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Full text of "Die Arzneimittel-Synthese auf Grundlage der Beziehungen zwischen chemischem Aufbau und Wirkung"

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■in 


B.  FBÄNKEL 

ARZNEIMITTEL 

SYNTHESE 

FÜNFTE  AUFLAGE 


DIE 

AEZNEIMITTEL-SYNTHESE 

AUF  GRUNDLAGE  DER  BEZIEHUNGEN  ZWISCHEN 
CHEMISCHEM  AUFBAU  UND  WIRKUNG 


FÜR  ÄEZTE 

u 

CHEMIKER  UND  PHARMAZEUTEN^ 


VON 


DR.  SIGMUND  FRÄNKEL 

Ä.  O.  PROFESSOR  FÜR  MEDIZDTESCHE  CHEMIE 
AS  DER,  WIESER  DJOVERSITÄT 


FÜNFTE,  UMGEARBEITETE  AUFLAGE 


BERJilN 

TERLAG  VON  JULIUS.  SPRINGER 
1921 


Alle  Rechte,  insbesondere  das 

der  Übersetzung-  in  fremde  Sprachen,  vorbehalten. 

Copyright  1921  by  Julius  Springer  in  Berlin. 


Vorwort  zur  zweiten  Auflage. 

In  verhältnismäßig  kurzer  Zeit  sieht  sich  clie  Verlagsbuchhandlung  ver- 
anlaßt, eine  zweite  Auflage  dieses  Buches  zu  veranstalten.  Das  Werk  er- 
scheint nunmehr  zum  großen  Teile  neu  bearbeitet  und  durch  eine  Reihe  neuer 
Kapitel  bereichert.  Einem  vielfach  geäußerten  Wunsche  der  Fachgenossen 
entsprechend,  ist  die  benützte  literatur  angegeben,  so  daß  das  Buch  als  Nach- 
schlagewerk benützt  werden  kami.  Die  Literatur  ist  bis  September  1905  be- 
rücksichtigt. Mehrere  Register  erleichtern  die  Benützung  des  Werkes.  Dem 
Verhalten  der  Substanzen  im  Organismus  ist  ein  eigenes  Register  gewidmet. 
Ich  bin  zahlreichen  deutschen  und  englischen  Fachgenossen  für  Äütteilungen 
und  Korrekturen  zu  Dank  verpflichtet.  Es  sind  nunmehr  in  diesem  Buche 
viele  anderweitig  nicht  veröffentlichte  Untersuchungen,  die  teils  aus  meinem 
Institute  stammen,  teils  mir  von  Fachgenossen  und  Fabrikchemikern  ziu- 
Verfügung  gestellt  wurden,  enthalten.  Ebenso  hat  eine  neuerhche  Durchsicht 
der  Literatur  wertvolle  Ergänzungen  geUefert.  In  seiner  gegenwärtigen  Fassung 
vertritt  das  Buch  durchaus  den  Standpunkt,  die  Wirkungen  vom  stereochemi- 
schen Gesichtspunkte  aus  zu  erklären. 

Für  Korrekturen  und  Mitteilungen  werde  ich  den  Fachgenossen  stets 
dankbar  sein. 


Wien,  Oktober  1905. 


Sigmund  Fränkel. 


Vorwort  znr  dritten  Auflage. 

Die  vorhegende  dritte  Auflage  ist  bedeutend  vergrößert  und  neuerüch 
zum  TeU  umgearbeitet.  Die  Literatur  ist  bis  Oktober  1911  berücksichtigt. 
Vor  Benützung  des  Buches  wolle  man  die  Nachträge  beachten.  Hoffentüch 
erwirbt  sich  die  ,, Arzneimittelsynthese"  im  neuen  Gewände  ebenso  viele  Freunde 
wie  in  den  früheren  Auflagen. 

Wien,  im  November  1911. 

Siemund  Fränliel. 


Vorwort  znr  vierten  Auflage. 

Auch  die  vierte  Auflage  ist  sehr  wesentlich  vergrößert  und  viel  umgearbeitet. 
Einzelne  Kapitel  wurden  neu  eingefügt.  Der  reichere  Inhalt  führte  auch, 
um  das  Buch  handlich  zu  behalten,  wieder  zu  einer  Vergrößenmg  des  Formates. 
Trotz  des  Krieges  konnte  die  ausländische  Literatur,  wenn  auch  nicht  voll- 
ständig, berücksichtigt  werden.  Die  gesamte  Literatur  ist  bis  November  1918 
verarbeitet. 

Wien,  im  Dezember  1918. 

Sigmuiid  Fi'änkel. 


Vorwort  znr  fünften  Anflage. 

Die  Literatur  ist  bis  Mai  1921  berücksichtigt.  Einzelne  Kapitel  haben 
eine  große  Bereicherimg  erfahren,  so  besonders  die  Chinin-  und  Arsenkapitel 
sowie  das  Kapitel  über  Geschmack.  Die  fremdsprachige  Literatur  ist  nun  nach- 
getragen. Durch  typographische  Änderungen  ist  viel  Raum  für  den  Text 
gewonnen  worden. 

Wien,  Juni  1921. 

Sigmund  Fräiikel. 


Inhaltsverzeicliiiis. 

Seite 
Einleitiing 1 

Allgemeiner  Teil. 

I.  Kapitel.    Theorie  der  Wirkungen  anorganischer  Körper 10 

II.  Kapitel.    Theorie  der  Wirkungen  organischer  Verbindungen 26 

a)  Beziehungen  zwischen  chemischer  Konstitution  und  Wirkungen 26 

b)  Beziehungen  der  Wirksamkeit  zur  Veränderung  im  Organismus 42 

III.  Kapitel.    Bedeutung  der  einzelnen  Atom-Gruppen  für  die  Wirkung 51 

1.  Wirkungen  der  Kohlenwasserstoffe 61 

2.  Über  die  Bedeutung  der  Hydroxyle        C5 

3.  Bedeutimg  der  Alkylgruppen 61 

4.  Bedeutung  des  Eintrittes  von  Halogen  in  die  organischen  Verbindungen  67 

5.  Bedeutung  der  basischen  stickstoffhaltigen  Reste 71 

6.  Bedeutimg  der  Nitro-  mid  Nitrosogruppe 80 

Nitro-  oder  Nitrosogruppen  an  Sauerstoff  gebunden 80 

Nitro-  und  Nitrosogruppen  am  Kohlenstoff 81 

7.  Die  Cyangruppe        84 

8.  Wirkungen  der  Puringruppe 89 

9.  Wirkungen  der  Carbonylgruppe.    A.   Aldeliydgruppe 96 

Wirkungen  der  Carbonylgruppe.    B.   Ketone 98 

10.  Bedeutung  des  Eintrittes  von  Säuregruppen 99 

11.  Bedeutung  des  Eintrittes  von  nicht  oxydiertem  Schwefel 107 

12.  Bedeutung  der  doppelten  und  dreifachen  Bindung 110 

13.  Unterschiede  in  der  Wirkung  bedingt  durch  Stellungsisomerien      .    .    .    .  114 

14.  Stereochemisch  bedingte  Wii-kungsdifferenzen 118 

Stereoisomerie  durch  doppelte  Bindung  verursacht 120 

Stereoisomerie  durch  asymmetrischen  Kohlenstoff  verursacht     ....    120 
Die  Wirkung  ist  geknüpft  an  bestimmte  sterische  Lagerimg       ....    126 

15.  Beziehimgen  zwischen  Wii'kung  und  Molekulargröße.    Wirkung  homologer 

Reihen 130 

16.  Beziehungen  zwischen  Geschmack  und  Konstitution 134 

IV.  Kapitel.    Veränderungen  der  organischen  Substanzen  im  Organismus 154 

Oxydationen .    .  155 

Desaminierung  und  Aminierung      180 

Reduktionen 181 

Syntliesen  im  Organismus 183 

Paarung  im  Organismus  (Entgiftimg  durch  Paarung)        183 

AcetyUerungen,  Methylierungen 186 

Uraminosäurensynthese 195 

Verhalten  verschiedener  Aminderivate 196 

Verhalten  einiger  hydroaromatischcr  Substanzen 198 

Halogen-  und  schwefelhaltige  Verbindimgen 198 

Verhalten  der  Phthaleine,  Tannine,  Harze  imd  Glykoside        200 

Spezieller  Teil. 

I.  Kapitel.     Allgemeine   Methoden,   um   aus   bekannten   wirksamen  Verbindungen 
Verbindungen  mit  gleicher  physiologischer  Wirkung  aufzubauen,  denen  aber 

bestimmte  Nebenwirkungen  fehlen 202 

I.  Das  Salol-Prinzip 202 

II.  Vermeiden  der   Ätzwirkungen 203 

III.  Reaktionen  mit  Formaldehyd        204 


VJ  Inhaltsverzeichnis. 

Seite 
IV.  Einführung    von    Sävireradikalen    für    Wasserstoffatome    des    basischen 

Restes 203 

V.  Einführung  von  Aldehydreston 204 

VI.  Einführung  von  Alkylresten  in  die  Wasserstoffatome  der  Aminogruppe  204 

VII.  Einführung  von  Säureradikalen  in  die  Hydroxyle  von  Basen      ....    205 

VIII.  Einfülirung   von   Alkylresten  in  die   Wasserstoffe   der  Hydroxylgruppen  205 

IX.  Wasserlösliclimachen  von  Arzneimitteln 205 

X.  Einführung  von  Halogen  oder  Schwefel  .    206 

XI.  Darstellung  von  Salzen .    20t> 

XII.  Kombüiation  zweier  wirksamer  Substanzen .   207 

II.  Kapitel.    Antipj'retica 208 

Chinin  imd  Chinolinderivate 208 

AntipjTin      21G 

Phenylhj'drazinderivate .  219 

Semicarbazidderivate      222 

Indolinouo 224 

Pyrazolonderivate 224 

Tolypyrin 224 

Salze  des  Antipyrins      ...         .  224 

Verschiedene   P\Tazolonderivate .    .  226 

Chinin    .    .    .    ." 234 

Chinin  und  seine  Derivate 249 

Anilinderivate       .         .  253 

Bedeutmig  des  Ringsystems  für  die  Antipyretica .  259 

p-Aminophenolderivate 264 

Allgemeine  Betrachtimgen  über  die  Antipyretica 288 

III.  Kapitel.    Alkaloide 293 

Einfluß  der  Hydrierung  der  Basen 295 

Physiologische  Bedeutung  der  Umwandlung  der  temären  Alkaloide  in  quater- 

näre  Ammoniumbasen 296 

Bedeutimg  der  cyclisclien  Struktur  der  Alkaloide      302 

Bedeutung  der  Stellungen  der  Seitenketten ...  302 

Bedeutung  der  Seitenketten .311 

Bedeutung  der  Hydroxj-le 318 

Bedeutung  der  Carboxalkylgruppe 319 

Bedeutung  der  Substitution  von  Säureradikalen  im  Hydroxylwasserstoff    .    .321 

Cholin-Muscaringruppe 327 

Cocain  imd  die  Lokalanästhetica 333 

Die  Tropin verbindimgen 341 

Tropacocain 351 

Cocainersatzmittel 358 

Cyclische  Alkamine 358 

Fette  Alkamine 366 

Anästhetica  aus  verschiedenen  chemischen  Gruppen .377 

Die  Orthof ormgruppe :  Ester  aromatischer  Säuron 383 

Mydriatica  und  Myotica 391 

Morphin 39i' 

Apomorphin ^13 

Versuche  zur  Morphinsynthese 114 

Hydrastis      421 

Ergotin,  Adrenalin  und  die  aromatischen  Basen  aus  Eiweiß 440 

Nicotin      159 

Pilocarpin 401 

Strychnin      ■    ■  463 

Emetin      466 

TV.  Kapitel.    Schlafmittel  und  Inhalationsanästhetica 468 

Allgemeines      468 

I.  Gruppe.   Halogenlialtige  Schlafmittel 470 

II.  Gruppe.  Schlafmittel,  deren  Wirkimg  auf  der  Gegenwart  von  Alkyl  beruht  489 

UI.  Gruppe.  Schlafmittel,  deren  Wirkung  auf  der  Gegenwart  von  Caronyl  beruht  516 

Allgemeines  über  Schlafmittel 521 


Inhaltsverzeichnis.  VII 

Seite 
V.  Kapitel.    Antiseptica  und  Adstringentia 527 

Aromatische  Antiseptica 543 

Phenole 543 

Salicylsäure •''>53 

Saide 562 

Kreosot  und  Guajacol 575 

Guajacolpräparate,   in   denen   Hydroxylwasserstoff  durch  eine   Acylgruppe 

ersetzt  ist 577 

Kreosot-  und  Guajacolpräparate,  deren  Hydroxylwasserstoff  durch  Alkyl- 

radikale  substituiert  ist 584 

Weitere  wasserlösliche  Guajacolderivate 585 

Guajacolpräparate,  aus  denen  Guajacol  nicht  regeneriert  wird 586 

Zimtsäure 591 

Antiseptica  der  Chinolinreihe 592 

Jodoform  imd  seine  Ersatzmittel 593 

Jodverbindungen 606 

Chlor-  und  Bromderivate 614 

Sehwefelverbiudmigen 622 

Ichthyol  imd  ähnliclie  geschwefelte  Verbindungen 624 

Selen-  und  Tellurderivate 631 

Fluorverbindungen      635 

Siliciumverbindungen 630 

Calcium 636 

Die  organischen  Farbstoffe 637 

Formaldehyd 649 

Hexamethylentetramin 654 

Tannin,  Gallussäure  und  deren  Derivate       658 

Wismut 663 

Quecksilberverbindvmgeu 671 

Silber 691 

Eisen 695 

Arsenverbindimgen 698 

Arsen-Schwefelverbindungen 725 

Arsen-Schwermetallverbindungen 726 

Antimonverbindungen 728 

Vanadium 732 

Arsen-Antimon-  und  Arsen-Wismutverbindungen 732 

Gold,  Titan,  Kupfer 734 

Aluminium 737 

VI.  Kapitel.    Abfülirmittel 739 

VII.  Kapitel.    Antihelminthica 750 

VIII.  Kapitel.    Campher  und  Terpene 757 

Santal,  Copaiva  und  Perubalsara 765 

Isovaleriansäurepräparate 767 

IX.  Kapitel.    Glykoside 771 

X.  Kapitel.    Reduzierende  Hautmittel 776 

XI.  Kapitel.    Glycerophosphate 781 

XII.  Kapitel.    Diuretica 786 

XIII.  Kapitel.    Gichtmittel 796 

XIV.  Kapitel.    Wasserstoffsuperoxyd 814 

Nachträge 816 

Patentregister 823 

Autorenverzeiehnis 832 

Sachregister      842 

Veränderungen  der  Substanzen  im  Organismus 900 


Abkürzungen. 


AePP. 

Apot.  Ztg. 

Americ.  Ch.  Journ. 

Arch.  f.  kl.  Med. 

Ann.  di  chim.  e  farm. 

Arch.  d.  Pharm. 

BB. 

BZ. 

Bull.  gön.  de  th6r. 

Her.  d.  Morph.  Phys.  Ges. 

Cr. 

C.  r.  s.  b. 
Chem.  Ztg. 
Diss. 
DRP. 
DRP.-Anm. 

D.  A.  f.  klin.  Med. 
Gaz.  Chim. 

HB. 
HS. 
Journ.  of  Arneric.  Med. 

Ass. 
Liebigs  Ann. 
Mercks  Ber. 
M.  f.  Ch. 


N.  Y.  Med.  Joiu-n. 

Proc.   Chem.   Soc. 

Proc.  R.  Soc. 

Pharm.  Ztg. 

Reo.  des  trav. 

Rep.  der  Pharm. 

Rev.  möd.  Siiisse 

Sem.  mM. 

Suppl. 

Ther.  Mon. 

Virch.  Arch. 

Woch.  f.  Th.  und  Hyg. 

des  Auges 
Z.  f.  Biol. 
Z.  f.  Hvc. 
Z.  f.  kl.  Med. 
Zentr.  f.  Phys. 


Archiv  für  experimentelle  Pathologie  und  Pharmakologie. 
Apotheker- Zeitung. 
American  Chemical  Journal. 
Archiv  für  klinische  Medizin. 
Annali  di  chimica  e  di  farmacologia. 
Archiv  der  Pharmazie. 

Berichte  der  Deutschen  chemischen  Gesellschaft. 
Biochemische  Zeitschrift. 
Bulletin  generale  de  therapie. 

Berichte  der  Morphologisch-Physiologischen  Gesellschaft  Mün- 
chen. 
Comptes  rendus  de  l'Academie  des  Sciences,  Paris. 
Comptes  rendus  de  la  Societö  de  biologie,  Paris. 
Chemiker-Zeitung,  Cöthen. 
Dissertation. 

Deutsches  Reichs-Patent. 
Deutsche  Reichs-Patent- Anmeldiuig. 
Deutsches  Archiv  für  klinische  Medizin. 
Gazetta  chimica  italiana. 

Hofmeisters  Beiträge  zur  chemischen  Physiologie  und  Pathologie. 
Hoppe-Seylers  Zeitschrift  für  physiologische  Chemie. 

Journal  of  American  Medical  Association. 

Liebigs  Annalen  der  Chemie. 

E.  Mercks  Berichte. 

Wiener  Monatshefte  für  Chemie  (Sitzungsberichte  der  k.  Aka- 
demie zu  Wien,  mathematisch-naturwissenschaftlicheKlasse, 
blaues  Heft). 

New  York  Medical  Journal. 

Proceedings  of  chemical  Society,  London. 

Proceedings  of  Royal  Society,  London. 

Pharmazeutische  Zeitung. 

Becueil  des  travaux  chimiques  des  Pays  Bas. 

Repertorium  der  Pharmacie. 

Revue  mödicale  de  la  Suisse  Romande. 

Semaine  medicale,  Paris. 

Supplementband. 

Therapeutische  Monatshefte. 

Virchows  Archiv  für  pathologische  Anatomie. 

Wochenschrift  für  Therapie  und  Hygiene  des  Auges. 
Zeitschrift   für  Biologie. 
Zeitschrift  für  Hygiene. 
Zeitschrift  für  klinische  Medizin. 
Zentralblatt  für  Physiologie. 


Einleitung. 

Die  Pharmakologie  hat  in  der  zweiten  Hälfte  des  vorigen  Jahrhunderts 
eine  eigenartige  Vermehrung  des  Arzneischatzes  erfahren.  Die  früheren  Jahr- 
hunderte hatten  Heilmittel  verschiedenster  Art  auf  Grund  reiner  Empirie 
der  verschiedensten  Völker  gehabt,  Heilmittel  anorganischer  und  oi|;anischer 
Natur ;  in  den  letzten  Jahrhunderten  wurden  besonders  mit  steigender  Erkennt- 
nis der  anorganischen  Körper,  namentlich  im  iatrochemischen  Zeitalter,  viele 
anorganischen  Substanzen,  vor  allem  Metallsalze,  als  neuer  Zuwachs  für  die 
Therapie  geschaffen.  Es  entstand  aber  gleichsam  eine  neue  Arzneimittel- 
lehre in  dem  Momente,  als  man  nicht  nur  auf  Grund  von  Empirie  und  Aber- 
glauben mid  Überlieferung  die  Drogen  benützte,  sondern  durch  das  Bemühen 
der  Chemiker  die  Drogen  selbst  einer  Untersuchung  in  der  Richtmig  unter- 
warf, daß  man  ihre  wirksamen  Bestandteile  zu  isolieren  sich  bestrebte.  Mit 
der  Entdeckung  der  reinen  Pflanzenalkaloide  war  der  erste  große  Fortschritt 
gemacht,  welcher  zeigte,  daß  nicht  die  chemisch  aus  verschiedensten  Substanzen 
bestehende  Droge,  sondern  ein  oder  mehrere  chemische  Individuen  die  Träger 
der  einer  Droge  eigentümhchen  Wirkung  waren.  Diese  Erkemitnis  mußte  dazu 
führen,  mit  der  oft  auf  Aberglauben  beruhenden  Überhefermig  zu  brechen 
und  so  eine  große  Reihe  von  Drogen  aus  der  Benützung  auszuschalten.  Die 
Reindarstellung  chemischer  Individuen  bedeutete  aber  auch  einen  großen 
Fortschritt  in  dem  Siime,  als  man  nimmehr  die  eigentlich  wirksamen  Substan- 
zen selbst  genau  dosieren  komite,  was  ja  bei  dem  wechselnden  Gehalt  der  Dro- 
gen an  wirksamen  Bestandteilen  bis  zu  diesem  Zeitpunkte  eine  Sache  der  Un- 
möglichkeit war.  Die  physiologische  Untersuchimg  der  aktiven  Prinzipien 
selbst  gab  nun  Aufschluß  über  die  reine  Wirkung  des  Mittels.  Man  koimte  auf 
diese  Weise  auch  eine  Reihe  von  Nebenwirkungen  und  unangenehmen  Eigen- 
schaften, die  sich  auf  Geschmack  und  Geruch  bezogen,  ausschalten,  wenn  diese 
Nebenwirkungen  nicht  dem  wirksamen  Bestandteil,  sondern  anderen,  an  der 
Grundwirkung  der  Droge  nicht  beteiligten  Substanzen  zukamen.  Das  Stu- 
dium der  chemischen  Konstitutionen  der  als  wirksam  erkannten  organischen 
Verbindungen  mußte  dazu  führen.  Versuche  anzustellen,  auf  synthetischem 
Wege  dieselben  Körper  aufzubauen.  Dieser  einen  großen  Richtung  der  syn- 
thetischen Chemie  der  Arzneimittel  folgte  aber  bald  eine  theoretisch  ungleich 
wichtigere,  die  wohl  zum  großen  Teile  ihren  Ursprung  darin  gefunden  hat, 
daß  man  bei  dem  damaligen  und  bei  dem  gegenwärtigen  Stande  der  syntheti- 
schen Chemie  so  komplizierte  Körper,  wie  die  meisten  Pflanzenalkaloide  und 
andere  Bestandteile  der  wirksamen  Drogen  sind,  auf  synthetischem  Wege 
aufzubauen  nicht  vermochte.  Man  versuchte  nun  zu  erkennen,  auf  welchem 
Teile  des  Moleküles  die  Wirkungen  der  Substanzen  beruhen  und  von  diesem 
Gesichtspmikte  aus  analog  konstituierte  Körper  aufzubauen,  in  der  Voraus- 
sicht, daß  die  analoge  Konstitution  den  Körpern  eine  analoge  physiologische 
Wirkmig  im   Organismus  verleihen   müsse.    Solche   Bemühungen  haben  den 

■•   Ftänkel,  Arzneimittel-Synthese.    6.  Aufl.  1 


2  -        Einleitung. 

Gedanken  zur  natürlichen  Voraussetzung,  daß  die  physiologische  Wirkung  der 
Körper  außer  von  bestimmten  physikalischen  Verhältnissen  in  erster  Linie  von 
dem  chemischen  Aufbau  abhängt.  Hierbei  muß  man  auch  den  Umstand  be- 
rücksichtigen, daß  man  nicht  zu  einer  sklavischen  Nachahmung  der  Kor.stitu- 
tion  der  natürlichen  Arzneimittel  gezwungen  ist.  Sind  doch  die  in  der  Natur 
gefundenen  Substanzen  nicht  von  dem  teleologischen  Gesichtspunkte  auf- 
zufassen, als  ob  sie  in  der  Pflanze  zu  dem  Zwecke  entstünden,  damit  sie  der 
Mensch  als  Arzneimittel  erkenne  und  benütze,  sondern  unter  den  so  mannig- 
faltigen, in  der  Pflanzenwelt  vorkommenden  chemischen  Körpern  hat  die 
Jahrtausende  alte  Empirie  einige  wenige  zu  finden  vermocht,  welche  physio- 
logische Wirksamkeit  zeigten  und  unter  diesen  wenigen  einige  gefunden,  die 
als  Arzneimittel  verwertbar  sind.  Selbstredend  sind  nun  diese  in  der  Natur 
vorkommenden  Substanzen  in  der  Pflanze  und  beim  Tier  Produkte,  die  eine 
bestimmte  RoUe  in  der  Physiologie  und  Anatomie  dieser  Organismen  spielen. 

Wenn  wir  sie  aber  als  Arzneimittel  benützen,  so  tun  wir  es  in  dem  Be- 
wußtsein, daß  wir  bestimmte,  im  Molekül  dieser  Substanzen  vorkommende 
Gruppierungen  für  unsere  Zwecke  ausnützen,  und  daß  nicht  immer  das  gesamte 
Molekül  dieser  in  der  Natur  vorkommenden  chemischen  Individuen  an  der 
Wirkung  beteiligt  sein  muß,  weil  diese  Körper  nicht  nach  Gründen  der  Zweck- 
mäßigkeit als  Arzneimittel  von  der  Natur  aufgebaut  sind.  Bauen  wir  einen 
chemischen  Körper,  der  als  Arzneimittel  dienen  soll,  auf,  so  schaffen  wir  in 
demselben  nach  Möglichkeit  nur  wirksame  Gruppierungen,  oder  wir  lagern 
Gruppen  an,  um  die  zu  starke  Wirkung  der  Grundsubstanz  abzuschwächen. 
In  den  natürlich  vorkommenden  Arzneimitteln  hingegen,  welche  ja  nicht  nach 
dem  Plane  aufgebaut  sind,  als  solche  zu  dienen,  sondern  deren  durch  pflanzen- 
physiologische Ursachen  bestimmter  chemischer  Aufbau  zufällig  sich  auch 
in  der  Therapie  verwerten  läßt,  kann  wohl  das  ganze  Molekül  als  solches  an 
der  Wirkung  beteiligt  sein,  es  kann  aber,  und  das  wird  wohl  der  häufigere  Fall 
sein,  nur  von  einem  Teile  des  großen  Moleküls  der  pharmakologische  Effekt 
abhängen.  Anderseits  muß  die  vorhandene  wirksame  Gruppierung  m'cht 
die  bestmögliche  sein.  Wir  sind  also  daher  gar  nicht  darauf  angewiesen,  um 
jeden  Preis  auf  synthetischem  Wege  den  in  der  Natur  vorkommenden  Körper 
genau  aufzubauen,  sondern  es  genügt,  wenn  wir  Substanzen  erhalten,  die  in 
der  Wirkung  mit  den  natürlich  vorkommenden,  die  iins  als  Exemplum  tra- 
hens  dienen,  identisch  sind,  und  dies  kann  geschehen,  wenn  unsere  pharmako- 
logischen Studien  und  Spekulationen,  welche  sich  auf  die  physiologischen 
Effekte  der  Abbauprodukte  stützen,  uns  über  den  Bau  der  eigentlich  wirk- 
samen Gruppen  aufklären. 

Eine  große  Bereicherung  unserer  Erkenntnis  trat  mit  dem  ungeahnten 
Aufschwünge  der  synthetischen  organischen  Chemie  ein,  als  man  sich,  haupt- 
sächlich ausgehend  von  der  Erkenntnis  der  Wirkung  einfach  gebauter  Sub- 
stanzen, bemühte,  durch  physiologische  Untersuchung  ganzer  Körperklassen, 
die  auf  sjaithetischem  Wege  gewonnen  wurden,  in  diesen  Klassen  einzelne 
Individuen  zu  finden,  die  wegen  ihrer  Eigenschaften  als  Arzneimittel  ver- 
wertbar waren.  Je  mehr  nun  Kenntnisse  dieser  Art  sich  erweiterten,  je  eingehen- 
der unsere  Erfahrungen  über  die  Wirkung  einzelner  Gruppierungen  sich  ge- 
stalteten, desto  mehr  war  der  Weg  vorbereitet,  den  Chemiker  und  Pharmako- 
logen  der  neuesten  Zeit  mit  sichtlich  großem  Erfolge  betreten  haben,  der  Weg 
des  planmäßigen  Aufbauens  und  Findens  neuer  Körper  mit  pharmakologisch 
verwertbaren  Eigenschaften,  welche  als  Arzneimittel  therapeutische  Ver- 
wendung finden  sollten.    Es  zeigte  sich  nun  bald,  daß  hier  ein  bedeutender 


Einleitung.  g 

Unterschied  in  den  Resultaten  eintreten  mußte  zwischen  den  Forschungen, 
welche  die  erste  Hälfte  des  19.  Jahrhunderts  charakterisierten  und  die  sich 
darauf  bezogen,  aus  den  wirksamen  Drogen  den  wirksamen  Bestandteil,  das 
aktive  Prinzip,  zu  isolieren  und  der  neuen  Richtung,  welche  nicht  etwa  das  in 
der  Natur  Vorhandene  suchte  und  nachahmte,  sondern  Neues,  in  der  Natur 
nicht  Vorhandenes,  auf  Grund  von  Erfahrungen  und  Spekulationen  schuf. 
Diese  Richtung  mußte  nun  ganze  Körperklassen,  eine  Reihe  von  analog  gebau- 
ten Individuen  schaffen,  Körper,  die  in  ihrer  Grundwirkung  miteinander 
übereinstimmten  und  denen  durch  synthetische  Prozesse  eine  Reihe  von  Neben- 
wiikungen  benommen  wurden.  Das  Resultat  dieser  Richtung  war  eine  Unzahl 
von  physiologisch  wirksamen  Substanzen,  und  erst  die  therapeutische 
Erfahrung  konnte  aus  jeder  Klasse  wirksamer  Körper  dasjenige  Individuum 
heraussuchen,  welches  als  bester  Träger  der  charakteristischen  Wirkung  mit 
möglichst  wenig  schädhchen  Nebeneigenschaften,  als  eigentliches  Arznei- 
mittel Verwendung  finden  konnte.  War  man  bis  zu  diesem  Zeitpunkte 
darauf  angewiesen,  nur  mit  dem  von  der  Natur  Gebotenen  in  der  Arznei  therapie 
vorliebzunehmen,  so  zeigte  sich  nun  eine  fast  unendliche  Fülle  von  Möglich- 
keiten, über  die  Natur  hinausgehend  Neues  zu  schaffen. 

Wie  der  Künstler  als  sein  Ziel  nicht  etwa  die  sklavische  Nachahmung 
der  Natur,  welche  die  Kunst  zur  einfachen  Reproduktion  herabwürdigen 
würde,  ansieht,  sondern  seine  subjektive  Anschaumig  vom  Schönen  benützt, 
um  neues  Schöne,  welches  die  Natur  in  dieser  Form  nicht  gerade  bietet,  aus  sich 
heraus  zu  schaffen,  wohl  unter  der  Benützung  des  Natürlichen,  aber  in  einer 
neuen,  dem  Künstler  eigentümlichen  Art  der  Darstellung,  so  muß  auch  der 
synthetische  Chemiker  neue  Körperklassen  in  der  Weise  schaffen,  daß  er,  an- 
geregt durch  die  Wirkimgen  in  der  Natur  vorkommender  Körper  und  geleitet 
von  seiner  chemischen  und  pharmakodynami sehen  Erkenntnis  der  wirksamen 
Gruppierungen  in  solchen  Substanzen,  neue  Körperklassen  darstellt,  zum  Teil 
wohl  auf  Spekulation  basierend,  gleich  wie  der  Künstler  auf  der  Betrachtung 
des  ihm  subjektiv  schön  Erscheinenden. 

Doch  war  hier  für  den  Chemiker,  welcher  physiologisch  wirksame  Körper 
aufgebaut  hatte,  auf  Grundlage  von  wirklicher  Erkenntnis  oder  von  Speku- 
lation, ein  natürhches  Kriterium  in  der  therapeutischen  Erfahrung  am  Kran- 
kenbette gegeben,  eine  Erfahrung,  die  von  Tausenden  Ärzten  in  den  verschie- 
densten Ländern  und  unter  den  verschiedensten  Bedingungen  gesammelt, 
nur  dem  wirkb'ch  Guten  tmd  Brauchbaren  zum  endlichen  Siege  verhelfen  konnte. 

Wurde  nun  mit  steigender  Erkemitnis  eine  neue  wirksame  Körperklasse 
mit  wertvolleren  Eigenschaften  in  derselben  therapeutischen  Richtung  er- 
schlossen, als  es  die  bisher  verwendete  Substanz  war,  so  mußte  der  anfänglich 
gut  verwertbare  Körper  dem  besseren  gegenüber  im  Wettkampfe  unterliegen. 
Dieses  Ringen  und  Schaffen  förderte  diese  neue  Richtung  in  so  überraschender 
Weise,  daß  die  synthetisch  gewomienen,  physiologisch  wirksamen  Körper  mit 
therapeutisch  verwertbaren  Eigenschaften  schon  nach  Tausenden  zählen.  Aber 
wir  stecken  noch  immer  in  den  Kinderschuhen  der  Arzneimittelsynthese.  Wir 
suchen  in  der  Natur  vorhandene  Arzneikörper  synthetisch  darzustellen  oder 
ihnen  verwandte  Substanzen  mit  ähnlichen  oder  gleichen  Wirkungen.  Wir 
finden  beim  planmäßigen  Studium  neuer  chemischer  Körperklassen,  die  wir 
auf  bekannte  Wirkungen  prüfen,  neue  Individuen  mit  solchen  Wirkungen; 
aber  die  Therapie  mit  ihrer  ungeheiu-en  Mannigfaltigkeit  stellt  immer  neue 
Anforderungen  nach  neuen  Wirkungen  und  wiederholt  stetig  den  Wunsch 
nach   Befriedigung  ihres   Bedürfnisses  an   Substanzen,   denen  therapeutische 


4  Einleitung. 

Wirkungen  eigen  sind,  die  kein  von  der  Natur  uns  gebotenes  Mittel  besitzt. 
Von  der  synthetischen  Chemie  erhofft  man  nun,  daß  sie  von  dem  pharmako- 
logischen Studium  der  so  zahlreichen  dargestellten  Körperklassen  und  In- 
dividuen miterstützt  und  angeregt,  Substanzen  darsteUt  und  findet,  welchen 
neue,  von  der  Natur  nicht  gebotene  therapeutische  Eigenschaften  innewohnen. 

Das  planmäßige  Studium  der  chemischen  Vorgänge  im  Organismus,  ins- 
besondere das  Studium  der  chemischen  Reaktionen,  mit  welchen  sich  der 
tierische  Körper  vor  der  Einwirkung  bestimmter  Gifte,  sei  es  solcher,  die  nor- 
malerweise etwa  durch  die  Fäulnis  im  Darme  entstehen  oder  von  Giften,  die 
ihm  künstlich  zugeführt  werden,  der  Hauptsache  nach  aber  das  chemische 
Studium  und  die  Isolierung  der  Substanzen,  durch  welche  sich  der  Organismus 
vor  der  Einwirkung  der  Mikroorganismen  und  der  Produkte  ihrer  Lebens- 
tätigkeit schützt,  müssen  uns  die  Wege  zeigen,  wie  wir  durch  Zufuhr  bestimm- 
ter chemischer  Verbindungen  diesen  Selbstschutz  des  Organismus  miterstützen 
oder  hervorrufen  und  steigern  können.  Anderseits  können  uns  Spekulationen 
über  diese  Vergiftungsvorgänge  unter  normalen  und  pathologischen  Bedingun- 
gen, die  sich  ja  bei  verschiedenen  Individuen  luid  bei  verschiedenen  Tierklassen 
so  eigentümhch  different  abspielen,  zu  der  Erkenntnis  führen,  worauf  das  auf- 
fällige refraktäre  Verhalten  bestimmter  Tierklassen  gegen  bestimmte  Gifte 
und  gegen  bestimmte  Infektionen  beruht.  Wenn  wir  sehen,  daß  einzelne 
Tiere  Infektionen,  die  dem  Menschen  verderbhch  sind,  überhaupt  nicht  unter- 
hegen, wenn  wir  weiter  sehen,  wie  einzelne,  für  den  Menschen  äußerst  giftige 
Substanzen  bestimmte  Tierklassen  gar  nicht  tangieren,  so  müssen  wir  durch 
Spekulation  über  die  Wechselwirkung  zwischen  wirkender  Substanz  und 
Organismus,  dahin  geführt  werden,  anzunehmen,  daß  entweder  diese  giftige 
Substanz  so  rasch  in  dem  betreffenden  Organismus  zu  Zerfall  geht,  neutrah- 
siert  oder  abgebaut  wird,  daß  sie  wegen  ihrer  mangelhaften  Resistenz  der 
Einwirkung  dieses  speziellen  Organismus  gegenüber  eine  physiologische  Wir- 
kung auf  denselben  auszuüben  nicht  in  der  Lage  ist  oder  daß  die  Substanz 
in  einem  Organismus,  den  sie  nicht  zu  alterieren  vermag,  aus  dem  Grunde 
sich  so  refraktär  verhält,  weil  sie  für  diesen  Organismus  chemisch  so  resistent 
gebaut  ist,  daß  sie  mit  seinen  GSeweben  in  Wechselwirkung  zu  treten  nicht 
vermag,  was  wohl  auch  an  der  stereochemischen  Konfiguration  hegen  kann. 
Es  kami  auch  der  Fall  vorUegen,  daß  die  betreffenden  Erfolgszellen  diese  Sub- 
stanz physikalisch  nicht  aufnehmen. 

So  ist  Atropin,  welches  für  den  Menschen  ein  sehr  lieftiges  Gift  ist,  für 
Kaninchen  von  sehr  geringem  giftigem  Effekte.  Ja  es  ist  bekannt,  daß  sich 
Kaninchen  ohne  Schaden  von  Blättern  der  Belladomiapflanze  ernähren  können, 
■and  Dragendorff  1)  komite  im  Muskelfleische  von  Kaninchen,  die  mit  Atro- 
pin gefüttert  waren,  das  imveränderte  Atropin  quantitativ  bestimmen.  Ka- 
ninchen scheiden  15 — 20%  des  injizierten  Atropins  durch  den  Harn  wieder 
aus.  Aber  man  kami  den  Organismus  durch  Angewöhnung  dahin  bringen, 
daß  selbst  große  Dosen  in  24  Stmiden  aus  den  Organen  verschwinden.  Die 
Leber  und  das  Blut  haben  dann  eine  erhöhte  Zerstörungsfähigkeit  für  Atropin, 
und  die  Niere  scheidet  den  nicht  zerstörten  Teil  schneller  aus.  Die  angeborene 
Widerstandsfähigkeit  des  Kaninchens  beruht  in  erster  Linie  auf  der  Zerstö- 
rimgsfähigkeit  von  Blut  und  Leber  für  Atropin,  die  Empfindlichkeit  der  Katze 
auf  dem  Fehlen  dieser  Vorgänge  2).    Wenn  wir  mm  sehen,  daß  unser  Organis- 

')  Koppe,  Dissert.  Dorpat  (186G).  —  Dragendorff,  Pharm.  Zeitschr.  f.  Rußland 
5,  92.  —  A.  Heffter  konnte  hingegen  im  Kaninchenrauskel  kein  Atropin  finden.  B.  Z. 
«0,  36  (1912).  2)  jyi  cioetta,  AePP.  64,  427  (1911). 


Einleitung.  5 

mus  bei  der  normalen  Entgiftung  giftiger,  ihm  kontinuierlich  zugeführter 
Substanzen,  wie  der  Phenole,  die  bei  der  Fäulnis  im  Darme  entstehen,  in  der 
Weise  vorgeht,  daß  er  diese  Substanzen  in  saure  gepaarte  Verbindimgen  ver- 
wandelt, wie  die  Ätherschwefelsäuren  und  die  gepaarten  Glykuronsäuren,  die 
sich  im  Stoffwechsel  so  ungeheuer  resistent  verhalten,  daß  sie  weiter  keine 
physiologischen  Wirkimgen  besitzen  und  imverändert  ausgeschieden  werden, 
wenn  wir  femer  sehen,  daß  der  Organismus  Blausäurederivate  von  großer 
Giftigkeit  in  resistente,  ungiftige  Rhodanderivate  durch  Synthese  mit  einer 
Sulfhydrylgruppe  überführt,  so  muß  uns  eine  analoge  Spekulation  dahin  leiten, 
imseren  Organismus  gegen  die  Gifte  anderer  Art  in  der  Weise  zu  schützen, 
daß  wir  ihm  die  Fähigkeit  verleihen,  solche  Gifte  in  ihrer  Resistenz  dem  Or- 
ganismus gegenüber  zu  steigern  und  sie  auf  diese  Weise  für  den  Organismus 
wirkujigslos  zu  machen.  Die  andere  Möghchkeit  hingegen,  die  chemische 
Wechselwirkung  der  vergiftenden  Substanz  mit  dem  betroffenen  Organismus 
zu  beschleunigen  imd  durch  raschen  Abbau  des  Giftes  innerhalb  des  tierischen 
Körpers  dasselbe  imwirksam  zu  machen,  bietet  bei  dem  meist  an  imd  für  sich 
schon  resistenten  Baue  der  giftigen  Substanzen  eine  geringe  Wahrschein- 
lichkeit nach  dieser  Richtimg  hin.  Die  physiologische  Tätigkeit  des  Organis- 
mus durch  Zufuhr  von  wirksamen  Substanzen  zu  heben,  hegt  aber  immerhin 
nahe,  wenn  man  bedenkt,  daß  der  Organismus  auch  ohne  Unterstützimg  diesen 
Weg  einschlagen  kami. 

Es  bietet  sich  tatsächhch  eine  solche  Möglichkeit,  daß  der  Organismus 
sich  einer  sehr  giftigen  Substanz  in  der  Weise  entledigt,  daß  er  sie  gleichsam 
wie  ein  Nahrungsmittel  zum  Zerfall  und  zur  Verbrennmig  bringt.  E.  S.  Faust*) 
hat  nachweisen  können,  daß  die  Angewöhnvmg  an  Morphin  nur  auf  dem  Um- 
stände beruht,  daß  dieses  so  wirksame  Alkaloid  innerhalb  des  tierischen  Kör- 
pers zum  größten  Teile  eine  Zersetzxmg  wie  die  Nahrungsstoffe  erfährt,  eine 
Zersetzung,  die  nach  der  Ansicht  dieses  Forschers  zimächst  durch  eine  fermen- 
tative  Spaltung  und  weitere  Verwandlimg  der  Spaltungsprodukte  der  Ferment- 
einwirkvmg  durch  Oxydation  und  Synthese  in  die  Endprodukte  des  Stoffwechsels 
zu  erklären  ist.  Der  Organismus  bringt  bei  der  Angewöhnimg  keine  neuen 
Faktoren  in  Tätigkeit,  die  Morphin  zu  zersetzen  in  der  Lage  sind,  sondern  zer- 
stört es  wie  ein  Nahrimgsmittel,  während  dieses  giftige  Alkaloid  sonst  nur 
seine  typische  Wirkung  auslöst  imd  hierbei  wohl  nicht  völlig  zu  Zerfall  geht. 

Eine  andere  Möglichkeit  ist  die,  durch  Änderung  am  Molekül  die  Lös- 
lichkeitsverhältnisse  der  chemischen  Verbindungen  in  den  zirkuherenden  Medien 
und  ZeUteUen  in  der  Weise  zu  beeinflussen,  daß  die  Substanz  nicht  mehr  in 
die  betreffenden  Zellen  einzudringen  vermag,  sondern  abgelenkt  wird.  Ander- 
seits kann  man  die  synthetischen  Substanzen  so  konstruieren,  daß  sie  gerade 
in  diejenigen  Zellen  eindringen,  welche  der  Wirkung  imterHegen  sollen.  Paul 
Ehrlich  nennt  dieses  das  ,, chemische  Zielen". 

Das  Bestreben  der  modernen  chemotherapeutischen  Richtung  geht  nun 
dahin,  solche  chemische  Verbindungen  aufzubauen,  welche  Krankheitserreger 
und  Krebszellen  spezifisch  treffen,  sie  im  lebenden  Organismus  schwer  schä- 
digen oder  abtöten,  ohne  daß  die  Zellen  des  Wirtsorganismus  dabei  wesent- 
Uch  geschädigt  werden. 

Die  meisten  Bestrebungen  der  Pharmakodynamiker  waren  aber  bei  der 
großen  Schwierigkeit,  der  Krankheitsursache  selbst  beizukommen,  vielmehr 
darauf  gerichtet,  die  von  der  Krankheit  erzeugten,  zur  Erscheinimg  kommenden 
Symptome  zu  bekämpfen.    VomehmHch  konnte  man  die  subjektiv  empfim- 

1)  AePP.   44,  217  (1900). 


6  Einleitung. 

denen  Wirkungen  des  Ka-ankheitsprozesses  unterdrücken,  die  schlechter  arbei- 
tenden Organe  in  ihrer  Tätigkeit  durch  spezifisch  auf  diese  Gewebe  wirkende 
Mittel  steigern,  die  gereizten  aber  an  ihrer  krankhaften  Tätigkeit  entweder 
durch  Einwirkung  auf  die  entsprechenden  Nervenzentren  oder  die  betreffenden 
Erfolgsorgane  verhindern.  Die  Unterdrückung  des  Schmerzes  war  von  jeher  ein 
Hauptziel  und  auch  eine  Hauptaufgabe  der  Therapeuten. 

Waren  die  eben  besprochenen  Bahnen  nur  schwierig  zu  betreten  und  boten 
sie  dem  Forscher  und  Darsteller  auf  diesem  Glebiete  nur  wenige  Möglichkeiten 
des  Erfolges,  so  konnte  man  doch,  wenn  man  nach  langen  Bemühungen  oder 
durch  Zufall  einen  neuen  Stützpunkt  für  den  Fortschritt  in  Form  eines  neuen 
wirksamen  Grundkörpers  gewonnen  hatte,  von  diesem  aus  durch  chemische 
Abschwächungen  und  Verstärkungen  der  Grund-  und  Nebenwirkungen  eine 
theoretisch  unendlich  große  Möglichkeit  von  Variationen  schaffen,  von  Varia- 
tionen, die  aus  dem  Grunde  mit  wenigen  Ausnahmen  ähnliche  Wirkungen  zeig- 
ten, weil  der  wirksame  Grundkörper  das  Stetige  im  Wechsel,  die  alterierende 
Gruppe  das  Variable  war. 

Handelt  es  sich  für  den  Eingeweihten  nur  darum,  eine  Reihe  von  Sub- 
stanzen aufzubauen,  die  alle  gleichmäßig  nach  einer  Richtung  hin  wirksam 
waren,  und  aus  der  ganzen  Gruppe  bei  verschiedenen  Variationen  den  wirk- 
samsten Körper,  welcher  möglichst  frei  von  allen  schädhchen  Nebenwirkungen 
war,  also  den  therapeutisch  brauchbarsten  herauszusuchen  vmd  diesen 
zur  Anwendung  als  Arzneimittel  zu  empfehlen,  so  bot  sich  anderseits  durch 
dieselbe  physiologische  Erkemitnis,  durch  die  verschiedenartige  Variation 
der  abschwächenden  Gruppen,  ohne  sonst  den  Grundkörper  und  dessen  Wir- 
kungen irgendwie  zu  tangieren,  die  Mögüchkeit,  gleichwertige  Konkurrenz- 
präparate in  beliebiger  Anzahl  zu  schaffen.  So  wurde  der  Schein  erweckt,  daß 
die  moderne  synthetische  Chemie,  welche  sich  mit  Arzneimitteldarstellung 
beschäftigt,  eine  so  ungeheure  Anzahl  von  neuen  Arzneimittehi  geschaffen 
hat,  während  es  doch  klar  liegt,  wemi  man  die  ganze  Entwicklung  dieser  Rich- 
tung in  der  zweiten  Hälfte  des  19.  und  im  Anfang  imseres  Jahrhunderts  ver- 
folgt, daß  nur  wenige  wirksame  Grundsubstanzen  tatsächhch  gefunden  wur- 
den und  daher  nur  wenige  neue  Arzneimittel  in  Wirklichkeit  als  Gewinst 
für  die  Therapie  resultieren,  daß  aber  eine  Reihe  von  Variationen  gleichwertiger 
oder  minderwertiger  Art,  welche  von  diesen  Grundsubstanzen  ausgingen,  als 
Konkurrenzpräparate  auf  den  Markt  kamen,  als  Präparate,  die  sich  nur  in 
ihren  unwesentlichen  Bestandteilen  und  Gruppierungen  voneinander  unter- 
schieden. Nicht  neue  Wirkungen  konnten  diese  Variationen  bieten,  aber 
man  mußte  ilmen  den  Anschein  neuer  Wirkungen  geben,  um  sie  überhaupt 
marktfähig  zu  machen.  Doch  hat  die  Erfahrung  der  letzten  Jahre  gezeigt, 
daß  im  Wettkampfe  um  die  Eroberung  der  therapeutischen  Anwendung  dieser 
Substanzen  seitens  der  Ärzte  aus  jeder  Gruppe  von  Körpern  mit  identischem 
Bau  und  identischen  Wirkungen  nur  ein,  höchstens  zwei  Repräsentanten  sich 
behaupten  können  und  alle  Bemühungen  der  Erfinder  und  Fabrikanten,  solche 
gleichwertige  Variationen  durchzudrücken,  trotz  anfänglicher  Erfolge  dennoch 
immer  im  Wettbewerbe  scheitern.  Diese  gesunde  Wirkung  des  Wettbewerbes 
verschont  uns  vor  einer  noch  größeren  Überflutung  des  Arzneischatzes  mit 
gleichwertigen  und  gleichartig  wirkenden  Substanzen.  Aber  trotz  dieser  Lehre, 
die  sich  aus  der  Betrachtung  der  Vorgänge  dieser  Art  bei  der  Einführung  neuer 
Arzne'mittel  ergeben  muß,  fehlt  es  nicht  an  fortwährenden  Versuchen  der 
Erfinder  und  Fabrikanten,  solche  gleichwertige  Präparate  durch  Variation 
einer  an  der  Wirkung  nicht  beteihgten  Gruppe  darzusteUen  und  in  den  Arznei- 


Einleitung.  7 

schätz  einzuführen.  Es  mag  dies  wohl  zum  großen  Teil  damit  zusammenhängen, 
daß  sowohl  unter  den  Ärzten,  als  auch  unter  den  Chemikern  noch  eine  große 
Unklarheit  darüber  herrscht,  worauf  eigentlich  die  Wirksamkeit  bestimmter 
Körperklassen  beruht  und  daß  sie  nur  nach  Analogien,  die  aus  anderen  Körper- 
klassen herübergenommen  sind,  neue  Substanzen  schaffen  und  schließlich  sehr 
erfreut  sind,  wenn  sie  einen  physiologisch  wirksamen  Körper,  der  am  Kranken- 
bette therapeutische  Wirkungen  äußert,  erhalten  und  dabei  übersehen,  daß  sie 
nur  das  Unwesentliche  in  der  Konstitution  des  Körpers  variiert  haben,  das 
Wesentüche  aber  unverändert  bheb. 

Eine  zweite  Richtung  der  synthetischen  Arzneimittelchemie  war  noch 
rmgleich  einfacher  in  bezug  auf  das  gestellte  Problem,  sowie  auch  auf  die  Va- 
riationsmöglichkeiten der  Lösungen  dieses  Problems.  Eine  Reihe  von  in  der 
Natur  vorkommenden  xmd  als  Arzneimittel  verwendeten  Körpern,  sowie 
auch  neue,  synthetisch  dargestellte  Substanzen  zeigten  bei  ihrer  Anwendung 
in  der  Therapie  gewisse  unangenehme  Nebenwirkungen,  die  mit  der  Haupt- 
wirkung der  Substanz  nicht  immer  im  genetischen  Zusammenhang  standen. 
Diese  Nebenwirkungen  äußern  sich  darin,  daß  die  Arzneikörper  zu  rasch  oder 
zu  langsam  die  ihnen  eigentümliche  Wirkung  auslösen,  daß  sie  ätzend  wirken 
oder  bitteren  Gteschmack  haben.  Bei  einer  Reihe  anderer  Mittel  fällt  wieder 
der  Umstand  in  die  Wagschale,  daß  sie  ihre  Wirkung  schon  an  Orten  auslösen, 
an  welchen  diese  Wirkung  nicht  benötigt  wird,  wie  z.  B.  die  Darmantiseptica 
und  darmadstringierenden  Mittel,  deren  Wirkungen  unnötigerweise  schon 
im  Magen  beginnen.  Bei  vielen  Arzneimitteln  zeigt  sich  wiederum  der  Miß- 
stand, daß  sie  wegen  ihrer  Unlöslichkeit  nur  schwer  zur  Resorption  gelangen; 
hier  ist  das  Problem,  diese  Substanzen  ohne  Veränderung  ihrer  physiologischen 
Wirksamkeit  auf  chemischem  Wege  in  wasserlöshche  zu  verwandeln.  Auch 
das  umgekehrte  Problem,  leicht  lösliche  Substanzen  in  schwerlösliche  oder 
milöshche  zu  verwandeln,  um  sie  bestimmten  Zwecken  dienstbar  zu  machen, 
wurde  häufig  aufgestellt.  Während  in  der  Therapie  der  früheren  Zeit  sich 
häufig  die  Notwendigkeit  herausstellte,  um  gleichzeitig  verschiedene  Wir- 
kungen zu  erzielen,  Gremenge  verschiedener,  verschieden  oder  ähnlich  wir- 
kender Substanzen  zu  verabreichen,  war  auf  synthetischem  Wege  die  Mög- 
lichkeit geboten,  chemisch  solche  Substanzen  zu  kombinieren.  Es  ist  nun 
die  Frage  naheUegend,  ob  Synthesen  dieser  Art,  bei  denen  zwei  oder  mehrere 
wirksame  Körper  ohne  Rücksicht  auf  die  Wirkungsstärke  der  einzelnen  Kom- 
ponenten chemisch  verbunden  werden,  Vorteile  bieten  vor  einem  einfachen 
Mengen  der  wirksamen  Substanzen,  ob  nicht  der  ganze  synthetisch-chemische 
Prozeß  überflüssig  ist.  Diese  Frage  läßt  sich  nicht  strikte  beantworten.  Durch 
die  Verbindung  zweier  wirksamer  Substanzen  können  nämlich  unter  Umstän- 
den dem  neu  entstehenden  Körper  neue,  den  beiden  Grundsubstanzen  nicht 
zukommende  Wirkungen  verliehen  werden,  doch  erhält  man  in  der  Mehrzahl 
der  Fälle  meist  Wirkungen,  die  der  Wirkung  eines  Gemenges  der  beiden  Sub- 
stanzen entsprechen,  manchmal  auch  ganz  wirkungslose  Körper.  Es  ist  nun 
ersichtlich  und  klar,  daß  all  diese  Bemühungen  der  Synthetiker,  auf  dem  be- 
zeichneten Wege  Derivate  der  bekannten  Arzneikörper  zu  erhalten,  zur  Dar- 
stellung von  Substanzen  führen,  welche  keineswegs  als  neue  Arzneimittel  an- 
zusehen sind,  wie  es  Ärzte  und  Chemiker  häufig  tun,  sondern  als  Körper,  welche 
uns  als  synthetisch-chemischer  Ersatz  der  gegenwärtig  unmodernen  und  für 
manche  Ärzte  antiquierten  pharmazeutischen  Zubereitung  komplizierter  Art 
dienen.  Es  bieten  sich  nun  eine  Reihe  von  Möghchkeiten,  auf  synthetischem 
Wege  bestimmte  Eigenschaften  der  Arzneikörper  zu  korrigieren.   Die  verschie- 


8  Einleitung. 

den  artige  Lösung  dieses  einen  bestimmten  Problems  führt  aber  nicht  zu  neuen 
Arzneikörpem,  sie  hat  nur  die  Darstellung  verschiedener  chemischer  Sub- 
stanzen zur  Folge,  welche  in  der  Grundwirkung  mehr  oder  minder  identisch 
xmd  in  denen  der  wirksame  Kern  erhalten  sein  muß.  Es  gibt  num  eine  An- 
zahl von  Möglichkeiten,  die  Lösxmg  solcher  Probleme  zu  variieren,  von  Mög- 
lichkeiten, die  in  ihrer  Wirkung  häuüg  zu  ganz  identischen  Resultaten  fuhren. 
Diese  Variationsmöglichkeit  bereichert  oft  in  einer  ganz;  unnötigen  Weise  die 
Auswahl  der  vorhandenen  Arzneikörper,  ohne  daß  diese  Varianten  in  ihrer 
Wirkiuig  oder  in  ihren  sonstigen  Eigenschaften  differieren.  Andererseits  stellt 
sich  häufig  bei  Chemikern,  welche  die  theoretischen  Grundlagen  der  Wirkimgen 
chemischer  Substanzen  im  Organismus  nicht  kennen,  der  Fehler  ein,  daß  sie  die 
gestellten  Probleme,  wirksame  Arzneikörper  etwa  geschmacklos  oder  wasserlös- 
lich zu  machen,  in  einer  solchen  Weise  zu  lösen  versuchen,  daß  sie  durch  die  ge- 
setzten chemischen  Verändermigen  an  den  wirkenden  Grundsubstanzen  die  Wirk- 
samkeit derselben  überhaupt  vernichten.  Aus  diesem  Grmide  kamen  häufig  che- 
mische Substanzen  zur  therapeutischen  Verwendung,  die  dm-ch  Variationen  an 
einem  bekannten  wirksamen  Grundkörper  hergestellt  waren,  denen  aber  jede  Wir- 
kimg mangelte  oder  deren  Wirkung  umiötigerweise  wesentlich  abgeschwächt  war. 

Es  erschien  dem  Verfasser  als  eine  dankbare  Aufgabe,  den  gegenwärtigen 
Stand  unserer  Keimtnisse  imd  Erfahnmgen  über  die  Beziehung  zwischen 
Aufbau  und  Wirkung  der  chemischen  Verbindungen  zu  untersuchen  imd  jene 
allgemeinen  Regeln,  welche  sich  aus  diesen  Kenntnissen  ableiten  lassen,  fest- 
zustellen. Es  ergab  sich  nun,  daß  es  von  großem  Literesse  für  die  Erkenntnis 
dieser  Verhältnisse  sei,  wemi  man  in  das  Bereich  der  Untersuchungen  auch 
das  Verhalten  der  chemischen  Substanzen  und  insbesondere  der  Arzneimittel 
im  Organismus  einbezieht,  um  so  mehr,  als  der  Verfasser  sich  zu  der  Anschau- 
img berechtigt  fühlte,  daß  das  Erkennen  der  chemischen  Prozesse  bei  der 
Vergiftung  mid  bei  der  Entgiftung  im  Organismus,  sowie  das  Erkennen,  welche 
Körper  im  Organismus  völlig  abgebaut  werden,  welche  nur  partielle  Wand- 
lungen erleiden  und  welche  schließlich  den  Organismus  ganz  unverändert 
passieren,  ims  die  wertvollsten  Aufschlüsse  theoretischer  Natur  hefert,  sowie 
auch  eine  Reihe  von  Fingerzeigen  gibt,  welche  sich  für  die  Synthese  neuer 
wirksamer  Körper  verwerten  lassen.  Von  der  so  gewonnenen  Grmidlage  wurde 
der  Versuch  unternommen,  jene  Bahnen,  welche  die  synthetischen  Chemiker 
bei  der  Darstellung  neuer  Arzneimittel  imd  der  Derivate  von  wirksamen  Kör- 
pern eingeschlagen  haben,  aufzusuchen  und  kritisch  zu  beleuchten. 

Nur  wenige  Ideen  waren  es,  aus  denen  die  große  Anzahl,  die  Tausende 
von  neuen  Mitteln  entsprungen  sind,  und  nur  die  Variationsmöglichkeit  ver- 
schiedenster Art  war  die  Quelle  dieser  überaus  großen  Menge  neuer  Körper, 
die  leicht  noch  auf  das  Mehrfache  gesteigert  werden  könnte.  Aber  auch  manche 
überaus  wertvolle  Errungenschaft  verdankt  die  Therapie  der  synthetisch-che- 
mischen Richtung  in  der  Pharmakologie,  und  außer  diesen  Emmgenschaften 
von  praktischer  Bedeutung  hat  die  pharmakologische  Wissenschaft  auch  viele 
theoretische  Kenntnisse  durch  die  Darstellung  und  Prüfung  der  vielen  neuen 
Arzneimittel  gewonnen. 

Die  Hochflut  der  neuen  Substanzen,  welche  Erfinder  und  Fabrikanten 
praktisch  zu  verwerten  suchten,  mußte  es  dahin  bringen,  daß  die  Frage  auf- 
geworfen wurde,  wie  man  den  Einbruch  dieser  neuen  Mittel  in  die  Therapie 
vor  einer  eingehenden  Prüfung  verhüten  könnte.  Es  wurde  mehrfach  der 
Vorschlag  gemacht,  staatliche  Institute  zu  errichten,  deren  Aufgabe  darin 
bestehen  soU,  die  neuen  Arzneimittel  zu  prüfen  imd  zu  begutachten,  bevor  man 


Einleitung.  9 

deren  Einführung  in  die  Therapie  zuläßt.  So  wertvoll  eine  solche  Prüfung 
auch  sein  mag  und  so  sehr  vielleicht  diu-ch  eine  solche  Vorprüfung  die  An- 
wendimg von  durchaus  schädlichen  Substanzen  seitens  praktischer  Ärzte  ver- 
hindert werden  möchte,  so  kann  sich  leicht  ein  anderer  Nachteil  in  der  Richtung 
einstellen,  daß  ein  solches  staathches  Institut  die  ungeheuer  große  Möghch- 
keit  von  Variationen  an  bekannten,  wirksamen  Substanzen  als  neue,  gut 
wirksame  Körper  anerkennen  und  für  die  Praxis  zulassen  müßte.  Gterade 
diese  Variationen  machen  die  große  Anzahl  neuer  Arzneimittel  aus,  während 
das  Auffinden  neuer  wirksamer  Körperklassen  und  Grundkörper  ja  doch  weit- 
aus seltener  ist.  Wir  müssen  vielmehr  hoffen,  daß  den  unnützen  Variationen 
bekamiter  wirksamer  Grundverbindungen  seitens  der  Chemiker  ein  Damm 
gesetzt  wird  durch  Erweiterung  der  pharmakologischen  Kenntnisse  der  Arzte, 
und  daß  die  berufenen  Lehrkräfte  auf  die  Ärzte  aufklärend  wirken,  indem  sie 
dieselben  mit  den  Richtungen,  mit  den  Zielen  und  mit  den  Methoden  der  Chemi- 
ker vertraut  machen  und  sie  strenge  unterscheiden  lehren  zwischen  dem  Auf- 
treten neuer  wirksamer  Grundverbindmigen  und  den  Variationen  verschie- 
denster Art  an  alten  oder  neuen  wirksamen  Substanzen. 

Gegenwärtig  besteht  leider  eine  Schutzwehr  gegen  die  Überflutung  der 
Therapie  durch  überflüssige  neue  Mittel  nur  in  der  Resistenz  imd  dem  Konser- 
vativismus des  ärztlichen  Publikums,  ein  konservativer  Sinn,  welcher  ebenso 
dem  Neuen  und  Guten,  wie  dem  Neuen  und  Überflüssigen  entgegengesetzt  wird. 

Durch  die  kritische  Sichtung  der  Bestrebungen  der  Chemiker  und  die 
Beleuchtung  der  sie  treibenden  pharmakologischen  Ideen  hofft  der  Verfasser 
nach  beiden  Richtimgen  zu  wirken.  Der  Chemiker  soll  durch  die  Erkenntnis 
des  schon  tatsächlich  Geleisteten  davon  abgehalten  werden,  für  die  Therapie 
überflüssige  Stoffe  darzustellen,  imd  durch  das  Erkennen  der  pharmakologischen 
Gnmdwirkungen  soO  er  in  die  Lage  versetzt  werden,  auf  neuen  Wegen  vor- 
zuschreiten. Auch  die  Darstellung  des  Scheiterns  so  zahlreicher  pharmakolo- 
gischer Ideen  wird  sicherhch  lehrreich  wirken  und  den  Synthetiker  von  dem 
Betreten  einer  aussichtslosen  oder  falschen  Bahn  zurückhalten. 

Auf  die  medizinischen  Kreise  hofft  der  Verfasser  in  der  Weise  aiifklärend 
zu  wirken,  daß  er  sie  zum  Erkennen  imd  gruppenweisen  Betrachten  der 
neuen  Arzneimittel  nach  chemischen  und  pharmakodynamischen  Prinzipien 
aiuregt  imd  zeigt,  aus  welchen  Richtungen  und  auf  welche  Weise  eine  Überflutung 
mit  neuen  Arzneimitteln  droht,  welche  Richtungen  Vorteile  zu  bringen  ver- 
sprechen und  welche  schließlich  ganz  unwirksame  Körper  fördern  müssen. 

Welche  Erfolge  diese  neue  Betrachtungsweise  der  Arzneimittel  und  ihrer 
Wirkung  zeitigen  und  welche  Klärung  durch  die  Bestrebungen  des  Verfassers 
eintreten  wird,  soll  die  Zukunft  entscheiden. 

Für  Ärzte  und  insbesondere  für  Chemiker  muß  es  auch  von  Interesse 
sein,  jene  synthetisch-chemischen  Prozesse  kemienzulemen,  nach  welchen 
die  Darstelliuig  der  verschiedenen  Arzneimittel  durchgeführt  wird.  An  der 
Hand  der  Patentschriften  des  Deutschen  Reichs-Patentamtes  u.  a.  sind  alle 
hier  in  Betracht  kommenden  Verfahren  in  diesem  Werke  beschrieben. 

In  jüngster  Zeiu  hat  die  physikalisch-chemische  Richtung  in  der  Pharma- 
kologie ungemein  an  Bedeutung  gewonnen,  vorzüglich  der  Versuch,  die  Wir- 
kungen der  Substanzen  aus  ihrem  physikaUschen  Verhalten,  insbesondere  ihrer 
Verteilung  zu  erklären.  Wenn  auch  diese  Richtung  bis  mm  sich  nicht  als  heu- 
ristisches Prinzip  durchgesetzt,  so  hat  der  Verfasser  nicht  ermangelt,  ihre 
theoretischen  Gnmdlagen  in  diesem  Werke  auseinanderzusetzen. 


Allgemeiner  Teil. 

Erstes  Kapitel. 

Theorie  der  Wirkungen  anorganischer  Körper. 

Bei  den  Wirkungen  der  anorganischen  Körper  läßt  sich  eine  bestimmte 
Gesetzmäßigkeit  innerhalb  gewisser  Reihen  leicht  erkennen,  und  schon  im  Jahre 
1839*)  hat  James  Blake  darauf  hingewiesen,  daß  die  Wirkung  der  Lösungen 
verschiedener  Salze,  in  das  Blut  eingeführt,  nur  von  dem  elektro-positiven 
Grundstoffe  abhängt,  und  die  Säure  im  Salze  in  gar  keinem  oder  nur  sehr  gerin- 
gem Zusammenhange  zu  der  Wirkung  desselben  steht.  Später  konnte  er  zeigen, 
daß  bei  den  Metallen  die  Wirksamkeit  einer  und  derselben  isomorphen  Gruppe 
im  Verhältnisse  zum  Atomgewichte  steht^).  Je  größer  das  Atomgewicht  inner- 
halb der  isomorphen  Gruppe,  desto  intensiver  die  physiologische  Wirkung. 
Es  stimmen  die  einwertigen  Metalle  Li,  Na,  Rb,  Tl,  Cs,  Ag  qualitativ  genau 
in  ihrer  physiologischen  Wirkung  überein.  Die  zweiwertigen  Metalle  Mg,  Te, 
Mn,  Co,  Ni,  Cu,  Zn,  Cd  haben  untereinander  ebenfalls  eine  Übereinstimmung 
aufzuweisen,  dasselbe  zeigt  sich  in  der  Gruppe  Ca,  Sr,  Ba.  In  den  Salzen  der 
Magnesiumreihe  ist  die  analoge  physiologische  Wirkung  deutlich  ausgesprochen. 
Man  kann  leicht  ersehen,  daß  sich  ihre  Wirksamkeit  mit  der  Zunahme  des  Atom- 
gewichtes steigert,  ebenso  bei  den  Salzen  der  Caiciumgruppe  Die  vierwertigen 
Elemente  Thorium,  Palladium,  Platin,  Osmium  und  das  ein-  oder  dreiwertige 
Gold  zeigen  alle  übereinstimmend  eine  große  Litensität  der  physiologischen 
Wirkung.  Nach  den  Untersuchungen  von  Blake  stimmen  auch  die  drei  Halo- 
gene Chlor,  Brom  und  Jod  in  ihren  physiologischen  Wirkungen  überein.  Nach 
den  Angaben  von  Blake  machen  Phosphor  und  Antimon,  in  den  Kreislauf 
gebracht,  keine  sofort  wahrnehmbare  physiologische  Reaktion.  Auch  für 
Schwefel  und  Selen  gibt  es  Gesetze  der  Isomorphie,  denn  letzteres  wirkt  stärker. 
Die  einzige  Ausnahme  von  der  Blakeschen  Regel  der  analogen  Wirkungs- 
weise isomorpher  Substanzen  machen  die  Salze  des  Kalium  und  Ammonium, 
da  deren  Wirkung  von  der  Wirkung  der  anderen  Glieder  der  isomorphen  Gruppe 
stark  differiert.  Dieselben  Elemente  machen  aber  auch  eine  Ausnahme  in  dem 
von  Mitscherlich  aufgefundenen  Gesetze,  daß  den  Elementen  derselben  iso- 
morphen Gruppe  ähnliche  Spektren  zukommen.  Blake  nimmt  an,  daß  die 
physiologische  Wirkung  der  Elemente  auf  intramolekularen  Schwingungen  be- 
ruht, welche  sich  auch  im  Spektrum  äußern.  Zwei  isomorphe  Gruppen,  die  der 
Alkalimetalle  und  die  des  Phosphors,  haben  im  ganzen  außer  einer  verhältnis- 
mäßigen Einfachheit  des  Spektrums,  nach  Blake  auch  die  Eigenschaft  ge- 
mein, nur  periphere  Nervenzentren,  nicht  aber  cerebrospinale  zu  affizieren. 
Der  Stickstoff,  welcher  ein  kompliziertes  Spektrum  besitzt,  wirkt  dagegen 
sehr  entschieden  auf  die  cerebrospinalen  Nervenzentren. 


1)  C.  r.  Jg.   18j9.    Proceedings  London  Roy.  Soe.   1841,   BB.    14,  394  (1881). 

*)  Americ.  Journ.  of  Science  and  Arts  7.  März   1874. 


Theorie  der  Wirkungen  anorganischer  Körper.  U 

Die  Einwirkung  einwertiger  Elemente  auf  die  Lungencapillaren  (Kon- 
traktion derselben  beim  Durchspritzen)  ist  nach  Blake  so  spezifisch,  daß  diese 
Metalle  auch  beim  Einspritzen  in  die  Arterien  noch  durch  ihre  Wirkung  auf  die 
Gefäße  tödlich  sind.  Sie  zirkulieren  durch  die  Nervenzentren  in  einem  konzen- 
trierteren  Zustande  als  durch  die  Lunge,  und  passieren  die  Körpercapillaren, 
ohne  eine  deutliche  physiologische  Wirkung  auszuüben. 

Die  Salze  aller  zweiwertigen  Elemente  gehen  durch  die  Lungencapillaren 
durch,  ohne  eine  Kontraktion  derselben  zu  verursachen,  setzen  aber  der  Herz- 
tätigkeit alsbald  ein  Ende.  Li  kleineren  Mengen  eingespritzt  ist  die  physiolo- 
gische Wirkung  der  Salze  in  der  Mg-Gruppe  und  der  Ba-Gruppe  ganz  verschie- 
den. Die  ersteren  wirken  auf  das  Brechzentrum  direkt  oder  wahrscheinlich 
infolge  von  Reflexwirkung  auf  den  Splanchnicus,  während  Salze  der  Ba-Gruppe 
auf  das  Rückenmark  einwirken,  indem  sie  Zuckungen  der  willkürhchen  Mus- 
keln noch  mehrere  Minuten  nach  dem  Tode  verursachen. 

Die  Salze  der  drei-  und  vierwertigen  Metalle  wirken  hauptsächlich  auf  das 
Hemmungs-  und  vasomotorische  Zentrum  in  der  Medulla  oblongata. 

Die  erzeugten  Wirkungen  werden  durch  den  elektro-positiven  Bestand- 
teil des  Salzes  bestimmt,  ändern  sich  daher  nur  wenig  mit  der  Natur  des  damit 
verbundenen  Säureradikals.  Direkt  in  das  Blut  eingeführt,  übten  die  Sulfate, 
Nitrate,  Chloride,  Acetate,  Arseniate,  Phosphate  einer  und  derselben  Base 
sämtlich  die  gleiche  biologische  Wirkung  aus,  wie  Blake  behauptet,  was  aber 
nicht  ganz  richtig  ist. 

Die  biologischen  Wirkungen  der  anorganischen  Verbindungen  sind  durch 
ihre  isomorphen  Beziehungen  bestimmt,  indem  alle  Stoffe  derselben  isomor- 
phen Gruppe  analoge  Wirkungen  ausüben. 

Das  Atorngewicht  eines  Elementes  ist  ein  wichtiger  Faktor  bei  den  bio- 
logischen Wirkungen  und  beeinflußt  den  allgemeinen  Charakter  derselben, 
welcher  von  den  isomorphen  Beziehungen  der  Substanzen  abhängig  ist.  Bei 
Körpern  derselben  isomorphen  Gruppe  ist  die  Litensität  der  Wirkungen  dem 
Atomgewicht  proportional  oder  mit  anderen  Worten,  je  höher  das  Atomgewicht 
eines  Elementes  ist,  um  so  weniger  muß  vorhanden  sein,  um  die  der  betreffen- 
den isomorphen  Gruppe  eigentümliche  biologische  Wirkung  zu  zeigen.  Diese 
Regel  findet  jedoch  nur  für  die  elektropositiven  Elemente  Anwendung.  Bei 
den  Metalloiden  und  Halogenen  ist  zwar  die  biologische  Wirkung  durch  ihre 
isomorphen  Beziehungen  bestimmt,  doch  zeigt  sich  kein  Zusammenhang  zwi- 
schen dem  Atomgewicht  und  der  Litensität  der  Wirkung. 

Es  besteht  also  nach  Bla  kes  Untersuchungen  ein  Zusammenhang  zwischen 
der  molekularen  Konstitution  der  anorganischen  Substanzen  und  ihrer  Wir- 
kung, indem  die  Wertigkeit  eines  Elementes  ein  bestimmender  Faktor  der  bio- 
logischen Wirkung  ist.  Es  ist  nicht  der  allgemeine  Charakter  oder  die  Inten- 
sität der  biologischen  Wirkung,  sondern  sozusagen  die  Ausdehnung  derselben, 
worauf  die  Wertigkeit  des  Elementes  von  Einfluß  ist.  Mit  der  Zahl  der  Valenzen 
steigt  die  Zahl  der  Organe,  auf  welche  die  anorganischen  Verbindungen  ein- 
wirken.   Die   Wirkungen   im  differenzierten   Organismus  werden   allgemeiner. 

Die  Mg-Gruppe  wirkt  auf  die  Eingeweidenerven,  die  Ba-Gruppe  auf  die 
willkürlichen  Muskeln. 

Der  Einfluß  der  isomorphen  Beziehungen  eines  Elementes  zeigt  sich  als 
der  für  die  Wirkung  auf  belebte  Materie  bestimmende  gerade  bei  jenen  Ele- 
menten in  besonders  hervorragender  Weise,  welche  die  Übergangsglieder  zweier 
isomorpher  Gruppen  bilden.  Sie  erzeugen  biologische  Wirkungen,  welche  den 
von  den  Elementen  der  beiden  ihnen  nahestehenden  Gruppen  hervorgerufenen 


12  Theorie  der  Wirkungen  anorganischer  Körper. 

ganz  nahe  sind.  Kalium  imd  Ammonium  z.  B.,  welche  mit  den  einwertigen 
Metallen  und  ebenso  mit  der  Bariumgruppe  in  isomorpher  Beziehung  stehen, 
zeichnen  sich  durch  ihre  Wirkung  auf  die  Lungencapillaren  aus,  wie  es  die 
Salze  der  Na-Gruppe  tun,  während  sie  gleichzeitig  die  am  meisten  charakteri- 
stische Reaktion  der  Salze  der  Bariumgruppe  hervorbringen,  indem  sie  näm- 
Mch  die  Kontraktion  der  wiUkürhchen  Muskeln  noch  mehrere  Minuten  nach 
dem  Tode  verursachen.  Wemi  dasselbe  Element  Verbindungen  eingeht,  die 
zwei  isomorphen  Gruppen  angehören,  so  ist  die  Wirkung  der  Salze,  die  zu  den 
verschiedenen  Gruppen  gehören,  keineswegs  die  gleiche.  Der  Unterschied 
zwischen  den  biologischen  Wirkiuigen  der  Ferro-  oder  Ferrisalze  ist  sehr  deut- 
lich. Ferrosalze  affizieren  die  Lmigencapillaren  nicht,  Ferrisalze  verursachen 
ihre  Kontraktion.  Die  ersteren  heben  die  Herztätigkeit  auf,  die  letzteren  ver- 
mehren mid  verstärken  sie.  Auf  Nervenzentren  ist  die  Wirkmig  der  Ferrisalze 
sehr  bestimmt,  während  die  Ferrosalze  sie  kaum  affizieren;  die  Ferrosalze  ver- 
zögern oder  verhindern  die  Koagulation  des  Blutes,  während  die  Ferrisalze  sie 
begünstigen  und  dieselbe  Menge  eines  Ferrisalzes  ist  30  mal  giftiger  als  die 
eines  Ferrosalzes. 

Was  den  Einfluß  der  elektro-negativen  Bestandteile  eines  Salzes  auf 
seine  biologische  Wirkung  betrifft,  so  äußert  er  sich  nach  Blake  gleichsam 
als  Korrelat  zu  der  Regel,  daß  isomorphe  Substanzen  zu  ähnhchen  biologischen 
Wirkungen  Veranlassung  geben.  —  Die  meisten  Verbindungen  des  elektro- 
negativen  Elementes  haben  keine  deuthche  biologische  Wirkung.  Phosphor 
und  arsenige  Säure  können  in  die  Blutgefäße  in  viel  größeren  Mengen  ein- 
gespritzt werden,  als  eines  der  Metallsalze,  ohne  eine  direkte  Wirkung  auf 
die  Nervenzentren  hervorzurufen.  Die  Tatsache,  daß  die  pyrophosphorsauren 
Alkahen  viel  giftiger  sind  als  die  Orthophosphorsäuren,  ist  wahrscheinUch 
durch  Dissoziation  der  Salze  in  verdünnter  wässeriger  Lösung  veranlaßt,  indem 
die  un verbundenen  alkahschen  Basen  viel  stärker  wirken  als  Salze. 

Der  Einfluß  der  Wertigkeit  auf  die  biologische  Wirkung  der  anorgani- 
schen Verbindiuigen  ist  ähnlich  wie  beim  Molekulargewicht,  nur  sekundär. 
Er  scheint  niu-  die  Richtungen,  in  denen  er  sich  äußert,  zu  bestimmen.  Ele- 
mente derselben  Wertigkeit  finden  sich  in  verschiedenen  isomorphen  Gruppen 
und  können  gemäß  ihrer  isomorphen  Beziehmigen  sich  durch  sehr  verschiedene 
biologische  Wirkungen  unterscheiden,  aber  kein  einwertiges  Element  wirkt  auf 
so  viele  Nervenzentren  luid  Organe  wie  ein  zweiwertiges  imd  die  Wirkmig  jedes 
zweiwertigen  Elementes  ist  mehr  beschränkt  als  die  der  drei-  und  vierwertigen 
Elemente^). 

Nur  bei  den  elektropositiven  Elementen  ist  nach  Blake  Wertigkeit  und 
Atomgewicht  bestimmend  für  die  biologische  Wirkung. 

Eine  Analogie  hierfür  existiert  bei  den  organischen  Verbindungen. 
0.  Schmiedeberg  fand,  daß  die  biologische  Wirkimg  der  Ester  nicht  durch 
den  elektronegativen  Bestandteil  beeinflußt  wird-). 

Man  ist  zu  der  Annahme  berechtigt,  daß  in  derselben  Gruppe  von  Ele- 
menten die  Spektra  homolog  sind;  dasselbe  findet  man  bei  der  biologischen 
Wirkung. 

Wie  schon  oben  erwähnt,  zeigen  die  biologischen  Wirkungen  der  Elemente 
nur  in  zwei  Fäüen  (Kahum-  und  Stickstoff  Verbindungen)  eine  Ausnahme, 
da  dieses  biologische  Verhalten  mit  den  isomorphen  Beziehimgen  nicht  über- 
einstimmt^).   Dasselbe  Verhalten  zeigen  aber  auch  die  Spektra.    Bei  diesen 

1)  J.  Blake,  C.  r.   106,   1250.  «)  AePP.  30,  201. 

')  .J.  Blake,  C.  r.   104,   1544.  —  Joum.  of  physiol.  8,   13. 


Theorie  der  Wirkungen  anorganischer  Körper.  13 

Elementen  sind  die  Spektra  von  denen  der  anderen  Elemente  derselben  Gruppe 
verschieden.  Wir  kennen  die  Absorptionsspektra  der  Verbindungen  der  ein- 
wertigen Metalle  zu  wenig,  um  der  Ausnahmestellung  des  Kahums  viel  Ge- 
wicht beizulegen.  Die  Spektra  des  Stickstoffs  imd  seiner  Verbindungen  aber 
sind  durchaus  verschieden  von  den  Spektren  der  anderen  Elemente.  Nicht 
niu-  unterscheidet  sich  der  Stickstoff  in  seinen  spektralen  Beziehungen  gänz- 
hch  von  den  anderen  Elementen,  sondern  der  Einfluß  seiner  Verbindungen 
auf  die  Lichtabsorption  zeigt,  daß  er  optisch  ein  außerordenthch  aktives  Ele- 
ment ist ;  diese  optische  Aktivität  ist  nun  aber  von  einer  deuthch  ausgesproche- 
nen biologischen  Aktivität  begleitet. 

Diese  interessanten  Untersuchungen  Blake s  haben  eine  Reihe  von  For- 
schem angespornt,  dieses  Gebiet  weiter  auszubauen  und  auch  die  Blake- 
schen Versuche  und  Theorien  kritisch  zu  beleuchten.  Zuerst  haben  Bou- 
chardat  und  Stewart  Cooper^)  gezeigt,  daß  die  physiologische  Wirkung 
von  Chlor,  Brom  und  Jod,  in  engem  Zusammenhang  mit  ihrem  Atomgewicht 
steht,  und  das  Verhältnis  ein  solches  ist,  daß  mit  dem  Anwachsen  des  Atom- 
gewichtes die  Wirkung  sich  abschwächt.  Vergleicht  man  hingegen  die  Wir- 
kung der  Natriumsalze  der  Halogene,  so  ei^bt  sich  die  umgekehrte  Regel: 
Fluornatrium  ist  das  giftigste,  dann  Jodnatrium,  Bromnatrium  und  zum 
Schluß  das  ungiftige  Chlornatrium.  Rabuteau^)  komite  diese  Regel  für  die 
einwertigen  Metalloide  bestätigen.  Die  physiologische  Wirkmig  der  zwei- 
wertigen Metalloide  soll  sich  aber  im  allgemeinen  direkt  mit  der  Zunahme 
des  Atomgewichtes  steigern.  Selen  wirkt  stärker  als  Schwefel,  während  Fluor 
stärker  wirkt  als  Chlor.  Er  dehnte  dieses  Gesetz  auch  auf  die  Metalle  aus, 
mußte  aber  dann  seine  Behauptung  wesentlich  einschränken. 

Einige  interessante  Untersuchungen  sollen  hier  noch  erwähnt  werden. 
So  hat  Charles  Riebet-)  die  physiologische  Wirkung  der  Salze  von  Lithium, 
Kahum  und  Rubidium  untersucht  und  gefunden,  daß  sich  Lithium,  Kalium 
und  Rubidium  in  ihrer  Giftigkeit  verhalten,  wie  1.1  :  0.5  :  1.0;  während  sich 
die  Atomgewichte  verhalten  1  :  5.6  :  12.  Man  berechnet  die  tödliche  Dosis 
des  Alkalimetalles,  wemi  man  das  Atomgewicht  mit  0.0128  multiphziert.  Ri- 
ebet erklärt  das  Verhalten  der  Alkalimetalle  im  Organismus  damit,  daß  sie 
Atom  für  Atom  Natrium  in  den  Verbindungen  des  Organs  verdrängen  und  er- 
setzen. Binet^),  welcher  vergleichende  physiologische  Untersuchungen  der 
Alkalien  und  Erdalkalien  machte,  fand,  daß  die  allgemeinste  Wirkung  der 
Alkalien  und  Erdalkalien  die  ist,  daß  ein  Verlust  der  Erregbarkeit  des  Zen- 
tralnervensystems und  Störung  der  Muskelcontractilität  auftritt;  diesem 
letzteren  Stadium  gehen  Störungen  der  Respiration  und  Herztätigkeit  voraus, 
welche  bei  Warmblütern  schnell  zum  Tode  führen  können,  bevor  sich  noch 
die  erstgenannten  Wirkungen  auf  das  Nervensystem  entwickeln.  Bisweilen 
sind  auch  Störungen  im  Verdauungskanal  zu  beobachten,  namenthch  durch 
Barium  und  Lithium.  Neben  diesen  gemeinsamen  Wirkungen  treten  auch  be- 
sondere Erscheinungen  auf,  welche  für  die  chemischen  Gruppen  der  Metalle 
besonders  charakteristisch  sind.  Die  Alkalien  machen  Herzstillstand  in  der 
Diastole  und  motorische  Untätigkeit  durch  allgemeine  Muskelerschlaffung; 
Erdalkalien  machen  systolischen  Herzstillstand.  Barium  charakterisiert  sich 
durch  Kontraktion,  Calcium  durch  die  Wirkung  auf  das  Zentralnervensystem, 
durch  einen  Zustand  von  Torpor  mit  Erhaltung  der  Reflexerregbarkeit  und  der 
Sensibilität.    Magnesium  nähert  sich  der  ersten  Gruppe,  indem  es  ebenfalls 

1)  L.  Brunton,  Handb.  d.  Pharmakol.,  S.  31.    Leipzig   1893. 
«)  Richet,  C.  r.   101,  667,  707.  ')  C.  r.   115,  251. 


14  Theorie  der  Wirkungen  anorganischer  Körper. 

Herzstillstand  in  der  Diastole  bewirkt,  es  unterscheidet  sich  aber  durch  die 
frühzeitige  Lähmung  des  peripheren  Nervensystems.  Nach  der  toxischen 
Wirkung  am  Frosch  besteht  folgende  Reihe  sehr  giftiger  MetaUe:  Lithium, 
Kalium,  Barium,  dann  folgen  die  viel  unschädlicheren  Calcium,  Magnesium, 
Strontium,  letzteres  ist  sehr  wenig  giftig;  schließlich  Natrium,  dem  fast  gar 
keine  toxische  Wirkung  zukommt,  wahrscheinhch  infolge  der  Gewöhnung 
der  Vorfahren  unserer  heutigen  Tierwelt  an  salzige  Medien  *).  Aber  Chlor- 
natrium kann  ebenfalls  sehr  giftig  sein,  da  es  die  anderen  Metallbestandteile 
der  Zellen,  wie  Kahum,  Calcium  \md  Magnesium  verdrängen  kann,  wie  wir 
später  sehen  werden. 

Auf  die  völlige  Unschädlichkeit  der  löslichen  Strontiumsalze  wies  auch 
Laborde'')  hin,  welcher  ebenfalls  die  starke  Toxizität  der  ähnhchen  Barium- 
verbindungen und  die  schwächere  Toxizität  der  Kaliumsalze  betonte. 

Bei  Säugetieren  ist  für  Herz  und  Respiration  Barium  am  giftigsten.  Bi  net 
vermißt  aber  die  von  Rabuteau  aufgestellte  Beziehung  zwischen  Giftigkeit 
und  Atomgewicht  der  Metalle. 

Setzt  man  die  Giftigkeit  von  Sr  =  1,  so  ergeben  sich  aus  den  Binet- 
schen  Versuchen  folgende  Verhältnisse: 


Atomgewicht 

Giftigkeit 

Na 

23 

0 

Sr 

87.5 

1 

Mg 

24 

2.5 

Ca 

40 

3 

Ba 

137 

6 

K 

39 

7 

li 

7 

10 

Joseph  und  Meltzer^)  fanden,  daß 

pro  kg  Körpergewicht  letal  wirken:      MgClj  0.223 

CaCl,     0.444 
KCl       0.469 
Naa     3.7 
intravenös  oder  intraarterieU  injiziert. 

Ch.  Riebet^)  versetzte  Meerwa.sser,  in  dem  Fische  waren,  mit  Metallsalzen. 
Eine  Beziehung  zwischen  der  Giftigkeit  der  Metalle  und  ihren  Atomgewichten 
ließ  sich  aber  bei  dieser  Versuehsanordnung,  bei  der  die  Metallsalze  ausschließ- 
lich auf  die  Haut,  den  Kiemen-  und  Verdauungsapparat  wirkten,  im  Gegen- 
satze zu  den  vorher  angeführten  Versuchen,  bei  denen  die  Metallsalze  direkt 
in  den  Kreislauf  gebracht  wurden,  nicht  auffinden.  Nitrate  erwiesen  sich 
aber  giftiger  als  die  Chloride. 

Die  toxische  Grenze  ist  nun  nach  Ch.  Riebet^)  bei  Aufträufeln  auf  Frosch- 
herzen nicht  abhängig  vom  Atomgewicht,  und  die  Metallchloride  wirken  anders 
auf  das  Froschherz,  als  auf  die  Kiemen  der  Fische.  Auch  bei  den  Alkahmetallen 
steht  die  letale  Miiumaldosis  m  keinem  Verhältnis  zum  Atomgewicht. 

Ch.  Riebet  meint,  daß,  je  löslicher  ein  Körper  ist,  desto  weniger  giftig 
sei  er,  und  versucht  die  Erklärung,  daß  dies  durch  die  Unfähigkeit  einer  weniger 
löslichen  Verbindung,  durch  das  Protoplasma  zu  diffundieren,  verursacht  sei. 
Diese  Erklärung  kann  man  nur  für  Körper  von  ähnlicher  Zusammensetzung 
annehmen  mid  für  Lösungen  von  gleicher  Stärke.  Sehr  leicht  lösliche  Körper 
werden  viel  leichter  absorbiert  oder  resorbiert  und  unter  gewöhnhchen  Um- 


')  G.  Bunge,  Lehrb.  d.  physiol.  u.  pathol.  Chemie. 

')  Bull,  de  l'Acad.  de  Meii.  26,  104,  119  (1891).  ')  Zentralbl.  f   Physiol.  23,  244. 

*)  Ch.  Richet,  C.  r.  93,  049.  '■)  Ch.  Richet,  C.  r.  94,  742. 


Theorie  der  Wirkungen  anorganischer  Körper. 


15 


ständen  produzieren  sie  einen  größeren  Effekt,  weil  eine  größere  Menge  in  der 
Zeiteinheit  die  Gewebszellen  affiziert.  Blake*)  und  Rabuteau^)  kritisierten 
diese  von  Riebet  angewandten  Methoden  und  hielten  ihre  Angaben  über 
den  Zusammenhang  zwischen  Giftigkeit  luid  Atomgewicht  weiterhin  aufrecht. 

Nach  Blake  nimmt  die  Giftigkeit  nur  innerhalb  isomorpher  Gruppen  mit 
dem  Atomgewichte  zu,  nicht  aligemein,  wie  Rabuteau^)  mit  alleiniger  Aus- 
nahme von  Natrium  und  Rubidium  behauptet.  Blake  ordnet  die  Metalle  nach 
ihrer  Giftigkeit  folgendermaßen:  Gold,  Eisenoxyd,  Ceroxydul,  Aluminium, 
Didym,  Beryllium  (Glycinium),  Palladium,  Lanthan,  Silber,  Thorium,  Platin, 
Ceroxyd,  Barium,  Cadmium,  Blei,  Rubidium,  Kupfer,  Kobalt,  Nickel,  Zink, 
Eisenoxydul,  Strontium,  Calcium,  Magnesium,  Lithium. 

Wenn  man  die  Elemente  in  isomorphe  Reihen  und  nach  ihrem  Atom- 
gewichte und  ihrer  Giftigkeit  ordnet,  so  sieht  man,  wie  die  Giftigkeit  der  Metalle 
nicht  im  allgemeinen,  sondern  nur  innerhalb  isomorpher  Gruppen  mit  dem 
Atomgewicht  zunimmt  (Blake). 

Er  stellte  folgende  Gruppen  zusammen:  • 


Lithium 
Rubidium 

Atom- 
gewicht 
7 
85 

Tödl.  Dosis 

per  Kilo  iu  g 

1.2 

0.12 

Magnesiimi 
Eisen  (FeO) 

Atom- 
gewicht 

24 

56 

Tödl.  DobIb 

per  Kilo  ia  g 

0.97 

0.32 

Caoaium 

133 

0.12 

. 

Nickel 

58 

0.18 

Silber 

108 

0.028 

Kobalt 

58 

0.17 

Güld 

196 

0.003 

.  Kupfer 

63 

0.17 

Beryllium  (Glycinium)       9 
Aluminium                           27 
Eisen  (FejOj)                    56 

0.023 
0.007 
0.004 

Zink 
Cadmium 

65 
112 

0.18 
0.085 

Yttrium 
Cerium  (CejO,) 

(  Barium 

90 
140 

136 

0.004 
0.005 

0.08 

f  Calcium 
\  Strontium 

40 

87 

0.50 
0.38 

l  Cerium   (CeOj) 
l  Thorium 

140 
231 

0.062 
0.034 

i  Palladium 
\  Platin 

106 
195 

0.008 
0.027 

/  Lanthan 
\  Didym 

139 

0.025 

147 

0.017 

Blei 

200 

0.110 

Äquimolekulare  Lösungen  der  Chloride  des  Lanthans,  Praseodyms  und 
des  Neodyms  zeigen  zunehmende  Giftwirkung  mit  steigendem  Molekulargewicht 
[Dryfuß  und  Wolf«)]. 

Blei,  welches  sich  nicht  in  eine  der  obigen  Gruppen  einordnen  läßt,  wirkt 
relativ  weniger  giftig;  die  tödliche  Dose  beträgt  LH  g  pro  kg.  —  Bei  den  Verbin- 
dungen der  Metalloide  steigt  die  Giftigkeit  nicht  mit  dem  Atomgewicht,  wie 
nach  Blake  bei  den  Metallen  innerhalb  der  isomorphen  Gruppen.  Blake 
bestimmte  die  toxische  Dose  für  Phosphorsäure,  Arsensäure  und  Tartarus 
stibiatus  zu  0,7  g,  für  arsenige  Säure  zu  0.3  g  pro  kg.  —  Selensäure  fand  er  wirk- 
samer als  Schwefelsäure.  Bei  Vergleichung  der  Halogene  fand  er  die  Wasser- 
stoff- und  die  Sauerstoffsäuren  des  Chlors  am  giftigsten,  die  des  Jod  am  wenig- 
sten giftig^). 

Die  Desinfektionswirkung  der  Halogene  Chlor,  Brom  und  Jod  nimmt  mit 
steigendem  Atomgewicht  ab. 

Die  Botkinschen  Untersuchungen*)  über  die  Wirkungen  der  Alkalimetalle 
waren  darauf  gerichtet,  einen  Zusammenhang  zwischen  den  Wirkungen  und 


M  J.  Blake,  C.  r.  94,   1005.  —  C.  r.  s.  t 
»)  Rabuteau,  C.  r.  s   b.  1882,  37C. 
*)   Americ.  Journ.  of  physioloßy   16,   314. 
«)  Centralbl.  f.  med.  Wias.    1885,  Nr.  48. 


18M,  847. 

3)  Rabuteau,  Thdse  Paris  (1867). 
^)  Blake,  Journ.  of  physiol.  5,   35. 


16  Theorie  der  Wirkungen  anorganischer  Körper. 

dem  periodischen  System  von  Mendelejeff  zu  suchen.  Nach  Mendelejeff  ^) 
nehmen  wir  an,  daß  die  Eigenschaften  der  Elemente,  sowie  die  Form  und 
Eigenschaften  ihrer  Verbindungen  sich  als  periodische  Funktionen  der  Atom- 
gewichte darstellen.  Die  AlkaUmetalle,  welche  die  erste  Gruppe  bilden,  wer- 
den in  zwei  Untergruppen  geteilt;  zur  ersten  gehören  Lithium  (Mol. -Gew.  7), 
Kahum  (39),  Rubidium  (85)  und  Caesium  (133),  zur  zweiten:  Natrium  (23). 
Somit  ist  das  Natrium  trotz  seiner  Ähnlichkeit  mit  Kalium  in  eine  andere 
Untergruppe  eingereiht,  während  Lithium,  Rubidium,  Caesium  und  Kalium 
ein  und  derselben  Untergruppe  angehören.  Unsere  Kenntnisse  über  die  phy- 
siologische Wirkung  des  KaUums  und  Natriums  rechtfertigen  vollkommen 
eine  solche  Trennung.  Bekanntlich  erweist  sich  Natrium  sogar  in  größeren 
Quantitäten  ins  Blut  eingeführt,  fast  als  ganz  unschädlich,  während  Kalium  als 
ein  starkes  Herzgift  erscheint.  Lithiumsalze  üben  ihrerseits  eine  bestimmte 
Wirkung  auf  das  Herz  aus,  indem  sie  dasselbe  in  einen  diastolischen  Still- 
stand versetzen.  Zwar  ist  der  Einfluß  der  genannten  Salze  auf  Warmblüter 
ein  sehr  schwacher,  dagegen  erweist  sich  Lithium  in  bezug  auf  das  Frosch- 
herz  als  ein  starkes  Gift. 

Rubidium  und  Caesium  (letzteres  zwar  im  schwächeren  Grade)  üben 
gleich  dem  Kalium  eine  spezifische  Wirkung  auf  das  Herz  aus.  Vergleichen 
wir  miteinander  Kahum,  Rubidium  und  Caesium,  so  ersehen  wir,  daß  Kahum 
die  größte  toxische  Wirkung  besitzt,  Caesium  die  schwächste,  Rubidium  da- 
gegen steht  der  Wirkung  nach  in  der  Mitte  zwischen  beiden,  nähert  sich  darin 
übrigens  mehr  dem  Kalium;  die  toxische  Wirkimg  nimmt  mit  Abnahme  des 
Atomgewichtes  zu.  Lithium  wirkt  trotz  seines  sehr  geringen  Atomgewichtes 
schwächer  als  die  übrigen,  sogar  schwächer  als  Caesium,  scheint  somit  eine 
Ausnahme  zu  bilden.  Allein  diese  Ausnahme  ist  nur  eine  scheinbare,  denn  Li- 
thium, BeryUium,  Bor  und  andere  leichteste  Metalle,  die  als  Repräsentanten 
entsprechender  Gruppen,  der  I.,  II.,  III.  usw.,  erscheinen,  kömien  nach  Men- 
delejeff ,, typische"  genamit  werden,  indem  dieselben  nur  in  den  Hauptzügen 
die  Eigenschaften,  welche  der  ganzen  Gruppe  zukommen,  besitzen,  im  übrigen 
sich  jedoch  oft  wesentlich  unterscheiden.  Es  muß  also  nicht  wmidernehmen, 
daß  auch  die  physiologische  Wirkung  des  Lithiums  im  Vergleich  zu  Kalium, 
Rubidium  und  Caesium  einen  Unterschied  aufweist,  obgleich  eine  gewisse  Ähn- 
lichkeit dennoch  unverkennbar  vorhanden  ist. 

Das  periodiische  System  von  Mendelejeff,  nach  welchem  Natrium  in  eine 
besondere  Untergruppe  ausgeschieden  wird  2),  und  ferner  den  leichtesten  Re- 
präsentanten entsprechender  Gruppen,  z.  B.  dem  Lithium  besondere  Eigen- 
schaften zukommen,  läßt  also  in  der  physiologischen  Wirkung  der  Alkah- 
metalle  der  ersten  Gruppe  eine  gewisse  Gesetzmäßigkeit  erblicken. 

Die  Chloride  der  Caesium-  und  Rubidiumverbindungen  erhöhen,  in  das 
Blut  injiziert,  den  Blutdruck,  indem  sie  den  Herzschlag  verlangsamen.  Der 
Einfluß  auf  die  Herztätigkeit  ist  nach  Botkin  beim  Rubidium  ein  unter- 
geordneter; noch  unbedeutender  ist  er  beim  Caesium.  Im  allgemeinen  stehen 
die  Caesium-  und  Rubidiumsalze  den  Alkalien  in  physiologischer  Beziehung 
sehr  nahe^).  Nach  Laufenauer*)  besteht  eine  merkwürdige  Beziehung  zwi- 
schen dem  Atomgewicht  und  der  Positivität  der  Metallbromide  und  deren 
antiepileptischen  Wirkungen;  dieselbe  wächst  mit  höherem  Atomgewicht 
und  größerer  Positivität,  die  mit  höherem  Atomgewicht  ausgestatteten  Caesium- 

1)  Mendelejeff,  Grundlagen  d  Chemie,  Leipzig  (1892),  S.  684. 

2)  Mendelejeff,  Grundlagen  d.  Chemie   S.  684  (Tafel). 

3)  Lander  Brunton  und  Cash,  Philos.  Transact.  1884, 1.  297.       «)  Ther.  Mon.  1889. 


Theorie  der  Wirkungen  anorgamischer  Körper. 


17 


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Fränkel,  Arzneimittel-Synthese.    5.  Aufl. 


18  Theorie  der  Wirkungen  anorganischer  Körper. 

lind  Rubidiumbromide  wirken  daher  stärker  antiepileptisch,  als  die  Kalium- 
imd  Natriumbromide  mit  niederem  Atomgewicht. 

Bei  Nickel  und  Kobalt  steht  die  physiologische  Wirkung  in  Beziehungen 
zu  ihren  physikalischen  Eigenschaften,  wenn  auch  keine  direkte  Proportionali- 
tät zwischen  Wirkung  und  Atomgewicht  besteht. 

Die  Cadmiumsalze  sind  fast  doppelt  so  giftig  als  die  Zinksalze,  sie  ver- 
lingem  die  Herzfrequenz  und  die  systolische  Kraft  und  verlängern  die  Herz- 
pausen bis  zu  12  Sekunden  Dauer.  Beim  Warmblüter  sinkt  der  Druck,  es  tritt 
Benommenheit  und  Verlangsamung  der  Atembewegungen  ein.  Cadmium  wirkt 
auf  höhere  Tiere  nach  dem  absolutem  Gewicht  schwächer  als  Zink,  nach  dem 
Atomgewicht  aber  besitzt  es  eine  stärkere  Giftigkeit'). 

Gallium,  welches  nach  seinen  chemischen  Eigenschaften  zwischen  Zink 
und  Aluminium  steht,  hat  bei  einem  Atomgewicht  von  69,82  in  seinen  Salzen 
toxische  Wirkungen,  welche  besonders  die  Muskeln  betreffen  und  etwas  stärker 
sind  als  die  des  Zinks  (Atomgewicht  65.02)  entsprechend  der  Differenz  der 
Atomgewichte  [Rabuteau'^)]. 

Die  Salze  der  seltenen  Erden  wie  Lanthan,  Yttrium,  Cerium,  Erbium  und 
Praseodymium  stimmen  in  bezug  auf  ihre  Wirkung  auf  das  Froschherz  über- 
ein. Ebenso  wirken  Neodjrmium,  Samarium  und  Thulium,  ferner  Dysprosium, 
Neoerbium  und  Gadolinium.  Diese  elf  trivalenten  seltenen  Erden  haben  den- 
selben Grad  der  Aktivität  auf  das  Froschherz.  Scandium  wirkt  weniger  als  die 
anderen  seltenen  Erden.  Scandium  ist  auch  weniger  basisch  und  seine 
Lösungen  sind  stark  hydrolysiert  und  reagieren  sauer  und  erinnern  nach  dieser 
Richtung  mehr  an  Aluminium  als  an  die  seltenen  Erden,  mit  denen  es  in  eine 
Gruppe  zusammengefaßt  ist. 

Ceroxalat,  ebenso  Lanthan-  und  Didjrmoxalat  wirken  in  gleicher  Weise 
bei  Vomitus  gravidarum.  Didymsalicylat  (Dymol)  soll  als  Streupulver  für 
Wunden,  Ceroleat  als  Ersatzmittel  für  Liquor  aluminii  acetici  dienen. 

Mangan,  Eisen,  Nickel  und  Kobalt  haben  identische  Wirkungen.  Sie  er- 
zeugen eine  Capillarhyperämie  des  Magendarmtraktus.  Die  Vergiftungs- 
erscheinungen sind  fast  identisch  mit  den  durch  Arsen  hervorgerufenen^). 

Nach  den  Untersuchungen  R.  Koberts*)  ist  Uran  ein  eminent  giftiges 
allgemeines  Metallgift,  es  macht  Gastroenteritis,  Nephritis  und  sch'werste 
Lähmungserscheinungen.  Außerdem  macht  es  schwere  Ekchymosen  in  den 
Organen  und  alteriert  die  Gefäßwand  erheblich.  Die  Sauerstoffzehrung  ist 
retardiert,  es  kommt  zu  intensiven  Emährungsstönmgen.  Es  ist  sicher,  daß 
Uran  bei  subcutaner  oder  intravenöser  Injektion  seiner  indifferentesten  Salze 
aUe  übrigen  Elemente  an  Giftigkeit  übertrifft,  während  Gold  und  Wolfram, 
welche  ihm  dem  Atomgewicht  nach  sehr  nahe  stehen,  bedeutend  weniger 
wirksam  sind.  Wolfram  ist  giftig,  aber  seine  Resorbierbarkeit  durch  unverletzte 
Schleimhäute  fast  mimöglich.  Die  Wolframvergiftungserscheinungen  sind  die 
gleichen  wie  bei  den  Schwermetallen. 

Wenn  auch  die  Untersuchungen  von  Blake  und  seiner  Kritiker  noch  keines- 
wegs geeignet  sind,  eine  völlig  klare  Beziehung  zwischen  den  physikaUschen 
Funktionen  der  Elemente  und  dem  Verhalten  im  Tierkörper  aufzustellen,  so 
müssen  sie  durch  den  umfassenden  Ausblick,  den  sie  gestatten,  sowie  die  ein- 
zelnen höchst  wertvollen  Resultate,  die  sie  gezeitigt,  sowie  die  merkwürdigen, 
und  man  wäre  versucht  zu  sagen,  unerwarteten  Beziehungen  [wir  erwähnen  nur 

»)  Athanasiu  und  Langlois,  C.  r.  s.  b.   4T,  391,  496.  ")  C.  r.  b.  b.  I88S,  310. 

=<)  Friedrich  Wohlwill,  AePP.   56,  403  (1907). 
*>  Koberts  Arb.  5,   1—40  (1890)  (WoroschilsUy). 


Theorie  der  Wirkungen  anorganischer  Körper.  19 

die  BeziehuBg  zwischen  physiologischer  Wirkung  und  optischem  Verhalten, 
auf  die  zuerst  Papillen  hinwies  in  Kenntnis  der  Versuche  Rabuteaus^)], 
die  sie  aufgedeckt,  als  sehr  -wertvolle  Emuigenschaften  bezeichnet  werden. 
Es  war  dies  die  erste  Brücke  zwischen  der  physikalischen  Chemie  und  der 
Pharmakologie.  Daß  wir  noch  nicht  alle  ,,Ungesetzmäßigkeiten"  heute  ver- 
stehen, mag  wohl  zum  Teile  daran  liegen,  daß  wr  auch  chemisch  die  Beziehun- 
gen der  einzelnen  Elemente  zueinander  noch  nicht  völlig  erfaßt  haben  und  an- 
dererseits die  Prüfungsart  durchaus  nicht  alle  Beziehungen  aufdecken  konnte. 

Daß  die  Stellung  und  Gruppierung  wie  bei  den  organischen,  so  auch 
bei  den  anorganischen  Verbindungen  eine  große  Rolle  spielt,  daß  in  einem 
Falle  ein  analog  zusammengesetzter  Körper  giftig,  im  anderen  Falle  migiftig, 
darauf  haben  Larmuth,  Gamgee  und  Priestley-)  aufmerksam  gemacht. 

Die  giftige  Wirkung  derselben  Quantität  Vanadium  ist  verschieden  stark, 
je  nachdem  dieselbe  Menge  ortho-,  meta-  oder  pjTovanadinsaure  Verbindxmg 
in  den  Körper  eingeführt  wird,  und  zwar  sind  die  pjTovanadinsauren  Ver- 
bindungen die  giftigsten,  die  orthovanadinsauren  die  am  wenigsten  wirk- 
samen. In  ähnücher  Weise  verhalten  sich  die  entsprechenden  Phosphorsäuren. 
Orthophosphorsäure  Salze  sind  bekanntlich  ohne  toxische  Wirkung,  dagegen 
haben  meta-  und  pyrophosphorsaure  Salze,  besonders  letztere,  subcutan  oder 
intravenös  eingeführt,  ausgesprochen  giftige  Eigenschaften,  ähnlich  denjenigen 
der  entsprechenden  Vanadiumverbindungen.  Die  Giftwirkung  der  Pyro-  und 
Metaphosphorsäure  stimmt  mit  der  Giftwirkung  von  Oxalsäure  übereln,  so 
daß  es  sich  wahrscheinlich  bei  der  Schädigung  um  Kalkentziehung  aus  den 
Zellen  handelt^).  Pyrophosphorsam-es  Natron  wirkt  nicht  vom  Magen  aus, 
wahrscheinlich  wegen  schneller  Elimination  des  Salzes.  Die  Annahme  eines 
Überganges  in  orthophosphorsaures  Salz  kann  dieses  Verhalten  nicht  erklären, 
derm  weder  die  Fermente  des  Speichels,  noch  die  des  Magensaftes  oder  des 
Pankreas  sind  imstande,  diesen  Übergang  zu  bewirken*). 

Auch  die  Stellung  eines  Metalls  in  einer  organischen  Verbindung  ist  von 
großer  Bedeutvmg  dafür,  ob  die  betreffende  Verbindung  die  Metallwirkung  be- 
sitzt oder  nicht,  d.  h.  ob  das  Metall  in  Lösung  ionisiert  oder  ob  ein  komplexes 
Ion  in  der  Lösung  vorhanden. 

Wie  schon  Wöhler  beobachtet  hat,  wird  Ferrocyannatrium  größten- 
teils ULtiverändert  ausgeschieden,  es  wirkt  nicht  wie  ein  Eisensalz.  Auch  das 
Platincyannatrium  ist  fast  ohne  giftige  Wirkung,  abweichend  von  dem  Ver- 
halten der  äußerst  giftigen  Platinsalze,  imd  wird  im  Harn  unverändert  aus- 
geschieden; eben  weil  der  Organismus  nicht  die  Fähigkeit  besitzt,  aus  diesen 
Metallverbindmigen  das  Metall  abzuspalten  und  als  Ion  zur  Wirkung  zu  brin- 
gen, haben  diese  Verbindungen  keine  physiologische  Wirkung  als  Metallgifte, 
aber  wegen  ihrer  Resistenz  auch  keine  Blausäurewirkimg  und  verlassen  un- 
angegriffen den  Organismus. 

Bleitriäthyl,  aus  welchem  kein  Blei  abdissoziiert,  macht  ähnhche  Sym- 
ptome wie  die  Anaesthetica  und  erst  nach  einiger  Zeit  tritt  Bleivergiftung  auf  ^). 

Die  Stibonium-  und  Arsoniumverbindungen  zeigen  die  Wirkungen  der 
übrigen  Antimon-  imd  Arsen  Verbindungen  nicht,  ebenso  verhalten  sich  die 
Phosphoniumverbindungen,    welche    keine    Phosphorwirkung    besitzen.     Die 


^)  L.  Brunton,  Pharmakologie  (deutsche  Ausgabe),  S.  30 
*)  Philos.  Transact.  of  Roy.  Soc.   166.  —  Joum.  Anat.  and  Phys.   U. 
')  O.  Loew,  Arch.  f.  Hyg.  89,   139  (1919). 

*)  Larmuth,  Gamgee,  Priestlev,  Journ.  of  Anat.  Phys.  11.  —  Hugo  Schulz, 
AePP.   18,  179.  5)  E.  Harnack,  AePP.  9,   152  (1878). 

2* 


20  Theorie  der  Wirkungen  anorganischer  Körper. 

Wirkungen  des  Methyltriäthylstiboniumjodids,  des  Tetraäthylarsoniumjodids 
und  des  Tetraäthylphosphoniumjodids ')  sind  vielmehr  die  gleichen  wie  die 
der  substituierten  Ammoniumsalze  und  des  Curare  (Lähmung  der  motorischen 
Nervenendplatten  [s.  Kapitel:  Alkaloide]).  Hier  kommt  also  nicht  die  eigen- 
tümliche Wirkung  dieser  Metalloidgifte  selbst  zur  Geltung,  sondern  sie  spielen 
in  diesen  Verbindungen  die  Rolle  des  an  und  für  sich  indifferenten  Stickstoffs. 

Wie  die  anorganischen  Verbindungen  ihre  Wirkungen  im  Organismus 
entfalten,  dafür  existiert  wohl  keine  allgemeingültige  Anschauung.  Es  lassen 
sich  wohl  auch  hier  nur  gruppenweise  Betrachtungen  anstellen. 

So  zeigten  C.  Binz  und  H.  Schulz-),  daß  die  Verbindungen  von  N,  P, 
As,  Sb,  Bi,  Va  sämtlich  durch  eine  energische  Steigerung  des  Sauerstoffura- 
satzes  auf  die  Zellen  wirken,  wobei  sie  gleichzeitig  selbst  mit  Ausnahme  der 
dreibasischen  Phosphorsäure,  abwechselnd  höhere  und  niedere  Oxydations- 
stufen eingehen.  Nach  Schulz  werden  die  lebenden  Zellen  von  solchen  Gif- 
ten stärker  beeinflußt,  die  reduzierend  wirken,  und  zwar  so,  daß  sie  den  ato- 
mistischen  Sauerstoff  aufnehmen.  Daher  ist  z.  B.  arsenige  Säure  in  ihrer 
Wirkung  giftiger  als  die  Arsensäure.  Die  die  Hauptrolle  spielende  Reduktion 
wird  aber  unterstützt  durch  die  Oxydation  und  das  chemische  Verhalten 
des  Oxydationsproduktes.  Salpetrige  und  arsenige  Säure  sind  alle  stark  giftig, 
wenn  sie  in  den  Organismus  eingeführt  werden.  (Die  phosphorige  Säure  ist 
ganz  ungiftig^).)  Sie  nehmen  atomistischen  Sauerstoff  auf,  wirken  während 
dieses  Vorganges  als  intensive  Gifte  und  verwandeln  sich  in  die  völlig  oxy- 
dierten Säuren.  Die  arsenige  Säure  wirkt  also  auf  die  Gewebe  heftig  reduzierend 
und  oxydiert  sich  hierbei  zur  Arsensäure,  welche  wieder  durch  die  reduzieren- 
den Einflüsse  der  Gewebe  zu  arseniger  Säure  rückgebildet  wird.  Die  Giftig- 
keit der  arsenigen  Säure  und  auch  des  Phosphors  beruht  also  auf  der  Sauerstoff- 
entziehung aus  den  Geweben,  bei  der  arsenigen  Säure  noch  dadiu-ch  fortwir- 
kend, daß  das  Oxydationsprodukt  durch  Reduktion  wieder  in  die  ursprüng- 
liche giftige  Substanz  rückverwandelt  wird. 

Bei  der  Prüfung  verschiedener  anorganischer  und  organischer  Antimon- 
präparate zeigte  es  sich,  daß  alle  stark  wirkende  Präparate  dreiwertiges,  alle 
schwach  wirkenden  fünf  wertiges  Antimon  enthalten^).  Das  gleiche  gilt  von 
den  Arsenverbindungen. 

Bei  der  Betrachtung  der  Wirkungen  von  Salzen  muß  zweierlei  unter- 
schieden werden :  Die  Salzwirkung  selbst  und  die  Wirkung  der  Ionen.  Unsere 
Ansichten  über  die  Art  der  Wirkung  der  Salze  haben  sich  aber  bedeutend 
geändert  und  die  Resultate  der  Forschungen  eine  andere  Deutung  und  Er- 
klärung gefunden,  seitdem  man  die  Arrheniussche  Theorie  der  elektrolyti- 
schen Dis.soziation  und  der  lonenwirkungen  in  der  Physiologie  angewendet; 
ferner  seitdem  wir  die  Änderungen  im  Gicichgewichtsztistande  der  Ionen  in 
den  verschiedenen  Zellen  durch  Zufuhr  einer  neuen  lonengattung  oder  Er- 
höhung einer  schon  vorhandenen  lonenmenge  kennen. 

Insbesonders  die  Forschungen  von  J.  Loeb  haben  nach  dieser  Richtung 
hin  grundlegend  gewirkt. 

Die  toxischen  Wirkungen  der  Ionen  sind  nach  Loeb  spezifisch  und  ver- 
schieden für  verschiedene  Vorgänge,  Gewebe  und  Tiere.  Kaliumionen  sind 
spezifisch  toxisch  für  Muskelkontraktionen,  während  für  die  Anfänge  der 
Zellteilung  bei  Fischeiern  Natriumionen  giftiger  sind  als  Kaliumionen.  An- 
derseits  wirken   manche  Ionen  schon   in   kleijisten  Mengen  antitoxisch  spezi- 

»)  Arrli.  de  physiol.  norm,  et  pathol.  I.  472.         ^)  AePP.  II.  131;   13,  256;  N,  345. 
»)  AePP.  23,   150.         «)  O.  Brunner,  AePP.  68,   186  (1912). 


Theorie  der  Wirkungen  anorganischer  Körper.  21 

fischen  lonenwirkungen  gegenüber.  Spuren  von  Calcium  genügen,  um  die 
G  ftwirkungen  erheblicher  Mengen  von  Natrium  zu  beseitigen.  Eine  reine 
Chlornatriumlösung  von  der  Konzentration  des  Seewassers  wirkt  auf  die 
Eier  eines  Seetieres  merk'WTirdigerweise  giftig,  während  eine  kleine  Spur  so 
ausgesprochener  Gifte,  wie  Zink-  und  Bleiionen,  die  Giftwirkungen  der  Koch- 
salzlösung aufhebt.  Sublimat  und  essigsaures  Kupfer  versagten.  Eine  kleine 
Menge  zweiwertiger  oder  eine  noch  kleinere  Menge  dreiwertiger  Kationen  ver- 
mag die  giftige  Wirkung  einer  großen  Menge  einwertiger  Kationen  aufzuheben. 
Es  ist  möglich,  daß  die  entgiftende  Wirkung  der  zweiwertigen  Metalle  auf  der 
Bildung  einer  unlöslichen  Verbindung  zwischen  dem  Metall  und  einem  Be- 
standteil der  Zelle  oder  ihrer  Oberfläche  beruht.  Dieser  Ums^tand  erklärt  viel- 
leicht, daß  die  entgiftende  Wirkung  eines  zweiwertigen  Metalles  so  viel  höher 
ist  als  die  eines  einwertigen.  Das  dreiwertige  Fe-Ion  ist  ungleich  giftiger  als 
das  zweiwertige  Fe-Ion;  zweiwertige  Kationen  sind  im  allgemeinen  giftiger 
als  die  einwertigen.  Die  Giftigkeit  einwertiger  Kationen  kann  durch  ein- 
wertige Kationen  nicht  aufgehoben  werden.  Hingegen  können  die  giftigen 
Wirkungen  zweiwertiger  Kationen  durch  eine  kleine  Menge  eines  anderen 
zweiwertigen  Kations  oder  durch  eine  relativ  große  Meng''  eines  einwertigen 
Kations  aufgehoben  werden i).  Lösungen  von  Nichtelektrolyten  haben  keine 
antitoxischen  Wirkungen  auf  die  Lösung  eines  Elektrolyten  2).  Auf  Muskel- 
zuckungen des  Froschmuskels  wirken  einwertige  Kationen,  z.  B.  Kalium  hem- 
mend und  zweiwertige  Kationen  wie  Barium,  Zink,  Cadmium,  Blei  u.  a.  erregend. 

Unter  den  Anionen  wirken  gerade  diejenigen  besonders  erregend,  welche 
die  Konzentrationen  der  Calciumionen  in  den  Geweben  verringern.  Die 
Empfindlichkeit  aller  vegetativen  Nervenendigungen,  insbesondere  aber  der 
sympathischen  Fasern,  wird  durch  Calciumentziehung  gesteigert. 

Die  erregende  Wirkung  der  Ionen  ist  nicht  eine  Funktion  ihrer  elektrischen 
Ladung,  sondern  es  scheinen  die  polaren  Wirkungen  des  Stromes  aus  den  Ver- 
änderungen im  Verhältnis  der  Ionen  und  aus  den  dadurch  bedingten  chemi- 
schen und  physikalischen  Änderungen  an  den  Polen  sich  ableiten  zu  lassen^). 

Chlorkalium  ist  spezifisch  giftig  für  Organismen  mit  Nerven  und  Mus- 
keln. In  den  ersten  Entwicklungstagen  ist  ChlorkaHum  beim  Fundulusembryo 
kaum  giftiger  als  Chlornatrium,  es  wird  aber  giftiger,  sobald  die  Herztätigkeit 
und  die  Zirkulation  im  Embr3'o  eintreten. 

Im  Serum  enthaltenes  Kalium  und  Calcium  dient  nur  zur  Entgiftung  des 
Chlornatriums,  das  in  höheren  Konzentrationen  giftig  ist  (J.  Loeb  1899).  Der 
Entgiftungskoeffizient  von  Chlorkalium  durch  Natriumsalze  ist  kon.«tant. 
Natrium,  Kalium  und  Calcium  scheinen  mit  demselben  Bestandteil,  wahrschein- 
lich einem  Eiweißkörper,  eine  Verbindung  einzugehen,  aus  der  sie  sich  gegen- 
seitig nach  dem  Massenwirkungsgesetz  verdrängen  kömien.  Der  Ablauf  des 
Lebens  in  der  Zelle  ist  nach  J.  Loeb  nur  daim  möglich,  wenn  die  drei  Metalle 
sich  mit  dem  gemeinsamen,  vermuthch  kolloidalen  Anion  des  lebenden  Orga- 
nismus in  dem  Verhältnis  verbinden,  wie  es  das  Massenwirkungsgesetz  und 
die  relative  Konzentration  der  drei  Ionen  im  Serum  z.  B.  bedingen. 

Die  einwertigen  Kationen  Natrium  und  Kalium  sind  vielleicht  die  Träger 
der  temperatursteigemden,  das  zweiwertige  Kation  Calcium  der  Träger  der 
temperaturherabsetzenden  Funktion^). 

Die  Erregbarkeit  der  Muskeln  wird  durch  Entziehung  von  Natriumionen 
völL'g  zum  Erlöschen  gebracht,  durch  Entziehung  von  Calciumionen  enorm 

')  J.  Loeb,  Pflügers  Arch.  88,  68.         ')  J.  Loeb  und  Gies,  Pflügers  Arch.  93,  246. 
ä)  J.  Loeb,  Pflügers  Arch.  91,  248.         *)  E.  Schloss,  BZ.   18,  14  (1909). 


22  Theorie  der  Wirkungen  anorganischer  Körper. 

gesteigert  (J.  Loeb).  Die  Magnesiumionen  berauben  im  Überschüsse  alle  Teile 
des  Nervensystems  ihrer  Erregbarkeit .  Die  Calciumionen  wirken  den  Magnesium- 
ionen gegenüber  antagonistisch. 

A.  P.  Mathews  und  W.  Koch^)  nehmen  dagegen  an,  daß  der  Antagonis- 
mus immer  zwischen  den  entgegengesetzt  geladenen  Ionen  besteht,  daß  also, 
wenn  Natrium  das  entgiftende,  Chlor  das  giftige  Ion  ist.  Nach  der  Hardy- 
W he tha m  -  Regel  ist  die  Wirkung  eines  Ions  eine  exponentieUe  Fimktion 
seiner  Wertigkeit. 

Der  Antagonismus  findet  aber  nach  J.  Loeb  nicht  zwischen  den  Ionen 
mit  entgegengesetzter  Ladung,  sondern  zwischen  denen  mit  gleicher  Ladung 
statt,  denn  er  zeigte,  daß  die  entgiftende  Wirkimg  von  Glaubersalz  genau  zwei- 
mal so  groß  ist,  wie  die  einer  äquimolekularen  Chlomatriumlösung,  so  daß  es 
lediglich  auf  das  Kation  und  nicht  auf  das  Anion  ankommt. 

Entgiftungskoeffizient  ist  das  Verhältnis  der  Konzentration  des  giftigen 
zu  derjenigen  des  antagonistischen  Salzes,  die  eben  zur  Entgiftung  der  Lösimg 
ausreicht. 

H.  Dreser^)  fand,  daß  je  größer  die  Konzentration  freier  Quecksilber- 
ionen in  einer  Lösung  eines  Quecksilbersalzes,  die  Lösung  um  so  giftiger  für 
HefezeUen  ist.    Analoge  Resultate  erhielten  Scheurlen  und  Spiro^). 

Die  Giftwirkung  gelöster  Quecksilbersalze  ist  nicht  etwa  von  der  Menge 
gelösten  Quecksilbers,  sondern  von  dem  Dissoziationsgrade  der  Lösung  abhängig. 
Cyanquecksilber  mid  Rhodanquecksilber  wirken  viel  schwächer  als  Subhmat. 
Kahumquecksilberthiosulfat  wirkt  in  Lösimgen  überhaupt  nicht  antisep- 
tisch, da  es  ein  komplexes  Salz  ist  und  keine  wirksamen  Quecksilberionen  ab- 
spaltet, sondern  in  die  Ionen  Kalium  und  Hg(S203)  dissoziiert. 

Die  Quecksilberwirkungen  hängen  nicht  nur  bei  den  Mikroorganismen, 
sondern  auch  bei  den  höheren  Tieren  vom  ionisierten  Quecksilber  ab,  und 
zwar  von  einer  bestimmten  Konzentration  seiner  Ionen.  So  kann  man  die 
Giftigkeit  intravenös  injizierten  Sublimats  abschwächen  und  die  minimalste 
tägUche  Dosis  bedeutend  vergrößern,  wenn  man  bewirkt,  daß  die  elektrolytische 
Dissoziation  des  zirkulierenden  Quecksilbers  eine  geringe  bleibt.  Je  kleiner 
die  Konzentration  der  Ionen,  desto  mehr  nimmt  die  Giftigkeit  ab.  Wenn  man 
in  die  Venen  der  Tiere  vorerst  Kochsalz  injiziert,  das  bei  der  Gleichheit  des 
Anions  mit  dem  Quecksilberchlorid  seine  Dissoziation  zurückdrängt,  so  werden 
die  Tiere  gegen  intravenöse  Injektionen  von  Sublimat  widerstandsfähiger. 
Injiziert  man  vorher  Natriumbromid,  so  wird  die  Toleranz  noch  viel  größer, 
weil  das  im  Organismus  sich  bildende  Quecksilberbromid  weniger  dissoziiert 
ist  als  die  Chlorverbindung.  Injiziert  man  vorher  Jodnatrium,  so  wächst  die 
Widerstandsfähigkeit  der  Tiere  gegen  SubUmat  noch  mehr,  weil  die  Tendenz 
vorhanden  ist,  JodquecksUber  zu  bilden,  nach  dessen  Entstehmig  das  Queck- 
silbersalz noch  weniger  dissoziiert  ist.  Nach  vorhergegangener  Injektion  von 
Natriumthiosulfat  wird  die  Toleranz  der  Tiere  sehr  groß,  weil  das  Quecksilber 
die  Tendenz  hat,  als  Doppelsalz  ein  Gesamtion  zu  bUden :  QuecksUberthiosulfat- 
natriumchlorid^). 

Die  Wirkung  der  Ionen  läßt  sich  sehr  gut  demonstrieren  an  der  Einwir- 
kung von  Lösungen  der  Substanzen  auf  Bakterien  (desinfizierende  Kraft). 
Untersuchungen  solcher  Art  verdanken  wir  insbesondere  Krönig  und  Paul"). 

1)  W.  Koch,  HS.  63,  432  (1909).  -)  AePP.  32,  456  (1893). 

^)  Münchener  med.  Wochenschr.   1897,  Nr.  4. 

*)  L.  Sabbatani,  BZ.   11,  294  (1908). 

*)  Zeitschr.  f.  physik.  Chemie  31,  414.  —  Zeitschr.  f.  Hygiene  23,   1. 


Theorie  der  Wirkungen  anorganischer  Körper.  23 

Bei  diesen  Untersuchungen  hat  es  sich  gezeigt,  daß  die  Metallsalze,  insbe- 
sondere die  Quecksilbersalze  nach  Maßgabe  ihres  Dissoziationsgrades  wirken; 
Lösungen  von  Metallsalzen  aber,  in  denen  das  Metall  Bestandteil  eines  kom- 
plexen Ions  und  demnach  die  Konzentration  der  MetaUionen  sehr  gering  ist, 
desinfizieren  außerordentlich  wenig. 

Wenn  man  Metallsalze  in  organischen  Solvenzien  (Alkohol,  Äther  usw.) 
löst,  so  dissoziieren  sie  in  diesen  sehr  wenig,  und  infolgedessen  ist  ihre  Wirkung 
auf  Bakterien  nur  gering.  Die  Desinfektionswirkung  der  Metallsalze  hängt 
aber  nicht  nur  von  der  Konzentration  der  in  Lösung  befindlichen  Metalles 
ab,  sondern  ist  besonders  abhängig  von  den  spezifischen  Eigenschaften  der 
Salze  und  des  Lösimgsmittels.  Sie  hängt  nicht  nur  vom  Metallion  ab,  sondern 
auch  vom  Anion  und  von  dem  nichtdissoziierten  Anteil.  Für  die  Säuren  wurde 
gefunden,  daß  sie  im  aügemeinen  im  Verhältnis  ihres  Dissoziationsgrades,  d.  h. 
entsprechend  der  Konzentration  der  in  der  Lösung  enthaltenen  Wasserstoffionen 
desinfizierend  wirken.  Den  Anionen  bzw.  den  nicht  dissoziierten  Molekülen 
der  Flußsäure,  Salpetersäure  und  Trichloressigsäure  kommt  eine  spezifische 
Giftwirkung  zu.  Diese  spezifische  Wirkung  tritt  mit  steigender  Verdünnung 
gegenüber  der  Giftwirkung  der  Wasserstoffionen  zurück.  Für  die  Basen  zeigt 
es  sich,  daß  die  Hydroxyde  des  Kahum,  Natrium,  Lithium,  Ammonium  im  Ver- 
hältnis ihres  Dissoziationsgrades  desinfizieren,  d.  h.  entsprechend  der  Kon- 
zentration der  in  der  Lösung  enthaltenen  Hydroxylionen.  Es  zeigte  sich,  daß 
die  Wasserstoff ionen  ein  stärkeres  Gift  sind  als  die  HydroxyUonen. 

Die  Salzwirkung  auf  die  Eiweißkörper  setzt  sich  zusammen  in  ihrem 
Hauptanteüe  aus  der  algebraischen  Summe  der  einzelnen  lonenwLrkungen. 
Dabei  wirken  nun  Anionen  und  Kationen  antagonistisch,  und  zwar  die  Kat- 
ionen fällend,  die  Anionen  fällungswidrig  [W.  Pauli i)]. 

Doch  muß  man  in  Betracht  ziehen,  in  welcher  Form  die  Metalle  zur  Unter- 
suchung kommen,  ob  als  krystaULnische  Verbindung  oder  als  kolloidale,  demi 
die  Toxizität  der  kolloidalen  Bariumsalze  ist  dreimal  so  gering  wie  die  der 
gewöhnhchen  Bariumsalze 2). 

Spuren  kolloidaler  Metalle  erzeugen  bei  einzeiligen  Organismen  Plasmolyse 
(Nägeli). 

Viele  kolloidale  Metallverbindungen,  aber  nicht  alle,  haben  direkt  oxy- 
dierende Wirkungen.  Die  respiratorische  Kraft  der  Gewebe  wird  durch  sie 
nicht  gesteigert.  Airf  Mikroorganismen  wirken  sie  auch  innerhalb  des  Organis- 
mus zerstörend,  ebenso  zerstören  sie  Toxine  durch  Oxydation^). 

Kolloidale  Metalle,  z.  B.  das  Kollargol,  vermögen  im  Organismus  Silber- 
verbindungen zu  bUden;  infolge  ihres  physikochemischen  Zustandes  haben 
die  kolloidalen  Metalle  die  Eigenschaft,  in  den  Kreislauf  gebracht,  eine  Hyper- 
leukocytose  zu  erzeugen  und  Absorptionserscheinungen  auszulösen,  die  sich 
darin  äußern,  daß  manche  Alkaloidgifte,  wie  z.  B.  Curarin  und  Strychnin 
weniger  schnell  und  mtensiv  wirken,  wenn  sie  gemischt  mit  den  Lösungen 
kolloidaler  Metalle  eingespritzt  werden.  Außerdem  wurde  bei  allen  kolloidalen 
Metallen  nach  ihrer  intravenösen  Injektion  beobachtet,  daß  sie  Temperatur- 
steigerungen erzeugen*). 

Goldhydrosole  haben  auf  Schimmelpilze  usf.  keine  wesentliche  Giftwirkung 

^)  W.  Pauli,  Münchener  med.  Wochenschr.   1903,  Nr.  4. 
»)  C.  Neuberg  und  Neimann,  BZ.   1,   166. 
*)  C.  Foä  und  A.  Aggazzotti,  BZ.   19,   1  (1909). 

*)  Portig,  Diss.  Leipzig  (1909).  —  Oskar  Groß  und  James  M.  O'Connor,  AePP. 
fi<t,  456  (1911). 


2^  Theorie  der  Wirkungen  anorganischer  Körper. 

außer  einer  Herauszögerung  der  Fruktifikation.  Hingegen  wirken  kolloidale 
Silber-  und  Kupferlösungen  auf  Schimmelpilze  stark  hemmend,  und  zwar  hat 
die  chemisch  hergestellte  Silberlösung  die  geringste  Hemmungswirkung,  Elektr- 
argol  die  größte,  Fulmargin  steht  etwa  in  der  Mitte  von  beiden.  Nur  das  positive 
Wasserstoffion  und  die  elektrisch  hergestellte  kolloidale  Quecksilberlösung 
übertreffen  Fulmargin  an  absoluter  Desinfektionskraft'). 

Die  Metallteilchen  durchdringen  die  Plasmahaut  der  Zellen  nicht,  gelangen 
also  nicht  in  das  Innere  der  Zellen  und  können  infolgedessen  ihren  Tod  nicht 
verursachen.  Das  entladene  metaUische  Silberteilchen  scheint  überhaupt  keine 
Giftwirkung  zu  besitzen  2). 

In  das  Blut  injiziertes  kolloidales  Silber  verschwindet  aus  ihm  in  ganz 
kurzer  Zeit  [7  Minuten  ^j]  und  lagert  sich  in  Endothelien  z.  B.  der  Leber  ab. 
Wahrscheinlich  ist  die  Wirkung  dieser  Silberlösung  zurückzuführen  auf  die  Bil- 
dung von  Silberionen ^). 

Die  Fixierung  kolloidaler  Metalle  von  Zellen  ist  abhängig  von  dem  Gehalt 
an  organischen  Kolloiden  in  den  Hydrosolen;  die  Hemmungswirkung  der  Hydro- 
sole  ist  abhängig  von  der  Art  des  kolloidalen  Metalls.  Ist  kein  organisches 
Schutzkolloid  vorhanden,  so  wird  das  Metall  von  der  Membranen  des  Organismus 
fixiert.  Ist  aber  viel  organisches  Kolloid  vorhanden,  so  findet  keine  Fixierung 
statt.  Die  Fixierung  findet  in  metallischer  Form  statt.  Organismen,  die  durch 
ihre  Lebensfunktionen  im  Substrat  saure  Reaktionen  hervorrufen,  speichern  die 
Metalle  in  hervorragender  Weise.  Bei  alkalischer  Reaktion  speichern  sie  nicht. 
Die  Widerstandsfähigkeit  der  Organismen  ist  sehr  verschieden'). 

Außer  den  komplexen  Verbindungen,  welche  in  wässeriger  Lösung  nicht 
das  Metallion,  sondern  ein  Zusammengesetzes  metallhaltiges  Ion  abdissoziieren, 
unterscheiden  Franz  Müller,  Walter  Schöller  und  Walter  Schrauth^) 
noch  sogenannte  halbkomplexe  Verbindungen.  Die  letzteren  verhalten  sich 
einzelnen  Reagenzien  gegenüber  wie  komplexe,  stärkeren  gegenüber  aber  so 
wie  die  Verbindung  mit  Metallion,  da  sie  sofort  mit  den  stärkeren  Reagenzien 
die  lonenreaktionen  des  Metalls  geben.  So  haben  z.  B.  die  weinsauren  Metall- 
verbindungen,  wie  etwa  weinsaures  Quecksilberoxydulnatrium')  sowie  die 
Quecksilberverbindungen  von  Glykokoll,  Asparagin,  Alanin  und  Succinimid 
eine  Metallbindung  am  Sauerstoff  oder  Stickstoff,  welche  weniger  stabil  ist 
als  die  Kohlenstoffbindung.  Diese  Salze  sind  als  halbkomplex  anzusehen,  da 
ihre  Wirkung  sich  von  der  einfacher  Metallsalze  nicht  unterscheidet,  sie  aber 
weder  Eiweiß  fällen,  noch  ätzend  wirken.  Gegenüber  der  Anschauung,  daß  die 
spezifische  Metallwirkung  nur  von  den  freien  oder  an  Sauerstoff  gebundenen 
Metallionen  hervorgebracht  wird,  glauben  diese  Forscher,  daß  Metallionen 
im  Organismus  nicht  existenzfähig  sind,  da  sie  sich  mit  den  Eiweißkörpem 
zu  halbkomplexen  Metalleiweißverbindungen  umsetzen  würden. 

Luteokobaltchlorid  (Co(NH3),)Cl3  enthält  das  trivalente  positive  Radikal 
(COfNHg)^).  Dieses  wirkt  ungemein  viel  weniger  auf  das  Herz  als  die  seltenen 
Erden.  Ebenso  wirken  komplexe  Salze  von  Kobalt  und  Chrom,  welche  Werner 
dai^estellt  hat  und  die  in  ihrer  Lösung  ein  dreiwertiges  Ion  abgeben,  sehr 
■wenig.    Die  einfachen  trivalenten   Kationen  machen  in   großer  Verdünnung 


»)  Hans  Friedenthal,  BZ.  94,  47  (1919). 

')  Zsigmondy,   Kolloidchemie,  II.  Aufl.,  S.   190. 

')   Engelen,  Arztl.  Rundschau   1914,    Nr.  20. 

*)  Friedenthal,  Therap.  d.  Gepenw.  1918. 

')  Olga  Plotho,  BZ.  110,   133  (1920).  •)  BZ.  33,  381  (1911). 

')  H.  H.  Meyer  und  Williams,  AePP.  13,70(1880).  —  B.  Gottlieb,  AePP.  26,  139. 


Theorie  der  Wirkungen  anorganischer  Körper.  25 

diastolischen  Herzstillstand  beim  Frosch,  ■während  komplexe  trivalente  Kat- 
ionen in  100  mal  so  konzentrierter  Lösung  kaum  das  Herz  affizieren  und  erst 
in  viel  höherer  Konzentration  diastohschen  Stillstand  machen. 

F.  Hofmeister')  hat  bereits  vor  langer  Zeit  erkannt,  daß  die  purgierende 
Wirkung  der  Salze  im  Zusammenhange  steht  mit  ihrem  Eiweißfällungsver- 
mögen. Nun  ist  das  Eiweißfällungsvermögen  eine  Eigentümlichkeit  der  Kat- 
ionen und  so  muß  man  die  purgierende  Wirkung,  insbesondere  der  Alkalien, 
auf  die  Kationen  beziehen.  Und  in  Wirklichkeit  sind  die  Schwermetallionen, 
welche  selbst  in  großen  Verdümiungen  eiweißkoaguherend  wirken,  sehr  energisch 
wirkende  Purgiermittel,  die  hierbei  schwere  Verätzung  und  Entzündung  des 
Magendarmkanals  hervorrufen.  Aber  auch  die  Anionen,  insbesondere  die 
Ionen  der  Salpetersäure,  Brom-  und  Jodionen  haben  starke  pharmakodyna- 
mische  Wirkungen,  vorzüglich  setzen  sie  den  Blutdruck  herab.  So  wirken 
auch  die  Rhodanate,  die  sich  ähnlich  wie  die  Bromide  und  Jodide  in  bezug  auf 
ihre  eiweißfällende  Wirkung  verhalten,  ähnhch  wie  die  genannten  Substanzen. 

Gruppiert  man  die  Metallionen  nach  dem  Grade  ihrer  eiweißfällenden 
Wirkung,  so  erhält  man  eine  Steigerung  in  der  Reihe  Ammonium,  Kalium, 
Natrium,  Lithium.  Der  eiweißlösende  Effekt  der  Anionen  steigt  vom  Sulfat 
zum  Tartrat,  Acetat,  Chlorid,  Nitrat,  Bromid,  Jodid,  Rhodanid.  Die  drei 
letzten  Glieder  der  Reihe  sind  wirksam.  Während  die  Metallionen  dieser  Reihe 
erregende  Wirkung  haben,  kommen  die  Säureionen  sedative  und  blutdruck- 
herabsetzende Wirkungen  zu  (W.  Pauli). 

Die  Anwendung  physikaUsch-chemischer  Methoden  und  Anschauungen 
auf  allgemein  pharmakologische  Probleme^)  scheint  eine  grundlegend  neue 
Auffassung  schon  bekannter  Tatsachen  anzubahnen. 

C.  Neuberg  3)  hat  einen  neuen  Gesichtspunkt  für  die  biologische  Wirkung 
der  anorganischen  Verbindungen,  insbesondere  der  Schwermetallsalze  auf- 
gedeckt; er  zeigte,  daß  bereits  sehr  kleine  Mengen  derselben  fast  alle  physio- 
logisch wichtigen  organischen  Bausteine  der  Organismen  photosensibel  macheu 
und  im  Licht  weitgehend  verändern.  Nach  Neubergs  Befunden  sind  Metall- 
salzwirkungen von  Photokatalysen  in  praxi  untrennbar. 

1)  AePP.  Z4,  247. 

")  W.  Pauli,  Münchener  med.  Wochenschr.  1903,  Nr.  4.  —  H.  B.  ä,  1  (1902);  3,  225 
(1903);  5,  27  (1904);  6,  233  (1905). 

3)  C.  Neuberg,  BZ.  13,  305(1908);  IT,  270(1909);  2T,  271(1910);  29,  279  (191u). — 
Zeitschr.  f.  Balneologie  3,  Nr.  19  (1911). 


Zweites  Kapitel. 

Theorie  der  Wirkungen  organischer  Verbindungen. 

a)  Beziehungen  zwischen  chemischer  Konstitution  und  Wirkungen. 

Wir  haben  bei  den  anorganischen  Substanzen  gesehen,  daß  sich  bestimmte 
Beziehungen  zwischen  iiirem  Molekulargewicht,  ihrer  Wertigkeit,  elektrischen 
Ladung,  ihrem  spektral-analytischen  Verhalten  innerhalb  bestimmter  Reihen 
und  zwischen  ihrer  physiologischen  Wirkung  feststellen  lassen.  Insbesondere 
sieht  man  deutlich,  daß  Körper,  welche  isomorphe  Verbindungen  geben,  ein- 
ander auch  in  der  Wirkung  sehr  ähnlich  sind.  Es  war  wahrscheinlich,  wenn  man 
die  Wirkung  ähnlich  gebauter  organischer  Verbindungen  miteinander  vergUch 
und  dieselben  sehr  ähnlich  fand,  daß  zwischen  der  physiologischen  Wirkung 
und  der  chemischen  Struktur  Beziehungen  gefunden  würden. 

Man  hat  es  in  letzter  Zeit  vorgezogen,  die  Spezifizität  der  Giftstoffe  in  ihren 
j)hysikalischen  Eigenschaften  und  nicht  in  ihren  chemischen  zu  suchen  und 
insbesondere  ihre  Löslichkeit  in  der  ZeUwand,  ihre  Oberflächenenergie  in 
gelöstem  Zustande  als  die  Ursache  der  Spezifizität  anzusehen;  diese  Eigen- 
schaften beherrschen  die  Verteilung  durch  Auswahl.  Man  vergißt  hierbei  nur, 
daß  damit  in  erster  Linie  nur  die  Selektion  und  nicht  die  Wirkung  erklärt  wird 
und  daß  ferner  die  chemischen  imd  physikalischen  Eigenschaften  der  Ver 
bindungen  doch  untrennbar  sind.  Jedenfalls  hat  diese  neue  Richtung  den 
großen  Vorteil  gezeitigt,  daß  man  nicht  nur  die  chemische  Konstitution,  sondern 
auch  die  Struktur,  sowie  die  aus  diesen  resultierenden  physikalischen  Eigen 
Schäften  und  insbesondere  Lösungsverhältnisse  und  Verteilungsverhältnisse 
mehr  in  Betracht  zieht;  die  vorläufige  Kampfstellung  der  physikaHschen  und 
chemischen  Richtung  zeitigt  wie  jede  wissenschaftliche  Kontroverse  für  den 
Beobachter  neue  Resultate,  welche  die  neugefundene  Tatsache  besser  erklären, 
als  eine  der  beiden  Theorien. 

Die  physikaUsche  Voraussetzung,  daß  die  Wirkung  der  Elemente  ihren 
Bewegungs-  und  Schwingungszuständen  entsprechen,  sind  von  Curci"^)  auf 
die  organischen  Verbindungen  in  der  Weise  ausgedehnt  worden,  daß  er  die  Be- 
hauptung aufstellte,  die  Wirkungen  eines  organischen  Moleküls  beruhen  und 
resultieren  aus  der  Wirkung  der  einzelnen  Komponenten  desselben,  und  zwar 
hat  der  Kohlenstoff  eine  lähmende,  der  Wasserstoff  eine  erregende  und  der  Sauer- 
stoff eine  indifferente  Wirkung.  Die  Kohlenwasserstoffe  der  fetten  und  aroma 
tischen  Reihe  sind  lähmende  Verbindungen,  weil  der  Kohlenstoff  den  Wasser 
stoff,  welcher  antagonistisch  wirkt,  in  der  Wirkung  überwindet.  Es  ist  daher 
die  lähmende  Wirkung  um  so  größer,  je  mehr  Kohlenstoff  und  je  weniger  Wasser- 
stoff vorhanden,  und  umgekehrt  um  so  kleiner,  je  weniger  Kohlenstoff  und  je 
mehr  Wasserstoff  im  Molekül  enthalten  ist.  In  den  Wasserstoff  und  Stick- 
stoff enthaltenden  Gruppen  überwiegt  die  aufregende  Wirkung  des  Wasserstoffes 
die  schwach  lähmende  Wirkung  des  Stickstoffes.    In  den  Hydroxylgruppen 

1)  Terapia  modema   1891,  Gonnajo,  S.  33. 


Beziohungen  zwischen  chemischer  Konstitution  und  Wirkungen.  27 

hat  der  Wasserstoff  eine  beträchtlich  erregende  Wirkung,  weil  der  Sauer- 
stoff indifferent  ist :  es  folgt  nun  daraus,  daß  die  hydroxylierten  Kohlenwasser- 
stoffe eine  doppelte  Wirkung  haben  müssen.  Einerseits  eine  erregende  durch 
das  Hydroxyl,  andererseits  eine  lähmende  durch  den  Kohlenwasserstoff.  Doch 
kommt  den  Hydro xylen  nach  Curcis  Auffassung  besondere  Wirkung  zu,  je 
nachdem  ihre  Stellung  ist. 

Diese  durchaus  anders  erklärbaren  Resultate  Curcis  sind  gleichsam  der 
roheste  Versuch,  einen  Zusammenhang  der  chemischen  Konstitution  und  der 
biologischen  Wirkrmg  zu  finden.  So  einfach  hegen  aber  diese  Beziehungen 
durchaus  nicht. 

Für  die  ahphatischen  Körper  verdanken  wir  vor  allem  O.  Schmiedebergi) 
eine  Reihe  von  Erklärungsversuchen.  Die  Wirksamkeit  der  Substanzen,  ins- 
besondere der  ahphatischen  Reihe,  hängt  vor  allen  Dingen  von  physikahschen 
und  von  biologischen  Verhältnissen  ab.  So  spielt  die  Resorbierbarkeit  einer 
Substanz  eine  große  Rolle.  Eine  nicht  resorbierbare  Substanz  kann  selbst- 
verständhch  innerhalb  des  Organismus  (jenseits  des  Darmkanals)  nicht  zur  Wir- 
kung gelangen.  Femer  ist  die  große  Löshchkeit  in  Wasser  und  die  große  Flüchtig- 
keit bei  gewöhnUcher  Temperatur  für  die  Wirkung  maßgebend.  So  zeigen  z.  B. 
die  flüchtigen  Kohlenwasserstoffe  des  Petroleums  in  vollem  Umfange  die  nar- 
kotische Gruppenwirkung  der  Kohlenwasserstoffe,  während  die  flüssigen,  in 
Wasser  ganz  unlöshchen,  der  Verdunstung  unfähigen  Paraffinöle  und  vollends 
die  festen  Paraffine  gänzüch  unwirksam  sind.  Die  Wirksamkeit  im  Sinne 
der  Alkoholgruppen,  d.  h.  narkotische  Wirkung,  wird  im  wesent- 
lichen durch  die  Anzahl  der  im  Molekül  enthaltenen  Sauerstoff- 
atome bedingt.  Alle  Verbindungen  dieser  Gruppe,  welche  zwei  oder  mehi' 
Sauerstoffatome  in  einer  Kohlenwasserstoffgruppe  enthalten,  büßen  dadurch 
die  Wirksamkeit  ein  oder  werden  gänzhch  wirkungslos.  Die  Glykole  CnHgn  (OHjj 
stehen  schon  an  der  Grenze  der  Wirksamkeit.  Ist  aber  eine  Verbindung  aus 
mehreren  selbständigen  Kohlenwasserstoffgruppen  zusammengesetzt,  so  ist 
sie  wirksam,  wenn  wenigstens  die  eine  von  den  letzteren  kein  oder  nicht  mehr 
als  ein  Atom  Sauerstoff  enthält.  So  z.  B.  kann  der  schlafmachende  Paraldehyd 
{CH3  •  CH0)3  als  eine  Verbindung  angesehen  werden,  deren  Moleküle  gleich- 
sam aus  drei  gleichartigen,  je  ein  Atom  Sauerstoff  enthaltenden  Teilen  locker 
zusammengefügt  sind,  von  denen  jeder  eine  selbständige  Rolle  bei  der  Wirkung 
spielt.  0.  Schmiedeberg  stellte  folgende  Gesetzmäßigkeiten  für  die  Wirkimg 
substituierter  Körper  auf: 

,,1.  Sehr  giftige  Atomgruppen  verheren  bei  der  Substitution  mit  den 
Kohlenwasserstoffen  der  Fettreihe  die  Intensität  und  den  ursprünghchen  Cha- 
rakter ihrer  Wirkung.  Dieses  Verhalten  zeigen  die  Nitrile  R  •  C  J  N  und  Iso- 
nitrile  R  •  N  ;  C  oder  R  •  N:  C,  von  denen  die  letzteren  als  direkte  Substitu- 
tionsprodukte der  Blausäure  zu  betrachten  sind.  Nur  wenn  die  Blausäure  sich 
durch  Abspaltung  im  Organismus  bildet,  tritt  die  entsprechende  Wirkung  ein. 

Beispiele :  Kakodyloxyd  (0113)2  •  As  O  •  As(CH3)2  kann  aus  dem  Arsenig- 
säureanhydrid  AS0O3  durch  Substitution  von  je  1  Atom  O  durch  (03.3)2  ent- 
standen gedacht  werden  und  bringt  keine  Arsenikwirkung  hervor.  Diese  tritt 
erst  nach  Zersetzung  der  Verbindung  im  Organismus  ein.  Ebenso  verhalten 
sich  das  Blei-^)  und  Zinntriäthyl  und  wohl  alle  anderen  analogen  Ver- 
bindungen. 

1)  AePP.  20,  201. 

^)  Dieses  macht  nach  E.  Harnack,  AePP.  9,  152,  Lähmung  des  Zentralnerven- 
systems, wie  Chioral  und  Chloroform. 


28  Theorie  der  Wirkungen  organischer  Verbindungen. 

2.  Es  kann  auch  umgekehrt  die  Wirksamkeit  der  Kohlenwasserstoffgruppe 
durch  die  Verbindung  mit  anderen  Atomen  und  Atomkomplexen  abgeschwächt 
oder  ganz  aufgehoben  werden.  Hierher  gehören  die  Ammoniakbasen  der  Fett- 
reihe. Die  Wirkung  derselben,  z.  B.  des  Methylamins  CH3  •  NHj,  Di-  (0113)2  •  NH 
und  Trimethylamins  (0113)3  •  N  hat  den  gleichen  Grundcharakter,  wie  die  des 
Ammoniaks.    Eine  Narkose  verursachen  sie  nicht. 

3.  Wenn  die  Verbindung,  wie  in  den  Äthern  und  Estern,  aus  zwei  Atom- 
gruppen durch  Vermittlung  von  Sauerstoff  zusammengesetzt  ist,  so  hängt,  so- 
weit es  sich  übersehen  läßt,  die  Wirkung  des  ganzen  Moleküls  derselben  von 
der  Natur  und  Beschaffenheit  der  beiden  Komponenten  ab,  indem  jede  der 
letzteren  dabei  eine  selbständige  Rolle  spielt.  Bestehen  diese  beiden  Teile 
aus  gleichartigen  oder  gleichwertigen  Kohlenwasserstoffen,  wie  es  in  den  ein- 
fachen und  zusammengesetzten  Äthern  der  Fall  ist,  so  ist  die  Wirkung  der 
ganzen  Verbindung  eine  einheitliche  und  die  letztere  gehört  pharmakologisch 
zu  den  typischen  Gliedern  der  Alkoholgruppe.  Ihnen  schließen  sich  solche  Ester 
an,  in  denen  die  Säuren  an  sich,  d.  h.  im  neutralisierten  Zustande,  besonders 
als  Natriumsalze,  keinerlei  spezifische  Wirkungen  haben.  Die  Essigsäureester 
und  ihre  Homologen  sind  daher  ebenfalls  zur  Alkoholgruppe  zu  rechnen. 

Wenn  dagegen  in  derartigen  Verbindungen  die  Säure  an  sich  giftig  ist 
oder  in  irgendeiner  Weise  ein  besonderes  Verhalten  im  Organismus  aufweist, 
so  treten  diese  Eigenschaften  auch  bei  den  betreffenden  Estern  zutage  und 
bedingen  eine  wesentliche  Abweichung  ihrer  Wirkung  von  dem  Gnmdcharakter 
der  Alkoholgruppe.    Beispiel  Salpetrigsäureamylester." 

Ein  stringenter  Beweis  dafür,"  daß  zwischen  der  chemischen  Konstitution 
der  Körper  und  ihrer  physiologischen  Wirkung  ein  inniger  Zusammenhang  be- 
steht, oder  noch  deutlicher  ausgedrückt,  daß  die  physiologische  Wirkung 
einer  Substanz  durch  ihre  chemische  Konstitution  und  Konfiguration')  bedingt 
ist,  kann  durch  die  Tatsache  unumstößlich  geliefert  werden,  daß  bestimmte 
Änderungen  in  der  Konstitution  bestimmte  Änderungen  in  der  Wirkung  bei 
ähnlichen  Körpern  hervorbringen,  und  daß  ferner  die  Anlagerung  bestimmter 
Molekularkomplexe  an  verschieden  wirkende  Substanzen  dieselben  in  physio- 
logisch ähnlich  wirkende  oder  auch  in  gleichmäßig  unwirksame  verwandeln 
kann.  Es  gelingt  leicht,  aus  ganz  besonders  wirksamen  Substanzen  durch 
Anlagerung  bestimmter  Gruppen  gleichmäßig  unwirksame  zu  erhalten  und 
nach  Abspaltung  dieser  Gruppen  wieder  die  wirksamen  Substanzen  zu  regene- 
rieren. Als  Beispiel  wollen  wir  vorläufig  nur  einiges  erwähnen:  a)  Durch 
die  Anlagerung  identischer  Gruppen  in  identischer  Weise  werden 
gleichmäßig  wirkende  Körper  erhalten.  Nach  den  Untersuchungen 
von  Cr  um  Brown  und  Fräser  2)  und  anderen  gelingt  es  durch  Methylierung 
der  Alkaloide,  welche  ja  verschiedene  physiologische  Wirkung  haben,  Körper 
zu  erhalten,  welche  alle  die  motorischen  Nervenendigungen  lähmen,  also  dem 
Curare  ähnliche  Wirkungen  haben.  Es  ist  hierbei  im  allgemeinen  gleichgültig, 
ob  diese  Alkaloide  als  solche  Krämpfe  auslösen,  wie  Strychnin,  Brucin  und 
Thebain,  oder  ob  sie  es  nicht  tun,  wie  Morphin,  Nicotin,  Atropin.  Aus  diesen 
Versuchen  läßt  sich  sogar  die  allgemeine  Regel  ableiten,  daß  die  zusammen- 
gesetzten   Radikale,    bei    welchen   Methyl   am    quaternären   Stickstoff   steht, 

^)  Inwiefern  die  Wirkung  von  der  Konfiguration  abhängig  ist,  siehe  am  Schlüsse 
dieses  Kapitels.  Siehe  ferner  Sigmund  Franke!:  Stereocliemische  Konfiguration  und 
physiologische  Wirkung  in:  Asher  und  Spiro's,  Ergebnisse  d.  Physiologie  III.  Biochemie 
S.  290. 

2)  Transact.  Roy.  Soc.  Edinborough  25,  707  (I8C8)  und  Proc.  Roy.  Soc.  Edinborough 
1869,  560. 


Beziehungen  zwischen  chemischer  Konstitution  und  Wirkungen.  29 

in  derselben  Weise  lähmend  wirken.  Es  können  daher  aus  allen  tertiären 
Basen  durch  Methylierung  Ammoniumbasen  erzeugt  werden,  welche  manchmal 
unverhältnismäßig  giftiger,  häufig  aber  viel  weniger  giftig  sind,  als  die  Aus- 
gangssubstanzen. So  fand  R.  Böhm'),  daß  im  Curare  zwei  Basen  nebenein- 
ander vorkommen,  das  Curarin  und  das  Ciuin.  Curarin  ist  eine  Ammonium- 
base, Curin  eine  tertiäre  Base,  die  nur  wenig  giftig  ist.  Als  R.  Böhm  aber  die 
tertiäre  Base  Curin  durch  Methylierung  in  eine  Ammoniumbase  überführte, 
so  entstand  Curarin,  welches  sich  als  226 mal  so  giftig  erwies,  als  die  Aus- 
gangssubstanz, b)  Daß  durch  die  Anlagerung  identischer  Gruppen 
die  Wirkung  bestimmter  Körper  abgeschwächt  oder  ganz  ver- 
nichtet wird,  beweisen  folgende  Tatsachen:  Wenn  man  hydroxylhaltige  Sub- 
stanzen, wie  Phenole,  Alkohole  usw.  in  ihre  gepaarten  Verbindungen  mit 
Schwefelsäure,  das  ist  in  saure  Ester,  überführt,  so  verlieren  sie  ihre  Giftigkeit  fast 
vollständig.  Während  Phenol  C^B.^  •  OH  eine  beträchtliche  Giftwirkung  bei 
interner  Applikation  zeigt,  ist  die  Phenolätherschwefelsäure  CrHs  •  0  •  SO3H 
als  Natriumsalz  intern  eingegeben  selbst  in  Dosen  von  30  g  ganz  ungiftig. 
Das  so  wirkungsvolle  Morphin  Ci7H„N0  •  (0H)2  verliert  durch  Überführung 
in  Morphinätherschwefelsäure  Ci7H,7NO  •  (OH)  •  SO3H  völlig  seine  hyp- 
notische Wirkung  und  kann  selbst  in  Dosen  von  5  g  ohne  irgendwelchen  Schaden 
genommen  werden.  Das  giftige  Ammoniak  geht  durch  Ersatz  eines  Wasser- 
stoffes durch  Essigsäure  in  das  ga  iz  ungiftige  Glykokoll  (Aminoessigsäure) 
NH2  •  CH2  •  COOH  über.  Es  können,  um  ein  weiteres  Beispiel  anzuführen, 
durch  Einführung  von  Säureradikalen  in  basische  Reste  die  Wirkungen  der 
letzteren  bedeutend  abgeschwächt,  wenn  nicht  ganz  aufgehoben  werden.  So 
ist  Acetamid  CH3  •  CO  •  NHg  völlig  wirkungslos-),  während  Ammoniak  ein 
heftiges  Gift  ist.  Acetanilid  CHj  •  CO  •  NH  •  C^Hj  (Antifebrin)  ist  weit  weniger 
giftig,  als  Anilin  NHg  •  CBH5.  Ebenso  wird  im  Phenetidin  NHg  •  C^H^  •  OCjHj 
durch  Anlagerung  von  Acetyl-  oder  Lactylradikalen  die  Wirkung  abgeschwächt, 
indem  die  Base  schwieriger  angreifbar  wird. 

Gleichmäßig  wird  in  allen  Fällen  durch  Einführung  vonWasser- 
stoff  in  die  cyclischen  Basen  die  physiologische  Wirkung  ver- 
stärkt bzw.  die  Giftigkeit  gesteigert  (Regel  von  Kendrick  -  Dewar- 
Königs). 

So  viel  als  Beweis  und  Beispiel,  daß  gleichmäßige  Veränderungen  an 
ungleich  wirkenden  Substanzen  ähiüiche  oder  gleiche  Veränderungen  in  der 
Wirkung  setzen. 

Daß  bestimmte  Gruppen  von  Substanzen  ihre  Wirkung  durch  einfache 
Änderungen  im  Molekül,  etwa  die  Verwandlung  des  Charakters  der  Verbindung 
von  einer  Base  in  eine  Säure,  verlieren,  läßt  sich  physiologisch  dadurch  erklären, 
daß  der  Angriffspunkt  der  Substanz  verschoben  bzw.  aufgehoben  ist,  oder 
daß  die  Verteilung  im  Organismus  völlig  alteriert  wird.  Wir  können  uns  näm- 
lich das  Zustandekommen  der  Wirkung  der  Substanzen  auf  bestimmte  Zell- 
gruppen, d.  i.  die  selektive  Wirkung  der  Substanz  nur  so  deuten,  daß  gewisse 
endständige  Gruppen  im  Molekül  in  chemische  Beziehung  zu  Zellsubstanzen 
treten  und  von  denen  festgehalten  werden.  Dieses  kann  durch  rein  chemische 
Bindung  oder  durch  physikalisch-chemische  Verhältni.«se,  wie  Lösung,  Absorp- 
tion und  ähnliche  erfolgen.  Erst  dann  kann  der  ganze  Molekularkomplex,  ein- 
mal im  bestimmten  Gewebe  physikalisch  oder  chemisch  festgehalten  (ver- 
ankert), zur  Wirkung  gelangen.  Ändern  wir  nun  den  Charakter  der  endstän- 
djgen  Gruppen  oder  der  ganzen  Verbindung,  so  waltet  die  chemische  und  physi- 

1)  Arch.  d.  Pharm.  335,   660.  ^)  Zeitschr.  f.  Biol.   8,    124. 


30  Theorie  der  Wirkungen  organischer  Verbindungen. 

kaiische  Beziehung  zwischen  der  eingeführten  chemischen  Substanz  und  dem 
bestimmten  Zellkomplexe  nicht  mehr  ob.  Die  Substanz  wird  von  der  betreffen- 
den Zellgruppe  nicht  mehr  aufgenommen  oder  festgehalten,  und  kann  daher 
auch  nicht  mehr  zur  Wirkung  gelangen,  wenn  auch  die  eigentlich  wirkende 
Gruppe  völlig  intakt  geblieben  ist.  Paul  Ehrlich i)  hat  als  Bild  für  eine  ähn- 
hche  Vorstellung  den  Vergleich  mit  den  Farbstoffen  angewendet.  In  allen 
Farbstoffen  kommt  nach  0.  Witt  eine  chromophore,  farbgebende  Gruppe 
vor,  welche  sich  durch  dichtere  Bindung  auszeichnet  (z.  B.  die  Azogruppe 
R  .  N  =  N  •  Rj).  Alle  Farbstoffe  werden  entfärbt,  wemi  man  sie  mit  reduzieren- 
den Mitteln  behandelt  und  so  durch  Einführung  von  Wasserstoff  die  dichtere 
Bindung  der  chromophoren  Gruppe  aufhebt.  So  bekommt  man  aus  Indigblau 
Indigweiß  usw.  Aber  diese  chromophoren  Gruppen  allein  sind  nicht  ausreichend, 
um  Farbstoffe  zu  erzeugen,  sie  haben  nur  den  chromogenen  Charakter.  Es  müssen 
an  sie  noch  saure  oder  basische  Gruppen  herantreten,  z.  B.  Hydroxyl-  oder 
Aminogruppen,  die  man  als  auxochrome  Gruppen  bezeichnet,  Radikale,  welche 
erst  die  Farbstoffnatur  der  Verbindungen  entwickeln.  Wenn  in  das  Azobenzol 
CgHj  •  N  =  N  •  CgHg  Hydroxylgruppen  eintreten,  dann  erst  entsteht  das 
braune  Oxyazobenzol  CgHg  •  N  =  N  •  CgH4  •  OH  und  wenn  die  Aminogruppe 
eintritt,  das  schöne  gelbe  Aminoazobenzol  CgHg  •  N  =  N  •  CgH^  •  NH,  (Anilin- 
gelb). Es  sind  also  zum  Zustandekommen  des  Farbstoffes  zwei  Komponenten 
erforderhch,  die  chromophore  und  die  auxochrome  Gruppe.  Die  Farbe  aber 
selbst  ist  wieder  abhängig  von  der  Zahl  der  auxochromen  Gruppen.  Das  Mon- 
aminoazobenzol  C5H5  •  N  =  N  •  C^'R^  ■  NH2  ist  gelb  (Anüingelb),  das  m-Di- 
aminoazobenzol  CgHs  •  N  =  N  •  CgHj  •  (NH2)2  ist  orange  (Chrysoidin),  das 
Triaminoazobenzol  NHj  •  CgH4  •  N  =  N  •  CgHg  •  (NH2)2  ist  braiui. 

Wie  wir  gesehen  haben,  werden  viele  Gifte  durch  einfache  Einwirkung, 
z.  B.  ELnführmig  von  Säuren,  in  ungiftige  Substanzen  umgewandelt.  M.  Ne  nc  ki 
suchte  diese  Verschiedenheiten  auf  chemischem  Wege  durch  Unterschiede  in 
der  Oxydationsfähigkeit  zu  erklären,  aber  Paul  Ehrlich  hielt  einen  solchen 
Erklärungsversuch  für  durchaus  nicht  ausreichend  und  glaubte  auf  experimen- 
tellem Wege  zum  Verständnis  dieser  Tatsachen  gelangt  zu  sein.  So  gibt  es  z.  B.  • 
eine  Reihe  von  Farbstoffen,  welche  bei  Tieren  das  Gehirn  färben ;  fügt  man  aber 
in  diese  Farbstoffkörper  Schwefelsäure  ein,  indem  man  die  entsprechende 
Sulfosäure  darstellt,  so  verheren  sie  vollkommen  ihre  gehirnfärbende  Eigen- 
schaft. Durch  die  Substitution  ist  also  die  Wirkung  der  Substanz  verändert. 
Sie  hat  ihre  neurotrope  Funktion  eingebüßt,  d.  h.  sie  geht  nicht  mehr  an  die 
Elemente  des  Gehirnes  heran.  Man  ist  nun  gezwungen,  wenn  man  von  Be- 
ziehungen zwischen  Konstitution  und  Wirkung  spricht,  als  Mittel  noch  einen 
dritten  Begriff  aufzustellen,  nämlich  den  der  Verteilung.  Wie  soll  man  sich 
die  selektive  Fähigkeit  der  Gewebe  vorstellen?  Es  handelt  sich  da  nicht  um 
nahehegende  chemische  Beziehungen,  sondern  oft  nur  um  physikahsche  Verhält- 
nisse, so  häuft  sich  das  Chloroform  meist  in  den  roten  Blutkörperchen  an 
(0.  Schmiedeberg  1867).  Nach  den  J.  Pohlschen  Erklärungen^)  wird  es  von 
den  Phosphatiden  derselben  angezogen,  mit  denen  es  sich  leicht  mischt.  Ähn- 
lich dürften  sich  die  Kohlenwasserstoffe,  Äther,  Ketone  und  Sulfonverbin- 
dungen  verhalten.  Schwieriger  hegen  die  Verhältnisse  bei  anderen  chemischen 
Gruppen,  wie  bei  Säuren,  Basen,  Alkoholen  und  Phenolen,  da  diese  ja  leicht 
chemische  Verbindungen  mit  bestimmten  Gruppen  des  Protoplasmas  eingehen 
könnten.    Bei  einer  chemischen  Verbindung  wäre  die  Substanz  durch  Alkohol 

')  Deutsche  med.  Wochenschr.   1898,   1052.    Siehe  auch  Festschrift  f.  Leyden  1,  645 
Internationale  Beiträge  zur  inneren  Medizin,  Berlin  1902.  ')  AePP.  38,  239. 


Beziehungen  zwischen  chemischer  Konstitution  und  Wirkungen.  31 

aus  den  Organen  nicht  exfcrahierbar.  Das  Experiment  belehrte  aber  P.  Ehr- 
lich, daß  z.  B.  bei  Phenacetin,  Kairin,  Thaliin  die  Alkoholextraktion  gehngt, 
also  keine  chemische  Bindung  zwischen  der  eingeführten  basischen  Substanz 
und  dem  Protoplasma  vorhegt  So  läßt  sich  auch  aus  einer  Fuchsinniere  durch 
Alkohol  Fuchsin  extrahieren.  Die  einzige  Substanz  unter  vielen,  die  eine  solche 
Festlegung  annehmen  läßt,  ist,  nach  P.  Ehrlich,  vielleicht  das  Anihn. 

Wie  erfolgt  nun  die  Anlagerung  dieser  Substanzen  ?  Der  Vorgang  der 
Färbvmg  ist  nach  Ehrlich  derselbe,  wie  er  bei  Injektion  von  Giften  im  Orga- 
nismus statthat:  die  Wollfaser,  in  Pikrinsäurelösung  getaucht,  nimmt  aus 
der  noch  so  schwachen  Lösung,  aus  der  größten  Verdiinnung,  die  Farbe  auf, 
ebenso  wie  gewisse  G!ewebe  das  Gift  aus  der  zLrkuUerenden  Körperflüssigkeit.  — 
Hinsichtlich  der  Färbung  nun  bestehen  zwei  Theorien :  die  der  Salzbildung  und 
die  der  starren  Lösung  nach  van  t'Hoff  (Wittsche  Theorie).  O.  Witt  nimmt 
an,  daß  der  Farbstoff  nicht  in  festem  Zustande  in  der  Faser  ist,  sondern  als 
Lösung.  Es  gibt  Farbstoffe,  welche  in  festem  Zustande  rot  sind,  in  Lösungen 
aber  fluorescieren :  die  damit  gefärbte  Seide  fluoresciert  gleichfalls.  Es  ist 
kein  Einwand  hiergegen,  daß  derselbe  Körper  verschiedene  Fasern  verschieden 
färbt:  auch  Jod  in  verschiedenen  Flüssigkeiten  gelöst  —  in  Jodkahumlösung, 
in  Chloroform  usw.  —  ergibt  verschiedene  Färbung  der  Lösung.  —  Die  Ge- 
websfaser  schüttelt  die  Farbstoffe  quantitativ  aus  der  wässerigen  Lösmig  aus 
und  färbt  sich  so;  ist  die  Löshchkeit  der  Substanz  in  Alkohol  wieder  besser, 
so  ist  die  Faser  durch  ihn  wieder  entfärbbar. 

Das  Verhalten  der  Substanzen  im  Organismus  ist  nmi  wohl  nach  der 
Ansicht  von  Ehrlich  ein  ganz  ähnliches.  AUe  Himfarbstoffe  verHeren  ihre 
himfärbende  Eigenschaft,  wenn  eine  Sulfosäuregruppe  in  sie  eintritt.  Die 
Mehrzahl  der  Stoffe,  welche  ins  Gtehim  gehen,  gehen  auch  aus  Wasser  in  Äther 
über,  als  Sulfosäuren  jedoch  nicht.  Es  sind  also  im  Gehirn  Stoffe,  welche 
ebenso  wirken  wie  Äther  im  Reagensglase.  Die  starke  Wirkung  gewisser  Gifte 
auf  das  Hirn  beruht  auf  einer  Ausschüttelung  durch  dasselbe,  wie  durch  Äther. 
—  Die  Lokalisation  der  verschiedenen  Substanzen  in  den  Körpergeweben 
beruht  also  nach  Ehrlich  auf  einer  Ausschüttelung  durch  dieselben.  In  den 
Zellen  verschiedener  Organe  sind  verschiedene  chemische  Gruppen  enthalten, 
und  einzelne  Körper,  wie  Myosin  z.  B.,  haben  wieder  in  alkalischer  oder  neutraler 
oder  saurer  Lösung  ganz  verschiedene  Fähigkeiten,  so  daß  sich  die  verschie- 
densten Möglichkeiten  einer  Endwirkung  ergeben.  Einzelne  Substanzen  werden 
wohl  nicht  vom  lebenden  Protoplasma  aufgenommen,  sondern  von  anderen 
zwischenhegenden  Körpern  —  so  gewisse  Farbstoffe  von  den  Nervenscheiden.  — 
Ein  Beispiel  für  eine  starre  Lösung  gibt  die  Jodstärke,  welche  man  früher  für 
eine  chemische  Verbindung  hielt,  während  sie  nach  Mylius  auch  eine  starre 
Lösung  darstellt,  indem  die  Stärke  von  Jod  durchtränkt  ist.  Dieselbe  Blau- 
färbung nun  bei  der  Lösung  von  Jod  zeigen  gewisse  Derivate  der  Cellulose, 
die  amyloide  Substanz  und  die  Cholalsäure.  In  diesen  Körpern  sind  gewisse 
Strukturkomponenten  gleich.  Die  Fähigkeit,  eine  starre  Lösung  zu  erzeugen, 
setzt  also  gewisse  chemische  Eigenschaften  voraus,  und  zwar  gehören  solche 
Konfigurationen  immer  einer  ganzen  Klasse  an. 

Der  Ehrlichsche  Vergleich  mit  der  chromophoren  Gruppe  läßt  sich  in 
der  Gruppe  der  Cocaine  schön  durchführen.  Alle  Cocaine  im  chemischen 
Sinne  (Ekgoninverbindungen)  machen  bei  der  Maus  dieselben  pathologischen 
Veränderungen  der  Leber,  aber  anästhesierend  wirkt  nur  das  Cocain  mit  der 
Benzoylgruppe,  während  die  Methylgruppe  des  Cocains  das  Ekgonin  nur  an  das 
Nervensystem  heranbringt.    Die  Benzoylgruppe  wäre  nun  die  anästhesiophore. 


32  Theorie  der  Wirkungen  organischer  Verbindungen. 

die  Methylgruppe  die  anästhesiogene  Gruppe.  Ehrlich  wollte  diese  seine  An- 
schauung als  einen  neuen  Weg  zur  Synthese  neuer  Arzneimittel  betrachtet 
■wissen.  Zuerst  hat  man  eine  Gruppe  von  Substanzen  zu  wählen,  welche  an 
gewisse  Organe  herantreten  und  in  diese  Substanzen,  welche  nun  myotrop, 
neurotrop  usw.  sind,  könnte  man  verschiedene  Gruppen  einführen,  welche 
einen  toxischen  bzw.  therapeutischen  Einfluß  ausüben. 

Die  EhrlichscheTheorie  war  vielleicht  der  erste  Versuch,  die  Verteilung 
und  zum  Teil  auch  die  Wirkung  physikalisch-chemisch  zu  erklären  und  den  Ver- 
teilungssatz von  Berthelot  -  Jungfleisch,  wie  die  Theorie  der  starren 
Lösung  van't  Hoff  auf  die  Pharmakologie  anzuwenden. 

Während  nach  der  Ehrlich  sehen  Auffassung  im  Protoplasma  des  Organis- 
mus sowie  im  Parasiten  bestimmte  Atomkomplexe,  sogenannte  Chemoccptoren, 
eine  besondere  Affinität  zu  bestimmten  Gruppen  des  Arzneikörpers,  den  so- 
genannten haptophoren  Gruppen,  bieten,  kommen  z.B.Baudisch')undUnna^), 
ebenso  Karrer^)  zu  Vorstellungen,  nach  denen  chemische  Verbindungen,  die 
nach  der  Werner  -  Pfeif  ferschen  Theorie  Komplexsalze  zu  bilden  vermögen, 
der  komplexsalzbildenden  Gruppe  haptophore  Eigenschaften  zukommen,  mit 
der  sie  sich  mit  bestimmten  Gewebsteilen  bzw.  Teilen  der  Zelle  des  Parasiten 
verbinden. 

So  sind  zur  Bildung  innerer  Komplexsalze  befähigt:  Salvarsan,  Hexa- 
aminoarsenobenzol,  Salicylsäure,  Atophan,  Oxyanthranole.  Aber  die  komplex- 
salzbildende  Gruppe  kann  den  Ausschlag  nicht  geben,  wie  sich  an  den  drei 
Isomeren  des  Salvarsans  zeigen  läßt,  die  sämtlich  o-Aminogruppen,  wenn  auch 
an  anderen  Stellen  des  Moleküls,  enthalten.  Viele  therapeutisch  sehr  wirksame 
Verbindungen  enthalten  überhaupt  keine  komplexsalzbildenden  Gruppen. 

Seit  dem  Ehrlichschen  Versuche  haben  insbesondere  durch  die  Theorien 
und  Experimente  von  Hans  H.  Meyer,  Overton  und  W.  Straub  Anschau- 
ungen, nach  denen  sich  die  pharmakodynamischen  Wirkungen  nach  dem 
Verteilungssatze  rein  physikalisch  erklären  lassen,  stark  an  Boden  gewonnen. 

Die  physikalischen  Gesetzmäßigkeiten  für  die  Aufnahme  von  Substanzen 
aus  ihren  wässerigen  Lösungen  sind  zum  Teil  bekannt.  Die  Aufnahme  er- 
folgt selektiv  in  der  Weise,  daß  einzelne  Stoffe  gar  nicht  aufgenommen  werden, 
andere  hingegen  in  sehr  reicher  Weise.  Stoffe,  die  nicht  aufgenommen  werden, 
können  aber  trotzdem  auf  die  Zellmembran  reizend  wirken.  Bei  der  Aufnahme 
geben  die  Substanzen  mit  dem  Kolloid  eine  sogenannte  feste  Lösung  und  es 
wird  so  viel  von  der  Substanz  aufgenommen  und  in  dem  Kolloid  aufgespeichert, 
bis  sich  ein  Gleichgewichtszustand  zwischen  der  Lösung  und  dem  Kolloid, 
in  unserem  Falle  zwischen  den  zirkulierenden  Medien  und  den  Geweben,  ent- 
wickelt hat.  Der  Vorgang  ist  aber  reversibel  und  aus  der  festen  Lösung  kann  die 
Substanz  wieder  nach  dem  Verteilung.sgesetz  in  das  Lösungsmittel  übergehen. 
Nach  dem  Verteilungssatz  von  Berthelot  und  Jungfleisch  verteilt  sich  eine 
Substanz  zwischen  zwei  Lösungsmitteln,  die  einander  nur  wenig  lösen,  analog 
dem  Henryschen  Gesetz,  und  zwar  in  konstantem  Verhältnis.  Bei  gleicher 
räumlicher  Konzentration  ist  der  osmotische  Druck  in  beiden  Lösungen  gleich 
groß.  In  seiner  allgemeinsten  Form  lautet  der  Verteilungssatz:  bei  einer  be- 
stimmten Temperatur  besteht  für  jede  Molekelart  ein  bestimmtes  Verteilungs- 
verhältnis zwischen  zwei  Phasen  eines  Systemes,  das  unabhäng  g  von  der  Gegen- 
wart anderer  Molekel  ist  und  für  das  es  gleichgültig  bleibt,  ob  letzteres  sich  mit 
jener  in  Umsetzung  befindet  oder  nicht. 

»)  B.   B.   49,    117  (inifi).  2)  Dermatol.  Wochenachr.  68,   116. 

')  Naturwissenschaften  1916,  II.    37. 


Beziehungen  zwischen  chemischer  Konstitution  und  Wirkungen.  33 

In  der  Xer  nstschcn  Fonnulieruiig  lauten  clie  Gesetzmäßigkeiten  folgender- 
maßen: Wenn  wir  miter  Teilungskoeffizienten  eines  Stoffes  zwischen  zwei 
Lösungsmitteln  das  Verhältnis  der  räumlichen  Konzentration  verstehen,  mit 
welchem  er  in  diesen  beiden  Lösmigsmitteln  nach  Eintritt  des  Gleichgewichts- 
zustandes vorhanden  ist,  so  ist  der  Teilungskoeffizient  bei  gegebener  Tem- 
peratur konstaiit.  wenn  der  gelöste  Stoff  in  beiden  Lösungsmitteln  das  gleiche 
Molekulai^ewicht  besitzt.  Bei  Gegenwart  mehrerer  gelöster  Stoffe  verteilt 
sich  jede  einzelne  Molektilgattung  so.  als  ob  die  anderen  nicht  zugegen  wären. 
Befindet  sich  aber  der  gelöste  Stoff  nicht  in  einem  einheitlichen  Molekular- 
zustande, sondern  ist  er  in  der  Dissoziation  begriffen,  so  gilt  der  ausgesprochene 
Satz,  daß  der  Teilungskoeffizient  bei  gegebener  Temperatur  konstant  ist.  wenn 
der  gelöste  Stoff  in  beiilen  Lösungsmitteln  das  gleiche  Molekulargewcht  be- 
sitzt, für  jede  der  bei  der  Dissoziation  entstandenen  Molekülgattimgen.  Aber 
die  Verteilung  ist  auch  noch  abhängig  und  variabel  mit  der  Temperatur.  Wenn 
der  gelöste  Stoff  in  beiden  Lösungsmittehi  ein  verschiedenes  Molekulargewicht 
zeigt,  so  verteilt  er  sich  so,  daß  in  den  Lösungsmitteln  die  gleiche  Anzahl  von 
Molekülen  vorhanden  ist.  in  dem  einen  einfache,  in  dem  anderen  doppelte 
oder  mehrfache  Äloleküle. 

Xun  ist  es  gleichgültig,  ob  die  Verteilung  zwischen  zwei  Flüssigkeiten 
oder  einer  Flüssigkeit  luid  einem  amorphen  festen  Köi-per  stattfindet,  da  wir 
den  festen,  amorphen  Köi-per  als  eine  Flüssigkeit  mit  hoher  innerer  Reibung 
ansehen  können.  Aber  bei  der  Verteilmig  zwischen  einem  Kolloifl  und  einer 
Flüssigkeit  kann  man  den  Verteilungssatz  nicht  direkt  erweisen,  da  es  sich 
wahr.scheiuhch  in  der  Hauptsache  um  eüie  Obciflächenwirkung  des  Kolloids 
handelt.  Die  kolloidalen  Membranen  nun  köimen  Substanzen  aus  ihren 
Lösungen  nach  dem  Verteilungssatz  aufnehmen,  sobald  diese  in  dem  Kolloid 
der  Membran  löslich  sind  imd  diese  aufgenonnnenen  Substanzen  nach  der 
anderen  Richtung  abgeben.  Für  die  Resorption  überhaupt  gilt  aber  der 
thermodynamische  Satz  von  Willard  Gibbs,  daß  Stoffe,  die  eine  Ober- 
flächenspannung erniedrigen,  das  Bestreben  haben,  ihre  Konzentration  an 
der  Obci'f lache  zu  erhöhen.  Sie  werden  also  absorbiert.  Stoffe  aber,  welche 
die  Oberflächenspannung  erhölien,  haben  das  Bestreben,  ihre  Konzentration 
an  der  Oberfläche  zu  verringern.  Daher  werden  zum  Beispiel  im  Darm  die 
lipoidlöshchen  Stoffe  \-iel  leichter  und  schneller  resor]:)iert  als  die  lijjoid- 
imlöslichen,  und  die  Raschheit  der  Resorption  steht  im  geraden  Verhältnisse 
zur  Lipoidlöslichkeit. 

Diese  Gesetzmäßigkeiten  sind  aber  der  Hauptsache  nach  für  eine  Theorie 
der  Selektion  verwertbar.  Es  muß  erst  be^^■iesen  werden,  daß  das  bloße  Hin- 
einlösen einer  Substanz  in  das  Protoplasma  bestimmter  Art.  gleichbedeutend 
ist  mit  pharmakodynamischer  Wü-kung  und  daß  eine  chemische  LTmsetzung 
zwischen  beiden  nicht  stattfindet. 

Die  ältere  mehr  chemische  Theorie  von  ().  Loew^jging  hingegen  dahin,  daß 
alle  diejenigen  Stoffe,  welche  noch  bei  großer  Verdünnung  in  Aldehyd-  oder  in 
Anünognippen  eingreifen.  Gifte  für  alles  Lebende  sein  müssen,  indem  hierbei 
Substitutionen  eintreten.  Daher  nennt  er  diese  Gruppe  von  Giften  substituierend 
^\•i^kende.  Je  reaktionsfähiger  nun  ein  Köi'per  in  dem  Sinne  ist,  daß  er  mit 
einer  Aldehj'd-  und  Aminogruppe  leicht  reagieren  kann,  desto  größer  ist  seine 
Wirksamkeit  bzw.  seine  Giftigkeit.  So  sind  die  für  Aldehyd-  inid  Ketongruppen 
besonders  reaktionsfähigen  Basen  Hj-drox3-lamin  HO  •  XH,  und  Diamid  (Hy- 
drazin)  XHj  ■  XH,  sehr  stark  wirkende  Gifte  für  Pflanzen  und  tierische  Or- 

^)  Natürliches  Sy.'item  der  Giftwirkimg,  München   1893. 

F  tä  n  kel ,  Araieimitlel-SsTitheäe.    5.  Aull.  ,T 


34  Tlieorie  der  AVirlamgen  organischer  Verbindungen. 

ganismen,  ja  noch  Derivate  des  Hydroxylamins,  -wie  das  Beiizeiij'lammoxim 

CeHj— Ci^jjQ^i).     Hingegen    sind   andere   Ketoxime,   da  sie  in  diesem   Falle 

nicht  mehr  reaktionsfähig  sind,  für  höhere  Tiere  nur  ausnahmsweise  giftiger 
als  die  Ketone,  aus  denen  sie  entstanden  sind.  Das  für-  Aldehyd-  und  Keton- 
gruppen  so  ungemein  reaktionsfähige  Phenylhydrazin  C^Hj  •  NH  •  NH,  ist  aus 
diesem  Grunde  ein  sehr  heftiges  Blutgift.  Anilin  CVHj  •  XH,  hingegen,  welches 
sch\vieriger  mit  Aldehyden  reagiert,  ist  ein  seil  wacheres  Gift  als  Phenylhydrazin, 
ebenso  wie  freies  Ammoniak  ein  sch\\ächeres  Gift  ist  als  Diamid.  Der  am 
Wasserstoff  haftende  Stickstoff  kann  unter  Umständen  äußerst  leicht,  unter 
anderen  wieder  äußerst  schwer  in  die  Aldehydgruppen  des  Protoplasmas  ein- 
greifen. Benachbarte  Gruppen  bedingen  dessen  Labilitätsgrad,  die  Reaktions- 
fähigkeit. 

Körper  mit  tertiär  gebundenem  Stickstoff,  \\elche  geruige  oder  keine  Gift- 
\\irkung  besitzen,  können  durch  Reduktion  und  Bildung  der  Imidprrnppe  zu 
starken  Giften  werden. 

Pyridin                        CoHidin                    Piperidin  Coniin 

H                               9^3                           Hj  H, 

CG                                 C  C" 

HCfAcH                HC|/""^CH                HjCf-^iCH,  HoC/'NCHa 

Hcl^CH        CHj  •  cl^C  •  CHj         H„cl,^CH,  H/'l^JcH  ■  CHj  •  CHj  •  CHj 

N                              N                           "     N        "  N 

H  H 

So   InI    Pipi'riiliii    i'iii    weit   stärkeres   Gift  als   Pviidin,    ('oniiii    intensiver 

CH„ 

wiikciicl    als  Coliidin.   Tetrahvdrochinolin         |     L_-  enei-aischer    wirkend    als 
H   H  "  \/\/^^' 


C     C 


NH 


Chiiiolin         i     ||     j  selli.'^t.    Daher  ist  auch  Pyrrol     „J     L„    weit  giftiger 

HC'^N  NH 

als  PjTidin.  Diese  Tatsachen  lassen  sich  nach  Locw  leicht  durch  die  Zu- 
nahme der  Reaktion.sfähigkeit  gegenüber  den  labilen  Aldehyd gruppen  des 
Protoplasmas  erkläi'en.  Sie  werden  noch  gestützt  diu-ch  Beobaehtungeji. 
■welche  zeigen,  daß  Körper  mit  labilen  Aminogruppen  in  ihrer  Giftwirkiuig 
zunehmen,  weim  noch  eine  zweite  Aminogruppe  in  solche  Substanzen  ein- 
geführt wird,  die  Giftigkeit  aber  abnimmt,  wenn  die  Aminogruppe  in  die 
[minogrnppe  übergeht:  So  sind  die  Phcnylendiamine  CgH4(NH2)2  giftiger 
als  Toluidine  OH3  •  C^H^  •  NH,  .  Wenn  im  Anilin  ein  AVasserstoff  der  Amino- 
gnippe  durcli  Alkyl  ersetzt  wii-d,  die  Aminogruppe  also  in  eine  Iminogruppe 
iil)ergeht,  so  nimmt  die  Giftwrkung  ab,  da  dieses  substitxüerte  Anilin  mit  Al- 
dehyden schwierig  reagiert.  Diese  Körper  haben  dann  keine  krampfen-egende 
AVirkung  mehi\  Wenn  aber  Alkyl  nicht  in  die  Seitenkette  eintritt,  sondern 
einen  Kern  Wasserstoff  ersetzt,  also  die  Aminogruppe  intakt  bleibt,  so  bleibt 
auch  die  krampferregende  Wirkung  erhalten.  Dieselbe  Tatsache  läßt  sich  noch 
viel  besser  an  der  Abschwächung  der  Wirkung  durch  den  Eintritt  von  sauren 
Resten  in  die  Aminogruppen  demonstrieren.    So  ist  Acetanihd  GH3  •  CO  •  NH 

•  CfiH,  weit  ungiftiger,  aber  auch  chemisch  mit  Aldehyd  weniger  leaktions- 
fähig  als  Anilin.     Eljcnso  i.st  das  symmetrische  Acetylpheuylhydrazin   CgHj 

•  NH  ■  NH  •  CO  •  CHg  (Pyrodin)  weit  weniger  giftig,  aber  auch  chemisch  mit 
Aldehyd  weniger  reaktionsfähig  als  Phenylhydrazin.   Eine  solche  Abschwächung 

1)  BB.    18,   1054   (1885). 


Beziehungen  zwischen  chemischer  Konstitution  und  Wirkungen.  35 

der  Giftigkeit  dm'ch  Abschwächuiig  der  chemischen  Reaktionsfähigkeit  gegen- 
über Aldehj-dgruppen  läßt  sich  noch  an  vielen  anderen  Beispielen  beweisen. 
Die  Giftigkeit  der  Phenole  erklärt  0.  Loew  durch  ihre  leichte  Reagierbar- 
keit  mit  labilen  Atomgmppen,  besonders  Aldehyden.  Diese  Reagierbarkeit 
nimmt  ab,  wenn  negative  Gruppen,  Carboxyl-  oder  Sulfosäuregruppen  in  das 
Molekül  eintreten.    Daher  ist  Salicj'lsäure 


JoH      weniger  giftig  als  Phenol 
COOK  OH 

Saccharin    (o-Benzoesäuresulfinid)    t5Hi<gQ  >NH  ist  ganz  ungiftig,  da  durch 

das  gleichzeitige  Vorhandensein  der  Reste  der  Carboxj'l-  iind  Sulfosäuregnippe 
die  Imidgruppo  nur  sehr  wenig  reaktionsfällig  ist. 

Diese  Anschauung  Loews  läßt  sich  aber  nicht  iii  allen  fJruppen  mit  gleich 
viel  Glück  als  einziger  Erklärungsversuch  durchfüliren.  Besonders  bei  der 
Wirkung  der  Blausäure  und  ihrer  Derivate  läßt  sich  diese  Theorie  nur  gezwiui- 
gen  anwenden. 

Die  Loewschen  Ausfüliruiigen  gipfeln  in  folgenden  Schlußfolgerungen: 

,,I.  Jede  Substanz,  welche  noch  bei  großer  Verdünniuig  reagiert,  ist  ein 
Gift.    Beispiele  Hydroxylamin,  Phenylhydrazin. 

II.  Basen  mit  jirimär  gebundenem  Stickstoff  sind  ceteris  paribus  schäd- 
licher als  solche  mit  .sekundär  gebundenem  und  die.sc  \viedcr  schädhcher  als 
solche  mit  tertiär  gebundenem  Stickstoff.  Xantliiii  mit  drei  NH-Gruppen 
ist  nach  Filehne  giftiger  als  Thcobromin  mit  einem  NH  imd  dieses  wieder 
giftiger  als  Coffein.  Amarin  ist  giftig,  das  isomere  Hydrobenzamid  nicht.  Pi- 
peridin  und  Pyrrol  sind  giftiger  als  Pyridin.  Pj-ridin  imd  Hyclrobenzamid 
haben  tertiär,  Amarin,  Piperidin  mid  Pyrrol  sekundär  gebundenen  Stickstoff. 


Amarin 

H> 

'drobenzamid 

CÄ-C 

II 

CeHä  ■  C 

■NH 

)CH. 
NH 

C^Hs 

CH :  N, 

>ch   C.H, 

Piperidin 

Pyrrol 

Pyridin 

H, 

h 

H/^Hj 

H^|H 

Hr^H 

NH 

hO'h- 

N 

hUh 

N 

Die  am  Stickstoff  methylierten  (Annnouium-)  Basen  aus  Strychnin,  Bru- 
ciu.  Codein,  Morjjhin  und  Nicotin  sind  weit  -neniger  giftig  als  die  ursprimg- 
lichen  Alkaloide  und  zum  Teil  von  anderer  Wirkiuig.  Ausnahmen  von  Satz  II 
infolge  spezieller  Verhältnisse  kann  es  allerdings  gelien,  werden  aber  selten 
sein.  So  scheint  z.  B.  für  gews.se  Arten  von  Spaltpilzen  Chinolin  schädlicher 
zu  sem  als  Tetrahydrochinolin.  (Letzteres  mit  sekimdär,  er.steres  mit  tertiär 
gebundenem  Stickstoff.) 

Methylanilin,  Äthylaiiilin  C^Hj  •  NH  •  CjHj  und  Amylaiulin  wirken  anders 
(und  schwächer)  als  Anilin. 

Daß  es  bei  dem  Eintritt  von  Radikalen  in  die  irrsprüngUche  Base  hinsicht- 
lich der  GiftTOrkung  besonders  darauf  ankommt,  ob  der  am  Stickstoff  befind- 
liche Wasserstoff  ersetzt  wird  oder  der  an  Kohlenstoff-  oder  Sauerstoffatomen 
befindhche,  versteht  sich  für  jeden  Chemiker  von  selbst.  Nur  wenn  die  Sub- 
stituierimg  am  Stickstoff  erfolgt,  läßt  die  Aldehydnatur  des  aktiven  Eiweißes 
auch  die  Abschwächving  des  Giftcharakters  voraussehen. 

3* 


36  Tlieorie  der  AVirkungen  organischer  Verbindungen. 

Erfolgt  die  Substituiening  am  Sauerstoff,  so  kann  der  Giftcharakter  sogar 
ziiiiehnien:  so  ist  z.B.  nach  Stolnikowi)  Dimethj'Lresorcin 
O  .  CH3  OH 

_    _„      ein  stärkeres  Gift  als  Resorcin     1     ;__. 

III.  Wird  in  einem  Gifte  durch  Einführung  gewisser  Gruppen  oder  Ände- 
lung  der  Atomlagerung  der  chemische  Charakter  labiler,  so  nimmt  der  Gift- 
charakter zu,  im  entgegengesetzten  Falle  aber  ab. 

Bcis])iele:  Die  Einführung  von  Hydroxylgruppen  in  den  Benzolkeni  stei- 
gert die  Reaktionsfähigkeit.  80  findet  man  auch,  daß  Trioxybenzole.  wie  Phloro- 
glucin-),  Pyrrogallol  schädlicher  sind,  als  Dioxybenzole  (Resorcin  z.  B.)  und 
diese  schädlicher  als  Monoxybcnzol  (Phenol).  Werden  die  Hycbroxylgruppen 
durch  elektronegative  und  sonst  unschädhche  Gruppen  in  einem  Gift  ersetzt, 
so  nimmt  zugleich  mit  der  Labilität  die  Giftigkeit  ab.  Morphinätherschwefel- 
säiire  A\-irkt  weit  schwächer  und  anders  als  Morphin  [Stolnikow*)].  Der 
am  Stickstoff  haftende  Wasserstoff  im  Phenylhydrazin  hat  eine  weit  labilere 
Stellung  als  der  im  Aniün,  welches  sich  vom  Phenylhydrazin  nur  durch  em 
Minus  einer  Imidgruppe  (-XH)  unterscheidet:  Phenylhydrazm  erweist  sich 
denn  auch  weit  giftiger  als  letzteres.  Sulfocyansaures  Amnion  CX'S(NH^) 
tötet  allmählich  die  Pflanzen,  das  isomere  Thiocarbamid  XH,  •  CS  •  XH,  aber 
nicht.  Binitronajjhtholnatrium  ist  ziemlich  stark  giftig,  die  Sulfoverhindung 
des  Binitronaphthols  aber  nicht  merklich.  Körper  mit  doppelt  gebundenem 
Kohlenstoff  (Allylsenföl  CHj  :  CH  •  CH,  •  XCS  ,  Akrolein  CH^  :  CH  •  CHO)  sind 
meist    reaktionsfähiger    imd    giftiger    als    nahestehende    Verbindungen  mit 

CH  •  PH 

einfacher  Bmdung.  Xeurin  (CH3)3X<qjj'  -  ist  giftiger  als  Cholin 
(CH3)3N<g^'=-^=f2-OH 

IV.  Von  demselben  Gifte  wird  dasjenige  Protoplasma  am  schnellsten 
getötet,  welches  die  größte  Lcistimgsfähigkeit  entwickelt. 

Beim  Tetrahydrochinolin  geht  die  Spaltpilzentwicklung  viel  langsamer 
vor  sich,  als  bei  dem  am  Stickstoff  methylierten  Tetrahydrochinolin.  Pyrrol 
ist  \-iel  giftiger  als  Pyridin.'" 

Interessante  Resultate,  welclie  für  die  Theorie  der  \Mrkung  verwertbar 
sind ,  ergaben  sich  ferner  aus  den  Untersuchungen  von  0 .  L  o  e  w  und  B  o  k  o  r  n  y  ^) 
\\hev  die  Einmrkung  von  Substanzen  auf  die  Wachstumsbeeinflussimg  der  Algen. 

Mit  der  Zunahme  der  Alkalität.  beziehungsweise  durch  den  Eintritt  stick- 
stoffhaltiger Ciruppen.   wächst    die   schädliche   Wirkung   der  Substanzen  auf 

Algen.   Urethan  XH,  •  COO  •  C2H5  schadet  also  nichts,  bei  Harnstoff  CO<^2 

kränkeln  sie  nach  einigen  Tagen,   bei  Guanidin  HX  ;  C<:^tt2  sterben  sie  nach 

einigen  Stunden  ab;  treten  in  das  Molekül  des  Harnstoffes  oder  Guanidins  Säiirc- 
gnippen  em,  die  den  alkahschen  Charakter  abschwächen,  so  verschwindet  auch 
wieder  die  schädliche  Wirkung,  wie  Versuche  mit  Hydantoin  (Glykolylham.stoff) 

,NH— CH, 
OC<  ! 

IfH— CO 

und  ICi-eatin   (Methylguanidinessigsäure)     HN  :  C<^.    2,jj  .  ^oOH    ^rg^'^^''^"- 

1)  HS.  8,  237  (1884).  '^^^ 

-)  Diese  Angabe  ist  nicht  richtig;  es  ist  weniger  schädlich  als  Phenol. 

')  Joum.   f.   prakt.  Chemie  36,   272. 


Hoziehimgeii   zwischoii  chemischer   Konslitution  iiiul   Wirkungen.  37 

Wir  sehen  aus  diesen  wenigen  Versnehcn  einer  Theorie  der  VN'ickungeu, 
chiß,  wenngleich  eine  Beziehung  zwischen  Konstitution  und  Wh'kung  nicht 
wegzuleugnen  ist,  uns  dennoch  eine  Theorie  mangelt,  welche  alle  Tatsachen, 
die  sich  auf  die  Wirkung  der  anorganischen  und  organischen  Stoffe  auf  die 
Organismen  verschiedenster  Art  beziehen,  für  alle  Organismen  luid  Organe  er- 
klären kann.  Diese  Schwierigkeiten  liegen  wohl  hauptsächlich  in  der  mangel- 
haften Kenntnis  des  selektiven  Kraft  der  Organe,  die  wir  zum  Teil  aus  den 
histologischen  Färbungen,  zum  Teil  aus  den  toxikologischen  Experimenten 
kennen.  Die  phj'sikalischen  oder  chemischen  Ursachen  dieser  selektiven  Kraft 
köimen  wir  aber  etwa  beim  Alkohol,  Chloroform  und  den  Selüafmitteln  in  den 
Organlipoiden  vermuten.  Bei  den  meisten  Substanzen  fehlt  mis  für  die  Ver- 
mutung die  Basis.  Die  Loewsehe  Ansicht,  die  ebenso  geistreich  wie  einfach  ist, 
kaim  auch  niu"  für  bestimmte  Gruppen  von  Verbindungen,  welche  mit  Aldehyd- 
oder  Amüiogruj)pen  zu  reagieren  imstande  sind,  eine  teilweise  befriedigende  Er- 
klärung geben.  Sie  kaim  aber  nicht  erldären,  weshalb  besondere  Zellgruijpen, 
besondere  Oi'gane,  besonders  mid  nur  gerade  diese,  von  den  Substanzen  zur 
Wirkungsstätte  erwählt  werden.  Denn  die  Loewsehe  Theorie  spricht  von 
Protoplasma  überhauj)t.  Jedes  Protoplasma  in  jedem  Organe  und  Gewebe 
besitzt  aber  noch  Loew  labile  Aldehyd-  und  Aminogruppen,  welche  zum  Z\\- 
standekommen  der  Wirkung,  der  chemischen  Reaktion  imierhalb  des  Organis- 
mus nach  der  Loewschen  .Anschauung  notwendig  sind.  Für  die  selektive  Funk- 
tion der  Mittel  entbehren  wir  eines  Erklärungsversuches.  Es  ist  aber  anzimeh- 
men,  daß  tatsächUch  solche  Erklärungsversuche  bei  dem  gegenwärtigen  Stande 
des  Wissens  schon  möglich  sind,  und  die  Ehrlichschen  Anschauungen  sind  wohl 
der  erste  Schritt  zu  einer  solchen  Erklärung. 

Die  selektive  Kraft  der  Zellen  und  der  Zellbestandteile  für  gewisse  Farb- 
stoffe, so  für  saures  und  basisches  Fuchsin,  gibt  wohl  nur  ein  Bild  von  der 
Selektion  für  gewisse  Mittel,  ist  aber  au  und  für  sich  noch  keine  Erklärung. 
Wir  sehen  z.  B.  bei  Strychnin,  daß  das  Rückenmark  eine  besondere  Selektions- 
kraft füi-  dieses  Alkaloid  besitzt,  eine  Selektionskraft,  welche  der  des  Queck- 
silbers für  den  Goldstaub  im  gepulverten  Quarz  zu  vergleichen  ist  (L.  Brun- 
ton).  Wären  wir  nun  imstande,  die  Ursachen  dieser  Selektionskraft  der  Ge- 
webe zu  erforschen,  bzw.  wären  wir  imstande,  diejenigen  chemischen  Gruppen 
in  den  Nervenelementen  des  Rückenmarks  zu  erkennen,  welche  das  im  Kreis- 
laufe befindliche  Strychnin  festhalten  und  zur  Wirkung  bringen,  oder  wären 
wir  in  der  Lage,  diejenigen  Gruppen  im  Strychnin,  welche  das  Festhalten  an 
den  Rüekenmarkselementen  bedingen,  zu  bestimmen,  so  würden  wir  die  Mög- 
lichkeit besitzen,  eine  Reihe  von  Verbindungen  zu  konstruieren,  welche  nur  im 
Rückenmark  haften  und  dort  zur  Wirkung  gelangen,  «obei  wir  die  Wirkung 
durch  Synthesen  mit  bestimmten  mrkungsvollen  Gruppen  beliebig  hervorrufen 
könnten. 

Wir  besitzen  bereits  ein  recht  reiches  empirisches  Material,  welches  ge- 
stattet, auf  Grund  der  verschiedenartigsten  Versuche  mit  wii-kenden  mid  nicht - 
wirkenden  Substanzen  uns  ein  Bild  davon  zu  machen,  wie  bestimmte  Atom- 
gruppierungen in  bestimmten  Stellungen  entweder  selbst  wrken  oder  durch 
Anlagerung  an  einen  anderen  Atomkomplex  dessen  Wirkungen  auslösen.  Wir 
wissen  auch,  wie  bestimmte  Atomgruppierungen  durch  Anlagerung  an  bestimmte 
jAysiologisch  wirksame  Substanzen,  deren  Wirkung  durch  ihren  Eintritt  ent- 
weder gätrzlich  aufheben  oder  wesentlich  abschwächen  oder  tlcr  Wirkung  eine 
andere  Richtung  geben,  das  heißt  einen  anderen  als  den  der  Grundsubstanz 
eigentümlichen  j)hysiologischen  Effekt  auslösen. 


38  Theorie  der  Wirkungen  organischer  Verbindungen. 

Es  kami  dieselbe  Substanz  sich  übrigens,  abgesehen  von  der  Dosis,  unter 
physiologischen  und  pathologischen  Verhältnissen  im  Oi'ganismus  sehr  ver- 
schieden verhalten. 

So  setzt  z.  B.  Chinin  bei  Fieber  die  Temperatur  um  3 — 4°  herunter, 
während  im  gesunden  Organismus  die  Temperatur  nur  sehr  wenig  herali- 
gesetzt  wird^). 

Ähnlich  verhält  sich  die  Salicylsäure,  welche  beim  akuten  Gelenkrheuma- 
tismus das  Fieber  prompt  herabsetzt,  bei  anderen  fieberhaften  Erkrankungen 
schwach  oder  gar  nicht  wirkt  und  im  gesunden  Organismus  gar  keine  temperatur- 
herabsetzende Wirkung  äußert.  Die  erkrankten  Gtelenke  nehmen  die  Saücyl- 
säm'e  reichlich  auf,  die  gesiuiden  nicht.  Ebenso  verhält  sich  Jod  (Martin 
Jacoby). 

Zum  Zustandekommen  der  Wirkmig  einer  chemischen  Verbindung  sind 
mehi'ere  Faktoren  notwendig :  Eine  wirksame  Gruppe,  welche  aber  an  sich  noch 
keine  Wii-kuug  zu  entfalten  braucht,  aber  sie  schon  an  und  für  sich  entfalten 
kann.  Diese  wirksame  Substanz  muß  durch  eine  wirksame  oder  eine  andere 
für  das  Gewebe  reaktionsfähige  Gruppe  mit  dem  bestimmten  Organ  oder  mit 
verschiedenen  Organen  oder  Geweben  in  Kontakt  kommen,  wo  sie  die  Haupt- 
gruppierung zur  Wirkung  bringt.  Dabei  ist  nicht  ausgeschlossen,  daß  die 
Atomgruppe,  welche  die  ehemische  Beziehmig  zwischen  dem  Gewebe  und 
dem  wirksamen  Körper  zustande  brmgt,  also  die  Verankerung  im  Gewebe 
bewerksteUigt,  selbst  an  der  Wirkung  beteihgt  ist.  Anderei'seits  kann  die 
Gnmdsubstanz  auch  bloß  der  Träger  der  -närksamen  Gruppen  in  der  Weise 
sein,  daß  sie  den  wrkenden  Gruppen  jene  stereochemische  Konfiguration  ver- 
schafft, welche  es  erst  ermöglicht,  daß  sie  mit  einer  bestimmten  Atomgruppierimg 
eines  Gewebes  chemisch  reagiert  bzw.  abgebaut  oder  aufgespalten  wird.  Grimd- 
bedingung  für  das  Zustandekommen  der  Wirkung  ist  jedoch  das  Hinzutreten 
der  kreisenden  Verbindung  zu  den  ZeOen  bzw.  die  Aufnahme  in  die  Zellen, 
welche  von  den  physikaUsch- chemischen  Eigenschaften  der  Verbindung  (z.B. 
Lipoidlöshchkeit,  sam'er  oder  alkalischer  Charakter  usf.)  abhängig  ist. 

Der  Weg  zm*  steigenden  Erkenntnis  aller  dieser  Beziehungen  ist  die  Bc- 
obachtimg  der  verschiedenen  Mirk.samen  Körperreihen,  der  Mögüchkeiten, 
luiter  welchen  sie  ihre  Wirkung  ganz  oder  teilweise  einbüßen,  so^vie  insbesondere 
das  physiologische  und  chemische  Studium  derjem'gen  Substanzen,  welche 
schon  in  kleinsten  Dosen  sehr  starke  Wirkmigen  imd  meist  sehr  selektiv  in 
einem  bestimmten  Organe  oder  Gewebe  entfalten,  wie  z.  B.  die  Pflanzen- 
alkaloide. 

Die  oben  angedeutete  Anschauung,  daß  die  wirksame  Substanz  vielfach 
eine  endständige  Gruppe  trägt,  wemi  sie  nicht  schon  als  solche  reaktionsfähig, 
welche  mit  dem  bestimmten  Gewebe  vermöge  ihres  Baues  oder  ihrer  sterischen 
Anordnmig  chemische  Bezieh imgen  herstellt,  läßt  sich  an  vielen  Beispielen 
demonstrieren.  Es  kann  ferner  gezeigt  werden,  daß  selten  der  die  Verbindung 
herstellende  Teil,  sondern  meist  die  wii'kende  Hauptsvibstanz  oder  eine  andere 
wirkende  Seitenkette  tatsächlich  die  physiologische  AVirkung  auslöst.  Es 
müssen  daher  zweierlei  Grupj^ierungen  in  jeder  wirksamen  Sub.stanz  imter- 
schieden  werden.  Erstens  die  Seitenkette  oder  der  Rest,  welcher  die  chemi- 
schen Beziehiuigen  zwischen  der  chemischen  Verbindung  und  dem  Gewebe 
hei-stellt  und  das  gesamte  Molekül  des  wirkenden  Körpers  in  dem  betreffenden 
Gewebe  verankert.  (Verankernde  Grupi^e.)  Zweitens  die  wirkende 
Gruppe,  die  nach  der  erfolgten  Verankerung  im  Gewebe  zur  Reaktion  mit 

')  Jiirgensen,  Körperwärme,  Leipzig   1873,   S.  40. 


Bezieluiiigen  zwisohuii  clieiiiisclier  Konstitution   und   Wirkungen.  3n 

dem  Gewebe  gelangt,  wobei  die  Wirkung  ziu-  Geltung  kommt.  Es  können 
aber  auch  diese  beiden,  die  verankernde  und  die  wirkende  Gruppe  der  Substanz, 
eine  UTid  dieselbe  Atomgruppe  sein.  \'\'ird  die  verankernde  Gruppe  verändert 
oder  geschlossen,  so  kann  eine  andere  als  die  ursprüngUche  physiologische 
Wirkung  zustande  kommen,  weiui  noch  eine  andere  verankernde  Grup])e 
vorhanden  ist,  die  miumehr  ziu-  stärkeren  Geltung  gelangt.  Da  diese  andere 
Gruppe  aber  nun  Beziehungen  zu  einem  anderen  Gewebe  oder  Organe  herstellt, 
so  kann  eine  differente  phj'siologische  Wirkmig  ausgelöst  oder  eine  dem  Gesamt  - 
molekül  eigentümliche  physiologische  Wirkung  stärker  betont  bzw.  aUein  zur 
Geltung  gebracht  werden.  Dieser  Fall  tritt  ein,  wenn  im  Molekül  mehren- 
Verankerungspimkte  und  mehrere  verschieden  wirkende  Gruppen  vorhanden 
sind.  Die  chemisch  reaktionsfähigste  verankernde  Gruppe  beherrscht  in  erster 
Linie  die  Situation. 

Es  kaim  auch  der  Fall  eintreten,  daß  sich  der  Organismus  den  Verankerungs- 
punkt diu'ch  eine  meist  oxydative  Veränderung  der  chemischen  Substanz 
erst  schafft. 

Hierfür  einige  Beispiele: 

Morphin  hat  bekanntlich  starke  hj^inotische  Effekte.  Im  Morphin  müssen 
wir  das  eine  von  den  beiden  vorhandenen  Hj'di-oxyleii,  luid  zwar  das  Phenol- 
hydroxyl  als  den  Verankerungspunkt  für  die  hypnotische  Wirkung  ansehen. 
Wird  dieser  durch  Einfühinuig  einer  Schwefelsäm'egruj)pe  geschlossen,  so  kann 
das  sonst  unveränderte  Moij)hin  nicht  mit  dem  Gehirngewebe  in  Kontakt  treten 
(von  demselben  festgehalten  werden),  und  es  wird  in  dem  Falle  überhaupt 
keine  Wirkung  ausgelöst,  weil  ja  die  Einführung  negativer  Säuregruppen  die 
Reaktionsfähigkeit  der  Substanzen  mit  den  Geweben  ganz  aufhebt.  Wird 
aber  das  Hydroxyl  niu'  durch  Einfülii'ung  eines  organischen  Radikals  durch  Ver- 
ätherung  oder  Veresterung  verschlossen,  wird  Aeetvlmorphui  Cj7HjjN0(0H) 
(O-OC-CHg),  Methyl-  Ci7Hi,NO(OH){OCH3)  (Coclein)  oder  Äthyimorphiu 
CijHi,N0(0H)(0C2Hg)  (Dionin)  darge.steUt,  so  vnid  der  hypnotische  Effekt 
stark  in  den  Hintergrund  gedrängt,  während  die  strychninähnhche  Wirkung 
auf  die  Zentren  im  Rückenmarke  und  auf  das  Respirationszentrum,  welche 
ja  auch  dem  Morphin  eigen  ist,  aber  bei  diesem  nur  wenig  ziu*  Geltiuig  kommt, 
in  den  Vordergrund  tritt  und  das  Bild  der  physiologischen  Wirkung  dieser 
Verbindvmgen  (der  Codeine)  völlig  beherrscht. 

Die  Existenz  von  sauren  Eigenschaften  oder  die  Einführung  saurer  Gru])- 
pcn  können,  wie  wir  gesehen  haben,  die  Wirkiuig  eines  Körpers  völlig  auf- 
heben, oder  es  kann  ein  solcher  natürUch  so  gebildeter  Köqjer  von  Haus  aus 
ohne  jede  Wirkung  sein,  da  die  endständige  Säui'egruppe  die  chemische  Re- 
aktionsfälligkeit (Verankerung)  einer  jeden  anderen  Seitengrufipe  durch  ihre 
Pi'ävalenz  herabsetzt  oder  ganz  aufhebt.  Wir  sehen  beim  Morphin,  daß  infolge 
des  Eintritts  der  Schwefelsäure,  trotz  Existenz  einer  zweiten  angreifenden 
verankernden  Gruppe,  die  durch  die  Wirkung  der  Codeine  bewiesen  erscheint, 
das  Molekül  nicht  zur  Wirkimg  gelangen  kami,  luid  nvu-  in  sehr  großen  Dosen 
zeigt  sich  auch  bei  der  Moi-phinätherschwefelsäure  eine  strychninähnHche, 
codeinartige  Wirkung,  während  die  hypnotische  wegen  Verdeckimg  des  Hydr- 
oxyls  völhg  verschwunden  ist. 

Daß  nicht  etwa  beim  Morphin  der  Eintritt  der  Alkylgruppe  bei  der  Bildimg 
der  Codeine  die  neue  Wirkung  schafft,  indem  dm'ch  die  Methoxylgruppe  innigere 
Beziehimgen  zum  Rückenmark  geschaffen  werden,  .sondern  daß  tatsächlich 
eine  schon  vorhandene  angreifende  Gruppe  nunmehr  zur  vollen  Geltung  kommt, 
beweist  folgendes : 


40  Tlieorie  der   Wirliungeii  organischer  Verbindungen. 

Der  Eüitritt  der  Methylgruppe  beiliiigt  keineswegs  eine  erleichterte 
lleaktioDsfähigkeit  mit  dem  Rückenmarke.  Es  kann  sogar  das  Gegenteil  der 
Fall  sein. 

Strychniii  und  Brucin  sind  in  ihren  physiologischen  VVirkmigen  ganz 
gleich,  sie  wirken  Iieide  auf  die  Vordcrhörner  des  Rückenmarks  und  disponieren 
diese  zur  Auslösung  der  charakteristischen  Strycluiinkrämpfc  auf  den  kleinsten 
Reiz  hin.  Der  Unterschied  besteht  nur  darin,  daß  Strychiün  40 mal  stärker 
wirkt  als  die  gleiche  Dosis  Brucin.  Chemisch  unterscheiden  sich  diese  beiden 
Alkaloide  dadurch,  daß  Brucin  als  ein  Strychnin  aufzufassen  ist,  in  dem  zwei 
Wasserstoffe  der  Phenylgruppe  durch  zwei  Methoxylgruppeu  ersetzt  sind, 

Strychnin  Brucin 

C,5H,,y,0,  •  CeH,  C,,U,,yifi,  ■  CeH^COCHj). . 

Also  die  Einfütrung  von  Methoxylgruppeu  schafft  nicht  etwa  intimere 
Bcziehmigen  zum  Rückenmark,  sondern  schwächt  sie  in  diesem  Falle  be- 
deutend ab.  Es  muß  daher  eine  andere  Gruppierung  die  Aiiheftung  des  Strych- 
nin und  Codein  an  das  Kückenmark  besorgen.  Scheinbar  sijricht  für  die  Ver- 
imitung,  daß  eine  Methoxylgrujjpe  intimere  Beziehmigcn  einer  Substanz  zum 
Kiickenmarke  (insbesondere  in  den  Vorderhörnern  desselben)  schafft,  das 
Verhalten  des  Guajacols.    Guajacol  hat 

OH 

Ivrampf erregende  (tetanisierende)  und  lähmende  Eigenschaften,  ilem  Veratrol 

CH3 
^OCH, 


kommen   nur   lähmende   zu.     Doch   findet    man.   daß   Brenzcatechin   ebenfalls 

OH 
OH 


stark    exzitierende    und    krampf erregende    Wirkungen    äußeit,    und    zwar    in 
stärkerem  Maße  als  Guajacol. 

Die  Verdeckung  des  sauren  Charakters,  Avelcher  eine  Substanz  verhindert, 
trotz  des  Vorhandenseins  einer  verankernden  Gruppe  sich  an  ein  bestimmtes 
(4ewebe  anzuheften,  kann  die  einer  Substanz  innewohnenden  physiologischen 
Eigenschaften  nunmehr  zur  Wirkung  gelangen  lassen.  Hierbei  muß  die  ver- 
deckende Gruppe  keineswegs  an  der  W^irkvuig  beteiligt  sein.  Die  Wii'kuug  ist 
lediglich  in  der  ursprünglichen  Substanz  gelegen,  kann  aber  wegen  der  sauren 
Eigenschaften  nicht  zm-  Geltung  kommen.  Dabei  kann  die  verdeckende  Gruppe 
(Alkyl,  Alkylamin,  Amid)  für  den  Wirkungsgrad  orientierend  wirken;  anderer- 
seits kann  auch  die  nun  entstehende  Gruppe  (z.  B.  Carboxäthyl-COO  •  C^^) 
die  Wirkung  der  Gnmdsubstanz  beträchthch  verstärken,  und  zwar  im  gleichen 
physiologischen  Simie,  was  aus  der  Erleichterung  der  Selektion  resp.  Verankerung 
zu  erklären  i,st.  Ein  Beweis  dafür,  daß  eine  verankernde  und  eine  Avirkende 
Gruppe  in  den  wirksamen  Substanzen  vorhanden  sein  müssen,  ist  auch  das 
Aufhören  der  Wirkung  durch  Substitution  einer  Säiu-e  im  Molekül,  wodurch 
die  verankernde  Reaktion  unmöghch  gemacht,  und  der  Körper,  obwohl  die 
wrkende  Gruppe  dm-chaus  chemisch  nicht  tangiert  wurde,  unwirksam  wird. 


Beziehungen  zwischen  chemischer  Konstitution  und  Wirkungen.  41 

Als  Beisijiel  diene: 

Arecaidin  ist  ohne  jedwede  Einwirkung  auf  den  tierischen  Organismus. 
Chemisch  ist  es  N-Methyltetrahydronicotin.silurc 

H 

C 
HjCr' '^C!  ■  COOH 

N-CHj 

Arecohn,  das  \virksame  Prinzip  der  Arecanuß  (Frucht  der  Areca  Catechu) 
ist  giftig,  die  physiologischen  Eigenschaften  nähern  sich  gleichzeitig  dem  Pilo- 
carpin, dem  Pelletierin  und  dem  Muscarin.  Daher  hat  die  Arecanuß  auch 
wurmtreibende  Eigenschaften i). 

Arecolin  i.st  chemisch  der  Methyläther  des  Arecaidins,  also  der  N-Methyl- 
t  ( 'trahydronicotüisäuremethylester 

H 

C 

HjC./'^C    COü  ■  VH:, 

N    CH, 

Durch  Verdeckung  der  Carboxylgruppc  gelangen  die  W'irkuugcu  ili  r 
hydrierten  Base  erst  zur  Geltung.  Auch  der  Äthylester  des  Arecaidins  wirkt 
in  gleicher  Weise. 

Man  muß  wohl  auch  annehmen,  daß  dieselben  Verhältnisse  beim  Cocain 
oliwalten. 

Wir  wissen,  daß  im  Cocain  die  anästhesiei'ende  Eigenschaft  hi  iimiger 
Beziehung  zum  Benzoylrest  steht.  Ekgonia  (Cocain  ist  Benzoylekgonuimethjd- 
cster)  ist  eine  Carbonsäure.  Dem  Benzoylckgonin  gehen  aber  wegen  seines 
sauren  Charakters,  bedingt  durch  die  Anwesenheit  der  Carboxylgruppc,  die 
bekannten  physiologischen  Eigenschaften  des  Cocains  ab,  es  ist  auch  20  mal 
weniger  giftig  als  Cocain.  Erst  durch  Veresterung  der  Carboxylgruppc  kommt 
die  eigentümliche  Wirkung  des  Cocains  zum  Vorschein.  Dabei  ist  es  gleich- 
gültig, durch  welchen  Alkohol  die  Veresterung  erfolgt.  In  jedem  Falle  treten 
die  tyijischen  anästhesierenden  Wirkungen  de.s  Cocains  auf,  während  diese  der 
freien  Säure  nicht  zukommen. 

Colchicin  wirkt  in  kleinen  Dosen  pui-gierend  und  brechenerregend,  ähnlich 
we  Veratrin.  Es  spaltet  sich  schon  bei  gewöhnlicher  Temperatur  durch  Mineral - 
säure  in  CoJchicein  und  Methaialkohol: 

C^jH^sNOo  -f  H,0  =  C„iH.,3N06  +  CH^  •  OH. 

Colchicin  ist  der  Methyläther  des  Colchiceins,  welch  letzteres  eine  Enolgruppc 
besitzt.  Colchicein  ist  aber  ganz  ungiftig.  Es  ist  also  nicht  der  eintretende 
Alkylrest,  \\'clcher  wrksam  ist,  sondern  er  macht  niu-  eine  die  Wirkung  auf- 
hebende Gruppe  (hier  die  saure  Enolgrujjpe)  unschädlich  und  die  verankernde 
Grujjpe  kann  nunmehr  zur  Reaktion  gelangen. 

Es  können  also  nach  dem  Ausgeführten  unwirksame  Verbindungen  in 
■wirksame,  oder  -wirksame  in  anders  wrkcnde  oder  schließhch  wirksame  in 
unwirksame  durch  chemische  Veränderungen,  welche  die  Angriffspunlcte  be- 
treffen, verwandelt  werden.  Eine  mehr  larvierte  Eigenschaft  wird  entwickelt, 
wemi  man  die  hervorstechendste  in  ihi'er  Wirkung  aufhebt  oder  beschränkt. 

1)  Jahns,  BB.  31.  3404  (188S);  23,  2972  (1890);  %4,  2615  (1891).  —  Marino.  (UU- 
tinger  Nachrichten   1889,   125.  —  Beckurts  Jahresber.   1886,  495. 


42  Theorie  der  \A"irkimgen  organischer  Verbindungen. 

Daß  die  verankernde  Gruppe  oft  mit  der  Wirkung  selbst  nichts  i;u  tun  hat, 
läßt  sich  beim  Chinin  schön  zeigen. 

Chinin  und  Cinchonin  unterscheiden  sich  chemisch  dadm'ch,  daß  Chinin 
eine  Methoxj^lgruppe  in  der  p-Stellung  in  der  ChinoUngruppe  trägt,  während 
Cinchonin  diese  Gruppe  cntbehi't,  denn  Cinchonin  ist  ein  Chinohu-,  Chinin 
ein  p-Methoxychiuohnderivat.  Cinchonin  wirkt  nur  unsicher,  während  Chinin 
prompt  antipyretische  Effekte  auslöst  und  spezifisch  gegen  Malaria  wirkt.  Es 
ist  aber  für  den  Effekt  gleichgültig,  ob  im  Cinchonin  der  betreffende  Wasser- 
stoff dvu'ch  eine  Methoxy-,  Äthoxy-,  Aniyloxygruppe  ersetzt  wird.  Da  diese 
Gruppen,  wie  im  speziellen  Teil  gezeigt  wird^),  die  spezifische  Wirkung  nicht 
hervorbringen  (dieselbe  wird  durch  den  sogenannten  Loiponanteil  des  Chinins 
l)ewirkt),  müssen  wir  wolil  annehmen,  daß  die  Alkyloxygruppe,  welche  den 
chemischen  Unterschied  zwischen  dem  sicher  wirkenden  Chinin  und  dem  un- 
sicher wirkenden  CÜnchonin  ausmacht,  die  angreifende,  verankernde  Gruppe 
ist,  welche  che  Beziehungen  zwischen  Gewebe  imd  Substanz  herstellt,  wo  dann 
nach  der  Anheftung  die  chemische  Reaktion  z\\ischen  den  wirkenden  Teilen 
des  Hauptmolekttls  und  dem  Gewebe  vor  sich  geht,  wobei  erst  die  physiolo- 
gische Wirlauig  ausgelöst  wird.  Da  dem  Cinchonin  diese  angreifende  Gruj^pc 
fehlt,  so  wird  seme  Wirkung  misicher.  Sie  scheint  überhaupt  erst  dadm-ch  zu- 
stande zu  konunen,  daß  der  Organisuuis  Cinchonin  in  der  p-Stellung  oxydiert 
und  so  ein  Hydroxyl  als  angreifenden  Punkt  einführt. 

Ein  solches  Verhalten  i.st  wenigstens  für  C'olchicin  sichei'gestellt'-).  An 
und  für  sich  ist  es  nicht  giftig,  wnrd  aber  diu'ch  Oxydation  im  Organisnuis 
in  eine  giftige  Verbindung,  das  Oxj'dicolchicin  (CoaHjiNOg)«  •  0 ,  übergeführt. 
So  ist  Colchicin  bei  Fröschen  in  Dosen  von  0.1  g  fast  ohne  Wkkung,  während 
Oxydicolchicin  schon  in  Dosen  von  0.005  g  Krämpfe,  und  schließhch  Tod  dm"ch 
zentrale  Lähmung  verm'sacht.  Überlebende  Organe  vermögen  Colchicin  in  Oxy- 
dicolchicin zu  verwandeln.  Der  Organismus  der  Kaltblüter  vermag  im  Gegen- 
satz zu  dem  der  Warmblüter  Colchicin  nicht  zu  Oxydicolchicin  zu  oxydieren, 
daher  die  Unwirksamkeit  des  Colchicins  beim  Kaltblüter. 

Meist  bringt  in  aromatischen  Substanzen  der  aliphatische  Anteil  oder  eme 
kleine  Seitenkette,  in  sehr  vielen  Fällen  ein  HycUoxyl,  den  Hauptkörper  zur 
Wirkung.  Diese  aliphatischen  C4ruppen  oder  die  Hydroxyle  sind  bei  weitem 
reaktionsfähiger  und  machen  den  Kern  leichter  angreifbar  als  die  meist  schwer 
reagierenden  Ringsysteme,  bei  denen  sich  der  Organismus  selbst  Angriffspunkte 
schaffen  muß. 

Die  Gesamtwirkvmg  emes  Mittels  müssen  wr  als  aus  zwei  Haupt- 
komponenten bestehend  betrachten.  Die  Wirkung  des  Mittels  auf  ein  be- 
stimmtes Gewebe  und  die  Wirkung,  welche  dieses  nun  chemisch  veränderte 
(gereizte  oder  gelähmte)  Gewebe  oder  die  Zellengruppen  im  Organismus 
zuwege  bringt. 

b)  Beziehung  der  Wii'ksamkeit  zur  Veränderung'  iui  Organismus. 

Wir  haben  im  vorhergehenden  möglichst  die  Frage  zu  beleuchten  gesucht, 
wie  von  chemischen  Gesichtspunkten  aus  der  Aufbau  der  Substanzen  in  Be- 
ziehungen steht  dazu,  wie  diese  im  Organismus  zur  Wirkung  gelangen;  in  den 
Detailkapitehi  wird  mau  die  Bedeutung  jeder  Gruppe  kennenlernen. 

In  inniger  Beziehung  zu  der  Frage  nach  dem  Zusammenhang  zwischen 
Konstitution  und  Wirkung  steht  eine  zweite  Frage:  Besteht  auch  eine  Abhängig- 

1)  Siehe  Kapitel:  Uiiniii.  -)  Carl  Jacobj,  AePP.  3T,   IPJ. 


Beziehung  der  Wirksamkeit  zur  Veränderung  im  Organismus.  43 

keit  zwischen  Wirkiuig  mid  chemischer  Veränderung  der  Substanzen  ?  Diese 
Frage  erregte  bis  nun  seltener  die  Aufmerksamkeit  der  Pharmakologni  und 
R.  Kobert^),  welcher  wenigstens  eine  präzise  Ansicht  hierüber  äußert,  spricht 
sich  folgendermaßen  aus: 

„Die  Stärke  der  Wirkung  eines  Mittels  ist  der  Stärke  der  Umwandlung, 
welche  es  m  chemischer  Umsicht  im  Organismus  erfährt,  nicht  nur  nicht  pro- 
portional, sondern  sie  steht  damit  in  gar  keinem  Zusammenhange,  d.  h.  sehr 
stark  wirkende  Mittel,  wie  Atropin  und  Strychnin  durchwandern  den  Organis- 
mus ganz  mizersetzt,  während  z.  B.  Tyrosin  eme  vollständige  Verbrennung  zu 
Harnstoff,  Kohlensäure  imd  Wasser  erleidet,  dabei  aber  ungemein  schwach 
wirkt.  Wii'  haben  hier  einen  wichtigen  Unterschied  zwischen  Nahrungs-  und 
Ai-zueimitteln,  deini  die  Leistmig  eines  Nahrungsmittels  für  den  Haushalt  des 
Organismus  ist  vergUcheu  mit  den  anderen,  welche  aus  denselben  Elementen 
bestehen,  direkt  proportional  der  davon  geheferten  lebendigen  Kiaft,  d.  h.  der 
Stärke  der  Zersetzung,  welche  es  erleidet.  Damit  soll  nicht  etwa  gesagt  sein, 
daß  der  Stoffwechsel  von  den  Arzneimitteln  nicht  beeinflußt  winde,  im  Gegen- 
teil verändern  ihn  einige,  wie  Phosphor  und  Chinin,  in  sehr-  hochgradiger  Weise. 
Aber  diese  von  den  Arzueimittehi  bedingte  Veränderung  des  Stoffwechsels  ist 
eben  nicht  proportional  der  Stärke  der  chemischen  Zersetzimg  oder  der  sonstigen 
physiologisch-chemischen  Umwandlung,  welche  das  Ai'zneimittel  erleidet.  Falls 
letzteres  gar  keine  chemische  Umwandlmig  erleidet,  so  redet  man  in  der  physio- 
logischen Chemie  wolil  von  der  sogenaimten  Kontaktwirkimg,  ohne  daß  dadurch 
das  Wunderbare  des  dabei  vor  sich  gehenden  Vorganges  uns  verständlicher 
würde." 

Diesen  Anschauungen  gegenüber  wollen  wir  che  folgenden  entwickeln.  Es 
läßt  sich  bei  den  meisten  Körpern  zeigen,  daß,  weim  sie  im  Organismus  zur 
Wii'kung  gelangt  sind,  sie  eine  bestimmte  chemische  Änderung  erfahi'cu  haben. 
Bei  den  anorganischen  Verbindungen  haben  wir  schon  darauf  verwiesen,  ^vie 
Binz  und  Schulz^)  die  Wii'kimg  einer  Reihe  von  Körpern,  we  des  Arsens, 
des  Phosphors  usw.  auf  die  Weise  erklären,  daß  che  arsenige  Säiire  sich  durch 
Reduktion  der  Gewebe  höher  oxydiert  zu  Ai-sensäui-e,  daß  erstere  durch  die 
reduzierende  Wirkiuig  der  Gewebe  ^vieder  regeneriert  ^vird,  um  ihre  giftige 
Wirkung  weiter  dm-ch  Reduktion  fortzusetzen.  Phosphor,  welcher  ja  sehr 
leicht  oxydierbar  ist,  wirkt  nicht  etwa  durch  sein  Molekül,  sondern  durch 
seine  intensive  reduzierende  Eigenschaft,  welche  die  Zellen  auf  das  hef- 
tigste schädigt.  Hierbei  oxydiert  sich  Phosphor  zu  phosphoriger  Säure.  Es 
handelt  sich  also  hier  nicht  etwa  um  eine  katalytische  unerklärte  Wirkung, 
.sondern  wii-  knüpfen  an  diese  Wirkungen  bestimmte  Vorstellungen  imd 
erkennen,  daß  die  wirkende  Substanz  bei  der  Wirkung  eine  chemische  Ver- 
änderimg erleidet. 

Noch  deutUcher  läßt  sich  diese  Vorstellung  bei  organischen  Verbindungen 
nachweisen.  Es  läßt  sich  zeigen,  daß  ^vü'ksame  Substanzen  eme  chemische 
Veränderung,  oft  auch  emen  Abbau  des  Moleküls  erleiden  und  daß  dieselben 
Verbindungen,  wemi  sie  so  resistent  gemacht  werden,  daß  sie  keine  chemische 
Veränderung  im  Organismus  mehr  erleiden,  nicht  mehr  wrken.  Ja  wir  erkennen 
in  bestimmten  Körperklassen,  wie  z.  B.  in  der  Phenetidinreihe  schon  aus  dem 
Hame  nach  der  Einführung  einer  neuen  zu  prüfenden  Substanz  dieser  Reihe, 
ob  wir  es  mit  emer  -nirksamen  Substanz  zu  tun  haben  oder  nicht,  daran,  oh  wir 
Abbauxjrodukte  nachweisen  kömien  oder  nicht. 

^)  Pharmakotherapie,  Stuttgart   1897,  S.  40. 
2)  AePP.   11,   13,  256;   14,  345. 


44  Theorie  der  Wirkungen  orgunischer  Verbindungeil. 

Von  einigem  Interesse  für  diese  Beweisführung  werden  folgende  Beispiele 

sein : 

Xanthii.         HN  — CO 
I        I 
OC     C  — NH 

!        I!       >CH 
HN— C— N 

besitzt  keiiu'  kuiitraliiercnde  Wirkung  auf  den  Herznuiskel,  hingegen  hat  es  die 
Eigenschaft,  Muskelstarre  hervorzubringen  und  das  Rückenmark  zu  lähmen. 
Dem  Xanthin  kommt  gar  keine  tonisicrende  Wirkung  auf  den  Herzmuskel  zu, 
im  Gegenteil  es  produziert  einen  atonischen  Zustand  desselben. 

Treten  nun  aber  Methylgrupjjen  an  die  Stickstoffe,  so  entstehen  Theobromin 
(i3imethylxanthin)  und  Coffein  (Trimethylxanthin). 

Theobromin         HN  — CO  Coffein     CH3    N  — CO 

II  II 

OC      C  — N    CH3  OC      C  — N    CH3 

I        II       !)CH  j       II       ^CH 

CH3N  — C  — N  CH3N  — C  — N 

Theobromin  mit  zwei  Methylgruppen  verursacht  einen  leichten  Anstieg 
im  Herztonus.  Coffein  mit  drei  Methylgrupjien  macht  prononcierte  idiomus- 
kuläre  Kontraktionen  des  embryonalen  Herzens').  Die  tonisicrende  Wirkung 
des  Theobromins  und  des  Coffeins  steht  also  in  innigem  Zusammenhange  zum 
Voihandensein  von  Methylgruppen  am  Stickstoff  im  Xanthin.  Diese  Methyl- 
gruppen erst  verleihen  dem  Xanthin  jene  eigentümUche  Herzwirkung :  Je  mehr 
Methykeste  eintreten,  desto  intensiver  untl  kräftiger  ist  die  bekannte  Wirkung 
der  Substanz.  (Milde  Wirkung  des  thcobrominhaltigen  Kakaos,  stärkere  des 
coffeinhaltigen  Kaffees  und  Tees.) 

Xanthin  ist  hier  gleichsam  der  Träger  der  Metliylgruppen.  welcher  ilmen 
jene  eigentümhche  sterische  Anordnung  verleiht  und  für  sie  die  Möghchkeit 
einer  resistenten  Bindung  am  Stickstoff  bietet.  Dieses  Beispiel  zeigt  deuthch 
innige  und  klar  faßliche   Beziehungen    zwischen   Konstitution  und  Wirkung. 

Aber  an  dem.selben  Beispiele  läßt  sich  weiter  zeigen,  wie  innig  der  Zusam- 
menhang zwischen  Wii'kung  luid  ehemiseher  Veränderung  ist.  Die  chemische 
Veränderung  ist  in  diesem  Falle  Abbau. 

Wir  haben  gesehen,  wie  die  Wirkung  des  Coffeins  und  Theobromins  mit 
dem  Vorhandensein  und  der  Anzahl  von  Methylresten  an  den  Stickstoffen  des 
Xanthins  zusammenhängt.  Wenn  wir  nun  nach  dem  Schicksal  dieser  Ver- 
bindungen im  Organismus  forschen,  so  erfahren  wir,  daß  als  Stoff wechsel- 
produkte  im  Harne  nach  Genuß  von  Coffein  und  Theobromin  Xanthiubasen 
auftreten,  welche  durch  ihren  Aufbau  beweisen,  daß  im  Oi'ganisnms  eine  teil- 
weise Entmethylierung  vor  sich  gegangen  ist.  Der  Abbau  des  Coffeins  geht 
(bei  Himden)  in  der  Weise  vor  sich,  daß  zuerst  wohl  Theophyllin-)  (Dimethyl- 
xanthin)  mid  daraus  dann  3.  Mono-Methylxanthin  entsteht.  Als  Neben- 
produkte entstehen  noch  die  beiden  anderen  Dimethylxantlüne;  Paraxanthin 
und  Theobromin.  Das  Kaninchen  baut  Coffein  zu  Xanthin  ab,  der  Mensch  zu 
Theophyllin  ä). 

Trotz  dieser  Unterschiede  im  Abbau  ist  eines  bei  verschiedenen  Tieren  er- 
sichtlich: Es  werden  eine  oder  zwei  oder  alle  Jlethylgrnppen  abgebaut.    Da 


1)  Wilhelm  Filehno,  Dubois  Aich.   f.  Phys.    1S8«,  72.  -)  HS.   3«,    I   (1902). 

3)  Manfredi   .\lbanoso,    AoPP.    35.    448.     —    Eugen   Rost,    AePP.    3C,   .50.     — 
St.  ßondzynski  und  R.  Gottlieb,  AePP.  3«,  45. 


Beziehung  der  Wirksamkeit   zur  Veränderung  im  Organismus.  45 

es  nim  feststeht,  daß  die  Wirkung  des  Coffeins  und  Theobromins  vom  Vorhanden- 
sein und  der  Anzahl  der  Methj^lreste  abhängt,  und  da  beim  Passieren  des  tie- 
rischen Organismus  diese  Körper  so  abgebaut  werden,  daß  gerade  diejenigen 
Gruppen  vci-sehwinden.  -welche  die  Wirkung  verursachen,  so  ist  wohl  als  sicher 
anzunehmen,  daß  hier  ein  Zusanunenliang  zwischen  Wirkung.  Konstitution 
und  chemischer  Veränderung  (Abbau)  vorliegt. 

Es  ist  dies  wolil  ein  klares  und  experimentell  sicher  fmidiertes  Bei.spiel. 

Ein  ebenso  sicher  festgestelltes  ist  folgendes.  Nach  den  Untersuchungen 
von  E.  Banmann  und  Kast^)  hängt  die  h^-pnotische  Wirkung  der  Sulfone 
von  dem  Vorhandensein  und  der  Anzalil  der  Äthylgruppen  ab.  Die  methylicrten 
iSulfone  sind  gänzhch  iinwirksam  und  passieren  den  Organismus  unverändert, 
die  äthylierten  machen  Schlaf  und  werden  im  Organismus  nahezu  voU.ständig 
zerlegt.  Der  Sulfoanteil  findet  sich  im  Harne  als  eine  sehr  leicht  lösliehe, 
chemisch  bis  jetzt  nicht  gefaßte  Säure. 

Auch  hier  ist  die  Sachlage  für  die  oben  augeführte  Ansehaumig  ganz  klar. 
Die  Äthylsulfone  -nirken  durch  ihi-e  Äthylgruppen.  Diese  schlafbringenden 
Gruppen  werden  im  Organismus  abgebaut. 

Die  nichtwirkenden  Methylsulfone  aber  werden  im  Organismus  überhaupt 
nicht  angegriffen. 

Es  hat  seine  besonderen  Schwierigkeiten,  diese  für  eine  Reihe  von  phy- 
siologisch wirkenden  Substanzen  sicher  feststehenden  Tatsachen  in  allen  Reihen 
nachzuweisen.  Insbesondere  die  iVlkaloide,  für  deren  Nachweis  wir  so  feine 
Methoden  besitzen,  bieten  hier  ein  Feld,  welches  .scheinbar  von  einem  Gegner 
dieser  Anschauungen  siegreich  zu  behaupten  ist. 

Die  Alkaloide  wirken  bereits  in  relativ  kleinen  Dosen.  Aber  wir  vermögen 
nach  den  l>ekamiten  Verfahren  bereits  kleine  Quantitäten  dieser  Körperklasse 
aus  Organen  oder  Hani  darzustellen.  Hingegen  ist  uns  die  Konstitution  der 
meisten  Substanzen  dieser  Klasse  noch  nicht  genügend  bekannt  und  über  den 
Zu.sammenhang  zwischen  der  Konstitution  und  Wirkung  sehwebt  meist  noch 
ein  tiefes  Dunkel.  Daher  haben  wir  nicht  einmal  die  Möglichkeit,  uns  eme  Vor- 
stellung über  das  zu  erwartende  Stoffwechselprodukt  zu  machen,  und  die  bis- 
herigen Versuche,  Stoffwechselprodukte  der  Alkaloide  zu  isoheren,  welche  sicher- 
lich ein  neues  Licht  auf  die  Kon.stitution  derselben  werfen  würden,  welche  lehr- 
reich wären  für  die  Beziehungen  zwschen  dem  chemischen  Aufbau  imd  Abbau 
luid  der  physiologischen  Wirkung,  haben  die  gewünschten  Resultate  nicht 
gezeitigt.  Und  doch  ^^-ü^den  \ms  gerade  diese  Derivate  belehren,  welche  Gruppen 
bei  der  Entfaltung  der  Wirkung  vom  Organismus  angegriffen  wurden. 

Wir  finden  nun  bei  eüizehien  Alkaloiden,  z.  B.  Strychnin  und  Atropm, 
den  größten  Teil  des  eingeführten  Alkaloids  ini  Harne  unverändert.  Ein 
weiterer  Teil  läßt  sich  ebenfalls  a\is  den  Geweben  unverändert  darstellen.  Die 
Differenz  zwischen  dem  eingeführten  imd  wiedergefundenen  ALkaloid  wird  nun 
je  nach  dem  pharmakologischen  Standpunkt  erklärt.  Man  kaim  annehmen, 
daß  dieser  Rest  nicht  gefunden  wird,  weil  unsere  Methoden  keine  quantitative 
Dai^ellung  des  eingeführten  Alkaloids  zulassen,  und  das  muß  die  Auffassung 
derjenigen  sein,  welche  eine  katalytische  Funktion  dieser  Mittel  annehmen, 
ein  Ausdruck,  welcher  wohl  nichts  erklärt,  wo  wir  gerade  eine  Erklärung  suchen. 
Die  Behauptung  Kratters-),  daß  das  ganze  Atropin  imzer.setzt  -n-icder  ausge- 
schieden -R-ird,  ist  falsch^).  Sowohl  im  menschUchon  Organismus  als  in  dem  des 
Hundes,  ja  in  isolierten,  künstlich  mit  Blut  durchströmten  Organen  wiixl  ein, 

')  HS.   14,  .52  (1890).  2)  Vierteljahrsschrift  f.  gerichtl.  Medizin  44  (1886). 

ä)  O.   Modica.  Riformn  med.   Bd.  II  (1898). 


46  Tlieorie  der  Wirlciingen  orcanischer  Verbindungen. 

■nenn  auch  geringer  Teil  des  Atropius  zersetzt.  Die  das  Atropinmolekül  zer- 
setzende Kraft  ist  im  Köri^er  des  Hundes  größer  als  in  dem  des  Menschen. 
Während  ein  Hund  1  cg  schwefelsaures  Salz  des  Atropius  fast  vollkommen 
zerstören  kaim,  kaiui  der  menschliche  Körper  nur  Dosen  von  1  mg  be'wältigen. 
Auch  nach  neueren  Untersuchungen  von  Wilh.  Wiechowski^)  wird  Atropin 
im  Organismus  zu  7.3  verbrannt. 

Andererseits  kann  man  zu  folgender  Vorstellung  gelangen. 

Die  ^Ukaloide  sind  bekanntlich  schon  in  sehr  kleiner  Dosis  wrksam,  wir 
Avissen  aber,  daß  gerade  die  Alkaloide  ganz  spezifische  Angriffspunkte  im 
Organisnms  haben,  daß  die  meisten  rasch  aus  der  Blutbahn  verschwinden, 
mit  dem  Harne  inid  Kote  ausgeschieden  werden,  ein  anderer  Teil  vtlrd  dadurch 
luiwirksam  gemacht,  daß  das  LeljergcA\"ebe,  in  welchem  das  Alkaloid  meist 
nicht  zur  Wirkimg  gelangt,  ihn  festhält,  erst  der  Rest  verteilt  sich  auf  die 
übrigen  Organe  und  da  er  nm-  m  bestimmten  zur  Wirkmig  gelangen  kann,  mit 
den  allermeisten  aber  gar  keine  Reaktion  eingeht,  so  muß  tatsächhch  eine 
minimale  Menge,  also  nur  ein  Bruchteil  des  zugeführten  oder  kreisenden  ge- 
nügen, um  in  dem  bestimmten  Gewebe  den  bestimmten  Effekt  auszulösen. 

Strvchnin  gelaugt  Ijekanntbch  in  der  grauen  vSubstanz  der  Vorderhörner 
des  Rückenmarks  zur  Wii'kung.  Wenn  wir  selbst  annehmen,  dal.i  diesem  Crewebc 
eine  ungemeine  Fähigkeit  zukonnnt,  Strychnin  festzulegen,  so  kann  bei  der 
rasch  eintretenden  Wirkung  doch  nur  ein  geringer  Bruchteil  als  zur  Wirkung 
gelangend  angesehen  werden.  Es  bestehen  doch  jjei  den  Alkaloiden  andere 
chemische  Reaktionsverhältnisse  als  bei  den  mit  den  meisten  Protoplasma- 
gebilden reagierenden  Körpern,  wie  Diamid,  Phenylhydrazin  usw. 

Die  zweite  Erklärung  wäre  also,  daß  der  nicht  wieder  gefundene,  nicht 
unbeträchtliche  Bruchteil  der  Alkaloide  \mä  natürhch  auch  der  übrigen  Sub- 
stanzen zur  Wirkung  gelangt  ist  unter  chemischer  Veränderung,  daß  also  auch 
die  Wirkmigen  dieser  Köriierklasse  sich  auf  dieselbe  Weise  erklären  lassen, 
daß  nicht  nur  ein  Zusannnenhang  zwischen  Konstitution  und  Wirkung,  sondern 
auch  ein  Zusammenhang  zwischen  chemischer  Veränderung  imd  Wirkung  besteht. 

Einzehie  Gifte  machen  scheinbar  eüie  Ausnahme. 

Kohlenoxyd  Anrkt  äußerst  giftig  und  wir  wissen  sicher,  daß  unser  Organis- 
mus gar  nicht  die  Fähigkeit  hat,  Kohlenoxyd  zu  vorändern.  Aber  diese  Ver- 
giftung hält  wohl  keinen  Vergleich  aus  mit  den  Wirkungen  der  anderen  uns 
bekannten  Körj)er.  Der  Tod  bei  Kohlenoxydvergiftung  ist  ein  einfacher  Er- 
stickungstod, ganz  identisch  mit  dem  bei  mechanischem  Verschluß  der  Luft- 
wege hervorgerufenen,  diu'ch  den  Umstand  verursacht,  daß  Kohlenoxyd  eme 
sehr  stabile  Verbindung  mit  dem  Hämoglobin  eingeht,  dieses  festlegt,  so  daß 
die   Sauer.stoffzufnhr  durch   Ausschaltung  des  Sauerstoffüberträgers  aufhört. 

Eine  solche  gleichsam  mechanische  Festlegung  imd  Ausschaltung  kann 
wohl  in  keine  Beziehung  gebracht  werden  zu  der  Wirkung  der  allermeisten 
Körper,  welche  sich  chemisch  durch  eine  Wechselwirkung  zwischen  chemischer 
Substanz  und  Gewebe  auszeichnet,  wobei  beide  eine  chemische  Veränderung 
erleiden. 

Daß  che  Stärke  der  Wirkimg  eines  Mittels  der  Stärke  der  Umwandlmig, 
welche  es  chemisch  im  Organismus  erleidet,  nicht  proportional  ist  und  damit 
häufig  in  keinem  Znsanmienhange  steht,  ist  wohl  von  vornherein  klar,  weiui 
man  sich  einige  Beispiele  vor  Augen  hält. 

Um  bei  dem  schon  öfters  augewendeten  Strychninbeispiel  zu  bleiben,  wollen 
wir  nm-  folgendes  anführen.    Ideinste  Dosen  Strychnin  genügen  schon,  heftige 

>)  AePP.   -16,    155   (1901).     Siehe  auch  Einleitung  S.  4. 


Beziehimg  der  Wirkeninkpit  zur  Veräntlerimg  im  Organismus.  47 

tetanische  Zuckungen  der  Körpermuslculatiir  hervorzurufen.  Aber  zwischen 
dev  Stärke  der  Uinwandhing  und  der  Stärke  der  Zuckungen  muß  keineswegs 
ein  Zusammenhang  in  dem  Sinne  sein,  daß  nach  dem  Gesetze  der  Erhaltmig  der 
Ivi'aft  die  latente  Energie  der  Substanz  durch  eine  chemische  Destruktion  frei 
wird  und  ihre  Energieeffekt  uns  zur  Erscheinung  kommt.  ^Vir  sehen  wohl  nvu- 
die  Muskelzuckinig  zur  sieht  l^aren  Erscheinung  gelangen,  wissen  aber,  daß  Strych- 
nin  auf  die  Nervenzentren  ini  Rückenmark  in  der  Weise  einwü-kt,  daß  sie 
für  äußere  Reize  überemiifindhch  werden  und  daß  diese  erst  den  sichtbaren 
Effekt,  die  Jluskelzuckuiigen,  auslösen.  Ebensowenig  als  zwischen  dem  Einger- 
druck,  welcher  eine  Mine  zur  Exjilosion  bringt  und  der  entwickelten  Energie 
der  explodierenden  Mine  ein  Zusammenhang  nach  dem  Gesetze  der  Erhaltung 
der  Kraft  besteht,  ebensowenig  besteht  ein  solcher  Zusammenhang  zwischen  der 
StryclminwrkungimRückenmarkeunddemsichtbarenEffektderMuskelzuckmig. 

Wir  haben  es  bei  den  A\irkenden  Sul^stanzen  auch  meist  mit  schwerer  im 
Organismus  destruierbaren  zu  tvni,  als  es  die  Nahrungsmittel  sind.  Wälirend 
diese  fast  vollständig  zu  Stoffwcchselendprodukten,  z.  B.  Ivohlensäure,  Wasser, 
Ammoniak  bzw.  Harnstoff,  Harnsäure  usf.  verwandelt  werden,  zeichnen  sich 
die  wirksamen  Sidsstanzen  durch  eine  gewisse  Resistenz  aus.  Diese  Resistenz 
darf  aber  keineswegs  so  groß  sein,  daß  der  Organisnms  mit  der  Substanz  nicht 
in  Wechselwirkung  treten  könnte.  In  diesem  Falle  wh'd  die  Substanz  ganz 
unwirksam.  Die  Resistenz  der  wirksamen  Substanzen  und  insbesondere  die  der 
spezifisch  wirkenden,  welche  nm-  mit  einzelnen  Geweben  reagieren,  scheint  eben 
der  Gnmd  dafür  zu  sem,  daß  eine  solche  Selektion  der  Gewebe  ermöghcht  wird. 

Würde  ein  Mittel  mit  Protoplasma  jeder  Art  reagieren,  so  wäre  eine  spe- 
zifische Auslösung  von  Wirkungen  nicht  möglich:  die  große  Resistenz  den 
allermeisten  Geweben  gegenüber  ermöglicht  es  gerade,  daß  eine  kleine  ange- 
wendete Substanzmenge  an  der  Selektionsstelle  den  spezifischen  Reiz  auslöst,  die 
spezifische  Wirkung  vollbringt,  ohne  von  anderen  Geweben  angegriffen  zu  werden. 

In  der  s_>Tithetischen  Ai-zneimittelchemie  benützen  wir  diese  Erfahrungen, 
indem  wir  den  synthetischen  lilitteln  eine  liestinnnte  Resistenz  kün.sthch  ver- 
leihen, um  sie  nicht  auf  einmal  zur  Reaktion  gelangen  zu  lassen,  um  sie  ferner 
nicht  mit  allen  Geweben  reaktionsfähig  zu  machen,  damit  sie  nicht  auf  diese 
Weise  unangenehme  Nebenwirkmigen  zeigeji,  und  um  durch  diese  künstliche 
Resistenz  sie  nur  mit  dem  chemisch  für  sie  reaktionsfähigsten  Gewebe 
reagierfähig  zu  erhalten.  Verhindern  wir  auch  dieses,  so  hört  jede  Wirkung  auf. 
Daher  sincl  auch  alle  ungemein  reaktionsfähigen  Substanzen,  welche  mit  Ge- 
weben jeder  Art  in  chemische  Wechselwirkung  zu  treten  in  der  Lage  sind,  als 
Arzneimittel  nicht  zu  brauchen  (Diamid,  Phenylhydrazin,  Formaldehyd, 
Cyanwasserstoff),  aber  wir-  kömien  durch  Erschwerung  der  Reagierfähigkeit 
oder  durch  eine  sehr  gewählte  Dosierung  noch  immer  nützliche  Effekte  mit  diesen 
Körpern  erzielen. 

Diese  gewisse  Resistenz  der  Mittel  dem  Organismus  gegenüber  mid  die 
spezielle  Reaktionsfähigkeit  mit  nur  bestimmten  Geweben  bringt  es  mit  sich, 
daß  bei  leicht  harnfähigen  Substanzen  oft  ein  sehi-  großer  Teil  der  Substanz 
unverändert  im  Harne  weder  erscheint.  Je  leichter  harufähig  solche  Substanzen 
sind  und  je  mehr  sie  die  Nierenelemente  zur  Sekretion  reizen,  desto  mehr  wird 
unter  sonst  gleichen  Umständen  unverändert  im  Harne  gefunden  werden. 

Der  Begriff  der  Selektion  'der  Gewebe  für  chemische  Verbhidungen  ist 
sicherhch  nicht  einfach  zu  denken.  Die  Selektion  ist  gewiß  mannigfaltiger 
Natur  und  beruht  zum  Teil  auf  physikalischen  Momenten,  wie  Lösungsver- 
hältnissen  und   Verteiluns.sverhält.nisseTi    z-wischen    zwei   differenten   lösenden 


48  Theoi'ie  der  Wirkungen  organischer  Verbindungen. 

Medien,  auf  Lö.sungsverhältiii.sseii  in  Membranen,  auf  Verringerung  odei'  Ver- 
größerung der  Oberflächenspannung  der  lösenden  Medien,  auf  melu'  chemischen 
Momenten,  wie  der  Reaktionsfähigkeit  der  gelösten  Verbindungen  mit  einzelnen 
Geweben  oder  spezifischen  Zellgruppen,  sowie  der  partiellen  Abbaufähigkeit 
der  Verbindung  durch  das  besondere  Gewebe,  welche  vielfach  mit  den  stereo- 
ohemischcn  Beziehungen  zwischen  der  chemischen  Verbindung  und  den  spe- 
zifischen Zellen  zusammenhängt.  Den  Erklärungsversuch  von  Paul  Ehrlich, 
die  Selektion  und  Wirkung  nach  Analogie  der  starren  Lösung  verständlich  zu 
machen,  haben  wir  schon  erwähnt.  Hans  H.  Meyer^)  hat  ein  experimentell 
gestütztes  Material  vorgebracht,  welches  ein  rein  ])hysikalisches  Moment  ein- 
führt, (las  für  die  l<]rklärung  der  Selektion  narkotischer  Substanzen  von  größter 
Bedeutung,  nach  ihm  ausschlaggebend  sein  soll.  Ja  er  geht  noch  weiter  und 
erklärt  nicht  nur  durch  ein  bestimmtes  physikalisches  Moment  die  Selektion 
der  verschiedenartigen  narkotischen  Substanzen,  sondern  nimmt  an,  daß  die 
Wirkung  dieser  Körper  nicht  durch  die  chemische  Umsetzung  dieser  Kch'iior. 
sondern  durch  rein  physikalische  Momente  hervorgerufen  wrd. 

Die  narkotische  Wirkung  der  verschiedenen  Körper  ist  nach  seiner  Annahme 
eine  Fxmktion  der  ..Fettlöslichkeif  (.Affinität  der  fettähnlichen  [lipoiden] 
Stoffe),  woraus  sich  folgende  Thesen  fornuiUeren  lassen: 

1.  Alle  chemisch  zunächst  indifferenten  Stoffe,  die  für  Fett  und  fettähn- 
licho  Körper  löslich  sind,  müssen  auf  lebendes  Protoplasma,  sofern  sie  darin 
sich  verbreiten  können,  narkotisch  wirken. 

2.  Die  Wirkung  wird  an  denjenigen  Stellen  am  ersten  und  am  stärksten 
hervortreten  müssen,  in  deren  chemischem  Bau  jene  fettähnlichen  Stoffe  vor- 
walten und  wohl  besonders  wesentliche  Träger  der  Zellfunktion  sind :  in  erster 
Linie  also  au  den  Nervenzellen. 

3.  Die  verhältnismäßige  Wirkungsstärke  solcher  Narkotica  muß  al^hängig 
sein  von  ihrer  mechanischen  Affinität  zu  fettähnlichen  Substanzen  einerseits, 
zu  den  übrigen  Körperbestandteilen,  d.  i.  hauptsächlich  Wasser  andererseits, 
mithin  von  dem  Teilung.skoeffizienten,  der  ihre  Verteilung  in  einem  Gemisch 
von  Wasser  und  fettähnlichen  Siüjstanzen  bestimmt. 

So  interessant  das  im  Kapitel :  Schlafmittel  näher  beleuchtete  experimentelle 
Material  ist,  erscheint  es  inis  nicht  notwendig,  die  Anschauungen  Meyers  auf 
die  Theorie  der  Wirkungen  auszudehnen  und  einen  Zusammenhang  zwischen 
Abbau  luid  Wirkung,  vne  Bau  mann  imd  Käst  ihn  für  die  Sulfogruppe  er- 
wiesen, zu  leugnen.  Hingegen  halten  wir  die  Untersuchungen  von  Hans  Meyer 
und  Baum  sowie  E.  Overton  für  einen  höchst  interessanten  Erklärungs- 
versuch der  Selektionswirkung  nach  rein  physikalischen  Momenten-).  Seine 
volle  Richtigkeit  vorausgesetzt,  wüi-de  dieser  Erklärungsversuch  nur  die  in- 
differenten Narkotica  umfassen,  für  die  übrigen  Körpergrup]3en  ohne  Zuziehimg 
chemischer  Momente  nicht  molir  möghch  sein,  und  selbst  in  der  Gruppe  der  schlaf - 
machenden  Körper  am  Erklärungsversuch  der  Wirkungen  des  Morphin  und  der 
abgeschwächten  Wirkung  seiner  Ätherderivate  scheitern. 

Zu  ähnlichen,  ebenfalls  physikalischen  Vorstellungen  gelangt  W.  Straub. 
W.  Straub  hält  nach  .seinen  Untersuchungen  am  Aplysienherzen  ein  Alkaloid 
dann  für  im  Organismus  wirksam,  wenn  es  von  gewissen  Zellarten  im  hohen 
Maße  gespeichert  wird,  innerhalb  der  Zellen  bestimmte  Angriffspunkte  findet 
und  nicht  zerstörbar  ist^). 


')  AePP.  4%,  109  und  IUI  (Baum).    Sieiie  nnch  E.  Ovcrlon,  Studien  über  Narko.'se, 
.lenn    1901.  -)  Sielio  nucli  P.   Ehrlicli.  Festsclu-.   f.   v.   Leyden. 

^)  Pflügers  Archiv  »8,  233  (1903), 


Beziehving  der  Wirksamkeit  zur  Veränderung  im  Organismus.  49 

Zwschea  deu  giftigen  und  migLftigen  Gliedern  der  Alkaloidreüie  liestehen 
aljer  auch  physilcalische  Unterschiede,  welche  sich  in  ihren  Wirkungen  auf  rote 
Blutköi-perchcn  und  Kolloide  manifestieren.  Ebenso  lassen  sich  durch  CapUlari- 
tätsbestinimungen  solche  Unterschiede  demonstrieren  i).  PhysLkahsch  sind 
Eucain  und  Cocain  am  \«rksamsteu,  zugleich  sind  sie  aber  auch  pharmakodyna- 
misch  am  stärksten.  Das  schwächer  wirksame  Xovoeaiii  erwies  sich  auch  phy- 
sikahsch  schwächer  wirksam.  Ti'opiu,  Ekgonin  und  Benzoylekgonhi  sind  phar- 
niakodyuamisch  indifferent  und  verhalten  sich  physikalisch  wie  Kochsalzlösung. 

Die  alkaUsche  Reaktion  des  Mediums  befördert  und  verstärkt  die  Wirkmig 
aller  giftigen  GJlieder  der  C'ocaimeihe  auf  rote  Blutkörperchen.  Ebenso  erfährt 
die  dm'ch  Cocain,  Eucain.  Xovocain  bedingte  Erhöhung  der  Oberflächenspannung 
des  Lösimgsmittels  in  alkahschem  Medium  eine  bedeutende  Zimahme,  während 
die  ungiftigen  Glieder  der  Cocaini'eihe  usw.  zunächst  keine  Ändenmg,  nach 
längerer  Zeit  ebenfalls  eine  Zunahme  zeigen,  die  jedoch  hinter  der  der  giftigen 
GUeder  der  Reihe  ziu-ücksteht.  Es  gehen  also  die  physikalischen  und  biologischen 
Eigenschaften  der  Alkaloide  mit  ihren  pharmakodynamischen  anscheinend 
parallel.  Sie  stehen  walu-scheinlich  auch  in  einem  kausalen  Zusammenhange 
und  werden  wahr'scheinlich  in  gleicher  Weise  geändert^).  So  hat  0.  Groß 
für  Cocain  eine  Beeinflussuiig  durch  das  alkahsche  Medium  im  Sinne  einer 
Steigerung  der  anästhesierenden  Wirkung  nachgewiesen. 

Traube  nimmt  gegen^^ärtig  emen  mehr  vermittehiden  Standpunkt  zwischen 
den  rein  physikalischen  und  rein  chemischen  Theorien  ein.  Xach  ihm  ist  die 
Reihenfolge  der  Wirkungen  der  giftigen  und  imgiftigen  Stoffe  auf  em  koüoidales 
Milieu  irgendwelcher  Art  im  allgemeinen  unabhängig  von  der  Xatur  des  Maheus. 
Maßgebend  ist  in  erster  Linie  nur  der  basische  und  saure  Zustand  des  MiheiLS, 
denn  es  wkken  vornehmlich  Kationen  auf  saure  Müieus  oder  Müieubestandteile 
und  Anionen  auf  basische.  Xiu-  die  giftigen  Schwermetalle  wirken  auf  beide 
Milieuarten.  Die  Wirkimg  z.  B.  der  organischen  Arsenpräparate  ist  zwar  bedingt 
durch  die  chemische  Konstitution,  aber  sie  ist  rein  physikalisch.  Es  wäre  also 
nach  diesen  Anschauungen  die  Konstitution  das  Bedingende  der  physikalischen 
Eigenschaften,  welche  hin'niederum  die  pharmakodynamischen  bedingen  w^iixle. 

Man  muß  aber  erwägen,  ob  die  Erklärungsversuche  für  die  Selektion,  wie  sie 
von  P.  Ehrlich,  Hans  Meyer  und  Overton  unternommen  MTirden,  die  auf 
reiii  physikahschcn  Grundlagen  der  Löshchkeit  der  wirkenden  Substanzen  üi 
bestimmten  Gewebsarten  basiert  sind,  auch  für  alle  Substanzen  sich  anwenden 
lassen  und  ob  auch  bei  derjenigen  Gruppe  von  Verbindiuigen,  für  die  insbesondere 
diese  Forscher  ilire  Theorie  aufgestellt  haben,  nicht  eine  andere  chemische  Er- 
klärungsmöglichkeit vorhanden  ist.  Bildet  ja  doch  den  Ausgangspunkt  und  die 
eigenthche  experimenteUe  Gnmdlage  dieser  Selektions-  imd  Wirkungstheorien 
die  Beobachtimg  von  Schmiedeberg*)  und  von  Pohl*),  daß  Chloroform 
während  der  Xarkose  in  der  Weise  im  Blute  zirkuliert  und  an  die  anderen  Gewebe 
abgegeben  wird,  daß  die  lecithinreichen  roten  Blutkörperchen  Träger  des  Chloro- 
forms sind,  da  Chloroform  Lecithin  in  Lösung  zu  bringen  vermag.  Wir  sehen 
schon  bei  den  Wirkungen  der  anorganischen  Substanzen,  insbesondere  beim 
Arsen  und  Quecksilber,  wie  es  hier  zu  einer  bestimmten  Lokalisation  von  Giften 
kommt,  die  nicht  anders  als  auf  chemischem  Wege  zu  erklären  ist,  und  wir 
nennen  liier  insbesondere  die  Untersuchung  von  E.  Ludwig  und  Zillner^), 

^)  K.  Goldschmied  und  E.  Pribram,  Zeitsclir.  f.  exper.  Pathologie  und  Therapie 
6.  211   (1909)  und  E.  Pribram,  Wiener  klin.  Wochenschr.  30  (1908). 

-)  Ernst  Pribra  m.  Pflügers  .-VrchivlSr,  350  (191 1).      ^)  Aroli.  f.  Heilkimde  ISST,  273. 
*)  AePP.  38,  239.  ')  Wiener  Me  d.  Blätter,  Jahrg.  II. 

Ftäukel,  Aizueimiticl-Syutiicse.    ö.  .\iul.  4 


50  Tlieorie  der  Wirkungen  organischer  Verbindungen. 

die  durch  quantitative  Bestimmungen  der  in  verschiedenen  Orgauen  deponierten 
Giftmengen  dieser  Frage  näherzutreten  versuchten.  Aber  das  folgende  Beispiel 
wird  einer  stereochemischen  Auffassmig  der  Selelrtion  und  Wirkung  sicherlich 
eine  genügende  Stütze  bieten.    Wir  ws.sen,  daß  alle  Animoniumbasen  ganz 
unabhängig  davon,  welchen  Aufbau  das  übrige  Molekül  dieser  Base  hat  inid  ganz 
unabhängig  davon,  welche  Wirkungen  das  der  Ammoniumbase  zugrinule  hegende 
Alkaloid  als  solches  auszulösen  vermag,   an  die  Endigmigen  der  motorischen 
Nerven  gehen  inid  dort  auch  durch  dieselbe  Gruppierung,  der  sie  die  Selelctiou 
für   die    motorischen   Xervenendplatten    verdanken,    lähmend    wirken.     Diese 
stereochemische  Konfiguration  der  Animoniumbasen  bewirkt  eine  so  weitgehende 
Prädilektion  der  Xervenendplatten  für  diese  Substanzen,  daß  die  Möglichkeit, 
daß  chemische  Vcrl)indungen,  \\clchc  Ammoniumbasen  sind,  in  anderen  Organen 
oder  Organ  teilen  Wirkungen  auslö.sen,  bedeutend  erschwert  ^vird.    Daher  ist 
es  auch  gleichgültig,  ob  diese  Ammoiiiumbasen  aUphatischer  oder  aromatischer 
Natur  ist.   Daß  es  hier  nicht  etwa  auf  die  Gegenwart  des  Stickstoffes  ankommt, 
beweist  weiter  der  Umstand,  daß  Basen,  welche  statt  Stickstoff  Arsen,  Antimon 
oder  Phosphor,  und  zwar  bei  gleicher  Konfiguration  wie  die  Animoniumbasen 
den  Stickstoff  enthalten,  also  Arsonium-,  Stibonium-  und  Phosphoniumbasen. 
die  gleiche  Wh-kung  wie  die  Ammoniumbasen  auslösen  und  keineswegs  die  dem 
Arsen,   Antimon   oder   Phosphor  eigentümlichen   Wirkungen   äußern.    Dieses 
eine  Bei.spiel,  welches  deuthch  die  Beziehungen  zwischen  der  stereochemischen 
Konfiguration,  der  Selektion   und  Wirkung  klarlegt,   muß  notwendigerweise 
dazu  führen,  andere,  ebenso  übersichtliche  Grupjiierungen  in  anderen  Körper- 
klassen zu  suchen  und  zu  finden,  die  uns  stereochemische  Erklärungsmöglieh- 
keiteii  für  die  Selektion  bieten.    Je  tiefer  wir  in  diese  Verhältnisse  eindringen, 
desto   verständlicher  ^^•erden  uns  die  .stereochemischen  Beziehungen  zwischen 
der  wirkenden  Substanz  imd  dem  spezifisch  für  die  Wirkung  selegierten  Gewebe 
klar  werden,  imd  um  so  mehr  werden  wir  sie  neben  den  jibysikaL sehen  Erklärungs- 
versuchen, die  ja  bei  einzelnen  Körpern  wohl  nicht  in  bezug  auf  die  Wirkung, 
so   doch  wenigstens  für  die  Verteihuig   im   Organismus  gute  Erklärungsniög- 
Hchkeiten  bieten,  werten  köimen.    Wenn  Emil  Eischeri)  findet,  daß  eine  be- 
stimmte Konfiguration  der  Zuckermoleküle  notwendig  ist,  damit  bestimmte 
Hefearten  sie  vergären  können  und  sich  gleichsam  hier  der  gärende  Teil  des 
Hefemoleküles  zu  den  vergärten  Zuckermolekülen,  me  der  passende  Schlüssel 
zu  dem  passenden  Schloß  verhält,  so  können  wir  analogen  Anschauungen  auch 
für  eine  große  Reihe  \on  phj'siologisch  wirksamen  Substanzen  Raum  geben, 
die  nur  von  bestimmten  Gewebsarten  festgehalten  und  zerlegt  werden,  wälu-end 
alle  anderen  Gewebe  sie  nnangegriffen  lassen.   Diese  Beziehungen  zwischen  der 
stereocheniischen   Konfiguration   des   ^^^rksamen   Körpers   und   des  spezifisch 
reagierenden  CJewebes  können,   wemi  wir  sie  richtig  zu  erkennen  vermögen, 
uns  nicht  nur  die  Selektion  für  dieses  Gewebe,  sondern  auch  die  Wirkimg  im 
Gewebe  erklären.     Dieses   wäre   dann   die   wissenschaftliche   Grundlage  emer 
neuen  Selektions-  und  Wirkungstheorie,  che  aber  auch  nur  für  bestimmte  Körper- 
gruppen zu  gelten  vermag,  imd  zwar  insbesondere  für  die  nur  in  einzehien  Ge- 
weben  wirkenden.    Eine   Theorie,   die   alle   Selektionserscheinungen   und  alle 
Wirkungen  nur  von  cmem  Gesichtspunkte  aus,  sei  es  nun  von  einem  physi- 
kalischen oder  chemischen  zu  erklären  versucht,  muß  immer  an  der  Mannig- 
faltigkeit der  Wechselbeziehungen  der  verschieden  wirkenden  Substanzen  und 
der  verschiedenen  Gewebe  scheitern.    Vorzüghch  sieht  mau  dieses  bei  Betrach- 
tung der  differenten  Wirlanigen  von  Verbindungen  auf  i\Iikroora;anismen. 

i)~B^^**-    '"^^-^  (180.')).   —  HS.   3«,   tu    (I8;1Ä-1S99). 


Drittes  Kapitel. 
Bedeutung  der  einzelnen  Atom-Gruppen  für  die  Wirkung. 

1.  Wirkungeu  der  Kohlenwasserstoffe. 

Im  Jahie  1871  zeigte  E-ichardsoui),  daß  die  dem  Methan  CH^  homologen 
Kohlenwasserstoffe  von  der  allgememen  Formel  CnH2n+2  bei  Lilialation  An- 
ästhesie und  Schlaf  mid  bei  Einatmung  größerer  Mengen  Tod  durch  Asphyxie 
hervorbringen.  Die  kohlenstoffreicheren  höhereu  Güeder  der  Reihe  sind  kräftiger 
in  ihrer  Wirkung  und  der  Grad  ihrer  Giftigkeit  und  die  Dauer  des  diu-chdie  Ehi- 
atmung  dieses  Kohlenwasserstoffes  bewirkten  Schlafes  wächst  in  demselben  Maße, 
wie  der  Kohlenstoff  in  ihnen  zunimmt.  Es  steigt  die  Wirkung  vom  Methan  zum 
Äthan,  Butan,  Pentan.  Die  niederen  Kohlenwasserstoffe  der  Paraffim-eihe  erzeugen 
nur  als  negative  Gase  durch  Ausschluß  von  Sauerstoff  Narkose  und  Anästhesie, 
während  Pentan  luid  Hexan  tiefe  Anästhesie  veranlassen.  Hexan  ist  kräftiger  in 
(1(T  Wirkung,  wirkt  aber  erst  nach  langem  und  heftigem  Exzitatioasstadium. 

Auf  Frösche  wirken  die  aüphatischen  Kohlenwasserstoffe  Peatan  CHj 
•  (CH2)3-CH3,  Pental  (Trimethyläthylen)  {CHa)^  :C  :  CH  •  CH3  und  Cyclopen- 

/-IXT  ^^  OTT 

tadien  ■  /CH»   ebenso   wie   Äther   narkotisch.     Die   Karkose   tritt   am 

CH  =  CH5 

.schnellsten  bei  Äther  ein,  daim  bei  Pental,  Cyclopentadieu  rmd  Pentan.  Cyclo- 
pentadien  wirkt  außerdem  auf  die  Muskeln  ein,  indem  es  bei  längerer  Em  Wirkung 
totale  Muskelstarre  hervorruft.  Durch  Einatmen  dieser  Kohlenwasserstoffe 
werden  auch  Säugetiere  schneller  oder  langsamer  narkotisiert.  Die  Atmung  wird 
sofort  nach  Beginu  der  Inhalation  verlangsamt  und  vertieft.  Diese  Kohlen- 
wasserstoffe wirken  bei  subcutaner  Injektion  narkotisierend.  Sie  setzen  sämt- 
lich beim  Kaninchen  den  Blutdruck  herab,  und  zwar  mehr  als  Äther.  Durch 
die  Narkose  mit  diesen  Kohlenwasserstoffen  wrd  der  Effekt  der  elektrischen 
Vagusreizung  gegenüber  der  Norm  mehr  oder  weniger  herabgesetzt.  Die  Reizung 
ruft  keinen  Herzstillstand  mehr  hervor. 

Benzin  (der  Hauptsache  nach  ein  Gemenge  von  Hexan  CgHi^  und  Heptan 
CjH^^)  macht  rasch  Ohnmacht  mid  tiefe  Bewußtlosigkeit,  also  auf  eine  Ver- 
giftung des  Zentralnervensystems  beruhende  tiefe  Narkose.  Lokal  macht  es 
Epithelablösung  und  Blutaustritt  sowie  Hämolyse.  Die  Nieren  werden  ge- 
schädigt.   Es  kommt  zu  Methämoglobinbüdung-). 

Die  hydroaromatischen  Verbindungen,  wie  Cyclohexan  CgHi,  mid  seine 
Hydroxylderivate,  Cyclohexanol  CgHu-OH.  Quercit  CgHgCOH).,  imd  Inosit 
CgHj{OH)g  wirken  auf  das  überlebende  Herz  durch  Reizimg  der  interkardialen 
Nervenapparate  mid  machen  eine  Kontraktion  des  Herzmuskels^).  Cyclohexan  ist 
dreimal  weniger  giftig  als  Benzol.  Auf  die  Neubildung  roter  Blutkörperchen  ist  die 
Einwirkung  beim  Benzol  nur  schwach,  beim  Cyclohexan  dagegen  sehr  deuthch''). 

1)  Med.  Times  und  Gazette,  Sept./Okt.   1871. 

")  Böhme  und  Köster,  AePP.  81,   1  (1917). 

^)  Brissemoret  und  Chevalier  C.  r..   HJ,   217. 

*)  L.  Launoy  und  M.   Levy- Brühl,  C.  r.  8.   b.   83,  215  (1920). 

4* 


52  Bedeutving  der  einzelnen  Atom-Grupppii  für  die  Wirkung. 

Curci^)  schreibt  den  Kohlenwasserstoffen  der  fetten  und  aromatischen 
Reihe  oder  ilu'en  Snbstitutionsprodukten  paralysierende  Wirkung  zu. 

Nach  den  Untersuchungen  von  Lander  Brunton  und  Cash  besteht  die 
hervorragende  Wirkimg  der  niederen  Gheder  der  Paraffinreihe  in  ihrer  stimu- 
lierenden mid  anästhesierenden  Wirkung  auf  die  Nervenzentren.  Auch  die 
CJIieder  der  aromatischen  Reihe  affizieren  das  Nervensystem,  aber  sie  affizieren 
die  motorischen  Zentren  mehr  als  die  sensorischen,  so  daß  sie  anstatt  An- 
ästhesie zu  erzeugen,  wie  die  Körper  der  Paraffinreihe,  Tremor,  Konvulsionen 
und  Paralyse  bewirken. 

Benzol  sowie  seine  Halogensubstitutionsprodukte  Chlorbenzol,  Brombenzol, 
.lodbenzol  sind  in  ihrer  Wirkung  auf  den  Frosch  gleich.  (Die  Halogenradikale 
niodifizieren  die  Wirkung  des  Benzols  nicht.)  Die  willküiiichen  Muskeln  wer- 
den durch  Benzol  geschwächt  und  es  besteht  eine  leichte  Tendenz  zur  Paralyse 
der  motorischen  Nerven,  aber  die  Hauptwirkung  betrifft  Gehirn  mid  Rücken- 
mark, zuerst  das  Gehirn,  wodurch  allgemeine  Lethargie  und  Desinklination 
zur  Bewegung  entsteht,  hierauf  das  Rückenmark.  Die  Bewegungen  werden 
imvoUkommen  ausgefülu-t  und  e.s  besteht  eine  Tendenz  zu  allgemeinem  Zitteni 
bei  Bewegungen,  ähnlich  wie  bei  der  disseminierten  Sklerose.  Die  Krarapf- 
wirkung  wird  erhöht  durch  den  Eintritt  von  Hydroxylen  in  den  Benzolkern 
(Chassevant  und  Garnier). 

Santesson-)  sah  bei  Benzolvergiftung  von  Fröschen  Schwäche,  Steigerung 
der  Reflexe,  dann  periphere  Lähmung  zuerst  der  motorischen  Nervenendigungen 
und  dann  der  Muskelsubstanz. 

Toluol  erzeugt  eine  in  zwei  Phasen  imterscheidbare  Vergiftung,  deren  erste 
in  klonischen  Muskelzuckungen  imd  Tremor,  letztere  in  Paralyse  besteht,  o-  vmcl 
m-XyloI  geben  nur  paral'S'tischc  Erscheinungen,  p-XyloI  erzeugt  in  der  ersten 
Phase  auch  Zuckungen  und  Zittern.  Mesitylcn  und  Benzylalkohol  rufen  Schläf- 
rigkeit, Paralyse  und  wie  alle  übrigen  imter.suchten  Präparate  Temperatur- 
sturz hervor.  Cyclohexan  erzeugt  eine  mit  klonischen  Zuckungen,  Temperatur- 
sturz und  Paralyse  der  Gefühl-  und  Motilitätsapparate  einhergehende  Vergiftmig. 
Cyclohexanol  und  dessen  Methylderivate  führen  zu  schwerer  Paraly.se  imd  Hypo- 
thermie. Methyl-,  Dimethyl-  und  Trimethylcyclohexan  sind  stark  toxisch. 
Cyclohexanon  führt  zu  Muskelschwellungen,  zu  kloni.schen  Zuckungen  und  zu 
Paraly.se,  während  Methylcyclohexanon  und  Dimethjdcyclohexanon  niu-  Paralyse 
erzeugen  und  Trimethylcyclohexanon  wenig  toxisch  ist  und  sich  wie  ein  echtes 
Hjrpnoticum  verhält 3). 

Alle  diese  Verbindmigen  verursachen  bei  der  Ratte  eine  ausgesprochene 
Hypothermie  und  eine  starke  Vasodilatation. 

Von  großer  Wichtigkeit  ist  das  Verhalten  substituierter  aromatischer 
Reste.  So  ist  eigentümlicherweise  Diphenyl  CgHr,  •  C^H^  völlig  ungiftig.  Di- 
phenylamin  CgHj  •  NH  •  CgH, ,  Benzylanilin  Cgü^  •  NH  •  CH2  •  CgH^  besitzen 
nur  schwache  physiologische  Wirkimg  (1  g  pro  kg  Kaninchen  ohne  Wirkung). 
Sie  sind  relativ  harmlose  Anihnderivate*). 

Durch  die  Substitution  des  Benzolkems  mit  aliphatischen  Kohlenwasser- 
stoffi'adikalen  erhält  man  eine  erhöhte  Giftigkeit,  Toluol  CgHj  •  CH3  und  Äthyl- 

benzol   CjHj  •  CgHj  sind  giftiger  als   Benzol,  während  Cumol    CoHu  •  CH <^jj' 

im  Gegensatz  lüerzu  weniger  giftig  ist,  so  daß  bei  verlängerter  fetter  Kette  die 
Giftigkeit  wieder  abnimmt. 

»TTerapia  moderna  1891,  Gennajo,  S.  33.         =)  Skaud.  Arch.  f.  Physiolog.   10,  172. 

'•')  E.  Filippi,  Arrh.  d.  farmaool.  sperim.   IT,   178  (1914). 

*)  Vi t linghof,  Studie  iiher  .Viiilinbason,  Maihur;:;   1890. 


Wirkungen  der  Kohlenwasserstoffe.  53 

Die  Giftigkeit  der  inouosubstitiiierten  Benzolclerivate  ist  immer  höher  als 
clie  der  disubstituierten.  Zwei  Substitutionen  verringern  die  Giftigkeit.  Die 
Xylole  sind  weniger  giftig  als  Benzol,  Toluol  und  Äthylbenzol.  Die  dreifach 
substituierten,  wie  Mesitylen  und  Pseudocumol  haben  eine  Giftigkeit,  ähnlich 
der  zweifach  substituierter.  Bei  den  Xjdolen  ist  die  p-Verbindung  viel  giftiger 
als  die  m-  mid  diese  wieder  giftiger  als  die  o-Verbindung.  ji-Cumol  hat  eine 
Giftigkeit  wie  o-Xylol.  Pseudocumol  ist  weniger  giftig  als  Mesitj'len.  Die 
Giftigkeit  der  Homologen  des  Benzols  hängt  vom  Molckulargewdchte,  von  der 
Anzahl  der  Substitutionen  und  von  der  Stellung  der  Substitucnten  ab.  Die  o-Ver- 
bindungen  scheinen  die  geringste  Giftigkeit  zu  haben^). 

Für  die  aromatischen  Verbindungen  gelten  iiach  Chassevant  und  Gar- 
nier'-) folgende  Regeln:  Benzol  wirkt  auf  das  Nervensystem,  macht  Krämpfe, 
Muskelhypotonie  und  Hypothermie.  Die  Hydroxyle  vermehren,  Carboxyle 
vermüidern  die  Gift%virkung,  der  Einfluß  der  Alkyle  ist  wechselnd  und  im  um- 
gekehrten Verhältnis  zu  ihrem  Molekulargewicht,  Methyl-  und  Äthylgruppen 
■xvirken  steigernd,  Isopropylgruppen  vermindernd.  Die  Wiederholung  der  Alkyl- 
substituenten  vermindert  die  Giftigkeit.  Die  Xylole  sind  weniger  giftig  als  Ben- 
zol. Die  trisubstituierten  Kohlenwasserstoffe,  vne  Mesitylen  und  Pseudocumol, 
sind  noch  weniger  giftig.  Bei  Hydroxj-leinfiihnxng  steigert  die  dopjielte  Sidj- 
stitution  die  Giftigkeit,  wähi'end  die  dreifache  sie  vermindert.  Gleichartige 
Substitution  addiert  sich,  entgegengesetzte  liebt  sich  mehr  oder  weniger  auf. 
Die  Stellung  der  Substituenten  ergab  folgende  Resultate  nach  der  abfallenden 
Giftigkeit  geordnet:  Xj'lole:  p-,  m-,  o-;  Dioxybenzole :  o-,  m-,  p-;  Dicarbon- 
.säuren:  m-,  p-,  o-;  Kresole:  m-  und  p-  gleich,  o-;  Toluylsäurcn :  m-,  o-,  p-;  Oxy- 
carbonsäuren :  o-,  m-,  p-. 

Nach  Amadeo  Ubaldi^)  sind  Lösungen  von  Harnstoff  für  niedere  Organis- 
men ohne  bemerkbaren  Einfluß,  während  Phcnylhanistoff  NH«  •  CO  •  NH  •  C5H5 
mid  Phenylglykokoll  C^Hg  •  NH  •  CHj  •  COOH  hemmend  wirken,  symmetrischer 
Diphenylluimstoff  (Carbanihd)  CO  (NHCßHs)^  hingegen  ohne  Em  Wirkung  ist. 
Die  l%ige  Lösung  des  Phenylharnstoffes  wirkt  so  stark  antisejjtisch  ivie  Subli- 
mat. Mit  diesem  außerordentlichen  Vermögen  des  Phenylharnstoffes  steht  die 
absolute  Passivität  des  Di]jhcnylharnstoffes  in  soTiderbarera  Widerspruche, 
findet  aber  eine  Analogie  bei  den  alkj'Isubstituierten  Harnstoffen,  wo  bei  Sub- 
stitution beider  Amidgruppen  des  Harnstoffes  die  hypnotische  Wirkung  ver- 
schwinden kann. 

Der  Eintritt  des  aromatischen  Restes  macht  den  pharmakologisch  indiffe- 
renten Harnstoff  und  das  ebenso  indifferente  Glykokoll  MkroorgaTiisraen 
gegenüber  sehr  wirksam.  Die  Wirkung  des  eintretenden  Phenylrestes  tritt  beim 
Phenylglycin  CgH;  •  NH  •  CHj  •  COOH  klar  zutage.  Dieses"  ist  stark  giftig, 
während  Glykokoll  NH,  •  CH.^  •  COOH  ganz  wirkungslos  ist. 

Der  Eintritt  eines  Benzolkernes  ist  bestimmend  füi-  die  Wirkung  bei  Eintritt 
in  das  Molekül  fetter  Säuren. 

Wemi  man  Phenol,  Pheny]essigsäiu:e  CgHj  •  CHj  •  COOH  und  Phenyl- 
propionsäure  C.jHg  •  CHg  •  CH,  •  COOH  in  bezug  auf  ilu-e  antiseptische  Wirkung 
vergleicht,  so  steigt  diese  in  der  Richtmig  der  letzteren.  Phenylbuttersäure 
CgHj  •  CH.^  •  CH2  •  CHj  •  COOH  wirkt  weiterhin  stärker  als  Phenylpropion- 
säure.  Die  phenylsubstituierten  Fettsäuren  also  wachsen  in  ihrer  anti- 
septischen Wirlaing    mit    dem   Wachsen    des    Molekulargewichtes    dei     sub- 

^)  A.  Chassevant  und  M.  Garnier,  C.  r.  s.  b.  55,   1255  (1903). 
2)  A.  Chassevant  und  M.  Garnier,  C.  r.  s.  b.  55,  1584  (190.3).  —  Arcli.  de  Pliar- 
macodyn.   14,  93.  ^)  Ann.  di  chim.  e  di  farmacol.   14,   129. 


54  Bedeutung  der  einzelnen  Atom-Oruppen  für  die  Wirkung. 

stituierten  Säuret),  während  T.  R.  Duggan-)  für  die  Fettsäurereihe  gezeigt 
hat,  daß  es  sich  in  dieser  umgekehrt  verhält.  Je  kohlenstoffreicher  die 
normale  Fettsäm-e  ist,   desto  geringer  ist  ihre  antiseptische  Kraft. 

Der  Eintritt  von  einem  Phenylrest  in  den  Wasserstoff  des  Ammoniak  er- 
höht die  krampferregende  Wirknng  des  letzteren.  Diamine  mit  aliphatischen 
Resten  wie  Tetra-  und  Pentamethylendiamin  (CRz),  ■  (^^2)2  •  nnd  (CH2)5  •  (NH2)2 
sind  ganz  imgiftig,  während  Toluylendiamin  C„H3(CH3)(NH2)2  stark  giftig  ist, 
indem  es  Ikterus  und  Hämaturie  erzeugt. 

Naphthalin  f    J        bewirkt  Verlangsamung  der  Respiration.  Kleine  Dosen 

steigern  den  Blutdruck,  große  verringern  ihn.  Die  normale  Temperatur  wird 
durch  Naphthalin  nicht  verändert,  fieberhaft  gesteigerte  wird  hingegen  herab- 
gesetzt. Es  wrkt  durch  Beschränkung  des  Stoffwechsels,  da  es  die  Harnstoff- 
ausscheidung im  Harn  verringert.  Bei  langsamem  Verfüttern  bewirkt  es  merk- 
würdigerweise Katarakt  [Linsentrübung^)].  Es  wirkt  auf  Lymphkörperchen 
wie  Chinin  oder  Sublimat,  es  treten  keine  Fortsätze  ans.  Diphenyl  ist  hingegen, 
wie  oben  erwälmt,  wirkungslos. 

Phenanthren   ist  unwirksam,  nin'  bei  Kaulquappen  wirkt  es  narkotisch. 

Durch  intraperitoneale  Injektion  von  Hexahydrophenanthren  kami  man 
einen  der  Moii^hiumnarkose  ähnlichen  Zustand  erhalten*). 

Die  Analogie,  welche  zwischen  Substanzen  der  Furangruppe, 

Furan       ^fj^      Thiophen       ^T^       und   Pyrrol       ^cOcH 

OS  N 

H 

in  ilu'em  chemischen  Cüiarakter  mit  den  Benzolderivateu  Ijesteht,  erstreckt 
sich  auch  auf  ihr  Verhalten  im  Tierkörper  sowie  auf  die  pharmakologische 
Wirkung. 

Die  Bedeutung  verzweigter  Ketten  beleuchten  folgende  Versuche: 
Bei  der  Untersuchung  der  Giftwirkung  von  Säuren  und  Oxysäuren  auf  die 
Muskeln  des  cm-arisierten  Frosches  fand  Laszlo  Karczag^),  daß  die  Ver- 
zweigung der  Kohlenstoffkette  die  Gift^nirkung  der  isomeren  Buttersäuren  nicht 
beeinflußt,  da  die  Giftigkeit  der  Butter-  mid  Isobnttersäure  ziemlich  die  gleiche 
ist.  Bei  den  Oxysäiu'en  aber  ^vTlrde  die  Giftigkeit  durch  die  Verzweigung  stark 
beeinflußt  gefunden,  denn  die  a-Oxybiittersäure  CH3  •  CHj  •  CH(OH)  •  COOH 

OTT 

ist  giftiger  als  die  a -Oxyisobnttersäm'c  (^jt^>CH(OH)  •  COOH  und  letztere  ist 

giftiger  als  die  /ö-Oxybuttersäiu-e  CH3  •  CH(OH)  •  CHj  •  COOH  .  Die  SteUung 
des  Hydroxyls  übt  auf  die  Wirksamkeit  der  Oxysäuren  emen  nicht  unbeträcht- 
lichen Einfluß  aus,  imd  zwar  ist  die  Giftigkeit  um  so  geringer,  je  weiter  das 
Hydroxyl  vom  Carboxyl  entfernt  ist.  lA -Oxybuttersäure  ist  weitaus  giftiger 
als  /?-Oxybuttersäure.  Die  Zunahme  an  alkoholischen  Gruppen  steigert  die 
Giftwirkung,  fl,  ;'-Dioxybuttersäure  ist  giftiger  als  ;'-Oxybuttersäiu'e  und 
diese  wieder  giftiger  als  die  normale  Buttersäure.  Die  Giftigkeit  der  a-Oxy- 
buttersäui'c  ist  der  der  ß,  ;'-Oxj^buttersäure  gleich,  was  durch  die  SteUung  der 
Hydroxylgruppe  bedingt  ist.  «-Oxylsobuttersäiu-e  ist  auch  giftiger  als  Iso- 
buttersäure, jedoch  ist  hierbei  die  Rolle  der  Hydro xylstellung  unentschieden. 
Auch  auf  die  Muskel  nicht  curarisicrter  Frösche  ist  die  Giftwirkung  der  Säuren 


1)  Parry  Laws.  Jomn.  of  physiol.   11,  360.  ~)  C.  r.  s.  b.   1886.  014. 

')  AmeriV.  Cliem.  Joiirn.   7,  62.  *)  C.  r.    ir.l,    1151   (1910). 

■')  Zeitschr.   f.   Biologie  53,  93. 


über  die  Bedeutung  der  Hydroxyle.  55 

und  Oxyi>äureji  gleich.  Bei  Uiitersuchuugeii  des  Xerveuiuuskeipriiparatesi  aber, 
und  zwar  bei  der  Einwirkung  auf  die  Nerven  wirken  die  normalen  und  ver- 
zweigten Säuren  und  ihre  Oxysäiu-cn  andererseits  umgekelu-t  auf  die  Muskeln. 
Pie  Säuix-a  sind  nach  dieser  Richtung  hin  giftiger  als  ihre  Oxysäurcn  und  liilnncn 
die  Nervenplättchen  mit  der  relativen  größten  Gesch\\-indigl;eit. 

2.  Über  die  Bedeutung  der  Hydroxyle. 

Der  Eintritt  von  Hydroxylgruppen  in  Vei'bindungen  der  aliphatischen 
Keihe  schwächt  deren  ^Virkung  ab.  Je  mehr  Hydroxylgruppen,  desto  schwächer 
die  Wirkung  des  Körpers.  Aus  den  narkotisch  a\  iikenden  Aldehyden  Merden 
die  wenig  wii'ksameu  Aldole,  z.  B.  Acetaldehyd  C'Hg  •  CHO  gibt  bei  Kondcn- 

sation  Aldol  CH3.CH<„g    qjjq,  aus  den   narkoti.sch  wirkenden  einwertigen 

Alkoholen  werden  die  unwii'ksamen  zweiwertigen  Alkohole,  i.  e.  C'uHo,,  (0H)„, 
Glykole  und  die  ebenso  un'nirksamen.  drei^nertigen  Alkohole,  wie  z.  B.  Glvcerin 
CH2  •  OH 

CH  •  OH .  (Kaninchen  vertragen  Gljdcol  zu  etwa  20  g  ohne  Veränderung,  nach 
CHj    OH 

größeren  Gaben  gehen  sie  ein.  Glykol  wirkt  wie  Glycerin  hämolytisch  i). 
Nach  P.  Mayer  macht  es  in  größeren  Mengen  eine  scliwere  hämoiThagische 
Nephritis^).  Glycerin  macht  Blutdrucksenkung  und  wirkt  auf  die  quer- 
gestreifte Muskulatur  veratrinähnlich.)  So  ist  Hexylalkohol  CgHig  •  OH  ein 
starkes  Narkoticum,  wählend  Mannit  CgH8(0H)g  fast  em  Nahi'uugsstoff  ist. 
Bei  den  Aldehyden  sehen  wir,  viae  ein  wirksamer  Aldehyd  durch  den  Ein- 
tritt eines  Hydi'oxyls  zu  einem  weniger  wirksamen  Aldol  wird,  luid  durch 
den  Eintritt  voii  noch  mehr  Hydroxylen  entstehen  sclüießlich  Aldosen,  die 
l)harmakologisch  unwirksam  sind,  die.  wie  z.  B.  der  Traubenzucker  C,.H,20fi, 
absolut  gar  keine  hypnotische  Wirkung  haben.  Dieselbe  -Vljschwäclunig  gilt 
auch  für  die  Ketogruppe.  Nach  Curci^)  erregen  die  alkoholischen  Hydroxyle 
das  Cerebrospinalsystem  und  die  Psyche,  indem  sie  Trunkenheit  und  Hallu- 
zinationen bewirken. 

Der  Eintritt  von  Hydroxylen  ui  ahphatische  Samen  übt  anscheinend  keinen 
Einfluß  auf  die  Wii'kuug  derselben  aus. 

Durch  den  Eintritt  von  Hydroxyl  in  das  Coffein  geht  die  Wirkung  des 
Coffeins  verloren,  selbst  das  Fünffache  der  Coffeiudosis  an  Hydi'oxj'coffein 
macht  kerne  augenfälligen  Erscheinungen*).  Der  Eintritt  von  Hydroxyl  macht 
das  Coffein  zersetzlicher,  und  der  Organismus  vermag  es  leichter  zu  zerstören, 
zu  oxydieren  und  bewahrt  sich  dadurch  vor  den  qualitativ  gleichgebliebenen 
giftigen  Eigenschaften. 

Der  Eintritt  von  Hydroxylen  elurch  Ersatz  von  ^\''asserstoff  im  Benzol 
erhöht  die  Tendenz  des  Benzols  zu  Ki'ämpfen.  Diese  entstehen  dui'ch  cUe  Ein- 
wirkung der  Substanz  auf  das  Rückenmark  inicl  nicht  auf  das  Gehirn.  Je  melu' 
Hydroxyle  in  den  Ben.zolkern  eintreten,  desto  weniger  giftig  wird  der  Köi^per 
in  bezug  auf  Ki-ampfwirkung,  desto  giftiger  aber  in  anderer  Richtung.  Es  hängt 
die  Giftigkeit  und  die  Wü-kuug  sehr  von  der  Stellung  der  Hydroxyle  zueinander 
ab.  So  machen  Phenol  und  die  drei  Dioxyljenzole  bei  Fröschen  Krämpfe,  Trioxy- 
benzole  verursachen  nur  melu'  Zuckungen.    Die  di-ei  Dioxybenzole  machen  alle 

1)  C.   Bachern.  MecHz.   Kliuik   13,  7  (HUT).  ")  Mediz.  Ivlinik   13,   312  (1017).] 

^)  Terapia  moderna  1891,  Genuajo,  S.  33. 

')  W.  Filehne,  Diibois'  Arch.  f.  Phys.   1888,  72. 


56  Bedeutung  der  einzelnen  Atom-Gruppen  für  die  Wirkung. 

klonische  Kiäiupfc  durch  Einwiikiuig  auf  das  lUickcuinark,  docli  ist  die  p-Ver- 
bindung   (Hydrochinoii)  in  der  Wirkiuig  schwächer  als  die  o-  (Bi-enzcatechin) 

OH 

und  m-  (Resorcin)  Verbindung.    Pyi-ogallol  f  J_     macht    mehr   Lethargie    als 

Bosorcin  und  Bewegungszittern.  Die  sofortigen  Symptome  werden  erst  durch 
die  fünffache  Dosis  im  Vergleich  zu  Resorcin  jiroduziert.  Aber  in  der  letalen 
Wirkung  sind  beide  gleich.  Die  Giftigkeit  des  Resorcins  liegt  in  der  Mitte 
zwischen  beiden.  Die  Giftigkeit  aller  dieser  Körper  ist  eng  verknüpft  mit  den 
in  ihnen  enthaltenen  freien  Hydroxylgruppen,  demi  vertauscht  man  den  Hy- 
droxylwasserstoff  mit  der  indifferenten  Schwefelsäm'egruppe,  so  erhält  man 
Körper,  welche  bei  weitem  schwächer  wu'kende  Substanzen  sind.  So  ist  pyro- 
gallolmonoätherschwefelsaures  Kali  ^xeniger  giftig  als  Phloroglucin  oder  P>to- 
galloP).  Allein  pyrogaUoätherschwefelsaures  Kali  ist  giftiger  als  phenoläther- 
schwefelsaures  Kali,  weil  hier  noch  zwei  freie  Hydroxyle  sind.  Während  Dosen 
von  pyrogalloätherschwefelsaurem  Kali  deutlich  die  Fähigkeit  herabsetzen, 
spontane,  koordinierte  Bewegungen,  die  den  Körper  m  Gleichgewicht  erhalten, 
auszuführen,  mid  ferner  die  Reflexe  erniedrigen,  rufen  ganz  ebenso  große  Dosen 
der  Phenolätherschwefelsäure  bei  Tieren  keine  erhebliche  Abweichung  von  der 
Norm  hervor.  Selbst  30  g  phenolätherschwefelsaures  Xatrou  be^^•irken  bei  Ein- 
gabe an  größere  Tiere  keine  anderen  Erschcininigen  als  Durchfall  (Glaubersalz- 
wirkung). 

Phenol  übt  seine  Wirkung  rascher  aus.  während  Phloroglucin  weit  später 
zu  A\irken  beginnt.  Wie  sieh  bei  den  Dioxybenzolcn  und  auch  bei  den  Trioxy- 
lienzolen  iler  Einfluß  der  Stellung  der  Hydroxyle  geltend  macht,  so  ist  auch 
zu  erwarten,  daß  dmch  den  Eintritt  neuer  Substituenten  in  die  Hydroxyle 
Veränderungen  in  der  physiologischen  Wirkung  hervorgebracht  werden.  Es 
bieten  auch  die  Äther  des  Brenzcatecbins  mid  Hydi'ocliinons  große  Differenzen 
in  den  chemischen  Eigenschaften  gegenüber  den  Grundsubstanzcn.  Substituiert 
man  die  Hydroxylwas.serstoffe  durch  Alkyli'adikalc,  so  sind  die  neutralen  Äther, 
die  auf  diese  Weise  entstehen,  sowohl  vom  Breuzcatechin  als  auch  vom  Hydro- 
ehinon,  selbst  in  Dosen  von  mehreren  Grammen  bei  Kanüichen  viel  unschäd- 
licher, während  die  sauren  Äther  sich  als  selir  giftig  erweisen.  Es  zeigt  .sich  auch 
hier,  dal.i  Breuzcatechin  der  wirksamere  Körper  ist,  da  auch  der  saure  Äther  des 
Breuzcatechin  (z.  B.  Guajacol  oder  Guaethol)  energischer  wirkt  als  Hydrochiiiou- 
mouoalkyläther. 

Die  Giftigkeit  des  monohydroxylierten  Derivates,  des  Phenols,  ist  größer 
als  die  des  Benzols,  wema  man  die  Verbindung  verfüttert,  aber  die  disub- 
stituierten  Derivate  haben  bei  intraperitonealer  Injektion  eine  höhere  Giftig- 
keit als  das  l'henol.  Die  trisubstitnierten  hinwiederum  sind  3 — 4  mal  weniger 
giftig.  Die  molekulare  Giftigkeit  ist  eui  wenig  höher  als  die  des  Phenols.  Bei 
den  Dioxyderivaten  ist  die  o-Verbindung  die  giftigste,  die  m-  flie  am  wenigsten 
giftige.  Bei  den  Trioxyderivaten  sieht  man,  daß  Pj-rogallol  1.2.3.Trioxybenzol 
(alles  oi'tho)  viel  giftiger  ist  als  Phloroglucin  1.3.5.Trioxybenzol  (alles  meta). 
Es  scheint  eine  Beziehung  z\\ischen  der  Giftigkeit  und  der  reduzierenden  Kraft 
zu  bestehen.  Alle  Derivate  wii'ken  krampferregend,  am  schwächsten  die  Trioxy- 
derivate  inid  miter  ihnen  Phloroglucin. 

Die  Phenole  (ivie  Phenol,  Ki'esoi,  Brenzcatechin)  üben  eine  erregende 
Wirkung  auf  die  motorischen  Zentren  aus,  wälirend  die  Äther  der  Phenole 
nm"  eine  zentral  lähmende  Wirkung  entfalten  (ebenso  die  Safrolgrnppe). 

1)  Stolnikow,  HS.   8,   280  (1SS4). 


über  die  Bedeutung  der  Hydroxyle.  57 

Pio  Marfori^)  glaubt  die  krampferzeugende  Wirkung  des  Guajacol»  auf 
die  eine  noch  freie  Hydi'oxylgruppe  zurückführen  zu  können,  eine  Anschauung, 
welche  sich  durch  Vergleich  der  Wirkungen  der  Körper 

OH  OCH3  OCH3 

Brenzcatechin  f  J       ,  Guajacol  f  J       ,   Vcratrol  f  J        ^ 

schön  stützen  läßt. 

In  der  angeführten  Reihenfolge  zeigt  sich  eine  Abnahme  der  kranipferrcgen- 
den  AVirkung  und  auch  ein  Zurückgehen  der  Wirkungsmtcnsität.  Ähnlich  ver- 
halten sich  auch 

Phenol  [    J   zum  Anisol  f    J     und  Phenetol 

OH  OCH3  OCjH- 

Diese  beiden  letzteren  erzeugen  keinerlei  Erregungszustände  und  sind  in  viel 
geringcrem  Maße  giftig  als  Phenol.  Eine  Gesetzmäßigkeit  ist  hier  unverkennbar. 
Zu  den  gleichen  Resultaten  kam  Pa  ul  Binet-).  Die  für  die  Phenolvergif- 
tinig  charakteristischen  Erschemungen,  Kollaps  und  spasmodische  Kontrak- 
tion der  Muskeln,  finden  sich  bei  den  meisten  Körpern  der  Phenolgrujjpe, 
übrigens  in  abgeschwächter  Weise  auch  beina  Benzol.  Dioxybenzole  haben  eine 
cxzitierendere  und  allgemein  stärkere  Wirkung  als  Phenol,  dessen  tödliche 
Dosis  für  Ratten  0,3  bis  0,6,  für  Meerschweinchen  0.43  l)is  0.55  g  pro  Kilograinin 
beträgt,  die  Trioxybenzole  (Pyrogallol,  Phloroglucin)  sind  nach  Binet  weniger 
giftig.  Brenzcatechin,  Hydrochinon  mid  Pyrogallol  rufen  die  Bildung  von 
Methämoglobin  hervor.  Die  homologen  Kresolc  CHo  •  C1.H4  •  OH,  Thvmol 
1.4.3-C6H3.{CH3)(C3H-)(OH),  Orcin  1.3.5-CuH3(CH3)(bH).,  wirken  we'nigcr 
cxzitierend  und  weniger  giftig  als  Phenol,  sie  sind  um  so  weniger  giftig,  je 
größer  ihr  Molekulargewicht,  dagegen  wirken  sie  mehr  reizend  auf  den  Darm. 
Unter  den  Oxyphenolen  mid  Kresolen  sind  die  ni -Verbindungen  am  wenigsten 
giftig.  Die  Alkyläther  sind  verhältnismäßig  wenig  toxiscli.  Anisol  und  Phenetol 
bewirken  Zittern,  Guajacol  dagegen  nicht.  Alkohol-  und  Aldehydgruppen 
schwächen  die  cxzitiereude  Wirkung  und  die  Giftigkeit  ab,  das  Zittern  ist  \  icl 
stärker  bei  Salicylaldehyd  1  •  OH  •  C,;H4  •  CHO  •  2,  als  beijn  oitsprechcndcn 
Alkohol  Sahgcnin  OH  ■  CrH,  •  CH,  •  OH  .  Beim  Benzylalkohol  CV.Hä  •  CH.^  •  OH 
fehlen  die  Reizerscheinmigen,  die  Giftigkeit  ist  schwach  (bei  Ratten  beträgt 
die  letale  Dose  1.7  g,  während  die  der  isomeren  o-,  m-  imd  p-Kresole  0.05.  0.9 
und  0.5  g  pro  Kilogrannn  beträgt).  Tyio.sol  1  •  OH  •  (^H.,  •  CHo  •  CH.  ■  OH  •  4  ist 
aucli  in  größeren  Dosen  für  den  tierischen  Organismus  indifferent").  Die  Ein- 
führmig  einer  Carboxylgruppe  vermindert  die  Giftigkeit  und  modifiziert  die 
Wirkung  (die  Säuren  wurden  in  Form  von  Salzen  einverleibt).   Benzoesäure  und 

COOK 

Salicylsäure  bewirken  Contracturen  und  Dyspnoe,  die  Gallussäiu-e  ^J    J_„ 

OH 
bewirkt  keine   Zuckungen,   sie   zeigt  in   abgeschwächter  Weise   die   Wirkung 

NHä 

des   Pyrogallol   auf  das   Blut.     ])-Auunophenol    (  J      ist   wem'ger   exzitierend 

OH 
und  wemger  toxisch  als  Phenol,  es  hat  hingegen  eine  intensive  blutzersetzende 

^)  Ann.  di  chim.  e  di  farmacol.   II,  304. 

l,-)  Rev.  SuisseRomande  1895,  561,  617:  1896,  459.  531  mid  Travauxdu  laboratoii-e  de 
Theiap.  par  Prevost  et  Biiiet,  Genf  1896,  S.  U3.        3)  Feli  x  Ehrlich,  BZ.  TS,  423  (1916). 


58  Uedeutung  der  einzelnen  Atüni-Urui>i)en  für  die   Wirkung. 

Wirkung.    Im  allgemeiuea  wird  duich  yubstitutiou  die  Giftigkeit  des  Phenols 
verringert,  wenn  die  eintretenden  Gruppen  nicht  selbst  toxisch  wirken. 
OH  OH 


Eugenol  I     ]        ^     inid  '\^anillin  [     1         ',  welclie  ein  freies  Phenolhydi'oxyl 

CHj  ■  CH  :  CHa  CHO 

enthalten,  sind  toxischer  als  Piperonal  t'H^^   f   J   prrj,  '),    bei  welchem   kein 

freies  Hydi'oxyl  vorhanden  ist ;  sie  bemrkeu  Kollaiis  ohne  Zittern.  Phenol  hemmt 
die  Tätigkeit  der  Biei'hef?  weit  mehi'  als  die  Polyoxyphenole,  Salicylsäure  mehr 
als  Benzoesäm'e. 

Die  Einfühi'ung  einer  einzigen  Hydi'oxylgruppe  in  das  Cj'clohexan  (Bildmig 
des  Cyclohexanols)  vermehrt  die  Nen-enwrkung,  Mähi-end  die  Anhäufung 
mehrerer  Hydroxylgruppen  (Beispiele:  Quercit  und  luosit)  die  Giftigkeit  und 
die  Xervenreizung  vermindert  mid  die  Muskelwirkung  verstärkt-). 

Cis-Chinit  CH  •  OH 

HjjCj^CH. 
HjCLJcHj 
CH    OH 

ist  etwas  weniger  giftig  als  Cyclohexanol 

CH   OH 
HjC/NcHo 
Hjd^CHj 

CHä 

beide  paai'en  sich  mit  Schwefelsäure  und  Glykuioiisäine  im  Organismus. 
i-Inosit  gibt  kerne  Paarung. 
Phloroglucit  CH   OH 

HaCAcHo 

ijc 

CH^ 

WLl'd  nur  bei  großen  Dosen  beim  Hunde  mit  Schwefelsäure  gejjaart,  uieht  aber 
beim  Kaninchen.  Die  oxyhj^droaromatischen  Verbindungen  büßen  mit  der 
Zunahme  an  Hydrox3'len  immermehi-  an  Giftigkeit  ein,  wobei  i-Inosit  am  in- 
differentesten und  Cyclohexanol  am  giftigsten  ist*).  _ 

Im  Gegensatz  zum  -ivii-kuugslosen  Phenanthren *)  /~\_y  \  erzeugen 
die  üxyphenanthi'ene  beim  Warmblüter  schwere  tetamsche  Anfälle.  Der 
Wü'knngsgrad  erschemt  von  der  Stellung  der  Hydroxyle  im  Phenanthren- 
kern  ziemhch  unabhängig  5). 

Mit  der  Hydroxylgruppe  des  Morphins  ist  jene  wesentMche  Eigenschaft 
desselben")  verknüpft,  welche  dieses  von  allen  anderen  Alkaloiden  der  Opium- 
gruppe miterscheidct.  nämlich  seine  narkotische  Wirkung,  seine  Fähigkeit 
vorzüghch  und  hauptsächlich  airf  die  Nervenzentren  des  Gehü'ns  zu  reagieren 
und  mit  ihr-  ist  auch  die  Giftigkeit  des  Morphins  verbunden.  Demi  die  Mor- 
phüiätherschwefelsäure    %virkt   gar   nicht    narkotisch    und    sehr-    wenig  giftig. 

^)  1  g  Piperonal  i.st  beim  Hunde  wenig  giftig  (Privatmitt.  C.  Mohr). 
-)  Brissemoret  und  Chevalier,  C.  r.   I4T,  27. 

')  Yomoshi  Sasaki,  Acta  Scholae  Medicinalis  Uiiiver.s.  Kioto,  Vol.  I,  Fase.  IV, 
S.  413  (1917). 

*)  Phenanthien  wirkt  auf  Kaulquappen  narkotisch.  —  O  verton,  Narkose,  Jena  1901. 
5)  P.  Bergell   imd  R.  Pschorr,  HS.   38.   lf>  (1903). 
«)  Stolnikow,  HS.   8,  260  (1884). 


HO  ■  HCl^'CH    OH 


ÜTjcr  die  Bedeutung  der  Hydroxyle.  59 

Hingegen  wirkt  sie  sehr  schwach  tetanisch  mid  wie  ein  Körjier  der  Codeiii- 
gruppe  (Morphinäther).  Wenn  im  Morphin  der  Phenolhydroxylwasscrstoff 
durch  eine  Alkylgruppe  ersetzt  wird  (Codeinbildung),  so  ändert  sich  auch  der 
Angriffspunkt  im  Organismus,  und  wir  bekommen  Verbindungen,  wclclie  auf 
das  Rückenmark  einwirken  und  eine  strychninähnliche,  aber  viel  schwächere 
Wirkung  erzeugen.  Beim  Ersatz  des  Phenolhydroxyl  wasserst  off  es  des  Mor- 
phins durch  Alkyh-adikale  wächst  die  Giftigkeit  mit  der  Molekulargröße  der 
substituierenden  Alkylgrup]je  ^). 

Von  einer  sehr  interessanten  Bedeutiuig  ist  die  Mothoxylgrup))e  im  Chinin, 
('inchoniu,  welches  sich  vom  Cliinin  eben  nur  durch  das  Fehleu  dieser  Gruppe 
unterscheidet,  da  ja  Chinin  ]5-]Methoxycinchonin  ist,  ist  liei  Malaria  ein  wenig 
wirksames  Alkaloid.  Die  spezifische  und  prompte  Wiricung  des  Chinins  bei 
der  Malaria  kommt  dem  Cinchonin  nicht  zu.  Wir  sehen  also,  daß  durch  das 
Eintreten  einer  Methoxylgruppe  (eines  verdeckten  Hydroxyls)  aus  einem 
nach  einer  bestimmten  Richtung  hin  wenig  wirksamen  Köqjcr  ein  sehr  ^virksamer 
Körper  entsteht,  und  zwar  deshalb,  weil  hier  die  Methoxylgruppe  einen  Angriffs- 
punkt für  den  Organismus  schafft.  Ebenso  wirkt  Cuprein  (p-Oxycinchonin), 
gleichsam  das  entmethylierte  Cliinin  mit  dem  Hydroxyl  in  der  p-Stellung, 
sehr  la-äftig2). 

Der  umgekehrte  Fall,  wo  durch  das  Eintreten  von  zwei  Methoxylgruppe) i 
die  Giftigkeit  eines  Köriiers  sehr  stark  herabgesetzt  wird,  tritt  bei  Brucin  und 
Strychnin  ein.  Brucin  und  Strvchnin  zeigen  diesellje  Konstitution,  nur  hat 
Brucin  zwei  Wasserstoffe  des  Plienyh-estes  diu-ch  zwei  Methoxylgruppe n  ersetzt, 
aber  Brucin  übt  nur  eine  sehr  schwache  Wirkung  aus,  eine  ungefähr  40  mal 
schwächere  als  die  des  Strychnins.  Da  Strychnin  auf  die  graue  Substanz  der 
Vorderhöruer  des  Rückenmarks  spezifisch  wirkt,  und  auch  dem  Bnicin  eüie 
das  Rückenmark  erregende  Wirkung  zugeschi'ieben  wei'den  muß,  so  erscheint 
diu'ch  das  Eintreten  von  zwei  CH30-Gruppen  der  Angriffspunkt  des  Str3'-chnins 
verschoben. 

Das  Verdecken  von  Hj'-di'oxylen  durch  Methyherung  kami  die  reizende 
Wü'kung  auf  das  Rückenmark  in  eme  lähmende  ülierführcn.  So  erhält  Brcnz- 
catechin  durch  Ülierführung  in  Guajacol  eine  lähmende  Wirkung  auf  das 
Rückenmark.  Im  Gegensatze  hierzu  wird  Moiphin  durch  Überführung  in 
Codem  oder  Codäthylin  (Morphin monoäthj'Iät her,  Dionin),  in  ein  das  Rücken- 
mark erregendes,  dem  Strychnin  ähnliches  Gift  verwandelt. 

Es  kann  auch  dm-ch  Einfühnuig  von  Hydroxylgruppen  in  wirksame  Ver- 
bindungen, vne  wir  gesehen  haben,  die  Wirkung  abgeschwächt  werden.  (Coffein, 
Hydi'oxycoffein).  Die  Wirkung  kaini  aber  total  verändert  werden,  wenn  in 
Hydroxycoffein  eine  Äthylgruppe  emgeftihrt  wird.  Äthoxj'coffein  hat  gar  keine 
Coffeinwrkung,  sondern  ■wirkt  nur  mehr  hypnotisch  vei-möge  der  Äthylgruppe'). 

Die  große  Reihe  der  angeführten  interessanten  Tatsachen  über  die  Be- 
deutung der  Hydroxylgruppen  läßt  aber  erkennen,  daß  nicht  die  Hydroxyl- 
gruppe als  solche  die  wirksame  ist,  ebenso  wie  niu*  selten  die  endständige  Grupj)e 
die  wirkende,  sondern  daß  die  HydroxylgrujDpe  (sowie  die  meisten  endständigen 
Gruppen)  nur  derjenige  Teil  eines  Moleküles  ist,  welcher  den  Gesamtkörper 
in  Bezielnmgen  bringt  zu  einem  bestimmten  Zellbestandteil  (Verankenmg) 
und  dort  die  Gesamtsubstanz  zur  Wirkung  gelangen  läßt.  Wenn  ■wir  nun  die- 
jenige Gruppe,   welche  die  Beziehungen  zwischen  der  chemischen   Substanz 

1)  Ralph  Stoekmann  und  Dott,  Proc.  Royal  Soc.  Edinb.   17,  321  (IS90). 
^)   Über  die  Bedeutung  der  Hydroxylgruppe  bei  den  Alkaloideu  findet  man  Näheres 
im  Kapitel:   Alkaloide.  »)  File'hne,  "ünbois'  Arch.   f.   Phys.    18S6,   72. 


ßO  Bedeutung  der  einzelnen   Atom-Gruppen   für  die   Wirkung. 

uiicl  dem  Oigaiiisnms  bedingt,  verschließen  oder  veräüdorn,  so  können  wir 
tinter  Umständen  verhindern,  daß  die  Gesamtsubstanz  zxu-  Wirkung  gelangt, 
ohne  daß  wir  an  dieser  irgendwelche  chemische  Veränderung  vorgenommen 
hätten.  Wü'  können  uns  das  bildlich  veranschaulichen  durch  das  Beispiel  einer 
Patrone  und  ihrer  Zündkapsel.  Das  Siirengmittel  der  Patrone  entzündet  sich 
nur,  wenn  vorerst  durch  einen  Schlag  die  Zündkapsel  zur  Explosion  gebracht 
wird.  Schützen  wir  die  Zündkapsel  vor  Explosion,  so  kain^  diu-ch  den  Sehlag 
auch  der  Sprengstoff  der  Patrone  iiiclit  ex|3lodieren,  somit  nicht  zur  ^Virkung 
gelangen.  Z\^^schen  den  endständigen  Gruppen,  etwa  Hydrox\'len,  Methoxylen, 
Alkylgruppcn  im  allgemeinen  inid  gewissen  Nervenzentren  bzw.  Orten  im 
Organismus,  wo  chemische  Substanzen  zur  Wirkung  gelangen,  müssen  bestimmte 
physikahsche  und  chemische  Beziehungen  bestehen.  Durch  Veränderungen  der 
endständigen  Grupyje  können  ^\'ir  wohl  den  Angriffspunkt  der  Substanz  ver- 
schieben oder  dieselbe  ganz  wirkungslos  machen,  al)cr  wenn  sie  M'irksam  bleibt, 
so  ti-itt  der  Gruudcharakter  ihrer  ^Virkung,  wenn  auch  oft  verschleiert,  dennoch 
wieder  hervor,  wie  wir  es  bei  der  Besprechung  der  Alkaloide  deutlich  sehen  werden . 

