Tätigkeit geblieben. 

Zuerst im Jahre 1846, dann etwa zwei Jahrzehnte hindurch, 
ward oberhalb Hallstatts, des malerisch zwischen See und Fels- 
absturz eingeklemmten Städtchens im Salzkammergut, ein altes 
Gräberfeld ausgebeutet, das der ganzen hier zuerst auftretenden 
Kunstart und Kultur den Namen der Hallstattkultur g^eben 
hat Künstlerisch betrachtet handelt es sich um einen Blechstil, 
dessen Formen und aufgeritzte Zierate eine besondere, verhält- 622/3 
nismäßig späte Ausprägung des geometrischen Stils darstellen. 
Bald fanden sich Zeugnisse der Hallstattkultur im ganzen Alpen- 62t 
gebiet und drüber hinaus bis nach Burgund und nach Ungarn. 
Diese mitteleuropäische Kultur, deren Ursprung sich ethnologisch 
noch nicht mit Sicherheit hat feststellen lassen (man denkt an die 



Bronzezeit. Eisenzeit. Hallstatt und La T^ne 181 

Mlyrier), zeigte sich bald in besonders reicher Ausbildung und 
in mehrfachen Entwickelungsstufen südlich der Alpen in den 
Polanden. Schon 1853 entdeckte Graf Gozzadini in Villanova 
bei Bologna einen solchen B^[räbnisplatz mit Fundstücken älterer 620 
Art; 1865 folgte Marzabotto am Austritt des Reno aus dem Ge- 
birge und 1871 der ältere Friedhof bei der Certosa von Bologna, 
beides Vertreter eines jüngeren, das figürliche Element reicher 
entwickelnden Stils. In Este waren beide Stadien der Entwicke- 
lung vertreten. Im ganzen glaubt man diese Hallstattkunst etwa 
der ersten Hälfte des letzten Jahrtausends vor Christo zuweisen 
zu können; sie fällt also mit den älteren Jahrhunderten der grie- 
chischen Kunstentwickelung zusammen. 

Erst zuletzt kam auch eine jüngere Gestaltung der »Eisen- 
zeit« zum Vorschein, indem man nach vereinzelten Vorläufern 
zuerst 1876, bald noch öfter in La Tfene am See von Neufchatd 
auf Zeugnisse einer eigentümlichen Kunstart stieß, die sich von 
der Hallstattkunst deutlich unterschied und offenbar jüngeren Ur- 
sprungs war. Die danach benannte La Tene-Kunst hat ein 762 
beschränkteres Gebiet (es ist die Nationalkunst der keltischen 
Völker) und eine beschränktere Anwendung, insofon sie dem 
kri^erischen Charakter der Kelten gemäß zumeist bei Waffen 
auftritt Auch in der geschmackvollen, gern in Schwingungen 
sich ergehenden Ornamentik möchte man eine keltische Eigen- 
tümlichkeit erkennen. Diese ganze Kunstart weicht im letzten 
vorchristlichen Jahrhundert der römischen; ihre Anfänge glaubt 
man bis etwa in die Mitte des letzten Jahrtausends hinaufdatieren 
zu dürfen. 

Natürlich sind die chronologischen Bestimmungen je weiter 
zurück, desto unsicherer, obgleich manche Gelehrte glauben auch 
für diese überlieferungslosen Zeiten die einzelnen Stufen der Ent- 
wickelung auf bestimmte Jahrhunderte verteilen zu können. Die 
Chronologie der einzelnen Kulturstufen ist femer nach den G^etl* 
den sehr verschieden. Im Norden hält sich der geometrische 
Stil bis zum Eindringen des Christentums, während er in Süd- 
europa in den ersten Jahrhunderten des letzten Jahrtausends 
schwindet und seine Hauptblüte in das zweite Jahrtausend zu 



IS2 VIII. Prähistorie und griechische Vorzeit 

fallen scheint In diesen Zeiten haben wir nun oben (S. 177) 
das Auftreten des geometrischen Stils in Griechenland kennen ge- 
lernt Ist dieser wirklich erst spät mit der »dorischen Wanderung«: 
vom Norden dort eingedrungen? Wir werden gleich sehen, daß 
im zweiten Jahrtausend in dem griechischen Gebiet ein ganz ab-* 
weichender Kunststil herrschte, ein Stil der vornehmen Welt der 
griechischen Heroenzeit Aber schließt ein solcher Sonderstil die 
gleichzeitige Existenz eines in ganz Europa herrschenden, seiner 
ganzen Art nach primitiveren Stils für die griechischen Lande aus? 
Gewiß ist die neuerdings ausgesprochene Vermutung, daß neben 
jener Heroenkunst der geometrische Bauemstil als Unterströmung 
hergegangen und erst nach dem Zusammenbruch der Heroenwelt 
allein an die Oberfläche getreten sei, höchst beachtenswert Ein- 
zehie tatsächliche Beobachtungen scheinen sie zu unterstützen. 
Täuscht nicht alles, so gehört dieser Auffassung die Zukunft 



Während sich so der Ausblick ins Unermeßliche erweiterte 
und früher ungeahnte Fäden die griechische Kunstübung rückwärts 
mit der des übrigen Europas zu verknüpfen schienen, trat auf 
dem griechischen Gebiete sdbst etwas ganz Neues ein. Ich spreche 
von Heinrich Schliemann, dessen Name eine ganze Epoche 
bezeichnet 

Noch ist der Kampf um Schliemann nicht ganz zur Ruhe 
gekommen. Sind auch die Stimmen derer, die sich anfangs ganz 
aMehnend g^en ihn verhielten, längst verstummt, so erschallen 
doch noch immer gelegentlich, besonders von Seiten derer die ar- 
chäologischer Wissenschaft fernstehen, Jubelhymnen, die in blinder 
Vergötterung in Schliemann das Ideal eines Forschers feiern. 
Msin wird heutzutage seine Verdienste und seine Mängel, so weit 
diese der Wissenschaft fühlbar geworden sind, ruhig gegeneinander 
abwägen und ein unparteiisches Urteil fällen können, der Zu- 
stimmung wenigstens derer sicher, denen ein wissenschaftliches 
UHeil über archäologische Fn^en zusteht 

Heinrich Schliemann begeisterte sich schon als Knabe für 
die homerischen Gedichte und entwarf bereits in seinem achten 



Alter des geometrischen Stils. Heinrich Schliemann 183 

jßittt den Plan einmal Troja auszugraben. Vierzehn Jahre alt 
tiait er 1836 als Lehrling in einem Kaufladen niedrigsten Ranges 
ein, brachte es aber in 27 Jahren zum reichen Großhändler in 
Si Petersburg, ohne je die Ideale seiner Jugend aus dem Sinne 
zu verUeren. Er sland schon dem fünfzigsten Jahre nahe, als 
er sich 1871 zum erstenmak auf eine Entdeckungsreise nach den 
homerischen Stätten b^;ab. Nunmehr stand ihm sein Lebensziel 
fest: die Wiederentdeckung der homerischen Welt, an deren votle 
Realität bis in jede Einzelheit er so fest wie an das Evangelium 
S^ubte. So b^;ann er jene Reihe von Unternehmungen, deren 
eiiizdne Erfolge alsbald mit einer vorher und nachher unerhörten 
Reklame dar staunenden uikI eben wegen dieser Reklame manch- 
mal etwas mißtrauischen Welt verkündigt wurden. Noch im 
Jahre 1871 ward zuerst der Spaten in Troja angesetzt; 1874 
folgte Mykenä, 1878 von neuem Troja, 1880 Orchomenos, 1884 
Tiryns, 1890 nochmals Troja. 

Wenn je, so bewährte sich hier, daß der Glaube selig macht. 
Er verlieh Schliemann eine Wünschelrute um die verborgenen 
Schätze aus dem Boden zu locken imd leitete ihn auch in der 
Wahl der Stellen, wo er graben ließ. Damals glaubte alle Welt, 
das homerische Troja habe auf der Höhe von Bunarbaschi, über 
dem Austritt des Skamandros in die Ebene, das neue Ilion auf 
dem Hügel von Hissarlik gelegen; Schliemann grub^ von Frank 
Calvert aufmerksam gemacht, in Hissarlik und fand das alte Troja. 
In Mykenä würde nicht leicht irgend jemand auf den Gedanken 
gekommen sein, unmittelbar hinter dem Löwentor zu graben; 
ein Mißverständnis der Worte des Pausanias bewog Schliemann 
hier nach den Gräbern der Atriden zu suchen, und er fand, 
wenn auch nicht gerade diese, so doch eine noch ältere, noch 
überraschendere Gräberstätte. In Tiryns lag scheinbar eine so 
dünne Erdschicht über dem Felsen, daß eine Ausgrabung kaum 
Lohn zu versprechen schien; Schliemann griff sie an und leg^ 
das Muster einer homerischen Herrenburg bloß. 

Nd)en dem festen Glauben an seinen Homer, an dessen 
Beschreibungen er den Maßstab der Zuverlässigkeit und Genauig- 
keit eines Generalstabwerkes anlegte, waren es die B^eisterung für 



184 VIII. Prähistorie und griechische Vorzeit 

die Ideale seiner Jugend, eine große Liberalität, die ihn jährlich 
etwa 100000 Mark für seine Unternehmungen aufwenden ließ, 
eine unermüdliche Energie und 2^higkeit in der Durchführung 
des Unternommenen, was ihn auf der Bahn des Ruhmes von 
Erfolg zu Erfolg führte. Und der Erfolg selbst war nichts Ge- 
ringeres als die Wiederentdeckung einer versunkenen, allem bisher 
Bekannten vorausli^enden Welt, man darf sagen: der homerischen 
Welt, wenn auch nicht in so wörtlichem und so engem Sinne 
wie Schliemann selbst es auffaßte. Stets wird die Wissenschaft 
Schliemann für dies unleugbare und unschätzbare Verdienst dank- 
bar bleiben; sein Name ist mit dieser homerischen Welt für immer 
verknüpft, und gern wird man auch der edlen Griechin gedenken, 
die hochherzig alle Sorgen und Mühen, dafür auch alle Erfolge 
und allen Ruhm mit ihrem Gatten geteilt hat 

Aber die glänzende Schaumünze hat auch ihre Kehrseite. 
Seiner ganzen Anlage wie seiner Vorbildung nach stand Schliemann 
jeder wissenschaftlichen Betrachtungs- und Behandlungsweise völlig 
fremd g^enüber. Er hatte weder für die Geschichte Sinn noch 
für die Kunst, wie seine Gleichgültigkeit gegen den praxitelischen 
Hermes zeigen kann; Urzeit, Kuriositäten, vage Vorstellungen 
erschöpften sein Interesse. Er war eben ein Dilettant im vollen 
Sinne des Wortes, sowohl in dem guten eines für seine Lid)- 
haberei begeisterten, wie in dem anderen eines methodelos und 
ohne gründliche Kenntnis seine Ziele verfolgenden Mannes. 
Er war Dilettant auch im Ausgraben, ohne eine Ahnung daß es 
eine Methode und feste Technik dafür gebe; er war Dilettant in 
architektonischen wie in archäologischen Dingen. Ihm erschien, 
es selbstverständlich, daß die Zeugnisse der homerischen Vorzeit 
nur in der größten Tiefe gesucht werden dürften. So kam es, 
daß er wohl in Hissarlik die Stätte des alten Troja erkannte, ab«- 
in ungezügeltem Tiefensinn seine Schachte so unaufhaltsam in den 
Berghügel hineintrid), daß er den wichtigsten Teil der wirklich 
homerischen Burg für immer zerstörte. Er machte erst Halt bei 
der zweituntersten Kulturschicht, wo er die Reste der »gebrannten 
Stadt« aufdeckte, seiner Meinung nach das von den Griechen 
zerstörte Troja, in Wirklichkeit eine viel ältere, viel primitivere 



Schliemanns Ausgrabungen 185 

Ansiedelung. In Mykenä standen noch unter einer nicht allzu 
tiefen Erddecke die Grabreliefplatten aufrecht, die er, um in die 
Tiefe der darunter li^enden Schachtgräber zu dringen, rücksichts- 
los, »nicht ohne die größte Anstrengung«, ausheben und fort- 
schaffen ließ, ohne auch nur ihre Stelle und damit ihre etwaige Be- 
ziehung zu den einzelnen Gräbern darunter festzustellen. In Tiryns 
war S<;hliemann nahe daran die Mauern des Palastes zu zerstören, 
weil er in ihnen Kalkmörtel, das gewöhnliche Kennzeichen römischer 
oder mittelalterlicher Bauten, zu erkennen glaubte. Noch zu 
rechter Zeit kam Dörpfeld hinzu und rettete die kostbaren Über- 
bleibsel, indem er in dem vermeintlichen Kalkmörtel den Rest 
durch Brand beschädigter und zersetzter Marmorplatten erkannte. 
Noch in einer anderen Beziehung zeigte sich Schliemanns 
Dilettantentum. Seine Berichterstattung strotzte von Sonderbarkeiten, 
z. B. der Vorliebe für die kuh- und eulenköpfigen Göttinnen, 
die er in harmlosen »Gesichtsumen« und ähnlichen Bildungen 
erblickte. Aber wenn das auch beim großen, ebenso dilettantischen 
Publikum Eindruck machte, darüber ließ sich hinwegsehen. Seine 
Berichte waren ja nicht minder reich an tatsächlichen Angaben, 
z. B. über die Tiefe, in der jede einzelne Scherbe gefunden worden 
sei. Da jedoch nach dem Bericht eines Augenzeugen diese An- 
gaben erst am Abend jedes Arbeitstages aufgeschrieben zu werden 
pfl^en, so erhellt leicht, wie geringer Wert dieser scheinbaren 
Genauigkeit bdzumessen ist Überhaupt ist Belgers Wort, Schlie- 
manns ältere Berichte (die trojanischen Altertümer, Mykenä, Ilios) 
seien »trostlos«, vollberechtigt Die Wissenschaft hat längst darauf 
verzichtet sie als schlechthin zuverlässige Urkunden gelten zu 
lassen, und hat sich genötigt gesehen, wo sie ihrer bedarf, scharfe 
Kritik zu üben. Die Berichterstattung wird, ebenso wie die Aus- 
grabungen selbst, erst dann völlig zuverlässig und wissenschaftlich 
brauchbar, wo statt der von Schliemann gern herbeigerufenen 
Eideshelfer, wenn auch von berühmtem Namen, so doch aus 
fremden Wissensgd)ieten, sachkundige Fachleute zur Arbeit und 
zum Bericht herangezogen wurden. Unter ihnen gebührt Dörpfeld 
die erste Stelle. Er hat die Überreste von Tiryns nicht bloß 
gerettet, sondern auch sozusagen reinlich präpariert und nach allen 



Ig5 VIII. Prähistorie und griechische Vorzeit 

Seiften verständlich gemacht; er hat die Architektur Trojas zuerst 
atffgeheUt und nach Schliemanns Tode in der zweitobersten Schicht 
des Ruinenhügds von Hissarlik das »homerischere Troja aufgedeckt, 
so weit Schliemann es nicht zerstört hatte. Leider hat Dörpfeld 
an den mykenischen Ausgrabungen keinen Teil gehabt, und die 
ausführlichen Tagebücher des griechischen Aufsehers Panagiötes 
Stamatäkes, die ohne Zweifel authentische Kunde bergen» sind 
bisher bis auf einzelne Mitteilungen der allgemeinen Kenntnis 
entzogen geblieben; einigen Ersatz bieten die späteren Grabungen 
und Ermittelungen von Chrestös Tsüntas. 

CHe Ergd)nisse der Schliemannschen Ausgrabungen sind durch 
populäre Darstellungen und durch Handbücher so allgemein be- 
kannt, daß wenige Andeutungen hier g^ügen werden. 

Der Burghügel von Troja weist, auf eine Höhe von nur 
etwa 20 Meter verteilt, eine ganze Reihe von Schichten auf (Schlie- 
mann zählte sieben, neuerdings unterscheidet man neun), die von 
unten nach oben die Geschichte der Ansiedelung von der Urzeit 
bis in die Römerzeit verfolgen lassen. Schliemanns Ziel war, wie 
schon gesagt, die zweitunterste Schicht, in der er sein homerisches 
Troja zu finden glaubte. Die Burgmauer kam zutage mit dem 
»skäischen Tore«; der »Palast des Priamos«, der in sdnem Saale 149 
mit der Vorhalle und mit einem Hofe davor die Urform des 
späteren griechischen Hauses darbot; der goldene »Schatz des 
Priamos« mit Goldschmuck von sehr einfachen Formen; endlich 
eine Unmasse von Tongefäßen und Scherben, die durchw^ einen 16 
höchst primitiven Charakter aufwiesen. Mit den Schildonngen 
der homerischen Gedichte hatte der hier aufgedeckte Kulturzustand 
fast nichts gemein. Der ganze Fund muß vielmehr als uralt 
gelten, weit zurückli^end hinter dem, was wir mittlerweile, in- 
folge weiterer Entdeckungen Schliemanns, als »homerisch« erkannt 
haben; er reicht vermutlich bis in das dritte Jahrtausend hinauf. 

Nachdem dann Mykenä und Tiryns aufgedeckt worden waren, 
kehrten zuerst 1890 Schliemann und Dörpfdd, 1893/4 (nachdem 
Schliemann 1890 gestorben war) nochmals Dörpfeld allein zu 
^n trojanischen Ausgrabungen zurück, und nunmehr gelang es 
Dörpfeld, in der zweitobersten Schicht das »homerische« Troja 



Troja. Tiiyns 187 

nachzuweisen, das heißi diejenige Ansiedelung, die nach ihrem ganzen 
Qiarakter den vorhin genannten Burgen entspricht; man hatte 
sich inzwischen gewöhnt dies als :»mykenischen« Charakter zu 
bezdchnen. Leider war der ganze mittlere Teil dieser Burg zer- 
stört, teils durch Schliemanns ersten gewaltsamen Durchbruch, 
teils schon im Altertum zugunsten der neuen Stadt Ilion, von 
deren Athenetempel schon Schliemann eine schöne Metope mit 
dem auffahrenden Helios aufgefunden hatte. So waren von dem 
»mykenischen« Troja nur der mächtige Mauerkranz und mehrere 
Säte (M^ara) geblieben, von denen einer die damals noch sdtene 179 
zweischiffige Anlage aufwies, ohne daß wir deshalb darin einen 
^er »mykenischen« Zeit noch fremden) Tempel zu erkennen 
brauchen; geschlossene Tempel der späteren Art hat die griechische 
Welt erst im letzten Jahrtausend vor Christo gekannt (S. 129). 

Vid einfacher und klarer lagen die Verhältnisse in Tiryns, 
einer Butg die man w^en ihrer Gestalt und Lage ein unendlich 
verkleinertes Orvido nennen möchte. Es ist ein isolierter niedriger 
Fels in Gestalt einer Schuhsohle, rings mit kyklopischen Stein- 175 
mauern umklddet» die schon in der homerischen Erwähnung der 
»fest ummauerten Tiryns« ihren gewaltigen Eindruck bezeugen. 
Die Oberfläche ist geteilt in die etwas höher gelegene südliche 
Herrenburg und in eine nördliche, noch nicht untersuchte Hälfte. 

9 Jene bot das überaus übersichtliche Bild eines homerischen Herrscher- na 
Sitzes: festen Mauerschutz mit einem Turm am Tore; dnen über- 
wachbaren Aufgang mit mehrfachen Torverschlüssen; einen Hof 

9 mit Torbau und Hallen; dand)en in der Dicke der Mauern Gänge 177 
mit kasemattenartigen Vorratsräumen, als wdche sich die längst 
bekannten Galerien (S. 30) erwiesen; dn doppeHes Wohnhaus, 
für Männer und Frauen, durch ein Gewirr von Gängen, wie in 
den Palästen Assyriens, geschieden und verbunden. In der Männer- 
abteilung Idtd dn eigener Torbau über zu dem gepflasterten 
Hofe mit dem Hausaltar und mit umgebenden Hallen; von 
diter der Hallen führt ein kurzer W^ zu dem geradezu luxuriösen 
Badezimmer, dessen Boden ein einziger Stein von 12 Quadrat- 
metern bildet^ dessen tönerne Badewanne mit aufgemalten Orna- 
menten geschmückt war. Der Eingangsseite des Hofes g^en- 



188 VIII. Prähistorie und griechische Vorzeit 

9 über li^ die tiefe Säulenvorhalle des Palastes, die durch ein 
verschließbares Vorgemach in den Männersaal führt; vier hölzerne 
Säulen, die die Decke trugen, umstellten den runden Herd, über 
dem ein luftiger Oberbau dem Rauche seinen Abzug gestattete. 
Die marmornen Friese des Sales, die Standplatten] für die sich m 

9 nach unten verjüngenden hölzernen Säulen mit ihrem wulstigen i66 
Kapitell, die Überreste von Wandmalereien, omamentalen und 

9 vereinzelt auch figürlichen Charakters, vervollständigen das Bild, iss 
Hier mutet alles homerisch an. Leicht bevölkert die Phantasie die 
Räume mit homerischen Szenen: sie sieht Tdemachos einfahren 
in den Hof mit den »tönenden Hallen«; sie geleitet den ermüdeten 
Ankömmling zum erquickenden Bad »in schöng^lätteter Wanne«; 
sie erblickt Arete »an die Säule gelehnt« am Herde des Sales 
sitzend, in dem Demodokos seine Lieder erschallen läßt; sie 
schaut Odysseus mit dem Sohne, wie sie von der Schwelle die 
todbringenden Geschosse in die Schar der schmausenden Freier 
entsenden. Freilich sind es nur die Idealschöpfungen der Dichtung, 
die man gern in die zu ihnen passende Umgebung hineinstellt, 
während prosaischer angelte Naturen alles für bare Münze zu 
nehmen geneigt sind und, weil das »Milieu« stimmt, nun auch 
die Erzählungen der Sage oder der Dichtung für wirkliche Be-i 
gebenheiten ausgeben. Li^ die Frauenwohnung in Tiryns noch 
nicht, wie in Odjrsseus Palast, im Oberstock, sondern zu ebener 
Erde, so führt das auf einfachere Verhältnisse zurück, als sie den 
jüngeren Dichtem der Odyssee geläufig waren. Haben sich doch 
in Tiryns selbst Spuren eines späteren Umbaues aufdecken lassen. 
Wenn der Fürstensitz in Tiryns mit seinem köstlichen Aus- 
blick auf das nahe Meer einen heiteren Eindruck macht, so stimmt 
in dem an düsteren Sagen so reichen Mykenä alles — Lage, 
Überbleibsel, Erinnemngen — emster. Die völlige Aufräumung 

8 des »Atreusgrabes« und einiger ähnlicher unterirdischen Grab- i9i 
gewölbe haben den großartigen Charakter dieser alten Fürsten- 
gräber, deren ernste einheitliche Wirkung mit der des römischer 
Pantheon den Vergleich aushält, weit deutlicher enthüllt und auch 

8 für den Metallschmuck des Kuppelraumes, sowie für die reiche, 

8 in verschiedenen Farben ausgeführte Schmuckfassade des vornehm 



Tiryns. Mykenä 189 

hohen Portals festere Anhaltspunkte ergeben. Für die fehlende iw 

Steindecke der inneren Grabkammer bot der gleiche Raum des 
9 »Minyasgrabes« in Orchomenos, mit seinem an ägyptische Muster 

anklingenden Bandgeflecht mit Pflanzenffillung, vortrefflichen Er- 
7 satz. Auch das altbekannte Löwentor gewann durch völlige Bloß- 193 

legung bis zur steinernen Schwelle gewaltig an Wirkung. 

Während die Oberburg bei ähnlichen Grundzügen viel ärgere 

Zerstörung als in Tiryns aufwies, lieferte der mit einem Platten- 

7 ring umschlossene Orabbezirk hinter dem Löwentor die größten 
Überraschungen. Tief unter jenen Grabsteinen (S. 185) deckte 
Schliemann sechs Schach^^ber auf, von denen namentlich zwei 
mit ihren goldbedeckten Leichen und ihrem sonstigen reichen 
und eigenartigen Goldgeräte den homerischen Ruf des »gold- 
reichen Mykenä« vollauf rechtfertigten. Eine Fülle omamentaler 

8 Goldbleche kam zum Vorschein, mit zum Teil ganz ungewöhn- 194^ 
liehen Darstellungen, z. B. Dintenfischen und Schmetterlingen, 

die dem Rund mit feinem Raumsinn angepaßt waren; ein hoch- 
altarähnliches Heiligtum mit Tauben; BecheJ^die uns die home- 197 
rischen Beschreibungen deutlich machen; starre Gesichtsmasken, 
die nach weitverbreitetem Brauche die Gesichter der Toten be- 
deckten; ein silberner Kuhkopf von lebendigster Arbeit, dem ein 
anderer Laerkes die Homer mit Goldblech bekleidet hatte; das 
Bmchstück eines Silbergefäßes, dessen belebte Schildemng eines 201 
Kampfes vor der Burg an eine berühmte Szene des homerischen 
Achilleusschildes erinnert Das Allervollendetste freilich sollte erst 
später bekannt werden, als im athenischen Museum die Findig- 
keit und Geschicklichkeit von Athanasios Kumanüdes einige my- 
kenische Dolchklingen von ihrer Rostkmste befreite und damnter i98|9 
vollendete Darstellungen in eingel^er Arbeit zum Vorschein 
brachte: Gold, Silber, Weißgold sind in feinster Verbindung zur 
Schildemng bald von Kri^era auf der Löwenjagd, bald von einer 
Katze oder einem Wiesel auf dem Vogelfang im Röhricht eines 
fischreichen Flusses benutzt worden. 

Viele dieser Goldgeräte zeigten eine eigentümliche Omamen- 
tik. Sie ward noch deutlicher auf den zahlreichen Tonscherben, iv,i 
die sich auch an diesem alten Kulturplatze fanden, kenntlich. Ganz 



190 VIII. Prähistorie und griechische Vorzeit 

abweichend von allem bisher Bekannten, besonders in scharfem 
Gegensatze gegen den geometrischen Stil, mit dem sie nur einige 
Spiral- und Buckelmotive gemein hat, war diese Ornamentik 
dem Seeleben entlehnt Seepflanzen scheinen vom Wasser in 
schwankende Bewegung gesetzt zu werden; Dintenfische mit aus- 
greifenden Fangarmen, Muscheln und anderes Getier des Mittel- 
meeres bew^en sich dazwischen herum. Auch an phantastischen 
Seewesen fehlt es nicht; nur selten wagt sich die Kunst in anderes 
Gebiet und schildert beispielsweise dürre, spitznasige, »hdmbusch- 
schüttelnde« Krieger, am Arme den großen achtförmigen Schild 204 
aus Ochsenhaui Im ganzen gewinnen wir den Eindruck eines 
»Jugend«stils, frisch in der Beobachtung, frisch in der Wieder- 
gabe; die pflanzlichen Teile sind zwar stilisiert, aber ganz entfernt 
von der erstarrten Formgebung der Pflanzen im »orientalisieren- 
den« Stil. Es lassen sich auch deutlich ältere und jüngere, ein- 
8 fächere und kunst- und geschmackvollere Erzeugnisse unterscheiden. 
Das weist auf eine lange Dauer des Stiles hin; und doch muß 
man ihm eine reihte Entwickelungsfähigkeit absprechen. Es 
scheinen also bestimmte konservative Einflüsse angenommen werden 
zu müssen, um die lange Dauer zu erklären. 

Kaum war die mykenische Vorzeit in der Argolis erschlossen 
worden, so fanden sich bald — ebenso wie es beim geometrischen 
Stil gegamgen war — aller Orten neue Belege. Der Boden schiai 
nur darauf gewartet zu haben, um seine Schätze zu erschließen. 
Zunächst kam das Nachbarland Attika an die Reihe. 1877 wurden 
»mykenische« Gräber in Spata, dem alten Demos Erchia, 1880 
ein »mykenisches« Kuppelgrab mit ähnlichem Inhalt in größerer 
Nähe Athens, in Menidi, dem alten Köhlerdorf Acharnä aristopha- 
nischen Angedenkens, aufgedeckt Die »mykenischen« Fundstellen 
tauchten demnächst an der ganzen Ostküste Griechenlands von 
Thessalien bis nach Lakonien auf. Auf einer Insel der Kopais 
in Böotien überraschten die Reste eines »mykenischen« Herren- 
sitzes, vielleicht des alten früh verschollenen Arne. In Lakonien 
gelang ein Fund ganz besonderer Art, als 1 888 Chrestös Tsüntas 
bei Baphiö, südlich von Sparta, an der Stelle des alten achäischen 
Herrensitzes Pharis, ein verschüttetes Kuppelgrab öffnete und dar- 



Art und Verbreitung des »mykenischen« Stils 191 

aus zwei Goldbecher mit kräftigen Reliefs hervorzog. Friedliche 
8 Stiere im Walde und Stiere im Kampfe mit Menschen, die sie 200 
mit Stricken und Netzen zu fangen suchen (wiederum G^en- 
stücke wie in der homerischen Schildbeschreibung), zeigten das 
technische Geschick und die realistische Beobachtung der »myke- 
nischen« Zeit auf einer seltenen Höhe wirklich künstlerischen 
Vermögens. Aber die Spuren dieser Kunst machten nicht an den 
Küsten Griechenlands Halt »Mykenische« Vasen und Vasen- 
scherben fanden sich bald über die ganze Inselwelt des ägäischen 
Meers und drüber hinaus bis nach Kypros verbreitet; ja seither 
hat sich das Verbreitungsgebiet dieser Kunst noch immer erwei- 
tert, z. B. längs den Küsten Italiens, vereinzelt sogar bis nach 
Spanien. Soviel war Mar: es handelte sich um eine Kultur von 
langer Dauer und großer Ausbreitung. 



Daß diese Kultur älter und reicher war als der in Griechen- 
land durch die sogenannte dorische Wanderung hervorgerufene 
Kulturzustand, der mehrerer Jahrhunderte bis zu den Anfängen 
wirklicher hellenischer Kultur bedurfte, daß die neugefundene 
Kunst mit ihrer technischen Vollendung und ihren festen, zum 
Teil vortrefflichen Formen allem Figürlichen der eigentlich helleni- 
schen Kunst vorauslag, darüber konnte unter Kundigen nie ein 
Zweifel bestehen. Man mußte also diese Kunst vor den Anfang 
der griechischen Geschichte, in das zweite Jahrtausend zurück- 
versetzen. War es die lange gesuchte homerische Kunst? 

Wie zuerst der frühverstorbene Wolfgang Reichet 1894 klar 
erkannte, muß man unterscheiden zwischen der Zeit der ionischen 
Sänger, denen wir die homerischen Gedichte in der uns vorlie- 
genden Form verdanken, und der Zeit, in der der Inhalt der 
Gedichte spielt Die Sänger fanden einen älteren Sagenstoff vor, 
der wirklich in jener geschilderten Heldenzeit seinen Ursprung 
hatte, auch wohl schon hie und da eine feste Ausprägung er- 
halten haben mochte, dem aber sie erst die dichterische Form 
ihrer Zeit und ihres Stammes verliehen, natürlich nicht ohne viel- 
fache Züge dieser ihrer Gegenwart hineinzumischen. So gilt es. 



192 VIII. Prähistorie und griechische Vorzeit 

in den Gedichten die Bestandteile der alten — sagen wir nach 
homerischer Weise: der achäischen — Heroensage des zweiten 
Jahrtausends von den ionischen Zusätzen zu scheiden. Oft helfen 
uns dabei der Inhalt, der Charakter der Motive, der Ton der 
Darstellung, das Frischere oder Formelhaftere der Schilderung, 
oft aber bieten uns die Kunstwerke die sicherste Hilfe. Um nur 
das eine schlagendste Beispiel anzuführen: die »mykenische« Kunst 
kennt ebensowenig wie die älteren Bestandteile der Ilias die ioni- 
schen runden Metallschilde, sondern nur die großen achtförmigen los 

204 

Schilde aus Rindsfell; wo wir jenen mit allem ihrem Zubehör be- 
gegnen, da dürfen wir sicher sein, daß wir es mit ionischer Neu- 
dichtung zu tun haben. Die neugefundene »mykenische« Kunst war 
also nicht die Kunst, die die homerischen Sänger loniens selbst 
vor Augen hatten, wohl aber die Kunst jener vergangenen Herrscher- 
geschlechter, zu deren Ruhm sich alle die Sagen gebildet hatten, 
aus welchen die ionischen Dichter mit dem Sagenstoff zugleich die 
Farben und die Zustände der Heldenzeit entlehnten. Man durfte 
sie also getrost die Kunst des homerischen Heldenalters nennen. 

In der homerischen Poesie wie in der »mykenischen« Kunst 
spielt das Gold, das doch auf griechischem Gebiete nur selten vor- 
kommt, eine bedeutende Rolle. Auch das Elfenbein, also ein 
sicher fremdes Produkt, ist sowohl Homer wie beispielsweise 
den Funden von Spata bekannt. Löwen kannte Griechenland so 
wenig wie Katzen oder wie Pap}rrusstauden; Homer kennt so 
gut wie die Kunstwerke Löwen, die Kunst auch die beiden ande- 
ren, falls diese wirklich auf der einen Dolchklinge gemeint sind. 
Also fremde Elemente waren der Kunst beigemischt; handelte es 
sich etwa um importierte Ware? Dieser Gedanke tauchte in der 
Tat auf, so lange man der neuentdeckten Frühzeit noch wie einem 
überraschenden Novum gegenüberstand, ihr nur Unvollkommenes 
zutraute und den weiten Umkreis ihrer Kultur noch nicht über- 
sah. Alle Zweifel mußten aber schwinden gegenüber der Ein- 
heitlichkeit der Ornamentik und des Stils in Werken verschieden- 
sten Stoffes und Wertes (die höchst auffällige Bildung und Tracht 
8 der mageren Menschen z. B. ist die gleiche auf Wandgemälden, igs 
Goldbechern, Tongefäßen, geschnittenen Steinen), vollends ange- 204 



Homerische Kunst Ursprung der »mykenischen« Kunst 193 

sichts der Tatsache, daß eine solche Gleichheit über die weit 
zerstreuten Fundstätten verbreitet ist; namentlich die Tonscherben 
bezeugen die Allgegenwart der gleichen Kunst Also eine ein* 
heimische Kunst mußte es sein, eine Kunst, die ja auch den alten 
Sagen geläufig war — darüber hörte bald aller Streit auf. 

Jene fremden Elemente in der »mykenischen« Kunst bedurften 
somit einer anderen Erklärung: es mußten Berührungen mit der 
Fremde bestanden haben. Newton war es, der zuerst in »myke- 
nischen« Schichten auf Rhodos ägyptische Skarabäen (geschnittene 
Steine in Käferform) bemerkte, die dem 15. Jahrhundert ange- 
hörten. Nun hatte die Ägyptologie unlängst aus alten Urkunden 
frühe und lebhafte Beziehungen zwischen Ägypten und den »Inseln 
des Meeres« aufgedeckt, Beziehungen kriegerischer Art, die aber 
natürlich Handels- und Kultureinwirkungen nicht ausschlössen. 
Wenn aber einerseits auf »mykenischem« Gebiete ägyptische Ware 
auftrat und Erscheinungen wie die Katze im Papyrusröhricht auf- 
zuklären geeignet war, so traten andrerseits in Ägypten unter Ame- 
nophis III. und IV., das heißt um die Wende des 15. und 14. Jahr- 
hunderts, deutliche Spuren »mykenischer« Einwirkungen zutage. 
Namentlich die Lieblingsresidenz des letzteren reformfreudigen 
Königs» Tdl-el-Amama, zeigte Werke eines von allem herkömm- 
lich Ägyptischen abweichenden Stils. Ein Estrichboden des Palastes 87 
bietet Bilder von Tieren im dichten Röhricht, die in Lebendigkeit 
und Feinheit mit jener Dolchklinge wetteifern. »Mykenische« 
Tonscherben haben sich mehrfach in Ägypten gefunden. Also 
ein Handelsverkehr und ein Kulturaustausch zwischen Ägypten 
und den griechischen Völkern des Inselmeeres steht für jene Zeit 
fest Keineswegs aber war in diesem Verkehr das alte Kulturland 
Ägypten das vorzugsweise gebende. Ägyptens Kunst stand da- 
mals bereits unter dem Zeichen des Alterns. Grade die »myke- 
nischen« Einwirkungen flößten mit ihrer frischen Kraft der er- 
starrenden ägyptischen Kunst noch einmal etwas neues Leben 
ein, während diese auf die innerlich lebendigere »mykenische« 
Kunst höchstens einige Äußerlichkeiten übertrug. Nach der kurzen 
Episode Amenophis' IV., bald nach 1 400, bei der nachfolgenden 
schroffen Reaktion, scheinen die fremden Einflüsse mehr und mehr 

Michaelis, Die archiologf sehen Entdeckungen. 13 



194 VIII. Prahistorie und griechische Vorzeit 

zurfickg^angen zu sein. Sie lassen sich in Ägypten nicht über 
das Ende des 1 3. Jahrhunderts hinaus nachweisen, mögen nun die 
f nnerägyptischen Verhältnisse, mögen internationale Verwickelungen, 
mag der Zusammenbruch der »mykenischen« Kulturwelt das Ende 
herbeigeführt haben. 

Dies Verhältnis zu Ägypten bekräftigt den Eindruck, den die 
Überbleibsel der »mykenischen« Kultur selbst machen müssen. 
Die Kultur der Inseln und Küsten des ägäischen Meeres erweckt 
die Vorstellung von einer machtvollen und glänzenden Entfaltung 
'selbständiger Eigenart und frischer Kraft Wir dürfen voraus* 
setzen, daß die kostbare Kunst der achäischen Herrschergeschlechter, 
an der die dienenden Leute höchstens im Tongeschirr teilhaben 
mochten, so lange gedauert hat wie die Herrschaft dieser home- 
rischen Helden selbst, d. h. bis zu den langjährigen Völkerschie- 
bungen der »dorischen Wanderung«. Als diese Griechenland 
überschwemmt und mit den Keimen großen Fortschritts doch 
zunächst vorwiegend rohere Zustande herbeigeführt hatten, da 
erloschen bald auch die letzten Spuren jener hochentwickelten 
Kultur, und diese lebte nur noch in den Sagen der heroischen 
Vorzeit fort In der Kunstübung ward alle jene vornehme Pracht 
durch die ärmliche Bauemkunst des geometrischen Stils verdrängt, 
mag diese nun das mitgebrachte Out der neuen Einwanderer, 
oder mag es vielmehr die alte, schon neben der »mykenischen« 
Herrenkunst im stillen fortvegetierende und nun zur Alleinherr- 
schaft gelangende mitteleuropäische Volkskunst dieser Gebiete 
gewesen sein (S. 182). 



Sobald wir die»mykenische« Kultur kennen gelernt hatten, 
mußte sich die Frage nach ihrem Ursprung, ihren Hauptträgem 
erheben. Von dem ersten Fundort Mykenä hatte sie ihren Namen 
bekommen, und der Ruhm Mykenäs in der homerischen Helden- 
poesie mochte dazu beitragen, daß man hier, in den Herrensitzen 
der Argolis, den Ausgangspunkt dieser Kultur und Kunst suchte. 
Aber wenn diese auch im Mittelpunkte der Heldensage stehen, 
in Wirklichkeit waren sie doch viel zu unbedeutend um in der 



Achäer. Karer. Kreta |9S 

9 

Kulturgeschichte eine solche Rolle zu spielen und den Namen 
mykenischer Kultur zu rechtfertigen. Die Klanfursten der Argolis 
waren aber nur Glieder jener achäischen Herrscherwelt, deren 
Ruhm die Vorzeit erffillte; war damit vielleicht der richtige Name 
gefunden? Die Achäer waren nicht allein in derAigolis, sondern 
auch sonst vielerorten auf dem griechischen Festland angesiedelt, ja 
darüber hinaus bis beispielsweise nach Kreta; sie waren auch im 
Auslande bekannt, denn um 1 200, unter Memeptah, dem Pharao 
des Auszuges der Kinder Israel, finden wir in ägyptischen Ur- 
kunden die Aquaiusha erwähnt Der Name »achäisch« kann 
also annehmbar erscheinen (jedenfalls ist er besser als »mykenisch«), 
aber es dürfte doch kaum geraten sein ihn einzuführen, nament- 
lich weil er für einen Hauptumstand nicht bezeichnend ist 

Ferdinand Dümmler war es, der meines Wissens zuerst nach- 
drücklich auf die Verbreitung dieser Kultur über die ganze Inselwelt 
hinwies. Wenn schon die Lieblingsmotive der Kunst, wie wir oben 
sahen (S. 190), der See entlehnt waren, also das Meer als Haupt- 
dement der Träger dieser Kunst bezeichneten, so setzte die Verbrei- 
tung der Kultur über alle Inseln und Küsten, zunächst des ägäischen 
Meeres, ein seemächtiges Volk voraus. So war es wöhl b^jeiflich, 
wenn Ulrich Köhler zu einer Zeit, wo die voUendesten Stücke dieser 
Kunst noch nicht bekannt waren, an die den Oriechett stamm- 
fremden Karer dachte, denen die antiken Historiker eine sehr alte 
Periode der Seeherrschaft zuweisen. Ihnen sollen die Kreter gefolgt 
sein, deren machtvollster Herrschemame der des Minos ist. 

Schon in den Anfängen dieser Forschung, 1883, hatte Arthur 
Milchhöfer mit treffender Vorahnung auf Kreta als den Haupt- 
sitE der neuentdeckten Kultur hingewiesen. Seine Vermutung 
knüpfte sich hauptsächlich an die damals neu auftretenden »Insd- 202/3 
steine«, zum Schmuck bestimmte Strandkiesel mit eingegrabenen 
Zeichnungen, die vor allem in Kreta, aber auch sonst vielfach 
in der Inselwelt zum Vorschein gekommen waren. Ihr Stil war 
»mykenisch«; ihre vielfach phantastischen Darstellungen, Misch- 
wesen und deigldchen, bemühte sich Milchhöfer mit Erfolg als 
frei von allem asiatischen Einfluß nachzuweisen und an die anderen 
Denkmäler der »mykenischen« Kultur anzuknüpfen. 

13* 



196 VIII. Prähistorie und griechische Vorzeit 

Kreta war bereits das Ziel zahlreicher Reisen gewesen und 
die Überreste seiner vielen Städte waren vielfach untersucht worden, 
aber die kretische Urzeit war noch fast völlig unerschlossen. 
Einige Jahre zuvor, 1878, hatte der Kreter Mfnos Kalokafrinos 
in der minoischen Hauptstadt Knosos Reste von Mauern aufge* 
deckt, die 1881 W. J. Stillman für das Labyrinth desMinos, den 
Schauplatz von Theseus sagenhaftem Kampfe mit dem Minotauros, 
hatte erklären wollen. Stillman hatte dabei sehr altertfimliche 
Schriftzeichen bemerkt Von neuem ward das Interesse auf Kreta 
gelenkt, als 1884 von Italien aus bedeutende Ausgrabungen an 
der Sfidkuste vorgenommen wurden; neben Pasparäkis waren 
Federico Halbherr und Paolo Orsi die Leiter. In dem Haupt- 
orte des südlichen Kreta, dem alten Oortyn, ward das schnell 
berühmt gewordene alte Stadtrecht entdeckt; für die Archäologie 
noch bedeutender waren die Funde, die 1884 in der Zeusgrotte 
des Ida von Georgios Pasparäkte gemacht und von den genannten 
italienischen Gelehrten veröffentlicht wurden. Außer sehr primi- 
tiven Erzfiguren waren es besonders Schilde von getriebenem 
Erz, deren mit orientalischen Elementen versetzte Darstellungen 
zuerst für phönikisch galten, aber 1893 von Heinrich Brunn fuir 
Erzeugnisse einer einheimischen, wenn auch vom Osten beein- 
flußten Kunstübung erklärt wurden. Durch Milchhöfer und die 
Erfolge der Italiener angeregt machte Schliemann 1886 den Ver- 
such sich in Knosos ein Terrain für Ausgrabungen zu sichern, 
deren Leitung Dörpfeld übernehmen sollte. Der Plan scheiterte 
teils an den albernen Forderungen der Kreter, teils an den poli- 
tischen Verwickelungen, teils an dem ärgeriichen und nutzlosen 
Streit, in den Schliemann durch die Behauptungen und Theorien 
Ernst Böttichers hinsichtlich seiner trojanischen Au^jabungen 
(Bötticher sah in Troja nur ein großes Krematorium) verwickelt 
ward. Dann trat Kreta für einige Zeit in den Hintergrund. 

Erst in den neunziger Jahren ward die Aufgabe von neuem 
ang^riffen, und zwar zugleich im Norden und im Süden. Im 
Norden erlas sich Arthur Evans, der Sohn eines reichen Fabri- 
kanten und Prähistorikers, Knosos zum Ziel, und es gelang 
ihm, trotz ähnlich maßloser Forderungen der Kreter, durch jähre- 



Qoriyn. Zeusgrotte. Knosos 197 

langes geduldiges Vorgehen, was Schliemann miBglfickt war, der 
Ankauf eines großen Areals, auf dem er seit 1900 beschäftigt ist, 
das was man den Palast des Minos nennen mag, aufzudecken. 
Es ist ein großartiger Komplex von Höfen, Sälen und labyrinth- 
artigen Gängen, wie er auf griechischem Boden nirgend wieder- 
kehrt Freilich leidet die Übersichtlichkeit dadurch, daß es kein 
einheitlicher Bau ist, sondern drei zeitlich sehr verschiedene, viel- 
leicht durch Jahrhunderte getrennte Paläste schichtweise äberein- 
ander gelagert sind. Noch ist es dem Femstehenden nicht mög- 
lich dies Durch- und Nacheinander zu entwirren, aber das Staunen 
packt ihn ob des großartigen Königssitzes der alten kretischen 
Herrscher. Der knosische Palast, in offener Q^end, von keiner 
Mauer umhägt, verhält sich zu den fest ummauerten kleinen 
Burgen von Tiryns und Mykenä etwa wie das Schloß von Ver- 
sailles zur Wartburg oder zur Hohkönigsburg. So mag auch 
die Macht eines meerbeherrschenden Minos sich zu der eines 
Prötos oder eines Atreus verhalten haben, nur daß kein Dichter 
seinen Ruhm so glänzend und dauernd verherrlichte wie es den 
achäischen Fürsten zuteil ward; selbst die Ziegel mit noch un- 
entzifferter altkretischer Schrift, die Evans Bemühungen zuerst be- 
lohnten, dürften diesen Dienst schwerlich leisten. 

Vom großen Hofe führen breite Treppen durch Vorzimmer i8i/s 
zu großen Sälen empor, die gern durch Säulen, bald in der 
Länge bald in der Quere, in zwei Schiffe geteilt werden (S. 187). 
Hölzerne Säulen waren ein Hauptbestandteil der kretischen Archi- 182 
tektur. Ihre einem Stuhlbeine vergleichbare Form, nach unten 
verjüngt, die uns zuerst am mykenischen Löwentor en^^enge- im 
treten war, mit dem zugehörigen Holzgebälk trat besonders deut- 
lich an einem Wandgemälde in Knosos hervor, das einen altar- ist 
ähnlichen Aufbau darstellt Eines der kleineren Zimmer des Pa- isi 
lastes, wiederum mit einem Vorzimmer versehen, weist längs der 
Wand Bänke auf, in der Mitte von einem marmornen hochlehnigen 
Thron überragt, dem gegenüber, jenseits einer Säulenstellungi iss 
Stufen zu einem einst von oben beleuchteten Oärtchen (so scheint 
es, schwerlich einem Bade) hinabführen. Oberlicht spielte über- 
haupt eine große Rolle in dem mehrstöckigen Palaste, so z. B, 



198 VIII. Prahistorie und griechische Vorzeit 

auch in einem Treppenhause, dessen Stufen noch heute beschreit- isi 
bar sind. In einem Hauptzugange des Palastes ward der An- 
kömmling längs der Wand von einer Reihe lebensgroßer gemalter 
Diener und Dienerinnen, mit kostbaren Gefäßen in den Händen, i89 
empoi^eleitet An einer anderen Wand sehen wir in flotter an- 
deutender Miniaturmalerei eine dich^edrängte Schar gespannt 
zuschauender Männer und Frauen, letztere in der üblichen Ge- i9o 
Wandung, die den Unterkörper mit einem ebenso besatzreichen 202 
Rocke umhüllt, wie der Oberkörper mehr als dekolletiert erscheint 
Auch von Stuckrdiefs haben sich erstaunlich vollendete Proben 
erhalten. Badezimmer, ja sogar die scheinbar so modernen Aborte 
mit Wasserspülung, fehlen nicht in dem Palaste. Den Reichtum 
des Herrschers vergegenwärtigen endlich besonders eindringlich 
die langen Galerien im Unterstock, in denen mächtige tönerne 
Behälter sich aneinande* reihen und im Fußboden selbst kunst- 
reiche Gelasse für die sichere Unterbringung von Vorräten oder 
Schätzen angebracht sind. 

Dasselbe Bild im Kleinen, einfacher und deshalb klarer und 
fibersichtlicher, bieten die Paläste, welche die Italiener Federico 
Halbherr, Luigi Pemier und Luigi Savignoni an der Südküste 
in und bei dem schön gel^enen Phästos bloßgelegt haben. 
In dem Hauptpalaste kehren alle Teile des knosischen Palastes lao 
in bescheidenerem Umfange wieder; ein kleinerer Palast bei Hagfa 
Triäda erweckte zuerst den Eindruck einer Sommervilla. Auch 
hier spielten Malerei und Plastik ihre Rolle. Das Bruchstück 
einer Wandmalerei zeigt mit meisterlicher Naturbeachtung eine 
große Wildkatze, die im Dickicht (jede Pflanze ist genau charakteri- 
siert) einen Fasan beschleicht; das Bruchstück eines Gefäßes von 
Speckstein schildert in scharfem Flachrelief einen Zug ebenso 
bestimmt gezeichneter Männer. Allüberall empfangen wir, mit 
jedem neuen Funde sich steigernd, den Eindruck einer Kultur 
von seltener Höhe, dazu einer Kunst, die es durch offenen Natur- 
sinn und durch trefflich geschulten Künstlerblick, bei unverächt- 
lichem technischen Können, dahin gebracht hat Menschen von 
so lebendigem und individuellem Ausdruck zu schildern, wie das 
die spätere hellenische Kunst erst fast tausend Jahre später, im 



Phastos. »Aisäisdie« Kunst 199 

B^inn des 5. Jahrhunderts, vermocht hat In welch leuchtendem 
Glänze steigt infolge aller dieser Entdeckungen die griechische 
Heroenzeit des zweiten Jahrtausends aus den Nebeln der sagenhaften 
Überlieferung hervor! Welch neues Leben hauchen die Funde 
aber auch den Schilderungen des homerischen Epos ein und 
Idiren uns seine ältesten und kraftvollsten Bestandteile scheiden 
von den zarteren, gewinnenderen, aber auch teils moderneren teils 
formelhafter erstarrten Zusätzen der ionischen Sänger! 