Das  Verschließen  solcher  endständigen  Gruppen  vernichtet  oder  vorzögert 
die  Verankerungsfähigkeit  (das  Festgehaltenwerden)  der  Substanz  in  einem 
bestimmten  Gewebe. 

Wemi  Hydroxyle  durch  Aeylgruppen  verschlossen  werden,  so  kann  die 
Wirkung  eine  verscliiedene  sein.  Da  solche  Ester  im  Darm  zerlegt  werden  können 
indem  wohl  die  Säure  als  auch  der  Alkohol  frei  werden,  so  ist  gewöhnUch  die 
physiologische  Wirkung  aus  der  Wirkinig  des  Salzes  der  Särn-e  imd  des  freien 
Alliohols  zusammengesetzt.  ^Vber  dies  ist  nicht  immer  der  Fall.  Nitroglycerin 
CH,  •  (O  •  NO2) 

CH    (O-NOo),  z.  B.   in   kleinen  Dosen,   hat  nicht  etwa  die  Wiikinig  des  Gly- 

CH.  ■  (0  ■  NOo) 

cerins  und  des  saljjetersauren  Xatrous,  sondern  es  zeigt  spezifische  W'irkimg, 
indem  es  die  Blutgefäße  stark  erweitert,  AVirlauigen,  die  sieh  nicht  diu-ch  die 
Wirkung  der  anorganischen  Nitrite  und  Nitrate  erklären  lassen.  Eine  spe- 
zifische Wirkung  auf  das  Nervensystem  zeigt  auch  Triacetylglycerin.  Dieses 
CKJ^O  ■  OC  ■  CH3) 

(Triacethi)  CH  (O  •  OC  •  CH3)    zeigt    keineswegs   die  Wirkung    von   essigsaiu'em 

CH2(0  •  OC  •  CH3) 
Natron  und  Glycerin,  sondern  ebenfalls  spezifische  Wirkungen,  und  erweist 
sieh  als  Gift,  während  die  beiden  Komponenten  Essigsäiu'e  und  Glycerin  un- 
giftig smd.  Es  tötet  Frösche  und  Kaninclien,  beim  Menschen  erzeugt  es  eiu 
Gefülil  von  Schwäche  und  Schweiß.  Überdies  macheu  alle  Essigsäm-eester  des 
Gl3'cerins,  Mono-,  Di-  und  Triacetin,  Narkose.  Es  tritt  also  die  Eigenschaft 
des  Kohlenwasserstoffes  des  Glj'cerms,  des  Propans,  nach  dem  Verdecken  der 
Hydroxyle  zutage.    Ebenso  wirkt  Glycerinäther 

CH„  — CH  — CHj 

(     "       I  I 

000 

I  I  I 

narkotisch!).  CH2— CH— CH, 

Die  Toxizität  der  hydroxylierten  Stibstanzen  steht  daher  in 
keinem  direkten  Zusammenhange  mit  dorn  Hydroxyle,  welches 
ja  nur  eiu  Angriffspunkt,  sondern  hängt  von  der  Art  und  Größe 
der  Grundsubstanz  ab. 

1)  AePP.  42,   117. 


Bedeutung  der  Alkylgruppen.  61 

3.  Bedeutung  der  Alkylgruppen. 

Bei  den  aliphatischen  Alkoholen  wächst  die  Toxizität  der  niederen  Glie- 
der mit  dem  Molekulargewichte  und  dem  Siedepunkt  i).  Ch.  Eichet  behauptet, 
daß  die  Giftigkeit  der  Alkohole  und  Äther  sich  umgekehi-t  wie  ihre  Lösliclüccit 
in  Wasser  verhält  2). 

Methylalkohol  macht  eine  viel  geringere  akute  Rauschwirkung  als  Äthyl- 
alkohol, aber  der  Methylalkohol  macht  schwere  anatomische  Verändermigen, 
da  er  viel  schwieriger  oxydativ  augegriffen  wird.  Verändermigen.  die  zum  Tode 
führen.    Selir  häufig  wurden  Erblindungen  beobachtet. 

In  homologen  Reihen  ■nirkeu  die  Sub.stanzen  im  allgemeirien  um  so  stärker, 
je  länger  ihre  Kohlenstoffliette  ist.  Daher  i.«t  normaler  Butylalkohol  giftiger 
als  Isobutylalkohol^).  Im  allgemeinen  haben  die  tertiären  Alkohole  deshalb 
die  geringste  narkotische  Kraft,  die  isomeren  sekundären  sind  stärker  wirksam, 
die  primären  (normalen)  am  stärksten  wirksam.  Dies  gilt  nicht  nur  für  die 
Alkohole,  sondern  auch  für  andere  Reihen,  so  auch  für  Benzolderivate  mit 
fetten  Seiteuketten. 

Ein  gleiches  gilt  für  die  Alkylgruppe  selbst  wie  für  die  Alkohole.  Dem- 
entsprechend hat  Äthylurethan  eine  größere  Giftigkeit  als  Methyhu-ethan. 
Xach  Einfülirinig  einer  Äthylgruppe  in  die  XHg-Gruppe  bleibt  dieses  Veihältnis 
bestehen,  während  wegen  der  Vergrößerung  des  Moleküls  die  letalen  Dosen 
steigen. 

Die  Giftigkeit  alkylsubstituierter  Verbiudungen  steigt  also  mit  dem 
Kohlenstoffgehaltc  der  Alkylgruppe  an.  /J-Äthylpiperidin  ist  weniger  als  halb- 
mal so  giftig  als  pt-Proi)ylpi]3eridin. 

Die  Giftigkeit  der  Alkohole  für  das  Schildkrötenherz  erweist  sich  ebenfalls 
mit  dem  Molekulai-gemcht  wachsend.  Isoamylalkohol  ist  23 mal  so  giftig  wie 
:\Iethylalkohol.  Isopropylalkohol  ist  weniger  giftig  als  Propylalkohol.  Iso- 
Ijutylalkohol  ist  weniger  giftig  als  Butylalkohol;  sekundärer  Butylalkohol 
weniger  giftig  als  Isobutylalkohol,  tertiärer  Butylalkohol  weniger  als  sekundärer 
Butylalkohol. 

Die  Herzwirkungen  der  Alkohole  entsprechen  nahezu  dem  Hämolysever- 
mögen  für  rote  Blutkörperchen*). 

Die  Äthylgnippc  hat  ganz  bestimmte  Beziehungen  zum  Xervensy.=rtem. 
wie  die  Wirkung  der  allermeisten  Äthylradikale  enthaltenden  Verbindungen 
zeigt.  P.  Ehrlich  und  Michaelis^)  haben  als  weiteren  Beweis  liierfür  gefunden. 
daß  es  äthylhaltige  Earbstotfe  gibt,  welche  Xervenfärbungen  geben  (so  die 
Diäthylaminogruppe),  während  die  entsprechenden  Methylverbindungen  sich 
in  dieser  Beziehung  negativ  verhalten.  Diese  Tatsache,  daß  die  Äthylgruppe 
gewisse  Beziehungen  zum  X^ervensystem  hat,  läßt  es  nach  Ehrlich  verständ- 
lieh erscheinen,  daß  der  Äthylalkohol  zu  allen  Zeiten  und  bei  allen  Völkern 
als  Genußmittel  gedient  hat. 

Der  Ersatz  eines  Hydroxylwasserstoffes  durch  einen  Alkylrest  macht 
den  Gesamtkörijer  chemisch  und  pharmakologisch  widerstandsfähiger  gegen 
die  Oxydation  im  Organismus.  Die  Alkylverbindungen  (Ätherverbindungen) 
dieser  Art  zeigen  oft  hervorragende  hypnotische  Eigenschaften,  welche  sie  dem 

1)  Richardson,  Med.  Times  and  Gazette  ä,  705  (1869). 

-)  Dict.  de  Physiologie,  Vol.  I,  Artikel:  Alcools. 

')  Gibbs  lind  Reichert,  Araeric.  Chemist.  13,  361. 

•)  H.   M.   Veiiion.   Journal    of   pliy.^if.l.    43,    32.5    (1911). 

')  Festschrift    f.   v.    Leyden. 


62  Bedeutung  der  einzelnen  Atom-Gruppen  für  die  Wirkung. 

eintretenden  Alkylrest  verdanken  (z.  B.  Coffeinäthyläther).  Eines  der  einfach- 
sten Beispiele  dieser  Art  ist  der  Äthyläther. 

Die  Alkylester:  Äthylformiat,  Äthylacetat,  Äthylpropionat,  Äthylbutyrat, 
Äthylvalerianat,  Isobutylacetat,  Amylacetat,  IsobutylbutjTat,  Amylvalerianat, 
Önanthäther  nnd  Sebacinsäurediäthylester  erhöhen  in  kleinen  Mengen  die 
Atmungsgröße  schnell  mid  energisch  und  lähmen  üi  großer  Gabe  ohne  Er- 
zeugung von  Krämpfen  die  Nervenzentren.  Sie  üben  einen  der  Alkoholwirkung 
ziemlich  entgegengesetzten  Einfluß  i). 

Die  biologische  ^Virkiuig  der  Ester  wird  durch  den  elektronegativen  Be- 
standteil häufig  nicht  beeinflußt-). 

Die  hypnotische  Wirkung  kommt  eiazelneu  Estern  zu.  So  hat  der 
Oxalsäureäthylester  bei  Säugetieren  keine  Oxalsäurewirkung  beim  Ein- 
atmen, sondern  anästhesiert  -nde  Äther  und  Chloroform.  Die  hypnotische 
Wirkung  zeigt  sich  auch  deuthch  bei  den  Alkyläthern  des  Coffeins.  Im 
Gegensatze  zu  der  Coffeinwirkuug  erscheint  die  Vergiftung  mit  Äthoxy- 
coffein  mid  Methosycoffein  zunächst  als  eine  Beteiligung  des  Zentral- 
nervensystems, an  die  sich  erst  .später  eine  der  Coffeinstarre  analoge 
Muskelerstan'ung  anschließt.  Dm-ch  Einfügung  der  CjHgO-Grupjie  ist  die 
Verwandtschaft'  des  Coffeins  zum  Zentralnervensystem  größer,  zm'  Muskel- 
substanz etwas  geringer  geworden.  Daher  wirkt  Äthoxycoffein  narkotisch, 
wie  Filehne^)  und  Dujardin-Bea  umetz*)  gefmiden.  Wenn  man  Coffein 
in  Methoxycoffeüi  verwandelt,  so  wird  es  fast  ungiftig,  die  diuretisohe 
Wirkung  des  Coffeüis  wird  eme  sehr  geringe  vmd  unsichere.  Das  stark 
giftig  wirkende  Brenzcatechin  verliert  wesentheh  an  Giftigkeit,  weiui 
eines  oder  beide  Hydroxyle  durch  Alkylgrupi^en  ersetzt  werden  (Guaja- 
col,  Guaethol,  Veratrol).  Eme  Alischwächung  durch  MethyUerung  beob- 
achtete   auch    Giacosa'')    bei    aromatischen   Oxysäuren.     Methylsalicylsäure 

[    Jn    r"H      "'^'^'     '^^'^     isomere    Aiüssäure     sind    schwächer    antiseptisch    und 
COOH 

werden  von  Tieren  in  größeren  Mengen  vertragen  als  Sahcylsäure  selbst. 
Die  vom  p  -  Amüiophenol  sich  ableitenden  Verbindungen  sind  behufs  Ab- 
sühwächung  der  unangenehmen  Nebenerscheinungen  und  der  Toxizität  m 
der  Hydroxylgruppe  methyliert  bzw.  äthyhert.  Diese  Abschwächung  tritt 
aber  nur  ein,  sobald  die  Alkylgruppen  sich  in  der  p-Stellung  zur  Amino- 
gruppe  befinden,  überdies  ist  dies  nicht  bei  allen  Verbindungen  dieser  Ai-t 
der  Fall. 

Die  Methylierung  kann  aber  auch  Körper  sehr  giftig  machen.    Dimethyl- 
OCH, 


resorcin   (    ]„„„    ,  z-  B.  ist  so  stark  giftig,  daß  eüi  Tropfen  desselben  unter 

einer  Glasglocke  genügt,  um  in  3 — 5  Minuten  fünf  Frösche  zu  töten*). 

Auf  das  Wachstum  der  Pflanzen  zeigen  die  drei  Methylamine  im 
Gegensatz  zum  Ammoniak  eine  gewisse  Giftwirkmig,  die  mit  der  Anzahl 
der  Methylgruppen  zunimmt.  Dagegen  sind  die  quartären  weniger  giftig, 
beeinflussen  aber  das  Aussehen  der  Pflanzen  außerordentlich  charak- 
teristisch  und  vertiefen  die   Farbe   der  Blätter.    Theobromin   wu-kt  weniger 


')  G.  Vogel,  Pflügers  Aich.  61,   141.  ^)  O.  Soh  miodeberg,  AePP.  SO,  201. 

')  Dubois'  Arch.  f.  Phys.   1886,  72. 

*)  Bull.  gen.  de  thörap".    1886,  241.  —  Ann.  di  chim.  e  di  farmac.   4.  Ser.   5,   261. 
'•>)  Ann.   di  ehini.  <■  .U  fariuaeol.    181T.  •)  HS.   8,  237  (1884). 


Bedeutung  der  Alkylgruppen.  63 

giftig  als  Coffein;  Methylham.säuie  wirkt  im  Gegensatz  zu  Harnsäure  etwas 
giftig.  Ebenso  erwiesen  sich  verscliiedeue  Alkylderivate  des  Piperidins 
giftiger  als  Piperidiu  selbst.  Codein  ist  giftiger  als  Morphin,  Chinin  giftiger 
als  Cinehonin.  Cocain  giftiger  als  Atropin.  Der  Einfluß  der  Methyl- 
gruppen auf  die  Oiftwirkixng  wurde  auch  in  einigen  aromatischen  Verbin- 
dmigen  bestätigt  gefunden  i). 

OPTT 

Die  Wirkung  des  Dimethylsulfates  ^O.  Cq^j^^  jj;^  sowohl  lokal  als  auch 
allgemein,  lokal  wirkt  es  heftig  ätzend;  die  Allgemeinerscheinmigen  beziehen 

OP  H 

sich  auf  allgemeine  Krämpfe,  Koma  und  Lähmimg.   Diäthylsulfat  S02<Qp,2g^ 

ätzt  nicht,  macht  aber  Konvulsionen  luid  Lähmungen  wie  Dimethylsulfat. 
Von  allen  anderen  Äthern  und  Estern  der  Fettreihe  unterscheidet  sich  der 
Dimethylester  dadurch,  daß  er  außer  Koma  und  Lähmung  heftige  Konvul- 
sionen hervorruft-). 

Der  Eintritt  von  Alkj-lgruppen  in  bestimmte  Säm-en  bedingt  oft  nur,  dal.*> 
die  dm'ch  die  Carboxylgruppe  larvierte  Eigenschaft  dieser  Köi-per  weder  zu- 
tage tritt  (Cocaüi,  iVrecolin,  TjTosmäthyläther). 

Wemi  eine  wirksame  Säure  verestert  wird,  insbesondere  mit  Alkoholen 
der  fetten  Reihe,  so  wrd  ihre  Wh'kung  ungemein  gesteigert  resp.  ungemein 
stark  zur  Geltung  gebracht,  weil  der  eintretende  Alkylrest  für  ihre  Selektion 
in  einem  bestimmten  Gewebe  orientierend  wirkt  luid  der  saure  Charakter 
verdeckt  erscheint.  W.  Pauli^)  hat  gezeigt,  daß  die  Giftigkeit  des  Rhodan- 
\\asserstoffes  weitaus  kleiner  ist  als  die  des  Esters.  Salpetrige  Säure  in 
ihren  Salzen  wirkt  weit  schwächer  gefäßerweiternd  als  Äthylnitrat,  Amyl- 
nitrit  usw. 

Es  mag  dies  auch  der  Gnnid  sein,  weshalb  eine  an  sich  wirksame  Grund- 
substanz in  der  Wirkung  noch  verstärkt  wird  resp.  stärker  zur  Wirkung  ge- 
langt, wemi  eine  COO  •  CgHj-Gruppe  (Carboxäthyl)  eintritt. 

In  der  Gruppe  der  SuÜonale  wirken  die  Methylverbindiingen  nicht  hy- 
pnotisch. Die  Wirkung  steigt  mit  der  Anzahl  der  Äthylgmppen.  fällt  in  ge- 
mischten, Äth3d-  und  Methylgruppen  enthaltenden  Verbindungen  mit  der 
Anzahl  der  Methylgruppen*). 

Methylhanistoff  ist  nicht  giftiger  als  Harnstoff  selbst ä). 

Bei  den  Ketonen  haben  die  Methylgruppen  keinen,  die  Äthylgruppen 
einen  günstigen  Einfluß  auf  die  hypnotische  Wirkung  der  Verbindung  [Alba- 
nese  und  Barabini®)]. 

Werden  in  aromatischen  Verbmdimgen  Keruwasserstoffe  diu'ch  Alkyl- 
gruppen ersetzt,  so  ändert  sich  die  Wirkimg  des  ursprünglichen  Köi-pers  be- 
deutend. Beim  Benzol  z.  B.  tritt  eine  sedative  Wirkung  auf  das  Nervensystem 
ein,  wie  sie  der  Alkoholgruppe  eigen  ist.  Die  Benzolverbindungen,  welche 
Kemwasserstoffe  durch  Alkylgruppen  substituiert  haben,  machen  weniger 
Tremor,  weniger  Hyperästhesie  und  mehr  Lethargie  als  die  Halogen  Verbin- 
dungen. Sie  haben  eine  geringere  Wirkung  auf  Muskehi  und  Xerven,  aber  sie 
wrken  kräftiger  auf  die  Muskeln  als  auf  die  Xerven.  Ihre  Wirkvmg  ist  flüchtiger 
als   die   der   Halogenverbindungen.     Die   Zirkulation   wird   weniger   affiziert. 

')  G.  Ciamician  und  C.  Raveniia.  Gazz.  chim.  ital.  49,  II,  83  (1919). 

=)  S.  Weber,  AePP.  4T,   U3  (1901). 

')  Sitznn^shor.   d.  1c.   Akad.   d.  Wiss.   Wien   1904. 

')  E.   Baumann  und   Ktist,  HS,    14,  .32  (1S90). 

■•)  Lu.<!iiii  und  ralilebc,  Annali  di  Farmacotor.    1S91. 

')  Ann.   di  chim.  et   farm.    1.%  (1892)  und  Siciliii  .Mfd.   fa.sc.    J.    1.   und   II. 


(•)4  Bedeutung  der  einzelnen  Atom-Gruppen  fiir  die  Wii'kung. 

Nach    den   Untersuchungien    v'on   Lander   Brunton')    ist   Trimethvlbeiizol 


(Mesitylen)    __.      L_.     in    l)ezug    anf   die  Erzeugung   der  Mnskelstarrc  das 

schwächste,  Dimethyllienzol  das  nächst  stärkere  luid  Methylbenzol  das  am  stärk- 
sten wirkende.  Äthylbenzol  hat  fast  dieselbe  Stärke  viie  Methylbenzol  und  wirkt 
kräftiger  als  Dimethyl-  und  Trimethylbenzol.  Die  Wirsamkeit  der  homologen 
Benzole  bei  der  Erzeugung  der  Muskelstarre  nimmt  progressiv  ab  vom  Benzol 
zum  Toluol,  zu  den  Xylolen  un.d  zum  Mesitylen,  d.  h.  die  Wirkung  wird  um  so 
schwächer,  je  mehr  Methylgruppen  an  Stelle  des  Wasserstoffes  in  den  Bcnzolkern 
treten.  Aber  l)eim  Anilin  wird  die  krampferregende  ^Mrkung  verstärkt,  wenn 
ein  Wasserstoff  des  Kernes  durch  ein  Alkylradikal  ersetzt  ist.  Auch  bei  den  homo- 
logen Thiophenen  sehen  wir  euie  Zunahme  dei'  Wirksamkeit  beim  Eintritt  von 
Methyl  in  den  Kern.   Tliiotolen  (Metliylthio23hen)  ist  giftiger  als  Thiophen"). 

Toluol  und  Äthylbenzol  sind  giftiger  als  Benzol.  On)uol  weniger  giftig. 
Die  zwei-  imd  dreimalige  Substitution  setzt  die  Giftigkeit  des  Benzols  herab. 
Von  den  Isomeren  kommt  den  o-Veibindungen  die  geringste  Giftigkeit  zu,  die 
m- Verbindungen  sind  wirksamer,  am  stärksten  wirksam  die  p-Verbindungen^). 

P.  Ehrlich  hat  gezeigt,  daß  durch  Einfühi'ung  der  Methylgruppe  in 
den  Bcnzolkern  aromatischer  Substanzen  ihr  therapeutischer  AVert  im  allge- 
meinen herabgesetzt  A\ird.  Die  Methylgruppen  haben  einen  dystherapeutischen 
Effekt.  So  wrkt  Fuchsin  gegenüber  Trj'panosomen  weniger  gut  als  Para- 
fuchsin;  der  Heileffekt  von  Trypaflavin  =  3.6-Diamino-lO-raethyl-acridinium- 
chlorid  ist  dreimal  so  hoch  als  der  des  Acridiniumgelb,  3.6-Diamino-2.7-di- 
methyl-10-methyl-acridiniumchlorid,  welches  zwei  Methylgruppen  mehr  ent- 
hält. Der  therajieutische  AVert  der  Kosanilinfarbstoffe  z.  B.  nimmt  mit  ab- 
nehmender Zahl  der  Methylgruppen  zu,  so  daß  z.  B.  Krystallviolett  als  schlecht, 
liosanUin  als  gut,  Pararosaniliii  als  besser  zu  werten  ist.  Die  homologen  Arsauil- 
säuren  sind  schlechter  als  Arsanilsämre,  so  daß  im  allgemeinen  die  Methyl- 
gruppe dystherapentisch  M'irkt.  Die  Einführung  der  Methoxylgiiippe  in  das 
Arsanilsäuremolekül  verschlechtert  den  Heileffekt.  Sowohl  o-Anisidinarsin- 
ASO3H2  ASO3H2 

l  Joch   «'^  •'^"cho-Acetanisidinarsinaänre  |     L^tt  wirken  schleclitei' 

NH,  NH  ■  CO  •  CH3 

als  Arsanilsäure"'). 

Ferner  .sind  nach  Benda  imd  Hahn  die  homologen  Atoxyle  (Arsauil- 
säure)  schlechter  als  das  Atoxyl  seilest  und  die  von  Bertheim  dargestellten 
methylicrten  Dioxydiaminoarsenobenzole  weniger  gut  als  das  methylfreie 
Dioxydiaminoarsctiobenzol  (Salvarsan). 

Die  Methylgruppe  wirkt  aucli  in  rein  chemischer  Hinsicht  antiieaktiv. 
So  z.  B.  übt  eine  Methylgruppe  in  o-Stellung  zu  einem  Ajuiuostickstoff  eine 
deuthch  sterische  Hinderung.  Die  antireaktive  Wirkung  der  Methylgruppe 
zu  primären,  sekundären  und  tertiären  Aminstiekstoffen  tritt  in  der  Ortho- 
stellimg  am  stärksten  hervor,  ist  in  der  Parasiilhnig  noch  (k'utlich  zu  kon- 
statieren, in  Metastelluiig  ist  sie  gleich   Xull''). 

1)  Lauder  Brunton,  Handbuch  d.  Phaimakologio. 

2)  Arthur  Hefftor,  Pflügers  Arch.  39,  420. 

')  Chassovant  und  Oarnior,  C.  r.  s.  b.  55,   IS.'i.^. 

*)  h.  Bondii,  BB.   41,  !t9ö  (1014).  —  P.    Clii-licli  und  Bonda  (!'.  Ehrlich,  Fest 
Schrift  zum   (iO.  Geburtstac.     Gust.  Fischer,  .Jena   1914). 
^)  E.   Bamberger,   BB.   39,    1285  (lOOfi). 


saure 


Bedeutxxng  der  Alkyleruppen.  65 

Die  Diphenylmethaubasen 

H„C(^  und  H2C<^        CH3 

\<(3>r(CH3)3  \<(^N(CH,), 

CH3 

verhalten  sich  Jodmethyl  gegenüber  ganz  verschieden.  Während  die  Verbüiduiig 
I  .Todmethyl  glatt  addiert,  erfolgt  bei  II  keine  oder  nur  sehr  träge  Addition. 
Die  salzsaiiren  Salze  von  Krystallviolett^) 


stellen  typische  Vertreter  der  beiden  ähnlich  konstituierten  Farbstoffgruppen , 
nämlich  der  Pararosaniline  nnd  RosanUine  dar.  Sie  zeigen  an  und  für  sich 
Ijei  Bakterienfärbungen  keine  besonderen  Unterschiede,  aber  bei  Hinzugäbe 
von  Lngolscher  Jodlösung  iind  nachheriger  Entfärbung  mit  Accton-Alkohol 
lassen  sich  Krj-stallviolett  imd  Xeufuchsin  leicht  unterscheiden.  Bei  der  Fär- 
bung eines  Lepraschnittes  nach  Gram  sieht  man  die  Körner  des  Lutz  -  Unua- 
schen  Coccothrix  wie  eine  Perlenschnur  deutlich  hervortreten,  ■während  das 
Xeufuchsin  imter  meist  gleichen  Verhältnissen  eine  einfache  Bacillenfärbung 
ergibt.  Im  Krystallviolett  kann  .sich  Jod  an  die  tertiären  Stickstoffatome 
leicht  addieren,  während  im  Xeufuchsin  die  Kem-Methylgruppen  sterisch 
hindernd  einer  vollen  Addition  gegenüberstehen. 

Vergleichende     therapeutische     Unters\ichungei\     zwischen     Chrysarobin 

H  H   H  H  H  H 

000  000 

l  J      [  Ich    """^^  Cignohn  f   J      f   J  haben  ergeben,  daß  Cignohn  gegen  Psori- 

asi.s  bedeutend  kräftiger  wirkt  als  seine  entsprechende  Methj'lverbindimg.  Aus 
den  Unnaschen  Versuchen  ergibt  sich,  daß  das  ungesättigte  Sanerstoffatom 
der  — C=  0-Gruppe  in  Chrysarobin 

H     H 

o/\/\o 
!    o 

I     II 
i    c 

'CH, 


H  H 

durch  die  paraständige  Methylginippe  antireaktiv  beeinflußt  wird. 

Durch  Einfühnmg  von  Methylgruppen  in  die  Aminogruppe  der  p-Amino- 
benzoesäiu'e  nimmt  die  Giftigkeit  erhebhch  zu.  Ebenso  bei  den  Toluidinen, 
da  Dimethyl-p-toluidin  noch  differenter  ist  als  p-Toluidin  selbst  2). 

^)  P.  Unna,  Dermatol.  Wochenschr.  64,  409  (1917). 
-)  H.  Hildebrandt,  HB.  7,  437  (1906). 

Franke  1,  Arzneimittel-Syntheäe.    3.  Aufl.  5 


66  Bedeutung  der  einzelnen  Atom-Gruppen  für  die  Wirkung. 

Wenn  man  die  Wassei-stoffe  des  krampfeiTegenden  Ammoniaks  durch 
Methylgruppen  substituiert,  so  nimmt  die  krampferregende  Wirkung  ab,  und 
der  sehließUch  resultierende  Körper  Trimethylamin  (CH3)3N  ist  wirkungslos. 
Ebenso  wird  Ammoniak  dm-ch  Substitution  mit  Äthylgruppen  imgiftig.  Di- 
und  Triäthylaminchlorhydrat  sind  wirkungslos.  Mit  Zunahme  der  MethyUe- 
rung  nimmt  die  initiale  Drucksteigerung  (durch  Gefäßkontraktion  bedmgt) 
zu.  Die  Ammonsalze  zeigen  diese  nicht.  Mit  Zunahme  der  Methyhemng  ist 
die  herzschädigende  Wirkung  schwächer.  Die  zentrale  Erregung  des  Herzvagus 
wird  mit  Zunahme  der  Methyherung  geringer^).  Pi-imäre  und  sekundäre  Amine 
verändern  sich  in  ihrer  physiologischen  AVirkung  beim  Ersätze  ihrer  freien 
Ammoniakwas.serstoffe  durch  Alkyle  nicht.  Die  tertiären  Amine  Averden 
durch  Anlagerung  von  Methylhalogen  in  die  entsprechenden  Ammonium- 
verbindungen umgewandelt  (siehe  Kapitel  Alkaloide)  und  erhalten  C\u-are- 
wirkimg. 

Trimethylamin  ist  ohne  Wirkmig  auf  den  Blutcb-uck,  Monomethylamun 
und  Dimethylamin  verursachen  Blutdrucksenkung.  Monomethylarmn  ver- 
ändert die  Atmung  nicht,  Dimethylamin  nur  .schwach  und  vorübergehend, 
während  Trimethylamin  eine  starke  ;md  anhaltende  Steigerung  der  Atem- 
tätigkeit hervoiTuft,  so  daß  eine  Methjigruppe  mehr  oder  weniger  genügt, 
um  verschiedene  Wirkungen  zu  erhalten-). 

Mit  der  Anfügung  von  Methylgruppen  an  die  Stickstoffatome  dos  Xantliin- 
moleküles  wird  nach  Filehne  die  muskeler.stairende  und  rückenmarkläh- 
mende Wirkung  des  Xanthins  mehr  und  mehr  abgeschwächt.  Hingegen  nimmt 
die  tonisierende  AVirkung  der  Xantlünderivate  mit  der  Anzahl  der  Methyl- 
gi'uppen  zu^).  Die  Ersetzung  der  Imidwassei-stoffe  diu'ch  Alkylradikale  min- 
dert die  Reizwirkung  herab  [Filehne*)]. 

Xanthin  selbst  hat  keine  kontrahierende  Wirkimg  auf  das  Herz,  im  Ge- 
genteil, es  jiroduziert  einen  atonischen  Zustand  desselben.  Theobromin  ver- 
ursacht einen  leichten  Anstieg  im  Herztonus.  Coffein  erzeugt  prononeierte 
idiomuskuläre  Kontraktionen  des  embryonalen  Herzens.  Es  bev.irken  also 
in  der  Xanthingruppe  Xanthin  (ohne  Methylgruppe  im  Molekül)  einen  atoni- 
schen  Zustand,  mit  zwei  Methylgruppen  im  Molekül  eine  leichte  Besserung  der 
Sj^stole,  aber  keinen  jJrononcierten  Toinis.  mit  drei  Methylgi-uppen  im  Molekül 
prononeierte  tonische  Kontraktionen. 

Wird  bei  den  Anilinen  ein  Wasserstoff  der  Aminogrupjje  durch  ein  Alkyl- 
radikal  der  Fettreihe  ersetzt,  so  hört  die  krampfeiTegende  Wirkung  auf,  wie 
beim  Ammoniak,  jedoch  die  betäubende  Wirkung  des  Anilins  bleibt  erhalten. 
Zwischen  Methylanilin  inid  Äthylaniliti  bestehen  keine  Wirkungsdifferenzen''). 
Methyl-,  Äthyl-  mul  Amylanilin  bedingen  einen  Verlust  der  Motilität  und 
Stupor,  später  Stillstand  der  Kespirationsbewegungen  und  der  Reflesaktion 
bei  Abschwächung  der  Irritabihtät  der  Nerven  und  der  Haltimg  der  Muskel- 
erregbarkeit inid  der  Herzaktion*).  Verstärkt  aber  werden  che  KouAiilsionen. 
wenn,  wie  im  Toluidin,  Alkylgruppen  an  Stelle  eines  H-Atoms  im  Benzolrüig 
substituiert  werden").  Hingegen  verhält  sich  die  Einführung  von  Äthyl-  oder 
Methylgriippen  an  Stelle  eines  oder  zweier  AVasser.stoffatome  der  Ammo- 
gmppe  bei  aromatischen  Säureamiden  durchaus  verschieden.    Die  narkotische 

')  Forraanek,  Ai'ch.  intern,  de  pharmacodjTi.  T,  335. 

-)  I.  E.  Abelous  imd  Bardier,  C.  r.  s.  b.  66.  460. 

■')  Piekering,  Journ.   of  phvsiol.    U,   395.  •■)  Dubois"  Arch.   1.  Pliv.s.    1886,   72. 

")  Jolyet  imd  Cahours,  c' r.  66,   1131.  «)  C.  r.  66,   1131. 

')  Gibbs  und  Hare,  Dubois'  Arch.  f.  Phys.  Suppl.   IS90,   i'l. 


Bedeutung  des  Eintrittes  von  Halogen  in  dio  organischen  Verbindungen.         (j7 

Wirkung  des  Benzainids  oder  Salicylamids  tritt  infolge  solcher  Substitutionen 
mehr  und  mehr  zurück,  während  sich  bei  genügend  großen  Gaben  ein  der 
Wirkung  des  Ammoniaks  und  Strychnins  vergleichbarer  Sjanptomenkomplex 
einstellen  kami^). 

Im  allgemeinen  gilt  die  Regel,  daß  die  antiseptische  Wirkung  aller  Ver- 
bindungen mit  einem  Benzolkeni  (z.  B.  der  Phenole)  durch  Ersatz  von  Kem- 
wasserstoff  durch  beliebige  Radikale  (wenn  nur  die  Substanz  dadurch  nicht 
den  Charakter  einer  Säure  erhält)  ohne  Unterschied  verstärkt  wird,  ebenso 
bei  Eintritt  von  Halogen  (z.  B.  Chlor-,  Brom-,  oder  Jodphenol)  wie  bei  Kre- 
solen  durch  Eintritt  von  Alkylgruppen  als  auch  durch  den  Eintritt  von  Nitro- 
gruppen.  Es  steigt  auch  die  reizende  und  herzlähmende  Wirkung  dieser  Ver- 
bindungen. 

Eine  bedeutende  Abschwächmig  der  Gift  Wirkung  findet  bei  der  Ein- 
führung einer  zweiten  Methylgruppe  in  das  Arsenmolekül  statt  (A.  v.  Baeyer). 
-VslCHjjCU  As(CH3)2Cl 

. " ^  ,    ■ .    (Ai-sendimethylchlorid).    Bei  Zinksalzen  wird  da- 

stark   gutig       sehwach    giftig 

gegen  nach  der  Verbindung  von  Äthyl  mit  dem  Metall  eüie  Steigerung  der 
Giftwirkung  beobachtet  (Bodländer),  ebenso  bei  Bleisalzen. 

Die  Methylgruppe  kami  auch  einen  an  und  für  sich  unwirksamen  Körper 
zu  einem  wirkenden  gestalten,  indem  anscheinend  durch  ihren  Eintritt  eui  neuer 
Angriffspunkt  für  den  Organismus  gesetzt  wird.  So  wird  Phenylmethylpyra- 
zolon  erst  durch  Eintritt  der  Methylgruppe  am  Stickstoff  zum  Phenyldimethyl- 
P3Tazolon  (AntipjTin),  welches  wirksam  ist,  aber  das  nicht  methylierte  Phenyl- 
methylpyrazolon   zeigt   keine   antipyretische   Eigenschaft    (s.   bei   Antipyrin). 

Interessant  ist  auch  folgender  Unterschied  zwischen  einer  Methyl-  und 
Äthylgi-uppe :  p-Phenetolcarbaraid  (Dnlcin  genannt)  HoN  •  CO  •  NH  •  CgH^  •  O 
•  C2H5  ist  stark  süß. 

Wird  die  Äthylgruppe  üi  diesem  Körper  diu-ch  die  Methylgruppe  substi- 
tuiert, so  verschwindet  der  süße  Geschmack  vollkommen-). 

Die  Methylierung  am  Stickstoff  entgiftet  giftige  Substanzen 
resp.  schwächt  ihre  Wirkung  ab.  Wird  Tetrahydrochinolin  am  Stickstoff 
methyliert,  so  sinkt  die  antiseptische  Wirkung^). 

Am  Stickstoff  methyhertes  Phenylurethan  (N-Methylphenylurethan)  ist 
weniger    schädlich    als    die    nicht    methylierte    Verbindung,    das    Euphorin 

^^<-OCoHs        '• 

4.  Bedeutung  des  Eintrittes  von  Halogen  in  die  organischen  Verbindungen. 

Der  Eintritt  von  Chlor  in  ahphatische  organische  Verbindungen  bedingt 
vor  aUera,  daß  der  depressive  Effekt  auf  Herz  und  Gefäße  erhöht  wird.  Viel 
wichtiger  ist  aber  die  Eigenschaft,  daß  die  Einfühiiuig  von  Chlor  in  die  Körper 
der  Fettreihe  im  allgemeinen  die  narkotische  Wirkung  der  Verbmdungen 
steigert.  Die  toxische  Wirkung  der  gechlorten  Verbindungen  steht  im  direk- 
ten Verhältnisse  zur  narkotischen  Wirkung.  Je  mehr  Chlor  substituiert  ist, 
desto  höher  ist  die  Giftigkeit,  wenn  die  Verbindung  nicht  wesentlich  in  bezug 
auf  Stabihtät  und  physikahsche  Verhältnisse  verändert  worden  ist.  So  ist 
Methylenbichlorid  (Dichlormethan)  CH2CI2  weniger  giftig  als  Chloroform  CHCI3, 
erregt  weniger  Erbrechen  und  ist  auch  ein  leichteres  Inhalations-Anaestheticum. 

*)  Eberhard  Nebelthau,  AePP.  36,  451. 

-)  Ther.  Mon.   1893,  27.  —  Zentralbl.  f.  mn.  Med.   1894,  353. 

')  O.  Loew,  Pflügers  Arch.   40.  ')  Giacosa,  Ann.  di  chim.   1891. 


68  Bedeutung  der  einzelnen  Atom-Gruppen  für  die  Wirkung. 

Tetrachlormethan  CCl^  hingegen  ist  weitaus  gefähi'Ucher  als  Chlorofomi. 
Nach  den  Untersuchungen  von  Frese^)  nimmt  bei  den  chlorsubstituierten 
Fettsäuren,  insbesondere  bei  den  Essigsäuren,  die  Wirkimg  mit  steigendem 
Halogengehalte  ab,  so  daß  die  Trichloressigsäure  fast  ungiftig,  dagegen  die 
Monochloressigsäure  stark  giftig  ist.  Die  Qualität  dagegen  ist  ziemlich  dieselbe, 
Schlafsucht  \uid  Dj'spnöe,  endhch  tiefe  Narkose  und  Tod  unter  Krämpfen. 
Auch  Trichlorbuttersäure  wü'kt  schlafmachend  und  ist  niir  quantitativ 
von  der  Trichloressigsäiure  verschieden.  Die  narkotische  Wirkung  der  Natrium- 
salze der  Essig-,  Proj)ion-,  Butter-  und  Valeriansäure  nimmt  mit  steigendem 
Kohlenstoffgehalt  zu,  während  die  Wirkung  der  gechlorten  Fettsäuren  mit 
steigendem  Kolilenstoffgehalt  abnimmt.  Bei  den  gechlorten  Säuren  zeigt  sich 
zuerst  die  motorische  Lähmung  stark  ausgebildet,  die  sensorielle  folgt  später: 
bei  den  nicht  gechlorten  ist  der  Erfolg  zeitlich  umgekehrt  imd  die  motorische' 
Lähmung  niu'  schwach  entwickelt. 

Daß  die  Einführung  von  Qilor  die  Giftigkeit  der  Verbindimgen  bedingt, 
zeigt  die  Untersuchmig  von  Vict.  Meyer")  am  Thioglykol.  Thiodiglykol- 
chlorid  S  (CHg  •  CHjCl)»  ist  nach  an  Kaninchen  angestellten  Versuchen  spezi- 
fisch giftig  und  ruft  auch  beim  Menschen  Hautausschläge  hervor.    Diäthyl- 

P  TT 

Sulfid  q"jj^>^   hingegen  ist  indifferent.    Kaninchen  sterben  jedoch  nach  2  g 

pro  die  häufig^).  Einfach  gechlortes  Diäthylsulfid  ist  weniger  giftig  als  das 
zweifach  gechlorte  Schwefeläthyl.  Die  physiologische  Wirkung  dieser  beiden 
gechlorten  Verbindungen  hängt  demnach  direkt  und  allein  vom  Chlorgehalt 
ab.  Dichloräthj'lsulfid  besitzt  außer  den  lokalen  toxischen  Wirkungen  auch 
aUgemeine  toxische  Eigenschaften.  Es  macht  GHedersteife  und  Betäubung, 
in  größeren  Mengen  epileptiforme  kämpfe.  Es  ist  ein  Lymphagogum*).  Di- 
ehlordimethj^läther  macht  bei  Hunden  Lungenödem,  Gleichge'nichtsstörung 
und  Nystagmus  verticalis.  Katzen  und  Kaninchen  zeigen  nur  Lungenödem^). 
Auch  bei  Diraethylarsin  zeigt  sich  die  Abhängigkeit  der  giftigen  Wirkmig  von 
der  iVnzahl  der  Chloratome  bei  den  gechlorten  Produkten.  Monochlordimethyl- 
arsin  ist  ein  schwaches  Gift,  wälirend  Diclilormethylarsin  ein  starkes  Gift  ist 
(s.  S.  67). 

Es  ist  emc  allgemeine  Eigenschaft  der  Chlorderivate,  den  Blutch'uck  zu 
erniedrigen.    Auch  Trichloraminobuttersäuro  zeigt  diese  Eigenschaft. 

Tetrachloräthan  ist  sehr  giftig^).  Die  Chlorderivate  des  Methaus  und  Äthans 
wirken  hämolytisch.  Die  hämolytische  Wirksamkeit  der  Verbindungen  innerhalb 
der  betreffenden  homologen  Reihe  ist  proportional  dem  steigenden  Molekidar- 
gewicht  bzw.  dem  Eintritt  von  Chloratomen  ins  Molekül.  Im  Dm'chschnitt 
berechnet  sich  die  hämolytische  Wirksamkeit  der  Verbindungen  wie  folgt'): 

CHjCla  0.42,  CHCI3  1,  CCI4  10.5,  CHoCl  •  CHjCl  0.52,  CH3  ■  CHClj  0.95,  C2HJCI4  6. 

Methylen-acetochlorhydrm  CH2CI(OC2H30)  macht  Atemnot  und  raschen  Tod ^). 
0.  Liebreich'')  stellte  die  Behauptung  auf,  daß  eine  große  Reihe  von  Kör- 
pern existieren  müsse,  welche  die  Gruppe-CCls,  die  Chloroformkomponente, 

1)  Diss.  Rostock  (1889).  -)  BB.  20,   1275  (1887). 

^)  Privatmitteilung  von  C.  Neuberg. 

■')  A.  Mayer,  H.  Magne  und  L.  Plantefol,  C.  r.   150,   1625  (1920). 

'^)  Andrö  Mayer,  L.  Plantefol  und  A.  Tournay,  C.  r.   Ill,  60  (1920). 

")  V.  Grimm,  A.  Heff  ter  undG.  Joachimoglu,  Vierteljalu-sschr.  f.  gerichtl.  Med.  48, 
2.  Suppl.,   161,  (1914).  ')  W.  Plötz,  BZ.   103,  243  (1920). 

*)  Attilio  Busacca,  Ann.  di  farmacol.  sperim  e  scienze  äff.   18,   106  (1920). 

')  Berliner  klin.  Wochensehr.  1869,  325.  Derselbe;  ChloraJhydrat,  ein  neues  Hypno- 
ticiun  und  Anaestheticum.    Berlin. 


Bedeutung  des  Eintrittes  von  Halogen  in  die  organischen  Verbindungen.         (]() 

enthalten  und  im  Organismus  Chloroform  abspalten.  Nur  wenn  die  Kohlen- 
stoffatome im  Moleküle  so  lose  zusammengefügt  gehalten  werden,  daß  eine 
Existenz  der  Verbindung  in  alkalischer  Flüssigkeit  unmöglich  ist,  dann  werden 
solche  die  CClj-Gruppe  enthaltenden  Körper  eine  der  Chloralwirkung  ähn- 
liche Wirkung  haben.  Tatsächlich  viiid  aber  aus  Chloral  CCI3  •  CHO,  welches 
eminent  hypnotische  Wirkung  zeigt,  aber  keineswegs  im  Organismus  in  Chloro- 
form übergeht,  durch  Reduktion  Trichloräthylalkohol  CCI3  •  CH,  •  OH  .  Diese 
Liebreichsche  Theorie  stimmt  auch  für  andere  Körper  nicht.  Methylchloro- 
form CH3  •  CCI3  spaltet  in  alkalischer  Lösung  kein  Chloroform  ab  und  die 
Spaltungsprodukte  haben  auch  keine  anästhesierende  Wii-kung,  aber  dieser 
Köi-per  wirkt  eminent  anästhesierend.  Auch  das  Verhalten  des  Monochlor- 
äthylenchlorid  CH2CI  •  CHCI2  spricht  gegen  die  Liebreichsche  Theorie. 
Diese  Verbindung  wirkt  wahi-scheinhch  durch  das  aus  ihm  abgespaltene  Di- 
chloräthylen.  Methylchloroform  kommt  also  als  solches  zur  Wirkung  und 
nicht  etwa  das  daraus  abgespaltene  Chloroform,  da  sich  ja  aus  demselben  kein 
Chloroform  abspalten  läßt,  während  Monochloräthylenchlorid  gerade  durch 
sein  Spaltungsprodukt,  das  Dichloräthylen,  wirkt. 

Monochloracetiminoäthyläther  bewirkt  heftige  Entzündung  der  Schleim- 
häute i). 

Brommethylamin  und  Chloräthylamin  wirken  giftig  wie  Vinylamin  (s.  d.), 
sie  erzeugen  Krampferscheinungen  imd  Nierenläsionen^). 

Daß  die  hyjjnotische  Wirkung  sowie  die  Giftigkeit  aliphatischer  Ver- 
bindmigen  nur  vom  Chlorgehalte  abhängt,  haben  insbesondere  evident  Mar- 
shall und  Heath^)  erwiesen,  indem  sie  die  drei  Chlorhydrine  untersuchten. 
Glycerin  selbst  ist  keineswegs  als  giftiger  Körper  zu  bezeichnen,  aber  wenn 
man  die  Hydroxyle  der  Glycerins  durch  Acetylgruppen  verschließt,  so 
bekommt  man  eine  toxische  Substanz,  das  Triacetin  (s.  S.  61).  Noch  viel 
giftigere  Substanzen  erhält  man,  wema  man  die  Hydroxyle  durch  Chlor 
ersetzt.  Diese  Substanzen  zeigen  narkotische  Wirkungen,  lähmende,  sowie 
die  den  Chlorverbindimgen  der  ahphatischen  Reihe  eigene  Einwirkung  auf 
die  Gefäße,  nämlich  eine  starke  Dilatation  derselben.  Bei  den  Chlor- 
hydrinen  erweist  sich  Monochlorhydrin  CHoCOH)  •  CH(OH)  •  CHoCl  als  am 
schwächsten  wirkend,  Dichlorhydrin  CHoCl  •  CH(OH)  •  CHjCl  als  stärker 
und  Trichlorhydi'iu  CHjCl  •  CHCl  •  CH^Cl  als  am  stärksten  wirksam  mid  am 
giftigsten. 

Von  großem,  theoretischem  Interesse  ist  die  Untersuchung  von  Verbindmi- 
gen,  welche  an  sich  herzstimuUerend  sind,  aber  durch  Einfülinmg  von  Chlor 
eine  depressive  Einwirkimg  auf  die  Herzaktion  aufweisen  sollten.  Coffeia  \\irkt 
auf  den  Herzmuskel  imd  i'egt  denselben  zu  tonischen  Kontraktionen  an.  Chlor- 
coffein  produziert  aber  weit  weniger  tonische  Kontraktionen  des  Herzens 
als  Coffein  selbst.  Hier  besteht  also  ein  physiologischer  Antagonismus.  Der 
eine  Teil  des  Moleküls,  die  Methylgruppen,  löst  tonische  Kontraktionen  aus, 
während  der  andere  Teil,  das  Chloratom,  eine  depressive  Herzwirkimg  entfaltet. 
Es  handelt  sich  aber  keineswegs  um  etwa  fici  werdendes  Chlor,  dema  eine  Lö- 
sung von  Coffein  in  Chlorwasser  wirkt  ganz  anders,  da  freies  Chlor  auf  das  Herz 
selu'  giftige  Wirkmigen  äußert.  Die  physiologischen  Effekte  des  Coffeins,  die 
stimulierende  Aktion  auf  das  Gehirn  und  die  Steigerung  der  Diurese  werden 
durch  die  Einführung  von  Chlor  nicht  tangiert*). 

1)  Journ.  f.  prakt.  Chem.   (2)  16,  93. 

-)  Riccardo  Luzzatto,  Arch.  di  farmacol.  speiim.   IT,  455 — 480  (1914). 

^)  Journ.  of  physiol.  33,  38.  *)  Pickering,  Journ.  of  physiol.   IT,  395  (1895). 


70  Bedeutung  der  einzelnen  Atom-Gruppen  füi'  die  Wirkung. 

Die  Einführung  von  Halogen  in  den  Benzolkern  modifiziert  die  Wirkung 
lies  Benzols  nur  zum  Teil  (s.  auch  S.  52).  Monochlorbenzol  affiziert  das  Rücken- 
mark melu"  als  Benzol,  indem  es  Krämpfe  und  rapide  Herabsetzvmg  der  Re- 
flexe erzeugt,  es  schwächt  auch  die  Zirkulation,  scheint  aber  die  motorischen 
Nerven  und  Muskeln  nicht  in  Mitleidenschaft  zu  ziehen.  Die  hypnotische 
Wirkung  fehlt  anscheinend  allen  aromatischen  Chlorverbindungen.  Selbst 
Trichlorbenzol  ist  ohne  hj^Dnotische  und  anästhesierende  Wirkung.  Hingegen 
nimmt   die   antiseptische   Kraft   der   Benzolderivate    diu'ch    EiBfühi'ung   von 

OH 


Halogen  in  den  Benzolkern  meist  zu.    So  ist  p-Chlorphenol    [    j     ein   weit 

intensiveres  Antisepticum  als  Phenol.  Cl 

Die  Halogenderivate  des  Phenols  sind  weniger  toxisch  als  dieses,  die 
Chlorderivate  unter  ihnen  am  wenigsten  wirksam.  Chlor-  und  Bromphenol 
rufen  noch  starkes  Zittern  hervor,  beim  Jodphenol  ist  dasselbe  am  wenigsten 
ausgesprochen  (Paul  Binet). 

Bei  den  aromatischen  Bromverbindungen  sehen  wir  ebenfalls  analoge 
Verhältnisse  wie  bei  den  Chlorverbindungen,  doch  hat  Brombenzol  eine  ki'äftigere 
paralysierende  Wirkung  auf  das  Gehirn  als  Chlorbenzol.    Auffallend  groß  ist 

CH3 

die  Giftigkeit  des  p-Bromtoluols  f   J. 

Br 

Daß  die  aromatischen  Chlor-  und  Bromderivate  keine  hypnotische  Wir- 
kung zeigen,  mag  wohl  auch  damit  zusammenhärgen,  daß  nach  Eingabe  der- 
selben im  Harn  kein  Brom  an  Alkah  gebunden  auftritt,  während  bei  den  halogen- 
substituierten Fettsäui-en  im  Organismus  Halogen  abgespalten  wird,  so  daß  im 
Hai-ne  BromalkaU  erscheint,  z.  B.  nach  Verfütterung  von  mono-,  di-  und  tri- 
bi-omessigsaurem  Salz,  dagegen  nicht  bei  Monobrombenzol  und  Monobrom- 
benzoesäure. 

Der  Eintritt  von  Brom  in  Verbindungen  der  aliphatischen  Reihe  bewirkt 
wie  der  des  Chlors  das  Auftreten  der  hypnotischen  Wirkung.  Es  bestehen 
zwischen  der  Wirkung  der  gebromten  ahphatischen  Verbindungen  und  der 
gechlorten  sehr  weitgehende  Analogien.  Einzelne  bilden  Ausnahmen,  so  z.  B. 
ist  Bibrompropionsäuremethj'läther  sehr  giftig  und  macht  heftige  Entzündungen 
inid  Nekrosen  1). 

Jodmethjd  CHjJ  und  Äthylendibromid  CoH^Bra  sind  für  Kaninchen 
intern  sehr  giftig"). 

Die  organischen  Jodverbindungen  unterscheiden  sich  von  den  übrigen 
Halogenverbindungen  insbesondere  durch  die  erhöhte  antiseptische  Kraft 
sowie  dm'ch  die  verringerten  anästhesierenden  Finiktionen.  Die  Giftigkeit 
der  Jodverbindungen  übersteigt  die  der  analogen  Chlor-  und  Bromverbindungen 
wesentlich.  Freies  Jod  ist  durch  Zerstörung  roter  Blutkörperchen  giftig,  be- 
wirkt Anurie,  Reizungs-  und  dann  Lähmungserscheinungen.  —  Die  vorzügUchen 
Wii'kungen  der  organischen  wie  der  anoi-ganischen  Jodverbindungen  als 
Alterantien,  resorptionsbcfördernde  Mittel,  sowie  als  Antiseptica  haben  sie 
zu  den  gebrauchtesten  und  wohl  am  meisten  variierten  Mitteln  gemacht  (s.  Kap. 
Jodverbindungen  im  speziellen  Teil). 

Die  aromatischen  Jodverbindungen  sind  giftiger  als  die  analogen  nicht 
jodierten.    Insbesondere  nimmt  die  antiseptische  Kraft  der  jodierten  aroma- 

1)  Ber.  d.  Morph.  Phys.  Ges.  München  1890,   109. 

-)  E.  Hailer  und  W.  Rimpau,  Arbeiten  aus  dem  Kaiserl.  Gesundheitsamt  36,  409. 


Bedeutung  der  basischen  stickstoffhaltigen  Reste.  7  \ 

tischen  Verbindungen  durch  tlen  Eintritt  des  Jods  beträchtlich  zu.  Es  besteht 
aljcr  ein  Unterscliied,  ol)  Jod  im  Kern  oder  in  der  Seitenkette  substituiert  ist. 
Im  allgemeinen  machen  die  Substitutionen  in  der  Seitenkette  die  Substanzen 
wirksamer  und  giftiger,  während  Substitutionen  im  Kern  sich  im  Organismus 
so  verhalten,  daß  aus  denselben  JodalkaUen  im  Organismus  nur  schwer  gebildet 
werden  können.  Sie  haben  also  nur  Eigen  Wirkungen,  zeigen  aber  nicht  die 
Wirkungen  des  Jodions. 

Über  die  physiologischen  Wü'kuugcn  der  Jodoniumverbindungen  liegt  nur 
eine  Mitteihmg  von  R.  Gottlieb^)  vor,  daß  sie  curareartige  Wirkungen  zeigen. 

Über  Jodo-  und  Jodoso  Verbindungen  siehe  Kapitel:  Jod  Verbindungen  im 
speziellen  Teil. 

ö.  Bedeutung-  der  basischen  stickstoffhaltigen  Reste. 

Der  Eintritt  von  stickstoffhaltigen  Resten  in  aliphatische  oder  aromatische 
Verbindungen  sowie  die  Anwesenheit  von  Stickstoff  in  ringförmig  gebundenen 
Basen  kann  von  sehr  verschiedener  pharmakologischer  Bedeutung  sein.  Die 
pharmakologische  W^irkung  hängt  zum  großen  Teil  von  dem  stiekstoffreien 
Reste  des  Moleküls,  von  der  Art  der  Bindung,  der  Wertigkeit  des  Stickstoffes 
sowie  von  der  Reaktionsfähigkeit  des  stickstoffhaltigen  Restes  ab.  Ammoniak, 
die  eüifachste  stickstoffhaltige  Base,  wirkt  lu-ampferregend .  Wird  aber  eüi 
Wasserstoff  des  Ammoniaks  dm'ch  ein  Alkykadikal  ersetzt,  so  hört  die  Krampf- 
wirkung auf,  man  bekommt  eine  sehr  schwach  wirkende  Substanz  und  auch 
der  Eintritt  voii  weiteren  Alkylradikalen  ändert  an  der  Wirkungslosigkeit  nichts. 
Beispiele:  Monomethylarain  NHo-CHg,  Dimethylamin  NH(CH3)2,  Trimethyl- 
amin  N{CH3)3  .  —  Methylamin,  Trimethj'lamin,  Äthylamin  CgHj  •  NH»,  Amyl- 
amin  CjHjj  •  NH,  reizen  die  Schleimhäute  wie  Ammoniak,  besitzen  aber  sonst 
keine  giftigen  Eigenschaften  (s.  S.  66  ff.). 

Isoamylamm,  welches  man  in  faulen  Fleisch  findet,  vielleicht  auch  im 
Ergotin,  ist  sehr  wahrscheinlich  identisch  mit  dem  Urohj'pertensin  von  Abe- 
lous  imd  Bardier-).  Die  Substanz  ist  schwach  wirksam,  sie  wirkt  aber  im 
Sinne  der  sympthomimetischen  Gruppe.  So  nennen  Barger  und  Dale  tue  adre- 
nalinähnHchen  Wirkimgen,  welche  sich  auf  das  sympathische  System  beziehen. 
Die  einfachsten  primären  Alkylamine,  welche  niedriger  sind  als  Isoamjdamm. 
zeigen  nur  eine  sehr  geringe  Wirkung  und  Isobutylamin  zeigt  erst  in  größeren 
Dosen  diese  W'irkmig.  Die  Isoverbindungen  sind  relativ  schwächer  wirksam 
als  die  normalen  Basen,  wie  man  es  bei  den  Amylaminen  und  Butylaminen 
sehen  kann.  Die  Amine  mit  längerer  Kette  als  Amylamin  zeigten  folgendes 
Verhalten:  Normales  Hexylamiu  ist  das  am  stärksten  wirkende  der  normalen 
Serie,  normales  Heptylamin  ist  eüi  wenig,  aber  bemerkbar  weniger  wrksam. 
Die  höheren  Glieder  dieser  Serie  werdeir  immer  giftiger  imd  der  Effekt  auf  das 
sympathische  System  läuft  parallel  mit  einer  dejiressiven  Wirkimg  auf  das 
Herz  und  mit  der  Produktion  von  Krämpfen  spinalen  Ursprungs.  Die  direkte 
depressive  Wh-kung  auf  den  Herzmuskel  ist  schon  bei  Isoamylamin  bemerk- 
bar (Dale  imd  Dixon).  Octylamin  ist  weniger  auf  das  s_ympathische  System 
wirksam  als  Heptylamin.  Die  Wirkung  auf  den  Blutdruck  ist  noch  beim  Tri- 
dekylamin  gut  bemerkbar  und  Pentadekylamin  konnte  wegen  der  Unlöshch- 
keit  des  Hj'drochloiids  im  Wasser  nicht  mehr  geprüft  werden. 

Cyclohexylamin  (Hexahj'droanilin)  hat  eine  Wirkung  auf  den  Blutdruck, 
die  quantitativ  sehr  ähnhch  ist  der  des  normalen  Hexylamins,  obgleich  sie 

')  BB.  ST,   1592  (1894).  -)  Journal  de  Physiologie  1909,  34. 


72  Bedeutung  der  einzelnen  Atom-Gruppen  für  die  Wirkung. 

viel  langsamer  eintritt  und  stärker  prolongiert  ist.  Es  ist  aber  möglich,  daß  diese 
Base  nicht  nach  dem  Ty^jus  der  sympathomi metischen  Gruppe  wirkt. 

Diäthylamin  ist  imvrirksam,  Methyhsoamylamin  •nii-kt  aber  viel  schwächer 
als  Isoamylamin.  Die  Wirksamkeit  ist  ungefähr  auf  die  Hälfte  herabgesetzt. 
Düsoamylamiu  (C5Hjj)2  •  NH  wirld;  äußerst  schwach. 

Trimethylamiu,  von  dem  Abelous  und  Bardier^)  behaupten,  daß  es  auf 
den  Blutdruck  wirke,  ist  nach  den  Untersuchungen  von  Barger  und  Dale 
ohne  Wirkung  auf  den  Blutdi-uck.  Tetraäthylammoniumjodid  ^virkt  ebenfalls 
nicht  auf  den  Blutdruck.  Von  aromatischen  Aminbasen  ohne  Phenolhydroxyl 
Avm'den  luitersucht:  Phenylamin,  Phenylmethylamin  (Benzylamui),  a-Phenyl- 
äthylamin,  /i-Phenyläthj'lamin,  Methyl -/?-phenyläthylamin,  Phenyläthanol- 
amm,  Methjdphenyläthanolamin,  Phenjdpropylamin,  /i'-Tetrahydi-onaphtyl- 
amm.  Die  Wirkung  des  /)'-Phenyläthylamins  ist  viel  stärker  als  die  des  stärksten 
ahphatischen  Amins,  des  Hexj'lamins,  es  erhöht  den  Blutdruck,  macht  die 
charakteristische  Erweiterung  der  Pupille  usw.  Die  Wirkungsstärke  steht 
zwischen  den  fetten  Aminen  und  dem  i3-HydroxyphcnyläthyIamin.  Die  Ver- 
längerung der  Kohlenstoffseitenkette  erweist  sich  bei  den  reinen  ahphatischen 
Aminen  bis  zu  einem  bestimmten  Punkt  parallel  laufend  mit  einer  Erhöhung  der 
Wirksamkeit.  Bei  fettaromatischen  Basen  gibt  aber  die  Scitenkctte  jnit  zwei 
Kohlenstoffen  schon  das  Optimum  der  Aktivität. 

Nach  Louise''^)  zeigt  ein  mit  Oxjqjropylendüsoamylamiu  vei'gifteter 
Hund  große  Beschleunigung  des  Herzschlages,  Erhöhung  des  Blutdrucks,  Ver- 
langsamung imd  Vertiefung  der  Atmung  mid  epileptische  Krampfanfälle,  wäh- 
rend welcher  das  Herz  tetanisch  stillsteht.   Alle  diese  Sjonptome  werden  durch 

die    Lähmiing  des  Herzvagus   erklärt.    Vinylamin        I  pNH    hat  nach  Paul 

Ehrlich^)  beim  W^armblüter  stark  toxische  Eigenschaften,  was  mit  der  außer- 
oi-denthchen  Spannung  des  Dreirings  zusammenhängen  soll  (v.  Baeyers 
Sljannungstheorie). 

Die  ahphatischen  sekundären  Amine  Avirken  bei  Kaltblütern  und  Warm- 
blütern verschieden.  Sie  lähmen  Kaltblüter,  wähi'end  sie  auf  Warmblüter 
sehr  wenig  wirken.  Je  größer  der  aUphatische  Säm-erest  im  Molekül,  um  so  ge- 
ringer die  Wirkung*). 

Die  aliphatischen  Diamine  Tetramethylendiamiu  NHj  •  {CH,)^  •  NH»  und 
Pentamethylendiamin  NH^  •  (CHj)^  •  NH,  sind  ganz  ungiftig.  Aber  das  Form- 
aldehydderivat  des  Cadaverüis  CgHjjN»  ist  giftig,  und  zwar  wirkt  es  lähmend 
auf  das  Zentralnervensystem  und  HeiT;.  Das  heftig  giftige  Sepsin  C5Hi4N20.> 
ist  nach  E.  S.  Faust*)  als  Derivat  des  Pentamethylendiamins  oder  Tetra- 
methylendiamuis  aufzufassen. 

Diaminoäthyläther  ist  für  den  Frosch  giftig;  Kaninchen  hingegen  ver- 
tragen relativ  hohe  Dosen.  Diammodiäthylsulfid  verhält  sich  vollkommen 
analog  dem  Diaminoäthyläther^). 

Wird  für  einen  Wasserstoff  des  Ammoniaks  ein  Säurerest  emgefühi't,  so 
bekommt  man  ebenfalls  ganz  wkkungslose  oder  wejiig  wirksame  Körper. 
Acetamid  CH3  •  CO  •  NH»  z.  B.,  die  einfachste  Verbindung  dieser  Ai-t,  wird  im 
Organismus   überhaupt   nicht   augegriffen   imd  passiert   unverändert   in   den 

1)  C.  r.  s.  b.  66,  347  (1Ü09).  -)  €.  r.  s.  b.  40,   155,  265,  385. 

^)  Festsclir.  f.  v.  Leyden.  Bd.  I.  Internat.  Beiträge  ziu'  klin.  Med.  Siehe  auch 
Levaditi,  Arch.  international  de  pharmacodjn.  8  (1901). 

«)  H.  Hildebrandt,  AePP.  54,   134  (1906).  ^)  AePP.  51,  262  (1904). 

*)  Bicoardo  Luzzatto,  Arch.  di  farmacol.  sperim.   IT,  456 — 480  (1914). 


Bedeutung  der  basischen  stickstoffhaltigen  Beste.  73 

Harn,  macht  daher  auch  keine  ijhysiologischen  Wirkungen').  Wird  im  Ammo- 
niak ein  Wasserstoff  iu  der  ^Vrt  durch  eine  aliphatische  Säure  ersetzt,  daß  man 
zu  einer  Aminofettsäiu-e  gelangt,  so  bekommt  man  ebenfalls  j)harmakologisch 
gänzlich  unwirksame  Körper,  die  im  Organismus  zu  Harnstoff  umgesetzt  werden. 
So  gehen  GlykokoU  NH,  •  CH»  •  COOH,  Alanin  CH3  •  CH(NH,)  •  COOH,  Leucin 

^>CH  •  CHj  •  CH(NH2)  •  COOH,    wie    alle    a;-Aminosäm-en,    welche    köi-per- 

eigentümhche  EiweißspaltUnge  sind,  glatt  in  Harnstoff  über,  ohne  irgendwelche 
pharmakologische  Wirkung  auszuüben.  Sie  gehören  vielmehr  zu  einer  Reihe 
von  Verbindungen,  die  als  Nährstoffe  verbraimt  werden.    Amiaokohleusäure 

(Carbaminsäure)  CO<Qg--  ist  giftig'-),  wohl  wegen  ihres  sehr  labilen  Charakters. 

Sie  erzeugt  Krämpfe  usw.  ähnhch,  aber  anders  wie  Ammoniak.  Verestert  man 
die  Carjjoxylgi-uppe  mid  macht  die  Verbindung  auf  diese  Weise  resistenter, 
so  erhält  man  eine  hjr^juotisch  wirksame  Verbmdung,  das  Urethan  (NHo  •  COO 

•  CjHj),  das  wenig  giftig  imd  dessen  Giftigkeit  und  Wirkung  wesentlich  von  der 
Alkylkomponente  abhängt. 

Aminomalonsäm'e  ist  eine  für  das  Atem-  und  Gefäßzentrum  tonische 
und  mcht  leicht  verbreimbare  Substanz 3).  Der  sehi'  reaktionsfähige  Amino- 
acetaldehyd  NH,  •  CHj  •  CHO  geht  im  Tierkörper  zum  Teil  in  Pyi-aziu  über*), 

OP  TT 

Aminoacetal  NH„  •  CHo  •  CH <„p,=g"  hingegen  geht  nur  zum  Teil  unverändert 

in  den  Harn.  Die  primäre  Wirkmig  ist  Lähmmig  der  Atmung,  wie  beim  Am- 
moniak, und  eine  curareähnUche,  so  daß  bei  Verabreichiuig  von  Aminoacetal  bei 
Warmblütern,  bei  denen  ja  die  Hautatmmig  keine  Rolle  spielt,  der  Tod  ver- 
ursacht wird ;  0.5  g  des  Chlorhydrates  sind  intravenös  füi'  Kanmchen  letal.  Kalt- 
blüter leben  weiter,  bis  Hei'zlähmung  eintritt^).  Das  nicht  aminierte  Acetal 
CH3  •  CH(OC2H5)2  ^vi^kt  in  erster  linie  auf  das  Großhirn  imd  ist  als  Schlaf- 
mittel empfohlen  worden,  weil  Stöi-ungen  der  Atmung  mid  der  Herztätigkeit 
bei  ihm  erst  lange  nach  Eintritt  der  Narkose  bemerkt  werden^). 

PH 

Das  Chlorhydrat  des  Trimethyleninun   CH2<pg->NH    macht    in    Dosen 

von  0.45  g  pro  Kilogramm  Tier  keine  toxische  Wirkimg.  Erst  2.21  g  pro  Kilo- 
gramm machen  nervöse  Symptome,  Atemstörungen,  aber  keine  Nieren  Ver- 
änderung, jjg 

Weit  giftiger  als  Ammoniak  ist  Diamid,   ,     " .    Dieser  nach  Curtius') 

so  außerordenthch  reaktionsfähige  Körper  legt  selbst  in  stärkst  saurer  Lösimg 
jede  Aldehydgruppe  fest,  während  Ketone  nm-  auf  die  freie  Base  reagieren. 
Das  schwefelsaure  Salz  des  Diamids  ist  nach  Untersuchungen  von  Borissow^) 
für  Hunde  äußerst  giftig.  Wasserfi-eies  Hydi'azüi  macht  Benommenheit  imd 
SchwindelanfäUe,  wenn  man  seine  Dämpfe  einatmet.    Dibenzoyldiamid  C^Hg 

•  CO  •  NH  .  NH  •  CO  •  C5H5  wü-kt  schwächer  als  Diamid  9). 

Hydioxylamin  NHo  •  OH  ist  nach  Raimundi  und  Bertoni^")  ein  sehr  hef- 
tiges Gift,  welches  zuerst  Erregung,  hierauf  Kollaps  mit  Erstickungssymptomen 

^)  Schultzen  mid  M.  Nencki,  Zeitschr.  f.  Biologie  8,  124. 

'■')  M.  Hahn,  Massen,  M.  Nencki  und  Pawlow,  Areh.  des  scienc.  biol.  de  St. 
Pötersbourg  I.  -)  G.  Haas,  B.  Z.  T6,  76  (1916). 

*)  C.  Neuberg  und  T.  Kikkoji,  BZ.  30,  463  (1909). 

^)  Malldvre,  Pflügers  Arch.  49,  484. 

')  Die  Wirkung  ist  höchst  unsicher  (Herznebenwirkungen,  ätzt  die  Schleimhäute), 
siehe  Langgard,  Therap.  Mon.  1888,  24.  —  Mering,  Berliner  klin.  Wochenschr.  1882, 
Nr.  43.  ')  O.  Loew,  Giftwirkungen,  S.  39.  «)  HS.   19,  499  (1894). 

»)  F.  Raschig,  BB.  44,  1927  (1910).  '")  Gaz.  Chim.  ItaL   1»,  199. 


74  Bedeutung  der  einzelnen  Atoui-Gruppen  fiü'  die  Wirkung. 

bewirkt;  auch  die  roten  Blutköi-percheii  werden  angegriffen,  aber  nach  ßinz^) 
beruht  die  Wü'kung  des  Hydroxylai}iins  zum  kleinen  Teil  auf  der  Bildung 
von  Nitriten  aus  demselben.  0.  Loew-)  nimmt  auch  für  das  Hydroxylamhi 
an,  daß  es  wegen  seineer  großen  Reaktionsfähigkeit  mit  »Udehydgruppeu  als 
sogenanntes  substitutierendes  Gift  wirkt. 

Verschluß  des  Aniino-  oder  Iminowasserstoffes  selbst  durch  Nitrosogruppen 
schwächt  die  Giftwrkung  ab.  Nitrosophenylhydroxylamin  ist  viel  weniger 
giftig  als  Phenylhydroxylamin  und  als  Hydroxylamin  selbst^). 

Semicarbazid    NHo  •  CO  •  NH  •  NH,,    Aminoguanidin     HX  :  C<jjjj''  jjg 

und  Brenzcatechinmonokohlensäm-ehydrazid  sind  für  niedere  Tiere  imd  füi' 

Pflanzen  giftig.    Die  beiden  ersteren  wirken  schwächer,  Brenzcatechinmono- 

kohlensäurehydrazid  ungefähr  ebenso  stark  als  das  freie  Hydrazin.    Das  fi'eie 

Semicarbazid  ist  em  intensiveres  Gift  als  das  salpetersaure  Aminoguanidin*). 

N 
HX^^-   Diazomethan''),  ist  .sehr  giftig,   macht  Atenmot,  Brustschmerzen  und 

Abgeschlagenheit. 

Die  Stickstoffwasserstoffsäiu'e  (Azoimid)  N3H  ist  fiü-  Pflanzen  giftig,  wenn 
auch  weniger  als  Hj^droxylamin  und  Diamid.  Bakterien  gegenüber  wirkt 
diese  Säure  stark  antisef)tiscli ;  bei  Säugetieren  macht  sie  blitzartig  auftretende 
Krämpfe  und  sofortigen  Tod.  Das  Blut  wird  sehr  dunkel.  Das  Einatmen 
von  Natriumazoimidlö.sung*)  macht  Schwindel  und  Kopfschmerz.  O.  Loew 
erklärt  die  Wirkung  diu'ch  den  plötzlichen  explosiven  Zerfall  der  Verbindung, 
welcher  eine  Umlagerung  des  aktiven  Protoplasmas  herbeiführt.  Phenylazoimid 
und  Naphthylazoimiil  sind  schwache  Gifte,  letzteres  das  schwächere  (O.  Loew). 

Die  Oximidoverbindungen  werden  im  Organismus  entweder  in  die  ent- 
sprechenden Aldehyde  und  Hydroxylamine  zerlegt  oder  gleich  oxydiert,  so 
daß  statt  der  letztere  Nitrite  erscheinen  (Bonfred).  Die  pharmakologische 
Wirkung  ist  aus  der  des  Aldehyds  imd  der  der  Nitrite  zusammengesetzt.  Die 
O 

!l 

üximidogruppe  =  N  —  H  scheint  wie  Nitrit  zu  wirken. 

Den  Acetoximen')  geht  die  W^irkung  des  Hydroxylamins  vollkommen  ab. 
da  letzteres  schon  in  sehr  kleinen  Dosen  das  Auftreten  von  Methämoglobin 
bewirkt.  Die  Aeetoxime  schließen  sich  in  ihrer  Wu'kung  im  allgemeüien  der 
Gruppe  des  Alkohols  an,  indem  Narkose,  hier  vuid  da  auch  Rausch  und  Herab- 
setzung des  Blutdruckes  auftreten;  es  wird  anseheinend  Aceton  aus  Acetoxim 
regeneriert*).  Der  Eintritt  der  Oxiinidogruppe  in  ein  Keton  hat  keinen  nemiens- 
werten  Einfluß  auf  die  Wirkmig.  Niu'  beim  Campher  tritt  eine  Änderung  inso- 
fern auf,  als  beim  Frosche  imd  beim  Meerschweinchen  die  erregende  Wirkung 
die  lähmende  übertrifft.  Beim  Hunde  bleibt  Camj)heroxim,  wie  so  häufig 
auch  Campher,  wenig.stens  bei  subcutaner  Äjiplikation,  ohne  Wirkung  .  Da 
man  Acetoxim  auch  als  Isonitrosopropan  auffassen  kann,  so  untersuchten 
Paschkis  und  Obermayer  auch  Isonitrosoaeeton  CH3  •  CO  •  CH  :N'OH, 
welches  sich  als  weit  giftiger  erwies  als  Acetoxim 

^^^>C  =  N   OH 


')  AePP.  36,  403.   —  Vü-chows  Aich.   1888  luid   1889. 

-)  Natüiliches  System  der  Gif twirUungen .  Münehen   1893. 

3)  E.  Sieburg,  HS.  92,  331  (1914).  ')  O.  Loew,  Chem.-Ztg.  22,  349. 

t*)  H.  V.  Pech  manu,  BB.  31,   1S88  (1894).         «)  BB.  34,  2953  (1891). 

')  H.  Paschkis  imd  F.  Obermayor,  M.  f.  C.    IS,   451   (1892). 

«)  Leo  Schwarz,  AePP.   40,   184. 


Bedeutung  der  basischen  stickstoffhaltigen  Reste.  ^g 

OH 

Während  Salicylaldehyd    1     i  bei  Fröschen  und  Hunden  hauptsäch- 

hch  Paralyse  hervoiTuft,  macht  dessen  Oxim  Erregungserscheinungen  und  erst 
zuletzt  bei  starken  Vergiftungen  Paralyse.  Diese  Beobachtung  von  Modica 
steht  im  Einklang  mit  der  Beobachtung  von  Curci  über  die  physiologische 
Wirkung  der  OximgTuppe.  Acetoxim  wirkt  anders,  was  aber  auf  die  Wirkung 
des  abgespaltenen  Acetons  ziu'ückzufülaren  sein  dürfte,  da  schon  Modica 
nach  Acetoximeingabe  Aceton  im  Harn  beobachtete. 

Äthj'laldoxim  bräunt  Blut,  macht  Dyspnoe  und  starke  Temperatursen- 
kung, ähnhch  wirkt  Benzaldoxim^). 

Guanidin  HX  :  C  <y2"  ist  wegen  seiner  Iminogruppe  ein  stark  wu-kendes 

Gift.  Nm-  ein  kleiner  Teil  des  Guanidins  verläßt  den  Organismus  vm- 
verändert.  Durch  Guanidinhydrochlorid  und  Guanidincarbonat  läßt  sich  bei 
Katzen  und  Kanmchen  das  vollständige  Bild  der  nach  Parathyi'eoidektomie 
auftretenden  Tetanie  hervorrufen,  ebenso  durch  Methylguanidinnitrat  bei 
Ratten-). 

Dicyandiamidüi  KH  :  C(XH2)  •  KH  •  CO  •  NHa  (Guanylhamstoff )  ist  nicht 

xmgiftig').    Methylguanidin   CH3  •  X  :  C<:;^^-   tötet   nach  Hoffa*)  Kaninchen 

in  kurzer  Zeit  unter  den  Symptomen  der  Dj'spnöe  und  Konvulsionen.   Amino- 

guanidin^)    NHä-X:C<:^„-    macht    bei  Fröschen    fibrüläre  Zuckrmgen,    bei 

Warmblütern  klonische  Ki'ämpfe  und  allgemeine  Lähmungen  (s.  auch  S.  74). 
Durch  Addition  von  Benzaldehyd  und  Aminoguanidin  entstehendes  Benzal- 
aminoguanidin  macht  bei  Warmblütern  epileptische  Ki-ämpfe,  bei  Fröschen 
nur  Lähmung  ohne  fibrüläre  Zuckung. 

Cyanamid  CX  •  XH^  macht  ähnliche  Vergiftiuigserscheinimgen  wie  Guani- 
din und  Methylguanidin,  geht  aber  nicht  unverändert  in  den  Ham  über  [Be- 
obachtung von  Gergens  luid  Bau  mann*)].  Cyanamid  ruft  eine  Lähmung 
der  Atmungsorgane  hervor.  Die  letale  Dosis  beträgt  0.4  g  f)ro  Kilogramm 
Kaninchen.  Dicyandiamid  ist  sehr  giftig').  Hingegen  behaupteten  A.  Stutzer 
und  J.  Soll,  daß  es  für  Hunde  nicht  giftig  sei.  Bei  Meerschweinchen  war  es 
giftig*).  Nach  O.  Loew  ist  es  für  Wirbeltiere  kein  Gift,  auch  gegen  niedere 
Organismen  ist  es  sehr  indifferent. 

Methylc3-anamid  be^^irkt  in  kleinen  Dosen  GJefäß Verengung,  in  gi-ößeren 
Paralyse  und  Krämpfe,  in  noch  größeren  Tod^). 

Cyanamid  und  Guanidin  erwiesen  sich  als  giftig  für  das  Wachstum  der 
Pflanzen,  während  Harnstoff  eine  außerordentUch  kräftige  Entmcklung  der 
Pflanzen  bewirkt.  Kahumcyanid  und  Kahumcyanat  zeigen  Giftwirkung.  Der 
Einfluß  der  giftigen  Substanzen  zeigt  sich  sowohl  in  der  Bildung  als  auch  in 
der  Hydrolyse  der  Stärke  i"). 

')  Scheide  mann,  Diss.  Königsberg  1892.  —  Leech,  Brit.  med.  Jouni.  1893. 
June,  July  und  Lancet  1893,  I,   1499;  H,   70. 

-)  D.  Xoel-Paton,  Leonard  Findlav  und  David  Burns,  Journ.  of  physiol. 
49,  Proceed.   IT  (1915).  ^)  O.  Loew,  Chem.-Ztg.  33,  676. 

*)  Berliner  klin.  Wochensclu-.    1889,   533.  *)  Jordan,  Diss.  Dorpat   (1892). 

«)  Pflügers  Arch.  13,  213.  —  Xach  Falck  (Coester,  Diss.  Kiel  [1896])  wirkt  es  rein 
lälunend,  ungleich  schwächer  als  Blausäure. 

')  Kionka,  Frühlings  landw.  Zeitung  38,  397  (1909). 

*)  BZ.  85,  215  (1910). 

")  W.  F.  Koch,   Journ.   Lab.  and  clin.  Med.    1,  Xr.  5. 

"•)  G.  Ciamician  und  C.  Ravenna.  Gazz.  chim.  ital.  49,  II,  83  (1919). 


76  Bedeutung  der  einzelnen  Atom-Gruppen  für  die  Wirkung. 

Pommeringi)  imtersuchte  Benzauiidin  C^Hs  •  C^^^^  luid  Acetamidin 
CH3  •  C^jTH  ■  ^'°  waren  im  Gegensatz  zum  Guanidin  physiologisch  indifferent 
und  verUeßen  den  Organismus  unverändert. 

Von  Interesse  ist  noch  das  Eintreten  des  Ammoniaks  in  Platiiisalze.  Die 
Salze  der  Platinammoniumbasen  wirken  wie  alle  Anmioniumbasen  cm'areartig.  Mit 
Vermehrung  der  Ammoniakgruppen  wh-d  die  curareartige  Wirkung  gesteigert^). 

Aldehydammoniak  CH3  •  CH(0H)(NH2)  hat  die  Wirkimg  der  Ammonium- 
salze3). 

Diacetonmethylamiu   (CH„)2C<^g=   ^^g-         ^  hat   mentholartigen   Geruch 

und  erzeugt  bei  starkem  Einatmen  Schwindel  und  Kopfschmerzen*). 

Von  großem  pharmakologischem  Interesse  sind  die  Beobachtungen  und 
Uutersuchimgen  über  den  Eintritt  von  Aminogruppen  in  den  Benzolkem, 
weU  sie  grundlegend  sind  für  die  Synthese  emer  großen  GrujDpe  imserer  künst- 
Uchen  Antipyretica.  Man  kami  Aminobenzol  C^Hj  •  NHg  (Anilin)  als  ein  Benzol 
ansehen,  in  welches  eine  AmiuogrujJioe  eingetreten  ist,  oder  als  ein  Ammoniak, 
in  welches  ein  Benzohing  eingetreten  ist.  Konform  mit  dieser  Konstitution 
differieren  die  bewirkten  Symi^tomo  von  den  Wirkungen  des  Benzols  und 
erinnern  eigentlich  mehr  an  Ammoniak,  da  heftige  Krämpfe  auftreten  sowie 
eine  starke  Paralyse  der  Muskeln  und  Nerven.  Die  Symptome  differieren  aber 
von  denen  mit  Ammoniak  hervorgerufenen,  da  die  Krämpfe  nie  zu  emem 
wahren  Tetanus  ausarten.  Mit  Ausnahme  der  Hydroxylverbinduug  bewirkt 
Anihn  das  rascheste  Auftreten  der  motorischen  Phänomene,  starkes  Zittern, 
aber  nie  tonische  Ki'ämpfe.  Wird  aber  im  Anilin  ein  Wasserstoff  der  Amino- 
gnippe  dm'ch  ein  aliphatisches  Alkylradikal  ersetzt,  so  hört  die  Krampf^\irkung 
auf  imd  es  kaim  zu  einer  lähmenden  Wirkung  kommen.  Wird  beim  Anilin  em 
Wasserstoff  des  Kerns  substitutiert,  so  bleibt  die  Krampfwirkmig  erhalten, 
wenn  der  substituierende  Köi^per  ein  einfaches  Element  ist,  z.  B.  Brom.  Sie 
wird  verstärkt,  wenn  er  ein  Alkyh-adikal  ist  und  aufgehoben,  wenn  eine  zusammen- 
gesetzte Gruppe,  insbesondere  eme  sam'e  Gruppe  eintritt:  so  ist  z.  B.  Amino- 
benzolßulfosäme  (Sulfanilsäure)  gänzheh  wirkungslos.  Aber  der  Eintritt  der 
Aminogruppe  bewü'kt  außerdem,  daß  diese  Substanzen  heftige  Blutgifte 
werden,  welche  Methämoglobm  bilden.  Wertheimer  imd  Meyer  beobachteten 
nach  Verfütterung  von  Anihn  oder  Toluidin  an  Hunde  regelmäßig  GaUenfarb- 
stoff  im  Ham  und  Hämoglobm  in  der  Galle.  Bei  stärkeren  Dosen  wü'd  der 
Harn  hämoglobinhaltig  und  enthält  schließlich  auch  sogar  fuchsinähuhche 
Farbstoffe  6). 

p-Aminodiphenyl  C5H4<p,  ^  )J  ist  ein  starkes  Gift  vmd  tötet  Hunde 
nach  km'zer  Zeit*). 

Dianisidm  NHg  •  (CH30)C6H3  •  CgH3{OCH3)  •  XH,  erzeugt  kiampfhaftes 
Niesen.    Größere  Gaben  whken  auf  Hunde  tödlich. 

p-Aminodiphenylamin  macht  bei  einzelnen  Individuen  eine  mäßige  Der- 
matitis, ebenso  p-Aminophenyltolylamin,  auch  1 .2-Naphthylendiamin  wirken 
in  gleicher  Weise.  Alle  drei  Basen  erzeugen  diese  Hautreizimgen  erst  nach 
etwa  8 — 10  Tagen.  Auch  p-Aminophenol  mid  p-Phenj'lendiamin  erzeugen 
Dermatitis.   Dm-ch  Sulfurienmg  werden  diese  Eigenschaften  aufgehoben'). 

1)  HB.  I,  561  (1902).  -)  F.  Hofmeister,  AePP.  16,  393. 

=*)  Gibbs  und  Reichert,  Dubois'  Ai'ch.  f.  Physiol.  1893,  201.  *)  DRP.  287  802. 

5)  C.  r.  s.  b.  40,  843.  ')  Klingenberg,  Diss.  Rostock  (1891). 

')  E.  To  raaszczewsky  imd  E.  Erdmann,  Münchener  med.  Wochensclir.  1906, 
Nr.  8,  S.  359. 


Bedeutung  der  basischen  stlckatoffhaltigen  Reste.  77 

Benzidin  4  •  NH,  •  CgH4  •  C8H4  •  NHj  •  4,  eraeugt  Glykosiiric  und  nervöse 
Symptome,  es  ist  ein  Blutgift. 

Während  die  aliphatischen  Diamine  phj-siologisch  gänzlich  ■wirkungslos 
sind,  gehören  die  aromatischen  Diamine  zu  unseren  heftigsten  Giften,  insbe- 
sondere durch  ihre  Fähigkeit  auf  den  Blutfarbstoff  indirekt  schädigend  cha- 
zuTOrken.    Die  Unter.suchungen  von  Dubois  und  Vignon*)  haben  gezeigt, 


daß  m-Phenylendiamin  f    j,^    Brechen,  Husten,   Koma    und    Tod    l)cwirkt. 

NHs 
p-Phenylendiamin  f   J    wirkt  noch  stärker  und  macht  Störungen  der  Motihtät. 

Auffallend     groß     ist     die     Giftigkeit     des     o-Phenylendiammchlorhydrates 

07CTT    .  TTPl 
- "        .    p-Phenylendiamin^)  bewirkt  beim  Menschen  Asthma,  Ekzeme, 

Magenaffektionen  und  Aiigenentzündungen^).  Es  macht  keine  Zersetzung  des 
Hämoglobins,  hingegen  heftige  Schleimhautentzimdungen  sowie  Krampf- 
anfälle. Die  Wirkung  beniht  aivt  dem  ersten  Oxydationsprodukt,  dem  Chinon- 
dümin  HN  :  CfsH^  :  NH  . 

Toluylendiamin  CH3  •  CgHj  •  (NHj),  erzeugt  nach  Stadelmanu  sogar 
Ikterus*).  Der  Ikterus  wird  nicht,  ebenso  wie  die  Cytolyse,  durch  Toluylen- 
chanün  bewirkt,  denn  in  vitro  greift  diese  Substanz  die  Erythrocyten  nicht 
an,   sondern  in  der  Leber  werden  Stoffe  erzeugt,  die  hämolytisch  wirken^). 

o-  und  m-Phenylendiamin  werden  vom  Frosch  im  Gegensatz  zur  p-Ver- 
bmdimg  in  großen  Mengen  ohne  besondere  Wirkung  gut  vertragen,  o-Phenylen- 
diamin  außerdem  ohne  jede  Beeinflussimg  auch  vom  Kaninchen.  Katzen  be- 
kommen nach  o-Phenylendiamin  die  für  die  p-Verbmdung  typischen  Ödeme 
an  Hals  und  Kopf. 

Nach  m-Phenylendiamin  trat  bei  Katzen  starke  Salivation  und  heftiges 
Niesen  auf;  Ödeme  bleiben  aus.  Kaninchen  zeigen  nach  der  m-Verbindung 
ebenfalls  keine  Ödeme,  dagegen  regelmäßig  Ascites. 

Die  methyherten  Derivate  (Di-  und  Tetra-)  bewü'ken  zerebrale  Eischei- 
nungen  und  Exitus  schon  nach  sehr  kleineu  Dosen,  Ödeme  bilden  sich  nicht 
am  Kopf  und  Hals.  Die  übrigen  Schwellungen  an  Kopf  und  Hals  treten  nach 
dem  Diäthyl-  und  Monoacetylderivat  auf. 

Das  unlösliche  Diacetyl-  und  Äthoxy-p-phenylendiamin  gehen  reaktions- 
los diu-ch  den  Tierkörper. 

Triaminobenzol,  Triaminotoluol  und  Triaminophenol  machen  keine 
Ödeme,  rufen  aber  bei  Katzen  Methämoglobiubildung  hervor"). 

Wir  haben  früher  bemerkt,  daß  Ammoniak  ein  weit  schwächeres  Gift  ist 
als  Diamid.  Die  entsprechenden  aromatischen  Verbindungen  Anihn  CgH^  •  NHj 
imd  Phenylhydrazin  CgHj  •  NH  •  NHj  zeigen  das  gleiche  Verhältnis.  Phenyl- 
hydrazin, welches  chemisch  auch  weit  reaktionsfähiger  ist  als  Anilin,  ist  nach 
den  Untersuchungen  von  M.  v.  Nencki,  Rosen thal  und  G.  Hoppe  -  Seyier') 


')  C.  r.   101,  533.  -)  E.  Erd  mann  und  E.  Vahlen,  AePP.  53,  402  (1905). 

^)  B.  Dubois  und  L.  Vignon,  C.  r.  lOT,  533  (188S).  —  Arch.  de  physiol.  4.  Ser. 
255  (1888).  —  Kobert,  Lehrb.  d.  Intoxikationen  1893,  444. 
■•)  AePP.   N,  231;  16,   118;  23,  427. 

')  E.  P.  Pick  vmd  G.  Joanovics,  Zeitschr.  f.  experim.  Pathol.  u.  Ther.  T,  185  (1910). 
")  R.  Meisner,  BZ.  93,   149  (1019).  ~)  HS.  9,  39  (1885). 


78  Bedeutimg  der  einzelnen  Atom-Gruppen  für  die  Wirkung. 

ein  außerordentlich  heftig  \Firkendes  Gift.  Während  die  aromatischen  Sub- 
.stitutionsproduktc  mit  Ammoniak  oder  Hydrazin  alle  intensiv  Temi^eratur 
herabsetzende  Eigen.schaften  zeigen,  bewirkt  Tetrahydro-/)i-naphthylamini) 
eine  starke  Steigerung  der  Eigenwärme  und  eine  beträchthche  Steigeriuig  des 
Eiweißumsatzes.  q  jj      qjj  .  j^jj 

C3H3N2(C4H30)3  Furfurin  wirkt    wie      °   "      I  >CH  •  C^Hj    Amarui. 

CßHg  •   C  — N^ 

aller  15  mal  schwächer  giftig.  Es  wird  im  Organismus  völlig  zersetzt. 
Furfm-amid    {C4H3O  •  011)3X2  ist   unwrksam,   es   verhält   sich   chemisch   und 

P  TT    •  PTT  =^  T^ 

pharmakologisch   •wie   Hydrobenzamid    j^.^jj^ '  ^^jj  ~  jf>^H  •  C„H.   zu    Amarin. 

Die  Giftigkeit  fies  Furfurin  ist  auf  die  beiden  Iminogruppen  zu  beziehen. 
Die  größere  Giftigkeit  des  Aniarin  beruht  auf  der  schwierigeren  Zerstörbarkeit 
im  Organismus'-).  Das  Amarm  ist  ein  phenylsubstituiertes  Imidazolderivat. 
AzobenzoF)  CgH,  •  N  =  N  •  CgH^  und  Azo"oxybenzol*)  CcH.,  •  N  =  N  •  CßH^ 
•  OH  sind  beide  schwer  giftig.  Azobenzol  macht  Hämoglobinmie ;  im  Blute 
treten   Methämoglobinstreifen   auf.    Naphthylazoessigsäure   ist  nach   Oddo'') 

N 
ungiftig.     Triazobenzol    (Phenylazoimid)    C^Hj  •  N<^-    ist    für  Kaninchen   ein 

schwaches,  flu'  Hunde  ein  starkes  Gift.  Diazoverbindungen  smd  wegen  der 
Leichtigkeit  der  Abspaltung  gasförmigen  Stickstoffs  giftig*).  Phenylhydroxyl- 
amin  wirkt  nach  C.  Binz')  direkt  auf  die  Nervenzentren  lähmend,  ohne  daß 
die  Lähmung  durch  die  Veränderung  des  Blutes  bedingt  ist.  Es  verursacht 
Methämoglobinbildung.  Im  tierischen  Stoffwechsel  wird  es,  wie  L.  Lewin 
glaubt,  teilweise  in  Azooxybenzol  umgewandelt^). 

Die  aUphatischen  Säureamide  entbehi-en  zumeist  einer  physiologischen 
Wirkung ;  die  aromatischen  hingegen  machen  Schlaf,  aber  die  den  aromatischen 
Säureamiden  zukommende  narkotische  Wirkung  ist  vom  Charakter  der  aro- 
matischen Säure  abhängig.  Die  entsprechenden  aromatischen  Harnstoffe 
sind  wirkungslos.  Wird  an  Stelle  eines  oder  beider  H-Atome  der  Amidgruppe 
eines  aromatischen  Säm-eamides  eine  Methyl-  oder  Äthylgruppe  eingeführt, 
so  tritt  die  narkotische  Wirkung  immer  mehr  und  mehr  zurück,  während  sich 
bei  genügend  großen  Gaben  ein  der  Wirkung  des  Ammoniaks  und  des  Strych- 
nins  vergleichbarer  Symptomenkomplex  einstellen  kaim*). 

Camiiher  wirkt  erregend  auf  das  Herz  und  steigert  den  Blutdruck.  Bomyl- 

*"!•"  H„C CH CH, 


CHNH, 


wirkt  curareartig,  ebenso  Aminocampher,  aber  weit  schwächer.  Auf  das  Hera 
Avirkt  Bomylamin  verlangsamend'"),  Aminocampher  ebenso,  aber  erst  in 
größerer  Dosis.  Bei  Warmblütern  macht  Bomylamin  Rollkrämpfe.  Der  Blut- 
druck bleibt  bei  Anwendung  von  Aminocampher  unverändert,  während  Bomyl- 

M  Stern,  BB.  32,  777  (1889).  —  Virchows  Arch.   115  und  IIT. 
'-)  Modica.  Annali  di  chüu.   1896,  240. 

')  E.  Bau  mann  und  Horter,  HS.  1,  2ü7  (1877—1878).  —  Zentralbl.  f.  med.  Wissen- 
schaft 1881,   705.  <•)  AePP.  35,  413. 

^)  Gazz.   chim.   21,  II,   237.  ")  Jaffe,  AePP.   2,   1. 

')  Vircliows  Arch.   113.  ^)  AePP.  35,  401. 

9)  Eberhard  Nebelthau,  AePP.  36,  451.         i")  L.  Lewin,  AePP.  21,  235. 


Bedeutung  der  basischen  stickstoffhaltigen  Reste.  79 

aniiii  denselben  bedeutend  erhöht.  Auch  die  Atemfreqnenz  wird  durch  Boniyl- 
auün  bedeutend  gesteigert.  ij^ cHg 

!l  II 

Die  Anlagerung  von  Aminogruppen  an   den   Pyi-imidinkem   2HC      CHs 

3N  =  CH4 

macht  aus  indifferenten  Körpern  giftige  Substanzen.  2.4-Dianiino-6-oxj'pj'Ti- 
luidin  und  2.4.5-Trianiino-6-oxj^yrimidin  sind  giftig,  was  auch  die  Giftigkeit 
des  Adeniii  (6  •  Aminopurin)  erklärt'). 

Die  Diazinverbinchmg:  Diäthylniethylpyrimidin 

C^H,  •  C  •  X  •  CH  •  CXCHj)  •  C  •  (C,Hä)  •  X 


wirkt  ähnlich  vne  Coniiii^). 

P_\i'idin  ist  fast  uugiftig,  Aminopyridine  wirken  stark  giftig;  cheuiisch 
nähern  sich  die  Aminopyi'idine  der  Fettreilie.  Vielleicht  i.st  dies  der  Grund 
ihrer  Wirkung,  ähnlich  wie  beim  Piperidin  (s.  d.). 

Ä-Aminopyiidin  f  J.^^    macht  En'egung  und  Paralj'se  bei  Fröschen  und 

N 
ist  auch  tödüch  wirkend.  Acetyl-a-aminopyridui  wirkt  ganz  gleich.  Bei  Kaniu- 
elieu  und  Hmiden  macht  die  Base  konvidsive  ununterbrochene  Zuckungen, 
welche  bald  letal  auskliugen.    Das  Acetylderivat  wirkt  erst  in  der  fünffachen 
Dosis.    Es  wirkt  anästhesierend  auf  die  Hornhaut^). 

Körper,  welche  tertiär  gebundenen  Stickstoff  haben,  sind  wohl  infolge 
der  geringen  Reaktionsfähigkeit  sehr  wenig  giftig,  oft  ganz  %virkimgslos.    So 

sind  Pyridin  [    j  und  Collidin  C5H2{CH3)3N  sekr  wenig  giftige  Körper.    Wird 


N  - 

aber  durch  Reduktion  Wasserstoff  in  der  Weise  zugeführt,  daß  Stickstoff  in  die 
Imidogruppe  HX  verwandelt  wird,  so  erhalten  wir  sehr  stark  wirkende  Köi-per. 
Die  verschiedenartigen  Wirkungen  dieser  Köii^er  werden  bei  Überführimg  in 
Ammoniumbaseu  alle  in  der  Weise  verändert,  daß  die  resultiei-enden  Körper 
mehr  oder  weniger  cm-areartige  Wirkung  haben.  S.  Kapitel:  Alkaloide:  Am- 
moniumbasen. H 

N  NNH2 

Guanazol     gjj.^l j^       ,     Ammoguanazol     ^^^.^1 ^^^      ,      Phenyl- 

N  •  CcHj  N  •  NH2 

,         HN/>C:XH            1     t^-   u        1       ■                       I     CfHs  •  N/^C  :  N  •  CgH, 
guanazol    xi>T.f.l ^H         ""       Diphenylammoguanazol       jilr.f,^ ^^ 

wirken  alle  ähidich.  Sie  machen  Krämpfe,  Respirationsstörungeu,  diastolischen 
Herzstillstand.  Die  Toxizität  ist  wenig  verschieden,  beim  Guanazol  am  gering- 
sten, beim  Diphenylaminoguanazol  am  höchsten*).  Die  Toxizität  nimmt  von 
Guanazol  bis  zum  Diphenylaminoguanazol  zu,  nur  Aminoguanazol  und  Phenyl- 
guanazol  sind  schwach  bactericid,  was  beim  Phenylguanazol  wahrscheinlich 
auf  dem  Phenj-lrest  beruht. 

ludol  macht  zu  1  g  keine  Intoxikation  (Xencki),  2  g  machen  Dian-höe  und 
Hämatmie.  Herter^)  sah  Herz-  und  Atmimgsschwäche,  klonische  Krämpfe.  Bei 
Menschen  erzeugte  es  starke  Müdigkeit,  Unfähigkeit  zu  geistiger  Arbeit,  bei  größe- 
ren Dosen  Schlaflosigkeit,  Symptome  der  Neurasthenie.  /S-Skatol  ist  fast  ungiftig. 

')  H.  Steudel,  HS.  33,  287  (1910).  ')  Kraft,  Organische  Chemie  S.  691. 

')  A.   Pitini,  Ann.   cliim.   analvt.  appl.   ä,   213  (19U). 

*)  G.  B.  Zanda.  Ann.  farmacöl.   18,   108  (1914).  ')  X.  Y.  Med.  Jonrn.   1898. 


80  Bedeutung  der  einzelnen  Atom-Gruppen  für  die  Wirkung. 

A.  Bi'issemoret  und  A.  Joaiiin^)  glauben  die  physiologische  Wiikung 
einer  organischen  Base  als  die  resultierende  der  Wirkung  des  Kohlenwasserstoffs 
einerseits  und  des  Stickstoffs  andererseits  auffassen  zu  können.  So  kann  man 
im  Conicm  die  narkotisierende  Wirkung  des  Octanrestes  ebenso  nachweisen, 
wie  durch  normales  Octan  selbst. 

6.  Bedeutung  der  Niti'o-  und  Nitrososruppe. 

Der  Eintritt  einer  Nitro-  (NOg-)  oder  Nitrosogruiipe  (N0-)  bewirkt  im 
allgemeinen,  daß  die  Verbindimgen  sehr  giftige  Eigenschaften  annehmen, 
unabhängig  davon,  ob  die  Nitro-  oder  Nitrosogruppe  an  Kohlenstoff  oder 
Sauerstoff  gebunden  i.st.  Aber  in  der  Qualität  der  Wirkung  besteht  zwischen 
der  Kohlenstoff-  mid  Sauerstoffbindung  ein  sehr  großer  Unterschied. 

Nitro-  oder  Nitro.sogruppen  an  Sauerstoff  gebunden. 

Die  AJkylester  der  salpetrigen  Säure  wirken  nicht  auf  das  Zentrahierven- 
systeni,  sondern  direkt  auf  die  Gefäße,  welche  sich  stark  erweitem.  Der  Reihe 
nach  fällt  die  Stärke  der  Gefäßalteration  vom  a-Amyl-,  /?-Amyl-,  Isobutyl-, 
sekundärem  Butyl-,  primärem  Butyl-,  sekundärem  Propyl-,  primärem  Propyl-, 
Äthyl-,  zum  Methylnitrit,  welches  das  schwächste  ist.  Aüe  Nitrite  bewirken 
eine  Blutdrucksenkimg  und  Pulsbeschlcunigung  durch  ])eripherc  Gefäßerwei- 
tenmg-).  Die  physiologische  Wirkung  der  Salpetersäure-  oder  Salpetrigsäure- 
ester der  fetten  Reihe  ist  jedoch  nicht  allein  abhängig  inid  in  einzelnen  Fällen 
nicht  einmal  hauptsächlich  von  der  Menge  der  Nitrogruppe  NOo-,  welche  sie 
enthalten.  Die  sekundären  und  tertiären  Nitrite  sind  kräftiger  als  die  korre- 
spondierenden primären.  Dies  muß  man  haiiptsächlich  nicht  etwa  der  direk- 
ten Wirkung  der  sekundären  oder  tertiären  Gruppen,  sondern  der  Leichtigkeit, 
mit  welcher  diese  Verbindungen  sich  in  Alkohol  und  Nitrit  zerlegen,  zusclireiben. 
Nach  Haidane,  Mackgill  luid  Mavrogordato  •Kirken  Nitrite  nur  durch 
die  Einwirkung  auf  das  Blut,  nicht  aber  durch  direkte  giftige  Wirkimg  auf 
das  Gewebe^). 

In  bezug  auf  die  Stärke  der  Acceleration  des  PuLses  wächst  die  Stärke 
der  Nitrite  direkt  mit  ihi'cm  Molekulargewicht  und  i.st  nmgekelirt  der  Quan- 
tität von  NO2-,  welche  sie  enthalten,  ])roportioniert.  Dieses  scheint  nicht  so 
sehr  das  Resultat  des  physiologischen  Einflusses  der  substituierten  Methyl - 
gmppen  zu  sein,  als  vielmehr  von  der  erhöhten  chemischen  Zer.setzUchkeit. 
welche  die  höheren  GHeder  dieser  Reihe  haben,  abzuhängen. 

Die  flüchtigeren  Nitrite  mit  niederem  Molekulai-gewicht,  welche  relativ 
mehr  Nitroxyl  enthalten,  smd  in  bezug  auf  die  Dauer  des  subnormalen  Blut- 
drucks sowie  auf  die  SchneUigkeit  der  Muskelkontraktionen  aktiver. 

Es  ist  wahrscheinlich,  daß  sich  die  einf neben  Nitrite  rascher  mit  dem 
Blute  \md  den  Muskeln  verbindcTi  und  rascher  wirken  als  die  höheren  Ver- 
bindungen und  durch  ihre  große  Beständigkeit  länger  wirken  als  die  höheren 
und  leichter  zersetzlichen  Körper.  Die  Nitrite  verwandehi  Hämoglobin  nicht 
einfach  in  Methämoglobin,  sondern  in  eine  Mischung  von  Methämoglobin 
imd  Stickosydhämoglobin.  Die  Wirkung  der  Nitrite  bezieht  sich  aber  niu 
zum  TeU  auf  ilu-e  chemische  zerstörende  Einwirkimg  auf  den  Blutfarbstoff 
imd  den  daraus  folgenden  Sauerstoffmangel,  sondern  sie  sind  auch  direkte 
Gewebegifte. 

1)  C.  r.   151,   1151   (1910). 

-)  Cash  und  Dunstan,  Philos.  Transact.  of  Roy.  Soc.  94,  505  (1893). 

")  Joum.  of  physiol.  31.  100. 


Bedeutung  der  Nitro-  und  Nitrosogruppe.  81 

Die  Wü'kiiugsweise  der  Salpetersäureester  wird  von  einzelnen  Forschern 
in  der  Weise  erklärt,  daß  vorerst  anorganische  Nitrite  durch  Aufspaltung 
der  Ester  und  Reduktion  der  Salpetersäure  zu  salpetriger  Säure  gebildet  werden, 
die  dann  zur  Wirkung  gelangen^).  Nach  O.  Loew  würde  das  Nitrit  direkt 
in  eine  Aminogruppe  eingreifen,  und  so  eine  wichtige  chemische  Veränderung 
des  Protoplasmas  setzen.  Andere  Forscher,  insbesondere  Marshall-)  \vad  Hai- 
dane, sprechen  sich  gegen  diese  Anschauimg  aus  und  glauben,  daß  die  Sal- 
petersäureester direkt  auf  die  Gewebe  wirken.  A.  Fröhlich  und  O.  Loewi^) 
fanden,  daß  ins  Blut  injizierte  Nitrite  ohne  jeglichen  Einfluß  auf  den  Erfolg 
der  Reizung  sympathischer  sowie  aller  fördernder  autonomer  Nervenfasern  sind. 
Dagegen  wird  der  Erfolg  der  Reizung  der  autonom  hemmenden  Fasern  vor- 
übergehend (Penisgefäße,  Kardia)  oder  dauernd  (Zungengefäße,  Speicheldrüsen - 
gefäße,  Retractor,  Erektionsmechanismus,  Nickhaut,  Blasensphinct«r)  aufge- 
hoben. Die  Nitrite  sind  also  ein  Mittel  zur  selektiven  Unterbrechung  autonomer 
hemmender  Nervenimpulse.  Die  Eigenschaft  der  Salpetersäiireester,  die  Ge- 
fäße zu  erweitern,  läßt  dieselben  geeignet  erscheinen,  therapeutisch  verwertet 
zu  werden,  was  auch  vielfach  geschieht. 

Bradbury*)     hat     für     fliese      Zwecke      Methylnitrat    CH3-0'N02, 


CHo 


CH»  •  O  .  NO, 


Glykol(äthylen)dinitrat  I    '  ,         Nitroglycerin        CH   •  O  •  NO, 

•^       ^      *  CH,  ■  O  •  NO,  I 

CHj  •  O  •  NO, 
CH,     O  •  NO,  CH2  •  O  ■  NO„ 

1     "  "  I  " 

Erythroltetranitrat    (CH  •  O  ■  XOj),  ,   Mannithexanitrat   (CH  .  O  .  NOä)^   sowie 

CH,  •  O    NO,  CH,  ■  O  •  NO, 

die  Salpetersäiireester  der  Dextrose,  Lävulose  und  Saccharose  untersucht 
imd  empfahl  besonders  Erythroltetranitrat  wegen  der  lange  anhaltenden  Wir- 
kung. 

Marshall  inid  Wigner^)  fanden  Mamiitpentanitrat  weniger  wirksam  als 
Erythroltetranitrat,  aber  stärker  wirksam  als  Mannithexanitrat. 

Dinitrosrlvcerin  wirkt  auf  die  Kopf  nerven  wie  Trinitroglycerin*). 

Nitrodimethyhn  (CH3  •  O)  •  CH2  •  CH(0  •  NO2)  •  CHj  •  (OCHs)  hat  eine 
dem  Nitroglycerin  analoge  Wirkimg.  Es  wirkt  aber  nicht  konvulsiv  wie  Nitro- 
glycerin, sondern  bloß  paralysierend"). 

Nitro-  und  Nitrosognippen  am  KohlensfofL 

Steht  aber  die  Nitrogruppe  am  Kohlenstoff  der  aHphatischeu  Körper, 
wie  z.  B.  im  Nitropentan  (0113)2  •  CH  •  CHj  •  CHg  •  NOj,  so  ist  ein  großer  Un- 
terschied in  der  physiologischen  Wirkung  zwischen  einer  solchen  Verbindimg 
und  etwa  Amylnitrit,  wo  Sauerstoffbindung  vorliegt.  Dem  Nitropentan  kom- 
men wohl  giftige  Effekte  zu,  aber  keine  gefäßerweiternde  Wirkung*).  Daher 
haben  wir  auch  gar  keine  theraj)eiitische  Indikation  für  die  Verwendmig  solcher 
Körper.    Eljenso   sind  Nitromethan  CH3  •  NO2,  Nitroäthan   CoHj  •  NOj  und 


»)  Brit.  med.  Joum.  1893,  I,  1305;  n,  4,  56,  108,  169.  —  Marshall,  Contribution 
of  the  pharmacoloETical  action  of  the  organic  nitrates.    Diss.  Manchester  (1899). 

-)  Joum.  of  physiol.  %Z,  2.  ')  ÄePP.  59,  34  (1908). 

«)  Brit.  med.  Journ.   1895,   1820.  '^)  Brit.  med.  Jouru.   1903,   18.  Okt. 

«)  W.  Will,  BB.  41,   Uli  (1908). 

')  Giovanni  Piantoni,  Arch.  d.  Farmacol.  sperim.  9,  495. 

*)  Gottfried  Schadow,  AePP.  6,   194.  —  Wilhelm  Filehne,  Zentralbl.  f.  med. 
Wissenschaft  18:6,  867. 

F  r  S  n  t:  e  1 ,  Ärzneimittel-Syntbee«.    5.  Anfl.  6 


82  Bedeutung  der  einzelnen  Atom-Gruppen  für  die  WirUang. 

Nitrosoäthylen  CHg  :  CH  •  NO  giftig,  indem  sie  iii  relativ  geringen  Dosen  tlie 
Tiere  diu'ch  Atmungslähmung  töten. 

Nitroätliylen  CHj  :  CH  •  NOj  macht  unerträgliche  Reizwirkimg  auf  die 
Schleimhäute  der  Augen  und  der  Atmungsorganc ,  es  wLiirt  nach  dieser 
Kichtung  hin  stärker  als  Bromaceton  oder  Benzyljodid.  Wenn  man  an  die  große 
physiologische  und  auch  chemische  Ähnlichkeit  denkt,  die  die  Nitroverbin- 
dungen mit  den  Aldehyden  und  Ketonen  l)esitzcn  —  Nitrobenzol  —  Bcnzal- 
dehyd,  Bromnitromethan  —  Bromaceton,  Nitromethan  —  Aceton  (liin- 
siehtüch  der  Kondensationsfähigkeit)  —  wird  man  zur  Gegenüberstellung 
des  Nitroäthj'lens  mit  dem  Acrolein  und  dantit  zum  Verständnis  jener  Reiz- 
wirkimg geführt'). 

Nitrosomethylmethan^)  macht  auf  der  Haut  rote  juckende  Stellen  und 
Blasen,  bei  Einatmung  hartnäckigen  Bronchialkatarrh,  schmerzhafte  Ent- 
zündmigen  und  iVlikommodationsstörungen  der  Augen.  Die  Vergiftung  ist 
der  Diazomethanvergiftung  ähnlich,  so  daß  sie  vielleicht  auf  einer  Verwandlung 
des  Nitrosomethylmethans  in  Diazomethan  im  Oi-ganismus  beruht. 

Die  Substitution  einer  Nitrogruppe  für  Kemwasserstoff  erhöht  die 
Giftigkeit  des  aromatischen  Körpers.  So  bewirkt  Nitrobenzol  NO2  •  CrH-, 
Lethargie  mit  steigendem  Bewegxmgszittern  imd  zeitigem  Aufhören  der 
Reflexe.  Nitrothiophen  NOg  •  C4H3S  zeigt  nach  Marme  genau  dieselben 
Eigenschaften  wie  Nitrobenzol,  indem  schon  kleine  Mengen  tödhche  Wir- 
kung hervornifen  und  die  so  charakteristische  schokoladebraunc  Färbimg 
des  Blutes  erzeugen.  Durch  die  Nitrogruppe  %vird  die  Giftigkeit  in  o-Stelhmg 
vermindert,  in  p-Steliung  vermehrt,  in  m-Stellung  ist  sie  ohne  Einfluß. 
Die  Nitroverbmdungen  haben  keine  exzitierenden  Eigenschaften,  dagegen 
wirken  sie  auf  das  Blut.  Chlorbenzol  imcl  Nitrobenzol  sind  toxischer  als 
Benzol  selbst.  Nitrobenzol  ist,  wie  die  Hydroxylamine ,  vorwiegend  ein 
Nervengift.  Die  Blutwirkung  steht  in  zweiter  Linie.  Dmitrobenzol  hin- 
gegen ist  ein  aasgesprochenes  Blutgift.  Es  hat  sich  selbst  in  germgen 
Mengen  als  sehr  giftig  für  empfindliche  Personen  erwiesen*).  Sehr  remes 
Trinitrophenylmethylnitramin  und  Pikrmsäiu'e  Avaren  nicht  giftig,  ebensosehr 
reines  Trinitrotoluol,  wohl  aber  das  technische  Produkt  und  noch  mehr  ein 
unreineres  Fabrikat. 

Bei  nicht  zu  niedriger  Konzentration  wandelt  Dinitrobenzol  Oxyhämo- 
globin  sowohl  innerhalb  des  Kreislaufs  als  auch  im  Glase  bei  Berührung  mit 
Bhitlösungen  in  Methämoglobin  um*). 

Dinitrophenol  verläßt  den  Organismus  fast  unverändert,  größere  Mengen 
wirken  tödlich-''). 

Trmitroxylol  ist  vöUig  unschädlich.  Trhiitrophenol  eraeugt  beim  Tier 
in  Dosen,  die  beim  Trinitroxylol,  den  Nitrotoluolen  und  Nitrouaphthalinen 
völlig  unschädlich  sind,  akute  und  chronische  Vergiftungserscheinungen. 
Beim  Menschen  ist  die  Toleranz  gegenüber  Pikrinsäure  verhältnismäßig  hoch; 
schwerere  Gesundheitsschädigungen  wurden  nicht  beobachtet.  Trüütro- 
anisol  ist  für  den  Mensehen  weniger  harmlos  als  Pikrinsäure.  Es  bewirkt 
zwar  gleichfalls  keine  Allgemein  Vergiftungen,  doch  verursacht  es  bei  empfind- 
lichen Personen  starke  Hautreizungen*). 

1)  Heinrich  WielandundEuklidSakellarios,  BB.  53,  899  (1919). 

-)  Klobhie,  siehe  Pech  mann,  BB.   28,  S56  (1895). 

»)  C.   F.   van  Duin,  Chem.  Weekblad   1«,   202  (1919). 

*)  F.  Rabe,  AePP.  85,  93  (1919). 

■")   L.   Lutz  und  G.   Baume,  Bull.   d.   Sciences  pliarm.niol.   »4,    129  (1917). 

«)  Hermann  Ilzhöfer,  Arch.  f.  Hyg.  87,  213  (1918). 


Bedeutung  der  Nitro-  und  Jfitrosogruppe.  83 

Auch  Dinitronaphthol  (Martiusgelb) 

OH 

\/ 

NOj 

wirkt  schon  in  klemen  Mengen  vom  Magen  aus,  oder  bei  subcutaner  Injektion 
giftig,  ebenso  wie  die  Xitroderivate  Aurancia  inid  Safranin  giftig  sind^).  Pikrin- 
säure (1.3.5.6-Trinitrophenol)  verlangsamt  die  Herzaktion  und  macht  Reizung 
inid  Lähmung  des  Respirationszentrums.  Pikraminsäure  (1.3-Dinitro-5-amino- 
fi-phenol)  ist  zweimal  so  giftig  als  Pikrinsäure.  o-Nitrophenol  ist  wenig  giftig. 
1 .2.4-Dinitrophenol  ist  giftiger  als  Pikrinsäure. 

P. Ehrlich^)  hat  Kaninchen  subcutan  Nitrophenylpropiolsäm'e  beigebraclit 
und  danach  Hämoglobinmie  sowie  Veränderungen  der  Blutscheiben  imd 
eigentümhche  Infarkte  im  Herzen  beobachtet,  was  aber  auf  die  Wirkung  der 
ungesättigten  Säure  zu  beziehen  ist. 

Nach  Trinitrotoluolfütterung  haben  Moore  mid  seine  Mitarbeiter  aus 
dem  Ham  verschiedener  Tiere  und  Menschen  mit  Ausnahme  der  Katze 
2.6-Dinitroazooxj'toluol  gewonnen  und  glauben,  daß  dieses  aus  2.6-Dinitro- 
4-hydroxylaminotoluylenglykuronsäure  entstanden  ist^). 

Die  Giftwirkung  des  Nitrophenylhydroxylamin  besteht  in  einer  starken 
Veränderung  des  Blutes  sowohl  was  den  Farbstoff  betrifft  als  auch  das  morpho- 
logische Bild.  Die  Folge  davon  ist  eine  Dyspnoe  des  Tieres.  Im  Ham  tritt 
Nitranilin  auf. 

Hydroxylamine  übertreffen  ilie  Nitroverbindungen  an  Giftigkeit  in  ihi-er 
Wirkung  auf  Bac.  Proteus  vulgaris  und  Froschspermatozoen.  Die  Giftwirkung 
geht  dem  Auftreten  der  Xitrophenylhydioxylaminreaktion  parallel,  wie  ver- 
gleichende Untersuchungen  mit  m-XitroiDhenylhydroxylamin  imd  m-Dinitro- 
benzol,  sowie  /J-PhenyLhydroxylamin  und  Nitrobenzol  zeigen*). 

Die  lebenden  Zellen  entziehen  den  Nitroverbindungen  Sauerstoff  und 
verwandeln  sie  in  Hydrox;ylaminverbindungen,  die  schwerste  Blutgifte  sind, 
so  z.  B.  kann  m-Dinitrobenzol  diu-ch  Muskulatur  zur  m-Nitrophenylhydroxyl- 
amui  reduziert  werden.  Hingegen  T\'urde  Aniün  durch  Froschmuskeln,  Frosch- 
und  Kaninchenleber  oxydativ  nicht  verändert,  ebenso  verhefen  Versuche 
Nitrobenzol,  Trinitrotoluol  imd  m-Nitranihn  durch  Fi-osehmuskulatur  zu  redu- 
zieren, negativ.  o-Dinitrobenzol  läßt  sich  wie  die  p-Verbindung  in  gleich 
charakteristischer  Weise  reduzieren^). 

Aber  nicht  alle  Nitroverbindimgen  sind  giftig.    So  ist  p-Nitrotoluol  bei 
nnerer  Darreichung  fast  \ingiftig. 

NOj 

Daß    p  -  Nitrotoluol    [   J      ungiftig  ist,    beruht    auf  der    Oxydation   der 

CH3 
CHj-Gruppe  zur  COOH-Gruppe  im  Organismus;  die  gebildete  p-Nitrobenzoe- 

XO, 

säure  paart   sich  zu  p-Nitrohipi)iu"säure   f   J  *)■ 

CO    NH  •  CHa  ■  COOH 

M  Th.  Weyl,  Teerfarbstoffe.    Berlin  1889. 

^)  P.  Ehrlich,  Zentralbl.  f.  med.  Wissenschaft  1881,  Nr.  42. 

^)  Med.  Research  Committee  1917,  Special  report  series  Nr.  11. 

*)  Günther  Hertwig  und  Werner  Lipschitz,  Pflügers  Arch.   183,   275  (1920). 

'^)  W.  Lipschitz,  HS.   109.   189  (1920). 

«)  Max  Jeff 6,  BB.  1,  1673  (1874).    Siehe  auch  HS.  3.  47  (1878). 

Ü* 


84  Bedeutung  der  einzelnen  Atom-Gruppen  für  die  Wirkung. 

Die  Einführung  einer  negativen  Gruppe  hebt  also  die  giftige  Wirkung  der 
Nitrogruppe  auf  oder  schwächt  sie.  Aus  demselben  Grunde  wirken  die  nitrierten 
aromatischen  Aldehyde  ungiftig,  weil  sie  im  Organismus  zu  den  entsprechenden 
Säuren  oxydiert  werden. 

Nitrosalicylsäure,  Nitrobenzoesäure,  Nitrobenzaldehyd  und  Nitrourethan 
machen  keine  Vergiftung^). 

*  * 

* 

Die  Eigenschaften  der  Salpetrigsäure-  und  Salpetersäurecster,  Gefäße  zu 
erweitern,  ist  so  charakteristisch,  daß  man  bei  der  physiologischen  Prüfimg 
von  Substanzen  entscheiden  kann,  wie  eine  Nitrogruppe  daselbst  gebunden  ist. 

Hierfür  diene  folgendes  Beispiel: 

Methylnitramin  CH4N2O2  kami  eine  verschiedenartige  Konstitution  haben. 
Nach  Franchimont  hat  es  zwar  einen  sauren  Charakter,  demselben  fehlt 
aber  euie  OH-Gruppe,  das  an  N  gebundene  H-Atom  wird  durch  zeitwei.se 
Näherung  an  den  O  des  NO2 

O 


(entweder  n/      oder    N^ 


D 


mitunter  molekular  verändert^).    A.  Hantzsch^)  hingegen  glaubt,  daß  die 

^"^PP^  N-N-OH 

O 

in  den  Nitraminen  vorhanden  ist;  dieselben  seien  eher  Hydroxyldiazoxy- 
verbindungen.  Die  physiologische  Wirkung  des  Methylnitramins  konnte  aber 
fliese  Frage  zur  Entscheidung  bringen,  da  es  sieh  zeigen  mußte,  inwiefern  die 
Wirkung  dieses  Körpers  mit  derjenigen  echter  Nitrokörper  übereinstimmte, 
oder  mit  derjenigen  der  Nitrite,  welche  die  Gruppe  0  =  N  —  0  —  H  enthalten. 
Das  neutralisierte  Methylnitramin  hatte  keine  Methämoglobinbildung  zur 
Folge,  im  Gegensatz  zu  Natriumnitrit  und  Nitromethan.  Die  Substanz  machte, 
wie  Natriumnitrit,  eine  Herabsetzung  der  Atemfrequenz,  aber  ohne  letale 
Wirkung  (im  Gegensatz  zu  Nitrit)  und  erst  in  der  fünfmal  so  starken  Dosis. 
Natriumnitrit  setzt  die  Hubhöhe  des  Blutes  durch  die  Herzkontraktion  herab, 
da  es  die  Herzarbeit  vermindert.  Natriummethyhiitramin  ist  ohne  jedwede 
Einwirkimg.  Ferner  setzt  Natriumnitrit  den  Blutdruck  herab,  Natriummethyl- 
nitramin  steigert  ihn.  Wie  Nitropentan  erscheint  Methylnitramin  als  ein  ziem- 
hch  indifferenter  Körper,  mit  Ausnahme  der  epileptiformen  Ki-ämpfe,  welche 
übrigens  auch  beim  Nitropentan  beobachtet  werden,  aber  nicht  mit  der  Nitro- 
gruppe im  Zusammenhange  zu  stehen  scheinen.  Die  physiologische  Unter- 
suchung spricht  also  mehr  für  die  Franchimont  sehe  Formel  als  für  die 
Hantzschsche*). 

7.  Die  Cyaiigrnppe. 

Die  Blausäure  (Cyanwasserstoff  CNH)  wirkt  bekanntlich  als  ungemein 
heftiges  Gift,  indem  sie  das  Atmungszentrum  in  der  Medulla  oblongata  lähmt. 
Die  große  chemische  Reaktionsfähigkeit  sowie  die  Giftigkeit  dieser  Substanz 
dürften  in  engen  Beziehungen  zu  dem  zweiwertigen  Kohlenstoff  stehen,  da  ja 
ungesättigte  Verbindungen,  Mae  Kohlenoxyd  z.  B.  infolge  dieser  Eigenschaft 

1)  Karl  Walko,  AePP.  46,   181  (1901). 

^)  Franchimont,  Reo.   des  trav.   chim.  des  Pays-Bas  7,  354. 

3)  BB.  33,  3072  (1899). 

')  Stockvie  und  Spruyt,  Arch.  intern,  de  Pharmacodyn.  6,  279. 


Die  Cyangruppe.  y5 

besonders  giftig  sind*).  Cyan  CN  —  CN  wirkt  nach  Benevenuto  Bunge*) 
fünfmal  schwächer  als  Cyanwasserstoff.  Cyan  uiid  Cyanwasserstoff  haben 
das  Wesen  der  Wirkung  gemein,  doch  ist  Cyan  weniger  stürmisch  und  auf  einen 
längeren  Zeitraum  ausgedehnt. 

Im  allgemeinen  bewirken  die  Isocyanide  (Isonitrüe,  Carbylamine  R  •  N  C 
oder  R  •  N  :  C)  Lähmung  des  Respirationszeutrums,  während  die  echten  Ni- 
tiile  oder  Cyanide  R  •  CN  Koma  bewirken. 

Schinkhoff^)  zeigte,  daß  die  Salze  der  KnaUsäiu-e  >C:N-OH,  die 
nach  Nef*)  mit  Carbyloxim  identisch  sind  und  als  solche  zu  den  Derivaten 
der  Blausäure  in  Beziehung  stehen,  eine  Wirkung  wie  Cyansalze  haben. 

Äthylcarbylamin,  Cyanäthyl  (Äthj'lisocyanid)  CH3  •  CHj  •  N  =  C  ist  acht- 
mal weniger  giftig  als  Blausäiu'e  und  wirkt  erst  bei  5  cg  pro  Kilogramm  Tier 
letal.  Der  Tod  erfolgt  erst  nach  einigen  Stunden^),  daher  haben  mehi-ere  For- 
scher [(Maximowitsch*)]  die  toxische  Wirkung  des  Cyanäthyls  geleugnet. 

Das  Nitril  der  Propiolsäui'e  (Cyanacetylen  HC  \  C  •  CX  sowie  das  Kohlen- 
stoffsubnitrid (Dicyanacetylen),  NC  •  C  i  C  •  CN  machen  Paralj'se  und  Atem- 
lähmung. Sie  sind  weniger  giftig  als  Blausäure.  Die  Einschiebung  der 
Acetylengruppe  zwischen  H  und  CN  der  Blausäure  oder  zwischen  die  zwei 
CN  des  Dicyans  verringert  also  die  Giftigkeit  beträchtlich,  inid  zwar  im 
gleichen  Verhältnis  bei  jedem  der  Nitrile,  da  Kohlenstoffsubnitrid  ungefähr 
viermal  weniger  giftig  als  Cj'anacetylen.  Gfegenüber  anderen  Xitrüen  z.  B. 
Acetonitril  ist  die  Giftigkeit  noch  erhöht.  Natriumthiosulfat  ist  gegenüber 
dem  Kohlenstoffsubnitrid  eine  schützende  Substanz,  nicht  aber  gegenüber 
dem  Cyanacetylen'). 

Chlorcj^an  CNCl  ist  sehr  stark  giftig,  Bromcj-an^)  und  Jodcyan  sind  schwächer 
giftig  als  Blausäm'e'). 

Alle  drei  reizen  die  Schleimhäute  sehr  intensiv  mid  stehen  nach  dieser 
Richtung  dem  p-Bromxylol,  dem  Perchlorameisensäureester,  dem  Chloi-pikrin, 
dem  Bromaceton  nicht  nach.  Trichlorcyan  ist  ebenfalls  giftig,  wenn  auch  weniger 
als  Chlore yan,  und  riecht  nach  Mäuseharn. 

Tetrachlordinitroäthan  wirkt  auf  Mäuse  sechsmal  giftiger  als  Chlorpikrin 
ein.  Seine  tränenerregende  Wirkung  auf  Menschen  ist  achtmal  größer  als  die 
des  Chlorpikrins*"). 

Eine  Reihe  von  Körpern,  darunter  Arsentrichlorid,  ßronitrifluorid,  Chlor- 
isonitrosoaceton,  Dinitrochlorbenzol,  Äthyldichlorarsin,  Dichloräthylsulfid, 
Jodtrifluorid,  Methyldichlorarsin,  Methyldibromarsin,  Phenyldichlorarsin,  orga- 
nische Selenbromverbindungen  haben  die  Eigenschaft,  schwere  Veränderungen 
der  Haut  hervorzurufen:  Hyperämie,  SchweOung  und  Ödem,  Geschwüre, 
Nekrosen  und  Blasenbildung.  Folgende  Körper  sind  weniger  wirksam,  sie 
rufen  nur  Hyperämie,  leichte  Schwellung,  leichtes  Ödem  und  Zucken  hervor, 
und  zwar  Butyldichlorarsin,  o-Chlorchloracetanilid,  Chloracetophenon,  Chlor- 
äthylmethylsulfid, Dimethylarsincyanid,  Diphenylchlorai'sin,  Diphenjdcyan- 
arsin,  Dichlordimethyldithioloxalat,  Jodacetophenon,  Isothiocyanmethylester, 
Isothiocj'audimethylester,  Monochloräthylacetat,  Monobromäthylacetat,  ver- 
schiedene organische  Selenverbindungen  usw.    Lokal  reizende  Eigenschaften 

1)  Liebigs  Arm.  270,  267.  ^)  AePP.   13,  41.  '>)  Diss.  Kiel  bei  Falck. 

*)  Liebigs  Ann.  280,  303.  ^)  Ed  mund  Fiquet:  Bull.  Soc.  chim.  Paris[3]  35,  591. 

^)  Peteisbmger  med.  Wochenschr.    1877,  Nr.  38. 

')  C.  A.  Desgrez,  C.  r.   153,   1707  (1911).  «)  Meyer,  Diss.  Kiel  (1896). 

»)  Wedekind,  Diss.  Kiel  (1896). 

'")  W.  L.  Argo,  E.  M.  James  und  J.  L.  Dounelly,  Jouru.  Physical.  Chem.  33.  578 
(1919). 


86  Bedeutung  der  einzelnen  Atom-Gruppen  für  die  Wirkung. 

auf  der  menschlichen  Haut  oder  auf  der  Haut  des  Hundes  fehlen  bei:  Brom- 
acetamid,  BenzylsuLfocyanat,  Fluorsulfosäureäthylester,  Senfgasquecksilber- 
chlorid, luglon,  Tetramethylblei,  Dimethylquecksilber,  p-Bromchloraceto- 
phenon,  Tetrachlordinitroäthan,  Trichloräthylenquecksilber.  Im  aUgemeinen 
sind  Arsenverbindungen  stärker  'wirksam  als  Dichloräthylsultid.  Die  Gie- 
schwüre,  die  sie  hervorrufen,  sind  schmerzhafter,  scharf  begrenzt,  trocken  und 
ihi'e  Basis  ist  gerötet.  Die  Heilung  erfolgt  schnell.  Die  Unterschiede  zwischen 
verschiedenen  Arsenverbindungen  sind  nur  quantitativer  Art.  Dichloräthyl- 
sulfid  wirkt  langsamer  als  die  Arsenverbindungen.  Die  akuten  Symptome 
sind  weniger  ausgesprochen,  die  G!eschwüre  haben  unregelmäß'gen  Rand,  sind 
nm-ein  und  eitern.  Im  allgemeinen  sind  sie  schmerzhaft  und  sekundäre  Infektion 
ist  häufig. 

Die  Eigenschaft,  Eiweiß  zu  fällen,  geht  bei  Arsenverbindungen  der  haut- 
reizenden Eigenschaft  parallel,  während  Dichloräthylsulfid,  das  in  bezug  auf 
die  hautreizende  Eigenschaft  als  das  wirksamste  anzusprechen  ist,  Eiweiß 
kaum  fällt,  was  auf  eine  Verschiedenheit  im  Mechanismus  der  Wirkung  des 
Dichloräthylsulfids  einerseits  und  den  Ai-sen Verbindungen  andererseits  hinweist. 
In  bezug  auf  die  Hautpigmentierung,  die  nach  der  Heilurg  zu  beobachten  ist, 
sind  Verschiedenheiten  der  Färbung  festgestellt  woi'den.  Dichlordinitrosoaceton 
ruft  keine  Pigmentierung  hervor.  Beim  Dichloräthylsulfid  ist  ein  bräunhches 
Pigment,  bei  den  Arsenverbindungen  ein  tiefbraunes  Pigment,  bei  den  orga- 
nischen Selenverbindungen  ein  metallischgraues  Pigment  zu  beobachten^). 

Cyanessigsäure  CN  •  CHg  •  COOH  ist  unwirksam.  Erst  in  gi'ößerer  Dosis 
macht  sie  lang  dauernde  Narkose. 

Auch  die  Carbonsäuren  der  Carbylamine  z.  B.  die  Isocvanessigsäure  C  :  N 

•  CHa  .  COOH  wirken  so. 

Die  Nitrile  verlieren  bei  der  Substitution  mit  Kohlenwasserstoffen  der 
Fettreihe  die  Intensität  und  den  ursprünglichen  Charakter  ihrer  Wirkung. 
Nur  wenn  Blausäure  sich  im  Organismus  wieder  bilden  kann,  tritt  die  ent- 
sprechende Wirkung  em.  In  der  Gruppe  der  Phenolnitrile^)  z.  B.  m-Oxj^cyan- 
zimtsäm'enitril,  p-Oxycyanzimtsäurenitril,  sieht  man,  wie  die  Phenolgruppe, 
welche  die  Giftigkeit  der  Stammsubstanz  in  den  meisten  Verbindungen  erhöht, 
die  Giftigkeit  des  Nitrils  durch  ihren  Eintritt  herabsetzt. 

Acetonitril  CH3  •  CO  •  CN  ist  schwach  wirksam.  Die  höheren  Homologen 
Propio-,  ButjTo-,  Capronitril  sind  aber  heftige  Gifte^).  Acetonitril  hebt  die 
Reflexerregbarkeit  auf,  die  Einatmung  der  Dämpfe  wirkt  anästhesierend  auf 
Ratten,  Aveniger  auf  Kaninchen,  nicht  auf  Hunde.  Tiere  der  beiden  letzt- 
genannten Arten  werden  durch  Einatmung  von  Acetonitril  und  besonders  von 
Propionitril  leicht  getötet.  Die  toxikologische  Wirkung  der  Nitrile  ist,  wie  er- 
wähnt, von  derjenigen  der  Cyanwasserstoffsäure  wesenthch  verschieden,  wohl 
aus  dem  Grunde,  weil  die  Blausäure  ein  Isocyanid  ist.  Nach  Calmels  ist  Me- 
thylisocyanid'')  (Methylcarbylamm)  CH3  •  N  =  C  beim  Einatmen  noch  giftiger 
als  wasserfreie  Blausäure.  Armand  Gautier  und  Etard  sehen  das  Kröten- 
gift^)  als  Methvlcarbylamin  an,  es  bildet  sich  aus  der  Isocyanessigsäure  Cl^N 

•  CHj  •  COOH  .  Diese  Angabe  ist  mu'ichtig,  denn  das  Ki-ötengift  (Bufotahn) 
ist  nach  Wieland  wahrscheinhch  ein  gesättigtes  Dioxy-Lacton  und  der  Cholal- 
säm'e  verwandt"). 

')  Paul  Hanzlik  und  Jesse  Tarr,  Journ.  Pharm,  and  Exp.  Therap.  14,  221  (1919). 
-)  Goldfarb,  Diss.  Dorpat  (1891).  ^)  AePP.  34,  247.  *)  C.  r.  98,  536. 

')  Gautier  und  Etard,  C.  r.   98,   131. 
«)  Heinrich  AVieland  und  Friedrieh  Jos.  Weil,  BB.  46,  3315  (1913). 


Die  Cyangruppe.  87 

Die  Giftigkeit  der  Monouitrile  der  fetten  und  aromatischen  Reihe  [Ver- 

brugge^)]  für  Kaninchen  ist  pro  Kilogramm  in  Grammen: 

Acetonitril 0.13 

Propionitril       0.065 

Butyroiiitril      O.Ol 

IsobutjTonitril 0.009 

Isovaleroiütril 0.045 

Isocaproiiitril 0.09 

Lactonitril 0.005 

Cyanessigaäiu'enitril 2.0 

Cyanessigsäure-äthyliiitril      1.5 

Benzonitril 0.2 

Benzylcyaiiid 0.05 

Tolimitril  o- 0.6 

Amygdaloiiitril 0.006 

Naphthonitril 1.0 

Die  Xaclibarschaft  eines  Hydroxyls  zur  Cj-angruppe  oruiedi'igt  die  Giftig- 
keit der  letzteren,  in  der  Cyancssigsäure  ist  die  Giftigkeit  der  Cyangruppe 
ganz  verschwmiden.  Milchsäurenitril  zersetzt  sich  in  Wasser  und  wh-kt  ganz 
Mic  Blausäm-e.  a-Cj'an-rv-milchsäure  wirkt  hingegen  nicht  wie  Blausäm-e 
kramj)f erregend,  sondern  rein  jDaralysierend-).  Formaldehydcyaiihydrin  ist 
viel  giftiger  als  Acetoniti'il.  was  Reid  Hunt^)  durch  raschere  Oxydierbarkeit 
wegen  der  Anwesenheit  eines  Hydroxyls  erklärt. 

Die  Dinitrilc  zeigen  ein  Verhalten.  \^elches  sich  niclit  in  ein  bestimmtes 
Gesetz  kleiden  läßt. 

Heymanns  und  Masoiu*)  untersuchten  die  Giftigkeit  des  Oxalsäure-. 
Malousäure-,  Bemsteinsäure-  und  Brenzweinsäm'edinitrils.  Die  Giftigkeit 
steht  in  keinem  Verhältnisse  zum  Molekulai-gewichte.  Bei  verschiedcueu 
Tierspezies  erweisen  sich  die  Gifte  als  verschieden  giftig.  Die  Verschiedenheit 
und  Regellosigkeit  dürfte  mit  der  verschieden  leichten  Aljspaltbarkeit  der 
CN-Gruppe,  welche  eigentlich  giftig  ist,  zusammenhängen. 

Hingegen  komite  Barthe  und  Ferre^)  Beziehungen  zwischen  Kon.stitution 
und  WLrJamg  in  dieser  Gruppe  finden  und  feststellen.  Sie  untersuchten  Methyl- 
cyanotricarballylat,  Methylcyanosuccinat  und  Methylcyanoacetat.  Das  Mole- 
kularge'svicht  nimmt  vom  ersten  zum  letzten  Körper  zu  ab.    Der  letzte  Körper 

CN 
hat  zwei  substituierbare  Wasserstoffe  in  der  Methangruppe  'B.fi<QQQ   p.jj  , 

der  zweite  einen  substituierbaren  Wasserstoff  HC<„qq   ,,jj     ,    der  erste  ist 

CH,  ■  COO  •  CHj 
aber  gesättigt  und  hat  keinen  substituierbaren  AVassei-stoff  mehr: 

CH,  •  COO    CH., 

V^-COOCH, 
CHo  ■  COO  ■  CH3 

Dieser  chemischen  Reihenfolge  entspricht  nun  auch  eine  Skala  der  physio- 
logischen Wirkung,  derai't,  daß  liie  Verbindung  mit  dem  geringsten  Molekiüar- 
gewicht  und  den  zwei  noch  substituierbaren  Wasserstoffen  des  Methanrestes 
am  energischesten,  der  reinen  Blausäure  am  ähnlich.sten  ■\\irkt,  der  einen  sub- 
stituierbaren Wasserstoff  enthaltende  Körper  steht  üi  der  Mitte  und  der  ge- 
sättigte (Methylcyanotricarballylat)  zeigte  gar  keine  toxische  Wirkung.    Die 

')  Arch.  international  d.  Pharmacodjm.  5,  161.  -)  Kastein,  Diss.  Kiel  (1896). 

")  iVrch.  de  pharmacodyn.   lä,  447.  *)  Ai-ch.  de  phaiinacodyn.  3,  77. 

^)  Arch.  de  physiol.  [5]  4,  488. 


88  Bedeutung  der  einzelnen  Atom-Gruppen  für  die  Wirkung. 

Giftwiikuiig  besteht  üi  Betäubung,  zunehmender  Resph-ationsfrequenz  und 
steigender  Diurese.  —  Es  sind  also  die  CN-Substitutionsprodukte  um  so  aktiver, 
je  mehi-  substituierbare  Wasserstoffatome  sie  besitzen  und  je  weniger  hoch  das 
Molekulargewicht  ist. 

Die  aromatischen  echten  Nitrile"^)  verhalten  sich  folgendermaßen:  Beuzo- 
nitril  CrjHg  •  CN  wirkt  selbst  in  großen  Dosen  unsicher.  Die  Giftigkeit  des  Benzo- 
nitrils  beruht  nicht  auf  Abspaltung  von  Blausäure'^).  Phenylacetonitril  (Benzyl- 
cyanid)  C^Hg  •  CHj  •  CN  bewirkt  ähnlich  dem  Benzonitril  vollständige  Paralyse, 
es  fehlen  hier  jedoch  die  bei  jenem  auftretenden  Ki-ämpfe  cerebralen  Ursprunges. 
Es  ist  5 — 6  mal  so  giftig  als  Benzonitril.  Benzylcyaiüd  scheint  im  Organismus 
Blausäure  abzuspalten,  zum  Teil  erscheint  es  als  Pheuylacetylaminoessigsäure 
CgHs  •  CHg .  CO  •  NH  •  CHa  •  COOK  im  Harn.  Mandelsämenitril  CgH,  •  CH(OH)  •  CN 
ist  giftiger  als  Benzylcyanid.  Piperidoessigsävu-enitril  CgH^N  •  CH,  •  CN  scheint 
leicht  Blausäm-e  abzuspalten.   Nitrile,  die  ein  Aminostickstoffatom  in  Verbin- 

/CN 
düng  mit  Äthylgruppen   (Diäthvlaminoacetonitrü   CH«  ,    Diäthylamino- 

/CN  '  ^NtCjHs).. 

inilchsäurenitril    CH3CH  enthalten,    geben    —    möglicherweise    durch 

\N(C2HJ2 
üxydationsprozesse  —  Blausäure  ab,  während  Nitrile,  die  das  N-Atom  in  Ver- 

/CN 
bindmig  mit  einer  Phenylgruppe  enthalten  (Phenylammoacetonitril  CHo  , 

o-  und  m-Tolylaminoacetonitril  CHg  •  C6H4  •  NH  •  CH,  •  CN  Blausäm-e  im  Orga- 
nismus nicht  absjjalten.  Tolylaminoacetonitril  ist  wegen  des  Eüitrittes  der 
Methylgruppe  in  den  Kern  dem  Phenylaminoacetonitril  gegenüber  an  Giftig- 
keit nachstehend.  Die  Addition  von  Jodmethyl  zu  Diäthylaminoacetonitril 
and  Diäthylamüiouiilchsäureiiitril  vermindert  deren  Giftigkeit. 

Chloralcyanhydriii  ist  30 mal  so  giftig  als  Blausäure,  was  Reid  Hunt 
dm-ch  das  erleichterte  Eindi-ingen  des  Chloralcyanhydrins  in  Organe,  die  sehr 
leicht  durch  Blausäure  geschädigt  werden,  erklärt. 
;•'  I-   Äthylchloralcyanhydrin  wirkt  wesentlich  durch  die  Blausäure^). 

■  Die  Isomerie  in  der  Struktur  der  Cyanderivate  ändert  die  Natur  der  physio- 
logischen Wii-kuug  nicht  ab,  sofern  man  nicht  einen  Übergang  der  Isocyan- 
verbindiuigen  in  Cyanverbindungen  innerhalb  des  Organismus  amümmt,  wozu 
aber  kein  Grund  vorhanden.  Da  ferner  Äthylcarbimid  -wirksamer  ist  als  Iso- 
thiocyansäiu-eäthyläther,  trotz  der  Gleichheit  des  Alkohohadikals,  so  muß 
gefolgert  werden,  daß  die  Sauerstoff  enthaltenden  Cyanderivate  giftiger  sind 
als  diejenigen  mit  Schwefel. 

Isocyansäureäthylester  (Äthylcarbimid)  OC  :  N  •  CJIg  und  der  Isocyanm-- 
säureäthylester  (Triäthylcarbimid)  (OC  :  N  •  C2H5)3  wirken  im  wesenthchen 
auf  die  Atmung,  und  zwar  erregen  sie  zuerst  die  Zentren,  um  sie  später  zu 
lähmen*).  Bei  Vergleichung  von  Äthylcarbimid  und  Triäthylcarbimid  zeigen 
sich  die  bei  Aldehyd  und  Paraldehyd  gefundenen  Verhältnisse.  Der  erste  Körper 
wirkt  heftiger  als  der  zweite.  Abgesehen  von  der  Giftigkeit  ist  die  Wirkung 
l>eider  Köi-per  doch  der  der  Blausäure  so  weit  ähiiüch,  um  sie  mit  cUeser  in  eine 
Gruppe  vereinigen  können.  Nähere  Beziehungen  rücksichthch  des  physio- 
logischen Verhaltens  zeigen  die  beiden  Äther  mit  dem  Dithiocyansäureäther 
und  dem  Isothiocyanm-säm-eäther  und  dem  Isocyanursäureallyläther. 

1)  P.  Giaoosa,  HS.  8,  95  (1883—1884).  «)  Reid  Hunt  1.  c. 

3)  Landgraff.  Diss.  Kiel  (1896). 

*)  Baldi,  Lo  öperimentale  I88T.  Sett.  302.  Ann.  di  chiiii.  o  di  lannac.  i,  205  (1888). 
—  F.  Coppola,  Rendiconti  delle  acad.  dei  Liucei.  5,  I,  378, 


Wirkungen  der  Puringrnppe.  gg 

Beim  Frosch  ist  Sulfocyanwasserstoff  (Rhodanwasserstoff)  CX  •  SH  viel 
giftiger  als  das  giftigste  Mittel.  Sonst  ist  Rhodanwasserstoff  wenig  giftig.  Es 
macht  Krämpfe  tonischer  und  klonischer  Natur  und  vermehrt  die  Peristaltik  *). 

Die  Cj-anursäure 

H  II 
N  C 

N  C 

H  II 

O 

imd  das  Cyanmehd  (COXH)^  sind  fast  unschädliche  Verbindungen,  was  um 
so  wichtiger  ist,  als  gleiche  Verhältnisse  bei  den  schwefelhaltigen  normalen 
Cyanverbindungen  obwalten.  So  ist  z.  B.  Dithiocyansäureäthyläther  ein 
ziemlich  starkes  Gift,  während  dithiocyansaures  Kalium  mischädhch  ist 
oder  höchstens  durch  seinen  Kahgehalt  schädigt 3).  Auch  thiocj-ansaures 
KaUum  ist  bei  Warmblütern  nur  ein  schwaches  Gift,  im  GJegensatze  zum 
Cyankahum^). 

Im  Ferrocyamiatrium  hat  weder  die  Cyangruppe,  noch  das  Eisen  eine 
phj-siologische  oder  pharmakologische  Wirkuiig.  Auch  Platincyannatrium  ist 
ebenfalls  als  MetaUgift  und  Cyanderivat  wirkimgslos  und  migiftig,  während 
Platinsalze  sonst  sehr  giftig  sind,  da  dem  komplexen  Ion  die  Wirkungen  des 
Platin-  und  Blausäureion  fehlen. 

Xach  L.Hermanu^)  tötet  XitropiTissidnatrium  Fe(CN)3(XaCX).,X0  -  2  RjO 
Warmblüter  imter  den  Erscheinimgen  der  Blausäurevergiftung.  In  den  Körjier- 
höhlen  der  vergifteten  Tiere  kann  man  BlausäTiregeinich  wahrnehmen. 

Bei  Einfühnmg  von  Cyan  in  das  Coffein  überbietet  das  CX-Radikal  die 
physiologische  Wirkung  der  drei  ilethj'lgruppen  und  das  Cj-ancoffein  wirkt 
giftiger  als  Coffein^).    Cj'anacetylguanidin  ist  giftig. 

S.  auch  S.  75  Cyanamid. 


8.  Wiikungen  der  Puringruppe. 

Imidazül  Pyi-imidin  Purin  Xanthin  (2.6-Dioxypiirin) 

1      N=CH  6  1      N=CH  6  1  HN  — CO  6 

II  II  II 

CH— ^\  2  HC      CH  5  2  HC    bC  — N^  8  a  OC    SC  •  N^     8 

II  >CH  II        II  II       II       7>CH  I       11      7)CH 

CH  — XH  3     X  — CH  4  3     X— C  — XH  3  HX— C— X 

4  9  4  9 

CH  =  X 

Imidazol  ist  sehr  wenig  giftig,  während  Pyrazol    I  >XH  in  seinen 

CH  =  CH 

Derivaten  recht  giftig  ist,  so  z.  B.  Phenyldimethylpyrazol.    Imidazol  bringt 

periphere  Gefäße  zur  Kontraktion  und  wirkt  auch  auf  andere  glatte  Muskeln 

erregend  [Uterus]^). 


')  H.  Pasehkis,  Wiener  med.  Jahrbücher  1885. 

-)  Gibbs  und  Reichert,  Dubois'  Arch.  1893.    Suppl.  201.    Ebenso  ist  die  Oxamin- 
säure  XH,  •  CO  •  COOH  ungiftig. 

^)  Coppola,  Rendiconti  della  acad.  dei  Lincei  5,  1,  378. 

*)  Pflügers  Archiv  39,   149,  siehe  auch  Cromme,  Diss.  Kiel  (1891). 

')  Pickeriug,  Jouru.  o£  physiol.   17,  395. 

')  Hellmut  Auvermann,"AePP..84,   155  (1918). 


90  Bedeutung  der  einzelnen  Atom-Gruppen  für  die  Wirkung. 

Lusi  n  ii)  hat  verschiedene  Harnsäurederivate,  Alloxan  (Mesoxalylharnstoff) 

HN<^g-,^>CO 


Alloxantin  CO  •  NH  •  00  •  NH  •  CO  •  C{OH)  •  C(OH)  •  CO  •  NH  •  CO  ■  NH  •  CO 

PO  ■  N^TT 

Parabansäure    (Oxalylharnstoff)      HN\  auf    Giftwirkung    untersucht 

■MTJ 

und  gefunden,  daß  ihre  Wirksamkeit  \oti  der  Ureidgruppe  t'0<j^jj  und  nicht 
von   der   Imidgruppe    HN<^q   lierriihrt.    da   die   Wirkung   des    Succinimids 

I 

CO  •  CH,  •  CH„  •  CO  •  NH  luid  Chloralinüds  (CCJs  •  GH  :  NH)3  wesentlich  von 
der  der  genannten  Körper  abweicht. 

Alloxan  ist  am  stärksten,  Parabansäm'c  am  schwächsten  giftig.  Sie  machen 
aUe  diastolischen  Herzstillstand.  Im  Organismus  werden  aUe  drei  zerstört.  Nach 
Verfütterung  von  Alloxan  finden  sieh  nur  äußerst  geringe  Mengen  Alloxantin 
und  Parabansäure  im  Harne;  nacli  AUoxantinfütterung  schwache  Spuren  von 
Alloxantin,  außerdem  geringe  Mengen  Dialursäurc,  Parabansäure  und  Mm-exid; 
nach  Parabansäure  niu-  sein-  geringe  Spuren  der  eingeführten  Substanz.  Alloxan 
und  Alloxantin  machen  in  8  g-Dosen  bei  Hunden  leichte  DiaiThöe  ohne  andere 
Symptome-),  während  Lusini^)  fand,  daß  die  Haut  angegriffen  wird  und 
Reflexübererregbarkeit  und  später  Reflexuntererregbarkeit  eintritt.  Alloxan 
macht  beim  Frosch  Mydriasis. 

Analog  dem  Alloxantin,  aber  schwächer,  wirken  die  Salze  der  Purpiu- 
säm'e  (Murexid);  bei  Warmblütern  ist  Murexid  inaktiv\  Bei  direkter  Herz- 
wii'kung  tritt  diastolischer  Stillstand  auf.  Murexid  wird  unzersetzt  eliminiert 
(Lusini). 

Die  Pyrimidinderivate  Thymm,  Cytosm  und  Uracil  werden  in  beträcht- 
lichen Mengen  im  Harn  ■«ieder  ausgeschieden;  sie  wirken  weder  auf  den  Eiweiß- 
stoffwechsel, noch  diuretisch  und  keinesw^egs  toxisch*). 

Imidazol  ist  jjhysiologisch  ziemHch  indifferent.  Sowohl  dem  Imidazol 
als  auch  dem  PjTimidin  kommt  noch  keine  besondere  Wirkung  zu,  erst  der 
Kombination  beider  Ringsysteme  zum  Purin.  Em  Ähnliches  sehen  vm  bei 
der  Betrachtung  des  Benzols  und  Pyridins  sowie  des  aus  beiden  kombinierten 
Chinolimingsystems. 

Methylimidazol  erzeugt  bei  Hunden  Erbrechen,  starke  Atemnot  mid  darauf- 
folgende Lähmung  des  Atemzentnims^). 

Benzimidazol  |  JZ-vrpr/^^  macht  leichte  Narkose,  lähmt  die  glatte 
Muskulatur  des  Darms  und  Uterus. 

Methylbenzimidazol  [  jZtittt/^  •  ^^n  wirkt  etwas  stärker  auf  das  Herz 
als  Benzimidazol,  sonst  wie  Benzimidazol. 

Phenylbenzimidazol    f  J~.^jtx/'^  •  '^o^s  wirkt  nicht  giftig. 

Diaminoaceton  wirkt  weder  auf  die  Zirkulation,  noch  auf  den  Kanmchen- 
darni. 

1)  Ann.  di  chim.  e  fanii.  äl,  241;  'i'i,  3S.'"j. 

")  Koehne,  liiaug.-Diss.  Rostock  (1894). 

=")  Ann.  di  chim.  e  di  farmacol.  31,  145,  241  (1895);  38,  341,  385  (1895). 

■*)  Lafayette  B.  Mendel  luid  Viktor  C  Myers,  Americ.  .Toiu'n.  Phy.'iiol.  36,  77. 

S)  K.   Kowalevsky,  BZ.  33,  4  (1910). 


Wirkungen  der  Poringruppe.  91 

Im  menschlichen  Organismus  wird  ein  relativ  erheblicher  Teil  des  Imidazols 
unverändert  ausgeschieden.  Benziraidazol  und  Methylbenzimidazol  lassen 
sich  jedoch  nach  Eingabe  im  Harne  nicht  nachweisen. 

Purin  macht  nach  den  Untersuchmigen  von  O.  Schmiedebergi)  eine 
Steigerung  der  Gehirnerregbarkeit,  we  die  Amiuoniumsalze,  mit  Neigung  zu 
konvulsivischen  Krämpfen,  ohne  daß  diese  indes  zum  Ausbrucli  kommen, 
außerdem  erhöhte  tetanische  Refleserregbarkeit  und  Lähmung.  Die  muskel- 
erstaiTende  Wirkung  des  Coffeins  besitzt  auch  das  Purin,  doch  tritt  sie  erst  bei 
.Vnwendung  konzentrierter  Purinlösung  und  viel  langsamer  als  nach  Coffein  ein. 

Die  für  Theobromin  und  Coffein  charakteristische  Kombination  der  Muskel - 
wrkung  mit  dem  Tetanus  hängt  von  dem  Purinkern  selbst  ab. 

7-Methylpurüi  steht  dem  Coffein  viel  näher  als  Purin.  Auf  Muskeln  wh'kt 
es  stärker  als  Purin.  Die  Wirksamkeit  dagegen  ist  eine  verhältnismäßig  geringe, 
1  g  ist  bei  Kaninchen  bei  subcutaner  Injektion  ohne  merkliche  Wirkung. 

6-Oxj'purin  (Hj'poxanthin,  Sarkin)  macht  Tetanus,  aber  keine  Muskel- 
.staiTe.  Die  Arbeitsleistung  der  Muskeln  wird  durch  Hv-poxanthin  nicht  beehi- 
flußt^).  Im  Organismus  des  Hiindes  wird  es  fast  voUständig  in  Allantoin  um- 
gewandelt, beim  Menschen  größtenteils  zu  Harnsäure  oxydiert ^j.  Es  bewirkt 
erst  nach  6  Stunden  Reflex-Emi^findlichkeit  und  Reflex-Irradiation,  spontane 
Krampfanfälle:  allgemeiner  Starrkrampf  wie  beim  Coffeintetanus  steht  sich 
ein.  50 — 100  mg  wirken  letal,  die  Totenstarre  tritt  sehr  bald  inid  in  sehr  aus- 
gesprochenem Maße  auf. 

I.T-Dimethv'lhypoxanthin  wirkt  vorwiegend  tetanisierend.  Bei  Fröschen 
zeigt  sich  auch  che  MuskehWrkung,  aber  schwächer  als  bei  Coffem. 

8-Oxypurin  zeigt  im  Gegensatz  zum  Hypoxanthin  keinen  Tetanus,  sondern 
nur  Muskelstarre.    Die  Substanz  wirkt  sehr  schwach. 

7.9-Dimethyl-8-oxypmin  macht  im  Gegensatze  zu  seiner  nicht  alkyherten 
Muttersubstanz  MuskeLstarre  und  Tetanus.  In  bezug  auf  die  Stärke  der  Wirkung 
ist  die  Substanz  etwa  dem  Theobromin  analog. 

Während  che  Dimethylderivate  beider  Oxj'purine  gleichartig  wirken,  zeigen 
die  Oxv'jJimne  selbst  Differenzen  in  der  Wirkung,  welche  sich  vielleicht  durch 
die  Verschiedenheit  ihrer  Resorbiei'barkeit  erklären  lassen. 

Xanthin  (2.6-Dioxypm'in)  hat  eine  eigentümhche,  Muskel  erstarrende*) 
imd  Rückenmark  lähmende  Wirkung.  Xanthin  stimmt  in  seinen  Wirkungen 
völlig  mit  dem  S-Oxv-purin  überein. 

6.8-Dioxj'pmin  ist  so  schwer  löshch,  daß  man  über  seine  Wirkimgen  nicht 
ins  klare  kommen  kann.    Anscheinend  wirkt  es  auf  das  Nervensystem. 

Die  monalkyherten  Xanthine  wirken  ohne  Ausnahme  ähnlich  wie  Coffein. 
imd  Theobromin  sowohl  auf  Muskehi  als  auch  auf  das  Nervensystem,  jedoeii 
mit  dem  Unterschiede,  daß  sie  im  Verhältnis  zu  der  erregbarkeitssteigernden, 
insbesondere  der  tetanisierenden  Wirkung  die  Muskeln  stärker  stan-  machen 
als  Coffein  und  selbst  Theobromin. 

7-Methylxanthin  (Heteroxanthin)  vnrkt  v\-eniger  erregbarkeitssteigenid 
und  mehr  lähmend  auf  das  Zentralnervensystem  als  3-Methylsanthin.  Auch 
ist  es  vvirksamer  als  jenes.  Beide  machen  Muskelstarre °).  Während  O.Ol  g  des 
7-Methylxanthin  bereits  füi-  Frösche  letal  sind,  bevvirkt  dieselbe  Dosis  des 
3-Methj'Lsanthins  niu-  eine  leichte  und  vorübei-gehende  Muskelsteifigkeit.  Wäh- 
rend Theobromin  und  Coffein  einen  ausgesprochenen  Tetanus  hervorrufen,  tritt 

1)  BB.  34,  2550  (1901).  -)  AePP.   1.5,  62.  =)  AePP.  41,  103. 

*)  Wilhelm  Filehne,  Dubois'  Arch.   f.   Physiol.    1886,   72. 
5)  Manfredi  Albanese,  AePP.  43,  305. 


92  Bedeutung  der  einzelnen  Atom-Gruppen  für  die  Wirkung. 

dieser  nach  Injektion  der  beiden  Monomethylxanthine  gar  nicht  oder  nur 
einmal  auf.  Die  letale  Dosis  des  3-Meth3-Lsauthins  für  Hunde  ist  0.3 — 0.4  g 
pro  Kilogramm.  Es  macht  keine  Krämpfe,  sondern  nur  Lähmungserseheinungen. 
Die  Monomethylxanthine  (Albanese)  stehen  der  Wirkung  nach  zwischen  Xan- 
thin  und  den  höher  methyUerteu  Derivaten.  Bei  Kaninchen  erregen  sie  starke 
Diurese^)  (namentlich  3-Methylxanthin).  Die  beiden  Monomethylxanthine 
machen  beim  Hunde  keine  Diurese.  Nur  10%  der  injizierten  Menge  er- 
scheinen unverändert  im  Harne  wieder. 

Die  drei  bekannten  Dimethylsanthine  verhalten  sich  folgendermaßen: 

3.7-Dimethylxanthin  (Theobromin)  wird  in  bezug  auf  die  Muskelwirkung  ein 
wenig  von  dem  Theophyllin  (1 .3-Dimethylxanthin)  übertroffen  und  dieses  "nieder- 
um  von  Paraxanthin  (1 .7-Dimethj'lxanthin),  welches  nur  Muskelstarre  hervorruft. 

Ein  unbedingter  ParaUehsmus  zwischen  Nerv-MuskelwLrkung  und  Diurese 
besteht  in  der  Piu'ingruppe  nicht 2). 

Theobromin  hat  ebenfalls  noch  die  Muskel  erstarrende  Einwirkung  (Eigen- 
schaft des  Xanthins),  die  dadm'ch  hervorgerufen  wird,  daß  sowohl  dem  Xanthin 
als  auch  dem  Theobromin  eine  direkte  Gerinnung  veranlassende  Wirkung  auf 
die  Muskelflüssigkeit  zukommt.  Nun  bestehen  aber  zwischen  dem  Muskel- 
protoplasma und  der  Ganghensubstanz  derselben  Tierart  bestimmte  Beziehungen, 
imd  je  empfindlicher  das  Protoplasma,  desto  empfindhcher  ist  die  Ganghen- 
substanz gegen  die  Wirkung  des  betreffenden  Körpers.  Coffein  mit  drei  Methyl- 
gruppen zeichnet  sich  durch  Hervorrufung  von  Reflexübererregbarkeit  nnd 
prompt  eintretender  TotenstaiTe  der  Muskeln  bei  Fröschen  aus.  Die  methy- 
Uerteu Xanthine,  Coffehi  und  Theobromin  lassen  das  Herz  intakt.  Xanthin 
erzeugt  aber  Zeichen  von  stellenweise  auftretender  Totenstarre  des  Heraens. 
Durch  die  Einführung  von  Methylgrui^peu  an  die  Stickstoffatome  des  Xanthin- 
moleküls  wird  die  Muskel  erstarrende  und  Rückenmark  lähmende  Wü'kung 
des  Xanthins  mehr  und  mehr  abgeschwächt ^j.  Theobromin  und  Coffein  steigern 
die  Erregbarkeit  des  Zentralnervensystems.  Auf  die  quergestreifte  Muskulatur 
wirken  beide  in  der  Weise,  daß  sich  die  Muskehi  leichter  und  ergiebiger  kon- 
trahieren als  vorher  und  größere  Gaben  Starre  erzeugen. 

Theobromin  wirkt  stärker  auf  die  Muskeln  als  Coffein,  im  Vergleich  zu  der 
Steigerung  der  Erregbarkeit  des  Zentralnervensystems. 

Das  Gehirn  beherbergt  bei  Vergiftungen  große  Mengen  Coffein*). 

J.  W.  Golowinski  fand  beim  Studium  der  Einwirkung  von  Purinderivaten 
auf  den  Muskel,  daß  ein  Ersatz  des  Methyls  am  X  diu-ch  Äthyl  die  Wirksamkeit 
des  Xanthinkems  gar  nicht  oder  doch  höchstens  in  ganz  geringem  Grade  ändert, 
so  z.  B.  bei  Methyltheobromin  imd  Äthyltheobromin  oder  Methoxy-  und  Äthoxy- 
coffein. 

Eine  gewsse  Abstufung  des  Wirkungsgrades  ist  zu  bemerken  bei  Lagever- 
änderung der  Methyl-  und  Äthylgruppen  in  den  isomeren  Verbindmigen :  Äthyl- 
theophyllin,  Äthji theobromin,  ÄthyliJaraxanthin,  Theophyllin,  Theobromin, 
Paraxanthin,  indem  die  Wirkung  von  TheophyUin  zum  Paraxanthin  zunimmt, 
wogegen  die  Wirkmig  des  Coffeins  infolge  Anlagenmg  der  Methoxy-  und  Äthoxy- 
gruppe  an  den  Kohlenstoff  abnimmt.  Die  Unterschiede  sind  aber  nicht  sehr  groß. 

Alle  alkylierten  Xanthine  wirken  erregend  auf  den  Skelettmuskel  und  diese 
Vermehnuig  der  Erregbarkeit  steht  in  direkt  proportionalem  Verhältnis  zm" 
Alkyherung  des  Xanthinkems.    Paraxanthin  hat  von  den  Dimethylxantbiuen 

1)  Aroh.  ital.  de  Biol.  38,  fac.  3.  ^)  Starkenstein,  .A.ePP.  5T,  27  (1907). 

3J  W.  Filehne,  Dubois"  Arch.  f.  Physiol.   1886. 
••)  D.  Gourewitsch,  AePP.  3T,  214  (1907). 


Wirkungen  der  Pviringruppe.  93 

nach  dieser  Richtung  hin  clie  stärkste,  TheophyUin  die  schwächste  Wirkung, 
Theobromin  nimmt  zwischen  beiden  mittlere  Stellung  ein. 

Die  paralysierende  Wirkung  der  Äthoxygruppe  übertrifft  die  der  Methoxy- 
gnippe  im  substituierten  Coffein^). 

Führt  man  nun  in  das  Coffein  eine  Hydroxylgruppe  ein,  so  macht  selbst 
das  Fünffache  von  der  Coffeindosis,  als  Hj'droxycoffein  verabreicht,  keine  augen- 
fäUigen  Erscheinungen;  es  ist  die  dem  Coffein  eigentümhche  Einmrkung  durch 
die  Einführung  der  Hydroxylgruppe  anscheinend  verlorengegangen.  Durch 
die  Einführung  der  Hydrox^^Igruppe  ist  nämlich  das  Coffein molekül,  welches 
sich  dem  Organismus  gegenüber  recht  resistent  verhält,  im  Organismus  zer- 
setzlicher  geworden,  kann  also  leichter  gespalten  und  oxydiert  werden.  Ander- 
seits kann  auch  der  Angriffspunkt  durch  die  Einführmig  der  Hydroxylgruppe 
verschoben  sein.  Diäthoxyhydroxycoffem  ist  bei  Fröschen  völlig  unwirksam, 
was  ebenfalls  auf  die  Gegenwart  der  Hydroxylgruppe  in  dem  Körper  zu  be- 
ziehen ist.  Wenn  man  nun  die  Hydroxylgruppe  im  Hydroxycoffein  veräthert,  so 
macht  man  durch  den  Verschluß  der  Hydroxylgruppe  den  Körper  anscheinend 
den  Organismus  resistenter.  Sowohl  8  -  Äthoxycoffem  als  auch  Methoxycoffein 
bewirken  zunächst  gar  keine  Symptome,  sondern  eine  Betäubung  des  Zentral- 
nervensystems, an  die  sich  erst  später  eine  der  Coffeinstarre  analoge  Muskel- 
erstarrung anschließt.  Das  Herz  bleibt  das  ultimum  moriens.  Durch  die  Ein- 
führung der  Äthoxygruppe  ist  die  Verwandtschaft  der  Substanz  zum  Zentral- 
nervensystem wesentlich  größer,  zur  Muskelsubstanz  aber  geringer  geworden''). 
Auch  beim  Säugetier  zeigt  sich  die  gleiche  narkotische  Wirkung.  Blutdruck- 
versuche mit  Äthoxy-,  Methoxy-  und  Coffein  selbst  zeigen,  daß  die  Wirkung 
der  beiden  erstgenannten  auf  Blutdruck  und  Herzschlag  quaUtativ  der  des 
Coffeins  diu-chaus  gleich  ist.  Beim  Menschen  erregen  die  Alkyloxycoffeine  in 
V2  g-Dose  Zunahme  der  arteriellen  Spannung,  subjektives  Behaglichkeitsgefühl, 
große  Neigung  zum  Nichtstun  und  zur  Ruhe,  oft  sehr  lange  und  sehr  aus- 
gesprochen subjektiv  wahrnehmbare,  verstärkte  Herzarbeit,  am  nächsten  Tage 
Wohlbefinden;  größere  Dosen  machen  Schwindel  und  heftigen  Kopfschmerz, 
am  nächsten  Tage  Abgeschlagenheit.  Bei  mittleren  Dosen  tritt  in  der  Nacht 
festerer  Schlaf,  nach  größeren  unruhiger  ein. 

Auch  die  diviretische  Wirkung  geht  nach  den  Untersuchungen  von  W.  von 
Schroeder^)  den  Xanthinderivaten  verloren,  wenn  eine  Hydroxylgruppe  ein- 
geführt wird,  selbst  wenn  man  diese  dann  noch  veräthert.  Äthoxycoffein  zeigt 
erst  diuretische  Wirkung,  führt  aber  auch  in  denselben  Gaben  Tod  durch  zentrale 
Lähmung  herbei.  Auch  das  fast  ungiftige  CoffeinmethyUiydroxyd  (Methyl  imd 
Hydroxyl  am  N)  hat  keine  diuretische  Wirkung  mehr,  ebenso  fehlt  sie  dem 
Coffeidin,  welches  unter  Wasseraufnahme  und  Kohlensäureabspaltnng  aus  dem 
Coffein  entsteht. 

Der  Eintritt  von  Chlor  verringert  die  Coffemwirkung,  welche  sich  auf  die 
tonischen  Kontraktionen  des  Herzens  erstreckt.  Die  Einfügung  des  Cyans  in 
das  Coffeinmolekül  überbietet  die  physiologische  Wirkung  der  drei  Methyl- 
gruppen und  Cyancoffein  wirkt  giftiger  als  Coffein  selbst,  während  Chlorcoffein 
weniger  giftig  wirkt- 

Noch  stärker  narkotisch  als  8-Äthoxycoffein  ist  bei  Fröschen  7.9-Dimethyl- 
2.6-diäthoxy-8-oxypurin.  Bei  höheren  Tieren  ist  es  wenig  wirksam.  7.9-Di- 
methyl-2.6-dimethoxy-8-oxypurin  macht  keine  hypnotischen  Erscheinungen, 
hingegen  wie  Coffein  starke  Muskelstarre  und  Tetanus. 


1)  Pflügers  Arch.   160,  205,  207,  283  (1915).  ^)  AePP,  34,  85. 


94  Bedeutung  der  einzelnen  Atom-Gruppen  für  die  Wirkung. 

Desoxycoffein  (1.3.7-Trimethyl-6-dihydro-2-oxypurm)  ist  reduziertes 
Coffein  und  bewirkt  Tetanus  und  Muskelstarre  amiähemd  wie  dieses,  nur 
treten  die  Wirkungen  wegen  der  leichten  Löslichkeit  der  Substanz  sehr  rasch 
ein^). 

1.3.9-Triinethylxanthin,  welches  vom  Coffein  nur  durch  die  Stellung 
der  einen  Methylgruppe  verschieden  ist,  weicht  in  seinen  Wirkungen  ganz 
erheblich  vom  Coffein  ab.  Es  wirkt  viel  schwächer,  die  Muskelstarre  bleibt 
aus  und  die  tetanischen  Erscheinungen  treten  gegenüber  der  Lähmung  in  den 
Hintei-gnmd. 

8-Methylcoffein  (1.3.7.S-Tetrameth}'lsanthin)  weicht  nur  wenig  in  der 
Wirkung  vom  Coffein  ab.  Annähernd  gleich  ist  auch  3-Methyl-1.7-diäthyl- 
xanthin.  Isocoffein  (L7.9-Ti-imethyl-6.8-dioxypurin)  wirkt  wie  Coffein,  nur 
schwächer.  7.9-Dimethyl-ü.8-dioxypurin  ist  schwach  wirksam,  ähnhch  im 
Charakter  wie  die  DimethyLxanthine,  am  ehesten  wie  TheophyUin. 

\'on  den  Spaltungsprodukten  des  Coffeins  ist  folgendes  bekannt : 

Beim  Coffeidin 


>co 

N 

ist  pharmakologisch  eine  schwere  Schwächung  der  physiologischen  Wirksamkeit 
gegenüber  dem  Coffein  zu  erkennen,  obschon  die  pharmakologische  Zusammen- 
gehörigkeit der  beiden  Substanzen  sich  nicht  verleugnet,  erst  größere  Gaben 
machen  Muskelerstarrung  und  später  zentrale  Paralyse,  wie  Coffein. 
Coffursäure  COOH 


CO 

I 

macht  keine  Störung,  in  größeren  Dosen  eine  vorübergehende  und  mäßige 
Steigerung  der  Reflexerregbarkeit  und  eine  gewisse  Ungeschicklichkeit  der 
Muskelaktion. 

Hypocoffein  CO  ■  O- CH— N- CH3 

•^  \        I  >CO 

CHj-N— C=^N 

ist  wirkungslos,  in  größeren  Gaben  tritt  (in?  geringe  Betäubung  em;  jedenfalls 
ist  Hypocoffein  em  sehr  wenig  wirksamer  Körper  und  in  Gaben,  welche  beim 
Coffein  enorm  giftig  sind,  nur  ganz  indifferent. 
Coffohn  erscheint  gänzhch  wirkimgslos. 

CH.-NHC:N- 

HO  •  CH  •  N(CH3)'^ 

So  nimmt  also  die  Wirkung  der  Substanzen  mit  dem  Abbau  des  Coffeinmoleküls 
überall  ab,  trotz  des  Bestehenbleibens  jenes  charakteristLschen  Restes: 

=C— NCHj 
I       >C0 

=N— C=N 

Guanin  (2-Amino-6-ox.>-purin)  ist  inuerhch  gegeben  völlig  imwirksam.    Es 
macht  bei  intravenöser  Injektion  eine  deutUche  Senkmig  des  arteriellen  Blut- 


')  BB.  34,  2556  (1901). 


WiikunRen  der  Purinprrupp«'.  95 

cliuckes*).  Guanin  wirkt  also  intravenös  gegeben  hy]30tensiv,  während  die 
anderen  Körper  der  Purinreihe  hj'pertensiv  wrken,  eine  Wirkung,  welche  mit 
dem  Oxydationsgrad  und  dem  sauren  Charakter  des  Moleküls  ansteigt.  Die 
Guanin\virkung  hängt  mit  der  Aminogrui^po  zusammen.  Denn  Monomethyl- 
amin,  Äthylendiamin,  Hydrazin  Tvirken  ebenso  depressorisch-).  ö-Amino- 
malonylguanidin  ist  subcuitan  giftig  und  wirkt  auf  das  Epithel  der  Tubuli 
contorti,  per  os  ist  es  harmlos. 

Barbitursäure  und  Malouylguanitlin  wirken  iiiolit  hypnotisch.  Barbitur- 
siiure  und  Alloxan  wirken  abführend. 

Steudels  Anga'ie,  daß  2.4-Diamino-()-oxypyrimidin  und  2.4.5-Triamino- 
(i-üxypyrimidm  giftig  sind,  i.st  miriehtig. 

Den  methyliertcn  Xanthindeiivaten  kommt  eine  therapeutisch  sehr  stark 
verwendete  .Eigenschaft  zu,  nämhch  die,  vorzügUch  diuretisch  zu  wirken.  Die 
tliuretische  Wirkung  der  Purinderivate  geht  Hand  in  Hand  mit  der  Muskel - 
^virkimg  und  steht  im  Gegensatz  zu  der  Erregbarkeitssteigerung  des  Nerven- 
systems. Je  stärker  ein  Purinderivat  im  Verhältnis  zu  der  Erregbarkeitssteige- 
rung des  Nervensystems  auf  die  Muskeln  \\irkt,  um  so  leichter  iiift  es  auch 
eine  verstärkte  Hamabsonderung  hervor.  Daher  \vii'ken  hervorragend  in 
diesem  Sinne  3-  und  7-Methylxanthin  imd  die  drei  Diraethylxanthine. 

Theophylhn  wirkt  stärker  diuretisch  als  Theobromin,  am  stärksten 
Paraxanthin^). 

Durch  den  Eintritt  von  Sauerstoff  und  von  AJkylgruppen  in  den  Purinkern 
wird  nur  die  Wirksamkeit  im  allgemeinen  und  das  gegenseitige  Stärke  Verhältnis 
der  verschiedenen  Wirlomgen  verändert.  Eine  Gesetzmäßigkeit  in  der  Beein- 
flussung dieser  Verhältnisse  durch  die  Anzahl  imd  die  Stellung  der  Sauer- 
stoff atome  und  der  Alkylgruppen  im  Molekül  läßt  sich  aber  nicht  erkennen. 
(O.  Schmiedeberg.) 

Heteroxanthiu  (7-Methylxanthin)  imd  Paraxauthin  (1.7-Dimethylxanthüi) 
zeigen  in  ihrer  physiologischen  Wirkimg  fast  übereinstimmende  Resultate, 
indem  sie  die  Respiration  lähmen,  die  Skelettmuskulatur  träge  und  unbehilflich 
machen  bei  Absinken  der  Reflexe.  Doch  ist  Paraxanthin  bei  Fröschen  2 — 3  mal 
so  wirksam  als  Heteroxanthin.  Es  steigt  also  hier  die  Wirksamkeit  mit  der 
Anzahl  der  Methylgruppen  [M.  Krüger  imd  G.  Salomon*)]. 

2.6.8-Trioxypurin  (Hanisäure)  ist  unwirksam.  Sie  mrkt  bei  Kaninchen 
leicht  diureti.seh. 

3-  und  7-Monomethylharusäm'e  sind  Erregmigsgifte  für  das  Zentralnei-ven- 
system  und  haben  vorübergehende  Auurie,  später  Polyurie  und  Tod  zur  Folge. 

1.3-Dimethylhamsäure  wirkt  leicht  diuretisch  ohne  Schädigung  des 
Organismus. 

Hydroxycoffein  (1 .3.7-Trimethylliarnsäure) 

CH3N— CO  CH3 

1       I       • 

CO  C— N 

I      I        >co 

CHjN— 0  — N 

H 

wirkt  stark  dim'etisch,  zeigt  aber  keine  Wirkimg  auf  Muskeln  und  Nerven.  Es 
hat  keine  schädhchen  Nebenwirkungen  und  wird  unverändert  ausgeschieden. 

')  Desgrez  und  Dorleans,  Cr.   134,   1109. 

-)  Desgrez  imd  Dorleans,  Cr.   156,  823. 

^)  Manfred;  .Libanese  mid  Xarciss  Ach.   AePP.   44,   319  (1900). 

')  HS.  31,   lf.9  (1895—1896). 


96  Bedeutung  der  einzelnen  Atom-Gruppen  für  die  Wirkung. 

1.3.7.9-Tetramethj'lharnsäure  ist  wirksam,  macht  Muskelstarre,  Lähmivng 
und  dann  Tetanus. 

Erst  die  Bildmig  des  Imidazolringes  bei  der  Entstehung  der  Purinderivate, 
nicht  aber  die  Pyrimidingruppe,  gibt  den  Verbmdungen  der  Purinreihe  die 
Wirkung  auf  quergestreifte  Muskehi  (Vernichtung  der  Querstreifung),  auf  Herz 
und  Zentrahiervens_ystem,  ferner  die  diuretische  Wirkung.  Monoformyl-l  .3-di- 
methyl-4.5-diamino-2.6-dioxypyi"imidin  wirkt  nicht,  das  durch  Schließung  des 
Imidazolringes  entstehende  1.3-Dimethylxanthin  (Theophylhn)  ist  stark  wirk- 
sam'). Doch  hat  die  Trimethylverbindung  diese  Eigenschaft  im  geringeren 
Grade  als  die  Dimethylverbindung,  das  Theobromin. 

AzinjDurine  nemien  F.  Sachs  imd  G.  Meyerheim-)  Substanzen,  die  sich 
von  den  Purinen  dadurch  xmterscheiden,  daß  nicht  wie  bei  ihnen  ein  Imidazol- 
ring  mit  dem  Pyrimidin,  also  ein  5-  und  ein  6-Ring  verbunden  ist,  sondern  ein 
Pyrazinring,  also  zwei  Sechsringe  miteinander  vereinigt  sind.  Die  Grundsubstanz 
ist  also  >^_(^]:£ 

I  I 

CH  C  — N  =  CH 

II  II  I 
N— C— N=CH 

Die  physiologischen  Wirkungen  sind  denen  der  entsprechenden  Purin- 
verbindungen  ähnhch,  die  harntreibende  ist  zwar  noch  vorhanden,  aber  nicht 
verstärkt,  die  krampferregende  dagegen  erhöht. 

9.  Wirkung  der  Carbonylgruppe. 

A.  Aldehydgrnppe. 

Die  Wirkimg  der  Aldehydgruppe  scheint  mit  der  chemischen  Reaktions- 
fähigkeit derselben  in  engen  Beziehimgen  zu  stehen. 

Formaldehyd  H  •  CHO  zeigt  imgemein  reizende  Eigenschaften  auf  alle 
Schleimhäute,  stark  härtende  Eigenschaften  für  Gewebe  sowie  intensive  anti- 
septische Fähigkeiten,  welche  diese  Substanz  in  den  Vordergrund  des  Interesses 
gebracht  haben.  Acetaldehyd  CHg  •  CHO  läßt  die  Wirkung  der  Aldehydgruppe 
sowie  der  Alkylgruppe  hervortreten.  Dieser  Körper  macht  Anästhesie,  Schlaf 
imd  vorher  ruft  er  einen  Erregungszustand  hervor.  In  viel  stärkerer  Weise 
und  viel  nachhaltender  macht  diese  Erscheinungen  der  polymere  Paraldehyd 
(CHa-CHOg.    Giftiger  wirkt  aber  Metaldehyd  (CHg- CHO)x. 

Die  relativen  Giftigkeiten  der  Aldehyde  für  das  Schildkrötenherz  sind: 
Propylaldehyd  1.0,  Acetaldehyd  1.2,  Isobutyraldehyd  1.8,  Formaldehyd  40^). 
Auch  im  Chloral  CClg  •  CHO  scheint  die  Aldehydgruppe  an  der  schlafmachenden 
\md  vorher  erregenden  Wirkung  beteiligt  zu  sein. 

Mit  dem  Eintritt  von  Hydroxylgruppen  in  die  Aldehyde  bzw. 
mit  der  Kondensation  zu  Aldolen  sinkt  die  Wirksamkeit  dieser 
Körper  bedeutend  herab.  Die  Zucker  (Aldosen)  haben  wohl  infolge  der 
abschwächenden  Wirkung  der  vielen  Hydroxylgruppen  gar  keine  schlaf- 
machende Wirkung  mehr.  Es  scheint  durch  den  Eintritt  von  Hydroxylgruppen 
in  Aldehyd  der  Angriffspunkt  im  Organismus  verändert  zu  sein. 
CH,  •  OH 

Glykolaldehyd    •  der  einfachste  Zucker,  tötet  m  Dosen  von  10  g 

Kaninchen«).  ^^" 

1)  H.  Dreser,  Pflügers  Arch.   102,   1.  ^)  BB.  41,  2957  (1908). 

')  H.  M.  Vernon,  Joxirn.  of  physiol.   «,  325  (1911). 
*)  P.  Mayer,  HS.  38,   154  (1903). 


Wirkting  der  Carbonylgruppe,  oy 

Glyoxal    •         ist  sehr  giftig;  0.2  g  töten  eLaen  7  kg  schweren  Hund*). 

Aliphatische  Aldehyde  be-wirken  bei  Kaninchen  (nicht  aber  bei  anderen 
Tieren)  Arterienverändenuigen,  Furfurol,  aromatische  Aldehyde,  Ketone  und 
Natriumaceton  vermögen  aber  keine  typische  Arterionekrose  zu  erzeugen^). 

Aldehydammoniak  CH3  •  CH  (OH)  NHj  macht  Reizsymptome  und  Tod 
durch  AtmungsstUlstand.  Die  Herzaktion  wird  schwer  ergriffen.  Letale  Dosis 
ist  0.15 — 0.2  g  bei  subcutaner  Applikation  an  Säugetiere^). 

Die  aromatischen  Aldehyde  sind  von  geringer  Giftigkeit.  Bei  der  großen 
Resistenz  des  Kernes,  wird  in  erster  Linie  die  Aldehydgruppe  im  Organismus 
zur  Carboxylgruppe  oxydiert,  es  verliert  daher  die  Verbindung  rasch  ihre 
ursprünghche  Wirkung  und  wir  haben  es  dann  mit  der  Wirkung  einer  Carbon- 
säure zu  tun,  welche  ja  meist  gering  ist,  und  nur  in  relativ  großen  Dosen  und 
nur  in  bestimmten  SteUimgen  eme  giftige  oder  pharmakodynamisch  verwert- 
bare Wirkung  zeigt.  Es  tritt  nur  bei  stark  reizenden  Körpern  eine  giftige  Wir- 
kung durch  Verändenmgen  auf  den  Schleimhäuten  auf.  Die  einfachste  Form 
eines  aromatischen  Aldehyds,  der  Benzaldehyd  C^Tl-  •  CHO,  wird  zu  Benzoe- 
säure CgHj  •  C'OOH  oxydiert  und  ist  von  geringer  Giftigkeit.  1  g  Benzaldehyd 
tötet  eine  Katze  von  1800  g,  wirkt  auf  das  Zentralnervensystem  iind  erregt 
tonische  Zuckungen*).  Ä-Furfurol  C4H3O  •  CHO  (Aldehyd  der  Brenzschleim- 
säure)  wird  im  Organismus  zu  dieser  oxydiert.  Bei  subcutaner  Verabreichimg 
wirkt  es  durch  motorische  Lähmimg  sehr  giftig 5),  indem  es  neben  Xarkose 
starke  lokale  Reizung  verursacht,  während  es  vom  Magen  namenthch  in  Ver- 
bindung mit  Aikahen  gegeben,  gar  keine  Vergiftungssymptome  hervorruft. 
Na«h  Lepine^)  erzeugen  Injektionen  von  Furfurol  sofort  Beschleunigung  des 
Herzschlages,  Blutdruckeniiedriguug,  Beschlemiigung,  später  Verflachung  der 
Atmung,  leichte  Krämpfe,  Diarrhöe,  Schläfrigkeit,  Speichelfluß  und  schheßhch 
Tod.  Lokal  bewirkt  Furfurol  totale  Anästhesie  der  Cornea  und  Conjunctiva 
und  Verengerung  der  Pupülen.  Für  den  Menschen  wären  etwa  10  g  Furfurol 
bei  direkter  Einführung  in  die  Blutbahn  die  tödhche  Dosis.  Furfurin  CaHgNg 
(C4H30)3,  Derivat  des  Glyoxalins,  wirkt  ähnhch  wie  Furfurol.  Furfuralkohol 
C4H3O  •  CH,  •  OH  wirkt  toxisch,  macht  Respirationslähmung,  zunächst  aber 
eine  Zunahme  der  Atemfrequenz'). 

OH  OCH3 

Protocatechualdehyd  f  J         und  Methylvanillin  [   J        '  haben  bei  sub- 

CHO  CHO 

cutaner  Einführung  vorübergehende  Störungen  in  Form  von  motorischer  Reiz- 
barkeit und  Paralysen  zur  Folge.  Methylvanillin  hat  auch  eine  gewisse  hypno- 
tische Wirkung,  Vanillin  und  IsovaniUin  (p - Methylprotocatechualdehyd), 
werden  dagegen  auch  bei  intravenöser  Einführung  gut  vertragen*).    Piperonal 

(HeUotropin)   f    J  geht    im    Organismus    in    Piperonylsäure    [  1 

CHO  COOH 

über  und  ist  bei  Warmblütern  physiologisch  unwirksam^).   Bei  Fröschen  lähmt 

1)  J.  Pohl,  AePP.  Sr,  415.  2)  O.  Loeb,  AePP.  69,   114  (1912). 

')  Giacosa,  Archiv  per  le  sc.  med.  Vol.  X.  Kr.  14,  S.  293  (1886). 

')  Jordan,  Dorpater  Arbeiten  XI.  XII,  S.  293. 

')  Chem.-Ztg.   1903,  73.  ^)  C.  r.  s.  b.   1887,  437. 

')  E.  Erdmann,  AePP.  48,  233  (1902).  «)  Annali  di  chim.   1896,  481. 

»)  A.  Heffter,  AePP.  35,  342. 

F  r  &  n  k  e  1 ,  Arzneimittel-Synthese.    5.  Aufl.  7 


98  Bedeutung  der  einzelnen  Atom-Gruppen  für  die  Wirkung. 

es  äußerst  schnell  das  Zentralnervensystem.  Die  Wirkung  wird  durch  Strychnin 
aufgehoben  1). 

B.  Ketone. 

Den  Ketonen  kommen  im  allgemeinen  jene  Wirkungen  zu,  welche  für  die 
Gruppe  der  Alkohole  eigentümhch  sind,  u.  z.  Narkose  imd  Herabsetzung  des 
Blutdruckes.  Die  Wirkung  der  einzelnen  Glieder  der  Ketonreihe  ist  nicht  gleich 
und  es  scheint,  als  wenn  die  Stärke  der  Wirkmig  zunächst  mit  der  Zunahme  des 
Molekulargewichtes  wachsen  würde.  Aber  dieses  ist  nicht  ausschließlich  maß- 
gebend, da  beim  Methylnonylketon  CHg  •  CO  •  (CH2)8  •  CHg  nur  eine  gewisse 
Trägheit  und  geringere  Reaktion  gegen  Reize  eintreten,  so  daß  die  Differenz 
in  der  Wirkung  verschiedener  Ketone  wohl  hauptsächlich  auf  die  Anwesenheit 
der  verschiedenen  Alkylgruppen  im  Molekül  zu  beziehen  ist.  Nach  Pietro 
Albertoni  und  Bisenti^)  haben  Aceton  CHj-CO-CHg  und  Acetessigsäure 
CHg  •  CO  •  CHg  •  COOH  die  unangenehmen  Nebenwirkungen,  daß  sie  das  Nieren- 
epithel schädigen  und  dadurch  Albuminurie  hervorrufen.  Aceton  wird  nach 
Alberto ni*)  im  Organismus  sonst  gut  vertragen  und  ist  weniger  giftig  als 
Äthylalkohol. 

Aceton  wirkt  in  großen  Dosen  betäubend  und  lähmend*).  Hund  und 
Kaninchen  scheiden  es  zu  77%  wieder  aus.    Die  Kondensationsprodukte  des 

Acetons  verhalten    sich   folgendermaßen :    Mesityloxyd    qjj^>  C  =  CH  •  CO  •  CH, 

OH  OTT 

macht  Narkose,  Phoron  „jj'>C=CH — CO — CH=C<„-g'  macht  Darmreizung 

und  Narkose.  Beide  Substanzen  verwandeln  sich  im  Organismus  in  ge- 
schwefelte Ketone^). 

Isopropylalkohol  CHj  •  CH{OH)  •  CHg  verwandelt  sich  im  Organismus  zum 
Teil  durch  Oxydation  in  Aceton,  zum  Teil  ^vird  er  unverändert  ausgeschieden. 

/?-AcetylpropionsäuTe  (Lävulinsäure)  CHg  •  CO  •  CHg  •  CHg  •  COOH  ist  beim 
Menschen  giftig®),  die  leicht  in  Aceton  und  Kohlensäure  zerfallende  Acet- 
essigsäure ist  relativ  wenig  giftig,  nur  schädigt  sie,  wie  erwähnt,  das  Nieren- 
epithel und  in  größeren  Dosen  ruft  sie  diabetisches  Koma  hervor. 

Nach  Albanese  und  Parabini')  haben  alle  der  Ketongruppe  angehörigen 
Körper  eine  ähnliche  Wirkung.  Die  ahphatischen  Ketone  haben  infolge  der 
Alkylgruppen  schlafmachende  Wirkung,  ebenso  die  gemischten.  Aceton  (Di- 
methylketon),  CHg  •  CO  •  CHg  erzeugt  einen  Zustand  von  Trunkenheit  und 
Erregung  der  Herztätigkeit,  späterhin  Lähmung  des  Zentralnervensystems. 
Diäthylketon  CgHg  •  CO  •  CgHg  zeigt  sich  deutlich  als  Schlafmittel,  welches  die 
Herztätigkeit  nicht  beeinflußt.  Dipropylketon  CgH,  •  CO  •  CgH,  ist  ein  leichtes 
Schlafmittel.  Die  CHg-Gruppe  bei  den  ahphatischen  Ketonen  scheint  keinen, 
die  CgHs-Gruppe  einen  günstigen  Einfluß  auf  die  hj^notische  Wirkung  zu  haben. 
Benzophenon  CgHg  •  CO  •  CgHg  wirkt  h3rpnotisch,  wenn  auch  schwächer  als 
die  aliphatischen  Ketone.  Die  gemischten  Ketone  zeigen  Wirkmigen,  welche 
sowohl  der  Ketoi  gruppe  als  auch  den  ahphatischen  Alkylen  entsprechen, 
während  die  aromatische  Gruppe  an  der  Wirkung  nicht  mitbeteiligt  ist.  Methyl- 
phenylketon  (Acetophenon)  CgHg  •  CO  •  CHg  ruft  Lähmungserscheinungen  her- 


^)  H.  Kleist,  Bericht  v.   Schimmel    &  Co.,  in  Miltitz  bei  Leipzig. 
-)  AePP.   33,  393  (1887).  ')  AePP.    18,  218. 

*)  Goß  mann,    Münohener  med.   Wochenschr.    1903,    1556.  —  Albertoni   und  Bi- 
senti,  AePP.   33,   393  (1887).   —  L.  Schwarz,  AePP.   40,   175. 

6)  L.  Lewin,  AePP.  56,  346  (1907).  ")  W.  Weintraud,  AePP.  34,  367. 

')  Ann.   di  Chim.  e  Farm.    1893,    124  und   125. 


Bedeutung  des  Eintrittes  von  Säuregruppen.  99 

vor.  Äthylphenylketon  CgHg  •  CO  •  CjHj  und  Propylphenylketon  CgHj  •  CO 
•  C3H7  rufen  Schlaf  hervor.  Äthylphenylketon  ist  der  wirksamere  Körper.  Die 
Stärke  der  Wirkung  scheint  mit  der  Zunahme  der  Molekulargewichte  zu 
wachsen  1). 

Ninhydrin  (Triketohydrindenhydrat)  ist  ein  allgemeines  Gift  für  ver- 
schiedene niedere  und  höhere  Lebewesen,  was  mit  seiner  Ketonnatur  zusammen- 
hängt 2). 

Cicutoxin  CjgHjgOa  ist  nach  Ansicht  von  C.A.Jacobson  ein  komplexes 
PjTonderivat,  es  macht  Krämpfe  und  greift  das  Nervenzentrum  im  Calamus 
scriptorius  an ;  5  cg  pro  Kilogramm  per  os  töten  Katzen  ^) . 

m-Dimethylchiuol  O 


H0/^CH3 

ist  für  Kaninchen  ziemlich  giftig,  es  verursacht  cerebrale  Erregungszustände 
und  allgemeine  Krämpfe.  Bei  Hunden  macht  es  keine  Vergiftungserscheinungen. 
Im  Harn  ist  weder  Chinol  noch  Hj-drochinon  nachweisbar. 
Toluchinol  q 


ist  sehr  giftig,  die  Wirkungsart  ist  gleich  der  des  Dimethylchinol.  Es  macht 
bei  Hunden  Erbrechen  und  Durchfall,  heftige  Krämpfe  und  dann  Lähmungen. 
Im  Harne  ist  weder  Chinol  noch  Hydrochinon  nachweisbar. 

10.  Bedeutung  des  Eintrittes  von  Säuregruppen. 

Die  Giftigkeit  der  Säuren  ist  diu-chaus  nicht  immer  Funktion  ihrer  Disso- 
ziation. Die  Stärke  der  Salpetersäure  ist  fast  so  groß  wie  die  der  Salzsäure,  und 
doch  ist  dieselbe  bedeutend  weniger  giftig.  Die  Schwefelsäure  ist  fast  niu-  halb 
so  stark  wie  die  Salpetersäiu-e,  und  doch  töten  beide  Säuren  in  gleicher  Zeit. 
Daher  ist  die  physiologische  Wirkung  einer  Säure  nicht  allein  von  ihrem  Disso- 
ziationsgrad abhängig,  Nitrate  und  Sulfate  sind  bedeutend  giftiger  als  Chloride. 

Bei  den  organischen  Säiu-en  sieht  man  keine  gesetzmäßigen  Beziehungen 
oder  einen  Parallelismus  zwischen  physiologischer  Wirkung  und  Dissoziations- 
größe. Bei  den  organischen  Säuren  ist  die  Dissoziationskonstante  kein  Maß  ihrer 
Gift  Wirkung*). 

In  Vioo'ii "Lösung  steigert  Natriumeitrat  die  Stärke  der  rhythmischen 
Kontraktionen  am  Kaninchendüimdarm  unter  Herabsetzung  ihrer  Geschwin- 
digkeit. Dieses  beruht  wahrscheinlich  auf  Erregung  sympathischer  Nerven- 
gebilde ^). 

Starke  und  mittlere  Konzentrationen  von  Natriumsuccinat  wirken  all- 
gemein anregend  auf  den  Darm,  am  deutUchsten  auf  den  Dünndarm.  Malat 
wirkt  in  starker  Konzentration  herabsetzend,  in  schwächeren  Lösungen  auf 
den  Dickdarm  ebenso  auf  den  Dünndarm  aber  erregend.  I-Tartrat  regt  in  Kon- 
zentrationen von  Y25 — ^/fQo-'0--^s\uigei\  den  Dünndarm  an,  setzt  aber  die  Tätig- 

1)  L.  Lewin,  Toxikologie,  S.  192.  -)  Oskar  Low,  B.  Z.  69,   111   (1915). 

')  Joum.  american  ehem.  Society  3T,  916  (1915). 

*)  Alexander  Szili,  Pflügers  Arch.    130,    134  (1909). 

')  W.  Salant  und  E.  W.  Schwartze,  Journ.  Pharm,  and  exp.  Therap.  9,  497  (1917). 


100  Bedeutung  der  einzelnen  Atom-Gruppen  für  die  Wirkung. 

keit  des  Dickdarms  herab ;  d  l-Tartrat  und  Mesotartrat  können  in  Yioo'n'I^^ungen 
den  Dünndarm  mäßig  anregen.  Es  Trird  aber  durch  alle  Oxyderivate  der  Bem- 
steinsäure  die  Tätigkeit  des  Dickdarms  herabgesetzt  und  diese  Wirkung  nimmt 
mit  der  Zahl  der  Hydroxylgruppe  zu^). 

Bei  der  künstlichen  Parthenogenese  erweist  sich  für  die  Membranbildung 
am  Echinodermenei  die  chemische  Konstitution  der  Säuren  für  deren  Wirkung 
von  großer  Bedeutung.  Kohlensäure  und  Fettsäuren  sind  selir  wirksam,  starke 
Mineralsäiu-en  sowie  zwei-  und  dreibasische  organische  Säuren  unwirksam.  Die 
OxysäTiren  sind  weniger  ■worksam  als  die  entsprechenden  einbasischen  Fettsäuren. 
Mit  der  Zunahme  der  Kohlenstoffatome  nimmt  die  Wirksamkeit  der  Fettsäuren 
zu,  der  Eintritt  einer  Hydroxylgruppe  hat  die  entgegengesetzte  Wirkung,  die 
gerade  Kette  der  Kohlenstoffatome  ist  wirksamer  als  die  verzweigte.  Die  Dif- 
ferenz der  Wirkung  beruht  auf  den  Beziehungen  zwischen  Konstitution  und 
Geschwindigkeit  der  Absorption  der  Säuren  durch  das  Ei^). 

Für  die  physiologische  Wirksamkeit  der  Säuren  ist  also  nicht  lediglich  ihr 
Dissoziationsgrad  maßgebend;  so  hat  es  sich  in  der  Untersuchung  von  Jacques 
Lob  gezeigt,  daß  es  sich  für  die  Hervorruf ung  der  Membranbildung  nur  um  die 
in  das  Ei  eingedrungene  Säuremenge  handelt  und  die  Wirksamkeit  daher  ab- 
hängig ist  von  dem  Verteilungskoeffizienten  der  Säure.  Hierbei. ist  die  Zeit, 
welche  erforderlich  ist,  einen  bestimmten  Prozentsatz  der  Eier  zm-  Membran- 
bildung zu  veranlassen,  um  so  kürzer,  je  größer  die  Zahl  der  Kohlenstoffatome 
der  Säiu-e  ist,  analog  dem  Verhalten  der  Alkohole,  deren  narkotische  und  hämo- 
lytische Wirksamkeit  ebenfalls  für  die  Glieder  derselben  Reihe  bei  Zunahme 
der  Zahl  der  Kohlenstoffatome  wächst. 

Die  Wirksamkeit  der  Alkohole  nun  läuft  parallel  ihren  Teilungskoeffizienten 
zwischen  Lipoid  und  Wasser  und  die  relative  physiologische  Wirksamkeit  der 
Alkohole  muß  dann  in  erster  Linie  durch  die  relative  Geschwindigkeit  der  Ab- 
sorption derselben  durch  die  Zelle  bedingt  sein^). 

Diejenigen  Stoffe,  welche  im  Organismus  Paarungen  eingehen,  sind  stets 
giftig,  und  es  ist  eine  Hauptaufgabe  des  Organismus,  solche  Stoffe  in  die  ganz 
oder  wenigstens  verhältnismäßig  indifferenten  gepaarten  Verbindungen  mit 
Glykokoll,  Schwefelsäure  oder  Glykuronsäure  überzuführen,  also  in  eine  Säure 
zu  verwandeln.  Der  Ersatz  von  Wasserstoff  der  Hydroxylgruppen  durch  Säure- 
gruppen bewrkt,  obwohl  das  Molekül  eigenthch  chemisch  nicht  tangiert  wird, 
eine  starke  Veränderung  in  bezug  auf  die  physiologische  Wirkung.  Der  Eintritt 
von  sauren  Gruppen  schwächt  die  phj^siologische  Wirkung  bedeutend  oder  hebt 
sie  ganz  auf.  Die  Untersuchiuigen  von  P.  Ehrlich  haben  gezeigt,  daß  basische 
Farbstoffe  das  Grehimgrau  färben,  überhaupt  färben  sie  Nervensubstanzen  sehr 
gut,  sie  sind  daher  als  Neiu'otrope  zu  betrachten.  Die  Farbsäuren  hingegen  fär- 
ben Nervensubstanz  nicht,  und  insbesondere  die  substituierten  Sulfosäuren 
färben  die  Gewebe  keineswegs.  Wir  sehen  vor  allem  bei  den  Phenolen,  welche 
ja  relativ  starke  Gifte  sind,  daß  man  beim  Ersatz  der  Hydroxj'lgruppen  durch 
Schwefelsäure  zu  ungiftigen  Körpern  gelangt.  Während  Phenol  CgHs  •  OH 
giftig  ist,  ist  die  Phenolätherschwefelsäure  C^Hj  •  0  •  SO3H  ganz  ungiftig.  Das- 
selbe ist  auch  für  eine  Reihe  anderer  Verbindungen  bekannt.  So  ist  Phenyl- 
dimethylpyi-azol*)  giftig,  während  Phenyldimethylp3Tazolsulfosäure  bei  Ka- 
ninchen, selbst  bei  intravenösen  Injektionen  von  5 — 6  g  keine  merkbare  Wirkung 
zeigt.    Es  wird  liier  durch  den  Eintritt  der  Schwefelsäuregruppe  die  Giftigkeit 

^)  W.  Salant,  C.  W.  Mitchell  und  E.  W.  Schwartze,  Joura.  Pharm,  and  exp. 
Therap.  9,  511  (1917).  -)  Jacques  Lob,  Künstliche  Parthenogenese,  Berlin  1909. 

3)  BZ.  15,  258  (1909).  *}  H.  Tappeiner,  AePP.  37,  325. 


Bedeutung  des  Eintrittes  von  Säuregruppen.  JQX 

der  Substanz  wesentlich  herabgesetzt.  Dieselben  Erscheinungen  sind  auch  für 
Morphin  bekannt.  Während  Morphin  eine  eminente  hypnotische  Wirkung  hat, 
und  diese  hj^inotische  Wirkung  schon  in  ganz  kleinen  Dosen  ausübt,  geht  der 
Morphinäthersehwefelsäure  diese  Wirkung  gänzhch  ab.  Sie  zeigt  nur  in  erheb- 
lich großen  Dosen  bei  einer  äußerst  geringen  Giftigkeit  physiologische  Effekte, 
welche  an  die  Wirkungen  der  Codeingruppe  erinnern  i).  Ebenso  ist  Chininäther- 
schwefelsäure  vöUig  miwirksam.  Andererseits  wirken  Farbstoffe  wie  Trypanrot 
und  Trypanblau  trotz  der  Gegenwart  mehrerer  Sulfognippen  stärker  trypa- 
nocid.  Bei  Morphin  und  Chinin  wird  aber  dm-ch  den  Eintritt  der  Sulfo- 
säure  diejenige  Gruppe,  das  Hydroxyl,  welche  den  Gesamtkörper  zur  Wirkung 
gelangen  läßt,  verschlossen.  Aber  dieselbe  Wirkmig  hat  das  Eintreten  der 
Sulfosäuregruppe  auch  bei  solchen  Körpern,  deren  wirksame  Gruppe  dm'ch 
das  Eintreten  der  Schwefelsäure  nicht  tangiert  wird.  Die  Nitroderivate  haben 
bekanntlich  eine  starke  Giftwirkung,  und  zwar  bedingt  durch  die  Nitrogruppe. 
Tritt  aber  an  eine  aromatische  Nitroverbindung  eme  Carboxyl-  oder  eine 
Sulfosäiu'egruppe,  oder  köimen  beim  Passieren  durch  den  Organismus  oxydativ 
Carboxylgruppen  entstehen,  so  kommt  der  Giftcharakter  der  Nitrogruppe 
wenig  oder  gar  nicht  zum  Vorschein.  Das  schon  in  kleinen  Mengen  giftige 
Martiusgelb  (Dinitronaphthol)  wird  dxu'ch  die  Überführung  in  die  Sulfosäure 
(Naphtholgelb  S)  durchaus  unschädlich-),  ein  Beweis,  daß  die  Entgiftung 
durch  die  Sulfosäure  die  Nitro  Wirkung  vollständig  aufheben  kann.  Auch  andere 
Farbstoffe,  bei  denen  SuLfosäuren  im  Molekül  vorhanden,  sind  absolut  unschädUch, 
auch  bei  Emgaben  sehr  großer  Dosen .  A  r  1  o  i  n  g  und  Cazeneuve^)  untersuchten 
EocceUinrot  mid  Roccellin  B,  die  Nitroderivate  der  RocceUinsulfosäiure  und  der 
a-Naphthylaminazo-/)'-naphtholdisulfosäure  und  fanden  sie  absolut  unschädlich. 
Es  ist  für  den  physiologischen  Effekt  gleichgültig,  ob  die  eintretende  SO3H- 
Gruppe  am  Sauerstoff  oder  am  Kohlenstoff  gebimden  ist,  ob  es  sich  um  eine 
Ätherschwefelsäure  oder  eine  aromatische  Sidfosäure  handelt.  Sowohl  die 
Phenolätherschwefelsäure    CgHj  •  0  •  SO3H     als     auch     die    Phenolsulfosäure 

OTT 

CeH4<gQ  jj  sind  ganz  ungiftig.    Nur  die  Eigenschaft  der  neuen  Substanz  als 

Säure  zu  fungieren,  bedingt  deren  Ungiftigkeit. 

Ätherschwefelsäiure  C2H5  •  0  •  SOsHist  ungiftig  und  verläßt  den  Organismus 
unverändert,  Äthylsulfosäure  ist  ebenfalls  ungiftig  mid  wird  im  Organismus 
nicht  verändert.    Das  Natriumsalz  der  Äthylschwefelsäure  zeigt  keinerlei  Wir- 

CHj  •  OH 
kling,  die  Säure  selbst  hat  reine  Säiurewirkung*).    Isoäthionsäure    •        „rMT 

wird  zum  Teil  oxydiert,  ist  aber  würkimgslos.   Taurin  (Aminoäthylsulfosäure) 
CH,  •  NH,    ,   , ,      ,  ^  ,  CH2  •  NH  •  CO  •  NH, 

•    "   „    "    bildet  beim  Kaninchen  keine  Taurocarbaminsäure   '„    „^  „ 
CHj    SO3H  CH2  •  SO3H 

An  Kaninehen  verfütterte  Taurocarbaminsäxire  wird  unverändert  ausgeschieden. 

CH,  •  SO3H 
Disulfätholsäure    ■    "  wird  unverändert  ausgeschieden^). 

CHj  •  SO3H 

Der  Einfluß  der  Gegenwart  einer  Carboxylgruppe  zeigt  sich  deutheh  auch  beim 
Vergleiche  von  Chohn  und  Betain,  welche  sich  wie  Alkohol  zur  Säure  verhalten 
Cholin       (CH3)3EEN<^^2-CH2-OH_  ^^^^.^       ^^^^^^  ^  ^ ^CB,  ■  COOK 

Cholin,  der  Alkohol,  ist  schwach  wirksam,  Betain,  die  Säure,  ganz  unwirksam. 

1)  Stolnikow,  HS.  8,  235  (1883—1884).  =)  Th.  Weyl,  BB.  21,  512  (1888). 

ä)  Arch.  de  physiol.  [3]  9,   356.  *)  Keiji  Uyada,  Ther.  Mon.    1910,  Jan. 

=)  E.  Salkowski,  Virchows  Arch.   60,  315. 


102  Bedeutung  der  einzelnen  Atom-Gruppen  für  die  Wirkung. 

Betainchlorid  ruft  in  größeren  Dosen  bei  kleineren  Tieren  Durchfall,  Er- 
brechen und  starke  Speichelsekretion  hervor  und  scheint  auch  das  Herz  anzu- 
greifen. Bei  subcutaner  Injektion  größerer  Dosen  treten  Nekrosen  auf.  Bei 
Kaninchen  und  Katzen  erscheint  verfüttertes  Betain  zum  Teil  als  solches  im 
Harn,  daneben  tritt  auch  vieUeioht  Trimethylamin  aiif^). 

Über  den  Einfluß  des  Carboxyls  auf  die  Fettreihe  hat  Fodera^)  Unter- 
suchvuigen  angestellt,  bei  welchen  er  an  Fröschen  und  Säugetieren  mit  Essig- 
säure, Propionsäure,  Buttersäiure,  Valeriansäure,  Adipiusäiu-e,  Malonsäure, 
Bernsteinsäure  xmd  Brenztraubensäure  experimentierte  und  zu  folgenden  Er- 
gebnissen kam.  Der  Eintritt  des  Carboxyls  in  die  Moleküle  der  Fettreihe 
erhöht  deren  Toxizität.  Indem  aber  die  Verbindungen  durch  das  An- 
wachsen der  Carboxyle  im  Moleküle  immer  weniger  leicht  oxydierbar 
werden,  so  werden  für  die  Säugetiere  Substanzen,  welche  zwei  Carboxyle 
enthalten,  weniger  aktiv,  als  die  mit  nur  einem  (die  Oxalsäure  würde  hier 
eine  Ausnahme  bilden).  Das  Carboxyl  an  und  für  sich  hat  cerebral 
lähmende  Wirkimg.  Die  größere  Giftigkeit  der  Malonsäure  bei  intravenösen 
Injektionen  bei  Säugetieren  im  Vergleich  zu  Essigsäure  ist  auf  die  besondere 
chemische  Konstitution  der  Malonsäure  und  ihre  geringe  Stabilität  zurück- 
zuführen, diu'ch  die  es  wahrscheinlich  im  Organismus  zur  Bildung  von  Kohlen- 
säure kommt. 

Von  großem  therapeutischen  Interesse  sowie  von  großem  Interesse  für 
die  Synthese  von  Arzneimitteln  ist  der  Eintritt  von  Carboxylgi-uppen  in  aro- 
matische Verbindungen^).  Eine  Anzahl  aromatischer  Verbindungen  werden 
relativ  ungiftig,  wenn  in  ihre  Moleküle  die  mit  Sauerstoff  gesättigte  und  im 
Organismus  nicht  weiter  oxydierbare  Carboxylgruppe  eingeführt  wird.  Benzol 
wird  intern  in  Dosen  von  2 — 8  g  pro  die  vertragen.  Die  entsprechende  Carbon- 
säure, Benzoesäure,  ist  viel  weniger  giftig.  12 — 16  g  pro  die  werden  ganz  gut 
vertragen  und  vom  Menschen  als  Hippursäure  ausgeschieden.   Ein  Plus  an  ein- 

geführter   Benzoesämre    wird    als    solche    ausgeschieden.     Naphthalin    ! 

ist  in  größeren  Dosen  giftig.  Naphthalincarbonsäiire  C^Hv  •  COOH  macht  keine 
physiologischen  Wirkungen  oder  Störungen  und  passiert  den  Organismus  unver- 
ändert. Phenol  kann  man  in  Dosen  von  1 — 2  g  geben,  bei  welchen  es  aber  schon 
giftig  zu  wirken  anfängt.  Wir  kennen  nun  drei  dem  Phenol  entsprechende  Car- 
bonsäitten.  m-  iind  p-Oxybenzoesäure  sind  selbst  in  großen  Dosen  unschädlich 
und  therapeutisch  unwirksam,  hingegen  wird  Salicylsäure  (die  o- Verbindung), 
welche  die  einzig  wirksame  ist  imd  stark  antiseptisch  und  antifebril  \virkt,  in 
Dosen  von  4 — 6  g  j)ro  die  noch  sehr  gut  vertragen.  Es  wird  also  Phenol  durch 
Eintritt  von  Carboxyl  in  zwei  Stellungen  gänzhch  unwirksam  gemacht,  in  einer, 
(der  o-SteUung),  in  emen  wirksamen,  aber  weit  weniger  giftigen  Körper  verwan- 
delt. Dabei  ist  zu  bemerken,  daß  die  elektrische  Leitfähigkeit  der  Salicylsäure 
weitaus  höher  ist  als  die  der  beiden  isomeren  Verbindungen.  Brenzcatechin 
OH 

ist  das  giftigste  der  drei  Dioxybenzole ;  in  Dosen  von  2 — 3  g  pro   die 


kann  man  es  als  ein  Antipyreticum  von  rauschartig  vorübergehender  Wirkung 

OH 

benützen.    Die   entsprechende    Carbonsäure    (Protocatechusäiu-e)    f  J         hat 
COOH 


1)  Amt  Kohlrauseh,  Zentralbl.  f.  Physiol.  33,   143. 

2)  Ai-ch.  di  Farmacol.   1894,  417.  ')  M.  v.  Nencki,  AePP.  30,  300. 


Bedeutung  des  Eintrittes  von  Säuregruppen.  103 

in  Dosen  von  4  g  keine  toxische  oder  therapeutische  Wirkung.  Die  Dioxy- 
benzoesäuren  und  die  ihnen  entsprechenden  Aldehyde  sind  für  den  mensch- 
lichen Organismus  fast  indifferent,  sie  wirken  nicht  antiseptisch  und  fast  gar 

OH 

nicht    antipyretisch  1).     Pyrogallol    f    J__     wirkt     bekannthch    stark    giftig, 

hauptsächlich  wegen  seiner  reduzierenden  Eigenschaften.  Die  entsprechende 
Carbonsäure,  Gallussäure,  ist  nicht  giftig  und  hat  weder  antipyretische,  noch 
antiseptische  Eigenschaften.  Menschen  vertragen  4 — 6  g  Gallussäure  pro  die  gut. 

/5-Naphthol  wirkt  bei  Hunden  in  Dosen  von  1 — IV2  g  tödhch.  Die  /Ö-Naph- 
thoesäure  wirkt  erst  bei  Hunden  in  Dosen  von  4  g  giftig,  doch  erholen  sich 
die  Tiere  sehr  bald  vollständig.  Auch  o-OxychinoUncarbonsäure  ist  selbst  in 
größeren  Dosen  nicht  giftig  und  wird  unverändert  im  Hame  ausgeschieden. 

Im  allgemeinen  sind  die  aromatischen  Kohlenwasserstoffe  und 
Phenole  für  den  Tierkörper  viel  giftiger  als  die  zugehörigen  Car- 
bonsäuren, d.  h.  durch  den  Eintritt  der  Carboxylgruppe  in  die  aro- 
matischen Verbindungen  wird  ebenso  wie  durch  den  Eintritt  einer 
Sulfogruppe  die  Giftigkeit  herabgesetzt  oder  ganz  vernichtet. 
Während  Benzol,  Naphthalin,  Phenol,  Naphthol  in  den  Geweben  zum  Teil 
hydroxyliert  werden,  Benzol  zu  Phenol,  Naphthalin  zu  Naphthol,  Phenol  zu 
Brenzcatechin  und  Hydrochinon,  Naphthol  zu  Dioxynaphtholen,  also  die  schon 
einfach  hydroxyherten  Körper  zu  zweifach  hydroxylierten  und  sich  dann  erst 
diese  Substanzen  mit  Schwefelsäure  oder  Glykuronsäure  im  Organismus  paaren, 
imterhegen  die  aromatischen  Carbonsäuren  in  den  Geweben  weit  weniger  der 
Oxydation  imd  werden  zum  Teil  ganz  unverändert  ausgeschieden  oder  sie 
paaren  sich  mit  Aminoessigsäiire. 

Auch  die  Aminoverbindungen  verlieren  durch  die  Einführung  des  Carboxyls 
einen  großen  Teil  ihrer  toxischen  Wirkung^).  Das  so  heftig  giftige  Anilin  wird 
dm-ch  Eintritt  einer  Carboxylgruppe  fast  ganz  entgiftet.  Die  m-Aminobenzoe- 
NH2 

säure  f  Jpr>p,TT  wird  nach   den  Untersuchungen   von   E.  Salkowski   selbst 

in  Dosen  von  5  g  des  Natriumsalzes  gut  vertragen  und  macht  nur  wenig  Übel- 
keit. Schon  das  Eintreten  von  Hj^droxylen  in  das  Anilin  vermag  letzteres 
weniger  giftig  zu  machen,  so  sind  p-Aminophenol  und  o-Aminophenol  weniger 
giftig    als    Ajiilin.     Ganz    ungiftig    sind    die    entsprechenden    Sahcylsäuren : 

COOH  (1)  COOH  (1) 

o-AminosaUcylsäure  CeHo^OH       (2)   und   p - Aminosalicylsäure   CjHj^OH       (2) 

^NHj      (3)  NHj      (5) 

sind  selbst  in  Dosen  von  10  g  pro  die  für  Menschen  ganz  unschädhch.  Diese 
Regel,  daß  der  Eintritt  der  Carboxylgruppe  entgiftend  wirkt,  gilt  auch  für  die 
zusammengesetzten  aromatischen  Verbindungen.  o-OxycarbanU  (Carbonyl- 
aminophenol)  CO  :  N  •  CgH^  •  OH  wird  in  Dosen  von  2 — 3  g  gat  vertragen  und 
erzeugt  bei  Fieber  prompten  Temperatiurabfaü.  Die  Verbindmig  selbst  wird  im 
Organismus  weiter  oxydiert  und  paart  sich  dann  mit  Schwefelsäure.  Die  ent- 
sprechende Carbonsäure  OC :  N  •  CeH3<^QQg  aber  ist  selbst  in  Dosen  von  5  g 
ungiftig  und  passiert  den  Organismus  unverändert.  AcetaniUd  (Antifebrin) 
CH3  .  CO  •  NH  .  CgHs  ist  weit  weniger  giftig  als  Anilin  NH2  •  CgHs  selbst.  Es 
erzeugt  in  Dosen  von   V4 — 1  g  prompten  Temperaturabfall  und  ist  ein  sehr 

^)  Pio  Marfori,  Ann.   d.   chimic.  e  farmac.    1896,  Nov. 

^)  M.  V.  Nencki  imd  Boutmy,  Archiv  des  sciences  biolog.  St.  Pötersbourg  1,  62. 


104  Bedeutung  der  einzelnen  Atom-Gruppen  für  die  Wirkung. 

kräftiges  Antipyreticum.  Malanilsäiire  C^Hj  •  NH  •  CO  •  CHg  •  COOH  kann  man 
als  ein  Acetanilid  auffassen,  in  welchem  ein  Wasserstoff  des  Methyls  durch  eine 
Carboxylgruppe  ersetzt  ist.  Malanilsäure,  welche  sich  also  vom  Acetanilid  nur 
durch  die  Gegenwart  einer  Carboxylgruppe  vmterscheidet,  hat  selbst  m  Dosen 
von  6  g  beim  Fiebernden  gar  keinen  Effekt  und  wird  unverändert  ausgeschieden. 
Phenacetiii  (Acetyl-p-aminophenoläthyläther)  ist  eines  unserer  bekanntesten 
antipyretischen  Mittel  und  wirkt  in   Dosen   von  V2 — 1  g  prompt   bei  Fieber. 

O  •  P  TT     ( \\ 

p-Phenacetincarbonsäure  hingegen  C5H4<jjjj.  -^^  ^^^  .coOH  (4)  '**  selbst  in 
größeren  Dosen  indifferent.  Der  Ersatz  eines  Wasserstoffes  also  in  der  Seiten- 
kette durch  eine  Carboxylgruppe  hebt  die  toxische  und  therapeutische  Wir- 
kung des  Phenacetins  vollkommen  auf.  Dies  ist  um  so  interessanter,  da  man 
durch  Ersatz  des  gleichen  Wasserstoffes  durch  eine  Aminogruppe  einen  aus- 
gesprochen wirksamen  Körper  bekommt,  das  PhenokoU 

P    TT     _^OCnHg 

«    *^NH  •  CO  •  CH,  ■  NHj 

Lazzaro^)  hat  nun  für  diese  Erscheinungen  folgende  Regel  aufgestellt. 
Wenn  im  Anilin  ein  W^asserstoff  im  Benzolkem  durch  eme  zusammengesetzte 
Gruppe,  z.  B.  den  Sulfosäurerest  ersetzt  wird  (Sulfanilsäure),  so  geht  die  krampf- 
erregende Wirkung  verloren,  bleibt  aber  erhalten,  wenn,  wie  im  Bromanilin,  n\ir 
ein  einzelnes  Element  für  den  W^asserstoff  euitritt.  Diese  Regel  von  Lazzaro 
ist  in  dieser  Form  unrichtig.  Die  Wirkmig  des  Anilins  oder  analoger  Körper 
geht  verloren,  weil  durch  den  Eintritt  der  Sulfosäuregruppe  der  basische  wirk- 
same Körper  in  einen  sauren,  daher  miwirksamen  verwandelt  wird.  Beim 
Bromanihn  geschieht  diese  Umwandlimg  nicht,  daher  geht  der  ursprüngHohe 
Charakter  nicht  verloren. 

Das  Jod-  oder  Chlormethylat  des  Phenyldimethylpyrazols^) 

CeHs 

CH3.A<§f3 

II      II  ^' 
H  •  C— C  •  CH3 

ruft  starke  Krämpfe,  Lähmungserscheiumigen  imd  Tod  durch  AtemstUl- 
stand  hervor.  Phenyldimethylpyrazolcarbonsä\u:e  hat  qualitativ  die  gleiche, 
aber  quantitativ  etwas  schwächere  Wirkung. 

PhenyldimethylpjTazolcarbonsäure 


N 

/\ 

CH3  ■  C    N .  CH3 

II      II 

H  -  C— C  •  COOH 

Noch  viel  geringere  zentrale  Wirkutng  besitzt  die  Phenylmethylpyrazolcarbon- 
säure;  sie  ist  erhebhch  weniger  giftig  als  das  ihr  chemisch  nahestehende 
Phenyldimethyli^jTazolon.  Wenn  man  auch  das  letzte  Methj'l  durch  eine 
Carboxylgruppe  ersetzt,  so  bekommt  man  die  Phenylpyrazoldicarbonsäure, 
welche  weniger  giftig  als  die  PhenyldimethylpjTazolcarbonsäure  ist;  es  ändert 
sich  aber  auch  der  Wirkungscharakter,  indem  neben  der  Respirationslähmung 

1)  Arch.  per  le  scienze  med.   15,   16.  -)  H.  Tappeiner,  AePP.  28,  295. 


Bedeutung  des  Eintrittes  von  Säuregruppen.  105 

auch  die  Herzlähmung  in  den  Vordergrund  tritt.  Obgleich  die  Phenylmethyl- 
pyrazolcarbonsäure  eine  ähnliche  Konstitution  besitzt  wie  Antipyrin,  so  hat 
sie  wegen  der  Anwesenheit  der  Carboxylgruppe  keine  temperaturherabsetzende 

Wirkung.  

PyiTol  „J|    lu„  ,   welches  nach  Ginzbergi)  schwer  lähmend  und  stark 

JiCx /Cxi 
N 
H 
fäulniswidrig  wirkt,  wird  durch  Eintritt  einer  Carboxylgruppe  unwirksam,  denn 
die  a-Carbopyrrolsäure  COOH  •  C4H3  •  NH  macht  keine  Vergiftung  und  wird 
als  solche  ausgeschieden. 

Pil^eridinsäure  macht  beim  Frosch  Steigerimg  der  Reflexerregbarkeit, 
Lähmmig  des  Zentralnervensystems,  Herzstillstand  in  der  Diastole^). 

Auch  bei  ahphatischen  Nitrilen  kommt  es  zu  einer  wesentUchen  Entgiftung 
durch  den  Eintritt  der  Carboxylgruppe.  Beim  Vergleiche  der  Giftigkeit  von 
Acetonitril  dem  cyanessigsauren  Natrium  gegenüber  erweist  sich  ersteres  als 
doppelt  so  giftig.  Zimtsäurenitril  ist  dop^Delt  so  giftig  als  cyanzimtsaures  Na- 
trium^). Die  Gruppe  SO3H  scheint  sich  analog  zu  verhalten,  so  daß  Fiquet 
annimmt,  daß  man  aus  der  Gruppe  der  Nitrile  auf  diese  Weise  dem  Organismus 
zuträghche  Arzneimittel  wird  darstellen  können  (s.  S.  84ff.). 

Der  durch  Einführung  von  Säuregruppen  verlorengegangene  physiolo- 
gische Grundcharakter  eines  Körpers  kami  wieder  auftreten,  weim  man  die 
Säuregruppe,  welche  die  Reaktion  mit  dem  Organismus  verbindert  oder  die 
Verteilung  ändert,  dadurch  unwirksam  macht,  daß  man  sie  verestert.  (Beispiele : 
Cocain,  Arecaidin.)  So  ist  auch  Tyrosin  (p-OxjqDhenyl  (X-aminopropionsäure)  kein 
Gift,  während  der  salzsaure  Äthylester  des  Tyrosins  für  Kaninchen  stark  giftig  ist  ^ ) . 

Lactone  habe  eine  Santoninwirkung,  d.  h.  die  Wurmmuskulatur  erregende 
Wirkmig.  Santonin  und  seine  Lactongruppen  enthaltende  Derivate  besitzen 
eine  solche  Wirkmig,  ebenso  Pilocarpin,  während  pilocarpinsaiu-es  Natrium 
nicht  wirkt.    Ebenso  Cumarin,  während  o-Cumarsaures  Natrium  nicht  wirkt^). 

Torsten  Thunberg^)  untersuchte  die  Beeinflussung  des  Gasaustausches 
der  überlebenden  Froschmuskulatur  dm-ch  verschiedene  Stoffe.  Die  einbasischen 
aromatischen  Säiuren,  Benzoesäure,  m-  xmd  p-Toluylsäure,  Hippursäure  haben 
eine  kräftig  deletäre  Wirkung  auf  den  Gasaustausch.  Die  Hippursäure  ist  etwas 
weniger  schädlich.  Die  Eiuführimg  einer  zweiten  Carboxylgruppe  (die  drei 
Phthalsäuren)  wirkt  im  Sinne  einer  Entgiftung.  Diese  Entgiftung  ist  bei  den 
verschiedenen  stellungsisomeren  Säuren  sehr  verschieden  ausgeprägt.  Die 
o-Phthalsäure  ist  sehr  wenig  schädhch,  während  die  Isophthalsäm-e  und  die 
Terephthalsäure  einen  nicht  unbedeutenden  Wirkungsgrad  behalten.  Die  MeUit- 
säure  ist  weniger  giftig  als  die  Iso-  und  Terephthalsäure. 

Die  Di-  und  Polycarbonsäuren  der  fetten  Reihe  zeigen  eine  große  Neigung, 
unter  der  Emwirkung  der  überlebenden  Muskulatur  Kohlensäure  abzuspalten. 
Die  gleiche  Wirkung  zeigt  die  o-Phthalsäure.  Phenylessigsäure  ist  etwas  wemger 
giftig  als  Hydrozimtsäure.  Bei  Untersuchung  von  Zimtsäure,  Allozimtsäure, 
Benzylidenpropionsäure,  Phenylpropiolsäure  und  Benzalmaionsäure  sieht  man, 
daß  die  Säuren  mit  ungesättigten  Seitenketten  die  giftigeren  sind.  Nur  die 
Benzalmalonsäure  ist  ziemlich  ungiftig,  was  für  die  entgiftende  Bedeutung  der 
zweiten  Carboxylgruppe  spricht. 

1)  Diss.  Königsberg  (1890).  ^)  Goldschmitt,  Diss.  Würzburg  (1884). 

')  Fiquet,  C.  r.   130,  942.  ')  R.  Cohn,  HS.   14,   189  (1890). 

5)  Paul  Trendelenburg,  .\ePP.   T9,   190  (1915). 

«)  Torsten  Thunberg,  Skandin.  Arch.   f.  Physiol.   29,   1   (1913). 


106  Bedeutung  der  einzelnen  Atom-Gruppen  für  die  Wirkung. 

Die  Salicyl Säuregruppe  ist  giftiger  als  die  Benzoesäure.  p-Oxybenzoesäure 
ist  sehr  wenig  giftig.  Auch  die  Anissäure  ist  weniger  giftig.  Acetylsalicylsäure 
und  Salicylsäure  sind  ungefähr  gleich  giftig.  Bei  Untersuchung  der  Proto- 
catechusäure,  yS-Resorcylsäure  und  Piperonyl säure  sieht  man,  daß  das  Eintreten 
•der  zweiten  Hydroxylgruppe  die  Wirkung  kaum  verändert. 

Methylcumarsäure  CH3O  •  C6H4  •  CH  :  CH  •  COOH  und  Methylcumarin- 
säure  CH3O  •  C6H4  •  CH  :  CH  •  COOH  zeigen  dieselbe  Wirkung. 

Mandelsäure  und  Phenylparaconsäure  sind  relativ  ungiftig.  Opiansäure  ist 
auch  nicht  giftig. 

Der  Giftigkeitsgrad  des  Phenols  ist  etwas  größer  als  derjenige  der  Benzoe- 
säure. 

Die  Einführung  der  Nitrogruppe  in  die  Benzoesäure  ist  keine  Entgiftung. 
o-Nitrobenzoesäure  ist  etwas  weniger  giftig  als  die  Benzoesäure,  aber  das  gilt 
nicht  für  die  beiden  anderen  Nitrosäuren.  Bei  den  beiden  Di-Nitrobenzoesäuren 
tritt  die  Giftwirkung  bei  der  Form  1:3:5  sehr  kräftig  hervor.  Pikrinsäure  ist 
sehr  giftig.    Anilin  ist  weniger  giftig. 

Die  Sulfurierung  bedeutet  eine  Entgiftung :  das  sieht  man  bei  Untersuchung 
der  Benzolsulfosäure,  der  m-Benzoldisulfosäure,  der  p-Phenolsulfosäure,  der 
Sulfosalicylsäure  und  der  Sulfanilsäure. 

Die  Fähigkeit  des  Benzolringes,  den  Gasaustausch  der  überlebenden  Mus- 
kulatur kräftig  zu  erniedrigen,  sieht  man  noch  besser,  wenn  man  hydroaroma- 
tische  Verbindungen  damit  vergleicht.  Diese  verhalten  sich  wie  Derivate  der 
Fettreihe.  Untersucht  wurden  Inosit,  Chinasäure  und  von  den  polycyclischen 
Terpenkörpern  die  Camphersäiu-e. 

Picolinsäure  und  Nicotinsäure  sind  ein  wenig  giftig,  erstere  giftiger  als 
letztere.  Chinolinsäure  mit  zwei  Carboxylgruppen  ist  kaum  giftig.  Piperidin- 
chlorhydrat  ist  ungiftig.    Chinolinchlorhydrat  ist  sehr  giftig. 

Fiu-furalkohol  und  Brenzschleimsäure  sind  ein  wenig  giftig.  Furfurol 
(Aldehyd)  ist  sehr  giftig.    Piperazin  ist  unwirksam. 

Von  besonderer  Bedeutung  für  die  Synthese  der  Arzneimittel  ist  die  An- 
lagerung saurer  Reste  an  wirksame,  vorzüglich  basische  Körper  (Acylierung). 
Die  beliebteste  und  verbreiteste  Art  ist  die  Acetylierung  der  Hydroxyl-  oder 
Aminogruppe.  Durch  diese  Anlagerung  der  sauren  Reste  wird  der  basische 
Charakter  der  Substanz  nicht  aufgehoben,  ebensowenig  ihre  Wirkung.  Es  wird 
aber  die  Basizität  oder  der  saure  Charakter  abgeschwächt  und  die  Wirkimg 
verlangsamt,  denn  solche  Körper  treten  zum  Teil  in  der  Weise  im  Organismus 
in  Wirkung,  daß  der  saure  Rest  sich  langsam  abspaltet  und  dann  die  Base  oder 
Säure  zur  Wirkung  gelangt.  Kami  der  in  Aminogruppen  substituierte  saure 
Rest  im  Organismus  nicht  abgespalten  oder  aboxydiert  werden,  so  kami  dann 
auch  die  Base  meist  nicht  ihren  physiologischen  Effekt  auslösen.  Die  Art  der 
eingeführten  Gruppe  (Acetyl-,  Lactyl-,  Salicyl-  usw.  Reste)  hängt  von  dem 
Wunsche  des  Synthetikers  ab,  einen  mehr  oder  minder  leicht  löslichen  und 
resistenten  Körper  zu  erhalten.  Die  Lactylderivate  gehören  bei  den  meisten 
Basen  zu  den  löslichsten,  schwerer  löslich  sind  die  Acetylderivate,  dann  folgen 
die  Benzoyl-  und  schließlich  die  Salicylderivate,  die  letzteren  sind  häufig  so 
schwer  löslich  und  insbesondere  so  schwer  im  Organismus  in  die  Komponenten 
spaltbar,  daß  die  mit  Salicylsäureresten  oder  anderen  aromatischen  Acylgnippen 
substituierte  Base  überhaupt  nicht  mehr  zur  Wirkung  gelangt,  z.  B.  Salicyl- 
phenetidid. 

Von  eigentümlicher  Bedeutung  ist  die  Gegenwart  von  Säureradikalen, 
welche  einen  Hydroxylwasserstoff  in  basischen  Körpern  ersetzen,  insbesondere 


Bedeutung  des  Eintrittes  von  nicht  oxydiertem  Schwefel.  IQ7 

in  Alkaloiden.  Ekgoninmethylester  wirkt  gar  nicht  anästhesierend.  Benzoylek- 
goninmethylester  (Cocain)  hingegen  verdankt  seine  energische  anästhesierende 
Wirkung  dem  Eintreten  des  Benzoyh-estes.  Tropin,  sowie  eine  Reihe  anderer 
Alkaloide  erweisen  sich^)  als  cocainartig  wirkend,  wenn  man  den  Benzoyhest 
anlagert.  Ebenso  konnten  Cash  und  Dunstan^)  zeigen,  daß  die  große  Giftig- 
keit des  Aconitins  mit  der  Gregenwart  von  Acetyl-  und  Benzoylgruppen  im  Mole- 
kül im  imiigsten  Zusammenhange  steht.  Spaltet  man  diese  ab,  so  erhält  man 
einen  wirkmigslosen  Körper.  Schon  die  bloße  Abspaltung  des  Acetylrestes  im 
Aconitin  macht  eine  auffäUige  Abnahme  der  Giftigkeit  und  vernichtet  völlig  die 
stimulierende  Wirkung  des  Aconitins  auf  das  Respirationszentrum  und  den 
Lungenvagus.  Eine  ähnhche,  wenn  auch  viel  schwächere  Wirkimg  in  dieser 
Richtung  zeigen  die  Reste  der  Tropasäure  und  der  Mandelsäure.  Es  besteht 
eine  steigende  Reihe  in  der  Wirksamkeit  von  der  Tropasäure  durch  die  Mandel- 
säure zur  Benzoesäure. 

Die  Bedeutung  der  Säm-egruppen  in  Estern  von  hydroxyherten  Basen,  wie 
Tropin,  Ekgonin,  Morphin  usw.  wird  ausführhch  im  Kapitel  Alkaloide  besprochen. 

11.  Bedeutung  des  Eintrittes  von  nicht  oxydiertem  Schwefel. 

Wenn  man  gleichzeitig  mit  Cj'aniden  imterschwefhgsaures  Natron  einem 
Tier  einjiziert,  so  tritt  eine  Entgiftung  der  an  und  für  sich  giftigen  Cyanide  eia^). 
Dieselbe  entgiftende  Rolle  kann  der  bleischwärzende  Schwefel  des  nativen 
Eiweißes  spielen,  und  zwar  die  Sulfhydrylgruppe  des  Cystins.  Die  entstehenden 
Rhodanverbindungen  R  •  CXSH  sind,  wemi  auch  pharmakologisch  nicht  mi wirk- 
sam, so  doch  im  Vergleich  zu  der  Giftigkeit  der  Cyanide  als  ungiftig  zu  be- 
zeichnen (s.  S.  89). 

Die  einfachste  organische  Schwefelverbindimg,  Schwefelkohlenstoff  CSj, 
ist  ein  heftiges  Gift.  Kohlenoxysulfid  COS  verursacht  schon  in  kleinen  Mengen 
Erstickungstod.  Xach  den  Untersuchungen  von  L.  Lewin*)  wird  Xantho- 
gensäure  gerade  auf  in  Schwefelkohlenstoff  und  Alkohol  gespalten.  Es  tritt  nach 

00  TT 

Einführung  von  Xanthogensäure  SC<gjg2    5  jjj  geeigneter  Dosis  eine  vollständige 

Anästhesie  des  ganzen  Körpers  ein,  wie  sie  bereits  früher  bei  Vergiftungen  mit 
Schwefelkohlenstoff  beim  Menschen  beobachtet  wurde.  Die  santhogensauren 
Alkahen  sind  vorzüghche  Konservierungs-  und  Desinfektionsmittel.  Sie  können 
in  jeder  Beziehung  eme  medikamentöse  Verwendung  des  dazu  gänzUch  ungeeig- 
neten Schwefelkohlenstoffs  ersetzen. 

Nach  den  Untersuchungen  von  Bruylants  wird  Schwefelkohlenstoff  im 
tierischen  Organismus  zur  Bildung  von  Sulfocyansäure  verwendet. 

Nach  Eingabe  von  Thioharnstoff  findet  man  beim  Kaninchen  keine  Ver- 
mehrung der  Sulfocyansäure  im  Ham^). 

Die  Mercaptane  CnHon  +  i-SH  zeichnen  sich  bekanntlich  durch  einen 
äußerst  intensiven  Geruch  aus,  der  mit  der  Zunahme  des  Molekulargewichtes 
ansteigt.  Die  in  der  Stinkdrüse  von  Skunks  (Mephithis  mephitica)  vorkommen- 
den Mercaptane  Butylmercaptan  C4H9  •  SH  und  Amylmercaptan  CgHu  •  SH 
gehören  zu  den  mtensivst  riechenden  Substanzen,  die  wir  kennen®).   Schwefel- 

C  TT 

äthyl   p2„5->s  hingegen  ist  physiologisch  ein  ganz  indifferenter  Körper  von 

1)  Filehne,  Berliner  klin.  Wochenschr.   1887,   107. 

2)  Proc.  Roy.  Soc.  London  68,   378  (1901). 

3)  S.  Lang,  AePP.  36,  75.  *)  Virchows  .\rch.  78  (1879). 
*)  Serafino  Dezani,  Arch.   farmacol.  specim.   36,   115  (1918). 
*)  -Aldrich,  American  Joum.   of  experim.   med.    1,   323. 


J^08  Bedeutung  der  einzelnen  Atom-Gruppen  für  die  Wirkung. 

schwachem  Geruch.  Nach  Curci^)  wirkt  Methylsxilfid  CH3  •  S  •  CHj  zentral 
lähmend.  Aber  die  Giftigkeit  der  Mercaptane  ist  geringer  als  die  des 
Schwefelwasserstoffes.  Es  scheinen  Alkylgruppen  auf  Schwefelwasserstoff  ent- 
giftend zu  wirken-).  Methylmercaptan  CH3  •  SH  wirkt  ähiüich  wie  Schwefel- 
wasserstoff, vor  allem  auf  das  Respirationszentrum.  Die  Tiere  werden  bald  nach 
dem  Einatmen  unruhig  mid  zeigen  eine  stark  beschleunigte  Respiration,  hierauf 
Lähmung  der  Extremitäten  und  Krämpfe,  schließHch  tritt  der  Tod  durch 
Atmungslähmung  ein.  Bei  Injektion  der  Kalkverbindung  des  Methylmercaptans 
zeigen  sich  ebenfalls  Vergiftungserscheüiungenä).  Trimethylsulfiuium Jodid 
(CH3)3SJ  hat  die  Curarewirkung  der  Ammoniumbasen.  Trimethylsulfinium- 
oxydhydrat  (CH3)3S(OH)  wirkt  noch  stärker  curareartig,  aber  es  erzeugt  auch 
eüi  Exzitationsphänomen  (Curci,  A.  J.  Kunkel). 

Pharmakologische  Untersuchiingen  über  Thioverbindungen  sind  nicht  sehr 
zahheich.  ^^„ 

Thiohamstoff  SC<j^g^  macht  lang  gesteigerte  Puls-  und  Atemfrequenz*). 

Ertötet  nach  Binet  bei  subcutaner  Injektion  Frösche  zu  10  g,  Meerschwein- 
chen zu  4  g  pro  kg  Tier^).  Er  hebt  zunächst  zentral  die  willlvüi'hchen  Bewegmigen, 
dann  die  Reflexe  auf,  ohne  Störungen  der  SensibiUtät  zu  verursachen ;  das  Herz 
wird  aUmähüch  gelähmt,  bei  Warmblütern  erfolgt  der  Tod  ohne  Konvulsionen, 
bei  Fröschen  kann  die  Wirkung  mit  tetanischen  Erscheinungen  beginnen.  Das 
Blut  zeigt  spektroskopisch  keine  Veränderungen^).  Nach  Lusini  und 
Calilebe  ist  Thiohamstoff  nicht  giftiger  als  gewöhnlicher  Harnstoff.  Thio- 
hamstoff kommt  nach  französischen  Autoren  m  kleineren  Mengen  im  nor- 
malen Harn  vor. 

Nach  den  Untersuchungen  von  A.  Döllken  macht  Thiosinamin  (Allylthio- 
hamstoff)  NHj  •  CS  •  NH  (CH2  :  CH  •  CH2)  Narkose,  Tod  durch  Lungenödem 
und  Hydiothorax').  Allylthiohamstoff  ist  wegen  der  Seitenkette  mit  doppelter 
Bindung  höchst  giftig.  Die  zweifach  substitmerten  Derivate  sind  wieder  un- 
schädlich, wemi  die  Alkj'le  gleich  sind  und  giftig,  sobald  zwei  verschiedene 
Alkyle  vorhanden  sind. 

Propylenpseudothiohamstoff  NH  :  C(SC3Hg)NH.2  macht  starke  Reflex- 
steigerung, Tetanus  und  Krämpfe.  Bei  inner Hcher  Verabreichiuig  werden  die 
Tiere  apathisch  und  deren  Reflexe  herabgesetzt.   Propj^lenhamstoff  C3H5  •  NH 

•  CO  •  NH2  hingegen  verursacht  eine  bedeutende  Steigerung  der  Reflexe.  Alle 
drei  Substanzen  haben  emen  Einfluß  auf  die  Respiration.  Sie  erregen  zuerst 
das  Zentrahiervensystem,  um  es  dann  zu  lähmen.  Aber  nur  bei  langsamer 
Resorption  zeigt  sich  die  erregende  Wirkung  des  Thiosinamins*). 

Bei  Untersuchung  von  Phenylthioharnstoff  C^U^  •  NH  •  CS  ■  NT!,,  Äthyl- 
thioharnstoff  C^Hg  •  NH  •  CS  •  NH,  und  Acetylthiohamstoff  CH3  ■  CO  •  NH  •  CS 

•  NH,  finden  sich  folgende  Verhältnisse :  Äthylthioharnstoff  ist  nahezu  ganz  un- 
wirksam, die  beiden  anderen  wirken  wie  Thiosinamin,  Phenylthioharnstoff  indes 
anscheinend  stärker.  Diphenylthiohamstoff  ist  ebenso  wie  alle  anderen  Diphe- 
nylverbindmigen  unwirksam.  Dimethylthiohamstoff  CH3  •  NH  •  CS  •  NH  •  CH3 
macht  intravenös  injiziert  eine  kurz  dauernde  leichte  Narkose.  Methyläthyl- 
thioharnstoff  bewirkt  gesteigerte  Atemfrequenz,  Schwäche  und  Schlafsucht,  in 
den  nächsten  Tagen  Reflexsteigerung  und  Tetanus,  Tod.   Äthylenthioharnstoff 

1)  Arch.  di  farmacol.  4,  2,  80  (1896). 

-)  Rekowski,  Arch.  des  Sc.  biol.  St.  P^tersbourg  2,  205  (1893). 

3)  M.  f.  C.   10,  862  (1889)  und  AePP.  28,  206.  *)  Lange,  Diss.  Rostock  (1894). 

5)  Rev.  med.  d.  1.  Suisse  Rom.  1893,  540,  628.  *)  Annali  di  Farmacoterap.  189T. 

')  AePP.  38,   321   (1897).  *)  Deutsche  med.  Wochensclu-.    1901,  Xr.  35,   S.  591. 


Bedeutung  des  Eintrittes  von  nicht  oxydiertem  Schwefel.  109 

wirkt  schwach  narkotisch.  Allylphenylthioharnstoff  macht  intravenös  injiziert 
krampfähnliche  Bewegungen,  Speichebi,  Zittern,  Flankenatmen  des  Versuchs- 
tieres. 

Verbindungen  dieser  Reihe  mit  symmetrischer  Anordnung,  wie  Harnstoff, 
sind  sehr  schwach  wirksam  oder  unwirksam.  —  Die  übrigen,  bei  denen  nur  eine 
NHj-GrupjJC  mit  einem  Radikal  verbvinden  ist  und  die,  welche  doppelt  alkyliert 
sind,  aber  mit  ungleichen  Radikalen,  sind  sehr  energisch  wirksam.  Gleiche 
Wirkungen  haben  sie  keineswegs.  Die  mit  der  Pseudoformel  HN  :  C(SH)(NH2) 
entfernen  sich  in  ihrer  Wirkung  am  meisten  vom  Harnstoff  und  Thiohamstoff 
HjN  •  CS  •  NHo.  Näher  den  letzteren  stehen  die  monalkylierten  Verbindungen, 
während  die  dialkylierten  mit  verschiedenen  Radikalen  die  Mitte  zwischen  beiden 
einnehmen. 

Nicht  eine  bestimmte  Gruppe,  sondern  die  Art  der  Verknüpfung  ist  hier 
für  die  Wirkung  maßgebend.  -^^    ~„ 

Während    Hydantoin    (Glykolylharnstoff)  C0\  I         ungiftig   ist,    ist 

2-Thiohydantoin  für  Kaninchen  giftig.  Die  Substitution  einer  Alkylgruppe 
in  die  Stellung  4  vermindert  die  Toxizität.  2-Thio-4-methylhydantoin  ist 
wem'ger  giftig  als  2-Thiohydantoin,  während  2-Thiohydantoin-4-essigsäure 
in  2  g-Dosen  ungiftig  ist.  2-Thio-4-methylhydantoin  macht  in  letalen  Dosen 
eine  Albuminurie  bei  Kaninchen.  Der  Schwefel  des  2-Thiohydantoins  wird 
nicht  oxydiert^). 

Smith^)  untersuchte  Carbaminthiosäureäthylester  (Thiurethan)  NHj  •  CO 

•  S  •  CjHg  und  Thiocarbaminsäureäthylester  (Xanthogenamid)  SC<q  ,qtt-    Der 

letztere  ist  viel  giftiger,  der  erstere  macht  nur  eine  kleine  Appetitstörung.  In 
diesen  Kohlensäurederivaten  bildet  die  Substitution  von  Schwefel  für  Sauer- 
stoff eine  Verbindung,  welche  viel  giftiger  ist,  wenn  der  Schwefel  die  CS  •  OH- 
Stelle  einnimmt,  als  wemi  er  den  Sauerstoff  in  der  Hydroxylgruppe  CO  •  SH 
ersetzt. 

Schwefelhaltige  Säuren  der  Fettreihe,  in  denen  der  Schwefel  mit  ein  oder 
zwei  Sauerstoffatomen  zusammenhängt,  wirken  nicht  giftig. 

Der  cyclisch  gebundene  Schwefel,  wie  beim  Thiophen,  im  Ichthyol  usf. 
bewirkt  neben  seinen  antiseptischen  und  antiparasitären  Eigenschaften  eine 
wesentliche  Vermehrung  der  Resorption,  eine  Wirkung,  welche  an  die  Jod- 
wirkung erinnert,  pharmakologisch  aber  mit  ihr  keineswegs  identisch  ist.  Die 
cyclischen  Verbindungen  mit  substituiertem  Schwefel  zeigen  überdies  auffällige 
schmerzstillende  Eigenschaften,  welche  nur  dem  Eintritte  von  Schwefel  in  diese 
Gruppen  zuzuschreiben  ist. 

Eine  ähnliche  entgiftende  Wirkung  wie  sie  Schwefel  auf  Cyan  ausübt,  indem 
er  noch  aktives,  aber  weitaus  weniger  giftiges  Rhodan  erzeugt,  übt  Schwefel 
nach  den  Untersuchungen  von  Edinger  und  Treupel^)  auf  ChinoUn  aus. 

Chinolin   (    ]     |   ist  ein  starkes   Protoplasmagift.    Erhitzt   man  Chinolin  mit 

N 
Schwefel,  so  erhält  man  Thiochinanthren  NC9H5<g>H5C8N .   Dieses  Thiochüian- 

thren  ist  ungiftig  und  überhaupt  wirkungslos.  Hingegen  soUen  alle  Chinobn- 
rhodanate  stark  antiseptisch  wirken^). 

1)  Howard  B.  Lewis,  Joum.  of  biol.  chemistry  13,  347  (1912). 

^)  Pflügers  Arch.  53,  481.  ^)  Tlier.  Mon.   1898,  422. 

')  Joum.  f.  prakt.  Ch.  [2]  54,  340;  [2]  66,  209.  —  HB.  30,  2418  (1897). 


wo  Bedeutung  der  einzelnen  Atom-Gruppen  auf  die  Wirkung. 

Die  Thioaldehyde  CH2(0H)(SH)  wirken  energischer  als  die  Aldehyde  und 

CHj  •  CH  ■  S 
insbesondere    Trithioaldehyd         S<       >CHCH3    wirkt    stärker    und    nach- 

CH3  •  CH  •  S 
haltender  als  Paraldehyd  {CH3  •  CH0)3.    Paraldehyd  wirkt  nicht  auf  das  Herz, 
aber  hypnotisch.  Thioaldehyd  wirkt  hyionotisch  und  auf  das  Herz  stark  giftig^). 

12.  Bedeutung  der  doppelten  und  dreifachen  Bindung. 

Es  läßt  sich  der  Satz  aufstellen:  Körper  mit  doppelter  Bindung  sind 
giftiger  als  die  entsprechenden  gesättigten  Substanzen  (0.  Loew). 

Während  die  Alkohole  im  aUgemeinen  ke'ne  besondere  Giftigkeit  zeigen, 
konnte  Mießner^)  bei  Arbeitern,  die  AUylalkohol  aus  Glycerin  und  Oxalsäure 
darstellten,  sehr  schwere  Vergiftungserscheinungen  beobachten.  Er  fand  starke 
Sekretion  aus  den  Augen  und  Nase,  Druckschmerz  des  Kopfes  und  der  Augen, 
tagelang  anhaltende  Weitsichtigkeit.  Während  Propylalkohol  CH3  •  CH,  •  CHj 
•  OH  ungiftig  ist  und  nur  einen  Rauschzustand  macht,  erzeugt  der  ungesättigte 
Allylalkohol  CHj  :  CH  •  CH2  •  OH  Beschleunigung  der  Atmung,  Lähmungen 
und  Tod  durch  Respirationsstillstand.  Er  erzeugt  keinen  Rausch,  sondern  wirkt 
nur  depressiv.  Dem  Allylalkohol  geht  die  für  alle  Alkohole  der  gesättigten  Reihe 
typische  narkotische  Wirkung  ab.  Die  eigentümhche  stark  giftige  Wirkung  des 
Allylalkohols  ist  seinem  Charakter  als  ungesättigte  Verbindung,  seiner  doppelten 
Bindung  der  Kohlenstoff atome  zuzuschreiben. 

Charakteristisch  für  die  Wirkung  des  Allylalkohols  ist  die  heftige  Schleim- 
hautreizung, die  starke  Gefäßerweiterung  und  die  dadurch  verursachte  starke 
Blutdrucksenkung.  Damit  ist  auch  ein  beträchtlicher  Eiweißverlust  verbunden. 
Allylalkohol  ist  fünfzigmal  so  g'ftig  als  Propylalkohol.  Daß  die  hohe  Giftigkeit 
dieser  Verbindung  tatsächlich  mit  der  doppelten  Bindung  zusammenhängt, 
zeigt  eine  Reihe  von  analogen  Verhältnissen  bei  anderen  Körpern  mit  doppelter 
Bindung  der  Kohlenstoffatome. 

So  ist  Dijodacetyhden  JC  ;  CJ  äußerst  energisch  giftig,  und  zwar  so  giftig, 
daß  che  Wirkung  die  der  meisten  Gifte  übertrifft^).  Es  hemmt  in  stärkster  Ver- 
dünnung che  Entwicklung  von  Älikroorganismen.  Per  os  gegeben  ist  es  wegen 
seiner  Schwerlöshchkeit  ein  weit  schwächeres  Gift,  während  die  Dämpfe,  von 
Säugetieren  eingeatmet,  diese  töten.  Der  ungesättigte  Charakter  der  Verbindung 
und  die  dreifache  Bindung  bedingt  die  Giftigkeit  des  Dijodacetj'lidens.  Aber 
auch  Acetylendijodid  JHC  :  CHJ  ist  giftig,  viel  giftiger  als  Jodoform  CHJ3 
und  die  Giftwirkung  beruht  nicht  auf  dem  Jodgehalte  allein. 

Vom  Vinylaminchlorhydrat  CH^  :  CH  •  NH2  •  HCl  wirken  0.025—0.03  g 
pro  kg  beim  Kaninchen  in  4 — 6  Stunden  letal  (s.  auch  S.  72). 

Merkwürdigerweise  soll  Allylamin  CHj  :  CH  •  CHg  •  NHj  dm-chaus  ohne 
Wirkung  sein*).  Aber  diese  Angabe  ist  nach  Piazza  unrichtig.  Allylamin  wirkt 
im  Gegensatz  zu  Levaditis  Angaben  auf  das  Herz,  indem  es  diastolischen 
Stillstand  macht.  Auf  die  glatte  Muskulatur  wirkt  es,  wenn  auch  schwach, 
ein.  Es  verengt  das  Gefäßsystem  und  erweitert  die  Pupille  am  isolierten 
Froschauge.  Bei  Säugetieren  macht  es  sehr  starke  akute  Vergiftungssymptome, 
einen  Temperaturabfall,  schwere  Darmreizungen. 

Isoallylamin  CH3  •  CH  :  CH  •  NH^  hat  die  Gruppe  — C  :  CH  •  NHj,  welche 
dem  Allylamin  fehlt.  Es  ist  sehr  stark  giftig.  NachS.GabrielundC.  v.Hirsch^) 

^)  Lusini,  Ann.   di  ehim.  e  di  farmacol.    15,    14. 

=)  Berliner  klin.  Wochensclir.  1891,  819.  =)  O.  Loew,  Zeitschr.  f.  Bio].  ST,  222. 

*)  Levaditi,  Arch.  intern,  de  pharmacod.  8,   1,  48.  ^)  BB.  89,  2747  (1896). 


Bedeutung  der  doppelten  und  dreifachen  Bindung.  ^J^J 

ist  die  toxische  Dosis  pro  Kilogramm  Körpergewicht  bei  Ziegen  O.Ol  g.  Die 
Wirkung  des  Giftes  erstreckt  sich  eigentümlicherweise  auf  eine  ganz  bestimmte 
Stelle,  nämlich  auf  den  sogenannten  Papillaranteil  der  Niere. 

Anethol  (Allylphenolmethyläther)  kann  grammweise  an  Kaninchen  ohne 
Schaden  verabreicht  werden ;  es  wirkt  nicht  schädlich,  sondern  ausgezeichnet 
entzündungshemmend . 

Allylformiat  ist  stark  wirksam,  aber  in  ganz  anderer  Richtung  als  Allylamin. 
Es  reizt  die  Nieren  und  erzeugt  eine  akute  parenchjnnatöse  Degeneration  der 
Nieren  und  teilweise  Verkalkung,  es  macht  Ikterus.  Im  Gegensatze  zu  Tall- 
qvist  und  E.  St.  Faust  gibt  I.  Georg  Piazza  an,  daß  acrylsaures  Natrium 
nicht  hämolysieren  könne,  auch  Allylformiat  kann  nicht  hämolysieren.  Während 
also  Vinylamin  vorwiegend  auf  die  Nierenpapille  wirkt,  schädigt  das  homologe 
Allylamin  die  Organe  nicht  wesentlich,  das  Allylformiat  schädigt  vorwiegend 
die  Leber.  Allylsenföl  wiederum  bedingt  in  toxischen  Dosen  nach  Paul  Mayer 
Erbrechen,  Gastroenteritis,  Nephritis,  während  eine  Entzündung  oder  Nekrose 
von  Leberzellen  nicht  beobachtet  wurde.  Allylalkohol  macht  ebenfalls  einen 
deutlichen  Temperaturabfall.  Allylanilin  macht  nur  die  typischen  Anihn- 
erscheinungen,  Methämoglobinurie.  Allylacetat  macht  bei  höherer  Dosierung 
deutlichen  Temperatursturz.  Diallylessigsäure  ist  unwirksam.  Allylsulfid  ist 
migiftig.  Allyljodid  wirkt  lokal  sehr  stark  reizend.  Allylhamstoff  ist  voll- 
ständig wirkungslos.  Diallylthioharnstoff  und  Dithiosinamin  erzeugen  keine 
Wirkungen.  Dimethylallylamin  ist  wirkungslos.  Diallylbarbitursäm-e  erzeugt 
einzehie  Symptome  wie  Allylamin ;  insbesondere  bei  der  Atmung  imd  in  bezug 
auf  die  Körpertemperatur  i)  (s.  bei  Dial). 

Das  äußerst  giftige  ungesättigte  Crotonöl  verhert  diurch  Reduktion  mit 
Wasserstoff  seine  Reizwirkung  auf  das  Auge  und  führt,  bei  Kaninchen  luid  Hun- 
den in  großen  Dosen  innerlich  gegeben,  weder  Durchfall  noch  Entzündung  herbei  ^). 

Ölsäure  wirkt  hämolysiernd  und  wirkt  bei  Kaninchen  so,  daß  die  Erytliro- 
cyten  und  das  Hämoglobin  sowohl  bei  Verfütterung  als  auch  bei  subcutaner 
Einverleibung  des  Natriumsalzes  zurückgehen  3).  Die  Natronsalze  der  niederen 
Glieder  der  gesättigten  Fettsäurereihe  bis  zur  Capronsäure  sind  vollständig 
unwirksam,  dagegen  die  höheren  von  der  Caprinsäure  aufwärts  sehr  stark,  nicht 
schwächer  als  Ölsäure  hämolytisch  wirksam.  Die  Nonylsäure  bildet  etwa  ein 
Zwischenghed,  üidem  sie  schwach  hämolytisch  wirkt*). 

C— NHj 

Von  Camphylamin   C8Hj4/|i  wirken  0.45  g  pro  kg  Tier  rapid  toxisch. 

CH 

Es  macht  Erreginig,  Lähmung,  intermittierende  Krämpfe,  aber  keine  Verände- 
rung in  den  Organen.  Kleinere  Dosen  erzeugen  schwere  nervöse  Erscheinungen. 
Die  Gruppe  — C  :  CH  •  NHj  ist  vorhanden,  aber  eng  an  einen  aromatischen  Kom- 
plex gebunden.  Auch  bei  den  Untersuchungen  von  Heymans  zeigte  es  sich, 
daß  die  Wirkungen  der  aromatischen  CN-Verbindungen  ganz  anders  sind  als 
die  der  aOphatischen  (s.  S.  87,  88). 

Schön  läßt  sich  che  giftige  Wirkung  der  doppelten  Bindung  an  den  Körpern 
der  Safrolgruppe^)  erweisen. 

Die  Körper  der  Safrolgruppe  haben  aüe  eine  Seitenkette  mit  doppelter 
Bindung. 

^)  I.   Georg  Piazza,  Zeitschr.   f.  exper.  Pathologie  u.  Therapie   17,   1   (1915). 

2)  C.  Paal,  Karl  Roth  und  Heintz,  BB.   43,   1546  (1909). 

')  E.  S.  Faust,  AePP.    1908,   Suppl.   Schmiedeberg-Festschrift   171. 

*)  J.   Shimazono,    AePP.   65,    361    (1911). 

5)  Arthur  Heffter,    AePP.  35,    342. 


112  Bedeutung  der  einzelnen  Atom-Gruppen  für  die  Wirkung. 


Safrol  selbst  f    J_  ist  Allylbrenzcatechinmethylenäther. 

Es  ist  bei  ■weitem  giftiger  als  alle  bis  nun  untersuchten  ätherischen  Öle, 
es  bewirkt  eine  Herabsetzung  des  Blutdruckes  durch  Lähmung  der  vasomoto- 
rischen Zentren.  Safrol  bewirkt  geradeso  wde  der  gelbe  Phosphor  in  einer  Reihe 
von  Organen  hochgradigste  fettige  Entartung,  vorwiegend  in  der  Leber  und  den 
Nieren,  es  entsteht  ein  ausgesprochener  Ikterus.  Daher  ist  Safrol  eine  für 
Menschen  stark  giftige  Substanz. 

Isosafrol  ist  der  Methylenäther  des  Propenylbrenzcatechins.  Statt  der 
Allylgruppe  steht  die  isomere  Propenylgruppe. 

CH :  CH  •  CH3 

Isosafrol  ist  in  gleicher  Dosis  weniger  giftig.  Bei  der  Safrolvergiftung  fehlen 
alle  Erscheinungen  von  selten  des  Zentralnervensystems  vollkommen.  Eine  sehr 
bald  auftretende  und  rasch  zunehmende  Schwäche  und  HinfäUigkeit  sind  das 
einzige  Symptom.  Diese  fehlt  fast  ganz  bei  der  Isosafrol wirkmig ;  vielmehr 
treten  hier  deutlich  nervöse  Erscheinungen  auf,  sogar  Krämpfe,  Taumeln. 
Pathologische  Befunde  geben  uns  eine  deutliche  Aufklärung  über  diesen  Unter- 
schied der  Vergiftungsbilder  an  Versuchstieren :  Beim  Safrol  eine  starke  deletäre 
Einwirkung  auf  den  Stoffwechsel,  die  sich  durch  hochgradige  Verfettung,  wie 
bei  der  Phosphorvergiftung,  charakterisiert;  beim  Isosafrol  das  völlige  Fehlen 
jeder  Degeneration  imd  nur  die  Veränderungen,  die  durch  längeren  Nahrungs- 
mangel hervorgerufen  wurden.  Da  die  Allylverbindungen  einen  höheren  Wärme- 
wert besitzen  als  die  Propenylverbindungen,  so  sind  sie  auch  die  labileren  und 
gehen  mit  dem  Protoplasma  heftigere  Reaktionen  ein,  während  das  stabilere 
Propenylderivat  es  unbeeinflußt  läßt. 

Auch  Anethol  CHg  •  0  •  C^K^  •  CH  :  CH  •  CHg  bringt  Wegen  seiner  doppelten 
Bindung  in  Dosen  von  2  g  beim  Menschen  Kopfschmerzen  und  leichten  Rausch 
hervor.    Pulegon  aus  Poley- Öl   CH3  •  CH<^g2  •  CO  ^^^  .  ^^^P^^j^   macht  fettige 

Degeneration  der  Organe  und  Phosphorismus  (Steigen  der  N-Ausscheidung). 
Durch  Wasserstoff anJagerung  entsteht  Menthol,  welches  von  viel  geringerer 
Giftigkeit  ist.    Menthon  g  g 

H3C  c  CO 

(Ketohexahydro-p-cymol)  ist  weit  weniger  giftig  als  Carvon 

HaC^H 

^sC!  HjC  CO 

(Ketodihydro-p-cymol).  An  Stelle  der  zwei  doppelten  Bindungen  des  Carvons 
ist  Anlagerung  von  zwei  Wasserstoffen  getreten^). 

Von  den  Verbindungen  Menthan,  Menthen,  Terpinen  und  Cymol  wirkt 
nur  das  Menthen,  welches  eine  Doppelbildung  hat,  hämolytisch,  während  das 


1)  H.  Hildebrandt,  HS.  36,  453  (1902). 


Bedeutung  der  doppelten  und  dreifachen  Bindung.  Jjg 

Terpinen  mit  zwei  ungesättigten  Gruppen  nicht  wirksam  ist.  Es  läßt  sich  dies 
vieUeicht  dadurch  erklären,  daß  sich  bei  sogenannten  konjugierten  Doppel- 
bindungen die  Valenzen  gegenseitig  absättigen  i). 

Piperinsäure,  welche  der  Protocatechusäure  analog  gebaut  ist,  besitzt  eine 
Seitenkette  mit  doppelter  Bindung  1.2.4r-CeH3(0  •  CHg  •  0)  •  CH  :  CH  •  CH  :  CH 

•  CO  OH  sie  lähmt  bei  Fröschen  das  Zentralnervensystem  und  stellt  das  Herz 
in  der  Diastole  still.     Hingegen    ist    die    analoge   Piperonylsäure    1.2.4-CßH3 

•  (O  •  CH2  •  0)  •  COOH  ,  welcher  die  Seitenkette  mit  doppelter  Bindung  fehlt, 
zu  5  g  beim  Menschen   ganz  indifferent,  ebenso  Piperonal  CgHg  (0  •  CHj  •  0) 

•  CHO. 

Denselben  Einfluß  der  doppelten  Bindung  sehen  wir  bei  Vergleichung  des 
schwach  giftigen  Chohns  mit  dem  stark  giftigen  Neurin. 

ChoUn  (Trimethyläthylammoniumhydroxyd) 
Neurin  (Trimethylvinylammoniumhydroxyd) 

Wird  dem  Neurin  noch  Wasserstoff  entzogen,  so  erhält  man  Acetenyl- 
trimethylammoniumhydroxyd  ^) 

welches  noch  viel  giftiger  ist  als  Neurin.  Intravenös  injiziert  bewirkt  es  bei 
Warmblütern  StUlstand  der  Herztätigkeit  und  Respiration,  wie  Schmidt 
gezeigt  hat. 

Eine  Ausnahme  macht  nur  das  von  Hans  H.  Meyer  untersuchte  AUyl- 
trimethylammoniumhydrosyd    (CH3)3N  ■  CH^  ■  CH  :  CH,  ^    das    Homologe    des 

OH 

Neurins,  welches  aber  nur  schwach  giftig  ist. 

Tritt  das  Allylradikal  an  Stelle  von  einem  Methyl  in  den  ChoHnkom- 
plex  ein,  so  schlägt  dessen  muscarinähnliche  Wirkung  in  das  Gegenteil  um, 
soweit  es  sich  wenigstens  um  das  Kaltblüterherz  handelt^).  Die  AUylgruppe 
erzeugt,  wemi  sie  an  Stelle  des  Methyls  am  Stickstoff  in  das  Codeinmolekül 
eingeführt  wird,  aus  dem  Codein  einen  Antagonisten  des  Morphins,  was  weder 
der  Äthyl-  und  der  Propylrest,  noch  die  höheren  Homologen  tun*). 

Es  entsteht  die  Frage,  ob  es  die  lockere  Bindung  des  AUyls  an  Elemente 
wie  Stickstoff,  Halogen  usw.  ist,  die  das  singulare  physiologische  Verhalten 
einiger  (nicht  aller)  aUylhaltiger  Verbindungen  bedingt,  und  weiter  die  Frage, 
ob  für  beide  Klassen  von  Erscheinungen  die  Anwesenheit  der  doppelten  Bindung 
überhaupt  oder  ihr  Auftreten  in  einer  bestimmten  Entfemxmg  vom  Ende  des 
Moleküls  oder  ihre  Vergesellschaftung  mit  einem  Kohlenwasserstoffrest  von 
bestimmter  Größe  maßgebend  sei. 

Das    chemische    Verhalten    der    Reste:     1.    Cimiamyl     (/-Phenyl-allyl) 

0  :  HCH 
CgHs  .  CH  :  CH  •  CH,,    2.    Furomethyl     |         >0        und    3.    d,   e-Pentenyl, 

CH  :  C  •  CH3 
CHj  :  CH(CH2)3  zeigen,  daß  es  die  /?  :  7-Stellung  der  Kohlenstoff -Kohlenstoff- 

^)  W.  Heubner,  28.  Kongreß  für  innere  Medizin,  Wiesbaden  1911,  S.  559. 
2)  Liebigs  Ann.  26T,  249.  ^)  J.  v.  Braun  und  E.  Müller,  BB.  50,  290  (1917). 

*)  J.  V.  Braun,  BB.  49,  977  (1916).  — J.  Pohl,  Zeitschr.  f.  experim.  Pathol.  u.  Ther. 
17,  Heft  3  (1915). 

r  r  ä  n  k  e  1 ,  Arzneimittel-Synthese.    5.  Auil.  8 


114  Bedeutung  der  einzelnen  Atom-Gruppen  für  die  Wirkung. 

Doppelbindung  ist,  welche  —  ohne  Rücksicht  auf  die  absolute  Größe  und  den 
mehr  oder  weniger  komplizierten  Bau  des  ungesättigten  Alkylrestes  —  seine 
lockere  Bindmig  an  Stickstoff,  Brom  usw.  bedingt;  denn  die  Reste  1.  und  2. 
schließen  sich  recht  genau  dem  Allyl,  der  Rest  3.  hingegen  schließt  sich  den 
gesättigten  Kohlenwasserstoffresten  an^). 

Interessant  ist  auch,  daß  die  ungesättigte  Aconitsäure  CH  •  (COOH) 
:  C(COOH)  •  CH2(C00H)  unwirksam  ist.  2  g  einem  Kaninchen  subcutan  injiziert, 
erzeugten  nur  diirch  kurze  Zeit  Unruhe. 

Allylsenföl  CHj  :  CH  •  CH2  •  NCS  ist  nach  Mitscherlich  giftig,  da  4.0  g 
Kaninchen  in  2  Stunden,  15.0  g  in  V4  Stunde  töten.  Acrolein  CHj  :  CH  •  CHOj 
Crotonaldehyd  CH3  •  CH  :  CH  •  CHO  ^)  sind  aber  giftiger  als  die  entsprechenden 
gesättigten  Verbindungen.  Acrolein  wirkt  sogar  auf  kleine  Tiere  narkotisch. 
Crotonaldehyd  macht  Dyspnoe,  allgemeine  Lähmung,  lokale  Ätzm;g. 


13.  Unterschiede  in  der  Wirkung  bedingt  durch  Stellungsisomerien. 

Nach  den  Untersuchimgen  von  Bokorny^)  an  Pflanzen  und  niederen 
Tieren  bestehen  Unterschiede  in  der  Giftigkeit  zwischen  o-  und  p-Verbindurgen, 
und  zwar  in  dem  Sinne,  daß  die  p-Verbindungen  meist  che  giftigeren  sind. 

Doch  ist  diese  Regel  keineswegs  von  allgemeiner  Gültigkeit.  p-Nitrophenol  f    J 

OH 
NO2  NOj 

ist  stärker  giftig  als  m-Nitrophenol  [    L-rr>   cheses  als  o-NitrophenoI*)  f    J 
NOj  \/"^  NO2  V 

p-Nitrotoluol  f    J  ist  giftiger  als  o-Nitrotoluol  [   ]      ' .     Dasselbe   Verhältnis 

CH3 
zeigt  sich  bei  den  Toluidinen. 

Die  ausgedehnten  Untersuchungen  von  Gibbs  und  Hare  über  die  Wirkung 
isomerer  Verbindimgen  auf  den  tierischen  Organismus  zeigten,  daß  die  Nitro- 
phenole  der  Giftigkeit  nach  in  folgender  Ordnung  stehen:  die  p-Verbindung 
ist  die  giftigste,  dann  folgt  die  m-Verbindung  und  die  o-Verbindurg  ist  die  am 
wenigsten  giftige.  Sie  töten  alle  durch  Herzlähmiu  g  und  haben  keinen  Einfluß 
auf  die  Körperwärme.  Die  Angriffspunkte  und  die  Wirkungsweise  sind  also 
gleich,  trotz  der  Verschiedenheiten  in  der  Stellung  der  Gruppen.  Nur  eine 
Differenz  besteht:  die  o-und  m-Verbindung  reizen  den  Vagus,  während  die 
p-Verbindung  seine  Tätigkeit  schwächt. 

Doch  ist  nur  die  Wirkungsdifferenz  allgemeine  Regel,  keineswegs  aber  das 
Überwiegen  des  toxischen  Effektes  der  p-Verbindungen  über  die  o-Reilie;  denn 
viele  Verbindungen  zeigen  ein  gegenteiliges  Verhalten,  die  o-Verbindungen  sind 

NOj 

OCHO 
ist  giftiger  als  die  p-Verbindung 



.    Beim  Anisidin  CH3  •  0  •  CgH^  •  NHg  scheint  die  p-Verbindung  weniger 
CHO 


1)  J.  V.  Braun  und  Z.  Kohler,  BB.  5J,  79  (1918).  =)  AePP.   18,  239. 

3)  Joum.  f.  prakt.  Ch.  36,  272.  *)  Dubois'  Arch.  1889,  Suppl.  Bd.  272. 


Unterschiede  in  der  Wirkung  bedingt  durch  Stelliingsisomerien.  115 

schädlich  zu  wirken  als  die  o-Verbindung.  Auch  beim  Oxybenzaldehyd  ist  die 
CHO  CHO 

o-Verbinduiig   [    J        schädlicher  als  die  p-Verbindung   f   J    .    Sehr  hervor- 

OH 

stechend  ist  der  Unterschied  bei  den  sehr  giftigen  Phenylendiaminchlorhydraten, 
NH2 

wo  die  o-Verbindung  [  J  ^  erheblich  wirksamer  ist  als  die  p-,  diese  als  die 
m-Verbindung^).  ^^ 

Ebenso  zeigen  die  Nitraniline  eine  Abnahme  der  Giftigkeit  von  der  p-  über 
die  m-  zur  o-Verbindung.  Sie  zeigen  Symptome  der  Anilinvergiftung  über- 
haupt, nämlich  Methämoglobinbildung  und  bei  großen  Dosen  starke  Herzläh- 
mung, femer  zeigen  sio  aUe  reizende  Wirkung  auf  die  peripheren  Ausbreitungen 
des  Vagus.  Bemerkenswert  ist,  daß  die  p-Verbindmig  10  mal  so  giftig  ist  als 
die  O-Verbindung. 

Nitrobenzoesäuren  aller  Stellungen  sind  gänzlich  imschädlich  und  imwirk- 
sam  für  den  tierischen  Organismus. 

p-  imd  m-Oxybenzoesäuren  sind  beide  unwirksam  2),  während  die  o-Verbin- 
OH 

dmig   (Sahcylsäure)  f  J  die    bekannten  energischen  Wirkungen   ausübt. 

Die  drei  isomeren  Aminobenzoesäuren  zeigen  ein  ähnhches  Verhalten. 
Die  o-Verbindung  ist  die  giftigste^). 

Die  drei  isomeren  Aminooxybeuzoesäuren  sind  alle  wenig  giftig. 

NH2 

In  ihren  antiseptischen  Fälligkeiten  ist  die  o-Verbüidimg  f  Jqqqh  ^^^ 
beiden  anderen  überlegen.  ^^ 

Brenzcatechin  Resorcin  Hydrochinon 

OH  OH  OH 

^OH 

^OH 

OH 

Unter  den  Dioxybenzolen  ist  die  o-Verbindung,  Brenzcatechin,  die  giftigste. 
Ihm  steht  die  p- Verbindung,  Hydrochinon,  in  bezug  auf  die  Giftigkeit  am 
nächsten,  während  Resorcin,  die  m-Verbindung,  sich  als  am  wenigsten  giftig 
erwies.  Ebenso  verhält  es  sich  mit  der  antifermentativen  Wirkung  dieser  Körper 
sowie  mit  der  antipyretischen,  doch  ist  die  Anwendung  des  Brenzcatechins  als 
Antipyreticum  streng  zu  vermeiden.  Gibbs  imd  Hare*)  fanden  als  tödliche 
Dosis  des  Brenzcatechin  0.06  g  pro  kg,  Hyckochinon  0.1g  pro  kg,  während 
Resorcin  erst  tödlich  wirkte,  wenn  1  g  pro  kg  angewendet  wurde. 

Wie  die  Dioxybenzole,  so  zeigen  auch  die  Trioxybenzole  große  Verschieden- 


nOTT 
__    ist   bei   weitem 

OH 


OH 

O] 
OH 


giftiger  als  Phloroglucin        f    J       .    Während  0.05  g  PyrogaUol  pro  kg  schon 

schwere  Erscheinungen  machen,  0.1  g  den  Tod  bewirken,  bedarf  es  der  20fachen 
Menge  Phloroglucin  pro  kg,  um  letale  Wirkungen  auszuüben.    Sowohl  Phloro- 

1)  Dubois  und  Vignon,  C.  r.   lOT.  =)  HS.   1,  259  (1S78). 

3)  H.  Hildebrandt,  HB.  3,  369  (1903). 

*)  Dubois'  Arch.  f.  Physio!.   1889,  Suppl.-Bd.  272. 


116  Bedeutung  der  einzelnen  Atom-Gruppen  für  die  Wirkung. 

glucin  als  Pjrrogallol  hemmen  den  Puls,  reizen  den  Vagus,  verändern  das  Aus- 
sehen des  Blutes.    Beide  töten  durch  direkte  oder  indirekte  Aufhebung  der 

Atmung.  ^       ,  „  „ 

o-Kresol  m-Kresol  p-Kresol 

CHj  CH3  CHs 

OH 

Beim  Kaninchen*)  ist  m-Kresol  etwas  -weniger  giftig  als  Phenol,  Phenol 
weniger  giftig  als  o-  und  p-Kresol.  o-Kresol  ist  giftiger  als  m-Kresol.  p-Kresol 
ist  das  giftigste. 

Für  die  Maus  ist  p-Kresol  doppelt  so  giftig  als  Phenol,  o-Kresol  ebenso 
giftig,  m-Kresol  weniger  giftig  als  Phenol.  Dasselbe  gilt  von  den  Natriumsalzen. 
Die  drei  isomeren  Kresole  haben  untereinander  eine  verschiedene  Giftigkeit. 
[Nur  für  den  Frosch  sind  die  Kresole  weniger  giftig  als  Phenol^).] 

Die  drei  Kresole  zeigen  erhebliche  Unterschiede  in  bezug  auf  die  Wirkung 
inid  die  Giftigkeit.  o-Kresol  wirkt  auf  das  Herz  in  kleinen  Gaben  lähmend  ein. 
Schon  in  kleinen  Gaben  ist  es  ein  Reizmittel  für  die  Nervensubstanz  des  Hem- 
mungsapparates, in  größeren  ein  kräftig  wirkendes  Gift  für  alle  Gewebe.  Auch 
p-Kresol  wirkt  als  Herzgift  und  in  zweiter  Linie  auf  die  Nerven.  Hingegen  ist 
m-Kresol  kein  so  starkes  Herzgift  und  beeinflußt  auch  nicht  den  Hemmungs- 
apparat, sondern  wirkt  mehr  auf  das  vasomotorische  System.  Alle  drei  Kresole 
wirken  lähmend  auf  das  sensible  und  motorische  System.  Während  die  o-  und 
p- Verbindung  die  Hemmungsvorgänge,  wie  erwähnt,  anregen,  hat  die  m-Ver- 
bindung  keine  solche  Wirkung.  o-Kresol  scheint  von  beiden  das  stärkere  Reiz- 
mittel für  die  Hemmung  zu  sein  und  ist  das  stärkste  Herzmittel  der  Gruppe. 
Ihm  zunächst  steht  in  dieser  Hinsicht  p-Kresol,  während  m-Kresol  auf  das  Herz 
verhältnismäßig  schwach  wirkt.  Hingegen  scheint  m-Kresol  die  vasomotori- 
schen Nerven  stärker  anzugreifen  als  p-Kresol,  wahi'scheinhch  aber  nicht  stärker 
als  o-Kresol.  Als  Reizmittel  für  die  Hemmungsnerven  mid  Herzgifte  bilden 
o-  und  p-Kresol  eine  Gruppe.  Als  Gifte  für  die  vasomotorischen  Nerven  bilden 
o-  und  m-Kresol  eine  Gruppe.  Gl      Br 

Beim  Kaninchen  erweisen  sich  p-Chlor-  und  p-Brom-Toluol  [   J>  f   J    als 

CH3   CH3 
die  giftigsten,  am  wenigsten  giftig  sind  die  o-Verbindungen.   In  der  Mitte  steht 
a  Br 

m-Chlortoluol*)r  J„„  .    Auch  ist  p-Bromtoluol  f  J   durch  große  Giftigkeit  aus- 
gezeichnet. ^/      '      Br  02 

p-Brombenzoesäure  [    ]       erwies  sich  bei  Anwendung  molekularer  Mengen 
\/  Cl 

COOH  ^COOH 

als  erheblich  giftiger  als  o-Chlorbenzoesäure  *)  .In  der  Mitte  steht 


m-Chlorbenzoesäure.   Aber  auch  die  o-Verbindung  ist  noch  giftiger  als  Benzoe- 
säure selbst. 

Die  drei  isomeren  Toluidine^)  CH3  •  C6H4  •  NHg  zeigen  in  ihrer  physio- 
logischen Wirkung  sehr  große  Ähnlichkeiten.  Alle  wirken  wie  Anihn  CgHg  •  NHg 
zerstörend  auf  den  roten  Blutfarbstoff  und  bilden  Methämoglobin.    Sie  lähmen 


1)  Meili,  Diss.  Bern  (1891).  =)  Karl  ToUens,  AePP.  52,  220  (1904). 

')  H.  Hildebrandt,  HB.  3,  369  (1903).  «)  Ebenda  S.  370. 

')  Jaf  f  e  und  Hubert,  HS.  13,  295  (1888).  —  H.  Hildebrandt,  HB.  3,  372  (1903). 


Unterschiede  in  der  Wirkung  bedingt  durch  Stellungsisomerien.  117 

das  Rückenmark  und  wirken  durch  die  Aufhebung  der  Atmung  tödlich.  Bei 
der  Einspritzung  in  die  Jugularis  beträgt  die  letale  Dosis  des  o-Toluidin  0.208  g 
pro  kg  beim  Hunde,  des  m-Toluidin  0.125  g  und  0.1  g  die  des  p-Toluidin.  Es 
steigt  also  die  Giftigkeit  vom  o-Toluidin  über  m-Toluidin  zum  p-Toküdin.  Bei 
der  Acetyüerung  hingegen  verhalten  sich  die  drei  Tohiidine  verschieden.  Hier 
ist  die  p-Verbindung  merkwürdigerweise  unwirksam,  und  wie  es  scheint,  auch 
die  m-Verbindung.  Beide  sind  völlig  ungiftig,  und  giftige  Eigenschaften  kommen 
nur  dem  o-Acettoluid  zu.  Eine  Temperatur  herabsetzende  Wirkung  kommt  nur 
dem  m-Acettoluid  zu,  die  p-  mid  o-Verbindungen  sind  ohne  bemerkenswerten 
Einfluß  auf  die  Körperwärme.  Ein  mimittelbarer  Zusammenhang  zwischen 
der  Temperatur  vermindernden  Wirkung  und  der  Art  der  chemischen  Um- 
setzung läßt  sich  nicht  nachweisen.  Denn  existierte  ein  solcher,  so  müßte  das 
o-Acettoluid,  dessen  chemisches  Verhalten  im  Tierkörper  dem  des  Antifebrins 
vollkommen  analog  ist,  dem  letzteren  auch  in  bezug  auf  den  antipyretischen 
Effekt  am  nächsten  stehen.  Bei  einer  Reihe  von  Verbindungen  konnte  kein 
Unterschied  wahrgenommen  werden,  so  bei  den  Dimethyltoluidinen. 

Erwähnenswert  ist  noch  der  frappante  Unterschied  in  der  Geschmacks- 
wirkimg zwischen  o-  und  p-Benzoesäuresulfinid. 

o-Benzoesäuresulfinid  p-Benzoesäuresulfinid 

'     '  '      '       _>NH 


u 


CO 


/ 


Ersterer  Körper,  Saccharin,  ist  500  mal  so  süß  als  Zucker,  während  die  ent- 
sprechende p-Verbindmig  geschmacklos  ist. 

a-Naphthylamin   [   J     J      ist  giftiger  als  /Ö-Naphthylamin  ^)    f   J     |         , 

I    (X-Naphthol   ist   giftiger   als    /9-Naphthol  I     1      Iqct  •     Nach   Maimo- 

OH 

witsch^)  soll  a-Naphthol  dreimal  weniger  toxisch  sein  und  dreimal  stärkere 
antiseptische  Eigenschaften  als  /3-Naphthol  besitzen. 

a-  und  j'-Aminobuttersäure  sind  m  bezug  auf  Narkose  unwirksam;  die 
jß-Aminobuttersäure  hat  neben  einer  stark  narkotischen  Wirkung  eine  exzitie- 
rende  auf  das  Atmmigszentrum  aufzuweisen^). 

«-Cocain  H^      H       H^ 

Q _ri Q 

H^      H        Hj 

unterscheidet  sich  nur  diu-ch  die  Stellung  der  Carboxylgruppe  im  Ekgomnkeni 
von  Cocain  H       H       H 

C^ — C C  •  COO  •  CHs 

I       /N  •  CHs)CH  ■  O  ■  CO  •  CjHj 

c — c — c 

H^      H        H2 
ruft  aber  keine  Anästhesie  hervor*). 


')  Petrini,  Arch.  di  Farmacol.  5,  574  (1897).  —  Presse  m^dicale  1894,   13,  I. 

')  Deutsches  Arch.  f.  kUn.  Med.  1894.  =)  W.  Sternberg,  Z.  f.  kl.  Med.  38,  65. 

*)  R.  Willstätter,  HB.  39,   1575,  2216  (1896). 


118 


Bedeutung  der  einzelnen  Atom-Gruppen  für  die  Wirkung. 


In  der  Reihe  der  Purinbasen  finden  wir  ebenfalls  ein  ganz  charakteristisches 
Beispiel  dafür.  Die  drei  stellungsisomeren  Dimethylxanthine  Theobromin, 
Theophyllin,  Paraxanthin,  haben  eine  identische  diuretisehe  Wirkung,  doch 
wirkt  Theophyllin  weitaus  kräftiger  als  Theobromin.  Paraxanthin  übertrifft 
an  Wirkungsstärke  Theophyllin  bedeutend  i). 


Theobromin  (3.7-Dimethylsanthin) 
NH  — CO 


CH, 


I 
CO 

I 

■N- 


C- 

II 

-c- 


-N/ 


CH, 


M^ 


;,CH 


Tlieophyllin   (1.3-Dunethylxanthin) 
CHs-N  — CO 

CO  C  — N'^ 


CH, -N— C  — N 


>CH 


Paraxanthin  (1.7-Dimethylsanthin) 


CH, 


N  — CO 

CO  C-N(^^' 

I       II         >CH 


HN  — C  — N 

Bei  Cis-Transisomeren  liegen  folgende  Beobachtimgen  vor: 

Von  den  Hexahydrobenzylamincai'bonsäuren  sind  die  Cisverbindungen 
farblose,  betäubend  riechende  Öle,  die  Transverbindungen  fest  und  geruchlos. 
Die  beiden  N-Methylvinyldiacetonalkamine  (stabil  und  labil)  verhalten  sich  in 
Form  ihrer  Mandelsäureester  physiologisch  verschieden.  Die  stabile  Verbin- 
dung ist  unwirksam,  die  labile  erzeugt  Mydriasis. 

Die  Cisstellung  der  Hydroxylgruppe  zu  zwei  Alkyl-,  resp.  zwei  Alkylen- 
resten  ist  hier,  wie  bei  allen  verwandten  Verbindungen  (s.  bei  Cocain)  die  physio- 
logisch-aktive Raumgruppierung. 

Die  mydriatisch  wirkenden  Isomeren  haben  folgende  Raumformeln: 


N-Methylvinj'ldiacetonalkamin  physiol. -aktiv 


CH, 


?< 


OH 


CH, 


H 
C 

— "-X 
CH, 

ch] 

1/ 


Tropin  physiol. -aktiv 
H 


CH, 


;/ 


CH, 


OH^- 


CH„ 


CH, 


CHj 
H 

.     I 
CH- 


N  •  CH, 


d-Ekgonin  (physiologisch-aktiv) 


Pseudekgonin  (physiol.-inakt.) 


OH 

l\ 

H 


H 
C 

1/ 


N  •  CH, 


H   COOH 


\_ 

C 

/\  CH, 

H   COOH 


I 


14.  Stereochemisch  bedingte  Wirkungsdifferenzen. 

Wir  haben  in  vorhergehendem  gesehen,  wie  Stellungsisomerien  ein  durchaus 
verschiedenes  physiologisches  Verhalten  verursachen.  Ebenso  bedingen  Stereo- 
isomerien  verschiedenes  physiologisches  Verhalten. 

Die  sehr  auffallende  Tatsache,  daß  zwei  Substanzen,  welche  völlig  gleiche 
Gruppierungen  enthalten  und  nur  durch  eine  differente  Anordnung  im  Räume 


1)  O.  Schmiedeberg,  BB.  34,  2550  (1901). 


Stereochemisch  bedingte  Wirkungsdifferenzen.  119 

sich  unterscheiden,  in  ihrem  physiologischen  Verhalten  wesentHch  voneinander 
abweichen,  hat  zuerst  Louis  Pasteur  beobachtet,  der  sofort  auch  den  einzig 
richtigen  Schluß  zog,  daß  die  physiologische  Wirkung  von  der  Lagerung  der 
Atome  im  Räume  abhängig  ist. 

L.  Pasteur^)  beobachtete,  daß  Penicillium  glaucum  und  andere  Pilze  auf 
einer  optisch  inaktiven  Weinsäurelösung  gezüchtet,  die  Lösung  optisch  aktiv 
machten,  so  daß  eine  hnksdrehende  Lösung  resultierte.  Die  Mikroorganismen 
hatten  also  aus  der  racemischen  Weinsäure  (Traubensäure),  die  wir  uns  aus 
gleichen  Teilen  rechts-  und  hnksaktiver  Weinsäure  zusammengesetzt  vorstellen, 

H     OH 

die    rechtsdrehende     (d- Weinsäure)    COOH   C  — C  ■  COOH  als    Xahrmigsmittel 

OH  H 
verbraucht,  die  hnksdrehende  fast  unberührt  gelassen.  Diese  Pilze  verwerten 
also  die  rechtsdrehende  Weinsäure  als  Nahrungsmittel,  während  vorerst  die 
linksdrehende,  trotz  des  sonst  gleichen  Baues,  nicht  a\isgenützt  wird.  Erst 
sobald  die  d-Weinsäure  verbraucht  ist,  wird  später  auch  die  l-Weinsäure  an- 
gegriffen 2).  Ahnlich  different  verhalten  sich  die  Weinsäuren  in  ihrer  Giftigkeit 
für  höhere  Organismen  bei  intraperitonealer  Injektion.  Die  1-Weinsäure  ist  die 
giftigste,  die  d-Weiosäure  nur  halb  so  giftig,  die  Traubensäure  nur  ein  Viertel 
so  giftig.  Sehr  wenig  giftig,  wenigstens  weniger  giftig  als  Traubensäure  ist  Meso- 
weinsäure,  welche  ein  optisch  1-aktives  und  ein  optisch  d-aktives  C-Atom  enthält 
und  daher  selbst  optisch  inaktiv  ist.  Das  Verhältnis  der  Giftigkeit  war  nach 
den  Untersuchungen  von  Chabrie^)  1- Weinsäure:  d- Weinsäure:  Traubensäure: 
Mesoweinsäure  =  31  :  14  :  8  :  6  .  Bei  Verfütterung  aa  Tiere  wird  die  1-  und 
Mesoweinsäure  am  stärksten,  viel  weniger  die  d-Wehisäure,  am  wenigsten  die 
Traubensäure  oxydiert*).  Äliiilich  diffsreat  verhalten  sich  die  drei  Mannosen^) 
und  Arabinoseh*)  im  Organismus. 

Die  Weinsäuren  haben  verschiedene  und  verschieden  starke  Wirkungen  auf 
das  Herzhemmungszentrum  und  auf  die  vasomotorischen  Zentren.  Die  d-Wein- 
säure  ist  physiologisch  die  inaktivste,  sie  hat  auf  das  Hemmungszentrum  eine 
schwache,  kurzdauernde  Wirkmig  und  beeinflußt  die  Vasomotorenzentren  nur 
ganz  unbedeutend ;  die  l-Weinsäure  erweist  sich  am  aktivsten,  sie  wirkt  auf  beide 
Zentren  stark;  die  Traubensäure  imd  die  Mesoweinsäure  wirken  stärker  als  die 
d-Weinsäure,  aber  schwächer  wie  die  l-Weinsäure"). 

H     H     OH 

l-Arabinose     OH  ■  CH,  •  C  —  C  —  C  •  CHO    wird      am      besten      ausgenützt, 
OH  OH  H 
H     H      OH 
d-Arabinose   OH  •  CHj  ■  C  —  C  —  C  .  cHO  am  schlechtesten,  i-Arabinose   steht  in 

OH  OH  H 
der  Mitte  zwischen  beiden.    Ähnliche  L'nterschiede  zeigen  sich  im  Verhalten 
der  drei  Arabonsäuren  OH  •  C'H2(CH  •  0H)3  •  COOH  im  Organismus. 

Hefe  vergärt  d-Glucose,  d-Mannose,  d-Galaktose  und  d-Fructose,  greift 
aber  die  Antipoden  nicht  an,  aber  man  kann  durch  allmählichen  Zusatz 
des   anfangs    nicht    vergärbaren    Zuckers    die    Hefe    an    die  Vergärung    des 


1)  C.  r.  33,   110;  36,  26;  3T,  110,   162. 

-)  Duclaus,  Traite  de  Microbiologie  I,  220.    Paris  1898. 

3)  C.  r.   116,   lUO.  1)  A.  Brion,  HS.  35,  283  (1898). 

5)  C.  Neuberg  und  Paul  Maver,  HS.  3T,  530  (1903). 

6)  C.  Neuberg  und  Wohlgemuth,  BB.   34,   1745  (1901). 
')  L.  Karezag,  Z.  f.  BioL  53,  218  (1910). 


120  Bedeutung  der  einzelnen  Atom-Gruppen  für  die  Wirkung. 

anfangs  nicht  gärbaren  Zuckers  gewöhnen.  Das  gleiche  gelingt  bei  Bak- 
terien ^). 

J.  Wohlgemuth  beobachtete  bei  Verfütterung  inaktiver  Aminosäuren 
aus  Eiweiß,  dl-Tyrosin,  dl-Leucin,  dl-Asparaginsäure  und  dl-Glutaminsäure 
an  Kaninchen,  daß  diese  im  tierischen  Organismus  zeriegt  werden,  und  zwar 
so,  daß  die  im  Organismus  selbst  vorkommende  aktive  Modifikation  verbrannt 
wird,  während  die  andere  Komponente  zum  Teil  im  Harn  miverändert  aus- 
geschieden wird^).  Nach  Verfütterung  racemischer  Aminosäuren  gelangt  also 
sehr  oft  die  im  Körpereiweiß  nicht  vorkommende  optisch-aktive  Komponente 
zur  Ausscheidung,  während  die  im  Körpereiweiß  vorkommende  verbrannt  wird. 

Racemisches  Vahn  wird  durch  Fäuhiiserreger  asymmetrisch  unter  Bil- 
dung von  1-Valin  zerlegt^);  der  Angriff  von  racemischer  Asparagüisäiu'e*)  und 
Glutaminsäure^)  erfolgt  dagegen  symmetrisch. 

1-Dioxyphenylalanin  ist  wie  alle  Aminosäuren  pharmakologisch  ziemlich 
indifferent.  r-3.4-Dioxyphenylalanin  macht  bei  Hunden  heftigen  Brechreiz 
imd  eine  Erregung  der  Haarmuskehi,  bei  Kaninchen  einen  Erregmigszustand*). 

Stereoisomerie  durch  doppelte  Bindung  verursacht. 
Das  einfachste  Beispiel  dieser  Art  ist  das  besondere  chemische  wie  phy- 
siologische Verhalten  der  Fumarsäure  und  Maleinsäure. 

Maleinsäure  Fumarsäure 

H • C • COOH  HOOC • C • H 

II  II 

H • C • COOH  H • C • COOH 

Die  labile  Maleinsäure  läßt  sich  durch  bloßes  Kochen  mit  Wasser  in  die 
stabile  Fumarsäure  umlagern.  Durch  die  doppelte  Bindung  der  beiden  Kohlen- 
stoffe ist  eine  sterische  Isomerie  bedingt.  Die  Maleinsäure  ist  für  höhere  Tiere 
giftig,  die  Fumarsäure  iuigiftig[Fodera,  Ishizuka')].  In  Lösungen  von  Malein- 
säure entwickelt  sich  PeniciUium  glaucum  schlecht  oder  gar  nicht,  wächst  aber 
sehr  gut  in  Fumarsäurelösmigen.  Auch  sonst  ist  es  häufig,  daß  die  labile,  um- 
lagerbare Form  einer  Verbindung  viel  wirksamer  ist  als  die  stabile,  umgelagerte 
Form  (s.  S.  118,  122,  124). 

/S-Cholestanol  hebt  die  hämolytische  Wirkung  gewisser  Blutgifte,  z.  B. 
der  Saponine  (Digitonin)  auf,  vmd  zwar  annähernd  wie  Cholesterin.  e-Chole- 
stanol  steht  dagegen  an  Wirksamkeit  weit  hinter  dem  /^-Cholestanol  zurück 
und  besitzt  die  antihämoljrtische  Fähigkeit  gegenüber  Saponinen  nur  in  ge- 
rmgem  Grade.  Die  entgiftende  Wirkung  beruht  auf  einer  Verbindimg  beider 
Substanzen.  /S-Cholestanol  gibt  eine  Verbindung  mit  Digitonin,  während 
f-Cholestanol  sich  mit  Digitonin  nicht  verbindet.  Das  verschiedene  physio- 
logische Verhalten  der  stereoisomeren  Cholesterinalkohole  ist  hiernach  auf  die 
Fähigkeit  bzw.  Unfähigkeit  zur  Bildmig  inaktiver  komplexer  Verbüidmigen 
zurückzuführen  *) . 

Stereoisomerie  durch  asymmetrischen  Kohlenstoff  verursacht, 
eis-  und  Transformen.    Labile  und  stabile  Verbindungen. 
Die  Beispiele  des  verschiedenen  Verhaltens  der  Weinsäure  dem  Organis- 
mus gegenüber  sowie  der  Mannose  und  Arabinose  und  der  Arabinsäure  wurden 

1)  Frankland,  M.  Gregor  und  J.  R.  Apple  yard,  J.  Chem.  Soc.  63,  1012  (1893). 
^)  BB.   38,  2064  (1905).  ^)  C.  Neuberg    und    Karezag,    BZ.    18,    434  (1909). 

*)  C.  Neuberg,  BZ.  18,431  (1909).       ^jc.Neuberg,  Archi\no  di  fisiologiaT,  87  (1909). 
«)  M.Guggenheim,  HS.  88,284(1913).  ')  Malys  Jahresber.  f.  Tierchemie  26,  97. 

»)  A.  Windaus,  Nachr.  K.  G«s.  Wiss.  Göttingen  1916,  301. 


Stereochemisch  bedingte  Wirkungsdifferenzen.  121 

oben  erwähnt.  Viel  deutlicher  wird  die  Verschiedenheit  bei  optischer  Stereo- 
isomerie  bei  den  Alkaloiden. 

1-Cocain  g^C  —  CH CH  ■  COO  •  CH3 

j     N  •  CH3  CH  •  O  ■  CO  •  CgHj 
HjC  — CH CHj 

ist  ein  linksdrehender  Körper,  durch  Erhitzen  mit  Alkalien  gehen  das  im  Cocain 
enthaltene  l-Ekgonin  und  seine  Derivate  in  d-Ekgonin  über,  von  welchem 
d-Ekgonin  aus  man  zu  einem  d-Cocain  gelangen  kann.  Diese  optische  Inversion 
ist  nicht  ohne  Einfluß  auf  die  physiologische  Wirkung,  da  die  Abstumpfung 
der  Sensibüität  beim  d-Cocain  regelmäßig  schneller  eintritt  und  intensiver  ist 
als  beim  1-Cocaiu,  aber  auch  in  kürzerer  Zeit  wieder  verschwindet  [P.  Ehr- 
lich, E.  Poulssoni)]. 

Ein  ähnhcher  Unterschied  ist  zwischen  Cinchonin  CjgHjaNjO  und  dem 
optisch  isomeren  linksdrehenden  Cinchonidin  nachweisbar.  Letzteres  wirkt 
viel  langsamer,  auch  nur  in  etwas  größeren  Gaben,  macht  aber  viel  häufiger 
als  Cinchonin  Erbrechen,  seine  krampferregende  Wirkung  bei  Tieren  ist  sehr 
ausgesprochen  ^). 

Auch  bei  dem  wichtigsten  Chinarindeualkaloid,  dem  hnksaktiven  Chinin 
Cj9H2jN2(OH)(OCll3)  selbst  konnte  man  eine  Differenz  seinem  optischen  Iso- 
meren, dem  Chinidin  (Conchinin)  (Paste ur),  gegenüber  beobachten.  Conchinin 
wirkt  febrifug  wie  Chinin,  ohne  gleichzeitig  narkotische  Wirkung  hervorzurufen, 
wie  es  Chinin  macht  [Macchiavelli^)]. 

Zwischen  der  physiologischen  Wirkmig  der  optischen  Antipode  mid  der 
Oberflächenspannung  besteht  in  einzelnen  Pällen  ein  Parallelismus*). 

Atroph!  H    Hg  CHj-OH 

H2C  —  C  —  Cv 

/      ^\ 

N  •  CH3     >CH  •  O  •  CO  ■  CH 

H,C  — C  — C/  I 

H    Hj  CjHj 

ist  der  Ester  der  Tropasäure  («-Phenyl-/3-oxypropionsäure) 


\ 
COOH 

imd  der  Tropm  benannten  Base.   Diese  Base  läßt  sich  leicht  in  ihr  geometrisch 
isomeres,  das  )/'-Tropin, 


Tropin  und  y-Tropin 


H    Hg 
H2C  —  c — c«. 


NCHs     ')CHOH 


^        V 


HjC  — C  — C^ 
H    Hg 

umlagern.  Während  nun  Atropin  (Tropasäuretropein)  und  Homatropin 
CgHj^N  •  0  •  CO  •  CH(OH)  •  CgHj  (Mandelsäuretropein)  mydriatisch  wirken, 
kann  diese  tj'pische  Wirkung  durch  Tropasäure-)/'-tropein  imd  Mandelsäure- 
y-tropein  nicht  hervorgerufen  werden.    Ganz  analog  verhalten  sich  die  syn- 

1)  AePP.  2T,  307.  ^j  pjetro  Albertoni,  AePP.   15,  272. 

')  Jahresber.  über  die  Fortschritte  der  Chemie   1875,   772. 
*)  L.  Berczeller,  BZ.  83,   1   (1917). 


122  Bedeutung  der  einzelnen  Atom-Gruppen  für  die  Wirkung. 

thetischen  iiiedrigerea  Homologen  dieser  Basen,  die  N-Methylvinyldiaceton- 
alkamine  ^^  ^^ 

H2C/\CH3 
HsC\J      L/CH3 

CH3 

und  zwar  die  a-  und  die  /?-VerbLndungi).  Die  Entstehung  der  beiden  a-  und 
/5-N-Methylvinyldiacetonalkamine  beruht  auf  dem  Vorhandensein  zweier  asym- 
metrischer Kohlenstoffatome  im  Ring.  Die  /S- Verbindung  ist  labil  und  läßt  sich 
in  die  stabile  «-Verbindung  umlagern.  Nur  die  Ester  der  /)'-Reihe,  die  den  Ver- 
bindungen des  Tropins  gleichen,  sind  wirksam.  Das  Mandelsäurederivat  der 
^-Base,  welches  labil  ist,  gleicht  dem  Homatropin,  das  der  a -Verbindimg, 
welche  stabil  ist,  dem  Mandelsäure-i/'-Tropein,  letzteres  ruft  daher  auch  keine 
mydriatischs  Wirkung  hervor  [C.  Harries-)]  (s.  S.  121). 

In  der  mydriatischen  Wirkung  von  d-,  1-  und  rac.  Homatropin  ist  nur  eine 
geringe  Differenz.    Die  1- Verbindung  wirkt  am  stärksten^). 

Ebenso  ist  es  bekannt,  daß  Hyoscyamin  und  Atropin  in  ihrer  Wirkung 
differieren.  Hyoscyamin  ist  die  linksdrehende,  Atropin  die  racemische  Ver- 
bindung. Von  Gadamer  wurde  auch  d-Hyoscyamiu  dargesteOt.  Arthur 
R.  Cushny*)  hat  die  pharmakologischen  Wirkungen  dieser  drei  Stereoisomeren 
geprüft  und  sie  in  bezug  auf  die  Nervenendigungen  im  Froschmuskel  und 
am  Froschherzmuskel  gleich  gefunden.  Auf  das  Proschrückenmark  wirkt 
Atropin  viel  stärker  erregend  als  I-Hyoscyamin,  und  d-Hyoscyamin  noch 
stärker  als  Atropin.  Auf  die  Nervenenden  in  den  Drüsen,  im  Herzen  und  der 
Iris  wirken  diese  drei  Verbindungen  aber  ganz  anders  different.  Hier  wirkt 
1-Hyoscyamiii  zweimal  so  stark  als  Atropm  mid  etwa  12 — 18  mal  so  stark  als 
d-Hyoscyamin. 

Cushny  erklärt  diese  Wirkungsdifferenzen  und  ihre  quantitativen  Unter- 
schiede in  der  Weise,  daß  Atropin  in  der  Lösmig  in  seine  beiden  aktiven 
Komponenten  zerfällt  und  daß  es  fast  nur  durch  seinen  Gehalt  an  1-Hyoscyamin 
auf  die  Drüsen,  Herzhemmungsaerven  und  Iris  wirkt,  während  seine  reflex- 
erregende Wirkung  am  Frosche  hauptsächlich  auf  den  Gehalt  an  d-Hyoscyamin 
zurückzuführen  ist. 

Das  Hnksdrehende  Hyoscin  wirkt  zweimal  stärker  als  das  racemische  auf 
die  Endigungen  der  sekretorischen  Nervenfasern  der  Speicheldrüsen  und  die 
hemmenden  Herznerven.  Hingegen  ■nirken  beide  Basen  auf  das  Zentral- 
nervensystem der  Säugetiere  gleich,  ebenso  auf  die  motorischen  Nerven  des 

Frosches^).  _        , 

'  Scopolamm 

H, 

c" 


I   C?3| 
HC-N-C 

I     q/I  CH2  •  OH 

T1C<^ — CH  •  O  •  CO  •  CH  ■  C.Hc 


1)  Harries,  BB.  39,  2730  (1896).  2)  Liebigs  Ann.  269,  328;  394,  336. 

^)  H.  A.  D.  Jowett  und  F.  L.  Pyman,   Proceed.  of  the  VII  te  Internat.  Congr.  of 
Applied  Chemistry   1909,  London.  *)  Journ.   of  physiol.    1903. 

')  A.  R.  Cushny  und  Peebles,  Journ.  of  physiol.  33,  501. 


Stereochemisch  bedingte  Wirkungsdifferenzsn.  123 

1-Scopolamin  wirkt  doppelt  so  stark  lähmend  auf  die  sekretorischen 
Nerven  der  Speicheldrüse  vrie  die  racemische  Base.  Auf  das  Zentralnerven- 
system haben  beide  den  gleichen  Wirkimgswert^).  1-Scopolamin  ■wirkt  auf 
den  Vagus  3 — 4  mal,  auf  den  Oculomotorius  fast  zweimal  so  stark  wie  i-Scopol- 
amiB-). 

d-  und  1-Xicotin  sind  nach  den  Untersuchungen  von  A.  Mayor^)  in  ihrer 
Wirkung  ganz  verschieden.  1-Xicotiu  ist  zweimal  so  giftig  als  d-Xicotin.  1-Xi- 
cotin  macht  Erregimg  und  Schmerzen  bei  der  Injektion.  d-Xicotininjektionen 
hingegen  scheinen  schmerzlos  zu  sein.  1-Xicotin  erzeugt  Lähmungserschei- 
nungen, Krämpfe,  Verlangsamung  des  Herzschlages,  Tod  durch  Atmimgs- 
stillstand.  d-Xicotin  macht  nur  starkes  Zittern,  welches  aber  bald  verschwindet. 

Nicotin 

CH2  *  CH2 

-  CH    CHj 

\/ 
H         ^'  ■  CH3 

Hingegen  konnte  bei  den  drei  optisch  verschiedenen  Conünen  keine  Wir- 
kungsdifferenz konstatiert  werden^). 

Dorothy  Dale  und  G.  R.  Mainz  untersuchten  salzsaures  und  brom- 
camphersuKosaures  d-  und  1-Tetrahydrochinaldin  (Tetrahydro-2-methylchinoUn). 
Sie  reduzieren  die  Systole  und  führen  zu  diastolischem  Herzstillstand.  Die  1-Ver- 
bindung  'vvirkt  auf  den  Skelettmuskel  viel  stärker  kontrahierend  als  die  d-Ver- 
bindung,  die  Wirkmig  der  Racemform  Hegt  zwischen  beiden.  Die  l-Verbindmig 
ist  ungefähr  li^mal  so  stark  in  bezug  auf  das  Verursachen  einer  Kontraktion 
eines  Skelettmuskels  als  die  d-Verbindung^). 

Von  großem  physiologischen  Interesse  ist  das  verschiedene  Verhalten  der 
drei  Adrenaline.  1-Adrenalin  ist  das  natürliche,  in  der  Nebenniere  vorkom- 
mende. Durch  Einspritzung  von  d-Adrenalin  kann  man  Mäuse  an  große 
Mengen  l-Adrenalin  gewöhnen^).  d-Adrenalin  macht  bei  gleicher  Dosis  wie 
1-Adrenahu  im  Gegensatz  zu  diesem  am  Froschauge  keine  Pupillenerweiterung 
und  beim  Säugetier  keine  Zuckerausscheidung ').  1-Adrenalin  wirkt  auf  den 
Blutdruck  doppelt  so  stark  als  dl-Adrenalin,  so  daß  wahrscheinhch  d-Adrenahn 
gar  nicht  wirkt*). 

Erhitzt  man  Methylmorphimethin 
CH  CH 

HC,^\e^^^\cH 

2        H\9       ic^^*^^^  ■  ^^^  ■  ^'('^^3)2 
OH/   \^ 
C 
OH 

mit  Essigsäureanhydrid,  so  entsteht  Morphenol,  imd  daneben  geht  die  Hälfte 
des  angewendeten  Methylmorphimethins  nicht  in  die  Reaktion  ein,  sondern 

M  A.  R.  Cushnv,  Joum.  of  phvsiol.  3S,  501  (1905). 

=  )  E.  Hug,  AePP.  69,  45  (1912). 

=)  Siehe  bei  Arne  Pictet  mid  Rotschy,  BB.  37,   1225  (1904). 

*)  Ladenburg  und  Falck,  Liebigs  Ann.   24T,   83. 

5)  Joum.  of  phvsiol.  42,  XXXI  (1911). 

«)  HS.  49,   129  (1906);  61,   119  (1909);  62,  404  (1909).  ')  HS.  59,  22  (1909). 

*)  A.  R.  Cushnj-,  Joum.  of  phvsiol.  37,  130. 


124  Bedeutung  der  einzelnen  Atom-Gruppen  für  die  Wirkung. 

erfährt  nur  eine  Umlageruiig  in  eine  stereoisomere  Verbindung,  das  rechts- 
drehende ^-Methylmorphimethin,  welches  schwächer  als  das  a-Methylmorphi- 
methin  wirkt.    (Ebenfalls  Übergang  von  der  labilen  zur  stabilen  Form.) 

Die  beiden  aktiven  Formen  des  von  Pope  imd  Read^)  dargestellten 
Hvdrooxyhydrindamins  .p-o-  — 

üben  keine  spezifische  physiologische  Wirkung  aus,  sondern  sind  nur  milde 
allgemeine  Protoplasmagifte.  Der  Wirkungsunterschied  zwischen  ihnen  ist 
nur  gering  und  im  Gegensatze  zu  den  bisher  bei  den  optisch  aktiven  Formen 
spezifisch  wirksamer  Stoffe  gemachten  Erfahrungen  zugunsten  der  d-Form^). 
OH 

Bebeerin  CuHiiO^OCHa  aus  Parevia  brava  verhert  durch  Überfüh- 
N  •  CH3 
rung  in  die  quatemäre  Base  ceine  Herzwirkimg.  Die  rechtsdrehende  Modifika- 
tion des  Bebeerin  wirkt  intensiver  als  die  Unksdrehende^).  Die  amorphen  Modi- 
fikationen wirken  stärker  als  die  krystallisierende.  Die  rechtsdrehende  amorphe 
wirkt  viel  stärker  als  die  krystallisierende  rechtsdrehende.  Die  linksdrehende 
amorphe  ist  weniger  wirksam,  aber  stärker  als  das  wenig  wirksame  krystalli- 
sierende.   Iimerhch  ist  rechtsdrehendes  amorphes  Bebeerm  unwirksam*). 

Auf  sterische  Differenzen  dürfte  auch  das  toxikologisch  so  verschiedene 
Verhalten  der  Muscarine  zurückzuführen  sein.  Das  natürliche  FliegenpUz- 
muscarin  erregt  bekannthch  alle  peripheren  Nervenendigungen,  welche  Atropin 
lähmt. 

Verschieden  von  ihm  verhält  sich  das  aus  Chohn  durch  Einwirkimg  von 
Salpetersäure  gewomiene  Muscarm  (Cholin-Muscarin).  Es  ist  nach  neueren 
Untersuchungen  kein  Oxydationsprodukt,  sondern  der  Salpetrigsäureester  des 
Cholins;  es  wirkt  curareähnMch  und  macht  keine  Myose  (Ewins).  Noch 
mehr  Verschiedenheit  zeigt  das  synthetische  Muscarin  von  E.  Fischer  und 
Berlinerblau^)  cH,  •  CHCOH), 

i'-'JisUJ-^      OH 

Cholinmuscarin  (Cholinsalpetrigsäureester)  ruft  maximale  Myose  hervor, 
während  das  natürliche  ohne  Einfluß  auf  die  Pupille  ist;  ferner  lähmt  es 
schon  in  außerordenthch  geringer  Menge  die  intramuskulären  Nervenendi- 
gungen, was  natürliches  Fliegenpilzmuscarin  nicht  vermag  [R.  Böhm*)]. 
Anhydromuscarin  (Berlinerblaus  Base)  hat  gar  keinen  Einfluß  auf  das 
Froschherz,  ist  ohne  W'irkung  auf  die  Pupille,  ohne  Wirkung  auf  die  herz- 
hemmenden Vagusapparate  des  Säugetierherzens.  Hingegen  macht  es  wie 
alle  Ammoniumbasen  starke  Speichel-  und  Schweißabsonderung.  Der  Tod 
erfolgt  durch  Lähmung  der  Respiration  (Berlinerblau). 

M.  Scholtz')  fand,  daß  durch  Addition  von  Halogenalkylen  an  ein  am  N 
alkyhertes  Coniin  immer  dann  zwei  isomere  Verbindungen  entstehen,  wemi 
die  fünf  an  N  gebundenen  Radikale  verschieden  sind.  Die  a-Verbindung  läßt 
sich  durch  Schmelzen  in  die  /J- Verbindung  überführen.  H.  Hildebrandt*) 
prüfte  die  Äthyl-benzyl-,  Propyl-benzyl-,  Butyl-benzyl-  und  Isoamyl-benzyl- 
Coniniumjodide  sowie  die  Äthyi-aüyl-coniniumjodide  und  fand,  daß  clie  niedrig 


1)  Joum.  Chemie.  Soc.  London  101,  758  (1912). 

2)  Yasuo  Ikeda,  Journ.   pharm.  Therap.   Ut,    121   (1915). 

3)  H.  Hildebrandt,  AePP.  5T,  279  (1907). 

")  H.  Hildebrandt,  AePP.  ST,  284  (1907).  ^)  BB.   IT,   1139  (1884). 

«)  AePP.   19,  87.  ')  BB.  3T,  3627  (1904).  —  BB.  38,  595  (1905). 

*)  BB.  38,  597  (1905). 


Stereochemisch  bedingte  Wirkungsdifferenzen.  125 

schmelzenden  «-Verbindungen  (Isomeren)  eine  geringere  Giftwirkung  besitzen, 
als  die  höher  schmelzenden  /?- Verbindungen.  Bei  den  Äthyl-,  Propyl-  imd  Bu- 
tylverbindungen  ergab  sich  mit  steigendem  Molekulargewicht  eine  Vermmde- 
rung  der  Giftwirkung.  Nur  die  Isoamylderivate  sind  in  ihrer  Wirkmigsstärke 
mit  den  Äthyl verbindimgen  identisch.  Die  Körper  zeigen  eine  erheblich  größere 
Giftigkeit  als  Coniin  und  N-Äthylconiin. 

Emetin  und  Isoemetin  sind  stereoisomer,  letzteres  ist  weniger  als  halb  so 
giftig  als  ersteres  (H.  H.  Dale). 

G.  A.  Pari  zeigte,  daß  l-CamjDher  für  Kaninchen  und  Hündinnen  13  mal 
giftiger  ist  als  d-Campher.  Bruni  weist  auch  daraufhin,  daß  l-Campher  fast 
geschmacklos  und  wemg  prickelnd  ist,  im  Giegensatze  zu  dem  frischen,  pikan- 
ten Geschmack  des  gewöhnUchen  Camphers  *). 

Der  Geruch  der  Meihylester  der  aktiven  Transhexahydrophthalsäuren 
scheint  verschieden  zu  sein  -).  Inaktive  Terpene  riechen  oft  schwächer  als  aktive 
(Tiemann  und  Schmidt). 

Schließlich  sind  noch  einige  Beispiele  einer  Differenz  im  Geschmacke 
zwischen  zwei  optisch  Isomeren  zu  erwähnen. 

1-Isoleucin  schmeckt  im  Gregensatze  zum  bitteren  d-Isoleucin  süß^). 

Piutti*)  beobachtete,  daß  d-Asparagin 

C] 

I 

C] 

süß  schmeckt,  I-Asparagin  geschmacklos  (fad)  ist. 

Menozzi  und  Appiani^)  fanden  Geschmacksdifferenzen  zwischen  d-  und 
I-Glutaminsäure  COOK  •  CH(NH2)  •  CH^  •  COOK. 

Die  Glucose  schmeckt  .süß,  die  Mannose  soll  bitter  schmecken^),  was  aber 
von  C.  Neuberg  und  P.  Mayer  bestritten  wird'). 

Bei  Phenylalanin  schmeckt  die  d-Form  ausgesprochen  süß,  die  1-Form 
leicht  bitter,  bei  Valin  d:  ganz  schwach  süJ3  und  gleichzeitig  etwas  bitter, 
1:  ziemlich  stark  süß,  dl:  schwach  süß,  wohl  infolge  des  Geschmacks  der  l-Ver- 
bindung. 

Leucin  d:  ausgesprochen  süß,  1:  fade  und  ganz  schwach  bitter,  dl: 
schwachsüß. 

Histidin  d:  süß,  1:  bitter  bis  fade,  dl:  schwach  süß. 

Tryptophan  d:  fast  geschmacklos,  1:  leicht  bitter,  dl:  süß. 

Serin  d:  ausgesprochen  süß,  1:  schwach  süß  mit  fadem  Beigeschmack, 
dl:  süß. 

7-Oxyprolin  a:  stark  süß,  b:  fade,  N-Methyl-^-osyproUn  a:  stark  süß, 
b:  süßlich -fad.  2-Amino-d-glykoheptonsäure  cc:  deutlich  süß  mit  fadem  Nach- 
geschmack, ß:  süß,  erheblich  schwächer  als  die  a- Verbindung. 

Glutaminsäure  d:  eigentümlich,  schwach  sauer,  hinterher  fade,  1:  ge- 
schmacklos. 

Asparagin,  Aminobemsteinsäuremonamid  d:  intensiv  süß,  1:  geschmacklos. 

l-Prolyl-phenylalanin  d:  bitter,  1:  geschmacklos. 

DiacetylmesoweinsäurenitrU  schwach  süß,  Diacetyltraubensäurenitril,  vöUig 
geschmacklos. 


1)  Gaz.  chim.  ital.  38,  U,  1.  ')  Werner  und  Conrad,  BB.  33,  3052  (1900). 

ä)  F.  Ehrlich,  BZ.  63,  379  (1914). 

*)  C.  r.  103,  305.  —  Gaz.  chim.  ital.  IT,  126,  182.  =)  Acc.  d.  Lincei  1893  [2],  421. 