Auch die Kreter scheinen mit Ägypten in Beziehung ge- 
standen zu haben. Wenigstens werden die Kefto ägyptischer 
Wandgemälde, mit ihren OoldgefäBen von »mykenischer« Form 
und Ornamentik, deren Heimat man an verschiedenen Orten ge- 
sucht hat, am wahrscheinlichsten für die Kreter, die Kephtor der 
Bibel, gehalten. AAanche Sonderzüge sind der kretischen, andere 
der festländischen Kunst eigen, aber an der Zusammengehörigkeit 
der ganzen »mykenischen« Kultur und Kunst läßt sich trotzdem 
nicht zweifeln. Allem Anschein nach ist die große seemächtige 
Insel Kreta der vornehmste Sitz dieser Kultur gewesen; werden 
wir diese deshalb »kretisch« oder gar »minoisch« nennen? Das 
wäre nur dann berechtigt, wenn wir sicher wären, daß sie auch 
ihren Ursprung in Kreta gehabt und von hier aus sich nordwärts 
verbreitet habe. Andrerseits hat der Name »achäisch« durch das 
Übergewicht Kretas, das sich doch durchaus nicht in seiner Ge- 
samtheit als achäisch bezeichnen läßt, an Wahrscheinlichkeit ein- 
gebüßt Wahren wir uns also lieber den Vorteil, die Bezeich-» 
nungen »kretisch« und »mykenisch« für die einzelnen lokalen 
Gruppen und deren Besonderheiten zu verwenden, während sich 
für die Gesamtheit aller Erscheinungen am dnfochsten aus deren 
hauptsächlichem Verbreitungsgebiet der am wenigsten präjudi- 
zierende Name »ägäisch« ergibt 



K 

DIE KLASSISCHEN LÄNDER SEIT 1870 

eue ßew^ung in der lArchäologte des Spatens«, 
gegen 1870 einsetzte, haben wir nach drei Oe- 
Ispunkten verfolgt Die Hauptplätze des griechischen 
uns sowohl in die klassische wie in die spät- 
griediische Zat; die Stadtanlagen gehörten wesentlich der helle- 
nistischen und der römischen Epoche an; Schliemann und seine 
Nachfolger erschlossen nach rückwärts ein volles Jahrtausend und 
mehr voriiellenischer Kultur und Kunst Ndien diesen großen 
Gesamtziden der Forschung ergab «ch aber noch eine ganze 
Rdhe von Einzelau^;aben, die bald an zufälliger Fund stdlt^ 
bald ein bestimmter wissenschaftlicher Plan hervorrief. Es ist in 
dncr bloBen Obersicht kaum tunlich, allen diesen Einzelforschungoi 
nachzi^ehen; wir wollen uns, zunächst auf dem engeren klassischoi 
Boden, mit denen b^rntigen, die fOr die Archäologie entweder 
dn neues erhdjiiches Resultat ergeben oder bedeutende neue 
Probleme gestellt haben. 



Die Vasenkunde erweiterte, zuerst durch die Entdeckung 
des geometrischen, sodann durch die des >mykenischen* Stils, 
ihr Gebiet nach rückwärts in ungeahnter Weise Die nahezu 
unverwüstliche Tonware bietet ja das sicherste und überall sich 
findende Anzeidien menschlicher Kultur. Die verschiedenen 
Oathingen der Tonware, ihre Entwickelung in Form und Zierat, 
liefern das wertvollste Hilfsmittel zur Erkenntnis entfernter Kultur- 



Ionische Vasen 201 

Perioden und ihrer Zusammengehörigkeit; die kulturhistorische 
und ethnologische Bedeutung dieser älteren Tonware übertrifft 
weit ihren Wert für die Kunstgeschichte in engerem Sinne. Diese 
tritt erst wieder in den Vordergrund, wo zu dem rein dekorativen 
Schmucke der Gerate das figürliche Element mit immer selbständiger 
werdender Bedeutung hinzutritt In der ägäischen Periode ist 
das nur vereinzelt der Fall; etwas mehr gilt es von der späteren 
Phase des geometrischen Stils, der sogenannten Dipylonkunst (S. 1 77). 
Für die folgende Vasenmalerei der historisch helleren Zeit aber 
galten um 1870 noch im wesentlichen die alten Anschauungen, 
vfit sie Otto Jahn 1854 dargelegt hatte (S. 62). Nur in einem 
Punkte war man, nicht durch Stilbetrachtung, sondern mit Hilfe 
der Philologie^ darüber hinausgekommen. 

1863 erschienen zuerst Adolph Kirchhoffs epochemachende 
»Studien zur Geschichte des griechischen Alphabets«. Unter 
den vielen wichtigen neuen Ergebnissen dieser meisterhaften Unter- 
suchung war auch das, daß Kirchhoff auf Grund des Alphabets 
der Inschriften aus der großen Masse »korinthischer« Vasen eine 

87,9f. besondere Klasse ausschied, die ihr Alphabet nach dem euböischen 274/5 
Chalkis oder seinen vielfachen Kolonien verwies. Damit hatte 
zum erstenmal eine ionische Stadt ihre Stelle unter den Fabrikations- 
orten bemalter Vasen erhalten. Die stilistische Prüfung bestätigte 
das Resultat, und mancher mag sich nachträglich mit Verwunderung 
gefragt haben, wie denn eigentlich das rq[same und künstlerisch 
so reich veranlagte lonien auf diesem Kuns^ebiet ganz hätte 
fehlen sollen. Allein die alte Anschauung war so eingewurzelt 
und die Enge des italischen Gesichtskreises noch so stark, daß, 
als kurz darauf aus den Gräbern von Cäre (Cerveteri) eine neue 
hocheigentümliche Vasenklasse älteren Stils auftauchte, man sich 

87,4 f. darauf versteifte in diesen »Cäretaner Vasen« etruskische Nach- 
ahmungen korinthischen Stils zu finden. Es hat erst längerer 
Zeit bedurft, um auch hier einen (freilich von dem chalkidischen 
sehr abweichenden) ionischen Stil anzuerkennen. Wer die treffende, 
aus dem Leben gegriffene Darstellung der Ägypter und der Nubier 
auf der Busirisvase des Louvre betrachtete, konnte nicht zweifeln, 272 
daß der Maler in einer Gegend zu Hause war, von wo aus eine 



202 IX. Die klassischen Lander seit 1870 

persönliche Kenntnis Ägyptens erreichbar war; man vermutet jetzt 
etwa Samos als Heimat dieser bisher nur in Care gefundenen 
schriftlosen Spielart Um 1880 trat dann noch Kyrene mit einer 
eigenen, zum Teil längst bekannten Klasse, wiederum mit einem 
Sonderstil und einem besonderen Alphabet, auf; das Hauptprodukt 
des Landes, das Silphion, verriet die Heimat der Vasen, und das 
87,3 Hauptstück im Louvre, König Arkesilas IL als Silphionhändler, 271 
wies Einzelheiten auf, welche nur aus heimischem Brauch ent- 
lehnt sein konnten. Endlich ließ auch die 1874 bekannt ge- 
wordene, seither durch Barbarei arg beschädigte Phineusschale 
in Würzburg durch ihre Inschriften eine der ionischen Inseln oder 
Städte als Fabrikationsort erschließen. 

Die so wiedergefundene ionische Malerei ist von der korin- 
thischen grundverschieden. • Auch wo die Zeichnung noch derb 
und unbeholfen ist, ist sie doch nie starr und leblos. lonisdie 
Bew^lichkeit und ionische Erzählergabe leuchten fiberall, oft 
mit urwüchsigem Humor, hervor, so daß ihr Beispiel sogar auf die 
gemessenere korinthische Art nicht ohne Einfluß geblieben ist Die 
große Zahl selbständiger ionischer Gemeinwesen endlich erklärte 
die bei gemeinsamem Orundcharakter so verschiedene Art der 
ionischen Vasen. So b^ann in den achtziger Jahren ein eifriges 
Suchen nach weiteren ionischen Spielarten, auch ohne die Hilfe 
von Inschriften, woran sich namentlich Ferdinand Dümmler mit 
vielem Scharfsinn beteiligte. Zwei feste Anhaltspunkte kamen 
hinzu. 

Die altionische Stadt Klazomenäam Meerbusen von Smyma, 
bis dahin ein archäologisch kaum bekannter Ort, trat zuerst im 
Jahre 1883 mit Resten bemalter Tonsarkophage auf, denen bald 
weitere Exemplare folgten; die großen Museen, namentlich in 
Berlin London Paris, haben es sich angelegen sein lassen Proben 
87 dieser bisher nur in Klazomenä aufgetauchten Tonsärge zu er- 273 
werben. Ihre Malereien geben einen trefflichen Überblick über 
eine Art der ionischen Tonmalerei im 6. Jahrhundert, wie sie 
sich vom Schattenrisse zu hellen Figuren auf dunklem Grunde 
oder zu fein gezeichneten bloßen Umrissen fortbildet (die attische 
Entwickelung ist hier deutlich vorgezeichnet); wie sie in streng 



Klazomenä. Naukratis. Ionische Kunst 203 

^mmetrischeni (»iektonischem«) Stil das Ornament, ferner die alt- 
überlieferten Kampf- und Jagdszenen , ja anscheinend sogar Er- 
innerungen an die verheerenden Raubzüge der Kimmerier in 
Kleinasien zur Darstellung bringen, eine deutliche Parallele zu dem 
ältesten ionischen Gemälde von dem uns literarische Kunde wird, 
Bularchos Schlacht bei Magnesia. 

Die andere Hilfe kam aus Ägypten, wo bald darauf (1884/86) 
Flinders Petrie und Emest A. Oardner Naukratis ausgruben, 
die große Faktorei am Nil, an der eine Anzahl kleinasiatischer 
Städte Anteil hatten. Hier kamen neben anderem (z. B. Teilen 
eines altionischen Kapitells) auch eine Menge von Tonscherben 
zum Vorschein, in denen es Georg Löschcke gelang drei Gruppen 
zu unterscheiden und auf drei jener Städte, Milet Samos und 
Mytilene, zu verteilen. Johannes Böhlaus 1894 angestellte Nach- 
forschungen in ionischen Nekropolen, besonders in Samos, dienten 
zur Bestätigung. Auch das ägyptische Daphnä (Defenneh) lieferte 269 
1888 eine neue Abart; ja die Kenntnis ionischen Stils erlaubte 
es, auch die auf der dorischen Insel Rhodos, namentlich in den 
sechziger Jahren von Salzmann in Kameiros gefundenen Vasen 
(S. 85), wiederum eine Gattung für sich, den loniem zuzuweisen. 

Infolge aller dieser Funde und Forschungen trat die ionische 
Kunsttätigkeit in der Glanzzeit loniens, dem 6. Jahrhundert, in 
ungeahntes Licht Ein wichtiges, bisher leeres Blatt der Kunst- 
geschichte hatte seinen Inhalt bekommen, und der Einfluß loniens 
war überall spürbar. Um die gleiche Zeit sollte, wie wir sogleich 
sehen werden, die altionische Plastik, von der die delischen 
Ausgrabungen bereits stattliche Proben geliefert hatten (S. 103), 
auf der athenischen Akropolis eine neue Auferstehung feiern. 
Auch in Attika hatten die Vasenfunde und Vasenstudien nicht 
geruht Die Zwischenstufen zwischen dem Dipylonstil und dem 
»altattischen« Stil der solonischen Zeit (S. 64) wurden nach und 
nach ausgefüllt; Vasenfunde im benachbarten Böotien konnten 
dienen, auch hier die Unterschiede und die Eigentümlichkeiten 
der einzelnen Landschaften aufzuweisen. 



204 IX. Die klassischen Länder seit 1870 

Nach Böotien führt auch eine Entdeckung, die zu ihrer 
Zeit ein ungeheures Aufsehen erregte. Man braucht bloß den 
Namen der kleinen sfidbootischen Landstadt Tanagra zu nennen, 
so belebt sich die Phantasie mit dem reizenden Völkchen der 
>Tanagräerinnen«, die seit dem heimlichen Beginn der Grabungen 
im Jahr 1870 mehrere Jahre hindurch den Gräbern jenes einst 
durch seine Tonindustrie berühmten Städtchens entstiegen, nur 
gar zu bald vermischt mit unechten Schwestern, die eine ge- 
schäftige Industrie den antiken Figürchen beigesellte. Die tana* 
gräischen Tonfigürchen sind zwar aus böotisdiem Ton, aber mit 
attischem Geist und attischer Grazie geformt Eroten, nunmehr 
zu zierlichen Knäbchen verjüngt, flattern in Scharen um die 
Mädchen und Frauen, die, meist züchtig verhüllt, sinniger oder 
kecker, oft mit einem runden Hut über dem Scheitel, in ihren 
zar^efärbten Gewändern einherschreiten oder auf dem Felsen vu 
sitzen, mit dem Fächer in der Hand, mit der Taube auf der 
Schulter, auf eine Maske blickend. Praxitelische Gestalten aus dem 506 
täglichen Leben, gern in etwas modernerem Sinne fortgebildet, 
bewähren sie gleich den Frauen der Grabrdiefs (S. 173) die 
attische Zucht guter Zeit, himmelweit verschieden von ihren 
üppigeren und koketteren hellenistischen Genossinnen aus Klein- 
asien (S. 149). Und neben diese feinen Mädchen treten in flott 
andeutender Ausführung andere Szenen aus dem täglichen Leben, 
der amtsbeflissene Pädagog, der kunstgeübte Haarkünstier^ der sm 
dahinträumende Strafienbube, Gruppen die in ihrem einfachen 
Realismus an ägyptische Figuren des alten Reiches (Kap. X) er- 
innern und ganz jenes pikanten Naturalismus entbehren, der 
76 alexandrinischen Bronzen aus gleichfalls hellenistischer Zeit eigen 596(7 
zu sein pfl^. So sind die Tonfiguren von Tanagra wohl ge- 
eignet uns die Nachwirkungen großer Kunst auf das KuiBt- 
handwerk der nächsten Generation anschaulich zu machen. 



In Athen entwickelte die Archäologische Gesellschaft eine 
bedeutende und ergebnisreiche Tätigkeit. Die von Strack 1862 
begonnene, alsbald von der Gesellschaft aufgenommene Auf- 



Tanagra. Athenische Ausgrabungen 205 

20 deckung des dionysischen Theaters (das Odeion des Herodes 
Atticus war schon früher ausgegraben worden) enthüllte jene 
statth'che Reihe von Ehrensitzen, auf denen einst die athenischen 
Priester und höchsten Staatsbeamten, um den reliefgeschmückten 
Lehnsessel des Dionysospriesters geschart, den Aufführungen zu- 
geschaut haben. Eine weitere Untersuchung, besonders des Bühnen- 
gebäudes, nahm erst in den Jahren 1886/95 Dörpfdd vor. Von 
dem Friedhof am Dipylon und vom Asklepiosheiligtum am süd- 
lichen Bürgabhange war schon die Rede (S. 173. 114). Unterhalb 
des letzteren ward in einer großen zweischiff igen, 1887/8 bloßge- 
legten Halle 1 892 die zum Nutzen der athenischen Theaterbesucher 
erbaute Wandelhalle des pergamenischen Königs Eumenes IL 
erkannt, wie schon früher (1859/62) am Markte die stattliche 

19 doppelschiffige und doppelstöckige, mit Läden versehene Halle 540 
König Attalos IL aufgedeckt worden war, ein Musterbeispiel 
pergamenischer Architektur, noch ehe in Pergamon selbst g^^raben 
und die ähnliche Halle Eumenes IL au^efunden worden war (S. 1 45). 
Aber diese und andere Emzelgrabungen traten völlig in den 
Schatten g^enfiber dem was auf der Akropolis geschah. 

In dem früheren Bilde der Akropolis bildete einen charak- 
teristischen Zug ein hoher plumper Turm, der im Mittelalter über 
dem Südflügel der Propyläen errichtet worden war. 1876 ge- 
währte Schliemann die Mittel um den Turm abzutragen; Auf- 
schlüsse über den Bau der Propyläen und des davor liegenden 
Niketempels waren der Lohn (vgl. Kap. XI). Der gute Erfolg 
ließ den oft lau^ewordenen Wunsch, die ganze Burg einer neuen 
gründlichen Durchforsdiung zu unterziehen, von neuem aufleben. 
Bekanntlich ward die Akropolis bei der persischen Eroberung 
von 480 gründlich verwüstet und durch Brand zerstört Ober 
dieser Schuttmasse hatte das perikleische Zeitalter jene herrlichen 
Bauten, Parthenon Propyläen Niketempel Erechtheion, errichtet, 362 f. 
die seinen Ruhm ausmachten und deren bedeutende Überreste 
auf uns gekommen sind. Damit v^ren fast alle Spuren des 
älteren, vorpersischen Zustandes unter die perikleische Sdiuttdecke 
— man gewöhnte sich bald sie den »Persersdiutt« zu nennen — 

35 geraten. Vielleicht hatte nur das eine Sitzbild Athenas, das sdion 



206 IX. Die klassischen Länder seit 1870 

Pausanias beim Erechtheion gesehen hatte und das sdion frfih 
unterhalb dessdben zum Vorschau gekommen war, den Sturm 
der Zeiten fiberdauert Sonst war nur sdten einmal bei einer 
etwas tieferen Grabung ein »vorpersisches« Stück ans Licht ge- 
kommen, wie das Relief eines jugendlichen Wagensiq;ers (sog. 319 
wagenbesteigende Frau) oder die Statue eines sein Kalb auf den 299 
Schultern tragenden Mannes. Noch deutlicher hatten sdion in 
den dreißiger Jahren Ausgrabungen an den mächtigen Fundamen* 
ten des Parthenon die Eigiebigkeit dieser tiefen Schichten an 
älteren Fundstficken erwiesen. Somit lag die Hoffnung nahe, bei 
grundlicher Arbeit dem Boden ganz neue Aubchlfisse zu ent- 
locken. Eine Versuchsgrabung freilich, die die französische Schule 
1879 unter des Architekten Blondel Leitung westlich vom Erech- 
theion vornehmen ließ, war so unfruchtbar ausgefallen, daß man 
wohl schwankend werden konnte. Allein der bereits bei den 
mykenischen Ausgrabungen bewährte (S. 186) nunmehrige General- 
direktor Panagiötfe Stamatäk£s ließ sich nicht abschrecken und 
l^e im Herbst 1884 Hand an den Plan, die ganze Fläche der 
Butg aufzugraben und überall entweder bis auf den gewachsenen 
Fels oder bis zu antiken Fundamenten und Bauresten vonudringen. 
Als Stamatäkfe kurz darauf starb, nahm sein Nachfolger Panagidtte 
Kabbadias, der sich bereits um Epidauros große Verdienste er- 
worben hatte (S. 117), den Plan mit voller Eneigie auf. Der 
architektonische Teil der Aufgabe lag in der Hand Georg Kaweraus; 
seinen Rat spendete stets bereitwillig Dörpfdd. So ward die Buig- 
fläche in den Jähren 1885/91 systematisch aufgedeckt; mit großer 
Sorgfalt wurden Beschaffenheit und Fundumstände jedes einzelnen 
Fundstuckes gebucht. Von den Propyläen aus begann die Aufdeckung 
längs der Nordseite^ um im Kreise die ganze Buig zu umziehen. 

Selten hat eine planmäßig b^onnene und durchgeführte 
Unternehmung so reiche Frfichte getragen wie diese. Es sollen 
hier nur ein paar Punkte hervorgehoben werden, die der Wissen- 
schaft besonders wichtige Ergebnisse oder neue Probleme zu- 
geführt haben. 

Für die Kenntnis der Akropolis selbst und ihrer Geschichte 
war sogleidi die Auffindung der alten »pelasgischen« Burg- 



Die Akropolis von Athen 207 

tnauer von großer Bedeutung. Die aus unr^elmäßigen Blöcken 
aufgeschichtete Mauer schloß sich viel enger als die nachpersische 
Mauer der ursprunglichen Gestalt des Burgfelsens an; daher ihre 
zum Teil sehr charakteristischen Windungen, und namentlich im 
Süden, wo der Felsen sich viel starker senkte, ihre bedeutend 
tiefere Lage. Nur im Westen, nd)en den Propyläen, war stets 
ein Stfick der Pelasgermauer stehen geblid)en. Den Mauerresten 
aber schlössen sich im Norden zahlreiche Überbleibsel hochalter- 
tfimlicher Bauten an, darunter Reste des alten Königspalastes und 
eine Hintertreppe, der in Tityns ähnlich; ein stehender Zug jener 
alten Burganlagen ward damit auch für Athen enthüllt. 

Südlich vom Erechtheion hatte man schon früher eine größere 
künstlich geebnete, gegen Norden und Westen aufgemauerte 
Fläche bemerkt. Bald nach dem B^'nne der Ausgrabung traten 
13 hier Spuren zutage, in denen Dörpfelds Scharfsinn die Oberre^ 30234 
eines alten Tempels erkannte. Die weitere Aufdeckung bestätigte 
dies, und eine später aus unzähligen Stücken zusammengeflickte 
Inschriftplatte, die von dem Tempel selbst stammte, ergab den 
authentischen alten Namen des Tempels Hekatompedon, neben 
dem ein angeblich zweiter offizieller Name »Alter Tempel« weniger 
sicher, wenn nicht geradezu falsch auf diesen Tempel bezogen 
wird. Dörpfeld erkannte weiter aus der Verschiedenheit der Funda- 
mente, daß das ursprüngliche Hekatompedon nur das in der Tat 
hundertfüßige Tempelhaus, mit einer Cella g^en Osten und einer 
dreigelassigen Schatzabteilung g^en Westen, umfaßt habe, die 
Rtnghalle aber erst ein späterer Zusatz sei — eine zunädist auf- 
fällige Annahme, die aber bald in Unteritalien eine Analogie 
finden (S. 214), sodann in den Funden der Burg selbst ihre sichere 
Bestätigung erhalten sollte. Beide Zustände des Tempels gehören 
ohne Zweifel dem 6. Jahrhundert an; wenn er aber ohne weiteres 
als peisistratischer Tempel bezeichnet zu werden pflegt, so ver- 
sperrt hier, wie so oft, die »provisorische Wahrheit« den Weg 
sicherer Erkenntnis. Der ursprüngliche Bau kann fuglich in vor- 
peisistratische, also etwa »solonische« Zeit gehören; eine nicht un- 
wahrscheinliche Vermutung bringt ihn in Zusammenhang mit der 
Einsetzung der Großen Panathenäen (566). 



208 IX. Die klassischen Lander seit 1870 

Haben die bisher betrachteten Funde ihre Hauptbedeutung 
in unserer erweiterten Kenntnis der Geschichte der Burg und der 
mit ihr verbundenen Zustände Athens, so greift eine andere Reihe 
von Ergebnissen darüber hinaus und verbreitet neues Licht über 
die attische Kunstgeschichte. Während diese sich bisher jenseits 
der Perserzeit nur in ganz vereinzelten, zusammenhanglosen Spuren 
verfolgen ließ, beschenkten uns die tieferen Schichten der Akropolis 
mit einer Fülle von Bildwerken, die den ganzen Verlauf der 
attischen Plastik im 6. Jahrhundert klarstellten. Da trat als das 
älteste Material der bald weichere bald härtere attische Tuff auf, 
der nach Art des anfänglich benutzten Holzes gleichsam geschnitzt 
ward. Mehrere Tuffgiebelfelder, mit reichen und lebhaften Farb- 
uberresten, veranschaulichten in bald flacherem bald höherem 
Relief die Entwickdung zugleich des attischen Reliefstils und 

35 der Otebelkomposition. Einer von diesen Giebeln, der sogenannte v,i 
Typhongiebel, erwies sich durch genaue Untersuchung Theodor 
Wiegands als der des Hekatompedon in dessen ursprünglichem 
Zustande; da er nun am Ende jener Tuffplastik steht, so ist damit 
ein relativer Zeitansatz für die erste Anlage des Tempels g^eben. 
Aber außer den altertümlichen Tuffbildwerken fonden sich auch be- 
deutend jüngere Marmorbruchstücke, aus denen es Franz Studniczka 

35 und Hermann Schrader gelang Teile eines Gigantenkampfes mit 
Athena als Hauptfigur zusammenzusetzen, und zwar die Über- 
bleibsel jenes Giebels, der nach der Erweiterung des Hekatompedon 
durch die neue Ringhalle bestimmt war, den Typhongiebel über 
dem älteren Tempelhause zu verdrängen und zu ersetzen. Also 
war auch hier mit der Bereicherung unserer Kenntnis attischer 
Plastik zugleich ein chronologischer Anhaltspunkt für den Umbau 
des Hekatompedon gewonnen. 

Einen ganz anderen Blick auf die Plastik der peisistrati- 
schen Zeit eröffneten die Ausgrabungen auf der Burg durch jene 

34 lange Reihe der (respektlos als »Tanten« bezeichneten) Mädchen 
und Frauen, die einst, auf hohen pfeilerartigen Basen stehend, 
dem Bilde der vorpersischen Akropolis einen eigentümlichen Reiz 
verliehen haben müssen. Von ihnen gilt das Wort: 

Alle Gestalten sind ähnlich, und keine gleichet der andern. 



Altattische Plastik 209 

Die älteren unter ihnen verrieten deutlich ihre Abkunft von den 
Inseln. Die eine, pfahlrunde, mit einem Gesicht als ob sie wie 
Dikäopolis Tochter Sauerampfer g^essen hätte, war die nädiste 
Verwandte der von Cheramyes geweihten Hera von Samos (S. 1 57). 

34 Die andre, mit roten Haaren und grünen Augen, heiter blickend aoi 
(die »fröhliche Emma«), verleugnete nicht ihre Abkunft von dem 

34 balkenförmigen Weihgeschenk der Nikandre von Naxos (S. 103). 
Nach Chios, wo eine alte Schule von Bildhauern blühte, wiesen 

34 Frauen mit reicherer Gewandung, denen ähnlich die auf Delos 
zum Vorschein gekommen waren (S. 103). Anderen fehlte ein 
gleich deutliches Ursprungszeugnis, aber so viel war klar: die 
fortgeschrittenere Plastik der ionischen Inseln hatte, vermutlich 
zur Zeit des Peisistratos, ihren Einzug in Athen gehalten und mit 
ihrer überfeinerten Rokokomanier die kräftigere altattische Art bei- 
seite gedrängt und die attischen Künstler in ihre Schule genommen. 
Bald hatten die Schüler ihre Meister überflügelt; ein Werk wie 

36 die Frauensiatue Antenors vereinigt auf das glücklichste ionische 302 
Anmut mit attischer Würde und attischem Ernst Und als dann 
gegen Ende des Jahrhunderts auch dorische Einwirkungen vom 
Pdoponnes her, wo inzwischen der Erzguß ausgebildet worden 
war, auf Attika sich geltend machten, da verfeinerte sich die 
ionisch-attische Plastik bis zu so anziehenden Gebilden wie das 

36 an Francesco Francia erinnernde Mädchenköpfchen vom Weih- 320 
geschenk des Euthydikos. Ein verlorenes Kapitel der Kunst- 
geschidite, der wichtigsten eines, da es sich um die Vorstufen 
der großen attischen Kunst des 5. Jahrhunderts handelt, war dem 
Perserschutte der Akropolis abgewonnen. 

Jener Bildhauer Antenor, der später, nach der Vertreibung 
der Tyrannen, in seiner Gruppe der Tyrannenmörder die Richtung 
der dorischen Erzplastik einschlug, war nach dem Zeugnis der 
Inschrift auf der Basis seiner Frauenstatue der Sohn eines Malers 
Eumares, der eine bedeutende Rolle in der Entwickdung der 
attischen Malerei gespielt hat Dieses Zusammentreffen mußte 
um so lebhafteres Interesse erwecken, als die Bemalung bei jenen 
Marmorbildem sehr stark hervortrat, wenn auch nicht in gldch 
hohem Grade wie bei der älteren Tuffplastik. Freilich liderte 

Michaelis, Die archiologischen EntdeckniiKeii. I4 



210 IX. Die klassischen Lander seit 1870 

die Beschränkung der Malerei auf gewisse Teile der Skulptur die 
schlagendste Widerlegung der alten Theorie, daß entweder nichts 
oder alles bemalt gewesen sein mfisse (S. 43); aber die enge 
Verbindung beider Künste in der Antike ward doch von neuem 
anschaulich und machte das Wort Piatons lebendig, daß der 
Bildhauer wohl Form und Zeichnung liefere, sein Werk aber 
doch erst durch den Hinzutritt der Malerei seine volle Wirkung 
erziele. 

Die bessere Einsicht in die Bemalung der Skulptur war aber 
nicht der einzige Fortschritt, den die Ausgrabung der Akropolis 
unseren Kenntnissen der antiken Malerei brachte. Aus den Tiefen 
des Perserschuttes stiegen auch zahlreiche Proben älterer Ton- 
malerei, Tonplatten oder Vasenscherben, hervor. Indem das 
Jahr 480 für sie — bei gehöriger Vorsicht in der Feststellung 
der Fundschichten — den letztmöglichen Zeitpunkt bezeichnete, 
gewann die Vasenchronologie einen Fixpunkt, dessen sie bisher 
entbehrt hatte. Es wird unten (Kap. XI) unsere Aufgabe sein 
die Konsequenzen dieser Erkenntnis näher darzul^en; hier genügt 
es darauf hinzuweisen, daß unsere geschichtlichen Anschauungen 
eine völlige Revolution durchmachten und die ganze Geschichte 
der rotfigurigen Malerei um eine bis zwei Generationen hinauf- 
gerfickt, ihre Anfänge bis in die Zeit des Tyrannen Hippias 
verl^ werden mußten. 

Die angeführten Proben können zur Genüge zeigen , wie 
reiche Ergebnisse die Aufdeckung der Akropolis zutage gefördert 
hat Das Unternehmen kann sich in jeder Beziehung den Aus- 
grabungen von Olympia und Delphi an die Seite stellen, Athena 
hat ihren Platz würdig neben Zeus und Apollon eingenommen. 
Um die Aufgabe ganz zu vollenden erübrigt noch die Untersuchun- 
gen auch außen rings um die Burg durchzuführen. Die Südseite ist 
längs von den Schutthalden früherer Aufräumungen auf der Burg 
gereinigt und steht in alter Großartigkeit der Felsgestaltung wieder 
da. An der Nordwestecke hat Kabbadias 1896/7 den Spaten 
angesetzt und die Gegend um die Pansgrotte mit schönen neuen 
Ergebnissen freigelegt Ohne Zweifel wird die Fortsetzung des 
Werkes längs den nördlichen »Langen Felsen« und an der Ost- 



Vasenchronologie. Enneakrunos. Peloponnes 211 

Seite vide weitere Aufklärung bringen. Der westliche Abhang 
ist leider durch moderne Fahrstraßen und Anpflanzungen den 
Nachforschungen entzogen, die allein hier manche dunkle Punkte 
würden aufhellen können. Dafür hat Dörpfeld 1892/97 weiter 
unten am Fuße der Pnyx aus Mitteln des Archäologischen Insti- 
tuts und privater Gönner eine große Brunnenanlage aus peisi- 
stratischer Zeit bloßgel^ die durch einen langen Tunnel gespeist 
ward. Ist es die von Peisistratos in die neunröhrige Enneakrunos 
umgewandelte alte Kallirroe? Noch wogt der Streit, und der 
Schlachtruf »Hie Pausanias!« »Hie Thukydides!« erschallt; doch 
neigt sich die Entscheidung mehr und mehr auf Dörpfdds Seite. 
Sicher ist der Nachweis eines großartigen Nutzbaues der T}rrannen- 
zeit, vergleichbar der Wasserleitung des Polykrates in Samos 
(S. 157) und dem großen »hundertsäuligen« Brunnenhause des 
Tyrannen Theagenes, dessen Überreste 1899 nach Dörpfdds An- 
weisung Richard Ddbrück und Karl Gustav Vollmöller in Megara 
aufgedeckt haben. 



Auch außerhalb Athens haben die Nachforschungen nicht 
geruht Außer der Archäologischen Gesellschaft haben auch die 
übrigen archäologischen Schulen Athens sich an diesen Aufgaben 
beteiligt. Einige Zeugnisse für diese lebhafte Tätigkeit mögen 
genügen. In Korinth haben 1896/1904 (Rufus B. Richardson 
und Genossen) und in Sikyon seit 1887 (M. L. Earle u. a.) 
die Amerikaner, in Megalopolis 1890/91 die Engländer (Ernest 
A. Gardner und Genossen und der Architekt Robert Weir Schultz) 
mit gutem Erfolge gegraben. Die Theater bildeten dabei stets 
einen Hauptgegenstand der Untersuchung (vgl. S. 119); in M^a- 
lopolis kam hinter dem Theater das Thersilion zum Vorschein, 
ein säulenreicher Saal von kunstvollerer Anlage als der eleusinische 
Wdhetempd (S. 116). In Tegea stdite 1888/89 Victor Berard 
von der Französischen Schule die Stadtmauer, die Agora und 
andere wichtige Punkte der Stadtanlage fest, aber der berühmte 
Tempel der Athena Alea, das Meisterwerk des jungen Skopas, 
enthüllte wegen des verblendeten Widerstandes der Bevölkerung 

14* 



212 IX. EHe klassischen Länder seit 1870 

57 nur widerwillig und sparsam einige Proben seiner Skulpturen, immer- 443 
hin genug um danach die Kunstart des Skopas genauer bestimmen 
2u können (s. Kap. XI). Im benachbarten Mantineia forschte 
1887/88 Gustave Foug^res; eines der glücklichsten und wichtig- 

56 sten Ergebnisse war der Fund dreier Platten von der Basis einer 
Gruppe des Praxiteles, die uns die Gewandmotive praxitelischer 
Kunst kennen lehrte. Fast noch überraschender war die Auf- 
klärung, die uns 1889 Kabbadias Ausgrabungen in Lykosura, 
angeblich der ältesten Stadt des Menschengeschlechtes, brachte. 
Für die Heiligtümer Lykosuras war hauptsächlich der messenische 
Bildhauer Damophon tätig gewesen, den man mangels bestimmter 
Angaben allgemein nach gewissen Anzeichen in das 4. Jahrhundert 
gesetzt hatte. Jetzt ergab ebensowohl die architektonische Beschaffen- 

74 heit der Tempelreste wie der stilistische Charakter der Sktdpturen, 
daß Damophon der Verfallzeit, etwa dem 2. Jahrhunderte vor 
Christo, angehört hat Eine andere Bereicherung lieferten 1900 
Taucherarbeiter bei der kleinen Insel Antikyth^ra beim stürme- 
reichen Kap Malea, im Süden des Peloponneses. In römischer 
Zeit war hier (nicht weit von der Stelle, wo Lord Elgins Schiff 
Mentor Schiffbruch litt, s. S. 28) ein Schiff mit einer Ladung 
eherner Kunstwerke untergegangen. Stückweise wurden sie vom 

' Grunde des Meeres emporgeholt, darunter eine Erzstatue schönen 433 
Stils, wenn auch unsicherer Deutung, die alsbald zum Prüfstein 
kunstgeschichtlicher Stilbestimmung gemacht ward; davon wird 
später (Kap. XI) die Rede sein. 

Der Peloponnes hatte den Löwenanteil an diesen Unter- 
suchungen. Aber auch die für die bildende Kunst wenig ergiebige 
Landschaft Aetolien ging nicht ganz leer aus. Der ätolische Bund 
hatte seinen Mittelpunkt in dem hoch im Innern des Landes ge- 
legenen Apollonheiligtum von Thermos. Unter Geoiigios Soteriä- 
dfe Leitung ward 1897/9 der Tempel ausgegraben, ein hoch- 254 
altertümlicher, eigenartiger Bau, in dem eine mittlere Säulenstel- 
lung nicht bloß die lange schmale Cella, sondern auch die vordere 
und die hintere Vorhalle zweischiffig gestaltete (vgl. S. 1 87). Wo 
stand in der zweischiffigen Cella das Götterbild? Bisher hatte 
man ein Götterpaar als Inhaber eines solchen zweischiffigen Tempels 



Peloponnes. Thermos. Italien 213 

vermuten können; hier kam nur Apollon in Betracht So stellte 
auch dieser Fund eine neue Frage , die einstweilen noch unbe- 
antwortet ist Einen anderen Gewinn bot der Tempel durch ein 
paar bloß bemalte Metopen altertümlichen Stils. Metopen kannte 
man bisher nur leer oder mit Reliefs geschmückt; wenn hier die 
bloße Malerei an der Stelle bemalter Reliefs auftrat, so war das 
ein neuer Beleg für die Oleichwertigkeit beider künstlerischer Aus* 
drucksweisen bei den Griechen. Das hatten schon die alten 
attischen Orabreliefs aus dem 6. Jahrhundert gelehrt Der be- 
35 malten Reliefstele des Aristokles war die bloß bemalte Grabplatte 3oo 
88 des Lyseas an die Seite getreten; auf der letzteren war im Neben* 299 
felde ein Reiter gemalt, auf der Aristoklesstde war das Nebenfeld 
für eine entsprechende bloße Malerei ausgespart worden, auf einer 
dritten ähnlichen Platte waren die Hauptfigur und der Reiter im 
Nebenfelde beide in (einst gemaltem) Relief dargestellt Das Relief 
bildete eben nach dem oben (S. 210) angeführten Worte Piatons 
nur die Grundlage für die Malerei, die dieser die bestimmteren 
Umrisse und eine bescheidene Schattenwirkung gewährte. 



Von Griechenland wendet sich unser Überblick nach Italien. 
Unter dem beherrschenden Einflüsse Luigi Pigorinis haben sich 
die jüngeren Archäologen Italiens fast ganz der prähistorischen 
Forschung ergeben. Diese steht aller Orten in Italien in hoher 
Blüte (vgl. S. 181). Dazu kommt der reiche und fruchtbare An- 
teil Italiens an den kretischen Untersuchungen (S. 196. 198). So 
kommt es, daß die Italiener die Sorge für ihre klassischen Kunst* 
schätze nur in vereinzelten Fällen selbst in die Hand nehmen, mei<^ 
stens fremden Gelehrten überlassen. Ein Hauptanteil entfällt auf 
das Deutsche Archäologische Institut in Rom, dessen speziell 
archäologische Leitung 1887 Eugen Petersen übernahm. 

Während für die in Italien lebenden, vollends für die italie- 
nischen Gelehrten von jeher eine gewisse Beschränkung des Ge- 
sichtskreises auf Italisches nahe gelegen hat, brachte Petersen von 
seinen kleinasiatischen Reisen (S. 160 ff.) und einem einjährigen 
athenischen Aufenthalt an der Spitze des dortigen Archäologischen 



214 IX. Die klassischen Lander seit 1870 

Instituts einen weiteren Gesichtskreis mit und erkannte es zunächst 
als eine lange vernachlässigte wissenschaftliche Aufgabe, den 
griechischen Spuren in Italien nachzugehen. Seit Frangois Lenor- 
mants flüchtiger Bereisung der Oroßgriechischen Küste (1880) 
hatte niemand wieder Unteritalien im Zusammenhang auf grie- 
chische Kunst untersucht. Petersen unterzog sich dieser Aufgabe 
und erkannte 1889 mit dem auf seinen Reisen geschärften Blick 
in Lokroi am Meerbusen von Tarent die Reste eines ionischen 
Tempels, der demnächst unter Petersens Mitwirkung von Paolo 
Orsi ausg^[rabeii ward. Ein ionischer Tempel war in Unter- 
italien, wo sonst die dorische Baukunst allein herrscht, ein Uni- 
kum, seine Aufdeckung um so erwünschter, als seine Formgebung 259 
sich als konservativ erwies und daher geeignet war eine schwer 
empfundene Lücke in unserer Kenntnis des älteren ionischen Stils 
auszufüllen. Auch sonst bot der Tempel viel Eigentümliches» 
z. B. eine zweischiffige Anlage und eine nachträgliche Ei^nzung 
des ursprünglichen Tempelhauses durch eine spätere Ringhalle, 
ebenso wie bei dem kurz vorher entdeckten athenischen Heka- 
tompedon (S. 207). 

Was hier in einem einzelnen Beispiele g^lückt war, ver- 
folgten in den nächsten Jahren (1892/94) in großem Zusammen- 
hang Otto Puchstein und der Architekt Robert Koldewey. Ob- 
gleich ohne Ausgrabungen durchgeführt, hat ihre eremeute 
Untersuchung sämtlicher Tempelruinen Unteritaliens und Siciliens 
doch sehr bedeutende Ergebnisse gehabt und die Kenntnis 
der älteren dorischen Baukunst des griechischen Westens bedeu- 
tend gefördert Einige Beispiele mögen das bellen. Bei Seli- 
nunt trat ein altes vordorisches Heiligtum an den Tag, was einen 
durchgängig jüngeren Ansatz als bisher für die dorischen Bauten 
zur Folge hatte. Am selinuntischen Tempel C (S. 42) und am 
sogenannten Cerestempel in Pästum erwies sich der Giebel als 
an den Enden geknickt In Oirgenti ward den Atlasgestalten ihr 246 
wahrscheinlicher Platz am Zeustempel ermittelt (S. 42). Infolge 339 
genauer Beachtung der Altäre vor den Tempeln ward die zwei- 
schiffige sogenannte Basilika in Pästum mit ihrer neunsäuligen 241 
Front, die meistens als Stoa galt, mit Sicherheit eben durch ihren 



Griechische Tempel in Italien. Ionische Erzwerke 215 

Altar als Tempel erkannt Eine vielbesprochene Eigentümlichkeit 
10 gewisser dorischer Kapitelle, eine scharfe Einziehung des Säulen- 243 
halses dicht unter dem Echinos, ward als Besonderheit der achäi- 
schen Stadt Pästum nachgewiesen (vgl. Kap. XI). Eine erwünschte 
Erweiterung dieser großgriechischen Architekturstudien bildete der 
1896 von H. Oraillot aufgefundene, alsbald von Petersen ge- 
nauer untersuchte Tempel in Conca bei Antium. Er lieferte 
den Nachweis, daß etwa um 500 in Latium ein Tempel nicht 
den italischen, sondern einen reingriechischen Grundriß haben 
konnte, und bestätigte dadurch in erwünschter Weise was wir 
sonst nur aus zerstreuten Nachrichten über griechische Kunst- 
einflüsse auf das Rom der beginnenden Republik erfahren, während 
die hergebrachte Auffassung das damalige Rom sich ganz im 
Bann etruskischer Kultur und Kunst zu denken pfl^ 

Einer Entthronung Etruriens zugunsten des Griechentums 
galt auch eine andere Reihe von Studien Petersens. Es gelang 
ihm nachzuweisen, daß ein 1812 in Perugia gefundener eherner, 
mit Reliefs geschmückter Wagen, der als ein Hauptstück altetrus- 280 
kischer Kunst angesehen ward, gar nicht etruskisch sondern ionisch 
sei, vermutlich aus einer der ionischen Kolonien Süditaliens 
stammend. Was aber von diesem einen Werke galt, das fand 
auch auf viele andere »etruskische« Werke Anwendung, z. B. auf 
den berühmten Erzleuchter in Cortona. Von der Chimäre in 
Arezzo stand es schon lange fest, daß sie trotz ihrer etruskischen 
Inschrift ein griechisches Werk sei. Petersen dehnte dies Verdikt 
auch auf die berühmte kapitolinische« Wölfin aus, die in der Tat 315 
keinen etruskischen Charakter trägt; da aber die sonstige mittel- 
italische Kunst in so früher Zeit kaum ein solches Werk schaffen 
konnte und Einzelheiten an ionischen Stil erinnern, so ver- 
mutete Petersen auch hier die Arbeit einer ionischen Fabrik, die 
etwa zu Anfang der Republik für Rom geschaffen worden sei, 
eine Parallele zu den athenischen Tyrannenmördern. So viel 
steht fest, daß heute mit mehr Kritik als früher das altionische 
Kunstgut von etruskischen Nachahmungen geschieden und so ein 
neuer Einblick in die ionische Kunst namentlich Süditaliens ge- 
wonnen wird. Ohne Zweifel ist beispielsweise das 1791 bei 



216 IX. Die klassisdien Lander seit 1870 

Nemi gefundene Marmorrelief der Glyptothek Ny Carlsbet^ mit 3U 
der Ermordung Ägisths ebenfalls ein echt altionisches Werk; das 
wird auch durch mancherlei Ähnlichkeiten mit den Friesen des 
knidischen Schatzhauses in Delphi (S. 126) bestätigt 



Neben die griechischen Vorbilder italischer Kunst treten die 
selbständigen Schöpfungen Italiens. Der etruskische oder besser 
altitalische Tempel war uns bis vor kurzem nur aus der 
nicht ganz klaren Beschreibung Vitruvs bekannt, daher die Wieder- 
herstellungsversuche recht verschieden ausfielen. Allmählich hat 
es auch auf diesem Gebiete zu tagen begonnen. Schon 1865 
und wiederum 1875/76 wurden im Garten des Palazzo Caffa- 
rdli zu Rom die Fundamente des kapitolinischen Juppitertempels 
aufgedeckt und vermessen, so daß man wenigstens von der An- 
lage im ganzen ein Bild erhielt; 1 887 kamen in Alt-Falerii (Civitä 
CasteUana) die Reste des alten dreiteiligen Tempels der Juno 633 
CuritiSi wenn auch in sehr beschädigtem Zustande, zutage. Aber 
eine reichere Anschauung ward doch erst durch eine Anzahl von 
Tempelgrundrissen vermittelt, die in Marzabotto (1888/89, S. 134), 
in Alatri (1889), in Florenz (1892) aufgedeckt wurden. Das Er- 634 
gebnis war das gleiche wie überall : an die Stelle der vitruvischen 
Regel trat eine viel größere Mannigfaltigkeit der wirklichen Grund« 
risse. Der Abschluß nach hinten durch eine feste Mauer, die weite 
Vorhalle zur Beobachtung der Himmelszeichen, die Schwelle der 
Cella als geweihter Mittelpunkt des Ganzen, das waren immer wieder- 
kehrende, weil im Ritus begründete Züge, im übrigen aber herrschte 
ziemlich große Verschiedenheit des Plans, z. B. auch darin, ob 
der Tempel auf ebenem Boden oder auf erhöhtem Podium stand, 
wo dann eine Treppe vom hinaufführte. Auch der Aufbau des 
23 Tempels ward durch Funde von Terrakottaverkleidungen des Holz- 
gebälkes neu beleuchtet, die den fast überreichen Eindruck dieser 
Tonzieraten (Tonwaren bildeten einen Lieblingszweig des etrus- 
kischen Kunsthandwerks) anschaulich machten (vgl. S. 34 f.). In 
Luni bei Carrara war schon 1842 ein ganzes Giebelfeld mit 
großen Tonfiguren, allerdings erst aus römischer Zeit, zum Vor- 



Die Tempel Mittelitaliens 217 

schein gekommen, das aber erst 1885 von Milani ans Licht ge- 
zogen und in seiner Bedeutung erkannt ward. 

Neben der Erforschung der älteren Gestalt des italischen 
Tempels wendete sich das Studium auch dem lange vernach- 
lässigten Gebiete des allmählichen Überganges der italischen Bau- 
weise zur griechischen Formensprache zu. Luigi Caninas phanta- 
sievolle Arbeiten auf dem ganzen Gebiet römischer Baukunst 
hatten lange Zeit ein nicht ganz gerechtfertigtes Ansehen genossen. 
1836 hatte der gründliche Carlo Promis die Oberreste von Alba 
Fucens im Gebiete der Äquer zum Gegenstand einer eingehen- 
deren Forschung gemacht. Neuerdings hat Richard Delbrück 
die Tempel Mittelitaliens zusammenhängend untersucht und an 
den Tempeln von Signia, Norba, Gabii den griechischen Einfluß 
auf die Tempelform, die Ausbildung der Gliederungen, den Über- 
gang vom Holzbau zum Steinbau nachgewiesen; femer gezeigt, 
wie g^;en den Schluß des hannibalischen Krieges die kleinasia- 
tische Bauweise des Hermogenes (S. 1 50 ff.) nach Rom verpflanzt 
ward, allerdings um in dem fremden Boden bald etwas zu ver^ 
24 trocknen. Längst bekannte Tempel, wie der ionische der Mater 675 

Matuta (sogenannte Fortuna Virilis) in Rom oder der korinthische 
24 Rundtempel in Tivoli traten erst so in ihren rechten Zusammen- 
24 hang; der Tempel zu Cori im Volskergebirge, durch seine Lage 677 
bestechend, offenbarte die traurige Dürre, zu der der dorische 
Stil in Italien zusammenschrumpfte, um bald dem »tuscanisehen« 
Stil Platz zu machen. 



In der Stadt Rom bewirkte der Übergang der stillen Papst- 
residenz in die Hauptstadt des Königreichs Italien eine Umge- 
staltung, wie sie seit den Tagen Sixtus V. nicht mehr erlebt 
worden war. Die Menge neuer Straßen und neuer Bauten för- 
derten überall Reste alter Bauwerke oder Skulpturen zutage, und 
das neue städtische Museum auf dem Kapitol reichte bald nicht 
'aus, um den unaufhörlich zuströmenden Schätzen ein Unter- 
kommen zu bieten. Und neben den Zufallsfunden gingen ziel- 
bewußte Ausgrabungen einher. 



218 IX. EHe klassischen Länder seit 1870 

Auf dem Palati n wurden die von Napoleon III. begonnenen 730 
Arbeiten (S. 91 f.) fortgesetzt und über fast die ganze Fläche des 
Berges ausgedehnt, so daß das Bild dieses schon früh vornehmen 
Stadtteils in seiner Benutzung für die ausgedehnten Palastbauten 
der weltbeherrschenden Kaiser immer deutlicher heraustrat. Der 
Palast des Augustus ist noch großenteils unter der Villa Mills 
verborgen; jetzt, so heißt es, hat auch deren Stunde geschlagen. 
Wird der antiquarische Gewinn die Einbuße der poetischen Zy- 
pressen aufwiegen? Dieselbe Frage läßt sich auch anderswo auf- 
werfen. Die langjährigen Arbeiten auf dem Forum haben viele 
Punkte der römischen Topographie und Altertümer aufgehellt 
und haben Lichtstrahlen in die graue Urzeit der Stadt fallen 
lassen, aber der einst so schöne Campo vaccino ist in eine häß- 
liche Grube voller Minierarbeit, voller Gräben und Erdhaufen 
verwandelt worden, für deren unerfreulichen Anblick es schwer 
fällt in dem vielberufenen lapis niger über dem Romulusgrabe, 
in den Resten des Vestaheiligtums oder des Augustustempds 
vollen Ersatz zu finden. Wirklich gewonnen hat der Eindruck 
des Titusbogens, da erst durch die Ausgrabungen der hohe Sattel 
der Velia, auf dem der Bogen liegt, zu seiner ganzen Wirkung 
kommt; das Denkmal der Eroberung Jerusalems thront jetzt, vom 
Forum gesehen, in stolzer Höhe. 