«)  Alberda  van  Ekenstein,  Kec.  Pays-Bas   15,   122  (1896). 

')  C.  Neuberg  und  P.  Mayer,  HS.  37,   545  (1903). 


]26  Bedeutung  der  einzelnen  Atom-Gruppen  für  die  Wirkung. 

Rhodeohexonsäurelacton  (X:  angenehm  süß,  ß\  süßlich. 

Glykosepentaacetat  a:  sehr  bitter,  ß:  schwach  bitter. 

Chloralose  ä:  geschmacklos,  ß:  bitter. 

Arabinosetetraacetat :  bitter;  Xylosetetraacetat :  sehr  bitter. 

Arabinaniin:  ätzend,  schwach  süß,  Xylamin:  ätzend  und  süß. 

Fumarsäure:  rein  sauer,  Maleinsäure:  kratzend  sauer,  ekelerregend. 

Mesaconsäure :  herb-sauer,    Citraconsäure :   sauer  und  bitterlich. 

Angelikaäthylester:  süßlich,  Tiglinsäureäthylester :  brennend. 

p-Nitrobenzaldoxim  (X  anti:  schwach  süß,  ß-sja:  geschmacklos. 

Anisaldoxim  a-anti:  intensiv  süß,  ß-sjn:  geschmacklos. 

s-Menthol:  eis:  stechend  kühl,  trans:  bitter  kühlend. 

a-  und  /?-Benzyl-/5-aminocrotonsäureester  unterscheiden  sich  durch  den 
Geschmack.  Die  a-Verbindung  schmeckt  gar  nicht,  die  /«-Verbindung  intensiv 
süß  und  pfefferartig.  Chinontetrahydiür  wirkt  kühlend,  während  Isochinon- 
tetrahydür  schwach  süß  schmeckt^). 

Die  Wirkung  ist  geknüpft  an  bestimmte  sterische  Lagerung. 
Die  angeführten  Beispiele  zeigen,  daß  sich  für  alle  Isomeriefälle,  Stellungs- 
isomerie,  Strukturisomerie  durch  doppelte  Bindung,  Strukturisomerie  durch 
asymmetrischen  Kohlenstoff,  labile  imd  stabile  Formen,  Differenzen  in  der 
physiologischen  Wirkung  nachweisen  lassen,  so  daß  es  wahrscheinlich  wird,  daß 
die  Wirkungen  der  Substanzen  nicht  so  sehr  allein  von  der  Art  der  Gruppie- 
rungen im  Molekül  als  von  ihrer  Lagerung  im  Räume  abhängig  sind.  Scheinbar 
läßt  sich  für  Substanzen,  die  keine  Isomeren  haben,  die  Abhängigkeit  der  Wir- 
kung von  der  geometrischen  Lagerung  im  Räume  nicht  nachweisen,  so  daß  die 
Differenz  in  der  Wirkung  Isomerer  nur  die  Bedeutung  eines  Kuriosums  hätte. 
In  Wirklichkeit  aber  läßt  sich  die  gewoimene  EiTahrung  weiter  ausbauen  und 
auch  für  andere  Substanzen  die  Bedeutung  der  geometrischen  Konfiguration 
für  die  Art  und  Weise  der  Wirkung  zeigen,  so  daß  man  zur  Anschauung  gelangen 
muß,  daß  für  das  Zustandekommen  der  Wirkungen  eben  diese  sterische  An- 
ordnung mehr  maßgebend  ist  als  die  Radikale  und  die  denselben  zugrunde 

liegenden  Elemente. 

*  * 

* 

Durch  die  klassischen  Untersuchimgen  von  Cr  um  Brown  imd  Fräser^) 
wurde  der  Nachweis  geführt,  daß  durch  die  Einwirkung  (Addition)  von  Methyl- 
jodid  die  Alkaloide  ohne  Unterschied  ihres  ursprünglichen  Wirkungscharak- 
ters einen  neuen  Wirkungscharakter  annehmen;  alle  diese  Methyljodid- 
additionsprodukte  der  Alkaloide  erhalten  physiologisch  den  Wirkungscharakter 
des  Curare,  d.  h.  sie  lähmen  die  Endplatten  der  motorischen  Nerven 
in  den  Muskeln.  Der  chemische  Vorgang  ist  hierbei  ein  Übergang  des  drei- 
wertigen Stickstoffs  in  füiifwertigen,  eine  Verwandlung  dieser  Alkaloide  in 
quaternäre  Ammoniumbasen 

R\  R\      /CH3 

R-^N  -I-  CH3J  =  R^N<; 

r/  b/     V 

Nun  kommt  allen  Ammoniumbasen  ohne  Rücksicht  auf  den  übrigen  Bau  des 
Moleküls    (welcher   nur   die   Wirkungsstärke    sowie    nebenher   laufende    Wir- 

•)  G.  Cohn,  Geschmack  und  Konstitution  bei  organischen  Verbindungen.  1915, 
Stuttgart,  bei  Ferdinand  Enke. 

2)  Transact.  Roy.  Soc.  Edinbourgh  35,  707  (1868).  —  Proc.  Roy.  Soc.  Edinbourgh 
1869,  560. 


Stereoohemisoh  bedingte  Wirkungsdifferenzen. 


127 


kungeii,  nicht  aber  den  Wirkungscharakter  in  bezug  auf  die  motorischen  Nerven- 
endplatten beeinflußt)  Curare-nirkung  zu.  Ja,  Curarin  selbst  ist  eine  Ammonium- 
base. R.  Böhmi)  ist  es  gelungen,  aus  der  im  Curare  vorkommenden  tertiären 
Base  Curin  CjgHjgXOg  durch  Addition  von  Methyljodid  Curarin  C19H23XO4, 
welches  226  mal  so  giftig  ist  als  die  Muttersiibstanz,  darzustellen,  und  diesem 
Curarin  kommt  in  exquisiter  Weise  der  lähmende  Charakter  des  Curare  zu. 
van't  Hoff  2)  verdanken  wir  die  Vorstellung,  daß  man  den  fünfwertigen 
Stickstoff  im  Zentrum  eines  Würfels  sich  denken  kann,  die  fünf  gebundenen 
Gruppen  befinden  sich  dann  in  fünf  Eckpunkten. 

Fig.  1. 


y\       s^ 

>^ 

vanf  Hofs  Sf/c/rsfofmode// 


Fro/eAtiof}  yoo  F/ff.  / 


Drei  Ecken  bleiben  frei,  während  die  Valenzen  nach  den  übrigen  fünf 
Ecken  ausstrahlen.  Die  Valenzen  des  dreiwertigen  Stickstoffs  liegen  hier- 
bei nicht  in  einer  Ebene;  die  supplementären  Valenzen  4  und  5  erscheinen  hier 
gleichwertig,  insbesondere  wenn  man  das  aus  dem  Würfel  resultierende  Mo- 
dell für  sieh  betrachtet  (Fig.  1  und  la).  Die  supplementären  Valenzen  haben 
eine  von  den  drei  übrigen  verschiedene  räumhche  Anordnmig. 

Fig.  2  a.  Fig.  2  b.  Fig.  3. 


•S^/c/rs/qf/7?oafe// 


-J  Pro/e/rfyb/r 


Bi.sc/?oßs  ■Sficksfqf/node// 


C.  Willgerodt^)  sucht  die  verschiedenen  Stickstoffverbindungen  mit 
der  Annahme  der  Lagenmg  des  Stickstoffatoms  inmitten  eines  Tetraeders 
zu  erklären,  so  daß  die  in  den  Verbindungen  stets  zur  Geltung  kommenden 
drei  Hauptaffinitäten  nach  den  Ecken  des  gleichseitigen  Dreiecks  gerichtet 
sind,  in  dem  die  beiden  Tetraeder  zusammenstoßen,  während  die  beiden  Neben- 
valenzen nach  den  Spitzen  der  Tetraeder  hin  gerichtet  sind.  Die  drei  Haupt- 
valenzen liegen  also  in  einer  Ebene  (1,  2,  3).    (Fig.  2a  und  2b.) 

Zu  einer  anderen  Hypothese  gelangte  C.  A.  Bischoff*).  Er  nimmt  den 
pentavalenten  Stickstoff  in  der  Mtte  einer  vierseitigen  PjTamide  an,  bei 
welcher  Anschauung  eine  Valenz  eine  besondere  Richtung  annimmt  (Fig.  3). 


>)  AePP.  6,   101.  —  Arch.  d.  Pharmazie  235    ^60 

^)  Ansichten  über  organische  Chemie   1881. 

3)  Joum.  f.  prakt.  Chemie  37,  450;  41,  291.  *)  BB.  23,   1972  (1890). 


128  Bedeutung  der  einzelnen  Atom-Gruppen  für  die  Wirkung. 

Beim  Übergang  des  fünfwertigen  Stickstoffs  in  die  dreiwertige  Form 
müßte  eine  Ebene  zwischen  4,  5,  2  oder  1,  5,  3  gelegt  werden.  Dieses  ist  nur 
durch  Platzwechsel  zwischen  dem  in  Valenz  5  gebundenen  Halogen  und  einem 
der  vier  Radikale  möglich,  wie  es  sich  auch  Wedekind^)  vorstellt,  welcher 
für  die  labilen  fünfwertigen  Verbindungen  das  Willgerodtsche  Doppel- 
tetraeder, für  die  stabilen  aber  das  Bischoffsche  PjrramidenmodeU  amiimmt. 
Beim  Aufbau  einer  fünfwertigen  Verbindung  aus  einer  dreiwertigen  nehmen  die 
beiden  disponiblen  Valenzen  Halogen  und  Alkyl  auf,  worauf  daim  das  Halogen 
mit  dem  auf  der  Pyramidenspitze  befindlichen  Radikal  den  Platz  tauscht. 

Für  uns  ist  es  nur  von  Wichtigkeit,  zu  sehen,  daß  bei  dem  Ül^ergange 
von  der  Trivalenz  zur  Pentavalenz  die  beiden  manifest  werdenden  Valenzen 
entweder  nach  dem  van't  Hoffscheu  oder  Willgerodtschen  Modell  eine  be- 
sondere, mit  den  drei  übrigen  Valenzen  nicht  identische  räumliche  Anord- 
nung haben,  untereinander  aber  übereinstimmen,  oder  nach  Bischoff  und 
Wedekind  beim  Manifestwerden  der  beiden  potentiellen  Valenzen  eine 
Valenz  eine  durchaus  verschiedene  Richtung  amiimmt,  während  die  vier 
übrigen  identisch  orientiert  sind. 

Wir  haben  durch  die  Resultate  der  Untersuchungen  von  Brown  und 
Fräser  sowie  der  an  diese  Arbeiten  sich  anschheßenden  Prüfungen  ver- 
schiedener quaternärer  N-Verbindungen  gelernt,  daß  durch  die  veränderte 
räumliche  Anordnung  beim  Übergange  des  Stickstoffs  von  der  Trivalenz  zur 
Pentavalenz  die  curareartige  Wirkung  zustande  kommt.  Hängt  nun  diese  von 
dem  fünfwertigen  Stickstoff  ab  ?  Nein ;  sie  hängt  vielmehr  nur  ab  von  der  räum- 
lichen Anordnung  der  Radikale  um  den  fünfwertigen  Stickstoff,  ist  in  ihrer 
Qualität  wenig  abhängig  von  der  Natur  der  Radikale  selbst,  sie  ist  aber  sonst 
unabhängig  von  dem  Elemente:  Stickstoff. 

Denn  wenn  wir  in  solchen  Verbindungen  ein  anderes  fünfwertiges  Ele- 
ment an  Stelle  des  Stickstoffs  setzen,  so  haben  die  entstehenden  Verbindungen, 
wie  sie  chemisch  den  Charakter  der  Ammoniumbasen  tragen,  so  auch  physio- 
logisch die  den  Ammoniumbasen  eigentümliche  curareartige  Wirkung. 

Durch  die  Untersuchungen  von  Vulpian^)  ist  es  nämlich  bekannt,  daß 
Basen,  welche  an  Stelle  von  Stickstoff  entweder  Arsen,  Antimon  oder  Phos- 
phor enthalten,  keineswegs  die  dem  Arsen,  Antimon  oder  Phosphor  eigen- 
tümlichen Wirkungen  zeigen;  vielmehr  zeigen  Arsonium-,  Stibonium-,  Phos- 
phoniumbasen  physiologisch  Ciu-arewirkung.  Vulpian  prüfte  Tetraäthyl- 
arsoniumcadmiumjodid  r<  g  r;  jj 


J    ■  CdJ, 


Tetramethylarsoniu  mzink  j  odid ,  Methyltriäthylstiboniumhydrat ,  Tetraäthyl  - 
phosphoniumjodid. 

Tetramethylarsoniumjodid  hat  nach  den  Untersuchungen  von  Bürgi 
zentral  lähmende  und  curareartige  Eigenschaften,  wirkt  aber  nicht  auf  das 
Herz.  Es  wird  im  Organismus  nur  zum  Teil  zerlegt,  der  größere  Teil  unver- 
ändert im  Harn  ausgeschieden.    Es  hat  keine  Arsenwirkung  3). 

Es  läßt  sich  aber  dann  weiter  zeigen,  daß  die  Curarewirkung  keineswegs 
von  allen  um  ein  fünfwertiges  Element  angeordneten  Radikalen  abhängt, 
sondern  vielmehr  nur  von  den  zwei  Gruppierungen  an  den  manifest 
gewordenen  potentiellen  Valenzen,  welche  sterisch  eine  durchaus 

1)  Stereochemie  des  fünfwertigen  Stickstoffs,  Leipzig  (1899). 

2)  Arch.  de  phys.  norm,  et  pathol.   1,  472. 

3)  Emil  Bürgi,  AePP.  56,   101  (1907). 


stereochemisch  bedingte  Wirkvmgsdifferenzen.  129 

verschiedeue  Anordnung  haben,  von  den  drei  übrigen  (man  erinnere 
sich  an  die  Vorstellungen  von  van't  Hoff  und  Willgerodt  darüber),  oder 
von  denen  eine  eine  ganz  besondere  Stellung  imie  hat,  die  andere  den  SteUungs- 
charakter  der  drei  Hauptvalenzen  verändert  (Modell  Bischoff -Wedekind). 
Durch  die  Untersuchungen  vonKunkeP)  sowie  Cur ci-)  nämlich  ist  es  sicher- 
gestellt, daß  die  Siüfmbasen,  z.B.  Trimethylsulfinhydrür  (CH3)3-S-OH, 
curareartig  wirken.  Bei  der  Bildung  dieser  Base  ist  der  zweiwertige  Schwefel 
in  den  vierwertigen  übergegangen. 

Aber  auch  für  den  Übergang  eines  einwertigen  Elements  in  ein  dreiwertiges 
läßt  sich  dasselbe  nachweisen.  Viktor  Meyer^)  verdanken  \vdr  die  Kemit- 
nis,  daß  Jod  unter  Umständen  Verbindungen  stark  basischen  Charakter  ver- 
leihen kami.  So  sind  die  Jodoniumverbindungen  als  Substanzen  anzusehen, 
in  welchen  Jod  als  dreiwertiges  Element  fungiert,  und  tatsäehhch  hat  die 
von  R.  Gottlieb^)  durchgeführte  jDhysiologische  Prüfmig  des  salzsauren 
Jodoniums  {C^ll^)^J  •  Cl  dessen  curareartige  Wirkung  ergeben. 

Wir  ersehen  aus  den  vorgebrachten  Tatsachen,  daß  die  lähmende  Wii'lcung 
auf  die  Endplatteu  der  motorischen  Nerven  verursacht  wird  nicht  etwa  dirrch 
eine  bestimmte  elementare  Zusammensetzung  oder  durch  die  Gegenwart  be- 
stimmter Radikale  oder  durch  bestimmte  als  Zentrum  für  eine  räumüche 
Anordnung  dienende  Elemente,  sondern  sie  ist  lediglich  abhängig  von  dem 
Manifestwerden  zweier  jiotentieller  Valenzen,  die  den  an  ihnen  ge- 
liundenen  Radikalen  eine  ganz  bestimmte  differente  Orientienmg  im  Räume 
geben,  unabhängig  von  der  Anzahl  sonst  vorhandener  Hauptvalenzen  und 
uiiabhängig  von  deren  räumlichen  Orientierimg. 

Für  die  Kobalt-.  Rhodium-  und  Chromammoniakverbindungen  zeigte 
J.  Bock*),  daß  sie  nur  dmx-h  ihre  chemische  Konfiguration  %\irken,  während 
das  in  die  Verbindung  eintretende  Metall  der  Wirkung  dieser  Stoffe  kein  cha- 
rakteristisches Gepräge  verleiht,  sondern  in  dieser  Beziehung  von  ganz  unter- 
geordneter Bedeutung  zu  sein  schemt. 

Die  Hexamminkobaltsalze  mit  dem  dreiwertigen  komplexen  Kation 
Co(XH3)g  sind  starke  curareartige  Gifte,  die  später  Muskelzuckimgen  unfl 
Krämpfe  erzeugen.  Aquopentamminkobaltsalze  mit  dem  Kation  (H20)Co(XH3)5 
sind  viel  weniger  giftig.  Die  Diaquotetra  mmin Verbindungen  sind  selvr  schwache 
Gifte,  die  weder  Curarewirkmig  noch  Tetanus  erzeugen.  Die  Chloropent- 
amminverbindimgen  mit  dem  zweiwertigen  Radikal  Cl  •  CofNH3)5  haben  die 
Toxizität  der  Aquopentamminverbindungen.  Die  Chloroaquotetrammüi- 
verbindungen  Cl  •  HjO  •  Co(XH3)^  smd  fünfmal  geringer  toxisch  wirksam  und 
haben  weder  narkotische  noch  Curare wirkimg. 

Die  gleichen  Verhältnisse  zeigten  sich  bei  den  analogen  Rhodium-  und 
Chromverbindmigen . 

Wir  glauben  diu"ch  diese  Darlegiuig  gezeigt  zu  haben,  daß  es  sich  auch 
außerhalb  der  Wirkungsverschiedenheiten  durch  Isomerien,  insbesondere 
sterische  Isomerien,  erweisen  läßt,  wie  das  Zustandekommen  phy.siologischer 
Wirkungen  ganz  wesentUch  abhängig  ist  von  der  Orientierung  der  Atome 
oder  Radikale  im  Räume  imd  erst  in  zweiter  Linie  von  der  Natur  der  Atome 
oder  Radikale  bedingt  wird.  Es  wird  nun  klar,  daß  eine  einseitige  Auffasstmg 
der  Beziehungen  zwischen  chemischem  Aufbau  und  physiologischer  Wir- 
kung, welche  sich  nur  auf  die  Xatur  der  Atome  luid  Radikale  beschränkt, 
keineswegs  zur  Aufklärung  dieser  Beziehungen  ausreichen  kann,  wir  vielmehr 

')  Lehrb.  d.  Toxikologie,  Jena   1901.  -)  Arch.  de  Pharm,  et  de  Th6rap.  4,  1896. 

=")  BB.   81,   1592  (1894).  *)  AePP.   53,   1   (1905). 

F  r  ft  D  k  e  1 ,  Arzueüuitte|.Sjiitbese.    s.  Auü.  9 


130  Bedeutung  der  einzelnen  Atom-Gruppen  füi-  die  Wii-kung. 

dahin  geführt  werden,  den  Wirkungscharakter  inid  das  Zustandekommen 
der  Wirkungen  aus  der  räumlichen  Lagerimg  der  ^räkenden  Substanz  im 
Zusammenhalt  mit  deren  chemischem  Aufbau  zu  erklären.  Die  zuerst  von 
Schmiedeberg  geäußerte  Anschauung  über  das  stereoehemischc  Bedingtsein 
der  jiharmakologischen  'Wirkungen  erhält  durch  das  Ausgeführte  jene  Aus- 
legung, welche  sie  nicht  in  Gegensatz  zu  den  Anschaiunigen  über  che  Abhängig- 
keit der  Wirkung  von  der  Konstitution  bringen  kann,  sondern  sie  vielmehr 
als  Erweiterung  und  weitergehende  Erklärung  erscheinen  läßt.  Wir  gewimien 
auch  dadurch  Einblick  in  die  ebenfalls  stereochemisch  bedingte  Wirkimgs- 
niöghchkeit  der  Enziane,  deren  Erkenntnis  wir  L.  Pasteur  und  E.  Fischer 
verdanken. 

H.  H.  Mej-eri)  erklärt  die  Curarewirkung  der  Annnoniumbasen  durch 
den  Umstand,  daß  sie  sich  durch  ilu-e  selbst  Kali  und  Natroii  übertreffende 
basische  Stärke  (Avidität)  auszeichnen.  Zu  ähnlichen  Vorstellungen  gelangt 
H.  Fühner=). 

15.  Bezieliuiigen  zwischen  Wiikimg  und  3Iolekiilarsi'öße. 
Wii'knngen  homologer  Reihen. 

Die  Beziehungen  zwischen  Wirkung  und  Molekulargröße  der  Substanzen 
sind  noch  recht  spärhch  bearbeitet.  Am  klarsten  treten  sie  wolil  bei  den  ehi- 
fachcn  und  jsolymeren  Zuständen  desselben  Körpers  auf.  Acetaldehyd  CHg 
•  CHO  ruft  nach  den  Untersuchungen  von  Coppola')  bei  Fröschen  zu  O.Ol  g, 
nach  einem  StacUum  der  Aufi'egung  eine  vollstänchge  Anästhesie  hervor, 
welche  schnell  vorübei'geht,  da  der  niedrig  siedende  Körper  rasch  durch  die 
Lungen  ausgeschieden  wird.  Paraldeh^^d  (CH3  •  CH0)3  ist  weniger  ^virksam, 
0.03  verursachen  eine  leichte  Xarkose.  auf  die  dreifache  Dosis  folgt  eine  lang 
andauernde  Anästhesie.  —  Der  in  Wasser  molösliche  Äletaldehyd  (C'Hg  •  CHO)x 
wird  langsam  resorbiert,  er  wirkt  nicht  lähmend,  sondern  erhöht  die  Reflcs- 
erregbarkeit  in  der  Weise,  daß  er  als  eine  wahrhaft  tetanisierende  Substanz 
anzusehen  ist.  Er  ist  aber  giftiger.  Auf  die  Herztätigkeit  wirken  alle  drei 
Körper  wenig,  am  deuthchsten  noch  Acetaldehyd. 

Bei  Vei-gleichung  von  Äthylcarbonimid  CjHj  •  X  :  CO  inid  Triäthjdcarb- 
imid  03X303(02115)3  zeigen  sich  die  für-  Aldchj'd  und  Paraldehyd  gefundenen 
Verhältnisse.  Es  scheinen  hier  die  Verschiedenheiten  in  der  physiologischen 
Wirkung  nicht  so  sehr  mit  der  Molekulargröße  als  mit  den  durch  die  Molekular- 
größe bedingten  Verschiedenheiten,  wie  dem  veränderten  Siedepunkte,  der 
verschiedenen  Löshchkeit  sowie  der  Resorptionsfähigkeit  zusammenzuhängen. 

Die  homologe  Reihe  der  gesättigten  Kolilenwasserstoffe  oder  Paraffine 
besteht  aus  Gliedern  von  der  aUgemeinen  Formel  CnH2n+2  •  Werden  die 
niederen  Kohlenwasserstoffe  dieser  Reihe  eingeatmet,  so  erzeugen  sie  An- 
ästhesie und  Schlaf,  in  großen  Dosen  Tod  durch  Asphyxie.  Die  Dauer  des 
auf  diese  Weise  hervorgebrachten  Sclüafes  wächst  mit  der  Zunahme  an  Kohlen- 
stoff, also  mit  dem  Aufsteigen  in  der  Reihe,  mit  der  Molekulai'größe  (Richard - 
sonsches  Gesetz). 

Die  einwertigen  Alkohole,  welche  sich  von  diesen  Kohlenwasserstoffen  ab- 
leiten, wirken  alle  in  gleicher  W>ise  auf  das  Zentralnervensystem,  insbesondere 
auf  das  Gichini ;  die  Intensität  der  Wirkung  hängt  von  der  Anzahl  der  Kohlen- 


')  Ergebnisse  der  Physiologie  von  Ashor-  Spiro  I.  Jg.,  II.  Abt.,   199. 

-)  H.  Ftihner,  AePP.  58,   1  (1907).  ■')  Ann.  di  chim.  o  di  ffirm.  [4]  5,   140. 


Beziehungen  zwischen  Wirkmifr  und  .Molekiilargröße.  Wirkungen  homologer  Reihen.      131 

Stoffatome  ab,  sie  wird  um  so  größer,  je  weiter  man  iii  der  homologen  Reihe 
aufsteigt^),  nixr  der  Methylalkohol  macht  zum  Teil  eine  Ausnahme. 

Als  Picaud  die  Giftigkeit  der  verschiedenen  Alkohole  für  Fische  imter- 
suchte,  fand  er,  daß,  wemi  man  die  toxische  resp.  letale  Gabe  des  Äthylalkohols 
=  1  setzt,  die  des  Methylalkohols  zwei  Drittel,  des  Propylalkohols  2,  des 
Butylalkohols  3  und  des  Amylalkohols  10  ist. 

Hemmerters  Versuche  am  isolierten  Säugetierherzen  zeigten,  daß  die 
meßbare  Pumpleistung  im  Mittel  beim  Methylalkohol  um  19,  Äthylalkohol  17, 
Prop3'lalkohol  79,  Butj'lalkohol  161.  Amylalkohol  323  cm  in  30  Sekunden 
herabgesetzt  wird.  Auffallend  ist  die  rasch  ansteigende  Wirkung,  welche 
für  den  Propylalkohol  4  mal  so  hoch  ist  als  für  den  Methylalkohol,  dami  beim 
Butylalkohol  um  etwas  mehr  als  das  Doppelte  steigt,  und  für  den  Amylalkohol 
neuerdings  doppelt  so  stark  -n-ird,  was  wohl  mit  dem  höheren  Molekulargewicht 
zusammenhängt . 

Die  Verzweigung  der  Kette  bedingt  bei  den  Alkoholen  Unterschiede. 
Isopropylalkohol  ist  giftiger  als  der  normale  Propylalkohol,  der  normale 
Butylalkohol     CH3  •  CH2  •  CH,  •  CHg  ■  OH     aber     ist     giftiger     als     Isobutyl- 

OTT 

aLkohol    (^tj^>CHCH2  OH^).    Die  Alkohole  mit  verzweigten  Ketten  sind  bei 

gleicher  Kohlenstoff  atomzahl  weniger  giftig  als  die  mit  un  verzweigten  Ketten. 

Auch  in  bezug  auf  ihre  Desmfektionsleistungen  reihen  sich  die  Alkohole 
nach  ihrem  Molekulargewicht  an.  Älethylalkohol  ist  der  schwächste,  Ani}-!- 
alkohol  der  stärkste.  Ausnahmen  machen  die  tertiären  Alkohole,  tertiärer 
Butylalkohol  wirkt  nicht  so  kräftig  als  die  Propylalkohole,  tertiärer  Amyl- 
alkohol schwächer  als  die  Butylalkohole*). 

Die  Giftigkeit  der  normalen  aliphatischen  Alkohole  von  Methj-l-  bis  Amyl- 
alkohol nimmt  sowohl  bezügUch  der  tödlichen  Gabe  für  Katzen  als  auch  bezüglich 
der  Wirkung  auf  das  isolierte  Frosehherz  und  MuskelpräiJarate  entsprechend  dem 
steigenden  Molekulargewichte  zu.  Die  sekundären  Propyl-,  Butyl-  imd  Amyl- 
alkohole sind  weniger  giftig  als  die  entsprechenden  primären.  Diese  Feststel- 
lungen beziehen  sich  nur  a\if  die  akute  Vergiftung,  wähi'end  die  Erfahrungen 
mit  Methylalkohol  auf  den  großen  Unterschied  zwschen  unmittelbarer  und 
mittelbarer  Wirkung  hinweisen.  Ein  solcher  Unterschied  besteht  im  um- 
gekehi'ten  Simie  beim  Benzylalkohol*). 

Nach  Schapirov  wirken  jirimäre  Alkohole  verschieden  von  den  tertiären. 
Die  primären  wirken  reizend,  die  tertiären  lähmend  auf  das  Gehirn.  Die  pri- 
mären Alkohole  wirken  nach  den  Untersuchungen  von  J.  v.  Mering  weniger 
narkotisch  als  die  sekundären  und  diese  -wieder  weniger  als  die  tertiären.  Mit 
der  Zahl  der  Kohlenstoffatome  in  der  vei-zweigten  Kette  nimmt  die  narkotische 
Wirkung  zu.  H.  Fühner  fand  diese  Gesetzmäßigkeit  Mieder  bei  seinen 
Untersuchungen  über  die  Giftigkeit  der  Alkohole  auf  Seeigeleier^).  In  der 
homologen  Reihe  der  einwertigen  gesättigten  Alkohole  nimmt  die  Wirksamkeit 
für  die  normalen  Glieder  (mit  unverzweigter  Kette)  um  ein  konstantes  zu. 

Man  kami  diese  Beobachtungen  in  der  Weise  formulieren  (Traubesches 
Gesetz),  daß  mit  Ausnahme  des  Amylalkohols  jeder  folgende  Alkohol  etwa 
dreimal  so  wirksam  ist  als  der  vorau.sgehende. 

^)  Arch.  f.  Anat.  u.  Physiol.  1893,  201,  Suppl.,  Richardson:  Med.  -Times  and  Oazette 
3.  TDö  (1869). 

^)  Siehe  auch  Gibbs  und  Reichert,  Amerie.  Chemist.   13,  361. 

')  Germund  Wirgin,  Z.  f.  Hyg.  46,  149. 

*)  David  J.   Macht,  Journ.   Pharm  and.  exp.  Therapentics   16,    1   {1»20). 

°)  AePP.  5ä,  71  (1905). 


132  Bedeutung  der  einzelnen  Atom-Gruppen  für  die  Wirkung. 

Die  Glieder  mit  verzweigter  Kette  und  die  sekundären  Alkohole  sind 
weniger  •wirksam  als  die  erstgenannten.  Dasselbe  sieht  man  bei  den  alkyherten 
Harnstoff derivaten.  Die  Harnstoff  den  vate  mit  primären  Alkylen  wirken 
nicht  narkotisch,  wohl  aber  solche  mit  tertiären.  Die  Wirkung  steigt  auch  hier 
mit  der  Zahl  der  Kohlenstoffatome. 

Bei  den  Pinakoneu  ^'>C  •  (OH)  •  (OH)  •  C<^3,  welche  ebenfalls  narko- 
tische Wirkung  haben,  steigt  mit  der  Zahl  der  Kohlenstoffatome  im  Molekül 
nach  den  Untersuchungen  von  Schneegans  und  Mering^)  die  narkotische 
Wirkung.  Bei  den  mehrwertigen  Alkoholen  lummt  der  Giftcharakter  ab.  So 
ist  Propylalkohol  noch  eia  starkes  Gift,  während  Glycerin  nur  mehr  eine 
geringe  Giftigkeit  hat.  Solche  Unterschiede  wie  zwischen  Isopropylalkohol 
CH3  •  CH(OH.  CH3  und  Propylalkohol  CH3  •  CH^  •  CHa  •  OH  in  bezug  auf  die 
Verschiedenheit  der  Wirkimg  zweier  isomerer  Körper  lassen  sich  nicht  überall 
verfolgen. 

Bei  den  homologen  Fettsäuren  findet  man  in  einzelnen  Fällen  eine  zwar 
nachweisbare,  aber  relativ  unbedeutende  Zunahme  der  Wirksamkeit  mit  der 
Zunahme  der  Kohlenstoffatome.  Jacques  Lob  zeigte  dieses  durch  die 
Einwirkimg  auf  den  positiven  HeUotropismus,  durch  das  Sich -zur- Lichtquelle- 
Wenden  von  Süßwassercrustaceen,  welche  von  Haus  aus  negativ  heUotropisch 
.sind  2). 

Während  aliphatische  Säuren  mit  einer  Carboxylgruppe  nur  .selten  Ver- 
giftungserscheinungen hervorzurufen  in  der  Lage  sind*),  ist  es  sehr  auffäUig, 

COOH  ^  - 

daß   sowohl   Oxalsäure   •    „      als   auch   ihre  neutralen  Salze    intensive  Gift- 
COOH 

■\virkungen  an  Pflanzen  und  Tieren  hervorrufen.  Oscar  Loew*)  erklärt  die 
Giftwirkung  der  Oxalate  nach  seinen  Beobachtungen  am  Zellkem,  welche 
zeigen,  daß  an  der  Organisation  des  Zellkernes  der  Pflanzen,  mit  Ausnahme 
der  niederen  Pilze,  Calciumverbindungen  beteiligt  sind.  Durch  das  Eintreten 
der  Oxalsäure  in  den  Zellkern  wird  unlöshcher  oxalsaurer  Kalk  gebildet,  und 
so  eine  große  Schädigung  des  ZeUkems  hervoi^erufen.  Hingegen  hat 
nach  Rob.  Koch^)  die  Oxalsäure  eine  giftige  Elementai-wirkmig  auf  Muskel 
imd  Nerven  und  wirkt  auf  das  Zentralnervensystems  primär  lähmend. 
Wie  die  Kalisalze,  so  ist  auch  Oxalsäure  ein  entschiedenes  Herzgift.  Kröhl 
will  die  Wirkung  der  Oxalsäure  bei  Tieren  anders  erklären.  Er  zog  in  den 
Bereich  seiner  Untersuchungen  die  Natriumsalze  der  Oxalsäure  und  Malon- 
säure,  das  Ammoniumoxalat  und  Oxamid.  Alle  diese  Substanzen  verur- 
sachten Glykosurie,  welche  er  durch  die  Herabsetzung  der  Blutalkalescenz 
erklärt.  Die  Herabsetzung  der  Blutalkalescenz  beruht  in  der  Hemmung  der 
normalen  Oxydationsvorgänge,  für  welche  er  die  Gruppe  — CO — CO —  ver- 
antwortUch  macht.  Da  Kohlenoxyd  echte  Glykosurie  hervomift,  so  Avürde  hier 
eine  Analogie  vorliegen.  Die  CO-Gruppe  oder  zwei  CO-Gruppen,  die  aneinander 
geheftet  sind,  könnten  wie  die  CN-Gnippe  eine  Hemmimg  der  normalen  Oxyda- 
tionsvorgänge und  dadurch  schwere   Vergiftung  hervorrufen. 


1)  Ther.  Mon.   1891,  332.  -)  Jacques  Lob,  BZ.  23,  93  (1910). 

*)  Die  Ameisensäure  H  •  COOH  macht  eine  Ausnahme.  Ebenso  wirkt  die  Butter- 
säure CH3  •  CHj  •  CHj  •  COOH  toxisch,  macht  Schlaf,  selbst  Tod.  Die  inaktive  ^-Oxy- 
buttersäure  CHj  •  CH(OH)  •  CHj  •  COOH  wird,  ohne  irgendwelche  Erscheinungen  zu 
machen,  verbrannt  (?);  die  aktive  /?-Oxybuttersäure  hingegen  macht  die  SjTnptome  der 
öäureintoxikation,  und  das  Natronsalz  rxvft  einen  dem  diabetischen  Koma  vergleichbaren 
Zustand  hervor.    Sternberg,  Virchows  Arch.   1899. 

♦)  NatürL  System  d.  Giftwirkungen   119.  ')  AePP.   14,  153. 


Beziehungen  zwischen  Wirkung  und  Moleknlai-größc.    Wirkungen  homologer  Reüien.      j  33 


Die  Giftigkeit  der  Säiu'cn  uiit  zwei  Carboxylgruppen  nimmt  aber  rasch  alj, 
wenn  zwischen  die  beiden  Carboxyle  Methylengruppen  eingeschaltet  werden. 
Heyraanns^)  untersuchte  die  relative  Giftigkeit  der 


Oxalsäure 

COOH 
I 
COOH 


Malonsäure 

COOH 

i 
CHj 

I 
COOH 


Bomsteinsäure     und     Brenzweinsäure 
COOH  CH, 


CHj 

I 
CHj 

I 
COOH 


CH ■ COOH 

I 
CHj 

I 
COOH 


Diuch  die  Einschaltung  der  Methylengruppen  nimmt  die  Acidität  von  der  Oxal- 
säure gegen  die  Brenzweinsäm'e  zu  ab.  Die  Giftigkeit  ist  nach  Heymann.s 
nicht  umgekehrt  jiroportional  dem  Molekulargewicht,  sondern  nimmt  viel 
schneller  ab,  und  zwar  in  seinem  Verhältnis  zu  dem  Abstieg  der  Acidität 
dieser  homologen  Säuren.  Während  oxalsaures  Natrium  giftig  ist,  nimmt  die 
Giftigkeit  der  zwei  homologen  Säuren  sehr  stark  ab,  so  daß  diesen  Substanzen 
kaum  mehr  der  Namen  von  Giften  zukommt. 

In  dieser  Reihe  bestehen  weitaus  ersichtlichere  Beziehungen  zwischen  der 
Größe  des  Molekulargewichtes  als  bei  den  Aldehyden.  Ähnliche  Verhältnisse 
lassen  sich  bei  den  aliphatischen  und  gemischten  Ketonen  beobachten,  wie  im 
Kapitel  Ketone  (s.  S.  98)  näher  nachzulesen  ist. 

Die  alkyherten  Pyiidinbasen  zeigen  ebenfalls  beim  Aufsteigen  in  der  Reihe 
Steigei-ung  der  Intensität  der  Wirkung.  PjTidin  C5H5N  wirkt  am  schwächsten, 
die  Picoline  CgH,N  stärker,  die  Lutidine  C7H9N  übertreffen  sie  an  Wirksamkeit, 
während  die  KollicUne  CgHiiN  etwa  sechsmal,  Parvolin  CgHjgN  achtmal  so  stark 
als  Pyridin  wirken.  Sie  machen  alle  einen  rauschähnlichen  Zustand  mit  Atem- 
und  Pulsbeschleuniguug,  dann  Sopor,  Herabsetzung  des  Herzschlages  und 
der  Atmung^). 

Die  Kondensation  rmgförmig  gebmidener  Körper  hat  verschiedene  Effekte. 
So  ist  Diphenyl  HjCg  •  CgHg  in  dem  zwei  Beuzolkerne  direkt  verbimden  sind, 
weniger  giftig  als  Benzol,  ebenso  verhalten  sich  die  Derivate  dieser  beiden 
Grundsubstanzen.    Naphthalin,   welches   aus  zwei  Benzolkemen   besteht,   die 

ist  weniger  giftig 


zwei  benachbarte  Kohlenstoffatome  gemeinsam  haben 
als  Benzol,  ebenso  ist  Naphthol  weniger  giftig  als  Phenol. 


/\ 


\/ 


Chinolin 


/\ 

t 
\/ 

N 


besteht    aus    einem  Benzolkeni    mid  einem   Pyridinkem 


und  ist  nach  Analogie  des  Naphthahn  gebaut.  Diese  Verbindung  ist  nun  aber 
weit  giftiger  als  die  an  und  für  sich  weniger  wirksamen  Komponenten  Benzol 
mid  Pyridin.  Auch  die  durch  Verdoppelung  gebildeten  Basen  Dipyridin,  Para- 
picolin  (CaH7N)2  usw.  sind,  wie  Kendrick  imd  Dewar^)  gezeigt  haben,  gif- 
tiger als  die  entsprechenden  einfachen  cyclischen  Basen  imd  von  ganz  diffe- 
renter  Wirkung.  Es  waltet  also  ein  Unterschied  zwischen  dem  Verhältnis 
der  Benzolderivate  mit  direkt  verbundenen  oder  kondensieiien  Benzolkemen 
zum  Benzol  emerseits,  und  den  heterocyclischen  Verbmdungen  imd  ihren 
Komponenten  andererseits  ob. 


1')  Dubois'  Arch.  1889,   168.  ")  Dubois'  Arch.  1890,  401. 

')  Royal  Soo.  Proceed.  London  S2,  432. 


134  Bedeutung  der  einzelnen  Atoui- Gruppen  für  die  Wiikung. 

16.  Beziehungen  zwischen  Geschmack  und  Konstitution. 

Im  allgemeiiien  scheint  der  Geschmack  von  Säuren,  Basen  luicl  Salzen  nur 
durch  die  Ionen  bedingt  zu  sein  imd  Richards  zeigte,  daß  der  saure  Geschmack 
der  Wasserstoffionenkonzentratiou  proportional  ist.  Kahlenberg^)  be- 
hauptet, daß  man  H-Ionen  noch  in  Vsoo'N-Lösungen  durch  den  Geschmack 
nachweisen  kann.  Unterhalb  Yaoo'-'^ormaütät  verursachen  H-Ionen  nur  einen 
adstringiercnden  Geschmack.  Essigsäiu-e  schmeckt  stärker  saurer  als  ihrer 
lonenkonzentration  entspricht.  Der  alkalische  Geschmack  der  Hydroxyl- 
ionen  wrd  noch  in  Lösungen  von  V400  Formalität  wahrgenommen.  Chlor- 
ionen haben  einen  salzigen  Geschmack  iind  werden  noch  in  Yso'^'Lösungen 
empfunden.  Ähnüch,  aber  nicht  identisch  ist  der  Geschmack  der  Bromionen; 
die  Konzentration,  bei  der  sie  noch  wakfgenommen  werden,  ist  etwas  höher 
als  der  Grenzwert  der  Chlorionen.  Ähnlich,  aber  wenig  scharf  ist  der  Geschmack 
von  CIO3-  und  BrOj-Ionen.  Jodionen  schmecken  salzig,  aber  schwächer  als 
Brom-  luid  Chlorionen ;  die  geringste  Konzentration,  bei  der  sie  erkannt  werden, 
ist  Yg  N.  NOj-Ionen  haben  einen  sehr  schwachen,  SO4-  und  Acetationen 
einen  noch  weit  schwächeren  GJeschmack.  Sehr  schwach  und  eigentümlich  ist 
der  Geschmack  der  Natriumionen ;  deutlicher,  und  zwar  bitter  der  der  KaHum- 
ionen.  Ebenfalls  sehr  schwach  ist  der  Geschmack  der  Lithiumionen.  Magnesium- 
ionen haben  einen  bitteren  Geschmack,  der  noch  in  Yg-N-Lösung  zu  erkennen 
ist.  Gleichfalls  bitter,  aber  von  dem  der  Magnesiuniionen  verschieden  ist 
der  Geschmack  der  Calciumionen.  Ammoniumionen  schmecken  auch  bitter. 
Der  metaUische  Geschmack  der  Silberionen  ist  noch  in  Y5ooo"-^"Löä""S>  ^^^ 
der  Quecksilberionen  in  Y2ooo'F"-'-'ösung  zu  erkennen.  Je  größer  die  Beweg- 
lichkeit der  Ionen,  d.  h.  ihre  WanderungsgcschMÖndigkeit  ist,  um  so  leichter 
werden  sie  im  allgemeinen  durch  den  Geschmack  erkannt  (Kahle nberg). 
Doch  gilt  diese  Regel  nicht  ausnahmslos. 

Die  Intensität  des  Geschmackes  von  organischen  Verbindmigen,  welche 
die  Aminosäm-e-.  Säureamid-,  alkoholische  Hydroxyl-  mid  die  Aldehydgruppe 
enthalten,  i.st  im  allgemeinen  um  so  größer,  je  leichter  sie  das  Protoplasma 
dm'chdringen.  Auch  der  sehr  intensive  Geschmack  der  Alkaloide  läßt  sich  durch 
deren  große  Fähigkeit  in  Protoplasma  einzudringen  erklären.  Kolloidale 
Lösungen  sind  geschmacklos. 

Von  den  anorganischen  Verbindmigen  ist  zu  bemerken,  daß  fast  ausnahms- 
los nur  Salze  einen  süßen  Geschmack  zeigen,  in  erster  Linie  die  Salze  des  Be- 
lyUium  und  des  Bleies.  Die  übrigen  Elemente  der  zweiten  Gruppe  haben  als 
Salze  einen  bitteren  Geschmack,  allen  voran  die  Jlagnesiumsalze. 

Die  Salze  der  dreiwertigen  Borsäure  schmecken  süß.  Aluminiumsalze 
schmecken  ebenfalls  süß,  ebenso  die  Salze  des  Scandium,  des  Yttrium,  Lanthan, 
Ytterbium,  Cer  und  Blei.  Auch  Didym,  Erbiumoxydsalze  und  Terbiumerde- 
salze schmecken  süß.  Die  Salze  des  Fluors,  Jod  und  Brom  schmecken  leicht 
bitterlieh. 

Schwefel  wird  häufig  in  bitter  schmeckenden,  Chlor  in  süß  schmeckenden 
Substanzen  gefunden. 

Die  dulcigenen  Elemente  zeigen  einen  doppelten  Charakter,  indem  sie  sich 
mit  Säuren  als  Basen  und  mit  Basen  als  Säuren  zu  Salzen  verbinden.  Die 
amaragenen  Elemente  haben  einen  deutlich  au.sgeprägten  positiven  oder 
negativen  Charakter.  Das  Vermögen,  einen  Geschmackseindruck  zu  erwecken, 
ist  wie  der  Geruch  eine  Eigenschaft  einiger  ganz  bestimmter  Elemente,  und 

^)  Bull,  of  the  Univ.  Wisconsin. 


Beziehungen  zwischen  Gescliiiiack  und  Kon-stitution.  3:35 

9 

zwar  solcher,  welche  im  periodischen  Sj'stem  auf  regelmäßigen  Entfeniuugea 
sich  befinden.  Die  Periodizität,  der  wir  hier  beim  Geschmacksshm  begegnen, 
dürfte  nach  der  Ansicht  Sternbergs  auf  ein  mit  dem  Wachsen  der  Atom- 
gewichte zusammenhängendes  Wachsen  der  Wellenlänge  von  Sch^viugungen 
hinweisen.  Der  Geschmack  wäre  also,  wie  fast  alle  physikalischen  Eigenschaf teti, 
eine  periodische  Funktion  der  Atomgewichte. 

Haycraft^)  war  wohl  der  erste  Forscher,  welcher  überhaupt  über  die 
Natur  der  Moleküle,  die  auf  die  Geschmacksnerven  wirken,  For.schungen  an- 
stellte. Xaeh  ihm  werden  ähnliche  Geschmacksempfindungen  durch  chemische 
Verbindmigen  erzeugt,  welche  Elemente,  wie  Li,  K,  Na,  mit  i^eriodischer  Wieder- 
kehr gewöhnlicher  phj-sikalischer  Eigenschaften  enthalten.  Die  Kohlenstoff- 
verbindungen, welche  übercinstinnnende  Geschmacksempfindungen  her\-orriif en , 
müssen  einer  Gruppierung  der  Elemente  angehören.  X'uter  den  organischen 
Säm'en  stoßen  wir-  auf  die  Gruppe  CO  •  OH :  bei  den  süiischmeckeuden  Sub- 
stanzen auf  die  Gruppe  CHj  •  OH  .  Z^vischen  der  Qualität  der  Geschmacks- 
empfindimgen  inid  hohem  Molekulargewicht  besteht  keüi  Zusammenhang, 
ausgenommen,  daß  Substanzen  mit  sehr  hohem  und  sehr  kleinem  Molekular- 
gewicht überhaupt  keinen  Geschmack  haben. 

Die  Empfindungen  von  süß  und  bitter  spielen  insbesondere  bei  Ai'znei- 
mitteln  eine  sehr-  große  Rolle,  da  ja  der  Geschmack  derselben  von  großem  Ein- 
fluß darauf  ist,  ob  die  Ai7;neimittel  gerne  genonnnen  werden  oder  nicht.  Die 
Jahrhundertelang  übliche  Methode  war,  den  Geschmack  der  Arzneimittel  durch 
Korrigentien  zu  decken.  Doch  hat  die  moderne  s^^lthetische  Chemie  auch  auf 
diesem  Gebiete  wenigstens  zum  TeU  AVandel  geschaffen  und  die  miangenehmeu 
Eigenschaften  einzelner  Körper  in  bezug  auf  den  Geschmack  dm-ch  Anlagerung 
bestimmter  Grujipen,  ohne  daß  der  therapeutische  Effekt  der  Gi-undsubi5tauz 
geschmälert  worden  wäre,  zu  unterdrücken  versucht.  Allgemeingültige  Regeln 
über  die  Beziehungen  zwischen  der  Konstitution  und  dem  Geschmack  lassen 
sich  nur  wemge  ableiten.  Wir  ■wissen  aber,  daß  bei  den  alii^hatischen  Alkoholen 
mit  der  Zunahme  der  Hydi'oxylgruppen  der  süße  Geschmack  an.steigt.  So  ist 
Glyceriu,  mit  drei'  Hydroxylgruppen,  schon  ein  recht  süßer  KörjJer.  Doch  ver- 
schwindet der  süße  Geschmack  vöUig,  wemi  man  die  drei  Hydroxyle  durch 
AcyHerung  verschheßt  (Nitroglycerin,  Triacetin).  Die  Zucker  sind  alle  mehr 
oder  weniger  süß.  Doch  sind  die  ihnen  entsj)rechenden  Alkohole,  z.  B.  Mannit, 
weniger  süß  wie  etwa  der  Traubenzucker,  so  daß  auch  die  Aldehydgruppe  an 
dem  süßen  Geschmack  beteihgt  zu  sein  scheint.  Anderseits  ist  die  Biose  Rohr- 
zucker intensiv  süßer  als  Dextrose  bzw.  Lävulose,  ohne  daß  eine  freie  Aldehyd- 
gruppe vorhanden  wäre.  Hingegen  sind  die  reduzierenden  Biosen,  Maltose  und 
iVIilchzucker  weniger  siLß  als  der  Rokrzucker.  Für  die  Beteiligung  der  Aldehyd- 
gruppe an  dem  süßen  C4eschmacke  der  Zucker  sjjricht  insbesondere  der  intensiv 
bittere  Geschmack  der  Glykoside.  Geht  der  Aldehyd  eine  Reaktion  mit  einem 
ahphatischen  oder  aromatischen  Alkohol  ein,  ohne  daß  die  Hydroxylgruppen 
an  dieser  Reaktion  beteiligi  wären,  und  kommt  es  zm-  Bildmig  eines  Glykosids, 
so  geht  der  süße  Geschmack  des  Zuckers,  ebenso  wie  der  mehr-  oder  minder 
neutrale  Geschmack  des  betreffenden  Alkohols  verloren,  und  wh-  erhalten  sehr 
intensiv  bitter  schmeckende  Körper.  Wemi  wir  in  einem  Zucker  die  Hydi'oxyl- 
gi-uppeu  durch  Acetyl-  oder  Benzoylgruppen  verschließen,  so  erhalten  wir  neu- 
trale oder  bitter  schmeckende  Verbindungen.  Es  mag  sein,  daß  daran  auch  der 
Umstand  mit  schuld  ist,  daß  die  Aldehydgruppe  bei  den  Acetyl-  und  Benzoyl- 
zuckem  keineswegs  mehr-  reaktionsfähig  ist  und  keinen  Aldehydcharakter  mehr 

1)  Haycraft,  Nature  1888,   187  und  1883,  562. 


136  Bedeutung  der  einzelnen  Atom-Gruppen   für  die  Wirkung. 

zeigt,  da  sich  der  Zucker  in  die  ;'-Lactonform  umlagert.    Das  von  E.  Fischer 
dargestellte   Glueoseaceton    schmeckt   ebenfalls   bitter.     Anderseits    schmeckt 
Mannit  süß,  ohne  eine  Aldehyd-  oder  Ketongruppe  zu  besitzen. 
Für  die  intensiv  süßen  Eigenschaften  des  Saccharins 

CeH4<^Q>NH 

und  Dulcins  versucht  W.  Sternberg  Erklänmgen.  Jedenfalls  ist  es  von 
Interesse,  beim  Saccharin  zu  sehen,  daß  nur  die  o-Verbindiuig  süß  ist,  die 
p-Verbiudung  keinen  süßen  Greschmack  zeigt.  Selensacharin,  ein  Saccharin  in 
dem  statt  Schwefel  Selen  steht,  hat  gar  keinen  süßen  Geschmack*).    Dulcin 


O  •  C.H5 

NO  •  CO    NH» 


p    TT     <--^   •    ^ä'-'ä 


(p-Phenetolcarbamid)  istmtensiv  süß;  der  süße  Geschmack  ist  an  das  Vorhanden- 
sein der  Äthylgruppe  gebunden.  Wird  die  Äthylgruppe  in  diesem  Körper  durch 
die  Methylgruppe  substituiert,  so  wird  der  süße  Geschmack  abgeschwächt*). 
Der  Ersatz  durch  höhere  Alkylgrappen  beduigt  ebenfalls  Verlust  des  süßen 
Geschmackes.  Er  verschwindet  auch  durch  Einftthiiuig  der  Sulfogruppe. 
Das  sucrolsulfosaure  Natron 

schmeckt  nicht  melu'  süß. 

Bei  einzehien  Alkaloiden,  che  sich  durch  ihren  intensiv  bitteren  Geschmack 
auBzeichuen,  kami  man  seltsame  Analogien  zwischen  ihi-cm  Geschmack  und 
ihrer  Konstitution  und  Wirkung  sehen.  Cinclionin  ist  nm-  wenig  bitter,  aber 
auch  wenig  M-irksam.  Durch  Einfügung  der  Methoxylgruppe  entsteht  das  sehr 
bittere,  aber  auch  sehr-  wirksame  Qiinin.  Ersetzt  man  nun  in  der  Methoxyl- 
gruppe die  Alkylgruppe  dm-ch  andere  Alkylreste,  so  erhält  man  noch  immer  sehr 
bittere  und  sehr  wirksame  Substanzen.  Auch  der  Ersatz  der  Hydroxylgruppe 
des  Chinins  durch  saure  Reste  bewirkt  nicht  immer  Abschwächung  des  bitteren 
Geschmackes.  Während  wir  durch  den  Eintritt  der  Metlioxylgi-uppe  beim 
Chinin  den  bitteren  Geschmack  erst  entstehen  sehen,  wird  der  weit  intensiver 
bittere  Geschmack  des  Strychnins  durch  das  Eintreten  von  zwei  Methoxyl- 
gruppen  (im  Brucin)  stark  herabgesetzt,  ebenso  aber  auch  die  Wirksamkeit. 

Die  Bemühungen,  den  Geschmack  der  Substanzen  zu  kon-igieren,  werden 
meist  in  der  Weise  ausgeführt,  daß  man  die  reaktionsfähigen  Gruppen  diu-ch 
Anlagerung  von  Resten  versclüießt.  Wir  haben  aber  schon  bei  einigen  Körpern 
gesehen,  daß  dieses  Verschließen  der  reaktionsfähigen  Gruppen  auch  den  gegen- 
teihgen  Erfolg  haben  kami,  daß  man  eine  süße  Substanz  in  eine  bittere  ver- 
wandelt, z.  B.  bei  Glykosidbildungen.  Eine  andere  Ai-t  der  Geschmackskorrek- 
tur, welche  auch  vielfach  darauf  gerichtet  ist,  ätzende  Nebenwirkungen  der 
Substanzen  zu  beseitigen,  ist  das  UnlösUchmachen  der  Substanzen,  welche  dann 
erst  meist  im  Darmkanal  aufgespalten  werden  und  dort  zm-  Wirkung  gelangen. 
So  wird  Chinin  in  das  unlösliche  Chinintannat  übei-gefühi't  und  dieses  überdies 
noch  im  Wasser  zusammengeschmolzen  und  auf  diese  Weise  entbittert.  Hierbei 
ist  zu  bemerken,  daß  eine  Reihe  von  sogenaimten  süßen  Chininpräparaten,  die 
der  amerikanische  Markt  liefert,  keineswegs  Cliinm,  sondern  Cinchonin  enthält, 
welches  ja  an  und  füi-  sich  den  intensiv  bitteren  Geschmack  nicht  besitzt,  dem 
aber   die   Wirksamkeit    des    Chinins    mangelt.      Den    unangenehmen   herben 

1)  R.  Lesser  und  R.  Weiß,  BB.   45,   1835  (1912). 

-)  Tlierap.  Monatsliefte  1893,  27.  —  Spiegel,  BB.  34,   1936  (1901). 


Beziehungen  z^viachen   Geschmack  und  Konstitution.  lr?7 

Geschmack  des  bei  Dannkatarrh  so  gut  wirkenden  Tamiins  sowie  den  ebenso 
unangenehmen  Geschmack  des  Ichthyols  kaim  man  unterdrücken,  wenn  man 
Tannin  oder  Ichthyol  in  eine  unlösliche  Verbindung  mit  irgendeinem  Eiweiß- 
körper, wie  Hühnereiweiß,  Casein  oder  Leim  überführt  und  diese  statt  der 
ursprünglichen  Substanz  verwendet.  Diese  geschmacklosen  mid  unlöslichen 
Eiweißverbindimgen  werden  im  Darmkanal  aufgespalten  imd  dort  die  wirksamen 
Komponenten  entwickelt.  In  diese  Kategorie  gehört  auch  das  von  M.  v.  Ne  nc  ki 
in  die  Arzneimittelsynthese  eingeführte  Salolprinzip.  Es  werden  hierbei 
wirksame  aromatische  Säm-en  mit  wirksamen  AJkoholen  oder  Phenolen  ester- 
artig  gebunden,  und  diese  vmlöslichen  Verbindungen  werden  im  Darme  zum  Teil 
durch  das  verseifende  Enzym  der  Bauchspeicheldrüse,  zum  Teil  durch  die 
Bakterienwirkung  in  ihre  wirksamen  Komponenten  gespalten.  Bei  dieser  Art 
von  Synthese  spielt  nicht  nur  der  Geschmack,  sondern  auch  hauptsächlich  die 
ätzende  Wirkmig  und  die  Giftigkeit  der  betreffenden  Arzneimittel  eine  große 
RoUe.  Die  Kemitnis,  diese  schädliche  Nebenwirkungen  und  den  schlechten 
Greschmack  durch  Verestening  zu  unterdrücken,  verdanken  wir  M.  v.  Nencki. 
Insbesondere  Synthesen  mit  Phosgengas  und  ÄthyUcohlensäiu'echlorid  haben 
für  diese  Körperklasse  (besonders  Phenole)  große  Bedeutung  erlangt.  Es 
gelingt  auf  diese  Weise,  die  ätzende  Wirkvmg  des  Kreosots  und  des  Guaja- 
cols  zu  unterdrücken,  es  gelingt,  den  bitteren  Geschmack  des  Cliinins  zu 
mäßigen  sowie  den  scharfen  Geschmack  mancher  Substanzen  wie  Menthol 
zu  coupiercn. 

Wilhelm  Sternberg  1)  hat  sich  mit  der  Frage  nach  dem  Zixsammenhange 
zwischen  dem  chemischen  Baue  und  Geschmacke  der  süß  und  bitter  schmecken- 
den Substanzen  beschäftigt  und  behauptet,  daß  den  Elementen  als  solchen  gar 
kein  Geschmack  zukommt.  Die  Kohlenwasserstoffe,  gleichgültig,  ob  mit  offener 
oder  geschlossener  Kette,  entbehren  ebenfalls  des  Geschmackes.  Hingegen 
werden  sie  schmeckend,  wenn  in  dem  Molekül  Sauerstoff  oder  Stickstoff  oder 
auch  beide  eintreten.  Ja  eine  Sauerstoffstickstoffverbindnng  für  sich,  das 
Lustgas  NoO  schmeckt  süß. 

Die  Gruppen  -OH  und  -NH,  sind  die  einzigen  geschmackerzeugenden  oder 
■wie  sie  Sternberg  nennt  sapiphoren. 

Diese  beiden  Gruppen  müssen  nun  mit  den  entgegengesetzten  kombiniert 
sein,  die  negative  GH-Grujjpc  mit  der  positiven  Alkylgrupj)e,  die  positive  NHg- 
Gruppe  mit  der  negativen  Carboxylgruppe.  Dieses  ist  die  gnindsätzUche  Ver- 
schiedenheit zwischen  dem  Verhalten  der  schmeckenden  und  färbenden  Ver- 
bindungen. Die  färbenden  Körper  verheren  sofort  ihre  färbenden  Eigenschaften, 
wenn  man  der  Aminogrupj)e  ihre  Basizität,  dem  Hydro xyl  seine  sauren  Eigen- 
schaften nimmt,  worauf  ja  0.  Witt  hingewiesen. 

Der  einmalige  Eintritt  der  GH-Gruppe  bringt  den  Köi-pern  Geruch,  der 
zweimahge  Greschmack,  imd  zwar  süßen,  wenn  die  übrigen  Alkyle  der 
primären  Alkohole  oder  der  Aldehyde  oder  Ketone  Sauerstoff  aufnehmen. 
Aber  die  Gegenwart  eines  Carboxyls  macht  unter  allen  Umständen  sam'en 
Geschmack,  wenn  auch  in  der  restlichen  Kette  noch  so  viele  OH-Gruppen 
vorhanden  sind. 

Mit  der  Länge  der  hydroxylhaltigen  Kette  steigt  der  süße  Geschmack, 
welcher  seineu  Höhepunkt  in  den  Aldoseu  und  Ketosen  findet.  Aber  diese 
Steigening  ist  nicht  ganz  regelmäßig.  Octite,  Nonite,  Gluconose  und  Mamio- 
nose  schmecken  nicht  mehr  so  süß. 

1)  Dubois'  Arch.  f.  Physiol.  1898,  451;  ebenda  1899,  367.  —  Zeitschr.  d.  Vereins  f. 
Rübenzuckerindustrie  1899,  376.  —  Ber.  d.  Deutschen  Pharmazeut.  Ges.  15,  Heft  2  (I90Ö). 


138  Bedeutung  der  einzelnen  Atom-Griipixii  für  die   Wirkung. 

Die  stereogeometrische  Konfiguration  des  Zuckers  ändert  an  dem  Ge- 
schmacke  nichts*). 

Bei  den  Amiiiosämen  finden  wr  den  Geschmack  von  der  stereoehciiüseiuMi 
Konfiguration  abhängig.  Das  rechtsdi'ehende  Asparagin  schmeckt  süß,  während 
das  liiiksdrehcnde  geschmacklos  isf^).  1-Isoleucin  schmeckt  im  Glegensatz  zum 
bitteren  d-Isoleuciii  siÜ3*). 

Sternberg  meint,  daß  zum  Zustandekommen  des  süßen  angenehmen 
Geschmackes  em  gewisses  harmonisches  Verhältnis  der  negativen  Hydro.x\l- 
imd  der  positiven  Alkylgrujipen  notwendig  ist.  Jeder  Alkylgrii]5pe  muß  eine 
Hydroxylgruppe  gegenüberstehen;  daher  schmecken 

OH 
CH„    OH  H 

Glycerin    t'H   OH      und  Inosit 


CH,.OH  HOHVH.OH 

OH 

Ein  einziges  Mal  kann  die  Alkylgruppe  der  Hydroxylgrujipe  gegenüber  ver- 
mehrt sein,  so  daß  das  Molekül  ein  Sauerstoffatom  weniger  als  Kohlenstoff - 
atome  enthält,  ohne  daß  der  süße  Geschmack  verschwindet.  Daher  schmecken 
die  Disaccharide  süß,  aber  alle  Tri-  und  alle  anderen  Polysaccharide  sind  ge- 
schmacklos. 

Dies  ist  auch  der  Grund,  warum  Methj'jglykoside,  Glykolglykosid  luid 
Methylinosit  süß  schmecken. 

Die  Harmonie  des  Aufbaues  erträgt  wohl  leichte  Erschütterungen,  meint 
Sternberg,  aber  stärkere  Erschütterungen  bringen  den  Verlust  des  süßen 
Geschmackes  mit  sich.  Äthylglj'kosc  schmeckt  daher  schon  sehwach  süß, 
Methylrhanmose  aber  schon  ))itter.  Äthj'lrhaimiosid  schon  stark  inid  anhaltend 
Ijitter. 

Bei  den  Bitterstoffen  fällt  es  auf,  daß  sie  sehr  wenig  Sauerstoff  im  Molekül 
haben. 

Wenn  man  in  den  Zuckern  das  positive  Alk^lradikal  bei  der  Gl3'kosid- 
bildimg  durch  den  negativen  Phenoh-est  ersetzt,  so  erhält  man  intensiv  bitter 
schmeckende  Köqjer.    Daher  ist  Methylglykosid  süß,  Phenylglykosid  bitter. 

CHj  •  CH(OH)  •  CH„(OH)   1.2-DUiydi-ooxypropan  süß   1 
C^Hj  •  CH(OH)  •  CH2(0H)  Phenyläthylenglykol  bitter  j 
CH3  •  CH(OH)  •  CH(OH)  •  CH„(OH)  Butenylglycerin  süß       1 
C^Hj  ■  CH(OH)  •  CH(OH)  •  t'Ho(OH)  Phenylglycerin  bitter    ( 

Die  natüi'lichen  Glykoside  sind  aus  dem  Grunde  bitter,  weil  sie  zumeist  Phenol- 
derivate sind. 

Es  ergibt  sich  aus  diesen  Ausfühi-ungen,  daß  die  Substitution  eines  Wasser- 
stoffes in  dem  süß  schmeckenden  Methylglykosid  durch  eine  CgHg-Gruijpe  eben- 
falls bitteren  Greschmack  zur  Folge  hat.  Die  Benzylglykose  CgHs  •  CH2  •  CgHjiOß 
schmeckt  intensiv  bitter  und  beißend. 

(  Der  bittere  Geschmack  verschwindet  nicht,  weim  man  in  das  Benzykadikal 
auch  ein  Hydroxyl  einführt,  denn  das  Glykosid  Sahein  CgH^  •  CHjCOH)  •  CgHjj^Og 
schmeckt  ebenfaUs  intensiv  bitter  und  selbst  die  Einführung  weiterer  negativer 
Gruppen  bestimmt  noch  lücht  den  bitteren  Geschmack,  denn  Monochlorsalicüi 

1)  P.  Mayer  xmd  C.  Neuberg,  HS.  3T,  547  (1903). 

2)  Piutti,  Cr.   103,  305.  —  Gaz.  t-him.  ital.   17,   12G,   182. 
")  F.  Ehrlich,  BZ.   63,  370. 


Beziehungen  zwischen  Geschmack  »ind  Konstitution.  139 

und  Monobronisaliciu  schmecken  noch  bitter;  führt  man  aber  noch  mehi'  negative 
Gruppen  eiii,  so  erhält  man  das  geschmacklose  TetraacetylehlorsalicLu.  Auch 
durch  das  Abstumpfen  des  sauren  Hydroxyls  im  SaHcin  erhält  mau  einen  ge- 
schmacklosen Körper.  Daher  ist  Salicinnatrium  CjgHjjO,  •  Na  geschmacklos. 
AVeitere  Hydroxyliening  des  Salicins  zum  Helicin  CgHuO.-  •  0  •  G^H^  •  CHO 
(.\ldehydbildung)  macht  einen  geschmacklosen  Körper.  Führt  man  in  das 
Hydi-oxyl  des  Salicins  eine  Benzoylgrujjpe  ein.  so  erhält  man  Populüi  CigHi, 
(CgHs  •  C0)07 ,  einen  süßlich  schmeckenden  Körper.  Die  zweimalige  Einführung 
des  Benzoylrestes  in  das  Sahein  macht  eine  geschmacklose  Substanz. 

Hmgegen  T^ird  der  süße  Geschmack  der  Aminoessigsäure  (GlykokoU)  NH, 

•  CH2  •  COOH  durch  Einführung  einer  Benzoylgrujopc  (Hippursäurebildung 
CgHg  •  CO  •  NH  •  CH2  •  COOH)  in  einen  sauren  verwandelt,  während  die  bitter 
schmeckende  Cholalsäm'e  C24H4(,05  diu'ch  iliren  Euitritt  in  die  Aminoessigsäure 
dieselbe  in  die  sehr  bitter  schmeckende  Glykocholsäurc  0.14113904  •  NH  •  CHj 

•  COOH  verwandelt. 

Nach  Sternberg  hängt  der  süße  und  bittere  Geschmack  der  Verbindungen 
von  dem  Verhältnis  und  Mißverhältnis  der  iiositiven  zu  den  negativen  Gruppen 
ab.  Eine  kleine  Änderung  kaim  daher  schon  den  süßen  Geschmack  in  einen 
bitteren  verwandehi.  Die  Verbindung  der  Zucker  mit  Ketonen  macht  daher 
die  entstehenden  Körper  alle  bitter. 

Die  Einfülu'ung  von  sauren  Resten  in  die  Zucker  macht  die  Substanz  bitter 
oder  sauer  inid  schheßUch  verschwindet  der  Geschmack  ganz. 

Ebenso  verwandelt  sich  der  Geschmack  in  einen  liitteren,  wenn  man  in 
ein  Hydroxjd  eine  Base  einführt.    Daher  ist  reiner  Zuckerkalk  bitter. 

Die  Symmetrie  der  hydroxyherten  Verbindungen  ist  als  HauptqueUe  des 
süßen  Geschmackes  anzusehen.  Daher  schmeckt  das  syaumetrische  Trioxy- 
hexamcthylen  (Pholoroglucit)  süß. 

Bei  den  zwei-  und  dreiwertigen  Phenolen  sind  es  die  OH-Gruppen  in  der 
symmetrischen  m-Stellung,  die  süßen  Geschmack  hervorrufen. 

^H  meta  x\  para  OH  ortho 


Resorcin  I      I  Hydroehinon  /  NOH     Brenzcatechin 

OH  süß  \y  schwach  süß  l     J  bitter. 

OH  V^ 

OH 

HOAOH     ^^^  "?^*^  |/\0H      t"'''  ""if ,° 

Phlorogluciri  L.„       P-vTogallol 

\y  süß  V^^  'bitter. 

OH 

PjTogallol  schmeckt  nach  Emil  Fischer  süß,  nach  W.  Sternberg  deut- 
lich bitter. 

Von  den  Dioxjiioluolen  ist  das  ehizig  süß  schmeckende  das  symmetrische 

Orcin  „„  zx  ^„ 

HOi-^^OH 

CH3 
CHj 

/)'-Orcin         I    J  ist  schon  wieder  geschmacklos. 

Beim  Benzolring  müssen  also  ebenfalls  zwei  saui-e  Gruppen  zum  Zu.stande- 
kommen  des  süßen  Geschmackes  vorhanden  sem.  Aber  eine  von  diesen  kaim  auch 
eine  Carboxylgruppe  sein,  nur  muß  die  symmetrische  Metastellung  gewahrt  werden. 


]  40  Bedeutung  der  einzelnen   Atom-Gruppen  füi-  die   Wirkung. 

Stumpft  man  aber  die  saiu'e  Gnippe  durch  Amidbildung  ab,  so  geht  der 
süße  Geschmack  in  den  bitteren  über,  wie  bei  m-Oxybenzoesäure-amid. 
OH  OH 

•  m-Oxybeuzonitril    r^  schmeckt    wieder    intensiv    süß 

JCO  ■  NHj  l^C=N 

und  zugleich  beißend. 

m-Oxybenzoesäure  schmeckt  süß,  ebenso  m-Aminobenzonitril,  welches  ein 
süß  schmeckender  Farbstoff  ist. 

Wenn  man  aber  den  sam'en  Charakter  durch  Einführung  einer  Nitrogruppe 
steigert,  so  entsteht  ebenfalls,  aber  mir  bei  einer  Stellvmg  süßer  Geschmack, 

OH 

nämlich  bei  der  2  -  Xitro  -  m  -  oxybenzoesäure,  f    Jpf^Axr .  alle  anderen  Nitro-m- 

oxybenzoesäm-en  sind  geschmacklos.  Mehr  negative  Gruppen  fühi'en  zm"  Ge- 
schmacklosigkeit, welche  bei  weiterer  Steigerung  der  Anzahl  der  negativen 
Gruppen  zum  bitteren  GJeschmack  führt.  Dinitro-m-oxybenzoesäure  ist  ge- 
schmacklos, Trinitro-m-oxybenzoesäm'e  schmeckt  intensiv  bitter. 

Die  o-Stellung  kann  ebenfalls  zu  einem  süßlichen  Geschmacke  führen.  So 
ist  SaUcylsäm'e  sauer  und  süßhch,  salicylsaures  Natron  ist  noch  süßer  (wider- 
Uch  süß).  Der  süßliche  Geschmack  bleibt  noch  im  Sahpyrin  (salicylsaures 
Antipyriu)  erhalten,  wähi-end  AntipjTin  allein  leicht  bitter  schmeckt,  er  bleibt 
auch  in  SaUthymol  (Sahcylsäurethymolester),  in  Salokoll  (Phenokollsalicylat) 
und  in  Dijodsalicylsäm'e. 

Während  aber  in-Oxybenzoesäureaniid,  wie  erwähnt,  bitter  schmeckt, 
ist  SaUcylsäiu-eamid  geschmacklos. 

Alle  sechs  Dioxybenzoesäureu  sind  geschmacklos. 

Bei  den  aromatischen  Ketonen  süid  die  ungesättigten  Kondensations- 
produkte dmch  einen  schärferen  Geschmack  ausgezeichnet  als  die  entsprechen- 
den gesättigten  Verbindmigen.  Die  Einführung  von  Brom,  einer  Methoxy- 
und  Methylgruppe  an  Stelle  des  m-Wasserstoffes  des  Beuzolkernes,  sowie  eine 
Verlängerung  der  Seitenkette  erzeugen  eine  deutUche  Steigerung  der  geschmack- 
lichen Wirkung^). 

Die  XHj-Gruppe  gibt  den  Kohlenwasserstoffen  ebenfalls  den  süßen  Ge- 
schmack, und  zwar  dami,  wenn  eine  negative  COOH-Gruijpe  vorhanden  ist, 
so  zwar,  daß  die  entgegengesetzten  Gruppen  möglichst  ümig  verknüpft  sind. 
«-Aminosäuren  schmecken  süß 2).  E.  Fischer  zeigte  dieses  ebenfalls  für  die 
a-Aminocarbonsäiu'en  der  aliphatischen  Reihe;  bei  den  /j'-Aminocarbonsäuren 
tritt  dieser  süße  Geschmack  zurück;  /?-Aminoisovaleriansäure  schmeckt  sehr 
schwach  süß  und  hinterher  schwach  bitter.  /-Aminobuttersäme  ist  gai'  nicht 
mehr'  süß,  sondern  schmeckt  etwas  fade.  Leucin  schmeckt  deutlich  süß,  ebenso 
(X-Amino-n-caprousäm-e,  während  d-Isoleucin  bitter  schmeckt.  Auch  bei  den 
Oxyaminosäureu  hegen  die  Verhältnisse  ähnlich;  Serin  ((X-Amino-/J-oxypro- 
pionsäiu'e)  und  a-Amino-j'-oxyvaleriansäure  schmecken  stark  süß,  Iso- 
seriu  (jÖ-Animo-cc-oxj'propionsäure)  dagegen  nicht.  rv-PjTrolidiucarbonsäure 
i     |^„^„  ist  ebenfalls  süß.    Anders  verhalten  sich  die  aromatischen  Amino- 

\ /COÜH 
NH 

säuren:  Pheuylaiiünoessigsäme  CgHg  •  CHCNHä)  •  GOCH  und  Tyrosin  sind  nahe- 
zu geschmacklos,  bzw.  schmecken  schwach  fade  (kreideartig),  während  Phenyl- 
alanin CfiHs  •  CHa  •  CH(XH2)  •  COOH  süß  ist.    dl-Tryptophan  schmeckt  süß, 

')  Leonore  Kietz  Pearson,  Pharmaceut.  Journal  [4]  49,  78  (1919). 
2)  E.  Fischer,  BB.  35,  2660  (1902). 


Beziehungen  zwischen  Geschmack  und  Konstitution.  141 

aktives  ist  fast  geschmacklos,  dasselbe  gilt  für  Leucin.  Von  den  zweibasischen 
Aminosäuren  schmeckt  Glutaminsäure 

COOK 

CH  •  NHa 
COOK 

schwach  sauer  und  hinterher  fade.  Asparaginsäure 

COOH 

CH  •  NH, 
COOH 
stark  sauer,  etwa  wie  Weinsäure. 

Analog  den  Aminosäuren  (wegen  der  benachbarten  Stellung),  verhalten  sich 
in  der  aromatischen  Reihe  die  o-Verbmdungen.  Dieses  ist  nach  Sternberg 
aixch  der  Grund,  warum  nur  die  o-Verbindung  des  Benzoesäuresulfinids  süß 
schmeckt,  während  die  p-Verbindiuig  geschmacklos  ist. 

Die  Dicarbonsäuren  dieser  Gnappen,  z.  B.  Asparaginsäure  schmecken  nicht 
mehr  süß,  sondern  sauer,  ebenso  wie  bei  der  Umwandlung  des  Traubenzuckers 
in  Glykuronsäiu-e  COOH  •  (CH  •  0H)4  •  CHO  der  süße  Geschmack  in  den  sauren 
übergeht . 

Stumpft  man  aber  eine  Carboxylgruppe  der  Asparaginsäure  durch  über- 
führxmg  in  Amid  ab,  so  erhält  man  das  süß  schmeckende  Asparagm.  Diamino- 
bemsteinsäure  ist  geschmacklos,  auch  wenn  man  beiden  Carboxylen  durch 
Amidiening  oder  Esterifizierung  den  saui-en  Charakter  nimmt.  Hingegen 
schmeckt  Iminobemsteinsäureester  bitter.  Will  man  diesen  bitteren  Geschmack 
in  einen  süßen  verwandeln,  so  braucht  man  nur  die  Carboxylgruppe  in  Amid 
überzuführen.  Iminosuccinaminsäureäthylester  schmeckt  süß. 
COOH  CO  ■  NH, 

CHy  bitterer  CH.  süßer 

I      /NH  Iminobemstein-  |     /NH  Iminosuccinamin- 

CH  säureest«r  CH  säureäthyle.ster. 

COOH  •  CoHj  COO  •  CjHj 

Die  einmalige  Methylieiung  ändert  an  dem  süßen  Geschmack  dieser  Grui^pe 
nichts,  hingegen  die  Dimethyherung  und  die  Äthylierung,  welche  zur  Geschmack- 
losigkeit führt.    Sarkosin  (ungiftig)  CHj— C(CH3)H  ist  daher  süß.    Durch  Aus- 

COOH 
tritt  von  einem  Molekül  Wasser  geht  es  aber  in  das  bitter  schmeckende  Sar- 
kosinanhydrid  über.   Auch  die  geschmacklose  Trimethylaminobuttersäure  wird 
auf  diese  Weise  bitter. 

Die  Nähe  des  Carboxyls  und  der  NHj-Gruppe  ist  nicht  nur  bei  den  alipha- 
tischen, sondern  auch  bei  den  aromatischen  Körpern  zum  Zxistandekommen  des 
süßen  Geschmackes  notwendig. 

süß.    Während   p-Aminobenzoesäiire 


0 


geschmacklos  ist. 
COOH 


142  Bedeutung  der  einzelnen  Atom-Gruppen  für  die  Wirkung. 

Deshalb  schmeckt  o-AminosaUcylsäiuT  noch  schwach  süßlich, 

pH 
COOH 

NH2 

während  p-  und  m-Amiuosalicylsäiu'e  beide  geschmacklos  sind. 

Benzy]-/j-animocrotonsäureester  (F.  79 — 80°)  ist  voUkorameu  geschmack- 
los, die  Modifikation  (F.  210°)  hat  einen  intensiv  süßen,  gleichzeitig  pfeffer- 
artigen Geschmack. 

Synanisaldoxim  istgesehmacklos,  gewöhnliches  Aiiisaldoxim  schmeckt  süß. 

o-Aminobenzoesäm-e  verhert  nach  dem  Ausgeführten  dm-ch  Eintritt  einer 
zweiten  sauren  Gruppe  ihre  Süßigkeit.  Daher  schmeckt  o-Sulfamidbenzoesäure 
SO2  •  NH2 

gar  nicht  und  erst  durch  Anhj'di'idbildung  kommt  jener  intensiv 

süße  Geschmack  des  Saccharins  zustande. 

Das  Saccharinmolekül  bleibt  sehr  süß,  wenn  mau  in  der  p-Stelluug  eiue 
positive  NHj-Gruppe  einfügt,  wenn  man  aber  an  dieselbe  Stehe  eine  Nitrogruppe 
bringt,  so  erhält  man  das  sehr  bitter  schmeckende  p-Nitro-benzoesäuresulfinid. 

Das  Lacton  der  Saccharinsäure  hat  einen  bitteren  Geschmack:  während 
Saccharin  süß  schmeckt,  ist  Benzolsulfonbenzamid  geschmacklos. 

Alle  Salze  des  Saccharins  schmecken  süß,  auch  die  Alkylammoniakderivate 
des  Saccharuis  schmecken  süß.  Man  erhält  sie  durch  Einwrkimg  von  Saccharin 
auf  die  Amintaasen^). 

Sucramin  ist  das  Aumioniumsalz  des  Saccharins.  Die  alkoholische  Lösung 
von  Sulfaminbenzoesäuresulfinid  schmeckt  intensiv  süß. 

Methylsacchariu  ist  sehr  süß,  wenn  auch  nur  halb  so  süß  wie  Saccharm. 
Der  Äthylester  des  Saccharins  und  die  Verbindung  von  Formaldehyd  mit 
Saccharin  schmecken  beide  süß.  p-Bromsaccharin  schmeckt  stark  süß  imd 
äußerst  bitter,  p-Fluorsaccharin  schmeckt  stark  süß  mid  schwach  bitter. 
p-Chlorsaccharin  schmeclct  süßbitter.  p-Jodsaccharin  schmeckt  bitter.  p-Amino- 
saccharin  schmeckt  süß.  p-Aminobenzoylsulfinid  ist  sehr  intensiv  süß,  hüi- 
gegen  schmeckt  p-Xitrosaccharin  bitter.  Die  im  Benzolkern  substituierten 
Derivate  des  Saccharins  schmecken  fast  ausnahmslos  entweder  süß  oder  bitter. 
Ist  die  Imidgruppe  durch  andere  Radikale  substituiert,  so  sind  diese  Derivate 
geschmacklos,  wie  z.  B.  Methyl-,  Äthyl-,  Phenyl-.  Tolylsaccharine. 

CO 
p-Brombeuzoylsulfinid  C5H3Br<gQ  >XH  schmeckt  vorn  an  der  Zunge  süß, 

hinten  bitter  und  anfangs  sehr  süß,  dann  sehi'  bitter.  Hingegen  verUert  Saccharin 
seinen  süßen  Geschmack  völlig,  wenn  man  den  Imid Wasserstoff  äthyUert.  Aber 
der  Ersatz  desselben  Imidwasserstoffes  durch  Natrium  ändert  am  Geschmack 
gar  nichts. 

p-Phenetholcarbamid  CjHg  •  0  •  CgH^  ■  XH  -  CO  •  NH,  und  p-Anisol-carb- 
amid  CH3  •  0  •  CgH4  •  NH  •  CO  -  XH,  sind  beide  süß,  die  Phenetholverbindmig 
ist  die  süßere.  Sogar  die  Verbindung  CH3  •  CgH4  •  XH  •  CO  •  NH2  schmeckt 
süß.      Süß     schmeckt     auch    der    imsymmetrische     (V-a.'-Dimethylharustoff 

OC<jjg'  ^'-,  während  der  symmetrische  A-/:^-Dimethylharnstoff  CO<j^jj  P^^ 
geschmacklos  ist.  Ebenso  ist  auch  der  sjTumetrische  Di-p-phenetholharnstoff 
geschmacklos.  jj^  •  CgH,  O  •  C,H, 

1)  Franzö.sisches  Pat.-nt   322  096. 


Beziehungen  zwischnn  Geschmack  und  Konstitution.  143 

Die  meisten  Substitutionen  heben  den  süßen  Geschmack  des  Dulcins  auf  *). 
Dies  gilt  für  Nitro-,  Amino-,  Sulfo-  und  Halogeuderivate,  die  aus  den  entsprechend 
substituierten  Phenetidinen  hergestellt  werden'). 

Die  Einführung  von  OH  in  die  Alkvlgruppe  der  Ox%'phenvlharnstoffäther 
bewirkt    keine    höhere    Süßki'aft.     Oxydulchi    CH2(0H)"  •  CSj  ■  0  •  CgH^  •  NH 

•  CO  •  NHj  schmeckt  zwar  im  ersten  Augenblick  deutlich  süß,  aber  schwächer 
als  Dulcin.  inid  nach  einigem  Verweilen  auf  der  Zunge,  in  wässeriger  Lösung, 
sofort  markant  bitter,  und  dem  Diox^-propylderivat  fehlt  süßer  Geschmack 
voUkonmien.  Im  Gegensatz  zu  den  Süßstoffen  p-Phenethol-carbamid  und 
p-Anisol-carbamid    ist    p-Phenoxylessigsäure-carbamid    XHj  •  CO  •  NH  •  CgH4 

•  0  •  CHo  •  COOH  nicht  mehi-  süß.  Auch  die  Umwandlung  des  p-Phenoxyessig- 
säurecarbamids  in  das  zugehörige  Amid  fühlt  zu  einer  geschmacklosen 
Verbindung  3).  CH3 

Das  Ammoniumsalz  der  Toluylendioxamsäure  I    J  COOH  f^ci^u^ed^t 

intensiv  Büß.  NH- CO- COOH 

Ein   intensiver   Süßstoff   ist   ferner   das   Salz  der  Aminotriazinsulfosäure 


Aminotiiazin      ^ *       I 


HN 


NH, 


Das  Glucin  ist  das  Natriumsalz  mehrerer  Sulfosäuren,  und  zwar  der  Bi- 
und  Tri  sulfosäuren  der  Base.  Die  Base  selbst  schmeckt  noch  nicht  süß,  auch 
nicht  ihr  Chlorhydrat. 

Schon  die  Anwesenheit  einer  einzelnen  Sulfogruppe  bringt  den  süßen  Ge- 
schmack zm-  Entwicklung.  Die  Natriumsalze  der  drei  isomeren  Triazine,  die 
man  aus  o-,  m-  und  p-Sulfochry.soidin  erhält,  sind  süß.  Der  süße  Gieschmack 
beruht  nicht  auf  der  Anwesenheit  der  Aminogruppen,  ersetzt  man  diese  durch 
Jod,  so  bleibt  der  Geschmack. 

Glycyrrhizin  ist  das  Ammoniumsalz  einer  Säure,  schmeckt  süß,  während 
die  freie  Säure  nicht  süß  schmeckt.    Das  Kaliumsalz  schmeckt  süß*). 

Das  tertiäre  Isobutylglykol-/i-hydroxylamin  schmeckt  süß,  ebenso  das 
tertiäre  Isobutylglyceryl-^-hydroxylarain.  Dioxyaceton  schmeckt  süß  und  sein 
Oxim  süßlich. 

Methylguanidinessigsäure  schmeckt  bitter,  p-Methylj)henylguanidiniiitrat 
schmeckt  sehi'  bitter.  Theobromüi  schmeckt  bitter,  ebenso  seine  Salze,  ebenso 
Theophyllui  und  seine  Verbindimgeu.  Coffein  ist  nur  schwach  bitter.  Die  Salze 
aller  Ammoniumbasen  haben  schon  in  kleinen  Mengen  einen  außerordentlich 
bitteren  Gschmack. 

Piperazui  schmeckt  bitter,  Hexamethylentetramin  hat  einen  ausgesproche- 
nen süßen,  nachher  etwas  bitteren  Geschmack. 

Glucosephenylhydrazon  schmeckt  bitter,  sehr  bitter  schmeckt  Anhydrogly- 
koso-o-diaminobenzol,  ebenso  Glykoso-m-  und  Glykoso-p-diaminotoluol  und 
Biglykoso-o-diamino-benzol  und  Glykosidoguajacol.  Glykosotoluid  schmeckt 
bitter. 


•)  Thoms,  Ber.  Dtscli.  Pharm.  Ges.  3,  133.  —  Spiegel  und  Sabbath,  BB.  34,  1935. 
-)  H.  Thoms  und  K.  Nettesheim.  Ber.  Dtsch.  Pharm.  Ges.  30,  227  (1920). 
'■')  F.  Boedecker  und  R.  Rosenbusch,  Ber.  Dtsch.  Pharm.  Ges.  30,  251  (1920). 
')  Wilhelm  Sternberg,  Archiv  für  Anatomie  und  Phvsiologie,  Phvsiologisehe  Ab- 
teilung,  1905,  201. 


144  Bedeutung  der  einzelnpn  Atom-Gruppen  füi'  die  Wirkung. 

Hydrobeiizamid  schmeckt  schwach  süß,  das  isomere  Amariu  sehr  bitter, 
Trinitroamarin  ist  stark  bitter.  ChinoUngelb  schmeckt  süß.  Äthylphosphiii 
schmeckt  sehi-  bitter,  Tetraäthylphosphouiumhydroxyd  schmeckt  bitter,  Tetra- 
methylstiboniumjodid  schmeckt  ebenfalls  bitter.  Japancampher  hat  einen  bren- 
nend bitteren  Geschmack.  Aminocamj)her  i)  hat  süßen  Geschmack.  Von  einem 
o-Aminocampher  berichtet  P.  Cazeueuve-),  der  sehr  leicht  bitter  schmeckt. 

Dihydrobenzaldoxim  schmeckt  unangenehm  süß.  Hydi-astinin  schmeckt 
sehr  bitter. 

Die  Amine  sind  vorherrschend  bittere  Substanzen,  insbesondere  die  Alka- 
loide,  während  die  Säuren  nm-  in  wenigen  Fällen  bitter  schmecken,  wie 
Cetrarsäure,  Colombosäure,  Lupuhnsäure,  Gymnemasäure  und  Chrysophan- 
säure. 

Zum  Unterschiede  von  den  niederen  Fettsäuren  schmecken  die  Oxyfett- 
säureu  angenehm  sauer. 

Betain  schmeckt  süßlich.  Ivreatin  .schmeckt  bitter.  Taxuiu  ist  geschmack- 
los.   Glykocholsäure  schmeckt  bittersüß,  Hyoglykoeholsäure  schmeckt  bitter. 

Methylaminopropionsäure  und  Methylaminobuttersäure  schmecken  süß. 
Trimethylaminobuttersäure  ist  geschmacklos,  ihr  Anhydrid  schmeckt  bitter. 
Aminoosybuttersäure  schmeckt  süß^). 

Aminooxyisobuttersäure  hat  keinen  süßen  G«schmack.  Die  isovalerian- 
sauren  Verbindungen  haben  einen  süßen  Beigeschmack. 

Die  Derivate  des  Piperidins  sind  alle  sehr  bitter.  /3-Oxy-a  -piperidon  schmeckt 
süßlich. 

Ammotridekanäthylester  schmeckt  intensiv  bitter.  Oxalsäureäthylestcr 
schmeckt  bitter.   Fumarsäure  schmeckt  rein  sauer,  Maleinsäure  liratzend  sauer. 

I-Glucosaminsäure  schmeckt  süß.  Sulfosahcylsäure  schmeckt  süßlich. 
m-Oxybenzoesäure  schmeckt  süß,  während  die  p-Säure  geschmacklos  ist.  An- 
thranilsäure,  die  o-Verbindmig,  ist  geschmacklos.  m-Aminobenzoesäure  soll 
süß  schmecken  und  p-Aminobenzoesäure  ist  geschmacldos.  Die  drei  isomeren 
Sulfaminobenzocsäuren  schmecken  sauer,  das  Anhydrid  der  o-Säure  ist  das 
Saccharin.  Benzbetahi  schmeckt  bitter,  Äthyl-m-ammobenzoesäm-e  ist  fast 
geschmacklos.  o-Aminosalicylsäure  schmeckt  schwach  süß,  die  p-  und  m- 
Verbindimgen  smd  geschmacklos.  Orthoform  schmeckt  schwach  bitter,  SaU- 
cylsäuremethylester  ist  schwach  süßlich.  m-Oxybenzoesäureamid  schmeckt 
bitter,  o-Oxybenzoesäm'eamid  ist  geschmacklos.  p-Aminophenylalanin  schmeckt 
süß.  Die  Salze  der  Toluylendiaminoxamsäure  sind  sehr  süß.  Formamid 
schmeckt  bitter,  Chloroform  schmeckt  süß,  Chloralhydrat  schmeckt  bitter. 
Chloralformamid  schmeckt  bitter,  Acetamid  sehr  bitter,  ebenso  Diacetamid 
und  Propionamid,  während  Butyramid  von  süßem,  hinterher  bitterem  Gre- 
schmack  sein  soll. 

Antifebrin  in  alkoholischer  Lösung  schmeckt  bitter,  ebenso  Phenacetin. 
Methacetin  schmeckt  salzig  bitter,  Acet-p-anisidin  ist  schwach  bitter.  Lacto- 
phenin  scharf  bitter,  Phenosal  sauer  und  bitter.    Harnstoff  bitter. 

Die  Nitroparaffine  sind  nicht  süß,  hingegen  die  Nitroverbindimgen  der 
aromatischen  Kohlenwasserstoffe. 

Die  Halogenderivate  der  Paraffine  schmecken  süß,  während  die  cyclischen 
Derivate  nicht  schmecken.  Dinitroäther  soll  aber  süßen  Greschmack  haben. 
2-Nitroäthanol   hat   einen   stechenden   Geschmack,   3-Jodpropanül   hat   einen 

1)  F.  Tiemann  und  Schmidt,  BB.  89,  903  (1896). 

2)  BuU.  de  la  Soc.  Chimique  de  Paris,  T.  II  (3),  715  (1889). 
=)  P.  Melikoff,  Liebigs  Annalen  S34,  208  (1880). 


Beziehungen  zwischen  Geschmack  und  Konstitution.  I45 

scharfen  Geschmack,  3-NitropropaiioI  eiaeu  schwach  stechenden  Geschmack. 
Bromnitropropanol  hat  einen  scharfen  Geschmack.  Tertiäres  Nitrobutan  hat 
eüicn  scharf  ätzenden  Geschmack.  2-Nitropentanol  ist  bitter,  ebenso  Nitroiso- 
pentanol  nnd  Nitroform.  Die  Ester  der  Salpetersäure  schmecken  süß.  liaben 
aber  einen  bitteren  Xachgeschniack. 

Die  NOg-Grnppe  findet  sich  in  süJjen  luid  bittereu  Verbindunge/i. 

Äthyhiitrit  und  Nitroglycerin  schmecken  schwach  süß.  Nitrobenzol  und 
o-Nitrophenol  schmecken  ebenfalls  süß. 

a-Monochlorhydrin  ist  süß,  eben.so  die  /?- Verbindungen.  Glycerinniononitrat 
schmeckt  scharf  aromatisch.  Epichlorhydrin  riecht  süß  wie  Chloroform,  Hal- 
lersche  Säure  schmeckt  süß.  Die  Salpetersäureestcr  schmeckeji  süß,  die  Nitro- 
paraffine  nicht,  werden  aber  letztere  durch  salpetrige  Säure  in  Nitrolsäuren 
verwandelt,  so  erlangen  auch  sie  den  süßen  Geschmack. 

Äthyhiitrolsäure  schmeckt  intensiv  süß,  während  die  Propylnitrolsäure 
süß,  aber  beißend  schmeckt.  Nitrobenzol  schmeckt  süß,  hmgegen  nicht  Oilor- 
benzol.  o-Nitrophenol  schmeckt  süß,  Dmitrobenzol  bitter,  ebenso  Trinitrobenzol, 
Pikrinsäure  (Trinitrophenol)  sehr  bitter. 

Mouochlordinitrophenole  schmecken  sehr  bitter,  wälirend  Dichlomitro- 
phenole  nicht  mehr  schmecken. 

6-Cailor-2.4-dinitrophenol  schmeckt  sehr  bitter,  4-Chlor-2.6-dinitrophenol 
bitter.  o-Nitrobenzoesäiu-e  schmeckt  intensiv  süß,  Dinitrobenzoesäure  imd 
Trinitrobenzoesäure  sehr  bitter,  m-Nitrobeuzoylaminsäure  stark  bitter, 
2-Nitro-m-oxybenzoesäiu-e  intensiv  süß,  alle  anderen  Nitro-m-oxybenzoe.säuren 
schmecken  süß,  während  die  Trhütro-m-oxj'benzoesäure  intensiv  bittver 
schmeckt. 

p-Nitropheuyl-a-amiuopropionsäure  schmeckt  bittersüß,  wähi-end  die  ent- 
sprechende Amiuoverbindung  süß  schmeckt.  4-Nitro-2-sulfamidbenzoesäure 
ist  geschmacklos,  während  das  Anhydrid,  p-Nitrobenzocsulfinid,  sehr  bitter 
schmeckt.  m-Nitroaniün  schmeckt  intensiv  süß,  o-Nitroanilm  schmeckt  nicht 
süß  und  p-Nitroanilha  ist  fast  geschmacklos. 

Nitro-m-toluidin  schmeckt  stark  süß.  Toluylendiamüi  wiito  .stark  hänio- 
lysicrend.  4.4'-Dinitro-2.2'-diaminodiphenylhexan  imd  4.4'-2.2'-Tctraaumio- 
diphcnylhexan,  welche  als  Derivate  von  Nitro-m-toluidin  bzw.  Toluylendiarain 
aufgefaßt  werden  können,  zeigen  beide  Eigenschaften  nicht.  Die  Verdoppelung 
des  substituierten  Benzolkemes  im  Molekül  hemmt  die  Entfaltung  der  phy.^ic)^ 
logischen  Eigenschaften.   Denn  die  Verbindungen 

NO,  •  <3  •  CH„ .  CHj  .  <^  .  No^     und     NH„  ■  (f^  ■  CH,  ■  CH^  ■  <3> '  ^H, 
NH,  XH,  NH„  Nil, 

sind  so  indifferent  wie 

^0,_  ■  <(3  ■  (CHj),  .  <3  .  NO,    nnd    NH.,  •  <(3  •  (CH,)^  ■  <0  '  ^H^ , 
NHa  NH  NH,  NHa 

wä,hrend        NO, ■  <3  .  CH^ •  CH,  ■  CH,     i.nd     NH,  ■  O  .  CH,- CH,  ■  CH,, 

^2  NH, 

sowie  Nitro-m-toluidin 

^Oi-(Zy-^'^i     ""'^    NH2<^CHj, 

NH,  NHj 

wenn  auch  schwächer  wirken. 


^'  r  M  n  k  c- 1 ,  Arzneimittel-Synthese.    5.  Aufl. 


10 


146  Bedeutung  der  einzelnen  Atom- Gruppen  für  die  Wirkung. 

Die  VerhiiKlung      ^q_  .  ^  .  ch,  .  CH,  •  CH,  •  COOK 

ist    gcäiizlic'h    gesc'hmacldos,    was    sehr   bemerke<is\vc;rt ,    wt-nu    man    sieh    den 

süßen    (Jtsehinack    von  ^,-      / — s     „  ^^ 

NO2  •  <^ y  ■  C3H, 

auf   der   einen    und    \oii  ^,-,  -        ,,,,-,,, 

NH, 

auf  der   anderen    Seite    vergegenwärtigt. 

Die   Verhindnng    ..^^   ^    ^^^    ^,^^    ^,^^    ^.^^,,^^1^ 

ist    selir    liitler.    was    bemerkenswert,    da 

NO2  ■  <^^  •  C3H,   Sil  ß      und      NO,  ■  <^.  .  N(CH3), 

NHo  NH, 

völlig   gesehniaeklos   ist. 

N0„    (^  ■  CH.  CH„   CH  ■  Cl  zeigt  süßen  ( 1(  selimaek  wie  ^O.,  (T^;.  ■  CH^  ■  CH,  CH3 . 

NH„  NH, 

NOj  ■  <^~^^  .  CH,  .  CfTCI    C'Ha    ist  sehr  süß  '). 

NH, 

Phthalimid  hat  keinen  süßen  Cleschmack. 

3)ie  drei  isomeren  Suit'aminijenzoesäuren  schmecken  schwach  säucrüch. 
lind  zwar  je  nach  ihrer  Wasserlöshchkeit  mehr  oder  minder  sauer.  Das  Ammo- 
niumsalz der  o-Säm'e  ist  gcschmackkis.  Nm-  die  o-Verbindnng  kann  ein  Anhydrid 
geben. 

Unsyjumetrisches  o-Snlfobcnzimid  sclnneckt  lüclit  süß.  Urethan  schmeckt 
sehr  bitter.  Phenylnrethan  lutter.  Ox^Tihenylacetylnrethan  bitter,  ebenso 
Thermodin  und  HedonaL  Maretin  ist  geschmacldos.  Dimethylharnstoff 
schmeckt  bitter,  liingegen  schmeckt  der  unsymmetrische  Dimethylharnstoff  süß. 
Plien.ylharnstoff  ist  bitter. 

Sucrolsulfosaures  Natrium  soll  niclit  mclu-  süß  schmecken.  Phenaeetin 
schmeckt  bitter,  p-Tolyharnstoff  süß.  Toluylendiaminoxamsäure  bildet  süß- 
schmeckende Salze.  Veronal  schmeckt  bitter.  Nitropyruvinureid  schmeckt 
süß. 

DitolylsuJfoharnstoff  schmeckt  auffaüend  bitter.  Thiosinamin  liitter.  Thio- 
biuret  sehr  bitter. 

Die  Safranine  schmecken  wie  die  übrigen  Ammoniumbasen  bitter. 

Die  Pflanzenalkaloide  smd  durchweg  bitter,  obenan  Strychnin  luid  Chinin. 
Dieses  Verhalten  versucht  Sternberg  durch  ihre  cychsche  Natur  zu  erklären. 
So  entsteht  aus  der  geschmacldosen  ungiftigen  j'-Aminobuttersiiure  durch  Ring- 
schluß das  bittere,  giftige  PpToliclon  mid  aus  j'-Aminovaleriansäurc  das  eben- 
falls bittere  und  giftige  Ox^^iiperidon . 


•)  J.  V.  Braun  und   Margarete  Kawiez,   BB.   49,   79i)  (19Ui). 


Bezieliungon  zwischen  Geschmack  und  Konstitution.  147 

Systematische  Untersuchiingeu  über  Geschmack  in  verschiedenen  chemi- 
schen Gruppen  verdanken  wir  G.  Cohn^).  der  eine  Reihe  von  Regehi  ab- 
geleitet. 

Alle  Derivate  des  m-Nitranilins  schmecken  süß,  z.  B.  m-Nitrauilin,  4-Nitro- 
2-toluidin,  4:-Nitro-2-amiuophenol,  5-Nitro-2-chloranilin,  5-Nitro-2-broinanilin, 
6-Nitro-2-aminobenzoesäure ,  4-Nitro-2-aminobenzoesäure ,  6-Chlor-4-nitro-2- 
aminophenol.    Letztere  Verbindimg  hat  daneben  einen  bitteren  Geschmack. 

Die  Derivate  des  süßschmeckenden  o-Nitrophenols  wie  3-Nitro-4-kresol, 
2-Nitroresorcin,  Nitrohydrochinon,  4.6-Dibrom-2-nitrophenol,  2-Nitro-3-oxy- 
benzoesäure,  2-Nitro-3-cumarsäure,  Xitro-m-oxybenzonitril  sind  sehr  verschie- 
den in  der  Intensität  des  Geschmackes,  qualitativ  aber  alle  süß. 

Die  Derivate  des  Resorcins:  Grein,  /Msoorcin,  /J-Orcin.  PUoroghicin, 
Phloroglucinmethyläther,  resorcylsanres  Natrium  schmecken  süß  wie  Resorcin 
selbst. 

Häufig  sind  die  Halogene  die  Ursache  des  süßen  Geschmackes. 

Diphensävu'e  und  ihre  Derivate  schmecken  bitter. 

Homologe  Verbindungen  haben  häufig  ähnlichen  Geschmack.  Die  Isomerie 
beeinflußt  auch  den  Geschmack,  aber  der  Einfluß  ist  regellos.  Alkylierung 
einer  AmiJiogruppe  erzeugt  häufig  Süßgesehmack.  AlkyUerung  emer  sauren 
Imidgruppe  vernichtet  den  SiLßgeschmack,  ebenso  AlkyUenmg  einer  Hydroxyl- 
gruppe. Der  Eintritt  eüier  Phenylgruppe  in  das  Molekül  eines  Süßstoffes 
oder  der  Ersatz  emes  Alkyls  durch  Phenyl  schäcbgt  den  Geschmack.  Es  tritt 
Umschlag  nach  bitter  oder  Geschmacklosigkeit  ein.  Die  Nitrogruppe  schädigt 
den  Süßgeschmack.  Sie  schwächt  ihn  ab,  vernichtet  ihn,  gibt  ihm  einen  bitteren 
Beigeschmack  oder  ersetzt  ihn  vollständig  durch  bitteren  Geschmack.  Bei 
Eintritt  einer  Aminogruppe  in  das  Molekül  eines  Süßstoffs  bleibt  der  Geschmack 
erhalten.  Öfters  verleiht  die  Aminogruppe  einem  geschmacklosen  oder  bitteren 
Körper  süßen  Beigeschmack.  Ein  Süßstoff  wird  durch  Sulfm-ierung  geschädigt. 
Es  tritt  Vernichtung  des  Geschmackes  oder  Umschlag  nach  bitter  ein.  In  den 
einfach  zusammengesetzten  ahphatischen  Halogenkohlenwasserstoffen  ist  das 
Halogen  die  Ursache  des  Geschmackes,  und  zwar  des  Süßgeschmackes.  Die  Art 
des  Halogens  ist  von  imtcrgeordneter  Bedeutung.  Daher  findet  man  in  der 
Fettreihe  so  viele  Süßstoffe  mit  hohem  Clilorgehalt.  Chloralverbindungcn 
schmecken,  wenn  überhaupt,  meist  bitter.  In  aromatischen  Verbindimgen  ist 
das  Halogen  keine  Wesensgrundlage  des  Geschmackes.  Der  Süßgeschmack 
aromatischer  Verbindungen  wird  vielleicht  durch  Halogene  im  allgemeinen 
l^eeinträchtigt,  geschwächt  oder  vernichtet,  ganz  oder  teilweise  in  bitter  um- 
gewandelt. Die  Methoxylgruppe  beeinträchtigt  den  süßen  Geschmack  aro- 
matischer Verbindungen  nicht,  sondern  hat  im  Gegenteil  die  Tendenz,  ge- 
schmacklose Sub.stanzen  in  süße  zu  verwandeln  und  eine  bittere  Geschmacks- 
komponente diu-ch  eüie  süße  zu  ersetzen. 

Wenn  Schwefel  in  mercaptanartiger  oder  sulfidischer  Form  vorhegt, 
entstehen  Bitterstoffe :  Mercaptane,  ThioiAenole,  Mercaptale,  Sulfide,  Disulfide. 
Verbindmigen  mit  vierwertigem  Schwefel,  Sulfiniumbasen,  Thioniumchiuone 
imd  Thetine  schmecken  bitter.  Wemi  Schwefel  in  Thiocarbonylform 
— CS —  vorUegt,  so  entstehen  bitter  schmeckende  Substanzen:  Thioamide, 
Thioharnstoffe,  Thiobiurete  und  Dithiobiurete.  Durch  Süßgeschmack  zeichnen 
sich  Xanthogensäureester  aus.    Sulfinsäureester  wie  Sulfonal  usf.   sind  aus- 

^)  G.  C'ohn,  Die  organischen  Geschmacksstoffe.  Berlin  1914,  bei  Franz  Siemenroth. 
—  Derselbe:  Geschmack  und  Konstitution  bei  organischen  Verbindungen.  Stuttgart  1915, 
bei  F.  Enke. 

10» 


]  48  Bedeutung  der  einzelnen  Atom-Giuppen  für  die  Wirkung. 

nahmslos  bitter.  Sulfainide  sind  bitter,  Sulfimide  schmecken  süß.  In  Süß- 
stoffen, welche  Hydroxyle  oder  saure  Imidstoffe  enthalten,  wird  dui'ch  Alky- 
liernng  der  Geschmack  geschwächt,  vernichtet  oder  noch  häufiger  in  bitter 
umgewandelt.  Sowohl  die  Äther-  als  auch  die  Ester-  und  Amidbilduug  hat 
den  Verlust  des  süßen  Geschmackes  zur  Folge.  Die  Angehörigen  einer  Reihe 
ändern  mit  steigendem  Molelralargewicht  ihren  Geschmack  von  süß  nach 
bitter  hin. 

Polyhj'droxylverbüidxuigen  schmecken  süß,  d-Aminosäiu-en  süß,o-Benzoyl- 
bcnzoesävu'en  süß-bitter,  hochnitrierte  Körper,  nitrierte  Nitramine,  Nitrobenzol- 
(naphthaLin)sulfosäuren  bitter. 

G.  Cohn  hält  den  Gesch)nack  durch  folgende  Gruppenbündel  im  Molekül 

bedingt: 

(OH)x    SÜß,  C<t;i;2        giiß  o-  süß-bitter,         (N0„)^    bitter, 

^COOH  COOK  ,         V       .'X 

(NOjlx  •  NH  —  NO2    bitter,         g^ '^    bitter. 

Ferner  schmecken  viele  Repräsentanten  der  Oximacetsäure,  A2dmido- 
verbindungen,  Oxime  und  Nitrile  süß.    Ihr  Geschmack  ist  von  den  Gruppen : 

^\ 
=  N  — O  — CH,  — COOH,  II  >N—,  =N  — OH    und    — CN 

W 

abhängig.  Tertiäre  Amine,  Ammoniumbasen  und  Betaine,  Sulfhydrate,  Sulfide, 
Disiilfide,  Thioamide  mid  Thioharnstoffe  schmecken  bitter. 

G.   Cohn  fülurt  ihren  Geschmack  auf  die  Atome,  bzw.  Atomkomplexe: 

N=:       =N=,      CHj<c5>0,      — SH,      — S  — ,      — S  — S—    und     =CS 

zurück. 

Die  einzehien  Gnippen  NO2 —  oder  OH  sind  nicht  die  Träger  eines  be- 
stimmten Geschmackes,  sondern  überhaupt  nur  geschmackverleihend  (sapo- 
phor).  Erst  durch  ihre  Vereinigung  mit  anderen  gleich-  oder  luigleichartigen 
Gruppen  sind  sie  befähigt,  einen  spezifischen  Geschmack  hervorzurufen.  Da- 
gegen ist  die  Gruppe  (^<^qq^  stets  der  Träger  süßen  Geschmackes  (dul- 
cigen).  Die  Gruppen  bzw.  Atome  — SH,  — S — ,  — S — S —  haben  stets  Bitterkeit 
im  Gefolge  (amarogen),  die  Gruppen  — COOH  und  — SO3H  erzeugen  stets  sauren 
Geschmack  (acidogen). 

Vielfach  können  Halogene  einander  vertreten,  ohne  eme  Geschmacks- 
änderung hervorzubringen.  Bei  den  niederen  Halogenverbindungen  herrscht 
der  süße  Geschmack  fast  ausnahmslos  vor.  Kohlenwasserstoffe,  welche  mehrere 
verschiedenartige  Halogenatome  enthalten,  schmecken  ausnahmslos  süß. 
Halogenisierte  Ester  der  Salpetersäui'e  schmecken,  v,ne  Salpetersäureester 
allgemein,  fast  ausnahmslos  süß. 

Verbindungen,  welche  drei  oder  mehi'  Nitrogruppen  enthalten,  schmecken 
bitter.  Auch  bei  Anwesenheit  von  zwei  NOo-Gruppen  entstehen  weit  über- 
wiegend Bitterstoffe. 

Gesättigte  Mono-  imd  Dinitrokohlenwasserstoffe  der  Fettreihe  schmecken 
süß,  während  nitrierte  Alkohole  und  Äther  bitter  schmecken.  Nitrolsäuren 
schmecken  süß. 

Bei  aromatischen  o-Nitroverbindungen  beobachtet  man  auffallend  oft 
süßen  Geschmack.  Mono-Nitrokohlen Wasserstoffe  schmecken  süß.  Von  Nitro- 
aminoverbindimgen  können  nur  Abkömmlinge  des  m-Nitranilins  süß  schmecken. 
Nitroehinoline  schmecken  wie  Chinolinderivate  überhaupt  bitter.    Nitrophenol- 


Beziehungen  zwischen  Geschmack  und  Konstitution.  149 

äther  schmeckeu  süß.  Derivate  der  in-Nitrobenzoesaure  und  alle  Nitrouaph- 
thaüncarbonsäuren  schmecken  bitter.  Nitrosulfonsäuren  schmecken  ausnahms- 
los bitter.   Dinitroverbindungen  schmecken  bitter. 

Bei  den  Alkoholen  ist  der  Geschmack  eine  Fmiktion  der  Zahl  der  Hydroxj-1- 
gruppen.  Glykole  mid  Glycerine  shid  ausgesprochen  und  m  den  niederen 
Gliedern  rehi  süß.  Mit  vier  imd  mehr-  Hydroxylen  tritt  der  Süßstofftyp  so  offen- 
sichtlich zutage,  daß  ein  Einfluß  anderer  Atomkomplexe  auf  die  Qualität  des 
Geschmacks  fast  vöUig  verschwindet.  Die  Ringform  ist  ohne  Einfluß  auf  den 
Geschmack  der  Alkohole. 

.Die  ahcyclischen  Alkohole  schmecken  bitter. 

Die  einfachen  Glykole  schmecken  süß.  Je  größer  das  Molekül  und  je 
komplizierter  die  Struktur  wird,  um  so  schwächer  wird  der  Geschmack,  bis  er 
schließlich  einem  bitteren  Platz  macht. 

In  den  Glyceringruppen  herrscht  der  Süßgeschmack  dm'chaus  vor.  Alkohole 
mit  vier  Hydroxylen  schmecken  süß.  Die  Verbindimgen  mit  fünf  Hj-droxylen 
schmecken  süß,  die  Alkohole  mit  sechs,  sieben  und  acht  Hydroxylen  schmecken 
zwar  süß,  doch  hat  unverkennbar  eine  Abschwächung  der  Geschmacksstärke 
stattgefimden. 

Der  Geschmack  der  Polyoxycarbonsäm'eanhydride  ist  im  allgemeinen, 
weil  durch  die  Hydroxylgnippe  bedingt,  süß.  Nur  in  vereinzelten  Fällen  ver- 
lu-sacht  die  -\nhydridbildung  eiaen  bitteren  Geschmack  oder  Beigeschmack. 
Die  freien  Säuren  schmecken  sauer. 

Die  Aminoderivate  der  Zuckerarten  bewahren  den  süßen  Geschmack  der 
letzteren.  Die  natürhch  vorkommenden  Glykoside  sind  von  bitterem  Geschmack. 
Die  Glykoside  des  Methyl-  imd  Äthylalkohols  schmecken  mit  wenig  Ausnahmen 
süß.  Glykoside  höherer  Alkohole,  besonders  der  Tei-penreihe  oder  solcher 
aromatischer  Natur,  schmecken  bitter,  desgleichen  Glykoside,  die  sich  von 
Aldehyden  (z.  B.  Chloral)  und  Ketonen,  von  Mercaptanen  und  Thiophenolen 
ableiten  und  zum  allergrößten  Teil  auch  Glykoside  von  Phenolen. 

Der  Geschmack  der  Phenole  hängt  ia  erster  Linie  von  der  Zahl  der  Hydi'oxj'l- 
gruppen  ab.  Bei  reinen  Monophenolen  ist  Süßgeschmack  selten.  Unter  den 
Phenolen  mit  zwei,  drei  und  mehr  Hydroxylgruppen  ist  der  Süßgeschmack  bei 
den  m -Verbindungen  in  charakteristischer  Weise  ausgeprägt.  Die  Phenole  der 
p-Reihe  schmecken  gleichfalls  süß.  In  der  o-Reihe  schmecken  die  einfachst 
zusammengesetzten  Verbindmigen  (Brenzcatechiu,  PyrogaUol)  bitter.  Die 
Aldehydgnippe  ist  dem  Süßgeschmack  der  Phenole  nicht  zuträglich,  ebenso 

schädigen  ihn  die  Halogene.  P3nrogallolcarbonat  HO  CjH3<q>C0,  ein 
Derivat  des  bitteren  Pyrogallols,  schmeckt  süß. 

Bei  aromatischen  Oximen  ist  Süßgeschmack  durchaus  vorherrschend. 
Der  Einfluß  der  Isomerie  ist  beträchthch :  o-  und  p-Xitrobenzaldoxime  schmecken 
süß,  die  m- Verbindung  nicht;  o-Anisaldoxim :  nicht  süß,  p-Anisaldoxim:  süß. 
Sehr  wesentliche  Bedeutung  hat  die  stereochemische  Anordnung  der  Atom- 
gruppen. Im  Gegensatz  zu  den  süß  schmeckenden  Antiverbindungen  scheinen 
die  Synverbindungen  geschmacklos  zu  sein. 

Xitrolsäuren  (Äthyl-  mid  Propyhiitrolsämen)  schmeckeu  süßlich. 

Die  Carbonsäuren  schmecken  sauer,  um  so  saurer,  je  kleiner  ihr  Molekül. 
Meist  ist  es  notwendig  und  zweckmäßig,  den  Einfluß  der  Carboxylgruppe  auf 
den  Geschmack  durch  Neutralisation  mit  Soda  ausziischalten. 

Aluminium-,  Beryll-,  Blei-,  Cadmium-  und  Eisensalze  schmecken  häufig 
süß,  Magnesiumsalze  stets  bitter. 

Die   Anhydridbildung   ist    von   einschneidender  Bedeutung   für   den   Ge- 


150  Bedeutung  der  einreinen  Aloni-Gi'uppen  für  die  Wirkung. 

schmack.  Viele  haben  einen  intensiv  süßen  GJeschmack.  Pol3-ox3-carbonsäuroii 
schmecken  süß,  ebenso  Oximacetsätu-en  und  (V-Aminosäureu.  aromatische 
o-üxycarbonsänren  schmecken  häufig  süß,  Derivate  der  m-Nitrobenzoesäure 
schmecken  bitter,  ebenso  Nitronaphthalincarbonsäm-en,  aromatische  o-Keto- 
carbonsäuren  zeigen  alle  Nuancen  von  bitter  zu  süß  und  umgekehrt,  meist  beide 
Geschmacksqualitäten  gleichzeitig. 

Die  Oxacetsäuren  schmecken  salzig-bitter. 

Oximacetsäiu-en  schmecken  in  Form  ihrer  XatrJuuisalze  intensiv  süß. 

Alle  o-Benzoylbenzoesäuren  sind  Geschmacksstoffe.  Aber  nur  die  wenigsten 
schmecken  rem  süß  oder  rein  bitter,  die  meisten  zeigen,  und  das  ist  für  die  ganze 
Gruppe  charakteristisch,  beide  GeschmacksquaUtäten.  und  zwar  in  allen  Schat- 
tierungen, gleichzeitig  oder  hintereinander,  erst  bitter,  dann  süß  oder  auch 
umgekehrt. 

Osysäuren  sind  ausgesprochene  Geschmacksstoffe.  o-Oxysäureu  neigen 
zu  süßem  Geschmack.  Polyhydroxyherte  Estersäuren  pflegen  adstringierend 
zu  schmecken. 

Freie  Phenol-(Naphthol-)sulfosäuren  schmecken  meist  herb,  adstringierend, 
ihre  Salze  bitter,  manchmal  mit  süßem  Beigeschmack,  alle  Nitrosulfosäuren 
sowie  Sulfosäuren  von  Azo-  und  Azimidoverbindungen  schmecken  bitter. 

Die  Ätherbüdmig  beeinträchtigt  im  aügemeinen  den  Süßgeschmack, 
weil  sie  seine  Träger,  die  Hydroxylgruppen,  beseitigt.  Manche  Äther  schmecken 
süß,  wie  Diäthyldioxyaceton,  Hexindioxyd,  Dibeuzylmethylal.  Wenn  der  Süß- 
geschmack nicht  atif  der  Anwesenheit  von  Hydroxylgnippen,  sondern  von 
anderen  Komplexen,  wie  —  NOa  oder  =  X  —  OH  beruht,  so  wird  er  durch  die 
Ätherifizienuig  nicht  beeinflußt. 

Halogenierte  Äther  und  Oxyde  der  Fettreihe  schmecken  süß. 

Die  Verbindimgen  der  mehrwertigen  Alkohole  (Zuckerarten)  mit  Aceton 
und  Chloral  schmecken  ausnahmslos  bitter. 

Ausschlaggebend  für  den  Geschmack  des  Esters  ist  im  allgememen  die 
Säure.  Ester  haben  die  Tendenz  bitteren  Geschmack  anzunehmen.  Es  smd 
nur  drei  rein  schmeckende  Ester  bekannt,  die  aus  bitter  schmeckenden  Alko- 
holen entstehen:  2-Bromäthylacetat,  PjTogallolcarbonat  und  Populin.  Der 
Süßgeschmack  des  ersteren  ist  durch  Halogen  bedingt. 

Ester  der  Salpetersäiu'e  schmecken  süß.  Sulfinsäureester  schmecken  aus- 
nahmslos bitter.  Die  sauren  Ester  der  Schwefelsäure  neigen  zu  bitterem  Ge- 
schmack. 

Ester  ahphatischer  Fettsäuren  verhalten  sich  sehr  verschieden,  doch 
herrscht  Bitterkeit  vor.  Die  Ester  des  Resorcins  imd  Orcins  sind  süß,  wählend 
die  süßesten  Zuckerarten  durch  Einführmig  mehrerer  Säureester  bitteren 
Geschmack  erhalten.  Eine  Reihe  von  Estern  ahphatischer  Säiu-en  verdankt 
Halogenen  ihren  Süßgeschmack.  Cyclische  Ketocarbonsäureester  schmecken 
ausnahmslos  bitter. 

Kohlensäureester  von  Phenolderivaten  sind  mit  alleiniger  Ausnahme  von 
Pyrogallolcarbonat  geschmacklos.  Dagegen  zeichnen  sich  die  Ester  der  Xantho- 
gensäure  durch  starken  Süßgeschmack  aus.  Die  sonstigen  Ester  zwei-  und  mehr- 
basischer Säuren,  insbesonders  die  Derivate  des  Malonesters  schmecken  intensiv 
bitter.  Ester  aromatischer  Säuren  sind  zum  großen  Teil,  weil  unlösHch,  ge- 
schmacklos, sonst  bitter.  Alkaminester,  wie  Stovaiu,  Alypin,  Cocain  sind  bitter. 
Diu-ch  Süßgeschmack  ist  die  Thiazolgnippe  charakterisiert:  4-Methylthiazol-5- 
carbousäureäthylester  und   2-Chlor-4-methylthiazol-5-carbonsäureäthj-lester. 

Lactone   von  Polyoxycarbonsäuren  schmecken  süß,   die  übrigen  Lactone 


Beziehungen  zwisclien  Geschmack  und  Konstitution.  X51 

mit  Aubiiahnie  von  Ä-Oxy-u-buttersäureauhydrid  vmd  Chiiiid  bitter,  z.  E. 
IX-  und  /9-Angelikalacton,  Cumarin,  Brenzcatechinacetsäurelacton. 

Soweit  esterifizierte  Oxysäuren  eiuen  Eigengeschraack  haben,  ist  er  bitter, 
z.  B.  Milchsäureanhydi'id,  Salicylosalicylsäure.  Eine  Ausnahme  ist  Weinsäuro- 
tnonoäthylester,  welcher  süß  schmeckt. 

Basen  schmecken  gewöluilich  bitter.  Insbesondere  zeichnen  sich  Schif  fschc 
Basen  durch  intensiven  Bittergeschmack  aus,  ferner  Guanidine,  Thiazolc, 
Glyoxahne,  Benzimidazole,  Xanthine,  PjTidine,   Chinoline,  Pyrazole. 

Stißgeschmaclt  findet  sich  niu-,  weim  bestimmte  Atomkomplexe  im  Molekül 
enthalten  sind,  die  für  sich  ilirem  Träger  diesen  Geschmack  verleihen  oder  die 
mit  einer  anderen  Arainogruppe  zusammen  jSüßgeschmaclisträger  sind.  Der  Süß- 
geschmack der  Zuckerarten  wird  vermittelt,  wenn  man  sie  mit  einem  aro- 
matischen Amin  in  Verbindung  bringt. 

Ammoniumbasen  sind  durch  bittereu,  sehr  intensiven  Geschmack  aus- 
gezeicluiet.  Nur  bei  wenigen,  Atropinmethylbromid  und  die  Salze  des  Äthoxyl- 
strychnins  ist  der  bittere  Geschmack  von  süßem  begleitet. 

Betaine  schmecken  bitter,  doch  smd  auch  viele  süße  bekaimt,  z.  B.  Betain, 
A.-Homobetaüi,  Stachhydrm,  Turizin  und  BetonizLn,  Nipecotinsävu^edimethyl- 
lietain,  Picolinsäureäthylbetain  und  Taui'obetain.  Salzig  schmeckt  Trigonellin. 
Phosphoniinnbasen  mid  ilire  Salze  schmecken  ausnahmslos  bitter.  Dasselbe  gilt 
von  Arsonium-  und  Stiboniumbasen.  Oxoniumverbindimgen  schmecken  bitter. 
Substanzen  mit  vierwertig  gebundenem  Schwefel  (Sulfiniumbasen,  Thionium- 
chinone,  Thetüie)  schmecken  bitter  oder  auch  salzig. 

«-Aminosäuren  schmecken  süß.  Der  Geschmack  bleibt  der  gleiche,  wenn 
die  Amino-  luid  Carboxylgruppe  einem  Ring  angehören.  Der  Süßstoffcharakter 
ist  sehr  stark  ausgeprägt,  denn  selbst  aromatische  Reste,  auch  wenn  sie  Halogei\c 
enthalten  oder  basischer  Natm'  sind,  vermögen  ihn  nicht  zu  verwischen.  Ein- 
tretende Hydroxylgruppen  sind  ohne  Einfluß  auf  die  Greschmacksqualität,  d.  h. 
(X-Aminooxysäuren  schmecken  gleichfalls  süß. 

Bei  den  /)(-Aminosäiu'en  ist  der  Süßgesehmack,  wemi  noch  vorhanden, 
stark  abgeschwächt,  oder  er  hat  einem  indifferenten  oder  bitteren  Platz 
gemacht. 

Diaminosäuren  der  Fettreihe  schmecken  nicht  mehr  süß,  selbst  weim  sie 
beide  NHj-Gruppen  m  a -Stellung  enthalten. 

Die  Alkylieruug  aliphatischer  Aminosäuren  fühi't  nm*  ganz  ausnahms- 
weise einen  Umsclilag  von  süß  nach  bitter  herbei  (a-Methylamino-n-capron- 
säure  schmeckt  bitter).  In  der  Regel  bleibt  der  Süßgeschmack  unverändert, 
oder  die  Alkyherung  erweckt  sogar  Süßgesehmack  bei  geschmacklosen  Amino- 
säuren, z.  B.  /-Ammobuttersäure  ist  nicht  süß,  j' -Methylamine buttersäure  süß. 

Beim  Übergang  von  Aminosäuren  in  Guanidosäui-en  findet  eine  Ab- 
schwächmig  des  Süßgeschmackes  statt.  Er  ei-hält  meist  emen  Beischlag  von 
bitter  oder  erfährt  eüien  Umschlag  nach  bitter. 

o-  und  m-Aminobenzoesäm'en  schmecken  im  Gegensatz  zur  p-Amüio- 
benzoesäure  süß.  Säiu-en  der  stickstoffhaltigen  Ringsysteme  des  Pyridins  und 
Chinolins  schmecken  bitter. 

Im  Gegensatz  zu  den  Amhiosäureii  schmecken  Peptide  nicht  süß,  sondern 
mehr  oder  weniger  bitter. 

Süßstoffe  sind:  naphthionsaures  Natrium,  j^-äthoxyphenylaminsulfo- 
sam-es  Natrium,  Benzidinsulfonsulfosäure  (anfangs  bitter)  und  4-Aminoazobenzol- 
4'-sulfosäure  (erst  geschmacklos,  dann  schwach  bitter).  Tyrosinsulfosaures 
Barium  schmeckt  süß. 


152 


Bedeutung  der  einzebieii  Atom-Gruppen  für  die  Wirkung. 


Der    zuerst    dargestellte    Süßstoff    der   Pheiiti'iaziureihe    ist    az-p-SuIfo- 
phenyl-ald-phenyl-dJhydro-/?-naphthotriazin 


N 


HSO,-<^3-N/i\/ 


C9H5  ■  HCy; 


DieSulfosäureii,  die  sich  von  az-Plienyl-ald-phenyl-dihydroamiuophentriazin 
ableiten,  sind  als  Natriumsalze  unter  dem  Xaineu  Glucin  eine  Zeitlang  im 
Handel  gewesen.    Die  Base  selbst  und  ihr  Chlorhydrat  sind  geschmacklos. 


N 
(az)  CgHä .  N/| 
(ald)  CgHj .  CH'\|/ 
N 


-NH, 


Die  Aminogruppe  des  Süßstoffes  kann  ohne  Schädigung  des  Geschmackes 
entfernt  werden.  Dagegen  spielt  die  Stellung  der  Sulfogruppen  eme  wichtige 
Rolle.  Unter  den  Monosiilfosäuren  sind  nui-  diejenigen  fähig,  der  Base  Süßstoff- 
charakter zu  verleihen,  welche  im  ar-Phenyl  haften,  während  ein  Bitterstoff 
entsteht,  wemi  eine  Sulfogruppe  in  die  m-Stellung  des  ald-Phenyls  getreten  ist . 
Von  Di-  und  Trisulfosäuren  sind  nur  zwei,  beide  süß  schmeckend,  bekannt 


N 


N 


HSü, 


-w 


^/NSOoH 


und 


HS03-<^     _>- 


-N( 


CgHg  •  HC\  /\/NH2 


Y^.  ■  SO,H 


N 


I  N 

SO.H 


I      I 


NH, 


Führt  man  Hydi'oxylgruppen  in  das  Phentriazin  ein,   so  ist  auch  deren 
Stellung  von  Einfluß  auf  den  Geschmack.    Die  Base 


OH-<^      )^Ni 


N 


N 


NH, 


gibt  bei  der  Sulfonierung  keinen  Süßstoff,  wohl  aber  die  isomere  Base 


HO 


N 
HC^ 


c^Hs-n/v 


Es  schmeckt  süß  die  Verbindung 


N 


C,H,    HC^i/' 


NH, 


NaSOg  ■  <^       ^-N^'  "-/N-OH 

J-NHo 
N 


Chrysoidiu,  welches  aus  tetrazotiertem  m-Phenylendiamin  und  2  Mol.  derselben 
Base  entsteht,  gibt  mit  Benzaldehyd  ein  Triazin,  dessen  Sulfosäure  ein  stark 
süß  schmeckendes  Natriumsalz  Uefert. 


>  •  CoHs 
/CH  •  CßHj 


Beziehungen  zwischen  Geschmack  mid   Konstitut iun.  |  53 

Durch  Kondeiibation  des  Farbstoffes  ^'''^^"S|^lazo>'"-phenylen- 
diamin  mit  Beiizaldehyd  entsteht  die  süß  schmeckende  Verbindiing 

N  N 

CjH-  •  CH\|/'^^\ 

N  N 

Im  allgemeiueii  schmecken  Amide,  zumal  die  der  aromatischen  Reihe, 
bitter.  Diketopiperazinc,  das  sind  ringförmig  geschlossene  a-Aminosäure- 
anhydi'ide,  schmecken  ausnahmslos  bitter. 

Süß  schmecken  einige  aromatische  Bromsäuren. 

Reine  Urethaue  schmecken  bitter.  Unter  den  Harnstoffen  .sind  mehrere 
wichtige  Süßstoffe,  Abkömmhnge  des  p-Äthoxyi^henylhamstoffes.  Bei  weitem 
die  meisten  ahphatischen  Harnstoffe  sind  ohne  charakteristischen  Geschmack. 
Von  dialkyherteii  Harnstoffen  scheinen  nur  die  asymmetrischen  Verbindmigen 
süß  zu  schmecken.  as-Dimethyl-  und  Diäthylhamstoff,  s-Dimethylhanistoff 
schmeckt  bitter. 

Es  schmecken  stark  süß  p-Anisol-  und  p-Phenetolcarbamid,  sowie  deren 
Aminoderivate,  femer  schwach  süß  p-Methyl-o-phenetylharnstoff  und  m-Oxy- 
phenyl-p-pheuetylharnstoff.    Kemhoraologe  des  Dulcius  schmecken  nicht  süß. 

yemicarbazide  haben  bitteren  Geschmack,  so  o-Tolylstiiiicarbazid. 
p-Dimethyl-aminobenzalsemicarbazid  schmeckt  salzig. 

iUlophansäm-eäther  sind  geschmacldos. 

Sulfamide  schmecken  mit  Ausnahme  des  s-Dimethylsulfamids  CH3  -NH 
•  SO»  •  NH  .  CH3 ,  das  süß  ist,  bitter. 

Unter  den  aliphatischen  Nitrilen  überwiegt  der  bittere  Geschmack.  Unter 
den  aromatischen  Nitrilen  überwiegt  durchaus  der  Sttßgeschmack. 

Aromatische  Azoverbindungen  schmecken  bitter,  p-Aminoazobcnzol- 
sulfosäure  und  4-Nitro-2-diazophenol  gleichzeitig  süß.  Rein  süß  schmeckt 
das  KaHumsalz  der  Benzenyldioxytetrazotsäure,  ferner  Diazoaminomethaii 
CH3.N=N— NH.CH3. 

Oxy-  und  Aminoazimidoverbindungen  schmecken  süß.  Carbon-  und  Sulfo- 
säuren  von  Azimiden  sind  bitter. 

Von  den  Kohlenwasserstoffen  schmecken  Propylen,  Isoamylen,  n-Octyl- 
benzol   und    Di-2-p-tolylbiitcn   süßlich.     Unter   den    Aldehyden   zeichnen  sich 

önanthol,    Isobutyiformaldehyd  ^^^>CK  ■  CO  •  CHO  und    Zimtaldehyd   dmx-h 

Süßgeschmack  aus.  Unter  Ketonen  mit  offener  Kette  findet  sich  nur  Hexa- 
chloraceton  CClg  •  CO  •  CCI3  als  Süßstoff,  während  alle  anderen  bitter  schmecken 
oder  nur  bremien.  Von  Ketonen,  deren  Carbonylgruppe  in  einem  Ring  enthalten 
ist,  schmecken  zwei  süß:    Isochinontetrahydrür  mul  Leukonsäure 

CO— CO 
CO/  I 

^CO  — CO 

Hydroaromatische  Ketoue  rufen  oft  eine  kühlende  Empfindung  hervor. 
Carbylamine  schmecken  unerträglich  bitter. 


Viertes  Kapitel. 
Veränderungen  der  organischen  Subslunzen  im  Organismus. 

Zum  Verständnis  der  physiologischen  Wirkung  der  organischen  Substanzen 
sind  die  Kenntnisse  der  physiologisch-chemischen  Vorgänge  dm'chaus  notwendig. 
Sic  belehren  uns  nicht  nur  über  die  Veränderung,  welche  die  wirksamen  Sub- 
stanzen im  Oi-ganismus  erleiden,  sondern  sie  geben  uns  vielfach  wertvolle  An- 
haltspunkte für  die  Dnrstellung  von  weniger  giftigen  Substanzen.  Die  dem  Orga- 
nismus zugefülirten  Arzneimittel  (Gifte)  werden  vorerst  in  dem  Sinne  verwandelt, 
daß  sie  der  Organismus  durch  verschiedenartige  chemische  Prozesse  unschädlich 
zu  machen  sucht.  Die  chemischen  Vorgänge  innerhalb  des  Organismus  beruhen 
liauptsächlich  auf  Prozessen  oxydativer  Natur  mid  auf  Pveduktionsvorgängen 
einerseits,  andererseits  auf  Kondensationen  und  Spaltungen  unter  Abspaltung, 
beziehungsweise  Aufnahme  von  Wasser.  Dazu  gesellen  sich  insbesondere  im 
Magendarmkanal  hydrolytische  Spaltungen. 

Wollen  wir  vorerst  die  Vorgänge  im  Verdaiuuigstrakt  betrachten.  Speichel 
hat  auf  die  wenigsten  Arzneimittel  wegen  der  Kürze  der  Einwirkung  imd  weil 
er  nur  ein  einziges  und  zwar  diastatisches  Enzym  enthält,  einen  modifizierenden 
Einfluß.  Anders  verliält  es  sich  mit  dem  Magen.  Vom  Magen  aus  können  eure 
Reihe  von  wirksamen  Körpern  zur  Resorption  gelangen.  Viele  können  aber 
schon  im  Magen  ihre  nachteiligen  Nebenwirkungen  ausüben  und  daher  richtet 
sich  ein  großer  Teil^der  Bestrebung  der  modernen  Araneimlttelsynthese  darauf, 
bekannte  wirksame  Substanzen  in  der  Weise  zu  modifizieren,  daß  sie  im  Magen 
gar  keine  Wirkung  auszuüben  vermögen  imd  von  da  aus  auch  nicht  zur  Resorp- 
tion gelangen.  Der  Magensaft,  welcher  der  Hauptsache  nach  aiis  sehr  verdünnter 
(0,1 — 0,5%)  Salz.säiu'e  und  Pepsin  besteht,  wirkt  insbesondere  auf  Arzneimittel 
durch  die  Salzsäure.  Dieser  kommt  außer  Ihrer  lösenden  Wirkung,  insbesondere 
auf  Basen,  noch  eine  spaltende  Wii'kimg  für  Acykeste  zu,  welche  Wasserstoff 
in  Amlnogruppen  substituieren.  Eine  solche  Wirkung  kaim  z.  B.  der  Magensaft 
beim  Lactophenin  ausüben,  wähi'end  sich  che  Acetylgruppe  Im  Phenacetm  in 
dieser  Beziehung  weitaus  resistenter  verhält.  Pepsin  selbst  übt  auf  die  gebräuch- 
lichen Arzneimittel  so  gut  wie  gar  keine  V\''irkung  aus,  kann  aber  selbst  von 
einer  Reihe  dieser  geschädigt  werden.  Eine  Ester  verseifende  Ki'aft  kommt  dem 
Magensaft  nur  m  geringem  Maße  zu.  Er  kann  z.  B.  emulgiertes  Fett  spalten. 
Im  Darm  unteiiiegen  eine  große  Anzahl  von  Arzneimitteln  wichtigen  Verände- 
rungen. Der  gemischte  Verdaiumgssaft  im  Darme  (Darmdrüsensaft,  Galle  inid 
Pankreassekret)  entspricht  einer  0,2 — 0,5%lgen  Lösung  von  kohlensaurem 
Natron,  welcher  Infolge  der  darm  gelösten  Enzyme  Ester  leicht  verseifen  kann. 
Es  ist  daher  klar,  daß  der  Darmsaft  unlösUche  Säuren  als  Salze  in  Lösung  zu 
bringen  vermag,  er  verseift  wirksame  Substanzen,  die  Ester  sind,  und  läßt  so 
die  Komponenten  resorptionsfähig  und  wirksam  werden.  Der  gemischte  Darm- 
saft hat  auch  infolge  seiner  alkalischeu  Reaktion  die  Fähigkeit,  in  Lösung  be- 
findliche Substanzen  auszufällen    und   so  der  Resorption  zu  entziehen  (z.  B. 


Oxydationen.  I55 

Metallsalze,  Baseu),  wogegen  sie  im  Darm  selbst  ihxen  therapeutischen  Effekt 
ausüben  kömien.  Auch  unlösliche  Verbindungen  (z.  B.  Wismutsalze,  Tarmiu- 
verbindmigen)  ■werden  hier  in  einer  Weise  verändert,  daß  die  eine  Komponente 
gelöst  zur  Wirkmig  gelangt,  wähi'end  die  andere  m  unlöshchem  Zustande  ihre 
Wirkungen  entfaltet.  Als  Beispiel  führen  vni  Tamialbiu  (Eiweiß-Taiuünver- 
bindimg)  au,  aus  dem  vom  Darmsaft  die  Gerbsäure  losgelöst  wird  imd  zur  Wir- 
kung gelangt.  Ein  anderes  Beispiel  sind  die  Wismut  Verbindungen,  etwa  saUcyl- 
saures  Wismut.  Dieses  wird  üi  salicylsaures  Natron  und  kohlensaures  Wismut 
zerlegt.  Das  erstere  ist  leicht  löslich,  das  letztere  milöslich.  Sahcylsaures 
Natron  (bzw.  Salicylsäiu'e)  übt  hier  seme  antiseptische  Wirkimg  aus,  während 
das  unlöshche  Wismut  teils  die  Wimden  der  katan-halischen  Darmflächen 
schützt,  teils  den  reizenden  Schwefelwasserstoff  usw.  bindet  mid  un'nirksam 
macht,  schüeßlich  noch  adstringiereud  wirkt.  Neben  den  enzymatischen 
Wirkungen  des  Darmsaftes  kommt  es  im  Darm  aber  zu  einer  Reihe  von  che- 
mischen Pi'ozessen,  welche  durch  Mikroorganismen,  insbesondere  handelt  es 
sich  um  Spalt-  und  Si^roßpilze.  hervorgerufen  werden.  Dieser  normalerweise 
vor  sich  gehende  Prozeß  kami  diu'ch  eine  bloße  Steigerung  schon  krankhafte 
Ei-scheinimgen  herron'ufen  und  ein  großer  TeU  unserer  Arzneimittelwirkiuigen 
richtete  sich  eine  Zeitlang  dahin,  die  Darmgärung  zu  unterdrücken. 

Oxydatioueu. 

Im  Köi^jer  selbst  können  die  organischen  Ai'zueimittel.  we  viele  unwh'k- 
same  organische  Substanzen,  entweder  völlig  oxydiert  und  zu  Kohleusäm-c  und 
Wasser  bzw.  Harnstoff  verbrannt  werden,  oder  sie  miterHegen  einer  geringen 
chemischen  Umwandlung  im  Molekül,  wobei  insbesondere  die  ringförmig  ge- 
))undenen  Kerne  erhalten  bleiben.  Außerdem  hat  der  Organismus  die  Fähigkeit 
mit  einer  Reihe  von  Substanzen  Sjmthesen  durchziifühi'en  luid  sie  auf  diese 
Weise  zum  Teil  au  ihrer  Wirkiuig  zu  verhindern  oder  sie  ganz  unwirksam  zu 
machen.  Die  Kenntnisse  dieser  Vorgänge  haben  schon  manche  wertvolle  Be- 
reicherung unseres  Ai-zneischatzes  mit  sich  gebracht.  Körper,  wie  sie  die  drei 
großen  Gnippen  unserer  Nahnmgsmittel,  Eiweiß,  Fett  imd  Kohlenhydrate  um- 
fassen, werden  fast  vollständig  im  Organismus  bis  zu  den  niedi'igsten  Stoff - 
Wechselprodukten,  Kohlensäure,  Wasser,  Harnstoff  zerlegt.  Im  allgemeinen 
sind  die  aUphatischen  Verbiudimgen  der  Oxydation  leicht  zugänglich.  Resisten- 
ter verhalten  sich  hauptsächhch  jene  Körper,  welche  einen  ringförmig  gebundenen 
Kern  besitzen,  in  diesen  werden  nur  die  fetten  Seitenketten  oxydiert,  doch  kann 
imter  Umständen  auch  der  Benzolkem  im  Organismus  verbrannt  werden. 

Die  höheren  Fettsäuren  und  Oxyfett säuren,  bis  auf  die  ganz  niedrigen: 
Ameisensäure,  Essigsätrre,  Milchsäure  werden  vöUig  oxydiert,  und  zwar  in  der 
Weise,  daß  die  Fettsäuren  in  /^-Stellung  zur  Carboxylgruppe  angegriffen  werden 
und  in  /5-Ketosäure  tibergehen.  Auf  diese  Weise  erleiden  sie  einen  paarigen 
Abbau,  indem  eine  um  zwei  Kohlenstoffatome  ärmere  Carbonsäm-e  sich  bildet. 
Alle  Fettsäm-en  werden  (Knoop,  Da  kin)  in  der  Weise  oxydiert,  daß  die  Wasser- 
stoffatome am  /:J-Kohlenstoff  zuerst  oxydiert  werden,  ebenso  wie  bei  der  Oxy- 
dation in  vitro.  Injiziert  man  die  Natriimisalze  von  Fettsäuren,  wie  Essigsäiure, 
Propionsäure,  Buttersäure,  Capronsäure.  so  findet  man  im  Harn  10 — 30  mal 
soviel  Ameisensäure  als  in  der  Norm^).  Im  allgemeinen  werden  die  flüchtigen 
kohlenstoffärmeren  Säuren  schwerer  als  die  kohlenstoffreicheren  verbrannt, 
und  sie  gehen  deshalb  auch  in  großen  Mengen  unverändert  in  den  Harn  ülser. 

1)  H.  D.  Dakin  und  A.  J.  Wake  mann,  Journal  of  biol.  Chemi.?tr\-  9,  329  (1911). 


I  56  Veränderungen  der  organisclien  Substanzen  im  Organismus. 

Beim  Abbau  der  gesättigten  Fettsäuren  scheint  vorerst  eine  Verwandlung  dieser 
in  ungesättigte,  anscheinend  dui'ch  Oxydation,  vorauszugehen,  ebenso  eine 
Verschiebung  der  doppelten  Bindung^).  Bei  Verfütterung  von  phenj-lsub- 
stituierten  gesättigten  Fettsäuren  entstehen  (X-/)'-iuigesättigte  Derivate  z.  B.  aus 
Phenylpropionsäure  und  Phenylvaleriansäure,  Zimtsäure-),  aus  Furfurproiiion- 
«iure  entsteht  Furfuracrylsäm'e*). 

F.  Knoop  nimmt  eine  weitgehende  Gültigkeit  des  Oxydationsprinzips 
nach  der  Richtung  hin  an,  daß  der  Organismus  vorzüglich  in  der  /) -Stellung  oxj-- 
dieit ,  \\ährend  em  Angriff  auf  das  ;'-KoliIenstoff  atom  unmöglich  zu  sein  scheint  *). 

Der  Abbau  der  Fettsäuren  im  Organismus  erfolgt  durch  /^-Oxydation, 
R  •  CHa  •  CH,  •  CH3 .  COOH  -*  R  •  CH,  •  COOH,  wobei  als  iutermediäie  Pro- 
dukte |ö-Ketonsäuren  auftreten,  die  vielleicht  /?-Oxysäuren  als  Vorstufe  haben. 

Der  Oi^anismus  kann  diese  diu'ch  Keton-  oder  durch  Säurespaltung  ab- 
bauen, j     R  .  CO  •  CH,  •  COOH  ->  R  •  CO  •  CH3  +  CO3  , 

11.    R  •  CO  •  CH,  •  COOH  -►  R  •  COOH  +  CH,  •  COOH  . 

Die  aromatischen  Fettsäuren  mit  paariger  Kohlenstoffseitenkette  werden 
zu  Phenylessigsäure  und  die  mit  unpaariger  zur  Benzoesäure  oxydiert.  Es 
\vird  also  bei  diesen  zuerst  der  Kohlenstoff  angegriffen,  welcher  zur  Carboxyl- 
gruppe  in  /J-Stellmig  steht.  Bei  der  Verfüttenmg  von  Phenylpropionsäure 
wird  im  Organismus  Phenylzimtsäure  gebildet,  was  Dakin  durch  die  inter- 
mediäre Bildimg  von  Phenyl-p'-oxypropionsäm-e  erklärt.  Sein-  merkwürdig  ist 
aber,  daß  Phenyl-/ii-ox_ypropionsäure  viel  schwerer  als  Phenylpropionsäure 
oxydiert  wird:  wahi-scheinhch  ist  die  vorhergehende  Bildung  einer  Ketosäure. 
Zimtsäure  verwandelt  sich  im  Organismus  in  Acetophenon,  Phenyl-/S-oxy- 
propionsäurc  und  Hippm'säure.  Die  migesättigte  Säure  wird  in  die  korrespon- 
dierende /5-Oxj-säiu'e  übergeführt.  Die  Phenylvaleriansäure  wird  wahrscheinHch 
vorerst  zu  Phenylpropionsäure  oxydiert.  Wie  schon  erwähnt,  ist  die  Glegen- 
wart  einer  dreikohlenstoffigen  tv -substituierten  Seitenkette  die  notwendige  Be- 
dingung für  völlige  Oxydation  des  Benzolringes  oder  anderer  RLngsysteme  im 
Organismus,  aber  dieser  Aufbau  hat  nicht  immer  den  Effekt  der  Ringzerstömng, 
wie  man  aus  dem  Verhalten  des  Phenylserins  und  der  beiden  isomeren  Phenyl- 
glycerinsäm'en  ersehen  kann.  Denn  PhenylserLn  wird  bei  Katzen  in  /?-Stel- 
Imig  oxydiert  und  die  gebildete  Benzoesäure  als  Hippursäure  ausgeschieden. 
Die  beiden  Phenylglycerinsäuren  sind  schwer  angreifbar,  aber  beide  werden 
durch  /J-Oxydation  in  Benzoesäiu-e  verwandelt^). 

Xach  Verabreichimg  von  Phenylpropionsäure  tritt  Acetophenon  beim 
Hunde  auf^). 

Bei  der  subcutanen  Injektion  von  Diäthj'lessigsäiu-e  fanden  Blum  und 
Koppel')  im  Harne  des  Hundes  Methylpropylketon.  Die  Oxydation  ist  selbst 
bei  Gegenwart  eines  tertiären  Kohlenstoffatoms  am  /J-Kohlenstoffatom  erfolgt. 

Der  paarige  Abbau  der  normalen  gesättigten  Fettsäuren  verläuft  nicht 
unter  Essigsäm'eabspaltung.  Es  ist  daher  auch  kein  Grund  zur  Annahme,  daß 
die  normalen  gesättigten  Fettsäuren  über  die  />'-Ketonsäuren  dm-ch  Säurespaltung 
zu  den  um  zwei  Kohlenstoff atome  ärmeren  Fettsäuren  abgebaut  werden*). 


')  J.  B.  Leathes  mid  L.  Meyer  -  Wedell,  Journ.  of  phy.siol.  38.  —  G.  loannovics 
und  E.  P.  Pick,  Wiener  klin.  WocUenschr.   1910,  573. 

-)  H.  D.  Dakin,  Journ.  of  biol.  chemistry  4,  419  (1907);  6,  221  (1909). 
^)  T.  Sasaki,  BZ.  35,  272  (1910).  ■>)  F.  Knoop,  HB.   6.   150  (1906). 

^)  O.  Neubauer  und  Falta,  HS.'-t«,  81   (1904). 

")  H.  Dakin.  Oxidations  and  reductions  in  the  aniraal  body.     London   (1913). 
')  HB.  44,  3576  (1911).  »)  B.  Fried  mann,  BZ.  55,  442  (1913). 


Oxydationen.  ]57 

Aminofettsäm-en,  und  zwar  a-AminosäureLi,  gehen  unter  oxydativer  Des- 
aminierung  am  a -Kohlenstoff  in  «-Ketocarbonsäuren  über,  die  eventuell  in 
•x-Oxysäuren  unter  Reduktion  übergehen.  Bei  der  Oxydation  der  Ketocarbon- 
säuren  wird  Kohlensäure  abgespalten  und  das  Carbonyl  zum  Carboxyl  oxydiert. 
Die  restliche  fette  Kette  wird  nun  wie  eine  gewöhnliche  Fettsäure  paarig  ab- 
gebaut. 

Embden  nimmt  an,  daß  der  Abbau  der  aUphatisehen  Monaminomonocar- 
bonsäuren  in  der  Art  geschieht,  daß  sie  unter  Kohlensäureabspaltung  und  Des- 
aminierung  wahrscheinlich  in  die  entsprechenden  Fettsäuren,  die  um  em  C 
ilrmer  sind,  übergehen.  Nach  Umwandlung  in  Fettsäuren  werden  sie  unter 
Oxydation  am  /J-Kohlenstoff  abgebaut.  Dieses  gilt  für  Fettsäuren  mit  gerader 
und  verzweigter  Kette. 

Das  Schicksal  der  AmLnoessigsäure  im  intermediären  Stoffwechsel  ist 
nicht  klargestellt,  bei  ihrer  Oxydation  scheint  sie  nicht  den  Weg  über  die  Oxal- 
säure zu  gehen. 

Die  Aminofettsäm-en  verhalten  sich  wie  folgt:  Amiuoessigsäiu-e  (Glykokoll) 
NHj  •  CHj  •  COOH  wird,  wemi  sie  nicht  zur  Paarung  benützt  wird,  glatt  in 
Harnstoff  verwandelt.  Ebenso  verhält  sich  Alanin  (a-Aminopropionsäure) 
(.'Hg  •  CH(NH2)  •  COOH  .  Leuein  wird  vollständig  verbrannt.  Asparaginsäure  i) 
und  Asparagin^)  COOH  •  C2H3(NH2)  •  CO  •  NHj  gehen  im  Organismus  in 
Harnstoff  über.  Asparagm  ist  ohne  besondere  physiologische  WLrkmig.  38  g 
konnten  in  eineinhalb  Tagen  ohne  jede  Störung  genommen  werden^). 

Als  Regel  kann  gelten,  daß  alle  Aminosäuren  in  der  Weise  oxydiert  werden, 
daß  zuerst  eine  Desaminierung  unter  Bildung  einer  Ketosäure  entsteht;  unter 
Abspaltung  der  Carboxylgruppe  geht  die  Ketosäure  über  Aldehyd  in  die  um 
einen  Kohlenstoff  ärmere  Säure  über.  Daneben  kann  aber  aus  der  Ketosäure 
wieder  synthetisch  eine  Aminosäm'e  entstehen  und  ebenso  aus  der  Ketosäure 
durch  Reduktion  eine  a-Oxysäure:  Übergang  von  Carbonyl  in  sekundären 
Alkohol.  Die  racemischen  Verbindungen  /\lanLn,  Aminobuttersäm'e  und  Amino- 
valeriansäure  werden  völhg  verbramit,  während  bei  gleicher  Dosis  von  der 
racemischen  Aminocapronsäure  13V2%  in^  Harn  ausgeschieden  werden*). 

Bei  den  Aminosäuren  muß  man  eine  oxydative  und  eine  reduktive  Des- 
aminierung unterscheiden.  Es  ist  sehr  wahrscheinlich,  daß  sich  zuerst  Keton- 
säuren  bilden,  welche  dann  zum  Teil  durch  Reduktion  in  die  entsprechenden 
Oxysäuren  verwandelt  werden.  Bei  der  Hefe  geht  diese  Umwandlung  der  Amino- 
säuren hauptsächlich  den  Weg,  daß  die  um  einen  Kohlenstoff  ärmeren  Alkohole 
neben  kleinen  Mengen  von  Aldehyd  und  Säure  entstehen,  während  bei  den  Tieren 
Ketonsäuren  entstehen,  die  dann  weiter  oxydativ  abgebaut  oder  zu  Oxysäuren 
reduziert  werden.  Daneben  wiu-de  noch  der  Vorgang  beobachtet,  daß  die  Keton- 
säiuren  einen  Aminierungsprozeß  eingehen  und  sich  wieder  in  Aminosäuren  rüek- 
verwandeln,  welche  evtl.  noch  acetyUert^  werden. 

Die  a-  und  /5-substituierten  Säuren  werden  in  /J-SteUmig  oxydiert.  Bei 
den  /3}'-substituierten  kami  der  y-Kohlenstoff  der  Angi'iffspunkt  der  Oxydation 
sein.  Die  ungesättigten  Säuren  werden  wie  che  gesättigten  abgebaut.  Sie  können 
entweder  vorerst  in  Ketosäuren  übergehen  oder  vielleicht  dann  einer  Reduktion 
unterÜegen  und  zum  Teil  in  Oxysäuren  übergehen.  Die  gesättigten  Säiu-en  mit 
verzweigter  Kette  scheinen  sich  in  ihrem  oxydativen  Mechanismus  zu  unter- 
scheiden. Die  in  der  a-Stellung  substituierten  scheinen  vielfach  so  angegriffen 
zu  werden,  daß  die  substituierte  Gruppe  an  der  Hauptkette  oxydiert  wird,  dann 

M  HS.  43,  207  (1904).  -)  HS.   1,  213  (1878). 

'■>)    Weiske,   Zeitsolir.   f.  Binl.    15.   2fil.  ■■)  E.  Fried  mann ,  HB.  II,    ir>]    (1908). 


158  Voränderungen  der  organisclien   Substanzen  im  Organismus. 

nnter  Verlust  von  Kohlensäure  in  die  (inverzweigte  gerade  Kette  übergeht.  Aber 
diese  Regeln  seheinen  nicht  allgemeine  Gültigkeit  zu  haben.  Vielleicht  wird 
an  der  Stelle  der  Verzweigung  fiu'  die  gerade  Seitenkette  \Vasserstoff  oder  Hydro- 
xyl  emgeführt.  Bei  vielen  verzweigten  Fettsäuren  findet  anscheinend  eine  Oxy- 
dation luiter  intermediärer  Bildung  von  Acetessigsäiu'e  statt. 

Die  Ameisensäure  wird,  als  Salz  verabreicht,  mir  ziu-  Hälfte  bis  zu  zwei 
Drittel  im  Organismus  bis  zur  Kohlensäure  oxydiert.  Die  Säuron  der  Äthanreihe 
.sind  ebenfalls  resistent,  die  GljJ^oxylsäurc  geht  in  Oxalsäure  über.  Die  Oxalsäure 
ist  sehr  resistent,  und  die  Essigsäure  wird  zum  Ideinsten  Teile,  vielleicht  zur 
oder  über  die  Oxalsäiu'e  verbrannt.  Die  Essigsäure  wird  vielleicht  zum  klein- 
,sten  Teil  verbrannt  und  Otto  Porges^)  vermutet,  daß  .sie  hauptsächhch  zu 
Synthesen,  wie  Acetylicrungen,  Kohlenliydratsynthesen  verwendet  wird.  Die 
erstere  Fiuiktion  beansprucht  •\\ohl  nur  minimale  Mengen  von  Essigsäure, 
während  die  Kohlenhydratsynthese,  wie  man  sich  vorstellen  könnte,  vielleicht  so 
allläuft,  daß  die  Essigsäure  sich  unter  Atomverschiebung  in  Glykolaldehyd  um- 
wandelt, dessen  Kondensation  zu  Zucker  sich  wohl  leicht  vollzieht.  In  der 
Propanreihe  werden  die  Säuren  vöUig  oxydiert-),  und  zwar  ist  dieses  bekannt 
für  die  Propionsäure,  Milchsäiu'e,  Glycerinsäure,  Brenztraubensäure,  Malon- 
säiire  [Malonsäure  wird  schon  bei  mäßigen  Gaben  von  Kaninchen  und  Katzen 
unvollkommen  zerstört')],  Tartronsäure,  Me.?oxalsäiire,  /x-  und  /^-Alanm,  Di- 
aminopropionsäiu'e,  Hj'dracrylsäure,  /i-Jodpropionsäure  und  Acrylsäure.  Je 
flüchtiger  die  Säuren  sind  und  je  kohlenstoffärmer,  desto  leichter  entgehen  sie 
der  Oxydation  und  erscheinen  im  Harn.  Wemi  man  aber  in  Fettsäuren  Wasser- 
stoffatome durch  Halogen  ersetzt,  so  entgehen  sie  entweder  völlig  der  Oxydation 
oder  sind  schwieriger  oxydierbar.  Trichloressigsäure  und  Triclilorbuttersäurc 
z.  B.  werden  zum  Teil  unter  Abspaltung  von  Salzsäiu'e  oxydiert. 

Die  Alkohole  der  Fettreihe  werden  zu  Säuren  oxydiert,  so  Methj'lalkohol 
CH3  •  OH  zu  Ameisensäure  H  •  COOH*).  Wie  Methylalkohol,  so  gehen  auch  die 
Ester  desselben,  ferner  die  Methylamine,  Oxymethansulfosäure,  Formaldehyd 
im  Köqjer  zum  Teil  in  Ameisensäure  über.  Die  Methylgruppe  aliphatischer 
Substanzen  ist  meist  schwer  angreifliar. 

Der  Organismus  verbrennt  den  Methylalkohol  nur  schwer  und  unvoll- 
ständig, bedeutend  schwerer  als  den  Äthylalkohol.  Werden  beide  Alkohole 
gleichzeitig  verabreicht,  so  werden  größere  Mengen  des  Methylalkohols  im 
Harne  ausgesclüedeu^). 

CH,  •  OH  CH.,  •  OH 

Glykol    ■_    "  wird  im  Organismus  zum  Teil  zu  Glykolsäure 

CHo  •  OH  COOH 

verbrannt,  weiterhüi  zu  Oxalsäure.  Glykol,  welches  als  Glycerinersatz  emp- 
fohlen wurde,  wirkt  wie  Glycerin  hemmend  auf  die  Tätigkeit  der  Fermente 
ein,  besitzt  auch  antiseptische  Kraft").  (Tegoglykol  ist  Äthylenglykol).  Es  ist 
ungiftig. 

Nach  Glycerinfütteruug  sieht  man  beim  Hunde  eine  unzweifeUiafto  Steige- 
rung der  Ameisensäureausscheidung  im  Harn,  die  sich  jedoch  in  bescheidenen 
Grenzen  hält.  Die  Ameisensäiu'ebildung  aus  Glycerin  erfolgt  höchstM'alii-schein- 
lich  über  den  Formaldehyd'). 

Aceton  wird  schwer  angegriffen ;  während  Diäthylketon  C2H5  •  CO  •  C2H5  zu 
Ü0%  oxydiert  wird,  werden  von  Methyläthylketou  CHg  •  CO  •  CgHj  und  Methylpro- 


1)  Asher  -  Spiro,  Ergebnisse  der  Physiologie  10.     ")  K.  Luzatto,  HB.  T,  456  (190(i). 
=)  L.  E.  Wiso,  Jonrn.  of  biol.  ehem.  28,   18.5  (191G).  «)  AePP.   31.  281. 

»)  Th.  Fellonberg.  B.  Z.  85,  45  (1918).       »)  C.  Bache  ni.  Med.  Klinik-  ISU.  Xi,   I. 
')  E.  Salkowski,  HS.   104.    IGl  (1919). 


Oxydationen.  159 

liylketon  CH,  •  CO  •  C,H,  32%  bzw.  25%  ausgeschieden  i).  Äthylalkohol  und  Aceton 

CH,  ■ COOH 

geben  keine  Ameisensäure.  Acetondicarbonsäure  CO  wirkt  nur  in  großen 

CH„  COOH 
Dosen  letal  durch  Lähmimg.  Sie  wird  schon  im  Magen  unter  CO2- Abspaltung  zum 
Teil  zerlegt.  Die  Tiere  eshalieren  Aceton.  Nur  ein  kleiner  Teil  geht  unverändert 
in  den  Harn  über.  Bis  jetzt  konnte  man  aber  im  tierischen  Organismus  die  Ent- 
stehimg von  Aldehyden  durch  Oxydation  aus  Alkoholen  nur  in  kleinsten  Mengen 
beobachten.  Hingegen  könuen  Aldehvde  zu  Alkoholen  reduziert  werden,  z.  B. 
Chloral  CClg-C'HO  zu  Trichloräthylalkohol  CClg-CH.,.  OH.  Butylchloral  zu  Tri- 
chlorbutylalkohol.  Die  höheren  Alkohole  der  Fettreihe  werden  aber  nicht  immer 
glatt  verbramit.    Isopropylalkohol  ^^2>CH  OH^)   z.  B.   verwandelt  sich   zum 

Teil  in  Aceton  und  wird  zum  Teil  unverändert  ausgeschieden.  Die  primären  und 
sekundären  Alkohole  werden  im  Organismus  leicht  oxydiert,  schM-ieriger  der 
sechswertige  Alkohol  Mannit,  welcher  fast  ganz  unverändert  bei  Himden  im 
Harn  auftritt*),  bei  Kaninchen  zum  Teil  unverändert.  Die  tertiären  und  alle 
halogensubstituierten  Alkohole  sind  hingegen  sehr  schwer  oxydierbar.  So  er- 
scheinen tertiärer  Amylalkohol  ^^3>C(0H)  CHoCHj,  tertiärer  Butylalkohol 
CH3  ' 

CHj^C  •  OH  .  ebenso  wie  Trichloräthvlalkohol  CCI3  •  CH  •  OH  und  Trichlorlmt>l- 
CHj'' 

alkohol  CH3  •  CHCl  •  CCI2  •  CH3  •  OH  zum  großen  Teil  an  Glykuronsäure  gebunden 
im  Harn*).  d-Gluconsäiu?e.  welche  bei  der  Ox.ydation  mit  Eisensalzen  und 
Wasserstoffsuperoxyd  d-Arabinose  liefert,  wird  im  Organismus  ganz  anders 
oxydiert.,  7  g  verbremit  ein  Kaninchen  völlig.  Wird  mehr  gefüttert,  so  findet 
man  d-Zuckersäure.  Zum  Teil  wird  die  Gluconsäiire  unverändert  ausgeschieden  ^). 
Die  Oxydation  der  Monoearbonsäure  der  Aldohexosen  geht  aber  nicht  an  dem 
der  Carboxylgruppe  benachbarten  C-Atom  vor  sich,  so  daß  Pentosen  entstehen, 
sondern  es  wird  vielmehr-  die  primäre  Alkoholgruppe  angegriffen,  wie  der  Über- 
gang von  OH  •  H  •  OH  OH  ^,„  ^^ 
d-Gluconsäure  COOH  •     hTq^.  ]^.-^-   CH,   OH 

OTT    TT    OTT    OTT 

in  d-Zuckersäure  COOH  •  -^  ^  gg .  g  "  h     '  ^'°°^  ^^'S*- 

Dimethylengluconsäure  und  Mouomethylenzuckersäure  gehen  beim  Kanin- 
chen unverändert  in  den  Harn  über.  Formaldehyd  wird  nicht  abgespalten  im 
Gegensatz  zur  Auhydromethylencitronensäure.  Die  Ursache  dafür  dürfte  sein, 
daß  bei  dem  Gitronensäurederivat  auch  eine  Carboxj'lsäure  mit  dem  Methylen 
in  Verbindung  steht ^). 

Paul  Mayer')  zeigte,  daß  Oxalsäure  dm-ch  unvollkommene  Oxj'dation 
aus  der  Glykuronsäure  und  aus  Traubenzucker  entstehen  kann,  daß  Zucker- 
säure über  Oxalsämre  verbrannt  wird  und  daß  die  Oxydation  der  Gluconsäure 
ihren  Weg  über  die  Zuckersäure  nimmt. 

Hingegen  wird  Glykuronsäure  nicht  zu  Zuckersäiu-e  oxydiert »).  Glykuron- 
säure vermehrt  die  Oxalsäure  im  Hani.   aber  weder  Aceton  noch  Ameisen- 

1)  Leo  Schwarz,  AePP.  40.  17S.  =)  P.  Albertoni,  AePP.   18,  21S. 

3)  M.  Jaff  6.  HS.  7,  297  (1883). 

*)  HS.  6,  440  (1882).  —  BB.  15,  1019  (1882).  —  Pflügers  Arch.  f.  Phys.  28,  SOG  und 
33,  221.  5)  BZ.  G5,  479.   (1914). 

')  Cesare  Paderi.  Arch.  di  Farmacol.  sperim.  23,  3.53  (1917). 
')  Zeitschr.  f.  Win.  Med.  47.  Heft   1—2. 
*)  Zeitschr.   f.   klin.  Med.   47,   «8. 


16(1  Verändeningen  der  organischen  Substanzen  im  Organismus. 

säure.  Wakrscheiiüich  ■wird  auch  Zucker.säure  gebildet,  vielleicht  auch  Gulose. 
Die  in  den  Organismus  eingeführte  Glykurousäure  wird  nicht  zur  Paarung  ver- 
wendet und  die  gepaarten  Glykuronsäuren  bilden  sich  auch  normalerweise 
nicht  diu'ch, direkte  Vereinigung  der  Komponenten^).  Entgegen  diesen  Unter- 
suchungen von  P.  Mayer  hat  E.  Schott")  gefunden,  daß  sowohl  beim  Kanin- 
chen als  auch  beim  Hmid  Glykiu-ousäure  als  solche,  aber  nie  Zuckersäm'e  aus- 
geschieden wird.  Bei  Injektion  von  Zuckersäure  wird  ein  Teil  im  Harne  aus- 
geschieden. Subcutan  luid  intravenös  eingeführte  Glykuronsäure  wird  quan- 
titativ wieder  ausgeschieden,  selbst  kleine  parenteral  beigebrachte  Mengen  von 
Glykuronsäure  und  Zuckersäure  erscheinen  im  Harn  wieder^). 
•    d-^-Gh.coheptonsäure        ojjOHH     OH  OH 

COOK  — C  -C  — C  — C  — C— CH„    OH 
H     H     OH  H     H 

ihr  süß  schmeckendes  Anhydrid,  ist  unschädlich  inid  wird  teilweise  im  Organismus 

zerstört*).    Sie  wirkt  zuckerherabsetzend  beim  Diabetiker^).  COOH 

Die  zweibasischen  Säuren  verhalten  sich  wie  folgt:  Oxalsäm'e    •  wird 

"  COOH 

zum  Teil  im  Harne  ausgeschieden  ") ;  sie  zeigt  eine  gewisse  Resistenz  gegen  Oxy- 
dation. Einige  Autoren  behaui^ten,  daß  sie  überhaupt  im  Organismus  keiner 
Oxydation  unterUegt.  P.  Marf  ori')  untersuchte  die  Frage,  ob  die  Säuren  der 
Oxalsäurereihe  im  Organismus  vollständig  zu  Kohlensäure  verbramit  oder  nur 
teilweise  zu  flüchtigen  Fettsäm'en  verwandelt  werden.  Er  fand,  daß  Oxalsäure 
im  Organismus  zum  größten  Teil  oxydiert  wird.  Oxalsaurcs  Natron  wird  in 
größerer  Menge  oxydiert,  als  die  freie  Säure.  Es  erscheinen  nur  30%  der  Säm-e 
wieder  im  Harn,  während  der  Rest  trotz  der  gegenteiligen  Angaben  J.  Pohls 
im  Organismus  oxydiert  wird.  Bei  den  Vögeln  wird  Oxalsäure  nicht  oxydiert, 
sondern  unverändert  durch  den  Harn  ausgeschieden.  Er  konnte  aber  eme  Ver- 
mehi'ung  der  flüchtigen  Säiu'en  nach  Darreichung  der  zweiliasischen  Säuren 
nicht  beobachten.  Hingegen  konnte  E.  S.  Faust^)  die  ganze  Hunden  injizierte 
Menge  Oxalsäure  im  Harne  wiederfinden.  W.  Autenrieth  und  Hans  Barth 
fanden  aber-beim  Kaninchen,  daß  Oxalsäure  fast  vollständig  oxydiert  wird*). 

Chelidonsäure  COlCHj  •  CO  •  COOH),  die  beim  Kochen  mit  KalkmUch 
quantitativ  in  1  Mol.  Aceton  und  2  Mol.  Oxalsäine  zerfällt,  wird  nach  subcu- 
tanen Injektion  vom  Kaninchen  innerhalb  24  Stunden  imverändert.  und 
quantitativ  ausgeschieden.  Nach  Darreichung  per  os  werden  innerhalb  des 
ersten  Tages  nur  5^/2%  der  verfütterten  Chelidonsäure  imverändert  ausge- 
schieden, dami  erscheinen  nur  noch  Spuren.  Der  Rest  wird  wahrscheinheh 
im  Darm  durch  Bakterien  zerstört  i"). 

Glyoxylsäm-e  TOrkt  ähnUch  wie  Oxalsäure ;  das  Herz  wird  direkt  geschädigt 
und  später  gelähmt.  Glykolsäure  CHjlOH)  •  COOH  wird  vom  Organismus,  ohne 
Oxalsäure  zu  bilden,  oxydiert,  ebenso  Glyoxylsäure  CHO  •  COOH  ^^),  während 
nach  den  neueren  Angaben  von  Dakin  bei  der  Verfütterung  von  Glykolsäure 
imd  Glyoxylsäure  Oxalsäm'e  in  erhebhcher  Menge  ausgeschieden  wird  ^). 

')  Cesare  Paderi,  Aich.   d.  Farmacol.  sperim.   II,   29  (911). 

=)  AePP.  65,  35  (1911).  =)  Johannes  Biberfeld,  BZ.  65,  479  (1914). 

*)  G.  Rosenfeld,  Berliner  klin.  Wochenschr.  Nr.  2fl  (1911).  —  Kohshi  Ohta. 
BZ.  38,  421  (1912). 

')  J.  Pringsheim,  Ther.  Mon.  1911,  657.  —  Fr.  Rosenfeld,  Deutsche  med. 
Wochenschr.   1911,  Nr.  47.  «)  Pio  Marfori,  Aimali  di  Chim.   I89r,  Mai,  S.  202. 

')  Annali  di  Chim.   1896,   183.  «)  AePP.  44,  217  (1901). 

'■')  HS.  3ä,  .327  (1902).  ")  E  m  il  S  t  ransky  ,  .\ich.  d.  Pharm.  258,  56  (1920). 

")  J.  Pohl,  AePP.  3J,  413. 

'-)  Dakin,  Joxirn.  of  biolog.  chemietry.   3,  03  (1906). 


Oxydationen.  161 

Malonsäure  COOH  •  CHj  •  COOH  wird  nur  in  verschwindend  kleiner  Menge 
in  Oxalsäure  verwandelt,  ein  kleiner  Teil  geht  unverändert  in  den  Ham  über. 
Tartronsäure  OH  •  CH(C00H)2,  Brenztrau bensäure  CH3  •  CO  •  COOH  erweisen 
sich  selbst  grammweise  als  verbrennbar. 

Brenztraubensäure  macht  subcutan  bei  Kaninchen  in  Dosen  bis  7  g  keine 
Erscheinungen  und  wird  verbraimt.  Der  Harn  enthält  Traubenzucker  und 
etwas  unverändertes  brenztraubensaures  Salz,  ferner  racemische  Milch- 
säure 1). 

Beaehtenswerterweise  werden  Brenztraubensäure,  ferner  Oxalessigsäure 
COOH  .  CO  •  CH2  •  COOH,  Glycerinsäure  CH2OH  •  CHOH  •  COOH,  Weinsäure, 
sowie  eine  Reihe  anderer  einfacher  aliphatischer  Verbindungen,  durch  Hefe  sehr 
lebhaft  unter  COa-Entwicklung  zerlegt 2).  Der  Vorgang  ist,  wie  bei  der  Ver- 
gärung der  eigenthchen  Zuckerarten,  von  der  lebenden  Hefe  trennbar^).  Das 
Ferment,  welches  diese  Reaktion  durchführt,  wird  Carboxylase  genannt. 

Trimethyläthylen  und  Octylen  werden  im  Organismus  des  Kaninchens 
so  verändert,  daß  sie  unter  Lösung  der  doppelten  Büidiuig  und  Aufnahme  von 
Wasser  in  die  entsprechenden  Alkohole  übergehen,  die  im  Harn  als  gepaarte 
Glykuronsäuren  auftreten'*). 

Weinsäure  geht  teilweise  unverändert  durch  den  Organismus.  Sie  ist  für 
den  tierischen  Körper  nur  in  beschränktem  Umfange  angreifbar^).  Doch  haben 
die  Untersuchungen  sehr  differente  Resultate  ergeben. 

Die  stereoisomeren  Weinsäuren  verhalten  sich  im  Organismus  folgender- 
maßen : 

Von  d- Weinsäure  erscheinen  im  Harne   25.6 — 29.3*'/(, 
„     I-Weinsäure  „  „         „  6.4—  2.7  »/o 

„     Traubensäure        „  „         „        24.7 — 4:1.9°/o 

„     Mesoweinsäure      ,,  ,,         „  6.2—  2.7  "/^ 

1-Weinsäure  und  Mesoweinsäure  werden  am  vollständigsten  und  anscheinend 
im  gleichen  Maße  oxydiert,  viel  weniger  d-Weinsäure,  am  wenigsten  Trauben- 
säure. Letztere  erleidet  im  Körper  keine  Zerlegung  in  ihre  Komponenten, 
da  die  ausgeschiedene  Säure  optisch  inaktiv  ist*).  Nach  den  Untersuchungen 
von  Carl  Neuberg  und  Sumio  Saneyoshi')  besteht  hinsichthch  der  Ver- 
brennbarkeit  von  d-  und  1- Weinsäure  kein  Unterschied.  Bei  der  Traubensäure- 
verfütterung  wird  nur  optisch  inaktive  Weinsäure  ausgeschieden,  was  nur  bei 
absolut  gleicher  Verbrennlichkeit  beider  Komponenten  mögUch  ist.  Die  Trauben- 
säure wird  also  nicht  asymmetrisch  angegriffen. 

Bemsteinsäure  COOH  •  CHj  •  CHj  •  COOH  und  Äpfelsäure  COOH  •  CH2 
•  CH(OH)  •  COOH  lassen,  selbst  in  großen  Dosen  gereicht,  keine  Weinsäure 
oder  ein  anderweitiges  Zwischenprodukt  m  den  Harn  übertreten.  Ebenso  die 
Zuckersäure  C4H4(OH)4(COOH)2  .  Glutarsäure  COOH  •  CH2  •  CH2  •  CHg  •  COOH 
als  solche  oder  als  Natronsalze  eingegeben,  geht  nur  in  sehr  geringer  Menge  in 
den  Ham  über,  der  größte  Teil  wird  oxydiert. 

Cesare  Paderi^)  fand,  daß  das  Natriumsalz  der  Zuckersäure,  innerhch 
gegeben,  starke  Reizwirkungen  macht.  Im  Hanie  tritt  Oxalsäure  auf,  aber  auch 
unveränderte  Zuckersäure. 


1)  P.  Mayer,  BZ.  40,  441  (1912). 

^)  C.  Neuberg  und  Hildesheimer,  BZ.  31,   170  (1910). 

ä)  C.  Neuberg  und  Tir,  BZ.  38,  323  (1910). 

*)  O.  Neubauer,  AePP.  46,  133.  ^)  H.  Eppinger,  HB.  6,  492  (1905). 

")  A.  Brion,  Diss.  Straßburg  i.  Eis.  (1898).  ')  BZ.  36,  32  (1911). 

')  Arch.  d.  Farmacol.  sperim.  33,  96  (1906). 

F  r  ä  n  k  e  1 ,  Arzneimittel-Synthese.    5.  Auf  1.  11 


162  Veränderungen  der  organischen  Substanzen  im  Organismus. 

Aus  Bemstemsäure  entsteht  durch  tierische  Gewebe  Fumarsäure  (Battelli 
und  Stern,    Einbeck). 

Apfelsäure  wird  von  Kaninchen  und  Katzen  unvollständig  verbrannt.  Sie 
ist  ungiftigi). 

Kaninchen  oxydieren  Gtronensäure  stärker  als  Katzen.  Innerlich  sind  erst 
sehr  große  Dosen  giftig 2). 

Der  einfachste  Zucker  Glykolaldehyd  gibt  bei  der  Verbrennung  im  Organis- 
mus keine  Zwischenprodukte. 

Von  den  stereoisomeren  Aldohexosen  wird  die  Dextrose  von  Gesunden 
glatt  verbrannt,  ebenso  der  der  Dextrose  entsprechende  Alkohol,  der  Sorbit, 
während  die  anderen  Zucker  und  die  von  ihnen  derivierenden  Alkohole  sich 
resistent  verhalten,  wenn  die  Leber  sie  nicht  in  Dextrose  bzw.  Glykogen 
umzulagern  oder  iimzuwandehi  vermag.  Auch  die  Lävulose  wird  glatt, 
manchmal  sogar  leichter  verbrannt  als  die  Dextrose.  Beim  Diabetes  kann 
der  Organismus  unter  Umständen  den  Zucker  nicht  mehr  angreifen,  hin- 
gegen gelingt  es  ihm  leicht,  die  ersten  Oxydationsprodukte  künstUcher  Art 
wie  die  Gluconsäure,  Glykurousäure,  Zuckersäure,  Schleimsäure  usw.  zu  ver- 
brennen^). 

Der  sechswertige  Alkohol  Mannit  erscheint  bei  Hunden  fast  unverändert 
im  Harn,  da  er  ein  Derivat  der  wegen  ihrer  sterischen  Konfiguration  sehr  resi- 
stenten Mamiose  ist,  während  der  vom  Traubenzucker  sich  ableitende  sechs- 
wertige  Alkohol   Sorbit   oxydiert   wird. 

Glucal  ist  nicht  giftig,  in  größeren  Dosen  wird  es  nicht  verbrannt,  sondern 
erscheint  zum  Teil  im  Ham.   Es  wird  durch  Hefe  und  Bakterien  nicht  zerlegt*). 

H     H    H     H   H 


HC— C  — C— C— C  =  CH 
OH  OH  OH    ^O'^ 

Während  Glykosamin  im  Organismus  nicht  zur  Glykogenbildvuig  verwendet 
und  nur  äußerst  schwer  verbrannt  wird,  wird  der  Glykosaminkohlensäure- 
äthylester  vom  Organismus  verbrannt  und  auch  vom  pankreas-diabetischen 
Hunde  nicht  zur  Zuckerbildung  verwertet  5). 

Inosit  verläßt  bei  intravenöser  Injektion  den  Organismus  zum  Teil  unzer- 
setzt*).  Inosit  wird  beim  Menschen  zu  etwa  90%  im  Harn  ausgeschieden.  In  den 
Faeces  wird  nichts  gefunden').  Beim  Hund  hingegen  fand  Anderson^)  in  den 
Faeces  77%,  im  Harne  nur  sehr  kleine  Mengen. 

Erythrit  und  Quercit  werden  vom  Organismus  nicht  angegriffen. 

Die  Amide  der  Fettreihe  verwandeln  sich  zugleich  mit  der  Oxydation 
leicht  in  Harnstoff,  die  niedrigen  sind  aber  resistenter  gegen  die  Oxydation 
und  laufen    meist    unverändert   durch.      So   Acetamid    CHj  •  CO  •  NHg   nach 

CO  ■  NH 
M.  V.  Nencki^),   Oxamid    •        ^  nach    Ebstein    und    Nicola  yer^"). 

CO  ■  NH2 


1)  Louis  Eisberg  Wise,  Joum.  of  biol.  ehem.  28,   185  (1917). 

^)  Will.  Salent  und  Louis  E.  Wise,  Journ.  of  biol.  ehem.  28,  25  (1917). 

^)  O.  Baumgarten,  Zeitschr.  f.  experim.  Pathologie  u.  Therapie  2,  53. 

*)  O.   Balcar,  Journ.   of  biol.   ehem.   26,    163  (1917). 

5)  Forschbach,  HB.  8,  313  (1906). 

«)  Giacosa,  Giornale  della  R.  Acad.   di  Torino  68,   375. 

')  R.  J.  Anderson  und  A.   W.  Bosworth,  Journ.  of  biol.  ehem.  25,  399  (1916). 

8)  Ebenda  25,  391  (1916).  »)  Virchows  Arch.   148,  366. 

1»)  Zeitschr.  f.  Biol.  8,   124. 


Oxydationen.  163 

Oxaminsäure  XHg  •  CO  •  COOH  wird  als  solche  ausgeschieden  vtnd  macht  keine 
Veränderungen  in  den  Nieren,  wohl  aber  Oxamäthan  (Oxaminsäureäthylester) 
NHj  •  CO  •  COO  •  CgHs,  welches  für  einzelne  Tiere  ein  starkes  Gift  ist. 

Wenn  in  der  Aminoessigsäure  ein  Wasserstoffatom,  der  AminogruiDpe  durch 
CH3  ersetzt  wird  (Sarkosin)  (CH3)XH  •  CHg  •  COOH,  so  bleibt  dieser  Körper  im 
Organismus  unverändert.  Sarkosin  wird  vom  Menschen  und  Hunde  zum  größten 
TeU  unverändert  ausgeschieden^). 

Toluolsulfosarkosin  durchläuft  zum  größten  Teil  unverändert  den  Organis- 
mus, ein  kleiner  Teil  erleidet  die  Oxydation  der  Methylgruppe  zur  Carboxyl- 
gruppe,  trotzdem  schon  eine  Carboxylgruppe  im  Molekül  ist.  CH3  •  CgH4 
•  SO,  •  N(CH3)CH2  •  COOH  ->  HOOC  •  C^H^  •  SO2  •  N  {CH3)CH2  •  COOH  •  Benzol- 
sulfosarkosin  geht  unverändert  in  den  Harn  über-). 

Nach  Verfütterung  von  GlykokoU,  dl- Alanin,  dl-Amino-n -buttersäure, 
dl-Amino-n-valeriansäure  werden  diese  völlig  beim  Hunde  ausgenützt,  während 
der  Kohlenstoff  der  dl-Amino-n-capronsäure  zu  13,5%  im  Harn  ausgeschieden 
wird^).  Sarkosin,  dl-a-Methylalanin  und  dl-a-Methylaminobuttersäure  werden 
zu  ein  Drittel  imverändert  ausgeschieden,  während  die  höheren  Glieder,  die 
dl-Ä-Methylaminovaleriansäure  und  die  dl-a-Methylaminocapronsäure  zum 
größten  Teil  unverändert  den  Organismus  verlassen. 

Sind  aber  die  Ketten  verzweigt,  so  werden  sie  vom  Organismus  anders  an- 
gegriffen als  die  geraden  Ketten.  n-Valeriansäure  geht  beim  Diabetiker  nicht 
in  /?-Oxybuttersäure  über,  hingegen  d-Isovaleriansäure.  Leucin  gibt  bei  der 
Leberdurchblutung  Acetessigsäure,  normales  Leucin  mit  lui verzweigter  Kette 
bildet  jedoch  diese  Säure  nicht  (Embden).  Die  substituierten  Aminosäuren 
weichen  in  ihrem  Verhalten  im  Organismus  von  den  Aminosäuren  ab.  Durch 
den  Ersatz  des  «-ständigen  tertiären  W^asserstoffs  durch  den  Methylrest  geht 
die  Angreifbarkeit  für  den  Organismus  annähernd  verloren.  Die  Anwesenheit 
eines  zweiten  tertiären  Wasserstoff atoms  in  den  monomethylierten  Ä -Amino- 
säuren erhöht  ihre  Angreifbarkeit  für  den  Organismus.  Die  Anwesenheit  eines 
tertiären  Wasserstoffatoms  in  /S-Stellung  zur  Carboxylgruppe  bildet  für  die 
monomethyUerten  Ä-Aminosäuren  die  größte  Möglichkeit  der  Angreifbarkeit 
im  Organismus.  Die  Benzoylderivate  der  Aminosäuren  mit  normalen  Ketten 
verlassen  den  Organismus  unzersetzt,  z.  B.  Benzoylalanin,  Benzoylamino- 
buttersäure,  Benzoylasparaginsäure  imd  Benzoylglutaminsäure'*).  Ahnlich 
verhalten  sich  auch  die  ungesättigten  benzoyberten  Aminosäuren.  Benzoyl-Ä- 
aminozimtsäiu-e  wird  immer  quantitativ  im  Ham  wiedergefunden.  p-Oxy- 
benzoyl-&-aminozimtsäure  wird  nur  nach  subcutaner  Eingabe  im  Harne  ge- 
funden imd  in  variierender  und  verringerter  Menge.  Bei  oraler  Verabreichimg 
findet  man  sie  selten  und  nur  in  sehr  geringer  Menge  im  Ham.  Benzoyl-o- 
aminozimtsäure  wird  fast  quantitativ  wieder  ausgeschieden.  Himde  oxydieren 
Cimiamyltyrosin  fast  vollständig.  Bei  Kaninchen  findet  man  nach  subcutaner 
Darreichimg  minimale  Mengen  im  Harne,  bei  oraler  Verabreichung  findet 
man  nur  Hippursäure.  Im  Gegensatz  zum  Benzoyltyrosin  wird  Cinnamyl- 
tyrosin  zersetzt^).  Da  nun  Sarkosin  und  die  benzoyherten  Amonisäuren  nicht 
oxydiert  werden,  so  hat  es  den  Ansehein,  als  ob  die  Abbaufähigkeit  der 
Aminosäuren  durch  Substitution  eines  Wasserstoffatoms  der  Aminogruppe  durch 

')  A.  Magnus  -  Levy,  Münehener  med.  Wochenschr.  1907,  2168. 
*)  Karl  Thomas  und  Herbert  Schotte,  HS.  104,  141  (1919). 
=)  E.  Friedmann,  HB    11,   152,   162  (190S). 

')  A.  Magnus -Levy,  Münchener  med.  Wochenschr.  1905,  Nr.  45  und  BZ.  6,  541 
(1907).  5)  Hidezo  Ando,  Joum.  of  biolog.  chemistry  38,  7  (1919). 

11* 


164 


Veränderungen  der  organischen  Substanzen  im  Organismus. 


fette  Reste  sowohl  als  auch  durch  aromatische  vermindert  oder  verhindert 
wird  und  E.  Friedmann  fand,  daß  bei  den  am  Stickstoff  methyherten  Deri- 
vaten der  Aminosäuren  die  niederen  Gheder  zu  vmgefähr  ein  Drittel  unverändert 
wieder  ausgeschieden  werden,  während  die  höheren  Gheder  zum  größten  Teil 
unangegriffen  den  Organismus  verlassen. 

Der  Ersatz  des  ä -ständigen  tertiären  Wasserstoffes  durch  den  Methylrest 

Inder  Gruppe  RCH<^„Q-g-    '  hebt  die  Angreifbarkeit  für  den  Organismus 

auf.  Wenn  beide  Wasserst  off  atome  der  NH2- Gruppe  durch  Methylreste 
substituiert  sind,  wird  der  Abbau  der  Aminosäure  nicht  weiter  erschwert.  Die 
untersuchten  dimethyherten  Aminosäuren  wurden  zu  durchschnittlich  50% 
wieder  ausgeschieden. 

Der  Ersatz  eines  H-Atoms  der  NHä-Gruppe  durch  die  Methylgruppe  für 
die  Glieder  Cj ,  C3 ,  C4  bedeutet  eine  erhebUche  Erschwerung  und  für  die  Glieder 
C5  und  Cg  nahezu  eine  Aufhebung  des  Abbaues. 

Durch  gärende  Hefe  wird  jede  Amüiosäure  in  den  Alkohol  mit  der  nächst 
niederen  Zahl  von  Kohlenstoffatomen  übergeführt,  während  im  Organismus  der 
Säugetiere  die  Aminosäuren  über  die  um  ein  Kohlenstoffatom  niederen  Fett- 
säuren abgebaut  werden.  Aber  bei  der  Gärung  wird  Phenylaminoessigsäure 
in  Benzylalkohol,  Pheuylglyoxylsäure,  1-Mandelsäure  und  1-Acetylphenylamino- 
essigsäure  übergeführt. 

Beim  Abbau  der  Aminosäuren  durch  gärende  Hefe  geht  wahrscheinlich 
folgender  Vorgang  vor  sich. 


R 


H  +  0 


/ 

C 

\ 

Oxydation 

COOH 
Amino- 
säure 


R 

OH— NHj 

-*  c  >  c  =  co 

NH2 

Desaminierung 

COOH  COOH 

Hydrat  der  Keton- 

Iminosäure  säure 


Kohlen- 
säure- 
abspaltung 


Beduktion 


Aldehyd 


OH 


Alkohol 


Dieser  Abbau  ist  eine  abwechselnde  Oxydation  und  Reduktion.  Beim 
höheren  Tier  ist  ein  ganz  analoger  Vorgang,  es  bildet  sich  in  beiden  Fällen  die 
Ketonsäure  imd  anscheinend  auch  der  Aldehyd.  Die  Hefe  reduziert  aber  den 
Aldehyd  zum  Alkohol,  während  die  höheren  Tiere  ihn  zur  Fettsäure  oxydieren  i). 
Die  intermediäre  Bildung  des  Aldehyds  ist  aber  bis  jetzt  experimentell  nicht 
erwiesen,  sondern  nur  theoretisch  supponiert. 

Die  dem  Alanin  entsprechende  Ketosäure,  Brenztraubensäure  und  die  der 
Asparaginsäure  entsprechende  Oxalessigsäure  ist  nach  C.  Neuberg  tatsächlich 
durch  Hefe  vergärbar  (s.  S.  161). 

Von  Succinimid  C2Hj<„q>NH  passiert  nach  Verfütterung  an  Hunde  ein 

kleiner  Teil  den  Organismus  unverändert,  während  weitaus  der  größte  Teil  zer- 
setzt wird  2).    Allophansäureäthylester  NH2  •  CO  •  NH  •  COO  •  C2H5  wird  voll- 


M  O.  Neubauer  und  K.  Frommherz,  HS.  10,  326  (1911). 
-)  Koehne,  Diss.  Rostock  (1894). 


Oxydationen.  165 

kommen    zerstört,    während    Biuret    (AUophansäureamid)    *^*-' <nh^.  CO  •  NH 
quantitativ  in  den  Harn  übergeht.    Cyanursäure 

HOC  =  N— C— OH 

I  II 

N  =  C  — N 
I 
OH 

geht,  wie  Coppola  zeigte,  fast  unverändert  in  den  Harn  über,  ebenso  Paraban- 

„„   .NH  •  CO-^ 
saure  C0<-^^  .  CO'^  " 

Die  Angaben  über  das  Schicksal  der  Parabansäure  im  Organismus  sind  sehr 
widersprechend . 

Subcutan  Himden  injizierte  Oxalursäure,  Parabansäxire  mid  Alloxan  werden 
vöUig  oxydiert^).  Hingegen  fand  Julius  Pohl"),  daß  Parabansäure  zum  Teil 
imverändert  in  den  Harn  übergeht,  zum  Teil  als  Oxalsäure  ausgeschieden  wird. 

Über  das  Verhalten  der  ungesättigten  Säiu-en  ist  folgendes  bekannt: 

Die  ungesättigte  Acrylsäure  wird  im  Organismus  zerstört  ^),  ebenso  wird  die 
Zimtsäure  in  Form  von  Hippursäure  ausgeschieden,  was  beweist,  daß  sie  vorerst 
zur  Benzoesäure  abgebaut  wurde.  Phenylisocrotonsäure  CgHs  •  CH  :  CH  •  CHj 
•  COOH  geht  in  Phenacetursäure  C5H5  •  CHj  •  CO  •  NH  •  CH2  •  COOH  über,  so 
daß  sie  vorerst  zur  Phenylessigsäure  CgHj  •  CHj  •  COOH  oxydiert  wird*).  Die 
überlebende  Hundeleber  kann  Dimethylacrylsäure  in  Acetessigsäure  verwandeln, 
während  Cltraconsäure  und  Mesaconsäure  nicht  umgewandelt  werden.  Aus 
Crotonsäure  aber  entsteht  Acetessigsäiure.  Dimethylacrylsäure  geht  durch 
Wasseranlagerung  in  /S-Oxyisovaleriansäure  über,  welche  zur  Acetessigsäure 
abgebaut  werden  kann.  Crotonsäure  wird  wahrscheinlich  zuerst  in  /S-Oxy- 
buttersäiu-o  und  dann  erst  in  Acetessigsäure  übergeführt^).  E.  Friedmann 
nimmt  an,  daß  Ä-/5-imgesättigte  Säuren  in  der  Weise  intermediär  in  Acet- 
essigsäure übergehen,  daß  diese  Säuren  unter  Wasseranlagenmg  in  die  ent- 
sprechenden gesättigten  /3-Oxysäuren  übergehen  imd  als  solche  abgebaut  werden. 
Die  a-/3-ungesättigten  Säuren  können  zu  den  um  zwei  Kohlenstoffatome  ärmeren 
Säiuren  abgebaut  werden,  ohne  die  Zwischenstufe  der  /?-KetonsäuTen  zu  durch- 
laufen, denn  der  Abbau  der  Furanpropionsäure  und  der  Furfuracrylsäure  zur 
Brenzschleimsäure  verläuft  nicht  über  die  Zwischenstufe  der  /?-Ketonsäure, 
der  Furoylessigsäure^). 

Die  y-substituierten  Fettsäuren  werden  entweder  als  Lacton,  meist  aber 
unverändert  ausgeschieden.  Der  Hund  scheidet  Phenylbuttersäxu-e  als  Lacton 
aus.  Phenyl-/i-j'-dioxybuttersäure  wird  zum  Teil  als  Phenyl-/3-oxybutyrolacton 
ausgeschieden,  ein  TeU  aber  wird  abgebaut  und  bis  zur  Benzoesäure  oxydiert. 
Ist  jedoch  bloß  die  y-Stellvmg  substituiert,  so  tritt  ein  anderer  Vorgang  auf. 
Benzoylpropionsäure  C^Hg  •  CO  •  CHg  •  CHg  •  COOH  wird  zu  Phenylessigsäure 
CgHg  •  CH2  •  COOH  abgebaut,  wobei  natürlich  vorerst  eine  Reduktion  der  Car- 
bonylgruppe  zur  Methylengruppe  stattfinden  muß. 

Nach  Verfütterung  von  15  g  Benzoylpropionsävu-e  an  Menschen  erhält  man 
im  Harn  Phenj'lacetylglutamin  und  seine  Hamstoffverbindungen,  etwas  Hippur- 
säure und  Phenolbutyrolacton  und  aus  diesem  phenyl-y-oxybuttersaures 
Natrium  in  seiner  linksdrehenden  Form.    Die  eingefiihrte  Ketosäure  wird  zur 

M  Luzzatto,  HS.  37,  225  (1903).  —  Koehne,  Diss.  Rostock  (1894). 

')  Julius  Pohl,  Zeitschr.  f.  esperim.  Pathologie  u.  Therapie  8,  308  (1910). 

')  Luzzatto,  HB.  T,  456  (1906).  <)  Knoop,  HB.  6,   150  (1905). 

')  E.  Friedmann,  HB.   11,   365,   371   (1908). 

•)  E.  Friedmann,  BZ.  35,  40  (1911). 


166  Veränderungen  der  organischen  Substanzen  im  Organismus. 

Oxysäure  reduziert  und  von  dieser  die  1-Form  zum  größten  Teile  ausgeschieden, 
und  zwar  zu  81%.  Die  d-Form  ist  zur  Phenylbuttersäure  reduziert  und  diese 
wenigstens  teilweise  auf  dem  Wege  der  ^-Oxydation  in  die  Phenylessigsäure 
umgewandelt,  welche  sich  mit  Glutamin  verbunden  hat.  Die  beim  Menschen 
beobachtete  Widerstandsfähigkeit  der  1-Modifikation  zeigt  sich  beim  Hunde  nicht. 
Doch  verhalten  sich  die  Hunde  in  dieser  Beziehung  nicht  gleich,  nachdem  in 
einem  neuen  Versuche  am  Hunde  diese  Säure  gefunden  werden  konnte. 

Phenyläthylalkohol  wird  beim  Menschen  zu  Phenylessigsäure  oxydiert,  die  in 
Phenylacetylglutamin  übergeht.  Nach  größeren  Gaben  von  Phenylessigsäure  zei- 
gen sich  deutliche  Giftwirkungen,  inbesonders  Schädigungen  der  Niere^).  Phenoxy- 
essigsäure  scheint  sich  nicht  mit  einem  Stoffwechselprodukt  des  Organismus  zu  ver- 
einigen. Dagegen  erscheint  die  im  veränderte  Säure  in  reicMicher  Menge  im  Harn  2). 

Man  beobachtet  selten,  daß  durch  Oxydation  von  primären  Alkoholen 
im  Organismus  Aldehyde  entstehen,  während  aus  sekundär  alkoholischen  Grup- 
pen sich  sehr  häufig  Ketone  bilden,  ebenso  wie  aus  Keton  durch  Reduktion  sekun- 
däre Alkoholgruppen  entstehen  können. 

Die  primären  Monaminbasen  der  Fettreihe  werden,  wenn  auch  schwierig, 
so  doch  zum  Teil  zersetzt,  die  aromatischen  noch  schwieriger.  Wenn  aber  in 
einer  primären  fetten  Monaminbase  ein  Wasserstoff  des  Alkylradikals  durch 
einen  aromatischen  Kohlenwasserstoff  ersetzt  ist,  so  verhält  sich  der  fette  Rest 
wie  die  ursprüngUche  Verbindung.  Daher  gehen  Amine  der  ahphatischen  Reihe 
wie  Trimethylamin,  Tetramethylendiamin,  Pentamethylendiamin,  Chohn,  zum 
großen  Teil  miverändert  durch  den  Organismus,  manche  völlig  miverändert. 

Der  Abbau  des  ChoUns  geschieht  im  Organismus  imter  intermediärer  Bildxmg 
von  Ameisensäure^).     ^„ 

Guanidin  HN  ■  C<jjg''  wird  in  kleinsten  Dosen  vom  Kaninchen  vollständig, 

in  kleinen  Dosen  fast  vollständig,  in  toxischen  Dosen  nur  zum  aUerkleinsteu 
Teil  ausgeschieden.  Guanidin  scheint  dem  Organismus  gegenüber  sonst  unan- 
greifbar zu  sein. 

Carbonyldihamstoff  NHj  •  CO  •  NH  •  CO  •  NH  •  CO  -  NH2  wird  im  Organis- 
mus verbrannt  *) .     ^^ 

NH  •  CO 

Alloxan  CO<j^-g.   (~,q>CO   wird  größtenteils  zerstört   und   nur  zum  Teil 

als  Parabansäiu-e  ausgeschieden^).    0,5  g  Alloxan  töten  ein  Kaninchen. 

Xanthin  wird  im  menschlichen  Organismus  in  Harnsäure  verwandelt,  ein 
Teil  unverändert  ausgeschieden  *) . 

Thymin  HN— CH 

I       II 
OC     C  •  CH3 

I    I     ' 

HN— CO 
wird  im  Organismus  gespalten,  Uracil 

NH— CO 

I  I 

CO      CH 
I  I 

NH— CH 

passiert  den  Organismus  des  Hundes'). 

')  Carl  P.  Slierwin  und  Seilers  Kennard,  Journ.  of  biol.  ehem.  40,  259  (1919). 

2)  H.   Thierfelder  und  Erich  Schempp,  Pflügers  Arch.    167,  280  (1917). 

')  Hößlin,  HB.  8,  27  (1906). 

•)  Kurt  Henius,  Zeitschr.  f.  experim.  Pathologie  u.  Therapie  10,  293  (1912). 

6)  Hugo  Wiener,  AePP.  43,  35.  «)  W.  Levinthal,  HS.  T7,  274  (1912). 

')  Steudel,  Sitzungsber.  d.  G.  z.  Bef.  d.  g.  N.  Marburg  1901,  Jan. 


Oxydationen.  167 

Methyluracil  NH  —  C  •  CHj 

I         II 
CO       CH 
I  I 

NH— CO 

passiert  den  Organismus  unverändert. 

Nitrouracilcarbonsäure  ^^ COOH 

I  II 

CO      C  ■  NOj 

I  I 

NH  — CO 

erfährt  im  Organismus  eine  vollkommene  Spaltung. 
NitrouracU  NH-CH 

I  II 

CO      C  •  NOj 

I  I 

NH  — CO 

tritt  unverändert  in  den  Harn. 

Nach  Verfütterung  von  Isobarbitursäure  und  Isodialursäure  tritt  weder 

Isobarbitursäure  Isodialursäure 

NH— CH  NH  — CO 

I  II  II 
CO       COH  CO       COH 

II  I  II 
NH  — CO                                              NH  — COH 

ein  schwer  lösliches  Oxydationsprodukt,  noch  die  ursprüngliche  Substanz 
im  Harne  auf.  Ebenso  bei  Verfüttenuig  von  Thyniin  und  2.6-Dioxypyrimidin. 
Auffallend  ist,  daß  im  Gegensatz  zu  Thymin  (5-Methyl-2.6-diosypyrimidin) 
das  nur  in  der  SteUimg  der  Methylgruppe  von  ihm  verschiedene  Methyliuracil 
(4-Methyl-2.6-dioxypyriniidin)  keiner  Spaltung  unterhegt.  Ebenso  wird  Xitro- 
irracil  (5-Nitro-2.6-dioxypyrimidin)  nicht  angegriffen,  so  daß  also  die  Nitro- 
gruppe  in  derselben  Stellung  wie  die  Methylgruppe  den  Pyrimidinring  vor  einer 
Spaltung  mit  Erfolg  zu  schützen  vermag. 

Vom  Sulfat  des  Vom  Sulfat  des 

2.4-Diamino-6-oxypyriniidin  2.4.5-Trianiino-  6-oxypyrimidin 

N  =  COH  N  =  CO 

II  II 

NHjC       CH  NHjC       CNHj 

II        II  II        II 

N  —  C  •  NHj  N  —  C  ■  NHj 

wirken  bei  Ratten  0,2  g  letal.  wirken  bei  Ratten  0,1  g  letal. 

Beide  erwiesen  sich  als  Sulfat  bei  Hunden  zu  1  g  verabreicht  als  toxisch,  während 
alle  anderen  Körper  dieser  Reihe  keine  Störungen  hervorriefen. 

In  den  Hamkanälchen  und  im  Harne  ist  Triaminooxypyrimidin  unver- 
ändert enthalten. 

Nach  Untersuchungen  von  Lafayette  Mendel  und  Meyers  werden 
Thymin,  Cytosin  und  Uracil  beim  Verfüttern  an  Kaninchen  und  Himde  in 
beträchtlichen  Mengen  unverändert  im  Harn  wieder  ausgeschieden  i). 

Die  Purinderivate  verhalten  sich  im  Organismus*)  folgendermaßen:  Adenin 
(6-Aminopurin)  verläßt  den  Organismus  größtenteils  unzersetzt.   Adenin  geht 

^)  Lafayette   B.  Mendel  und  Viktor  Meyers,   American  Joum.  Physiol.  %t,  77. 
')  H.  Steudel,  HS.  38,  284  (1901). 


\QQ  Veränderungen  der  organischen  Substanzen  im  Organismus. 

bei  der  Ratte  durch  Oxydation  in  6-AmLno-2.8-dioxypuTin  über^).  Ebenso 
beim  Hunde  ^). 

Glykolylhamstoff  jjh^  CHj  ■  NH  ■  CO  •  NHj 

CO       I 

NHjCO 
geht  durch  Oxydation  beim  Himde  in  Allantoin 

NH  — CH  ■  NH  •  CO  ■  NHj 

I  I 

CO 

I  I 

NH— CO 

über^).  Hydantoin  (Glykolylhamstoff)  ist  imgiftig  und  wird  nach  einer 
anderen  Angabe  imverändert  im  Harn  ausgeschieden. 

IminoaÜantoin  erzeugt  in  Grammdosen  keine  Giftwirkuiig  und  wird  im 
Organismus   nicht   zersetzt.     Uroxansäure   erzeugt   ebenfalls   keinen   Effekt*). 

Hydantoinsäure  wird,  als  Ester  verabreicht,  ebenfalls  nicht  vom  Organis- 
mus angegriffen.  Der  Hydantoinring  wird  von  Katze,  Kaninchen  mid  Himd 
nicht  zerstört^). 

Nach  Theobromin-  und  Coffeinverfüttervmg  tritt  nach  Abspaltmig  einer 
oder  zweier  Methylgruppen  durch  Oxydation  Monomethylxanthin  mit  ver- 
schiedener Stellung  des  Methyls  oder  auch  bei  Kaninchen  Xanthin  im  Harne 
auf«). 

Coffein  \vird  leicht  von  Tieren  zersetzt"). 

2.8-Dioxypurin  wird,  beim  Kaninchen  subcutan  injiziert,  nicht  in  Allantoin 
umgewandelt,  sondern  fast  quantitativ  unverändert  im  Harn  ausgeschieden. 
Bei  gleicher  AppUkation  wird  Harnsäure  fast  zur  Hälfte  als  Allantoin  und  zu 
12%  unverändert  ausgeschieden. 

Xanthin  wird  teils  als  Allantoin,  teils  als  Harnsäure,  teils  unverändert 
ausgeschieden.  2.8-Dioxy-6-methylpurin,  2.8-Dioxy-9-methj-lpurin  mid  2.8- 
Dioxy-6.Ö-dimethylpurin  führen  nicht  zur  Steigerung  der  Allantoinausschei- 
dung.  Letztere  Verbindung  schädigt  die  Niere.  2.8-Dioxy-6-methylpuriu  wird 
zum  Teil  unverändert  ausgeschieden.  Keine  von  diesen  Verbindimgen  macht 
beim  Kaninchen  Diurese*). 

Die  Säiu-eamide  scheinen  im  Körper  nicht  umgesetzt  zu  werden,  wie  das 
Beispiel  des  obenerwähnten  Biuret  zeigt. 

Viel  interessanter  sind  die  Verhältnisse  der  aromatischen  Verbindiuigen 
im  tierischen  Körper. 

Im  allgemeinen  verhält  sich  der  Benzolkem  im  Organismus  sehr  resistent, 
doch  kennen  wir  eine  Reihe  von  Beispielen,  welche  uns  zeigen,  daß  der  Organis- 
mus imstande  ist,  den  Benzolring  vollständig  zu  Kohlensäure  iind  Wasser  zu 
verbrennen,  und  unsere  Kenntnisse  dieser  Umwandlung  sind  von  der  Art,  daß 
wir  angeben  können,  unter  welchen  Bedingungen  der  Benzolring  im  Organismus 
erhalten  bleibt  imd  imter  welchen  Bedingungen  er  zerstört  wird.  Nur  diejenigen 

>)  Nioolaier,  Zeitschr.  f.  klin.  Med.  45,  359. 

3)  O.   Minkowski,  Deutsche  med.  Wochenschr.   1903,  Nr.  28,  499. 

»)  H.  Eppinger,  HB.   S,   287  (1905). 

*)  Tadasu  Saiki,  Journ.  of  biol.  ehem.  7,  263  (1909). 

5)  Howard  B.  Lewis,  Journ.   of  biol.  ehem.    13,   347  (1912). 

«)  Manfredi  Albanese,  AePP.  34,  449.  —  St.  Bondzvnski  und  R.  Gottlieb, 
AePP.  36,  45;  37,  385.  —  M.  Krüger  und  P.  Schmidt,  BB.  33,  2677,  2818,  3336  (1899) 
und  HS.  36,   1  (1902).  ')  AePP.  81,   15  (1917). 

')  Samuel  Goldsehmidt,  Journ.  of  biol.  ehem.   19,  83  (1914). 


Oxydationen.  169 

Aminosäuren  der  aromatischen  Reihe,  welche  eine  Seitenkette  von  drei  Kohlen- 
stoffatomen enthalten,  von  denen  das  mittlere  die  Gruppe  NHj  trägt,  werden 
im  Organismus  völlig  zerstört.  Daher  machen  Phenyl-«-aminopropionsäure 
C9H5.CHj-CH(NH2)-COOH,  Ä-Aminozimtsäure  CeH5-CH:CH(NH2).CO0H, 
Tyrosm  (p-Oxyphenyl-«-aminopropionsäure)  CgH4(0H)  •  CHg  ■  CH(NH2)  •  COOH 
keine  Vermehl'ung  der  aromatischen  Substanzen  im  Harnet).  Schon  die  in 
o-Stellung  oder  m-Stellmig  befindliche  Hydroxylgruppe  des  o-  oder  m-Tyrosin 
v^erhindert  im  Gegensatz  zum  p-Tyrosin  die  vollständige  Verbreimung.  Halogen- 
substitution im  Benzolkem  führt  ebenfalls  zu  schwer  verbremibaren  Stoffen. 
m-Chlorphenylalanin  und  p-Chlorphenylalanin  werden  schwer  angegriffen. 
p-Methyl-  und  p-Methoxyphenylalanin  werden  verbramit. 

Nach  subcutaner  Einführung  von  p-Methoxjrphenylpropionsäure  wird  im 
Hani  von  Kaninchen  keine  ungesättigte  Säure  gefunden,  ledighch  Anissäure  und 
AnisylglykokolP) . 

Nach  Verfütterung  von  Tyrosin,  wie  bei  akuter  gelber  Leberatrophie  und 
Phosphorvergiftung,  tritt  (nicht  Oxymandelsäure),  sondern  1-Oxyphenylmilch- 
säure  auf.  Sie  entsteht  auch  in  kleiner  Menge  bei  Verfütterung  von  Oxyphenyl- 
brenztraubensäure,  die  als  Zwischenprodukt  bei  der  Umwandlung  des  Tyrosins 
in  jene  zu  betrachten  ist.  Wird  dl-Oxyphenylmilchsäiu-e  gegeben,  so  erleidet  sie 
teilweise  asymmetrische  Zersetzung,  indem  die  d-Säure  unangegriffen  bleibt. 
Bei  der  Bildung  von  1-Oxyphenylmilchsäure  aus  Oxyphenylbrenztraubensäure 
muß  diese  daher  asymmetrische  Reduktion  erfahren^). 

m-Tolylalanin  wird  im  Organismus  noch  vollständiger  verbrannt  als 
p-Tolylalaniu*).  Es  scheint  also  die  Methylgruppe  im  Kern  den  Abbau  des 
Benzolkenis  nicht  zu  stören.  Rund  -/s  der  verfütterten  Menge  werden  verbraimt. 
Ein  Teil  verläßt  den  Organismus  als  m-Tolylacetursäure^). 

COOH 

nPOOTT 
und  Phthal- 


CO--,NH 

imid  f    J  im    Organismus    zerstört.     Hingegen    wird    vom    Kaninchen- 

organismus o-Phthalsäure  unangegriffen  quantitativ  ausgeschieden').  Ent- 
gegen den  Angaben  von  M.  C.  Porcher^),  welcher  behauptet,  daß  m-  und 
p-Phthalsäure  beim  Hunde  zu  75%  im  Harne  wieder  erscheinen,  o-Phthalsäure 
hingegen  fast  vollständig  im  Organismus  verbrannt  wird,  koimte  Julius  Pohl 
in  Wiederholung  der  Versuche  von  E.  Pribram^)  zeigen,  daß  der  Hundeorga- 
nismus o-Phthalsäm-e  quantitativ  unangegriffen  ausscheidet^").  Alle  drei  Phthal- 
säuren paaren  sich  nicht  mit  GlykokoU  i^).  Die  übrigen  aromatischen  Sub- 
stanzen verhalten  sich  aber  im  Organismus  sehr  resistent ;  es  können  wohl  Ver- 
änderungen in  der  Seitenkette  emtreten,  nie  aber  eine  völlige  Spaltung  des  Ben- 
zolringes vorkommen.  Die  aromatische  Gruppe  schützt  sogar  ahphatische 
Reste  vor  der  Oxydation,  wie  wir  bei  den  aromatischen  Monaminbasen  be- 
obachten können. 


M  HS.  »,  23  (1882);  8,  63  (1884);  8,  65  (1884);  10,  130  (1886);  II,  485  (1887);  14,  189 
(1890). 

*)  Iwao  Matsuo,  Journ.   of  biol.   ehem.   35,   291   (1918). 

^)   Yashiro  Kotake  xind  Zenji  Matsuoka,  Journ.  of  biol.  ehem.  35,  319  (1918). 

*)  L.  Böhm,  HS.  89,  112.  ^)  K.  Frommherz  und  L.  Hermanns,  HS.  89,  120. 

«)  HS.   13,  26  (1889).  —  Mosso,  AePP.  26,  267. 

')  E.  Pribram,  AePP.  51,  379  (1904).  »)  BZ.   14,  351  (1908). 

')  AePP.  51,  378  (1904).  i")  BZ.   16,  68  (1909). 

")  H.  Hildebrandt,  HB.  3,  372  (1903). 


170  Veränderungen  der  organischen  Substanzen  im  Organismus. 

Die  Oxydationen  können  den  Benzolring  selbst  betreffen  oder  in  einer 
Seitenkette  verlaufen.  So  wird  nach  Verfütterung  von  Benzol  im  Organis- 
mus Phenol  gebildet  und  dieses  dann  zum  Teil  weiter  zu  Dioxybenzolen  oxy- 
diert i). 

C(OH)  :  C  •  COOH 

Meconsäure  C0<  >0  (Oxj'pjTondicarbonsäure)  wird  im  Orga- 

C-==  C  •  COOH 
nismus  völlig  zerstört  (bis  auf  Spuren).  Meconsäure  ist  noch  in  größeren  Dosen 
physiologisch  unwirksam.  Warmblüter  oxydieren  sie  scheinbar  sehr  rasch  und 
leicht.  Auch  der  Frosch  verträgt  sie  gut-).  Die  gleiche  Wirkung  zeigt  die  Säure, 
wemi  man  die  Hydroxylgruppe  acyliert  oder  alkyliert,  wie  die  Acetyl-  und 
Benzoylmeconsäure  und  der  Äthyl-  und  Propyläther.  Eine  stärkere  Lähmung 
läßt  sich  beim  Frosch  erreichen,  wenn  man  die  eine  oder  beide  Carboxylgruppen 
der  Meconsäure  verwertet.  Hier  zeigen  die  Äthyl-  und  Propylderivate  stärkere 
narkotische  Wirkung,  während  die  höheren  aliphatischen  und  aromatischen 
Ester  schwächer  wirken.  Die  Ätherverbindungen  dieser  Ester  wirken  nicht 
stärker  als  die  Ester.  Die  Diazofarbstoffe  der  Ester  wirken  wie  die  Ester 
selbst.  Kondensiert  man  die  Carboxylgruppe  der  freien  Meconsäure  oder 
deren  Ester  mit  Hydrazmderivaten,  so  erhält  man  stark  giftige  Substanzen, 
die  in  sehr  geringen  Mengen  tödlich  wirken.  Das  Urethanderivat  ist  wenig 
wirksam.  Das  Harnstoffderivat  macht  beim  FVosch  Krämpfe,  dann  Lähmung. 
Äthyl-  luid  Propylmeconylharnstoff  sind  den  entsprechenden  Meconsäure- 
estem  in  der  Wirkung  ähnlich.  Meconylthioharnstoff  steht  dem  Ham- 
stoffderivat  in  seiner  Wirkung  um  das  Dreifache  nach.  Das  Propylderivat 
des  Meconylthiohamstoffs  macht  beim  Frosch  Lähmung  und  Betäubung. 
Beim  Kaninchen  ist  es  unwirksam.  Komensäiure  (Oxypyronmonocarbon- 
säure)  verhält  sich  analog  wie  Meconsäiire,  ebenso  die  Bromkomensäure.  Der 
Pyronkem  ist  also  der  Oxydation  im  Organismus  gegenüber  wenig  widerstands- 
fähig. 

Komenaminsäiu-e  (DioxypicoUnsäure)  ist  wirkungslos,  wird  teils  oxydiert, 
teils  unverändert  im  Harne  ausgeschieden. 

Chitose,  der  E.  Fischer  und  Andreae^)  die  Konstitution  eines  Hydro- 
furanderivates 

HOHC-CHOH 
I      I 

:   < 

\/ 

o 

zuschreiben,  verwandelt  sich  im  Organismus  in 

HC— CH 
II       II 
HO  •  H.C  ■  C     C  ■  COOH 

\y 
o 

Hydroxymethylbrenzschleimsäure. 

Es  entsteht  also  aus  dem  Hydrofuranderivat  ein  Furanderivat  mit  Doppel- 
bindungen in  der  «-/S-Stellung*). 

Aber  der  Benzolkern  ist  durchaus  nicht  so  unaufspaltbar,  wie  man  an- 
fänglich  geglaubt    hat.     Max   Jaffe   wies   nach,    daß  Benzol    selbst*)  zum 

')  Dubois'  Arch.  I86T,  340.  —  Pflügers  Arch.  18,  148. 

2)  R.  Lautenschläger,  BZ.  96,  73  (1919).  ")  BB.  36,  2589  (1903). 

')  N.  Suzuki,  Joum.  of  biol.  ehem.  38,   1  (1919).  ^)  HS.  63,  58  (1909). 


Oxydationen.  171 

Teil  zur  Muconsäure  oxydiert  wird,  wobei  eine  Ringsprengung  des  Benzols 
eintritt. 

Benzol  Muconsäure 

CH  CH 

/\  /\ 

CH      CH  COOH  CH 

II  I  >-  I 

CH      CH  COOH  CH 

\/  \/ 

CH  CH 

Die  überlebende  Leber  vermag  Muconsäure  in  Aceton  zu  verwandeln^).  Bei 
der  Verfütterung  von  Benzol  fand  Max  Jaffe  im  Maximum  zu  0.3%  das 
Auftreten  von  Muconsäure,  es  ist  aber  sehr  wahrscheinlich,  daß  diese  sehr  leicht 
oxydable  Säure  sehr  schnell  weiter  verändert  wird,  daß  aber  25 — 30%  des 
resorbierten  Benzols  in  Muconsäure  verwandelt  werden.  Der  Organismus 
scheint  sich  an  die  Aufsprengung  des  Benzolkernes  zu  gewöhnen  und  bei  Ver- 
fütterung von  Benzol  steigende  Mengen  davon  zu  oxydieren^).  Hingegen  fand 
Yoshitane  Mori^)  im  Gegensatz  zu  Jaffe,  daß  Muconsäure,  Kaninchen 
innerUch  verabreicht,  zum  größten  Teile  unverändert  im  Harne  ausgeschieden 
wird,  ganz  ähnhch  wie  Adipinsäure.  Während  nach  dieser  stets  Vermehrung 
der  Oxalsäure  im  Harn  festgestellt  wurde,  war  dies  nach  Muconsäure  nicht 
der  Fall.  Die  Ansicht  von  Jaffe,  daß  Benzol  zu  einem  erheblichen  Teile  über 
Muconsäure  abgebaut  wird,  dürfte  nicht  oder  nur  sehr  eingeschränkt  zutreffen. 
Auch  diejenigen  aromatischen  Verbindungen,  welche  entweder  scheinbar  un- 
verändert oder  nur  in  der  Seitenkette  abgebaut  oder  in  gepaarter  Verbmdung 
zur  Ausscheidung  gelangen,  kann  man  nur  zum  großen  Teil,  aber  nie  quanti- 
tativ im  Harn  wiederfinden,  während  Benzol verbindimgen,  die  eine  dreigUedrige 
Seitenkette  tragen,  restlos  verbramit  werden.  Der  Angriff  des  oxydierenden 
Sauerstoffs  trifft  entweder  den  Benzolkem  oder  das  dem  Benzolring  nächst 
verbundene  Kohlenstoffatom.  Aber  nicht  einmal  beim  Phenol  ist  der  Benzolrmg 
ganz  unangreifbar  und  ein  Teil  kommt  immer  zur  Verbrennung. 

Aber  noch  andere  Rmgzerstörungen  sind  uns  bekamit.  Methylchinoline 
werden  vielfach  vöUig  oxydiert,  auch  o-Nitrobenzaldehyd. 

Sehr  resistent  verhält  sich  die  Carboxylgruppe  im  aromatischen  Kern,  so 
■wird  Benzoesäure  CgHj  •  COOH  m  Organismus  nicht  verändert,  ebensowenig 
wird  Phenylessigsäure  CgHj  •  CH^  •  COOH  oxydiert,  in  welcher  ein  Kohlenstoff- 
atom zwischen  Benzolkern  und  Carboxyl  eingeschaltet  ist.  Phenylpropionsäure 
C5H5  •  CH2  •  CH2  •  COOH  aber,  mit  zwei  Kohlenstoffatomen  zwischen  Benzol- 
kem und  Carboxyl,  wird  zu  Benzoesäure  oxydiert*).  Phenylglykolsäure  CgHg 
•  CH(OH)  •  COOH  wird  im  Organismus  gar  nicht  angegriffen,  sondern  quantitativ 
im  Harn  ausgeschieden,  es  entsteht  aus  ihr  nicht  Phenol  und  Glykolsäure,  wie 
man  vermuten  könnte.  Phenylaminoessigsäure  CgHg  •  CHCNHj)  •  COOH,  welche 
ja  nur  zwei  Kohlenstoffatome  in  der  Seitenkette  hat,  geht  zum  Teil  in  Phenyl- 
glykolsäure über.    (Siehe  Kapitel:  Desaminierung.) 

Die  aromatischen  Carbonsäuren  gehen  zum  größten  Teil  miverändert  durch 
den  Organismus  durch,  so  z.  B.  Phenylglj'cin-o-carbonsäure,  Nitrophenyl- 
propiolsäure  hingegen  tut  es  nicht.  Auch  o-Oxychinohncarbonsäure  er- 
scheint unverändert  im  Hundeharne  wieder.    Von  der  Methyltrihydroosy-o- 

1)  Marie  Hensel  und  Otto  Rieser,  HS.  88,  38  (1913).  «)  HS.  62,  58  (1909). 

')  Yoshitane  Mori,  Journ.  of  biol.  ehem.  35,  341   (1918). 
*)  E.  Salkowski,  HS.  1,   168  (1882). 


172  Veränderungen  der  organischen  Substanzen  im  Organismus. 

chinolincarbonsäure  geht  der  größte  Teil  unverändert  in  den  Harn  über,  aber 
ein  kleiner  Rest  erscheint  als  Methyldioxychinolincarbonsäure  im  Harn,  so  daß 
beim  Durchgang  der  Hydrosäure  durch  den  Organismus  von  den  drei  Wasser- 
stoffatomen zwei  als  Wasser  abgespalten  und  das  dritte  zum  Hydroxyl  oxydiert 
worden  ist. 

Nach  der  Verabreichung  von  p-Oxybenzoesäure  treten  beim  Himde  32% 
derselben  als  Phenol  und  p-Kresol  auf^). 

Beim  Hunde  gibt  Phenylproprionsäure  Hippursäure  und  keine  Phenacetur- 
säure.  Phenylpropionsäure  wird  anscheinend  in  der  Weise  im  Organismus  um- 
gesetzt, daß  einerseits  1-Phenyl-^-oxypropionsäure  und  aus  dieser  Phenylzimt- 
säure  entsteht,  welch  letztere  reversibel  wieder  sich  in  Phenyl-/S-oxypropionsäure 
umsetzen  kann.  Anderseits  entsteht  Benzoj"lessigsäure  und  Acetophenon  und 
aus  beiden  sowie  aus  der  Phenylzimtsäure  Benzoesäure-).  Inaktive  Mandelsäure 
geht  unverändert  durch,  Phenylessigsäure  gibt  Phenacetursäure,  aber  keine 
Hippursäurevermehrung.  Äthylbenzol  wird  ia  Hippursäure,  nicht  aber  in  Phen- 
acetursäure verwandelt. 

Über  die  Oxydation  aliphatischer  Ketten,  welcher  beiderseits  durch  aro- 
matische Reste  verschlossen  sind,  haben  Ernst  Liebing  und  Erich  Harloff  ^) 
am  Dibenzyl,  Desoxybenzoin,  Hydrobenzoin,  Benzoin,  Benzil  und  BenzUsäure 
Versuche  gemacht. 

Mit  Ausnahme  der  Benzilsäure  sind  alle  diese  Verbindungen  fettlöshch, 
in  Wasser  aber  wenig  löslich.  An  Froschlarven  sind  narkotisch  am  stärksten 
wirksam  Dibenzyl,  schwächer  Benzoin,  Desoxybenzoin  und  Benzil,  am  schwäch- 
sten Hydrobenzoin.  Am  stärksten  wirkt  aber  der  Kohlenwasserstoff,  dann 
folgen  die  drei  Ketoverbindungeu  in  ungefähr  der  gleichen  Stärke,  wobei 
die  gleichzeitige  Gegenwart  einer  Alkoholgruppe  nichts  ausmacht,  während 
die  Anwesenheit  von  zwei  Hydroxylen  im  Hydrobenzoin  einen  deutUch 
abschwächenden  Effekt  auslöst.  Für  die  ganze  Körperklasse  ergibt  sich  ein 
recht  hoher,  ja  noch  ein  höherer  narkotischer  Effekt  als  bei  den  bekannten 
Methanderivaten . 

Benzilsäure  zeigt  nur  Säurewirkm:g.  Sie  verläßt  den  Kaninchenorganis- 
mus unverändert. 

Bei  Fröschen  sind  diese  Verbindungen  ohne  Wirkung.  Desoxybenzoin  aber 
macht  ohne  ein  ausgeprägt  narkotisches  Stadium,  Atemstillstand  und  Kreis- 
laufstillstand.   Beim  Kaninchen  wirken  sie  gar  nicht. 

Dibenzyl  geht  beim  Kaninchen  in  eine  gej)aarte  Glykuronsäure  über,  welche 
beim  Kochen  mit  Säure  Stilben  CgH^— CH  =  CH— C^Hj  abspaltet.  Wahr- 
scheinlich entsteht  Stilben  aus  dem  eigentlichen  Paarling  Diphenyläthanol  (Stil- 
benhydrat) CgHj — CH2 — CH(OH) — CgHg.  Hydrobenzoin,  Desoxybenzoin, 
Benzoin  und  Benzil  paaren  sich  mit  Glykuronsäure,  aus  der  Glykuron Verbindung 
läßt  sich  o-Benzylbenzoesäure  abspalten  CgHj  •  CHj  •  CgH^  •  COOH  .  Diese 
ist  giftiger  als  ihi-e  Muttersubstanzen. 

Phenylbuttersäiu'e  verwandelt  sich  im  Hundeorganismus  in  Phenacetur- 
säure, nicht  aber  in  Hippursäure.  Phenylvaleriansäure  geht  in  Hippursäure 
über.    Phenyl-/S-milchsäure  hefert  Hippursäure,  aber  keine  Mandelsäure. 

COOH 

Phenylparaconsäure,  eine  Lactonsäure  CeHj  •  CH— CH— CH2— CO  geht  un- 
verändert durch  den  Organismus  durch.  ^ q 


1)  M.  Siegfried     und  R.  Zimmermann,  BZ.  46,  210  (1912). 

»)  H.  L.  Dakin,   Journ.  of  biol.  ehem.  9,   123  (1911).  ')  HS.   108,    195  (1920). 


Oxydationen.  1 7  3 

Phenyl-Ä-milclisäure  wird  im  Organismus  zerstört,  ebenso  wird  Phenyl-a- 
ketopropionsäure  zerstört.  Es  wird  also  die  (X-Ketonsäure,  die  Ä-Oxy-  und 
die  Ä- Aminosäure  ganz  im  Organismus  umgesetzt.  Andere  Ketonsäuren 
zeigen  aber  kein  identisches  Resultat,  denn  Benzoylessigsäure  gibt  Hippur- 
säure ;  Benzoylpropionsäure  CgHj  •  CO  •  CHj  •  CHg  •  COOH  geht  Ln  Phenacetiu-- 
säure  über. 

Nach  Injektion  von  Benzoylessigsäure  CgHj  •  CO  •  CHg  •  COOH  an  Katzen 
findet  man  im  Harn  unveränderte  Benzoylessigsäure  in  ziemhchen  Mengen  und 
Acetophenon,  daneben  aber  viel  l-Phenyl-/?-osypropionsäure  und  wenig  Zimt- 
säureglykokoll.  Es  handelt  sich  also  hier  um  eine  asymmetrische  Reduk- 
tion. 

Phenylisocrotonsäure  CgHj  •  CH  :  CH  •  CHj  •  COOH  geht  ebenfalls  in 
Phenacetvirsäure  über. 

Die  vom  Organismus  durch  Oxydation  erzeugte  Carbon ylgruppe  steht  in 
^-Stellung  zu  dem  ursprünghchen  Carboxyl.  Während  bei  der  ungesättigten 
Säure  eine  Hydriermig  derart  angenommen  werden  könnte,  daß  die  /i-Oxysäure 
intermediär  entsteht,  muß  die  Ketonsäure  eine  Reduktion  an  dem  kem- 
benachbarten  C-Atom  von  — CO — zu — CHj —  erleiden. 

Im  Organismus  des  Kaninchens  wird  m-Xylol  zu  m-Toluylcarbonsäiire 
oxydiert,  die  Bildung  eines  Xylenols  ist  zweifelhaft.  o-Xylol  wird  als  o-ToIuyl- 
carbonsäure  ausgeschieden.  Mesitylen  (I.3.5-Trimethylbenzol)  oxydiert  sich  zu 
Mesitylensäure  {I.3-Dimethylbenzoesäure  •  5)  und  wird  größtenteils  als  Mesi- 
tylensäure  eliminiert,  Uvitmsäure  und  Trimesinsäure  werden  nicht  gebildet. 

/-ITT    pTT 

Cyclohexan  CH2<0jj''_q2^>CH2  wird  hauptsächlich  zu  Cyclohexanon  oxy- 
diert, ein  geringer  Teil  vielleicht  auch  zu  Adipinsäure.  Cyclohexanon 
CHj<^^2~^^2>co  jedoch  wird  bis  zu  Adipmsäure  COOH  •  (CHa)^  •  COOH 

abgebaut.  Die  beobachteten  biologischen  Oxydationen  sind  ährüich  wie  die 
von  Ciamician  und  Silber  an  denselben  Substanzen  studierten  photo- 
chemischen Autoxydationen  1). 

Phenethoi  C2H5  •  O  •  CgHs  wird  zu  Oxyphenethol  C2H5O  •  CgH^  •  OH  oxy- 
diert und  dann  mit  Schwefelsäure  gepaart 2). 

Terpentinöl  CigHig  gibt  Terpinol  CjqHjs  •  OH  . 

Der  Naphthalin  kern  kami  im  Organismus  gesprengt  werden,  denn  bei  Ver- 
fütterung  von  ^Ö-Naphthalanin 


NH2 

und  /?-Naphthylbrenztraubensäure  erhält  man  Benzoesäure,  bzw.  Hippursäxire 
f,Y„).0H..CO^COOH       __       ,-_^^^ 


Es  wird  der  Kern  II  und  nicht  der  Kern  I  aufgespalten,  da  man  sonst  Phenace- 
tursäure  erhalten  würde  3). 

Chinolin  f    J     J  wird  vielleicht  zu  Pyridincar bonsäuren  oxydiert^). 

N 


')  Eduardo  Filippi,  Arch.  d.   farmacol.  sperim.    18,   178. 

ä)  Kühling,  Diss.  Berlin  (1887).  ')  T.  Kikkoji,  BZ.  35,  57  (1911) 

»)  J.  Donath,  BB.   14,   1769  (1880). 


174  Veränderungen  der  organischen  Substanzen  im  Organismus. 

Acridin  [   J     T    J 'wird  in5-Keto-3-oxy-5.10-dihydroacridin  f    J  1     ,^„ 

verwandelt^).      N 

Dimethyltoluidin  wird  zu  Dimethylaminobcnzoesäure  oxydiert,  die  zum 
größten  Teil  als  Glykuronsäure  im  Harne  auftritt.  Dimethyltoluidin  ist  in  Dosen 
von  1  g  pro  die  giftig,  es  erzeugt  Blutungen  im  Magendarmkanal 2). 

Beim  Hunde  wird  p-Oxyphenyläthylamin  zu  25%  zu  p-Oxyphenylessig- 
säure  oxydiert.  Die  Leber  sowie  die  glatte  Uterusmuskulatiir  können  diesen 
Effekt  ebenfalls  durchfüliren,  während  die  glatte  Muskulatur  der  Lungengefäße 
dies  nicht  imstande  ist^).  Es  ist  sehr  wahrscheinlich,  daß  der  Rest  durch  vöUige 
Aufspaltung  des  BenzoLringes  verschwindet.  p-Oxyphenj^läthylmethylamiii 
wird  weniger  rasch  und  Hordenin  (p-Oxyphenyläthyldimethylamin)  noch  lang- 
samer in  p-Oxyphenylessigsäure  umgewandelt  als  das  primäre  Amin.  Der  Be- 
trag der  nicht  nachweisbaren  Basen  wird  vom  primären  zum  tertiären  Amin 
progressiv  größer,  so  daß  die  völlige  Zerstörung  der  Substanz  im  Organismus 
durch  Einführung  von  Methylgruppen  erleichtert  zu  werden  seheint. 

Der  nicht  hydroxyherte  Benzolring  des  Eiweißes  (Phenylalanin)  wird  vom 
Fleischfresser  größtenteils  zerstört,  aber  nicht  vom  Pflanzenfresser,  und  kommt 
im  Ham  zu  etwa  -/g  als  Hippursäure,  zu  %  als  Phenacetursäure  zum  Vor- 
schein*). 

Die  Oxydation  des  Benzolkemes  greift  insbesondere  die  Kemwasserstoffe 
an,  welche  hydroxyliert  werden.  Ist  eine  fette  Seitenkette  vorhanden,  so  wird 
diese  bis  zum  Carboxyl  oder  einer  Essigsäure  je  nach  dem  Baue  der  Seitenkette 
oxydiert.  Manchmal  geht  vorzügUch  bei  der  Oxydation  der  Methylgruppen 
die  Oxydation  nur  bis  zur  Bildung  von  Carbinol.  R  •  CH3  ->  R  •  CHg  •  OH  . 
Sind  mehrere  fette  Ketten  vorhanden,  so  wird  nur  eme  zur  Carboxylgruppe 
aboxydiert  und  dann  ist  der  Organismus  fähig,  Substanzen  dieser  Art  durch 
Synthesen  den  weiteren  Eingriffen  der  oxydativen  Funktionen  der  Zellen  zu 
entziehen. 

Benzolsiüfomethylamiaocapronsäure  folgt  auch  dem  Gesetze  der  /?-Oxy- 
dation,  aber  sie  wird  nur  bis  zur  Buttersäure  abgebaut  und  kaim  zu  44%  als 
solche  aus  dem  Harn  der  Kaninchen  dargestellt  werden.  /-Benzolsulfomethyl- 
aminobuttersäure  verläßt  quantitativ  unverändert  den  Organismus^). 

Phenylacetessigester  wird  zu  Benzylmethylketon  und  Hippursäure  abgebaut. 

; 

CH3  •  CO  ■  CHCCjHj)  •  COO  ■  C2H5  ->  CjHj  ■  CHj    CO  •  CH3  -^  CjH,  •  COOH  . 

Benzylacetessigester  hefert  wenig  Phenyläthylmethylketon  imd  Hippur- 
säure. Phenyläthylmethylketon  liefert  ausschließlich  Phenacetursäiu'e.  Phenyl- 
propylacetessigester  liefert  Hippursäiure  und  wenig  Phenylbutylketon.  Phenyl- 
butylketon  hefert  Phenacetursäure.  Daraus  schheßt  Leo  Hermanns,  daß  der 
Abbau  der  Fettsäuren  im  intermediären  Stoffwechsel  nicht  über  die  Ketone 
führt,  sondern  daß  eine  paarige  Absprengung  von  Kohlenstoffatomen  statt- 
findet «). 

Phenylglykokoll  geht  in  Mandelsäure  über,  wobei  zuerst  Phenylglyoxyl- 
säure  entsteht,  die  zu  Mandelsäure  reduziert  wird.    Verfüttert  man  racemische 


1)  H.  Fühner,  AePP.  51,  391  (1904).         ")  H.  Hildebrandt,  HB.  T,  433  (1906). 
')  Ewins  and  Laidlaw,  Journ.  of  physiology  41,   78  (1910). 

*)  Haralamb  Vasiliu,  Mitteilungen  des  Landwirtschaftlichen  Instituts.    Breslau 
1909,  703.  S)  Karl  Thomas  xvad  Herbert  Schotte,  HS.   104,   141  (1919). 

«)  HS.  85,  233  (1913). 


Oxydationen .  ]^  7  5 

Pheuyiaminoessigsäure,  so  findet  man  hauptsächlich  im  Harn  l-Phenylamino- 
essigsäure  oder  statt  ihrer  i-Uramüiophenylessigsäure,  1-Mandelsäure  und 
Phenylglyoxylsäure.  Die  letztere  Substanz  ist  das  Abbauprodukt  der  ver- 
schwundenen rechtsdrehenden  Aminosäuren.  Es  geht  also  die  Aminosäure  in 
eine  Ketosäure  über.  Die  racemische  Verbindmig  spaltet  sieh  im  Hundeorganis- 
mus in  ihre  beiden  optisch  aktiven  Komponenten.  Der  1-Anteil  wird  iinverändert 
ausgeschieden,  der  d-Anteil  geht  durch  Desaminierung  in  Phenylglyoxylsäure 
über,  die  durch  optisch  aktive  Reduktion  sich  in  l-Mandelsäure  verwandelt. 
Ein  kleiner  Teil  der  beiden  Modifikationen  verwandelt  sich  in  Benzoesäure. 
Ahnlich  wie  beim  Hund  verhält  sich  die  Substanz  beim  Kaninchen.  Dieses 
scheidet  den  1-Anteil  des  Phenylglykokolls  unverändert  aus,  verwandelt  den 
d-Anteil  aber  in  Phenylglyoxylsä\ire.  Aber  die  sekundäre  Reduktion  der  ge- 
bildeten Ketosäure  zur  1-Mandelsävire  tritt  nicht  ein.  Beim  Menschen  verhält 
sich  die  Substanz  wie  beim  Hund.  Die  Bildung  von  Ketosäuren  aus  den  Amino- 
säuren geht  also  imter  Ammoniakabspaltung  und  Oxydation  vor  sich. 

Bei  Verfütterung  von  Oxyphenj'lbrenztraubensäure  an  Menschen  geht  ein 
Teil  durch  optisch-aktive  Reduktion  in  d-p-Oxyphenylmilchsäure  über,  ebenso 
wie  Phenylglyoxylsäure  vom  Menschen  mid  Hund  zvir  aktiven  1-Mandelsäure 
reduziert  wird.  Bei  Verfüttenmg  von  d-p-Oxyphenylmilchsäure  wird  die  Hälfte 
bis  ^/4  beim  Menschen  im  Harn  wieder  ausgeschieden,  und  zwar  großenteils 
als  d-p-Oxyphenylmilchsäure.  Die  dem  Tyrosin  entsprechende  Ketonsäure 
wird  vom  gesunden  Menschen  viel  besser  verbraimt  als  die  Oxysäure.  Phe- 
nylbrenztraubensäure wird  zu  1/3  bis  Vs  i^^  Ham  wiedergefunden.  Ein  Teil 
scheint  in  1-Phenylmilchsäure  überzugehen.  Phenyl-Ä-milchsäure  ist  ziem- 
hch  gut  verbrennhch,  nur  die  Hälfte  wird  ausgeschieden,  und  zwar  als 
Linksform  1). 

Nach  Verfütterung  von  racemischer  /5-Oxybuttersäure  erhält  man  im  Ham 
Acetessigsäure  imd  Aceton,  ein  kleiner  Teil  der  Säure  bleibt  aber  unangegriffen, 
vmd  dieser  erwies  sich  als  Unksdrehend.  Es  wird  daher  die  d-Säure  im  Körper 
leichter  zersetzt,  als  die  1-Säure-). 

Nach  Verfüttenmg  von  dl- Alanin  wird  1- Alanin  ausgeschieden^). 

Oxyphenylglyoxylsäure  wird  beim  Hund  nicht  in  die  optisch  aktiven 
Komponenten  umgewandelt,  sondern  unverändert  ausgeschieden.  Die  Fähig- 
keit des  Tierkörpers  Racemverbindmigen  derart  zu  spalten,  daß  ein  optischer 
Antipode  verbrannt  wird  imd  der  andere  wenigstens  zum  TeU  imverändert 
im  Ham  ausgeschieden,  ist  aber  nicht  für  alle  Körper  anzunehmen.  Die  r-Oxy- 
mandelsäure  wird  vom  Kaninchen  nicht  zerlegt*). 

/?-Menthollactosid  wird  unverändert  ausgeschieden^).  Unser  Organismus 
vermag  /S-Glykoside  überhaupt  nicht  aufzuspalten. 

Der  Abbau  eines  methylierten  Phenylalanins  erfolgt  in  gleicher  Weise, 
ob  die  Methylgruppe  in  p-  oder  in  m-SteUumg  zur  Seitenkette  steht,  ob  die  Hydro- 
xyherung  in  p-Stellung  möglich  ist  oder  nicht. 

Der  Abbau  ist  also  sowohl  durch  primäre  p-Oxydation  als  auch  durch 
primäre  Oxydation  an  anderer  Stelle  möglich. 

Phenylglycin-o-carbonsäure  geht  beim  Kaninchen  in  Indican  über,  wenn 
man  sie  verfüttert,  doch  ist  die  Ausbeute  geringer  als  bei  o-Nitrophenylpropiol- 

1)  Akikazu  Suwa,  HS.  tZ,  113  (1911). 

')  Alex.  MacKenzie,  Journ.  Chem.  Soc.  London  81   (1902). 

')  Schittenhelm  und  Katzenstein,  Zeitschr.  f.  experim.  Path.  u.  Ther.  8,  560. 

*)  Alexander  EUinger   und  Jaschyro  Kottake,  HS.  65,  413  (1910). 

=)  Hans  Fischer,  HS.  TO,  256  (1911). 


176  Veränderungen  der  organischen  Substanzen  im  Organismus. 

säure.  Aus  parenteral  zugeführter  Phenylglycin-o-carboiisäure  entsteht  kein 
Indican  im  Gtegensatze  zu  o-Nitrophenylpropiolsäure. 

Aus  Phenylglykokoll  hingegen,  welches  beim  Kaninchen  toxisch  ■wirkt, 
entsteht  kein  Indican^). 

Nach  subcutaner  Einspritzung  des  Natriumsalzes  der  Indolbrenztrauben- 
säure  wird  im  Harn  von  Kaninchen  Kynurensäure  gefunden.  Nach  A.  Ellinger 
und  L.  Matsuoka  geht  die  Umwandlung  von  Tryptophan  in  Kynurensäure 
am  ehesten  nach  folgendem  Schema  vor  sich. 

— liCCHj— CHNH2— COOH      _         2.     /\ — .C-CHj— CO— COOH 

Jen  -*        U\/CH 

NH  NH 

CO 

CO  ■  CHj  •  CO  ■  COOH  *•     /\/\,CHj 

\  "  \J^   'COCOOH 

NH  •  COOH  NHj 

CO  C • OH 

5-    A^^CH,  .    6-    A^Y^ 


y^'C  •  COOH  \y\_J'^  ■  COOH 

N  N 

;6-Chinolincarbonsäure  wird  aus  dem  Organismus  unverändert  ausgeschieden. 

a-Chinolüicarbonsäure  wird  zum  größten  Teil  mit  GlykokoU  gepaart,  zum 
kleLaen  Teil  unverändert  ausgeschieden. 

Beim  Alkaptonuriker  werden  Tolylalanine  ohne  Bildung  eines  Hydro- 
chinonderivates  verbrannt. 

p-Oxy-m-methylphenylalanin  wird  vom  normalen  Menschen,  wie  vom  Alkap- 
tonuriker zum  größten  TeU  zerstört,  ohne  daß  beim  Alkaptonuriker  ein  Hydro- 
chinonderivat  entsteht.  Es  ist  also  nach  eingetretener  p-Oxydation  immer  noch 
neben  dem  Weg  über  das  Hydrochinonderivat  ein  anderer  Abbauweg  selbst 
für  den  Alkaptonuriker  möghch^). 

Beim  Kaninchen  konnte  man  nach  subcutaner  Einverleibung  von  Ä-Methyl- 
tryptophan  keine  Kynurensäure  nachweisen  3). 

Anilin  geht  in  p-Ammophenol  über*).  Naphthalin^)  wird  in  Naphthol 
und  zum  Teil  in  Dioxynaphthahn  *)  übergeführt.  A-Monochlor  und  «-Mono- 
brormiaphthahn  passieren  größtenteils  imoxydiert  bei  Kaninchen  in  den 
Harn'),  nur  ein  kleiner  Teil  wird  zu  Halogennaphthol  oxydiert,  welches  mit 
Schwefelsäure  gepaart  im  Harn  auftritt.  Die  Bromv^erbindung  ist  toxischer 
als  die  Chlorverbmdung,  von  der  5  g  täghch  vertragen  werden.  Doch  muß  be- 
merkt werden,  daß  selbst  beim  Phenol  der  Benzohing  nicht  ganz  unangreifbar 
ist  imd  zum  Teil  vollkommen  zur  Verbrennung  gelangt.  Nach  Nencki  und 
Giacosa^)  trifft  der  Angriff  des  oxydierenden  Sauerstoffes  stets  entweder  den 
Benzolkern  oder  das  mit  dem  Benzol  verbundene  Kohlenstoff atom.  Es  wird 
daher  Äthylbenzol  CgHj  •  CgHj  wahrscheinUch  zuerst  in  Acetophenon  CHj  •  CO 
•  CgHg  und  sodann  imter  Oxydation  der  Methylgruppe  in  Benzoesäure  und 
Kohlensäure  umgewandelt*).    Toluol  CH3  •  CgHg  wird  zu  Benzoesäure,  Xylol 

')  ChüaiAsayama,  Acta  Scholae  medicinalis  univeritatis  in  Kioto,  vol.  I.  No.  1, 
p.   123  (1916). 

*)  Konrad  Fromherz  und  Leo  Hermanns,  HS.  89,  101,  113  (1914);  91, 
194  (1914).  3)  A.  Ellinger  und  Z.  Matsuoka,  HS.  91,  45  (1914). 

*)  O.  Schmiedeberg,  AePP.  8,   1.  ')  BB.   19,  1534  (1886). 

')  Lesnik,  AePP.  84,  164.  ')  Kuckein,  Diss.  Königsberg  (1898). 

«)  HS.  4,  325  (1880).  »)  HS.  4,     327  (1880). 


Oxydationen.  177 

CH3  •  C6H4  •  CH3  ZU  Toluylsäure  CH3  •  C6H4  •  COOH  oxydiert  i).  Ebenso  vnid 
normales  Propylbenzol  C3H7  •  CgHj  zu  Benzoesäure  oxydiert.  Hingegen  ent- 
steht    aus  Isopropylbenzol    ^2^>CHC5H5    (Cumol)    im    Organismus   Phenol, 

wie  aus  Benzol.  Aus  keinem  der  drei  isomeren  Butylbenzole  entsteht  aber 
Benzoesäure.  Die  beiden  Isobutylbenzole  werden  zu  Oxybutylbenzolen  oxy- 
diert, ebenso  normales  Butylbenzol. 

Sahgenin  (Oxybenzylalkohol)  C6H4(OH)  •  CH2  •  OH  geht  nach  Nencki^) 
in  Salicylsäure  über,    Benzylalkohol    C5H5  •  CHj  •  OH    kann   zu    Benzoesäure 
oxydiert  werden,  aber  nur  dann,  wenn  die  Einwirkung  nicht  zu  kurz  dauert, 
OH  OH 

Salicylaldehyd  f    j  wird  zu  SaUcylsäure  [   j  oxydiert. 

Anderseits  werden  Wasserstoffatome  der  Ringsysteme  oxydiert,  so  daß 
Wasserstoff  durch  Hydroxylgruppen  ersetzt  wird  und  die  entsprechenden 
Phenole  entstehen. 

Indol    CeH/^^)cH  wird  zu  Indoxyl   CsH«<*^^'/CH  . 

/?-Naphthylamin  paart  sich  mit  Schwefelsäure  und  Glykuronsäure.  Es  wird 
im  Organismus  zu  Aminonaphthol  und  Dioxyaminonaphthalin  oxydiert,  und 
zwar  quantitativ^). 

Das  fast  ungiftige  /9-Skatol*) 

C6H4<^^^»^>CH  zu  /S-Skatoxyl  C^H^/Sf^^^^^^^CH  5) 

NO2  NOj 

o-Nitrotoluol  fj*^^ä  zu  o-Nitrobenzylalkohol  A*^^'' '  °^ ''' und  hierauf  ent- 


steht durch  Paarung  Uronitrotoluylsäure. 

Diphenylmethan    C5H5  •  CHg  •  CgHc,    wird    zu    Oxydiphenylmethan    CjHj 

.CHj  ^CH  •  OH 

•  CH(OH)  •  CgHg') ,  Campher  C8Hi4<^  |      zu  Campherol  CgHij^  1  oxydiert  8). 

Die  substituierten  Säureamide  verhalten  sich  folgendermaßen :  Dibenzamid 
NH  •  (CO  •  CgH5)2  wird  zu  Benzoesäure  oxydiert,  hingegen  wird  Phthalimid 
bis  auf  Spuren  völlig  zerstört»).  Benzoylhamstoff  CgHg  •  CO  •  XH  •  CO  •  NHj 
wird  in  Benzoesäure  umgewandelt.  Während  Biuret  im  Organismus  nicht 
angegriffen  wird,  kann  Diphenylbiuret  NH(CO  •  NH  •  CgHsJj  nur  in  kleinen 
Mengen  im  Harn  wieder  gefunden  werden.    Ebenso  p-Oxydiphenylbiuret 

NH{CO  •  NH  •  CeHi  •  OHjj . 

Ebenso  verhält  sich  Carboxylliamstoff  NH2  •  CO  •  XH  •  CO  •  KE  •  CO  •  NHg; 
Benzylidenbiuret  NH(CO  •  NH)2  •  CH  •  CgHg  hingegen  ergab  beim  Durch- 
gange durch  den  Organismus  Benzoesäure.  Zimtsäure  C^Hg  •  CH  :  CH  •  COOH 
mit  ungesättigter  Seitenkette   wird   ebenfalls   zu   Benzoesäure   oxydiert. 


1)  Dubois'  Arch.  f.  Physiol.  1876,  353.  =)  Dubois'  Arch.  f.  Physiol.  1870,  406. 

5)  Engel,  Zentralbl.  f.  Gewerbehyg.  u.  UnfaUverh.  8,  81  (1920). 
«)  HS.  4,  416  (1880). 

*)  E.  Baumann  und  Brieger,  HS.  3,  254  (1879).  «)  HS.  2,  47  (1878). 

')   Klingenberg,  Diss.   Rostock  (1891). 
^)  HS.  3,  422  (1879),  s.  auch  Juvalta,  HS.   13,  26  (1889). 

')   Köhne,    Diss.    Bostock    (1894).     2    g    Phthalimid  machen    bei  Hunden    keine 
Störung.     4  g  nach  Stunden  Erbrechen,  Zittern. 

Franke  I,   Arzneimittel-Synthese.    5.  Aufl.  12 


178  Veränderungen  der  organischen  Substanzen  im  Organismus. 

OH  (1) 

Gentisinsäurei)     CjHj^OH         (4)     wird     teilweise     und     Homogentisinsäure 
COOK    (5) 
,OH  (1) 

CjHj^OH  (4)   ganz  unverändert  ausgeschieden. 

CHjCOOH  (5) 
Blum  erhielt  nach  Thymolfütterung  im  Harne  Thymo-hydrochinon  und 
ein  Chromogen^). 

K.  Klingenberg 3)  hat  das  Verhalten  einiger  aromatischer  Körper, 
welche  mehr  als  einen  Benzolkem  enthalten,  im  Organismus  untersucht. 

Biphenyl  CgHg  •  CgHs  wird  von  Hunden  sehr  gut  vertragen.    Es  wird  zu 

p-Oxydiphenyl  C5H4<„  „  |,'  oxydiert  und  als  Ätherschwefelsäure  ausge- 
schieden. ^    *  CeHi— NHj  (1) 

Bei  Versuchen  mit  Benzidin    I  Heß    sich    eine    Vermehnmg 

C,Hj— NH2  (4) 

der  Ätherschwefelsäuren  nicht  nachweisen,  es  besteht  demnach  kerne  Analogie 
niit  dem  AniUn,  welches  bekanntlich  im  Tierkörper  oxydiert  wird.  Entgegen 
den  Angaben  von  Klingenberg  fand  0.  Adler*),  daß  Benzidin  nicht  imver- 
ändert  in  den  Harn  übergeht,  sondern  es  entsteht  4.4-Diaminodioxydiphenj-l. 

CjHj— Br 

p-Dibromdiphenyl    I  wurde  nicht  oxydiert. 

C5H4 — Br 

Diphenylhamstoff  wird  fast  gar  nicht  resorbiert  (Salaskin  und  Kowa- 
levsky^),  Phenylhamstoff  wird  in  Anilin,  Ammoniak  und  Kohlensäure  zerlegt 
und  ersteres  zu  p-Aminophenol  oxydiert,  welches  in  Form  von  Ätherschwefel- 
säure ausgeschieden  wird. 

Oxanilsäure  [    J   verläßt  den  Organismus  unangegriffen. 

NH • CO ■ COOH 

Carbazol    1       ^NH    wird    im   Tierkörper    zu    Oxycarbazol    I       ^{OH)NH 
C5H4  C5H4 

umgewandelt  und  in  Form  der  Ätherschwefelsäureverbindmig  ausgeschieden. 

Phenylglucosazon  ist  für  den  Organismus  indifferent  und  wird  nicht  ge- 
spalten*). 

Bei  Verfütterung  von  Fluoren 

C5H.  CsH^— CH 

i       ^CH,,   Phenanthren    |  11 

C5H4  C5H4 — CH 

CsHj— CO 
und    Phenanthrenchinon     1  1       Heß    sich    keine    Oxydation   nachweisen. 

CeHj  — CO 
Hingegen    beobachteten    Bergeil    und    Pschorr')    nach   Verfütterung    von 
Phenanthren    an    Kaninchen   das  Auftreten    einer  Phenanthrolglykuronsäure, 
was  eine  Oxydation  des  Phenanthrens  zu  Phenanthrol  beweist. 

Bei  Diphenylamin    I      ^NH  ergab  sich  eine  bedeutende  Vermehrung  der 

^^^  OH     (1) 

Ätherschwefelsäure  und  aus  dem  Harne  komite  p-Oxydiphenyl  C6H4<|^  ^    ^  ' 

dargestellt  werden,  so  daß  die  Iminogruppe  abgespalten  wird. 

Die  Picsiiltate  der  Klingenberg  sehen  Untersuchung  ergaben  eine  Be- 
stätigung  resp.  Erweiterung  der  Nöltingschen  Regel,   nach  welcher 

1)  HS.  81,  422  (1895/96).  -)  Deutsche  med.   Wochenschr.   I89I,   186. 

3)  Diss.  Rostock  (1891).  «)  AePP.   58,   167  (1907).  ^)  BZ.   4,  210  (1907). 

•)  Pigorini,  Atti  B.  Accad.  dei  Lincei  Roma  [5]  17,  II,   132. 

')  HS.   38,   16  (1903). 


Oxydationen.  179 

bei  der  Hydroxylierung  aromatischer  Körper  im  Organismus, 
wie  in  vitro,  die  Hydroxylgruppe  zu  einer  schon  besetzten  Stelle 
in  ParaStellung  tritt;  ist  aber  die  Parastellung  schon  besetzt,  so 
erfolgt  die  Hydroxylierung  im  Tierkörper   nicht. 

Auch  beim  Phenylurethan  C^Hj  •  NH  •  COO  •  C2H5  tritt  eine  Hydroxy- 
lierung in  der  Parastellung  im  Organismus  ein,  und  wir  erhalten  im  Harne 
p-Oxyphenylurethan  OH  •  CgH^  •  NH  •  COO  •  C2H5  . 

Nach  Lawrow  wird  Antipyrm  in  Form  einer  gepaarten  Glykuronsäure 
ausgeschieden.    Es  bildet  sich  vorerst  ein   Oxyantipyrin  vielleicht  folgender 

CO  — CH 
Konstitution  C.Hs-N;  \  ,  welches  sich  dann  paart  i). 

^NtCHj)  •  C  ■  CHa  ■  OH 

Der  Benzolkem  wird  nach  Ziegler^)  überhaupt  nicht  angegriffen,  wenn  ein 
oder  mehrere  Wasserstoffe  desselben  diu'ch  kohlenstoffhaltige  Seitenketten  vertre- 
ten sind.  Aus  Camphercjrmol  C^^i^{C\Tl■,)  (CH3)  entsteht  Cuminsäure  C|5H4(C3H7) 
(C00H)3),  während  bei  der  Oxydation  in  vitro  Toluylsäuxe  CH3  •  CgH^  •  COOK 

und  Terephthalsäure  C6H4<(-,QQ-g-  \'.    entsteht.     Die  Cuminsäure   ist  die   der 

Terephthalsäure  entsprechende  Iso-Propylbenzoesäure.  Santonin*)  wird^  im 
Organismus  in  Oxysantonine  verwandelt.  Es  werden  Mono-  und  Dioxysantonine 
ausgeschieden  5).  Benzylamiu  wird  zu  Benzoesäure  oxychert*).  Ebenso  Hydro- 
benzamid,  Phenj^lpropionsäure,  Zimtsäiu-e').  Die  aromatischen  Aldehyde  und 
Ketone  werden  zu  den  entsprechenden  Carbonsäuren  oxydiert.  p-Dimethyl- 
ammobenzaldehyd  wird  in  p-Methylaminobenzoesäure  CH3  •  NH  •  CgH^  •  COOH 
verwandelt  (Entmethylierung  [s.  später  Kapitel  Entmethyherung]  und  Oxy- 
dation). Benzaldehyd  C5H5  •  CHO  wird  zu  Benzoesäure  CgHj  •  COOH  oxydiert, 
ebenso  Acetophenon  CgHj  •  CO  •  CH3ä).  Aus  Nitrobenzaldehyd  bildet  sich  Nitro- 
benzoesäure.  Vanillin')  mit  mehreren  Seitenketten 
CHO  COOH 


Joch    '*™^'i  ^u  Vanillinsäure  (    Iqqct    oxydiert. 
OH  OH 

Sind  mehrere  Seitenketten  vorhanden,  so  wird  nur  eine  davon  oxydiert, 
die  übrigen  bleiben  unverändert.  Es  wirdz.  B.  aus  Xylol  Toluylsäure,  aus  Cymol 
Cuminsäure. 

Oxyanthrachinone  werden  beim  Passieren  des  Organismus  oxydiert. 
Chrysarobin  z.  B.  geht  unter  Sauerstoffaufnahme  in  Chrysophansäure  über 
C30H06O7  -f  2  O2  =  2  (CisHioOJ  +  3  H2O .  Phenylhydroxylamin  CgHg  •  NH  •  OH 
geht  im  Organismus  in  Azooxybenzol  C,JI^  •  N(OH)  •  N  •  C^Hj  überi"). 

PjTidin  wird  anscheinend  im  Organismus  nicht  oxydiert,  sondern  geht 
Sj-nthesen  ein  oder  wird  als  solches  ausgeschieden.  Picolin  (a-Methylpyridin), 
welches  in  der  dem  Stickstoff  benachbarten  Stelliuig  ein  Methyl  trägt,  wird 
zur  Pyridincarbonsäure  oxydiert^^).  Piperidin  geht  wegen  seiner  raschen  Oxy- 
dierbarkeit keine  Methjdierungs-SjTithese  wie  Pj-ridin  ein.  Chinolin  wird  in 
der  /-Stelliuig  zum  N  oxydiert  1-).    Nach  R.  Cohn  wird  der  Chinoünkern  im 

1)  BB.  33,  2344  (1900).  -)  AePP.   1,  65. 

')  BB.   5,  749  (1872);    12,   1512  (1879).  *)  M.  Jaffe,   HS.  33,    538  (1896—97). 

5)  Wedekind,  Pharm.  Ztg.    1901,   598—600. 

«)  Bülow,  Pflügers  Arch.  5T,  93.  —  R.  Cohn,  HS.   IT,  279  (1893). 

')  O.  Schmiedeberg,  AePP.   8,    1. 

*)  M.  Nencki,  Joum.  f.  prakt.  Chemie  18,  288  (1878). 

")  HS.   4,  213  (1887).  1°)  L.   Lewin,  AePP.   35,  400. 

")  R.  Cohn,  HS.   18,   123  (1894).  1=)  H.  Fühner,  AePP.  55,  27  (1906). 

12* 


180  Veränderungen  der  organischen  Substanzen  im  Organismus. 

Oi-gauismus  besonders  leicht  zerstört,  da  die  drei  isomeren  Methylchinoline 
(Chinaldin,  o-  und  p-Methylchinolin)  keine  Synthesen  im  Organismus  ein- 
gingen.   Methylchinoline  werden  im  Organismus  meist  vollständig  oxydiert*). 

Atophan   geht   im    Organismus   in   8-Oxy-2-phenyIchinolin-4-carbonsäure 

COOH 

I   Q  jj    über.    Ferner  findet  man  Oxypyridinursäure 
MO    N  CO.NHCH^-COOH^). 


OH 

'  w 

Chinasäure  wird  bei  Zufuhr-  per  os  beim  Menschen  zu  Ya  unzersetzt  aus- 
geschieden^).   Ein  Teil  geht  in  Benzoesäure  über*). 

Die  hydroaromatischen  Säuren  Hexahydrobenzoesäure  und  Hexahydro- 
anthranüsäure  gehen  zum  Teil  in  Hipj)ursäure  über,  hingegen  geben  Cyclohexan- 
essigsäure  und  Cyclohexanolessigsäure  weder  Hippursäure  noch  Phenacetursäure, 
was  eine  Oxydation  durch  Dehydrierung  des  hydrierten  Benzolkernes  erweist*). 

Limonen  (Orthoklasse  der  Terpene)  wird  hydroxyhert  und  die  CHg-Gruppe 
zu  COOH  oxydiert.  CarbonyUialtige  Camf)herarten  mit  nur  einfacher  Bildung 
im  Kern  zeigen  zum  Teil  auch  dieses  Verhalten.  Diejenigen  Terpene,  welche 
eine  doppelte  Bindung  vom  Kern  aus  nach  der  Methylengruppe  hin  in  der 
Seitenkette  enthalten  (Pseudoklasse  der  Terpene:  Sabinen,  Camphen)  erfahren 
ledighch  eine  Hydroxyherung.  m-Methyhsopropylbenzol  geht  abweichend  vom 
p-CjTnol  im  Organismus  eine  Glykuronsäurepaarung  ein  unter  gleichzeitiger 
Oxydation  der  CHg-Gruppe  *). 

Terpenolunterphosphorige  Säure  besitzt  keine  Phosphorwirkmig,  ist  vöUig 
inigiftig.  Im  Organismus  wird  sie  höchstwahrscheirdich  als  Terpenolphosphor- 
säure  P(OH)20CjoHi70  ausgeschieden'). 

In  bezug  auf  die  Stellung  unterscheiden  sich  die  verschiedenen  Substanzen 
in  ihrem  physiologisch-chemischen  Verhalten  im  Organismus;  so  werden  viele 
o-Verbindungen  im  Organismus  leicht  oxydiert,  während  die  m-  und  p-Reihen 
sich  viel  resistenter  verhalten. 

So  ist  von  den  isomeren  Dioxybenzolen  die  o-Verbindung  Brenzcatechin 
in  Analogie  mit  dem  Verhalten  außerhalb  des  Organismus,  im  Tierkörper 
leichter  zerstörbar  als  die  m-  und  p-Verbindung  [Hydrochinon,  Resorcin^)]. 

Desaminierung  und  Aminierung. 

In  vielen  Fällen  vermag  der  Organismus  N-haltige  Substanzen  zu  des- 
aminieren,  ein  Vorgang,  welcher  zuerst  von  S.  Fränkel')  für  die  Bildung 
von  Kohlenhydraten  aus  Eiweißspaltungsprodukten  (Aminosäuren)  behauptet 
wurde.  Für  solche  Desaminierungen  sind  zahlreiche  Beispiele  bekannt  (siehe 
Kapitel  Oxydationen). 

Aus  Diphenylamin    p'„5>NH    wird     im     Organismus     p-Oxydiphenyl 

'-»^'^CeHs  (4)     >■ 

1)  R.  Cohn,  HS.  30,  215  (1895).  =)  Max  Dohrn,  BZ.  43,  240  (1912). 

ä)  J.  Schmid,  Zentralbl.   f.  inn.  Med.   1905,  Nr.  3. 

«)  Liebigs  Annalen  d.  Chemie   135,  9.  ^)  E.  Friedmann,  BZ.  35,  49  (19U). 

«)  HS.  36,  453  (1902).  ')  Ernst  Sieburg,  BZ.  43,  280  (1912). 

8)  B.  Cohn,  HS.   IT,  295  (1893).  »)  M.  f.  C.   19,  747  (1898). 

")  Klingenberg,  Diss.  Rostock  (1891). 


Reduktionen.  1  g  1 

Aus  Tyxosin  ^)  und  Phenylalanin  ^)  entsteht  beim  Alkaptonuriker  Homo- 
gentisinsäure.  Aus  Serin  («-Aminomilchsäure)  entsteht  Milchsäure 3).  Aus 
Phenylaminoessigsäuxe  entsteht  im  Organismus  Phenylessigsäure*)  und  Phenyl- 
glykolsäure.  «-/S-Diaminoproi3ionsäure  ■wird  im  Organismus  zu  Glycerinsäure : 
CHjCNHa)  — CH.(NH2)  — COOH  zu  CH2(0H)  — CH(OH)— COOHS).  Über- 
haupt geht  die  Oxydation  der  Aminosäuren  unter  Desaminienmg  vor  sich. 
Der  Prozeß  ist  zum  Teil  reversibel,  denn  es  können  auch  Aminierungen  im 
Organismus  zustande  kommen,  wie  sie  F.  Knoop  und  Kerteß  bei  Keto- 
säuren  beobachtet  haben,  dann  Embden  und  Schmitz*)  bei  Durchblutimg 
von  Leber  mit  den  Ketosäuren,  welche  dem  Phenjdalanin,  Tyrosin  und  Alariin 
entsprechen.  Aus  den  Ammonsalzen  dieser  Ketosäuren  bildet  die  Leber  die 
entsprechenden  Aminosäuren . 

/)-Indol-pr-3-äthylamin  geht  beim  Durchblutungsversuch  in  ^-Indol-pr-3- 
essigsäure,  beim  Füttern  in  Indolacetursäure  über.  Kynurensäure  bildet  sich 
nicht '). 

Nach  den  Angaben  von  M.  Guggenheim  und  W.  Löffler  werden  Iso- 
amylamin,  Phenyläthylamin,  p-Oxyphenyläthylamin,  Indolyläthylamüi  imd 
/)-Imidazolyläthylamin  im  Organismus  durch  Desamidierung  und  Oxydation  ent- 
giftet ;  als  Endprodukte  dieser  Vorgänge  resultieren  Carbonsäuren  der  gleichen 
Kohlenstoffzahl  wie  die  der  entgifteten  Amine.  Aus  Isoamylamin  entsteht  Iso- 
valeriansäure,  aus  Phenyläthylamin  Phenylessigsäure,  aus  p-Oxyphenyläthyl- 
amin  p-Oxyphenylessigsäure,  aus  Indolyläthylamin  Indolylessigsäxire ;  der  Nach- 
weis der  /)-Imidazolylessigsäure  aus  /)'-Imidazolyläthylamin  ist  bis  jetzt  nicht 
gelungen.  Die  Zwischenprodukte  bei  der  Oxydation  der  Amine  zu  den  Carbon- 
säuren sind  die  entsprechenden  Alkohole  wie  Isoamylalkohol,  Phenyläthylalkohol, 
p-Oxyphenyläthylalkohol  ^). 

Reduktionen. 

Reduzierende  Wirkungen  übt  der  Organismus  in  manchen  Fällen  aus. 
So  wird  Chloral  CCI3  •  CHO  zu  Trichloräthylalkohol  CCI3  •  CH2  •  OH  reduziert"), 
eine  schwierige  Reduktion,  welche  man  künstlich  nur  mittels  Zinkäthyl  nach- 
machen  kann.     Ebenso    wird    Butylchloral   zu  Trichlorbutylalkohol. 

Chinon  OC<Q-g- ^  gQ>CO   wird  im  Organismus  vorerst  zu  Hydrochinon 

reduziert  i").  Hierbei  tritt  aber  als  physiologische  Wirkung  ein  rasches  Auf- 
hören der  Lebensfunktionen,  sowie  rasche  Braunfärbung  der  Gtewebe  ein.  Es 
zeigt  sich  eine  starke  Reizung  der  Nerven,  welche  sich  in  Schmerzäußerungen 
erkennen  läßt.  Im  Harn  der  vergifteten  Tiere,  welche  auch  eine  schwere  Schädi- 
gung des  Intestinaltraktes  zeigen,  findet  sich  Hydrochinonglykirronsäure. 
Ahnhch  verhält  sich  Toluchinon  C6H3(CH3)02  .  Trichlorchinon  und  Tetrachlor- 
chinon  (Chloranil  C5CI4O2)  gleichen  sich  in  ihren  zerstörenden  Wirkmigen  auf 
das  Blut.  Größere  Dosen  Chloranil  erzeugen  Durchfall.  Im  Harne  findet  sich 
Tetrachlorhydrochinonglykuronsäure  und  die   Ätherschwefelsäure  des   Tetra- 

»)  Wolkow  und  Baumann,  HS.   15,  228  (1891). 
2)  Falta  und  L.  Langstein,  HS.   37,  513  (1903). 

')  L.  Langstein  und  C.  Neuberg,  Engelmanns  Arch.  1903.    Suppl.  514.    S.  femer 
S.  Lang,  HB.  5,  321  (1904)  und  Rachel  Hirsch,  Zeitschr.  f.  experim.  Pathol.  u.  Ther.  I. 
*)  Nencki,  1.  c.  ^)  HS.  43,  59  (1904).  «)  BZ.  39,  423  (1910). 

')  A.  J.  Ewins  und  P.  P.  Laidlaw,  Biochemical  Jo\irn.   7,   18. 
«)  BZ.  73,  325  (1916). 

ä)  HS.  6,  440  (1882).  —  BB.  15,  1019  (1882).  —  Pflügers  Arch.  38,  506  und  33,  221. 
")  Otto  Schulz,  Diss.  Rostock  (1892). 


182  Veränderungen  der  organischen  Substanzen  im  Organismus. 

chlorhj'drochinons.  Chlorauilsäure  oder  Dichlordiosychinon  CgQ2(OH)2  +  3  HoO 
wirkt  nicht  schädlich.  Im  Harne  findet  sich  Hydrochloranilsäure  mit  Glykuron- 
säure  gepaart.  Chloranilaminsäure  CgClo02(NH2)  •  OH  -)-  3  HoO  scheint  im 
Tierkörper  vorerst  in  Chloranilsäure  verwandelt  zu  werden,  welche  dann  weiter 
zu  Hj'drochlora nilsäure  reduziert  wird. 

Chinasäure  CgH,  •  C00H(H0)4  geht  im  Organismus  in  Benzoesäure 
über,  was  nur  durch  Reduktion  möghch  ist  ^).  Benzaldehyd  wird  nach  Ver- 
fütterung  bei  Hunden  zum  Teil  als  Benzylglykuronsäure  ausgeschieden,  die 
sich  in  Benzylalkohol  CgHg  •  CHj  •  OH  und  Glykuronsäure  spalten  läßt.  Auch 
Benzoesäure  liefert  höchst  wahrscheinlich  Benzj'lglj'kuronsäure  ^). 

Ungesättigte  Säuren  können  im  Tierkörper  in  gesättigte  übergeführt 
werden.  — CO-  und  — CHOH-Gruppen  können  zu  Methylengruppen  reduziert 
werden.  Die  Gesetzmäßigkeiten  über  den  Abbau  von  Säuren  werden  durch 
die  Anwesenheit  von  Carbonylgruppen  oder  Doppelbindungen  in  dem  vom 
Carboxyl  entfernten  TeU  eines  Säuremoleküls  nicht  beeinträchtigt ;  dort  scheinen 
vielmehr  reduktive  Prozesse  leichter  einzusetzen  als  in  der  Xachbarschaft  der 
Carboxylgruppe . 

Ferner  wird  in  einigen  seltenen  Fällen  die  Xitrogruppe  zu  einer  Amino- 
gruppe  reduziert.  Beim  m-  und  p-Xitrobenzaldehyd  wird  die  Aldehydgruppe 
zur  Carboxylgruppe  oxydiert,  die  Nitrogruppe  zur  Aminogruppe  reduziert, 
es  tritt  noch  eine  Acetyüerung  am  Aminorest  ein,  so  daß  das  Resultat  dieser 
differenten  Verwandlungen  Acetylaminobenzoesäure  CHg  •  CO  •  NH  •  C^H^  •  COOH 
ist.    Also  drei  differente  Prozesse  an  einem  eingeführten  Körper^). 

Die  Fälle  der  Reduktion  einer  Nitrogruppe  zu  einer  Aminogruppe  können 
diu-chaus  nicht  generaüsiert  werden,  häufig  wird  die  Xitrogruppe  nicht  zu 
einer  Aminogruppe  reduziert,  z.  B.  nicht  bei  der  m-Xitrobenzoesäure. 

N.  Sieber  und  Smirnow*)  fanden  beim  Hunde,  daß  alle  drei  Xitro- 
benzaldehyde  im  Organismus  zu  den  entsprechenden  Xitrobenzoesäuren  oxydiert 
werden.  Ausgeschieden  wird  p-Xitrobenzoesäure  als  p-nitrohippursaurer  Harn- 
stoff, m-Xitrobenzoesäure  als  m-Xitrohippursäure  imd  o-Xitrobenzoesäure  ohne 
jede  Paarung. 

Es  scheinen  also  bei  derselben  Substanz  zwei  differente  Verwandlungen 
nebeneinander  zu  laufen. 

E.Meyer*)  fand,  daß  Xitrobenzol  in  p-Xitrophenol  und  dann  in  p-Amino- 
NO,         NO,  NH, 


phenol  übergeht,  ll~*[l~*IJ>  welches  sich  mit  Glykuronsäure  psiart. 

OH  OH 

Auch  m-Nitrophenol  wird  im  Organismus  des  Kaninchens  zum  TeU  zu  m-Amino- 
NOj  NHj 

phenol  reduziert,  f  J__  ->■  f  Jj-,tt-  o-Xitrophenol  wird  unverändert  aus- 
geschieden*). Beim  Kaninchen  wird  aus  m-Xitrobenzaldehyd  m-Acetyl- 
aminobenzoesäiire   '^«Hi^coOH  '    31 '  *-^^^  Hund  dagegen  bildet  aus  dem 

gleichen  Aldehyd  m-Nitrohippursäure'). 

1)  Chem.  Ztg.   Rep.    1902/220. 

^)  Inaug.-Diss.  v.  Konrad  Liebert  (Jaff6),  Königsberg  (1901). 

ä)  R.  Cohn,  HS.   17,   285  (1893).  *)  M.  f.  Ch.  8,  88  (1887). 

=)  E.  Meyer,  HS.   46,  502  (1905). 

«)  E.  Bau  mann  und  Herter,  HS.  1,   252  (1877). 

')  R.  Cohn,  HS.   n,  285  (1893). 


Synthesen  im  Organismus.  183 

o-NitrophenylpropioIsäure    C8Hj<jj^    "  Jg'  wird  im  Organismus  zu 

ludoxylschwefelsäure  verwandelt  *),  was  wohl  in  der  Weise  gedeutet  werden 
kann,  daß  o-Nitrophenylpropiolsäure  erst  zu  Indoxylsäure 

C(OH) 
CgHj/'^C  ■  COOH 
NH 
reduziert  wird,  welche  sodann  CO»  abspaltet  und  in  Indoxyl 

/C(OH)^ 
^«"«x  NH  /^^ 

übergeht,  das  sich  dann  mit  Schwefelsäure  paart. 

Ein  weiterer  Fall  von  Reduktion  der  Nitrogruppe  ist  die  partielle  Reduktion 
der  Pikrinsäure  (Trinitrophenol)  CgH2(N02)3  •  OH  zu  Pikraminsäure  (Dinitro- 
aminophenol)  CgH2(N02)2  •  (NHj)  •  OH^)  im  Organismus. 

Weiter  kennen  wir  eine  Reihe  von  Reduktionen  von  Farbstoffen  zu  ihren 
Leukoverbindungen  durch  die  Untersuchungen  von  P.  Ehrlich,  H.  Dreser 
und  F.  Röhmann. 

Die  Organe  enthalten  ein  Nitrate  reduzierendes  Ferment,  Chlorate  werden 
nicht  reduziert,  Bromate  wenig,  Jodate  aber  reichlich.  Jodoanisol  wird  zu 
Jodanisol,  lösliches  Berlinerblau  wird  zu  DikaUumferroferrocyanid  reduziert*). 

Synthesen  im  Organismus. 

Paarmig  im  Organismus.   (Entgiftung  durch  Paarung.) 

Außer  diesen  meist  oxydativen  und  Reduktionsvorgängen  kommt  es 
im  Organismus  zu  einer  Reihe  von  Synthesen,  welche  hauptsächlich  giftige 
Substanzen  entgiften,  eine  Funktion,  welche  der  Organismus  schon  bei  den 
Oxydationen,  die  wir  soeben  besprochen  haben,  durchführt.  Diese  Syn- 
thesen schaffen  haujitsächlich  durch  Anlagerung  saurer  Reste  aus  Alko- 
holen und  Phenolen  gepaarte  saiu-e  Verbindimgen,  die  physiologisch  wenig 
wirksam  oder  unwirksam  smd  und  in  diesem  leicht  lösHchen  Zustande  als 
Salze  durch  den  Harn  leicht  eliminiert  werden  können.  Zu  dieser  Paarung 
wird  vor  allem  die  aus  dem  Eiweiß  durch  Oxydation  des  Schwefels  ent- 
stehende Schwefelsäure  verwendet,  welche  aus  noch  so  giftigen  Verbindungen 
die  im  Organismus  indifferenten  Ätherschwefelsäuren  bildet*).  Neben  dieser 
die  Hauptrolle  spielenden  Paarung  tritt  bei  einer  Reihe  von  später  zu  besprechen- 
den Substanzen  die  Paarung  mit  Glykiu-onsäure  auf.  Die  Glykuronsäure  ist 
das  erste  Oxydationsprodukt  des  Traubenzuckers,  aber  anscheinend  nur  dann, 
wenn  der  Zucker  zuvor  eine  glykosidartige  Verbindmig  eingegangen,  bei  welcher 
die  Aldehydgruppe  des  Zuckers,  welche  mit  einem  Phenolhydroxyl  reagiert 
hat,  verdeckt  wird.  Gewisse  Substanzen  paaren  sich  nur  mit  ihr;  bei  anderen 
tritt  sowohl  eine  Paarung  mit  Schwefelsäure,  als  auch  mit  Glykuronsäure  ein; 
bei  letzterer  meist  erst  daiui,  wemi  die  zur  Paarmig  disponible  Schwefelsäure 
verbraucht  ist.  Vielfach  gehen  die  Substanzen  gleichzeitig  die  Paarung  mit 
Schwefelsäure  und  Glykuronsäure  ein. 

»)  G.  Hoppe-Seyler,  HS.  T,  178  (1882). 

')  Rymsza,  Diss.  Dorpat  (1889).  — Walko,  AePP.  46,   181  (1901). 

')  D.  F.  Harris  und  W.  Moodi,  Journ.  of  physiol.  34,  32.  —  Biochemical  Journ.  1, 
365  (1906). 

*)  Zuerst  wurde  diese  Paarung  beim  Phenol  von  Bau  mann  und  Herter,  HS.  1, 
247  (1877)  und  BB.  9,  1389  (1876)  beobachtet,  welche  zeigten,  daß  dieses  als  phenoläther- 
schwefelsaures  Kali  CjHj  •  O  •  SOj  •  OK  den  Organismus  verläßt. 


1Q4:  Veränderungen  der  organischen  Substanzen  im  Organismus. 

Die  Bildung  von  Glykosiden  bei  der  Paanuig  im  Organismus  macht  den 
Paarling  schwer  diosmierbar,  da  das  Glykosid  nur  sehr  schwer  in  Zellen  ein- 
treten kann.  Es  bildet  sich  ein  im  Oi-ganismus  durch  die  in  ihm  enthaltenen 
Fermente  nicht  spaltbares  /^-Glykosid. 

Durch  die  Paarmig  wird  der  Paarung  so  verändert,  daß  das  Paarungs- 
produkt die  Oberflächenspannung  des  Wassers  nicht  mehr  beeinflußt,  der  Paar- 
ling somit  seine  Oberflächenaktivität  verliert. 

Benzoesäure  erniedrigt  die  Oberflächenspannxmg  des  Wassers  sehr  wesent- 
lich, während  Hippursäure  sie  nicht  beeinflußt.  GlykokoU  beeinflußt  sie  kaum. 
Menthol  setzt  die  Oberflächenspannmig  des  Wassers  sehr  stark  herab,  Menthol- 
glykuronsäure  viel  schwächer,  noch  geringer  ist  die  Wirkung  der  Salze  der 
Mentholglykuronsäure. 

Phenolsulfosäure  erniedrigt  viel  weniger  die  Oberflächenspannung  des 
Wassers  als  Phenol. 

Auch  durch  Oxydation  des  Phenols  wird  ein  Reaktionsprodukt  geschaffen, 
welches  die  Oberflächenspaimung  des  Wassers  wenig  verändert.  Breuzcatechin 
imd  Hydrochinon  vermindern  die  Oberflächenspamimig  des  Wassers  viel  weni- 
ger als  Phenol  ^). 

Nicht  alle  Glykuronsäureverbindungen  sind  aber  nach  dem  gewöhnhchen 
Typus  des  /^-Glykosids  gebaut.  p-Dimethylaminobenzaldehyd  wird  z.  B.  vom 
Kaninchen  zu  p-Dimethylaminobenzoesäure  oxydiert  und  mit  Glykiuronsäure 
verbimden  ausgeschieden.  Diese  Glykuronsäure  reduziert  im  Gegensatze  zu 
den  sonstigen  gepaarten  Glykuronsänren  Fehlingsche  Lösung.  Sie  ist  wahr- 
scheirdich  nach  folgendem  esterartigen  Typus  gebaut: 

OH  ' ° 

J^^3>  jj  .  C5H4  •  CO  •  CH  .  CH(OH)  •  CH(OH)  ■  CH  •  CH(OH)  •  COOH . 

Primäre  und  sekundäre  Alkohole  werden,  wemi  sie  nicht  der  Oxydation 
anheimfallen,  partiell  mit  Glykuronsäure  gepaart,  aber  diese  Synthese  geht 
beim  Hunde  viel  schwächer  vor  sich  als  beim  Kaninchen. 

Man  unterscheidet  zwei  Klassen  von  Glykuronsäureverbindungen :  Die  gluco- 
sidischen  und  die  Esterglucuronsäuren.  Ersterer  kommt  höchstwahrscheinlich 
die  Konstitution  cg  .  qr 

HCOH 
i 
HOCH 

HC 

I 
HCOH 

I 

COOH 

der  Esterklasse  vielleicht  z.  B.  der  Benzoeglucuronsäure  die  Konstitution 

CH 


COOH 


»)  L.  Berczeller,  BZ.  84,  75  (1917). 


Synthesen  im  Organismus.  Jg5 

ZU.  Zu  letzterer  Klasse  gehört  Dimethylaminobenzoeglucuronsäure,  vielleicht 
auch  Salicylglykuronsäure,  vielleicht  auch  die  Mercaptursäureglykuronsäure. 
Sie  reduzieren  Fehlingsche  Lösung  ohne  Säurespaltung. 

Trimethyläthylen  (Pental)  und  Octylen  (Caprilen)  werden  im  Organismiis 
so  verändert,  daß  sie  unter  Lösung  der  doppelten  Bindung,  also  Reduktion 
und  Aufnahme  von  Wasser,  in  die  entsprechenden  Alkohole,  also  zugleich 
Oxydation  übergehen  imd  sich  dami  paaren  i).  Alle  tertiären  Alkohole  paaren 
sich  mit  Glykuron säuren,  während  verschiedene  primäre  und  sekimdäre,  ein- 
und  zweiwertige  Alkohole  nicht  imstande  sind,  die  Glykuronsäurepaarung  ein- 
zugehen. Tertiäre  Alkohole  werden  aber  nur  von  Kaninchen,  nicht  aber  vom 
Himd  oder  Menschen  gepaart.  Tiere,  welche  die  tertiären  Alkohole  nicht  an 
Glykuronsäiure  bmden,   scheiden  diese  vollständig  durch  die  Atmung  aus^). 

Die  Chloralose  wird  durch  den  Hund  im  Harn  teils  als  solche,  teils  in 
der  Form  einer  neuen  Glykuronsäureverbindmig,  der  nicht  krystallisierbaren 
Chloraloseglykuronsäure,  ausgeschieden.  Die  Bildung  dieser  Säure  spricht 
nicht  zugunsten  der  Hypothese  von  Sundwik  und  Emil  Fischer  über  den 
Mechanismus  der  Ghiciuronsäurepaarung.  Die  Chloralose  spaltet  sich  im 
Organismus  nicht  in  Chloral  und  Glucose,  die  phj^siologische  Wirkung  des 
Körpers  kommt  daher  ihm  selbst  zu ;  sie  ist  nicht  dem  in  seinem  Molekül  ent- 
haltenen Chloral  zuzuschreiben,  eine  Folgerung,  welche  sich  bereits  aus  der 
physiologischen  Untersuchung  der  Chloralose  ergibt^). 

Aber  nur  ein  Teil  der  verfütterten  paarungsfähigen  Substanzen  paart  sich 
wirklich  mit  Schwefelsäure  und  Glykuronsäure.  Je  giftiger  die  Substanz  ist,  desto 
mehr  wird  durch  Paarung  entgiftet  und  aus  dem  Organismus  weggeschafft.  So 
beobachtete  G.  A.  Pari  bei  Verfüttenmg  der  isomeren  Campher,  daß  der 
1-Campher,  welcher  unter  den  drei  Isomeren  der  giftigste  ist,  mehr  als  die 
beiden  anderen  sich  mit  Glykuronsäure  paart  und  in  dieser  migiftigen  Verbindung 
weggeschafft  wird. 

Die  o-Verbindungen  verhalten  sich  den  sjmthetischen  Prozessen  im  Orga- 
nismus gegenüber  bemerkenswert  verschieden. 

Bei  Verfütterung  von  Racemkörpern  werden  diese  vor  der  Paarung  mit 
Glykuronsäiu-e  in  ihre  optisch-aktiven  Komponenten  gespalten.  Nur  Methyl- 
äthylpropylcarbinol  paart  sich,  ohne  gespalten  zu  werden*). 

Es  kami  auch  der  Fall  eintreten,  daß  eine  Gruppe  im  Organismus  zu 
Carboxyl  oxydiert  wird  mid  doch  die  gebildete  Carbonsäure,  wemi  ein  freies 
Hydroxyl  vorhanden,  die  Schwefelsäurepaarung  emgeht. 

OTT  •■ 

VaniUin  z.  B.  H3C  ■  O  ■  C5H3<j-,jj„  erscheint  im  Harn  zum  Teil  als  Äther- 

TTOOP 

schwefelsäiu-e  der  Vanillinsäure  g- (^Q>CjH3  •  O  •  SO3H  5).      Es    wird    nämlich 

im  Organismus  VaniUin  zur  Vanillinsäure  oxydiert  und  die  letztere  zum  Teil  mit 

Schwefelsäure,  zum  Teil  mit  Glykuronsäure  gepaart,  \and  zwar  als  Glykuro- 

vaniUinsäure 

COOH 

O 

ausgeschieden  *) . 


OH 
0-CH  —  C  —  c— C— C  —  COOH 
H      ÖhH      H 

•)  Otto  Neubauer,  AePP.  46,   149  (1901). 

^)  J.Pohl,  AePP.   Supplement   1908,  Sclimiedeberg-Festsclirift  427. 

')  Tiffeneau,  C.  r.   160,  38  (1915).         *)  A.  Magnus  -  Le  vy,  BZ.  3,    319  (1907). 

*)  Preuße,  HS.   4,  209  (1880).  «)  Y.  Kotake,  HS.  45,  320  (1905). 


]  86  Veränderungen  der  organischen  Substanzen  im  Organismus. 

Alle  Substanzen,  -welche  im  Organismus  zu  Benzoesäure  oxydiert 
werden,  paaren  sich  mit  Aminoessigsäure,  dem  Glykokoll,  zu  Hippursäure 
CjHg  •  CO  •  NH  •  CH2  •  COOH  .    Diese  Paanmg  ist  zugleich  eine  Entgiftung.   So 

Cl 

ist  z.  B.  p-Chlorhippursäure    [    ]  irm  ein  \delfaches  weniger  giftig 

CI       v 

CO  •  NH  •  CH,  ■  COOH 


als  p-Chlorbenzoesäure  I     I     '■). 


COOH 

Phenylessigsäure  paart  sich  beim  Menschen  zu  Phenj'lacetylglutamin  und 
Phenj'lacetylglutaminharnstoff^).  Die  Darmfäulnis  vnid  durch  Einnahme  von 
Phenylessigsäure  stark  herabgesetzt.  Unabhängig  von  der  Höhe  der  Dosis  wird 
aUemal  etwa  50%  der  Säure  durch  Verbindung  mit  Glutamin  entgiftet^). 

Phenylessigsäure  wird  beim  Affen  ebenso  wie  bei  den  niederen  Tieren  in 
Verbindmig  mit  GlykokoU  ausgeschieden  (Phenacetursäure),  während  sie  beim 
Menschen  an  Glutaminsäure  gebunden  im  Harn  erscheint.  p-Oxybenzoesävire 
wird  beim  Affen  zu  50 — 60%  als  freie  Säure  im  Harn  gefunden,  bei  niederen 
Tieren  ist  es  nach  älteren  Versuchen  ebenso,  während  beim  Menschen  ein  Teil  au 
GlykokoU  gebmiden  wird.  Einen  analogen  Unterschied  zeigt  das  Verhalten  der 
p-Oxyphenylessigsäure.  Sie  paart  sich  zum  Teil  bei  Tieren,  während  beim  Men- 
schen p-Oxyphenylessigsäure  im  Harn  ausschheßlieh  als  freie  Säure  erscheint*). 

Neben  diesen  drei  Paarungen  mit  Säuren  (Schwefelsäure,  Glj'kuronsäure, 
Aminoessigsäure)  soll  auch  noch  eine  Paarung  mit  Phosphorsäure  auf- 
treten, die  jedoch  nicht  sicher  festgestellt  ist. 

Eine  weitere  Synthese  ist  die  Anlagerung  einer  Sulfhydrj-lgruppe  zur  Ent- 
giftxmg  bei  den  Cyanderivaten.  Es  werden  sowohl  die  Blausäure  selbst,  als 
auch  die  Nitrile  in  Rhodanderivate  übergeführt^).  Der  Organismus  bedient 
sich  hierzu  der  im  Eiweiß  (Cj-stingruppe)  vorhandenen  SuLfhydrylgruppe. 

Acetylierungen,  Methylierungen. 

Im  Organismus  verlaufen  noch  andere  Sjaithesen.  So  tritt  in  mehreren 
Fällen  eine  AcetyUerung  auf:  wenn  man  Halogenbenzol,  z.  B.  Brombenzol 
Br  •  CgHg  an  Hunde  verfüttert,  so  findet  man  im  Harn  eine  mit  Halogenphenyl- 
mercaptursäure  gepaarte  Glykuronsäure,  z.  B.  Bromphenylmercaptursäure,  d.  i. 
Bromphenylacetylcystein  ^). 

CHj  •  S  •  CqH^  ■  B4 

H  •  C  ■  NH  ■  CO  ■  CH3 

COOH 

Ein  zweiter  Fall  ist  das  Auftreten  der  m-Acetylaminobenzoesäure,  die 
nach  Verfüttenmg  von  m-Nitrobenzaldehyd  nach  der  Untersuchung  von 
R.  Cohn')  entsteht. 

Aus  m-Nitrobenzaldehyd,  p-Nitrobenzaldehyd,  p-Aminobenzaldehyd  und 
p-Aminobenzoesäure  erhält  man  beim  Kaninchen  m-Acetylaminobenzoesäure, 


1)  H.  Hildebrandt,  HB.  3,  370  (1903). 

»)  H.  Thierfelder  und  C.  P.  Sherwin,  HB.  41,   2630  (1914). 

')  Carl  P.  Sherwin,  Max  Wolf  imd  William  Wolf,  Joum.  of  biol.  ehem.  37,  113 
(1918).  *)  Carl  P.  Sherwin,  Joum.  of  biol.  ehem.  36,  309  (1918). 

S)  AePP.  34,  247,  280. 

«)  E.  Baumann  und  Preuße,  HS.  5,  309  (1881).  —  BB.   12,  806  (1879). 
')  HS.   n,  285  (1893)  und  18,   132  (1894). 


Synthesen  im  Organismus,  187 

bzw.  aus  den  drei  letzteren  p-Acetylaminobenzoesäure.  Sehr  erheblich  war  die 
Ausbeute  bei  dem  Versuche  mit  p-Aminobenzaldehyd  und  p-Aminobenzoesäure*) 

Die  Acetylienmg  im  Organismus  sprechen  F.  Knoop  und  E.  Kerteß^) 
für  einen  Prozeß  an,  bei  dem  Brenztraubensäure  beteihgt  ist. 

F.  Knoop  und  E.  Kerteß  haben  eine  Aminierung  und  zugleich  Acety- 
lierung  bei  Verfütterung  von  j'-Phenyl-a-aminobuttersäure  beobachtet.  Es 
wurden  von  der  Säure  56%  nicht  wiedergefunden,  20%  wurden  acetyliert,  11% 
unverändert  ausgeschieden,  12%  zur  a-Ketosäure  oxydiert,  von  denen  6,5%  zur 
Oxysäure  reduziert,  5.5%  weiter  zu  Benzoesäure  abgebaut  waren.  Verfüttert  man 
die  Ketosäure,  so  erhält  man  sowohl  die  d-Oxysäure  als  auch  die  Acetylamino- 
sävire.  Die  Acetylierung  wird  im  Organismus  durch  Verabreichung  essigsaurer 
Salze  erhöht.  Acetessigsäure  und  Brenztraubensäure  steigern  die  Acetylierungs- 
vorgänge;  es  erschemt  deshalb  wahrscheinlich,  daß  tatsächlich  Brenztrauben- 
säure und  Acetessigsäure  im  Organismus  über  Essigsäure  abgebaut  werden^). 

Eine  Acetylierung  einer  optisch-aktiven  Komponente  beobachtete  H.  D. 
Da  ki  n.  Nach  der  Verabfolgung  großer  Mengen  inaktiven  p-Methylphenylalanins 
ließ  sich  aus  dem  Hani  eines  Alkaptonurikers  in  geringer  Menge  d-Acetyl-p-me- 
thylphenylalanin  isolieren,  während  normale  Individuen  es  völlig  verbrennen^). 

Wir  kennen  auch  mehrere  Fälle  der  Anlagerung  der  Methylgruppe  im 
Organismus.  Der  eine  ist  das  von  F.  Hofmeister  beobachtete  Auftreten  von 
Tellurmethyl  nach  Verfütterung  von  telluriger  Säiu-e^).  eine  Beobachtung, 
die  aber  nur  durch  den  Geruch,  nicht  aber  durch  die  Analyse  gemacht  wurde. 
Namentlich  die  drüsigen  Organe,  insbesondere  die  Hoden,  vermögen  viel 
Tellurmethyl  zu  bilden.  Seleiu'ge  Säure  gibt  in  gleicher  Weise  Selenmethyl. 
Der  zweite  Fall  ist  das  Auftreten  von  Methylpyridylammoniumhydroxyd 
OH  •  CHj  •  NC5H5  nach  Verfüttern  von  Pyridin  an  Hunde*).  Pyridin  wird  vom 
Hunde  methyhert,  nicht  aber  vom  Kaninchen'),  hingegen  aber  vom  Huhne ^). 

Nicotiasäure  geht  beim  Hund  durch  Methyherung  und  Betainbildung  in 
Trigonellin  über.  Trigonellin  wird  von  Kaninchen  und  von  Katzen  unverändert 
im  Harn  ausgeschieden. 

H.  Hilde brandt')  beobachtete  eine  weitere  Methylierung  im  Tierkörper. 
Kondensationsprodukte  von  Piperidin  mit  Phenolen  und  Formaldehyd  sind 
neue  Basen,  die  dadiu-ch  charakterisiert  sind,  daß  das  Phenolhydroxyl  nicht 
in  die  Reaktion  eintritt.  Im  Organismus  des  Kaninchens  gehen  diese  Verbin- 
dmigen  Paarungen  mit  Glykuronsäure  ein,  bei  gleichzeitiger  Methylierung  am 
N  des  Piperidinringes.  Die  nach  Einführung  des  Kondensationsproduktes  aus 
Piperidin,  Thymol  luid  Formaldehyd  im  Organismus  erzeugte  Verbiiidimg  fällt 
aus  dem  Harne  krystallinisch  aus. 


C O/H 

HC^^C  •  C,H, 


i(oh) 


c 


CH 


[CH  •  OH]i 
CO 


(ho)? 


I        CH2     CH2 

CH, 


»)  A.  EUinger  und  M.  Hensel,  HS.   91,   21    (1914).  ^)  HS.   II,  252  (1911). 

^)  Marie  Hensel,  HS.   93,   401   (1915).  ■*)  Journ.   of  biol.  ehem.   9,   151   (1911). 

^)  AePP.  33,  198(1894).     «)  W.  His,  AePP.  33,  253  und  R.  Cohn,  HS.  18.  116  (1894). 
')  HS.  59,  32  (1909).  ^)  HS.  63,   118  (1909).  »)  AePP.  44,  278  (1900). 


188 


Veränderungen  der  organischen  Substanzen  im  Organismus. 


Die  Aldehydgrnppe  der  Glykuronsäure  paart  sich  mit  dem  in  p-Stellung 
befindlichen  Phenolhydi'oxyl,  ferner  addiert  sich  Methylalkohol  an  den  tertiären 
Stickstoff,  und  die  dabei  entstehende  quaternäre  Ammoniumhydroxydbase 
spaltet  mit  der  Carbosylgruppe  der  Glykuronsäiire  Wasser  ab. 

Bei  der  Spaltung  mit  Mineralsäure  bildet  sich  das  Ammoniumhydroxydsalz 
der  Säure,  z.  B.  Salzsäure,  in  welchem  beim  Behandeln  mit  Alkahen  unter  Ab- 
spaltung von  Säure  eine  chinonartige  Bindung  zwischen  dem  tertiären  Stickstoff 
und  dem  Phenolsauerstoff  stattfindet. 


HcAc  •  C3H, 
H3C  •  Cl^CH 
C 


O   H 

Cl 


CHo  CHo 


CH, 


Glykocyamin  (Guanidinessigsäure)  geht  im  Kaninchenorganismus  durch 
Methyherung  in  Kreatin  über^).  Im  Organismus  des  Himdes  tritt  diese  Synthese 
nicht  ein. 

Zu  erwähnen  ist  noch  die  (wahrscheinliche)  Methyherung  des  Qiinins  nach 
seiner  Oxydatiol^  im  Organismus  ^). 

J.  Pohl  beobachtete  Methylierung  oder  Athylierung  nach  Aufnahme  von 
Thiohariistoffs)  SC<^2      ^g  ^j-^  j^  ^[^j.  Expirationsluft  Methyl-  oder  Äthyl- 


sulfid ^gä>s^ 


P  TT 

p,-jj°>S    auf  (wahrscheinlich  letzteres). 


Dimethylthiohamstoff  und  Thiosinamin  erzeugen  die  gleiche  Erscheimmg, 
hingegen  nicht  Thiocarbazid. 

Im  Hundeharn  fanden  C.  Neuberg  und  Großer*)  Diäthylmethylsul- 
finiumhydroxyd  (02115)28(0113)  •  OH,  deren  Entstehung  in  der  Weise  erklärt 
wird,  daß  das  bei  der  Cystinfäulnis  entstehende  Äthylsulfid  durch  Methylierung 
entgiftet  wird,  wobei  es  in  die  Schwefelbase  übergeht. 

Entmethylierungen  werden  häufig  im  Organismus  beobachtet.  So 
entstehen  aus  Trimethylxanthin  entmethylierte  Xanthiiie,  aber  diese  Ent- 
methylierung  hat  ihre  Grenzen,  denn  bei  Verfüttcrung  von  mehr  zu  entmethy- 
lierender  Substanz  wird  ein  Teil  luiverändert  im  Harn  gefunden.  Methylierte 
Purinbasen  werden  anscheinend  nicht  weiter  als  bis  zu  den  Monomethylderivaten 
abgebaut,  da  nach  Trimethylxanthinfütterung  keiner  der  Beobachter  im  Harne 
Xanthin  finden  konnte.  1.7-Dimethylamino-8-aminoxanthin  spaltet  eine  Me- 
thylgruppe in  der  Stellung  1  beim  Passieren  des  menschlichen  Organismus  ab, 
so   daß    7-Methylamino-8-aminoxanthin  resultiert^).    Der  Ort  der  Entmethy- 


1)  M.  Jaffö,  HS.  48,  430  (1903).  ^j  Adolf  Merkel,  AePP.  4T,   165  (1902). 

3)  AePP.  51,  341   (1904).  *)  Zentralbl.  f.  Physiol.  19,  316. 

5)  Forsohbach  und  S.  Weber,  AePP.  56,   186  (1907). 


Synthesen  im  Organismus.  189 

lierung  ist  beim  Hund  und  beim  Kaninchen  verschieden,  beim  Kaninchen 
findet  man  nach  Coffeingaben  im  Harne  1.7-Dimethyl-2.6-dioxypurin  und 
1  Methyl-  sowie  7-Methyl-2.6-dioxypiirin,  beim  Hund  ist  es  umgekehrt.  Es 
entsteht  Theophyllin  1.3-i)imethyl-2.6-dioxypurin  und  3-Methyl-2.6-dioxypurin, 
so  daß  die  7-Methylgruppe  am  meisten  angreifbar  ist.  Entmethylienmgen  be- 
obachtete man  beim  Dimethylaminotoluidin  und  Benzbetain,  sowie  Dimethyl- 
amiuobenzaldehyd,  welches  in  Monomethylaminobenzoesäiure  übergehen  kann. 
Pyramidon  wird  ebenfalls  im  Organismus  entmethyliert,  und  zwar  derart,  daß 
ihm  die  drei  an  den  beiden  N-Atomen  befindlichen  Methylgruppen  entzogen 
werden,  während  die  mit  Kohlenstoff  verbundene  intakt  bleibt.  Toluol  geht 
m  Benzoesäure  über. 

Nach  Darreichung  von  Mono-  oder  Dimethyldibrom-o-toluidin  an  Kanin- 
chen erfolgt  eine  vollständige  Entmethyherimg  an  der  Aminogruppe^). 

Wir  müssen  verschiedene  Arten  der  EntmethyHerung  unterscheiden.  Am 
besten  studiert  ist  die  EntmethyHerung  von  Methyl  am  Stickstoff.  Eine  weitere 
Entmethyhermig  wird  beobachtet,  wenn  die  Methylgruppe  direkt  am  Kohlen- 
stoff befestigt  ist.  Bei  aromatischen  Substanzen  wird  sie  hierbei  zur  Carboxyl- 
gruppe  oxydiert  und  eventuell  diese  abgespalten.  Ferner  kennen  wir  eine 
Entmethyliermig  von  der  Sauerstoffbindmig,  wo  Methylgruppen  abgespalten 
werden  wie  bei  der  EntmethyHerung  von  Guajacol  zu  Brenzcatechin. 


Der  Organismus  wandelt  durch  diese  verschiedenartigen  Synthesen,  durch 
Oxydationen  mid  Reduktionen  in  erster  Lhüe,  giftige  Substanzen  in  weniger 
giftige  bzw.  in  leichter  ausscheidbare  (mehr  harufähige),  doch  verhalten  sich 
die  verschiedenen  Gruppen  von  Körpern  in  bezug  auf  die  Paarvmg  und  Oxyda- 
tion, wie  wir  schon  teilweise  gesehen  haben,  verschieden.  Die  Phenole,  die  dem 
Organismus  zugeführt  werden,  oder  im  Organismus  entstanden  sind,  paaren 
sich  in  erster  Linie  mit  Schwefelsäure  mid  erst  in  zweiter  Linie  mit  Glykuron- 
säure,  wie  überhaupt  die  Paarungen  mit  Schwefelsäure  die  häufigeren  und 
wichtigeren  sind-).  Stoffe,  welche  Paarungen  emgehen,  sind  stets  giftig  und 
es  ist  deshalb  eine  der  wichtigsten  Aufgaben  des  tierischen  Organismus,  diese 
Stoffe  möghchst  rasch  in  die  ganz  oder  wenigstens  verhältnismäßig  indifferen- 
ten Paarungen  mit  GlykokoU,  Schwefelwasserstoff,  Schwefelsäure  und  Gly- 
kuronsäure  zu  überführen.  Nichtgiftige  Stoffe  paaren  sich  fast  gar  nicht. 
So  konnte  Likhatscheff   zeigen,   daß  die  fast  luigiftige  Homogentisinsäxire 

OH  (1) 

CeHj^OH  (4) 

CHj-COOH   (5) 

als  solche  im  Harne  erscheint  und  sich  im  Organismus  nicht  mit  Schwefel- 
säure verbindet.    Hingegen  verbindet  sich  die  giftige  Gentisinsäure  ^) 

OH       (1) 

CgHj^OH        (4) 

COOH  (5) 

zum  Teil  mit  Schwefelsäure,  ein  anderer  Teil  wird  unverändert  ausgeschieden. 
Das  stark  giftige  Hydrochinon  wird  bei  kleineren  Mengen  nicht  als  solches 
ausgeschieden,    sondern    nur    in    Form    von    Ätherschwefelsäuren.     Giepaarte 

1)  H.  Hildebrandt,  AePP.  65,  80  (1911). 

2)  S.  auch  O.Neubauer,  AePP.  46,   133  (1901);  HS.  33,  579  (1901). 
=)  HS.  31,  422  (189&— 1896). 


190  Veränderungen  der  organischen  Substanzen  im  Organismus. 

Verbindungen  mit  Glykuronsäure  liefern  Aldehyde,  Alkohole,  Ketone,  fette 
und  aromatische  Kohlenwasserstoffe  und  Phenole.  Aldehyde  und  Ketone 
werden  zuerst  reduziert  bzw.  oxydiert,  Kohlenwasserstoffe  zu  Alkoholeu 
oxydiert,  und  die  gebildeten  Alkohole  gehen  mit  Zucker  glykosidartige  Ver- 
bindungen ein,  welche  dann  weiter  zu  gepaarter  Glykuronsäure  oxydiert  werden 
und  so  zur  Ausscheidung  gelangen.  Von  den  aliphatischen  Alkoholen  gehen 
weder  Methyl-  noch  Äthylalkohol  solche  Verbindungen  ein,  auch  Aceton  nicht, 
denn  sie  sind  so  flüchtig  und  so  leicht  oxydabel,  daß  sie  sich  diesen  Umsetzungen 
entziehen  kömien^). 

Dichloraceton  geht  in  Dichlorisopropylalkohol  über  imd  paart  sich  zu 
Dichlorisopropylglykuronsäui'e^).  Acetessigäther  CHg  •  CO  •  CH^  •  COO  •  CgHj, 
welcher  sich  in  Aceton,  Alkohol  und  Kohlensäure  zerlegt,  gibt  kleine  Mengen 
von  Isopropylglykiu-onsäure,  Acetophenon  CH3  •  CO  •  CgHj ,  welches  nach 
M.  Nencki  der  Hauptmenge  nach  in  Benzoesäiu-e  übergeht,  gibt  bei  Ver- 
fütterung  im  Harn  eine  kleine  Menge  einer  Glykuronsäureverbmdung.  Es 
paaren  sich  überhaupt  mit  Glykiu-onsäure  folgende  Substanzen:  Chloral,  Tri- 
chloräthylalkohol,  Butylchloral,  Chloroform.  (Nach  der  Chlorofornmarkose 
tritt  im  Ham  eine  reduzierende,  nicht  flüchtige,  chlorhaltige  Säure  auf,  mög- 
licherweise eine  Glykuronsäure  Verbindung  des  Trichlormethylalkohols.)  Euxan- 
thon^),  Benzol,  Nitrobenzol,  Phenol,  Resorcin,  Hydrochinon,  Brombenzol, 
Campher«),  o-Nitrotoluol»),  Phenethol«)  C^Hs  •  0  •  C2H5,  Anisol  CgHs  •  0  •  CH3, 
Oxychinolin'),  Carbost3rtil,  Dichlorbenzol,  Xylol,  Cumol,  Terpentinöl,  o-Nitro- 
propiolsävne,  Thymol*).  (Letzteres  nur  beim  Menschen,  beim  Hmide  nicht.) 
Clilorphenol,  o-Nitrophenol,  p-Nitrophenol,  Kresol,  Azobenzol,  Hydrazo- 
benzol,  Anilin,  Indol,  Indoxyl,  Skatoxyl'),  Kairin,  Menthol^"),  Bomeol"") 
p  -  Oxyphenethol     C^Hj  ■  qj^^   =  *  '    gibt    Chinaethonsäurei^).    C'jHi<p   ^  ^    () 

NaphthoP^),  Naphthahn^^),  femer  tertiäre  Alkohole^«),  tertiärer  Butylalkohol 
und  tertiärer  Amylalkohol,  Pinakon  (teriäres  Hexylenglykol).  Nach  Paul 
Mayer^^)  paart  sich  Morjihin  mit  Glykuronsäure.  Ebenso  wird  Fenchon^'), 
Carvon^'),  Pinen,  Phellandren,  Sabinen^^)  gepaart. 

Carvon  mit  doppelter  Bindung  im  Kern  erfährt  im  Organismus  ebenso 
wie  die  carbonylhaltigen  Campherarten  eine  Oxydation  zum  Zweck  der  Paarimg 
mit  Glykuronsäure.    Außerdem  wird  ein  Methyl  zu  Carboxyl  oxydiert. 

Thujon  unterliegt  einer  Hydratation  und  teilweisen  Oxydation  eines 
Methyls^^)  zu  Carboxyl  und  dann  erfolgt  Paariuig  mit  Glykuronsäure.  Thujon 
wird   nicht,    wie   Hildebrand   angab,    zu   Oxythujon   oxydiert,   sondern  es 


')  Ausfülirliehes  über  die  gepaarten  Glykuronsäuren  siehe  bei  C.  Ne  uberg:  Der  Harn, 
Bd.  I,  437—460.     Berlin   1911   bei  J.  Springer. 

=)   Sundvvik,  Akademisk  afhandling  Helsingfors   1886.  3)  BB.  19,  2918  (1886). 

«)  Wird  vorerst  zu  Camphenol  oxydiert,  HS.   3,  422  (1879). 

^)  Dieses  geht  in  o-Nitrobenzylalkohol  vorerst  über,  HS.  3,  47  (1878). 

')  HS.   4,   296  (1880);   13,   181   (1889). 

')  HS.  38,  439  (1899).  '')  HS.   16,  514  (1892). 

»)  AePP.   14,  288,  379.  —HS.  7,  403  (1882);  8,  79  (1883—1884);   13,   130  (1888). 
1«)  AePP.   IT,  369.  —  HB.   1,  304  (1902).  —  HS.  34,   1  (1901—1902). 
")  V.  Lehmann,  HS.    13,    181   (1889). 
")  M.  V.  Nencki  und  M.  Lesnik,  BB.  19,   1.534  (1886). 

")  M.  Lesnik,  AePP.  34,  167.  —  Edlefsen,  Zeitschr.  f.  klin.  Med.  1888,  Beüage  S.  90. 
")  Thierfelder  und  Mering,  HS.   9,  511   (1885). 
15)  Berliner  klm.  Wochonschr.    1899,  Nr.  27. 

'*)  Wird  vorerst  zu  Oxyfenchon  C]„HjgOj  oxydiert.     Kend.   dell'  Aocad.   Lincei.  [5j, 
10,  I,   S.  244.  1')  Wird  vorerst  zu  Oxycarvon  oxydiert,  HS.   30,  441   (1900). 

18)  HS.  33,  579  (1901).         ")  HS.  33,  579  (1901);  36,  453  (1902). 


Synthesen  im  Organismus.  191 

entsteht  Cymol.  Camphen  CioHjg  geht  iu  Camphenglykol  HO  •  C^gH^^  ■  OH 
über,  das  sich  dann  paart  ^).  Santalol  paart  sich  mit  Glykuionsänre,  aber  erst 
nach  erheblicher  VerUeinerung  des  Moleküls^). 

Die  hydroaromatischen  Kohlenwasserstoffe  werden  durch  einfache  Oxyda- 
tion hydroxyhert. 

Bei  den  ungesättigten  Menthen,  Sabinen,  Pinen  und  Nopinen  wird  die 
Doppelbindvmg  nicht  angegriffen,  die  entsprechenden  gepaarten  Säuren  sind 
noch  ungesättigt.  Menthen  wird  entweder  in  Menthenol-2  oder  6,  Sabinen  in 
Sabinenol-3  oder  5,  Pinen  vielleicht  in  Pinenol-3  und  Nopinen  etwa  in  Xopinenol-2 
oder  3  verwandelt.  Das  gesättigte  Camphan  wird  zu  Bomeol  \md  nicht  zu 
/S-Bomeol  oxydiert.  Alkohole  dieser  Reihe  gehen  die  Paarung  primär  mi ver- 
ändert ein.  Die  sekundären  Alkohole  Dihj'drocarveol,  Thujylalkohol,  Sabinol, 
a-Santenol,  Fenchyl-  bzw.  Isofenchylalkohol  und  Camphenilol,  die  tertiären 
/?-Santenol  imd  Camphenhydrat  imd  das  zweiwertige  Terpin  hefem  entsprechende 
Glykuronsäuren.  Durch  sekundäre  Prozesse  können  aber  andere  gepaarte 
Glykuronsäuren  entstehen.  So  beim  Thujylalkohol,  welcher  diu-ch  Hydratation 
in  p-Menthandiol-2.4  verwandelt  wird.  Das  Keton  Camphenilon  wird  durch 
Reduktion  hydroxyliert. 

Im  Gegensatz  zu  Campher  und  Bomeol,  wird  bei  Camphenilon,  Camphenilol 
und  Santenon  die  d-Komponente  des  Paarlings  in  größerem  Umfange  an  Glykuron- 
säure  gepaart,  als  die  entsprechende  optische  Antipode^). 

Die  Fähigkeit  im  Organismus  sich  mit  Glykuronsäure  zu  paaren,  ist  allen 
tertiären  Alkoholen  gemeinsam.  Verschiedene  primäre  und  sekimdäre,  ein- 
imd  zweiwertige  Alkohole  sind  nicht  imstande,  die  Paarung  mit  Glykuronsäure 
einzugehen.  Xach  den  Untersuchungen  von  M.  Xencki*)  werden  die  aro- 
matischen Oxyketone,  wie:  Gallacetophenon,  Resacetophenon  und  p-Oxj-- 
propiophenon,  nicht  wie  Acetophenon  zur  Carbonsäure  oxydiert,  sondern  sie 
paaren  sich  mit  Schwefelsäure  oder  Glykuronsäure.  Sobald  ein  aromatisches 
Keton  freies  Hydroxyl  enthält,  wodurch  die  MögUchkeit  einer  Paarmig  mit 
Schwefelsäure  oder  Glykuronsäure  gegeben  ist,  findet  eine  Oxydation  der 
in  ihm  enthaltenen  Seitenketteu  im  tierischen  Körper  nicht  statt.  Diese  Oxy- 
dation ist  die  Entgiftung  durch  Bildung  saurer  Gruppen  in  der  Substanz  selbst, 
welche  häufig  unterbleibt,  sobald  eine  Möglichkeit  der  Paarung  vorhanden 
ist.  Gleichwie  Oxyketone  werden  voraussichtlich  auch  ihre  Ester  vom  Tier- 
körper ausgeschieden. 

Ist  noch  ein  Hydroxyl  frei,  wie  z.  B.  im  Paeonol  CH3  •  CO  •  CeHsCOH)  •  OCH3 
(Methylresacetophenon),  dann  findet  nur  einfache  Paanmg  mit  Schwefelsäure 
imd  Glykuronsäure  statt. 

Sind  aber  alle  Hydroxylwasserstoffe  durch  Alkyle  ersetzt,  so  dürfte  nach 
M.  Nencki  eine  Hydroxyhenmg  im  Benzolkem  der  Paanmg  mit  Schwefel- 
säure resp.  mit  Glykuronsäure  vorausgehen,  denn  die  Oxydation  der  Ather- 
alkyle  ist  im  Organismus  äußerst  schvrierig.  So  ^ird  nach  A.  Kossel^)  Phene- 
thol  C2H5  •  O  •  CßHj  zu  p-OxjT)henethol,  dem  Äthyläther  des  Hydrochinons, 
oxydiert  und  liefert  dann  durch  Paarung  mit  Glykuronsäure  die  Chinäthon- 
säure  Ci4Hj809  . 

Die  Anwesenheit  freier  Hydroxyle  disponiert  zur  Paarung  ungemein,  so 
paaren  sich  Protocatechu-,  Vanillin-  und  Isovanillinsäure,  die  freie  Hydroxyle 
haben  und  gehen  als  Äthersäuren  in  den  Harn  über,  und  nur  zum  kleinsten 

>)  HS.  31,   189  (1902).  2)  H.  Hildebrandt,  HS.  36,  453  (1902). 

ä)  Juho  Hämäläinen,  Skand.  Arch.  f.  Phvsiol.   2T,   141   (1912). 
*)  BB.   n,  2737   (1894).  »)  HS.   4,   296  (1880);   13,   181   (1889). 


192  Veränderungen  der  organischen  Substanzen  im  Organismus. 

Teil  in  unveränderter  Form.  Veratrinsäure  CgH3(0CH3)2  •  COOH  dagegen 
geht  als  solche  in  den  Harn  über,  da  ihre  Hydroxyle  veräthert  sind.  Auch 
Methylsahcylsäure  und  Anissäure  paaren  sich  aus  gleichem  Grunde  nicht.  Die 
Aldehyde:  Protocatechualdehyd,  Vanillin  und  Isovanülin  werden  vollkommen 
ziu-  Carbonsäure  oxydiert,  Methylvanillin  nur  zum  Teil  und  findet  sich  als 
solches  in  kleinen  Mengen  im  Harn  wieder. 

Salicylsäure  paart  sich  zum  Teil  mit  GlykokoU,  während  p-Oxybenzoesäure 
sich  mit  Glykuronsäure  paart^).  Die  SaUcylsäure  wird  größtenteils  unverändert 
ausgeschieden,  ein  TeU  als  Ätherschwefelsäure,  als  Salicylursäure  und  als  Sahcyl- 
glykuronsäure,  schließlich  auch  als  Oxj'salicylsäure,  und  zwar  wahrscheüüich 
als  1.2.5-Dioxj'benzoesäure-). 

Nach  Sack  wird  die  Anüidmethylsahcylsäure  in  tägUcher  Dosis  von  5  bis 
10  g  von  einem  Hmide  sehr  gut  vertragen,  und  verläßt  zum  Teile  als  gepaarte 
Schwefelsäiure  den  Organismus.  a-Oxyuvitinsäure  wird  aus  dem  Organismus 
unverändert  ausgeschieden.  In  Tagesdosen  von  4  g  wird  sie  auch  vom  Hunde 
gut  vertragen  und  zeigt  vorzügliche  diuretische  Eigenschaften.  Der  Äthyläther 
wird  aus  dem  Organismus  als  A-Oxyuvitinsäm-e  ausgeschieden. 

Während  alle  Phenole  und  Dioxybenzole  sowie  die  Homologen  im  Organis- 
mus sich  ähnlich  wie  Phenol  selbst  verhalten,  indem  sie  gepaarte  Verbmdungen 
eingehen,  verlieren  sie  diesen  Charakter,  wenn  Wasserstoffatome  des  Benzol- 
kerns durch  Atomgruppen  ersetzt  werden,  die  die  Verbindung  in  eine  Säure 
verwandeln.  Keine  der  aromatischen  Oxysäuren,  die  auf  diese  Weise  entstehen, 
gibt  eine  wesentliche  Vermehrung  der  gepaarten  Schwefelsäure  im  Harn.  Weder 
Salicylsäure  noch  Tamiin  oder  Gallussäure  geben  eine  wesentliche  Vermehrung 
der  gepaarten  Sulfate.  Wenn  man  den  sauren  Rest  in  einen  Äther  oder  in  ein 
Amid  verwandelt,  so  haben  sie  wieder  die  Fähigkeit,  im  Tierkörper  in  Äther- 
schwefelsäuren überzugehen.  Die  von  E.  Bau  mann  und  Herter  ausgeführten 

Fütterungsversuche     mit    Salicylamid     CgH4<p„    .^^^1   '  '     und   SaUcylsäure- 

OH  {\\  '         2  \^) 

methylester  CjH4<^qq  ^^  J.-,;  (Gaultheriaöl)  gaben  dieser  Theorie  ent- 
sprechende Resultate^).  Die  Überführmig  von  Substanzen  in  ätherartige  Ver- 
bindungen mit  Säuren  schützt  die  Körper  vor  der  Oxydation  und  auch  den 
Organismus  vor  der  Emwirkung.  Man  sieht  dies  gut  an  dem  Beispiel  der  Äther- 
schwefelsäure ^OC2H5 

Diese  geht  beim  Hund  unverändert  in  den  Harn  über  und  macht  hier  keine 
Vermehrung  der  nichtgepaarten  Schwefelsäure,  woraus  zu  erschHeßen  ist,  daß 
die  Alkylgnippe  diu-ch  den  Schwefelsäurerest  völlig  vor  Oxydation  geschützt  ist. 
Schwefelhaltige  Säiuren  der  fetten  Reihe,  in  denen  der  Schwefel  mit  einem 
oder  zwei  Sauerstoffatomen  zusammenhängt,  werden  im  Organismus  nicht 
verändert;  hängt  der  Schwefel  mit  beiden  Affinitäten  am  Sauerstoff,  wie  bei 
den  eigentlichen  Äthersäuren,  so  verändert  sich  die  Substanz  beim  Dm'chgang 
durch  den  Organismus  nicht.  Hängt  der  Schwefel  aber  mit  einer  Valenz  am 
Kohlenstoff,  so  ist  für  das  Verhalten  von  Einfluß,  ob  der  Kohlenstoffkem  eine 
Hydroxylgruppe  enthält  oder  nicht.  Im  ersteren  Falle  wird  die  Verbindimg  leicht 
oxydiert,  im  letzteren  nicht  oder  nur  spurenweise.  Ersetzt  man  eine  Hydroxyl- 
gruppe durch  eine  Ammogruppe  oder  durch  die  Gruppe  NHj'CO'NHg,  so 
wird  die  Substanz  wieder  resistent  und  passiert  den  Organismus  unverändert*). 

»)  H.  Hildebrandt,  HS.  43,  249  (1904—1905). 

2)  C.  Neuberg,  Berliner  klin.  Wochenschr.    1911,  Nr.  18.  =)  HS.    1,   255  (1877). 

*)  E.  Salkowski,  Virchows  Arch.  66,  315. 


Synthesen  im  Organismus.  J93 

SO  OTT 

Sulfoessigsäure    CH2<j^q^jj    wird   im  Organismus  nicht  gespalten^),  was 

zeigt,  daß  auch  die  Säuren  durch  Einführung  von  Schwefelsäure  vor  Oxydation 
geschützt  werden. 

o-Oxychinolin  paart  sich  nach  E.  Rost  mit  Schwefelsäure,  nach  Brahm 
auch  mit  Glykuronsäure.  Carbostyril  (a-OxychinoIin),  welches  in  größeren 
Dosen  curareähulich  wirkt,  paart  sich  mit  Schwefelsäure  und  Glykuronsäure. 
Kynurin  ()'-Oxychinohn)  geht  aber  in  eine  komplizierte  schwefelhaltige  Ver- 
bindung über,  welche  nach  Kochen  mit  Säure  reduziert-). 
Benzoesäure  paart  sich  mit  Glykokoll  zu  Hippursäure^). 

GlykokoU  Benzoesäure  Hippursäure  Wasser 

CHj  ■  NHHHO|  •  CO  •  C.Hs  CHa  •  NH  •  CO  •  CgHs 

I  '"^F  =    I  +H2O 

COOH  COOH 

Ebenso  verhalten  sich  Salicylsäure*),  p-Oxj'benzoesäure^),  Toluylsäure 
CH3  •  CgH4  •  COOH ,  Nitrobenzoesäure^),  Chlorbenzoesäure,  Anissäure 
CHjO-CgH^-COOH,  Mesitylensäure  (CHa)^  •  CrHs  •  COOH«).  Die  so  ge- 
bildeten Produkte  werden  z.  B.  Salicylursäm-e,  p-Oxybenzursäure,  Tolursäure 
usw.  benannt.  Die  zweifach  und  dreifach  substituierten  Benzolabkömmlinge 
haben  ein  solches  Verhalten  wie  die  einfach  substituierten.  Es  wird  nur  der 
eine  Rest  zur  Carboxylgruppe  oxydiert,  während  die  anderen  Reste  der  Oxy- 
dation völlig  entgehen.  Wie  erwähnt,  entsteht  aus  Toluol  im  Organismus 
Benzoesäure,  die  mit  Glykokoll  gepaart  als  Hippm-säure  den  Organismus  ver- 
läßt. XyloF)  wird  zu  Toluylsäure  CH3  •  CgH^  •  COOH,  Mesitylen  CgHa  •  {CH3)3 
wird  zu  Mesitj'lensäure  C5H3(CH3)2  •  COOH  oxydiert^).  Die  Toluylsäuren 
gehen  in  die  der  Hippursäure  entsprechenden  Glykokollverbindungen,  die 
Tolursäuren  (CH3  •  C5H4  •  CO  •  NH  •  CHj  •  COOH)  über«).  Cuminsäure  wird  zu 
Cuminursäure  CaH«  •  CgH^  •  CO  •  NH  •  CHg  •  COOHi"),  Phenylessigsäure  zu  Phen- 
acetursäure  CgHj  •  CH,  •  CO  •  NH  •  CHj  •  COOH").  Doch  geht  immer  nur 
ein  Teil  dieser  Säuren  die  Paarung  em,  während  ein  Teil  den  Organismus  un- 
verändert verläßt. 

Beim  Hunde  wird  Nicotinsäure  zum  Teil  an  Glykokoll  gebunden,  also 
Übergang  zur  Nicotinursäure,  ein  anderer  Teil  geht  durch  MethyHerung  und 
Betainbildung  in  TrigoneUiu  über 

■  CO  /NCOOH 


N— O  N  N 

I 
CH3 

Nach  Eingabe  von  Phenylessigsäure  erscheint  bei  Hunden  und  Kaninchen 
PhenacetursäureimHarni^).  Hühner  scheiden  Phenylessigsäure  als  Phenacetomi- 
thursäure  aus^*).  Beim  Menschen  tritt  nach  Eingabe  von  Phenylessigsäure 
Phenylacetylglutamin  auf.  Daneben  tritt  Phenylacetylglutaminharnstoff  auf**). 

1)  HS.   IT,  5  (1893).  2)  HS.  30,  552  (1900). 

^)  Borcis,  Ure  Berzelius  Jaliresber.   83,  567. 

*)  Bertagnini,  Liebigs  Aim.  9T,  248.  —  E.  Bau  mann  und  Herter,  HS.  I,  253 
(1877).  6)  BB    y_   1673  (I874).  6)  AePP.   I,  420.  ')  Dubois'  Arch.   1867,  349. 

«)  AePP.   1,  423.  ä)  Dubois'  Arch.   186T,  352.  ">)  BB.  5,  749  (1872). 

")  HS.  r,   162  (1882);  9,  229  (1885).  —  BB.   13,   1512  (1879). 

")  D.  Ackermann,  Zeitschr.   f.  Biol.   59,   17   (1912). 

")  E.  und  H.  Salkowski,  BB.   13,  653  (1879).  —  HS.  7,  161  (1882/83). 

»)  Totani,  HS.   68,   75  (1910). 

")  H.  Thierfelder  und  C.  P.  Sherwin,  BB.   4T,  2630  (1914)] 

Fränkel,  Arzneimittel-Synthese.     5.  Aufl.  13 


194  Veränderungen  der  organischen  Substanzen  im  Organismus. 

p-Nitrophenylessigsäure  verläßt  den  Hani  des  Menschen  zu  68%  in  freiem 
Zustand  und  gibt  keinerlei  Verbindung,  während  beim  Hund  der  größte  Teil 
frei,  ein  kleinerer  Teil  mit  Glykokoll  verbunden  als  p-Nitrophenacetm-säure  er- 
scheint. Beim  Huhn  findet  man  einen  kleinen  Teil  unverbmiden,  den  größten 
Teil  als  p-Nitrophenacetornithursäure^). 

p-Bromtoluol  und  o-Bromtoluol  geben  Brombenzoesäure  resp.  Brom- 
hippursäure^).  p-Chlortoluol  hefert  beim  Verfüttern  an  Hunde  p-Chlorhippur- 
säure,  ebenso  gehen  m-  und  o-Chlortoluol  in  die  entsprechenden  Hippursäuren 
über  (Oxydation  der  Methyl-  zur  Carboxylgruppe  und  Paarung  mit  Glykokoll), 
das  gleiche  gilt  für  bromsubstituierte  Toluole.  Beim  Kaninchen  entstehen  aus 
chlorsubstituierten  Toluolen  lediglich  die  entsprechenden  Benzoesäuren,  von 
den  bromsubstituierten  erhält  man  aus  o-Bromtoluol  vollständig  o-Bromhippur- 
säure,  während  m-  und  p-Bromtoluole  nach  Ox3'dation  zu  den  entsprechenden 
Benzoesäuren  nur  teilweise  die  Paarung  eingehen^). 

Außer  der  Benzoesäure   und  ihren  Derivaten  paaren  sich  noch  andere 

TTP OTT 

Verbindungen  mit  Glykokoll,  so  wird  Furfurol  -gn"    ''c   CHO    '  '^^l'^lißs  große 

O 
Analogie  mit  dem   Benzaldehyd  hat,   im   Organismus   zu   Brenzschleimsäure 

TTP^ OTT 

Hc''    ''c-COOH  oxydiert^).    Diese  paart  sich  zum  größten  Teil  mit  Glykokoll 

O 
analog  der  Hippursäure  und  nur  ein  kleiner  Teil  geht  als  Brenzschleimsäure 
in  den  Harn  über. 

Die  Kuppelung  mit  Glykokoll  gehen  fast  nur  Kerncarbonsäuren  ein,  außer 
ihnen   allein    die    Phenylessigsäure    und    die    Phenyl-    und    Furoylacrylsäure. 
Pyromycursäure  (Brenzschleimsäureglykokoll) 
HCl— iCH 

HC\/C  •  CO  ■  NH  ■  CH2  ■  COOH 
O 

geht  bei  Hunden  noch  eine  Verbindung  mit  Harnstoff  ein^).  Es  entsteht  also 
aus  Furfurol  pyromycursaurer  Harnstoff.  Ähnlich  verhält  sich  nach  M.  Jaff e 
das  fast  ungiftige  p-Nitrotoluol.  Im  Harne  läßt  sich  p-Nitrobenzoesäure  und 
außerdem  p-nitrohippursaurer  Harnstoff  nachweisen*).  Bei  Vögehi  zeigt  sich 
ebenfalls  ein  ähnliches  Verhalten,  wie  bei  der  Benzoesäure,  indem  Brenz- 
schleimsäure mit  Ornithin  gepaart  als  Furfurornithursäure  den  Tierkörper 
verläßt').  Auch  Thiophenderivate  zeigen  ein  gleiches  Verhalten,  das  Schicksal 
des  Thiophens  selbst  im  Organismus  ist  unentschieden^);  a-Thiophensäure 
C4H3S  •  COOH  paart  sich  mit  Glykokoll  zu  a-Thiophenursäure^).  Thiophen- 
aldehyd  gibt  Thiophenursäure  C4H3S  •  CO  •  NH  •  CH2  •  COOHi»).  Pyrrol  und 
seine  Derivate  scheinen  aber  viel  leichter  einer  Zerstörung  im  Organismus 
anheimzufallen.  Furfurol  geht  aber  noch  eine  eigentümhche  Synthese  mit 
Essigsäure  em,  die  analog  ist  der  Perkinschen  Synthese  der  Zimtsäure  aus 
Benzaldehyd ;  es  bildet  sich  nämlich  aus  Furfurol  und  Essigsäure  unter  Wasser- 
austritt Furfuracrylsäure  C4H3O  •  CH  :  CH  •  COOH ,  die  sich  mit  Glykokoll 
paaren  kami  zur  Furf uracrylursäure  C4H3O  •  CH  :  CH  •  CO  •  HN  •  CHj  •  COOH , 
während  die  Zimtsäure  selbst  im  Organismus  zu  Benzoesäure  oxydiert  wird. 

1)  Carl  P.  Sherwin  und  Max  Helfand,  Joum.  of  biol.  ehem.  40,  17  (1919). 

2)  Preuße,  HS.  5,  57  (1881).  ')  H.  Hildebrandt,  HB.  3,  365  (1903). 
^)  BB.  20,  2311  (1887).          ')  M.  Jaffe  und  R.  Cohn,  BB.  äO,  2311  (1887). 
*)  BB.  T,   1673  (1874).            ')  BB.  21,  3461   (1888). 

*)  Arthur  Heffter,  Pflügers  Areh.   39,  420. 

')  BB.  20,  2315  (1887);  21,  3458  (1888).         1°)  R.  Cohn,  HS.   IT,  281  (1893). 


Uraminosäurensynthese.  195' 

Die  Zimtsäuresynthese  im  Organismus  geht  wie  in  vitro  anscheinend  in 
zwei  Stadien  vor  sich.  Zuerst  reagiert  der  Aldehyd  mit  der  Essigsäure  unter 
Aldolkondensation  und  Bildmig  von  Phenylmilchsäure,  welcher  unter  Ab- 
spaltung von  einem  Jlolekül  Wasser  in  Zimtsäure  übergeht. 

Benzaldehyd  gibt  beim  Verfüttern  im  Gegensatz  zum  Furfurol  sicher  keine 
Zimtsäure^). 

Verfüttert  man  Furfurpropionsäure  an  Tiere,  so  erhält  man  als  Haupt- 
produkt des  Abbaues  ebenfalls  Furfuracrylsäure,  ein  Teil  wird  als  Pyromj'cm-- 
säure  ausgeschieden^).  Aber  nach  den  Untersuchungen  von  Jaff  e  und  R.  Cohn 
entsteht  die  Furfuracrylursäure  im  Maximum  zu  1%  des  verfütterten  Fur- 
furols^).  Die  Furfurproi^ionsäure  liefert  hingegen  211/2%  Furfuracrylursäure. 
Das  Furanrüigsystem  ist  im  Organismus  weit  weniger  beständig  als  das  Benzol- 
ringsystem. 

Analog  wie  der  Organismus  nach  Jaffes  Entdeckung  die  ungesättigte 
Furfuracrylsäure  bildet,  kann  er  auch,  wie  Tappeiner*)  gezeigt,  eine  zweite 
ungesättigte  Verbindung  bilden.  Bei  der  Verfütterung  von  Chloralacetophenon 
CCI3  •  CH(OH)  •  CHj  •  CO  •  CgHg  erhält  man  im  Harne  Trichloräthylidenaceto- 
phenon  CCI3  •  CH  :  CH  •  CO  •  CgHs  . 

Das  schwach  giftige  a-Picolin  wird  zu  a-Pyridinursäm'e,  d.  h.  zm-  GlykokoU- 
verbindung  der  a-Pyridincarbonsäure  beim  Kaninchen  ^),  beim  Hunde  aber 
nicht.  Hier  ist  kein  bestimmtes  Umwandlungsprodukt  zu  fassen.  «-Picohn 
macht  bei  Kaninchen  langsam  Nephritis  und  später  Krämpfe,  Hunde  erbrechen 
allmählich  (auf  3.6  g),  Frösche  und  Tauben  werden  gelähmt. 

cc-Naphthoesäiu'e  wird  unverändert  ausgeschieden.  /?-Naphthoesäure  geht 
zum  Teil  beim  Kaninchen  unverändert  durch  den  Organismus  hindm-ch;  ein 
nicht  unerheblicher  Anteil  paart  sich  mit  Glj'kokoll  und  wird  als  /3-Naphthur- 
säure  ausgeschieden.  Beim  Hund  ist  es  umgekehrt,  die  (Jt-Sämre  geht  die 
Glykokollsynthese  ein,  die  /?-Säure  verläßt  den  Organismus  unverändert*). 

Uraminosäurensynthese. 

m-Aminobenzoesäure  liefert  nach  E.  Salkowski  im  Organismus  Ur- 
aminobenzoesäiu-e^),  aber  in  relativ  germgen  Mengen.  Sarkosin'),  Taurin  imd 
Aminobenzoesäure  gehen  teils  als  Uraminosäuren,  teUs  als  Anhydride  in  den 
Ham  über^).  Die  o-  und  p-Aminosalicylsäm-en  *)  werden  zum  größten  Teil 
als  Uraminosäuren  ausgeschieden,  also  ähnlich  wie  nach  Salkowski  die 
m-Aminobenzoesäure.  Auch  die  Sulfanilsäiu-e  geht  diese  Synthese  ein  und 
verläßt  als  SuLfanilcarbaminsäure  den  Organismus i").  Auch  Phenylalanin  geht 
zum  Teil  in  eine  Uraminosäure  über^i). 

Diese  Uraminosäiu'en  entstehen  durch  Anlagerung  der  Gruppe  CO  =  NH 
(Cyansäure  [cyansaure  Salze  wirken  gar  nicht  oder  nur  äußerst  wenig  giftig] 
resp.  Rest  der  Carbaminsäiu'e)  an  gewisse  N-haltige  Substanzen.   So  geht  nach 

CH,    NH, 
älteren  Angaben  Tauria    (Aminoäthylsulfosäure     -^    '  in  Taurocarb- 

CHo  •  SO  •  OH 


1)  E.  Friedmann  und  W.  Türk,  BZ.   55,  424  (1913). 

2)  T.  Sasaki,  BZ.  35,  272  (1910).  =)  BB.  30,  2311  (1887). 
*)  AePP.  33,  364.          ^)  R.  Cohn,  HS.   18,   119  (1894). 

»)  HS.  r,  93  (1882).  —  R.  Cohn,  ebenda  U,  292  (1893). 

')  Größtenteils  geht  Sarkosin  aber  xmverändert  durch.    BB.   8,   584  (1875). 

*)  Virchows  Arch.  58,  461.  —  BB.  6,  749  (1873). 

^)  Gazeta  lekarska  1889,  972  und  992.         W)  Ville,  C.  r.  s.  b.  144,  228  (1892), 

1')  Journ.   of  biol.   ehem.   6,   235  (1909). 

13* 


196  Veränderungen  der  organischen  Substanzen  im  Organismus. 

CHj    NH  •  CO  •  NH2 
aininsäure      I  über.    Es    reagiert   wahrscheinlich   hierbei   die 

CHj  •  SO2  ■  OH 

Carbaminsäure  mit  Taiirm  unter  Austritt  von  Wasser 


CH2NH1H 


,  •  NH  ■  CO    NH, 


OH  CHj  •  SO2    OH 

In  Wirklichkeit  geht  es  unverändert  über,  und  die  Taurocarbaminsäure  ist 
nur  ein  Kunstprodukt  i). 

* 

Daß  in  seltenen  Fällen  eine  Carboxylgruppe  im  Organismus  abgespalten 
"werden  kann,  mag  vielleicht  die  Angabe  Preußes  beweisen,  welcher  nach 
Eingabe  von  Protocatechusäure  auch  eine  Ätherschwefelsäure  des  Brenz- 
«atechins  im  Harne  fand.  Aber  es  ist  sehr  wahrscheinlich,  daß  der  tierische 
Organismus,  ebenso  wie  die  Fäulnisbakterien,  aus  Aminosäiu'en  die  entsprechen- 
den Amine  durch  Abspaltung  von  Carboxyl  bilden  kaim,  wofür  ja  u.  a.  die 
Bildung  von  Adrenalin  aus  Tyrosin  spricht. 

Eine  Carboxylienmg im  Organismus  beschreibt  Hans  Fischer^)  beim  Über- 
gang des  Kotporphyrins  in  das  Harnporphyrin.  Harnporph3Tin  -wird  dadurch  ent- 
giftet, nach  der  Analogie  von  PjTrol  und  P\Trol-fli-carbonsäure,  welch  ersteres 
nach  Ginsberg  giftig,  letztere  fast  ungiftig  ist.  KotporphjTin  ist  zweimal  so 
giftig  wie  Urinporphyrin,  aber  weniger  giftig  als  HämatoporphjTin,  aber  niu*  im 
Dunkeln ;  bei  der  Belichtung  stellt  sich  das  Gegenteil  heraus.  Urinporphjrrin  ist 
für  weiße  Mäuse  viel  giftiger  als  Kotporph^-rin  im  Licht  und  scheint  als  Sensi- 
bihsator  für  die  weiße  Maus  nicht  viel  hinter  Hämatoporphyrin  zurückzustehen. 

Mesopoi-phyrin  ist  viel  uiigiftiger  als  Hämatoporphyrin;  es  erscheint  im 
Harn  und  Kot  höchstens  in  Spuren  bei  Dosen,  bei  denen  Hämatoporphyrin 
jedesmal  ausgeschieden  wird. 

Verhalten  verschiedener  Aminderivate. 

Eigentümlich  ist  das  Verhalten  der  Amidgruppen.  Während  Amide  der 
ahphatischen  Säuren  zum  Teil  den  Organismus  unverändert  passieren,  werden 
aromatische  Säureamide  vorerst  in  Säure  und  Ammoniak  zerlegt.  Hierauf 
paart  sich  erst  die  Säure.  Bülow  versuchte  dem  Organismus  größere  Mengen 
von  Benzaldehyd  in  Form  leicht  spaltbarer  Derivate  einzuverleiben.  Hydro- 
benzamid^)  (CgH5CH3N)2  wurde  von  Hunden  und  Kaninchen  gut  vertragen; 
bei  größeren  Dosen,  8  g  pro  die,  starben  die  Tiere,  der  Harn  enthielt  Hippur- 
säure,  später  Benzoesäure.  Benzylidendiacetamid  ^)  CgHj  •  CH(NH  •  CO  •  CgH5)2 
passiert  bei  Hunden  den  Körper  größtenteils  unzersetzt.  Dasselbe  scheint  für 
Benzyhdendiformamid  C5H5  •  CH(XHC'H0)2  zu  gelten,  ein  Teil  aber  wird  im 
Körper  in  Hippm-säure  verwandelt*).  Benzylidendiureid  CgH5CH(XHCONH2)2 
zeigte  in  Mengen  von  3  g  keine  Wirkung  auf  den  Organismus,  der  Harn  enthielt 
reichlich  Hippursäure,  entsprechend  der  leichten  Zerlegbarkeit  der  Verbindxmg 
in  Harnstoff  und  Benzaldehyd.  Weiter  wurden  Körper  untersucht,  aus  denen 
Benzaldehyd  nicht  wieder  abgespalten  werden  kann.  Amarin 
2.  4.  5.  Triphenylglyoxalin-dihydrid  (4.  5) 


CgH,  ■  CH  •  NH^ 


C  •  C,Hj 


ifCarl  L.  A.  Schmidt  und  E.  G.  Allen,  Joum.of  biol.  ehem.  42,  55  (1920). 

-)  HS.   79,    109  (1912).  =)  AePP.  8,   166  und  Friedländer,  Diss.  Berlin  (1880). 

*}  Pflügers  Arch.  5J,  93  und  Modica,  Ann.  di  chim.  e  farm.   1894,  257. 


Verhalten  verschiedener  Aminderivate.  197 

ruft  bei  Hunden  schon  in  Dosen  von  0.2  g  Vergiftungserscheinungen  hervor, 
schwächer  giftig  wirkt  es  auf  Kaninchen.  Dasselbe  Vergiftungsbild  gibt  Methyl- 
amarin  C2iHi7(CH3)N2 .    Lophin  ist 

2.4.5.  -Triphenylglyoxalin 
CnH.  •  CH  •  NH. 

ohne  Wirkung,  wahrscheinlich  wegen  seiner  geringen  LösHchkeit^).  Diäthyl- 
lophinhydrojodid  C2xHig(C2H5)2N2  •  JH  erzeugte  innerlich  bei  Hunden  Er- 
brechen, subcutan  war  es  wirkungslos. 

Aus  Benzaldehyd,  welcher  im  Organismus  zu  Benzoesäure  oxydiert  wird, 
kann  Benzamid  entstehen,  nur  bei  Kaninchen  kommt  es  nicht  zu  dieser  Synthese. 

Benzamid  selbst  geht  in  Hippursäure  über  2). 

Formanilid  gibt  bei  Fütterung  an  Hunde  dieselbe  Substanz  wie  Acetanilid, 

nämhch  o-Carbanil  CjH^^q /C(OH)  durch  Oxydation  und  nachherigen  Wasser- 
austritt ^). 

Die  drei  isomeren  Toluidinderivate,  als  Acetylderivate  verfüttert,  werden 
in  folgender  Weise  im  Organismus  umgewandelt*).  p-Acettoluid  wird  bei  der 
Oxydation,  welche  ausschließlich  an  der  CHj-Gruppe  stattfindet,  vollständig 
in  p-Acetylaminobenzoesäure  umgewandelt.  Ganz  anders  verhält  sich  o-Acet- 
toluid;  dieses  erfährt  bei  Hunden  eine  Umsetzimg,  welche  der  des  Acetanilids 
vollkommen  analog  ist:  während  die  Methylgruppe  intakt  bleibt,  wird  durch 
Eintritt  von  Hydroxyl  ein  Phenol  gebildet,  welches  mit  dem  Oxydationsrest 
der  Acetylgruppe  im  Zusammenhang  bleibt;  es  entsteht  als  Endprodukt  eine 
Verbindung  von  der  Zusammensetzung 

CHj  •  CjH3\Q/C  •  OH 

(Methyloxycarbanil   oder    Oxycarbaminokresol),    welches    als    das    Anhydrid 
CHj 

einer  Säure  C^Hj  •  NH  ■  COOH  (Oxykresylcarbaminsäure)  aufgefaßt  werden  muß. 

OH 
m-Acettoluid  wird  bei  Hunden  und  Kaninchen  einerseits  zu  m-Aeetylamino- 
benzoesäure   oxydiert,    andererseits   in   nicht   näher   erforschte   linksdrehende 
gepaarte  Verbindungen  verwandelt. 

Für  das  Verhalten  der  Diazoverbindimgen  im  Stoffwechsel  möge  die  ein- 
fachste, Diazobenzol  CgHj  •  N  :  N  •  OH,  als  Beispiel  dienen.  In  das  Blut  ein- 
geführt, spaltet  Diazobenzol  gasförmigen  Stickstoff  daselbst  ab.  Die  übrigen 
Produkte  waren  nicht  zu  fassen.  Per  os  eingeführt  entsteht  Phenol,  welches 
wohl  schon  zum  Teil  im  Magen  gebildet  wird. 

(Das  im  faulen  Käse  gefundene  ,,Tyrotoxikon"  wurde  als  Diazobenzol- 
butyrat  [?]  aufgefaßt.  Es  macht  Erbrechen,  beschleunigten  Puls,  große  Pro- 
stration und  Stupor.) 

-L         '  PTT  OTT 

Piperazin  (Diäthylendiamin)  HN<„g2 2>NH  passiert  den  Organis- 
mus unverändert,  die  Hauptmenge  wird  sehr  rasch  durch  den  Harn  aus- 
geschieden, der  Rest  aber  langsam.  Bei  einmaliger  Gabe  von  3  g  beim  Menschen 
konnte  man  noch  nach  sechs  Tagen  Piperazin  im  Harne  nachweisen.    Viele 

')  Pflügers  Arch.  57,  93  und  Modica,  Ann.  di  chim.  e  farm.   1894,   257. 
")  M.  Nencki,  AePP.  I,  420.  —  E.  Salkowski,  BB.  8,  117  (1884)  und  HS.  1,  42 
(1877).  3)  Kleine,  Diss.  Berlin  (1887).  *)  HS.   12,  295  (1888). 


198  Veränderungen  der  organischen  Substanzen  im  Organismus. 

Amine  der  aliphatischen  Reihe,  wie  Trimethylamin,  Tetramethylendiamin, 
Pentamethylendiamiii,  Cholin  n.  a.  gehen  ganz  oder  zum  Teil  unv^erändert 
in  den  Harn  über. 

Verhalten  einiger  hydroaromatischer  Substanzen. 

Santonin  CijHogOg  ist  das  Lacton  der  Santoninsäure  und  gehört  zu  den 
Derivaten  des  Hexahydronaphthalins.  Im  Harne  tritt  Santogenin  CgoHajOg 
auf.  Durch  Behandlung  mit  Laugen  geht  Santogenin  unter  Wasseraufnahme 
in  die  zweibasische  Santogeninsäure  über,  als  deren  Anhydrid  es  erscheint. 
Santogenin  scheint  das  Trioxyderivat  eines  poljTiieren  Santonins  zu  sein. 

Auch  die  Camphersäuren  gehen  zum  Teil  unverändert  in  den  Harn  durch 
(s.  auch  S.  180). 

Halogen-  und  schwefelhaltige  Verbindungen. 

Von  größerem  pharmakologischem  Interesse  ist  das  Verhalten  der  Halogen- 
additions-  und  Substitutionsprodukte.  Die  Halogenderivate  der  aliphatischen 
Reihe  zerfallen  zumeist  im  Organismus  unter  Abgabe  von  Halogen  an  Alkalien, 
wenigstens  zum  Teil,  in  der  aromatischen  Reihe  verhält  sich  hingegen  kern- 
substitiüertes  Halogen  ungemein  resistent,  und  trotz  vielfacher  Verändermigen 
an  dem  eingeführten  Körper  bleibt  das  kernsubstituierte  Halogen  unverändert. 
Während  also  in  der  aliphatischen  Reihe  die  Halogensubstitutionsprodukte  in 
der  Weise  gespalten  werden,  daß  wir  die  entsprechenden  Halogenalkalien  im 
Harn  fassen  können,  sind  wir  nicht  in  der  Lage,  das  in  aromatischen  Ver- 
bindungen substituierte  Halogen  nach  Verfütterung  letzterer  an  Alkalien  ge- 
bunden im  Harne  wieder  aufzufinden.  Wenn  wir  Monobromessigsäure,  Dibrom- 
essigsäure  und  Tribromessigsäure  verfüttern,  so  können  wir  jeweilig  Brom- 
alkali im  Harn  finden.  Bei  Verfütterung  von  Monobrombenzoesäure  imd  Mono- 
brombenzol  können  wir  dies  nicht.  Nach  Verfüttern  von  Jodeigon  (Jodalbu- 
min) tritt  im  Harn  o-Jodhippursäure  auf^). 

Von  größerem  Interesse  ist  noch  das  chemische  Verhalten  der  geschwefelten 
Verbindungen  im  Organismus. 

Der  Organismus  kann  schweflige  und  selenige  Säure  zu  Schwefelsäure  oxy- 
dieren und  zu  Selensäure 2).  Der  Schwefel  der  Sulfhydrylgruppe  im  Cystin  wird  zu 
Schwefelsäure  oxydiert  3).  Ebenso  wird  Taurinschwefel  vom  Kaninchen  zu  Schwe- 
felsäure oxydiert,  teilweise  tritt  aber  der  Schwefel  in  Form  von  unterschwefhger 
Säure  bei  Kaninchen  und  Vögeln  auf,  nicht  aber  bei  Menschen  und  Hunden. 

Wir  haben  gesehen,  daß  der  Organismus  zweierlei  Synthesen  mit  ge- 
schwefelten Säuren  vornimmt.  Einerseits  verestert  er  die  toxisch  wirkenden 
Phenole  und  verwandte  Verbindungen  mit  Schwefelsäure  und  bildet  Ather- 
schwefelsäuren.  Anderseits  kann  er  aus  den  giftigen  Nitrilen  im  Organis- 
mus Rhodanverbindungen  erzeugen,  welche  weitaus  weniger  giftig  sind. 
Der  Organismus  kann  aus  Acetonitril,  Propio-,  Butyro-,  Capronitril,  welche 
alle  heftige  Gifte  sind,  weniger  giftige  Rhodanverbindungen  erzeugen,  und 
zwar  durch  Paarung  mit  der  Sulfhydrylgruppe^).  Die  Rhodanide  werden  im 
Organismus  teilweise  zersetzt,  niu-  Yb — Vio  wird  im  Harn  wieder  ausgeschieden. 
Nach  L.  Pollak^)  werden  sie  quantitativ  ausgeschieden.  Während  die 
durch  Oxydation  des  Eiweißschwefels  entstehende  Schwefelsäure  zu  der  ersteren 
Art  von  Synthesen  verwendet  wird,  wird  bei  der  entgiftenden  Synthese  mit 

1)  Messe  und  C.  Neuberg,  HS.   3T,  427  (1903). 

^)  AePP.  3T,  261.  —  C.  r.   110,   151.  ^)  Journ.  of  phvsiol.  33,   175. 

*)  AePP.  34,  247  und  34,  281.  ^)  HB.  3,  430  (1902). 


Halogen-  und  schwefelhaltige  Verbindungen.  199 

der  Sulfhydrylgruppe  direkt  diejenige  Eiweißgruppe  in  Anspruch  genommen, 
welche  den  bleischwärzenden  Schwefel  führt  (Cystingruppe).  Hingegen  werden 
die  carboxylierten  Xitrile,  die  entsprechenden  Amide  und  die  Xitrile  der  Benzol- 
reihe nicht  in  Rhodanide  übergeführt  ^).  Für  das  Verhalten  der  geschwefelten  Ver- 
bindungen mögen  folgende  Beispiele  ein  Bild  geben.  Sulfoessigsäure  wird  im  Orga- 
nismus gar  nicht  angegriffen.  Der  Organismus  des  Kaninchens  kann  Taurin  vöUig 
zur  Verbrennung  bringen.  Sulf anilsäure  geht  zum  TeU  in  Sulf anücarbaminsäure  ^) 

Sulfanilsäure  Sulfanilcarbaminsäure 

über,  zum  Teil  geht  sie  unverändert  in  den  Harn  durch  (s.  S.  195).  Xanthogen- 
säure  CS(SH)(0  •  C2H5)  wird  nach  L.  Lewin  gerade  auf  in  Schwefelkohlenstoff 
und  Alkohol  gespalten.  Athylmercaptol  und  Thiophen  werden  nicht  zu  Schwefel- 
säure oxydiert.  Diese  Verbindung  enthält  aber  zweiwertigen  Schwefel,  wovon 
jede  Affinität  durch  Kohlenstoff  gesättigt  ist.   Ähnlich  verhält  sich  Äthylsulfid 

P  TT 

„2    5>S,  doch  schützt  diese  Konstitution  nicht  alle  Körper  vor  der  Oxj^dation 

zu  Schwefelsäure.  So  bewirkt  Carbaminthiosäoireäthylester  XHo  •  CS  •  OCgHg 
und  Carbaminthiogl}-kolsäure  XHg  •  CO  •  SCH,  •  COOH  eine  Vermehnuig  der 
Schwefelsäure  im  Harne.  Carbaminthioglykolsäure  spaltet  sich  wahrschein- 
lich im  Magen  zu  Thioglykolsäure  SH  •  CHg  •  COOH ,  welche  zu  Schwefelsäure 
oxydiert  wird,  auch  bei  subcutaner  Einverleibung  des  Kalisalzes  erscheint  der 
größte  Teil  des  Schwefels  dieser  Substanz  in  Form  von  Schwefelsäure  im  Harn. 
Wahrscheinlich  ist  die  Ursache,  daß  dieser  Körper  im  Organismus  oxydiert 
wird,  darin  zu  suchen,  daß  der  Schwefel  desselben  in  der  SH-Form  enthalten 
ist;  auch  im  Eiweiß  wird  vor  allem  die  Sulfhydrylgruppe  zu  Schwefelsäure 
oxydiert.  Von  folgenden  untersuchten  Schwefel  Verbindungen,  Sulfid,  Sulfon, 
Mercaptal,  TMoaldehyd,  wird  nur  bei  den  Thiosäuren  nach  Smith  beim  Durch- 
gange durch  den  Organismus  der  Schwefel  vornehmlich  zu  Schwefelsäure 
oxydiert.  Nach  Lusini  wird  Sulfaldehyd,  Thialdin  (Thialdin  CgHjgNSg  macht 
bei  Fröschen  zentrale  Lähmung,  bei  Kaninchen  Schlafsucht,  Verlangsamimg 
des  Herzschlages  und  Herzstillstand  in  der  Diastole)  und  Carbothialdin  (wirkt 
tetarisierend  und  macht  Herzstillstand  in  der  Diastole)  durch  die  Xieren  in 
Form  präformierter  imd  Ätherschwefe' säure  ausgeschieden.  Auch  die  Sulfon- 
säure  ergab  nach  Untersuchungen  E.  Salkowskis  keine  Vermehrung  der 
Schwefelsäure  mit  Ausrahme  der  Isäthionsäure  (OxyäthylsuKonsäiu'e),  welche 
allerdings  eine  Ausnahmestellung  einnimmt;  für  die  Mercaptane  wird  es  wahr- 
scheinlich, daß  sie  nicht  so  leicht  zu  Schwefelsäure  oxj'diert  werden,  da  sie 
zmiächst  in  die  sehr  beständigen  Svdfonsäuren  übergehen  können.  E.  Sal- 
kowski^)  konnte  die  Regel  aufstellen,  daß  Ätherschwefelsäuren  ahphatischer 
Natur  unverändert  den  Organismus  durchlaufen,  die  Sidfonsäuren  aber  nur 
dann,  wenn  sie  keine  Hydroxylgruppen  am  Kohlenstoffkeni  haben.  Sulfonal 
wird  wahrscheirdich  zu  Äthyl  sulf  osäure  oxydiert*).  Doch  bestätigen  die  Ver- 
suche von  Smith  diese  Voraussetzung  nicht,  da  nach  Einführimg  von  Methyl- 
mercaptan  und  Äthylmercaptan  der  größte  Teil  des  Schwefels  m  Form  von 
Schwefelsäure  im  Harn  auftritt.  Methylthiophen  (Thiotolen  C4H3S  •  CH3)  geht 
nur  in  minimalen  Mengen  in  Thiophensäure  C4H3S  •  COOH  über  und  aus 
dem  größten  Teil  entstehen  unbekannte  und  nicht  faßbare  Verbmdungen. 
Kaninchen  gehen  nach  subcutaner  Einspritzung  von  1  g  Thiotolen  zugrunde. 

1)  Heymanns,  Joum.  of  physiol.  23,  Suppl.  23.  ^)  C.  r.  114,  228. 

')  Virchows  Arch.  66,  315.  «)  W.  J.  Smith,  HS.   IT,  7  (1893). 


200  Veränderungen  der  organischen  Substanzen  im  Organismus. 

Verhalten  der  Phthaleine,  Tannine,  Harze  und  Glykoside. 

Phthaleine,  ■wie  Phenolphthalein,  Fluorescein,  o-Kresolsulfophthalein,  Sulfo- 
fluorescein  werden  nach  Injektion  im  Harn  als  komplexe  Verbindungen  aus- 
geschieden, die  sich  mit  Alkali  nicht  färben  und  als  Zersetzungsprodukt  Phtha- 
lein  geben.  Vom  o-Kresolsulfof)hthalein  werden  größere  Mengen,  von  Phenol- 
phthalein nur  Spuren  unverändert  im  Harn  ausgeschieden.  Fluorescein  ist 
giftig,  Phenolphthalein  kaum  giftig^). 

Über  das  Verhalten  des  Tannms  im  Organismus  gehen  die  Ansichten  noch 
sehr  auseinander.  E.  Harnack  fand,  daß  der  größte  Teil  der  Gallussäure 
nach  arzneihchen  Gaben  von  Tannin  mit  den  Fäkalien  ausgeschieden  wird 
ujid  daß  im  Harn  nur  wenig  Gallussäure  ist  2).  Bei  Fütterung  größerer  Menge 
Tannin  geht  ein  Teil  in  den  Harn  über,  in  nicht  sicher  nachweisbarer  Menge 
hingegen  nach  Einführung  von  Alkahtannatlösung.  Xach  Mörner^)  wird  die 
Gallussäure  zum  größten  Teil  im  Organismus  oxydiert,  ein  Teil  tritt  als  un- 
veränderte Gallussäure  im  Harne  auf.  Er  findet  stets  relativ  und  absolut  mehr 
Gallussäure  bei  Gallussäurefütterung  als  bei  Gerbsäurefütterung,  da  die  Gallus- 
säure keine  unlöslichen  Verbindungen  mit  Eiweiß  usw.  eingeht  und  so  rasch 
und  ungehindert  resorbiert  werden  kann.  E.  Rost  leugnet  das  Auftreten 
von  Gerbsäure  im  Harne  nach  ihrer  Verfütterung *),  während  L.  Lewin") 
und  R.  Stockmann«)  es  behaupten,  was  E.  Harnack')  durch  individueüe 
Verschiedenheiten  zu  erklären  versucht.  Nach  W.  Straub*)  kann  man  auch 
nach  Verfüttening  von  Hamamehtannin  im  Harne  nur  Gallussäure  nachweisen, 
unverändertes  Tannin  nur  dann,  wenn  man  es  intravenös  injiziert.  Die  Ather- 
schwefelsäuren  sind  nach  Eingabe  von  Tannin  stets  vermehrt. 

Harzbestandteile  können  mehr  oder  minder  unverändert  in  den  Harn  über- 
gehen: so  fand  R.  Stockmann^)  nach  Verabreichung  großer  Mengen  von 
Periibalsam,  Storax,  Benzoe  und  Tolubalsam  reichlich  Harzbestandteile  im 
Harne,  welche  durch  Säurezusatz  ausfallen.  Gambogiasäure  wird  im  Organismus 
verbrannt.    Abietinsäure  geht  in  den  Harn  über. 

Nach  Grissoni")  verhalten  sich  die  Glykoside  im  Tierkörper  folgender- 
maßen: Amygdahn  wird  weder  durch  Verdauungsenzyme,  noch  Organe  zer- 
legt. Hefe  und  Livertin  spalten  es  nicht,  wohl  aber  Fäulnis.  Amygdalin  wirkt 
nur  dadurch  giftig,  daß  es  durch  die  Fäidnisprozesse  im  Dünndarm  gespalten 
wird.  SaUcin  mid  Helicin  verhalten  sich  wie  Amygdahn,  Leber  und  Niere  kön- 
nen sie  nicht  spalten.  Arbutin  verhält  sich  ebenso,  Leber  und  Niere  spalten  es 
nicht,  aber  Muskehi  und  Blut  zeigten  eine  spaltende  Wirkung,  die,  wie  es 
scheint,  nur  an  die  lebende  ZeUe  gebunden  ist.  Arbutin  erhält  man  sjTithetisch 
aus  Hydrochinon  und  Acetobromhydrose.  Es  wirkt  gut  bei  Blasenkatarrh  und 
Nierenleiden.  Der  Organismus  scheidet  es  zum  Teil  unzersetzt  aus.  Es  gibt 
wie  viele  Phenole  mit  Hexamethylentetramin  eine  additive  Verbindung^ ^),  die 
bei  Cystitis  angewendet  werden  soll. 

Globularin  CuHaoOg  üefert  bei  der  Hydrolyse  Zucker  und  Globularetin 
CgHgO,  welches  beim  Kochen  mit  Kahlauge  in  Zimtsäure  übergeht.  Es  wirkt 
ähnlich  wie  Coffein.    Coriamyrtin  ist  ein  Krampfgift  wie  Pikrotoxin. 

Rhamnoside  oder  Rhamnoseäther  zerfallen  bei  der  Hydrolyse  in  Rhamnose 


1)  Kastle,  Bulletin  of  the  U.  S.  Hvgienic  Labor.    Washington  23,  I  (1906). 

2)  Schorn,  Diss.  HaUe  (1897).  =)  HS.   15,  225  (1892).  *)  AePP.  38,  346. 
5)  Virchows  Arch.   81  (1880).          «)  AePP.  40,   147.          ')  HS.  34,   115  (1898). 
«)  AePP.  42,   1.          ')  Zentralbl.  f.  med.  Wissensch.  1891,  352. 

1")  Grisson,  Diss.  Rostock  (1887).         ")  C.  Mannich,  DRP.  250  884. 


Verhalten  der  Phthaleine,  Tannine,  Harze  und  Glykoside.  201 

und  kohlenstoffärmere  Verbindungen.    Einzelne  liefern  nur  Rhamnose,  andere 
Rhamnose  luid  Glykose.    Sie  lassen  sich  als  Flavonderivate  ansprechen: 

CeHi-OC-CeHj 
"     CO • CH 

Quercitrin,  Rutin,  Hesperidin  und  Hesperetin  passieren  nach  intravenöser 
sowie  nach  stomachaler  Darreichung  zum  größten  Teile  unverändert  den 
Organismus,  da  die  Hydrolyse  dieser  Rhamnoside  nicht  oder  nur  spurenweise 
im  Tierkörper  eintritt.  Sie  sind  alle  nur  wenig  giftig.  Am  meisten  giftig  ist  Rutin 
und  Quercitrin,  viel  weniger  Hesperidin  und  Naringin.  Während  Hesperidin 
nicht  giftig  ist,  ist  dies  bei  dem  aus  ihm  entstehenden  Hesperetin  der  FaU'). 

Die  Ester  verhalten  sich  so  im  Organismus,  daß  sie  meist  im  Darmkanale 
durch  das  verseifende  Enzym  des  Pankreas  sowie  durch  die  Bakterientätigkeit 
in  ihre  Komponenten  gespalten  werden.  Wegen  ihrer  schweren  Löslichkeit 
werden  sie  vielfach  nicht  als  solche  resorbiert.  Nach  Einnahme  von  Salol 
zum  Beispiel  findet  die  Ausscheidung  von  Salicylsäure  im  Harne  langsamer 
statt  als  nach  Einnahme  von  Salicylsäure  selbst.  Distearylsalicylglycerid 
(C^gHgoO,),  durch  Erhitzen  von  Salicylsäuredichlorhydrinester  mit  Stearin- 
saurem  Silber  dargestellt,  wird  im  Organismus  im  Gegensatze  zum  Trisalicyl- 
glycerid  fast  voUständig  resorbiert.  Salicylsäure  wird  nach  Aufnahme  dieser 
Verbindung  viel  langsamer  ausgeschieden  als  nach  Einverleibung  von  Natrium, 
salicylat. 

Man  kann  daher  die  \virksamen  Säuren  und  Alkohole  (Phenole)  in  Form 
von  Estern  geben  (am  besten,  wenn  diese  unlöshch),  um  die  Einwirkung  zu 
protrahieren,  da  ja  der  Ester  sich  erst  langsam  in  seine  Komponenten  im 
Darme  zerlegt  und  diese  dann  erst  sukzessive  resorbiert  werden. 

Das  Verhalten  der  Phosphorsäurephenylester  im  Organismus  zeigt,  daß 
bei  diesen  nur  eine  Phenolgruppe  abgespalten  wird;  der  Grund  hegt  wohl 
darin,  daß  das  primäre  Spaltungsprodukt,  die  Diphenylphosphorsäure,  als  ge- 
paarte Säure  keiner  weiteren  Veränderung  im  Organismus  mehr  vmterliegt. 
Es  wird  nämlich  das  von  W.  Autenrieth  dargestellte  Triphenylphosphat 
PO(OC5Hg)3  in  Phenol  und  Diphenylphosphorsäure  PO(OC5H5)2  •  OH  gespalten. 
Bei  größeren  Dosen  bleibt  aber  eine  erhebliche  Menge  der  Triverbindung  un- 
resorbiert.  Analog  mit  dem  Triphenylphos]Dhat  verhält  sich  Tri-p-chlorphenyl- 
phosphat  PO(OCßH4Cl)3,  im  Harne  tritt  Di-p-chlorphenylphosphorsäure  auf  2). 

Wir  sehen  bei  den  verschiedenen  Veränderungen,  welche  die  chemischen 
Substanzen  im  Organismus  erleiden,  daß  es  sich  in  erster  Linie  darum  handelt, 
eine  Reihe  von  diesen  durch  verschiedenartige  Prozesse  in  imwirksame  und 
unschädliche  Körper  zu  verwandeln.  Insbesondere  ein  Vorgang  verdient  für 
den  Pharmakologen  ein  großes  Interesse:  Das  Bestreben  des  Organismus,  eine 
wirksame  Substanz  in  eine  Säure  zu  verwandeln.  Die  so  durch  Paarung  oder 
Oxydation  entstandene  Säm'e  verhält  sich  nun  den  Einflüssen  des  Organismus 
gegenüber  ungemein  resistent,  und  diese  Resistenz  bewirkt  auch,  daß  das  Stoff- 
wechselprodukt der  wirksamen  Substanz,  die  gebildete  Säure,  ein  ganz  un- 
wirksamer Körper  ist.  Dieses  Verleihen  saurer  Eigenschaften  seitens  des  Orga- 
nismus an  giftige  Körper  ist  von  fmidamentaler  Bedeutmig  für  die  Arznei- 
mittelsynthese. 

1)  Mario  Garino,  HS.  88,   1  (1913). 

^)  W.  Autenrieth  und  Z.  Vamössy,  HS.  25,  440  (1898). 


Spezieller  Teil. 


Erstes  Kapitel. 

Allgemeine  Methoden,  um  aus  bekannten  wirksamen  Verbin- 
dungen Verbindungen  mit  gleicher  physiologischer  Wirkung  auf- 
zubauen, denen  aber  bestimmte  Nebenwirkungen  fehlen. 

I.  Das  Salol-Prinzip.  M.  v.  Nencki  war  der  erste,  welcher  darauf  hin- 
gewiesen, daß  es  gelingt,  die  ätzenden  Nebenwirkungen  der  Phenole  sowie 
der  aromatischen  Säuren  auf  die  Weise  aufzuheben,  daß  man  statt  des  Phenols 
oder  statt  der  Säuren  einen  neutralen  Ester  in  den  Organismus  einführt,  der 
unverändert  den  Magen  passiert  und  durch  das  Ester  verseifende  Enzym  im 
Darme  zerlegt  wird  und  so  langsam  und  fortlaufend  die  in  kleinen  Mengen  ab- 
gespaltei^en  wirksamen  Komponenten  zur  Wirkung  gelangen  läßt.  Es  werden 
entweder  aromatische  Säuren  und  Phenole  unter  Anwendung  von  Phosphor- 
oxychlorid,  Phosphorpentachlorid,  Phosgen  oder  ähnlich  wirkenden  Konden- 
sationsmitteln in  Ester  verwandelt,  wobei  dann  beide  Komponenten  als  wirk- 
sam anzusehen  sind ;  oder  es  werden  solche  unlösliche,  geschmacklose  und  nicht 
ätzende  Verbindungen  dargestellt,  indem  die  ganz  ungiftige  imd  an  inid  für 
sich  wenig  wirksame  Benzoesäure  mit  dem  Phenol  einen  neutralen  Ester  bildet. 
Die  Darstellung  dieser  Benzoylverbindung,  welche  relativ  wenig  in  der  Therapie 
Eingang  gefunden  hat,  geschieht  entweder  durch  Einwirkung  von  Benzoyl- 
chlorid  auf  das  Alkaüsalz  des  betreffenden  Phenols  oder  nach  der  Schotten- 
Bauniann-Methode  durch  Behandlung  der  alkalischen  Phenollösinig  mit  Benzoyl- 
chlorid  in  der  Kälte.  Handelt  es  sich  nur  darum,  aus  einem  Phenol  nach  dem 
Saloli^rinzii^  einen  nicht  ätzenden,  geschmacklosen  Körper  zu  erhalten,  so  ist 
es  nicht  notwendig,  eine  wu-ksame  Säure  in  die  Verbindung  einzuführen,  son- 
dern mit  viel  größerem  Vorteil  bedient  man  sich  zu  diesem  Zwecke  der  Ein- 
führung von  fetten  Säm'eradikalen,  insbesondere  aber  der  Veresterung  des 
Hydroxyls  mit  Kohlensäure  oder  Carbaminsäiu-e.  Das  Verestern  mit  Kohlen- 
säure geschieht  in  der  Weise,  daß  man  auf  das  Phenol  oder  auf  dessen  Salz 
Phosgengas  oder  eine  Lösung  desselben  einwirken  läßt.  Die  Darstellung  des 
Carbaminsäureesters  kann  man  auf  zweierlei  Weise  bewerkstelügen.  Entweder 
läßt  man  Chlorkohlensäureamid  mit  dem  Phenol  reagieren,  oder  man  läßt 
vorerst  ein  Molekül  Phosgen  auf  ein  Molekül  der  hydroxylhaltigen  Substanz 
einwirken  und  hierauf  behandelt  man  das  entstandene  Produkt  mit  Ammoniak. 
Die  so  erhaltenen  Produkte  sind  meist  feste,  wasserlösliche  Substanzen.  WiU 
man  zu  flüssigen  gelangen,  so  eignet  sich  dazu  die  Behandlung  der  Phenole 
mit  Chlorameisensäureester  oder  analogen  Verbindungen,  wodann  man  die 
meist  flüssigen  Alkylkohlensäureester  erhält.  Die  gleichen  Reaktionen,  wie 
sie  hier  besprochen  wurden,  lassen  sich  auch  dazu  verwenden,  um  löshche, 
geschmacklose  Verbindungen  der  bitter  oder  schlecht  schmeckenden  Alkaloide, 


Allgemeine  Methoden,  vim  aus  bekannten  wirksamen  Verbindungen  usw.      203 

wie  etwa  des  Chinins,  zu  erhalten,  aber  in  diesem  Falle  sind  die  Alkylkohlen- 
säiireverbindungen  ebenfalls  feste  Körper. 

IL  Um  die  Ätzwirkimg  sowie  den  schlechten  Gteschmack  einer  Reihe  von 
Verbindungen  zu  coupieren,  wendet  man  sehr  häufig,  insbesondere  für  Metalle, 
die  Bindung  an  Eiweißkörper  oder  deren  Derivate,  an  Leim,  Kohlenhydrate, 
insbesonders  Polysaccharide  oder  ähnliche  Substanzen  an.  Auf  diese  Weise 
gelangt  man  zu  wasserunlöslichen  Verbindungen  der  Gerbsäure,  aus  denen  die 
Gierbsäure  erst  im  Darmkanal  als  gerbsaiu-es  AlkaU  abgespalten  wird.  Man 
gelangt  zu  geschmacklosen,  weil  unlöslichen,  Verbindungen  der  Alkaloide. 
Ferner  gelingt  es,  die  Ätz  Wirkung  der  Metalle  in  der  Weise  auszuschließen, 
daß  man  die  Metalle  den  Eiweißkörpem  substituiert,  so  zwar,  daß  die  Metalle 
durch  die  gewöhnUchen  Reagenzien  nicht  mehr  nachgewiesen  werden  können, 
da  diese  komplexen  Verbindimgen  kein  Metallion  an  die  Lösungen  abgeben. 
Es  gelingt  auf  diese  Weise,  die  Wirkung  der  Metalle,  wie  des  Silbers,  des  Queck- 
silbers, des  Eisens  frei  von  der  ihnen  zukommenden  Ätzwirkung  zur  Geltung 
zu  bringen.  Wenn  man  freilich  wie  bei  den  Silberpräparaten  auch  die  Ätz- 
wirkung als  therapeutisches  Agens  benötigt,  welche  lediglich  lonenwirkung 
ist,  so  muß  man  wiederum  anorganische  Metallverbindungen  benutzen  oder 
leicht  dissoziierende,  salzartige  organische.  Ist  das  Metall  oder  Metalloid  z.  B. 
Arsen,  so  substituiert,  daß  das  Metallion  nicht  dissoziabel,  so  kann  die  Ver- 
bindung auch  ganz  unwirksam  oder  weniger  wirksam  werden  oder  auch  ihre 
Wirkungsqualität  sehr  ändern. 

in.  Reaktionen  mit  Formaldehyd.  Zwei  Umstände  haben  die  ungemein 
große  Anzahl  von  Formaldehydverbindungen,  welche  gegenwärtig  therapeu- 
tisch angewendet  werden,  begünstigt.  Die  Erkenntnis  der  migemein  großen 
Reaktionsfähigkeit  dieses  einfachsten  und  billigsten  Aldehyds  hat  eine  große 
Anzahl  von  Versuchen  gezeitigt,  Methylen-  statt  Alkyl-  oder  Acylgruppen  in 
ersetzbare  Wasserstoffe  einzuführen,  anderseits  hat  die  große  antiseptische 
Wirkimg  des  Formaldehyds  und  die  steigende  Verwendung  derselben  zu  Ver- 
suchen ermuntert,  Präparate  darzustellen,  aus  denen  sich  langsam  unter  ver- 
schiedenerlei Einwirkungen  in  kleinen  Mengen  der  wirksame  Formaldehyd 
entbindet.  Durch  die  Wechselwirkung  von  Formaldehyd  imd  hydroxylhaltigen 
Körpern  bei  Gegenwart  von  starker  Salzsäure  kann  man  ebenso  zu  geschmack- 
losen Derivaren,  oft  auch  zu  unlöslichen  gelangen,  wie  nach  den  oben  be- 
sprochenen Methoden.  Diese  Verdeckung  der  Hydroxyle  geschieht  hier  durch 
Bildung  von  Methylenderivaten  der  wirksamen  Körper.  Manchmal,  wie  beim 
Morphin,  gelangt  man  aber  zu  unwirksamen  Substanzen.  Ebenso  gelingt  es 
durch  Einwirkung  von  Formaldehyd  basische  Reste  festzulegen,  doch  stehen 
die  so  erhaltenen  Derivate  weit  hinter  den  durch  Einführung  von  Säureradikalen 
in  die  Wasserstoffe  der  basischen  Reste  erhaltenen  zurück,  wenn  man  diese 
Reaktion  vom  Standpunkte  der  Entgiftung  der  zugrunde  liegenden  Base 
betrachtet.  Der  therapeutische  Haupterfolg  lag  in  der  Einführung  des  Hexa- 
methylentetra  mins. 

IV.  Eintührimg  von  Säiireradikalen  für  Wasserstoftatome  des  basischen 
Restes.  Zur  Einführung  gelangen  fette  oder  aromatische  Säureradikale.  Beide 
verringern  die  Giftigkeit,  indem  sie  eine  höhere  chemische  Stabihtät  schaffen, 
so  daß  die  wirksame  Base  vom  Organismus  erst  langsam  aus  dieser  säureamid- 
artigen  Verbindung  herausgespalten  werden  muß.  Handelt  es  sicTi  um  Amino- 
gruppen  in  zwei  ersetzbaren  Wasserstoffen,  so  ist  es  Regel,  daß  schon  der 
Ersatz  von  einem  Wasserstoff  durch  ein  fettes  Säureradikal  eine  wesentliche 
Entgiftung  hervorruft.    Die  Einführung  eines  zweiten  Radikals  zum  Ersatz 


204    AUgemeine  Methoden,  um  aus  bekannten  wirksamen  Verbindungen  Verbindungen  mit 

des  zweiten  Wasserstoffes  ist  deshalb  schwierig,  weil  das  zweite  fette  Säure- 
radikal im  allgemeinen  schon  durch  Wasser  abgespalten  wird  und  man  so 
wieder  zu  einer  Monoacylverbindung  gelangt.  Anderseits  ist  die  Einführiuig 
eines  zweiten  Säureradikals  auch  überflüssig,  weil  die  unwesentlich  eintretende 
Entgiftung  durch  die  überaus  leichte  Verseifung  der  zweiten  Säuregruppe  illu- 
sorisch gemacht  wird.  Zur  Einführung  fetter  Säureradikale  in  die  ersetzbaren 
Wasserstoffe  der  Aminoreste  eignet  sich  in  erster  Linie  die  Essigsäure,  die 
anderen  Glieder  der  Fettsäurereihe  haben  durchaus  vor  der  Essigsäure  keine 
Vorzüge.  Statt  der  Essigsäure  bedient  man  sich  noch  in  einzelnen  Fällen  mit 
Vorteil  der  Gärungsmilchsäure,  weil  die  resultierende  Verbindung  leichter  in 
Wasser  löslich,  doch  haben  die  so  erhaltenen  Derivate  vor  den  Acetylderivaten 
den  Nachteil,  schon  durch  die  bloße  Einwirkung  der  Salzsäm-e  des  Magensaftes 
aufgespalten  zu  werden. 

Die  Methodik  der  Einführung  der  Säureradikale  ist  mannigfaltig.  Ent- 
weder schüttelt  man  die  wässerigen  oder  alkoholischen  Lösungen  der  Base 
mit  Essigsäureanhydrid  oder  man  acetyliert  durch  Kochen  mit  Essigsäure 
und  essigsaurem  Natron,  mit  Essigsäureanhydrid  oder  auch  mit  Acetylchlorid. 
Die  schwere  Löslichkeit  dieser  Derivate  in  Wasser  ermöglicht  ihre  leichte 
Isolieiiing  und  Reinigung. 

Der  Ersatz  der  Wasserstoffe  im  basischen  Reste  durch  Radikale  von 
aromatischen  Säuren,  von  denen  in  erster  Linie  Benzoesäure  und  Sahcylsäure 
mit  Vorliebe  gewählt  werden,  hat  gegenüber  der  Einführung  von  fetten  Radi- 
kalen den  Nachteil,  daß  die  so  dargestellten  Verbindungen  eine  ungemein 
große  Resistenz  dem  Organismus  gegenüber  zeigen,  meist  ganz  vmlöshch  sind, 
so  daß  sie  in  \äelen  Fällen  wegen  ihrer  schweren  Spaltbarkeit  ganz  unwirksam 
oder  wenig  wirksam  sich  erweisen. 

V.  Einführung  von  Aldehydresten.  In  gleicher  Weise  kann  der  Ersatz 
von  Wasserstoffen  in  basischen  Resten  in  der  Weise  vorgenommen  werden, 
daß  man  einen  fetten  oder  aromatischen  Aldehyd  mit  der  Aminogruppe  bei 
Gegenwart  eines  Kondensationsmittels  in  Wechselwirkung  treten  läßt.  Auch 
hier  hat  der  Eintritt  eines  aromatischen  Radikals  eine  solche  Stabihtät  der 
entstandenen  Verbindung  zur  Folge,  daß  man  zu  physiologisch  unwirksamen 
oder  wenig  wirksamen  Substanzen  gelangt.  Die  eintretenden  fetten  Säure- 
radikale sind  an  und  für  sich  un'wirksam,  wälirend  die  eintretenden  aroma- 
tischen, insbesondere  die  Salicylsäure,  bei  antipyretischen  Mitteln  sich  an  der 
Wirkung  stark  beteiligen  können.  Das  Salicylsäureradikal  wird  wegen  seiner 
spezifischen  Wirkinig  bei  Rheumatismus  und  wegen  seiner  antifebrilen  Wirkung 
eingeführt. 

VI.  Einführung  von  Alkylresten  in  die  Wasserstoffatonie  der  Amino- 
gruppe. Während  der  Eintritt  von  Säureradikalen  in  die  Aminogruppe  nur 
eine  Verlangsamung  der  Wirkinig  der  Basen  verursacht  und  auf  diese  Weise 
eine  Entgiftung  zuwege  gebracht  wird,  ohne  daß  au  dem  physiologischen  Grund- 
charakter etwas  sich  geändert  hätte,  macht  der  Ersatz  von  Wasserstoffen  des 
Aminorestes  durch  Alkylradikale  öfters  eine  völlige  Änderung  der  Wirkung, 
indem  nicht  mehr  die  physiologische  Wirkung  der  Base  allein  zur  Geltung  kommt, 
sondern  auch  die  Alkylgruppen  als  das  Wirksame  zu  betrachten  sind.  Hierbei 
kann  die  Giftigkeit  der  Substanz  auch  ansteigen  und  eine  Verschiebung  der 
Wirkungsart  'eintreten. 

Die  Alkylgruppen  entfalten  nach  dem  ihnen  eigenen  Grundcharakter  wesent- 
lich narkotische  Effekte,  doch  kaim  ihre  Einführung  in  die  Aminogruppe  auch 
der  neuen  Substanz  krampferregende  Wirkungen  verleihen. 


gleicher  physiolog.  Wirkung  aufzubauen,  denen  aber  bestimmte  Nebenwirkungen  fehlen.  205 

yn.     Einführung    von    Säureradikalen    in    die    Hydroxyle    von    Basen. 

Während  der  Ersatz  von  Aminowasserstoffeii  durch  saure  Reste  eine  Ent- 
giftung der  zugrunde  liegenden  Verbindungen  zur  Folge  hat,  erhält  man  ganz 
anders  wirkende  Verbindungen,  wenn  man  den  Wasserstoff  eines  Hydroxyls 
in  einer  Base  durch  Säureradikale  ersetzt.  Hierdurch  wird  oft  die  Giftigkeit 
erheblich  erhöht.  Der  physiologische  Grundcharakter  der  Base  kann  hierbei 
die  eingreifendsten  Veränderungen  erleiden.  Diese  Veränderungen  hängen  mit 
der  Konstitution  des  eintretenden  Radikals  wesentlich  zusammen.  Physio- 
logisch verhalten  sich  die  entstehenden  Derivate  sehr  verschieden,  je  nachdem, 
ob  der  eintretende  Säurerest  ein  fetter  oder  ein  aromatischer  ist.  Es  kann  femer 
auch  der  Bau  und  insbesondere  die  Anwesenheit  einer  Hydroxylgruppe  im  aro- 
matischen Säurerest  von  entscheidender  Bedeutung  für  die  Wirkung  der  neu 
entstehenden  Verbindung  sein.  Es  muß  daher  vor  einem  planlosen  Einführen 
von  Säureradikalen  in  die  Hydroxylgruppen  von  Basen  auf  das  entschiedenste 
gewarnt  werden.  Man  kann  auf  diese  Weise,  von  der  falschen  Voraussetzung 
ausgehend,  daß  man  zu  einer  weniger  giftigen  Substanz,  wie  beim  Ersatz  von 
Wasserstoff  in  Amiuogruppen  der  Basen,  gelangen  wird,  zu  höchst  giftigen  Ver- 
bindungen kommen,  wofür  Beispiele  im  Kapitel  Alkaloide  nachzulesen  sind. 

VIII.  Einführung  von  Alkylresten  in  die  Wasserstoffe  der  Hydroxyl- 
gruppen. Der  Eintritt  von  Alkylresten  erzeugt  in  ersster  Linie  unabhängig 
von  der  spezifischen  Wirkung  des  eintretenden  Alkylrestes  eine  erhöhte  Stabi- 
htät  der  Substanz,  da  die  Alkyloxygnippen  viel  schvrieriger  den  Einflüssen 
des  Organismus  unterliegen  als  die  Hydroxylgruppen  in  einer  analogen  Ver- 
bindung. Es  entfaltet  aber  die  eintretende  Alkylgruppe,  insbesondere  aber  die 
Äthylgruppe,  eine  meist  narkotische  Wirkung.  Diese  narkotische  Wirkung  ist 
unabhängig  von  dem  übrigen  Bau  der  Substanzen.  Sie  ist  die  spezifische  Wir- 
kung der  Äthjdgnippe  selbst.  In  geringerem  Maße  als  die  Äthj'lgruppe  äußert 
die  Methylgruppe  narkotische  Wirkung,  und  man  ■wird  immer  vorziehen,  wenn 
man  Alkylgruppen  in  Hj^droxj^le  einführt,  um  neue  wirksame  Substanzen  zu 
erhalten,  Äthj'lgruppen  einzuflihren,  weil  gerade  diese  die  so  oft  erwünschte 
analgetische  und  narkotische  Wirkung  durch  ihren  Eintritt  in  die  Verbindung 
derselben  verleihen.  Die  höheren  aliphatischen  Alkylreste  werden  nur  selten 
verwendet,  da  ihr  Eintritt  gegenüber  dem  Eintritte  der  Äthyl-  oder  Methyl- 
gruppe keine  Vorteile  bringt.  Von  aromatischen  Alkoholen  hat  man  insbesondere 
die  Einführung  des  Restes  des  Benzylalkoholes  in  den  Hydroxjdwasserstoff  des 
öfteren  versucht,  ohne  auf  diese  Weise  den  aliphatischen  Verbindmigen  gegen- 
über wirksamere  oder  aus  anderen  Gründen  wertvollere  Substanzen  zu  erzielen. 

IX.  Wasserlöslichmachen  von  Arzneimitteln.  Eine  sehr  beliebte  und  mit 
sehr  geringem  Verständnis  der  pharmakodynamischen  Wirkung  ausgeführte 
Art,  an  und  für  sich  in  Wasser  unlösliche  Körper  wasserlöshch  zu  machen  und 
so  deren  Gebrauch  oder  deren  Resorption  zu  erleichtern,  ist  die  Methode, 
Körper  dieser  Art  in  Säuren  umzuwandeln,  die  entweder  als  solche  oder  als 
entsprechende  Alkalisalze  wasserlöshch  sind.  Man  vergaß  nur  immer  hierbei, 
daß  die  Verwandlung  einer  Substanz  in  eine  Säure  entweder  eine  vöUige  Ver- 
nichtung der  pharmakologischen  Eigenschaften  bewirkt  oder  eine  ganz  wesent- 
Hche  Abschwächung  derselben  zur  Folge  hat.  Man  vei^aß,  daß  man  der  meist 
umiötigen  Wasserlöshchkeit  zuhebe  die  physiologische  W^irkimg,  auf  die  es  doch 
in  erster  Linie  ankommen  muß,  zum  Opfer  brachte. 

Die  verbreitetste,  weil  technisch  billigste  Art,  ist,  aus  den  wirksamen  Sub- 
stanzen die  entsprechenden  Sulfosäuren  darzustellen.  Man  erhält  auf  diese  Weise 
meist  sehr  leicht,  entweder  schon  durch  bloße  Eiuwirkmig  von  konzentrierter 


206    Allgemeine  Methoden,  um  aus  bekannten  wirksamen  Verbindungen  Verbindungen  mit 

Schwefelsäure  bei  niedrigen  Temperaturen  oder  von  anhydridhaltiger  Schwefel- 
säure Sulfosäuren,  die  entweder  selbst  oder  deren  Alkalisalze  löslich  sind.  Eine 
weitere  Art  ist  die  Darstellung  von  Carbonsäuren,  deren  Salze  wasserlöslich  sind. 
Die  letztere  Methode  wird  hauptsächlich  in  der  Phenolgruppe  angewendet,  wo 
man  entweder  unwirksame  Substanzen  oder  weniger  giftige  erhält.  Wenn  die 
Substanzen  wirksam  bleiben,  so  kömien  sie  in  ihrer  Wirkung  von  der  Mutter- 
substanz beträchtlich  differieren.    (Beispiel:  Phenol  und  Salicylsäure.) 

Eine  Methode,  wasserlösliche  Substanzen  zu  erhalten,  ohne  die  Wirkung 
wesentlich  zu  beeinträchtigen,  ist  die  Einführung  einer  Aminogruppe  oder  einer 
GlykokoUgruppe  in  die  fette  Seitenkette  einer  Verbindung;  man  kann  daim 
lösliche  Chlorhydrate  dieser  Derivate  erhalten.  Die  physiologische  Wirkung 
der  zugrunde  liegenden  Verbindungen  wird  hierbei  manchmal  gar  nicht  oder 
nur  unwesentlich  verändert. 

X.  Einführung  von  Halogen  oder  Schwefel.  Eine  ungemein  verbreitete 
Art,  neue  Heilmittel  darzustellen,  ist,  in  schon  bekannte  Körper  von  verschie- 
densten physiologischen  Wirkimgen  Halogen,  insbesondere  aber  Brom  und  Jod, 
einzuführen.  Man  erhält  im  allgemeinen  bei  Einführung  von  Chlor  in  alipha- 
tische Verbindungen  mehr  oder  minder  stark  narkotisch  wirkende  Körper, 
häufig  aber  starke  Herzgifte,  bei  Einführung  von  Chlor  in  aromatische,  stärker 
antiseptisch  wirkende  Verbindungen  als  die  Muttersubstanz.  Man  muß  bei 
dem  Endprodukte  besonders  auf  die  eventuellen  Ätzwirkungen  achten.  Die 
Einführung  von  Brom  in  ahphatische  Substanzen  bringt  meist  ähnliche  Effekte 
wie  Chlor  zuwege,  anderseits  nähern  sich  die  antiseptischen  Wirkmigen  dieser 
Substanzen  schon  den  Jodderivaten.  Die  Einführung  von  Brom  in  aromatische 
Substanzen  erhöht  deren  antiseptische  Effekte,  besitzt  aber  keine  Vorteile  vor 
den  Jodpräparaten,  es  sei  denn,  daß  sich  die  Bromderivate  technisch  bilhger 
darstellen  lassen.  Die  Einführung  von  Jod  in  aliphatische  und  aromatische  Ver- 
bindungen verleiht  denselben  wesentlich  antiseptische,  resorptionsbefördemde 
imd  granulationsanregende  Wirkung.  Es  ist  hierbei  keineswegs  von  Vorteil, 
wenn  die  neue  Verbindung  Jod  sehr  rasch  abspaltet,  anderseits  ist  es  aber  zweck- 
los, Jod  in  Verbindmigen  einzuführen,  aus  denen  es  der  Organismus  unter 
keinerlei  Umständen  wieder  frei  machen  und  ziu-  Wirkmig  bringen  kann. 

Die  Einführung  von  Schwefel  geschieht  mit  Vorhebe,  um  antiseptisch 
wirkende  oder  resorptionsbefördemde  Eigenschaften  den  neu  entstehenden 
Verbindungen  zu  verleihen.  Doch  stehen  in  bezug  auf  die  antiseptische  Wir- 
kung die  Schwefelverbindungen  den  analog  gebauten  Jodverbindungen  wesent- 
hch  nach.  Eine  Reihe  von  schwefelhaltigen  Verbindungen,  die  diurch  Schmelzen 
mit  Schwefel  oder  durch  Schwefeln  mittels  eines  Überträgers  dargestellt  sind, 
wurden  in  der  Absicht,  dem  Ichthyol  analog  wirkende  Substanzen  künstlich 
zu  gewinnen,  hergestellt.  Hierbei  werden  Kohlenwasserstoffe  verschiedenster 
Provenienz,  insbesondere  ungesättigte,  mit  Schwefel  behandelt.  Anderseits  ge- 
hngt  es  leicht,  Schwefel  diirch  Verschmelzen  mit  Substanzen,  die  eine  doppelte 
Bildung  enthalten,  in  diese  einzuverleiben.  Doch  zeigen  Körper  der  letzteren 
Art  keine  dem  Ichthj'ol  analogen  physiologischen  Eigenschaften. 

XL  Darstellungen  von  verschiedenen  Salzen  wirksamer  Säuren  oder  wirk- 
samer Basen,  insbesondere  von  Metallen.  Hier  wächst  die  Variationsmöghch- 
keit  tatsächlich  fast  ins  Unendliche,  und  wer  die  Verbindmigen  verschieden- 
ster Art,  die  so  dargestellt  win^den,  für  neue  Arzneimittel  ansieht,  hat  vollauf 
Gelegenheit,  sich  über  die  Hochflut  neuer  Mittel  zu  beklagen.  Wer  aber  ein- 
sieht, daß  hier  nicht  die  wirksame  Substanz,  sondern  der  meist  imwirksame 
Anteil  der  Verbindung  in  verschiedenster,  sehr  häufig  auch  zweckloser  Weise 


gleicher  physiolog.  Wirkung  aufzubauen,  denen  aber  bestimmte  Nebenwirkungen  fehlen.  207 

variiert  •wird,  wird  Verbindungen  dieser  Art  keineswegs  als  etwas  Neues  an- 
zusehen in  der  Lage  sein. 

XII.  Kombination  zweier  wirksamer  Substanzen.  Bei  dieser  Art,  neue 
KöqDer  darzustellen,  werden  zwei  meist  ganz  ähnlich  wirkende  Körper,  etwa 
zwei  antipjTetische  Mittel,  wie  Salicylsäure  oder  Antipjrrin,  oder  zwei  Schlaf- 
mittel, wie  Amylenhydrat  und  Chloralhydrat  in  chemische  Wechselwirkung  ge- 
bracht, ohne  daß  die  entstehenden  Verbindungen  andere  physiologische  Eigen- 
schaften hätten,  als  etwa  ein  Gemenge  der  beiden  Substanzen.  Anderseits 
wurde  versucht,  zwei  verschiedenartig  wirkende  Körper  zu  kombinieren,  eine 
Variationsmöghchkeit,  die  natürUch  sehr  groß,  ohne  aber  bislang  therapeutisch 
etwas  Neues  geliefert  zu  haben. 


Wenn  man  die  angeführten  VariationsmögUchkeiten  sich  vor  Augen  hält 
und  weiter  berücksichtigt,  daß  man  in  den  meisten  Substanzen  eine  für  die 
Grundwirkung  unwesentliche  Gruppe  chemisch  unzähJigemal  variieren  kami, 
so  wird  es  klar,  wie  eine  Hochflut  von  sogenamiten  neuen  Arzneimittehi  möghch 
ist,  ohne  daß  neue  Körper  mit  neiien  Wirkungen  geschaffen  werden.  Jeder 
neue  Körper  schafft  wieder  eine  Reihe  von  Variationen,  aber  im  Konkurrenz- 
kämpfe siegt  doch  nur  das  geeignetste  imd  technisch  billigste  Präparat. 


Zweites  Kapitel. 

Antipyietica. 

Chinin  und  Chinolinderivate. 

Die  synthetische  Arzneimittelchemie  hat  aiif  dem  Gtebiete  der  antipyre- 
tischen Mittel  sowie  der  Schlafmittel  ihi-e  größten  Triumphe  gefeiert.  Eine 
große  Reihe  neuer  Verbindungen  wurde  geschaffen,  von  denen  einige  in  den 
dauernden  Besitzstand  der  Heilkunde  übergegangen  sind.  Aber  die  große  Ver- 
breitung verdanken  die  modernen  Antipyretica  nicht  so  sehr  ilirer  Temperatur 
herabsetzenden  Wirkung,  als  vielmehr  ihren  vortrefflichen  Nebenwirkungen 
auf  das  Nervensystem,  vor  allem  der  besonderen  schmerzstillenden  Funktion. 
Diese  Substanzen  wirken  einerseits  als  Wärmezentrumnarkotica,  andererseits 
als  leichte  Narkotica  überhaujDt. 

Die  ursprünglich  treibende  Idee  der  Synthetiker  war,  die  Resultate  der 
Erforschung  der  Konstitution  des  Chinins  in  der  Weise  zu  verwerten,  daß  man 
neue,  dem  Chinin,  wie  damals  seine  Konstitution  aufgefaßt  wurde,  analoge 
Körper  aufbaue.  Die  Anschauungen  über  den  Bau  des  Chinins  waren  zu  jener 
Zeit  unrichtig,  mid  auf  Grund  dieser  unrichtigen  Anschauungen  über  den  Auf- 
bau des  Chinins  gelangte  man  zu  synthetischen  Verbindungen,  welche  vom 
Chinin  in  ihrer  Wirkung  sich  wesentlich  unterschieden,  die  wohl  Antipyretica 
waren,  aber  aus  Gründen,  die  außerhalb  der  Analogie  mit  dem  Chinin  hegen. 
Der  großen  Reihe  künstlicher  Fiebermittel,  welche  alle  das  Chinm  ersetzen 
sollten,  mangelt  eine,  und  zwar  die  wichtigste  therapeutische  Funktion  des 
Chinins,  nämlich  die  spezifische  Wirkung  bei  der  Malaria. 

Cliinin  unterscheidet  sich  von  dem  ihm  nahe  venvandten  Chinaalkaloide 
Cinchonin  durch  das  Vorhandensein  einer  Methoxygruppe  in  der  p-Stellung 
im  Chinolinringsystem,  aber  Cinchonin  ist  ein  weit  weniger  wirksamer  Köi-per, 
so  daß  die  Anwesenheit  der  p-Methoxygruppe  jene  intensive  Wirkung  des 
Chinins  auf  das  Fieber  und  seine  spezifische  Wirkung  bei  der  Malaria  bedingt. 
Schmilzt  man  Cinchonin  und  Chinin  mit  Kali,  so  erhält  man  im  ersteren  Falle 
Chinohn,  im  letzteren  Falle  p-Methoxychinolin. 

0/\  CH  o/N^^ 

I  p-Methoxychinolia         *   I      I      I 

N  N 

Chinolin  geht  nicht  als  solches  in  den  Harn  über,  sondern  es  tritt  im  Harn 
eine  durch  Brom  fällbare,  noch  unbekannte  Substanz  in  reicher  Menge  auf.  Nach 
Donath  ist  der  im  Harn  auftretende  Körper  PjTidincarbonsäure,  was  aber  an- 
scheinend nicht  richtig.  Chinolin  wird  sehr  wahrscheinlich  als  5.6-Dioxychinolin 
mit  Schwefelsäure  oder  Glykuronsäure  gepaart  durch  die  Niere  ausgeschieden^). 

Chinolin  selbst  hat  nach  den  Untersuchungen  von  Julius  Donath^)  anti- 
septische, antizymotische  und  antipyretische  Eigenschaften,  aber  es  erregt  sehr 

1)  H.  Fühner,  AePP.  55,  27  (1906). 

2)  BB.   U,   178,  1769  (1881).  —  Kendrick  und  Dewar,   BB.  T,  1458  )1874). 


Chinin  und  Chinolinderivate.  209 

bald  schon  in  relativ  kleinen  Dosen  Kollaps  und  seine  hochgradige  Giftigkeit 
verhindert  die  therapeutische  Anwendung,  auch  wenn  man  statt  des  salzsauren 
Chinolins,  welches  stark  hygroskopisch  ist,  brennend  schmeckt  und  durchdrin- 
gend riecht,  weinsaures  Chinolin  benützt.  Donath  verwendete  bei  seinen  Ver- 
suchen Chinolin  aus  Steinkohlenteer,  welches  nicht  rem  war.  Wenn  man  aber 
auch,  wie  es  Biach  und  Loimann')  getan  haben,  synthetisches  Chinoün  be- 
nützt, so  kommt  man  zu  den  gleichen  Resultaten.  Chinolin  erniedrigt  wohl 
die  Temperatur,  und  die  Temperaturerniedrigung  ist  proportional  der  verab- 
reichten Dosis,  aber  die  Atembewegungen  werden  verringert  und  unregel- 
mäßig, es  treten  Kollapserscheinungen  auf,  die  Versuchstiere  gehen  unter 
Erscheinungen  des  Lungenödems  zugrunde.  Eine  Zeitlang  wurde  Chinoün 
als  Ersatzmittel  des  Chinins  bei  Keuchhusten  in  kleinen  Dosen  empfohlen. 
Doch  haben  die  lästigen  Nebenwirkungen  sehr  bald  von  einer  weiteren  An- 
wendung abgeschreckt^). 

Die  antiseptische  Eigenschaft  des  Chinolins  geht  nach  den  Untersuchungen 
von  RosenthaP)  so  weit,  daß  mit  Chinolin  vergiftete  Tiere  nicht  faulen.  Die 
chemische  Tätigkeit  des  Protoplasmas  der  lebenden  Zellen  erleidet  durch  Chinolin 
eine  wesentliche  Änderung.  Es  wird  die  Aufnahme  von  Sauerstoff  und  die 
Erzeugung  von  Energie  vermindert,  daher  smkt  auch  die  Wärmeproduktion. 
Wenn  mau  am  Krankenbett  die  Chinolinwirkung  mit  der  Chininwirkung  ver- 
gleicht, was  ja  im  Tierversuch  nicht  so  gut  geht,  so  kommt  man  mit  R.  Jaksch*) 
zu  dem  Resultate,  daß  Chinolin  in  bezug  auf  seine  febrifuge  Wirkung  schwächer 
und  unzuverlässiger  wirkt  als  Chinin.  Auf  den  Krankheitsverlauf  hat  es  gar 
keinen  günstigen  Einfluß,  bei  der  Malaria  wirkt  es  überhaupt  nicht  und  die 
meisten  Patienten  erbrechen  das  Mittel.  Das  Fieber  bei  Pneumonie  win^de 
vom  ChinoHn  nicht  beeinflußt.   Chinolin  und  Acridin  machen  Retinitis^). 

Da  eine   Reihe   von   Alkaloiden  zum   Teil  Chinolin  f    i      |  zum  Teil  Iso- 

chinolin  I    J      j      als  Kern  besitzen,   so   muß   man  die   Frage   aufwerfen,   ob 

es  einen  Unterschied  macht,  ob  sich  diese  Körper  vom  Chinolin  oder  vom  Iso- 
chinolin  ableiten.  Die  Untersuchungen  von  Ralph  Stockmann*)  haben  ge- 
zeigt, daß  Chinolin  und  Isochinolin  beide  gleich  stark  antisepti.sch,  antipyretisch 
und  auf  das  Zentralnervensystem  deprassorisch  wirken.  Auch  die  Methyl- 
jodidderivate  beider  Körper  haben  dieselbe  Wirkung,  nämlich  eine  paralysierende 
Wirkung  auf  die  motorischen  Nervenendplatten.  Chinaldin  (a-Methylchinolin) 

Chinaldin  Lepidin  a-j'-Dimethyl-  o-Tuluchinolin     p-Toluchinolin 

^  chinolin  '^ 

OoH.    00"    o5h.    00   ™'Oo 

N  N  N  HjC    N  N 

Lepidin  (/-Methylchinohn),  dann  «-/S-DimethylchinoHn,  o-Toluchinolin,  p-Tolu- 
chinolin  zeigen  eine  ähnliche  Wirkung  wie  Chinolin  oder  Isochinolin,  aber  sie 
sind  weniger  wirksam.  Dimethylchinob'n  ist  noch  weniger  wirksam  als  Chinal- 
din. Es  läßt  sich  daher  die  Regel  aufstellen:  Die  Substitution  von  Methyl- 
radikalen  für  Wasserstoffatome  in  Chinolin  wirkt  schwächend  auf 


^)  Virchows  Arch.  86,  456.  ^)  Brieger,  Zeitschr.  f.  klin.  Med.  4,  296. 

ä)  Festschrift  f.   Zenker   1891,   206.  *)  Prager   med.  Wochenschr.   1881,    Nr.  28. 

^)  A.  Jess,  Akten  f.  d.  internat.  ophthahnol.   Kongreß  Petersburg  1914,   101. 

')  Journ.   of  physiol.   15,   245. 

Frank  el,  Arzneimittel-Synthese.     5.  Aufl.  14 


210  Antipyretica. 

die  depressorische  Wirkung  auf  das  Nervensystem,  d.  h.,  je  mehr 
Wasserstoffatome  durch  Methylgruppen  im  Chinolin  ersetzt  wer- 
den, desto  schwächer  wirkt  der  substituierte  Körper  auf  das 
Nervensystem.  Es  folgt  ferner  aus  den  Stockmannschen  Untersuchungen, 
daß  es  für  die  physiologische  Wirk\ing  eines  Chinolins  gleichgültig  ist,  wo  der 
Stickstoff  steht,  oder  wo  die  Methylradikale  sitzen,  daß  ferner  die  Substitution 
von  Methylradikalen  für  Wasserstoff  die  Wirkung  nur  in  bezug  auf  den  Grad 
ändert,  aber  nicht  in  bezug  auf  die  Art  und  Weise.  Es  ist  daher  nicht  vm- 
wahrscheinlich,  daß  es  für  die  physiologische  Wirkung  der  komplexeren  Alka- 
loide  gleichgültig  ist,  ob  das  Alkaloid  vom  ChinoUn  oder  IsocbinoUn  deriviert. 
Dieses  ist  für  Synthesen  von  größter  Wichtigkeit,  da  man  unter  sonst  gleichen 
Umständen  von  dem  büh'gen  ChinoUn  ausgehen  könnte. 

a-OxychiuoUn  (Carbostyril)  ist  wenig  oder  gar  nicht  giftig^).  j'-Oxychinohn 
(Kyinu-in)  ist  ebenfalls  ungiftig.  p-Oxychinohn  macht  bei  Kaninchen  geringe 
Temperaturerniedrigung-). 

Py-Tetrabydro-p-oxychinoUn  q-^ 

NH 

ist  ein  starkes  Gift,  es  macht  klonische  Krämpfe  2). 

p-Methoxychinolin  (p-Chinanisol)  ist  vmgiftig,  p-Methoxy-tetrahydrochinoUn 
(Thallin)  wirkt  stark  antipyretisch,  macht  Cyanose  und  Methämoglobinbildimg  ^). 

Tetrahydrochinolin  q-^ 

N 
H 

verhält  sich  physiologisch  zu  Chinolin  wie  Piperidin  zu  Pyridin*). 

Ä-Propyltetrahydrochinolin  ist  weit  giftiger  und  physiologisch  unähnlich 
dem  Coniin^). 

Py-Tetrahydro-}'-phenylchinolin 

\/ 
/>, 

N 
H 

ist  für  Paramäcien  so  giftig  wie  Chinin^). 

Der  Reichtum  des  Chinins  an  Wasserstoffatomen  führte  zu  der  Vermutung, 
daß  in  demselben  Chinolin  als  Tetrahydrochinolin  enthalten  sei,  eine  Ver- 
mutung, die  sich  als  irrtümlich  erwies,  aber  zu  den  ersten  Versuchen  führte, 
synthetische,  vom  Chinolin  sich  ableitende  AntipjTetica  darzustellen.  Es  war 
aber  dazu  notwendig,  vorerst  reines  Chinolin  in  der  Hand  zu  haben.  Die 
Reindarstellung  des  im  Steinkohlenteer  vorkommenden  Chinolins  begegnet 
großen  Schwierigkeiten ;  namenthch  die  Treimmig  von  den  Homologen  läßt  sich 

1)  A.  Schmidt,  Diss.  Königsberg  (1884).  —  B.  Fenyvessy,  HS.  30,  552  (1900).  — 
F.  Rosenhain,  Diss.  Königsberg  (1886). 

2)  R.  Jaksch,  Zeitschr.  f.  klin.  Med.  8,  442  (1884). 
^)  F.   Rosenhain,  Diss.   Königsberg   1886. 

*)  P.  C.  Plugge,  Arch.  intern,  de  Pharm,  et  de  Th6r.  3,   173  (1897). 
')  Grethe,  Deutsches  Arch.  f.  klin.  Med.  56,   189  (1896). 


Chinin  und  Chinolinderivate.  211 

sehr  schwer  bewerkstelligen.    Diesem  Ubelstand  wurde  durch  die  synthetische 
Darstellung  des  Chinolins  abgeholfen. 

Zur  Gewinnung  von  chemisch  reinem  Chinolin  erhitzt  man  nach  Zdenko  Skraup') 
Glycerin,  konzentrierte  Schwefelsäure,  Nitrobenzol  und  Anilin,  wobei  anscheinend  Anilin 
mit  dem  aus  dem  Glycerin  gebildeten  Oxyaldehyd  reagiert.  Diese  Skraupsche  Synthese 
des  Chinolins  läßt  sich  auch  übertragen  auf  die  Darstellung  von  Oxychinolin  sowie  von 
Alkyloxychinolin.  Es  ist  nur  notwendig,  statt  des  Nitrobenzols  bzw.  Aminobenzols,  Nitro- 
phenol  bzw.  Aminophenol  zu  nehmen^).  Bei  der  Synthese  des  Methyläthers  des  p-Oxy- 
chinolins  z.  B.  verwendet  man  p-Aminoanisol,  p-Nitroanisol,  Glycerin  und  Schwefelsäure'). 
Die  Reaktion  ist  dieselbe  wie  bei  der  Synthese  des  Chinolins.  Aber  man  bekommt,  da  man 
von  p-substituierten  Körpern  ausgegangen  ist,  p-substituierte  Oxychinoline.  Später  hat 
KnueppeH)  die  Skraupsche  Chinolinsynthese  dahin  modifiziert,  daß  er  Arsensäure, 
Glycerin  und  konzentrierte  Schwefelsäure  auf  Anilin  oder  dessen  Derivate  einwirken  ließ; 
diese  Modifikation  soll  eine  bessere  Ausbeute  bewirken,  da  die  Harzbildung  vermieden, 
femer  die  Verarbeitung  großer  Substanzmengen  auf  einmal  ermöglicht  wird. 

Das  so  dargestellte  p-Chinanisol  (p-Methoxychinohn)  zeigte  nach  den  Unter- 
suchungen von  R.  V.  Jaksch  schwach  antipyretische  Eigenschaften.  Es  war 
jedenfaUs  durch  den  Eintritt  der  p-Methoxygruppe  die  antipyretische  Wirkiuig 
des  Chinolins  abgeschwächt  worden,  eine  Erscheinung,  der  wir  später  bei  der 
Besprechung  des  Anilins  und  des  Phenetidins  wieder  begegnen  werden.  Es 
besteht  also  ein  fundamentaler  Unterschied  zwischen  dem  Verhältnisse  der 
Wirkungen  von  Chinin  zu  Cinchonin  und  Methoxychinolin  zu  Chinolin.  Beim 
Chinin  verstärkt  die  Methoxygruppe  die  Wirkung  gegenüber  dem  Cinchonin, 
beim  Methoxychinohn  wird  sie  dem  Chinolin  gegenüber  abgeschwächt.  Der 
Grund,  daß  man  immer  bei  Synthesen  in  der  Chinolinxeihe  vom  Methoxy- 
chinoUn  ausgegangen,  ist  wohl  in  der  Beobachtung  vom  Butlerow  zu  suchen, 
welcher  ja  beim  Schmelzen  des  sehr  stark  wirkenden  Chinins  mit  Kali  Meth- 
oxychinohn erhalten,  während  bei  demselben  Prozesse  das  weniger  wirksame 
Cinchonin  Chinolin  gab. 

Wie  erwähnt,  faßte  früher  Z.  Skraup  und  mit  ihm  andere  Beobachter 
das  Chinin  als  ein  tetrahydriertes  Chinolinderivat  auf.  Da  p-Methoxychinolin 
nur  schwach  antipyretische  Eigenschaften  zeigt,  so  war  es  wahrscheinlich,  daß 
ein  hydriertes  p-Methoxychinolin  starke  Wirkungen  hervorrufen  wird.  Es  gilt 
nämlich  der  Lehrsatz,  über  den  das  Nähere  im  Kapitel  über  Alkaloide  nach- 
zulesen ist,  daß  hj'drierte  Basen  viel  energischere  Wirkungen  als  die  nieht- 
hydrierten  haben.  Die  Hydrierung  inid  die  dadurch  bedingte  Lösung  der  doj)- 
pelten  Bindung  macht  den  Körper  für  den  Organismus  wirkmigsfähiger,  wie 
einige  Beispiele  beweisen  sollen.  So  ist  Pyridin  fast  gar  nicht  wirksam,  Piperi- 
din  hingegen,  das  Reduktionsprodukt  des  PjTidins,  ist  eine  stark  wirkende 
Base.  Auch  beim  Chinohn  konnten  E.  Bamberger  und  Längfeld^)  dieselbe 
Beobachtung  machen.  Die  hydrierten  Chinoline  wirken  im  Gegensatz  zum 
Chinolin  dem  Piperidin  ähnlich.  Dekahydi-ochinohn  z.  B.  erweist  sich  schon 
in  kleineren  Dosen  als  Blutgift,  wie  es  überhaupt  als  sekundäres  Amin  die  für 
solche  charakteristischen  physiologischen  Eigenschaften  besitzt.  Nach  den 
Untersuchungen  von  Heintz^)  steht  Dekahydrochinohn  in  bezug  auf  physio- 
logische Wirkung  in  denselben  Beziehungen  zum  Chinolin  wie  Piperidin  zum 
Pyridin.  Diese  vier  Verbindiuigen  haben  alle  gleichartige,  wenn  auch  graduell 
verschiedene  Wirkung.  Die  nichthydrierten  Basen  Pyridin  und  Chinolin  sind 
in  bezug  auf  aUgemeine  Nervenwirkung  stärker  wirksam  als  die  hydrierten. 
Femer  machen  die  nichthydrierten  frühzeitige  Herzlähmung,  während  die 
hydrierten  Körper  das  Herz  lange  intakt  lassen.    Alle  vier  Verbindungen  zer- 


1)  Amerik.  P.  241  738.  ^)  DRP.   U  976.  ^)  DRP.  28  324. 

*)  DRP.  87  334.  —  BB.  29,  703  (1896).  ^)  BB.  33,  1138  (1890). 


14* 


212  Antipyretica. 

stören  die  roten  Blutkörperchen,  aber  die  hydrierten  weit  rascher  land  inten- 
siver als  die  nichthydrierten.  Das  schwächer  hydrierte  Hexahydrochinolin 
nähert  sich  in  seiner  Wirkiuig  mehr  dem  Chinolin  als  dem  Dekahydrochinolin. 
Nerven-  wie  Herzwirkungen  sind  intensiv,  die  blutschädigende  Wirkung  ist 
schwächer  als  bei  den  letzteren,  mehr  den  Wirkungen  des  Chinolins  sich 
nähernd. 

Wenn  man  nvin  das  schwach  wirkende  p-Cliinanisol  durch  Reduktion  mit  Zinn  und 
Salzsäure  hydriert,  wie  es  Skraup  getan,  so  kommt  man  zu  einem  stärker  wirkenden 
Körper,  dem  Tetrahydrochinanisol,  welches  Thallin  genannt  wurde^). 

Die  Salze  des  Thallins  sind  kräftige  Antipjrretica,  wenn  auch  keine  spezi- 
fisch (gegen  Malaria)  wirkenden  Mittel  2). 

Thallin 
H 

U\> 

N 
H 

(Das  Thalhnperjodat  wurde  von  Mortimer  Granville  angeblich  mit 
bestem  Resultate  bei  der  Krebsbehandlung  verwendet^). 

Außer  dem  Thallin  wiu'den  noch  eine  Reihe  alkylierter  bzw.  benzoyherter 
Tetrachinanisole  dargestellt,  welche  sich  aber  in  ihrer  Wirkung  nicht  in  der 
Weise  vom  ThalHn  unterschieden,  daß  sie  ihnen  vorzuziehen  wären.  Thallin 
wirkt  viermal  so  stark  antipyretisch  als  Antipyrin.  Doch  ist  die  Wirkung  nicht 
andauernd.  Die  Apyi-exie  (Entfieberung)  dauert  nur  kurz  und  das  Fieber  setzt 
dann  mit  Schüttelfrösten  wieder  ein.  Es  macht  eine  schwere  Blutschädigung. 
P.  Ehrlich*)  sah  Hämoglobininfarkt  der  Nierenpapille. 

Während  Chinolin  nicht  auf  die  Niere  wirkt,  macht  Tetrahydrochinolin 
H 

1    j     'tt  typische  Nekrose  der  Nierenpapillen,  Thallin,  o-Thalün  und  AnathaUin 

N 

H 
ebenfalls,  aber  nicht  bei  allen  Tieren.   Ebenso  wirken  Thalhnharnstoff,  Thallin- 
thioharnstoff  und  Acetyl thallin.   Die  Wirkung  des  Tetrahydrochinolins  wird 
weder  durch  die   Einführung  eines   Säureradikals,  noch  Alkylradikals  in  die 
NH-Gruppe  verändert. 

Dihydrochinohne  zeigen  trotz  ihrer  sonstigen  Giftigkeit  gar  keine  Wirkung 
auf  die  Niere.  Weder  Kairin,  noch  das  viel  giftigere  Trihydroäthyl-p-oxychinolin 
haben  diese  Eigenschaft^). 

Schon  früher  hatte  W^  Filehne  eine  Reihe  von  Chinolinderivaten  unter- 
sucht und  gefunden,  daß  nur  die  am  Stickstoff  alkylierten  Tetrahydrochinoline 
einer  weiteren  Prüfung  am  Menschen  wert  wären.  Enthielten  diese  alky- 
lierten Chinoline  Hydroxylgruppen,  so  trat  ihre  Wirkung  rascher 
ein,  verschwand  aber  um  so  plötzlicher.  (Eine  Analogie  mit  der  rasch 
verfliegenden  antipjTetischen  Wirkung  der  hydroxylierten  Benzolderivate 
Phenol,  Brenzcatechin  usw.  ist  hier  nicht  zu  verkennen.)  Auf  Grund  dieser 
Beobachtungen  kam  es  zur  Synthese  des  Kairolins  durch  W.Königs  und 
Hoff  mann  und  des  Kairins  durch  O.Fischer*).  Kairolin  ist  Tetrahydro- 
chinolin, welches  entweder  eine  Äthyl-  oder  eine  Methylgruppe  am  Stickstoff 

1)  DRP.   30  426  und  42  871.  2)  Moniteur  scient.    1881,    1230. 

3)  Lancet  1894,   10,  III.  *)  Therap.  Monatshefte  1887,  53. 

5)  Rehns,  Arch.  mternat.  de  pharmacodyn.  8,   199.  «)  DRP.  21  150. 


Chinin  und  Chinolinderivate.  213 

enthält,  und  zwar  das  saure  schwefelsaure  Salz.    Das  äthylierte  Kairolin  wird 
Kairolin  A,  das  methylierte  Kairolin  M  genannt. 

H 

Ih  +  h^so, 

N .  CjjHs 
Kairin  unterscheidet  sich  vom  Kairolin  niir  durch  die  Gegenwart  eines 
Hydroxyls,  welches  den  Körper  rascher  zur  Wirkung  bringt.    Es  ist  ein  Tetra- 
hydroäthyl-  (oder  Methyl)-a-oxychinolin. 

HON  .  C2H5 

Kairin  wird  nach  O.  Fischer  dargestellt,  indem  man  a-Oxychinolin,  das  durch 
Schmelzen  von  a-ChinoIinsulfosäure  mit  Natron  oder  aus  o-Nitrophenol  nach  der  Skraup- 
scben  Synthese  erhalten  werden  kann,  reduziert  und  das  gebildete  Tetrahydrür  mit  Jod- 
methyl auf  dem  Wasserbade  reagieren  läßt.  Unter  heftiger  Reaktion  bilden  sich  die  jod- 
wasserstoffsauren Salze  der  tertiären  Oxyhydromethylchinoline. 

Kairin  zeigt  dieselben  unangenehmen  Erscheinvmgen  i)  bei  der  Anwen- 
dung am  Menschen  und  hat  so  gefährliche  Nebenwirkungen  wie  das  später 
von  Skraup  dargestellte  Thallin.  Alle  diese  Substanzen  sind  als  die  ersten 
Versuche  zur  Synthese  chininartig  wirkender  Substanzen  zu  betrachten, 
die  aber  keineswegs  die  spezifische  Wirkung  des  Chinms  haben,  wie  die 
Darsteller  lu-sprünglich  annahmen,  sondern  nur  aus  den  Gründen  febrifuge 
Wirkungen  zu  eigen  besitzen,  weU  ja  Chinolin  selbst  antipjretisch  wirkt  und 
ja  alle  Benzolderivate  die  gleiche  Eigenschaft  zeigen.  Aber  die  bei  Ver- 
abreichung dieser  Mittel  am  Menschen  eintretenden  schweren  Erscheinungen 
sowie  die  unangenehmen  Neben wu'kun gen  zeigten,  daß  der  Gebrauch  dieser 
Körper  zu  verlassen  sei'.  An  die  am  Stickstoff  methylierten  Derivate  Kairolin 
und  Kairin  sehließt  sich  das  von  Demme  untersuchte  methyltrihydroxy- 
chinoUncarbonsaure  Natron,  welches  schon  in  kleinen  Gaben  antiseptisch  wirkt. 

H 


NaOOC-l^\/'H 

•     N  •  CH3 
HO 

Nach  Verfütterung  dieser  Substanz  tritt  im  Harn  Dioxychinolinmethyl- 
carbonsäure  CH3  •  NC9H5  •  C00H(0H)2  auf.  Es  wird  also  beim  Passieren  des 
Organismus  eine  zweite  Hydroxylgruppe  gebildet,  ähnlich  wie  bei  der  Oxydation 
des  Phenols  zu  Brenzcatechin.  Der  Körper  wirkt  blutdrucksteigernd  und  puls- 
verlangsamend, er  erzeugt  sehr  leicht  Kollaps^). 

Wie  die  MethyUerung  des  Chinolins  am  Stickstoff  mitunter  wirken  kann, 
zeigen  die  Untersuchungen  von  Georg  Hoppe -Seyler  am  sogenamiten 
Chinotoxinä).    Dieses  ist  Dichinolindimethylsulfat. 


N  N 

/\  /\ 

CHs  SO4H     CH3  SO4H 


')  Berliner  klin.  Wochenschr.  1882,  Nr.  45  und  1883,  Nr.  6;  1883,  Nr.  31.  —  Deutsches 
Arch.  f.  klin.  Med.  3-«,   106. 

2)  M.  Nencki  mid  Krolikowski,  M.  f.  C.  9,  208  (1888).  ^)  AePP.  Z4,  241. 


214  Antipyretica. 

Das  Methylieren  von  Basen  am  Stickstoff  erzeugt,  wie  Brown  und  Fräser 
gezeigt  haben,  meist  curareartige  Wirkung.  Jollyet  und  Cahours  haben 
schon  früher  dieselbe  Wirkung  bei  alkylierten  Anihnen  gefunden.  Methyl-, 
Äthyl-  und  Amylanihn^)  lähmen  die  peripheren  Endigungen  der  motorischen 
Nerven  ebenso  wie  die  alkyherten  Alkaloide.  Dieses  ist  eine  allgemeine  Eigen- 
schaft der  quatemären  Ammoniumbasen,  aber  die  Chinolinderivate  wirken  nach 
diesen  Autoren  nicht  so  (s.  Kapitel  Alkaloide:  Die  quaternären  Ammonium- 
basen). Methyl-,  Äthyl-  und  Amylchinolm  haben  keine  curareartige  Wirkung. 
Nur  ein  Chinolinderivat  zeigte  nach  den  Untersuchungen  von  ßochefon- 
taine^)  diese  lähmende  Wirkung,  nämlich  das  Oxäthylchinoleinammonium- 
chlorid.  Auch  Chinolin  selbst  zeigt  keine  curareartige  Wirkung,  sondern  lähmt 
das  Zentrahiervensystem.  Aber  im  Chinotoxin  muß  die  curareähnliche  Wirkung 
auf  die  Methj^lgruppen  am  Stickstoff  bezogen  werden. 

Der  letzte  bedeutendere  Versuch  von  Chinolin  zu  einem  Chinmersatz- 
mittel  zu  gelangen,  ist  die  DarsteUung  des  Analgens  ^)  und  ihm  analoger  Körper. 
Diese  Synthese  ist  nach  Analogie  der  Phenacetinidee  (s.  d.)  ausgeführt,  mit 
dem  hauptsächlichsten  Unterschiede,  daß  statt  des  einfachen  Benzolringes  der 
ChinoLindoppelring  der  Verbindung  zugrunde  liegt.  In  diesem  Falle  wird  Chino- 
Un  nicht  hydriert,  sondern  o-Oxychinolin  äthyliert. 

Stellt  man  die  Nitroverbindung  und  durch  Reduktion  dieser  die  Aminoverbindung 
dieses  Äthers  dar  und  ersetzt  einen  Wasserstoff  der  Aminogruppe  durch  die  Benzoyl-  oder 
Acetylgruppe,  so  erhält  man  diesen  Körper. 

Das  im  Handel  befindhche  Anaigen  (Benzanalgen)  ist  o-Äthoxyanamono- 

benzoylaminochinolin.  c  H  •  CO  •  NH 

/\ 

I 
\/ 

N 

o-Äthoxyanamonoacetylaminochinolin  steht  zum  Chinohn  in  demselben 
Verhältnis  wie  Phenacetin  CH3  •  CO  •  NH  •  CgH4  •  OCjHg  zum  Benzol. 

Anaigen  wirkt  antipyretisch  und  auch  antineuralgisch,  ist  aber  in  Wasser 
ganz  unlöslich,  spaltet  hingegen  seine  Benzoylgruppe  im  Magendarmkanal  ab. 
Seine  Unlöshchkeit  führte  zu  vielen  Älißerfolgen,  und  seine  nicht  konstante 
Wirkung  verhinderte,  trotzdem  keine  vmangenehmen  Nebenwirkungen  bei  der 
Anwendung  desselben  zu  konstatieren  waren,  eine  Einführung  in  der  Praxis. 
Analog  diesem  Körper  wurde  p-Äthoxyacetylaminochinolin  aufgebaut  sowie  die 
entsprechende  Benzoylverbindung,  welche  beide  Substanzen  antipyretische  und 
antineiuralgische  Eigenschaften  besitzen*).  Im  Gegensatze  zu  der  Äthoxyver- 
bindung  ist  angebHch5-Acetamino-8-methoxj'chinolini)hysiologisch  unwirksam^). 

Es  wurden  noch  einige  Versuche  gemacht,  denen  die  Idee  zugrunde  liegt, 
Oxychinolin  als  Ersatzmittel  des  Chinins  zu  verwenden.  Einhorn®)  schlug 
p-MethoxydioxydihydrochinoUn  als  em  solches  Ersatzmittel  vor,  welches  auch 
bei  Malaria  wirksam  sein  soll.  Von  einer  Anwendung  dieses  Körpers  am  Kran- 
kenbette hat  man  jedoch  nie  gehört.  Dasselbe  Schicksal  erfuhren  die  zwei 
isomeren  Methoxyoxymethyldichinoline'),  welche  aus  m-Aminophenyl-p-meth- 
oxychinolin  mit  Acetessigester  erhalten  wurden,  mit  nachträglicher  Über- 
führung m  die  Tetrahydroverbindung  durch  Reduktion.   Diese  Körper  besitzen 

1)  C.  r.  66,   1131.  2)  C.  r.   95,   1293.    Siehe  auch  Wurtz,  C.  r.  95,  263. 

ä)  DRP.  60  308,  65  102,  65  110,  65  111.  ♦)  DRP.  69  035. 

')  Freyss  und  Paira,  Bull.  Soc.  ind.  Miühouse  13,   239. 

«)  DRP.  55  119.  —  BB.  23,   1489  (1890).  ')  DRP.  55  009. 


Chinin  und  Chinolinderivate.  215 

den  bitteren  Geschmack  des  Chinins  und  sollen  angebUch  auch  die  spezifische 
Wirkung  desselben  gegen  Malaria  besitzen  (?),  eine  Angabe,  die  nie  Bestätigung 
gefunden  hat. 

Ahnliche  Ideen,  wie  sie  bei  der  DarsteUung  der  Antipyretica  der  Chinolin- 
gruppe  auftreten,  nämhch  durch  Einführung  einer  Hydroxylgruppe  in  Chinolin- 
verbindungen  diese  im  Organismus  rascher  zur  Wirkung  zu  bringen  und  hin- 
wiederum die  Hydroxylgruppe  durch  AlkyLreste  zu  decken,  um  eine  Analogie 
zwischen  diesen  Körpern  imd  der  p-Methoxygruppe  des  Chinins,  die  zur  Aus- 
lösung der  spezifischen  Wirkung  der  Cinchoningruppe  notwendig  ist,  herzu- 
stellen, wurden  auch,  aber  gänzlich  ohne  praktischen  Erfolg,  auf  die  verwandten 
Chinaldine  übertragen. 

Oxyhydrochinaldin  und  die  Methoxy-  und  Athoxyderivate  desselben  wurden  dar- 
gestellt, ohne  je  praktische  Verwendung  zu  finden'). 

Es  ist  von  vornherem  klar,  daß  diesen  Substanzen  keine  Vorzüge  vor  den 
hydrierten  Cliinolinen,  die  ja  so  unangenehme  Erscheinungen  erzeugen,  zu- 
kommen können. 

Da  das  dem  Chinin  nahestehende  Apochinin  seinerzeit  als  Derivat  des 
7-Phenyl-p-oxychinolins  CgHs  •  C9H5(0H)N  aufgefaßt  wurde,  haben  W.Königs 
tmd  Jaegle^)  y-Phenyl-p-methoxychinaldin und  König simdMeimb er g3)  Deri- 
vate des  }'-Phenylchinaldins  dargestellt.  H.  Tappeiner  und  Grethe*)  unter- 
suchten nun  die  Einwirkung  dieser  Substanzen  auf  niedere  Organismen,  ins- 
besondere auf  Paramaecium  caudatum,  eine  leicht  zu  züchtende  Infusorienart. 

Untersucht  man  die  Einwirkung  der  beiden  Spaltlinge  des  Chininmoleküls, 
p-Metboxy-^-methylchinolin  und  Merochinen  m  dieser  Richtung,  so  sieht  man, 
daß  Merochinen  für  diese  Mikroorganismen  unschädlich  ist,  während  p-Methoxy- 
lepidin  wirksam  ist,  wemi  a\ich  bedeutend  schwächer  als  Chinin.  Auch  Chinolin 
ist  wirksam,  Lepidui  (7-Methylchinolin)  steht  in  der  Mitte.  So  gut  wie  unwirksam 
erwies  sich  Pyridin.  Die  Wirkung  ist  also  an  den  Chinolinkern  gebunden  imd 
wird  durch  die  Methoxy-  und  Methyl-Seitenketten  noch  verstärkt. 

y-Phenylchinolin  f   J     |     imd  mehrere  seiner  nächsten  Derivate,  welche 

N 
man  als  Spaltlinge  des  Chininmoleküls  ansehen  wollte,  zeigen  eine  sehr  starke, 
vielfach  Chinin  in  seiner  Wirkung  übertreffende  Reaktion  auf  kleinste  Lebe- 
wesen.   Durch  den  Eintritt  des  Phenylradikals  in  das  Chinolin  ist  also  die 
Wirkung  auf  Paramäcien  erheblich  gesteigert  worden. 

Die  Wirkung  geht  nach  Tappeiner  zum  Teil  von  der  im  Moleküle  enthal- 
tenen Chinohngruppe  aus.  Der  an  ihr  in  der  j'-Stellung  hängende  Atomkomplex 
vermag  dieselbe  unter  Umständen  wesentlich  zu  verstärken.  Ganz  losgelöst 
xmd  in  ein  Pyridinderivat  übergeführt  (als  Merochinen)  ist  er  wirkungslos,  m 
der  Form,  welche  sich  im  Chinin  befindet,  verstärkt  er  die  Wirkung  erhebhch, 
zur  Phenylgruppe  zusammengeschlossen  (als  /-Phenylchinohn)  übertrifft  er 
die  Wirkungen  des  Chinins  um  das  Zehnfache. 

Auf  Protozoen  wirkt  am  stärksten  von  den  chininverwandten  Phenyl-p- 
methoxychinaldin  q  2 


CH,0| 


N 


M  DBP.  24  317.  *)  BB.  28,   1046  (1895).  »)  BB.  38,  1038  (1895). 

*)  Deutsches  Arch.  f.  klin.  Med.  56,   189,  369. 


216  Antipyretica. 

Die  Erfahrung,  daß  der  Eintritt  eines  Benzolkems  zum  Pyridin  dem  ge- 
bildeten Chinolin  solche  Wirkung  verleiht,  welche  diu-ch  Zutritt  eines  neuen 
Phenylrestes  noch  mehr  verstärkt  wird,  veranlaßten  Tappeiner,  Phosphine 
genannte  Farbstoffe  zu  untersuchen,  in  denen  die  Kondensation  mit  Benzol- 
kemen  einen  noch  höheren  Grad  erreicht  hat.  Es  -wurden  untersucht  Phosphin 
(die  Aminoverbindung  des  Aminophenylacridhis) 

0 

N 

sowie  Methyl-  und  Dimethylphosphin. 

Die  Wirkung  dieser  Phosphine  auf  Paramäcien  ist  eine  erstamüiche  und 
wird  von  keiner  anderen  organischen  Substanz  übertroffen. 

/-Phenylchinaldin  und  die  Phosphine,  welche  Substanzen  alle  antipyre- 
tische Eigenschaften  zeigen,  aber  die  Atmung  schädigen  und  in  starken  Dosen 
Krämpfe  1)  machen,  sollten  nun  bei  dieser  intensiven  Wirkung  auf  Infusorien 
gegen  Malaria  als  Spezificum  wirken.  Die  tödliche  Dosis  dieser  Antipyretica 
ist  die  gleiche  wie  die  des  Antipyrins,  die  Phosphine  zeigen  einen  lokal  reizenden 
Einfluß.  Julius  Mannaberg^)  prüfte  diese  Substanzen  bei  Malaria,  kam  aber 
zu  dem  durchaus  negativen  Resultate,  daß  auch  diese  Körper  keine  Heilmittel 
gegen  Malaria  sind  und  sich  mit  Chinin  nicht  vergleichen  lassen.  Methylphosphin 
wirkt,  nach  ihm,  ähnhch  wie  Methylenblau  auf  Parasiten  der  Malaria,  mdem 
diese  gelähmt  werden,  während  Chininlösung  sie  sofort  zum  Platzen  bringt 
oder  eine  wirbelnde  Pigmentbewegung  die  Degeneration  erkennen  läßt. 

Diese  Versuche  zeigen  wohl  deutlich,  daß  die  kondensierten  Ringsysteme 
allein  die  spezifische  Wirkung  des  Chinins  auszulösen  nicht  vermögen  und 
daß  der  Chinoünanteil  des  Chinins  auch  nicht  der  Träger  der  spezifischen 
Wirkimg  ist. 

Antipyrin. 

Mit  der  Absicht,  ebenfalls  zu  einem  chininähnlichen  Körper  zu  gelangen, 
ist  L.  Knorr^)  zur  Synthese  des  AntipjTins  gekommen.  Die  Anschauimgen 
der  damaligen  Zeit  über  den  Aufbau  des  Chinins  waren  wohl  unrichtig.  Ebenso 
unrichtig  waren  Knorrs  ursprüngliche  Anschauungen  über  den  Aufbau  des  von 
ihm  erhaltenen  Ai^tipyrms.  Aber  trotzdem  ist  es  ihm  gelungen,  einen  der  wert- 
vollsten synthetischen  Körper  zu  finden,  welcher  auch  den  größten  materiellen 
Erfolg  errungen.  Knorr  faßte  ursprünglich  den  von  ihm  gefundenen  Körper 
als  ein  Dimethyloxychiniziu*)  auf,  in  welchem  zwei  im  PjTidinkem  verkettete 
Chinohnmoleküle  enthalten  sein  sollen,  wie  man  sie  im  Chinin  vermutete.  Der 
ausgezeichnete  physiologische  Effekt  des  Antipyrins  sprach  jedenfalls  für  diese 
Vermutung,  daß  ein  chemisch  analoger  Körper  synthetisch  geschaffen  wurde. 
Aber  Knorr  selbst  konnte  zeigen,  daß  seine  ursprüngliche  Auffassmig  der  Kon- 
stitution des  Antipyrins  eine  unrichtige  ist  und  daß  man  vielmehr  dasselbe 
auf  einen  neuen  Ring,  den  Pyrazolkern,  zurückführen  muß. 

PjTazol 
NH 
N/^CH 
HCL- i^^CH 

')  Jodlbauer  vind  Fürbringer,  Deutsches  Arch.  f.  klin.  Med.  53,  158. 

2)  DeutschesArch.f.klm.Med.59,185.      SjLiebigsAnn.äSS,  137.     «)BB.  n,2037(1884). 


Antipyrin.  217 

Die  Synthese  von  Knorr')  geht  nun  dahin,  daß  Acetessigester  mit  Phenylhydrazin 
erwärmt,  und  das  erhaltene  Produkt  methyliert  wird.  Hierbei  reagiert  vorerst  die  Keto- 
gruppe  mit  dem  Hydrazinrest  und  es  kommt  zur  Bildung  des  Pyrazolonringes.  Der  gebildete 
Körper  ist  in  erster  Linie  Phenylmethylpyrazolon.  Als  Nebenprodukt  tritt  Alkohol  auf, 
so  daß  die  Reaktion  in  folgende  Formeln  gekleidet  werden  kann:  CjHj  •  NH  •  NHj  +  CH3 
•  CO  •  CH,  •  COO  •  CjHs  geben 

C  — CH3 

I  und  1  Molekül  Wasser. 

CoHsO  — OC  — CHj 

Beim  Erwärmen,  aber  auch  beim  längeren  Stehen,  tritt  die  Ringschließung  ein  sowie 
die  Abspaltung  von   Äthylalkohol.    Die  Produkte  sind  Phenylmethylpyrazolon 

N  •  CeHs 
n/"^,CO      und    C2H5  •  OH 

CH3  •  C CHg 

Man  erhitzt  hierbei  das  durch  Vermischen  von  Acetessigester  und  Phenylhydrazin 
im  Verhältnis  ihres  Molekulargewichts  erhaltene  Kondensationsprodukt  längere  Zeit  bis 
auf  100°,  bis  eine  Probe  beim  Erkalten  oder  Übergießen  mit  Äther  vollständig  fest  wird. 
Läßt  man  nun  Methyljodid  bei  100°  auf  diesen  Körper  einwirken,  so  erhält  man  das  jod- 
wasserstoffsaure Salz  des   l-Phenyl-2.3-dimethyl-5-pyrazolon  = 

Antipyrin 

N 
CH3  •  N|/"^|CO 
CH3  •  C=CH 

Durch  Zusatz  von  Lauge  erhält  man  dann  die  freie  Base,  Antipyrin.  Dieses  Verfahren 
wurde  später  daliin  modifiziert,  daß  man  gleich  Methylphenylhydrazin  auf  Acetessigester 
einwirken  läßt  und  so  direkt  zum  Antipyrin  gelangt. 

Ein  anderes  Verfateen  zur  Darstellung  desselben  Körpers  haben  Böhringer,  Wald- 
hof''),  eingeschlagen:  Man  kondensiert  /?-halogensubstituierte  Fettsäuren  bzw.  deren  Ester 
mit  Phenylhydrazin  auf  dem  Dampfbade  und  gelangt  zum  Phenylpyrazon. 

CsHj  •  N 

hn/\co 

H2C  CH3 

Durch  Oxydation  in  Chlorofonnlösung  mit  trockenem  Quecksüberoxyd  erhält  man  De- 
hydrophenylpyrazon 

CA  •  N 

hn/^co 

HcUcH 

unter  Austritt  zweier  Wasserstoffe.  Werm  man  diesen  Körper  nun  mit  Jodmethyl  reagieren 
läßt,  gelangt  man  zum  Antipyrin. 

Die  Höchster  Farbwerke  erweiterten  die  Möglichkeit,  zu  demselben  Körper  zu  ge- 
langen, durch  die  Beobachtung,  daß  an  Stelle  des  Acetessigesters  in  der  Knorrschen 
Synthese  alle  ähnlich  konstituierten  Säureester  resp.  Säuren  verwendet  werden  können, 
welche  als  p'-Derivate  der  Buttersäure  bzw.  Crotonsäure  zu  betrachten  sind  und  welche 
danach  imstande  sind,  eine  Kette  von  drei  Kohlenstoffatomen  an  den  Stickstoff  des  Phenyl- 
hydrazins anzulagern.  So  kann  man  z.  B.  die  /)-halogenisierten  Crotonsäuren  zur  Anwendung 
bringen^),  aber  der  mittels  Halogencrotonsäure  erhaltene  Körper  ist  vom  wahren  Antipyrin 
verschieden  und  ist  giftig.     Er  ist  ein  Isopyrazolon. 

Die  Patentierimg  wurde  einem  Riedeischen  Verfahren,  in  einer  einzigen  Operation 
dirrch  Erhitzen  äquivalenter  Mengen  von  Phenylhj'drazin,  Acetessigester,  methylschwefel- 
saurem Natrium  und  Jodnatrium  mit  Methylalkohol  als  Verdünnungsmittel  und  wenig 
Jodwasserstoff  im  Autoklaven  unter  Druck  AntipjTin  zu  gewinnen,  versagt*). 

Die  Höchster  Farbwerke  schützten  ferner  ein  Verfahren,  wobei  durch  Einwirkung 
von  Chloressigäther  auf  Phenylhydrazin  l-Phenyl-3-methylpyrazol-5-oxyessigäther  ent- 
steht, welcher  nach  Methylierung  mit  Alkali  in  Antipyrin  übergeführt  wird. 

1)  DRP.  26  429,  33  536,  40  337,  42  726.  -)  DRP.  53  834.  ^)  DRP.  64  444. 

*)  DRP.-Anm.   Kl.  12.   R.  6000  (versagt). 


218  Antipyretica. 

Es  wurde  auch  ein  Antipyreticum  geschützt,  aber  nicht  eingeführt,  da  es  ja  keine  dem 
Antipyrin  überlegenen  Wirkungen  haben  konnte,  welches  durch  Einwirkung  von  Croton- 
säure  auf  Phenylhydrazin  unter  Wasserabspaltung  entsteht'). 

l-Phenyl-2-methyl-5-pyrazolon  entsteht  auch  durch  Reaktion  zwischen  Oxalessig- 
äther  und  Phenylhydrazin,  wobei  sich  Phenylpyrazoloncarbonsäureäther  bildet'').  Man 
methyliert  diesen  Äther,  verseift  ihn  und  spaltet  diu'ch  Erhitzen  Kohlensäure  ab.  Denselben 
Körper  erhält  man,  wenn  man  I-Phenyl-5-äthoxypyrazol  aus  Oxalessigäther  luid  Phenyl- 
hydrazin unter  nachheriger  Verseifung  und  Abspaltung  von  Kohlensäure  darstellt,  dann  mit 
Jodmethyl  behandelt  und  nachfolgend  mit  Alkali  spaltet,  oder  wenn  man  zuerst  mit  Salz- 
säure spaltet  und  dann  methyliert. 

Wilhelm  Krauth^)  hat  l-Phenyl-3-methyl-5-pyrazolon  durch  Einwirkung  der  drei- 
fach gebundenen  Tetrolsäure  (CH3  —  C  EZi  C  —  COOH)  auf  Phenylhydrazin  dargestellt. 
Man  gelangt  so  zu  wahren  Pyrazolonen,  die  antipyretisch  wirken. 

Aiitipyrin  wirkt  ausgezeichnet  antipjrretisch.  Die  Ap5rrexie  setzt  ohne 
KoUapserscheinuiigen  ein,  es  treten  keine  Schädigungen  des  Bhitfarbstoffes  auf 
und  es  dauert  auch  die  Apyrexie  lange,  dann  setzt  das  Fieber  ohne  Schüttel- 
fröste ein.  Aber  dem  Antipjrin  kommt,  wie  allen  bis  nun  dargestellten  Fieber- 
mittehi  die  spezifische  Wirkung  des  Chinins  gegen  die  Malaria  nicht  zu.  Hin- 
gegen haben  zuerst  französische  Beobachter  [Germain  See*)]  auf  andere  Wir- 
kungen des  Aiitipyrins  hingewiesen,  in  denen  es  Chinin,  das  typische  Fieber- 
mittel, weit  übertrifft.  Das  sind  seine  großartigenW^irkungen  als  Antinervinum. 
Antipyrin  kann  nicht  nur  lokale  Anästhesie  erzeugen,  sondern  vermag  auch 
neuralgische  Schmerzen  bei  innerer  Verabreichung  zu  coupieren.  Nach  Henoc- 
que  stehen  Blutungen  schneller,  wenn  die  Wunde  mit  Antipyrin  behandelt 
wird,  als  bei  Anwendung  von  Eisenchlorid  oder  Ergotin.  Antipyrm  bewirkt 
nach  demselben  Untersucher  Kontraktion  der  Gefäße,  Retraktion  der  Gewebe 
und  Koagulation  des  Blutes.  Gerade  die  vorzüglichen  Nervenwirkungen  haben 
ihm  und  seinen  Abkömmlingen  zu  dem  großen  Triumphzuge  durch  die  ganze 
Welt  verholfen.  Daß  dem  Antipyrin  Nebenwirkungen  eigen  sind  und  daß 
einzelne  Individuen  eine  Idiosynkrasie  gegen  dieses  Mittel  besitzen,  darf  nicht 
wundern.  Im  allgemeinen  kann  man  sagen,  daß  die  therapeutische  Anwendung 
desselben  und  die  damit  erzielten  Erfolge  die  anfangs  gehegten  Erwartmigen 
weit  übertroffen  haben.  Wie  durch  Chinin  und  andere  Antipyretica,  so  wird 
auch  unter  dem  Gebrauch  des  Antipyrins  der  Gresamtstickstoff  des  Harns 
merklich  vermindert,  und  hieraus  hervorgehend  der  Stoffwechsel  nicht  bloß 
der  Kohlenhydrate  und  Fette,  sondern  auch  der  Eiweißkörper  verlangsamt^). 
AntipjTin^)  Avird  schnell  resorbiert,  aber  langsam  ausgeschieden,  im  Gegensatze 
zu  Thallm  und  Kairin,  von  denen  das  erstere  langsam  resorbiert  luid  langsam 
ausgeschieden,  das  letztere  schwer  resorbiert,  aber  schnell  ausgeschieden  wird. 

Antipyi'in  paart  sich  beim  Menschen  nicht  mit  Glykuronsäure.  Es  geht 
zum  Teil  unverändert,  nach  beträchthchen  Dosen  an  Schwefelsäure  gebunden, 
m  den  Harn  über'). 

Von  großem  Interesse  für  die  Beziehungen  zwischen  der  Konstitution  und 
der  Wirkung  beim  Antipyrin  ist,  daß  Phenyl(mono)-methylpjTazolon,  das 
Zwischenprodukt  der  Antipyridindarstellung,  keine  besondere  entfiebernde  Wir- 
kung hat.  Erst  durch  die  Einführung  der  Methylgrui^pe  am  Stickstoff  tritt  die 
dem  Antipyrin  eigentümhche  physiologische  Wirkung  auf.  Ebenso  ist  es  sehr 
merkwürdig,  daß  nur  die  Körper,  welche  sich  von  PjTazolon  ableiten,  anti- 
pyretisch wirken,  die  Isopyrazolone  aber  giftig  sind  (s.  S.  217). 

Nach  Th.  Curtius^)   wirken   Pyrazolonderivate  auch  dann  noch  stark 


1)  DRP.  62  006.  2)  DRP.  69  883.  ^)  DRP.   77  174.  *)  C.  r.   104,   1085. 

')  AePP.  31,  161;  22,  127.         «)  Giaco  mo  Carrara,  Ann.  di  chim.  e  farm.  4.  Ser.  4,  81. 
')  Jonescu,  Ber.  d.  deutschen  pharm.  Ges.  16,   133.  »)  BB.  26,  408  (1893). 


Phenylhydrazinderivate.  219 

fieberwidrig,  •wenn  sie  keine  aromatischen  Substituenten  enthalten,  so  daß 
scheinbar  der  BenzoWng  im  Antipyrin  ein  nutzloser  Ballast  ist.  W.  Filehne 
meint  aber'),  daß  der  Pyrazolonkern  ohne  Benzolkem  nicht  ausreicht,  um  die 
spezifische  Wirkung  des  Antipyrins  vollständig  zu  erzeugen.  Der  Benzol- 
kern ist  daher  von  Bedeutung  für  die  Wirkungsstärke.  Gteht  man  von  der 
Betrachtung  des  Benzolkems  aus,  so  ist  die  Substituierung  eines  Wasserstoff- 
atoms durch  die  P3TazoIongruppe  von  entscheidender  Bedeutmig. 

Der  große  materielle  Erfolg  dieser  Synthese  reizte  mehr  als  das  theoretische 
Interesse  am  Erkennen  der  Beziehungen  zwischen  den  Wirkmigen  der  neuen 
Base  und  ihrer  Konstitution,  neue  Methoden  zur  Darstellung  dieses  Körpers 
zu  suchen,  sowie  eine  Reihe  ihm  verwandter  oder  analoger  Verbindungen  zu 
schaffen,  um  das  Patent  zu  umgehen.  Es  ist  hier  das  erste  Beispiel  für  die- 
jenige Art  der  Tätigkeit  der  s^thetisch  arbeitenden  Chemiker,  dem  wir  be- 
gegnen, die  theoretischen  Gesetzmäßigkeiten  über  die  Beziehungen  zwischen 
Konstitution  und  Wirkung  in  der  Weise  in  der  Praxis  zu  verwerten,  daß  man 
zu  einem  geschützten  Körper  analoge  Körper  aufbaut.  Die  Versuche  in  dieser 
Richtmig  lassen  sich  in  mehrere  Gruppen  emteilen: 

Phenjihydrazinderivate. 

Die  mißverständliche  Auffassung,  als  ob  es  sich  beim  Antipyrin  um  die 
Wirkung  des  Phenj'lhydrazins  handeln  würde,  führte  zur  Darstellmig  von  mehr 
oder  minder  einfach  gebauten  Phenylhj^drazin Verbindungen.  Um  so  mehr 
wurde  man  dazu  verlockt,  als  Antipyrin  um  diese  Zeit  noch  hoch  im  Preise  war 
und  wenige  Konkurrenzmittel  auf  den  Markt  kamen.  Nun  erzeugt  aber  Phenyl- 
h3-drazin  CgHä  •  XH  •  XHj  nach  den  Untersuchmigen  von  Georg  Hoppe- 
Seyler  sehr  giftige  Wirkungen^).  Ähnlich  wie  Hj'clroxylamin  NH2  •  OH,  Hy- 
drazin  NH2  •  NHj  und  Anihn  CgHg  •  XH,,  zerstört  es  den  roten  Blutfarbstoff. 
Hydrazine,  Semicarbazide,  z.  B.  salzsaures  Semicarbazid  XHj  •  CO  •  NH  •  NHj 
•  HQ  bewirken  Allantoinausscheidung,  ebenso  Aminoguanidin  und  Hydrosyl- 
amin^).  Die  große  Reaktionsfähigkeit  des  Phenylhydrazins  mit  aUen  Aldehyden 
und  Ketonen  sowie  seine  intensiv  reduzierende  Vvlrkung  macht  es  ebenso  zu 
einem  heftigen  Gewebegift  wie  zu  einem  Zerstörer  des  Hämoglobins  durch 
Reduktion.  Die  meist  erfolgreiche  Art,  durch  Anlagermig  von  sauren  Gruppen 
die  Basen  zu  entgiften,  wurde  auch  zuerst  hier  angewendet,  und  es  kam  zur  Dar- 
stellung von  Acetj'lphenylhydrazin,  Diacetylphenylhydrazin,  <x-Monobenzoyl- 
phenj'lhydrazin. 

Durch  Anlagerung  eines  Acetylreistes  wird  wohl  die  ursprüngliche  Wirkimg 
des  Phenylhydrazins  etwas  abgeschwächt,  aber  die  Acetylverbindmig  reduziert 
Fehlingsche  Lösimg  noch  kräftig,  wemi  auch  schwächer  als  die  freie  Base. 
Sie  ist  eine  toxisch  wirkende  Substanz,  welche  unter  dem  Namen  Hydracetin 
CgHj  •  XH  •  XH  •  CO  ■  CHg  eine  km-ze  Zeit  verwendet  wurde.  Besonders  macht 
sich  eine  mtensiv  braunrote  Verfärbung  der  inneren  Organe  bemerkbar,  wohl 
eine  Folge  der  im  Blute  auftretenden  vielfachen  Zerfallsprodukte  von  Blutkör- 
perchen. Die  Temperatm-  wird  schon  in  kleinen  Dosen  bei  Fieber  stark  herab- 
gesetzt. Starke  Schweißausbrüche,  Sinken  der  Puls-  und  Respirationsfrequenz, 
Kollaps  sind  zu  beobachten,  hierbei  tritt  Hämoglobinurie  auf.  Die  Hammenge 
ist  bei  Hunden  trotz  starken  Durstes  und  vieler  Flüssigkeitszufuhr  sehr  redu- 
ziert.   Diese  Momente  zwangen  alsbald  die  Untersucher,  die  Experimente  mit 

1)  Zeitschr.  f.  klin.  Med.  32.  ^)  HS.   9,  34  (1885). 

ä)  Borissow,  HS.   19,.499  (1894).  —  J.  Pohl,  AePP.  48,  374  (1902). 


220  Antipyretica. 

dieser  einfachsten  Phenylhydrazinverbindiing  abzubrechen,  obgleich  die  geringen 
Dosen,  •welche  zur  Entfieberung  notwendig  waren,  das  Hydracetin  zu  einem  der 
billigsten  antIpjTetischen  Mittel  machten.  Die  Maximaldose  betrug  nämh'ch  pro 
dosi  et  die  0.2  g,  während  die  gewöhnliche  Einzelgabe  des  Aiitipyrins  1  g  ist. 

Die  stark  reduzierende  Eigenschaft  des  Hydracetins  veranlaßte  Paul 
Guttmann^),  dasselbe  als  ein  sehr  gutes  Mittel  bei  Psoriasis,  bei  welcher 
Hautkrankheit  man  so  intensiv  reduzierende  Älittel  wie  z.  B.  Pyrogallol  ver- 
wendet, anzuempfehlen,  aber  selbst  da  traten  Intoxikationen  auf-). 

Die  Diacetylverbindung  CgHj  •  XH  •  N  •  (CO  •  0113)2 ,  welche  Kupferlösun- 
gen weniger  reduziert,  ist  auch  weniger  giftig  als  Monoacetylphenylhydrazin. 
Hingegen  zeigt  sie  kumulative  Giftwirkung  auf  das  Blut.  Wegen  ihrer  Blut- 
giftigkeit läßt  sich  auch  die  Diacetylverbindung  trotz  ihres  hohen  antipyre- 
tischen Wertes  praktisch  nicht  verwenden. 

Monobenzoylphenylhydrazin  CgHj  •  NH  •  NH  •  CO  •  C^H^,  Athylenphenyl- 
hvdrazin  [CgHj  •  N(2sH2)]o  •  C.2H4  und  Äthvlenphenylhydrazinbemstebisäure 
C2H4[N(C6H5)  •  NH  •  CO  •  C2H4  •  C00H]2  sind  Blutgifte  3)  schon  in  Dosen,  die 
noch  keine  Einwirkung  auf  das  Zentralnervensj'stem  erkennen  lassen,  wenn 
auch  in  allen  diesen  Verbindurgen  eine  relative  Entgiftung  des  Phenylhydrazins 
durch  Ersatz  von  Wasserstoffatomen  der  basischen  Seitenkette  durch  Säure- 
oder Alkylreste  zu  erkennen  ist.  Auch  wenn  PhenyUiydrazin  teils  durch  Alkyl-, 
teils  durch  Acylgruppen  entgiftet  ist,  so  erhält  man  mit  diesen  Substanzen  nicht 
das  gewünschte  Resultat,  immer  erweisen  sich  die  erhaltenen  Substanzen  als 
Blutgifte.   Dies  kann  man  durch  die  physiologische  Wirkinig  des  Acetylmethyl- 

PTT 

Phenylhydrazins  CjHs  •  NH- N<^q3  p^.  und  des  Acetyläthj'lphenylhydrazins 
C,n,  ■  NH .  N<^ A^^  zeigen *). 

Aus  der  absteigenden  Giftigkeit  vom  Phenylhydrazin  über  das  Monoacetyl- 
phen3'Uiydrazin  zum  Diacetylphenylhydrazin  ergibt  sich,  daß  mit  dem  schritt- 
weisen Ersatz  von  H-Atomen  der  basischen  Gruppe  durch  organische  Radikale 
die  Gift  Wirkung  abnimmt.  Heinz  sprach  nun  die  Vermutung  aus,  daß  viel- 
leicht ein  Körper,  in  welchem  das  letzte  H-Atom  des  basischen  Restes  des 
Phenylhj'drazins  durch  ein  fettes  Radikal  ersetzt  wäre,  ungiftig  sein  könnte. 
Ein  solcher  Körper  ist  bis  jetzt  nicht  dargestellt  worden.  Dagegen  existieren 
andere  aus  dem  Phenylhydrazin  gewonnene  Körper,  die  kern  freies  H  mehr 

Acetylphenylcarbizin  und     Acetjiphenylthiocarbizin 
N.CeH.  N-QH, 

0C<  I  SC(  I 

^N  •  CO  ■  CH3  ^N  .  CO  •  CH3 

Hier  sind  die  beiden  N-Atome  statt  mit  je  einem  Atom  H  mit  ein  und  dem- 
selben C-Atom  einer  neu  hinzutretenden  CO-  bzw.  CS-Gruppe  verbunden.  Es 
zeigen  sich  auch  bei  diesen  Körpern  wiederum  die  charakteristischen  Blut- 
wirkungen bei  Dosen,  bei  denen  eine  Wirkimg  auf  das  Zentralnervensystem 
noch  nicht  erkennbar  ist. 

Die  Methylderivate  des  Phenylhydrazins  C^Hj  •  X.jH2(CH3)2J  und  (CgHj 
•  NHNH2)2CH3J  wirken  beide  in  kleinen  Dosen  erregend  und  lähmend,  machen 
bei  Säugetieren  Krämpfe,  Kollaps  und  Tod.  Sie  sind  starke  Blutgifte.  Die 
erstgenannte  Verbindung  affiziert  das  Nervensystem  weniger*). 

')  Berliner  med.  Ges.  Sitztmgsber.  Mai  1889. 

2)  Berliner  klin.  Wochenschr.    1889,  Nr.  28. 

3)  Heinz,  Berliner  klin.  Wochenschr.   1890,  Nr.  3.  —  Virchows  Arch.    123,   114. 
*)  DKP.  51  597.  =)  Joanin,  Bull.  gön.  de  thör.   1889,  Aug.,  S.  176. 


Phenylhy  drazinderi  vate .  221 

Sämtliche  einfacheren  Phenylhydrazinderivate  sind  Wegen  ihrer  Blutgift- 
natiir  als  Nervina  bzw.  Antipjrretica  nicht  zu  gebrauchen.  Antipjrin,  obschon 
zu  seiner  Herstellung  Phenylhydrazin  verwendet  wird,  zeigt  jene  Blutwirkung 
nicht  und  ist  daher  weder  physiologisch  noch  chemisch  als  Phenylhydrazin- 
derivat  zu  betrachten.  Offenbar  hängt  dies  damit  zusammen,  daß  durch  den 
im  Antipyrin  gegebenen  eigenartigen  Anschluß  des  Pyrazolonringes  an  den 
Benzolkern  die  chemische  Natur  der  beiden  in  die  Bildung  eingehenden  Körper 
verlorengegangen  und  ein  chemisches  Individuum  neuer  Art  entstanden  ist. 

Von  einfacheren  Phenylhydrazinderivaten  sind  noch  einige  zu  erwähnen, 
welche  kurze  Zeit  in  Verwendung  standen. 

So  wurde  die  von  den  Höchster  Farbwerken^)  nach  einem  Verfahren  von 
Emil  Fischer  dargestellte  Phenylhydrazinlävulinsäure  unter  dem  Namen 
Antithermin^)  empfohlen. 

Die  Lävulinsäure  ist  an  und  für  sich  schon  giftig.  Antithermin  ist  ein 
starkes  Antipyreticum,  macht  aber  sehr  schwere  Nebenerscheinungen.  Die 
Idee,  welche  die  Darstellung  veranlaßte,  war  wohl  die  der  Verwandlung  des 
Phenylhydrazins  in  eine  Substanz,  welche  den  Charakter  einer  Säure  hat. 

Antithermin  entsteht,  wenn  man  eine  wässerige  Lösung  der  Lävulinsäure  CH3  •  CO 
•  CHj  •  CH2  •  COOH  mit  der  äquivalenten  Menge  einer  wässerigen  Lösung  von  essigsaurem 
Phenylhydrazin  zusammenbringt.  Momentan  scheidet  sich  das  bald  erstarrende  Reak- 
tionsprodukt ab. 

R.  Kobert^)  empfahl  die  o-Hydrazin-p-oxybenzoesäure  unter  dem  Namen  Orthin. 

OH  (1) 

CjHj^NH  •  NH,  (2) 

COOH         (4) 

Die  Entgiftung  des  Phenylhydrazins  wird  durch  eine  Hydroxyl-  und  eine  Carboxylgruppe, 
welche  im  Kern  substituiert  sind,  bewirkt.  Die  chemisch  sehr  labile  Verbindung  erwies  sich 
aber  in  ihrer  Anwendung  als  sehr  unzweckmäßig  und  mit  sehr  unangenehmen  Neben- 
erscheinungen verbunden. 

Die  Versuche  der  Firma  Riedel,  Phenylhydrazin  nach  der  beim  Chinolin  besprochenen 
Methode,  durch  Einführung  einer  p-Methoxygruppe  oder  Äthoxygruppe  in  seiner  Wirkung  zu 
ändern,  wie  es  ja  mit  Erfolg  beim  Acetanilid  gelingt,  welches  durch  Einfülirung  einer  Alkyl- 
oxylgruppe  in  d-e  p-Stellimg  wesentlich  an  Giftigkeit  einbüßt,  müssen  als  gänzlich  gescheitert 
hingestellt  werden*).    Man  hat  von  einer  praktischen  Verwendung  dieser  Körper  nie  gehört. 

Einen  anderen  Weg  zur  Entgiftung  des  Phenylhydrazins  schlug 
J.  Roos^)  ein. 

Er  ging  vom  asymmetrischen  Methylpbenylhydrazin  aus,  welches  an  und  für  sich  schon 
etwas  weniger  giftig  ist  als  Phenylhydrazin  selbst,  und  kondensierte  dieses  mit  Salicyl- 
aldehyd  oder  mit  Oxybenzalchlorid  und  kam  so  zum 

CtRs  •  N<N  =  CH  •  CeH^  •  OH 
welches  unter  dem  Namen  Agathin  in  den  Handel  kam. 

Hier  ist  die  Entgiftung  sowohl  durch  die  Einführung  des  Methyls  aus  auch 
des  Salicylrestes  durchgeführt.  Die  Verbindung  ist  in  Wasser  unlöslich.  Erst 
Dosen  von  4 — 6  g  haben  einen  antineuralgischen  Erfolg,  die  antipyretische 
Wirkung  ist  schwach.  Es  beruht  dies  auf  einer  Erscheinung,  welcher  wir  noch 
häuf'g  bei  den  Salicylderivaten  der  antipyretisch  wirkenden  Basen  begegnen 
werden,  daß  die  Verbindungen  der  Basen  mit  dem  SaHcylrest  oder  anderen 

M  DRP.  37  727.  2)  Nicot,  Nouvelles  Remedes  188T. 

ä)  Deutsche  med.  Wochenschr.    1890,  Nr.  2.  *)  DRP.   68  719  und  70  459. 

^)  DRP.   68  176,   74  691   und   76  248. 


222  Antipyretioa. 

aromatischen  Radikalen  im  Organismus  so  schwer  oder  gar  nicht  aufgespalten 
werden,  daß  sie  entweder  ganz  wirkungslos  sind  oder  nur  in  relativ  großen 
Dosen  eine  schwach  antipyretische  Wirkung  ausüben;  da  sich  hierdurch  die 
Kosten  der  Behandlung  erheblich  steigern,  sowie  auch  die  Darstellung  der 
Körper  gegenüber  den  mit  den  anderen  Säureresten  substituierten  erheblich 
teurer  ist,  so  kann  man  es  als  Regel  aufstellen,  daß  sich  bei  antipyreti- 
schen lind  antineuralgischen  Mitteln  die  Anlagerung  eines  Sali- 
cylrestes  oder  aromatischer  Radikale  durchaus  nicht  empfehlen 
kann,  weil  dadurch  ein  wohl  teures,  aber  meist  ganz  unwirksames 
oder  nur  in  großen  Dosen  wirksames  Mittel  sich  darstellen  läßt. 

Die  Synthesen,  welche  einfache  Derivate  des  Phenylhydrazins  heferten, 
waren  also  von  geringerem  praktischen  Erfolg  gekrönt. 

p-Acetylaminophenylhydrazin  wurde  ursprünglich  dargestellt  als  antipyre- 
tisch wirkender  Körper,  welcher  die  Wirkungen  des  Anilins  mit  denen  des 
Hydrazins  vereinigen  sollte.  Jedenfalls  eine  mehr  als  sonderbare  Idee  bei  den 
bekamitUoh  sehr  toxischen  Eigenschaften  des  Anihns  und  Phenylhydrazins. 

Hierbei  wiirde  behufs  Darstellung  Acetanilid  nitriert,  das  erhaltene  p-Nitroacetanilid 
zu  p-Aminoacetanilid  reduziert,  letzteres  diazotiert  und  mittels  Zinnchlorür  in  salzsaurer 
Lösung  nach  V.  Me  yer  und  Lecco*)  das  salzsaiu-e  Acetylaminophenylhydi'azin  hergestellt^). 
Dieser  Körper  \rurde  auch  noch  in  das  Salicylderivat  diu-ch  Kondensation  mit  Salicylaldehyd 
in  alkoholischer  Lösung  verwandelt').    Der  erhaltene  Körper  ist 

OH  p    TT 

NH-N  :  HC-^    6    4 

Semiearbaziddcrivate . 

Die  aromatischen  Semicarbazide  R  •  NH  •  NH  •  CO  •  NHg  (R  bedeutet  ein 
einwertiges  aromatisches  Radikal)  besitzen  alle  antipjrretische  Eigenschaften. 
Phenyl-,  Bromphenyl-,  Methoxyphenyl-,  Äthoxyphenyl-  und  m-Benzamino- 
semicarbazid  zeigen  bei  ihrer  physiologischen  Prüfung,  daß  die  Giftigkeit  der 
Hydrazine  durch  die  Einführung  der  —  CO  •  NHg-Gruppe  in  die  entständige 
Aminogruppe  des  Hydrazins  beträchtlich  verringert  wird.  Das  wertvollste 
Mittel  dieser  Gruppe  soll  KJryogenin  sein  [m-Benzaminosemicarbazid*)]  Es 
macht  mäßige,  langsam  eintretende  Temperaturherabsetzung ^). 

p-Tolylsemicarbazid  und  Phenylsemicarbazid  machen  bei  interner  Dar- 
reichung häufig  Brechreiz.  o-Tolylsemicarbazid  ist  schwach  wirksam  und  in- 
tensiv bitter.  l-m-Tolyl-4-phenylsemicarbazid  ist  schwach  wirksam  und  wenig 
löshch.  Es  soll  nahezu  geschmacklos  und  kräftig  antipyretisch  wirksam  sein. 
Doch  macht  es  schwere  Blut  Veränderungen^). 

Diese  Verbindung  (Carbaminsäure-m-tolylhydrazid)  wird  Maretin  genannt. 
Barjanky')  hält  es  für  ein  gutes,  langsam  wirkendes  Antip3rreticum.  Aber 
es  soll  Schweißausbrüche  hervorrufen  und  auch  nicht  sicher  wirken*). 

CH, 

m-Tolylsemicarbazid 

Es  wird  dargestellt')  durch  Einwirkimg  von  m-Tolylhydrazin  bzw.  dessen 
Salzen  auf  Harnstoff,  Urethane  oder  Cyansäure  bzw.  deren  Salze. 

1)  BB.   16,  2976  (1883).  ^)  DRP.  80  843.  ^)  DRP.  81765. 

*)  Lumiere  imd  Chevrottier,  C.  r.   135,   187.  ')  C.  r.   13.?,   1382. 

«)  Benfey,  Med.  Klin.  1,  1165  (1905)  —  Lit.  bei  W.  Heubner,  Therap.  Monatshefte 
35,  Juni  1911.  ')  Berliner  Idin.  Wochonschr.   1904,  607. 

*)  Litten,  Deutsche  med.  Wochenschr.   1904,  969. 
9)  Bayer,  Elberfeld,  DRP.   157  572. 


Semicarbazidderivate.  223 

Man  gewinnt  femer  m-ToIylsemicarbazid,  wenn  man  Di-m-tolykemicarb- 
azid  mit  Ammoniak  erhitzt. 

m-Tolylsemicarbazidi)  kann  man  auch  darstellen,  indem  man  das  asymmetrisch© 
m-Tolyl-semicarbazid  durch  Erhitzen  auf  140°  umlagert.  Man  gewinnt  durch  Einwirkung 
von  Benzaldehyd  auf  m-Tolylhydrazin  in  verdünnter  alkoholischer  Lösung  das  entsprechende 
Hydrazon  C^M-  •  CH  :  N  •  NH  •  CjHj  •  CH3.  Durch  Einwirkung  von  Phosgen  auf  dieses 
Hydrazon  bei  Gegenwart  von  PjTidin  entsteht  das  Chlorid  C5H5  •  CH  :  N  •  X  •  CjH^  •  CH3, 

I 

COCl 
welches  in  alkoholischer  Lösung  mit  Ammoniak  behandelt  in  Benzaldehyd- 2-m-tolylsemi- 
carbazon   übergeht.     Durch    Kochen   der   alkoholischen    Lösung   mit  Schwefelsäure  ent- 

■VTq- 

steht  2-m-Tolj4semicarbazid  CH3  •  C^H^  •  N  <pQ  f  ^-g   . 

m-Tolylhydrazincarbonsäurenitril  CH,  •  CjHj  •  NH  •  NH  •  CN^)  gibt  mit  %'erseLfenden 
Jlitteln,  z.  B.  Schütteln  der  ätherischen  Lösung  mit  salzsäurehaltigem  Wasser  das  m-Tolyl- 
semicarbazid.  Das  Nitril  erhält  man  durch  Einwirkung  von  Bromcyan  auf  m-Tolylhydrazin. 

Spaltet  man  aus  den  Salzen  der  Iminoäther  der  m-Tolylhydrazincarbonsäure  der 
allgemeinen  FonneP) 

CH3  •  CgHi  •  NH  •  NH  •  C^^  •  Halogen 

durch  Erhitzen  oder  durch  Behandlung  mit  Wasser  Halogenalkyl  ab,  so  erhält  man 
m-Tolylsemicarbazid.  Die  salzsauren  Iminoäther  der  m-Tolylhydrazincarbonsäure  erhält  man 
z.  B.  durch  Einleiten  von  Chlorwasserstoff  in  eine  ätherische  Lösung  von  berechneten  Men- 
gen eines  Alkohols  und  des  m-Tolylhydrazincarbonsäurenitrils  CH,  •  C^üi  ■  NH  •  XH  •  CN . 
m-Tolylsemiearbazid*)  erhält  man  auch,  wenn  man  die  Imidhalogenide  bzw.  das 
Amidin  der  m-Tolylhydrazincarbonsäure  mit  Wasser  bzw.  mit  Ammoniak  abspaltenden 
Mitteln  behandelt.  Die  Halogenimide  köimen  durch  Einwirkung  von  Halogenwasserstoff 
auf  m-Tolylhydrazincarbonsäurenitril  erhalten  werden.  Das  Amidin  der  m-Tolylhydr- 
azoncarbonsäure  wird  durch  Erhitzen  von  Cyanamid  mit  sal7saurem  m-Tolylhydrazin  in 
alkoholischer  Lösung  gewonnen. 

Jlan  kann  m-Tolylsemicarbazid  auch  erhalten  aus  Di-m-to)yloarbazid  und  Harnstoff 
oder  Ammoniak.  .  Durch  Einwirkuna  von  m-Tolyl)iydrazin  auf  Diphenylcarbonat  erhält 
man  Di-m-tolylcarbazid.  Man  sclimilzt  diesen  mit  Harnstoff  auf  1C0°  2  Stunden  lang  oder 
erhitzt  mit  der  gleichen  Menge   lOproz.  Ammoniak  2  Stunden  im  Autoklaven  auf   180^). 

Man  erhält  dieselbe  Substanz  durch  Einwirkung  von  Carbaminsäurechlorid  auf 
m-Tolylhydrazin  in  benzolischer  Lösung^). 

Man  erhält  die  gleiche  Sub.=tanz  aus  m-Tolylhydrnzincarbon.^äureester  und  Ammoniak; 
durch  Einwirkung  von  Chlorkohlensäurephenylester  auf  m-Tolylhydrazin  erhält  man 
Phenylester  der  m-Tolylhydrazincarbonsäure.  Diese  werden  mit  1  proz.  Ammoniak  eine 
Zeitlang  erwärmt,  ebenso  kann  man  von  Clilorkohlensäuremethylester  den  Carbonsäure- 
methylester erhalten  und  in  gleicher  Weise  behandeln'). 

Man  karm  den  gleichen  Körper  diu'ch  Erhitzen  aus  asymmetrischem  m-Tolylsemi- 
carbazid umlagern ;  2-m-Semicarbazid  erliält  man,  indem  man  vorerst  aus  Benzatdehyd  und 
m-Tolylhydrazin  das  Hydrazon  darstellt,  durch  Einwirkung  von  Phosgen  in  Benzol  und 
Pyridin  erhält  man  das"  Chlorid  CjHj  •  CH  :  X  •  CO  •  Cl  •  X  •  C^H^  •  CH3.  Durch  Behand- 
lung mit  alkoholischem  Ammoniak  erhält  man  Benzaldehyd-2-m-tolylsemicarbazon. 
Durch  Kochen  mit  Schwefelsäure  in  alkoholische"  Lösung  erhält  man  2-m-Tolylsemicarb- 
azidCH3.C,H..X<^H,^^^3). 

Man  kann  dieselbe  Substanz  erhalten  durch  Behandlung  von  m-Tolylhydrazin- 
carbonsäurenitril  CH3  ■  CjH^  •  XH  •  XH  •  CN  mit  verseifenden  Jlitteln.  Das  Nitril  erhält 
man  aus  Bromcyan  und  Tolylhydrazin  in  ätherischer  Lösung,  wobei  bromwasserstoffsaures 
Tolylhydrazin  ausfällt,  das  Nitril  aber  in  Lösung  bleibt.  Man  schüttelt  mit  salzsäure- 
haltigem Wasser  aus  und  dampft  auf  dem  Wasserbade  ein^). 


1)  Bayer,  Elberfeld,  DRP.   163  035.  =)  Baver,  Elberfeld,  DBF.   163  036. 

3)  Bayer,  Elberfeld,  DRP.    163  037,  Zusatz  zu" DRP.    163  036. 
*)  Bayer,  Elberfeld,  DRP.    163  038,  Zusatz  zu  DRP.    163  036. 

5)  DRP.    160  471,   Zusatz  zu  DRP.    157  572. 

6)  DRP.  162  630,  Zusatz  zu  DRP.  157  572. 
')  DRP.  162  823,  Zusatz  zu  DRP.  157  572. 
*)  DRP.  163  035,  Zusatz  zu  DRP.  157  572. 
')  DRP.   163  036,  Zusatz  zu  DRP.   157  572. 


224  AntipjTetioa. 

Indolinone. 

Indolinone  haben  antipyretische  und  antineuralgische  Eigenschaften. 

Man  stellt  sie  dar  aus  /j-Acidyl-m-tolylhydraziden  urd  /?-Acidylderivaten  des  Phenyl- 
hydrazins oder  homologer  Phenylhydrazine,  indem  man  letztere  mit  Kalk  auf  über  200° 
erhitzt  oder  die  Alkalimetall  Verbindungen  der  Ausgangsstoffe  auf  höhere  Temperaturen 
erhitzt^).    Es  bilden  sich  zwei  isomere  Substanzen 

-^>0     und     --QZ,-|>C0 

Pyrazolonderivate. 
Tolypyrin. 
Mehr  Bedeutung  erlangten  Verbindungen,  welche  mittels  der  Antipyrin- 
synthese  dargestellt  wurden,  aber  bei  denen  statt  des  Phenylhydrazins  homologe 
Verbindungen  verwendet  wurden. 

So  kam  es  zur  Sjmthese  des  Tolypyrins")  (p-Toly!-2.3-dimethyl-5-pyrazolon), 

N  •  CeHj  •  CH3 
CHjN/^iCO 
CH3  •  C=CH 
CH3 

indem  man  p-Tolylhydrazin  1     1    und  Acetessigester  aufeinander  einwirken  ließ. 


Toljrpyrin  hat  wie  Antipyrin  anästhesierende  Wirkung,  aber  es  wirkt 
stärker  reizend.  4  g  des  Tolypyrins,  in  dem  ein  Wasserstoff  der  Phenylgruppe 
durch  einen  Methylrest  ersetzt  ist,  wirken  nach  Guttmann  ebenso  stark 
wie  5 — 6g  Antipyrin.  0.  Liebreicii^)  wendete  seh  sofort  gegen  diese  Art, 
neue  Köiper  als  Arzneimittel  darzustellen,  v.elche  weder  chemisch  noch  phar- 
makologisch etwas  Neues  bieten  und  nur  zwecklose  Wiederholungen  sind, 
die  höchstens  dazu  beitragen  können,  in  die  Antipyrintherapie  Verwirrung 
hineinzutragen.  Die  Zirkulation  wird  im  Gegensatz  zum  Antipyrin  durch  das 
im  Kern  substituierte  TolypjTin  ungünstig  beeinflußt*). 

Salze  des  Antipyrins. 

Vom  Antipyrin  und  vom  Tolypyrin  ausgehend  wurden  v^erschiedene  Deri- 
vate dieser  Körper  dargestellt. 

Salipyrin  ist  salicylsaures  Antipyrin  und  wird  dargestellt,  indem  man  eine 
wässerige  Antipyrinlösung  mit  einer  ätherischen  Salicylsäurelösung  schüttelt 
oder  wenn  man  Antipyrin  und  Salicylsäure  mit  wenig  Wasser  auf  dem  Dampfbad 
erhitzt.  In  der  gleichen  Weise  läßt  sich  aus  Tolypyrin  salicylsaures  Tolypyrin, 
welches  den  Phantasienamen  Tolysal  trägt,  gewinnen.  Gegen  die  Einführung 
und  Verwendung  dieser  Körper  wendete  sich  ebenfalls  0.  Liebreich^)  in  einer 
sehr  bestimmten  und  klaren  Weise,  indem  er  ausführte,  daß  diese  Körper  durch- 
aus keine  neue  Wirkung  bieten  können,  sie  können  nur  die  Wirkungen  des  Anti- 
pyrins und  der  Salicylsäure  zeigen.  Wo  man  die  Wirkung  des  Antipyrins  allein 
braucht,  ist  die  Beigabe  der  Salicylsäure  nutzlos  und  sollte  man  die  Wirkung 
des  Antipyrins  und  der  Salicylsäure  wünschen,  so  ist  es  viel  einfacher,  diese  beiden 
Körper  für  sich,  ohne  eine  verteuernde  und  zwecklose  chemische  Kombination 

1)  Böhringer,  Waldhof,   DRP.   218  727.  ^)  DRP.   26  429. 

3)  Therap.  Monatshefte  1893,  180,  186.      *)  Filehne,  Zeitschr.  f.  klin.  Med.  32,  570. 


Pyrazolonderivate.  225 

zu  geben.  Man  muß  übrigens  bemerken,  daß  die  dem  Salii^yrin  nachgerülimten 
gimstigen  Wirkungen  bei  Gebännutterbhitnngen  nichts  dieser  Substanz  Eigenes 
sind,  sondern  nur  von  der  AntipjTinkomponente  ausgelöst  ■werden.  Antipyi-in 
aüein  kann  dieselbe  Wirkimg  äußern.  Zu  gleichem  Zwecke  'wurde  auch  das 
salicylessigsaure  Antipyrin  dargestellt  (PjTonal  genannt),  ■welches  vor  dem 
Salipyrin  den  Vorzug  stärkerer  antipATetischer  Wirkung  besitzen  soll.  Die 
Salicylessigsaure  •wird  durch  Ein^virk^ng  von  monochloressigsaurem  Natron 
auf  salicylsaures  Natron  ge'womien. 

Acetopyrin  ■wurde  ein  acetyliertes  Salipyrin  genannt,  es  besteht  aus 
Acetylsalicylsäure  (s.  d.)  und  Antipyrin,  um  die  evtl.  Nebenwirkungen  der 
Salicylsäure  abzusch'wächen '). 

Astrolin  ist  ein  methyläthylglykolsaures  Antipyrin,  das  sehr  leicht  löslich  ist. 

Man  erhält  sehr  leicht  lösliche  Verbindungen  des  Antipyrins  mit  Dialkylglykolsänren 
iiiid  Monoalkylglykolsäuren  von  rein  säuerlichem  Geschmack.  Dargestellt  \^^^^den  durch 
Vereinigung  oder  Zusammenschmelzen  von  Säure  und  Base  dimethylglykolsaures,  diäthyl- 
glykolsaures,  methyläthylglykolsaiu'cs,  methylisopropylglykolsaures  und  ^-oxjnsovalerian- 
saures  Antipyrin^). 

Wir  sehen,  daß  ■wir  auf  diese  Weise  keineswegs  zu  Körpern  gelangen  können, 
die  bessere  oder  andere  Wirkung  bieten  ■wie  die  Grmidsubstanz  selbst.  Es  ist 
dies  jedenfalls  kein  der  Arzneimittelsynthese  würdiger  Weg.  Eine  ähnliche 
Kombination  ist  das  mandelsaure  Antipyrin  [TussoP)].  Die  schwach  narkotische 
Wirkung  der  Mandelsäure  C^^  ■  CH(OH)  •  COOH  besitzt  der  Körper  ebenso 
wie  die  antifebrile  des  Antipyrms.  Dieses  Salz  ist  bitter.  Man  hat  Tussol  ins 
besondere  bei  Keuchhusten  empfohlen*). 

Das  gerbsaure  Salz  des  Antipyrins  'wurde  nur  aus  dem  Grunde  für  den  Ge- 
brauch empfohlen,  weil  es  wegen  seiner  Unlöslichkeit  geschmacklos  ist.  Der 
Antipyringeschmack  aber  an  imd  für  sich  ist  em  so  germger,  daß  gerbsaures 
Antipyrin  in  der  Therapie  nur  ein  Etntagsleben  fristete.  Das  gleiche  läßt  sich 
gegen  die  Darstellung  von  Antipyi'in-Saccharin  einwenden. 

Man  erhält  dieses  Salz^),  wenn  man  äquivalente  Mengen  Saccharin  und  Antipyrin 
in  heißem   Wasser  löst  und  zur  Krystallisation  bringt. 

Um  dem  Antipyi-in  außer  seinen  felirifugen  Eigenschaften  auch  die  Fähig- 
keit zu  verleihen,  die  starke  Schweißabsondenmg  der  Fiebernden  zu  beschränken, 
^vurde  es  mit  Camphersäiu-e  kombiniert,  welche  tatsächlich  in  größeren  Dosen 
die  Schweißsekretion  vermindert.  Aber  die  Menge  Camphersäure,  welche  mit 
Antipyrin  in  Verbindvmg  tritt,  ist  ziu-  Auslösimg  dieser  Wirkung  viel  zu  gering, 
so  daß  diese  neue  Substanz  für  den  beabsichtigten  Effekt  sich  als  zu  schwach 
erweisen  muß. 

Man  erhält  das  neutrale  camphersaure  Antipyrin  dvirch  Mischen  imd  Zusammen- 
schmelzen von  34.72'JÖ  <^'*"'  Säure  mit  65.27%  Antipyrin.  Das  leichter  lösliche,  saure,  cam- 
phersaure Antipyrin  enthält  51. 45*^0  Camphersävire  und  48.55%  AntipjTin  und  wird  durch 
Zusammenschmelzen  der  beiden  in  diesem  Verhältnisse  gemLschten  Substanzen  erhalten. 

Nach  Angabe  der  Patentanmeldung*)  soll  die  Verbmdung  stärkere  anti- 
hj^lrotische  Eigenschaften  haben  als  die  in  ihr  enthaltene  Menge  Camphersäure, 
was  um  so  unrichtiger,  als  Antipyrin  selbst  die  Schweiß-sekretion  vermehrt. 

Arnold  Voswinkel,  Berlin,  stellt  salzartige  Verbindungen  aus  Antipyrin  und  Tolj'- 
pjTin  und  Toluolsulfamiden  her.  indem  er  gleiche  Moleküle  dieser  Körper  zusammen- 
schmelzen oder  die  Komponenten  aus  Lösungsmitteln  zusammen  auskrystallisieren  läßt'). 

^)  Wiener  klin.  Wochenschr.   1900,  373.  =)  Riedel,  Berlin,  DRP.  218  478. 

ä)  DRP.-Anm.   7547  (versagt). 

')  Zentralbl.  f.  med.  Wissensch.   1895,  861.  —  Therap.  Monatshefte  1894,  574. 

5)  DRP.  131741.      9)  DRP.-Anm.  Kl.  12,  p.  F.  13  433;  Amerik.  P.  674  686,  674  687. 

')  DRP.   229  814. 

Fränkel,  Arzneimittel-Synthese.    5.  .\ufl.  J5 


226  Antipyretica. 

Verschiedene  Pyrazolonderivate. 

Man  versuchte  auch,  Aiitipyi-in  mit  anderen  antipyretischen  Mittebi  zu  ver- 
binden. In  diese  Gruppe  gehören  zwei  Körper,  das  ChinopjTin  luid  Anihpyrin. 
C'hinopTOn  wurde  dargestellt,  um  eine  leicht  lösliche  Chininantipyrinverbindung 
zu  subcutanen  Injektionen  bei  Malaria  zu  haben.  Zur  Darstellung  verwendet 
man  C'hininchlorhydrat.  Die  Injektion  ist  zwar  schmerzlos,  es  hinterbleibt  aber 
eine  Induration  der  Einstichstelle.  Diese  Doppelverbindung,  per  os  gegeben, 
ist  aber  nach  den  Angaben  der  Untersucher  außerordentUch  giftig  wegen  der 
raschen  Resorption  mid  Aufspaltung  im  Magen.  Weder  diese  Verbindung  noch 
AnilipjTin  haben  je  eine  Bedeutung  erlangt.  In  \Yasser  ist  Anilipj-rin  leicht 
löslich  und  wenig  giftig^),  ^'orteile  von  einer  Mischimg  des  Antifebrins  imd 
Antipyrins  kann  eine  solche  Substanz  nicht  haben. 

Anilipyrin  wird  diirch  Zusammenschmelzen  eines  Äquivalentes  Antifebrin  (Acet- 
anilid)  und  zwei  Äquivalenten  AutipjTin  erhalten. 

Michaelis  imd  Gunkel  haben  Aniloantip yrin  oder  Anilinpyrin  durch  zwei- 
stündiges Erhitzen  äquimolelralarer  Mengen  von  Anilin  und  Antipyrinclilorid  auf  250° 
erhalten.    Die  Formel  der  Substanz  leitet  sich  von  der  Betainformel  des  Antipyrins  ab. 

^'  •  CeKj 
CH3.N<>C 

N  ■  '! 

CH 

Silberstein-)  kondensierte  Antipyrin  mit  primäi-en  aromatischen  Basen  bei  Gegen- 
wart wasserentziehender  Mittel,  wie  POCI3  oder  PCI5.  Anilin  imd  AntipjT-in  imd  POC'l^ 
auf  250°  erhitzt,  gaben 

CH3  ■  X  .  X  ■  (CeHj)  ■  C  :  CX    C.H^ 

i  1 

CH,  •  C CH 


Ebenso  entsteht  ein  Kondensationsprodukt  CjjHjgXj  aus  Antipyrin  imd  p-Toluidin. 

Ein  anderes  AniloiJyrin  erhält  man  diuch  Eui\virkuiig  von  AntipjTincldorid 
auf  2  Moleküle  Aniliii  bei  125°^).  Es  wirkt  nach  R.  Kobert  erhebhch  giftig 
mid  bei  Warmblütern  primär  lähmend  auf  das  Zentralnervensystem.  Es  ist 
kein  Blutgift. 

3-.\iitipjTin  geht  bei  verschiedenen  Tieren  in  den  Harn  über,  bei  Warm- 
blütern findet  man  einen  gepaarten  und  einen  imgepaarten  Anteil.  Analog  ver- 
hält sich  Isoantipyrin.  4-Am!noantip\Tin  tritt  im  Harne  als  solches,  teils  als 
Chromogen  bzw.  als  Farbstoff  auf.  3-Pyramidon  (im  Gegensatz  zu  Ja  ff  es  Ver- 
suchen mit  PjTamidon)  gibt  keine  Rubazonsäure  im  Harn,  sondern  erscheint 
vermuthch  imverändert  im  Harn.  AUe  drei  Antipyrine,  sowie  Armnoantipyrin, 
das  gewöhnliche  Pyramidon  imd  3-PjTamidon  werden  nach  subcutaner  Ein- 
verleibimg rasch  resorbiert.  Das  giftig.ste  ist  3-Antip^Tin,  dauii  folgt  I.soantip\Tin 
(l-Phenyl-2.5-dimethylpyrazolon) 

993 
^C  =  CH 


o 


X  ■  CO 
CH, 


schließlich  kommt  Antip\Tin.    4-AmiiioantipjTin  ist  im  Proschversuche  viel 
weniger  giftig.  —  3-AntipjTin  ist  auch  bei  Warmblütern  giftiger  als   Anti- 

1)  Gilbert  und  Yvon,  Presse  med.   189T,  Xr.  55.  =)  DRP.   113  384. 

ä)  BB.  36,  3275  (1903). 


Verschiedene  Pyrazolondei'ivate.  227 

pyrin.  Tsoantipyrin  steht  auch  hei  Warmblütern  dem  3-Antipyrin  nn  Giftig- 
keit selir  nach^). 

Alle  drei  Antipyrine,  inbesonders  3-Antipyrin,  wirken  krampf erregend. 
Die  Einführung  der  Aminogruppe  verstärkt  die  reizende  Wirkung  des  Antipyrins 
nicht.  Aminoantipyrin  ist  sicher  weniger  giftig  als  Antipjriin.  Pyraniidon  und 
3-Pyi'amidon  unterscheiden  sich  bei  Fröschen.  Die  unter  heftigsten  Krämpfen 
letal  wirkende  Pyi'amidondose  ist  20 — 30  mg.  Dieselbe  Dose  3-Pyramidon  wirkt 
nur  depressiv.  Auch  die  Jodmethylverbindung  des  3-P.yramidons  ist  viel  un- 
giftiger als  gewöhnliches  Pyi-amidon.  Pyramidon  ist  6— 8 mal  giftiger  als  ein- 
faches Aminoantipyrm.  Bei  Warmblütern  war  3-Pyramidon  in  Dosen  noch 
■\virkungslos,  die  beim  gewöhnlichen  P^-ramidon  mit  Sicherheit  töten. 

o- Aminoantipyrin,  ist,  wie  4-Aminoantipyi'in,  viel  ungiftiger  als  AntipjTin. 
l-o-Acetylaminoantipyrin  ist  wenig  giftig.  Isopyramidon  wird,  wie  3-Pyramidon, 
iu  mehr  als  doppelt  so  großen  Dosen  wie  gewöhnliches  Pyraniidon  vertragen. 
4-Allylantipyrin  ist  eine  relativ  giftige  Substanz.  Ebenso  ist  Azoantipyrin  sehr 
giftig. 

m- Aminoantipyrin  ist  so  gut  wie  unwirksam  und  m-Acetylaminoantipyrin 
wirkt  imr  ganz  schwach.  p-Dimcthylaminoantipyi"in  wirkt  wie  Pyramidon, 
doch  ist  .seiner  Giftigkeit  größer,  ganz  wirkungslos  war  das  entsprechende  Acetjd- 
derivat. 

Durch  Aminieriuig  am  Benzolkem  dem  Pyramidon  gleichwertige  Präparate 
zu  erzielen  ist  nicht  gelungen.  4-Methylantipyrin  wirkt  besser  antipyretisch 
als  Antipyrin,  ist  aber  auch  giftiger.  l-Phenyl-2.3-diraethyl-4-diaminomethyl- 
5-pyi'azolon  wirkt  schwächer  als  Antipyrin.  l-Phenyl-2.4-dimethyl-3-dimethyl- 
aminomethyl-5-pyrazolon  ist  sehr  giftig  und  in  kleinen  Dosen  antipyretisch 
wenig  wirksam.  Das  hydroxylierte  Methylantipyrin  (l-Phenyl-2.4-dimethyl- 
3-methylol-.5-pyrazolon)  ist  wenig  wirksam,  noch  schwächer  der  zugehörige 
Benzoyl-  und  Salicylester  sowie  der  Äthylsalicylester.  An  der  geringen  Wirkung 
dieser  Ester  ändert  auch  die  Einführung  einer  Aminogruppe  am  Benzolring 
nichts,  wie  die  Untersuchung  des  l-Phenyl-2.4-dimethyl-3-p-aminobenzoyl- 
methylol-5-pyrazolon  lehrt. 

l-Phenyl-2.4-dimethyl-5-pyTazolon  erwies  sich  als  in  der  antipjrretischen 
Wirkung  inkonstant.  1.2-Dimethyl-3-phenyl-5-pyi-azolon  ist  dem  Antipjrrin 
ungefähr  gleichwertig.  1  -Pheuyl-2.5-dimethyl-4-dimethylamiuo-6-pyi'azolou  fand 
Biberfeld  im  Gegensatz  zu  R.  Kobert  als  nicht  vorteilhaft,  da  es  zwar  Weniger 
giftig,  aber  auch  weniger  wirksam  ist  als  Pyramidon. 

Von  den  höheren  Homologen  des  Pyramidons  ist  l-Phenyl-2.3-dimethyl- 
4-diäthylamino-5-pyrazo]on  ungefähr  ebenso  wirksam  wie  Pyramidon,  1-PhenyI- 
2-äthyl-3-methyl-4-diäthylamino-.5-pyi-azolon  in  seiner  Wirkung  inkonstant  und 
ziemhch  giftig. 

Von  den  Derivaten  des  Imiiiopyrins  erwies  sich  das  salzsaure  Benzoyl- 
imiaopyrin  (l-Phenyl-2.3-dimethyl-5-benzoliminopjT.-in),  welches  das  Salz  einer 
Ammoniumbase  ist,  unerheblich  antipyretisch  wirksam,  aber  die  Giftigkeit 
war  ausgesprochen.  Antipyryliminopyrin  ist  wenig  wirksam  und  Methylanti- 
pjTyliminopyrin  antipyretisch  besser  wirksam.  Sem  salzsaures  Salz  wirkt  wie 
Pyraniidon,  ist  aber  giftiger.  Antipyryliminodiäthylbarbitursäure  ist  anti- 
pyretisch und  hyjmotisch  unwirksam,  ebenso  Bisantipyi-ylpiperazin  und  Thio- 
bisantipyrin.  4-Piperidylantipyrin  ist  viel  weniger  antipyretisch  wirksam  als 
Pyramidon-). 

1)  Kobert,  Zeitschr.  f.  klin.  Med.   68,  I. 

-)  Joh.   Biberfeld,  Zeitechr.  f.  experim.  Pathol.   u.  Ther.   5,   1. 

15* 


228  Antipyretica. 

Bisantipyrylpiperazin  und  Aatipyrylpiperidin  haben  die  gleiche  toxische 
Dosis  wie  Antipyrin,  Antipyrylpiperidin  ist  in  kleineren  Dosen  wirksamer  als 
AntipyrLai). 

Valerylaminoantipyrin  (Neopyrin)  ist  sehr  bitter,  weniger  giftig  als  Anti- 
pjTin,  hohe  Dosen  töten  imter  Krämpfen.  Es  wirkt  stark  antipyretisch.  Brom- 
valerylaminoantipyrin  ist  ca.  10  mal  giftiger 2). 

Läßt  man  auf  l-Phenyl-2.3-dimethyl-4-amino-5-pyrazolon  oder  dessen  Salze,  sei 
es  in  Lösung  oder  in  Aufschwemmung  in  unwirksamen  Lösungsmitteln,  die  Halogenide  der 
Isovaleriansäure  oder  der  « -Bromiso valeriansäure  einwirken,  so  entsteht  4-Isovaleryl-  bzw. 
4-ft-Bromisovalerj'lamiuo-l-phenyl-2.3-dimethyl-5-pyrazolon^). 

Wenn  man  l-Phenyl-3-methyI-4-isovalerylamino-5-pjTazolon,  l-Phcnyl-3-methyl- 
4-isovalerylamino-5-isovaleryloxypyrazol,  l-Plienyl-3-methyl-4-isovaleryl-amino-5-äthoxy- 
pyrazol  imd  l-Phenyl-3-meth}'l-4-isovaleryl-amino-5-chlorpjTazol  oder  analoge  rt-Brom- 
isovalerylverbindungen  mit  methylierenden  Mitteln  beliandeU,  so  erhält  man  1-Phenyl- 
2.3-dimethyl-4-isovalerylamino-5-pyrazolon  vintl  l-Phenyl-2.3-dimethyl-4-(X-bromisovaleryl- 
amino-5-pyrazolon^). 

l-Phenyl-3.4.4-trimetliyl-5-pyrazolon 

CH3 
I 

OC'^'  N  •  CgHs 

wirkt  schwach  antipjTctisch.  Durch  die  Einführung  der  Dimethylaminogruppe  in  p-Stellung 
des  Phenylrestes  erhält  man  das  gut  antipyretisch  wirkende  l-p-I)imethylaminophenyl-3.4.4- 
trimethyl-5-pyrazolon 

CH3 

1^ 
CH3\  /, 
CH.T/'-i      |N 

od — !N-<^^-N(CH3)., 

Man  erhält  die  Verbindung,  wenn  man  l-p-Ajninophfnyl-3.4.4.-triinethyl-5-pyra7.olon  mit 
methylierenden  Äütteln  behandelt^). 

Von  Antipyrin  ausgehend  wurde  nur  ein  Körper  dargestellt,  der  mit  ihm 
in  erfolgreiche  Konkurrenz  treten  kann,  um  so  mehr,  als  er  dreimal  so  kräftig 
wirkt  als  Antipyrin  selbst*),  überdies  die  Wirkungen  viel  allmähhcher  sich  ent- 
wickeln und  länger  andauern  als  beim  Antipyrin ,  es  ist  dies  Pyramiden 
[4-Dimethylaminoantipyrin  ')]. 

N .  C,H, 

Pyramiden   CH,  •  N,/^CO 

CHs  •  cä=Jc  ■  I 

Im  Pyi-amidon  sind  alle  Wasserstoffe  des  Pyrazolom'inges  substituiert. 
Die  im  Antipyrin  neusubstituiert-e  Dimethylaminogruppe  wurde  von  Pilehne 
aus  dem  Grunde  eingeführt,  weil  nach  Knorr  auch  im  Morphin  ein  methyliertes, 
tertiäres  Stickstoffatom  anzimehmen  ist.  Die  Substitution  erfolgte  aus  dem 
Grunde  am  Pyrazolon-  und  nicht  am  Benzolring,  weil  die  höheren  Homologen 
des  Antipyrin,  wie  z.  B.  Tolypyrin,  keine  Vorzüge  vor  dem  Antipyrin  besitzen, 
im  Gegenteil  die  Zirkulation  imgünstig  beeinflussen^). 

1)  Luft,  BB.  38,  4044  (1905).  -)  C.  Bachern,  Therap.  Monatshefte  »3,  588. 

3)  KnoU   &  Co.,  Ludwigshafen  a.  Rh.,  DRP.  227  013. 
■*)  Höchst,  DRP.  238  373.  ^)  Höchst,  DRP.   248  887. 

")  W.  Filehne,  Berliner  klin.  Wochenschr.  1896,  Nr.  48.  —  Zeitschr.  f.  klin.  Med.  32, 
Heft  5  u.  6.         ')  DRP.  90  959,  97  011.         »)  Filehne,  Zeitsclu'.  f.  klin.  Med.  33,  569. 


Verschiedene  Pyrazolonderivate.  229 

Im  Harne  tritt  nach  Gebrauch  von  Pyramiden  nach  Jaffes  Beobachtung ') 
liubazonsäure  auf: 

CjHs  •  N  •  N  ■  CeHs 

/\  /\ 

N    CO         OC     N 

H3C  •  C  — CH    N  =  C— C  ■  CH3 

EigentUch  ist  im  Hanie  eine  Vorstufe  dieser  Substanz  enthalten,  'welche 
durch  Oxydation  an  der  Luft  in  diesen  Farbstoff  übergeht. 

Es  wird  also  im  Organismus  Pyramidon,  wenn  auch  zu  einem  geringen  Bruch- 
teil entmethyhert,  und  zwar  derart,  daß  ihm  die  drei  an  den  beiden  N-Atomen 
befindhchen  Methylgruppen  entzogen  werden,  während  die  mit  Kohlenstoff 
verbundene  intakt  bleibt.  Bei  der  Verschmelzung  der  Pyramidonmoleküle  zu 
Rubazonsäure  findet  überdies  eine  Abspaltung  von  Ammoniak  statt.  'Auch 
eine  gepaarte  Glykuronsäure  tritt  im  Harne  auf.  Femer  tritt  Antipyrylham- 
stoff  auf  (Uraminoantipyrin) 

CsH,  ■  N 

CH3  n/^co 

CH3  ■  C'— ^C  ■  NH  ■  CO  •  NH, 

Es  muß  also  zuerst  eine  Entmethyherung  vorangegangen  sein,  und  an  die 
regenerierte  Aminognippe  lagert  sich  dann  der  Atomkomplex — CONHg^).  Pyra- 
midon als  solches  ist  im  Hame  nicht  nachweisbar. 

Die  von  Knorr  dargestellten  Diäthylderivate  des  Amin oantipyrins  und  das 
Monoäthylmonomethylderivat  wirken  analog  ohne  Vorzüge  zu  zeigen.  Femer 
wurden  die  homologen  Tolylverbindmigen  sowie  die  alkyUerten  Aminoderivate 
der  p-Äthoxyantipyrine  aus  analogen  Gründen  hergestellt. 

Pyramidon  wird  dargestellt,  indem  man  zuerst  Nitrit  auf  eine  saure  Lösimg  des 
Antipyi'in  einwirken  läßt  und  so  Nitrosoantipyrin 

N  ■  C^H, 

CH3  •  n/>co 

CH3  •  C^C  ■  NO 
erhält.    Reduziert  man  mm  dieses,  so  gelangt  man  zum  Aminoantipyrin^), 

N  •  CeH5 
CH3  ■  Ni^^CO 
CH3  •  ci='C  •  NH2 

welches  sich  nur  als  Benzylidenverbindung  in  der  Weise  abscheiden  läßt,  daß  man  Benz- 
aldehyd in  Essigsäm'e  löst  und  Alkohol  zu  der  Lösung  des  Aminoantipyrins  hinzufügt. 
Benzylidenaminoantipyrin  zerlegt  man  nun  mit  verdünnter  Salzsäure,  wobei  sich  Benz- 
aldehyd abspaltet,  den  man  dann  mit  Äther  von  der  salzsauren  Lösung  des  Aminoanti- 
pyrins trennt.  Außer  diesem  Verfahren  kommt  man  noch  auf  diese  Weise  zum  Ziele,  daß 
man  Acetaminophenylhydrazin  mit  Acetessigester  reagieren  läßt  und  die  Acetylgruppe 
durch  starke  Salzsäure  abspaltet  und  hierauf  alkyUert. 

Bei  der  Darstellung  des  Pyramidons  werden  dann  die  beiden  Wasserstoffe  des  Amino- 
restes  im  Aminoantipyrin  durch  llethylgruppen  ersetzt,  und  es  resultiert,  wie  oben  er- 
wähnt, Dimethylaminodimethylphenylpyrazolon  =  Pyramidon. 

An  Stelle  der  Alkylierungsmittel  des  DRP.  90  959  und  91  504  kann  man  eine  a-Ha- 
logenessigsäm'e  resp.  -Propionsäure  anwenden  und  aus  dem  vorerst  entstehenden  Säure- 
derivat Kohlensäure  abspalten,  und  zwar  durch  Erhitzen  über  den  Schmelzpunkt  oder 
Kochen  mit  Wasser.    Dieses  Verfahren  gibt  quantitative  Ausbeute*). 

Femer  wurde  vorgeschlagen,  4-Dunethylaminophenyldiinethylpyrazolon^)  in  der 
Weise  darzustellen,  daß  man  die  Salze  des  4-Dimethylaminophenyldimethylpyrazolon- 
methylhydroxyds  in  wässeriger  oder  alkoholischer  Lösung  erhitzt. 


')  BB.  34,  2739  (1901).  =)  Jaffö,  BB.  S5,  2891   (1902).  ^)  DRP.  97  332. 

*)  Höchster  Farbwerke,  DRP.   144  393.  ')  DRP.   111724. 


230  Antipyretica. 

Wenn  man  Jod-  oder  4-Clilor-l-phenyl-2.3-dimetliyl-ö-pyi-azolon  mit  sekuudäien 
.Viuinen  erhitzt,  so  entsteht  PheuyldimethylpjTazolon.  Läßt  man  dagegen  sekundäre 
Amine  auf  das  Bromderivat  einwirken,  so  wird  das  Bromatom  durch  das  basische  Kadikal 
ersetzt,  entsprechend  der  Gleichung: 

CiiHiiBrNjO  +  2  NHBj  =  NHR,  •  HBr  -f  CiiHnNoOCNEj) . 

Mau  erhält  so  4-Dimethylamino-l-phenyl-2.3-dimethyl-o-pyrazolon,  -i-Piperidjl-l-phenyl- 
2.3-dimethyl-5-pyrazolon,  4-Athylmethylamino-l-phenyl-2.3-dimethyl-5-pjTazolon*). 

Zur  Darstellung  von  PhenylmethylaminclilorpjTazol  wird  l-Phenyl-3-methyl-4- 
arylazo-5-chlorpyrazol  mit  sauren  Reduktionsmitteln  behandelt.  Diese  Substanz  kann 
durch  Methylieren  und  Alkalieinwirkung  in  Pyramiden  übergeführt  werden"). 

Wie  vom  Antipyrin,  so  wiu-de  auch  vom  PjTamidon  ein  salicylsaures  und  ein  campher- 
sames  Salz  dargestellt.  Ersteres  erhält  man  durch  Zusammenschmelzen  der  Komponenten 
mit  oder  ohne  Lösungsmittel').  Letzteres  erhält  man  nur  durch  Konzentration  wasser- 
freier Lösungen  der  beiden  Körper  in  Äther*). 

Sekundäres  citronensaures  l-Phenyl-2.3-dimethyl-4-dimethylamino-5-pyrazolon  er- 
hält man  durch  Einwirkung  von  1  Mol.  Citronensäure  auf  2  Mol.  der  Base^). 

Wenn  man  nach  Knorr^)  l-Phenyl-3-methylpjTazolon  mit  Methylenclilorliydrin 
bei  Gegenwart  von  Alkali  behandelt,  so  erhält  man  zwei  isomere  Oxäthylderivate. 

(A)  -^-CeH^  (B)  XC'eH, 

/\ 
CH,(OH)  •  CH,    X    CO  X-CO  ■  CH,  •  (OH) 

"II  II" 

CH3    C=CH  CH3  ■  C=CH 

Aus  diesen  Körpern  lassen  sich  leicht  Acetyl-  oder  Benzoylderivate  durch  Einführung 
dieser  Gruppen  in  den  Hj'droxylwasserstoff  darstellen. 

Knorr  iiiid  Pschorr  stellten  ferner  4-Oxyantipp'in  {l-Pheuyl-2.3-<.li- 
methyl-4-oxy-5-pjTazolon)  dar,  welchem  ähnliche  physiologische  Wirkungen 
zukommen  wie  dem  AntipjTin. 

Sie  reduzieren  Xitro-  oder  IsonitrosophenylmetliylpjTazolon  zur  Amiuoverbindung, 
führen  diese  durch  Oxydation  in  ein  KetopjTazolon  über  und  verwandeln  letzteres  durch 
Reduktion  mit  Natriumamalgam  in  saurer  Lösimg  in  die  Oxyverbindung  aus  welcher  durch 
Methylierung  4-Osyantipyrin  entsteht'). 

Camphocarbonsäiu-eäthylester  \ereinigt  sich  mit  Phenylhydiazin  imtcr  Allcoholaus- 
tritt  zu  einer  Verbindung  CjjHjoON,  -f  H3O,  die  zur  Klasse  der  PjTazolone  gehört  und  als 
Camphopyrazolon  zu  betrachten  ist.  Diese  Verbindung  hat  nie  eine  praktische  Verwen- 
dung gefunden.  p^ 

/\ 
,C    NH 

Campho-3-pyiazolon*)  ist  giftig^)  analog  dem  sogenannten  IsoautipyTin 
aus  l-Phenyl-5-methyl-3-pjTazolon,  während  Campho-5-pyrazolon  analog  wie 
AntipjTin  wirkt. 

Dihj'driertes  AntipjTin  und  Derivate  desselben  ^vurden  durch  Reaktion 
zwischen  Crotonsäure  und  Phenj'Uij-drazin '")  bzw.  p-Phenäthylh\"drazinii) 
und  nachherige  Methj-Uerung  erhalten.  Diese  Verbindungen  wurden  nicht  in 
die  Therapie  eingeführt. 

Außer  dem  Antipjrin  und  dem  PjTamidon  konnte  keine  Verbindung  dieser 
Reihe  eine  Bedeutmig  gewinnen. 

')  Höchster  Farbwerke,  DRP.   145  603.  =)  Höchster  Farbwerke,  DRP.   153  861. 

■')  DRP.-Anm.   Kl.  12p.   F.  12  982:  Amerik.  P.   680  278;  Franz.  P.   301458. 

*)  DRP.   135  729.  ^)  Rudolf  Otto,  Frankfurt,  DRP.   234  631. 

'•)  DRP.   74  912. 

")  DRP.  75  378,  siehe  auch  DRP.  75  975  (durch  Einwirkung  von  Alkalien  auf  Halogen- 
antipyrm).  »)  DRP.  65  259. 

»)  Brühl,  BB.  •>4,  3395  (1891);  36.  290  (1893).  —  Wahl,  BB.  33,   1987  (1900). 

")  DRP.  66  612.         11)  DRP.  68  713. 


Verschiedene  Pyrazolouderivato.  231 

Phenyldimethylpyrazolonaminomethansulfosaurcs  Natrium  (Melubrin)  wird 
erhalten  aus  l-Phenyl-2.3-dimethyl-4-aminopyrazolon  und  Formaldehydsulfit- 
lösung. 

Wenn  man  auf  die  (y-Methylaulfosäui-e  des  Salicylsäure-p-aminophenylcsters  4-Di- 
methylamino-l-phenyl-2.3-dimethyl-5-pyrazolon  einwirken  läßt,  und  zwar  in  Aceton  er- 
hitzt, so  sclieidet  sich  die  Verbindung:  qjj 

C 
OH  ■  CcHj  •  CO  ■  O  •  CsHi  •  NH  ■  CH2    OSO.H  ,     (CH3)2N  ■  Ci<^>N  ■  CH3  ,  j, 

o.cUn-cä         '■ 

DiantipjTylharnstoff  wirkt  entfiebernd,  macht  keinen  Kollaps,  hat  keine 
zentralen  Nervcnwirkungeu  und  auch  kerne  antineuralgischen  zum  Unter- 
schiede von  Antipyrin. 

Diantipyrylharnstoff     CO  <^g  ;  ^^JP^^^I  ^)  . 

Nach  DRP.  243  069  werden  Doppelverbindungen  von  Pyramiden  mit  Coffoui  mit 
Hilfe  von  siromatischen  Säuren   wie  Salicylsäure,  Benzoesäure,  Phthalsäure,  hergestellt. 

Statt  des  Pyramiden  kann  man  in  gleicher  Weise  Aminoacidylphenetidine  verwenden, 
z.  B.   Aminoacet-p-phenetidid'). 

Scheitlin  (Altstädten)  stellt  l-Phenyl-2  3-dimethyl-4-sulfamino-5-pyrazolon  durch 
Einwirkung  von  Natriiunbisiüfit  in  der  Wärme  auf  l-Phenyl-2.3-dimethyl-4-nitroso-5- 
pyrazolon  her.    Das  so  erhältUche  Natriunisalz  zerlegt  man  durch  Mineralsäuren*). 

Scheitlin'')  stellt  l-Phenyl-2.3-dimothyl-4-dimethylamino-5-pyrazolon  in  der  Weise 
her.  daß  er  das  nach  DRP.  193  632  (s.  d.)  erhältliche  l-Phenyl-2.3-dimethyl-4-sulfa- 
inino-5-pyrazolon  mit  Dimethylsulfat  in  der  Wärme  behandelt. 

l-Phenyl-3-methoxy-4.4-dimethyl-5-pyrazolon  ist  ziemlich  \virksam,  wäh- 
rend l-Phenyl-S-oxy-S-pyrazolon,  die  entsprechende  Aminoverbindung  in  Stel- 
lung 4  und  die  4.4-Diäthylverbindung  sowie  eine  Reihe  ähnlicher  medizinisch 
unbrauchbar  sind*). 

Durch  Einwirkimg  von  Formaldehyd  mid  Blausäure  auf  4-Antipyi'ylamin  ei-hält  mau 
4- Antipyrylcyanmethylamin ;  durch  dessen  Methylierung  und  nachheriges  Erhitzen  mit 
Säuren  erhält  man  unter  Kolilensäm'eabspaltung  4-Antipyryldimethylamin'). 

l-Aryl-2.4-dialkyl-3-halogenmethyl-5-pyrazolone  erhält  man,  indem  man  Halogene 
auf  l-Aryl-2.4-dialkyl-3-methyl-5-pyrazolone  einwirken  läßt,  oder  man  kann  die  isomeren 
l-Aryl-2-dialkyl-5-methyl-3-pyrazolone  mit  Halogenen  behandeln^). 

Durch  Einwirkung  alkylierender  Mittel  auf  l-p-Aminophenyl-2.4-dimethyl-3-oxy- 
methyl-5-pyrazolon  erhält  man  Dialkylderivate,  welche  antipyretisch  wirksam  sind"). 

Nicht  nur  die  im  vorhergehenden  Patent  beschriebenen  Pyrazolone  wirken 
angeblich  hervorragend  antipyretisch,  sondern  diese  Eigenschaft  kommt  aU- 
gemein  den  l-p-Dialkylaminophenyl-2.4-dialkyl-3-oxymethyl-5-pyi'azolonen  zu. 
Die  Alkylgruppe  in  4-Stellung  ist  für  die  antipyretische  Wirkung  nicht  erforder- 
lich, sondern  kann  auch  durch  Wasserstoff  oder  andere  Substituenten  ersetzt 
werden. 

Dargestellt  wurden :  l-p-Dimethylaminophenyl-2-methyl-3-oxyniethyl-5-pyrazolon 
imd  l-p-Dimethylaminophenyl-2-methyl-3-oxymethyl-4-äthyl-5-p>Tazoloni''). 

In  die  freie  Aminogruppe  der  entsprechenden  1-p-AminophenyIpyrazolone  werden 
entweder  durch  Behandlung  mit  Chloressigsäure  zwei  Essigsäureresto  oingefülirt  und  durch 
Erhitzen  Kohlensäure  abgespalten  oder  man  führt  durch  Behandlung  mit  Formaldehyd 
und  Blausäure  nur  einen  Essigsäurerest  ein,  behandelt  das  so  erhaltene  Cyanmethylaraino- 
phenylpyrazolon  mit  alkylierenden  Mitteln  und  verseift'^). 

1)  Abelin,  Bürgi  und  Perelstein,  DRP.  282  412. 
^)  Maximilian  Göttler,  BB.   48,   1765  (1915). 
^)  DRP.   244  740,  Zusatz  zu  DRP.  243  069.  *)  DRP.   193  632. 

*)  DRP.   199  844.  «)  BB.  39,  2284   (1906). 

")  Höchster  Farbwerke,  DRP.  184  850.  —  Höchster  Farbwerke,  DRP.  208  593,  Zu.sat/. 
zu  DRP.   206  637.  «)  DRP.   206  637.  ')   Höchst.  DRP.   214  716. 

")  DRP  217  558,  Zusatz  zu  DRP.  214  716.     ")  DRP.  217  557,  Zusatz  zu  DRP.  214710. 


232  Antipyretica. 

l-p-Diinethylainiuopheuyl-2.3.4-trimethyl-5-pyiuzoloii  erhält  mau  durch  Behandlung 
vou  l-p-Ammophenyl-3.4-diuiethyl-5-pyrazolou  oder  l-p-Aminophenyl-S.-i-dimethyl-S- 
lialogenpyrazolon  oder  l-p-Aminophenyl-3.4-dirQethyl-5-alk}'loxypyrazol  oder  1-p-Amino- 
phenyl-2.3.4-trimethyl-5-pyrazolon  oder  deren  Alkyl-  und  Säurederivaten  mit  methylio- 
renden  Mitteln'). 

Dimethylamino-l-phenyl-2.3-diiuethyl-5-pjTazolon  wird  durch  Erhitzen  von  Amino- 
phenyldimethylpyrazolon  mit  Nitrosodimethylamin  allein  oder  bei  Gegenwart  von  Kupfer- 
pulver gewonnen.  Bei  diesem  Verfahren  wird  die  Bildung  von  quaternären  Verbindungen 
vermieden.    Die  Reaktion  verläuft  nach  folgender  Gleichimg^): 

OTT 
CH3  ■  C=C  •  XH.,  CH3  ■  C=C  ■  N  :  N  ■  nC       ^ 

I       I  '  CH  I       I  CH3 

CH3  •  N    CO         +  NO  •  N^      '^  =  CH3  •  N    CO  +  H,0 

N  N 

CsHs  C,H, 

CH,  •  C=C  ■  N :  N  •  n/   ^      CH,  •  C=C  •  NC       = 
I      I  ^CH3  I      I        \CH3 

CH3  •  C     CO  =  CH3  ■  N    CO  +  N„ 

\/  \/ 

N  N 

Durch  Methylierung  von  Alkyl-  und  Säurederivaten  des  l-Phenyl-3-methyl-t-amino- 
5-pyrazolon  erhält  man  l-Phenyl-2.3-dimethyl-4-dimethylamino-ö-pyrazolon^). 

Man  erhält  to-methylschwefligsaure  Salze  aminosubstituierter  Arylpyrazolone,  wemi 
man  auf  l-Phenyl-2.3-dimethyl-4-amino-5-pyrazolon  oder  dessen  im  Phenylkern  substi- 
tuierte Derivate  bzw.  auf  l-Aininophenyl-2.3-dimethyl-5-pyTazolon  sowie  dessen  4-Alkyl- 
derivate  Formaldehydbisulfitalkali  oder  -ammonium  in  der  Wärme  einwirken  läßt. 

Diese  Verbindungen  sollen  schon  in  kleinen  Dosen  hohe  antipyretische  und  anti- 
neuralgische Wirkimgen  haben.   Die  Wirkung  soll  eine  sehr  rasche  und  gleichmäßige  sein''). 

Die  Reaktionsprodukte  lassen  sich  leicht  reinigen,  wenn  man  die  Lösungen  in  offenen, 
flachen  Schalen  toi  gewöhnlicher  Temperatur  sich  selbst  überläßt,  die  Krystallkuchen 
in  heißem  Methylalkohol  löst,  die  Lösungen  filtriert,  eindampft  und  aus  Alkohol  umlöst'). 

Statt  Formaldehyd  kann  man  Homologe  desselben  verwenden  und  von  Acet-  oder 
Propylaldehydbisulfitalkali  ausgehen  *). 

Statt  der  aminosubstituierten  l-Aryl-2.3-dimethyl-5-pyrazoloue  kann  man  auch 
andere  aminosubstituierte  l-Aryl-2.3-dialkyl-ö-pyrazolone  verwenden.  Beschrieben  sind: 
l-p-Tolyl-2-äthyl-3-methyl-4-amino-5-pyrazolon-methylschwefligsaures  Natrium;  1-p-äth- 
oxyphenyl-2-äthyl-3-methyl-4-amino-5-pyrazolon-methylschwefligsain:es  Natrium;  1-p- 
aminophenyl-2-äthyl-3-methyl-5-pyrazolon-methylschwefligsaures  Natrium'). 

Dxu"ch  Einwirkung  von  tu-Methylsulfosäure  des  Salicylsäure-p-aminophenylenesters  auf 
4-Dimethylamino-l-phenyl-2.3-dimethyl-5-pyrazolon  erhält  man  eine  neue  Verbindimg, 
welche  zugleich  antipyretisch,  narkotisch  und  desinfizierend  wirkt*). 

Antipyrinomethylamin,  aus  Dimethylaminohydrochlorid,  Formaldehyd  und  Anti- 
pyrin,  besitzt  keinerlei  antipyretische  Wirkung  imd  scheint  völlig  unwirksam  zu  sein'). 

l-Phenyl-2.3-dimethyl-4-diallylamino-5-pyrazolon  erhält  man  aus  l-Phenyl-2.3-di-me- 
thyl-4-amino-5-pyrazolon  mit  Allylhalogeniden,  zweckmäßig  in  Gegenwart  von  Lösungs-  oder 
Verdünnungsmitteln  imd  unter  Zusatz  von  säurebindenden  Mitteln,  in  der  Wärme  behandelt. 

Dieses  Diallylaminoantipjrrin  ist  nach  Angabe  der  Patentschrift  ein  starkes  Anti- 
pyreticvun,  das  gegenüber  dem  Pyramidon  eine  länger  anhaltende  und  gesteigerte  anti- 
pyretische Wirkung  ohne  gleichzeitige  Steigerung  der  Toxizität  auslöst  und  außerdem 
eine  ausgesprochene  narkotische  Wirkung'"). 

Wie  wechselnd  das  Verhalten  der  Pyrazolderivate  ist,  beweist  eine  Unter- 
suchung Tappeiners")  über  Körper,  die  Claisen  dargestellt. 

')  Höchst,  DRP.  238  256.  l-p-Dimethylaminophenyl-3.4.4-trimethyl-5-pyi-azolon 
erhält  man  nach  Höchst,  DRP.  248  887  aus  l-p-Aminophenyl-3.4.4-trimethyl-5-pyTazolon 
mit  methylierenden  Mitteln.        ^)  Soc.  chim.  in  Vernier,  DRP.  203  753.        ^)  DRP.  189  842. 

*)  Höchst,  DRP.   254  711.  ^)  DRP.  259  503,  Zusatz  zu  DRP.  254  711. 

s)  DRP.  259  577,  Zusatz  zu  DRP.   254  711. 

')  DRP.  263  458,  ■  Zusatz  zu  DRP.  254  711.  »)  DRP.  282  264. 

=*)  C.   Mannich  und   B.   Kather,   .\rch.   d.   Pharmazie   3.5T,   18  (1919). 
'»)  DRP.  304  983.  ")  Tappeiner  und  Canne,  AePP.  28,  294. 


Verschiedene  Pyrazolondcrivate.  233 


Das  Jüdiiiothj'lat  des  Phenyldimethylpyiazols 

N 
OH3C    n/^"3 

II        II       -f 

H  ■  C— C  ■  CH, 


macht  starke  Krämpfe  mid  Lähmungserscheinmigeu  und  führt  den  Tod  dvirch 
Atemstillstand  herbei.  Analog  wirkt  das  Chlormethylat,  so  daß  die  Wirkung  dieser 
beiden  Substanzen  kemeswegs  dm-ch  die  Anwesenheit  der  Halogene  bedingt  ist. 
Phenyldimethylpyi'azol  q  g 


N 
/~-., 
CH3C    N 
II       I! 
H  •  C— C  •  CH3 

hat  quahtativ  die  gleiche,  aber  quantitativ  etwas  schwächere  Wirkung.  Es  ist 
vom  Antipyrin  nur  durch  den  Mangel  eines  Sauerstoffs  verschieden.  Es  wii'kt 
erhebhch  schwächer  als  Antipyrin.  Noch  viel  geringere  zentrale  Wirkungen 
besitzt  Phenylmethylpyi'azolcarbonsäure 

N 
/\ 
CH3    C     N 

HC— C    COOH 

welche  erheblich  weniger  giftig  ist  als  das  ihi'  chemisch  nahestehende  Antipyrin. 
Man  könnte  versucht  sein,  die  Ursache  dieser  Unterschiede  in  der  wechselnden 
Anzahl  von  Methylgruppen  (und  dem  Eintritt  von  Carbosylgruppen),  welche 
diese  Körper  enthalten,  zu  suchen.  Phenylpyrazoldicarbonsäure,  iji  der  auch 
das  letzte  Methyl  diu"ch  die  Carboxylgruppe  ersetzt  ist. 

N 
/\ 
COOH.C    N 
II      II 
H •  C— C    COOH 

ist  etwas  weniger  giftig,  als  Phenylmeth3dpja'azolcarbonsäiu'e,  der  Wirkungs- 
charakter aber  hat  sich  geändert,  indem  neben  der  Respirationslähmung  auch 
Herzlähmung  üi  den  Vordergrimd  tritt. 


Diphenylpyrazolcarbonsäure 

N 
/\ 
CsHs-C     N 
II      II 
HC— C    COOH 

welche  sich  von  der  Phenylmethylp3a'azolcarbonsäui'e  durch  den  Ersatz  von 
Methyl  durch  Phenyl  unterscheidet,  ist  wieder  erhebhch  giftiger,  sowohl  für 
das  Zentralnervensystem  als  besonders  auch  für  das  Herz. 

Phenylmethylpyrazolcarbonsäure  hat  merkwürdigerweise  in  Dosen  von 
1.0  g  eine  stark  dim-etische (Wirkung,  indem  sie  auf  den  seltretorischen  Apparat 
der  Niere  selbst  einen  direkten  erregenden  Einfluß  ausübt.    Die  Substanz  hat 


234  Antipyretica. 

gar  keine  temperatiu'herabsetzende  Wii'kuug,  obgleich  sie  chic  ähiihche  Kon- 
stitution wie  Aiitipyriii  hat.  PhenylmethylpjTazolonsiilfosäure')  ist  hi  jeder  Be- 
ziehung wirkungslos. 

Chinin. 

Alle  bis  nun  unternommenen  Versuche  zu  einem  dem  Chinin  therapeutisch 
analogen  Körper  auf  synthetischem  Wege  zu  gelangen  bzw.  dem  Chinin  chemisch 
analoge  Körper  aufzubauen,  denen  insbesondere  die  spezifische  Wirkung  gegen 
die  Malaria  zukommt,  müssen  als  gescheitert  betrachtet  werden.  Zum  großen 
Teile  waren  an  dem  Scheitern  dieser  Versuche  falsche  Auffassmigen  über  die 
an  der  Wirkung  sich  beteihgenden  Grujjpen  des  CMninmoleküls  schidd,  ander- 
seits war  es  ja  auch  schwierig,  analoge  Körper  aufzubauen,  solange  uns  noch  der 
Aufbau  des  Chininmolektds  so  dimkel  war.  Doch  würde  eine  SjTithese  des  Chi- 
nins sicherlich  technisch  gegenüber  dem  natürlichen  Chinin  keine  Chance  haben. 

Nach  unserer  gegenwärtigen  Auffassung  besteht  das  Chininmolekül  aiis 
vier  Teilen :  aus  dem  ChinoUnrest,  aus  der  Methoxygruppe,  welche  zum  Chinolin- 
rest  in  p-SteUung  steht,  aus  einem  Kohlenstoffatom,  welches  die  Chinohn- 
gruppe  mit  dem  LoiponanteU  verbmdet  und  sekundär  alkoholisch  ist,  und  dem 
Loiponanteil.  Daß  an  dem  Zustandekommen  der  spezifischen  Wirkung 
die  Methoxygruppe  des  Chinins  hervorragend  beteiligt  ist,  beweist  der  Umstand, 
daß  Cinchonin,  also  Chinin  ohne  Methoxygruppe,  viel  imsicherer  in  der  Wirkmig 
ist  und  nur  bei  weit  größeren  Dosen  die  typische  Chininwirkung  auslöst.  AUe 
Versuche,  Cinchonin  in  den  Arzneischatz  als  Chininersatzmittel  mit  Erfolg 
einzufülvren,  sind  als  mißlungen  zu  bezeichnen.  Cinchonin  und  C^nchoiüdin 
(das  linksdrehende  Isomere)  haben  die  dem  Chinin  in  schwacher  Weise  zu- 
kommende krampferregende  Wirkung  in  viel  ausgesprochener  Weise-).  Auf 
das  Herz  wirkt  Cinchonin  viel  schädlicher  und  ist  gegen  Fieber  viel  weniger 
wirksam.  Cinchonin  ist  giftiger  als  Cinchonidin  \md  als  die  beiden  Oxycin- 
chonine  von  Hesse  und  Langlois.  Daß  es  aber  nicht  etwa  der  Methylrest  ist, 
^\■elchem  die  Auslösung  des  Cliinineffektes  zuzuschreiben  ist,  sondern  vielmehr 
die  gedeckte  Hydroxylgruppe,  beweist  der  Umstand,  daß  der  Ersatz  der 
Methylgruppe  durch  andere  Alkylgruppen  die  Chininwirkmig  nicht  etwa 
abschwächt  oder  aufhebt,  sondern  wir  vielmehr  zu  Derivaten  gelangen,  die 
noch  viel  intensiver  febritug  und  toxisch  wirken  als  Chinin  selbst.  Solche 
Derivate  haben  Grimaux  und  Arnaud^)  dargestellt,  indem  sie  von  Cuprein 
CjgHjoXoCOHJa  ausgingen,  welcher  Körper  als  ein  natürhch  vorkommendes, 
entmethyüertes  Chinin  aufzufassen  ist.  Bei  der  künstlichen  Entmethylierung 
des  Chinins  gelangt  man  nicht  zum  Cuprein,  da  sich  unter  dem  Einflüsse  der  Säure 
ein  dem  CJuprein  isomerer  Körper  durch  Umlageruug  bUdet,  das  Apochinin.  Die 
beiden  französischen  Forscher  haben  folgende  Körper  dargestellt: 

Chinäthylin  C\gK.,„S.,  ■  OH  •  (OC2H5), 
Chinpropylin  CigHÖ'X."  •  OH  •  (OC3H;). 
Chinamylin      CjaHlÖNJ  ■  OH  •  (OCjH,,) . 

Hesse*)  hat  zuerst  versucht,  vom  Cuprein  ausgehend,  zum  Chinin  zu  ge- 
langen, indem  er  Cuprein  mit  Methyljodid  behandelte,  aber  seine  Versuche  miß- 
langen. Er  erhitzte  die  Natriumverbindnng  des  Cupreins  mit  Methyljodid  in  alko- 
holischer Lösimg,  goß  die  Flüssigkeit  daim  in  Wasser,  wobei  sich  ein  braunes  Haiy. 
ausschied.  Hesse  übersah  aber,  daß  sich  das  gebildete  Chinin  in  Wasser  gelöst 
hatte.  Man  geht  bei  der  Darstellung  des  Chinins  oder  seiner  Homologen  Äthyl-, 

M  Hoberg,  DiRS.   Erlansen  (1899).  ")  Pietro  Albertoni,  AePP.    13,  272. 

■')  Cr.   112,  7G6,   1364;   114,   548,  (572;  118,   1803.  *)  I.iebigs  Ann.  330,  69. 


Chinin.  235 

Proiiyl-  oder  Aiiiylchinin  so  vor'),  daß  man  Cuprciu  nül.  der  ))crechncten  Menge 
Natrium,  welches  zur  Bildiuig  von  Cupreinnatrium  benötigt  wird,  mit  Metiiyll)ro- 
)iiid  (bzw.Äthylbromid  usw.)  und  der  lOfachen  Menge  des  entsprechenden  Alkohols 
10  Stimden  lang  erhitzt,  den  Alkohol  abdestilliert  und  zur  Trockne  abdampft; 
unverändertes  Cuprein  entfernt  man  mit  Natronlauge  und  extrahiert  schließlich 
das  gebildete  Chinin  (bzw.  seine  Homologen)  aus  dem  Rückstande  mit  Äther. 

Wir  sehen  hier,  daß,  wenn  eine  längere  fette  Kette  als  Methyl  in  das  Cuprein 
eingeführt  wird,  wir  zu  intensiver  wirkenden  Körpern  gelangen.  Die  Wir- 
kimgsverstärkung  durch  Verlängennig  fetter  Ketten  sehen  wr  auch  in  der  Reihe 
der  homologen  Alkohole  luid  deren  Derivate. 

Hierbei  ist  zu  bemerken,  daß  die  alkyliertcn  Cupreine,  also  die  homologen 
Chinine,  weit  giftiger  sind  als  Cuprein  selbst.  Cuprein_  ist  nur  halb  so  giftig 
wie  Chinin  und  auch  viel  weniger  giftiger  als  Cinchonin. 

Daß  Cinchonin  überhaupt  im  Organismus  zur  Wirkmig  gelangt  imd  nur 
relativ  große  Dosen  davon  notwendig  sind,  um  die  t\rpische  Wirkung  zu  er- 
zielen, läßt  sich  vmgezwungeu  so  erklären,  daß  Cinchonin  im  Organismus  zum 
Teil  zu  Cuprein  oxydiert  wh'd.  Dem  Cuj)rein  muß  aber,  wenn  auch  sein  Hydroxyl 
nicht  durch  eine  Alkylgruppe  geschützt  ist,  die  typische  Wirkung  des  Chinins 
zukommen.  Es  wird  dadurch  auch  erklärt,  warum  relativ  große  Dosen  von 
Cinchonin  notwendig  sind,  um  Chinimvirkungen  zu  erzielen.  Wahrscheinlich 
uird  nur  ein  Teil  des  eingeführten  Cinchonins  im  Organismus  zu  Cuprein  oxy- 
iliert.  Die  Einfülirung  eines  Hydroxyls  in  die  p-SteÜung  ist  aber  eine  der  ge- 
wöhnlichsten Oxydationsformen  des  Organismus,  wie  wir  bereits  im  allgemeinen 
Teile  auseinandergesetzt  haben. 

Chinidin  (ConcMnin)  ist  reehtsdrchendes  Cliinin.  Es  wirkt  wie  Chinin, 
ohne  gleichzeitig  wie  dieses  narkotische  Wirkungen  hervorzurufen").  Chinidin 
wird  zu  45%  iniverändert  im  Hanie  ausgesclüeden  (Byasson). 

Bis  mm  sind  die  homologen  Chinine  von  Grimaux  imd  Arnaud  noch 
nicht  praktisch  verwertet  worden.  Es  ist  dies  wohl  in  erster  Linie  dem  Umstände 
zuzuschreiben,  daß  einerseits  Cuprein  in  der  Natur  niu-  in  geringen  Mengen  vor- 
kommt und  daß  anderseits  die  Darstellung  von  Cupreia  aus  Chinin  bis  nun 
Wegen  der  Umlagerung  in  Apochinin  nicht  geixmgen  ist.  Auch  der  Übergang 
von  Cinchonüi  zu  Cuprein  bzw.  Chinm  ist  leider  noch  nicht  mögUch ;  jedenfalls 
ist  dies  ein  Problem,  welches  um  so  mehr  zu  bearbeiten  wäre,  als  das  wenig  wert- 
volle Cinchonin  so  zum  Ausgangspunkt  für  die  sehr  wirksamen  und  wertvollen 
homologen  Chüoine  verwendet  werden  könnte.  Es  ist  klar,  daß  wir  bei  solchen 
Variationen  des  Chininmoleküls  durch  Ersatz  der  Methylgruppe  durch  andere 
Radikale  zu  nützhchen  Körpern  gelangen  werden,  wofür  wir  eine  Analogie  in 
der  Darstellung  von  Methylmorphin,  Äthylmorphin  und  Benzylmoi'phin 
und  der  Hydrocupreinderivate  besitzen. 

Wir  haben  bei  Betrachtung  der  ChinoUnderivate  gesehen,  daß  dem 
p-Methoxychinolin  nur  sehr  geringe  febrifuge  Eigenschaften  zukommen  und  daß 
dieses  kemeswegs  als  ein  Mittel  gegen  Malaria  anzusehen  ist.  Wir  sind  um  so 
mehr  zu  der  Anschauung  berechtigt,  daß  an  der  spezifischen  Cliininwirkung  der 
j)-Methoxychinohnanteil  des  Clünins  nicht  beteiligt  ist,  als  alle  neueren  Unter- 
suchungen ergaben,  daß  derselbe  üi  lücht  hydrierter  Form  im  Chinm  vorhanden 
ist.  Auch  andere  Gründe,  die  wir  bei  Besprechung  des  Loiponanteiles  ausein- 
andersetzen werden,  sprechen  klar  dafür.  Nur  der  LoiponanteU,  und  zwar  niu' 
bestimmte  Gruppen  desselben  bedingen  die  spezifische  Wirkung  des  Chinins. 

1)  DRP.   64  832. 

-)  Macchiavelli,  Jaliresber.  über  Jie  Fortschritte  der  Chemie  18J5,  772. 


236 


AntipjTetica. 


Nach  Miller  und  ßhode^)  und  nach  den  neuereu  Untersuchungen  von 
W.  Königs^)  luid  Rabe  und  Ritter,  nach  denen  Cinchonin  als  sekundärer 
Alkohol  aufgefaßt  wird,  läßt  sich  die  Konstitution  des  Chinins  und  Cinchonins 
durch  folgende  Formeln  darstellen: 

CH2— CH— CH  ■  CH :  CH.. 

I 


Cinchonin 


CH 


CH., 

I 

CHo 

I 


CH, 


CHOH 

i 
\/ 


CH2— CH— CH  •  CH  :  CH  . 

I 
CHj 

I 
CH. 


CH  — X- 
CHOH 


-GH., 


*    I      I       1     Chmm. 


N 

Weiui  man  Chinm  oder  Cinchonin  mit  verdünnter  Essigsäure  behandelt, 
so  verwandelt  sich  dieser  Körjier  in  einen  neuen,  das  Chinotoxin  ^)  bzw.  Cincho- 
toxin^),  welches  kein  Hydi'oxyl  mehr  enthält,  sondern  sich  als  ein  Keton  charak- 
terisieren läßt.  Dabei  ist  die  eine  Stickstoff-Kohlenstoffbindung  eingerissen, 
im  Gegensatze  zum  Chininon,  bei  w-elchem  nur  die  sekundäre  Alkoholgruppe 
in  die  Carbonylgruppe  übergegangen. 

Chinotoxin 


CH,0| 


Cinchoninon 


CHj  — CH  — CHCH 

CH 

CH,     (^Ho 

CO     ^sl 

/^l        N   "    < 

:h2 

N 

CH2-CH-( 

mcH 

CH 

CHj 

1 

CHj 

CH  — N ( 

yüo 

CO 

/^ 

J 

N 

')  Siehe  a\ich  Pictet  -  Wolffeustein,  i*flanzena'kaloide,  Berlin  1900,  S.  315.  — 
Miller  und  Rohde,  BB.  37,  1187.  1279  (1894);  28,  1056  (1895).— Rabe,  BB.  40,  3-280, 
3655(1907);  41,  62  (1908).  Liebigs  Ann.  3G4,  330(1909);  373,  85  (1910);  383,  365  (1911); 
BB.  44,  2088  (1911). 

-)  W.  Königs,  BB.  40,  648,  2873  (1907).         ')  Identisch  mit  Pasteurs  Chinicin. 

■*)  Identisch  mit  Cinchonicin  (Miller  nnd  Rohde,  BB.  33,  3214  [1900]). 


Chinin.  237 

aus  Ciiichonin  diucli  ( Jhromsäureoxydation  gewomien,  uii'kt  nach  den  Angaben 
von  Hildebrandt  wie  Cinchonin.  Es  wird  zum  Teile  wenigstens  im  Organismus 
zu  Cinchonin  rückreduziert  ^).  Cinchonin  selbst  paart  sich  als  sekundärer  Alkohol 
mit  Glykuronsäure. 

Zu  bemerken  ist  noch,  daß  die  von  Hildebrandt-)  ausgeführten  Unter- 
suchungen nicht  mit  dem  C'hinotoxin,  sondern  Cinchotoxin,  dem  analogen 
Derivate  des  Cinchonins  ausgefühit  wurden^). 

Wenn  man  nun  Chinotoxin  physiologisch  prüft,  an  dem  sonst  gar 
keine  weiteren  Veränderungen,  als  die  besprochenen,  chemisch  vorgenommen 
worden,  so  zeigt  dieser  Körper  merkwürdigerweise  physiologisch  keinen  Chinin- 
charakter mehr.  Er  wirkt  gar  nicht  mehr  entfiebernd.  Hingegen  nähern 
sich  seine  physiologischen  Eigenschaften  sehr  dem  Digitoxin.  Die  Giftigkeit 
der  Verbindimg  hat  dem  Chinin  gegenüber  außerordentlich  zugenommen. 
Es  entsteht  nun  die  Frage,  ob  dieses  Aufhören  der  antipjTetischen  Eigen- 
schaften des  Chinins  nicht  etwa  das  Auftreten  der  Ketongruppe  statt  des 
.sekimdär-alkohohschen  Hydroxj^ls  bewirkt  hat.  Miller  und  Rhode  neigen 
zur  Anschauung,  daß  die  Stickstoffkohlenstoffbindungen  im  Chinin  geradezu 
als  das  eigentliche  charakteristische  Moment  der  Chinaalkaloide  erscheinen, 
so  daß  die  typische  Wirkung  derselben  mit  der  Existenz  dieser  Bindung 
steht  und  fällt. 

Chüiicin  (Chinotoxin),  Ketoform  des  Cliinhis,  ist  weniger  giftig  als  Cincho- 
toxin, auf  den  Kreislauf  wirkt  es  wie  Chinin,  ebenso  auf  die  glatten  Muskeln. 
Es  ist  aber  ein  heftiges  Gift,  das  bereits  in  relativ  kleinen  Dosen  den  Blutdruck 
herabsetzt,  tonisch-klonische  Krämpfe,  dann  Atemnot,  Stillstand  der  Atmung 
und  des  Herzens  hervorruft.  Dieselben  Erscheinungen  macht  auch  die  toxische 
Chinindosis. 

Die  Ketoform  des  Cinchonins,  das  Cinchonicin,  ist  viel  giftiger  als  Chinicin, 
die  Art  seiner  Wirkung  ist  die  gleiche,  wie  die  des  Chinicms^). 

Eine  Seitenkette  des  Loiponteils  ist  nach  den  Untersuchungen  von 
Z.  S krau  13*)  ein  Vinylrest  — C:  CHj . 

Inwieweit  der  Vinylrest  im  Loiponanteil  für  die  Wirkung  des  Chinüis  von 
Bedeutung  ist,  läßt  sich  nicht  völlig  entscheiden. 

Reid  Hnnt^)  untersuchte  Hydrochinin,  Oxyhydrochiuin,  Hydrochlor- 
chüiin  und  fand,  daß  die  Vinylgruppe  im  Chininmolekül  ohne  besondere  Be- 
deutung ist,  soweit  es  sich  um  die  Toxizität  handelt.  Die  Addition  von  Clilor» 
Wasserstoff  verringert  die  Toxizität  gegenüber  Säugetieren,  erhöht  sie  aber 
gewissen  Infusorien  gegenüber. 

Doch  ist  es  auffällig,  daß  Chinin  das  einzige  bekannte  Antipyreticum  ist, 
welches  eine  Seitenkette  mit  doppelter  Bindung  enthält,  und  es  ist  auch  das 
einzige  AntipjTcticum,  welches  sich  durcli  eine  hervorragende  Protoplasma- 

^)  H.  Hildebrandt,  AePr.  59,   127  (1908).  -)  Siehe  Miller  und  Rohde,  1.  e. 

^)  Nach  meinen  (nicht  veröffentlichten)  Untersuchungen  wirkt  Cinchotoxinchlor- 
hydrat  auf  das  bloßgelegte  Froschherz  in  der  Weise,  daß  zuerst  sehr  starke  Kontrak- 
tionen auftreten,  dann  bleibt  das  Herz  in  der  Diastole  stehen.  Bei  Injektion  in  den 
Lymphraum  verbleibt  das  Herz  lang  in  der  Diastole,  die  Systole  ist  dann  sehr  kräftig. 
0.1  g  töten  ein  Kaninchen  von  3200  g  in  4  Stunden.  Nach  Icurzer  Zeit  tritt  schon 
selir  beschleunigte  Respiration  ein.  Methylcinchotoxinchlorhydrat  macht  bescMeunigte 
Respiration,  dann  leichte  Krämpfe.  0.3  g  machten  nach  10  Minuten  heftige  Kaukrämpfe, 
dann  allgemeine  klonische  und  tonische  Krämpfe,  Atemnot.  Tod  nach  einer  halben  Stvinde. 
Bei  Injektion  in  eine  Vene  erhält  man  Blutdrucksenkung. 

')  J.  Biberfeld,  AePP.  79,  361  (1916). 

^)  Liebigs  Ann.  197,  376.  —  BB.  28,  12  (1895).  —  M.  f.  Ch.  16,  159  (1895). 

*)  Arch.  Internat,  de  pharmacodyn.    12,  497. 


238  Antipyretica. 

Wirkung  auszeichnet^).  Wie  im  allgemeinen  Teil  ausgeführt  wurde,  steht  aber  das 
Vorhandensein  einer  doppelten  Bindung  in  einem  iimigen  Zusarmnenhange  mit 
intensiven  Wirkungen,  besonders  mit  einer  großen  Reaktionsfähigkeit,  mit  dem 
Protoplasma.  Wir  erinnern  nur  an  die  Vinylbase  Neurin,  an  Isoallylamin,  Acro- 
Icin,  Allylalkohol  usw. 

Oxydiert  mau  Chinin  mit  KaUumpermanganat,  so  erhält  mau  C'hiteuiii, 
(-'J9H22N2O4 ,  welches  durch  Überführinig  des  Vinylrestes  in  eine  C'arboxyl- 
gruppe  und  Abspaltung  von  Ameisensäure  entstanden,  ohne  daß  sonst  das 
Chininmolekül  irgendwie  tangiert  worden  wäre-). 

Diese  Substanz  •niu'de  frülier  schon  von  Kern  er  ^)  erhalten  luid  physio- 
logisch geprüft.  Es  zeigte  sich,  daß  durch  die  Oxydation  der  Vinylgruppe  zum 
Carboxyl  die  physiologische  Wirkmig  des  Cliinins  völlig  verloren  geht.  Auf 
Spirillen  und  Paramäcien  ivirkt  es  gar  nicht  ein,  während  eine  gleich  starke 
( 'hininlösung  alle  solche  Organismen  sofort  oder  in  sehr  kurzer  Zeit  tötet.  Ebenso 
vollkommen  indifferent  erwies  sich  Chitenin  gegen  Leukocyten,  gegen  Pflanzcii- 
zeUen  sowie  gegen  höhere  und  niedere  Tiere. 

Es  ist  schwer  zu  entscheiden,  ob  Cliitenin  unwirksam  wegen  der  Gegenwart 
der  freien  Carboxylgruppe  oder  wegen  des  Verlustes  der  Vinylgrupi^e,  oder  ol) 
etwa  eine  Konkurrenz  beider  Momente  hier  Platz  greift. 

Während  bei  der  Entmethylierung  des  Chinins  sich  das  Molekül  selbst 
ändert,  gelingt  es  nach  Aufhebmig  der  Doppelbindung  in  der  Vinylseitenkette 
durch  Redulcfcion,  leicht  das  so  gebildete  Hydrochinin  zu  entmethylieren  imd 
das  entstehende  Hj'drocuprein  mit  verschiedenen  Alkylresten  zu  veräthern. 

J.  Morgenroth  mid  L.  Halberstädter  haben  gefunden*),  daß  bestimmte 
Verändermigen  der  Seitenkette  des  Chinins,  bei  denen  die  Doppelbindung 
nicht  mehr  besteht,  den  trypanociden  Effekt  erhöhen,  ohne  die  Toxizität  zu 
vergrößern;  so  ist  Hydrochlorisochinin  dem  Chinin  überlegen,  wird  aber  in 
seiner  trypanociden  Wirkiuig  vom  Hydrochinin  übertroffen.  Chinin  selbst 
■wirkt  auf  einzelne  Tr\iianosomen  in  großen  Dosen  ein. 

Optochin  (Äthylhj'drocuprein)  tötet  Pnexnnokokken  noch  in  Konzentration 
von  1:  1.5  Milhonen. 

Chinin  wirkt  nach  den  Angaben  von  Morgenroth  und  Halberstädter 
nicht  im  geruigsten  bei  Pneumokokkeninfektion,  hingegen  aber  Äthylhydro- 
oiprein,  anscheind    auch  Hydrochinin'). 

Cliinidin,  das  i-echtsdxeheude  Stereoisomere  des  Chinins,  sowie  Hj'^di'o- 
chinin  wirken  viel  stärker  als  Chinin  bei  Malaria,  ohne  organgiftiger  zu  sein. 

Bourru  und  später  Giemsa  konnten  zeigen,  das  Äthylcupreüi  stärker 
gegen  Malaria  wirkt  als  Methjdcuprein  (Cliiuin).  Bei  Isopropylcni>reiii  war 
wieder  ein  Rückgang  dieser  Wirkung  zu  beobachten. 

Die  Verwandlung  der  Vinylgruppe  in  die  Äthylgruppe  macht  beim  Chinin 

^)  Um  die  Frage  nach  der  Bedeutung  des  Eintrittes  einer  Seitenkette  mit  doppelter 
Bindving  in  ein  Antipyreticum  zu  entscheiden,  habe  icli  (nicht  veröffentlicht)  die  Synthe.se 
des  Acetylaminosafrols  CH3  •  CO  •  NH  •  CgHj  •  (O  •  CHj  •  0)CH2  •  CH  :  CHj  durchgeführt. 
Die  Substanz  ist  gleichsam  ein  Phenacetin  mit  doppelt  gebundener  (AHyl-)  Seitenkette. 
Man  nitriert  zu  diesem  Zwecke  Safrol  in  der  Kälte  in  Eisessiglösung,  reduziert  mit  Eisen- 
pvüver  in  alkoholischer  Lösung  und  schüttelt  mit  Essigsäiu'eanhydrid.  Die  Substanz 
(F.  152°)  in  W.  unl.  große  Krystalle,  wirkte  im  Tierversuch  stark  temperaturherabsetzend, 
bei  Malaria  jedoch  konnte  Prof.  Concetti  in  Rom  kemerlei  chininähnliche  Wirkung 
beobachten. 

-)  Z.  Skraup,M.  f.  Ch.  10,  39  (1889).  —  BB.  Vi,  1104  (1879). —Liebigs  Ann.  199,348. 

■'■)  Pflügers  Arch.   3,   123. 

■•)  Sitzuugsber.  der  Preiiß.  Akademie  der  Wissenschaften,  Berlin  1910,  732;  1911,  30. 

■'■)  J.  Morgenroth  und  R.  Levy,  Berliner  klin.  Wochenschi,    1911.    Xr.  34. 


Chinin.  239 

eine  Verstärkung  des  Elffekts.  Beim  stcreoisomereii  Chinidin  hingegen  wirkt  dio 
Hydrierung  abschwächend^). 

Die  Wirksamkeit  gegenüber  Trj'panosomcn  hängt  nicht  von  der  sekundären 
alkoholischen  Gruppe  ab,  deren  Hydrochininchlorid  und  Äthylhydrocuprein- 
chlorid,  ferner  Chininon,  Cinchoninon  und  Hydrocinchoninon  sind  noch  wirk- 
sam. Die  Verwandlung  in  Chinatoxine,  Aufhebung  der  Kohlenstoff-StickstolT- 
))iii<lung  im  Loiponanteil  zerstört  die  Wirkung  auf  Trypanosomen  nicht. 

Hingegen  behauptet  Aufrecht-),  daß  salzsaures  Chinin  in  der  Pneumonie- 
l)ehandlung  dem  Optochin  überlegen  ist.  Chinin  selbst  wirkt  auf  die  Pneumo- 
kokken, viel  stärker  wirkt  Äthylhydrocruprein.  Weder  das  Methylhydro- 
cuprein  noch  das  Propylderivat  wirken  auf  Pneumokokken  so  günstig.  Aber 
liei  Trj'jianosomen  zeigt  sich  diese  Verschiedenheit  nicht.  Bei  der  Pneumo- 
kokkeninfektion  der  Maus  beobachtet  man,  daß  die  Tiere  selu-  bald  arzneifest 
werden ;  bei  Menschen  hat  sich  das  Mittel  kaum  besonders  ))ewährt. 

Es  erweist  sich  bei  der  experimentellen  Pneumokokkeninfektion  Äthyl- 
hydrocuprein  dem  nächst  niedrigeren  Homologen,  dem  Hydrochinin,  bedeu- 
tend überlegen,  während  dem  Chinin  selbst  nur  eine  sehr  geringe  seltene  Wirkung 
von  Morgenroth  zugescluieben  wird. 

F.  Booliringer,  WalcUiof,  hydrieren  Alkaloide  in  wässeriger  Lösung  bei  gewöhn- 
licher Temperatur  oder  bis  zu  60°  bei  gewöhnlichem  oder  etwas  erhöhtem  Druck  in  Gegen- 
wart von  Suboxyden  der  Nickelgruppe  mit  molekularem  Wasserstoff.  Beschrieben  ist  die 
Darstellung  von  Hydrocliiiiin,   Dihydromorphin,  Hytlrocinnamylneocain  ^). 

Oj)tochin  wirkt  gegen  Malaria  wie  Chinin,  bietet  also  keine  Vorteile.  Es 
ist  giftiger  als  Chinin,  bei  experimentellem  Fieber  der  Kaninchen  ist  es  als 
Antipyreticum  weniger  wirksam^). 

In  der  homologen  Reihe  der  Alkyläther  des  Hydi'ocupreins  nimmt  Opto- 
chin (Äthoxygruppe)  in  bezug  auf  Desinfektionswirkung  Pneumokokken 
gegenüber  die  erste  Stellung  ein,  während  die  Einwirkung  auf  Streptokokken 
gering  ist.  Ebenso  verhalten  sich  die  Propyl-  und  Butyl Verbindungen.  Die 
höheren  CJlieder  der  homologen  Reihe  zeigen  im  Gegensatz  zu  dem  Verhalten 
gegen  Pneumokokken  die  Abhängigkeit  des  Verhaltens  Streptokokken  gegen- 
über von  dem  Anwachsen  des  Molekulargewichtes.  Die  Desinfektion swirkiuig 
steigt  zunächst  über  das  Optochin  hinaus,  gewinnt  beim  Isoamylhydi'ocuiirein 
eine  beträehtbche  Höhe,  bei  einem  Alkyl  mit  acht  Kohlenstoffen  (Octylhydro- 
cuprein)  ihr  Maximum  mid  fällt  dann  wieder  (C'k,  bis  C^^)  ab.  Ähnlich  ist  die 
Wirkung  gegenüber  Meningokokken  und  Staphylokokken.  Dio  absolute  Des- 
infektionswirkung des  Isoctylhydrocupreins  ist  eine  sehr  hohe.  Staphylo- 
kokken werden  noch  von  1 :  80  000  getötet. 

Vuzin  ist  Isoet3'lhydrocuprein,  welches  als  Wundantisepticum  dienen  soll. 

Vom  Vuzin  findet  man  in  den  ersten  48  Stunden  nach  der  Eingabe 
liöcLstens  1.7%  im  Harne  wieder,  während  bei  anderen  Chininderivaten 
20 — 25%  gefimden  werden*). 

Dagegen  behaupten  Ritz  und  Schlossberger^),  daß  es  sich  weder  beim 
Vuzhi  noch  Optochin  oder  Eucuj)in  um  echte  auf  Gasbrandbacillen  spezifisch 
wirkende  Chemotherapeutica  handelt.  Sie  haben  nur  eine  sehr  geringe  wachs- 
tumhemmende Wirkung. 

Die  DesinfektionsAvirkung  der  Chininderivate  DiphtheriebaciUen  gegenüber 
verhält  sich  folgendermaßen:    Die  Abkömmlinge  des  Hyclrocupreins,  dadurch 

1)  DRP.  306  939.  -)  Berliner  klin.  Wochenschr.   5?,   104  (1915). 

■')  M.  J.  Smith  und  B.  Fantus.  Jovirn.  Pharmac.  Therap.   8,  57 

')  Ed.   Boecker,  Deutsehe  med.  Wochenschr.   46,   1020  (1920). 

-)  Arbeiten  aus  dem  Inst.  f.  experim.  Ther.  und  Georg-Speyer-Haus,  Heft  ?,  11  (l'.)19). 


240  Antipyretica. 

entstanden,  daß  Radikale  verschiedener  Alkohole  der  aliphatischen  Reihe  in 
das  HydrocnpreLiimolekül  eingeführt  weiden,  zeigen  eine  beachtenswerte  wachs- 
tumhemmende  nnd  keimtötende  Wirkimg  gegenüber  Diphtheriebacillen.  Die 
antiseptische  Wirkimg  nimmt  mit  steigendem  Kohlenstoffgehalt  des  eingeführten 
Alkoholradikals,  vom  Methylhydrocuprein  (Hydrochinin)  bis  znm  Octylhydro- 
cnprein  zu,  um  dami  "nieder  abzunehmen.  Die  abtötende  Wirkung  der  Hydro- 
cupreinderivate  nimmt  bis  zum  Heptylhydi'ocuprein  zu.  Octyl-  und  Decyl- 
hydrociiprein  zeigen  mindestens  dieselbe  Wirksamkeit  ^sie  die  Heptyl- 
verbindung.  Bei  den  weiteren  Homologen  sinkt  die  desinfektorische  Fähig- 
keit wieder.  Im  allgemeinen  geht  die  abtötende  Wirkung  der  wachstum- 
hemmenden parallel.  Eine  Ausnahme  bildet  die  Hexylverbindvmg,  welche 
wachstumhemmend  wirksamer  ist  als  die  Amylverbindung,  aber  keimtötend  be- 
trächtlich schwächer  wirkt.  Die  einfachsauren  Salze  der  Hj'drocupreinderivate 
wrken  bes.ser  abtötend  als  die  doppeltsauren  Salze.  Die  wachstumhemmende 
Pähigkeit  beider  Salzgnippen  ist  aber  die  gleiche. 

Eucupin  (Isoamylhydrocujjrein)  hemmt  nur  in  Verdümiungen  von  1 :  50  000 
bis  1 :  100  000  das  Wachstum  von  Diphtheriebacillen. 

Es  soll   bei  Carcinom  (nach  Röntgenbestrahlung)   sich  l^ewährt  haben^). 

Isopropyl-  und  Isoamylhydrocuprein  wirken  20 — 25  mal  so  stark  anästhe- 
sierend als  Cocain.  Isoamylhydrocuprein  zeigt  in  seiner  Wirlamg  auf  Protozoen 
Bakterien  und  als  Anaestheticum  eine  10 — 20  mal  so  starke  W^irkung  wie  Chinin  ^) 

Die  Alkohole,  welche  zur  Herstellung  obiger  Hydrocupreinderivate  dienen, 
zeigen,  daß  mit  steigendem  Molekulargewicht  die  antiseptische  und  desin- 
fizierende Fähigkeit  der  Alkohole  gegenüber  Diphtheriebacillen  in  stetem 
Steigen  begriffen  ist.  Auch  solche  Alkohole,  die  in  Wasser  wenig  löslich  sind 
imd  mit  diesem  Emulsionen  bilden,  zeichnen  sich  duch  gute  Wirksamkeit  aus. 
Zwischen  Konstitution  und  der  Desinfektionskraft  der  Hydrocupreinderivate 
besteht  demnach  ein  gewisser  Zusammenhang.  Je  wirksamer  der  Alkohol, 
ein  desto  stärkeres  Dcsinficiens  entsteht  durch  Eintreten  des  Alkylradikals 
in  das  Hydi'ocupreinmolekül.  Die  Ai't  der  Säure  ist  nicht  von  ausschlag- 
gebender Bedeutung  für  die  Wirksamkeit  des  Präparates'). 

Chinin  hemmt  erst  in  Lösungen  von  1 :  625  die  Entwicklung  der  Milz- 
brandbacillen,  Paratyphusbacillen  wachsen  noch  in  1:19  000  Lösmig,  Typhus- 
bacillen  noch  in  1 :  2500.  Die  entwicldungshemmende  Wirkung  der  einfach- 
salzsauren  Salze  des  Methyl-,  Äthyl-,  Isopropylhydrocupreins  und  des  Cliinins 
ist  gleich  stark.  Auch  das  doj^peltsalzsaiu'e  Hj'-di'ocuprein  hemmt  das  Wachs- 
tum der  Diphtheriebacillen  in  der  gleichen  Konzentration  wie  die  vorher  an- 
geführten einfachsalzsauren  Präparate.  Cetylhydrocuprein  bleibt  Ln  seiner 
Wirkung  sogar  lunter  dem  Chinin  zurück. 

Die  bactericide  Wirkmig  der  einfachsalzsauren  Salze  steigt  vom  Chinin 
bis  zum  Isobutylhydrocuprein  über  Methyl-,  Äthyl-  und  Isopropylhydrocuprein 
an.  Die  abtötende  Wirkung  der  dofipeltsalzsauren  Hydrocupreins  reicht  noch 
lange  nicht  an  die  des  salzsauren  C!hinins  heran.  Vom  doppeltsalzsauren 
Isopropylhydrocuprein  ist  bis  zum  Heptylhydjocuprem  eine  Wirkungssteige- 
rung zu  sehen,  die  nur  von  der  Hexylverbindung  unterbrochen  wird.  Die 
Bactericidie  der  Hexjdverbindung  beträgt  nur  den  zehnten  Teil  der  Bacteri- 
cidie  der  Isoamylverbindung.  Mit  dem  Heptyni3'-drocviprem  erreicht  die  Ab- 
tötimgswirkimg  ihr  Optimum.    Die   Octyl-  imd  Decylverbindung  haben  die 

^)  J.  Morgenroth  und  J.  Tueendreich,  Berliner  klin.  Wochenschr.  53,  794  (1916) 

-)  W.   E.   Dixon,  Brit.  med.  Journ.    1930,    113. 

=)  H.  Braun  und  H.  Sehaeffer,  Berliner  klin.  Wochenschr    54,  88.^  (1917). 


Chinin.  «ii 


gleiche  Wirkung  ^vie  die  Heptylverbindung.    Dodeeylhydrocuprein  wirkt  wie 
die   Isoamylverbindung.    Die   Wirksamkeit  des   Cetylhydrocupreins  ist   noch 
bedeutend  gennger.   Die  Abtötungswerte  und  die  Hemmungswerte  der  Chinin- 
denvate  laufen  paraUel     Eine  Ausnahme  macht  Hexylhydrocuprein  dadurch, 
daß  es   trotzdem  es  stärkere  Hemmungswirkung  zeigt  als  sein  niederes  Homo- 
ogon,   das   Isoamylhydrocuprein,   in   seiner  Desinfektionswirkung    bedeutend 
unter  diesem  ziirückbleibt.    Die  Bactericidie  des  Isoctylhydrocupreins  über- 
trifft die  der  Hcptylverbindung  nicht   wesentlich,   während   im  Hemmung.- 
versiKh  das  Isoctylhydrocuprein  sich  der  Hcptylverbindung  überlegen  zeigfi) 
Ls  besteht  ein  ausgesprochener  quantitativer  Unterscliicd  in  der  anästhe- 
sierenden Wirkung  des  Eucupins  (Isoaniylhydrocupreins)  und  semes  Stereoiso- 
meren des  Isoamylapohydrochinidins.    Beide  erscheinen   als  sehr  starke    \n- 
aesthet.ca,  deren  Wirkmigsgrad  aber  verschieden  ist  und  etwa  im  Verhältnis 
2:1  stehen  düi-fte,  Wobei  dem  Oiininderivat  die  Überlegenheit  gegenüber  dem 
Chmidinderivat  zukommt.  Eucupin  und  Eucupinotoxin  haben  beide  ar ästhesie- 
rcndeWirkiuigEucupinotoxin  ist  weit  wirksamer  als  Eucupin  selbst  und  ^-irkt 
40— oOmal  stärker  als  Cocain.   Es  macht  Daueranästhesie  wie  Eucupin  =) 

Der  anaerobe  Gasbrandl^acillus  wird  vom  Eucupin  imd  in  noch  höherem 
Maße  von  dem  Isoctylhydrocuprein  (Vuzin)  abgetötet.  Xeben  dem  Gasbrand- 
und  DiphtheriebaciUus  ^.-ird  auch  der  Milzbrand-  und  der  TetanusbacUlus 
diu-ch  sehr  starke  Verdünnungen  der  höheren  Homologen  der  Hydrochininreihe 
abgetötet,  aber  das  Maximum  der  Wirkung  für  die  verschiedenen  pathogenen 
Bacillen  kommt  nicht  immer  derselben  Verbindung  zu 

Die  spezifische  Wirkimg  der  Homologen  leidet  durch  den  Übergang  in  die 
„Joxm  verbmdung  teils  überhaupt  nicht,  teils  nur  mäßig,  wird  aber  niemals 
so  wie  etwa  die  Pneumokokkenwirkimg  des  Optochins  durch  diese  chemische 
UmwancUmig  vernichtet.  Im  Gegenteil  kommt  den  „Toxinen"  hier  häufig  eine 
viel  raschere  und  promptere  Wirkung  als  den  zugehörigen  Hydi-ocupreinen  zu3) 

üptoclnn  hat  m  vitro  euie  außerordentlich  hohe  Desinfektionswirkuncr 
gegenüber  dem  Pneumokokkus,  ebenso  im  Blutserum*).  Beim  Diphtherie" 
baciUus  wirken  die  Chinaalkaloide  ebenfalls  bactericid,  Äthylhydrocuprein  wird 

XuSm  ^°"  Tr.'T''  ^«'''"  Homologen,  dem  Isoamylhydrocuprein 

(i-ucupin)  ganz  erheblich  übertroffen. 

Bei  Staphylokokken  ist  Optochin  nicht  wirksamer  als  Chinin,  Hydro- 
Sr  ''^^T^''  ^'^T'^  ^''  ?^^-  I^opropylhydrocuprein  wirkt  etwa  2mal 
blwT  f'  ?T°,™^  Optochin,  die  Isobutylverbindung  des  Hydrocupreins 
tlTnl^^f  f't'\.^/'  '^"^  Isoamylverbindxmg  wächst  die  Wirkung  auf 
das  l()-12fache,  bleibt  daim  etwa  die  gleiche  bei  der  Hexylverbindung  um 
dami  bei  der  Heptylverbindung  ihr  Maximum  zu  erreichen.  Sie  wirkt  40 mal 
starker  als  Optochin  imd  Chinin. 

Oetylhydrocuprein  erweist  sich  als  weniger  wirksam,  dann  fmdet  ein  weiteres 
.nt'fr-  5  i-   '^^^.tJbergang   ziu^  Decylverbindmig.    Die  Dodecylverbindung 
ent.spr.cht  dieser  oder  zeigt  einen  gemssen  erneuten  Anstieg  der  Wirkung  M 
st;n.fr     ?T'*^*  "nd  die  Wirksamkeit  des  d-Glyko.sids  des  Dihydrocupreins 
stimmt  mit  der  zugrunde  liegenden  Base  amiähenid  überein«). 

M  H.  Schaeffer,  BZ.  83,  269  (1917). 

3»  D  ^«""pDroth,  Ber.  d.  Deutsch.  Pharm.  Ges.  29,  233  (1919) 
p  R.  Bieinig,  BZ.  85,   188  (1918).  '' 

)  A.  E.  Wright,  Lancet  1912,   14,  und  21.  Dezember 
J.  Morgenroth  und  J.  Tugendreich,   BZ.  T9,  257  (19171 
«)  P.  Karrer,  BB.  49,   1644  (1916).  '*'";■ 

Frän  k  e  1,  .\rzneiüiUtel-Synthe»a.     5.  Auü. 

lö 


242  Antipyretioa. 

Die  Aufspaltung  des  Chinuclidinrestes  (Bildung  von  Chinotoxin)  ändert 
die  Giftwirkung  Trj'panosomen  gegenüber  nicht.  Gegen  Chinin  gefestigte  Try- 
jjanosomen  waren  gegen  Chinotoxin  nicht  giftfest.  Gegen  Chinotoxin  gefestigte 
Trjrpanosomen  waren  gegen  Chinin  vollkommen  giftfest.  Im  Gegensatze  zur 
Trypanosomenwirkung  ist  die  Unverselirtheit  des  Chinuclidinrestes  für  die  Pneu- 
mokokkenwirkung  die  unbedingte  Voraussetzung. 

Conchinin  (Chinidin)  i.st  rechtsdrehendes  Chinin,  wirkt  gegen  Malaria  wie 
Chinin^).  Veley  und  Waller-)  finden  es  nicht  so  giftig  wie  Chinin.  Am  Frosch- 
herz wirkt  es  wie  Chinin,  aber  weitschwächer^).  Julie  Cohn^)  fand  in  bezug 
auf  trypanocide  Wirkimg  kerne  wesentUchen  Unterschiede  gegenüber  dem  Chinin. 

Hydrochinidin  wirkt  so  stark  antimalarisch  wie  Chinin*). 

Chininon  -(virkt*)  auf  Trj'panosomen  ähnhch  wie  Chinin.  Durch  die  Oxy- 
dation der  sekundären  Alkoholgrupj)e  zu  dem  entsprechenden  Ketou  wird  die 
Wirkung  nicht  erhöht,  aber  auch  nicht  aufgehoben.  Cinchoninon  wirict  auf 
Trypanosomen  etwa  wie  CSnchonin.  Hydrocinchoninon  entspricht  in  seinen 
trypanociden  Eigenschaften  dem  Hydrocinchonin.  Optochinoketon  tötet 
Pneumoniebacillen  in  vitro  in  Verdümiungen  1:  1000  ab"). 

Hydrochinmchlorid,  liei  dem  das  Hydroxyl  durch  Chlor  cr.setzt  ist,  ist 
in  seiner  Toxizität  imd  seiner  Wirkung  gegen  Hydrochinin  deutlich  herabgesetzt ; 
wenn  auch  nicht  völlig  aufgehoben.  Ebenso  ist  beim  Äthylhydrocupreinchlorid 
die  trypanocide  Wirkung  dem  Äthylhj'drocuprein  gegenüber  erheblich  ab- 
geschwächt. Cmchonin  ist  fast  im  wirksam  bei  Malaria^),  was  Giemsa  und 
H.  Werner  -wieder  bestätigen.  Hydrocinchonin  ist  ebenfalls  gegen  Malaria  fast 
unwirksam.  Das  ihm  isomere  Cinchonamin  aus  der  Rinde  von  Kemigia  Pur- 
dieana ist  4  bis  6 mal  giftiger  als  Chinin^).  Cuj)rein  wirkt  bei  Malaria  schwächer 
als  Chinin ^'*).  Hydrochinotoxin  ist  mit  Nagana  infizierten  Mäusen  gegenüber 
stärker  wirksam  als  Hydrocliinin^^). 

Die  dem  Eucupin  und  dem  Vuzin  entsprechenden  Chinatoxine,  Eucupino- 
toxin  und  Vuzinotoxin  besitzen  eine  nicht  unerhebliche  Überlegenheit  gegen- 
über den  genannten  Stamrasiibstanzen .  Sie  wirken  absolut  stärker  als  diese 
und  weisen  eine  weit  schnellere  Wirkung  auf  i^). 

Monobromchinin ,  in  dem  in  der  Vinylkette  ein  Wasserstoff  gegen  Brom  um- 
getauscht ist  und  die  Doppelbindung  imverändert  fortbesteht,  und  Chiiün- 
dibromid,  wo  die  Vin.ylkette  in  die  Gruppe  — CHBr — CH,Br  umgebildet  ist, 
wirken  fast  doppelt  so  stark  als  Chinin  gegen  Infusorien  und  Plasmodien,  Dehy- 
drochinin  halb  so  stark  als  Chinin.  In  diesem  ist  die  Vinylkette  in  die  Gruppe 
— C=CH  umgebildet.  Das  Alkaloid  CigHjaClaNoOg,  welches  Christensen") 
durch  Behandlung  von  Cluninchlorhydrat  mit  Chlorwasser  erhalten  hat  und  in 
welchem  die  Methylgrupi^e  des  Chinins  abgesj)alten  und  unter  Aufhebung  der 
Dopjielbindung  wenigstens  die  Hälfte  der  Chlormenge  in  die  Vinylkette  einge- 
gangen, ist  fast  unwirksam.   Gegen  Bakterien  wirken  diese  Stoffe  ähnlich,  aber 


')  Giemsa  und  Werner,  Ai-ch.   f.  Schiffs-  u.  Tropenlivg.    18.   12  (1914). 

2)  Joum.  of  physiol.  39,  Proe.  S.  19  (1909).      ^)  Santesson,  AePP.  30,   412  (lS92). 

')  Zeitschr.   f   Immunitätstorsch.    18.   570  (1913). 

'■)  Giemsa  imd  Werner,  Arcli.   f.  Schiffs-  n.  Tropcnhyg.    18,  570  (1913). 

«)  Julie  Cohn,  Zeitschr.   f.  Imraunitätsforsch.    18,   570  (1913). 

')  Morgenroth  und  Bumke,  Deutsche  med.  Wochenschr.   19H,  Nr.  11. 

*)  Julie  Cohn,  1.  c.  »)  Areh.   f.  Schiffs-  u.  Tropenhyg.   18,   12  (1894). 

")  See  und  Bochefontaine,  Cr.  100,  366,664(1885).  —  Ellison,  Journ.  of  physiol. 
43,    28  (1911).  ")  Giemsa  und  Werner,  1.  c. 

*-)  J.  Morgenroth  und  E.  Bu  mke.fDeutsche  med.  WocViensohr.  44,  729  (1918). 
")  Journ.  f.  prakt.  Chemie  N.  F.  63,  313  (1901)  und  C9,   193  (1904). 


Chinin.  243 

weit  schwächer.  Auf  Fro.scheier  wirken  die  beiden  Bromverbindungen  weitaus 
stärker  als  Chinin.  Die  äquimolekidaren  Mengen  der  Verbindungen  einschließ- 
lich Chinin  haben  den  gleichen  antipjrretischen  Effekt.  Dehydrochinin  ist 
halb  so  giftig  wie  Chinin.  Die  Emführung  von  einem  oder  melireren 
Halogenatomen  in  die  Vinylgruppe  steigert  die  Toxizität  des  Chinins  gegen 
Infusorien  und  Bakterien  beträchtlich,  aber  nicht  gegen  höhere  Tiere i). 

Es  ist  klar,  daß  jeder  Versuch,  dem  Clunin  analog  gebaute  Köi-per  s^^lthe- 
tisch  darzustellen,  sich  auf  unsere  Erfahrungen  und  Kemitnisse  über  den 
Loiponanteil  stützen  muß.  Dieser  .stärker  basische  Anteil  des  Chinins  muß  als 
Träger  der  wirksamen  Gruppe  aufgefaßt  werden,  und  es  wird  voraussichtlich 
gehngen,  Körper  mit  Chininwirkung  zu  schaffen,  wemi  man  auch  zu  Verbin- 
dungen gelangt,  die  kerne  Chinolinreste  enthalten.  Eme  Analogie  dafür,  daß 
ein  natürliches  Alkaloid  einen  wirksamen  Anteil  und  einen  an  der  Wirkung 
überhauf)t  nicht  beteiligten  Anteil  enthalten,  .sehen  wir  beim  Nicotin.  Nicotin 
enthält  einen  PjTidinring  und  einen  am  Stickstoff  methylierten  P%Trolidinring. 

H„C — CH„ 

„.    ..      A-HC     JCH, 
Nicotin  \/ 

\/  N 

^  CH3 

Nun  zeigt  Nicotin  eine  eminent  kontrahierende  Wirkung  auf  die  Blut- 
gefäße. Untersucht  man  P^Tidin  für  sieh,  so  sieht  mau,  daß  demselben  auch  nicht 
tlie  Spin-  einer  .solchen  Wirkung  zukommt.  Der  nichthydrierte  Anteil  des  Nico- 
tinalkaloids  also  ist  an  der  Wirkung  des  Nicotins  gar  nicht  beteiligt.  Aber  sobald 
man  Pwidui  hydriert  mid  zum  Piperidin  gelangt,  so  zeigt  Piperidin,  wemi  auch 
schwächere,  so  doch  dem  Nicotin  analoge  Wirkungen  auf  den  Blutdruck.  Ebertso 

wirkt   das   um    einen    Kohlenstoff    ärmere    Pyrrolidin  ^^,-1     ^^~ ,  wenn  auch 

HC2\/CHo 
N 

H 

etwas   schwächer.     Methyl-N-pyrrolidüi  ^^Q      CHo  yri^l^x  ebenso =),  und  zwar 

N 

CH3 
ganz  nicotinähnlich.  Wir  können  daher  behaupten,  daß  nur  der  reduzierte  An- 
teil des  Nicotinmoleküls,  nämhch  der  Pyrrolidinrest,  die  gefäßkontrahierende 
Wirkung  des  Nicotins  bedingt.  Dasselbe  gilt  auch  fürChüiin.  Nur  der  hydrierte 
Anteil,  der  Loiponanteil,  ist  an  der  Wirkung  beteihgt.  Vom  Chinohnanteil 
bedarf  es  anscheinend  nur  der  p-Methoxygruppe,  welche  aber  nicht  der  wirksame 
Anteil  des  Chinins  ist,  sondern  inu-  diejenige  Gruppe  ist,  wie  vnr  bereits  aus- 
geführt haben,  welche  zum  Zustandekommen  der  Wirkimg  beiträgt,  d.  h.  den 
wirksamen  Körper  mit  demjenigen  Gewebe  in  Kontakt  bringt,  in  welchem  dann 
der  reduzierte  Teil  des  Chinins  zur  Wirkung  gelangt. 

Der  Loiponanteil  ist  gleichsam  der  Sprengstoff,  welcher  schließlich  die  Wir- 
kung ausübt,  aber  zur  Auslösung  der  Wirkrmg  ist  die  Kapsel  notwendig,  als 
welche  die  Methoxylgruppe  in  der  p-Stellung  am  Chinolinrest  aufzufassen  ist. 
Die  Kapsel  allem  (p-Methoxychinohn)  übt  nur  eme  äußerst  schwache  Wükiuig 
aus,  aber  in  Verbindmig  mit  dem  Loiponanteil  kommt  es  zur  Auslösimg  der 
vollen  Wirkmig  des  letzteren.  Cinchonin  enthält  die  Kapsel  noch  nicht  und  erst 
durch  Oxydation  zu  Cuprein  wird  jener  Angriffspunkt  für  die  Gewebe  geschaffen. 

1)  Knud  Schroeder,  AePP    72,  361  (1913). 

-)  Tunnicliffe  und  Kosenheim,  Zentralbl.  f.  Physiol.   16,  93 

16» 


244  Antipyretica. 

Die  Giftigkeit  von  Chinin,  Isochinin  und  Hydrochlorisoehinin  ist  nur  wenig 
voneinander  verschieden  (für  Säugetiere),  für  Paramäcien  aber  ist  Hydrochlor- 
isoehinin und  Isochinin  giftiger  als  Chinin^). 

Chinin  hat  die  Seitenkette  =  CH  —  CH     =  CHj, 
Isochinin  =C      =  CH      —  CHg, 

Hydrochlorchinin  =  CH  —  CH,     =  CHaCl , 

Hydrochlorisoehinin  =  CH  —  CHCl  —  CH3. 

Die  isomeren  Cmchonine:  Cinchonin,  Cinchonibin,  Cinchonicin,  Cinchonidin, 
Cinchonifm,  Cinchonigin,  Ciuchonihn,  außerdem  fv-0x3fcinchonin  und  ß-Oxy- 
cinchonin,  wirken  in  untereinander  variierenden  Dosen  nach  einer  Erregung 
tonisch-klonisch  und  klonisch^). 

Der  Hund  scheidet  einen  Teil  des  Chmins  xniverändert  im  Harne,  einen 
kleinen,  wahrscheinlich  luiresorbierten  Teil  im  Kote  aus^).  CMnin  wird  im 
Organismus  bis  auf  etwa  40%  zerstört,  die  letzteren  werden  in  der  Form  aus- 
geschieden, daß  das  Chüiinmolekül  wahrscheinhch  vorerst  eine  Alkylierung 
und  eme  Oxydation  ohne  Sauerstoffeintritt  durchmacht*). 

Nierenstein  nimmt  an,  daß  beim  Schwarzwasserfieber  Hämochininsäure 

auftritt,  welcher  die  Formel  qq  ,  coOH 

I 

/\ 

,      I 

zukommen  soll"). 

Von  Interesse  ist  noch,  daß,  wemi  man  den  nichthydrierten  Ring  des  Cliinins 
mit  Natrium  reduziert  und  so  zvi  einem  Hydrochiiiin  gelangt,  man  zu  emem  sehr 
giftigen  Körper  kommt,  was  ja  insoweit  voraiiszusehen  war,  als  alle  Basen  durch 
Hydriermig  giftiger  werden.  Hydrochinin  von  Lippmann  und  Fleischer*) 
macht  Atemstillstand  und  Lähmung  schon  in  kleinen  Dosen.  0.1  g  subcutan 
machen  Krämpfe,  Y2  g  subcutan  töten  das  Tier  unter  allgemeinen  Krämpfen. 

Die  h3^drierten  Alkaloide  sind  meist  wirksamer  als  die  nichthydrierten, 
wenn  die  Hydrierung  im  Kern  voi'genommen  wird. 

Reduziert  man  Chininchlorid  CH3O  •  CgHgN  •  CioHuNCl  mit  Eisenfeile 
und  verdünnter  Schwefelsäure,  so  erhält  man  Desoxychinin  CH3O  •  C9H5N 
•  CjßHjgN.  Dieser  Base  fehlt  das  sekundär-alkoholische  Hydroxj^l.  Sie  gibt  alle 
Reaktionen  des  Chinins.  In  gleicher  Weise  kann  man  vom  Cinchonin  bzw.  Cin- 
choninchlorid  zur  entsprechenden  Desoxybase  gelangen').  Die  Desoxybasen 
wirken  etwa  10 mal  so  stark  giftig  wie  die  zugehörigen  Muttersubstanzen*). 

Homologe  der  Chinalkaloide  erhält  man,  wenn  man  Cliinalkaloidketone  mit  Hilfe  von 
organischen  Magnesiumverbindungen  in  tertiäi'e  Alkohole  überführt.  Beschrieben  sind: 
C-Methylcinchonin,  C-Methylchinin,  C-Phenyldihydrochinin'). 

Die  Verbindung  entsteht  durch  Umformung  der  Carbinolgruppe  des  Hydrochinins,  indem 
man  sie  zur  Ketongruppe  oxydiert  (Dihydroohirunon)  und  dann  mittels  Phenylmagnesium- 

bromid  in  die  Gruppe  C<„  „    überführt.   Zur  ätherischen  Lösung  der  metallorganischen 

Verbindimg  (5  Mol.)  tropft  mar  eine  Lösung  zu  Dihydrochininon  (1  Mol.)  zu,  darauf  feuchten 
Äther  und  zuletzt  Salmiaklösung  Die  ätherische  Lösimg  wird  mit  Wasser  versetzt  und  dann 
mit  Wasserdampf  behandelt,  um  entstandenes  Diphenyl  überzutreiben.  Das  rückbleibende 
öl  nimmt  man  mit  Äther  auf  und  bringt  es  durch  Zusatz  von  etwas  Alkohol  zur  Krystal- 
lisation.  Die  Verbindung  sollte  gegen  Trypanosomenerkrankungen  Verwendimg  finden. 
Zimmer  &  Co.,  Fraiücfurt'),  hydrieren  Chinaalkaloide,  indem  sie  mit  Wasserstoff 

')  Bachern,  Tlierap.  Monatsheft«  1910, Nr.  10.  2)  La  nglüis,  Arch.de Physiol.  1893,377. 

3)  J.  Katz,  BZ.  36,   144  (1911).  *)  Adolf  Merkel,  AePP.  4T,   105  (1902). 

S)  Brit.  med.  Joiu-n.   1920,   120.  «)  M.  f.  Ch.   16,  630  (1895). 

')  Königs  und  Höppner,  BB.   17,   1988  (1884):  29,  372  (189fi). 

»)  Königs  und  Höppner,  BB.  31,   2358  (1898).  ")  Zimmer,  DRP.  279  012. 


Chinin.  245 

in  Gegenwart  von  kolloidalen  Lösungen  der  Metalle  der  Platingruppe  behandeln.  Chinin 
wird  z.  B.  in  Giegenwart  von  Palladiumchlorür  und  arabischem  Gummi  hydriert. 

Hydrochinin  ^ )  erhält  man  durch  Reduktion  mittels  Palladiummohr  und  Ameisensäure, 
ebenso  mit  fein  vorteiltem  Platin.  Hydrochinin  wnrdo  von  Morgenroth  und  Halber- 
städter als  Heilmittel  bei  Trj"panosoraencrkrankungen  empfohlen.  Die  Reduktion  erfolgt 
in  der  Vinylseitenkette. 

Statt  wie  in  DRP.  234  137  vorzugehen,  kann  man  hydrierte  Chinaalkaloide  dadurch 
gewinnen,  daß  man  sie  mit  Wasserstoff  in  Gegenwart  von  fein  verteilten  Metallen  der 
Platingruppe  behandelt'). 

Nitrile  stelH  man  aus  Chinatoxinen  in  der  Weise  her,  daß  man  deren  Isonitrosoacidyl- 
derivate  in  Gegenwart  von  Alkali  mit  acidylierenden  Mitteln  behandelt. 

Die  Reaktion  verläuft  nach  dem  Schema: 

R  •  CpH^  •  N  •  CO  ■  C  •  CH„  •  CH<^;^2j^  ^^^>  N  ■  Acyl 
NOH 

>    R  •  C,,Hj .  N  •  COOH  +  CN  •  CH^  •  CH<:^^^^^^^,  Ch'>^  '  ^"y^- 

(R  =  H     oder     OCH3)  ;         (Ri  =  CjH-     oder     CH3) . 

Aus  Cinchotintoxin  gewinnt  man  durch  Einwirkvmg  von  Benzoylchlorid  in  Gegenwart 
von  Natronlauge  ein  Benzoylderivat.  Bei  der  Behandlung  des  Produktes  mit  Amylnitrit 
in  Gegenwart  von  Natriumalkoholat  entsteht  das  Isonitrosoderi%'at.  Acetylchinotoxin  aus 
Chinicin  und  Acetylchlorid  gibt  mit  Amylnitrit  imd  Natriumalkoholat  laonitrosoacetyl- 
chinotoxin.  Beschrieben  sind  femer  Benzoylcincholoiponnitril  aus  Isonitrosobenzoylcincho- 
tintoxin  und  Aoetylmerochinennitril^). 

Die  Anlagerung  von  Wasserstoff  an  Alkaloide  oder  deren  Salze  bei  Gegenwart  kleiner 
Mengen  von  fein  verteilten  Suboxyden  der  Nickelgruppe  und  bei  Temperaturen  bis  zu  60° 
erfolgt  auch,  wenn  man  die  zu  hydrierenden  Körper  statt  in  Wasser  oder  wässeriger  Flüssig- 
keit in  Alkohol  löst  oder  suspendiert.  Beschrieben  ist  die  Darstellung  von  Dihydrochinin 
aus  Chininmonochlorhydrat  und  die  Hydrierung  von  Cinnamylcocain  ^). 

Äthylhydrocuprein  und  die  höheren  Homologen  des  Hydrochinins  erhält  man  aus 
Hydrocuprein  mit  alkylierenden  Mitteln*). 

Oxyhydrocliinin,  über  dessen  Wirkungen  nichts  bekannt  ist,  entsteht  bei  der  Ein- 
wirkung von  konz.  Schwefelsäure  auf  Chinin')  in  der  Kälte  (Isoclüninsulfosäure)  und  nach- 
trägliches längeres  Erhitzen  mit  verdünnter  Schwefelsäure. 

Man  erhält  die  Amine  der  Chinaalkaloide  und  ilirer  Derivate  durch  Reduktion  der 
entsprechenden  Xitroprodukte. 

Aus  Dinitrochinin  erhält  man  mit  Zinnchlorür  und  Salzsäure  Aminochinin.  Bei  der 
Reduktion  wii-d  die  im  Chinolinkern  enthaltene  Nitrogruppe  zur  Aminogruppe  reduziert, 
der  in  der  Seitenkette  in  Form  des  Salpetersäureesters  vorhandene  Stickstoff  wird  als  Hydr- 
oxj'lamin  abgespalten,  wobei  die  ungesättigte  Vinylgruppe  in  die  Oxäthylgruppe  übergeht. 
Ferner  sind  besclirieben  Aminohydrochinin  und  Aminochinidin^). 

Climolyl-4-ketone,  welche  chemisch  den  Chinatoxinen  ja  sehr  nahekommen , 
stimmen  physiologisch  mit  ihnen  nicht  überein. 

Merochinenäthylester  cH  •  CH,  ■  COO  •  C,H, 

HaC^Y^  ■  CH  :  CH.. 

HjCLJcH, 
N 
H 

ist  ein  starkes  Krampf  gif t.  Unter  Reduktion  geht  er  leicht  in  Cincholoipon- 
ester  über  ^^^  ^^^   ^qq   ^^-^^ 

HjjC/NcH  •  CHj  ■  CH3 

H„C>\/ICH, 
N 
H 

der  geradezu  strychninartig  wirken  soll. 

M  DRP.  234  137.     ')  DRP.   267  306.     ^)  DRP.  252  136.      *)  Höchst  DBP.  313  321. 

■')  DRP.   307  894,  Zusatz  zu  DRP.   306  939.  «)  DRP.   254  712. 

'•)  Zimmer,  Frankfurt,  DRP.   151  174.  *)  Zimmer,  DRP.  283  537. 


246 


Antipyretica. 


A.  Kaufmann  hält  die  Wirkung  des  Chinins  bedingt  durch  die  besondere 
Art  eines  4-(a-Oxy-/)-dialkylamino-alkyl)-6-methoxyehinolin,  das  dem  Adrenalin 
nahesteht. 

Chinin  Adrenalin 


CH(OH)  ■  CHR  •  n(^^ 

/\ 

\/ 

N 


CH(OH)    CH,  ■  NH  •  CH3 


OH 

OH 


Die  Ursache  der  Vei-giftungserscheinuugen  der  isomeren  Alkaloide  sieht 
er  in  der  Bildung  des  endständigen  Piperidinrestes  in  der  Seitenkette. 

Chinin  Chinicin 

CH„:CHCH  — CH  — CH,  CH„  :  CH  ■  CH  — GH— CH2 


CHj 
CH2 


CH,— N- 


CH„0 


C 
I 
CH    OH 

I 
/\ 

i 

\/ 

N 


CH 


CH2 
CH. 

NH     CHj 
CO 
CHjO^/^ 

N 


Chinin    hat   ja   gefäßkontrahierende    Eigenschaften. 

/J-Auiino-Ä-oxy-(chinolyl-4)-äthan  wirkt  auf  den  Blutdruck  wieHomorenon. 

/i-Amino-a-oxy-(cliinolyl-4)-äthan  Homorenon 

CH(OH)    CHjNHj  CH(OH)CH2-NHCH3 

/\ 

I 
\/ 
N  OH 

Durch  den  Eintritt  der  Ammogruppe  m  die  /3-Stellung  der  Seitenkette 
ändern  sich  demnach  die  pharmakodj'namischen  Eigenschaften  vollständig. 
Die  Körper  steigern  nunmehr-  den  Blutdruck  durch  Gefäßkontraktion.  Die 
Giftigkeit  wird  nicht  wesenthch  vergrößert. 

Die  Verbindung  CHj 


CH»I^^2 


C.H3 .  O. 


CO  .  H.C^ 

I 

N 
ist  chemisch  das  Analogen  des  Chininons 

CH 


CH, 


N 


CH., 


CTT.O 


HoC/ 

CO  ■  HCx 

I 
\/ 
N 


pxx^|CH  ■  CH  :  CH2 


CH, 

vi/ 

N 


CHo 


Chinin.  247 

Es  wirkt  in  geringen  Dosen  gefäßkoiitraliieiend  und  hervorragend  anästhe- 
sierend. 

Durch  Reduktion  dieser  Ketone  zu  Carbinoleii  kommt  man  zu  chiuinähu- 
lichen  Basen  mid  diese  Aminoalkohole  sind  ki'äftige  Fiebermittel,  wenig  giftig 
für  Menschen  und  Tiere,  aber  stark  gegen  Infusorien  und  Paramäcieu^). 

Während  im  Chinin  das  die  sekundäre  AJkoholgruppe  tragende  C-Atom 
auf  beiden  Seiten  mit  C-Atomen  verknüpft  ist,  die  Ringen  angehören  (Chinolin- 
und  Piperidin-  resp.  Chinuclidin-Ring)  trägt  das  gleiche  C-Atom  in  den  Chino- 
lylaminoäthauolen  von  Kaufmann  und  Rabe  auf  der  einen  Seite  eine  offene 
fette  Kette  imd  keinen  basischen  Ring. 

P.  Karr  er  gewinnt  durch  Einwirkung  von  Pvrrylmagnesiumhaloiden  auf 
Chinolui-4-carbonsäurechlorid  oder  dessen  Substitutionsprodukte  4-Chinoh'l- 
2-pyrrylketonc,  die  sich  leicht  zu  den  ents^prechenden  Carbinoleu  reduzieren 
lassen :  CH— CH 

COCl  CO  ■  C       CH 

CH— CH  •        N    / 


,   XAIg-C        CH  =  I     I      1         NH     Reduktion 

V  ■  \/       ^^^ 

N  NH 

CH— CH 

CH(OH)  ■  C        CH 


NH 


N 


4-(p-Methoxyohinolyl)-2-pyiTyl-carbinol 

CH— CH 
CH(OH)  — C       CH      ■ 

CH.O-QQ  Y 

N 

wirkt  auf  Paramäcien  vne  Chinin.    Die  antipyretische  Wirkung  scheint  nicht 
sehr  groß  zu  sein-). 

2-Cyanchinolin  und  l-Cyanisochinolin  erhält  man,  wenn  man  l-Benzoyl-2-cyan-1.2- 
diliydrochinolin  bzw.  2-Benzoyl-l-cyan-1.2-dihydroisoeliinolin  mit  Phosphorpentaclüorid, 
Sulfm'ylchlorid  oder  Tlxionylchlorid  in  Gegenwart  wasserfreier  indifferenter  Verdünnimgs- 
mittcl  behandelt'). 

Wenn  man  Cyanchinoline  mit  Grignardscher  Lösung  behandelt,  so  erhält  man 
4-Kotone  des  Chinolins,   z.   B.   4-Methylchinolylketon,   4-Pheny)clünolj'lketon  \isw.^). 

Zwecks  Darstellung  von  2-Ketonen  des  Chinolins  bzw.  I-Ketonen  des  Isochinolins 
läßt  man  auf  Chinolin-2-carbonsäurenitril  bzw.  auf  Isocliinolin-l-carbonsäurenitril 
Magnesiumalkylhalogenide  einwirken  und  zerlegt  die  entstandenen  Additionsprodukte. 
Beschrieben  sind  2 -Methylchinolylketon ,  2 -Athylchinolylketon,  1 -Isochinolylmethyl- 
keton^). 

Chinolylketone  erhält  man,  wenn  man  Chinolincarbonsäureester  und  Ester  der  all- 
gemeinen Formel  Ri  •  CH2  •  COO  •  Ru ,  wobei  Ri  Wasserstoff  oder  ein  beliebiges  Alkyl, 
Rn  ein  beliebiges  Alkyl,  mit  alkoholischen  Kondensationsmitteln,  wie  Natriumäthylat 
behandelt  und  die  so  gebildeten  /)'-Ketonsäureester  in  Chinolylketone  durch  Ketonspaltung 
überführt. 

Aus  Chinolin-i-carbonsäureäthylester,  Essigsäiu'eäthylester ,  Natrimnäthylat  und 
Benzol  erhält  man  beim  Erlützen  auf  dem  Wasserbade  eine  Reaktionsmasse.    5Ian  setzt 


1)  BB.  46,  1823  (1913).  -)  P.   Karrer,  BB.  56.   1499  (1917). 

^)  Givaudan  und  A.  Kaufmann,  DKP.   280  973. 

')  A.  Kaufmann,  DRP.  276  656.  ^)  DRP.  282  457,  Zusatz  zu  DRP.   276  656. 


248  Antipyretica. 

Lauge  und  Wasser  und  Äther  unter  Kühlung  zu,  trennt  ab  und  säuert  mit  Schwefelsäure 
an  und  äthert  aus.    Im  Ätherrückstand  findet  man  4-Chinolylessigsäureäthylester 


i 

N 

Erhitzt  mun  den  Ester  mit  verdüimter  Schwefelsäure,  so  orliält  man  4-Clanolylmcthylketoii. 

CO    CH3 

I 
/\ 

N 

Beschrieben  sind  ferner  6-Methoxychinolyl-4-äthylketon,  6-Methoxychinolyl-4-melhyl- 
keton'). 

Die  höheren  Alkylhomologen  der  Chinolylmethylketone  und  ihrer  Kernsubstitutions- 
produkte kann  man  erhalten,  wenn  Chinoloylessigester  oder  deren  Kernsubatitutions- 
produkte  in  der  Seitenkette  alkyliert  und  die  so  gebildeten  homologen  Ester  der  Keton- 
spaltung  unterwirft. 

So  erhält  man  4-Chinolyläthylketon  aus  4-Chinoloylessigsäureäthylester  in  Alkohol, 
Natriumäthylat  und  Jodäthyl  und  Spalten  des  entstandenen  A-4-Chinoloylpropionsäure- 
äthylesters  durch  Kochen  mit  25proz.  Schwefelsäure.  Ferner  ist  beschrieben  6-Methoxy- 
4-chinolyläthylketon  - ) . 

A.  Kaufmann  besclireibt  Aminoketone  der  Chinolinroihe  der  allgemeinen  Formel: 
Chinolyl  CO  •  CH(R)  •  NRjRu,  wobei  R  und  Ri  Wasserstoff  oder  Alkyl,  Rn  Alkyl  bedeutet, 
die  man  erhält,  wenn  man  diejenigen  Chinolin-4-ketone,  welche  der  Carbonylgruppe  benach- 
bart, eine  Methyl-  oder  Methylengruppe  enthalten,  nacheinander  mit  Halogen  oder  halogen- 
entwickelnden Mitteln  imd  mit  primären  oder  sekundären  aliphatischen  Aminen  behandelt. 
Diese  Aminoketone  sollen  neben  hervorragenden  antipyretischen  Eigenschaften  teilweise 
gefäßkontrahierende  und  blutdrucksteigemde  und  anästhesierende  Wirkung  zeigen.  Bei 
der  .Reduktion  gehen  sie  in  ebenfalls  physiologisch  wirksame  Alkoholbasen  über.  Diese 
Verbindungen  sollen  nach  den  Angaben  von  A.Kaufmann  den  Chinaalkaloiden  nahe- 
stehen. Besclirieben  sind:  6-Athoxychinolyl-4-piperidylmethylketon,  6-Athoxychinolyl- 
4-diäthylaminomethylketon,  6-  Äthoxychinolyl-4-monomethylaminomethylketon,  6-Äthoxy- 
chinolyl-4-piperidyläthylketon'). 

(o-Aminomethylchinolin  erhält  man  durch  Reduktion  der  Nitrile  der  Chinolinreihe 
nach  den  üblichen  Methoden*). 

(ü-Aminoalkylchinoline  erhält  mau  aus  Dioximen  von  Cliinolylalkylketonen  oder  deren 
Kemsubstitutionsprodukten,  wenn  man  diese  nach  den  übliclien  Methoden  reduziert. 
Besclirieben  ist  die  Darstellung  des  4-a-Aminoäthyl-6-methoxychinolins  luid  des  2-<x-Amino- 
äthylclünolins^). 

Durch  Umsetzung  derjenigen  Halog6nclunolyl-4-alkylketone,  welche  man  beim  Be- 
handeln von  solchen  Chinolyl-4-ketonen  mit  Halogen  oder  halogenentwickelnden  Mitteln 
erhält,  die  der  Carbonylgruppe  benachbart  eine  Methyl-  oder  Methylengruppe  enthalten, 
mit  primären  oder  sekundären  ahphatischen  Aminen,  entstehen  nach  DRP.  268  931  Amino- 
derivate  von  Chinolyl-4-alkylketonen.  Durch  Einwirkimg  von  Reduktionsmitteln  auf  diese 
Alkylaminoketone  erhält  man  die  entsprechenden  Aminoalkohole,  welche  antipjTetisch 
und  analgetisch,  aber  auch  gegen  Malaria  spezifisch  ( ?)  wirken  sollen. 

Beschrieben  sind :  Piperidin-methyl-6-äthoxychinolyl-4-carbinol,  Diäthylamtno-methyl- 
6-äthyloxychinolyl-4-propanon,  /J-Athylamino-6-äthoxychinolyl-4-propanol^). 

Cheirolin  CgHjgNsOjS,  hat  ehininähnliche  antipyretische  Wirkungen 
(Schmiedeberg).  Nach  den  Untersuchungen  von  Schneider  ist  es 
CgHjOoNS,').  Die  Konstitution  i.st  wahi-scheinlich  CH3  •  SO2  •  CH^  •  CH^ 
.  CH2  •  N  :  C  :  S. 


1)  Zimmer,  DRP.  268  830.  -)  DRP.  280  970,  Zusatz  zti  DRP.   268  830. 

3)  DRP.  268  931.  *)  Zimmer,  DRP.  279  193. 

'■)  Zimmer,  DRP.   28.5  637,  Zusatz  zu  DRP.  279  193. 

")  Kaufmann,  DRP.  283  512.  ')  Liebiga  Ann.  315,  207  (1910). 


Chinin  und  seine  Derivate.  249 

Chinin  und  seine  Derivate. 

Währeucl  man  sich  miunterbrochen  bemühte,  immer  neue  Körper  und 
Variationen  darzustellen,  welche  Chinin  in  seineu  Wirkungen  ersetzen  imd  diesen 
Körper  mit  seinen  oft  unangenehmen  Nebenwirkmigen  verdrängen  sollten,  was 
aber  bis  nun  nicht  gelungen,  war  man  nach  der  anderen  Seite  hin  auch  bemüht, 
die  dem  Chinin  anhaftenden  vmangenehmen  Eigenschaften,  wie  insbesondere 
seinen  bitteren  Geschmack  zu  coupieren,  anderseits  Chininverbindimgen  dar- 
zustellen, welche  leicht  löslich  sind  mid  so  es  ermöghchen,  Chinin  zu  Injek- 
tionen zu  verwenden.  Unter  den  in  jeder  Pharmakopoe  aufgenommenen 
Salzen  erfreut  sich  bekaimtlich  in  der  Anwendung  das  schwefelsaure  Chinin  der 
größten  Beliebtheit.  An  Stelle  dieses  wurde  vorgeschlagen,  Chin iuchlorhydro- 
sulfat  zu  verwenden,  welches  in  Wasser  sehr  leicht  löslich  und  daher  zu  Injek- 
tionen geeignet  ist^). 

J.  B.  F.  Rigaud  verfährt  folgendermaßen-),  um  dieses  leicht  lösliche  Doppelsalz  zu 
erhalten.  Man  mischt  30  kg  basisch  schwefelsaures  Chinin  mit  24.9  1  Salzsäure  von  1.05 
spez.  Gew.,  wobei  sofort  Lösung  des  basischen  Salzes  erfolgt.  Diese  Lösung  wird  nun  im 
Vakuum  eingeengt  und  das  Salz  krystallisiert  hernach,  oder  man  läßt  einen  Strom  von  Salz- 
säuregas über  getrocknetes  schwefelsaures  Chinin  streichen,  wobei  sich  die  Vereinigung 
unter  Wärmeentwicklung  vollzieht. 

In  gleicher  Absicht  hat  Kreide  mann  ein  leicht  lösliches  Coffein-Chininpräparat^) 
dargestellt,  indem  er  2  Teile  salzsaures  Chinin  und  1  Teil  Coffein  in  AVasser  löst  und  der 
Kjystallisation  überläßt:  nach  mehrmaligem  UmkrystaUisieren  erhält  man  eine  Verbin- 
dung, welche  30%  Coffein,  56%  Chinin  und  6.59%  Salzsäure  enthält.  Das  Produkt  löst 
sich  in  der  Hälfte  seines  Gewichtes  Wasser.  Das  Präparat  ist  als  solches  daher  zu  subcutanen 
Injektionen  verwendbar  und  überdies  als  Vehikel  für  andere  stark  wirkende  Alkaloide. 
Höhere  Temperaturen  sowie  Säure-  oder  Alkalizusatz  sind  bei  der  Darstellung  zu  ver- 
meiden. 

Nach  einer  weiteren  Mitteilung*)  erhält  man  es  ohne  Lösungsmittel  durch  bloßes 
vorsichtiges  Zusammenschmelzen  von  Coffem  vmd  Chininchlorhydrat. 

Andere  Absichten  verfolgte  man  mit  der  Darstellung  des  Ölsäuren  Chinins.  Dieses 
in  Alkohol  klar  lösUche  Salz  soll  sich  besonders  zu  Einreibungen  bei  Hautleiden  eignen, 
da  es,  wie  alle  Ölsäuren  Salze,  von  der  Haut  leicht  resorbierbar  ist. 

Von  praktisch  viel  größerer  Wichtigkeit  sind  die  Versuche,  Chininpräparate 
darzustellen,  denen  der  bittere  Geschmack  des  Chinins  fehlt.  Versuche  in  dieser 
Richtung  sind  zuerst  in  der  Weise  gemacht  worden,  daß  man  Chinin  durch 
das  weniger  bittere  Cinchonin  ersetzte.  Doch  da  Cinchonin  in  seinen  Wirkungen 
weniger  zuverlässig  ist,  ist  man,  außer  bei  Verfälschungen,  von  dieser  Art  der 
Verwendung  abgekommen.  Hingegen  wvu'de  eme  andere  Art  mehi'  favorisiert, 
näiuHch  Chinin  in  Form  unlöslicher  Verbmdungen  zu  verabreichen.  Das  be- 
liebteste Präparat  in  dieser  Richtung  ist  das  gerbsam-e  Chinin  der  Pharmakopoe, 
insbesondere  aber  jenes  gerbsaure  Chinin,  welches  durch  Fällung  eines  Chinin- 
salzes  mit  Gersbäm-e  entsteht  imd  bei  dessen  DarsteUung  der  entstandene 
Niederschlag  von  gerbsaurem  Chinin  mit  Wasser  bis  zum  Schmelzen  erhitzt 
wkd,  wobei  er  zusammenbäckt  und  ein  fast  geschmackloses  Pidver  Uefert,  das 
in  Wasser  vmlöshch  ist  (Pharmacop.  Himgar.).  Aber  das  gerbsaiu:e  Chinin 
leidet  wieder  an  dem  Übelstande,  daß  es  nur  laugsam  und  erst  im  Darme  in 
seine  Komponenten  gesj)alten  wird,  daher  die  nötige  Promptheit  und  Sicher- 
heit bei  semer  Anwendung  fehlt. 

Chiiiaphthol ,  welches  Riegler  in  die  Therapie  eingeführt  hat,  ist 
p'-naphthol-/)'-monosultosaiu-es  Chinin  S).  Es  ist  die  Verbindung  eines  Anti- 
pyreticum,  des  Chinins,   mit  einem  Antisepticum,  der  /?-Naphtholsulfosäure. 

1)  Grimaux  undLaborde,  Sem.  med.  1893,  71.     -)  DRP.  74821.     3)  DRP.  106496. 
*)  DRP.    120  925.     Siehe  Huch  Deutsche  med.  Wouhenschr.  «900.    12   und  .\llg.   med. 
Zeutralztg.   1900,  Nr.  17.  ^)  Wiener  med.  Blätter   I89.>,  Nr.  47. 


250  Antipyretica. 

Dieser  Körper  schmeckt  bitter,  ist  in  kaltem  Wasser  xinlöslicli  und  wird  im 
Magensaft  nicht  zerlegt,  erst  im  Darm.  Seine  Wirkimgen  sollen  besonders  bei 
septischen  Darmprozessen  ausgezeichnete  sein  und  Riegler  empfahl  das 
Präparat  gegen  Tj-phus. 

August  Röttinger,  Wien^),  stellt  eine  Doppelveibmdung  aus  Chinin  her,  indem 
er  Chinin,  Weinsäure  und  Hexymethylentetramin  in  äquimolekularen  Mengen  und  aufein- 
ander in  Lösvmg  einwirken  läßt.    Die  Doppelverbindung  schmeckt  säuerlich  bitter. 

Pyrochinin  ist  ein  Chinin-Pyramidon-Doppelsalz  der  Camphersäure. 

Andere  Doppelsalze  sind  Chinin  Harnstoff-Chlorhydrat  und  Chiniii-Harnstoff-Brom- 
liydrat  sowie  Chinin-Urethan^). 

Verbindungen  aus  Chinin  und  Dialkylbarbitursäuren  erhält  man,  wenn  man  entweder 
äquimolekulare  Mengen  kurze  Zeit  zusammenschmilzt  und  dann  das  erhaltene  Reaktions- 
produkt mit  geeigneten  Lösungsmitteln  (Alkohol,  Äther,  Aceton)  anreibt  oder  die  Kom- 
ponenten als  solche  oder  in  Form  ihrer  Salze  ebenfalls  in  molekularem  Verhältnis  bei  Gegen- 
wart geeigneter  Lösungsmittel  längere  Zeit  in  der  Kälte  oder  bei  erhöhter  Temperatur 
avtfeinander  einwirken  läßt'*). 

Die  sclilaf erzeugende  Wirkung  des  Veronals  erhält  durch  das  Chinin  eine  erhebliche 
Verstärkung.  Diese  Chinin-Diäthylbarbitursäure  wird  Chinin- Veronal  oder  Chineonal  ge- 
nannt. 

Analog  wurde  Chinin-Dipropylbarbitusäure  (Chinin-Proponal)  und  nach  DRP.  247  188 
(Bayer)   Chinin-Phenyläthylbarbitiu'säiire  dargestellt  (Chinin-Luminal). 

Xach  DRP.  247  188  (B a  yer)  erhält  man  die  additive  Verbindung  Hydrochinin-Phenyl- 
äthylbarbitui'säure  durch  Einengen  der  alkoholischen  Lösmigen  beider  Komponenten. 

Stellt  man  solche  Verbindimgen  aus  Chininderivaten,  wie  Hydrochinin,  Athylhydro- 
cuprein,  Propylhydrocuprein  imd  Dialkylbarbitursäure  her,  so  sieht  man,  daß  die  Toxizität 
etwas  größer  ist ;  die  Einführung  des  höheren  Radikals  Propyl  an  Stelle  des  Äthyls  nur 
in  einer  der  beiden  Komponenten  bewii-kt  aber  bereits  eine  bedeutende  Verminderung 
der  Toxizität,  die  der  der  Chinin-Dialkylbarbitursäuren  fast  gleich  kommt,  schon  die 
Propylliydrocuprein-Dipropylbarbitursäure  ist  vollständig  unschädlich.  Die  narkotische 
Kraft  ist  gegenüber  den  Chiuinverbindmigeu  gleicher  Art  sehr  erhöht.  Man  erhält  sie 
durch  Aufeinanderwirkung  molekularer  Mengen  der  Komponenten  oder  ihrer  Salze*), 
zweckmäßig  in  Giegenwart  geeigneter  Lösungsmittel^). 

Andere  Versuche,  durch  Verestermig  der  Hydroxylgruppe  des  Chinins  zu 
geschmacklosen  Körpern  zu  gelangen,  haben  Präparate  gezeitigt,  von  denen 
nur  wenige  eme  praktische  Verwertiuig  gefunden  haben,  wie  z.  B.  Chiiünkohlen- 
säureäthylester  (Euchinin)  C2H5  •  0  •  CO  •  0  •  C20H23N2O  . 

Zuerst  wurde  durch  Einwirkung  von  Phosgengas  (COCU)  auf  Chinin')  resp.  Cincho- 
nidin')  der  Clilorkolilensäureäther  der  beiden  Basen  dargestellt.  Jlan  kann  die  Clüorkohlen- 
säureester  des  Chüiins  und  Cinchonidins  leicht  erhalten,  wenn  mau  Phosgengas  mit  oder 
ohne  Lösungsmittel  auf  die  Salze  dieser  Cliinaalkaloide  einwirken  läßt').  Hierauf  kam  es, 
da  diese  Verbindungen  nicht  vöUig  die  gewünschten  Eigenschaften  zeigen,  zur  Synthese 
des  Euchinin.  Es  wiu'de  ferner  Dichininkohlensävu-eester  dargestellt,  was  leicht  gelingt, 
wenn  man  statt  in  Benzol,  in  Pyridin  oder  Clüoroformlösung,  Phosgengas  auf  Chininbase 
einwirken  läßt^). 

Symmetrische  Dichinaalkaloidkohlensäureester  erhält  man,  wenn  man  auf  2  Mol. 
Alkaloid  niu-  1  Mol.  Phenolcarbonat  einwirken  läßt  und  auf  170 — 180°  oder  120—130° 
erhitzt*").    Man  erhält  dann 

COCI2  -f  4C„„Hj,N20.,  =  CO<J^2»^23N,0«  ^  2  (CsjoH^^NjO,  •  HCl) 

Aristochiiün  ist  der  Dichininkohlensäureester  C20H23N2O  ■  O  •  CO  •  O 
•C20H23N2O,  sehr-  wenig  lösUch  und  ziemlich  geschmacklos,  weniger  bitter 
schmeckend  als  andere  Präparate  (Dreser). 


1)  DRP.   325  156. 

-)  G.  Gaglio.  Arch.  di  farraacol.  sperim.    13,   273  (1912)  und  P.   Marfori,  ebenda 
13,  479  (1912).  ■^)  Morck,  DRP.  249  908.  ')  DRP.   247  188. 

^)   Merck,   DRP.   291421.  ")  DRP.   911848.  ■)   DRP.   93  1)98. 

»)  DRP.   118  122.  »)  DRP.   105  666.         W)  DRP.   134  307,   134  308. 


Chinin  und  seine  Derivate.  251 

Zimmer,  Frankfurt'),  wenden  die  Grignardsche  Reaktion  auf  Chinin  an  und  die 
Chininoxymagnesiumlialoide  werden  zum  Aufbau  von  hydroxylsubstituierten  Chininen 
verwendet.  Man  erhält  so  mit  Acetylchlorid  Acetylchinin,  mit  Chlorameisensäureester 
Chininäthylcarbonat,  mit  Benzoylchlorid  Benzoylchinin,  mit  Essigsäureanhydrid  Acetyl- 
chinin. 

Denselben  Zweck,  entbittertes  Chinin  zu  erzeugen  imd  hierbei  noch  eine  zweite  wirk- 
same Komponente  in  die  Verbindung  einzuführen,  verfolgt  die  Firma  Zimmer  &  Co., 
indem  sie  Chinin  auf  substituierte  Isocyanate  oder  auf  substituierte  Carbaminsäurechloride 

O  '  C   H.  N"  O 
einwirken  läßt.  Man  kann  auf  diese  Weise  z.  B.  in  Chinincarbonsäureanilid  CO  ^x-m  ^r^  ^    ' 

JNM  ■  LgH^ 

(Phenylcarbaminsäurechiiünäther)  erhalten,   wenn  man   Chinin   mit  Phenylisocyanat  auf 

190°  erwärmt   und   die   Schmelze   mit   verdünnter   Sämre   extrahiert.     Chininkohlensäure- 

phenetidid  CO-j^t^j-jJ"  n\i^  np  w  (P-Äthoxyphenylcarbaminsäurechininäther)  wird  dar- 
gestellt, indem  man  zuerst,  um  eine  Benzollösimg  des  p-Athoxyphenylcarbaminsäure- 
chlorid  zu  erhalten,  2  Mol.  Phenetidin  in  Benzol  löst  und  1  Mol.  in  Benzol  gelöstes  Phosgen 
xmter  guter  Kühlung  damit  reagieren  läßt.  Nach  der  Gleichmig  2  C6H4(OC»H5)NH,  -f-  COClj 
=  CeH4(OC2H5)NH  •  COCl  -|-  C,H4(OC2H5)NH2  •  HCl  bildet  sich  das  Chlorid  und  salz- 
saures Phenetidin  scheidet  sich  ab.  Dem  FiUrate  setzt  man  2  Mol.  Chinin  zu,  welches  sich 
löst,  und  es  entsteht^) 

CeHj(0C2Hj)NH  •  COCl  +  2  CjoH^ÄO,  =  CO  <nh°  CjH '^OCH-  +  ^^aoHaiNaO^  •  HCl 

Das  unlösliche  Präparat  ist  fa.st  geschmacklos  und  soll  den  Wirkungen  des 
Chinins  die  Phenetidin  Wirkung  beigesellen.  Diese  Art,  zwei  ähnlich  wirksame 
Komponenten  in  eine  chemische  Verbindmig  zu  bringen,'' bietet  therapeutisch 
keinen  Vorteil  vor  einer  Mischung  der  beiden  Körper. 

Chininkohlensäuro-Phenoläthor  resp.  Cinchonidinkohlensäure-Phenoläther  erhält  man 
dm'ch  Einwirkung  von   Phenolcarbonaten  auf  die  Chinaalkaloide^). 
Die  Reaktion  verläuft  nach  dem  Schema: 

C2„H,N20.2  +  CO  <0  •  CeH3  _  CO<^J.f^^^  +  C,JJ,    OH 

So  wurden  Chininkolilensäurephenoläther,  Cliininkolüensäure-p-nitropheuoläthor 

PQ^OCjH.NOo 

Chininkohlensäure-p-acetylaminophenoläther         Chuiinkolüensäuretliymoläthor 

O  •  CeH,  •  NH  ■  CO  ■  CH,  CO^^  '  ^^Ha  ■  (CH^)    C3H, 

^^<C2„H23N20,  '^C„»H„3N„02 


OCeH.OH  ro<'0'^Ä 


Chininkohlensäurebrenzcatochinäther  Cinchonidinkohlensäurephenolätlier 

dargestellt. 

O  ■  O  H 

Euchinin  hat  die  Formel  C0<«,,   tr  \~  ^  und  wird  dargestellt  durch  Einwirkung 

VJC20XI23    2^ 
von  chlorameisensaurem  Äthyl  Cl  •  COO  ■  C2H5  auf  Chinin^).    Es  wird  Chinin  in  Weingeist 
gelöst  und  bei  Gegenwart  der  berechneten  Menge  Ätznatron  unter  Kühlung  und  Schütteln 
Chlorameisenäthylester  zugesetzt,  die  alkoholische  Lösung  wird  mit  Wasser  gefällt. 

Ebenso  kann  man  statt  der  freien  Chininbase  die  wasserfreien  Salze  des  Chinins  ver- 
wenden, indem  mau  die  Chlorkohlensäureester  dii'ekt  oder  in  einem  passenden  Lösungs- 
mittel gelöst  auf  die  wasserfreien  Salze  einwirken  läßt.  So  wurden  Chininkohlensäureäthyl- 
ester, Chininkohlensäurebenzylester  und  Cinchonidinkolilensäureäthylest-er  gewonnen''). 

Es  ist  auch  möglich,  die  wasserhaltigen  Chininsalze  zu  dieser  Synthese  zu  verwenden, 
wenn  man  den  Chlorameisensäureester  in  Gegenwart  von  Pyridin  auf  diese  Salze  einwirken 
läßt«). 


1)  DRP.   178  172,   178  173.  -)  DRP.   101)  2r)!). 

•')  DRP.   117  095.    Siehe  aucli    DRP.    12Sllfi,    129  452,    1:51  7  2;{. 

*)  DRP.  91370.  ^)  DRP.   118  352.  «)  DRP.   123  748. 


252  Antipyretica. 

Eucliiiiin(Äthylkohlensäurecliiiiiiiester)  ist  zunächst  gänzlich  geschmacklos. 
Bei  längerem  Verweilen  auf  der  Zunge  macht  sich  eine  ganz  leicht  bittere  Ge- 
schmacksempfindung geltend.  Es  erzeugt  kein  bitteres  Aufstoßen  oder  bittere  Gte- 
schmacksparästhesien  wie  das  bittere  Chinm').  Das  salzsaure  Salz  des  Euchmin 
hat  im  Gegensatz  zu  der  Base  selbst  gegenüber  dem  Chinin  in  bezug  auf  den  Ge- 
schmack keine  Vorzüge.  Das  gerbsaxire  Salz  dagegen  ist  ganz  geschmacklos. 
Dieses  Präj)arat  leistet  also  nicht  mehr  als  Chmin,  da  man  ja  auch  vom  Chinin 
zu  einem  geschmacklosen,  gerbsauren  Präparat  gelangen  kann.  Das  Verdecken 
der  Hydroxylgruppe  bewirkt  keineswegs  ein  Aufhören  des  bitteren  Geschmackes, 
auch  Acetylchinin  ist  ja  bitter. 

Acetylchinin  schmeckt  nur  bitter,  weil  es  bei  der  Reinigung  teilweise  verseift  wird. 
Reines  Acetylchinin  erhält  man  dmch  Umkrystallisieren  aus  ganz  wasserfreien  Lösungs- 
mitteln. Die  Substanz  ist  geschmacklos,  erst  nach  einigen  Minuten,  infolge  minimaler 
Spaltung,  schwach  bitter  2). 

Salochinin  ist  der  geschmacklose  Salicylsäureester  des  Chinins,   welcher 

CgH^  •  OH 
I 
COO  •  C20H23N2O 

die  Wirkungen  beider  Komponenten   vereinigen  soll,   jedoch  muß  die  Tages- 
dosis doppelt  hoch  gegriffen  werden. 

Man  erhält  die  Salicylsäureester  der  Cliinarindenalkaloide^)  durch  Einwirkung  der 
Alkaloide  auf  Salicylid  oder  die  Polysalicylide  resp.  deren  Chloroformadditionsprodukte 
oder  auf  Salicylsäureclilorid.    Die  Ester  schmecken  nicht  bitter. 

Diese  Verbindungen  smd  niu:  geschmacklos,  insofern  sie  unlöslich  sind; 
ihre  löslichen  Salze  smd  auch  alle  bitter. 

Auf  ähnlichen  Ideen  beruht  die  Darstellung  des  salicylsauren  Isovaleryl- 
chinins. 

Zuerst  wii'd  dvircli  Einwirkung  von  Isovalerylchlorid  auf  Chinin  Isovalerylchinin 
gewonnen,  welches  in  ätherischer  Lösimg  mit  Salicylsäure  ein ,  Additionsprodukt  liefert, 
das  in  Wasser  schwer  löslich  und  gesclimacklos  ist*). 

Dieser  Körper  wurde  aber  nicht  in  die  Therapie  eüigeführt. 

Zimmer  -  Frankfurt^)  stellen  Säureester  der  Halogenwasserstoffadditionsprodukte 
des  Chinins  her,  indem  sie  Hydrochlor-,  Hydrobrom-  oder  Hydroj od -Chinin  in  üblicher 
Weise  in  Säureester  überfüliren  oder  indem  sie  an  die  Säureester  des  Chinins  Halogen- 
wasserstoff anlagern.  Diese  Substanzen  enthalten  Halogenwasserstoff  in  intramoleku- 
larer Bindung  und  sind  geschmackfrei.  Dargestellt  wurden  Hydrochlorchininäthylcarbonat 
aus  Hydroclilorchinin  mid  Athylameisensäureester,  Hydrochlorisochininäthylcarbonat, 
Hydrobromchininäthylcarbonat,  Hydrobromchininsalicylat  und  Hydrobromchininbenzoat 
sowie  Hydrojodchininäthylcarbonat. 

a-Bromisovalerylchinin  erhält  man  durch  Einwirkung  des  Chlorids  oder  Bromids 
der  Säure  auf  Chinin  oder  Chininsalze.  Die  Substanz  soll  als  Keuchhustenmittel  Verwen- 
dung finden*). 

Chininester  aromatischer  Aminosäiuren  erhält  man,  wenn  man  Nitrobenzoylchloride 
auf  Chinin  einwirken  läßt  und  dann  die  Nitrogruppe  reduziert;  besclirieben  ist  die  Her- 
stellung von  p-Aminobeuzoylchinin  und  o-Aniinobenzoylchinin. 

p-Aminobcnzoylchininester  kommt  miter  der  Bezeichnung  Am-ochin  in 
den  Handel;  er  ist  fast  geschmacklos.  Die  o-Verbindimg  ist  fast  geschmacklos 
mid  wirkt  anästhesierend'). 

Ebenso  wurden  auch  Ester  des  Hydi'ochiiüns  dargestellt,  und  zwar  Äthylkohlensäure- 
hydrochininester,  Benzoylliydrochinin,  Salicylhydrochinin,  Hydrochinincarbonat  und 
p-Aminobenzoylhydrochinin,  welche  dem  Hydrochinin  gegenüber,  das  wie  Chinin  bitter 
schmeckt,  den  Vorzug  der  Geschmacklosigkeit  haben*). 

1)  v.  Noorden,  Zontralbl.  f.  inn.  Med.   189«,  Nr.  48.  -)  DRP.   134  370. 

3)  Bayer,   Elberteld.  DRP.    137  207.  ^)   DRP.   83  530.  '')  DRP.   231  901. 

«)  Knoll,  Ludwigsliafon,  DRP.  200  0Ü3.         ')  DRP.  244  741.        «)  DRP.   250  379. 


I 


Anilinderivate.  253 

Chininester  kann  man  durch  Hydrierung  rait  Wasserstoff  bei  Gegenwart  von  Platin 
oder  Palladium  zu  den  im  DRP.  250  379  beschriebenen  Verbindungen  reduzieren').  In 
gleicher  Weise  kann  man  aus  den  Nebenalkaloiden  der  Chinarinde  hydrierte  Ester  erzeugen, 
so  z.  B.  Hydrocinchoninäthylcarbonat,  Benzoylhydrocuprein,  Dibenzoylhydrocuprein  und 
Athylhydrocupreinäthylcarbonat^). 

Man  kann  aus  Chinin  eine  geschwefelte  Verbindung  erhalten,  wenn  man  die  freie  Baso 
bei  Temperaturen  imterhalb  ihres  Schmelzpunktes  mit  Schwefel  zusammenschmilzt.  Man 
erhält  die  Verbindung  CjoHoiN^OS'). 

Dieselbe  Absicht  leitete  die  Darstellimg  von  Phosphorylchinin  (tertiärer  Cliinin- 
phosphorsäureester).  Man  erhält  es  durch  Einwirkiuig  von  Phosphoroxychlorid  auf  Clünin*) : 

C  C^oHjiN,02  +  POCI3  =  (CjoHjjNjO,)^  •  PO  +  3  C^oHjiN.O.^  •  HCl 
Böhringer-  Waldhof  verestern  Chinin  mit  DiglykoLsäure  und  erhalten  einen  völlig 
geschmacklosen  Est^r^).  ^^    ^    C,„H,3N,0 

"^CHj  •  CO    O  •  CjoHoaN^O 

Insipin   ist   CliinindiglykolsäureestersuJfat   CoHajOgN,  •  CO  •  CH,  •  0  •  CHg 

•  CO  •  C20H23ON2  •  H2SO4  •  3  H2O  . 

Fahlberg  und  List^)  decken  den  Geschmack  der  Alkaloido  mit  Saccharin.  Es 
werden  die  Saccharinsalze  der  Alkaloide  dargestellt,  indem  man  eine  wässerige  oder  alko- 
holische Lösung  von  Saccharin  mit  dem  betreffenden  Alkaloid,  z.  B.  Chinin,  Cinchonin, 
Strychnin,  Morphin  usw.  neutralisiert.  Letztere  bilden  hierbei  mit  Saccharin  neutrale 
Salze,  welche  aus  der  Lösung  in  amorpher  oder  krystallinischer  Gestalt  erhalten  werden 
können  und  welche  sich  dadurch  auszeichnen,  daß  sie  den  eigentümlichen  Geschmack 
der  Alkaloide  bedeutend  weniger  hervortreten  lassen  als  deren  Sulfate  und  Chlorhydrate. 

Wird  zur  Lösung  der  wie  oben  gebildeten  neutralen  Salze  noch  Saccharin  im  Über- 
schuß gegeben,  so  bilden  sich  „saure"  Salze,  welche  ebenfalls  leicht  krystallinisch  zu  er- 
halten sind  und  den  Geschmack  der  Alkaloide  in  noch  geringerem  Maße  aufweisen  als  die 
neutralen  Salze. 

Mischt  man  eine  lauwarme  Lösimg  von  2  Mol.  Xatrimnsaccharinat  in  verd.  Alkohol 
mit  1  Mol.  bas.  Chininsulfat  in  95proz.  Alkohol  und  verdimstet  das  Filtrat  vom  Glaubersalz 
und  krystaUisiert  den  Rückstand  aus  Methylalkohol  um,  so  erhält  man  basisches  Chinin- 
saccharinat  „« 

CeHi  < so  >  ^'H  ■  C„„H.y OoN,  -h  H.O 

welches  anfangs  süß,  später  bitter  schmeckt'). 

Die  Darstellung  eines  geschmacklosen,  aber  löslichen  C'hininpräparates 
steht  noch  immer  aus,  wäre  aber  als  großer  Erfolg  zu  bezeichnen.  Eines  der  ein- 
fachsten geschmacklosen  Chininpräparate  ist  das  Chininum  albuminatum,  eine 
Rlischung  von  Cliinin  und  Eiweiß,  welches  in  Wasser  unlöslich  ist,  weil  das 
Eiweiß  geronnen.    Löslich  ist  es  aber  in  salzsaurem  Wasser. 

Anilinderivate. 

Während  die  bis  nini  betrachteten  AntipjTetica  auf  der  Grundidee  basiert 
waren,  daß  man  zu  chininähnhchen  Körpern  auf  Grund  von  Spekulationen 
über  die  Konstitution  dieser  Base  auf  synthetischem  Wege  gelangen  könne, 
kommen  wir  nxui  zu  einer  Gruppe  von  antipyretischen  Mittehi,  welche  alle  ihre 
Entstehung  der  fundamentalen  Beobachtung  von  Josef  Cahn  imd  Paul 
Hepp8)  verdanken,  daß  Anilin  CgHs  •  NH,  bzw.  Acetanihd  (Antifebrin)  C^Hg 

•  XH  •  CO  •  CH3  ein  starkes  Entfieberungsmittel  ist,  welchem  auch  vorzüghche 
antineuralgische  Effekte  zukommen.  Die  imgemeine  Billigkeit  des  Anilins  als 
Ausgangsmaterial  forderte  geradezu  heraus,  Anihn,  welchem  so  vorzügliche 
Wirkungen  zukommen,  ziu:  Synthese  neuer  Arzneimittel  zu  verwenden,  die 

')  DRP.  251  933.  ^)  DRP.  253  357. 

3)  Valentiner   &  Schwarz,  Leipzig,  DRP.  214  559.  *)  DRP.   115  920. 

^)  DRP.   237  450.  «)  DRP.  3ö  933.  ■)  Bull,  de  la  soc.  chim.  Paris  [3]  35,'  60fi. 

")  Zeitschr.  f.  klin.  Med.  1886,  Nr.  33.  —  Berliner  klin.  Wochenschr.  1887,  Nr.  l'u.  2. 


254  Antipyretica. 

dem  teuren  Chinin  und  dem  damals  ebenfalls  noch  teui'en  Antipyrin  Konkurrenz 
machen  könnten. 

Anilin  selbst  mid  seine  Salze  zeigen  starke  antipjTetische  Eigenschaften, 
doch  stößt  die  Verwendung  dieser  Base  auf  große  Hindernisse,  da  sie  ungemein 
leicht  resorbiert  wird,  ebenso  vde  ihre  Salze,  und  einen  deletären  Effekt  auf  die 
roten  Blutkörperchen  ausübt,  indem  diese  zu  Zerfall  gehen.  Alsbald  stellt 
sich  auch  Cyanose  ein. 

Schwefelsaures  Anüin  wirkt  nachFay^)  analgetisch  imd  desodorisierend, 
aber  es  ist  große  Vorsicht  bei  der  Dosierung  geboten,  da  nach  zwei  Stunden 
sich  nach  höheren  Gaben  Lippen  und  Nägel  blau  färben,  Atemnot  und  Schwindel 
auftreten. 

Da  nun  Basen,  wie  wir  im  allgemeinen  Teile  ausgeführt  haben,  durch  Ein- 
führung von  sauren  Resten  an  Stelle  der  Wasserstoffe  im  Ammorest  partiell 
entgiftet  werden,  und  zwar  aus  dem  Grunde,  weil  hierdurch  die  Base 
dem  Organismus  gegenüber  resistenter  wird,  so  ist  es  klar,  daß  man 
durch  Einführung  einer  Acetylgrui^pe  m  das  Anilin  zu  einem  weit  weniger 
giftigen  Körper  gelangen  muß,  als  es  die  freie  Base  oder  ihr  Salz  ist.  Wemi  man 
Eisessig  auf  Anilin  einwirken  läßt,  so  gelangt  man  zum  AcetanUid,  welches  sich 
tlurch  seine  intensiv  antipyretischen  Eigenschaften  schon  in  kleinen  Dosen  aus- 
zeiclmet.  Auch  antineuralgische  Effekte,  wie  sie  insbesondere  dem  Antipyrin 
eigentümlich  sind,  kann  man  mit  dem  AcetanUid,  welches  ja  auch  als  das 
billigste  Antipyreticum  angesehen  werden  muß,  bewirken.  AcetanUid  wirkt  im 
Organismus  in  der  Weise,  daß  langsam  durch  die  oxydativen  Einflüsse  der 
Gewebe  Anilin  regeneriert  -wird.  Man  kann  daher  die  Acetanilidwirkung 
als  eine  protrahierte  Anilinwirkung  ansehen.  Und  tatsächlich  stimmen 
die  Erscheinungen  bei  der  Anihnvergiftung  mit  den  Erscheinungen  bei  der 
AcetanUidvergiftung  vollkommen  überein.  Nur  ist  der  Effekt  beim  Acetanihd 
kein  so  prompter  vne  bei  der  Base  selbst.  Auch  hier  kommt  es  zu  einem  ZerfaU 
der  roten  Blutkörperchen.  Im  Organismus  wird  vorerst  die  Acetylgruppe  oxy- 
diert oder  abgespalten  und  hierauf  der  Benzolring  in  der  p-Stellung  zum  Amino- 
rest  oxydiert,  so  daß  p-Aminophenol 

NH, 


OH 

entsteht-).  Diese  Oxydation  ist  als  eine  Entgiftung  im  Organismus  anzusehen, 
welch  letztere  in  der  Folge  noch  weiter  durchgeführt  wird,  da  sich  das  gebUdete 
p-Amüiophenol  mit  Schwefelsäure  bzw.  Glykuronsäure  paart,  und  so  im  Harn 
zur  Ausscheidung  gelangt.  Antifebrm  passiert  den  Körper  überhaupt  nicht 
unzersetzt.  Der  Harn  gibt  beim  Destillieren  mit  Lauge  kein  Anilin  ab,  dagegen 
wird  reichlich  Phenol  (etwa  5^l2^/o  des  eingeführten  Antifebrhis)  aus  dem 
Harn    erhalten.     Antifebrin    geht,    namentlich    beim    Himde,    zum    TeU    in 

o-Oxycarbanü    QHj\q/C  ■  OH    über,    welchem  noch   starke   toxische    Eigen- 

schaiten    innewohnen*).     o-OxycarbanU    entsteht    aus    Phenolcarbaminsäure 

NTT    OOOH  -m- 

f6H4<oH  durch  Wasseraustritt.     Es   wirkt   antipyretisch,    wie   Anti- 

febrin, jedoch  erst  in  doppelt  so  großer  Dose.  Es  tritt  nicht  miverändert  im 
Harne   auf*).    AcetEiniUd   erschemt   im   Harn   als   p-Aminophenol,    p-Acetyl- 

1)  Deutsche  Med.  Ztg.   1894,  744.  ^]  O.  Schmiedeberg,  AePP.  8,   1. 

')  M.  Jaff6  und,  Hubert.  HS.   12,  295  (1888).   —  K.  A.  H.  Mörner,  HS.  13,  12 
(1889).  ^)  Demmes  klin.  Jlitt.  Bern  3T,  56. 


Anilinderivate.  255 

aminophenol  und  als  o-Oxycarbanil.  Nach  Kleine  verhält  sich  Formanilid 
im  Organismus  analog^).  Die  Beobachtung  dieser  entgiftenden  Funktionen  des 
Organismus  bei  Anilin  hat  zur  Darstellung  der  wertvollsten  Abkömmlinge 
des  Anilins,  der  Phenetidinderivate  (siehe  diese)  geführt. 

Im  Blute  mit  Acetanilid  vergifteter  Tiere  findet  man  Acetylphenylhydroxyl- 
amin,  welches  in  kleinster  Menge  ein  unmittelbarer  Methämoglobinbildner  ist-). 

Es  war  gewiß  eine  mißverständliche  Auffassung  der  in  vielen  Fällen  nach- 
teiligen Antifebrinwirkung,  wenn  man  als  Ersatzmittel  des  Anilins,  Toluidin 
CHg  •  C5H5  •  NH,  bzw.  dessen  Derivate  verwendete,  denn  die  drei  isomeren 
Toluidine  zerstören  die  roten  Blutkörperchen,  bilden  hierbei  Methämoglobin, 
setzen  hauptsächlich  dadurch  die  respiratorische  Kapazität  herab  und  bewirken 
Ikterus  und  Hämoglobinurie. 

Von  Interesse  ist  hier  nur,  daß  Anilin  luid  m-Toluidin  die  respiratorische 
Kapazität  stärker  herabsetzen  als  o-  iind  p-Toluidin.  Auch  die  Temperatur 
wird  durch  die  beiden  ersteren  Körper  herabgesetzt,  während  o-  luid  p-Toluidin 
nur  wenig  antipyretisch  wirken.  Antipjnetisch  wirkt  von  den  substituierten 
Toluidinen  nur  die  m-Verbindung.  Nach  Bar):)arini  ist  sie  weniger  giftig, 
aber  stärker  antipyretisch  als  Antifebrin. 

Statt  des  Acetykestes,  als  entgiftende  Gruppe,  kann  man  selbstverständ- 
lich auch  andere  Säureradikale  einführen. 

AcetessigsäureanUid  wirkt  beträchtlich  weniger  antipyretisch  als  Acet- 
anilid 3). 

Aber  es  besteht  in  bezug  auf  die  Spaltbarkeit  solcher  Verbindinigen  ein 
Unterscliied  zwischen  solchen,  die  mit  fetten  und  mit  aromatischen  Radikalen 
verbunden  sind.  Beim  Anilin  hat  man  es  mit  aromatischen  Resten  versucht, 
und  vor  allem  das  Benzanilid  dargestellt  C^Hj  •  NH  •  CO  •  CgHj.  Diese  Verbin- 
dung ist  im  Organismus  schon  schwer  spaltbar,  und  mau  brauchte  erheblich 
größere  Dosen  als  vom  Acetanilid,  ohne  besondere  Vorteile  zu  erzielen*).  Salicyl- 
anihd  CgHs  •  NH  •  CO  •  C6H4  •  OH  und  Anisanihd  CgHs  •  NH  •  CO  •  CgH^  •  OCH3 
spalten  sich,  wie  überhaupt  die  Substitutionsprodukte  der  Antipyretica  mit 
aromatischen  Säureradikalen,  so  schwer  im  Organismus  auf,  daß  sie  aus  dem 
Grunde  nicht  zur  Wirkung  gelangen  können.  Man  sieht  hier  deutlich,  daß  eben 
nur  die  Abspaltung  der  Base  aus  ihrer  durch  Säureradikale  entgifteten  Verbin- 
dung für  die  antifebrile  Wirkung  notwendig  ist.  Kann  die  Base  aus  der  Verbin- 
dung nicht  herausgespalten  werden,  so  kann  auch  die  Substanz  nicht  zur  Wirkung 
gelangen. 

Daß  es  nicht  der  basische  Rest,  die  NHg-Gruppe  ist,  welchem  Anilin  seine 
intensive  antipyretische  Wirkung  verdankt,  beweisen  melurere  Umstände.  Wenn 
man  in  den  Benzolring  statt  der  Aminogruppe  ein  Hydroxyl  einführt,  so  gelangt 
man  zum  Phenol,  welches  ebenfalls  entfiebernd  wirkt,  doch  ist  die  Wirkung 
schwächer,  die  notwendige  Dosis  eine  größere  und  die  Entfiebermig  rasch  vor- 
übergehend; fülirt  man  zwei  Hydroxyle  ein,  so  gelangt  man  zu  Verbindungen 
welche  eme  entschiedene  Antipyrese  machen,  deren  Wirkmig  aber  rauschartig 
verfliegt.  Wird  statt  des  zweiten  Hydroxyls  eme  Carboxylgruppe  in  die  o-Stel- 
lung  eingeführt,  so  gelangt  man  zu  einem  weniger  giftigen,  aber  entschieden  stark 

antipyretisch  wirkenden  Körper,  der  Salicylsäure  f   J^_ .   Auch  die  Einführung 

COOH 
anderer  basischer  Reste  als  der  Aminogruppe  in  den  Benzolring  bewirkt,  daß 

1)  HS.  38,  325  (1896—1897).  -)  Ph.  Ellinger,  HS.   III,   121  (1920). 

=  )  Eckhardt,  Inaug.-Diss.   Halle   (1903).  «)  Therap.  Monatshefte   1893,   577. 


256  AntipjTetica. 

die  gebildete  Substanz  ein  Antipyreticum  wird.  Wenn  man  statt  der  Amino- 
grappe  den  Hydrazinrest  in  den  Benzolring  einführt,  so  kommt  man  zum 
Phenylhydrazin  CgH,  •  NH  •  NH,,  welchem  noch  weit  intensivere  antipyretische 
Fähigkeiten  eigen  sind  als  dem  Anilin.  Wir  glauben  daher  behaupten  zu  können, 
daß  es  nicht  der  basische  Rest  ist,  welchem  das  AniHn  seine  antipyretische 
Wirkung  verdankt,  sondern  daß  dies  eine  Eigenschaft  des  Benzolringes  wie 
auch  anderer  cj'clischer  Systeme,  z.  B.  des  Chinolins  ist,  welche  aber  durch 
Einführung  von  leicht  reaktionsfähigen  Seitengruppen  zur  stärkeren  Geltung 
gebracht  wird.  Die  aromatischen  Semicarbazide  R  •  NH  •  NH  •  CO  •  NH.2  be- 
sitzen ebenfalls  antipyretische  Eigenschaften. 