Zu den wertvollsten archäologischen Gaben der Stadtum- 
wälzung gehört jenes Haus aus augustischer Zeit, das 1878 an- 
läßlich der Tiberr^ulierung im Garten der berühmten Farn es i na 
zum Vorschein gekommen ist Seine wohlerhaltenen Wandmale- 
reien zeigen den »zweiten Stil« (S. 137) in einer Mannigfaltigkeit 
der Durchbildung, in einem Reichtum und Geschmack, daß gegen- 
über der pompejanischen Landstadt hier, wie bei den palatini« 
96 sehen Wandmalerelen (S. 92), die hauptstädtische Vornehmheit sio 
gs zu vollem Ausdruck kommt. Vollends bieten die Stuckdekora- 
tionen der Decken in ihrem geistreichen, leicht andeutenden Stil, 
fern von aller Schablonenarbeit, eine der schönsten Leistungen 
dekorativer Kunst aus der ganzen Antike. Diese Schätze, dem 
Erdboden an einer auch von der neueren Kunst geweihten Stätte 
abgewonnen, gehören zu dem vornehmsten Besitze des neuge- 
bildeten Museo nazionale in den Thermen Diocletians. 



Palatin. Famesina. Einzelfunde. Ära Pacis 219 

Das Thermenmuseum birgt auch noch sonst viele der schönsten 
Einzelfunde der letzten Jahrzehnte. Bei der trostlosen Ver- 
wüstung der Villa Ludovisi und ihrer Verwandlung in eine Gruppe 
öder Mietskasernen fand sich wenigstens 1887 eines der an- 
ziehendsten Bildwerke, das je dem römischen Boden entstiegen 

99 ist, eine marmorne Thronlehne mit der Darstellung der dem 313 
Meere entsteigenden Aphrodite, die von den Nymphen links und 
rechts sorgsam empfangen wird, ein Meisterwerk griechischer 
Plastik aus dem Übergange zur reifen Kunst Mit der ganzen 
Sammlung Ludovisi hat das kostbare Stück im Thermenmuseum 
seinen Platz gefunden. Ebenda im Oberstock begrüßt den Be- 
sucher die vornehme, dem Vestakloster entstammende Vestalin, 751 
das Urbild einer adligen Äbtissin (gefunden 1883); femer einige 
Erzstatuen, darunter der 1884 an der Via Nazionale gefundene 
wüste Faustkämpfer, der mit zerschlagener Nase, verschwollenen eoe 
Ohren, zerkratzten Armen, aber mit ungeminderter Brutalität da- 
sitzt, ein ebenso vortrefflich ausgeführtes, wie für den Zeitgeschmack 
charakteristisches Werk, neben dem ein in Olympia gefundener 

66 Si^erkopf von Erz, obschon ebenfalls von unschönen Formen, 496 
wie der Vertreter eines vornehmeren Geschlechtes erscheint 

Außer den neuen Funden fanden auch die zum Teil alt- 
bekannten Bildwerke der Kaiserzeit erneute Beachtung. Die 
römische Kunst war lange Zeit von der Archäologie sehr stief- 
mütterlich behandelt worden; die Menge und Bedeutung der 
immer neu auftauchenden griechischen Werke hatten die römischen 
ganz in den Hintergrund gedrängt Zuerst wies 1879/81 Friedrich 

8 von Duhn eine Anzahl zerstreuter Monumentalreliefs als Bestand- 709 
teile der Ära Pacis nach, die der Senat zu Ehren des Kaisers 
Augustus nach dessen Befriedung des ganzen Reiches im Jahre 1 3 
V. Chr. gelobt, vieriehalb Jahre später der Friedensgöttin geweiht 
hatte. Diese Forschung nahm 1894 Eugen Petersen auf und 706f. 
vermochte Form und Umfang des Altargehäges, Verteilung und 
Deutung seines Schmuckes genauer festzustellen. Die Ära Pacis, 
mit der echt römischen Feierlichkeit ihres Frieses und ihrem 
engen Anschluß an die Wirklichkeit, errang sich schnell ihren Rang 
als hervorragendstes Beispiel augusteischer Kunst und als charak- 



220 IX* I^ic klassischen Länder seit 1870 

teristische Parallele zu dem Friese des Parthenon als dem be- 
zeichnenden Vertreter des perikleischen Athen (vgl. Kap. XI). 

Hier war etwas ganz Neues gewonnen, aber wie stand es 
denn mit der genaueren Kenntnis der vermeintlich wohlbekannten 
offiziellen Bildwerke der Kaiserzeit? 1 890 nahm Edmond Courbaud 
die 1872 von Adolf Philippi begonnene Forschung wieder auf. .: 
Aber auch hier blieb noch das Wichtigste zu tun. Franz Wick- 

82 hoffs Analyse der Reliefs des Titusbogens (1895) ließ einen 729 
tieferen Blick in die Kunstart der flavischen Kaiserzeit tun. Konrad 
Cichorius Ausgabe der Reliefs der Trajanssäule (1896/1900) 
bahnte erst den Weg zu eingehender historischer und archäo- 
logischer Behandlung dieses bisher auch künstlerisch weit unter 
Gebühr geschätzten Werkes. Die photographische Aufnahme und 

85 teilweise Abformung der Marcussäule, auf Kosten des deutschen Tn 
Kaisers 1895 unter Leitung Petersens, Alfred v. Domaszewskis 
und des Architekten Guglielmo Calderini ausgeführt, gab auch 
hier wissenschaftlicher Betrachtung zuerst eine feste Basis. Einer^^ 
seits die ethnographisch lehrreiche Darstellung der Marcomanndi 
und der anderen O^ner Marcaureis, andrerseits die Umwandlung 
der trajanischen, vielfach poetischen Oeschichtserzählung in einen 
trockenen Chronikstil traten erst jetzt in volles Licht. Weiter 
schied Petersen am Konstantinsbogen die trajanischen Bestand- 
teile, die Rundreliefs, zuerst deutlich von den oblongen Platten 
aus Marcaureis Zeit und gab dadurch einen weiteren wichtigen 
Beitrag zur Kenntnis der Kaiserkunst. Den 1 872 auf dem Forum 
gefundenen großen Reliefschranken mit Darstellungen des Forums 
und trajanischer R^ierungshandlungen wies Petersen 1898 ihren 
ursprünglichen Platz als Geländer der Rednerbühne an. Genug, 
unsere Kenntnis der historischen Skulptur der Kaiserzeit ward 
völlig von neuem auf eigene Füße gestellt. 



In Pompeji gingen die Arbeiten in der früher geschilderten 
Richtung (S. 133 ff.) weiter fort. Ein Stück der alten Stadt nach dem 
anderen ward aufgedeckt Öffentliche Gebäude, wie die sogenannten 
Centralthermen (1 877) oder der ganz zerstörte Tempel der Stadtgöttin 



Kaiserreliefs. Pompeji. Silberfunde 221 

Venus (1898), traten selten ans Licht. Unter den zahlreichen 
100 Privathäusem erregte das 1894/95 aufgedeckte Haus der Vettier 727 
durch seinen ebenso reichen (man zählt 188 Bilder!) wie wohl- 
erhaltenen malerischen Schmuck allgemeines und berechtigtes 
Aufeehen; verdientermaßen hat man es möglichst im ursprüng- 
lichen Zustande belassen und geschützt. Ein anderer Fund, der 
etwas Neues bot, war die Entdeckung eines Landsitzes mit Wirt- 
schaftsbetrieb in der Umgegend Pompejis, in Boscoreale; er 
ward 1894/96 unter Pasquis Leitung ausgegraben. Natürlich 
war hier alles verschieden von der städtischen Villa des Diomedes 
(S. 18); zum erstenmale tat man einen Einblick in die Einrichtung 
einer villa rustica. 

Den Besitzern dieses Landsitzes war es bei der großen 
Katastrophe, die mit der benachbarten Stadt Pompeji auch ihre 
Villa unter dem Aschenr^en verschüttete, nicht geglückt ihr 
stattliches Silbergerät, das sie bereits zusammengerafft hatten, 
zu retten. Es fand sich noch fast vollständig beisammen, um 
dem italienischen Ausfuhrverbote zum Trotz schnell den Weg 
in die Hände des Barons Edmond de Rothschild zu finden, der 
den größten Teil (zwei Becher behielt er zurück) dem Louvre 
schenkte. Es war ein prächtiger Schatz, gemischt aus hellenistischen 
und römischen Arbeiten. Der schnell berühmt gewordene Becher 
mit einer Art Totentanz griechischer Dichter und Philosophen 589 
kann kaum anders als in Alexandrien entstanden sein; ein Henkel- 
becher mit Schilderungen aus dem intimen Leben der Störche 58? 
weist auf ein Land hin, wo Störche nisten, vermutlich Kleinasien; 
eine prunkvolle Schale mit dem Medaillon der Alexandreia oder 
Afrika ist mindestens einem alexandrinischen Original entnommen. 
Andererseits lassen Humpen mit historischen Szenen aus dem 
Leben der Kaiser Augustus und Tiberius oder Schalen mit römischen 
Bildnisbüsten keinen Zweifel an ihrem römischen Ursprung auf- 
kommen. Somit ward auch auf diesem Gebiete die Scheidung 
hellenistischen (nicht bloß alexandrinischen) und römischen Outes 
der Wissenschaft als Aufgabe gestellt, eine Scheidung, die sich 
auch auf gewisse marmorne Reliefbilder malerischen Charakters 
erstreckte. Neuerdings neigt sich für die erhaltenen Exemplare 



222 IX. Die klassischen Länder seit 1870 

80 die Ansicht der Gelehrten römischem, in den besten Stacken 569 
augusteischem Ursprünge zu, womit freilich die — für manche 

76 Stücke unzweifelhaften — Vorbilder aus hellenistischer Kunst 568 
noch nicht abgetan sind. Man denkt unwillkürlich an das Ver- 
hältnis der römischen Poesie in der ersten Kaiserzeit zu ihren 
hellenistischen Mustern. 

Der Silberfund von Boscoreale war nicht der erste seiner 
Art Schon im Jahre 1830 war in der Normandie, zuBerthouville 
bei Bemay, der Silberschatz eines Merkurtempels zum Vorschein 
gekommen, der sich jetzt ebenfalls im Louvre befindet Er gehört 
wohl etwas späterer Zeit an als der Schatz von Boscoreale und 
legt von dem prunkvollen aber minder reinen Geschmacke der 
Kaiserzeit auch auf diesem Gebiete Zeugnis ab. Nach längerer 
Zeit folgte 1 858 der Fund des silbernen Ordensschmuckes (Phalera) 
eines römischen Offiziers, der bei Lauersfort, unweit Xanten, dem 
Rhein abgewonnen ward. Künstlerisch wertvoller ist der 1868 
bei Mild es he im entdeckte Silberschatz, jetzt in Berlin, der in 
der Hauptsache der ersten Kaiserzeit angehört und vermutlich 
das Tafelgeschirr eines römischen Generals, wenn auch nicht 
gerade des Varus, gebildet hat Im ganzen dem Funde von Bos- 
coreale nahestehend, in einzelnen Stucken (z. B. dem großen 
Mischkruge und der Athenaschale) ihm fiberlegen, r^ er die 590 
gleichen Fragen an wie jener. Es scheint daß Plinius Wort, die 
Kunst der Silberschmiede und Ziseleure sei erloschen, sich mehr 
auf die Erfindungsgabe als auf die technische Fertigkeit bezöge. 
Die letzten Beispiele führen uns durch ihre Fundstätten be- 
reits über die Grenzen Italiens hinaus und leiten über zu den 
Außenländem, die wir im nächsten Kapitel rasch durchwandern 
wollen. 



DIE AUSSENLÄNDER SEIT 1870 




ei den wdtzerstreuten Gebieten, die die beiden klas« 
sischen Länder von allen Seiten umgaben, handelt es 
sich um ganz verschiedene Gesichtspunkte, je nachdem 
diese Gebiete selbst die Heimat altfiberlieferter Kunstfibung sind 
oder ihre Anr^^ngen von griechischer oder römischer Seite er- 
halten haben. Selbstverständlich fällt der Osten im ganzen unter 
ersteren, der Westen und Norden unter letzteren Gesichtspunkt. 



In Ägypten stand die wissenschaftliche Forschung seit der 
Mitte des Jahrhunderts wesentlich unter französischem Einfluß. 
Auguste Mariette, weniger ein tiefer Forscher als ein glucklicher 
Entdecker, ließ eine große Reihe von Tempeln, in Edfu, Karnak, es 
Der el Bahri, freilegen, lauter Bauten des Neuen Reiches oder der 
Ptolemäerzeit. Auch Abydos verdankte ihm seine Ausgrabung, ss 
Von besonderer Bedeutung war gleich zu Anfang von Mariettes 
Tätigkeit die binnen vier Jahren (1851/55) durchgeführte Befreiung 
des Serapeums bei Memphis von seiner tiefen Sanddecke; leider 
ist es heute schon wieder tief unter dem Sande verschwunden. 
Das Hauptheiligtum selbst des späteren Hauptgottes Ägyptens, 
mit seinen Apisgräbem und allerlei Skulpturschmuck, trat zutage; 
an einem Gange wiesen zwei Kapellen nebeneinander, die eine 527 
ägyptischen die andere griechischen Stils, recht handgreiflich auf 
den zwiespältigen Charakter der Ptolemäerzeit hin. In ganz andere 
Regionen führte der Inhalt eines benachbarten Grabes; man 



224 X. Die Außenländer seit 1870 

braucht nur die Statue des kauernden Schreibers im Louvre zu 45 
nennen, um an die außerordentliche Entdeckung zu erinnern, daß 
schon frfih im Alten Reich, in der fünften Dynastie, eine so lebens- 
volle Kunst bestanden habe. Es war ein ungeahnter neuer Aus- 
blick in die Frühzeit ägyptischer Kunst, der sich da eröffnete, 
fiber die konventionelle Gebundenheit der späteren, an die Archi- 
tektur gefesselten Plastik hinaus auf eine wohl schon stilvolle 
und an das Gesetz der »Frontalität« gebundene, aber innerlich 
freiere, äußerlich selbständigere, auf schärfster Beobachtung be- 
ruhende und die Technik wunderbar beherrschende Skulptur aus 
etwa der Mitte des 3. Jahrtausends! Und der Schreiber blieb ja 
keine vereinzelte Erscheinung; ihn sollte demnächst der »Dorf- 46 
Schulze« an Popularität noch fibertreffen, und ein ganzes Heer 
lebensvoller Genrefiguren, in Beschäftigungen des täglichen Lebens 47/9 
begriffen, trat ihnen zur Seite. 

Auf Mariette folgte 1881 Gaston Camille Maspero, der die 
philologisch-historische Seite der ägyptologischen Forschung be- 
tonte und zu hoher Blüte brachte. Zu den großen Pyramiden 
von Gize kamen unter seiner Leitung die kleineren und etwas 
späteren von Sakkara hinzu, Bauten der fünften und sechsten 
I>ynastie, in denen diese imposante Gräberform des alten Rdches 
ihr Ende findet. In ihrem Inneren kamen lange religiöse Texte 
in der alten Sprache zum Vorschein, die einen tiefen Einblick in 
die Religion der Pyramidenzeit gestatteten. Aus ihnen ward auch 
zum erstenmale die älteste Periode der ägyptischen Sprache be- 
kannt und damit erst die Grundlage für eine ägyptische Gram- 
matik gewonnen. 

Ein weiterer Fortschritt bestand auch auf diesem Gebiet 
in der vervollkommneten Methode der Ausgrabungen. Neben 
die Franzosen traten bald im Wetteifer andere Nationen, Eng- 
länder, Deutsche, Amerikaner; überall bildeten sich Gesellschaften 
zur Erforschung Ägyptens. Durch seine energische Inangriffnahme 
immer neuer Ausgrabungen zeichnete sich neben vielen anderen 
besonders Flinders Petrie aus, ein Schotte, der sich zuerst an den 
heimischen Altertümern geübt hatte und dann seit 1 880 den ganzen 
Eifer des Autodidakten auf die Aufgaben in Ägypten übertrug. 



Ägypten. Altes Reich. Tell-el-Amaraa. Pyramiden 225 

. mit gleicher Begeisterung aber mit viel wissenschaftlicherem Sinii 
ids Schliemann. Entsprechend der oben (Kap. VII) geschilderten 
Richtung auf klassischem Gebiete machte er sich zuerst daran 
ganze Städte aufzudecken. In kurzen Zwischenräumen erschienen 
seine zweckmäßig angelegten Berichte, die immer den Ausgra- 
bungen auf dem Fuße folgten. Von Naukratis (1884/86), der 
für den ältesten griechischen Verkehr mit dem Nillande besonders 
wichtigen Niederlassung, war schon oben die Rede (S. 203). Ganz 
hervorragendes Interesse bot die Aufdeckung von Tell-el-Amama 
(1895), der Residenz des Reformkönigs Echnaton oder Ameno- 
phis IV. Es galt für das »ägyptische Pompeji«. Ein für das kon- 
ventionelle Ägypten unerhörter schrankenloser Realismus bezeich- 

3 nete die Bilder des ketzerischen Königs, der nicht den Sonnengott est 
Re, sondern den feurigen Sonnenball selbst mit seinen Strahlen 

4 anbetete. Die Landschaften und Tierszenen auf dem Gipsestrich 87 
seines Palastes bezeugten die Kraft fremder, »ägäischer« Kultur-, 
einflüsse auf das damalige Ägypten (S. 193). Schon früher war 
das Tontafelarchiv dieser Residenz gefunden worden und hätte 
überraschende Einblicke in die diplomatische, in Keilschrift drei- 
sprachig geführte Korrespondenz der beiden Großmächte Ägypten 
und Babylonien um 1400 v. Chr. tun lassen. Neuerdings (seit 
1895) erwirbt sich der Architekt Ludwig . Borchardt durch seine 
gründlichen und methodischen Ausgrabungen besondere Ver- 
dienste. Ihm verdanken wir eine tiefere Einsicht in die Geschichte 
des Pyramidenbaues und in die ^nzen Anlagen, von denen die 38 
Pyramide selbst nur den Abschluß bildet: ein Vorbau fuhrt zu 
einem bedeckten Gange, dieser zum Grabtempel, hinter dem sich 
die Pyramide aufbaut. Auch die Säuienformt-n Ägyptens haben 62f. 
durch Borchardt eine klärende Behandlung erfahren. 

Das letzte Stadium der Erforschung Ägyptens hat hier, wie 
anderswo, die bisherigen Grenzen unseres Wissens rückwärts 
überschritten und Blicke in die Zeit der ersten mit dem Konige 
Menes b^innenden Dynastien, ja darüber hinaus in die Frühzeit 
der ägyptischen Kultur eröffnet. Seit etwa zehn Jahren sind 
namentlich J. de Morgan, Flinders Petrie und J. E. Quibell in 
dieser Richtung tätig. Zuerst trat 1897 in Nagada das voh 

Michaelis, Die archäol08;ischen Entdeckungen. 15 



226 X. EHe AuBenländer seit 1870 

Borchardt erkannte Grab des Königs Menes zutage, von späteren 29 
Grabanlagen abweichend, aber für ihre Entstehung belehrend. 
Wandmalereien in Kom-el-achmar (Hierakonpolis) machten eine 23 
Kinderkunst, die Elfenbeinstatuette eines grasen Königs einen scharf 
beobachtenden Naturalismus anschaulich. Die schwierige Frage 
nach den Ursprüngen der ägyptischen Kunst, nach dem Alter 
der festen Typik, die für die Kunst Ägyptens so charakteristisch 
ist, wird, ebenso wie dies von den griechischen Kunstanfangen 
gilt, neu angeregt und ihrer Lösung allmählich zugeführt 

Neben diesen Ausblicken in die Urzeit Ägyptens ist auch 
die ptolemäisch- römische Periode nicht ganz leer ausgegangen. 
Großes Aufsehen err^en die zuerst 1887 im Fajum zum Vor- 
ifN) schdn gekommenen Bildnisse, auf dünne Holzplatten gemalt, die vm 
ursprünglich (gleich den mykenischen Goldmasken, S. 189) die 
Gesichter der Mumien bedeckt hatten. Zuerst in die Ptolemäer- 
zdt, ja sogar in die Nähe des Hofes versetzt, sind die hochinteres- 
santen, wenn auch künstlerisch sehr verschieden zu bewertenden 
Bildnisse bald als Erzeugnisse der römischen Zeit (vielleicht mit 
einzelnen Ausnahmen) festgestellt worden. Außer ihrem Interesse 
für die Kenntnis der Porträtkunst haben die Täfelchen auch über 
die Technik der Temperamalerei und der Enkaustik und ihre 
gd^entliche Verbindung Licht verbreitd. — Andere Bemühungen 
richtden sich auf die Bereicherung unseres Materials für die 
hdlenistisch-alexandrinische Kunst, die sich namentlich Theoddi* 
Schreiber hat angelegen sein lassen. Während die Ägyptologen 
ausschließlich oder vorwiegend die älteren Zeiten des selbständigen 
Ägyptens berücksichtigen, bleibt für die Kenntnis Alexandriens 
als des Mittelpunktes des »alexandrinischen« Zeitalters noch so 
sehr alles zu tun, daß noch vor einigen Jahrzehnten die Existenz 
einer alexandrinischen Kunst ganz in Frage gestellt zu werden 
pflegte. Leider haben Ausgrabungen, die 1899/1901 unter 
Schreibers Leitung auf Kosten Ernst Sieglins in Alexandrien vor- 
genommen worden sind, nicht ganz den gehofften Erfolg gehabt 
Der bedeutendste Fund war der eines griechisch-römischen Grabes 
in Kom-esch-Schukäfa (1900) von sehr komplizierter mehrstöckiger 
Anlage. Gegenüber der scharfen Trennung von einheimischen 



Ägyptische Frühzeit und Spätzeit Babylonien 227 

und griechischen Kunstelementen in der Ptolemäerzeit (S. 223) 
erblicken wir hier in der Kaiserzeit einen Inhalt und Form be- 
herrschenden Synkretismus, wie er der Spätzeit Ägyptens über- 
haupt eigen ist. Ein rasch anwachsendes Museum in Alexandrien, 
das besonders dem Eifer Giuseppe Bottis verdankt wird, wird 
hoffentlich mehr und mehr die Aufgabe erfüllen, die zersplitterten 
Kunstreste des hellenistisch -römischen Alexandriens und seiner 
Umgebung zu sammeln und zu retten. Wie sorglos vielfach damit 
umgegangen wird, kann das Schicksal eines hallenartigen Heilig- 526 
tums aus der ersten Ptolemäerzeit zeigen, das der Admiral Kalli- 
krates der vergötterten Gemahlin Ptolemäos IL, Arsinoe, als 
Aphrodite dicht bei der Hauptstadt über dem Meeresstrande er- 
richtet hatte. 1865 vom bedeckenden Sande befreit und flüchtig 
vermessen, ist es heutzutage schon wieder ganz, so weit die 
Steine nicht als Baumaterial geraubt worden sind, unter einer 
Sanddecke begraben. 



Wenn früher der Kultur Ägyptens der Altersvorrang vor der 
Kultur Mesopotamiens zugesprochen ward, so ist diese An- 
schauung neuerdings stark ins Schwanken geraten. Auch am 
Euphrat haben, wie überall, Funde und Ausgrabungen Perspek- 
tiven in bisher unzugängliche Zeitfemen eröffnet Während die 
assyrischen Entdeckungen am mittleren Trigris (S. 73 ff.) nicht 
über das 9. Jahrhundert zurückgereicht hatten, ward jetzt das 
Feld der Untersuchungen südlicher nach Babylonien verlegt, wo 
die beiden Flüsse sich näher rücken, um sich endlich miteinander 
zu vereinigen. Hier gelang es viel weiter zurück in die Urzeit 
zu dringen. 

Babylonien war schon öfter das Ziel wissenschaftlicher 
Reisen gewesen. Besonders hatten sich seit der Mitte des Jahr- 
hunderts der Geologe W. Kenneth Loftus (1849/52) und der 
englische Vizekonsul J. E. Taylor (1855) um unsere Kenntnis 
des unteren Flußgebiets verdient gemacht Ein Wandstück in 109 
Warka mit teppichartigem Muster und die Reste einer Stufen- 
pyramide in Mugheir ließen uns den ersten Blick in die altbaby- 

15* 



228 >^ I^e Außenländer seit 1870 

Ionische Baukunst und Dekorationsweise werfen. Bedeutsamer 
aber waren die Ergebnisse, die der französische Vizekonsul Emest 
de Sarzec bei jahrelangem Aufenthalt in jenen Ölenden gewann. 
Seine Ausgrabungen in Telloh (1877/81) lieferten in den Statuen losf. 
des Oaufürsten Oudea und anderen zugehörigen Werken, die 
sämtlich das Museum im Louvre bereichert haben, Zeugnisse 
einer Kunst, die scharfe Beobachtung mit technischer Meisterschaft 
gegenüber hartem Stoffe verband und in einzelnen Punkten ein 
freieres Empfinden als die ganze spätere mesopotamische Kunst be- 
kundete. Und doch verweisen die Fundumstande und die Inschriften 
in neusumerischer Schrift diese Werke nach dem Urteile besonnener 
Assyriologen in die Zeit um 4000 vor Christo, also in eine Zeit, 
die wir in Ägypten bei gleich gemäßigter Rechnungsweise nicht 
erreichen! Wenig später traten die Amerikaner auf den Plan und 
gruben 1888/1900 unter Hilperts, Peters', Haynes, Fisherä Lei- 
tung in Nippur und Fara. Große Bauten traten hier und dort 
ans Licht, Stufenpyramiden (Ziggufat), Tempel wie »das Haus 
Bels« in Nuffar oder der Sonnentempel in Abu Habba, Paläste 
wie der Qudeas in Telloh. Die Verkleidung mit bunten Ziegeln 
zeigte das hohe Altar dieser von Assyrien her bekannten Deko- 
rationsweise; erzgegossene Ziegenköpfe aus Fara vervollständigten los 
das Bild der schon in Telloh zutage getretenen uralten Plastik. 
Für Mesopotamien war es ein Rückblick in eine sehr durch- 
gebildete Vorzeit, ebenso für die griechischen Länder wie die 
Erschließung der ägäischen Kultur. 

Neben diese Einzelstätten sumerischer und frühsemitischer 
Kultur trat Babylon, die Hauptstadt des um 2200 durch Ha- iio 
murrabi vereinigten Reiches. Die Ruinen Babels bei Hilla, auch 
des Turms von Babel den man in Birs-Nimrud (Borsippa) suchte, 
hatten schon früh die Aufmerksamkeit auf sich gezogen und 
wurden öfter (z. B. von Layard, Rawlinson, Rassam) besucht 
und beschrieben, während Jules Oppert sie 1851/54 im Verein 
mit Fresnel und dem Architekten Thomas zum Gegenstand einer 
umfassenden Erforschung machte. Aber zu einer wirklichen Aus- 
grabung in größerem Stil kam es nicht und die transportierbaren 
Ergebnisse versanken wieder einmal (S. 74) im Flusse. So 



Telloh. Nippur und Fara. Babylon 229 

konnte Georges Perrot 1884 schreiben: »Es gibt in der Ebene 
mehr als einen Hügd, wo noch nie ein einziger Spatenstich getan 
worden ist, und doch entspricht sicherlich jede dieser Anhöhen 
hegend einem Bauwerk von mehr oder weniger hohem Alter, 
einer Gruppe von Häusern, einem Stück Mauer. Es wäre eine 
edle Aufgabe, die drei oder vier großen Ruinen, die sich auf 
der Stätte von Babylon finden, bis auf den Grund auszugraben 
und ihre ganze Umgebung sorgfältig zu untersuchen. Ein solches 
Unternehmen würde langwierig und kostspielig sein, aber es 
würde unsere dürftige Kenntnis vom alten Chaldäa mächtig er- 
weitem; es würde sicherlich der Regierung, die die Kosten über* 
nähme, zur Ehre gereichen, noch mehr aber d^ archäologischen 
Wissenschaft, die diese Aufgabe methodisch durchzuführen ver- 
stünde, großen Nutzen bringen«. Dieser lohnenden Aufgs^be hat 
sich zwar nicht eine Regierung, wohl aber die 1898 gegründete 
Deutsche Orient-Gesellschaft in Verbindung mit der Generalver« 
waltung der Preußischen Museen, zum Teil auch mit Unterstüt* 
zung des Kaisers, unterzogen, indem sie mit glücklicher Wahl den 
Architekten Robert Koldewey mit der Ausgrabung betraute; ihm 
standen Andrä, Nöldeke und andere zur Seite. Aus dem großen 
Umfang der alten Riesenstadt ward die Haupthügelgruppe »El Kasr« 
(die Burg) auserlesen und 1 899 die Ausgrabung begonnen. Es ist 
nicht Altbabylon, sondern das Babylon Nebukadnezars aus der a^ten 
Hälfte des 6. Jahrhunderts, das hier freigelegt wird: sein doppeltes 
Schloß mit Hof, ziegelgeschmücktem Saal und zahllosen Gemächern iis 
(die Todesstätte Alexanders des Großen); östlich davon der Tempd 
der Ninmach und das gewaltige, mit Reliefs bedeckte Torgebäude 
der Göttin Istar; vor diesem eine hochgelegene gepflasterte Pro- 
zessionsstraße, deren Geländer mit prächtigen Löwen in glasierten lu 
Ziegelsteinen geschmückt war; endlich Esagila, der Stufenturm und 
Tempel des Stadtgottes Marduk. Die gefundenen Überreste zeigen 
große Ähnlichkeit mit denen der assyrischen Residenzen (S. 73 ff.), 
deren spätesten sie zeitlich nahe stehen, übertreffen sie aber teilweise 
an Feinheit und Kraft Die Tempel bieten gegenüber Assyrien etwas 
Neues. Neben Babylon sind auch andere benachbarte Örtlichkeiten^ 
z. B. Fara, in die Untersuchung einbezogen worden. 



230 X. Die Außenländer seit 1870 

Im Jahre 1903 wurden die Ausgrabungen auch nach Assyrien 
fibertragen. Südlich von Nimrud überragt den Tigris auf seinem 
rechten Ufer der steile Ruinenhügel von Kalat Schirg^t, die Stelle 
der ältesten Hauptstadt Assyriens, Assur. Mit Glück hat Andrä 
hier nicht bloß Baulichkeiten, Palast und Stufentempel, aus der 
Zeit Assumasirpals (9. Jahrh.) aufgedeckt, sondern er hat auch in 
ältere Schichten vordringen können, zum Beispiel eine Stadenmauer 
unten am Tigris aus dem 14. Jahrhundert aufgefunden. Vor allem 
aber ist das Hauptheiligtum Assyriens, der Tempel des National- 
gottes Assur, zum Vorschein gekommen; seine vollständige Frei- 
legung steht zu erwarten. 

Weitab westlich vom Tigris, halbwegs zwischen Marasch 
am oberen Euphrat und Alexandrette am Meerbusen von Issos, 
aber noch im Bereich assyrischer Kultureinflüsse, liegt der Ruinen- 
hügel von Sendschi rli. Hier hat das Berliner Museum wieder- 
holt (1888, 1890/91, 1894) graben lassen, zuerst unter Humanns 
und Felix v. Luschans, sodann unter v. Luschans und Robert 
Koldeweys Leitung. Ein befestigter Burghügel liegt inmitten 
eines von kreisförmiger Doppelmauer umzogenen Stadtgebietes. 
Mehrfache Palastanlagen von verschiedenem Alter, aus dem 9. 
und 8. Jahrhundert, haben sich erhalten. Sie zeigen im wesent- 
lichen den Charakter des auch von Assyrien her bekannten 
»hetitischen Chilani« in seiner einfachsten Gestalt: zwischen 
Türmen eine Vorhalle mit zwei Säulen, dahinter der große quer- 
gelagerte Hauptraum, mit Nebenräumen seitlich und dahinter. 
Dies ist auch im ganzen die Gestalt der Tore, mit Vorhof 
und Innenhof zwischen Türmen. Reliefs von ziemlich unbeholfener 
Kunst schmücken die unterste Quaderreihe. Die Säulen werden, 
wie in Assyrien und wie in der romanischen Kunst, von Löwen 
oder Sphinxen auf ihrem Rücken getragen. Hetitische und 
assyrische Einflüsse scheinen sich in Sendschirli zu begegnen. 



Östlich über dem babylonischen Tieflande erhebt sich stufen- 
förmig die persische Provinz Susiana, die jetzt auch erforscht 
ward. Persien war schon seit dem 18. Jahrhundert, wo Karsten 



Assur. Sendschirli. Persien. Susa 231 

Niebuhr 1765 seine berühmte Entdeckungsreise dorthin ausgeführt 
hatte, oft besucht worden, zum Beispiel 1 8 1 7/20 von Ker Porter, 
1840/41 von Charles Texier, dem Architekten Pascal Coste und 
dem Maler Eugene Flandin. Diese Reisen hatten besonders den 
beiden altberühmten Ruinenstätten der Provinz Persis, oberhalb 
des persischen Meerbusens, gegolten, Pasargadä und dem jüngeren 
Persepolis; hier hatte noch 1878 F. Stolze seine photographischen 
Aufnahmen gemacht In Pasargadä sind es die Denkmäler aus 
Kyros Zeit, das auf Stufen aufgebaute »Grab der Mutter Salomonsc, ioö 
in dem man nach Arrians Beschreibung das Grab jenes großen 
Königs vermutet, und die turmförmigen Gräber, die mit der Be- i65 
Schreibung des Kyrosgrabes bei Strabon übereinstimmen. In 
Persepolis ist die von Dareios begründete, von seinen Nach- 
folgern erweiterte, mit Reliefs bekleidete Terrasse berühmt, mit i68f« 
den säulenreichen Palästen und Empfangshallen, den berühmten 
»Tschihilminar« (vierzig Säulen), unter denen der Hundertsäulen- 
saal des Dareios hervorragte. Dazu das gewaltige Felsengrab ito 
dieses Königs bei Nakschi Rustam. 

Während diese Residenzen der Perserkönige in ihrem alten 
Erblande der Wissenschaft längst vertraut waren, blieb es Marcel 
Dieulafoy und seiner Gattin Jane vorbehalten, 1885/6 die Schutt- 
hugel der berühmtesten Perserresidenz, Susa, zu untersuchen 
und reiche Ausbeute in das Louvremuseum zu schaffen. Das 
Hauptergebnis war der Palast des Artaxerxes Mnemon, in dem 
387 die Gesandtschaft des Antalkidas empfangen und der »Königs- 
friede« geschlossen ward, der ganz Kleinasien wieder dem Perser- 
joche überlieferte. Damals waren die Wände des Thronsaales 
mit jenen Reihen der lanzentragenden »Unsterblichen« bedeckt, n 
deren Überreste uns heute im Louvre mit Staunen erfüllen; aus 
emaillierten Zi^eln von maßvoller Farbenstimmung zusammen- 
gefügt, machen sie einen überaus feierlichen Eindruck. Ahnlich 
gebildete Tierfriese zeigen noch gehaltenere Töne. In der Technik 
und in der Ornamentik tritt ebenso deutlich assyrische Über- 
lieferung, wie in den lebensgroßen Lanzenträgem ein nationales 
Element hervor. Ein großes Stierkapitell ist von bedeutender 
Wirkung. Die Ausgrabungen, die neuerdings unter Leitung J. de 



232 X. Die Außenländer seit 1870 

Moiigans wieder au^enommen worden sind, haben das in Perse- 
polis gewonnene Bild persischer Architektur durch die Anschauung 
der Wanddekoration wesentlich bereichert 



Andere Ausgrabungen führen an das Gestade des mittel- 
lindischen Meeres, seine Inseln und seine Umländer. Was hier 
unsere Aufmerksamkeit fesselt, sind hauptsächlich Gräber. 

Die Insel Kypros war zuerst 1845 in archäologischem 
Interesse von Ludwig RoB besucht worden, doch hatte er nur eine 
ziemlich magere Ausbeute eingeheimst (S. 76). Der erste energische 
Untersucher war der General Luigi Palma di Cesnola, der von 
1867/76 als amerikanischer Konsul in Lamaka lebte und in rast» 
losem, wenn auch etwas dilettantischem Bemühen die Insel kreuz 
und quer durchstreifte, viele Tausende von Gräbern öffnete und 
so die stattliche Sammlung zusammenbrachte, die jetzt größten* 
teils in New York das Metropolitan Museum füllt Andere 
sind ihm in den achtziger Jahren, nachdem England von der 
Insel Besitz ergriffen hatte, gefolgt, so Max Ohnefalsch-Richter, 
seit 1888 auch die Englische Schule in Athen. So sind die 
altberühmten Plätze von Kition Marion Amathus Kurion Paphos 
längs der Südküste, von Golgoi und Idalion im Innern durch- 
stöbert, und es ist eine außerordentlich große, aber im ganzen 
recht einförmige Masse von Denkmälern den Gräbern und Tempdn 
entstiegen. Zuerst die Zeugnisse jener Zeit, da Kypros der Misch«- i42 
kessd ägyptischer und babylonisch-assyrischer Einwirkungen war 
und die Phöniker den Verkehr beherrschten. Sodann die Mengen 
kyprischer Tonwaren von eigentümlichem Stil der Ornamentik. i4Sf. 
Dann trat das allmähliche Überwiegen griechischer Einflüsse und 
des griechischen Teiles der sehr gemischten Bevölkerung ein. 
Darunter sind aber nur selten Werke, die anderen griechischen 
Schöpfungen gleichstehen, wie das Relief von Golgoi mit Herakles 
und Geryon oder der Sarkophag von Amathus mit einem Wagen«- i48 
friese; meist sind es mehr oder weniger steife, immer mehr er*- 
starrende Figuren (allein in Golgoi fand Cesnola ungefähr 800 Stück, i46t 
vollständig oder zerbrochen), Belege einer provinziellen unlebendigen 



Kypros. Sidon 233 

Kunstübung. Mit Recht hat man auf die abgelegene, dem groBeti 
Strom hellenischen Lebens entrückte Lage der Insel hingewiesen, 
die diese einförmige und traurige Verkümmerung griechischer 
Kunstformen und das Festhalten an veralteten archaischen Manieren 
erklärt. Das steht in vollem Einklänge mit der seit Längs Ent- 
deckung einer zweisprachigen Inschrift in Idalion (um 1870) 
durch die gleichzeitige Bemühung vieler Gelehrter festgestellten 
Tatsache, daß die Kyprier noch im 4. Jahrhundert sidi für ihren 
griechischen Dialekt nicht der griechischen Buchstabenschrift 
sondern einer altmodischen und unvollkommenen Silbenschrift 
bedienten. Selten bricht bei den kyprischen Funden ein be- 
sonderes Interesse durch, wie bei jener Reihe unterirdischer ge- 
wölbter Kammern in Kurion, wo die Schätze eines Heiligtums^ 
ihrem Stil nach etwa vom 8. bis zum 4. oder 3. Jahrhundert 
reichend, wohlgeordnet unter dem bedeckenden Sande aufgefunden 
wurden, in der ersten Kammer der feine Qoldschmuck, in der 
zweiten die Silbersachen, weiter die alabasternen, die ehernen usw. 
Solche nach Gattungen geordnete »heilige Schätzec sind uns 
mehrfach aus Inschriften, vereinzelt auch in natura (in Pästum 
•und in Halikamass) bekannt geworden, aber nicht leicht ein zweites 
Mal so reich wie in Kurion. 

Unerwartet ergiebig erwies sich der schmale Küstenstreifen 
gegenüber, der einst von den Phönikern bewohnt war. Freilich 
weniger an Denkmälern altphönikischer Zeit; die von Napoleon IIL 
veranlaßte Reise Emest Renans (1860) und eine spätere von 
Charles Simon Qermont-Ganneau (1881) vermochten das geringe 
Urteil von der selbständigen Kunst der alten Phöniker nur wenig 
2u heben. Eine große und schöne Überraschung bot dagegen 
die 1887 in Saida (Sidon) durch Zufall erfolgte Entdeckung einer 
umfangreichen Fürstengruft, die in mehreren Stockwerken und 
vielen Kammern eine Anzahl von Sarkophagen sidonischer Herrscher 
aus dem 5. und 4. Jahrhundert enthielt Sie geben einen neuen 
Bel^ für die geringe eigene Leistungsfähigkeit der phönikischen 
Skulptur, insofern sie samt und sonders aus Kleinasien und Griechen- 
land eingeführt oder wenigstens von griechischen Künstlern ge- 
arbeitet worden sind. Die Marmorsarkophage bieten einen form- 



234 X. Die Außenländer seit 1870 

liehen Oberblick über die Kunstentwickelung jener Jahrhunderte, 
6,2 Da sind zuerst griechische Nachbildungen jener ägyptischen Sarg- 
forni, die sich dem menschlichen Körper anschmiegt und den 
Kopf in strengen Zügen ausbildet; dann der »Sarg des Satrapen« 
mit Schilderungen aus dem Leben des Fürsten in dem etwas ab- 
54 gewandelt«! Stile perikleischer Zeit; dann der »lykische Sarkophag«, 
in der wohlbekannten Formensprache der lykischen Denkmäler 
aus der Zeit des peloponnesischen Krieges ausgeführt und sicher 
in Lykien gearbeitet Diese Sarkophage gehören noch alle in 
das 5. Jahrhundert. Deutliche Einwirkung praxitdischer Kunst- 
56 weise verrat dagegen der schnell berühmt gewordene »Sarkophag 471 
der Klagefrauen«, schöngewandeter Frauen die das ionisch aus- 
gebildete Grabmal ihres Herrn klagend umstehen; man denkt an 
den griechischen Harem Stratons I. von Sidon (gest. 361). An 
das Ende des 4. Jahrhunderts verweist uns endlich das vidbe- 
64 f. wunderte Prachtstück des ganzen Fundes, der »Alexandersarkophag«, vi 
mit seinem wohlerhaltenen Farbenschmuck, der besser als irgend 
etwas anderes die feingestimmte Harmonie bemalter Plastik zu 
veranschaulichen vermag. Seine ebenso schön komponierten wie 
ausgeführten Rdiefs zeigen uns die für diese Gegenden ent- 
scheidende Schlacht bei Issos, die Löwenjagd eines persisch ge- 
kleideten Fürsten und andere Szenen; sie scheinen auf Abdalonymos, 
den von Alexander nach jener Schlacht eingesetzten König von 
Sidon aus altsidonischem Fürstenhause, hinzuweisen. 

Um dieses Sarkophages willen reist heutzutage der Kunst- 
freund, nicht bloß der Archäologe, nach Konstantinopel; denn 
dorthin ist der ganze Fund verbracht worden. Wdcher Wechsd 
der Zeiten! Ehemals zerstörte der bilderscheue Islam was er irgend 
von figürlichen Kunstwerken erreichen konnte; Konstantinopd, 
die kunsterfüllte Residenz der byzantinischen Kaiser, war seit der 
Verwüstung durch die Franken im Jahre 1 204 und der Einnahme 
durch die Türken (1453) eine der an antiken Kunstwerken ärmsten 
Städte. Erst um die Mitte des vorigen Jahrhunderts entstand 
eine kleine Sammlung in der ehrwürdigen Irenenkirche und ihrem 
umgitterten Vorhofe, aber die allmählich sich mehrenden Antiken 
fanden hier neben der großen Waffensammlung ein kümmerliches 



Sidon. Museum in Konstantinopel. Petra 235 

Unterkommen. Wenn heute der Tschinili-Kiosk (Porzellan-Pavillon) 
des Serai und das daneben errichtete Museum zu den vornehmsten 
Antikenmuseen Europas gehören, so ist dies das Verdienst Hamdy- 
Beys, eines in Paris ausgebildeten Türken, der dem Kunststudium 
einen Platz im türkischen Unterricht erobert hat, nebst seinem 
Bruder Halil Edhem-Bey die Antiken im weiten türkischen Reich 
beaufsichtigt und sie, so weit sie nicht besser an ihren Fund- 
plätzen belassen werden, aus ihren oft unsicheren Schlupfwinkeln 
nach Konstantinopel schafft. Das neue Museum ward 1881 ge- 
gründet; im Laufe weniger Jahre füllten sich seine hellen Räume 
mit ansehnlichen Antiken, bis es im Jahre 1887 durch die Er- 
werbung jenes sidonischen Graberfundes, den Hamdy-Bey sogleich 
für Konstantinopel sicherte, sich auf eine Stufe hob, von wo aus 
sein Glanz weit über die ganze gebildete Welt erstrahlt. Die 
große Ausdehnung des türkischen Reiches und unsere dürftige 
Kenntnis von den Kunsterzeugnissen seiner entlegeneren Provinzen 
verleihen dem Museum im Tschinili-Kiosk durch die Mannigfaltig- 
keit seines Inhalts auch über die Glanzstücke hinaus seinen be- 
sonderen Wert — 

Nach dieser Abschweifung, zu der Sidon den Anlaß gab, 
wenden wir uns von hier aus südwärts in das Land der Edomiter, 
zu der Gräberstadt Petra. Seit Johann Ludwig Burckhardt 1812 
zum erstenmal die wunderbare Hauptstadt Edoms und derNabataer 
mit ihren engen Schluchten und steilen Felswänden besucht und 
beschrieben hatte, war sie das Ziel zahlreicher Reisender geworden, 
des Grafen Leon de Laborde (1827), David Roberts (1839), des 
Herzogs von Luynes (1864), des Photographen Edward L. Wil- 
son (1882); die Ansicht des »Schatzhauses« (Chazne) war selbst 776 
in populäre Bücher übergegangen. Aber erst der längere Aufent- 
halt Rudolf Ernst Brünnows und Alfred Domaszewskis (1897/98) 
hat uns ein vollständiges Bild der Örtlichkeit und ihrer Überreste 
verschafft. Mit Ausnahme des Chazne, das kein Grab sondern 
ein Isistempd des 2. Jahrhunderts ist, und des »Pharaoschlosses«, 
ebenfalls eines Tempels, li^ fast das ganze Interesse heutzutage 
in den Gräbern, deren allmähliche Formentwickelung sich deutlich 
verfolgen läßt: wir sehen, wie das altnabatäische Grab in Gestalt 



236 X. Die Aufieniänder seit 1870 

eines verjüngten Turmes allmählich und in immer steigendem 
Maße mit hellenistischen Formelementen versetzt wird oder helle- 
nistische Gräber neben sich aufkommen sieht, bis schließlich in 
der römischen Kaiserzeit jene breiten, mehrstöckigen, schmuck- 
überladenen Prunkfassaden sich protzig entwickeln, deren reichstes 
Beispiel eben in dem Tempel El Chazne vorliegt 

Ein anderes Prunkgrab eigentümlicher Art überragt den oberen 
Euphrat nördlich von Samosata, auf dem etwa 2200 Meter hohen 
Nemrud-Dagh. Es ward 1881 von dem Ingenieur Charles 
Sester entdeckt, im folgenden Jahre von ihm und Otto Puch« 
stein im Auftrage der Berliner Akademie untersucht 1883 ward 
es sodann das Ziel zweier Expeditionen, im Mai von Hamdy-B^, 
im Juni, wiederum im Auftrage der Berliner Akademie, von Kall 
Humann und Puchstein. Auf der stolzen, weithin sichtbaren 
Höhe hatte sich um die Mitte des ersten vorchristlichen Jahrhunderts 
König Antiochos I. von Kommagene ein prunkendes Grabmal 
errichtet; auf der Spitze des Berges war ein mächtiger Tumulus 
aufgeschüttet und im Osten wie im Westen eine große Opfer- 
terrasse hergestellt worden. Hören wir Humann, nachdem er 

die Höhe erklommen hatte: 

»Der erste Eindruck war ein wahrhaft überwältigenden Wie ein 
Berg auf dem Berge erhob sich auf dem höchsten Felsgipfel der Orabr 
hügel, an sich noch 40 Meter über der Terrasse, die^ir erstiegen 
hatten, emporragend. Ihm den Rücken wendend saßen da auf erhöhter 
Felsenbank die Riesengebilde von fünf Gottheiten, von denen nur eins 
ganz unversehrt geblieben war. Dann schweifte der Blick unwülkfirlich 
in die Feme. Wenn das Meer im wütendsten Orkan, während eine 
querkommende Dünung die grausigen Wellenberge zu schwindelnder 
Höhe auftürmt und wieder wild durcheinander würfelt, plötzlich erstarrte, 
so würde es im kleinen ein Bild dessen geben, was sich uns im Osten, 
Norden und Westen, so weit der Blick reichte, und im Süden auf 
einige Meilen Entfernung darbot Die weißen Schaumkämme der WeDen 
sind hier die schneeglänzenden Grate des Tauros. Wohl mögen die 
Täler und Schluchten sich in fortlaufenden, wenn auch gewundenen Linien 
durchziehen, uns erschien es als ein wildes Durcheinander, aus dem sich, 
gleichsam Ruhepunkte für das Auge, nur hier und dort ein massiger Oe- 
birgsstock hoch emporhob. Nach Süden senkte sich das Felsenmeer; zu- 
weilen blitzte der Spiegel des Euphrat herauf, und drüben verlor sich der 
Horizont in unabsehbare Weite, tief hinein nach Mesopotamien.« 



Nemrud Dagh. Oräber bei Sardes 237 

Jene fünf Götter, zum Teil Mischgötter wie der Zeus-Ormuzd 
in der Mitte, lauter aus großen Blöcken aufgemauerte Kolossal- 
gestalten, schlössen mit Adlern Löwen und großen Reliefplatten 
den Altarplatz nach hinten ab. Jederseits dienten andere Relief- 690 
platten mit den Ahnen des Königs als Umgrenzung, links mit 
Alexander dem Großen, rechts mit Dareios b^innend. So prunkte 
der halbbarbarische Kleinfürst mit zugleich griechischer und per- 
sischer Abkunft, ein Zerrbild der hellenistischen Könige, großartig 
in der prunkenden Anlage seines Grabes, aber barbarisch in der 
kfinstlerischen Ausgestaltung, die keinen Hauch hellenischen Geistes 
mehr verrät Andere kommagenische Gräber, ebenfalls groß, 
aber doch hinter dem Nemrud-Dagh zurückstehend, sind über 
das Land zerstreut; auch sie wurden von Humann und Puchstein 
untersucht 

Das späte Königsgrab in Kommagene ruft die alte lydische 
Nekropole bei Sardes ins Gedächtnis. Wenn von dem unablässig 
abbröckelnden Burgfelsen der Königsstadt des Krösos der Blick 
nach Norden schweift, so gewahrt er jenseits des Flusses Hermos 
und seiner fruchtbaren aber wenig angebauten Ebene eine lange 
niedrige Erhebung mit »tausend Hügeln« (Bin-tepe), dahinter den 
stillen See Koloe. Es ist ein ergreifender Anblick, wie die große 
Stadt der Lebenden einst durch den breiten Fluß von der Stadt 
der Toten am acherusischen See geschieden ward. Jene tausend 
Hügel sind die aufgeschütteten Grabhügel der lydischen Könige 
und Großen, an ihrem Ostende überragt von dem mächtigen 
Grabhügel des Königs Alyattes, der noch jetzt 70 Meter hoch 
ist Wie viele Geheimnisse mögen jene Hügel noch bergen! 
Allerdings die Nachgrabungen, die der preußische Generalkonsul 
Spiegelthal 1854 in dem Hügel des Alyattes und 1882 der eng- i53 
lische Konsul George Dennis in einem anderen Hügel angestellt 
hat, sind nicht allzu lohnend gewesen, da die Gräber sich als 
bereits ausgeraubt ergaben. Vielleicht würden unscheinbare Hügel 
bessere Ausbeute gewähren. 