Die  Hydroxyle  lassen  diese  Wirkung  schwächer,  die  basischen  Reste  stärker 
hervortreten,  und  zwar  um  so  stärker,  je  reaktionsfähiger  sie  sind.  Daher  wirkt 
Anilin  stärker  als  Phenol,  aber  schwächer  als  Phenylhydrazin.  Die  reagierende 
Gruppe  bringt  das  Ringsystem  nur  zur  Wirkung,  ist  aber  nicht  selbst  (in  bezug 
auf  die  Antipyrese)  das  Wirksame. 

Über  die  Wirkung  des  Eintrittes  von  zwei  oder  drei  Aminogruppcn  in 
den  Benzolkern  orientieren  die  folgenden  Versuche. 

j)-Phenylendiamin  macht  bei  Fröschen  eine  narkoseähnliche  Lähmimg, 
darm  fibrilläres  Muskelzucken,  wie  bei  Phenolvergiftung,  schließlich  Muskel- 
starre. Es  scheint  sich  intermediär  Chinondümin  zu  bilden.  Beim  Kaninchen 
wird  der  Blutdruck  nicht  beeinflußt,  die  Atmung  beschleunigt  und  Ödem 
erzeugt^). 

m-Pheiiylendiamin  ist  nach  Dubois  und  Vignon  beim  Hunde  fast  ebenso 
giftig  wie  p-Phcnylendiamin.  Örtlich  appliziert  macht  es  starken  Schnupfen, 
Niesen  und  Husten.  Matsuraoto  sah  Dyspnoe,  aber  weder  Lähmungen  noch 
I^ämpfe. 

Boye  empfahl  es  unter  dem  Namen  Lentin  gegen  Durchfälle. 

o-PhenylendiamLn  wirkt  sehr  schwach  (Matsumoto),  es  macht  Atem- 
beschleunigung. Die  typischen- Kopf-  und  Halsödeme  sieht  man  nur  bei  Katzen, 
aber  nicht  nach  m-,  sondern  nur  nach  p-  und  o-Phenylendiamin.  Bei  m-Phenylen- 
diamin  wird  die  Gewebsflüssigkeit  in  anderer  Form,  nämlich  als  Ascites  ab- 
gesondert. 

Von  Dimethyl-p-phenylendiamin  und  Tetramethyl-p-phenylendiamin  töten 
schon  sehr  kleine  Dosen  unter  cerebraler  Erscheinung,  und  die  Ödeme  blei- 
ben aus.  Diäthyl-p-phenylendiamin  macht  in  doppelter  Dose  die  gleichen  Er- 
scheinungen wie  reines  p-Phenylendiamin.  Ein  ähnliches  Resultat  gibt  Mo- 
nacetyl-p-phenylendiamin.  Die  Versuche  mit  dem  unlöslichen  Diacetyl-p- 
phenylendiamin  und  dem  schwer  löslichen  Äthoxy- p  -  phenylendiamin  ver- 
laufen negativ. 

4-Amino-2'-4'-diaminodiphenylenaminsiilfo.säure  geht  wirkungslos  durch 
den  Körper.  4-Amino-2'-4'-diaminodiphenylenamin  ist  ein  Nieren-  und  Rrampf- 
gift. 

Triaminobenzol  und  Triaminotoluol  machen  bei  Fröschen  allgemeine 
Lähmungen,  Verfärbung  der  Leber  und  Herzstillstand  in  der  Systole.  Nach 
Triaminophenol  tritt  Herzstillstand  in  der  Diastole  ein.  Bei  Kaninchen  zeigten 
sich  selbst  nach  größeren  Dosen  keine  besonderen  Erscheinungen.  Bei  der  Katze 
wirkt  Triaminobenzol  unter  Methämoglobinbildung  tödlich,  Triaminotoluol 
macht  schwere  Lähmimgserscheinungen  und  schwere  Methämoglobinver- 
giftung^). 

1)  Richard  Meissner,  AePP.   84,   181   (1018). 
')  R.  Meissner,  BZ.   9S,    149  (1919). 


Anilinderivate. 


257 


Daß  das  Wesentliche  der  Benzulkeni  uud  iu(;lit  die  eintreteude  basische 
Gnippe  ist,  zeigen  auch  interessante  vergleichende  Versuche  mit  verschiedenen 
aromatischen  Aminen,  welche  Babel  unternommen*).  Die  Amine  wurden  in 
wässeriger  Lösung  Meerschweinchen  subcutan  eingespritzt.    Die  Giftwirkung 


Angewendete  Substanz 


Anilin 

Schwefelsaures  .\nilin 
o-Toluidin  | 
m-Toluidin  [■ 
p-Toluidin  J 
Methylanilin 

Benzvlamin 


o-Phenylendiamin  j 
m-Phenylendiamin  V 
p-Phenylendiamin  | 
Phenylhydrazin 

Natriumsalz    der   Ben- 
zolsulf osäure 
Natriumsalz  der  ] 

o-Aminobenzoesäuro  I 
m- Aminobenzoesäure  [ 
p-Aminobenzoesäure  J 
Natriumsalz  der 
o-Aminobenzolsulfo- 

säiu-e 
m-Aminobenzolsulfo- 

säure 
p-Aminobenzolsulfo- 
säure 

Cosaprin 

o-Aminophenol  | 
m-Aminophenol  [■ 
p-Aminophenol  J 
Phenylhj'droxylamin 

Diaminopheiiol 


Formel 


CjHs  •  NHa 
(CjHs  •  NHi,)2H2SO, 

„    ,NH. 


C,Hj  •  NH  •  NHj 


W«4<.cOONa 


^•"•<S0,  •  O  •  Na 


p„    .NH-C0-CH3(1)\ 
^eil4<so2  .  O  .  Na      (4)J 


Wirk- 
same 
Dosen 

I.O 
1.1 
1.8 
1.2 
1.1 
0.7 

0.5 


0.2 
0.9 
0.4 
0.1 

11 


C6H,<. 


OH 
NH, 


,NH,(1) 

C^aHa^NHa  (2) 
OH   (4) 


Physiologiäclie  Wirkungen 


Erregimg,  Zuckungen. 
Erregimg,  Zuckungen. 
I  Es  tritt  kein  merklicher  ünter- 
'      schied    zwischen    dem    Anilin 
j      und  den  drei  Isomeren  hervor. 
Geringe   Verzögerung    des    Ein- 
trittes der  Zuckungen. 
Die     charakteristische    Giftwir- 
kung des  Anilins  tritt  in  den 
Hintergrund;   es   treten  vor- 
wiegend Schwindelerscheinun- 
gen auf. 

Keine  Zuckimgen. 

Die  Zuckungen  sind  weniger  her- 
vortretend. 

Erregung  und  geringe  Zuckun- 
gen. 


12     }!  K 
11    )i 


Keine  Zuckungen. 


M 

12  I 

13  ji 


Weniger  Erregung. 
Keine  Zuckungen. 


14 


}l  Weniger  Erregung. 
!  Keine  Zuckungen. 

Keine  Zuckungen. 

0.1      Keine  Zuckungen. 

(1. 1    '  Keine  Zuckungen. 


des  Anilins  äußert  sich  bei  Tieren  in  einer  lebhaften,  aber  vorübergehenden  Er- 
regimg; an  ihre  Stelle  tritt  bald  eine  Art  Schauer,  der  sich  über  den  ganzen 
Körper  verbreitet  und  bis  zum  Tode  des  Tieres  andauert.  Die  Körpertemperatur 
erleidet  eine  Emiedrigimg  um  mehrere  Grade.  Es  folgen  dann  heftige  Zuckim- 
gen, welche  mit  einer  Lähmung  endigen,  und  die  Tiere  sterben  schließlich  in 
einem  Zustand  von  Schlafsucht  einige  Stunden  nach  erfolgter  Injektion.  Die 
lebhafte  Wirkung  auf  die  Organe  äußert  sich  in  einem  intensiven  imd  allgemeinen 
Blutandrang  in  den  Geweben.  Die  Giftwirkung  des  Anilins  ist  ziemlich  scharf 
hervortretend;  es  genügt  im  Durchschnitt  0.05  g  für  ein  Gewicht  von  100  g, 

')  Rev.  med.  Suisse  Romande  1890,  329,  389. 
F  r  ä  n  k  c  I .  Arzneimittel-Synthese.    5.  .\ull.  1 7 


258 


Antipyretica. 


um  bei  einejn  Meeischweinchen  den  Tod  herbeizuführen.  Die  energische  Wir- 
kung der  Aminogruppe  erfährt  dadurch  eine  Bestätigxing.  Es  gibt  indessen 
keinen  wesentlichen  Unterschied  zwischen  der  Giftwirkung  des  Benzols  und 
der  des  AnilintJ.  Durch  Einführung  der  Aminogruppe  in  den  BenzoLkern 
werden  nur  die  dem  Benzol  eigentümlichen  physiologischen  Eigenschaften  ver- 
stärkt. 8ie  sind  sozusagen  in  latentem  Zustande  vorhanden  und  verraten 
ihre  Anwesenheit  nur  in  viel  gerüigerem  Maße.  Die  Erscheinungen,  welche 
bei  der  Anwendung  von  Anilin  auftreten,  wiederholen  sich  im  allgemeinen 
bei  der  ganzen  Reüie  der  imtersuchten  Körper  und  sind  nur  )nehr  oder 
weniger  hervortretend  durch  jeweiligen  Eintritt  einer  neuen  Gruppe.  Die 
folgende  Übersicht  gibt  eine  Zusammenstellung  der  hauptsächlichsten  Eigen- 
schaften dieser  Körper.  Die  inittlei-en  kleinsten  Dosen  sind  auf  die  des 
Anilins  als  Einheit  bezogen. 


Phenolreih 

e 

Anilinreih 

Körper 

Mittlere 

Physiologische 

Körper 

Mittlere 

Physiologische 

Giltwirknng 

Wirkung 

Giftwirkung 

Wirkung 

Phenol 

0.045—0.055 

Erregung  und 
Zuekimgen. 

Anilin 

0.051—0.0.52 

Erregung  und 
Zueicungen. 

Kiesdl 

0.020—0.035 

Erregung  und 

Toluidin 

0.052—0.098 

Erregung   und 

p  >  o  >  m 

Zuckungen. 

p  >  m  >  0 

Zuckungen. 

Anisol 

0.35—0.40 

Wenig  Erregimg, 

Methyl- 

0.037—0.040 

Wenig  Erregung, 

keine  Zuckun- 

anilin 

keine   Zuckun- 

gen. 

gen. 

Benzyl- 

0.17 

Keine  Erregung, 

Benzyl- 

0.025—0,050 

Die     Zuckungen 

alkohol 

Iceine  Zuckmi- 
gen. 

amm 

treten  in  einer 
besonderen 
Form  auf. 

Ox\7)henol 

0.20—0.05 

Erregung    \ind 

Phenylen- 

0.015—0.050 

Keine  Erregung, 

o  >  p  >  m 

Zuckungen. 

(lianiin 

o  >  p  >  m 

keine  Zuckun- 
gen. 

Oxybenzop- 

0.09—0.10 

Erregiuig. 

Aminoben- 

0.20— O.fiO 

Keine  Erregung. 

siuire 

zoesaure 

o  >  m  >  p 

Vergleicht  man  auf  der  einen  Seite  die  o-,  m-  und  p-Derivate  und  auf  der 
anderen  Seite  die  Isomeren,  welche  in  der  Seitenkette  einfach  substituiert  sind, 
so  kommt  man  zu  dem  Schlüsse,  daß  immer  die  letzteren  cme  giftige  Wirkung 
ausüben.  Es  scheint,  daß  die  Länge  der  Seitenkette  durch  ihr  Gewicht  einen 
gewissen  Einfluß  auf  die  Giftigkeit  ausübt.  Vergleicht  man  dagegen  die  Iso- 
meren in  o-,  ra-  und  p-Stellimg  allein,  so  bemerkt  man,  daß  es  in  der  Tat  nicht 
möglich  scheint,  sie  nach  dem  Maße  ihrer  Giftigkeit  systematisch  zu  ordnen. 
Anilin  und  Phenol  äußern  die  gleiche  Giftwirkung.  Stellt  mr,  ;  die  in  den  beiden 
Reilien  in  der  gleichen  Art  gewomienen  Derivate  emander  gegenüber,  so  bemerkt 
man,  daß  in  keinem  der  einzelnen  Fälle  eine  vollständige  Übereinstimmung  zu 
erreichen  ist. 

Die  Abweichmigcn  in  den  beiden  Reihen  scheijien  hauptsächlich  ihren 
Grimd  in  dem  verschiedenen  Verlauf  der  Vergiftung  zu  haben.  Die  Ver- 
schiedenheit wird  bedingt:  1.  durch  die  Tatsache,  daß  bei  den  Aminen  im 
allgemeinen  ein  mehr  oder  weniger  hervortretender  basischer  Charakter  des 
Moleküls  vorhanden  ist,  während  die  Phenole  wie  eine  schwache  Säure  Avirken, 
und  2.  durch  den  Unterschied  der  chemischen  Funktionen,  welche  mehr  oder 
weniger  tätig  sind:  so  iist  z.B.  die  Funktion  des  Alkohols  viel  weniger  giftig 
als  die  der  primären  Amine. 


Bedeutung  des  Ringsyatems  für  die  Antipyretica.  259 

Eineu  weiteren  Beweis  dafür,  daß  es  der  aromatische  Kern  ist,  welcher 
die  antipyretische  Wirkung  macht,  hat  Oddo')  erbracht,  als  er  Triazobenzol 

untersuchte.      C^Hj  ■  N\  ii  . 

N 

Auf  Säugetiere  -svirkt  es  energisch  antipyretisch  imd  antalgisch.  Beide 
Wirkungen  entwickebi  sich  erst  nach  längerer  oder  weniger  langer  Zeit  nach 
der  Eingabe  in  den  Magen.  Es  hängt  dies  außer  mit  der  Unlöslichkeit  der  Sub- 
stanz mit  der  Umwandlung  zusammen,  die  sie  wahrscheinlich  in  dem  Ver- 
dauungskanal erfährt.  Als  Stütze  der  Annahme  kann  mau  die  Unterschiede 
in  der  wirksamen  Dosis  annehmen.  Bei  Himden  bewirken  Dosen  von  0.17  bis 
0.33  g  pro  kg  schon  beträchtliche  Temperaturemiedrigung,  Erscheinungen  all- 
gemeiner Lähmung  und  manchmal  den  Tocl.  Bei  Kaninchen  dagegen,  bei  denen 
bekannthch  die  Menge  der  Salzsäure  im  Magensafte  viel  kleiner  ist,  bewirken 
Dosen  von  0.5  g  pro  kg  Tier  keine  wahrnehmbaren  Erscheinimgen,  und  erst 
bei  1  g  pro  kg  zeigen  sich  schwere  Sj^mptome.  Bei  Fröschen  beobachtet  man 
nach  Einführung  von  Triazobenzol  konvulsivische  Bewegungen,  welche  bei 
Säugetieren  fehlen  und  außerdem  Verminderung  der  Frequenz  des  Herz- 
schlages, die  bei  Säugetieren  beträchtlich  vermehrt  ist. 

Benzamid  CgHs  •  CO  •  NH2  verhält  sich  bei  Säugetieren  als  schwaches  An- 
tipyreticum,  seine  Wirkung  zeigt  sich  schnell  und  verschwindet  wieder  schnell. 

Bedeutung  des  Ringsystems  für  die  Antipyretica. 

Nicht  allen  ringförmig  gebundenen  Körpern  kommen  antipyretische 
Eigenschaften  zu.  So  wirken  NaphthaUnderivate  gar  nicht  antipyretisch  und 
sind  auch  sonst  physiologisch  gänzlich  unwirksam.  In  dieser  Richtung  unter- 
suchte Oddo  den  Äthylester  der  a-Naphthylazoacetessigsäure 

Derselbe  wurde  bereitet  durch  Ein%Tirkuug  von  1  ilo!.  \-Diazonaphthalinehlorid  auf 
1   Mol.  der  Kaliiunverbindung  des  Acetessigesters. 

Femer  ist  auch  a-Acetonaphthalid  (aus  a-Xaphthj'lanün  und  Eisessig 
dargestellt)  physiologisch  ganz  im  wirksam.  Da  beide  Verbindungen  unwirk- 
sam sind,  so  muß  die  Inaktivität  auf  der  Anwesenheit  des  Xaphthaünkemes 
beruhen.    Auch  Phenanthren 


CH  CH 
Hc/^/NcH 

\yov\cH 
CH  a     f  ^ 

HC\yCH 
CH 

ist  ohne  jede  antipyretische  Wirkung-).   Bei  Kaninchen  ist  es  überhaupt  ohne 
jede  Wirkung. 

Während  also  die  Benzolderivate,  soweit  untersucht,  antipyretisch  wirken, 
fehlt  diese  Wirkimg  bei  den  Naphthalin-  mid  Phenauthrenderivaten  vollständig. 
Diesen  Unterschied  erklärt  Oddo  durch  die  verschiedene  Natur  der  Kerne, 
welche  den  Verbindungen  zugrunde  hegen,  nach  den  Ideen  von  E.  Bamberger 
und  A.  V.  Baeyer.  Obgleich  die  Naphthahnderivate  im  allgemeinen  chemisch 
den  Charakter  der  Benzolderivate  besitzen,  zeigen  sie  doch  verschiedene  Ab- 

')  Gaz.  Chim.  Ital.  9,   129.  -)  HS.  38,   16  (1903). 

17* 


260  Antipyxetica. 

Weichlingen.  Bamberger  nimmt  an,  daß  die  BeuzolrLnge  im  Naphthalin 
anders  konstituiert  sind  als  im  eigentlichen  Benzol  und  stellt  für  dasselbe 
eine  der  zentrischen  Benzolformel  von  Baeyer  ähnliche  Formel  auf,  mit 
potentiellen  oder  zentrischen  Bindungen  der  vierten  C-Valenzen.  Nach  dieser 
Formel  sind  im  Naphthalin  die  beiden  mittleren  C-Atome  nicht  direkt  mitein- 
ander verbunden,  sondern  äußern  je  zwei  potentielle  oder  zentrische  Valenzen. 
Da  sich  Phenanthren  vom  Naphthaün  oder  vom  Diphenyl  ableiten  läßt,  so  gilt 
dieses  auch  für  diese  Substanz.  Es  ist  tatsächlich  von  größtem  Interesse,  wie 
sich  der  chemische  Unterschied  in  den  Bindungen  zwischen  Benzol  und  Naph- 
thahn  bzw.  Phenanthren  in  der  physiologischen  Wirkung  äußert;  wir  erinnern 
bei  dieser  Gelegenheit  daran,  daß  Diphenyl  CgHj  •  CeHj  selbst  vöUig  wirkungslos 
ist,  wohl  aus  denselben  chemischen  Gründen.  Acet-p-aminodiphenyl  CHj  •  CO 
•  NH  •  C8H4  •  Cg  H5  ist  ebenfalls  unwirksam^). 

Die  antipyretische  Wirkmig  der  Benzolderivate  ist  also  vom  BenzoLkem 
abhängig,  ihre  blutzersetzende  ist  aber  ganz  unabhängig  vom  Benzolkem,  sie 
ist  ledighch  die  Funktion  der  basischen  Gruppe;  je  stärkere  basische  Effekte 
eine  solche  Substanz  auszulösen  in  der  Lage  ist,  desto  intensiver  erfolgt  die 
Zersetzung  des  Blutfarbstoffes.  Daher  wirkt  Phenylhydrazin  stärker  blut- 
schädigend als  Anihn.  Diese  blutzersetzende  Wirkung  ist  schon  eine  Eigen- 
schaft der  anorganischen  Base  (z.  B.  Ammoniak,  Diamid,  Hydroxylamin) ;  sie 
wird  durch  den  Eintritt  eines  aromatischen  Restes  iu  die  Base  nicht  tangiert, 
daher  behält  z.  B.  Anilin  diese  Grundwirkimg  des  Ammoniaks,  Phenylhydrazin 
die  des  Diamids,  Phenylhydroxylamin  die  des  Hydroxylamins.  Es  besteht  aber 
gar  kein  Zusammenhang  zwischen  der  antipyretischen  und  der  blutzersetzenden 
Eigenschaft  der  AnUinderivate ;  Beweis  hierfür  ist,  daß  die  ledighch  hydroxyUer- 
ten  Benzolderivate  entfiebem,  aber  den  Blutfarbstoff  nicht  zerstören.  Es  ist 
also  die  blutzersetzende  Eigenschaft  der  AnUinantipyretica  lediglich  Funktion 
des  basischen  Restes.  CH3 

o-o-Dimethylphenacetin  CH3  •  CO  ■  HN<^^  •  OC„H;  bildet  kein  Met- 
hämoglobin. CH3 

Diejenigen  mehrwertigen  Phenole,  die  in  Chinone  übergehen  können,  er- 
zeugen Methämoglobin,  die  anderen  nicht.  Die  mehrwertigen  Phenole  werden 
erst  zu  den  Chinonen  oxydiert  und  diese  verwandeln  das  Hämoglobin  in  Met- 
hämoglobin. Bei  den  stickstoffhaltigen  Benzolderivaten  existieren  zwei  Möglich- 
keiten, wie  sie  methämoglobinbüdend  werden  können:  erstens  durch  Oxyda- 
tion zum  Chinon,  zweitens  durch  Oxydation  zum  Hydroxylamin. 
Cl 


Tri  chlor  anilin     f  j      macht  Methämoglobinbildung,  doch  erholen  sich  die 

Tiere  von  der  Vergiftung,  während  Dichloranilin  [  J^    in  geringerer  Dosis 

schon  nach  kurzer  Zeit  letal  wirkt.  S 

CH3  ^^ 

m-XyUdinf  J        erzeugt  in  vitro  Methämoglobin,  aber  im  Hundeorganismus 

N 

nicht,  und  verhält  sich  nach  dieser  Richtung  hin  ganz  anders  als  Dichloranilin  2). 

')  H.  Hildebrandt,  Neuere  Arzneimittel,  S.  24. 

^)  W.  Heubner,  Naturforscherversammlung   1910,  II,  2.  Hälfte,  S.  466. 


Bedeutung  des  Ringsystems  für  die  Antipyretica.  261 

Substituiert  man  die  Aminogruppe  statt  mit  Acylresten  mit  Alkyl-  oder 
Arylresten,  so  erhält  man  einen  ganz  abweichenden  Wirkungscharakter. 

Dimethylanilin  wirkt  curareartig,  Monoäthylanüin  wirkt  etwas  intensiver 
als  Dimethylanilin.  BenzylaniUn  wirkt  nicht  entfiebemd,  ebensowenig  wie 
Diphenylamin,  beide  erzeugen  keine  Krämpfe*). 

Die  Toluidine  sind  heftige  Methämoglobinbildner,  ebenso  die  durch  Ein- 
führung von  Methylradikalen  in  die  Aminogruppe  des  Toluidins  entstehenden 
Derivate,  Dimethyl-o-toluidin  führt  zur  Ausscheidung  von  Oxyhämoglobin 
neben  Methämoglobinbildung.  Diese  Wirkimg  ist  durch  die  o-Stellung  der 
Methyl-  zur  Aminogruppe  bedingt.  Weder  Dimethyl-p-toluidin,  noch  Dimethyl- 
anilin zeigen  diese  Wirkung^). 

Acetyl-p-aminophenylpiperidin  CH3  •  CO  •  NH  •  C6H4  •  NCglljo  setzt  die 
Temperatur  nicht  herab,  eher  macht  es  eine  Steigerung.  0.3  g  erzeugen  starke 
klonische  Krämpfe  und  letalen  Ausgang  beim  Kaninchen.  Die  Substanz  macht 
Lähmungserscheinungen  am  Herzen^). 

*  * 

Es  erübrigt  noch  die  Besprechung  einiger  Derivate  des  Anilins,  welchen 
ein  mehr  theoretisches  Interesse  zukommt,  da  sich  an  ihnen  einige  Regeln  leicht 
demonstrieren  lassen.  FormanUid  CgHj  •  NH  •  CHO,  welches  man  beim  raschen 
Destillieren  des  Anilins  mit  Oxalsäure  erhält,  oder  beim  Behandeln  von  Anilin 
mit  Ameisensäureester,  wirkt  sehr  kräftig  antipyretisch,  analgetisch  und  lokal- 
anästhesierend *),  ist  aber  giftiger  als  Acetaniüd,  weü  es  sich  schon  durch  ver- 
dünnte Säuren  in  seine  Komponenten  zerlegen  läßt. 

Ersetzt  man  im  Anilin  den  einen  Wasserstoff  der  Aminogruppe  durch  eine 
Acetylgruppe,  den  zweiten  durch  eine  Methylgruppe,  so  erhält  man  nach 
A.  W.  Hoff  mann  Exalgin  Cjj 

C5H5     N<pQ3p^^ 

eine  Verbindung,  welche  vor  dem  Acetaniüd  keine  wesentlichen  Vorzüge  zeigt 
und  sich  auch  in  der  Therapie  nicht  behaupten  konnte,  da  sie  äußerst  giftige 
Nebenwirkungen  verursacht^).  Eine  ähnliche  Erfahnmg  hat  man  ja  auch  beim 
Phenylhydrazin  gemacht,  wo  der  Ersatz  der  beiden  reaktionsfähigen  Wasser- 
stoffe des  basischen  Restes  durch  fette  Reste  die  unangenehmen  Nebenwirkungen 
der  Grundsubstanz,  insbesondere  die  zerstörende  Wirkung  aui  den  roten  Blut- 
farbstoff aufzuheben  keineswegs  in  der  Lage  war. 

Ganz  anders  hingegen  ändert  der  Eintritt  eines  Alkarylradikals  die  Wirkung 
des  Anilins.  BenzylaniUn  CgHg  •  NH  •  CHo  •  CgHg  ist  bei  Säugetieren  fast 
wirkungslos,  wie  alle  anderen  aromatischen  Derivate  des  Anilins  und  Amino- 
phenols,  weil  die  wirksame  Substanz,  das  Anilin,  im  Organismus  nicht  frei 
gemacht  werden  kann. 

Weim  man  aus  dem  Acetanilid  und  aus  dem  Formanilid  dtirch  Reaktion 
mit  CJhloressigsäure  die  Acetamlidoessigsäure 

p  „     Tvr/CH,  ■  COOH 

und  die  Formanilidoessigsäure 

PH     TVT^CH,  ■  COOH 
^8^5  •  ^  ^cHO 

M  Vittinghuf,  Diss.  Marburg  (1895). 

')  H.  Hildebrandt,  Münchener  med.  Wochenschr.   1906,   1327. 

=)  BB.  21,  2286  (1888).  *)  Therap.  Monatshefte  1894,  284. 

^)  Dujardin- Beaumetz  und  Bariet,  C.  r.  1889,  18,  III.  —  BuU.  gen.  de  ther. 
1889,  58,  346.  —  Schädliche  Nebenwirkungen  wurden  von  Hepp,  Nouveaux  remedes  1889, 
562  konstatiert.  —  Tierversuche:  Einet,  Plev.  m6d.  Suisse  Bomande  1899,  Nr.  4,  187. 


262  Antipyretica. 

erhält,  so  bekommt  mau  wegen  der  Gegenwart  der  Säure  bzw.  weil  man  die 
Base  eigentlich  nur  in  eine  Säure  vei-wandelt  hat,  tlierapeutisch  unwirksame 
Verbindungen.  Acetanilidoessigsäure  venirsacht  in  Dosen  von  4  g  beim  Men- 
schen keine  Störungen.  Ebenso  unwii'ksam  ist  Acetanilidosalicylsäurei).  Form- 
anUidoessigsäure  bleibt  aber  wegen  der  leichten  Abspaltbarkeit  des  Ameisen- 
säurerestes etwa  so  giftig  wie  Formanilid,  ist  aber  therapeutisch  in  bezug  auf 
Antipyrese  unwirksam.  Die  Ursache  der  therapeutischen  Unwirksamkeit  der 
beiden  substituierten  Essigsäuren  liegt  in  der  großen  Beständigkeit  der  beiden 
Substanzen,  welche  durch  die  Verwandlung  in  saure  Körper  bedingt  ist.  Im 
Harn  kann  man  keine  p-Aminophenolreaktion  nach  Darreichung  der  Acetani- 
lidoessigsäure beobachten,  ein,  wie  ■wir  später  sehen  werden,  sicherer  Beweis 
für  den  Umstand,  daß  diese  Substanz  im  Oi'ganismus  keine  Veränderimgen  er- 
leidet imd  ihn  daher  auch,  ohne  gewirkt  zu  haben,  passiert. 

Aus  demselben  Grunde  muß  die  Sulf o verbind img  des  Acetauiüds  lui- 
wirksam  sein. 

Diese    Verbindimg    C5H.,<^„„  .vr  ^lA    Cosaprin-)    genamit,    wird    dargestellt 

durch  Erhitzen  von  p-sulfanilsaurem  Natrium  mit  Eisessig.  Zu  dem  gleichen  Körper  kann 
man  gelangen,  wemi  man  Kernhalogensubstitutionsprodukte  des  Acetanilids,  seiner  Homo- 
logen und  Substitutionsprodukte  m  einem  geeigneten  Verdünnungsmittel  im  Autoklaven 
bei  1 50 — 200  "  mit  saurem  oder  neutralem  schwef Ugsauren  Natron  behandelt.  Die  Reaktion 
verläuft  nach  der  Gleichimg 

NH  •  CO  .  CH. 

BrNa-|-[' 
Br  +  NaSOsNa  S  OjNa 

Ebenso  kann  man  die  freie  Acetanilidsulfosäme  imd  deren  Homologen  darstellen  und 
abscheiden,  wenn  man  Acetanüid,  Acet-p-sylid  mit  rauchender  Schwefelsäure  behandelt, 
auf  30 — 40°  erwäiTnt,  bis  eine  Probe  in  Alkali  klar  löslich  ist.  Beim  Eingießen  in  wenig 
Eiswasser  fallen  die  Ki'ystalle  des  Sulfoproduktes  aus,  die  man  nun  in  wenig  wajmem  Weisser 
löst  und  durch  Eintragen  von  raucliender  Schwefelsäiu'e  und  Abkühlen  zur  Ivrystallisation 
Ijringt.    Dieser  Körper  ist  hygroskopisch  imd  in  Wasser  leicht  löslich. 

Cosaprin  ist  vollkommen  unschädlich,  mid  nach  den  vorliegenden  Angaben 
ist  höchstens  die  kurze  Dauer  der  Wirkungen  unvorteilhaft^).  Aus  den  ange- 
führten Gründen  halten  wir  diesen  Körper  sowie  die  entsprechende  Phenacetin- 
verbindimg  für  ganz  unwirksam;  wenn  man  Wirkungen  überhaupt  erzielt,  so 
kann  es  sich  nur  um  Beimengmigen  eines  anderen,  aber  wirksamen  Körpers 
handeln.  Die  Wirkung  einer  solchen  A'erbindung  stünde  ohne  jede  Analogie 
da.  Von  einer  Abspaltung  des  wirksamen  Anilins  aus  dieser  Substanz  innerhalb 
des  Organismus  kann  ja  keine  Rede  sein.  (Nach  kurzer  Zeit  ist  diese  Substanz 
auch  tatsächlich  vom  Ärzneimittehnarkte  verschwimden.) 

Durch  Einführung  der  SuLtogrui^pe  in  die  co-Stelhuig  des  Acetanüids  und 
dessen  Substitutionsprodukte  gelangt  man  zu  leicht  löshchen  Derivaten,  die 
gute  antipyretische  Wirkungen  angeblich  haben  sollen,  die  aber  nie  verwendet 
wurden! 

Um  diese  Körper  zu  gewinnen,  erhitzt  man  molekulare  Mengen  von  M-CWoracet- 
iinilid  mit  Natrimnsulfit  in  wässeriger  Lösung  zum  Kochen,  aus  dem  Filtrat  krystallisiert 
teim  Erkalten  das  Natrimnsalz  der  co-Acetanilidsulfosäure  CjHj  •  NH  •  CO  •  CHj  •  SOjNa. 
Das  notwendige  co-Halogenacetanilid  erhält  man  durch  Behandeln  des  monochloressig- 
sauren  Anilins  mit  Phosphorsäureanliydrid*). 

')  Deutsche  med.  Wochenschr.   1891,  Nr.  47.  —  AePP.  2«,  310. 
-)  Hoffraann-La  Roche,  Basel,  DRP.  92  796. 
,1  Therap.  Monatsheft«  1897.   428.         ")  Bayer,  Elberfeld,  DRP.  79  714,  84  654. 


Bedeutimg  des  Ringsystems  für  die  Aiitipyi-etica.  263 

Wenn  man  auf  Aminoerotonsäureanilid  Essigsäureanliydrid  einwirken  läßt^),  eihült 
man  einen  sehr  beständigen,  stark  basischen  Körper,  welcher  aber  nicht  das  erwartete 
Aoetylaminocrotonsäureanilid  ist.  Der  Körper  wirkt  antipyretisch.  Nähere  iVngaben  liegen 
nicht  voi'. 

Läßt  man  Chlorameisensäureester  auf  Aniliii  einwirken,  so  erhält  mau 
nach  der  Gleichung  CeHs  •  NH.  +  CICO  •  O  •  CHs  =  C^Hs  •  NH  •  CO  •  O  •  C^Hs 
+  HCl  Phenylurethan,  welches  den  Phantasienameu  Euphorin  erliielt. 

In  seiner  antipyretischen  Wirkung  sehr  schwankend,  macht  Euphorin  keine 
Methämoglobinbildung,  hat  aber  erhebliche  antiseptische  Wirkungen.  Es  hat 
einen  angenehmen  zarten  aromatischen  Geruch.  Es  besitzt  keine  Vorzüge  vor 
den  antipyretischen  Standardjjräparaten  luid  konnte  sich  neben  ihnen  nicht 
behaupten.  Während  der  Apyrexie  soll,  anscheinend  durch  den  Äthylrest, 
Euphorie  auftreten. 

Phenylurethan,  1874  von  Weddige  dargestellt,  wurde  von  Giacosa-)  aus 
dem  Grunde  ph.ysiologisch  untersucht,  weil  er  eine  Beeinflussmig  der  Phenyl- 
gruppe  durch  die  Äthylgruppe  zu  erzielen  hoffte,  ähnlich  wie  im  Urethan 
der  Einfluß  der  Äthylgruppe  auf  die  NH^-Gruppc  sich  kundtut.  Urethan 
(Carbaminsäureäthylester  NH,  •  CO  •  C2H5)  wurde  von  0.  Schmiedeberg 
als  Schlafmittel  empfohlen.  Als  Urethanabkömmling  wirkt  Euphorin  (Phenyl- 
urethan) in  großen  Dosen  lähmend  auf  das  Nervensystem,  in  mittleren  hemmt 
es  die  Stoffwechselvorgänge.  Das  Herz  wird  nicht  in  schädlicher  Weise  be- 
einflußt. Die  Lähmungserscheiiiungen,  welche  sich  bei  Fröschen  nach  In- 
jektion kleiner  Dosen  zeigen,  sind  zentralen  Ursprungs,  analog  denjenigen  bei 
akutem  Alkoholismus.  Die  antipyretische  Wirkung  beim  Menschen  hängt  von 
der  Erweiterung  der  peripheren  Gefäße  ab. 

Phenylurethan  erhöht  beim  Gebrauch  die  gejiaarten  Sulfate  im  Harn  mid 
wird  zum  kleinen  Teil  als  p-Oxyphenylurethan  ausgeschieden,  welch  letzteres 
weniger  giftig  ist  als  die  eingeführte  Muttersubstanz.  Es  erfolgt  hier  also 
ein  ganz  analoger  Entgiftungsprozeß,  wie  wir  ihn  beim  Anilin  kennengelernt 
haben,  welches  nach  Schmiedeberg  zit  p-Aminophenol  im  Organismus  oxy- 
diert wird  und  hierbei  an  Giftigkeit  einbüßt. 

Während  das  Methylsubstitutionsprodukt  des  Acetanilids  (Exalgin)  ein 
heftiges  Gift  darstellt,  das  epileptische  Konvulsionen,  maniakalische  Anfälle, 
Zittern  der  Glieder,  Cyanose  und  Kollaps  hervorruft,  ist  das  Methylsubstitutions- 
produkt des  Phenylurethaus ,  Methyleuphorin  CgHs  •  NCH3  •  CO  •  O  •  CoHj ,  ein 
fast  indifferenter  Körper.  Nach  Einnahme  dieser  Substanz  gibt  der  Harn 
nach  Kochen  mit  Schwefelsäure  direkt  die  Indophenolreaktion. 

Durch  Einführung  der  Carboxylgruppe  wird  die  Anilinwirkung  vernichtet : 

0 PO  OTT 
lähmt    bei    Fröschen 

das  Zeutrabiervensystem^).  Bei  Warmblütern  ist  sie  unschädlich  oder  ohne 
sichtbare  Wirkung,  tritt  im  Harn  unverändert  auf,  verursacht  aber  bei  Men- 
schen und  Hunden  Glykosurie,  nicht  aber  beim  Kaninchen.  Durch  Einführung 
der  Carboxylgruppe  wird  die  AniUii Wirkung  vernichtet. 

Acetylanthranilsäuremethylester  '^6H(i<poo  .  CH  ^  (2)  wirkt  wie  Anthra- 
nilsäure  und  wird  im   Organismus  in  Anthranilsäuremethylester  verwandelt. 

Methylanthranilsäuremethylester     C,H,<^^q  .^^«J^j    ^^""kt  ebenfalls  so, 

wird  aber  im  Organismus  nicht  zerlegt. 

1)  DRP.   73  155.  -)  Ann.  di  chim.  e  farin.   1891,  Febr.  74. 

')  H.  Kloist,  Bericht  von  Schimmel   &  Co.,  Miltitz  bei  Leipzig,  1903. 


264  Antipyretica. 

Acet.ylmethylanthranilsäuremethylester 

„„/NCOCHj  (1) 
^«    ^^COO    CHj      (2) 

wirkt  wie  Methylauthranilsäuremethylester,  aber  rascher,  verursacht  bei 
Hunden  keine  Glykosurie  imd  ist  wirkungslos,  bei  Kaninchen  aber  erzeugt  tr 
Glykosurie,  leichte  Nekrose,  Lähmung  des  Zentrahiervensystems  bei  größeren 
Dosen.    Im  Organismus  wird  die  Acetylgruppe  abgespalten. 

p-Aminopheuolderivate. 

Der  nächste  große  Fortschritt  auf  dem  Gebiete  der  synthetischen  Anti- 
pyretica wurde  dxu-ch  das  Studium  der  Stoffwechselprodukte  des  AcetanUids 
hervorgerufen  (s.  S.  254).  Während  die  Entdeckung  der  antipyretischen  und 
antineuralgischen  Wirkung  des  AcetanUids  eine  mehr  zufäUige  war,  war  das 
Studium  der  verschiedenartigen  Derivate  des  Acetanilids  etwas  Bewußtes  und 
Beabsichtigtes.  Die  synthetische  Chemie  suchte  nach  anderwärts  erprobten 
Analogien  oder  nach  neuen  Gesichtspxmkten,  die  sich  aus  physiologisch-che- 
mischen Kenntnissen  ergaben,  aus  dem  als  Ausgangssubstanz  so  bUUgen  Anilin 
neue  Körper  zu  schaffen,  denen  wohl  die  antipyretischen  und  antineuralgischen 
Eigenschaften  des  Acetanilids  eigen,  die  aber  frei  wären  von  jener  verderblichen 
Wirkung  des  Acetanilids  auf  die  roten  Blutkörperchen. 

Nun  war  aus  den  Untersuchungen  von  0.  Schmiedeberg^)  bekannt, 
daß  der  Organismus  Anilin  in  der  Weise  verändert  und  entgiftet,  daß  er  es  in 
der  p-Stellung  oxydiert;  aus  dem  Anilin  entsteht 

Anilin  p-Aminophenol 

OH 


p-Aminophenol.  Auf  dieser  Gnmdbeobachtung  beruht  die  Synthese  verschie- 
denartiger p-Aminophenolderivate ,  in  welcher  Gruppe  wohl  Phenacetin^) 
die  größte  Bedeutung  erlangt  hat.  p-Aminophenol  erweist  sich  schon  als  weit 
ungiftiger  als  Anilin,  aber  auch  dem  p-Aminophenol  kommt  noch  eine,  wenn 
auch  weit  weniger  intensive  Einwirkung  auf  die  roten  Blutkörperchen  zu ;  auch 
die  Verfütterung  von  p-Aminophenol  führt  zu  Methämoglobinbildung.  Die  Ab- 
schwächung  des  p-Aminophenols  durch  Einführung  einer  Acetylgruppe  in  den 
basischen  Rest  nach  Analogie  des  AcetanUids  hatte  noch  immer  nicht  die  ge- 
wünschte Wirkung ä).  Das  frei  werdende  p-Aminophenol  war  auch  in  der  Lage, 
schädliche  Wirkungen  auszuüben.  Man  sah  sich  daher  genötigt,  auch  das  freie 
Hydroxyl  des  p-Aminophenols  durch  Acyl-  oder  Alkylreste  zu  schließen.  So 
wiu'de  Diacetyl-p-aminophenol  CH3  •  CO  •  NH  •  C6H4  •  0  •  CO  •  CH3  dargestellt, 
welches  schon  viel  weniger  unangenehme  Nebenwirkungen  zeigt  als  p-Amino- 
phenol. Aber  einige  seiner  Nebenwirkungen  lassen  es  in  seinen  therapeutischen 
Effekten  hinter  dem  Phenacetin  rangieren.  Es  ist  nun,  nach  dem  im  aUgemeinen 
TeU  Ausgeführten,  von  vornherein  klar,  tlaß  die  Variationsmöglichkeiten  beim 
p-Aminophenol  um  so  mehr  anwachsen,  als  man  einerseits  die  Aminowasser- 
stoffe  durch  verschiedene  Acyl-  imd  Alkylreste,  anderseits  den  Hydroxylwasser- 
stoff  sowohl  durch  Acylreste  als  auch  durch  Alkj'lreste  ersetzen  kann.    Es 

1)  AePP.  8,   1.        -)  Hinsberg  und  Käst,  Zentralbl.  f.  med.  Wissensch.  1887,   145. 
")  Therap.  Monatshefte   1893,  577. 


p-Aininophenoldorivate.  265 

hat  wahrlich  an  den  verschiedensten  Versuchen  dieser  Ai't  nicht  gefehlt.  Da 
der  Hauptsache  nach  nur  das  im  Organismus  sich  abspaltende  p-A  nii  no  phe  nol 
das  Wirksame  in  allen  diesen  Präparaten  ist,  so  haben,  mutatis  mutandis,  alle 
sieh  vom  p-Aminophenol  ableitenden  Verbindungen,  welche  nach  dem  eben  aus- 
geführten Schema  aufgebaut  sind,  nach  Maßgabe  des  sich  abspaltenden  p-Amino- 
phenols  identische  Wirkungen.  Ersetzt  man  nun,  wie  es  Mering  getan,  im 
p-Aminophenol  oder  im  Acetylaminophenol  die  substituierbaren  Wasserstoffe 
durch  Propionyl-  oder  Butyrylreste,  so  erhält  man  gleichartig  wirkende  Sub- 
stanzen, welche  jedoch  wegen  ihrer  ungemein  schweren  Löslichkeit  niu:  sehr 
langsam  zur  Wirkung  gelangen  und  daher  vor  dem  Standardpräparat  dieser 
Reihe,  dem  Phenacetin,  keine  Vorzüge  besitzen.  Wird  im  Acetyl-p-amino- 
phenol  der  Hydroxylwasserstoff  durch  eine  Methylgruppe  ersetzt,  so  gelangt 
man  zum  Methacetin^),  wird  der  Hydroxylwasserstoff  durch  eine  Äthylgruppe 
ersetzt,  so  erhält  man  Phenacetin. 

Pheneticün  ist  p-Aminoäthoxyphenol ,  es  ist  die  Ausgangssubstanz  für 
Synthesen  einer  Reihe  von  antipyretischen  Mitteln,  von  denen  sich  einige  das 
Bürgerrecht  in  der  Pharmakotherapie  erworben  haben. 


Inisidin 

Phenetidin 

Metbacetin 

Phenacetin 

OCH3 

0- 

0  •  C2H, 

0  • 

OCH3 

0 

0  •  CHs 

0 

NH.. 

NH, 

NH    CO    CH, 

NH  ■  CO    CH. 

Für  diese  Phenetidinverbinduugen  sowie  für  alle  Derivate  des  Anilins 
stimmt  die  Harnacksche  Theorie,  daß,  je  stärker  eine  Verbindung  dieser 
Reihe  substituiert,  d.  h.  mit  je  mehr  oder  mit  je  längeren  Seitenketten,  desto 
weniger  giftig  ist  sie,  während  die  einfacheren  Verbindungen  viel  zu  heftig 
und  viel  zu  rapid  wirken,  um  gefahrlos  als  Antipyretica  dienen  zu  köimen. 
Aber  die  Seitenketten  müssen  gewisse  Eigenschaften  haben.  Sie  müssen  im 
Körper  angreifbar  sein,  damit  die  Verbindung  keinen  zu  starren  Charakter  ge- 
winne und  allmählich  die  einfachere  aus  der  komplizierteren  im  Organismus  her- 
vorgehe. Es  wurde  von  einer  Seite  zwar  behauptet,  daß  es  nicht  p-Amino- 
pheuol  sei  bzw.  Anilin,  welches  die  antipyretische  Wirkimg  des  Antifebrin 
und  Phenacetin  bedinge,  sondern  daß  es  die  Gruppe  NH  •  CO  •  CH3  sei,  auf 
welche  es  bei  der  Antipyrese  ankomme.  Aber  0.  Liebreich  zeigte  schon  1888, 
daß  diese  Aimahme  ganz  unrichtig  ist.  So  enthält  /J-Acetylaminosalicylsäure 
OH  •  C6H3(NH  •  CO  •  CH3)  •  COOH  diese  Gruppe  und  außerdem  noch  Salicyl- 
säure,  welche  ja  an  und  für  sich  schon  antipyretisch  wirkt.  Trotzdem  hat 
dieser  Körper  eine  kaum  merkliche  Einwirkung  auf  die  Temperaturerniedrigung. 

Freies  Phenetidin  ist  naturgemäß  viel  giftiger  als  acetyHertes  (Braatz 
und  Henck).  Es  eignet  sich  auch  weder  frei  noch  als  Salz  in  der  Therapie  und 
kann  mit  dem  Phenacetin  durchaus  nicht  konkurrieren.  In  kleinen  Mengen 
erzeugt  es  Nephritis^). 

Phenacetin,  der  wichtigste  Repräsentant  dieser  Gruppe  und  der  erste 
Körper,  der  aus  dieser  Gruppe  in  die  Therapie  eingeführt  wurde,  wird  nach 
folgenden  Methoden  dargestellt: 

Man  Ring  ursprünglich  vom  p-Nitrophenol  aiis,  welches  man  mittels  Halogenäthyl 
in  den  p-Nitrophenoläthyläther  verwandelte.    Durch  Reduktion  dieses  Äthers  gel^ingt  man 

^)  Empfohlen  von  Mahnert,  Wiener  klin.  Wochenschr.  1889,  Nr.  13,  und  Wiener 
med.   Blätter   188»,  Nr.  28  und  29.  ^)  Therap.  Monatshefte  1888,  358;  1893,  580. 


266  Antipyretica. 

zum  Phpnetidin,  rl.  i.  p-Aminopheiiolnthyläther.    Diircli  Koc)ion  mit  Eisessig  orliält  man 
das  Acetylderivat :  Pheuacetiii. 

Technisch  wurde  vielfacli  folgendes  Verfaliren  angewandt.  p-Nitrophenol  läßt  sich 
nicht  in  guter  Ausbeute  erhalten  und  schwer  rein  darstellen.  Man  diazotiert  p-Amino- 
phenetol  OCH 


NH, 

behandelt  das  Diazoderivat  mit  Phenol  und  Soda,  wobei  sich   Athyldioxyazobenzol 

O    CsHj       OH 


I 

N  N 

quantitativ  abscheidet.     Dieses  führt  man  nun  durch    Äthylieren   in   das  symmetrische 
Diäthyldioxyazobenzol 


über.  Wenn  man  nvm  diesen  Körper  mit  Zinn  und  Salzsäm'e  reduziert,  so  erhält  man  2  Mol- 
Phenetidin,  von  denen  das  eine  acetyliert  wird  imd  Phenacetin  liefert,  während  das  andere 
wieder  zur  Darstellung  einer  neuen  Menge  Phenetidin  dient. 

Täuber  empfahl  eine  Methode,  bei  welcher  zuerst  Acet-p-aminophenol  dargestellt 
wird,  welches  dann  mit  äthylschwefelsaurem  Kali  erhitzt,  direkt  Phenacetin  gibt  ^).  Selbst- 
redend kann  man  nach  den  gleichen  Methoden  zum  Methacetin  gelangen;  es  \viiA  bei 
denselben  Prozessen  nur  methoxyliert  statt  äthoxyliert. 

Acetaminophenolallyläther  wurde  von  Fr.  Uhlmann  als  Hypnoticum 
empfohlen.  Es  ist  in  bezug  auf  Antipyrese  dem  Phenacetin  überlegen,  doch 
wird  nur  ein  Viertel  der  Phenacetindose  toleriert.  Im  Harne  wird  p-Amino- 
phenol  ausgeschieden.  In  \atro  macht  es  Hämolyse  und  MethämoglobinbUdvmg. 
Mit  Dial  kombiniert,  zeigt  es  eine  Potenzierung  der  Wirkung.  Ein  Gemisch 
beider  wird  Dialacetin  genannt  2). 

Acvlderivate  des  p-Aminophenylallyläthers  erhält  man  durch  Einwirkimg  aliphatischer 
Säuren,  von  Säureanliydriden  oder  Säurehalogeniden  gegebenenfalls  in  Gegenwart  geeig- 
neter Verdünnungs-  oder  Kondensationsmitt«l  auf  p-Amiuophenylallyläther. 

Beschrieben  sind:  p-Acetaminophenolallyläther,  Lactylaminophenolallyläther,  Iso- 
valeryl-p-aminophenolallyläther,  a-Bromisovaleryl-p-aminophenolallyläther.  Die  Verbin- 
dimgen  sind  angeblich  kräftige  Schlafmittel,  die  mit  der  schlafmachenden  sedative  und  anti- 
neuralgische Eigenschaften  vereinigen^). 

Es  ist  ein  charakteristisches  Zeichen  für  die  ganze  Gruppe  der  sich  vom 
Anilin  oder  p-Aminophenol  ableitenden  Körper,  daß,  wenn  sie  in  den  Organis- 
mus gelangen  und  wirksam  sind,  der  Harn  die  Indophenolreaktion  gibt.  Diese 
wird  in  der  Weise  ausgeführt,  daß  man  zum  Harn  2  Tropfen  Salzsäure  und 
2  Tropfen  von  einer  Iproz.  Natriuranitritlösung  zusetzt,  wodurch  Phenetidin 
diazotiert  wird.  Setzt  man  nun  eine  alkalisclic  a-Naphthollösung  zu,  so  kuppelt 
sich  die  Diazoverbindimg  mit  a-Napthol  und  es  entsteht  eine  Rotfärbmig,  die 
beim  Ansäuern  mit  Salzsäure  einer  Violcttfärbung  Platz  macht.  Wenn  Anilin- 
und  Phenetidindcrivate  im  Tierversuch  beim  Verfüttern  keine  Antipyrese  er- 
zeugen, so  läßt  sich  auch  immer  zeigen;  daß  der  Harn  keine  Indophenolreaktion 
gibt.    Bei  starker  Antipyrese  bekommt  man  starke  Indophenolreaktion,  bei 


1)  DRP.  85  988.  2)  Schweiz,  med.  Wochenschr.   50,  171   (1920). 

')  Ciba,  DBP.  310  967. 


p-Aminophenolderivate.  267 

schwacher  AntipjTese  eine  geringe  Indophenolreaktion.  G.  Treupel  inid 
0.  Hinsbergi)  formulierten  daraus  das  Gesetz:  die  antipyretische  Wirkung  der 
Anilin-  luad  p-Aininophenoldcrivate  ist,  soweit  es  sich  übersehen  läßt,  innerhalb 
gewisser  Grenzen,  der  Menge  des  im  Organismus  abgespaltenen  p-Aminophenol 
oder  p-Acetylaminophenol  proportional  oder  annähernd  proportional.  K.  A.  H. 
Mörner^)  hat  gefunden,  daß  ein  kleiner  TeU  des  eingeführten  Phenacetins  als 
Acetyl-p-aminophenolätherschwefelsäure  ausgeschieden  wird,  ein  Teil  wahr- 
scheinlich als  Phenacetin  und  ein  TeU  in  einer  linksdrehenden  Verbindung, 
wahrscheinlich  als  gepaarte  Glykuronsäure. 

l  Der  Satz,  daß  bei  den  Verbindungen  der  Anüin-  und  p-AmiuoiihenoIgrujJpe 
(AnUinderivate  imd  p-Aminophenolderivate,  die  im  Benzolkem  nicht  weiter 
substituiert  sind),  das  Zustandekommen  der  antipyi-etischen  Wirkung  mit  dem 
Auftreten  von  p-Aminophenol  oder  einem  N-Acyl-p-aminophenol  im  Organismiis 
verknüpft  ist,  hat  sich  weiterhin  bestätigt,  als  Treupel  und  Hinsberg  ihre 
Untersuchungen  auf  andere  Verbindungen  derselben  Gruppe  ausdehnten.  Alle 
echten  Äntipyretica  und  Antalgica  diese  Reihe  spalten  im  Organismus  p-Amino- 
phenol oder  Acylaminophenol  ab.  Dagegen  zeigt  der  Harn  nach  Eingabe 
antipyretisch  imwirksamer  Präparate  dieser  Gruppe  niemals  eine  Indophenol- 
reaktion. Die  Wirkimgen  eines  Präparates  variieren  hinsichtlich  der  Intensität 
bei  verschiedenen  Individuen  stark.  Treupel  und  Hinsberg  untersuchten 
folgende  Verbindimgen : 

O  .  C*  TT 

Dulcin  C5H4<jj^  2   5  ^_^^      jg^     200  mal    süßer    als    Rohrzucker,   wirkt 

antipyretisch,  ohne  Nebenwirkimgeu. 

Lactylaminophenoläthylcarbonat  wirkt  antipyretisch  und  erzeugt  die 

„  „  /^O  ■  CO  •  O   CjH; 
^«"'^NHCOCHCH. 

\ 
OH 

nämlichen  toxischen  Erscheinungen  wie  Phenacetin  und  Methacetin,  in  gleichen 
Dosen  verabreicht.  Die  narkotischen  Wirkungen  aber  sind  geringer.  Die  Zer- 
legung im  Organismus  erfolgt  langsamer. 

Acetaminophenolbenzoat  wirkt  schwächer  als  Phenacetin,  die  Zerlegung 

„  „  ^O   CO    CjHs 
,  ,  ^  ,  ^«"«^OH  ■  CO    CH, 

erfolgt  langsamer. 

Acetäthylaminophenolacetat  erzeugt  Rauschzustand  mit  Taumehi,  ähnlich 

p  „  ^O  ■  CO   CHs 
^«Ö4^N  ■  CO    CH3 

I 

C0H5 

wie  Äthylphenacetin,  nur  verläuft  der  Rauschzustand  viel  rascher  als  bei  jener 
Verbindung  und  die  narkotische  Wirkmig  tritt  mehr  ziunick.    Beim  Menschen 
ist  es  nur  schwach  antipyretisch  wirksam.  Dagegen  sind  antineuralgische  und 
wahrscheinlich  auch  narkotische  Eigenschaften  vorhanden. 
Oxyphenacetinsalicylat 

p  „  ^O    CM,    O  ■  CO    CgH,    OH 

^6^«^NH  'CO    CH3 

wird  im  Organismus  in  Saücylsäure  und  wahrscheinlich  Oxyphenacetin  ge- 
spalten, welches  dann  ähnlich  dem  Phenacetin  in  Acetamüiophenol  übergeht. 
Der  Harn  gibt  Indophenol-  und  Saücylsäurereaktion.    Mit  den  supponierten 

1)  AePP.  33,  216.  -)  HS.   13,   12  (1889). 


268  Antip3Tetioa. 

Spaltungsprodukten  stimmen  auch  die  sonstigen  physiologischen  Eigenschaften, 
namentlich  die  schwach  narkotische  Wirkung,  zusammen.  Beim  Menschen  ist 
es  nur  unbedeutend  antipyretisch  wirksam,  weil  es  relativ  langsam  zerlegt 
und  die  Anhäufung  der  Spaltungsprodukte  verhindert  wird.  Dagegen  besitzt 
es  antineuralgische  und  antirheumatische  Eigenschaften^). 

Es  wird  durch  Erliitzen  von  Chlor-  oder  Bromphenacetin  mit  Natriumsalicylat 
gewonnen^). 

Eine  Regelmäßigkeit  ergibt  sich  bei  den  in  der  Hydroxylgruppe  acylierten 
Aminophenolen : 

^NH  •  CO  •  CH  ■  CH3 

Diese  Verbmdungen  scheinen  sich  im  tierischen  Organismus  etwas  lang- 
samer zu  spalten  als  die  Alkyläther  der  N-Acylaminophenole  (Phenacetin,  Lac- 
tophenin).  Femer  ist  der  physiologische  Koeffizient  der  in  die  Hydroxylgruppe 
eintretenden  Acylgruppen  anscheinend  weit  kleiner  als  derjenige,  der  an  gleicher 
Stelle  eintretenden  Alkylgruppen. 

Die  chemisch  recht  weit  auseinanderliegenden  Verbindungen 

(^g^OCOOCÄ  ^OCO-OC^Hj 

^e^^^NHCOCHj  '^'^''"-         «    '^NH  •  CO  •  CH    CH3 

A     n  xr  ^O    CO  •  CoHs  OH 

und     C6H4<NH.C0.CH3 

stehen  einander  physiologisch  noch  recht  nahe,  namentlich  in  bezug  auf  anti- 
pyretische und  antineuralgische  Eigenschaften,  während  die  chemisch  nur  durch 
eine  CHj-Gruppe  unterschiedenen  Verbindungen 

^6^4'^NH  •  CO  ■  CH,      """       ^«***^NHC0CH3 

schon^  beträchtliche  physiologische  Differenzen  aufweisen. 

Die  Wirkung  der  Substitution  von  Hydroxyl-  und  Amiuowasserstoff  im 
p-Aminophenol  ist  die  folgende :  Acetammophenol  hat  kräftige  antipyretische, 
antineinralgische  und  wahrscheinlich  schwach  narkotische  Eigenschaften.  Sub- 
stitution des  Wasserstoffes  der  Hydroxylgruppe:  1.  Durch  Methyl-:  Die  anti- 
pyretische und  antineuralgische  Wirkung  wird  etwas  verstärkt.  Geringere 
Methämoglobinbildung  im  Blut.  2.  Durch  Äthyl-:  Die  antipyretische  Wirkung 
bleibt  erhalten.  Die  narkotische  Wirkung  wird  verstärkt.  Viel  geringere 
Methämoglobinbildung  im  Blut.  3.  Durch  Propyl- :  Die  antipyretische  Wirkung 
bleibt  erhalten,  eher  etwas  schwächer.  Methämoglobinbildung  im  Blut  ist  ver- 
ringert, aber  stärker  als  bei  Methyl-  und  Äthyl-.  4.  Durch  Amyl-:  Die  anti- 
pyretische Wirkung  wird  verringert. 

Das  Maximum  der  antipyretischen  und  antineuralgischen  Wirksamkeit 
liegt  bei  der  Methylgruppe,  die  geringste  Giftigkeit  bedingt  die  Äthylgruppe. 
Die  antipyretischen  Eigenschaften  nehmen  mit  steigender  Größe  der  substi- 
tuierten Alkylgruppen  ab. 

Bei  der  Substitution  des  Wasserstoffs  der  Imidgruppe:  1.  durch  Äthyl-: 
sind  die  antipyretischen  und  narkotischen  Eigenschaften  nahezu  gleich  Null. 
MethämoglobinbUdung  ist  im  Blut  nicht  nachweisbar. 

Bei  der  Substitution  des  Wasserstoffs  der  OH-Gruppe  bei  gleichzeitiger 
Besetzung  des  Wasserstoffs  der  OH-Gruppe  (durch  Äthyl): 

1)  Zentralbl.  f.  inn.  Med.   1897,  Nr.  U.  '')  DBF.  88  950. 


p-Aminophenolderivate.  269 

1.  Durch  CH3 .  Beim  Hunde:  Die  narkotische  Wirkung  wird  sehr  verstärkt, 
die  Methämoglobinbildung  im  Bhit  vermindert. 

Beim  Mensehen:  Die  narkotische  Wirkung  wird  verstärkt,  die  antineural- 
gische Wirkung  ebenfalls  verstärkt,  die  antipyretische  Wirkung  bleibt  erhalten. 
Es  tritt  Eeizwirkung  auf  Magen  und  Nieren  ein. 

2.  Durch  C2H5  .  Beim  Hunde :  Die  narkotische  Wirkung  wird  sehr  verstärkt, 
die  Methämoglobinbildimg  im  Blut  vermindert. 

Beim  Menschen:  Antipyretische  und  antineuralgische  Wirkungen  bleiben 
erhalten. 

3.  Durch  C3H-  .  Beim  Hunde :  Die  narkotische  Wirkimg  ist  im  ganzen 
geringer  als  bei  Äthyl  und  Methyl,  dabei  ist  der  Ablauf  rascher,  beim  Menschen 
im  ganzen  geringer. 

4.  Durch  C5H11  .    Die  narkotische  Wirkmig  ist  sehr  gering. 

Das  Maximum  der  narkotischen  umd  antineuralgischen  Wirkung  liegt  bei 
Methyl-  (beim  Hunde  ist  die  Äthylgruppe  ebenso  wirksam).  Das  Maximum 
der  antipyretischen  Wirkung  liegt  bei  Methyl-  imd  Äthyl-.  Die  geringste  Giftig- 
keit besitzt  Äthyl. 

Die  narkotischen  und  wahrscheinlich  auch  die  antineuralgischen  Eigen- 
schaften nehmen  vom  Äthyl-  an  mit  steigender  Größe  der  Alkylgruppe  an 
Stärke  ab^). 

Der  Komplex  der  physiologischen  Wirkung  selbst  besteht  aus  der  Wirkung 
der  eingegebenen  Substanz  selbst,  plus  der  Wirkung  ihrer  Zersetzungsprodukte 
im  Organismus.  Phenacetin  ist  wenig  giftig,  weil  es  sich  langsam  in  Acetamino- 
pheuol  und  Äthylalkohol  spaltet. 

Acetyl-o-phenetidid  q  .  q-q 

/N>fH  •  CO   CH3 

wirkt  in  mittleren  Dosen  antipyretisch,  wie  die  entsprechende  p-Vertindung ; 
es  ist  aber  bedeutend  giftiger  als  Phenacetin. 

Die  vom  Anilin  abstammenden  Antipyretica  gehen  denmach  im  Organismus 
in  solche  Derivate  des  p-Aminophenols  über,  welche  beim  Kochen  mit  Säuren 
leicht  freies  Aminophenol  abspalten.  Exalgin  und  Pyrodin  tun  es  auch.  —  Das 
Zustandekommen  der  antipyretischen  Wirkimg  bei  diesen  Körpern  ist  mit  der 
Büdimg  von  p- Aminophenol  oder  Acetaminophenol  im  Organismus  verknüpft^). 
Es  wurde  festgestellt,  daß  p-Aminophenol  (in  Form  eines  organischen  Salzes 
versucht)  und  Acetaminophenol  beträchtliche  antipyretische  und  auch  antal- 
gische  Wirkungen  besitzen.  Wurden  die  beiden  Wasserstoffatome  der  Gruppen 
NH  imd  OH  im  Acetaminophenol  teilweise  oder  ganz  durch  Alkylgruppen  er- 
setzt, so  sah  man,  daß  alle  diejenigen  Alkylderivate,  die  antipyretisch,  antal- 
gisch,  narkotisch  wirken,  im  Organismus  p-Aminophenol  bzw.  leicht  spaltbare 
Derivate  desselben  liefern.  (Nachweis  durch  die  Indophenolreaktion.)  Ein 
Alkylderivat  hingegen,  das  im  tierischen  Organismus  kein  p-Aminophenol  ab- 
spaltet, zeigt  auch  keine  ausgesprochenen  antipyretischen  und  antalgischen 
Wirkungen.    Es  wurden  untersucht: 


Methacetin  CeH,<^C^äQ    ^^^ 

Phenacetin  C,^,<^^.'^i,  .  cn, 

o  •  n  TT 
Aeetaminophenolpropyläther  CgH4<|j-iT  ^pA 


liefern  p-Aminophenol 

■  leicht  abspaltbar;  wirken 

antipyretisch,  antalgisch. 


1)  AePP.   33,  216.  -)  Zentralbl.  f.  inn.  Med.   1897,  Nr.  11. 


270  Antipyretica. 

Ebenso  liefern  im  Organismus  p-Aminophenol  luid  wirken: 

Methvlphenacetin  Propylphenacetin 

'O  ■  C2H5  O  ■  CjHs 

C»H,/      .CH3  CeH4<    /C3H, 

Äthylphenacetiil  Jsupropylphenacetiu 


,0  ■  C2H5  /O  ■  C2H5 

^  CO  •  CH3  \CO  ■  CH3 


/OH 
Hingegen    liefert  Athylacetaniinophenol    CsHj/    /CH^  keüi  Amino- 

^^\cb  •  CH3 

phenol,  wirkt  nicht  antipyretisch  und  läuft  unzersetzt  durch  den  Organismus^). 

Diese  letztere  Angabe  Treupels  ist  nicht  erklärlich. 

Die  Homologen  des  Phenetidins  mit  verscliiedenen  Alkylradikalen  erwiesen 
sich  sämtlich  als  stark  giftig  mid  die  Hamstoffderivate  zeigten  durchgehend 
nicht  den  süßen  Geschmack,  der  p-Phenetol-  und  der  p-Anisol-Hamstoff  aus- 
zeichnet. L.  Spiegel  und  S.  Sabbath'-)  untersuchten  Derivate  mit  gesättigten 
primären,  sekundären  und  tertiären  aliphatischen,  sowie  gemischten  Radikalen. 

Die  vorzügliche  Wirkung  des  Phenacetins,  welches  billig,  dabei  sicher  und 
prompt  entfiebernd  wirkt  und  äußerst  geringe  giftige  Nebenwirkungen  zeigt, 
dabei  sich  als  ein  mit  dem  Antifebriu  gut  konkurrierendes  Antineuralgicum 
erweist,  hat  dem  Phenacetiu  zu  einer  überraschend  großen  Verbreitung  ver- 
helfen. 

Phenacetin  bewirkt,  wie  Acetanilid,  eine  Verminderung  der  Kohlensäure- 
ausscheidung, desgleichen  sinkt  die  Harnmenge  bis  600  ccm,  während  die  Harn- 
stoffausscheidung nicht  gleich  beeinflußt  wird.  Es  ist  vielleicht  das  unschätl- 
lichste  aller  Fiebermittel.  Man  war  um  so  mehr  bedacht,  analog  gebaute  und 
daher  analog  wirkeiule  Körper  darzustellen,  da  der  p-Aminophenolkern,  welcher 
das  eigentlich  Wirksame  darstellt,  nach  mehreren  Richtungen  hin  zahlreiche 
Variationen  zuließ.  Die  Variationen  waren  vorzüglich  nach  drei  Seiten  hin  mög- 
lich. 1.  Es  komite  statt  des  Amiuophenols,  statt  des  Kernes,  ein  homologer 
Körper  eingeführt  werden;  2.  koimte  das  saure  Radikal  in  der  Aminogruppe; 
3.  das  Alkyl,  welches  den  Hydroxylwasserstoff  ersetzt,  variiert  werden.  Für 
solche  Verbindungen  bestand  nur  nach  einer  Richtmig  hin  ein  Bedürfnis.  Phen- 
acetiu ist  nämlich  im  Wasser  sehr  schwer  löslich  rmd  wird  daher  langsam  resor- 
biert. Es  konnte  also  nur  ein  solcher  Körper  dem  Phenacetin  gegenüber  auf- 
kommen, welcher  in  Wasser  leichter  löslich  und  rascher  zur  Resorption  und  Wir- 
kung gelangt.  Bei  diesen  DarstcUmigen  muß  man  vor  allem  in  Betracht  ziehen, 
daß  der  saure  Rest,  welcher  Aminowasserstoff  ersetzt,  keineswegs  so  labil  be- 
schaffen sein  darf,  daß  er  schon  von  der  Magensalzsäure  abgespalten  wird.  In 
diesem  Falle  würde  man  nämlich  salzsaures  Phenetidiu  erhalten,  welches  wie 
alle  Phenetidinsalze  weit  giftiger  wirkt  als  das  acetylierte  Derivat.  Die  acy- 
lierten  Phenetidine  (diese  Fordenuig  muß  man  an  alle  eingeführten  stellen), 
dürfen  von  2proz.  Salzsäure  bei  Körpertemperatur  nicht  zerlegt  werden. 

Von  den  Variationen  des  Acetylrestes  sind  noch  einige  erwähnenswert. 

Wenn  man  p-Aminophenoläther  mit  ameisensaurem  Natron  und  etwas 
freier  Ameisensäure  erhitzt,  so  erhält  man  die  Formylverbindung  dieses  Äthers 
HCO  •  NH  •  CoH^  •  OCaHgä),   welche  sich   merkwürdigerweise  wesentlich   vom 

1)  Treupel,  Devitsehe  med.  Wochenschi-.   1895,   224.  —  DRP.   79  09«. 
■-)  BB.  34,   1936  (1901).  »)  DRP.   49  07.5. 


p-Aminophenolderivate.  27 1 

Phenacetin  unterscheidet,  dadurch,  daß  ihi-  antipyretische  Eigenschaften  so 
<;ut  vfie  gar  nicht  zukommen;  dagegen  zeigt  sie  eine  außerordentlich  große  Ein- 
wirkung auf  das  Rückenmark,  hebt  die  Wirkung  des  Strychnins  auf  und  ist 
somit  ein  vorzügliches  Gegengift  gegen  dasselbe.  Die  lu  sprüngliche  Vermutung, 
daß  dieser  Körper  bei  krampfhaften  Zuständen  von  Wichtigkeit  sein  werde, 
hat  sich  anscheinend  nicht  bestätigt.  Die  depressive  Wirkung  auf  das  Rücken- 
mark dürfte  aber  die  Anwendung  dieses  Derivates  für  jeden  anderen  Zweck 
völlig  ausschließen. 

Ersetzt  man  den  Acetylrest  im  Phenacetin  durch  den  Propionylrest,  so 
gelangt  man  zu  einem  Antipyreticum  inid  Antinenralgicum,  welches  Mering 

Triphenin  p  w  /O  "  ^A 

<-«ii4<>jH  .  CO  ■  CHj  ■  CHj 

genannt  hat.  Es  zeigt  eine  geringe  Löslichkeit  imd  langsame  Resorption "^j 
und  darum  eine  milde  Wirkung.  Durch  Substitution  eines  Wasserstoffes  im 
basischen  Rest  des  Phenetidins  durch  Valeriansäure  erhielt  mau  Valerydni 
C6H4(üC2H5)XH  •  CO  •  CjHc,  .  Wird  statt  der  Propionsäure  Milcli&äure  einge- 
führt, so  wirkt  das  enstehende  Lactophenin  weniger  energisch  eutfiebenid. 
wird  statt  der  Oxypropiousäure  Dioxj'propionsäure  (Glyceriusäure)  eingeführt, 
so  entsteht  eine  ganz  unwirksame  Substanz-),  so  daß  die  Anreicherung  des  Fett- 
säureradikals  an  OH-Gr\ippen  dieses  unangreifbar  macht  und  die  Wirkung 
des  p-Aminophenois  nicht  ausgelöst  werden  kann. 

Ersetzt  man  den  Acetylrest  diurch  eme  Lactylgruppe,  so  gelangt  mau  zum 
Lactophenin^)  OCH 

^6^«<NH  -^CO  •  CH(OH)  •  CHj 

Die  Lactylderivate  des  p-Phenetidins^),  wie  des  p-Anisidins,  des  Methylanilins  und 
.\thyl»nilins  werden  gewonnen  durch  Erhitzen  der  milchsauren  Salze  dieser  Basen  auf 
130^180°  oder  durcli  Erhitzen  der  Basen  mit  Jlüclisäureanhydrid  oder  ililehsäureesterii 
auf  die  gleiche  Temperatur.  Ebenso  kann  man  sie  erhalten  durch  Erhitzen  der  Basen  mit 
Laetamid^).  Eine  einfache  Modifikation  scheint  folgendes  Verfahren  zn  bieten.  Die  Basen 
werden  mit  dem  Clilorid  oder  Bromid  einer  ^-K-Halogenpropionsäure  hehandelt  mid  die 
gebildeten  ^-Halogenpropionylbasen  in  alkoholischer  Lösung  mit  Natriumacetat  gekoclit, 
wobei  unter  Austritt  von  Halogen  sich  das  Lactylderivat  bildet,  welches  nach  .\bdeätil- 
lieren  des  .-Ukohols  mit  Wasser  gefällt  wird*). 

Die  Realrtion  gescliieht  nach  folgender  Gleichung: 

O  •  C  H 
C6H4<;jjjj  .-Q(5  .  pjjßj.  .  (.jj^  _|_  c„H30,Na  +  H,0 

-CH<r°'^Ä 

—  ^6^4'^XH  ■  CO  ■  CH  ■  (OH)  •  CHj  +  XaBr  -f  C.H^O, 

Lactophenin  ist  leichter  löslich  als  Phenacetin.  Die  Lactylgruppe  bewirkt, 
daß  es  stärker  benihigend  und  nach  einigen  Beobachtern  deutUch  hypnoti.sch 
wirkt.  Lactophenin  hat  eine,  wenn  auch  nicht  so  große  Verbreitung  wie  das 
Phenacetin,  so  doch  eine  sehr  beträchtliche  erlangt,  wohl  hauptsächlich  infolge 
seiner  vorzüglichen  antineiu-algischen  Eigenschaften.  Doch  muß  bemerkt 
werden,  daß  der  LactyLrest  im  Lactophenm  nicht  so  fest  sitzt  wie  der  Acetyl- 
rest im  Phenacetin  und  durch  Salzsäure  leichter  abgespalten  werden  kann. 
Lactophenin  wurde  besonders  von  Jaksch")  bei  Typhus  empfohlen. 

Dipropylacet-p-phenetidid«)  ^äS:'>CH  •  CO  •  NH  •  CjHi  •  OCjHä  erhält  man  durch 
Erhitzen  von  Dipropylessigsäure  mit  p-Phenetidin.   Das  Produkt  soll  bei  akutem  und  chro- 

')  G.  Gaude,  Diss.  Halle  (1898).  -)  Deutsch,  Diss.  HaUe  (1898). 

^)  O.  Schmiedeberg,  Therap.  Monatshefte.  1894,  442.         *)  DRP.  70  250,  90  595. 

°)  DRP.  81  539.  ')  DRP.  85  212.  ")  Prager  med.  Wochenschr.   ISM. 

8)  Akt.-Ge?.  f.  Anilinfabr.,  Berlin,  DRP.  163  034. 


272  Antipyretioa. 

nisohem  Rheumatismus  verweadet  werden,  da  es  hypnotische  imd  schmerzlindernde  Wir- 
kung besitzt. 

Durch  Einwirkung  von  Dialkylmalonylehlorid  auf  Phenetidin  erhält  man  dialkylierte 
Malonylphenetidide,  welche  auch  eine  sclilafmachonde  Wirkung  haben.  Dargestellt  wurden 
Diäthyhnalonylphenetidid  und  Dipropylmalonyl-p-phenetidid'). 

Glykolyl-p-aminophenoläther  erhält  man  durch  Erhitzen  der  p-Aminophenoläther 
mit  den  Anhydriden  der  Glykolsäiu-e  (Glykolid  oder  Polyglykolid).  Beschrieben  sind 
Glykolyl-p-phenetidid  und  Glykolyl-p-anisidid-). 

Der  Ersatz  eines  Aminowasserstoffes  durch  Methylglykolsäure  CH3  •  O 
•  CH,  •  COOH  im  Phenetidin  bietet  gar  keine  Vorteile.  Der  Körper  ist  an- 
geblich geruch-  und  geschmacldos.  Die  Lösungen  schmecken  bitter  und  beißen 
im  Munde.  Aber  es  ist  durchaus  nicht  einzusehen,  welcher  theoretische  Grund 
vorhanden  sein  könnte,  statt  der  Acetylgruppe  einen  Methylglykolsäurerest 
einzuführen.  Der  einzige  Gnmd  mag  auch  hier  gewesen  sein,  daß  man  ein 
neues  patentrechtlich  geschütztes  Phenetidinderivat  mit  gleicher  Wirkung  er- 
halten wollte.  Dieses  Präparat  hat  auch  kerne  praktische  Bedeutung  erlangt. 
Es  wurde  Kryofin  genannt. 

*-Bromisovaleryl-p-phenetidid  ist  Phenoval. 

Eine  Variation  des  Acetylrestes,  welche  sich  aber  in  der  Praxis  nicht  zu 
halten  vermochte,  stellt  Amygdophenin  dar^). 

O    CH 

Amygdophenin   CeH,<j^   ^^^   CB(OU)  ■  C,U, 

Dier  Körper  wird  dargestellt  durch  Erhitzen  von  Maiidelsöiu'e  mit  p-Phenetidin 
auf  130— 170°  C. 

Im  Phenetidni  wh'd  ein  Wasserstoff  der  Aminogruppe  durch  den  Mandel- 
säurerest ersetzt.  Die  Mandelsäure  soll  hier  wohl  eine  ähnliche  Funktion  aus- 
üben wie  etwa  im  Tussol  (mandelsaures  Antipyrin)  (s.  S.  225),  zugleich  aber 
entgiftend  wirken.  Es  wirkt  schwächer  antipyretisch  als  Phenacetin,  hat  aber 
stärkere  antiseptische  Eigenschaften,  auf  die  es  wohl  nicht  ankommt  * ) .  Die  Verbin- 
dung ist  es  ein  schwer  lösliches,  voluminöses  Pulver.  Es  läßt  sich  experimentell 
nachweisen,  daß  die  mangelhafte  Wirkung  dieses  Phenetidinderivates  mit  aroma- 
tischem Säureradikal  darauf  zurückzuführen  ist,  daß  es  wegen  seiner  schweren 
Löslichkeit  vom  Mageudarmkanal  schlecht  resorbiert  wird  und  überdies  noch 
wegen  der  schweren  Abspaltbarkeit  des  entgiftenden  Säureradikales  nur  wenig 
p-Aminophenol  m  physiologische  Reaktion  treten  kann,  ein  Verhalten,  dem  wir 
bei  allen  Substitutionsprodukten  des  Phenetidins  mit  aromatischen  Radikalen 
begegnen  werden^).  Auch  die  Hydroxylgruppe  im  aromatischen  Säurerest  trägt 
zur  Schwächung  der  Gesamtwirkung  bei. 

In  dieselbe  Gruppe  gehört  auch  Pyrantin  [Piutti^)].  Die  einzige  Begrün- 
dung für  die  Darstellung  dieses  Körpers  mag  wohl  die  sein,  daß  hier  beide 
Wasserstoffe  der  Aminogruppe  im  Phenetidin  durch  Säureradikale  ersetzt  sind. 

Man  läßt  Berusteinsäureanliydrid  auf  Phenetidin  einwirken  und  gelangt  so  zum 
p-  .Athoxyphenylsuccinimid  '), 

O    C^H, 
p-Äthoxyphenylsuccinimid     C8H4<(         „„    p„ 

^N<       ■   I     = 
CO  •  CH, 

Das  Natronsalz  ist  wasserlöslich.  Es  ist  ein  Antipyreticum  von  nicht 
sicherer  Wirkung.    Dieser  Körper  hat  gar  keine  schädlichen  Nebenwirkimgen 

»)  DRP.  165  311.  2)  Höchst,  DRP.  306  938. 

3)  Versagte  DRP.-Anm.  v.  19.  XI.  1894,  Nr.  9138. 

*)  Zentralbl.  f.  inn.  Med.  189.5,  Nr.  46.     ^)  Treupel  und  Hinsberg,  AePP.  33,  2I(i. 

')  Chem.  Ztg.   1896,  Nr.  Ü4.  ')  DRP.   73  804,  siehe  auch  DRP.  88  919. 


p-Aminophenolderivat«.  273 

auf  den  Blutfarbstoff^).  Aber  schon  Phenacetin  zeichnet  sich  durch  den  Mangel 
dieser  schädUchen  Nebenwirkungen  aus,  obgleich  ein  ersetzbarer  Wasserstoff 
in  der  Aioinogruppe  vorhanden  ist,  und  aus  dem  früher  Erwähnten  wissen 
wir,  daß  auch  das  Ersetzen  des  zweiten  Wasserstoffes  in  der  Aminogruppe  des 
Phenacetins  durch  eine  Acetylgruppe  dem  so  gebildeten  Körper  keine  Vorzüge 
vor  dem  einfach  acetylierten  verleiht. 
Übrigens  ist  Diacet-p-phenetidid 

O  •  CH. 


V,/CO    CH3 
"^\C0    CH3 

in  welchem  beide  Wasserstoffatome  durch  Acetylradikale  ersetzt  sind,  ein  recht 
unbeständiger  Körper.  Eine  Acetylgruppe  wird  schon  durch  Luftfeuchtigkeit 
allmählich  abgespalten.  A.  Bistrzycki  luid  F.  Ulf  fers-)  behaupteten,  daß 
Diacet-p-phenetidid  gegenüber  dem  Phenacetin  eine  wesentliche  Steigerung  der 
antipyretischen  Wirkung  aufweist ;  es  genügen  zur  Hervorbringung  der  gleichen 
Wirkimg  um  ein  Viertel  geringere  Dosen  als  von  Monoacet-p-phenetidid  (Phen- 
acetin). Dieses  ist  aus  theoretischen  Gründen,  insbesondere  wenn  man  die  Re- 
sultate der  Untersuchungen  von  Treupel  und  Hinsberg  berücksichtigt, 
einfach  unmöglich. 

Diacet-p-phenetidid  wird  durch  Erhitzen  von  Phenacetin  mit  4  Mol.  Essigsäure- 
.anhydrid  durch  8 — 10  Stunden  in  geschlossenem  Gefäß  auf  200°  erhalten'). 

Man  hat  versucht  auch,  Citronensämrederlvate  des  Phenetidins  als  Ersatz- 
mittel des  Phenacetins  zu  konstruieren  und  auf  den  Markt  zu  bringen. 
31.  T.  Xencki  hat  gezeigt,  daß  die  toxischen  Eigenschaften  einer  aromatischen 
Verbindmig  durch  Einführung  einer  Carboxylgruppe  schwächer  werden  oder 
sogar  gänzlich  schwinden  können;  wenn  man  nun  in  der  Citronensäure,  welche 
ja  dreibasisch  ist,  in  einem  Carbosyl  ein  Phenetidin  substituiert,  so  erhält  man 
einen  Körper,  welcher  noch  zwei  freie  Carboxylgruppen  enthält. 

CH,  ■  COOH 

1 
C(OH)  •  COOH 

1 
CH.,  ■  CO  •  XH  •  C,.H^  ■  O  ■  C2H5 

Dieser  Körper  wird  dargestellt  ebenso  wie  die  Diphenetidincitronensänre 

CHj  •  CO  •  XH  •  C5H1  •  O  •  C  JI5 
I 
C(OH)  •  COOH 

CHa  •  CO  •  NH  •  C^H^  •  O  •  CM- 

durch  Erhitzen  von  Phenetidin  mit  Citronensäure  bzw.  Citronensäurechlorid  oder  -ester, 
evtl,  unter  Zusatz  wasserentziehender  Mittel  auf  100 — 200°*). 

Nach  dem  gleichen  Verfahren  kann  man  auch  vom  p-Anisidin  statt  Phenetidin  aus- 
gehend zur  p-Anisidincitronensävu'e  gelangen. 

Diese  Monophenetidincitrbnensäure  wurde  Apolysin  genannt.  Anfangs 
von  M.  V.  Ne  uc  ki  und  Jawors  ki*)  als  Phenacetinersatzmittel  warm  empfohlen, 
welches  selbst  in  großen  Dosen  gegeben  werden  konnte,  erwies  es  sich  aber  dem 
Phenacetin  gegenüber  als  durchaus  nicht  überlegen.  So  zeigten  die  Unter- 
suchungen von  Jez^),  daß  es  durchaus  unschädlich,  da  selbst  8  g  täglich  keine 


1)  Deutsches  f.  Arch.  kUn.  Med,  64,  559.  -)  BB.  31,  2788  (1899). 

^)  DRP.  75  611.  *)  DRP.  87  428,  88  548. 

')  Deutsche  med.   Wochenschr.   1895,   523.  —  Allg.  med.  Zentralztg.    1895,  Nr.   60 
und  62.  —  ZentralbL  f.  klin.  Med.  1895,  Nr.  45.      ")  Wiener  klin.  Wochensclir.  1896,  Nr.  2. 

Fräakel,  ArzQtüiuiltel-Syuiuet^.    ö.  Auil.  lg 


274  Antipyretica. 

unangenehmen  Nebenwirkungen  machten.  Es  wirkt  auf  Fieber  nur  wenig  und 
entbehrt  völlig  die  schmerzstillenden  Eigenschaften  des  Phenacetins.  Man  sieht 
diu'chaus  klar,  wie  die  Anwesenheit  der  beiden  freien  Carboxylgruppen  im 
Citronensäui-erest  des  Apolysius  das  Eintreten  der  eigentümlichen  Phenetidin- 
wirkung  zu  verhindern  vermögen. 

Das  primäre  C'itrat  des  p-Phenetidin-s  und  des  p-Anisidins  wird  dargestellt  durch 
einfaches  Zusammenbringen  von  je  1  Mol.  Citronensäure  luid  p-Plienetidin  in  alkoholischer 
Lösung.     Die  Lösung  wird  der  Krystallisation  überlassen'). 

Gleichzeitig  mit  dem  Apolysin  kam  ein  anderes  Citronensäurederivat  des 
Phenetidins  auf  den  Markt.  Die  Citronensäurederivate  sollen  nach  der  Anschau- 
ung der  Darsteller  nicht  nur  die  Phenetidinwirkung,  sondern  auch  die  Citronen- 
säurewirkimg  hervorbringen.  Citronensäure  hat  eine  ..belebende  und  an- 
regende" Wirkung  auf  das  Herz,  und  da  nun  Phenetidin  in  größeren  Dosen 
herzschwächende  Wirkungen  hat,  so  wirkt  hier  die  Citroneusäiu'e  angeblich 
antagonistisch.  Benario,  welcher  dieses  von  J.  Roos  dargestellte  Derivat 
einführen  wollte,  behauptete,  daß  es  das  Triphenetidid  der  Citronensäure  sei, 
d.  h.,  daß  in  der  Citronensäure  jede  Carboxylgruppe  mit  einem  Phenetidin 
reagiert  habe.    Als  Formel  win-dc  angegeben: 


OH  ■  C  •  CO ^(NH  ■  fjHi    O    CHjj 

CH,    CO-^ 

Die  Untersuchungen  von  H.  Hildebrandt-)  zeigten  aber,  daß  dieses  an- 
gebliche Citronensäurepheuetidid  nichts  anderes  sei  als  das  citronensäure  Salz 
des  Phenetidins. 

Citrophen  gibt  nämlich  mit  Eisenchlorid  direkt  Rotfärbimg,  d.  h.  die  Phene- 
tidinreaktion,  Apolysin,  welches  unter  Wasseraustritt  gebildet  wurde,  gibt  diese 
Eisenreaktion  direkt  nicht,  sondern  erst  nach  Kochen  mit  Säure.  Die  physio- 
logische Wirkung  des  Citrof)hens  kann  sich  daher  von  der  eines  anderen  Pheneti- 
dinsalzes  nicht  unterscheiden.  Es  ist  ja  hier  im  Phenetidin  nicht  etwa  ein  Wasser- 
stoff durch  ein  Säureradikal  ersetzt,  sondern  es  ist  einfach  ein  Salz  des  Phene- 
tidins vorhanden.  Nun  sind  aber  die  Salze  des  Phenetidins  als  Blutgifte  bekannt, 
wie  wir  früher  ausgeführt  haben.  Dem  Citrophen  muß  daher  die  giftige  Wirkung 
des  durch  Säureradikale  nicht  entgifteten  Phenetidins  zukommen.  In  der  Praxis 
hat  sich  weder  Apolysin  noch  Citrophen  bewährt.  Apolysin  zeigte  vorerst  die 
Eigentümlichkeit,  daß  es  sich  durch  Säure  im  Magen  leicht  in  Citronensäm-e  mad 
Phenetidin  zerlegt,  eine  imangenehme  Nebenwirkung,  wie  sie  auch  manchmal 
schon  bei  Lactophenin  bemerkt  wird.  Man  beobachtet  dann  die  Wirkung  de.s 
salzsauren  Phenetidins,  welche  sich  zum  Teil  auch  schon  im  Magen  durch  im- 
angenehme Neben\virkimg  äußert,  zum  Teil  innerhalb  des  Kreislaufes  die 
giftigen  Erscheinungen  des  Phenetidins  bewirkt.  Aber  innerhalb  des  Kreislaufes 
ist  Apolysin  nur  äußerst  schwer  spaltbar  imd  daher  die  negativen  Resultate 
von  Jez.  Wenn  man  einem  Tiere  subcutan  Apolysin  injiziert,  so  kami  man  im 
Harn  weder  Phenetidin,  noch  Aminophenol  nachweisen.  Es  gelingt  dies  erst 
nach  anhaltendem  Kochen  mit  Säuren,  was  darauf  hindeutet,  daß  Apolysin 
unverändert  in  den  Harn  übergeht,  weil  der  Säurecharakter  dieser  Substanz 
sie  vor  der  Wechselwirkimg  mit  dem  Organismus  bewahrt. 

Äthylsulfon-p-phenetidid,  dargestellt  durch  Einwiikung  von  Äthylsulfo- 

1)  CRP.    101  Üöl.  -)  Zentralbl.   t.  inn.  Med.    16,    108». 


p-Aminophenolderivate.  275 

Chlorid  auf  p-Phenetidin,  wirkt  schwach  antipyretisch  und  schwächer  an- 
ästhesierend als  Phenacetin.   Es  wirkt  nach  E.  Roos  hypnotisch^). 

Das  Salicylderivat  des  Phenetidins,  welches  sowohl  schwer  resorbierbar 
als  auch  im  Organismus  schwer  spaltbar  ist,  verhält  sich  nach  dieser  Richtung 
hin  ähnlich,  wie  wir  es  bei  den  SaUcylderivaten  der  anderen  antipyretisch  wir- 
kenden Basen  zu  bemerken  Gelegenheit  hatten.  Salicylphenetidid  OH  •  C4H4 
•  CO  •  NH  •  C6H4  •  0  •  C2Hg  wirkt  nicht  oder  nur  sehr  wenig. 

Schubenko-),  der  diesen  Körper  zuerst  untersuchte,  glaubte  erwarten 
zu  können,  daß  infolge  Verkettung  des  Phenetidins  und  der  SaHcylsäure  eine 
weit  größere  antifebrile  und  antirheumatische  Wirkung  entfaltet  werden  würde, 
als  wie  sie  die  SaHcylsäure  allein  auszuüben  vermag.  Die  weiteren  Untersuchuji- 
gen  zeigten  aber,  daß  der  Körper  gar  nicht  im  Organismus  zerlegt  wird.  Das 
Verhältnis  zwischen  präformierter  vmd  gepaarter  Schwefelsäure  im  Harn  änderte 
sich  nach  Einnahme  dieser  Substanz  nicht,  anderseits  kann  man  im  Menschen- 
ham  die  Substanz  als  solche  unzerlegt  nachweisen.  Salicylphenetidid  ist  also 
ein  indifferenter,  weil  im  Organismus  nicht  angreifbarer  Körper.  Dasselbe  kami 
man  auch  bei  Verwendung  des  Benzoylphenetidids  mid  AnisylpheneticUds  beob- 
achten, die  aus  gleichem  Grimde  wenig  oder  gar  nicht  wirksam  sind.  Ins- 
besondere die  Hydroxylgruppen  im  Säurerest  schwächen  augenscheinlich  die 
Wirkungen  der  Gesamtsubstanz.  So  liefert  die  hydroxylreiche  Chinasäure  ein 
ganz  unwirksames  Phenetidinderivat*).  Auch  Amygdophenin  ist  wenig  wirksam 
(s.  S.  272). 

Zu  den  Kombinationen  von  zwei  wirksamen  Körpern,  bei  welchen  auch  die 
entgiftexide  Säuregruppe  nach  der  Abspaltung  im  Organismus  für  sich  thera- 
peutische Wirkmigen  ausübt,  gehören  die  Phenoxacet-p-aminophenolderivate. 

Phenoxaeetsäure  wird  diu'ch  Einwirken  von  Chloressigsänre  auf  Phenol  erhalten^), 
diese  Säure  wird  in  molekularen  Mengen  mit  p-Phenetidiii  resp  anderen  Basen  auf  120 
bis   140°  erhitzt,  bis  keine  Wasserabspaltung  mehr  stattfindet. 

Nach  diesem  Verfahren  lassen  sich  darstellen:  Phenoxacet-p-aminophenol,  Phenoxacet- 
p-anisidid,  Pheuoxacet-p-phenetidid,  o-Kresooxacet-p-phenetidid  sowie  die  entsprechende 
m-  und  p- Verbindung  und  Guajacosacet-p-phenetidid^). 

Phenoxyessigsäure  komite  für  sich  trotz  üirer  antiseptischen  Eigenschaften 
keine  Verwendung  finden,  da  sie  bitter  und  zugleich  sauer  schmeckt  und  einen 
eigentümlichen  Geruch  besitzt.  Hüigegen  ist  Phenoxyessigsäureanhydrid 
CgHs  •  0  •  CH.  ■  CO  •  0  •  CO  •  CH,  ■  O  ■  C^ü-  ungiftig,  geschmack-  und  ge- 
ruchlos. 

Das  Anhydrid  entsteht  bei  Behandlung  der  phenoxyessigsavu?en  Salze  mit  Phosphor- 
oxychlorid  in  Toluol*). 

Wenn  man  Salicylessigsäure  mit  Phenetidin  auf  120°  crliitzt,  so  entsteht  Snlicyl- 
essigsäurephenetidid 

P „    .COOH 
6    J^ O  ■  CH,  ■  CO  ■  XH  ■  C5H4  •  O  •  C.H;; 

so  daß  nur  die  Essigsäuregruppe  reagiert,  bei  stärkerem  Erhitzen  reagieren  beide  Carboxyl- 
gruppen,  und  man  erhält  Salicylessigsäurediphenetidid'). 

Der  erstgenannte  Körper  soll  bei  Ischias  gute  Wirkungen  haben.  Er 
wird  Phenosal  genannt.  Diese  beiden  Körper  haben  sich  als  sehr  wenig  wirk- 
sam gezeigt,  was  aus  den  angeführten  theoretischen  Gründen  ja  leicht  er- 
klärlich ist. 


')  W.  AuthenriethundR.  Bernheim,  Arch.  d.  Pharm,  ä«,  579  (1904).  —  A.  Jodl- 
bauer,  Arch.  intemat.  de  pharmacydan.  et  de  th^rapie  83,  3  (1913). 

-)  Diss.  St.  Petersburg  (1892).  ')  Therap.  Monatshefte  1893,  5S2. 

')  DRP.  108  241.        ■■)  DRP.  82  103,  83  538.        «)  DRP.  120  722.        •)  DRP.  98  707. 

18* 


276  Antipyretic». 

Um  die  schweißtreibende  Wirkung  den  Phenetidinderivaten  zu  verleihen, 
wurde  Phenetidin  mit  Camphersäure  kombiniert,  indem  Camphersäure  mit 
Phenetidin  bei  230°  erhitzt  wurde. 

C8Hu<co>N-C'Ä   oaH, 

Camphersäurephenetidid  soll  zugleich  antipyretisch  und  antihydrotisch  wirken '). 

Koehler-)  hat  auf  Veranlassung  von  MeringPhosphorsäuretriphenetidid, 
Acetylaminophenolbenzyläther  und  p-Tohiolsulfonsäure-p-phenetidid  auf  ihre 
antithermische  und  antalgische  Wirkung  mit  negativem  Erfolg  untersucht. 
Sie  sind  alle  unschädlich  und  wirkungslos,  weU  der  Organismus  aus  ümen  kein 
p-Aminophenol  abspalten  kann.  Es  verhalten  sich  also  anorganische  Säure- 
radikale  und  Sulfosäuren  wie  aromatische  Acyle,  also  gegenüber  der  Abspal- 
tung im  Organismus  resistent,  ebenso  Aryle  bei  der  Einführung  in  das  Phenol- 
hydroxyl. 

Agaricinsäure-di-p-phenetidid  C32H4JN2O5  soll  die  schweißtreibende  Wir- 
kung der  Agaricinsäure  mit  der  antipyretischen  des  Phenetidins  verbinden. 

Es  entsteht  beim  Erhitzen  von  2 — 2^/^  Mol.-Gew.-Teilen  p-Phenetidin  mit  1  Mol. 
Agaricinsäure  offen  oder  unter  Druck  bei  140—160°^).  Agaricinsäure-mono-p-phenetidid 
CjjHggNOj  entsteht  bei  der  Reaktion  zwischen  je  1  Mol.  der  beiden  Komponenten  oder 
nls  Nebenprodukt  bei  dem  Verfahren  nach  DRP.   130  073*). 

Weitere  Derivate  des  p-Aminophenols  hat  noch  Mering  beschrieben^). 
Wenn  man  Chlorameisenäthylester  auf  p-Aminophenol  einwirken  läßt,  so  ge- 
langt man  zum  p-Oxyphenylurethan. 

PH  ^^^ 

'-6^4<-NH    CO    O    CjHs 

Der  Körper  hat  starke  Wirkung  mit  Frosterscheinimgen,  ist  aber  dabei 
ungiftig. 

p-Oxyphenylbenzylurethan  wirkt  erheblich  schwächer  als  p-Oxyphenyl- 
urethan. 

Das  in  kaltem  Wasser  sehr  schwer  lösliche  Acetyl-p-oxyphenylurethan 
wird  Neurodin  genannt.  Es  ist  ein  Antineuralgicum,  dem  nebenbei  prompte 
zuweilen  aber  etwas  schroffe  antipyretische  Wirkungen  zukommen. 

Ersetzt  man  im  p-Oxyphenylurethan  einen  Hydroxylwasserstoff  durch 
Äthyl,  so  bekommt  man  p-Äthoxyphenylurethan  von  sicherer  temperatur- 
emiedrigender  Wirkung,  aber  nicht  frei  von  Nebenwirkungen.  Das  Acetyl- 
produkt  dieser  Substanz  ist  Thermodin  ^) 

/O  ■  CoHj 
CeH,/     /CÖO  .  C3H, 
\COCH3 

ein  gutes  Antithermicum,  äußerst  schwer  löslich  in  Wasser,  nach  Mering  das 
beste  Antithermicum  der  Aminophenoheihe,   auch   antineuralgisch   wirkend. 

p-Aminophenol  ist  eine  leicht  veränderliche,  stark  reduzierend  wirkende 
Substanz,  welche  das  Blut  durch  Auflösen  der  Körperchen  und  Bildung  von 
Methämoglobin  zersetzt.  p-Aminophenol  wirkt  jedoch  weniger  toxisch  als 
Anilin  und  ist  ein  energisches,  aber  nicht  ungiftiges  Antipyreticum. 

Durch  Eintritt  eines  Säureradikales  (Acetyl-,  Propionyl-  oder  höherer 
Homologen)  in  die  Aminogruppe,  mehr  noch  durch  gleichzeitigen  Eintritt  eines 

')  C.  Goldschmidt,  Öiem.-Ztg.   1901,  445.  *)  Dias.  Halle  (1899). 

=>)  DRP.   130  073.  *)  DRP.   134  981. 

^)  Tlierap.  Monatshefte  189.1,  584.  —  DRP.   69  328,  73  285. 

")  Therap.  Monateheft«   1893,  582. 


p-Aniiiiophenolderivate.  277 

Säureradikales  in  die  Amino-  oder  Hydroxylgruppe  wird  die  Giftigkeit  des 
p-Aminophenols  verringert.  —  Durch  Eintritt  eines  Alkyls,  z.  B.  Äthj'l-,  in  die 
Hydroxylgruppe  und  eines  Säureradikals,  z.  B.  Acetyl-,  in  die  Aminogruppe 
(=  Phenacetüi)  wird  die  toxische  Wirkung  des  p-Aminophenols  mehr  herab- 
gesetzt als  durch  gleichzeitige  Einführung  eines  Säurerestes  in  die  Hydroxyl- 
imd  Aminogruppe. 

Phenylurethan,  ein  Anilinderivat,  ist  giftiger  als  p-Oxyphenylxu-ethan, 
welches  das  entsprechende  Derivat  des  p-Aminophenols  darstellt.  Die  an  sich 
schon  geringe  Giftigkeit  des  p-Oxyphenylurethans  wird  durch  Eintritt  eines 
Säureradikales,  wie  dies  die  Versuche  mit  Neurodin  gezeigt  haben,  weiter  abge- 
schwächt. Am  imschädlichsten  von  den  Körpern  der  Oxyphenylurethanreihe 
wirkt  Thermodin. 

Die  durch  Eintritt  von  Säureradikalen  in  Aminophenol  erhaltenen  Ver- 
bindungen wirken  energischer  als  die  alkylierten  Aminophenolderivate,  weU 
die  Säuregruppe,  z.  B.  Acetyl-,  im  Organismus  analogerweise  wie  durch  Kochen 
mit  Alkalien  oder  Säuren  leichter  als  die  Alkylgruppen,  z.  B.  Äthyl-,  abge- 
spalten wird. 

Je  weniger  veränderlich  die  Derivate  des  an  und  für  sich  höchst  unbestän- 
digen p-Aminophenols  sind,  um  so  weniger  toxisch  wirken  sie.  p-Oxyphenyl- 
urethan  ist  im  Vergleich  zu  Phenetidin  oder  Acetylaminophenol  ungiftig,  weU 
die  letzteren  Substanzen  weniger  beständig  und  leichter  zersetzHch  sind. 

Die  intensive  Wirkung  des  p-Aminophenols  erklärt  sich  durch  die  gleich- 
zeitige Anwesenheit  der  Hydrosyl-  und  Aminogruppe.  Durch  Einführung  von 
Säureresten,  mehr  aber  noch  durch  Eintritt  von  Alkyl-  oder  Kohlensäureester 
(Urethan),  wird  die  Reaktionsfähigkeit  des  p-Aminophenols  gemindert  und  seine 
Wirkimg  gemildert  (Mering), 

Körper  der  Oxyphenylurethanreihe  werden  nach  einem  von  E  Merck  -  Darmstadt 
geschützten  Verfahren')  zur  Darstellung  von  Kohlensäure-  und  Alkylkohlensäureäthem 
von  p-Osyphenylurethanen  bzw.  von  aeylierten  p-Aminophenolen  gewonnen').  Läßt  man 
auf  die  Lösung  eines  p-Oxyphenylurethans  oder  eines  p-Aeylaminophenols  bei  Gegenwart 
von  Alkali  Phosgeneas  einwirken,  so  scheidet  sich  der  Kohlensäureäther  der  angewendeten 
Verbindung  ab,  z.  B.  Carbonat  des  p-Oxyphenyläthylurethans. 

^„  ,0  •  CjH,  •  NH  •  CO  •  O  •  C3H, 
"^■^O  •  CjHj  •  XH  •  CO  •  O  •  CjH, 

Verwendet  man  statt  Wasser  Alkohol  und  statt  Alkali  Alkoholat,  so  erhält  man 
gemischte  Kohlensäureäther,  z.  B. 

rtn^^  '  C2H5 
^^O  •  CbH^  •  NH  •  CO  •  O  •  C^H;, 


Man  kann  auf  diese  Weise  darstellen 
p-Acetanilidcarbonat 

"^<0-CeH, 
p-Propionanilidoarbonat 

"^<0-CeH, 
p-Benzoylanilidcarbonat 

"^<0-C,H, 
p-Phenylurethancarbonat 

OP^O  ■  C6H4 

p-Phenylpropylurethancarbonat 


NH  •  CO  •  CH^ 
NH  •  CO  •  CH., 


NH  •  CO  •  C„H. 

NH  •  CO  •  CjH^ 
NH  •  CO  •  CgH^ 

NH  •  CO  •  O  •  CjHs 


NH  •  CO  •  O  ■  C3H, 
NH  •  CO  •  O  ■  C3H, 


')  DRP.  69  328.  ^)  DRP.  85  803. 


278  Antipyretica. 

p-Kolilensaiireacetanilidäthylester 

^"  ^O  •  CjHj  •  NH  •  CO  •  CHg 

p-Kohlensäureacetanilidpropylester 

„„^O  •  C,H- 

^O  ■  C5H4  •  NH  •  CO  •  CH3 

p-Kohlensäi\reacetanilidbutyle8ter 

QQ^O  •  C4H9 

"^  -O  •  CjH«  •  NH  •  CO  •  CH3 

p-Kohlensäurepropionanilidäthylester 

/->/-.  ^O  •  CjHj 

*-""^0  •  CjH4  •  NH  •  CO  •  CHj    CH3 

p-Kohlensäurebenzanilidäthylester 

„„   .0  ■  C2H5 

"^^O  •  CeH^  •  NH  •  CO  •  C^Hj 

p-Koliloiisiiurophenyläthylui'ethanäthylester 

^^^O  •  CjH^  •  NH  • 
p-Kohleiisäarephenylpropylurethanäthylester 


"^^O  •  CeH,  ■  NH  •  COO  •  C3H, 
p-Kolilensäiiiephinyläthylurethaiipropylester 

"^^O  •  CßH,  •  NH  •  COO  •  C„Hi 

Alle  diese  Verbindungen  sind  Antipyretica  und  ausgesprochene  Anti- 
ueuralgica. 

Die  Farbwerke  Höchst  stellten  p-Acetyläthylaminophenyliithylcarbonat')  dar,  ein 
Amiiiophenol,  welches  in  der  Aininogruppe  acetyliert  und  alkyliert,  iin  Hydroxyl  durch  einen 
Kohlensäureäther  ersetzt  ist.  Hierbei  wird  p-Aminophenol  mit  Alkylbromid  in  alkyliertes 
Aminophenol  übergeführt  und  mit  Essigsäureanhydrid  das  letzte  Ammoniakwasserstoff- 
atom durch  die  Acetylgruppe  ersetzt,  während  die  Hydroxylgruppe  offen  bleibt.  Durch 
Einwirkung  von  Chlorkohlensäureäther  auf  die  Salzo  dieses  substituierten  p-Aminophenols 
werden  Kohlensäureäther  von  der  allgemeinen  Konstitution 

u    ^6'*4    ^^<Acyl 
gebildet^). 

Es  wiu-den  auch  Versuche  gemacht,  die  Aminogruppe  des  Pheuetidins  mit 
aromatischen  Aldehyderr  oder  Ketouen  reagieren  zu  lassen.  Von  diesen  Ver- 
suchen sind,  da  sie  ja  nach  demselben  Schema  gehen,  nur  wenige  erwähnenswert. 

Wenn  man  Salicylaldehyd  auf  Phenetidin  einwirken  läßt,  so  gelangt  man  ohne  äußere 
Wärmezufuhr  direkt  oder  in  alkoholischer  Lösung  unter  stärkerer  Wärmeentwicklung  und 
Abspaltung  von   1  Mol.  Wasser  zum  Malakin^) 

Malakin   ^\^,<^:^'^.  c.ü,.  OH 

ist  unlöslich  in  Wasser,  imd  man  konnte  schon  voraussetzen,  daß  es,  wie  die 
übrigen  Salicylderivate,  sichden  .spaltenden  Eingriffen  des  Organismusgegenüber 
äußerst  resistent  verhalten  werde. 

Im  Magen  wird  wohl  durch  die  Salzsäure  etwas  Phenetidin  abgespalten. 
Der  Organismus  selbst  spaltet  nur  schwierig  aus  dieser  Verbindung  p-Amino- 


1)  DBF.  79  0118.  -)  DRP,  89  595.  =>)  DRP.  79  8U,  79  857. 


p-Aminophenolderivate.  279 

pheuol  ab,  daher  sind  sehr  große  Dosen  notwendig.  Man  erzielt  eine  sehr  lang- 
same Wirkung  und  nur  ein  allmähliches  Absinken  der  Temperatur.  Da  dieses 
Präparat  teuer,  die  Dosen  8  mal  so  hoch  genommen  werden  müssen,  da  nur 
ein  Teil  der  Substanz  überhaupt  zur  Wirkung  gelangt,  so  konnte  es  sich  in  der 
Praxis  nicht  halten,  um  so  mehr,  als  es  ja  gar  keine  Vorzüge  vor  dem  billigen 
Acetylderivat  des  Phenetidins  aufweisen  konnte. 

Wenn   man  Phenetidin  mit  Acetuphonon  allein  odor  mit  wa.sserentziehenden  Mitt<"lii 
erhitzt  ■),  so  erhält  man  den  Körper 


CeH^    _I    /CH3 


Die  Darstellung  des  Acetophenonphenetidids-)  geschieht  am  besten  durch  Zusammen- 
liringen  von  Acetophenon  und  Phenetidin  in  einem  evakuierten  Kolben  und  Erliitzen  bis 
7.U  starker  Wasserausscheidung;  hierauf  wird  der  ganze  Kolbeninhalt  fraktioniert  destilliert. 
Das  citronensaure  Salz  des  Acetophenonphenetidids   kommt   als  Malarin   in   den  Handel. 

Malarin  ist  ein  starkes  Antipyreticum  und  Antineuralgicum.  Hingegen 
ist  die  hypnotische  und  sedative  Wirkung  dieses  Mittels  wenig  ausgeprägt^). 
Vor  der  Anwendung  wird  wegen  seiner  sehroffen  Wirkung  und  giftigen  Neben- 
wixkimgen  gewarnt*). 

p-Acetylaminooxyäthoxybenzol  mit  dem  Phantasienamen  Pertonal  Lst  so- 
wohl in  seiner  Giftigkeit  als  in  seiner  antipyretischen  Wirksamkeit  nui-  halb  so 
stark,  wie  Phenacetin  in  bezug  auf  Narkose  ist  es  nur  ^/jj  so  stark  als  Phenacetin, 
auf  das  Herz  wirkt  es  anregend,  im  Harn  erscheint  p-Aminophenol  und  Phene- 
tidin^). dabei  scheint  Pertonal  mehr  Phenetidin  und  entsprechend  weniger 
Aminophenol  zu  liefern  als  Phenacetin.    Es  ist  ein  co-Oxy -phenacetin. 


Pertonal 

NH  •  CO  ■  CH, 

Wenn  man  Zimtaldehyd  auf  Phenetidin  einwirken   läßt,  so  gelangt  man    zum  Cin- 
nam  ylphenetidid 


N 


,  /'CgH4  ■  O  •  C2H5 


^CH   CH  =  CH  •  c^n. 


Dieses  ist  nicht  indifferent,  .sondern  es  spaltet  sich  im  Organismus  in  Zimt- 
aldehyd bzw.  Zimtsäure  und  p-Aminophenol.  Über  den  therapeutischen  Wert 
dieser  von  Schubenko  dargestellten  Substanz  gilt  das  über  die  Aldehyd- 
derivate des  Phenetidins  Gesagte. 

Es  wurden  nach  dem  analogen  phannakologisehen  und  chemischen  Prinzip 
eine  Reihe  von  Substanzen  dargestellt,  aber  praktisch  nie  verwendet,  da  diese 
Verbindungen  keine  neuen  Eigenschaften  bieten  konnten : 

Von  Karl  Goldseh  niidt')  eine  Base  aus  p-Phenetidin  mid  Formaklehyd,  indem  in 
stark  saurer  Lösung  Phenetidin  mit  überschüssigem  Foi-maldehyd  bei  Zimmertemperatur 
reagierte.    Aus  dem  Reaktionsprodukt  wurde  die  neue  Base  mit  Natronlauge  ausgefällt. 

Von  der  Chininfabrik  Zimmer  &  Co.  in  Frankfvirt')  Vanillin-p-penetidid  durch 
Erllitzen  von  Vanillin  mit  Phenetidin. 

Dieser  Körper  soll  außer  seiner  antipyretischen  auch  desinfizierende  und 
styptische  Wirkung  haben.  Schon  wegen  des  teuren  Ausgaugsmateriales 
(Vanillin)  ist  die  neue  Verbindung  als  Phenacetinersatzmittel  durchaus  ungeeignet. 

»)  DRP.  98  840.  •-)  DRP.  87  897. 

'■'■)  Münchener  med.  A'  ^jheuschi-.   1898,   1174.         *)  Pharmaz.  Ztg.  1898,   115,  228. 

•')  Douglas  Cow,  Journ.  Pharm,  and  Exp.  T  -.rapeutics  IS,  343  (1Q18). 

'■)  DRP.-Anm.    10  P32.  ')  DRP.   96  342. 


280  Antip3Tetic8. 

Vanillin-p-aminophenolderivate  kann  mau  ferner  erhalten '),  wenn  man  statt  des 
Vanillins  Vanillinäthylcarbonat  verwendet.  Letzteres  stellt  man  dar  durch  Einwirkung 
von  Chlorameisensäureäther  auf  eine  alkoholische  Vanillinlösimg  bei  Gegenwart  von  Atz- 
kalj.     Vanillinäthylcarbonat  ist 

^CHO 

^O  •  COO    CoHs 

Ferner  kann  man  Vanillin  durch  Phenacylvanillin 

.CHO 
OeHj^OCH, 

^O    CH,  ■  CO    CgHs 

und  Phenetidin  durch  Acetophenon-p-aminopheuoläther  ersetzen. 
Auf  diese  Weise  werden  dargestellt: 
Vanillinäthylcarbonat-p-phenetidid 

CH  :  X  •  CeHj  ■  O  •  C.Hj 
CsHsxOCHj 

O  ■  COO  ■  CjHj 

Phenacylvauillin-p-phenetidid 

^CH  :  N  ■  CjH,  ■  O  •  CiH, 

^O  •  CH.  ■ 

Vanillin-phenacyl-p-aminophenol 

CH :  N  •  C^Hi  •  O  •  CHj  •  CO  •  CsH,, 
CoHj^OCHj 
^OH 

Vanillinäthylcarbonat-phenacyl-p-aminophenol 

CH :  N  •  CjHj  •  O  •  CHj  •  CO  ■  C^H 
CjHj^OCH, 

^O  •  COO  •  C2H5 

PhenacylvaniUiu-phenacyl-p-aminophenol 

CH :  N  •  CeH^  •  O  •  CK,  •  CO  •  CjH- 


O  ■  CH,  •  CO  •  C„H, 


Vanillinäthylcarbonat-p-phenetidid,  Eupyrin  genannt,  ist  in  Dosen  von 
15  g  bei  Hunden  noch  nicht  toxisch^).  Es  wirkt  sehr  sanft,  wie  nach  dem  Vor- 
liergesagten  zn  erwarten  war. 

Anscheinend  einen  von  dem  Zim morschen  Vanillin-p-phenetidid  differenten  Körper 
erhielt  Karl  Goldschmidt^)  früher  durch  Erhitzen  von  Vanillin  und  Phenetidin  aiif 
140°  und  Eingießen  des  Reaktionsproduktes  in  verdünnte  Salzsäure. 

Dieser  Körper  ist,  im  Gegensatz  zum  Zimmerschen,  in  Wasser  leicht  lös- 
lich und  in  Äther  unlöslich.  Er  soll  wenig  giftig,  stark  antineuralgisch  sowie 
schlafmachend  wirken.  Ähnlich  läßt  sich  Protocatechualdehyd  mit  Phenetidin 
kondensieren  und  liefert  ein  therapeutisch  gleichwertiges  Produkt*).  Noch 
intensivere  hypnotische  Eigenschaften  zeigen  angeblich  die  folgenden  Konden- 
sationsprodukte : 

Protocatechualdehyddimethyläther-p-phenetidid  und  Opiansäurephen- 
etidid«)  OCjj 


CeHjC^OCH«  C,H,<<(pC^" 


CH :  N  .  CeH,    O    C,H,  X^OO^    ^^^^    ^    ^^^^ 


1)  DBP.    101  684.  =)  Overlach.  Zentralbl.  f.  iuu.  Med.   1900,  Nr.  4.5. 

=•)  DRP.  Sil  171.  *)  DRP.  92  756.  ^)  DRP.  92  757. 


p-Aminophenolderivafce.  281 

Dieselbe  Reaktion  einer  Aldehydgruppe  mit  der  p-Phenetidinbase  liegt  der  Darstellung 
eines  Kondensationsproduktes  von  p-Phenetidin  mit  Furfurol  zugrunde^).  Beim  Erhitzen 
molekularer  Mengen  der  beiden  Substanzen  bis   110°  entsteht  diese  Verbindung. 

Nach  Angabe  der  Erfinder  wird  durch  die  Säurewirkung  im  Magen  langsam 
p-Furfurolphenetidid  in  das  Chlorhydrat  desp-Phenetidins  und  Furfurol  gespalten. 
Dieses  muß  aber  als  nach  zwei  Richtungen  hin  schädlich  erscheinen,  weil  inner- 
halb des  Organismus  eben  nicht  entgiftetes  Phenetidinsalz  zur  Wirkung  gelangt, 
anderseits  die  Abspaltung  von  Furfurol  auf  einer  Schleimhaut  zu  heftigen  Ent- 
zündimgen  der  letzteren  führen  kann.    (Siehe  Allgemeiner  Teil.) 

Analog  ist  auch  der  Gedanke,  Glucose  und  Galaktose  mit  p-Phenetidin  zu  konden- 
sieren, was  leicht  gelingt,  wenn  man  beide  Teile  in  alkoholischer  Lösung  aufeinander  wirken 
läßt^). 

Glucosephenetidid  ist  vollkommen  ungiftig,  wird  unverändert  im  Harn 
ausgeschieden  und  kaum  gespalten.  Tetraacetylglucosephenetidid  wird  zu 
^/j  nicht  resorbiert.  Der  Rest  wird  aber  im  Darm  gespalten,  keine  der  beiden 
Verbindungen  geht  in  eine  gepaarte  Glyku  ronsäure  über. 

Zwecklos  muß  es  erscheinen,  den  zweiten  Wasserstoff  der  Aminogruppe 
des  Phenacetins  durch  Acetophenon  zu  ersetzen,  indem  man  Bromacetophenon 
mit  Phenacetin  reagieren  läßt. 

C6H4<g:^|^'  +  C.H,,    CO    CH,Bv  =  BrNa  +  C,H,<^ ;  ^gs  ^^    ^^^^ 

1  I 

CH3    CO  CHj  ■  CO 

Stadel  erhielt  aus  Bromacetophenon  und  Phenetidin 

PhenacyUdin  CeH^  <^^  "^Jj^    ^q    p^jj_ 

Dieses  erzeugt  fast  gar  keine  Temperaturabnahme,  dagegen  starke  Diarrhöen 
imd  Blasenkatarrh. 

Da  das  Acetylderivat  des  Phenetidins,  die  klassische  Substanz  dieser  Gruppe, 
das  wir  unter  dem  Namen  Phenacetin  kennen,  nur  den  einen  Übelstand  aufweist, 
daß  es  schwer  löslich  ist,  hat  man  sich  immer  bemüht,  durch  Einführung  von 
Gruppen  diesen  Körper  in  einen  leicht  löslichen  zu  verwandeln.  Die  gewöhn- 
lichste Methode,  solche  leicht  löslichen  Derivate  darzustellen,  ist,  wie  wir  im 
vorhergehenden  schon  ausgeführt,  die,  daß  man  sie  in  Sulfosäviren  oder  durch 
Einführung  von  Carboxylgruppen  in  Säuren  verwandelt.  Aber  die  Ein- 
führung dieser  sauren  Gruppen  hebt,  \vie  im  allgemeinen  Teile  auseinander- 
gesetzt wurde,  die  Wirkimg  des  Grundkörpers  ganz  oder  größtenteils  auf.  Die 
Antipyretica  verdanken  ja  zum  großen  Teil  ihre  fieberherabsetzeude  Wirkimg 
einer  Beeinflussung  der  nervösen  Zentren,  und  Paul  Ehrlich  hat  in  schöner 
Weise  gezeigt,  wie  die  Verwandtschaft  gewisser  Stoffe  zum  Zentralnervensystem 
verschwindet,  sobald  die  Verbindung  m  eine  Sulfosäure  übergeht.  Daher  sind 
die  von  der  Scheringschen  Fabrik  eüigeführten  Präparate:  Phenacetinsulfo- 
säure  und  Phenacetincarbonsäure,  welche  beide  leicht  löslich  sind,  unwirksam. 

Phenacetinsulfosäure  Phenacetincarbonsäure 

SO3H  COOH 

^NH    CO    CH,  ^NH    CO  ■  CH3 


1)  DRP.  96  658.  -)  DBP.  97  73H. 


282  Antipyretica. 

Schmidt  1)  versuchte  durch  Einschieben  einer  Säuregruppe  in  den  Acetyl- 
rest  die  Löslichkeit  zu  bewirken.    Er  machte 

Äthoxysuccinanilsäure   C,H4<j^g  -^^    ^^^    ^^^    ^qq^ 

O  •  P  TT 
Äthoxytartranilsäm-e  C5H,<j^jj  '-^^    CH(OH)    CH(OH)  •  COOH 

Diesen  Substanzen  kommen  aber  infolge  Einführimg  der  Säuregruppen  anti- 
febrile Eigenschaften  nicht  zu. 

Das  Natriumsalz  der  p-Äthoxytartranilsäure,  welche  durch  Einwirkung 
von  Weinsäure  auf  x^-Phenetidin  entsteht,  zeigte  sich  bei  den  Versuchen  von 
Hans  Aronsohu  bei  Mäusen  weniger  giftig  als  Phenacetin.  Es  konnte  sogar 
durch  lang  andauernde  Verfütterung  eine  Art  Immunität  gegen  die  Verbindung 
erzielt  werden.  Phthisiker,  welche  ein  Gramm  erhielten,  zeigten  keine  Tempera- 
turherabsetzung. Dieselben  negativen  Resultate  zeigte  die  Succinanilsäurc 
CßHj  •  NH  •  CO  •  C2H4  •  COOH.  Daraus  geht  hervor,  daß,  wo  und  auf  welche 
Weise  man  auch  immer  die  saure  Gruppe  in  das  Molekül  des  Antifebrins  und 
Phenacetins  einführen  mag,  die  Wirkung  des  Fiebermittels  aufhört. 

Auch  die  Verbindung  o  •  O  H 

Äthüxypheuylglycin,  aus  p-Phenetidin  und  Chloressigsäure  dargestellt,  erwies 
sich  aus  gleichen  Ursachen  als  unwirksam. 

Der  Eintritt  anderer  sauerstoffhaltiger  Gruppen,  wenn  sie  auch  keine  sauren 
Eigenschaften  haben,  kann  die  antithermische  Aktivität  aufheben,  z.  B.  wirkt 
Acetyl-p-aminoacetophenon  .  qq  .  ch. 


NH  •  CO    CH, 
d.h.  Antifebrin,  in  welches  in  p-Stellung  die  Giuppe  CO  •  CHj  eingetreten,  nicht 
mehr  fieberwidrig,  obwohl  seine  tödliche  Dosis  derjenigen  des  Phenacetins 
gleichkommt,  denn  es  kann  sich  aus  dem  Acetyl-p-aminoacetophenon  kein 
p-Aminophenol  im  Organismus  bilden. 

Eine  ganze  Reihe  ähnlich  in  bezug  auf  Antipyi'ese  wirkungsloser  Körper  %vuide  dar- 
gestellt durch  Einwirkmig  von  Chloressigsäui'e  auf  Breuzcatechin  oder  Pyrogallol  bei 
Gegenwart  von  Phosphoroxychlorid.  Die  gebildeten  Chloracetophenone  läßt  man  mit  den 
entsprechenden  Basen  reagieren  [Nencki^)]. 

Nach  diesen  Mißerfolgen  versuchte  W.  Majert')  die  Löslichkeit  des  Phen- 
acetins durch  Einführung  einer  salzbildenden  Aminogruppe  in  den  Acetylrest 
zu  bewirken  und  erhielt  Phenokoll  (Aminophenacetin),  d.  i.  GlykokoU-p- 
phenetidid  r.    n  tt 

^6"i<xH   CO  ■  CH,  NH, 

Dieses  erhält  man,  wie  alle  GlykokoUderivate  der  acetylierten,  antipyretisch  wirkenden 
Basen,  wenn  man  auf  die  Monobromderivate  (in  diesem  Falle  auf  Bromacet-p-phenetidid) 
alkoholisches  Ammoniak  12 — 24  Stunden  bei  50 — 60°  einwirken  läßt,  oder  man  läßt  salz- 
sauren GlykokoUmethyl-  oder  -äthylester  oder  Glykokollamid  auf  p-Phenetidin  5 — 6  Stun- 
den lang  bei   130 — 150°  einwirken. 

Phenokoll  besitzt  noch  antipyretische  und  antineuralgische  Eigenschaften. 
Die  Wirksamkeit  des  Phenacetins  geht  somit  durch  Einführung  basischer 
Gruppen  nicht  verloren. 


1)  Siehe  auch  Bunzel,  Fiebermittel,  Stuttgart  1898. 

')  Journ.  f.  prakt.  Chemie  «J,   147,  538.   —  DRP.  71  312.         •')  DBP.  59  121.   59  874. 


p-Aininophenolderivate.  283 

NachUgolino  Mosso^)  ist  PhenokoU  nur  bei  solchen  Fiebern  antipyretisch 
wirksam,  welche  durch  septische  Infektionen  bedingt  sind.  Es  setzt  die  Tempera- 
tiu"  nur  vorübergehend  herunter,  da  es  sehr  schnell  durch  die  Nieren  ausge- 
schieden \vird,  und  hat  eine  antiseptische  und  antifermentative  Wirkimg,  wemi 
auch  keine  so  bedeutende  wie  Chinin.  Auf  niedere  Organismen,  insbesondere  auf 
Plasmodien,  wirkt  es  nicht  wie  Chinin. 

Salicylsaiu-es  PhenokoU  (SalokoU  genannt)  ist  in  Wasser  schwer  löslich, 
während  die  anderen  Phenokolisalze  leicht  löslich  sind.   Es  wirkt  wie  PhenokoU. 

Aspirophen  ist  acetylsalicylsaures  Aminophenaeetin  (PhenokoU). 

i.uun   1^6^14  <NH   CO   CHa   NH., 

CitrokoU  ist  neutrales  citronensaures  Aminophenaeetin. 

Dr.  Heinrich  Byk^)  erzeugt  BromfettsäureverbiBdungen  des  Aminoacet-p-phene- 
tidids,  welche  sedative  und  hypnotische  Eigenschaften  haben,  durch  Acylieruug  mit  Brom- 
(ettsäureu,  z.  B.  i-\-Bromisovalerylamiiioacet-p-phenetidid  (CH3)„  ■  CH  •  CHBr  •  CO  •  NH 
.  CHj  ■  CO  •  NH  •  CgH^  ■  OC2H5  (siehe  Bromverbindungen). 

Die  Möglichkeit,  zu  leicht  löslichen  Derivaten  des  Pheiiacetins  zu  gelangen, 
indem  man  eine  zweite  Aminogruppe  in  den  Kern  einfuhrt,  muß  von  vornherein 
von  der  Hand  gewiesen  werden,  da  durch  den  Eintritt  einer  zweiten  Amino- 
gruppe die  Giftigkeit  erheblich  gesteigert  wird. 

Trotz  aller  Erfahrungen  und  Erwägungen  über  die  Umwandlung  von  wirk- 
samen Körpern  in  Substanzen  mit  Säurecharakter  wurde  Phesin,  ein  Sulfoderivat 
des  Phenacetins,  empfohlen.  Nach  den  vorliegenden  Angaben  ist  Phesin  kein 
Blutgift^)  (auch  Phenacetin  ist  ja  keines).  Die  toxische  Natur  ist  durch  die 
Sulfurierung  sehr  geschwächt.  Bei  einem  Kaninchenversuch  wnrde  mittels 
Phenacetin  ein  Tier  in  Y4  Stunden  durch  ein  Gramm  getötet,  während  die  dop- 
pelte Dosis  Phesin  ein  gleiches  Kaninchen  ohne  jedwede  Symptome  beließ. 
Nach  einer  Dosis  von  4  g  konnte  man  geringe,  der  PhenacetLnvergiftung  ähnliche 
Erscheinungen  bemerken,  nach  welchen  jedoch  Heilung  auftrat.  Nach  subcu- 
taner und  intravenöser  Verabreichiuig  von  2—3  g  Phesin  komite  keine  Ver- 
änderung der  Atemkiirve  wahrgenommen  werden.  Der  Blutdruck  versuch  fiel 
negativ  aus.  Bei  täglicher  Dosis  von  2 — 3  g  Phesin,  die  freUich  für  Kaninchen 
enorme  Dosen  sind,  werden  die  Tiere  chronisch  vergiftet,  sie  sind  appetitlos, 
sterben  am  Erstickungstod  infolge  Lähmung  der  Atemmuskulatiu".  Die  Lähmung 
ist  curareartig,  der  Tod  erfolgt  in  5 — 6  Tagen.  Phesin  soll  eine  antipjTetische 
Wirkung  haben,  welche  ihr  Maximum  viel  rascher  als  bei  Phenacetin  erreicht,  aber 
die  Wirkung  soll  von  viel  kürzerer  Dauer  sein*).  Da  aus  dem  Phesin  im  Orga- 
nismus sich  kein  p-Aminophenol  zu  bUden  vermag,  muß  auch  nach  der  Regel 
von  Treupel  und  Hinsberg  diese  Substanz  als  unwirksam  angesehen  werden. 

Die  praktisch  wertlosen  Metlioden  der  Sulfurierung  des  Phenacetins,  welche  ja  analog 
sind  denen  des  Acetanilids,  sind  oben  schon  angeführt.  Man  kann  analog  vorgehen,  indem 
man  Phenetidin  mit  konzentrierter  Schwefelsäure  behandelt  imd  dann  die  gebildete  Sulfo- 
säure  acetyliert^),  oder,  wie  Georg  Cohn  vorgesclüagen,  indem  mau  Phenacetin  mit  der 
dreifachen  Menge  konzentrierter  Schwefelsäure  so  lange  auf  dem  Wasserbade  erhitzt,  bis  sich 
eine  Probe  im  Wasser  klar  löst.    Die  Sulfosäure  wird  dann  auf  dem  üblichen  Wege  isoliert'). 

Neuraltein  ist  p-äthoxyphenylaminomethansulfosaures  Natrium,  es  steigert 
beim  Menschen  den  Blutdruck  vind  wirkt  als  Antipyreticum'). 


1)  AePP.  38,  402.  =)  DRP.  228  835. 

'■''>  Z.  Vamossy  und  B.  Fenwessy,  Therap.  Monatshefte  I89T,  428. 
/   Ebenda.  «)  DRP.  98  839.  «)  Liebigs  Ann.  309,  233. 

•)  Joseph  Astolfoni,   Wiener  klin.  Wochenschr.   'X%,   WS. 


284  Antipyretica. 

Die  von  Lepetit^)  aiis  Neuraltein  gewonnene  Verbindung,  das  Chlor- 
hydrat  der  Base  CigHjoOjNg  und  dasjenige  ihres  Methylderivats,  denen  wahr- 
scheinlich die  Formeln  I  und  11  zuzuschreiben  sind: 

I.  II. 

O  ■  CYl^^    Q  ■  °^»^»+  2  HCl  CA  •  O .  Q  jCH»^    Q  ■  OCA.^Hci 

N  N 


H 


CH, 


teilen  die  örtlichen  und  AUgemeinwirkungen  der  gebräuchlichen  Lokalanaesthe- 
tica,  sind  auch  bei  subcutaner  Anwendung  sehr  wenig  giftig  und  haben  wenig 
Reizwirkung,  sind  steriüsierbar^). 

p-Äthoxyphenylaminomethylschwefligsaure  Salze  erhält  man,  wenn  man  p-Phene- 
tidin,  Formaldehyd  und  Alkali-  oder  Ammoniimibisulfite  unter  Verwendung  von  möglichst 
wenig  Wasser  in  Gegenwart  von  Alkohol  erhitzt.  Diese  Sub-stanzen  sind  wenig  giftig  und 
therapeutisch  wirksam'). 

Anders  scheinen  sich  nach  den  Angaben  von  G.  Fuchs  Ester  eines  solchen 
Säurederivates  zu  verhalten.  p-Acetaminophenoxylessigsäureester  soU  stark 
antipyretische  Eigenschaften  haben,  aber  in  der  Medizin  nicht  anwendbar  sein, 
weil  die  gewöhnlichen  Gaben  Übelkeit  und  Erbrechen  bewirken.  Dabei  führte 
der  Erfinder  den  Ester  in  das  Amid  über,  welches  prompt  antipyretisch  wirken 
soll.  Das  Präparat  wurde  nicht  eingeführt,  was  wohl  ebenfalls  an  den  mangel- 
haften Wirkungen  liegen  wird,  so  daß  auch  in  diesem  Falle  die  Theorie  recht 
behält. 

Zur  Darstellung  des  Amids  ging  man  entweder  von  p-Nitrophenoxylessigsäui'e  aus, 
veresterte  vind  reduzierte  dann  den  Ester,  acetylierte  das  entstandene  Aininoprodukt  und 
führte  durch  konzentriertes  Ammoniak  den  Ester  in  das  Amid  über*). 

p-Acetaminophenoxylacetamid 


Einfacher  ist  es,  Acet-p-aminophenol  mit  Monochloracetamid  ClCHj  •  CO  •  NHj  bei 
Gegenwart  der  berechneten  Älenge  alkoholischen  Kalis  bei  Siedehitze  reagieren  zu  lassen, 
um  zu  diesem  Körper  zu  gelangen^).  Das  identische  Lactylderivat  erhält  man,  wenn  man 
vom  Lactyl-p-aminophenol  ausgeht'). 

Schon  früher  haben  wir  jene  Variationen  des  Phenacetins  kurz  gestreift,  bei 
welcher  der  Imid Wasserstoff  durch  Alkybradikale  (Methyl-,  Äthyl-)  ersetzt  wird'). 
Diese  Körper,  Methylphenacetin  und  Äthylphenacetin  sind  ungiftig,  haben 
eine  vom  PhenacetLn  differierende  Wirkung,  da  sie  nicht  oder  niir  sehr  wenig 
antipyretisch  wirken,  hingegen  aber  schwach  hypnotische  Eigenschaften  zeigen. 

Man  stellt  sie  dar^)  durch  Behandlung  von  Phenacetinnatrium  mit  Alkyl- 
jodiden  oder  dm-ch  Behandeln  von  p-AIkylphenetidin  mit  Essigsäureanhydrid 
oder  schließlich,  indem  man  zuerst  p-Acetylaminophenol  in  seine  Dinatrium- 
verbindung  verwandelt  und  mit  Alkylhaloiden  in  Umsetzung  bringt. 

Es  ist  bemerkenswert,  daß  die  narkotische  Wirkung  des  Phenacetins  durch 
den  Eintritt  des  Methyls  oder  Äthyls  in  den  Ammoniakrest  bedeutend  erhöht 

1)  Atti  della  R.  Accad.  dei  Lincei  Roma  [5]  26,  I,   172  (1917). 

^)  Adriauo  Valenti,  Arch.   di  Farmacologia  sperim.   26,   3  (1918). 

=>)  Roberto  Lepetit.  DRP.  209  695.  *)  DRP.  96  492. 

')  DRP.  102  315.  —  Münohener  med.  Wochenschr.  1898,   1173.  «)  DBF.  102892. 

')  DRP.  57  337,   57  338.  »)  DRP.  53  753,  54  990. 


p-Arainophenoldorivate.  285 

■wird.  0.45  g  pro  Tier  erzeugen  eine  viele  Stunden  andauernde  tiefe  Narkose 
ohne  Nebenerscheinungen.  Beim  Menschen  wirken  1—2  g  noch  nicht  nachteilig. 

.O  •  CoHs 

N-Isopropylphenacetin  C,H4/  ^CH,    hat  erheblich  schwächere   nar- 

■■N<  ^CH, 
^CO • CHj 
kotische  Eigenschaften  als  die  beiden  niedrigener  Homologen.  Auch  N-Pro- 
pylpheuacetin,  N-Butylphenacetin  und  N-Amylphenacetin  zeigen  gegenüber 
den  beiden  ersten  GÜedem  der  Reihe  eine  bedeutend  abgeschwächte  nar- 
kotische Wirkmig.  Das  Maximum  derselben  wird  demnach  für  die  homologen 
N-Alkylphenacetine  bei  der  durch  Äthyl-  substituierten  Verbindung  erreicht, 
hingegen  liegt  das  Maximum  der  Antipyrese  bei  den  im  Hydroxyl  substituierten 
Acetaminopheuolen  beim  Methyl-,  und  wird  bei  den  homologen  immer  schwächer. 
Die  Äthyl  Verbindung  (Phenacetin)  wirkt  nur  am  stärksten  narkotisch. 

Ebenfalls  ein  Derivat,  bei  welchem  ein  Alkylrest  in  die  basische  Gruppe  ein- 
geführt wurde,  ist  Benzylphenetidid 

^6Ji4<NH  •  CHj  •  C5H5 

Dieses  entsteht  durch  Einwirkung  von  Beuzylchlorid  auf  p-Phenetidin*). 

Es  soll  ungiftig,  antipyretisch  usw.  wirken,  wurde  aber  praktisch  nicht 
verwendet. 

Durch  Reduktion  von  p-Nitrothiophenolmethyläther  erhält  man  p-Aminothiophenol- 
methyläther  und  aus  diesem  durch  Aeetylierung  Acet-p-aminothiophenoUnethyläther, 
welcher  eine  ähnliche  Wirkung  haben  soll  wie  Phenacetin,  bei  gleicher  Ungiftigkeit-). 

Im  Gegensatz  zu  den  physiologisch  meistens  unwirksamen  Sidfoverbin- 
dungen  behalten  die  co-Sulfosäiuren  des  p-Aminosalols  imd  ihre  Derivate  die 
dem  Gesamtmblekül  zukommenden  pharmakologischen   Eigenschaften^). 

Durch  Einführung  von  einer  oder  mehreren  Oxygruppen  in  das  O-Alkylradikal  der 

p-Acylaminophenole  der  Formel:  ■^''^>^r  •  CjH,  •  ORj  (R  =  H,  Alkj^l,  Acyl,  Aryl   und 

Aralkyl;  Rj  =  Oxalkyl)  entstehen  Körper  mit  vollständig  anderer  Wirkung.  Die  anti- 
pyretische Wirkung  tritt  gegenüber  der  analgetischen  zurück;  außerdem  wirken  die  neuen 
Derivate  des  p-Aminophenols  weniger  hämoglobinbildend  als  Phenacetin.  Sie  werden 
gewonnen  durch  Verätherimg  der  p-Acylaminophenole  mit  mehrwertigen  Alkoholen  oder 
deren  Anhydriden  oder  diu-ch  Umsetzung  der  p-Acylaminophenole  mit  den  entsprechenden 
halogensubstituierten  Alkoholen,  wie  Glykolchlorhydrin,  Monochlorhydrin  usw.  oder  durch 
Acylierung  von  den  entsprechenden  Oxyderivaten  der  O-alkylierten  p-Aminophenole  in 
der  Aminogruppe.  Dargestellt  wurden :  Aeetyl-p-aminophenolglycerinäther,  Acetyl-p-amino- 
phenolglykoläther,  2.4-Dinitrophenyl-p-aminophenolglykoläther*). 

Man  erhält  antipyretisch  und  narkotisch  wirkende  Verbindungen,  wenn  man  auf 
p-Alkyloxyaminobenzol  Acetaldehyd  oder  dessen  höhere  Homologen  und  Alkali-  oder  Am- 
moniumbisulfit  in  konzentrierter  wässeriger  Lösvmg,  bei  oder  ohne  Gegenwart  von  Alkohol 
einwirken  läßt.  Diese  Verbindungen  sind  p-alkyloxyphenylaminoalkylschwefelsaure  Salze, 
z.  B.  p-äthoxyphenylaminomethylschwefligsaiu'es  Natrium^). 

Abelin,  Buergi  und  Perelstein  in  Bern  stellen  schwefelhaltige  Derivate  des 
p-Aminophenylesters  der  Salicylsäure  her,  indem  sie  Salicylsäure-p-aminophenylester  mit 
Salzen  der  co  Methylsulfosäure  zur  Umsetzung  bringen'). 

Auf  den  p-Aminophenylester  der  Salicylsäure  läßt  man  die  Alkali-  oder  Ammonium- 
salze der  co-Methyl-  bzw.  der  Äthyl-  oder  Propylsulfosäure  bei  Gegenwart  von  Methyl- 
oder Äthylalkohol,  gegebenenfalls  unter  Zusatz  eines  Kondensationsmittels  wie  Natrium- 
acetat,  einwirken.  Beschrieben  sind  das  Natriumsalz  der  o)-Methylsulfosäure  des  Salicyl- 
säure-p-aminophenylesters,  der  cu-Äthylsulfosäure  xmd  der  w-Piopylsulfosäure'). 


1)  DRP.  81  743.  2)  J5RP    239  310. 

')  J.  Abelin  und  M.  Perelstein,  Liebigs  Ann.  411,  21C  (1916). 

*)  Bayer,  DRP.  280  255.  ^)  Höchst,  DRP.  255  305.  «)  DRP.  268  174. 

')  DRP.  273  221,  Zusatz  zu  DRP.  268  174. 


286  Antipyretica. 

Von  größerem  Interesse  wären  Köi-per  gewesen,  bei  welchen  eine  zweite 
durch  Alkyl  gedeckte  Hydroxylgruppe  vorhanden  wäre,  sie  wären  ohne  Zweifel 
in  der  antalgischen  usw.  Wirkung  dem  Phenacetin  überlegen,  wenn  auch  in  der 
Darstellung  teurer. 

Es  Hegt  nur  ein  solcher  Versuch  vor. 

Brenzcatechindiätliyläther  wurde  nitriert,  reduziert  und  du3  entstandene  Monamino- 
derivat  aeetyliert.  Man  erhält  nmi  Acetylaminodiätlivlbreiizcaleehin,  wobei  die  beiden 
Athoxygrupi)en   in  der  o-Stellung  zueinander  stehen'). 

O    CjHs 


NH    CO    CH, 

Tlierapeutische  oder  physiologische  Versuche  mit  dieser  Substanz  liegen 
nicht  vor. 

3.5-Dimethoxyacetophenetidid  wirkt  ausgesprochen  antipjTetisch-). 

Versuche,  andere  Aminoderivate  als  die  der  p-Stellung  in  die  Therapie  ein- 
zuführen, scheitern  an  der  höheren  Giftigkeit  des  o-  und  m-Aminophenols  gegen- 
über dem  p-Amiuophenol,  während  die  antipjTetische  Wirkung  nicht  erhöht  ist. 

Ganz  verunglückt  erscheinen  aber  die  Versuche,  durch  Einführung  eines 
zweiten  basischen  Restes,  einen  dem  Phenacetin  überlegenen  Körper  aufzubauen, 
sind  aber  von  hohem  theoretischem  Interesse,  da  ein  zweiter  basischer  Angritfs- 
pimkt  für  den  Benzolring  dadurch  gegeben  ist,  und  tatsächlich  zeichnet  sich  der 
Körper  durch  stärkere  antipyretische  Eigenschaften  vor  dem  Phenacetin  aus, 
welche  aber  in  der  Praxis  gar  nicht  erwünscht  erscheinen,  dabei  nimmt  die 
Giftigkeit  des  Körpers  entschieden  gegenüber  dem  Phenacetin  zu. 

Zur  Darstelliuig  des  Diacetylderivates  des  o-p-Diaminophenetols  wird  a-Dinitro- 
phenetol  reduziert  und  hierauf  nach  den  üblichen  Methoden  aeetyliert^). 

Bayer,  Leverkusen,  geben  an,  daß  solche  Dianiinophenole  und  deren  Derivat«,  deren 
Aminogruppen  diu'ch  luigleiche  Acylreste  besetzt  sind,  fieberwidrige  Eigenschaften  besitzen, 
während  die  Cyanose,  die  bei  der  Darreichung  von  Monoaminophenolderivaten,  z.  B.  von 
Phenacetin,  als  eine  sehr  unangenehme  Nebenwirkung  auftritt,  hier  nicht  zu  beobachten 
ist.  Man  stellt  sie  dar,  indem  man  in  N  monoacylierte  Diaminophenole  oder  deren 
Derivate,  in  die  zweite  Aminogruppe  einen  vom  ersten  verschiedenen  Acylrest  einführt. 

Beschrieben  sind  3-Acetylaniino-4-carboxyäthylaminophenol,  4-Acetylamino-3-carV)- 
oxyäthylaminophenetol,  3-Acetylamino-4-lactylaminophenetol,  3-Carboxyäthylamino-4- 
lactylaminophenetol,  3-Acetylamino-4-carboxyäthylamuiophenetol*). 

Eine  weitere  Variation  war,  daß  man  pAminophenol  in  der  Aminogruppe 
monalkylierte  und  hierauf  in  beiden  Seitenketten  acetjdierte.  Diese  Körper 
sollen  hervorragend  antalgisch  imd  namentlich  narkotisch  wirken  und  darin 
dem  Phenacetin  überlegen  sein,  wurden  aber  in  die  Praxis  nicht  eingeführt. 
Sie  unterscheiden  sich  von  den  oben  besprochenen  Methyl-  oder  Athylphen- 
acentin  dadurch,  daß  die  Hydroxylgruppe,  statt  diurch  einen  alkoholischen, 
durch  einen  sauren  Rest  gedeckt  ist. 

Ein  äußerst  merkwürdiges  Verhalten  zeigen  die  Carbamide  des  p-Pheneti- 
dins  und  des  p-Anisidins.  Diese  Körper  wirken  antipyretisch,  schmecken  dabei 
aber  auffällig  süß,  letzterer  schwächer  als  er.sterer. 

Man  stellt  p-Phenetolcarbamid*) 

•"\C0  ■  NH, 


')  DRP.-Anm.  13  209. 

2)  M.  T.  Bogert  und  J.  Ehrlich,  Journ.  Americ.  Chem.  Soc.   41,   798  (1919). 

•')    nur.  77  272.  ')    Dl>A\  286  460.  ^)  DRP.  63  485. 


p-Aniinophenolderivate.  287 

dar  durch  Einleiten  von  Phosgengas  in   die  Benzollösung    des  Phenetidins,   es   fällt    ilie 
Hälfte  als  salzsaures  Phenetidin  heraus,  während  die  andere  Hälft«  sich  in 

/O  ■  C2H5 


CO    Cl 

umwandelt,  diuch   Einleiten  von  Ainmoniakgas  erhält  man  Phenetolcarbaniid. 

Denselben  Körper  kann  man  einfacher  erhalten'),  wenn  man  äquimolekulare  Mengen 
von  symmetrischem  Di-p-phenetolharnstoff  und  gewöhnlichem  Harnstoff  oder  carbamin- 
sam-em  Ammonium  oder  käuflichem  Ammoniumcarbonat  im  Autoklaven  auf  150 — 160" 
erhitzt. 

p-Phenetolcarbamid,  Dulcin  genamit,  vnid  gegenwärtig  weder  als  Süßstoff 
noch  ak  Antipyreticum  benützt,  es  ist  250 mal  süßer  als  Zucker^). 

Versetzt  man  wässerige  Lösungen  von  Alkalicyaniden  nach  Zusatz  von  alkalischen 
Oxydationsmitteln  nut  salzsaurem  Phenetidin,  so  scheidet  sich  augenblicklich  p-Phenetol- 
carbamid  aus.  Als  Oxydationsmittel  sind  Natriumhypochlorit  und  Natriiuusuperoxyd ') 
angegeben. 

Erwähnen  wollen  wir  noch  das  Derivat,  welches  man  bei  der  Kondensation 
der  Oxalsäure  mit  Phenetiditi  PTithält,  das  Di-p-phenetidyloxamid 


CO  •  XH  •  CgH^  •  O  •  CjHj 

Es  sollte  zur  Darstellung  anderer  Phenetidinderivate  dienen,  das  Patent^) 
wurde  aber  alsbald  fallen  gelassen. 

Aber  die  Variationen  des  p-Aminopheuols  gingen  noch  weiter,  es  wurde 
noch  eine  neue  Seitenkette  eingeführt.  Dieser  Körper  war  das  Thymacetiii 
CsH2-CH3(l)-0-C2H5{3)-C3H,  (4) -NH-CO-CHaCß)  und  erwies  sich  als 
ein  gutes  Antineuralgicum");  es  geriet  wohl  infolge  seines  wegen  der  teuren 
Ausgangssubstanz  hohen  Preises  bald  in  Vergessenheit. 

Man  kann  Thymaoetin  darstellen  aus  den  Salzen  des  p-Mononitrothymols  mit  Hilfe 
der  Halogenverbindmigen  des  Äthyls  oder  mit  äthylschwefelsaurem  Kalk  oder  durch  Ni- 
trieren des  Thymäthyläthers.    Hierauf  wird  die  Nitroverbindimg  reduziert  imd  acetyliert^). 

Zu  diesem  Körper  wurde  von  anderer  Seite  noch  das  entsprechende  Gly- 
kollderivat  dargestellt,  um  zu  leicht  löslichen  Derivaten  dieser  Substanz  zu 
gelangen. 

Man  verfährt  wie  bei  der  Darstellimg  des  Thymacetins,  aber  statt  zu  acetylieren, 
behandelt  man  die  Aminobase  mit  Chloracetylchlorid  und  führt  die  Aminogruppe  für  das 
Halogen  ein   und  erhält    ÄthoxyaminoacetylthjTnidin   resp.   dessen   leicht   lösliche   Salze") 

.CH,  •  1 


(  G^/wCjH,  •  4 

\NH  ■  CO  ■  CH„    NM.,    e 


Die  Variationen  des  Acetyl-p-aminophenols,  bei  welchen  das  Hj^di-oxyl 
durch  verschiedene  Alkylgruppeu  ersetzt  ist,  sind  eigentlich  an  Zahl  bescheiden. 
Wir  erwähnten  Methacetin  (Acetylaminophenolmethyläther),  Phenacetin,  die 
Äthoxy  verbind  mig . 

Bei  Einwirkung  von  Glycerin-a-monochlorhydrin  auf  Acetyl-p-aminophenol  in 
alkoholischem  Kali  bei  110°  erhält  man  den  Glycerinäther,  welcher  wohl  nur  Nachteile, 
aber  keine  Vorteile  vor  dein  Phenacetin  haben  kami. 

')  DRP.  73  083.  -)  Ber.  d.  Deutsch.  Pharm.  Ges.    15,  Heft   2   (1905). 

3)  J.  D.  Riedel,  DEP.  313  96,5.  *)  DRP.  79  099. 

=)  Therap.  Monatshefte   1898.    138.  «)  DRP.  67  568.  ')  DRP.  71  1Ö9. 


288  AntipjTetica. 

Aminoalkohole,  wie  Diphenoxypropauolamin  (CaHg  •  0  •  CHg  ■  CHOH 
•CH2)2NH,  Phenoxydimethylaminopropanol  CgHs  •  0  •  CH2  •  CHOH  •  CH2N 
(CHgJa  usw.  haben  stark  ausgeprägte  antipyretische  und  analgetische  Eigen- 
schaften, aber  sie  wirken  auf  das  Herz  ungünstig  i). 

Allgemeine  Betrachtangen  über  die  Antipyretica. 

Wir  haben  gesehen,  wie  eine  Reihe  von  Bestrebungen  zur  Darstellung 
synthetischer  Antipyretica  davon  ausging,  einen  dem  Chinin,  dem  souveränen 
und  gegen  Malaria  spezifischen  Antipyreticum,  analogen  Körper  aufzubauen, 
eine  Absicht,  welche  bis  nun  als  mißlungen  zu  betrachten  ist.  Eine  andere  Reihe 
von  Körpern  mit  antipyretischen  Wirkungen  beriiht  auf  der  Grundbeobachtung, 
daß  die  Einführung  eines  basischen  Restes  in  den  BenzolrLng  dem  letzteren  anti- 
Iiyretische  Wirkungen  verleiht  (Anilin,  Phenylhydrazin).  Die  Pyrazolonreihe 
verdankt  ihre  Entstehung  einer  mißverständlichen  Auffassung  der  zugnmde 
liegenden  Reaktion,  welche  eigentlich  zur  Darstellung  eines  chininähnlichen 
Körpers  führen  sollte. 

Die  Wirkung  der  Fiebermittel,  welche  durchweg  schwache  Narkotica  sind, 
beruht  entweder  auf  Narkose  des  Wärmezentrums  und  dadurch  vom  Gehirn 
aus  veranlaßter  Vermehrmig  der  Wärmeabgabe  ohne  entsprechende  Ver- 
raehrmig  der  WärmebUdung,  wie  Antipyrin,  Antifebrin,  Salicylsäureverbin- 
dungen  oder  auf  Hemmung  der  Wärmebildung,  z.  B.  Chinin.  Wahrscheinlich 
gibt  es  noch  eine  dritte  Art  der  Entfieberung  diurch  anfängliche  Erregung  des 
Kühlzentrums,  so  wirken  Veratrin  u.  a.^). 

Wir  haben  auseinandergesetzt,  wie  zahlreich  die  möghchen  Variationen 
der  wenigen  Ideen  in  allen  Fällen  sind  und  wie  nicht  etwa  der  wirksame  Anteil, 
sondern  meist  eine  der  entgiftenden  Gruppen  varüert  wird.  Da  die  Variations- 
möglichkeit, insbesondere  beim  p-Aminophenol,  eine  sehr  große  ist,  darf  es  nicht 
•\vundern,  wenn  so  viele  Körper  dieser  Reihe  dargestellt  wurden.  Da  aber  keiner 
einfacher  imd  billiger  als  das  Standardpräparat  dieser  Gruppe  ist,  so  konnte 
auch  keiner  bei  sonst  gleichen  Eigenschaften  diesen  Körper  verdrängen.  Doch 
waren  viele  Derivate  dieser  Reihe  in  ihren  Eigenschaften  hinter  dem  Phenacetin 
zurückgeblieben.  Man  muß  sagen,  daß  die  Darstellung  von  Derivaten  der  Anti- 
pyrin-, Phenylhydrazin-  und  Phenacetingruppe  gegenwärtig  wohl  aussichtslos  ist, 
wenn  man  hofft,  auf  diese  Weise  zu  einer  Verbindung  mit  neuen  Wirkungen  zu 
gelangen.  Gerade  diese  lumützen  Variationen,  welche  sich  in  den  Wirkungen 
höchstens  darin  vom  Phenacetin  oder  Antipyrin  bzw.  Pyramidon  unterscheiden, 
daß  man  schlechter  wirkende  oder  giftigere  Köi-per  erhielt,  unter  Umständen 
auch  wirkungslose,  haben  das  Vertrauen  vieler  Ärzte  zu  den  neuen  synthe- 
tischen Mitteln  bedenklich  erschüttert.  Der  praktische  Arzt  sieht  sich  schließ- 
lich betrogen,  wenn  man  ihm  unter  den  verschiedensten  Namen  pharma- 
kologisch und  chemisch  wenig  differierende  Körper  anbietet,  denen  auf  dem 
Wege  der  Reklame  neue  Eigenschaften  angedichtet  werden.  Daher  auch  der 
völlige  Mißerfolg  der  später  kommenden  Varianten  gegenüber  dem  meist  großen 
Erfolg  des  erst  eingeführten  Präparates. 

Von  einem  Antipyreticum,  welches  überhaupt  des  Versuches  wert  ist,  kann 
man  fordern,  daß  die  Entfieberung  nicht  zu  rasch  eintrete,  lange  andauere, 
und  daß  beim  Aussetzen  des  Mittels  der  Fieberanstieg  ein  nur  langsam  einsetzen- 
der sei. 


')  Em.  Fourneau,  Billon  und  Launoy,  Journ.  Pharm,  et  Chim.  [7]   I,  5;">. 
*)  H.  H.  Meyer,  ^Naturwissenschaften  8,  751  (1920). 


Allgemeine  Betrachtungen  über  die  Antipyretica.  289 

Das  Mittel  darf  keine  Kollapserscheinungen,  keine  profuse  Schweißsekre- 
tion  hervorrufen.  Der  Magen  darf  nicht  belästigt  werden  und  es  darf  auch  keine 
zerstörende  Wirkung  auf  die  Gewebe  und  die  roten  Blutkörperchen  ausüben. 
Im  allgemeinen  also  keine  schädlichen  Nebenwirkungen,  hingegen  eine  schmerz- 
stillende Nebenwirkung  auf  das  Nervensystem,  denn  der  Haupt  verbrauch  der 
Antipyretica  ist  der  als  Antinervina.  Mittel,  welche  diesen  Anforderungen  nicht 
entsprechen,  sind  von  vornherein  zu  ausgedehnteren  Versuchen  ungeeignet  und 
haben  auch  gar  keine  Aussicht  auf  Erfolg,  da  die  gebräuchUchen  Antipyretica 
Chinin,  Antipyrin,  Pyramiden,  Phenacetin  diesen  Anforderungen  entsprechen. 
Ein  Bedürfnis  besteht  sicherlich  nach  einem  AntipjTeticum,  welches  spezifische 
Wirkung  beim  Sumpffieber  hat  und  so  mit  dem  Chinin  konkmrieren  könnte. 
Wenn  man  bedenkt,  wie  groß  der  Chininkonsum  ist,  so  erscheint  die  Darstellung 
einer  rivalisierenden  Verbindung,  welcher  einige  unangenehme  Eigenschaften 
des  Chinins,  der  bittere  Geschmack,  die  Geschmacksparästhesien  fehlen  und 
welche  im  Preise  biUiger  ist,  als  ein  höchst  wünschenswertes  Ziel  der  Bestre- 
bungen der  Synthetiker.    Bis  nun  steht  Chinin  noch  immer  ohne  Analogie  da. 

Die  Erreichung  dieses  Zieles  wäre  auch  viel  ehrenvoller  als  die  nutzlose 
ewige  Variation  von  zwei  Grundideen,  die  nun  zum  Tode  abgehetzt  sind. 

Es  ist  noch  zu  bemerken,  daß  es  wünschenswert  wäre,  ein  geschmackloses 
lösliches  Derivat  des  Chinins  zu  haben,  da  die  bisherigen  Bestrebmigen  in  dieser 
Richtung  keineswegs  als  endgültiger  Abschluß  dieses  Problems  zu  betrachten 
sind.  Wir  verfügen  wohl  über  geschmacklose  Derivate,  aber  die  Ausbeuten  bei 
den  Verfahren  sind  viel  zu  gering,  so  daß  diese  Substanzen  noch  luiverhältnis- 
mäßig  hohe  Preise  haben. 

Die  Zwecklosigkeit  der  Bestrebungen,  in  der  AnilinreUie  zu  leicht  wasserlös- 
lichen Derivaten  zu  gelangen,  wobei  aber  der  Grundkörper  ganz  oder  teilweise 
.seine  therapeutische  Wirkung  verUert,  haben  wir  oben  ausgeführt.  Die  schwere 
Löslichkeit  des  Phenacetins  beemträchtigt  dessen  Wirkung  durchaus   nicht. 

Es  fällt  bei  allen  natürlichen  und  künstlichen  antipyretisch  wirkenden 
Mitteln  auf,  daß  sie  auf  ringförmig  geschlossene  Körper  basiert  sind,  imd  zwar 
ohne  Ausnahme.  Die  sicher  wirkenden  Antipyretica  der  besprochenen  Reihen 
enthalten  überdies  alle  Stickstoff,  entweder  in  der  Form,  daß  der  Stickstoff 
an  der  Ringbildung  beteUigt,  oder  daß  er  in  einer  basischen  Seitenkette  enthalten 
ist.  Daß  es  nicht  die  N-haltige  Seitenkette  ist,  welcher  die  betreffenden  Körper 
ihre  entfiebemde  Wirkung  verdanken,  sondern  es  sich  vielmehr  um  eine  Eigen- 
schaft des  ringförmigen  Kernes  handelt,  beweist  insbesondere  der  Umstand, 
daß  nicht  nur  der  basische  Rest,  sondern  auch  Hydroxyle  (Phenol,  Brenzcate- 
chin)  beziehmigsweise  eine  hydroxylierte  Carbonsäure  (Sahcylsäure)  dieselbe 
entfiebemde  Wirkung,  wenn  auch  nicht  in  der  gleichen  Intensität  und  Dauer, 
zu  entwickeln  in  der  Lage  sind.  Es  ist  aber  auch  gleichgültig,  was  für  basischer 
Rest  eintritt;  sowohl  die  Aminogruppe  als  auch  der  Hydrazüirest  lösen  diese 
Wirkung  des  Kernes  aus,  die  chemisch  leichter  reagierende  Hydrazingruppe 
intensiver  als  die  Aminogruppe.  Anderseits  kann  durch  Ersatz  von  Wasserstoff 
im  basischen  Rest,  indem  der  Körper  durch  Einführung  von  Acyl-  oder  Alkyl- 
gruppen  für  Wasserstoff  den  Eingriffen  des  Organismus  gegenüber  resistenter 
gemacht  wird,  eine  Entgiftung  bewirkt  werden.  Die  antineuralgische  und  leicht 
hypnotische  Wirkung  des  Acetanilids,  Phenacetins  und  analog  gebauter  Körper 
läßt  sich  vieUeicht  zum  Teil  auf  folgende  Weise  erklären.  Die  Säureamide  haben, 
wie  im  allgemeinen  Teile  ausgeführt  wurde,  leicht  hypnotische  Eigenschaften, 
anscheinend  wegen  ihres  Carbonylcharakters.  Die  Carbonylgruppe  hat  in  den 
meisten  Substanzen  ja  solche  mehr  oder  minder  stark  ausgeprägte  hypno- 

Fränkel,  Arzneimittel-Synthese.     5.  Aufl.  19 


290  Antipyretica. 

tische  Eigenschaften.  Daher  wird  man  die  antineuralgische  Wirkung  des  Acet- 
anilids  wohl  zum  Teil  auf  die  Gruppierung  CHg  •  CO  •  NH  •  R  beziehen.  Jeden- 
falls ist  diese  Erklärung  auf  aUe  Derivate  des  Anilins  ausdehnbar,  während  eine 
zweite  Erklärung,  die  sich  beim  Phenacetin  geradezu  aufdrängt,  daß  die  Äthoxy- 
gruppe  den  hypnotischen  und  antineuralgischen  Effekt  bedüigt,  nur  für  einen 
Teil  der  p-Aminophenolderivate  Geltmig  hätte,  aber  man  muß  wohl  annehmen, 
daß  es  sich  beim  Phenacetin,  Lactophenm  und  ähnhch  gebauten  Körpern  im 
Gegensatz  zu  den  Aniünderivaten  im  engeren  Sinne  um  eine  Konkurrenz  zweier 
Faktoren,  welche  in  ähnlicher  Richtimg  wirken,  handelt:  der  Äthoxygnippe 
und  der  Acylaminogruppe. 

Beim  Chinin  steht  die  antineuralgische  Wirkung  im  Zusammenhange  mit 
den  narkotischen  Effekten  dieser  Base.  Gerade  diese  Nebenwirkung  auf  das 
Nervensystem  ist  es  ja,  welche  den  modernen  Antipyreticis  ermöglicht,  sich 
neben  Chinin  einen  hervorragenden  Platz  in  der  Therapie  zu  verschaffen  und 
ihn  zu  behaupten,  obgleich  dem  Chinin  exquisit  narkotische  Wirkungen  zu- 
kommen. Wir  gehen  wohl  auch  nicht  fehl,  wenn  wir  als  Erklärung  für  die 
antineuralgische  Wirkung  des  Antipyrins  die  CO-Gruppe  im  Pyrazolonring  heran- 
ziehen. Dieser  Sauerstoff  der  CO-Gruppe  hat  vielleicht  die  gleichen  chemischen 
Eigenschaften  wie  der  Brückensauerstoff  im  Morphin,  und  es  ergäbe  sich  da  viel- 
leicht eine  chemische  Analogie  zwischen  beiden  Substanzen.  Für  die  antineiu-al- 
gischen  Effekte  des  Chinnis  eine  chemische  Erklärung  abzugeben,  ist  noch  nicht 
möglich.  Doch  wollen  wir  auf  das  Vorhandensein  eines  freien  Hydroxyls  an  dem 
den  Chinohnring  mit  dem  Loiponteil  verbindenden  Kohlenstoff  hinweisen,  wel- 
ches, wie  auch  bei  allen  anderen  narkotisch  wirkenden  Alkaloiden,  Bezie- 
hungen zwischen  dem  Gehirn  und  dem  Chininmolekül  herstellen  kann. 

Im  allgemeinen  und  in  erster  Linie  scheinen  die  antineuralgischen  Wirkun- 
gen der  Antipyretica  mit  ihrem  stark  basischen  Charakter  in  Zusammenhang 
zu  stehen.  Werden  die  Basen  kondensiert,  so  erhält  man  sogar  lokalanästhe- 
sierend wirkende  Mittel. 

Wenn  wir  die  zahlreichen  Körper  überbUcken,  welche  in  der  Absicht,  neue 
Antipyretica  zu  schaffen,  dargestellt  wurden,  so  müssen  wir  doch  zugestehen, 
daß  deren  Darstellung  für  den  Pharmakologen  und  für  den  Syiithetiker  durchaus 
nicht  zwecklos  war,  ja  daß  das  negative  Ergebnis  in  mancher  Richtung  sehr 
belehrend  ist. 

Das  Scheitern  aller  Chinolinderivate  in  der  Therapie  zeigt  uns,  wie  wenig 
Erfolg  ein  weiterer  Versuch  mit  hydrierten  Derivaten  dieser  Reihe  haben  dürfte, 
wenn  wir  nicht  neue  Methoden  zur  Entgiftung  ersimien,  wie  auch  solche  Körper 
insolange  überflüssig  sind,  als  wir  nicht  durch  Studium  des  Chmins  den  wahren 
Grund  für  seine  spezifische  Wirkung  erkannt  und  dann  vielleicht  wieder  auf 
Chinolinderivate  zurückkommen.  Vorläufig  kann  kein  Derivat  mit  den  üblichen 
antipyretischen  Mitteln  in  bezug  auf  Wirkung,  Ungiftigkeit  und  Preis  konkur- 
rieren. Die  nicht  hydrierten  Derivate  des  Chinolins  sind  entweder  zu  schwach 
in  der  Wirkung  oder,  wie  die  Aminoderivate,  ohne  jedweden  Vorteil  vor  den 
Aminophenolderivaten . 

Bei  der  Antipyringruppe  ist  es  von  Interesse,  daß  Antipyrin  erst  durch 
Einführung  der  Methylgruppe  stark  wirksam  wird.  Es  ist  weiter  interessant, 
daß  die  Derivate  des  Isopyrazolons  im  Gegensatze  zu  denen  des  Pyrazolons 
keine  antipyretische,  hingegen  aber  eine  giftige  Wirkung  zeigen.  Die  Derivate 
des   Pyrazols  wirken  ebenfalls  nicht   antipyretisch^).    Die   Einführung   eines 


1)  AePP.  88,  294. 


Allgemeine  Betrachtungen  über  die  Antipyretica.  291 

basischen  (entgifteten)  Restes  (NHj-Gruppe)  in  das  Antipyrin,  und  zwar  in  den 
Pyrazolonring,  erhöht  die  Wirkung  des  letzteren  bedeutend. 

Die  einfachen  Derivate  des  Phenylhydrazins,  sie  mögen  wie  immer  entgiftet 
sein,  eignen  sich  zur  Anwendung  in  der  praktischen  Medizin  nicht,  da  sie  durch- 
wegs Blutgifte  sind. 

Ebenso  sollten  die  einfachen  Anilinderivate  aus  dem  gleichen  Grunde  ver- 
lassen werden.  Nur  der  äußerst  billige  Preis  des  Acetanilids  verlockt  noch  Ärzte, 
sich  dieses  jVIittels  zu  bedienen.  Der  Hauptkonsum  scheint  aber  darin  seine 
Ursache  zu  haben,  daß  man  andere  teurere  Antipyretica,  insbesondere  Phen- 
acetin,  damit  verfälscht. 

Die  Derivate  des  p-Aminophenols  mit  den  zahlreichen  möglichen  und  auch 
zum  Teil  ausgeführten  Variationen  sind  jedenfalls  sehr  lehrreich. 

Schon  der  Eintritt  eines  Hydroxyls  in  das  Anilin  macht  letzteres  weniger 
giftig.  Man  kann  nun  entweder  diesen  labilen  Körper,  das  p-Aminophenol, 
durch  Säureradikale  oder  durch  Alkylradikale  oder  durch  Reaktion  mit  Alde- 
hyden stabiler  machen.  Im  vornherein  ist  zu  bemerken,  daß  man  aus  dem 
Grunde  immer  bei  diesen  Synthesen  von  einem  Aminophenol  der  p-Stellimg 
ausgeht,  weil  die  o-  und  m-Derivate  weit  giftiger  sind,  ohne  sonst  irgend- 
einen Vorteil  zu  bieten.  Wenn  man  das  Hydroxyl  alkyliert,  so  kommt  man 
zu  Körpern,  von  denen  sich  insbesondere  die  Athylverbindung,  das  Phene- 
tidin,  als  therapeutisch  sehr  vorteilhaft  erwies.  Phenetidin  als  solches  ist 
aber  noch  giftig.  Daher  sind  alle  Derivate  desselben  für  die  Praxis  zu  ver- 
werfen, welche  entweder  bloße  Salze  des  Phenetidins  sind  oder  die  durch 
Einwirkung  der  Salzsäure  im  Magensafte  in  die  Komponenten  zerfallen  und 
so  zur  Bildung  von  Phenetidinsalzen  im  Magen  führen.  Sie  sind  natürlich 
alle  als  Antipyretica  wirksam  und  nur  aus  dem  Grunde  zu  verwerfen,  weil 
sie  schon  im  Magen  das  noch  giftige  Phenetidin  abspalten.  Dahin  gehören 
alle  Salze,  wie  Citrophen  usw.,  alle  Produkte  der  Reaktion  eines  Aldehyds 
oder  Ketons  mit  der  Aminogruppe.  Hierbei  ist  zu  bemerken,  daß  einzelne, 
z.  B.  das  Reaktionsprodukt  des  Salicylaldehyds  mit  Phenetidin,  insbesondere 
die  mit  aromatischen  Radikalen  entgifteten,  den  Eingriffen  des  Organismus 
gegenüber  zu  resistent  sind,  um  überhaupt  zur  Wirkung  zu  gelangen,  und 
die  geringe  Wirkung,  welche  diese  Körper  zeigen,  auf  den  angeführten  Um- 
stand zurückzuführen  ist,  daß  die  Salzsäure  des  Magensaftes  aus  ihnen  Phene- 
tidin abspaltet. 

Überhaupt  erscheint  die  Einführung  aromatischer  Radikale  zur  Entgiftung 
des  basischen  Restes  als  durchaus  imgeeignet,  da  dermaßen  stabile  Derivate 
entstehen,  daß  der  Organismus  dieselben  nicht  aufspalten,  d.  h.  das  wirkende 
p-Aminophenol  daraus  nicht  entwickeln  kann.  Es  ist  dies  geradezu  ein  Beweis 
für  den  Zusammenhang  zwischen  chemischer  Veränderung  und  physiologischer 
Wirkung.  Körper,  welche  im  Organismus  nicht  verändert  werden,  gelangen 
auch  nicht  zur  Wirkung.  Daher  ist  der  positive  Ausfall  der  Indopheninreaktion 
im  Harne  bei  Verfüttenmg  von  Derivaten  der  Anilingruppe  ein  sicherer  Beweis, 
daß  sie  wirksam  waren,  weil  sie  abgebaut  wurden.  Ein  negativer  Ausfall  zeigt 
auch,  daß  der  verfütterte  Körper  unwirksam  war. 

Zur  Entgiftung  des  basischen  Restes  eignen  sich  vorzüglich  die  Radikale 
der  Fettsäm-en,  insbesondere  der  Essigsäure;  kein  anderes  Radikal  zeichnet 
sich  vor  der  Essigsäure  aus,  es  ist  auch  keines  bei  der  technischen  Herstellung 
billiger.  Anders  verhält  es  sich  bei  der  Deckung  des  Hydroxyls  durch  Fettsäure- 
radikale,  z.  B.  der  Essigsäure.  Die  Verseifung  dieses  Esters  geht  so  glatt  vor 
sich  und  weitaus  rascher  als  der  Abbau  einer  Alkylgruppe,  so  daß  sehr  rasch 

19* 


292  Anfcipyretica. 

sich  das  giftige  p-Aminoplienol  bildet.  Deshalb  sind  solche  Derivate,  in  welchen 
der  Phenolhydroxylwasserstoff  durch  Säiireradikale  ersetzt  ist,  immer  giftiger 
als  die  alkylsubstituierten  und  stehen  üinen  daher  an  Güte  bei  weitem  nach. 
Der  Säurerest  an  der  basischen  Gruppe  verhält  sich  chemisch  und  physiologisch 
viel  resistenter. 

Das  Ersetzen  des  zweiten  Wasserstoffes  in  der  basischen  Gruppe  durch 
ein  Säureradikal  bietet  schon  aus  dem  Grunde  keinen  Vorteil,  weil  die  zweite 
Säuregruppe  schon  durch  bloßes  Wasser  leicht  abgespalten  wird. 

Der  Ersatz  des  zweiten  Wasserstoffes  durch  eine  Alkylgruppe  bewirkt  eine 
rauschartige  Narkose.  Die  Körper  dieser  Reihe  haben  keine  praktische  Ver- 
wendung gefunden. 

Auch  die  Entgiftung  durch  Überführung  des  Phenetidins  in  ein  Urethan 
zeigt  gar  keine  der  einfachen  Acetylierung  überlegene  Wirkung. 

Hingegen  müssen  alle  Versuche  der  Entgiftung  durch  Uberführmig  der 
basischen  Verbindung  in  eine  Säure,  also  die  Darstellung  von  Carbonsäuren, 
Sulfosäuren  usw.  des  Phenetidins  als  gänzlich  gegen  die  pharmakologischen 
Grundgesetze  verstoßend  angesehen  werden.  Die  entsprechenden  Körper  haben 
sich  auch  ohne  Ausnahme  als  wirkungslos  erwiesen,  um  so  mehr,  als  der  Organis- 
mus aus  ihnen  kein  p-Aminophenol  regenerieren  kami. 

Die  Einfülirung  einer  zweiten  Aminogrujjpe  hat  naturgemäß  die  Giftigkeit 
des  Phenacetüis  erhöht.  Der  Versuch,  ein  zweites  gedecktes  Hydroxyl^)  ein- 
zuführen, ist  nicht  weiter  verfolgt  worden. 

Wir  haben  ferner  gesehen,  daß  sich  nur  vom  Benzol  oder  ChinoUn  Anti- 
P3rretica  ableiten  lassen.  Vom  Pyridin  kann  man  zu  keinem  gelangen,  ebenso- 
wenig kaiui  man  von  anderen  Rüigsystemen :  Diphenyl,  Naphthalin  und 
Phenanthren,  zu  antipyretischen  Körpern  gelangen.  Die  Funktion  des  Benzol- 
kems  und  des  Benzols  in  der  ChinolLnbüidung  hängt  von  ganz  bestimmten 
chemischen  Bindungen  ab,  welche  PyricUn,  Naphthalin  und  Phenanthren  ent- 
behren. 

So  sehen  wir,  daß  der  praktische  Erfolg  der  so  zahlreichen  Versuche,  die 
erst  dargestellten  Körper,  Antipyrin  (PjTamidon)  und  Phenacetin,  zu  verbessern, 
nur  sehr  spärlich  ist,  schon  aus  dem  Grunde,  weil  man  nicht  zu  billigeren  Kör- 
pern gelangen  konnte,  diese  beiden  Standardpräparate  selbst  sehr  rigorosen 
Anforderungen  an  ein  Antipyreticum  entsprechen  und  nach  keiner  Richtung 
von  den  zahlreichen  Varianten  irgendwie  erheblich  übertroffen  wurden. 

Das  Ideal,  ein  spezifisches  Fiebermittel  mit  starken  antineuralgischen  Effek- 
ten, Wirkung  auf  Sumpffieber  und  ohne  schädigende  Nebenwirkung,  ist  noch 
zu  erreichen,  aber  um  diesen  Erfolg  zu  erringen,  müssen  neue  Ideen  und  neue 
Studien  über  Chinin  kommen  oder  der  Zufall,  welcher  ja  eine  so  große  RoUe 
bei  den  Entdeckungen  und  Erfindungen  spielt,  helfend  eingreifen.  Die  bis  nun 
vorgebrachten  Ideen  erscheinen  in  allen  Variationen  erschöpft  und  müssen  neuen 
Platz  machen. 


')  DRP.-Anin.  13  209.    Darstellung  von  Acetylaminodiäthylbrenzcatechin. 


Drittes  Kapitel. 

Alkaloide. 

Zum  Schönsten  und  Interessantesten  in  der  Pharmakologie  gehört  wohl  das 
planmäßige  Studium  der  natürlichen  Alkaloide,  ihrer  Synthesen,  die  Kenntnis 
der  wirksamen  Gruppen  und  der  künstliche  Ersatz  der  Alkaloide.  Gerade  die 
kleinen  Mengen,  in  denen  ein  Alkaloid  seine  Wirksamkeit  schon  zeigt,  sowie  die 
Raschheit  der  Wirkung  der  Alkaloide  haben  von  jeher  diese  Verbindungen 
zu  den  LiebUngsmitteln  derjenigen  Ärzte  erhoben,  welche  sie  zu  benützen  ver- 
stehen. Hierbei  gestatten  die  maimigfaltigen  Wirkungen,  welche  die  Alkaloide 
haben,  eine  ungemein  ausgebreitete  Anwendung  auf  allen  Gebieten  der  prak- 
tischen Medizin.  Ja,  in  der  Hand  des  Geübten  und  des  Kundigen  können 
die  versclüedensten  Effekte  und  oft  entgegengesetzte  Erscheinungen  durch 
eine  verschiedene  Dosierung  desselben  Mittels  erzielt  werden. 

Die  Chemie  hat  mehrere  Ziele  beim  Studium  der  Alkaloide  imd  ilires  Auf- 
baues von  jeher  verfolgt.  Das  erste  Bestreben,  die  ReindarsteUung  der  wirk- 
samen Substanzen,  war  stets  von  einem  anderen  begleitet,  nämlich  eine  Ver- 
biUigung  des  betreffenden  Alkaloids  dadurch  zu  erzielen,  daß  man  möghchst 
die  konstitutionell  verwandten  Nebenalkaloide  in  das  wertvolle  Hauptalkaloid 
verwandle  oder  daß  man  die  Nebenalkaloide  der  verschiedenen  Drogen  ebenfalls 
in  der  Medizin  zur  Verwertung  bringe,  anderseits  war  es  ein  so  beachtenswertes 
Ziel,  die  Alkaloide  entweder  sjiithetisch  darzustellen,  oder,  wenn  dieses  nicht 
gelang,  durch  das  Studium  der  wirksamen  Gruppen  dahin  zu  kommen,  den 
Alkaloiden  an  Wirkungen  analoge  Körper  aufzubauen.  Neben  diesen  Bestre- 
bungen machten  sich  insbesondere  in  der  letzten  Zeit  zwei  Richtungen  bemerkbar, 
welche  mit  mehr  oder  minder  großem  Erfolg  folgendes  anstrebten.  Die  eine 
Richtung  suchte  bestimmte  schädliche  oder  unangenehme  Eigenschaften  ge- 
wisser Alkaloide,  wie  etwa  den  bitteren  Geschmack  des  Chinins,  die  leichte  Zer- 
setzüchkeit  des  Cocains,  durch  verschiedene  Veränderungen  zu  coupieren,  ohne 
daß  die  Grund  Wirkung  des  Körpers  in  irgendeiner  Weise  verändert  würde.  Eine 
andere  Richtimg,  und  diese  ist  die  weit  erfolgreichere,  strebte  an,  an  dem  Mole- 
kül der  bekaimten  Alkaloide  durch  Sperren  oder  Öffnen  bestimmter  Seitenketten, 
sowie  durch  bestimmte  Veränderungen  an  den  Seitenketten  solche  Veränderungen 
in  der  physiologischen  Wirkung  hervorzurufen,  daß  gleichsam  eine  im  Alkaloid 
schlummernde  Eigenschaft  zum  Leben  erweckt  werde,  während  die  typischen 
Eigenschaften  des  Alkaloids  gleichsam  in  einen  Schlummerzustand  versinken. 
Als  Beispiel  wollen  wir  nur  anführen  das  Versperren  des  einen  oder  beider 
Morphinhydroxyle  durch  Acyl-  oder  Alkylgruppen,  wobei  die  schlafmachende 
Eigenschaft  fast  ganz  verschwindet,  während  eine  eigentümliche  Wirkung  auf 
die  Respiration,  w^elche  wohl  schon  dem  Morphin,  wenn  auch  nicht  in  dem  Grade 
zukommt,  als  charakteristisches  Zeichen  der  neuen  Körper  bei  der  therapeu- 
tischen Anwendung  auftritt. 

Es   wurden  auch    Versuche  gemacht,    eine    sogenannte  Veredelung  der 
Alkaloide  in  der  Weise  durchzuführen,   daß  man  durch  chemische  Änderung 


294  Alkaloide. 

am  Moleküle  der  natürlich  vorkommenden  Alkaloide  eine  Verbesserung  oder 
Verstärkung  der  Wirkung  erzielen  wollte.  In  den  meisten  Fällen  hat  es  sich 
herausgestellt,  daß  die  natürlich  vorkommenden  Verbindungen  (AdrenaUn, 
Chinin,  Morphin)  die  besten  Vertreter  dieser  Reihen  sind. 

* 
Die  große  Reihe  der  natürhch  vorkommenden  Alkaloide  lä.ßt  sich  bekannt- 
lich nach  Königs  auf  das  Pyridin 

H 

C 

^\ 

HC    CH 

I      II 

HC    CH 

\/ 

N 

zurückführen.  Diese  Base  ist  für  sich  fast  ungittig  zu  nemien.  Pyridininhala- 
tionen  bewirken  zunächst  respiratorische  Dyspnoe  durch  Reizung  des  Trige- 
minus,  dann  Verlangsamung  und  Verflachung  der  Atmung,  welche  periodischen 
Wechsel  zeigt  und  schließhch  Schlaf.  Interne  Verabreichung  des  Pyridins  macht 
keine  Erscheinungen  toxischer  Natur.  Die  Hauptwirkung  besteht  nach  L.  B  r  u  n- 
ton  und  Tunnicliffe^)  in  Lähmung  der  sensorischen  Apparate,  totaler  An- 
ästhesie und  Aufhebung  der  Reflexe,  ferner  hemmen  relativ  geringe  Dosen  die 
Atmung;  zentrale  Vagusreizung  bei  mit  Pyridin  vergifteten  Kaninchen  ergab 
besonders  häufig  exspiratorischen  Stillstand.  Die  Herzaktion  wird  durch  kleine 
Dosen  verlangsamt  und  verstärkt,  durch  größere  zum  Stillstand  gebracht. 
Pyridin  ist  im  Vergleich  zu  seinen  Derivaten  kein  aktives  Glied.  Es  macht  Blut- 
drucksenkung durch  Paralyse  des  Herzmsukels. 

E.  Harnack  und  H.  H.  Meyer,  W.  His,  R.  Cohn  konnten  bei  Dosen 
von  ca.  1  g  pro  die  keinerlei  toxische  Wirkung  sehen^). 

Die  Pyridinderivate  wirken  ähnlich  Avie  Pyridin,  sie  sind  um  so  giftiger,  je 
höher  der  Siedepunkt'). 

[Tlüotetrapyridüi  und  Isopyridin  wirken  auf  Hmide  und  Katzen  nicht 
giftig;  ersteres  verursacht  bei  Fröschen  als  Hydrochlorat  zu  13  mg  erst  in 
IV2  Stunden  eine  geringe  Paralyse,  ohne  die  Respiration  aufzuheben  und  Nico- 
tinlcrämpfe  zu  bewirken*)]. 

Auf  Bohnenpflanzen  wirkt  Methylamin  giftig,  seine  Giftigkeit  steigt  mit 
der  Anzahl  der  Älethylgruppen.  Methylamin  ist  nach  dieser  Richtung  hin  weniger 
giftig  als  Äthylamin,  während  die  Giftigkeit  der  höheren  Amine  mit  zunehmender 
Länge  der  Kohlenstoffkette  abnimmt,  nur  Isoamylamin  ist  wesentlich  giftiger 
als  n-Amylamin.  Auch  das  Kaliumsalz  der  Isobuttersäure  zeigt  giftige  Eigen- 
schaften, während  die  Salze  der  normalen  Buttersäure  ziemlich  ungiftig  sind. 
Formamid  ist  giftig,  Acetamid  ungiftig.  Oxalsäure  ist  giftiger  als  Bernstein- 
säure. Methyl-  und  Äthylester  der  Weinsäure  sind  giftiger  als  Aveinsaiu'e  Salze. 
Pyridin  ist  ungiftig,  Methj'lpyridin  schwach  giftig,  Piperidin  wenig  giftig, 
n-Methj'lpiperidin,  Coniin,  ChinoUn  und  Isochinolin  sind  viel  giftiger,  am  gif- 
tigsten Methylchinolin.  Cocain  ist  sehr  giftig,  Norekgoninmethyläther  viel 
weniger  giftig,  Norekgonin  ganz  ungiftig  ^).  Betain  ist  weniger  giftig  als 
Tetramethylammoniumhydroxyd. 

')  Journ.  of  phvsiol.   IT,  292.    Siehe  auch  Heinz,  Virchows  Arch.   182,   IIG. 
-)  AePP.    13,   394;  33,  254.   —  HS.    18,    116  (1894). 

=)  Kendrick  und  Dewar,  BB.  T,    1458  (1874).  *)  Vulpian,    Cr.  93,    165. 

')  G.  Ciamician  und  C.  Ravonna,  Atti  della  R.  Accad.  dei  Lincei  Roma  39,  H.  5, 
Nr.  1,  S.  7  (1920). 


Einfluß  der  Hydrierung  der  Basen.  295 

Einlluß  der  Hydrierung  der  Basen. 

Aber  die  Wirkung  ändert  sich  und  wird  verstärkt,  wenn  diese  Base,  das 
Pyridin,  hydriert  wird,  d.  h.  wenn  durch  den  Eintritt  von  Wasserstoffatomen 
in  das  Pyridinmolekül  die  doppelten  Bindiuigen  gelöst  luid  die  Stickstoff- 
bindung in  eine  Imidgruppe  übergeht.  Dann  wirkt  die  neue  Base  und  sie 
wirkt  in  dem  Sinne,  daß  sie  den  Blutdruck  steigert,  daß  sie  die  Gefäße  stark 
kontrahiert  imd  bestimmte  Ähnlichkeiten  in  ihrer  physiologischen  Wirkung  mit 
dem  Nicotin  unverkennbar  süid.  Das  durch  Hydrierung  des  Pyridins  ent- 
stehende Piperidin  wirkt  zentral  und  auch  peripher  lähmend  i).  Wenn  man 
die  Erfahrung  vom  Verhältnis  zwischen  Pyridin  und  Piperidin,  der  einfachen 
imd  der  hydrierten  Base  weiter  verfolgt  und  eine  Reihe  anderer  Basen  auf 
dieses  Verhalten  hin  untersucht,  so  kami  man  zu  einer  Regel  gelangen,  die 
zuerst  von  Kendrick  imd  De  war,  später  in  Deutschland  von  Königs  in 
Worte  gekleidet  wurde :  Hydrierte  Basen  wirken  physiologisch  immer 
stärker  als  die  ihnen  entsprechenden  nicht  hydrierten  Basen. 
Kendrick  imd  Dewar-)  wiesen  zuerst  darauf  hin,  daß  bei  Vergleich  der 
Wirkungen 

von  Chinolin  C^HjN  mit  Parvolin  C^HjsN 

von  CoUidin  CgHjjN  mit  Coiiiin  CgHjjN 

von  Dipyridin  CijHiqNo  mit  Nicotin  CjoHi^Xj 

zu  beobachten  ist,  daß  die  physiologische  Wirksamkeit  dieser  Substanzen,  ab- 
gesehen von  der  chemischen  Struktur,  in  denjenigen  Substanzen  am  größten  ist, 
welche  die  größte  Menge  Wasserstoff  enthalten. 

Die  Hydrierimg  einer  Base  kann  nicht  nur  eine  erhöhte  Giftigkeit  imd  Wirk- 
samkeit verursachen,  sondern  es  kommt  dabei  in  vielen  Fällen  zu  einer  völligen 
Umkehruug  der  physiologischen  Wirkimg  der  Grundsubstanz.    So  wirkt 

Pyridin  blutdruckerniedrigend,  Piperidin  blutdrucksteigernd. 

Berberin  blutdruckerniedrigend,  Tetrahydroberberin  blutdrueksteigemd, 

(V -Naphthylamüi  wirkt  giftig  durch  zentrale  /J-Tetrahydronaphthylamin     pupillenerwei- 

Lähmung^),  ternd. 

^-Naphthylamin  pupillenverengernd. 

Eine  Reihe  von  Beispielen  bestätigt  die  Richtigkeit  dieser  Regel.  Es  wäre 
aber  falsch,  anzunehmen,  daß  man  jede  Base  durch  Hydrierung  in  eine  stärker 
wirksame  verwandeln  kann.  Es  kann  nämlich  beim  Prozeß  der  Hydrierung  auch 
eine  Sprengung  des  Kernes  vor  sich  gehen,  und  dann  bekommt  man  keinen 
wirksamen,  vielmehr  oft  einen  wenig  oder  ganz  unwirksamen  Körper.  Ander- 
seits kann  durch  die  Hydrierung  auch  eine  Sprengung  zwischen  der  Verbindung 
zweier  Kerne  emtreten: 

Hierfür  dienen  folgende  Beispiele: 

Pyridin  ist  von  äußerst  germger  Wirkung''),  das  hydrierte  Pyridin  (Piperidin) 


Pyridin 

wirkt  aber  kräftig  blutdrueksteigemd. 

')  Siehe  auch  Thiele  mann,  Diss.  Marburg  (1896). 

-)  BB.  T,   1458  (1874);   16,  739  (1883). 

^)  Pitini  und  Blanda,  Arch.  di  farmacol.    1898,  431. 

*)  Siehe  dagegen  Lublinski,  Deutsche  med.  Wochenschr.   1885,  985. 


H 

H, 

h()^ 

Piperidin   H^Q^, 

N 

N 

H 

296  Alkaloide. 

Die  Giftigkeit  des  Chinolins  steigt  bedeutend,  wenn  man  es  in  Tetrahydro- 
chinolin  verwandelt. 

P3Tidin  und  Chinolin  sind  die  einfachsten  Vertreter  der  Alkaloidgruppe. 
Ihre  vollständigen  Hydride  sind  Piperidin  und  Dekahydrochinoliu.  Alle  vier 
lähmen  die  Zentren  imd  setzen  die  Leistungsfähigkeit  der  motorischen  Nerven 
erheblich  herab,  lassen  aber  die  sensiblen  Nervenendigungen  ganz,  die  Muskel- 
substanz fast  mtakt.  Außerdem  bringen  sie  Veränderungen  der  roten  Blut- 
körperchen, wie  Ammoniak,  hervor.  Die  hydrierten  Verbindungen  wirken 
hierbei  kräftiger  und  stärker^). 

/)'-Naphthylamin  zeigt  in  Dosen  v^on  1  g  schwache  Wirkimgen,  während 
/S-Tetrahydronaphthylamin  in  Dosen  von  1  g  bei  Kaninchen  letal  wirkt*). 
CH, 

/)-Collidin  /\ .  f.„H,    '®*    relativ    wenig    giftig,     während    Hexahydro-p- 


N 
colhdin  oder  Isocicutin  eine  zentrale  und  periphere  Giftigkeit  entfaltet.    Es  ist 
weit  giftiger  als  CiU'are  und  wirkt  wie  Conim  (Ä-Propylpiperidin). 

Die  Ursache,  weshalb  die  hydrierten  Basen  an  Stärke  der  Wirkung  die 
entsprechenden  nicht  hydrierten  übertreffen  und  in  vielen  Fällen  sogar  gerade 
entgegengesetzte  Wirkungen  haben  (z.  B.  Pyridin  und  Piperidin)  ist  wohl  die, 
daß  die  Basen  einerseits  durch  Hydrierung  einen  fetten  Charakter  erhalten, 
öidem  die  doppelten  Bindmagen  der  Ringe  verlorengehen,  anderseits  geht 
häufig  eine  tertiäre  Base  in  eine  sekinidäre  über,  welche  letztere  infolge  Vor- 
handenseins einer  Imidgruppe  physiologisch  luigemein  reaktionsfähig  ist, 
während  tertiär  gebundener  Stickstoff  im  Organismus  sowie  außerhalb  sehr 
träge  reagiert.  Die  Zunahme  der  Verbindimg  an  Wasserstoffatomen  erleichtert 
den  oxydativen  Eingriff  des  Organismus,  sowie  auch  der  fette  Charakter  em 
Einreißen  des  Ringes  erleichtert. 

Hydriert  man  jedoch  Papaverin  zum  Tetrahydropapaverin,  so  erhält  man 
eine  Abschwächung  der  Giftigkeit. 

Ricinin  tötet  in  Dosen  von  1.5  mg  subcutan  eme  15  g  schwere  Maus  in 
15  Minuten.  Tetrahydroricinin  ist  weniger  giftig  als  Ricinin.  Ricinin  ist  der 
Methylester  der  Ricininsäure'). 

Durch  Hydriermig  von  Strychnin  und  Thebain  gehen  die  krampferregenden 
Eigenschaften  dieser  Alkaloide  seilest  bei  Verwendung  der  3 — Stach  größeren 
Dose  verloren  (0.  Loeb  und  L.  Oldenberg). 

Physiologische  Bedeutung  der  Umwandlung  der    ternären  Alkaloide   in 
quaternäre  Ammoniumbasen. 

Zu  dieser  allgemeinen  Regel  über  die  Wirkung  der  Basen  im  Zusammen- 
hang mit  ihrem  chemischen  Aufbau  tritt  eine  zweite  hinzu,  die  wir  Cr  um 
Brown  und  Fräser^)  verdanken;  diese  beiden  schottischen  Forscher  unter- 
suchten, um  die  Beziehungen  zwischen  chemischer  Konstitution  und  physiolo- 
gischer Wirkung  zu  finden,  die  physiologische  Wirkung  der  Substanzen,  nämlich 
der  Alkaloide,  nach  einer  ganz  bestimmten  chemischen  Operation,  welche 
gleichmäßig  an  allen  Alkaloiden  vorgenommen  wurde.  Wenn  die  chemische 
Konstitution  C  ist,  die  physiologische  Wirkung  P,  so  ist  die  unbekannte  Funktion 

1)  Heinz.VirchowsArch.  123,  116.     =)  BB.  33,  777  (1889).  —  Virchows  Arch.  115,117. 
^)  E.   Winterstein,  J.   Keller  und  A.   B.   Weinhagen,  Arch.   d.   Pharmaz.   355, 
513  (1918). 

*)  Transact.  Roy.  Soc.  Edinburgh  35, 707  (1868)  undProc.  Boy .  Soc.  Edinburgh  1869, 560. 


Physiologische  Bedeutung  der  Umwandlung  der  temären  Alkaloide.  297 

von  C  fC  .  Um  nun  f  zu  finden,  verändert  man  C  so,  daß  es  C  +  JC  ■wird,  und 
untersucht  die  korrespondierende  Verändenmg  der  physiologischen  Wirkung 
von  fC  zu  fC  +  MC  .  Wir  kennen  zJC,  fC  und  JfC  und  wenn  wir  deren  Ver- 
hältnisse für  eine  große  Anzahl  von  C-Werten  keimen  und  indem  man  zJC 
variiert,  so  kann  man  die  Funktion  f  bestimmen.  Die  Veränderung  der  Kon- 
stitution, die  von  JC  repräsentiert  wird,  muß  eine  einfache  vmd  klare  sein. 
Es  sind  zwei  Arten,  zwischen  denen  man  wählen  kann:  Replacement  und 
Addition. 

Das  Replacement  macht  keine  so  große  Änderung  der  physiologischen 
Wirkmig  wie  die  Addition ;  wemi  man  die  Wirkimg  von  Kohlenoxyd  und  Kohlen- 
säure, Blausävu-e  mid  Methylamin,  arsenige  Säure  und  Kakodylsäure,  Strychnin 
und  BnicLn  und  die  Salze  der  Ammoniumbasen,  die  von  ihnen  abstammen,  ver- 
gleicht, so  kann  man  sehen,  daß  die  Addition  wenigstens  in  den  meisten  Fällen 
die  physiologische  Aktivität  verringert  oder  vernichtet.  Dieser  Vergleich  führt 
zu  dem  Verdachte,  daß  die  physiologische  Aktivität  mit  der  chemischen  Kon- 
densation zusammenhängt,  mit  welchem  Ausdrucke  Brown  und  Fräser  die 
Fähigkeit,  Additionen  einzugehen,  bezeichnen,  wobei  die  Addition  nun  durch 
Anwachsen  der  Wertigkeit  eines  Atoms  oder  einer  Gruppe  von  Atomen  Platz 
greift.  Dieser  Verdacht  erhält  eine  gewisse  Bestätigung  durch  die  Tatsache,  daß 
stabile  Verbindungen  des  fünfwertigen  Arsens  und  Antimons  bei  der  physio- 
logischen Prüfimg  in  bezug  auf  spezifische  Arsen-  und  Antimonwirkung  unwirk- 
sam waren,  während  alle  löslichen  Verbindungen  des  dreiwertigen  Arsens  und 
Antimons  sich  wirksam  erwiesen.  Ähnlich  sind  die  aromatischen  Körper  in  der 
Regel  aktiver  als  die  korrespondierenden  fetten  Körper;  das  Vorkommen  von 
solchen  Giften,  wie  Alkohol,  Oxalsäure  mid  Subhmat,  unter  den  gesättigten 
Substanzen  und  von  verhältnismäßig  unwirksamen  imgesättigten  Verbindungen, 
wie  Benzoesäiure  und  SaUcin,  zeigt,  daß  die  Kondensation  nicht  der  einzige 
Zustand  der  phj'siologischen  Aktivität  ist.  Es  -niirden  nun  die  Methylderivate 
des  Strychnin,  Brucin,  Thebain,  Kodein,  Morphin  und  Nicotin  untersucht.  Das 
Jodid  und  Sulfat  des  Methylstrjxhnin  ist  weit  weniger  giftig  als  Strychnin  selbst, 
es  erzeugt  keine  Krämpfe,  sondern  Paralyse  und  hat  Curare  Wirkung.  Äthjd- 
strychnin  wirkt  ebenso  i). 

J.  Tillie-)  behauptet,  daß  die  Addition  von  Methyl  zu  Strychnin  nicht, 
wie  bisher  angenommen  wurde,  eine  völlige  Umwandlung  des  Wirkungs- 
charakters, sondern  lediglich  eine  Modifikation  der  Aufeinanderfolge  imd  der 
Intensität  der  Grundwirkimgen  des  Stryclmins  bedingt. 

Brucin  und  Thebain  wirken  wie  Strj^chnin,  und  ebenso  verhalten  sich 
ihre  Methylderivate  zum  Methylstrychnin ;  beim  Kodein  haben  die  Salze  der 
Methylverbindimg  nicht  die  krampferregende  Wirkimg  des  Kodeins.  Da 
dieses  Alkaloid  nur  eine  schwache  Schlaf  Wirkung  hat,  so  war  es  schwer  zu 
erkennen,  wie  weit  diese  Wirkung  in  der  Methylverbindimg  verändert  war. 
Die  letztere  lähmt  die  motorischen  Xervenendorgane,  was  Kodein  nicht  vermag. 
Morphinmethyljodid,  welches  fast  unlöslich  ist,  hat  gar  keine  schlafmachende 
Wirkung.  Hingegen  wirkt  Morphinmethylsulfat  narkotisch,  macht  aber  keine 
Krämpfe,   sondern  Paralyse.    Methylnicotin^)  ist  wenig  giftig,    macht   keine 


1)  Schroff,  Wochenbl.  d.  Zeits.  d.  Ges.  d.  Ärzte,  Wien  6,  157  (1866).  —  Buch- 
heim imd  Loos,  Eckhards  Beiträge  5,  205.  -)  AePP.  27,  1. 

')  Xach  Crum  Brown  und  Fräser  ist  Methylnicotin  für  Kaninchen  nicht  giftig. 
Es  bedingt  zu  0.6  und  1.0  g  schwache  Beeinträchtigungen  der  Motilität,  ohne  Kon  vulsionen 
und  ohne  Lähmung  der  peripheren  Nervenendigungen  zu  bewirken  und  tötet  als  Jodid, 
sowie  auch  als  Sulfat  Kaninchen  zu   1.2  g. 


298  Alkaloide. 

Krämpfe,  aber  auch  keine  lähmende  Wirkung  auf  die  motorischen  Nervenend- 
organe. Crum  Brown  und  Fräser  untersuchten  auch  die  Wirkung  des  Jod- 
methyls selbst,  welches     aber  keine  solchen  Wirkungen  zeigte. 

Atropin  hat  eine  etwas  komplizierte  physiologische  Wirkung,  da  es  Funk- 
tionen des  Zentral-  und  sympathischen  (autonomen)  Nervensystems  beeinflußt. 
Die  Wirkungen  der  Methyl-  und  Äthylderivate  differieren  in  bezug  auf  das 
Zentrahiervensystem  vom  Atropin,  während  die  Wirkung  auf  das  sympathische 
Nervensystem  wesentlich  dieselbe  ist.  Die  das  Rückenmark  reizende  Wirkung 
des  Strychnin,  Brucin,  Thebain,  Codein  und  Morphin  kommt  den  Salzen  der 
Ammoiiiumbasen,  welche  von  diesen  Alkaloiden  abstammen,  nicht  zu,  aber 
diese  Derivate  besitzen  dafür  eine  paralysierende  Wirkung  auf  die  motorischen 
Nervenendigungen.  Eine  ähnliche  Veränderung  ist  bei  den  Alkylderivaten  des 
Atropins  zu  sehen.  Diese  Derivate  sind  kräftiger  lähmende  Körper  als  Atropin 
selbst.  Die  Salze  der  Atropinmethylhydroxyds  und  Atropinäthylhydroxyds 
sind  für  niedere  Tiere  in  viel  kleinerer  Dosis  letal  wirkend  als  die  Salze  des 
Atropins  selbst.  Paralyse  des  Vagus  und  Pupillen erweiterung  werden  auch  von 
den  Derivaten  des  Atropins  verursacht. 

Conüu^)  ist  eine  Imidbase,  Methylconün  eine  Nitrilbase.  Die  Salze  von 
Conün  und  Methylconün  sind  emander  in  Wirkung  und  Giftigkeit  sehr  ähnlich. 
Sie  verursachen  fortschreitende  Lähmung  und  Tod  durch  Asphyxie.  Conün- 
äthylhydroxyd  macht  ebenfalls  periphere  Lähmung  der  Nervenendapparate^). 
Dimethylconün  ist  viel  weniger  giftig  und  erzeugt  vor  der  Lähmung  keine 
Heizung. 

Die  Überführung  des  N-Äthylconiins  in  die  quatemäre  Ammoniumbase 
steigert  die  Giftigkeit  um  das  7-  bzw.  12 fache. 

In  homologen  Reihen  von  Coniniumbasen  geht  mit  steigendem  Atomgewicht 
eine  Veränderung  der  Giftwirkung  einher.  Die  Intensität  der  Wirkung  hängt 
von  dem  Bau  und  der  räumlichen  Gruppierung  der  an  den  tertiären  Stickstoff 
angelagerten  Radikale  ab.  Sie  ist  nicht  nur  von  der  Konstitution  des  zugrunde 
liegenden  AJkaloids,  sondern  auch  von  der  Konstitution  der  an  den  tertiären 
Stickstoff  herantretenden  Atomkomplexe  abhängig^). 

N-Äthylpiperidin  zeigt  dem  Coniin  ähnliche  Wirkimgen. 

Nach  den  Untersuchungen  von  Ihmsen  übt  die  vom  Methyläthylconiin 
derivierende  Ammoniumhydroxydbase  CgHj8(C2H5)(CH3)N  •  OH  selbst  zu  30  g 
keine  Wirkung  aus,  die  Jodverbindung  blieb  zu  2 — 6  g  wirkungslos,  tötete  aber 
zu  10  g  ein  Kaninchen  in  vier  Minuten.  Es  hat  also  als  Ammoniumhydroxyd - 
base  erheblich  an  Giftigkeit  eingebüßt. 

Cocain  verliert  durch  Methj'lierimg  vöUig  seine  exzitierende,  sowie  seine 
anästhesierende  physiologische  Wirkung.  Die  Ammoniumbase  hat  nur  die 
physiologischen  Eigenschaften  des  Curare,  also  Lähmung  der  motorischen 
Nervenendplatten  (Paul  Ehrlich). 

Im  Pfeilgitt  Curare  fand  R.  Böhm  zwei  Basen,  eine  tertiäre  Base  Curin 
und  eine  Ammoniumbase  Ciwarin.  Curin  läßt  sich  durch  Methyherung  in 
Curarin   verwandeln,    welches  226  mal  so  giftig  ist  als  die  Muttersubstanz*). 

Auch  Pyridin  selbst  schließt  sich  von  dieser  allgemeinen  Regel  nicht  aus, 
mid  die  entsprechende  Ammoniumbase  hat  die  physiologische  Funktion  der 
quaternären  Basen  überhaupt,  nämlich  Lähmimg  der  motorischen  Nervenend- 

^)  Crum  Brown  und  Fräser,  Transact.  Roy.  Soc.  Edinburgh  35,  719. 

-)  Tirvakian,  Thöse  Paris,  1878. 

3)  H.  Hildebrandt,  AePP.  63,  76  (1910). 

*j  Arch.  d.  Pharmazie  235,  660.  —  Beitr.  z.  Physiol.,  Leipzig  1886,  173;  35,  20. 


Physiologische  Bedeutung  der  Umwandlung  der  temären  Alkaloide.  299 

platten.   Es  ist  aber  sehr  wenig  giftig,  ähnlich  wirkt  die  Methylverbindung  des 
Chinolins  und  des  Isochinolins.    Wenig  giftig  ist  Dimethylthallinchlorid'). 

Methj'lpyridylammoniumhydroxyd  tötet  Katzen  und  Kaninchen  in  Dosen 
von  1 — 1.5  g  durch  Atemlähmung.  Nach  Dosen  von  0.5  g  erscheint  es  unver- 
ändert im  Harn').  Methylpyi'idiniumchlorid  wirkt  curareartig  lähmend.  In  Er- 
müdungsversuchen am  Froschgastrocnen  ius  hat  es  Santesson-)  mit  den 
entsprechenden    Methylderivaten    des    Chüiolins,    Isochinolins    und    Thallins 

verglichen. 

MethylpjTidinchlorid  Intensitätswert :   1 
Methylchinolinchlorid  ..  2.5 

Methylisochinolinchlorid  ,,  3.75 

Dimethylthallinchlorid  „  25. 

Nicht  alle  quaternären  Basen  wirken  curareartig.  Die  quaternären  Papa- 
verinderivate  und  ebenso  das  Nicotinmethylat  wirken  nicht  auf  die  motorischen 
Nervenendplatten.  Die  Papaverinderivate  verlieren  durch  Umwandlung  in 
quatemäre  Basen  ihre  allgemeine  zentrale  Nervenwirkmig,  aber  sie  erhalten 
eine  Nierenwirkung,  welche  durch  Hydriermig  des  Moleküls  geschwächt  wird, 
während  sonst  die  Hydrierung  giftigkeitsteigemd  ist  (Papaverin:  Tetrahj'dro- 
papaveriu).  Viele  quatemäre  Basen  sind  zentralangreifende  Respirations- 
gifte^). 

Es  besteht  also  eme  erhebliche  Differenz  zwischen  der  Wirkung  von  Basen, 
die  dreiwertigen  Stickstoff,  und  solchen,  die  fünf  wertigen  Stickstoff  ent- 
halten. Die  Salze  des  Ammoniaks,  Trimethylamins  imd  Tetramethylammo- 
niums wurden  von  Rabuteau  untersucht,  um  auch  die  Verhältnisse  bei  ein- 
fachen Basen  zu  studieren.  Trimethylaniin  steht  in  derselben  Beziehmig  zum 
Tetramethylammonium,  wie  Strychnin  zu  Methylstrychnin.  Alle  diese  Sub- 
stanzen machen  Paralyse  und  leichte  Muskelkrämpfe  durch  eine  direkte  Wir- 
kung auf  das  Zentralnervensj'stem  und  auf  die  quergestreifte  Muskulatur.  Die 
physiologischen  Wirkungen  des  Chlorammons  und  salzsauren  Trimethylamins 
sind  sehr  ähnlich,  differieren  aber  vom  Jodid  des  Tetramethjdammoniums'*). 
Die  beiden  ersteren  sind  schwach  in  ihrer  Wirkimg,  während  das  letztere  ein 
verhältnismäßig  kräftiges  Gift  ist  und  sehr  rasch  lähmend  wirkt.  Die  Paralyse 
der  peripheren  Nervenendigungen  der  motorischen  Nerven  ist  die 
charakteristische  Wirkung  der  Salze  der  Ammoniumbasen. 

Rosenstein^)  warf  die  Frage  auf:  Bewirkt  allein  die  Bindung  einer  oder 
mehrerer  Alkylgruppen  an  den  Kernstickstoffatomen  der  Alkaloide  der  Pyridin- 
gruppe,  daß  das  Alkaloid  lähmende  Eigenschaften  erhält,  oder  muß  hierzu  das 
Alkaloid  in  eine  quatemäre  Base  übergehen  ?  Es  ergab  sich,  daß  Cinchonin 
weder  durch  Einführung  einer  noch  von  zwei  Methylgruppen  zu  dem  N  des 
zweiten  Kernes  seine  physiologische  Wirkung  verändert,  während  es  durch 
Überführung  in  eine  quatemäre  Base  lähmende  Eigenschaften  erhält.  Ebenso 
verhält  sich  Chinin.  Die  Alkaloide  erhalten  also  nicht  durch  Bmdimg  von  einer 
oder  mehreren  Alkylgruppen  an  den  Kernstickstoff  lähmende  Wirkungen, 
sondern  nur  durch  die  Überführimg  in  quatemäre  Basen  diu-ch  AlkyUerung. 

Die  ursprüngliche  Absicht  von  Crum  Brown  und  Fräser,  die  Wirkung 
der  Alkaloide  nach  der  Addition  von  Jodmethyl  zu  studieren,  hat  also  ein  ganz 
anderes  Resultat  gezeitigt,  als  beabsichtigt  war.    Nicht  die  Addition  von  Jod- 


>)  C.  G.  Santesson,  AePP.  35,  23  (1895). 

-)  Amt  Kohlrausch,  Zentralbl.  f.  Physiol.  23,   143. 

^)  Julius  Pohl,  Arch.  Internat,  de  Pharmacodynamie   13,  479  (1904). 

*)  C.  r.  T6,  887.  ^)  C.  r.   130. 


300  Alkaloide. 

methj'l  und  deren  Wirkung  wurde  hier  studiert,  sondern  der  Übergang  in  quater- 
näre  Basen  durch  die  Einwirkung  von  Jodmethyl.  Wo  Jodmethyl  diesen  Über- 
gang nicht  zu  bewerkstelligen  vermag,  kommt  es  auch  nicht  zur  Bildung  von 
curareartig  wirkenden  Körpern. 

Bei  folgenden  Substanzen  wurde  gefunden,  daß  sie  die  motorischen  Nerven- 
endplatten lähmen: 

Anorganische :  Jodammonium, 
Aliphatische :  Cyanammonium,  Äthylammoniumchlorid, 

Amylammoniumchlorid ,  Amylammonium  j  odid , 
Amylammoniumsulfat,  Dimethylammonium- 
chlorid,  Dimethylammoniumjodid,  Diäthyl- 
ammoniumchlorid,  Diäthylammoniumjodid. 
Diäthylammoniumsulfat,  Trimethylammonium- 
jodid,  Triäthylammoniumchlorid,  Triäthyl- 
ammonium  Jodid,  Triäthylammoniumsulfat, 

Tetramethylammonium Jodid  ^),  Tetraäthylam- 
moniumj  odid  ^ ) ,       Tetraamylammoniumj  odid  ^) . 


Arsonium-,  Stibonium- 

und 

Phosphoniumbasen 


Tetraäthyl-arsonium-cadmiumjodid 
Methyl-triäthylstiboniumjodid 
Methyl-triäthylstiboniunihydrat 
Tetr  aät  hy  1- phosphoni  um  j  odid  ^ ) 
Tetraäthyl-arsonium-zink  j  odid . 


Tetramethylammoniumformiat  (Forgenin  genannt)  zeigt  eine  digitalisartige 
Wirkung,  ohne  es  ersetzen  zu  können*).  Es  zeigt  keine  curareartige  Wirkung. 
1  cg  wirkt  giftig  und  manchmal  letal,  kleinere  Dosen  steigern  den  Appetit  und 
das  Wohlbefinden. 

Tetraäthylarsoniumjodid  hat  zentrallähmende,  aber  keine  ausgesprochen 
curareartige  Wirkung.  Es  wirkt  rascher  und  4  mal  so  stark  wie  die  entsprechende 
Methyl  Verbindung  zentrallähmend.  Es  spaltet  beim  Kaninchen  kein 
Arsen  ab^). 

Auch  die  Sulfinbasen  wirken  curareartig,  erwiesen  ist  es  für  Trimethyl- 
sulfinhydrür  [Kunkel*)],  [Curci")]. 

Aromatische  Basen :     Phenyl-dimethyl-äthyl-ammoniumjodid 
Phenyl-dimethyl-amyl-ammoniumjodid 
Phenyl-dimcthyl-aniyl-ammoniumhydrat 
Phenyltriäthylammouiumjodid  1) 
Toluyltriäthylammoniumjodid 
Ditoluyldiäthylammoniumjodid  1) 
Toluyldiäthylamj-lammoniumjodidi) 
Toluyltriäthylammoniumhydrat  1) 
Trimethyhnenthylammoniuin. 


^)  Kabuteau,  Traite  de  Th6rapeutique  und  Mömoires  de  la  Soci6t6  de  Biol.  1884,  29. 

2)  Seth  N.  Jordan,  AePP.  8,   15. 

^)  Vulpian,  Arch.  d.  phys.  norm,  et  pathol.  I,  472.  Tetraäthyl-phosphoniumjodid 
wirkt  bei  Fröschen  curareartig,  bei  Säugetieren  macht  es  namentlich  zentrale  Wirkung 
sowie  Herzwirkung  außer  der  curareartigen.  Es  wirkt  durchaus  verschieden  von  Phosphor. 
—  W.  Linde  mann,  AePP.   41,    191.  *)  BoU.  chim.  farm.  45,   945. 

^)  Sossja  Gornaja,  AePP.   61,   76  (1909). 

")  Kunkel,  Toxikologie,  Jena  1901,  601.     ')  Arch.  d.  Pharm,  et  th^rap.  4  (1896). 


Physiologische  Bedeutung  der  Umwandlung  der  ternären  Alkaloide.  301 

Phenyläthylpyrazolammonium^)  wirkt  curareartig,  zuerst  nur  peripher, 
dann  aucii  zentral  lähmend. 

Die  Indoliumbase  Pr-ln-Methyl-3.3-dimethylindoliumoxydhydrat-)  macht 
motorische  Parese,  Respirationsstillstand,  pikrotoxinartige  Krämpfe,  später 
cerebrale  Lähmung.    Bei  Kaninchen  wirkt  es  als  Himkrampfgift. 

Methyüerte  Alkaloide:  Methjdpiperidin,  Methylatropin,  Methylstrychnin^), 
Äthylstrychnin,  Methylbrucin,  Äthylbrucin,  Methylcinchonin,  Amylcinchonm, 
Methylchinin,  Methylchinidüi,  Methylcocain  (Paul  Ehrlich),  Methylcodein, 
Methylmorphin,  Dimethylconiin,  Methyldelphinin,  Curarin,  Ciu'are,  Äthyl- 
nicotin,  Methylthebain,  Methylveratrin,  Amylveratrin. 

Cinchonin-jodessigsäuremethylester  CuHjjNaO  •  JCH,  •  CO  •  CH3  macht  in 
3-mg-Dosen  bei  Fröschen  völlige  Lähmung. 

Fernerlmidobasen:  Methylanilin*), Äthylanilin*),  Amylanilin,CoUidin,Coniin. 

Methyl-,  Äthyl-  und  Amylanilin  wirken  curareartig,  aber  die  Chinolin- 
derivate,  wie  Methyl-,  Äthyl-  und  Amylchinolin  wirken  nicht  curareartig,  nur 
Oxäthylchinoleinammoniumchlorid.  Chinolin  zeigt  kerne  Curarewirkung,  hin- 
gegen aber  Chinotoxin. 

Dann  die  Ammoniumhydratbase  Echitamin  (Ditain)^)  C22H2SN2O4  +  4  HjO  . 

Methylgrün  besitzt  typische  Curarewirkung  und  macht  beim  Warmblüter 
Blutdrucksenkung.  Methylviolett  selbst,  durch  dessen  Methylierung  man  zum 
Methylgrün  gelangt,  zeigt  keine  Curarewirkung,  aber  ausgesprochene  Digitalis- 
Herzwirkung*). 

Femer  Spartein.  Spartein  Cj5H26N2  ist  mit  dem  Lupinidin  identisch.  Es 
wirkt  curareartig.  Durch  periphere  Lähmimg  des  Nervus  phrenicus  tritt  Auf- 
hören der  Atmung  auf.  Ferner  zeigt  es  lähmende  Wirkung  auf  die  herzhemmen- 
den Vagusfasern,  so  daß  deren  Reizung  ohne  Erfolg  ist  und  der  Muscarinstill- 
stand  durch  nachträgliche  Darreichung  von  Spartein  aufgehoben  wird.  Spartein 
zeigt  aber  eine  schädigende  Wirkimg  auf  den  Herzmuskel,  indem  die  Diastole 
auffallend  verlängert  wird.  Methyljodid-  bzw.  Benzylbromid -spartein  wirken 
wie  Spartein,  doch  fehlt  ihnen  die  schädigende  Wirkung  auf  das  Froschherz. 
Am  Warmblüter  tritt  ein  mit  der  Sparteinwirkung  völlig  übereinstimmendes 
VergittungsbUd  auf'). 

Man  sieht  daraus,  daß  v^orzüglich  den  quatemären  Basen  die  Eigenschaft 
zukommt,  auf  die  motorischen  Nervenendigungen  lähmend  zu  mrken,  daß  aber 
diese  Eigenschaft  unabhängig  ist  vom  Baue  des  übrigen  Moleküls  der  Substanz, 
und  daß  auch  andere  quaternäre  Basen,  in  denen  statt  Stickstoff  Arsen,  Anti- 
mon oder  Phosphor  enthalten  ist,  also  Arsonium-,  Stibonium-  oder  Phospho- 
niumbasen  dieselben  Eigenschaften  besitzen.  Es  kommt  also  der  Hauptsache 
nach  für  das  Zustandekommen  der  Nervenendwirkung  auf  die  bestimmte  stereo- 
chemische  Konfiguration  der  Verbindung  an^). 

Walther  Straub  nimmt  an,  daß  bei  und  zur  Wirkung  die  Alkaloide  durch 
einen  reversiblen  chemischen  Vorgang  im  Organ  der  Spezifität  angehäuft  werden, 
die  Alkaloidwirkung  schließlich  eine  Art  Narkose  ist. 


')   Curci,  Atti  deir  Acad.  di  Catania  10  (1897).     ^)  Brunner,  M.  f.  Ch.  17,  219  (1896). 

3)  Schroff,  Wochenbl.  d.  Ges.  d.  Arzte,  Wien  1866,  Nr.  17. 

*)  Jolyet  und  Cahours,  C.  r.   66,    1181. 

^)  E.  Harnack,  AePP.  T,  126.  Es  ist  ein  Glucoalkaloid,  das  bei  der  Spaltung  Zucker 
und  Dimethylanilin   (?)  gibt.  «)  H.  Fühner,  AePP.   59.   161   (1908). 

')  H.  Hildebrandt,  Münchener  med.  Woclienschr.    1906,    1327. 

*)  Siehe  Kapitel:  Stereochemisch  bedingte  Wirkimgsdifferenzen,  femer  Sigmund 
Fränkel,  Stereochemische  Konfigmation  und  physiologische  Wirkung.  Ergebnisse  der 
Physiologie  (Asher  -  Spiro)  III,  Biochemie,  S.  290. 


302  Alkaloido. 

Die  Curarewirkung  der  Basen  erklärt  H.  H.Meyer^)  durch  die  zunehmende 
Basizität  der  Ausgangssubstanz.  Da  Methylamin  stärker  basisch  ist  als  Tri- 
methylamin,  wirkt  es  auch  stärker  curareartig.  Am  stärksten  basisch  ist  Tetra- 
methylammoniumhydroxyd  und  am  stärksten  wirksam,  während  Cholin  eine 
schwache  Base  und  nur  schwach  wirksam  ist-).  Von  den  Platinammoniakver- 
bindungen zeigen  typische  Curarewirkung  nur  die  mit  sechs  Ammoniakresten. 

In  schwächerer  Weise  zeigen  ähnliche  Nervenendwirkimgen,  wemi  auch  nicht 
so  typisch,  die  Basen,  welche  eine  Imidogruppe  enthalten  (Piperidin,  Coniin, 
Methylanilin),  so  daß  auch  dieser  Konfiguration  eine  solche  lähmende  Eigen- 
schaft zukommt.  Auch  die  Lupetidine  mit  der  NH-Gruppe  zeigen  eine  ähnliche 
Wirkung. 

Zum  Zustandekommen  der  Nervenendwirkung  ist  also  nur  das  Vorhanden- 
sein fünfwertigen  Stickstoffes  notwendig.  Denn  es  ist  gleichgültig,  ob  die 
Ammoniumbase  der  Fettreihe  oder  der  aromatischen  Reihe  angehört.  Aber  es 
wäre  falsch,  anzunehmen,  daß  die  Nervenendwirkung  nur  den  quatemären 
Basen  zukommt.  Auch  Stickstoff  freie  Körper,  wie  Campher,  Andromedotoxin,  ge- 
hören zu  den  Nervenendgiften ;  es  ist  also  nicht  unwahrscheinlich,  daß  die  Nerven- 
endwirkung unter  dem  Einflüsse  verschiedener  Atomgruppierungen  entsteht, 
unter  denen  die  quaternäre  Bindung  des  Stickstoffs  die  am  besten  gekannte  ist. 

Bedeutung  der  cyclischcn  Struktur  der  Alkaloide. 
Bedeutung  der  Stellungen  der  Seitenketten. 

Von  großer  Wichtigkeit  für  die  physiologische  Wirkung  der  Alkaloide  ist 
ihre  cyclische  Struktur,  wie  folgendes  Beispiel  es  klar  veranschaulicht: 

<5-Amiuovaleriansäure  und  ;'-Aminobuttersäure,  welche  leicht  durch 
Anhydridbildmig  und  Ringschließung  in  Piperidon  bzw.  Pyrrolidon  übergehen 
können, 

ö-Aminova!eriansäure     Piperidon 
H,  Hj 

C"  C 

H,cl^  lcOOH  =  H,cycO   +^='^     ""'^ 
NH2  N 

H 


/-Aminobuttersäure     A-PjTrolidon^) 


-jCHo  H2^j      j^-'^2 


HjC'^   'C00H~H2C'\/C0 
NHj  N 

H 

sind  ohne  eine  besondere  physiologische  Wirkung,  während  die  erwähnten 
Basen,  ihre  Anhydride,  schon  in  schwachen  Dosen  auffallende  toxische  Effekte 
hervorrufen.  Diese  Tatsache  zeigt  die  Beziehungen,  welche  zwischen  der  cycli- 
schen  Struktur,  welche  fast  allen  Alkaloiden  zukommt,  und  ihrer  Wirksamkeit 
im  Tierkörper  bestehen. 

Pyrrolidon  wirkt  wie  Strychnin''),  Piperidon  wirkt  nach  Schotten  ebenfalls 
strychninähnUch^).  Nach  Carl  jacob  j  ®)  aber  wirken  beide  Substanzen  pikro- 
toxinähnlich.  Piperidon  und  Pyrrolidon  enthalten  wie  Strychnin  die  =  N— CO- 

1)  Ergebn.  d.  Phvsiol.   1,  11,  200  (1902).  »)  H.  Fühner,   AePP.    58,   45  (1907). 

3)  S.  Gabriel,  BB.  83,  3335  (1889);  23,   1772  (1890).  ! 

«)  S.  Gabriel,  BB.  83,  1773  (1890).     ^)  BB.  81,  2243  (1888).      «)  AePP.  50,  199  (1903). 


Bedeutung  der  cyclischen  Struktur  der  Alkaloide.  303 

Gruppe  und  haben,  wie  dieses,  krampferregeiide  Wirkung.  Pyridon  und  Pyr- 
azolon  haben  die  gleiche  Gruppe,  aber  keine  krampferregende  Wirkung.  Dem 
Strychnol  fehlt  dieser  Komplex,  es  zeigt  aber  Strychninwirkung^). 

&'-Dimethyl-/5'-isopropyliden-^-pyrrolidon  gehört  wie  Piperidon  selbst  zu 
den  MeduUarkrampfgiften.  O.Ol  g  tötet  eine  Maus  unter  heftigen  Konvulsionen 
sehr  rasch-). 

Daß  die  Ringschließung  bei  Alkaloiden  mit  der  physiologischen  Wirkung 
in  Beziehung  steht  bzw.  die  Giftigkeit  derselben  bedingt,  beweisen  auch  die 
Beziehungen  zwischen  Pentamethylendiamin  und  Piperidin.  Ersteres  ist  un- 
gLftig  wegen  der  offenen  Kette,  während  Piperidin  giftig  und  wirksam  ist.  Beim 
raschen  Erhitzen  des  Cadaverin-(Pentamethylendiamin)-chlorhydrates  tritt 
Ringschluß  ein,  es  bildet  sich  Piperidinchlorhydrat  und  Salmiak 
Cadaverin  Piperidin 

CH.<CgZcH!  =  S  •  Hcl  =  CH.<Ch:ZCh:>^  •  HCl  +  NH.Cl  . 

TT  p PH  H  C       CH 

Pyrrolidm  g^^.      1^;^''  ist  giftig,  Diathylamin  ^^^     if,^^^  ist  in  Dosen  von 

N        "  N        ' 

H  H 

4  g  ohne  akute  Wirkung.  Es  ist  also  weniger  die  Imidogruppe,  als  die  ring- 
förmige Struktur,  welche  die  Giftwirkung  der  ringförmigen  Basen  bedingt,  im 
Vergleiche  zu  den  kettenförmigen. 

Die  physiologische  Wirksamkeit  der  Alkaloide  ist  zwar  in  den  meisten  Fällen 
an  das  Vorhandensein  eines  ringförmigen,  heterocyclischen  Kernes,  nicht  aber 
an  die  Zahl  der  Ringglieder  gebunden.  Ä-Piperidon  imd  Ä-PjTrolidon  zeigen 
eine  durchaus  ähnliche  Wirkung  auf  den  Organismus^).  Doch  steht  die  Zahl 
der  Ringglieder  in  Beziehung  zur  Wirkungsstärke,  Piperidin  vmd  Pyrrohdin 
wirken  quäl  titativ  gleich,  Piperidin  aber  stärker  giftig*). 

Es  ist  für  die  physiologische  Wirkung  der  Alkaloide  gleichgültig,  ob  sie 
sich  vom  Chinolin  oder  IsochinoUn  ableiten  lassen.  Die  Stellung  des  N  im  Chino- 
linmolekül  ist  also  ohne  Relevanz  für  die  physiologische  Wirkung^). 

Kendrick  und  Dewar*)  haben  gezeigt,  daß,  wenn  man  die  Basen  der 
Pyridinreihe  durch  Kondensation  verdoppelt  und  so  Dipyridin,  ParapicoUn  usw. 
erhält,  die  Basen  nicht  nur  stärker  phj'siologisch  wirksam  werden,  sondern  die 
Wirkung  in  ihrer  Art  von  der  einfachen  Base  differiert  und  an  die  Wirkung  der 
natürlichen  Alkaloide,  die  eine  ähnliche  Konstitution  haben,  erinnert. 

Pyrrol    ^c'     'cH    ^^*    ®"^    schwer    lähmendes    Gift.     Die    Lähmvmg    ist 

N 
H 

TT    p CH 

zentraler  Natur').     Pyxrolinchlorhydrat    ^^^l     ^g''    macht   bei   Fröchen   all- 

N 

HHCl 
gemeine  Lähmimg.   0.33  g  pro  kg  ist  die  letale  Dosis.    Es  macht  starke  Blut- 


')  Ce.'sare  Paderi,  Arch.  d.  Farmacol.  sperim.    18,   66  (1914). 

2)  Paiily  und  Hültensch  midt,  BB.  36,  3351  (1903),  von  H.  Hildebrandt  unter- 
sucht. 3)  Schotten  und  Gabriel,  BB.   21,   2241   (1888). 
*)  H.  Hildebrandt  (Pauly),  Liebigs  Ann.  328,   128. 
')  Ralph  Stock  mann,  Journ.   of  physiol.    15,  245. 
«)  Royal  Society  Proceed.  London  22,   432. 
')  Ginzberg,  Diss.  Königsberg  bei  Jaff  e  (1890). 


304  Alkaloide. 

TT    p PTT 

drucksteigerung.    Pyrrolidin  ^^^     l^^^'^  erzeugt  bei  Fröschen  Nicotinstellung. 

N 
H 

TT  /-i OTT 

H*c'     'oh"  ^-Methylpyrrolidin  macht  Nicotinstellung  und  hierauf  vollständige 

N 

CH3 
Lähmung.   0.05  g  pro  kg  sind  die  letale  Dosis.   Es  macht  Blutdrucksteigerung. 
Die  Pyrrolderivate  Schemen  besonders  durch  die  lähmende  Wirkung  auf  den 
peripheren,  herzhemmenden  Mechanismus  charakterisiert  zu  sein*). 

Pyrrolidin  selbst  steht  in  seiner  Toxizität  dem  Piperidin  nicht  nach.  Qua- 
litativ kommen  bei  Kaninchen  durch  PjTrolidin  nicht  Krämpfe  zustande,  die 
ja  für  Piperidin  charakteristisch  sind.  Bei  Kaltblütern  macht  Pyrrolidin,  wie 
Piperidin,  zentrale  Lähmung  bei  kräftig  schlagendem  Herzen  und  periphere 
curareartige  Wirkung. 

Hj  H2 

Pyrrolidin,  Piperidin  und  CyclohexamethylenimLn  HjCL  JNH    wirken 

H, 
sehr  ähnlich.  Die  periphere  Wirkung  ist  beim  Hexamethylenimin  am  stärk- 
sten ausgebildet,  also  ein  Verhalten,  me  wir  es  bei  den  ßingketonen  sehen. 
Die  cyclischen  Imine  sind  im  allgemeinen  giftiger  als  die  entsprechenden  Ring- 
ketone  mit  gleich  großem  Ring.  Bei  den  Ringketonen  überwiegt  die  zentral- 
lähmende Wirkung,  bei  den  cyclischen  Iminen  die  periphere  Lähmung. 

H2C  — CH, 
Cyclische  Isoxdme  verhalten  sich  folgendermaßen:  Pyrrolidon       j       >NH 

H2C  — CO 

wirkt  nicht,  wie  C.  Schotten'-)  angibt,  strychninartig,  sondern  nach  Jacobj 

Ha 
C 

TT  Pf'^^OO 

pikrotoxinartig.     Dem    Piperidon      -  !    J^^   imd   dem   wahrscheinlich    damit 

C 

H- 
identischen  Pentanonisoxim  kommt  eine  typische  Krampfwirkung  zu,   aber 
nicht  die  Steigerung  der  Reflexerregbarkeit  wie  beim  Strychnin,  es  treten  nur 
B[rämpfe    auf,    welche    auf   direkter    Erregung   des    Medullarkrampfzentrums 
beruhen.  H, 

c" 

Hexanonisoxim   ^  \     I         macht    klonische,    später    tonische    Kjämpfe 
H,C   NH 

'I     I 
^^C   CI12 
und  wirkt  etwas  narkotisch. 

CH,    CHo    CH„    OH 
Anunohexylalkohol   I    "        "        "  durch  Ringsprengung  und  Wasser- 

CH2  •  CH2  •  CH2  •  NHo 
eintritt  aus  dem  Cyclohexanonisoxim  dargestellt,  ist  bedeutend  weniger  giftig 
als  das  cyclische  Hexanonisoxim  imd  wirkt  nach  Neutrahsation  nur  im  Sinne 
eines  Alkohols  lähmend. 


M  Tunnicliffe  und  Rosenheim,  Zentralbl.  f.  Physiol.    16,   93. 
-)  BB.  21,  2243  (1888). 


Bedeutung  der  eyolisclien  Struktur  der  Alkaloide.  305 

Suberonisoxim  macht  klonische  und  tonische  Krämpfe,  die  Krämpfe  sind 
meist  partieü  beschränkt.  Auch  bei  den  cyclischen  Isosimen  steigt  die  Giftigkeit 
mit  der  Größe  des  Ringes.  Ebenso  sind  die  peripheren  Wirkimgen  bei  den  Ver- 
bindungen mit  größerem  Ring  ausgesprochener  ausgebildet.  Die  curareartige 
Wirkung  ist  bei  den  niederen  Gliedern  dieser  Reihe  kaum  angedeutet,  beim 
Suberonisoxim  aber  schon  sehr  deutUch  hervortretend. 

H  H 

H2C C C  •  CHg 

Fenchonisoxim  H.C  •  C  •  CH3      ^-CO    macht    klonische    und    tonische 

I  / 

C NH 

H 
Krämpfe,  Blutdrucksteigerung  und  nachfolgende  Lähmung  des  Gefäßnerven- 
zentrums. 

Die  pikrotoxinartige  Krampfwirkung,  welche  den  Isoximen  zukommt, 
fehlt  sowohl  bei  den  Cycloketonen  als  auch  bei  den  Cycloiminen.  Die  eigen- 
tümlichen Funktionsveränderungen  der  Skelettmuskulatur  sind  ebenfalls 
nur  bei  den  Isoximen  zu  konstatieren.  Es  erscheinen  also  auch  diese  beiden 
Wirkungen  charakteristisch  für  Cycloisoxime,  welche  je  eine  CO-  und  NH- 
Gruppe  nebeneinander  im  Ring  enthaltende  hydroaromatische  Verbindung  sind. 
Die  aUgemeine  zentrale  Lähmung,  die  Hauptwirkung  der  Ketone,  tritt  bei 
den  Isoximen  zurück.  Die  Steigerung  der  Erschöpfbarkeit  der  motorischen 
Endapparate  haben  alle  drei  Gruppen,  die  Cycloketone,  Cycloisoxime  und 
Cycloimine,  gemeinschaftHch,  aber  diese  ist  am  stärksten  bei  den  Iminen  imd 
am  schwächsten  bei  den  Isoximen  ausgebildet.  Die  Imine  sind  im  allgemeinen 
die  giftigsten,  die  Ketone  weniger,  die  Isoxime  am  wenigsten  giftig,  wenn  man 
Verbindungen  mit  gleicher  Ghederanzahl  miteinander  vergleicht. 

Die  Alkylsubstitutionsprodukte  der  einfachen  cycUschen  Isoxime  zeigen 
folgendes  Verhalten:  CH3 

CHj 

Methylpentanonisoxim  H.<^NH  .^^  ^.j^ksamer  als  Piperidon,  quahtativ 

aber  wirkt  es  gleichartig.  Von  a-  und  /j-Methylhexanonisoxim  ist  die  /5-Base 
an  der  Maus  fünfmal  so  giftig  als  die  a-Base;  auch  die  Wirksamkeit  auf  die 
Skelettmuskulatur  ist  bedeutend  stärker.  Dieselbe  Gruppe  kann  also  die  Wir- 
kimgen der  Gesamt  Verbindungen  je  nach  der  Stellung  ihrer  Anlagerung  mehr 
oder  weniger  erhebUch  steigern.  2    H 

(CH3)2  =  C  — C— C^ 
Trimethylhexanonisoxim  j     H     ^co   ist  bedeutend  giftiger   als 

HjC— C  — N 

CH3H 
Hexanonisoxim.    Die  Nervenendwirkimg  tritt  viel  stärker  hervor. 
Methyüsopropylhexanonisoxim,  und  zwar  1-Menthonisoxim 

H 
H  CH3  H3C— C  — CH3 

\/  I 

HjC  — C  — CHj  HjC— C  — CH2 

H      /CO    und  Tetrahydrocarvonisoxim        |      H     ~)C0 
HjC  — C  — NH  HjC  — C  — NH 

H3C  — C  — CHj  CHj 

H 

r  r  ä  n  k  e  1 ,   Arzneimittel-Synthese.    5.  Aufl.  20 


306  Alkaloide. 

Diese  beiden  isomeren  Verbindungen  wirken  qualitativ  und  quantitativ  sehr 
ähnlich.  Die  Lähmung  tritt  stärker  hervor,  die  Krampfwirkung  des  Hexanon- 
isoximkernes  ist  entschieden  zurückgedrängt,  die  narkotische  Wirkung  hat  man 
wohl  auf  die  Alkylseitenketten,  namentlich  die  Isopropylkette  zurückzuführen. 
Auch  die  Curare  Wirkung  ist  viel  stärker  als  beim  Hexanonisoxim. 
Thujamenthonisoxim  ist  Dimethylisopropylpiperidon. 


H    CHs 

H   CH 

\/ 

\/ 

C 

C 

oder 

'^A>")o 

C3H/«^/C« 

''^H>(j^ 

C 

C 

H, 

H„ 

Es  ist  zehnmal  so  giftig  als  Piperidon.  Die  krampf erregende  AVirkung 
des  Piperidonkernes  ist  größtenteils  infolge  der  Wirkung  der  Alkylseitenketten, 
wahrscheinlich  infolge  der  Wirkung  der  Isopropylgruppe,  verdeckt ;  die  Nerven- 
endwirkung, welche  bei  Piperidon  sogar  bei  tödlichen  Gaben  nicht  nachweisbar 
ist,  kommt  dagegen  bei  Thujamenthonisoxim  sehr  deutUch  zum  Vorschein. 


Anderseits  läßt  sich  zeigen,  daß  die  Aufsprengung  eines  Ringes  in  Alka- 
loiden  die  Wirkung  vernichtet  oder  abschwächt.  So  ist  das  dem  Nicotin  isomere 
Metanicotin  ein  methyUertes  Pyridyl-butylenamin,  in  dem  nach  Pinners 
Auffas.sung  der  Pyrrolidinring  aufgespalten  ist^).  Nach  Ringhardtz^)  hat 
Metanicotin  qualitativ  die  Nicotinwirkung,  aber  man  benötigt  zur  Vergiftung 
die  zehnfache  Dosis. 

Nur  wenige  giftige  natürUche  Basen,  der  Cholingruppe  angehörig,  entbehren 
der  cyclischen  Struktur.  Die  meisten  künstlichen  imd  natürlichen  Basen,  welche 
physiologische  Effekte  auslösen,  lassen  sich  vom  Benzol  oder  Pyridin  ableiten. 
Die  reinen  Benzolabkömmlinge,  welche  durch  Einführung  einer  oder  mehrerer 
Amino-  oder  Hydrazingruppen  basische  Eigenschaften  bekommen,  zeichnen 
sich  durch  ihre  temperaturherabsetzenden  Wirkungen  aus,  ebenso  durch  ihre 
Fälligkeit,  rote  Blutkörperchen  zu  zerstören  und  Oxyhämoglobin  in  Methämo- 
globin überzuführen. 

Die  Wirkung  der  Kondensation  (Verdoppelung  der  Ringsysteme)  zeigt  sich 
nicht  nur  bei  den  aromatischen  Basen.  So  erlangt  Pyridin  bzw.  Benzol  durch 
die  BUdung  von  Chinolin  stark  giftige  und  antiseptische  Eigenschaften.  Es  ist 
zu  vermuten,  daß  der  Pyridinring,  ähnUeh  wie  ein  Hydroxyl,  aber  in  kräftigerer 
Weise,  die  im  Benzol  immanenten  antiseptischen  Eigenschaften  zur  Auslösung 
bringt.  Dem  Pyridin  kommen  weder  antiseptische  noch  antithermische  noch 
giftige  Eigenschaften  zu. 

So  ist  es  auch  möglich,  daß  durch  die  Gegenwart  von  Pyridin  im  Nicotin 
bzw.  Chinolin  die  Grund  Wirkung  des  hydrierten  Anteils  gesteigert  wird. 

Vom  Diphenyl,  Phenanthren  und  Naphthalin  ausgehend,  lassen  sich  keine 
antipyretisch  wirkenden  Basen  darstellen.  Hingegen  kommen  einzelnen  Basen 
dieser  Art  Wirkungen  zu,  für  welche  wir  die  vom  Naphthylamin  abgeleiteten, 
von  E.  Bamberger*)  dargestellten  und  von  W.  Filehne  und  Stern*)  experi- 

1)  BB.   a?,   1056,   2862  (1894).  *)  Diss.  Kiel  (1895)  bei  Falck. 

3)  BB.  aa,  777  (1889).  ')  Virchows  Arch.   115  und  IIT,  418. 


Bedeutung  der  cycUsohen  Struktur  der  Alkaloide.  307 

mentell  geprüften,  als  sehr  lehrreiches  Beispiel  anführen,  welches  den  Einfluß 
der  Stellung,  den  Einfluß  der  Hydrierung  usw.  in  klassischer  Weise  zeigt,  ein 
Beispiel,  welches  in  hervorragender  Weise  auch  lehrt,  wie  man  diu-ch  Studium 
der  physiologischen  Eigenschaften  einen  Analogieschluß  aixf  die  Konstitution 
einer  zweiten  Substanz  zu  machen  berechtigt  ist. 

/?-Naphthylamin  hat  keine  von  den  Wirkungen  des  /?-Tetrahydronaphthyl- 
amins').  Dosen  von  0.1  g,  die  für  Kaninchen  von  dem  letzteren  Körper  bereits 
letal  smd,  zeigen  bei  den  ersteren  gar  keine  Wirkung.  1.0  g  /j-Xaphthylamin 
auf  einmal  einem  Kaninchen  injiziert,  erzeugt  Schwäche  und  Betäubvmg;  die 
Pupillen  werden  etwas  enger  —  im  Gegensatze  zu  der  starken  Pupillenerweite- 
rung durch  die  hydrierte  Base.  Das  Tier  erholt  sich  auch  nach  dieser  Dosis 
wieder  vollständig. 

/^-Tetrahydronaphthylamin  macht  hingegen  nach  subcutaner  Injektion 
von  Dosen  von  0.075  g  bei  Kaninchen  deutliche  Puiiillenerweitenmg ;  die  Ohr- 
gefäße kontrahieren  sich,  die  Temperatur  steigt  lun  3  bis  47«°.  also  stärker  als 
bei  Nicotin  und  Coffein,  welche  nur  um  1  bis  1.5°  die  Temperatur  erhöhen^). 
Bei  Hunden  genügen  etwas  kleinere  Dosen.  Die  Erhöhung  der  Eigenwärme  ist 
bedingt  durch  verminderte  Wärmeabgabe  bei  gleichzeitig  gesteigerter  Wärme- 
produktion. 

/(-Tetrahydronaphthylamin  erregt  das  Vaguszentrum  und  wirkt  zentral 
imd  peripher  auf  sympathisch  innervierte  glatte  Muskelfasern  erregend.  Die 
zentrale  Wirkung  ist  wie  die  des  Wärmestiches.  Es  wird  das  Wärmeregulations- 
zentrum  erregt  ^j. 

Fügt  man  eine  Äthylgruppe  in  diese  Substanz  ein,  so  erhält  man  Mono- 
äthyl-/ji-naphthylaminhydrür  ß  ■  CjoHjj  •  NH(C2H5).  Dieser  Körper  hat  qua- 
litativ dieselben  Wirkungen  wie  /y-Tetrahydronaphthjdamin  selbst,  wirkt  aber 
bedeutend  intensiver.  Die  Dosen,  welche  von  beiden  Körpern  nötig  sind,  um 
den  gleichen  Effekt  zu  erzielen,  verhalten  sich  etwa  wie  2 :  3. 

Dihydrodimethyl-/j-naphthylamin  /;-CioHgN(CH3)2  ist  wirkungslos. 

Im  a-Tetrahydronaphthylamin,  bei  welchem  die  \'ierH-Atome  in  den  stick- 
stofffreien Benzolring  des  a-Naphthylamins  eintreten,  ist  hierdurch  der  che- 
mische Charakter  der  Base  wenig  oder  gar  nicht  geändert.  In  Übereinstimmung 
damit  zeigt  dieser  Körper  auch  toxikologisch  keine  der  merkwürdigen  Eigen- 
schaften des  /?-Tetrahydronaphthylamin.  0.5  g  machen  keine  Erscheinungen; 
1  g  verursacht  beim  Kaninchen,  ohne  weitere  Erscheinung,  Tod. 

Beim  A-Tetrah3'dronaphthylendiamin  ist  in  jedem  der  beiden  Benzolringe 
des  Naphthalins  eine  Aminogruppe,  und  zwar  beide  Male  in  «-Stellung,  die  vier 
Wasserstoffatome  sind  wiederum  sämtlich  an  ein  und  denselben  Benzoiring 
angefügt.  ^    NH, 

C    CH 

HC    C     CH^ 

I      II      I     ' 
HC    C    CH 

C    c 


')  a-Xaphthylamin  wirkt  giftiger  als  jS-Naphthylamin.  Petini,  Areh.  di  farmacol. 
5,  574  (1897). 

')  Im  allgemeinen  erniedrigen  die  Temperatiir:  Cliloroform,  5Iorphin,  Chinin,  Aeoni- 
tin  u.  a.  Es  steigern  die  Temperatur:  Strychnin,  Nicotin,  Pikrotoxin,  Coffein,  Cocain,  alle 
Krampfgifte   (Harnack).  ^)  D.  Jonescu,  AePP.   60.   345  (1909). 

20* 


308  Alkaloide. 

Diese  Substanz  zeigt  keine  von  den  Wirkungen  des  /')'-Tetrahydronaphthylamin, 
macht  auch  keine  Beeinflussung  des  Allgemeinbefindens. 

Diejenigen  p'-Derivate,  welche  an  dem  N-fiihrenden  Ringe  hydriert  sind, 
zeigen  mehr  oder  minder  ausgeprägt  jene  Wirkungen.  A-Derivate  zeigen  sie 
nicht.  Zum  Zustandekommen  der  physiologischen  Wirkung  sind  /5-SteUung  der 
Aminogruppe  und  Hj'drierung  an  dem  N-führenden  Ringe  notwendig.  Die- 
jenigen p^-Derivate,  welche  nur  an  dem  stickstoffreien  Ringe  hydriert  sind,  wie 
auch  sämtliche  «-Derivate  (gleichviel,  an  welchem  Ringe  sie  hydriert  sind), 
.zeigten  jene  Wirkungen  nicht. 

Hierfür  folgende  Beweise: 

a-Hydronaphthylami:ie. 

An  den  N-führenden  Ringen  hydrierte  Verbindungen  wie  Isotetrahydro- 
A-naphthylamtn  und  a-Aminotetrahydro-a-naphthol 

H,  OH 

\> 

sind  unwirksam.  ^^^ 

Das  am  N-freien  Ringe  hydrierte  p-Tetrahydronaphthylendiamin  macht 

\> 
^=NH„ 

keine  Erweiterung  der  Pupille,  ist  aber  sehr  giftig.    0.08  g  töten  ein  kleines 
Kaninchen. 

/j-Hydronaphthylamine. 

Das  an  dem  N-führenden  Ringe  hydrierte  /^-Tetrahydrodimethylnaphthyl- 
amin  H  H, 

H^/\H. 
h!^\/'h  .  NlCHj), 
H  Hj 

wirkt  nach  dieser  Angabc  aualog  wie  /?-Tetrahydronaphthylamin. 

Es  ist  1)  nur  sehr  wenig  giftig,  es  beeinflußt  die  Temperatur  gar  nicht  und 
ruft  beim  Hunde  intravenös  injiziert  statt  Blutdrucksteigerimg  eine  deutUche 
Blutdrucksenkung  hervor. 

Das  an  dem  N-freien  Ringe  hydrierte  Mouoäthyl-/V-naphthylaminhydrür 

nXJ^;  ■  NH(C,H,) 
Hj  H 

erwies    sich    wirkungslos,    während    der   isomere    Körper,    welcher    an    dem 
N-führenden  Ringe  hydriert  ist,  sehr  energisch  wirkt. 
o-Tetrahydronaphthj'lenamiu 


/^l  ■  NH. 


ist  wirkungslos. 

1)  Mitteilung  von  Ernst   Waser. 


H,  H 


Bedeutung  der  eyclischen  Struktur  der  Alkaloide.  309 

Bei  Untersuchung  von  hydrierten  Naphthochinolinen  zeigten  sich  analoge 
Verhältnisse. 

Ä-Octohydronaphthochinolin  ist  unwirksam;  von  zwei  isomeren  /i-Octo- 
hydronaphthochinolinen  zeigte  sich  nur  dasjenige  im  obigen  Sinne  wirksam, 
bei  welchem  die  Hydrierung  des  Naphthalins  an  dem  N-führenden  Ringe  (d.  h. 
in  diesem  Falle  an  demjenigen,  welcher  dem  Chinolinkern  gehört)  erfolgt  war, 
während  der  isomere  Körper,  welcher  an  dem  N-freien  Ringe  hydriert  war, 
keine  spezifischen  Wirkungen  zeigte. 


Wirksames 

Unwirksames 

Ac-ZJ-OctohydronaphthochiiioIin 

Ar-/(-Octohydronaphthochinolin 

H  H„ 

H^H 

H  H    r^ 

H,/Y> 

H^k/H^ 

HJ\/H2 

H„ 

H, 

Das  Vergiftungsbild,  welches  gewisse  Hydronaphthylamine  zeigen,  kommt 
nicht  ausschließlich  dieser  Gruppe  zu.  Das  Amidin  des  Phenacetins  zeigt  ana- 
loge, wenngleich  schwächere  Wirkung. 

Aus  diesen  Untersuchungen  ergeben  sich  Schlußfolgerungen,  welche  sogar 
zur  Aufklärung  der  Konstitution  analog  wirkender  Substanzen  führen  können. 
Ephedrin  und  Pseudoephedriii  sind  stereoisomer   und  können  ineinander 
verwandelt  werden 

CgHs  •  CH(OH)  •  CH  •  CH3 
I 
NH  •  CH3 

Sie  wirken  pupiUenerweiternd. 

Pseudoephedrin  macht  Mydriasis  dvuch  Erregimg  des  Sympathicus  ^)  wie 
/J-Tetrahydronaphthylamin,  aber  nur  geringe  Temperatursteigerung.  Bei  letz- 
terem nun  ist  die  Trägerin  der  eigentümlichen  physiologischen  Wirkung  die  in 

TT 

/J-Stellung   befindliche  Atomgruppe  C<j^jj   .  Es  lag  nun  nahe,  daraus  Schlüsse 

auf  die  Konstitution  des  Pseudoephedrins  zu  ziehen.  Nach  Eugen  Bamberger 
ist  die  Wirkung  der  stets  nur  auf  einer  Seite  erfolgenden  Hydrierung  in  der 
Naphthalingruppe  darin  zu  suchen,  daß  das  Reaktionsprodukt  sich  wie  ein 
Benzolderivat  mit  offenen  aliphatischen  Seitenketten  verhält.  /S-Tetrahydro- 
naphthylamin  gibt  keine  Naphthalinreaktion  mehr,  sondern  verhält  sich  wie 
ein  Benzolderivat. 

Aus  /i-Naphthylamin  2    jj 

C    C 
HCf^'^Nc  ■  NH, 


HCs^x/'CH 

c   c 

H    H 


entsteht  durch  Addition  von  vier  Wasserstoffen  p'-Tetrahydronaphthylamin, 
ein  BenzoLkörper  2   g 

Ccc' 


')  Günzburg,  Virchows  Aroh.  134,  75.  —  W.  Filehno,  ebenda  93. 


310  Alkaloide. 

mit  gleichsam  zwei  offenen  Seitenketten,  was  Eugen  Bamberger  durch  Auf- 
stellung einer  neuen  Konstitutionsformel  für  Naphthalin  erklärte,  die  als  Über- 
tragung der  A.  v.  Baeyerschen  zentrischen  Benzolformel  auf  das  Naphthalin 
erscheint. 

A.  V.  Baeyers  Benzolformel  E.  Bambergers  Naphthalinformel 

H  H      H 

C  C  c  C 

Hc/'\CH  Hc/'\<^''^CH 

C  C  *"  c 

H  H      H 

In  diesem  zentrischen  Systeme  befinden  sich  die  freien  Valenzen  in  einem 
eigentümhchen  Zustande  ,, potentieller"  Bildung.  Addieren  sich  nun  im  Naph- 
thalin auf  der  einen  vSeite  (z.  B.  der  rechten)  4  H-Atome,  so  werden  die  freien 
Valenzen  3,  4,  5  und  6  von  den  H-Atomen  in  Anspruch  genommen,  die  freien 
Valenzen  1  und  2  sättigen  sich  gegenseitig  und  es  resultiert 

C     C 
H„H, 

tcH, 


nö/,y  t, 


H     Hj 

also  ein  Benzolkörper  mit  aliphatischen  Seitenketten. 

Bamberger  konnte  zeigen,  daß  /^-Tetrahydronaphthylamin  die  voll- 
ständigste chemische  Übereinstimmung  mit  einem  wahren  Benzolabkömmling, 
der  ebenfalls  die  NHj-Gruppe  gleichsam  in  /:/-Stellung  trägt,  dem  Phenyläthyl- 
amin :  CgH,  •  CHo  •  CHo  ■  NH, ,  einem  Körper,  der  in  der  Tat  eine  offene  Seiten- 
kette führt,  aufweist.  Aber  diese  vollständige  chemische  Übereinstimmung  des 
/i-Tetrahydronaphthylamins  mit  dem  Phenyläthylamin  macht  auch  daß,  wie 
Filehne  gezeigt  hat,  beide  Körper  in  ihren  physiologischen  Eigenschaften 
völlig  übereinstimmen,  weshalb  dieser  Forscher  folgenden  Satz  aufstellte; 
,, Trägerin  der  eigentümlichen  pupiOenerweiternden  Wirkung  ist  die  in  /J-Stellung 

TT 

zu  einem  monozentrischen  System  befindliche  Gruppe   C<j^jj    ,   gleichgültig, 

ob  dieselbe  einem  geschlossenen  Ringsystem  oder  einer  offenen  Seitenkette 
angehört." 

Für  das  Pseudoephedrin  hat  A.  Ladenburg  drei  mögliche  Konstitutions- 
formeln aufgestellt: 


CH, 
NH 


II  III 


CH(OH,  .  C,H,  HN<CH3    ^^^    ^^^^^^    ^^^^  «^<pZ?  H 


CH„  \ 


CoH^ 


Die  Formel  I  hielt  A.  Ladenburg  für  die  wahrscheinlichere,  bei  welcher 
die  Aminogruppe  in  /^-Stellung  steht.  Bei  II  steht  sie  in  j'-Stellung,  bei  III  in 
A -Stellung  zum  Benzolring.  Nur  die  I.  Formel  ist  dem  /^-Tetrahydronaphthyl- 


Bedeutung  der  Seitenketten.  311 

amin  und  Phenyläthylamin  analog  konstituiert  und  Filehne*)  schließt  dem- 
nach, daß  sie  als  die  richtige  zu  bezeichnen  ist. 

Auf  eine  Differenz  der  Wirkung,  die  zum  Teil  auf  einer  Stellimgsver- 
schiedenheit  beruhen  soU,  verweisen  Falc  k  und  Plenk^).  ArecoHn,  Pilocarpin, 
Metanicotin  gehören  alle  drei  der  /)!-Reihe  an.  Sie  erzeugen  Vermehrung  der 
Speichelsekretion,  Atmungsbeschleunigung,  Gleichgewichtsstörung  und  in 
größeren  Dosen  Kramp ferscheinungen.  Die  A-Reihe  (Conim,  Stilbazohn) 
erzeugt  keine  Krämpfe.  Arecohn  macht  kein  Erbrechen,  Nicotin  und  Meta- 
nicotin konstant,  bei  Pilocarpin  tritt  Erbrechen  erst  einige  Stunden  nach  der 
Vergiftung  auf. 

Bedeutung  der  Seitenketten. 

Die  meisten  künstlichen  und  natürlichen  Alkaloide  lassen  sich  vom  Pyridin 
ableiten,  beziehungsweise  vom  ChinoUn  oder  Isochinolin,  welche  beide  sich  ja 
auch  auf  Pyridin  zurückführen  lassen,  nur  einige  wenige  vom  Imidazol.  Pyridin 
selbst  hat  nur  eine  sehr  schwache  physiologische  Wirkung,  wie  bereits  mehrfach 
erwähnt  wurde  (s.  S.  294).  Es  wird  aber  in  ungemein  ■wirksame  Körper  ver- 
wandelt, einerseits  durch  Eintritt  von  W^asserstoff  (s.  S.  295),  anderseits  durch 
Eintritt  von  aliphatischen  Seitenketten. 

Treten  an  das  Pyridin  ahphatische  Seitenketten,  insbesondere  Alkylreste 
heran,  so  steigt  damit  die  Wirksamkeit  der  Verbindung.  Doch  tritt  der  Charak- 
ter der  PjTidinwirkung  mit  dem  Ansteigen  der  Länge  und  der  Anzahl  der  Alkyl- 
seitenketten  in  den  Hintergrund  und  die  rauscherzeugende  Wirkung  der  Alkyl- 
komponente  kommt  immer  mehr  zur  Geltung  3). 

Die  am  Kohlenstoff  v,ie  am  Stickstoff  alkjdierten  Piperidinderivate  ver- 
halten sich  qualitativ  ganz  gleich,  nur  in  quantitativer  Hinsicht  zeigen  sich 
Wirkungsunterschiede.  Sie  erzeugen  zentrale  Lähmung,  später  Lähmung  der 
motorischen  Xervenendigungen.  Die  Acylderivate  machen  Krämpfe,  die  sich 
z.  B.  beim  Formylderivate  bis  zum  vollständigen  Tetanus  steigern*). 

Die  rauschartige  Wirkung  auf  das  Gehirn  und  die  beschlemiigende  Wirkung 
auf  den  Atem  und  den  Puls  wächst  bei  den  Pyridinbasen  mit  dem  Anwachsen 
des  Moleküls  mit  der  Alkylkomponente. 

Die  Wirkung  ist  am  schwächsten  beim  PjTidin  C5H5X  selbst,  schon  stärker 
beim  Methvlp^Tidin  C5H4N  •  CH3  mid  noch  stärker  beim  Lutidin  (Äthvlp\Tidin) 
CjH^X-CaHs,'  CoUidin    (Propylpyridüi)   CgH^N  •  C3H7   und   Parvolin    (2.3.4.5- 
Tetramethvlpjridin ) . 
H, 
C' 

TT  p/\pTT 

Piperidin      -z\     I  ^  ,  das  hydrierte  Pyridin,   hat  nur  schwache  giftige 

N 

H 
Eigenschaften,  zeichnet  sich  aber  besonders  durch  die  intensive  Blutdruck- 
steigerung nach  Injektion  von  kleinereu  Mengen  dieser  Base  in  die  Blutbahn  aus, 
eine  Blutdrucksteigerung,  welche  in  mancherlei  Hinsicht  an  die  Wirkvmg  des 
Adrenalins  imd  auch  des  Nicotins  erinnert.  Es  macht  die  motorischen  Endplatten 
der  Nerven  im  Muskel  der  Ermüdung  leichter  zugänglich,  eine  Wirkung,  wie 
man  sie  durch  eine  Curaredosis  erhalten  kann,  welche  zu  klein  ist,  eine  komplette 

1)  Virchows  Arch.   124,    193. 

-)  Disa.  Kiel  (1895). 

'1  Kendriek  und  Dewar,  London  Roy.  Soc.  Proc.  SS,  432. 

*)  R.   und  E.  Wolffenstein,  BB.   34,  2408  (1901). 


312  Alkaloide. 

Paralyse  zu  bewirken.  Auf  das  Zentralnervensystem  übt  Piperidin  keine  Wir- 
kung aus,  hingegen  auf  das  Herz,  auf  welches  große  Dosen  eines  schwächenden 
Einfluß  haben.  Die  tyjiische  Curarewirkung  bleibt  aus  dem  Grunde  aus,  weil 
bei  Anwendung  großer  Dosen  zuerst  das  Herz  stillstehen  bleibt. 

Treten  aber  in  das  Piperidin  aliphatische  Seitenketten,  insbesondere  Alkyl- 
reste  ein,  so  wird  die  physiologische  Wirkung  gesteigert. 

Pipecolin  Ä-Äthylpiperidin  Coniin  (a-Propylpiperidin) 

Hj  Hj  Hj 

C  C  C 

/\  /\  /\ 

II  II  II 

\/  \/  \/ 

N  N  N 

H  H  H 

Pipecohn  (a-Methylpiperidin)  macht  komplette  Curarewirkung  ohne 
Herzstillstand.  Dieselben  Symptome  erzeugt  Äthylpiperidin  in  viel  kleinerer 
Dosis  und  Coniin  in  noch  kleinerer  Dosis.  Coniin  differiert  vom  Piperidin  nin: 
in  der  sehr'  kräftigen  Wirkung  auf  die  motorischen  Nervenendplatten  und  hat 
keine  zentrale  Wirkung  i).  Die  Giftigkeit  dieser  Substanzen  verhält  sich  folgen- 
dermaßen : 

Piperidin  :  Pipecolin  :  Äthylpiperidin  :  Coniin  ^) 
1:2:4  :        8 

Während  also  die  Methylgruppen  in  arithmetischer  Progression  ansteigen, 
steigt  die  Giftigkeit  in  geometrischer.  Wie  wir  gleich  sehen  werden,  komite 
Gürber  zeigen,  daß  dieses  Gesetz  für  die  Lupetidinreihe,  welche  ebenfalls  vom 
Pipieridin  deriviert,  nur  für  die  niederen  Gheder  gilt,  während  die  höheren  Aus- 
nahmen bilden,  da  sie  eine  sekundäre  Wirkung  auf  das  Zentralnervensystem 
haben.  Die  Ursache  dieser  Unregelmäßigkeit  kami  aber  nach  Arthur  R.  Cush- 
nys  Erklänuig  darin  Hegen,  daß  während  bei  den  niederen  Ghedem  der  Serie 
die  Wirkung  des  Piperidinradikals  der  bestimmende  Faktor  der  Giftigkeit  ist, 
die  Zahl  der  Methylgruppen,  wenn  sie  größer  wird,  ebenfalls  einen  Ausschlag 
gibt,  da  diese  als  aliphatische  Narkotica  wirken. 

Dimethylconylammoniumchlorid  ist  nicht  ganz  ohne  krampferregende 
Wirkung.  Homoconiin  (durch  Reduktion  von  Ä-Isobutylpyridin  mit  Natrium 
erhalten)  wirkt  stärker  lähmend  und  weniger  krampf erregend  als  Coniin.  Die 
letale  Dosis  beträgt  nur  neun  Zehntel  der  des  Coniins. 

Isopropylpipieridin  wirkt  qualitativ  wie  das  isomere  Coniin,  aber  die 
Wirkmig  ist  dreimal  geringer. 

Letale  Dosen 
pro  kg  Kaninchen 

ci  a'-Dimethyl-Piperidin 0.4 

N-Methyl-  „  0.4 

N-Äthyl-  .,  0.1 

N-Propyl-  .,  O.Ol 

N-Amyl-  „  0.04 

N-Formyl-  „  0.3 

N-Acetyl-  „ 0.3 

N-Propionyl-        ,,  0.4 

N-Benzoyl-  „  0.57 

N-Valeryl  (ohne  Wirkung,  da  es  mangelhaft  resorbiert  wird). 

1)  Bestritten  von  H.  Hayashi  und  K.  Muto,  AePP.   48,   356  (1902). 
-)  Paul  Ehrlich,  BB.  31,  214  (1898). 


Bedeutung  der  Seitenketten.  313 


Stilbazolin  „^     \„^  _,„     ^_.    ^  „    zeigt  die  lähmende  Wirkung  des  Coniins 

N 
H 
in  erheblicher  Weise  verstärkt,  die  krampferregende  bis  auf  ein  Minimum 
herabsetzt.  Die  letale  Dosis  ist  um  ein  Drittel  höher  als  beim  Coniin.  Fur- 
furäthanpiperidin,  in  welchem  em  Wasserstoff  der  Seitenkette  durch  den  sauer- 
stoffhaltigen Furankem  ersetzt  ist,  ist  dreimal  so  giftig  als  Coniin  und  be- 
schleunigt die  Atmung^). 

Die  Bedeutung  des  Euitrittes  von  Methylgruppen  in  Alkaloide  läßt  sich 
auch  gut  an  den  von  Guareschi  synthetisch  dargestellten  Cyanoxypyridin- 
derivaten  beobachten.    A.  Deriu^)  untersuchte  diese  und  fand: 

jÖ-Cyan-«'-;''-dimethyl-a-oxypyridin  ist  wirkungslos  bei  Hunden  und 
Kaninchen,  bei  Katzen  intravenös  gegeben  tritt  Myosis,  Reflexsteigerung 
und  konvulsivisches  Zucken  auf. 

/S-Cyan-<x'-/>"-/-trimethyl-a-oxypyridin  ist  viel  aktiver,  ruft  epileptische 
Konvulsionen  bei  Katzen  hervor.    Bei  Kaninchen  ist  es  imwirksam. 

N-Methyl-/5-cyan-öt'-/-dimethyl-Ä-os\'pyridin  ist  ein  starkes  Myoticum 
und  Purgans,  wirkt  stark  nervenerregend.  Es  ist  das  am  stärksten  wirksame  in 
dieser  Gruppe. 

N-Äthyl-/?-cyan-«'-;'-dimethyl-«-oxypyridin  hat  die  gleiche  physiologische 
Wirkmig. 

Je  größer  das  Molekulargewicht,  desto  wirksamer  ist  die  Verbindimg,  die 
Wirkungsstärke  hängt  von  der  Zahl  und  Natur  der  anhaftenden  Radikale  ab 
und  wächst  mit  deren  Anzahl,  ist  femer  abhängig  von  der  Art  der  Anreihung  der 
Methylradikale  an  den  N  des  Kern. 

Zuerst  zeigten  Kendrick  und  Dewar^),  daß  in  der  Pyridinreihe  ein 
beträchtlicher  Unterschied  in  der  Stärke  der  Wirkungen  der  einzelnen 
Gheder  vorhanden  ist,  aber  die  Art  und  Weise  der  Wirkung  ist  immer  die 
gleiche.  Die  letale  Dosis  wird  kleiner,  je  höher  das  homologe  Pyridin  in  der 
Reihe  steht. 

Die  höheren  Glieder  der  Pyridinreihe  erinnern  in  ihrer  physiologi- 
schen Wirkung  an  die  niederen  Glieder  der  Chinolinreihe,  ausgenommen, 
daß  die  Pyridine  mehr  befähigt  sind,  Tod  diu-ch  Asphyxie  hervorzu- 
rufen und  daß  die  letale  Dosis  der  Pyridine  weniger  als  die  Hälfte  vor  der 
der  Chinoline  ist. 

Wenn  man  von  den  niederen  zu  den  höheren  Ghedem  der  Chinolinreihe 
ansteigt,  so  findet  man,  daß  die  physiologische  Wirkung  ihren  Charakter  ändert, 
insofern  als  die  niederen  Glieder  hauptsächlich  auf  die  sensorischen  Zentren 
des  Gehirns  zu  wirken  scheinen  und  auf  die  Reflexzentren  der  Corda,  indem  sie 
die  Fähigkeit  zu  willkürlicher  oder  Reflexbewegung  zerstören;  die  höheren 
Gheder  wirken  weniger  auf  diese  Zentren  und  hauptsächlich  auf  die  motorischen 
zuerst  als  Irritantien,  indem  sie  heftige  Krämpfe  verursachen,  späterhin  eine 
komplette  Paralyse  hervorrufen.  Während  die  Reflexerregbarkeit  der  Zentren 
im  Rückenmark  verschwunden  zu  sein  scheint,  können  diese  Zentren  leicht  durch 
Strychnin  zur  Tätigkeit  gebracht  werden. 

Gürber  mid  Justus  Gaule*)  untersuchten  die  Serie  der  Lupetidine. 

Lupetidine  sind  Homologe  des  Dimethylpipieridins.    Wird  im  Lupetidin 


1)  Falck,  Diss.  Kiel  (1893).  ^)  Giorn.  della  R.  Aead.  med.  di  Torino  53,   839. 

3)  Roy.  Society  Proceedings  London  23,  242.  *)  Duboia'  Arch.   1890,  401. 


314  Alkaloide. 

ein  Wasserstoffatom,  und  zwar  das  dem  Stickstoff  gegenüberstehende  durch 
Radikale  ersetzt,  so  bilden  sich  die  weiteren  GUeder  der  Reihe. 

R 

H 
C 

HjCr^CHj 

CHj  •  HCk^CH  •  CHj 

N 

H 

Es  ist  bekamit,  daß  die  Alkylradikale  und  auch  andere  Radikale  ihre  eigene 
chemische  Natur,  selbst  in  höchst  komplizierte  Verbindungen  substitutiert,  teil- 
weise bewahren  können.  Diese  spiegelt  sich  dann  auch  öfters  in  der  physio- 
logischen Wirkungsweise  solcher  substituierter  Verbindmigen  wieder,  ja  selbst 
der  ganze  Charakter  der  physiologischen  Wirkungsweise  derselben  kann  durch 
die  substituierenden  Radikale  bedingt  sein. 

Bei  den  Lupetidinen  zeigt  es  sich,  daß  im  allgemeinen  die  Größe  der  wirk- 
samen Dosis  abnimmt,  wem  die  Größe  des  substituierten  Alkylradikales  zu- 
nimmt. Es  zeigt  sich,  daß  die  Wirkungsintensität  gleichsam  in  geometrischer 
Progression  zunimmt,  wemi  das  Molekulargewicht  in  arithmetischer  Progression 
steigt;  dieses  Gesetz  gilt  jedoch  in  dieser  Reihe  nur  bis  zum  IsobutyUupetidin, 
demi  dieses  und  noch  mehr  das  Hexj'llupetidin  weichen  erheblich  dav^on  ab.  Die 
auffallende  Tatsache,  daß  ein  Butyl-  und  ein  Hexylradikal  so  ganz  anders  wir- 
ken sollen  als  ein  Methyl-,  Äthyl-  oder  gar  Propyl-Radikal,  wird  durch  einige 
chemische  Analogien  bestätigt. 

Pijjeridin  mid  Propylpiperidin  (Coniin)  unterscheiden  sich  ähnlich  wie  die 
entsprechenden  Lupetidine. 

Das  allen  Lupetidinen  gemeinsame  Hauptvergiftimgssymptom  ist  die 
Lähmung  der  willkürlichen  Bewegungen. 

Von  besonderem  Interesse  ist  nun  die  Regelmäßigkeit,  nach  welcher  die 
Zunahme  oder  Abnahme  der  Größe  der  Dosis  in  der  Lupetidinreihe  erfolgt, 
zuerst  eine  sukzessive  Abnahme  bis  zu  einem  Minimum  beim  Propyllupetidin 
und  dann  für  Isobutyl-  und  Hexyllupetidin  wieder  eine  ebensolche  Zunahme, 
ein  Verhältnis,  das  eine  ganz  spezielle  Bedeutung  gewimit.  Es  verhalten  sich 
demnach  die  Litensitäten  wie  1:2:4:8,  d.  h.  sie  steigen  in  geometrischer 
Progression,  jedoch  niu-  für  die  vier  ersten  Glieder  der  Reihe,  während  sie  für  die 
beiden  letzten  Güeder  im  Verhältnis  von  5 : 4  wieder  abfallen. 

Lupetidin  [a-a'-Dimethylpiperidin  ^)] 

Ha 
C 

CHj  •  HcL^Ch"  CH3 

N 
H 

wirkt  analog  dem  Curare,  erzeugt  Lähmiing  ohne  besondere  Wirkung  auf  das 
Herz.  Es  sistiert  die  Atmung  beim  Maximiun  der  Lähmung.  Von  allen  Lupeti- 
dinen am  stärksten  erzeugt  Lupetidin  selbst  Vakuolen  in  den  Blutkörperchen 
inid  verändert  den  Kern  nach  Form  und  Größe,  das  Zentralnervensystem  wird 
schwach  affiziert  und  die  Haut  lokal  anästhesiert. 

/9-Lupetidin  =  /S-Äthylpiperidin  2)  wirkt  sehr  spät,  macht  tetanische  Muskel- 
krämpfe  und   Speichelfluß,    wirkt   identisch    wie   /S-Propylpiperidin,    doch    ist 

1)  Die  letale  Dosis  pro  kg  Kaninchen  ist  0.4  g.       ^j  p^ul  Ehrlieh,  BB.  31,  2141  (1898). 


Bedeutung  der  Seitenketten.  315 

die  Giftigkeit  auf  mehr  als  die  Hälfte  reduziert.  Es  scheint  aber,  daß  die  Propyl- 
gruppe  sowohl  in  a-,  als  auch  in  /S-Stellung  eine  größere  Giftigkeit  bedingt,  als 
die  Äthylgruppe. 

;S-Propylpiperidin  ist  nicht  so  toxisch,  wie  Conün.  Die  letale  Dosis  pro  kg 
Kaninchen "  beträgt  nach  P.  Ehrlich  0.15  g,  während  vom  a-Propy!piperidin 
die  letale  Dosis  pro  kg  Kaninchen  0.09  g  beträgt. 

Copellidm  ^^^l.  rf  Jrw'  rw  ■  ^^ssen  letale  Dosis  pro  kg  Kaninchen  0.1  g 


;CH- 
N 
H 
beträgt,  ist  ein  Gift,  welches  hauptsächlich  die  intramuskulären  Nervenendi- 
gungen lähmt.    Es  wirkt  doppelt  so  intensiv  wie  Lupetidin. 

Parpevohn  ist  ebenfalls  ein  Gift  von  gemischtem  Charakter  mit  einer  den 
Gesamtwirkungseffekt  hauptsächlich  bestimmenden,  peripher  motorischen, 
einer  weniger  deutlichen  peripher  sensiblen  und  einer  noch  stärker  als  beim 
Copellidin  integrierenden  zentralen  Komponente.  In  bezug  auf  die  Lähmung 
wirkt  Parpevolin  doppelt  so  intensiv  wie  Copellidin. 

PropyUupetidin  ist  ein  Gift,  welches  vorwiegend  die  intramuskulären  Ner- 
venendigungen lähmt,  die  Zentralorgane  des  Nervensystems  stark  mitaff iziert ; 
durch  direkte  Lähmung  der  Atmungsmuskulatur  hebt  es,  wie  die  anderen 
Lupetidine,  die  Atmung  auf.  Propj'Uupetidin  wirkt  am  intensivsten  von  allen 
Lupetidinen,  achtfach  so  intensiv  als  Lupetidin ;  in  seiner  Fähigkeit  Vakuolen  zu 
erzeugen,  tritt  es  gegenüber  den  bis  jetzt  besprochenen  Gliedern  der  Reihe 
bedeutend  zurück. 

Isobutyl'upetidin  ist  ein  Gift,  welches  vorzugsweise  ährdich  den  echten 
Narkoticis  das  Zentralnervensystem  und  das  Herz  lähmt,  daiui  aber  auch  wie  die 
vorhergehenden  Glieder  der  Reihe  die  intramuskulären  Nervenendigungen  in 
Mitleidenschaft  zieht. 

Hesyllupetidin  ist  ein  nach  Art  der  echten  Narkotica  auf  die  Zentral- 
organe und  direkt  auf  das  Herz  wirkendes  sehr  energisches  Gift.  Nebenbei  lähmt 
es  schwach  die  intramuskulären  Nervenendigungen. 

Conün  ist  nach  Ladenburg  (X-Propylpiperidin  und  steht  am  nächsten 
dem  PropyUupetidin.  Verschiedene  Autoren  schreiben  ihnen  versclüedene 
Wirkungen  zu,  was  wohl  auf  verschiedener  Stellung  der  Propylgruppe  beruhen 
kann;  zweifellos  veremigt  Conün,  wie  die  Lupetidine,  periphere  und  zentrale 
Wirkung  in  sich.   Die  physiologische  Wirkung  ist  beim  Conün  7 — 8  mal  größer 

als  beim  Piperidin. 

H   OH 

\/ 

Conhvdrin    ^"1     |^"  ^tt    r,^     ^tt     '«'irkt    wie    Conün,    aber    schwächer, 

H 

N 
Paraconiin  wie  Conün  i). 

Vor  allen  Dingen  sieht  man  sofort  aus  dem  Vergleich  der  beiden  Reihen, 
daß  es  einen  Unterschied  macht,  ob  die  CHj-Gruppen  sjTnmetrisch  an  verschie- 
dene Kohlenstoffatome  herangetreten  sind  oder  asymmetrisch  an  emes  allein. 
Es  ist  also  auch  die  Stellung  der  Seitenkette,  welche  in  Betracht  kommt,  von 
Einfluß  auf  die  Wirkung  dieser  beiden  Gifte.    Von  diesem  Gesichtspunkt  aus 


1)  Wertheim  und  Schloßberger,  Liebigs  Ann.  100,  239.  —  Schiff,  Liebigs  Ann. 
IST,   166. 


316  Alkaloide. 

wird  man  auch  einen  Unterschied  zwischen  der  Wirkungsweise  des  Coniins, 
bei  dem  das  Propylradikal  m  Ä-Stellung  sich  befinden  soll,  und  derjenigen  des 
Propyllupetidins,  bei  dem  das  Radikal  in  y-Stellung  geht,  machen  müssen. 
Doch  tritt  dieser  Unterschied  nicht  mehr  deutlich  hervor,  vielleicht  ist  auch  die 
Ä-Stellung  für  das  von  Gürber  verwendete  Präparat  nicht  so  sicher.  Bei  den 
Lupetidinen  handelt  es  sich  um  Produkte  der  Wirkung,  welche  den  Kern  und 
die  Seitenketten  bei  verschiedener  Zahl  und  verschiedener  SteUiuig  produzieren, 
nicht  einfach  um  die  Größe  des  Gesamtmoleküls.  Der  Piperidinkem  bedingt  die 
Veränderungen  (Vakuolenbildung)  der  roten  Blutkörperchen,  die  Seitenketten 
schwächen  diese  Wirkung  eher  ab,  dagegen  hängt  die  Wirkung  auf  das  Nerven- 
system ganz  wesenthch  von  diesen  Seitenketten  ab.  Auch  hier  zeigt  sich  wieder 
eine  Differenz  zwischen  ein-  bis  dreighedrigen  imd  vier-  und  mehrghedrigeu 
Seitenketten,  die  ersteren  bewirken  eine  periphere,  die  letzteren  eine  zentrale 
Lähmung.  Außer  den  Lupetidinen  ist  noch  kein  Körper  bekannt,  welcher 
ähnliche  helle  Stellen  in  den  roten  Blutkörperchen  des  Frosches  hervorzu- 
bringen vermag. 

Sämtliche  Verbindungen  der  Lupetidinreihe  sind  giftig  und  alle  verursachen 
den  Tod  unter  Herzlähmungserscheinungen.  Es  ist  aber  nicht  dasselbe  Gift, 
welches  am  raschesten  Lähmungen  herbeiführt  und  dessen  kleinste  Dosis  den 
Tod  bringt.  Dieses  deiitet  auf  verschiedene  Angriffspunkte  der  verschiedenen 
Verbindungen.  Die  direkte  Erregbarkeit  des  Muskels  bleibt  bei  allen  erhalten, 
die  indirekte  Erregbarkeit  des  Muskels  vom  Nerven  aus  schwindet  zuerst  bei 
dem  Lupetidin,  bei  dem  Copellidin  teilweise,  bei  den  höheren  Ghedem  der 
Reihe  ist  sie  noch  ganz  erhalten,  während  schon  eine  vollständige  Lähmung  aller 
wiUkürhchen  Bewegungen  eintritt.  Bei  den  höheren  Gliedern  ist  also  die  Läh- 
mung eine  zentrale  imd  sie  wird  erst  bei  längerer  Dauer  imd  steigender  Dosis 
eine  periphere,  bei  den  niederen  Gliedern  ist  sie  zuerst  eine  periphere  und  wird 
später  eine  zentrale.  Lupetidin  gleicht  also  in  seinem  Ajigriffspunkte  dem  Curare, 
Hexyllupetidui  den  Narkoticis,  indem  es  die  Zentralorgane  lähmt:  es  erstreckt 
auch,  wie  diese,  seine  Wirksamkeit  auf  das  Herz,  das  es  rasch  in  Mitleidenschaft 
zieht. 

In  den  roten  Blutkörperchen  treten  runde  helle  Stellen  auf,  an  welchen  der 
Blutfarbstoff  verschwunden  ist;  in  den  ersten  Stadien  der  Vergiftimg  treten 
aus  den  Blutkörperchen  stark  hchtbrechende  Körnchen  heraus. 

Man  kann  konstatieren,  daß  die  Zalil  und  Größe  der  Stellen  bei  Lupetidin- 
vergiftmig  am  größten  und  mit  wachsendem  Alkylradikal  abnimmt,  so  daß 
Hexyllupetidin  nur  noch  ganz  kleine  und  schwer  zu  entdeckende  Stellen  her- 
vorbringt. 

Daß  die  gemeinsame  Ursache  dieser  Veränderungen  in  dem  allen  diesen 
Giften  gemeinsamen  Piperidinkem  zu  suchen  sei,  schien  wahrscheinlich.  Gürber 
hat  auch  in  der  Tat  gefunden,  daß  zwei  Körper,  welche  denselben  Kern  enthalten, 
nämhch  Piperidin  selbst  und  Coniin,  dieselben  Wirkungen  auf  die  Blutkörper- 
chen wie  die  Lupetidine  haben.  Die  farblosen  Stellen  in  den  Erythrocyten  sind 
also  eine  Wirkung  des  Piperidinkernes,  sie  können  in  ihrer  Größe,  Zahl  und 
Gruppierung  durch  die  Alkylradikale  modifiziert  werden,  die  in  diesen  Kern 
eintreten,  und  zwar  in  der  Art,  daß  sie  bei  dem  höchsten  Radikal,  dem  Hexyl, 
fast  verschwinden.   Diese  Wirkung  ist  aber  wahrscheinlich  keine  direkte. 

Paderii)   untersuchte  Ladenburgs  Piperylalkin    ^aO^' 


1)  Liebigs  Ann.  395,  370;  301,   117. 


Bedeutung  der  Seitenketten.  317 

Ha 

und    Pipscolylalkin       ^    \    '  .      Sie    wirken    auf    das    Zentral- 

N 
H 
nervensystem    paralysierend    wie    Piperidin.     Dagegen   übt   Methylpipecolyl- 
H^ 

alkin       =1    J^  eine    „heilkräftige"    Wirkung    aus.      Die    Ein- 

N 

CH3 
führung  von  Glykol  in  Piperidin  ist  ohne  Einfluß,  gleichgültig  ob  Imid Wasser- 
stoff oder  Kern  Wasserstoff  des  Piperidins  durch  Glykol  substituiert  wird.  Wenn 
aber  gleichzeitig  Kernwasserstoff  durch  Gh^kol  und  Imidwasserstoff  durch 
Methyl  ersetzt  wird,  so  entsteht  eine  ,, heilkräftige"  Wirkung  (es  wird  nicht 
angegeben,  was  für  eine). 

Wir  haben  durch  die  Untersuchungen  von  Gürber,  J.  Gaule  und  Cushny 
an  relativ  einfachen  Beispielen  die  Bedeutung  der  aOphatischen  Alkylseitenketten 
kennengelernt,  welche  nicht  am  Stickstoff  sitzen.  Wir  haben  die  Verstärkung, 
unter  Umständen  die  Veränderung  der  Wirkung  des  Kernes  studieren  können 
und  komiten  den  Einfluß  sehen,  welchen  längere  oder  zahlreichere  Seitenketten 
ausüben,  so  daß  ihre  Gegenwart  in  der  Verbindung  oft  der  letzteren  die  Wir- 
kungen der  ahphatischen  Reste,  und  zwar  narkotische  Effekte  auf  das  Zentral- 
nervensystem verleiht. 

Sehr  interessant  ist  es,  daß  man  vom  PjTidin  zu  viel  giftigeren  Substanzen 
gelangt  als  vom  ChinoUn,  so  daß  die  Gegenwart  des  Benzolkernes  in  der  Ver- 
bindung abschwächend  wirkt.  Denn  das  dem  Coniin  homologe  a-Tetrahydro- 
propylchinohn  ist  für  niedere  Tiere  sehr  stark,  für  Säugetiere  aber  viel  weniger 
giftig  als  Coniin  1). 

Die  Kondensationsprodukte  von  Piperidin,  Formaldehyd  und  einem  Phenol, 
z.  B.  Thymotin-,  Carvacryl-,  p-Kresyi-piperidid  wirken  im  großen  und  ganzen 
wie  Piperidin*). 

Monobromthymotinpiperidid  und  Dibromkresylpiperidid  zeigen  nicht  die 
krampferregende  Wirkung  des  Piperidins.  Die  Kondensationsprodukte  aus 
Piperidin  und  Phenolen  mittels  Formaldehyd  (bzw.  aus  Oxyalkoholen)  zeigen 
nur  dami  Piperidinwirkung,  wenn  die  p-SteUung  oder  eine  der  beiden  o-SteUun- 
gen  zum  Hydroxyl  im  Benzolkern  frei  ist.  Die  m-Stellung  zum  Hydroxyl  hat 
nur  dami  Einfluß  auf  die  physiologische  Wirkung,  wemi  beide  m-Stellungen 
unbesetzt  mid  dem  Methylpiperidinreste  benachbart  siud^). 

Kondensationsprodukte  aus  Piperidin  und  Phenolen  mittels  Formaldehyd, 
welche  zwei  reaktionsfähige  Stellen  am  Benzolringe  enthalten,  erfahren  eine 
Verstärkung  der  Wirkung,  weim  man  die  eine  von  beiden  dm-ch  Brom  oder 
ein  Radikal  ersetzt. 

W.  Hildebrandt*)  untersuchte  ferner  die  vier  folgenden  Basen: 
I  CHjNCsHio        II  CH2NC5H10        III   CHjNCsHio        IV  CH3 

CS/\  CH,/\CH3  r\  /NCH3 

OH  OH  OH  OH 

Die  Base  I  zeigt  in  Dosen  von  0.005  g  akute  Piperidhiwirkung.  Erheblich 
schwächer  wirkt  die  Base  III,  bei  der  nach  Injektion  von  O.Ol  g  nur  vorüber- 

>)  Tonella,  Arch.  Internat.  Pharmacodyn.   3,   324.  ^)  AePP.   44,   278  (1900). 

ä)  H.  Hildebrandt,  HS.   43,   248  (1904—1905).  *)  Liebigs  Ann.   344,   298. 


31 8  Alkaloide. 

gehende  Krämjjfe  auftraten,  noch  schwächer  -Rirkte  Base  II,  bei  der  O.Ol  g  ohne 
jede  Wirkiuig,  0.02  g  nnter  heftigen  Krämpfen  Tod  erzeugt.  Die  Base  IV  ist 
unwirksam.  Die  Basen  I  und  II  unterscheiden  sich  lediglich  durch  die  Stellung 
der  Methylgruppeii  am  BenzoLring.  Diu-ch  das  Freibleiben  beider  o-Stellungen 
zum  Hydroxyl  erfährt  die  physiologische  Wirkung  eine  erhebliche  Abnahme. 
Hildebranclt  deutet  diese  Erscheinung  so,  daß  die  eine  freie  o-Stellung  die 
andere  in  physiologischer  Beziehung  beeinträchtigt.  In  ganz  analoger  Weise 
beeinträchtigen  sich,  wie  aus  dem  Verhalten  der  Base  III  erhellt,  die  eine 
freie  o-Stellmig  einerseits  und  die  beiden  dem  Methj'lenpiperidinderivate 
benachbarten  freien  m-Stellungen  anderseits.  Letztere  haben  den  gleichen 
Einfluß  -wie  eine  freie  o-Stellung,  wenn  sie  dem  Methylenpiperidinrest  benach- 
bart sind. 

Iso-a-a'-diphenylpiperidid  wirkt  nicht  giftig,  Thymotin-a-methylpiperidid 
ist  viel  weniger  giftig  als  Thymotinpiperidid.  Erst  in  Dosen  von  1.5  g  erzeugt 
es  bei  einem  Kaninchen  von  2  kg  Krämpfe  und  Tod.  Carvacryl-Ä-methylpiperidid 
macht  schon  zu  0.4  g  pro  kg  Krämpfe  und  Tod.  ThjTnotincopeUidid  ist  noch 
weniger  giftig  als  die  entsprechende  Pipecolinverbindung. 

Das  Thymolderivat  des  Piperidins  {Hildebrandt)  ist  giftiger  als  Piperidin 

selbst. 

*  * 

* 

Von  großer  Bedeutung  ist  die  Gegenwart  von  Alkylresten  am  Stickstoff. 
Im  allgemeinen  läßt  sich  die  Regel  aufstellen,  daß  die  Ersetzung  des  Imidwasser- 
stoffes  durch  AlkA'lradikale  die  Reizwirkung  herabmindert  (Filehne). 

Methylconiin  (am  X  niethyliert)  wirkt  krampf erregend  und  lähmend,  die 
letale  Dosis  ist  um  ein  Drittel  geringer  als  die  des  Coniins. 

Bei  der  Untersuchung  von  Norhyoscyamin  und  Xoratropin  zeigte  es  sich, 
daß  die  Xorverbindungen  nur  ein  Achtel  so  -wirksam  sind  wie  ihre  Methyl- 
derivate ^). 

Xur  das  Xorcocain  wirkt  nach  E.  Poulsson-)  in  unverändertem  oder  sogar 
verstärktem  Maße  lokal  anästhesierend. 

Bedeutung  der  Hydroxyle. 

Die  Gegenwart  von  Hydroxylen  steht  anscheinend  in  enger  Beziehimg  zu 
der  Gehirn  Wirkung.  Es  ist  auffällig,  daß  gerade  nur  diejenigen  natürhchen 
Alkaloide,  welche  Hydroxylgruppen  enthalten,  Gehimwirkungen  auslösen, 
während  meist  der  Verschluß  derselben  durch  Säure-  oder  Alkylrachkale  die 
Gehimwirkung  erschwert  oder  ganz  aufhebt. 

Als  Beispiele  dienen: 

Morphin  wirkt  schlafmachend,  eine  Eigenschaft,  welche  durch  Verdecken 
des  Hydroxyls  diurch  Aryl-  oder  Acylgnippen  größtenteils  imterdrückt  wird. 

Das  Verdecken  des  Hydroxyle  bedingt  aus  Gründen,  die  im  allgemeinen 
Teile  ausgeführt  wurden,  ein  Auftreten  von  strj'chninartigen  Eigenschaften. 

Beispiele:  Morphin,  Kodein  (Methylmorphin). 

Thebain  ist  ein  heftig  tetanisch  wirkendes  Gift  (strychninartige  Wirkung). 
Seine  Konstitution  zeigt,  daß  in  diesem  Körper  zwei  Methoxygruppen  vor- 
handen sind  und  die  nahe  Verwandtschaft  zum  Morphin,  mit  dem  es  wegen 
Verdecktseins  der  Hydroxyle  nur  die  krampferregende,  aber  nicht  die  narkotische 
Wirkung  gemein  hat. 

J)  P.  P.  Laidlaw  bei  Francis  H.  Carr  und  W.  C.  Kej'nolds,  Journ.  Chem.  Soc. 
London  101,  946  (1912).  ^)  AePP.  2?,  301. 


Bedeutung  der  Carboxalkylgruppe.  319 

Chinin  enthält  ein  Hydroxyl  am  verbindenden  Kohlenstoff  (s.  S.  236),  es 
zeigt  Eigenschaften,  Welche  an  eine  schwache  Morphinwirkung  erinnern.  An 
Fröschen  ruft  Chinin  eine  ähnhche  Narkose  hervor,  wie  Morphin ').  Auch  bei 
höheren  Tieren  wrd  die  SensibiUtät  merklich  herabgesetzt. 

Pellotin  CijHjgNOj  mit  einem  Hydroxyl  hat  stark  ausgeprägte  narkotische 
Eigenschaften-). 

Eserin  (Phj'sostigmin)  CijHoiXjOa  besitzt  ein  Hydroxyl,  ist  ungemein  giftig 
und  macht  allgemeine  Lähmung  des  Zentralnervensystems. 

Zu  der  Reihe  von  A.  Ladenburgs  Alkaminen  gehört  eine  Base,  welche 
synthetisch  durch  Einwirkung  von  Proi^ylenchlorhydrin  auf  Diisoamylamin 
dargestellt  wurde,  das  Oxypropylendiisoamylamin.  Diese  Base  ist  hydroxyl- 
haltig,  wirkt  stark  toxisch  (0.2  g  pro  kg  wirken  in  einer  Stunde  tödhch).  Sie 
verursacht  heftige  psychische  Erreginig,  weitendes  Herumlaufen  und  Bellen 
der  Hunde,  keuchende  Atmung  und  ejDileptiforme  Konvulsionen,  überhaupt 
Symptome  der  menschlichen  Epilepise.  Hier  scheint  also  die  Hj-droxylgruppe 
die  Substanz  in  intime  Beziehungen  zur  Gehirnrinde  zu  bringen.  Ebenso  erzeugt 
das  hydroxylhaltige  Atropin  jene  eigentümlichen  Exaltationszustände  der  Psyche. 

Harmin  und  Harmalin,  von  denen  das  erste  eine  einsäurige  sekundäre  Base 
und  das  zweite  ein  Dihydroharmin  ist,  wirken  beide  deuthch  psychisch,  was 
vielleicht  mit  ihrer  Spaltung  zu  phenolartigeu  Derivaten  im  Organismus  zu- 
sammenhängt^). 

Bedeutung  der  Carboxalkylgruppe. 

Eigentümlich  ist  auch  die  Verstärkung  der  Wirkung,  bezw.  das  Auftreten 
der  Wirkung  durch  Esterbildung  bei  Alkaloiden,  welche  freie  Carboxylgruppen 
tragen,  also  gleichsam  auch  Säuren  sind. 

Benzoylekgonia  2 

H,C C C  •  COOH 


H,C C- 

H 


wird  erst  durch  Veresterung  wirksam ;  wenn  man  für  den  Wasserstoff  der  Carb- 
oxylgruppe  ein  beliebiges  ahphatisches  Alkylradikal  substituiert,  so  entstehen 
die  wirksamen  Cocaine,  wobei  es  für  die  Wirkung  ziemlich  gleichgültig  ist, 
welche  Alkylreste  eintreten. 

Die  Wirkungsstärke  der  Alkaloide  wird  bedeutend  gesteigert,  wenn  ein 
Wasserstoff  durch  eine  Carboxylalkylgruppe  ersetzt  wird. 

Cocain  ist  wrksamer  als  Tropacocain,  dem  die  Carboxymethylgruppe  fehlt. 
In  der  Eucaingruppe  ist  die  Verestenmg  der  Carboxylgruppe  von  großer  Be- 
deutung für  die  Giftigkeit,  aber  nicht  für  die  Anästhesie.  Die  Ester  der  Alka- 
mincarbonsäuren  sind  2 — 3  mal  so  giftig  als  die  entsprechenden  Alkamine. 

(Siehe  im  speaellen  Teil  bei  Cocainersatzmitteln.) 

Das  unwirksame  Arecaidin 

H 
C 


TT     fil 


N-CH, 


C ■ COOH 


')  O.  Schmiedeberg,  Pharmakolofrie,   5.  Aufl.,   S.  218. 

2)  A.  Heffter,  AePP.  34,  65  und  374;  40,  385.  —  Therap.  Monatshefte  1896,  328. 

=)  Ferdinand  Flury,  AePP.   64,   105  (1910). 


320  Alkaloide. 

wird  zum  physiologisch  wirksamen  Arecolin,  wemi  man  die  Carboxylgruppe 
verestert,  hierbei  ist  es  ebenfalls  gleichgültig,  was  für  ein  ahphatischer  Alkylrest 
eintritt. 

Cesol  ist  das  Chlormethylat  des  Nicotijisäuremethylesters.  Es  soll  als 
Ersatz  des  Arecoüns  dienen.  Neucesol  ist  voll  hydriertes  Cesol,  es  zeigt  die 
Eigenschaften  des  Cesols  schon  in  kleineren  Dosen.  Die  schweißtreibende  und 
myotische  Wirkung  des  Arecoüns  tritt  im  Cesol  zurück,  ausgesprochen  ist  die 
speicheltreibende  Wirkung  und  der  drastische  Einfluß  auf  die  glatte  Dann- 
muskulatur.  Die  Giftwirkimg  ist  stark  herabgesetzt^). 

Das  unwirksame  Colchicem  wird  durch  Verätherung  der  Enolgruppe  zum 
giftigen  Colchicin.  Die  Gründe  hierfür  haben  wir  im  allgemeinen  Teile  ausein- 
andergesetzt (s.  S.  105). 

A.  Windaus^)  faßt  Colchicin  als  Enol  auf,  und  Colchicein  als  den  ent- 
sprechenden Enolmethyläther.  Colchicin  läßt  sich  auffassen  als  (CH30)3  •  CgH 
:  (CioHgO)  <  (OCH3)  (NHCOCH3),  Colchicem  (CH30)3  •  C^H:  (CioHgO)  <  (COH) 
(NHCOCH3)  . 

Colchicin  mid  alle  Colchicinderivate  sind  CapiUargifte.  Möglicherweise 
sind  die  therapeutischen  Wirkungen  durch  Lähmung  und  Stase  im  Capillar- 

bereich  zu  erklären*). 

*  * 

* 

Interessant  ist  der  Einfluß  der  doppelten  Bindung  (s.  allg.  Teil,  S.  110  ff.) 
auf  die  Giftigkeit  der  Alkaloide.  So  ist  nach  R.  Wolffenstein^)  7-Conicein 
ein  sehr  heftiges  Gift,  und  zwar  17.5  mal  so  giftig  als  das  an  und  für  sich  schon 
sehr  giftige  Coniin.   y-Conicein  hat  eme  doppelte  Bindung. 

Hü  Hj 

Coniin    ^^      n"  y-Conicein  ■^^'l      P 

n\J-B.  ■  CH,  ■  CHj .  CHj  '^  Hj'\/H  ■  CH.,  ■  CH^    CH3 

N  N 

H  H 

Ebenso  wirkt  Nicotein 

CH=CH  CHj— CHj 

•  CH    CHj  ,  .     „.     ..        A-CH      CH 

\/  analog  wie  Nicotm    I    J       \/ 

■NT  ^^  N 

N  .  N  . 

CH3  CH, 

aber  seine  toxische  Kraft  ist  anscheinend  wegen  der  doppelten  Bindung  eine 
größere^). 

oc-Conicem  (Konstitution  nicht  genau  bekaimt)  ist  giftiger  als  Coniin. 
Hingegen  ist  /?-Conicein 

H 

CH  C 

HC^'^CHj  ^^^gj,       HjC^Vh 

H2C\  /  ■  CH  ■  CqHj  H.2C\  /Cxi  •  C3Ü7 

N  N 

H  H 

weniger  giftig  als  Coniin. 


')  A.  Loewy  und  R.  Wolffenstein,  Therap.  d.  Gegenwart  61,  287  (1920). 

^)  Sitzungsber.  der  Heidelberger  Akad.  d.  Wiss.    1911,   1. 

=)  S.   Loewe,  Hierap.  Halbmonatshefte  34,   5  (1920). 

*)  BB.  »T,  1778  (1894);  28,  302  (1895).  «)  BB.  25,   1901  (1892). 


Bedeutung  der  Substitution  von  Säureradikalen  für  Hydroxylwasserstoff.       321 
a-Conicein  ist  vielleicht  ein  stereoisomeres  der  d-  und  e-Coniceine,  was  die 

(5-Coniccin 
H 
C 
H,C,/>CH, 


HjC^ 


/CH  ■  CjHj 


N 

geringere  Giftigkeit  durch  den  tertiären  N-Charakter  erklären  würde. 

Conhydrin  H    OH 

\/ 
C 


Ii2C'\  /'CH  ■  CH2  ■  CH.7  ■  CH-j 
N 
H 

ist  sehr  giftig,  doch  nicht  so  stark  wie  Coniin. 

Bedeutung  der  Substitution  von  Säureradikalen  für  Hydroxylwasserstoff. 

Von  eigentümlicher  Bedeutung  für  die  Wirkung  der  Alkaloide,  insbesondere 
für  die  der  natürlichen,  ist  die  Gregenwart  von  Säureestern,  welche  Hydroxyl- 
wasserstoff substituieren.  Die  Benzoylgruppe  im  Cocain  ist  ausschlaggebend 
für  die  anästhesierende  Wirkung.  Ekgoninmethylester  hat  diese  Wirkung 
nicht. 

Die  Tropine  gehen  erst  durch  Eintritt  von  aromatischen  Säiu-eesteni  in  die 
intensiv  giftigen  Solanaceenalkaloide  über,  während  die  aliphatischen  Säurereste 
nur  wenig  wirksame  Verbindungen  schaffen. 

Auch  bei  Eintritt  eines  aromatischen  Radikales  zeigt  sich  manchmal  ein 
höchst  merkwürdiges  Verhalten,  wie  folgendes  Beispiel  erweist. 

Atropamin,  welches  in  der  Belladonnawurzel  vorkommt,  ist  im  Gegensatz 
zum  Atropin  unwirksam,  indem  es  keine  Mydriasis  (Pupillenerweiterung)  er- 
zeugt. Bei  der  Spaltung  des  Atropamins  erhält  man  Tropin  und  Atropasäure, 
bei  der  Spaltiuig  des  Atropins  Tropin  und  Tropasäure. 

Atropasäure  (a-Phenylacrylsäure)  ist   CeB./('^Q-.„ 
Tropasäure  ist    C^U^  ■  CB.<i^^^^ 

Also  trotz  der  nahen  Verwandtschaft  dieser  beiden  Tropeine  ist  das  physio- 
logische Verhalten  gänzlich  verändert.  Die  Ursache  wird  später  erklärt  werden 
{s.  Atropin). 

Solanin  wird  im  Magendarmkanal  hydrolytisch  gespalten.  Daher  sind  die 
einzehien  Tierarten  gegen  die  Giftwirkung  des  Solanins  verschieden  emp- 
findlich 1). 

Aus  dem  Morphin  entsteht  durch  Einführung  von  zwei  Acetylgruppen 
Diacetylmorphin  (Heroin),  welches  in  mancher  Beziehung  dem  Kodein  analoge 
W^irkungen  hat,  aber  auch  Nebenwirkungen,  die  es  selbst  in  kleinen  Dosen  nicht 
imbedenklich  machen. 

Die  Einführung  von  zwei  neuen  Acetylgruppen  in  das  Aconitinmolekül 
macht  nach  Cash  und  D  uns  tan  keine  Veränderung  der  pharmakologischen 
Wirkung,  sondern  hat  nur  eine  allgemeine  Abschwächung  der  charakteristischen 
Wirkung  des  Stammalkaloides  zur  Folge. 

1)  Johann  Hansen,  Zeitschr.  f.  experim.   Pathol.   u.   Ther.   30,   385  (1919). 
Fränkel,  Arzneimittel-Synthese.    5.  Aufl.  21 


322  Alkaloide. 

Alle  Aconitinalkaloide  sind  Ester,  die  sich  durch  AlkaU  oder  Säure  in  eine 
hydrosylhaltige  Base  und  in  eine  oder  mehrere  Säuren  verseifen  lassen. 

Das  noch  dem  Aconitin  an  Giftigkeit  überlegene  Pseudoaconitin  CjjH^jNOij 
ist  Acetylveratrylpseudoaconin 

CH3OA  .  CO  ■  O  ■  C2iH23N(OH)2(OCH3)4  •  (O  •  CO  •  CH3) 
CH3OIJ 

(Pseudaconin  scheint  das  Anhydrid  des  Aconin  zu  sein.) 
Pyraconitin  und  Methylbenzaconin  besitzen  nicht  mehr  die  charakteri- 
stischen toxischen  Eigenschaften  des  Aconitüis,  immerhin  -wirkt  aber  Methj'l- 
benzaconin  stärker  als  Benzaconia,  was  der  Anwesenheit  der  Methylgruppe  zu- 
zuschreiben ist  ^). 

Wird  aber  aus  Aconitin 

C„H„(OCH3),X05-<^^  ;  '^^^^) 

die  in  diesem  enthaltene  Acetylgruppe  abgespalten  imd  entsteht  so  Benzaconin 
=  Pikroaconitm^),  C2iH2,(OCH3)4(OH)N04-CO-C6H5,  so  smd  die  Haupt- 
charakteristica  der  Aconitinwirkimg  fast  ganz  verschwunden.  Die  große  Giftig- 
keit des  Aconitins  hört  auf,  die  letale  Dosis  des  Benzaconins  ist  so  beträchthch, 
daß  man  es  nicht  mehr  zu  den  Giften  zählen  kann. 

Auf  das  Herz  wirkt  Benzaconin  als  Antagonist  des  Aconitins,  indem  es  den 
Herzschlag  verlangsamt  im  Giegensatze  zum  Aconitm,  welches  eine  große  Be- 
schleunigung hervorruft.  Benzaconin  ist  aber  in  gewissem  Grade  ein  Antidot 
bei  Aconitinvergiftung.  wenn  auch  kein  so  wirkungsvolles,  wie  Atropin.  Die 
Entfernung  der  Acetylgnippe  vernichtet  auch  die  stimulierende  Wirkimg  des 
Aconitins  auf  die  Respirationszentren  und  den  Lungenvagus. 

Wird  aus  dem  Benzaconin  die  Benzoylgnippe  abgespalten,  so  verschwindet 
jede  giftige  Wirkung  auf  das  Herz,  da  das  so  entstandene  Aconin  C2iH2-(OCH3)4 
(0H),N03  als  Kardiotonicum  anzusehen  ist.  Aconin  ist  also  ein  Antagonist 
des  Aconitins.  Dem  Aconin  kommt  eine  curareähnliche  Wirkung  zu,  welche 
das  Stammalkaloid,  Aconitin,  nicht  hat.  Aconin  ist  ebenfalls  kein  Gift 
mehr. 

Die  große  Giftigkeit  des  Aconitins  hängt  ab  von  dem  Vorhandensein  des 
Acetylradikals,  während  die  Wirkung  des  Benzaconins  in  geringerem  Grade  von 
der  Existenz  des  Benzoylradikals  abhängt.  Merkwürdig  ist  die  Wirkungslosig- 
keit des  Aconins. 

Pikrotoxin  ist  ein  zentral  wirkendes  Gift.  Das  nicht  alkaloidische  Gift 
Pikrotoxin  zeigt  einige  Eigentümlichkeiten  in  seinen  Derivaten,  wie  wir  sie 
bei  den  Alkaloiden  antreffen.  Nach  neueren  Untersuchungen  besteht  Pikro- 
toxin aus  einer  Mischung  von  Pikrotoxinin  CigHijOg  imd  Pikrotin  CJ5HJ9O7, 
außerdem  aus  AnamjTtin.  Pikrotoxinin  wirkt  qualitativ  wie  Pikrotoxin  des 
Handels.  Bei  weiterer  Behandlung  geben  Pikrotoxinin  und  Pikrotin  die  Säure 
CijHigO^,  welche  unwirksam. 

Acetylpikrotoxinin  wirkt  wie  Pikrotoxinin,  aber  es  ist  giftiger  (Verhältnis 
292:376). 

Die  Wirkung  des  Pikrotoxinin  hängt  anscheinend  von  der  Brücke  ab.  An- 


')  Cash  und  Dunstan,  Proc.  roy.  soc.  London  68,  378,  384. 

2)  BB.   2T,  433,   720  (1894). 

^)  Pikroaconitin  ist  das  natürliche,  im  blauen  Eisenbart  vorkommende  Alkaloid. 


Bedeutung  der  Substitution  von  Säureradikalen  für  Hydroxylwasserstoff.        325 
gel  US  faßt  es  als  ein  Derivat  des  Hydronaphthalins  mit  einer  Brücke  in  denr 


hydroaromatischen  Kern  auf    |       |  CH,j .   Wird  die  Brücke  durch  Einwirkung, 

von  Sodalösung  zerstört,  so  hört  die  Wirkung  auf  i). 

Veratrin  (Cevadin)  macht  starkes  Erbrechen,  und  in  stärkeren  Dosen  ist 
es  eines  der  stärksten  Starrkrampfgifte  und  zugleich  paralysierend  wirkend.  Es 
wirkt  auch  lokal  reizend.  Beim  Behandebi  mit  Atzkali  erhält  man  daraus  die 
Base  Cevin  und  Tiglinsäure,  d.  i.  Methylcrotonsäure^). 

Veratrin  Tiglinsäure        Cevin 

C32H4,NO„  +  H2O  =  CsHgOj  +  C2-H,3N08 

Cevin  erzeugt  dieselben  Vergiftungssymptome,  doch  ist  die  toxische  Dosis  5  mal 
so  groß^).  Es  bewirkt  schwache  lokale  Anästhesie.  Die  letale  Dosis  pro  kg 
Kaninchen  beträgt  0.1  g.  Also  auch  hier  eine  intensive  Verstärkung  der  Wirkung 
durch  Veresterung  einer  hydroxylhaltigen  Base  mit  einer  Säure. 

Die  Veratrumalkaloide  mit  C32  sind  bedeutend  giftiger  als  die  mit  Cog,  z.  B. 
Rubijervin  C26H43NO2  ist  ungiftig,  ebenso  Pseudojervin  C29H43NO,  und  wird 
von  alkoholischem  Kali  nicht  zerlegt,  ebenso  ist  Protoveratridin  C26H45NO8 
nicht  giftig.  Hingegen  ist  Protoveratrin  C32H45NOg  sehr  giftig.  Anscheinend 
sind  diese  Alkaloide  mit  niedrigerem  C-G!ehalt  Spaltbasen  der  höheren,  welche 
Ester  sind. 

Veratrin  wirkt  ^),  ohne  zu  ätzen,  auf  das  Auge  sensibel  reizend  und  nachher 
luiter  deutlicher  Myose  langanhaltend  anästhesierend.  Hingegen  wirkt  Acetyl- 
cevadinchlorhydrat  weniger  sensibel  reizend,  erzeugt  keine  Myose,  ätzt  in  Sub- 
stanz angewendet  die  Cornea  und  macht  komplette  Anästhesie.  Ähnhch  ver- 
hält sich  Benzoylcevadinchlorhydrat,  während  Dibenzoylcevinacetat  stark 
entzündlich  reizend  und  anästhesierend  wirkt,  ohne  die  Pupille  zu  verengern. 
Die  Muskelwirkimg  des  Veratrins  (rasche  und  kräftige  Verkürzung,  länger  an- 
dauernde Kontraktion  und  ganz  allmähliche  Erschlaffung)  erzeugen  ähnlich 
Acetyl-  und  Benzoylcevadin,  nicht  aber  Dibenzoylcevin.  Cevadin  und  dessen 
Acylderivate,  nicht  aber  Dibenzoylcevin  machen  curareartige  Lähmungen.  Die 
letale  Dosis  für  den  Frosch  ist  für  Cevadin  Vao  ''^S^  Acetylcevadin  1  mg,  Benzoyl- 
cevadin mehr  als  10  mg,  Dibenzoylcevin  20  mg.  Dasselbe  Verhalten  in  der  Gif- 
tigkeit zeigen  die  Verbindungen  Säugetieren  gegenüber.  Dibenzoylcevinacetat 
macht  keine  derartigen  Wirkungen,  nur  geUnde  Betäubung  und  wirkt  sonst  nicht 

toxisch.  Cevadin  Cevin 

C    TT    ■fJO   .<<      ■  *-^5"70  >,  p     TT    -pjn  ^OH 

"^27^41^^  "6  *^Q  JJ  '  '^27"41^^  "-"e^  O  J£ 

Acylcevadin  |  Diacylcevin  | 

C    H   NO  <'°    C5H,0  „   „   NO  <^'^  "  ^"y^ 

^2'""^  "«  <0  •  Acyl  ^270^41^^  ^6  *-0  •  Acyl 

BenzoyUupinin  CjqHjjN  •  O  •  CO  •  CgHg  ist  weit  giftiger  als  Lupinin 
CioH„ONS). 

Die  eintretenden  Säureradikale  sind  nicht  als  solche  wirksam,  nicht  sie 
machen  die  eigentümliche  neue  Wirkung  der  Verbindung,  aber  ihre  Funktion 
besteht  darin,  daß  sie  bestimmte  in  der  Base  vorhandene  Angriffs-  und  Ver- 


1)  C.  Cervello,  AePP.  64,  403  (1911). 

2)  Wright  und  Luff,  Journ.  Chem.  Soc.  London,  3»,  338.  —  BB.  II,  1267  (1878). 

3)  Siehe  auch  M.  Freund  und  Schwarz,  BB.  32,  800  (1899). 
«)  Heintz  bei  M.  Freund,  BB.  3T,   1946  (1904). 

^)  A.  V.  Baeyer,  siehe  R.  Willstätter  luid  Fourneau,  Arch.  d.  Pharmazie  340,  335. 

21* 


324  Alkaloide. 

ankeningspunkte  verdecken,  so  die  Substanz  gegen  bestimmte  Einflüsse  resi- 
stenter machen  und  zu  einer  spezifischen  Wirkung  befähigen ;  anderseits  kann 
in  dem  eintretenden  Säureradikal  erst  die  verankernde  Gruppe  für  eine  spezi- 
fische Funktion  der  ganzen  Verbindung  vorhanden  sein.  Zu  bemerken  ist,  daß 
bei  allen  Alkaloiden  das  die  Wirkung  verstärkende  Säureradikal  Hydroxyl- 
wasserstoff  ersetzt. 

So  -wirkt  Tropin  fast  gar  nicht,  der  Eintritt  von  aliphatischen  Säureradikalen 
erhöht  die  Wirkung,  ohne  sie  spezifisch  zu  machen,  der  Eintritt  von  resistenten 
aromatischen  löst  die  giftige  Wirkung  der  Base  aus  imd  erst  das  Vorhandensein 
eines  alkoholischen  Hydroxj'ls  im  aromatischen  Säiureradikal  löst  die  mydria- 
tische  Eigenschaft  der  Verbindung  aus.  In  diesem  Falle  genügt  nicht  das  Vor- 
handensein eines  Hydroxyls  in  der  Verbindung  und  auch  nicht  das  Vorhanden- 
sein des  Hj-droxyls  in  einem  aromatischen  Säureradikal,  sondern  es  muß  ein 
alkoholisches  Hydroxyl  in  einem  aromatischen  Säureradikal,  -welches  in  die 
Tropeinbildung  eingegangen  ist,  vorhanden  sein.  Die  Gegenwart  eines  Phenol- 
hydjoxyls  vermag  diese  Eigenschaft  nicht  zur  Auslösung  zu  bringen. 

Wird  aber  Imidwasserstoff  durch  ein  Säureradikal  ersetzt,  so 
tritt  eine  absch-wächende  Wirkung  ein. 

So  ist  Piperin  viel  sch-wächer  -wirksam  als  Piperidin.  Piperin  ist  aber  ein 
im    Imid-wasserstoff    durch    ein    Piperinsäureradikal    substituiertes    Piperidin. 

Piperinsäure 


•^Haxol     JcH :  CH  •  CH  :  CH    COOH 


Piperin  "R^s^H^ 


^^2\ol^JCH  :  CH  •  CH  :  CH  ■  CO 

Piperin  ist  physiologisch  kaum  -wirksam  imd  kann  in  Mengen  von  einigen 
Grammen  eingenommen  -werden,  ohne  Vergiftmigssjonptome  hervorzurufen. 

Piperinsäiure  lähmt  beim  Frosch  das  zentrale  Nervensystem  und  das  Herz, 
■während  Piperonal  imd  Piperonylsäure  als  gesättigte  Verbindungen  beim 
Menschen  indifferent  sind. 

Colchicin 
CHj 
CHsO^  Y>jC  •  NH  •  CO  •  CH3 

,         CH3O/C      ^  " 

/     I 
1  HC 

CH 


CH2 CHs 

Cblchicin  enthält  einen  teil-weise  reduzierten  Naphthahnring  mit  einer 
acetylierten  primären  Aminogruppe  und  drei  einander  benachbarten  Methoxyl- 
gruppen.  Außerdem  ist  eine  zweite  leicht  verseif  bare  Enolmethoxylgruppe  vor- 
handen, -welche  bei  Verseifung  Methylalkohol  abspaltet.  Es  entsteht  Colchicein, 
-welches  durch  die  freie  Hydroxylgruppe  saure  Eigenschaften  besitzt.  Dieses 
zerfällt  bei  weiterem  Erhitzen  mit  Säuren  in  Essigsäure  und  Trimethylcolchicin- 
säure.  Durch  Methylierung  kann  aus  dieser  Säure  ein  dem  Colchicin  -wieder 
näherstehender  Methyläther  gewonnen  werden.   Durch  Beirzoylierung  kann  ein 


Bedeutung  der   Substitution  von  Säureradikalen  für  Hydroxylwasserstoff.        325 

Körper  erhalten  werden,  welcher  sich  nur  durch  den  Benzoykest  an  Stelle  des 
Acetylrestes  vom  Colchicin  unterscheidet. 

Colchicein  ist  ungiftig.  Trimethylcolchicinsäure  ist  viel  giftiger  als  C'ol- 
chicein. 

Die  Giftigkeit  des  Trimethylcolchicinsäuremethyläthers  ist  fünfmal  geringer 
als  die  des  Colchicins,  trotzdem  er  eine  freie  Aminogruppe  ttatt  einer  acetylierten 
Gruppe  besitzt.  Durch  die  Benzoylierung  des  vorhergehenden  Produktes  zum 
N-Benzoyltrimethylcolchictnsäuremethyläther  ist  die  Giftigkeit,  wie  sonst  zu 
beobachten,  wieder  verringert  worden.  Das  Benzoylprodukt  ist  etwa  zehnmal 
weniger  giftig  als  das  Acetylprodukt,  das  Colchicin. 

N-Benzoylcolchicinsäureanhydrid  ist  ein  inneres  Anhydrid  zwischen  einer 
Carboxyl-  und  einer  Phenolhydroxylgruppe  und  enthält  noch  den  teilweise 
reduzierten  Naphthalinring  mit  drei  Methoxylgruppen.  Es  besitzt  die  Magen- 
Darmwirkung  des  Colchicins,  aber  es  ist  weitaus  weniger  giftig. 

So  wie  Colchicin  wirken  auch  Colchiceinamid  und  N-Acetj'lcolchinol- 
methyläther  und  N-Acetyl-colchinol.  Während  die  dem  Colchicin  noch  sehr 
nahestehenden  Derivate  Colchicein,  Trimethylcolchicinsäure  und  deren  Methyl- 
äther mindestens  5 — 10  mal  so  schwach  als  dieses,  zum  Teil  noch  außerordentlich 
viel  schwächer  wirken,  ebenso  Colchiceinamid  etwa  10 — 20  mal  schwächer, 
ist  die  Wirkung  des  Methyläthers  nicht  wesentlich  geringer  als  die  etwa  de§ 
Colchiceinamids,  also  bedeutend  stärker  als  die  anderen  dem  Colchicin  sehr  viel 
näher  stehenden  Derivate.  Das  gleiche  gilt  für  N-Acetyl-colchinol,  das  genau  so 
wirkt  wie  Colchiceinamid.  N-Acetyl-colchinol  ist  bereits  ein  recht  einfaches 
Methoxyijhenanthrenderivat.  Die  colchicinartige  Wirksamkeit  geht  erst  ver- 
loren, wenn  seine  aromatische  Aminogruppe  entacetyliert  wird.  Es  bewirken 
unbedeutende,  nur  die  Seitenketten  betreffenden  Veränderungen  eine  sehr  weit- 
gehende Abschwächung  der  Wirkung,  während  umgekehrt  die  einschneidende 
Umwandlung  des  dritten  Phenanthrenringes  selbst  die  Colchicinwirkung  nicht 
weiter  verringert  i). 

Oxycolchicin  entsteht  aus  Colchicin  durch  Oxydation,  wobei  in  einer 
CHj-Gruppe  des  sauerstoffhaltigen  Rmges  der  Wasserstoff  durch  Sauerstoff 
ersetzt  ist.    Es  ist  das  ungiftigste  unter  den  Colchicinderivaten. 

Oxycolchicin  ist  beim  Frosche  wirksamer  als  Oxydicolchicin,  während  am 
Säugetier  nur  die  niedere  Oxydationsstufe  nennenswert  giftig,  die  höhere  in 
großen  Dosen  ungiftig  ist^). 

Tetrahydrocolchicin  erhält  man  durch  Einwirkung  von  Wasserstoff  in  Gegenwart 
von  Palladium  in  kolloidaler  Lösung  oder  fein  verteilter  Form  als  Katalysator'). 


Die  optischen  Eigenschaften  der  Alkaloide  scheinen  eine  gewisse  Bedeutung 
für  die  Wirkung  zu  besitzen  (s.  allg.  Teil  S.  121  ff.),  z.  B.  Hyoscyamin  ist  links- 
drehend, das  isomere  Atropin  racemisch,  aber  ihre  physiologische  Wirkvuig  ist 
nicht  gleich.  Cushny^)  hat  d-  und  1-Hyoscyamin,  sowie  das  racemische  Atropüi 
untersucht  und  gefunden,  daß  sich  diese  Stereoisonieren  in  bezug  auf  die  Nerven- 
endigungen im  Froschmuskel  gleich  verhalten.  Aber  auf  das  Froschrücken- 
mark wirkt  Atropin  viel  stärker  erregend  als  1-Hyoscyamin  und  d-Hyoscyaniin 

1)  Hans  Lipps,  AePP.  85,  235  (1920). 
-)  Hermann  Fühner,  AePP.   72,   229  (1913). 
=)  Hoff  mann-La  Roche,  DRP.  279999. 
*)  Journ.  of  physiol.  1905,  Oktoberheft. 