Ähnliche Grabhügel sind weit über Lydien und Phrygien . 
verbreitet und mehrfach untersucht worden. Zuletzt haben 1900 
die Brüder Gustav und Alfred Körte auf Kosten Friedrich Alfred 



238 X. Die Außenländer seit 1870 

Krupps die Nekropole der alten Hauptstadt Phrygiens, Oordion, 
des Schauplatzes von Alexanders des Großen populärster Tat, 
zum Ziel genommen und fünf ihrer Hfigdgraber ausgegraben; 
auf den größten Hfigd, vermutlich das Grab des Königs Midas 
(um 700), mußte verzichtet werden. Jene Hügel umspannen etwa 
anderthalb Jahrhunderte (rund 700 — 550) und gewähren einen 
belehrenden Einblick in die niedrige Kulturstufe des phrygischen 
Bauern- und Hirtenvolkes, zu dessen beliebtesten Lebensmitteln 
Bier und Butter gehörten, dessen einzige nachweisbare Kunstübung 
in der Töpferei bestand. Die ältesten Spuren reichen allerdings 
bis hoch ins 2. Jahrtausend hinauf; dann läßt sich kyprischer 
Einfluß nachweisen, bis mit dem 6. Jahrhundert griechische Ware 
ihren Einzug hält, nicht bloß von den benachbarten ionischen 
Küstenstädten her, sondern sogar aus Korinth und Athen, Es 
war keine geringe Überraschung, als eines der Hügelgräber eine 
Schale aus derselben frühattischen Fabrik lieferte, aus der die 
berühmte Fran^oisvase (S. 64) stammt; einige rotfigurige Scherben 
lassen diesen Handelsverkehr sogar bis an das Ende des 6. Jahr- 
hunderts verfolgen (vgl. S. 210). Auch von dem ziemlich be- 
scheidenen Tempel, in dem einst Alexander den Knoten der 
Wagenstränge zerhieb, haben sich Überbleibsel der Tonbeklddung 
der Fassade gefunden. Diese sind in doppdter Weise wichtig, 
indem sie einmal Alfred Körtes früher gegebenen Nachwds, daß 
die ähnlich gestalteten und verzierten Felsfassaden Phrygiens nicht 
Gräber sondern Heiligtümer seien, bestätigen und ferner die 
zuerst von Ramsay g^ebene Zurückführung dieser geometrischen 
Musterung auf ursprünglichen Kachdbelag tatsächlich als richtig 
erweisen. 



Von den alten Nekropolen Lydiens und Phrygiens kehren 
wir noch einmal nach Syrien zurück zu den letzten Jahrhun- 
derten des Altertums. Während die hellenistische Zeit hier allzu 
wenig Spuren hinterlassen hat und diese, wie z. B. in Antiocheia, 
noch der Wünschelrute harren die sie wieder ans Tageslicht 
zaubern soll, sind vidfache Denkmäler jener Blüte vorhanden, die 



Qordion. Hauran. Baalbek 239 

das römische Kaiserreich seit Trajan hier wie in Kleinasien neu- 
geweckt hat Eine Gruppe großartiger Stadtruinen ii^ östlich 
vom Jordan, im Hauran und südlich davon, offen da. Sie ist 
von Ouillaume Rey (1857/58), Emest Renan (1860), Melchior 
de Vogüe (1861/62), dem Herzog von Luynes (1864), neuerdings 
(1899) von einer amerikanischen Expedition unter Howard Crosby 
Butler besucht und beschrieben worden. Die spaten kahlen Stein- 
bauten des Hauran, wie aus Bauklötzen zusammengesetzt, aber 
für die Entwickelung des Gewölbd)aues sehr wichtig, sind uns 
durch de Vogü£ einigermaßen bekannt geworden; aber die prach- 
tigen Überreste blähender Städte, wie Bostra Gerasa Philadelphia, 
sind auch jetzt noch lange nicht grundlich genug untersucht 
worden ; dazu würde es der Ausgrabungen bedürfen. Und doch 
ist es höchste Zeit; denn mit der Eisenbahn, die jetzt diese G^end 
durchzieht, und angesichts der neuen baulustigen tscherkessischen 
Ansiedler steigt auch der Wert der alten Ruinen als Baumaterial, 
und was über das rasche Verschwinden der Bauwerke kund wird, 
klingt im höchsten Grade bedrohlich. Behördlicher Schutz, auch 
wenn er angeordnet wird, besagt natürlich in diesen abgelegenen 
Gegenden nichts; daher sollte wenigstens wissenschaftliche For- 
schung, ehe es zu spat wird, retten was zu retten ist 

Günstiger ist das Geschick von Baalbek- Heliopolis, obschon 
auch hier die Eisenbahn, die Freundin der Menschen aber die 
Feindin der Bauten, nahe gerückt ist. Auf den ersten Entdecker 
Richard Wood (S. 10) waren g^en Ende des 18. Jahrhunderts 
Cassas, 1827 Lton de Laborde und andere gefolgt, aber eine 
Aufraumung und gründliche Untersuchung der berühmten Tempel- 
ruinen ward erst 1899/1904 auf Anlaß und Kosten des deutschen 
Kaisers, nachdem Robert Koldewey eine Voruntersuchung gemacht 
hatte, von Otto Puchstein und den Architekten Bruno Schulz 
und Daniel Krencker vorgenommen. Der gewaltige Tempel des 773 
hoch angesehenen Zeus von Heliopolis, dessen sechs aufrecht 
stehende Säulen heute den Eindruck Baalbeks bestimmen, ist 
namentlich in der kunstreichen Anlage seiner Vorhöfe erst jetzt 
genauer erkannt und dadurch seine Ähnlichkeit mit Herodes 
Jehovatempel in Jerusalem ans Licht gestellt worden. An dem 



240 X. Die Außenländer seit 1870 

kleineren Tempel hat namentlich die altsyrische Anlage eines er- 
höhten Chors mit einer Krypte, die för die Geschichte des christ- 
lichen Kirchenbaues von Bedeutung ist, helleres Licht erhalten. Der 
aus populären Büchern besonders bekannte kleine Rundtempel 775 
mit seinem seltsam geschwungenen Gebälk hat durch die Auf- 
deckung seines Podiums mit einer Treppe ein ganz neues Aus- 
sehen bekommen. So hat die Untersuchung geleistet, was ohne 
große Ausgrabungen zu leisten war; man möchte wünschen, daß 
der Schwesterstadt Palmyra in der Wüste einmal die gleiche 
Gunst widerführe. 

Baalbek, Palmyra und die Städte des Ostjordanlandes bilden 
eine zusammengehörige Gruppe von Bauganzen, die ebenso durch 
viele Besonderheiten ihrer Gesamtanlage und ihrer einzelnen Bau- 
werke wie durch den reichen Barockstil ihrer Dekoration ein 774 
Sondergepräge trägt Zusammen mit den Städtebauten Kleinasiens 
(S. 151 ff.) zeugen die syrischen Städte von der hohen Blüte der 
Friedenszeit unter den römischen Kaisem, die im 2. Jahrhundert 
ihren Gipfel erreichte, aber auch noch weit in das 3. Jahrhundert 
hinein sich fortsetzte. Dies ist jedoch nicht d^ einzige Gesichts^ 
punkt, unter dem jene östliche Baugruppe unser Interesse err^ 
An sie knüpft sich die wichtigere Frage nach dem Verhältnisse 
dieser Kunst zu der in der Reichshauptstadt Rom. Ist Rom, wie 
die Einen behaupten, auch hier der Tonangeber und ist der 
syrische Baustil nur ein Teil der »Reichskunst«, die man über 
das ganze weite römische Reich herrschend glaubt? Oder ist es 
— eine Ansicht die namentlich Josef Strzygowski lebhaft vertritt — 
die alte künstlerische Kraft des Orients, die sich hier regt und 
die diesen Bauten ihr besonderes Gepräge und ihre besondere 
Bedeutung verleiht? »Orient oder Rom?«, so lautet das Kriegs- 
geschrei. Dem Femerstehenden, der von dem zerstreuten und 
zerstückten Material keine eigene Kenntnis hat, kommt es nicht 
zu, in einem Streite, in welchem auf beiden Seiten hochange^ 
sehene Forscher kämpfen, den Schiedsrichter spielen zu wollen, 
besonders da das fast vollständige Fehlen von Kunstüberbleibseln 
des syrischen Hellenismus, die die Brücke zwischen den altorien- 
talischen Künsten und der späteren syrisch-kleinasiatischen Werken 



Orteiil und Rom. Nbrdäiiika 24C 

seMagen würden, das Urteit erschwert Aber die Frage gehört 
<4ine allen Zwdfd zu den einschneidendsten der Kunstgeschichte; 
i^ Bedeutung erstreckt sich weit über das Gebiet der afntikeh 
Kunst hinaus, ja sie hat sogar bes(Mideres Gewicht ffir die Ge- 
schichte der christlichen Kunst, ffir die die Fragstdlung »Orient 
oder Rom?« vidleicht in die andere »Orient und Rom?« sidi 
verwandeln dfirfte. 



Vid frfiher als Syrien sind die westlichen Strecken der Nord^^ 
kfisle des Mittdmeeres, die alten römischen Provinzen Mauretanien 
und Numidien, der Wissenschaft erschlossen worden« Mit der 
Eroberung, Algeriens durch die Franzosen in den drerBiger 
Jahren tat sich allmählidi eines der ruinenreich^en Länder auf, 
das d)enfalls wie d& Osten im 2. und 3. Jahrhundert eine hohe 
Bifite erlebt hat Bisher waren nur selten Reisende, wie Thomas 
$haw (1720/32), in diese unsicheren Gegenden eingedrungen; 
jetzt sorgte die französische Regierung ffir eine umfassende wisse»- 
9chafUiche Erkundung des mühsam erworbenen Landes , wenn 
diese auch nur sdten von bedeutenderen Ausgrabungen breitet 
war. Eine besondere Anerkennung verdienen die fratKEösiscben 
Offiziere, die sich den Resten der römischen Veiigangeiiheit mü 
lebhaftem Interesse zuwandten und namentlich auf der Jagd nadi 
Inschriften viele Texte vor dem Untergang gerettd haben; Denn 
in dnem so weiten und schwachbevölkerten, stets von den Be» 
duinen durchstrdften Gebide konnte zunächst ffir die Erhaltung 
der Ruinen und für die Sicherung des Gdundenen wenig, getan 
werden, und oft geschah es, daß die kleinen Lokalmuseen nach 
wenigen Jahren von ihrem ehemaligen Bestände einen erheblichen, 
li>isweilen den wichtigsten Tdl eingebuSt hatten. Erst nachdem 
der Besitz Algeriens vollständig gesichert tmd die Ruhe hergie- 
stdl^ vollends nachdem 1881 auch Tunis, die ältere Provinz 
Africa, in die hanzösische Verwaltung einbezogen worden war, 
konnte auch die archäologische Erforschung neu geordnd werden. 
Pies ist in musterhafter Weise geschehen: wissenscteiftliche 
Männer wie Rene O^nat, Paul Gauckler, Stephan Gsdl, Ddattre 

Michaelis, Die archSologischen Entdeclranseii. |5 



242 X. Die Außenländer seit 1870 

(um nur diese zu nennen) haben sich hier unvergängliche Ver* 
dienste erworben. Die Ausgrabungen sind wohlgeordnet, und 
Eigd>nisse wie die Aufdeckung von Timgad (Thamugadi), dem 
afrikanischen Pompeji, mit seinen langen StraBenzfigen , seinem 
Forum, seinem alles fiberragenden Trajansbogen, oder die Frei- 771 
l^gung eines römischen Lagers in Lambisis, haben die Bemfihun- 
gen glänzend belohnt Verfallenes wird erhalten oder schonsam 
wiederheiigestellt Ganz erstaunlich ist die Masse der Römerbauten 
aller Art Am seltensten sind Tempel, dagegen sind Amphitheater 772 
und Theater, Wasserieitungen und Wasserschlösser (Nymphäen), 
Bäder und Oriber in Menge vorhanden. Die Zahl der Ehren- 
bögen reicht an 70; sie sind sozusagen die solideren Vor- 
läufer der später fiblichen Lobreden auf die Kaiser. Mit den 
Bauten, die meistens einen ziemlich nfichtemen, omamentalem 
Schmuck abholden Charakter tragen, sind vielfach Mosaiken ver- 
bunden, ein fiberhaupt in der Römerzeit sehr beliebter Schmuck, 
der sich aber kaum ii^endwo so verbreitet findet wie in Afrika; 
in einer einzigen Villa bei Uthina sind nicht weniger als 67 zum 
Vorschein gekommen. Die Skulptur erhebt sich selten über das 
DurchschnittsmaB römischer Arbeiten. Eine um so willkommnere 
Ausnahme bilden die in Cherchd (Cirta) gefundenen Oberreste 
der Sammlung, die König Juba II. (der als Geißel in Rom auf- 
gewachsen war und sich dort zu einem bedeutenden Kunstge- 
Idirten ausgebildet hatte) in jener seiner Residenz angel^ hatten 
darunter vortreffliche Kopien älterer griechischer Meisterwerke, 
besser als die gewöhnlichen Nachbildungen der römischen Werk- 
statten. 

Der kfinstlerische Charakter der afrikanischen Provinzen ist, 
unbeschadet mancher Sonderzfige, fast ganz römisch. Sdten öffnet 
sich ein spärlicher Ausblick in die ältere Kunst des punischen 
Afrika, und wo das einmal der Fall ist, sehen wir diese unter 
dem deutlichen Einflüsse griechischer Kunst So in dem numi- 
dischen Königsgrabe Medracen, dessen derbe dorische Halbsäulen 
an die älteren Tempel der Sudkfiste Sidliens erinnern; so auch 
in dem 1902 in Karthago gefundenen Sarge einer Frau, deren 
i der Auffindung in vollen Farben prangendes Abbild aus dem 



Afrika. Spanien. Gallien 243 

4. Jahrhundert die nur leicht provinzialisierten Zfige eines fdnen 
griechischen Archaismus tragt 

Ahnliche Verhältnisse scheinen auch in dem noch wenige 
erforschten punischen Spanien bestanden zu haben. Hier sind 
d)enfans Denkmäler einheimischen Stiles selten. Die seit 1830 
beim Cerro de los Santos unweit Monteal^^ (Provinz Albacete) 
zum Vorschein gekommenen Bildwerke, die 1872 mit viel ge- 
filschter Ware vermischt in das Madrider Museum gdangt sind^ 
offenbarten zuerst den Mischcharakter einer einheimischen Kunst- 
fibung, die von phönikischen und al^echischen Einflüssen be- 
stimmt ward. Aber viel deutlicher und viel feiner sprach sich 
dieser Stil in einer reizvollen Frauenbfiste aus, die 1 897 in Elch^ 
unweit Alicante, gefunden ward und durch Pierre Paris Vei^ 
mittdung alsbald ihren Weg in den Louvre fand; dort bildet sie 
den Glanzpunkt eines spanischen Kabinetts. Eingeklemmt in dnen 
barliarisch verkünstelten Kopfschmuck, dessen Hauptstück zwd 
ungeheure sdtliche Rader bilden, und mit kunstvoll ausgearbeitdem 
Ooldschmuck beladen, läßt das Gesicht doch anmutige Zfige 
durchblicken, die etwas von dem Reize der besten ionisch-attischen 
Mädchen von der athenischen Akropolis (S. 208 f.) besitzen. 



KIdnasien, Syrien und das nördliche Afrika haben uns zur 
römischen Provinzialkunst hinfibergeführt, die wir noch längs 
der nördlichen Grenzen des Reiches verfolgen müssen. Deutsch- 
land und die Donauländer besaßen keine nennenswerte eigene 
Kunst mit Ausnahme der dem Zuge der Alpen folgenden Hall- 
stattkunst (S. 180 f.); Britannien liderte wohl das kostbare Zinn, 
hatte sonst aber nicht einmal so viel zu biden wie Germanien. 
Anders Gallien, wo neben der keltischen La-Tine-Kunst (S. 181) 
die Phokäerstadt Massalia (Marseille) eine Pflanzstätte griechischer 
Bildung gewesen war und diese Rolle auch noch beibehielt, als 
ihre politische Bedeutung durch Cäsar vemichtd worden war. 
Die Menge hervorragender Ruinen, an denen die Provence so 
rdch ist, stammt allerdings aus nachcäsarischer Zeit, einige der 
17 hervorragendsten, wie das Julierdenkmal bei St Remy (dessen 696 

16* 



^44 X. Die Außenländer seit 1870 

besondere kuns^eschiditliche Bedeutung Heinrich Brunn 1869 
26 f. zuerst betonte), die Maison carrie in Nimes, der Poni du Oard 
27 Agrippas, der Ehrenbogen des Tiberius in Orange aus der ersten 699 
ICUserzdi Naturlich hat dieses »Italien in Frankreich« schont 
früh die Aufmerksamkeit auf sich gezogen, teils in den umfassen* 
den Werken Aubin Louis Millins (1807ff.) und des Grafen Leon 
de Laborde (1816/17), teils in einer stattlichen Reihe von Sonder-^ 
Publikationen, aber es fehlt noch an einer gründlichen, heutigen 
Ansprüchen genügenden Untersudiung der antiken Provencei 
welche eb^so alle einzelnen Erscheinungen mit wissenschaftlicher 
penauigkeit erforschte und feststellte, wie den großen Zusammen- 
bangen, vor allem der Scheidung des rein Römischen und der 
llteren griechischen Nachwirkungen, nachspürte. Letztere sind^ 
obwohl grade in ihnen der besondere Wert der Provence in der 
alten Kulturgeschichte besteht» noch allzuwenig verfolgt worden. 
Erst wenn dies ausgiebiger geschehen ist, wird sich auch über 
eine wichtige, neuerdings von Georg Löschcke angeregte Frage 
mit größerer Sicherheit urteilen lassen, ob nämlich längs Rhone 
und Saone bis zur Mosd, d. h, längs der Straße des alten Bem- 
steinhandels von Norddeutschland nach Marseille, ein besonderer 
Strom griechisch angehauchter Kultur und Kunst sich hingezogen 
habe, dessen Einfluß beispielsweise noch in dem Secundinier- 763 
denkmal zu Igel und in den 1877/8 zu Neumagen bei Trier 
gefundenen Reliefs spürbar sei. So viel ist sicher, daß die be- 764 
zeichnete Straße die Hauptstraße antiker Kultur in Gallien ge- 
wesen ist, der gegenüber die sonstigen Fundstätten antiker Kunst- 
werke mehr wie vereinzelte Oasen erscheinen. Ganz Frankreich 
aber ist mit einem Netz antiquarischer Vereine überzogen, die 
eifrig den provinzialen und lokalen Altertümern nachspüren; die 
vornehmste und wissenschaftlichste dieser Gesellschaften ist die 
schon 1 805 gegründete Pariser Sodäi des antiqaaires de France. 
Merkwürdig: während in dem Museum zu Saint-Germain durdi 
A. Bertrand und S. Reinach ein ausgezeichnetes Zentralmuseum 
gallischer Altertümer geschaffen worden ist, fehlt es in dem sonst 
so gern zentralisierenden Frankreich anscheinend an einer Instanz, 
von wo aus die zersplitterten Lokalvereine wissenschaftlich be- 



Frankreich. Britannien. Deutschland 24$ 

dnfluBt und zu einer, wenn auch getrennten, so doch gemeUi^ 
samen, ein gleiches Ziel anstrebenden Arbeit angehalten würderf. 
Seit in Frankreich statt der alten Fakultäten wirkliche Universitlten 
eingerichtet und mit Lehrstählen för Ardiäologie ausgestattet wordeA 
tind, kann es ja an den wissensdiaftlichen Ktiften, auf die einig 
solche Organisation sich stützen müBte^ nirgend mehr fehlen. ^ 

Britannien ist von der römischen Kultur nur flüchtig be- 
rührt worden. Außer den nördlichen Schutz^lleti kommen hur 
gelegentliche Funde von Badanlagen, von Mosaiken oder der? 
gleichen in Betracht, die nichts Besonderes, Britannien Eigentfint* 
lich^ an sich haben. Wenn aber manchmal unter den Häusern 
Londons oder in den Gärten vornehmer Landsitze griechische 
Werke zum Vorschein kommen (was nicht so ganz selten d«r 
tPatl ist), so liegt Sorglosigkeit der Besitzer gegenüber im Aiis^ 
tand erworbenem Kunstbesitz zugrunde. Unter diesen Umständdll 
haben die archäologischen oder antiquarischen Qesdlschaften <lei 
Inselreiches wenig Qd^enheit zu r^er Tätigkeit auf dem 06- 
biete römisch -britannischer Kunst. - ' 

In Deutschland herrscht, wie in Frankreich, in zahllosen, 
Meist den Staaten oder Provinzen entsprechenden Vereinen ein 
reger Behieb antiquarischer Lokalforschung. Natürlich haben dit 
Wieinlande mit ihren vielen römischen Resten, zumal mit dea 
stolzen Überbleibseln römischer Kaiserpracht in und um Ttkt 
den Vorrang. In Wiesbaden hatte schon seit 1827 ein tiassatil'- 
scher Verein eine stille Tätigkeit b^fonnen; beäeutender 'eht* 
wickelte sich der 1841 in Bonn auf Ludwig Urlichs Betrieb 
g)^[ründete »Verein von Altertümsfreunden im Rheinlande«, dem 
hier und da bald andere Vereine folgten. Langie Zeit bifdelfc 
ilas Jahrbuch des Bonner Vereins den Hauptsammelpunkt aiicfi 
Hber die Rheinlande hinaus, bis ihm 1882 Fdix Hetbieis »West« 
deutsche Zeitschrift« zur Seite trat I>äneben »tstanden Überall 
Provinzial- und Lokalmuseen, teilweise von erhd>licher Bedeutung; 
keines bedeutender als das zu Trier. Von den Vereinen gingöti 
auch, vielfach mit öffentlicher Unterstützung, Ausgrabungen aus. 
Die alten Römerstädte an der Mosel und am Rhein, Trier, Ander-^ 
nach, Bonn, Köln, Neuß usw., wurden untersucht, Villen ver^ 



246 ^ ^^ Außenlander seit 1870 

schiedener Art aufgedeckt (am berfihmtesten ist die in Nennig 
unweit Luxemburg geworden), Oberhaupt eine sehr reg^ Tätigkeit 
entfaltet Aber noch immer harrt beispielsweise eine Aufgab^ 
vnt die genaue Aufnahme des großen Igler Grabdenkmals^ dessen tss 
Reliefs schon Goethes Aufmerksamkeit fessdten, ihrer Lösung; 
noch immer haben die Neumagener Reliefs keine angemessene tm 
Veröffentlichung gefunden; die in der alten Bdgica zutage ge- 
tretenen »Gigantensäulen« bedürften, damit schwierige daran 
geknüpfte Fragen sicherer beantwortet werden könnten, einer 
zusammenfassenden Publikation. 

Auch hier hat sich die Zersplitterung der Mittel und der 
Vereine übel geltend gemacht Einen Versuch zur Zentralisierung 
der Funde stellte Ludwig Lindenschmits 1852 gegründetes »Rö- 
misch-germanisches Zentralmuseum« in Mainz dar, in dem alle 
Arten einschlägiger Altertümer sei es in Originalen gesammelt 
sei es in Nachbildungen und Rekonstruktionen hergestellt werdea 
Aber in großem Maßstabe ward ein Vorgehen viribus unitis erst 
durch das von Theodor Mommsen angeregte Unternehmen des 
Deutschen Reiches, den germanischen Grenzwall oder »Pfahlgraben« 
(Limes) zu untersuchen, ins Werk gesetzt Seit 1892 ist mehr 
als zehn Jahre lang unter Teilnahme zahlreicher Gelehrter die 
große Aufgabe vom Rhein bis an die Donau durchgeführt worden; 
nach manchen Irrw^en ist man zur Klarheit über die nicht 
überall gleichförmige Anlage, über die Bedeutung und die Ge- 
schichte des Limes gelangt So wichtig die so gewonnene Kennt* 
nis nun aber auch für die Altertümer, für die Kunde vom antiken 
Befestigungswesen, für die Geschichte der Beziehungen zwischen 
Rom und seinen germanischen Nachbarn ist, so hat das ganze 
Unternehmen doch für die künstierische Seite der Archäologie 
nur verhältnismäßig geringes Interesse, d>enso wie die unter 
Napoleon IIL vorgenommenen überaus lehrreichen Untersuchungen 
von Alesia und Bibracte. Daher ist es auch vom archäologischen 
Standpunkt aus weniger bedauernswert, wenn ein wichtiges Monu- 
ment wie die Saalbui^g durch Restauration wissenschaftlicher For- 
schung entzogen wird Archäologisch erheblich sind besonders 
die kleineren Fundg^enstände, namentiich, wie so oft, die Ton* 



Zentralisation der deutsdien Ausgrabungen 247 

gefiße, deren künstlerische Entwickdung von griechischen und 
gallischen Anfangen an durch die letzten Zeiten der Republik» 
die Zeiten Augusts, der flavischen Kaiser usw. sich aus den 
Funden am Limes und an anderen Orten, besonders den Rhein* 
landen, hat wiedergewinnen lassen. Damit hat ein bedeutsames 
Stack des römischen Kunsthandwerks Licht erhalten, und zugleich 
ist für Ausgrabungen ein wichtiges chronologisches Merkmal 
gewonnen worden. Das hat sich zum Beispiel bei den Aus« 
grabungen in Haltern bewährt, zu denen der hannoversche und 
der westfälische Altertumsverein sich mit dem Archäologischen 
Institut verbunden haben. Da wo die Lippe in alter Zeit schiffbar 
zu werden begann, zwei Tagereisen von dem römischen Legions* 
lager Castra Vetera (Xanten), werden seit 1899 ein Uferkastell, 
eine Hafenanlage und ein großes befestigtes Lager bloBgd^ 
ohne daß ein einziger Stein gefunden worden wäre; nur aus der 
verschiedenen Beschaffenheit des Erdbodens läßt sich die ziem- 
lich verwickelte Anlage wiedergewinnen und entwirren. Da aber 
sämtliche Fundgegenstände^ vor allem Münzen und Tongefäße, auf 
die augustische Zeit hinweisen, nichts aus späterer Zeit zum Vor« 
schein gekommen ist, so läßt sich mit voller Sicherheit sagen, 
daß diese Anlage aus der Zeit des Augustus stammt und daß 
der Platz auch schon in dieser Zeit au^[egd>en worden oder m* 
gründe gegangen ist: Umstände, die auf das aus Tacitus und 
anderen bekannte Aliso passen und daher die Vermutung begrün* 
den helfen, daß dies »Kastell an der Lippec, wie Tacitus sich 
ausdrückt, eben Aliso sei. 

Das Limesuntemehmen hatte aber, indem es den Nutzen 
einer Zusammenfassung zerstreuter Kräfte handgreiflich gemacht 
hatten die weitere Folge, daß es 1901 auf Conzes und Löschckes Be- 
trid) die Gründung einer Abteilung des Deutschen Archäologisdien 
Instituts für römisch -germanische Forschung hervorrief. So viel 
Verdienstliches auch die einzelnen Vereine gdeistet haben, sie ent- 
bdirten doch völlig des Zusammenhanges (das Zusammenwirken 
mehrerer Nachbarvereine in Haltern war schon etwas Außerordent- 
liches), und manche von ihnen litten unter der Enge des wissen- 
schaftlichen Horizonts, die Lokalvo'einen so leicht eigen ist Nun- 



248 X. Die Außenländer -seit 1870 

mdir ist von Rdchsw^;en eine Zentralstdie geschaffen worden, di^ 
idlen Vereinen von der niederländischen bis an die österrdchtsche 
Grenze mit Rat und, wo es erforderlich scheint, mit persönlicher 
oder pekuniärer Hilfldstung bdstehen soll; ohne die Sdbständigkdl 
der bestehenden Oi^ianisationen anzutasten, ist die Möglichkdt zu 
gemdnsamer Wirksamkdt, ztun verdnten Schlagen bd getrenntem 
Marschieren, gc^geben. In wissenschaftlichen Kreisen war mäh 
sieb darfiber einig, daß dn solcher wissenschaftlicher Mittdputdrt 
am besten mit dem Mainzer Zentralmuseum, dem das Rddi ebeitT 
falls erhd)Iiche Mitid gewährt, vereinigt würde; auf diese Weise 
bitte sich von sdbst eine hohe Schule für Ausgrabungstechnilc^ 
Mttseumsverwaltung, wissenschaftliche Untersuchung eiigd>en: 
Leider haben Rücksichten anderer Ordnung die Vereinigung vier-- 
hifidert, so daß nun die beiden Nachbarstädte Mainz und Frank- 
furt sich in die Au^;abe tdlen müssen. 

In Österreich hat von jeher, trotz der Verschiedenheit der 
Länder, eine größere Konzentration der archäologischen Studien 
jgehetTsdit Schon in der 1853 gegründeten »Zentralkommissioif 
zur Erforschung und Erhaltung der Baudenkmäler« hatten diese 
fdn beschddenes Plätzchen. 1876 schufen Alexander Cojtize und 
Otto Hirschfdd in dqn Archäologisdi-epigraphisdien Seminw 
der Wiener Universität dne Schule, in deren »Mittdiungen« dh 
Oif;an für die wissenschaftliche Erforschung der römisdien Ver» 
gangenhdt der österrdchischen Lande gegeben ward. 1898 fand 
diese Bewe[ung ihren Abschluß in der Gründung des Ostern 
reichischen Archäologischen Instituts, das unto* Otto Beindorfs t\Ai 
bewußter Leitung ebenso Rdsen und Ausgrabungen (S. 164 ff.) wie 
kfissenschaftlidie Verarbdtung des archäologischen Materials ins 
Werk setzt Um nur zwd Bdspiele der ardiäologischen Tätigkdi 
zu nennen, so werden unweit Wiens seit 1877 höchst erfolgreiche 
Ausgrabungen veranstaltet, um die alte Römerfeste Camuntuni 
wiederzugewinnen; andererseits werden sdt Jahren die weit zer«^ 
streuten Oberbleibsd der denkmälerreichen Kolonie Aquileja, der 
wichtigsten Mittdstation für den Verkehr Italiens mit dem Nord« 
Osten, gesammdt und bearbeitet Museen bilden sich überall und 
gd>en eine Anschauung des künstlerischen Charakters der dnzdnen 



Österreich. Adamklissi 249 

JBezirke, bieten auch den Ergebnissen der Ausgrabung^ ein 
sicheres Unterkommen. ^ 

Österreichs wissenschaftlicher Einfluß aistreckt sich auch über 
die Grenzen des Kaiserreiches hinaus, namentlich entlang der 
Donau. Aus solchem Zusammenwirken ist die Untersuchung 
eines großen Monuments in der Dobrudscha, Adamklissi, her* 
vorg^[angen, das schon 1837 von Helmuth von MoMce beachtet, 
1882/90 auf Kosten der rumänischen Regierung unter Leitung 
Oregor O. Tocilescos bloßgd^ und unter Mitwirkung Benndorfs 
und Oeoige Niemanns beatbeitet ward. Ein runder Turm nach 
Art des Grabmals der Cäcilia Metella, oben mit einem Metopen^ 
flies umsäumt; darüber ein sechssdtiger Sockel mit einer sehr 
trummerhaften Inschrift Trajans; darauf ein Tropäum — so war 
das Denkmal beschaffen, um den ein Streit entbrannte gleich den 
etb^ertsten die die Ilias schildert Der nächste Gedanke richtete 
sich auf trajanischen Ursprung; ihm trat aber die Zurückffihrung 
bis in den Beginn der Kaiserzeit, unmittelbar nadi der Schlacht 
bei Actium, en^^^[en; ja audi für die Zeit Konstantii» ließ sidi 
eine leise Stimme vernehmen. Der Streit kann wohl als zugunsten 
der ersten Annahme entschieden gelten, seit der Ort als die Stelle 
einer großen Niederlage der Römer (g^en 4000 Mann fielen) 
durch die Daker unter Domitian (87) erkannt worden ist; deshalb 
errichtete Trajan nach endlich erfolgter Bezwingung der Daker 
(106) an dieser Stelle dem »rächenden Mars« sein großes Tropäum 
und die Bewohner der benachbarten Ortschaft erhielten den Namen 
Traianenses Tropaeenses. 

Die Möglichkeit eines solchen Streites beruhte, wenn auch 
nicht allein, so doch zum Teil auf dem barbarischen Stil der 
Reliefs in den Metopen. Sie führten mit besonderer Eindringlich- 
keit die Tatsache vor Augen, wie anders als in der Hauptstadt 
sich die Bildkunst im fernen Barbarenlande unter ungeübten oder 
anders gewöhnten Händen entwickelt hat Dafür braucht man 
nicht erst bis zur öden Dobrudscha zu gehen; schon der Augustus- 
bogen in Susa, an der Alpenstraße über den Mont Cenis errichtet, 
lehrt dasselbe, und die Reliefs eines in Paris gefundenen Altars 
aus Kaiser Tiberius Zeit könnte man beinahe für romanisch halten. 



250 X. Die Außenländer seit 1870 

Herrsdit auch viderorten, z. B. an der rheinischen Militärgrenz^ 
ein gewisser gemeinrömischer Charakter in den Bildwerken, so lassen 
sich doch auch lokale Verschiedenheiten nicht verkennen« Hier 
harren der archäologischen Forschung noch dankbare Aufgaben. 
Was von den historischen Denkmälern der Kaiserzeit in der Haupt- 
stadt Rom t>emerkt ward (S. 220X das gilt in noch viel höherem 
Orade von der bisher allzu stiehnfitterlich behandelten Provinzial- 
kunst Und doch hat sie, namentlich in den O^jenden wo einst 
Römer saßen oder wohin Roms Einfluß reichte^ besonderen An* 
Spruch auf Interesse^ weil es sich dabei um die Vorbedingungen 
der eigenen Heimatskunst handelt Der übliche scharfe Schnitt 
zwischen Altertum und Mittelalter ist unnatürlich. Wie sich die 
klassische Archäologie mit der prähistorischen Forschung hat In 
Fühlung setzen müssen, so muß sie auch der altchristlichen und 
mittelalterlichen Kunstforschung die Hand rächen, damit auch 
hier die großen durchgehenden Zusammenhänge sich klarer her» 
ausstellen. An Rufern zum neuen Streit der Geister fehlt es ja 
nicht; dem neuen Jahrhundert ist hier ein weites Feld großzügiger 
Forschung eröffnet 



XI 

ENTDECKUNGEN UND WISSENSCHAFT 




nser Rundgang ist beendet Wir sind der »Archäologie 
des Spatens« wahrend eines Jahrhunderts in dem ganzen 
Umkreise der antiken Weit nachgegangen. Ihre Ein- 
wirkungen auf die archäologische Wissenschaft sind an den einzel- 
nen Punkten oftmals berfihrt worden, jetzt gilt es noch einmal 
allgemeiner die Frage zu beantworten: Wie haben alle die Aus- 
grabungen und Entdeckungen die Kunstarchäologie (denn nur 
von dieser Seite ist hier die Rede) beeinflußt, gefördert, umge* 
wandelt? 

Zwei Perioden ließen sich deutlich unterscheiden. In den 
ersten Jahrzehnten handelte es sich fast ausschließlich um zufällige 
Entdeckungen, die uns einige Ecksteine der Kuns^;eschichte aus 
dem 6. und S.Jahrhundert kennen lehrten: Sicilien, Agina, Athen, 
Bassä, Lykien, die bemalten Vasen. Planvoller wurden in den 
vierziger Jahren die Ausgrabungen in Ägypten und in As^en 
angegriffen, die zuj^eich den Gesichtskreis über die klassischen 
Länder hinaus erweiterten. Der Erste, der diese planvollere Wdse 
auf griechisches Gebiet fibertrug, war Newton, in den fünfziger 
Jahren. Ihm verdanken wir die Bereicherung unserer Anschauung 
mit wichtigen Werken zumal des 4. Jahrhunderts; im Mittelpunkt 
stand das Mausoleum. Etwa mit den sechziger Jahren b^;ann 
dann eine straffere Organisation der Unternehmungen, der sich 
später eine festere Technik wahrhaft erhaltender und wiederauf- 
bauender Grabetätigkeit gesellte. Größere Aufgaben wurden ge- 
stellt, ang^;riffen, gelöst Rückwärts wie vorwärts ward die Kunst 



252 XI. Entdeckungen und Wissenschaft 

weiter verfolgt, hier durch die Wiederentdeckung des Hellenismus, 
die auch auf die schon langer bekannte römische Kunst neues 
Licht warf, dort durch das Eindringen in die Femen griechischer und 
vorgriechischer Frühzeit, das zu weiteren Ausblicken in die all- 
gemeinen Verhältnisse früheuropäischer Kunstfibung führte. 

Diese beiden Perioden finden wir auch in dem Betriebe der 
archäologischen Wissenschaft wieder. Wir müssen dabei Kunst- 
geschichte und Kunsterklärung unterscheiden. 

In der Kunstgeschichte herrschte bis in die zwanziger 
Jahre Winckdmanns Auctorität unbestritten. Einzelnes war wohl 
von Friedrich Thiersch oder von Alois Hirt zu neuem und zu 
bessem gesucht, aber es drang wenig durch. 1817 bemühte sich 
Goethes Freund Heinrich Meyer die Elgin Marbles als ziemüdi 
unerhd>lich nd>en dem »phidiasschen« Koloß von Monte Cavano 
hinzustellen und gönnte ihnen erst 1824, vielleicht durch den En- 
tiiusiasmus seines großen Freundes (S. 40 f.) angestedd, etwtis 
wärmere Anerkennung. Es lag d>en damals -noch so fem zu deil 
eigentlichen Quellen hinaufzusteigen; man besagte sich mit den 
därftigen Literaturzeugnissen, ipit den römischen Kopien und ttitt 
Winckdmanns darauf bemhendem Geschichtsbau. <^ 

Für die Kunsterklärung bot Viscontis gefällige, elegante, 
aber sdten in die Tiefe dringende Behandlungswdse das allge^ 
mein befolgte Muster; sie beherrschte die Wissenschaft und hidt 
den Geschmack für die Antike im großen PuMil^uih verbreiteh. 
Zoe^^ tiefgründige, aber spezifisch nordische Art &tiä wienig 
Anklang. Obgleich Zo^;a in der Rdigtonsgeschichte mystischem 
Spekulationen nicht abhold war, bewährte er in den dgentlidi 
archäologischen Fragen eine nüchterne, rein sachliche Methode 
der Erldämng, die unmöglich in einer Zeit Cnade finden konfiH^ 
wo Creuzers nd>diger mythologischer Synkretismus die rontttlr. 
tisch gestimmten Kreise beherrschte. Auch Gerhard entwickdte 
sich unter dem Einflüsse Creuzers und bildde sich früh dn Systefü 
mythologischer Kunsterklärung aus, das als Fachwerk bequem sdti 
mochte, dem man aber am wenigsten Voraussetzungslosigkdt nacki 
rühmen konnte. Anders Zoegas Schüler Wdcker, der vor allem 
die bildende Kunst in die engste Beziehung zur Poesie setzte. - 



Die äitere Archäologie. MüUer. Welcker 253 

Friedrich Oottlieb Welcker und Kari Otfried Malier sind die 
Archäologen, die am deutlichsten, sowohl als einflußreiche Lehrer 
wie als wirksame Schriftsteller, die lebendige Einwirkung der neu 
zutage getretenen Funde an sich erfuhren und so der Archäologie 
mit dem neuen Material auch neue Ziele wiesau Für Müller 
war die Beschäftigung mit der griechischen Kunst nur ein Tdl 
des Studiums der gesamten griechischen Geistesentwickelung, in 
deren Erforschung und Darstellung er seine Lebensaufgabe erkannte; 
Aber sein Handbuch der Archäologie (1830) mit dem zugehörigen 
Biideratlas, aus den Bedürfnissen des Unterrichts h^voigegsuigen, 
stand auf dem neuen Boden. In einer Zeit entstanden, wo die 
Oberfülle der Spezialforschung noch nicht den Überblick über 
das Ganze unmöglich machte, und aus der Masse des alt« 
und des neugewonnenen Stoffes mit glücklich leichter Hand daa 
Wichtigste auslesend, hat das Buch die Schulung mehrerer Oeiie> 
tationen besorgt, obschon grade die kunsigeschtchtlichen Abschnitte 
hinter anderen zurückstehen; begreiflicherweise sind diese heute 
am meisten veraHet Auch Welcker lebte im Ganzen des Griechen^ 
tums; Religion, Poesie und Kunst waren für ihn untrennbar ver- 
bunden und er empfand sozusagen wie ein Grieche. Er hatte 
nicht bloß durch ein Fenster in einen Raum des großai Baues 
hineingeschaut, sondern ihm war jeder Winkel vertraut, und jeder 
Winkel war ihm nur dn Abbild des Ganzen. Wärmeren Sinn 
für Kunst und Dichtung, als Müller besaß, verband Welck^ mit 
einem feinen, manchmal wohl etwas zu feinen Sinn für das Indi- 
vidudle. Daher wurden ihm die einzelnen Dichter und Künstler zu 
Sondergestalten im großen Strome der Entwickelung, und bei 
der poetischen, intuitiven Richtung seines Geistes schuf er Ge- 
stalteUy welche, wenn sie sich auch nicht immer als ganz ähnlich 
erwiesen haben, doch stets von griechischem Herzblut durchströmt 
waren. So traten ihm die Bildwerke vom Parthenon, der Sopho- 
kles, der lysippische Apoxyomenos, als er sie zuerst schaute, als 
lebendige Individuen, die er längst aus der Feme gekannt, ent- 
gegen, und welche Bedeutung für ihn neben dem gelehrt» 
Stadium die Anschauung hatte, das bewies er durch die Grundung^ 
des ersten akademischen Abgußmuseums, der Bonner Musteranstalt 



254 XI. Entdeckungen und Wissenschaft 

Hochbedeutend fOr den Betrieb der Archäologie waren die 
großen Vasenfunde der dreißiger Jahre (S. 58 ff.). Neue Schätze 
mythischer Szenen, reicher als man sie irgend hatte ahnen lassen, 
stiegen ans Licht und heischten Würdigung und Erklärung. So 
int zunächst der Inhalt des Bilderschmuckes der Vasen ganz in 
den Vordergrund und die Wissenschaft ging ffir einige Zeit fast 
ganz in Ex^fese auf. Diese von den Willkfirlichkeiten methode« 
losen Ratens und mehr oder weniger geistreichen Tfiftdns befreit 
und auf feste Ffiße gestellt zu haben ist das Verdienst Otto Jahns. 
Er war von der Philologie ausgegangen und fibertrug, ein Schfiler 
Lachmanns und Böckhs, die philologische Methode auf die archäo* 
logische Exegese. In der engen Verbindung der künstlerischen 
und der literarischen Quellen war ihm dabei, wenn auch mit 
minder strenger Kritik, Raoul-Rochette vorange;angen. Im Kon- 
fliktfolle trat bei Jahn noch leicht die der Philologie analoge Be- 
handlung in den Vordergrund vor der rein künstlerischen Be- 
trachtungsweise und deren besonderen Bedingungen. Dafür förderte 
die Obersicht Aber die Oesamtentwickdung, die Jahn ebenso wie 
Müller und Wdcker im Auge hatte, auch historische Oesichts-r 
punkte zutage, wie den bis dahin übersehenen, daß in der bildenden 
Kunst der Griechen ebenso wie in ihrer Poesie, ihrer Philosophie» 
ihrer Architektur die Stammesunterschiede von entscheidendem 
Einflüsse gewesen seien (1846); oder den Nachweis, daß der 
späteren griechischen Kunst ebenso wie der hdlenistischen Poesie 
das Genre gdäufig gewesen sd, eine Erkenntnis die damals (1848) 
noch manchem Zweifd beg^;nete. Heute jst es uns ja kaum 
b^dflich, daß dergleichen je hatte verkannt werden können. 

Eins aber fehlte doch noch dieser ganzen älteren Betrach* 
tungsweise, für die Jahn nur als Bdspid dienen soll: die völlige 
Verschmelzung der schriftlichen und der neueröffneten künstleri- 
schen Qudlen; mdstens flössen noch bdde Bäche nebendnander 
her und verdnigten sidi nur selten. So behielt beispielsweise 
Johannes Overbeck in sdner vidbenutzten »Geschichte der griechi- 
schen Plastik« durch vier Auflagen hindurch (1857/94) die 
Schddung beider Quellen bd und gab z. B. die Würdigung des 
Phidias getrennt von der Analyse der Parthenonskulpturen. Sdbst 



Jahn. Neue Ziele. Reiseerleiditerungen 255 

Heinrich Brunn, dessen »Geschichte der griechischen Künstler« 
(1853/59) einen großen Fortschritt bezeichnete, beschränkte sich 
damals noch fast ganz auf die von ihm kritisch gesichtete literarische 
Oberlieferung und zog die Kunstwerke nur heran, wo Original*» 
71 werke bestimmter Künstler, wie der Laokoon, der »boi^hesische en 
75 Fechter«, die »Apotheose Homers«, erhalten sind. Daß übrigens 
Brunn vor allen Dingen die überlieferte Geschichte der Künstler 
kritisch festzustellen sich bemühte, war methodisch durchaus 
richtig; es ist nicht Brunns Schuld, wenn es lange gedauert hat, 
bis in den üblichen »Geschichten der griechischen Plastik« der 
W^ von der Künstlergeschichte zur Kunstgeschichte eingeschlagen 
ward. Und doch drängten die unaufhörlichen neuen Funde namen-» 
loser Werke, die oft die mit bestimmten Künstlernamen bel^'* 
baren an Wert weit übertrafen, gebieterisch in diese Richtung. 



Der seitdem eingetretene Wechsel der Anschauung und der 
Behandlung beruht in erster Linie auf den Ergebnissen jener 
großen Unternehmungen, die sich in dem letzten Drittel des Jahr« 
hunderts Schlag auf Schlag gefolgt sind, die unsem Gesichtskreis 
räumlich und zeitlich erweitert, mit neuen Kenntnissen auch immer 
neue Probleme gebracht, dabei aber die Methoden der Ausgrabung, 
der Erkenntnis und der Verwertung bereichert und gekräftigt 
haben. Aber damit ist doch nicht alles gesagt; es kommen noch 
andere wesentlich mitwirkende Bedingungen in Betracht 

1. Die äußerlichste dieser Bedingungen ist die außerordent-* 
liehe Reiseerleichterung, die unsere Ära der Eisenbahnen und 
Dampfschiffe geschaffen hat Das antike Wort, daß eine Reise 
nach Korinth nicht jedermanns Sache sei, hat, wörtlich genommen, 
längst seine Geltung eingebüßt Heute ist dafür gesorgt, daß 
wir, wie es Plinius von den Bildnissen berühmter Männer in 
Varros Porträtwerk (imagines) rühmte^ »allgegenwärtig wie die 
Götter« sein können. Ein längerer Aufenthalt im Süden gehört 
für unsere Archäologen zu den selbstverständlichen und verhält- 
nismäßig leicht erreichbaren Dingen; aber auch wenn es für 
einzelne Arbeiten, ja für bloße Einzelfragen, das Material zu sam- 



256 ^I* Enftieckungen und Wissenschaft 

mdn oder zu vergleichen gilt, ist das Aufsuchen der Museen, did 
fast fiberall dem Forscher liberal geöffnet sind, heute unencBtcb^ 
viel leichter als vor einem halben Jahrhundert So gebieten wir 
beute nicht bloß über ein ganz anderes Material, sondern mcb 
fiber eine viel größere Leichtigkeit seiner Benutzui^. 

2. Auch die wissenschaftlichen Anstalten haben sich 
stark geändert Vor ffinfzig Jahren gßb es in Deutschland nocb 
Ifti^e nicht an allen Universitäten Lehrstuhle für Archäologie 
in Österreich nur in Wien, in Frankreich nur in Paris, in Itadien: 
und England meines Wissens nirgendwo. Heutzutage fehlt nidiif 
leicht einer europäischen Universität ein Lehrstuhl mit dem zu^ 
gehörigen »Laboratorium«, dem Abgußmuseam. Das Bonner 
Museum war das erste, das, von Welcker mit dem Beistande des^^ 
Freiherm von Stein gegründet, planmäßig für die Zwecke des 
akademischen Unterrichtes eingerichtet ward. »Diese Stiftung«, 
bemerkte Welcker 1827, »scheint so zeitgemäß, daß sie vermutlich 
nach und nach auf den meisten andern Universitäten Nachfolge 
finden wird«. Die Voraussage ist eingetroffen, zuerst in Deutsdi*- 
land, nach und nach auch mehr oder weniger allgemein in allen 
anderen Staaten, in denen die Archäologie gepfl^ wird. So 
mangelhaft auch der Notbehelf der Abgüsse ist, so weit auch der 
kalte undurchsichtige Gips hinter dem Marmor und Erz zurück- 
steht, so groß ist der Vorzug, nicht, wie in den dgenitichen 
Antikensammlungen, auf eine willkürliche Vereinigung meistens 
durch den Zufall zusammengeführter Stücke beschränkt zu sein, 
sondern den g^zen Verlauf der antiken Plastik in pknvoller 
Auswahl sich anschaulich machen zu können. Freilich ist es 
nicht ganz leicht die wichtigsten und bezeichnendsten Abgüsse 
zu beschaffen. Es bedürfte einer mit großen Mitteln ausgerüste- 
ten Zentralanstalt, die unter wissenschafdicher Leitung die Her- 
stellung der bedeutendsten Abgüsse nach bestimmtem Plan in die 
Hand nähme. Oder, wenn die Last für die Schultern einer einzig&i 
Anstalt zu groß sein sollte, ließe sich an eine Vereinigung verschiede- 
ner Anstalten denken (wie das neuerdings für die großen Akademie- 
untemehmungen eingeführt worden ist); z. B. könnten Forme-; 
reien in Berlin, London^ Paris, Rom, München zu einem solchen, 



Universitäismiteriidrt. AbguBimiseen. Archäolog. Institute 257 

Bunde sich zusamtnenschlieBen und eine Teilung der Aufgaben, 
natürlich unter Leitung eines wissenschaftlichen Ausschusses, vor- 
nehmen. Aber das sind Zuloinftstraume; schon jetzt läßt sich 
eine Auswahl des Wichtigsten beschaffen, wie — von Staatsmuseen 
wie in Berlin und Dresden abgesdien — die Universitätssamm- 
lungen in Bonn, Manchen, Stnißburg, Leipzig, Cambridge, Lyon, 
Rom beweisen. An diese Sammlungen knüpfen die zuerst von 
Otto Jahn in den akademischen Unterricht eingeführten Übungen 
an; hier lernt der Student die schwere Kunst des Sehens und 
lernt die Grundsätze der Kritik und Hermeneutik selbst anwenden. 
Der Student, der sich während seiner Studienzeit ein solches 
Museum wirklich zu eigen gemacht hat, ist mit dem nötigen 
Rfistzeuge versehen, um draußen im Reiche der Originale mit 
eigener Forschung die Wissenschaft zu fördern, vollends wenn 
mit dem Abgußmuseum, wie beispielsweise in Bonn und Würz- 
burg, auch eine den Lehrzwecken angepaßte Sammlung von Ori- 
ginalstücken veibunden ist; anderswo, wie in Berlin und München, 
lassen sich sogar größere Sammlungen von Originalen mit her- 
anziehen. 