326  Alkaloide. 

noch  stärker  als  Atropin.  Auf  die  Nervenenden  in  den  Drüsen,  im  Herzen  und 
in  der  Iris  wrkten  diese  drei  Verbindungen  aber  ganz  anders  different  Hier 
•wirkte  1-Hyoscyamin  zweimal  so  stark  wie  Atropin  und  etwa  12 — 18  mal  so 
stark  wie  d-Hyoscyamin.  Cushny  erklärt  diese  Wirkungsdifferenzen  luid  ihre 
quantitativen  Unterschiede  in  der  Weise,  daß  Atropin  in  der  Lösimg  in  seine 
beiden  aktiven  Komponenten  zerfällt  und  daß  es  fast  nur  durch  seinen  Gehalt 
an  1-Hyoscyamin  auf  Drüsen,  Herzhemmungsnerven  und  Iris  wirkt,  während 
seine  reflexerregende  Wirkung  am  Frosche  hauptsächlich  auf  den  Gehalt  an 
d-Hyoscyamin  zurückzuführen  ist. 

Ebenso  wirkt  1-  imd  d-Adrenahn  verschieden,  1-  und  d-Cocain  usw. 

Bei  gewissen  Antipoden  karm  nicht  nur  die  physiologische  Wirkimg,  son- 
dern auch  die  Oberflächenspannung  ihrer  wässerigen  Lösmigen  verschieden 
sein.  Zwschen  beiden  Erscheinungen  besteht  ein  Parallelismus  i),  z.  B.  bei 
Cocain. 


Auf  S.  49  haben  wir  ausgeführt,  daß  z^^ischen  den  giftigen  imd  ungiftigen 
Gliedern  der  Alkaloidreihe  auch  phj-sikalische  Unterschiede  bestehen,  welche 
sich  in  ihren  Wirkungen  auf  rote  Blutkörperchen  und  Kolloide,  sowe  in  ihren 
Capillaritätsverhältnissen  äußern.  Diese  Unterschiede  beziehen  sich  aber  auch 
auf  die  Erniedrigung  der  Oberflächenspannung. 

Cocain  ist  giftiger  als  Tropacocain.  In  verdümiten  Lösungen  sieht  man 
bei  Cocain  eine  stärkere  Erniedrigung  der  Oberflächenspannung  auf  Zusatz  von 
Lauge  als  bei  Tropacocain.  Möglicherweise  steht  die  größere  lokalanästhe- 
tische  Wirkung  des  Tropacocains  damit  im  Zusammenhange,  daß  in  konzen- 
trierteren  Alkaloidsalzlösungen  eben  umgekehrt  bei  Tropacocain  eine  stärkere 
Oberflächenf5pannungsemiedrigung  durch  Lauge  hervorgerufen  wird. 

Holocain  verursacht  eine  größere  Oberflächenspannungserniedrigung  als 
Cocain  und  Tropacocain,  dem  entspricht  auch  eine  größere  Giftigkeit. 

/i-Eucain  ist  eine  Ausnahme  von  cheser  Regel,  denn  es  ist  weniger  giftig 
als  Cocain,  aber  die  Oberflächenspannungserniedrigung  der  Lösung  ist  be- 
deutend größer  als  bei  Cocain  und  Tropacocain.  /J-Eucain  Lst  weniger  giftig 
als  Holocain,  und  in  verdünnten  Alkaloidsalzlösungen  in  alkahscher  Lösung 
erniedrigt  Holocain  viel  mehr  die  Oberflächenspannung  des  Wassers  als 
/i-Eucain. 

Cinchonin  und  Cinchonidm  sind  weniger  wirksam  als  Chinin,  und  in  alka- 
lischer Lösung  erniedrigen  sie  die  Oberflächenspannimg  des  Wassers  weniger 
als  Chinin. 

Cinchonin  ist  physiologisch  ■wirksamer  als  Cinchonidin,  aber  es  erniedrigt 
die  Oberflächenspamiung  des  Wassers  bedeutend  weniger  als  Cinchonidin. 

Hydrochinin  erniedrigt  in  alkalischer  Lösung  viel  mehr  die  Oberflächen- 
spannung des  Wassers  als  Chinin,  und  es  ist  auch  giftiger. 

In  der  Morphingruppe  ist  Peronin  am  giftigsten,  das  in  alkalischer  Lösung 
auch  am  meisten  die  Oberflächenspannung  erniedrigt,  dann  kommt  das  weniger 
giftige  und  auch  eine  höhere  Oberflächenspannung  besitzende  Heroin.  Diese 
beiden  sind  viel  giftiger  als  Dionin  und  Kodein,  welche  auch  eine  viel  höhere 
Oberflächenspannung  haben.  Zwischen  diesen  beiden  ist  das  wirksamere  Dionin, 
das  dementsprechend  in  alkalischer  Lösung  die  Oberflächenspannung  auch 
stärker  erniedrigt^). 


»)  L.  Berczeller,  BZ.   83,   1   (1917).  ")  L.  Berczeller,  BZ.  84,  80  (1917). 


Cholin-Muscaringruppe.  327 

Cholin-Muscaringruppe. 

Die  aliphatischen  Basen  wurden  schon  mehrfach  erwähnt.  Das  krampf- 
erzeugende  Ammoniak  wird  in  miwirksame  Basen  durch  Ersatz  der  Wasser- 
stoffe durch  Alkylradikale  verwandelt.  Die  aliphatischen  Ammoniumbasen 
hingegen  haben  ebenso  eine  curareartige  Wirkung  wie  die  aus  den  natürhchen 
cycUschen  Alkaloiden  durch  Addition  von  Jodmethj-1  entstehenden. 

ChoUn,  Trimethyläthylammoniumhydroxj^d,  ist  nicht  ganz  ungiftig,  man 
braucht  nur  relativ  große  Dosen,  um  die  giftigen  Wirkungen  zu  erzielen^).  Es 
erzeugt  intravenös  Blutdiucksenkmig.  Nach  anderen  Beobachtern  macht 
reines  Cholin  Blutdi ucksteigerung.  Die  dem  Cholin  entstammende  Vinylbase 
Xeurin  ist  zwanzigmal  so  giftig  als  Cholin-), 

Cholin    (CH,)3=N<^^='^^2-°^         Neurin    (CH3)3=N<^=^^'' 

was  auf  die  doppelte  Bindung  in  der  Vinylgruppe  zurückzuführen  ist. 

Delezenne  und  Ledebt  untersuchten  die  von  E.  Fourneau  und  Ha- 
rold  J.  Page  dargestellten  Cholinester^).  Die  hämolytischen  Eigenschaften  des 
Palmityl-  und  Stearylcholins  sind  kaum  geringer  als  diejenigen  des  Lysocythins. 
Die  Cholinester  der  Säuren  unter  Cj2  zeigen  keine  hämoh'tischen  Eigenschaften 
mehr. 

Acetylcholin  ist  sehr  giftig  und  hat  eine  depressorische  Muscarinwirkung. 
Es  macht  beim  Frosch  eine  mächtige  Kontraktion  des  Splanchnicusgefäßbezirkes 
und  der  Extremitätengefäße*). 

Außer  einigen  Zuckern  wirken  nur  essigsaures  Natron  und  brenztrauben- 
saures  Natron  in  kleinen  Dosen  auf  den  Darm  erregend,  während  z.  B.  bern- 
steinsaures Natron  nicht  erregt.  Cholinessigsäureester  und  Cholinbrenztrauben- 
säureester  haben  eine  sehr  viel  stärkere  darmerregende  Wirkung  als  Cholin 
selbst,  während  Chohnbernsteinsäureester  nicht  stärker  als  Cholin  wirkt  ^). 

Die  Acetenylgi uppe  —  C  =  CH  in  Verbindung  mit  Trimethylamin  übt  eine 
noch  stärkere  Giftwirkung  aus,  als  dies  bei  Gegenwart  der  Vinylgruppe  —  CH 
=  CHg  unter  den  gleichen  Bedingungen  der  Faü  ist.  Das  Homologe  des  Neurius, 
AUyltrimethylammoniumhydroxyd 

(CH3)3NCH2CH:CHo 
OH 

ist  ein  relativ  ungiftiger  Körper*).    Die  Wirkungen  des  Dimethyhieurins  (Iso- 
crotyltrimethylammoniumhydroxyd ) 

(CH3)3N.CH  =  C<^'^^ 
OH 
als  auch  die  des  Trimethylneurins  (Valeryltrimethylammoniumhydroxyd) 

(CH3)3N.C(CH3)=C<^^^ 
OH 

sind  denen  des  AUyltrimethylammoniumhydroxyds  gleichartig.    Alle  drei  Ver- 
bindungen verursachen  eine  starke  Erregung  der  Drüsensekretion  und  gleich- 

')  Swale  Vincent,  Halliburton,  Joum.  of  physiol.  26. 

-)  O.  Loew,  Natürl.  System  der  Giftwirkungen. 

3)  Bull.  Soc.  Chim.  de  France  [i]  15,  544  (1914). 

*)  C.  Amsler  und  E.  P.  Pick,  AePP.  85,  77  (1919). 

5)  J.  W.  Le  Heux,  Ber.  über  die  ges.  Physiol.  3,   163  (1920). 

»)  Liebigs  Ann.  268,  150. 


328  Alkaloide. 

zeitig  eine  mehr  oder  minder  starke  Lähmung  der  Nervenverbindungen  in  den 
quergestreiften  Muskehi.  Am  heftigsten  wirkt  die  Valerylbase.  Nicht  viel 
schwächer  wirkt  die  AUylbase,  während  die  Isocrotylbase  auffallenderweise 
erheblich  mildere  Wirkung  zeigt. 

Durch  den  Eintritt  von  Methylgruppen  in  die  Seitenkette  des  Neurins  hat 
eine  Abschwächung  mid  zugleich  eine  Verschiebung  der  Giftwirkung  desselben 
stattgefunden.  Auffallend  ist  es  jedoch,  daß  das  dreifach  methylierte  Neurin 
heftiger  wirkt  als  die  zweifach  methylierte  Base.  Für  die  Abschwächung  der 
Giftwirkung  kommt  nicht  allein  die  Länge  der  Seitenkette  in  Betracht  i). 

Der  Äthyläther  des  Cholins  OH  •  NlCHaJg  •  CHj  •  CH^  •  O  •  C2H5  ist  der 
Wirkung  des  natürlichen  Mu.scarins  am  ähnlichsten.  Ebenso  wirken  C'holin- 
salpetrigsäureester  und  Trimethyl-/J-aminoäthylammoniumhydroxyd  sehr  ähn- 
lich. Überall  ist  die  Curarewirkung  ausgesprochener  als  beim  natürlichen 
Produkt.  Die  Derivate  des  Formocholins  wirken  schwächer,  der  mit  dem  Cholin- 
äthylester  isomere  Formocholinpropylester  ist  der  wirksamste  der  Reihe  ^). 

y-Homochohn  OH  •  (CH2)3N(CH3)3(OH)  wirkt  physiologisch  stärker  als 
Chohn,  eine  weitere  Verlängerung  der  hydroxylhaltigen  Kohlenwasserstoffkette 
steigert  nicht  allzusehr  mehr  die  Wirksamkeit,  demi  Oxyamyltrimethylammo- 
niumchlorid  (Pentahomocholinchlorid)  Cl  •  N(CH3)3  •  (CH2)5  •  OH  zeigt  daher 
eine  viel  geringere  Zunahme  in  seiner  blutdrucksenkenden  Wirkung  gegenüber 
dem  Trihomocholinchlorid  als  dieses  letztere  dem  Gholinchlorid  gegenüber^). 

Bemerkenswert  ist  der  geringe  Einfluß,  den  das  Hineinflechten  eines  Benzol- 
kerns in  die  Mitte  des  Moleküls  ausübt,  das  Cholin  OH  •  CHg  •  Cßii^  •  CHg 
.  (N(CH3)3  •  Cl  ist  dem  gewöhnlichen  Chohn  OH  •  CHa  •  CH^  •  N(CH3)3  •  Cl 
physiologisch  gleichwertig  und  geht  wie  dieses  in  einen  Körper  von  antagoni- 
stischer Wirkung  über,  wenn  man  eine  N-Methylgruppe  durch  eine  N-Allyl- 
gruppe  ersetzt*). 

Beim  N-Allylnorkodein  schlägt  die  etwas  abgeschwächte  Morphin- 
wirkung des  Kodeins  in  das  Gegenteil  um.  Das  gleiche  Verhalten  sieht 
man  bei  Allylhomochohn  C3H5  •  N(C1)(CH3)2  •  [CH^Jj  •  OH  und  Allylbetain 
(CH3)jN(C3H5).CH2.CO-0. 


Allylhomochohn  wirkt  auf  das  Kaltblüterherz  im  Gegensatz  zu  dem 
muscarinähnlich  wirkenden  y-Homocholin  nicht  frequenzmindernd,  vielmehr 
scheint  die  Energie  der  Systolen  etwas  zuzunehmen.  Einem  so  scheinbar  nicht 
merkUch  getroffenen  Herz  gegenüber  ist  Muscarin  in  einer  Dosis,  die  sonst  dia- 
stolischen Herzstillstand  hervorruft,  unwirksam  und  umgekehrt:  bei  einem 
mit  Muscarin  bis  zum  vollständigen  diastolischen  Stillstand  behandelten  Herz 
ruft  Allylhomochohn  kräftige  Systolen  hervor.  Es  scheint,  daß  es  an  dieselben 
Elemente  wie  Muscarin,  nämhch  die  Vagusendigungen,  gefesselt  wird.  Beim 
Warmblüterherz  sieht  man  diese  Erscheinungen  nicht.  Allylbetain  wirkt  quali- 
tativ gleich,  quantitativ  schwächer^). 

Bei  einer  Reihe  anderer  Substanzen  mit  an  Stickstoff  gebundenem  AUyl 
konnte  eine  den  entsprechenden  N-Methylderivaten  antagonistische  Wirkung 
nicht  wahrgenommen  werden,  wie  z.  B.  bei  N-Allyl-pyrrohdin,  N-Allyl-thaUin, 
1-Allyltheo bromin,  Allyl-strychnin,  Diallylsulfat.  Letzteres  ist  eine  die  Atmungs- 
organe stark  angreifende  Flüssigkeit. 

1)  Liebigs  Ann.  33T,  37. 

')  A.  J.  Ewins  und  H.  H.  Dale,  Biochem.  Joum.  8,  366  (1914). 

3)  J.  V.  Braun,  BB.   49,   968  (1916). 

*)  J.  V.  Braun  und  Z.  Köhler,  BB.   51,    100  (1918). 

')  J.  Pohl  und  J.  V.  Braun  und  E.  Müller,  BB.   50,  290  (1917). 


Cholin-Muscaringruppe.  329 

Reid  Hunt  und  R.  de  M.  Taveaii^)  haben  gefunden,  daß  cholinähnliche 
Substanzen,  welche  statt  der  Trimethylgrupije  eine  Triäthyl-,  Tripropyl-  oder 
Triamylgruppe  enthalten,  dadurch  giftiger  werden.  Verbindungen,  welche  eine 
Oxyäthylgruppe  enthalten,  waren  weniger  giftig  als  solche,  welche  eine  kürzere 
oder  längere  Seitenkette  mit  einer  Hj^droxylgruppe  tragen.  In  allen  Fällen  sind 
Verbindungen,  welche  zwei  Hydroxylgruppen  in  der  Seitenkette  enthalten, 
weniger  giftig  als  solche  mit  einer  Hydroxylgruppe.  Diese  Regel  bewährt  sich 
auch  bei  mit  zwei  Acetylgruppen  substituierten  Verbindungen,  nicht  aber  bei 
solchen  mit  zwei  Benzoylgruiipen.  Die  Acetylgruppe  erhöhte  die  Giftigkeit 
aller  Verbindungen,  welche  Trimethyl-  und  Triäthylgruppen  enthalten.  Bei 
den  tripropyl-  und  triamylsubstituierten  Sub.stanzen  variiert  der  Effekt. 

Die  Benzoylgruppe  erhöht  die  Giftigkeit  der  Verbindungen,  welche  drei 
Propyl-  und  drei  Amylgruppen  enthalten.  Der  Effekt  variiert  bei  den  Trimethyl- 
und  Triäthylverbindungen. 

Ein  Chloratom  in  der  Seitenkette  verringert  die  Giftigkeit  der  Acetylderi- 
vate  der  Trimethyl-  und  Triäthylverbindungen,  aber  es  erhöht  die  Giftigkeit 
der  entsprechenden  Benzoylderivate.  Die  normale  Oxj'propj'lverbindung  und 
ihre  Derivate  sind  viel  giftiger  als  die  Oxjnsoverbindungen. 

Trimethylbrommethylammoniumbromid  ■wirkt  wie  Cholin,  Formocholin- 
chlorid  (Oxymethyltrimethylammouiumchlorid)  ist  stärker  wirksam  als  Cholin 
und  für  Mäuse  neunmal  so  giftig.  Der  Methyläther  des  Formochohns  ist  nvir  die 
Hälfte  so  wirksam  als  FormochoHn  und  zweimal  so  giftig  als  dieses.  Betain- 
chlorid  ist  unwirksam.  Acetylcholinchlorid  ist  sehr  wirksam  und  dreimal  so 
giftig  als  Cholin.  Acetylcholin  wirkt  herzlähmend  und  erregend  auf  die  Darm- 
muskulatur ^).  Propionylchohnchlorid  ist  vielleicht  100  mal  so  wirksam  als 
Chohn  in  bezug  auf  die  Blutdruckemiedrigung.  Normales  Butyrylchoünchlorid 
ist  wirksamer  als  Cholin.  IsobutjTj-lcholin  wirkt  ähnlich  wie  normales  Iso- 
valerylcholin,  verlangsamt  den  Herzschlag  und  steigert  manchmal  den  Blut- 
druck. Den  höchsten  Effekt  auf  den  Blutdruck  machen  solche  ChoUnderivate, 
welche  sich  am  wenigsten  vom  Cholintypus  entfernen.  Alle  Veränderungen 
der  Methylradikale  oder  der  Seitenkette  mit  Ausnahme  der  Substitution  des 
Hydroxylwasserstoffes  verringern  die  Wirkung  auf  den  Blutdruck,  aber  er- 
höhen in  der  Regel  die  Giftigkeit.  Wenn  diese  Konfiguration  erhalten  bleibt, 
kann  man  die  Intensität  und  den  Charakter  der  Wirkmig  auf  den  Kreislauf 
innerhalb  weiter  Grenzen  variieren  durch  Substitution  von  Gruppen  für  Wasser- 
stoffatome^). 

Das  neutrale  glycerin-phosphorsaure  Cholin  bewirkt  an  Himden  imd  Kanin- 
chen Brachj'kardie  mit  beträchtlicher,  bisw'eilen  sehr  großer  Verstärkung  des 
Pulses,  meistens  erhöht  sich  auch  der  arterielle  Blutdruck.  Die  Blutdruck- 
senkung durch  ChoUn  ist  nur  leicht  und  flüchtig,  während  die  Steigerung 
minutenlang  anhalten  kann.  Bei  Menschen  mit  arteriellem  Überdruck  scheint 
die  hypotensive  Wirkung  des  Cholins  vorherrschend*). 

R.  Krimberg  hält  ObHtin  für  den  Diäthylester  des  Dicamitins ^) ;  aus 
Rindermuskeln  dargestellt,  wirkt  es  auf  die  Speichelsekretion,  Darmperistaltik, 
den  Blutdruck  und  die  Pupillenreaktion;  bei  Kaninchen  iind  Meerschweinchen 

')  Joum.  of  Pharmacol.  and  esperimental  Therapeutics  Vol.  I,  Nr.  3,  Okt.  (1909). 

2)  Arthur  J.  Ewins,  Biochem.  Joum.   8,  44  (1914). 

^)  Reid  Hunt  und  R.  de  M.  Taveau,  Bulletin,  Hygienic  Laboratory  of  Treasury 
Departement  Nr.  73,  März  (1911). 

')  Aldo  Patta  und  Azzo  Varisco,  Areh.  di  Famiacol.  sperim.   19,   109  (1914). 

5)  R.  Engeland,  HS.  56,  417  (1908).  —  R.  Krimberg,  BB.  4%,  2457  (1909);  48, 
3878  (1909). 


330  Alkaloide. 

erzeugt  es  Nekrosen.   Im  Katzenkörper  wird  es  rasch  in  Novain  umgewandelt. 
Novain,  identisch  mit  Carnitin 

CH3  CHj  ■  CHj  •  CHOH  •  CO 

CH3)n<  I 

ch/     o ! 


wirkt  ähnlich  wie  ObUtin.  Neosin  erniedrigt  den  Blutdruck  sehr  stark  und 
erzeugt  starke  Speichelsekretioneni). 

Dem  Cholin  steht  das  sehr  heftige  Gift  Muscarin^)  sehr  nahe.  Dieses  ver- 
ursacht an  denselben  peripheren  Organteilen,  welche  Atropin  lähmt,  eine 
hochgradige,  von  keiner  Lähmung  unterbrochene  Erregung.  Es  entsteht  daher 
HerzstiUstaud  in  der  Diastole  durch  Reizung  des  Nervus  vagus. 

Muscarin    (CH3)3N<^^2 '  CH(0H)2 
Die    Isoamyltrimethylbase    (Amylarin)    (CH.^)3N<^q-^  '       ^'       '^      3)2    m^^j 

O,  TT 

die  Valeryltrimethylbase  (Valearin)    (CH3)3-N<Q^-g-'   wirken  wie  Muscarin  auf 

das  Herz,  aber  nicht  auf  die  Pupille.  Die  Trimethylhexyl-  und  die  Tetra- 
äthylbase geben  keine  Muscarinwirkung,  nur  allgemeine  Lähmung ä). 

Doch  scheint  die  enorme  Giftigkeit  des  natürlichen  Muscarins  ihre  Ursachen 
in  bestimmten  stereochemischen  Beziehungen  zu  haben.  Oxydiert  man  nämlich 
ChoUn  mit  starker  Salpetersäure,  so  erhält  man  das  sog.  Cholin-Muscarin*). 
Dieses  ist  aber  vom  Fliegenpilzmuscarin  physiologisch  different*).  Das  Cholin- 
Muscarin  von  Harnack  ist  der  SaliDetrigsäureester  des  Cholins,  es  wirkt  auf 
Frösche  curareähnlich,  aber  es  kontrahiert  nicht  die  SäugetierpupiUe*).  Che- 
misch dem  Muscarin  ähnliche  Körper  haben  Berlinerblau  und  Emil  Fischer 
dargestellt,  welche  sich  aber  physiologisch  vom  Muscarin  ebenfalls  unterscheiden. 

Josef  Berlinerblau')  stellte  aus  Monochloracetal  \md  Trimethj'lamin 
den  neutralen  Äthyläther  des  Muscarins^)  dar.  Nach  dem  Verseifen  erhielt  man 
die  freie  Base  (von  Schmidt  Pseudomuscarin  benannt).  Nach  B.  Luchsinger 
ist  die  Wirkung  des  Äthers  sowie  der  Aldehydbase  fast  voüständig  mit  der  Wir- 
kung des  natürlichen  Muscarins  übereinstimmend,  nur  wirkt  der  Äther  bedeutend 
schwächer. 

Emil  Fischer 8)  hat  durch  Methyherung  des  Acetalamins,  Acetaltrimethyl- 
ammoniumchlorid  und  ein  Spaltungsprodukt  desselben 

(CH3)3NC1  •  CH2  •  CHO 

erhalten,  welches  mit  Berlinerblaus  Base  identisch  ist. 

R.  Böhm^")  hat  gefunden,  daß sjTithetisches Muscarin  schon  in  außerordent- 
lich geringen  Mengen  beim  Frosch  die  intramuskulären  Nervenendigungen  lähmt, 
was  natürliches  nicht  macht.  Synthetisches  Muscarin  bewirkt  maximale  Myose, 
natürhches  ist  ohne  Einfluß  auf  die  Pupille. 

Anhj'dromuscarin,  Berlinerblaus  Base,  hat  keinen  Einfluß  auf  das 
Froschherz,  ist  ohne  Wirkung  auf  die  Pupille,  ohne  Wirkung  auf  die  herzhem- 
menden Vagusapparate  des  Säugetierherzens.   Wie  alle  Ammoniumbasen  macht 

1)  F.  R.  Kutscher  und  A.  Loh  mann,  Pflügers  Arch.   114,  553  (1906). 

2)  O.  Schmiedeberg  und  Koppe,  Muscarin.    Leipzig   1869. 

3)  O.  Schmiedeberg,   E.  Harnack,   Jordan,   AePP.   6,   HO;  8,   15. 

*)  AePP.  6,   107.         ^)  AePP.   19,  87.         «)  A.  J.  Ewins,  Biochem.  Journ.  8,  209. 
')  BB.   n,   1139  (1884).  8)  Siehe  bei  R.  Robert,  AePP.  20,  92. 

«)  BB.  36,  464,  470  (1893).         1°)  AePP.   19,  76. 


Cholin-Muscaringruppe.  331 

es  starke  Speichel-  und  Sehweißabsonderung.  Der  Tod  der  Säugetiere  erfolgt 
durch  Lähmung  der  Respiration  i). 

Isorauscarinchlorid    (CHjjjX  •  CH(OH)  •  CH^COH) 
Cl 
Homoisomuscarinchlorid    (CHjjj  •  N  •  CH^  ■  CH(OH)  •  CHj  •  OH  . 

Cl 
Beim  Vergleiche  der  Wirkungen  des  Isomuscarins  und  des  Homoisomus- 
carins  hat  sich  die  wederholt  beobachtete  G«setzmäßigkeit  feststellen  lassen, 
daß  mit  der  Länge  der  Seitenkette  die  Giftigkeit  abnimmt;  während  Isomus- 
carin  eine  mäßig  starke,  dem  Choli'i-Muscarin  ähnliche  Wirkung  besitzt,  kann 
Homoisomuscarin  geradezu  als  ungiftig  bezeichnet  werden-). 

Der  Einfluß  der  Verkürzung  der  Seitenkette  wurde  am  Formocholin 
(CHaJaN  ■  CHj    OH 

•  u.  z.  am  Athyläther  geprüft ;  hierbei  zeigte  es  sich,  daß  durch 

OH 

den  Eintritt  der  Äthylgruppe  in  das  Cholinmolekül  sich  die  toxische  Wirkung 
desselben  in  einer  ganz  bedeutenden  Weise  gesteigert  hat.  Die  indirekte  Ver- 
längerung der  Seitenkette  durch  die  Bildung  einer  Äthoxylgruppe  hat  das 
Gegenteil  von  dem  bewirkt,  was  bei  direkter  unmittelbar  am  Kohlenstoffkem 
erfolgter  Veränderung  wiederholt  beobachtet  wurde. 

Die  Wirkungen  des  Cholinäthers  gleichen  ganz  denen  des  künstlichen  Mus- 
carins  (Oxycholins)  mit  Ausnahme  der  Wirkung  auf  die  Vogeliris.  Das  Formo- 
chohnäthersalz  zeigt  nun  im  allgemeinen  den  gleichen  Wirkungstypus ;  die  Wir- 
kmig  scheint  ein  wenig  zwar,  aber  jedenfalls  nicht  sehr  merklich  stärker  zu  sein, 
als  die  des  Choünäthers  (s.  S.  328). 

In  diese  Gruppe  von  Körpern  gehören  auch  die  von  Niemilowicz^)  dar- 
gestellten synthetischen  Ptomaine.  Sie  entbehren  aber  der  Hj'droxylgruppe.  Die 
meisten  Leichenalkaloide  sind  Trimethylammoniumderivate,  da  sie  sich  vom 
ChoUn  ableiten  und  wohl  auch  aus  diesem  entstehen.  Durch  Einwirkung  von 
Trimethylamin  auf  Monochloraceton  erhält  man  Coprinchlorid. 

CH3  ■  CO  •  CHj  •  N(CH3)3 

I 
Cl 

Nach  S.  Exner*)  wirkt  dieses  curareähnlich,  differiert  aber  von  Curare, 

da  die  Erregbarkeit  der  Muskelsubstanz,  weim  auch  wenig,  herabgesetzt  ist  und 

die  vergifteten  Tiere  in  ihren  Muskeln  einen  gewissen  Tonus  bewahren. 

Durch  Einwirkung  von  Trimethylamin  auf  Dichlorhydrin  entstehen  Sepin- 

chlorid  und  Aposepinchlorid,    welche   bei   weitem   weniger  wirksam   sind  als 

Coprinchlorid. 

Sepinchlorid    (CHj  •  Cl  — CH  •  OH  — CH^a)  +  NtCHjjj 

=  CH,C1  — CHOH  — CH„— X     T  — CH, 


::Ne 


CH3 

Cl— 1   N— CH2 

Aposepinchlorid    CH2CI  —  CH  ■  OH  —  CH^Cl  +  2  [NfCHj)] 
=  Cl  ■  X(CH3)3 

CHj 
I 
CHOH 

CH2-C1K(CH3)3 


1)  G.  Nothnagel,  BB.  36,  801  (1893).  —  Arch.  d.  Pharmaz.  1894,  261.  —  Hans 
H.  Meyer,  Liebigs  Ann.   267,  252  über  Isomuscarin. 

2)  Hans  H.  Meyer  bei  Schmidt,  Liebigs  Ann.  337,  48. 
ä)  M.  f.  Ch.  7,  241,  (1886).  *)  Ebenda. 


332  Alkaloide. 

Coppola^)  stellte  sich  die  Aufgabe,  zu  untersuchen,  ob  die  physiologische 
Wirkung  des  Cholins,  Neurins  und  Muscarins  an  die  Gegenwart  der  drei  be- 
sonderen Alkylradikale  gebunden  sei  oder  ob  sie  vielmehr  von  der  allen  gemein- 
samen Trimethylgruppe  abhänge.  Um  dies  zu  miterscheiden,  stellt  er  drei  neue 
Ammoniunibasen  dar,  welche  an  Stelle  der  drei  Methylgruppen  Pjrridin  enthalten, 

OTT  OTT 

nämlich  Pyridincholin  C5H5N<^jj  ^^  .  qh  '  Pj^dinnexrrin  C5HsN<p2.cH 
und  Pyridinmuscarin  C5H5N(OH)  •  CH(OH)  •  CHg  •  OH.  Ihrem  physiologischen 
Charakter  nach  gehören  die  Basen  zu  denjenigen  Alkaloiden,  welche  die  typische 
Wirkung  des  Curare  besitzen.  Was  ihi'e  Giftigkeit  anbelangt,  so  nimmt  die- 
selbe vom  Oxäthylen-  zu  dem  Vinyl-  und  von  diesem  zum  Dioxyäthylenderivat 
merklich  zu.  Wenngleich  man  die  Giftigkeit  des  Pyridins  nicht  direkt  mit  der 
des  Pyridincholins  vergleichen  kann,  da  ihre  Wirkungen  verschiedener  Natur 
sind,  so  kann  man  doch  die  Giftigkeit  des  letzteren  als  ungefähr  viermal  so  stark 
amiehmen  als  die  des  Pyridins.  Während  PjTidin  auf  die  cerebrospinalen 
Zentren  wirkt,  wirken  seine  Derivate  auf  die  Endigungen  der  motorischen 
Nerven.  Die  curareartige  Wirkung  ist  nicht  an  die  Gegenwart  der  Methyl- 
gruppe oder  irgendeines  anderen  Radikals  gebunden,  sondern  sie  ist  eine  Funk- 
tion der  quaternären  Basen  überhaupt.  Auch  Pyridin  schließt  sich  diesem  all- 
gemeinen Gesetze  an;  in  eine  Ammoniumbase  verwandelt,  zeigt  es  deuthch 
die  Wirkung  des  Curare.  Die  Energie  der  Wirkung  dieser  drei  Basen  ist  voll- 
kommen analog  der  der  entsprechenden  Trimethylaminbasen  und  wie  Pjrridin 
wirksamer  ist  als  Trimethylamin,  so  sind  auch  die  Pyridinderivate  giftiger 
als  die  entsprechenden  Trimethylverbindungen.  Endlich  muß  man  der  Hj'dr- 
oxylgruppe,  wie  es  auch  bei  den  Phenolen  der  Fall  ist,  die  Fähigkeit  zuerteilen, 
die  Giftigkeit  dieser  Verbindungen  zu  erhöhen.  Der  Umstand,  daß  das  Vinyl- 
radikal  eine  stärkere  Wirkung  auf  den  tierischen  Organismus  zeigt,  hängt 
mit  der  doppelten  Bindung  zusammen.  Was  endlich  den  Umstand  anbelangt, 
daß  Cholin,  Neurüi  und  Muscarin  sich  in  ihrem  j)hysiologischen  Verhalten  von 
den  anderen  quaternären  Basen  entfernen,  so  hängt  dies  nach  Coppola  von 
sekundären  Eigenschaften  ab,  welche  der  Curarewirkung  entgegengesetzt  sind 
imd  so  dieselbe  verdecken. 

Die  auffällige  Differenz  in  den  Wirkungen  der  reinen  Ammoniumbasen 
und  den  Körpern  der  Cholin-Muscaringruppe  wird  man  wohl  am  besten  auf  das 
Eintreten  des  Hydroxyls  oder  der  Hydroxyle  in  die  Ammoniumbasen  beziehen, 
welche  es  zuwege  bringen,  daß  keine  reine  Nervenendwirkung  mehr  auftritt, 
sondern  Reizung  der  peripheren  Enden  der  Nerven  in  den  Sekretionsorganen 
und  unwllkürlichen  Muskeln;  daß  aber  ihre  giftige  Wirkung  nicht  auf  der 
Hydroxylgruppe  beruht,  wird  durch  die  Beobachtung  erwiesen,  daß  Isoamyl- 
trimethylammoniumchlorid  und  Valeryltrimethylammoniumchlorid,  welche 
ähnlich  in  der  Konstitution  sind,  aber  kein  Hydroxj'l  besitzen,  physiologisch 
sehr  ähnhche  Effekte  auslösen-).  Diese  beiden  töten  miter  Erscheinimgen  der 
Muscarinwirkung  in  minimalen  Dosen.  Doch  fehlt  die  Pupillenverengerung  und 
läßt  sich  auch  nicht  durch  Einträufeln  in  das  Auge  erzielen. 


Die  Synthesen  in  der  Alkaloidreihe  sind  wohl  noch  spärlich  zu  nennen, 
um  so  mehr,  als  es  eigentlich  wenige  Alkaloide  von  den  zahlreichen  natürhch 
vorkommenden  sind,  welche  eine  therapeutische  Bedeutung  haben  und  gerade 
diese  wurden  bis  nun  auf  künstlichem  Wege  nicht  dargestellt. 

1)  Gaz.  Chim.   15,  330.        ^)  O.  Schmiedeberg  und  E.  Harnack,  Ae.PP.   6,   101. 


Cocain  und  die  Lokalanaesthetica.  333 

Wir  wollen  im  folgenden  einerseits  die  Synthesen  der  Alkaloide,  welche 
sich  an  das  Studium  ihrer  Konstitutionen  schließen,  andererseits  die  syntheti- 
schen Versuche,  Ersatzmittel  dieser  Alkaloide  darzustellen,  einer  Betrachtung 
unterziehen. 

Cocain  und  die  Lokalanaesthetica. 

Dieses  wertvolle  und  in  der  Medizin  viel  angewendete  Alkaloid  war  zuerst 
nur  als  mächtiges  Excitans  bekannt.  Man  wußte,  daß  die  Indianer  beim  Lasten- 
tragen in  den  Bergen  Südamerikas  fortwährend  Cocablätter  kauten,  um  so  die 
größten  Strapazen  und  Arbeitsleistungen  zu  bewältigen,  ohne  ein  Ermüdungs- 
gefühl zu  empfinden.  Aber  erst  durch  die  bahnbrechende  Entdeckung  Kollers^) 
vrurde  das  eigenthche  Gebiet  für  die  große  Anwendung  des  Cocains  in  der 
Medizin  eröffnet,  die  Lokalanästhesie.  Cocain  bringt  in  kürzester  Zeit  mit  wenig 
Nebenerscheinungen  und  ohne  auf  Schleimhäuten  Brennen  zu  erzeugen,  eine 
völlige  und  anhaltende  lokale  Anästhesie  hervor. 

Die  Chemie  des  Cocains  ward  alsbald  von  vielen  Seiten  zum  Gegen- 
stande eifrigen  Studiums  gemacht ,  aber  erst  in  jüngster  Zeit  ist  es  ge- 
lungen, die  Konstitution  des  Alkaloidanteils  des  Cocains,  des  Ekgonin,  auf- 
zuklären. 

Wenn  man  Cocain  mit  Alkalien  verseift,  so  erhält  man  als  Spaltungsprodukte 
Ekgonin,  Methylalkohol  und  Benzoesäure.  Die  Chemie  des  Ekgonins  hat  die 
nahen  Beziehungen  dieses  Körpers  zum  Tropin,  dem  Spaltungsprodukte  der 
Tropaalkaloide,  welche  sowohl  in  physiologischer  als  auch  in  chemischer  Rich- 
tung bestehen,  aufgeklärt. 

Xach  den  Untersuchungen  R.  Willstätters  erweist  sich  Tropin  als  ein 
Körper,  welcher  einen  Methyl-X-pjTrolidinkern  kombiniert  mit  einem  Methyl- 
N-piperidinkem  enthält,  die  äußere  Peripherie  dieses  Körpers  besteht  aus  einem 
Ring  von  sieben  Kohlenstoffatomen. 

Der  letztere  Nachweis  wurde  durch  die  Überführung  des  Tropins  und  des 

H2    -Hi,    I12 

c— c— c 
Ekgonins    in    das   Suberon     I  /CO,   einen  stickstofffreien  Siebenerring 

erbracht'-).  h"~h~h 

"2     ±l2    Jij 

Es  kommt  nach  den  Untersuchmigen  R.  Willstätters  dem  Tropin  folgende 
Konfiguration  zu :  2 

II2C C CH2 

1  I 

N  ■  CH3  CH  •  OH 

I  I 

H2C C CM2 

H 

Für  das  Ekgonin  wurde  von  R.  Willstätter  die  folgende  Konfiguration 
festgestellt,  aus  der  sich  alle  chemischen  Beziehungen  mid  Eigenschaften  dieses 
Körpers  leicht  erklären  lassen: 

-CH-COOH 
N .  CH3  CH  •  OH 
-CH, 


1)  Moröno  y  Matz,  Paris  These  1868,  gebührt  das  Verdienst,  zuerst  Cocain  als 
Lokalanaestheticiun  auf  Grund  seiner  Tier\-ersuche  empfohlen  zu  haben. 

2)  BB.   31,   1534,  2498,   2655  (1899);  3S,   1635  (1900). 


334  Alkaloide. 

Tritt  nun  in  das  Ekgonin  ein  Benzoylrest  in  die  Hydroxylgruppe  ein  und 
wird  die  Carboxylgruppe  mit  Methylalkohol  verestert,  so  resultiert  Cocain. 


HjC  — CH CH  ■  COO  •  CH3 

N  •  CH3  CH  •  0  ■  CO  •  C^Hj 

H2^  —  CH CHo 

Zahlreiche  experimentelle  Studien  über  Cocain  und  seme  Spaltimgs- 
produkte haben  uns  wertvolle  Kenntnisse  dieser  interessanten  Substanz  ge- 
bracht imd  die  Möglichkeit  geschaffen,  auf  Grund  der  gewonnenen  Erkenntnisse 
neue  Verbindungen  mit  Wirkungen,  die  dem  Cocain  analog  sind,  synthetisch 
darzustellen. 

Von  größtem  Interesse  ist  es  jedenfalls  imd  in  erster  Linie,  welche  RoUe  bei 
der  physiologischen  Wirkung  den  einzelnen  Gruppen,  dem  Ekgonin,  dem  Ben- 
zoylrest und  der  Methylgruppe  in  der  Esterbindung  zukommen.  Diese  Frage 
ist  aber  nicht  so  einfach,  weil  sich  die  Wirkungen  des  Cocains  auf  mehrere  an- 
scheinend differente  Gebiete  erstrecken.  Die  therapeutisch  wichtigste  Eigen- 
schaft des  Cocains  ist  wohl  das  Hervorrufen  einer  lokalen  Anästhesie,  die  durch 
eine  eigenartige  lähmende  Wirkung  auf  die  Endigungen  der  sensiblen  Nerven 
bedingt  ist.  Außerdem  kommt  dem  Cocain  nach  seiner  Resorption  eine  Wirkung 
auf  das  Zentralnervensysten  zu,  welche  in  Erregungszuständen  und  Lähmungs- 
zuständen  der  verschiedenen  Funktionsgebiete  des  Mittelhirns  und  der  Medulla 
oblongata  besteht.  Eine  Abstumpfung  der  Empfindlichkeit  der  peripheren 
Nerven  läßt  sich  bei  innerer  Applikationsweise  nicht  nachweisen.  Der  Tod  bei 
Cocain  Vergiftung  erfolgt  durch  Kollaps  und  durch  direkte  Respirationslähmung. 

Außer  dem  schon  erwähnten  /?-Tetrahydronaphthylamin  ist  Cocain  unter 
allen  jetzt  bekannten  Körpern  derjenige,  welcher  am  raschesten  und  in  größtem 
Maße  die  Körpertemperatiu-  erhöht^).  Es  ist  zugleich  das  stärkste  Excitans, 
wirkt  vermehrend  auf  die  Arbeitsleistung  des  Muskels  und  steht  in  vollem  Ant- 
agonismus zum  Chloral,  wie  U.  Mosso  gezeigt  hat-). 

Auf  Schleimhäuten  erzeugt  Cocain,  außer  völliger  Anästhesie,  Blutleere 
und  Blässe,  zugleich  nimmt  die  Sekretion  ab,  was  man  alles  durch  die  eintretende 
Gefäßkontraktion  erklärt. 

Bei  Einträufelung  von  Cocain  in  das  Auge  tritt  ganz  konstant  eine  PupiUen- 
erweiterung  (Mydriasis)  ein,  die  lange  andauert,  aber  nicht  so  stark  ist  wie  nach 
Atropineinträufelung.  Bei  Kaninchen  macht  Cocain  vakuoläre  Leberdegene- 
rationen [P.   Ehrlich^)]. 

Diese  physiologischen  Eigenschaften  ändern  sich  sehr  erhebUch,  wenn 
das  Cocainmolekül  chemisch  verändert  wird. 

Wird  aus  dem  Cocain  entweder  die  Benzoylgnippe  oder  die  Methylgruppe, 
welche  in  Esterverbindung  vorhanden  ist,  abgespalten,  so  resultieren  Benzoylek- 
gonin  bzw.  Ekgoninmethylester.  Diese  beiden  Körper  sind  um  das  Zwanzig- 
fache weniger  toxisch  und  erst  in  unvergleichlich  größerer  Dosis  letal  wirkend*). 
Die  Unwirksamkeit  des  Benzoylekgonins  haben  wir  an  einer  früheren  Stelle 
mit  dem  Vorhandensein  einer  freien  Carboxylgrui^pe  erklärt,  wofür  wir  ein  wert- 
volles Analogen  im  Verhalten  der  Arecaalkaloide  haben. 

Daß  die  Abspaltung  von  alipathischen  oder  aromatischen  Säureradikalen 
die  Wirkung  bedeutend  abschwächt,  wenn  diese  Säureradikale  Hydroxylwasser- 

1)  AePP.  37,  397  und  40,  151.  —  Reichert,  Zentralbl.  f.  med.  Wissensch.  1889,  444. 

2)  AePP.  83,   153.  —  Pflügers  Arch.  «,  553. 

3)  Dtsch.  med.  Wochenschr.   1891,  Nr.  32,  717. 

*)  Ralph  Stock  mann,  Pharmac.  Journ.  and  Transact.   16,  897. 


Ckjcain  und  die  Lokalanaesthetica.  335 

Stoff  in  Basen  ersetzen,  sehen  wir  bei  Aconitin,  bei  den  Tropaalkaloiden  und  auch 
beim  Cocain ;  das  Freiwerden  der  veresterten  Hydroxylgruppe  bedingt  hier  das 
Aufhören  der  Wirksamkeit  und  zeigt  deutlich  die  Bedeutung  des  eintretenden 
Säureradikals,  da  verschiedene  Säureradikale  bei  ihrem  Eintritt  in  die  Hydroxyl- 
gruppen der  Alkaloide  Körper  mit  verschieden  starken  und  physiologisch  diffe- 
renten  Wirkungen  bilden. 

Werden  aus  dem  Cocain  diese  beiden  Seitengruppen  abgespalten  und  resul- 
tiert so  Ekgonin,  so  verschwinden  die  meisten  Wirkungen  des  Cocains,  nur 
die  vakuoläre  Leberdegeneration  und  die  atrophischen  Zustände  dieses  Organs 
werden  durch  Ekgonin,  wie  durch  Cocain  selbst  hervorgebracht. 

Ekgonin  hat  keine  anästhesierende  Wirkung.  Erst  in  Dosen  von  1.25  g  tötet 
es  Kaninchen.    Es  macht  MuskeUähmung  ^). 

Es  ist  gleichgültig,  welches  Alkylradikal  in  die  Carboxylgruppe  eintritt; 
ist  sie  verestert,  so  hat  das  homologe  Cocain  die  typischen  Eigenschaften  des 
natürlichen,  des  Benzoylekgoninmethylesters.  Es  wurden  Cocäthylin^),  Coca- 
propylin,  Cocaisopropylin,  Cocaisobutylin  dargestellt^);  alle  diese  Körper  haben 
die  typische  anästhesierende  Wirkung  des  Cocains,  ohne  aber  vor  demselben 
Vorzüge  zu  bieten,  weshalb  sie  keine  praktische  Anwendung  finden.  Zu  be- 
merken ist,  daß  die  Variationenen  des  Cocains  dieser  Art  sich  bis  nun  nur  auf 
die  aliphatischen  Alkohole  beziehen,  aromatische  Verbindungen  wurden  noch 
nicht  dargestellt. 

Von  weitaus  größerer  Bedeutung  für  die  Wirkung  ist  der  Ersatz  der  Benzoyl- 
gruppe  im  Cocain  durch  andere  Säureradikale. 

Ersetzt  man  die  Benzoylgruppe  durch  verschiedene  andere  aromatische 
Säureradikale  oder  durch  aliphatische,  so  findet  man  die  sehr  merkwürdige 
Tatsache,  daß  die  anästhesierende  Eigenschaft  des  Cocains  ganz  verschwindet 
oder  wenigstens  stark  leidet. 

0.  Liebreich*)  fand,  daß  Isatropylcocain,  TruxiUin,  gar  nicht  anästhe- 
sierend wirkt,  hingegen  ein  starkes  Herzgift  ist.  Es  reizt,  später  lähmt  es  die 
Acceleratoren  und  macht  allgemeine  Lähmung  mit  Konvulsionen.  (Die  Isa- 
tropasäure  ist  eine  polymere  Zimtsäure  (C9H802)2)- 

P.  Ehrlich^)  untersuchte  Isatropylcocain,  Phenylacetylekgoninjodhydrat, 
Valerylcocainjodhj'drat,  Phthalyldiekgoninbromhydrat.  Der  erste  Körper  wirkt 
am  stärksten,  der  letzte  am  schwächsten  giftig.  Nur  das  Phenj^lessigsäurederivat 
wirkt  anästhesierend,  aber  auch  diese  Wirkung  ist  eine  erhebUch  geringere  als 
beim  Cocain.  Alle  diese  Körper  machen  aber  die  charakteristischen  Leberver- 
änderungen. 

Durch  Oxydation  des  Ekgonins  mit  KaUumpermanganat  erhielt  A.  Ein- 
horn Homekgonin'),  welches  eine  Methj-lgruppe  weniger  enthält  als  die  Aus- 
gangssubstanz; es  ist  dies  Xor-l-ekgonüi  (Cocayloxyessigsäure). 

Ekgonin  Nor-1-ekgonin 

C,Hio(OH)  (COOH) :  N  •  CH3  C,Hio(OH)  (COOH)NH 

Im  Cocain  ist  ein  Methyl  an  das  N-Atom  gebunden.  Durch  Entfernung 
der  Alkylgruppe  aus  dem  Cocain,  dem  CocaäthyUn  und  Cocapropyün  entstehen 
die  entalkylierten  Cocaine  oder  Xorcocaine,  die  in  unverändertem  oder  sogar 
verstärktem  Maße  lokalanästhesierend  wirken. 


1)  Pharmazeut.  Jahresber.   1890,   671. 

2)  E.  Merck,  BB.   18,  2954  (1885):  21,  48  (1888). 
')  Novy,  Americ.  Chem.  Joum.   10,   147. 

*)  BB.  Sl,  1888  (1888).    Siehe  auch  Falkson,  Diss.  Berlin  (1889). 

=)  Dtsch.  med.  Wochenschr.  1891,  Nr.  32,  717.         «)  BB.  21,  3029,  3411   (1888). 


336  Alkaloide. 

Die  von  Poulsson  untersuchten  Norcoeaine,  welche  statt  der  NCHg- 
Gruppe  eme  Iminogruppe  enthalten,  untersuchte  auch  Ehrlich  und  fand,  daß 
sie  viel  stärker  anästhesierend  wirken  als  die  gewöhnlichen,  aber  in  bezug  auf 
die  Toxizität  alle  anderen  Glieder  der  Cocainreihe  übertreffen,  was  auf  dem 
Vorhandensein  einer  freien  Iminogruppe  beruht. 

Wird  nun  in  Nor-1-ekgonin  die  Hydroxylgruppe  durch  ein  Benzoylradikal, 
die  Carboxylgruppe  durch  Methyl-,  Äthyl-  vnid  Propylradikale  verestert,  so 
entsteht  eine  Reihe  von  Homologen  des  Nor-1-Cocains,  von  denen  der  mit  dem 
Cocain  metamere  Äthylester  von  Einhorn  Isococain  genannt  wurde *).  Diese 
Verbindung  erwies  sich  in  bezug  auf  Anästhesie  höchst  wirksam,  stärker  als 
Cocain  selbst,  aber  weitaus  giftiger^). 

E.  Poulsson  hat  den  Methylester  dieser  Verbindung  (Homomethincocain), 
den  Äthylester  (Homoäthincocain)  und  den  Propylester  (Homopropincocain) 
physiologisch  geprüft^).  Die  lokale  Anästhesie  und  die  allgemeinen  Wirkungen, 
die  dem  Cocain  zukommen,  bleiben  im  wesentlichen  unverändert,  wenn  auch  im 
Ekgoninmolekül  eine  solche  Veränderung  durch  Oxydation  vorgenommen  wird. 
Von  praktischer  Bedeutung  sind  aber  diese  Körper  nicht,  weil  sie  viel  stärker 
als  Cocain  bei  ihrer  Verwendung  für  die  lokale  Anästhesie  die  Apphkationsstelle 
reizen. 

Benzoylhomekgonin 

H        H 

HgC C C    COOH 

I  I 

NH      CH  •  O  ■  CO  ■  CgHs 
I  1 

Mt»C  — C CH2 

H 

macht  wie  Benzoylekgonin  selbst  keine  dem  Cocain  analogen  physiologischen 
Effekte. 

Die  Ester  des  Ekgoninmethylesters  mit  Bemsteinsäure,  Phenylessigsäure, 
Zimtsäure  wirken  nicht  anästhesierend. 

Nach  Fi  lehne  i.st  die  Veresterung  des  Ekgoninmethylesters  mit  Benzoe- 
säure beim  Cocain  das  Wesentliche  und  Wirksame  für  die  anästhesierende 
Wirkung,  da  weder  Ekgonin  noch  Ekgonmmethylester  anästhesierend  wirken. 

Nach  A.  Einhorn  und  Klein*)  zeigt  der  o-Phthalyldiekgonin-dimethyl- 
ester  ähnliche  Wirkung  wie  Cocain. 

Nach  den  Untersuchungen  von  Ralph  Stockmann^)  hat  aber  Benzoyl- 
ekgonin auch  keine  anästhesierende  Wirkung  und  diese  fehlt  auch,  wie  E.  Po  uls- 
son  gezeigt  hat,  dem  Benzoylhomekgonin,  so  daß  nach  E.  Poulsson  der  Ver- 
esterung der  Carboxylgruppe  des  Ekgonins  eine  große  Rolle  bei  dem  Zustande- 
kommen der  lokalanästhesierenden  Wirkung  zukommt.  Beim  Entfernen  des 
ätherifizierenden  Alkylradikals  aus  dem  Cocain-  oder  Homococainmolekül  ver- 
schwand auch  die  lokalanästhesierende  Wirkung,  die  allgemeinen  Vergiftungs- 
erscheinungen änderten  sich  und  die  Giftigkeit,  besonders  bei  Säugetieren,  wurde 
bedeutend  abgeschwächt. 

Aber  wir  werden  sehen,  daß  die  anästhesierende  Funktion  keineswegs  allein 
auf  diesen  beiden  Gruppen  oder  einer  von  ihnen  beruht,  sondern  als  Wirkung 
des  Gesamt moleküls  aufzufassen  ist.  Der  Benzoylgrvippe  kommt  anscheinend 
die  Funktion  einer  verankernden  Gruppe  zu. 

1)  DRP.  55  338.  —  BB.  23,  468,  979  (1890). 

2)  Haas,  Süddeutsche  Apoth.-Ztg.    1890,  202.  ^)  AePP.   27,  301. 

*)  BB.   31,  3366  (1888).  ^)  Pharmac.  Joiirn.  and  Transact.    16,  897. 


Cocain  und  die  Lokalanaesthetica.  337 

Von  großem  Interesse  ist  das  Verhalten  der  beiden  optischen  Isomeren  des 
Cocains.  Das  gewöhnliche  Cocain  ist  huksdrehend.  Durch  Erhitzen  mit  Alkahen 
gehen  Ekgonin  und  seine  Derivate  in  ein  d-Ekgonin  über^),  von  welchem  aus 
man  zu  d-Cocain  kommen  kann.    Diese  optische  Inversion  ist  nicht  ohne  Ein- 
fluß auf  die  physiologische  Wirkung. 

Die  Abstumpfung  der  Sensibilität  tritt  beim  d-Cocain  regelmäßig  schneller 
ein  und  ist  intensiver  als  beim  Cocain,  verschwindet  aber  wieder  in  kürzerer 
Zeit2)  (s.  S.  121  ff.  Allg.  Teil  und  S.  326  AJlg.  Teil  der  Alkaloide). 

Außer  den  schon  erwähnten  Spaltungsprodukten  des  Cocains^)  können 
auch  Anhydroekgoninester  und  Anhydroekgonin 


H,  H 

H 

C  — C- 

C ■ COOH 

1 

1 
C  — C- 

CH3     \cH 

// 
C 

Hj  H 

H 

die  aus  Ekgonin  durch  Abspaltung  von  einem  Molekül  Wasser  resultieren  (hier- 
bei geht  die  Kette  — CHj — CHOH —  in  CH  =  CH  über),  nicht  Anästhesie  er- 
zeugen. Hingegen  erzeugt  1-Benzoylekgoninnitril  Anästhesie  mit  Mydriasis, 
ganz  ähnlich  wie  Cocam,  jedoch  weit  schwächer.  Es  entspricht  also  das  Nitril 
dem  Cocaintypus  in  semer  Wirkung  vollständig,  wenn  es  auch  an  und  für  sich 
viel  schwächer  wirkt. 

I-Ekgoninamid  H2C  —  CH CH  ■  CO  ■  NH^ 

I      N  ■  CH3  CH  •  OH 
H2C  —  CH CHg 

ist  ziemhch  indifferent.  Injektionen  und  Fütterungen  werden  von  Säugetieren 
anstandslos  vertragen.    Anästhesierende  Wirkungen  fehlen  vollständig. 

Die  am  N  des  Piperidinkerns  beim  Cocain  haftende  Methylgruppe  verleiht 
dem  Cocain  die  Eigenschaften  einer  tertiären  Base.  Cocain  kann  an  dieser  Stelle 
Jodmethyl  addieren  und  in  die  entsprechende  Ammoniumverbindung  übergehen. 
Cocainjodmethylat  ist  ausgesprochen  bitter  und  ohne  anästhesierende  Wirkung ; 
seine  Giftigkeit  ist  bedeutend  herabgesetzt  und  sogar  die  Leberwirkmig,  welche 
für  die  verschiedensten  Ekgoninderivate  charakteristisch,  ist  verlorengegangen 
(P.  Ehrlich). 

Es  ist  wichtig,  daß  der  Eintritt  des  Jodmethyls  die  Eigenschaften  und  Wir- 
kungen des  Cocains  völlig  vernichtet.  Besonders  beachtenswert  ist,  daß  die  so 
gebildete  Ammoniumbase  weit  weniger  toxisch  wirkt  als  die  zugrunde  liegende 
tertiäre  Base.  Ein  derartiges  Verhalten  differiert  wesentlich  von  dem  Verhalten 
einzelner  Alkaloide,  da  man  unter  solchen  Verhältnissen  in  manchen  Fällen  eine 
Erhöhung  der  Toxizität  sieht.  P.  Ehrlich  nimmt  nun  an,  daß  auch  die  tertiäre 
Bindungsart  des  Stickstoffs  im  Cocain  für  die  Wirkungsweise  dieses  Alkaloids 
von  ausschlaggebender  Bedeutung  ist  und  daß  somit  die  Einflüsse,  welche  diese 
Bindung  modifizieren,  zugleich  eine  Vernichtung  der  spezifischen  Cocainwirkmig 
nach  sich  ziehen.  So  erklärt  sich  am  ungezwungensten,  daß  die  Bildung  der 
Ammoniumgruppe  nicht  zu  einer  Erhöhung,  sondern  zu  einer  Vermindermig  der 
Toxizität  Anlaß  gibt. 

1)  A.  Einhorn  und  Marquardt,  BB.  23,  468  (1890). 

2)  E.  Poulsson,  AePP.  äT,  309. 

3)  BB.  30,  1221  (1887);  21,  47,  3029  (1888);  23,  399  (1889);  23,  1338,  2870  (1890); 
23,  1394  (1892);  26,  324,  451,  2009  (1893);  2T,  2439,  2893  (1899).  —  Liebigs  Ann.  280,  96. 

Franke!,  Arzneimittel-Synthese.    5.  Aufl.  22 


338  Alkaloide. 

Wie  man  sieht,  verliert  Cocain  seine  Wirksamkeit  sowohl  durch  den  Verlust 
der  Methylgruppe  im  Carboxymethyl,  als  auch  durch  den  Eintritt  der  zweiten 
Methylgruppe  am  N.  Der  Verlust  der  Methj'lgruppe  am  N  macht  jedoch  keine 
qualitative,  bloß  eine  quantitative  Veränderung  der  Wirkung.  Es  spricht  dies 
nach  P.  Ehrlich  gegen  die  Anschauung  von  Filehne,  nach  der  die  Anwesen- 
heit eines  Benzoylrestes  an  und  für  sich  ausreiche,  um  anästhesierende  Wir- 
kimgen  hervorzurufen. 

Man  muß  nach  dem  Angeführten  als  wesenthch  für  das  Zustandekommen 
der  Cocain  Wirkung  ansehen:  1.  Das  Ekgoninmolekül  oder  einen  ihm  chemisch 
sehr  nahestehenden  Körper,  2.  den  Eintritt  eines  aromatischen  Restes,  besonders 
der  Benzoylgruppe,  in  das  Hydroxyl  und  3.  die  Veresterung  einer  etwa  vorhan- 
denen Carboxylgruppe. 

Aus  dem  Umstände,  daß  alle  Ekgoninderivate  die  eigentümliche  Leber- 
veränderung, die  durch  eine  außerordentliche  Volumzunahme  derselben  charak- 
terisiert und  durch  eine  spezifische  Leberdegeneration  bedingt  ist,  hervorrufen, 
aber  nur  einige  anästhesierend  wirken,  und  zwar  nur  diejenigen,  welche  in  den 
Ekgoninäther  bestimmte  Säureradikale  aufnehmen,  schheßt  Paul  Ehrlich, 
daß  diese  eintretende  Säuregruppe  die  anästhesierende  sei. 

o-Chlor-  und  m-Nitro-l-  und  d-cocain  zeigen  nur  geringe  anästhesierende 
Wirkung,  sie  erzeugen  aber  typische  Leberveränderungen.  Die  m-Amino-1- 
imd  d-cocaine  stellen  in  physiologischer  Beziehung  überhaupt  keine  Cocaine 
mehr  dar,  da  sie  sowohl  der  anästhesierenden  Wirkung  als  des  typischen  Ein- 
flusses auf  die  Leber  ermangeln  [Paul  Ehrlich  mid  Alfred  Einhorn^)]. 

Die  m-Oxy-1-  und  d-cocaine  stehen  in  ihrer  Wirkung  zwischen  den  Nitro- 
und  Aminococainen,  sie  wirken  nämlich  kaum  noch  anästhesierend,  ihre  toxi- 
schen Wirkungen  sind  sehr  schwach,  und  sie  vermögen  erst  in  großen  Gaben  die 
charakteristische  Leberveränderung  hervorzubringen.  Interessant  ist,  daß  durch 
die  Einführung  der  Acetyl-  oder  Benzoylgruppe  in  das  d-m-Aminococain  Alka- 
loide entstehen,  die  zwar  nicht  anästhesierend  wirken,  in  welchen  aber  die 
Wirkungsfähigkeit  auf  die  Leber  restituiert  ■wird. 

Die  Einwirkungsprodukte  von  Chlorkohlensäureester  auf  das  d-  und  1- 
Aminococain,  die  d-  inid  l-Cocainui-ethane,  wirken  auffallenderweise  viel  stärker 
anästhesierend  als  die  Cocaine,  sie  erzeugen  wieder  die  charakteristische  Leber- 
veränderung und  sind  auch  stark  giftig.  Die  naheliegende  Vermutung,  daß  die 
unwirksamen  Aminococaine  gewissermaßen  durch  Xeutralisierung  oder  Fest- 
legmig  der  basischen  Aminogrupj)e  wieder  zu  einem  %virksamen  Alkaloid  werden, 
ist  deshalb  nicht  zutreffend,  weil  m-Benzolsulfamino-d-cocain  ebensowenig 
wie  d-Cocain-harnstoff  eine  Spur  von  anästhesierender  Wirkung  erzeugen. 

Gewisse  basische  Farbstoffe,  wie  Methylenblau  (P.  Ehrlich),  vermögen 
die  Nervensubstanz  im  lebenden  Zustande  zu  färben^).  Der  Versuch,  aus  dem 
Cocain  basische  Farbstoffe  zu  gewinnen,  welche  in  einer  und  derselben  Substanz 
die  Eigenschaften  eines  Farbstoffes  mit  denen  eines  Anaestheticums  vereinigen, 
scheiterte.  Von  solchen  Verbindungen  durfte  man  erwarten,  daß  sie  dazu  dienen 
könnten,  die  anästhesierende  Wirkung  genauer  zu  verfolgen  und  zu  lokalisieren. 
Oxazin-  und  Thiazinfarbstoffe  darzustellen  mißlang.  Es  wurden  die  Chlor- 
hydrate des  d-Cocaindiazodimethylanilins  mid  d-Cocainazo-a-naphthylamins 
untersucht,  von  welchen  der  erstere  KöiiDer  höchstens  eine  Andeutung  des 
charakteristischen  Betäubungsgefühls  hervorbringt,  während  der  andere  eine 
zwar  deutliche,  nicht  allzu  starke  Anästhesie  erzeugt,  aber  keine  Leberverände- 
rung verursacht. 

1)  BB.  Sr,  1870  (1894).  =)  Dtsch.  med.  Wochenschr.  1886,  Nr.  4. 


Cocain  imd  die  Lokalana^sthetica.  339 

Das  Optimum  der  physiologischen  Wirksamkeit  liegt  in  der  Reihe  der 
gesättigten  und  ungesättigten  Tropan-  und  Ekgoninderivate  meist  da,  wo  der 
Stickstoff  und  der  mit  einem  Säurerest  verbiuidene  Sauerstoff  diu'ch  drei  Kohlen- 
stoffatome voneinander  getrennt  wird,  seltener  wo  sich  zwei  Kohlenstoffatome 
dazwischenschieben^). 

Die  Darstellung  des  Cocains  geschieht  aus  den  Cocablättem.  Bei  dem  ver- 
hältnismäßig hohen  Preise  dieses  Alkaloids  wurde  nach  Methoden  gesucht,  die 
Ausbeute  an  dieser  Substanz  zu  verbessern.  Im  Cocablatte  finden  sich  nun 
neben  dem  Cocain  mehrere  andere  AJkaloide,  welche  die  Techniker  als  ,,Neben- 
alkaloide"  bezeichnen.  Von  den  Cocaalkaloiden  hat  nur  das  einzige  krystallisierte, 
das  Cocain,  eine  physiologische  Wirkung.  Die  amorphen  Nebenalkaloide  ent- 
behren ihrer  oder  sind  Herzgifte.  Da  es  sich  erwies,  daß  man  durch  Spaltung 
dieser  Nebenalkaloide  zum  Ekgonin  gelangen  kann,  so  war  ein  Weg  gegeben, 
aus  Ekgonin  durch  Synthese  wieder  zu  Cocain  zu  kommen. 

Nach  Carl  Lieber  mann  und  Fritz  Giesel-)  geht  man  folgendermaßen  vor:  Die 
Cocablätter  werden  mit  Sodalösung  durchfeuchtet  und  mit  Äther  die  Basen  aufgenommen, 
dem  Äther  wieder  durch  verdünnte  Salzsäiu-e  entzogen,  das  gewonnene  Produkt  ist  Roh- 
cocain.  Löst  man  dieses  in  Alkohol,  so  krystallisiert  salzsaures  Cocain  heraxis,  während  die 
amorphen  Basen  in  Lösung  bleiben.  Der  Rückstand  der  alkoholischen  Jlutterlauge  wird 
mit  Salzsäure  zerkocht,  wobei  sich  die  Nebenalkaloide  in  ihre  Komponenten  spalten.  Man 
filtriert  von  den  ausgeschiedenen  organischen  Säuren  ab  und  erhält  durch  Abdampfen  der 
Lösimg  fast  reines  salzsaures  Ekgonin.  Dieses  kann  nun  durch  Benzoesäureanhydrid  oder 
durch  Benzoylchlorid  in  Benzoylekgonin  übergeführt  werden. 

Die  Uberfülirung  des  Benzoylekgonins  in  Cocain  kann  man  nach  bekaimten  Methoden 
durch  Verestern  der  Carboxylgruppe  mit  Methylalkohol  durchführen  und  so  auf  syntheti- 
schem Wege  vom  Ekgonin  zum  Cocain  gelangen. 

Das  umgekehrte  Verfahren,  welches  aber  nicht  die  gleichen  befriedigenden  Re- 
sultate lieferte,  haben  Einhorn  und  Klein^)  vorgeschlagen.  Salzsaures  Ekgonin  wurde 
mit  Methylalkohol  und  Salzsäure  erhitzt,  wobei  sich  Ekgoninniethylester  bildet.  Dieser 
Methylester  wird  nun  diu'ch  Behandeln  mit  Benzoylchlorid  in  Cocain  übergefülirt.  In 
gleicher  Weise  lassen  sich  auch  andere  Säureradikale  in  den  Ekgonimuethylester  einführen. 

Die  Farbwerke  Höchst  ließen  sich  folgendes  Verfahren  schützen,  welches  ebenfalls 
die  Darstellung  von  Cocain  aus  den  Nebenalkaloiden  in  der  Weise  durchführt,  daß  man  zu- 
erst den  Ekgoninmethyläther  macht  und  diesen  dann  benzoyliert'').  Hierbei  werden  die 
harzigen  Nebenalkaloide  in  alkoholischer  Lösung  am  Rücliflußkühler  einmal  mit  Säuren 
gekocht.  Es  entsteht  dabei  unter  Abscheidung  von  Benzoesäure  und  anderen  Säuren 
resp.  deren  Estern  der  Ekgoninester,  der  durch  Behandlung  mit  Benzoylchlorid  oder 
Benzoesäureanhydrid  in  Cocain  oder  Cocäthylin  leicht  überfülvrbar  ist. 

Eichengrün  schlug  zur  Darstelhmg  von  Ekgonin  aus  den  Nebenalkaloiden  vor, 
die  Lösung  der  Doppelsalze  mit  schweren  Metallen  zu  erhitzen.  Das  Verfalu-en  basiert  auf 
der  Beobachtung,  daß  sich  die  leicht  lösliehen  Kupfer-  und  Eisenchloriddoppelsalze  der 
Nebenalkaloide  bei  melirstündigem  Kochen  in  Säureester  und  reines  Ekgonin  spalten. 

Zu  einer  Zeit,  als  noch  die  Herstellung  des  Rohcocains  vorzugsweise  in  Europa  be- 
trieben wiu-de,  war  es  von  Interesse,  eine  Methode  ausfindig  zu  machen,  am  Produktions- 
orte der  Cocablätter  direkt  ohne  Extraktionsapparate  Rohcocain  darzustellen.  Hierfür 
empfahl  Henriquez^)  Auszüge  der  Cocablätter  mit  Zinkvitriol  mid  Rhodankalimn  zu 
fällen,  wobei  ein  voluminöses  weißes  Salz  fällt,  welches  eine  Rhodanzinkdoppelverbindung 
des  Cocains  und  seiner  Nebenalkaloide  vorstellt.  Dieses  Gemenge  behandelt  man  nun  mit 
Natriumcarbonat  in  der  Kälte  und  erhält  em  festes  Gemisch  der  Alkaloide  vmd  Züik- 
carbonat,  aus  welchem  mit  einem  Lösungsmittel  die  Alkaloide  extrahiert  werden. 

Die  Darstellung  der  nicht  benützten  Derivate  des  Cocains,  Isococains  usw.  wurde 
bereits  oben  besprochen. 

Dihydroanhydroekgonin,  von  dem  Willstätter  wohl  wegen  des  Eintrittes  von  neuen 
Wasserstoffatomen  verstärkte  physiologische  Effekte  erwartete,  wird  dargestellt,  indem 
man  Anhydroekgonin  in  amylalkoholischer  Lösung  mit  Natriummetall  reduziert,  wodann 
man  zu  dem  Dihydroanhydroekgorun  gelangt.  Die  Derivate  dieser  Substanz  haben  keine 
praktische  Bedeutung  erlangt"). 

1)  J.  V.  Braun,  Ber.  d.  Dtsch.  pharm.  Ges.   30,   295  (1920).  ^)  DRP.   47  602. 

ä)  BB.  31,  3335  (1888).  --  DRP.  47  713.        *)  DRP.   76  433.        ')  DRP.  77  437. 
«)  DRP.  94  175.  —  BB.  20,  702  (1887). 

22 


340 


Alkaloide. 


Es  wurden  Versuche  gemacht,  die  Salze  des  Cocains  und  der  Isovaleriansäure  dar- 
zustellen. Dieses  ist  naturgemäß  zwecklos,  da  die  Menge  der  Isovaleriansäure  im  Salze 
äußerst  gering  ist  neben  dem  stark  wirksamen  Alkaloid,  so  daß  in  der  therapeutischen 
Dosis  die  Wirkung  der  Isovaleriansäure  gleich  Null  sein  muß^). 

Die  Alkaloide  der  Cocain-  und  Atropingruppe  lassen  sich  bei  der  Einwirkung  von 
Chlor-  oder  Bromcyan  in  am  Stickstoff  entmethylierte  Derivate  überführen.  Cocain 
liefert  beim  Erhitzen  mit  Bromcyan  und  Chloroform  am  Rückflußkühler  Cyannorcocain 


CH, 


N{CN) 
I 
■CH 


CHCOOCH3 

I 

CH  •  O  ■  CO  ■  C5H5 

I 
-CH, 


±2  '  v^Xi V/JJ.2 

Bei    der    Verseifung    mit    konzentrierter    Salzsäure    entsteht    Anliydroekgonin    (Tropen- 

CH CH    COOH 


2-carbonsäure) 


I 

ISTH 
I 
•  CH- 


CH 

II 
CH 


CHa 

Anhydroekgoninäthylester  gibt  beim  Stehen  mit  Bromcyan  und  Äther  den  Cyannor 
hydroekgoninester,  welcher  beim  Erhitzen  mit  konzentrierter  Salzsäm-e  unter  Druck 
auf  120°  das  Chlorhydrat  von  Anhydronorekgonin  liefert.  —  Beim  Erwärmen  von  Acetyl- 
tropein  (aus  Tropin  durch  Kochen  mit  Essigsäureanhydrid)  mit  Chloroform  und  Brom- 
cyan wird  Acetylcyannortropein  erhalten.  Beim  Übergießen  mit  konzentrierter  Salzsäure 
erfolgt  xmter  Erwärmung  Lösung.  Zur  Gewinnung  von  Nortropin  wird  die  Lösimg  in  kon- 
zentrierter Salzsäure  mit  Wasser  verdünnt  und  am  Rückflußküliler  erhitzt^). 

Von  der  Citronensäure  kami  man  zum  Cocain  und  Atropin  gelangen. 

Aus  Acetondicarbonsäureester  entsteht  elektrosynthetisch  Succinyldiessigester,  ein 
7-Diketon,  dessen  Ammoniakderivat  zum  Pyrrolidin  hydriert  wird.  Diu-ch  innere  Acet- 
essigesterkondensation  liefert  der  N-MethylpyrroUdindiessigester  den  Tropinoncarbon- 
säureester,  der  leicht  in  r-Cocain  und  in  Atropin  umgewandelt  wird: 


CH,  — CO  — CH,  — COO  — C„H 


2^=16 


CH, 


-CH  — CHj- 
>N  ■  CH, 


CH  =  C  — CHa— COO  ■  CjHj 

I  >N  ■  CH3 

CH  =  C  —  CHj  —  COO  •  CaHj 

CH2  —  CH CH  —  COO  ■  C2H5 

I  I 

N  •  CH,  C  =  O 


CHj— CH  — CH2  — COO  •  C2H5 


CH,  — CH- 


CH, 


Kach  Robinson  wird  die  Synthese  des  Tropinons  in  der  Weise  durchgeführt,  daß  Succin- 
aldehyd  mit  Acetondicarbonsäureester  und  Methylamin  zum  Tropinondicarbonsäureester 
vereinigt  wird,  der  unter  Kohlensäureverlust  in  Tropinon  übergeht. 

R.  Willstätter^)  stellt  aus  N-Methylpyrrolidindiessigester  mit  Alkalimetall  oder 
anderen  Kondensationsmitteln  Tropinoncarbonsäureester  her.  Der  Ausgangspunkt  der 
Synthese  sind  die  Succinyldiessigester.  Diese  werden  mittels  Methylamins,  z.  B.  in  essig- 
saurer Lösung,  in  die  entsprechenden  N-Methylpyrroldiessigester  übergeführt,  letztere 
werden  in  essigsaurer  Lösung  mittels  Platin  und  Wasserstoff  in  N-Methylpyrrolidindiessig- 
ester verwandelt.  Die  N-Methylpyrrolidindiessigester  geben  bei  der  Einwirkung  von 
Natrium,  Natriumalkoholaten  oder  Natrimnamid  unter  Abspaltung  von  Alkohol  Tropinon- 
carbonsäureester : 


CHjCH 

I  \' 


-CH,COO- 


-CHCOOCaHs 


N  ■  CH, 


CH,CH- 


-CH,  ■ COO • 


CH, 


>N, 
•CH- 


CH, 


-CH,    CO 


12  •  '-'Ji  v^ü2 

Tropinoncarbonsäureäthylester  liefert  beim  Erwärmen  mit  verdünnten  Säuren  Tropinon, 
das  als  solches,  als  Pikrat  und  als  Dibenzalderivat  abgeschieden  werden  kann.  Bei  den 
elektrolytischen  Reduktion  und  mit  Natriumamalgam  entsteht  r-Ergoninester. 

1)  DRP.-Anm.  T.   17  226,  Kl.   12,  p.  und  T.   18  008,  Kl.   12,  p. 

2)  Grenzach,  DRP.  301  870,  Zusatz  zu  DRP.  286  743  und  289  273. 

3)  DRP.  302  401. 


Die  Tropinverbindungen.  341 

Die  als  Ausgangsmaterialien  zur  synthetischen  Gewinnung  von  Tropinderivaten  not- 
wendigen Succinyldiessigester  erhält  man,  wenn  man  Aeetondicarbonestersäuren  in  neu- 
traler oder  schwach  saurer  Lösung  der  Elektrolyse  unterwirft.  Die  sekundären  Kalium- 
salze der  Aeetondicarbonestersäuren  entstehen  bei  der  Einwirkung  von  konzentrierter 
wässeriger  oder  von  alkoholischer  Kalilauge  auf  Acetondicarbonsäureester.  Das  Dikalium- 
salz  der  Acetondicarbonäthylestersäure  liefert  bei  der  Elektrolyse  den  Succinyldiessig- 
säurediäthylester.  Dieser  gibt  mit  Ammoniak  oder  Aminen  Pyrrolderivate,  z.  B.  n-Methyl- 
pyrroldiessigester.  Aus  dem  Monomethylester  der  Acetondicarbonsäure  entsteht  weniger 
glatt  das  entsprechende  Methylderivat  der  Succinyldiessigsäure,  das  den  N-MethylpjTrol- 
diessigsäuredimethylester  liefert '). 

*  * 

Der  genau  ersichtliche  und  genau  studierte  Zusammenhang  z\vischen  der 
Konstitution  und  der  Wirkung  des  Cocains  forderte  geradezu  auf,  analog  wir- 
kende Körper  auf  Grund  der  gewonnenen  Resultate  darzustellen.  In  erster 
Linie  war  es  die  nahe  Verwandtschaft  zwischen  dem  Ekgonin  und  dem  Tropin, 
die  zu  Versuchen  Veranlassimg  gab,  vom  Tropm  ausgehend  zu  cocaiuähnlichen 
Körpern  zu  gelangen.  Mehrere  Umstände  mußten  zu  solchen  Versuchen  er- 
muntern: der  manchmal  sehr  hohe  Preis  des  Cocains,  eine  bestimmte  Giftigkeit 
desselben  und  die  rauschartigen  Wirkungen,  die  sich  oft  an  den  Gebrauch  des- 
selben schlössen,  schließUch  ein  Umstand,  welcher  für  seine  Anwendung  bei 
Injektionen  luid  bei  Installationen  oft  hinderhch  war:  Cocainlösungen  leiden 
nämhch  beim  Sterilisieren  sehr,  da  sie  sich  beim  Kochen  zum  Teil  zersetzen, 
andererseits  sind  sie  aber  schlecht  haltbar,  da  sie  leicht  schimmeln. 

Ein  Versuch,  derart  ein  Cocain  zu  erhalten,  welches  man  nicht  zu  steri- 
hsieren  braucht  und  dessen  Lösungen  doch  steril  bleiben,  wurde  durch  Darstel- 
Ixmg  des  Cocainum  phenoUcum,  emes  Gemenges  von  Phenol  und  Cocain  gemacht. 
Dieser  Körper  hat  jedoch  keine  große  Verbreitung  gewonnen-). 

Auch  die  Anwendung  eines  adstringierenden  Doppelsalzes  des  Cocains  mit  Aluminium- 
nitrat hat  gar  keine  Verbreitung  gefunden^). 

Die  Tropinverbindungen. 

W.  Filehne^)  hat  auf  die  schwach  lokalanästhesierende  Wirkving  des 
Atropins  hingewiesen,  welches  als  Ester  derTropasäure  mit  Tropin  aufzufassen  ist 

CH2 CH CH2 

I 
■CH, 
I 
-CH CH  CH„  •  OH 

Während     Homatropin,     welches    die    in    der    Älitte    zwischen    Tropasäure 

CjHj  •  CH<^,Q^g.       und  Benzoesäure  stehende  Mandelsäure  C5H5  •  CH<pQQg 

enthält,  schon  eine  stärkere  Wirkung  besitzt,  zeigt  nach  Filehne  Benzoyl- 
tropein  eine  exquisit  lokalanästhes'erende  Wirkung.  Li  weiteun  Versuchen 
mit  Benzoylderivaten  anderer  Alkaloide,  und  zwar  des  Morphins,  Hydro- 
kotamins,  Chinins,  Cinchonins  usw.  zeigte  es  sich,  daß  fast  alle  diese  Derivate 
mehr  oder  weniger  starke  lokalanästhesierende  Wirkung  haben.  Dieses  war 
der  Grund  für  die  nicht  ohne  weiteres  richtige  Filehnesche  Annahme,  daß 
die  Verestenmg   mit   Benzoesäure   beim  Cocain   das  WesentUche   xmd  Wirk- 

1)  Richard  Willstätter.DRP.  300672.  —  B.  Willstätter  und  Adolf  Pfannen- 
stiel, Liebigs  Ann.  -123,  1  (1921).  —  R.  Willstätter  und  Max  Bommer,  ebenda  488, 
15  (1921).  2)  Viau,  Nouveaux  remedes  I88T,  192. 

ä)  DRP.  88  436.  ■")  Berl.  klin.  Wochenschr.  1887,  107. 


342  Alkaloide. 

same  für  die  anästhesierende  Wirkung  sei,  um  so  mehr  als  Ekgonin  nicht  an- 
ästhesierend wirkt. 

Die  Idee  vom  naheverwandten  Tropin,  statt  vom  Ekgonin  aus,  zu  cocaia- 
ähnlichen  Körpern  zu  gelangen,  hat  vielfache  Versuche  gezeitigt.  Wie  er- 
wähnt, kommen  dem  Atropin,  dem  Ester  der  Tropasäure  und  des  Tropins 
schwach  anästhesierende  Eigenschaften  zu. 

Tropin  selbst  wirkt  bei  Katzen  in  Dosen  von  0.8  g  intern  noch  nicht.  Lokal 
appliziert  erzeugt  es  keine  Mydriasis,  während  bei  AUgemeinvergLftung  starke 
Pupillenerrweiterung  und  Aufhebung  der  Lichtempfindlichkeit  sich  einstellt. 
Der  durch  Muscarin  verursachte  Herzstillstand  \vird  erst  durch  hohe  Gaben 
Tropin  beseitigt.  Tropin  wirkt  auf  das  Muscarinherz  ähnlich  wie  Campher, 
nicht  aber  wie  Atropin. 

Von  dem  per  os  eingeführten  Atropin  (und  Hyoscyamin)  ■wird  ein  Teil  un- 
verändert ausgeschieden.  Im  Harne  findet  man  Tropin.  Das  Kaninchen  vermag 
Tropin  zu  verbremien,  ebenso  zum  Teil  die  Tropasäure.  Wahrscheinhch  wird 
Atropin  zmiächst  verseift  und  die  Komi^onenten  oxydiert  i). 

Ersetzt  man  den  Hydroxylwasserstoff  des  Tropins  durch  Radikale  alipha- 
tischer Säuren,  so  erhält  man  TroiDciue,  welche  nach  den  Untersuchungen  von 
R.  Gottlieb^)  nicht  bloß  quantitativ  vom  Atropin  verschieden  -wirken,  sondern 
dessen  periphere  Wirkungen  gänzlich  vermissen  lassen.  Dieses  ist  der  Fall  bei 
Acetyltropein  und  Succinyltropein.  Bei  einzelnen  Estern,  z.  B.  beim  Lactyl- 
tropein  (C8H14N)  •  O  •  CO  •  CH(OH)  •  CH3  sowie  auch  bei  aromatischen  Estern 
können  Pupillen-  und  Herz  Wirkungen  fehlen.  Tropin  selbst  und  die  wenig 
giftigen  Tropeine  sind  Reizmittel  für  das  Herz,  während  eine  solche  Wirkung 
sich  bekanntlich  beim  Atropin  nicht  nachweisen  läßt. 

Lactyltropein,  weldies  als  Herzmittel  hätte  in  Anwendung  gebracht  werden  sollen, 
wurde  durch  Kondensation  von  Milchsäure  mit  Tropin  bei  Gegenwart  von  Salzsäure  als 
Kondensationsmittel  dargestellt.  Es  entsteht  auch  durch  Einwirkung  von  Slilchsäure- 
anJiydrid  oder  Milchsäureester  auf  Tropin''). 

Es  ist  merkwürdig,  daß  erst  diu"ch  den  Eintritt  einer  aromatischen  Säure- 
gruppe die  Tropeine  jene  Eigenschaften  erhalten,  periphere  Wirkmigen  (Dila- 
tation der  Pupille,  Anästhesie  usw.)  auszulösen. 

Das  erste,  künstUch  dargestellte  aromatische  Derivat  des  Tropins  war 
Benzoyltropein.  Buchheim*)  koimte  den  Satz,  daß  er.st  der  Eintritt  von 
aromatischen  Säureradikalen  die  Tropeine  wrksam  macht,  durch  die  Darstellung 
luid  Prüfung  dieser  Verbindmig  erweisen. 

Die  pupillenerweiternde  Wirkung,  welche  dem  Atropin  und  dem  Cocain 
eigen  ist,  kommt  auch  einem  häufig  verwendeten  künstlichen  Tropeine  zu,  dem 
Mandelsäuretropein  (C8H14N)  •  0  •  CO  •  CH(OH)  •  CgHj ,  welches  unter  dem 
Namen  Homatropin,  neben  dem  Atropin  selbst,  eine  gewisse  Anwendung  m  der 
Augenheilkunde  gefunden  hat^). 

Atropamin  H 

C  cH, 


/  \  II 

J„",CH  •  O  •  CO  •  C 

C„H, 


I 
CH, 


CH3N!,      ,     a'CHj 

C 
H 


1)  A.  Heffter,  BZ.  40,  47  (1912). 

-)  AePP.  3T,   128.    Siehe  auch  Mercks  Ber.  f.   1889,  7  und  15. 

=)  DRP.  79  870.  *)  AePP.  5,  463.  ^)  DRP.  95  853. 


Die  Tropinverbindungen.  343 

PPT 

das  Tropein  des  Tropins  mit  der  Atropasäure,  C5H5  •  C^pfN^xr   («-Phenylacryl- 

säure)  zeigt  aber  keine  mydriatische  Wirkung  trotz  der  nahen  Verwandtschaft 
dieser  Säure  mit  der  Tropasäure  aus  dem  Atropin^). 

Es  ist  daraus  ersichtlich,  daß  es  nicht  genügt,  wenn  eine  aromatische  Säure 
in  das  Hydroxyl  des  Tropins  eintritt,  sondern  es  müssen  dieser  Säure  noch  andere 
Eigenschaften  zukommen.  Betrachtet  man  nun  einige  Derivate  des  Tropins  mit 
aromatischen  Säureradikalen,  so  wird  die  Ursache  der  mydriatischen  Wirkung  klar. 

Der  Benzoylester  des  Tropins  (CgHuN)  •  O  •  CO  •  C^ü^  ist  zwar  giftig,  wirkt 
aber,  wie  früher  behauptet  wurde,  nicht  mydriatisch,  erzeugt  jedoch  deuthch 
Anästhesie. 

Die  entsprechende  Salicylverbindung :  Sahcyltropein  (C8Hj4N)  •  0  •  CO 
•  CgH^  •  OH  ist  ohne  mydriatische  Wirkung. 

Die  Phenylglykolsäure-  (Mandelsäure- ) Verbindung 
(CgHi^N)  •  O  ■  CO  •  CH(OH)  •  C^K^ 

ist  weniger  giftig  als  Atropin,  hat  aber  die  gleiche  mydriatische  Wirkung. 

Die  Zimtsäureverbindung  (CgHi^N)  •  O  •  CO  •  CH  :  CH  •  C\B.^  ist  sehr  giftig, 
aber  ohne  mydriatische  Wirkung. 

Während  Atropamin  (C8H14N)  •  0  •  CO  •  C(C|.H5)  :  CH,  ohne  mydriatische 
Wirkung  ist,  wirkt  Pseudoatropin  (CgHi^N)  •  0  •  CO  •  C(OH)(C6H5)(CH3)  (Atro- 
lactyltropein)  mydriatisch. 

Milchsäuretropein  (CgHi^N)  •  O  •  CO  •  CH(OH)  •  CH3  erregt,  wie  vorher 
erwähnt  wurde,  die  Herzbewegungen  luid  die  Respiration. 

Es  existieren  also  verschiedene  Bedingungen,  einerseits  für  das  Giftigwerden 
des  Tropins  und  andererseits  für  seine  Eigenschaft,  Mydriasis  hervorzurufen. 
Die  Giftigkeit  und  die  mydriatische  Eigenschaft  beruhen  nicht  auf  derselben 
Atomgruppierung,  es  muß  zu  einem  giftigen  Tropein  noch  eine  Gruj)pe  treten, 
um  ihm  die  mydriatische  Eigenschaft  zu  verleihen. 

Die  Tropeine,  welche  mydriatische  Eigenschaften  zeigen,  haben  alle,  außer 
dem  aromatischen  Säureradikal,  welches  die  Giftigkeit  der  Tropeine  bedingt, 
ein  alkoholisches  Hydroxyl  in  dem  aromatischen  Säureradikal,  diejenigen,  welche 
nur  ein  Phenolhydroxyl  haben,  sind  ohne  Einwirkung  auf  die  Pupille. 

Die  Tropasäure  kann  auch  aus  anderen  Basen  vermöge  ihres  alkohohschen 
Hydroxyls  mydriatische  Effekte  auslösen. 

So  ist  Pseudohyoscyamin  (Norhyoscyamin)  wenig  giftig,  wirkt  aber  my- 
driatisch. Bei  der  alkalischen  Sj^altung  zerfällt  es  in  Tropasäure  und  die  Base 
CgHjgNO  (Ladenburgs  Pseudotropm),  die  mit  Tropin  nicht  identisch  ist. 

Doch  muß  das  alkohoUsche  Hydroxyl  nicht  frei  sein,  auch  die  Acylderivate 
solcher  Verbindungen  wirken  mydriatisch-). 

Es  wurde  von  den  älteren  Forschern  stets  angegeben,  daß  die  ahpha- 
tischen  Tropeine  sowie  die  aromatischen,  welche  kein  alkoholisches  Hydroxyl 
in  der  Seitenkette  haben,  keine  Wirkung  auf  die  Pupille  haben. 

Neuere  umfassende  Untersuchungen  von  Jowett  und  Pyman  haben 
jedoch  wesentlich  andere  Ergebnisse  gezeitigt. 

Tropin,  welches  keine  Lokalwirkung  auf  das  Auge  hat,  macht  bei  der  Katze 
mtern  in  großen  Dosen  eine  starke  Mydriasis,  und  ähnhches  machen  Tropeine, 
welche  kerne  Lokalwirkung  haben.  So  macht  z.  B.  das  Lacton  des  o-Carboxy- 
phenylglyceryltropeins ^ )  nach  Injektion  Mydriasis. 

>)  Marcacci  und  Albertoni,  Giorn.   della  Accad.  di  Medie.  di  Torino   1884. 

-)  DRP.   151  189. 

=)  Jowett  und  Pyman,  Journ.  Chem.  Soc.  Transact.,  London  91,  92  (1907). 


344  Alkaloide. 

Bei  der  Untersuchung  der  Tropeine  mit  aliphatischen  Säuren  zeigten 
Acetyl-,  Succinyl-  und  Lactyltropeine  die  oben  beschriebenen  Wirkungen 
(s.  R.  Gottlieb). 

Glykolyl-  und  Methylparaconyltropeine^)  CH2(0H)  •  COOT  und 

CH3  •  CH CH  •  CO  •  OT 

I  \ 

O  — CO  — CHj 

sind  unwirksam,  aber  Terebyltropein 

CHj 
I 

CH3  ■  C CH  ■  COOT 

1  \ 

O  .  CO  ■  CHj 

hat  nur  eine  sehr  schwache  mydriatische  Wirkung.  Unter  gleichen  Bedingungen 
geprüft  wie  die  anderen  ist  es  unwirksam,  ebenso  Tartryltropein 

CH  (OH)  •  COOT  CH  •  COOT 

I  und  Fumaroyltropein  II 

CH  (OH)  ■  COOT  -^  CH  •  COOT 

so  daß  kein  aliphatisches  Tropein,   welches  bis  jetzt  bei  der  Katze  geprüft 
wurde,  mydriatisch  wirkt. 

Terebyltropein    C(CH3)2— CH  •  CO-CgHuON     und    Phthalidcarboxyltropein 
I  I 

O  —  CO  —  CH, 


00 


^O  wirken  atropinartig  auf  das  Herz. 


CO 

Sie  enthalten  beide  Lactongruppen.  Sie  verlieren  diese  Wirkimg,  wenn 
man  die  molekulare  Menge  Alkali  zur  Lösung  zusetzt.  Terebyltropein  wirkt 
deutlich  mydriatisch,  ohne  ein  alkoholisches  Hydroxyl  zu  besitzen,  aber  bei 
allen  Verbindungen  zeigt  es  sich,  daß  das  alkoholische  Hydroxyl  für  das  Zu- 
standekommen der  mydriatischen  Wirkimg  besonders  günstig  zu  sein  scheint'). 
Diese  Lactone  verlieren  ihre  physiologische  Wirksamkeit  beim  Übergang  in  die 
entsprechenden  Oxysäuren. 

Tropeine  mit  substituierten  Benzoesäuren  verhalten  sich  fo'gendermaßen: 

Benzoyltropein  ist  mydriatisch  so  stark  wirksam  wie  Homatropin  (Jowett 
und  Pyman). 

Nach  Lade  nb  urg  ist  o-Hydroxybenzoyltropein  (Salicyltropein)  unwirksam, 
aber  m-Hydroxybenzoyltropein  wirkt  mydriatisch^).  Hingegen  zeigen  Jowett 
und  Pyman,  daß  beide  bei  innerer  Applikation  aktiv  sind. 

Phthaloyltropein  ist  unwirksam.  p-Hydroxybenzoyltropein  ist  unwirksam. 
Protocatechyltropein  (0H)2  •  CgHj  •  COOT  ist  unwirksam. 

Tropeine  substituierter  Hydratropasäuren  verhalten  sich  folgendermaßen: 

r-Tropyltropein  (Atropin)  ist  wirksam,  ebenso  Acetyltropyltropein. 

Atroglyceryltropein  cH,  •  OH 


OH 
steht  in  seiner  Wirksamkeit  zwischen  Atropin  und  Homatropin. 


1)  Jowett  und  Hahn,  Journ.  Chera.  Soc.  Transact.,  London  89,  357  (1906). 
^)  Jowett  und  Hahn,  Proceed.  Chem.  Soc.  London  22,  61.  —  Journ.  Chera.  Soc. 
Transact.,  London  89,  357  (1906).  »)  Ladenburg,  Liebigs  Ann.  2IT,  82  (1883). 


Die  Tropinverbindungen.  345 

AEe  Tropeine  substituierter  Phenylessigsäuren  haben  mydriatische  Eigen- 
schaften in  mehr  oder  weniger  starkem  Grade.  Phthahdcarboxyltropein,  in 
welchem  die  Hydroxylgruppe  zur  Lactongruppe  kombiniert  ist,  ist  ein  mäßiges 
Mydriaticum,  und  so  wirkt  auch  Phenylacetyltropein,  welches  keine  Hydroxyl- 
gruppe enthält.  Der  Ersatz  der  Hydroxylgruppe  durch  Chlor  oder  die  Amino- 
gruppe  (Phenylchloracetyl-  und  Phenylaminoacetyltropeine)  macht  die  Sub- 
stanzen noch  wirksam,  aber  viel  weniger  als  Homatropin. 

Bei  den  drei  isomeren  Methylamygdalyltropeinen  sieht  man  folgendes 
Verhalten:  die  o-  und  m-  sind  einander  gleich  und  stärker  mydriatisch  wirk- 
sam als  Homatropin;  die  p-Verbindung  ist  ein  wenig  geringer  wirksam. 

Tropeine  substituierter  Phenylpropionsäuren : 

Zimtsäuretropein ,  das  Lacton  des  o-Carboxjrphenylglyceryltropeins  und 
Isocumarincarboxyltropein  sind  unwirksam. 

/i-Phenyl-«-hydroxypropionyltropein  CgHg  •  CHa  •  CH(OH)  •  COOT  ist  iso- 
mer mit  Atropin  und  stark  mydriatisch  wirksam. 

/J-2-Pyridyl-Ä-hydroxypropionyltropein  (Ersatz  des  Benzolrings  durch 
Pyridin)  schwächt  die  Wirkung  stark  ab. 

Tropeine,  in  deren  Säureradikal  die  Phenyl-  und  Carboxylgruppe  durch 
eine  Iminogruppe  getrennt  sind: 

Hippuryltropein  ist  dem  Lactyltropein  ähnhch  und  fast  inaktiv,  ebenso 
Phenylcarbamotropein . 

Die  Ansicht,  daß  zum  Zustandekommen  der  Wirkung  die  Säure  einen  Ben- 
zolkem  und  eine  alkoholische  Hydroxylgruppe  in  der  Seitenkette,  welche  die 
Carboxylgruppe  trägt,  haben  muß,  ist  nicht  ganz  haltbar.  Auch  das  Pyridyl- 
derivat  wirkt  mydriatisch.  Ferner  bleibt  die  mydriatische  Wirkung  des  AtropLns 
erhalten,  weiui  die  Hydroxylgruppe  gegen  Acetoxyl,  Chlor  oder  Brom  ausge- 
tauscht wird.  Die  Hydroxylgruppe  des  Homatropins  kann  gegen  Wasserstoff, 
Chlor  oder  eine  Aminogruppe  ausgetauscht  werden  oder  in  Lactonform  ge- 
schlossen sein.  Femer  sind  o-  imd  m-Hydroxybenzoyl-  und  Benzoyltropeine 
mydriatisch  wirksam. 

Die  Tropeine  substituierter  Hydratropa-,  Phenylessigsäure-  und  Phenyl- 
propionsäuren sind  alle  wirksam  mit  Ausnahme  der  Lactone  der  o-Carboxy- 
phenylglyceryltropeine  imd  solchen,  welche  eine  ungesättigte  Bindung  in  der 
Seitenkette,  die  die  Carboxylgruppe  enthält,  tragen. 

Trotzdem  die  Ansicht,  daß  zum  Zustandekommen  der  Wirkmig  die  alko- 
hohsche  Hydroxylgruppe  gehört,  unrichtig  ist,  sieht  man  doch,  daß  solche 
Tropeine,  welche  stärker  oder  gleich  wirksam  sind  wie  Homatropin,  eine  alko- 
holische Hydroxylgruppe  enthalten. 

Die  stärkst  wirksamen  Tropeine  sind  einander  isomer: 

Atropin  Atrolactyltropein  /J-Phenyl-(5(-hydroxj'propionyl- 

CHj  ■  OH  CH3  tropein 

CgHj  — CH    COOT  CsHj  — C  — COOT  CjHj  •  CH,  ■  CH(OH)  ■  COOT») 

OH 

Das  Lacton  des  o-Carboxyphenylglyceryltropeins,  welches  ein  Lacton  ist 
und  zugleich  ein  alkohob'sches  Hydroxyl  hat, 

,C0 O 

CeH/  I 

^CH{OH)  •  CH  •  CO  •  CgHiiON 

»)  Jowettund  Pyman,  Proceed.  of  the  VTIth  intern.  Congress  of  Applied  Chemistry, 
London  1909. 


346  Alkaloide. 


ferner  Isocumarincarboxyltropein 


^CO  — O 
CH  = 


sowie  die  Alkylbromide  der  Tropeine  und  des  Homatropins  sind  nur  schwach 
mydriatisch  und  verlieren  ihre  physiologische  Wirksamkeit,  wenn  man  sie  in 
die  entsprechenden  Osysäuren  überführt  ^). 

Chlor-  und  Bromhydratropyltropeine  stehen  qualitativ  dem  Atropin  sehr 
nahe ;  sie  rufen  gleich  dem  Atropin  Erweiterung  der  PupiUe  hervor.  Hinsichthch 
der  Stärke  und  Dauer  dieser  Wirkung  aber  bestehen  deutliche  Unterschiede. 
Für  Meerschweinchen  ist  die  allgemeine  Giftigkeit  des  Chlorhydratropyl- 
tropeins  beträchtlich  geringer  als  die  des  Atropins,  die  Reizwirkung  auf  die 
Augenbindehäute  größer.  Es  erzeugt  eine  ausreichende  Mydriasis.  Die  Wirkung 
des  Bromhydratropyltropeins  entwickelt  sich  viel  langsamer  und  ist  weniger 
intensiv  als  bei  der  gleichen  Dosis  der  Chlorverbindung  trotz  gleicher  Reiz- 
erscheinungen 2). 

Zum  Zustandekommen  der  mydriatischen  Wirkung  eines  Tropeins  ist  nach 
obigen  Untersuchungen  qualitativ  dem  alkohoHschen  Hydroxyl  ein  Halogenatom 
gleich'). 

...  -^T  j  •     •  CHoOH 

Atropin  Mydriasin  , 

CH,  — CH CH,  CHo-OH  CH,  — CH CHOOC  — CH 


i  I  / 

N  •  CHj  CH  •  OOC  ■  CH 

\ 


I  i  \ 

N  •  CH3  CH,  C.He 

I 


CHa  — CH CH,  CgHs  CHj  — CH CHj 

Durch  die  Verschiebung  des  Tropasäurerestes  im  Atropinmolekül  ist  aus 
dem  Troi^asäm-eester  des  Tropins,  dem  Atroi^in,  der  Tropasäureester  des 
Homotropins  (Mydriasin)  geworden.  Auf  Pupille  und  Vagus  wirkt  der  Körper 
quahtativ  wie  Atropin,  die  mydriatische  Wirkung  ist  beim  Menschen  aber 
auch  quantitativ  gleich  der  des  Atropins.  Als  Vorzug  vor  dem  Atropin  ergab 
sich  aber,  daß  Mydriasin  die  unangenehmen  Nebenwirkungen  auf  die  Akkom- 
modation nicht  zeigte  vne  das  Atropin.  Die  gleichen  Vorzüge  zeigen  aber 
auch  Mydrin  und  Euphthalmin. 

Man  läßt  auf  Alkamine  die  Haloide  von  Oxycarbonsänren  einwirken,  bei  denen  ent- 
weder der  Wasserstoff  der  Hydroxylgruppe  durch  ein  organisches  Radikal  oder  die  ganze 
Hydroxylgruppe  durch  Halogen  ersetzt  ist.  Die  so  erhaltenen  Alkaminester  stehen  den 
niehtsubstituierten  Alkaminestern  physiologisch  sehr  nahe,  so  z.  B.  zeigen  Acetyltropein, 
Acetyltropyllupinein,  Clüorhydraatropyltropein  mydriatische  Wirkungen.  Acetyltropyl- 
tropein,  aus  Acetyltropasäiu'echlorid  imd  salzsaurem  Tropin,  geht  durch  Abspaltung  der 
Acylgruppe  glatt  in  Atropin  über''). 

Besonders  leicht  geht  die  Abspaltung  der  Acylgruppe  bei  den  Fettacidylgruppen, 
und  zwar  durch  Behandlung  der  Acidylderivate  mit  Säuren  oder  ähnlich  wirkenden  Agen- 
tien.  Man  kann  so  fast  quantitativ  Atropin  aus  Acetyltropyltropein  mittels  konzentrierter 
Salzsäure  erhalten,  ebenso  Tropyllupinein  aus  Acetyltropyllupinein,  Salicyltropein  aus 
Acetylsalicyltropein^). 

Oxymethylenphenylessigester  wird  mit  Reduktionsmitteln  behandelt  vmd  der  ent- 
stehende Tropasäureester  verseift.  Die  so  entstellende  Tropaaäure  ist  identisch  mit  der 
aus  Atropin  entstehenden.  Die  Patentschrift  enthält  Beispiele  für  die  Anwendung  von 
aktiviertem  Aluminium  und  von  Wasserstoff  in  Gegenwart  von  Palladiumchlorür  als 
Reduktionsmittel '). 


')  Siehe  auch  C.  R.  Marshall,   AePP.  Schmiedeberg-Festschrift  1908,  Suppl.  389. 

- )  L.  L  e  w  i  n  vmd  G  u  i  1 1  e  r  y ,  Wirkungen  von  Arzneimitteln  auf  das  Auge.   Berlin  1905. 

3)  R.  Wolffenstein,  BB.  41,  732  (1908). 

*)  Braunschweiger  Chminfabrik,  DRP.    151  189. 

5)  Braunschweiger  Chminfabrik,  DRP.  157  693.         «)  Grenzach,  DRP.  302  737. 


Die  Tropinverbindungen.  347 

Die  mydriatische  Wirkung  des  Atropins  hängt  nicht  allein  von  dem  Tropa- 
säureanteil  des  Atropins  ab.  Verestert  man  die  Tropasäiire  mit  einem  nicht 
cyclischen  Aminoalkohol,  z.  B.  Dimethylaminopropanol  zum  Dimethylamino- 
propanoltropasäureester 

(CH3)„N(CH2)3  •  O  ■  CO  ■  ch/'^^^OH 
---CHoOH 

so  sieht  man  trotz  des  Fehlens  des  Ringsystems  deutlich  eine  vaguslähmende 
Wirkung.  Größere  Dosen  lähmen  den  Darm.  Es  wird  nur  eine  geringe  Mydriasis 
hervorgerufen  1) . 

Atropinmethylnitrat  und  Atropinäthylnitrat  üben  keine  Wirkiuig  auf  die 
Großhirnrinde,  hingegen  ist  die  Pupillen  Wirkung  erhalten. 

Man  erhält  sie  durch  Umsetzung  der  Atropinalkylhaloide  mit  Nitraten  der  Schwer- 
inetalle    oder    durch   Behandlung    der    freien    Atropinalkylhydroxylbasen    mit    Salpeter- 


saure 


Man  erhält  diese  Verbindungen  ferner  durch  Einwirkung  von  Alkylnitraten  auf  Atro- 
pin  oder  durch  Umsetzung  des  Atropinniethj'lsulfats  mit  Nitraten  des  Bariums  oder 
Bleies'). 

Durch  Einwirkung  von  Alkylbromid  auf  Atropin,  Hyoscyamin,  Homatropin,  Scopol- 
amin  erhält  man  die  entsprechenden  bromwasserstoffsauren  Salze  der  quaternären  Basen, 
denen  die  Gellimwirkungen  fehlen'). 

Nach  Vaubel^)  und  Darier^)  ist  Atropinmethylbromid  weniger  giftig 
als  Atropin.    Es  soU  als  Atropinersatzmittel  dienen'). 

Eine  0.5%ige  Lösung  von  Homatropinmethylbromid  erweitert  die  Katzen- 
j)upille  stärker  und  rascher  als  Homatropinbromid  gleicher  Konzentration,  aber 
Homatropinäthjdbromid  macht  nur  leichte  Mydriasis. 

Atropinbrombenzylat  Cj^HjgXOa  ■  C^Hj  •  CHoBr  hat  deuthch  mydria- 
tische Wirkung.  0.3  g  subcutan  einem  Hunde  einverleibt  macheu  unsicheren 
Gang,  depressives  Stadium  und  nach  3  Stunden  Erholmig. 

Tropinjodbenzylat  und  Tropinjodessigsäuremethylester  erzeugen  völlige 
Lähmung,  von  der  letzteren  Substanz  benötigt  man  doppelt  soviel.  Von  den 
Tropinammoniumbasen  sind  verhältnismäßig  hohe  Dosen  erforderhch,  um  vöUige 
Lähmmig  hervorzurufen. 

Novatropin  ist  Homatropinmethylnitrat. 

Die  Basen  der  Tropein-  imd  Scopoleinreihe  lassen  sich  unter  geeigneten  Bedingungen 
mit  den  Scliwefligsäuredialkylestem  zu  Anlagerungsprodukten  vereinigen').  Es  entstehen 
auf  diese  Weise  Alkylammoniumalkylatsulfite.  Durch  Vereinigung  von  Atropin  mit 
Dimethylsulfit  erhält  man  beispielsweise  Methylatropiniummethylatsulfit  nach  der 
Gleichung : 


OCH3         ri    TT     /-.  X-  ^CH, 

3 


SO<^^^3  =  c,,Hj30„N< 


Die  so  erhaltenen  quaternären  Alkylammoniumsulfitalkylate  lassen  sich  mit  Metall- 
halogeniden  und  mit  MetaUnitraten  umsetzen.  Methylatropiniimaäthylsulfit  bildet  eine 
äußerst  hygroskopische  Masse,  welche  aus  absolut  alkoholischen  Lösungen  mit  trockenem 
Äther  krystaUinisch  gefällt  werden  kann.  Beschrieben  ist  die  Darstellung  von  Atropinbrom- 
methylat,  F.  220°  (aus  Methylatropiniummethylatsulfit  und  BromkaUvmi),  sowie  von 
Atropinmethylnitrat. 


1)  Wilhelm  Wichura,  Zeitsclir.  f.  exper.   Pathol.  u.  Ther.  30,   I   (1919). 

2)  Bayer-Elberfeld,  DRP.   137  622.  ')  Bayer-Elberfeld,  DRP.   138  443. 
*)  Mei-ck- Darmstadt,  DRP.    145  996. 

')  Wochenschr.   f.   Therap.   imd  Hyg.   des  Auges  6,  Nr.  2. 
«)  ainique  Ophthahnologique  Ami.   190ä,   318. 
')  Aronheim,  Berliner  klin.   Wochensclu".    1904,   756. 
8)  A.  Gerber,  Bonn  a.  Rhein,  DRP.  228  204. 


348  Alkaloide. 

Die  quatemären  Ammoniumbasen  der  Tropeine  lähmen  die  motorischen 
Nervenendigungen  iingefäkr  8 — lOfach  stärker  als  die  Stammverbindungen, 
hingegen  ist  ihre  reizende  Wirkung  auf  das  Zentralnervensystem  beim  Frosch 
imgefähr  30 — 50  mal  geringer.  Das  N-Methylieren  steigert  die  den  Herzvagus 
lähmende  Wirkmig  der  Tropeine  beim  Frosch  ungefähr  Sfach.  Bei  den  Darm- 
bewegmigen  vermindert  sich  die  Wirkung  der  Tropeine  durch  das  N-Methy- 
heren  auf  den  Auerbachschen  Plexus,  hingegen  wird  ihre  lähmende  Wirkung 
auf  die  Vagusendigungen  verstärkt.  Die  mydriatische  Wirkung  des  Hom- 
atropinmethylnitrats  ist  stärker  als  die  des  Homatropins.  Z^^ischen  Atropin 
imd  seinen  quatemären  Ammoniumbasen  hingegen  ist  kein  Unterschied  in 
dieser  Hinsicht  zu  finden*). 

Atropin  ist  in  seiner  Wirkimg  auf  die  Speicheldrüse  20  mal  stärker  als 
d-Hyoscyamin,  1-Hyoscyamin  40  mal  so  stark  als  die  rechtsdrehende  Ver- 
bindung. Von  den  beiden  optisch  isomeren  Homatropinen  erwies  sich  die 
Hnksdrehende  Form  nur  als  doppelt  so  wirksam  wie  die  rechtsdrehende:  Das 
racemische  Homatropin  ist  ungefähr  30  mal  schwächer  als  Atropin.  Vergleicht 
man  die  doppelte  Wirksamkeit  der  linksdrehenden  Modifikation  des  Homa- 
atropins  gegenüber  der  rechtsdrehenden  mit  der  40  mal  stärkeren  Wirkvmg  des 
1-Hyoscyamin  gegenüber  seinen  Isomeren,  so  ergibt  sich,  daß  der  Einfluß  der 
Drehmigsrichtung  in  dieser  Gruppe  einander  nahestehender  Gifte,  denen  wir 
zweifellos  die  gleichen  Angriffspunkte  zuschreiben  müssen,  sich  im  gleichen 
Sinne  geltend  macht,  aber  in  beiden  Fällen  sehr  ungleich  stark.  Cushny^) 
schließt  daraus,  daß  die  Wirkung  der  verschiedenen  Tropeine  auf  einer  gleich- 
artigen chemischen  Reaktion  mit  den  Angriffspunkten  beruht,  daß  die  physika- 
lischen Eigenschaften  der  entstehenden  Reaktionsprodukte,  ihre  LösHchkeit  usw. 
aber  je  nach  der  Drehungsrichtung  wesenthch  differieren.  Durch  diese  Ver- 
schiedenheiten wird  die  verschiedene  Wirkungsstärke  auch  bei  Annahme  gleich- 
artiger Reaktion  erklärt.  Gestützt  wird  diese  Erklänmg  durch  die  von  Cushny 
gefimdene  Analogie  bei  der  Reaktion  der  optisch-isomeren  Tropeine  mit  den 
optisch-aktiven  Camphosulf onsäuren.  Diese  Verbindungen  zeigen  je  nach  der 
Drehungsrichtimg  des  Hyoscyamins  und  Homatropins  verschiedene  relative 
Löslichkeit,  imd  die  Differenz  zwischen  den  Löshchkeiten  der  entstehenden  Ver- 
bindungen erweist  sich  den  beiden  optisch  isomeren  Paaren  gleichfalls  als  ver- 
schieden groß. 

Für  die  Wirkung  ist  die  Gegenwart  eines  asjnnmetrischen  Kohlenstoff- 
atoms  in  dem  mit  Tropin  veresterten  Säureradikale  von  großer  Wichtigkeit. 
Auch  die  Tropeine  mit  aliphatischen  Säureradikalen  zeigen,  sofern  die  letz- 
teren einen  asymmetrischen  Kohlenstoff  enthalten,  eine  —  wemi  auch  nur  im- 
gemein  geringe  —  Atropinwirkimg.  Die  Tropeine  mit  aromatischen  Säure- 
radikalen zeigen  eine  große  Steigerung  der  charakteristischen  Tropeineigen- 
schaften,  die  dem  Tropin  selbst  fehlen,  durch  die  Gegenwart  einer  Hydroxyl- 
gruppe und  eines  asymmetrischen  Kohlenstoffes  in  der  Seitenkette.  Der  höchste 
Wirkungsgrad  -wird  erreicht,  wenn  das  ganze  Molekül  linksdrehend  ist.  Aber 
auch  die  rechtsdrehenden  Isomeren  sind  viel  stärker  wirksam  als  die  nächst- 
stehenden Homologen,  welche  keinen  asymmetrischen  Kohlenstoff  besitzen. 
Die  tabellarische  Aufstellung  zeigt,  wie  dementsprechend  ein  Sprung  in  der 
Wirksamkeit  von  den  Tropeinen  mit  einfacheren  aromatischen  Säuren  zum 
Homatropin  stattfindet,  obgleich  sich  Phenacetyltropein  vom  Homatropin  nur 
dadurch  unterscheidet,  daß  das  letztere  eine  Hydroxylgruppe  in  der  Seiten- 

»)  B.  Issekutz,  Zeitsehr.  f.  exper.  Pathol.  u.  Tlier.   19,  99  (1917). 

-)  A.  K.  Cushny,  Joum.  of  pharmacol.  and  exp.  therap.   15,  105  (1920). 


Die  Tropinverbindungen. 


349 


kette  enthält.    Die  Wirksamkeit  des  Atropins  zu  300  angenommen,  ergibt  sich 
für  die  Wirksamkeit  der  wichtigeren  Tropeine  die  folgende  Tabelle: 

1-Hyoscyamin 600 

Methylatropin       450 

Atropin 300 

d-Hyoscyamin 15 

1-flomatropin 14 

d  1-Homatropin 10 

d-Homatropin      .    . 
Phenylacetyltropein 
Benzoyltropein     .    . 
o-Oxybenzoyltropein 
m-Oxy  benzoyltropein 


p-Oxybenzoyltropein 
d-Tartryltropein  .    . 


v« 


Atropin  vmd  Benzoyltropein  wirken  in  bezug  auf  Anästhesie  gleich  stark. 
Wird  im  Tropan*) 


düo  —  CH — CHo 


NCH.    >CH» 


das  Hydroxyl  aus  der  Tropinstellung 

CHo  —  Oxx dl2 

I      \ 

NCH.     )CH   OH 


an  eine  andere  Stelle  gebracht,  z.  B.  im  Homotropin 


CH,— CH— CH  •  CH,  •  OH 


so  verhalten  sich  seine  Acylderivate  ganz  analog  den  Tropeinen:  Benzoyl- 
homotropin  ist  dem  Tropacocain,  Tropylhomotropein  (Mydriasin)  dem  Atropin 
gleichwertig.  Wenn  man  das  Hydroxyl  des  Tropins  entfernt  und  in  einem  am 
Stickstoff  befindlichen  Propylrest  in  /-Stellung  zum  Stickstoff  verankert,  so 
ist  das  entsprechende  Tropein 

CHa— CH CH  •  COO  ■  CjHb 

I  \ 

N(CHj)3  ■  O  •  CO  ■  CeHj    ^CHj 

CH2 — CH CHg 

dem  Cocain  eng  verwandt. 

Die  Verbindungen  j'-Oxjrpropyl-nortropan, 

CH2 — CH  CH2 

NCCHJs-OH    )CHj 

I  / 

CHg — CH CH2 

1)  J.  V.  Braun  und  Kurt  Räth,  BB.  53,  601  (1920). 


350 


Die  Tropinverbindungen. 


/S-Oxyäthyl-nortropan 


und  £-Oxyamylnortropan 


-CHo 


NECHjJä-OH    >CH2 

I  / 
CH, 


CHj— CH- 

I 


CH, 


NCCHjls  ■  OH      ^;CH2 


CH,— CH- 


-CH, 


und  zwar  deren  Benzoyl-  und  Tropylderivate  ergeben  eine  Analogie  mit  den 
gewöhnlichen  Tropeinen.  In  der  Stärke  der  Wirkung  treten  bedeutende  Unter- 
schiede zwischen  den  einzehien  Gliedern  zutage:  bei  den  Benzoylverbindungen 
stellt  sich  heraus,  daß  das  Benzoylderivat  der  j'-Reihe  und  auch  das  dem 
Benzoylderivat  fast  ganz  äquivalente  p-Amino-benzoylderivat  die  maximale 
anästhetische  Wirkung  zeigen,  daß  diese  stark  abnimmt,  wenn  man  unter  Ver- 
kürzimg der  Kette  zum  Oxyäthyl-  oder  unter  Verlängerung  zum  £-Oxyamylnor- 
tropanderivat  übergeht.   Ähnliches  beobachtet  man  bei  dem  Cocainanalogon 

CH2— CH CH  •  COO  ■  C2H5 


CHa 
2,  3  und  5. 


N  •  [CHJx  •  O  •  CO  •  CgH;        CH, 

I 


-CH- 


-CH, 


mit  X 

Etwas  anders  hegen  die  Verhältnisse  bei  den  Tropylverbindungen :  bei 
einer  dem  natürlichen  Ati-opin  ungefähr  gleichen  allgemeinen  Toxizität  aller 
drei  Gheder  zeigt  das  Tropasäurederivat  der  Oxyäthylverbindung  die  stärkste 
mydriatische  Wirkung,  beim  Übergang  zum  Oxjrpropyl  und  Oxyamylderivat 
sinkt  diese  plötzhch  fast  auf  Null. 

Das  Tropylderivat  von  /5-Oxyäthyl-nortropidin 

CH,— CH CH, 


CH, 


N-[CH2J,.0H    ) 

I                "  / 

-CH CH 


CH 


welches  eine  doppelte  Bindung  hat,  zeigt  keine  Zunahme  der  mydriatischen 
Wirkung  gegenüber  dem  Trojjasäureester  von  /j-Oxyäthyl-nortropan,  eher  eine 
Abschwächung,  die  Verstärkung  tritt  in  Erscheinung  in  der  benzoyherten 
Reihe,  nur  daß  sich  der  oi^timale  Punkt  von  Amin 


CH,— CH- 


-CH., 


N  •  [CHälj  •  OH    \CH 


ZU  Amin 


CHj 
CH2 

CH, 


-CH- 
-CH 


-CH 
CH, 


N  •  [CH„],  •  OH    >CH 

i             "■  / 

-CH CH 


verschiebt. 


(Dagegen  liegt  in  der  ungesättigten  Cocainreihe  das  Of)timum  genau  so  wie 
in  der  gesättigten  Reihe  beim  Ekkain  mit  j'-ständigem  benzoyliertem  Hydroxyl.) 


Tropacocain.  351 

Die  Benzoylverbinduiig  des  letzteren  Amins  ist  ein  stark  wirksames  ungiftiges 
Anästheticum,  das  dem  Ekkain  in  der  Wirkung  gleicht. 

Ganz  unabhängig  von  der  speziellen  Art  der  Verankerung  des  Hydroxj'ls 
in  Molekül  ist  deren  y-Stellung  zum  Stickstoff  in  den  meisten  Fällen  die  opti- 
male. Die  Dehydrierung  des  Kohlenstoff -Siebenringes  steigert  den  Grad  der 
Wirkung. 

Tropacocain. 

Die  Hoffnung,  von  dem  dem  Ekgonin  nahe  verwandten  Tropin 

H         H2 
H2C C C 

I  I  I 

NCH3CHOH 
I  I 

H,C C CH2 

H 
zu  einem  cocainartigen  Körper  zu  gelangen,  ^\'urde  nicht  auf  dem  Wege  der 
Spekulation  erfüllt,  sondern  durch  die  Entdeckung  des  Tropacocain,  eines 
Alkaloides  der  javanischen  Cocablätter,  welches  stärker  anästhesierend  wirkt 
und  weniger  giftig  ist  als  Cocain^).  Dabei  hat  dieses  Mittel  eine  große  Be- 
ständigkeit der  Einwirkung  von  Mikroorganismen  gegenüber,  so  daß  sich 
Lösungen  monatelang  halten  können,  während  Cocainlösungen  sich  rasch 
zersetzen.  Im  Gregensatze  zum  Cocain  inid  Atropin  erzeugt  Tropacocain  keine 
Mydriasis. 

Dieser  Umstand  ist  um  so  merkwürdiger,  wenn  man  die  Konstitution  dieses 
Körpers  in  Betracht  zieht. 

Tropacocain                             H         H2 
H,C C C 

"1  I  I 

NCH3  CHO-COCjHj 

I  1  I 

HjC C C 

H  H2 

ist  der  Benzoylester  des  Pseudotropins.  Pseudotropin  ist  eme  dem  Tropin 
isomere  Base,  für  welche  R.  Willstätter  eine  geometrische  Isomerie  an- 
nimmt. 

Die  Umlagerung  von  Tropin  in  Pseudotropin  gelingt  durch  Erhitzen  von  Tropin 
mit  Natriumamylat-).  Durch  Benzoylieren  des  so  gewonnenen  Pseudotropins  gelangt  man 
auf  synthetischem  Wege  zum  Tropacocain. 

Vom  Tropinon  kann  man  durch  Reduktion  mit  Natriumamalgam,  Aluminiumamal- 
gam  oder  metallischem  Natrium  zum  1/ '-Tropin  gelangen.  Am  vorteilhaftesten  bedient 
man  sich  der  elektrolytischen  Reduktion  in  saurer  Lösung  und  Ausäthern  aus  der  alkalisch 
gemachten  Lösung.  Das  schwerer  lösüche  i^'-Tropin  krystallisiert  aus  dem  eingeengten 
ätherischen  Extrakte  heraus,  während  Tropiu  in  Äther  gelöst  bleibt.  (In  saurer  Lösung 
elektrolysiert  entsteht  mehr  i/'-Tropin^).] 

Pseudotropin  erhält  man,  indem  man  1-Ekgonin  mit  einer  alkoholischen  Lösung  von 
mindestens  3  Mol.  eines  Alkahalkoholat«s  bzw.  IV2  Mol.  eines  Erdalkalialkoholates  unter 
Druck  auf  höhere  Temperaturen  erhitzt^). 

Auf  diese  Weise  bedingt  hier  die  geometrische  Isomerie  zweier  Basen,  des 
Tropins  und  des  Pseudotropins,  eine  vöUige  Verschiedenheit  der  physiologischen 
Wirkung  ihrer  Benzoyl Verbindungen. 

Benzoyltropein  bewirkt  PupiUenerweitermig  und  nuj-  schwache  Anästhesie, 
während  Benzoylpseudotropein  (Tropacocain)  intensivere  Anästhesie  als  Cocain 
macht,  hingegen  ist  es  ohne  Einwirkung  auf  die  PupUle,  welche  Einwirkmig  ja 

1)  Chadbourne,  Brit.  med.  Journ.   1892,  402.  ^j  x)KP.  88  270. 

ä)  E.  Merck,  DRP.   115  517.      *)  Majert,  DRP.-Anm.  N.  29  772  (zurückgezogen). 


352  Alkaloide. 

typisch  für  die  aromatischen  Tropeine  mit  alkohoUschem  Hydroxyl  im  aro- 
matischen Säiu-eradikal  ist. 

Nach  P.  Morgenroth  wirkt  Benzoyltropein  und  Benzoyl-iiy-tropeiii  gleich- 
stark anästhetisch,  beiden  fehlt  die  Daueranästhesie-'). 

Die  Pseudotropeine  der  Mandelsäure  C^H^  •  CH(OH)  •  COOH  und  Tropa- 

pTir       OTT 

säure  CeH5CH<pQ^g       (Ester   mit   Pseudotropin)   haben  im  Gegensatze  zu 

den  entsprechenden  Tropeinen  ebenfalls  keine  mydriatischen  Eigenschaften. 
Ebenso  zeigen  die  vom  Vinyldiacetonalkamin  als  Base  sich  ableitenden  künst- 
lichen Atropaalkaloide  auch  nur  in  der  einen  stereoisomeren  Form  physio- 
logische Wirksamkeit  2). 

Der  Umstand,  daß  Hyoscin  niu:  atropinartig,  aber  nicht  anästhesierend 
wirkt,  läßt  sich  daraus  erklären,  daß  das  durch  Spaltung  von  Hyoscin  erhaltene 
sogenannte  Pseudotropin  ganz  verschieden  ist  von  dem  soeben  besprochenen. 
Dieses  wird  nun  Oscin  genannt. 

Ein  dem  Cocain  isomerer  Körper  wird  nach  R.  Willstätter^)  auf  fol- 
gende Weise  aus  dem  Tropin  erhalten. 

Bei  gemäßigter  Oxydation  von  Tropin  mit  Chromsäure  in  Eisessiglösung 
entsteht  ein  Keton*),  Tropinon  genamit. 

Tropinon 
H 

/N 

HaC      I      CO 

I      CH,  I 


H 

Diese  Oxydation  zvim  Tropinon  aus  Tropin  oder  Pseudotropin  kann  auch  durch 
Kaliumpermanganat  in  stark  saurer  Lösung  bei  nicht  mehr  als  10°  C  ausgeführt  werden^). 
Auch  mit  Bleisuperoxyd  in  saurer  Lösung  bei  60 — 70°  C  kann  man  zur  gleichen  Substanz 
gelangen').  Auch  mit  alkalischer  Ferricyankaliumlösung  bei  mäßiger  Wärme').  Auch 
durch  anodische  Oxydation  unter  Anwendung  von  Bleielektroden*). 

Wie  Tropinon 

CHo — CH CHn 

/  I 

O  =  C(  N  ■  CH. 

\  I 

CH„— CH CH, 


läßt  sich  auch  das  kernhomologe  PseudopeUetierin 


O  =  CC  N  ■  CH,         >CH, 

\  \  / 

CH2 — CH — CH2 

durch  die  physiologische  Wirkung  seiner  Ester  mit  Tropasäure  und  Mandel- 
säure unterscheiden.  Methylgranatolin  bildet  Ester  von  stark  mydriatischer 
Wirkung,  während  Isomethylgranatohn  Ester  ohne  solche  Wirktmg  hefert^). 

>)  Berichte  der  dtsch.  pharmaz.  Ges.  39,  233  (1919).         ^)  BB.  29,  2730  (1896). 

S)  BB.  39,  396  (1896).  ")  DRP.  89  597.         ^)  DRP.   117  628. 

«)  DRP.  117  629.  ')  DRP.   117  630.  «)  DRP.   118  607. 

«)  Louis  F.  Werner,  Journ.  Americ.  Chem.  Soc.  40,  669  (1918). 


Tropacocain.  353 

Aus  dem  Tropinon  läßt  sich  auf  dem  Wege  der  Blausäureanlagerung  und 
Verseifung  des  Tropinoncyanhydrins 

H 


HjC 


CHJ~^CH 


CHj  •  N      CHjCHj 

H 

eine  Substanz  gewinnen,  welche  die  Zusammensetzung  des  Ekgonins  besitzt, 
aber,  im  Gegensatz  zu  diesem,  Carboxyl  und  Hydroxyl  an  das  nämliche  Kohlen- 
stoffatom gebunden  enthält.  Dieses  Ekgonin  wird  nach  Willstätter  als 
Ä-Ekgonin 

H 

h/        >3/C00H 

I       I       I 
CH3  N     CHaCHj 

H 

bezeichnet.  Wird  aus  diesem  nach  bekannten  Methoden  ein  Ä-Cocain  aufgebaut, 
so  erhält  man  einen  Körper,  welcher  bei  ausgezeichneter  KrystaUisierfähigkeit 
in  vieler  Hinsicht  mit  dem  Cocain  Ähnlichkeit  hat.  Die  anästhesierende  Wirkung 
fehlt  aber  diesem  Cocain. 

Es  ist  daher  für  das  Zustandekommen  der  Wirkung  des  Co- 
cains auch  die  Stellung  und  Bindung  der  Hydroxyl-  und  Carb- 
oxylgruppe  von  entscheidender  Bedeutung.  Die  Anwesenheit 
der  Benzoylgruppe  für  sich  ist  nicht  das  Moment,  welchem  die 
anästhesierende  Funktion  zukommt. 

Die  Wirksamkeit  des  Cocains  hängt  ab  von  dem  Vorhandensem  aller  drei 
Komponenten,  des  Ekgonins,  der  Benzoylgruppe,  welche  den  Hydroxyl- 
wasserstoff  des  Ekgonins  ersetzt,  und  des  Methylrestes,  welcher  den  Carboxyl- 
wasserstoff  des  Ekgonins  substituiert.  Die  Wirksamkeit  beruht  auf  dem  eigen- 
tümhchen  Aufbaue,  sowie  der  stereochemischen  Konfigvuration  des  Ekgonin- 
kernes,  ist  aber  unabhängig  von  dessen  optischem  Verhalten.  Die  Benzoyl- 
gruppe löst  die  Wirkung  des  Ekgoninmethylesters  aus,  sie  ist  die  eigentliche 
verankernde  Gruppe  für  das  Ekgoninmolekül ;  die  Methylgruppe  im  Ekgonin- 
methylester  verdeckt  nur  die  sauren  Eigenschaften  des  Ekgoiün,  welche  für 
die  Wirksamkeit  überhaupt  hinderlich  sind.  Beweis  hierfür  ist  auch,  daß  die 
Derivate  des  Tropins  und  Pseudotropins,  welche  kein  Carboxyl  enthalten,  des 
Eintretens  von  Methyl  für  die  Wirksamkeit  nicht  bedürfen.  Hingegen  hat  die 
Anwesenheit  des  veresterten  Carboxyls  im  Molekül  eine  Verstärkung  der  Wirkung 
zur  Folge.  Wie  es  sich  beim  Vergleich  der  Wirkungsintensität  der  Alkamine 
und  Alkamincarbonsäureester  einerseits,  des  Cocains  und  Tropacocains  anderer- 
seits ergibt,  steigt  die  Intensität  der  Wirkung  und  die  Giftigkeit  mit  dem  Ein- 
tritt der  veresterten  Carboxylgruppe.  Die  Methylgruppe  am  Stickstoff  steht 
aber  in  keiner  Beziehung  zur  anästhesierenden  Wirkung.  Der  tertiäre  Charakter 
der  Base  steht  in  Beziehung  zu  ihrer  physiologischen  Aktivität  in  bezug  auf 

Fränkel,  Arzneimittel-Synthese.    5.  Aufl.  23 


354 


Alkaloide. 


Anästhesie,  da  der  Übergang  in  eine  quatemäre  Base  diesem  Alkaloid  jede 
Wirkung,  die  es  früher  hatte,  trotz  des  Vorhandenseins  von  Benzoyl-  und 
Methylradikalen  nimmt  und  es  in  einen  curareartig  wirkenden  Körper  ver- 
wandelt. Die  Auslösung  mydriatischer  Effekte  steht  ebenfalls  im  Zusammen- 
hang mit  dem  Aufbaue  der  dem  Alkaloide  zugrunde  hegenden  Base,  aber  die 
Verankerung  mit  dem  Gewebe  geschieht  nur  durch  aromatische  Säureradikale, 
beim  Tropin  vorzüghch  durch  solche,  welche  ein  alkoholisches  Hydroxyl  ent- 
halten. Die  eintretenden  Säureradikale  sind  nicht  der  wirksame  Anteil,  son- 
dern lösen  die  Wirkung  aus,  indem  sie  die  chemischen  Beziehungen  zwischen 
Substanz  und  Gewebe  herstellen,  so  daß  die  wirkende  Base  nach  ihrer  Ver- 
ankerung im  Gewebe  zur  Reaktion  gelangen  kann. 

Die  Homotropeine,  die  Acidylderivate  des  Homotropins 

H 

C 


H,cr 


HjC 


\ 
NCH. 


•CH  •  CH,  •  OH 
CH, 


;CH, 


CH 

wirken  den  Tropeinen  ganz  analog.  Insbesondere  die  Verbindung  mit  Tropa- 
säure  (Tropasäurehomotropein)  ist  ein  Mydriaticum  von  der  Stärke  des  Atro- 
pins.   Sie  wird  Mydriasin  genannt. 

Mydriasin,  d.  i.  Tropasäureester  des  Homotropins 

H 

C 

/\ 


jCHsj 
JCH, 


I 
CH.OH 


C 
H 

besitzt  quaUtativ  die  gleiche  Wirkung  auf  Pupille  imd  Vagus  wie  Atropin. 
Beim  Menschen  wirkt  es  mydriatisch  wie  Atropin,  und  zwar  gleich  stark, 
lähmt  aber  im  Gegensatz  zu  Atropin  die  Akkommodation  nicht.  Im  Gegensatze 
zu  Atropin  macht  es  beim  Kaninchendarm  eine  starke  Erregmig,  die  sich  durch 
Atropin  antagonistisch  beseitigen  läßt. 
Benzoylhomotropein 

H 
C 


HäC  cH,N .        |CH  .  CHj   O  ■  CO  C.Hs 


HjC^ 


ICHj 
JCH, 


C 
H 


Tropacocain. 


355 


zeigt  keine  Vaguswirkung,  wirkt  mydriatisch,  aber  nicht  maximal,  wirkt  aber 
nicht  lokalanästhesierend,  im  Gegensatz  zu  Benzoyltropein  und  Tropacocain. 
Amygdalylhomotropein 

H 
C 

/^- 

HjC^       T^(3^CH0   CO  CH(OH)C,Hs 

I     " '    r^ 

c 

H 

hat  eine  nur  schwache  atropinähnliche  Wirkung  auf  den  Vagus,  wirkt  auf  das 
Auge  gar  nicht,  während  das  entsprechende  Tropinderivat,  Homatropin,  in 
dieser  Richtung  sehr  stark  wirksam  ist. 

Benzoyl-oxypropyl-norhydroekgonidinäthylester  wirkt  anästhesierend  wie 
Cocain. 


H 
C 


\, 


CHCOO 


N- 


-CH,  CH»  •  CH,   O  CO  ■  CgHs 


HjC 


CHj 
CHj 


C 
H 

Es  kommt  auf  die  Stellung  des  acidylierten  Hydroxyls  im  Tropanring 
nicht  an,  es  kann  auch  ebensogut  auch  außerhalb  untergebracht  sein. 

X-Benzoyl-oxypropyl-nor-ekgonidinäthylester,  Ekkain  genannt,  ist  an- 
ästhetisch stärker  wirksam  als  Cocain,  gut  sterilisierbar*),  sehr  wenig  giftig, 
5  mal  weniger  als  Cocain.  Cocain  ist  ein  energisches  Erregungsmittel  für  das 
Atmungszentrum,  ebenso  Ekkain,  wemi  auch  schwächer.  Ekkain  wirkt  rascher 
leitungsunterbrechend  als  Cocain  und  Novocain. 

Ekkain  zeigt  nicht  die  von  Paul  Ehrlich  bei  Cocain  beobachtete  vakuoläre 
Leberdegeneration. 

Parenteral  beigebracht  wird  es  fast  vollständig  verbrannt. 

H 
C 


H,C 


H, 


N- 


CH  ■  COO  ■  C2H5 

CHj  -  CHj  ■  CHj  •  O   CO   CgHj 


\ 


CH 


;'cH 


C 
H 


N-Benzoyloxypropyl-nor-ekgonidinester  unterscheidet  sich  vom  Cocain  da- 
durch, daß  im  Kohlenstoffring  eine  doppelte  Bindung  auftritt  und  die  Benzoyl- 
gruppe,  die  im  Cocain  /-ständig  an  ein  Kohlenstoffatom  des  Ringes  geknüpft 
ist,  auch  wieder  in  /-Stellung  vorhanden,  aber  direkt  am  Stickstoff  hängt. 


1)  J.  V.  Braun  und  C.  Müller,  BB.   51,   235  (1918). 


23* 


356 


Alkaloide. 


Hydroekkain  (ohne  die  doppelte  Bindung)  wirkt  gut  anästhesierend,  aber 
schwächer  als  Ekkain. 

/(-Hydroekkain 
H 
C 


H»C 


N- 


-CH„  •  CH„  •  O   CO  ■  C„H. 


\ 


CH, 
JcH, 


C 
H 


jS-Hydroekkain,  bei  dem  die  Benzoylgruppe  in  ;S-Stellung  am  Stickstoff 
steht,  von  dem  sie  also  nur  durch  2  CHj-Gruppen  statt  durch  3  getremit  ist, 
hat  eine  geringe  anästhesierende  Wirkung.  Die  Verkürzung,  ebenso  die  Ver- 
längermig  durch  Einführung  von  5  CH2-Gruppen  führt  zur  Abschwächimg,  wie 
das  Verhalten  des  Pentamethylenderivates  des  Hydroekkains  beweist. 


H 
C 


HoCi 


H,C'n 


N- 


|CH  •  COO  •  C,H5 


CH 


(CHj)^  ■  O  .  CO  .  CeHj 


;'CH 


c 

H 


Die  Verkürzung  oder  Verlängermig  der  Seitenkette  kami  auch  in  anderen 
Fällen  die  Wirksamkeit  ändern,  so  erlöschen  die  anästhesierenden  Eigenschaften 
des  Novocains  imd  seine  Analoga  durchaus  nicht,  weim  die  zwischen  dem 
esterartigen  und  dem  basischen  Teil  des  Moleküls  befindliche  zweighedrige 
Kohlenstoffkette  verlängert  wird;  durch  eine  solche  Verlängerung  wird  sowohl 
die  anästhesierende  Kraft  als  die  Reizwirkung  größer. 

Bei  Verlängerung  der  aliphatischen  Kohlenstoffkette  wird  die  blutdruck- 
steigemde  Wirkung  des  Hordenins  etwas  abgeschwächt.  Isococain,  der  Äthyl- 
ester des  Norcocains,  wirkt  stärker  anästhesierend  und  ist  auch  viel  giftiger  als 
Cocain.  Pentamethylendimorphin  ist  stärker  giftig  als  Morphin.  Nach  Binet 
ist  in  der  Urethanreihe  eine  Substanz  um  so  wirksamer,  je  höher  das  Mole- 
kulargewicht des  Alkoholradikals  ist.  Ähnhches  sieht  man  in  der  Hydro- 
cupreinreihe. 

Die  toxische  Wirkung  des  Ekkains  auf  Blutdruck  mid  Atmung  ist  relativ 
germg.    Auffallend  stärker  ausgesprochen  ist  sie  bei  Aminoekkain 


H„C/ 


H,C 


H 
0 


N- 


,CH  •  COO  ■  C2H5 

(CHjlgOCOCjH^NHa 


CH 

Ich 


c 

H 


Tropacocain.  357 


Propanolbenzoyldimethylamin 


^3>N(CH2)30  •  CO  ■  c,n, 

wirkt   viel  schwächer  als  Ekkain. 
Dipropanolbenzoylmethylamin 

fPTT  \K^''^^^'^^  •  O  •  CO  •  CjHs 
^^"^3'^^(CH2)3  ■  O  •  CO  •  C^Hj 

ist    in    bezug    auf  Lokalanästhesie  unwirksam,   hat  aber  auch,   wie   Ekkain, 
eine  lähmende  Wirkung  auf  die  Darmmuskulatur. 

Wenn  man  Anhydroekgoninalkylester  (Tropon-2-carbonsäurealkylester) 


CH2  ■  GH  •  N(CH3)       CH  •  COO    Alkyl 
I  I  I 

CHo CH  ■  CHo  •  Ciig 

in  alkoholischer  Lösung  mit  metallischem  Natrium  reduziert,  so  erhält  man  einen  Tropon- 
alkohol,  u.  z.  Homotropin  (2-Oxymethyltropon) 


CH2  ■  CH  •  ^(CHj)       CH  ■  CH,  ■  (OH)') 
I  1 

CHg"     "      CH  ■  CH2  ■  CHi> 

Homotropin  ist  physiologisch  unwirksam.  Man  erhält  wirksame  Verbindungen, 
wenn  man  Homotropin  mit  organischen  Säuren,  z.  B.  Benzoesäure,  Tropasäure  oder 
Mandelsäiire  verestert.  Die  so  gewonnenen  Ester  verhalten  sich  im  tierischen  Organis- 
mus ähnlich  wie  Atropin.  Sie  besitzen  namentlich  dessen  eigentümliche  Wirkung  auf 
das  autonome  Nervensystem.  Homotropintropasäureester  wirkt  auf  das  Muscarinherz 
wie  Atropin  und  macht  Mydriasis.  Das  Verfahren  gestattet,  au.i  dem  wertlosen  Anhydro- 
ekgonin  über  Homotropin  zu  wirksamen  Alkaloiden  zu  gelangen.  Beschrieben  smd  der 
Tropasäureester  des  Homotropins,  der  Benzoesäureester  und  der  Mandelsäureester^). 

Es  werden  Alkaloide  der  Cocain-  oder  Atropingruppe  bzw.  deren  Salze  oder  Deri- 
vate mit  Halogencyan  in  die  entsprechenden  Norcyanverbindungen  übergeführt  und  diese 
verseift^). 

Die  am  Stickstoff  entmethylierten  Derivate  von  Alkaloiden  der  Cocainreihe,  wie 
Anhydronorekgonin  (Tropen- 2-carbonsäure) 

CH,  •  CH  .  CH  •  COOH 

;    ■    1       ! 

NH    CH 

I  I  II 

CHj-CH  •  CH 

und  Anhydrodihydronorekgonin  (Tropan-2-carbonsävire) 

■ CH ■ CH  •  I 

NH    CHj 
I         I 
CHjCH-CH, 

oder  die  Alkylester  dieser  Carbonsäivren  liefern  durch  N-Alkylierung  mit  Benzoesäure- 
halogenalkylester  oder  deren  Kemsubstitutionsprodukten  pharmakologisch  wirksame  Ver- 
bindungen. 

Die  Kondensationsprodukte  aus  Anhydronorekgonin  oder  Anhydrodihydronorekgonin 
mit  Benzoesäurehalogenalkylestem  zeigen  dem  Cocain  sehr  äßnliche  Eigenschaften.  Sie 
besitzen  großes  lokales  Anästhesier\ingsvermögen  und  weisen  gegenüber  dem  Cocain  den 
Vorzug  auf,  daß  sie  sterilisierbar  und  sehr  viel  weniger  giftig  sind. 

Der  aus  Anhydroekgoninäthylester  mit  Bromcyan,  Verseifung  der  entstandenen 
Norverbindung,  Esterifizierung  des  Anhj'dronorekgonins  in  Äthylalkohol  imt«r  Einwirkung 
von  trockener  Salzsäure  und  Abscheidung  des  Esters  mit  KaUumcarbonat  aus  der  wässe- 

>)  Grenzach,  DRP.  296  742.  =)  Grenzach,  DRP.  299  806. 

3)  Grenzach,  DRP.  301870,  Zusatz  zu  DRP.  286  743  und  289  279. 


358  Alkaloide. 

rigen  Lösung  dargestellte  Anhydronorekgoninäthylester  gibt  mit  Benzoesäure-j-brom- 
propylester  Br  •  CHj  •  CH^  ■  CHj  ■  O  •  CO  ■  C5H5  beim  Erhitzen  der  Benzollösung  das  An- 
hydroekgoninäthylesternorpropanolbenzoat  ( Ol). 

Der  aus  Natrium-p-nitrobenzoat  imd  Trimethylbromid  dargestellte  p-Nitrobenzoe- 
säure-;-brompropylester  liefert  mit  Anhydroekgoninäthylester  das  Anhydroekgoninäthyl- 
esternorpropanol-p-aminobenzoat.  Femer  sind  beschrieben:  Anhydroekgoninäthylester- 
norpentanolbenzoat  imd  Anhydrodihydroekgoninäthylestemorpropanolbenzoat'). 

Cocainersatzmittel. 

Da  man  Cocain  als  den  Carbonsäureester  eines  bicyclischen  gesättigten 
ALkamins,  und  zwar  eines  Oxypiperidinderivates  auffaßt,  so  hat  man  auf  Grund 
dieser  Konstitutionsermittelung  versucht,  einfachere  Oxypiperidine,  und  zwar 
die  Triacetonaminbasen,  als  Ersatzmittel  zu  verwerten  {Gruppe  des  Eucains). 
Dann  wurde  ermittelt,  daß  auch  nichtcyclische  Alkamine  anästhesierend  wirken, 
wenn  sie  mit  Benzoesäure  verestert  werden  (Stovain,  Novocain,  Alypin).  Diese 
sehr  wichtige  Erkenntnis  hat  zu  großen  Variationen  in  dieser  Reihe  und  zu 
großen  Vereinfachimgen  im  Aufbaue  der  verwendeten  Substanzen  geführt. 

Cyclische  Alkamine. 

Eine  Reihe  cocainartig  wirkender  Körper  wurde  völlig  synthetisch  auf 
Grund  von  Überlegungen  über  die  Konstitution  des  Ekgonins  aufgebaut. 
Aus  dem  Methylderivat  des  Triacetonalkamins 


OH  H 

\/ 
C 

H„C/NCH2 
CH3/'V\CH 

CH3 

entsteht,  wie  Emil  Fischer  zeigte,  durch  Austausch  des  Hydroxylwasserstoffes 
gegen  das  Radikal  der  Mandelsäure  ein  Körper, 

CsHs    CH(OH)  ■  CO  •  O  •  CH 

HaCrACHa 

ch:>v<ch: 


der  wie  Atropin  und  Homatropm  ausgesprochene  Mj'driasis  erzeugt.  Diese 
Beobachtung  gewann  erheblich  an  Interesse,  nachdem  erkannt  war,  daß  wie 
im  Triacetonalkamin  so  auch  im  Tropin  ein  in  p-Stellung  zum  Stickstoff  hydroxy- 
liertes  Derivat  des  Piperidins  vorliegt.  Die  große  Ähnlichkeit  im  Aufbaue 
zwischen  Tropin  und  N-Methyltriacetonalkamin  läßt  sich  beim  Vergleiche  ihrer 
Struktiu-formeln  leicht  erkemien. 
Tropin 

H         Ho 
C  C 


H»C 


<N-CH3)CH    OH 


C  0 

H  H, 


M  Grenzach,  DRP.  301  139. 


Triacetonmethj'lalkamin 


Cocainersatzmittel.  359 


CH, 


<1sr  •  CHs  );CH  ■  OH 


"ä^  C  CH2 

CH3 

Angesichts  dieser  Verhältnisse  lag  es  nahe,  synthetisch  darzustellende  7-Oxy- 
piperidincarbonsäuren  zu  verestern  und  zu  benzoylieren,  denn  es  ließ  sich  so 
erwarten,  daß  Verbindungen  entstehen,  die  dem  Cocain  physiologisch  ähnlich 
sind.  Diese  Piperidincarbonsäuren  haben  alle  mit  dem  Ekgonin  die  y-Stellung 
des  Hydroxyls  zum  N  und  das  Carboxyl  gemein,  aber  unterscheiden  sich  da- 
durch, daß  die  Brücke  —  CHj  —  CHj  —  fehlt  und  die  Stellung  des  Stickstoffes 
zum  Carboxyl  eine  andere  ist. 

Durch  Einwirkung  von  1  Mol.  Ammoniak  auf  3  Mol.  Aceton  bildet  sich  Triaceton- 
amin,  welches  durch  Blausäure  in  Triacetonamincyanhydrin  übergeführt  wird.  Beim  Ver- 
seifen bildet  sich  Triaeetonalkamincarbonsäure,  welche  durch  Benzoyheren  und  Methylieren 
in  N-Methylbenzoyltetramethyl-;'-oxjrpiperidincarbonsäuremethylester  übergeführt  wird. 

Dieser  Körper 


CHj     C 


CsHj  •  CO  ■  0\   /  ^ 

CH,  ■  O  •  0C/^\ /^  "  ^^ 


Eucain  genannt,  ist  ein  billiges  Ersatzmittel  des  Cocains.  Doch  sind  erhebliche 
Unterschiede  in  der  physiologischen  Wirkmig  beider  Substanzen  zu  verzeichnen. 
Eucain  steht  in  seinen  Wirkungen  dem  Tropacocain  näher  als  dem  Cocain.  Die 
Anästhesie  tritt  etwas  langsamer  ein  als  beim  Cocain.  Eucain  beeinflußt  die 
Pupille  nicht  und  macht  auch  keine  Ischämie,  ferner  hat  es  den  Vorzug,  weniger 
giftig  zu  sein.  Seine  Lösungen  lassen  sich  ohne  Zersetzung  in  der  Hitze  sterili- 
sieren. 

Nachteile  des  Eucains  gegenüber  dem  Cocain  sind,  daß  es  bei  der  Applika- 
tion auf  Schleimhäute  ein  nicht  unbeträchtliches  Brennen  macht.  Auch  eine 
destruierende  Wirkung  auf  die  Epithelien  der  Hornhaut  und  Bindehaut  ist 
nicht  zu  verkeimen.  Von  Nachteil  ist  auch  die  Nachblutung  bei  den  Opera- 
tionen, während  Cocain  im  Gegensatze  hierzu  sogar  ischämisierende  Eigen- 
schaften zeigt. 

Aus  diesem  Grunde  wurde  für  die  Zwecke  der  Augenheilkunde  das  soge- 
nannte Eucain  B  eingeführt,  welches  dieselben  lokal-anästhesierenden  Eigen- 
schaften, aber  ohne  irgendwelche  Nebenwirkungen  zeigte.  Es  ist  auch  viel 
weniger  giftig  als  Eucain. 

Merling  und  A.  Schmidt  haben  zuerst  die  anästhesierende  Wirkimg 
des  Benzoylvinyldiacetonalkamins  beobachtet.  Sie  hatten  aber  zu  ihren 
Versuchen  noch  das  Gemisch  der  Alkamine  vom  Schmelzpunkt  121°  be- 
nutzt. Erst  nach  der  Entdeckung,  daß  dasselbe  in  zwei  cistransisomere 
Formen  getrennt  werden  konnte,  heß  sich  ein  gut  wirkendes  einheitliches 
Präparat  gewinnen.  Benzoyltransvinyldiacetonalkamin  kam  dami  unter  dem 
Namen  Eucain  B  in  Form  des  Chlorhydrates  als  Anästheticum  in  den 
Handel. 


360  Alkaloide. 

Eucain  B^)    ist    das    salzsaure    Salz    des    Benzoyl-vinyl-diacetonalkamins 

CH3H 
\/ 

H/^\ 

CH, 


Trotz  mancher  Vorzüge  hat  man  auch  gegen  dieses  Eucain  B  den  Vorwurf  er- 
hoben, daß  es  bei  seiner  geringen  Giftigkeit  doch  den  Nachteil  zeige,  bei  seiner 
Anwendung  in  der  Augenheilkunde  infolge  seiner  gefäßerweiternden  Eigen 
schatten  bei  den  Operationen  Nachblutmigen  sowie  eine  gewisse  Schmerzhaftig- 
keit  bei  Injektionen  zu  erzeugen. 

Das  niedere  Homologe  des  Triacetonamins,  Vinyldiacetonamin,  wurde  also 
ebenfalls  zu  künsthchen  Tropeinen  aufgebaut: 

HO  H 
\/ 
C 

HjC/NCH, 

H3C/V   \CH3 
CH3 

Das  entstandene  N-Methylvinyldiacetonalkamin  wurde  in  die  Amygdalyl- 
verbindiing  übergefühi't,  analog  dem  Amygdalyl  -  triacetonmethylalkamin, 
welches  dem  Homatropin  analog  wirkt.  Bei  der  Darstellung  des  N-Methyl- 
vinyldiacetonalkamins  bilden  sich  zwei  stereoisomere  Alkamine,  und  zwar  Ä  und 
ß.  Deren  Entstehung  beruht  auf  dem  Vorhandensein  zweier  asymmetrischer 
C-Atome  im  Ring.  Bei  Überftüirung  dieser  stereoisomeren  Alkamine  in  die 
Amygdalylderivate  gab  nur  das  eine,  und  zwar  das /?-Alkamin,  eine  mydriatisch 
wirksame  Verbindung,  während  das  aus  Ä-Alkamin  gewonnene  un'wirksam  war. 
(Beweis  für  die  verschiedene  Wirksamkeit  stereoisomerer  Substanzen  [siehe 
S.  120ff.].) 

Ebenso  ist  das  Amygdalylderivat  des  Tropins,  das  Homatropin,  ein  starkes 
Mydriaticum,  während  das  stereoisomere  Amygdalyl-i/'-tropin  unwirksam  ist 
(s.  S.  121). 

Vinyldiacetonamin  (I)*)  gibt,  je  nachdem  man  es  mit  Zinkstaub  und  alko- 
holischer Salzsäure  oder  mit  Natrium  und  Amylalkohol  reduziert,  zwei  ver- 
schiedene p-Aminomethylpiperidine  (II),  aus  denen  mittels  salpetriger  Säure 
zwei  isomere  Alkamine  (III)  entstehen. 

(I)  C:NOH  (11)  CHNH,  (III)  CH  •  OH 

HoCr'NCHj  HaC/'NcHs  HjCf^CHj 

CH3  ■  HC^C  ■  (CH3),  H3C  •  HC<\/lc  •  (CHa)^  CH3  ■  HCI^C  ■  (CHjjj 

N  N  N 

H  H  H 

Durch  Natriumamylat  läßt  sich  das  höher  schmelzende,  sowie  das  Gemenge, 
welches  E.  Fischer  in  der  Hand  gehabt,  in  das  niedriger  schmelzende  um- 
lagern. Es  scheint  sich,  nach  Harries,  um  raumisomere  Verbindungen  zu 
handehi;  die  Vinyldiacetonalkamine  sind  als  niedere  Homologe  des  Tropins 
und  ?^-Tropins  aiifzufassen.    Das  methylierte  Mandelsäurealkaloid  gleicht  der 

1)  DRP.  90069.  2)  C.  Harries,  BB.  29,  2730  (1896). 


Cocainersatzmittel.  361 

labilen  Base,  dem  Homatropin,  dasjenige  der  stabilen  (niedriger  schmelzende) 
in  der  physiologischen  Wirkung  den  ^-Tropeinen. 

Gaetano  Vinci*)  hat  die  Fragen,  welche  sich  an  den  Zusammenhang 
zwischen  Konstitution  und  Wirkung  in  der  Eucahireihe  knüpfen,  imtersucht. 
Es  haben  sich  hierbei  zahlreiche  interessante  Beziehmigen  ergeben.  Die  für  die 
ganze  Gruppe  der  cocainartig  wirkenden  Körper  grundlegende  Frage  nach  der 
RoUe  des  Benzoylradikals  erfährt  hier  eine  Beleuchtimg,  die  sehr  für  die  An- 
sicht von  W.  Filehne  und  P.  Ehrlich  spricht. 

Wie  Cocain,  so  verhert  auch  Eucain  seine  lokalanästhesierende  Wirkung, 
wenn  die  Benzoyl-  durch  eme  Acetylgruppe  ersetzt  wird.  Ersetzt  man  im 
Eucain  die  Benzoylgruppe  durch  aromatische  Radikale,  wie  Phenylacetyl-, 
Phenylirrethan-,  Cinnamyl-,  Amygdalyl-,  so  zeigen  die  erhaltenen  Verbindungen 
mit  Ausnahme  des  Amygdalylderivates  ausgesprochen  lokalanästhesierende 
Wirkung.  Ebenso  wie  die  Triacetonalkamincarbonsäurederivate  verhalten  sich 
die  Derivate  des  Triacetonalkamins  und  der  unsymmetrischen  Homologen  des- 
selben. Sowohl  Triacetonalkamin,  als  auch  Vinyldiacetonalkamin  sind  lokal 
ganz  wirkungslos.  Ersetzt  man  aber  das  W^asserstoffatom  des  Hydroxyls  durch 
den  Rest  einer  aromatischen  Säure,  so  bekommt  man  eine  ausgesprochen 
lokalanästhesierende  Wirkung . 

Nur  die  Mandelsäure  macht  eine  Ausnahme.  Euphthalmin,  das  salzsaure 
Salz  des  Mandelsäureesters  des  labilen  N-Methyl-vinyl-diacetonalkamins,  unter- 
scheidet sich  vom  Eucain  B  dadurch,  daß  der  Wasserstoff  der  Aminogruppe 
durch  Methyl  ersetzt  und  an  Stelle  der  Benzoylgruppe  der  Mandelsäurerest 
CgHj  •  CH(OH)  •  CO  —  getreten  ist.  Dieser  leicht  wasserlösliche  Körper  macht 
Pupillenerweiterung,  aber  keine  Anästhesie.  Er  ist  ohne  miangenehme 
Nebenwirkmigen  und  wurde  aus  diesem  Grunde  als  Ersatzmittel  des  Atropins 
empfohlen  ^), 

Es  verliert  auch  das  von  W.  Filehne  imtersuchte  Benzoyl-N-methyl- 
triacetonalkamin  seine  lokalanästhesierenden  Eigenschaften,  wenn  die  Benzoyl- 
gruppe durch  die  Methylgruppe  ersetzt  wird. 

Die  Veresterung  der  Carboxylgruppe,  welche  in  der  Cocaingruppe  eine  so 
große  Rolle  bei  dem  Zustandekon. men  der  lokal-anästhesierenden  Eigenschaften 
spielt,  scheint  nach  Vinci  in  dem  Eucammolekül  ohne  Bedeutung  zu  sein. 
So  wirkt  Benzoyltriacetonalkamincarbonsäure  exquisit  lokal-anästhesierend, 
obwohl  die  Carboxylgruppe  nicht  verestert  ist,  während  anderseits  die 
Äthyl-  mid  Methyltriacetonalkamincarbonsäuremethylester  keine  lokal-an- 
ästhesierenden Eigenschaften  besitzen,  obwohl  das  ätherifizierende  Alkyl- 
radikal  nicht  fehlt. 

Es  war  ferner  von  Interesse  bei  diesen  Verbindungen  zu  suchen,  auf 
welcher  Gruppe  im  Molekül  die  Reizerscheinung  beruht.  Es  zeigte  sich  da, 
daß  Triacetonamin  und  Triacetonalkamin  lokal  nur  eine  leichte  Hyperämie 
hervorrufen,  Triacetonalkamincarbonsäure  aber  als  solche  stark  lokalreizend 
wirkt.  Aidererseits  reizen  alle  Alkaminderivate  viel  weniger  als  die  entsprechen- 
den Alkamincarbonsäurederivate.  Es  scheint  deswegen,  daß  das  Auftreten  der 
Carboxylgruppe  eine  große  Rolle  bei  dem  Auftreten  der  Reizerscheinungen 
spielt. 

Die  Ätherifizierung  vermindert  etwas  das  Auftreten  der  lokalen  Reiz- 
erscheinungen. 

1)  Virchows  Arch.   145,  78;  1-19,  217;  154,  549. 

')  Treuther,  Klin.  Monatshefte  f.  Augenheük.  I89J,  Sept.  —  Vossius,  Deutsche 
med.  Wochenschr.  1897,  Nr.  38. 


362  Alkaloide. 

Auch  der  Benzoylrest  löst  neben  der  anästhesierenden  Wirkung  lokale 
Reizerscheinungen  aus.  Benzoyltriacetonalkamin  ruft  im  Gegensatze  zum 
Triacetonalkamin  lokale  Reizung  hervor. 

Die  Körper  der  Eucaingruppe  wirken  alle  anfangs  auf  das  Nervensystem 
mehr  oder  weniger  erregend,  später  lähmend.  Diejenigen,  welche  die  Carboxyl- 
gruppe  verestert  oder  nicht  verestert  enthalten,  d.  h.  die  Alkamincarbonsäure- 
derivate,  rufen  starke  Erhöhung  der  Reflexe,  Erregung,  allgemeine  tonische  und 
klonische  Krämpfe  hervor,  die  sich  nach  kurzer  Zeit  wiederholen,  bis  schließlich 
das  Lähmungsstadium  auftritt.  Das  periphere  Nervensystem  wird  jedoch  von 
diesen  Körpern  nicht  affiziert.  Im  allgemeinen  ist  das  Intoxikationsbild  mit 
Varianten  das  des  Eucains.  Bei  den  Alkaminderivaten  dagegen,  welchen  die 
Carboxylgruppe  fehlt,  ist  die  reizende  Wirkung  nur  von  kurzer  Dauer,  die  all- 
gemeinen Lähmungserscheinungen  treten  früh  ein  und  beherrschen  das  Ver- 
giftungsbild. Die  motorischen  peripheren  Nervenendigungen  werden  wie  durch 
Curare  affiziert  und  auch  der  Vagus  wird  diu-ch  große  Dosen  gelähmt.  Das 
Intoxikationsbild  entspricht  bei  allen  Körpera  dem  Typus  des  Eucains  B. 

Triacetonamincyanhydrin  (Zwischenprodukt  bei  der  Darstellung  des 
Eucains)  wirkt  bei  Tieren  stärker  brechenerregend  als  Cyankalium,  dagegen 
schwächer  krampf erregend.    Die  Cyangruppe  ist  schwer  abspaltbar^). 

Triacetonamin 

O 

c 


CH3\ 
CHj/ 

^^^CH3 
H 

besitzt  die  stärkste 
Triacetonalkamin 

Curarewirkung,  diese  Wirkung 
HO  • C  •  H 

bleibt  auch  noch  bei  dem 

HjC 

-^CH, 
C/CH3 

H 

und  dessen  Derivaten  erhalten ;  während  die  Triacetonalkamincarbonsäure  imd 
die  von  derselben  sich 

OH • C • COOH 


p'^!>cUc 


Irj/CHj 

CH,/^Y    XCHj 


ableitenden  Körper  eine  solche  Wirkung  nicht  zeigen.  So  scheint  das  Auftreten 
der  COOH-Gruppe  die  charakteristische  Curarewirkung  des  Triacetonamins 
aufzuheben. 

Triacetonalkamincarbonsäure  ist  aber  giftiger  als  Triacetonamin  iind 
Triacetonalkamin. 

Li  der  Eucaingruppe  ist  die  Veresterung  der  Carboxylgruppe  von  großer 
Bedeutung  für  die  Giftigkeit,  wenn  auch  nicht  für  die  Anästhesie.    So  sind  die 


1)  Sievers,  Diss.  Kiel  (1897). 


Cocainersatzmittel.  363 

Alkamincarbonsäurederivate,  welche  verestert  sind,  doppelt  und  auch  dreifach 
toxischer  als  die  entsprechenden  Alkaminderivate,  bei  welchen  die  veresterte 
Carboxylgruppe  fehlt. 

Ersetzt  mau  im  Eucain  die  Benzoylgruppe  durch  die  Cinnamylgruppe, 
so  erhält  man  Cinnamyl-N-methyltriacetonalkamincarbonsäuremethylester. 
Dieser  ist  di-eimal  so  giftig  als  Cinnamyl-N-methyltriacetonalkamin.  Beim 
Eintreten  des  ätherifizierenden  Alkylradikals  in  das  Molekül  des  Eucains  und 
diesem  nahestehender  Körper  ändern  sich  also  die  allgemeinen  Vergiftungs- 
erscheinungen, und  die  Giftigkeit  wird  in  besonderem  Maße  vermehrt. 

Der  Eintritt  von  aromatischen  Radikalen  für  den  Wasserstoff  der  Hydroxyl- 
gruppe dieser  Verbindungen  erhöht  die  Giftigkeit  dieser  Körper  ungemein. 
Am  schwächsten  toxisch  wirken  noch  das  Phenj'lurethan-  und  das  Cinnamyl- 
derivat,  am  stärksten  toxisch  das  Phenylacetyl-  und  das  Amygdalylderivat. 
Viel  weniger  toxisch,  aber  immer  noch  giftiger  als  die  Grundsubstanzen  sind 
die  Methyl-  und  Äthylderivate. 

Auch  das  niedere  Homologe  des  Benzoyltriacetonamin,  Benzoyl-/S-hy- 
droxytetramethylpyrro lidin,  das  sich  vom  fünfgliedrigen  Pyrrohdin  ableitet, 
während  das  erstere  vom  sechsgliedrigen  Piperidin 

H 
CHj— C— O    OCC.Hs 

I  \ 

(CH3)j  :  C— NH— C :  (CU^)^ 

wirkt,  wie  H.  Hildebrandt  gezeigt  hat,  kräftig  anästhesierend^),  wie  das 
Eucain  B. 

Die  dem  Euphthalmin  eigene  mydriatische  Wirkung  kommt  dem  ent- 
sprechenden Mandelsäureester  des  Pyrrohdinderivates  nur  insofern  zu,  als  die 
Erregbarkeit  des  Sphincter  iridis  durch  Lichtreiz  herabgesetzt  ist.  Die  all- 
gemeine Giftwirkmig  des  Benzoylderivates  ist  kräftig,  aber  viel  geringer  als  die 
des  Eucain  B. 

Das  Lactat  des  o-Benzoyltriacetonalkamins  ist  weniger  giftig  als  Cocain. 
In  großen  Dosen  wirkt  es  aber  sehr  schädigend  auf  das  Herz-). 

Der  Mandelsäureester  des  /?-Hydroxytetramethylpyrrolidins  zeigte  eine 
erheblich  geringere  Giftwirkung  und  entspricht  darin  dem  Euphthalmin. 

Vom  Tetramethylpyrrolidincarbonamid,  welches  leichte  Curarewirkung 
hat^),  gelangt  man  über  /S-Ketotetramethylpjrrrohdin  zum  /?-Oxytetramethyl- 
pvrrolidin. 

HgC   CH  ■  OH 
CHsxJ      L/CH3 

H 

Die  Benzoyl-  und  Mandelsäureester  dieser  Base  stehen  chemisch  in  naher 
Beziehung  zu  Eucain  B  und  Euphthalmin.  Der  Benzoylester  wirkt  stark  lokal 
anästhesierend,  steht  aber  hinter  dem  Eucain  B  zurück.  Eucain  B  ist  giftiger 
als  das  entsprechende  PyrroUdinderivat.  Der  Mandelsäureester  wirkt  wie 
Euphthalmin  auf  die  Iris,  aber  erheblich  schwächer. 


')  Liebigs  Ann.  323,  92. 

2)  C.  H.  Clarke  und  Francis  Francis,  BB.  45,  2060  (1912). 

3)  AePP.  40,  315. 


364  Alkaloide. 

Für  die  physiologische  Wirkung  wenigstens  in  qualitativer  Hinsicht  macht 
es  keinen  wesentlichen  Unterschied,  ob  im  Falle  der  Anaesthetica  der  Benzoyl- 
ester  und  im  Falle  der  Mydriatica  der  Mandelsäureester  von  Alkoholen  der 
Piperidin-  oder  der  Pyrrolidinreihe  vorliegen.  Ferner  kann  die  dem  Piperidin 
nahekommende  Allgemeinwirkmig  des  Pyrrolidin  durch  Einführmig  entsprechen- 
der Atomkomplexe,  d.  h.  ätherifizierender  Alkylradikale  in  analoger  Weise 
modifiziert  werden,  und  somit  steht  Pyrrolidin  in  seinen  Derivaten  dem  Pipe- 
ridin außerordentUch  nahe^). 

Die  Darstellung  der  Eucaine  und  analog  gebauter  Körper  geschieht  nach 
folgenden  Verfahren. 

Durch  Einwirkung  von  Benzojichlorid  auf  Triacetonalkamin  und  Benzaldiaceton- 
alkamin  wird  das  Hydroxylwasserstoffatom  durch  die  Benzoylgruppe  ersetzt.  Auf  diese 
Weise  gelangt  man  zu  dem  oben  besprochenen  Eucain  B-). 

Um  zu  den  Carbonsäuren  der  Triacetonaminverbindungen  zu  gelangen,  wurde 
die  Darstellung  der  Cyanhydrine  von  ; -Piperidonen  und  X  -  Alkyl-;-Piperidonen 
geschützt').  Diese  Körper  gehen  durch  Blausäureanlagerung  in  die  entsprechenden 
Cyanhydrine  über.  Man  versetzt  die  konz.  kalte  wässerige  Lösung  des  Triacetonamins 
mit  roher  Salzsäure  und  fügt  eine  konz.  CyankaUumlösung  hinzu,  es  fällt  dann  das 
Cyanhydrin  aus. 

Triacetonamincyanhydrin 
HO  ■ C •  CN 
H„C/\CH, 
+  HCN  =  CH3V J    I..CH3 


Diese  Cyanhydrine  lassen  sich  auch  in  die  entsprechenden  Iminoäther  verwandeln. 
Zu  diesem  Zwecke  wird  das  Cyanhydrin  in  absolutem  Alkohol  fein  suspendiert  und  unter 
guter  Kühlung  Salzsäuregas  durchgeleitet,  worauf  der  salzsaiure  Iminoäther  auskrystalli- 
siert*). 

Die  ;-Ox3^iperidincarbonsäuren,  welche  man  zur  Darstellung  des  Eueains  benötigt, 
stellt  man  dar  durch  Kochen  der  Cyanhydrine  mit  konz.   Salzsäure^). 

Man  gelangt  zur  Tetramethyl-; -oxypiperidincarbonsäure  aus  dem  Triacetonamin- 
cyanhydrin, ziu'  N-Methyltetraraethyl-;'-oxypiperidincarbonsäure  aus  dem  N-alkylierten 
Triacetonamincyanhydrin,  ziu-  Dimethylphenyl-;-oxypiperidincarbonsäure  aus  Benzaldiace- 
tonamincyanhydrin.  Aus  Vinyldiacetonamincyanhydrin  erhält  man  Trimethyl-;-oxy- 
piperidincarbonsäure.  Auf  die  gleiche  Weise  gelangt  man  auch  zu  den  N-alkyUerten 
Derivaten  dieser  Verbindung. 

Von  diesen  Säuren  aus  gelangt  man  nun  leicht  zum  Eucain,  wenn  man  den  Carboxyl- 
wasserstoff  und  den  Imidwasserstoff  durch  Alkylradikale,  den  Hydroxylwasserstoff  durch 
Säureradikale  ersetzt. 

Man  kommt  so  zu  alkaloidartigen  Körpern  von  der  allgemeinen  Konstitution 


Triacetonamin 

CO 

H,C| 

^CH, 

CH3\ 

V  Jc/<^^^ 

CH,/*^ 

¥^CH= 

H 

Acyl  •  O  ■  C  ■  COO  ■  Alkyl 
HjC/NcHj 


Die  Säuren  werden  zu  diesem  Zwecke  in  Methylalkohol  gelöst,  in  die  siedende  Lösung 
trockenes  Chlorwasserstoffgas  eingeleitet.  Der  gebildete  Methylester  wird  nun  mit  Benzoyl- 
chlorid  erhitzt*). 


^)  H.  Hildebrandt,  Arch.   intern,  de  Pharmacodynam.   8.  499. 
-)  DRP.  90  069,  95  620,  97  009,  97  672,   101  332,   102  235. 
")  DRP.  91  122.  ■•)  DRP.  91  081.  ^)  DRP.  91  121. 

«)  DRP.  90  245. 


Cocainersatzmittel.  365 

Folgende  Verbindungen  wurden  nach  diesem  Verfahren  aus  dieser  Gruppe  dargesteUt : 


HjC.         CHj  N-Methyl-benzoyl-tetramethyl-j-oxypiperidincarbon- 

CHjX    I  /CHj  säuremethylester. 

CH,/^\/^\CH3 
NCH, 


■2  X-Äthyl-benzoyltetramethyl-y-oxjrpiperidincarbon- 

CH3  säuremethylester. 

CH,/^/-\CH, 


^2^        [CH,  X-Methyl-benzoyltetramethyl-j'-oxypiperidincarbon- 

CH3\^J        i^CHj  Säureäthylester. 

I3 


CH,/^/^\cH, 


N  ■  CH, 


HjC,        iCHj  N-Äthyl-benzoyltetramethyl-v-oxypiperidincarbon- 

CH3\  I        I   /CH3  säureäthvlester. 


Ferner  X-Propyl-benzoylt«tramethyl-j'-ox5^iperidincarbonsäuremethylester, 

N-Allyl-benzoyltetramethyl-y-oxypiperidincarbonsäuremethylester,  dann 


N-Methyl-benzoyldimethylphenyl-j'-oxypiperidin- 
carbonsäuremethylester. 


CgHs 

CO  •  0    C  ■  COO  ■  CH, 

H,c/\CH2 

N 

CH3 

CeH, 

CO  •  0  •  C  •  COO   CH; 

h,c/\dh2 

N 

N-Methyl-benzoyltrimethyl-y-oxypiperidincarbon- 
säuremethylester. 


CH, 


Statt  der  Benzoylgruppe  kann  man  andere  aromatische  und  aliphatische  Säuren 
eintreten  lassen.  Femer  wurden  in  dieser  Gruppe,  ohne  praktische  Verwendung  gefunden 
zu  haben,  dargestellt: 

o-,  m-,  p-Toluyltetramethyl-;-oxypiperidincarbonsä\ireester 

o-,  m-,  p-Toluyl-N-alkj'ltetramethyl-;-ox\'piperidincarbonsäureester 

Toluyl-N-alkyltrimethyl-;-oxypiperidincarbonsäureester 

Phenylacet-X-alkyltetramethyl-;-oxypiperidincarbonsäureester 

Phenylacet-N-alkyltrimethyl- ■-oxypiperidincarbonsäureester 

Phenylchloracet-N-alkyltetramethyl-;-oxypiperidincarbonsäureester 

Phenylbromacet-N-alkyltetramethyl-;-oxypiperidincarbonsäureester 

Cinnamyl-N-alkyltetramethyl-}-oxjrpiperidincarbonsäureester 

Phenylglykolyl-N-alkyltetramethyl-v-oxjrpiperidincarbonsäureester 

Phenylglykolyl-N-alkyltrimethyl-v-oxypiperidincarbonsäureester 

Propyl-N-alkyltetramethyl-v-oxypiperidincarbonsäureester 

Acetyl-Jf-alkyltetramethyl-j-oxypiperidincarbonsäureester. 


366  Alkaloide. 

Für  die  Darstellung  der  Körper  der  Eucainreihe  sind  noch  folgende  Verfahren  von 
Wichtigkeit.  Die  unsymmetrischen  eyclischen  Basen  der  Acetonalkaminreihe'),  wie  z.  B. 
Vinyldiacetonalkamin,  existieren  in  zwei  isomeren  Formen,  ähnlich  wie  Tropin  und  Pseudo- 
tropin.  Man  stellt  sie  dar  durch  Reduktion  von  Vinyldiacetonamin  mit  Natrium  oder 
Aluminiumaraalgam^).  Diese  Reduktion  kann  auch  statt  mit  Natriumamalgam  auch  mit 
elektrolytischem  Wasserstoff  vorgenommen  werden'). 

Die  labilen  Modifikationen  lassen  sich  in  die  stabilen  nach  dem  von  R.  Willatätter 
bei  der  Umlagerung  des  Tropins  in  Pseudotropin  angewandten  Verfahren  umlagern.  Hier- 
bei wird  mit  Natriiunamylat  gekocht.  Aus  den  labilen  Formen  der  Alkamine  kann  man  zu 
wertvollen  alkaloidartigen  Körpern   durch  Acylierung  gelangen. 

Wenn  man  Natrium  auf  die  freien  Basen  dieser  Reihe  und  Tropin  einwirken  läßt, 
und  zwar  in  einem  indifferenten  Lösungsmittel,  so  erhält  man  Natriumalkaminate.  Diese 
sind  außerordentlich  reaktionsfähig  und  man  kann  durch  Einwirkung  von  Halogenalkylen 
oder  Säurechloriden,  Halogenfettsäureestern,  Hamstoffchloriden  usw.  die  entsprechenden 
Hydroxylwasserstoffsubstitutionsprodukte  der  Alkamine  bzw.  Alkamincarbonsäureester 
erhalten''). 

Die  Benzoesäureester  der  beiden  Trimethyldiäthyloxypiperidine,  welche 
man  durch  Eeduktion  des  iX-aj^-^-Trimethyl-Ä-aj-diäthyl-j'-ketopiperidin 

O 


c 

CHjX- 

/\ 

V 

H 

CH   ■   CH; 

C/CH,  ' 

erhält,  wirken  örtlich  anästhesierend^). 

Das  Chlorhydrat  des  Benzoesäureesters  des  Dimethylaniinomethyl-(2)- 
cyclohexanol  (1)  ist  ein  sehr  kräftiges,  aber  ziemlich  giftiges  Lokalanaesthe- 
ticum*). 

W.  Traube  (Berlin)  stellt  Basen  aus  Methyläthylketon  her,  indem  er  die  durch  Ein- 
wirkung von  Ammoniak  auf  Methyläthylketon  erhältlichen  Basen  mit  Säuren  in  Gegen- 
wart von  Ammoniak  behandelt.  Man  erhält  so  ein  sauerstoffhaltiges  Produkt,  welches 
durch  Hydrolyse  aus  den  zunächst  entstehenden  sauerstoffreien  entsteht.  Die  Konstitution 
ist  wahrscheinlich  die  der  obigen  Formel.  Durch  Einwirkung  reduzierender  Mittel  werden 
dieser  Verbindungen  in  Alkamine  übergeführt  und  diese  sodann  entweder  unmittelbar 
oder  nach  vorheriger  Überführung  in  ihre  N-Alkylderivate  mit  Säurechloriden  oder  Säure- 
anhydriden behandelt').    Man  erhält  so  die  Säureester  der  Alkamine. 

Fette  Alkamine. 

Die  nun  zu  beschreibende  Reihe  anästhesierender  Mittel  leitet  sich  von 
fetten  Alkaminen  ab,  von  der  Idee  ausgehend,  daß  nicht  nur  die  Alkamine  mit 
doppeltem  und  einfachem  Ringsystem,  sondern  auch  die  fetten  Alkamine  Deri- 
vate geben,  welche  lokalanästhesierend  wirken;  da  nun  auch  die  Ester  der 
Aminobenzoesäure  wie  der  meisten  aromatischen  Säuren  anästhesierend  wirken, 
werden  statt  der  Ester  der  Benzoesäure  mit  fetten  Alkaminen  Ester  der  Amino- 
benzoesäure dargestellt.  Auf  diesen  Ideen  beruhen  folgende  Versuche,  welche 
sich  zum  Teil  auch  in  der  Praxis  bewährt  haben. 

Fourneau  nimmt  an,  daß  die  lokalanästhesierende  Wirkung  des  Cocain 
nicht  von  der  Carboxymethylgruppe  abhängt,  da  Tropacocain  und  /S-Eucain 
diese  nicht  besitzen,  aber  sie  sei  abhängig  von  einer  sekundären  oder  tertiären 
Aminogruppe  und  einer  tertiären  Alkoholgruppe,  die  durch  eine  beliebige  aro- 
matische Säure  verestert  wird.   Aminoalkohole,  die  vom  Piperidin  sich  ableiten, 

')  DRP.  95  622,  96  539.  =)  DRP.  95  261.  =)  RDP.  95  623,  96  352. 

*)  DRP.   106  492,   108  223.  ^)  W.Traube,  BB.  41,  777  (1908). 

«)  C.  Mannich  und  R.  Braun,  BB.  53,   1874  (1920).         ')  DRP.-Anm.  T.  II  277. 


CocainersatzmitteL  367 

sind  aber  giftiger  (Eucain  und  Tropacocain).  Fourneau  hat  nun  gefunden, 
daß  die  acidylierten  Derivate  der  meisten  Amiiioalkohole  lokalanästhesierend 
wirken,  der  Piperidinkem  dazu  nicht  erforderlich  ist  und  diese  Eigenschaft  am 
stärksten  ist,  wemi  die  Alkoholgriippe  eine  tertiäre  und  die  Äminogruppe  sich 
in  der  Xähe  der  Alkoholgruppe  befindet. 

Fourneau^)  hat  Aminoalkohole  durch  Erhitzen  der  Chlorhydrine  mit 
zwei  Molekülen  eines  tertiären  oder  sekundären  Amins  in  Alkohol  dargestellt. 
Durch  Benzoylierung  erhält  man  krystallisierbare  Substanzen,  diese  Substanzen 
haben  lokalanästhesierende  Funktionen. 

Die  Aminoalkohole  (Alkamine)  und  ihre  Ester  besitzen  starke  und  an- 
dauernde lokalanästhesierende  Eigenschaften  und  sind  sehr  wenig  giftig.  Die 
Salze  sind  leicht  lösUch,  erregen  keine  schmerzhafte  Anästhesie  und  sind  koch- 
beständig. 

Stovain,  von  Fourneau  durch  Einwirkung  von  Äthylmagnesiumbromid 
auf  Dimethylaminoaceton  und  Benzoylierung  des  Reaktionsproduktes  darge- 
stellt, ist  das  Chlorhj'drat  des  Benzoyläthyldimethylaminopropanols  (Chlor- 
hydrat des  Ä-Dimethylamino-/?-benzoyIpentanols) 

N(CH3)2  •  HCl 

I 
CHa 

I 
CA— C— OCOCeHj 

I 
CH3 

Es  ist  ebenfalls  ein  Cocainersatzmittel^). 

L.  Launoy  und  Y.  Fujimori  untersuchten  die  benzoyherten  Derivate 
einer  Anzahl  von  Aminoalkoholen  der  Formel 

a)     (CH3)2N  •  CHj  •  C^OH  und         b)     (CHjjjN  •  CHj  •  CH2  •  CHOH  •  R  , 

in  denen  R  ein  Radikal  der  Fettreihe  oder  der  aromatischen  war.  Die  beiden 
Gruppen  unterscheiden  sich  insofern,  als  a)  tertiäre,  b)  sekundäre  Alkohole 
darstellt,  erstere  Gruppe  eine  verzweigte,  letztere  eine  normale  Kette  von 
C-Atomen  führt,  und  endlich  die  Stellung  der  OH-  und  der  NHj-Gruppe  zu- 
einander in  beiden  Fällen  verschieden  ist. 

Aus  der  ersten  Reihe,  zu  der  das  Stovain  gehört,  wurden  die  Derivate 
des  2-Methyl-,  2-Äthyl-,  2-Amyl-,  2-Phenyl-  und  2-Benzylpropanols  unter- 
sucht; aus  der  zweiten  Reihe,  zu  der  das  Tropacocain  zählt,  Derivate  des 
3-Athyl-  und  3-Amylpropanols.  Die  b-Reihe  ist  merklich  weniger  toxisch  als 
die  erste.  Weiterhin  sind  die  Cs-Derivate  der  Fettreihe  die  giftigsten.  Endlich 
sind  die  Benzylderivate  den  Pheny'derivaten  an  Giftigkeit  überlegen.  Die 
hämolytische  Wirkung  auf  rote  Blutköi^perchen  steigt  mit  dem  Molekular- 
gewicht, auch  scheint  sie  mit  zunehmendem  gegenseitigen  Abstand  der  OH- 
und  NHj-Gruppe  zu  wachsen.  Die  anästhesierende  Wirkung  der  Derivate  der 
tertiären  Alkohole  ist  denen  der  sekundären  überlegen.  In  der  ersten  Gruppe 
ist  wiederum  das  Max  mum  bei  dem  Cj- Alkohol  erreicht 3). 

Apothe-sin  ist  salzsaures  Cinnamyldiäthylaminopropinol,  es  dient  als  An- 
aestheticum. 

Aus  /J-Chlorpropionaldehyd  und  Phenylmagnesiumbromid  entsteht  Phenyl- 
chloräthylcarbiuol  CgHg  •  CHOH  •  CHj  •  CHjCl ,  das  mit  Aminen  die  entsprechen- 

1)  C.  r.   138,  I,  766  (1904).  —  Journ.  Pharm.  Chim.  20,  481. 
')  Apoth.-Ztg.  20,  174.  3)  c.  r.  s.  b.  82,  732  (1919). 


368  Alkaloide. 

den  1,  3-Aininoalkohole  liefert.  Die  anästhetische  Wirkung  der  Benzoesäure- 
ester  der  1,  3-AminoaLkohole  scheint  der  Wirkung  der  Stovaingruppe  zu  gleichen, 
aber  nicht  so  lange  anzuhalten '^). 

Ephedrin  CjHs  •  CH(OH)  ■  CHCCHj)  •  NH  ■  CHg. 

Mydriatin  C^U^  ■  CH(OH)  •  CHiCHg)  ■  NHj. 

Allocain  S.  CjHs  •  CH(0  •  CO  •  C^H^)  ■  CHICHg)  •  NH  •  CM^. 

Allocain  A.  C^B.^  ■  CH(0  ■  CO  •  C^U^)  ■  CHCCHj)  •  NCCjHs)^. 

Nagai*)  hat  eine  dem  Alkaloid  Ephedrin  nahe  verwandte  Verbindung 
Mydriatin  hergestellt  und  aus  dieser  durch  ÄthyUeren  und  BenzoyUeren  das 
löshche  Allocain  S  und  das  unlösliche  Allocain  A  gewonnen.  Die  S -Verbindung 
wirkt  örtUch  lähmend  auf  sensorische  Nervenendigung  und  Nervenfasern,  stärker 
als  Novocain  imd  schwächer  als  Cocain.  In  größerer  Menge  lähmt  es  das  Herz, 
es  wirkt  stärker  antiseptisch  als  Novocain  oder  Cocain. 

Riedel')  stellen  Aminoalkohole  dar,  durch  Einwirkung  primärer  oder  sekundärer 
aliphatischer  Amine  auf  Halogenhydrine  der  Struktur 


CHjCUJ,  Br)  CHa-N 


/R« 
I     -  I     -       ^R3 

R, — C  —  OH  und  erhalten  Aminoalkohole  R, — C  —  OH 

I  I 

R.,  R, 

Riedel  [Berlin^)]  lassen  magnesiumorganische  Verbindungen  auf  Aminoacetone  oder 
auf  die  Ester  einer  Aminosäure  mit  tertiärer  Aminogruppe  zur  Einwirkung  gelangen.  Man 
kann  auf  diese  Weise  die  Darstellvmg  der  Halogenhydrine  umgehen  und  viel  bequemer 
arbeiten.  Ihre  benzoylierten  Derivate  sind  wenig  giftige  anästhesierende  Substanzen, 
ihre  Lösung  sterilisierbar.  Beschrieben  sind  Dimethylaminodimethyläthylcarbinol,  Di- 
methylaminomethyldiäthylcarbinol,  Dimethylaminodimethylphenylcarbinol,  Dimethyl- 
aminotrimethylcarbinol,  Dimethylaminodimethylphenylcarbinol,  Dimethylaminodimethyl- 
benzylcarbinol,  Dimethylaminodunethylpropylcarbinol,  Dimethylaminodimethylisobutyl- 
carbinol,   Dimethylaminodimethylisoamylcarbinol. 

Aminoalkylester  der  allgemeinen  Formel^) 

CH,.N<^ä 

I  4    R  =  Acidyl,  Rj  =  Alkyl  oder  Aryl  oder  Aralkyl, 

Ri— C  — OH  R^  ^  desgl.,  R3  imd  R4  =  Alkyl 

erhält  man,  indem  man  Aminoalkohole  mit  tertiärer  Aminogruppe  aoidyUert. 

Die  Lösungen  dieser  Substanzen  sind  kochbeständig.  Man  erhält  diese  acidylierten 
Derivate  durch  Behandlung  der  Aminoalkohole  mit  einem  Säurechlorid  entweder  in  Gegen- 
wart von  Pyridin  oder  durch  Vermischen  des  Säurechlorids  in  ätherischer  oder  benzolischer 
Lösung  mit  den  Aminoalkoholen  oder  durch  Behandlung  der  Base  in  benzolischer  Lösung 
mit  Benzoesäureanhydrid.    Dargestellt  wurden: 

Dimethylaminotrimethylbenzoylcarbinol,  Dimethylaminodimethylphenylbenzoylcar- 
binol,  Dimethylaminodimethyläthylbenzoylcarbinol.  (Das  salzsaure  Salz  dieses  Pentanols 
ist  das  Stovain.)  Femer  Dimethylaminodimethylpropylbenzoylcarbinol,  Dimethylamino- 
dimethylisoamylbenzoylcarbinol,  Dünethylaminomethyldiäthylbenzoylcarbinol,  Dimethyl- 
aminodimethylbenzylbenzoylcarbinol,  Dimethylaminotrimethylcinnamylcarbinol,  Dünethyl- 
aminotrimethyliso  valerylcarbinol ,  Dimethylaminodimethyläthylisovalerylcarbinol ,  Di- 
methylaminodimethyläthylcinnamylcarbinol,  Dimethylaminodimethylisobutylcinnamyl- 
carbinol,  Dimethylaminodimethylisoamylcinnamylcarbinol,  Dimethylaminodimethylben- 
zylcinnamylcarbinol,  Dimethylaminodimethylphenylisovalerylcarbinol,  Diäthylcarbamin- 
säureester  des  Dimethylaminodimethyläthylcarbinols,  Dimethylaminodimethyläthylacetyl- 
carbinol,  Dimethylaminodimethyläthylisovalerylcarbinol. 


1)  Ernest  Fourneau  und  Pauline  Ramart  -  Lucas,  Bull,  de  la  Soc.  Chim.  de 
France  [4]  25,  364  (1919). 

^)  Seiko   Kubota,  Journ.  Pharm,  and  exper.   Therap.    13,   361   (1919). 
")  Riedel  (Berlin),   DRP.   169  819.  ■")  Riedel  (Berlin),  DRP.    169  819. 

«)  Riedel  (Berlin),  DRP.   169  787. 


Cocainereatzmittel,  369 

Man  erhält  die  gleichen  Verbindungen,  und  zwar  die  diacidylierten  Verbindungen, 
wenn  man  anstatt  der  zu  verwendenden  Aminoalkohole  mit  tertiärer  Aminognippe  nunmehr 
die  entsprechenden  Aminoalkohole  mit  sekundärer  Aminogruppe  mit  acidyherenden  Mitteln 
behandelt.  Diese  Substanzen  wirken  antipyretisch  und  hypnotisch.  Dargestellt  wurden 
Divalerylmethylaminodimethyläthylcarbinol  und  Dibenzoylmethylaminodimethylphenyl- 
carbinol'). 

Statt  der  zu  verwendenden  Aminoalkohole  mit  tertiärer  Aminogruppe  kann  man 
die  entsprechenden  Aminoalkohole  mit  primärer  Aminogruppe  mit  acidylierenden  Mitteln 
behandeln.  Dargestellt  wurden:  Divalerylaminodimethyläthylcarbinol,  Dibromvaleryl- 
aminodimethyläthylcarbinol  und  Dibenzoylaminodimethylphenylcarbinol^). 

Diese  Substanzen,  welche  sowohl  Ester  als  auch  Säureamid  sind,  sollen 
weniger  giftig  sein  als  die  reinen  Ester,  ferner  sollen  Amide  allgemein  weniger 
giftig  sein  als  die  Amine,  von  denen  sie  sich  ableiten.  Diese  Substanzen  sollen 
stark  sedativ  wirken,  während  die  analgesierenden  Eigenschaften  in  den  Hin- 
tergrund treten.  Außerdem  soUen  sie  hypnotische  Eigenschaften  haben.  Diese 
Stoffe  sind  wasserunlöslich. 

Man  verwendet  an  Stelle  der  primären  oder  sekundären  aliphatischen  Amine  Am- 
moniak, welches  auf  die  Halogenhydrine  einwirkt,  so  daß  man  zu  den  AminoaUjoholen 
der  Formel  gelangt^). 


CH2 
K,  — C  — 

;NH2 

OH 

und 

HN(( 

/CHj  ■  C^OH 
«2 

Aminoalkohole 

1 
der  allgemeinen  Formel^) 

\:Hs,c 
R2OHR1 

CHj- 

<S^ 

Rj  — C  — OH 

I 

(R  =  Alkyl  oder  Aryl  oder  Aralkyl;  Rj  desgl.  R3  =  Alkyl;  R,  =  Alkyl  oder  Wasserstoff) 
stellt  man  dar,  indem  man  primäre  oder  sekundäre  aliphatische  Amine  auf  Athylenoxyde 
der  Struktur 

A 

Ri-C-O 

I 
einwirken  läßt.  - 

Diese  Athylenoxyde  erhält  man,  indem  man  die  entsprechenden  Halogenhydrine 
mit  Ätzkali  in  konz.  Lösung  behandelt.  Die  erhaltenen  Aminoalkohole  sind  identisch  mit 
denen  von  DRP.  169  746.  Dargestf-llt  wurden  Dimethylaminodimethyläthylcarbinol,  Di- 
methylaminotrimethylcarbinol,  Dimethj'laminodimethylisoamylcarbinol  usw. 

Zwecks  Darstellvmg  von  Aminoalkoholen  der  Zusammensetzung^) 

/Ri 
CHa  •  ^^  ,CH=  Cf  OH 

I  /  ^R 

Ri  — C  — OH  und       HN\  "^ 

1  \.  /-Th 

R,  CH^C^^OH 

Rj 
(Rj  =  Alkyl  oder  Aryl  oder  Arakyl;  Rj  desgl.)  läßt  man  an  Stelle  der  primären  oder  sekun- 
dären aliphatischen  Amine  Ammoniak  auf  Athylenoxyde  der  Struktur 

C 

/\ 
Ri    C  — O 
I 
einwirken.  R2 


M  DRP.  181  175,  Zusatz  zu  DRP.  169  787.     ■)  DRP.  194  051,  Zusatz  zu  DRP.  169787. 
ä)  DRP.   189  481,  Zusatz  zu  DRP.   169  746.  ^)  Riedel  (Berlin),  DRP.   199  148. 

')  Poulenc  Freres.  Paris,  DRP.  203  082,  Zusatz  zu  DRP.   199  148. 
r  r  ä  n  k  e  I ,  Arzneimittel-Synthese.    5.  Aufl.  24 


370  Alkaloide. 

Dieses  Verfahi-en  liefert  die  gleichen  Endprodukte  wie  DRP.  189  481.  Ammoniak 
wirkt  auf  die  Athylenoxyde  wie  die  aliphatischen  Amine  in  DRP.  199  148.  Es  bilden  sich 
aber  zwei  Basen,  indem  Ammoniak  einmal  auf  1  Mol.  Athylenoxyd  einwirkt  und  das  andere 
Mal  auf  2  Mol.  Man  erhält  aber  der  Hauptsache  nach  mir  die  sekundäre  Base  imd  nur  sehr 
wenig  primäre. 

Oxyaminosäureester  der  Zusammensetzung') 

CHj  •  N(^ 

1    '      ^Ri 

CHj  — C  — OH  (R  =  Wasserstoff  oder  Alkyl,  Rj  desgl.,  R,  =  Alkyl) 

COO • R, 

erhält  man,  wenn  man  Amino-tx-oxyisobuttersäure  und  deren  N-Mono-  mid  Dialkylderivate 
mit  aliphatischen  Alkoholen  in  Gegenwart  von  Mineralsäuren  verestert.  Dargestellt  wiirden 
Amino-oxyisobuttersäureäthylester.  Zur  Darstellung  nimmt  man  als  Ausgangsmaterial 
Monochlor-a-oxyisobuttersäure.  Diese  wird  erhalten  durch  Kondensation  von  Blausäure 
mit  Monochloraceton  und  Verseifimg  des  Nitrils.  Die  gechlorte  Säure  Uefert  beim  Erhitzen 
imter  Druck  mit  Ammoniak  oder  Aminen  die  entsprechende  Aminosäure,  die  man  dann 
verestert.  Durch  Einwirkung  von  Chlorameisensäureester  erhält  man  das  entsprechende 
Urethan.  Femer  wiu'den  dargestellt:  Dimethylaminooxyisobuttersäuremethylester  und 
Athylester  und  Isoamylester,  Methylaminooxyisobuttersäureäthyloster,  Diäthylaminooxy 
isobuttersäureäthylester,  Dimethylaminooxyisobuttersäurepropylester  und  das  Isovaleryl- 
derivat. 

Acetylderivate  der  Oxyaminsäureester  des  vorstehenden  Patentes  198  306^)  zeigen 
dieselben  physiologischen  Eigenschaften  wie  die  Aminoalkoholester  von  DRP.  169  787, 
181  175  und  194  051.  Der  Benzoesäureester  z.  B.  zeigt  bei  geringer  Toxizität  stark  an- 
ästhesierende Eigenschaften.  Man  erhält  diese  Verbindurg  durch  Reaktion  von  Säure- 
chlorid und  Base  und  es  fällt  in  benzolischer  Lösung  das  Chlorhydrat  der  Verbindung 
heraus.  Man  kann  aber  auch  den  Aminosäureester  mit  Sävu-eanhydrid  kochen  oder  mit 
Säurechlorid  und  Soda  und  Pyridin  schütteln.  Dargestellt  wurden  Dimethylaminobenzoyloxy- 
isobuttersäuremethyl-  und  Athylester  und  Amylester,  Dimethylaminoisovaleryloxyisobutter- 
säm-eäthylester,  Dimethylamino-/j-broniisovaleryloxyisobuttersäureäthylester,  Dimethyl- 
amino-a-brom-n-caproyloxyisobuttersäureäthylester,  Dimethylamino-p-nitrobenzoyloxy- 
isobuttersäureäthylesterchlorhydrat,  Dimethylamino-a-bromisovaleryloxyisobuttersäure- 
äthylesterchlorhydrat,  Dimethylaminoisovaleryloxyisobuttersäurepropylester. 

Riedel')  stellt  Choline,  die  sich  von  tertiären  Alkoholen  ableiten,  sowie  deren 
Benzoylverbindungen  her,  sie  besitzen  eine  wesentlich  geringere  Giftigkeit  als  die  Salze  des 
gewölmHchen  Cholins  und  sind  frei  von  der  Curarewirkung  des  letzteren.  Das  sich  vom 
Dimothyläthylcarbinol  ableitende  Cholin  macht  in  der  zehnfachen  letalen  Cholindosis 
höchstens  eine  gewisse  Parese.  E.  Schmidt')  hat  bei  den  Homologen  des  Neurins,  welche 
bei  Verlängerung  der  Seitenkette  entstehen,  ebenfalls  eine  beträchtliche  Abschwächung 
der  Giftwirkung  beobachtet.  Geschützt  ist  das  Verfahren  zur  Darstellung  der  Dialkylamino- 
dimethyläthylcarbinolhalogenalkylate  und  ihrer  Benzoylverbindungen,  darin  bestehend, 
daß  man  auf  Dialkylaminodimethyläthylcarbinol  und  seine  Benzoylverbindung  Halogen- 
alkyle  einwirken  läßt.  Dargestellt  wurden  Trimethyltertiärpentanolammoniumbromid 
und  dessen  Benzoylverbindung,  das  Stovainbrommethylat,  Trimethyltertiärpentanol- 
anamonium Jodid  und  dessen  Benzoylverbindung,  das  Stovainjodmethylat,  datm:  Äthyl- 
dimethyltertiärpentanolammoniumbromid  und  dessen  Benzoylverbindung,  das  Stovain- 
bromäthylat,  ebenso  das  Stovainjodäthylat. 

Sekundäre  Aminoalkohole  der  allgemeinen  Formel^) 

^^-<r: 

H— C  — OH 

1 
CHa  ■  O  •  R 

erhält  man,  wenn  man  primäre  oder  sekundäre  aliphatische  oder  aromatische  Amine  oder 
Aminophenole  auf  die  Kondensationsprodukte  aus  Phenolen  oder  Naphtholen  oder  deren 
Substitutionsprodukten  und  Epiclüorhydrin  oder  Dichlorhydrin  einwirken  läßt.   Beschrieben 

')  Poulenc  Freres,  Paris,  und  Ernest  Fourneau,  DRP.   198  306. 

2)  Poulenc  Freres  und  Fourneau,  DRP.  202  167.  =)  DRP.   195  813. 

*)  Arch.  d.  Pharm    343,  706  (1904). 

'')  Poulenc  Freres  imd  Ernest  Fourneau  in  Paris,  DRP.  228  205. 


Coc«nersatzmittel.  371 

ist  die  Darstellung  von  p-JIethylphenoxydimethylaminopropanol,  femer  von  l-Methyl-4- 
propyl-3-phenoxydiniethylaminopropanol  vind  l-Methoxj'-2-phenoxydimethylaminopro- 
panol,  femer  /?-Naphthoxydimethylaminopropanol,  p-Nitrophenoxydimethylaminopropanol, 
Phenoxy-l-dimethylaniiiio-3-propanol,  2-Phenosypropanolanilin,  Phenoxypropanol-p-phe- 
netidin. 

Benzoylalkylaminoäthanole  erhält  man  durch  BenzoyUeren  der  Alkylaminoäthanole. 
Dargestellt  wiirden:  Benzoyldiäthylaminoäthanol,  Benzoyldimethylaminoäthanol,  Benzoyl- 
monomethylaminoäthanol,  Benzoyldiisoamylaminoäthanol  ^). 

In  gleicher  Weise  kann  man  zu  den  Benzoylalkylaminomethylpentanolen  kommen, 
welche  anästhesierend  wirken.  Man  erhält  so  Benzoylmethylaminomethylpentanol,  Benzoyl- 
äthylaminoniethylpentanol,  Benzoyldimethylaminomethylpentanol,  Benzoyldiäthylamino- 
methylpentanol  -). 

Der  Benzoylester  des  Dimethylaminoisopropylalkohols  ist  wenig  toxisch,  ein  wenig 
mehr  als  die  Benzoylalkylaminoäthanole.  5Ian  erhält  diesen  Ester  auf  die  verschiedenen 
bekannten  Weisen  der  Benzoylierung^). 

Benzoylalkylamiuoalkohole  werden  durch  Erhitzen  von  Benzoesäureestem  mit  Alk- 
aminen  hergestellt,  z.  B.  Benzoyldiäthylaminoäthanol,  Benzoyldimethylaminoäthanol, 
Benzoyldiamylaminoäthanol  und  Benzoyldiäthylaminopropanol. 

Solche  Benzoyh-erbindungen  werden  auch  durch  Einwirkung  von  Benzoesäureestem 
und  halogensubstituierten  Alkoholen  auf  sekvmdäre  aUphatisehe  Amine  dargestellt*). 
Benzoesäurepiperidinäthylester  C^H^  ■  CO  -  O  •  CHo  •  CH,  •  NCäHjo  macht  nur  eine  kurz 
andauernde  Anästhesie  und  sehr  starke  Keizwirkimg.  Hingegen  erhält  man  durch 
Reduktion  der  p-Nitrobenzoesäurealkaminester  p-Aminoester,  die  sehr  gut  wirken.  Die 
Nitroester  erhält  man  durch  Einwirkung  von  p-Xitrobenzoylchlorid  auf  Alkamine 
oder  diu-ch  Umsetzung  der  p-Nitrobenzoesäureester  von  Chlorhydrinen,  Diäthj-lenchlor- 
hydrin  mit  Basen,  wie  z.  B.  Piperidin  und  Diäthylamin.  Dargestellt  wurden  p-Amino- 
benzoylpiperidoäthanol,  p-Aminobenzoyldiäthylaminoäthanol,  p-Aminobenzoyldimethyl- 
aminoäthanol,  p-Aminobenzojidüsopropylaminoäthanol,  p-Aminobenzoyldüsobutylamino- 
äthanol,  p-Aminobenzoyldiisoamylaminoäthanol,  p-Aminobenzoyldiäthylaminobutanol  und 
das  entsprechende  Propanol,  ferner  das  entsprechende  Pentanol,  dann  p-Aminobenzoyl- 
piperidopropanol  imd  Pentanol,  p-AminobenzoyldiäthylaminohexanoI,  p-Aminobenzoyl- 
piperidopropandiol,  Bis-p-aminobenzoylpiperidopropandiol,  p-Aminobenzoyldiäthylamino- 
propandiol,Bis-p-aniiuobenzoyldiäthylaminopropandiol,p-Arainobenzoyltetraäthyldiamino- 
propanol,  p-Aminobenzoyltetramethyldiaminopropanol.  Diese  Substanzen  sind  Analoga 
des  Anästhesins  und  des  Stovains  und  sind  eine  Kombination  der  beiden  wirksamen  Kompo- 
nenten der  Aminobenzoesäureester  und  der  Benzoylalkamine. 

Diaminoalkylester  der  Formel^) 

CH,  •  Xi 
R  ■  C  — O  ■  Y 


worin  R  ■  Alkyl  oder  Ai-yl,  Xj  und  Xg  einen  beliebigen  Aminrest  und  Y  einen  Säurerest 
bedeutet,  werden  diu-ch  Behandlung  der  nach  DRP.  173  610  erhältlichen  Aminoalkohole 
mit  acidylierenden  Mittel  gewonnen.  Diese  Verbindungen  sind  z.  B.  das  Hydrochlorid 
und  Nitrat  von  p'-Äthyltetramethyldiaminobenzoylglycerin,  welches  A 1  y  p  i  u  genannt  wird. 
Dargestellt  wnrden  außer  dieser  Verbindung  noch:  /)'-Phenyltetramethyldiaminoglycerin- 
benzoat,  ferner  /)'-Ath}'ldiaminoglycerinisovalerianat,  ferner  /)-Athyltetramethyldiamino- 
glycerinäthj'lcarbonat  sowie  /^-Äthyltetramethyldiaminoglycerinzimtsäm-eester.  Das  salz- 
saure Salz  des  Zimtsäureesters  soll  zweimal  so  stark  anästhesierend  wirken  als  Cocain.  Die 
notwendigen  Aminoalkohole  werden  nach  DRP.  173  610  imd  nach  DRP.  168  941  dargestellt. 
Man  erhält  symmetrische  Dihalogenderivate  tertiärer  Alkohole  von  der  allgemeinen  Formel 
R  ■  C(OH)  •  (CHj  •  Halogenjj,  indem  man  die  durch  Einwirkung  von  symmetrischen  Di- 
halogenacetonen  auf  Magnesiimihalogenradikaldoppelverbindungen  erhältlichen  Produkte 
mit  Wasser  und  Säure  zersetzt.  Bromäthylmagnesium  wird  mit  Diehloraceton  behandelt 
und  man  erhält  p'-Athyldichlorhydrin.  Ebenso  kann  man  das  Jodhydrin  und  das  Phenyl- 
chlorhydrin  darstellen.  Unter  der  Einwirloing  von  Ammoniak  oder  von  organischen  Basen 
gehen  diese  Chlorhydrine  in  neue  Alkoholbasen  über,  welche  angeblich  Harnsäure  leicht 
lösen.    Aus  diesen  Basen  wird  dann  durch  Benzoylierung  Alypin  dargestellt^). 

1)  Schering,  Berlin,  DRP.  175080.  =)  DRP.  181287,  Zusatz  zu  DRP.   175080. 

ä)  DRP.    189  482,  Zu.satz  zu  DRP.   175  080.  ')  Höchst,  DRP.   187  209. 

')  Höclist,  DRP.   190  688.  ")  Bayer  (Elberfeld),  DRP.   173  631. 

24* 


372  Alkaloide, 

Alypin    ist    das    Monochlorhydrat    des    Benzoyl-1.3-tetramethyldiamino- 
2-äthylisopropylalkohols 

PH  -K^^^s 

I     2      -^  <cHs 

C2H5  — COCOC5H5 

CHj-N<^|3  .  HCl 

Alypin  macht  manchmal  ausgesprochene  Reizwirkung  und  Gewebsschädi- 
gimg  am  Applikationsort*). 

Es  ist  ein  Ersatzmittel  des  Cocains,  welches  keine  Mydriasis  macht  und  nur 
halb  so  giftig  ist  wie  Cocain,  es  macht  auch  keine  Ischämie*). 

Procain 

NH, 


CO  •  O  ■  CHj  •  CHj  .  N<(p^^ 

Die  ihm  nahe  Verbindung,  die  um  einen  Kohlenstoff  reicher  ist, 
NH, 


H 


./CM 


/*^2il5 


COOCCH„.X<„„ 
CH3 

ist  im  DRP.  179  627  ohne  Angabe  ihrer  physiologischen  Wirkung  beschrieben. 
Die  Substanz 

NH, 


CA 


o 

CH,     CO-  CH„  •  CH„  ■  X( 


wirkt  nach  Pyman  nicht  anästhesierend.    Sie  ist  ein  Aminoalkoholester  der 
p-Aminophenylessigsäure. 
Die  Verbindungen 

O 

HjN<^2>  •CH  =  CH  —  C  —  O  —  CHj  —  CH,  —  ^'C^^g^ 
und  O 

<^^C  =  C— C  — O  — CHj  — CH2— CH,  — N<p^'' 

haben  anästhesierende  Eigenschaften.    In  ihnen  sitzt  die  Carboxylgruppe  des 
Esters  an  einem  ungesättigten  C-Atom. 
Ein  Homologes  des  Procains 

CHj   CH3      O 

CH3  ■  CHj— N  HC— O  — C— <^ /NHj 

H  — C— CH, 

I 
H 


^)  H.  Braun,  Dtsch.  med.  Wochensclir.   1905,  1669. 

2)  I  mpens,  Dtsch.  med.  Wochensclir.  1905,  29.  —  Seif  er,  Dtsch.  med.  Wochenschrift 
1905,  34.  —  I  mpens  und  Hoff  mann.  Pflügers  Arch.   100,  29. 


Cocainersatzmittel.  373 

Es  besteht  eine  Kette  von  3  C-Atomen  sowie  der  0-  und  N- Atomen,  ähnlich 
wie  Cocain. 

Die  physiologische  Wirkung  des  p-Aniinobenzoesäureesters  des  /-Diäthyl- 
propylalkohols  erklärt  sich  aus  seiner  nahen  Verwandtschaft  zum  Cocain.  Diese 
Substanz  ist  toxischer  als  Procain,  aber  für  Oberflächenanästhesie  stärker  als 
Procain,  seine  Wirksamkeit  größer  als  die  der  niederen  Homologen^). 

Novocain  ist  das  Chlorhydxat  des  p-Aminobenzoyldiäthylaminoäthanol^). 

NHa 

C 

HCi^CH 

Hci^CH 

C 

COO    C2H4  •  NlCjHs),  •  HCl 

Die  Carbonylgruppe  muß  aber  nicht  direkt  am  BenzoUiam  hängen,  um 
anästhetisch  zu  wirken.  Auch  bei  NH,  •  CgHi  •  CH  =  CH  •  COOR  sieht  man 
Lokalanästhesie. 

p-Aminobenzoesäure-;'-diaethyIaminopropylaIkoholester  NHj  •  CgH^  •  COO 
•  (CH2)3  •  N(C2H5)2  hat  chemisch  große  Ähnlichkeit  mit  Cocain,  ist  giftiger  als 
Novocain,  aber  auch  stärker  lokalanästhesierend^). 

Am  einfachsten  stellt  man  Novocain  durch  Einwirkung  von  p-Nitrobenzoylchlorid  oder 
-anhydrid  auf  die  Alkamine  die  Ester  dar  und  reduziert  diese ''^. 

p-Aminobenzoesäiu'ealkaminester^)  kann  man  auch  herstellen,  indem  man  p-Amino- 
benzoesäui'e  oder  deren  N-Alkylderivate  bei  Gegenwart  von  Mineralsäure  bzw.  die  Anhydride 
oder  Säurechloride  dieser  Körper  ohne  Anwendung  von  Kondensationsmitteln  auf  Alkamine 
einwirken  läßt.  Man  erhält  z.  B.  aus  Oxäthylpiperidin  und  p-Aminobenzoesäure  und  kon- 
zentrierter Schwefelsäure  den  Ester  oder  aus  p-Dimethylaminobenzoylchlorid  und  Oxäthyl- 
piperidin oder  aus  denselben  Substanzen  mit  konzentrierter  Salzsäure. 

Aus  Diäthylaminobenzoesäure,  Oxäthyldiäthylamin  und  konzentrierter  Schwefel- 
säure erhält  man  p-Diäthylaminobenzoesäurediäthylaminoäthylester.  Femer  wurden  dar- 
gestellt :  p-Dimethylaminobenzoyloxäthylpiperidin,  p-Aminobenzoesäurediäthylaminoäthyl- 
ester,  p-Monomethylaminobenzoesäurediäthylaminoäthylester,  p-Monomethylaminobenzoe- 
säurepiperidoäthylester,  p-Monoäthylaminobenzoesäurediäthylaminoäthylester. 

Statt  von  den  p-Nitrobenzoesäurealkaminestem')  auszugehen,  kann  man  auch  die 
p-Azobenzoesäurealkaminester  reduzieren.  Man  gewinnt  diese  Azoester  aus  der  Azobenzoe- 
säure  oder  dem  p-Azobenzoesäurechlorid. 

Man  kann  diese  Alkaminester  darstellen')  durch  Umsetzung  der  p-Aminobenzoesäure- 
halogenalkylester  mit  sekundären  Basen.  Die  Halogenalkylester  erhält  man  durch  Ver- 
esterung der  p-Aminobenzoesäure  mit  den  Halogenhydrinen,  mit  Blineralsäm'en  (ins- 
besondere kommt  Schwefelsäure  in  Betracht)  oder  durch  Reduktion  der  p-Nitrobenzoe  • 
säurehalogenalkylester. 

Die  Alkaminester  der  p-Aminobenzoesäure  erhält  man  auch,  indem  man  p-Amino- 
benzoesäurealkylester  mit  einem  Alkamin  einige  Zeit  bis  zum  Siedepimkte  des  Alkamins 
erhitzt'). 

o-  und  m-Aminobenzoesäurealkaminester,  welche  ebenfalls  anästhesierend  wirken, 
besitzen  die  Eigenschaft,  mit  Säiiren  neutral  lösliche  Salze  zu  geben.  Man  erhält  sie  durch 
Reduktion  der  betreffenden  Nitroverbindungen  oder  durch  Erhitzen  der  Aminosäureester 
mit  Alkaminen  oder  durch  Veresterung  der  betreffenden  Aminobenzoesäure  mit  Alkaminen 
oder  durch  Umsetzung  der  Ester  von  halogensubstituierten  Alkoholen  mit  primären  und 
sekundären  Aminen"). 


•)  Oliver  Kamm,  Journ.  of  the  Americ.  ehem.  soc.  43,  1030  (1920). 

2)  Liebigs  Ann.  371,   125  (1910). 

')  Oliver  Kamm,  Journ.  Americ.  Chem.  Soc.  48,  1030  (1920). 

«)  Höchst,  DRP.   179  627.  '^)  DRP.   180  291,  Zusatz  zu  DRP.   179  627. 

«)  DRP.   180  292,  Zusatz  zu  DRP.   179  627. 

')  DRP.   194  748,  Zusatz  zu  DRP.   179  627.  *)  Höchst,  DRP.   172  568. 

")  Höchst,  DRP.   170  587. 


374  Alkaloide. 

Man  kann  dieselben  Verbindungen  durcli  Reduktion  von  o-  und  m-Azobenzoesäure- 
alkaminestern  erhalten'). 

Statt  der  o-  und  m-Aminobenzoesäure  kann  man  auch  ilire  N-Alkylderivate  her- 
stellen, welche  anästhesierend  wirken^). 

Man  erhält  Alkaminester  der  Salicylsäure  durch  Verestermig  der  Salicylsäure  mit 
Alkaminen,  durch  Einwjrkmig  von  Alkj'laminen  auf  die  Salicylsäureester  der  Chlorliydrine 
oder  diu'ch  Einwirkung  von  Alkaminen  auf  Salicylide  ^). 

Aniinozimtsäurealkaminester  erhält  man  durch  Reduktion  von  Nitrozimtsäureestern 
der  Alkamine,  durch  Veresterung  von  Aminozimtsäiu-e  mit  Alkaminen,  durch  Erhitzen  von 
Aminozimtsäureestern  mit  Alkaminen  luid  durcli  Behandlung  von  Aminozimtsäureestern 
der  halogensubstituierten  Alkohole  mit  sekundären  Aminen.  Diese  Verbindimgen  sollen 
weitaus  kräftiger  anästhesierend  wirken,  als  die  Derivate  der  Aminobenzoesäure''). 

E.  Merck  stellt  p-Aminobenzoesäurealkaminester  dar  durch  Wechselwirkung  von 
p-Aminobenzoesäm:esalzen  mit  Chlorderivaten  von  dialkylierten  Aminoäthanen.  So  erhält 
man  aus  Chloräthyldiäthylamin  und  p-aminobenzoesaurem  Natrium  durch  Erhitzen  auf 
120 — 130°  Arainobenzoesäurediäthylaminoäthanolester^). 

Beim  Erhitzen  des  Benzoylurethans  oder  seiner  Derivate  oder  anderer  Acidylderivate 
des  Urethans  mit  Alkaminen  wird  die  Bindung  zwischen  Kohlenstoff  und  Stickstoff  ge- 
löst und  man  erhält  in  guter  Ausbeute  die  Alkaminester  der  Benzoesäure  usf. 

Aus  Benzoyhu-ethan  und  Dimethylaminoäthanol  erhält  man  durch  Erhitzen  auf  150° 
Benzoesäiu'edimethylaminoäthylester. 

Beschrieben  sind  ferner  p-Aminobenzoesäurediäthylaminoäthylester,  Essigsäuredi- 
äthylaminoäthylester  " ). 

Die  kernamidierte  Phenylkohlensäurealkarainester  sind  Anaesthetica.  Man  erhält  sie 
durch  Reduktion  der  Nitrophenylkohlensäiu'ealkylaminester,  die  ihrerseits  aus  den  Nitro- 
phenolen  durch  Überführen  in  ihre  Kohlensäurechloride  und  Kondensation  dieser  mit 
basischen   Alkoholen,  wie  Diäthylaminoäthanol,  gewonnen  werden'). 

Arylcarbaminsäureester  der  Alkamine  haben  stark  anästhesierende  Eigenschaften. 
Man  kann  Alkamine  mit  Derivaten  der  Arylcarbaminsäure  umsetzen  oder  aliphatische 
Amine  mit  Halogenalkylestern  der  Arylcarbaminsäuren  umsetzen. 

Dargestellt  ^^iirden:  Diäthylaminoäthanolphenylcarbaminsäiu'eester,  Diäthylamino- 
äthanol-p-äthosyphenylcarbaminsäureester,  Diäthylaminoäthanolphenylmethylcarbamin- 
säureester ,  Diäthylaminoäthanoldiphenylcarbaminsäureester ,  Piperidoäthanolphenylcarb- 
aminsäureester ,  Piperidoisopropanolphenylcarbaminsäureester ,  Diäthylaminoisopropanol- 
phenylcarbaminsäureester ,  Phenylcarbaminsäurediäthylaminotrimethylcarbinolester ,  Te- 
tramethyldiaminopropanolphenylearbaminsäureester,  Diäthylaminodioxypropanphenyl- 
carbaminsäureester  ' ). 

Alfred  Einhorn  stellte  Verbindungen  von  Diamino-  und  alkylierten  Di- 
aminobenzoylalkaminen  her,  welche  lokalanästhesierend  wirken  und  sich  durch 
geringe  Giftigkeit  den  anderen  Mitteln  dieser  Reihen  gegenüber  auszeichnen 
sollen.  Die  Monochlorhydrate  wirken  eben.so  reizlos  wie  Novocain,  aber  besser 
anästhesierend  und  die  Wirkung  ist  länger  anhaltend.  Die  Giftigkeit  ist  er- 
hebhch  geringer^). 

Die  Alkaminester  der  m-p-Diaminobenzoesäure  und  der  alkylierten  ni-p-Diamino- 
benzoesäuren  kann  man  herstellen  durch  Veresterung  der  m-p-Diamino-  oder  der  alky- 
lierten Diaminobenzoesäuren  mit  Alkaminen  oder  durch  Reduktion  der  m-p-Dinitro-, 
Aminonitro-  bzw.  Alkylaniinonitrobenzoesäurealkaminester  oder  diu'ch  Umsetzung  der 
Halogenalkylester  mit  sekundären  Aminen  oder  durch  Erhitzen  der  Ester  mit  Alkaminen^"). 

Wenn  man  Kitrophenole  mit  Phosgen  in  ihre  Kohlensäurechloride  umwandelt,  diese 
mit  basischen  Alkoholen  kondensiert  und  in  den  so  erhaltenen  Kondensationsprodukten 
(üe  Nitrogruppen  reduziert,  so  erhält  man  kernamidierte  Phenylkohlensäurealkaminester. 

So  erhält  man  aus  p-Nitrophenolnatrium  imd  Phosgen  in  Benzol  p-Nitrophenyl- 
kohlensäurechlorid,  dieses  gibt  mit  Diäthylaminoäthanol  in  Benzol  p-Nitrophenylkohlen- 
sävu-ediäthylaminoäthylester  imd  dieses  bei  Reduktion  mit  Zinnchlorür  und  Salzsäure  den 


1)  Höchst,  DRP.   172  301,  Zusatz  zu  DRP.   170  587. 

2)  Höchst,  DRP.   172  447,  Zusatz  zu  DRP.   170  587.  ')  Höchst,  DRP.   188  571. 
^)  Höchst,  DRP.    187  593.           ^)  E.  Merck,  DRP.    189  335. 

«)  Bayer,  DRP.   290  522.  ')  DRP.   287  805.  "j  Höchst,  DRP.   272  529. 

')  Einhorn,    eingeführt    von    Braun,    Dtsch.    med.    Wochenschr.    1905,     Nr.    42, 
S.  1669.  —  J.  Bieberfeld,  Med.  Klinik  1905,   1218.         ")  DRP.   194  365. 


Cooainersatzmittel.  375 

p-Aminophenylkohlensäiirediäthylaminoäthylester.    Ferner  ist  der  m-Aminophenylkohlen- 
säurediät  hylaminoäthylester  beschrieben ' ). 

Während  o-Phthalyl-bis-methylekgonin  ähnlich  wie  Cocain  wirkt,  und 
Diäthylaminoäthylbenzoat  (DRP.  175  080)  (C2H5)2N  •  CHj  •  CHg  •  OOC  •  CgHj 
lokalanästhesierend  wirkt,  hat  Diäthylaminoäthylphthalat 

(C;H3)„N  ■  CH,  •  CHj  ■  OOC       «^ 

keine  anästhesierenden  Eigenschaften  2). 

Während  bei  den  Cocamen  die  Einführimg  einer  o-Chlorbenzoylgruppe 
gegenüber  der  Benzoylgruppe  die  Wirkung  erhebüch  abschwächt  oder  die  Ein- 
führung einer  m-Aminobenzoylgruppe  die  Wirkung  völlig  vernichtet,  macht 
beim  Novocain  die  p-Aminobenzoylgruppe  die  starke  anästhesierende  Eigen- 
schaft und  nach  Einhorn 3)  haben  Dialkylaminoalkyl-3.4-diaminobenzoate 
auch  beträchthche  anästhesierende  Eigenschaften. 

Auch  die  Carboxylgruppe  muß  nicht  direkt  am  Kern  hängen,  denn  die 
Phenylessigsäiu-e  und  Zimtsäure  machen  die  gleichen  anästhesierenden  Effekte 
in  der  Eucaingruppe,  während  nach  Poulsson^)  in  der  Cocaingruppe  Sub- 
stanzen ohne  diese  Eigenschaften  entstehen. 

Diäthylaminoäthyl-p-aminophenylacetat  wirkt  nicht  lokalanästhesierend. 
Äthyl-p-aminophenylacetat  C2H5  •  OOC  •  CH2  •  CgH^  •  NHj  wirkt  ebenfalls  nicht. 

Die  meisten  Anaesthetica  haben  eine  tertiäre  Aminogruppe,  /?-Eucain  hat 
eine  sekimdäre  Aminogruppe.  Hingegen  ist  /?-Aminoäthyl-p-aminobenzoat 
NH2  •  CH2  •  CH2  •  OOC  •  CgH4  •  NH2^)  ohne  anästhesierende  Eigenschaften. 

Die  Alkylgruppen,  welche  die  Wasserstoffe  der  Aminogruppe  ersetzen,  ver- 
ändern einigermaßen  die  lokalanästhesierenden  Eigenschaften. 

Piperidjdäthylbenzoat  C5H10N  •  CHg  •  CHg  •  OOC  •  CgHj  ist  nur  schwach 
wirksam,  s-di-/S-Benzoyloxy-l .4-diäthyIpiperazin 

CgHs  •  CO  •  O  ■  CHj  ■  CH,  •  N<^^2  \  CH^-^^  '  ^^2 '  CHj  •  O  ■  CO  ■  C^Hs 

und  ;ö-/S-Dibenzoyloxytriäthylamin 

CeHj  •  CO  •  O  -CH,  ■  CH^  •  NCCjH^)  •  CH,  •  CHj  •  O  •  CO  •  CjH^ 
sind  ebenfalls  schwach  wirksam,  während  /?-/5-Dibenzoyloxymethyldiäthylamiii 

CjHs  •  CO  •  O  •  CH,  •  CH2  •  N(CH3)  •  CHj  •  CHj  •  O  •  CO  •  CgHj 
(Pyman)  unwirksam  ist. 

Bei  den  Alkaminestem,  welche  wirksam  sind,  kann  die  Acylgruppe  Ben- 
zoyl-  oder  ein  substituierter  aromatischer  Säurerest  sein.  Die  Aminogruppe 
kaim  sekmidär  oder  tertiär  sein  und  Alkylgruppen  enthalten  oder  mit  einem 
einfachen  oder  mit  Brücke  versehenen  Ringsystem  verbunden  sein. 

Ersetzt  man  im  Cocain  die  Benzoylgrvippe  durch  die  Phenacetylgruppe, 
so  erhält  man  Phenacetylekgoninmethylester,  welcher  nicht  mehr  anästhe- 
sierend wirkt,  während  beim  Ä-Eucain  man  beim  gleichen  Vorgang  zu  einem 
Körper  mit  lokalanästhesierenden  Eigenschaften  kommt.  Athyl-p-amino- 
phenylacetat  und  /$-Diäthylaminoäthyl-p-aminophenylacetat  wirken  im 
Gegensatze  zu  den  analogen  Benzoylverbindungen,  dem  Anästhesin  und 
Novocain,  nicht  anästhesierend.  jS-Diäthylamino-/J'-phenoxyisopropylalkohol 
ist  schwach  lokalanästhesierend,  p-Aminobenzoyl-p-phenetidid  erzeugt  keine 
Lokalanästhesie®). 

1)  Höchst,  DRP.  287  805.  2)  Pyman,  J.  C.  S.  Trans.  93,   1793  (1908). 

ä)  DRP.  194  365.      *)  AePP.  2T,  301.      ^)  Forster,  J.  C.  S.  Trans.  93,  1865  (1908). 

«)  Fr.  L.  Pyman,  Journ.  Chem.  Soc.   111,  167  (1917). 


376  Alkaloide. 

Wird  in  die  Äthylgruppe  des  hypnotisch  wirkenden  Phenyhirethans  eine 
Dimethylaminogruppe  eingeführt,  so  entsteht  der  Dimethylaminoäthanolester 
der  Phenylcarbaminsäure 

CjH.  •  NH  •  COO  •  C„H.N  <S*S» 

ein  Lokalanaestheticum,  während  die  hypnotischen  Eigenschaften  des  Urethans 
verschwunden  sind^). 

Methyl-phenylcarbaminsäure-diäthylaminoäthanolesterchlorhydrat 

^Ch'>^  •  COO  CJHjN(CjHs)j  •  HCT 
ist  weniger  giftig. 

Ätbyl-phenylcarbaminsäure-diäthylaniinoäthanolesterehlorhydrat 

^*55>N  ■  COO  ■  C,HiN(C,H5)j  •  HCT 

ist  giftiger  als  die  Propj-lverbindung. 

c!h!>^'  ■  "^^^  ■  CÄ^(C  A)2  •  HCl 

Phenyl  -  phenylcarbaminsäure  -  diäthylaminoäthanolesterchlorhydrat     ist     viel 
giftiger,  so  giftig  wie  Phenyl-caibaminsäure-diäthylaminoäthanolester. 

Tetrahydrochinolin-N-carbonsäure-diäthylaminoäthanolesterchlorhydrat 

\    / 
Hj<^^N  •  COO  ■  CjH^XlCjHs),  •  HCl 

wirkt  wie  die  Propylverbindung. 

Diphenyl-carbaminsäure-diäthylaminoäthanolesterchlorhydrat 

^6|f>N  COO  ■  CjHiN(CÄ)2* HCT 

wirkt  wie  das  Phenylmethanderivat. 

Ekgoninmethylester -phenyl  uretha  neb  lorhydrat 

H 
— C CH, 


H„C CH CHj 

wirkt  wie  das  Phenylmethanderivat  —  aber  es  ist  etwas  weniger  giftig.    Es 
unterscheidet   sich   von  Cocain   durch   Ersatz  der  Benzoylgruppe  durch  die 
Phenylcarbaminsäure.    Es  wirkt  wie  Cocain,  ist  aber  weniger  giftig. 
Methoxyphenylcarbaminsäure-diäthylamiiioäthanolesterchlorhydrat. 

P-CH3O  •  CgH,  •  NH  •  COO  •  CjH4N(CjH5)2HCl 

ist  so   giftig  wie   das   Phenylurethanderivat,   aber  die  lokalanästhesierenden 
Eigenschaften  sind  geringer. 

p-Carboxäthyl-phenylcarbaminsäure-diäthylaniinoäthanolesterchlorhydrat. 

CsHjOCO  •  CjH^NH  •  COOCjH^NlCjHjjjHCl 

Die  Giftigkeit  ist  geringer. 

1)  K.  Fromherz,  AePP.  T«,  257  (1914). 


Cocainersatzmittel.  877 

p-Aminophenyl-carbaminsäure-diäthylairunoäthanolesterchlorhydrat. 

HjN .  CsHi .  NH  •  COO  ■  C2H4N(C2H5)2HC1 

Es  ist   weniger  giftig  als  Novocain,   die  anästhesierende  Wirkung  auf   den 

Nervenstamm  ist  aufgehoben.    Sonst  wirkt  es   wie  unverändertes  Novocain. 

Urethano-Novocain-chlorhydrat. 
CjHs  •  OOC  ■  NH  •  C5H4  •  COO  •  CsHiXlCÄJjHCl 

wirkt  gut  auf  den  Nervenstamm  und  bewirkt  auch  eine  intensive  Anästhesierung 

der  Nervenendapparate,    ätzt    aber    das   Comeaepithel    und    ist    giftiger  als 

Novocain. 

Carboxäthyl-p-aminophenylcarbaminsäure-diäthylaminoäthanolesterchlor- 

hydrat. 
•'  C2H5  •  OOC  •  NH  ■  CeH^NH  •  COO   CoHiNIC^HsJaHCl 

ist  weniger  giftig. 

Phenylcarbaminsäure-diäthylaminoäthanolesterchlorhydrat  wirkt  wie 
Novocain,  steht  aber  diesem  nach. 

Beim  Homobenzylcarban  insäure-diäthylaminoäthanolester-chlorhydrat  ist 
die  Heftigkeit  den  niederen  Homologen  gegenüber  auf  das  doppelte  erhöht. 

PhenylL'lycin-diäthylaminoäthanolesterchlorhydrat  ist  giftiger  und  schwä- 
cher anäBthesierend  als  das  Methylphenylderivat. 

Anaesthetica  aus  verschiedenen  ehemischen  Gruppen. 

Die  Eigenschaft,  Anästhesie  zu  erzeugen,  kommt  keineswegs  allein  den 
Alkaloiden  der  Cocainreihe  zu,  auch  andere  Köqoer  vermögen  Ähnliches  zu 
leisten,  so  Äthoxj^coffein,  Eugenolacetamid,  o-Nitrophenylacetyl-/S-oxypropion- 
säureester,  Benzoylchinolyl-/?-niilchsäureester. 

Bei  der  praktischen  Verwendung  der  Anihnantipyretica  wurde  eine  schwache 
lokalanästhesierende  Wirkung  derselben  bemerkt.  Stärker  tritt  sie  bei  Ver- 
wendung von  Formanihd  hervor.  Die  an  und  für  sich  geringe  lokalanästhesie- 
rende Wirkung  der  Phenetidinderivate  erfährt  durch  die  Verbindung  mit  einer 
zweiten  Base  eine  intensive  Verstärkung. 

Wir  verdanken  diesem  Umstände  zwei  neue,  lokalanästhesierend  wirkende 
Mittel,  welche  aber  trotz  mancher  Vorzüge  dem  Cocain  gegenüber  nicht  durch- 
schlagen konnten. 

Das  salzsaure  Holocain  ist  p-Diäthoxyäthenyldiphenylaminhydrochlorat. 

CH  .c^NCeH4.0.CÄ 

^"3   "^XNH  ■  CeHj  ■  O  ■  C2H5  •  HCl 

Es  ist  schwer  löslich,  was  seine  Anwendung  sehr  erschwert.  Die  wässerige 
Lösung  ist  aber  gut  haltbar  und  macht  eine  rasch  anästhesierende  Wirkung^). 
Es  ist  giftiger  als  Cocain,  daher  läßt  es  sich  nur  in  der  Augenheilkunde  verwenden. 
Auf  den  Gresamtorganismus  wirkt  es  krampferregend. 

Holocain  entsteht,  wenn  p-Phenetidin  mit  Phenacetin  unter  Wasseraustritt  reagiert. 
Man  läßt  auf  ein  Gemense  dieser  beiden  Substanzen  eine  Phosphorhalogenverbindung 
einwirken,  oder  erhitzt  Phenacetin  mit  salzsaurem  Phenetidin.  Man  kann  auch  Phenacetin 
allein  mit  Salzsäuregas  erhitzen,  femer  entsteht  es  durch  Einwirkung  von  Acetonitrü  auf 
die  Salze  des  p-Phenetidins  bei  höheren  Temperaturen.  Auch  Phenacetin  mit  Phosphor- 
pentasulfid  erhitzt  oder  Thiophenacetin  für  sich  erhitzt  oder  p-Phenetolglycin-p-phenetidid 
in  Phosgengas  erhitzt,  liefert  diesen  Körper*). 

Holocainsulfosäure  wirkt  gut  anästhesierend,  muß  aber  mit  freiem  ALkaJi 
in  Lösung  gehalten  werden. 

1)  Zentralbl.  f.  prakt.  Augenheük.   I89T,  30.  "j  drp    79  ggg,  80  568. 


378  Alkaloide. 

Ähnliche  Amidine  mit  ähnlichen  physiologischen  Eigenschaften  wurden 
von  Täuber  noch  dargestellt,  indem  man  analog  gebaute  Basen  zweckmäßig 
kondensierte : 

Athenyl-p-methoxydiphenylaniidin 

Äthenyl-p-äthoxydiphenylamidin 

Äthenyl-p-äthoxy-p-osydiphenylamidin 

Athenyl-o-methoxy-o-methoJvydiphenylatmidin 

Äthenyl-o-methoxy-p-methoxydiphenylamidin 

Athenyl-p-methoxy-p-methoxydiphenylainidiu 

Äthenyl-o-äthoxy-p-methoxydiphenylamidin 

Athenyl-o-methoxy-p-äthoxydiphenylamidin 

Äthenyl-o-äthoxy-o-athoxydiphenylamidin 

Athenyl-o-methoxy-p-ätlioxydiphenylamidin 

Äthenyl-p-methoxy-p-äthoxydiphenylamidin 

Athenyl-o-äthoxy-p-äthoxydiphenylamidin. 

Äthenylamin  und  Benzamidin  wirken  nicht  anästhesierend,  sondern  wie 
Guaiiidin,  während  Holocain  anästhesierend  wirkt  i). 

Salzsaures  Benzamidin    (CcHs  •  C^j^jj  JHCl  ist  sehr  giftig,   aber  in  bezug 

auf  Anästhesie  schwach  wirksam.        ti 

Salzsaures  Amidin  C^Hs -N :  C<„>C  N  •  CgH^  aus  DiäthylglykokoU-m- 
amino-zimtsäuremethylester  H2 

((CTf  \'K.rTf   .p^N    CeH,  — CH  =  CH  — COO  •  CH3    \„p, 
^^(l.2U5)2JN    UM2    l-\NH  .  C„Hi  — CH=CH^-COO  ■  CHsl"*"' 

wirkt  gut  anästhesierend,  ist  aber  stark  giftig.    Es  macht  Krämpfe,  erweitert 
die  Pupillen,  wirkt  anästhesierend,  ätzt  und  reizt  die  Cornea. 

Carl  Goldschmidt  erhitzt  p-Phenetidin  in  alkoholischer  Lösung  mit  o-Ameiseu- 
säureester  >md  scheidet  mit  veidünnter  Lauge  ein  alsbald  erstarrendes  öl  ab.  Die  Reaktion 
verläuft  nach  folgender  Gleichung: 

2  CÄ<^4h3+  ^^<iS  =  ^«^^<Ni^=H  +  3  (C..H,  .  NH) 

CoHäO  •  CeHj  ■  NH 

Eine  ähnliche  Verbindung  aus  o-Ameisonsäureester  und  p-Aminophenolchlorhydrat 
zu  erhalten  gelang  merkwüi-digerweise  nicht.  Die  analoge  Verbindung  erhält  man  aus 
p-Anisidin  und  o-Anieisensäureester^).  Beide  Substanzen,  Methenyl-di-p-phenetidin^)  und 
Methenyl-di-p-anisidin  machen  Lokalanästhesie.  ' 

Läßt  man  p-Formylphenetidin  in  Forinaldehyd  in  ganz  wenig  verdünnter  Salzsäure 
in  der  Kälte  stehen,  so  erhält  man")  Anhydro-p-oxyäthylaminohenzylalkohol.  Valerylanilid 
und  Valeryl-p-phenetidid  liefern  p-Anhydrovalerylaminobenzylalkohol  resp.  Anhydro- 
valeryloxyäthylaminobenzylalkohol  in  analoger  Weise. 

Die  Substanzen  haben  sowohl  antiseptische  als  auch  anästhesierende  Eigen- 
schaften. 

An  die  Stelle  der  p- Verbindungen  können  auch  die  o -Verbindungen  treten,  nur  muß 
man  bei  der  Darstellung  etwas  länger  erhitzen.  Die  physiologische  Wirkung  der  Lokal- 
anästhesie kommt  auch  den  o-Vorbinduiigen  wie  den  p-Verbindungen  zu. 

In  gleicher  Weise  erhält  C.  Goldschmidt ^)  aus  p-Aminobenzoesäure  durch 
Kochen  mit  o-Ameisensäiu-eester  eine  analoge  Verbindung  COOH  •  CgH^  •  NH 
•  CH  :  N  •  CgH^  •  COOH  .  Diese  Verbindung  wrkt  noch  anästhesierend  imd 
antiseptisch. 


^)  BB.  40,  4173  (1908).  ")  DRP.   103  982.  =)  DBF.  97  103. 

■)  C.  Goldschmidt,  Chem.-Ztg.  25,   178.  ^)  Chem.-Ztg.  36,  743. 


4 


Cocainersatzmittel.  379 

p-Aminobenzoesäuremethylester  gibt  in  alkoholischer  Lösung  mit  o- 
Ameisensäureester  zwei  Substanzen  der  wahrscheinlichen  Konstitution 

CH3  •  CO  ■  O  •  CeHi  •  N  :  CH  ■  NH  •  C^Ut  ■  COO  •  CH, 
CH3  •  CO  ■  O  •  C5H4  •  NH  •  CHO  •  CjHs. 

Beide  wirken  nicht  mehr  schmerzstillend  als  Anästhesin  (p-Aminobenzoesäure- 
äthylester)  fiir  sich. 

Nie  zur  Anwendung  gekommen  sind  Di-p-phenetylguanidin  und  sein  Ben- 
zoylderivat  und  weiters  Di-p-anisylgiianidin  und  sein  Benzoylderivat,  welche 
der  Firma  Riedel  (Berlin)  anscheinend  als  Ersatzmittel  des  Cocains  patentiert 
wurden  (über  physiologische  Versuche  mit  diesen  Körpern  ist  nichts  veröffent- 
Ucht  worden). 

Die  Darstellung  dieser  Körper  geschielit  durch  Einwirkung  von  Bleihydroxyd  oder 
Quecksilberoxyd  auf  eine  alkoholische  Lösung  molekularer  Mengen  Di-p-phenetyltliioham- 
stoff  und  Ammoniak^). 

Hesse  und  Trolldiener-)  haben  eine  Reihe  von  Alkyloxj-phenylguani- 
dinen  physiologisch  geprüft.  Diese  Körper  sind  weit  weniger  giftig  als  Cocain, 
sie  wirken  länger  und  schneller  als  Cocain,  waren  in  der  Lösung  haltbarer,  ätzten 
aber  Der  wichtigste  Körper  dieser  Gruppe,  welcher  in  die  Praxis  eingeführt 
wurde,  ist  Di-p-anisylmonophenetjrlguanidinchlorhj^drat  unter  dem  Namen 
Acoin.  Acoin  hat  den  Nachteil,  in  stärkerer  Konzentration  zu  ätzen  und  daß 
seine  Lösung  sich  im  Lichte  zersetzt.  Die  Anwendung  der  Verbindungen 
dieser  Gruppen  dürfte  an  der  schweren  Löslichkeit  scheitern. 

Die  Darstellmig  der  Acoine  (Oxj^henylguanidine)  geschieht  in  folgender 
Weise  ^) : 

Die  thiocarbaminsauren  Salze  oder  Thioharnstoffe  aromatischer  Basen  werden  bei 
Gegenwart  derselben  oder  einer  andei-en  Base  entsehwefelt,  wobei  mindestens  eine  der 
Basen  ein  Aminophenolkörper  sein  muß,  oder  man  gibt  ein  Carbodiimid  zu  einem  Amino- 
phenol,  oder  man  läßt  das  Carbodiimid  aus  dem  entsprechenden  Harnstoff  entstehen  und 
auf  ein  Aminophenol  einwirken. 

Nach  diesem  Verfahren  wurden  folgende  anästhesierend  wirkende  Oxyphenylguanidine 
dargestellt: 

Trianisylguanidin 

CHj  •  O  •  CeH^  ■  X  :  C(NH  •  C^H^  •  O  •  CH3)2, 
Triphenetylguanidin 

C2H5  •  O  ■  CA  •  N  :  C{NH  •  CeH,  ■  O    C^n,)„, 
Trihomophenetylguanidin 

CoHs  •  O  •  CjHj  •  N  :  C(NH  ■  C,Hj  •  O  •  C^B.^)^, 
die  Guanidine  der  Tripropyl-,  Amyl-  und  Äthylenaminophenyläther 

E  •  O  •  CgH,  •  N  :  C(NH  ■  CjHj  •  O  •  'R)^, 
worin  R  =  propyl-,  butyl-,  äthylen-,  isopropyl-,  isobutyl-,  isoamyl-, 
Triphenolguanidin 

HO  •  C^H^  •  N  :  C(NH  •  CeH^  ■  OH),, 
Diphenetylmonophenolguanidiu 

HO  •  C^H^  •  N  :  C(NH  •  CjH^  •  O  •  C^U,)^, 
Diphenetyhnonoanisylguanidin 

CH,  •  O  •  C5H4N  :  C(NH  •  CeHj  •  O  ■  C.Hs),. 
Dianisyhnonophenylguanidin 

HO  •  CßH^  •  N  :  C(NH  •  CßHi  •  O  •  CHs)^, 

1)  DRP.  66  550,  68  706.         -)  Therap.  Monatshefte  1899,  36.  ^)  DRP.   104  361. 


380  Alkaloide. 

Dianisyl-  (resp.  phenetyl-)  monophenyl-  (resp,  tolyl-,  xylyl)-guanidin 
(CH3  •  O  •  CoHj  •  ISfHjjC  :  N  •  C^B.^, 
worin  CHj  —  durch  CjHj  — ,  CjH4  —  durch  C7H,  —  und  C^H,  —  ersetzt  sein  kann. 
Dianisylmonophenetylguanidin 

CaHj  •  O  •  CjHjN  :  C(NH  •  C0H4  ■  O    CH,)^, 
Diphenyhnonoanisyl-  und  -phenetylguanidin 
R  •  O  •  CgHi  •  N  :  C(NH  •  C,Hj)2, 
worin  R  =  CHj  und  C2H5, 
und  die  Homologen  Ditolyl-  und  Dixylylmonoanieyl-  und  -phenetylguanidin 

R  •  O  •  CeH,  •  N  :  C(NH  •  C,H,)2, 
worin  C,H,  durch  CgHg,  R  durch  CHg  und  C2H5  ersetzt  sein  kann. 

Der  einzige  Repräsentant  der  chlorhaltigen  Körper,  welche  als  Schlafmittel 
und  Inhalationsanaesthetica  ja  eine  große  Verwendung  finden,  ist  unter  den 
Lokalanästhesie  bewirkenden  Körpern  Aneson,  Trichlorpseudobutylalkohol 
CCI3  •  CHj  •  CO  •  CH3  oder  Acetonchloroformi). 

Acetonchloroform  (tertiärer  Trichlorbutylalkohol) 

OH 

CHj-C-CHj  +  i'sHjO 

I 

Es  ist  auch  ein  wirksames  Desinficiens,  in  Amerika  Chloreton  genannt 
und  innerlich  als  Hypnoticum  empfohlen 2).  Der  Körper  wirkt,  wie  alle  analog 
gebauten,  schlaf  machend.  Z.  v.  Vamossy^)  ist  es  gelungen,  diese  Substanz 
wasserlöslich  zu  machen,  wodurch  die  Verwendung  als  Anaestheticum  ermög- 
hcht  wird.  Der  Körper  macht  Analgesie  und  ist  ungiftig,  hat  aber  in  seiner 
Anwendung  keine  Vorteile  vor  den  anderen  Körpern.  Wir  erimiem  an  dieser 
Stelle  daran,  daß  die  Gjmäkologen  schon  lange  Chloralhydrat  gegen  lokale 
Schmerzen  anwenden. 

Trichlortertiärbutylalkoholbenzoesäureester  (Chloretonbenzoesäureester) 
wirkt  weniger  hj'pnotisch  und  anästhesierend  und  ist  weniger  giftig  als  die 
bisher  untersuchten  Ester*). 

Die  Gruppe  der  Lokalanaesthetica  umfaßt  noch  eine  Reihe  anderer  Sub- 
stanzen, welche  wohl  ihrer  Wirkung  nach  dem  Hauptrepräsentanten  dieser 
Gruppe,  welche  auch  als  Maßstab  für  die  synthetischen  Ersatzmittel  gilt,  nach- 
stehen. 

Formanilid  sowie  die  dem  Phenacetin  sehr  nahestehende  Gruppe  des  Holo- 
cains,  Antipyrin,  sie  alle  besitzen  mehr  oder  minder  brauchbare  lokalanästhe- 
sierende Eigenschaften. 

Während  Phenyläthylalkohol  und  Phenylglykol  an  anästhetischer  Wirkung 
dem  Phenylalkohol  deutlich  unterlegen  sind,  so  daß  sich  mit  ihnen  an  Menschen 
die  Schmerzempfindung  nicht  aufheben  läßt,  hat  die  Gegenwart  eine  Phenol- 
gruppe im  Saligenin  und  Homosaligenin  (1:2:4)  einen  deuthch  verstärkenden 
Einfluß.  Ersatz  des  Phenolwasserstoffes  durch  Methyl,  Äthyl  oder  Methylen 
(Methylsaligenin  (1:2),  Äthylsaligenin  (1:2),  Piperonyläthylalkohol  (1:2:4) 
schwächt  die  anästhetische  Wirkung  ab,  ohne  sie  ganz  aufzuheben.  Sahgenin 
ist  auch  ein  Schleimhautanaestheticum^). 

')  Willgerodt,  BB.  14,  24.55  (1881).  —  Joum.  f.  prakt.  Ch.  [2]  37.  362. 
2)  Journ.  of  Americ.  Med.  Ass.  1899,  77.  ^)  Dtsch.  med.  Wochenschr.  I89T,  Nr.  36. 

*)  T.   B.   Aldrich,  Journ.   Americ.   Chem.   Soc.   42,   1502  (1920). 

')  A.  D.  Hirschfelder,  A.  Lundholm  und  H.  Norrgard,  Journ.  of  pharmacol. 
and  exp.  therapeut.   15,  261  (1920). 


Cocainersatzmittel.  381 

Man  setzt  l-Arjl-S-pyrazalon-S-carbonsäureester  zweckmäßig  in  Form  ihrer  Alkali- 
salze,  mit  Halogenäthj'ldiäthylamin  um.  Man  erhält  aus  l-Phenyl-S-pyrazolon-S-carbon- 
säureäthylester  durch  Auflösen  in  Xatriumäthylatlösung  und  Fällen  mit  Äther  eine  Natrium- 
verbindung,  die  mit  Chloräthyldiäthj^lamin  die  Base 

CgHj  •  N  •  N  :  C  ■  COO  •  C.Hj 

CO CH  •  CHj  •  CHj  •  N(CjH5)j 

gibt.   Aus  l-m-Tolyl-5-pyrazolon-3-earbonsäureäthylester  mit  Chloräthyldiäthylamin  erhält 
man  ebenfalls  eine  Base,  welche  wie  die  erst«  anästhesierende  Wirkungen  zeigt'). 

Merck,  Damstadt,  hat  als  Anaesthetica  Aminoäther  primärer  Alkohole  dargestellt, 
welche  nicht  in  Verkehr  gekommen  sind-).  Sie  entsprechen  der  allgemeinen  Formel  Y  :  N 
— (CH,)x  —  O  •  R.  Y  ist  ein  zweiwertiges  oder  zwei  einwertige  Radikale.  R-Aryl  oder 
substituiertes  Aryl  •  x  eine  beliebige  Zahl.  Man  erhält  sie  durch  Wechselwirkung  von 
Halogenkohlenwassorstoffalkyläthem  der  allgemeinen  Formel  Halogen  —  (CHg)^  —  O  •  R 
mit  sekundären  Aminen.  Dargestellt  wurden  Dimethylamino-f-guajacylamyläther,  Piperido- 
;-phenylpropyläther,  Piperido-f-phenylamyläther,  Piperido-;-guajacylpropyläther,  Pipe- 
rido-f -guaj  acj-lamyläther,  Piperido-;  -menthylarayläther,  Piperido-y-thymylpropyläther, 
Piperido-f-thymylamyläther,  Camphidino-f-thymylamyläther. 

Auch  den  Phenolen  kommt  diese  Fähigkeit  in  hohem  Maße  zu,  aber  nur 
in  konzentriertem  Zustande. 

Man  denke  an  den  momentan  schmerzstillenden  Effekt  der  konzentrierten 
Carbolsäure,  des  Krecsots  und  des  Guajaeols  CgH3<„g  '  bei  Zahnschmerzen. 
Auch  dem  als  Volksmittel  sehr  behebten  Nelkenöl  imd  seinem  wirksamen  Prin- 
zip,  dem  Eugenol  ^g    q>  CjHs  •  CHj  ■  CH :  CHj  sowie  dem  Menthol    (CHjjj  •  CH 

OTT  ^  OTT  \  .  PTT  ^ 

^^^CH  •  CH  ^,-^C!H  •  CHj  kommen  solche  Eigenschaften  in  beschränk- 
tem Maße  zu.  Die  Anwendung  ist  aber  nur  auf  einzelne  Gebiete  mid  Fäüe 
beschränkt.  Da  die  starke  Ätzwirkung  dieser  Substanzen  ihren  Gebrauch  ver- 
hindert, so  ist  auch  die  subcutane  Anwendmig  dieser  Substanzen  nicht  mög- 
lich. Es  zeigt  sich  aber,  daß  den  meisten  Phenolen  mit  wenigstens  einem  freien 
Hydrosj-1  diese  Eigenschaft,  Anästhesie  zu  erzeugen,  zukommt. 

Benzylcarbinol  macht,  bei  Mäusen  injiziert,  Narkose  und  Koma.  Bei 
Hunden  wirkt  es  intravenös  nicht  letal.  Es  macht  Anästhesie  wie  Benzyl- 
alkohol^). 

Benzylalkohol  soll  nach  David  J.  Macht  ein  lokales  Anaestheticum  sein, 
das  40 mal  weniger  giftig  ist  als  Cocain*). 

Benzylalkohol  wirkt  auf  die  Zunge  wie  Cocain,  dabei  ist  es  von  geringer 
Giftwirkung  —  die  tödhche  Älinimalgabe  beträgt  für  verschiedene  Tiere  bei 
subcutaner  Anordmuig  nicht  unter  1  ccm  pro  kg  Körpergewicht.  Aus  dem 
Organismus  wird  er  größtenteils  als  Hippursäure  ausgeschieden.  Die  Lösungen 
sind  ohne  Zersetzung  sterihsierbar^). 

Rac.  Phenylmethylcarbinol  CgHg  •  CH(OH)  •  CH3  vrirkt  sowohl  am  Kanin- 
chenauge als  an  der  menschlichen  Haut  stärker  anästhesierend  als  der  isomere 
Phenyläthylalkohol  (Rosenöl)  oder  Benzylalkohol,  aber  nicht  im  Verhältnis  zu 
seiner  größeren  Giftigkeit.  Auch  seine  verhältnismäßig  geringe  Beständigkeit 
spricht  gegen  die  praktische  Verwendung^). 

1)  Höchst,  DRP.  293  287.  ^)  DRP.   184  868. 

')  Axel  M.  Hjort  und  Joseph  T.  Eagan,  Joum.  Pharm,  and  exp.  Therap.  14, 
211  (1919). 

*)  New  York  Commercial  18,  H  (1919). 

5)  David  J.  Macht,  Joum.  Pharm,  and  exp.  Therap.  11,  263  (1918). 

')  Axel  M.  Hjort  und  Charles  B.  Kaufmann,  Joum.  Pharm,  and  exp.  Therap. 
15,  129  (1920). 


382  Alkaloide. 

Von  den  lokalanästhesierenden  Phenylcarbinolen :  Benzylalkohol,  Phenyl- 
äthylalkohol,  Phenylglykol,  Zimtalkohol,  Saligenin,  Methylsahgenin,  Äthyl- 
sahgenin,  Homosaligenin  und  Piperonylalkohol  ist  Sahgenin  die  geeignetste 
Substanz  1). 

Auch  die  Derivate  des  Eugenols,  von  denen  man  Eugenolacetamid  und 
Eugenolcarbinol  einzuführen  suchte,  haben  die  gleichen  Eigenschaften  der 
Muttersubstanz,  bieten  aber  keine  Vorteile  gegenüber  den  Standardpräparaten 
dieser  Reihe.  AJstj'pische  Lokalanaesthetica  lassen  sie  sich  nicht  gut  verwenden, 
und  als  schmerzstillende  Mittel  bieten  sie  vor  den  entsprechenden  ätzenden 
Phenolen  keinen  Vorteil. 

Wemi  man  aus  Eugenolnatrium  und  Jlonochloressigsäure  Eugenolessigsäure  darstellt, 
diese  in  den  Athylester  überfülirt  und  letztere  in  alkoholisc}ier  Lösung  mit  alkoholischem 
Ammoniak  in  das  Amid  überführt-),  so  erhält  man  eine  anästhesierend  und  antiseptisch 
wirkende  Substanz,  das  Eugenolacetamid. 

Die  durch  Substitution  in  der  CHj  •  CHj-Gruppe  durch  Alkyl  erhältlichen  Homologen 
des  Athylenglykoliuonophenyläthers  zeichnen  sich  durch  eine  den  Athylenglykolamyl- 
äthem  gegenüber  wesentlich  gesteigerte  analgetische  Wirkung  aus  Man  erhält  diese  Pro- 
dukte, wenn  man  die  Homologen  des  Athylenglykols  oder  ihrer  Derivate  nach  den  üblichen 
Methoden  halbseitig  mit  Phenolen,  deren  Homologen  vmd  Substitutionsprodukten  ver- 
äthert.  Besclu-ieben  ist  Propylenglykol-(l)-phenyläther  (2)  ■  OH  ■  CH,  •  CHCCHj)  •  O  •  QH^, 
Propylenglykol-p-chlorphenyläther   Cl  •  C^U^  •  O  •  CH  •  CHj  •  OH  usf.^). 

CH3 

Methylphenylcarbinol 

-CH  — CH3 
1 
OH 

macht  allgemeine  Anästhesie,  ist  ein  atmungslähmendes  Gift.  Die  Giftigkeit 
ist  doppelt  so  groß  als  die  des  Benzylalkohols  und  des  /?-Phenethylols 

CHj .  CHj .  OH 

Als  Lokalanaestheticum  ist  Phenylmethylcarbinol  stärker  wirksam  als  die  beiden 
genannten.  Wegen  seiner  großen  Giftigkeit  mid  seiner  Unbeständigkeit  aber 
kommt  es  als  Lokalanaestheticum  nicht  in  Betracht^). 

Die  Glycerinäther  des  Phenols  besitzen  analgetische  Wirkimgen.  Die 
Urethane  dieser  Körper  zeichnen  sich  neben  ihrer  analgetischen  Wirkung  be- 
sonders durch  antipyretische  Eigenschaften  aus. 

Man  stellt  sie  dar,  indem  man  die  Glycerinäther  der  Phenole  in  die  entsprechenden 
Urethane  nach  der  üblichen  Methode  überführt.  Sowohl  die  Phenylgruppe  als  auch  die 
Aminogruppe  läßt  sich  durch  Homologe  und  Substitutionsprodukte  ersetzen. 

Versetzt  man  das  Carbonat  des  Phenylglycerinäthers 

-CH„CH-CHo 

'         I 
O       O 

\/ 
CO 

mit  Ammoniak,  so  entsteht  das  Urethan.    Ebenso  werden  die  Homologen  gewonnen'). 

Auch  dem  Sapoain*)  kommen  lokalanästhesierende  Eigenschaften  zu. 

^)  A.  D.  Hirschfelder,  A.  Lundholm  und  H.  Norrgard,  Journ.  Pharm,  and 
exp.  Therap.   15,  261  (1920).  ■)  DRP    65  393.  ^)  Bayer,  DRP.  282  991. 

*)  Axel  M.  Hjort  imd  Charles  E.  Kaufmann,  Journ.  of  pharmacol.  and  exp. 
therapeut.   15,   129  (1920).  =)  Bayer,  DRP.  284  975. 

«)  Pharm.  Zentralbl.   1902,  54.  —  Chem.-Ztg.   1902,  790. 


Cocainersatzmittel.  383 

Vanillin  CH3O  •  C6H3(OH)  •  CHO  wirkt  lokalanästbesierend,  auch  Vanillin- 
natrium und  Heliotropin  (Piperonal)  CßH3(0  •  CH2  •  0)  •  CHO,  diese  beiden 
aber  schwächer '). 

NHa 

0-Phenylbenzylamin     CgH,  <^^ '  ^6^5 

wirkt  anästhesierend.  Es  schmeckt  sehr  bitter.  (Die  Substanz  ist  sehr  giftig, 
0.2  g  erzeugen  bei  Kaninchen  heftige  Krämpfe^). 

Trimethyläthylen    C<^-g2  ist  ein  starkes  Anaestheticum^). 

11      H 
C<CH3 

a-Aminopyridin  wirkt  cocainähnlich*),  schmeckt  schwach  bitter  imd 
hinterläßt  auf  der  Zunge  lang  dauernde  Anästhesie. 

Von  Morphinderivaten  zeigt  Benzylmorphin  (Peronin)  lokalanästhesierende 
Eigenschaften. 

Die  Verbindimg  [/J-(m,m'-Diamino-benzoyloxy)-äthyl]-methyl-anilin 

CH3  NH, 

<^^  ■  N .  CH2  ■  CH2  •  O  •  CO .  <(^ 

steht  nach  Untersuchungen  von  J.  v.  Braun  und  J.  Morgenroth^)  in  ihrer 
anästhetischen  Wirkimg  nicht  hinter  dem  Novocain  zurück  und  ist  wahrschein- 
hch  etwas  stärker. 

Die  aromatische  Substitution  am  Stickstoff  des  Novocains  ist  ohne  Ein- 
fluß auf  die  anästhesierenden  Eigenschaften,  wenn  gleichzeitig  in  passender 
Weise  eine  genügende  Erhöhung  der  Basizität  des  Moleküls  bewirkt  wird. 

Die  Orthof ormgruppe:  Ester  aromatischer  Säuren. 

Eine  weitere  Gruppe  von  lokalanästhesierenden  Mitteln,  welche  zugleich 
kräftige  Antiseptica  sind,  verdanken  wir  den  Untersuchungen  von  A.  Einhorn 
und  Heinz^). 

Diese  Forscher  fanden,  daß  benzoylierte  Oxyaminobenzoesäureester  die 
Empfindlichkeit  deutlich  herabsetzen.  Es  war  nahehegend,  zu  vermuten,  daß 
ebenso  wie  Cocain  auch  diese  Köqjer  nach  Abspaltung  der  Benzoylgruppe  eine 
unwirksame  Substanz  liefern  würden.  Diese  Vermutung  hat  sich  aber  nicht 
bewahrheitet,  denn  die  aromatischen  Aminooxybenzoesäureester  zeigen  alle 
anästhesierende  Wirkungen,  und  zwar  stärkere  als  die  entsprechenden  Benzoyl- 
derivate. 

Die  Wirkungen  einer  Reihe  von  Körpern  dieser  Gruppe  bestätigten  die 
Gültigkeit  dieses  Satzes. 

Sehr  viele  Ester  der  aromatischen  Säuren,  auch  solche  der  zugehörigen  un- 
gesättigten und  Alkoholsäuren  und  deren  Substitutionsprodukte,  femer  die 
Ester  der  Chinolincarbonsäuren  usw.,  aber  nicht  die  ahphatischen  Ester,  be- 
sitzen die  Fähigkeit,  schmerzstillend  zu  wirken.  Doch  ist  der  Grad  der  hervor- 
gerufenen Anästhesie  sehr  verschieden,   bei  manchen  kaum  bemerkbar,  und 

1)  Privatmittlg.  Welmans.  =)  P.  Colin,  M.  f.  Ch.   16,  267  (1896). 

=*)  Therap.  Monatshefte   1891.  *)  Arch.  d.  Pharmaz.  1903,  240. 

5)  BB.   52,  2011   (1919).  «)  Mimch.  med.  Wochensclir.   189T,    Nr.  34,  S.  931. 


384  Alkaloide. 

viele  haben  die  Eigenschaften,  dolores  zu  anästhesieren,  zu  reizen  oder  zu  ätzen, 
manche,  wie  die  aromatischen  Aminoester,  ■wirken  als  starke  Blutgifte.  o-Amino- 
m-oxybenzoesäuremethylester  z.  B.  setzt  die  Empfindlichkeit  nur  eben  wahr- 
nehmbar herab. 

Es  wurden  folgende  Substanzen  von  diesen  Forschem  zu  diesem  Zwecke 
dargestellt*): 

p-Ammosalicylsäuremethylester ,  p-AminosaUcylsäureäthylester ,  .  p-Aminobenzoyl- 
salicylsäuremethylester ,  o- Aminosalicylsäuremethylester ,  o-Aminosalicylsäureäthylpster, 
p-Amino-m-oxj'benzoesäuremethylester,  p-Amino-m-oxybenzoesäureäthylester,  o-Amino- 
m-oxybenzoesäuremethylester,  m-Amino-p-oxj'benzoesäuremethylester,  m-Amino-p-oxy- 
benzoesäureäthylester,  m-Benzoylarnino-p-oxybenzoosäuremethylester,  m-Amino-p-ben- 
zoyloxybenzoesäuremethylester ,  m- Aminoanissäiiremethylester ,  Amino-o-kresotinsäure- 
methylester,  Amino-o-kresotinsäureäthylester,  Amino-p-kresotinsäuremethylester,  Amino- 
p  -kresotinsäureäthy lester,  Amino-m-kresot insäuremethylester,  Amino-m-osy-p  -toluylsäure- 
methylester-chlorhydrat,  Amino-m-oxy-o-toluylsäuremethylester-chlorhydrat  I,  Amino-m- 
oxy-o-toluylsäureäthylester  I,  Amino-m-oxy-o-toluylsäureäthylester  II,  AnÜBO-proto- 
catechusäureäthylesterchlorhydrat,  Amino-guajacolcarbonsäuremethylester,  Aminovanillin- 
Bäuremethylester  I,  AmmovaniUinsäuremethylester  II,  Ammo-m-dioxybenzoesäuremethyl- 
eeter,  Amino-m-dioxybenzoesäureäthylester,  Amino-monomethyl-m-dioxybenzoesäureme- 
thylester,  Aminodimethyl-in-dioxybenzoesäuremethylesterchlorhydrat,  Aminonaphtholcar- 
bonsäuremethylester ,  o-Oxychinolincarbonsäureäthylester ,  p-Benzoyloxy-m-nitrobenzoe- 
Bäuremethylester,  Phenylaminoessigsäuremethylester,  p-Chlnolincarbonsäureäthylester. 

Aminooxybenzoesäureester  kann  man-),  und  zwar  o-Amino-p-oxybenzoesäureester 
(NHj  •  OH  ■  COOH  =  1.2.5)  und  o-Amino-m-oxybenzoesäureester  (NHj  •  OH  •  COOH 
=  1.2.4)  darstellen,  indem  man  die  Hamstoffderivate  der  betreffenden  Anunooxybenzoe- 
säure  in  alkoholischer  Suspension  mit  konz.  Schwefelsäure  im  Wasserbade  erhitzt.  Die 
Hamstoffderivate  erhält  man  durch  Umsetzen  der  Säuresalze  mit  cyansauren  Salzen. 

Die  o-üramino-p-oxybenzoesäure  NHj  •  CO  •  NH  :  OH  :  COOH  1.2.5  z.  B.  erhält 
man  durch  Einwirkuns  von  cvansauren  Salzen  auf  Säuresalze  der  Amino-p-oxybenzoe- 
Bäure  (KHj  ■  OH  •  COOH  =  1.2.5)3). 

Aminobenzoesäureester  erhält  man*)  durch  Reduktion  von  Mononitrobenzoesäure  in 
alkoholischer  Lösung  mit  Zinn  und  Salzsäure  in  der  Wärme  oder  Zink  oder  Eisen  und  Salz- 
säure in  der  Wärme  ^). 

Femer  schützten  die  Höchster  Farbwerke  die  Darstellung  der  Ester  der  m-Amino- 
zimtsäure,  welche  die  therapeutischen  Eigenschaften  der  Zuntsäurederivate  mit  anästhe- 
sierenden Wirkungen  verbanden.  Dargestellt  wurde  m-Aminozimtsäureäthylester  und 
-methylester  entweder  durch  Verestem  der  m-Aminozimtsäure  durch  Salzsäure  und  Alkohol 
oder  durch  Reduktion  der  m-Nitrozimtsäureester  mit  Zinn  und  Salzsäure*). 

p-Aminobenzoesäurealkaminester  der  allgemeinen  Formel  NHj  •  C^Hj  •  C00{CH2)j 
•  N  :  R ,  worin  R  entweder  zwei  einwertige  Radikale  oder  ein  einwertiges  Radikal  und 
Wasserstoff  resp.  ein  zweiwertiges  Radikal  bedeutet,  werden  dargestellt  durch  Reduktion 
von  p-Nitrobenzoesäurehalogenamylester  der  Formel  XOj  •  C^Hj  •  COO  ■  (CHj)^  •  Halogen 
unter  Umsetzung  nait  primären  oder  sekundären  Aminen"). 

Aus  dieser  Gruppe  wurde  für  die  Praxis  der  p-Amiuo-m-oxybenzoesäure- 
methylester 

HO. 


COO . CH3 

ausgewählt  und  unter  dem  Namen  Orthoform  eingeführt.  Es  ist  ein  voluminöses, 
in  Wasser  sehr  wenig  löshches,  ungiftiges  Lokalanästheticum,  aber  im  Gegen- 
satze zu  allen  bis  nun  besprochenen  lokalanästhesierend  wirkenden  Mitteln 

1)  DRP.  97  334,  97  335.    «)  DRP.-Amn.  K.  19  197  (versagt). 

")   DRP.-Anm.  K.  18  945  (zurückgezogen).  *)  DRP.-Amn.  K.  19  416  (zurückgezogen). 

5)  DRP.-Anm.  K.  19  495  (zurückgezogen).     «)  DRP.  101  685. 

')  E.  Merck  (Darmstadt),  DRP.-Anm.  M.  30  816. 


Cocainersatzmittel.  385 

entfaltet  es  seine  Wirkung  nur  dann,  wenn  bloßliegende  Nervenendigungen  da- 
von direkt  beeinflußt  werden  können,  also  nur  auf  Substanzverluste  schmerz- 
stillend wirkend.  Bei  intakter  Schleimhaut  oder  Haut  hingegen  ist  es  wirkungs- 
los. Das  leicht  lösliche  Chlorhydrat  des  Orthof orms  ist  aber  trotz  ähnlicher 
Wirkungen  für  Injektionen  nicht  verwendbar,  da  die  Injektion  für  kurze  Zeit 
ein  starkes  Schmerzgefühl  verursacht. 

Dem  Orthoform  sagen  aber  einzelne  Autoren  als  schädUche  Nebenwirkung 
bei  Verwendung  auf  offenen  Wunden  nach,  daß  es  eine  quellende  Wirkung  auf 
Gewebe  ausübt  und  nicht  imbeträchthche  Vergiftungserscheinungen  hervor- 
ruft!). 

Lactyl-p-aminobenzoesäureäthylester  wirkt  nicht  mehr  anästhesierend^). 

Der  hohe  Preis  des  Orthoforms  veranlaßte  die  Erfinder,  einen  zweiten 
Körper  dieser  Gruppe,  welcher  bei  gleicher  Wirkung  weit  billiger  ist,  imter  dem 
Namen  ,, Orthoform  neu"  in  die  Praxis  einzuführen.  Es  ist  dies  m-Amino-p- 
oxybenzoesäuremethylester . 


Die  Darstellung  der  beiden  wichtigsten  Substanzen  der  Orthoformgruppe,  des  Ortho- 
form und  Orthoform  neu,  geschieht  durch  Verestem  des  Sulfates  und  der  freien  Säure  mit 
Salzsäure  in  alkoholischer  Lösung^)  oder  es  vpird  der  betreffende  Nitrooxybenzoesäureester 
mit  Zinn  und  Salzsäure  reduziert*)  und  das  auskrystallisierende  Chlorhydrat  der  Amino- 
verbindung mit  Soda  zerlegt^). 

Man  stellt  m-Amino-p-oxybenzoesäureester  in  der  Weise  dar,  daß  man  die  Alkylester 
der  p-Oxybenzoesäure  mit  Diazoverbindungen  kuppelt  und  die  so  erhältlichen  Azofarbstoffe 
durch  Einwirkung  von  Reduktionsmitteln  spaltet. 

Man  erhält  Salze  aus  Naphtholmonosulfosäure*)  und  p-Aminobenzoesäureäthylester 
durch  Umsetzung  von  Salzen  beider  oder  Einwirkung  der  freien  Säure  auf  den  Ester'). 

jDas  Urethan  der  m-Amino-p-äthoxybenzoesäure  erhält  man  durch  Einwirkung  von 
Chlorkohlensäureäthylester  auf  m-Amino-p-äthoxybenzoesäure.  Das  Produkt  soll  die 
Temperatur  herabsetzen  und  antineuralgisch  wirken.  Es  ist  leicht  löslich.  Die  Aminosäure 
erhält  man  durch  Oxydation  des  Acetylamino-p-kresoläthers  und  Abspaltung  der  Acetyl- 
gruppe. 

Von  Ritsert  wurde  der  p-Aminobenzoesäureäthylester  unter  dem  Namen 

Anästhesm  als  lokales  Anästheticum  empfohlen. 

Anästhesin  .,^ 

NH, 


COO  .  C2H5 

wurde  von  Binz  und  Kobert^)  untersucht.  Es  wirkt  lokal  wie  Orthoform, 
hat  keine  Tiefenwirkung  und  ist  gut  anästhesierend  wirksam  und  reizlos. 

Ritsert')  empfiehlt  die  aromatischen  Aminocarbonsäureester  unter  Anwendung  von 
Phenolsulf osäuren  in  Lösung  zu  bringen;  diese  Salze  wirken  reizlos. 

In  gleicher  Weise  kann  man  auch  die  Sulfosäuren  der  Phenoläther  zur  Darstellung 
wasserlöslicher  Verbindungen  aromatischer  p- Aminocarbonsäureester  verwenden,  z.  B. 
Anisolsulfosäure  oder  GuajacolsulfosäureW). 

>)  R«p.  de  Pharm.   1898,  420.  —  Liebigs  Ann.  311,  33. 

2)  E.  Salkowski,  BB.  50,  637  (1917).  ^)  DRP.  97  333.  *)  DRP.  97  334. 

5)  DRP.   111932.  «)  Agfa,  Berlin,  DRP.   181324.  ')  Agfa,  DRP.   189  838. 

')  Berliner  klin.   Wochensehr.    1898,  Nr.  17.   —  v.  Noorden,  ebenda. 

9)  DRP.    147  790.  1°)  DRP.    149  345. 

Franke  1.  Arzneimittel-Synthese.     6.  Aufl.  25 


386  Alkaloide. 

In  gleicher  Weise  kann  man  auch  die  Benzolsulfosäuren  benützen,  die  charakteri- 
stische Salze  liefern,  z.  B.  p-toluolsulfosaurer  p-Aminobenzoeaäureäthylester,  m-benzol- 
disulfosaurer  p-Aminobenzoesäureäthylester,  m-benzoldisulfosaurer  m-Amino-p-oxybenzoe- 
säureraethylester '). 

Man  verwendet  für  konstante  sterilisierbare  Verbindungen  am  besten  Benzylsiüfo- 
säure,  die  mit  den  freien  Aminobenzoesäureestem  zvisammengebracht  wird,  oder  man 
bringt  die  Chlorhydrate  der  Aminobenzoesäureester  mit  den  Salzen  der  Benzylsulfosäure 
zusammen  2). 

p-Aminobenzoesäurepropylester  ist  ein  Anaestheticum,  Propäsin  genannt. 
Dipropäsin  CO  [NH  •  CgH^  •  (COO  •  C3H,)]2  ist  ein  Hamstoffderivat,  das  zwei 
Moleküle  Propäsin  enthält. 

Cycloform,  p-Aminobenzoesäure-isobutylester  ist  sehr  schwer  löslich  und 
soU  sehr  stark  anästhesierend  und  dabei  reizlos  sein. 

p-Aminobenzoesäiire-n-propylester  erhält  man  durch  Veresterung  von  Säure  und 
Alkohol  oder  durch  Reduktion  von  p-Nitrobenzoesäure-n-propylester^). 

Acetyl-p-aminobenzoesäurepropylester  und  homologe  Alkylester  erhält  man  durch 
Zusammenbringen  von   Essigsäureanhydrid  mit  p-Aminobenzoesäurealkylester^). 

p-Aminobenzoesäureisopropylester  erhält  man  durch  Veresterung  der  p-Aminobenzoe- 
säure  mit  Isopropylalkohol  oder  dessen  Halogeniden  oder  durch  Reduktion  des  p-Nitro- 
benzoesäureisopropylesters  resp.  der  entsprechenden  Azoverbindungen,  z.  B.  von  Benzoe- 
eäureazo-yS-naphthol.  Der  Isopropylester  soll  die  Frequenz  des  Herzschlages  ohne  Schwä- 
chung seiner  Kraft  verlangsamen*). 

Die  gesättigten  Lösungen  der  drei  Ester:  Äthyl,  Isopropyl  und  Isobutyl  haben  das 
gleiche  Anästhesierungsvermögen.  Der  p-Aminobenzoesäure-isobutylester  an  sich  ist 
doppelt  so  stark  wirksam  als  der  Isopropylester  und  etwa  viermal  so  wirksam  als  der 
Äthylester.  Man  stellt  ihn  dar  durch  Veresterung  der  p-Aminobenzoesäure  mit  Isobutyl- 
alkohol  in  bekannter  Weise  oder  durch  Reduktion  des  p-Nitrobenzoesäureisobutylestera 
oder  der  entsprechenden  Azoverbindungen'). 

p-Amiiiobenzoyleugenolester  (Plecavol) 

NHj  •  CjHi  •  COO  •  CeHj  •  CjH, 
I 
CH3O 

wirkt  antiseptisch  und  anästhesierend. 

p-Aminobenzoyleugenol')  wirkt  antiseptisch  und  lokal  anästhesierend,  ebenso  wirken 
die  Eugenolester  der  o-  und  m-Aminobenzoesäuren.  Man  erhält  diese  durch  Reduktion  der 
Eugenolester  von  o-  und  m-Nitrobenzoesäiu'e*). 

Die  unangenehmen  Nebenwirkiuigen  der  anästhesierend  wirkenden  Eugenolderivate 
sucht  Einhorn^)  durch  Überführung  des  Eugenolacetamids  durch  Einwirkimg  von  Form- 
aldehyd und  sekundären  Basen  in  neue  Produkte  zu  beseitigen.  Dargestellt  wurden 
Eugenolacetpiperidylmethylamid,  ferner  Isoeugenolacetdiäthylaminomethylamid  und  Iso- 
eugenolacetpiperidylmethylaraid   (siehe  auch  S.  382). 

Erwin  Erhardt  hat  vorgeschlagen'"),  Salze  der  anästhesierenden  Basen  mit  reiner 
Arabinsäure  herzustellen,  welche  angeblich  keine  Nebenwirkungen  haben  und  insbesondere 
für  Lumbalanästhesie  von  Wert  sein  sollen. 

Die  Versuche  von  Einhorn  zu  hexahydrierten  Aminooxybenzoesäureestern  durch 
Reduktion  mit  Natrium  und  Amylalkohol  zu  gelangen,  führten  nicht  zu  dem  gewünschten 
Resultate,  sondern  es  entstanden  bei  diesem  Prozesse  aus  den  beiden  Orthoformen  die  am 
Stickstoff  substituierten  N-Amylaminooxybenzoesäuren,  z.  B.  p-N-Amylamino-m-oxyben- 
zoesäureäthylester  ^„    p  „ 

HO 


COO- 


>)  DRP.   150  070.  2)  Höchster  Farbwerke,  DRP.   147  580. 

ä)  Franz  Fritzsche   &  Co.,  Hamburg,  DRP.  213  459. 

*)  Fritzsche,Hamburg,  DRP.-Anm.  F.  25588.     ä^)  Bayer,  Elberfeld,  DRP.  211801. 

»)  Bayer,  Elberfeld,  DRP.   218  389.  ')  Riedel,  Berlin,  DRP.    189  333. 

«)  Höchst,  DRP.   179  627.  ')  DRP.  208  255.     »»)  DRP.  211800. 


CocainersatzmitteL  387 


und  m-N-Amylamino-p-oxybenzoesäureäthylester 

OH 


COO  •  CjHj 

deren  Anästhesiemngsvermögen  aber  nur  gering  ist. 

m-Oxyphenylharnstoff-p-carbonsäuremethylester 

NH  •  OC  •  NH, 
CjHs^OH 

COO  •  CHj 

hat  geringe  oder  gar  keine  anästhesierende  Wirkung. 
o-Oxyphenylhamstoff-m-carbonsäuremethylester 

OH 
CjHs^NH  •  CO  •  NHg 
COO • CH3 

ist  fast  unwirksam  [Carl  Pototzky]^). 

Die  alkylierten  Orthoformpräparate  haben  starke  Reiz  Wirkungen,   so  ist 
p-Oxy-m-methylamino-benzoesäuremethylester 

COO • CH3 

CgHj-NH  •  CH3 
"^OH 
mäßig  anästhesierend  wirksam, 

p-Oxy-m-dimethylaminobenzoesäuremethylester 

COO • CH3 
C,Hs^N(CH3)2 
OTT 

gut  wirksam, 

p-Oxy-m-diäthylaminobenzoesäuremethylester 


COO • CH 

CeH3(N(C2H5)2 
OH 


3 


gut  wirksam,  verfärbt  aber  die  Muskulatur, 

Methenyl-p-oxy-m-aminobenzoesäuremethylester 

COO • CHj 

C«H3(N%<.g 

ist  mäßig  wirksam. 

o-o-Dioxymethenyldiphenylamino-m-m-dicarbonsäuremethylester 

COO . CH3 
^^3  •  COO^(.^2^  •  NH  •  CH  •  N  •  C5H3 

ist  völlig  unwirksam.  OH 

Salzsaurer  o-o-Dioxymethenyldiphenylamino-m-m-dicarbonsäuremethyl- 
ester  ist  wirksam,  jedoch  stark  ätzend. 

Die  folgenden  zwei  Substanzen  sind  Orthoform  neu  mit  Formyl-  bzw. 
Acetylresten  in  der  Aminogruppe  substituiert.    Sie  sind  unwirksam. 

p-Oxy-formyl-m-aminobenzoesäuremethylester 

COO • CH3 

CgHs^NH  •  CO  •  H 
OH 


')  Ärch.  de  pharmacodyn.  13,  132  (1904). 

25* 


388  Alkaloide. 

und  p-Oxy-m-acetylaminobenzoesäuremethylester 

COO • CHj 

c,H3f  ^^H  •  CO  •  CHj 

OH 
Carbonyl-p-oxy-m-methylaminobenzoesäiiremethylester 

COO • CH, 
CeH3^N(^^^ 

*  '\o^c=o 

wirkt  nur  wenig  anästhesierend. 

p-Oxy-m-benzolsulfaminobenzoesäuremethylester 

COO ■ CH3 
CgHa^^NH  •  SO2  •  C.Hj 

ist  unwirksam.  " 

o-Amino-phenoxylessigsäureamid-p-carbonsäuremethylester 

O  •  CHj  •  CO  •  NHj 

CeHj^NHj 

ist  ebenfalls  unwirksam.  ^^^  '  ^^s 

o-Oxy-p-carbonsäuremethylesteranilido-essigsäuieanilid-o-oxy-m-carbon- 
säuremethylester 

CH3  •  COO-^^«^!"  •  NH  •  CH2  •  CO  •  HN  .  CeH3<pQQ    ^^^ 

ist  unwirksam. 

Folgende  Derivate  der  Amino-o-oxybenzoesäure  sind  unwirksam: 
N-Benzoyl-p-aminosalicylsäuremethylester 

OH 
CjHaf  COO  •  CH3 

NH  •  CO  •  CjHj 

Dibenzoj-l-p-aminosalic3'lsäuremethylester,  Diacetyl-p-aminosalicylsäure- 
methylester,  Äthylendisalicylsäuremethylester. 

Acetylsalicylsäuremethylester  macht  Anästhesie,  aber  auch  Comeatrübung 
und  Conjunctivitis.  Acetyl-p-oxybenzoesäureäthylester  macht  inkonstante 
anä.sthesierende  Wirkung  und  Reizung.  Benzoylp  oxybenzoesäureäthylester 
ist  unwirksam,  aber  reizend.  Acetyldijodsahcylsäureäthylester  ist  völlig  un- 
wirksam, ätzt  die  Muskulatur  und  färbt  sie  schwarz.  Dijodsahcylsäuremethyl- 
esterjodid  ist  vöUig  unwirksam. 

p-Toluolsulfurylgaultcrialöl 

1  •  CH3  •  C5H4  •  S02(4)  •  0(l)CjH4(2)COO  •  CH3 
ist  völlig  unwirksam. 

Dimethylaminoanissäuremethylester  ist  gut  wirksam,  aber  stark  reizend. 

Trimethylaminoanissäurebetain  C3H4<q„^  ''^  ist  imwirksam. 

Acetyl-m-oxybenzoesäiu'eäthylester  ist  wirksam,  ätzt  aber  die  Muskulatur. 

Ester  hydroaromatischer  Aminocarbonsäirren  haben  ebenfalls  lokalan- 
ästhesierende Eigenschaften  ^) . 

Die  anästhesierende  Wirkung  aromatischer  Est^r  wird  geradeso  wie  die  physiologische 
Wirkung  anderer  Substanzen  durch  den  Eintritt  von  Carboxyl  oder  den  Übergang  in  eine 
Sulfosäure  vernichtet.  Die  hydroaromatischen  Aminoester,  wie  Di-  und  Trimethyl-p- 
aminohexahydrobenzoesäureester  und  der  1.4.4-Methylcyclohexaminocarbonsäureäthyl- 
ester  vermögen  zu  anästhesieren. 


1)  Klin.  Monatsbl.  f.  Augenheilk.  I8W,  Apr.,  114. 


Cocainersatzniittel.  389 

Die  Derivate  der  Gallussäure  sind  in  bezug  auf  Anästhesie  unwirksam, 
und  zwar  Trikohlensäureäthylester-gallussäuremethylester,  Triacetylgallussäure- 
methylester,  Gallamid. 

Aminophthalsäurediäthylester  ist  stark  reizend  und  gut  wirksam. 

Die  Zinitsäurederivate:  m-Aminozimtsäuremethylester,  Cinnamylacryl- 
säuremethylester  CgHj  •  CH  :  CH  •  CH  :  CH  •  COO  •  CH3,  wirken  anästhesie- 
rend, aber  recht  langsam. 

Unwirksam  sind:  Benzoylmenthol,  Dibenzoylweinsäureanhydrid,  Benzoyl- 
hamstof f ,  Benzoyl-p -toluolsulf amid,  Di äthylgly kokoll -p-toluolsulf amid . 

AUe  Körper,  die  reizend  wirken,  haben  eine  Hydroxylgruppe  am  Benzol- 
kem  frei  oder  substituiert.  Die  nicht  reizenden  haben  sie  nicht.  Die  Gewebs- 
veränderung sieht  wie  durch  Säureeinwirkiuig  verursacht  aus. 

Die  anästhesierenden  Eigenschaften  der  Orthoforme  Heßen  es  wünschens- 
wert erscheinen,  diese  schwer  lösUchen  oder  in  ihren  Chlorhydraten  stark 
sauren  Körper  in  eine  leicht  lösliche  und  reizlose  Form  überzuführen,  welche 
eine  sucutaiie  Anwendung  gestattet,  die  bei  den  Orthoformen  au.sgeschlossen  ist. 

In  dieser  Absicht  wurde  eine  Reihe  von  GlykokoUderivaten  der  aroma- 
tischen Amino-  und  Aminooxycarbonsäuren  von  A.  Einhorn  dargestellt.  Diese 
Darstellung  der  Glykokollderivate  erinnert  in  ihrem  Zwecke,  zu  löshchen  Deri- 
vaten zu  gelangen,  lebhaft  an  analoge  Bemühungen  in  der  Phenetidinreihe,  und 
zwar  an  die  PhenokoUsynthese  (s.  S.  282). 

Läßt  man  auf  Amino-  oder  Aminooxycarbonsäureester  nacheinander  Chloracetyl- 
chlorid  und  dann  Amine  einwirken,  so  erhält  man  neue  Verbindungen,  denen  die  all- 

gemeine  Formel  ,    -p   ^.,    n     /NH  •  CO  •  CH,  •  NX. 

(aromat.  Radikal)  •  <^QQ  .  ^^^ 
zukommt  '■).  ■^ 

Diese  neuen  Verbindungen  sind  GlykokoUaminocarbonsäureester,  die  An- 
ästhesie erzeugen.  Sie  initerscheiden  sich  aber  von  den  Aminocarbonsäure- 
estem,  deren  Derivate  sie  sind,  durch  ilire  stark  basische  Natur,  welche  sie 
befähigt,  in  Wasser  mit  neutraler  Reaktion  lösliche  Salze  zu  bilden. 

Bemerkenswert  ist,  daß  der  Grad  des  Anästhesierungsvermögens  der 
Glykokollderivate  der  Aminocarbonsäureester  keineswegs  dem  ihrer  Mutter- 
substanzen entspricht,  so  z.  B.  anästhesiert  das  salzsaure  Salz  des  Diäthyl- 
glykokoll-p-amino-m-oxybenzoesäuremethylesters  weit  schwächer  als  der  ihr 
zugrunde  liegende  Aminooxyester. 

Man  läßt  bei  der  Darstellung  dieser  Körper'^)  vorerst  Chloracetylchlorid  auf  den  Ester 
der  Aminosäure  in  einem  indifferenten  Lösungsmittel,  etwa  Benzol,  einwirken,  destilliert 
das  Lösungsmittel  ab,  worauf  sich  der  Chloracetylaminoester  abscheidet.  Dieser  wird  in 
Alkohol  gelöst  und  mit  einer  Lösung  der  Alkylaminbase  unter  Druck  erhitzt  oder  man 
erhitzt  aromatische  Aminocarbonsäureester  mit  Glykokollester  oder  Amiden.  Man  kann 
auch  die  Prozesse  in  umgekelirter  Reihenfolge  durchführen,  indem  man  die  Aminocarbon- 
säuren  mit  Halogenacylchloriden  umsetzt,  in  den  erhaltenen  Aminoderivaten  sodann  das 
Halogen  durch  Einwirkung  von  Aminen  gegen  basische  Beste  austauscht  und  schließlich 
esterifiziert'). 

Läßt  man  Salicylaldehyd  und  Vanillin  auf  die  Ester  aromatischer  Aminosäuren  ein- 
wirken, so  erhält  man  gefärbte  Verbindungen,  welche  anästhesierend  und  desinfizierend 
wirken  * ). 

Durch  Einführung  einer  zweiten  Aminogruppe  in  die  Ester  der  Aminobenzoesäure 
wird  nach  Ritsert  sowohl  die  Löslichkeit  der  Ester  als  auch  ihre  Basizität  gesteigert, 
während  die  anästhesierende  Wirkung  erhalten  bleibt.  Man  erhält  die  3.4-Diaininobenzoe- 
säureester  duich  Nitrierung  und  Reduktion  der  p-Aminobenzoesäureester  oder  durch 
Esterifikation  und  Reduktion  der  3-Nitro-4-aminobenzoesäure. 

Einhorn  stellte  folgende  Körper  dieser  Gruppe  dar: 

1)  DRP.   106  502.  -)  DRP.   108  027,  108  871. 

3)  Ritsert  und  Epstein,  DRP.   151  725.  *)  Runge,  DRP.  228  666. 


390  Alkaloide. 

MethylglykokoUanthrarulsäuremethylester,  Athylglykokoll-p-aminobenzoesäureme- 
thylester ,  DiäthylglykokoU-m-amino-p-oxybenzoesäuremethylester ,  Diäthylglykokoll- 
p-aminosalicylsäuremethylester,  Glykokoll-p-aminobenzoesäuremethylester,  ÄthylglykokoU- 
anthranilsäuremethylester,  DilnethylglykokoUanthranüsäuremethylester,  Diäthylglykokoll- 
anthranilsäuremethylester,  AthylglykokoU-m-amiBobenzoesäuremethylester,  Diäthylglyko- 
koU-m-aminobenzoesäuremethylester,  DimethylglykokoU-p-aminobenzoesäureäthylester, 
Diäthylglykokoll-o-aminosalicylsäuremethylester,  AthylglykokoU-p-aminosalicylsäureme- 
thj-lester,  DimethylglykokoU-p-aminosalicylsäuremethylester,  Diäthylglykokoll-p-amino- 
salicylsäureäthylester ,  DiäthylglykokoU-p-araino-m-oxybenzoesäviremethylester,  Diäthyl- 
glykokoU-p-aminozimtsäuremethylester,      DiäthylglykokoU-m-aminozimtsäuremethylester. 

Aus  dieser  Gruppe  wurde  der  salzsaure  DiäthylglykokoU-m-amino-o-oxy- 
benzoesäuremethylester  /N  .  NH  •  CO  •  CHj  ■  N(C2Hs)2 

HO.IJ 

COO • CHj 
für  die  praktische  Verwendung  ausgewählt  [Nirvanin  ^)].  Er  ist  leicht  löshch, 
wirkt  anästhesierend,  ist  weniger  giftig  als  Orthoform  und  wirkt  auch  antisep- 
tisch. Eine  tiefgehende  Anästhesie  der  Schleimhäute  erzeugt  dieser  Körper  nicht. 
In  der  Augenheilkunde  ist  er  nicht  verwendbar,  da  das  Auge  zu  stark  gereizt 
wird.  Er  wirkt  weit  schwächer  als  Cocain,  die  Injektionen  machen  Schmerzen 
und  ödematöse  Schwellimgen,  welche  oft  lange  anhalten.  Durch  intakte  Schleim- 
häute vermag  Nirvanin  im  Gegensatze  zu  Cocain  nicht  zu  wirken.  Das  Präparat, 
auf  welches  anfangs  große  Hoffnungen  gesetzt  wurden,  ist  alsbald  aus  der 
Therapie  verschwomden. 

Um  die  Giftigkeit  der  Orthoforme  zu  vermindern,  wurde  auch  bei  diesen 
der  vergebhche  Versuch  gemacht,  noch  wirksame  Derivate  durch  Sulfurieren 
darzusteüen.  Orthoform  wurde  in  rauchender  Schwefelsäure  gelöst  und  das 
lösüche  Bariumsalz  der  Sulfosäure  dargestellt. 

Die  freie  Sulfosäure  ist  ,C00  •  CH3 

/ /OH 

^SOjH 

Das  Xatriumsalz  ist  leicht  löshch,  sehr  beständig  imd  imgiftig.  Von  einer 
Anwendung  wird  nichts  berichtet. 

p-Aminophenylessigsäureäthj4ester  xmd  p-Aminophenylessigsäure-j5-di- 
äthylaminoäthylester,  die  sich  vom  Anästhesin  und  Xovocain  durch  den  Ersatz 
des  Benzoyls  durch  Phenacetyl  unterscheiden,  haben  nach  den  Versuchen  von 
H.  H.  Dale  und  C.  T.  Symons  keine  lokalanästhetische  Wirkung.  Das  Hj'-dro- 
chlorid  des  /J-Diäthyl-amino-/S'-phenoxyisopropylalkohols  wdrkt  deutlich  lokal- 
anästhetisch,  die  Salze  seines  Benzoylderivates  komiten  aber  wegen  ihrer  stark 
sauren  Reaktion  nicht  untersucht  werden^). 

Die  Glykoside,  besonders  die  der  Digitahsreihe  und  Verwandte  wirken 
lokalanästhesierend.    (S.  Kapitel  Glykoside.) 

Wir  sehen  also,  daß  die  Eigenschaft,  die  Giewebe  gegen  Schmerzen  un- 
empfüidüch  zu  machen,  in  verschiedenen  Klassen  von  Körpern  sehr  verbreitet 
ist,  daß  sie  aber  in  allen  Fällen  mit  der  Konstitution  in  innigem,  iu  den  aller- 
meisten Fällen  klar  faßlichem  Zusammenhange,  steht. 

Körper  mit  ährdichem  chemischen  Bau  haben  auch  in  diesem  Falle  ähnhche 
physiologische  Wirkung  und  es  Ueßen  sich  auch  auf  Grund  dieser  Voraussetzungen 
eine  Reihe  wirksamer  Körper  schaffen,  von  denen  einige  auch  in  der  Praxis 
erfolgreich  eingedrungen  sind  und  neben  dem  Cocain  eine  große  Rolle  spielen. 

1)  Miinch.  med.  Wochenschr.  1898,  Nr.  49. 

2)  Frank  Lee  Pyman,  Joum.  Chem.  Soc.  London  III,   167  (1917). 


Mydriatica  und  Myotica.  391 

Die  Lokalanaesthetica  haben  vielfach  die  gleichen  Wirkungen  und  Eigen- 
schaften wie  die  Narkotica,  aber  das  zentrale  Nervensystem  ist  diesen  Mitteln 
gegenüber  bedeutend  empfindlicher  als  das  periphere  sensible,  und  die  sensiblen 
Nervenendigungen  sind  gegen  die  Lokalanaesthetica  viel  empfindlicher  als  der 
motorische  Nerv. 

In  Form  ihrer  Bicarbonate  wirken  sie  viel  stärker,  mid  zwar  um  das 
2 — 5 fache  als  in  Form  ihrer  Chloride,  so  daß  man  stärker  anästhesierende 
Lösungen  erhält,  wenn  man  statt  der  Chloride  die  Bicarbonate  der  Anaesthetica 
verwendet,  insbesondere  gilt  das  für  das  Novocain^). 

Die  Lokalanaesthetica  haben  zugleich  narkotische  Wirkimg,  sie  haben  beide 
■die  typische  Protoplasmawirkung,  die  elektive  Wirkung  auf  das  Nervensystem, 
besonders  das  zentrale  und  die  Reversibilität  der  Reaktion  gemein,  aber  die 
Lokalanaesthetica  haben  beim  Warmblüter  außer  der  narkotischen  noch  andere 
zentrale  Wirkungen,   welche  deren  Verwendung  als  Narkotica  ausschließen. 

Die  Konzentration,  in  welcher  viele  Narkotica  die  Reizbarkeit  der  moto- 
rischen Nerven  gerade  aufheben,  ist  sechsmal  größer  als  die  Konzentration, 
welche  Narkose  herbeiführt.  Das  zentrale  Nervensystem  ist  gegen  diese  Nar- 
kotica sechsmal  empfindlicher  als  der  motorische  periphere  Nerv. 

Narkotica,  welche  keien  intensive  Schädigung  des  Nerven  bewirken,  rufen 
in  der  gleichen  Konzentration  Anästhesie  hervor,  in  welcher  sie  die  Reizbarkeit 
des  motorischen  Nerven  aufheben.  Das  sensible  Nervengewebe  ist  gegen 
derartige  Narkotica  ebenso  empfindlich  wie  das  motorische*). 

Mydriatica  und  Myotica. 

Wir  haben  gesehen,  daß  dem  Cocain  und  dem  Atropin  die  analoge  physiolo- 
gische Eigenschaft  zukommt,  die  Pupille  zu  erweitem,  also  mydriatisch  zu  wirken. 

Daß  diese  Eigenschaft  bei  beiden  Substanzen  mit  dem  Vorhandensein  der 
aromatischen  Gruppe  in  esterförmiger  Bindmig  im  Zusammenhange  steht, 
wurde  schon  mehrfach  erwähnt. 

Das  alkoholische  Hydroxyl  im  aromatischen  Säureradikal  kann  auch  bei 
Verbindung  mit  anderen  Basen  als  Tropin  mydriatische  Effekte  hervorbringen, 
so  als  N-Methyl-vinyl-diacetonalkammmandelsäureester  und  als  N-Methyl- 
triacetonalkaminmandelsäureester. 

Daß  die  Erzeugung  der  Mydriasis  mit  einer  bestimmten  Konfiguration 
der  wirkenden  Substanz  im  Zusammenhange  steht,  wurde  schon  früher  an  dem 
Beispiele  des  /S-Tetrahydronaphthylamins  erörtert.  Doch  scheinen  mehrere 
ganz  bestimmte  Konfigurationen  die  gleichen  physiologischen  Effekte  auslösen 
zu  kömien,  wie  man  am  Cocain,  Atropin  und  Pseudoephedrin  sieht. 

Statt  des  Atropins  wurde  auch  das  Methylatropinium  (die  Ammoniumbase) 
empfohlen.  Die  Atropinwirkung  ist  abgeschwächt  und  abgekürzt*)  (s.  S.  347). 

Auch  dem  Phenylpyrazoljodmethylat,  welches  curareartige  Wirkung  hat, 
kommt  bei  Tieren  mit  runder  Pupille  eine  intensive  mydriatische  Wirkimg  zu, 
welche  aber  bei  Tieren  mit  oblonger  Pupille  fehlt.  Es  wirkt  auch  schmerzstillend, 
doch  ist  der  Eintritt  der  mydriatischen  und  anästhesierenden  Wirkimg  ein 
ungemein  langsamer,  was  die  Verwendmig  dieser  Substanz  ausschUeßt. 

Die  Myotica,  zu  welcher  Gruppe  das  Physostigmin  (Eserin)  als  das  sou- 
veräne Mittel,  Morphium,  Thebain  und  Muscarin  gehören,  um  nur  die  zu  er- 
wähnen, deren  Bau  ganz  oder  teilweise  bekannt,  lassen  nicht  erkennen,  auf 
welche  Gruppierimg  diese  physiologische  Wirkung  zurückzuführen  ist. 

i)  Oskar  Groß,  AePP.  63,  80  (1910).         ^)  Oskar  Groß,  AePP.  62,  380  (1910). 
3)  Vaubel,  Wochenschr.  f.  Therap.  u.  Hyg.  des  Auges,  J.  6,  Nr.  2  (1902). 


392 


Alkaloide. 


Um  die  Unannehmlichkeiten  zu  vermeiden,  daß  sich  fast  alle  Eserinsalzlösungen  rot 
färben,  wmrde  das  schwefligsaure  Salz  dargestellt  durch  Zusammenbringen  von  schwefliger 
Säure  und  Eserin'). 

Phenomydrol  ist  Äminoacetophenon,  das  als  Mydriaticum  benützt  wird; 
wahrscheinlich  handelt  es  sich  um  die  Para-Verbindung.  Die  Giftigkeit  ist 
gering  2). 

Morphin. 

Die  Konstitution  des  Morphins  und  die  Versuche  zu  seiner  Synthese  be- 
schäftigen gegenwärtig  mehr  als  je  eine  Reihe  von  Chemikern.  Die  Arbeiten 
der  letzten  Jahre  haben  es  sehr  wahrscheinlich  gemacht,  daß  Morphin  imd 
Thebain,  die  beiden  stärkst  wirksamen  Alkaloide  des  Opiums,  sowie  die  übrigen 
Nebenalkaloide  sehr  nahe  verwandt  sind. 

Die  Knorrschen  xmd  Pschorrschen  MoqDhinformeln  beruhen  auf  den 
grundlegenden  Beobachtungen  von  Vongerichten  und  Schrötter^),  welche 
bei  der  Destillation  von  Morphin  mit  Zinkstaub  Pheuanthren  erhielten. 

Morphin  enthält  zwei  Hydroxyle,  ein  alkoholisches  und  ein  Phenylhydroxyl. 
Der  Ersatz  des  Phenolhydroxylwasserstoffs  durch  eine  Alkylgruppe  führt  von 
der  Morphinreihe  zu  der  Kodeinreihe  hinüber  und  ist  mit  einer  sehr  bedeutenden 
qualitativen  Wirkungsänderung  verbunden. 

Morphin  wird  jetzt  als  ein  Phenanthi-enabkömmling  aufgefaßt,  in  dem 
der  eine  Sauerstoff  brückenartig  zwei  Ringsysteme  des  Phenanthrens  verbindet, 
ein  Sauerstoff  in  Form  eines  Phenolhydroxyls  und  der  di'itte  Sauerstoff  in  Form 
eines  alkoholischen  Hydroxyls  enthalten  ist.  Der  Stickstoff  ist  in  einem  besonderen 
hydrierten   Ring   enthalten,    der   dem   Phenanthrensystem   angeschlossen  ist. 

In  den  Anschauungen  über  die  Konstitution  des  Morphins  bestehen  noch 
einige  Differenzen.  Knorr  faßt  gegenwärtig  Morphin,  Kodein,  Thebain  nach 
folgenden  Formelbildern  auf. 

Morphin  Kodein 

HO- 


y\/\ 


^CH, 


/\/\, 


CHjj 


CH     ICH 


,/^x/^ 


CHJ 


W  ■  CH3 
-Ich, 


HO/*^ 


CH, 


CH 


H0/''\/ 
CH, 


Thebain 


CH 


1)  Merck,  DRP.    166  310. 

^)  A.  Pitini  und  M.  Paternö,  Arch.  di  Farmacol.  sperim.  SO,  540. 

ä)  Liebigs  Ann.  310,  396. 


Morphin. 


393 


Da  aber  M.  Freund  bei  der  Untersuchung  des  Phenyldihydrothebaiiis, 
welches  seiner  Entstehungsweise  nach  dem  Thebain  ganz  ähnlich  konstituiert 
sein  muß,  die  beiden  aliphatischen  Doppelbindungen,  welche  nach  der 
Knorrschen  Formel  im  ThebaLn  enthalten  sein  sollen,  durch  Reduktion 
nicht  nachweisen  koimte,  so  gelangt  er  zu  dem  Schluß,  daß  auch  im  Thebain 
sich  keine  Kohlenstoffdoppelbindung  findet.  Diese  Tatsache  berücksichtigen 
die  Freundschen  Formeln: 


Morpliin  ') 

Hoy\ 


/>/\cH. 


Kodein 


/V\,CH, 


CH   Ich 


H?>^ 


ca Uw 


CH, 


Thebain 


./\ 


/\y\ 


o<: 


CH, 


CH     CH 

/)/\n  •  CH. 
CH    j  ' 

1/  \iF=^^^» 


1> 


CHgO  ■  o{  ycB. 

CHj 

WoUen  wir  vorerst  die  Bedeutung  der  einzehien  Gruppen  besprechen. 

Morphin  wrd,  falls  es  zur  Wirkimg  gelangt,  im  Gehirn  imd  Rückenmark 
zerstört^).    Der  Abbau  ist  oxydativer  Art. 

Die  Opiumalkaloide  der  Morphingruppe  wirken  narkotisch,  die  der  Kodein- 
gruppe mit  geschlossenem  Pheuolhydroxyl  wirken  schwächer  narkotisch  und 
stärker  tetanisch^).  Durch  den  Ersatz  des  PhenoLhydroxylwasserstoffes  des 
Morphins  durch  ein  Alkyl-  oder  Acylradikal  entstehen  die  Kodeine,  bei  welchen 
die  narkotische  Wirkung  des  Morphins  abnimmt,  während  die  krampferregende 
zunimmt. 

Mit  der  Phenolhydroxylgruppe*)  im  Morphin  ist  jene  wesentliche  Eigen- 
schaft desselben  verknüpft,  welche  es  von  allen  anderen  Alkaloiden  der  Opium- 
gruppe xmterscheidet,  nämlich  seine  narkotisierende  Fähigkeit,  seine  Fähigkeit 
vorzüglich  und  hauptsächlich  auf  Nervenzentren  des  Gehirns  zu  reagieren.  Mit 
ihr  ist  die  Giftigkeit  des  Morphins  verbunden,  demi  die  Morphinschwefelsäure 
verhält  sich  gar  nicht  narkotisch,  ist  sehr  wenig  giftig,  wirkt  aber  tetanisch  wie 
ein  Körper  der  Kodeingruppe. 

In  der  Morphinschwefelsäure  ist  das  Pheuolhydroxyl  durch  die  indifferente 
Schwefelsäure  ersetzt,  daher  ist  diese  Verbindimg  viel  weniger  giftig  als  Kodein. 

1)  M.  Freund  und  Speyer,  BB.  49,   1292  (1916). 

2)  Marquis  und  Cloetta,  Bronislaw  Frenkel,  AePP.  63,  331  (1910). 

3)  V.  Schröder,  AePP.  IT,  96.  *)  Stolnikow,  HS.  8,  235  (1884). 


394  Alkaloide. 

Sie  wirkt  auf  Katzen  qualitativ  wie  Morphin,  quantitativ  aber  schwächer^), 
bei  Hunden  zeigt  sie  sehr  schwache  Kodeinwirkung*). 

Die  Morphinäther  Kodein,  Kodäthj'Jin  und  das  verwandte  Thebain  charak- 
terisieren sich  dadurch,  daß  sie  alle  das  Rückenmark  beeinflussen  und  krampf- 
erregende Wirkungen  haben,  bei  unbedeutender  Narkose  oder  selbst  bei  voll- 
ständigem Fehlen  einer  solchen.  Hierbei  wächst  die  Fähigkeit,  Krämpfe  zu 
erregen,  mit  der  Anzahl  der  eintretenden  Alkylgruppen  an,  ferner  wächst  sie 
mit  der  Größe  des  eintretenden  Alkylradikals.  Daher  wirkt  KodäthyUn  stärker 
als  Kodein.  Die  Alkylradikale,  welche  in  die  Kodeine  eintreten,  bedingen  eine 
größere  oder  kleinere  Gift'gkeit  desselben,  welche  mit  der  Anzahl  der  C-Atome 
des  eintretenden  Alkylradikals  zusammenhängt. 

Phenanthren  6  5       4  3 

8     \_/      1 
9  10 

ist  bei  Kaninchen  ohne  Wirkung,  macht  aber  bei  Kaulquappen  Narkose  (0  ver- 
ton). 2-Phenanthrol,  3-Phenanthrol,  9-Phenanthrol  machen  beim  Warmblüter 
schwere  tetanische  Anfälle.  Ähnlich  wirkt  die  Phenanthrencarbonsäure,  und 
auch  die  Sulfosäure  erzeugt  noch  Krämpfe.  4-Methoxyphenanthren-9-carbon- 
säure  wirkt  wie  Phenanthrencarbonsäure,  während  eine  weitergehende  An- 
häufung alkylierter  und  acylierter  Hydroxyle  (3-Acetoxy-4.8-dimethoxy- 
phenanthren-9-carbonsäure)  die  Ki'ampf-  und  Giftwirkung  wesentlich  herab- 
setzt.   Kein  Derivat  zeigt  narkotische  Wirkimg  ^). 

Mit  der  Hydrierung  nimmt  die  Intensität  der  Wirkung  beim  Phenanthren 
ab.  Dodekahydrophenanthren  wird  im  Organismus  oxydiert  und  paart  sich 
mit  Glykuronsäure*). 

Q-AmLnophenanthren  ist  unwirksam.  3-Aminophenanthren  hat  ebenfalls 
keine  Morphin  Wirkung.  Die  in  Wasser  leicht  löslichen  Chlorhydrate  des  2.7- 
und  4.5-DianiinohydrophenanthrenchLnon  zeigten  keine  morphinähnliche 
Wirkung^). 

Phenanthrenchinon-3-sulfosäure  ist  ein  MethämoglobinbUdner,  macht 
jedoch  kein  tetanisches  Stadium. 

2-Bromphenanthrenchinon-monosulfosäure  zeigt  morphinähnliche  Wir- 
kungen*), woraus  J.  Schmidt  den  Schluß  zieht,  daß  für  die  Morphinwirkung 
nicht  nur  die  N-haltige  Komponente,  sondern  auch  der  Phenanthrenrest  maß- 
gebend ist').  Sie  besitzt  aber  gar  keine  narkotische  Wirkung,  macht  jedoch 
schwere  Organdegenerationen.  Die  morphinähnliche  Wirkung  beruht  auf  einer 
Verlangsamung  und  Verminderung  der  Atmungstätigkeit*). 

3-Phenanthrolcarbonsäure  (2-Oxyphenanthren-3-carbonsäure)  wirkt  anti- 
septisch. 0.1  g  töten  Mäuse  in  einer  Stunde.  Die  Tiere  werden  ruhig  und 
bewegungslos.    Der  Tod  erfolgt  ohne  Krämpfe*). 

2-Oxyphenanthren-9-carbonsäure  zeigt  keine  Verschiedenheit,  sondern  nur 
eine  etwas  gesteigerte  Wirkungsweise  gegenüber  den  Oxyphenanthrenen,  sowie 
der  Phenanthren-9-carbonsäure.  Diese  Produkte  rufen  beim  Frosch  eine  ver- 
minderte Herztätigkeit  und  systoUschen  Herzstillstand  hervor^"). 

')  Becker,  Arch.  intern,  de  pharmacodyn.   12,  68. 

2)  Ralph  Stockmann  undDott,  Brit.  med.  Joum.  1890,11,  189  und  1891,  24.  Jan. 
—  Proc.  R.  Soc.  Edinbom'gh  11,  321  (1890).     =)  Bergell  mid  Pschorr,  HS.  38,  17  (1903). 
^)  H.  Hildebrandt,  AePP.  59,  140  (1908).     ^)  Jul.  Schmidt,  BB.  36,  3726  (1903). 
«)  Untersucht  in  den  Höchster  Farbwerken.  ')  BB.   37,  3555  (1904). 

«)  BB.  3r,  3565  (1904).  ')  Werner,  BB.  35,  4427  (1902). 

")  Bergell  bei  Pschorr,  BB.  39,  3122  (1906). 


Morphin.  395 

Aminoxyphenanthren ')  erhält  man  durch  Reduktion  von  Phenanthrenmonoxim, 
welches  bei  der  Reaktion  von  Phenanthrenchinon  mit  Hydroxylamin  entsteht.  Man 
reduziert  mit  einem  Überschüsse  von  Zinnchlorür  und  krystallisiert  aus  rauchender  Salz- 
säure um. 

H 

HO  N    CO  ■  CHg 

9-Acetainino-lO-oxyphenanthreii    [    J    f   J  zeigt   nur  Acetanüid- 

wirkungen.  \/    ^^ 

Morphin  läßt  sich  mit  Palladium  und  Wasserstoff  hydrieren.  Die  narko- 
tische Wirkung  des  Morphins  wird  durch  die  Reduktion  nicht  aufgehoben^). 

Durch  Einwirkung  von  Wasserstoffsuperoxyd  auf  die  Alkaloide  der  Mor- 
phingruppe erhält  man  Aminoxyde,  und  zwar  durch  Anlagern  von  Sauerstoff 
an  den  Stickstoff  der  Alkaloidkomplexe.  Diese  Veränderung  genügt,  um  die 
Wirksamkeit  der  Substanzen  zu  verhindern,  der  Organismus  vermag  auch  nicht 
das  sonst  so  leicht  zu  entfernende  Sauerstoffatom  zu  reduzieren,  da  ja  sonst  die 
charakteristische  Alkaloidwirkung,  weiui  auch  verzögert,  eintreten  müßte.  Die 
physiologische  Wirkung  von  Methylpiperidin,  Brucin  und  Strychnin  wird  eben- 
falls beim  Übergang  in  die  entsiirechenden  Aminoxyde  auffälhg  verändert'). 

Martin  Freund*)  stellt  Oxydationsprodukte  der  Morphingruppe  durch  Behandlung 
von  Morphin,  der  Kolilenreihe  oder  Thebain  mit  Wasserstoffsuperoxyd  her. 

Riedel^)  stellt  durch  Einwirkung  von  Ozon  auf  Thebainsalze  eine  um  zwei  Sauer- 
stoffe reichere  Verbindung  her. 

Das  salzsaure  Salz  soll  ähnlich  wie  Morphin  und  Kodein  wirken  und  in 
der  Stärke  der  Wirkung  dem  Morphin  entsprechen,  was  sicher  unrichtig  ist. 

Morphin  hat  eine  besondere  spezifische  und  selektive  Wirkung  auf  das 
Nervensystem.  Kodein  hat  zwar  eine  ähnliche,  jedoch  erheblich  schwächere 
Wirkimg.  Wie  Morphin  macht  es  einen  narkotischen  Zustand,  nach  welchem 
eine  erhöhte  Reflexerregbarkeit  einsetzt,  welche  sich,  wenn  die  Dosis  groß 
genug  ist,  bis  zum  Tetanus  steigert.  Der  narkotische  Zustand  ist  viel  kürzer 
und  viel  weniger  tief  als  beim  Morphin,  und  wenn  große  Dosen  gegeben  werden, 
so  ist  der  narkotische  Effekt  sehr  schwach,  ja  kaum  wahrzunehmen  oder  fehlt 
ganz.  Beim  Menschen  ist  der  narkotische  Effekt  sehr  schwach.  Es  tritt  keine 
sehr  bemerkenswerte  Analgesie  auf  und  eine  Erhöhung  der  Dosis  macht  die 
Analgesie  nicht  tiefer,  sondern  erhöht  die  Reflexerregbarkeit.  Die  letale  Dosis 
ist  0.1  g,  also  ungefähr  ein  Drittel  von  der  letalen  Dose  des  Morphins  beim 
Kaninchen.  Wie  wir  sehen  werden,  steigt  durch  Verschluß  des  Phenolhydrosyls 
oder  der  beiden  Hydroxyle  die  Giftigkeit  des  Morphins  bei  einzelnen  Tieren 
bei  allen  Derivaten  mit  Ausnahme  der  Morphinschwefelsäure,  welche  aus  den 
im  allgemeinen  Teil  angeführten  Gründen  unwirksam  sein  muß. 

Ersetzt  man  im  Morphin  Phenolhydroxylwasserstoff  durch  die  Äthyl- 
gruppe oder  vertauscht  man  im  Kodein  den  Methylrest  durch  einen  Äthyl- 
rest, so  gelangt  man  zum  Äthylmorphin,  einem  schon  von  Bochefontaine*), 
später  von  Stockmann  und  Dott  studierten  Körper. 

Bochefontaine  bezeichnete  die  Wirkmig  dieser  Substanz  als  strychnin- 
ähnlich,  aber  er  gebrauchte  so  große  Dosen,  daß  er  den  vorhergehenden  nar- 
kotischen Effekt  nicht  erzielte.  Äthylmorphin  hat  nach  Stockmann  und 
Dott  eine  ganz  ähnliche  Wirkung  wie  Kodein  und  auch  dieselbe  letale  Dosis. 

1)  Schmidt-Stuttgart,  DRP.   141422.  ")  L.  Oldenberg,  BB.  44,  1829  (1911). 

ä)  Martin  Freund  und  Edmund  Speyer  (Heinz-Erlangen),  BB.  43,  331  (1910). 
«)  DRP.-Anm.  F.  21  847  (zurückgezogen).  ^)  DRP.  201  324. 

*)  Joum.  Anat.  et  Physiol.  5,  239,  zuerst  dargestellt  von  Grimaux,  C.  r.  93,  1140 
und  1228  und  93,  67,  217,  591. 


396  Alkaloide. 

Amylmorphin  erzeugt  dieselbe  physiologische  Wirkung. 

Dieser  Gruppe  reiht  sich  seiner  Konstitution  und  seinen  Wirkungen  nach 
Benzylmorphin  an,  in  welchem  das  eine  Hydroxyl  durch  die  Benzylgruppe 
geschlossen  ist,  also  ein  aralkyHertes  Morphin,  welches  sich  in  seinen  später 
zu  besprechenden  Eigenschaften  an  die  Kodeingruppe  völHg  anreiht. 

In  allen  diesen  Verbindiuigen  ist  der  Wasserstoff  im  PhenoUiydroxyl  des 
Morphins  durch  eine  Alkyl-  oder  Aralkylgruppe  ersetzt.  Diese  Substitution 
erzielt  eine  ganz  ähnhche  Wirkung,  und  es  macht  im  großen  und  ganzen  keine 
Differenz,  welche  Radikale  eingeführt  werden,  solange  sie  dasselbe  Wasser- 
stoffatom ersetzen;  die  Differenz,  die  man  in  den  Wirkungen  sieht,  ist  mehr 
quantitativ  als  quahtativ.  Bei  allen  ist  die  narkotische  Wirkung  des  Morphins 
sehr  verringert.  Die  tetanische  Wirkung  und  die  Wirkmig  auf  die  motorischen 
Nerven  ist  erhöht,  ferner  ist  die  Giftigkeit  erheblich  dem  Morphin  gegenüber 
angestiegen. 

Die  Einwirkung  auf  das  Gehirn  (Narkose)  fehlt  diesen  Körpern  nicht 
vollständig,  sondern  ist  nur  wesentlich  materdrückt  und  kommt  den  anderen 
Wirkungen  gegenüber  nicht  recht  zur  Geltiuig.  Hingegen  tritt  die  Narkose 
des  Atmimgszentrums  in  den  Vordergrund.  Es  bedingt  also  nicht  der  Eintritt 
einer  neuen  wirksamen  Gruppe  die  veränderte  Wirkung,  sondern  vielmehr 
wird  durch  Verdecken  des  Verankerungspunktes  für  das  Gehirn  eine  andere, 
dem  Morphin  eigentümUche,  aber  wegen  der  G^hirnwirkung  nicht  oder  wenig 
zur  Geltung  kommende  Wirkung  entwickelt.  Ein  Beweis  hierfür  ist,  daß  es 
ziemlich  gleichgültig  ist,  welcher  Alkylrest  eintritt,  femer  daß  auch  Morphin- 
derivate, in  denen  der  Hydroxylwasserstoff  durch  Säureradikale  ersetzt  ist, 
Wirkungen  zeigen,  welche  sich  denen  der  Kodeingruppe  sehr  nähern. 

Stockmann  inid  Dott^)  haben  folgende  Köiper  dieser  Gruppe  miter- 
sucht imd  dargestellt: 

Monoacetylmorphin  zeigt  beim  Frosch  ähnhche  Wirkungen  wie  Kodein. 
Beim  Kaninchen  machen  sehr  kleine  Dosen  schon  Narkose,  größere  Dosen 
Tetanus  (Wirkung  der  Kodeingruppe). 

Diacetylmorphin,  in  welchem  beide  Hydroxyle  durch  Acetylgruppen 
geschlossen  sind,  zeigt  eine  ganz  ähnhche  Wirkung  wie  Monoacetylmorphin. 

Benzoylmorphin  wirkt  ganz  identisch  wie  Monoacetylmorphin.  Dibenzoyl- 
morphin  ist  eine  sehr  unbestänchge  Substanz,  welche  aber  in  ihrer  Wirkung  vom 
Monobenzoylmorphin  nicht  zu  differieren  scheint. 

Diese  vier  durch  Eintritt  von  aliphatischen  oder  aromatischen  Säure- 
radikalen  veränderten  Moiphine  haben,  ähnlich  wie  die  eigenthchen  Kodeine 
(Morphine  mit  Alkylgruppen  im  Hydroxyl  substituiert),  eii.e  bedeutende 
tetanisierende  Wirkung,  während  ihre  narkotischen  Eigenschaften,  obgleich 
nach  kleinen  Dosen  bemerkbar,  niemals  so  tiefe  Wirkungen  ausüben  wie  beim. 
Morphin.  Eine  Erhöhung  der  Dosis  führt,  anstatt  die  Narkose  zu  vertiefen,  zu 
tetanischen  Symptomen.  Die  deprimierende  Wirkung  der  kleinen  Dosen  auf 
das  Rückenmark  und  besonders  auf  das  Respirationszentrum  ist  viel  größer 
als  die  des  Morphins.  Mit  dem  Kodein  verghchen,  bringen  sie  einen  gleichen 
narkotischen  Effekt  mit  einem  Zehntel  der  Dosis  zusammen,  während  eine 
dreimal  so  große  Dosis  notwendig  ist,  um  Tetanus  hervorzurufen.  Ihre  de- 
23rimierende  Wirkung  auf  die  motorischen  Nerven  ist  ungefähi-  die  gleiche. 

Diese  S\ib.stitutionsprodukte  mit  sauren  Radikalen  gehören  sicher  ihrer 
Wirkung  nach  zur  Kodeingnippe.    Es  scheint  im  wesentlichen  ganz  indifferent 

1)  Brit.  med.  Journal  1890,  II,  189  und  1891,  24.  Jan.  —  Proc.  R.  Soc.  Edinbourgh 
IT,  321  (1890).     ' 


Morphin.  397 

ZU  sein,  was  in  die  Hydroxyle  eingeführt  wurde,  ob  saure  oder  alkoholische, 
aliphatische  oder  aromatische  Reste  (Acyl-,  Alkyl-  oder  Arylgruppen)  und  ob 
einer  oder  beide  Hydroxylwasserstoffe  ersetzt  werden.  Das  Wesentliche  der 
Änderung  ist  eben  nur  die  Verdeckung  eines  Verankerungspunktes  für  ein 
bestimmtes  Organ,  da  ja  am  Morphinmolekül  selbst  gar  nichts  geändert  wurde 
und  gleichsam  eine  außen  liegende  Gruppe  verdeckt  wird.  Hierbei  muß  aber 
in  Betracht  gezogen  werden,  daß  der  Organismus  leichter  saure  Reste  als 
Alkylgruppen  aus  der  Sauerstoffbindung  abzusprengen  vermag,  so  daß  es  bei 
den  Säureestem  leichter  zur  Restitution  der  Wirkung  des  Grundalkaloids 
kommen  kann  als  bei  den  Alkyläthern. 

Auch  J.  V.  Meringi)  luitersuchte  die  von  Stockmann  und  Dott  zuerst 
geprüfte  Morphingruppe,  bei  welcher  beide  Hydroxylgruppen  durch  Säure- 
radikale verdeckt  sind.  Dargestellt  wurden:  Diacetylmorphin,  Dipropionyl- 
morphin,  Diisobutyrylmorphin,  Divalerylmorphin. 

Die  narkotische  Wirkung  dieser  Verbindungen  ist  bei  Hunden  stärker 
ausgeprägt  als  die  des  Kodeins,  die  tetanische  stärker  als  die  des  Morphins,  was 
mit  den  Resultaten  von  Stockmann  und  Dott  übereinstimmt. 

Bei  klinischen  Versuchen  zeigte  es  sich,  daß  diese  Körper  eine  dem  Morphin 
ähnliche,  aber  schwächere  Wirkung  zeigen;  sie  setzen  die  Reflexerregbarkeit 
herab  und  beseitigen  Hustenreiz,  gegen  Schmerzen  sind  sie  aber  weit  weniger 
wirksam  als  Morphin. 

Diejenigen  Morphinderivate,  in  denen  nur  der  Wasserstoff  des  Phenolhydr- 
oxyls  durch  Säure  ersetzt  ist,  wie  Monoacetylmorphin,  Monopropionylmorphin 
und  Monobenzoylmorphin,  nähern  sich  nach  Mering  bei  Säugetieren  in  ihrer 
Wirkung  sehr  dem  Morphin.  Die  tetanische  Wirkung  ist  geringer  als  bei  den 
diacyherten  Derivaten,  hingegen  ist  die  hypnotische  und  schmerzstillende 
Wirkung  entschieden  mehr  entwickelt.  Die  diacyherten  Derivate  sind  femer 
viel  giftiger  als  die  monoacyherten. 

Nach  den  Meringschen  Versuchen  verdienen  von  allen  Morphinderivaten, 
die  er  geprüft  hat,  die  größte  Bedeutung  die  Körper  der  eigenthchen  Kodein- 
gruppe, die  Morphinäther,  in  denen  der  Wasserstoff  des  Phenolhydroxyls  durch 
em  Alkylradikal  ersetzt  ist.  Er  untersuchte  die  höheren  Homologen  des 
Kodeins,  und  zwar:  Äthylmorphin,  Propyl morphin,  Isobutylmorphin  und 
Amylmorphin. 

Auch  wenn  man  in  das  eine  Morphinhydroxyl  anorganische  Säurereste  ein- 
führt,  erhält   man  Substanzen,   welche  im  Sinne  der  Kodeingruppe  wirken. 

Morphinätherschwefelsäure  und  Nitrosomorphin  zeigen  ebenfalls,  wenn 
auch  erst  in  großen  Dosen,  Kodeinwirkung,  so  daß  auch  die  Einführung  der 
Radikale  NO  —  und —  HSO3  die  Wirkung  des  Morphins  in  derselben  Weise  ändert 
wie  die  EinJührung  eines  organischen  Säiure-  oder  Alkylradikals. 

Sulfoxymorphin  ist  bei  Fröschen  und  Kaninchen  unwirksam,  Sulfo morphin 
wirkt  bei  Fröschen  in  0.1  g  tödlich  imter  vorausgehender  starker  Steigerung  der 
Atmungsfrequenz.  Das  Sulfoxykodein  ist  analog  dem  Sulfoxymorphin  bei 
Fröschen  und  Hunden  inaktiv,  während  Sulfokodein  entgegen  frühereu  Angaben 
schon  in  Dosen  von  0.05  g  unter  starrkrampfähnhchen  Zuckungen  tödlich  wirkt. 
Die  Sulfooxyderivate  des  Morphins  und  Kodeins  sind  unwirksam,  die  Sulfo- 
derivate  schwächer  wirksam  als  die  Ausgangsalkaloide^). 

Diese  seit  längerer  Zeit  bekamiten  Substanzen  haben  mit  Ausnahme  des 
Kodeins  keine  besondere  Beachtung  gefunden,  in  letzter  Zeit  wurden  sie  gleich- 

1)  E.  Mercks  Jahresber.   1898,  5. 

^)  A.  Pitini,  Ann.  Cliim.  analyt.  appl.  3,  208  (1914). 


398  Alkaloide. 

sam  nea  entdeckt  und  einige  von  ihnen  mit  relativ  großem  Erfolge  in  den 
Arzneiachatz  eingeführt.  Die  physiologische  Wirkung,  welcher  sie  diesen 
Erfolg  dem  Morphin  gegenüber  verdanken,  ist  die  sedative  Wirkung,  die  Herab- 
setzung der  Reizbarkeit  der  Luftwege  und  ihr  günstiger  Einfluß  auf  die 
Respiration,  indem  sie  diese  vertiefen. 

Morphin  setzt  die  Erregbarkeit  des  Atmiingszentrums  herab,  verlangsamt 
die  Atmmig  und  vermindert  die  Atemgröße,  d.  i.  die  in  der  Zeiteinheit  aus- 
geatmete Luftmenge. 

Dem  in  früherer  Zeit  souveränen  Hustenmittel  Morphin  tieten  nun  eine 
Reihe  von  Derivaten  desselben  als  Konkurrenten  gegenüber,  denen  die  stark 
narkotischen  Eigenschaften  der  Muttersubstanz  fehlen,  welche  keine  Euphorie 
hervorrufen  und  daher  keine  Angewöhnung  an  das  Mittel  im  Gefolge  haben. 
Die  Vermeidung  von  einigen  nachteiligen  Wirkungen  des  Morphins  bei  An- 
wendung in  der  Therapie  der  Respirationsorgane  wird  sich  aus  dem  Folgenden 
ergeben. 

Die  Wirkungen  der  einzelnen  Morphinderivate  werden  wir  im  folgenden 
besprechen. 

Kodein,  der  Methyläther  des  Morphins,  kommt  in  kleinen  Mengen  im 
Opium  vor,  wird  aber  der  Hauptmenge  nach  synthetisch  aus  Morphin  darge- 
stellt i),  ebenso  wie  die  anderen  Alkyläther  des  Morphins.  Mit  dem  steigenden 
Bedürfnisse  nach  diesen  Morphinäthern  hat  sich  das  Literesse  der  Synthetiker 
den  Darstellungen  dieser  Körper  zugewendet  \md  uns  mit  einer  Reihe  von 
Methoden  und  neuen  Derivaten  bereichert. 

Das  Bestreben,  neue  Methoden  zur  Darstellmig  der  Alkyläther  des  Morphins 
zu  finden,  war  um  so  größer,  als  Kodein  aus  dem  Opium  keineswegs  den  Bedarf 
deckte  mid  anderseits  die  üblichen  Alkylierungsmethoden  eine  schlechte  Aus- 
beute gaben  und  so  das  Kodein  verteuerten. 

KnolP)  stellte  im  großen  Kodein  vind  Äthylmorphin  (KodäthyUn)  durch  Kochen 
von  Morphin  bzw.  Morphinalkali  mit  methyl-  oder  äthylschwefelsaurem  Salz  in  alkohoU- 
scher  Lösung  dar. 

Weiter  wurde  Kodein  dargestellt  durch  Einwirkung  von  Jodmethyl  und  Natrium- 
alkoholat  auf  Morphin. 

Mering  wurde  in  Amerika  ein  Verfahren  zur  Darstellung  von  Athylmorphin  durch 
Einwirkvmg  von   Äthylbromid  auf  eine  alkahsche  Jlorphinlösung  geschützt. 

Es  wurden  auch  Versuche  gemacht,  da3  Pechmannsche  MethyUerungsverfahren') 
für  die  Gewinnung  des  Kodeins  zu  verwerten*). 

Man  läßt  zu  diesem  Zwecke  zu  einer  kalt  gehaltenen  ätherischen  Diazomethanlösung 
eine  alkoholische  Morphinlösung  zufließen.  Man  kann  auch  in  der  Weise  vorgehen,  daß 
man  Diazomethan  in  statu  nascendi  auf  Morphin  einwirken  läßt,  indem  man  z.  B.  alkoho- 
lisches Kali  zu  einem  Gemisch  von  Morphin  und  Nitrosomethylurethan  zu'jibt^).  Mit  grö- 
ßerem Vorteil  arbeitet  man  in  wässeriger  Lösung  und  mit  Morphinkaü,  welches  ja  wasser- 
löslich ist*).  Man  setzt  zu  einer  Morphinlösung  in  Lauge  in  kleinen  Portionen  eine  ä  herische 
Diazomethanlösung  unter  fortwährendem  Schütteln.  Das  Reaktionsprodukt  wird  mit 
Benzol  extrahiert,  in  welches  Kodein  überseht.  Auch  bei  dieser  Modifikation  kann  man 
statt  Diazomethan  Nitrosomethylurethan  verwenden.  Diese  Verfahren  scheinen  aber  in 
der  Praxis  nicht  angewendet  zu  werden,  insbesondere  die  auf  dem  Pech  mannschen 
Methylierungsverfahren  beruhenden.  Alle  angeführten  Verfahren  haben  die  Schattenseite 
der  schlechten  Ausbeute. 

Mering  hat  Peronin  (salzsaurer  Benzyläther  des  Morphins)  Ci,Hjj(C5Hj  •  CHj)NO, 
•  HCl  -{-  HjO  durch   Einwirkung  von  Natriumäthylat   und  Benzylchlorid  in   alkoholischer 


')  Es  wurde  zuerst  von  Grimaux  synthetisch  dargestellt,  ebenso  Kodäthylin  C.  r. 
93,  1140,  1228;  93,  67,  217,  591.  —  Bochefontaine,  Journ.  of  anat.  and  physiol.  5,  329, 
untersuchte  beide  Substanzen  zuerst  und  erkannte  sie  als  Krampfgifte. 

2)  DRP.  39  887.  =)  BB.  37,   1888  (1894)  und  28,  855,  1624  (1895). 

*)  DRP.  92  789  ^)  DRP.  95  644.  «)  DRP.  96  145. 


Morphin.  399 

Lösung  auf  Morphin  erhalten').  E.  Merck  (Darmstadt)  schützte  Vorfahren,  welche  die 
Darstellung  der  Alkyläther  des  Morphins  mit  guten  Ausbeuten  gestatten.  Diese  Ver- 
fahren beruhen  darauf,  daß  die  neutralen  Alkyläther  der  anorganischen  Säuren  leicht 
eine  Alkylgruppe  abgeben.    Es  wird  Morphin  in  alkoholischer  Lösimg  mit  Natrium  und 

OCH 

Dimethylsulfat  S02<^p-rT'  (resp.  Diäthylsulfat)  versetzt  und  geschüttelt 2).    Man  kann 

außer  den  neutralen  Schwefelsäureestern  auch  die  neutralen  Phosphorsäureester')  ver- 
wenden, ebenso  die  Ester  der  Salpetersäure,  und  zwar  Methyl-  und  Äthylnitrat').  Hin- 
gegen gelangt  man  bei  Anwendung  der  saureu  Ester  der  Schwefel-  und  Phosphorsäure 
nicht  zum  Ziele. 

Alkyläther  der  aromatischen  Reihe  erhält  man  ganz  allgemein,  wenn  man  Nitroso- 
verbindungen von  Säureamiden,  welche  die  Gruppe  NRNO  enthält,  verwendet^).  Man 
läßt  auf  den  zu  alkylierenden  Körper  diese  Nitrosoverbindungen  in  Gegenwart  von  Basen 
einwirken.  Man  erhält  diese  Nitrosoverbindungen  durch  Behandlung  der  Suspensionen 
des  betreffenden  Alkylamids  in  verdünnter  Säure  mit  Nitritlösung.  Man  erhält  so  aus 
Morphin  und  p-Toluolsulfonitrofomethylamid  Kodein. 

A.  Gerber,  Bonn'),  erzeugt  Alkyläther  der  aromatischen  Reihe,  indem  er  auf  die 
Alkali-  oder  Erdalkalisalze  von  Phenolliydroxylgruppen  enthaltenden  Körpern  neutrale 
Alkylester  der  schwefligen  Säure  in  Gegenwart  aliphatischer  Alkohole  einwirken  läßt.  Man 
kann  auf  diese  Weise  Phenol,  o-Kresol,  Morphin  usw.  am  Sauerstoff  alkyUeren. 

Man  kann  Morphin  in  Kodein  und  seine  Homologen  verwandeln,  wenn  man  es  mit 
quaternären   Ammoniumbasen   behandelt,   z.  B.   mit  Phenyltrimethylammoniumchlorid'). 

Alkoxymethyläther  des  Morphins  erhält  man,  wenn  man  Alkaliverbindungen  des 
Morphins  mit  Halogenmethylalkyläthern  umsetzt.  Den  Methoxymethyläther  des  Mor- 
phins erhält  man  aus  Morphinnatrium  in  trockenem  Chloroform  suspendiert  >md  Chlor- 
methyläther in  Chloroform  unter  Kühlung"). 

Knorr,  Jena'),  stellt  ätherartige,  in  der  Alkoholhydroxylgruppe  durch  Alkyl  oder 
Aryl  substituierte  Abkömmlinge  der  Kodeine  her,  indem  er  unter  völligem  Ausschluß  von 
Wasser  Halogenkodide  mit  AJkalialkoholaten  oder  Alkaliphenolaten  in  Gegenwart  von 
absoluten  Alkoholen  eventuell  unter  Druck  erhitzt.  So  erhält  man  den  Methyläther  des 
Kodeins  durch  Erhitzen  von  a-Chlorkodid  mit  Natrium  und  Methylalkohol  im  Autoklaven 
bei  110°  durch  2  Tage.  Rascher  bildet  sich  der  Phenyläther  des  Kodeins,  aus  a-Chlor- 
kodid  und  Natriumphenolat  mit  absolutem  Alkohol  1  Stunde  lang.  Der  Guajacoläther  des 
Kodeins  sowie  die  beiden  Kresyläther  des  Kodeins,  und  zwar  o-  und  p-  wurden  ebenfalls 
dargestellt. 

Die  Darstellung  von  Formylverbindungen  der  Morphimnalkaloide  ist  dadurch  ge- 
kennzeichnet, daß  man  die  Basen  oder  ihre  Salze  mit  Ameisensäure  oder  die  Halogen- 
verbindungen der  Morphiumalkaloide  mit  ameisensauren  Salzen  behandelt.  Die  so  ge- 
wonnenen Formylderivate  haben  angeblich  vor  den  bekannten  Acylderivaten  der  Morphin- 
reUie  den  Vorzug  geringerer  Giftigkeit  und  zeigen  bei  geringerer  hypnotischer  Wirkimg 
dieselbe  schmerzstillende  Wirkungi"). 

Die  gleichen  Formylderivate  kann  man  auch  durch  Behandeln  der  Alkaloide  mit 
Estern  der  Ameisensäure  gewinnen,  z.  B.  aus  Kodein  mit  Ameisensäureäthylester  durch 
Erhitzen  auf   150°  erhält  man  Formylkodein^'). 

Man  kann  auch  die  Alkoholbasen  mit  den  gemischten  Anliydriden  aus  Ameisensäure 
und  anderen  aliphatischen  Säuren  behandeln'^). 

Zwei  nie  in  Gebrauch  gekommene  Derivate  des  Morphins  bzw.  des  Kodeins 
wurden  für  die  Höchster  Farbwerke  geschützt.  Diese  Substanzen  dürften  nach 
der  Analogie  mit  dem  Äthylendimorphin  wirkungslos  sein. 

Wenn  man  auf  Kodein  in  salzsaurer  Lösung  Formaldehyd  in  der  Wärme  einwirken 
läßt,  so  erhält  man  ein  neues  Produkt,  welches  durch  Vereinigung  zweier  Moleküle  Kodein 
mit  einem  Molekül  Formaldehyd  unter  Wasseraustritt  hervorgeht.  Der  entstehende  Körper 
ist  als  Dikodeylmethan  anzusehen'').  Im  gleichen  Sinne  reagiert  Morphin  mit  Formal- 
dehyd "). 


1)  DRP.  91  813.  2)  DRp    102  634.           ')  DRP.   107  225.           *)  DRP.  108  075. 

5)  DRP.   189  843.  Bayer,  DRP.  224  388,  Zusatz  zu  DRP.   189  843. 

«)  DRP.  214  783.  ')  DRP.  247  180.          «)  Mannich,  DRP.  280  972. 

»)  DRP.   224  347.  ">)  Bayer,  Elberfeld,  DRP.   222  920. 

")  Bayer,  DRP.  229  246,  Zusatz  zu  DRP.  222  920.         '■^}  Bayer,  DRP.  233  325. 

")  DRP.  89  963.  ")  DRP.  90  207. 


400  Alkaloide. 

Die  Carbonsäureester  des  Morphins  sind  sehr  schlecht  haltbar.  Hingegen 
sind  ihre  Acylverbindungen  sehr  stabil. 

Man  stellt  die  letzteren  durch  Einwirkung  von  Chlorkohlensäureester  und  Alkali 
auf  die  Acylverbindungen  des  Morphins  (Acetyl-  oder  Propionyhnorphin )  dar.  Man  sus- 
pendiert hierbei  Acylmorphin  in  Benzol  und  schüttelt  in  kleinen  Portionen  Alkali  zu- 
setzend mit  Chlorkohlensäureäther  1). 

Die  sehr  labilen  Morphincarbonsäureäther  werden  durch  Einwirkung  von  Chlor- 
kohlensäureinethylester  auf  eine  absolut  alkoholische  Morphinlösung  bei  Gegenwart  von 
Alkali  erhalten;  man  neutralisiert  mit  Schwefelsäure,  befreit  vom  Alkohol,  löst  in  Wasser, 
übersättigt  mit  Alkali  und  schüttelt  mit  Benzol  aus  2). 

AcetyUerte  Morphine')  erhält  man  aus  Morphin  oder  seinen  Athem  und  Estern  durch 
Behandlung  mit  Sulfoessigsäure  oder  einem  Gemisch  von  Schwefelsäure  und  Essigsäure- 
anhydrid. Man  erhält  so  Triacetylmorpliin  aus  Morphinanhydrid  und  Schwefelsäure,  vmter 
gleichen  Bedingungen  erhält  man  aus  Kodein  Diacetylkodein,  aus  Dibenzoylmorphin  erhält 
man  Dibenzoylacetylmorphin.  Man  kann  diese  Reaktion  bei  so  niedrigen  Temperaturen 
durchführen,  daß  sich  noch  keine  Sulfoessigsäure  bildet*). 

Riedel,  Berlin*),  steht  Morphinester  acidylierter  aromatischer  Oxycarbonsäuren 
her,  indem  er  auf  Morphin  in  üblicher  Weise  die  Halogeiüde  dieser  Säuren  einwirken  läßt. 
Bei  diesen  Präparaten  soll  eine  wesentliche  Erhöhung  der  narkotischen  Wirkung  zu  be- 
obachten sein.  Dargestellt  wurden  p-Acetosy-benzoylmorphin,  ferner  p-Carbomethoxy- 
benzoylmorphin. 

Eine  Verbindung  von  Kodein  mit  Diäthylbarbitursäure  erhält  man  dvu-ch  Aufeinander- 
wirken molekularer  Mengen  beider  Bestandteüe  oder  deren  Salzen,  gegebenenfalls  in  Gegen- 
wart von  passenden  Mengen  geeigneter  Lösungsmittel"). 

Über  die  verschiedenen  Acyl-  und  Alkylderivate  des  Morphins,  welche 
theoretisch  alle  auf  demselben  Grundprinzipe  (Ersatz  der  Hydroxylwasserstoffe 
durch  Acyl-  oder  Alkyreste)  beruhen,  hegt  nunmehr  eine  Reihe  experimenteller 
Arbeiten  sowie  therapeutischer  Versuche  vor,  welche  zeigen,-  daß  hier  trotz 
der  großen  Verwandtschaft  in  den  Wirkungen  doch  gewisse,  wemi  auch  nicht 
grundlegende   Verschiedenheiten   zwischen   den  einzelnen   Gliedern   bestehen. 

Die  Resultate  dieser  Versuche  belehren  auch,  wie  die  Ergebnisse  der  ex- 
perimentellen Prüfung  am  Tiere  nicht  direkt  auf  den  Menschen  übertragbar 
sind.  Während  Kodein  für  Kaninchen  viel  giftiger  ist  als  Morphin,  kann 
der  Mensch  eine  zehn-  bis  zwanzigfach  so  große  Dosis  Kodein  wie  Morphin 
vertragen. 

J.  V.  Mering')  hat  eine  große  Reihe  von  Morphinderivaten  auf  ihre  phy- 
siologische Wirkung  geprüft. 

Kohlensäuremorphinester,  dargestellt  durch  Einwirkung  von  Phosgengas 
auf  Morphin,  unterscheidet  sich  in  seinen  Wirkungen  am  Menschen  vom 
Morphin  nicht. 

Die  Morphinkohlensäurealkylester  haben  im  frischen  Zustande  geprüft, 
stärkere  narkotische  Effekte  als  Morphin.  Aber  sie  zeigen  sonst  keine  Vorzüge. 
Es  wurden  untersucht :  Morphinkohlensäuremethylester,  Morphinkohlensäure- 
äthylester, Morphinkohlensäurepropylester,  Morpliinkohlensäureamylester. 

Doch  ist  der  Unterschied  in  der  Wirkung  nicht  so  erheblich,  daß  einer 
dieser  Körper,  insbesondere  die  Äthylverbindung  von  praktischer  Bedeutung 
wäre.  Hingegen  sind  diese  Verbindungen  ausnahmslos  sehr  labil,  so  daß  sie 
schon  beim  bloßen  Stehen  sich  in  Morphin,  Kohlensäure  und  Alkohol  zer- 
legen, daher  ist  ihre  Wirkung  doch  eigentlich  als  reine  Morphinwirkung  mit 
sehr  geringer  konkurrierender  Wirkung  des  Alkohols  anzusehen.  Die  Be- 
ziehungen zur  Kodeingruppe  dürften  wohl  äußerst  locker  sein.    Der  stabilere 

1)  Merck,  Darmstadt,  DRP.   106  718.  ^)  DRP.  38  729. 

ä)  KnoU,  DRP.   175  068.  «)  DRP.   185  601,  Zusatz  zu  DRP.   175  068. 

')  Riedel,  BerUn,  DRP.  224  197.  ')  Knoll,  DRP.  239  313. 

')  E.  Mercks  Jahresber.    1898,   5. 


Morphin.  401 

Acetylmorphinkohlensäureäthylester  scheint  weniger  Nebenwirkungen  zu 
zeigen  als  Morphin. 

Anilidokohlensäuremorphinester  (dargestellt  durch  Einwirkung  von  Carb- 
anil  [PhenyUsocyanat]  auf  Morphin)  ist  stark  narkotisch,  aber  für  die  Therapie 
nicht  besonders  geeignet. 

Äthylmorphinchlorhydrat  allein  bietet  eine  geringe  Abweichung  von  den 
übrigen  Äthern  des  Morphins,  welche  sich  vom  Kodein  in  ihrer  Wirkung  nicht 
unterscheiden.  Seine  Wirkung  ist  etwas  länger  und  etwas  stärker  als  die  des 
Kodein.  Es  ist  nach  Mering  ein  vortreffliches  Mittel  zur  Bekämpfung  des 
Hustenreizes.  Erfahrvmgsgemäß  wirken  Substanzen,  in  denen  Äthylgruppen 
statt  der  Methylgruppen  eingeführt  sind,  in  mancher  Richtung  besser  und 
stärker  als  die  Methylderivate. 

Diese  Dionin  genannte  Substanz  wirkt  sofort  anregend  auf  die  Magen- 
saftbildung, während  Morphin  in  den  ersten  Stunden  keine  Steigerung,  später 
aber  eine  protrahierte  Sekretionssteigerung  veranlaßt  i). 

Die  höheren  Homologen  des  Kodeins  (mit  Ausnahme  der  Äthylverbindung) 
wirken  nennenswert  schwächer,  wenn  auch  physiologisch  in  ganz  gleicher 
Weise,  als  Kodein.  „ 

V  O    TT    T^O 

Äthylendimorphin   c"h"no''^^2H4  ,    durch    Einwirkung    von    Äthylen- 

bromid  auf  Morphinnatrium  gewonnen,  ist  für  Frösche  ungemein  giftig,  für 
Säugetiere  von  sehr  geringer  Wirkung,  das  Allgemeinbefinden  ändert  sich  selbst 
bei  großen  Dosen  nicht.  Es  macht  weder  eine  narkotische  Wirkung,  noch 
steigert  es  die  Reflexerregbarkeit.   Auf  den  Hustenreiz  wirkt  es  gar  nicht  ein. 

Die  Wirkungslosigkeit  des  Äthylendimorphins  hat  eine  Analogie  und  findet 
ihre  Erklärung  in  der  Existenz  des  Pseudomorphins.  Dieses  entsteht  durch 
schwache  Oxydation  von  Morphin  nach  der  Gleichung :  2  C17H19NO3  +  0  = 
(Ci7Hj8N03)2  +  H2O.    Pseudomorphin  ist  ungiftig  und  unwirksam. 

Hier  ist  nach  der  Annahme  von  Polstorff^)  die  Bildung  des  Pseudo- 
morphins durch  das  freie  Phenolhydroxyl  bedingt,  so  daß  Pseudomorphin  als 
der  Morphinäther  des  Morphins  aufzufassen  wäre.  Dafür  spricht  auch  der 
Umstand,  daß  man  vom  Kodein  durch  schwache  Oxydation  keine  dem  Pseudo- 
morphin analoge  Verbindung  erhält,  weil  im  Kodein  das  Phenolhydroxyl 
alkyliert  ist.  Im  Äthylendimorphin  ist  zwischen  beide  Morphinmoleküle  noch 
die  Äthylengruppe  eingeschaltet  unter  Verschluß  beider  Phenolhydroxyle. 
So  werden  beide  Morphinmoleküle  (in  beiden  Beispielen:  Pseudomorphin  und 
Äthylendimorphin)  unangreifbar  für  den  Organismus  vmd  daher  unwirksam. 

Eine  andere  Erklärung  glauben  wir  nicht  mit  dem  vorliegenden  Tatsachen- 
material in  Übereinstimmung  bringen  zu  kömien. 

Hingegen  ist  das  dem  Morphin  nahe  verwandte  Thebain,  welches  nur 
Methoxylgruppen  trägt  und  keine  freien  Hydroxyle  besitzt,  von  starker  tetani- 
sierender  Giftwirkung  und  nähert  sich  in  seinen  Wirkungen  durchaus  dem 
Strychnin. 

Das  AraLkylmorphin  Benzylmorphin  CgHj  •  CHg  •  0  •  Cj^H^gNOa  und  das 
Arylmorphin  Tolylmorphin  wirken  ganz  ähnlich  wie  Kodein,  sind  aber  wegen 
ihrer  schweren  Löshchkeit  und  des  brennenden  Geschmackes  nicht  gut  zu 
verwenden. 

Aus  der  ganzen  untersuchten  Gruppe  empfahl  Mering  besonders  Dionin, 
das  chlorwasserstoffsaure  Äthylmorphin,  vor  allem  als  Hustenmittel  und  Ersatz 
des  Kodeins.  Dionin  hat  den  Vorzug,  daß  es  außer  dem  phosphorsavu-en  Kodein, 

1)  Pewsner,  B.  Z.  %,  339  (1907).  ^)  BB.  13,  86  (1880);  19,  1760  (1886). 

r  r  ä  n  k  e  I ,  Arzneimittel-Synthese.    5.  Aufl.  26 


402  Alkaloide. 

das  löslichste  iinter  allen  Morphinderivaten  und  auch  weit  löshcher  als  irgend- 
ein Morphinsalz  ist,  so  daß  es  sich  aus  diesem  Grunde  für  Injektionen  besonders 
eignet. 

Während  nun  Mering  nur  in  der  eigentlichen  Kodeingruppe  (in  den 
Alkyläthem  des  Morphins)  Morphinersatzmittel  von  großem  therapeutischen 
Werte  finden  konnte,  kam  ziemlich  gleichzeitig  von  anderer  Seite  [H.  Dreser*)] 
die  Empfehlung  des  Diacetylmorphins,  welches  ja  ebenfalls  den  Chemikern  xmd 
Pharmakologen  längst  bekannt  war,  als  Hustenmittel.  Über  den  Wert  dieses 
Körpers  hat  sich,  wenngleich  sowohl  Diacetylmorphin  (Heroin)  als  auch  Dionin 
eine  Zeit  lang  von  den  Praktikern  warm  empfohlen  wurden,  unter  den  Phar- 
makologen eine  heftige  Fehde  entspomien. 

Nach  H.  Dreser  hat  der  Diessigsäureester  des  Morphins  eme  sedierende 
Wirkung  auf  die  Atmung,  welche  intensiver  ist  als  die  des  Morphins  selbst. 
Heroin  wirkt  nach  ihm  auch  stärker  als  Kodein.  Es  übt  eine  deutlich  nach- 
weisbare beruhigende  Wirkung  auf  die  Atmung  aus,  die  Atemfrequenz  wird 
gemindert,  der  Hustenreiz  beseitigt,  zugleich  macht  sich  eine  aUgemeiu  nar- 
kotische Wirkung  geltend.  Eien  erhebhch  schmerzlindernde  Wirkung  kommt 
cUesem  Mittel  nicht  zu. 

E.  Harnack^)  warf  jedoch  gegen  die  Anwendung  dieser  Verbindung  in 
der  Therapie  ein,  daß  sie  stark  giftig  sei,  die  Atmung  in  hohem  und  bedenk- 
hchem  Grade  schwäche  und  auch  beim  Menschen  ungleich  giftiger  imd  ge- 
fährb'cher  wirke  als  Morphin. 

Von  prinzipieller  Bedeutung  ist  der  Vorwurf,  den  Harnack  gegen  Dreser 
richtet,  daß  letzterer  bei  Empfehlung  dieses  Körpers  die  fundamentale  Tat- 
sache zu  wenig  beachtet  habe,  daß  gewisse  Körper  (organische  Basen)  durch 
Substituierung  mit  Säureresten,  speziell  auch  durch  Acetylierung,  zu  viel  gif- 
tigeren Produkten  werden  können,  als  es  die  ursprüngbchen  Basen  selbst  sind. 
Es  sei  jetzt  in  der  chemischen  Technik  eine  gewisse  Neigung,  aUes  zu  acetyheren. 
Beim  Anihn  und  Aminophenol  gelangt  man  wohl  durch  Acetylierung  zu  weniger 
giftigen  Produkten.  Nach  E.  Harnack  scheint  cheses  für  die  Basen  aus  isocy- 
chschen  Verbindungen  im  allgemeinen  zu  gelten,  aber  die  Basen,  denen  hetero- 
cychsche  Verbindungen  zugrundeliegen  und  deren  Derivate  einen  großen  Teil 
der  natürlichen  Alkaloide  ausmachen,  verhalten  sich  anders.  Sind  doch  viele 
Alkaloide  selbst  Säuresubstitutionsprodukte  einfacherer  Basen,  welche  letzteren 
an  Giftigkeit  hinter  jenen  weit  zurückstehen.  Atropin,  Scopolamin  und  Homatro- 
pin  sind  ungleich  giftiger  als  Tropin,  Cocain  giftiger  als  Ekgonin  xmd  bei  der 
künstlichen  Substituierung  der  einfacheren  Basen  mit  Säiu-eresten  scheint  ge- 
rade die  Acetyherung  besonders  stark  wirksame  Produkte  zu  geben:  so  über- 
trifft nach  R.  Gottlieb  Acetyltropein  verschiedene  andere  homologe  Tropin- 
derivate  an  Giftigkeit  erheblich  (s.  S.  342). 

Wenn  wir  auch  in  dem  speziellen  Falle  die  Anschauungen  E.  Harnacks 
völlig  teilen,  glauben  wir  nicht,  daß  es  für  den  Acetj'lierungseffekt  von  Relevanz 
sei,  ob  die  Base  isocyclischer  oder  heterocychscher  Natur  ist,  sondern  vielmehr : 
die  Acetylierung  ist  nur  dann  eine  Entgiftung,  wenn  sie  Wasser- 
stoffe einer  Aminogruppe  ersetzt,  wenn  die  Acetylgruppen  aber 
Hydroxylwasserstoffe  von  Basen  ersetzen,  so  entstehen  weit  gif- 
tigere Verbindungen  (s.  S.  205,  321  ff.).  Wenn  man  auch  alle  angeführten 
Beispiele  betrachtet,  so  wird  man  sehen,  wie  diese  Anschauung  mit  den  vor- 
üegenden  Tatsachen  übereinstimmt.    Besonders  klar  wird  die  migeheure  Zu- 

»)  Therap.  Monatshefte  1897,  509;   1899,  409. 

*)  Mönch,  med.   Wochenschr.    1899,  Nr.   27  und  31. 


Morphin.  403 

nähme  der  Giftigkeit  durch  EinführuBg  eines  Acetylrestes  in  ein  Hydroxyl  einer 
Base  beim  Aconitin.  Hier  verwandelt  sich  ein  fast  ganz  ungiftiger  Körper  durch 
Ersatz  eines  Hydroxylwasserstoffes  durch  den  Essigsäurerest  in  ein  äußerst 
heftiges  Gift,  während  die  weitere  Acetylierung  der  Hydroxyle  höchstens  den 
Effekt  hat,  die  Monoacetylverbindung  in  ihrer  Wirkung  abzuschwächen. 

Nach  vergleichenden  Versuchen  am  Menschen  kann  man  den  Unterschied 
zwischen  der  eigentlichen  Kodeinreihe  (Morphinäther)  und  den  aeetylierten 
Morphinderivaten  darin  finden,  daß  Kodein  und  Dionin  die  Atmung  des  Men- 
schen so  gut  wie  unbeeinflußt  lassen,  Heroin  (Diacetylmorphin)  und  Mono- 
acetylmorphin  eine  erhebliche  Beschränkung  der  Atmung  und  der  Erregbarkeit 
des  Atemzentrums  herbeiführen  [Winternitz^)].  Die  Einführvmg  von  Alkyl- 
gruppen  schwächt  also  die  physiologische  Wirkung  des  Morphins  auch  in  bezug 
auf  die  Atmung  ab,  während  die  Substituierung  mit  Säureresten  eine  wesent- 
hche  Verstärkung  der  Atemwirkung  des  Morphins  zur  Folge  hat. 

Acetylkodein  ist  nach  Dresers  Angabe'^)  nicht  brauchbar,  da  es  die 
Atmung  nicht  affiziert,  dagegen  die  Reflexerregbarkeit  noch  in  höherem  Maße 
als  Ködern  steigert. 

Morphoxylessigsäure  ■'')  durch  Einwirkung  von  chloreesigsauren  Alkalien 
auf  Morphinalkali  in  alkoholischer  Lösung  in  der  Siedehitze  dargestellt,  ist  in 
Wasser  leicht  löshch  und  reagiert  neutral.  Sie  soll  ähnlich  narkotisch  wirken  wie 
Morphin,  ist  aber  etwa  um  das  Fünfzigfache  weniger  giftig.  Der  Methyl-  und 
Äthylester  dieser  Säure  sind  heftige  Krampfgifte,  welche  pikrotoxinähnhche 
Konvulsionen  machen^).    Die  Ester  sind  weitaus  giftiger  als  das  Natriumsalz. 

Von  anderen  Morphinderivaten,  welche  wohl  nicht  von  praktischem  In- 
teresse sind,  aber  doch  einiges  Licht  auf  den  Zusammenhang  zwischen  Kon- 
stitution und  Wirkung  bei  diesem  praktisch  wichtigen,  ja  in  seinen  Wirkmigen 
wohl  einzig  dastehenden  Mittel  wirft,  wollen  wir  noch  folgende  erwähnen. 

MorphinchinoLinäther^),  CgHgN  •  Cj^HjgOsN ,  wirkt  krampferregend,  ins- 
besonders  auf  die  Respirationsmuskulatur.  Der  Angriffspunkt  des  Giftes  ist 
wahrscheinlich  das  verlängerte  Mark.  Es  setzt  den  Blutdruck  herab.  Wir  sehen 
also  auch  hier  das  Bild  der  Wirkungen  aller  Morphinäther  (Kodeingruppe). 

Daß  durch  Verschluß  der  Hydroxylgruppe  im  Morphin  die  narkotische 
Wirkung  dieser  Substanz  unmöglich  gemacht  wird,  läßt  sich  auch  aus  den  Be- 
obachtungen von  Schry  ver  und  Lees^)  deduzieren.  Die  alkoholische  Hydroxyl- 
gruppe im  Morphin  ist  leicht  substituierbar,  so  daß  diese  Forscher  Derivate  des 
Morphins  durch  Einwirkung  von  Phosphortrichlorid  usw.  erhalten  haben.  So 
wurden  gewonnen  Chloromorphid  C17HJ8O2NCI ,  Bromomorphid  Ci,Hjg02NBr  . 
Aus  Chloromorphid  entsteht  mittels  Zinn  mid  Salzsäure  Desoxymorphinhydro- 
chlorid  Cj,Hj902NCl.  Durch  Erhitzen  des  Bromomorphids  mit  Wasser  erhält 
man  das  bromwasserstoffsaure  Salz  einer  dem  Morphin  isomeren  Base,  Isomor- 
phin benamit.  Chloromorphid,  Bromomorphid,  DesoxjTnorphin  und  Isomorphin 
sind  sämtlich  frei  von  narkotischer  Wirkung. 

Es  wurden  noch  zwei  andere  Chloromorphide  beschrieben').  Man  erhält 
sie  durch  Behandeln  von  Morphin  mit  Salzsäure  in  geschlossenem  Rohr  bei 
etwa  65°.  Sie  sind  physikalisch  isomer,  beide  sind  optisch  aktiv,  die  Ä-Base 
dreht  stärker  Links  als  die  /?-Base.    In  bezug  auf  die  Wlrkiuig  unterscheiden 

1)  Therap.  Monatshefte  1899,  Sept.  ^)  Therap.  Monatshefte  1898,  509. 

3)  Chem.-Ztg.    1900,    1141.  —  DRP.    116  800. 

*)  A.  C.  Barnes,  AePP.  46,  68  (1901).  —  Becker,  Arch.  de  pharmacodyn.  12,  73. 

^)  M.  f.  Ch.   19,   112  (1898). 

')  Schryver  und  Lees,  Proc.  Chem.   Soc.  London   17,  54 — 56. 

')  E.  Harnack  und  H.  Hildebrandt,  AePP.  65,  38  (1911). 

26* 


404  Alkaloide. 

sie  sich  nur  quantitativ  und  auch  dieses  in  nicht  besonders  hohem  Grade, 
aber  das  stärker  liiiksdrehende  Ä-ist  auch  das  stärker  wirksame.  Es  handelt 
sich  im  allgemeinen  um  eine  wesentlich  verstärkte  Morphin  Wirkung.  Die  mit 
Chlor  substituierten  Morphine  verhalten  sich  wie  die  acetylierten,  z.  B.  Heroin, 
und  sind  sjaezifische  Narkotica  für  die  Atmung,  während  die  allgemein  narko- 
tische Wirkung  mehr  zurücktritt.  Chloromorphid  kann  die  emetische  Wirkung 
des  Apomorphins  abschwächen. 

Im  Trichloromorphid  Cj^HjgCljNO  sind  beide  Hydroxyle  und  noch  ein 
Wasserstoff  durch  drei  Chloratome  ersetzt.  Dieses  Alkaloid  wirkt  auf  das  Zen- 
tralnervensystem in  erster  Linie  und  verursacht  Depression,  auf  welche  Tetanus 
folgt.  In  kleinen  Dosen  hat  es  eine  paralysierende  Wirkung  auf  die  motorischen 
Nerven,  welche  den  Tetanus  verschleiert,  es  hat  auch  eine  leichte  Muskelgift- 
wirkung. Auch  andere  von  R.  Stockmann  und  Dott  untersuchte  Chlor- 
derivate zeigten  alle  die  charakteristische  Morphinwirkung. 

Im  Chlorokodid  CjgHjgClNOa  ist  die  alkoholische  Hydroxylgruppe  des 
Kodein  durch  Chlor  ersetzt.  Es  hat  Kodeinwirkung,  wirkt  aber  stärker  auf  die 
motorischen  Nerven  und  ist  überdies  ein  Muskelgift,  che  Muskelschwäche  ist 
bemerkenswert  imd  die  Narkose  fast  Null.  Diese  CTilorderivate  behalten  die 
charakteristischen  Wirkimgen  der  Morphingruppen  auf  das  Zentralnerven- 
system, sie  wirken  mehr  oder  weniger  energisch  als  Muskelgifte,  indem  sie  bald 
die  kontraktive  Kraft  der  willkürlichen  Muskel  zerstören.  Chlor  ist,  wie  be- 
kannt, ein  starkes  Muskelgift  und  seine  Einführung  in  andere  Gruppen,  z.  B.  in 
Chloroform,  macht  diese  Körper  zu  Lähmuugsmitteln  für  Muskelgewebe.  Viel- 
leicht geschieht  dasselbe  im  Morphinmolekül. 

Brommorphin  wird  durch  Wasser  nach  der  Gleichung  zersetzt: 

CijHjgOjNBr  -I-  H2O  =  CjjHiaOjN  •  HBr  . 

Es  entsteht  eine  neue,  dem  Morphin  isomere  Base,  das  Isomorphin,  außer- 
dem eine  neue  Base  in  kleinen  Mengen,  das  /J-Isomorphin.  Chlormorphin  hefert 
mit  Wasser  ebenfalls  /J-Isomor}3hin.    Isomorphiu  wirkt  nicht  betäubend. 

Im  Methokodein  (OHjCCHgO)  •  C^HigO  =  N  •  CH3  sind  zwei  Methylgruppen, 
eine  ersetzt  Hydroxylwasserstoff,  während  eine  an  den  N  tritt.  Es  ent- 
steht eine  offene  N-haltige  Seitenkette  statt  des  früheren  Ringschlusses.  Diese 
chemische  Veränderung  verändert  die  Wirkmig  völlig,  so  daß  man  gar  keine 
Ähnhchkeit  finden  kann,  weder  Narkose  noch  Tetanus,  die  Symptome  resul- 
tieren von  der  Vergiftung  der  wdllkürhchen  Muskeln  mid  in  geringerer  Aus- 
dehnung von  einer  Rückenmarksdepression.  Der  Harn  ist  immer  tiefgrün,  da 
die  Substanz  im  Blute  eine  Veränderung  erleidet.  Apomoiphin  verwandelt  sich 
ja  auch  in  eine  grüne  Substanz  und  ist  auch  ein  Muskelgift,  aber  Metho- 
kodein hat  keine  Brechwdrkung.  Nach  E.  Harnack  ist  Apomorphin  wesentlich 
ein  Muskelgift  und  das  Erbrechen  akzidentell.  R.  Stockmann  und  Dott  ver- 
muten, daß  beide  Körper  eine  ähnliche  Konstitution  haben. 

Man  sieht,  daß  die  Resultate  der  älteren  Untersuchungen  von  Stockmann 
imd  Dott^)  mit  den  neueren  von  Schryver  und  Lees  nicht  übereinstimmen. 
Wahrscheinlich  wurde  mit  chemisch  verschiedenen  Substanzen  gearbeitet. 

Bei  DesoxjTnorphin  C^H^gNOa,  Desoxykodein  CjgHjiNOa,  Bromotetra- 
raorphin  Cg5H,5BrN40i2 ,  Bromotetrakodein  und  Chlorotetrakodein  fand 
Förster,  daß  sie  dieselbe  Wirkung  haben  wie  Morphin  und  Kodein.  Stocker 
fand  dasselbe  für  Di-,  Tri-  und  Tetrakodein.   Es  scheint  nach  Stoc  k  ma  n  n  und 


1)  Proceed.  R.  Soc.  Edinbourgh  17  (1890).  —  Brit.  med.  Joum.  1890,  II,  189;  1891, 
24.  Jan. 


Morphin.  405 

Dott  sicher  zu  sein,  daß,  solange  die  chemischen  Veränderungen  auf  das,  was 
man  die  außen  liegenden  Gruppen  des  Moleküls  nennen  kann,  restringiert  sind, 
nur  sehr  geringe  Veränderungen  in  der  physiologischen  Wirkung  auftreten.  Die 
Veränderung,  welche  Platz  greift,  hängt  nicht  so  sehr  von  der  Natur  des  sub- 
stituierten Radikals  ab,  als  von  dem  Teile  des  Moleküls,  welches  substituiert 
ist.  Werni  aber  im  Kern  des  Moleküls  eine  Verändenmg  gesetzt  wird,  dann  ist 
die  Wirkung  stark  verändert. 

Methylmorphiniumchlorid  (die  Ammoniumbase)  wird  durch  Anlagerung 
von  Methylchlorid  dargestellt.  Cr u  m  Brown  und  Fräser  behaupten,  daß  diese 
Substanz  keine  krampferregenden  Wirkungen  habe ,  aber  hypnotische ;  sie 
glauben,  daß  die  wichtigste  Wirkung  dieses  Körpers  in  der  Paralyse  der  moto- 
rischen Nervenendigungen  besteht  und  daß  dies  die  Ursache  der  allgemeinen 
Paralyse  ist.  R.  Stockmann  und  Dott  stimmen  mit  ihnen  darin  überein, 
daß  die  Morphiumammoniumbase  die  narkotische  Wirkung  des  Morphins  hat, 
aber  sie  finden  auch,  daß  ihr  die  tetani gierende  Eigenschaft  in  sehr  bemerkens- 
wertem Grade  zukommt.  Crum  Brown  und  Fräser  führten  aus,  daß  die  Wir- 
kung auf  die  motorischen  Nerven  eine  stark  lähmende  ist,  aber  R.  Stockmann 
und  Dott  zeigten,  daß  die  Paralyse  der  motorischen  Nerven  den  Tetanus  ver- 
schleiert. Die  letale  Dosis  für  Kaninchen  ist  ungefähr  dieselbe  wie  für  Morphin, 
aber  der  Tod  ist  durch  Asphyxie  infolge  von  Paralyse  der  motorischen  Nerven- 
endigungen und  nicht  des  respiratorischen  Zentrums,  wie  beim  Morphin,  ver- 
ursacht. 

Bei  Versuchen  mit  Methylkodeinsulfat  (Ammoniumbase  des  Kodeins) 
komiten  C.  Brown  und  Fräser  keinen  hypnotischen  Effekt  sehen  und  statt 
Krämpfen  erhielten  sie  Paralyse,  aber  ihre  Dosiermig  war  eine  zu  hohe.  Kodein 
wirkt  auf  Gehirn  und  Rückenmark  mid  äußert  eine  deprimierende  Wirkung 
auf  die  motorischen  Nerven.  Beim  Methylkodein  Jodid  ist  die  letztere  Wlrkmig 
sehr  erhöht,  während  die  Wirkung  auf  das  Rückenmark  ebenfalls  erhöht  ist, 
auf  das  Gehirn  aber  stark  herabgemindert.  Reflexsteigerung  kommt  bei  kleinen 
Dosen  auch  vor.  Man  kann  im  Experimente  Tetanus  erzeugen,  Narkose  kann 
man  mit  großen  Dosen  zuwege  bringen. 

Bei  diesen  beiden  Additionsprodukten  sind  durch  die  chemische  Ver- 
änderung die  Wirkungen  des  Morphins  oder  Kodeins  nicht  tief  alteriert.  Die 
paralysierende  Wirkimg  auf  die  motorischen  Nerven  ist  beträchtlich  erhöht 
und  die  narkotische  Wirkung  gemindert,  aber  quaUtativ  bleiben  die  Effekte 
auf  den  tierischen  Organismus  ähnlich  denen  des  Morphins  und  Kodeins ;  auch 
hier  ist  nur  ein  Radikal  addiert,  und  obgleich  die  Addition  die  quantitative  Wir- 
kung auf  die  verschiedenen  Teile  des  Nervensystems  geändert  hat,  so  bleibt 
die  quahtative  Wirkung  unberührt. 

Die  quatemären  Salze  des  Morphins,  wie  das  Morphinbrommethylat,  sind 
nahezu  ungiftig  und  ihre  spezielle  Morphinwirkung  ist  erheblich  vermindert. 
Es  wiu-de  die  Ansicht  ausgesprochen,  daß  im  Organismus  Betainbildung  ein- 
tritt, die  das  zur  Verankerung  erforderliche  Phenolhydroxyl  festlegt.  Das  Mor- 
phinjodmethylat  gibt  infolge  Betainbildung  nicht  die  Hoff  mannsche  Spaltung 
mit  Alkahen.  Bei  den  quatemären  Salzen  dieser  neuen  Morphinderivate  läßt 
sich  diese  Betainbildung  vermeiden,  oder,  wenn  sie  eintritt,  dinch  Einführung 
mehrerer  Phenolhydroxylgruppen  im  Substituenten  das  für  die  Verankerung 
notwendige  Phenolhydroxyl  erzielen. 

Die  Bromalkylate  des  Morphins  sollen  narkotische  Wirkung  haben,  wenn 
auch  schwächer  als  Morphin  wirken,  aber  sie  sind  erhebhch  weniger  giftig  als 
Morphin;  bei  Katzen  ist  die  letale  Dosis  mehr  als  zehnmal  geringer. 


406  Alkaloide. 

Man  erhält  Morphinbrommethylat  und  -äthylat  durch  Behandlung  von  Morphin 
mit  Alkylbromiden  oder  Dialkylsulfaten  und  Überführung  der  Additionsprodukte  der 
letzteren  in  Bromide  oder  durch  Umsetzung  von  Morphinjodalkylat  mit  den  Bromiden 
solcher  Metalle,  die  schwer  lösliche  oder  unlösliche  Jodide  bzw.  Sulfate  bilden,  oder  durch 
Behandlung  von  Alkylmorphiniumbasen  mit  Bromwasserstoffsäurei). 

Die  Bromalkylate^)  des  Morphins  erhält  man  auch  durch  Behandlung  der  Morphin- 
chloralkylate  mit  löslichen  Bromsalzen  oder  mit  Bromwasserstoffsäure. 

Bromalkylate  der  Morphinalkyläther^)  erhält  man  durch  Überführung  der  Morphin- 
alkyläther  nach  bekannten  Methoden  in  die  quaternären  Bromalkylate  oder  durch  tTber- 
fühnmg  der  quaternären  Morphinbromalkylate  in  die  Alkyläther  oder  durch  Überführung 
von  Morphin  unter  Anwendung  von  zwei  Molekülen  Bromalkyl  und  einem  Molekül  AlkaU 
in  die  Bromalkylate  der  Bromalkyläther  (R.  Pschorr). 

Die  wässerige  Lösung  der  Dialkylsulfatadditionsprodukte*)  der  Morphinalkyläther 
konzentriert  man  nach  Zusatz  von  Metallbromiden  und  extrahiert  alsdann  mit  Alkohol 
oder  Aceton,  oder  man  setzt  die  Dialkylsulfatadditionsprodukte  mit  Metallbromiden  in 
Alkohol  oder  Aceton  eventuell  unter  Druck  und  Hitze  um. 

Gerber,  Bonn^),  stellt  Halogenalkylate  der  Alkaloide  der  Morphiureihe  durch  Ein- 
wirkung von  Schwefligsäuredialkylester  auf  Morphiumalkaloide  her  und  behandelt  die 
so  erhaltenen  quaternären  Alkylsulfitalkylate  mit  anorganischen  Halogenverbindungen, 
wie  Metallhalogeniden  oder  Halogenwasserstoffsäuren.  Beschrieben  sind  die  Darstellungen 
von  Methylmorphiniummethylatsulf it,  Methylnarkotiniummethylatsulf it,  Methylkodeinium- 
methylatsulfit,  Methylapomorphiniummethylatsulfit,  Methyhhebajummethylatsulfit,  Mor- 
phinbrommethylat, Kodeinbrommethylat,  sowie  die  Brommethylate  des  Apomorphins  und 
Thebains. 

DRP.  261  588  beschreibt  die  Darstellung  von  Methyläthern  von  Alkoholen,  welche 
bei  Gegenwart  wässeriger  Alkalien  dargestellt  werden.  Von  Interesse  ist  die  Darstellung 
von  Methylkodeinjodmethylat. 

DRP.  256  156  beschreibt  die  Verestenmg  des  Morphins  mit  halogensubstituierten 
Fettsäuren,  deren  Halogeniden  oder  Anhydriden  im  Anschlüsse  an  das  DRP.  254  094, 
welches  die  Darstellung  von  Morphinestern  von  Alkyl-  und  Aryloxyfettsäuren  beschreibt. 
Dargestellt  wurden:  Diäthoxyacetylmorphin ,  Monäthoxyacetylmorphin,  Dichloracetyl- 
morphiu,  Monochloracetj'lmorphin  durch  unmittelbare  Veresterung  von  Morphin,  Di-a- 
bromisovalerianylmorphin. 

Die  bekannte  Tatsache,  daß  Opium  anders  wirkt  als  Morphium,  läßt 
sich  dadm-ch  erklären,  daß  an  der  Wirkung  des  Morjihiums  im  Opium  auch 
die  Nebenalkaloide  beteihgt  smd.  Sie  modifizieren  die  Wirkung  des  Mor- 
phiums sowohl  quahtativ  als  auch  quantitativ;  insbesondere  Papaverin  und 
Narkotin  haben  ausgesprochene  Darmwirkungen,  außerdem  verstärken  die 
Nebenalkaloide  die  Wirkung  des  Moi-phiums;  diese  Beobachtungen  führten 
zur  Darstellung  von  Doppelsalzen  aus  Morphin  und  Narkotin  ,  und  zwar 
wiu-den  dargestellt :  mekonsaures  Morphin  -  Narkotin  ,  Morphin  -  Dinarkotin- 
Benzoltrisulfonat,  phenoldisulfosaures  Morphin-Narkotin,  Morphin-Dinarkotin- 
Salicylodisulfonat,  Dimorpliin-Narkotin-Salicyldisulfonat,  schwefelsaures  Mor- 
pliin-Narkotin. 

Ebenso  wurden  die  salzsauren  Salze  von  Morphin  und  Narkotin  zu  einem  Doppelsalz 
vereinigt.  Ferner  Kodein  und  Narkotin-Chlorhydrate  und  die  Bromliydrate  von  Morphin 
und  Narkotin*). 

Am  besten  führte  sich  das  Pantopou  ein,  welches  eine  wässerige  Lösimg 
der  salzsauren  Salze  sämtlicher  Opiumalkaloide  ist  und  diese  Alkaloide  in  dem 
gleichen  gegenseitigen  Verhältnis  wie  das  Opium  enthält,  aber  in  fünffacher 
Konzentration.  Pantopon  wurde  von  Sahli  besonders  empfohlen.  Von  Faust 
wurde  das  Laudanon  empfohlen,  welches  die  Mehrzahl  der  Nebenalkaloide 
in  künstlichen,  von  der  Muttersubstanz  etwas  abweichenden  Mischungsver- 
haltnissen enthält.    Die  Straubsche   Beobachtung,  daß  schon  einzelne  der 


1)  Riedel,  DRP.   165  898.  =)  DRP.   191088,  Zusatz  zu  DRP.   165  898. 

3)  Riedel,  DRP.    166  362.  *)  DRP.    175  796,  Zusatz  zu  DRP.    166  362. 

^)  Gerber,  Bonn,  DRP.   228  247.  ")  DRP.   254  502. 


Morphin,  407 

Nebenalkaloide,  wie  z.  B.  das  Narkotin,  eine  Steigerung  der  Wirksamkeit  des 
Morphins  bewirkt,  so  daß  die  Großhirnnarkose  verstärkt,  die  Wirkung  auf 
das  Atemzentrum  aber  gemildert  wird,  hat  zur  Darstellung  des  Narkophin 
geführt,  welches  zu  einem  Drittel  aus  Morphin  besteht  und  das  mekonsaure 
Morphin-Xarkotin  ist^). 

Durch  Einwirkung  von  Wasserstoff  bei  Gegenwart  von  koUoidalem  Palladium  kann 
man  Hydromorphin,  Hydrokodein,  Tetrahydrothebain  erhalten.  Hydromorphin  soll  wie 
Morphin  wirken  und  eine  längere,  wenn  auch  etwas  später  eintretende  Wirkung  zeigen. 
Die  Gewöhnung  soll  viel  schwerer  sein.  Bei  der  Katze  soll  Hydrokodein  weniger  erregend 
wirken,  bei  gleicher  narkotischer  Wirkung  wie  Kodein.  Tetrahydrothebain  macht  im 
Gegensatz  zum  Thebain  keinen  Starrkrampf.  Diacetylhydromorphin  zeigt  eine  bedeutend 
abgeschwächte,  krarapferzeugende  Wirkung-). 

Dihydromorphin  erhält  man  durch  Einwirkung  von  Wasserstoff  auf  saure,  neutrale, 
wässerige  oder  wässerig-alkoholische  Opiumauszüge  in  Gegenwart  eines  Katalysators, 
wenn  man  die  gegebenenfalls  mit  einer  Säure  versetzte  eingedampfte  Lösung  mit  ab- 
solutem Alkohol  behandelt,  wobei  das  entsprechende  Dihydromorphinsalz  ungelöst 
zurückbleibt^). 

Alkyläther  und  Acidylderivate  des  Dihydromorphins  erhält  man,  wenn  man  vom  Di- 
hydromorphin ausgeht  und  dieses  d\irch  alkyüerende  oder  acidyUerende  Mittel  in  die  ent- 
sprechenden Alkyl-  bzw.  Acidylabkömmlinge  überführt.  Aus  dem  Dihydromorphin  kann 
man  durch  Methylierung  Düiydrokodein,  durch  Acetylierung  Diacetyldihydromorphin 
darstellen*). 

Paralaudin  ist  Diacetyldihydromorphin,  es  wirkt  schwächer  als  Morphin 
und  Dihydromorphin,  welches  Paramorphan  benaimt  ist.  Dihydromorphin 
hat  statt  der  Doppelbindung  eine  einfache  Bindung,  da  es  zwei  Wasserstoffe 
aufgenommen.  Es  wirkt  schwächer  als  Morphin  imd  erzeugt  leichter  Erbrechen. 
Das  Diacetylderivat,  Paralaudin,  ist  in  bezug  auf  Narkose  weniger  zuverlässig. 
Die  Dosis  ist  größer  als  die  des  Heroins. 

Eukodal  ist  Dihydrooxykodeinonchlorhydrat[M.  Fr  e  u  nd  und  E.  S  pe  yer*)]. 
Thebain  wird  mit  Wasserstoffsuperoxyd  oxydiert,  wobei  es  unter  Abspaltung 
von  Methylalkohol  in  eine  tertiäre  Base  von  der  Formel  Ci8Hi9N04  über- 
geht, welche  nur  eine  Methoxylgruppe  enthält  und  Ketoncharakter  besitzt. 
Ein  Wasserstoffatom  des  Thebains  ist  durch  eine  Hydroxylgruppe  substituiert. 
Die  Verbindung  steht  in  Beziehung  zu  dem  aus  Kodein  durch  Oxydation 
entstehenden  Kodeinon  und  wurde,  da  sie  ein  Sauerstoff  mehr  enthält  als 
dieses,  Oxykodeinon  genaimt.  Durch  Addition  von  zwei  Wasserstoffatomen 
läßt  sich  die  im  Oxykodeinon  vorhandene  aliphatische  Doppelbindvmg  in  eine 
einfache  Bindung  überfiihren,  wobei  Dihydrooxykodeinon  entsteht*): 

CH  CH 


O 


O 

\      Ich  CH 


ci- 


CH  CH, 

1 
OH 


/gXN-CH, 


1)  DRP.  270  575.  2)  DRP.  260  233. 

3)  Hoffmann- La  Roche,  DRP.  278  107.  *)  KnoU,  DRP.  278  111. 

=)  DRP.  296  196.  «)  Münch.  med.  Wochenschr,  64,  380  (1917). 


408 


Alkaloide, 


Je  nach  der  Art  der  Reduktion  entstehen  drei  isomere  Dihydroxykodeinone. 


o< 


H 
C 

^\ 
CH 

I        II 

c     c 

/\y\ 

■"        C      CHj    Thebain 

I        I 
V       CH  CH 


0.     C      N    CH, 

I 


H 
0 

^\ 
C      CH 


0( 


CHgO  — C      CH   CHj 

C       CHj 
H, 


Dihydroxykodeinon 
CH 

^\ 
CH3O  —  C      CH 

I        II 
C     c 

/\/\ 

/       C      CH, 

o<       1      I 

\       CH  CH 


C      CHj  Oxykodeinon 

I         1 
\       CH    CH 

\/\,/\ 
C,     C     NCH, 
1   ■■..  II        I 
O  :  C       CH  CHj 

C       CHj 
I 
OH 


C.     CH   N.CH, 


0:C 


I 


CH  CH, 

I 
OH 


C, 

H.    I  ■■■,   II        I 

>C      CH  CH, 

H0/\/-..,/     • 


N.CH, 


Eukodal  besitzt  an  Stelle  des  Phenolhydroxyls  im  Moi^phinmolekül  eine 
Methoxylgruppe,  an  Stelle  der  sekundären  Alkoholgruppe  eine  Ketongruppe, 
femer  ein  Hydroxyl,  das  im  Morphin  fehlt  und  an  der  x  bezeichneten  Stelle 
eine  einfache  Bindung  an  Stelle  der  Doppelbindung  im  Morphinmolekül.  Es 
wirkt  im  Sinne  der  Morj^hingruppe  als  Narkoticum.  Es  ist  ein  Narkoticum 
wie  Kodein  und  Morphin,  wirkt  aber  nicht  imr  viel  schneller  als  Kodein,  sondern 
übertrifft  sogar  Morphin  und  hat  keine  schädliche  Wirkung  auf  das  Herz. 
Eukodal  hat  angebhch  stärkere  narkotische  Wirkimg  als  Morphin. 

Beim  Studium  von  Normorphinderivaten  fand  Hertha  Heimanni), 
daß  durch  die  Entmethylierung  die  Giftigkeit  in  fast  allen  Fällen  vermindert 
wird,  aber  in  ungefähr  gleichem  Maße  auch  die  Wirksamkeit.  Besonders  geht 
die  tjrpische  Beeinflussung  der  Respiration  durch  Morphui  verloren.  Penta- 
methylendinormorphin  und  Dihydronorkodein  zeigen  eine  ausgesprochene 
lähmende  Wirkung  auf  den  isoherten  Darm,  in  gleicher  Richtung  wirkt  Benzyl- 
kodein.  Auf  Katzen  hatten  die  mitersuchten  Substanzen  mit  Ausnahme  des 
Normorphins  eine  sehr  sedative  Wirkmig.  Untersucht  wurden :  Normorphin, 
Normorphincyanid  ,  Aminocyannormorphin  ,  Dihydronormorphin  ,  Pentame- 
thylendimorphin ,  Pentamethylendinormorphin ,  Norkodein,  Isodionin,  Oxy- 
äthylnorkodein,  Norkodeinessigester,  Propylnorkodein,  Benzylkodein,  Benzyl- 


1)  Zeitschr.  f.  experim.  Pathol.  u.  Ther.   17,  1  (1915). 


Morphin.  409 

norkodein,  Acetophenonkodein,  Dihydronorkodem,  Aminonorkodein,  Hydra- 
zin-norkodein,  Nordionin,  Norapomorphin,  Xoramylmorphin,  Dimethylamino- 
kodein  und  Diäthylaminokodein. 

Während  bei  den  Cocainderivaten  die  Entmethyliermig  wirksamere  Sub- 
stanzen erzeugt  und  die  Giftigkeit  erhöht,  ist  bei  den  Morphinderivaten  ganz 
ähnlich  vne  in  der  Antipyringruppe  eine  herabgesetzte  Wirkung  der  entmethy- 
lierten  Verbindungen  zu  sehen. 

W^ährend  Äthylendimorphin  unwirksam  ist,  zeigt  Pentamethylendi mor- 
phin und  das  entsprechende  Xoralkaloid  eine  recht  starke  Wirkvmg. 

O-AUyhiormorphin  macht  keine  wesenthchen  Erschemungen,  während 
N-Allyhiorkodein  eigenartig  wirkt.  Es  ist  ein  sicherer  Antagonist  des  Morphins. 
Es  wirkt  auf  Katzen  nicht  erregend  und  bei  anderen  Tieren  nur  sehr  schwach 
narkotisch. 

Allyldihydronorkodein  wirkt  im  Prinzip  gleich  wie  der  nicht  hydrierte 
Körper,  anfangs  vielleicht  etwas  stärker. 

Während  Methylmorphimethin  an  Kaninchen,  intravenös  gegeben,  Druck- 
senkung und  schwere  Respirationsstörung  auslöst,  ist  Allylmorphimethin  wenig 
wirksam. 

Dialljdmorphimethin  hat  ebenfalls  keine  die  Respiration  erregende  Wirkung. 

Eine  dem  N-Allyhiorkodein  quahtativ  homologe,  quantitativ  aber  weit 
zurückstehende  Kraft  in  bezug  auf  den  Antagonismus  zum  Morphin  haben 
Allylthiohamstoff,  Allylamid,  AHylformiat,  Pentamethj-lenallyldimethylamin 
und  AUylglykosidi). 

Diaminophenylnorkodein  ist  physiologisch  indifferent. 

N-Methyl-8-oxymethyl-thallin  bewirkt  im  Gegensatz  zu  Methylthallin 
Blutdrucksenkung  und  Zunahme  des  Respirationsvolums,  zeigt  aber  mit  dem 
Kodein  gar  keine  Verwandtschaft.  J.  v.  Braun  schließt  daraus,  daß  die 
Gregenwart  des  reduzierten  Benzolringes  ödes  des  überbrückten  Hexamethjden- 
ringes  im  Kodein  und  im  Morphin  und  die  Stellung  des  Stickstoffs  diesem 
Ring  gegenüber  von  ausschlaggebender  Bedeutung  für  das  Zustandekommen 
der  physiologischen  Wirkungen  der  beiden  Alkaloide  ist,  imd  daß  eine  etwas 
weniger  wichtige  RoUe  die  Stellung  des  alkoholischen  Hydroxyls  spielt. 

Das  Oxäthvlderivat 

^  •  CHj .  CHj  •  OH 
CisHijO^O  •  CH3 

NlCHj)^ 

welches  nicht  mehr  das  alkoholische  Hydroxj-l  des  Kodeins,  wohl  aber  ein  neues 
Hydroxyl  an  einer  ganz  anderen  Stelle  des  Moleküls  besitzt,  erweist  sich  zwar 
nicht  als  unwirksam,  aber  doch  als  wesentlich  schwächer  wirksam  im  Ver- 
gleich zum  Kodein. 

Während  die  zum  Stickstoff  /-ständige  benzoylierte  Hydroxylgruppe  im. 
Cocain,  Tropacocaia,  Eucain  und  in  vielen  ganz  einfachen  Fällen  Anästhesie 
bedingt,  erwies  sich   Benzoyloxy-propylnorkodein  als  ganz   frei   von  solchen 

Eigenschaften. 

Js  [CH„]3  ■  O  ■  COCeHs 
C,eH„OfOCH3  -). 

OH 

Thebtün  geht,  wenn  man  es  in  saurer  Lösung  mit  Wasserstoffsuperoxyd  oder  mit 
Kaliumbichromatlöstmg  oxydiert,  in  eine  Base  CigHjgNO,  über^). 


')  Julius  Pohl,  Zeitschr.  f.  exper.  Pathol.  u.  Thor.   17,  Heft  3  (1915). 
2)  J.  V.  Braun  und  K.  Kindler,  BB.   49,   2655  (1916). 
')  M.  Freund  und  E.  Speyer,  DRP.   2S6  431. 


410  Alkaloide. 

Am  Stickstoff  entmethylierte  Derivate  von  Alkaloiden  der  Morphinreihe  erhält  man, 
wenn  man  die  Alkaloide  der  Morphinreihe  in  Form  ilirer  durch  AcidyUerung  der  freien 
Hydroxylgruppen  erhältlichen  Derivate  mit  Bromcyan  in  die  entsprechenden  Norcyan- 
verbindungen  überführt  und  diese  verseift. 

Diacetylcyannormorphin  gibt  beim  Erwärmen  mit  Kalilauge  Cyannormorphin,  dieses 
beim  Erwärmen  mit  Salzsäure  Normorphin.  Beschrieben  sind  ferner:  Norkodein,  Dihydro- 
normorphin,  Dihydronorkodein,  welches  man  auch  durch  Hydrieren  von  Norkodein  erhält '). 
Statt  Bromcyan  kann  man  Chlorcyan  verwenden-).  N-AUylnorkcdein  und  N-Allyldihydro- 
norkodein  erhält  man,  wenn  man  Norkodein  bzw.  Dihydronorkodein  mit  allylierenden 
Mitteln  behandelt.  N-Allyldihydronorkodein  entspricht  in  seinen  Eigenschaften  dem 
N-Allylnorkodein.  Die  Verbindungen  erweisen  sich  als  energische  Antagonisten  des 
Morphins,  welche  die  bis  jetzt  für  diesen  Zweck  empfohlenen  Mittel,  z.  B.  das  Atropin, 
bei  weitem  in  bezug  auf  ihre  Wirkung  überragen^). 

Oxykodeinon  aus  Thebain  liefert  je  nach  der  Wahl  des  Reduktionsmittels  drei 
verschiedene  Dihydroderivate  von  der  Formel  CigHjjNOj.  Das  erste  erhält  man  durch 
Reduktion  mit  Wasserstoff  und  Metallen  der  Platingruppe.  Es  bildet  sich  auch  beim 
Kochen  von  Oxykodeinon  mit  Natriumhydrosulfitlösung.  Das  zweite  bei  Behandlung  der 
Base  mit  Zinkstaub  und  Eisessig.  Das  dritte  beim  Erhitzen  mit  Stannochlorid  und  Salz- 
säure^). 

Zu  erwähnen  ist  noch  das  physiologische  Verhalten  des  Methokodeins 
oder  Methylmorphimethins. 

Dieses  entsteht  beim  Kochen  von  Kodeinmethyljodid  mit  Alkalien^). 

Es  wird  anscheinend  die  cyclische  Stickstoffverkettung  des  Kodeins  auf- 
gespalten^). 

a-Methylmorphimethin  besitzt  lokal  germge  Reizwirkungen,  resorbiert 
führt  es  zu  Krämpfen,  Herzverlaiigsamung,  später  Herzschwäche,  Atemstill- 
stand und  Tod.  Es  besitzt  weder  die  schmerzstillende  und  schlafmachende, 
noch  die  pupillenverengernde  Wirkung  des  Morphins  bzw.  Kodeins,  dagegen 
lähmt  es,  wie  Morphin,  das  Atemzentrum.  Während  aber  Morphin  Blutdruck 
und  Herztätigkeit  nicht  herabsetzt,  tut  dies  a-Methylmorphimethin.  yS-Methyl- 
morphimethin  wirkt  ähnlich,  nur  schwächer  als  die  Ä-Base'). 

Dott  und  Stockmanns  Methokodein  ist  vielleicht  a  - Methylmorphi- 
methin. 

/?-Methylmorphimethin  entsteht  beim  Erhitzen  von  a -Methyl morphimethin 
mit  Essigsäureanhydrid.   Es  bildet  sich  aus  der  Hälfte  der  Substanz  Morphenol 

OHOH 
CuHgOj  =  <^      y — <^      y ,  welches  um  zwei  Wasserstoffe  ärmer  ist  als  Morphol, 

\ / 

die  andere  Hälfte  erfährt  eine  Umlagerung  in  eine  stereoisomere  Verbindung, 

das  ^-Methylmorphimethin. 

Stärke  und  Art  der  Wirkung  sind  bei  den  fünf  Methylmorphimethinen  un- 
abhängig von  der  Isomerie.  Beim  Warmblüter  haben  sie  eine  Wirkung  auf 
Atmung  und  Herztätigkeit  ohne  narkotische  oder  zentrale  Wirkung.  Beim 
Frosche  machen  sie  Narkose,  einige  Reflexübererregbarkeit,  manche  sogar 
Krämpfe.  Die  Atmung  %vird  zuerst  angegriffen,  die  Herztätigkeit  erst  später. 
Sie  machen  eine  Zunahme  der  Atemgröße,  beeinflussen  aber  die  Frequenz  der 
Atmung  nicht. 

Die  Methyl morphimethine  wirken  beim  Frosche  narkotisierend  und  das 
Atemzentrum  hemmend ,  sekundär  tritt  eine  Schwächung  des  Herzens  ein, 
außerdem  erzeugen  sie  eine  Ubererregbarkeit.    Beim  Kaninchen  beeinflussen 


1)  Hoff  mann- La  Roche,  DRP.   286  743. 

-)  DRP.  289  273,  Zusatz  zu  DRP.  286  743. 

3)  Hoffmann-La  Roche,  DRP.  289274.     <)  Freund  und  Speyer,  DRP.  296  916. 

5)  Hesse,  BB.    14,   2693  (1881).   —  Grimaux,  C.  r.   93,  591. 

«)  BB.  3ä,   1118  (1889).  ')  Knorr  (Heinz),  BB.  81,  1144  (1894). 


Morphin.  411 

sie  die  Atmung,  welche  sich  vertieft,  ohne  daß  die  Frequenz  zunimmt.  Nach 
ß-  und  }'-Methylmorphimethin  tritt  manchmal  eine  Verflachung  der  Atmung 
ein ,  während  die  anderen ,  am  stärksten  die  a-Verbindxmg ,  eine  Vertiefung 
hervorrufen  ^). 

3-Methoxy-4-dimethylaminoäthoxy-phenanthren  (Methylmorpholäther  des 
Äthanol-dimethylamin)  wurde  ph3'siologisch  mit  a-Methylmorphimethin  ver- 
glichen-). Beide  Körper  wirken  nicht  auf  die  Psyche.  Die  erstere  Substanz  ruft 
lokale  Eutzünduugerscheinungen  hervor,  denn  sie  besitzt,  ähnlich  dem  Ko- 
deinon,  eine  lymphagoge  Wirkmig.  Salzsaures  Morphimethin  ist  reizlos.  Beide 
Substanzen  sind  Atemgifte,  sie  lähmen  die  Atmung,  während  die  anderen 
Körperfunktionen  noch  erhalten  bleiben.  Methylmorphimethin  macht  aber  die 
einzelnen  Atemzüge  tiefer.  Methylmorphol-dimethylaminäther  zeigt  diese 
Wirkung  nicht. 

Die  Verbindungen: 

Methylmorphimethylpiperidin 
OCH3 

Methylmorphimethyl-dihydroisoindol 
OCH, 
C„H„OfOH  /CHa- 


^CH, 


Cxij- 

haben  überhaupt  keine, 

Methylmorphimethylmorpholm 
,OCH, 


CiAO^H  /CH,.CH,x 

^CH,-CH,.N<„„  '>0 


'■■^\CH,.CH/" 

nur  eine  ganz  schwache,  an  das  Kodein  erinnernde  Wirkung,  alle  drei  ge- 
hören dem  Typus  der  Morphimethine 

OCH3 
CnH80<^OH 

CHo  •  CH„  •  N  •  (CH3)2 

an  während  alle  N-Homologen  des  Kodeins  unverkennbar  dem  Kodeintjrpus 
entsprechen. 

Der  Verbindung  Methylmorphimethyl-dihydroisoindol  kommen  anästhe- 
tische Wirkungen  zu,  was  vielleicht  mit  der  Gegenwart  des  pharmakologisch 
kaum    bis    jetzt    erforschten  Dihydro-isoindol-Komplexes    zusammenhängt^). 

Von  besonderem  Interesse  erscheinen  für  die  Frage,  die  wir  besprechen, 
die  Untersuchungen  über  die  Konstitution  des  Thebains. 

Von  allen  Opiumalkaloiden  ist  Thebain,  wie  schon  Claude  Bernard  ge- 
zeigt hat,  das  am  stärksten  krampferregende,  dagegen  steigert  Thebain  nicht 
die  Empfindlichkeit  in  gleichem  Maße,  wie  Morphin  und  Kodein,  weshalb  auch 
die  Erschöpfung  nicht  so  rasch  eintritt  imd  die  Vergiftung  mit  Thebain  lang- 
samer verläuft.  Nach  R.  Stockmann  und  Dott  macht  Thebain  in  kleinen 
Dosen  narkotische  Wirkung ,  sonst  ist  es  mit  dem  Strychnin  fast  ganz  identisch. 
Es  ist  nach  Claude  Bernard  als  das  giftigste  Opiumalkaloid  anzusehen. 
Thebain  ist  vielleicht  20  mal  so  giftig  als  Morphin.  Thebain  wirkt  anders  auf 
Menschen  als  auf  Tiere.   Ebenso  ist  Kodein  für  Tiere  giftiger  als  für  Menschen. 

1)  H.  Kögel,  Arch.  intern,  de  Pharm.    19,  5  (1909). 

2}  Kionka  bei  Knorr,  BB.  38,  3153  (1905).      ^)  J.  v.  Braun,  BB.  53,  1999  (1919). 


412  Alkaloide. 

Morphin,  Kodein  und  Thebain  sind  alle  drei  Phenanthrenderivate.  Thebaiii 
ist  von  einem  dihydrierten,  die  beiden  andern  Alkaloide  von  einem  tetra- 
hydrierten Kohlenwasserstoff  abzuleiten.    Beim  Erwärmen  von  Thebain  mit 

CH  O 

wässeriger  Salzsäiu-e  erhält  man  Thebenin       'q>Ci,Hi50N',  welches  allgemeine 

Lähmung  macht  ^). 

Thebain  zerfällt  nach  Martin  Freund^)  beim  Erhitzen  mit  Essigsäure- 
anhydrid in  Äthanoldimethylamin  HO  •  CH,  •  CHg  •  N(CH3)2  und  das  N-freie 
Thebaol,  welches  3.6-Methoxy-4-oxyphenanthren  ist. 

Wenn  man  Thebain  mit  starker  Salzsäure  behandelt,  so  erhält  man  einen 
Körper,  welcher  nach  Ansicht  von  Howard  ä)  und  Roser  als  Morphothebain 
aufzufassen  ist,  d.  h.  es  verhält  sich  zum  Thebain  wie  zu  seinem  Dimethyläther. 
Dieses  Morphothebain  ist  nicht  giftig,  eine  Lösung  in  Mengen  von  0.2  g  einem 
Meerschweinchen  injiziert  blieb  ganz  ohne  Wirkung. 

Thebain  Morphothebain 

Aber  diese  Auffassung  des  Moi-phothebains  erwies  sich  durch  die  Unter- 
suchungen von  M.  Freund^)  als  unrichtig;  bei  der  Behandlung  mit  starker 
Salzsäure  wird  nur  eine  Methoxj'lgruppe  abgespalten,  andererseits  erleidet 
tatsächUch  der  stickstoffhaltige  Ring  des  Thebains  eine  Umwandlung, 
welche  nun  die  völlige  Wirkungslosigkeit  des  Morphothebains  zu  bedingen 
scheint,  von  dem  wir  ja  beim  Festhalten  an  der  Roser  -  Howardschen 
Auffassimg  morphinähnliche  Effekte  erwartet  hätten.  Ferner  hätte  Morpho- 
thebain, wenn  nur  eine  Methoxylgruppe  abgespalten  wird,  wie  M.  Freund 
gezeigt,  und  nicht  zugleich  eine  Umwandlung  des  Morpholinringes  vor  sich  ge- 
gangen wäre,  physiologische  Eigenschaften,  ähnlich  wie  Kodein,  zeigen  müssen. 

Met-Thebenin  wirkt  wie  Thebeuin,  aber  stärker,  während  das  ringförmige 
Thebenol  ganz  unwirksam  ist.  Durch  die  Ring.sprengung  geht  die  eigenartige 
Wirkung  des  Thebenins  nach  allen  Richtungen  verloren. 

Es  läßt  sich  also  aus  der  vergleichenden  Betrachtung  dieser  Substanzen 
sagen,  daß  die  typische  Wirkung  des  Morphins  mit  dem  Vorhandensein  der 
beiden  freien  Hydroxyle  in  benachbarter  Stellung  an  einem  Benzoh-ing  sowie 
mit  dem  Intaktsein  des  stickstoffhaltigen  Ringes  in  innigem  Zusammenhange 
steht.  Ähnlich  konstruierte  Körper  können  die  krampferregende  Wirkung  be- 
sitzen, wie  es  nach  den  Erfahrungen  mit  Laudanosin  und  Papaverin  sicher  an- 
zunehmen ist.  Hingegen  geht  sie  bei  Veränderung  des  N-haltigen  Ringes  in 
dem  Falle  des  Morphothebains  verloren. 

Man  erhält  Thebainderivate^)  durch  Grignardsche  Synthese  und  Zersetzung  mit 
Wasser  aus  Brombenzol  und  Thebain,  Magnesium  und  Äther  oder  aus  Thebain,  Benzyl- 
chlorid.  Magnesium  und  Äther. 

Thebainmethyljodid  (diu-ch  Addition  von  Methyljodid  dargestellt)  besitzt 
nach  C.  Brown  imd  Fräser  lähmende  Wirkung  auf  motorische  Nerven,  und 
seine  letale  Wirkung  ist  dem  Thebain  gegenüber  sehr  verringert.  Aber  auch  die 
krampferregende  Wirkung  des  Thebains  ist  in  der  Thebainammoniumbase  er- 
halten, wenn  auch  die  prädominierende  lähmende  Wirkiuig  sie  verdeckt.  Die 
Methylthebainbase  soll  man  nach  Stockmann  und  Dott  ziu'  Morphingruppe 
rechnen,  da  sie  ein  narkotisches  uind  tetanisches  Stadium  erzeugt,  wenn  auch 
ersteres  sehr  schlecht  entwickelt. 


1)  Eckhardt,  Beitr.  zur  Anat.  u.  Physiol.  8.  -)  BB.  30,  1357  (1897). 

3)  BB.   U,  527  (1884)  und  19,   1596  (1886).  *)  BB.  32,   168  (1899). 

')  Martin  Freund,  DRP.   181510. 


Apomorphin.  413 

Apoinorphin. 

Die  Abspaltung  von  Wasser  aus  dem  Morphin  oder  Kodein  durch  Salzsäure 
oder  Chlorzink  in  der  Siedehitze  führt  zu  Verbindungen,  welche  insofern  von 
den  Muttersubstanzen  differieren,  als  ihnen  die  brechetierregende  Wirkung  des 
Morphins  in  erheblich  erhöhter  Weise  zukommt.  Es  sind  dies  Apomorphin  und 
Apokodein. 

Pschorr^)  faßt  das  Apomorphin  gegenwärtig  auf  als 

2HC   N-CH, 

|h| 


HO-i 
HO 


Y 


Es  enthält  zwei  Phenolhydroxyle ,  im  Gegensatze  zum  Morphin  mit  einem 
Phenolhydroxyl.  Der  indifferente  Sauerstoff  und  zwei  Wasserstoffe  sind  ab- 
gespalten.  Der  Stickstoff  ist  tertiär  vmd  ringförmig  gebunden  wie  im  Morphin. 

Bei  der  Apomorphinbildung  aus  Morphin  findet  außer  der  Abspaltung  eines 
Moleküls  Wasser  noch  die  Aufrichtung  des  indifferenten  Sauerstoffs  an  einem 
Phenolhydroxyl  und  der  durch  beide  Vorgänge  bedingte  Übergang  des  hexa- 
hydrierten  Systems  in  ein  dihydriertes  statt.  Außerdem  ist  eine  Wanderung 
der  Kohlenstoffseitenkette  anzunehmen. 

Apomorpliin  hat  eine  geringe  narkotische  Wirkung,  verursacht  aber  eine 
hochgradige  Erregung,  hierauf  Lähmung  des  Gehirns  und  der  MeduJla  oblon- 
gata^).    Apomorphin  ist  ein  energisches  Expectorans  und  ein  Emeticum. 

Diacetylapomorphin  wirkt,  auf  den  verschiedenen  Wegen  beigebracht, 
doppelt  so  stark  emetisch  wie  Apomorphin.  Die  Jodmethylate  beider  Basen 
sind  etwa  20  mal  weniger  aktiv  als  diese ^). 

Dibenzoylapomorphin  erzeugt  kein  Erbrechen*).  Es  scheint  überhaupt 
weniger  wirksam  zu  sein. 

Ähnlich  wie  Apomorphin  verhält  sich  Apokodein  Cj^HjgNOj  •  CH3  .  Nach 
Murell  ist  es  ein  Expectorans  und  Emeticum,  wie  das  ihm  nahestehende  Apo- 
morphin. Nach  Guinard  ist  es  für  Hunde  ein  ausgezeichnetes  Schlafmittel, 
wie  Kodein.  Bei  größerer  Dosis  bekommt  das  Tier  nach  dem  Einschlafen  Zuk- 
kungen  und  Ki-ämpfe,  durch  welche  der  Schlaf  alsbald  verschwindet.  Apoko- 
dein*) ist  kein  Brechmittel,  sondern  erzeugt  nur  übermäßige  Speichelsekretion 
imd  beschleunigt  die  Darmperistaltik,  wirkt  als  Sedativum,  das,  ohne  vorher- 
gehendes Exzitationsstadium  und  ohne  Übelkeit  und  Erbrechen  hervorzurufen, 
leichten  vorübergehenden  Schlaf  erzeugt.  Toy  und  Combemale*)  wiesen 
darauf  hin,  daß  Apokodeinchlorhydrat  ein  subcutan  applizierbares,  sicher 
wirkendes  Abführmittel  ist.  Es  erniedrigt  den  Blutdruck  und  wirkt  gefäß- 
erweiternd [Dixon')].  Die  laxierende  Wirkung  ist  durch  Peristaltiksteigerung, 
dm-ch  den  sedativen  Einfluß  auf  die  Hemmungsganglien  des  Sympathicus  zu 
erklären.    In  richtiger  Dosis  subcutan  verabreicht  erzeugt  es  keine  Neben wir- 


1)  Pschorr,  BB.  39,  3125  (1906);  40,   1984,  3344  (1907). 

")  Hypnotische  Wirkung  des  Apomorphin.  Mercks  Ber.  1900,  69.  —  Rabow  in 
V.  Leyden-Festschrift  Bd.  3,  79  (1902).      ^)  Marc  Tiffeneau,  C.  r.  s.  b.  88,   1193  (1919). 

*)  Bergeil  und  Pschorr,  Therap.  d.  Gegenw.   1904,  Mai. 

^)  L.  Guinard,  Contributions  &  l'^tude  physiologique  de  l'apocod^ine.  Lyon  1893 
und  Lyon  mödical.  1891,  Nr.  21  und  23.  *)  Mercks  Ber.  1900,  62. 

')  Brit.  med.  Joum.  1903,   1297,  2181. 


414  Alkaloide. 

kungen,  kein  Erbrechen.  Die  Wirkungen  des  Apokodeins  und  des  Kodeins 
weisen  gewisse  Analogien  auf,  doch  wirkt  letzteres  in  stärkerem  Maße  hyper- 
sekretorisch und  weniger  beruhigend,  ist  ferner  stärker  krampferregend  und  im 
allgemeinen  gefahrbringender. 

Alkylapomorphiniumsalze  erhält  man  in  leicht  löslicher  Form  durch  Umsetzen  der 
Apomorphinjodalkylate  mit  Schwermetallsalzen  der  betreffenden  Säuren  oder  durch  Um- 
setzen der  freien  quatemären  Base  mit  Säuren  oder  durch  Einwirkung  von  Alkyläthern 
der  Sauerstoffsäuren  oder  Alkylhalogenen  auf  Apomorphin  selbst  ^).  Diese  Alkylapomor- 
phiniumsalze sind  leichter  löslich  und  nicht  so  leicht  veränderlich  wie  Apomorphinchlor- 
hydrat. 

Man  erhält  Alkylapomorphiniumsalze,  indem  man  die  alkylschwefelsaiu-en  Salze  der 
Alkylapomorphiniumbasen  in  konzentrierter  wässeriger  Lösung  mit  Metallsalzen  umsetzt, 
deren  basischer  Bestandteil  ein  leicht  lösliches  Salz  der  Alkylschwefelsäure  bildet;  so 
erhält  man  Apomorphinbrommethylat  durch  Versetzen  der  ätherischen  Lösung  von  Apo- 
morphin mit  Dimethylsulfat.  Der  abgeschiedene  Sirup  wird  mit  Bromkalium  umgesetzt, 
es  scheidet  sich  das  Brommethylat  ab,  das  man  aus  der  methylalkohoUschen  Lösung  mit 
Aceton  fällen  kann^). 

Apomorphinmethylbromid  (Euporphin)  besitzt  Curarewirkung,  wirkt  aber 
nicht  emetisch,  auch  nicht  zentralerregend*);  es  soll  weniger  Brechreiz  erzeugen 
als  Apomorphin  imd  nicht  so  stark  auf  das  Herz  wirken*). 

Yersuche  zur  Morphinsynthese. 

Die  Versuche  ztir  Synthese  des  Morphins  lassen  sich  in  zwei  Gruppen  teilen : 
In  Versuche,  welche  dem  Morphin  analog  wirkende  Körper  erzielen  wollten, 
und  Versuche  zur  Synthese  des  Alkaloids  selbst. 

Als  der  roheste  Versuch  muß  jedenfalls  die  Sjmthese  des  Piperidinbrenz- 
catechin  angesehen  werden,  welche  Sokolowski  und  Szmurlo  ausgeführt 
haben,  um  ein  Alkaloid  der  Morphiumgruppe  zu  erhalten.  Die  Überlegung, 
welche  dieser  Synthese  zugrunde  zu  hegen  schemt,  ist,  weiui  überhaupt  eine 
vorhanden  war,  die,  daß  die  benachbarte  Stellung  der  Hydroxyle  im  Morphin 
nachzuahmen  sei.  Dann  liegt  aber  eine  grobe  Verwechslung  zwischen  der  ver- 
ankernden und  der  wirklich  wirkenden  Gruppe  vor. 

Die  Konstitution  ist  angebhch 

,OH  H  C         C 

CjHi^CO— CH2  •  n/  NcHa 

OH  Cl^HTCHa 

Die  toxische  Gabe  dieser  Substanz  beträgt  1  g.  In  mittleren  Gaben  ein- 
verleibt, hat  die  Verbindung  keinen  Einfluß  auf  den  Zirkulationsapparat  und 
zeigte  gar  keinen  narkotischen  Effekt. 

Versuche  zur  Synthese  morphinähnlicher  Körper  hegen  von  L.  Knorr  vor, 
welche  sich  auf  seine  Untersuchungen  über  die  Konstitution  des  Morphins 
stützen.  Leider  ist  das  experimentelle  Material  über  die  Wirkung  dieser  Sub- 
stanzen nicht  veröffenthcht.  Sie  sind  nie  in  die  Therapie  gedrungen,  so  daß 
es  sich  anscheinend  um  wirkiingslose  Substanzen  handelt. 

Von  den  synthetischen  Morphohnen  stehen  die  Naphthalanmorpholine 
ihrer  Konstitution  zufolge,  nach  der  Ansicht  von  Knorr,  dem  Morphin  am 
nächsten.    Nach  der  Knorrschen  Angabe  sollen  die  physiologisch  sehr  wirk- 

1)  Pschorr,  Berlin,  DRP.    158  620. 

')  Riedel,  DRP.    107  879,   Zusatz  zu  DRP.    158  620. 

3)  E.  Harnack  und  H.  Hildebrandt,  AePP.  61,  343  (1909). 

*)  M.  Michaelis,  Klin.  therap.   Wochenschr.    1904,  Nr.  24,  660. 


Versuche  zur  Morphinsynthese.  41  & 

Samen  N-Alkylderivate  des  Naphthalanmorpholins  in  der  Wirkung  auf  den 
menschlichen  Organismus  dem  Morphin  schon  sehr  ähnlich  sein,  was  aber  an- 
scheinend ganz  unrichtig  ist. 

Direkt  werden  die  Morpholine  aus  Dioxäthylaminen  dargestellt^).  Sie  entstehen 
durch  direkte  Wasserentziehung  aus  denselben,  indem  sich  ihre  Anhydride,  die  Morpholine, 
bilden.  Als  Kondensationsmittel  werden  Phosphorsäure,  Essigsäureanhydrid,  am  besten 
aber  VOproz.  Schwefelsäure  bei  100 — 200°  angewendet.  Auch  die  Stammsubstanz  der 
Morpholine,  das  Morpholin  (p-Oxazin)  selbst, 

O 

HjCACHa 

N 
H 

kann  nach  dieser  Methode  aus  Dioxäthylamin  erhalten  werden. 

Nach  Marckwald  und  Chain^)  gelangt  man  auf  folgende  Weise  zum  Morpholin: 
Durch  die  Einwirkung  von  Äthylenbromid  auf  Natriumphenolate  erhält  man  Bromäthyl- 
alphyläther,  aus  welchen  durch  Ammoniak  oder  primäre  Amine  Basen  der  allgemeiuea 
Form 

„„     CHj  •  CH,  •  O  •  Alphyl 

^^^-CHj  ■  CHj  ■  O  ■  Alphyl 

entstehen.  Wenn  man  Sulfamide  bei  Gegenwart  von  Alkali  mit  Bromäthylalphyläther 
reagieren  läßt,  so  entstehen  substitvuerte  Sulfamide 

p     „„  „CHa  .  CHa  .  O  .  Alphyl 

rv  .  &U2    JM  -^cHa  •  CHj  •  O  •  Alphyl 

Femer  lassen  sich  Monoalphyläther  des  Diäthanolamins  und  seiner  Derivate  von  der 
Form 

„     „XHa-CHj-O- Alphyl 
■      "^CHa  •  CHa  .  OH 

durch  Einwirlomg  von  Äthylenchlorhydrin  auf  die  entsprechenden  Derivate  der  Amino- 
äthylalphyläther  erhalten. 

Alle  diese  Verbindungen  liefern  beim  Erhitzen  mit  verdünnter  Mineralsäure,  unter 
Abspaltung  der  Phenole,  Derivate  des  Morpholins  oder  dieses  selbst.  Wenn  man  Imino- 
äthylphenyläther  NH  •  (CHj  •  CHj  •  O  •  CjHjJa  mit  Salzsäure  auf  160°  erhitzt,  so  erhält 
man  fast  reines  Morpholinchlorhydrat. 

Besser  ist  es,  von  einem  Sulfamid,  z.  B.  p-Toluolsulfamid,  auszugehen  und  es  mit 
Bromäthyl-p'-naphthyläther  und  Alkali  zur  Reaktion  zu  bringen. 


C,H,  •  SOj  •  NHj  +  2  CHjBr  •  CH^  •  O 

C,H,  .  SOa  •  N<CH.  ;  CH^  •  O  •  C.g,  ^  ^  NaBr 


Es  entsteht  glatt  der  Dinaphthyläther  des  p-Toluolsulfodiäthanolamids,  welcher  sich 
bei   170°  mit  25proz.   Salzsäure  spalten  läßt. 

C.H,  •  SOaN  :  (CHj  •  CHj  •  O  •  Ci„H,)2  +  3  H2O 
=  C,H8  +  H2SO,  +  2  CioHgO  +  HN<^^2  ;  ch'>0  =  Morpholin. 

Ferner  kann  man  Aminoäthylenphenyläther  mit  p-ToIuolsulfochlorid  bei  Gegenwart 
von  Alkali  in  Wechselwirkung  bringen  und  erhält  p-Toluolsulfoaminoäthylphenyläther 
C,H,  •  SO2  ■  NH  •  CH2  •  CHj  •  CHj  •  O  •  C^U^.  Mit  Kali  und  Äthylenchlorhydrin  in  alko- 
holischer Lösung  erhält  man  daraus  den  Monophenyläther  des  p-Toluolsulfodiäthanol- 
amids 

r  TT   .  «n    .  ■NT^^^a  ■  '-'■^2  ■  OH 
l.,±l,    &U2    ^  <CH2  •  CHj  •  O  •  CjHj 

welch  letzterer  mit  Salzsäure  wie  der  Dinaphthyläther  reagiert. 

Zur  Darstellung  des  Methylmorpholins  kann  man  vom  MethyUminoäthylphenyl- 
äther  CH3  •  N(CH2-  CH  •  O  ■  CjHjjj  ausgehen,  welcher  durch  Einwirkung  von  Bromäthyl- 

1)  DRP.  95  854.  =)  DRP.   120  047. 


416  Alkaloide. 

phenyläther  auf  eine  verdünnte  alkoholische  Methylaminlösung  bei  100°  entsteht.  Ea 
bilden  sich  Methylaminoäthylphenyläther  und  Methyliminoäthylphenyläther.  Man  stellt 
die  Nitrosoverbindung  der  sekundären  Base  dar  und  scheidet  die  tertiäre  Base  mit  Lauge 
ab.    Letztere  wird  mit  Salzsäure  erhitzt  und  zerfällt  in  Phenol  und  Methyhnorpholin. 

Morpholin  läßt  sich  femer  leicht  aus  Nitroso-  und  Nitroderivaten  des  Phenylmorpho- 
lins  darstellen  durch  Spaltung  mit  Alkalien,  während  Phenylmorpholin  selbst  sehr  re- 
sistent ist ').  ^ 

TT  pX^pTT 

Vorher    hat    Knorr^)    Morpholin   ^"A    Joh"  ^^®    '■^®™    Dioxyäthylamin 

N 

•CT 

PH    .  OH    .  OH 

NH<~2* '  „^ '  Qg  von  Würtz,  dessen  inneres  Anhydrid  es  ist,  durch  Er- 
hitzen mit  Salzsäure  auf  160°  erhalten.  „    /\„„ 

Dieses  Morpholin  verhält  sich  zum  einfachen  Oxazin  -^J  Jp-g;  ''^^ 
Piperidin  zu  Pyridin.  N 

Methylphemnorpholin^)  erhält  man  auf  folgende  Weise:  Wenn  man  o-Xitrophenol- 
salze  mit  Monohalogenketon  umsetzt,  erhält  man  o-Xitrophinolacetol;  durch  Reduktion 
dieser  Verbindung  kann  man  MethylphenmorphoUn  herstellen,  eine  Verbindung,  die,  wie 
Knorr  angibt,  wegen  ihrer  narkotischen  Wirkimg  wertvoll  ist,  und  der  nach  ihrer  Ent- 
stehung die  nachstehende  Konstitutionsformel  zuzuschreiben  ist: 

Nitrophenacetol                    MethylphenmorphoUn 
/O  •  CHo  •  CO  •  CH3  /\/0 ^Hj 


^NOj  ^/^NH— CH  •  CHg 

MethylphenmorphoUn  bildet  Methämoglobin,  löst  rote  Blutkörperchen; 
es  besitzt  keine  narkotische  Wirkung  mid  wirkt  auf  Katzen  nicht  wie  Morphin 
exzitierend*). 

Naphthalanmorpholin,  also  der  Körper,  welcher  nach  Knorr  von  den  synthetisch 
dargestellten  Morpholinbasen  dem  Morphin  chemisch  und  physiologisch  am  nächsten  ist*), 
konnte  er  aus  dem  von  E.  Bamberger  und  Lodter  beschriebenen  Tetrahydronaphthylen- 
osyd  durch  Anlagerung  von  Aminoalkohol  und  Behandlung  des  resultierenden  Oxäthyl- 
aminotetrahydro-p'-naphthols  mit  kondensierenden  Mitteln  darstellen*). 

Tetrahydronaplithylenoxyd     Oxyäthylaminotetrahydro-/?-naphthol 
CHj  CHj  OH 

'^    ^      ^^^  r    T     CH  CH,  •  OH 


CH  CH 

I 


CHoNH 

Zur  Darstellung  der  NaphthalanmorphoUne  kann  man  nach  Knorr')  auch  folgenden 
Weg  einschlagen: 

>)  DRP.   119  785.  =)  BB.  23,  2081  (1889).  ^)  DRP.  97  242. 

*)  Becher,  Arch.  de  pharmacodyn.   23,   91. 

5)  Liebigs  Ann.  301,   1;  SOT,   171,   187.  —  BB.  32,  732  u.  ff.  (1889). 

')  Knorr  gibt  an,  „daß  ein  von  Leubuscher  geprüftes  Naphthalanmorpholin 
(welches,  wird  nicht  mitgeteilt)  bei  Menschen  subcutan  angewendet,  hypnotisch  wirkt". 
Diese  Angabe  aber  scheint  vmricbtig  zu  sein.  ')  DRP.   105  498. 


Versuche  zur  Morphinsynthese. 


417 


Hydramine  der  Naphthalinreihe  gehen  unter  dem  Einflüsse  von  verdünnter  Schwefel- 
säure bei  Temperaturen  von  100 — 200°  glatt  unter  Wasserverlust  in  die  inneren  Äther 
(Morpholine)  über: 

O 

\XJn  ■  CHj  .  CHj  .  OH  " 


Jene  Hydramine  der  Naphthalinreihe  werden  leicht  durch  Einwirkimg  von  Äthanol- 
aminbasen 

CH„  •  CHa  ■  OH 

^H 


auf  Dihydronaphthalinchlorhydrin 
CHa 

/\/\hoh 


/CjH,  ■  OH 

+  HNC'    * 


^\/\   / 


\y\/ 


HCl 


^R 


CH 

I 


+  HCl 


CH, 


CHj    N 
R 

oder  durch  Addition  von  Athanolaminbasen  an  Dihydronaphthalinoxyd 

CHj  CHj     OH 

f  Y^^^^o  +  hn/^»h«  •  OS  -  f  Y^^s^ 


CH, 


CHj     N  •  CjHj  •  OH 
R 


gewonnen. 

Zur  Darstellung  der  Camphenmorpholine,  die  sich  vom  Campher  ableiten,  dienen 
die  Hydramine  der  Campherreüie  von  der  Formel 

CH, 


/ 


H,C 


oder  die  tautomere  Nebenform 


< 


CH. 
CH, 


CO 


;cH .  N< 


/CHj.CHj-OH 
^R 


C 
H 

CHj 
C 


C^€H3 
CH, 


\C  ■  OH 


C-N<^. 


CHj  •  CHj .  OH 
R 


0 
H 

F  r  ä  n  k  e  1 ,  Arzneimittel-Synthese.    6.  Aufl. 


27 


418 


Alkaloide. 


Diese  Hydramine  des  Camphers  werden  leicht  durch  Einführung  der  Äthanolgruppe 
in  Aminocampher  gewonnen,  z.  B. 

CH., 


M3H, 


CO 


X 


+  ClCHj .  CH2  ■  OH  = 


CHNH 
R 


CH 
CH, 


HaC 
HjC 


^CH, 


CO 

CH  ■  N  •  CjH,  •  OH  +  HCl 
R 


C 
H 

Die  Hydramine  des  Camphers  gehen  außerordentlich  leicht  vmter  dem  Einfluß  kon- 
densierender Mittel  in  die  CamphermorphoUne  über: 


CH3 
C 


CH, 


OH 


H,C 


^CH, 


OH 

I 
CHj 

I 
CHj 


HjC 


H,C 


i^CHj: 


CH, 


CH, 


/ 


H 


N 
R 


C 
H 


N 
R 


E.  Vahlen^)  ging  von  der  Vermutung  aus,  daß,  im  Gegensatze  zur  Knorr- 
schen  Ansicht  nicht  der  Morphohnkomplex,  sondern  der  Phenanthrenkem  der 
Wirkungsträger  sei^).  Er  stellte  das  Chlorhj'drat  des  9-Amino-lO-oxyphen- 
anthren  dar,  Morphigenin  genamit. 


NCOH 


)c  ■  NHj  ■  HCl 


»)  AePP.  4T,  368  (1902). 

*)  S.  Overton,    Narkose.     Overton   zeigte,    daß   Phenanthren    bei    Kaulquappen 
hypnotisch  wirkt. 


Versuche  zur  Morphinsynthese.  419 

und  davon  ausgehend  das  Epiosin 


Je— N^^" 


Er  hält  die  Gruppe 


für  den  Träger  der  Wirkung,  wohl  im  Gegensatze  zu  den  meisten  Morphin- 
forschem,  aber  in  Übereinstimmung  mit  der  älteren  Knorrschen  Formel 


Morphigeninchlorid  wird  folgendermaßen  dargestellt:  Phenanthrenchinon  und  salz- 
saures Phenylhydrazin  geben  Phenanthrenchinonphenylhydrazon ').  Dieses  wird  mit 
Zinnchlorür  in  Eisessig  reduziert. 

Verschiedene  Derivate  des  Morphigenins,  welche  aber  chemisch  rein  nicht 
faßbar  waren,  gaben  angebUch  morphinähnliche  Wirkxmgen.  Obenerwähntes 
Epiosin  wird  durch  Erhitzen  von  Morphigeninchlorid  mit  Natriumacetat,  Alkohol 
imd  Methylamin  unter  Druck  erhalten.  Es  ist  identisch  mit  dem  Methyldiphe- 
nylenimidazol^).  Epiosin  ist  nach  Pschorr  kein  Derivat  des  Aminophenanthrols 
(Morphigenin) ,  sondern  des  Phenanthrenchinons  resp.  Phenanthrenhydro- 
chinons.  Es  erzeugt  angeblich  Abstumpfung  der  Schmerzempfindlichkeit, 
geringe  schlafmachende  Wirkung  imd  rasches  Eintreten  von  Krämpfen  (Ko- 
deincharakter). Es  erhöht  im  Gegensatze  zu  Morphin  den  Blutdruck.  Mor- 
phin verlangsamt  die  Pulsfrequenz,  Epiosin  nicht.  SchJießhch  ist  in  quanti- 
tativer Hinsicht  eine  sehr  große  Differenz.  0.12  g  Epiosin  entsprechen 
etwa  0.03  g  Dionin.    Es  schmeckt  sehr  kratzend. 

Vahlen  hatte  kein  Morphigenin,  sondern  ein  N-freies  Umwandlungs- 
produkt in  der  Hand,  mit  dem  er  seine  Versuche  anstellte.  Phenanthren- 
chinon gab  nach  dem  Behandeln  mit  Schwefelsäure  ein  Präparat  ähnheher 
physiologischer  Wirkung.  Es  bildet  sich  bei  Behandlung  von  Morphigenin- 
chlorid mit  Schwefelsäure  unter  N- Abspaltung  intermediär  Phenanthren- 
chinon. Auch  andere  N-freie  Derivate  des  Phenanthrens  (Carbonsäuren  und 
Phenanthrole)  zeigen  starke  physiologische  Wirkung^). 


In  der  Morphingruppe  wären  noch  folgende  Versuche,  zu  neuen  Ver- 
bindungen zu  gelangen,  erwähnenswert,  wenngleich  sie  keine  praktische  Be- 
deutung erlangt  haben. 

>)  Zineke,  BB.   12,   1641    (1879). 

-)  Japp  und  Davidson,  Journ.  ehem.  See.  1895,  1.  —  Zineke  und  Hof,  BB.  13, 
1644  (1879).  3)  gjgjjg  Kritik  dieser  Versuche:  Pschorr,  BB.  35,  2729  (1902). 


420  Alkaloide. 

Morphinglykosid  1)  (sehr  leicht  zersetzlieh)  wirkt  sehr  stark  tetanisch, 
macht  bei  Katzen  aber  keine  Gehinireizung  wie  Morphin. 

Die  Verfahren,  um  den  Geschmack  der  Alkaloide  bei  ihrer  üitemen  Ver- 
wendung zu  verbessern,  haben  wir  schon  zum  Teil  beim  Qiinin  kennengelernt. 

Es  bleiben  noch  folgende  zu  erwähnen: 

Rhenania  (Aachen)  stellt  wasserlösliche  Verbindimgen  des  Caseins  mit  Alkaloiden 
in  der  Weise  her,  daß  sie  die  alkoholische  oder  andere  Lösung  der  Alkaloide  auf  Casein  zur 
Einwirkung  bringt,  evtl.   unter  Zusatz  von  Alkali  oder  Alkalisalzen-). 

Als  Beispiele  dienen:  100  Teile  Casein  werden  mit  24  Teilen  Morphin  in  warmem 
Alkohol  gelöst,  gut  verrieben  und  im  Vakuum  zur  Trockne  gebracht,  die  Verbindung  ist 
in  warmem  Wasser  vollständig  löslich. 

100  Teile  Casein  werden  in  frisch  abgepreßtem  Zustande  mit  30  Teilen  Chininhydrat 
in  alkoholischer  Lösung  erwärmt,  die  fast  klare  Lösimg  gibt  nach  dem  Trocknen  eine 
durchsichtige  glasartige  Masse,  welche  durch  Zusatz  von  Alkali  bzw.  von  Alkalisalzen 
löshch  gemacht  wird. 

Zur  Darstellung  von  Narcein  aus  Handelsnarcein  gehen  Martin  Freund  und 
Frankfurter^)  so  vor,  daß  sie  Handelsnarcein  in  Lauge  lösen  und  gelinde  erwärmen,  es 
erstarrt  dann  die  Masse  krystallinisch.  Diese  krystallinische  Masse  besteht  aus  Aponarcein- 
natrium,  welches  man  umkrystallisieren  kann.  Löst  man  die  gereinigten  Salze  in  Wasser 
und  leitet  Kohlensäure  ein,  so  fällt  chemisch  reines  Narcein  heraus. 

Der  Prozeß  läßt  sich  durch  folgende  Gleichungen  verständlich  machen: 

Entwässerter  Narcein 

CsjHjbNO,  +  NaOH  =  CjsHjjNOjNa  +  2  HjO 
Aponarceinnatrium. 

Aponarceinnatrium 

CjjHjjNOgNa  +  Ha  +  HjO  =  ClNa  +  CjsHjjNOj 

Narcein. 

Narcein  ist  nach  Versuchen  von  Mohr  (Privatm.)  in  Gaben  von  1  g  und 
mehr  noch  ganz  unwirksam  (per  os).  Narcein  ist  wasserunlöslich,  seine  Salze 
äußerst  schwer  löslich.    Aponarcein  ist  gleichfalls  unwirksam. 

Hingegen  war  kurze  Zeit  imter  dem  Namen  Antispasmin  eine  Doppel- 
verbindung des  Narcems,  das  Narceiiuiatrium-Natriumsalicylat  in  Verwen- 
dung. Es  hat  eine  morphinähnliche  Wirkung,  ist  jedoch  40 — 50  mal  schwächer 
als  Morphin.  Die  ungemein  schwache  Wirkimg  des  Narceius  selbst  schließt 
es  aus,  daß  man  von  diesem  Körper  aus  zu  neuen  wertvollen  Körpern  gelangen 
kann. 

Ester  des  Narceins  kann  mau  nach  Martin  Freund  darstellen*),  da  in  demselben 
eine  Carboxylgruppe  vorhanden  ist,  durch  Behandeln  mit  Alkohol  und  Salzsäure. 

Die  so  dargestellten  salzsauren  Methyl-  und  Äthylester  des  Narceins  haben 
keine  praktische  Verwendung  gefunden. 

Narceinäthylesterchlorhydrat  (Narcyl)  soll  nach  Schröder  ein  gutes  Mittel 
gegen  Reizhusten  sein.  Narcyl  wirkt  wie  Morphinäther^).  Es  hat  die  gleichen 
Wirkungen  wie  Narcein*). 

Narcein')  oder  Homonarcein  wird  bei  Gegenwart  von  Alkalien  mit  Dialkylsulfaten 
behandelt  und  die  erhaltenen  Beaktionsprodukte  in  Salze  oder  Ester  oder  die  Salze  dieser 
Ester  übergeführt. 


»)  Becker,  Arch.  intern,  de  pharmacodyn.   13,  96  (1903).  ^)  DRP.   119  060. 

3)  DRP.  68  419.  —  Liebigs  Ann.  SIT,   20.  *)  DRP.  71  797. 

")  Z.   f.  Tuberk.    1904,    451. 

«)  Pouchet  imd  Chevallier,  Bull.  gön.  de  ther.  1904,  779.  —  Noguega,  Gaceta 
Mödica  Catalana  1906,   25.  ')  Knoll,  DRP.   174  380. 


Hydrastis.  421 

Man  kann  die  gleichen  Alkylderivate  auch  erhalten  durch  neutrale  Alkylierungs- 
mittel,  wie  Methylnitrat,  Jodalkyl,  Trimethylphosphat  i). 

Zwecks  Darstellung  von  Alkylnarcein-)  oder  Homonarceinadditionsprodukten  und 
deren  Alkylestern  werden  entweder  Alkylnarceine  resp.  Alkylhomonarceine  oder  Narcein- 
alkalien  für  sich  oder  in  alkoholischer  Lösung  mit  Alkylierungsmitteln  behandelt  und  die 
erhaltenen  quaternären  Verbindungen  esterifiziert  oder  die  Narceine  esterifiziert  und  dann 
in  die  quaternären  Verbindungen  verwandelt. 

Narceinphenylhydrazon  CaaHgjNjOg,  von  M.  Freund  dargestellt,  wirkt 
in  Dosen  von  0.1  g  per  kg  letal  durch  Atmiuigslähmung.  Vorher  treten  Kon- 
vulsionen auf). 

Aponarcein*)  erhält  man  aus  Narcein  mit  wasserentziehenden  Mitteln,  wie  Mineral- 
säuren, Säurechloriden  oder  Anhydriden,  z.  B.  aus  Narcein  und  Phosphoroxychlorid. 


Hydrastis. 

Das  Studium  der  Opiumalkaloide  führt  uns  zu  einer  Gruppe  von  Körpern, 
welche  chemisch  und  physiologisch  bestimmte  Beziehungen  zu  einzehien 
Opiumalkaloiden  besitzen. 

Während  lange  Zeit  die  Mutterkompräparate  die  Alleinherrschaft  bei 
Behandlungen  von  Gebärmutterleiden  und  insbesondere  von  Blutmigen  aus 
diesem  Organe  behaupteten,  trotzdem  diesen  Präparaten  wegen  ihrer  sehr 
verschiedenen  Wirkung,  ihren  unangenehmen  Nebenwirkungen  imd  dem 
leichten  Verderben  große  Nachteile  innewohnten,  brachte  die  Einführung 
der  Droge  Hydrastis  canadensis  einen  Konkurrenten,  welcher  sich  einen 
großen  Teil  des  therapeutischen  Gebietes,  auf  welchem  die  Ergotinextrakte 
(Seeale  cornutum)  dominierten,  eroberte,  obgleich  keineswegs  zu  verkennen 
ist,  daß  zwischen  der  Wirkung  beider  Substanzen  ganz  wesentliche  Unter- 
schiede bestehen. 

Der  Fluidextrakt  der  Hydrastis  canadensis  hat  einen  dem  rein  dargestellte 
wirksamen  Priuzipe  nicht  zukommenden  widerlichen  Geschmack,  an  welchem 
die  Verwendung  dieses  Mittels  oft  gescheitert  ist  (er  wird  auch  als  Expektorans 
benützt). 

Bei  der  Untersuchung  dieser  Droge  wurde  als  wirksamer  Bestandteil  das 
Alkaloid  Hydrastin  isoHert,  neben  dem  schon  früher  bekannten  Alkaloide 
Berberin. 

Hydrastin  läßt  sich  in  Opiansäure  und  in  Hydrastinin  spalten^). 

Hydrastin  Opiansäiu'e     Hydrastinin 

CjiHaiNOe  +  H^O  =  CioHio06'+  CnHisNOj. 

Hydrastinin  wird  aus  Hydrastin  durch  Einwirkung  von  verdümiter  Sal- 
petersäure gewonnen. 

Dem  Hydrastinin  kommt  folgende  Strukturformel  zu: 

CH,, 

rtr  /       1      II      \       - 
^^0-\y\    'NH  — CH3 

CHO 


1)  DRP.   183  589,  Zusatz  zu  DRP.   174  380. 

2)  Knoll,  DRP.   186  884,  Zusatz  zu  DRP.   174  380. 

3)  Wendel,  Diss.  Berlin  (1894).  *)  Knoll,  DRP.   187  138. 

S)  Martin  Freund  und  W.  Will,  BB.   19,  2800  (1886);  30,  89,  2400  (1887). 


422  Alkaloide. 

Die  Konstitution  des  Hydrastins  läßt  sich  folgendermaßen  darstellen: 

/0-i^\AcH, 


C^2\0- 


\ 

CH 


■\/\/N- 


k 


CH— O 

I 
CO 


OCH3 

Es  fällt  gleich  eine  bestimmte  Verwandtschaft  dieses  Alkaloids  mit  dem 
Opiumalkaloid  Narkotin  auf,  wenn  man  sich  der  Betrachtung  der  Konstitution 
des  letzteren  zuwendet. 

Narkotin  läßt  sich  durch  Oxydation  und  Wasseraufnahme  in  Opiansäure 
und  Kotamin  spalten. 

Narkotin  Opiansäure      Kotamin 

CsaHajNO,  +  HjO  +  O  =  C,aH,„0,  +  C,jH„NO,. 

Gnoscopin  ist  racemisches  Narkotin  i). 

Dem  Kotarnin  kommt  nun,  durch  Synthese  von  Arthur  Henry  Salway 
endgültig  erwiesen,  folgende  Konstitution  zu^): 

CHa 

/0-p 


1     CHO 


(Die  meisten  Gefäßmittel  aus  der  Alkaloidreihe  besitzen  Aldehydcharakters 
auch  das  Yohimbin.) 

Narkotin  läßt  sich  daher  durch  folgende  Formel  darstellen: 


CH.CQ( 


CHj 


N .  CHg 
CH 


CH  — O 

l^^OCH, 

OCH3 

Narkotin  und  Hydrastin  rufen  beide  ein  tetanisches  Stadium  hervor,  das 
bei  Kaltblütern  in  eine  vollständige  zentrale  Lähmung  übergeht,  beide  ver- 
langsamen die  Schlagfolge  des  Herzens,  beide  lähmen  die  Herzganglien.  Beide 
regen  die  Peristaltik  an^). 

Hydrastin  macht  bei  Katzen  Somnolenz,  ebenso  Hydroberberin. 

Die  Oxydationsprodukte,  die  nach  Abspaltung  der  indifferenten  Opian- 
säure entstehen,  Kotarnin  und  Hydrastinin,  zeigen  beide  keine  krampf- 
erregenden  Eigenschaften,  sie  erzeugen  bei  Warm-  imd  Kaltblütern  eine 
rein  zentrale  Lähmung  (durch  Einwirkung  auf  die  motorische  Sphäre  des 
Rückenmarkes).  Sie  sind  keine  Herzgifte;  der  Exitus  letalis  erfolgt  bei  ihnen 
durch  Lähmung  des  Atmungszentrums  und  ist  durch  künstliche  Respiration 
aufzuhalten. 

1)  BB.  43,  800  (1910).  "j  journ.  Chem.  Soc.  London  91,   1208  (1910). 

')  Ronße,  Arch.  intern,  de  Pharmacodyn.  4,  207;  5,  21. 


Hydrastis. 


423 


Betrachtet  man  nun  die  Formeln  der  Alkaloide:  Hydrastin,  Papaverin 
und  Narkotin  imd  auch  die  des  Berberins  nebeneinander,  so  läßt  sich  die  große 
Analogie  in  der  Konstruktion  nicht  verkennen. 


Narkotin 


-0 


>-0 
HC    "      I  II 

I         II    o    I         I 

nI     Jch, 


>CHj 


I 


oc 


CH, 


CH, 


Papaverin 


-OCH, 


I 


CHj 


f  \pOCH, 


sX 


Hydrastin 


/v> 


H, 


Berberinal 


HC 


r 


CHjO 


HN 


CH, 


I 


CHO    CHj 


Während  nach  Gadamer  die  freie  Base  des  Berberins  als  Aldehyd  (Ber- 
berinal) anzusehen  ist,  sind  die  Berberinsalze  (I) 

Berberinchlorhydrat 


(I) 


CH,0 


r 


Hydrastininchlorhydrat 


Kotarninchlorhydrat 


(H) 


HC; 


2 


(m) 


'CHj 


HC, 

n' 


/v 


CH, 


CH3  Cl  CHj 

als  IsochinoUnammoniumverbindungen  aufzufassen.  Unter  Austritt  eines  Mole- 
küls Wasser  aus  dem  Aldehyd  (Berberinal)  und  Mineralsäure  vollzieht  sich 
die  Salzbildung  unter  Ringschluß.  Auch  die  Spaltstücke  des  Hydrastins  und 
Narkotins,  des  Hydrastinins  und  Kotarnins,  haben,  wie  früher  gezeigt,  den 
Charakter  aromatischer  Aldehyde.  Auch  bei  diesen  Substanzen  tritt  die  Salz- 
bildung unter  Wasserabspaltung  und  Ringschluß  ein  (II  und  III). 


424  Alkaloide. 

Die  Stellung  der  beiden  Methoxj-lgruppen  im  Berberinmolekül  ist  von 
Franz  Faltis  bewiesen  worden.  Eine  vollständige  Bestätigung  hat  die  Ber- 
berinformel  durch  die  Synthese  von  Pictet  und  Garns  erfahren. 

Narkotin  erweist  sich  als  ein  Methosyhydrastin. 

Ein  noch  klareres  Bild  über  die  Beziehungen  zwischen  Konstitution  und 
Wirkung  erhalten  wir,  wenn  wir  die  anderen  im  Opium  enthaltenen  Alkaloide, 
soweit  deren  Konstitution  und  deren  physiologische  Wii'kung  bekannt  ist,  be- 
sprechen. 

Papaverin  ist  nur  noch  schwach  narkotisch  wirkend  und  steht  in  der  Mitte 
zwischen  Morphin  luid  Kodein i).  Nach  Leubuscher-)  hat  es  in  kleinen 
Dosen  eine  beruhigende  Wirkung  auf  die  Darmbewegmigen.  Es  beeinflußt  alle 
glattmuskeUgen  Organe  erschlaffend  (J.  Pal). 

David  J.  Macht  bezieht  die  hemmende  Wirkimg  der  Papaveringruppe 
auf  ihi'e  Benzylgruppe,  die  erregende  der  Morphingruppe  auf  den  PiperidinteiP). 

Nach  subcutaner  Darreichung  von  Papaverin  kann  man  dieses  weder  in 
Organteilen  noch  in  den  Ausscheidungsprodukten  finden,  auch  kein  Umwand- 
hmgsprodukt  davon.  Nach  oraler  Darreichmig  kaim  man  eine  Teil  aus  dem 
Magen  xmd  Darm  isoheren.  Papaverinsulfosäure  ist  physiologisch  indifferent 
und  kann  nach  subcutaner  Darreichung  zu  etwa  35%  aus  den  Ausscheidvmgs- 
produkten  wieder  isohert  werden^). 

Die  Konstitution  des  Papaverins  hat  Guido  Goldschmiedt^)  völlig 
aufgeklärt,  und  sie  läßt  sich  in  folgender  Formel  darstellen: 

CH 
CHäOY^I^VH 

c 

I 

CH, 

I  ' 

/•\ 

yLoCH, 

I 
OCH3 

Hochmolekulare  Derivate  des  Papaverins  sind  von  M.  Freund  und 
K.  Fleischer  ^)  durch  Kondensation  von  Papaverin,  einerseits  mit  Formaldehyd, 
andererseits  mit  Opiansäure,  bei  Gegenwart  starker  Schwefelsäure  erhalten  worden. 

Verwandelt  man  Papaverin  in  das  entsprechende  Chlormethylat  imd 
reduziert  dieses  mittels  Zinn  und  Salzsäure,  so  erhält  man  N-Methyltetra- 
hydropapaverm 


CH3OYYYH2 

CHsO-^/il^^N-CHj 

CH 

I 


CH, 

■     1 


OCH, 


OCH, 


»)  Schröder,  AePP.   IT,  96.  =)  Dtsch.  med.  Wochenschr.   I89S,   179. 

ä)  Journ.  Pharm,  and exper.  Therap.  9,  287(1917).     «)  Kurt  Zahn,  BZ.  68,  444  (1915). 
')  M.  f.  Ch.  4,  704  (1883);  6,  372,  667,  954  (1885);  7,  485  (1886);  8,  510  (1887);  9,  42, 
327,  349,  762,  778  (1888);  10,  156,  673,  692  (1889);  13,  697  (1892);  IT,  491  (1886). 
«)  BB.  48,  406  (1915). 


Hydrastis.  425 

welches  racemisch  ist  und  sich  durch  Chinasäure  in  zwei  aktive  Komponenten 
zerlegen  läßt.  Die  rechtsdrehende  ist  mit  dem  Laudanosin  aus  dem  Opium 
identisch  1). 

Die  Base  ist  also  am  Stickstoff  methyliert  und  hydriert.  Dadurch  ist  sie 
außerordentlich  giftig  geworden  und  nähert  sich  durch  ihre  konvidsivische 
Wirkung  dem  Thebain  und  Strychnin;  sie  besitzt  keine  wahrnehmbare  nar- 
kotische Wirkung.  Nach  Babel  kann  sie  in  bezug  auf  Giftigkeit  nur  dem 
Thebain  an  die  Seite  gestellt  werden.  Die  Verstärkung  der  Toxizität  ist  auf 
die  Wasserstoffzunahme,  die  stärkere  Krampfwirkung  auf  die  Methylgruppe 
zurückzuführen . 

Dagegen  sind  die  narkotischen  Eigenschaften,  welche  Papaverin,  wenn- 
gleich in  wenig  hohem  Grade,  besitzt,  beim  Laudanosin  völlig  verschwiui- 
den.  Die  anderen  Erscheinimgen  der  physiologischen  Wirkung  sind  bei  den 
beiden  Alkaloiden  sehr  ähnlich^). 

Nach  den  Untersuchungen  von  Claude  Bernard^)  rangieren  die  Opium- 
basen in  folgender  Weise  in  bezug  auf  ihre  krampferregende  Wirkung.  1.  The- 
bain. 2.  Papaverin.  3.  Narkotin.  4.  Kodein.  5.  Morphin.  Laudanosin  steht 
also  in  dieser  Hinsicht  zwischen  Thebain  und  Papaverin.  Es  ist  also  durch  die 
Hydrierimg  und  die  Methylierung  am  Stickstoff  die  Wirkungsweise  nicht  ver- 
ändert, sondern  nur  erheblich  verstärkt,  daher  erscheint  die  schwach  nar- 
kotische Wirkung  des  Papaverins  in  dieser  als  krampferregendes  Mittel  stärker 
wirkenden  Verbindung  nunmehr  völlig  verdeckt.  Man  ersieht  beim  Papaverin 
und  beim  Laudanosin  leicht  aus  der  Formel,  daß  alle  Hydroxyle  durch  AJkyl- 
gnippen  geschlossen  erscheinen,  so  daß  der  krampferregende  Komplex,  dessen 
angreifende  Gruppe  für  das  Rückenmark  uns  leider  xmbekannt,  zur  vollen 
Geltung  kommen  kann,  da  kein  freies  Hydroxyl  in  dieser  Substanz  vorhanden, 
welches  chemische  Beziehungen  zum  Giehirn  hersteUen  würde. 

Durch    Oxydation    von    Papaverin    mit    Permanganat    erhielt    Guido 

C6H3{OCH3)2 

Goldschmiedt  ein  Keton,  das  Papaveraldin  CO 

CsH^NiOCH,)^ 
Durch  Reduktion  mit  Essigsäure  mid  Zink  kami  man  aus  diesem  einen 
sekundären  Alkohol  (Papaverinol)  erhalten*). 

CH 

c 

I 

H-C-OH 

I 

yi-ocH, 

OCH3 

Die  Wirkung  des  Papaverinols  ähnelt  in  aüen  Hauptsymptomen  der  Papaverin- 
wirkung,  niu-  sind  die  Krämpfe  kräftiger  mid  andauernder. 

Tetrahydropapaverolinhydrochlorid  CigHi,04N  •  HCl ,  von  Frank  Lee 
Pyman^)  dargestellt,  also  der  entmethylierte  und  reduzierte  Körper,  wirkt 
physiologisch  nur  wenig.    An  isolierten  Organen  aber  sieht  man  eine  Blut- 

1)  Am6  Pictet  und  Athanasescu,  BB.  33,  2346  (1900). 

2)  Babel,  Rev.  mM.  de  la  Suisse  Rom.   1899,  Nr.  11,  S.  657.  ^)  C.  r.  59. 

«)  Stuchlik,  M.  f.  Ch.  21,  813  (1900).         ^)  Journ.  Chem.  Soc.  London  95,   1610. 


426  Alkaloide. 

drucksenkung ,    bedingt    durch    eine    EntspaiiBung    der   glatten    Muskulatur. 
Ebenso  wirkt  die  Substanz  auf  den  Uterus^). 

Papaverin  Tetrahydropapaverolin 

CH  CHj 

ch^o-^JMn  no\XMB. 

C  CH 

I  1 

CHo  CH.2 

I  I 

1  r^^^  i  l_0H 

OCH3  OH 

Die  hydrierte  Base  wird  im  Organismus  anscheinend  durch  Oxydation  zer- 
stört, auf  die  Skelettmuskulatur  wirkt  sie  nicht,  sie  ist  wenig  giftig,  der  Blut- 
druck sinkt  rapid  ab  infolge  einer  Erweiterung  der  glatten  Muskulatur  der 
Arterien.  Die  Substanz  wirkt  hauptsächhch  auf  die  glatte  Muskulatur  über- 
haupt mid  nicht  auf  das  Nervensystem,  nur  der  Blasenmuskel  widersteht  der 
Wirkung''). 

Mittels  Grignardscher  Synthese  werden  aus  Berberinsalzen  Benzyldihydroberberin, 
Phenyldihydroberberin ,  Methyldihydroberberin ,  Äthyldihydroberberin ,  Propyldihydro- 
berberin  dargestellt'). 

a-Alkyl-tetrahydroberberine  erhält  man  durch  Reduktion  von  a -aliylsubstituierten 
Derivaten*). 

Dicentrin  ist  ein  dem  Papaverin,  Hydroberberia  und  Canadin  isomeres 
Alkaloid  C2oH2jN04 .  Es  erzeugt  leichte  Narkose  an  Fröschen  und  Krämpfe 
sowie  eine  Schwächung  der  Reaktionsfähigkeit  des  Froschherzens.  In  großen 
Dosen  wirkt  es  auf  das  Respirationszentrum  lähmend.  Bei  Warmblütern  geht 
der  Lähmung  eine  vorübergehende  Erregung  des  Zentrums  voraus^). 

Betrachtet  man  nun  die  physiologische  Wirksamkeit  dieser  Substanzen 
und  ihrer  Spaltungsprodukte,  so  ergeben  sich  interessante  Beziehimgen  zwischen 
diesen  Verbindungen  und  man  sieht  leicht  den  Gedankengang,  welcher  dazu 
geführt  hat,  auf  rein  chemischen  Beobachtungen  über  die  konstitutionelle  Ver- 
wandtschaft dieser  Körper  äußerst  wirksame  Ersatzmittel  der  natürlichen  Hydra- 
stis-Droge  und  ihres  wirksamen,  rein  dargestellten  Prinzipes  zu  basieren. 

Das  zweite  Alkaloid  der  Hydrastis,  Berberin,  wirkt  hauptsächhch  auf  das 
Zentralnervensystem.  Kleine  Dosen  wirken  auf  den  Blutdruck  und  die  Gefäße 
gar  nicht.  Große  Dosen  erniedrigen  den  Blutdruck  merklich  (Pio  Marfori). 
Schon  kleine  Berberindosen  verursachen  mächtige  Uteruskontraktionen  und 
dieselben  Blutdruckänderungen  wie  Extractum  Hydrast.  fluid.*).  Berberin 
kontrahiert  die  Milz,  macht  Uteruskontraktionen  und  wird  auch  als  Stomachi- 
kum  und  Tonikum  benutzt.  Es  setzt  die  Körpertemperatur  herab,  vermehrt 
die  Peristaltik  und  tötet  schließlich  durch  zentrale  Lähmung').  Nach  Berg 
wird  es  im  Organismus  verbramit.  Im  Harn  läßt  es  sich  gar  nicht,  in  den 
Exkrementen  nur  in  Spuren  nachweisen. 

Hydroberberin,  welches  Hlasiwetz  und  Gilm*)  und  Schmidt  dar- 
gestellt,  unterscheidet  sich  vom  Berberin  dadurch,  daß  es  um  vier  Atome 

1)  P.  P.  Laidlaw,  Journ.  of  physiol.  40,  480  (1910). 

»)  P.  P.  Laidlaw,  Journ.  of  physiol.  40,  481  (1910). 

3)  M.  Freund  und  E.  Merck,  DRP.   179  212. 

*)  Martin  Freund,  DRP.-Anm.  F.   20  430  (zurückgezogen). 

')  K.  Iwakawa,  AePP.  64,  369  (1911).  «)   Osterr.  med.  Jahrb.   1885,  349. 

')  Curci,  BB.  25,  R.  290  (1892).  »)  Liebigs  Ann.  Suppl.  3,   191  (1862). 


Hydrastis.  427 

Wasserstoff  mehr  enthält.  Es  erhöht  den  Blutdruck  durch  Giefäßverengerung, 
die  abhängt  von  der  Erregung  der  vasomotorischen  Zentren  der  Medulla  ob- 
longata.  Die  physiologische  Wirkung  des  Hydro berberins  ist  ganz  verschieden 
von  der  des  Berberins.  Ersteres  macht  zuerst  eine  Erregung  des  Rückenmarkes 
und  dann  allgemeine  Lähmung,  letzteres  sofort  Lähmxmg.  Hydroberberin 
macht  Blutdrucksteigenmg,  Berberin  eine  starke  Druckemiedrigung.  Die 
Hydrierung  macht  also  hier  eine  völlige  Ändenmg  der  physiologischen  Wirkung  ^). 

Canadin  (aus  der  Wurzel  von  Hydrastis  canadensis)  ist  optisch  aktives, 
und  zwar  l-Tetrahydroberberin.  Man  kann  racemisches  Canadin  aus  Berberin 
diu'ch  Reduktion  künsthch  darstellen  mid  durch  Oxydation  wieder  in  Berberin 
verwandeln.  (Die  Trennung  des  Racemkörpers  haben  Vosz  imd  Gadamer 
durchgeführt^). 

Canadin  wirkt  aber  nicht  ^)  blutdrucksteigemd.  Bei  Säugetieren  macht 
Canadin  in  mittleren  Gaben  schwere  Somnolenz,  große  Gaben  erzeugen  tonisch- 
klonische  Krämpfe  mit  nachfolgender  schwerer  Lähmung.  Auf  den  Uterus 
und  das  Gefäßsystem  ist  es  ohne  Einflviß*). 

«-Methyltetrahydroberberinhydrochlorid  ist  fast  wirkungslos,  das  ent- 
sprechende Salz  des  Ä-Äthyldihydro berberins  zeigt  ausgeprägte  lokal  schä- 
digende Eigenschaften;  es  ätzt  die  Cornea,  tötet  einzellige  Lebewesen,  bringt 
Muskel  zum  Erstarren,  lähmt  Leukocyten.  In  das  Gefäßsystem  injiziert, 
veranlaßt  es  Puls-  und  Atembeschleunigung,  verursacht  aber  im  Gfegensatz 
zu  Hydrastinin  mid  Kotarnin  keine  Blutdrucksteigerung  durch  Gefäßver- 
engerung ^). 

Die  Hydrastininsäxrre 

und  Berilsäure 


r-n  /Ofl  ■  CO  •  XH  ■  CI 
^^2<ol    J-COCOOH 


CH30>*^«^'i<C0>^    CH :  CH  •  C5Hj<°>CH2 

COOH 

sind  Oxydationsprodukte  des  Hydrastins   und   Berberins.     Sie   sind  gänzlich 
unwirksam^). 

Amenyl  ist  das  Chlorhydrat  des  Methylhydrastimids ;  man  erhält  es  aus 
dem  Jodmethylate  des  Hydrastins  durch  Ammoniak,  wobei  unter  Abspaltung 
von  Jodwasserstoff  eine  Öffnung  des  X-haltigen  Ringes  eintritt.  Das  so  ent- 
standene Methylhydrastin  nimmt  bei  der  Behandlung  mit  Ammoniak  ein  Mole- 
kül desselben  auf,  wobei  die  Lactonbüdung  gesprengt  wird.  Das  dabei  ent- 
stehende Methyüiydrastamid  spaltet  beim  Erwärmen  mit  Salzsäiu:e  sehr  leicht 
ein  Molekül  Wasser  ab  und  geht  dabei  in  das  Chlorhydrat  des  Methylhydrast- 
imids über.    Dieses  setzt  den  Blutdruck  infolge  Gefäßerschlaffung  herab'). 

Die  Alkylhydrastine  und  die  analogen  Jsarkotinverbindungen  geben,  mit  Ammoniak 
behandelt,  analoge  Körper.  Es  gehen  die  Alkylhydrastinalkoholate  in  die  Alkylhydrast- 
amide  über,  wenn  sie  mit  Ammoniak  längere  Zeit  digeriert  werden.  Dieselben  spalten 
beim  Erhitzen  mit  starker  Lauge  oder  unter  dem  Einflüsse  von  Säuren  leicht  Wasser  ab 
und  gehen  in  Alkylhydrastimide  resp.  Alkylnarkotimide  über. 

Die  so  dargestellten  Verbindungen  haben  keine  praktische  Bedeutimg 
erlangt. 

1)  Siehe  Allgemeines  über  Alkaloide,  S.  301  ff.         ■)  Arch.  d.  Pharm.  248,  43  (1910). 

=)  Mohr,  Privatmitteilung.  ')  BB.  40,  2604  (1907). 

^)  Frank  Lee  Pyman,  Journ.  ehem.  Soc.  London  97,   1814  (1910). 

«)  Pio  Marfori,  AePP.  27,   161.  •)  Therap.  Monatshefte  23,  581. 


428  Alkaloide. 

Die  Droge  Hydrastis  canadensis  -svirkt  in  erster  Linie  auf  das  Glefäßsystem, 
und  zwar  vom  Zentrum  aus  imd  be-wirkt  Gefäßverengerung  bzw.  in  großen 
Gaben  Erweiterung  (Fellner). 

Hydrastin  macht  keine  lokale  Anästhesie,  hingegen  aber  eine  Steigerung 
des  Blutdruckes.  Bei  Warmblütern  macht  Hydrastin  Tetanus  und  dann  Läh- 
mmig.  Diu-ch  Reizung  der  Medulla  oblongata  kommt  es  zu  einer  Gefäßkontrak- 
tion und  Blutdrucksteigerung,  dieselbe  ist  aber  nach  Palk^)  gering  und  be- 
sonders während  der  tetanischen  Anfälle  tritt  tiefes  Sinken  des  Blutdruckes 
und  Gefäßerschlaffung  ein.  Die  Blutdiucksteigerung  ist  nicht  andauernd.  Der 
Tod  tritt  bei  der  Hydrastinvergiftung  durch  Herzlähmung  ein-).  Eine  direkte 
Wirkung  auf  den  Uterus  ist  nicht  zu  konstatieren. 

Hydrastinin,  das  Spaltungsprodukt  des  Hj-drastins,  -«-irkt  ebenfalls  nicht 
lokal  anästhesierend,  ist  aber  kein  Herzgift,  wie  seine  Muttersubstanz,  mid  er- 
zeugt eine  Zimahme  der  Gefäßkontraktion.  Die  Gefäßkontraktion  wird  zum 
Teil  dm'ch  Erregung  des  vasomotorischen  Zentrums  bewrkt,  vor  allem  aber 
durch  Einwirkung  auf  die  Gefäße  selbst,  infolgedessen  tritt  dann  Blutdruck- 
steigerung ein.  Die  Blutdrucksteigerung  ist  anfangs  periodisch,  lang  andauernd 
und  durch  keine  Erschlaffungszustände  imterbrochen.  Der  Tod  erfolgt  durch 
Lähminig  des  Respirationszentrums.  An  der  isolierten  Gebärmutter  sieht  man, 
daß  Hydrastinin  auf  die  Gefäße  cUi-ekt  nicht  wrkt,  daß  die  Gefäßwirkung  eine 
zentrale  ist.  Die  Uteruskontraktionen  hängen  nicht  mit  einer  Verengerung  der 
Gefäße  zusammen.  Auf  den  Nervenmuskelapparat  wirkt  es  so,  daß  die  Zu- 
sammenziehmigen  einen  tetanischen  Charakter  annehmen^). 

Der  Unterschied  zwischen  der  Muttersubstanz  und  dem  Spaltungsprodukte 
läßt  sich  daher  folgendermaßen  feststellen. 

Beim  Hydrastin  ist  die  Wirkung  auf  den  Blutdruck  als  Teilerscheinung 
der  strychninartigen  Wirkung  auf  das  Zentrahiervensystem  anzusehen.  Die 
Gefäßspannung  ist  eine  Teilerscheinung  des  tetanischen  Stadiums. 

Hydrastinin  hingegen  macht  kein  tetanisches  Stadium,  es  steigert  die  Con- 
tractihtät  des  Herzmuskels,  ist  kein  Herzgifti,  hat  keine  lokale  Einwirkung  auf 
die  Muskulatur  und  bewirkt  Gefäßkontraktion  durch  Einwirkung  auf  die  Ge- 
fäße selbst  und  dadurch  Blutdrucksteigerung  und  Pulsverlangsamung.  Der 
Tod  erfolgt  durch  Lähmung  des  Atemzentrums.  Hydrastinin  wirkt  also  in 
ganz  anderer  Weise,  wenn  auch  mit  demselben  physiologischen  End- 
effekte und  viel  intensiver  und  andauernder  als  die  Muttersubstanz  Hydrastin. 
Nach  den  Diu-chströmungsversuchen  von  Pellaconi,  Marfori  iisw.  besitzt 
Hydrastin  ,  ebenso  wie  Hydrastinin  ,  auch  eine  lokale  Wirkung  auf  die  peri- 
pheren Gefäße.  Hydrastinin  wirkt  nur  im  Sinne  eines  abgeschwächten  Hy- 
drastins. 

Wemi  man  Hydrastinin  als  Aldehyd  auffaßt,  so  erscheint  es  zugleich  als 
ein  sekundäres  Amin  und  es  vermag  so  zwei  Methylgruppen  aufzunehmen.  Es 
entsteht  auf  diese  Weise  Hydrastininmethylmethinchlorid.  Dieses  macht  fast 
vollständige  Lähmimg,  anfangs  eine  Blutdrucksteigerung,  dann  Senkung.  Vor 
allem  unterscheidet  sich  die  Wirkimg  dieses  Körpers  von  der  des  Hydrastinins 
dadurch,  daß  es  periphere  Lähmung  der  Atemmuskulatur  erzeugt  und  so  curare- 
artig  den  Tod  herbeiführt.  Hierbei  büßt  es  die  gefäßkontrahierenden  Eigen- 
schaften des  Hydrastinins  zum  größten  Teile  ein. 

1)  Therap.  Monatshefte  1890,  3 1 9.  —  Vircho ws  Arch.  190,  399.  —  .\reh.  f.  Gynäkol.  36, 
Heft  7. 

2)  Marfori,  AePP.  27,  166.  —  Philipps  und  Pembrey,  Journ.  of  physiol.  Prep, 
physiol.  Soc.  1897,  16.  Jan.        ')  Kurdinowski,  Engehnanns  Arch.  1904,  Suppl.  II,  323. 


Hydrastis.  429 

Das  zweite  Spaltungsprodukt  des  Hydrastins,  die  Opiansäure,  macht  bei 
Kaltblütern  Narkose,  und  zwar  zentrale  Lähmung,  dann  sehr  germge  Krämpfe 
(Pio  Marfori),  bei  Warmblütern  ist  Opiansäure  wirkungslos,  es  kommen  ihr 
höchstens  antiseptische  Eigenschaften  zu. 

Durch  den  Einti-itt  der  Opiansäure  in  die  Verbindung  ist  also  eme 
Abschwächung  und  Veränderung  der  Wirkung  erfolgt,  anderseits  tritt  eine 
tetauische  Wirkung  hinzu,  die  dem  Hydrastinin  fehlt.  Daher  ist  Hydra- 
stinin  für  die  Therapie  wertvoller,  wegen  der  Stärke  seiner  gefäßkontra- 
hierenden Wirkungen,  anderseits  wegen  des  Fehlens  von  Reizerscheinungen 
von  Seiten  des  Rückenmarkes  und  wegen  der  günstigen  Beeinflussung  der 
Herzaktion. 

Narkotin  ist  in  seinen  Wirkungen  dem  Morphin  sehr  ähnlich,  aber  erheblich 
schwächer.  Es  steht  gewissermaßen  ein  umgekehrtes  Thebain  vor.  Sehr  rasch 
erfolgt  eine  nur  kurze  Zeit  währende  geringe  Erhöhung  der  Sensibihtät  und 
einiges  Zucken,  dami  Empfindungslosigkeit,  Betäubung  und  Lähmung.  Die 
Empfindlichkeit  des  Auges  scheint  vermindert,  ebenso  die  Empfänghchkeit 
des  Auges  und  der  Nerven  für  den  elektrischen  Reiz.  Ein  schlaf  süchtiger 
Zustand  herrscht  vor. 

Bei  Katzen  macht  Narkotin,  intern  zu  1  g  gegeben,  fürchterhche  tetanische 
Krämpfe  und  danach  Somnolenz  und  Lähmung.  Bei  Menschen  wirkt  es  in 
therapeutischen  Dosen  nur  als  Antipyreticum  (z.  B.  bei  Malaria).  Als  Neben- 
wirkung kleiner  Gaben  sieht  man  Steigerung  des  Sexualtriebes. 

Durch  Einwirkung  von  Formaldehyd  auf  Narkotin  unter  Zusatz  von  Mineralsäuren 
erhält  man  Methylendiuarkotin,  welches  sich  bei  der  Oxydation  mit  Salpetersäure  in 
Methylendikotarnin  umwandelt^). 

Methylen-di-kotarnLn-bromhydrat  besitzt  keinerlei  lokale  Wirkungen, 
lähmt  aber  zentral  und  peripher  beim  Frosch,  beim  Kaninchen  nicht  peripher, 
sondern  es  treten  Krämpfe,  Kollaps  und  Tod  bei  0.05  g  subcutan  ein.  Es  macht 
Blutdrucksteigerung,  dami  Abfallen  des  Blutdruckes  unter  hochgradiger  Puls- 
verlangsamung,  schheßhch  Herzlähmung 2). 

Das  Spaltungsprodukt  des  Narkotins:  Kotarnin  hat  nach  Buchheim 
und  Loos  eine  schwache  Curare  Wirkung.  Stockmann  und  Dott^)  fanden, 
daß  es  in  gewissem  Grade  paralysierend  auf  motorische  Nerven  wirkt, 
nicht  mehr  als  andere  Gheder  der  Morphingruppe.  Es  erümert  in  seiner 
Wirkung  sehr  an  Hydrokotarnin ,  von  dem  es  nur  um  zwei  Wasserstoffe 
differiert. 

Hydrokotarnin  macht  tetanische  und  narkotische  Symptome,  ähnlich  wie 
Kodein,  es  ist  aber  weniger  giftig  als  Thebain  und  Kodein,  aber  giftiger  als 
Morphin,  es  hat  die  typische  Wirkmig  der  Morphingruppe. 

Äthylhydrokotarninchlorhydrat  wirkt  am  Auge  anästhesierend.  0.002  g 
sind  für  Frösche  letal.  Es  macht  Klrämpfe  und  zentrale  sowie  periphere  Läh- 
mung. Bei  Warmblütern  ist  es  ein  heftiges  Krampfgift.  Propylhydrokotarnin- 
chlorhydrat  wirkt  wie  das  Äthylderivat  bei  sonst  gleichen  Dosen. 

Phenylhydi'okotarnin  und  Benzylhydrokotarnin  sind  als  Chlorhydrate 
auffallend  schwächer  wirksam  als  die  Äthyl-  und  Propylderivate. 

Dihydrokotaminchlorhydrat  ist  stark  giftig,  es  verursacht  Kjämpfe  mid 
Tod«). 


1)  Martin  Freund  und  Karl  Fleischer,  BB.   45,  1171   (1912);  DKP.  245  622. 

2)  M.  Freund  und  K.   Fleischer  (Heinz-Erlangen),  BB.   45,    1182  (1912). 
=)  Brit.  med.   Jovu-n.   1891,   24.  Jan. 

*)  Martin  Freund  und  Heinz,  BB.   39,   2219  (1906). 


430  Alkaloide. 

Kotamin  unterscheidet  sich  vom  Hydrastinin  nur  dadurch,  daß  es  an 
Stelle  eines  Wasserstoffatoms  die  Gruppe  — OCH3  enthält.  Es  wirkt  blut- 
stillend und  kommt  unter  dem  Namen  Stypticin  in  den  Handel.  Stypticin^) 
macht  bei  Tieren  zuerst  eine  Erregung  des  Zentralnervensystems  und  dann 
eine  allgemeine  Paralyse.  Der  Tod  erfolgt  durch  Atmungslähmung.  Es  zeigt 
also  Kotamin  im  allgemeinen  dieselbe  Wirkung  wie  seine  Muttersubstanz 
Narkotin,  auch  schwache  hypnotische  Eigenschaften  kommen  beiden  zu. 
Pio  Marfori^)  zeigte,  daß  dem  Kotamin  keine  gefäßverengemden  Eigen- 
schaften zukommen  wie  dem  Hydrastinin,  welche  seine  blutstillenden  Eigen- 
schaften erklären  würden.  Aiich  die  Gterinnung  des  Blutes  wird  durch  dieses 
Mittel  nicht  begünstigt. 

Als  die  wahrscheinhchste  Ursache  dieser  blutstillenden  Wirkung  des 
Stypticins  kann  angenommen  werden,  daß  ihm  die  Fähigkeit  eigen  ist, 
die  Atmung  zu  verlangsamen,  den  arteriellen  Blutdruck  zu  verringern  und 
hierdurch  eine  Verlangsamung  des  gesamten  Blutstromes  hervorzurufen, 
wodurch  die  Thrombenbildung  begünstigt  und  dem  Blutaustritt  ein  Ziel  ge- 
setzt wird. 

Das  Eintreten  der  einen  Methoxylgruppe  macht  also  eine  so  große 
Differenz  in  der  Wirkungsart  beider  Substanzen,  des  Hydrastinins  und  des 
Stypticins;  obgleich  der  blutstillende  Effekt  derselbe,  so  ist  die  Ursache 
der  blutstillenden  Eigenschaft  in  physiologischer  Beziehung  eine  durchaus 
verschiedene. 

Kotamin  wirkt  schwächer  als  das  nahe  verwandte  Hydrastinin  in  bezug 
auf  die  Blutstillung,  es  löst  aber  Wehentätigkeit  aus,  was  Hydrastinin  nicht 
tut  und  wirkt  auch  nicht  narkotisch^),  besitzt  aber  nach  Mohr  (Privatmit- 
teilung) sedative  Wirkung. 

Die  große  Billigkeit  des  Kotarnins  sichert  ihm  neben  dem  tevu'eren  Hydra- 
stinin einen  Platz  in  der  Therapie. 

St3rptol  ist  phthalsaures  Kotamin.    Phthalsäure  soll  nämhch  ebenfalls  blut- 
stillend wirken^). 

Martin  Freund')  verbindet  Kotarninsuperoxyd  mit  Phthalsäure  und  Cholsäiire 
und  erhält  glatt  die  reinen  Salze  des  Kotarnins. 

Man  stellt  Phthalsäure  Salze')  des  Kotarnins  her,  entweder  durch  direkte  Vereinigung 
von  Säure  und  Base  oder  durch  Umsetzung  der  Salze  beider.  Die  Phthalsäure  soll  für 
sich  schon  entzündungswidrig  und  blutstillend  wirken. 

Man  erhält  diese  Salze  auch  durch  Zusammenbringen  von  Phthalsäureanhydrid  und 
Kotarnin'),  ebenso  kann  man  das  saure  Phthalat  darstellen. 

Nach  den  Untersuchungen  von  Kehrer^)  wirkt  Cholsäure  auf  den  Uterus  stark  kon- 
trahierend, weshalb  ein  Salz  von  Cholsäure  und  Kotarnin  diu-ch  Auflösen  molekularer 
Mengen  hergestellt  wird').  Man  erhält  dasselbe  Salz,  wenn  man  Cholsäure  und  Kotamin 
in  Form  ihrer  Salze  aufeinander  einwirken  läßt'"). 

Ein  Doppelsalz  aus  einem  Molekül  Eisenchlorid  und  zwei  Molekülen  salzsaiirem 
Kotarnin^i)  kann  man  bei  gewöhnlicher  Temperatur  in  Gegenwart  eines  Lösungsmittels 
erhalten. 

Acetylnarkotin^'')  soll  weniger  giftig  sein  als  Narkotin  selbst.  Man  erhält  es  aus  Nar- 
kotin mit  Essigsäureanhydrid  bei  Gegenwart  von  Schwefelsäure  in  der  Wärme. 

Narkotinsulfosäure'^)  erhält  man  aus  Narkotin,  Essigsäureanhydrid  xmd  Schwefel- 
säure bei  Temperaturen,  welche  nicht  höher  sind  als  30°. 


1)  Therap.  Monatshefte  1895,  646;   1896,  28.         ^)  Arch.  ital.  de  Bio..  1897,  fasc.  2. 

3)  Virchows  Arch.   142,  360.  *)  Katz,  Therap.   Monatshefte   1903.  Juni. 

"*)  DRP.  232  003.       «)  DRP.  175  079.       ')  DRP.  180  395,  Zusatz  zu  DBF.   175  079. 

«)  Arch.  f.  Gynäkol.  84,  Heft  3.  ")  Hoff  mann  -  La  Roche,  DRP.  206  696. 

1»)  DRP.  208  923,  Zusatz  zu  DRP.  206  696.         n)  Voswinkel,  DRP.   161400. 
»2)  KnoU,  DRP.   188  055.         ")  KnoU,  DRP.   188  054. 


Hydrastis.  431 

Tetrahydronarkotinchlorhydrat  besitzt  geringe  Reizwirkimg,  deutliche 
lokalanästhesierende  Wirkung,  ist  wenig  giftig  und  erzeugt  ausgesprochene 
Blutdrucksenkung  infolge  Gefäßerweiterung  i). 

Wolffenstein  vind  Bandow  empfehlen  zur  Darstellung  des  Hydrokotamins, 
welches  bis  jetzt  ohne  praktische  Verwendung  ist,  statt  Kotamin  mit  Zinn  imd  Salzsäure 
zu  reduzieren,  die  elektrolytische  Reduktion  2). 

MethylendihydrokotaniinchJorhydrat  ist  sehr  wenig  giftig.  Intravenös 
injiziert  macht  es  promptes  Absinken  des  Blutdruckes  mit  starker  Pulsverlang- 
samung,  dann  Wiederansteigen  bis  zur  Norm,  aber  keine  Blutdrucksteigerung. 
Auf  die  glatte  Muskiilatur  des  Uterus  wirkt  es  nicht  kontrahierend*). 

Für  die  praktische  Verwendung  ist  Hydrastin  wenig  geeignet  seiner  läh- 
menden luid  strychninartig  tetanisierenden  Eigenschaften  wegen.  Dagegen 
ist  Hydrastinin  ein  geschätztes  Präparat,  da  es  nicht  Tetanus  erzeugt,  auch 
kein  Herzgift  ist,  dabei  aber  gefäßverengemd  und  dadurch  blutstillend  wirkt, 
weshalb  es  besonders  bei  Uterusblutungen  Anwendung  findet*).  Werden  die 
Alkyladditionsprodukte  des  Hydrastins  und  Narkotins  durch  Ammoniak  zer- 
setzt, so  entstehen  Derivate  mit  zwei  Stickstoffatomen.  So  entstehen  Alkyl- 
hydrastamide  und  Alkylnarkotamide. 

Die  so  aus  Xarkotin  und  Hydrastin  entstehenden  Verbindimgen  (Methyl- 
aminoverbindungen)  erzeugen  bei  Warm-  und  Kaltblütern  Lähmungen  rein 
peripherer  Xatur.  Sie  sind  in  kleinen  Dosen  ohne  jede  Einwirkung  auf  das 
Herz  und  wirken  erst  in  größeren  Dosen  und  nach  längerer  Zeit  lähmend  ein. 
Beide  bewirken  —  die  Hydrastinverbindimg  jedoch  ein  wesentUch  stärkeres  — 
Sinken  des  Blutdruckes;  der  Tod  erfolgt  durch  Atmungsstillstand. 

Die  aus  diesen  Verbindungen  endlich  durch  Einwirkimg  von  Säuren 
imter  Abspaltung  eines  Moleküls  Wasser  entstehenden  Imidverbindungen  er- 
zeugen bei  Warm-  und  Kaltblütern  zuerst  ein  Stadium  einer  unvollkommenen 
Lähmimg,  auf  das  alsdann  ein  mit  der  Steigerung  der  Reflexe  beginnendes 
Krampfstadium  folgt.  Beide  üben  einen  lähmenden  Einfluß  auf  das  Herz 
aus,  sie  bewirken  Blutdrucksenkmig ,  die  Hydrastinverbindimg  jedoch  eine 
wesentUch  stärkere  infolge  starker  Gefäßerschlaffung.  Der  Tod  erfolgt  durch 
AtmungsstUIstand . 

Die  von  Falck  ausgeführten  Untersuchungen  haben  gezeigt,  daß  die 
gleich  konstituierten  Derivate  des  Xarkotin  und  Hydrastin  eine  nahe  phar- 
makologische Verwandtschaft  besitzen,  anderseits  finden  sich  aber  auch  Ver- 
schiedenheiten in  ihren  Wirkungen.  Wenn  wir  von  unwesentUchen  Wirkungen 
absehen,  z.  B.  daß  Methylnarkotimid  lokal  anästhesierend  wirkt,  so  fäUt  vor 
allem  der  wesentliche  Unterschied  auf,  daß  alle  Xarkotinderivate,  wenn  auch 
eine  verschieden  starke  Einwirkung  auf  das  Großhirn  zeigen;  sie  erzeugen  ein 
narkotisches  Stadium,  während  die  aus  der  Hydrastis  canadensis  stammenden 
Hydrastinderivate  alle  eine  Einwirkung  auf  das  Gefäßsystem  und  den  Blut- 
druck ausüben.  Während  wir  aber  bei  Hydrastin  eiae  durch  tiefes  Sinken  des 
Blutdruckes  unterbrochene  Steigerung  des  Druckes  finden,  besitzen  die 
Additionsprodukte  des  Hydrastins,  z.  B.  Hydrastinmethylamid  nur  gefäß- 
erschlaffende Eigenschaften,  sie  erzeugen  Blutdrucksenkung,  hingegen  ruft 
das  durch  Oxydation  entstehende  Spaltungsprodukt,  Hydrastinin,  anhaltende 


1)  M.  Freund,  BB.  45,  2322  (1912).  -)  DRP.  94  949. 

')  M.  Freund  und  A.  Daube  (Heinz-Erlangen),  BB.  45,  1186  (1912). 
*)  Decker,  Kropp,  Hoyer  imd  Becker,  Liebigs  Ann.  395,  299,  321,  328,  342 
(1913). 


432  Alkaloide. 

Gtefäßkontraktion  und  Blutdrucksteigerung  hervor.   Mohr^)  konnte  dies  nicht 
beobachten. 

Beim  Menschen  übt  Methylnarkotamid  keine  sichere  und  gleichmäßige 
Wirkung  aus,  es  besitzt  weder  vor  Morphin,  noch  vor  Kodein  Vorzüge.  Methyl- 
hydrastamid  ist  weniger  toxisch  als  das  Imid  und  wiu-de  wegen  seiner  gefäß- 
erschlaffenden Wirkung  als  Emmenagogum  mit  größtem  Mißerfolg  versucht, 
auch  Kotarnin  steht  weit  hinter  Hydrastinin  ziu-ück. 

Die  oben  besprochenen,  von  Falck  physiologisch  geprüften  Derivate  des  Hydrastins 
und  Narkotins  werden  nach  M.  Freund  und  Heim^)  in  der  Weise  erhalten,  daß  die 
Alkylhalogenadditionsprodukte  des  Hydrastins  und  Narkotins  durch  Ammoniak  in  eigen- 
tümlicher Weise  zersetzt  werden,  wobei  Derivat«  mit  zwei  Stickstoffatomen  entstehen. 
Dieselben  Verbindungen  entstehen  auch  durch  Einwirkung  von  Ammoniak  auf  Methyl- 
hydrastin  und  Methylnarkotin. 

Beim  Kochen  mit  Kalilauge  verwandelt  sich  Hydrastinm  in  Hydrohydrasti- 
nin  und  Oxyhydrastinin. 


Hydrastinin 
CHj 

.  ^^0-fYy^. 

CHO 

Hydrohydrastinin 
CH2 

H  C/O-^A^^^ 

^^o-UUn-ch 
CH2 

Oxyhydrastinin 
CHjj 

CO 

Durch  Reduktion  von  Kotarnin  mit  Natriumamalgam  und  verdünnter 
Salzsäure  erhält  man  Hydrokotamin 

CH3O    CH, 

CH, 

Dieses  hefert  bei  der  Reduktion  mit  Natrium  mid  siedendem  Amylalkohol 
unter  Verlust  des  Alkoxyls  Hydrohydrastinin 

CHj 

/Of^  Y^N  •  CH3 


CHj 

womit  ein  einfacher  Weg  vom  Narkotin  zum  Hydrastin  bzw.  von  Kotarnin 
zum  Hydrastinin  erschlossen  erschemt^). 

Hydrohydrastinin  hat  eine  krampferregende  Wirkiuig.  Warmblüter  sterben 
auf  der  Höhe  eines  KrampfanfaUes  oder  nach  diesem  an  Atmungslähmimg*). 

Die  Synthese  des  Hydrohydrastinins  läßt  sich  nach  Fritsch  in  folgender 
Weise  bewerkstelligen. 

Man  kann  Alkyloxybenzylidenaminoacetal^)  (aus  Aminoacetal  imd  Alkyloxybenz- 
aldehyd)  mit  konz.  Schwefelsäure  kondensieren,  welche  Kondensation  schon  beim  bloßen 


')  Mohr,  Privatmitteilung.  ^)  DRP.  58  394.  —  Liebigs  Ann.  2TI,  314. 

ä)  F.  L.  Pyman  und  F.  G.  C.  Remfrv,  Jovu-n.  Soc.  Chem.  London  101,  1595  (1912). 

*)  Kramm,  Diss.   Berlin  (1893).  ^  Fritsch,  DRP.   85  566. 


Hydrastis.  433 

Stehenlassen  eintritt,  und  erhält  so  Methylen-2.3-diox3äsochinolin,  welches  in  nahen  Be- 
ziehungen zum  Hydrastinin  steht  und  in  dieses  übergeführt  werden  kann^). 

Piperonalacetalamin  Methylendioxyisochinolin 

/O  •  { ^,CH :  N  •  CHj  •  CHCOCjHjjj  /O  •  ,/  \-CB.  =  N 

CH/  »      CH, 


\o  •  1^  ^  "  \0  •  !^  J-CH = CH 

Das  Jodmethylat  der  letztgenannten  Verbindung  liefert  bei  der  Reduktion 
mit  Natrium  und  Alkohol  Hydrohydrastinin*). 

Die  Berberinsynthese ^)  verläuft  folgendermaßen: 

Homopiperonylamin  CH2O2  :  CgHg  •  CHj  •  CHg  •  NHj  wird  mit  Homo- 
veratrumsäurechlorid  (0130)2  •  CgHg  •  CHj  •  COCl  zu  Homoveratroylhomo- 
piperonylamin  (I)  kondensiert.  Dieses  wird  in  kochender  XyloUösung  mit 
Phosphorpentoxyd  erhitzt,  wobei  miter  Austritt  eines  Moleküls  Wassers  die 
dihydrierte  Isochinohnbase  (11)  entsteht,  welche  durch  Reduktion  mittels 
Zinn  mid  Salzsäure  sich  in  Veratryl-  norhydrastinin  (III)  verwandelt. 

(I)  CH2  (H)  CHj  (ni)  CHjj 

CH/On^>3         —-         CH/2n''^£°^        -^         CH/OH^Yh, 


CO  C  CH 

CHg  CH2  CH2 


OCHj 
ÖCH3  ÖCH2 

Läßt  man  auf  die  warme  salzsaure  Lösimg  Methylal  einwirken,  so  erhält 
man  Tetrahydroberberin 

CH, 


HC    \,CH, 


^K)\, 


OCH, 
^/OCHj 

Tetrahydroberberin  läßt  sich  nim  durch  Oxydation  in  Berberin  verwandeln. 

Aus  Homopiperonylamin  und  Phenylessigsäure  entsteht  Phenylacetylhomopiperonyl- 
O,  :  CjHj  •  CH.J  •  CHj  •  NH  •  CO  •  CHj  •  CjHj.  Dieses  läßt  sich  zu  einer  Ring- 
base kondensieren:  zu  l-Benzyl-norhydrastinin. 

Formylhomopiperonylamin  geht  in  Norhydrastinin  über.  Dieses  geht  durch  Addition 
von  Jodmethyl  in  das  quatemäre  Salz  des  Hydrastinins  über*). 

Norhydrastinin  Hydrastininjodid 

H  H  3  /\ 

OHH 


1)  Bayer,  Elberfeld,  DRP.  235  358.  "j  Liebigs  Ann.  284,   18. 

')  Am6  Pictet  und  Alfons  Gams,  BB.  44,  2480  (1911). 
«)  DRP.  235  538. 

Fiänkel,  Arzneimittel-Synthese.    5.  Aull.  28 


434 


Alkaloide. 


Neuerdings  ist  Hydrastinin  von  Martin  Freund  und  Karl  Fleischer* 
durch  Abbau  des  Berberinmoleküls  erhalten  worden. 


(I)  |/'\_o)^^ 

CH 

'cH, 


N 
I  CH      CH. 

CH3O  I 

C.Hj.CHj 


(H) 


CH,0 


0\r 


/X-PCH, 


CH      CH, 
CH3O  I 


(UI) 


CH,0-' 


0\r 


/\-o>^^ 


I  CO  I        CH, 

CH3O  CH, 

(VI)       ^ 

0\ 


.0' 


CH, 


Benzyldihydroberberin  (I),  aus  Berberinsalzen  mit  Benzylmagnesium- 
chlorid  erhältlich^),  gibt  bei  der  Reduktion  mit  Zinn  und  Salzsäure 
Benzyltetrahydroberberin  (II),  welches  nach  der  Jodmethylienmg ,  Ent- 
joden mit  Silberoxyd,  Aufspaltung  mit  Alkali  in  die  Desbase  (III) 
übergeht.  Die  Ähnlichkeit  der  Konstitution  dieser  Verbindung  mit  Hydra- 
stin  (IV)  erhellt  aus  der  Gegenüberstellung  der  beiden  Formeln.  Tat- 
sächlich zerfällt  auch  diese  Base  bei  der  Oxydation  in  essigsaiu'er  Lösung 
mit  Natriumbichromat  in  Hydrastinin  (VI)  imd  einen  stickstoffreien 
Aldehyd  (V)^). 

Von  M.  Fre u nd  und  K.  Fleischer*)  ist  festgestellt  worden ,  daß  die  AJkyl- 
dihydroberberLne  (z.  B.  1 -Benzyldihydroberberin  I)  in  Stellung  4  ein  so  reak- 
tionsfähiges Wasserstoffatom  besitzen,  so  daß  bei  der  Digestion  dieser  Basen 


1)  Liebigs  Ann.  397,  4,  36  (1913).  =)  DRP.   179  212. 

3)  DRP.  241  136  und  DRP.  242  217. 

»)  Liebigs  Ann.  409,  190  (1915);  vgl.  DRP.  242  573. 


Hydrastis.  435 

mit  Jodmethyl,  nicht  wie  zu  erwarten,   ein  Jodmethylat  entsteht,   sondern 
lediglich  die  Substitution  des  H-Atom  durch  Methyl  erfolgt  (VII). 


0\^xx  nrr  ^\~0\ 


,_0>CH»  (vm)  CH3      /\ 


CH. 


^^2 

Hydrastinin 

Auch  diese  Basen  lassen  sich  reduzieren  (VIII).  Die  aus  der  reduzierten 
Verbindung  dvirch  Jodmethylierung  und  Aufspaltung  entstehende  Desbase  (IX), 
eine  homologe  Verbindung  der  obenerwähnten  (III),  liefert  bei  der  Oxydation 
ebenfalls  Hydrastinin  (X). 

Es  ist  bemerkenswert,  daß  bei  Ersatz  der  Benzylgruppe  in  Stellung  1 
durch  ein  anderes  Radikal  bei  der  Aufspaltmig  Desbasen  von  anderem  Formel- 
typus erhalten  werden,  die  bei  der  Oxydation  kein  Hydrastinin  hefem^). 

Dagegen  konnte  Hydrastinin  von  M.  Freund  und  E.  Zorn^)  in  der  Weise 
gewomien  werden ,  daß  die  durch  Behandlmig  des  Methylhydroxyds  des  1-Phe- 
nyltetrahj'droberberins  (XI)  mit  Natriumamalgam  entstehende  reduzierte 
Desbase  (XII)  oxydiert  wurde. 


CH,0 


/\-o>^^" 


OCH        I 

i       CH, 
CH, 


1)  Liebigs  Ann.  397,  9  (1913).  2)  Liebigs  Ann.  39T,  29,  113  (1913). 

28* 


436  Alkaloide. 

Die  ausgeprägte  Reaktionsfähigkeit  des  H- Atoms  in  Stellung  4  der  l-R- 
dihydroberberine  ist  von  M.  Freund  und  K.  Fleischer^)  benutzt  worden, 
um  diese  BerberinabkömmLinge  mit  Diazoniumlösungen  zur  Reaktion  zu 
bringen.  Auf  diese  Weise  ist  eine  Kuppelung  eines  Berberinabkömmlings  mit 
Arsanilsäure  gelungen. 

(siehe  Kapitel  Arsen). 


Die  Patente  DRP.  249  723,  257  138,  267  699,  267  700,  270  859  behandeln  Dar- 
stellungen von  Hydrastinin  aus  Homopiperonylamin. 

Hydrastimn  wird  nach  einer  Variante  des  DRP.  241  136  nach  DRP.  259  873  aus 
Berberin  dargestellt,  indem  man  die  Aryltetrahydroberberine  mit  reduzierenden  Mitteln 
behandelt  und  die  Basen  dann  oxydiert. 

DRP.  267  272  behandelt  die  Oxydation  von  Dihydrohydrastinin  zu  Hydrastinin  mit 
Jod  in  organischen  Lösungsmitteln. 

Hydrohydrastinin  und  dessen  Homologe  erhält  man,  wenn  man  N-Methoxymethyl- 
homopiperonylamin  oder  dessen  in  der  Stellung  2  oder  3  alkylierte  Derivate  der  allgemeinen 
Formel  CH2<02>CeH3  •  C^Ha  •  C^HfR^)  •  NafRiJCHj  •  OCH3  (R,  und  Rj  =  Wasserstoff 
oder  Alkyl)  der  Einwirkung  kondensierender  Mittel  unterwirft.  Hydrohydrastinin  er- 
hält man  aus  N-Methylmethoxymethylhomopiperonylamin  CH2<02>C5H3  •  CHj  •  CH2 
-  NICHgjCHj  •  OCH3  in  Toluol  bei  Erhitzen  mit  Phosphorpentoxyd.  N-Äthylnorhydro- 
hydrastinin    aus    N-Äthylmethoxymethylhomopiperonylamin    CH2<02>C5H3  •  CHj  •  CHj 

•  N(C2H5)CH2  •  OCH3  und  der  berechneten  Menge  Salzsäure.  3-Methylnorhydrohydrastin- 
chlorhydrat  erhält  man  aus  N-Methoxymethyl-3-methylhomopiperonylamin  CH2<02>CjH3 

•  CH,  •  CH(CH3)  •  NHCH2  •  OCH3  beim  Einstampfen  mit  der  berechneten  Menge  Salz- 
säure^). 

Hydrastininderivate  erhält  man  durch  Behandlung  von  Homopiperonylaminderivaten 

der  allgemeinen   Formel  CHjx"    I     1  ^  >       -   ' .  N\  -^.-tt  ,  wobei  R  Wasserstoff, 

Alkyl  oder  Aralkyl  ist,  mit  sauren  Kondensationsmitteln,  wie  Phosphorpentoxyd,  Phos- 
phorpentachlorid,  Aluminiumchlorid  oder  Chlorzink,  und  gegebenenfalls  Alkylierung  oder 
Aralkylierung  der  aus  den  Formylderivaten  der  primären  Basen  entstandenen  6. 7-Methylen- 
dioxy-3.4-dihydro-3-alkylisochinoline  am  Stickstoffatom.  Aus  3.4-MethylendioxyphenyI- 
N-methylformylisopropylamin  erhält  man  beim  Erhitzen  mit  Phosphorpentoxyd  in  Xylol, 
Lösen  der  abgeschiedenen  Metaphosphate  in  Benzol  und  Fällen  mit  Alkali  die  Isochinolin- 
base 


CH     OH 


Aus  3.4-Methylendioxyphenyl-N-formylisopropylamin  erhält  man  die  Isochinolinbase 

CH2 
^O,/ V^,CH  •  CH3ä) 


CHj^ 


oU\Jn 


CH 

Die  Formylverbindung  des  Homopiperonylamins  erwärmt  mau  mit  Phosphorpent- 
oxyd und  erhält  6.7-Methylendioxy-3.4-dihydroisochinolin,  welches  durch  methylierende 
Mittel  in  Hydrast ininsalze  übergeführt  wird*). 

1)  Liebigs  Ann.   411,   1,  5,    12  (1915).  ^j  Merck,  DRP.   280  502. 

')  Merck,  DRP.  279  194.  *)  Decker,  DRP.  234  850. 


Hydrastis.  437 

Statt  Phosphorpentoxyd  kann  man  auch  andere  saure  Kondensationsmittel,  wie  z.  B. 
Phosphorpentachlorid,  Phosphoroxychlorid,  Eisenchlorid,  Zinkchlorid  oder  Aluminium- 
chlorid  verwenden.  Die  gleiche  Reaktion  geben  ganz  allgemein  die  Formyl-  und  Oxalyl- 
verbindungea  von  oj-Phenyläthylaminen.  Die  so  erhaltenen  Dihydroisoehinolinderivate 
werden  gegebenenfalls  methyliert.  Diese  Verbindungen  sind  von  den  im  DRP.  235  358 
beschriebenen  Methj'lendihydroisoclünolinderivaten  dadurch  unterschieden,  da(3  zum  Teil 
am  Kohlenstoff  in  1 -Stellung  nicht  alkylierte  Dihydroisochinolinbasen  entstehen,  zum 
Teil  Derivate,  die  sich  von  einer  3.4-Dihydroisochinolin-l-carbonsäure  ableiten^). 

Man  erhält  ein  Tetrahydroisochinolinderivat,  wenn  man  die  nach  DRP.  257  138 
durch  Kondensation  von  Homopiperonylamin  mit  Formaldehyd  und  nachfolgende  Um- 
lagerung  mit  sauren  Mitteln  erhältliche  Base  CiqHuNOj  mit  methylierenden  Mitteln  be- 
handelt 2). 

Tetrahydroisochinolinderivate  erhält  man,  wenn  man  zwecks  Darstellung  von  N-Alkyl- 
homologen  des  Hydrohydrastinins  bzw.  von  in  1-Stellxmg  durch  Alkyl  oder  Aryl  sub- 
stituiert« Derivate  des  Hydrohydrastinins  und  anderer  N-Alkylderivate  des  Norhydro- 
hydrastinins  das  6.7-Methylendioxy-1.2.3.4-tetrahydroisochinolin  (Norhydrastinin)  mit 
alkylierenden  Mitteln  (außer  methylierenden)  behandelt  bzw.  die  in  1-SteUung  durch 
Alkyl  oder  Aryl  substituierten  Derivate  dieser  Base  alkyliert.  Dargestellt  wurden:  1-Phenyl- 
hydrohydrastinin  aus  l-Phenylhydronorhydrastuiin  beim  Erhitzen  mit  Formaldehyd  auf 
130°.  X-Äthylhydronorhydrastinin  aus  Hydronorhydrastinin  und  Jodäthyl,  femer  N-Ben- 
zylhydronorhydrastinin  '). 

Homopiperonalamin  erhält  man  durch  Reduktion  des  Homopiperonaloxims 


bzw.  des  Methylendioxy-(.j  nitrostyrols  mit  reduzierenden  Mitteln,  und  zwar  bei  Reduktion 
des  Homopiperonaloxims  mit  Natriumamalgam  unter  Verwendung  einer  größeren  Menge 
Eisessig,  als  zur  Neutralisation  des  bei  dieser  Reduktionsmethode  entstehenden  Natrium- 
hydroxyds erforderlich^). 

Das  Oxim  kann  auch  in  alkoholischer  Lösung  mit  Hilfe  von  metallischem  Natrium 
oder  Calcium  reduziert  werden^). 

Die  Reduktion  des  Homopiperonaloxims  läßt  sich  auch  in  saurer  Lösung  oder  Suspen- 
sion mit  Hilfe  des  elektrischen  Stromes  vornehmen^). 

Methylendioxy-fo-nitrostyrol  läßt  sich  ebenfalls  mit  Hilfe  des  elektrischen  Stromes 
in  saurem  Medium  zum  Homopiperonalamin  reduzieren'). 

Kondensationsprodukte  aus  Tetrahydropapaverin  und  dessen  Derivaten  erhält  man, 
wenn  man  auf  Tetrahydropapaverin  oder  dessen  Kemsubstitutionsprodukte  aliphatische 
oder  aromatische  Aldehyde,  zweckmäßig  in  Form  der  entsprechenden  Acetate,  in  Gegen- 
wart einer  Mineralsäure  einwirken  läßt. 

Beschrieben  sind  Methylent«trahydropapaverin  aus  Tetrahydropapaverin  beim  Er- 
wärmen mit  Methylal  und  verdünnter  Salzsäure,  Athylidentetrahydropapaverin,  Amino- 
äthyliden tetrahydropapaverin,  BenzyHdente trahydropapaverin  ^ ). 

N-Alkylhomologe  des  Norhydrohydrastinins  und  deren  in  1-Stellung  substituierten 
Derivate  erhält  man,  wenn  man  auf  N-Monoalkylderivate  des  Homopiperonylamins  alipha- 
tische oder  aromatische  Aldehyde  in  äquimolekularer  Menge  einwirken  läßt  und  die  so 
erhaltenen  Kondensationsprodukte  mit  katalytisch  wirkenden  Stoffen,  wie  Mineralsäuren 
oder  Phosphoroxychlorid,  in  der  Wärme  behandelt.  Bei  der  HersteUimg  des  N-Methyl- 
norhydrohydrastinins  (Hydrohydrastinin)  kann  Methylierung  und  Kondensation  in  einem 
Arbeitsgang  erfolgen,  wenn  man  Homopiperonylamin  in  Gegenwart  von  Säuren  mit  einem 
Überschuß  von  Formaldehyd  unter  Druck  erhitzt.  HydrohydrastinincMorhydrat  erhält 
man  aus  N-Monomethylhomopiperonylaminchlorhydrat.  N-Äthylnorhj'drohydrastinin  ent- 
steht beim  Erhitzen  von  salzsaurem  N-Monoäthj-lhomopiperonylamin  mit  40prozentigem 
Formaldehyd  unter  Druck  auf  130°. 

1-Phenyl-N-äthylnorhydrohydrastinin  erhält  man  aus  N-Monoäthylhomopiperonyl- 
amin,  Benzaldehyd  und  Phosphoroxychlorid'). 

Zur  Darstellung  des  Hydrohydrastinins  aus  N-Methylhomopiperonylamin  oder  Mono- 
piperonylamin  kann  man  an  Stelle  des  Formaldehyds  zweckmäßig  polymeren  Formaldehyd 

1)  Decker,  DRP.  245  095,  Zusatz  zu  DRP.  234  850. 

2)  Decker,  DRP.   281  213,  Zusatz  zu  DRP.   270  859. 

')  Decker,  DRP.   270  859.  *)  Bayer,  DRP.   245  523. 

5)  DRP.   257  138,  DRP.   248  046,  Zusatz  zu  DRP.   245  523. 

«)  DRP.  254  860,  Zusatz  zu  DRP.  245  523.     ')  DRP.  254  861,  Zusatz  zu  DRP.  245  523. 

«)  Arne  Pictet,  DRP.  281  047.  =>)  DRP.  281  546,  Zusatz  zu  DRP.  257  138. 


438  Älkaloide. 

gegebenenfalls  in   Gegenwart  eines  geeigneten   Lösungs-   oder   Verdünnungsmittels  ver- 
wenden 1). 

In  1-SteUung  alkyUerte,  aralkyUerte  oder  arylierte  Hydrastinine  erhält  man,  indem 
man  auf  die  Acidylderivate  des  Homopiperonylamins  mit  Ausnahme  des  Formylderivates 
Kondensationsmittel  einwirken  läßt  \md  die  so  erhaltenen  DihydroiBochinolinbasen  in  ihre 
Halogenalkylate  oder  -arylalkylate  überführt. 

Acetylhomopiperonylamin    CHj/    H     j      ^      -^  3    gj^j^    beim   Er- 

hitzen   mit    Toluol    und    Phosphorpentoxyd    6.7-Methylendioxy-l-methyl-3.4-dihydroiso- 
chinolin;  aus  dem  Jodmethylat  erhält  man  mit  Chlorsilber  das  Chlormethylat  (salzsaures 

^^/CHj  •  CHj 
1-Methylhydrastinin)    CHo^  „  ~„  t    mit    Benzylchlorid   erhält    man    das 

CH3  C' 

Chlorbenzylat.     Aus    Homopiperonylamin    und    Phenacetylchlorid   entsteht    Phenacetyl- 
homopiperonylamin 

CH/*^~A-^2  ■  CHj  •  XH  •  CO  •  CHj  •  CsHj 

Dieses  liefert  mit  Phosphorpentoxyd  beim  Erhitzen  mit  Toluol  6.7-Methylendioxy-l- 
benzyl-3.4-dihydroisochinolin,  dessen  Chlormethylat  (salzsaures  1-Benzylhydrastinin).   Das 

/^/CHj  ■  CHj 
Jodäthylat  CH,(("n  1  ist  krystallisiert. 

"^^    \/\C— N-C2H5 

I  ^J 

CHo  '  *-^6      s 

Benzoylhomopiperouylamin  hefert  beim  Erllitzen  mit  Toluol  und  Phosphoroxychlorid 
6.7-Methylendioxy-l-phenyl-3.4-dihydroisochinolin^). 

Diese  Substanzen  zeigen  die  gefäßkontrahierenden  Eigenschaften  des 
Hydrastinins. 

Wenn  man  Formylhomopiperonylamin  mit  Phosphorpentoxyd  mit  oder  ohne  Zusatz 
von  indifferenten  Lösungsmitteln  erwärmt  und  das  so  erhaltene  6.7-lIethylendioxy-3.4- 
dihydroisochinolin  mit  methylierenden  Mitteln  behandelt,  so  erhält  man  Hydrastininsalze'). 

Hydrastinin  und  analoge  Basen  erhält  man  aus  Berberin,  wenn  man  Basen,  welche 
aus  den  quaternären  Verbindungen  der  Ä-Alkyl-,  a -Alkaryl- oder  -v-Aryltetrahydroberberine 
durch  Einwirkung  von  AlkaUen  in  der  Wärme  erhalten  werden,  der  Oxydation  unterwirft*). 

Das  Zusatzpatent  hierzu  zeigt •*)  nun,  daß  in  der  a-Arylreihe  die  Aufspaltung  nicht  in 
derselben  Weise  sich  vollziehen  kann,  weil  das  zu  dieser  Aufspaltung  erforderliche  Wasser- 
stoff atom  fehlt.  Man  kann  aber  quatemäre  Ammonium  Verbindungen  des  a-Phenyltetra- 
hydroberberins  und  analoger  Basen  im  Kern  II  aufspalten,  wenn  man  sie  mit  reduzierenden 
Mitteln,  z.  B.  Natriumamalgam,  behandelt.  Man  erhält  dann  Basen,  welche  bei  der  Oxy- 
dation Hydrastinin  Uefern. 

Derivate  des  Hydrastinins  erhält  man,  wenn  man  Methylendioxyphenyüsopropylamin 
mit  Formaldehyd  oder  Formaldehyd  abspaltenden  Stoffen  und  katalytisch  wirkenden 
Mitteln  behandelt  und  das  entstehende  Kondensationsprodukt  oxydiert  oder  das  ent- 
standene Alkylidenamin  mit  Hilfe  von  katalytisch  wirkenden  Mitteln  umlagert,  alkyUert 
und  die  so  entstandenen  Körper  oxj'diert,  e%-tl.  mit  Jod. 

Dargestellt  wurde  3-Methyldihydrohydrastinin  und  S-Methyl-N-äthylnorhydrastinin, 
welche  weniger  giftig  sind  als  Hydrastinin  °). 

Die  Synthese  des  Hydrastinins  luid  Kotamins  von  H.  Decker  läuft 
folgendermaßen:  Aus  dem  Kondensationsprodukte  von  Piperonal  mit  Hip- 
pursäure  läßt  sich  die  Piperonylbrenztraubensäure  darstellen,  welche  durch 
Einwirkung  von  Ammoniak  in  ein  Homopiperonylpiperonylalanin 

nTi  /Of^  •  CH,  •  CH(COOH)  ■  NH  •  CO  •  CH,  ■  i^0\„„ 

^^^\ol  J  l  Jo/^"^ 


1)  DRP.  281  547,  Zusatz  zu  DRP.  257  138.  ^)  DRP.  235  358. 

=)  H.  Decker,  Hannover,  DRP.  234  850.  *)  M.  Freund,  DBP.  241  136. 

5)  DBP.  259  873,  Zusatz  zu  DRP.  241  136. 

«)  Karl  W.  Rosenmund,  Charlottenburg,  DRP.  320  480. 


Hydrastis.  439 

übergeht.     Das    um    ein    Kohlensäuremolekül    ärmere    Homopiperonylhomo- 
piperonylamin  geht  in  ein  substitutiertes  DihydroisochinoUnderivat  über. 

CH,<0Q  ■  CH^  •  ^H.  •  NH  .  CO  .  CH, .  QO^CH,  ' 


CHj  •  CH2 

NH  •  CO 

■™-c 

<^<X 

'^^ 

CH^Y 

)s>^ 

Durch  Methylierung  am  Stickstoff  gelangt  man  zu  einem  Tetrahydroisochino- 
ünderivat,  welches  unter  Abspaltung  von  Piperonal  Hydrastinin  liefert.  Das 
Piperonal  kann  wiederum  für  die  Darstellung  einer  neuen  Menge  Hydrastinin 
benützt  werden.  Hydrastinin  Piperonal 

Ha  H^ 

'^0lJ\ Jn  .  CH3      ^  '\0^\ Jn  .  (CH3)C1  +  ^"2\olJ 

\H 

HjCAox, 


Homopiperonoylhomopiperonylamin  läßt  sich  auch  durch  Kondensation 
von  Homopiperonylamin  mit  Homopiperonoylsäure  gewinnen. 

CH,<oQ-CH^-COOH  +  CH,<g| 

— >     CH,<0QCH2C0.NH.CH,.CH,Q0\CH, 

Ebenso  ist  das  Benzoylderivat,  das  Phenacetylderivat,  das  Acetyl-,  das  Formyl- 
und  das  Oxalylderivat  dargestellt  worden,  die  ebenfalls  für  die  Synthese  Ver- 
wendung finden  können.  Homopiperonylamin  wird  entweder  aus  Piperonal, 
das  man  aus  Safrol  nach  Tiemann  darstellt  oder  aus  Safrol  selbst  gewonnen. 
Vom  Safrol  kann  man  zum  Hydrastinin  gelangen,  während  man  von  Myristicin 
aus  zum  Kotamin  gelangt,  wobei  als  Zwischenprodukt  Formylmyristicylamin 
gewomien  wird. 

Homopiperonylamin  bzw.  seine  Homologen  werden  mit  Chlormethylalkohol 
zu  einem  Aminomethanol  kondensiert  und  dieses  durch  Wasserabspaltung  in  ein 
Dihydroisochinohnderivat  übergeführt.  Die  so  erhaltenen  Verbindungen  geben 
dann  durch  Alkylierung  und  darauffolgende  Oxydation  das  gewünschte  Alkaloid. 

Methylendioxyphenyhsopropylaminomethanol  entsteht  aus  2  Mol.  Methylen - 
dioxyphenyUsopropylamin  und  1  Mol.  Chlormethylalkohol.  Durch  Erhitzen 
der  salzsauren  Lösung  entsteht 

3  -Methyldihydronor  hydrastinin 

CHj 
/O/ Y^CH  ■  CHg 


CHj 

\0'\A/'NH 
CHj 
3  -Methyldihydrohydr  astinin 


CHj 


/0/\/ Vh  •  CH, 
CHj 
\0\/'\/N  •  CH3 
CH, 


440  Alkaloide. 

erhält  man  durch  Ersatz  des  Methyleiidioxypheiiylisopropylamin  in  der  obigen 
Reaktion  durch  die  am  N  methylierte  Base  oder  durch  MethyUenmg  der  Xor- 
base  mit  Formaldehyd  bei  13°. 

3-Methylhydrastinin  CH^ 

/-O/ Y\CH  •  CH, 
CH  J 

CHOH 

erhält  man  durch  Oxydation  der  vorstehenden  Dihydrobase  mittels  KaHum- 
bichromat  und  Schwefelsäure  oder  mittels  Jod. 

Homopiperonylaminomethanol  geht  durch  Erhitzen  mit  verdümiter  Salz- 
säure in  Düiydronorhydrastinin  über,  welch  letztere  durch  Methyherung  und 
darauffolgende  Oxydation  in  Hydrastinin  sich  überführen  läßt*). 

Chinin  besitzt  wie  Hydrastin  blutstillende  Wirkung. 

Zu  erwähnen  ist  noch  Yohimbin,  welches  als  Aphrodisiacum  empfohlen 
wird.  Es  wirkt  gefäßerweiternd.  Wie  die  Gefäßmittel  dieser  Reihe  besitzt  es 
Aldehydcharakter. 

Menolysin  ist  Yohimbinhydrochlorid ,  welches  auch  als  Mittel  gegen 
Amenorrhoe  angewandt  wird. 

Leicht  und  klar  löshche  Yohimbinverbindungen  snid  die  Xucleinsäurever- 
bindungen  dieser  Base,  die  man  durch  Zusammenbringen  von  Nucleinsäure 
mit  Yohimbebasen  unter  Zusatz  von  Ammoniak  oder  durch  Umsetzen  von 
nucleinsaurem  Ammoniak  mit  Salzen  des  Yohimbins  oder  mit  Salzen  der  Ge- 
samtbase aus  der  Yohimberinde  erhält-). 

Valimbin  ist  baldriansaures  Yohimbin. 

Meso-yohimbin,  welches  um  einen  Kohlenstoff  und  zwei  Wasserstoffe 
ärmer  ist  als  Yohimbin,  ■n-irkt  in  gleicher  Richtmig  aber  schwächer  als 
letzteres*). 

Vasotonin,  welches  den  Bluttlruck  herabsetzend  und  gefäßerweiternd  wirkt, 
ist  eine  Yohimbinurethanverbindung. 

Hydriertes  Colchicin  erhält  man  durch  Behandlung  von  Colchicin  mit  Wasserstoff 
in  Gegenwart  von  fein  verteilten  oder  kolloidalen  Metallen  der  Platingruppe,  insbesondere 
Palladium.    Es  soll  viel  weniger  giftig  sein  als  Colchicin  selbst*). 

Ergotin,  Adrenalin  und  die  aromatischen  Basen  aus  Eiweiß. 

In  der  Nebenniere,  und  zwar  in  der  Marksubstanz  derselben,  wird  eine 
Substanz  gebildet,  welcher  im  hohen  Maße  die  Fähigkeit  zukommt,  den  Blut- 
druck bei  intravenöser  Injektion  zu  steigern,  welche  Blutdrucksteigerung  in 
erster  Linie  auf  Grefäßverengenuig  zurückzuführen  ist. 

Über  die  Xatur  dieser  Substanz  (Adrenalin,  Suprarenin),  welche  zwei 
benachbarte  Hydroxyle  an  einem  Benzohing  trägt  xmd  stickstoffhaltig  ist 
[S.  FränkeP)],  Hegen  zahlreiche  Arbeiten  vor,  welche  die  Konstitution  völlig 
aufgeklärt  haben. 

John  Abel,  Aldrich*),  Takamine,  0.  v.  Fürth,  Jowett  und  H.  Pauly 
und  schließlich  E.  Friedmann  haben  gezeigt,  daß  dem  Adrenahn  folgende 
Formel  zukommt  ^^^^   ^^^^^^ .  CH,  •  NH  ■  CH3 

>)  Karl  W.  Kosenmund,  Berichte  der  Dtsch.  pharmaz.  Gesellschaft  39,  200  (1919). 

2)  Ernst  Weinert,  Neukölln,  DRP.   322  996. 

3)  L.  Spiegel  und  A.  Loewy,  HB.  48,  2077  (1915).  ■•)  Grenzach,  DRP.  279  999. 
^)  Wiener  klin.  Wochenschr.  1895.  (Unter  dem  Namen  Sphygmogenin  beschrieben.) 
«)  T.  B.  Aldrich,  Journ.   Americ.  Chem.   Soc.   27,   1074. 


Ergotin,  Adrenalin  und  die  aromatischen  Basen  aus  Eiweiß.  441 

(Brenzcatechinäthanolmethylamiii),  und  zwar  ist  das  natürlich  vorkommende 
das  1-Adrenalin.  Dieses  leitet  sich,  wie  S.  Fränkel  und  Walther  L.  Halle 
gezeigt  ,  im  Organismus  vom  1  -  Tyrosin  ab  ,  aus  dem  es  durch  Carboxyl- 
abspaltung,  Methylierung  und  Oxydation  entsteht. 

Es  war  nun  die  Frage  von  größtem  Interesse,  welchen  Gruppierungen  das 
Adrenalin  seine  eminente  Wirkung  verdankt,  und  ob  es  nicht  möglich  sei,  ein- 
fachere und  einfacher  darzustellende,  vieUeicht  noch  wirksamere  Verbindungen 
synthetisch  aufzubauen.  Die  Untersuchung  der  einzelnen  Gruppiermigen  des 
Adrenalins  zeigte  nun  folgendes: 

Seit  der  Erkeimtnis  der  Konstitution  und  der  Abstammung  des  Adrenalins 
sind  eine  große  Reihe  von  Untersuchungen  gemacht  worden,  welche  die  Be- 
ziehungen der  einzelnen  Gruppen  des  Adrenalins  zu  seiner  blutdrucksteigernden 
Wirkung  klarlegen.  Von  großem  physiologischen  und  synthetischen  Interesse 
sind  weiter  die  Studien  über  Ergotin,  welche  gezeigt  haben,  daß  allen  aroma- 
tischen Aminbasen,  welche  sich  von  den  im  Eiweiß  vorkommenden  Aminosäuren 
ableiten,  sehr  starke  Wirkungen  auf  den  Blutdruck  und  auf  die  Uteruskontrak- 
tionen zukommen.  Aus  jeder  Ä-Aminosäure  kann  durch  Abspaltung  von 
Kohlensäure  die  entsprechende,  um  einen  Kohlenstoff  ärmere  Aminbase  nach 

dem  Schema :  ^<r;OOH  ~  ^^  '  ^^'^^  "*"  ^^^  entstehen. 

Die  vier  bekannten  aromatischen  Eiweißspaltlinge :  Phenylalanin,  Tyrosin 
(p-Oxyphenylalanin),  Tryptophan  (^-Indolylalanin),  Histidin  (/5-Imidazolyl- 
alanin)  sind  diu-chwegs  Alaninderivate,  welche  in  /^-Stellung  das  betreffende 
Ringsystem  substituiert  haben.  Durch  Abspaltung  der  Carboxylgruppe  gelangt 
man  aus  ihnen  zu  /^-substituierten  Äthylaminbasen. 

Phenylalanin  Phenyläthylamin 


CH2  .  CH  •  NH,  CH3  •  CHj  •  NHj 

COOH 

Tyrosin  p-Oxjrphenyläthylamin  Adrenalin 

OH  OH  OH 

OH 


0 


CH(OH)  •  CHj  ■  NH  ■  CH3 


COOH 


Histidin  /S-Imidazolylätliylamin 

HC— NH  HC— NH 

II       >H                  — >  II       >CH 

C— N  C— N 

CHj  •  CH  •  NHj  CH,  •  CHj  ■  NH^ 
COOH 

Tryptophan  /?-Indolyläthylamin 
NH2 

-jiC  •  CHj  •  CH  •  COOH  /\ — sC  •  CHj  ■  CH,  ■  NH2 

N  N 

H  H 


442  Alkaloide. 

Diese  Basen  wurden  nun  von  Barg  er  und  Dale  alle,  ebenso  wie  fette 
Basen,  welche  Derivate  der  aliphatischen  Aminosäuren  sind,  im  Ergotin  ge- 
funden, und  man  konnte  zeigen,  daß  sie  gleichartig  wirken  wie  das  Ergotoxin, 
der  wirksame  Bestandteil  des  Seeale  cornutiim. 

Die  Amine  der  fetten  Reihe  sind  sehr  wenig  wirksame  Substanzen,  wäh- 
rend die  Amine,  welche  aus  Phenylalanin,  Tyrosin,  Tryptophan  und  Histidin 
entstehen,  sehr  stark  wirksame  Substanzen  sind,  welche  auf  die  glatte  Mus- 
kulatur, insbesondere  der  Glebärmutter,  kontrahierend  wirken.  Am  stärksten 
wirkt  /?-Imidazolyläthylamin  aus  Histidin.  Da  Histidin  in  großen  Quanten 
leicht  aus  Hämoglobin  gewonnen  werden  kann  (S.  Fränkel),  und  man  durch 
Fäidiiis  relativ  leicht  die  Carboxylgruppe  desselben  abzuspalten  vermag,  wurden 
mehrere  Verfahren  für  diesen  Zweck  ausgearbeitet. 

Zwischen  dem  Adrenalin  und  dem  p-Oxyphenyläthylamin  bestehen  nun 
nahe  physiologische  und  chemische  Beziehungen,  da  ersteres  aus  dem  letzteren 
durch  Oxydation  im  Kern  imd  in  der  Seitenkette  mid  durch  Methylierung 
im  Organismus  entsteht  und  beide  im  gleichen  Sinne  wirken. 

Adrenalin  hat  eine  ziemliche  Verwendung  in  der  HeUkimde  als  gefäß- 
kontrahierendes, ischämisierendes  Mittel  gefunden. 

WoUen  wir  nun  die  einzelnen,  dem  Adrenalin  nahestehenden  synthetischen 
Verbindungen  betrachten. 
OH 

Brenzcatechin  f    )        erhöht  den  Blutdruck  stark  (S.  Fränkel). 


Brenzcatechin  ist  nach  den  Untersuchungen  von  Barger  imd  Dale  ein 
aUgemeines,  aber  nicht  kräftiges  stimulierendes  Mittel  für  die  glatte  Muskulatur, 
und  seine  Wirkung  ist  nicht  so  spezifisch  wie  die  der  adrenalinähnlichen  Körper. 
Es  hat  keine  wirkhche  sjTnpathoniimetische  Wirkung,  aber  alle  Basen,  welche 
den  Brenzcatechinkern  enthalten,  haben  eine  viel  stärkere  Wirkung  als  die 
sonstigen,  ihnen  analog  gebauten  Amine. 

Auch  andere  Körper,   die  den   Brenzcatechinkern  enthalten,  zeigen  die 

OH 

gleichen  Eigenschaften.    So  z.  B.  Chloracetobrenzcatechin  f   j        undMethyl- 

CO  •  CHj  •  Cl 
OH  OH 

aminoacetobrenzcatechin(Adrenalon)f    J       .  AuchAcetobrenzcatechinf   J 

CO  ■  CHj    NH    CHj  CO  ■  CH, 

ist  noch  wirksam.  Wenn  aber  das  Wasserstoffatom  der  Hydroxylgruppe  durch 
den  Acetylrest  z.  B.  ersetzt  wird,  verschwindet  die  Wirksamkeit.  Auch  die 
Verbindung  CH3  •  CO  •  0  •  C5H4  •  OH  ist  wenig  wirksam.  Es  scheint,  daß  zwei 
freie  Hydroxylgruppen  im  Kern  von  ausschlaggebender  Bedeutmig  sind.  Da 
von  den  drei  isomeren  Dioxybenzolen  nur  Brenzcatechin  aktiv  ist,  scheint  die 
Wirksamkeit  von  der  o-Stellung  der  Hydroxyle  abhängig  zu  sein.  Amino- 
acetobrenzcatechin  imd  die  Alkylaniinobrenzcatechine,  z.  B.  die  Äthyl-  und 
Dimethylderivate,  gleichen  dem  Methylaminoacetobrenzcatechin,  und  ihre 
Reduktionsprodukte  sind  sehr  aktiv.  Aminoacetobrenzcatechin,  Methyl-  und 
Äthylaminoacetobrenzcatechin'^)  zeigen  untereinander  keine  wesentlichen 
Unterschiede,  sie  wirken  blutdrucksteigernd,  jedoch  schwächer  als  die  ent- 
sprechenden Alkoholbasen. 


1)  O.  Loewi  und  H.  H.  Meyer,  AePP.  53,  213  (1905). 


Ergotin,  Adrenalin  und  die  aromatischen  Basen  aus  Eiweiß.  443 

(W-Aniinoacetophenon  CgHg  •  CO  •  CHg  •  NHj  (erhalten  durch  Reduktion 
des  <w-Nitroacetophenons)  macht  bei  Fröschen  ein  Aufhören  der  willkürlichen 
Bewegung,  die  Atmung  wird  verlangsamt  und  hört  dann  auf,  nur  das  Herz 
schlägt  weiter,  wenn  auch  mit  geringerer  Frequenz.  Bei  nicht  letalen  Dosen 
treten  zuerst  die  Respirationsbewegungen  und  dann  die  willkürlichen  Bewe- 
gungen zurück.  Auch  bei  den  Säugetieren  wirkt  diese  Substanz  paralysierend 
nach  vorhergehender  Exzitation.  Die  Blutgefäße  werden  nicht  kontrahiert, 
mittlere  Gaben  erzeugen  eine  kleine  Steigerung  des  Blutdrucks,  die  Substanz 
erzeugt  Pupillenerweiterungi). 

Bei  höheren  Ghedern  dieser  Reihe,  z.  B.  dem  Heptylaminoacetobrenz- 
catechin  ist  der  Unterschied  zwischen  diesen  und  den  Reduktionsprodukten  in 
bezug  auf  Wirkung  gering.  Substitution  am  Stickstoff  mit  aromatischen  Gruppen 
läßt  die  blutdrucksteigernde  Wirkung  erlöschen.  Brenzcatechinphenylamino- 
keton  (0H)2  •  C^Hg  •  CO  •  CHj  •  NH  •  CgHg  sowie  Brenzcatechinbenzylamino- 
keton,  erhalten  durch  Einwirkmag  von  Beiizylamin  auf  Chloracetobrenzcatechin, 
sind  ohne  Wirkung  auf  Blutdruck,  Pids  und  Atmung  2).  Methylaminoaceto- 
brenzcatechin  wirkt  qualitativ  wie  Adrenahn,  doch  erhebhch  schwächer.  Die 
homologen  Verbindungen  Äthylaminoacetobrenzcatechin  und  Aminoaceto- 
brenzcatechin  wirken  ebenso,  doch  die  alkylfreie  Base  stärker  als  die  alky- 
lierten  Basen.  Die  Äthylbase  wirkt  stärker  als  die  Methylbase.  Hingegen  sind 
aber  auffaüenderweise  die  im  Ammoniakrest  zweifach  alkylierten  Verbindungen 
Dimethylaminoacetobrenzcatechin  und  Diäthylaminoacetobrenzcatechin  un- 
wirksam, ebenso  auch  Monoäthanolaminoketon^).  Untersucht  wurden  Anilido- 
acetobrenzcatechin ,  o-Toluidinoacetobrenzcatechin  und  «-Methylaminoaceto- 
brenzcatechin.  Durch  Erwärmen  von  Trimethylamin  mit  Chloracetobrenz- 
catechin erhält  man  CgH3(OH)2  •  CO  •  CH2N(CH3)3C1.  Es  ist  aktiver  als  das 
entsprechende  Monomethylaminderivat,  aus  dem  die  adrenaünährüichen  Sub- 
stanzen gewomien  werden.  Die  Reduktion  dieses  Präparates  erhöhte  dessen 
Wirksamkeit  nicht.  Die  Base  aus  Dimethylamin  und  Chloracetobrenzcatechin, 
Dimethylaminoacetobrenzcatechin,  zeigt  keine  deutliche  Blutdrucksteigermig. 

Durch  Oxydation  des  Adrenalins  erhält  man  einen  Ketonkörper,  das 
Adrenalon*) 

OH/N  •  CO  •  CHj  •  NHlCHj) 

Das  dem  Adrenahn  entsprechende  Keton,  Adrenalon,  wirkt  dem  Adrenalin 
ähnlich,  aber  schwächer.  Werden  in  der  Aminogruppe  zwei  Wasserstoffatome 
statt  eines  durch  Methylgruppen  ersetzt,  so  nimmt  das  Adrenalin  nicht  wesent- 
hch  an  Wirkung  ab,  aber  das  Keton  wird  dadurch  unwirksam,  ein  Beweis, 
daß  nicht  nur  den  Aminowasserstoffen,  sondern  auch  den  beiden  Wasserstoff- 
atomen der  Oxymethylengruppe  (CH  •  OH)  eine  physiologische  Bedeutung  zu- 
kommt. Wird  in  das  Keton  statt  der  Methylgruppe  eine  Phenylgruppe  ein- 
geführt, so  ist  das  Produkt  ohne  Wirkung  auf  Blutdruck,  Puls  und  Atmimg. 
Somit  schwächt  der  negative  Charakter  der  Phenylgruppe  die  Energie  des  gan- 
zen Ketonkomplexes  ab.  Werden  die  zwei  Hydroxylgruppen  der  Brenzcatechin- 
gruppe  alkyÜert,  so  verliert  das  Adrenalin  seine  Wirkung,  ein  Beweis,  daß  auch 
die .  Wasserstoff atome   der  Phenolhydroxyle  sich  an  der  Wirkung  beteihgen. 


•)  Andrea  Pitini,  Arch.  intern,  de  pharmacodyn.   14,   75  (1905). 

2)  G.  Schubenko,  Diss.   Petersburg  (1893). 

»)  O.  Loewi  und  H.  H.  Meyer,  AePP.  5S,  213  (1905). 

*)  E.  Friedmann,  HB.   6,  92  (1905)  . 


444  Alkaloide. 

OH 
Durch   Reduktion   von   Ketonbasen   vom   Typus    H0<^    ^C — CHjR      zu 

O 

sekundären  Alkoholen  erhält  man  sehr  wirksame  Präparate '),  aber  bei  vielen 
Ketonen,  bei  denen  die  Aminogruppe  durch  kompliziertere  Radikale  sub- 
stituiert ist,  kann  man  keine  solche  Erhöhung  der  Wirkung  nach  der  Reduk- 
tion bemerken. 

Oxyäthylamin,  sowie  Oxyäthylmethylamin  CHj  •  (OH)  •  CHj  •  NH  •  CHj, 
also  die  Seitenkette  des  Adrenalins  allein,  macht  nur  eine  geringe  Blutdruck- 
steigerung. Der  Brenzcatechinkem  ist  daher  wesentlich  für  die  Hervorrufimg 
der  Blutdrucksteigerung.  Die  Adrenalin'nnrkung  steht  sicherhch  mit  dem  Ben- 
zolkem  in  Beziehung,  denn  Methylaminäthanol,  also  die  Seitenkette  für  sich, 
wirkt  nicht  in  gleicher  Weise,  hingegen  ■nirken  eine  Reihe  von  aromatischen 
Äthylaminen  adrenalinähnlieh.  Die  beiden  Wasserstoffatome  der  beiden  Hydr- 
oxylgruppen dürfen  nicht  besetzt  sein.  Die  Substitution  am  N  durch  Gruppen 
wie  Methyl  und  Acetyl  erzeugt  eine  wirksamere  Substanz,  als  wenn  aromatische 
Gruppen  eintreten.  Derivate  von  Kperidin,  Heptylamin  und  Benzylamin 
nehmen  eine  Zwischenstellung  ein. 

(0H)2  •  CgHj  •  CO  •  CHj  •  NCjHjQ  Piperidoacetobrenzcatechin  ist  nach 
0.  Loewi  und  H.  H.  Meyer  von  äußerst  schwacher  Wirkung.  Während 
Piperidin  den  Blutdruck  steigert,  ist  Piperidoacetobrenzcatechin  weniger  aktiv 
als  das  entsprechende  Methylaminoderivat. 

DioxA-phenyläthanolamin  ist  in  seiner  Allgemeinwirkung  am  Kaninchen 
dem  Thebenin  ähnlich. 

Die   Verbindungen   C6H3(OH)2CH(NH2)CH3   und   CgH3(OH)2[CH(NHCH3) 

•  CH3]  wirken  intravenös  injiziert  ■wie  Adrenahn. 

/)'-Methvlisoadrenahn  steigert  den  Blutdruck  nicht  [Robert^)]  (OH)2C6H3 

•  CH(NHCH3)  •  CH(OH)  •  CH3 . 

Die  Wirksamkeit  des  Adrenalins  ist  hauirtsächlich  bedingt  durch  die  Gegen- 
wart einer  Aminogruppe,  welche  vom  Benzolkem  durch  eine  andere  Gruppe 
getrennt  ist.  Zwei  Hydroxyle  in  o-Stellung  vergrößern  die  Wirksamkeit,  und 
wemi  diese  vorhanden  sind,  tritt  eine  weitere  Erhöhung  des  Effektes  ein,  wenn 
eine  sekundäre  AJkoholgruppe  zwischen  dem  Benzolring  und  der  Aminogruppe 
eingeschaltet  wird.  Ist  dies  der  Fall,  so  ist  die  linksdrehende  Modifikation  am 
wirksamsten^). 

Natürliches  l-Adrenalin  wirkt  zweimal  so  stark  auf  den  Blutdruck  wie 
racemisches*). 

Injiziert  man  Tieren  d-Adrenalin,  so  wird  der  Blutdruck  durch  nachfolgende 
Injektionen  von  l-Adrenalin  nicht  mehr  verändert. 

l-Adrenalin  wirkt  auf  Tumorgewebe  nekrotisierend.  In  der  Stärke  ab- 
nehmend wirken  ebenso  Dioxj'phenylaminoketon,  dl-Adrenalin,  d-Adrenalin, 
Dioxyphenyläthylaminoketon,  Hordenin,  Phenyläthylamin,  Methylaminketon. 
Ganz  unwirksam  waren  Oxyphenyläthylamin,  Dioxyphenyläthylamin,  Amyl- 
amin,  Isoamylamin^). 

Nach  O.  Loew  ist  Adrenahn  in  Form  eines  Salzes  für  das  neutrale 
Protoplasma   niederer  pflanzlicher   und   tierischer  Organismen   nur  ein   sehr 

')  Dakin,  Proc.  roy.  soc.   London  76,  498. 

-)  C.  Mannich,  Apoth.-Ztg.   24,   60.  —  Arch.   d.   Pharm.   248,   154  (1911). 
^)  C.  H.  H.  Harold,  M.  Nierenstein  und  H.  E.  Roaf,  Journ.  of  physiology  43, 
308  (1910).  *)  Arthur  R.   Cushny,  Journ.   of  physiol.   37,    130  (1908). 

*)  Zeitschr.  f.  experim.   Pathol.   u.  Ther.    II,   9  (1912). 


Ergotin,  Adrenalin  und  die  aromatischen  Basen  aus  Eiweiß.  445 

schwaches  Gift.  Dagegen  sind  das  freie  Adrenalin  und  das  erste  rote  Oxydations- 
produkt derselben  starke  Gifte.  Gegenwart  von  Alkali  steigert  diese  Gift- 
wirkung. Mit  der  fortschreitenden  Sauerstoffaufnahme  der  alkalischen 
Adrenalinlösung  verschwindet  die  Giftnatur  wieder '). 

Adrenalin  bringt  sowohl  den  graviden  wie  nichtgraviden  Mäuseuterus  ziu- 
Erschlaffung.  Phenyläthylamin  erregt  in  geringen  Konzentrationen  den  Uterus, 
in  höheren  wirkt  es  hemmend.  /?-Imidazoläthylamin  ei'regt  selbst  in  großen 
Verdünnungen  den  Mäuseuterus'-). 

Ähnliche  Wirkungen  wie  Adrenalin,  insbesondere  die  Wirkungen  auf  den 
Blutdruck  und  auf  die  Uteruskontraktionen,  verursachen  auch  andere  Amine. 
So  wirken  die  aliphatischen  Amine,  und  zwar  die  primären,  sekundären,  ter- 
tiären Amine  mid  auch  die  quaternären  Verbindungen,  wie  z.  B.  Tetraäthyl- 
ammoniumjodid.  Pentamethylendiamin  wirkt  ebenso,  auch  die  aromatischen 
Amine  ohne  Phenolhydroxyl  mid  mit  einem  oder  zwei  Phenolhydrosylen, 
wirken  in  gleicher  Weise.  Aus  der  letzteren  Reihe  wurden  geprüft  die  Ketone, 
welche  Derivate  des  Acetobrenzcatechins  sind,  ferner  Derivate  des  Äthylbrenz- 
catechins,  dann  Derivate  des  Äthanolbrenzcatechins,  schUeßlich  Amine  mit 
drei  Phenolhydrosylen^).  Barger  und  Dale  nennen  solche  Wirkungen  sympa- 
thomimetisch.  Alle  Substanzen,  die  solche  Wirkungen  besitzen,  sind  Basen; 
namentlich  bei  primären  und  sekundären  Aminen  zeigen  sich  diese  Wirkungen 
in  charakteristischer  Weise,  während  die  quaternären  Basen,  welche  den  sympa- 
thomimetischen  Aminen  der  Phenol-  und  Brenzcatechinreihe  entsprechen,  eine 
deuthche  Wirkung  von  völhg  verschiedenem  Typus,  der  sich  sehr  der  Nicotin- 
mrkung  nähert,  besitzen.  Die  Annäherung  an  die  Adrenalinstruktiu-  ist  von 
einer  Steigerung  der  sympathomimetischen  Wirksamkeit  begleitet.  Für  die 
Ijri  mären  imd  sekundären  Amine  erweist  sich  als  günstigstes  Kohlenstoff - 
skelett  der  Benzolring  mit  einer  Seitenkette  von  zwei  Kohlenstoffatomen, 
wobei  die  Aminogruppe  mad  der  Benzolring  an  je  einem  verschiedenen  Kohlen- 
stoffatom dieser  Seitenkette  befestigt  sind.  Die  Wirksamkeit  wird  gesteigert 
durch  Phenolhydroxyle  in  der  Stellung  3,  4  zur  Seitenkette.  Sind  diese  beiden 
Hydroxyle  vorhanden,  aber  nur  dann,  so  wird  die  Wirksamkeit  weiterhin  dvirch 
ein  Alkoholhydroxyl  an  einem  Kohlenstoffatom  der  Seitenkette  gesteigert.  Die 
hemmenden  und  fördernden  Wirkungen  dieser  Substanzen  werden  in  ver- 
schiedener Weise  beeinflußt,  wenn  ein  Wasserstoffatom  der  Aminogruppe  durch 
verschiedene  Alkylradikale  substituiert  wird.  Hingegen  ist  der  Brenzcatechin- 
kern  kein  wesentlicher  Bestandteil  des  Moleküls  sympathomimetischer  Sub- 
stanzen. Man  sieht  auch  keinen  Parallelismus  zwischen  der  vermehrten  Oxy- 
dationsfähigkeit imd  der  vermehrten  Akti\'ität.  Weder  dem  Tyi-osinäthylester, 
noch  den  Acetylderivaten  des  p-Oxyphenyläthjrlamins  kommen  Wirkimgen 
dieser  Gruppe  zu. 

Die  Aktivität  aller  Basen  dieser  Reihe  variiert  mit  der  Länge  der  Seiten- 
kette. In  der  fetten  Reihe  ist  Hexylamin  am  wirksamsten,  während  von  den 
Phenylalkylaminen  Phenyläthylamin  mit  einer  zweikohlenstoffigen  Seitenkette 
am  wirksamsten  ist. 

Anilin  ohne  kohlenstoffhaltige  Seitenkette,  das  eine  reine  aromatische  Base 
ist,  hat  keine  von  den  spezifischen  Wirkungen.  Benzylamin  hat  bloß  eme  Spur 
der  Wirkung  und  «-Phenyläthylamin  CgHj  •  CH(NH2)  •  CH3,  in  welchem  nur 
ein  Kohlenstoffatom  zwischen  die  Aminogruppe  und  das  Ringsystem  geschaltet 
ist,  erweist  sich  auch  nvu"  als  sehr  schwach  wirksam.   Verlängert  man  die  Seiten- 

1)  BZ.  85,  295  (1918).  2)  Leo  Adler,  AePP.  83,  248  (1918). 

')  G.  Barger  und  H.  H.  Dale,  Journ.  of  physiol.  41,  19  (1910). 


446  Alkaloide. 

kette  um  mehr  als  zwei  Kohlenstoffe,  so  geht  die  Aktivität  zurück,  demi  Phenyl- 
propylamin  ist  um  vieles  weniger  wirksam  als  Phenyläthylamin.  Der  beste 
Aufbau  eines  fettaromatischen  Amins  für  die  sympathomimetische  Wirkung 
ist  Adrenalin  selbst,  d.  h.  ein  BenzoLring  mit  einer  Seitenkette  von  zwei  Kohlen- 
stoffen, von  denen  der  zweite  eine  Aminogruppe  trcägt.  Wenn  keine  Hydroxyle 
am  Benzolring  sind,  ist  die  Einfühnmg  eines  sekimdär-alkohoHschen  Hydroxyls 
am  ersten  Kohlenstoff  der  Seitenkette  sowie  die  Methylierung  der  Aminogruppe 
ohne  jeden  Effekt,  während  bei  Gegenwart  von  Phenolhydroxylen  sehr  wichtige 
Veränderungen  vor  sich  gehen. 

/?-Tetrahydronaphthylamin ,  welches  als  ein  Cyclohexylamin  kondensiert 
mit  einem  Benzolkem  aufzufassen  ist,  ist  nach  der  Untersuchimg  von  Jo  nesc  u^) 
nach  vielen  Richtungen  hin  ein  sympathomimetisches  Mittel.  In  bezug  auf 
den  Blutdruck  wirkt  es  viel  stärker  als  /J-Phenyläthylamin.  Nach  anderen 
Richtungen  hin  wirkt  es  jedoch  schwächer. 

Die  beiden  optischen  Antipoden  des  /i-Tetrahydronaphthylamins  vmd  die 
racemische  Verbindung  lassen  keinen  Unterschied  in  der  physiologischen  Wirk- 
samkeit erkennen.  Durch  Anlagenmg  von  Acylgruppen  erhält  man  eine  direkte 
Umkehning  der  Wirksamkeit.  Während  beim  Frosch  das  Acetylderivat  weit 
giftiger  wirkt,  ist  beim  Kaninchen  das  Umgekehrte  der  Fall.  Beim  Kaninchen 
ruft  /J-Tetrahydjonaphthylamin  PupiUenerweiterung  und  Steigerung  der  Tem- 
peratur und  des  Blutdruckes  hervor,  das  Acetylderivat  dagegen  PupiUen- 
verengenmg,  geringen  Abfall  der  Temperatur  imd  des  Blutdruckes.  Die  allge- 
meine Giftwirkung  für  den  W^armblüter  ist  herabgesetzt^).  Ein  ähnhches 
Verhalten  zeigen  auch  die  Formyl-  und  die  Benzoj'lverbindungen ,  sowie 
diu-ch  Anlagern  negativer  Gruppen,  wie  —  COO  •  C2H5 ,  —  CO  •  NH  •  CgHg , 
—  CS  •  NH  •  CßHä,  —  CS  •  NH  .  C2H5  entstehende  Verbindungen.  Die  Mono- 
methylverbindmig  macht  bei  geringen  Dosen  in  kürzester  Zeit  ein  relativ 
hohes  Fieber.  In  gleichem  Simie  wie  /5-Tetrahydronaphthylamin  wirkt  die 
Äthylverbindung.  /3-Tetrahydronaphthylamin  macht  eine  völlige  Immunität 
gegenüber  jeder  weiteren  Injektion,  sowohl  von  der  Verbindung  selbst,  als 
auch  der  Monomethyl-  und  der  Monoäthylverbindung.  Die  Monomethylver- 
bindung  immunisiert  dagegen  nur  für  sich  selbst  und  für  die  Monoäthylver- 
bindung und  diese  nur  für  sich  selbst. 

Das  Monomethj^lderivat  ist  qualitativ  völlig  identisch  in  der  Wirkung  mit 
der  ursprüngHchen  Base  selbst,  quantitativ  übertrifft  es  die  Wirkungen  der 
Ausgangsbase.  Das  Monoäthylderivat  ist  wesenthch  toxischer,  namentlich  in 
bezug  auf  das  Atmmigszentrum,  die  spezifischen  Wirkungen  (Pupille,  Fieber, 
Blutdruck)  sind  qualitativ  die  nämlichen,  quantitativ  aber  zurückstehend. 

Bei  am  N  alkyhert-acyherten  Verbindungen  macht  sich  eine  Kombination 
der  Grmidwirkungen  der  beiden  reinen  Monosubstitutionsprodukte  geltend. 
So  erzeugt  Injektion  von  Methylacetyl-  und  Methylformyl-,  sowie  Äthylacetyl- 
yS-tetrahydronaphthylamin  beim  Kaninchen  einesteils  Pupillenerweitenmg  (Wir- 
kung der  Monomethylverbindimg)  anderenteils  Senkung  der  Temperatur  (Wir- 
kxmg  der  Monoacet3'lverbindung).  Ein  Teil  der  Substanz  wird  nämlich  im 
Organismus  des  Warmblüters  verseift;  es  entsteht  dabei  eine  gewisse  Menge 
des  Monomethylderivats  oder  selbst  der  Grundverbindung,  die  nicht  nur 
genügt,  die  myotische  Wirkung  der  Acetyl-  oder  der  Formylgruppe  aufzu- 
heben, sie  wird  sogar  ins  Gegenteil  verwandelt,  die  aber  nicht  genügt,  um 
auch  auf  die  Temperatur  einzuwirken^). 

1)  AePP.  60,  346  (1909).         -)  M.  Cloetta  und  E.  Waser,  AePP.  73,  398  (1913). 
3)  Ernst  Waser  und  M.  Cloetta,  Schweizer  Chem.-Ztg.   I,   12  (1917). 


Ergotin,  Adrenalin  und  die  aromatischen  Basen  aus  Eiweiß.  447 

OH 

yS-p-Hydroxyphenyläthylamin  [    J  ist  etwa  3 — 5  mal  so  stark  wirksam 

CHj  •  CHj  ■  NHa 
als  Phenyläthylamin.  Die  Einfülirmig  eines  Phenolhydroxyls  in  der  m-Stellung 

OTT 

(m-Hydroxyphenyläthylamin)    hat    ebenfalls    eine    Steigerung    der 


Wirkung  zur  Folge ,  mid  zwar  in  gleicher  Weise ,  während  die  Einführung  des 
Hydroxyls  in  die  o-Stellung  nicht  diesen  Effekt  zeitigt,  da  es  nicht  wirksamer 
ist  als  Phenyläthylamin.  Im  Adrenalin  haben  auch  die  beiden  PhenoLhydroxyle 
p-  und  m-Stellung  zur  Seitenkette. 

Bei  schilddrüsenlosen  Hunden  bewirken  Phenyläthylamin  inid  p-Oxy- 
phenyläthylamin  eine  hohe  Steigenuig  des  Stickstoffwechsels.  Sie  erhöhen  den 
Sauerstoffverbrauch  ixnd  die  Kohlensäureausscheidiuig.  Die  Diurese  steigt  und 
von  der  Lunge  wird  mehr  Wasser  abgegeben.  Zugleich  wird  auch  die  Diurese 
beträchthch  vermehrt ;  zugleich  nimmt  das  Körpergewicht  ab.  Alle  typischen 
Wirkungen  der  Schilddrüsenzufuhr  besitzen  diese  Basen  i).  Sie  erhöhen  auch 
den  Gtesamtumsatz  des  Organismus  und  verursachen  ein  vollständiges  Ver- 
schwinden des  Leberglykogens^). 

Isoamylamin  hingegen  wirkt  subcutan  injiziert  auf  den  Gaswechsel  nicht  ein^). 

Rac.  Phenylmonomethylaminopropanol  CeHg- CH(OH) •  CH(NH •  CH3)  •  CH3 
ist  ein  Mydriaticum*). 

Surinamin  (N-Methyltyrosin)  ist  unwirksam.  p-Oxyphenyläthylmethyl- 
amin  ist  physiologisch  weniger  wirksam  als  p-Oxyphenyläthylamin^). 

Durch  Einführung  der  p-ständigen  Hydroxylgruppe  in  /J-Phenyläthylamin 
CgHj  •  CH,  •  CHj  •  NHg  (Übergang  zum  p-/?-Hydroxyphenyläthylamin),  Di- 
methylphenyläthylamin  CgHj  •  CHj  •  CHj  •  N(CH3)2  (Übergang  zum  p-Hydroxy- 
dimethylphenyläthylamin)  und  deren  Homologe  wird  die  physiologische  Wirk- 
samkeit dieser  Basen  gesteigert. 

Eine  solche  Steigerimg  der  Wirksamkeit  sieht  man  aber  beim  Übergang 
von  /?-/?i-AminomethyUiydrinden  in  das  p-Oxyderivat  nicht. 

CH2  ^^  CHj 

|8-Amino-yß-methylhydrinden  bewirkt  eine  Blutdrucksteigerung,  die  größer 
als  die  des  /S-Phenyläthylamins  und  des  Tyramins  (p  -  Hydroxyphenyläthyl- 
amins)  ist.  Es  ist  ein  imgemem  kräftiges,  zentral  angreifendes  Erregungsmittel 
für  Atmung  und  Motilität ')  imd  hat  wie  Tyamin  unangenehme  Nebenwirkungen. 

Phenyläthylamin  hat  eine  stark  erregende  Wirkung  auf  das  Atemzentrum '). 

Hydro xyhydrindamin     CjHi^^g-^  og^CH -NHj     setzt     den     Tonus     der 

glatten  und  quergestreiften  Muskehi  herab  und  erweitert  die  Blutgefäße.  Es 
wirkt  schwach  antiseptisch  und  ist  unschädlich.   Die  beiden  Isomeren  unter- 

1)  J.  Abelin,  BZ.  93,  128  (1919).  ■)  J.  Abelin  und  J.  Jaff  e,  BZ.  58,  39  (1920). 

3)  J.  Abelin,  BZ.  101,  237  (1920).         *}  W.  N.  Nagai,  Amerik.  P.  1356  877. 

S)  E.  Winterstein,  HS.  105,  20  (1919). 

«)  J.  V.  Braun  und  E.  Danziger  (J.  Pohl),  BB.  50,  286  (1917). 

')  Gertrud  Bry,  Zeitschr.  f.  experim.  Pathol.  u.  Ther.   16,   186  (1914). 


448  Alkaloide. 

scheiden  sich  nicht  besonders  in  ihrer  Wirkung.  Die  rechtsdrehende  ist  etwas 
giftiger,  während  sonst  stets  die  ünksdrehende  Isomere  die  ausgesprochenere 
Wirkung  besitzt^). 

NHa 

Iso-p-hydroxyphenyläthylamin  HO  •  <(  y  ■  CH  •  CH3  ist  wenig  wirksam,  es 
ist  hier  das  gleiche  Verhältnis  obwaltend  wie  zwischen  «-  und  /?-Phenyl- 
äthylamin. 

Während  die  Methylierung  des  Ringsystems  bei  den  Phenolen  die  antisep- 
tische Kraft  steigert,  wird  diu-ch  die  Methylierung  des  Kerns  die  sympathomi- 
metische  Wirkung  der  aromatischen  Amine  keineswegs  verstärkt,  denn  o-Kresyl- 

OH 

äthylamin  (m-Methyl-p-hydroxyphenyläthylamin)  f   J        *  ist  nur  halb 

so  wirksam  wie  p-Hydroxj^henyläthylamin.  \^ 

OH  CHj  •  CHa  •  NHj 

p-Hydroxy-co-aminoacetophenon  wirkt  schwach,  etwa  ein  Zehntel 

CO  •  CHj  •  NH, 
so  stark  wie  Tyramin  (p-Hydrooxyphenyläthylamin). 

OH 


p-Hydroxyphenyläthanolamin     I     1    ist    ebenfalls    weniger    wirksam    als 

CH(OH)  ■  CHj  •  NHj 
Tyramin,  obgleich  wirksamer  als  das  Acetophenonderivat.    Die  MethyUerung 
oder  Äthylierimg  des  Tyramin  hat  keine  Erhöhung,  eher  eine  Abschwächung 
der  Wirkung  zur  Folge. 

Camus^)     fand,     daß    Hordenin     (p-Hydroxyphenyläthyldimethylamin) 
OH 

den  Blutdruck  erhöht,  in  kleinen  Dosen  findet  man  aber  nur  eine  geringe 

CH2  ■  CH„  ■  N(CH3)2 

Wirkung,  welche  hüiter  der  Wirkung  des  Tyramins  rangiert.    Die  Dimethy- 
lierimg  hat  also  eine  abschwächende  Wirkung  zur  Folge. 

Hordenin  wird  als  Herztonicum  empfohlen,  ebenso  als  Darmtonicum.  Das 
schwefelsaure  Salz  dieser  Base  hat  Martinet  bei  Diarrhöe  und  Enteritis  emp- 
fohlen, es  soll  weniger  giftig  sein  als  Morphin  3). 

Anhalin  und  Hordenin  sind  identisch.  Hordenin*)  wird  syiithetisch  fol- 
gendermaßen dargestellt:  aus  Anisaldehyd  und  alkoholischem  Ätzkah  erhält 
man  Anisylalkohol  und  führt  ihn  durch  Bromwasserstoff  in  Anisylbromid  über 
luid  hierauf  wird  es  mit  dem  leicht  erhälthchen  Brommethyläther  mid  Natrium 
in  absolut  ätherischer  Lösung  zur  Reaktion  gebracht. 

CeH,<g^|f;  +    CH,<^^^^  +    Na,=  2BrNa  +  C,H,<gH.CH,.O.CH3 

Die  Umsetzung  ergibt  in  guter  Ausbeute  Ä[p-Methoxyphenyl]/J-methoxymethan, 
aus  dem  durch  Erwärmen  mit  bei  0°  gesättigter  Bromwasserstoff  säure  unter 


i)YasuoIkada,  Journ.  of  Pharmac.  T,   121  (1915). 
2)  Arch.  intern,  de  Pharm,  et  de  Th6r.   16,  43  (1906). 
=)  La  Presse  mödicale  1910,  Nr.  73. 
«)  E.  Späth  und  Ph.  Sobel,  M.  f.  Ch.  41,  77  (1920). 


Ergotin,  Adrenalin  iind  die  aromatischen  Basen  aus  Eiweiß.  4^9 

Verseifen  der  beiden  Methoxylgruppen  und  Ersatz  des  alkoholischen  Hydroxyl- 
restes  gegen  Brom  das  a[p-Oxj'phenyl]-/?-bromäthan  entstand,  welches  mit 
wasserfreiem  Dimethylamiii  glatt  Hordenin  liefert. 

Die  Darstellung  des  A-p-Oxyphenj-l-/j-methoxyäthans  geht  auch  in  folgen- 
der T^'eise:  Man  stellt  aus  Anisaldehyd  nach  der  PerkinsjTithese  p-SIethoxy- 
zimtsäure  dar,  lagert  an  diese  Brom  an  und  zersetzt  diese  Verbindung  durch 
Kochen  mit  Sodalösung,  wobei  unter  Bromwasserstoff-  und  Kohlendioxydabspal- 
tuug  A-p-Methoxyphenyl-/>-bromäthylen  entsteht,  welcher  Körper  beim  Erhitzen 
mit  Xatriummethylat  ein  leicht  tremibares  Gemenge  von  a-p-Methoxyphenyl- 
/3-methoxyäthylen  und  p-Methoxj-pheuylacetylen  Uefert,  von  denen  die  erstere 
Verbindung  durch  katal^-tische  Reduktion  mit  Palladium-Bariumsulfat  in  das 
vorher  erhaltene  A-p-Methox_vphenyl-/J-methoxyäthan  übergeht.  Das  als  Neben- 
produkt gewonnene  p-Methoxyacetylen  wird  beim  Erhitzen  mit  methylalkoholi- 
schem Ätzkali  unter  Addition  von  ^lethylalkohol  in  weitere  Mengen  a-p- 
Methoxyphenyl-/i-methoxyäthylen  übergeführt.  Das  so  erhaltene  «-p-Methoxy- 
phenyl-/?-methoxyäthan  gibt,  wie  vorhin  erwähnt,  durch  aufeinanderfolgende 
Einwirkung  von  Bromwasserstoffsäure  und  Dimethylamin  in  guter  Ausbeute 
Hordenin. 

Hordeninmethyljodid,  die  quatemäre  Ammoniumbase,  wirkt  merk- 
würdigerweise fast  nach  jeder  Richtung  hin  wie  Nicotüi.  Bekamitlich  hat 
J.  N.  Langleyi)  gefunden,  daß  Nicotin  und  Curare  physiologische  An- 
tagonisten sind. 

Jede  Änderung  des  basischen  Charakters  aller  dieser  Amine  vernichtet  die 
physiologische  Wirkung.  Acetyl-p-oxj-phenyläthylacetylamin  ist  wirkungslos, 
ebenso  der  TjTosinäthylester  trotz  seiner  basischen  Eigenschaften. 

Die  methoxyherten  Basen  (Veratrolderivate)  dieser  Reihe  sind  ganz  un- 
wirksam, so  daß  die  Hvdroxylgruppe  frei  sein  muß.  2.4-Dihvdroxv-c/j-amino- 
OH  ' 

acetophenon  f    L_        ,   also   das   Resorcinderivat,   ist   nicht   wirksamer  als 

CO  •  CH,  ■  XH, 
TjTamin,  während  die  Einführung  eines  Hydro xyls  in  die  Stellung  3  die  Wirk- 
samkeit ungeheuer  steigert. 

Aminoacetoresorcin  wirkt  so  gut  wie  gar  nicht,  Aminoäthanolresorcin  selbst 
in  hohen  Dosen  wirkt  nur  eben  merklieh  auf  den  Blutdruck,  Hydrochinon- 
äthanolamin  ist  bedeutend  schwächer  wirksam  als  TjTamin  und  p-Oxyphenyl- 
äthanolamin.  p-Oxvphenylacetylamin  ist  unwirksam,  p-Oxyphenyläthanoi- 
amin  ziemlich  wirksam,  aber  äußerst  zersetzlich^). 

Nach  den  Untersuchmigen  von  0.  Löwi  und  H.  H.  Meyer  ist  Amino- 
acetocatechol  stärker  wirksam  als  das  Methylamino-  und  Äthylaminoderivat. 
Die  Wirkung  des  Dimethylaminoacetocatechols  ist  relativ  sehr  gering.  Tri- 
methj-laminoäthj-lcatechol  hat  eine  typische  Nicotinwirkung,  viel  kräftiger  als 
Hordeninmethyljodid,  fast  wie  Nicotin  selbst.  Die  Einführung  einer  zweiten 
Hydroxylgruppe  in  die  SteUimg  3  zur  Seitenkette  verstärkt  nicht  nur  die 
sympathomimetische  Wirkung  der  primären  und  sekmidären  Amine,  sondern 
auch  die  ganz  verschiedene,  nicotmähnliche  Wirkung  der  quatemären  Ammo- 
mumbasen. 

Beim  Vergleich  der  Wirkimgen  der  Chlorhydrate  des  1.2.3-  und  1.3.4-Dioxj'- 
benzjlamins,  um  die  Bedeutmig  der  o.4-Stellung  im  AdrenaHn  zu  erkennen, 


>)  Proc.  Roy.  Soc.  T3,   170  (1906). 

-)  H.  Boruttau,  Naturforäeher%-ersainmlung  Münster  (1912). 

Ftänkel,  Arzneimittel-Ssmthese.    5.  Aufl.  29 


450  Alkaloide. 

■wurde  die  Giftigkeit  beider  Verbindungen  gleich  gefunden.  Auf  das  Herz  wirkt 
die  1.2.3-Verbindung  kräftiger  beschleunigend  und  herzschlagverstärkend,  aber 
auch  toxischer.  Die  1.3. 4- Verbindung  ruft  eine  stärkere  Gefäßkontraktion  und 
Blutdrucksteigerung  hervor,  als  die  1.2. 3- Verbindung.  Die  3.4-Stellung  der 
OH-Gruppen  begünstigt  demnach  die  gefäßzusanimenziehenden  und  lilntdruck- 
steigernden  Eigenschaften  der  Adrenalinderivate  ^). 

Der  Ersatz  von  Brenzcatechin  durch  Pyrogallol  im  Adrenalin  bedingt 
keine  Erhöhung  der  Wirkung. 

Aminoacetopyrogallol  mit  drei  Hydroxylen  und  Aminoäthylpyrogaliol 
zeigen  beide  sjanpathomimetische  Wirkung,  aber  ilire  Wirkung  auf  den  Blut- 
druck ist  schwächer  als  die  der  korre.sjiondierenden  Brenzcatechinbase.  Die  Ein- 
führung einer  dritten  Hydroxylgruppe  in  die  Stellung  1  zur  Seitenkette  steigert 
also  die  Wirkinig  nicht,  da  anscheinend  die  Resistenz  der  Oxydation  gegenüber 
verringert  wird^). 

«-p-Oxy-m-methoxyphenyläthj-lamin*)  ist  physiologisch  etwas  schwächer 
wirksam  als  die  methylfreie  Substanz. 

Nach  Versuchen  von  H.  H.  Dale  zeigen  p,  p-Dioxy-  und  besonders  m,  m-, 
p,  p-Tetraoxydijihenylacylamine  blutdrucksteigernde  Wirkung,  dagegen  ist 
m-Amino-o-acetophenon  inaktiv,  die  o,  p-Dioxybase  nicht  stärker  aktiv  als 
die  p-Oxyverbindung*). 

Epinin  ist  3.4-Dihydrox\'phenyläthylmethylamin. 

Beide  optische  Antipoden  des  a-p-Oxj^phenyläthylamin  haben  gleiche 
Wirkung. 

Ergotoxin  CgjH^^OßNj  ist  das  charakteristische  Gift  des  Mutterkorns 
(Barger  und  Carr,  Kraft),  Ergotinin  (Tanret)  C35H39O5N5  ist  imwirksam, 
läßt  sich  aber  in  Ergotoxin  überführen.  Ergotoxin  ist  vom  Magendarnikanal 
aus  nicht  resorbierbar.  Aus  dem  Ergotoxin  kann  man  ein  Sublimat  gewinnen, 
welches  anscheinend  Isobut^iylformamid  ist^).  Daneben  kommt  im  Jlutter- 
kom  Isoaniylamin  und  p-Oxj'j^henyläthylamin  vor,  letzteres  wirkt  schwächer, 
aber  ähnlich,  jedoch  weniger  flüchtig  wie  Adrenalin*),  ferner  Imidazoljdäthyl- 
amin  ruid  Indolyläthylamin. 

Der  Träger  der  von  M.  Kehrer')  beschriebenen  Wirkung  auf  den  Uterus 
wiu-de  als  Imidazolyläthylamin  von  George  Barger  und  H.  H.  Dale  erkamit*). 

/J-Imidazolyläthylaminclilorid  macht  bei  Kaninchen  kräftige  Blutdruck- 
steigerung, welche  alsbald  zur  Norm  zurückgeht,  auch  die  Atnnnig  wird  beein- 
flußt. Es  tritt  alsbald  Gewöhnung  ein.  Kaninchen  vertragen  Dosen  von  0.2  g. 
Auf  Katzen  wirkt  es  nachhaltiger.  Es  macht  Absinken  des  Blutdrucks. 
Pulsverlangsamung,  vorübergehenden  Atemstillstand  und  starke  Uiu'cgelmäßig- 
keit  der  Atmimg''). 

/i-Imidazoläthylamin  wirkt  stimulierend  auf  den  glatten  Muskel,  an 
welchem  es  Steigerung  des  Rhj^hmus  mit  verstärktem  Tonus  oder  ständigem 
Tonus  ohne  Rhythmus  hervorruft;  am  empfindlicLsten  ist  der  glatte  Uterus- 
muskel und  die  Muskelwände  der  Bronchiolen.   Die  glatte  Muskulatur  der  Ein- 


')  M.  Tiefenau,  Ch.  Richet-Festschrift,  Paris  I9I2.  S.  399. 

2)  G.  Barger  und  H.  Dale,  Joiirn.  of  physiol.  41,   19  (1910). 

^)  H.  H.  Dale,  C.  W.  Moore,  Joiirn.   Chem.   Soc.   London  99,  410  (1911). 

*)  Frank  Tutin,  Journ.   Chem.  Soc.   London  91,  2495. 

'}  George  Barger  und  A.  J.  Ewins,  Transactious  of  the  Chemical  Society  97,  284 
(1910).  «)  Barger  und  Dale,  AePP.   61,   113  (1909). 

')  AePP.  58,  3(iG  (1907).  *)  Journ.  Chem.  Soc.  London  97,  2592  (1910). 

»)  D.  Ackermann  und  Fr.  Kutscher,  Z.  f.  Biol.  54,  287  (1910).  —  Darstellung 
siehe  Ackermann,  HS.  65,  504  (1910). 


Ergotin,  Adrenalin  und  die  aromatischen  Basen  aus  Eiweiß.  451 

geweide  iiiul  der  I\Iilz  nimmt  eine  mittlere  Stellung  ein,  während  Herz-  und 
Skelettmuskulatiir,  Blasen-  und  Irismuskel  nicht  affiziert  werden^). 

/?-Imidazolyläthylaniin  senkt  intravenös  injiziert  den  Blutdruck  sehr  rasch 
und  stark,  so  daß  sich  Aufregungszust.ände  einstellen,  die  später  in  Depi'ession 
übergehen.  Gleichzeitig  tritt  eine  Steigerimg  der  Speichel-,  Tränen-  und  Pan- 
kreaeabsonderung  ein,  vor  allem  aber  eine  sehr  erhebüche  Steigeriuig  der 
Magensaftabsonderung.  Subcutan  gegeben  bleiben  alle  genannten  Erscheinun- 
gen aus,  bis  auf  die  Einwirkung  auf  den  Magensaft,  welche  das  ganze  Bild  be- 
herrscht. Die  Einwirkung  geschieht  auf  die  Magendrüsen  selbst.  Per  os  zu- 
geführt hat  es  keinerlei  \Mrkung.  Beim  Menschen  machen  0,4  mg  bereits 
intravenös  eingeführt  Kojif schwinde!,  Apathie,  was  diu-ch  Austrocknen  der 
Nervenzellen  infolge  der  strtrken  Magensaftabsonderung  und  Herabsetzung  des 
Blutdrucks  erklärt  ^ird^).  Weder  dieses  noch  Adrenalin  wrken  auf  die  Ham- 
absonderung. 

Während  die  anderen  Amine  auf  eine  Abteilung  des  autonomen  Systems 
einwirken,  zeigt  /J-Imidazolyläthj'lamin  kompliziertere  Wirkungen.  Es  übt 
direkt  reizende  Wirkungen  auf  die  glatte  Muskulatur,  welche  es  stark  tonisiert 
luid  deren  Rhythmus  es  erhöht.  Am  stärksten  wirkt  es  auf  die  Uterusmuskula- 
tur. Aiich  die  Bronchialmuskulatur  der  Rodentien  unterliegt  stark  diesem 
Einfluß.  Sehr  verschieden  stark  wrd  die  übrige  glatte  Muskulatur  affiziert, 
auch  auf  den  Herzmuskel  wirkt  das  Mittel,  aber  anscheinend  nicht  auf  die 
Skelettmuskulatur.  Bei  den  Rodentieii  ist  auch  eine  narkotische  Wirkung  zu 
bemerken,  ebenso  bei  den  C'aniivoren.  Es  erinnert  ungemein  in  seinen  Wir- 
kungen anPopielskis  Vasodilatin.  Die  Sj'mptome  des  anaphylaktischen  Shoks 
nach  Injektion  von  Pepton  sind  sehr  identisch  mit  denen  nach  intravenöser 
Injektion  dieser  Base^). 

Eso-Ezo-Dibenzoylhistamin  ist  von  geringerer  physiologischer  Wirkung*). 

Durch  Kondensation  von  p-lmidazolyläthylamin  mit  Methylal  haben 
S.  Fränkel  mid  Karoline  Zeimer^)  Imidazolisopiperidin 

I         I  >CH 

HjC\/CH— N 
CH, 

dargestellt  imd  es  viel  stärker  wirksam  als  das  Imidazoläthylamin  gefunden 
Bei  Vergleich   von  4   (5)-/3-Aminoäthylglyoxalin,   4   (ö ) - A m inomethylgly- 
oxalin  und  4  (5)-7-Aminobutylglyoxalin  sind  dem  Imidazolyläthylamin  gegen- 
über die  beiden  letzteren  Verbindungen  uuAvirksam  zu  neimen. 

Ebenso  wie  beim  Adrenalin  ist  auch  bei  den  Imidazolderivaten  die  zwei- 
kohlenstoffige  Seitenkette,  an  der  an  einem  Kohlenstoff  das  Ringsystem  am 
anderen  die  Aminogruppe  steht,  die  beste  Gruppiennig  für  die  Whkimg. 

Imidazolylmethylamin  ist  100-,  wenn  nicht  1000  mal  weniger  wirksam  als 
Histamin^). 

N-Acidylderivate  der  Imidazolreihe  erhält  man  durch  Eimvirkimg  der  Halogenide 
organischer  Säuren  in  der  Weise,  daß  die  bei  der  Reaktion  entstehende  Halogenwasserstof  f- 
säui«  durch  einen  Überschuß  des  betreffenden  Imidazols  selbst  oder  einer  anderen  Base 
gebunden  wird. 

>)  H.  H.  Dale  und  P.  P.  Laidlaw,  Journ.  of  physiol.  41,  310  (1910). 
2)  L.  Popielski,  Pflügers  Arch.   1J8,  214,  237  (1920). 
^)  H.  H.  Dale  und  P.  P.  Laidlaw,  Journ.   of  physiol.   41,   318  (1910). 
*)  O.  Gerngroß,  H.  S.  108,  53  (1919).  ^)  BZ.   110,  234  (1920). 

•)  Windaus  bei  W.  Heubner,  BZ.   101,  00  (1920). 

29* 


452  Alkaloide. 

Beschrieben  sind  Acetylbenzimidazol  und  4  (5)-Benzoyl-/)'-aminoäthyliinidazol.  Die 
Acidylderivate  sind  weniger  giftig  als  die  freien  Basen  ^). 

Histidin  läßt  sich  durcii  Fäulnis  in  Imidazolyläthylamin  überführen  und  aus  dem 
Fäulnisgemenge  mit  einer  Säure  oder  mit  einem  Alkaloidreagens  niederschlagen  2). 

DRP.  252  872  beschreibt  ein  Verfaliren,  in  welchem  die  Carboxylgruppe  aus  Histidin 
durch  spezifische,  auf  gefaulter  ThjTnussubstanz  lebende  Fäulniserreger  in  kurzer  Zeit 
abgespalten  wird;  statt  reines  Histidin  zu  verwenden,  empfiehlt  DRP.  252  873  das  Hy- 
drolysat  von  Eiweiß  durch  Krystallisation  von  Leucin,  Tyrosin,  Phenylalanin  und  Glutamin- 
säure zu  befreien,  den  restierenden  Sirup  von  Ammoniak  zu  reinigen  imd  der  Fäulnis 
nach  dem  vorhergehenden  Patente  zu  überlassen.  Die  Darstellung  des  Imidazolyläthj'l- 
amin  aus  dem  Fäulnisgemieche  geschieht  am  besten  nach  DRP.  252  874  durch  Extraktion 
der  alkahschen  Lösung  mit  Chloroform  und  Entziehen  der  Base  aus  den  Chloroform- 
lösungen mit  verdünnter  Säure. 

DRP.  256  116  emptielilt,  die  Fäulnis  des  Histidins  mit  Reinkulturen  von  kohlensäure- 
abspaltenden Bakterien  durchzuführen. 

Die  DRP.  248  885  und  258  296  beschreiben  Derivate  des  Methylimidazols,  welche 
angeblich  auf  den  Blutdruck  wirken  soUen,  über  die  aber  keine  experimentellen  Berichte 
vorliegen. 

4  (5)-/>-Amiiioäthj'lglyoxaiiu(p'-Imidazolylätliylamiii)  hat  Frank  Lee  Py- 
man^)  dargestellt,  indem  er  aus  Diaminoaceton  und  KaUumrhodanid  2-Thiol-4 
(5)-aminomethylglyoxalin  (I)  erhält,  dieses  durch  verdünnte  Salpetersäiu'e  ent- 
schwefelt, wobei  gleichzeitig  durch  die  entstehende  salpetrige  Säure  die  Amino- 
gruppe  in  eine  Hydroxylgruppe  verwandelt  wird.  In  dem  so  erhaltenen  4  (5)-0xy- 
methylglyoxalin  (11)  kann  man  das  Hydroxyl  durch  die  Cyangruppe  ersetzen, 
wenn  man  vorerst  mit  Phosphorjjentachlorid  ChlormethylglyoxaUn  darstellt  und 
dieses  mit  Cyankalium  umsetzt  (III).  Reduziert  man  die  Cj-anverbindung  mit 
Natrium  imd  Alkohol,  so  erhält  man  Imidazolyläthylamin  (IV). 

(I)  CH  •  NH ,  (II)  CH  •  NH,  (IH)  CH  •  NH,  (IV)  CH  •  NH, 

II      >C.SH      II      >CH       II      >CH      I,      >CH 

C JT  C W  C N^  C — NH^ 

I  I  !  ' 

CH^-NHa  CHa-OH  CH^  ■  CN  CH^  •  CHj  •  NH, 

Beim  Erhitzen  von  5  (4)-Methylimidazolyl-4  (5)-glyoxylsäure  mit  AniMn  wü'd  unter 
Kohlensäureentwieklungeine  Schiff  sehe  Base,  das  Anildes5(4)-Methylimidazolyl-4(5)-alde- 
hyd  gebildet.  Dm'eh  Reduktion  mit  alkalischen  Reduktionsmitteln  kann  man  zu  den 
entsprechenden  Aminen  gelangen. 

CH3  ■  C  —  NH  CH3  •  C  —  NH 

II        )CH  +U^=  II        >CH  *) 

C— N  C  — N 

CH :  N  •  Aryl  CHj  ■  NH  •  Aryl 

Man  läßt  auf  5  (4)-Methyl-4(5)-chlormethylinüdazolchlorhydrat  primäre  Amine  der 
aromatischen  Reihe  einwirken.   Hierlx'i  findet  eine  Kondensation  nach  der  Gleichung  statt: 

CH3C  — jSTH  CH3C— NH 

II        ^CH,  HCl  -t-  NHo  •  Aryl  =  ||        ^CH,  2  HCl 

ClCHj  •  C— N  C— N 

I 
CHj  ■  NH  •  Aryl 

Diese  Imidazolderivate  besitzen  eine  viel  geringere  Giftigkeit  als  /^-Imidazolyläthylamin, 
andererseits  wirken  sie  stark  antiseptisch'). 

Jodierte  Imidazole  verhalten  sieh  im  Tierkörper  anders  als  Imidazol,  welch 
letzteres  ziemlich  indifferent  ist.  Trijodimidazol  wirkt  in  schon  kleinen  Dosen 
stark  Atmung  imd  Puls  steigernd,  ohne  daß  diese  Wirkung  auf  Jodabspaltung 
zurückzuführen  ist. 


1)  O.  Gerngroß,  DRP.  282  491.  ^)  DRP.  250  110. 

3)  Journ.  Chem.  Soc.  London  99,  668  (1911).         «)  O.  Gerngroß,  DRP.  276  541. 

6)  DRP.  278  884,  Zusatz  zu  DRP.  276  541. 


Ergotin,  Adrenalin  und  die  aromatischen  Basen  aus  Eiweiß.  453 

Die  jodierten  Imidazole  und  auch  Tribromimidazol  rufen  im  Gegensatz 
zu  den  halogenfreien  Basen,  die  noch  in  relativ  großen  Dosen  gut  vertragen 
werden,  schon  in  kleinen  Dosen  sowohl  nach  intravenöser  als  auch  nach  sub- 
cutaner Injektion  und  per  os  starke  Steigeriuig  der  Puls-  und  Atemfrequenz 
hervor.  Diese  Wirkung  dauert  nach  mäßigen  Dosen  mehrere  Stimden,  während 
höhere  Dosen  rasch  zum  Tode  fühi'en,  wahrscheinlich  durch  Lähmung  des  Re- 
spirationszentrums.  Nur  das  N-a-/9-/i-Tetrajodimidazol  macht  eine  Ausnahme, 
weil  es  sehr  schwer  lösUch  und  wahrscheinlich  nur  sehr  langsam  resorbiert  wird. 
Beim  Tetrajodhistidinanhydrid  winden  keine  Wirkungen  beobachtet,  es  ist 
anscheinend  sehr  schwer  resorbierbar^).  Untersucht  wm-den  /J-Monojod-Ä- 
methyhmidazol ,  «-/J-Dijod-M-methylimidazol  sowie  die  zwei  erwähnten  Jod- 
derivate. N-a,-/^-/(-Tetrajodimidazol  wirkt  antiseptisch  wie  Tetrajodpyrrol. 
Die  bromsubstituierten  Imidazole  scheinen  giftiger  zu  sein  als  die  jodsubsti- 
tuierten. Von  den  jodsubstituierten  wirkt  am  giftigsten  /5-Monojod-3C-methj'l- 
imidazol,  dann  folgt  (X-/)-Dijod-/t-inethyhmidazol,  während  am  relativ  un- 
giftigsten (X-/J-/t-Trijodimidazol  ist^). 

Dijodtyramüi  wirkt  viel  stärker  auf  die  Metamorphose  der  Kaulquappen 
als  das  jodfreie  TjTamin^). 

Indolyläthylamin  (3-/5-Anünoäthylindol)    Q~1Ich*^^'  '  ^^' '  ^^'     erhöht 

N 
H 
sehr-  rasch  den  Blutdruck*).    Sjiithetisch  wird  es  aus  /-Aminobutyiylacetal 
und  Phenylhydrazin  erhalten. 

Indolyläthylamin  hat  eine  vorübergehende  erregende  Wirkung  auf  das 
Zentrahiervensystem,  verursacht  klonische  und  tonische  Ki'ämi^fe,  Glieder- 
zittern und  Vasokonstriktion,  es  stimuliert  glatte  Muskulatur,  hauptsächlich 
in  den  Arteriolen,  der  Iris  und  dem  Uterus^). 

Phenyläthylamin  erhält  man  am  leichtesten  cUnch  Reduktion  von  Benzyl- 
cyanid  mit  53%  Ausbeute^).  Man  erhält  es  auch  aus  Phenylessigsäure  über 
das  Amid  nach  der  Hofmannschen  Reaktion  mid  über  das  Hydrazid  und 
Urethan  nach  der  Methode  von  Curtino.  Ebenso  erhält  man  es  bei  der 
trockenen  Destillation  von  Phenylalanin. 

p-Hj^drox}'iihenyläthylamin  (Tj^ramin)  kami  man  in  kleinen  Mengen  aus 
Tyrosin  darstellen,  wenn  man  dieses  im  Vacuum  auf  260^270°  im  Metallbade 
erhitzt.  Die  Base  subUmiert.  Die  Ausbeute  beträgt  50%.  Synthetisch  stellt 
man  es  aus  p-Oxybenzylacetonitril  durch  Reduktion  mit  Natrium  und  Alkohol 
her ' ) .  B  a  r  g  e  r  und  W  a  1  p  o  1  e  *)  nitrieren  Benzoylphen5'läthylamin  und  reduzieren 
das  erhaltene  p-Nitroderivat,  diazotieren  und  hydrolysieren.  Andere  Synthesen 
gehen  vom  Anisaldehyd  aus,  welcher  zuerst  in  p-Methoxyphenylacrylsäm-e, 
dann  in  p-Methoxyphenylpropionsäivre,  dami  in  das  Amid,  weiter  in  p-Me- 
thoxyphenyläthylamin  und  schHeßlich  in  p-Hydroxyphenyläthj'lamin  ver- 
wandelt wird.  Die  Ausbeute  bei  dieser  Sjaithese  ist  gering.  p-Metbox^^phenvl- 
äthylamin  erhält  man  besser  nach  Rosemunds*)  Verfahren,  bei  welchem  das 
Kondensationsprodukt  von  Anisaldehyd  mit  Nitromethan  reduziert  mrd.   Das 

M  BB.  43,  2249  (1910).  ')  K.Gundermann,  AePP.  63,  259  (1911). 

3)  Yasuo  Ikeda,  Journ.  of  Pharmac.  7,   121  (1915). 

')  P.  P.  Laidlaw  bei  A.  J.  Ewins,  Transactions  of  the  Chemical  Soc.  London  99, 
271   (1911).  ^)  P.  P.  Laidlaw,  Biochemical  Journal  6,  Xr.  1  (1911). 

«)  Wohl  und  Berthold,  BB.  43,  2175  (1910). 
')■  Barger,  Journ.  Chem.  Soc.  London  95,   1123. 
*)  Journ.  Chem.  Soc.  London  93,   1720.  »)  BB.  42,  4778  (1909). 


434  Alkaloide. 

Eeduktionsprodukt  wird  mit   farbloser  Jodwasserstoffsäure  erhitzt   und  gibt 
p-Hydrox\'phenyläthj'lamin. 

Barger  und  Dale  haben  io-0x\7)henyläthyhimin  synthetisch  durch  Re- 
duktion von  Oxybeiizylcyanid  erhalten. 

Oxyphenylätliylauiine  und  deren  Derivate')  erhält  man  durcli  Reduktion  der  durch 
Einwirkiuig  von  Ammoniak,  Aminen  oder  Hydroxj'lamin  und  Hydrazinen  auf  Oxyphenyl- 
aminaldeliyde  eihältliclien  Stickstoffverbindimgen  oder  der  Kondensationsprodukte  von 
Oxybenzaldeliyden  mit  Nitromethan.  Die  Alkylüther  der  genannten  Oxyverbindungen 
und  die  Alkoxyplienyläthylamine  \-erseift  man.  Diu-ch  Reduktion  von  p-5Iethoxyphenyl- 
acetaldoxim  mit  Natriumamalgain  in  essigsam-er  Lösung  gewinnt  man  p-Methoxypheuyl- 
äthylaniin.  Jlit  konzentrierter  Jlineralsäure  erliiilt  man  p-Oxyplienyläthylaniin  oder  man 
reduziert  p-MethoxjTiitrostjTol  mit  Zink  und  Eisessig,  hierauf  mit  Natriiunamalgam,  oder 
man  geht  vom  p-Oxyphenylacetaldehyd-p-nitroplienylhydi-azon  aus  tmd  reduziert  mit 
Natriumamalgam  luid  Eisessig  oder  man  erliitzt  p-Methoxyphenyläthylamin  mit  konzen- 
trierter Brom  Wasserstoff  säure  auf   150°. 

Bayer-Elberfeld'-)  stellen  Oxj'phenyläthylamine  mid  deren  Alkylätlier  in  der  Weise 
her,  daß  sie  in  Oxj'phenylpropionsäureii  oder  in  ihren  Alkyläthern  die  Carboxjlgruppe 
nach  der  Hof  mannsclien  Methode  diuch  die  Aminognippe  ersetzen  \ind  gegebenen- 
falls die  Alkyläther  der  Oxyphenyläthylamine  mit  konz.  Halogenwasserstoffsäure  ver- 
seifen. So  liefert  p-JIethoxj^henylpropiousäureamid  (aus  Methyldihydro-p-cumarsäure) 
mit  Natriumhypochlorit  p-Methoxj-phenyläthylamin  \isf. 

oj-p-Alkyloxyphenyläthylamine')  imd  deren  N-alkylierte  Derivate  erhält  man  diirch 
Cberfühnmg  primärer  p-Alkyloxyphenyläthylalkohole  durch  Einwirkmig  von  Phosphor- 
pentahologeniden  in  die  entsprechenden  oi-p-Alkyloxj'phenyläthylhaloide  »uid  Behandlung 
dieser  mit  Ammoniak  oder  Alkylaminen.  Beschrieben  ist  die  Darstellimg  von  w-p-Meth- 
oxyphenyläth.>lamin  luid  von  c^-Metlioxi.'phenyläthyldimethylainin  aus  dem  primären 
p-Metlioxyphenyläthylalkohol,  tlen  man  aus  p-Anisylbrommagnesium  und  Äthylenchlor- 
hydrin  gewinnen  kann.  Die  Produkte  dienen  zur  Darstellung  der  cj-p-Oxyphenyläthyl- 
aminbasen. 

Oxj'phenyläthyldialkylamine^)  erhält  man,  wenn  man  die  durch  Einwirkung  von 
Alkyllialogeniden  auf  Oxyphenjläthylamine  oder  deren  Sauerstoffäther  erhältUehen  qua- 
ternären  Ammonimnsalze  der  Destillation  im  Vakumn  unterwirft  mid  dann  gegebenen- 
falls die  Äther  diuch  Kochen  mit  Mineralsäure  zu  den  entsprechenden  freien  Phenolen  ver- 
seift. So  erhält  man  Hordenin  diu-ch  Destillation  des  Hordeninjodmethylates,  welches 
man  aus  p-Oxyphenyläthylaminjodmethyl  und  Natriummethylat  erhält.  Ebenso  ist  die 
Darstellimg  von  m-Öxyphenyläthyldimethylaniin  beschrieben. 

p-Oxj'phenylisopropylamin  erhält  man  nach  DRP.  243  546  durch  Reduktion  des 
Oxinis  des  p-Methox_\'benzylmethylketons  luid  Verseifung  der  entstandenen  Base  mit 
Mineralsäuren,  \'ürzugsweise  Jodwasser.stoffsäure.  Die  Reduktion  wird  beispielsweise  in 
Eisessiglösung  mit  Natrimnamalgam  durchgeführt.  Diese  Verbindimg  soll  in  iliren  Wir- 
kimgen  dem  p-Oxj'phenyläthylamin  an  Stärke  gleichkommen,  sie  dagegen  an  Dauer  der 
Wirkung  übertreffen. 

Nach  DRP.  244  321  erhält  man  Äthanolaminbasen  und  deren  Aikj'läther  durch 
Kondensation  \on  Benzaldehyd  oder  dessen  Alkoxy-  und  Dialkoxy-substitutionsprodukten 
mit  Nitromethan  bei  Gegenwart  von  Alkali.  Die  so  entstehenden  Salze  der  Nitroäthanole 
bzw.  die  durch  Anlagerung  von  Wasser  bzw.  Alkoholen  an  Nitrostyrole  unter  Alkalizusatz 
erhaltenen  Salze  der  Nitroäthanole  bzw.  deren  Alkyläther  werden  mit  schwachen  Säuren 
zerlegt  und  die  so  entstandenen  Nitroalkohole  bzw.  deren  Alkyläther  reduziert.  Besclirieben 
ist  die  Darstellung  von  Phenyläthanolamin,  a-Methoxy-phenyläthanolamin-a-methyläther, 
p-Methoxyphenyläthanolamin  und  der  Trunethyläther  des  3.4-Dioxyphenyläthanolamin. 

Hordenin  kann  man  synthetisch  durcli  Methylierung  von  p-MethoxyiAenyl- 
äthylamin  erhalten^).  Zum  großen  Teil  entstehen  die  quatemären  Basen  sowie 
die  primäre,  sekundäre  und  tertiäre,  welch  letztere  der  Methyläther  des  Hordenin 
ist.  Acetyliert  man  das  Gemenge,  so  bleibt  der  Methyläther  unverändert  und 
durch  Entmethyherung  mit  Jodwasserstoff  erhält  man  Hordenin. 

Die  erste  Synthese  von  Hordenin  führte  Barger*)  aus  Phenvläthvlalkohol 
aus :  CßHa  •  ChJ  •  CHo  •  OH  -*  CgHj  •  Cü^  ■  CHa  •  Cl   *  C^H^  ■  CW^  ■  C'H,  •  N(CH3)j 

1)  Bayer,  Elberfeld,  DRP.   230  043.  -)  DRP.   233  551. 

=)  Bayer,  DRP.  234  795.  *)  Bayer,  DRP.  233  069. 

'')  Rosemund,  BB.  43,  306  (1910).         «)  Journ.  Chem.  Soc.  London  95,  2193. 


Ergotin,  Adrenalin  und  die  aromatischen  Basen  aus  Eiweiß.  455 

-  >  XO..  •  CgH^  •  CHj  •  CH.,  •  X(CH3).,  ->  NH,  •  QH^  •  CH2  •  CH.,  •  N(CH,).,  -  HO  • 
CgH^ .  CHg  .  GH.,  •  X(CH3)„ .  F.  Ehrlich  geht  von  Tvrosol  aus:  HO  •  CgH^ 
•  CH. .  CH2  -OH  ->  HO  •  CgHj  •  CH,  •  CHj  •  Cl  -*  HO  •  C^H^  •  CH,  •  CH,  ■  XlCHg), . 

Die  glattere  Syuthese  des  Hordenins  verläuft  folgendermaßen: 

Chlormethylanisylketon  CHj  •  0  •  C^Hj  •  CO  •  CH,  •  Cl  wird  mit  Dimethjd- 
amin  in  das  Aniinoketon  CHj  •  0  •  CgHj  •  CO  •  CH,  •  X(CH3),  übergeführt  und 
nach  Absjjaltung  der  Methj'lgriipjje  mit  Jod  Wasserstoff  säure  von  1.7  sp.  G. 
OH  •  CgH4  ■  CO  ■  CH,  •  X(CH3)2  ,  durch  Erhitzen  mit  Jodwasserstoffsäirre  vom 
sp.  C4.  1.96  und  Phosphor  unter  Druck  zu  Hordeniu  reduziert:  OH  •  CgH^ 
CH,  •  CH, .  X(CH3)2i).    S.  auch  S.  448,  449. 

Die  blutdrucksteigernde  Wirkung  derPhenylaminba.sen,  wieTjTamin,  Hor- 
denin  usw.,  ist  im  Gegensatze  zu  jener  des  Adrenalins  und  der  Ketonbasen  eine 
zentrale,  vorwiegend  an  dem  nicot  iiiempf  indlichen  Ganglien apparat  angreifende*) . 

4-0xy-l-(/?-amino-äthyl)-naplithalin 

CH,  •  CH,  ■  XH., 

'0    ' 

OH 

hat  nur  geringe  phvsiologische  Wirkung^). 
HC— CH 
Furäthylamin      i;      i'  wird  dargestellt  aus  der  Furpropion- 

HC     CCH,CHoNH, 

\'' 
O 

säure  über  Ester,  Hydrazid  und  Azid,  Verwandlung  dieses  in  das  Urethan 
und  Destillation  des  Urethans  über  Kalk,  \\arkt  auf  den  Blutdruck  herabsetzend 
ein,  wenn  es  in  die  Vene  eingespritzt  wird,  eine  Do.^is  von  0.0025  g  bei  der 
Katze  in  die  lugularvene  injiciert  ruft  eine  sofortige,  bald  vorübergehende 
Senkung  des  Blutdrucks  hervor  ohne  deutliche  Beeinflussung  des  Pulses  und 
der  Atnmng.  Es  kontralüert  die  glatte  Muskulatur,  macht  am  Meerschwein- 
chenuterus eine  starke  Erhöhung  des  Tonus  mid  wirkt  dabei  etwa  ^/^  so  stark 
^^ie  Hydra  stinin. 

Furmethylamin  C4H30-CH,-XH2  ist  schwächer  wirlisani  als  Furäthyl- 
amin. 

Tetrahydro-furäthylamin  kann  direkt  durch  katalji;ische  Hydrierung  des 
Furäthylamins  erhalten  A\erden,  doch  ist  es  vorteilhafter,  von  der  durch  Hy- 
driening  leicht  zugänghchen  Tetraliydro-furpropionsäure  auszugehen  und  diese 
durch  den  Curtiusschen  Abbau  in  Tetrahycliofuräthylamin  zu  verwandehi. 
Dieses  hat  im  Ciegensatz  zu  dem  hydrierten  Produkt  keinerlei  Wirkung  auf 
den  Blutdruck.  Am  isoherten  Uterus  bewirkt  es  eine  deutliche  Kontraktion, 
es  ist  etwa  halb  so  wirksam  wie  Hj-drastinin*). 

Die  AdrenalinsTOthesen  laufen  folgendermaßen: 

Brenzcatecliin  wird  mit  Phosphoroxychlorid  mid  Monochloressigsäure  zu 
Chloracetobrenzcatechin  kondensiert  und  dieser  zuerst  von  Dzierzgowski 
dargestellte  Köqjer  mit  Methj'lamin  behandelt.  Man  erhält  Jlethylamino- 
acetobrenzcateclün,  welches  mit  Aluminiumamalgam  oder  elektrolytisch  zum 
racemischen  Adrenalin  reduziert  wird.    Dieses  Verfahren  scheint  das  einzige 


1)  H.  Voswinkel.  BB.  45,   1004  (1912). 

-)  G.  Baehr  und  E.  P.  Pick,  AePP.  80,   101  (1917). 

')  A.  Windaus  und  D.  Bernthsen  -  Buchner,  BB.  50,  1120  (1917) 

»)  .\.  Windaus  und  O.  Dalmer  (Impens)  BB.  53.  267   (1920). 


456  Alkaloide. 

praktisch  verwendete  zu  sein.  ^Mittels  Weinsäui-e  gelingt  clie  Spaltung  in  die 
optisch  aktiven  Komponenten.  Durch  Reduktion  von  Aminacetobrenzcatechin*) 
oder  dem  C'yanhydrin  von  Protocatechualdehyd  mit  Xatriiimamalgam^)  erhält 
man  3.4-Dihydroxyphenyläthanolamin,  ■welches  ungefähr  so  wirksam  wie 
Adrenalin  und  Arterenol  benannt  ist.  Durch  Methyherung  kann  man  es  in 
Adrenalin  verwandeln. 

Aminoacetobrenzcateehin  kann  man  durch  Umsetzung  von  Chloraceto- 
brenzcatechin  mit  Ammoniak  oder  dm-ch  Reduktion  von  w-Nitroacetobrenz- 
catechin  erhalten.  co-Xitroacetobrenzcatechin  erhält  man  bei  der  Hydrolj^se 
des  entsprechenden  Methj'len-  oder  Dimethyläthers  mit  Alumiumehlorid  in 
benzohscher  Lösung.  Diese  Äther  erhält  man  aus  Piperonal  oder  Methyl- 
vanillüi  beim  Behandeln  mit  Xitromethan,  Brom  imd  methylalkoholischer 
Kalilauge  und  Säure  nach  DRP.  195  814. 

Femer  erhält  man  Aminoacetobrenzcateehin  bei  der  Hj'drolyse  des  Kon- 
densationsproduktes aus  Veratrol  und  Hippm'säiu'echlorid  mittels  Aluminium- 
chlorid^).  Eine  bessere  Ausbeute  erhält  man  bei  der  Hydrolyse  des  ähnhch 
gebauten  PhthaUmidoacetoveratrols *). 

Homorenon  wird  (0-Äthylamino-3.4-dih3'droxj-acetophenon  genannt. 
3.4-Dihydroxyphenyläthylmethylamin  ist^Epinin  benannt. 

Adrenalon  erhielt  E.  Fried  mann  synthetisch  durch  Ein^Tirkung  von  Methylamin 
auf  Chloracetylbrenzcatechin.  Zu  derselben  Substanz  gelangten  schon  früher  auf  gleichem 
Wege  die  Höchster  Farbwerke^)  durch  Einwirkung  von  aUphatischen,  primären  Alkyl- 
aminen,  z.  B.  Methylamin  auf  Chloracetobrenzcatechin,  durch  Stehenlassen  mit  einem 
Überschüsse  der  Base  oder  durch  gelindes  Erwärmen  und  Ausfällen  der  Base  mit  Ammoniak. 
In  analoger  Weise  erhält  man  .\thylaminoacetobrenzcatechin  und  aus  Äthanolamin  Athanol- 
araino-o-dioxyacetophenon.  Diese  Verbindungen  gehen  durch  Reduktion  in  Alkoholbasen 
über  und  wirken  aUe  blutdrucksteigernd. 

Statt  der  primären  aliphatischen  Amine  kann  man  auch  Ammoniak  benutzen  und 
gelangt  so  zum  Aminoacetobrenzcateehin^). 

Aus  diesen  Aminoketonen  erhält  man  diu'ch  Reduktionsmittel  Methylaminoalkohole. 
[Die  Reduktion  wird  durchgeführt  mittels  Aluminium  und  Mercurisulfat  oder  Elektro- 
lyse in  schwefelsaurer  Lösung")]. 

DRP.  254  438  beschreibt  ein  Verfaliren  zur  Darstellung  aromatischer  Aminoalkohole 
durch  Reduktion  aromatischer  Aminoketone,  bewirkt  durch  Wasserstoff  bei  Gegenwtirt 
kolloidaler  Metalle  der  Platingruppe.  So  erhält  man  aus  Aminopropionylveratrol  Di- 
methoxyphenyl-a-propanolamln;  aus  Aminopropionylbrenzcatechin  erhält  man  Dioxy- 
phenyl-a-propanolamin. 

Nach  dem  Zusatzpatent  zu  diesem  DRP.  256  750  kaim  man  die  Platiiunetalle  statt 
in  kolloidaler  in  fein  verteilter  Fonnjbenutzen. 

Aus  dem  synthetischen  racemischen  AdrenaLiu  erhält  man  1-Adrenalin, 
indem  man  es  in  alkoholischer  Lösung  in  das  saure  (d-wemsam-e)  Salz  ver- 
wandelt, zum  Sirup  einengt  und  mit  einem  Krystall  d-weinsaurem  1-Adrenalin 
imjjft*). 

Durch  die  Weinsäuren  Salze  kann  man  racemisches  Adrenalin  spalten,  indem  man 
die  Base  mit  Alkohol  verrülirt  und  Weinsäure  zusetzt.  Hierauf  bringt  man  im  Vakuum 
zur  Trockne.  Das  d-weinsaure  1-Adrenalin  ist  in  Methylalkohol  unlöslich,  es  wird  mit 
diesem  ausgeholt  und  der  Rückstand  aus  Äthylalkohol  umkrystallisiert'). 

Optisch  aktives  Adrenalin  kann  man  durch  Stehen  mit  Mineralsäuren  oder  durch 
Erwärmen  mit  diesen  racemisieren  und  das  Racemprodukt  in  seine  Komponenten  zer- 
legen, so  daß  man  schließlich  nach  Wiederholung  des  Verfahrens  nur  die  eine  eben  ge- 
wünschte optische  Isomerie  erhält^"). 

')  DRP.   155  632.  ^)  DRP.   193  034.  ^)  DRP.   185  598  und   189  483. 

*)  DRP.  209  962  mid  216  640.  ^)  Höchst,  DRP.   152  814. 

«)  Höchst,  DRP.    155  632,  Zusatz  zu  DRP.    152  814.  ')  Höchst,  DRP.    157  300 

*)  Franz  Flächer,  HS.  38,   189  (1909).  ')  Höchst,  DRP.  222  451. 

'")  DRP.   220  3.55. 


Ergotin,  Adrenalin  und  die  aromatischen  Basen  aus  Eiweiß.  457 

Bei  diesem  Verfahren  werden  die  optisch  aktiven  o-Dioxyphenylalkamine  durch 
EiTvärmen  mit  organischen  Säuren  racemisiert,  z.  B.  mit  Oxalsäure,  mit  Weinsäure  und 
p-Toluolsulfosäure  durch  mehrere  Stunden  auf  80 — 90°  erwärmt^). 

Borsaures  Adrenalin  wird  dargestellt,  indem  man  die  Lösung  zult  Trockne  eindampft 
mid  mit  Alkohol  fällt  2). 

Adrenalin  wird  in  Gegenwart  von  Schwefelsäure  mit  Aluminiumsulfat  gemischt 
imd  die  Doppelverbindung  mit  Alkohol  gefällt  oder  diu-ch  Eindampfen  im  Vakuum 
gewonnen'*). 

Die  Höchster  Farbwerke  stellen  das  salzsaure  Adrenalin  in  krystallisierter  Form  Iier, 
indem  sie  die  synthetische  Base  mit  der  berechneten  Menge  alkoholischer  Salzsäure  zu- 
sammenbringen mid  auskrystallisieren  lassen*). 

Die  Höchster  Farbwerke  gewinnen  aromatische  Athanolamine  (Adrenalingruppe) 
durch  Reduktion  der  Cyanhydrine  aromatischer  Aldehyde  und  Ketone  unter  sorgfältiger 
Kühlimg,  sowie  unter  Vermeidung  größerer  Mengen  freier  Säure  mit  Natriumamalgam  in 
verdiüinten  Säuren.  Man  kann  z.  B.  von  Protocatechualdehydcyanhydrin  das  entspre- 
chende o-Dioxyphenyläthanolamin  gewiimen,  welches  durch  Methylierung  in  das  Dioxy- 
phenyläthanolmethylamin  (dl-Adrenalin)  übergeht*). 

Beuzoylaminoacetobrenzcatechinäther  erhält  man  diu'ch  Einwirkung  von  Hippur- 
säurechlorid  auf  die  Brenzcatechinäther  in  Gegenwart  von  Aluminiumchlorid*). 

Aminoacetobrenzcatechin  erhält  man  durch  Erhitzen  der  nach  DRP.  185  598  er- 
haltenen N-Benzoylaminoacetobrenzcatechindialkyläther  (A'eratrolderivate)  mit  wässerigen 
Mineralsäuren'). 

In  besserer  Ausbeute  als  mit  Hippursäurechlorid  nach  DRP.  185  598  erhält  man  aus 
Phthalylglycylchlorid  und  Brenzcatechinäthern  die  Phthalimidoacetobrenzcatechinäther 
als  Zwischenprodukte  der  Adrenalindarstellung*). 

Diese  Substanzen  werden  beim  Behandeln  mit  Säuren  in  guter  Ausbeute  in  Phthal- 
säure und  Aminoacidylbrenzcatechine  gespalten.  Man  kann  so  vom  Phthalimidoaceto- 
veratrol  mit  Salzsäure  in  Eisessiglösung  zum  Aminoacetobrenzcatechin  gelangen'). 

Für  Adrenalinderivate  haben  die  Höclister  Farbwerke  vorgeschlagen,  von  den  Me- 
thylendioxyphenyläthylenlialogenhydrinen  auszugehen,  diese  mit  Pentachlorphosphor  und 
dann  mit  Wasser  zu  behandeln  und  die  so  entstehenden  o-Diosyphenyläthylenhalogen- 
hydrine  mit  Ammoniak  oder  primären  Aminen  imizusetzen  W). 

Dasselbe  Verfahren,  wie  im  vorigen  Patente,  wird  mit  der  Modifikation  gebraucht, 
daß  die  Einwirkung  von  Pliosphorpentachlorid  imd  Wasser  naclieinander  auf  3.4-Methylen- 
dioxyphenyläthylendichlorid  erfolgt'^). 

Es  wird  3.4-Methylendioxyphenyläthylendibromid  mit  mehr  als  zwei  Molekülen 
Pliosphorpentachlorid  längere  Zeit  behandelt,  dann  mit  Wasser  digeriert  und  das  so  er- 
haltene o-Dioxyphenyläthylenbromhydrin  mit  primäi'en  aliphatischen  Aminen  um- 
gesetzt^'^). 

Nach  DRP.  287  802  werden  N-Methylderivate  organischer  Basen  derart  dargestellt, 
daß  man  primäre  und  sekundäre  Amine  mindestens  1  Mol.  Formaldehyd  für  jede  ein- 
zuführende Methylgruppe  und,  soweit  die  betreffenden  Amine  nicht  gleichzeitig  einen 
leicht  oxydierbaren  Substituenten,  wie  die  Alkoholgruppe,  im  Molekül  enthalten,  in  Gegen- 
wart oxydierbarer  organischer  Verbindungen  auf  höhere  Temperatiu-  erhitzt,  wobei  unter 
gleichzeitiger  Methylierung  der  primären  oder  sekundären  Aminogruppe  die  oxydable 
Gruppe  oxydiert  wird. 

Diese  Reaktion  ist  nicht  nur  im  Falle  der  Methylienmg  mit  Formaldehyd  zu  er- 
i-eichen,  sondern  man  kann  jeden  beliebigen  Alkyl-,  Aralkyl-  oder  Arylrest  in  die  Amino- 
gruppe einführen,  wenn  man  statt  Formaldehyd  die  entsprechenden  anderen  Aldehyde 
verwendet.  Es  können  so  z.  B.  Acetaldehyd,  Propionaldehyd,  Benzaldehyd,  Phenylacet- 
aldehyd  zur  Anwendung  gelangen.  Ebenso  wie  die  intramolekulate  Oxydation  kann  die 
Reaktion  auch  bei  Anwendvmg  höher  homologer  Aldehyde  für  intramolekulare  Reaktionen 
verwii'khcht  werden.  So  gelingt  es,  z.  B.  durch  Einwirkung  von  Phenylacetaldehyd  auf 
Dimethylamin  bei  Gegenwart  von  Isopropylalkohol,  in  quantitativer  Ausbeute  Dimethyl- 
phenyläthylamin  zu  erhalteu^^). 

Boettcher  versuchte  statt  der  Reduktion  von  Aminoacetobrenzcatechin  durch 
Behandeln  von  Dioxyphenylchlorhydrin   mit  Aminobasen^*)   zum  Adrenalin  zn  gelangen, 

1)  Höchst,  DRP.  223  839,  Zusatz  zu  DRP.  220  355.  ")  Höchst,  DRP.   167  317. 

")  Byk,  Berlin,  DRP.-Anm.  C.   12  991.  *)  DRP.  202  169.         ')  DRP.   193.634. 

«)  Bayer,  DRP.  185598.        ")  Bayer,  DRP.  1894S3.        *)  Bayer,  DRP.  209962. 

»)  Bayer,  DRP.  216  640.         i"  DRP.  209  609.         ")  Höchst,  DRP.  209  610. 
^')  Höchst,  DRP.   212  206.         ")  DRP.  291  222.  Zusatz  zu  DRP.  287  802. 
")  BB.   42,  259  (1909). 


458  Alkaloide. 

doch  zeigte  Mannich'),  daß  bei  dieser  Reaktion  zwei  isomere  Basen  entstehen,  die  nur 
schwer  voneinander  zu  trennen  sind. 

Mit  einer  Ausbeute  von  5%  des  angewandten  Aklehyds  erhielt  in  unreinem  Zustande 
Karl  VV.  Rosemvmd-)  ansclieinend  Adrenalin  durch  Kondensation  von  Dicarboxyäthyl- 
protocatecliuaklehyd  mit  Nitromethan  imd  Natrium.  Das  gebildet«  Dioxyphenyl-nitro- 
äthanol  reduziert  man  mit  Natriumamalgam  luid  Essigsäure. 

Eine  Reihe  von  Patenten  verfolgen  die  Absieht,  die  Adrenalinsynthese  zu  verbilligen 
oder  dem  Adrenalin  nahe  verwandte  Substanzen  zu  erzeugen^). 

Das  dem  Adi-enalin  nahe  stehende  Oxyphenyläthylamin  wird  in  seiner  Wirkmig  durch 
Jodieren  gesteigert.    Die  Jodierung  wud  durch  Jod  in   alkalischer  Lösung    ausgeführt*). 

Dmch  Kondensation  des  Oxj-phenyläthylamins  mit  Benzaldehyd,  Salicylaldehyd, 
Veratriunaldehyd  und  Piperonal  imd  Reduktion  erhäU  niiin  sekimdäre  Amine,  welche 
zum  Unterschiede  von  der  Wirkung  des  Ausgangskörpers  statt  einer  Tonushebimg  eine 
Tonussenkung  am  Uterus  herx-orrufen^). 

Die  Patente  DRP.  258  473,  255  300,  247906,  248  385  bewegen  sich  in  dergleichen  Reihe. 

Über  die  Wirkung  der  in  den  Patenten  DRP.  247  455,  247  450,  247  457  beschriebenen 
Verbinchuigen  ist  nichts  bekannt  worden. 

Alkylaniinacidylbrenzcatechine  erhält  mau,  wenn  man  Ai'ylsulfosäurechloride  auf 
Salze  der  Aminoacidylbrenzcatechinäther  und  Alkalicarbonate  in  Gegenwart  von  in- 
differenten Lösungsmitteln,  wie  Aceton,  bei  Wasserbadtemperatur  unter  vorsichtigem 
Zusatz  von  Wasser  einwirken  läßt,  die  gebildeten  Arylsulfoderivate  alkyliert  imd  die  so 
erhaltenen  Arylsulfoalkylaminoacidylbrenzcatechinäther  mit  verseifenden  Mitteln  be- 
handelt"). 

Jlerck  schützt  ein  Verfahren  ziu"  Darstellimg  von  Alkyloxyaryl-,  Dialkyloxj'aryl- 
luid  Alkylendioxyarylaminopropanen  bzw.  deren  am  N  monoalkylierten  Derivaten,  darin 
bestehend,  daß  man  die  entsprechenden  ungesättigten  Propylenverbindungen  der  all- 
gemeinen Formeln  R  •  CH,  •  CH  :  CHj  vmd  R  •  CH  :  CH  •  CH3  (R  =  Alkoxyaryl,  Di- 
alkoxyaryl  oder  Alkylendioxjaryl)  mit  Halogenwasserstoffsäiu'en  behandelt  und  die  so 
entstandenen  halogenhaltigen  Reaktionsprodukte  mit  Ammoniak  oder  primären  aliphati- 
schen Aminen  umsetzt.  Beschrieben  sind  rt-p-Methoxj'plienyl-m-propylamin,  /y-3.4-Di- 
methoxyphenylisopropj'lamin,  die  Verbindung 

O-CH., 

I        I 
-0 


I 
CH,  ■  CHINHo)  ■  t'Ha 

aus  Safrol  und  die  sekundäre  Base  aus  Safrol  CH,  ■  0„  :  C'^Hj  •  CHo  •  CH(CH3)  •  NH  •  CH3. 
ferner  a-3.4-Hethylendioxyphenyl-n-propylamin'). 

Alkyl-  und  Aralkylaminomethylalkyläther  der  allgemeinen  Formel  Alkyl  •  O  •  CH» 
•  N  ■  R^R,  (Rj  =  Alkyl  oder  Aralkyl,  R,  =  Wasserstoff  oder  Alkyl)  erhält  man,  wenn  man 
I  Hol.  eines  Halogenmethylalkyläthers  (Halogen  •  CH.,  •  O  ■  Alkyl)  auf  2  Mol.  eines  pri- 
mären oder  sekundären  Amins  der  aliphatisclien  oder  fettaromatischen  Reilie  einwirken 
läßt.  Beschrieben  sind  N-Methoxymethylallylamin,  N-Methoxymethyldiäthylamin,  N-Meth- 
oxjinethylhomopiperonylamin,  N-.\thoxymethylliomopiperonylainin,  N-Methylmethoxy- 
methylhomopiperonylamin,  N-Methoxymethyläthylhomopiperonylaniiu,  N-Methoxymethyl- 
a-mcthyl!ioniopiperonylamin*). 

Zu  Adienaliiikörpern  suchten  Schering  -  Berlin  in  der  Weise  zu  gelangen,  daß  sie 
3.4-Dioxyphenylhalogenalkylketone  mit  Hydroxylamin  behandelten.  5Ian  erhält  so 
3.4-DioxyphenyIglyoxini  oder  3.4-Dioxyphenylalkylglyoxim''). 

Man  erhält  die  gleiche  Verbindung,  wenn  man  Amino-  oder  Monoalkylaminoaceto- 
brenzcatechine  in  derselben  Weise  mit  Hydroxylamin  oder  dessen  Salzen  behandelt.  Es 
wird  sowohl  der  Ketonsauerstoff.  als  auch  die  Amin-  oder  Monoalkylamingruppe  diu'ch 
den  Hydroxylaminrest  ersetzt.  Die  Reaktion  verläuft  am  liesten  bei  Gegenwart  von 
Essigsäure^"). 

Man  gelangt  zu  dem  gleichen  Produkte,  «enn  man  Hj'droxylamin  auf  Dialkylamino- 
acetobrenzcatechine  einwirken  läßt'^). 

1)  Arch.  d.  Pharm.  2-18.   127  (1910).  -)  BB.  46,   1034  (1913). 

3)  DRP.  247  817,  204  438,  256  750.  *)  DRP.  259  193.  ^)  DRP.  259  874. 

6)  Bayer,  DRP.   277  540.  ')  DRP.   274  350.  «)  Merck.  DRP.   272  323. 

')  DRP.   195  655.         i")  DRP.   195  650,  Zusatz  zu  DRP.   195  655. 
")  DRP.    195  057,   Zusatz  zu  DRP.    195  055. 


Nicotin.  459 

Reduziert  man  3.  l-Diojcj-phen ylglyoxim  und  3.4-Dioxyphenylalkylglyoxime  der  all- 
gemeinen Formel  „ 

I      / 

C  — C:XOH 

II 
NOH 

die  man  z.  B.  nach  DRP.  195  (55ö  erhalten  kann,  durch  geeignete  Amalgame  bei  Gegen- 
wart von  Säuren,  so  erhält  man  Verbindungen,  welche  dem  Adrenalin  nahekommende 
starke,  blutdrucksteigemde  Eigenschaften  haben  und  weniger  giftig  sind  als  Adrenalin'). 

Kj-Xitroacetobrenzcatecliin  erhält  man  durch  Einwirkimg  von  Aliuniniumclilorid  auf 
Alkyl-  oder  Alkjlenäther  des  Nitroacetobrenzcatechins^). 

In  der  Adrenalim-eüie  wurde  der  Versuch  gemacht,  optisch  aktive  o-Dioxyphenyl-a- 
propanolamine  darzustellen.  Letztere  unterscheiden  sicli  vom  Ephedrin  und  Pseudoephedrin 
nur  diu'ch  den  Eintritt  zweier  orthoständiger  Hydrosyle  in  den  Benzolring,  vom  Adrenalin 
aber  durch  die  veränderte  Struktiu-  der  Seitenkette.  Die  Spaltung  geht  mit  Rechts-Wein- 
säure sehr  gxit,  die  1-Modifikation  zeichnet  sich  durch  eine  stärkere  blutdrucksteigemde  Wir- 
kung aus  mid  übertrifft  den  Racemkörper  in  der  Wirkmig  mn  das  Zwei-  bis  Dreifache^). 

Bei  der  Reduktion  der  Xitrophenyläthylacidylamine  entstehen  die  freien  Amino- 
phenyläthylaminbasen.  Acidyliert  man  daim  die  Aminogruppen  und  nitriert  die  acidylier- 
ten  Produkte,  so  erhält  man  Nitroverbindungen,  deren  Nitrogruppe  in  o-Stellimg  zur 
aromatisch  gebundenen  Acidylaminogruppe  steht,  mid  die  mimittelbar  oder  nach  vor- 
heriger Reduktion  nacli  den  übliclien  Jlethoden  in  die  Benzimidazole  übergeführt  werden 
köimen.  Diese  Substanzen  besitzen  blutdrucksteigernde  Wirkimgen.  Aus  p-Nitrophen- 
äthylacetylamin  erhält  man  durch  Reduktion  mit  Eisen  und  Essigsäure  p-Aininophen- 
äthvlacetvlamin  XH„  •  CgH^  ■  CH,  •  CH,  ■  XH  •  CO  •  CH3.  Die  Acetylverbmdmig  geht  mit 
Sal^terschwefelsäure  die  Xitroverbindimg  C'eHjCCHj  •  CH„  ■  XH  •  CO  •  CH3)»(X02)'(XTI 
•  CO  ■  CH3)*  ein.  Durcli  Reduktion  mit  Eisen  imd  Essigsäure  erhält  man  das  entsprechende 
Amin,   aus  dem  mit  Eisessig  und   konz.   Salzsäure  das  Chlorhydrat   des  5-Athylamino- 

2-methylbenzünidazols  XH^  ■  CH,  •  CH,  •  CeHj/^^^C  ■  CH3  entsteht.    In  analoger  Weise 

erhält  man  aus  4-Formylamino-3-nitrophenylacetylamin  das  5-.\minoäthyU:>enzimidazol. 
Ferner  ist  besehrieben  2.4'-Aminophenyl-5-äthylaminobenzimidazol 

XH,  •  CH.,  •  CH,  •  CeHj/^T^)«  •  CjH^  •  XH.,  *). 

Glycyl-p-ox_\-plicnyläthylamin,  d-l-Alanyl-p-ox>-plienyläthylamiii,  Glycj'l- 
/)'-imidazolyläthylamin  zeigen  alle  eine  geringere  Toxizität  als  die  zugrunde 
liegenden  Basen,  so  daß  die  Kuppehnig  der  Amine  mit  einem  Aminoacyli'est 
eine  Entgiftung  bedeutet*). 

Glycylverbindvmgen  aus  p-Oxyphenyläthylamin  imd  /i-Imidazolyläthylamin  erhält 
man,  wenn  man  diese  Amine  mit  Halogenacylchloriden  kuppelt  und  die  erhaltenen  Halogen- 
acylamine  mit  Ammoniak  behandelt.  Dargestellt  wujde  Glycyl-p-oxyphenyläthylamin, 
Glycyl-/i-imidazolyläthylamin  imd  Alanyl-p-oxjphenyläthylamin.  Die  Gh-cinderivate  sind 
viel  weniger  giftig  als  die  ihnen  zugnmde  liegenden  Basen*). 


Nicotin. 

Moore  und 

Row^) 

untersuchten  vergleichend 

die 

drei  Alkaloide 

Piperidin 
H, 
C 

Coniin 
H, 

c' 

und 

Xicotin 
HjC  — CH, 

1 

H.C'^CH.. 

H.,d^;CH, 

X 

HjC/NcH, 
Hjd^CH  ■  CjHj 
X 

X            >^ 

CHj 

H 

H 

CH 

3 

1)  Schering,  DRP.  201  345. 

')  Höchst,  DRP.   195  814.  —  DRP.-Amn.  C  14  690,  Kl.   12q.  ^)  DRP.  209  32-; 

*)  Maron,  DRP.  294  085.  '')  M.Guggenheim.  BZ.  31,  369  (1913). 

«)  Hoffmann- La  Roche,  DRP.   2S1  912.  ')  Jonrn.   of  physiol.   •»».   273. 


460  Alkalojde. 

und  fanden,  daß  sie  in  ihier  physiologischen  \V'irkung  sehr  ähnlich  sind,  ob- 
gleich die  Intensität  derselben  variiert.  Die  Ähnlichkeit  ist  nach  Ansicht  dieser 
Forscher  durch  die  Gegenwart  eines  reduzierten  N-haltigen  Ringes  in  jedem 
Molekül  bedingt  und  die  Verstärkung  der  Wirkung  wird  durch  die  Einführung 
eines  organischen  Radikales  als  Seitenkette  in  den  Ring  verursacht. 

Neben  anderen,  hier  nicht  in  Betracht  kommenden  ähnlichen  physiologischen 
Wirkmigen  ist  der  arterielle  Blutdruck  enorm  erhöht  und  die  Erhöhung  ist 
bedingt  durch  die  Verengerung  der  kleinsten  Arterien  und  nicht  durch  eine 
erhöhte  Herzaktion.  Die  Konstriktion  der  kleinsten  Arterien  verläuft  unab- 
hängig vom  Zentralnervensystem. 

Nicotin  macht  die  stärkste  Wirkung,  welche  auf  den  Methylpyrroliclinring 
zurückzufühi-en  ist.  Pinners  Metanicotin,  welches  keinen  P3rrrolidinring  ent- 
hält, erzeugt  1)  Vergiftungssymptome  wie  Nicotin,  ist  aber  erst  in  imgefähr 
neunfacher  Dosis  und  erst  nach  doppelt  so  langer  Zeit  letal  ivirksam.  Coniin 
■wirkt  stärker  als  Piperidin,  was  durch  die  Gegenwart  der  Propylseitenkette 
verursacht  wird. 

Piperidin  luid  seine  Derivate  wirken  ebenfalls  blutdrucksteigernd,  aber  in 
dieser  Reihe  am  schwächsten. 

So  wirkt  z.  B.  Piperin,  das  Alkaloid  des  Pfeffers,  welches  ein  Piperidin 
ist,  in  dem  ein  Wasserstoff  durch  die  Piperinsäure  CHjOa  =  CgHg  —  CH  = 
CH  —  CH  =  CH  —  COOH  ersetzt  ist,  schwächer  als  Piperidin.  Es  scheint 
also,  daß  nur  der  Eintritt  von  Alkyhesten  an  Kohlenstoff  die  blutdruck- 
steigemde  Wirkimg  des  Piperidins  erhöht,  wälirend  der  Eintritt  von  Säure- 
radikalen in  den  Imidwasserstoff  die  blutdrucksteigemde  Wirkung  des  Pipe- 
ridins abschwächt. 

Fiü-  die  Darstellung  von  Piperidin  und  Dihydrocliinolin  schlägt  F.  Ahrens^)  die 
elektrolytische  Reduktion  des  Pyridins  mid  Chinolins  vor.  Die  Basen  werden  in  verdünnter 
Schwefelsäure  gelöst  luid  elektrolysiert.  Aus  den  resultierenden  schwefelsaiu'en  Lösungen 
der  hydrierten  Basen  werden  diese  durch  Alkalien  abgeschieden  und  dann  gereinigt^). 
Diese  elektrolytische  Reduktion  hängt  aber  von  der  Menge  der  Säure,  den  Elektroden 
imd  der  Reinlieit  der  Materialien  ungemein  ab*).  Man  muß  zirka  die  vierfache  Menge 
Säure  nehmen,  welche  dem  Pyridin  entspricht,  als  Elektrode  Blei  oder  Kolale,  und  eine 
\on  Metallsalzen  freie  Säm'e  und  nietallfreie  Diaphragmen,  Jlan  erhält  so  Piperidin  vmd 
Dihydrochinolin  Ijesser  mid  billiger  als  mittels  Reduktion  mit  Natrium  in  alkoholischer 
Lösung. 

Pyridin  wirkt  im  Gegensatze  zu  seinem  hydrierten  Derivat,  dem  Piperidin, 
den  Blutdruck  herabsetzend.  Es  ist  also  hier  dm'ch  Hydrierung  eine  ungemeine 
Verstärkung,  aber  auch  eine  völlige  Umkehrung  der  physiologischen  Wirksam- 
keit eingetreten. 

Ein  ganz  analoges  Verhalten,  Umkehrung  der  physiologischen  Wirkung 
durch  Hydrierung,  zeigt  die  Betrachtung  der  Wirkungen  von  Berberin  und 
Hydroberberin.  Berberin  wirkt  in  größeren  Dosen  den  Blutdruck  herab- 
setzend, Hydroberberin  schon  in  kleinen  Dosen  blutdrucksteigenid  und  gefäß- 
verengernd. 

Die  blutdrucksteigernde  Wirkung  des  Nicotins  unterscheidet  sich  jedoch 
dadurch  von  der  Wirkung  des  Adrenalins,  daß  die  Wirkung  nicht  so  lange  an- 
hält und  ferner  bei  Verwendvuig  von  Nicotin  nach  der  eingetretenen  maximalen 
Steigerung  ein  Absinken  des  Druckes  unter  die  Norm  erfolgt. 

Die  Behandlung  des  Nicotins  mit  Wasserstoffsuperoxyd^)  führt  zum  Oxy- 
nieotin  CjqHj^NjO,  welches  ähnlich,    aber  viel  schwächer  wirkt    als  Nicotin 

1)  Falck  und  Ringhardtz,  Diss.  Kiel  (1895).  =)  z    f    Elektrochemie  2,  577. 

3)  DRP.  90  308.  «)  DRP.   104  664. 

*)  V.  Bunge,  Arb.  d.  pharmakol.  Inst.  Dorpat  (Kobert)  XI— XII,  S.   131  und  206. 


Pilocarpin.  461 

selbst.  Pinner  faßt  Oxynicotin  als  einen  AJdeh3'd  auf,  der  durch  Aufspaltung 
des  PjTTolidinringes  entstanden  ist,  ähnlich  vrie  aus  Piperidin  durch  Wasser- 
stoffsuperoxyd (5- Aminovaleraldehyd  entsteht. 

In  «-Stellung  alkylierte  Derivate  des  Pyrrols  erhält  man,  wenn  man  nach  den  für  die 
Einführung  von  einwertigen  Alkoholradikalen  üblichen  Methoden  die  Radikale  mehr- 
wertiger Alkohole,  ihrer  Derivate  oder  Äquivalente  in  die  «-Stellungen  des  Pyrrols  ein- 
führt M- 

Alkohole  der  Pj-rrolidinreihe  erhält  mau,  wenn  man  Pjrrole  mit  Alkoholgruppen 
in  einer  Seitenkette  in  saurer  Lösung  mit  Wasserstoff  in  Gegenwart  eines  katalj-tiseh 
wirkenden  Metalles  der  Platingruppe,  gegebenenfalls  unter  Druck,  behandelt.  Beschrieben 
sind  l-PyrrolidyUsopropylalkohol  und  X-Propandiolpyrrolidin-). 

Alkohole  der  Pyrrolidinreihe  erhält  man,  wenn  man^die  acidylierten  Pyrrole  der 
allgemeinen  Formel  ^-.tt qtj 

II         r 

CH     C    CO ■ R 

\/ 

N 
H 

(R  =  Alkyl)  in  alkoholischer  Lösung  mit  alkalischen  Reduktionsmitteln  behandelt.    Be- 
schrieben ist  die  Darstellung  von  PjTTolidinalkohol  aus  2-AcetylpyTrol  xisf.'). 
4-Oxypiperidin  CH(OH) 

HjC/NcH, 
HjCi^CHa 

N 

H 

erhält  man  aus  Oxj^jyridin  bei  Behandlung  mit  Alkalimetallen~und  Alkoholen  oder  mit 
gasförmigem  Wasserstoff  bei  Gegenwart  von  Katalysatoren  der  Platingruppe*). 

Die  Körper  dieser  Reihe,  Nicotin,  Pyrrolidin,  MethylpjTrolidin,  Piperidin 
usw.,  werden  wohl  bei  eingehendem  Studium  ihrer  Derivate  und  Abschwächung 
ihrer  Giftigkeit  wertvolle  Arzneinittel  im  Sinne  blutdrucksteigender,  also 
tonisierender  Substanzen  einerseits,  anderseits  gefäßkontrahierender,  also  blut- 
stillender Substanzen,  im  Simie  der  Hydrastis  und  des  Mutterkorns  ergeben. 

Nicotin  hat,  eine  so  große  Bedeutung  es  auch  als  Genußmittel  besitzt, 
in  der  neueren  Medizin  nur  eine  selir  beschränkte  Anwendung,  und  zwar  aus- 
schließlich als  äußerlich  angewendetes  Mittel  erlangt.  Das  salicj-lsaure  Salz  des 
Nicotins  wird  imter  dem  Namen  Eudermol  als  Scabiesmittel  empfohlen. 

Pilocarpin. 

Dieses  Alkaloid  ist  in  seinen  Wirkungen  dem  Nicotin  sehr  verwandt. 
Außerdem  kommen  ihm  ungemein  sekretionsbefördenide  Eigenschaften  zu 
und  seine  therapeutische  Bedeutung  hegt  darin,  es  einerseits  als  schweiß-  und 
überhaupt  sekretionsbef orderndes  Mittel  zu  verwenden,  anderseits  aber  in  den 
Folgen  dieser  sekretionsbefördemden  Wirkung,  nämhch  der  erhöhten  Auf- 
nahme von  Flüssigkeiten,  namentlich  aus  Exsudaten,  so  daß  es  als  Resorbens 
von  Bedeutung  ist.    Femer  bewirkt  Pilocarpin  starke  Myosis. 

Pilocarpin  ist  nach  den  Untersuchungen  von  Pinner  und  Schwarz^)  ein 
GlyoxaUnderivat :  c^^_ .  CH  •  CH  •  CH^ 

CO    CHj  C— N(CH3), 

O        HC N 

»)  Baver,  DRP.  279  197.  -)  Baver,  DRP.  2S3  333. 

')  Bayer,  DRP.  282  456.  «)  Emmert,  DRP.  292  456. 

5)  Piiiner  und  Kohlhammer,  BB.  33,  2357  (1900).  —  Pinner  und  Schwarz, 
BB.  35.   192,  2441   (1902).  —  Jowett,  Proc.  Chem.  Soc.   19.  54. 


462  Alkaloide. 

Isopilocarpin  und  das  ihm  stereoisomere  Pilocarpin  sind  1.5-substituierte 
Glyoxaline. 

Jowett  läßt  die  Frage  offen,  ob  die  Pinner. sehe  Formel  oder  die  Formel 

CjHj  •  CH  — CH  •  CH;  •  C N. 

I         I  II  >CH    die  richtige  ist. 

CO     CHa  CHN(CH3r 


O 

Pilocarpin  \virkt  auf  das  Herz  wie  die  elektrische  Vagusreizung.  Isopilo- 
cai-pin,  welches  dem  Pilocarpin  isomer,  wrkt  wie  Pilocarpin,  aber  schwächer, 
noch  weniger  wirksam,  aber  qualitativ  gleichartig  -nirksam  ist  Pilocarpidin*). 

Jaborin  besitzt  für  Herz,  Iris  usw.  mehr  eine  j^aralysiercnde  als  eine  er- 
regende Wirkung,  wodurch  letztere  Substanz  sieh  mehr  dem  Atropin  nähert, 
während  in  Beziehung  auf  andere  Organe  die  Wirkung  zwar  schwächer  ist, 
aber  ihre  Natur  nicht  verändert.  Es  ist  beinahe  ein  Gegengift  des  Pilocarpins 
zu  nennen. 

Curci  fand,  daß  der  größte  Teil  des  Pilocarpins  in  einer  Verbindung  durch 
den  Urin  ausgeschieden  wird,  aus  dem  es  dargestellt  werden  kann  durch  Be- 
handlung mit  Säure  und  Neutralisation  mit  Ammoniak.  Es  würde  demnach 
als  Pilocarpinat  ausgeschieden.  Curci  hat  eine  krystallinische  Substanz  aus 
dem  Harn  dargestellt,  die  außer  der  Pilocai'pinreaktion  besondere  charakte- 
ristische Phenolreaktionen  zeigt. 

Alle  älteren  physiologischen  Untersuchungen  über  die  Abbauprodukte 
des  Pilocarpins,  sowie  die  daran  geknüpften  Spekulationen  haben  den  Boden 
verloren,  seitdem  durch  die  Untersuchungen  von  Jowett,  Pinner  xnid  Kohl- 
hammer, sowie  Pinner  und  Schwarz  die  bisherige  Auffassung  der  Kon- 
stitution des  Pilocarpins  zu  Fall  gebracht  wurde.  Die  Oxydation  des  Pilo- 
carpins liefert  eine  N-freie  Säure,  aber  keine  Nicotinsäure,  .so  daß  die  Annahme, 
Pilocari^in  sei  ein  Pyridinderivat,  nicht  mehr  zutreffend  ist.  Ferner  wurde  die 
Existenz  einer  NH-  und  einer  NCHj-Gruppe  nachgewiesen  und  eine  N-freie 

Lactonsäure  r<u  . 

^;„3  )CH  ■  CH  ■  COOK 

O        CO 

aus  dem  Pilocarpin  dargestellt. 

Jowett^)  fand,  daß  Isopilocarpin  sich  mit  alkoholischem  Kali  in  Pilo- 
carpin umwandeln  läßt,  weshalb  beiden  Alkaloiden  folgende  Formeln  zu- 
kommen :  +      ^ 

CjHs  ■  CH  ■  CH  •  CHj  •  C  •  NCCHj)^ 
Pilocarpin                |         |                   ||  "^CH 

CO    CHo  CH N^ 

\/ 
O 

C^Hs  ■  CH  •  CH  ■  CH,    C  ■  NlCHj) 
Isopilocarpin      '          |         |              "     II  ^CH 

CO    CHj  C S^ 


O 

Oxaläthylin  =  1  •  Äthyl-2-methyl-imidazol  ^) 

CH  •  N(C~H,), 

.  1  .       .      ..        .  CH    N===^  ^ 

Wirkt  wie  Atropin. 


')  Marshall,  Journ.  o£  physiol.  31,   120.       ^}  Arch.  de  pharmacodyii.  I4,  75  (1905). 
3).  W.  Schulz,  AePP.   13,  304;   16,  256. 


Stryclinin.  4(JH 

Chloroxaläthylin  ist  l-Äthj^l-2-niethyl-4-  oder-5-chlorimidazol 

HC-N(C2H5).  ,  Cl  •  C  •  N(C,H3)^ 

'  JJ!^CCH3  oder  ••         JJlic  ■  CH, 

Die  beiden  von  Wallach  dargestellten  Basen,  die  chlorhaltige  und  chlor- 
freie, schließen  sich  in  bezug  auf  die  Wirkung  auf  den  kardialen  Hemmungs- 
apparat der  Atropingruppe  an.  Oxaläthylin  virkt  auf  das  Gehirn  wie  Atropin, 
Chloroxaläthylin  ähnlich  ■nie  Chloralh}-drat  und  Morphin.  Oxaläthj-lin  erweitert 
die  Pupille,  die  gechlorte  Verbindung  aber  nicht.  Die  Anwesenheit  des  Chlors 
in  dieser  organischen  Verbindung  nimmt  ilu-,  dem  Gehini  gegenüber,  den 
Charakter  der  erregenden  Wirkung  und  gibt  ihi-  den  der  narkotisierenden. 
Beide  Basen  rufen  nach  Injektion  wohl  erhöhte  Reflexerregbarkeit  hervor,  aber 
die  clilorhaltige  wirkt  dann  stark  narkotisch,  so  daß  das  Chlor  von  Bedeutung 
ist  für  das  NichtZustandekommen  der  Erregungszustände. 

Stryeliniu. 

W.  H.  Perkin  jun.  und  Robert  Robinson  fassen  das  Strychnin  in  der 
Weise  auf,  daß  sie  als  Kern  einen  Chinolin-  und  einen  Carbozolkomplex  an- 
nehmen. Diese  beiden  Komiilexe  sind  so  verbunden,  daß  der  Stickstoff  der 
Cliinolingruppe  säureamidartig  gebunden  erscheint  inid  der  Stickstoff  des  Car- 
bazols  tertiär  ist^). 

Über  die  Beziehungen  zwischen  Aufbau  und  Wirkung  beim  Strychnin  ver- 
danken TxiT  den  Untersuchungen  von  TafeP)  einige  sehr  wertvolle  Aufschlüsse. 

Bei  der  Einwirkung  von  Jodwasserstoff  und  Phosphor  auf  Strychnin  ent- 
steht unter  Eliminierung  des  einen  der  beiden  Saiierstoffatome  iind  Addition 
von  vier  Wasserstoffatomen  Desoxystrj'chnin. 

Strychnin  Desoxystrychnin 

CoiHj^NjOj  -f-  6  H  =  CjiH^jXjO  +  H,0 

Letzteres  ist  in  seinen  Giftwirkungen  qualitativ  dem  Strychnin  ähnlich,  aber 
quantitativ  bedeutend  abgeschwächt.  Es  ist  bitterer  als  Strychnin.  Das  ausge- 
tretene Sauerstoffatom  muß  aus  der  Grup^ie  XCjoHoaO  stammen.  Die  Strychnin- 

,CO 
formel  ist  vorläufig  nämhch  in  N=C2i,H220^|      aufzulösen.  Sicherlich  stammt 

der  Sauerstoff  nicht  aus  dem  Carbonyl,  deim  Desoxystrychnin  geht  beim  Er- 
hitzen mit  Natriumalkoholat  in  die  Desoxystrychninsäure  über. 

Desoxystrychnin  Desoxystrychninsäure 

,CO  noOH 

N^zCjoH    /|     +H„0  =  N  =  C2„H    / 

Aus  dem  Desoxystrj-chnin  läßt  sich  auch  das  zweite  Sauerstoffatom  durch 
weitere  Reduktion  entfernen,  und  zwar  entsteht  durch  elektrolj-tische  Reduktion 
in  schwefelsaurer  Lösung  Dihydrostrychnolin  CjiHogNg  . 

Desoxystrychnin  Dihydrostrycluiolin 

.CO  ,CH, 

J^=CjoH   /|    =N  =  C2„X„5(|     -+H,0 

N  \N 

Dieses  Dihj-drostrychnohn  ist  aber  kein  Krampfgift  mehr.  Dieses  zweite  Sauer- 
stoffatom scheint  also  für  die  Wirkung  des  Strj-chnins  notwendig  zu  sein,  demi 


1)  Joum.  Chem.  Soc.  London  97,  305  (1910). 

2)  Liebigs  Ann.  264,  44;  368,  229;  301,  289. 


464  Alkaloide. 

wenn  man  ytrychnin  mit  Jodwasserstoff  und  Phosphor  und  später  mit  Natrium 
mid  Amylalkohol  liehandelt,  so  entsteht  Strychnolin  CaiHagN»  ■ 

Sfcrychnin  Strychnolin 

nheC2„h„o/i    +6H  =  n=Cj„h„ /|    ■+2H2O 

Dieses  StrychnoUn  ist  ebenfalls  kein  Krampfgift  mehr. 
Es  geht  also  mit  dem  Übergang  der  Atomgruppierung 

I  I 

CO  CHj 

I  I 

N  I     N 

J/\  \/\/\ 

in 
\ 
I  I 

die  spezifische  krampferregende  Strychninwirkmig  verloren. 

Hingegen  hat  Stryehnidin  CjiHjjISoO,  durch  elektrolytische  Reduktion 
von  Strychnin  gewonnen,  Strj-chninwirkuiig.  Es  steht  in  der  Wirkung  zwischen 
Desoxystrychnin  und  Strychnin  und  ist  wie  Strychnin  bitter.  Chemisch,  aber 
nicht  physiologisch  hat  es  eine  große  Ähnlichkeit  mit  Dihydrostrychnolin,  daher 

CHj 
ist  vielleicht  die  Formel  N—CjoHjäO^^  |       anzunehmen. 

Das  zweite  Sauerstoffatom  im  Strychnin  scheint  ätherartig  gebunden  zu 


sein 


Sowohl  dem  Strychnolin  als  auch  dem  Dihydrostrychnolin  fehlt  jede  krampf- 
erregende Wirkung. 

Tafel  vmtersuchte,  ob  nicht,  wie  beim  Piperidon,  so  auch  im  Strychnin, 
eine  piperidonartige  Atomgruppierung  die  Rückenmarkwirkimg  verursacht.  Zur 
Entscheidung  dieser  Frage  eignet  sich  am  besten  die  elektrolytische  Reduktion 
des  Strychnins,  dieselbe  führt  zu  zwei  Basen,  dem  Tetrahydrostrychnin  und 
dem  Strj'chnidin. 

Tetrahydrostryclinin  Stryehnidin 

CjiHjeNjOo  =  {C20H22O)— CH2  •  OH  {Cä„H220)^CHj 

NH  ^1 

N 

Piperidoii  und  Pyrrolidon,  welche  die  =  X  — CO-Gruppe  enthalten,  wirken 
krampferregend,  während  PjTidon  und  PjTazolon,  welche  die  gleiche  Gruppe 
enthalten,  nicht  krampferregend  wirken.  Strychnol,  welches  dem  Strychnin 
gegenüber  diese  Gruppe  verloren,  wirkt  krampferregend ^). 

Aus  dem  Vergleiche  der  physiologischen  Wirkungen  des  Tetrahydro- 
strychnins  imd  Strychmdins  folgert  Tafel,  daß  die  eminente  Wirkung  des 
Strychnins  als  Rückenmarks-  und  Krampfgift  gerade  dem  Zusammentreffen 
zweier  in  demselben  Sinne  wirksamer  sauerstoffhaltiger  Gruppen  in  seinem 
Moleküle  zuzuschreiben  ist.  Wird  eine  Gruppe  durch  Reduktion  verändert,  so 
tritt  nur  eine  Schwächung  der  Krampfwirkung  ein,  erst  weiui  beide  reduziert 
sind,  hört  die  Rrampfwirkung  überhaupt  auf.  Dihydrostrychnolin  macht  in 
2-mg-Dosen  keine  andere  Erscheinung  als  Gelbfärbimg  der  Frösche.  5 — 10  mg 
machen  starke  Lähmimgserscheiniingen,  aber  keine  Krämpfe.    Im  Strj^chnin 

')  Julius  Tafel,  Liebigs  Ann.  301,  285—348. 
»)  C.  Paderi.  Arch.  Farmacol.   18,  66  (1914). 


Strychnin.  4(J5 

sind  jedenfalls  eine  große  Zahl  ringförmiger,  zum  größten  Teile  hydi-ierter 
Gruppen  aneinandergegliedert.  Strychnidin  erzeugt  in  2-mg-Dosen  typische 
Stryolminkrämpfe . 

Methylstrychnin,  aus  Methylstrychninium  erhalten,  ist  nicht  bitter  und 
wirkt  nach  Dietrich  Gerhardt  wie  Strychnin,  es  ist  eine  sekxmdäre  Base'). 

CH, 

Methylstrychnin     (CoH^oOj^CO  •  O 

Äthylstrvchninsulfat  wirkt  schwächer  als  die  Metlndverbindinig'-). 

0.0006  g'Strychninbrombenzylat  ('2jH„,N.,02  •  ^-'e^j  -CHa-  Br  bewirken  bei 
Fröschen  anhaltende  völlige  Lähmung.  Wenn  Erholung  eintritt,  so  folgt  ein 
Stadium  der  Übererregbarkeit,  häufig  in  der  Art  fler  Strychnin  Wirkung.  Nicht 
zur  f^ähmung  führende  Dosen  haben  ausschließlich  diese  Wirkung.  Die  Inten- 
sität der  Wirkung  ist  stärker  als  die  des  Strychnins. 

üxäthylstrychnin  führt  nach  Vaillant  und  Vierordt  zu  4 — 5  mg  bei 
Fiöschen  und  zu  25  mg  bei  Kaninchen  den  Tod  herbei.  Die  Vergiftungserschei- 
iiungeu  halten  die  Mitte  zwischen  Strychnin  und  Curare. 

Strychninjodessigsäuremethyle.ster  C21H22N2O2  •  JCHg  •  COO  •  CH^  imd 
Brucinbrorabenzylat  C23H2gN204  •  CgHj  •  C'HjBr  erzeugen  in  Dosen  von  1.5  mg 
völlige  Lähmung.  0.1  g  des  Strychninjodessigsäuremethylesters  wirken  intern 
auf  Kaninchen  gar  nicht*).        ,- N 

Isostrychninsäure   {C2oH,20);s-COOH  besitzt  noch  vollkommen  die  giftigen 

Eigenschaften  des  Strychnins.    0.0005  g  töten  Frösche. 

Trägt  man  Natrium  in  eine  siedende  alkoholische  Lösung  von  Strychnin, 
so  entsteht  eine  kleine  Menge  eines  neuen  Alkaloids,  des  Stryclminhydrürs, 
welches  ausgesprochen  lähmend  wirkt  und  durch  AtmungsstiUstand  bakl  zum 
Tode  führt*). 

Wenn  man  Strychnin  auf  140°  oder  Strychnol  auf  200°  mit  Wasser  er- 
wärmt, so  erhält  man  euie  Base  von  der  Formel  C21H22N2O2,  welche  Ame  Pictet 
und  Bacovescu^)  Isostrychnin  nennen.  Es  macht  Kr-ampferscheinungen  und 
Tod  durch  Atmungslähmimg.  Der  RespirationsstiUstand  ist  durch  die  curare- 
artige  Wirkimg  bedingt.  Vorher  macht  Isostrychnin  Steigerung  der  Reflex- 
erregbarkeit, unter  Umständen  Tetanus.  Das  Gift  -wird  anscheinend  im  Orga- 
nismus schnell  zerstört  oder  ausgeschieden*).  Dies  ist  optisch  inaktiv  und  nach 
LTntersuchungen  von  Wiky  imgefähr  30 mal  weniger  giftig  als  Strychnin,  die 
physiologische  Wirkung  ähnelt  dem  Curare. 

CO 

Isostrychnin  ist   (C2„H22NO)^-     +  SHjO  (Trihydrostrychnin?). 

Tetrahydrostrychnin  C21H26N2O2  macht  in  0.5-mg-Doseu  Krami^ferschei- 
nungen. 

Tetrachlorstrychnüi  imd  Hexachlorbrucin  sind  ungiftige  und  für  Hunde 
ganz  unschädliche  Substanzen'). 

Strychninoxj'd     •    ^(CjqHj^O)  :  N  :  O    macht    ähnliche    Erscheinungen   wie 

Strychnin,  es  ist  chemisch  ein  Aminoxyd;  die  ki'ampfeiTegeude  Wirkimg  ist 

1)  Julius  Tafel,  Liebigs  Ann.   364,  33.  -)  ¥1:  Luus,  DLss.  Gießen  (1870). 

^)  H.  Hildebrandt,  AePP.   53,   7ü  (1905). 

■■)  H.  Dreser,  Tageblatt  der  Braunschweiger  Naturforscher-Versamjulimg  (1897). 
^)  Soc.  de  Chim.   de  Geneve   13,  IV   (1905). 
.  «)  Bacovesou  und  Pictet,  BB.  38,  2792  (1905). 
')  Coronedi  bei  Minunpi  und  Cuisa,  Gaz.  Chiiu.   itul.   3-1,  II,   3(51. 

F  r  &  u  k  e  1  ,  ArzQeimittel-äyntheae.    3.  Aufl.  30 


466  Alkaloide. 

ziemlich  abgeschwächt,  während  die  paralysierende  Wirkung  intensiver  hervor- 
tritt. Die  Giftigkeit  ist  erhebheh  kleiner  als  die  des  Strychnins.  Beim  Frosch 
wirken  aiif  100  g  O.OIG — 0.02  g,  beim  Meerschweinchen  auf  100  g  Körj)erge«icht 
0.006  bis  0.0072  g  letal  i). 

Strychninbetain  ist  viel  weniger  giftig  als  Strj^chnin,  1.5  mg  gegen  0.02  mg 
wirken  letal-). 

Emetm. 

Emetin  ist  der  Monomethj^läther  von  Cephaelin.  Bei  der  Oxydation  gibt 
es  6.7-Dimethoxyisochinolin-l-carbonsäiire. 

In  der  Ipecacuanha  kommt  neben  Emetin  noch  Cephaelin  mid  Psychrotiu 
vor.  Emetin  ist  von  Cephaelin  nm-  dnrch  das  Plus  einer  Methylgruppe  ver- 
scliieden.  Man  kami  diu-ch  Methyherung  des  Cej)haehns  zum  Emetin  gelangen, 
welche  sich  nun  zueinander  verhalten  wie  Cuprein  zu  Chinin,  resp.  Morjohin 
zu  Codein. 

Während  bei  den  Chininhomologen  mit  der  Größe  des  Alkylmoleküls  auch 
die  Toxizität  wächst,  so  ist  es  bei  Emetin  anders.  Emetin  ist  das  giftigste, 
Emetäthj'lin  schwächer  wirksam,  Emetpropylin  nm-  ein  Drittel  wrksam. 

Auch  die  Brechwirkung  des  Emetins  wrd  bei  den  Homologen  innner  ge- 
ringer, wie  A.  Ellinger  gezeigt  hat. 

Die  Ausscheidung  des  Emetins  nach  intravenösen  und  subcutanen  Lijek- 
tionen  ist  sehr  miregelmäßig  und  dauert  sehr  lange.  Es  findet  eine  Anhäufung 
von  Emetin  im  Körper  statt,  die  die  kunuilative  Wirkung  bei  der  therapeutischen 
Anweiidiuig  des  Emetins  erklärt^). 

Emetin  enthält  wie  Papaverin  einen  DimethoxychinoUnring,  es  lähmt  die 
glatte  Muskulatur  der  Organe,  kleine  Dosen  erregen  die  Peristaltik.  Die 
Wirkung  ist  eine  direkte.    Ebenso  wirken  Papaverin,  Narkotin,  Chehdonin*). 