Zu den heimischen Universitäten gesellen sich dann die aus- 
wärtigen Beobachtungs- und Arbeitsplätze, die Institute oder 
ardiäologisdien Schulen. Fast zwanzig Jahre stand das Archäo- 
logische Institut in Rom (S. 57) allein, dann trat die Französische 
Sdiule in Athen (S. 50) hinzu, die freilich der dgentiich archäo- 
logischen Arbeit noch längere Zeit fem blid>. Heutzutage blühen 
allein in Athen neben der französischen Anstalt ein deutsches 
Institut, eine amerikanische, eine englische Schule, denen neuer- 
dings noch eine österreichische Station an die Seite tritt Ähnlich 
ist es in Rom, das freilich, gemäß der größeren archäologischen 
Bedeutung Griechenlands, mehr und mehr an die zweite Stelle 
ruckt Alle diese Anstalten widmen sich neben anderen Aufgaben 
der Weiterbildung der ihnen mit immer besserer Vorbildung zu- 
gewiesenen oder freiwillig sich anschließenden Zöglinge; diese 
werden durch Vorträge, durch Führungen, durch gemeinsame 
Reisen in die Kenntnis der antiken Stätten und Kunstwerke ein- 
geführt und werden mit größerer oder geringerer Selbständigkeit 

Michaelis, Die ardiiologitclien Entdeclcnngen. 17 



258 XL Entdedningen und 

bei den Ausgrabungen verwandt Welch andere Schulung gegen- 
über den frfiheren Zeiten! 

3. Eine gar nicht zu übersdiüzende Förderung hat den Kunst-* 
shidien die Entwickdung der Photographie gd>rachi Vor 
fünfzig Jahren kannte nuui Photographien nach Antiken fast nur 
in Italien, hauptsachlich in Rom; heute gibt es nicht nur fast 
kein größeres Museum ohne photographische Publikation, sondern 
auch von zerstreuten Antiken ist es meistens nicht allzu schwer 
Photographien zu beschaffen, und ein photographischer Apparat 
gdiört zu der unentbehrlichen Ausrflstung eines ardiäologischen 
Reisenden. Photographien, mit oder ohne Skioptikon, spielen im 
ardiäologischen Unterricht ihre bedeutende Rolle; Brunn-Brudc- 
manns von Paul Arndt fortgesetzte »Denkmaler griechischer und 
römischer Skulptur« sind ffir Vorlesungen ebenso unentbehriich, 
wie die von Arndt und Amdung herausg^[d>enen »Photographi- 
schen Einzdaufnahmen antiker Skulpturen« ffir den Forscher auf 
dem Od>iet antiker Plastik. Die künstlerisch ja nicht grade durch- 
weg erfreulichen photographischen und autotypischen Vervid- 
fiUtigungsverfahren ermöglichen dnen solchen Rdchtum und dne 
solche Zuveriassigkdt der Illustration archäolc^sdier Werken streng- 
wissenschaftlicher wie populärer, daß diese tdls dne authentisdie 
Kenntnis antiker Kunstwerke in die wdtesten Kreise zu tragen 
vermag, tdls an die Stdle toter oder mißverständlicher Beschrd- 
bung die ld)endige Anschauung setzt Sdbst die Kataloge der 
Sammlungen^folgen, sdt Berlin 1891 das Bdspid g^^en, wenn 
auch zögernd, dieser Spur. 

Es ist aber kdnesw^ bloß die Menge neuer Anschauung 
die wir der Photographie verdanken, sondern fost noch mehr 
kommt die 'Art ^der Wiedergabe in Betracht Die Kupferwerke 
älterer Zelt trugen, desto mehr je mehr die Stiche ausgeführt waren, 
das Stilgeprage ihrer Zeit oder des Stechers; sdten errdchten sie 
dnen so hohen Grad stilgetreuer Wiedergabe, wie der erste Band 
der Speclmens of antient Sculpture, die Ancknt Marbles des 
Britischen Museums oder die besten Tafeln in BoaiUons Musie 
des Antiques. So beschränkte man sich denn auf bloße Umrisse, 
die auch, soiigfältig gemacht, für Werke zwdten Ranges mit mehr 



Photographie. Neuere Kunsigeschichte 259 

inhalflichetn Interesse, wie in Zoegais Bassirilievi, ausreichten, aber 
auf Statuen und Büsten höheren stilistischen Charakters angewandt, 
wie in Pirolis Musie Napol&on oder in Malier- Österieys »Denk- 
mälern alter Kunst«, doch nur den Wert allgemeiner Erinnerungs- 
zeichen in Anspruch nehmen konnten. Wie sehr auch hier die 
Eigenart des Zeichners oder Stechers mitsprach, zeigen beispiels- 
weise Stackdbergs el^[ante Blätter in seinen »Gräbern der Hd- 
lenen«. Dem gegenüber erweist die Photographie, trotz gewisser 
ihr anhaftender Mängd der Verkürzung und trotz ihrer Abhängig- 
keit von der oftmals ungünstigen Bdeuchtung der einzdnen Ob- 
jekte, eine unendlich vid größere Treue und dne ebenso vid 
größere Bestimmthdt in der Wiedergabe aller stilistischen Fdn- 
hdten des Originals, seiner technischen Besonderhdten, sdner 
malerischoi Wirkung. So haben wir mit Hilfe der Photographie 
neu sehen lernen, und es ist nicht zum geringsten Teile das Werk 
der Photographie, wenn die ganze moderne Archäologie die ent- 
schiedene Wendung zur stilistischen Analyse und Würdigung 
genommen hat Einzelne, wie namentlich Heinrich Brunn und 
Kari Friederichs, hatten auch ohne die Photographie bereits diesen 
W% beschritten; daß er aber zur großen Heerstraße der mo- 
dernen Archäologie geworden ist, das rührt doch zum großen Teil 
von unserer Gewöhnung photographischen Sehens her und von 
der durch die Photographie gebotenen Möglichkeit, auch ohne 
die Originale sdbst vor Augen zu haben, doch ihren stilistischen 
Charakter und ihre Verwandtschaft mit anderen bekannten Werken 
sicher erkennen zu können. 

4. Der Einfluß der Photographie ist der Archäologie gemein 
mit der neueren Kunstgeschichte. Diese ist als Wissenschaft 
jünger als die Archäologie und hat, ebenso wie die neuere Ge- 
schichtschreibung, in den ersten Stadien ihrer Entwickdung, wo 
neue und alte Kunst noch nicht so scharf gesondert zu werden 
pfl^en, manches von der älteren Schwester gdemt Aber schon 
früh zeigte sich auch ihre besondere Art Blicken wir nur 
auf Deutschland, so mögen Rumohrs »Italienische Forschungen« 
(1827/31) und Gayes ^Cart^o inedito di artisti^ (1839/40) 
als der Beginn wissenschaftlicher Behandlung der neueren Kunst- 

17* 



260 XI. Enidedcungen und Wissenschaft 

geschidite bezeichnet werden; in jenen ist stilistisdie Betrachtung 
ein Hauptelement geschiditiicher Wfirdigung, in diesem werdeA 
die Schätze der Archive in musterhafter Weise der Kuns^feschidite 
dienstbar gemacht Nach beiden Seiten gd>ietet die neuere Kunst- 
geschichte fii)er ein unendlich reicheres und zuverlässigeres Material 
als die Archäologie; bei der großen Zerstreuung der Kunstwerke^ 
vor allem der Gemälde^ würde sie aber doch zu ihrer Fertigkeit 
stilistischer Analyse kaum ohne die Hilfe der Photographie hid>en 
kommen können, durch deren Vermittdung der Beiig zum Pro- 
pheten sich bemühte wo dem Propheten der Weg zum Beige 
versperrt war. Der rein künstlerische Gesichtspunkt hat die neuere 
Kunstgeschichte^ die nicht den W^ durch die Philologie durch- 
gemacht hat, von Anfang an stärker beherrscht und dadurch vid- 
Idcht die Subjdctivität des Urteils gdördert, hat aber auch die 
Ausbildung gewisser Bestimmungsmethoden hervorgerufen, die 
wir am kürzesten mit dem Namen Lermolieff-Mordlis bezddinen. 
So hat die neuere Kunstgeschichte desto stärkeren Einfluß auf 
die Archäologie gewonnen, je bewußter auch diese den stilistischen, 
künstlerischen Gesichtspunkt in den Vordergrund zu rücken sich 
bestrebte. 



Unter solchen Einflüssen hat sich der Wandel in der wissen- 
sdiaftlichen Anschauung und Behandlung innerhalb der Archäo- 
logie vollzogen. Im Laufe der Entdeckungen kamen immer von 
neuem Einzdwerke oder Gruppen von Kunstwerken zum Vor- 
schdn, wdche an literarischen oder urkundlichen Zeugnissen 
kdnen oder nur schwanken Anhalt fanden und in dem wesentlich 
aus Plinius und Pausanias Angaben gezimmerten Fachwerk nicht 
untergebracht werden konnten. Sie verlangten also selbständige 
Beurteilung und Vergleichung mit schon bekannten und bestimmten 
Werken, um ihren Platz angewiesen zu erhalten, gdegentlich audi 
wohl um an dem überkommenen Fachwerk zu rüttdn und dne 
neue Einteilung oder eine neue Abtdiung des Gerüstes zu ver- 
anlassen. Der Art war Brunns Aufstdiung einer besonderen 
nordgriechischen Kunst, die an der literarisch überliderten Tätig- 



stilistische Analyse 261 

keit eines Telephanes in Thessalien zur Zeit der Poserkri^e nur 
einen schwachen Anhalt hatte, dafür aber in dem eigenartigen 
»pastosen« Stil einer Anzahl aus Nordgriechenland stammender 
Reliefs eine Stütze fand. Die Zweifei, denen diese Annlahme 
namentlich in ihrer Verbindung mit Päonios als angd^lichem 
Künstler des olympischen Ostgiebels (S. 108) begegn^t^ ver- 
stummten mehr und mehr, seit Brunn selbst diese Denkmäler- 
gruppe an die ionische Skulptur Kleinasiens ansdiloß; freilich 
beruhte auch diese nicht sowohl auf literarischen Zeugnissen als 
auf stilistischen und allgemein geschichtlichen Erwägungen. 

So kam es unter dem Druck der neuen, noch der Etikette 
entbdirenden Funde mehr und mehr dahin, daß das alte philolo- 
gisdie Moment zurück und die stilistische Analyse an die 
erste Stelle trat Der Führer dieser Bew^;ung wv Heinrich 
Brunn. Sein Einfluß war um so größer, als er einer der eigen- 
ständigsten Forscher und der eindrucksvollsten Lehrer war. Alles 
spitzte sich, wie in der modemei Ästhetik, auf die Erkenntnis 
der Kunstformen zu, und die Kuns^eschichte verfolgte nur noch 
die Entwickdung der künstlerischen Form. Das war die natür- 
liche Folge der stilistischen Analyse als der neuen leitenden 
Forschungsmethode. Heutzutage zweifelt niemand an der Berech- 
tigung der Bewegung im ganzen; man kommt vielleicht schon 
in den Geruch der Ketzerei, wenn man gegen ihre Alleinberech- 
tigung leise Bedenken äußert Es ist ja eine bekannte Tatsache, 
daß eine neue Richtung am unduldsamsten g^en die zunächst 
vorherg^[angene ist So ist es denn ja auch nur natürlich, wenn 
die reifgewordene Stilarchäologie auf die philologisierende Periode 
der Archäologie geringschätzig zurückblickt Nur die Kunstwerke 
haben noch mitzusprechen, der uberliefale Notizenkram ist nichts 
wert, hält überdies vor d^ höheren Kritik vielfach nicht stand. 
Die so sprechen, bedenken nicht, daß sie daran sind den Ast 
abzusägen, auf dem sie sitzen. Hätten wir die Schriftzeugnisse 
nidit, wie würden wir uns dann wohl auf bloß stilistische Urteile 
hin den Verlauf der Kuns^eschichte aufbauen? Man vergleiche 
nur einmal die wohltuende Sicherheit, mit der wir auf Grund 
50 zweier deutlicher Zeugnisse den Diskobol Myrons kennen und 353 



262 XL Enideckungen und Wissensdiaft 

als feste Grundlage benutzen, mit der vielfachen Unsicherheit, die 
herrscht, sobald eine Zurfickfuhrung bloß auf stilistische Analyse 
sich gründet Stilurteil ist eben subjektiv und schwankt je nach 
der Auffassung des Einzelnen, bisweilen sogar bei diesem nach 
der Zeit und dem jeweiligen Stande seiner Erkenntnis. Man 
denke an die Verschiedenheit der Ansichten ober die Zugehörig- 
41 keit der olympischen Qidielgruppen (S. 109). Oder man wolle 330f2 
erwägen, daß kein Geringerer als Brunn den Münchner Diomedes 
aus stilistischen Gründen dem 4. Jahrhundert zuweisen wollte, 
während Löschcke Studniczka Furtwängler ihn — gewiß mit Recht 
— für ein Werk des 5. Jahrhunderts erklären. Kalkmann, ein 
höchst subtiler Kenner namentiich der Proportionen, brachte es 
fertig, die herrliche Jünglingsfigur von Subiaco im römischen 
Thermenmuseum, ein Meisterwerk flüssigen Stils aus der Zeit des 
Praxiteles, aus stilistischen Gründen als eine archaische Statue, 
ungefähr aus der Zeit der Perserkri^^e, »nachzuweisen«! Um den 
36,9 fälschlich sogenannten OmphalosapoUon streiten sich der Rhc^ner aso 
Pythagoras (Waldstein), der vermutiiche Böoter Kaiamis (Conze, 
Furtwängler u. a.) und der Korinthier Kallimachos (Schreiber). Wer 
denkt dabei nicht an das mit Virtuosität geübte Taufen und 
Wiedertaufen modemer Gemälde^ das bei so viel günstigerer Lage 
der Dinge, bei so viel zahlracheren sicher b^aubigten Original- 
werken, dennoch auch nicht immer zu übereinstimmenden Urteilen 
über den Urheber führt? Jeder Kritiker hält eben seinen Glauben 
für den alleinseligmachenden. 

Einen besonderen W^ hat Adolf Furtwängler einge- 
schlagen um eine Konkordanz zwischen den schriftiichen Zeug- 
nissen und den erhaltenen Bildwerken herzustellen. Nach ihm »ist 
uns in den römischen Kopien diejenige Auswahl aus den Meister- 
werken der klassischen Epoche erhalten, die antiker Geschmack und 
Kennerschaft in den Zeiten feinster Bildung geh-offen hat Es 
ist die Auswahl des Besten und Berühmtesten, das man im Alter- 
tum besaß. Unter diesen Kopien haben wir die von den 
Schriftstellern erwähnten Meisterwerke zu suchen, die 
Statuen, die Epoche machten, die bahnbrechend wirkten«. Unter 
der Voraussetzung, daß der erhaltene Kopiravorrat sich auf die 



Stilanalyse. A. Furtwängier 263 

von Plinius und Pausanias genannten KänsUer müsse verteilen 
lassen, gelingt es ihm denn auch nicht bloB großen Meistern ein 
reicheres Werk zuzuweisen, sondern sogar so schattenhafte, nur 
gelegentlich erwähnte Künstler wie Tdephanes von Phokaa und 
den Kalamisschüler Praxias mit bedeutenden Statuen, wie dem 
42.43 ludovisischen Hermes und der Athena Albani, zu beschenken. Von 
50 Myron kennen wir mit Sicherheit zwei Statuen, den Diskobol und assL 
den Marsyas; auf dem W^fe Mordlischer Einzdbeobachtung sucht 355 
Furtwängler eine Rdhe anderer Werke für ihn zu gewinnen, die 
zum Teil wie der Perseus, dnen ganz abweichenden Typus zeigen, 
zum Tdl dn zwar anschdnend rdcheres aber auch vid mehr 
verschwimmendes, mit dem sicheren Ausgangspunkt kaum noch 
verdnbares Bild gewähren. Bei Kallimachos verdnigen sich die 
verschiedensten Züge zu einer ungreifbaren Persönlichkdt; bd 
Euphranor gdingt es überhaupt kaum einen festen Fuß auf den 
Boden zu setzen. Aber über Einzdhdten läßt sich ja strdten 
(obschon manche der von Furtwängler geschaffenen Künstlerbilder 
berdts vidfach als feste Besitztümer der Kunstgeschichte gdten); 
der Ausgangspunkt scheint mir irrig, daß Plinius aus dnigen 
sekundären Qudlen zusammengestoppdte Kuns^:eschichte oder 
die von Pausanias in seinem Rdsehandbuch für Griechenland 
angeführten Kunstwerke ohne wdteres als fiberdnstimmend mit 
der uns noch erhaltenen Auswahl antiker Statuen angenommen 
werden. Wer sagt denn, daß der Geschmack der Römer am 
Ende der Republik und am Anfange der Kaiserzeit, d. h. der 
Zeit aus der dn großer Tdl unserer Kopien stammt, mit den 
Qudlen jener Kunstschriftstdier sich dec)^? Wie vide uns un- 
erfindliche Momente des Geschmackes, der Mode» bestimmender 
Einflüsse können da mi^^espidt haben ? So scheint mir das Funda- 
ment von Furtwänglers Statuentaufen zu wanken und das Unsichere 
sdner Bestimmungen das Sichere oder Wahrscheinliche weit zu 
überwiegen. Kaum eine dnzige der zahllosen Zuteilungen dürfte 
den gldchen Grad von Sicherhdt besitzen wie die schöne Wieder- 
erkennung der lemnischen Athena des Phidias, von der unten 36i 
(S. 271) noch die Rede sdn wird. 

Lassen wir aber die Bedenken beiseite, die sich notwendig 



264 XL Enidedauigen und Wissenschaft 

gegen jede Stilkritik als wenigstens teilweise subjektiv erheben 
werden, so ist andrerseits unverkennbar, daß die Kunstgeschichte 
dadurch ein ganz anderes Gesicht bdcommen hat Statt eines 
vermeintiich festen, weil auf die schriftiiche Überlieferung gq;rfln- 
deten, Gerüstes» das kaum mehr als ein därfliges Latteiigeritst 
war, haben wir einen formen- und farbenreichen Bau gewonnen, 
der wohl im Laufe der Zeiten noch mandien Umbau und Anbau, 
noch manchen veränderten Anstrich nötig machen wird, der aber 
doch in seinen Hauptiinien ffir sidier gegründet wird gdten 
können. Den Gestalten der Künstter, die früher als bleiche 
Schatten im Hades der schriftiichen Überlieferung umherirrten, 
ist aus den Gruben der suchenden und grabenden Archäologen 
Blut in die Adern geflossen und sie reden zu uns in der Sprache 
lebendiger Wesen. Wir wollen versuchen uns den Fortschritt 
an einer Reihe von Beispielen anschaulich zu machen. 



Den augenfälligsten Gewinn hat die griechische Skulptur 

davongetragen. Es war nidit gar vid was das 18. Jahrhundert 

von bestimmten Werken bestimmter Künstler kannte. Al^^eseben 

nf. vom Laokoon, vom famesischen Stier und ähnlichen Werken 617/6 

55 ericannte bdspielswdse Winckdmann den praxitdischen Eidechsen* 46o 

55 töter, Visconti die knidische Aphrodite dessdben Künstiers, Carlo 465 

50 Fea 1783 den Dtskoswerfer Myrons. Es dauerte lange ehe^cKe 353 

Rdhe sich verlängerte. Wohl der bedeutendste Fund war es, 
70 als 1821 Antonio Nibby in dem berühmten »sterbenden Fechter«, 604 
den Byrons unsterbliche Verse als den in der Arena gefallenen 
dakischen OladiatcH* fderten, an den Zügen und Haaren, an der 
Halskette und dem Schilde die Nachbildung eines jener Gaiater 
erkannte^ die nach dner Nachricht des Plinius in Peigamon dar- 
gestdlt worden waren um die Siege des Attalos und Eumenes 
über die gefihrlichen Nachbarn zu verewigen. Mit dieser Deu- 
70 tung war zugleich die der ludovisischen Galliergruppe g^dcher 
Kunstart und gleichen Marmors, die jetzt den Stolz des Thermen- 
museums bildd, g^eben. So war die pergamenische Kunst 
nd>en die durch den Laokoon und den Stier vertretene rhodische 



Erste Wiedererkennungen bestimmter Künstler. H. Brunn 265 

getreten und damit für lange dem Abschnitt von der »hellenisti- 
schen« Kunst (dieser Ausdruck ward ftieilich erst 1833 von Johann 
Gustav Droysen geschaffen) sdn Inhalt gegeben. 

Erst um die Mitte des Jahrhunderts traten neue Entdeckungen 
und Zuweisungen ein, die sich nun rasch mehrten. Es war 
charakteristisch ffir den damaligen Stand unserer wirklichen Kenntnis 

63 der Hauptkfinstler, daß, als 1849 der Apoxyomenos im Trastevere 4S7 
entdeckt ward, man zwdfdn konnte, ob der polykletische oder 
der lysippische Schaber gemeint sei. Das Richtige drang freilich 
bald durch (ob Emil Braun es zuerst gefunden, oder wer sonst, 
steht nicht fest), und der Apoxyomenos ward zum Eckstein unserer 
Anschauung von dem großen Kunstreformator Lysippos. Wenige 
Jahre später (1853) erkannte Otto Jahn die Erinnerung an an 
anderes lysippisches Werk, den Kairos, in einem vermeintlichen 
Mosaik, das sich spater als frühmittelalterliches Relief herausge- 
stellt hat Schon 1850 hatte Jahn aus der Menge der erhaltenen 

52 Amazonenstatuen die drei »q)hesischen« Typen ausgeschieden, 36o 
deren Zuweisung an die großen Meister Polyklet, Phidias und 4ßa 
Kresilas seitdem mit oft schwankendem Urteil immer wieder ver- 
sucht wird; 1850 waren die Kunstcharaktere der drei Männer 
noch zu unbesämmt, um einen solchen Versuch mit Aussicht 
auf Erfolg anstellen zu können. 

In den fünfziger Jahren b^[annen dann jene Zuteilungen, 
die vorzugsweise auf stilistischen Beobachtungen beruhen. 1853 
erkannte Heinrich Brunn in einem kürzlich im lateranischen 

50 Museum aufgestellten bärtigen Satyr, obschon er mit Kastagnetten ass 
tanzend ergänzt worden war, den Marsyas Myrons, wie er über 
die von Athena weggeworfenen Flöten in lebhaftes Staunen aus- 
gebrochen ist Eine Angabe des Plinius, eine athenische Münze 
und ein damals verschollenes athenisches Relief stützten die Ver- 
mutung, die Brunn fünf Jahre später durch genaue stilistische 
Analyse zu voller Sicherheit erhob. So ist Myron der Künstler, 
der uns durch seinen Diskobol und seinen Marsyas zuerst in 
seiner höchst eigentümlichen Besonderheit vertraut geworden ist 
Schon 1859 folgte Karl Friederichs schöne Entdeckung der Gruppe 

36 der »Tyrannenmörder« in zwei Athletenstatuen des Neapler 324«. 



266 XL Entdeckungen und Wissensdiaft 

Museums, der erste Blick in die archaische Kunst Auch hier dien- 
ten eine Mfinze und wiederum ein damals verschollenes Rdief zur 
Grundlage des Beweises, der dann durch stilistische Betraditung 
versfärid ward. Da es aber zwei Gruppen der Tyrannenmörder 
gegeben hat, eine ältere von Antenor noch aus dem 6. Jahrhun- 
dert, eine dreiBig Jahre jfingere von Kritios und Nesiotes, so ent- 
standen Zwafd, auf wddie der beiden die erhaltenen Kopien 
zurud^ngen, Zweifd, die sich allmählich immer mehr zugunsten 
der jüngeren Gruppe gdöst haben. Noch größeres Aufsehen 
machte der im gleichen Jahre 1859 in Athen erfolgte Fund einer 
unvollendeten Statuette, in der Charles Lenormant alsbald dne 
Kopie der Athena Parthenos des Phidias erkannte. Oft hatte 
man sich bemflht auf Grund der viden Nachrichten und vermut- 
licher Nachbildungen sich tin Bild des berühmten Mdsterwerkes 
zu machen; man war auch der Wahrheit ziemlich nahe gekommen: 
hier erst traten uns die ernste architektonische Haltung des Ko- 
losses und die Vertdlung sdnes vielen Bdwerices in authentischer 
Gestalt en^;egen, und alle wdtere Forschung hatte ihren festen 
Halt gewonnen. Schon 1865 konnte Alexander Conze durch 

43 eine Marmorkopie des Sdiildes, die Newton kürzlich aus den 
Kdlem Lord Strangfords gerettd und in das Britische Museum 
geschafft hatten eine Bestätigung und Erweiterung bringen. Dazu 

43 liderte 1880 Athen eine etwas größere Wiederholung der ganzen 306 
Figur; aus Petersburg veröffentiichte 1883 Gangolf Kieseritzky 

43 goldene Reliefnachbildungen des Kopfes mit seinem überrdchen 

43 Schmuck, die eine längst bekannte Wiener Gemme des Aspasios 363 
als bestes Abbild des Kopfes zu Ehren brachten. Während so 
die Parthenos immer deutiicher in allen ihren Zügen herausge- 
trden ist, wie traurig sieht es da mit dem olympischen Zeus aus! 
Wir müssen Johannes Overbeck Dank wissen, daß er 1865/66 

43 in dn paar hadrianischen Münzen den einzigen bildlichen Anhalt 379 
zur anschaulichen Vei^^;enwärtigung nachwies; sonst sind wir nach 
wie vor fast ganz auf Pausanias Beschreibung angewiesen. [Nichts 
kann deutiicher als der Vergldch dieser bdden Hauptwerke des 
Phidias den Fortschritt klar machen, den wir durch die Auffindung 
und Identifikation erhaltener Nachbildungen gemacht haben. 



Myron. Phldias. Polyklet Kephisodotos. Agina 267 

Im Jahre 1863 trat Friederichs mit dem äberzeugenden Nach- 

S2 weis hervor, daß Pol y kl et s kanonische Jfinglingsgestalt, der Speer- 401 
trager (Dotyphöros), in einer Neapler Statue und ihren Repliken 
erhalten sei, ein Gedanke in dem er sidi mit Brunn b^^egnete. 
Die gediegene, wenn auch etwas einförmige Art des argivischen 
Meisters war damit deutlich bezachnet, und so war es ffir Hdbig 
eine einfache Sache, 1871 in einer ganz ähnlich gebauten und 

52 komponierten Statue des Britischen Museums, die Newton in 403 
Vaison erworben hatte (S. 84), den Diadumenos desselben Künst- 
lers wiederzuerkennen, obschon Brunn diesen lieber in einer 
wesentlich abweichenden Statue von attischem Typus suchte. 1 867 
l^e Brunn einen neuen Eckstein der Kunstgeschichte bloß, indem 

55 er in Winckdmanns »Leukothea«, einem der schönsten Werice 438 
der Münchener Glyptothek, die Friedensgöttin mit dem kleinen 
Rdchtumsgott auf dem Arme (Eirene und Plutos) erkannt^, das 
Werk von Praxitdes Vater Kephisodotos. Die Identifikation lag 
gewissermaßen in der Luft; nachdem Friederichs 1859 die »kinder- 
nährende« Göttin als das Wesentliche der Gruppe erkannt hatte, 
war bst gleichzdtig Stephani Stark Urlichs Overbeck der Gedanke 
an Kephisodots Werk gekommen, aber erst Brunn vermochte den 
Gedanken zur Gewißheit zu erhd)en durch den Nachwds einer 
athenischen Münze des*Münchener Kabinetts, auf der die Gruppe 
abgd>ildet und der kleine Plutos an sdnem Füllhorn kenntlidi 
war. Nachträglich stdlten sich bestätigende Repliken des Knaben 
ein. Die Gruppe Kephisodots stand nun vermittdnd zwischen 
der Tradition der phidiasschen Schule und den Werken von 
Kephisodots großem Sohne Praxitdes. Um diesdbe Zeit lieferte 
Brunn einen wichtigen Beitrag zur bestimmteren Kenntnis der 
archaischen Kunst, indem er durch genaue Analyse in den beiden 

37 Giebelgruppen von Agina zwei Stilstufen unterschied, eine ältere sae 
konservative im Wes^d>el und eine [jüngere im Ostgiebd, in 
der ein neuer lebendigerer Geist die]^starren Formen sprengt 
Endlich schloß Brunn die Reihe dieser glücklichen Entdeckungen 

10 1 870 mit dem schlagenden Nachweis, daß in einer Anzahl halb- 605 
lebensgroßer Statuen, die, alle aus einem römischen Funde von 
1514 herrührend, über verschiedene Museen zerstreut waren, die 



268 XI. Entdedamgen and Wissenschaft 

Reste der vier Gruppen erhalten seien, die König Attalos einst 
auf die ath^sche Burg gewidmet hatte. Von dem Giganten« 
und dem Amazonenkampf, von der marathonischen Schlacht und 
den Galatersi^en des Attalos, von allen hatten sich mehr oder 
weniger Figuren erhalten, die im Stil zu den schon bekannten 
peif^amenischen Statuen völlig paßten. Der Nachweis war so 
einleuchtend, daß schwache Zweifel bald verstummten. 

So weit bezogen sich fast alle Kfinstlerbenennungen auf alt- 
bekannte Werke. Mittlerweile waren wir aber in die Ära der 
neuen Entdeckungen eingetreten. Die Ausgrabungen in Olympia 
53 lieferten gleich zu Anfang (1875) die Nike des Päonios, zwei 4ai 

55 Jahre später den Hermes des Praxiteles. Von beiden und den 462 
Fragen die sich an sie knüpften war schon obai (S. 108. 111) die 
Rede; es verdient vielleicht erwähnt zu werden, daß Emil Braun 
einst geglaubt hatte den Bruder des Hermes, den bdvederischen 
»Antinous«, an Polyklet anknüpfen zu dürfen, so stark überwog 
der Eindruck der schweren Formen des Oberkörpers. Um bei 
Praxiteles stehen zu bleiben, so entdeckte 1 883 Gustave Foug^ies 

in Mantineia die Basis einer Gruppe jenes Künstlers (S. 212), 

56 deren MusenrdieEs uns neue Aufschlüsse über die praxitdisdien 
Gewandmotive darboten; und 1887 erkannten Benndorf und 
Furtwängler ungefähr gleichzeitig in einem schönen lockenum- 

57 wallten Jünglingskopf, der vor kurzem in Eleusis zum Vorschein am 
gekommen war, den Unterwdtsgott Eubuleus, den eboi damals 
Georg Kaibd durch eine Inschrift als ein Werk des Praxiteles 
sicher gestellt hatte. Ja Furtwängler glaubte 1893 in einem Aphro- 
ditekopfe zu Petworth noch ein weiteres Originalwerk desselben 
Künstlers erkennen zu dürfen. 

Während die Künstieigestalt des Praxiteles schon früher nicht 
ganz schattenhaft gewesen war und nun immer klarer sich dar- 
stellte, war das Giüdc seinem älteren Genossen Skopas minder 
hold gewesen. Zwar hatte schon 1867 Newton an der östtichen 
Seite des Mausoleums, die Skopas zugeteilt gewesen war, drei 
59 Friesplatten nebeneinander gefunden und Skopas zugesprochen, 458 
ohne dies jedoch durch genauere Analyse weiter zu b^frfinden. 
Als dann 1882 Brunn in einer eindringenden Studie diese Stücke 



Attalosgrappe. Praxiteles. Skopas. Archermos. Antenor. Damophon 269 

aus allgemeinen Grfinden glaubte Skopas absprechen zu dürfen, 
folgten ihm manche. Und doch waren sdion 1880 in T^ea Reste 

57 der Giebelgruppen von Skopas zutage getreten, aus denen Kab- 443 
badias und Treu dessen Charakter nachwiesen und deren Zu- 
sammengehörigkeit mit jenen Platten vom Mausoleum Treu mit 
Recht betonte. Auf solcher Grundlage gelang es dann L. R. 
Famell (1886) und Botho Graf (1889) den Charakter des Skopas 

57 fester zu bestimmen und in einer Anzahl anderer Werke nachzu- 
weisen, so daß wir seine Art jetzt sicher kennen. Noch ganz 
neuerdings (1902) hat Georg Treu die Zahl seiner bekannten 
Werke um eine Nachbildung seiner berühmten rasenden Mänade 448 
bereichert 

Noch einige andere Identifikationen, die auf neueren Aus- 
grabungen beruhen, mögen genannt werden. Die hochaltertüm- 

94 liehe durch die Luft hüpfende Nike, die Th6ophile Homolle 1 879 294 
in Delos entdeckte, gehörte zwar nicht mit einer zugleich gefun- 
denen Inschriftbasis des alten Archermos von Chios zusammen, 
führte uns aber doch in die Inkunabeln der Skulptur ein, wo 
dieser Künstler zuerst fliegende Gestalten in diesem Sprung- und 
Laufmotiv in der griechischen Kunst einbürgerte. Nicht lange, 
so schwirrte die Luft förmlich von ähnlichen springenden Flügd- 
gestalten. — Auf der athenischen Burg kam 1 886 die beste jener 

36 stehenden Frauengestalten (S. 209) zum Vorschein, die sich aus 302 
vielen Bruchstücken fast vollständig wiederherstellen ließ und mit 
großer Wahrscheinlichkeit mit einer Künstlerinschrift Antenors 
verbunden ward. So lernten wir diesen Künstler der älteren 
Tyrannenmördergruppe (S. 265) aus einem Werke seiner Jugend 
kennen, wo er noch im Bann ionischer Schulung stand, aber 
bereits seine Lehrer weit übertraf. — Eine Enttäuschung bereiteten 
1889 Kabbadias Ausgrabungen in Lykosura, indem, wie schon oben 
(S. 212) bemerkt ward, der messenische Künstler Damophon, 
den man g^laubt hatte für einen Zeitgenossen des Skopas und 
des Praxiteles halten zu dürfen, bei dem Kennenlernen seiner 
74,2 Werke sich als ein wohl technisch gewandter, sonst aber nicht 
eben erfreulicher Künstler der Spätzeit, etwa des 2. Jahrhunderts, 
entpuppte. — Im Jahre 1891 wurden dem Bette des Tiber bei 



270 XL Entdedningen und Wissenschaft 

Odegenhat seiner Reinigung zahllose BruchstQcke abgewonnen, 
38,8 aus denen sich der »ThermenapoUon« zusammensetzen heB, ein an 
Weric von noch leise altertfimlichem Anflug, aber so wunderbarem 
Reiz, daß Eugen Petersens Zurfickffihrung auf den jugendlichen 
Phidias vielfache Zustimmung gefunden hat — Weiter haben 
die Ausgrabungen zu Ephesos (S. 1 64 f.) als feinstes statuarisches 
Ergd)nis die schöne Erzslatue eines Schabers geliefert, dessen 432 
Ursprung im 4. Jahrhundert von Anfang an keinem Zweifel unter- 
liegen konnte. Nun ist in Ephesos frfiher eine Statuenbasis mit 
dem Künstlernamen des Dädalos, eines Enkels Polyklets, gefunden 
worden; andrerseits kennt Plinius einen Schaber des Dadalos. 
Aus diesen Prämissen hat Friedrich Hauser 1902 erschlossen, daß 
das d>en die gefundene Statue sei. Das hat auch insofern große 
Wahrscheinlichkeit, als die Statue allem Anschein nach die pdo- 
ponnesische Plastik unter attischem Einflüsse zeigt, wie das ffir 
die spateren Generationen der Polykleteer an sich wahrscheinlich 
ist Anscheinend gehört auch das Hauptstfick des Fundes von es 
Antikythera (S. 212) dersdben Richtung an. — Endlich eigaben 
die Ausgrabungen in Peigamon im Jahre 1903 eine bartige Herme, 
die durch ihre Inschrift als eine Kopie von Alkamenes »Hermes 
vor dem Tore« bezeichnet ward, d. h. von dem Hermes Propy- 
läos der athenischen Akropolis. Die Bfiste, schon durch andere 
zum Teil bessere Wiederholungen als ein angesehenes Werk be- 
kannt, zeigt altertümlich konventionelle Formen neben einzelnen 
ld>eidigeren Zügen. Genügen letztere um in dem Meister den 
tüchtigsten Schüler und Fortsetzer des Phidias zu erkennen? Oder 
werden wir dnen*^ älteren Alkamenes, auf den eine schwache 
Spur der Überlieferung führt, als den Urheber annehmen und 
dann vielleicht die Frage nach dem Urheber des olympischen 
Wes^ebels (S. 108 f.) von neuem aufrollen? Wieder einmal ein 
Fund, der nicht lediglich eine Bereicherung, sondern auch ein 
neues Problem bringt 

Daß auch die schon länger bekannten Werke, dem allge- 
meinen Zuge entsprechend, fortwährend auf ihren Ursprung hin 
befragt werden, dafür noch ein paar Beispiele. 1892 erkannte 
Franz Winter, der schon 1890 aus einer neu aufgetauchten Piaton- 



Didalos. Alkamenes. Silanion. Leochares. Epigonos. Lemnierin 271 

bflste den Charakter Silanions eitwickdt hatte, Leochares als 
58 den Schöpfer des belvederischen Apollon an dessen Ähnlichkeit mit 477 
58 dem vatikanischen Qanymedes, einem sicheren Werke dieses 476 
schwungvollen Künstlers. 1893 habe ich versucht einige der 
peif;amenischen Statuen auf Epigonos, einen Künstler dessen Be- 
deutung erst die Ausgrabungen in Peiigamon gelehrt haben, zu- 
70 rfickzuffihren und in dem sterbenden Gallier, der wie ein Held 604 
Roland seine Trompete neben sich liegen hat, den »hervorragen- 
den« Trompeter jenes Meisters, von dem Plinius berichtet, wieder- 
zuerkennen. In demsdben Jahre hat Furtwängler die treffende Kom- 
bination über die lemnische Athena dargd^, auf die schon 
oben (S. 263) hingewiesen ward. Von dieser Athena wissen wir 
aus alten Zeugnissen, daß sie besonders berühmt war, daß sie 
den Hdm abgd^ hatte und daß der Umriß ihres Gesichtes, 
die Zartheit ihrer Wangen und ihre sdiöneNase bewundert wurden. 
Nun hatten schon mehrere, besonders Otto Puchstein, den phidias- 
schen Charakter einer Statue erkannt, deren beide besten Kopien 361 
im Dresdener Museum stehen. Beide haben, wie es bei größeren 
Statuen oft der Fall ist, besonders gearbeitete und eingesetzte 
Köpfe. Bei der einen ist der Kopf entschieden der Statue fremd, 
bei der anderen gehören Hals und Gesicht sicher ursprünglich 
zur Statue, während Hinterkopf und Helm moderne Ergänzung 
sind. Adam Flasch erkannte, daß die echten Teile dieses Kopfes 
mit einem herrlichen Kopfe in Bologna übereinstimmen, einem 
Werke, in dessen Bewunderung alle einig waren, dessen Bedeu- 
tung aber sehr verschieden beurteilt ward: war es ein Jüngling? 
eine Amazone? eine Athena? Als nun Furtwängler einen Abguß 
dieses wiederum zum Einlassen [in eine Statue hergerichteten 
Kopfes in die erste Dresdener Statue, deren falscher Kopf entfernt 
worden war, einfügte, paßten beide Teile so genau zusammen, 
daß an der ursprünglichen Zusammengehörigkeit kein Zweifel 
möglich war. Damit war also für jeden Unbefangenen der Beweis 
erbracht, daß hier eine antike Statue phidiasscher Art wiederge- 
wonnen war; der hdmlose Kopf wies auf die Lemnierin hin, und 
nur der sehr scharf seitwärts gerichtete Blick schien noch einer 
Erklärung bedürftig. Auch diese ward von Furtwängler g^feben, 



272 XI. Entdeckmigieii und Wissensdiaft 

indem er aus Gemmen, in denen ja oft berflhmte Statuen ganz 
oder teilweise wiederg^gd)en werden, nachwies, daß die Göttin 
ihren hohen Hdm anblickte, den sie in der etwas emporgdH>genen 
Rechten hidi Ein vortrefOaches Werk des Phidias aus der Zeit 
vor der Parthenos, noch etwas herbe, war wiedeiigewonnen, und 
damit zugldch der dnzige Kopf in wirklich wfirdiger Nachbil- 
dung, aus dem wir diese Sdte des Meisters kennen lernen können. 
Endlidi hat Studniczka 1902 einen »Diomedes«torso des Palastes 
Valentindli in Rom, von dgentümlich gewundener Haltung, mit 
dnem Perseuskopf vereinigt, den Furtwängler, mdnes Erachtens mit 
Unrecht (S. 263), auf den Perseus Myrons hatte zurfickführen wollen. 
Nun hören wir, daß auch Myrons Zei^;enos8e Pythagoras dnen 
Perseus gebildd hat Täuscht nicht alles, so hid>en wir hier ein 
Werk wiedergewonnen, wdches uns endlich von diesem bedeuten- 
den Meister eine ld>endigere Vorstdiung zu gd>en vermag als 
sie sich bisher gewinnen ließ. 

Genug der Bdspide um zu zdgen, wie im letzten halben 
Jahrhundert durch stilistische Analyse im Verdn mit neuen Ent- 
deckungen (sie brauchen nicht immer frisch aus der Erde ge- 
schöpft zu sein, sondern können audi im älteren Antikenbestemde 
noch alltäglich gemacht werden) dne große Rdhe von Künstlern 
erst ld>endige^ grdfbare Gestalten geworden sind. Man empfindet 
diesen Gewinn besonders ld>haft, wenn man bedeutende Meister 
wie Kaiamis und Euphranor vei^gldcht, denen noch nicht das 
gldche Glück zutdl geworden ist und um deren Namen sidi 
deshalb Hypothesen über Hypothesen lustig emporranken. Dafür 
sind wir aber neuerdiiims noch dnen Sdiritt weiter gekommen, 
indem es gdungen ist bei dnigen Künstlern oder Kunstwerken 
mit Hilfe neuer Entdeckungen verschiedene Stadien ihrer 
Entwickelung aufzuwdsen. 

Der erste Schritt auf dieser Bahn ward am Parthenon getan. 

43 Wir wußten aus antikem Zeugnis, daß die Golddfenbeinstatue .366/8 
von Phidias im Jahre 438 aufgestdlt worden ist; damals muß 
also der Bau im wesentiichen fertig gewesen sdn. Da femer 

44 die Rdiefs der Mdopen nach sicheren Merkmalen nicht erst an 369 
Ort und Stdle geaibdtet, sondern die Mdopen fertig versetzt 



stilunterschiede der Skulpturen am Parthenon 273 

worden sind, so stand ihre Vollendung etwa bis zum Jahre 440 
fest; sie waren mithin der älteste Teil des plastischen Schmuckes, 
worauf auch ihr stilistischer Charakter hinwies. Wann aber der 
Bau b^onnen worden und ob er 438 in allen Teilen vollendet 
gewesen, darüber tappten wir im Dunkeln, bis Ulrich Köhler (1879) 
und Georg Löschcke (1881) erkannten, daß die Bruchstücke einer 
über mehr als 14 Baujahre sich erstreckenden Bauinschrift sich 
auf den Parthenon bezogen. Hiernach war 447 das Anfangsjahr 
des Baues, der somit bis zur »Einweihung« nur neun Jahre in 
Anspruch genommen hat; weiter aber ergeben die Bruchstücke, 
daß noch bis 432, also unmittelbar vor dem Ausbruch des großen 
Kri^es, am Parthenon fortgearbeitet worden ist In diese letzten 
fünf Jahre fallen mit ziemlicher Sicherheit die auch in der Inschrift 
44/6 erwähnten Giebelgruppen, vielleicht auch ganz oder großenteils 373/8 
46/7 der berühmte Fries, von dem sich sehr wahrscheinlich machen 370/2 
läßt, daß er erst an Ort und Stelle ausgeführt worden ist Der 
Fries zeigt trotz sehr verschiedener ausführender Hände ziemlich 
durchgängig eine Stilstufe, welche über die der besten Metopen hin- 
ausgeht; die Giebelgruppen weisen bedeutende Unterschiede von 
unverkennbarer Herbheit bis zu höchster Vollendung, von fast 
akademischer Korrektheit bis zu individuellstem Lebensgefühl auf. 
Danach waren also die Metopen in den vierziger Jahren, der Fries 
etwa im Beginn der dreißiger Jahre entstanden, die Giebelgruppen 
vermutlich erst nach Phidias Tod oder Abgang von Athen (438, 
s. S. 109 f.) von seinen Schülern ausgeführt worden. Dies steht 
ziemlich fest; ist es aber deshalb gerechtfertigt, wie es doch all- 
gemein geschieht, alle gleichzeitigen Skulpturen an diesem Kanon 
zu messen und chronologisch zu bestimmen? Das mag von allen 
den Werken gelten, die dem phidiasschen Kreise nahe stehen 
und unter dem bestimmenden Einflüsse des Meisters und Schul- 
hauptes entstanden sind. Aber es hieße doch alle Erfahrung ver- 
leugnen, wenn man die ganze Kunst der Zeit, ja auch nur die 
ganze attische Kunst in diese chronologische Zwangsjacke stecken 
wollte. Wir machen uns nach den spärlichen Brocken brauchbarer 
Überlieferung leicht ein zu enges Bild von dem Reichtum und 
der Mannigfaltigkeit selbständiger Strömungen in einer künstlerisch 

Michaelis, Die archäologischen Entdeckungen. 18 



274 XI. Entdeckungen und Wissenschaft 

so anger^en und tätigen Zeit; wir zwängen leicht in Formeln 
und weisen jeglicher Einzdentwickdung einen ordnungsgemäBen 
Verlauf an, wo uns ein Blick in die Wirklichkeit zeigen kann, 
wie viel Irrationdles in jeder Entwickdung mit unterläuft, wie 
sie sich keinesw^;s immer, nicht dnmal in der Tätigkeit des ein- 
zdnen Künstlers, in glddimäßigem Aufsteigen vom Unvollkomm- 
neren zum VoUkommneren abspinnt 

An ein paar Künstlern können wir, so scheint es, eine Ent- 

96 wickdung verfolgen. Von Antenor, der aus ionischer Schulung 302 
spater unter dorische Einflüsse geriet, war schon oben (S. 269) 

52 die Rede. Polyklet ward uns zuerst durch seinen Doryphöros 401 
in derjenigen Gestalt bekannt, die den Alten als die kanonische 
Ausprägung seines Stiles galt Da kamen in Olympia eine Anzahl 
von Basen mit Künstlerinschriften Polyklets zum Vorschdn, die 
auf ihrer Oberfläche die Ansatzspuren der Erzstatuen enthidten 
und deren ehemalige Standweise zu erschließen gestatteten. Eine 
von ihnen wies die Fußspuren eines siegreichen Knaben auf, 
dessen Namen Kyniskos die Inschrift kundgab, in Übereinstim- 
mung mit einer Nachricht bd Pausanias. Da sprach 1 892 Maxime 
Collignon die Vermutung aus, daß dieser Kyniskos uns in einer 
Knabenstatue polyMetischen Charakters im Britischen IMuseum 
erhalten sein möchte, und Eugen Pertersen bestätigte das alsbald 
durch die völlig gesicherte Beobachtung, daß die Füße der Lon- 
doner Statue (der linke mit ganzer Sohle auftrdend, der rechte 
leise zurückgesetzt und nur auf dem Ballen ruhend) ganz genau 
auf die olympische Basis passen. Nun zeigt der Knabe eine an- 
mutigere, weniger »quadrate« Bildung und Bewegung als der 
Doryphöros und seine Genossen, was nicht allein in dem jugend- 
licheren Lebensalter, sondern auch in der Stilweise b^jündet ist 
Man hätte also an eine fortgeschrittenere Stufe g^enüber dem 
Doryphöros denken können. Da war es denn überaus interessant, 
daß Carl Robert 1900 aus der Si^erliste eines in Ägypten neuge- 
fundenen Papyrus nachweisen konnte, daß der Sieg des Kyniskos 
in das Jahr 460, die Statue somit in den Anfang der Künstler- 
tätigkeit Polyklets fällt Wir erblicken also vidmehr in ihr ein 
frühes, sozusagen jugendliches Stadium polykletischen Stils, von 



Antenor. Polyklet Skopas 275 

dem er erst aHmahlich zu seinen stämmigeren Normalproportionen 
und dem soldatischen Antreten seiner kanonischen Jünglinge fort- 
geschritten ist Inzwischen hatte Furtwängler 1893 erkannt, daß 
zu dem Diadumenos, der sonst ganz den polykletischen Normal- 403 
Stil aufweist, ein Kopf (in Kassel) gehöre, den man nach Formen, 
HaarfuUe, Ausdruck allgemein für attisch gehalten hatte. Da wir 
nun durch Piaton wissen, daß der Künstler sich in den dreißiger 
Jahren eine Zeitlang in Athen aufgehalten hat, so ergab sich 
leicht eine spatere Periode Polyklets mit attischen Einflüssen (vgl. 
S. 121). Dieser Spätzeit gehört nach sicherer Kunde auch die 
Hera des argivischen Heräon (nach 423) an, deren Kopf, mit den 

52 Münzen von Argos übereinstimmend, nach videm vergd>lichen 404 
Suchen hin und her, jüngst (1901) Charles Waldstein in einem 
Kopfe des Britischen Museums glücklich wiedei^gefunden zu haben 405 
scheint 

Ahnlich wie mit Polyklet steht es mit Skopas (vgl. S. 268 f.). 

57 Sicher lernten wir ihn zuerst 1880 aus den Oberresten der Oiebd- 44» 
gruppen von T^fea kennen, die, wie der ganze Tempd, in seine 
Jugend (nach 395) fallen und durchaus den Eindruck pdoponne- 
sischer Schulung hervorrufen; war doch auch sein Vater Aristan- 
dros trotz seiner parischen Herkunft für Sparta tätig. Als wir aber 
so seinen Stil hatten kennen lernen, traten andere Werke wie der 

57 vatikanische Mdeagros oder der Herakles Lansdowne hinzu, die 444|6 
im Verdn mit sicheren Nachrichten, die Skopas längere Tätigkeit 
in Attika bezeugen, auch bei ihm deutliche attische Einflüsse klar- 
stdlten, obschon in den Proportionen noch polykletische Nach- 
wirkung erkennbar bleibt Dieser »attische« Skopas tritt uns bei- 

57 spidsweise in dem packenden »Grabrdief vom Ilissos«, am 
57,8 schönsten in dnem herrlichen weiblichen Kopfe von der Akropolis 445 
entg^[en. Endlich finden wir Skopas abgeklärt und seine Ge- 

59 nossen weit überragend an sdnen Reliefs vom Mausoleum wieder; 458 
er zeichnet sich durch Reichtum und Kühnheit der Motive wie 
durch Feinheit der Durchbildung aus. Diesen Gestalten reiht sich 
die erst jüngst wiedergefundene rasende Mänade an, die die Alten 44S 
als besonders treffendes Beispiel seiner err^en pathdischen Rich- 
tung rühmen. 

18* 



276 XI. Enidedningen und Wissenschaft 

Ganz neuerdings beginnen wir auch bei Lysippos, dem 
man nicht weniger als 1500 Statuen zuschrieb, Spuren einer all- 
mählichen Entwickdung zu erkennen. Als das normale Beispiel 
seines nach allen Seiten ausgeprägten Stils gilt uns der seit 1849 
63 bekannte Apoxyomenos. Wesentlich die gleichen stilistischen 487 
Eigentfimlichkeiten weist der sitzende Ares der ludovisischen Samm- 486 
lung auf, der denn auch schon 1853 von Welcker dem lysippi- 
sehen Kreise zugewiesen ward. Diese allgemein geteilte Ansicht 
geriet aber ins Schwanken, als Flasch 1892 an einem besseren 
Exemplar des Kopfes in München deutliche Anzeichen des mittler- 
weile bekannt gewordenen Skopasstiles erkannte, und man war 
geneigt in der Statue trotz ihrem ausgesprochen lysippischen Oe- 
samtcharakter einen für Halikamass bezeugten sitzenden Ares des 
Skopas wiederzufinden. Aber auch dies Rätsel löste sich 1901 
infolge einer ebenso scharfsinnigen wie glücklichen Entdeckung 
Erich Preuners. Die ddphischen Ausgrabungen hatten um 1897 
dne Gruppe von Marmorstatuen einer thessalischen Fürstenfamilie 
eingeben, darunter eine Statue des Agias mit zugdiöriger poetischer 485 
Siegerinschrift Nun konnte Preuner aus Papieren Stackdbergs 
nachweisen, daß dassdbe Epigramm sich auch auf einer Basis 
in der Heimat des Agias, Pharsalos, befunden habe, und zwar 
mit dem Zusatz, daß die Statue ein Werk Lysipps sei. Also war 
die wohlerhaltene ddphische Statue die Kopie dner lysippischen, 
und zwar nachweislich aus seiner frühen Zeit (um 340). Sie zeigt 
aber neben Anzeichen des künftigen Lysippos in dem Stande und 
der Haltung des Körpers nicht bloß einen ziemlich schweren 
Oberkörper, der noch an polykletische Traditionen erinnern kann, 
sondern im Gesicht entschiedene Züge der Art des Skopas. Sollen 
wir deshalb mit Percy Gardner unsere ganze bisherige Anschau- 
ung von Lysippos aufgeben und den Apoxyomenos entthronen? 
Oder ist es nicht natürlicher zu schließen, daß Lysippos, der 
sdber Polykld und die Natur als seine Lehrmeister angegeben 
haben soll, in seiner Jugend auch von Skopas, dem bedeutend- 
sten Künstler der vorhergehenden Generation, gelernt hat? aller- 
dings um alle diese Einflüsse spät«* zugunsten einer ganz neuen 
Stdlung zur Natur fallen zu lassen. 



Lysippos. Chronologie der Malerei 277 

Die angeführten Beispiele fortschreitender Erkenntnis, sämtlich 
den letzten Jahrzehnten entnommen, berechtigen zu der Hoffnung, 
daß bei for^esetzten Funden und Beobachtungen auch die Ge- 
schichte der Entwickelung der einzelnen Künstler immer mehr 
inneres Leben gewinnen wird — eine aussichtsvolle Aufgabe 
für das neue Jahrhund^! 



Es versteht sich von selbst, daß ähnliche Bestrebungen sich 
auch der Malerei angenommen haben. Sie konnten füglich nur 
bei der attischen Vasenmalerei ansetzen, der einzigen im Zusammen- 
hang erhaltenen Reihe griechischer Malereien. Hier stand die chrono- 
logische Abfolge, schwarzfigurig rotfigurig, im allgemeinen von 
vornherein fest (S. 61 f.), und wenn man auch durch Funde auf 
der Akropolis schon früh gelernt hatte, daß schon vor der persi- 
schen Eroberung (480) Vasen mit roten Figuren bemalt worden 
waren (S. 62), so datierte man doch in der Hauptsache diese 
Klasse von Kimon an bis durch das ganze 4. Jahrhundert, wobei 
im Anschluß an eine Bezeichnung Winckelmanns ein »strenger« 
und ein »schöner« Stil unterschieden und auch chronologisch 
geschieden wurden. Auf die Namen der Vasenfabrikanten (l7co(Y)<7ev) 
und der Vasenmaler (sypoccjiGv) ward nicht allzuviel Gewicht gel^; 
ich erinnere mich in den sechziger Jahren bei manchen Fachge- 
nossen Kopfschütteln err^ zu haben, als ich in kunstgeschicht- 
lichen Vorlesungen den bedeutendsten oder charakteristischsten 
Vasenmalem ihren Platz in der Kunstentwickelung einräumte. 

Da erschien 1879 Kleins »Euphronios«. Hier wurde durch 
eingehende stilistische und g^enständliche Prüfung ihrer Werke 
eine Anzahl von Vasenmalem als künstlerische Individualitäten 
nachgewiesen, ihre Persönlichkeiten und ihre Arbeiten miteinander 
in Zusammenhang gebracht, eine Einzelentwickelung in diesem 
Kunstzweige nachgewiesen. Es war der erste helle Blick in den 
athenischen Kerameikos mit seinen großen Töpferwerkstätten, mit 
seinem Kultus schöner Knaben und Jünglinge, mit seinem zum Teil 
recht ausgelassenen Leben, wo Wein Weib und Gesang herrschten, 
mit dem Brotneide der Töpfer, von dem schon Hesiodos zu singen 



278 XL Entdeckungen und Wissenschaft 

gewußt hatte. Euthymides, ein etwas ruckständiger, wenn auch 
strd)samer Maler, berfihmt sich auf einem OefaBe, diesmal so schön 
gemalt zu haben, wie es Euphronios niemals gelungen sei; auf 
einem anderen ruft er sich sdbst ein »Bravo« zu; auf einem 
dritten trinkt eine Hetäre ihm zu. Man sieht, daß es an Reklame 

8|f9 nicht fehlte. Klein unterschied zwei Stufen, den älteren »Kreis 
des Epiktetos«, der den Obergang vom schwarzfigurigen zum 
rotfigurigen Stil machte, und einen jüngeren Kreis, der sich im 
0^;ensatze zu altmodischeren Meistern wie Euthymides haupt- 

8^ sächlich um Euphronios scharte, bei dem acht erhaltene Werke aoon» 
den Nachweis einer allmählichen Entwickdung zu gestatten schie- 
nen. Unter seinen Schfilem und Nachfolgern ragten Brygos, 
m Hieron, Duris hervor. Diese Emanzipation der athenischen Ton- 311 
maierei setzte Klein der fiblichen Datierung gemäß in die kimo- 
nische Zeit 

Da kam in den achtziger Jahren die Auf räumung der athenischen 
Burg (S. 206 ff.), und aus dem »Perserschutt«, das heißt also 
aus den der Perserzerstörung von 480 vorhergehenden Schichten, 
traten Scherben von Vasen des Euphronios, des Hieron usw. ans 
Licht; ja eine Marmorbasis nannte den »Töpfer Euphronios« als 
Stifter eines Weihgeschenkes, das er anscheinend als Zehnten seiner 
Einnahme dargebracht hatte. Es war also nötig, nicht bloß mit 
Euphronios, sondern auch mit dem wohl etwas jüngeren Hieron bis 
über die Perserzeit hinaufzurücken; ja wenn man die noch weiter 
zurüddi^enden Vorstufen in Behacht zog, blieb nichts übrig 
als die Anfänge dieser Bew^fung noch in die Zeit des Tyrannen 
Hippias, also vor 510, zurückzuverlegen. So ward es auch ver- 
ständlich, daß die Namen der von den Malern um ihrer Schönheit 
willen gepriesenen Jünglinge so viele Anklänge an bekannte Per- 
sonen aus dem Kreise der Tyrannen darboten. Es entstand also 
dne bedeutende Rückwärtsbew^^ung in der ganzen Chronologie 
der Malerei, um etwa ein halbes Jahrhundert! 

Das war nun nicht etwa bloß eine Erkenntnis wie so vide^ 
durch die ein bdiebiges Datum etwas verrückt wird, ohne daß 
dieser Stein weitere Wdlenkreise zöge. Die ersten Jahrzehnte 
der rotfigurigen Malerei bedeuten vidmehr nicht mehr und nicht 



Stellung der Malerei in der griechischen Kunst 279 

weniger als eine vollständige Emanzipation des attischen Kunst- 
geisteSy seine Befreiung aus der Gebundenheit der archaischen 
Kunst in Zeichnung, Gegenständen und Komposition. Da uns 
nun dieselben Ausgrabungen auf der Akropolis auch die attische 
Plastik dieser Zeit genauer kennen lehrten (S. 208 ff.), so ergab 
sich, daß zwar auch in dieser etwas von dem gleichen Geiste 
sich spüren ließ, aber der neue Aufschwung sich doch viel 
freier und starker in der Vasenmalerei r^e. In der Vasenmalerei, 
das heißt im malerischen Kunsthandwerk; in wie viel höherem 
Grade wird das also in der ffir uns völlig verlorenen großen 
Malerei dieser Übei^gangszeit der Fall gewesen sein! Hier ließ 
es sich mit Händen greifen, daß die griechische Malerei der 
Plastik vorang^;angen war — eine Wahrheit, die ich schon 
1884, damals ziemlich tauben Ohren, gepredigt habe. Oder war 
das etwa eine vereinzelte, also zufallige Erscheinung? Von Phidias 
hatte man schon seit Wdckers Zeit (1838) immer lebhafter die 
Oberzeugung gewonnen, daß er sehr stark von dem etwas älteren 
Maler Polygnot beeinflußt worden war. Femer erlebte um die 
Zeit des peloponnesischen Krieges die griechische Malerei durch 
den Übergang von der Freskotechnik und der historischen Wand- 
komposition zur Temperamalerei mit Schatten und Licht und zu 
dem von der Architektur gelösten Staffeleibilde eine so durch- 
greifende Revolution, daß die schwerfalligere Plastik nur langsam 
folgen konnte. Daß vollends in der hellenistischen Periode alles 
von malerischen Gesichtspunkten beherrscht ward und auch die 
Skulptur anfing illusionistisch zu werden, ist nie bezweifelt worden, 
seit man sich überhaupt um die hellenistische Kunst gekümmert 
hat Da endlich auch in den ältesten Zeiten die viel leichter zu 
handhabende Malerei sich nachweislich rascher entwickelt hat als 
die mehr an den Stoff und an eine mühsamere Technik gefesselte 
Skulptur, so ergab sich von sdbst die Einsicht, daß durch die 
ganze griechische Kuns^;eschichte hindurch nicht die uns so viel 
geläufigere Plastik, sondern die Malerei die führende Kunst gewesen 
ist Wie wird also das Bild der griechischen Kunst verzerr^ 
wenn man, wie es doch so oft geschieht, die Plastik nicht bloß 
von der Architektur sondern auch von der wegweisenden Malerei 
trennt und isoliert behandelt! 



280 XI. Entdeckungen und Wissenschaft 

Die Zurückdatierung der älteren, »strengen« Malerei in die 
Zeit vor den Perserkri^[en zog selbstverständlich noch weitere 
Folgen nach sich. Auch die weiteren Entwickelungsstufen der 
Vasenmalerei mußten die Rückwärtsbewegung mitmachen. Unter 
ihnen schied Carl Robert 1882 eine besondere Klasse aus, meist 

90 größere figurenreiche Kompositionen, die sich über bewies 346(7 
Terrain mit auf- und absteigendem Grunde hinzogen; die Be- 
w^fungen ebenso wie die Gesichtszüge der einzelnen Figuren 
strebten nach scharfer Charakteristik. Dies sind njm grade einzdne 
der Züge, die an den Gemälden Polygnots hervorgehoben werden. 
Somit fand Roberts Vermutung, daß jene Vasenbilder auf poly- 
gnotische Anr^[ungen zurückgingen, fast ungeteilten Beifall; wie 

sie denn Robert als Anhalt dienten verloren gegangene Kompo- 
sitionen Polygnots, von denen wir nur mehr oder weniger ausführ- 
liche Beschreibungen besitzen, bildlich wiederherzustellen, gleich- 
sam um die Probe aufs Exempel zu machen. Polygnot war in 
Athen zur Zeit Kimons und in den Anfängen des Perikles tätig; 
somit war für das von seiner Weise abhängige Kunsthandwerk 
die Zeit um die Mitte des 5. Jahrhunderts g^eben. Wenn 
dann aber die nächste Entwickdungsstufe der Vasenmalerei unver- 398 
kennbar den ruhig vornehmen Charakter der phidiasschen Kunst- 
weise trägt, so ist das vielleicht weniger, wie Franz Winter 1885 
anzunehmen geneigt war, dem direkten Einfluß des Phidias zuzu- 
schreiben, als einer für uns nicht mehr sicher nachweislichen Stufe 
der großen Malerei, die sowohl auf die Skulptur wie auf das 
malerische Handwerk gewirkt hat. So wenigstens erklärt es sich 
am einfachsten, wenn beispielsweise zwei Metopen des Parthenon 
und ein feiner Krug dieser Periode die gleiche Komposition 
(Helena wie sie mit Aphrodites und Eros Beistand bei dem Bilde 
Athenas Schutz vor Menelaos Verfolgung sucht) wiedergeben, 
die Vase aber eine Figur, Aphrodites Gefährtin Peitho, aus der 
Originalkomposition beibehalten hat, während in der Metope an 
ihrer Stelle ein gleichgültiger B^leiter des Mendaos auftritt 

Auch die neue Tafelmalerei (S. 279), deren Anfänge noch 
in die perikleische Zeit fallen, ruft bei den Vasenmalem Versuche 

91 hervor, es ihr in feinen farbigen Kompositionen auf weißem Grunde 399 



Polygnotische und jüngere Vasen. Bautechnisches 281 

gleichzutun. Dieser Versuch mußte freilich an den der Tonmalerei 
von selbst gesteckten Grenzen scheitern. Überdies ist es immer 
deutlicher geworden, wie das Scheitern des Zuges gegen Syrakus 
(413) die blühende Ausfuhr attischer Tonware nach Italien, die 
nach einer wahrscheinlichen Vermutung Furtwänglers durch die 
perikleische Kolonie Thurioi vermittelt worden war, zerstörte und 
damit dem athenischen Töpferquartier sein bestes Absatzgebiet 
entzog. So trat denn anscheinend Tarent das Erbe Athens an 
und setzte die attische Tendenz auf mehrfarbige Malerei, wie sie 
beispielsweise eine schöne Vase des Britischen Museums mit dem 
91,6 Abenteuer von Pdeus und Thetis aufweist, in etwas steifen und 
92 bunten Kompositionen fort, recht um, nach horazischem Ausdruck, 430 
den Unterschied zwischen attischem Qelde und apulisch-lucani- 
schen Rechenpfennigen zu zeigen. 

So haben also auch auf diesem Gebiete neue Funde und 
schärfere Methode zu einer bedeutenden Verschiebung in der 
Geschichte der Malerei geführt 



In der Baukunst kann es sich nicht so sehr um stilistische 
Analyse handeln, als um schärfere Beobachtung und genaue 
Kenntnis der antiken Architektur, auch nach ihrer technischen 
Seite So ist z. B. beobachtet worden, in welchen Zeiten in 
Athen der Akropoliskalkstein dem Porös vom Piräeus, dieser einer 
Breccia aus der Nähe Athens Platz gemacht hat (ebenso wie in 
der Skulptur Porös, hymettischer, parischer, pentelischer Marmor 
aufeinander gefolgt sind), woraus dann chronologische Schlüsse 
für erhaltene Bauten gezogen werden können. Selbst so neben- 
sächlich erscheinende Dinge wie die Form der Klammem, durch 
die die Quadern eines Baues miteinander verbunden werden, 
sind einem Wechsel der Zeiten unterworfen. Aber das sind nur 
Hilfsmittel des Studiums; es wird sich lohnen an ein paar Bei- 
spielen zu zeigen, daß auch für wichtigere Fragen neue Funde neue 
W^e gewiesen haben. 

An den Ruinen von Troja und Tiryns hatte Dörpfeld die 
Beobachtung gemacht, daß die Mauern der Häuser nur zunächst 173 



282 XL Entdeckungen und Wissenschaft 

9 über dem Boden aus Steinen, weiter aber aus Luftzi^eln (un- 
gd>nuinten, bloß an der Luft getrockneten Lehmzic^n) bestanden 
hatten, denen, wie noch heutzutage in Griechenland, behufs größerer 
Festigkeit hölzerne Balken der Länge und der Quere nach ein- 
gefügt worden waren. Dieselbe Bauweise mußte auch für das 

11 alte olympische Heräon angenommen werden (S. 107). Hier war 29o 
über dem Fundament lediglich die unterste Schicht steinerner 
Quadern (»Orthostaten«) erhalten, während die ganze Mauer sich 
unter der Einwirkung der Regengüsse in einen Lehmbrei ver- 
wandelt und alles bedeckt hatte. Offenbar hatte die Quaderschicht 
die Erdnässe von der Lehmmauer abhalten sollen, die im übrigen 
durch einen Mörtelbewurf und durch den Dachvorsprung vor 
der Witterung geschützt war. An den vorspringenden Wandenden 
(Anten) traten noch die Spuren aufrechter hölzerner Balken her- 
vor, die das Ende der Lehmwand befestigen sollten. Nun wußten 
wir aus Pausanias, daß noch im 2. Jahrhundoi nach Christo im 
Opisthodom des Heräon auch eine der beiden Säulen von Holz 
gewesen war; der Schluß lag also nicht fern, daß einst alle Säulen 
des Tempels hölzern gewesen seien, wie die Säulen bei Homer 
und die Säulen der »mykenischen« Bauten. Dieser Schluß fand 
eine Bestätigung in der Beobachtung, daß die erhaltenen steinernen 
Säulen der Ringhalle die allerverschiedensten Verhältnisse und 2S2 
Kapitale aufwiesen, von den schwerfälligen, gedrungenen Formen 
des sechsten bis zu den schlanken, trockenen des vierten oder 
dritten Jahrhunderts. Sie waren also allmählich an die Stelle 
älterer — offenbar der hölzernen — Säulen getreten, im ganzen am 
frühesten an den Wetterseiten, dabei aber doch so durcheinander, 
daß nicht selten eine ganz alte und eine ganz junge Säule un- 251 
mittelbar nebeneinander standen: ein schlagender Beweis, daß 
der Ersatz nicht abschnittweise, sondern je nach dem Bedürfnis 
im einzelnen Fall erfolgt war. Weiter hatte sich von dem ganzen 
Gebälk des Tempels kein einziger Rest gefunden: wiederum ein 
deutliches Anzeichen, daß es bis zum Schluß lediglich aus Holz 
bestanden hatte und so zugrunde gelangen war. Nur vom Dach 
11 waren Zi^d und ein kolossaler Firstschmuck in gebranntem und 253 
bemaltem Ton erhalten; ob sie zu dem ursprünglichen Bau oder 



Dorische und ägäisdie Bauweise 283 

zu einem Umbau gehört haben, wo das schräge Ziegeldach an 
die Stelle einer graden Balkendecke mit Lehmbewurf getreten 
wäre, das hängt von dem Alter des Tempels ab: eine Frage, deren 
Erörterung hier zu weit führen würde. 

Diese Darlegung Dörpfelds (1884) ließ ein klärendes Licht 
auf die Zusammenhänge zwischen dem alten dorischen Tempel 
und der Bauweise der ägäischen Zeit fallen. Besonderheiten des 

12,3 Steintempels, wie die an sich unmotivierte doppelte Höhe der 249 
untersten Quaderschicht g^enüber den oberen Wandquadem, 
12,3.7 wie die leicht vorspringende Pfeilerform der Anten, en^uppten 2091. 
sich jetzt als stehen gebliebene Überreste des alten Lehm- und 
Holzbaues. Die Säulen hatten allerdings beim Obergang vom 
Holz- zum Steinbau einen vollständigen Wechsel durchmachen 
9 müssen: die Verjüngung der Holzsäule nach unten (wie bei einem isö 

modernen Tisch- oder Stuhlbein) hatte bei der Steinsäule einer 

10 Verjüngung nach oben Platz gemacht Aber im Kapitell ließ 212 

sich doch noch ein Zusammenhang finden: der gelegentlich oma- 

9,7 mentierte Wulst des ägäischen Kapitells hatte sich in den ge- im 
schwungenen Echinos des dorischen verwandelt, und die darunter 

10,6 befindliche Kehle war wenigstens in den beiden ältesten Tempeln 243 
von Pästum noch in Gestalt einer blat^eschmückten Einziehung 
unter dem Echinos erhalten. Der Zusammenhang dieser beiden 
Formen ward vollends klar, als Puchstein 1899 darauf hinwies, 
daß Poseidonia- Pästum eine achäische Gründung war und in 
Griechenland das einzige Beispiel dieser Kapitellform in der alten 

10,5 achäischen Burg von Tiiyns sich findet; offenbar handelt es sich 
also um eine achäische Tradition aus der alten Heroenzeit. 

Dörpfelds Kombination über das Heräon hat nicht überall 
Beifeill gefunden, scheint mir aber g^enüber den erhobenen Ein- 
wänden dennoch in der Hauptsache das Feld zu behaupten. 
Allgemeiner Zustimmung hat sich Dörpfelds Untersuchung über 
15 den ursprünglichen Plan der Propyläen auf der Akropolis zu 382 
erfreuen. Nachdem der mittelalterliche Turm 1876 gefallen (S. 205) 
und dadurch wichtige Aufschlüsse über den südlichen Flügel des 
Torbaues gewonnen worden waren, hatte Richard Bohn 1879/80 
den ganzen Bau neu aufgenommen, ohne daß doch über alle 



284 XI- Entdeckungen und Wissenschaft 

Punkte volle Klarheit geschaffen worden wäre. Die Anlage des 
südlichen Flügels mit einer geg^ Westen aus der Flucht vor- 
springenden Säule und die Dachgestaltung der beiden Flügel blieb 
unklar; auf der Burgseite sind femer an den Außenwänden des 
vorspringenden Mittelbaues, die durch eine Menge stehengelassener 
15,4 Versatzbossen als unfertig bezeichnet werden, gewisse Anzeichen, 
Löcher und vorspringende Blöcke, vorhanden, die in dem vor- 
handenen Bau keine Erklärung finden. Durch scharfe Unter- 
suchung und Kombination aller vorhandenen Anhaltspunkte, wie 
sie nur einem geschulten Architekten möglich war, gelangte I>örp- 
fdd 1885 zu der Einsicht, daß Mnesikles den Propyläenbau viel 
größer geplant hatte, daß dann aber dazwischen getretene Hinder- 
nisse eine Verstümmelung des Baues herbeiführten. Der Torbau 
sollte ursprünglich die ganze Westseite der Burg, beiderseits bis 
an den Rand des steilen Felsens, absperren. Auf der Innenseite 
sollten zwei große zweischiffige Hallen den Mittelbau flankieren. 
Im Norden war sie auch ganz oder teilweise ausgeführt worden, 
im Süden dagegen war es nicht dazu gekommen, ohne Zweifel 
weil hier das Heiligtum der brauronischen Artemis im Wege 
stand; es hätte sich eine starke Verkleinerung gefallen lassen 
müssen. Ahnlich stand es auf der Außenseite. Der Nordflügel 
konnte plangemäß ausgeführt werden, wie er noch heute kühn 
über seinem hohen Unterbau thront. Im Süden befand sich da- 
16 gegen auf der vorspringenden Bastion ein Heiligtum der Athena 384 
Nike, der man etwa zwanzig Jahre früher beschlossen hatte hier 
einen Tempel und einen marmornen Altar zu errichten. Wurde 
der Plan des Mnesikles ausgeführt, so ward auch hier der so 
schon beschränkte Bezirk der siegspendenden Stadtgöttin so stark 
eingeengt, daß der beschlossene Tempelbau sich nicht hätte durch- 
führen lassen. Also mußte Mnesikles auch hier seinen großartigen 
Plan beschneiden. Statt einer die ganze Breite der Bastion ein- 
nehmenden Halle, die in der Länge dem Nordflügel entsprochen, 
aber in freier Säulenstellung sich gegen das Nikeheiligtum ge- 
öffnet hätte, mußte er sich b^^nügen einen Notbau zu errichten, 
der nach Norden, gegen den Aufgang hin, freilich gleich lang 
wie die gegenüberliegende Fassade des Nordflügels war, gegen 



Geschichte des Propyläenbaues 285 

Westen aber, um dem Altar und dem Tempel Platz zu lassen, so 
weit zurückweichen mußte, daß ein verkrüppelter Bau entstand: 
keine Lösung, sondern ein leicht erkennbarer Notbehelf, der über- 
dies zu einer unbequemen Gestaltung des Walmdaches (ihre deut- 
lichen Spuren erkannte Dörpfeld) nötigte. Es ist begreiflich, daß 
der Baumeister auf bessere Zeiten hoffte, um einmal seinen ganzen 
Plan auszuführen, und wenigstens dessen Fundamente vollendete. 
Aber statt dessen brach der pdoponnesische Krieg aus; der Bau 
ward abgebrochen, ohne daß auch nur jene Versatzbossen ent- 
fernt worden wären, ohne daß die Wände und der Fußboden 
ihre letzte Bearbeitung erhalten hätten. Nach dem Kri^e aber 
hatte Athen andere Sorgen. Im Süden blieb neben dem gestutzten 

15 Marmorbau des Mnesikles ein Rest der alten pdasgischen Mauer 362 
als Grenze zwischen der brauronischen Artemis und Athena Nike, 
als Absperrung des Burgplateaus bestehen, um im Mittelalter als 
erwünschte Lücke den Weg zur Burg aufzunehmen, auf dem die 
fränkischen Herren Athens und ihre türkischen Nachfolger die 
Burg betraten. Die Nordhalle im Innern der Burg aber, so weit 
sie denn fertig geworden sein mag, ward niedergerissen, um 
später dem Kanzleigebäude der fränkischen Herzöge, denen die 
Propyläen als Schloß dienten, Platz zu machen. 

So greift Dörpfdds schöne Ermittdung unmittelbar in die 
Geschichte Athens ein und macht uns Vorgänge, die wir sonst 
nur in großen Zügen aus den Berichten der Historiker kennen, 
im einzelnen lebendig. Ähnliche Aufschlüsse verdanken wir Dörpf dd 
für den Parthenon und die verschiedenen Stadien seiner Vorge- 
schichte. Wenn er neuerdings auch die starken baulichen Absonder- 
lichkeiten des Erechtheion aus einem ursprünglich umfeissenderen, 
später um fast die Hälfte gekürzten Bauplan zu erklären unter- 
nommen hat, so wäre es voreilig seine Zweifei auszusprechen, 
ehe eine vollständige Vorlage der Akten erfolgt ist. 

Den beiden griechischen Beispielen mögen sich zwei römische 

30 anschließen. Bis vor kurzem galt das Pantheon in Rom als 740|i 
das Musterwerk römischer Baukunst aus der Zeit des Augustus. 
Steht doch die Inschrift des Erbauers Marcus Agrippa noch heute 
groß und breit über den Säulen der Vorhalle. Aber es blieben 



286 XL Enidedntngen und Wissenschaft 

doch Bedenken bestehen. Im Pantheon Agrippas hatten die 
Säulen im Inneren Kapitelle von syrakusischem Erz gehabt und 
marmorne Katyatiden von dem athenischen Bildhauer Diogenes 
getragen — von beiden erscheint keine Spur, und der Versuch 
ihr Verschwinden durch einen teilweisen Umbau zu erklären ist 
durch technische Untersuchungen widerl^ worden. Femer be- 
richten uns sichere Zeugnisse, daß Agrippas Bau zweimal durch 
Brand zerstört worden ist, das erstemal bei einer großen Feuers- 
brunst unter Titus im Jahre 80, sodann im Jahre 110 unter Trajan 
durch den Blitz — wie konnte ein Qdiäude verbrennen, das nur 
aus Zi^eln, Marmor und Metall bestand? Ja wie konnte es, wenn 
man nämlich die Ausdrücke »verbrannt« oder »vernichtet« nicht 
ganz wörtlich nehmen wollte, auch nur durch Brand schwer be- 
schädigt werden? Man verweilte nicht bei diesen Bedenken, sondern 
begnügte sich mit der ebenfalls erhaltenen Kunde, daß zuerst 
Domitian, dann Hadrian das Pantheon restauriert habe; da waren 
also wohl die voi*gefallenen Schäden ausgebessert worden, und 
was da noch nicht befriedigend hergestellt war, dafür hatten neue 
— ebenfalls bezeugte — Restaurationen unter Antoninus Pius 
und unter Septimius Severus gesorgt Also waren die Zweifel 
beschwichtigt ; die noch erhaltene Rotonda galt nach wie vor als 
augusteischer Bau. 

Allein 1885 machte Hermann Dressd darauf aufmerksam, 
daß man an verschiedenen Stellen des Rundbaues und der Vor- 
halle nach römischer Weise gestempelte Zi^^d bemerken könne, 
die in die Zeit Trajans und Hadrians, sämtlich vor 126, ge- 
hörten (Ziegdstempd enthalten nämlich bestimmte Daten oder 
allgemdne chronologische Merkmale). Die gleiche Beobachtung 
war schon im 18. Jahrhundert gemacht worden. Dressd schloß 
daraus, daß in hadrianischer Zeit der Rundbau verstärkt oder 
neu umkleidd worden sei, eine Annahme, die durch die ander- 
weitig bekannte Innenkonstruktion der Mauer nicht grade empfohlen 
ward und das Vorkommen jener Stempd in der Vorhalle uner- 
klärt ließ. In der Tat erwiesen genaue technische Untersuchungen, 
die fast zu gleicher Zeit von zwei Architekten, 1890 dem Öster- 
reicherjosef Ddl und 1891/2 dem Franzosen Louis Chedanne^ an- 



Das Pantheon hadrianisch 287 

gestdlt wurden, zwei Tatsachen: erstens daß der ganze Bau, Mauer 
und Kuppel, aus einem Gusse war und ein Idug ersonnenes 
System von Entlastungsbögen, Pfeilern und Gurten durchgeführt 
zeigte; zweitens daß die hadrianischen Ziegel in allen Teilen des 
Baues wiederkehren. Danach war also an dem hadrianischen Ur- 
sprung des erhaltenen Pantheon kein Zweifel mehr möglich — 
eine Tatsache von außerordentlicher Wichtigkeit ffir die Geschichte 
der römischen Baukunst Was die augusteische Zeit an Glanz 
verlor, das wuchs der hadrianischen zu; die ganze Geschichte 
des Kuppelgewölbes mußte neu angegriffen werden. Die Inschrift 
Agrippas auf der Vorhalle entsprach der Sitte Hadrians, bei restau- 
rierten Gebäuden dem ursprünglichen Erbauer die alleinige Ehre 
zu lassen. Da es aber dem Schriftcharakter zufolge noch die 
ursprüngliche Inschrift war, die Hadrian wieder anbrachte, so war 
damit ein leiser Anhalt gegeben für die Form des Pantheons 
Agrippas: es hatte eine gradlinige Fassade. Wie aber sah es 
sonst aus? Hatte es die gewöhnliche oblonge Form der Tempel? 
Oder war es ein Rundbau wie der hadrianische, nur nicht mit 
einer Kuppel, sondern mit einem hölzernen, also verbrennbaren 
Zeitdache bedeckt? Die Untersuchungen Chedannes und einer 
italienischen Kommission unter der Leitung L. Beltramis (1892/93) 
haben leider kein ganz sicheres Ergebnis geliefert, doch scheint 
es als ob auch Agrippas Pantheon bereits die runde Form ge- 
habt habe. 

Hat die augusteische Zeit auf das Pantheon verzichten müssen, 
so hat sie dafür die Ära Pacis gewonnen (S. 219). Es ist gar 
wenig was wir aus alten Zeugnissen über diesen Altar der au- 
gustischen Friedensgöttin erfahren; die Literatur schweigt ganz 
davon. Augustus selbst aber erzählt in seinem inschriftlich er- 
haltenen Regierungsbericht (S. 87), daß der Senat im Jahre 13 
vor Christo beschlossen habe zum Dank für seine glückliche 
Rückkehr nach langer Abwesenheit diesen Altar zu errichten und 
ein Jahresopfer einzurichten. Weitere Inschriften «geben, daß 
der Altar am 4. Juli 13 gegründet und am 30. Januar 9 einge- 
weiht ward. Als Friedrich von Duhn 1879, von spärlichen Winken 
älterer Gelehrter abgesehen, zuerst die zersprengten großen Relief- 



288 XL Entdeckungen und Wissenschaft 

80 platten des verschollenen Denkmals im Bilde zusammenstellte, 709 
glaubte er ein Monument von ungewöhnlicher Größe annehmen 
zu mässen, von dem ein großer Teil des Bildschmuckes verloren 
sei. Zu anderen Ergebnissen kam fünfzehn Jahre später Eugen 
Petersen, indem er die noch erhaltenen, aber bisher nicht beach- 
teten Architekturreste des Altars heranzog, zusammen mit dem 
Architekten Viktor Rauscher prfifte und daraus schloß, daß das 
Denkmal weit geringere Ausdehnung gehabt habe. Der Altarhof 
war danach einst mit einer marmornen Mauer von etwa 6 Meter 
Höhe umgeben; die Länge und Breite dieses Oehäges ward auf 
10,16 Meter berechnet. Im Innern bestand der Schmuck der tot 
Wand hauptsächlich aus fein gearbeiteten Kranzgehängen, außen 
80 aus einem Sockel ebenso schönen Rankenwerkes und darfiber tos 
80 einem 1 1/, Meter hohen Friese, in dem sich von einem symboli- to6 
sehen Mittelpunkt auf der Rückseite aus die kaiserliche Familie 
und der Senat in feierlicher Grandezza an Heiligtümern vorbei 
zum Eingang bewegte, um hier dem Opfer am Altare der Friedens- 
göttin beizuwohnen. Das ganze Denkmal, wie Petersen es 1901 
restauriert vorige, war würdig den neuen Mittelpunkt der augustei- 
schen Kuns^eschichte zu bilden. 

Alle Bruchstücke, die teils im Qnquecento teils 1859 zum 
Vorschein gekommen waren, stammten aus einem einzigen Fund- 
orte: sie waren unter dem Palazzo Fiano am Corso aus der Tiefe 
des Bodens hervoigezogen worden. Das stolze Denkmal, dessen 
Überreste im Abguß 1903 anläßlich des historischen Kongresses 
in Rom von A. Pasqui zum Ganzen zusammengefügt wurden, 
schien wichtig genug um eine Nachgrabung an Ort und Stelle 
zu lohnen. Die italienische R^ierung nahm sie im Winter 1 903/4 
unter Pasquis Leitung und Petersens Mitwirkung in Angriff. Man 
mußte 6 Meter unter die jetzige Straßenhöhe und unter die 
Grundmauern der umgebenden Gebäude hinab graben, um im 
Dunkel der Schachte und im Grundwasser die Reste des Altar- 
gehäges aufzuspüren. Sie fanden sich, und die Seitenlänge der 
Mauer stimmte bis auf den Zentimeter mit Petersens Berechnungen 
überein! Die Eingangsseite dagegen war um etwa 1,20 Meter 
breiter, aber nur weil die Tür, wohl um den Opfertieren und 



Ära Pads. Nutzen der Inschriften 289 

dem Zuge bequemeren Durchgang zu gewähren, um ebensoviel 
breiter sich herausstellte: ganz ungewöhnliche Verhältnisse, die 
man ebensowenig hatte voraussehen können, als daß dem vorderen 
Eingang ein gleicher an der Rückseite entsprach. Mußten nun 
auch hiemach einzelne Teile von Petersens Anordnung einer 
Änderung unterzogen werden, im ganzen bot doch seine Wieder- 
herstellung des gesamten Denkmals einen glänz^den Bel^ dafür, 
mit welchem Orade von Sicherheit vorsichtige, methodische und 
scharfsinnige Kritik ins Schwarze treffen kann. Das Ergebnis 
aber war ein neues und wichtiges Blatt der Kunstgeschichte. 



Die vorgeführten Beispiele werden dem Leser einen Blick 
in den wissenschaftlichen Betrieb der Archäologie gewährt haben. 
Wie die Wissenschaft durch neue Gesichtspunkte und Methoden 
auf die Ausgrabungen, so haben diese auf die Förderung der 
Wissenschaft mächtig eingewirkt und einen völligen Wandel der 
Richtung bewirkt. Nicht sie allein; wie wir sahen, haben auch 
andere Faktoren ihren Anteil daran. Selbst die an zweite Stelle ge- 
drängte Philologie hört nicht auf sich der Archäologie hilfreich 
zu erweisen. Vor allen Dingen die Epigraphik: was wüßten 
wir von der Ära Pacis ohne die Inschriften? Nichts, wir würden 
den Überresten ziemlich ratlos gegenüberstehen. Ob Boethos, der 
Schöpfer des »Oänsejungen«, wie die Handschriften des Pausa- 
nias wollen, aus Karchedon (Karthago) stammte, ob er etwa, wie 
Schubart nicht unwahrscheinlich fand, ursprünglich Esra oder auch 
Bonith hieß, oder ob er, wie Otfried Müller vermutete, aus Kalche- 
don (Chalkedon) gebürtig war, darüber würden die Philologen viel- 
leicht noch heute mit den Archäologen streiten, hätte nicht eine 
in Rhodos gefundene Inschrift für Müller entschieden und zugleich 
dem Künstler seine Zeit innerhalb der hellenistischen Periode an- 
gewiesen (S. 169). Welche erbitterten Kämpfe sind seit Winckel- 
mann und Lessing über die Entstehungszeit der Laokoonsgruppe 
geführt, welche Ströme von Tinte über die einschlägige Pliniusstelle 
ausg^ossen worden! Zuerst schwankte man zwischen dem dritten 
vorchristlichen und dem ersten nachchristlichen Jahrhundert. Dann 

Michaelis, Die ardiaologischen Entdeckungen. IQ 



290 ^' Entdeckungen und Wissenscfaaft 

aolUie er jünger ab der 0^;antenaUar von Petgamon (etwa 180) aeiii, 
wahrend andere beim 3« Jahriiundert striien blid>en. Dann wafdmrf 
Orond der Insdiriften die Zeit nm 100 v.Chr^ dann nach Mafigabe 
rbodisdier Inschriften die Mitte des 1. Jahrhunderts angenommen^ 
bJ8 audi hier chronologisch sicher bestimmbare Inschriften ihr 
Maditwort gesprochen und den vermdnäichen Oipfdpunkt helie» 
aistiacher Kunst in den Anfang der Kaiserzeit versetzt haben (S. IWf. 
Und nidit allein die Steininschriften, die ja in der Mitte zwischen 
literarischen und monumentalen Zeugnissen stehen, sondern auch 
die neuerdings in einer eigenen Kammer der Philologie installierte 
»Papyrologie«, die ihre Vorräte immer neu aus dem trockenen 
Sande Ägyptens bezieht, erweist der Kunstgeschichte erkleckliche 
Dienste. Wie lange hat doch der Ansatz Polyklels geschwankt, 
ehe die Siq;eriiste eines Papyrus aus Oxyrhynchos ihm seine feste 
Stelle neben Phidias anwies (S. 274). 

Diese Hilfe und Kontrolle einer methodisch gefestigten Dtn^ 
ziplin, wie es Philologie und Epigraphik sind, erweisen sich als 
der Ardiäologie desto heilsamer und unentbehrlicher, je mehr bei 
der bloBen Stilbetraditung, wie schon oben bemerkt ward (S. 262), 
das subjektive Moment eine entscheidende Rolle spielt Es ist 
noch nidit lange her, daß die moderne Umwertung aller Wette 
auch die Archäologie in den Fluß aller Dinge hineinzog und die 
antiken Statuen ihre Meister so rasch wechselten wie die Bilder 
unserer Galerien die ihrigen: so viel Köpfe, so viel Sinne. Es 
war ein notwendiges Entwickdungsstadium der entfesselten stiU* 
stischen Analyse; allmählidi scheint größere Ruhe eingekehrt zu 
sein, an die Stelle des Hastens nach Neuem ist besonneneres Ab- 
wägen getreten, und auch manche »veraltete« Auffassung oder 
Zuteilung ist gleich dem Taucher aus dem großen Strudel wieder 
ans Licht empoiigestiegen, während zahlreiche Eintagsgesdiöple 
im dunkeln Abgrunde hängen gd>lieben sind. Völlig festen Orund 
bietet schließlich nur ein unanfechtbares schriftliches Zeugnis. 

Die Masse der uns neugeschenkten Kunstwerke hat noch 
eine andere minder erfreuliche Folge gehabt Die Fülle des 
Stoffes läßt sich von dem dnzdnen Forscher nicht mehr bis itt 
alle Einzdheiten der Funde und der Forschung verfolgen. Wte 



Philologiadie Hilfe. Atbettttcäung. Einseitigkeiten 29t 

auf ollen OdHeten mensdilichen Wissens und Betriebes ist äUdi 
in der Archäologie Arbeitsteilung eingetreten. Der Eine besdttinkt 
sich auf die Architektur oder gar nur einen Teil von ihr; dem Anderen 
glU nichts auSer der Plastik; der Dritte fühlt sich befriedigt in 
den Schranken der rotfigurigen Vasenmalerei; ein Vierter gbuibt 
die heUenistisdie oder die römische Kunst ignorieren zu dürfen. 
OewiS ist eine Spesialisiemng des Studiums nötig, um die Masse 
der neu auftauchenden Denkmaler und Fragen gründlich zu stu-» 
dieren, und nichts ist unerquicklicher als ein oberflädiliches Bön^ 
hasentum, das ohne gründliche Kenntnis sich in solche Einai« 
fragen misdit. Aber andrerseits sollen die Einzelarbeiter sich 
bewußt bleiben, daß ihr Gebiet nur ein kleiner Ausschnitt aus 
einem großen Ganzen ist; selbst die beliebten Geschichten der 
Plastik sind noch lange keine Kunstgeschichte. So nützlich, so 
unentbehrlich die Spezialforscher unzweifelhaft sind, doch soWe 
keiner das Schillersche Wort vergessen: 

Immer strebe zum Ganzen, und kannst du selber kein Ganzes 
werden, als dienendes Glied schließ an ein Ganzes dich an. 

Ein Handbudi der Amhäcriogie, wie es Karl Otfried Müller 1830 
entwerfen konnte, wurde freilich heute kein Einzdner ungesinfl 
unternehmen; vestigia terrent\ Dazu bedarf es des Zusammen« 
Wirkens vieler einzelner Forscher, aber es bedarf €i>enao des 
Blickes aller Einzelnen auf das gemeinsame Oesamtzid, damit 
nidit eine Sammlung von Einzdkapitdn entstehe, sondern fiti 
Geist durch das Ganze wehe und zum Ganzen strebe. 

Und noch ein Punkt va'dient Erwägung. Während in atterar 
Zdt die Archäologie allzusehr in Kunsterklärung aufging, hat 
die Fülle kunsthistorisch wichtiger Denkmäler zu einer d>enso 
ausschließlichen Betonung des kunstgeschichtlichen Gesichts- 
punktes geführt. Das ist nur die entg^engesetzte Einseitigkeit. 
In der Philologie hat sich mehr und mehr die Einsicht Bahn ge- 
brochen, daß das Verständnis der Schriftwerke, wie es eben die 
Auslegekunst, die Hermeneutik, bewirkt, zum Allernotwendigsten 
gehöre und die Literaturgeschichte nur auf einer solchen Grund- 
lage sicher ruhe. In der Archäologie ist es nicht anders. Wir 
brauchen nicht gerade einfach zu der alten, wesentlich philologisdien 

19* 



292 XL Enfdedniiigen und Wissensdiaft 

Erldärungsweise, die das Bild am Maßstäbe des Wortes prüfte, 
znrfickzukehren. Auch das Kunstwerk redet seine eigene Sprache, 
die es zu verstehen und in der Erklärung zur Qdtung zu bringen 
gilt Es gibt nicht bloß eine geschriebene, sondern auch eine 
bildliche Tradition, die ihren besonderen Gesetzen folgt Aber 
es erscheint mir nicht richtig — wenn das auch jawohl sehr un- 
modern klingt — im Kunstwerk nur die Form, im Bilde nur die 
Farbe und die Linie zu beachten, den Inhalt ffir mehr oder we- 
niger gleichgfiltig zu erklaren. Am wenigsten darf das fQr antike 
Kunstwerke gelten. Schon der Maler Nikias wies darauf hin, daß 
auch der Gegenstand einen Teil der Malerei ausmache. Die an- 
tike Kunst kennt sowenig wie das antike Leben eine absolute 
Herrschaft der Form. Den Athenern galt erst der ffir vollkommen, 
der mit der Schönheit die innere Tfichtigkeit verband. Nicht 
anders ist es mit der griechischen Kunst Die Form ist nur die 
Hülle, die sich der Inhalt schafft: 

nichts ist drinnen, nichts ist draußen, 
denn was innen, das ist außen. 

Form und Inhalt sind untrennbar und eins; erst ihr Verhältnis 
zueinander bestimmt den Wert des Kunstwerkes und bildet den 
wahren Gegenstand der Forschung. 

Möchten die jungen Archäologen des neuen Jahrhunderts^ 
denen das alte eine so reiche Erbschaft erworben und ubeiigd>en 
hat, diese unzeitgemäßen Betrachtungen und Mahnungen eines 
Veteranen nicht ganz unbeachtet lassen: unsere Wissenschaft, des 
bin ich gewiß, wfirde es ihnen danken. 



CHRONOLOGISCHE ÜBERSICHT 



1792 [Massiy Katalog des Museo Pio Clemeatino,] 

97 Vertrag von Tolentino: Auslieferung römischer Antiken an 
Frankreich. 
98/01 Bonapartes Zug nach Ägypten. 
99 Eröffnung des Masäg NapoUon, 
„ Pompeji: Championnets Ausgrabungen. 
1800/3 Athen: Elgins Arbeiten. 
1801 London erhält die ägyptische Beute. 
01/2 Qarke, Dodwell, Oell, Leake in Oriedienland. 

1804 Sodäi des antiquains de France. 

„ Miliin bereist das südliche Frankreich. 

1805 London erwirbt die Sammlung Townley. 

05/6 Dodwell, Oell, Leake von neuem in Griechenland. 
1807 [Wükins, Aniiquities of Magna Qraeda.] 

„ Pompeji: Arditis Ausgrabungsplan. 
08/15 Pompeji: Ausgrabungen unter Königin Caroline. 

1810 [Cell, Argolis.] 

„ Bröndsted, Cockerell, Foster, Haller, Koes, Linckh, Stackeiberg 
in Athen. Codcerell entdeckt die Entasis der Säulen. 

1811 [Byron, Curse of Minerva,] 

„ Ägina: Oiebelgruppen des Tempels. 

1812 Bassä: Fries. 

„ Burckhardt entdeckt Petra. 
„ Cockerell in Sidlien. 
„ München erwirbt die Ägineten. 
12/13 Oell, Oandy, Bedford in Attika. 

1814 London erwirbt den Fries von Bassä. 

1815 [Visconti, Mimoires sur des ouvrages de sculpture du ParMnon.] 

1816 London erwirbt die Elgin Marbles, 
„ [AnUquiUes of Athens^ Band IV.] 

„ Rückgabe der Antiken aus dem MusU Napoleon. 

„ Stackeiberg in Rom. 
16/17 [Laborde, Monuments de la France.] 
niTO Ker Porter in Vorderasien. 

1818 [Quatremire, LeUres ä M. Canova.] 

1819 [Dodwell, Class. and topogr. tour through Qreeee.] 

1820 Aphrodite von Melos. 



294 Chronologische Übersicht 

1821 Nibby erkennt die pergamenischen Oalatergruppen. 
21/2 Die Akropolis von Voutier besdiossen. 

1822 Gerhard in Rom. 

22/3 Harris und Angell hi Selinunt 

1823 Fanofta hi Rom. Hyperboreisch-rÖmische Oesellschaft 
23/4 Hittorff in SidUen. 

1824 Gerhard in Etnnicn. 

litt Die Akrofxdis vc» Retdiid Pascha beschossen. 

1827 Cometo: Wandgemälde. 

„ Laborde in Syrien und An^ia Feiraea. 

1828 Luynes in Meiapont 
28/9 Vuld: Vasenfunde. 

28/30 Ägypten: italienische Expedition unter RoselUni aChampoiliDn. 

1829 Rom: Instituto di earrUf^omdenza arehiologica, 
„ Olympia: framsosisdie Aosgrabungen an Zeuslempel. 

1830 Eroberung von Algerien begonnen. 
„ Berthouville bei Bcmay: SiOttrfimd. 

,, Krim: Dubntx dffnet den Knl Oba bd Kertsch. 

„ [A nü^ tti His qf Athems, Supplement,} 

„ Eröffnung des Beriiner Museums und der MfinclMier Olypioliiek. 

30/2 Semper in Italien. 

1831 Ponpcji: Mosaik der Alejumdersdriachi 
„ [Gerhard, Rapporto voleente.] 

It92 Thomscn scheidet Stemzeü^ Bromead^ Eisaatit 

33j^ Athen: Aohmumung der Burg »ittr Ro0. 

33/7 *Texier bereist IGeinasien. 

1834 [Dodwell, Views cf Cydopian remaüa^ 
MI42 [Serradifalco, AntüMä deUa SidUa.] 

1835 Athen: Wiederaufrichtung des Temp^ der Nflie Apteros. 
3537.43 Roß in Thera. 

1836 Cerveteri: Grab RegulinirOahast. 

1837 Athen: Pennethome entdeckt die Curvaüim am ParthencMi. 
yy Athen: Archäologiadie Oesdischafl. 

„ pCramcr, Styl und Herinnit der bemaMen griedi. ThongtAtte.] 

1^ Fellows bereist iOeinasien. 

1839 Rom erwirbt die SophoklessUtuc. 

„ Fellows bereist wiedenm Lykien. 

1840 K. O. MüUer m Delphi, stirbt in Aliien. 

40/1 Coste und Flandhi bereisen Peisien. 

1841 Verein von Altertumsfreunden in Hieinlande. 

„ Schönbom entdeck! das. Heroon von Gi^basdii. 

1842 London erwuM das Nereidendenkmal von Xanthos. 
43/4 Lykien: erneute Expedition unter FeUows. 



CkroBOlogifldie Obccsidit SM 

T843/4 RoB in Rhodos (KunstlcilBsdiriffeti). 
„ Lebas bereist Oriedienland und KMnasien. 
43/5 Ägypten: preußische Expedition unter Lep&bn. 
43/6 Chorsabad von Botta ausgcgrabeB. 

1844 Chiusi: Fnut^oisvase. 

1845 RoB in Kypros. 

45/7 Nimrud von Layard ausgegraben« 

„ Paocard in Athen. 

1846 HalilcamaB: Reliefs nach London geschaht 
^, »Apollon« von Tenca gefunden. 

,, Erste Funde in Hallstati 
„ Athen: tcoUfrangm*. 
46/7 Penrose in Athen. 

1847 T^taz in Athen. 

„ Kujundschik von Layard und Ross ausgegraben. 

1848 Rom: Odysacel^er von Via Oraziosa. 

n [Dennis, QUies and cemäeries of Eintria.] 

1849 Rom: Lysipps Apoxyomenot. 

„ Rom: De Rossi entdedct die Calixtnskatakombe. 
49/52 Lofhis in BabykmiaL 
50/fia Mariette in Ägypten. 
1851 [Penrose, An invesUgation of ike pruu^fks af Athenian archh 

tedure.] 
51/5 Memphis: Mariette entdeckt das Serapeum. 

1852 Heraon bei Argos uniersndit 

„ Begüin der Ausgrabungen hi SfidmBland. 
52/53 Athen: Beul^ legt den Buigan^ang frei. 
52/59 Nevrton in der Levante. 

1853 Villanova: Nekropole. 

^ Erste Höhlenfunde in Südfrankreich. 
„ Brunn erkennt Mjrrons Marsyaa. 
„ Jahn erkennt Lysipps Kairos. 

,, Wien: Centralkommission zur Erforschung imd Erhaltung der 
Baudenkmäler. 
53/59 [Brunn, Geschichte der griechischen Ktbisder.) 

1854 Erste Pfahlbaufunde in der Schweiz. 

n Sardes: Spiegeltbal untecsuchi das Alyattesgrab. 

I, (Jalm, Ehüteibmg zum Katalog der Mibidmer Vasensammhmg.] 

1855 Taylor berekt Babjionien. 

. fii^ Pompcii: Stdnaner Thermen. 

56/7 Conze bereist die Inseln des thrakisdien JHceres und Lesbos. 

1857 Vuld: groUa Frangois. 

„ Halikamass: Mausoleum von Newton «d^ede^t 



296 Chronologische Übereidit 

1857/8 Knidos und Brandiiden: Nevrton. 

1858 Rey bereist den Hauran. 
„ Lauersfort: Phalerä. 

1859 Oppert untersucht Babylon. 

„ Eleusinisches Relief; Athenastatuette Lenormant 

„ London erwirbt Vasen von Kameiros (Salzmann). 

59/62 Athen: Attaloshalle. 

1860 Renan bereist Phöniden. 

„ Kyrene: Smith und Porcher. 

60/75 Pompeji: Fiorelli leitet die Ausgrabungen. 

1861 Oalatien und Bithynien: Perrot und Ouillaume. 
„ Makedonien: Heuzey und Daumet 

61/62 Delphi: Foucart und Wescher. 

„ De Vogüe bereist den Hauran. 

61/69 Rom: Ausgrabungen auf dem Palatin. 

1862 Athen : Botticher (Akropolis), Curtius (Pnyx) und Strack (Theatef^. 
62/63 Nikopol: Grabfunde. 

1863 Rom: Augustus von Prima Porta. 
„ Samothrake: Nike (Champoiseau). 

„ Friederichs erkennt Polyklets Doiyphoros. 

„ [Kirchhoff, Studien zur Geschichte des griechischen Alphabett 
(chalkidische Vasen).] 

1864 Luynes bereist Syrien. 
f, Thasos: Miller. 

,, Brunn studiert das Julierdenkmal von St Remy. 

1865 Cerveteri: altertümliche Vasengattung. 
„ Marzabotto: Nekropole. 

,, Rom: kapitolinischer Tempel. 

„ Alexandrien: Heiligtum Arsinoes. 

66/96 Humann in Kleinasien. 

1867 Brunn erkennt Kephisodots Eirene. 
67/76 Kypros: Cesnola. 

1868 Hildesheim: Silberfund. 

„ [Schöne, Pompeianamm quaestionam spedmen^ 

1869 Rom: Haus der Livia. 

69/74 Ephesos: Wood entdeckt das Artemision. 

1870 Priene: PuUan deckt den Athenatempel auf. 

„ Athen: Gräberstraßen am Dipylon, griechische Ausgrabung. 

„ Brunn erkennt die Statuen vom attalischen Weihgeschenk. 

„ [Conze, Zur Geschichte der Anfänge griechischer Kunst 
(geometrischer Stil).] 

70/4 Tanagra: Terrakottenfunde. 

1871 Athen: Dipylonvasen. 



Chronologische Übersicht 297 

1871 Bologna: Friedhof an der Certosa. 
„ Troja: Schliemann. 

„ Das Archäologische Institut wird preußisdie Staatsanstali 

„ Heibig erkennt Polyklets Diadumenos. 

1872 Rom: Reliefschranken auf dem Forum. 

„ Curtius, Adler, Stark, Hirschfeld in^ Kleinasien. 

72/3 Rayet im Mäandertal. 

1873 Samothrake: österreichische Ausgrabungen. 
„ Delos: Leb^gue untersucht die Felsgrotte. 

,, [Heibig, Untersuchungen über die campanische Wandmalerei 

(Hellenismus).] 

„ [Fiorelli, Relazione d^ scavi di PompeL] 

„ Mau erkennt die Stile der pompejanischen Wanddekoration. 

1874 Mykenä: Schliemann. 

„ Teos: G. Hirschfeld untersucht die Ruinen. 

„ Das Archäologische Institut wird deutsche Reichsanstalt 

,9 Athen: Deutsches archäologisches Institut 

75/80 Olympia: deutsche Ausgrabungen. 

1875 Olympia: Päonios Nike. 

„ Samothrake: neue österreichische Ausgrabungen. 

75/76 Rom: Tempel des kapitolinischen Juppiter. 

1876 Athen : Asklepieion. Südflügel der Propyläen (Turm abgebrochen). 
„ Delos von Homolle untersucht 

„ Stolze in Persepolis und Pasar^adä. 

77/94 Delos: französische Ausgrabungen. 
77. 81/2 Telloh: de Sarzecs Ausgrabungen. 

1877 Olympia: Hermes des Praxiteles. 
„ Spata: »mykenische« Funde. 

„ [Nissen, Pompejanische Studien.]» 

78/86 Pergamon: preußische Ausgrabungen. 

1878 Troja: Schliemann zum zweiten Male. 
„ Knosos: Kalokairinos Ausgrabungen. 

„ Rom: Haus in der Famesina. 

1879 Samos: Qirard untersucht das Heräon. 

„ Delos: fliegende Nike (des Archermos?). 

„ London: Soäefy for the promotion of Hellemc stuäies. 

„ [Klein, Euphronios.] 

70. 81 Duhn sammelt die Überbleibsel der augustischen Ära Pads. 

1880 Delphi: HaussouUier. 

„ Ordiomenos: Schliemann. 

„ Menidi: Kuppelgrab. 

„ Tegea: Überreste von Skopas Qiebelgruppen. 

80/82 Myrina: französische Ausgrabungen. 



298 Chfooologisclie Übeimdit 



1881 Clennont-Oanne«! berdst 
„ Dörpfeld, Bomnann und Genossen sindicreB die fertrigen 

aidiiteldoiiisdien Temkotten. 

„ Tunis unter fnmzösisdie« ProtelctonL 

„ Konstantinopel: Musettm im TscUnül-Kiosk. 

81/3 Assos: amerycanische Ausgndningen. 
81.84.86.88 Ramsay bereist Lydien und Phrjpgien. 

81/03 Epidaurisdiet Htenm: griediisdie Ausgnbmifen. 

1882 Karien und Lylden: österreidiische Expedition (Oidibasdiiy. 
„ Saidet: Detmis öffnet einen Orabhugel 

„ Samos: Wasserleitung des EupaUnos. 

„ Wilson besucht Petra. 

yt Akiri: Bassel untersudit die Wasserleitung. 

,, Robert erkennt eine Vasenklasse als polygnotisdi. 

„ Athen: Ammam adiool of dassteal 9kMm* 

„ London: Egyß^ expUraüon fand, 

82/90 Deusis: griednsdie AusgralNai(gen. 

„ Adamklissi: rumänische Ausgrabungen. 

82/03 [Perrot und Chipiez, Histoin ie Part aaügiu^l 

1883 Nemmd Dagh: Humann und Piicbstein. 

„ Klazomenä: die ersten bemalten Tonsarkophage. 

yf Rom: Tempd und Atrium der Vesta, 

„ [Milchhöfer, Anfange der griechische Kunst (Kreta).] 

1884 Kreta: Zeusgrotte am Ida, italienische Auagrabrntg. 
„ Tiryns: SchliemamL* 

„ Abä: französische Auagndmng. 

„ Rom: Erzstatue eines Faustkimpfers. 

„ [Wright: Empire of the Hiääes.] 

„ [Dörpfeld erläutert die älteste griechische Bauweise^ 

84/6 Naukratis: englische Ausgrabungen. 

84. 86/7 Oropos, Amphiaraeion: griechische Ausgrabung. 

1885 Susa: Dieuldoy. 

„ Pamphylien und Pisidien: Lanckoronski, NiemaBB, Peteisen. 

,, [Dörpfeld über die ihx>pyläen.] 

„ Athen: British adiooL 

85/6 Lesbos von Koldewey bereist (Messa>. 

„ Ptoion: französische Ausgrabungen. 

.86/^1 Athen: Ausgrabungen auf der Akropolis. 

1886 Athen: Frauenstatue Antenors. 
y, Ägä: deutsche Untersuchung. 

86.89.95 Athen: dionysisches Theater (Döcpiekl). 

1887 Sidon: Für8tei^;räber (Alexandersaricophag). 

n Hierapolis: Humarni, Cidiorius und Genossen. 



Chronologrisdie Obersicht 299 

1887 Fajum: die ersten Mumienbildiiisse. 
„ Delphi: Pomtow. 

„ Eleusis: Eubuleus. 

„ Rom: Thronlehne Ludovisl. 

„ Falerii: italienische Ausgrabung (Tempel). 

87/8 Athen: Eumencshalle. 

„ Mantineia: französisdie Ausgrabungen (pitadtdische Reliefs). 

„ Kabirion unweit Theben: deutsdie Ausgrabung. 

1888 Daphnä in Ägypten: englische Ausgrabung (bunte Vasen). 
„ Sendschirli: erste deutsche Ausgrabung. 

„ Baphiö bei Sparta: griechische Ausgrabung (Ooldbechei). 

„ [Sdireiber, Wiener Brunnenreliefs (hellenistische ReliefbiMer).] 
86/89 Tegea: französische Untersttdiung. 

„ Marzabotto: italienische Ausgrabung (Stadtanfage). 
88/00 Babylonien (Nippur und Fara): amerflcanische Ausgrabung. 

1889 Neandreia: Koldewey. 

„ Lykosura: griechisdie Ausgrabung (Dttnophon). 
„ Lokroi: italienische Ausgrabung (ionisdier Tempel). 
„ Alatri: italienische Ausgrabung (Tempel). 
89/90 Sikyonr amerikanisdie Ausgrabung (Theater). 

1890 Troja: SdiHemann mm drittenmal 

,y Magnesia: Hiller v. Oärtringen (Theater). 
90/1 Sendschirli: neue deutsche Ausgrabungen. 

„ Megalopolis: britische Ausgrabung. 
90/3 Rom: Untersudmngen am Pantheon. 

1891 Delphi: Vertrag mit Frankreich. 

„ Rom: ApoUonstafue aus dem Tiberbette. 

„ [Dörpfelds Arbeit über die Hypäthralfempel.] 

91/3 Magnesia: Ausgrabungen des Berimer Museums. 

1892 CoUignon erkennt Polyklets Kyniskos. 

92/3 Heraon bei Argos: amerikanisdie Ausgrabungen. 
92/7 Athen: deutsche Ausgrabungen an der Pnyx (Enneakrunos). 
92/03 Erforschung des germanisdien Limes. 
1898 [Furtwängler, Meisterwerice der griechisdien Plastik.] 

,, Furtwängler erkennt Pbidias femnisdie Athena. 
93/4 Troja: DörpfeM. 

,, Sidlien und Unteritalien: Koldewey und Pudistein untersttdien 
die Tempehuinen. 
93/01 Delidti: französische Ausgrabungen. 
1894 Samos: Böhlau untersucht die Nekropole. 

„ Rom: Petersen rekonstruiert die Ära Pads. 

„ [Reidiel, Die homerisdien Waffen.] 
94/5 A. Körte bereist Phiygien. 



300 Chronologisdie Übersicht 

94/5 Pompeji: Haus der Vettier. 
„ Bosooreale: väia rustiea. 

1895 Bosooreale: Sflberfund. 

„ Rom: Marlnissaule photographiert 

„ [Hartel und Widdioff, Die Wiener Genesis.] 

95/6 Didymaon: französisdie Untersuchung. 

95/9 Priene: Ausgrabungen des Berliner Museums. 

95/05 Ephesos: österreichische Ausgrabungen. 

1896 Conca: französische und italienische Ausgrabungen. 
96/7 Athen: Nordwestfuß der Akropolis. 

96/01 Thera: Hiller von Oartringen. 

1897 Elche bei Alicante: Frauenkopf. 

97/8 Brünnow und v. Domaszewski bereisen die Provinz Arabia. 

97/9 Thermos: griechische Ausgrabungen. 

1898 Wien: Österrdchisdies archäologisches Institut 
„ Berlin: Deutsche Orient-Gesellschaft 

1899 Megara: deutsche Ausgrabung (Brunnenhaus). 
„ Syrien von Butier bereist 

99/04 Baalbek: deutsche Untersuchung. 

99/05 Babylon: Ausgrabungen der Deutschen Orient-Gesellschaft. 

„ Milet: Ausgrabungen des Berliner Museums. 

„ Haltern: Ausgrabung eines Kastells (Aliso?). 

1900 Gordion: A. und G. Körte. 

„ Alexandrien: Grab Kom-esch-Schukafa. 

„ Antikythera: Beigung versunkener Erzstatuen. 

00/05 Knosos: Evans. 

tt Pergamon: neue deutsche Ausgrabungen. 

„ Preuner erkennt Lysipps Agias. 

„ Waldstein erkennt Polyklets Hera. 

„ Römisch-germanisdie Kommission des Archäologischen Instituts. 

„ [Stnygowski, Rom oder Orient?] 

1902 Samos: griechische Ausgrabung am Heräon. 

„ Delos: Wiederaufnahme der französischen Ausgrabungen. 
„ Treu erkennt Skopas Manade. 
02. 04 [Kos: deutsche Ausgrabung des Asklepieion. 
02/4 Lindos: dänische Grabungen auf der Buig. 

1903 Pergamon: Herme des Hermes Propyläos nach Alkamenes. 
„ [Delbrück: Drei Tempel am Forum Holitorium.] 

„ [Strzygowskiy Kleinasien, ein Neuland der Kunstgeschichte.] 
03/4 Rom: Ausgrabung nach der Ära Pads. 
03/5 Assur: Ausgrabungen der Deutschen Orient-Gesellschaft. 



QUELLENANGABE 



Die Angaben sind auf das Notwendigste beschränkt und betreffen 
hauptsächlich die Geschichte der Ausgrabungen. Für die einzelnen 
Kunstwerke muß meistens eine Verweisung auf den »Literaturnachweis« 
tXL Springer- Michaelis Handbuch der Kuns^eschichte des Altertums, 
7. Auflage, genügen (bloße Zahl, wobei die Seitenzahl am Rande des 
Literaturnachweises gemeint ist). 

KAPITEL L 2 Stadtbeschreibung: Jordan, Topogr. d. Stadt 
Rom Ily 539. — Poggio: Ulrichs, Cod, urbisRomae topogr. 241. — 3 Die 
Geschichte der Antikensammlungen Roms harrt noch ihres Be- 
arbeiters; Material bei Landani, Storia degli scavi di Roma L II. — 
Quirinal: Rom. Miti 1898, 248 (Michaelis). — Lateran: vgl ebenda. 
^ 4 Kapitol: Rom. Mitt 1891, 3 (Michaelis). — Florenz: Müntz, 
LiSCoUeäions desMktid. — 5 Belvedere: Arch.Jahrb. 1890, 5 (Michaelis). 

— 6 Ludovisi: Schreiber, Die ant Bildwerke der Villa Ludovisi 1. — 
Antikenverkäufe: Michaelis, Anc. Marbles in Gr. Britain 65. ^ 
7 Villa Albani: Justi, Winckelmann IP, 289. — 8 Herculaneum: Justi 
173. — Villa dei papiri: Comparetti und de Petra, Villa ercolanense 
da PisonL — 9 Pästum: Justi 209. — Arundel: Michaelis, Anc 
Marbles 6. — Society of Dilettanti: Zeitschr. f. bild. Kunst XIV, 1879, 
65. 104. 133 (Michaelis). — 10 Palmyra, Baalbek: 442. — Spon: 
Spon u. Wheler, Voyage d^ltalie etc. III. Michaelis, Parthenon 57. — 
Stuart u. Revett: Antiquitiis of Athens. VI. — Ionische Expedition: 
Antiguäies of lonia I. II. Zeitschr. f. bild. Kunst XIV, 135 (Michaelis). 

— 11 Visconti, Museo Pio Clementino. VII. Massi, Indicazione antiquaria 
dd Museo P.-Cl. 1792. Petersen bei Amelung, Die Skulpturen des vai 
Mus. I, IV. 

KAPITEL IL 13 Zoega: Deorigineetasaobeliscorttm.-~\4 Zug 
nach Ägypten: Description de V^gypte, Antiquäis. V. — 15 Denon: 
Voyages de P£gypte. IL — 16 Altertümersammlung: Edwards, Lives 
qf thefounders of the Brit. Museum I, 361. — 17 Pompeji: Fiorelli, 



302 Quellenangabe zu S. 18—50 

Pompdanamm anäquäatum hlstoria. II. Overbeck-Mau, Pompeji^ 25. 

— 19 Arditi: Fiorelli I, 1, 177. — Königin Caroline: Horelli I, 2, 
4—172. — Mazois: Raines de PomplL IV. — 21 Musle NapoUon: 
Die Geschichte ist noch zu schreiben. Anhalt bieten die NoUces des 
statues eU. 1802/15 (Fröhner, NoUces de la Seulpt. ant du Louvre XIII). 

— Tolentino: Correspondanee de NapoUon /. I, 52Q. II, 446. — Albani: 
Corresp. III, 655. Ooetiie, Winckelmann 49. — 24 Beihilfe Englands: 
DaUaway, Of staiaary and scalpture among the anäents 309 (der Zu- 
sdiufi betrug 8424 L 3 sh. 4 d). — Albani: Welcker, Zeitschr. für 
Oesch. d. alten Kunst 609. 

KAPITEL III. 26 Elgin: [Hamilton] Memorandum on the sulyeä 
(tf theEaii ofElgin^s pursuUs in Qreece, 1811. Michaelis, Parthenon 74. 
And^ Marbks 13Z — 30 Argolis: OeU, Argolis. 1810. — Stadte- 
mauern: Dodwell, Views of Qydopian or Pdasgic remains. 1834. ^ 
31 Internationaler Freundeskreis: N. v. Slackelbeig, O, M. von 
Siackelberg 58. 89, ^ Agina: Cockerell, Tempies ofA^^ina and Bassae» 
1860. Urlichs, Glyptothek 35. — 33 Bassä: Stackeiberg, Apollotempel 
zu Bassä. 1826. Cockerell a.a.O. N.v. Stackeiberg 189. — 35 Hypäthral« 
tempel: 122. — 35 Elgin Marbles in London: Im Neuen Reidi 
1877, 1, 81. 135 (Michaelis). Michaelis, Anc. Marbles 137. — 36 Haydon: 
Tom Taylor, Lifi of B. R. Haydon 1, 86. — 39 Britisches Museum: 
Edwards, Lives of the founders of the Br, Mus, II. Michaelis, Ane. 
Marbles 127. 149. — Quatrem^re: Lettres icrites de Londres ä 
Rome et adressies ä M. Canova, 1818, besonders 110 f. 114. 120. -- 

40 Dannecker: Michaelis, Parthenon 86. — Goethe: StraBburger 
Goethevorträge 136 (Michaelis). Brief an Sartorius 20. Juli 1817. ^ 

41 Welcker: Alte Denkm. 1,68. — Glyptothek: Urlichs, Die Glypto- 
thek König Ludwigs L — Cockerell: Antiquities of Athens^ 2. ed.^ 
Supplementary. 1830. —42 Sellnunt: Benndorf, Metopen vonSelinuntl5. 

— 43 Polychromie: 122. — Bemalte Tonverkleidungen: 106.— 

44 Serradifalco: Antichää ddla SiäUa. IV. — Metapont: 152. — 

45 Melierin: 342. — 47 Morea: Expidition sdentif en Morie, 
ArcMt. etc. IIL — Olympia: A. Bötticher, Olympia« 59. — 48 Akro- 
polis: L Roß, Archäolog. Aufsätze I, 72. Erinnerungen ausGriedien- 
land 80. 237. — 49 Athena Nike: 217. — Archäolog. Gesell- 
schaft: Kabbadfas, laro^la T^^AQ%aLUiloyi>7t^^Erai^8iiis, 1900. — Teneate: 
Uriichs, Glyptothek 113. Furtwängler, Beschr. d. Glyptothek n. 47. — 
Penrose: Investigatlon of the prindples of Athenian architeäare. 1851. 

— Curvaturen: Michaelis, Parthenon 18, Anm. 54. — 50 Laborde: Le 
PartMnon, documents poar servir ä une restauration. 6 Lief. 1848. — 
Paccard, T6taz: Radet, Histoire de Picole franfoise W Äthanes 18. 84. 
87. 242. 275. -* Französische Schule: Radet a. O. — BeuH: Radet 
117. 270. Beul^ L'acropoU d^Athhus. 1853. 



Quellenangabe zu S. 52—79 303 

KAPITEL IV. 52 Marsyasbild: Müller<WieseIer, Denkm. 1, 43, 
aOS. — 53 Hyperboreisch-rdmische Gesellschaft: Mldiaelfs, 
Oesdildite des Deutschen Archacdog. Instituts 7. 11. — 54 Gerhardt 
Jaluiy Ed. Gerhard (Gerhard, Akad. Abh. 11). — 55 Etruseheria: Justi; 
Winckelmann \\\ 234. — 56 Corneto: N. v. Stackeiberg, O. M. von 
Stadtelbeiig 406. Hypef1x>reisch-r6m. Studien I, 234. Michaelis, Ge* 
sdiidile 16. — Andere Gem&lde: 359/62. — 57 Archäolog. In- 
stitut: Midiaelis, Geschichte usw. •— 58 Volcenter Vasenfundet 
Hypeibor.-röm. Studien I, 235 (Gerhard). Michaelis, Geschichte 37. -* 

59 Exekiasschale: München n. 339. Mnstum etrusque du Prüue d» 
Canino 179. — 60 Rapporte volcenU: Annali däP Inst 1831. — 62 
Herkunft der Vasen: Jahn, Einl. XII. ^ Kramer: Styl und Heikunft 
d. bemalten griech. ThongefäBe. 1837. — Jahn, B^chreibung der 
Vasensammlung in München, Einleitung. 1854. •— 63 Alexander- 
mosaik: 287. — Fran^ois: Archivio siorico äal., N. S. VII, 53 (Cone* 
stabfle). Dennis, Ciües and Cemderies, passim. — 64 Fran^oisvase: 
144. Fundbericht: AnnaU 1848, 300. — Qrotta Frangois: 36Z — 
65 Odysseebilder: 382. — Regulini-Galassi: Grifi, NLonummü 
diCert anäea. Brunn, Kunstgeschichte I, 93. *- 66 Sophokles: 269. 
— Apoxyomenos: 277. Annali 1850, 223 (Braun). Welcker, Alte 
Denkmäler V, 78. >- Archäolog. Institut: Michaelis, Geschichte 
21/157. — 67 Organisation der wissenschaftl. Arbeit: Preuß. 
Jahrtwcher 1S89,IXIII, 21 :==/ourn.MelLSüid. 1889, 195 (Michaelis).-- 

60 Epigraphik: Michaelis, Geschichte 134. O. Hirschfeld, Gedächtni»> 
rede auf Th. Mommsen (Abh. Berl. Akad. 1904) 7. — 70 De Rossi: 
Kraus, Roma Sotterranea 121. 

KAPITEL V. 71 Rosellini: MonamenU diW Egäto. III. -- 
72 Lepsius: Denkmäler aus Ägypten. XII. Text II. Briefe aus Ägypten 
1852. — 73 Chorsabad: Botta und Flandin, Monument deNinive, V. 
Place und Thomas, NüUve ä PAssyrie. III. Longp^rier, Notice des an^ 
HqtMs assyr. da Louvre^ 5. — 74 Nimrud: Layard, Monuments of 
NUiiyeh I. Niiuveh and its remains I. — 75 Kujundschik: Layard, Mo- 
numents II. Niniveh IL — 76 Kypros: Roß, Inselreisen IV, 87. Assyr. 
Büdwerice in Beriin n. 23. — Assyrien und Griechenland: Long« 
p6rier, Noüce^ 16. Brunn, Kleine Schriften II, 24. Griech. Kunst» 
gesdiichte I, 77. 107. — Texier: Description de ffAsie Mineure. IIL — 
Assos: 130. 147. Clarke, Bacon, Koldewey, Inve^igations at Assos L 
1902. — 77 Aizanoi: 441. — Lebas: Voyage arMologique (neu 
herausg. von S. Rehiach). — Fellows: Asia Minor 1839. Lycia 1841. 
Smith, CataL of sculpt Brit. Mus. II, 1. Einiges nach mündlichen Mit- 
teihmgen Scharfs. — 78 Harpyiendenkmal: 160. — Scharfs Zeich- 
nungen: Lyäa, Curia, Lydia iliustr. by Q. 5. (nur ein Probeheft 
1847). A. H. Smith, CataL of saüpt. BHt. Mus. I, 46. — 79 Fellows: 



304 Quellenangabe zu S. 79—107 

Xatiihian maröles 1843. lonie Trophy motmment 1848. Der Name 
»Nereidenmonument« rührt von W. W. Lloyd, Xanthian Marbles 1845, 
her. •— Spratt: Travels in Lyda I, 15. — 80 Nereidenmonument: 
239. — 81 Reliefs von Budrum: Annali 1849, 74 (Braun). Fellows, 
Xanthian Marbles 9. ^ 92 Newton: Travels in the Levant. II. History 
of diseoveries. III. Mitteilungen Conzes und persönliche Erinnerungen. 

— 83 Schlangendreifuß: 173. Frick, Das plataische Weihgeschenk 
(Jahrb. f. Philol., Suppl. III). — Mausoleum: 257. Smith, Caialogiu 
II, 65.-84 Demeter: 265. — Sitzbilder: 150. — 85 Kameiros: 
Siüzmann: Nicropole de Camiros 1875. — Kyrene: Smith und Pordier, 
Discoveries at Cyrene. — Pullan: Antiqaäies of lonia IV. — Priene: 
Smith, CaiaL II, 144. — Ephesos: 134. — 86 Neue Ausgra- 
bungen: Archäol. Anzeiger 1905, 55. — 87 Qalatien: Perrot, 
Ouillaume und Delbet, Exploration de la Galatie. II. — 88 He- 
titer: W. M. Müller, Asien u. Europa 319. — Makedonien: Heuzey 
und Daumet, Mission archioL de Maddoine. — Thasos: Rev. arch. 
1865, II, 438 (Mfller). Rayet, Mon. de Part ant. I, zu Taf. 20/1. Fröhner, 
MusAs de France 76. — 89 Südrußland: Antiquitis du Bosphore 
CimmMen, II (neu herausg. mit Emleitung von S. Reinach). Comptes 
rendus de la Comm, archioL de St PUersboarg 1859/81. Kondakof, 
Tolstoi und S. Reinach, Antiquitis de la Russie mhidionale 1891. 

KAPITEL VI. 91 Athen: Curtius, Attische Studien. II (Abh. 
Oött Oes. 1862/5). Bötticher, Untersuchungen auf d. Akropolis 1863. — 
Augustus: 398. — Palatin. Visconti u. Landani, Quida del Palatino. 
^ 92 Haus der Livia: 382. — 95 Heibig: Untersuchungen über d. 
campan. Wandmalerei 1873. — 96 Conze: Reisen auf den Inseln d. 
Thrakischen Meeres 1860. Reisen auf Lesbos 1865. Einiges nach Mit- 
teüungen Conzes. — 97 Österreich: Conze, Rom. Bildwerke ein- 
heim. Fundorts in Ost III (Abh. Wien. Ak. 1872. 75. 77). — Vortrag: 
Österreich. Wochenschrift 187Z — 98 Samothrake: Archäolog. Unter- 
suchungen auf Sam. 1875. Neue Unters. 1880. — Champoiseau: 
Fröhner, Notiee de la sculpt ant. du Louvre n. 476. Die UrteUe De- 
yilles und Coquarts: Neue Unters. 67, 1. — 100 Nike: 283. — 101 Ka- 
birion: Atii. Mitt 1888, 81 (Dörpfeld, Judeich). 412 (Winnefeld). — 

102 Delos: Radet, tcole Jrang, 331. ExpU, de Morie III, Tat 1/11. — 
Grotte: 106. — Französ. Architekten: Varchitecture 1904, 389. — 

103 Nikandre: 150. — Nike: 155. — Akroterien: 238. — Stierhalle: 
304. — 104 Diadumenos: 227. — Plan: Pauly-Wissowa IV, 2470. 

— 105 Privathäuser: 300. - Loubat: Buü, Corr. Heü. 1904, 265. 

— Olympia: Curtius, Olympia 1852. Rangab6, Ausgrabung beim 
Tempel der Hera 1855. — 106 Archäolog. Institut: Michaelis, Gesch. 
d. Arch. Inst 158. — Olympia: Curtius u. Adler, Die Ergebnisse usw. X. 
A. Bötticher, Olympia 1883.^ 86. — 107 Genre: Furtwängler, Bronze- 



Quellenangabe zu S. 107—155 305 

• 

funde aus Olympia (Abb. Berl. Ak. 1879) 29. — 108 Giebelgruppen: 
182. — Päonios Nike: 237/8. — 109 Brunn: Kl. Schriften 11, 184. 
Kekul6: Arcfa. Zeitung 1883, 240. Furtwängler: Ardiäol. Studien 
ffir Brunn 67. Robert: Marathonscfalacht 42. Flasch: Baumeisters 
Denkmäler II, 1104 KK. — Phidias Tod: 199. — 110 Ostgiebel: 182. 

— 111 Hermes: 262. — 112 Schütte: Ath. Mitt. 1905, 157. — 113 Do- 
dona: Carapanos, Dodone. II. — 114 Asklepieion: Arch. Zeitung 1877, 
139 (v. Ehihn). Girard, L'AsdepiÜon (PAtkines 1881. Plan: Jahn-Michaelis, 
Arx Athen. Taf. XXXIII. — Amphiaraeion: n^axtixä 1884. 86 (Leo- 
nardos). — 115 Eleusis: 218. Lenormani^ Recherches arckioL ä Eieasis 
1862. Relief: 220. — 116 Eubuleus: 255. — 117 Epidauros: 250. 

— 118 Polyklet: Rom. Mitt. 1902, 247. 337 (Hauser). — 119 Theater: 
Dörpfeld u. Reisch, Griech. Theater 1896. Puchstein, Griech. Bühne 
1901. — 120 Kos: Arch. Anz. 1903, 1. 186. 1905, 1 (Herzog). — 
Heräon: Waldstein, Argive Meraeum. II. — 121 PtoYon: Ra,dti, £cole 

/runf. 299. Diehl, Excursions archioL 189. — 122 Abä: Radet 300. 
Paris, ilatee 1891. — Delphi: 301. Radet 303. — 123 Ulrichs, Reisen I, 
35. Wescher u. Foucart, Inscriptions recueiüis ä Ddphes 1863. — 125 Tele- 
gramm: VArdüteäure 1904, 391. — 126 Knidier: Journ. R. Inst Biit, 
Archit. XI, 1903, 29 (Homolle). — 127 Lesche: 191. — 128 Agias: 
277. — Wagenlenker: 184. 

KAPITEL Vn. 133 Pompeji: 294. - Fiorelli: QU scavi di 
Pompüdal 1862 al 1871. — 134 Marzabotto: Monum, ant dei Lincei I, 
249 (Brizio). — 135 Schöne: Pompeianarum quaestionum specimen 1868. 
Nissen: Pompejan. Studien 1877. Mau: Pompejan. Beiträge 1879. — 
136 Dekoration: Qiornale d. scavi di Pompei 1873, 386. 439 (Mau). 
Mau, Geschichte d. decorat. Wandmalerei in P. 1882. — 139 Apaturios: 
302. — 140 Pergamon: 294. 339. Conze u. Gen., Die Ergebnisse d. 
Ausgrabungen zu P. III (Jahrb. d. Preuß. Kunsts. 1880. 82. 88). — 
Curtius: Beiträge zur Gesch. u. Topogr. Kleinasiens (Abh. Berl. Ak. 
1872) 45. — Brunn: BuUettino 1871, 28. — 141 Humann: Ergeb- 
nisse I, 17. 18. 27. — 143 Puchstein: 339. — 145 Bibliothek: 305.— 
146 Weitere Ausgrabungen: Ath. Mitt 1899, 97. Conze, Pro Per- 
gamo 1898. Ath. Mitt 1902, 1. 1904, 114. — 147 Alkamenes: Ber. Berl. 
Ak. 1904, 69 (Conze). — Denkmalspflege: Zentralbl. d. Bauverwaltung 
1905, 343(Wiegand).— 148 Ägä, Assos: 294.— 149 Neandreia: Kolde- 
wey, Neandria 1891. — Lesbos: Koldewey, Die ant Baureste der Insel 
L. 1890. — Myrina: Pottier u. Reinach, Ntcropole de M. IL 1887. — 
150 Magnesia: Humann, Kohte, Watzinger, Magnesia. 1904. -— 
152 Priene: Antiq. of lonia IV (Pullan). Wiegand u. Schrader, Priene 
1904. — 154 Milet: 294. Rayet u. Thomas, Milä ä le golfe Latmique 
ISTII85 (unvoll.). — 155 Didymäon: Rayet a. O. Haussoullier, Stades 
sur Phist de Milä 1902. Haussoullier u. Pontremoli, Didymes 1904. — 

Michaelis, Die arcUologischen Entdeckuufi^en. 20 



306 QueHenangabe zu S. 157~>199 

tS7 Samos: T«mel 153. — Heräon: BulL Com HdL 1880, 83 
(Oirard). 1885^ 505 (Clerc). Arch. Zeit 1881, 263 (Hufluum). H^^mum 
1902, 11. ^ 158 Schönborn: Benndorf, Heroon v. Oiölhasdii-TfyBa 3. 
Ritter, Erdkunde XIX, 113. — 159 Heroon: AnnaU 1875, 105 (Michaelis). 
Osteir. Mitt 1882, 151, bes. 158 (Benndorf). Benndorf, Heroon 1889. 

— 161 Lykien: Benndorf u. Oen., Reisen in Lykien und Karien. II. 
1884/9. — Mommsen: Rom. Oesdi. V, 327. — If^ Lanckoronski: 
Niemann u. Petersen, Städte Pampfayliens u. Pisidiens. II. 1890/2. — 
Tr^maux: Arch. Anz. 1889, 188 (Fabridus). — 165 Ephesos: Falkener, 
Ephesus 1862. Curtius, Ephesos 1874. — 166 Hierapolis: Hamann, 
Cichorins u. Oen., Altert, von Hierapolis 1898. — 166 Thera: Hiller 
V. Oirtringen, Thera. III. 1899/1905. Böckh, Kl. Schriften VI, 1. Roß, 
Inselreisen I, 54. 80. 180. III, 27. — 168 Therasia: HiUer III, 39. 
Perrot u. Chipiez, Hist. de Part ant VI, 143. — Lindos: Roß, Archaol. 
Aufsatze II, 584. Rev. ardiioL 1867, XV, 204. XVI, 21 (Foucart). Danske 
Videnskab. Seisk. ForhandL 1903, 73. 1904, 59. 1905, 29 (Blinkenbei^: u. 
Kinch). — 169 Hippodamos: 219. — 170 Alexandrien: Mahmoud- 
Bey, Memoire sur P ant. Alexandrie 1872. — 173 Friedhof am Dipylon: 
Arch. Zeit. 1871, 12 (C. Curtius). — Orabreliefs: Conze, Attische 
Orabreliefs (noch unvollendet). 

KAPITEL VIII. 175 Conze: Melische Thongefäße 1862. - 
176 Conze: 103. — Dipylon: 105. — 178 Thorasen: S. Müller, 
Nord. Altertumskunde I, 218. ^ Jüngere Steinzeit: iVlüller 1, 55. — 
179 Altere Steinzeit: Bertrand, La Oaule avant les Qaulois 1891. De 
Mortillet, Le prthistorique 1900. — Schaffhausen: 3. Anthropologie 
1894, 141/4. Revue de P£cole Wanthrapol 1902, Taf. 2. ^ 180 Pfahl- 
bauten: 4. 347. — Hallstatt: 349. Bertrand u. Remach, Les Celtes 
1894. - 181 La T^ne: 434. Groß, La Thne 1886. — 182 Unter- 
strömung: 104. — Schliemann, Ilios, Einl. Schuchhardt, Sdilie- 
manns Ausgrabungen 1890.^ 1891. — 186 Troja: 71. 88. — 187 Metope: 
441. -- Tiryns: 88. — 188 Mykenä: 88. - 189 Silbergefäß, Dolche: 
101. — Tongefäße: 102. — 190 Andere Lokale: 88. — Kopais: BuU. 
Corr, Hell 1894, 217 (de Ridder). Ath. Mitt. 1894, 405 (Noadc). — 
Baphio: 88. ~ 191 Reichel: Homerische Waffen 1894.» 1901. — 
193 Newton: Essays 293. — Ägypten: 102. — 194 Dauer der Be- 
ziehungen: Trans. R. Soc. Litt. XVIII, 1 (Petrie). — 195 Düramler: 
Kleine Schriften III. — Köhler: Ath« Mitt 1884, 156. Ber. Beri. Akad. 
1897, 258. — Kreta: 88. Milchhöfer, Anfänge der Kunst in Griechen- 
land 1883. — 196 Vorstadien: Anthropologie 1902, 1 (S. Reinach). 

— Zeusgrotte: Athen. Mitt 1885, 59 (Fabridus). Mus. itaL il, 689 
(Halbherr u. Orsi). Brunn, Oriech. Kuns^esch. I, 90. — Bötticher: 
Perrot u. Chipiez, Hist. de Part ant. VI, 248. — Knosos, Phästos: 
88. — 199 Kefto: Arch. Anz. 1892, 11 (Steindorff). 



Quellenangabe zu S. 201—226 307. 

KAPITEL IX. aoi Ionische Va'sen: 14Ö/3. - 2M Tanagra: 
286. — 205 Dionysisches Theater: 'E^fif^. ^. 186Z Zeitschr. f. 
bUd. Kunst XIH, 1878, 193 (Julius). — Eumenes- u. Attaloshalle: 
304. — Propyläen, Sfidflügel: Ath. Mitt 1876, 216 Gulius). — 
Endöos: 159. — 206 Wagenbesteiger: 173. — Kalbträger: 151. 

— Blondel: BalL Corr. HdL 1879, 127. — 207 Hekatompedon: 
134. 153. — 208 Tuffskulptur: 148. — Marmorgiebel: 160. -— 
Frauenstatuen: 158. — 209 »Samischer« Typus: Mus,tPAthhu8 9. 

— »Naxischer«: Brunn, Denkmäler 57 Ant Denkm. I, 19, 2. ^ 
»Chios«: ebenda 19, 1. 39. Musies 2/4. — Antenor: 159. ^ Euthydi- 
kos: 173.— Eumares: 156. — 210 Bemalung: 160. — Vasen: 166. 

— Pansgrotte: 'jE!7>^/t. a^, 1897,1. — 211 Enneakrunos: 153. Ath. 
Mitt 1905, 1 (Gräber). — Megara: 153. — Korinth: Amer.Joum. 
1896/1900. — Sikyon: ebenda 1887 ff. — Megalopolis: E. A. 
Oardner u. Genossen, Excavations at Megal. 1892 (Journ. HelL Stad, 
SuppL III). — Tegea: BalL Corr. HeU. 1892, 529. 1893, 1 (Berard). — 
212 Skopas: 153. — Mantineia: 265. — Lykosura: 321. — Anti- 
kythera: 246. Joum, Internat (PardieoL numism. 1903 (Sboronos). — 
Thermos: 133. — 213 Grabreliefs: Conze, Ati Orabreliefs Taf. 1. 
2. 9. — Prähistorie: 347. Attidel congresso intemaz. di scienze storidie 
(Roma) V. 1904. — 214 Lenormant: La Grande-Qrke. III. 1881/4. — 
Lokroi: 134. — Koldewey und Puchstein: Die griech. Tempel 
Unteritaliens u. Sidliens. IL 1899. — 215 Conca: 370. — Perugia: 147. 

— Wölfin, Nemi: 171. — 216 Italische Tempel: 355. Qfyptoih. 
Ny Carisberg II, 5 (Wiegand). — Luni: 365. — 217 Canina: Arthi- 
tätura antica, XII. 1834/44. — Promis: Le antiMtä di Alba Fucense 
1836. — Delbrück: Die drei Tempel am Forum holitorium 1903. Das 
Capitolium von Signia 1903. — Roms Umformung: BulT, deUa com- 
missione mumdpaU (comunale) diRoma 1872 ff. — 218 Forum: Hülsen, 
Das Forum Romanum 1904.^ 1905. Rom. Mitt 1902, 1. 1905, 1 (Hülsen). 

— Farnesina: 382. — 219 Thronlehne: 169. — Vestalin: 425. — 
Faustkämpfer: 338. — Ära Pacis: 397. — 220 Titusbogen: 412. 

— Trajanssäule: 416. — Marcussäule: 424. — Pompeji: Central- 
thermen: Overbeck-Mau, Pompeji* 233. — 221 Venustempel: Mau, 
Pompeji 114. Vettierhaus: 411. — Boscoreale: Mon. anL VII, 398 
(Bamabei). Mau 356. — Silbergerät: 329. — 222 Phalerä: Jahn, 
Die Lauerst Phalerä 1860. 

KAPITEL X. 223 Abydos: Mariette, CaiaL gtn. des monum. 
d^Ab. 1880. — Serapeum: Mariette, Le Sirap. de Memphis 1882. — 
224 Schreiber usw.: 21. Perrot u. Chipiez, Hist. de Part ant, I, 646. 

— 225 Tell-el-Amarna: 30. — Pyramidenbau: 15. — Säulen: 
18. — Menes: 13. — 226 Kom-el-achmar: 11.— Fajumbildnisse: 
316. — Schreiber: 317. 329. — Alexandrinische Kunst: 332/5. 

20* 



308 Quellenangabc zu S. 226—248 

Vcrh. d. Züricher PhiloL-Vers, 1887, 34 (Michaelis). — Kom-esch- 
Schukafa: [v. Bissing] La catacombe noaveliemaU deeouverte de Kom 
d Chougafa 1903. — 227 Arsinoe: 2Q8. — Babylonien: 48. — 
228 Chronologie: Bezold, Ninive und Babylon 27. — Hilprecht: 48. 
Die Ausgrabungen in Assyrien u. Babylonien I. 1904. — Oppert: 48. 

— 229 Perrot: Hist. II, 470. — Deutsche Orient-Oes.: 52. — 
230 Assur: 53 und n. 27. 28. — Sendschirli: 53 (Mitt. aus den Orient 
Samml. in Berlin XI/XIII). — 231 Persien: 78. — Susa: 80/3. — 232 Ky- 
pros: 69. — Heraklesrelief: Cesnola Tai 24. Sarkophag: Taf. 44. 

— 233 Abgelegenheit: Newton, Essays 319. — Schatzkammern: 
Cesnola-Stem 260. — Phöniker: 65. — Sidon: 279. Verh. d. Wiener 
Philol.-Vers. 1893, 70 (Studniczka). Arch. Anz. 1894, 1 (Winter). — 
235 Tschinili-Kiosk: [Joubin] Musie Imp. Ottoman 1893. — Petra: 
444.-236 Nemrud-Dagh: 386. — 237 Sardes: 73. — 238 Oordion, 
Phrygien: 73. — 239 Hauran 44Z Butler, Publications of an American 
archaeoL exped. to Syria. II. 1904. — Baalbek: 442. — 240 Strzy- 
gowski: 445. Kleinasien, ein Neuland der Kunstgesch. 1903. — 
241 Afrika: 439. — 242 Frauensarkophag: Delattre, Les grands 
sarcophages anthropoides du MusU Lavigerie 18. — 243 Cerro de los 
Santos: BuU. Corr. Hell. 1891, 608 (Heuzey). Arch, des miss, scientij, 
III, 1898, 157. — Elche: Mon. Piot IV, 1897, 137 (Paris). -- Gal- 
lien: 390. 434. — Massalia: 434/5. — St Remy: 394. — 244 MMlin, 
Laborde: 434. — Oriech. Kulturstrom: 435. Lothr. Jahrb. 1905, XVII, 
220 (Michaelis). — StOermain:S. Reinach, CataL sommaire du Museede 
St.G. 1887. — 245 Britannien: Sittl, Arch. d.Kunst 147. — Griechische 
Werke: Allg. Zeitung 1902, Beil., 572 (Michaelis). — Deutschland: 
438. — Wiesbaden: Annalen d. Vereins t nass. Altertumsk. seit 1827. 
Trier: 438. Hettner, Rom. Steindenkm. zu Trier 1893. — Ander- 
nach: Bonner Jahrb. 107, 1 (Lehner). Bonn: v. Veith, Das röm. Lager 
in Bonn. 1888. Köln: v. Veith, Das röm. Köln 1885. Bonner Jb. 98 
(Schnitze u. Steuemagel). Neuß: Bonner Jb. 111/12 (Nissen, Konen, 
Lehner). — Villen: 438. — 246 Igel, Neumagen: 435. — Giganten- 
Säulen: 436. — Centralmuseum: Lindenschmit, Altertümer unserer 
heidn. Vorzeit IV. Lindenschmit (Sohn), Das röm.-german. Centralmus. 
in bildl. Darstellungen 1889. — Limes: Sarwey u. Hettner, Der ober- 
germanisch-rhätische Limes, seit 1894. Fabridus, Entstehung der röm. 
Limesanlagen 1902. — Alesia (1860/5): Desjardins, Giogr. de la Gaule 
II, 694. — • Bibracte: Desjardins II, 467. Bulliot, FouiUes de Mont- 
Beuvray de 1867 ä 1895. II. 1899. — Saalburg: Jacobi, Das Römer- 
kastell Saalburg 1897. — 247 Tongefäße: Bonner Jahrb. 96/7, 18 
(Dragendorff). Konen, Gefäßkunde 1895. — Haltern: Mitt. d. Alter- 
tumskomm. t Westf. II/IV (Kopp, Schuchhardt u. Gen.). — 248 Öster- 
reich: 438. — Institut: Jahreshefte, seit 1898. — Carnuntum: Der 



Quellenangabe zu S. 248—278 309 

röm. Limes in Osterreich I/V. — Aquileja: 438. — 249 Adamklissi 
414. — Susa 391. — Tiberiusaltar: Desjardins, Q'eogr. III, Tal. 11. 

KAPITEL XI. 252 Meyer: Denkschrift über Lord Elgin's Er- 
werbungen 62. Oesch. der bildenden Künste I, 284. — 253 Welcker: 
Alte Denkmäler I, 67. 455. V, 78. — 254 R. Rochette: Monuments 
inid/ts» II. 1833. — Jahn: Aus der Altertumswissenschaft 135. Ben 
Sachs. Ges. 1848, 41. — 255 Brunn: Gesch. d. griech. Künstler I, 474. 
577. 584. — 256 Welcker: Das akad. Kunstmuseum zu Bonn 1827, 6. — 
258 Berlin: Beschr. d. ant. Skulpturen 1891; vgl. Amelung, Sculpturen 
des vatican. Mus. I, 1903. — 260 Brunn: Kl. Schriften II, 184. 242. ~ 
261 Diskobol: Lucian Philops. 18. Quintil. 2, 13, 8. — 262 Diomedes: 
Brunn, Kl. Schriften 11, 340. Furtwängler, Meisterw. 312. — Kalk- 
mann: 269. — Apollon: Journ. MelL Stud. 1880, 168 (Waldstein). 
Conze, Beiträge z. Gesch. d. griech. Plastik 18. 50 s Winckelmannsprogr. 
150 (Furtwängler). Ath. Mitt 1884, 246 (Schreiber). — Furtwängler; 
Meisterwerke IX. 86. 116. 356. 200. 578.-264 Winckelmann: Kunst- 
gesch. P, 3, 17. — Visconti: Mus. Pio Clem. I, Taf. 11. — Fea: Storia 
d. arti del disegno II, 211. — Nibby: Effemeridi letterarie di Roma 
1821, Apr., 49. — 265 Droysen: Gesch. Alexanders d. Gr., Vorr. — 
Apoxyomenos: BuUett, 1849, 161 (Canina). — Kairos: 280. — Ama- 
zonen: 201. — Marsyas: BuUett. 1853, 145. Annali 1858, 374 (Brunn). 

— Tyrannenmörder: 174. Röm. Mitt. 1904, 163 (Hauser). — 266 
Parthenos: 205/7. Michaelis, Parthenon 273. — Zeus: 214.— 267 Dory- 
phoros: 225. — Diadumenos: 227. Kunstchronik VII, 1871, 212 
(Heibig). Brunn, Kl. Schriften II, 325. — Eirene: 250. Arch. Zeit. 
1859, 1 (Friederichs). Compte-rendu 1860, 102, 4 (Stephani). Nuove 
memoria 254 (Stark). Urlichs, Glyptothek 60. Overbeck, Schriftquellen 
zu n. 1143. — Ägina: Brunn, Kl. Sehr. 11, 161. — 268 Attalische 
Weihgeschenke: ebenda 411. — »Antinous«: Braun, Ruinen Roms 
300. — Mantineia: 265. — Eubuleus: 265. Arch. Anz. 1889, 47 
(Furtwängler). — Aphrodite Petworth: Furtwängler, Meisterw. 640. 

— Mausoleum: 259/60. — 269 Tegea: 253. BuÜätino 1880, 199 
(Kabbadias). — Stil: 253. — Mänade: 255. — Nike: 155. — Antenor: 
159. — Damophon: 321. — 270 Thermenapollon: 194.— Dada- 
los, Antikythera: 246. — Alkamenes: zu S. 147. Arch. Jahrb. 1904, 
22 (Löschcke). — 271 Silanion: 266. — Belved. Apollon: 268. — 
Epigonos: 337. — Lemnierin: 201. — 272 Pythagoras: Studniczka, 
Perseus, Leipz. Winckelmannsfest 1902. — Parthenon: 204. Ath. IVlitt 
1879, 35 (Köhler). — 274 Polyklet: 225/7. — 275 Skopas: 253/5. — 
276 Lysippos: 277/80. Welcker, Alte Denkm. V, 82. Verh. d. Münchn. 
PhiloL-Vers. 1891, 244 (Flasch). Journ. HeU. Stud. 1903, 126. 1905, 
(P. Gardner). — 277 Klein: 166. — 278 Euthymides: 168. — Perser- 
schutt: Arch. Jahrb. 1888, 66. 1887, 164. Jahn-Michaelis, Arx Athen. 121 



310 Quellenangabe zu S. 278—292 

n. 220. — Rfickdatierung: Arch. Jahrb. 1887, 159 (Siudniczka). — 279 
Priorität der Malerei: Aufsätze für E. Curtius 114. Deutsche Revue 
1903, XXVIII, 210 (Midiaelis). — Welcker, Alte Denkm. III, 182. — 
280 Robert: yl/xmi// 1882, 273. Nekyia 1892. Iliupersis 1893. Marathon- 
sdilacht 1895. — Winter: Die jüngeren att Vasen 1885. — Helena- 
metope: Michaelis, Parthenon 139. Deutsche Litt.-Ztg. 1886, 1237 
(Benndorf). — 281 WeiBgrundig: 224. Pottier, Lkythes blancs 1883. 

— Thurioi: 243. — Tarent: 243. — Peleus: Salzmann, NUrop. de 
Camirus 58. The /ine arts quarterfy 1864, 1 (Newton). — Steinarten: 
Ath. Mitt 1885, 276. 1886, 344. 1889, 311. Arch. Jahrb. 1890, 276, 30 
(Dörpfeld). — Klammern: Durm, Baukunst d. Griechen^ 77/81. — 
282 Luftziegelbau: Aufsätze für E. Curtius 137 (Dörpfeld). Dörpfeld, 
Troja u. Uion 87 ff. — 283 Achäisches Kapitell: 128. — Wider- 
spruch: Puchstein, Die griech. Tempel 219. Arch.-Anz. 1900, 201 
(B. Graf). — Propyläen: 215. — 285 Parthenon: Ath. Mitt 1881, 
283. 1892, 158. 1902, 379. — Erechtheion: Ath. Mitt. 1904, 101. — 
Pantheon: 388. 419. — 287 Ära Pacis: 397. — 289 Laokoon: 345. 

— 292 Nikias: Demetrios de elociU. 76. 



REGISTER 



Aachen, Antiken 22. 

Abä 122. 129. 

Abgußmuseen 253. 256 f. 

Abu Habba 228. 

Abu Simbel 72. 

Abydos 223. 

Achäer 192. 194. 195. 199. Achäi- 
sdies Kapitell 283. 

Adalia 163. 

Adamklissi 249. 

F Adler 106. 113. 140. 

Agä 148. 

Agäische Kultur 199. 

Agias 128. 276. 

Ägina 11. 30. 31 f. 267. 

Ägisthosreliel 216. 

MAgrippa 285. 

Ägypten 13 ff. 71 ff. 139. 223 ff. und 
>mykenische« Kunst 193 ff. 199. 

Alatri 216. 

Alba Fucens 217. 

Albani, Sammlung 6. 7. 21. 24. 

Aldobrandini, Sammlung 5. Hoch- 
zeit 8. 

Alesia 246. 

Alexandermosaik 63. 93. 137. 

Alexandersarkophag 234. 

Alexandreia 170. 226 f. 

Algerien 241 f. 

Alinda 148. 



Aliso 247. 

Alkamenes 108 1 147. 270. 

Alyattesgrab 237. 

Amathus 232. 

Amazonenstatuen 265. 

WAmelung 67. 110. 258. 

Amenophis IV. 72. 193. 225. 

Amerika, Archäolog. Institut 148. 

Amphiaraeion 114. 131. 

Andernach 245. 

Andrä 229. 230. 

S Angell 42. 

Ankyra 77. 87. 

Antenor 209. 266. 269. 274. 

Antikythera 212. 270. 

»Antinous«, Vatikan 268. 

Antiocheia 171. 238. 

Aphrodite, Knidos 264. Media 22. 
Melos 45 ff. 94. Petworth 268. 
Aphroditegeburt 219. 

Apollon 122. Belvedere 5. 7. 271. 
Omphalos 262. Tenea 49. Ther- 
men 270. 

Apoxyomenos 66. 94. 253. 265. 276. 
Ephesos 270. 

Aquaiusha 195. 

Aquileja 248. 

Ära Pads 219 f. 287 f. 

Arbeitsteilung 291. 

Archermos 269. 



312 



Register 



EArdaillon 104. 

MArditi 19. 

Ares, Ludovisi 276. Kopf, Mfinchen 
276. 

Arezzo, Chimäre 215« 

Ariadne, Belvedere 5. 

Aristandros 275. 

Arkesilasvase 202. 

PAmdt 258. 

Arne 190. 

Arsinoeheiligtum 227. 

Artaxerxes Mnemon 281. 

Artemis, Versailles 20. 

Artemision, Ephesos 85. 94. 165. 
Magnesia 150 ff. 

Arundel, Lord 9. 

Aspasiosgemme 266. 

Aspendos 168. 

Assos 76 f. 94. 148. 170. 172. 

Assur 280. 

Assumasirpal 74. 280. 

Assyrien 78 ff. 

Athen 10. 172. 204 ff. Akropolis 
48 f. 91. 205 ff. 269. 277. (Heka- 
tompedon 207 f. Parthenon 206. 
Pelasgikon 207. Propyläen 205. 
288.) Asklepieion 114. 182. Atta- 
loshalle 205. Dionysostheater 91. 
119. 205. Dipylonl78.176. Ennea- 
krunos 211. Eumeneshalle 205. 

Athen, Amerikanische Schule 120. 
211. 257. Archäologische Gesell- 
schaft 49. 118 ff. 128. 158. 204ff. 
Deutsdies Archäolog. Institut 102. 
106. 147. 257. Englische Schule 
87. 211. 232. 257. Französische 
Schule 50. 96. 101 ff. 121 ff. 257. 
österreichisdie Station 257. 

Athena, Albani268. Lemnierin271 f. 
Parthenos 266. 272. 

Athena Nike 49. 284 f. 

Athenatempel, Priene 152 f. 

Attalische Weihgeschenke 267 f. 



Atreusgrab 80. 188 f. 
Augustus, Bevilacqua 22. 

porta 91. 
Azanoi 77. 



Prima- 



Baalbek 10. 289 f. 

Babylon 228 f. 

Babylonien 227 ff. 

FHBacoji 148. 

Balestra 26. 

ABaltazzi 149. 

Baphiö 190. 

Barberini, Sammlung 6. 

JJBarth€lemy 14. 

Basilika 168. 172. 

Bassä 80. 88 ff. 87. 89. 

FBedford 80. 

IBekker 25. 

LBeltrami 287. 

Belvedere 5. 

Bemalung 209f. 218. 284. 

Benedikt XIV. 7. 

Benghazi 85. 

Beni Hassan 71. 

OBenndorf 67. 98. 100. 116. 158 ff. 
164ff. 248.249. 268. 

VB^rard 211. 

Berlin, Museum 22. 140 f. 151. 152. 
158. 257. Deutsche Orient-Gesell- 
schaft 229. 

Berthouville 222. 

ABerh-and 244. 

Betender Knabe 22. 

EBeul^ 50. 

Bibliothek, Pergamon 145. Ephesos 
165. 

Bibracte 246. 

Biliotti 84. 

Birs-Nimrud 228. 

Blacas, Sammlung 84. 

CBlinkenberg 168. 

Blondel 206. 

ABlouet 48. 105. 



Register 



313 



ABöckh 25. 167. 

Boethos 169. 289. 

Boghazköi 77. 87 f. 

jBöhlau 203. 

RBohn 106. 144. 145. 148. 283. 

JFBoissonade 25. 

Bologna 181. 271. 

Bonn 245. Museum 253. 256. 257. 

Verein 245. 
LBordiardt 225.226. 
Borghese, Sammlung 6. 22. 24. 
BBorghesi, Oraf 69. 
RBorrmann 43. 113. 
Boscoreale 221. 
Bostra 239. 
PEBotta 73 f. 
OBotti 227. 
ABötticher 106. 
EBötticfaer 196. 
K Botticher 91. 93. 141. 
Brascfai, Sammlung 21. 
E Braun 67. 265. 268. 
Brest 45. 
Britannien 245. 
Britisches Museum 17. 24. 34. 39. 

75. 78. 80. 82. 83. 84 ff. 266. 274. 

275. 281. 
EBrizio 134. 

POBröndstedt 31. 45. 53. 
Bronzezeit 180. 
H Brunn 67. 68. 76. 95. 109. 140. 196. 

244. 255. 258. 259. 260. 261.' 262. 

265. 267. 268. 
REBrünnow 235. 
Biygos 278. 
Budrum s. Halikamass. 
CJBunsen 57.71.72. 
TBurgon 176. 
EBumouf 96. 
KBursian 121. 
Busirisvase 201. 
HC Butler 239. 
Byron, Lord 30. 37. 264. 



RCagnat 241. 

OCalderini 9.220. 

Cambridge, Abgußmuseum 257. 

Camillus 4. 

Candellori, Sammlung 59. 

LCanina 217. 

Canino, Prinz 58 f. 

ACanova 35.38.39. 

Caracallathermen, Mosaik 66. 

Cäretaner Vasen 201. Vgl. Cerveteri. 

Camuntum 248. 

Caroline von Neapel 17. 19 f. 

Carpi, Sammlung 5. 

JCarrey 10. 

Cassas 239. 

Castellani, Sammlung 84. 

S. Cavallari 44. 

Cerro de los Säntos 243. 

Cerveteri 56. 61. 65. 

Cesi, Sammlung 5. 

LPdeCesnola 232. 

Chalkls 201. 

JChamonard 104. 

Championnet 18. 

Champoiseau 98. 100. 

JFChampolUon 14.71. 

RChandler 10. 

LChedanne 286. 

Cheramyes, Hera 157. 209. 

Cherchel 242. 

Chigi, Sammlung 6. 

Chimäre, Arezzo 215. 

Chios 209. 

Chiusi 56. 64. 

Choiseul-Oouffier, Oraf 27. 

Chorsabad 73 i 

Christliche Archäologie 70. 

CCichorius 165. 220. 

Clarac, Oraf 46 

EDClarke 26. 29. 

JTClarke 76.148.149. 

Clemens XII. 7. 

Clemens XIV. 11. 



314 



Register 



Meiere 148. 157. 
CSCIermont-Qaimeau 288. 
QRCockerell 80 ff. 41 f. 45. 
MCoUignon 67. 247. 
Conca 215. 

Consalvi, Kardinal 23. 
HConvert 104. 105. 124. 
AConze 69. 96 ff. 128. 140 ff. 175 ff. 

247. 248. 262. 266. 
Cori 217. 
Cometo 56. 
Cortona, Leuchter 215. 
PCoste 281. 
ECourbaud 220. 
LCouve 104. 124. 
FCreuzer 58. 252. 
Cromlech 178. 
ECurtius 91. 105 f. 118. 136. 140. 165. 

Dädalos 270. 

Damophon 212. 269. 

JH Dannecker 40. 

Daphnä (Defenneh) 203. 

Dareios 281. 

PJ H Daumet 88. 

ADaveluy 96. 

P David 45. 

JDawkins 10. 

FJDebacq 44. 

ALDeiattre 241. 

J Delbet 87. 

RDelbrück 211. 217. 

JDell 286. 

Delos 102 ff. 111. 129. 131 f. 171. 

172. 178. 269. 
Delphi 122 ff. 130 f. 147. 
Demeter, Knidos 84. 
Demierre 104. 
Dendera 15. 
O Dennis 85. 237. 
VDenon 15 ff. 22. 24. 
Der-el-Bahri 228. 
PD^thier 83. 



Deutsdiland 245 ff. 

Diadumenos 275. Vaison 84. 267. 

Delos 104. 
Didymäon 155 f. Sitzbflder 84. 94. 
JVIu.JDIeulafoy 281. 
Dilettant!, Society 9. 10. 80. 86. 85. 
Diomedes, München 262. Valen- 

tinelli 272. 
Dioskuren, Monte Cavallo 8. 
Dipylonstil 1761201. 
Diskobol 268. 264. 265. 
PPDobree 25. 
Dodona 118. 
EDodwell 29. 
Dolche, Mykenä 189. 192. 
Dolmen 178. 

AvDomaszewski 220. 285. 
TLDonaldson 88. 
O Donner 184. 
Dorfschulze 224. 

Dorisdier und ägäischer Baustil 288. 
Domauszieher 4. 21. 
WDörpfeld 85. 48. 106. 118. 114. 

119. 147. 168. 185 ff. 196. 206 ff. 

211. 281 ff. 
Doryphoros 267. 274. 
O Doublet 104. 
HDragendorff 168 
Dresden, Museum 257. 271. 
HDressel 286. 
JODroysen 265. 
JJDübois 48. 
PDubrux 89. 
FvDuhn 67. 219. 287. 
FDfimmler 195. 202. 
ADumont 102. 
JDumont d'Urville 45. 
Duris 278. 
HDütschke 67. 

MLEarle 211. 

Echnaton s. Amenophis IV. 

Edfu 15. 228. 



Register 



315 



Ehrenbögen 242. 

Eirene u. Plutos 267. 

Eisenzeit 180 ff. 

Elche 248. 

Elephantine 16. 

Eleusinisdies Relief 115. 

Beusis 80. 115 ff. 129 f. 268. 

Elgin, Lord 26 ff. 30. 85 ff. 

Englische Sammler 6. 9. 

Enneakninos 211. 

Entasis 81. 

Ephesos 85f. 94. 186. 164ff. 172.270. 

Epidauros, Hieron 117 ff. 182. 

Epigonos 271. 

Epigraphik 69. 289. 

Epiktetos 278. 

O Erbkam 72. 

Erechtheion 28. 47. 49. 50. 285. 

Eretria 119. 

Este 181. 

Este, Sammlung 5. 

Etrarien 55 ff. 58 ff. 68 ff. 215 ff. 

Eubuleus 116. 268. 

Euphranor 268. 272. 

Euphronios 277 f. 

Euripides, Mantua 22. 

Eutbydikos 209. 

Euthymides 278. 

A Evans 196 ff. 

PEvstratiades 115. 

E Fabridus 145. 148. 

Fajumbildnisse 226. 

Falerii 216. 

EFalkener 165. 

Fara 228. 229. 

LRFamell 269. 

Farnese, Sammlung 5. 6. 84. 

Faustkampfer 219. 

Fauvel 48. 

CFea 57. 264. 

Fedor 26. 

CFellows 77 ff. 81. 86. 185. 161. 



Feoii, Sammlung 59. 

Ferdinand von Neapel 20. 

QFioreili 188 ff. 

CSFisher 228. 

EFlandin 74. 281. 

AFlasch 109.271.276. 

Florenz 216. Sammlungen 6. 22. 

Flußgötter, Monte Cavallo 8. 

Forumreliefs 220. 

J Foster 80. 81 ff. 45. 

PFoucart 104. 123. 124. 169. 

OFoug^res 104. 212. 268. 

AFran^ois 63 ff. 

Fran^oisvase 64. 288. 

Frankfurt, Röm.-german. Kommis« 

sion 247 f. 
Frauensarkophag, Karthago 242. 
Frauenstatuen, Akropolis 208 f. 269. 

Frauenkopf (Skopas) 275. 
FFresnel 228. 
OFrick 88. 

K Friederichs 68. 259. 265. 267. 
Friedridi II L, Kaiser 141. 
Friedridi Wilhelm IV. 57. 72. 
WFröhner 98. 
AFurtwängler 82. 106. 109. 113. 116. 

262f. 268. 271. 272. 275. 281. 

Gabii 217. 

Oalassi s. Regulini. 

Oalatien 87. 

Gallien 243 f. 

Oalliergruppen 6. 7. 21. 140. 264. 

271. 
JPOandy 80. 
Oanymedes 271. 
EAOardner 208.211. 
P Gardner 276. 
FC Gau 20. 
PGauckler 241. 
JGaye 260. 
WGell 20. 29. 30. 115. 
Geometrischer Stil 175 ff. 182. 



316 



Register 



Oerasa 289. 

EOerhard 58 ff. 67. 68. 69. 95. 252. 
Oericfatsgebräudie bei antiken Sta- 
tuen 8 f. 
St. Qermain, Museum 244. 
»Oermanicus« 21. 
Oigantenaitar 140 ff. 
Oigantensäulen 246. 
Oiölbascfai 158 ff. 
POirard 157. 
Oirgenti 42. 214. 
Oiustiniani, Sammlung 6. 
Oize 15. 224. 
Ooldbecher 191. 
Oolgoi 282. 
Oordion 288. 
Oortyn 196. 
JWOoethe 9.40168. 
Oozzadini, Oraf 181. 
Oraber 162. 168. 178. 
FOräber 118. 146. 
Orabreliefs 178. vom IHsos 275. 
BOraf 269. 
POräf 118. 
HOraillot 215. 
Orimani, Sammlung 5. 
OOropius 88. 
SOsell 241. 
Oudea 228. 
EOuillaume 87. 

Hadrian 286 f. 

Hagia Triada (Kreta) 198. 

F Halbherr 196. 198. 

Halikamass 81 ff. 94. 171. 288. 

Halil-Edhem-Bey 285. 

KHaller von Hallerstein 81 ff. 45. 

Hallstatt 180. 

Haltern 247. 

OHamdy-Bey 235. 236. 

W Hamilton 89. 52. 

WR Hamilton 89. 52. 

C Hansen 48. 



»Harpyiendenkmal« 78 f. 94. 

W Harris 42. 

Harrison 26. 

Hauran 239. 

A Hauser 98. 

F Hauser 270. 

Häuser 105. 185 ff. 154. 172. 173. 

186. 188. 282. 
BHaussoullier 128. 156. 
AHauvette 104. 
RhHawkins 80. 
BRHaydon 86ff.89.40. 
JHHayne 228. 
RHeberdey 164 f. 
O Hecht 120. 
Hekatompedon 207 f. 
W Heibig 67. 95. 267. 
Hellenismus 94 f. 99. 120. 144. 146. 

152. 165. 174. 265. 
WHenzen 69. 
Hera, Polyklet 275. 
Heräon, Argos 120 f. Olympia 107. 

112. 282. Samos 157 f. 
Herakles, Lansdowne 275. 
Herculaneum 8. 17. 20. 52. 
O Hermann 25. 
Hermes, Olympia 47. 111. 113. 268. 

Ludovisi 263. Propylaios 147.270. 
Hermogenes 150 f. 217. 
R Herzog 120. 
Hetiter 88. 230. 
FHettner 245. 
LHeuzey 50. 88. 
HHeydemann 67. 
R Heyne 152. 
Hierapolis 166. 170. 171. 172. 178. 

174. 
Hieron 278. 
Hieron s. Epidauros. 
Hildesheim 222. 
Hilla 228. 

F Hiller von Oärtringen 151. 166 ff. 
HVHilpredit 228. 



Register 



317 



HIppodamos 169 ff. 

OHirscfafeld 106« 140. 150. 

O Hirschfeld 248. 

A Hirt 252. 

JJHittorff 43. 

MHolleaux 125. 

Homerische Kunst 188. 191 ff. 

THomolle 102 ff. 124 ff. 269. 

E Hubner 68. 

K Humann 140 ff. 150 f. 152. 157. 

165. 230. 236 f. 
Av Humboldt 72. 
Wv Humboldt 23. 
Hünengräber 178. 
PHunt 27. 28. 
Hypäthraltempel 85. 
Hyperboreer, Römische 53 ff. 

»lason«, Louvre 21. 

Idalion 232. 233. 

Igel 244. 246. 

Imbros 96. 

FInghirami 55. 

InnocenzX. 6. 

Inselsteine 195. 

Ionische Kunst 215. Vasen 201 ff. 

Istar 229. 

Ittar 26. 

CJacobsen 168. 

OJahn 62. 64. 67. 68. 95. 201. 254. 

257. 265. 
QJatta 68. 

Joachim von Neapel 19. 
Joseph von Neapel 18. 
Juba IL 242. 
WJudeich 166. 
Julius II. 5. 

Julius III. 5. 

« 

PKabbadias 117 ff. 206 ff. 212. 269. 
Kabirion 101. 180. 
OKaibel 268. 



Kaiamis 262. 272. 

E Kaiinka 164. 

A Kalkmann 262. 

Kallikrates 227. 

Kallimachos 262. 263. 

MKalokairinos 196. 

Kameiros 85. 203. 

Kapitell, achaisch 283. 

Kapitol, Museum 5. 6. 7. 21. 

Kapodistrias, Qraf 48. 

Kappadokien 87. 

KKarapanos 118. 

Karer 195. 

Karlen 161. 

Karnak 223. 

Kassel, Sammlung 22. Diadumenos- 

kopf 275. 
OKawerau 112.155.206. 
Kefto 199. 

RKekul^ 67. 69. 109. 111. 150. 
O Kellermann 69. 
Kephisodotos 267. 
Kephtor 199. 
Ker Porter 231. 
OKem 151. 
Kertsch 89. 
AKestner 53f. 56. 57. 
H Kiepert 85.161. 
OvKieseritzky 266. 
Kilikien 164. 
KFKinch 168. 
A Kircher 6. 
A Kirchhoff 108.201. 
Kition 232. 

Klagefrauensarkophag 234. 
Klammerformen 281. 
Klazomenä 202 f. 
W Klein 277. 

Kleinasien 10 f. 76 ff. 81 ff. 87 f. 140 ff. 
LvKlenze 48. 
HKnackfuB 155. 
OvKnaffl 160. 
Knidos 83f. 94. 96. 158.170. 



318 



D^^rftt^MV 



RPKnight 86. 87. 

KnoGhenzeichnungen 179. 

Knosos 196 ff. 

WWKnowles 49. 

OKoes 81. 

U Köhler 195. 278. 

JKohte 151. 

RKoldewey 148. 149. 214. 229. 280. 

289. 
Köln 245. 

Kom-el-achmar 226. 
Kom-esch-Schukafa 226. 
Konstantinopel 82. 88. 284. 
Konstantinsbogen 220. 
AKoraes 25. 
Korinth 80. 211. 
A Körte 287 f. 
O Körte 287. 
Kos 120. 182. 
Kragos 161. 
O Krämer 62. 
Kremna 163. 
DKrencker 289. 
Kresilas 265. 
Kreta 195 ff. 
Krim 89. 

Kritios und Nesiotes 266. 
FA Krupp 237 f. 
Kujundschik 73. 75. 
Kul Oba 89. 

Kultplätze, Anlage 129 ff. 
AKumanudes 189. 
Kunstgeschichte, neuere 259 f. 
Kurion 232. 238. 
Kyniskos 274. 
Kypros 50. 76. 282 f. 
Kyrene 85. 202. , 
Kyrosgrab 231. 

LdeLaborde,Oraf 50. 285. 239. 244. 
Lambäsis 242. 
KLanckoronski, Graf 162 ff. 
Lansdowne, Herakles 275. 



Laokoon 5. 7. 169. 289. 

U T^ne 181. 

Lauersfort 222. 

AHUyard 74 f. 228. 

WMLeake 29.48. 

PLebas 17. 

ALebigue 102. 

Lehmbau 282. 

Leipzig, Abgußmuseum 257. 

Lemnierin 268. 271 f. 

Lemnos 96. 

CLenormant 115.266. 

FLenormant 115. 214. 

Leochares 271. 

B Leonardos 114. 

RLepsius 71 ff. 

Lesbos 96. 149. 

Lesche der Knidier 127. 

»Leukothea«, Mfincben 267. 

Umes 246. 247. 

JUnckh 81 ff. 45. 

LLindenschmit 246. 

Undos 168 f. 

Livia, Haus 92. 187. 

WKLoftus 227. 

Lokroi 214. 

London s. Brii Museum. 

AdeLongp^rier 76. 

OLöschcke 109. 203. 244. 247. 262. 

278. 
Loubat, Herzog 105. 
Louvre s. Paris. 
Löwengrab, Knidos 84. 
Löwengruppe, Kapitol 4. 
ELöwy 160. 

Ludovisi, Sammlung 6. 28. 
Ludwig L von Bayern 32. 88. 
Luftziegel 107. 116. 282. 
Luni 216. 
FvLuschan, 230. 
TUsieri 26. 28. 
Luynes, Herzog 44. 57, 66. 285. 

239. 



Rcgtstcr 



319 



Lylden 77 ff. 158 ff. 178. Lyldtdier 

Sarkophag, Sidon 284. 
Lykosura 212. 269. 
Lyon, Abgufimuseum 257. 
Lysipp 66. 128. 265. 276. 

Magnesia 119. 147 f. 150 ff. 158. 165. 

Mahmud Bey 170. 

Mainz, Zentralmuseum 246. 248. 

Makedonien 88. 

Malerei, Priorität 279. 

Mänade, Skopas 269. 275. 

Mantineia 119. 212. 268. 

Mantua, Sammlung 22. 

Marcaurelstatue 2. 3. 

deMarcellus, Vicomte 45 f. 

Marcussäule 220. 

Marduk 229. 

Marforio 4. 

AMariette 223. 

Marion 232. 

Marktanlagen 148. 151.158. 165.172. 

Marsyas, Myron 263. 265. 

J Martha 67. 

Marzabotto 134. 

QCMaspero 224 

Massalia 243. 

Mastabas 72. 

Mattei, Sammlung 5. 

FMatz 67. 69. 

AMau 135 ff. 

Mausoleum 81 ff. 268. 275. 

FMazois 19. 20. 

Media, Sammlung 5. 6. 

Medracen 242. 

Megalithisdie Denkmäler 178. 

Megalopolis 119. 211. 

Megara 211. 

Meleagros, Vatikan 275. 

Melos 45 ff. 175. 

Memphis 72. 223. 

Menes 225. 226. 

Menhir 178. 



Menidi 190. 

Mentor, Brigg 28. 29. 

SMertens-Schaffhausen 82. 

Messa 149. 151. 

Metapont 44 

Mettemich, Ffirst 97. 

H Meyer 252. 

OMicali 55. 

A Michaelis 68. 128. 159. 271. 

LAMilani 217. 

AMilchhöfer 195. 196. 

Milet 11. 84. 158. 154 ff. 172. 173. 

203. 
E Miller 88. 
AL Miliin 244. 
Minos 196 f. 
Miot 18. 
Mnesikles 284 f. 
Modena, Sammlung 22. 
HvMoltke 249. 
ThMommsen 69. 246. 
Montalto, Sammlung 5. 
Morelli 260. 
J de Morgan 225.232. 
Mosaike 242. 
Mugheir 227. 
KOMüller 62. 67. 95. 123. 253. 289. 

291. 
München, Glyptothek 24. 32. 41. 

49. 257. 276. 
Musenreliefs, l^ntineia 268. 
Mykenä 30. 92. 183 ff. 197. 
»Mykenischer« Stil 189 ff. 
Myra 161. 
Myrina 149. 

Myron 261. 263. 264. 265. 272. 
Mysterienkulte 129 f. 
Mytilene 203. 

Nagada 225. 

Nakschi Rustam 231. 

Napoleon 13 ff. 

Napoleon 111.87 f. 170. 218. 283. 246. 



320 



Register 



Naukraiis 208. 225. 

Naxos 209. 

Neandreia 149* 

Nebiikadnezar 229. 

Nemi 216. 

Nemrad-Dagh 2361. 

Nennig 246. 

HPN^not 108. 104. 

Nereidendenkmal 79. 80. 160. 

Neros Goldenes Haus 8. 

Neumagen 244. 246. 

New York, Museum 232. 

CTNewton 82ff. 86 f. 90. 96. 97. 98. 

156. 251. 266. 267. 268. 
ANibby 264. 
BQNiebuhr 24. 58. 
KNiebuhr 231. 

O Niemann 98. 159 ff. 162 ff. 249. 
Nikäa 171. 
Nikandre 103. 209. 
Nike, Archermos 103. 269. Päonios 

108. 110. 268. Samothrake 98. 100. 
Niketempel, Athen 28. 48 f. 
Nikias 292. 
Nikopol 80. 
Nil 5. 24. 
Nimes 244. 
Nimrud 75. 
Ninive 78. 75. 
Ninmach 229. 
Niobe 5. Sipylon 88. 92. 
Nippur 228. 
H Nissen 135 f. 
Nointel, Marquis 10. 
Nöldeke 229. 
Norba 217. 

Nordgriechischer Stil 89. 109. 260. 
Nuffar 228. 

Nymphäen 155. 168. 242. 
Nymphenrelief, Thasos 88. 
Nymphiö 77. 88. 

Odysseebilder 65. 



MOhnefalsch-Richter 282. 
Olympia 47 f. 105 ff. 129. 180 f. 141. 

147. 262. 270. 
JOppert 228. 
Opramoas, Heroon 162. 
Orange 244. 
Orchomenos 188. 189. 
Orient und Rom 240. 
Oropos 114. 
POrsi 196. 214. 
Österreich 248 f. 
Orvieto 56. 

JOverbeck 254.266.267. 
Oxyrhynchos 274. 290. 

Paccard 49. 

Palafiite 180. 

Palatin 91 ff. 

Palatiiza 88. 

Palmyra 10. 240. 

Pamfili, Sammlung 6. 

Pamphylien 162 f. 178. 

TPanofka 53 f. 

Pantheon 285. 

Päonios 108f. 110. 261. 268. 

Paphos 232. 

Paris, Louvre 20 ff. 87. 46 f. 48. 88. 

98. 221 f. 228. 231. Sammlungen 

20 f. Tiberiusaltar 249. Soä^te 

des Antiquaires 244. 
P Paris 104. 122. 248. 
WPars 10. 
Parthenon 27 ff. 47. 49. 272. 285. 

Skulpturen 27 ff. 35 ff. 253. 272. 

280. 
Pasargadä 281. 
OPasparakes 196. 
APasqui 221.288. 
Pästum 9. 214 f. 233. 283. 
Paul III. 5. 

Pausanias 29. 64. 110. 125. 127. 263. 
Peiräeus 190. 
Peleusvase, London 281. 



R€gi$itr 



321 



JPcnnetfaorae 49. 

FC Penrose 49. 

PPei^rizet 124. 

Pergamon 119. 186. 189. 140 ff. 165. 

171. 172. 270. 271. 
Perge 168. 
LPernier 198. 
OPeiTot 50. 87 f. 229. 
Peraepolis 281. 
Perseus 268. 272. 
Persien 880 ff. 
Perugia, Erzwagen 215. 
JP Peters 228. 
Petersburg 90. 
E Petersen 67. 160. 162 ff. 218 ff. 

219 ff. 270. 274. 288 f. 
Petra 285 f. 
FlPetrie 208.2241 
Petworth 268. 
Pfahlbauten 180. 
Pflasterung 172. 
Pharia 190. 
Pharsalos 88. 276. 
Phästos 198. 
Phidias 109. 268. 265. 266. 270. 271 ff. 

279. 
Phigalia s. Bassa. 
Philä 16. 

Philadelpheia 289. 
DPhilios 115. 
A Philipp! 220. 
Philis 89. 

Phineusschale 202. 
Phönizien 288. 
Photographie 98. 100. 258 f. 
LPigorini 218. 
Pinara 161. 
Piscatory 50. 
Pisidien 168 f. 178. 
KPittakes 49. 
Pins VI. 11. 
V Place 74. 
Piaton 210 218. 271. 275. 



Plinius 222. 268. 
RPocodce 18. 
Poggio 2. 

Polydiromie 48 f. 48, 
Polygnot 98. 127. 160. 279. 280. 
Polyklet d. ä. 265. 267. 268. 274. 290. 

d. j. 118. 119. 
SPomardi 29. 
Pompeji 17 ff. 52. 68. 95. 188 ff. 154. 

170 ff. 172 ff. 220 f. 
HPomtow 124. 
Pont du Oard 244. 
EPontremoli 156. 
EAPorcher 85. 
RPorson 25. 
EPottier 149. 
Pourtalte, Sammlung 84. 
Prähistorie 96. 177 ff. 218. 
Praxias 268. 

Praxiteles 111. 116. 212. 268. 
EPreuner 128. 276. 
Priene 11. 85. 98. 119. 147. 152 ff. 

165. 170. 172. 173. 
Prokesdi-Osten, Qraf 49. 167. 
C Promis 217. 
Provence 248 f. 
Provinzialkunst 241 ff. 249 f. 
PtoTon 121 f. 129. 
OPuchstein 148. 214 f. 286 f. 289. 

271. 288. 
RPPullan 83. 85. 150. 152. 
KPurgokl 106. 
Pyramiden 72. 225. 
Pythagoras 262. 272. 

ACQuatrem^re de Quincy 89 f. 
JEQuibell 225. 

Ramesseum 72. 
WMRamsay 164. 
ARRangab^ 121. 
ORaschdorff 145. 
Rassam 228. 



Michaelis, Die archiologischen Entdecknngeii. 



21 



322 



Register 



Rathaus 148. 155. 172. 

V Rauscher 288. 

ORawlinson 228. 

ORayet 151. 152. 155. 156. 

Regulini-Qalassi 65 f. 92. 175. 

WReichel 191. 

Reichskunst 240. 

S Reinach 104. 108. 149. 244. 

Reisen 255. 

Reliefbilder 221 f. 

St. Remy 248. 

E Renan 283. 289. 

NRevett 10. 

ORey 289. 

Rhamnus 80. 

Rhodiapolis 162. 

Rhodos 50. 82. 85. 168 f. 170. 208. 

RBRichardson 211. 

AdeRidder 67. 

Fu.JRiepenhausen 98. 

Riesenstuben 178. 

K Ritter 159. 

Rivi^re, Marquis 45 f. 

C Robert 69. 109. 148. 274. 280. 

D Roberts 285. 

RRochette 254. 

HvRohden 69. 

Rom 217 ff. Caffarelli 216. Cara- 
callamosaik 66. Famesina 218. 
Forum 218. Mater matuta (»For- 
tuna virilis«) 217. Odysseebilder 
65. Palatin 218. Prima Porta 91. 
— Museen 2ff . Abgußmuseuni257. 

Rom, Archäolog. Institut 57 f. 66 ff. 
97. 106. 184. 218 ff. 257. 

IRosellini 71. 

LRoß 48f. 50. 76. 105. 121. 167. 169. 
232. 

QBdeRossi 70. 

EdeRothschild 152. 221. 

Ode Rothschild 152. 

KFvRumohr 260. 

Rußland 89 f. 



Saalbuig 246. 

Sagalassos 168. 

Saitaphames, Tiara 90. 

Sakkara 224. 

A Salzmann 85. 203. 

Samos 11. 157 f. 202. 203. 209. 

Samothrake 96. 97 ff. 129 f. 147. 

Sardes 287. 

EdeSanec 228. 

Satrapensarkophag 234. 

Säulen, ägyptisch 225. hölzern 288. 

Säulenhalle 172. 

Sauroktonos 264. 

LSavignoni 198. 

Schaditgräber 189. 

Schaffhausen 179. 

O Scharf 78. 80. 

E Schaubert 48. 

ASchiff 168. 

KFSchinkel 48. 

Schlangensäule 83. 

HSchliemann 141. 182 ff. 196.205. 

ASchönbom 158 f. 

RSchöne 67. 135 f. 141. 

HSchrader 143. 152. 208. 

TSchreiber 67. 226. 262. 

Schreiberstatue 224. 

KSchuchhardt 145. 146. 

RWSchultz 211. 

B Schulz 239. 

KSchfitte 112. 

Selge 163. 

Selinunt 42 ff. 94. 214. 

OSemper 48. 93. 176. 

Sendschirli 230. 

Serapeum, Memphis 223. 

Serradifalco, Herzog 44. 

CSester 236. 

TShaw 241. 

Sicherung der Ausgrabungen 147 f. 

Sidlien 41 ff. 

Side 163. 

Sidon 233 f. 



I 



Register 



323 



Sidyma 161. 

ESieglin 120. 226. 

Ov Siemens 155. 

Signia 217. 

Sikyon 119. 211. 

Silanion 271. 

Silbei^erät 221 f. 

Sillyon 163. 

Sixtus IV. 5. 

Skopas 268 1 275. 276. 

Smintheion 85. 

RM Smith 85. 

Smyraa 172. 

ASogliano 68. 

Sophoklesstatue 66. 94. 

TSophules 158. 

Spanien 243. 

Spata 190. 192. 

Spiegelthal 237. 

JSpon 10. 

TABSpratt 79.158.161. 

OMvStackelberg 31. 33 f. 45. 53 f. 

56. 62. 259. 276. 
Stadtanlagen 169 ff. 
PStamatakes 186. 206. 
BStark 67. 267. 
Stein, Freiherr 256. 
Steinarten, architektonische 281. 
Steinzeit 178 ff. 
LStephani 67. 68. 89. 267. 
Stier, Famese 7. 
WStier 43. 
Stilanalyse 261 ff. 
H Stiller 145. 
WJStiUman 196. 
F Stolze 231. 
H Shack 90. 204. 
Strangford, Lord 266. 
Straßburg, Abgußmuseum 257. 
Stratford Canning 74. 81. Stratford 

de Reddiffe, Lord 82. 
JStrzygowisk 240. 
J Stuart 10. 



FStudniczka 160. 262. 272. 
Subiaco, Jüngling 2. 
Sunion 11. 
Susa, Persien 231. 
Susa, Piemont 249. 
Syngros 113. 128. 
Syrien 238 ff. . 

Tanagra 204. 

CTarral 47. 

J E Taylor 227. 

Tegea 211. 269. 275. 

Telephanes 261. 263. 

Tell-el-Amama 72. 193. 225. 

Telloh 228. 

Tempel, altitalisch 216 f. 

La Thne 181. 

Tenea 49. 

Teos 85. 150. 

Termessos 163. 

WTemite 80. 

Terradna 66. 

Terremare 180. 

T^taz 50. 

CTexier 76. 150. 156. 231. 

Thäsos 88 f. 96. 

Theater 115. 119. 127. 155. 163. 166. 

173. 205. 211. 242. 
Theben, Ägypten 15. 16. 72. 
Thera 166 ff. 170. 
Therasia 168. 
Thermos 212. 
»Theseion« 28. 
FThiersch 23. 252. 
A Thomas 74. 151. 152. 155.156.228. 
CJThomsen 178. 
AThorvaldsen 32. 57. 
Thronlehne Ludovisi 219. 
Thurioi 170. 
JThürmer 56. 
Tiberstatue 5. 24. 
Timgad 242. 
Timotheos 118. 

21* 



324 



Register 



Hrynt 80. 188 ff. 197. 288. 

Tltusbogen 220. 

Titusthermen 8. 

TivoU 217. 

Tlo8 161. 

OOTocüesco 249. 

Tolentino, Vertrag 21. 

Tonplatten, architektonisch 481. 288. 

TorsOy Belvedere 5. 

AToumaire 124. 128. 

CTownley 89. 

Trajanssäule 220. 

PTr6niaux 162. 166. 

OTreu 106.110.118.269. 

Hagia Triada, Kreta 198. 

Trier 245. Museum 245. 

Troja 188 ff. 

CTsuntas 186. 190. 

Tuffskulpturen 208. 

Tunis 241 f. 

Tunnel 157. 

Turin, Sammlung 22. 

Tyrannenmörder 265. 269. 

HN Ulrichs 50. 128. 
Universitäten, archaölog. Lehrstfihle 

256. 
»Unstert>liche€, Susa 281. 
LUrlidis 245. 267. 
Uthina 242. 

Vaison 84. 267. 

OValentinelli 68. 

Valle, Sammlung 5. 

Vasen 58ff. 64. 94. 168. 175 ff. 200ff. 

210. 246 f. 254. 277. 
Vatikan, Museum 5. 11 f. 21. 24. 
Veji 56. 

Veli Pascha 88. 84. 
Venedig, Erzrosse 22. 
NdesVeigers 63. 64. 
Verona, Sammlung 22. 
Vestalin 219. 



Vettieriiaus 221. 

AVeyries 149. 

Villanova 181. 

EQVisconti 11. 22. 28. 24. 38. 252. 

264. 
MdeVogü^ 289. 
KQVoUmöller 211. 
Vuld 58 f. 64. 

Wagenlenker, Delphi 128. 

EWagner 120. 

M Wagner 82. 84. 

C Waldstein 121. 262. 275. 

Warica 227. 

CWatzinger 151. 155. 

RWeil 106. 

FQ Welcker 41. 67. 98. 95. 252f . 856. 

276. 279. 
Wellington, Herzog 28. 
KWescher 128. 
OWheler 10. 
FWickhoff 220. 
T Wiegand 192 ff. 155 f. 208. 
Wien, Archäolog. Institut 164. 248. 
Wiesbaden, Verein 245. 
Wieseler 67. 
WWilberg 152. 165. 168. 
Wilhelm I. 106. 
Wittiehn II. 289. 
WWilkins 29. 81. 41. 
PWilski 168. 
ELWUson 285. 
JJ Winckelmann 7 ff. 11. 18. 28. 105. 

252. 264. 
FWinter 69. 166. 270. 280. 
FAWolf 25. 
Wölfin 4. 215. 
PWolters 68. 168. 
JTWood 85 f. 165. 
RWood 10. 289. 
RWorsley 26. 
WWright 88. 
Wfirzburg, Museum 257. 



Register 



325 



Xanihos 78 ff. 161. 

WZahn 20. 
LZanfli 48. 
Zeusgrotte, Kreta 196. 



Zeustempel, Olympia 107 f. 110 f. 

Zeussüitue 266. 
J Ziehen 155. 

Ziggurat 228. 230. Esagila 229. 
OZoega 18 f. 54. 252. 259. 



S. 48 Z. 12 V. tt. streiche: geschichtliche 

S. 185 Z. 9 V. o. lies: 1868 

S. 228 Z. 15 V. o. lies: Hilprechts 

S. 281 Z. 6 V. u. füge hinzu: So läßt sich mit Hilfe der Klammerformen 

nachweisen, daß ein ffir hochaltertflmlich gehaltener Bau auf Korfu 

(Kardäki) erst der hellenistischen Zeit angehört. 



VEBLAG VON E. A. SEEMANN IN LEIPZIG 



BelMje zur Kunsf jeschlchfe. 

Alte Folge. 

1. Schttlt«^ Alwin» Die Legende vom Leben der Jungfrau Mafia« 
80 S. br. M. 3.—. 

2. 'V^tfftmann» G.» Beitr&ge mr Geichichte der Malerei in Leipzig 
vom 15« bit zum 17« Jahrb. 70 S. Mit Abbild, br. M. 2. — . 

3. Lange, Konr., Dai Motiv des aufgestützten Fusses in der antiken 
Kunst und deren statuarische Verwendung durch Lysippos« 64 S. 
Mit I Tafel, br. M. 2.—. 

4. Mut her t Rieh*» Anton Graff» sein Leben und seine "Werke. Mit 
dem Porträt des Künstlers in Lichtdruck. 128 S. br. M. 3.—. 

5. Holtzinger» Heinr«, Über den Ursprung und die Bedeutung der 
Doppelchöre« 30 S. br. M. t.— . 

6. Kahl» Rob«, Das venezianische Skizzenbuch« 128 S. Mit 23 Ab- 
bildungen, br. M. 4. — . 

7. Valentin, Veit» Neues über die Venus von Milo« 50 S. M. 1.60. 

8. Voss, Georg, Die Darstellungen de» '^Weltgerichts« (Vergriffen.) 

Neue Folge. Band i — 31. g^r. 8. 

u Schumann» Paul» Barock und Rococo« 130 S. Blit 11 Abbild, 
br. M. 4. — . 

2. R^e» P«, Peter Candid« 266 S. br. M. 6.—. 

3. Leitschuh, F. F., Die Familie Preisler und Marcus Tuscher« 
82 S. br. M. 2.—. 

4. Kaemmerer, Ludw«» Die Landschaft in der deutschen Kunst« 
(Vergriffen.) 

5. Ficker» Johannes, Die Darstellung der Apostel in der altchrist- 
lichen Kirche« 156 S. br. M. 3. — . 

6. Oettingen, "Wolfgang v«» Antonio Averlino» gen« Filarete« 68 S. 
br. M. 2. — . 

7. Kristeller, Paul, Die Strassburger Bücherillustration im 15« und 
im Anfange des 16« Jahrhunderts« 172 S. Mit 35 Abbild, br. M. 6. — . 

8. Toman, Hugo» Studien über Jan van ScoreL 52 S. Mit 6 Tafeln 
in Lichtdruck und Holzschnitt br. M. 2. — . 

9. Ficker, Paul Gerh«, Der Mitralis des Sicardus nach seiner Be- 
deutung für die Ikonographie des Mittelalters. 78 S. br. M. 2. — . 

IG. Graul» Richard, Beiträge zur Geschichte der dekorativen Skulp- 
tur in den Niederlanden während der ersten Hälfte des 16. Jahrhunderts. 
55 S. br. M. 2. — . 

II. Pauli, Gustav» Die Renaissancebauten Bremens im Zusammen- 
hange mit der Renaissance in Nordwestdeutschland. 120 S. Mit 12 Abbild, 
br. M. 3, — . 



VEBLAG VON E. A. SEEMANN IN LEIPZIG 



12. Koelit^» Kafl» Hans Stsesf von Ktflmbach und seine Werke* 
Eine Beitrag zur Geschichte der Schule Dürers. 88 S. br. M. 3. — . 

13. Ffiedländeft Max» Albfecht Altdorfer^ der Maler von Regens- 
btfrg. 175 S. Mit 3 Abbild, br. M. 5. — . 

14. Firmenicb-Richartz» Ed.» Bartholomaetss Bruyn tind seine 
Schule* 147 S. Mit 7 Abb. im Text u. 5 Lichtdmcktafeln. br. M. 5.—. 

15. 'Wilisch^ E«, Die altkorinthische Tonindustrie« 176 S. Mit 8 Tafeln, 
br. M. 6. — . 

16. Thieme, U*t Hans Schaeufeleins malerische Tätigkeit* 184 S. 
Mit 12 Lichtdrucken, br. M. 6. — . 

17. Magnus, HugOt Die Darstellung des Auges in der antiken Plastik. 
96 S. Mit 5 Tafeln Abbildungen, br. M. 4. — . 

18. Lichtenbergt Reinh* Freiherr v«) Zur Entwickelungsgeschichte 
der LandschsStsmalerei bei den Niederländern und Deutschen im 
16. Jahrhundert 128 S. Mit Abbild, br. M. 4.—. 

19. Steinmannt E«» Die Tituli und die kirchliche Wandmalerei im 
Abendlande vom 5. bis zum 11. Jahrhundert. 142 S. br. M. 4. — . 

20. Zimmermannt Ernst, Die Landschaft in der venezianischen Ma- 
lerei bis zum Tode Tizians« 214 S. br. M. 5. — . 

21. Ohnesorget Karl, Wendel Dietterlint Maler von Strassburg* 
68 S. Mit I Abb. br. M. 2.—. 

22. Pfau« C«t Das gotische Steinmetzzeichen« 76 S. Mit 2 Tafeln, br. 
M. 2.50. 

23. Seegert Georgt Peter Vischer der Jüngere 168 S. Mit 27 Abbild, 
br. M. 4.50. 

24. Weisst Augustt Das Ebtndwerk dtt Goldschmiede zu Augsburg 
bis zum Jahre 168 1. 360 S. br. M. 6. — . 

25. Buchwald t C*t Adriaen de Vries* 119 S. Mit 8 Tafehi. br. M. 4.— . 

26. Goschet A*t Simone Martini. 141 S. Mit 8 Tafeln, br. M. 4. — . 

27. ThierschtHerm*t ttTyrrhenische^^ Amphoren* 162 S. Mit 6 Tafeln 
und Abbild, im Text. br. M. 6. — . 

28. Michaelson, Hedwigt Lukas Cranach dtt Aeltere* 140 S. Mit 
33 Abb. br. M. 6.—. 

29. Webert Ludwig» San Petronio in Bologna* 96 S. Mit 5 Abbild, 
br. M. 3. — . 

30. Justit Ludwigt Dürers Dresdener Altar* 40 S. Mit 7 Abbild, 
br. M. T.50. 

31. Müllert Kurt F*t Der Leichenwagen Alezanders des Großen* 
83 S. Mit I Tafel und 8 Abbild, br. M. 2.50. 

32. GreinerttPault Erfurter Steinplastik des 14* und 15* Jahrhunderts* 

80 S. Mit 26 Abb. 



YSBLAO V09 M. ▲* SBEMAITV IV LBIPSZa 

Kulturgeschichte Schwedens 

von den ältesten Zeiten bis zum 1 1. Jahrhundert n. Chn 

von 
Professor Oscar Montelitts, Stockholm 

VI und 336 Seiten Lex.-8^. Mit 540 Abbiklnngen. 

Geheftet Mark 9.—, elegant gebunden Maik 10.— • 

Der kenntnisreiche Ver&sser, der als erste AutoritSt auf dem Gebiete der 
Urgeschichte der skaadiaaTischea Lftader dorch eine gaase Reihe voa Werken 
audi in Deutschland bekannt ist, bietet mit diesem Werke eine anciehende 
Darstellung der Lebensweise, der Sitten und Gebriluche und der Einrichtungen 
der Ureinwohner Schwedens ?on der ältesten Steinzeit bis sur Einführung des 
Qiristentnms. Das reich illustrierte Werk ist nicht nur dem Altertums- und 
Kunstforscher, sondern auch dem gebildeten Laien von hohem Interesse. 

Inhaltsangabe: 

Dia Stainaait (bi* s^n Anfang des sweiten Jahrtausends Tor Christi Geburt) 

l. Die ältere Steinzeit (bis zum fllnften Jahrtausend vor Christi 

Geburt) 

n. Die jüngere Steinzeit (vom Anften bis lum Anfang des 

zweiten Jahrtausends vor Christi Geburt 

1. LebenswelM. — 1. Die HenteUimg der eteiBemen Wexksenge und 
Waifen. — 8. Yerkehr mit Indexen Lindem. — 4. Gräber. Bellfioii. 
1^, Die Bevölkerung nnd deren Antbieitnng. Die Stoinaelt der Lappen. 
Aberglänbifcbe Toretellnngen von Stoinaltertttmem In epiteien Zelten. 

Die Bronseaeit (vom Anfang des zweiten bis zur Mitte des ersten Jahrtau- 
sends vor Christi Geburt) 

1. Der An&ng der Bvoneeselt nnd ihre BinteUnng. — t. LebennrelM. — 
9. Die Hentellong der Broneesaohen. Xinhelmieehe Arbeiten. " 4, Bf- 
TOlkerong. Yerkehr mit anderen Ländern. — 6. Feleeneeiehnungen. — 
6. Gräber. Religion. 

Die Biaenseit (von der Mitte des ersten Jahrtausends vor Christus bis zur 
Mitte des elften Jahrhunderts n. Chr. 

I. Die vorrömische Eisenzeit (von der Mitte des letsten Jahr- 
tausends vor Christi Geburt bis zum Anfang unserer Zeitrech- 
nung) 
n. Die römische Eisenzeit (vom Anfang unserer Zeitrechnung bis 

um das Jahr 400) 

1. Verkehr mit dem rOmiiohen Belob. BOmieche Behriflsteller aber den 
Norden. — 8. Lebensweise. — S. Handel. Verkehr. Fahryenge. ^ 4, Re- 
ligion. Opfer. Gräber. — 5. Die ftlteeten Bonen. Die Bpraeho In flehweden 
in der älteren aUienseit. 
m. Die Zeit der Völkerwanderungen (von ungef^Uir 400 

bis 800) 

1. Die Verbindung mit dem bysantinlsohen Beieh. Der Goldielehtam. ^ 
^ 2. Gräber. 
IV. Übergangszeit vom Heidentum zum Christentum. — 
Die Wikingerzeit (von ungefähr 800 bis Mitte des II. Jahr- 
hunderts) 

1. Wikingenfige. Wäringerfahrten. — S. Sohiffe. Waffen. — 8. Frledlloher 
Verkehr mit fremden Ländern. — 4. Lebenaweise. Erwerbsawelge. — 
5. Religion, Gräber. Die jlingeren Ronen. 



aSQSM7li3331 



H 



I 
i 




b89054743339a 



i