Die  Hauptwirkiuig  des  Emetins  besteht  in  einer  Lähmung  der  gesamten 
glatten  Körpermuskulatur  und  gleicht  in  dieser  Hinsicht  dem  Paj^averin. 
Emetin  ist  ähnlich  wie  Papaverin  sehr  walirscheinlich  ein  Isochinohntlerivat. 
Emetin  und  Papaverin  zeigen  eine  intensive  Giftwirkung  auf  Protozoen. 
Emetin  kommt  in  seiner  Wirkungsstäi'ke  auf  Paramaecium  caudatum  dem 
Chinin  nahezu  gleich  und  übertrifft  die  Papaverinwirkung,  während  in  allen 
anderen  Fällen  Papaverin  bei  Anwendung  der  stärkeren  Konzentrationen 
intensiver  wirkt  luid  insbesondere  auf  Tr\'})anosomen  eine  bei  weitem  stärkere 
Wirkung  entfaltet  als  Emetin;  dm-chaus  analog  dem  Papaverin  verhält  sich 
das  ihm  in  seiner  chemischen  Konstitution  mid  Wirkung  auf  die  Darm- 
muskulatur verwandte  Narkotin.  Morphin  steht  im  Gegensatz  zu  diesen  drei 
Isochinolinderivaten  ^). 

Die  Morphingruppe  wirkt  auf  Paramaecieu  nicht  oder  nur  wenig  giftig, 
die  Papaveringruppe  ist  stark  wirksam.  Die  Wirkung  des  Papaverhis  wird  der 
Beuzylgruppe  zugeschrieben*). 

Die  homologen  Emetine  zeigen  die  typischen  Emetinwirkungen  meist  in 
abgeschwächtem  Grade.  So  wirkt  Emetäthylin  gegenüber  dem  Emetin  beim 
Hunde  bedeutend  weniger  brechenerregend,  beim  Emetpropjlin  ist  die  Brech- 

')  Untersuchungen  von  Babel,  Arne  Pictet  und  Mattisson,  BB.  38,  2786  (1905). 
-)  G.  Frerichs,  Z.  f.  ang.  Chemie  1914,  Nr.  47,  S.  352. 
ä)  Charles  Mattai,  C.   r.  s.   b.   83,   225   {1920). 
*)  E.  P.  Pick  und  R.  Wasickv,  AePP.  80,   147  (1917). 

^)  E.  P.  Pick  und  R.  Wasicky,  Wiener  klin.  Wochenschr.   38,   590  (1915). 
•)  David  J.   Maclit    und   Homer  G.  Fislier,    Jonrn.   Pliariu.    and  exp.   Therap. 
10,  95   (1917). 


Emetin.  4  67 

Wirkung  in  den  höchsten  Dosen  überhaupt  nur  noch  andeutungsweise  vor- 
handen, ebenso  die  anderen  physiologischen  Wirkungen i). 

Psychrotin,  Cephaehn  und  Emetin  (Methyläther  des  Cephaelins).  Die 
beiden  letzteren  zeigen  eine  sehr  ähnliche  pharmakologische  Wirkung,  doch 
ist  Emetin  stärker  in  der  Wirkung  auf  Amöben  und  Protozoen,  schwächer  als 
Reizmittel,  Emeticum  und  in  der  Giftwirkimg.  Die  höheren  Äther  des  Cephae- 
lins, Homologe  des  Emetins,  zeigen  eine  abfallende  Giftwirkung  bei  den  Äthern 
der  höheren  Alkohole.  Untersucht  wurden :  Cephaelinätliyläther,  sowie  Projiyl-, 
Isopropyl,  n-Butyl,-  Isobutyl-,  Tertiärbutyl-,  Lsoamyl-  und  Allyläther^). 

Die  emetische  Wirkung  ist  dof)pelt  so  groß  beim  Emetin  wie  beim  Ce- 
phaelin,  während  sie  bei  den  höheren  Homologen  ziemlich  im  gleichen  Ver- 
hältnis wie  die  Giftwirkung  abnimmt.  Die  Reizwirkung  auf  die  Conjunctiva 
ist  am  stärksten  bei  Emetin  luid  C'ephaelin,  am  geringsten  bei  Cei^haeliniso- 
amj-läther.  Bei  intramuskulärer  Injektion  wirkt  der  Isoamyläther  am  stärksten, 
und  die  übrigen,  schwächer  wirksamen  zeigen  keine  deutlichen  Unterschiede*). 

Die  Propyl-  und  Isoamyläther  des  Cephaelins  wirken  auf  Amöben  stärker 
als  Emetin.  Beide,  wie  auch  der  Butj^läther,  sind  auch  weit  stärker  wirksam 
gegen  Paramaecien,  am  stärksten  der  Isoamyläther  (etwa  15 — 20  mal  so  stark 
wie  Emetin).  Auch  gegenüber  Bakterien  wirken  die  höheren  Homologen  weit 
stärker  als  Emetin.  Staphylococcus  aureus  wird  durch  den  Propyläther  in 
Lösung  1  :  222,  durch  den  Isoamyläther  sogar  in  Lösung  1  :  4120  abgetötet*). 

Emetinhydrochlorid  besitzt  gewisse  bactericide  Eigenschaften,  besonders 
bei  längerer  Einwirkmig,  doch  sind  diese  verhältnismäßig  schwach.  Auch 
trypanocide  Wirkungen  in  vitro  besitzt  dieses  Alkaloid,  welche  aber  mit  der 
Wirkung  auf  Amöben  nicht  zu  vergleichen  ist^). 

Emetin  Wismut  Jodid  wird  statt  des  Chlorhj^drates  gegen  Amöbendysen- 
terie empfohlen;  es  ist  in  verdünnten  Säiu-en  nicht  löslich,  lö.st  sich  aber  in 
Alkalien^. 

Emetin  erhält  man  aus  Cephaelin  dm-ch  Methyliorung  mit  Diazomethan'). 

Cephaehnhydrochlorid  ist  ein  gutes  Emeticum,  wie  Emetin. 

Isoemetin  ist  das  Reduktionsprodukt  des  Dehydroemetins,  welches  die- 
selbe Bruttoformel  wie  Emetin  hat. 

Emetin  und  Isoemetin  sind  stereoisomer.  Letzteres  ist  weniger  als  halb 
so  giftig  wie  das  erstere  (H.  H.  Dale).  G.  C.  Low  fand,  daß  bei  Amöben- 
dysenterie Emetin  Erbrechen  hervorruft,  aber  auch  die  Amöbe  zum  Ver- 
schwinden bringt,  während  Isoemetin  verhältnismäßig  gut  vertragen  wird  und 
keine  Wirkung  auf  die  Amöbe  hat*). 

Emetin  und  Isoemetin  sind  bei  Mäusen  intravenös  annähernd  gleich  giftig, 
während  bei  subcutaner  Injektion  die  erträglichen  Dosen  recht  weit  aus- 
einanderliegen, indem  von  dem  Isoemetin  ungefähr  das  Vierfache  der  Emetin- 
dosis  von  Mäusen  ertragen  wird'). 

1)  A.  EUinger  bei  P.  Karrer,  BB.  49,  2057  (191C.). 

^)  A.  L.  Walters  und  E.  W.  Koch,  Jomn.  Pharm,  and  exp,  Therap.   10,  73  (l'J17). 

^)  A.  L.  Walters,  C.  R.  Eckler  und  E.  W.  Koch.  Journ.  Pharm,  aiiu  exp.  Therap. 
10,   185  (1917). 

*)  A.  L.  Walters,  W.  F.  Baker  und  E.  W.  Koch,  Journ.  Pharm,  and  exp.  Therap. 
10,  341  (1917). 

^)  John  A.   Kolmer  vmd  Alban  J.  Smith,  Journ.   of  infect.  disca.«.    18,  247,  66. 

«)  Lancet  191,   183,  311  (1916).         ')  DRP.   298678. 

8)  Frank  Lee  Pyman,  Journ.   Chem.   Soc.  London   113,  222  (1918). 

ä)  P.  Karrer,  BB.  50,  528  (1917). 

30* 


Viertes  Kapitel. 
Schlafmittel  und  Inlialationsaiiaestlietiea. 

Allgemeines. 

Über  die  chemischen  Ursachen  des  natürlichen  Schlafes  existiert  keine 
Theorie,  welche  halbwegs  auf  Tatsachen  basiert  wäre. 

Daß  bestimmte  Produkte  des  Stoffwechsels  sich  während  des  wachen  Zu- 
standes  anhänfen  und  diese  dann  Schlaf  verursachen,  ist  vielleicht  zu  konze- 
dieren, es  wird  auf  diese  Weise  erklärlicher,  warum  man  nach  körperlichem 
Strapazen  rascher  und  in  einen  tieferen  Schlaf  verfällt.  Von  größtem  Interesse 
für  die  Pharmakologie  wäre  ge\viß  die  chemische  Erkenntnis  dieser  Ermüdungs- 
stoffe, welche  den  Schlaf  normalerweise  erzeugen,  da  ihre  Darstellung  und 
Verwendung  sicherlich  die  unschädlichsten  Schlafmittel  bieten  würde. 

Unser  nervöses  Zeitalter,  dem  kaum  die  große  Menge  synthetischer  Anti- 
nervina  genügt,  hat  atich  unter  der  Schlaflosigkeit  so  zu  leiden,  daß  es  für  den 
Arzt  ein  Bedürfnis  ist,  eine  ei'hebliche  i\nzahl  von  Schlafmitteln  zu  besitzen, 
um  abwechseln  zu  können  und  um  die  Angewöhnmig  an  eine  bestimmte  Sub- 
stanz zu  vermeiden,  um  so  mehr  als  einzelne  bei  der  Angewöhnung  in  ihrer 
Wirkung  versagen.  Während  früher  nur  Opium  mid  Alkohol  als  Schlafmittel 
bekannt  waren,  verfügen  wir  nun  dank  der  Erweiterung  unserer  Kenntnisse 
über  eine  sehr  stattliche  Reihe. 

Diese  große  Reihe  läßt  sich  aber  auf  einige  chemische  Grundprinzipe  redu- 
zieren. Naturgemäß  treten  die  verschiedensten  Varianten  als  neue  Arznei- 
mittel sauf. 

Wir  wissen,  daß  die  Kohlenwasserstoffe  der  ahphatischen  Reihe  narkotische 
Eigenschaften  zeigen,  die  durch  Eintritt  einer  Hydroxylgruppe,  die  Bildung 
von  Alkoholen,  noch  deutlicher  zur  Erscheinvmg  kommen. 

Die  Hydroxylgruppe  ist  also  nicht  das  Wirksame  für  die  Hypnose,  sondern 
der  Alkylrest.    Die  Hydroxylgrupf)e  stellt  nur  den  Verankerungspunkt  vor. 

Diese  narkotische  Eigenschaft  der  Kohlenwasserstoffe  ist  also  die  Grund- 
ursache der  narkotischen  Effekte  der  Alkohole  einerseits,  anderseits  aller  Ver- 
bindungen, deren  schlafmachende  Wirkm:g  auf  der  Gegenwart  von  Alkyl- 
gruppen  beruht.  Dabei  ist  zu  bemerken,  daß  die  hj'pnotischen  Effekte  be- 
sonders der  Äthylgrujipe  imd  ihren  nächst  höheren  Homologen  zukommen. 

Die  Anzahl  der  in  den  Kohlenwasserstoff  eintretenden  Hydroxylgruppen 
ist  für  die  hypnotische  Wirkvmg  entscheidend,  je  mehr  Hydroxyle,  desto  geringer 
die  h}rpnotischen  Effekte,  daher  entbelirt  Glycerin  mit  drei  Hydroxylen  der 
hypnotischen  Wirkung.  Werden  aber  diese  durch  Verätherung  oder  Veresterung 
verdeckt,  so  wirkt  die  entstehende  Glycerinverbindung  wieder  narkotisch. 

Die  Gegenwart  einer  Aldehj'd-  oder  Ketongruppe  befähigt  ahphatische 
Verbindungen  ungemein,  hypnotische  Effekte  auszulösen;  diese  Eigenschaft 
wird  einerseits  durch  den  Eintritt  von  Hydroxylen  geschwächt  oder  gänzhch 


Allgfincines.  46!) 

aufgehoben,  anderseits  dureh  die  Gegenwart  von  Alkylresten,  insbe.sondcrs  von 
Äthylgruppeii  in  der  Verbindimg  gesteigert. 

Neben  diesen  hj-jmotischen  Jütteln  spielen  eine  sehr  große  Rolle  Sub- 
stanzen, welche  aliphatische  Verbindungen  darstellen,  in  denen  Wasserstoffe 
durch  Halogen  ersetzt  sind.  Den  aromatischen  Halogensubstitutionsprodukten 
geht  die  Eigenschaft,  schlafmachend  zu  wirken,  ab. 

Die  hypnotischen  Effekte  des  Morphins,  des  souveränen  Schlafmittels, 
hängen  mit  dem  Erhaltensein  der  beiden  Hydroxyle  zusammen. 

Wir  sehen,  daß  nur  einigen  Gruppen  die  Fähigkeit,  h\-pnotische  Effekte 
auszulösen,  eigen  ist.  Den  Alkylresten,  insbesonders  der  Äthylgruppe  und 
ihren  höheren  Homologen,  der  Carbonylgruppe  in  Form  von  Aldehyd,  Keton, 
Säureamid  und  Säureaiüiydrid  sowie  aliphatischen  Halogensubstitutionspro- 
dukten, insbesonders  denen  des  Chlors,  endlich  der  eigentümlichen  Konfigu- 
ration des  Morphins. 

Von  größtem  theoretischen  Interesse,  welchem  wohl  noch  praktische  Kon- 
sequenzen folgen  werden,  ist  die  Eigentümlichkeit,  daß  die  exzitierenden  Mittel 
alle  den  Blutdruck  steigern,  die  schlafmachenden  den  Blutdruck  herabsetzen. 

So  steigert  Cocain,  Nicotin  den  Blutdruck,  Stoffe,  die  wir  benützen,  um 
die  Ermüdungsgefühle  zu  bannen.  Morphin,  Sulfonal,  Trional,  PentaF)  usw. 
erniedrigen  den  Blutdruck.  Beim  normalen  Schlaf  sinkt  ebenfalls  der  Blut- 
druck.  Die  meisten  dieser  blutdruckerniedrigenden  Mittel  erweitem  die  Gefäße. 

Alle  Narkotica  der  Fettreihe  wirken  hämolytisch  (L.  Herrmann). 

Während  beim  Schlaf  eme  Erweiterung  der  Gefäße  in  den  meisten  Organen 
eintritt,  sind  die  Gehirngefäße  im  Gegensatze  hierzu  kontrahiert,  das  Gehirn 
\\ird  anämisch.  Nach  Lauder  Brunton^)  sind  demnach  zwei  Dinge  not- 
wendig, damit  Schlaf  eintrete:  1.  daß  der  Blutzufluß  zum  Gehirn  soviel  als 
möglich  verhindert  werde,  indem  man  ihn  ableitet  oder  die  Herztätigkeit  be- 
ruhigt; 2.  daß  man  die  funktionelle  Tätigkeit  des  Gehirns  selber  herabsetzt. 
Nun  kami  man  das  Blut  vom  Gehirne  ableiten,  wenn  man  an  einer  anderen 
Körperstelle  Gefäßerweitermig  hervorruft. 

Die  schlafmachenden  Substanzen,  welche  wir  zum  internen  Gebrauch  an- 
wenden wollen,  müssen  den  Einflüssen  des  Organismus  gegenüber  eine  gewisse 
Resistenz  zeigen,  um  die  spezifische  Wirkmig  auf  die  Großhirnrinde  ausüben  zu 
können,  bevor  sie  noch  den  oxydativen  Einwirkungen  der  Gewebe  unterUegen. 
Wir  werden  sehen,  wie  wir  Schlafmittel,  insbesondere  diejenigen,  deren  Wirkung 
auf  dem  Vorhandensein  von  Äthylradikalen  beruht,  so  resistent  machen,  daß 
.sie  eine  anhaltende  Wirkung  haben. 

Hypnotische  Mittel  werden  in  der  Medizin  in  zweierlei  Absicht  verwendet, 
entweder  um  nur  Schlaf  zu  erzeugen  bzw.  einzuleiten,  oder  um  Schlaf  und 
Schmerzlosigkeit  durch  eine  nicht  allzu  lange  Zeit  zu  bewirken.  Im  ersteren 
Falle  bedient  man  sich  der  Schlafmittel  y.ai'  lioyjjv,  welche  intern  oder  sub- 
cutan verabreicht  werden,  und  von  denen  einige  Forscher  behaupten,  daß  sie 
mu:  Einschläfenmgsmittel  sind,  im  letzteren  Falle  der  sogenamiten  Inhalations- 
anästhetica,  mittels  welcher  Schlaf  und  Unempfindlichkeit  durch  eine  beliebige, 
genau  regulierbare  Zeit  hervorgerufen  wird.  Die  Substanzen  der  letzteren 
Gruppe  werden  ausschließlich  durch  Inhalation  beigebracht. 

Die  eigentlichen  Schlafmittel  sind  meist  in  Wasser  schlecht  lösUche,  in 
Ölen  gut  lösliche  Substanzen,  oder  es  haben  die  wässerigen  Lösungen  Eigen- 
schaften, die  der  subcutanen  Injektion  im  Wege  stehen,  wie  z.  B.  Chloralhydrat. 
Nur  das  einzige  Morphin  ist  ein  subcutan  injizierbares  Hypnoticum.    Man  be- 

1)  Therap.  Monatshefte  1893,  42.         ^)  Pharmakologie  (Deutsche  Ausgabe),  S.  219. 


470  Schlafmittel  und  Inlialationsanaesthetica. 

müht  sich  daher,  Mittel  synthetisch  darzustellen,  welche  neben  starker  hyp- 
iiotischer  Wirkung  wasserlöslich  und  ohne  lokale  Nebenerscheinungen  subcutan 
injizierbar  sind. 

Die  Inhalationsanaesthetica  entstammen  zwei  Gruppen,  die  eine  basiert 
ihre  Wirkvnigen  auf  dem  Gehalte  an  Halogen  in  einer  aliphatischen  Substanz, 
die  andere  auf  der  Gegenwart  von  Äthylresten. 

Die  Schlafmittel  lassen  sich  in  drei  chemische  Gruppen  scheiden: 

1.  Substanzen,  deren  Wirkung  auf  dem  Gehalt  an  Halogen  beruht, 

2.  Substanzen,  deren  Wirkung  auf  dem  Gohalt  an  Alkylradikalen  beruht, 

3.  Sulistanzen.    deren    Wirkung    auf    der    Gegenwart    einer    Carbonyl- 
(=  C  =  0)  Gruppe  beruht. 


Erste  Gruppe. 
Halogenhaltige  Schlaf luittol. 

Chlorverbindungen. 

Das  wichtigste  Inhalationsanaestheticum  C'hloroform  hat  neben  dem  Äther 
unbestritten  die  größte  Verbreitung  auf  dem  Gebiete  der  Narkose.  Die  Nach- 
teile, die  ihm  zukommen,  können  meist  durch  die  ungemein  ausgebildete  Technik 
der  Narkose  paralysiert  werden. 

Die  vielfachen  Todesfälle  während  der  C'hloroformnarkose,  für  die  eine 
anatomische  Begründung  fehlte,  wurden  teilweise  durch  die  leichte  Zcrsctzlich- 
keit  des  Chloroforms  und  Bildung  von  toxischen  Substanzen,  wie  Phosgen  C'OClj 
usw.  erklärt,  von  denen  man  vermutete,  daß  sie  infolge  der  Darstellung  im 
Chloroform  enthalten,  diesem  toxische  Eigenschaften  verleihen,  eine  Annahme, 
die  nicht  ganz  zutrifft,  da  auch  bei  Narkose  mit  allerreinstem  Cliloroform 
Todesfälle  beobachtet  wurden.  Die  Darstellung  des  Chloroforms  aus  Chloral 
hat  auch  keinen  Wandel  geschaffen,  denn  auch  das  chemisch  reinst  dargestellte 
Chloroform  verändert  sich  durch  Üxytlation  mit  Luft  alsbald.  Als  bestes  Schutz- 
mittel gegen  die  Oxj'dation  des  Chloroforms  durch  den  Sauerstoff  der  Luft 
erwies  sich  noch  der  von  englischen  Fabrikanten  von  jeher  angewendete  Zusatz 
von  2%  absolutem  Alkohol.  Die  Fianzosen  empfehlen  zur  Haltbarmachung 
einen  Zusatz  von  Schwefel. 

Von  der  iinrielitigeii  Annahme,  daß  die  ReindarsteUung  des  Clüoroforms  genüge,  um 
dieses  ungefährlicher  und  lialtbarer  zu  maclien,  gingen  die  Verfahren  von  R.  Pictet  und 
Anschütz  aus.  Pictet  reinigt  Cliloroform,  indem  er  es  durch  Kälte  fest  macht  und  den 
flüssigen  Anteil  durch  Zentrifugicren  entfernt.  Anschütz')  benützt  die  an  luid  für  sieh 
interessante  Tatsache,  daß  Salicylid  mit  Chloroform  eine  krystallisierende  Doppel  Verbindung 

|4  + 


i^^i^y 


Diese  Verbindung,  welche  auch  bei  gewöhnlicher  Temperatur  unter  Abgabe 
von  Chloroform  vermttert.  sollte  auch  als  solche  therapeutische  Anwendung 
finden,  konnte  sich  aber  nicht  behaupten. 

Salicylid^)  erhält  man  durch  Behandeln  von  Salicylsäure  mit  Phosphoroxychlorid 
in  einem  indifferenten  Lösungsmittel.  Man  trennt  von  dem  Vjei  der  gleichen  Reaktion  ge- 
bildeten Polysalicylid  jCjHj'p,    )x  durch  Auflösen  des  Salicylids  in  heißem  Chloroform'). 

Ferner  erhält  man  es  durch  Erhitzen  von  Acetylsalicylsäure  5 — 6  Stunden  lang  auf  200 
bis  210°  C,  Auskochen  des  Reaktionsproduktes  mit  Wasser,  Lösen  des  Rückstandes  in 
Aceton  und  Fällen  mit  Wasser'). 

1)  BB.   %:,,  3512  (1892).   —  Liehigs  Ann.   373,   97.    —  DRP.   09  708,   70  158,   70  614. 

2)  DRP.   G8  900.  ")  DRP.    134  234. 


Halogenhaltige  SclJafmittel.  471 

Oskar  Liebreich')  stellt  trockene  Präparate  für  Chloroformerzeugung  her,  indem 
er  Chloralhydrat  mit  wasserfreien  kohlensauren  Alkalien  oder  mit  alkalischen  Erden  zu- 
sammenbringt. 

Festes  Cliloroform  gewinnt  man^).  indem  man  Pepton  (100  g)  mit  11,0  (90  g)  zu 
einer  zähen  Paste  verrührt  und  mit  100  g  Cliloroform  innig  vermengt.  Nicht  absorbiertes 
Chloroform  wird  abdestilliert  und  wieder  verwendet.  Das  so  erhaltene  feste  Chloroform 
besitzt  angeblich  alle  Eigenschaften  des  flüssigen,  braucht  nicht  vor  Licht  geschützt 
aufbewahrt  zu  werden  und  gibt  das  Chloroform  durch  Behandlung  mit  Säuren  oder 
Alkalien  ab,  wodiu'ch  seine  innerliche  Wirkvmg  zustande  kommt. 

Daß  die  hypnotische  Wirkung  des  Chloroforms  in  innigem  Zusammenhange 
mit  dem  Chlorgehalte  steht,  geht  aus  der  Tatsache  hervor,  daß  bei  einer  großen 
Reihe  aliphatischer  Verbindungen  der  Eintritt  von  Chlor  den  neu  entstandenen 
Substanzen  h3'pnotische  Eigenschaften  verleiht. 

Die  rasch  vorbeigehende  Wirkung  dieses  Inhalationsanaestheticums  verhin- 
dert jedoch,  es  als  Hvpnoticum.  welches  stundenlang  wirken  soll,  zu  benützen. 

Die  narkotische  Wirkung  des  Chloroforms  ist  chemisch  lediglich  auf  den 
Chlorgehalt  zu  beziehen,  auch  eine  vergleichende  Betrachtung  der  folgenden 
Reihe  beweist  dies: 

Methan  CH4  ist  wirkungslos, 
Methylchlorid  CH3CI  schwach  narkotisch, 
Methylenbichlorid  CHjCU  stärker  narkotisch, 
Chloroform  CHC!,.,  narkotisch, 
Tetrachlorkohlenstoff  CCI4  narkotisch. 

In  dieser  Reihe  steigt  die  Intensität  der  narkotischen  Wirkungen  mid  ebenso 
die  Xachhaltigkeit  derselben  mit  der  Zunahme  der  Cliloratome. 

Ferner  wirkt  Acetaldehyd  CHg  ■  CHO  leicht  narkotisch.  Trichloraldehyd 
(Chloral)  ('Clj  •  CHO  sehr-  "stark  narkotisch.  Äthylen  CH,  :  CH2  ist  fast 
mrkimgslos.  Chloräthylen  CHjCl  ■  C'HjCl  macht  Xarkose,  aber  auch  Kloj)fen 
der  Carotiden  und  Wärmegefühl  über  den  ganzen  Körper.  Ein  Narkoticum 
mit  größerem  Q-Gehalt  bewirkt  bei  gleicher  Xarkosestärke  ein  beträchtlicheres 
Sinken  des  Blutdruckes,  als  ein  Xarkoticum  derselben  Gruppe  mit  geringerem 
Chlorgehalt.    C'hloräthyliden  wirkt  stärker  narkotisch  als  Chloräthylen ^). 

Tetrachloräthan  übt  eine  etwa  doppelt  so  starke  narkotische  Wirkung 
aus  wie  Trichloräthj'len  imd  wirkt  also  stärker  betäubend  als  Tetrachlor- 
kohlenstoff*). Es  steht  in  seiner  physiologischen  Wirkung  dem  Chloroform 
nahe,  übertrifft  dies  an  Giftigkeit  aber  um  das  Vierfache^).  Es  macht  schwere 
Schädigungen  des  Stoffwechsels  und  wirkt  7  mal  stärkei'  hämolysierend  als 
Chloroform^). 

Daß  Chloroform  dem  Tetrachlorkohlenstoff  für  die  Narkose  vorgezogen 
wird,  macht  der  Umstand,  daß  Tetrachlorkohlenstoff  ähnhche  Konvulsionen 
zur  Folge  hat  wie  Methylenchlorid,  und  deshalb  ein  gefährliches  Gift  ist,  welches 
schleunigen  Tod  dm'ch  Herzstillstand  hervorruft"). 

Dioform  ist  Acetylendichlorid   (sj'mmctrisches   1.2-Dichloräthylen)  CHCl. 

CHCl 

Villi nger^)  empfiehlt  es  statt  Chloroform  für  Narkose.    Es  ist  am  Menschen 
noch  nicht  genügend  geprüft. 

»)  DRP.   176  063.  2)  Amerik.  Pat.  925  658  und  DRP.  220  326. 

=*)  S.  Oat,  Inaug.-Diss.  Petersburg  (1903).  *)  Chem.-Ztg.  38,  256. 

^)  Veley,  Proc.  of  Royal  Soc.    1910,  Jan. 

^)  V.  Gri  mm,  A.  Heff  ter  und  S.  Joachimoglu,  Vierteljahrsschrift  f.  gerichtl.  Med. 
u.   öffentl.   Sanitätswesen   48,   2  SuppI,   (1916). 

')  Smith,  Lancet  1861,  792.  —  Sausom  und  Nunnely,  Brit.  med.  Journ.   186T. 
ä)  Arch.  f.  klin.  Cliir.   1907,  Nr.  3. 


472  Schlafmittel  und  Inhalationsanaesthetica. 

Dichloräthylen  erzeugt  tiefe  Narkose,  macht  im  Gegensatz  zu  Chloroform 
am  Herzen,  an  den  Gefäßen  und  in  den  parenchymatösen  Organen  keinerlei 
nachweisbare  Veränderungen.  Der  Blutdruck  bleibt  intakt.  Dichlorä.thylen 
wird  ähnlich  vne  Chloroform  im  Organismus  teilweise  zersetzt  i). 

Die  chlorhaltigen  Derivate  des  Äthylens,  Äthylenchlorid,  C2H4CI2,  z.  B. 
\\irkcn  nach  einzelnen  Beobachtern  ebenso  krampferregend  wie  Methylcu- 
chlorid,  haben  aber  eine  eigentümliche  Nebenwirkung  auf  die  Cornea,  welche 
getrübt  wird^). 

Äthylidenchlorid  CH3  •  CHCIj  macht  eine  langsam  eintretende  und  schnell 
vorübergehende  Wirkung 3).  Perchloräthan  ('oCl,;  (Hexachlorkohlenstoff)  wirkt 
narkotisch  wie  Chloralhydrat,  in  kleinen  Mengen  exzitierend. 

Als  Chloroformersatzmittel  wurden  von  den  Halogensubstitutionsproduk- 
fen  wohl  mehrere  empfohlen,  ohne  daß  sie  je  mit  dem  Chloroform  in  eine  ern.stcrc 
Konkurrenz  treten  konnten.  Methylenbichlorid  CHjClg  wurde  von  England 
aus  warm  empfohlen,  weil  es  kein  Erbrechen  verursacht. 

Von  Frankreich  kam  die  Empfehlung  des  Methylchloroforms  CH3  •  CCI3 
wegen  seines  höheren  Siedepunktes  und  der  gefahrlosen  Narkose.  Dieses  Mittel 
setzt  die  Temperatur  um  3 — 4°  herab. 

Trichloräthylen  CHCl  :  CCI2  wird  als  Entlausungsmittel  empfohlen. 

Die  lokale  Anästhesie,  welche  durch  Chlormethyl  CH3CI  und  ähnJitihc 
Halogensubstitutionsprodukte  eintritt,  steht  in  keiner  Beziehung  zum  Chlor- 
gehalte, sie  ist  lediglich  bedingt  durch  den  sehr  niedrigen  Siedepunkt  der  an- 
gewendeten Substanzen,  welche  beim  Bespritzen  der  zu  anästhesierenden  Partie 
derselben  rasch  und  viel  Wärme  entziehen  imd  durch  die  Kälte  Wirkung  anästhe- 
sieren. Wie  das  gegenwärtig  sehr  viel  angewendete  Chlormethyl  [Kelene  ge- 
nannt] wird  mit  etwas  geringerem  Erfolg  auch  Äthyläther  imd  Methyläthyl- 

äther  ch-^*"*'  ^^^  manchen  angewendet.  Auch  niedrig  siedende  Petroleum- 
äther  Aiiirden  für  lokale  Anästhesie  durch  Kälte  in  Anwendung  gezogen.  Es 
ist,  wie  wir  wiedcz'holen,  für  diese  Wirkung  nicht  die  Konstitution,  sondern 
der  Siedepunkt  und  die  Flüchtigkeit  der  angewendeten  Substanz  allein  von 
Bedeutung. 

Auch  die  Bromsubstitutionsprodukte  der  niederen  Kohlenwasserstoffe 
haben  narkotische  Wirkungen  vnid  lassen  sich  als  Inhalationsanaesthetica  für 
kurze,  leichte  Narkosen  mit  Vorteil  benützen.  So  Bromäthyl  CoHgBr,  welches 
wenig  giftig  ist,  während  Äthylenbromid  C2H4Br2  schon  starke  Giftwirkungen 
zeigt.. 

Auch  Bromoform  CHBrg  wirkt  anästhesierend^)  und  wird  viel  zuni 
Coupieren  von  Keuchhustenanfällen  benützt*). 

O.  Liebreich*)  hat  angenommen,  daß  Chloralhydrat  CCI3  •  CH(üH)2, 
welches  sich  unter  der  Einwirkung  von  Alkalien  in  Cliloroform  und  Ameisen- 
säure spaltet,  im  Organismus  eine  ähnliche  Zersetzung  erfährt,  mid  daß  dann 
das  gebildete  Chloroform  die  hypnotische  Wirkung  auslöst,  und  hat  auf  Grund 
dieser  Annahme  Chloralhydrat  als  Hypnoticum  empfohlen.  Wenngleich  diese 
Theorie  der  Wirkung  des  Chloralhydrat  als  unrichtig  zu  bezeichnen  ist,  da 
es  eine  Um.setzung  zu  Chloroform  nicht  erfährt,  so  gebührt  O.  Liebreich  das 

')  H.  Wittgenstein,  AePP.  83,  235  (1918). 

*)  Pannas  und  Dubois,  Semaine  mM.   1888  und  188». 

=>)  O.  Liebreich,  Berl.  klin.  Wochenschr.   1860,  Nr.  31. 

*)  V.  Horroch,    österr.  med.   Jahrb.   1883,  497. 

=  );Stepp,  Dtsch.   med.   Wochenschr. '"1889,  Nr.  31. 

')  Berl.  klin.  Wochenschr.  1869,  325  und  Monographie:  Chloralhydrat,  Beiliii  (1KI)9). 


Halogenhaltige  Schlafmittel.  473 

große  Verdienst,  neben  dem  Morphin  ein  sicheres  Hypnoticum  in  die  Therapie 
eingeführt  zu  haben. 

Chloralhydrat  geht  im  Organismus  durch  Reduktion  in  Trichloräthyl- 
alkohol  CCI3  •  CH2  •  OH  über  und  nicht  in  Cliloroform  ^).  Dieser  TrichJoräthyl- 
alkohol  paart  sich  im  Organismus  mit  Glykuronsäurc  zur  Urochloralsäure. 
Mering  zeigte  ferner,  daß  die  Liebreichsche  Vorstelhmg^),  daß  aus  Chloral- 
hydrat im  Blute  Chloroform,  aus  Crotonchloralhydrat  CCI3  •  CH  :  CH  •  CHO 
-|-  HgO  im  Blute  Dichlorallylen,  Salzsäure  und  Ameisensäure  wird,  und  daß 
DichloraUylen  das  wirksame,  unrichtig  sei.  Trichlorcrotonsaures  Natrium 
CCI3  •  CH  :  CH  •  COONa,  welches  schon  in  verdünnter  alkalischer  Lösung  in 
der  Kälte  in  Dichlorallylen  CHCL  •  CH  :  CH,  übergeht,  wirkt  gar  nicht  schlaf- 
machend,  ebensowenig  die  Trichloressigsäure  CClg-COOH^). 

Binz*)  hat  die  Schlaferzeuguug  insbesondere  für  die  halogeiihaltigen  Sub- 
stanzen in  der  Weise  erklärt,  daß  sich  freies  Halogen  abspaltet,  welches  auf  das 
Protoplasma  lähmend  einwirkt.  Jede  arbeitende  Zelle,  welche  wir  unter  den 
Einfluß  von  Chlor-,  Brom-  oder  Joddämpfen  setzen  oder  auf  die  wir  aktiven 
Sauerstoff  einwirken  lassen,  vermindert  nach  Binz  ihre  Arbeit  oder  stellt  sie 
ganz  ein.  Je  nach  der  Menge  und  Dauer  dieses  Einflusses  nimmt  sie  dieselbe 
entweder  wieder  auf  oder  sie  hat  sie  für  immer  eingestellt,  d.  h.  entweder  schläft 
die  Zelle  unter  der  lähmenden  Last  der  fremden  Gase,  ihr  innerer  Aufbau  bleibt 
ungestört,  oder  sie  ist  tot,  ihr  innerer  Aufbau  war  imd  bleibt  zerrüttet. 

Gegen  diese  Theorie  des  Schlaferzeugens  lassen  sich  zahlreiche  Einwen- 
dimgen  erheben.  Man  muß  bedenken,  daß  so  aktive  Körper,  wie  freies  Chlor 
oder  Brom,  doch  in  erster  Linie  substituierend  einwirken  und  .stabilere  Ver- 
bindungen entstehen  würden. 

Anderseits  spalten  nicht  alle  chlorhaltigen  Schlafmittel  Halogen  ab  oder 
besser  ausgedrückt,  nach  dem  Eiimehmen  einiger  halogenhaltiger  Schlafmittel 
ist  der  Gehalt  an  anorganischen  Chloriden  im  Harne  nicht  erhöht.  So  ist  wohl 
nach  Einatmung  von  CTiloroform  der  Grchalt  des  Harnes  an  Chloriden  erhöht, 
nicht  aber  nach  Einnahme  von  Chloralhydrat. 

Ferner  kann  man  gegen  diese  Theorie  einwenden,  daß  Tomascewicz 
keine  narkotischen  Effekte  mit  Trichloressigsäure,  welche  ja  dem  CJhloral  sehi' 
nahesteht,  erzielen  konnte^),  obgleich  die  Trichloressigsäure  sich  deutlich  ■«ie 
Chloral  verhält,  d.  h.  sehr  leicht  Chloroform  abspaltet.  Wohl  hat  dagegen  Bod- 
länder  bei  Wiederholung  dieser  Versuche  an  Hunden  imd  Katzen,  statt  an 
Kaninchen,  deuthche  hypnotische  Effekte  erzielt,  welche  mit  gleichen  Dosen 
von  Natriumacetat  nicht  hervorzubringen  waren.  Hexachloräthan  CjCl^  macht 
bei  interner  Verabreichung  Schlaf  und  aktiven  Sauerstoff  abspaltende  Körper, 
wie  jodsaTires  Natron,  salpetrigsaures  Natron  und  Ozon,  haben  wie  Binz  schon 
gezeigt,  und  auch  Wasserstoffsuperoxyd,  wie  Bodländer  nachwies,  narko- 
tische Wirkungen.  L.  Hermann  aber  fand  entgegen  den  Angaben  Bod- 
länders,  daß  die  Trichloressigsäiu-e  keine  Spur  einer  .schlafmachenden  Wir- 
kung habe,  sondern  die  Wirkung  besteht  in  einer  Lähmung.  Bei  weniger  emp- 
findlichen Tieren  bringen  mäßige  Dosen  deuthche  Reizerschemungen  hervor, 
die  Großhimfunktionen  werden  durch  das  Gift  gar  nicht  oder  erst  unmittelbar 
vor  dem  Tode  affiziert,  von  Schlaf,  Hypnose  oder  dergleichen  konnte  L.  Herr- 
mann  absolut  nichts  konstatieren.  Auch  sterben  die  Tiere,  wemi  sie  lähmende 
Dosen  erhalten  haben,  fast  regelmäßig,  was  auch  gegen  eine  hypnotische  Wir- 

1)  J.  V.  Mering,  HS.  6,  480  (1881). 

2)  O.  Liebreich,  Brit.  med.   Jouni.    1873.   20.  ')  .T.  v.  Mering,  AePP.   :{,    1.S5. 
■')  AePP.  6,  310.          =)  Siehe  bei  J.  v.  Mering,  AePP.  3,   185. 


474  Schlafmittel  und  Inhalationsanaesthetica . 

kung  spricht.  Auch  Mering  behauptet,  mit  trichlorcrotonsaurem  Xatriuiii 
Iceine  hj^Dnotischen  Effekte  erzielt  zu  haben. 

Kast^)  zeigte,  daß  die  Theorie  von  Binz,  nach  welcher  bei  den  gechlorten 
Sclilaf mittein  eine  .starke  Chlorabspaltung  auftritt,  nicht  nur  für  Chloralhydrat, 
sondern  auch  für  Tetrachlorkohlenstoff  CC'lj  und  Dichloressigsäureäthylester 
OCUH  •  COO  ■  C'oHj  unrichtig  ist,  da  diese  Körper  beim  Einführen  in  den  Orga- 
nismus kein  Chlor  abspalten,  aber  hypnotisch  wirken.  Hingegen  spaltet  aber 
Trichloressigsäure  im  Organismus  Chlor  ab,  ohne  Schlaf  zu  machen. 

Wie  die  Wirkung  des  Chloralhydrates  im  Organismus  chemisch  zustande 
kommt,  wissen  ^v^r  Wohl  nicht,  wir  können  sie  aber  sicher  als  Kombination 
der  Wirkung  des  Chlorgehaltes  mit  einer  konkurrierenden  Wirkung  der  Aldehj'd- 
gnippe  auffassen.  Füi-  letzteren  Umstand  spricht  das  Verschwinden  der  schlaf- 
machenden Eigenschaften  mit  der  Oxydation  der  Aldehydgruppe  zur  Carboxjd- 
gruppe,  deren  Existenz  den  hypnotischen  Effekt  vernichtet,  während  der 
Übergang  der  Aldehydgruppe  in  eine  alkoholische  durch  Reduktion  zum 
Trichloräthylalkohol  CCI3  •  CHj  •  OH  eine  solche  Vernichtung  der  h\-pnotischen 
Wirkung  nicht  mit  sich  bringt,  da  dem  Trichloräthylalkohol,  ebenso  wie  dem 
Chloral,  die  Eigenschaft  zukommt.  Schlaf  zu  erzeugen. 

Bei  der  Anwendung  des  Chloralhydrates  stellen  sich  aber  gewisse  Übel- 
stände  ein.  Vor  allem  hat  Chloralhydrat  den  Nachteil,  daß  es  sich  nicht  wie 
Morphin  sul^cutan  injizieren  läßt.  Ferner  hat  es,  wie  alle  chlorhaltigen  Schlaf- 
mittel, schädliche  Nebenwirkungen  auf  das  Herz,  die  den  Schlafmitteln,  deren 
Wirkung  auf  Äthylgruppen  beruht,  nicht  zukommen.  Diese  Eigenschaften  des 
Chlorals  lassen  sich  wohl  nicht  vermeiden.  Aber  es  sind  Versuche  zahlreicher 
Art  gemacht  worden,  um  das  unangenehme  Brennen  im  Magen  nach  Einnahme 
von  Chloralhydrat  zu  beseitigen,  ebenso  wie  den  keineswegs  angenehmen  Ge- 
schmack dieses  Mittels. 

Festes  poljTiieres  Chloral^),  geschmatklos  iiiid  stark  narkoti'^ch,  erliält  man  lUircli 
Kintragen  von  wasserfreiem  Aluminiumclilorid  in  der  Kalte  in  Chloral  luid  Auswaschen 
des  Reaktionsproduktes  mit  Wasser,  oder  man  verwendet  als  Ausgangsmaterial  das  durch 
Eintragen  von  wasserfreiem  Eisenchlorid   in  Chloral  entstehende  Produkt. 

Ein  festes  Chloral  stellte  Simon  Gärtner  [Halle^)]  dar  aus  Chloralhydrat  oder 
Chloralalkoholat  durch  Einwirkvmg  konzentrierter  Schwefelsäure,  indem  er  die  Einwirkimg 
unterbricht,  sobald  das  in  Wasser  unlösliclie  feste  Chloral  entstanden  ist  und  durch 
Auswaschen  mit  verdümiter  Säiu'c  imd  Wasser  reinigt. 

Ein  in  Wasser  lösliches  Polychloral^),  Viferral  genannt,  verwandelt  sich  langsam  in 
Wasser  in  Chloralhydrat. 

Gärtner^)  stellt  dieses  her,  indem  er  Cliloral  mit  Aminen  behandelt  und  nacliher 
mit  verdünnten  Säuren  die  Amine  aviswäscht,  insbesondere  Trimethylamin  wirkt  ungemein 
polymerisierend.     Gärtner  benützt  Pyridin. 

Combes*)  erhielt  ein  Polychloral  durch  Erliitzen  von  Chloral  mit  Alu- 
miniumchlorid auf  60  oder  70°;  die  erhaltene  Flüssigkeit  siedet  bei  240°.  Beim 
Sieden  von  Chloral  mit  konzentrierter  Schwefelsäure  bildet  sich  em  festes  Meta- 
chloral.  Setzt  man  zu  Chloral  wasserfreies  Trimethylamin,  so  erhält  man  unter 
starker  Erhitzung  mehrere  feste  Polyclilorale,  die  mit  Alkohol  gewöhnliches 
Chloralalkoholat  geben"). 

Für  Sj-nthesen  von  Chloralderivaten  bot  die  sehr  reaktionsfähige  Aldehyd- 
gruppe einen  willkommenen  Anhalt spinikt. 

Die  Aldehydgruppe  des  Chlorals  ruft  anscheinend  den  Erregungszustand, 
Avelcher  sich  vor  dem  Eintritte  des  h\^)notischen  Effektes  zeigt,  hervor.    Die 


M  HS.  II,   280  (1887).         =)  Erdmann,  Halle,  DRP.   139392.         ^)  DRP.  170534. 
*)  Witthomer  und  Gärtner,  Therap.   Monatshefte  19,  H.  3.  =)  DRP.  165984. 

«)  Ann.  de  chim.  et  de  phys.  [G]  13,  267.       ')  Meyer  und  Delk,  Liebigs  Ann.  171,  76. 


Halogenlialtige  Schlafmittel.  475 

Festlegung  der  Aldehydgruppe  würde  daher  anscheinend  diese  erregende  Wir- 
kung vermeiden  lassen ;  aber  dieses  ist  keineswegs  der  Fall,  weil  alle  diese  Ver- 
bindungen mit  festgelegter  Aldehydgruppe  in  der  Weise  zur  Wirkung  gelangen, 
daß  die  Aldehydgruppe  regeneriert  wird,  d.  h.  daß  Chloral  aus  der  Verbindung 
wieder  frei  wird. 

Es  zeigte  sich  nämlich  die  sehr  merkwürdige  Erscheinung,  daß  nur  jene 
Verbindungen,  aus  denen  sich  leicht  Chloral  regeneriert,  den  gewünschten  hyp- 
notischen Effekt  noch  hervorrufen,  wahrend  stabilere  Verbindungen  oft  starke 
toxische  Effekte,  insbesondere  auf  das  Herz,  äußern  ohne  hypnotische  Eigen- 
schaften in  gleichem  Maße  wie  Chloral  zu  besitzen. 

OTT 

Chloralalkoholat  CGI,  •  CH<q   ^  ^   drang  in  die  Therapie  nicht  ein. 

Von  allen  diesen  Derivaten  des  Chlorals,  welches  ja  nur  wegen  seiner  großen 
Billigkeit  und  weil  es  als  erstes  künstliches  Hypnoticum  in  Verwendung  kam, 
noch  benützt  wird,  ohne  vor  den  Schlafmitteln  der  anderen  Gruppen  besondere 
Vorteile  zu  besitzen,  komite  keines  recht  zur  GJeltung  kommen,  da  ihnen  allen 
mehr  oder  weniger,  wenn  sie  schon  h'V'jDnotisch  wirken,  die  Nachteile  der  Grund- 
verbindung, insbesondere  die  schädliche  Einwirkung  auf  Herz  und  Respiration 
zukommt. 

Eine  Gruppe  dieser  Körper  besteht  aus  Verbindungen,  in  denen  versucht 
wurde,  die  Aldehydgrupjie  durch  einen  basischen  Rest  festziüegen. 

Nesbitt^)  verwendete  zu  diesem  Zwecke  Chloralammonium,  d.  i.  Trichlor- 
aminoäthylalkohol  CCI3  •  CH(NH2)  •  OH  dar,  in  der  Absicht,  die  Wirkung  des 
Chlorals  auf  Respiration  und  Herz  aufzuheben.  Man  stellt  es  dar  durch  Auf- 
lösen von  Chloral  in  trockenem  Chloroform  und  Einleiten  von  Ammoniakgas 
unter  Kühlung,  bis  eine  feste  weiße  Masse  ausfällt-). 

Ferner  wurde  dargestellt  Chloralimid,  welches  sehr  beständig  ist  und  den 
Vorteil'  der  Wasserunlöslichkeit  hat.  Man  erhitzt  Chloralhydrat  mit  Ammon- 
acetat  zum  Kochen  und  fällt  daim  mit  Wasser.  Es  entsteht  die  Cis-  und  die 
Transform.    Erstere  wird  als  Schlafmittel  verwendet 3). 


NH  — CH— NH 

I 
CCI3 

Mering«)  stellte  Chloralamid  CCI3  •  CH(OH)  •  NH  •  CHO  (Name  für 
Chloralformamid)  dar,  durch  Kondensation  von  Chloral  und  Formamid,  welches 
schwach  bitter  ist  und  hj'pnotisch  wirkt.  Es  wird  langsam  daraus  im  Organis- 
mus Chloral  abgespalten.  Unangenehme  Nebenerscheinungen,  wie  rausch- 
ähnliche Zustände  und  Temperaturherabsetzung  zeigen  sich  als  Nachteile  bei 
Verwendung  dieses  Körpers,  der  auch  schwächer  als  Chloralhydrat  wirkt. 

Chloralcyanhydrat  CCI3  •  CH(OH)  •  CN  hat  reine  Blausäurewirkung,  gegen 
die  der  hypnotische  Effekt  völlig  zurücktritt.  Die  Substanz  ist  schwer  zer- 
setzlich^). 

Chlorosoxim  ist  Chloralhydroxylamin  CClj- CH(OH) -NHOH,  das  bei  Zu- 
sammenreiben  von   molekularen   Mengen    Chloralhydrat,   Hydroxylaminchlor- 


1)  Therapeutic  Gazette   1888,   88. 

2)  Städeler,  Liebigs  Ann.   106.  253.  —  Robert  Schiff,  BB.   10,   167  (1877). 

3)  A.  Pinner  und  Fr.  Fuchs,  BB.  10,  lOGS  (1877).     B^hal  und  Choay,   Ann.  de 
chim.  et  de  phys.  [6]  S6,   7. 

*)  Therap.   Monatshefte   1889,  565.   —  Schering,  Berlin,  DRP.   50  586. 
^)  BB.  5,   151  (1872);  Liebigs  Ann.   179,   77. 


476  Schlafmittel  imd  Inhalationsanaesthetica. 

hydrat  und  Soda  entsteht.  Beim  Stehen  an  der  Luft  bildet  sich  Trichloraldoxim. 
Chlorosoxim  wurde  als  Schlafmittel  empfohlen  i). 

Die  Kondensationsprodukte  von  Chloral  mit  Aldoximen,  Ketoximen  und 
Chinonoximen  ^)  haben  keine  Verwendung  gefunden.  Sie  sind  alle  in  Wasser 
schwer  löslich.    Ihre  Bildung  geschieht  nach  der  allgemeinen  Gleichung: 

O  •  N    X 
X  =  NOH  +  CCI5  •  COH  =  CCIj^OH 

H 

Man  läßt  iii  Petroläther  gelöstes  Acetoxim  mit  Chloral  reagieren  mid  erhält  Chloral- 

acetoxim    (CHjjoC  =N  •  O  •  C^OH  .      Analog    erhält  man    Chloralcampheroxim    CnjHj. 

H    ■                           CCI3  H 

=  N-0-c(OH,     ferner     Chlorahiitroso-/?-naphthol  Ci„Hg  — N  •  O  •  C^CH  ,     Chloral- 

CCI3  \/                   CCI3 

H  O                                       H 
acetaldoxim   CH,  •  CH  =  N  •  O  •  C^OH  ,  Chloralbenzaldoxim  CjHä  •  CH  =  N  •  O  •  C^OH  . 

CCI3  CCI3 

Es  \vurden  zweierlei  Verbindungen  von  Chloral  mit  Hexamethylentetramin 
(CH2)gN4  dargestellt. 

'l)  Monochloral-Hexamethylentetramin  CgHijNj  •  CCI3  •  CHO  +  2  HgO. 

Es  wird  gewonnen  durch  Vermischen  konzentrierter  Lösungen  beider  Substanzen, 
wobei  die  neue  Substanz  aaslcrystallisiert'). 

2)  Ferner  Hexamethylentetramintrichloral  C1.H12X4  •  3  CCI3  •  CHO  .  Die 
Substanz  ist  geschmacklos. 

Man  stellt  sie  dar  durch  Mischen  von  7  Teilen  der  in  Chloroform  gelösten  Base  mit 
25  Teilen  einer  chloroformigen  Chloralliydratlösmig''). 

Es  wxu'de  weiterhin  die  Festlegung  der  Aldehydgruppe  durch  verschiedene 
Kondensationen  mit  Zucker  versucht. 

Henriot  und  C.  Richet^)  suchten  Verbindungen  in  die  Therapie  einzu- 
führen, welche  erst  durch  eine  Spaltung  im  Organismus  die  ■«•irksame  Kompo- 
nente, das  Chloral,  zu  bilden  vermögen.  Sie  experimentierten  zuerst  mit  Clüora- 
liden,  besonders  mit  dem  Milchsäurechlorahd.  Letzteres  besitzt  aber  keine 
hypnotische  Wirkimg,  ruft  hingegen  schwere  Störungen,  epileptiforme  Anfälle 
mit  intensiver  Bronchialsekretion  und  Asphyxie  hervor. 

A.  Heffter^)  kondensierte  Glucose  mit  wasserfreiem  Chloral  und  erhielt 
so  imter  AVasserabspaltung  Chloralose,  d.  i.  Anhydroglykochloral  CgHjjCljOg, 
welche  tiefen  Schlaf  erzeugen  konnte. 

Viele  französische  und  itahenische  Autoren  berichteten  aber  über  vorüber- 
gehende Vergiftungserscheinungen,  motorische  Störungen  sowie  Störungen  der 
Psyche  und  Respiration')  und  starke  Schweißausbrüche  bei  Anwendung  der 
Chloralose,  während  andere  Autoreii  sie  sehr  rühmten. 

Die  Ursache  dieser  differenten  Anschauungen  liegt  darin,  daß  bei  der 
Reaktion  zwischen  dem  wasserfreien  Chloral  und  dem  Traubenzucker  sich  neben 
der  Chloralose  eine  zweite  Substanz,  die  Parachloralose ^)  bildet,  welche  ini- 
löslich  ist  und  der  keine  hypnotischen  Effekte  zukommen.   Sie  entsteht  nur  zu 

M  Hantzsch,  BB.  25,  702  (1872).  Bischoff,  BB.  7,  031  (1874).  Otto  Diols 
und  Carl  Selb,  BB.  42,  4065  (1909).  ^)  DRP.  66  877.  ^)  DRP.  87  933. 

*)  DBP.'Anm.  L.   10  631  (zm-ückgezogen).  ^)  C.  r.   116,  63. 

«)  BB.  22,   1050  (1889).  —  Berl.  klin.  Wochensclir.   1893,  Nr.  20,  S.  175. 

')  Hedon  und  Flig,  C.   r.  s.   b.   55,  41;  9.1.  1903. 

*)  C.  r.  1893,  4,  I.  —  Mosso,  Acad.  med.  di  Genova,  20.  III.  1893.  und  Mosso, 
Cloralosio  e  Paracloralosio,  Genova   1894. 


Halogenhaltige  Schlafmittel.  477 

3%  Ausbeute  bei  der  Reaktion.  Hingegen  wirkt  diese  Substanz  nach  Mosso 
toxisch,  indem  sie  Erbrechen,  Temperaturerhöhung,  welche  von  Temperatur- 
abfall gefolgt  ist,  verursacht.  Denn  nur  diejenigen  Chloralverbindungcn 
wirken  hjrpnotisch,  aus  denen  der  Organismus  das  wirksame  Chloral  abzu- 
spalten vermag,  die  anderen  wirken  infolge  des  Chlorgehaltes  giftig,  aber 
nicht  lh_vpnotiscli. 

Chloralose  wirkt  narkotisch.  Der  sogenannten  Parachloralose  fehlt  diese 
Wirkung  vollständig ;  Chloralose  erniedrigt  die  Oberflächenspannung  des  Wassers 
ziemlich  stark,  Parachloralose  nicht.  Auch  hier  besteht  ein  Zusammenhang 
zwischen  physiologischer  Wirksamkeit  und  oberflächenspannungsemiedrigender 
Wirkung  der  Substanzen.  Phenanthren  wirlct  narkotisch,  Anthracen  nicht. 
Die  gesättigte  wässerige  Lösung  des  Phenanthrens  verursacht  eine  Oberflächen- 
spanuungscrniedrigung  des  Wassers,  Anthracen  nicht  ^).  Die  Narkotica  erhöhen 
die  Oberflächenspannung  von  Lecithin  lösungen. 

Es  wurden  noch  dargestellt:  Laevulochloral,  Galaktochloral. 

Statt  des  Traubenzuckers  verwendeten  Henriot  und  Riebet^)  Pen- 
tosen. Arabinose  geht,  wie  der  Traubenzucker  zwei  Verbindungen  mit  dem 
Chloral  ein,  eine  leicht  lösUche,  Arabinochloralose,  und  eine  schwer  lösliche 
Pararabinochloralose.  Die  Wirkimg  der  Arabinochloralose  ist  schwächer  als 
die  der  Glykochloralose.  Bei  der  Arabinochloralose  tritt  nicht  wie  bei  der 
(Jlykochloralose  ein  Stadium  gesteigerter  Erregbarkeit  auf,  welches  dagegen 
die  Xyloseverbindung  hervorzurufen  scheint. 

Die  letale  Dosis  der  Arabinochloralose  ist  doppelt  so  groß  wie  die  der  GI3'- 
kochloralose,  aber  auch  die  hypnotische  Dosis  ist  viel  höher.  Arabinochloralose 
soll  Schlaf  ohne  Reizungsperiode  machen. 

Der  Unterschied  in  der  Wirkung  zwischen  der  Pentose-  imd  Hexose- 
chloralose  ^\•ir(l  sich  ebenfalls  am  einfachsten  durch  die  größere  oder  ge- 
ringere Stabilität  und  Spaltbarkeit  der  Verbindungen  im  Organismus  er- 
klären lassen. 

Eine  weitere  Gruppe  von  Schlafmitteln,  die  Chloralderivate  sind,  wmxle 
durch  Kombination  des  Chlorals  mit  hypnotisch  oder  analgetisch  wirkenden 
Körpern  geschaffen.  Auch  aus  dieser  Gruppe  konnte  kein  Körper  mit  wert- 
vollen neuen  Eigenschaften  oder  Effekten  gefunden  werden.  Alle  fühi'ten 
nur  ein  ephemeres  Dasein.  Die  Betrachtung  der  Verbindungen  dieser  Gruppe 
zeigt  nur  wiederholt,  wie  aussichtslos  es  ist,  durch  Kombination  von  zwei 
Körpern  ähnhcher  Wirkung  wesentlich  bessere  Effekte  zu  erzielen.  Gewöhn- 
lich leisten  solche  Substanzen  kaum  mehr  als  eine  Mischung  der  beiden  Aus- 
gangsprodukte. 

Königs^)  kondensierte  Chloral  mit  dem  ebenfalls  hypnotisch  wirkenden 
^Vceton  zu  Chloralaceton  CCI3  •  CH(OH)  ■  CHj  •  CO  •  CH3  .  Diese  Substanz 
wirkt  nur  schwach  narkotisch  und  geht  im  Organismus  in  TrichloräthyUden- 
aceton  CCI3  ■  CH  :  CH  •  CO  •  CH3  über«). 

Ein  Kondensationsprodukt  des  Chlorals  mit  dem  an  und  für  sich  schon 
hypnotisch  wirkenden  Amylenhydrat  ist  das  Dimethyläthylcarbinolchloral 
(Dormiol).  Es  ist  flüssig  und  von  brennendem  Geschmack,  in  Wasser  löshch. 
Es  ist  weniger  giftig  als  Chlor alhydrat,  und  zwar  vertragen  die  Versuchstiere 
um  24%  Chloral  mehr  in  dieser  Form.  Es  steht  dem  Chloral  in  der  Art  und 
Weise  der  Wirkung  sehr  nahe^). 

1)  L.  Berezeller,  BZ.  66,  206  (1914).  =)  Sem.  med.   1894,  Nr.  70. 

ä)  BB.  25.  794  (1892).  *)  AePP.  33,  370. 

')  Fuchs  und  Koch,  Müneh.  med.  Wochenschr.   1898,'^Nr.  37. 


478  Schlafmittel  und  Inhalationsanaesthetica. 

Die  Darstellung  erfolgt  durch  Versetzen  von  Amylenhydrat  mit  etwas  mehr  als  der 
berechneten  Menge  Chloral.  Die  Temperatur  soll  70°  nicht  übersteigen.  Das  Produkt 
wird  mit  Wasser  gewaschen  luid  getrocknet. 

CCI3  CjHj  CCI3 

I     H  I  l/H     C,H5 

C<     +       C-OH  =  C^OH  I 
^O         /\  ^O— C       ') 

CH3  CH3  /\ 

CXI3  CI13 

Man  kann  auch  zu  diesem  Zwecke  Amylen  und  Chloral  mit  Chlor-  oder  Bromwasser- 
stoff kondensieren^). 

Voswinkel,  Berlin^),  stellt  eine  Verbindung  aus  DimethyläthykarbinoUiydrat 
luid  Chloralhydrat  im  Wasser  her  durch  Mischung  äquimolekvüarer  Mengen.  Derselbe^) 
vermischt  Amylenhydrat  mit  2  Mol.  Chloral  und  will  auf  diese  Weise  Trimethyläthylen- 
chloral  erhalten. 

PCI 

Choralacetonchloroform  (CH3)2C<q  .  ä^^.Qjj,  ^^^1  erhält  man  durch  Er- 
wärmen von  Chloral  oder  Chloralhydrat  mit  Acetonchloroform  in  molekularen 
Mengen.    Es  wirkt  hyjjnotisch  inid  lokalanästhe-sierend^). 

Monochloralharnstoff  und  Dicliloralharnstoff*)  sind  keine  Schlafmittel. 

Chloralbromalharnstoff)  erhält  man  diu-ch  Zusammenreiben  der  drei  Be- 
standteile, evtl.  unter  Zusatz  von  konzentrierter  Salzsäure  oder  Schwefelsäure. 

Wenn  man  Chloral  CCI3  ■  CHO  und  Urethan  NH„  •  COO  •  CjHj  kondensiert,  kann 
man  zu  zwei  verschiedenen  Verbindungen  gelangen,  je  nachdem,  ob  man  Alkohol  mit- 
reagieren läßt  oder  nicht.  Das  sogenannte  Chloraliu'etlian  entsteht  bei  der  Einwirkung 
von  starker  Salzsäure  auf  Chloral  und  Urethan  bei  gewöhnlicher  Temperatiu-. 

Chloralurethan   sollte   die   hypnotischen    Effekte   des   Äthylurethans   mit 

denen  des  Chlorals  verbinden. 

OH 
CCI3  ■  C^H 

^NH  ■  COO  •  C2H5 

Es\  besitzt  dem  Äthylurethan  ähnliche,  wenn  auch  weniger  verläßliche 
h_\imotische  Wirkungen*).  In  Tierversuchen  konnten  Mairet  und  Com  be- 
male zeigen,  daß  bei  Verwendung  von  Chloralurethan  der  hypnotische  Effekt 
vor  dem  toxischen  zurücktritt,  auch  ist  der  durch  das  Präparat  hervorgerufene 
Sclilaf  konstant  mit  einer  Lähmung  des  Hinterteiles  verbunden.  Größere  Dosen 
erzeugen  statt  des  Schlafes  Respirationsstörung,  Diarrhöe,  reichliche  Diurese, 
Salivation  und  Hautjucken.  Die  Substanz  scheint  mit  dem  Schlafmittel  Uralium 
von  Popi^)  identisch  zu  sein. 

Anhydrochloralurethan  CCI3  •  CH  :  N  •  COO  •  C2H5  ist  völlig  wirkungslos 
und  verläßt  den  Organismus  größtenteils  unverändert. 

Unter  dem  Namen  Somnal  wurde  ein  äthyliertes  Chloralxu-ethan  empfohlen, 
welches  entsteht,  wemi  man  gleiche  Teile  Urethan,  Cliloralhydrat  und  Alkohol 
bei  100°  im  Vakuum  aufeinander  einwirken  läßt.  Die  empirische  Formel 
C7HJ2CI3O3  dieser  Substanz  miterscheidet  sich  daher  von  Chloralurethan  durch 

OP  TT 

den  Mehrgehalt  von  C^H^.    Ihre  Formel  zu  CCI3  •  (^^<^.qoo  .  c  H  •   ^^^  ^^°' 
dukt  ist  wasserlöshch^"). 


M  Rhenania,  Aachen,  DRP.   99  469. 

=)  Kalle,  Biebrich,  DRP.    115  251,    115  252,  Zusätze  zu  DRP.   99  469. 
3)  Kalle,  Biebrich,  DRP.-Anm.  V.  6090  (ziu-ückgezogen).      ')  DRP.-Anm.  V.  6187. 
^)  Hoffmann-LaRoche,  Basel,  DRP.  151188.   Dtsch.  med.  Wochenschr.  I8n,  36. 
«)  O.  Jacobsen,  Liebigs  Aim.    157,   246.  ')  Kalle,  Biebrich,  DRP.  128462. 

»)  Dtsch.  med.  Wochenschr.    1886,   236  und  Montpellier  mM.    1886,    149. 
'•*)  Riforma  medica  1888,  Nr.  81.  —  Ann.  di  chim.  e  farm.  1889,  Sett.  145. 
1")  S.  Radlauer,  versagte  DRP.-Anm.  R.  5303,  Kl.  12,   17.  IV.  1888. 


Halogenhaltige  Schlafmittel.  479 

Trichlorpseudobutylalkoholcarbaminsäureester  macht  sehr  rasch  Schlaf  und 
Analgesie,  wirkt  aber  selu'  schlecht  auf  den  Atemniechanismus.  Von  bromierten 
Alkoholen  abgeleitete  Derivate  wirken  sogar  ki-ampf erregend. 

(X-Ä-Dichlorisopropvlalkoholcarbaminsäureester  (Ester  des  zweifach  ge- 
CHJ  •  Cl 

chlorten  Glycerins)   CH  •  O  •  CO  ■  NH.,  soll  selrr  gut  wirken.    Dieser  Körper  wird 
Aleudrin  genannt.    CH„  •  Cl 

Im  Harne  treten  nach  seiner  Aufnahme  gepaarte  Glykuronsäuren  auf^). 

Man  erhält  den  Carbaminsäureester  des  cv-Dichloihydrins,  wenn  man  a-Dichlor- 
hydrm  unter  Kühlung  mit  Carbaminsäurechlorid  behandelt.  Das  Produkt  ist  dreimal 
so  stark  narkotisch  wirksam  wie  der  Dichlorisopropylcarbaminsäureester  von  Otto-). 

Carbaminsäureester  von  Korpern,  die  sich  von  Trithloräthylalkohol  durch  Ersatz 
eines  am  C-Atom  befindlichen  Wasserstoffatoms  diu-ch  Halogene  oder  Alkyle  ableiten, 
werden  dargestellt  durch  Überfülirung  der  betreffenden  substituierten  Trichloräthyl- 
alkohole  nach  den  üblichen  Methoden  in  ihre  substituierten  Carbaminsäureester  oder  durch 
Behandlung  von  Chloral  mit  Carbaminsäurechlorid^). 

Die  erhaltenen  Körper  sind  im  Gegensatz  zu  den  flüchtigen,  stark  riechenden  und 
.schmeckenden  Ausgangsmateriahen  fast  geschmacklos  und  nicht  flüchtig.  Sie  zersetzen 
sich  erst  im  Organismus  imd  bringen  dabei  ihre  hypnotische  Wirkmig  hervor.  Man 
erhält  beispielsweise  aus  Triclilorisopropylalkohol  mit  Carbaminsäurechlorid  den  Alio- 
phansäureester  des  «-Methyl-p'-trichloräthylalkohols,  aus  Chloral  mit  Carbaminsäure- 
chlorid den  AUophansäureester  des  Tetrachloräthylalkohols,  aus  Trichlorispropylalkohol 
mit  p-.4thoxyphenylisocyanat  den  p-Athoxyphenylcarbaminsäureester  des  Trichloriso- 
propylalkohols. 

Literessant  sind  die  Tappeinerschen*)  Untersuchungen  über  die 
Kondensationen  des  Chlorais  mit  Schlafmitteln  der  aromatischen  Reihe. 
So  hat  Chloralacetophenon ,  eine  Kombination  des  Chlorals  mit  Acetophenon 
(Hypnon)  CQj  •  CH(OH)  •  CH,  •  CO  •  CgHä  nicht  die  geringste  narkotische 
Wirkung.  Es  entsteht  daraus  im  Organismus  Trichloräthyhden-acetophenon 
CCI3  •  CH  :  CH  •  CO  •  CgHg  unter  Wasseraustritt.  Einen  solchen  Vorgang  hat 
nur  noch  Jaff  e  beobachtet,  welcher  nach  Verfütterung  von  Furfurol  Furfur- 
akrylsäure  C4H3O  •  CH  :  CH  •  COOH  im  Harne  auftreten  sah.  Furfurol  tritt 
hierbei  mit  Essigsäure  miter  Bildung  einer  ungesättigten  Bindung  zusam- 
men (s.  S.  194). 

Trichloräthylidenacetophenon,  sowie  seine  Muttersubstanz,  das  Chloral- 
acetophenon, machen  heftige  Entzündungen  mid  starke  Blutungen.  Hingegen 
ist  bei  Hmiden  die  Schlaf^virkmig  des  Kondensationsproduktes  im  Vergleiche 
zum  Chloral  äußerst  schwach. 

Im  Gegensatze  hierzu  wirkt  nach  der  Angabe  von  Jensen^)  ein  Chloral- 
acetophenonoxim  der  folgenden  Konstitution 

i 
C  =  NO  ■  CH  ■  (0H)CCl3 

I 
CH3 

als  Sclilafmittcl  schon  in  kleineren  Dosen  als  Cliloral,  zugleich  hat  es  noch  eine 
curareähnhche  Einwirkung  auf  die  motorischen  Nervenendigmigen. 

Die  Darstellung  dieser  Substanz  geschieht  auf  die  Weise,  daß  man  wasserfreies 
Cliloral  und  Acetophenonoxim  in  molekularen  Mengen  in  Benzol  oder  Petroläther  zu- 
sammenbringt, es  krystallisiert  dann  bei  gewöhnlicher  Temperatur  der  gewünschte  Körper. 

1)  Tli.  A.  Maaß,  BZ.  43,  C5  (1912). 

-)  Beckmann,  DRP.  271  737.  —  Journ.  f.  prakt.  Chemie  [2]  44,  20  (1891). 

^)  Ver.  Chininfabriken  Zimmer  &  Co.,  Frankfurt  a.  M.,  DRP.  225  712. 

*)  .AePP.  33,  364.  '■)  DRP.  87  932. 


480  Schlafmittel  und  Inhalationsanaesthetica. 

Hingegen  scheint  Chloralacetophenonoxim  der  Konstitution 

I 
C  =  NOH 

I 
CHj    CH(OH)  ■  CCI3 

sich  ähnlich  wie  Chloralacetophenon  selbst  zu  verhalten,  uämUch  giftig,  aber 
nicht  h3rpnotisch  zu  wirken. 

Es  lassen  sich  folgende  allgemeine  Regeln  für  die  Kondensationsprodukte 
des  Chlorals  aufstellen. 

Die  Kondensationsprodukte  der  aromatischen  Reihe  haben  keine  oder  niu- 
sehr  schwache  hypnotische  Wirkungen.  Die  Koudensationsprodukte  der  ali- 
phatischen Reihe  haben  erheblich  stärkere  Wirkimgen,  welche  sich  aber 
sofort  über  das  ganze  Zentralnervensystem  ausbreiten  und  schon  bei  imvoU- 
.ständiger  Lähnumg  des  Großhirns  das  Atmungs-  und  Gefäßzentrum  stark 
beeinflussen. 

Kondensiert  man  Chloral  mit  Antipyrin,  so  entstehen  verschiedene  Körper. 
Dehydromonochloralantipvrin  ist  ganz  imwirksam.  Hingegen  ist  Monochloral- 
antipyrini)  wirksam  und  der  Schlaf,  den  dieser  Körper  erzeugt,  hängt  nicht 
allein  von  dem  Chloralgehalt  ab,  da  gleiche  Dosen  von  Hjrpnal^),  wie  diese 
Substanz  benannt  wird,  und  Chloralhydrat  fast  gleich  starke  hypnotische  Wir- 
kimgen /eigen 3).  Der  Körper  entsteht  durch  Mischen  starker  Lösungen  von 
Antipyrin  und  Chloral.  Er  ist  geruchlos,  nicht  reizend  mid  geschmacklos,  in 
kleinen  Dosen  analgetisch  wirkend*).  Gley  komite  zeigen,  daß  Mono-  und 
Bichloralantipyrin  genau  dieselbe  physiologische  und  toxische  Wirkung  zeigen 
wie  Chloral,  und  doch  steht  die  toxische  Dosis  dieser  beiden  Substanzen 
nicht  im  Verhältnis  zu  der  Menge  Chloral,  die  sie  enthalten.  Die  tödliche 
Dosis  für  beide  beträgt  ungefähr  1  g  pro  kg  Tier,  was  für  ersteres  0.47  g 
Luid  für  letzteres  0.66  g  Chloral  entspricht.  Die  toxische  Dosis  des  C'lilorals 
an  sieh  muß  mindestens  zu  0.70 — 0.75g  pro  kg  geschätzt  werden.  Die  Giftig- 
keit des  Chlorals  wird  also  durch  die  Grcgenwart  \'on  Antipyrin  bedeutend 
erhöht  ^). 

Die  wässerige  Lösung  ist  vollständig  in  die  beiden  Bestandteile  gespalten. 
Durch  Zusammenreiben  von  2  Mol.  Chloralhydrat  und  1  Mol.  Antipyrin  erhält 
jnan  Bichloralantipyrin  CnHi^NaO  •  2  CCI3  •  CH(OH)./). 

Tolylhjpnal  erhält  man  in  gleicher  Weise  aus  Tolypyrüi  und  Cliloral. 

Chinoral  wurde  eüi  öhges  Additionsprodukt  von  Chinin  und  Cliloral 
genannt.  Es  schmeckt  bitter  und  soll  hohe  antiseptische  Eigenschaft 
liaben'). 

Es  Avurde  auch  eine  feste  Verbindung  von  Chloral  mit  Chinin  beschrieben, 
ilie  amorph  ist  luid  schon  durch  verdünnte  Säuren  zerlegt  wird*). 

In  iilmlicher  Absicht,  die  unangenehmen  Nebenwirkimgen  des  Chloral- 
hydi'ats  auf  das  Nervensystem  durch  Einführung  einer  das  Nervensystem  be- 
ruhigenden und  antipyretischen  Substanz  in  die  Verbindung  zu  paralysieren, 
^v^rde    p  -  Acetammophenoxyacetamidchloral    dargestellt,    und    zwar    durch 

1)  Herz,  Diss.  Berlin  (1893).        -)  Therap.   Monatshefte   1890,  243,   296;   ISO.?,   131. 
ä)  Baiclet,    Nouv.  remed.    1890,   135.  *)  Berl.  klin.   Wochenschi-.    1893,    104. 

*)  Belial  und  Choay,  Ann.  de  chim.  et  de  phys.  [6]  äT,  330;  Joiirn.  de  pharm,  ot 
de  chim.  [.'S]  31,  539  (1890).  —  Walther  Krey.  Diss.  Jena  1892.    S.  33. 
•)  Belial  und  Choay,  Ann.  de  chim.  et  de  phys.  f6],  »T,  337. 
')  Phiiim.  Contralhalle  38,  801   (1897).  ')  Mazzaia,  Gaz.   chim.   ital.  13,  270. 


Halogenhaltige  Sclilafinittol.  481 

Mischen  von  p-Acetamiriophenoxylacetamid  mit  Chloral  i).  Die  Substanz  wirkt 
iiichl    nennenswert  cntfiebernd. 

p-Acotaminophonoxyacetaniidcliloral 
p-Aee(amino-  CCI, 

phenoxylacetamid  „/OH 

CH„  •  CO  ■  NH.,  CH,  •  L'Ü  •  N<'  '\ll 


O  O 


^H 


0 

+  CC1,  =  Q 

{■HO 

HN  :  CO 

1IN:{'0 

CH, 

CH 

Im  Coffeiiichloral,  einem  Additionsprodukte  des  Chlorais  und  Coffeins, 
tritt  die  Coffeiuwirkung  anscheinend  ganz  zurück  gegenüber  der  des  Chlorais, 
wie  überhaupt  mit  Ausnahme  der  Blausäiireverbindung  bei  allen  ähnlich  zu- 
sammengesetzten Chloralverbindungen  fast  ausschbeßlich  die  Chloralwirkung 
zur  Geltung  gelangt. 

Man  erhält  Coffein-Chloral,  welches  leicht  in  Wasser  löslich  ist,  wenn  man  in  eine 
«arme  Lösung  von  300  Teilen  Cliloralhydrat  in  300  Teilen  Wasser  380  Teile  Coffein  ein- 
trägt. Ks  krystallisiert  beim  Erkalten  die  Verbindung  CsHjjNiOj  +  Bfi  +  CCI3  •  CH(OH)o 
ans-). 

Die  Absicht,  welche  den  Darsteller  geleitet  hat,  mag  gewesen  sein,  durch 
Einführung  des  Herztonicums  Coffein  in  das  Chloral  die  heizschwächende  Wir- 
kung des  letzteren  zu  unterdrücken  oder  Coffein  in  eine  leicht  losliche  Ver- 
l)indung  zu  verwanileln. 

p  -  Aniino- m-oxybenzoesä>ireester  mid  m-Amino-p-oxybenzoesäureester, 
welche,  wie  erwähnt,  unter  dem  Namen  ,,Orthoform"  und  .,Orthoform  neu" 
als  lokal-anästhesierend  wirkende  Antiseptica  empfohlen  werden,  gehen  mit 
Chloral  Verbindungen  erhöhter  hjijnotischcr  \A'irkung  ein,  die  den  Vorzug  haben, 
geschmacklos  zu  sein. 

C'hlornl-Orthoform  und  Cliloral-Orthoform  neu^)  haben  hypnotische  Eigenschaften 
und  sind  geschmacklos.  Man  erhält  sie  durch  bloßes  Zusammenschmelzen  der  Komponenten 
oder  durch  Zu.sammenreiben  molekidarer  Mengen  Ester  mit  Chloral.  Hierliiei  werden  1 
bzw.  2  Mol.  Wasser  abgespalten. 

Beide  Verbindungen  sind  in  Wasser  sehr  schwer  löslich  luul  lassen  sich  aus 
Lösungsmitteln  nicht  umki'ystallisieren.  Beim  Erwärmen  mit  verdünnten 
Mineralsäiu-en  entwickelt  sich  Chloral. 

Cliloral  inid  Butylchloral  vereinigen  sich  mit  Isovaleramid  zu  Verbindungen,  die, 
ohne  üble  Neben«  irkimgen  zu  zeigen,  bemerkenswerte  sedative  Wirkiuig  haben.  Man 
erwärmt  die  beiden  Komponenten  und  erhält  Chloralisovaleramid  und  ßutylchloriso- 
valeramid*). 

Acetonchloroformacetylsalicylsäiu'eester  erhält  man  durch  Emwiikung  des  ent- 
sprechenden Säurcclüorids  auf  Acetonchloroform  in  Oegenwart  tertiärer  Basen,  z.  B. 
Chinolin-'). 

Die  Verbindung  .soll  antirhenmati.sch  und  schmerzstillend  wirken. 
Man  kann  statt  der  tertiären  Basen  andere  salzsäui-ebindende  Mittel,  wie  z.  B.  Calcium- 
carbonat, verwenden"). 


>)  DRP.   96  493.   —  Münch.   med.   Wochenschr.    180K.    1173. 

-)  Schering,  Berlüi,  DRP.   75847.  ^)   KaUe   &  Co.,  Biebrich  DRP.   11221(1. 

»)  Liebrecht,  DRP.   282  267.  ^)  Wolf fenstein,  DRP.   245  533. 

«)  DRP.  240  383,  Zusatz  zu  DRP.  245  533. 

FräriliL'l,   Arznoinüttel-Syntliesc.     5.  .\ufl.  31 


482  Sclilafmittel  imd  Inlialationsauaesthetica. 

Durch  Behandlung  von  Salicylsäurepolyhalogenalkylestern  mit  acetyherenden  Mittehi 
erhält  man  Halogenalkylester  der  Acetylsalicylsäure,  z.  B.  Acotylsalicylsäuretrichlortertiär- 
butylester,  Acetylsalicylsäuretrichlorisopropylester ,  Acetylsalicylsäure tribromtertiärbutyl- 
ester'). 

Es  werden  die  Salicylsäurehalogenalkylester  anstatt  mit  Essigsäui'e  mit  anderen 
aliphatischen  oder  aromatischen  Carbonsäuren  verestert,  z.  B.  Propionylsalicylsäureaceton- 
chlorof ormester,   Valery Isalicylsäureacetonehloroformester  ^). 

Man  kann  an  Stelle  des  Acetonchloroforms  andere  halogensubstituierte  Alkohole  auf 
Acetylsalicylsäurechlorid  in  Gegenwart  von  tertiären  Basen  oder  anderen  salzsäurebindendeii 
Mitteln  einwirken  lassen,  z.  B.  Trichlorisopropylalkohol.  Weiter  sind  beschrieben  Acetyl- 
salicylsäureacetonbromoformester,  Acetylsalicylsäuredichlorisobutyloster^). 

Wolffenstein*)  läßt  Salicylsäure  nach  den  üblichen  Methoden  mit  polyhalogen- 
lialtigen  Alkoholen  verestern.  Dargestellt  wurden  Salicylsäureacetoncldoroformester  ans 
Salieylsäurechlorid  und  Acetonehloroform,  Trichlorisopropylsalicylsäiu-eester  aus  Salicyl- 
säiu-e,  Trichlorisopropylalkohol  und  Zinkchlorid,  Salicylsäureacetonbroraoformester  aus 
Acetonbromoform,  Salicylsäure  und  Zinkchlorid.  Die  Verbindungen  wirken  lokal  an- 
ästhesierend vmd  haben  eine  allgemein  analgesierende  Wirkvmg. 

An  Stelle  der  Salicylsäure  kann  man  auch  andere  Phenolcarbonsäuren  mit  den  poly- 
halogenhaltigen  Alkoholen  verestern.  Beschrieben  sind:  p-KresotinsäureacetoncMorof orm- 
ester, Vanillinsäureacetonchloroformester  vmd  ü-Oxynaphthoe.säuietrichlortertiär-butyl- 
ester*). 

Perrheiimal  ist  Salicylsäure-  oder  Acetylsalicylsäiireester  des  tertiären  Tri- 
ehlorbutylalkohol.s. 

Die  Ester  des  Trichlorbutylalkohols  werden  im  Organismus  im  allgemeinen 
nicht  gespalten,  sondern  haben  eine  besondere  und  zum  Teile  von  der  der  Kom- 
ponenten gänzlich  abweichende  und  imerwartete  Wirkung,  bald  unverhält- 
nismäßig abgeschwächt,  bald  in  ganz  anderer  Richtung,  z.  B.  krampfauslösend 
wirkend.  Die  Giftigkeit  steigt  bei  Verwendung  aufsteigender  homologer  Säuren ; 
so  erhöht  sich  die  Giftigkeit  vom  Essigester  des  Trichlorbutylalkohols  zum 
Propionsäiu-eester  und  erreicht  ihren  Höhepunkt  beim  Isovaleriansäureester. 
Der  Essigsäm-eester  ist  giftiger  als  der  zugrimde  hegende  Alkohol,  hat  aber  eine 
geringere  narkotische  Wirkung;  noch  deutlicher  sieht  man  dieses  Zurücktreten 
der  narkotischen  Wirkung  und  gleichzeitiges  Ansteigen  der  Giftigkeit  beim  Pro- 
pionsäureester  luid  weiterhin  beim  Isovaleriansäm'eester,  welcher  nicht  raehi' 
narkotisch  wirkt,  sondern  ein  KramjDfgift  ist.  Ebenso  verhalten  sich  substi- 
tuierte Isovaleriansäureester,  wie  Bromisovaleriansäureester  und  Diäthylami- 
noisovaleriansämeester.  Die  halogensubstituierten  Essigsäureester,  wie  der 
Monochlor-  und  Trichloressigsäureester  erweisen  sich  im  Verhältnisse  zum 
Essigsäui'eester  als  weniger  wirksam,  sowohl  was  die  narkotische  Wirkiuig  als 
auch  die  Giftigkeit  betrifft.  Der  Brenztraubensäureester  des  Trichlorbutyl- 
alkohols ist  ein  starkes  Gift  ohne  Schlaf ^\'irkung.  Der  Allophanester  wirkt  gar 
nicht  hypnotisch,  sondern  hat  eine  Krampfgiftwirkung,  während  im  allgemeiner, 
die  AOophanester  anderer,  weniger  stark  schlafmachender  Alkohole  als  jihar- 
makologische  Basis  eine  stärkere  schlafmachende  Wirkung  haben. 

Dimethylaminoessigsäure-  luid  Diäthylaminoessigsäureester  des  TricUor- 
l)utylalkohols  sind  beide  schlafmachend,  der  Dimethylaminoessigsäureester 
etwas  schwächer.  Diäthylamino-isovaleriansäure-trichloibutylester  ist  hin- 
wiederum ein  Ki-ampfgift. 

Piperidylessigsäui'e-trichlorbutylester  wirkt  krampfartig,  ohne  narkotisch 
zu  wirken.  Die  Ester  der  Malonsäure  mid  der  substituierten  Malonsäureii 
wh'kea  gar  nicht  giftig  und  auch  nicht  narkotisch.  Hingegen  machen  sie  eine 
Herabsetzung  der  sensiblen  Erregbarkeit. 

»)  DRP.  276  809,  Zusatz  zu  DRP.  245  533.     ^)  DRP.  276  810,  Zusatz  zu  DRP.  245  533. 
")  Wolffenstein,  DRP.   258  888,  Zusatz  zu  DRP.   245  533.  *)  DRP.   267  381. 

'-)  DRP.  267  980,  Zusatz  zu  DRP.  267  381. 


Halogenhaltige  Schlafmittel.  483 

Zimtsäure-  uiid  Dibromzimtsäuretrichlorbutylester  zeigen  keine  narko- 
tischen Eigenschaften  und  auch  sonst  nichts  Bemerkenswertes.  Die  von 
R.  Wolffenstein,  A.  Loewy  und  M.  Bachstez  studierten  Ester  dieser 
Reihe  zeichnen  sich  durch  Unverseifbarkeit  im  Organismus  aus,  womit  die 
neuen  Eigenwirkuiigen  der  einzelneu  Ester  chemisch  erklärt  werden  i). 

Nach  Wolffenstein^)  verestert  man  Trichlorbutylalkohol  mit  Malonsäuren  nach 
den  für  die  EsterdarsteUung  üblichen  Methoden.  Beschrieben  sind  der  saure  Malonsäure- 
trichlorbutj'lester  und  der  saiu^  Diäthj'lmalonsäuretrichlorbutjiester. 

Jlan  kondensiert  Monohalogenessigsä^u'etrichlortertiärbutylester  mit  sekundären 
aliphatischen  Aminen.  Beschrieben  sind  Diäthylaminoessigsäuretrichlorbutylester  und 
Dimethylglj'cintertiärtrichlorbutylester'). 

Toramin  ist  das  Ammonsalz  des  Malonsäuretrichlorbutylesters  XH4  •  CO., 

•  CH,  •  C02(CH„)3  •  CCI3,  es  wiu-de  gegen  Hustenreiz  empfohlen*). 

Diese  Verbindung  wird  nach  R.  Wolffenstein*)  vde  oben  beschrieben 
dargestellt. 

Poulenc  und  Ernest  Fouineau^)  stellen  Chloraldialkylaminooxyisobuttersäure- 
alkylester  der  Formel  R  =  Alkyl 

1  ^ 

CH3  — C  — O  •  CH(OH)  •  CCI3 

CO2  ■  R 

her,  indem  sie  Dialkylaminooxyisobuttersäurealkylester  mit  Cliloral  behandeln.  Dar- 
gestellt wurden  Chloraldimethylaminooxyisobuttersäureäthylester  und  -propylester.  Die 
Substanzen  sind  Hypnotica  von  geringer  Giftigkeit. 

Sulzberger,  New  York^)  verbindet  Chloral  mit  Säureamiden,  indem  er  die  Amide 
oder  einfach  alkyUerte  oder  arylierte  Amide  von  Fettsäuren  mit  mehr  als  12  Kohlenstoffen 
auf  Chloral  ein\virken  läßt,  z.  B.  Chloral  auf  Palmitinsäureamid.  Es  wurde  auch  Chloral- 
a-brompalmitinsäureanilid  dargestellt. 

Wenig  verwendet  -ivurde  statt  des  Chloralhydrats  Butylchloral  CCI3  •  CHj 

•  CH2  -CHO  .  Es  übt  eine  starke,  aber  vorübergehende  hypnotische  Wirkung 
aus  und  hat  dem  Chloralhydrat  gegenüber  den  Nachteil,  daß  es  stärker  als  jenes 
den  Magen  reizt.    Als  Sedativum  wurde  es  von   0.  Liebreich')    empfohlen. 

Es  wird  durch  Chlorieren  von  Paraldehyd  hergestellt,  hat  einen  süßUchen 
Geruch  und  einen  brennend  bitteren  Geschmack.  Es  ■wirkt  anästhesierend,  ist 
aber  in  bezug  auf  schlafmachende  Wirkung  nicht  so  sicher  wie  Chloral. 

ButylchloralantipjTin  C'uH^NoO  •  C4H5CI3O  -f  HoO,  Butylhypnolgenaimt, 
wird  wie  Hypnal  verwendet  ä). 

Trigemin  wird  ein  Antineuralgicum  genamit,  das  diurch  Einwirkung  von 
Butylchloralhydrat  auf  Pyramidon  entsteht.  Butylchloralhydratpyramidon 
soll  vorzüglich  schmerzstillende,  weniger  hypnotische  Eigenschaften  zeigen. 

5Ian  erhält  es  durch  Addition  beider  Grundsubstanzen.  Während  Chloralhydrat  mit 
4-Dimethylanuno-l-phenyl-2.3-dimethyl-5-pyrazolon  keine  ki  ystaUisierende  Verbindung 
gibt,  vereinigt  sich  Butylchloralhydrat  damit  zu  einer  krj-stallisierenden  Verbindung 
^itHsjNjOjCIj  entweder  beim  Zusammenschmelzen  oder  beim  Zusammenbringen  in  Lösungs- 
mitteln, wie  z.  B.  Wasser,  Benzol  unter  Erwärmen^). 

Isopralio)  ist  Trichlorisopropylalkohol  CCI3  •  CH(CH3) -OH,  der  als  Hyp- 
noticum  zweimal  so  stark  wirksam  sein  soll  wie  Chloralh5'drat.  Isopral  er- 
scheint als  Trichlorisopropylglykuronsäure  im  Harne. 

1)  R.  Wolffenstein,  A.  Loewy  und  M.  Bachstez,  BB.  -18,  2035  (1915). 

=)  DRP.  289  001.  3)  Wolffenstein,  DRP.  289  426. 

*)  Ernst  Meyer,  BerL  klin.  Wochenschr.  52,  873  (1915).  ^)  DRP.  203  643. 

«)  DRP.   198  715.  ')  Therap.  Monatshefte  1888,  528. 

*)  Calderato,   Chem.   Centralblatt   1902,  II,   1387. 

^)  Höchster  Farbwerke,  DRP.  150  799. 

1°)  Impens,  Therap.   Monatshefte   17,   469  (1^03). 

31* 


484  Rt-lilariiiitlrl   iinil    luluclationsaniipstlioticn. 

Man  erhalt  Isopral  durch  Einwirkuns;  von  Cliloral  auf  die  Halogenniethylmagne- 
siiundoppelverbindungen,  man  zerlegt  diese  ^)  mit  Wasser  und  Salzsäure,  nimmt  mit 
Äther  auf  und  destilliert  nach  dem  Abdestillieren  des  Äthers  das  rückbleibende  01 
im  Vacuum.  Man  erhält  Krystalle  vom  Schmelzpunkt  49  •2°.  Die  Darstellung  des 
Trichlorisopropylalkohols  ist  melirfach  beschrieben,  so  aus  Zinkmetliyl  imd  Chloral-), 
ferner  von  L.  Henryk)  und  in  den  amerikanischen  Patenten  Nr.  742  340  und  701  189 
(Aldrich). 

Monoacetyltrichlortertiärbutylalkohol  (Acet  ylchloreton )  wirkt  aiiästho- 
sirrrnd  'nie  Chloreton  nncl  Bronieton.  doch  in  geringerem  Maße  als  diese''). 

BromveibiiidiiiigTu. 

Wie  den  gechlorten,  so  kommt  auch  den  gebromten  aliphatischen  Verbin- 
dungen und  auch  den  jodierten,  wenn  auch  in  viel  schwächerem  Grade,  eine 
hypnotische  Wirkung  zu. 

In  dieser  Gruppe  hat  sich  die  erfinderische  Tätigkeit  hauptsächlich  darauf 
bezogen,  analoge  Verbindiuigen  wie  in  der  Gruppe  der  Clilordcrivate  darzu- 
stellen, ferner  Amide  von  gebromten  Fettsäiu'en,  unter  denen  die  dialkylierten 
Säuren  eine  besondere  Wirksamkeit  entfalten,  ferner  Hamsloffe  solcher  Säuren 
imd  schließlich  Ester  gebromter  Säuren. 

Von  theoretischem  Interesse  ist  folgendes  über  die  Bedeutung  des  ein- 
geführten Halogens.  Wie  A.  v.  d.  Eekhout^)  gefunden,  wirkt  beim  Kalt- 
blüter Isovalerianylharnstoff  am  schwächsten.  Stärker  wirken  die  halogen- 
snbstit uierten  Isovaleriau-^lharnstoffe.  Nur  der  gechlorte  und  der  gebromte 
Körper  enthalten  aber  das  Halogen  in  genügend  fester  Bindung.  Das  Jod- 
produkt zersetzt  sich  bei  der  Temperatur  des  Warmblüters  und  spaltet  rasch 
Jod  ab.  Daher  verhält  sieh  Jodiso valerianylharnstoff  beim  A\'armblüter  ver- 
schieden von  Chlorisovalerianylharnstoff  mid  Brimisovalerianylharnstoff.  Die 
Jodverbindung  wirkt  bei  höherer  Körpertemjieratur  nicht  stärker  als  die 
halogenfreie  iMuttersubstanz. 

Nach  Steinalter  erzeugt  das  dem  C'hloralhydrat  entsprechende  Bromal- 
hydrat  CBt^  -  CHO  +  HoO  zuerst  Aufregung,  dann  tritt  ein  hypnotischer  Zu- 
stand ein,  dem  schließlich  ein  allmähliches  Erlöschen  der  Respirations-  und 
Herztätigkeit  folgt.  Doch  bietet  Bromalhydrat  dem  Chloralhyclrat  gegenüber 
in  der  tlierapeutischen  Anwendung  niu'  Nachteile.  Bromalhydrat  übt  von  allen 
analogen  Verbintlungen  die  stärkste  Lokalwirkung  aus,  an  der  Applikations- 
steUe  werden  die  Muskeln  in  kürzester  Zeit  totenstarr. 

Monobromtrimethylcarltinol  äußert  keine  h\']motisehen  Wirkungen,  wohl 
aber  eine  vollständige,  kaum  zwei  Stunden  dauernde  Lähnuuig  der  Hinter- 
läufe. 

Bromaiiijlonhydrat  (Broiuhydiin  des  Trimethyläthylenglykols)  wiu'de  l)i.s  jetzt 
<lurcli  Einwirkung  von  unterbromiger  Siiuro  auf  'lYimethyläthylen  gewonnen.  Die  unter- 
bromige  Säure  winde  durch  Einwii'kiuig  von  Brom  auf  Quecksilberoxytl  in  Gegenwart 
von  Wasser  dargestellt.  Da  die  lurterbroinige  Säure  mu'  in  Ciegenwart  \  on  viel  Wasser 
bL'ständig  ist,  brauchte  man  sehr  große  Flüssigkeitsmengen.  Nach  dem  neuen  Ver- 
fahren bringt  man  die  unterbromige  Säure  im  Entstehungszustaud  dadm'ch  zur 
Keaktion,  daß  man  bei  — 5°  auf  ein  Gremiseh  von  Eis,  Trimethyläthylen  und  der 
lierechneten  Menge  Borsäure  miter  starkem  Rühren  luid  Schütteln  die  bereclinele 
Menge  von  unterbromigsaurem  Natrium  einwii'ken  läßt.  Die  durcli  Borsäure  in  Freiheit 
gesetzte  unterbromige  Säure  addiert  sich  sofort  an  ilas  Trimetliyläthylen  laid  es  ent- 
st«ht  Bromamylenliydrat*). 


1)  Bayer,  Elberfeld,  DRP.   151545.       -)  Liebiga  Ami.  Älfl.   77.       ^)  C  r.   138.   205. 
■■)  T.  B.  Aldrich.  .lourn.  Chem.  Soc.  ST,  2720  (1915). 
'•)  AePP.  r,7,  -.ia-  (1907).  «)  Ratb,  DRP.   301  905. 


Halogenlialtigo  Schlafmittel.  485 

Dipropylacetbromamid  (Substitution  eines  Amid Wasserstoffs  durch  Brom) 
ist  wirlamgslos.  Bromdiäthylacetamid,  Broiuäthj^lpropylacetamid  und  Brom- 
ilipropylacetamid  sind  viel  stärkere  Schlafmittel  als  die  gcbräuchhchcu  mit 
Ausnahme  des  Verona  Is. 

Bromdialkylatelamide^)  der  Formel 

^Br.CO.NH,       resp.       5;>C  ■  Br  •  C<22 

erhält  man  iliiitli  Überführung  der  entsprechenden  Dialkylessigsäm-en  durch  Eüiwü'kung 
von  Pliosphorhalogen  in  die  Alkylsäurehalogeuide,  Siibstitiitioru  des  Wasserstoffes  durch 
Brom  mid  Austauschen  des  Halogens  im  Säiu^rest  durch  Ammoniak  gegen  Amid.  Die  Ver- 
bindungen sind  in  Wasser  schwer  löslich. 

Zur  Darstelhmg  von  Brommethylpropylacetamid  wird  als  Ausgangsmaterial  Methyl- 
propylessigsäure  verwendet-). 

Die  aus  den  entsprechenden,  nicht  bromierten  Dialkylessigsäuren  erhältlichen  Di- 
.alkylessigsäureamide  werden  mit  Brom  behandelt'). 

Die  entsprecliendeu  Dialkylessigsäuren  werden  statt  über  die  Halogenide  hier  über 
<lie  Ester  oder  Ammoniumsalze  der  Bromdialkylessigsäiu"en  hinweg  nach  den  für  die  Dar- 
stellung von  Säureamiden  üblichen  Methoden  in  die  entsprechenden  Amide  übergeführt*). 

Man  kami  auch  die  entsprechenden  Dialkylmalonsäm-en  mit  Brom  behandeln  vmd  die 
entstehenden  Dialkylbromessigsäuren  in  ihre  Amide  überfüliren^). 

Dialkjlbromacetamide  worden  aiLS  Dialkylcyanessigsäureu  hergestellt,  indem  man 
durch  Erlützen  die  Dialkvlcyancssigsäuren  in  die  entsprecliendeu  Dialkylacetonitrüe  über- 
führt, diese  mit  Brom  behandelt  und  die  gewonnenen  Dialkylbromacetonitrile  mit  konz. 
Schwefelsäure  zu  den  Dialkylbromacetamiden  verseift'). 

Bromdimethylessigsäureamid  besitzt  keinerlei  hypnotische  Wirkung. 

Xcuronal  ist  Bromdiäthylacetamid").  Es  wurde  als  Hypnoticum  emj)- 
fohlen.    (Siehe  11.  Gruppe.) 

Es  schmeckt  bitter,  etwas  kühlend  und  an  Menthol  erinnernd.  Li  der 
Wirkung  steht  es  zwischen  Trional  und  Veronal.  Es  besitzt  keine  kumulativen 
Wirkimgen*). 

AdaUn  ist  Bromdiäthylacetylhamstoff  (CoHj),  •  C(Br)  •  CO  •  XH  •  CO  •  XHj. 

Es  übt  keine  Herz^^irkung  aus,  ■wird  erst  im  alkahschen  Darmsaft  gelöst 
vmd  im  Harn  zum  Teil  unverändert  ausgeschieden.  Der  größte  Teil  fmdet  sich 
als  eine  in  Äther  lösUche  bromhaltige  Same,  wahrscheinhch  (CgHg),  ■  CBr  •  COOH. 
Nur  nach  Verabreichung  toxischer  Dosen  wird  anorganisches  Brom  abgespalten^). 
Hingegen  konnte  Impens  anorganisches  Brom  im  Harne  nachweisen^").  Adahn 
muß  in  höheren  Dosen  gegeben  werden,  als  ursprünghch  angegeben  \vurde. 
Meist  werden  1- — 2  g  verabreicht.  Es  hat  vor  den  anderen  die  großen  Vorzüge, 
daß  keine  Gewöhnung  an  das  Mittel  eintritt,  imd  daß  es  frei  von  unangenehmen 
Nebenwirkimgen  ist.  Die  Wirkmig  des  Mittels  bei  interner  Emgabe  tritt  relativ 
spät  ein  (etwa  zwei  Stunden  nach  der  Eingabe).  Xach  GJudden  und  Haake 
soll  es  sich  bei  Bronchialasthma  sehr  licwähi't  haben.  Es  Ijeruhigt  die  Atmxmg 
»nid  mildert  den  Hustenreiz.  Es  ist  ein  mildes  Hypnoticum,  daher  versagt  es 
bei  schweren  Erregungszuständen  selbst  bei  Anwendung  hoher  Dosen.  Es  ist 
fast  geruchlos  imd  nm-  wenig  bitter. 


')  Kalle,  Biebrich.  DKP.    158  220.  -)  DRP.    I6Ö  2S1,  Zusatz  zu  DKP.    158  220. 

3)  DRP.   166  359,  Zusatz  zu  DKP.    158  220. 

«)  DRP.   170  629,  Zusatz  zu  DRP.   158  220.  '^)  Kalle,  Biebrich,  DRP.   175  585. 

«)  Paul  Hoering  und  Fritz  Baum,  DKP.    168  739. 

')j,Schultze  >md  Fuchs,  Münch  med.  Wochenschr.   1903. 

'jjE.  Schultze,  Münch.  med.  Wochenschr.  1904,  Nr.  25;  siehe  auch  Siebert, 
Psych.  Nemol.  Wochenschr.  190-1,  Nr.  10;  Becker,  ebenda,  1904,  Nr.  18;  Stroux, 
Dtsch.  med.  Wochenschr.  1904,  Nr.  41,  und  Rixen,  Münch.  med.  Wochenschr.  1904,  Nr.  48. 

^)  Eduardü  Filippi,  Arcli.  di  Farmacol.  sperim.    lÄ,   233   (1911). 

1»)  Tlicrap.  d.  Gegenw.   1913,  Nr.  i,  S.  158. 


486  Schlafmittel  und  Inhalationsanaesthetica. 

■  "j'iBi'oiui.liäthylacetyDiarnstoff  orhält  man,  wenn  man  entweder  Bromdiäthylacetyl- 
haloide  auf  Harnstoff  einwirken  läßt  oder  an  Bromdiäthylacetylcyanamid  (gewonnen  aus 
dem  Chlorid  und  Cyanamid),  durch  Vermischen  mit  sehr  starker  Schwefelsäure  und  Ein- 
gießen in  Wasser,  Wasser  anlagert  oder  durch  Behandlung  von  Bromdiäthylacetylurethan 
mit  Ammoniak  den  gewünschten  Körper  gewinnt.  Man  gelangt  zu  diesem  auch  durch 
Entschwefelung  von  Bromdiäthylacetylthioharnstoff  oder  durch  Einwirkung  von  Brom 
auf  Diäthylacetylharnstoff^). 

Der  so  erhaltene  Bromdiäthylacetylharnstoff 

n''5^>CBr  •  CO  ■  NH  •  CO    NH„ 

ist  ein  krystuUinischer,  geruch-  und  gesclimackloser  Körper,  der  vom  Magen  gut  ver- 
tragen wird,  den  Appetit  nicht  beeinflußt  und  ein  wertvolles  Sedativum  darstellt.  Er 
übertrifft  die  Produkte  nach  DRP.   158  220  und  185  962. 

Bromdiäthylacetylharnstoff  kann  man  auch  erhalten  durch  Eüiwü-kimg  von  Cyan- 
säure  auf  «-Bromdiäthylacetamid  oder  durch  Einwirkung  von  Ammoniak  auf  a-Brom- 
diäthylacetylcarbaminsäurechlorid^). 

Man  erhält  bessere  Ausbeuten,  wenn  man  auf  a-Bi'omdiäthylacetylcarbaminsäure- 
bromid,  welches  man  aus  Bromdiäthylacetylurethan  darstellen  kann,  Ammoniak  einwirken 
läßt'). 

Man  erhält  Diäthylbromacetylharnstoff  durch  Einwirkung  von  Diäthylbromacetyl- 
bromid  in  Gegenwart  von  Benzin  auf  Quecksilbercyanat.  Das  gebildete  Diäthylbromacetyl- 
cyanat  behandelt  man  mit  Ammoniak,  wobei  sich  Diäthylbromacetylharnstoff  abscheidet*). 

Bromdiäthylacetylharnstoff  erhält  man  aus  Carbaminsäurechlorid  und  Brom- 
diäthylacetamid,  evtl.  in  Gegenwart  von  Pyridin^). 

Man  läßt  Bromdiäthylacetylhaloide  oder  ihre  Salze  in  Gegenwart  von  Alkalien  auf 
Isoharnstoffäther  einwirken.  Ee  werden  z.  B.  Isoharnstoffmethylätherchlorhydrat  in 
wässeriger  Lösmig  mit  Bromdiäthylacetylbromid  vermischt  und  unter  Kühlung  mit 
Xormalnatronlauge  behandelt.  Es  scheidet  sich  dann  Bromdiäthylacetylisoharnstoff- 
methyläther  ab^). 

Bromdiäthylacetylharnstoff  erhält  man,  indem  man  die  Salze  der  nach  DRP.  240  353 
dargestellten  Bromdiäthylacetylisoharnstoffäther  für  sich  oder  mit  Säuren  erhitzt;  man 
erhält  dann  die  im  DRP.   225  710  beschriebenen  Harnstoff derivate ' ). 

Bromdiäthylacetylharnstoff  erhält  man  durch  Einwirkmig  von  Brom  auf  Diäthyl- 
acetylisocyanat,  wobei  die  Reaktion  durch  Zusatz  von  verseifenden  Mitteln,  wie  Wasser, 
wässerigem  Ammoniak  oder  dgl.   beschleunigt  wird^). 

Zu  Acidylderivaten  des  Bromdiäthylacetylharnstoffs  gelangt  man,  wenn  man  auf 
Diäthylbromacetylisocyanat  oder  Bromdiäthylacetylcarbamidsävirehalogenid  Säureamide 
oder  auf  Bromdiäthylacetamid  Säureisocyanate  oder  Acidylcarbamidsäurehalogenide  ein- 
wirken läßt.     Die   Verbindungen  besitzen  die  Zusammensetzimg 

NH  •  CO  •  Cf-Br 

C  =  0  ^    ' 

1 
NUR 

(R  =  Acyl).  Sie  wirken  sedati\-  imd  hypnotisch.  Beschrieben  sind:  BrQmdiäthylacetyl- 
harnstoff,  Bromdiäthylacetylcarboxyäthylharnstoff,  Dibromdiäthylacetylharnstoff). 

Bromdiäthylacetamid  geht  bei  der  Einwirkung  von  Oxalylchlorid  in  Bis-bromdiäthyl- 
acetylharnstof f  über  ^^ ).  R .  CO NH 

Die  symmetrischen  diaoylierten  Harnstoffe  der  Formel  ^CO,  worin  R*CO 

R-CO— NH 
einen  bromlialtigeu  Fettsäurerest  bedeutet,  gehen  durch  Einwirkung  gelinde  wirkender 
verseifender  Mittel  in  die  monoacylierten  Harnstoffe  der  Formel  R  •  CO — NH — CO  •  NHj 
über.  So  erhält  man  aus  Bis-bromdiäthylacetylharnstoff  imd  Ammoniak  Bromdiäthyl- 
acetylharnstoff. Bisbromdiäthylacetylharnstoff  erhält  man  aus  Bromdiäthylacetamid  und 
Oxalylchlorid"). 


1)  Bayer,  DRP.  225  710.  -)  DRP.  249  906,  Zusatz  zu  DRP.   225  710. 

'')  DRP.  253  159,  Zusatz  zu  DRP.  225  710.  «)  DRP.  271  682. 

5)  Beckmann,  DRP.  262  048.  «)  DRP.  240  353.  ')  DRP.  243  233. 

*)  Bayer,  DRP.  282  097.  ")  Bayer,  DRP.  286  760. 

1")  Bayer,  DRP.  287  001.         ")  Bayer  und  Knoll,  DRP.  283  105. 


Halogenhaltige  Schlafmittel.  487 

Die    Bromsubstitutionsprodukto   der   Alkyl-   bzw.    Arylessigsäuren   der   allgemeinen 

Zusammensetzung  „  ^C-Br-COOH,  worin  R  und  R,  einen  Alkyl-  oder  Arylrest  be- 
«j 

deuten,  werden  mit  Alkoholen  der  Terpenreihe  kondensiert.    Die  Produkt«  sind  Sedativa 

und  Hypnotica,  und  zwar  Bromdiäthylacetylbornylester,  Bromdiäthylacotylmenthylester, 

Diäthylacetylmenthylester,       Bromdipropylacetylmenthylester,       Bromdiäthyleucalyptol- 

ester  ^). 

a-Bromisovalerianylhamstoff  erhält  man  durch  Einwirkung  von  a -Bromiso valerianyl- 
bromid  oder  -chlorid  auf  Harnstoff.    Die  Verbindung  heißt  Bromural  ^). 

Man  läßt  Harnstoff  mit  a -Ohlorisovalerianylbrnniid  oder  -chlorid  reagieren')  und  er- 
hält ,\  -Chloriso  valerianylharnstof  f. 

Durch  Einwirkung  von  Formaldehyd  auf  Bromdialkylacetamide  gelangt  man  zu 
Verbindungen  der  Formel 

R^C  •  CO  •  NH  •  CH,    OH 
Ri 

wobei  R  und  Rj  Alkylradikale  sind.^ 

Die  Verbindungen  schmecken  weniger  intensiv  als  "die  Bromdialkylacetamide  und 
wirken  hj'pnotisch  und  sedativ.  Man  erhält  sie,  indem  man  in  wässeriger  Lösung  Form- 
aldehyd auf  Bromdialkylacetamide  in  Gegenwart  geringer  Mengen  eines  Kondensations- 
inittels,  wie  Barythydrat,  Kaliumcarbonat,  Cyankalivun  schwach  erwärmt  imd  dann  die 
Lösung  mit  Wasser  fällt'). 

Derivate  des  Glykolsäureureids  erhält  man,  wenn  man  Bromacetylharnstoff  und  das 
Salz  einer  organischen  Säure  aufeinander  einwirken  läßt^).  G!eht  man  bei  diesen  Körpern 
von  Salzen  chlor-  oder  bromsubstituierter  aliphatischer  Säuren  aus,  so  gelangt  man  zu 
halogenhaltigen  Kondensationsprodukten. 

Die  Reaktion  zwischen  Bromacetylliarnstoff  imd  essigsaurem  Natrium  verläuft 
nach  folgender  Gleichung: 

NHj  •  CO  •  NHCO  •  CHjBr  +  Na  •  OOC  •  CH3  =  NH2  •  CO  •  NHCO  •  CHj  •  000  •  CH3  -|-  NaBr  . 

Man  kann  auch  Brom-  oder  Chloracetylurethane  in  gleicher  Weise  in  Reaktion  bringen. 
Beschrieben  sind  Acetylglykolylurethan,  Bromisovalerylglykolylurethan,  Salicylsäure- 
glykolylurethan,  Bromisovalerylglykolylcarbaminsäuremethylester*). 

Acylderivate  aromatischer  Säureamide  erhält  man,  wenn  man  Amide  aromatischer 
Säuren  mit  Isovalerianylhalogeniden,  insbesondere  a-Bromisovalerianylhalogeniden  direkt 
oder  in  trockenen  organischen  Lösungsmitteln  bei  Gegenwart  von  organischen  oder  an- 
organischen säurebindenden  Mitteln  zur  Reaktion  bringt  und  die  entstandenen  Konden- 
sationsprodukte erforderUchenfalls  noch  mit  Brom  bzw.  bromabgebenden  Substanzen 
behandelt. 

Diese  Substanzen  behalten  die  schlafmachende  Wirkung  der  Säureamide  vollständig, 
besitzen  aber  im  Vergleich  mit  den  Säureamiden  selbst  eine  auffallend  geringe  Giftigkeit, 
während  die  bisher  bekannt  gewordenen  Acylderivate  aromatischer  Säi.u'eamide  stark 
giftig  sind  und  keine  hypnotische  imd  narkotische  Wirkung  besitzen'). 

Die  Propionsäure-  und  Buttersäureester  des  Brometons  (Tribromtertiär- 
butylalkohol)  besitzen  keine  anästhetischen  Eigenschaften*). 

Bromural  ist  a-Monobromisovalerianylhamstoff  (CHg)»  •  CH  •  CHBr  •  CO 
•  NH  •  CO  •  NH2  .  Es  entsteht  bei  der  Kondensation  von  Harnstoff  mit  Brom- 
iso valerianylbromid  mid  wirkt  nur  bei  leichter  nervöser  Schlaf behiuderung^) 
als  ein  prompt  wirkendes  Narkoticumi").  Es  setzt  auch  die  Schweißsekretion 
herab"). 

BroraLsovaleriausäureester  von  Borneol  imd  Isoborneol  kami  man  aus  den  Halogeuiden 
oder  Anliydriden  der  Säure  oder  aus  der  Säure  mit  einer  Mineralsäure  als  Kondensations- 
mittel erhalten.  Man  kann  die  Säure  auf  Camphen  bei  Gegenwart  geeigneter  Kondensations- 

1)  Kalle,  DRP.  273  850.  =)  KnoU,  DRP.   185  962. 

=)  DRP.   191386,  Zusatz  zu  DRP.   185  961  *)  Höchst,  DRP.  273  320. 

»)  Voswinkel,  DRP.  247  270.         «)  DRP.   266  121,  Zusatz  zu  DRP.  247  270. 

')  Perelstein  und  Bürgi,  DRP.  297  875. 

«)  T.  B.  Aldrich,  Journ.  Chem.   Soc.   40,    1948  (1918). 

■■')  Pharmaz.  Centralhalle  48,   143.         i")  A.  v.  d.  Eekhout,  AePP.  .51,  337  (1907). 

'M  Runck,  Münch.  med.  Wochenschr.   190T,  Nr.  15. 


488  Sflilafiuittel  und  Iiihaluliüiisaiiaosthetica. 

luitt«?],  wie  ChlorzüiU  oder  MineralsHiiren,  einwirken  lassen.    Die  Ijromiertcn  Ester  sind  von 
sehr  mildem  Geschmack  und  schwach  riechend^). 

Man  kann  auch  in  der  Weise  zu  den  Verbinduniien  gelangen,  daß  man  den  Borneol- 
lesp.  den  Isoborneolestcr  der  Isovaleriansäure  bromiert,  unil  zwar  mit  und  ohne  Zusatz 
von  ]3romüberträgern,  z.  B.  durch  direkt«s  Bromieren  mit  Brom-). 

Quietol,  der  Isovaleriansäureester  des  Dimethylamiiiooxyisobuttersäure- 
])ri)])ylestorbiomhydrats,  wirkt  analgetisch  und  hypnotisch.  Bei  direkter  Appli- 
kation auf  Nerven  wird  die  elektrische  Reizbarkeit  zuerst  vermindert  und  dann 
zerstört^). 

Beim  Zusammenschmelzen  äquimolekularer  Mengen  von  Bromisovalerylainiil  uml 
Cliloral  entsteht  rein  additiv  Bromi.sovalerylamidchloral''). 

Man  läßt  auf  Salicylsaure-p-aminophcn.>-lcster  A-Bromisovalerylhaloide  otler  aul 
Isovalerylsalicylsäure-p-aminophenylester  Brom  einwirken.    Es  entsteht  a-Broraisovaleryl- 

,.    ,..  .     .      ,   ,     Aco.o.<^.<^  ™3      ,,        , 

saheyl.saurc-p-anunophenolester   I      I  ^- — '         ^COCHBrCH       >  weklicr  .>eaa- 

tiv  und  schlafmachend  wükt^).    \^  '  '^C'H 

Statt  wie  im  DRP.  291  878  a-Bromisovalerylhaloide  auf  den  Salieylsäure-i>-anuno- 
phenylester  einwirken  zu  lassen,  verwendet  man  ä-Broimliäthylacetyllialoide.  Di(>  re- 
sultierende Verbindung  ist  ge.«ichraacklos  und  stärker  schlafniaehend  wirksam*). 

C-C-Dialkylbarbitursäuren  gehen  beim  Erhitzen  mit  Halogenen  unter  Druck,  ge- 
gegebenenfalls  unter  Zusatz  indifferenter  Lösungsmittel,  in  halogenierte  Dialkylbarliitur- 
säuren  über,  welche  das  Halogen  in  den  Alkyh'esten  enthalten.  Sie  sollen  als  Ausgaiigs- 
sloffe  für  Schlafmittel  dienen.  Besclirieben  sind  Monobromdiäthylbarbitursäure,  Dibroni- 
dipropylbarbitursäure,  Monochlordiäthylbarbitursäure ' ). 

Bromamylenhydratbromisovaleriansäureester  erliält  man  durch  Erhitzen  äquimole- 
kularer Mengen  Bromamylenhydrat  und  Bromisovalerylbromid  in  Gegenwart  eines  in- 
differenten Lösungsmittels  bis  zum  Aufliören  der  Bromwasserstoffentwieklung,  Ixu  Wasser- 
badtemperatur  erhitzt.  Bromisovalerylbromid  kann  durch  Broniisovalerylehlorid  ersetzt 
werden^). 

Wenn  man  N-Aoylderivate  der  p-Aminophenole  mit  Bronidiäthylacetylisocyanat  be- 
handelt, so  erhält  man  antipyretische  und  hypnotische  Stoffe.  Aus  p-Aeetylamiiiophenol 
luid  Bromdiäthylacetylisocyanat  erhält  man  Bromdiätlivlacetylurcthan  des  p-Acctyl- 
aminophenols 

n-?'>CBr  •  CO  •  NH  •  CO  •  O  •  C„H4  ■  XH  ■  CO  ■  CH.  . 

Beschrieben  ist  auch  die  Dar.stellung  des  Bromdiäthylacctylearbnijiinsiiuieesters 
des  p-OxyphenvlhariLstoff. 

Durch  Behandlung  von  N-Acylderivaten  der  Urethano  der  p-Anüiiophcnole  mit 
A-Bromdiäthylessigsäurehalogonidon  erhält  man  z.  B.  Bromdiäthylacetylurethan  des 
p-Aeetylaniinophenols  aus  p-Acetylaminophenolurethan  "). 

Dieses  wird  aus  Guajacoliirethan  und  p-Acetylan\inopheiiol  bei  150°  ohne  Abdestil- 
lieren  des  Guajacols  gewonnen.  Oder  man  reduziert  p-Nitrophenolmethan  in  G<^ge^wart 
von   kolloidalem  Palladium  mit  Wasserstoff"). 

Broniverbinduiigen  üben  eine  stärkere  narkotische  Wirkiuig  auf  den  Orga- 
nismus nnd  eine  stärkere  lähmende  Wirkung  auf  den  Kreislauf  als  die  Chlor- 
verbindungen. 

Während  die  aromatischen  Halogciisubstitutionsprodukte  im  allgemeinen 
keine  hypnotische  Wirkmig  zeigen,  wird  merkwürdigerweise  vom  Tribromsalol 
(Cordol)  von  Rosenberg  und  Dassonville  behauptet,  daß  es  neben  seiner 
hämostatischen  Wirkung  auch  ein  gutes  Hyjmoticum  sei.  Diese  Angabe  ist 
sicherlich  falsch. 


M  Sühering,  DRP.   205  2(i3.  -)  DRP.   205  204,  Zusatz  zu   DRP.   205  2(>3. 

'■')  Giuseppe  Astolfini,  Arch.   di  Farraacol.  sperim.    I9II. 

')  Pvichter,  Budapest,  DRP.  234  741.     ^)  Abelin  und  Lichtenstein,  DRP.  2ül  878. 
'■)  DRP.  297  243.  ')  Einhorn,  DRP.   272  (ilL 

")  Emil  Rath,  Frankfurt.  DRP.   309  455.  ")   Bayer.  DRP.   31(;902. 

'")  Bayer,  Leverkusen,  DRP.   3bS  803,   Zu.satz  zu  DRP.   316  902. 


Schlafmittel,  deren  Wirkung  auf  der  Gegenwart  von  Alkyl  beruht.  489 

Jodverbiiidiingeii. 

Vom  Jodoform  CH.J3  behauptet  Binz'),  daß  es  intern  verabreicht  nar- 
kotisch und  hypnotisch  wirkt.  Bei  einzelnen  Patienten  erzeugt  es  bekainit- 
lieh  .starke  Aufregungszustände. 

Jodal.  den  Monojodaldehyd  CH,.!  •  CHO  haben  E.  Harnack  und  Wit- 
k(iwski-)  untersucht  und  gefunden,  daß  es  in  .seiner  schlafmachendcii  Wirkung 
dem  ChJoralhydrat  in  keiner  ^\'eisc  gleicht,  vielmehr  werden  die  höheren  psy- 
elüschen  Zentren  durch  Jodal  nur  wenig  mid  spät  affiziert.  Auch  ist  die  Gefahr 
der  Herzlähmung  größer  als  beim  Chloralhydrat. 

Es  wrken  in  einer  von  Eeckhout  untersuchten  Serie  narkotisch:  Broni- 
i.sovalerianylharnstoff,  Chloriso  valerianylharnstof  f ,  Jlcthylätlivlbromacetyl- 
liarnstoff.  Xarkotisch  und  giftig  i.st  Bromisovaleriansäiu'eamid.  Giftig:  Jodiso- 
valerianylham.stoff,  Brombutyrj-lhanistoff ,  Brombuttersäureamid.  Schwach 
\\irksani  oder  unwirksam:  Bromvalerianylharnstoff ,  Isovaierianylharnstoff , 
\'alerianylharnstoff,  BromisobutjTylharnstoff.  Bromi.sobuttersäm-eamid. 

Monojodisovalerianylharnstoff  (Jodival)  wrkt  nicht  narkotisch,  sein  Tei- 
lungskoeffizieiit  ist  1.05,  wähi-end  Bronuu'al  (Monobromisovalerianylharnstoff) 
narkotisch  wü'kt,  Teiluug.skoeffizient  1.33. 


Zweite  Gruppe. 
Sehlafiuitt«!,  deren  Wirkung  auf  der  Gegenwart  von  Alkyl  beruht. 

Im  allgemeinen  Teile  wurde  schon  auseinandergesetzt,  wie  die  AJkylrestc 
und  die  Alkohole,  den  Eigenschaften  der  fetten  Kohlenwasserstoffe  entsprechend, 
starke-  schlaf  machende  Eigenschaften  besitzen.  Vorzüglich  kommt  diese  nar- 
kotische Wirkung  dem  Äthylreste  in  emer  großen  Reihe  von  Verbindimgen  zu. 
einem  Reste,  der  leicht  innige  Beziehungen  der  eingeführten  Substanz  zum 
Zentralnervensystem  herstellen  kann. 

Während  aber  vom  Äthj^lalkohol  selbst  erhebliche  Dosen  verbraucht  wer- 
tlen,  um  Schlaf  hervorzurufen,  werden  wir  eine  Reihe  von  Verbindimgen  kennen- 
lernen, von  denen  schon  relativ  kleine  Do.sen  Schlaf  erzeugen,  obgleich  auch 
l)ei  diesen  Körpern  die  physiologische  AVirkung  sich  nm-  auf  den  Äthylrest 
bezichen  läßt. 

Dieser  große  Unterschied  in  der  Dosierung  mid  der  U'irkung  läßt  sich 
keineswegs  diu-ch  die  Angewöhnung  aller  Individuen  an  den  Äthylalkohol  er- 
klären, vielmehr  müssen  wir  annehmen,  daß  tleshalb  so  große  Dosen  von  Alkohol 
lienötigt  Averden,  weil  der  Alkohol  allenthalben  in  den  Geweben  des  Organismus 
der  Oxydation  anheimfällt  und  zum  Zustandekommen  des  Schlafes  eine  spezi- 
fische Einwrkung  auf  das  Großhirn  notwendig  ist ;  die  anderen  zu  erwähnenden 
Substanzen  hingegen  zeichnen  sich  durch  einen  mehr  oder  weniger  resistenten 
chemischen  Aufbau  aus,  so  daß  es  durch  diese  Resistenz  ermöglicht  wird,  daß 
die  ganze  Dosis  in  dem  zur  Selektion  am  meisten  disponierten  Organ  zur  Geltmig 
imd  Wirkimg  kommt. 

Für  die  Narkose  nahmen  E.  Baumanu  und  Käst  in  der  Sulfom-cihe  die 
.^hspaltung  von  Äthylgrupi^eu  als  das  Wesentliche  an. 

Von  den  fetten  Kohlenwasserstoffen,  deren  Wirkmig  schon  mehi-fa;Ch  be- 
sprochen wmde,  wirkt  Methan  CH^  als  leichtes  Hypnoticum.   In  höheren  Kon- 

')  Berl.  klin.  Wochenschr.   1885,  Nr.  7.  =)  AePP.   II,   I. 


490  Sclüaf mittel  und  InhalationSEUiaesthetica. 

zentrationen  ruft  es  ausgesprochenen,  aber  flüchtigen  Schlaf  hervor  i).  Äthylen 
C2H4  hingegen  wirkt  stärker  betäubend,  70—80  Vol.-%  zu  20%  Sauerstoff 
erzeugen  einen  sehr  anästhetischen  Schlaf.  Keiner  von  diesen  Kohlenwasser- 
stoffen eignet  sich  jedoch  als  Inhalationsanaestheticum  für  die  Zwecke  der 
Narkose.  «}.i^ 

Für  die  Wirkungsweise  der  Alkohole  sind  verschiedene  Umstände  ent- 
scheidend. Vor  allem  die  Wertigkeit.  Xin-  die  einwertigen  Alkohole  sind  stark 
hypnotisch  wirkend.  Je  mehr  der  Reichtum  an  Sauerstoff  anwächst  (durch 
Eintritt  von  Hydroxylen).  desto  geringer  ist  der  hypnotische  Effekt.  Dem 
Glycerin  kommen  überhaupt  keine  hypnotischen  Eigenschaften  mehr  zu. 

Die  Verbindungen  mit  einem  tertiären  C-Atom  sind  stärker  wirksam  als 
solche  mit  sekundärem,  imd  diese  stärker  wirksam  als  die  mit  primärem  Kohlen- 
stoff. 

Bei  der  Untersuchung  der  primären,  sekundären  imd  tertiären  Alkohole 
koiniten  Schneegans  und  Mering^)  folgende  Verhältnisse  feststellen: 

Primäre  Alkohole. 

Methylalkohol   (acetonfrei)  6 — 12  g  beim  Kaninchen  wirkungslos. 

Äthylalkohol  7  g  Tnmkenheit,  12  g  Schlaf. 

Propylalkohol  CH3  •  CH„  •  CH„  •  OH  Schlaf,  12  g  Tod  nach  5  Stunden, 
Schlaf  nach  5  Minuten. 

Normaler  Butj^lalkohol  CH3  •  CHj  •  CH,  •  CHg  •  OH  3  g  Trunkenheit,  7  g 
Schlaf  und  Tod. 

Isoamylalkohol  ^g3>  CH  •  CH^  ■  CHj  •  OH  2  g  Halbschlaf. 

Sekundäre  Alkohole. 
^2'>CH0H   Dimethylcarbinol  (sek.  Propylalkohol)  2  g  Halbschlaf. 

^^:>CH.OH  Äthylmethylcarbinol  (sek.  Butylalkohol)  4  g  Halbschlaf. 

^2^5>CH  •  OH  Diäthylcarbinol  (sek.  Amylalkohol)  2  g  Sclilaf. 


Tertiäre  Alkohole. 
CHj^C  •  OH   Trimethylcarbiiiol  (tert.  Butylalkohol)  4  g  Schlaf. 


CH, 


CH3, 

CH3  ;c  •  OH  Dimethyläthylcarbinol  (tert.  Amylalkohol  [Amylenhydrat])  *)   2  g 

CaHj  Schlaf  von  8—10  Stunden. 

C  H 

c'h^-^C  ■  OH  Triäthylcarbinol  (tert.  Heptylalkohol)  1  g  10—12  Stunden  Schlaf, 
*^2-^5  Atmung  mühsam,  kleinere  Dosen  wirken  stark  erregend. 


Die  primären  Alkohole  wirken  weniger  narkotisch  als  cUe  sekimdärcn,  che 
sekundären  Alkohole  weniger  als  che  tertiären.  Doch  ist  diese  Regel  von  Mering 
nicht  allgemein  gültig.  Tertiärer  Amylalkohol  ist  viel  unschädhcher  als  primärer 
Isoamylalkohol.  —  Die  Alkohole  wirken  im  allgemeinen  um  so  stärker,  je  länger 
die  unverzweigte  Kette  von  Kohlenstoffatomen  ist,  die  sie  enthalten. 


1)  Lüssera,  Diss.  Bonn  (1885).  -)  Therap.  Monatshefte  1892,  331. 


Schlafmittel,  deren  '.Virkung  auf  der  Gegenwart  von  Alkyl  beruht.  49t 

!•?  Bei  den  tertiären  Alkoholen  ist  die  Wirkung  abhängig  von  der  Art  der 
Alkylradikale,  welche  mit  dem  tertiären  Kohlenstoffatom  verbunden  sind.  Ist 
niu'  das  Methylradikal  vertreten  wie  beim  Trimethylcarbinol,  so  ist  die  Wirkung 
eine  relativ  schwache,  größer  ist  sie,  wenn  ein  Äthyl  eintritt,  und  nimmt  zu  mit 
der  Anzahl  der  mit  dem  tertiären  Kohlenstoff atom  verbundenen  Äthylgruppen. 
Die  mit  Äthylradikalen  substituierten  Harnstoffe  zeigen  folgende  Ver- 
hältnisse : 

Substituierte  Harnstoffe. 

a)  Derivate  mit  primären  Alkyleu. 
Äthylharnstoff  OC<^ '  ^^2^5      3_4  g  sind  ohne  jede  Wirkung. 

■J^TT   ,   r*   TT 

Triäthylhamstoff   OC<jj,„jj=    ^.     3  g  machen  Ermattung,    aber  keinen 

Schlaf.    Der  Tod  erfolgt  unter  Krämjjfen.    Die  Substanz  wird  anscheinend  im 
Organismus  in  unwirksame  Äthylaminbasen  zersetzt. 

b)  Derivate  mit  tertiären  Alkylen. 
Aniylharnstoff  mit  tertiärem  Amyl 

nn  ,^NH — Cc  CH^ 

ist  ein  recht  wirksames  Hypnoticum,  wirkt  stärker  als  Amylenhydrat  und  ist 
angenehmer  zu  nehmen;  er  wird  im  Organismus  fast  vollständig  verbrannt. 
Der  Schlaf  tritt  später  ein  als  bei  Amylenhydrat,  da  der  Harnstoff  wegen  seiner 
schweren  Löslichkeit  im  Organismus  nur  langsam  zersetzt  wird. 
Diamylharnstoff  qjj 

.NH— C^CHs 
OCC  ^Ä 


ist  ohne  jegliche  Wirkung.    Die  Verbindung  ist  sehr-  beständig  xmd  gelangt 
unzersetzt  in  den  Harn. 

Butylharnstoff   mit  tertiärem  Butyl 

/CH3 

macht  in  4-g-Dosen  Schlaf.  "  ^ 

Heptylharnstoff    mit   tertiärem  Hejityl 

i.st  sehr  schwer  löshch.    1  g  macht  nach  2  Stunden  Schlaf  und  vorher  Trunken- 
heit. 

Die  durch  primäre  Alkyle  einfach  und  mehrfach  substituierten  Harnstoffe 
wirken  nicht  narkotisch,  wohl  aber  die  mit  tertiären  Alkylen  substituierten  Harn- 
stoffe ;  hier  gilt  wiederum  das  Gesetz,  daß  ein  mit  dem  tertiären  Kohlenstoffatom 
verbmidenes  Äthylradikal  stärker  wirkt  als  ein  Methylradikal.   Daher  besitzen 


1)  Amylenhydrat  hat  nach  H.  Brackmann,  Therap.  Monatshefte  1896  und  1900, 
423,  641,  außer  der  hypnotischen  eine  eigentümlich  durstlöschende  und  harnsekretions- 
vermindemde  Wirkung. 


4.92  iSuliliifiiiittcl    und    1  iili^ilaliciiisauiiüsUieticii. 

clic  mit  tertiiireni  But \1  — C^^^CHj  versehenen  Harnstoffe  eine  geringere  hy]i- 
notische  Wirkung  als  diejenigen,  welche  tci'tiärcs  Anivl — C  CH^  oder  gar 
tertiäres  Heptyl — C^CoHs   enthalten. 

Pi  nii  ko  iie. 
Methylpinakon 

^;^3>e'(ÜH)-C(OH)<™» 

10  g  Pinakun  machen  Schlaf. 
2  g  Meth yläthylpinakon 

^Vh-'>C(011)   -C(OH)<J^!^j;| 

machen  >Schlaf  mid  erregen  leichte  Krämpfe. 
Projoiopinakon  (Diäthylpinakon) 

^;ä  c(on)-c(OH)<;^A 

ist  fast  milöshch.   1.5  g  machen  starken,  sehr  lang  andauernden  Schlaf. 

Die  Pinakone  wirken  narkotisch,  Methylpinakon  in  geringerem  Grade,  nicht 
mehr  als  Äthylalkohol,  Methyläthylpinakon  stärker  und  Diäthylpinakon  (Pro- 
piopinakon)  am  stärksten. 

Dimethyläthylessigsäure 


C2H5 


ist  wirkungslos. 

Diäthylessigsäure   p=jj*>CH  •  COOH ,      Diäthylnialonsämc   (j"h'>^<^coOH 

Diäthvloxalsänrc    C^r^-i'    C'OOH  ,     Dimethyläthylessigsäure  CHs^C  ■  COOH 
HO  ■         ■  C.H/ 

sind  selbst  in  Dosen   von  5  g  hei  Hunden  wlrkmigslos. 
Ebenso  TOrkimgslos  sind  die  folgenden  Amide: 

Diäthylacetamid  e!H'>^^  '  '■'^  '  ^^2 .  Diäthylmalonamid  p'h'>C<co  [  ^Sü 

DijH-opylmalonamid  q^^'>^'<  ^q  •  NH'  '       Trimethylacctaniid  i'Hj-C  •  CO  •  Mllj 

CH3 
Die  Harnstoffdei'ivate  verhalten  sich  folgendermaßen: 

Diäthylacctylharnstoff  |^|-^'>(^'H  ■  CO  ■  NH  •  CO   NH,  wirkt  hypnotisch,  aber  ini- 

sicher.    Dipropylacetylharnstoff    ^»g'>CH  •  CO   NH  ■  CO  ■  NH,    macht  Schläfrig- 

V  H 

keit.    Diäthylhydantoüi   cV>*^*'  "  ^^  '  ^^  i'^^t  ^inc  sehr  geringe  Wirkung  aus. 

NH CO 

Die    folgenden    Hubstanzen   sind   Pyrimidinderivatc:    \A'cder   Monoäthyl- 

malonylharnstoff  C..H.^^  XO-NH^„„ 

-^>C<pQ_j^jj>CO 

noch  Münoiiropylmalonylliarnstoff  zeigen  eine  besondere  Wirkung. 


Schlnfmittcl.   (loivn   Wiikiinj;  auf  di-r  Oegenwart   von  Alkyl  bf>nilit.  493 

CH.         CO  —  XH 

T)i^ll■tlu•lmal(ln\■IIlaI•n^^tl)ff  /C>\  >C0   ist  wirkungslos. 

CH,,        rO— NH 

Melhylathylinaloiiylhanistoff     c%h'>^<CO-NH>^°     ^'''"'^^    hj^pnotisch, 
atiiT  erst  in  größeren  Dosen. 

Methylpropylmaloiij'lharnstoff 

CH3         CO  — NH 

>c<         >co 

CjH,         CO  — XH 
macht   mir  Ciaugnnsieherheit. 

C.Hj        CO  — NH 
DiJithylnialonylhanistoff        "     }C'('  >CO     -wirkt    stark    hypnotisch 

(Veronal).  '  ^-^^      ^CO-NH 

(1  TT  rT) NTTT 

Athyliuoiiylnialonylhariistoff  f •  h!> ^' ^CO  —  NH> '^^  ^''"'^^  ohenfalls  stark 

hypnotisch. 

Dipropyhnalonylhurnstoff  c^h'^^^'^CO  — NH-^*^^  «irkt  .sehr  intensiv  hyp- 
notisch (Proponal). 

C,H„        CO-NH 

Diisobutvlmalonvlharnstoff  /C^  >CO  erzeugt  .schwere  Trunken- 

heit und  Schlaf.         '  •^'4^9        CO-CN 

p    TT  pQ  V^TT 

Diisoamyhiialonylliarnstoff   [•^h"'^^'"^CO \H-^^*^    macht   Gangmisichtr- 

heit,  aber  keinen  Schlaf. 

Dibenzj-Jmalonylhai'nstoff   (-"h^   CH^'^'^^CO  • 'VH'^*'^   ''*'  wirkungslos. 

C\U.         CO— XCH3 
C-C'-Diäthvl-X-methvimal(.nvllianis(ul'f  ^C<'  >CO        macht 

CjH/     ^CO NH 

schwere  Trunkenheit   und  sehr  langen  Schlaf  mit  letalem  Ausgang. 

P  XX  POOT-f 

Diäthylmaloiisiuireurcid    p"h^>'^'<co.\H.   CONH     ''^^  unwiiksani. 

C3H,         CO  •  NH 
Bipropylmalonylguanidin  ^C-/       >  c  =  NH   ist  wirkungslos. 

C3H/       CO  •  NH 

Diäthylmalonj'lthioharnstoff  eV-^^  "^CO— NH-^*"^  erregt  tiefen  Schlaf 
mit  letalem  Au.sgang. 

N-Methyl-C'-C-Diäthylbarbitiu'säurc  ist  wesentlich  giftiger  als  Veronal. 

Säuren  und  Amide  erweisen  sich  in  diesen  Fällen  als  wirkungslos.  Zur 
Sclüaferzeugung  ist  die  Harnst  off gimppe  erforderlich,  die  aber  allein  nicht 
wirksam  ist,  sondern  erst  in  Kombination  mit  einem  Reste,  der  mehrere  kohlen- 
stoffreiche Alkyle  enthält.  Der  einfachste  Fall  sind  die  Harnstoffderivate  der 
Üiäthyl-  und  Dipropylessigsäure.  Mel  kräftiger  ist  die  \A'irkung  bei  der  cy- 
shschen  Anordnung  der  Hamstoffgruppc  in  den  Derivaten  der  Dialkjimalon- 
cäure.  Die  Xatur  des  Alkylradikals  ist  von  wesentlicher  Bedeutimg.  Bei  der 
Verbindung  mit  zwei  Methylradikalen  am  C  fehlt  die  Wirkung  gäuzhch,  sie 
ist  gering  bei  der  Methyläthyherbindung,  steigt  bei  der  Methylpropylver- 
bindung,  wird  recht  stark  lieim  Diäthylderivat  und  erreicht  ihren  Höhepunkt 
beim  Dipropyklerivat.  Beim  Diisobutj-lderivat  steht  sie  ungefähr  auf  gleicher 
Stufe  wie  beim  Diäthylderivat  und  beim  Diisoamylderivat  ist  sie  wieder  sehr 
schwach.  Das  Dibcnzylderivat  scheint  ganz  inaktiv  zu  sein  (anscheinend  auch 
durch  die  Schwcrliir-Iichkeit   bcdingl). 


494  Schlafmittel  und  Inhalationsanaestlietica. 

Auffallend  ist  die  Giftigkeit  von  C  -  C  -  Diäthyl  -  N  -  methylnialonylharn- 
stoff,  welche  nur  durch  die  Methylienuig  am  N  zu  erklären  ist.  Analog  ist  die 
Giftigkeitssteigerung  von  Acetanihd  zum  Exalgin  und  vom  Phenacetin  zum 
Methylphenacetin. 

Die  ringförmige  Anordnimg  der  Harustoffgruppe  im  Diäthylhydantoin 
ruft  dem  Diäthylacetylharnstoff  gegenüber  keine  Verstärkung,  sondern  eine 
Abschwächung  der  Wirkung  hervor. 

Beim  Diäthylmalonsäm-eureid  ist  der  N-haltige  Ring  des  Diäthylmalonyl- 
harnstoffes  durch  eme  einfache  Wasseranlagerung  aufgespalten,  dadm-ch  wird 
diese  Substanz  wirkungslos.  Das  gleiche  gilt  für  Dipropylmalonylguanidin,  wo 
der  Sauerstoff  des  Harnstoffrestes  durch  die  NH-Gruppe  ersetzt  ist. 

Dem  Diäthylmalonylthiohanistoff  gibt  die  Anwesenheit  des  Schwefels 
einen  ausgesprochen  giftigen  Charakter. 

Diäthylmalonylharnstoff  wurde  aus  dieser  Gruppe  als  intensiv  wirkend 
und  zugleich  unschädlich  unter  dem  Namen  Veronal  in  che  Theraiiie  ein- 
geführt i).  Veronal  wird  bei  interner  Einführung  zu  62%  unverändert,  bei 
subcutaner  Injektion  in  kleinen  Gaben  zu  90%  im  Harn  ausgeschieden.  Bei 
großen  Dosen  sinkt  die  Ausscheidimg  auf  die  Hälfte.  Im  Kot  sind  nur  Spuren 
zu  fmden.  Eine  Konzentration  von  0.016%  Veronal  im  '.  Jehim  genügt,  um 
Schlaf  herbeizuführen. 

Veronalnatrium  (Medinal)  ist  leichter  löshch,  hat  aber  einen  schlechteren 
Greschmack  als  Veronal. 

Dipropylmalonylharustoff 

C3H  CO-NH 

wiu'de  als  Proponal  in  die  Therapie  eingeführt^);  es  wirkt  weit  stärker  als 
VeronaF). 

Luminal  ist  Phenyläthylbarbitursäiu-e. 

P  TT 

Äthylphenylhydantoin  c°h^>C CO  wirkt  hypnotisch. 

NH ■ CO • NH 

Diese  Zusammenstellung  weist  schon  den  hypnotischen  Charakter  der 
Alkylgruppen,  insbesondere  der  Äthylgnipi^e,  deutlich  nach.  Als  luhalations- 
anaesthetica  lassen  sich  jedoch  die  Alkohole  selbst  lücht  benützen,  da  ihi'  Siede- 
punkt zu  hoch  und  ihre  Flüchtigkeit  zu  gering  ist. 

Hingegen  hat  der  Äthyläther 

mit  seiner  festen  Bindung  zweier  Äthjdgruppen  durch  Sauerstoff  eine  intensive 
narkotische  Wirkimg. 

Sehr  wrksam  anästhesierend  erwies  sich  Proj^yläthyläther 
CH3  •  CHo  ■  CHj  •  O  •  C2H5 . 

Daß  die  Äthylgruppe  eme  große  Rolle  bei  der  narkotischen  Wirkung  der 
Körper  der  Fettreihe  spielt,  zeigt*)  die  Überlegenheit  des  Trioxj-äthylmethans 
CH(OC2H5)3  über  das  Bioxymethylmethan  CHaCOCHg), .  Die  letztere  Ver- 
bindung ist  nur  halb  so  giftig  wie  die  erstere. 

•)  E.  Fischer  und  Mering,  Therap.  d.  Gegenw.   1903,  Märzheft,  97. 
°)  E.  Fischer  und  Mering,  Med.  Klinik  1905,   1327. 

'■')  E.  Fischer  und  Mering,  Therap.  d.  Gegenw.  45,  April  (1904).  —  Molle  und 
Kleist,  Arch.  d.   Pharmaz.   34ä,  401. 

*)  M.  Albanese,   Arch.   di  chim.  e  farm.   5,  9,  417. 


Schlafmittel,  deren  Wirkung  auf  der  Gegenwart  von  Alkyl  berulit.  495 

Orthoameisensäureäthylester  (Methenj'ltriäthyläther) 

OC^H, 

CH^OC^Hs 

OC2H5 

wird  von  Chevalier i)  als  Aiitispasmodicum,  sowie  gegen  Husten  empfohlen. 

Die  Äther  der  zweiwertigen  Alkohole  scheinen  im  allgemeinen  weniger  zu 
anästhesieren  imd  gefährlicher  zu  sein  als  die  der  einwertigen. 

Eine  feste  Bindung  der  Äthylgruppc  als  Äthoxygruppe  verleiht  einer 
großen  Menge  von  Substanzen  narkotische  Wirkungen,  wr  wollen  hier  nur  an 
die  narkotische  Wirkung  des  Äthoxycoffeins  und  an  die  analgetische  Wirkung 
des  Phenacetins  erinnern. 

Weim  man  den  Äthylgruppen  eine  gewisse  Resistenz  gegen  die  oxydativen 
Einflüsse  des  Organismus  in  der  W^eise  verleiht,  daß  man  sie  in  nicht  leicht 
abzusprengende  Verbindmigeii  bringt,  so  erhält  man  meist  schon  in  kleinen 
Dosen  wirksame  Sclilaf mittel,  deren  Wirkung  nur  auf  den  darin  enthaltenen 
Äthylrest  sich  beziehen  läßt. 

G.  Fuchs  und  Ernst  Schnitze^)  finden,  daß  Dimethyiketon,  Methyl- 
äthylketon,  Methylpropylketon ,  Diäthylketon,  ÄthyljDropylketon  luid  Dijiro- 
pylketon  in  2-g-Dosen  bei  Hunden  unwirksam  sind. 

Dimethyiketoxim  hat  eine  geringe  sedative  Wirkung,  Mtthyläthylketoxim 
macht  in  20  Minuten  einen  zweistündigen  iSclilaf,  Methj'Ipropylkctoxim  in 
der  gleichen  Zeit  einen  3 — 4stündigen  Schlaf  und  Äthylpropylketoxim  einen 
5 — ßstündigen  Schlaf.  Äthylpropylketoxim  macht  in  einigen  Minuten  einen 
äußerst  tiefen  Schlaf  und  nach  2  Stunden  Krämpfe.  Nach  17  Stunden  war  das 
Tier  noch  sehr  benommen.  Dipropylketoxim  macht  einen  7  Stunden  währenden 
Schlaf.  Die  beiden  letzteren  Verbindmigen  wirken  stark  ätzend  und  darm- 
reizend. Beim  Menschen  macht  Methyläthylketoxim  Magendarmkrämpfe  mid 
Durchfall. 

Dipropylacetaniid  macht  im  Gegensatz  zum  Diäthylacetamid  schon  in 
kleineren  Dosen  Schlaf,  aber  auch  Diäthylacetamid  macht  eine  leichte  hyp- 
notische Wirkung.  In  seiner  Wirkung  auf  Hunde  wird  Diproj)ylacetamid  nur 
von  Veronal  übertroffen. 

Dipropylacetäthylamid  macht  Idonische  und  tonische  Krämpfe.  Dipro- 
pylacetdiäthylamid  hingegen  zeigt  gar  keine  Wirkung. 

Orthoketoiiilthyläther  („ij  •  ('(OCoHjlo    uii-kcii    weder    hypnoti.sc-ii ,    noch    sonst   pliy- 

.siologiscli^).  "■'^2/2  '       "  

"         '  R    OR 

Orthoketonätlier*)  der  allgemeiueii  Formel         C         orhält  man,  wemi  man  die  .salz- 

/\ 
Rj  OR 
saiiiuu  Aminoester  der  von  Ameisensäure  verschiedenen  aliphatischen  oder  der  alipliatiscli- 
aromatisehen  Säuren  auf  Ketone  in  Gegenwart  von  Alkoholen  einwirken  läßt.    Man  erhäh 
so  Acetale  aus  Methyläthylketon  und  den  hiimologen  Ketonen. 

Die  hypnotischen  Eigenschaften  des  Dimethyläthylcarbinols  suchte  Karl 
Goldschmidt  mit  denen  der  schwach  schlafmachend  wirkenden  Opiansäure^) 
durch  Synthese  des  Esters  zu  verbinden.  Es  geUngt,  Opiansäureester  der  ter- 
tiären Alkohole  darzustellen,  und  zwar  solche  der  j'-Oxylaktonformel  durch 

1)  Repert.  de  pharmacie  1907,  Nr.  0,'  271. 

'-)  Münch.   med.   Wochenschr.   190-1,    1102,  Nr.  25.  ')  BB.   40.  .3024  (1907). 

^)  Edgar  Heß,  KöUi,  DRP.   197  804.  ^)  AePP.   r»,   190. 


496  Sililiifmittol  \mf1  Tnhalationsanaesthetica. 

Kochen  der  Säure  mit  Alkohol  und  Eingießen  der  Flüssigkeit  in  verdünnte 
Sodalösung^).    Die  Reaktion  verläuft  nach  folgender  Gleichung: 


AOCHj       CH3  /,0CH3 

CjHj^COOH  +  CH3-)C  •  OH  =  H,0  +  CV.H:f  CO^O 

^CHO        C„Hj  '  "  ~  CH— O  ■  C^CHa 


.CH, 


OH 

Isovaleramid    j-ijj'>CH  •  CHj  ■  CO  ■  NHj    macht    in    1-g-Dosen    einen    hj'p- 

noseähnlichen  Zustand  bei  Kaninchen  mid  Katzen,  ohne  richtigen  Schlaf  zu 
erzeugen. 

Das  höhere  homologe  /^-Diäthylpropionsäiireamid 

n^S'>CH   CH,  •  CO  •  NH, 

macht  in  Dosen  von  0.2 — 0..5  g  pro  kg  bei  Hunden  und  Katzen  Schlaf. 

/i-Methylpropionsäureamid  und  Di-n-iirojjj'lpropionsäurcamid  machen 
ebenfalls  Hypnose.  Ersteres  wirkt  schwächer,  letzteres  stärker  als  /5-Diäthyl- 
propionsäu  ream  id . 

Diäthylacctannd  und  Dipropylacetaniid  wirken  schwach  hypnotisch.    Viel 

C2H5 
intensiver    wirkt    Triäthylacetamid   CjjHj^C  ■  CO  •  NHj .     Die    Einführung    von 

C2H5 
zwei  Amyl-  oder  Benzylgi'uppen  in  das  Acetamidmolekül  begünstigt  nicht  die 
schlafniachende  Wirkinig.  Der  Phenylrcst  hingegen  verleiht,  wenn  er  neben 
einem  oder  zwei  Alkylradikalen  an  einem  Kohlenstoff  steht,  dem  Aniidkomplex 
stark  hjTOTotische  Eigenschaften.  In  dieser  Kombination  erweist  sich  wieder 
die  Methylgruppe  weniger  wirksam  als  die  Äthylgruppe.  Das  Propylradikal 
verstärkt  die  Wirkung  noch  etwas,  beeinflußt  aber  den  Effekt  inigünstig,  weil 
die  (riftigkeit  sowie  die  Länge  des  Exzitations.stadiums  ansteigt. 

Die  Verdoppelung  des  Phcnylrcstes  z.  B.  im  Diphenylacetamid  erhöht  die 
Wirksamkeit  nicht.  Diäthylphenylacetamid  ist  sehr  sicher  wirksam.  Beim 
Menschen  werden  a))cr  alle  tliese  substituierten  Säiu-eamide  im  Stoffwechsel 
sehr  rasch  abgebaut,  rascher  als  bei  den  Versuchstieren. 

Ähnlich  wird  Zimtamid  bei  Hunden  und  Kaninchen  verschieden  rasch 
abgebaut^). 

Diäthylacctyldiäthjdamid  übt  auf  Tiere  eine  erregende  und  temperatur- 
erhöhende Wirkung  aus. 

Man  erhält  es  clui'ch  Einwü-kung  von  Diätliylacetylchlorid  auf  Diätliylamin  als 
eine  ölige,  mentholartig  riechende  und  sehmeokende  Flüssigkeit'^). 

Die  /)'-/)'-dialkylieiten  Propionsilmeu,  ihre  Ester,  Aiuide  luid  Ureide  sollen  geschmack- 
lose, gilt  wirkende  Sedati\a  sein,  xvelcho  die  Eigenschafton  der  Isovaleriansäurederivate 
im  erhöhten  Maße  zeigen.  Diese  Säuren  werden  in  üblicher  Wei.se  in  die  Ester,  Amide 
oder  l^reidi^  übergefülut.  Heschrieben  ist  Diätliylpropionsänreamid  aus  dem  Chlorid  und 
Ammoniak  dargestellt,  ferner  Diäthylpropionylharnstoff  aus  Harnstoff  und  dem  Chlorid 
und   Diäthylpropionsäurementholester''). 

Die  Halogenide  der  entsprechenden  Dialkylcarbinole  kondensiert  man  mit  Alkali- 
cyanessigestorn,  und  die  so  erhältlichen  Produkte  werden  in  beliebiger  Reihenfolge  ver- 
seift, in  das  Amid  übergeführt  tind  aus  ihnen  Kohlensäure  abgespalten*). 

Die  Säuren  der  Fettieihe  besitzen  wahrscheinlich  infolge  des  Vorhanden- 
seins der  Carboxylgruppe  keine  narkotische  I^ffekten. 

Hingegen  macht  die  Alkylgruppe  in  Esterbindung  Schlaf.    Urethan   ist 

>)  DRP.   97  .WO.  =)  Impens,  Dtsch.   med.   Wocliensehr.    l»ia,  Nr.  20. 

^)  Kalle,    Biebrich,  DRP.    IfiS  4.'>1.  ■•)   Baver,  DRP.   222  80». 

'•)  DRP.   22S(1(>7,   Zusatz  zu   DRP.   222  809. 


Schlafmittel,  deren  Wirkung  auf  der  Gegenwart  von  Alkyl  berulit.  497 

■Carbaminsäureäthylester  NHj  •  COO  •  C2H5  .  Es  wirkt  stark  narkotisch,  ohne 
auf  den  Blutdruck  einen  im  Vergleich  zu  Chloralhydrat  nennenswerten  Ein- 
fluß auszuüben.  Während  Chloralhydrat  die  Ursprünge  der  Grefäßnerven  sehr 
energisch  lähmt,  affiziert  Urethan*)  sie  nicht  in  demselben  Sinne.  Urethan, 
dessen  Wirkung  nur  auf  dem  Vorhandensein  der  einen  Äthylgruppe  in  Ester- 
bindung beruht,  gehört  zu  den  schwächeren  Schlafmitteln.  Binet^)  hat  ver- 
gleichende Untersuchungen  über  verschiedene  Glieder  der  Urethanreihe  ange- 
stellt und  gefunden,  daß  die  ersten  GUeder  der  Urethanreihe,  Methylurethan 

OC<Q„X    und    Äthylurethan   OC<q„^  ,     Urethan     schlechtweg     genannt, 

um  so  wirksamer  sind,  je  höher  das  Molekulargewicht  ihres  Alkylradikals  ist. 
Führt  man  in  die  NHj-Gruppe  der  Urethane  eine  Acetylgruppe  ein,  so  wird  die 
physiologische  Eigenschaft  nicht  modifiziert,  aber  die  Giftigkeit  wird  um  das 
betreffende  Substanzgewicht  herabgesetzt. 

Bei  Warmblütern  sind  die  relativen  Giftigkeiten:  Acetylmethylurethan  1, 
Acetyläthylurethan  l^/j,  Methylurethan  2,  Äthylurethan  4.  Die  molekulare 
Giftigkeit  (als  solche  bezeichnet  Binet  die  toxische  Dosis  dividiert  durch  das 
Molekulargewicht)  sinkt  in  gleicher  Weise  diu-ch  Einführung  des  Essigsäure- 
radikals in  die  Amidgruppe  der  Urethane. 

Methylpropylcarbinol urethan,  Hedonal  genannt,  soU  doppelt  so  stark 
wirken  wie  Urethan  3).  Die  Dosis  ist  doppelt  so  groß  wie  die  des  Chlorals.  Es 
tritt,  wie  bei  allen  Urethanen,  rasch  Angewöhnung  ein.  Überdies  wirkt  es  stark 
diuretisch,  wie  alle  Urethane. 

Die  hypnotische  Wirkmig  gewisser  Urethane  sekundärer  Alkohole  soll 
wesentlich  intensiver  sein. 

Solche  Urethane')  des  Methyläthylcarbinol,  Äthylpropylcarbinol,  Athylisopropyl- 
carbinol,  Methylbutylcarbinol  und  Dipropylcarbinol  werden  dargestellt,  indem  man  Harn- 
stoff oder  besser  dessen  Salze  in  der  Wärme  auf  die  genannten  Alkohole  einwirken  läßt, 
wobei  gemäß  der  Gleichung: 

0C<^:.NH03+  ^«•^<=0C<r6H<^  -|-NH,N03 

die  UrethanbUdung  stattfindet. 

Diese  Urethane  erhält  man  auch  durch  Behandlung  der  Chlorkohlensäureester  der 
betreffenden  sekundären  Alkohole  mit  Ammoniak  oder  indem  man  Harnstoffchlorid  auf 
die  betreffenden  Alkohole  einwirken  läßt^). 

Ferner  kann  man  sie  erhalten  durch  Einwirkung  von  Chlorcyan  oder  Cyansäure 
auf  diese  Alkohole  oder  durch  Behandlung  der  neutralen  Kohlensäureester  der  Alkohole 
mit  Ammoniak.  So  erhält  man  Methylpropylcarbinolurethan,  Methyläthylearbinol- 
urethan^). 

Nach  den  oben  beschriebenen  Verfahren  lassen  sich  auch  Methyl-a-methylpropyl- 
carbinolurethan  und  Methyl-a-äthylpropylcarbinolurethan  und  Athylisobutylcarbinol- 
urethan  darstellen'). 

Das  DarsteUungsverfahren  wurde  auch  dahin  abgeändert,  daß  man  statt  auf  die  ein- 
fachen Kohlensäureester  der  betreffenden  sekundären  Alkohole   auf  die  gemischten  Ester 

OR 

der  allgemeinen  Formel  OC<p,T>  (worin  R  Radikal  eines  sekundären  Alkohols,  Rj  ein  be- 
liebiges Alkylradikal  von  geringerem  Molekulargewicht  als  R  bedeutet)  Ammoniak  einwir- 
ken läßt«). 

Die  hypnotische  Wirkung  des  Piperonalbisurethans  ist  auf  das  Vorhanden- 
sein von  zwei  Äthylgruppen  und  von  zwei  Carbonylgruppen  zurückzuführen, 
gleichzeitig  ist  es  wahrscheinhch,  daß  der  saure  Magensaft  die  Substanz  in 


1)  O.  Schmiedeberg,  AePP.  30,  20G.     =)  Rev.  med.  Suisse  Romand.  1893,  540,  628. 

ä)  H.  Dreser,  Wien.  klin.  Wochensclir.   1899,  1007.  •")  DRP.   114  396. 

5)  DRP.   120  863.  «)  DRP.   120  864.  ')  DRP.   120  865.  ')  DRP.   122  096. 

Fränkel,  Arzneimittel-Synthese.     5.  Aufl.  32 


498  Schlafmittel  und  Inhalationsanaosthetica. 

Piperonal  und  Urethan  spaltet.    Man  findet  im  Harn  Urethan,  Piperonal  und 
Piperonylsäure^).  CH3 

Amylencarbamat   NHj  •  CO  ■  O  .  O^CHg      dm'ch     Einwirkung      von     Harn- 

C2H5 
stoffchlorid  auf  Amylenhydrat  erhalten,  Aponal  benannt,  ist  hypnotisch  wirk- 
sam.   Es  ist  ein  mildes  Schlafmittel. 

Man  erhält  Carbaminsäureester  tertiärer  Alkohole  durch  Einwirkung  von  Harnstoff- 
chlorid auf  Metallverbindungen  tertiärer  Alkohole.  So  erhält  man  Amylenhydraturethan 
[Aponal^)]. 

Man  kann  diese  Ester  auch  gewinnen,  wenn  man  Harnstoffchlorid  statt  auf  die 
Metallverbindung  tertiärer  Alkohole  auf  diese  selbst,  in  Gegenwart  von  salzsäurebindenden 
Mitteln,  wie  Dimethjianilin  oder  Soda,  einwirken  läßt^). 

Halogenameisensäureester  hydroxylierter  Verbindungen  erhält  man,  wenn  man  auf  die 
nicht  wässerigen  Lösungen  dieser  Verbindungen  Phosgen  einwirken  läßt  und  die  entstehende 
Salzsäure  fortwährend  neutralisiert  wird  oder  durch  Zusatz  von  tertiären  Basen  abstumpft*). 

Bei  der  Darstellung  von  Derivaten  tertiärer  Alkohole  hält  man  Temperaturen  unter  0° 
ein  und  vermeidet  bei  der  Aufarbeitung  Wasser  oder  andere  Halogenwasserstoff  ent- 
ziehende Agenzien^). 

Man  kann  diese  Halogenverbindungen  mit  Ammoniak  und  Aminen  glatt  zur  Reak- 
tion bringen  und  gelangt  zu  XJrethanen  tertiärer  Alkohole,  welche  Schlafmittel  sind^). 

Beschrieben  ist  die  Darstellung  des  Dimethylacetylcarbinolurethans,  des  Dimethyl- 
acetylcarbinoläthylurethans,  des  Methyldiäthylcarbinolurethans,  des  Dimethyläthylcar- 
binolphenylurethans,  des  Dimethyläthylcarbinohnethylphenylurethans  und  des  Dimethyl- 
äthylcarbinol-p-äthoxyphenylurethans. 

Carbaminsäureester  erhält  man,  wenn  man  Glykoläther  der  Formel  OH  •  CHj  -  CHj 
•  OR ,  worin  R  einfache  oder  substituierte  Arylradikale  bezeichnet,  nach  den  hierfür  üb- 
lichen Methoden  in  die  entsprechenden  Urethane  überführt.  So  dargestellte  Verbindungen 
sollen  ganz  hervorragende  antipjTetische  und  analgetische  Wirkungen  besitzen'). 

Man  läßt  auf  diese  Glykoläther  entweder  Phosgen  imd  Anmioniak  bzw.  ein  einfaches 
oder  substituiertes  Amin  einwirken,  oder  setzt  sie  mit  Harnstoffhaloiden  lun,  oder  man  läßt 
Harnstoff  oder  dessen  Salze  oder  Cyanhaloid  auf  die  Glykoläther  emwirken.  Oder  man 
bringt  die  Ameisensäureester  oder  Cyankohlensäureester  der  Glykoläther  oder  deren  Car- 
bonate  zur  Reaktion  mit  Ammoniak  oder  primären  luid  sekimdären  Aminen.  So  wvirden 
dargestellt  Phenoxyäthylurethan  und  ihm  homologe  Verbindungen. 

Man  erhält  Schlafmittel,  indem  man  Glycerintrialkyläther,  deren  Alkylgruppen  sämt- 
lich oder  zum  Teil  voneinander  verschieden  sind,  durch  Einführung  der  entsprechenden 
Alkylgruppen  in  Glycerinmonoalkyläther  oder  Glycerindialkyläther  erzeugt.  Glycerintri- 
äthyläther  wirkt  auf  den  Organismus  nicht  schlafmachend,  angeblich  aber  die  'olgenden 
Substanzen :  Glycerin-a-a-dimethyl-/i-äthyläther ,  Glycerin-a-a-dimethyl-/?-propyläther, 
Glycerin-a-a-diäthyl-p'-methyläther,  Glycerin-a-äthyl-a-/!)-dimethyläther,  Glycerin-Oi-«-di- 
äthyl-/^-propyläther,  Glycerin-a-propyl-a-/y-dimethyläther,  Glycerin-a-  methyl-a-/)'-diäthyl- 
äther,  Glycerin-a-a-dimethyl-/J-benzyläther,  Glycerin-a-äthyl-a-propyl-/S-methyläther^). 

Die  Ureide  der  Dialkylessigsäure^),  wie  Diäthylacetylhamstoff,  Dipropylacetylharn- 
stoff,  Methyläthylacetylharnstoff  erhält  man,  wenn  man  ein  Glemenge  von  Dialkyhnalon- 
säure  (mit  Ausnahme  der  Dirne thy Imalonsäure )  und  Harnstoff  mit  Phosphoroxychlorid  oder 
ähnlieh  wirkenden  Säurechloriden  behandelt  oder  ein  Gemisch  von  Dialkylmalonsäure 
(mit  Ausnahme  der  Dimethylmalonsäure  und  Harnstoff  dvu-ch  Behandlung  mit  rauchender 
Schwefelsäure  zu  Ureidodialkylmalonsäure  kondensiert  und  diese  dann  durch  Erhitzen 
in  Kohlensäure  und  Dialkylacetylharnstoff  spaltet. 

Amide  und  Ureide  der  Arylalkoxyessigsäuren  haben  bei  geringer  Giftigkeit  wertvolle 
hypnotische  und  sedative  Eigenschaften.  Diese  Eigenschaften  sind  den  entsprechenden 
Mandelsäurederivaten  gegenüber  erheblich  verstärkt,  so  daß  der  Athergruppe  ein  wesent- 
licher Einfluß  zukommt.  Aus  Phenyläthoxyessigsäureäthylester  wird  beim  Schütteln  mit 
Ammoniak  Phenyläthoxyacetamid  gebildet.  Analog  erhält  man  Phenylmethoxyacetamid, 
p-Tolyloxyäthylacetamid,  o-Chlorphenyloxalylacetamid,  Phenyloxalylacetamid.  Aus  Phe- 
nyloxyphenylessigsäurechlorid  und  Ammoniak  erhält  man  Phenyloxyphenylacetamid,  aus 
Phenyloxyphenylessigsäurechlorid  und  Harnstoff  erhält  man  Phenyloxyphenylacetureid*"). 


1)  G.   Bianchi,  BoU.   Chira.   Farm.   S,"?,   324  (1914).  ^)  DRP.   245  491. 

S)  DRP.  246  298.  *)  DRP.  251  805.  ^)  DRP.  254  471,  Zusatz  zu  DRP.  251  805. 
')  DRP.  254  472.  ')  DRP.  269  938.  «)  Böhringer,  Waldhof,  DRP.  226  454. 
«)  DRP.    144  431.  1»)  DRP.   256  756. 


Schlafmittel,  deren  Wirkung  atif  der  Gegenwart  von  Alkyl  beruht.  499 

Acyliert«  Harnstoffe  gehen  beim  Erwärmen  mit  Formaldehyd  und  sekundären  Basen 
in  basische  acylierte  Hamstoffderivate  gemäß  der  Gleichung: 

R  •  CO  •  NH  •  CO  •  NHj  +  CHjO  +  NHRiR^  =  H^O  +  R  •  CO  ■  NH  •  CO  -NH  •  CHj  •  NRjRj 
über. 

Die  basischen  acylierten  Harnstoffderivate  entstehen  auch,  wenn  man  die  Reaktions- 
produkt« von  Formaldehyd  und  sekundären  Basen,  die  Dialkylaminomethylalkohole, 
RRj  •  N  •  CH^  •  OH  oder  die  Tetraalkyldiaminomethane  CH2(NRRj)2  auf  die  acylierten 
Harnstoffe  einwirken  läßt.  Man  erhält  aus  Isovalerylhamstoff  durch  Einwirkung  von 
Piperidin  und  Formaldehyd  oder  von  Methylenbispiperidin  den  Isovalerylpiperidylmethyl- 
hamstoff  C^Ha  •  CO  •  NH  •  CO  •  NH  •  CH^  •  NCjHjo;  femer  ist  beschrieben  Isovaleryl- 
diäthylaminomethylharnstoff,  Diäthylacetylpiperidylmethylhamstoff  und  Camphersäure- 
dipiperidylmethyldiureid  ^). 

Urethane  der  Phenolglycerinäther  erhält  man,  wenn  man  die  Glycerinäther  der  Phe- 
nole in  üblicher  Weise  in  entsprechende  Urethane  überführt.  Sowohl  die  Phenolgruppe 
als  auch  die  Aminogruppe  der  Urethane  läßt  sich  durch  homologe  imd  Substitutionspro- 
dukte ersetzen.  Aus  dem  Carbonat  des  Phenolglycerinesters  erhält  man  mit  wässerigem 
Ammoniak  das  entsprechende  Urethan.  Ebenso  sind  beschrieben  das  Urethan  aus  dem 
Carbonat  des  2-Chlor-4-kresolglycerinäthers,  femer  ein  Urethan,  das  man  mit  Äthanolainin 
aus  dem  Chlorkohlensäureester  des  a-a-Diphenylglycermäthers  erhält  2). 

Verbindungen  von  Urethanen  und  Diurethanen  mit  Calcium-  oder  Strontiumbromid 
erhält  man,  wenn  man  Urethane  mit  diesen  Bromiden  in  einem  geeigneten  Lösungsmittel 
im  molekularen  Verhältnis  1  :  4  mehrere  Stunden  lang  erhitzt.  Beschrieben  sind  die 
Doppelverbindungen  von  Athylurethan  mit  Bromcalcium,  Athylurethan  mit  Strontium- 
bromid, Methylendiurethan  mit  Bromcalcium.  Diese  Stoffe  soUen  als  Schlafmittel  Ver- 
wendung finden^). 

Calmonalist  Bromcalciumurethan  (CaBrj  •  4  [NH2  •  CO  •  0  •  C2H5]  +  HjO). 
Es  wird  als  Sedativum  empfohlen. 

Alle  Körper  der  Urethanreihe  wirken  durch  Narkotisierung  des  Zentral- 
nervensystems mit  Erhaltung  aller  lebenswichtigen  Funktionen.  Bei  toxischen 
Dosen  erhegen  die  Tiere  im  Kollaps  unter  Abkühlung  und  Herzschwäche. 

Cyanursäure  ist  im  Organismus  nicht  wirksam  und  wandelt  sich  wahrscheinlich 
in  Harnstoff  um,  indem  sie  sich  entweder  mit  3  Molekülen  Ammoniak  verbindet 
oder  indem  eine  Hydratation  stattfindet.  Von  den  beiden  Äthyläthem  der  ge- 
namiten  Säure  besitzt  nur  der  normale  (CN)3(OC2H5)3  narkotische  Eigenschaften. 

Urethan  geht  auch  in  großen  Dosen  verabreicht  nicht  in  den  Harn  über, 
sondern  wandelt  sich  wahrscheinlich  in  derselben  Weise  wie  Cyanursäure  in 
Harnstoff  um. 

Diurethan  NH(COO  •  CjHjjj  ist  weit  stärker  narkotisch  als  Urethan. 

Zur  Darstellung  von  Allophansäureestem*)  werden  tertiäre  Alkohole  in  der  üblichen 
Weise  in  Allophansäureester  übergeführt.  Diese  Ester  besitzen  vor  ihren  Alkoholen  wert^ 
volle  Eigenschaften.  Die  Nachteile  (flüssige  Konsistenz  vmd  unangenehmer  Geschmack) 
des  Amylenhydrats  werden  z.  B.  durch  die  Überführung  in  den  Allophansäureester  völlig 
getilgt.  Allophansäureamylenhydratester  C^HjC(CH3)2  •  O  •  CO  •  NH  •  CO  •  NHj  ist  fest 
und  ganz  geschmacklos  und  soll  wie  Amylenhydrat  als  Hypnoticum  dienen. 

Alles  weist  darauf  hin,  daß  die  Schlafmittel,  welche  den  Äthylrest  in  einer 
festen  Bindung  enthalten,  Hypnotica  von  sicherer  Wirkung  sind,  Hypnotica, 
welche  durch  den  Mangel  schädlicher  Nebenwirkungen  auf  das  Herz  und  die 
Respiration  dem  Chloralhydrat  und  seinen  Derivaten  vorzuziehen  sind. 

In  der  als  Mittel  gegen  Frauenleiden  viel  gebrauchten  Rutacee,  Fagara 
xanthoxyloides  Lam,  fanden  H.  Thoms  und  F.  Thümen^)  Fagaramid  = 
Piperonylacrylsäureeisobutylamid 

^QCH,0H.CO.N<H^_.^^,CH. 
CH  I    O 


1)  Einhorn,  DRP.  284440.       ")  Bayer,  DRP.  284975.      ^)  Gehe,  DRP.  284734. 
*)  Chem.  Werke   Dr.  H.  Byk,  Charlottenburg,  DRP.  226  228. 
5)  BB.  44,  3717  (1911).  —  BZ.  38,  492  (1912). 

32* 


500  Schlafmittel  und  Inhalationsanaesthetica. 

Nach  den  Untersuchungen  von  R.  Kobert  und  E.  Rost  ■wirkt  dieses  auf 
Kaltblüter  narkotisch,  auf  Säugetiere  gar  nicht.  Vielleicht  kommt  ihm  auch 
Krampf  Wirkung  zu. 

Trotzdem  war  die  Auffindung  einer  durch  lange  Zeit  sehr  wichtigen  Gruppe 
der  hypnotischen  llittel,  deren  Wirkung  auf  Aikyhesten  beruht,  nicht  etwa 
Sache  der  Überlegung,  sondern  vielmehr  einem  Zufalle  i)  zu  verdanken,  und  die 
Theorie  war  hier  die  Tochter  und  nicht  die  Mutter  der  Erfindung. 

Bei  Verfütterung  von  Sulfonal  an  Tiere  machten  E.  Bau  mann  und  Käst 
die  grundlegende  Beobachtung,  daß  dieser  Substanz  hjrpnotische  Eigenschaften 
zukommen. 

Hierauf  untersuchten  E.  Baumann  und  Käst 2)  eine  große  Reihe  von 
Sulfonen,  von  denen  Sulfonal  und  Trional  lange  Zeit  in  der  Therapie  eine 
große  RoUe  spielten. 

Es  zeigten  sich  hierbei  folgende  interessante  Umstände: 

Disulfone,  in  welchen  die  Sulfongruppen  an  verschiedenen  Kohlenstoff- 
atomen gebunden  sind,  sind  unwirksam: 

1.  Diäthylsulfon  (C2H5)2S02  ist  unwirksam  und  wird  größtenteils  un- 
verändert ausgeschieden.         Qg_^ .  go  .  c  H 

2.  Äthylendiäthylsulfon    I    '  ist    wirkimgslos    und    wird    un- 

CM2  ■  SO2  •  C'gHj 
verändert  im  Harn  ausgeschieden. 

3.  Methylendimethylsulfon  CH2<gQ2 '  ^^3  jg^  unwirksam,  tritt  imver- 
ändert  im  Harn  auf. 

4.  Methylendiäthylsulfon    CHj<|52-C2H5  g^enso. 

so      PTT 

5.  Athylidendimethylsulfon  CH3  ■CH<gQ2 '^^3  ebenso. 

6.  Äthylidendiäthylsulfon  CH3  •  CHCSO,  •  C2H5)2  zeigt  ähnliche  Wirkung 
wie  Sulfonal,  manchmal  Zirkulationsstöriuigen. 

7.  Propylidendimethylsulfon  '^''^>C<so^ ;  q^^  hat  geringe  Wirkung,  es 
wird  zum  Teil  ausgeschieden. 

8.  PropyUdendiäthylsulfon  ^^>  C  <so'' !  c^h^  macht  Schlaf,  hat  toxische 
Wirkung,  es  bewirkt  regelmäßige  Atmimg. 

OTT  SO      OTT 

9.  DimethylsuHondimethylmethan  pgä>C<gQ2' ^~,-g' ist  ohne  jede  Wirkung, 
im  Harne  tritt  aber  kein  unverändertes  Disidfon  auf. 

P  TT  SO      PTT 

10.  DimethylsuHonäthylmethyknethan  ch^>*-'"^SO^  ■  Ch'  macht  wenig 
Schlaf,  geringe  Spuren  unveränderten  Disidfons  erscheinen  im  Harne. 

P  TT  SO      PTT 

11.  Dimethylsulfondiäthylmethan  cS^-^  ^  *^SO^  ■  CH^  '^*  ^^^  ^^°^  ^^°" 
meren  Sulfonal  nur  dadurch  verschieden,  daß  die  Äthyl-  vmd  Methylgruppen 
in  dem  letzteren  ihre  SteUmig  gewechselt  haben;  das  umgekehrte  Sulfonal  hat 
die  gleichen  Wirkungen  wie  das  wirkhche.  Im  Harne  kann  man  nur  Spuren 
imveränderter  Substanz  nachweisen. 

12.  Sulfonal  (DiäthylsulfoncUmethylmethan)  cH>'^<So!"cH  erzeugt 
Schlaf  nach  größeren  Dosen,  stärkere  Bewegmigsstönmgen  und  Rauschzustand 
nach  größeren  Dosen,  geringe  Mengen  treten  unverändert  im  Harn  auf. 

13.  Trional  (Diäthylsulfonmethyläthylmethan)  ^(^'>  C <so; ".  c'h' ■  ^^® 
Wirkung  ist  stärker  als  bei  Sulfonal  und  länger  andauernd.    In  Substanz  ge- 


»)  Berl.  klin.  Wochenschr.   1888,  Nr.  10.  «)  HS.   14,  52189)  0). 


Schlafmittel,  deren  Wirkung  auf  der  Gegenwart  von  Alkyl  beruht.  501 

geben  ist  die  Wirkung  schwächer,  dafür  tritt  ein  langandauemder  Rausch- 
zustand ein.  ^  ^  SO  ■  C  H 

14.  Tetronal  (Diäthylsulfondiäthj^Imethan)  (-;^H^>f'<SO^ .  cV  ''^^  schwer 
lösUch;  es  hat  die  stärkste  h3rpnotische  Wirkung  unter  allen  Disulfonen. 

Methylen-  und  Äthylendiäthylsulfone  passieren  den  Organismus  unzer- 
setzt  und  sind  daher  unwirksam.  Methylensulfone  werden  zersetzt,  Keton- 
disulfone  werden  am  vollständigsten  umgewandelt. 

Es  besteht  ein  Unterschied  zwischen  dem  Verhalten  dieser  Verbindungen 
gegen  chemische  Agenzien  und  im  Organismus:  die  chemisch  labilsten  Sulfone 
sind  im  Organismus  unzersetzbar,  während  die  chemisch  resistentesten  (z.  B. 
Sulfonal)  im  Organismus  oxydiert  werden.  Es  besteht  hier  eine  Analogie  mit 
der  Bernsteinsäure,  welche  der  Einwirkung  warmer  konzentrierter  Salpeter- 
säure widersteht,  aber  im  Organismus  verbramit  wird ;  anderseits  werden  leicht 
oxydable  Substanzen,  wie  Kreatinin,  Harnsäure,  Kohlenhydrate  u.  a.,  der 
Oxydationswirkung  im  Organismus  entzogen.  Unter  den  Disulfonen,  welche 
durch  den  Stoffwechsel  zerlegt  werden,  smd  nur  diejenigen  wirksam,  welche 
Äthylgruppen  enthalten. 

Die  Intensität  der  Wirkmig  der  einzelnen  Disulfone  ist  durch  die  Zahl  der 
in  ihnen  enthaltenen  Äthylgruppen  bedingt. 

Bei  der  Wirkvmg  ist  die  Gruppe  SOg  als  solche  miwesentUch,  ferner  sind  die 
tertiär  oder  quaternär  an  Kohlenstoff  gebundenen  Äthylsulfongruppen  (SOg 
•  C2H5)  je  einer  in  gleicher  Kohleustoffbindmig  befindlichen  Äthylgruppe 
äquivalent ;  in  einer  gewissen  Bindung  besitzt  die  Äthylgruppe  eine  bestimmte 
pharmakologische  Bedeutung,  welche  unter  gleichen  Bedingungen  die  Methyl- 
gruppe nicht  zeigt. 

Nicht  immer  zeigen  Methyl-  und  Äthylgruppen  solche  Differenzen,  Methyl- 
und  ÄthylanUin  und  Methyl-  luid  Äthylstrychnin  zeigen  gar  keine  Differenz 
in  der  Wirkung,  aber  hier  sind  die  Alkylreste  an  Stickstoff  gebunden. 

Die  wirksamen  Körper  dürfen  zum  Zustandekommen  der  hypnotischen 
Wirkmig  nicht  zu  leicht  zerfallen,  sonst  sind  solche  Körper  trotz  der  Äthyl- 
gruppe und  der  Zersetzung  wieder  unwirksam,  z.  B.  Diäthylsulfonacetessigester 

OH 

(CoHj- S02)2C<p-gä^QQ^  jj  macht  gar  keine  hypnotischen  Erschemungen. 
Im  Harne  ist  keine  Spur  der  Substanz  zu  finden. 

Diäthylsulfonäthylacetessigester   (C2H5  •  802)20  <™'C2H5  ist     trotz 

POO  •  P  TT 

des  Gehaltes  von  vier  Äthylgruppen  unwirksam  i).  ^    ' 

Die  Sulfonbindimg  ist  indirekt  an  der  Wirkung  des  Sulfonals  beteiligt,  da 
eine  sehr  feste  Bindung  der  zwei  Äthylreste  zustande  kommt. 

Acetophenondisulfon  2)  (Phenylmethyldiäthylsulfonmethan)  CH3  •  CiSO^ 
■  CjHjjg  •  CgHj  hat  keine  narkotischen  Eigenschaften.  Es  miterscheidet  sich 
vom  Sulfonal  dm'ch  Ersatz  einer  Methylgruppe  durch  CgHg .  Werden  beide 
Methylgruppen  im  Sulfonal  durch  Phenylradikale  ersetzt,  so  entsteht  Benzo- 
phenondisulfon  (Diphenyl-diäthylsulfomethan)  Cfi^  •  €(80^  ■  (-'^11^)2  •  CgHs.  0.5  g 
töten  em  Kaninchen  in  24  Stimden. 

Das  Disulfon  aus  Methyl-n-butylketon 

SO, .  C2H, 
CH3  ■  CHo  •  CH,  •  CH2  ■  C^CHj 

SO2  •  C2H5 

erzeugt  zu  0.5g  bei  Kaninchen  einen  deuthehen  Betäubungszustand,  zu  lg  eine 
anhaltende  tiefe  Betäubung.  Auch  beim  Hunde  macht  es  hypnotische  Wirkung. 
1)  AePP.  53,  90  (1905).  =)  Th.  Posner,  BB.  33,  3169  (1900). 


502  Schlafmittel  und  Inhalationsanaesthetica. 

Das  isomere  Isopropylderivat 

CHj^         ^SOj  •  C2H5 
CH3— C  —  C— CH3 
CH3  SO2  •  C2H5 

wirkt  schwächer. 

Ein  Pulegonderivat  und  ein  Menthonderivat  der  Sulfonreihe  zeigen  keine 
narkotische  Wirkung. 

OH  ^H3.C<^J 

H,cAc.SO,.C2H3  H^cAc/^^^  ■  [:' J' 
L/SO2CÄ  I     JcH      =      '    ' 

CH^^°='-^'-^=  CH 

CH3  CH3 

Äthylidenacetontrisulfon 

CH3  •  CH CHij 

I 

SOj  •  CjHs  SO2  •  C2H5  SO2  •  C2H5 

ist  weder  besonders  giftig,  noch  zeigt  es  irgendwelche  hypnotische  Eigenschaft. 
Triäthylsulfon-1.3-diphenylbutau 

^CH!>^CH2C.CeH3 

ist  aber  giftig. 

Ein  einzehier  Phenylrest  wie  im  2.2.3-Triäthylsulfori-4-phenylbutan 


CeH,-CH- 

•CH2 

— c- 

CH3 

SO2  •  C2H5 

söT 

•C2H5 

"sOj- 

C2H, 

oder 

im 

Allylacetophenonsulfon 

SOj  •  C2H5  SO2  •  C2H5 

~CH' 

1 
SO2 

■CH3 
•C3H, 

ist  ohne  hypnotische  und  ohne  toxische  Wirkung. 

Der  Eintritt  einer  weiteren  Sulfongruppe,  an  ein  anderes  C-Atom  gebunden, 
beeinträchtigt  die  Wirkung. 

Ohne  jeden  Einfluß  in  toxischer  Hinsicht  ist  die  Phenylgruppe  bei  einer 
Reihe  von  Sulfonen,  die  nur  ein  Alkylsulfon  an  einem  C-Atome  tragen,  sich  aber 
außerdem  von  den  zuletzt  besi^rochenen  Körpern  unterscheiden,  daß  eine  CO- 
Gruppe  im  Molekül  enthalten  ist,  so  z.  B.  Benzalpropiophenon 

CH3 
CjHj  •  CH  :  CH  •  CO  •  CeHj, 
SO2  •  CoHj 

ferner  2-Äthylsulfon-l .3-diphenylpropan 

CjHs  •  CH  •  CHj  •  CO  •  CjHj 
SOj  •  C2H5 


Schlafmittel,  deren  Wirkung  auf  der  Gegenwart  von  Alkyl  beruht.  503 

vind  3-Diäthylsulfon-1.5-diphenylpental-4-dieni) 

C5H5  •  CH  •  CHj  •  CO  •  CHj  •  CH  •  CjHj 
SO2  •  C^H.  SO2  •  C2H5 

endlich  Benzaldesoxybenzoin 

CjHj  •  CH  •  CH  •  CO  •  CjHj   . 


Chlorsulfor.al 
und  Äthylsulfonsulfonal 


CjHj  •  SOj^p^CH^Cl 
CjHj-SOj^^^CHj 

C,H5  •  SO2  ■  CHj     „     SO,  •  C2H3 
CH,^'^'=^SO,-CA 


sind  als  Hypnotica  unwirksam;  sie  sind  wenig  lipoidlösUch. 

Ohne  hj'pnotische,  aber  auch  ohne  toxische  Wirkung  sind  solche  keton- 
haltige  Sulfone,  in  denen  am  selben  C- Atome  zwei  Äthylgruppen  stehen^),  z.  B.: 

2.2-Diäthj-lsulfonpentan-3-on 

CH3  -  C  •  CO  ■  CHj  •  CH3 

SOa  ■  CjHä  SO.  •  CjHs 
1  -Pheny!-3-diäthylsulf onbutan 

CHj— C  — CHj  •  CO  •  CjHj 

SO2  •  CjHs  SOj  •  CjHj 
2-I>iäthylsulfon-3-methylpentan-4-on 

CH3 
CH,  •  C  •  CH  •  CO  •  CH, 


Die  zwischengelagerte  CO-Gruppe  hebt  demnach  nicht  bloß  die  hypnotische, 
sondern  auch  die  toxische  Wirkung  der  Substanzen  auf.  Einige  dieser  Ketone 
sind  in  Öl  löslich,  ohne  eine  hj-pnotische  Wirkung  zu  äußern. 

Ein  Körper,  den  man  sich  diu-ch  Zusammentreten  zweier  Moleküle  Sulfonai 
entstanden  denken  kaiui,  ist  ohne  Wirkung.  Es  ist  dies  2.2.5.5-Tetraäthylsul- 
fonhexan 

CHo  *  C  *  CH«  "  CHn  •  C  *  CH, 

SO2  •  CjHj    SOj  ■  CjHj  SO2  •  C2H5  SO,  •  CsHä 

Ebenfalls  ohne  merkliche  Wirkung  sind: 
Äthylisonitrosoacetontrisulfon 

CH3  •  C  ■  CH  ■  NHO  •  CjHs 

SOj  •  CjHj  SOj  •  CjHj   SOj  •  CjHs 

Phthaliminoacetondiamyl-(resp.  diphenyl-)sulfon 

PO 
CH3  •  C  •  CH,  •  N<^>CeHj 

SO^-C^Hii  SOj-C^Hi, 


>)  BB.  34,   1401  (1901).  2)  BB.  33,  2988  (1900). 


504  Schlafmittel  und  Inhalationsanaesthetica. 

Di-/S-diamylsulfonpropylthJohanistoff 

(CHj  •  C  •  CHjj  •  NH)j  •  CSi) 

SOj  •  CjHj  SOj  •  CjHs 

Trotz  des  Nachweises,  daß  es  sich  bei  der  Wirkung  des  Sulfonals  und  des 
Trionals  um  Wirkungen  der  Äthylgruppe  handelt,  wiu-de  das  Zustandekommen 
dieser  Wirkungen  von  V anderlinden  mid  Bück  auf  die  Alkaleszenzver- 
mindenmg  des  Blutes  bezogen ;  den  experimentellen  Nachweis  der  Unrichtigkeit 
dieser  Behauptimgen  hat  Mayser  erbracht. 

Schulz  woUte  hinwiederum  die  Wirkmig  der  Disiilfone  auf  die  ein- 
schläfernde Wirkung  des  Schwefelwasserstoffes  beziehen.  Leberprotoplasma 
kann  angebhch  mit  Schwefel  in  Berührmig  gebracht  Schwefelwasserstoff  er- 
zeugen. Goldmann  zeigte  jedoch,  daß  diese  Angabe  von  Schulz  unrichtig, 
Leberbrei  kann  weder  aus  Schwefel  noch  aus  Sulfonen  Schwefelwasserstoff 
erzeugen.  Schwefelwasserstoff  tritt  erst  beim  Begimie  der  Fäulnis  der  Leber- 
substanz auf,  imd  dessen  Menge  wird  durch  die  Gegenwart  von  Sulfonen  nicht 
vermehrt. 

Von  der  E.  Baumannschen  Regel  schien  nur  das  Dimethylsulfondime- 
thylmethan  eine  Ausnahme  zu  machen,  von  der  Regel  nämhch,  daß  nur  die- 
jenigen Sulfone  im  Organismus  zur  hj'pnotischen  Wirkung  gelangen,  welche 
eine  Zersetzung  in  demselben  erleiden.  Moro  zeigte  aber,  daß  auch  diese  Sub- 
stanz mit  Hilfe  feinerer  Methoden  unzersetzt  aus  dem  Harne  wiedergewonnen 
werden  kami. 

Daß  es  bei  der  Wirkung  der  Disulfone  weseuthch  auf  ihre  Resistenz  im 
Organismus  ankommt,  erweisen  folgende  Beobachtmigen. 

Aus  dem  Äthylmercaptol  des  Acetons 

CI13  S  •  C2H5 

wird  durch  Oxydation  Sulfonal  dargestellt.  Wird  erstere  Substanz  verfüttert, 
so  oxydiert  der  Organismus  nur  einen  sehr  geringen  Teil  derselben  zu  Sulfonal. 
Dagegen  ist  die  Wirkimg  des  Mercaptols  von  der  des  Sulfonals  gänzlich  ver- 
schieden. Mercaptol  ist  selbst  in  der  mehr  als  doppelten  Dosis  des  Sulfonals 
unwirksam.  Sicher  wirkt  es  nicht  schlafmachend  und  auch  der  rauschartige 
Zustand  fehlt. 

Daß  es  keineswegs  eine  Eigenschaft  der  Sulfone  überhaupt  ist,  Schlaf  zu 
erzeugen,  beweist  der  schon  erwähnte  Umstand,  daß  eine  große  Reihe  dieser 
Verbindimgen  unwirksam  ist. 

Die  Krügerschen  Substanzen 

CjHj  -  CH(S02  •  CjHj),     und     (CH3)2  =  C  =  (SOj  •  CH3), 
sind  wertlos. 

Der  Schwefelgehalt  steht  in  keiner  Beziehmig  zu  der  Wirkung  dieser  Ver- 
bindungen. Dem  oxydierten  Schwefel  kommen  keinerlei  narkotische  Eigen- 
schaften zu. 

Sulfonal  wird  technisch  durch  Kondensation  von  Athyhnercaptan  und  Aceton  mit 
Chlorzink  unter  Wasserkühlung  und  Oxydation  des  Mercaptols  mit  überschüssigem  KaUum- 
permanganat  gewonnen.    Es  entsteht  auch  durch  Methylieren  von  Diäthylsulfomethan. 

TrionaF)  kann  man  nach  drei  Methoden  erhalten. 

Man  kondensiert  entweder  Methyläthylketon  mit  Athylsulfhydrat  und  oxydiert  das 
neue  Mercaptol  zu  dem  neuen  Sulfon  oder  stellt  zunächst  Diäthylsulfonmethylmethan  resp. 

1)  H.  Hildebrandt,  AePP.  53,  90  (1905).  •)  DRP.  49  073,  49  366. 


Schlafmittel,  deren  Wirkung  auf  der  Gegenwart  von  Alkyl  beruht.  505 

DiäthylauUonäthylmethan  durch  Kondensation  von  Athylsulfhydrat  mit  Propionaldehyd 
oder  Athylsulfhydrat  mit  Acetaldehyd  und  Oxydation  der  so  erhaltenen  Mercaptole  dar. 
Durch  AthyUerung  oder  Methylierung  dieser  Sulfone  gelangt  man  schließlich  zum  Diäthyl- 
sulfonmethyläthylmethan,  dem  Trional.  Die  Kondensation  wird  bei  diesen  Verfahren 
durch  trockenes  Salzsäuregas,  die  Oxydation  mit  Permanganat  vorgenonamen. 

Tetronal')  gewinnt  man  durch  Kondensation  von  Athylsulfhydrat  und  Diäthylketon 
in  der  Kälte  mit  Salzsäuregas,  das  so  hergestellte  Mercaptol  wird  mit  Permanganat  zum 
Sulfon  oxydiert.     So  erhält  man  Diäthylsulfodiäthylmethan. 

Riedel^)  hat  vorgeschlagen,  zu  den  Kondensationen  von  Aceton  und  Athylmercaptan 
statt  der  von  Bau  mann  angewendeten  Salzsäure  konzentrierte  Schwefelsäure  zu  ver- 
wenden, welche  auch  weiter  zur  Oxydation  dienen  kann,  doch  ist  diese  Methode  technisch 
aus  dem  Grunde  nicht  ausführbar,  da  konzentrierte  Schwefelsäure  auf  Mercaptane  zer- 
setzend einwirkt  und  Aceton  kondensiert. 

Folgendes  Verfahren  sollte  bezwecken,  den  mit  der  Darstellung  von  Mercaptanen 
verbundenen  unangenehmen  Geruch  zu  vermeiden,  welcher  Zweck  aber  nicht  erreicht 
wurde.  Man  wollte  Methyl-  und  Äthylmercaptol  des  Acetons  durch  Einwirkung  von  Salz- 
säure auf  methyl-  und  äthylunterschwefligsavu-es  Salz  und  Aceton  darstellen-). 

Die  Darstellung  von  alkylsulfonsauren  Salzen,  welche  ebenfalls  als  Schlafmittel  Ver- 
wendung hätten  finden  sollen,  gelingt,  wenn  man  die  alkylschwefelsauren  Salze  auf  die 
Sulfite  der  Alkalien  und  Erdalkahen  oder  SchwermetaUe  einwirken  läßt^). 

^Ä>sO,  -i-  Na.SO,  =  *^=^^>S03  +  Na,SO, 

Daß  diese  Verbindmig  physiologisch  wirksam  sein  soll,  während  es  ja 
bekannt  ist,  daß  die  Äthylschwefelsäure  unwirksam  ist,  ist  einfach  nicht  ein- 
zusehen imd  sicher  unrichtig. 

Die  schwierige  LösUchkeit  des  Sulfonals  usw.  in  Wasser  hat  einen  Versuch 
veranlaßt,  durch  Einführung  einer  Aminogruppe  in  die  Verbindung  diese  löslich 

NH   •  PH 

ZU  machen.  Da  Aminosulfonal  ^  •  ^^2>C_  (SO^- CjH^),  nicht  in  Ver- 
wendung kam  und  die  Patentanmeldung  zurückgezogen  wurde,  scheint  es  sich 
um  eine  unwirksame  Substanz  zu  handeln*). 

Das  Verfahren  beruht  daraui,  daß  man  Phthaliminoacetoäthylmercaptol  oxydiert 
und  das  so  erhaltene  Phthaliminosulfonal  durch  Säuren  in  Phthalsäure  und  Aminosulfonal 
spaltet,  oder  daß  man  auf  Phthaliminosulfonal  zunächst  Alkalien  einwirken  läßt  und  das 
hierdurch  erhaltene  Alkalisalz  der  Sulfonalphthaliminosäure  in  Phthalsäure  und  Amino- 
sulfonal spaltet. 

Die  von  E.  Fischer  und  Mering  eingeführten  Dialkylbarbitursäuren 
(Veronal)  (s.  S.  493,  494)  werden  nach  folgenden  Verfahren  dargestellt. 

Im  allgemeinen  laufen  alle  Veronalpatente  darauf  hinaus,  daß  man  von 
Haus  aus  diäthylierte  Malonsävure  benützt  und  nicht  umgekehrt  die  Barbitur- 
säure  alkyUert.  Eine  große  Reihe  von  Patenten  läuft  darauf  hinaus,  Diäthyl- 
barbitursäure  durch  Kondensation  von  Derivaten  der  Dialkylmalonsäure  mit 
Harnstoff  oder  dessen  Derivaten  mit  oder  ohne  Anwendung  eines  Konden- 
sationsmittels in  Reaktion  zu  bringen. 

Als  solche  Derivate  der  Diäthylmalonsäure  wurden  benützt  der  Ester, 
das  Chlorid,  das  Esterchlorid  und  das  Nitril  sowie  das  Amid,  ferner  Diäthyl- 
cyanessigester,  Diäthylcyanessigsäureamid,  Diäthylmalonaminsäureester,  welch 
letzterer  durch  AlkyÜeren  von  Malonaminsäureester  sowie  durch  Einwirkung 
von  Schwefelsäure  auf  Diäthylcyanessigester  erhalten  wird.  Malonamid  er- 
hält man  aus  Diäthylcyanacetamid,  aber  auch  aus  Diäthylmalonylchlorid  mit 
wässerigem  Ammoniak. 

Statt  Harnstoff  wurden  Acetyüiamstoff,  Phenylguanidin,  Dicyandiamid, 
Dicyandiamidin,    Biuret,    AUophansäureester    und    Thiohamstoff    verwendet. 

M  DRP.-Anm.  5086.     2)  DRP.  46  333.     ^)   DRP.  55  007. 

*)  BB.  33,  1239,  2749  (1899).  —  DRP.-Anm.  7937,  9668  (zurückgezogen). 


506  Schlafmittel  und  Inhalationsana«sthetica. 

Als  Kondensatioiismitfcel  wirken  Alkalien,  AlkaUalkoholat,  Natriumamid, 
Calciumcarbid,  Xatriumcyanamid. 

Als  Kondensationsmittel  bei  der  Darstellung  von  Pyrimidinderivaten  kann  man 
Calciumcarbid  ^)  verwenden. 

Eine  zweite  Art  der  Darstellung  ist  die,  daß  man  vorerst  Diäthybnalon- 
amide  vei-wendet  und  diese  mit  Phosgen  reagieren  läßt,  um  den  Ringschluß 
zu  erzielen.  Statt  Phosgeia  kann  man  verschiedene  Kohlensäureester  verwenden. 
Der  Ringschluß  kommt  auch  zustande  bei  der  Darstellung  der  Diurethane  aus 
Diäthylmalonylchlorid  und  Urethan  und  Erhitzen  dieser  auf  höhere  Tempera- 
turen oder  Behandlmig  mit  Methylalkoholat. 

Malonal  ist  Diäthylmalonylharustoff,  identisch  mit  Veronal. 

Proponal  ist  Dipropylbarbitursäure,  welche  noch  stärker  als  Veronal  wirkt. 

Man  erhält  C-C-Dialkylbarbitursäuren^)  durch  Einwirkiuig  von  Dialkj-hnalonsäure- 
ester  auf  Harnstoff  oder  Alkylharnstoffe  bei  Gegenwart  von  Metallalkoholaten : 

(Alkj'l),  •  C<^g  :  °^g»  +  ^^CO  =  (Alkyl),  •  C<^g  :  ^^>CO  +  2  aH,  •  OH 

So  erhält  man  Diäthylbarbitursäure  aus  Diäthylmalonsäureäthylester  und  Harnstoff  in 
Gegenwart  von  Xatriiunäthylat,  Dipropylbarbitursäure  aus  Dipropylmalonester,  Harnstoff 
und  Natriumäthylat.  Ebenso  kann  man  zu  Methyläthylbarbitursäure,  Methylpropylbar- 
bitiu-säure,  Äthylpropylbarbitursäure,  Diisobutylbarbitursäure,  Düsoamylbarbitursäure, 
Dibenzylbarbitursäure,  C-C-Diäthyl-N-methylbarbitursäure,  C-C-Diäthyl-N-phenylbarbitur- 
säure  gelangen. 

Statt  des  Harnstoffes  können  bei  diesen  SjTithesen  dessen  Acylderivate  verwendet 
werden,  denn  sie  verbinden  sieh  bei  Gegenwart  von  Metallalkoholaten  mit  den  Dialkyl- 
malonestern  vmter  gleichzeitiger  Abspaltung  der  Acylgruppe  und  geben  die  gleichen  Di- 
alkylbarbitursäuren  wie  Harnstoff^).  Statt  der  Metallalkoholate  kann  man  zur  Konden- 
sation der  Dialkylbarbitursäuren  auch  die  Alkalimetalle  selbst  und  femer  die  Amide  der 
Alkalimetalle  benutzen^).  Statt  der  alkoholischen  Lösung  des  MetaUalkoholats  kann  man 
dieses  gepulvert  als  Kondensationsmittel  benutzen^). 

Zur  Darstellung  von  Dialkylthio-  und  Iminobarbitursäure*)  wird  an  Stelle  von  Harn- 
stoff Thioharnstoff  resp.  Guanidin  auf  Dialkylmalonsäureester  in  Gegenwart  von  Metall- 
alkoholaten einwirken  gelassen.  Beschrieben  sind  Diäthylthiobarbitursäure  und  Dipro- 
pylthiobarbitursäure.  In  weiterer  Ausbildung  dieses  Verfahrens')  werden  bei  der  Kon- 
densation von  Dialkylmalonsäureestern  mit  Guanidin  und  Thioharnstoff  an  Stelle  der 
Metallalkoholate  die  freien  Alkalimetalle  oder  deren  Amide  verwendet  und  kann  man 
Guanidin  ohne  Zusatz  eines  Kondensationsraittels  mit  Dialkylmalonsäureestern  erhitzen'). 
So  z.  B.  kann  man  C-C-Diäthylthiobarbitursäure  aus  Diäthylmalonsäirreestern  und  Thio- 
harnstoff mit  Hilfe  von  Natriumamid  und  von  Natrium  erhalten. 

Durch  Kochen  mit  Mineralsäure  erhält  man  dann  Veronal. 

2-AlkyliminopjTimidine  werden  dargestellt  aus  Guanidinderivaten,  bei  denen  eine 
Alkylgruppe  im  Imidwasserstoff  steht,  wobei  mit  oder  ohne  Zusatz  von  Kondensations- 
mitteln mit  Malonsäureabkömmlingen  kondensiert  wird'). 

Dialkylbarbitursäuren'")  entstehen,  werm  man  Dialkylmalonamide  auf  neutrale 
Kohlensäureester  in  Gegenwart  von  Alkalialkoholaten  einwirken  läßt.  Dabei  findet  fol- 
gende Reaktion  statt. 

R>C<cC  :  S  +  c:h:o>CO  =  2  CA  .  OH  +  g>C<^0  ;  ^>CO 

Bei  der  Darstellung  aas  Dialkylmalondiamiden  und  neutralen  Kohlensäureestern 
werden  die  Alkalialkoholate  durch  die  Alkalimetalle  oder  deren  Amide  ersetzt'^). 


M  DRP.   185  963. 

-)  Merck,  Darmstadt,  DRP.   146  496.  —  E.  Fischer,  Liebigs  Aim.  335,  334. 

3)  DRP.   147  278.  ^)  DRP.   147  279.  ^)  DRP.   147  280. 

«)  Merck,  DRP.   234  012,  Zusatz  zu  DRP.   146496. 

')  DRP.  235  801,  Zusatz  zu  DRP.   146  496.  «)  DRP.  235  802. 

8)   E.   Merck.  DRP.    186  456. 

^O)  Baver.  Elberfeld,  DRP.   163  136.    Analog  sind  DRP.   168  553  und   167  332. 
")  DRP.   168  406,  Zusatz  zu  DRP.   163  136. 


Schlafmittel,  deren  Wirkung  auf  der  Gegenwart  von  Alkyl  beruht.  507 

An  Stelle  der  neutralen  Kohlensäureeater  läßt  man  die  halbseitig  verestertern,  durch 
die  Einwirkung  von  Alkalialkoholaten  auf  Schwefelkohlenstoff  oder  Kohlenstoffoxysulfid 
entstehenden  Derivate  der  Thiokohlensäure  resp.  Kohlensäure  oder  Schwefelkohlenstoff 
resp.  Kohlenstoffoxysulfid  in  Gegenwart  von  Alkalialkoholaten  auf  Dialkylmalondiamide 
einwirken'). 

Durch  Behandlung  von  Dialkylcyanessigester  mit  konz.  Schwefelsäure  erhält  man 
unter  Wasseraufnahme  Dialkylmalonaminsäureester^) 

(CjHj)aC<(,QQ  .  p^g^  +  HjO  =  (C2H5)jC<^Q  .  ^^  = 

Diese  Ester  lassen  sieh  durch  alkalische  Kondensationsmittel  mit  Harnstoff  usw.  in 
Dialkylbarbitursäuren  resp.  deren  Derivate  überführen.  Die  Kondensationsprodukte  mit 
Thioharnstoff  oder  Guanidin  lassen  sich  in  die  Dialkylbarbitursäuren  überführen. 

Die  Darstellung  der  Monoalkylbarbitursäuren^)  geschieht  durch  Kondensation  der 
Monoalkylmalonsäureester  mit  Harnstoff  durch  Metallalkoholate. 

Die  Synthese  der  Dialkylbarbitursäuren^)  gelingt  leicht,  wenn  man  erst  die  Dialkyl- 
malonsäuren  mit  Chlorphosphor  in  die  Chloride  verwandelt  und  diese  dann  mit  Harnstoff 
erhitzt. 

(Alk.)3  •  C<^°^}  +  s'^>CO  =  (Alk.),C<^^  ;  NH>CO  +  2  HCl 

Während  nach  dem  Hauptpatent  Veronale  aus  den  Chloriden  und  Harnstoff  erzeugt 
werden,  kann  man  Dialkylmalonylchlorid  mit  Thioharnstoff  in  Reaktion  bringen;  die 
resultierenden  Thiobarbitursäuren  können  durch  Mineralsäuren  leicht  entschwefelt  werden^). 

Ätherartige  Derivate  der  Barbitursäure  erhält  man,  wenn  man  Alkyl-  oder  Aralkyl- 
Ai'yloxyalkylmalonsäuren  oder  Diaryloxalkylmalonsäuren  oder  ihre  Derivate,  wie  z.  B. 
die  entspreclienden  Ester,  Säurechloride,  Cyanessigester,  Amidosäureester,  Nitrile  usw., 
nach  den  üblichen  Methoden  in  Barbitursäuren  überführt.  Man  kann  auch  in  der  Weise 
verfahren,  daß  man  zimächst  die  durch  einen  der  oben  genannten  Substituenten  mono- 
substituierten  Malonsäuren  oder  ihre  Derivate  in  Barbitiu-säuren  oder  in  ziu-  Herstellung 
von  Barbitursäuren  geeignete  Zwischenprodukte  umwandelt  und  den  zweiten  Substituenten 
durch  nachträgliche  Alkylienmg  einführt.  Wenn  man  von  Derivaten  ausgeht,  bei  deren 
Verwendung  man  nicht  unmittelbar  zur  Barbitursäure  gelangt,  so  ist  es  natürlich  nötig, 
die  entsprechenden  Derivate  weiter  zu  behandeln,  indem  man  z.  B.  aus  den  Iminobarbitur- 
säuren,  wie  man  sie  bei  der  Kondensation  mit  Guanidin  erhält,  die  Iminogruppe  durch 
Hydrolyse  abspaltet.  Der  aus  Phenoäthylmalonester  und  Halogenäthyl  dargestellte  Athyl- 
phenoxäthylmalonsäurediäthylester  liefert  mit  Natriumalkoholat  und  Guanidinnitrat  eine 
2-Iminobarbitm'säure,  aus  der  durch  Erhitzen  mit  40proz.  Schwefelsäure  C-C-Athylphen- 
oxäthylbarbitursäure 

NH  •  CO  •  CCCHJ  •  CH,  •  CHj  •  O  •  Cf^K. 
II  II     " 

CO  •  NH  •  CO 
erhalten  wird. 

Aus  Diphenoxäthylmalonsäurediäthylester  erhält  man  in  gleicher  Weise  Diphenox- 
äthylbarbitiu'säure.  C-C-Propyl-p-kresoxäthylmalonsäurediäthylester  gibt  C-C-Propyl- 
p-kresoxäthylbarbitursäure,  C-C-Benzylphenoxäthylmalonsäurediäthylester  liefert  C-C- 
Benzylphenoxäthylbarbitursäure  ^ ). 

Es  werden  unsynunetrisch  substituierte  Malonsäuren  der  allgemeinen  Formel 
(Rj)(R2)C(COOH)2  (worin  Rj  einen  Alkyl-  oder  Aralkylrest,  R,  ein  alicyclisches  Radikal 
oder  eine  sekundäre  Alkylgruppe  vom  Typus  des  Isopropyls  bedeutet)  oder  ihre  Derivate 
nach  den  üblichen  Methoden  in  Barbitursäuren  übergeführt.  Eine  Abänderimg  des  Ver- 
fahrens besteht  darin,  daß  man  durch  Alkyl-  oder  Aralkylreste  bzw.  durch  ein  alicyclisches 
Radikal  oder  eine  sekundäre  Alkylgruppe  vom  Typus  des  Isopropyls  monosubstituierte 
Malonsäuren  deren  Derivate  nach  den  üblichen  Metlioden  in  Barbitursäuren  überführt 
imd  in  die  auf  diese  Weise  oder  durch  Monoalkylierimg  der  Barbitursäure  gewonnenen 
monosubstituierten  Barbitursäuren  oder  in  zur  Herstellung  dieser  Säuren  geeignete  Zwi- 
schenprodukte durch  weitere  Alkylienmg  das  zweite  Radikal  einführt  und  gegebenen- 
falls die  Zwischenprodukte  in  die  Barbitursäuren  überführt.  Den  Produkten  kommt  bei 
geringer  Giftigkeit  große  hypnotische  Wirksamkeit  zu. 

1)  DRP.   168  407,  Zusatz  zu  DRP.   1G3  136. 

2)  E.  Merck,  Darmstadt,  DRP.  163  200.  ^)  DRP.  146  948. 
^)  DRP.  146  949.  5)  ßRp  ig2  764,  Zusatz  zu  DRP.  146  949. 
«)  Bayer,  DRP.   295  492. 


508  Schlafmittel  und  Inhalationsanaesthetica. 

Aus  Cyclohexylcyanessigester  stellt  man  Cyclohexyläthylcyanessigester  her,  der  mit 
Natriiunäthylat  und  Guanidinnitrat  5-Cyclohexyläthyl-2,  4-düminobarbitursäure  liefert. 
Durch  Kochen  mit  40proz.  Schwefelsäure  wird  5-Cyclohexyläthylbarbitursäure  gewonnen. 

Aus  Isopropyläthylcyanessigsäureäthylester  erhält  man  Isopropyläthylbarbitursäure. 
Beschrieben  sind  femer  C-C-Cyclohexylbenzylbarbitm-säure,  C-C-Isopropylbenzylbarbitur- 
säure  und  C-C-Äthylmethylpropylcarbinbarbitursäure 

NH-CO-C(CA)-CH<^^    ») 

CO-NH-CO  X-N  — CO 

I         I       Alkvl 
N-Halogenalkyl-C-C-dialkylbarbitursäuren  der  allgemeinen  Formel        CO    C<^i5yi 

Y-N— CO 
wobei  X  =  Halogenalkyl,  Y  =  Wasserstoff  oder  Halogenalkyl,  erhält  man,  wenn  man  ent- 
weder N-Alkylen  •  C-C-dialkylbarbitursävire    mit   Halogen   oder   Halogenwasserstoff  oder 
Halogenalkylhamstoffe   mit   Dialkylmalonylhalogeniden   behandelt.     Diese   Verbindmigen 
sollen  narkotische  und  sedative  Eigenschaften  zugleich  haben. 

Beschrieben  sind :  N  •  Monodibrompropyl-C-C-diäthylbarbitursäure 

Br  •  CHj  •  CH(Br)  •  CH,  •  N— CO 

I  I        P  TT 

OC      C<^!'^s 
HN— Cj 

femer  C-C-Dibenzyl-N-monodipropylbarbitursäure,  C-C-Diäthyl-N-dichlorpropylbarbitur- 
säure,  C-C-Diäthyl-N-monobrompropylbarbitursäure,  C-Phenyl-C-äthyl-N-monodibrom- 
propylbarbitursäure,  N-N-Tetrabromdipropyl-C-C-diäthylbarbitursäure^). 

Atherartige  Derivate  der  Barbitursäure  erhält  man,  wenn  man  Alkylalkoxyalkyl- 
oder  Dialkoxyalkyhnalonsäuren  oder  deren  Derivate  nach  den  für  die  Darstellung  von 
Barbitursäure  oder  deren  C-Mono-  und  Dialkylsubstitutionsprodukte  bekannten  Me- 
thoden in  die  entsprechenden  C-C-Alkylalkoxyalkyl-  bzw.  Dialkoxyalkylbarbitursäuren 
überführt.  So  erhält  man  aus  Malonsäureätliylester,  Natriumalkoholat  und  Jodäthyläther 
J  •  CH,  •  CHj  ■  O  •  C0H5  Diäthoxyäthylmalonsäiu'eäthylester,  welcher  mit  JCatriimiäthylat 
und  Harnstoff  bei  100°  die  C-C-Diäthoxyäthylbarbitursäiu'e 

NH  •  CO  •  C  <p|j^5.  cjj^ .  o  .  c__H5     gibt. 
CO  •  NH  •  CO 
Ferner  ist  die  C-C-Athyläthoxyäthylbarbitua'säure 

NH  •  ro  •  n^^^"  ■  *-'^2  ■  o  •  C2H5 

I  I        '-'Ü2     (^tl^     'J     "^zJ^ä 

CO  •  NH  •  CO 
beschrieben^). 

/y-Dialkylhydantoine  (2.4-Diketo-5.5-dialkyltetrahydroimidazol),  wie  Diäthyl- 
hydantoin  und  Dipropylhydantoin  lassen  sich  durch  Alkylierung  in  Trialkylhydantoine 
(2.4-Diketo-5.5.3-trialkyltetrahydroimidazole)  überführen,  welche  hypnotische  Wirkungen 

haben.      Triäthylhydantoin    ^    2    5^2  ^       ^    ^CO   entsteht  aus  Diäthylhydantoin,   Atzkali 

CO  ■  NC2H5 
imd  Bromäthyl.     Beschrieben  sind    ferner   j';-Methyläthyl-£-äthylhydantoin  und  rve-Tri- 
propyUiydantoin  *). 

DRP.  247  952  beschreibt  Alkylarylbarbitursäuren  und  Arylbarbitursäuren.  Be- 
schrieben werden  Phenyläthylbarbitursäiu'e,  Phenylmethylbarbitursäure,  Phenylpropyl- 
barbitursäure,  Phenylbenzylbarbitursäure  und  p-Methoxyphenyläthylbarbitursäure.  Man 
erhält  sie  aus  den  substituierten  Malonsäiu^n,  nach  dem  für  die  Veronalsynthese  passen- 
den Verfahren. 

Man  erhält  Derivate  der  Barbitursäure  durch  Einwirkung  von  Malonylhalogeniden, 
die  einen  Phenylrest  enthalten  auf  Isoharnstoffalkyläther ;  die  so  erhaltenen  Produkt© 
behandelt  man  mit  Säuren.  So  erhält  man  2-Methoxy-5-phenyläthylbarbitiu'säure  aus 
Phenyläthylmalonylchlorid,    Isoharnstoffmethylätherchlorhydrat    imd   Lauge.      2-Athoxy- 


1)  Bayer,  DRP.   293  163.  -)  Merck,  DRP.  265  726. 

3)  Byk,  DRP.  285  636.  *)  Einhorn,  DRP.  289  248. 


Schlafmittel,  deren  Wirkung  auf  der  Gegenwart  von  Alkyl  beruht.  509 

5-benzylbarbitursäure  erhält  man  aus  Benzylmalonchlorid  und  Isohamstoffäthyläther- 
chlorhydrat  und  Lauge.  Nach  der  Kondensation  wird  mit  Essigsäure  abgeschieden.  Zu 
der  gleichen  Substanz  gelangt  man  aus  Phenylmalonylchlorid.  Durch  Hydrolyse  von 
2-Methoxy-5.5-phenyläthylbarbitursäure  mit  Salzsäure  erhält  man  Phenyläthylbarbitur- 
säure.  Durch  Hydrolyse  von  2-Äthoxy-5-benzylbarbitursäiu'e  mit  Bromwasserstoffsäure 
erhält   man   5-Benzylbarbitursäure,   ebenso  durch  Hydrolyse  mit  starker  Schwefelsäure'). 

Mono-  oder  dialkylierte  Malonylhalogenide  läßt  man  auf  Isoharnstoffalkyläther  ein- 
wirken und  erhält  2-Alkyloxy-,  5-Mono-  imd  Dialkylbarbitursäuren.  Aus  Diäthylmalonyl- 
chlorid  und  Isohamstoffmethylätherchlorhydrat  und  Lauge  erhält  man  2-Methoxy-5-di- 
äthylbarbitursäure.  Aus  Athylraalonylchlorid  und  Isohamstoffmethylätherchlorhydrat 
erhält  man  2-Atlioxy-5-äthylbarbitursäure.  Aus  2-Methoxy-5-diäthylbarbitur8äure  kann 
man  durch  Hydrolyse  mit  starken  Halogenwasserstoffsäuren  Diäthylbarbitursäure  er- 
halten^). 

DRP.  258  058  beschreibt  ein  Verfahren  zur  Darstellung  von  C-C-Dialkylbarbitur- 
säuren,  welche  am  Stickstoff  ungesättigte  Kohlenwassorstoffreste  enthalten.  Man  erhält 
sie  durch  Erhitzen  der  Halogenide  der  Dialkylmalonsäuren  mit  Alkylenharnstoffen.  Aus 
MonoalkyDiarnstoff  und  Diäthylmalonylchlorid  erhält  man  durch  Erhitzen  auf  100 — 120° 
C-C-Diäthyl-N-monoalkylbarbitiu^äure.  Erhitzt  man  diese  mit  Lauge  und  säuert  dann 
an,  so  scheidet  sich  C-C-Diäthyl-N-monoalkylbarbitursäure  aus.  Aus  Dialkylharnstoff 
und  Diäthylmalonylchlorid  gelangt  man  in  beschriebener  Weise  zur  C-C-Diäthyl-N-N-di- 
alkylbarbitursävu-e. 

DRP.  265  726  beschreibt  ein  Verfahren  zur  Darstellung  von  N-Halogenalkyl-C-C-di- 
alkylbarbitursäuren,  darin  bestehend,  daß  man  entweder  N-Alkylen-C-C-dialkylbarbitur- 
säuren  mit  Halogen  oder  Halogenwasserstoff  oder  Halogenalkylhamstoffe  mit  Dialkyl- 
malonylhalogeniden  behandelt. 

Beschrieben  werden  die  Darstellungen  von  N-Monodibrompropyl-C-C-diäthylbar- 
bitursäure,  C-C-Dibenzyl-N-monodibrompropylbarbitursäure,  C-C-Diäthyl-N-dichlorpropyl- 
barbitursäure,  C-C-Diäthyl-N-monobrompropylbarbitursäure,  C-Phenyl-C-äthyl-N-mono- 
dibrompropylbarbitursäure,  N-N-Tetrabromdipropyl-C-C-diäthylbarbitursäure. 

DRP.  268  158  beschreibt  ein  Verfahren  zur  Darstellung  von  C-C-Mono-  und  Dialkyl- 
barbitursäure,  darin  bestehend,  daß  man  Barbitxirsäure  oder  deren  Salze  mit  Alkylhalogem- 
den  behandelt  und  gegebenenfalls  die  Monoalkylbarbitursäure  durch  weitere  Einwirkung 
von  Alkylhalogenid  in  das  Dialkylderivat  überführt. 

Sedative  Mittel,  wie  Phenyldipropylacetamid,  Phenyldiäthylacetylharnstoff  usw. 
kann  man  erhalten,  indem  man  Phenyldipropylacetonitril  mit  Alkali  im  Autoklaven  er- 
hitzt.   Aus  Phenyldiäthylacetonitril  erhält  man  Phenyldiäthylacetamid  ^). 

DRP.  249  241  beschreibt  ebenfaUs  Sedativa,  wie  a-Phenyl-n-valeriansäureamid  und 
Phenyläthylacetylharnstoff. 

Das  Chlorhydrat  von 

CO— N 
CH       I  II 

CO  — NH 

besitzt  allgememe  sedative  Wirkungen  nur  in  sehr  geringem  Grade,  ins- 
besondere keine  betäubende  bzw.  schlaferregende  bzw.  schmerzstillende 
Wirkung*). 

C-C-Diallcylbarbitursäuren')  erhält  man  durch  Alkylierung  vox  C-Monoalkylbar- 
bitursäuren  (aus  Monoäthylmalonester  imd  Harnstoff  mit  Natriumäthylat)  mit  Jodäthyl 
und  Lauge  in  geschlossenen  Gefäßen. 

C-C-Dialkyliminobarbitursäuren*)  erhält  man  aus  Dialkylcyanessigester  und  Harn- 
stoff durch  Einwirkung  von  Metallalkoholaten. 

CN  fH 

^>C-COOR  -f  ^^>C0  =  ^C<^-NH>*^^  +  ^A  •  OH 

Diese  Verbindungen  lassen  sich  leicht  durch  Ammoniak  abspaltende  Mittel  in  entsprechende 
Barbitursäuren  verwandeln. 


1)  DRP.  249  722.  2)  DRP.  249  907.  =)  DRP.  248  777. 

■•)  M.  Freund  und  K.  Fleischer,  Ami.  379,  28  (1910).  ^)  DRP.   144  432. 

«)  DRP.   156  384. 


510  Schlafmittel  und  Inhalationsanaesthetica. 

Die  Kondensation  von  Dialkylcyanessigester  und  Harnstoff  oder  dessen  Derivaten 
wird  statt  durch  Metallalkoholat  durch  freie  Alkalimetalle  oder  deren  Amide  bewirkt^). 
Arbeitet   man   nicht   nach   DRP.    156  384   mittels   Erwärmen,   sondern   bei   gewöhnlicher 

Temperatur,  so  entstehen  Cyandialkylacetylhamstof fe  der  Formel    ~>  C  ■  CN 

CO  ■  NH  •  CO  •  NHR 
Diese  CyandialkjiacetyUiamstoffe  soUen  dxirch  Kondensation  in  Iminodialkylbarbitur- 
säuren  übergeführt  werden,  aus  denen  durch  Ammoniak  abspaltende  Mittel  leicht  die 
Dialkylbarbitursäuren  erhältlich  sind  2). 

An  Stelle  des  Harnstoffes  werden  Acylharnstoffe  mit  Dialkylcyanessigestem  in  Gegen- 
wart von  Metallalkoholaten  kondensiert,  eventuell  bei  Gegenwart  von  Metallen  oder  deren 
Amiden^). 

Man  erhält  Barbitursäure*)  und  ihre  Homologen  durch  Einwirkung  von  wässerigen 
Säuren  auf  Iminobarbitursäure  (2.6-Dioxy-4-aminopyridin)  oder  deren  Derivate. 

An  Stelle  von  2.6-Dioxy-4-aminopyrimidin  wird  hier  5-Mono-  und  5-Dialkyl-4.6-di- 
amino,  2-Oxy-  resp.  4.6.2-Triaminopyrimidin  zwecks  Überführung  in  die  entsprechenden 
Alkylbarbitursäuren  mit  wässerigen  Säuren  erhitzt^). 

F.  G.  P.  Re  mf r  y*)  hat  Malonester  mit  Malonamiden  kondensiert  und  dabei  gefunden, 
daß  der  achtgliedrige  Ring  des  Malonylmalonamids  nur  entsteht,  wenn  Malonamid  mit 
Estern  der  Malonsäure,  Monoalkylmalonsäuren  oder  der  Dimethylmalonsäiu'e  kondensiert 
wird.  Monoalkylierte  Malonamide  kondensieren  .sich  mit  Malonester  oder  Monoalkyl- 
malonestem  zu  Diketotetrahydropyrimidinen.  Mit  Malonylchloriden  erhält  man  ähnliche 
Resultate  wie  mit  den  entsprechenden  Estern.  Nach  den  Versuchen  von  H.  H.  Dale  sind 
sie  aber  in  bezug  auf  Hypnose  unwirksam. 

Man  erhält  C-C-Dialkylbarbitursäuren')  aus  den  entsprechenden  Dialkylmalonyl- 
guanidinen  (Dialkyl-2-imino-4.6-dioxypyrimidinen)  durch  Abspaltung  der  Iminogruppe  mit 
Oxydationsmitteln  in  saurer  Lösung,  z.  B.  Natriumnitrit,  Chromsäure.  Die  Darstellung 
der  C-C-Dialkyliminobarbitursäuren*)  gelingt  auch  durch  Behandlung  von  Guanidin  mit 
C-C-Dialkyhnalonylchloriden. 

[Dialkylierte  Diiminooxypyrimidine') 

NH CO  •  CRj 

I  \ 

C(:NH)-NH-C  :  NH 

erhält  man  durch  Einwirkung  von  dialkyUerten  Cyanessigestem  auf  Guanidin  in  Gegenwart 
von  Alkalialkoholaten.  Beim  Behandeln  mit  verseifenden  Mitteln  tauschen  sie  glatt  beide 
Iminogruppen   gegen   Sauerstoff   aus,   wobei   die   dialkylierten   Barbitursäuren   entstehen, 

Cyanderivate  des  Pyridins  erhält  man,  wenn  man  Dicyandiamid  mit  Acetessig- 
ester,  Malonsäureester,  Cyanessigsäureester  oder  den  Substitutionsprodukten  dieser  Ester 
mit  Hilfe  von  alkalischen  Mitteln   kondensiert'"). 

An  Stelle  von  Dicyandiamid  kann  man  Guanylharnstoff  mit  Malonsäurederivaten  oder 
den  Monoalkylderivaten  bei  Gegenwart  alkalischer  Mittel  kondensieren.  Die  entstehenden 
Kondensationsprodukte  gehen  durch  verseifende  Mittel  leicht  in  Barbitursäuren  über"). 

An  Stelle  von  Dicyandiamid  wird  hier  Guanylharnstoff  mit  Malonsäm'ederivaten 
kondensiert  '^). 

Verbindungen  der  Morphiumalkaloide  mit  Barbitursäurederivaten  erhält  man,  indem 
man  die  Morphiumalkaloide  oder  deren  Derivate  auf  Dialkylbarbitursäure  entweder  in  Form 
der  freien  Verbindungen  oder  in  Form  üirer  Salze  in  molekularen  Mengen,  gegebenenfalls 
in  Gegenwart  geeigneter  Lösungs-  oder  Verdünnungsmittel  einwirken  läßt.  Beschrieben 
sind:  Morphindialkylbarbitursäure,  Dimethylmorphin-Dialkylbarbitvu-säure,  Athylmorphin- 
Dialkylbarbitursätu-e,  Alkyhnorphinsulfat,  Alkylmorphin-Dialkylbarbitursäure,  Äthylmor- 
phin-Dialkylbarbitursäure ,  Kodein-Dialkylbarbitursäure,  Dihydromorphin-Dialkylbarbi- 
tvu'säure,  Dihydrokodein-Dialkylbarbitursäure ''). 

Die  Kondensation  von  Dicyandiamid  mit  Dialkyknalonest-em  in  Gegenwart  alkalischer 
Kondensationsmittel  wird  bei   120°  8  Stunden  lang  im  Autoklaven  durchgeführt'*). 

1)  DRP.   165  222,  Zusatz  zu  DRP.   156  384.  —  M.  Conrad,  Liebigs  Ann.  340,  310. 

=)  DRP.   156  383.  ")  DRP.   172  980,  Zusatz  zu  DRP.   156  384. 

*)  DRP.   156  385.  ^)  DRP.   165  693,  Zusatz  zu  DRP.   156  385. 

6)  Joum.  Chem.  Soc.  London  99,   610  (1911).      ')  Schering,   Berlin,  DRP.  189076. 

«)  Merck,   Darmstadt,  DRP.    158  890.  °)  Bayer,   Elberfeld,  DRP.    158  592. 

1»)  DRP.    158  591.         ")  E.  Merck,  DRP.    170  586,  Zusatz  zu  DRP.    158  591. 
»2)  DRP.    180  119,  Zusatz  zu  DRP.    158  591. 
13)  Ges.  f.  chem.   Ind.  Berlin.   DRP.   322  335. 

")  DRP.    175  795,  Zusatz  zu  DRP.    158  591. 


Schlafmittel,  deren  Wirkung  auf  der  Gegenwart  von  Alkyl  beruht.  511 

Veronal  entsteht  beim  Erwärmen  von  Biuret  mit  Diäthylmalonylchlorid,  wobei  im 
Verlaufe  der  Keaktion  der  Rest  CONH2  abgespalten  wird*). 

Ebenso  kann  man  aus  AUophansäiu-eester  und  Diäthylmalonsäureester  sowie  aus 
Biuret  und  DialkyUnalonester  Veronal  erhalten  oder  allgemein  aus  Hamstoffderivaten 
der  allgemeinen  Formel  NHj  —  CO  —  NH  —  CO  —  X,  worin  X  NH,  oder  O  •  Alkyl 
bedeutet,  die  man  mit  Dialkylderivaten  der  Malonester  kondensiert-). 

Dialkylmalonylhaloide  werden  mit  Allophansäureestern  erhitzt  und  geben  Dialkyl- 
barbitursäuren  ^). 

Dialkylierte  Malonylamide  und  Malonaminsäureester,  sowie  die  Ammoniumsalze 
lassen  sich  nicht  praktisch  in  Amide  verwandeln,  sondern  nur  Säurechloride,  wie  Emil 
Fischer  und  Dilthey  gefunden  haben^).  Man  kann  aber  zu  den  Dialkylmalonaminsäure- 
derivaten  gelangen,  wenn  man  die  entsprechenden  Cyandialkylacetverbindvmgen  mit  kon- 
zentrierten anorganischen  Sauerstoffsäuren  behandelt.  So  erhält  man  z.  B.  aus  Cyandiäthyl- 
acetamid  mit  konzentrierter  Schwefelsäure  Diäthylmalonamid. 

Die  Cyandialkylacetylhamstoffe  werden  mit  konzentrierten  anorganischen  Säuren 
erhitzt,  wobei  sich  nach  DRP.  162  280  Diäthylmalonursäureamid  bildet.  Beim  längeren 
Erhitzen  entsteht  aber  Veronal.    Man  karm  auch  Salzsäure  benutzen^). 

Zur  Veronalsynthese  werden  Dialkylmalonursäureamide  mit  konzentrierten  Säuren 
erhitzt  [Schwefelsäure  oder  Salzsäure*)]. 

Triiminobarbitursävu'en  erhält  man  durch  Kondensation  von  alkylierten  Malonitril- 
derivaten  mit  Guanidin  mit  und  ohne  Kondensationsmitteln  sowie  von  Guanidin- 
derivaten ' ). 

Düminobarbitursäuren  erhält  man  durch  Kondensation  von  Malonitril  oder  seinen 
alkylierten  Derivaten  mit  Harnstoff  und  seinen  Derivaten  mit  Kondensationsmitteln 
alkalischer  Art*). 

Am  Kohlenstoff  dialkylierte  2.4-Diimino-6-oxypyrimidine  erhält  man  aus  dialkylier- 
ten  Cyanessigestem  und  Guanidin  durch  Verwendung  von  AlkaUamid  oder  freiem  Alkali- 
metail  als  Kondensationsmittel  '). 

Man  kann  die  beiden  Komponenten  auch  ohne  Zusatz  eines  Kondensationsmittels 
aufeinander  einwirken  lassen'"). 

C-C-Dialkylbarbitursäuren'^)  karui  man  auch  durch  Oxydation  von  2-Thio-4.6-dioxy- 
dialkylpyrimidinen  erhalten.  Die  Ausgangsmaterialien  erhält  man  durch  Kondensation 
von  dialkylierten  Cyanessigestem  mit  Thiohamstoff,  wobei  alkyhert«  Iminothiooxypyri- 
midine  der  Formel: 

NH  •  CO  •  CRj 
I  I 

CS  •  NH  •  C  :  NH 

entstehen,  die  man  verseift.  Man  erhält  so  2-Thio-4.6-dioxypyrimidinderivate  und  behan- 
delt diese  mit  Oxydationsmitteln. 

Schering,  Berlin,  stellen  Dialkylbarbitursäuren  durch  Behandlujig  von  Dialkyl- 
malonylguanidinen  mit  Säuren  ohne  Anwendung  von  Nitriten  dar'^).  Dialkylmalonyl- 
guanidine  werden  mit  Nitriten  bei  Gegenwart  von  wasserfreier  Säure  behandelt'^).  Dialkyl- 
malonylguanidine  werden  als  mineralsaure  Salze  mit  Wasser  zweckmäßig  unter  Druck 
erhitzt "). 

Dialkylmalonylguanidine  stellt  man  her  durch  Behandlung  von  Dialkylmalonsäviren 
und  einem  Guanidinsalz  mit  konzentrierter  Schwefelsäure'^). 

N-Mono-  und  Dioxyalkyl-C-C-dialkylbarbitursäuren  werden  dargestellt,  indem 
man  entweder  auf  Dialkylbarbitursäuren  Halogenhydrine  oder  Alkylenoxyde  ein- 
wirken läßt  oder  die  dioxalkylierten  Produkte  nach  den  für  die  Darstellung  von 
Barbitursäuren  bekaimten  Methoden  aus  oxalkylierten  Harnstoffen  xmd  Malonsäure- 
derivaten  aufbaut'*). 

Halogensubstituierte  Iminodialkylpyrimidine  werden  dargestellt  durch  Behandlung 
der  Basen  mit  Halogenen  bzw.  halogenabspaltenden  Mitteln.    Sie  nehmen  zwei  Halogen- 

')  Merck,  DRP.   162  220.  ')  Merck,  DRP.   183  857.  ^)  DRP.   177  694. 

*)  Merck,  DRP.   162  280.  —  BB.  35,  844  (1902). 

^)  DRP.   165  225,  Zusatz  zu  DRP.   162  280.  «)  DRP.   174  178. 

')  Merck,  DRP.    165  692.  sj  Merck,  DRP.    166  468. 

S)  Merck,  DRP.   162  657.         ")  DRP.   169  405,  Zusatz  zu  DRP.   162  657. 

")  Bayer,   Elberfeld,  DRP.    162  219.  '^j  drp    201244. 

")  Schering,  DRP.-Anm.    130  377  (versagt). 

")  DRP.-Anm.   C.    15  767  (zurückgezogen).  '^j  Ciba,  DRP.   204  795. 

")  Heinrich  Byk,  DRP.-Anm.  C.  16  136  (zurückgezogen). 


512  Schlafmittel  und  Inhalationsanaesthetica. 

atome  am  Stickstoff  der  Iminogruppe  auf.    Das  Chlorderivat  wird  durch  längeres  Kochen 
mit  Wasser  in  Diäthylbarbitursäure  verwandelt  i). 

Veronal  wird  dargestellt,  indem  man  Dialkylmalonyldiurethane  für  sich  oder  unter 
Zusatz  von  Kohlensäurederivaten,  wie  Diphenylcarbonat  und  Harnstoff  auf  höhere  Tem 
peraturen  erhitzt^). 

Man  erhält  Veronal,  indem  man  Dialkylmalonyldiurethane  mit  Metallalkoholaten 
in  (Jegenwart  oder  bei  Abwesenheit  von  Alkohol  erhitzt^).  Man  erhält  aus  den  Urethanen 
die  Barbitursäm-en  mit  alkoholischen  oder  wässerigen  Alkalien  oder  mit  konzentrierter 
oder  rauchender  Schwefelsäure^).  Statt  mit  Metallalkoholaten  kann  man  auch  mit  Am- 
moniak oder  mit  organischen  Basen  in  der  Wärme  arbeiten^). 

Dialkylbarbitursäuren  erhält  man  durch  Kondensation  von  Dialkylmalonaminsäure- 
ester  mit  Harnstoff  bzw.  Thioharnstoff  oder  Guanidin  in  Gegenwart  von  alkalischen  Kon- 
densationsmitteln '). 

Barbitursäuren  können  auch  durch  Behandlung  der  Iminobarbitursäuren  oder  deren 
in  der  2.  Iminogruppe  durch  Cyan  bzw.  Alkyl  substituierten  Derivate  mit  Alkylnitriten 
dargestellt  werden'). 

5-Dialkyl-2-cyanimino-4.6-diiminopyrimidine  erhält  man  durch  Einwirkung  di- 
alkylierter  Malonitrile  in  Gegenwart  von  alkalischen  Kondensationsmitteln  auf  Dicyan- 
diamid.  Dieselbe  Reaktion  kann  man  unter  Druck  und  bei  höherer  Temperatur  vornehmen'). 

Die  durch  alkalische  Kondensation  von  dialkylierten  Cyanessigestem  oder  Malon- 
estem  bzw.  Malonitrilen  mit  Dicyandiamid  erhältlichen  Pyrimidinderivate  werden  mit 
Säuren  behandelt').  Es  werden  statt  der  Kondensationsprodukte  aus  Dicyandiamid  die 
entsprechenden  Kondensationsprodukte  aus  Guanylharnstoff  mit  Dialkylderivaten  des 
Malonesters,  der  Malonylhaloide  usw.   mit  Säuren  behandelt'"). 

Sehr  älinlich  ist  folgendes  Verfahren").  Es  wird  Guanyldiäthylbarbitursäure  dar- 
gestellt, indem  man  Dicyandiamidin  (Guanylharnstoff)  und  Diäthylmalonsäureester  in 
Gegenwart  alkaUscher  Kondensationsmittel  erhitzt.  Beim  Erhitzen  mit  Schwefelsäure 
erhält  man  leicht  Veronal. 

2-Thio-4.6-dioxypyrimidin  und  dessen  C-alkylierte  Derivat«  erhält  man  durch  Ver- 
seifung von  2-Thio-4.6-düminopyrimidin  oder  dessen  Derivaten'^). 

Diurethanderivate  dialkylierter  Malonsäuren  erhält  man  durch  Erhitzen  von  Dialkyl- 
malonsäurechloriden  mit  einem  TJrethan  auf  100°'^).  Beim  Erhitzen  von  Dialkylmalonyl- 
chloriden  mit  Urethanen  entsteht  ein  flüssiges  Reaktionsgemisch,  welches  im  Vakuum 
fraktioniert  destilliert  wird'''). 

Man  kann  auch  Dialkyl-2-aryliminonarbitursäuren  durch  Kondensation  von  Dialkyl- 
malonsäureester  mit  Arylguanidinen  darstellen  '^). 

Dialkylthiobarbitursäuren  gehen  beim  Erhitzen  mit  Lösmigen  von  Schwermetall- 
salzen  in  Dialkylbarbitursäuren  über'*). 

Aus  Dialkylmalonsäureestern  und  Harnstoff  erhält  man  mit  Dinatriumcyanamid  als 
Kondensationsmittel  bei   105 — 110°  Veronale"). 

Durch  Erhitzen  von  Dialkylthiobarbitursäuren  mit  nicht  oxydierend  wirkenden 
Mineralsäuren  erhält  man  Veronale  ").  Man  kann  auch  organische  Säuren,  wie  Essigsäure, 
Oxalsäure,  Toluolsulfosäure  verwenden,  auch  saure  Salze,  wie  Natrivunbisulfit "). 

Dialkylthiobarbitursäuren  tauschen  beim  Erhitzen  mit  aromatischen  Aminen  Schwefel 
gegen  den  Aminrest  aus  und  so  entstehen  Dialkylaryliminobarbitursäuren,  welche  beim 
Erhitzen  mit  Säiu-en  unter  Abspaltung  der  entsprechenden  aromatischen  Amine  in  Dialkyl- 
malonylharnstoffe  übergehen  ^''). 

Arylcarbonate  setzen  sich  mit  Alkylmalonamiden  zu  Barbitursäurederivaten  um. 
Man  kann  Dialkylbarbitursäuren  durch  Kondensation  von  Dialkylmalonamiden  mit  Kohlen- 
säurediarylestern  oder  Alkylkohlensäurearylestern  durch  Erhitzen  ohne  Kondensations- 
mittel  erhalten^'). 

')  Bayer,  DRP.  217  946.  ~)  Bayer,  DRP.   183  628. 

ä)  Wilhelm  Traube,  DRP.   171  992. 

«)  DRP.  172  885,  Zusatz  zu  DRP.  171992.       ^)  DRP.  172886,  Zusatz  zu  DRP.  171992. 

«)  DRP.    163  200.   —  M.  Conrad  und  A.   Zart,  Liebigs  Ann.   340,  335. 

')  Otto  Wolfes,  Darmstadt,  DRP.   175  592.         «)  Bayer,  DRP.   175  588. 

")  DRP.    175  589,  Zusatz  zu  DRP.    175  588. 

">)  Bayer,  DRP.   165  223,  Zusatz  zu  diesem  Patent  DRP.   187  990. 
")  Heyden,  Radeboul,  DRP.   171  147.  '2)  Bayer,  DRP.   171  292. 

13)  Traube,  DRP.    179  946.  '^)  DRP.    180  424,  Zusatz  zu  DRP.    179  946. 

'5)  Höchst,  DRP.   172  979.  '«)  DRP.   170  907.  ")  Höchst,  DRP.   178  935. 

'S)  Einhorn,  DRP.   165  649.        ")  DRP.   172  404,  Zusatz  zu  DRP.   165  649. 
»)  DRP.   166  266.  21)  Einhorn,  DRP.   168  553. 


Schlafmittel,  deren  Wirkung  auf  der  Gegenwart  von  Alkyl  beruht.  513 

Durch  Erhitzen  von  Dialkylmalonsäurediarylestem  mit  Guanidin  oder  Guanidin- 
salzen  erhält  man  aus  Diäthylmalonsäurediphenylester  und  Guanidincarbonat  bei  160° 
Phenol  und  Diäthyl-2-iminobarbitursäure,  die  man  in  Veronal  überführen  kann'). 

Tetrasubstituierte  Diureide  der  Dialkylraalonsäuren  gehen  durch  saure  Konden- 
sationsmittel in  Dialkylbarbitursäuren  über.  Man  erhält  diese  Diureide  durch  Einwirkung 
von  Dialkylmalonylchloriden  auf  a.syrametrische  diäubstituierte  Harnstoffe*). 

Mono-  und  Dialkylmalonylguanidine  erhält  man  aus  Mono-  bzw.  Dialkylmalonsäure- 
«stem  mit  Guanidin  bei  Gegenwart  von  Alkalialkoholat^). 

Man  erhält  Veronale  durch  Behandlung  der  entsprechenden  Dialkylmalonylguanidine 
mit  Säuren*). 

Veronale  werden  durch  Behandlung  der  entsprechenden  Guanidinderivate  in  saurer 
Jjösung  mit  Xitrit  hergestellt.    Die  Ausbeute  soU  90 — 100%  betragen^). 

Die  direkte  Alkylierung  der  Barbitursäure  gibt  sehr  schlechte  Ausbeute,  hingegen 
kann  man  Malonylguanidin  sehr  gut  alkylieren,  wobei  die  Iminogruppe  nicht  gut  alkyliert 
wird'). 

Durch  Kondensation  von  Urethanen  mit  Malonaminsäureestern  bzw.  deren  Alkyl- 
derivaten  mit  alkalischen  Kondensationsmitteln  erhält  man  Barbitursäuren  und  deren 
Alkylderivate '). 

Dialkylmalonaminsäureester  erhält  man  durch  Alkylierung  der  Malonaminsäure- 
ester,  wobei  man  die  beiden  Alkylgruppen  nacheinander  einfülu^n  kann*). 

Dialkyliminobarbitursäuren  werden  durch  Erhitzen  von  Dialkylmalonsäurediaryl- 
estem mit  Guanidin  oder  Guanidinsalzen  erhalten'). 

Man  ersetzt  die  Iminogruppe  in  den  Iminobarbitursäuren  durch  Sauerstoff  durch 
Erwärmen  mit  mineralsavu'en  Metallsalzen,  in  denen  das  Metall  als  Sesquioxyd  enthal- 
ten ist"). 

Die  am  Kohlenstoff  alkylierten  Dialkyl-2.4-diimLno-6-oxypyrimidine  werden  mit 
wässerigen  Säuren  behandelt ''). 

Diäthyknalonylcarbonyldihamstoff  wird  durch  Erhitzen  von  Diäthylmalonsäure- 
estem  mit  Carbonyldiharnstoff  und  Xatriumalkoholat  oder  analogen  Kondensationsmitteln 
hergesteUt  ^). 

Veronal  stellt  man  her  durch  Einwirkumg  von  Phosgen  auf  Diäthylmalonamid  bei 
einer  über   100°  liegenden  Temperatiir"). 

Dialkylmalonamide  erhält  man  aus  Dialkylmalonylclilorideu,  indem  man  Ammoniak 
in  wässeriger  Lösving  in  fünffacher  Menge  benützt  und  das  Chlorid  unter  Rühren  unter- 
halb 25°  einfließen  läßt"). 

Veronal  wird  aus  den  Estersäure-Ureiden 


NH  — CO 

'       C  TT 

CO     c<^22! 

NHj    COO.CjHs 

der  substituierten  Malonsäuren  mit  alkalischen  Reagention  dargestellt ''). 

Man  erhält  Veronale  durch  Erwärmen  %'on  Dialkylmalonamid  mit  Oxalylchlorid. 
Diese  Reaktion  vollzieht  sich  unter  Abspaltung  von  Salzsäure  und  Kohlenosyd'*). 

Bei  der  Umsetzung  von  Oxalylchlorid  mit  Dialkylmalonamiden  entstehen  auch 
dann  C-C-Dialkylbarbitursäuren,  wenn  man  jene  Verbindungen  in  einem  gegen  Oxalyl- 
chlorid indifferenten  Verdünnungsmittel,  ohne  zu  erwärmen,  z.  B.  in  Gegenwart  bzw.  in 
Lösung  von  Essigsäureanhydrid,  längere  Zeit  aufeinander  einwirken  läßt.  Die  Patent- 
schrift enthält  ein  Beispiel  für  die  Darstellung  von  Diäthylbarbitursäure"). 

Dialkyläthylenbarbitursäuren  werden  dai^estellt,  indem  man  Dialkylbutantetra- 
carbonsäureester  der  Formel 

CH2  •  C(R)(COO  •  CJHj)., 
CHj  •  C(R)(COO  •  CjHi)« 

M  Merck,  DRP.  231887.  =)  Einhorn,  DRP.   193  446. 

3)  Sehering,  DRP.-Anm.  0  14  459.  •)  Schering,  DRP.  201244. 

ä)  Schering,  DRP.   189  076.  »)  Schering,  DRP.   174  940. 

')  DRP.   171294.  S)  DRP.   182  045.  ')  Hevden,  DRP.  231887 

W)  DRP.-Anm.   C   14  713.  ")   Bayer.  DRP.    180669. 

12)  Heyden,  DRP.    165  224.  "j  ^gfa,  DRP.    167  332. 

W)  Agfa,  DRP.-Anm.  A.   11462.  ^^)  Böhringer,  Waldhof,  DRP.   193  447. 

1«)  Alfred  Einhorn,   München,  DRP.   225  457. 
1')  Alfred  Einhorn,  München,  DRP  -227  321,  Zusatz  zu  DRP.  225  457. 

Fränkel.  Arzneimittel-Synthese.    5.  Aufl.  33 


514  Schlafmittel  und  Inhalationsanaesthetica. 

mit  Harnstoff  in  Gegenwart  von  Alkoholaten  unter  Druck  erhitzt.  Die  Ausgangsmaterialien 
werden  aus  rohem,  im  Vakuum  von  Maloneäureester  und  Trimethylenbicarbonsäureester 
befreitem  Butantetracarbonsäiu-eeeter  mit  Natriumäthylat  und  Alkylhalogenid  dargestellt. 
Beschrieben  sind  Dipropylbutantetracarbonsäureester,  Dibenzylbutantetracarbonsäure- 
ester,  Diäthyläthylendibarbitursäure,  Dipropylenäthylendibarbitursäure  ^). 

Merck,  Darmstadt^)  stellen  C-C-Dialkyliminobarbitursäuren  durch  Erhitzen  von 
C-C-Dialkylmalonsäurediarylestern  mit  Guanidin  oder  Guanidinsalzen  her.  Zwar  reagieren 
auch  die  Dialkylester  der  Dialkylmalonsäure  mit  Guanidin  unter  Bildung  von  C-C-Dialkyl- 
iminobarbitursäuren. Die  beiden  Reaktionen  sind  aber  verschieden,  da  die  Dialkylester 
nicht  wie  die  Diarylester  auch  beim  trockenen  Destillieren,  sondern  nur  beim  längeren  Er- 
wärmen in  alkoholischer  Lösung  mit  Guanidin  reagieren,  und  zweitens  dadurch,  daß  die 
Diarylester  sowohl  in  Gegenwart  als  auch  in  Abwesenheit  von  Alkohol  stets  nahezu  glatt 
reagieren,  während  die  Dialkylester  beim  Erwärmen  in  alkoholischer  Lösimg  nur  zu  55 
bis  60%  Ausbeute  führen. 

Dial  ist  ein  Verona!,  in  dem  die  beiden  Äthylgruppen  durch  Allylgruppen 

ersetzt  sind.   Es  soll  schon  in  Dosen  von  0.15  einen  Vstündigen  Schlaf  erzeugen. 

Didial  ist  eine  Verbindung  von  Diallylbarbitursäure  mit  Äthylmorphin. 

Dialacetin  ist  eine  Kombination  von  Diallylbarbitursäure  mit  p-Acetamino- 

phenylallyläther. 

Ciba  beschreibt  die  Darstellung  von  Chinindiallylbarbitursäure,  Hydrochinin- 
diallylbarbitursäure,  EuchLnindiallylbarbitur.säure,  Cinchonindiallylbarbitursäure,  Athyl- 
hydrocupreindiaüylbarbituTsäure.  Die  Substanzen  sollen  als  Wehenmittel  Verwendung 
finden').  jj      O 

N  — C 
Diogenal  ist  Dibrompropylveronal        O  =  C\  ^(CjHsJj . 

CjHjBrjN CO 

Es  soll  nur  den  vierten  Teil  der  Giftigkeit  des  Veronals  haben. 

CO— NH 

C  H        I  I 

Luminal  (Phenyläthylbarbitursäure)  ist  „°„^>C        CO  ,  verwandelt  sich 

^2^b        I  1 

CO  — NH 
in  Lösungen  seiner  Salze  leicht  imter  Kohlensäureabspaltmig  in  Phenyläthyl- 
acetylharnstoff*).    Es  wirkt  stärker  hypnotisch  als  Veronal. 

Nirvanol  ist  j'-;'-Phenyläthylhydantoin,  ein  geschmackloses  Benihigimgs- 
und  Schlafmittel. 

Die  Natriumverbindung  von  Phenylcyanacetaraid  gibt  mit  Jodäthyl  Phenyläthyl- 
cyanacetamid.  Es  löst  sich  beim  Eintragen  in  Natriumhypobromitlösung  und  gibt  nach 
kurzem  Erwärmen  Phenyläthylhydantoin.  In  analoger  Weise  erhält  man  Phenylallyl- 
hydantoin^). 

Diäthylmalonamid  gibt  mit  Kaliumhypobromit  Diäthylhydantoin.  Das  aus  Phenyl- 
äthylcyanacetamid  und  konz.  Schwefelsäure  bei  125°  dargestellte  Phenyläthylmalonamid 
gibt  mit  Natriumhypobromit  nach  mehrstündigem  Stehen  Phenyläthylhydantoin.  Läßt 
man,  nachdem  das  Amid  in  Lösung  gegangen,  nicht  mehrere  Stunden  stehen,  sondern  säuert 
diese  Lösung  sofort  an,  so  erhält  man  bei  Verwendung  von  Hypochlorit  ein  chloriertes  Amid 
(CjHslj  •  C(CO  •  NHa)  •  CO  •  NHCl.      Diallvlmalonamid     liefert     mit     Natriumhypochlorit 

.CO  •  NH 
C-C-Diallylhydantoin  (CaHg),  •  C<  |        "). 

^NH  •  CO 

Urethan  NHg  •  COO  •  C2H5  wirkt  hypnotisch,  GlykokoUäthylester  NHj  •  CHj 
•  COO  •  CjHg  nicht  (S.  Frän  kel).  Es  hängt  mit  der  Art  und  Weise  der  Bindung 
zusammen,  ob  eine  Äthylgruppe  Schlaf  macht  oder  nicht. 

Die  Äthylgruppen  in  den  meisten  Schlafmitteln  sind  bigeminiert.  Aber 
die  bigeminierte  Äthylgruppe  hat  durchaus  nicht  in  allen  Ringbindmigen  hyp- 

1)  Albert  Wolff ,   Köln,  DRP.   233  968. 

«)  E.  Merck,  Darmstadt.  DRP.  231  887.  =)  DRP.  329  772. 

')  Impens,  Deutsche  med.   Wochenschr.    1913,  Nr.  20. 

')  Heyden,  Radebeul,  DRP.  309508.       »)  DRP.  310426,  Zusatz  zu  DRP.  309508. 


Schlafmittel,  deren  Wirkung  auf  der  Gegenwart  von  Alkyl  beruht.  515 

notische  Effekte,  sie  schafft  aber  jedenfaüs  wirksame  Substanzen,  während  die 
einfache  Äthylsubstitution  dies  nicht  vermag,  ebensowenig  wie  die  bigeminierte 
Methylgruppe. 

Phloroglucin  ist  unü^irksam,  Monomethylphloroglucin  für  Frösche  giftig, 
Dimethylphloroglucin  macht  in  relativ  großen  Dosen  die  Initialerscheinungen 
der  Monomethylphloroglucinvergiftung  ^).  Wenn  bigeminierte  Äthylgruppen 
für  die  Kern  Wasserstoffe  emtreten,  erhält  man  Substanzen,  welche  durchaus 
strychninartig  wirken.  Die  methylierten  Derivate  zeigen  zum  Unterschiede 
von  den  äthylierten  keine  Wirkung.  Die  Phloroglucinderivate  mit  bigeminierten 
Äthylgruppen  verhalten  sich  beim  Säugetier  und  beim  Kaltblüter  verschieden. 
Beim  Säugetier  reagieren  die  reinen  Ketoderivate  nicht,  sondern  es  ist  zum 
Zustandekommen  der  Wirkimg  noch  die  Gegenwart  einer  Hydroxylgruppe  not- 
wendig. Beim  Frosche  hingegen  wirken  die  Ketoderivate  auch  bei  Abwesenheit 
von  Hydroxyl  sehr  gut  strychninartig.  Untersucht  wurden  Diäthylphloroglucin, 
Tetraäthylphloroglucin,  Pentaäthj'lphloroglucin,  Hexamethyiphloroglucin, 
HexaäthylphJorogluein.  Die  Substanzen  zeigen  keine  narkotischen  Effekte. 
Die  bigeminierten  Äthylgruppen  können  in  bestimmten  Ringbindungen  strych- 
ninartige  Krämpfe  verursachen^). 

Baldi  komite  narkotische  Effekte  durch  Einführung  von  fetten  Kohlen- 
wasserstoffresten in  unwirksame  aromatische  Verbindungen  erhalten.  Hierbei 
zeigten  sich  interessante  Verhältnisse,  welche  die  Abhängigkeit  der  hypnotischen 
Wirkung  nicht  nur  von  dem  Vorhandensein,  sondern  auch  von  der  Stellung  und 
Bindungsweise  der  Alkylgruppe  beweisen. 

o-Aminophenol  ist  zum  Unterschiede  von  den  Phenolen  und  dem  Anilin 
im  Organismus  nicht  wirksam.  Es  wird  aber  wirksam,  wenn  man  für  den  Amino- 
wasserstoff  und  den  Hydroxylwasserstoft  die  Alkoholradikale  der  Fettreihe 
substituiert.  Dasselbe  erhält  narkotische  Eigenschaften,  wenn  der  Hydroxyl- 
wasserstoff  durch  ein  Alkoholxadikal  der  Fettreihe  substitiüert  wird  und  die 
Aminogruppe  intakt  bleibt,  oder  wenn  man  den  Wasserstoff  der  Aminogruppe 
derart  substituiert,  daß  das  Alkoholradikal  der  Fettreihe  nicht  direkt  mit 
dem  X,  wohl  aber  durch  Vermitthn;g  anderer  Atomgruppen  verbunden  ist ;  das 
Molekül  des  o-Aminophenols  spaltet  sich  im  Organismus  nicht,  es  verbindet 
sich  aber  mit  Schwefelsäure,  wie  dieses  auch  mit  demAnüiu  geschieht,  und  geht 
in  dieser  Verbindung  in  den  Harn  über,  welcher  eine  rotbraune  Farbe  zeigt. 

Körper  vom  Typus  HjC    CHj 

n 

/\ CO  ^\/\ CO  l   1    J 

^/Yq^\ca  ^/\^co^~^c,h,  cJJco 


CgHg  CjHj 
wurden  physiologisch  imtersucht,  keiner  derselben  besitzt  narkotische  Wir- 
kimgen.  lOproz.  Lösungen  zeigen  keinerlei  Wirkung  auf  das  Nervensystem, 
dabei  ist  1  g  subcutan  für  ein  Kaninchen  bereits  die  tödliche  Dosis.  In  den 
Magen  gebracht  bewirkt  die  unveränderte,  nicht  neutralisierte  Substanz  durch 
ihre  Säurenatur  lokale  Entzündung  bzw.  Ätzung*). 

»)  W.  Straub,  AePP.  48,   19  (1902). 

*)  S.  Fränkel,  AePP.   1908,  Suppl.  Schmiedeberg-Festschrift  181. 
')  M.  Freund  und  K.  Fleischer,  Liebigs  Annalen  373,  S.  291  (1910),  siehe  S.  293, 
Fußnote. 

33* 


516  Schlafmittel  iind  Inhalationsanaesthetica. 

CO  — NH 


Diäthyldiketopiperazin 
ist  völlig  unwirksam  1). 


r  TT       I  I 

NH-CO 


Dritte  Gruppe. 

Schlafmittel,  deren  Wirkung;  auf  der  Gegenwart  von  Carbonyl 
(Aldehyd  oder  Keton)  beruht. 

Schon  der  gewöhnliche  Acetaldehyd  CHj  •  CHO  hat  hj^pnotischc  \Mrkung. 
Es  kommen  ihm  aber  nach  Albertoni  und  Lussana-)  drei  Stadien  der  Wir- 
kung zu.  1.  Stadium  der  Aufregung.  2.  Stadium  des  Rausches.  3.  Stadium  der 
Asphyxie. 

Die  polymere  Form,  der  Paraldehyd  (C2H40)3,  ist  aber  ein  stärkeres  Hyp- 
noticum,  welchem  auch  die  aufregenden  Wirkungen  des  Acetaldehyds  in  viel 
geringerem  Maße  zukommen. 

Dem  Chloral  gegenüber,  welches  als  Standardpräparat  für  die  Schlafmittel 
angesehen  wird,  hat  Paraldehyd  den  Vorzug,  daß  die  Frequenz  der  Atemzüge 
viel  weniger  absinkt  und  auch  die  Frequenz  der  Herzschläge  selbst  bei  sehr 
großen  Dosen  nicht  merklich  abnimmt.  Es  hat  keine  schädHche  Wirkung 
auf  die  Tätigkeit  des  Herzens. 

Die  Nachteile  dieses  Schlafmittels  liegen  in  der  Unannehmlichkeit  bei  der 
Einnahme  dieser  nicht  angenehm  schmeckenden,  flüssigen  mid  flüchtigen  Sub- 
stanz, ferner  darin,  daß  man  Paraldehyd  durch  die  Lungen  zum  Teil  exhahert, 
wodurch  die  Luft  des  Schlafraumes  mit  Paraldehyd  geschwängert  wird. 

Es  gehört  aus  diesen  Gründen  und  wegen  der  relativ  hohen  Dosierung  zu 
den  seltener  angewendeten  Schlafmitteln. 

Tritt  Schwefel  in  den  Aldehyd  ein,  so  bekommt  man  nach  Lusini^)  in  dem 
.so  entstehenden  Thioaldehyd  ein  flüssiges,  lähmendes  Mittel,  das  in  Dosen  von 
1.5 — 2.0  g  pro  kg  Schlaf  hervorruft,  wobei  es  Atmung  und  Herz  ungünstig  be- 
einflußt.   Trithioaldehyd 

CHj-CH— S 

S  V  yCH  ■  CHg 

CHs-CH— S 

die  poljTiiere  Form,  wirkt  dagegen  schlaferregend,  ohne  schädlichen  Einfluß 
auf  Herz  und  Atmung.  Jedoch  hat  auch  diese  Verbindung  keinerlei  Voraüge 
vor  den  Mitteln,  die  auf  Alkylwirkung  beruhen. 

Mering*)  hat  auf  die  schlaf  machenden  Effekte  der  Acetale  hingewiesen, 
die  durch  Verbindung  von  einem  Aldehyd  mit  zwei  Molekülen  Alkohol  entstehen. 
In  relativ  großen  Dosen  (5 — 10  g)  innerhch  ist  Acetal  CH3  ■  CH<q  '  ^2^*  , 
welches  sich  im  Vorlauf  der  Spiritusdestillation  vorfindet,  sowie  bei  der  Aldehyd- 
darstellung entsteht,  ein  unsicheres  Narkoticum  mit  unangenehmen  Reiz- 
erscheinungen und  Herzwirkungen.  Die  schlafmachende  Wirkung  beruht  wohl 
zum  größten  Teil  auf  den  Alkylkomponenten. 

I)  C.  Mannich  und  Karl  W.  Rosenmund,  Tlier.  Mon.  23,  658  (1909). 

')  SuU'  alcool,  sull'  aldeide,    Padua  1875. 

3)  Ann.   di  chim.  e  farm.   1891,  Jul.,  S   35,  Okt.,  S.  189. 

*)  Berliner  klin.  Wochensclir.   1883,  43. 


Schlafmittel,  deren  Wirkung  auf  der  Gegenwart  von  Carbonyl  beruht.         517 

OPTT 

Personali  empfahl  Methylal    B.2C<q^^^  als  Schlafmittel.    Dieses  Mittel 

ist  nur  ein  schwaches  Hypnoticuni,  unsicher  in  der  Wirl:ung.  Als  lokales 
Anaestheticum  ist  es  aus  dem  Grunde  nicht  brauchbar,  weil  es  bei  subcutaner 
Injektion  Sehmerzen  macht  und  Eiterungen  verursacht. 

Dimethylacetal,  Äthyhdendimethyläther  CH3  •  CH(OCH3)2,  läßt  sich  mit 
CTiloroform  gemengt  als  schwaches  Inhalationsanaestheticum  verwenden. 

;'-Acetylarainovaleraldehyd  \virkt  subcutan  gegeben  hypnotisch  bei  Fröschen 
und  Kaninchen  und  verflacht  die  Atmung.  Bei  Hunden  konnte  bei  oraler  Gabe 
eine  narkotische  Wirkung  nicht  beobachtet  werden.  Interessant  ist  die  Wirkung 
auf  die  Atmung,  die  man  bei  Schlafmitteln  der  Hamstoffreihe  nicht  sieht. 
7-Oxyvaleraldehyd  ruft  in  den  gleichen  Dosen  wie  Acetylaminovaleraldehyd 
bei  Fröschen  Narkose  hervor  i). 

Die  schlafmachende  Wirkung  der  Ketone  wurde  im  allgemeinen  Teil  schon 
auseinandergesetzt. 

Aus  dieser  Gruppe  wurde  Diäthylketon  (Propion)  C'jHs  •  CO  •  CjHj ,  eine 
wasserlösHche  Substanz,  von  Albanese  und  Parabini  als  Hypnoticum  und 
als  Inhalationsanaestheticum  empfohlen.  Die  schwere  Löshchkeit  in  Wasser 
und  der  Geschmack  machen  das  Einnehmen  dieser  fast  ausschUeßüch  in  ItaUeri 
angewendeten  Verbindung  unbequem^). 

V\ 
Pentanon       I  >cO     macht    Schlaf,    beginnend    mit    einer   Parese 

der  hinteren  Extremitäten,  die  allmählich  aufsteigt.  Bei  letaler  Dose  geht 
der  Schlaf  in  Koma  über,  aber  die  Reflexbewegungen  bleiben  immer  erhalten. 

/^\ 
H  C         CO 

Hexanon      ^\  1      erzeugt  ebenso  Schlaf  imd  sonst  genau  dieselben 

H2 
Erscheinungen,  ist  zweimal  so  giftig  als  Pentanon. 

HaC  — C  — C" 
Suberon  (Cycloheptanon)     "l  ^CO  ist  giftiger  als  Hexanon,  macht 

I12C  —  c  —  c 

aber  sonst  genau  dieselben  Erscheinungen.  Es  nimmt  also  mit  der 
Größe  des  Ringes  die  Wii'kung  zu,  aber  es  ist  auch  gleichzeitig  eine  quahtative 
Veränderung  der  Wirkung  nachzuweisen,  denn  im  Verhältnis  zu  der  zentralen 
lähmenden  ist  die  erschöpfende  Wirkung  auf  die  motorischen  Nervenendigungen 
bei  Suberon  am  stärksten  und  bei  Pentanon  am  schwächsten  ausgebildet*). 
Auf  der  Gegenwart  der  Carbonylgmppe  beruht  die  hypnotische  Wirkung 
des  Acetophenons  (Hypnon)  CH3  •  CO  •  CsHs  und  seiner  Derivate,  ferner  die 
von  Nebelthau  entdeckte  hypnotische  Wirkung  der  aromatischen  Säureamide. 
Doch  sind  die  Körper  dieser  Gruppe  nie  zu  einer  therapeutischen  Bedeutung 
gekommen. 


')  Burckhardt  Helferich  und  Walter  Dom mer  (untersucht  von  Joachimoglu), 
BB.  53,  2007  (1920). 

=)  Ann.  di  chini.  e  farm.   1893,   124  und  225.  —  Arch.  di  farm.   1896,  IV,  529. 
=)  C.  Jakobj,  Hayashi,  Szubinski,  AePP.  50,   199  (1903). 


518  Schlafmittel  und  Inhalationsanaesthetioa. 

Es  warken  hypnotisch  Acetophenon  und  Phenylmethylaceton. 

Ein  Kondensationsprodukt  von  Zimtaldehyd  und  Acetophenon  *)  wirkt 
nicht  hypnotisch. 

Acetophenonammoniak  (CHg  •  C  •  C8H5)3N2  ist  kein  Hypnoticum.  Es 
hat  auch  keinen  Ketoncharakter  niehr^). 

Ferner  wurden  von  Claisen  eine  Reihe  von  /J-Ketoke tonen  und  /S-Keton- 
carbonsäuren  dargestellt,  die  sämtlich  hypnotisch  wirken^). 

Ditrch  Einwirkung  eines  Säureesters  auf  einen  anderen,  der  an  dem  der  Carboxäthyl- 
gruppe  benachbarten  Kohlenstoffatom  noch  vertretbaren  Wasserstoff  hat,  entstehen  bei 
Gegenwart  von  Natriomäthylat  Ketonsäureester.  Ferner  entstehen  durch  die  Einwirkung 
von  Säureestern  auf  Ketone  unter  gleichen  Bedingungen  Ketoketone  oder  durch  Eiuwirkimg 
von  Kohlensäureestem  Ketonsäureester. 

Von  speziellem  Interesse  ist  es,  daß  nach  dieser  Reaktion  aus  Oxaläther 
und  Acetophenon  bei  Glegenwart  von  Natriumäthylat  der  Acetophenonosal- 
äther  (Benzoylbrenztraubensäureäther)  CgHj  •  CO  •  CHg  •  CO  •  COO  •  C2H5  er- 
halten werden  kann.  Aus  Aceton  und  Oxaläther  erhält  man  Acetylbrenztrauben- 
säureäthyläther  CH3  •  CO  •  CHg  •  CO  •  COO  •  CoHg  .  Aus  Ameiseuäther  und 
Acetophenon  erhält  man  Eormylacetophenon  (Benzoyladehyd)  CgHg  •  CO 
•  CHg  •  CHO  .  Läßt  man  Oxaläther  mit  Essigäther  unter  denselben  Umständen 
reagieren,  so  erhält  man  Oxalessigäther 

CO  ■  CHj  •  COO  •  C2H5 
COO  ■  CjHj 

In  gleicher  Weise  erhält  man  noch  Acetylacetophenon  und  Propionylaceto- 
phenon.  Die  hypnotische  Wirkung  dürfte  der  des  Acetophenon  kaum  beträcht- 
hch  überlegen  sein.  Versuche  über  den  hypnotischen  Effekt  dieser  Verbindungen 
sind  nicht  veröffenthcht  worden. 

p-Aminoacetophenon  macht  in  größeren  Dosen  unvollständige  Betäubung, 
heftiges  Muskelzucken,  diffuse  Blutungen  und  Reizerscheinungen  im  Dünn- 
darm*). 

Kondensationsprodukte  aus  einem  Molekül  Aminoacetophenon  und  zwei 
Molekülen  Aldehyd  sind  wirksam  und  werden  anscheinend  im  Organismus  nicht 
angegriffen. 

Nur  das  Kondensationsprodukt  aus  zwei  Molekülen  Piperonal  und  einem 
Molekül  Aminoacetophenon 

CHj<^>CeH3  ■  CH  :  N  •  CeH»  •  CO  ■  CH  :  CH  •  CeH3<°>CHj 

erzeugt  einen  Lähmungszustand  der  hinteren  Extremitäten.  Eine  ähnliche 
Wirkung  zeigt  das  aus  nur  einem  Molekül  Piperonal  und  p-Aminoacetophenon 
entstehende  Kondensationsprodukt 

CH2<°>CeH3  •  CH  :  N  •  CeH,  •  CO  •  CH3  , 

"Während  bei  dem  Isomeren 

HjN  •  CjH^  •  CO  •  CH  :  CH  •  CeH3<Q>CH2 

wiederum  die  hypnotische  Wirkung  des  Aminoacetophenon  zum  Ausdruck 
kommt. 

Die  Kondensationsprodukte  aus  je  einem  Molekül  Aminoacetophenon  und 
Aldehyd  zeigen  eine  dem  p-Aminoacetophenon  analoge  Wirkung,  die  Wirkung 
ist  jedoch  weitaus  schwächer  als  die  des  p-Aminoacetophenons,  sie  wird  aber 

1)  BB.  28,   1730  (1895).  -)  Geppert  bei  Thomae,  Arch.  d.  Pharm.  244,  643. 

3)  BB.  20,  2078  (1887).  —  DRP.  40  747,  43  847,  49  542.  «)  DRP.   189  939. 


Schlaf  mittel,  deren  Wirkung  auf  der  Gegenwart  von  Carbonyl  beruht.  519 

stärker,  wenn  die  zur  Reaktion  kommenden  Aldehyde  ein  freies  Hydroxyl  ent- 
halten i). 

Paterno  hat  durch  Einwirkung  des  Lichtes  auf  eine  ammoniakalisch- 
alkohoUsche  Lösung  von  Acetophenon,  Acetophenin  CigHijNj  erhalten  (Pho- 
thoacetophenin  genannt).  Bei  subcutaner  Injektion  ist  es  stark  giftig,  es 
schmeckt  äußerst  bitter,  als  Schlafmittel  hat  es  durch  seine  WasserlösUchkeit 
dem  Acetophenon  gegenüber  große  Vorteile^). 

Um  wasserlösliche  Produkte  des  Acetophenons  zu  erhalten,  stellte  Vos- 
winkel  Glykokoüderivate  der  Aminoacetophenons  dar.  Von  diesen  soU  sich 
das  salzsaure  Salz  des  GlykokoU-p-aminoacetophenons  besonders  als  Hypno- 
ticum  eignen. 

Zur  Gewinnung  der  drei  stellungsisomeren  Glykokollaminoacetophenone  wird  Chlor- 
oder Bromacetaminoacetophenon  mit  alkoholischem  Ammoniak  behandelt,  zur  GSewinnung 
der  DimethylglykokoUderivate  behandelt  man  die  erwähnten  Halogensubstitutionsprodukte 
mit  Dimethylaminlösung^). 

Eine  praktische  Anwendung  haben  diese  Körper  nicht  gefunden. 

Vom  Acetophenon-oxychinohn  wurde  behauptet,  daß  es  als  wasserunlös- 
licher, geschmackloser  Körper  Vorzüge  vor  dem  Acetophenon  besitze.  Es  ist 
aber  kaum  anzunehmen,  daß  Derivate  eines  so  schwachen  und  imzuverlässigen 
Hypnoticums  je  praktischen  Wert  erlangen  werden. 

Man  erhält  die  o-Verbindung  dieser  Substanz  durch  Einwirkung  von  Bromaeetophenon 
auf  o-Oxychinolin  nach  der  Gleichung: 

C<,H,NONa  +  CHjBr  •  CO  •  CjHs  =  CsHjNG  •  CHj  •  CO  •  CjHj  +  BrNa  . 

Cianci  schreibt  dem  Cumarin  campherährdiche  Wirkung  zu.  Es  wirkt 
reizend,  dann  lähmend  auf  das  Grehim,  daim  auf  das  Rückenmark*).    Cumarin 

,0 CO 

CeH4<  I 

CH  =  CH 

ist  ein  Narkoticum,  aber  kein  Herzgift,  erst  bei  großen  Dosen  macht  es  Herz- 
stillstand und  bei  tödlichen  Dosen  wird  im  Harn  Zucker  gefunden*). 

Die  hypnotische  Wirkung  beruht  chemisch  auf  der  Carbonylgruppe,  welche 
dieses  Lacton  enthält,  physikalisch  auf  der  überaus  großen  LipoidlösUchkeit. 
Eine  Reihe  von  Fischgiften,  welche  Betäubungsmittel  sind,  sind  Lactone, 
z.  B.  Xanthotoxin^),  ebenso  die  aus  der  Meisterwurz  isoUerten  Substanzen 
Oxypeucedanin,  Osthol  und  Ostinthin'),  ferner  Cumarin,  Oxycumarin,  sowie 
Tephrosin  [aus  den  Blättern  von  Tephrosia  Vogelii*)]. 

Q      2        -  wirkt  nicht  narkotisch,  0.1  g  ver- 

ursachen beim  Frosch  unter  fortschreitender  Lähmung  den  Tod. 

0,  ppp    .  PTT    •  PO 
^-.      ^        '    i    ,  das  Lacton  der  Hydrocumarsäure,  besitzt  nar- 
kotische Wirkung  beim  Frosch,  die,  entsprechend  der  leichten  Aufspaltbarkeit 
dieses  Lactonrings,   viel  flüchtiger  ist  ak  die  des  stabileren  Cumarins;  auch 
sind  wesentUch  höhere  Dosen  bei  Melüotol  erforderlich. 


1)  H.  Hildebrandt,  AePP.  53,  87  (1905). 

2)  D.  Lo  Monaco,  AnnaU  chim.  anal.  appl.   1,   189  (1914).  ')  DRP,  75  915. 
*)  Giomale  Internationale  de  la  Scienza  Medica  1908,  Nov. 

5)  A.  Ellinger,  AePP.,  Suppl.   1908,  Schmiedeberg-Festschrift  150. 
«)  Hans  Priesz,  Ber.  d.  Deutsch.  Pharmazeut.  Ges.  31,  227  (19U). 
')  J.  Herzog,  Areh.  d.  Pharmaz.  24T,  563. 
*)  Hans  Priesz,  Ber.  d.  Deutsch.  Pharmazeut.  Ges.  SI,  267. 


520  Schlafmittel  und  Inhalationsanaesthetica. 

0«  T'H    •  PTT    •  PTT    •  OTT 
■        -        2  besitzt   ebenfalls  nar- 


Chroman  [    j^      ^        '    :    ^,  das  Anhydrid  des  o-Osvphenylpropylalko- 

hols,  wirkt  etwa  in  denselben  Dosen  narkotisch  wie  Cumarin  und  Phenj-1- 
alkohol. 

Die  Reduktionsprodukte  des  Cumarins  mit  Ausnahme  der  Hydrocumar- 
säure  besitzen  noch  die  narkotischen  Eigenschaften  des  Cumarins  mit  geringen 
Unterschieden.  Trotz  Reduktion  des  C  =  0  zu  CH,  im  Cumarin  sind  noch 
narkotische  Wirkungen  zu  sehen.  Daher  meint  Fromherz,  daß  die  Wirkung 
nicht  auf  der  CO-Gruppe  beruhe^). 

Die  interessanten  Versuche  von  E.  Xebelthau-)  haben  zm-  Entdeckung 
der  hypnotischen  Wirkimg  der  aromatischen  Säureamide  geführt. 

So  macht  schon  Benzamid  CgHj-CO-XHg,  wemi  auch  erst  in  relativ 
großen  Dosen,  Schlaf.    Ähnlich  wirksam  erweisen  sich  Salicylamid  OH  •  CgH^ 

•  CO  •  NHj ,  femer  der  Acetyläther  des  Sahcylamids  CHg  •  CO  •  0  •  CgH^  •  CO 
•NHo,  Dibenzamid  (CgHj  •  C0)<>NH  und  Chlorbenzamid.  Auch  Hippur.?äure- 
amid'CjHä  •  CO  •  XH  •  CHj  •  CO"-  NH,  ist  wirksam. 

Hingegen  lassen 

Phenylhamstoff  OC<^^g  '  ^'«^',  Benzoylharnstoff  OC<^'^,  ^°  '  ^'^' 
und  Acetylharnstoff  C>C<j^  '  " 

keine  besondere  Wirkung  erkennen. 

Alle  folgenden  Verbindungen  zeigen  narkotische  Effekte: 

p-Toluylsäureamid    CH3  •  CjH^  •  CO  •  NHj,    Tetramethylbenzoesäureamid    CgH(CH3)4  ■  CO 

•  NHs.Anissäureamid  CH3  ■  O  •  CgH^  •  CO  •  NH^,  Salieylmethyläthersäureamid  CH3O  ■  C^H^ 
■  CO  •  XH,,  Salicyläthvläthersäureamid  CHj  •  O  ■  CgH^  ■  CO  •  XH„  Jlethoxvnaphthoesäure- 

amid  CH3   Ö  •  CiÄCO  •  XHj. 

Phenj'lessigsäm-eamid  C^^  ■  CH,  •  CO  •  NHj  wirkt  langsam  und  schwächer 
hj^notisch  als  Benzamid. 

Zimtsäureamid  CgHj  •  CH  =  CH  •  CO  •  XH,  ist  aber  ein  sehr  wii'ksames 
Hypnoticum. 

Es  kommt  also  den  aromatischen  Säureamiden  eine  alkoholartige  narko- 
tische Wirkung  allgemein  zu,  welche  auf  die  CO-Gruppe  zu  beziehen  ist. 

Wemi  man  aber  an  Stelle  eines  oder  beider  H-Atome  der  Aminogruppe 
Methyl-  oder  Äthylgruppen  einführt,  so  tritt  die  narkotische  Wirkimg  des  Benz- 
amid mid  Salicylamid  mehr  und  mehr  zurück,  während  sich  bei  genügend 
großen  Gaben  eine  der  Wirkung  des  Ammoniaks  und  des  Strj-chnin  vergleich- 
bare Symptomengruppe  einstellen  kanji,  wie  sich  aus  der  experimentellen  Unter- 
suchung des  Methylbenzamid  C^Hj  •  CO  •  XH  •  CH3 ,  Äthvlbenzamid  C5H5  •  CO 

•  X^  •  CoHj ,  Dimethvlbenzamid  C^Hä  •  CO  •  X(CH3)2 ,  '  Dimethj-lsaücylamid 
CgH^  •  (ÖH) .  CO  •  X(CH3)2  ergibt. 

Die  aliphatischen  und  aromatischen  Säureamide  machen  Narkose.  Außer- 
dem erregen  sie  Krampf-  und  Aufregungszustände,  die  am  stärksten  aus- 
gesprochen sind  bei  den  im  Amidrest  zweifach  äthyherten  Verbindungen.  Xach 
Harraß  sind  diese  Krämpfe  nicht  als  Ammoniakwirkung  anzusehen^). 


»)  K.  Fromherz,  BZ.  105,   141  (1920). 

2)  AePP.   36,  451,  siehe  auch  M.  v.  Xencki,  AePP.    1,   420. 

')  Arch.  intern,  de  Phancacodyn.   II,  431. 


Theorie  der  Narkose.  521 

Nach  Hans  H.  Meyeri)  ist  über  die  Wirkung  der  aliphatischen  Amide  zu 
bemerken :  Formamid  H  •  CO  •  NH2  ist  in  Äther  und  Fett  u  nlöslich.  Acetamid 
CHj-CO-NHa,  Propionamid  CH3  •  CH,  •  CO  •  NH,,  ButjTamid  CH3  •  CH2 
•  CH2  •  CO  •  NH2  sind  in  Äther  und  Fett  löslich.  Formamid  und  Acetamid 
machen  pikrotoxinartige  Krampf erscheinungen,  Propionamid  wenig,  Butyramid 
ganz  wenig,  vind  zwar  werden  diese  Krämi^fe  durch  Verseifung  der  Verbindung 
und  Abspaltung  von  Ammoniak,  welches  ja  krampferregend  wirkt,  ausgelöst. 

Umgekehrt  zeigten  Butyramid,  Propionamid,  Acetamid  in  absteigender 
Stärke,  Formamid  dagegen  gar  keine  narkotische  Wirkimg.  Ebenso  wie  Pro- 
pionamid wirken  auch  Milchsäureamid  CH3  •  CH(OH)  •  CO  •  NHj  und  jff-Oxy- 
buttersäureamid  CH3  •  CH  •  (OH)  •  CH^  •  CO  •  NH , . 

H.  H.  Meyer  meint,  da  weder  bei  den  Acetinen  und  den  Glycerinäthern 
noch  bei  den  Säureamiden,  ihren  Spaltungs-  und  Verseifungsprodukten  die 
beobachtete  narkotische  Wirkung  zugeschrieben  werden  kann,  mit  der  Spaltung 
vielmehr  die  Narkose  verschwindet,  so  müssen  diese  indifferenten  und  intakten 
Stoffe  selbst  als  die  Träger  der  narkotischen  Wirkung  angesehen  werden,  und 
mithin  ist  die  Wahrscheinlichkeit  sehr  groß,  daß  alle  für  Fett  löshchen  Stoffe 
auf  lebendes  Protoplasma  narkotisch  wirken.  Die  Wirkungsstärke  der  alipha- 
tischen Narkotica  wäre  demnach  eine  Funktion  des  Teilungskoeffizienten,  nach 
dem  sich  die  wirkenden  Substanzen  im  ganzen  Organismus  zwischen  wässeriger 
Lösung  und  fettartigen  Stoffen  physikalisch  verteilen. 

Die  folgende  Tabelle  zeigt  imter  S  die  Schwellenwerte  (die  jeweilig  geringste 
molekulare  Konzenti'ation  der  einzehien  Narkotica,  die  eben  noch  imstande  ist, 
die  zu  beobachtende  Narkosen  Wirkung  herbeizuführen).  Die  Schwellenwerte 
sind  ausgedrückt  in  Bruchteilen  der  Normallösung  (1  Grammolekül  auf  1  Liter). 

g 
g''H'>C<|Q2;^A  Tetronal  0.0013 

^Ch'>^<So'    c'h'  Trional  0.0018 

CCI3  •  CHj  •  CH2  •  CHO  -I-  HjO  Butylchloralhydrat  0.002 

CBr,  ■  CHO  +  H2O  Bromalhydrat  0.002 

CHjCl  •  CH(OH)  •  CHjCl  Dichlorhydrm  0.002 

CgHiiClaOo  CWoralose  0.004 

Ch'>C<so';c'h'  Sulfonal  0.006 

C3H5(C2H302)"3  Triacetin  O.Ol 

y'OTT 
•^3^5^,^  jj  Q  ,  Diacetin  0.015 

CCla-CHO-l-'HaO  Chloralhydi-at  0.02 

CCls.CH<^^  Chloralamid  0.04 

■fJTT 
OC<n    n  TT  Athyliirethan  0.04 

CH2  •  CH  .  CH2 

Ö        Ö      Ö  Glycerinäther  0.04 

CHj  ■  CH  .  CHj 

CH2CI .  CH(OH)  •  CH2(0H)  Monochlorhydrin       0.04 

C3H5<J?^'2     .  Monacetin  0.05 

OH 
C3H,<Qjj.  Propylenglykol  0.2 

0C<:^^2,g.  Methylurethan  0.4 


1)  AePP.  42,   109;  46,  338  (1901);  47,  431  (1902). 


522  Schlafmittel  und  Inhalationsanaesthetica. 

Cf 
Vergleicht  man  mit  diesem  S  den  Teilungskoeffizienten  -— ,  welcher  die  Ver- 
teilung derselben  Substanzen  in  Fett  (f)  imd  Wasser  (w)  angibt,  so  sieht  man, 

Cf 
Cw 

Trional 4.46 

Tetronal 4.04 

Butylchloralhvdrat 1.59 

Sulfonal     .    ." 1.11 

Bromalhydrat 0.66 

Triacetin 0.30 

Diacetin 0.23 

Chloralhydrat 0.22 

Athylurethan 0.14 

Monacetin 0.06 

Methylurethan 0.04 

•daß  Substanzen  mit  niedrigstem  Schwellenwert  die  größten  Teüimgskoeffi- 
zienten  haben,  oder  mit  anderen  Worten,  daß  die  am  stärksten  hypnotisch  wir- 
kenden Verbindungen  sich  viel  stärker  in  Öl  als  in  Wasser  lösen. 

Diese  Regel  bestätigt  sich  nach  H.H.  Meyer  auch  bei  den  Substanzen, 
welche  E.  Bau  mann  und  Käst  untersucht  und  deren  Wirkung  oder  Nicht- 
wirkung  sie  mit  der  An-  oder  Abwesenheit  von  Äthylgruppen  oder  mit  dem 
unveränderten  Passieren  durch  den  Organismus  erklärt  haben. 

Wirkung  Teiliingskoefflztent 
Diäthylsulfomethan  CH„(SOj  •  C„H5)2                             schwach  0.1514 

Dimethylsulfomethan  (CHjjj  •  C  "•  (SOj  •  CHj);,  sehr  schwach  0.106 

SuHonal  stark  1.116 

Trional  stärker  4.458 

Tetronal  stärker  4.039 

Tertiärer  Butylalkohol  CHa^tOH)  schwach  0.176 

CB./ 
Tertiärer  Amylalkohol  (CHsJj  =  C(OH)  •  CHj  •  CH3      stark  1.000 

H.  H.  Meyer  und  Baum  schließen  daraus,  daß  nicht  die  Äthylgruppen 
die  spezifischen  Träger  der  narkotischen  Wirkung  sind,  sondern  daß  ledighch 
die  geänderten  physikalischen  Verhältnisse  die  Stärke  derselben  beeinflussen. 

Wie  wir  im  allgemeinen  Teile  schon  ausgeführt  haben,  können  die  inter- 
essanten Untersuchungen  von  H.  H.  Meyer  und  Baum  sehr  wohl  die  experi- 
mentelle Grundlage  für  eine  Selektionstheorie  der  hypnotisch  wirkenden  Sub- 
stanzen abgeben,  ohne  aber  die  Wirkungen  der  Substanzen  selbst  aus  ihrer 
bloßen  Verteilung  zu  erklären. 

Kiu-t  H.  Meyer  und  Hans  Gottlieb-Brillrothi)  fanden,  daß  chemisch 
indifferente  Inhalationsanästhetika  auf  Mäuse  dann  narkotisch  wirken,  wenn 
sie  in  solchen  Konzentrationen  eingeatmet  werden,  daß  sich  in  den  fettähn- 
Uchen  Himlipoiden  ein  Gehalt  von  0.06  Molen  pro  Liter  emstellt.  Sie  nehmen 
an,  daß  Narkose  dann  eintritt,  wenn  ein  beliebiger,  chemisch  indifferenter  Stoff 
in  einer  bestimmten  molaren  Konzentratron  in  die  Zell-Lipoide  eingedrungen  ist. 

Overtons")  Versuche  an  Kaulquappen  über  die  narkotische  Wirkung 
von  Substanzen  zeigten,  daß  in  den  verschiedenen  homologen  Reihen  die  Ver- 
bindungen im  allgemeinen  um  so  stärkere  Narkotica  sind,  je  länger  ihre  Kohlen- 
stoffkette ist,  daß  aber  dies  nur  bis  zu  Ketten  von  einer  gewissen  Länge  zutrifft, 
während  darüber  hinaus  die  narkotischen  Eigenschaften  wieder  verschwinden 


>)  HS.  112,  55  (1921).  2)  Overton,  Studien  über  die  Narkose,  Jena  1901. 


Theorie  der  Narkose.  523 

(resp.  nicht  zum  Vorschein  kommen  können),  daß  ferner  unter  den  verschiedenen 
Isomeren,  z.  B.  eines  Alkohols,  derjenige  das  stärkste  Narkoticum  ist,  dessen 
Kohlenstoffkette  am  wenigsten  verzweigt  ist  (oder  anders  gesagt,  dessen  Mole- 
kül sich  am  meisten  von  der  Kugelgestalt  entfernt).  Weiterliin  ergab  sich  bei 
dem  Vergleiche  der  narkotischen  Kraft  von  Benzol,  NaphthaUn  und  Phenanthren, 
daß  Phenanthren  viel  stärker  narkotisch  wirkt  als  NaphthaUn  und  letzteres 
wieder  viel  stärker  als  Benzol.  Das  mit  dem  Phenanthren  isomere  Anthracen 
wirkt  dagegen  nicht  merklich  narkotisch.  Wenn  ferner  in  einer  beUebigen 
organischen  Verbindung  ein  Wasserstoff-  oder  ein  Halogenatom  durch  eine 
Hydroxylgruppe  ersetzt  wird,  so  hat  die  dadurch  entstehende  Verbindung 
eine  viel  geringere  narkotische  Kraft  als  die  Ausgangssubstanz,  was  beim  Ein- 
treten von  zwei  oder  mehr  Hydroxylgruppen  in  das  Molekül  sich  in  noch  viel 
höherem  Grade  bemerkbar  macht.  Dagegen  hat  die  Substitution  des  Wasser- 
stoffatoms einer  Hydroxylgruppe  durch  eine  Methyl-  resp.  eine  Alkylgruppe 
stets  die  Wirkung,  die  narkotische  Kraft  stark  zu  vergrößern,  resp.  erst  rein 
hervortreten  zu  lassen,  eine  Erscheinung,  die  sowohl  bei  einem  alkohohschen 
als  auch  bei  einem  Phenolhydroxyl  zu  beobachten  ist.  Der  Ersatz  eines  Chlor- 
atoms durch  ein  Bromatom  imd  eines  Bromatoms  durch  ein  Jodatom  verursacht 
im  allgemeinen  eine  Abnahme  der  narkotischen  Kraft  der  Verbindung. 

Die  stärksten  Narkotica  sind,  nach  Overton,  Verbindungen,  die  gleich- 
zeitig eine  sehr  geringe  Löslichkeit  in  Wasser  mit  einer  sehr  hohen  Löslichkeit 
in  Äther  oder  Olivenöl  kombinieren. 

Overton  hat  die  Verhältnisse  am  Muskel  ganz  besonders  eingehend  unter- 
sucht und  aus  einem  sehr  reichen  Material  auch  wichtige  Schlußfolgerungen 
gezogen.  Er  koimte  nämlich  feststellen,  daß  die  Löshchkeit  von  chemischen 
Verbindungen  für  die  hier  in  Betracht  kommenden  Lösungsmittel  bis  zu  einem 
gewissen  Grade  eine  additive  Eigenschaft  ist  und  hat  direkt  einen  Zusammen- 
hang zwischen  chemischer  Konstitution  und  Löslichkeit  bis  zu  einem 
bestimmten  Grade,  d.  h.  für  spezielle  Atomgruppen,  feststellen  können.  Er  fand 
folgendes : 

1.  Die  Teilung  aller  organischen  Verbindungen,  die  nm-  aus  Kohlenstoff 
und  Wasserstoff  bestehen,  zwischen  den  Lösungsmitteln  Wasser  und  Äther  (oder 
Wasser  mid  fast  einem  beliebigen  flüssigen  organischen  Lösungsmittel)  geht 
stets  zugmisten  des  Äthers  (resp.  des  organischen  Lösungsmittels)  im  allgemeinen. 
Das  gleiche  gilt  für  die  Halogen-  und  Nitroderivate  der  Kohlenwasserstoffe  und 
für  die  Nitrile  (nur  Acetonitril  dürfte  sich  etwas  zugmisten  des  Wassers  teilen). 
Beispiele:  Methan,  Peutan,  Amylen,  Acetylen,  Benzol,  Xylol,  Naphthalin, 
Phenanthren,  Äthylchlorid,  Methyljodid,  Chloroform,  Nitroäthan,  Propionitril. 

2.  Je  größer  die  Anhäufung  von  Hydroxylen  in  einem  Molekül,  um  so 
stärker  fällt  die  Teilung  der  Verbindungen  zugunsten  des  Wassers  aus:  einen 
entgegengesetzten,  aber  schwächeren  Einfluß  übt  die  Vermehrung  der  Kohlen- 
stoffatome im  Molekül.  Auch  die  Art  der  Verkettung  der  Kohlenstoffatome 
spielt  eine  gewisse  RoUe,  indem  sie  sonst  bei  gleicher  Zusammensetzung  des 
Moleküls  die  Verbindung  mit  stärker  verzweigter  Kohlenstoffkette  eine  größere 
Neigung,  in  das  Wasser  überzutreten,  verrät  als  das  Isomere  mit  un verzweigter 
oder  wenig  verzweigter  Kohlenstoff  kette. 

Beispiele:  Die  Teilung  von  Methylalkohol,  Äthylalkohol,  Propylalkohol 
usw.  zwischen  Wasser  und  Äther  geht  weniger  zugmisten  des  Wassers  als  die 
Teilung  von  Äthylenglykol,  Butylenglykol :  die  Teilung  von  Propylenglykol, 
Butylenglykol,  wieder  weniger  zugunsten  des  Wassers  als  die  Teilung  von 
Glycerin,    und   die  Teilung   letzterer  Verbiiidimg   wiederum   weniger   als   die 


524  Schlafmittel  und  Inhalationsanaesthetica. 

Teilung  von  Erythrit  usw.  Die  Butylalkohole,  Amylalkohole  usw.  gehen  zu  viel 
größerem  Teil  in  Äther  über  als  Methyl-  und  Äthylalkohol ;  tertiärer  Butylalkohol 
und  Amylalkohol  zu  geringerem  Teile  in  Äther  als  die  normalen  oder  Isoalkohole. 
Pinakon  teilt  sich  weniger  zugunsten  des  Was.sers  als  Äthylenglykol  usw. 

3.  Der  Eintritt  der  Aldehydgruppe  oder  einer  Ketongruppe  in  ein  Molekül 
hat  qualitativ  denselben  Einfluß  wie  der  Eintritt  einer  Hydroxylgruppe. 

4.  Ähnlich  wie  die  Anhäufung  von  Hydroxylgruppen,  und  zwar  in  noch 
höherem  Grade,  hat  die  Anhäufung  von  Aminogruppen  die  Tendenz,  die  Lös- 
lichkeit der  betreffenden  Verbindung  in  Wasser  zu  erhöhen,  ihre  Löslichkeit 
in  Äther  dagegen  herabzusetzen  oder  wenigstens  den  Teilungskoeffizienten  zu- 
gunsten des  Was.sers  zu  verschieben.  Auch  bei  diesen  Verbindungen  hat  eine 
Zunahme  der  Kohlenstoffatome  wie  überall  die  entgegengesetzte  Wirkung. 
Beide  Einflüsse  lassen  sich  z.  B.  bei  den  Säureamiden  gut  wahrnehmen;  so  sind 
schon  die  Amide  der  einwertigen  Säuren  in  den  niedrigen  Gliedern  der  Reihe 
viel  leichter  löslich  in  Wasser  als  in  Äther,  während  bei  den  höheren  Gliedern 
sich  die  Teilung  allmählich  mehr  zugunsten  des  Äthers  vollzieht.  Die  Ver- 
bindungen mit  zwei  Aminogruppen  mid  einer  nur  geringen  Anzahl  von  Kohlen- 
stoffatomen, wie  z.  B.  Harnstoff  oder  Thioharnstoff,  sind  schon  äußerst  wenig 
löslich  in  Äther,  aber  sehr  leicht  löslich  in  Wasser.  Auch  die  aliphatischen 
Diamine,  z.  B.  Äthylendiamin,  Tetramethylendiamin  (Putrescin),  Penta- 
methylendiamin  (Cadaverin)  sind  in  Wasser  sehr  viel  leichter  löslich  als  in  Äther 
(diese  letzteren  Verbindungen  dringen  auch  im  Gegensatze  zu  den  Alkaloiden 
sehr  langsam  in  die  Zeüe  ein),  wie  bei  gerbstoffhaltigen  Pflanzenzellen  leicht 
nachgewiesen  werden  kann. 

CO  .  OTT 

.5.  Verbindungen,  welche  die  Atomkombination    <xh  (Aminosäiu-en) 

SO   .  OH  ^^-'^2 

oder  die  Atomkombination  <jjg  (z-  B.  Taurin)  enthalten,  sind  in  Äther 

fast  gänzlich  löslich;  in  Wasser  (wenigstens  die  Verbindinigen  von  gerüigerem 
Molekulargewicht)  leicht  bis  ziemlich  leicht  löshch.  Beispiele:  Glykokoll, 
Alanin,  Leucin,  Asparagin,  Glutamin  usw. 

6.  Der  Ersatz  der  Wasserstoffatome  der  Hydroxyle  durch  Methyle  resp. 
Alkyle  und  ebenso  durch  Säureradikale  (z.  B.  Acetyle)  verschiebt  die  Teilungs- 
verhältnisse wieder  stark  zugunsten  des  Äthers,  und  zwar  um  so  stärker,  je 
länger  die  Kohlenstoffkette  des  Alkyls  oder  des  Säureradikals  ist.  Dieses  gilt 
in  ganz  gleicher  Weise,  ob  es  sich  um  ein  einfaches  alkoholisches  Hydroxyl,  um 
ein  Phenolhydroxyl  oder  sogar  um  ein  Carboxyl  (CO  •  OH)  handelt,  selbst  wemi 
das  letzte  in  Kombination  mit  einer  Aminogruppe  (Aminosäuren)  vorkommt. 

Genau  denselben  Einfluß  auf  die  Löslichkeitsverhältnisse  wie  bei  den  Hydr- 
oxylgruppen übt  der  Ersatz  der  Wasserstoffatome  der  Aminogruppen  durch 
Alkyle  oder  Säureradikale  (z.  B.  bei  den  Derivaten  des  Harnstoffs  und  Thio- 
harnstoffs)  d.  h.  der  Teilungskoeffizient  der  resultierenden  Verbindungen  wird 
zugunsten  des  Äthers  verschoben. 

Beispiele:  Acetal,  Di-  und  Triäthj'lin  des  Glycerins,  die  neutralen  Ester 
der  ein-  bis  dreibasischen  Säuren,  die  Ester  der  Aminosäuren,  die  Ester  der 
Di-  und  Trioxybenzole  usw.  sind  alle  in  Äther  sehr  leicht  löslich,  in  Wasser  zum 
Teil  schwer  löslich.  Methylharnstoff  und  Phenylharnstoff  sind  leichter  löslich 
in  Äther,  schwerer  löslich  in  Wasser  als  der  Harnstoff  selbst.  Diäth3-lhamstoff 
ist  leichter  löslich  in  Äther  als  Monoäthylharnstoff,  Triäthylhanistoff  leichter 
als  Diäthylhamstoff  usf. 

7.  Die  Stammsubstanzen  der  heterocyclischen  Verbindungen  und  die  ent- 
sprechenden hydrierten  Verbindungen  sind  meist  leichter  löslich  in  Äther  als 


Tlieorie  der  Narkose.  525 

in  Wasser  (Pyridin  und  Piperidin,  die  übrigens  auch  mit  Äther  mischbar  sind, 
bilden  Ausnahmen).  Piperazin  ist,  ähnhch  wie  die  aliphatischen  Diamine,  viel 
leichter  in  Wasser  löslich  als  in  Äther  und  Olivenöl.  Diese  Verbindung  dringt 
auch  ganz  wie  die  Diamine  sehr  langsam  in  die  lebenden  Zellen  ein.  In  den 
Derivaten  dieser  Substanzen  wird  durch  die  besondere  Konstitution  der  Seiten- 
kette eine  ganz  ähnliche  Verschiebung  des  Teilungskoeffizienten  der  Verbindung 
z\vischen  Wasser  und  Äther  hervorgebracht  wie  in  den  Methanderivaten. 

8.  Die  Alkali-  und  Erdalkalisalze  der  organischen  Säuren  und  die  meisten 
Salze  der  organischen  Basen  sind  zum  weitaus  größeren  Teile  in  Äther  praktisch 
unlöslich  oder  sehr  wenig  löslich,  in  Wasser  sind  besonders  die  Alkalisalze  der 
organischen  Säuren  mehr  oder  weniger  leicht  löslich.  Speziell  die  Salze  der 
basischen  Farbstoffe  sind  zwar  in  Äther,  wohl  aber  in  höheren  einwertigen 
Alkoholen  wie  Cetylalkohol  (Äthal)  und  Cholesterin  und  ebenso  in  Lecithin 
sehr  leicht  löslich.  Die  Mehrzahl  der  einwertigen  organischen  Säuren  ist  in  Äther 
leichter  löslich  als  in  Wasser;  die  zweiwertigen,  aber  einbasischen  und  ebenso' 
die  zweibasischen  organischen  Säuren  sind  in  Äther  meist  ziemlich  leicht  löslich 
(Oxalsäure  bildet  eine  Ausnahme).  Bei  Salzen,  Säuren  und  Basen  ist  der 
Teilungskoeffizient  zwischen  Wasser  und  einem  organischen  Lösungsmittel 
in  hohem  Grade  beeinflußt  durch  den  Grad  der  elektrolji;ischen  Dissoziation 
in  der  wässerigen  Lösung,  denn  die  Ionen  sind  durchweg  viel  leichter  löslich 
in  Wasser  als  in  dem  organischen  Lösungsmittel,  so  daß  die  Teilung  sich  fast 
ausschließlich  auf  die  nichtionisierten  Molekeln  beschränkt,  während  die  Ionen 
sich  fast  allein  in  der  wässerigen  Lösung  befinden. 

Gegen  die  Annahme  von  Overton  und  H.  H.  Meyer,  daß  die  guten  Nar- 
kotica,  Anaesthetica  und  Antipyretica  sämtlich  zu  den  gut  diosmierenden  Sub- 
stanzen gehören  und  daher  die  Wirksamkeit  eines  guten  Narkoticums  in  erster 
Linie  von  seiner  Lipoidlöslichkeit  abhängig  ist,  wendet  sieh  J.  Traube^).  Er 
verweist  u.  a.  auch  darauf,  daß  Pyridin,  Nicotin,  Antipyiin  die  Membranen 
schnell  durchdringen,  obwohl  hier  der  Teilungskoeffizient  Fett :  Wasser  kleiner 
ist  als  der  Wert  von  Wasser :  Fett. 

Die  treibende  Kraft  bei  der  Osmose  ist  nach  Traube  nicht  der  osmotische 
Druck,  sondern  der  Oberflächendruck.  Je  größer  die  Geschwindigkeit  der 
Osmose  eines  wasserlöshchen  Stoffes,  um  so  mehr  erniedrigt  er  die  CapiUari- 
tätskonstaute  des  Wassers.  Stoffe,  welche  die  Steighöhe  des  Wassers  selbst  in 
konzentrierten  Lösungen  nur  in  geringem  Maße  erniedrigen,  werden  capil- 
larinaktiv  genannt.  CapiUaraktiv  werden  solche  Stoffe  benannt,  welche  die 
Steighöhe  des  Wassers  in  hohem  Maße  beeinflussen.  Gleiche  Äquivalente 
capiUaraktiver  Stoffe  homologer  Reihen  erniedrigen  die  Steighöhe  des  Wassers 
im  Verhältnis  1 :  3  :  3^  ;  3^  .  Teilungskoeffizient  und  Lösungstension  und  damit 
auch  Oberflächenspannung  und  osmotische  Geschwindigkeit  sind  daher  pro- 
portionale Größen,  was  die  Beobachtung  Overtons,  daß  die  osmotische  Ge- 
schwindigkeit und  Fettlöshchkeit  paraUel  gehen,  erklärt.  Die  narkotische  Wir- 
kung homologer  Stoffe  nimmt  mit  wachsendem  Molekulargewicht  im  Ver- 
hältnis 1  :  3  :  32  zu. 

Bei  den  indifferenten  Substanzen  aus  der  Gruppe  der  Narkotica,  den  Alko- 
holen, Urethanen  und  Estern  beobachtet  man,  wenn  man  die  Anfangsglieder 
der  Reihe  nicht  in  Betracht  zieht,  eine  Zunahme  der  Wirkungsintensität  im 
Verhältnis  1:3:3^.  In  gleicher  Weise  beeinflussen  diese  Substanzen  die  Ober- 
flächenspaiuiung  des  Wassers:  Von  ihrer  schnelleren  oder  geringeren  Resorp- 
tionsfähigkeit seitens  der  Zellen  scheint  also  ihre  Wirksamkeit  abzuhängen. 

M  Pflügers  Arch.   105,  559. 


526  Schlafmittel  und  Inhalationsanaesthetica. 

Die  Säureamide  aber  zeigen  nach  den  Untersuchungen  von  H.  Fühner  und 
E.  Neubauer*)  nicht  mehr  diese  regelmäßige  Zunahme  des  Wirkungsgrades 
und  dissoziable  Basen  und  Säuren  weichen  ganz  ab.  In  ihrem  hämolytischen 
Verhalten  zeigen  sie  kein  Ansteigen,  sondern  Abnehmen  mit  steigendem  Mole- 
kulargewicht. 

Das  Gehirn  besitzt  von  allen  Körpergeweben  die  relativ  größte  Adsorptions- 
fähigkeit für  die  Hypnotica  der  Fettreihe;  dagegen  sind  die  absoluten  Mengen 
welche  vom  Glehim  aufgenommen  werden  und  welche  die  Narkose  bedingen, 
sehr  gering.  Sie  betragen  im  Mittel  nur  1.4%  der  resorbierten  Menge  des  be- 
treffenden Schlafmittels.  Bei  der  Einwirkung  auf  das  Gehirn  findet  keine  Zer- 
störung der  Substanzen  statt.  Die  Menge  der  in  verschiedenen  Gehirnen  ge- 
fundenen Hypnotica  geht  parallel  dem  Hirngewicht ;  auf  100  g  Hirn  berechnet 
sind  die  Zahlen  ziemhch  konstant. 

Von  dem  schwächer  wirkenden  Hypnoticum,  das  in  größerer  Menge  gegeben 
werden  muß,  um  die  gleiche  Schlaftiefe  zu  erreichen,  findet  sich  ein  entsprechend 
größerer  Anteil  im  Gehirn  2). 

* 

Bei  der  Sjmthese  von  neuen  Schlafmitteln  muß  man  sich  folgendes  vor 
Augen  halten.  Leicht  flüchtige  Körper  sind  wegen  der  rasch  vorübergehenden 
Wirkung  als  eigenthche  Schlafmittel  nicht  brauchbar,  köimen  aber  imter  Um- 
ständen als  Inhalationsanaesthetica  dienen. 

Halogensubstituierte  Schlafmittel  lassen  sich  nur  in  der  aliphatischen  Reihe 
darsteUen.  Von  den  Halogenen  ist  insbesondere  Chlor  geeignet,  während  die 
Derivate  der  anderen  Halogene  unsicher  wirkende  Körper  sind  und  üble  Nach- 
wirkungen verursachen.  Allen  schlaf  machenden  Halogen  Verbindungen  haftet 
die  schlechte  Nebenwirkung  auf  Herz  inid  Respiration  an,  weshalb  imter  sonst 
gleichen  Umständen  ein  halogenfieier  Körjier  als  Hypnoticum  vorzuziehen  ist. 

Die  auf  Aldehyd-  oder  Ketougruppen  basierten  Schlafmittel  stehen  in  jeder 
Hinsicht  den  auf  Äthylgruppen  basierten  nach.  Insbesondere  die  der  hypno- 
tischen Wirkung  vorausgehende  erregende,  welche  eben  durch  die  Aldehyd- 
gruppe hervorgerufen  wird,  ist  bei  dieser  Gruppe  von  Nachteil.  Bei  den  Sub- 
stanzen, deren  hypnotischer  Effekt  auf  Äthylgruppen  beruht,  bemerken  wir 
den  resistenten  Bau  gegenüber  den  Eingriffen  des  Organismus.  Bei  der  Gruppe 
der  Disulfone,  welche  gegenwärtig  in  der  Therapie  neben  dem  Veronal  vor- 
herrscht, bemerken  wir  den  Nachteil  der  Wasserunlöshchkeit,  welcher  jedoch 
nur  für  den  subcutanen  Gebrauch,  insbesondere  bei  der  Behandlung  von  Psy- 
chosen, in  Betracht  kommt,  während  die  Wasserunlöslichkeit  für-  die  sonstige 
Anwendung  ganz  gleichgültig  ist.  Viel  schwerer  wiegend  sind  bestimmte  nach- 
teihge  Folgen,  welche  sich  bei  längerem  Gebrauch  von  Substanzen  dieser  Gruppe, 
insbesondere  von  Sidfonal  einstellen  3),  die  sich  durch  Bildung  von  Hämatopor- 
phyrin  manifestieren.  Ob  diese  schädliche  Nebenwirkung  auf  den  Sulfonanteü 
zu  beziehen  ist,  ist  fraglich,  aber  doch  sehr  wahrscheinlich. 

Ein  Desiderium  dieser  Gruppe  wären  wasserlösliche  Substanzen,  deren 
Wirkung  auf  festgebundenen  Äthylresten  beruht,  aber  die  Bindung  müßte  an 
einem  dem  Organismus  gegenüber  physiologisch  ganz  indifferenten  Kern  vor- 
genommen sein. 


1)  AePP.  56,  333  (1907). 

2)  P.  Gensler,  AePP.  79,  42  (1916). 

ä)  Breslauer,  Wiener  med.  Blätter  1891,  3,   19. 


Fünftes  Kapitel. 

Antiseptica  und  Adstringentia. 

Seitdem  eine  Reihe  von  Mikroorganismen  als  Krankheitserreger  bekannt 
wurden,  hat  es  nicht  an  Versuchen  gefehlt,  diese  sowohl  in  ihren  Kulturen  als 
auch  im  Organismus  selbst  durch  chemische  Verbindungen  abzutöten  oder  in 
ihrer  Entwicklung  zu  hemmen.  Man  war  bei  einigen  Infektionskrankheiten 
schon  früher  in  der  Lage,  festzustellen,  bevor  man  noch  die  Erreger  selbst 
kannte,  daß  sie  heilbar  sind  bei  Anwendung  bestimmter,  meist  spezifisch  wir- 
kender Substanzen.  Man  erinnere  sich  hierbei  an  die  Wirksamkeit  des  Cliinins 
bei  der  Malaria,  der  Sahcylsäure  bei  akutem  Gelenkrheumatismus,  des  Queck- 
silbers, des  Jods  und  des  Salvarsans  bei  der  Syphilis.  Emetin  wirkt  spezifisch 
gegen  die  Dysenterieamöben.  Doch  waren  diese  sogenannten  Specifica  durchaus 
nicht  Substanzen,  welche  nur  den  bestimmten  Krankheitserreger  schädigten 
oder  abtöteten,  sondern  auch  andere  Krankheitserreger  wurden  von  ihnen 
im  Reagensglase,  seltener  in  nicht  toxischen  Dosen  auch  im  Organismus  ge- 
schädigt oder  getötet.  Nach  der  Einführung  der  Antisepsis  in  die  Chirurgie 
war  man  bemüht,  eine  große  Reihe  von  Verbindungen  daraufhin  zu  prüfen, 
ob  sie  und  in  welchen  Konzentrationen  Bakterien  und  deren  Sporen  abtöten 
oder  in  der  Entwicklung  hemmen.  Es  komite  sich  aber  hierbei  bei  Anwendung 
dieser  Versuche  in  der  Therapie  niur  darum  handeln,  auf  den  Oberflächen  von 
Wimden,  von  erkrankten  Schleimhäuten  usw.  Wirkungen  zu  erzielen,  evtl.  eine 
relative  Desinfektion  des  Darminhaltes  durchzuführen.  Aber  selbst  relativ 
ungiftige  Substanzen  konnten  nicht  in  der  Menge  angewendet  werden,  um 
imierhalb  der  Gewebe  kreisend  eine  Abtötung  der  Parasiten  zu  bewirken.  Wir 
müssen  dreierlei  antiseptische  Mittel  unterscheiden:  solche,  welche  ohne  Be- 
rücksichtigung ihrer  giftigen  Wirkungen  Mikroorganismen  und  deren  Dauer- 
formen abtöten  und  für  allgemeine  Desinfektionen  von  Wert  sind,  solche, 
welche,  auf  Oberflächen  (Wunden,  Haut,  Magen-Darmkanal,  Bindehäute) 
gebracht,  Mikroorganismen  vernichten,  ohne  bei  der  Resorption  schwer  zu 
schädigen,  und  schließlich  solche,  welche,  dem  Organismus  einverleibt,  ganz, 
bestimmte  Parasiten  töten,  ohne  den  Organismus  zu  vernichten.  Es  mußten 
daher  neue  Wege  gesucht  werden,  um  nicht  allgemein  antiseptische  Mittel 
zu  finden,  sondern  solche  Verbindmigen  synthetisch  aufzubauen,  die  nicht 
gegen  alle  Mikroorganismen  wirken,  sondern  nur  gegen  besondere,  wie  etwa 
Chinin  gegen  Malaria.  Diese  Verbindungen  müssen  sich  nicht  nur  im  Reagens- 
glase als  wirksam  erweisen,  sondern  vielmehr  im  Organismus  so  wirken  und 
sich  so  verteilen,  daß  sie  von  den  Zellen  des  erkrankten  Organismus  entweder 
wenig  aufgenommen  werden  oder  diese  Zellen  nur  wenig  angreifen,  während 
sie  von  Parasiten  stark  aufgenommen  werden  mid  diese  möghchst  schädigen. 
Mit  anderen  Worten,  die  zu  konstituierende  chemische  Substanz  muß  physi- 
kahsch  sich  so  verhalten,  daß  die  Verteilung  zwischen  dem  erkrankten  Organis- 
mus einerseits  und  dem  Krankheitserreger  sich  in  der  Weise  abspielt,  daß  die 
chemische  Verbindung  sich  der  Hauptsache  nach  dem  Parasiten  zuwendet  und 


528  Antiseptica  und  Adstringentia. 

weniger  der  Zelle  des  Wirtstieres.  Es  muß  sich  nicht  immer  nm  ein  Eindringen 
der  chemischen  Verbindung  in  den  Parasiten  handeln,  sondern  es  genügt  wohl, 
wie  bei  einzelnen  Bakterienprodukten  und  Substanzen,  die  als  Gegenwirkung 
von  Bakteriengift  auf  den  Organismus  entstehen,  daß  die  chemischen  Ver- 
bindungen nur  auf  die  Membran  wirken  und  diese  so  verändern,  daß  sich  ein  Zu- 
sammenkleJjen  oder  ein  Ausfällen  der  Mikroorganismen  ergibt. 

Allgemeine  Zellgifte  sind  auch  allgemeine  Antiseptica,  insbesondere  solche, 
welche  auf  Eiweißkörper  fällend  oder  lösend  wirken,  ebenso  wie  auf  die  sehr 
wichtigen  Bestandteile  der  Zellmembranen  und  des  Zelünhaltes,  die  Lipoide, 
daher  sind  Schwermetalle  in  ihren  Salzen,  ebenso  die  Mineralsäuren  und  Laugen 
und  auch  die  organischen  Solvenzien  wie  Äther.  Alkohol.  Toluol.  Cliloroform 
allgemeine  ZeUgifte  und  Antiseptica.  Die  Membranen  zahlreicher  Bakterien 
und  anderer  Älikroorganismen  bestehen  aber  zum  Unterschiede  von  den  Mem- 
branen tierischer  Zellen,  welche  aus  Eiweißkörpern  und  Lipoiden  aufgebaut 
sind,  zum  Teil  aus  Cellulose,  zum  Teil  aus  chitinähnlichen  Verbindungen,  welche 
häufig  einen  schwer  permeablen  wachsähnlichen  Überzug  haben.  Insbesondere 
die  Sporen  mancher  Bakterien  sind  so  von  ihren  Membranen  umschlossen, 
daß  sie  selbst  sehr  starken  antiseptischen  Mitteln  gegenüber  widerstandsfähig 
smd,  weil  die  Sporenmembran  undurchlässig  ist  für  die  ■wirksamen  chemischen 
Verbindungen. 

Bei  den  Schwermetallsalzen  hängt  die  Giftigkeit  der  Lösung  von  der  Dis- 
soziationsgröße ab,  aber  auch  von  der  Lipoidlöslichkeit.  Daher  ist  Quecksilber- 
chlorid, welches  lipoidlösUch  ist,  viel  wirksamer  als  die  andern  stärker  disso- 
ziierten Quecksilbersalze.  Die  Quecksilberionen  wirken  unter  den  Schwer- 
metaUen  am  stärksten,  ihnen  kommen  Silber,  Zink  und  Kupfer  nahe.  Bei  den 
Säuren  hängt  die  Desinfektionskraft  ebenfalls  von  der  Konzentration  der 
Wasserstoffionen  ab,  aber  auch  von  der  Natur  der  nicht  dissoziierten  Moleküle 
und  hier  von  der  Lipoidlöslichkeit  derselben.  Dasselbe  gilt  von  den  Alkalien. 
Viele  Antiseptica  sind  Oxj^dationsmittel,  wie  z.  B.  Wasserstoffsuperoxyd, 
Chlor  und  unterchlorigsaures  Natrium,  Kaliumpermanganat  und  chlorsaures 
Kalium. 

Die  Beobachtung,  daß  in  der  Nähe  von  reinen  Metallen  Mikroorganismen 
geschädigt  werden  oder  absterben,  wurde  kritisch  bearbeitet.  Es  handelt  sich 
höchstwahrscheinhch  um  ^rinzige  Mengen  von  gelösten  Metallen.  Silber,  Queck- 
silber imd  Kupfer  üben  eine  deutUche  Wirkung  aus,  während  Magnesium, 
Aluminium,  Eisen,  Zink,  Blei,  Zinn,  Palladium  und  Gold  im  kompakten  Zustande 
wirkungslos  sind.  Die  bactericide  Wirkung  der  Radiumemanation  bezieht  sich 
vorzüglich  auf  die  Ein'W'irkung  der  «-Strahlen.  Sie  ist  übrigens  keineswegs 
groß.  Man  nimmt  heute  an,  daß  die  desinfizierende  Kraft  von  Metallösungen 
nicht  allein  von  dem  Gehalte  der  Lösung  an  Metall  abhängt,  sondern  komphzier- 
teren  Gesetzen  folgt.  Die  Wirkung  ist  abhängig  imd  summiert  sich  aus  der 
Wirkung  des  Anions  und  Kations.  Sie  ist  aber  auch  abhängig  von  der  Menge 
der  in  Lösung  dissoziierten  Moleküle,  wobei  zu  bemerken  ist,  daß  praktisch 
in  dünnen  Lösungen  bei  stark  wirksamen  Metallen  das  ganze  gelöste  Salz  als 
dissoziiert  anzusehen  ist.  Durch  die  Verdünnung  steigt  natürUch  die  Dissoziation 
der  Moleküle  in  der  Lösung. 

Bei  den  Desinfektionsmitteln  hängt,  die  Wirkung,  insofern  es  sich  um  Salze 
handelt,  von  den  Ionen  ab,  und  Lösungen  von  Metallsalzen,  in  denen  das  Metall 
Bestandteil  eines  komplexen  lones  ist,  wirken  außerordentlich  wenig  keim- 
tötend. So  haben  Scheurlen  und  K.  Spiro  gezeigt,  daß  Subhmat  dem  Queck- 
silberkaliumhyposulfit    in    der    Desinfektionskraft    bedeutend    überlegen    ist. 


Antiseptica  und  Adstringentia.  529 

Es  haben  dann  Schrauth  und  Schöllei-i)  komplexe  Quecksilberverbind luigen 
dargestellt,  die  so  wirksam  sind  wie  Sublimat,  so  daß  man  annehmen  muß, 
(laß  das  komplexe  quecksilberenthaltende  Ion  selbst  stark  bactericid  wirkt. 
Durch  die  elektrolj'tisehc  Dissoziationstheorie  können  wir  iins  auch  erklären, 
warum  sonst  wirksame  Salze  auf  Bakterien  nur  wenig  wirken,  wenn  sie  in  Alkohol, 
Äther  und  ähnlichen  Lösungsmitteln  gelöst  sind,  denn  in  diesen  ist  die  Disso- 
ziation der  Salze  äußerst  gering.  Nun  ■nird  die  Dissoziation  der  Salze  durch  den 
Zusatz  von  Neutralsalzen  beträchtlich  herabgesetzt,  da  die  Neutralsalze  der 
Dissoziation  entgegenAvirken.  Das  ist  auch  der  Grund,  warum  die  Desinfektions- 
wirkung der  Salze  durch  den  Zusatz  von  Neutralsalzen  beträchtlich  herabgesetzt 
wird.  Wie  schon  ausgeführt,  hängt  die  Desinfektionswirkung  der  Salze  von 
Anion  und  Kation  ab  und  ist  gleich  der  Summe  der  beiden  Wirkungen  plus 
der  Wirkung  der  nicht  dissoziierten  Moleküle.    Deshalb  sind  auch  die  Chloride 

stärkere  Desinfektionsmittel  als  die  Sulfate. 
+ 
Es  genügt  1  g  H-Ion,  um  30  Millionen  Liter  besten  Nährboden  dauernd 

steril  zu  halten,  bei  Abwesenheit  von  OH-Ionen  liefernden  Verbindungen,  denn 

+  + 

eine  Reaktionsverschiebmig  von  0.8.10" ^g  H  auf  2.10-'g  H  verhindert  in  den 
Versuchen  jedes  Bakterienwachstum. 

Da  das  Wasserstoffion  das  stärkste  Desinficiens  ist,  spielt  der  negative  Be- 
standteil bei  starken  Samen  nur  insofern  eine  Rolle,  als  die  absolute  Desinfek- 
tionskraft um  so  geringer  sein  wird,  je  höher  das  Molekulargewicht  der  Säxu-e 

ist,  ganz  miabhängig  von  einer  evtl.  vorhandenen  Desinfektionskraft  des  Amins, 

+ 
das  dem  überstark  wirksamen  H-Ion  gegenüber  nicht  zur  Wirkung  kommt. 
Je  schwächer  die  Säm-e,  desto  mehr-  kommt  der  desinfektorische  Effekt  des 
Anions  zur  Geltung.  Die  Desinfektionski'aft  einer  dissoziierenden  Verbindung 
ist  das  Ergebnis  der  Desinfektionski-aft  der  Ionen,  und  jedes  Ion  ist  als  ein  selb- 
ständiges Desinficiens  zu  betrachten. 

Die  Chloride  der  Leichtmetalle  sind  schwache  Desinficientien,  die  Elemente 
mit  kleinem  Atomvolunicn  (Schwermetalle)  des  ersten  Straliles  im  periodischen 
System  sehr  starke. 

Kolloidales  Silber  (Fulmargin)  übertrifft  alle  bisher  geprüften  Silberver- 
bindungen bei  weitem  an  absoluter  Desinfektionski-aft. 

Im  zweiten  Strahl  des  periodischen  Systems  sind  die  LeichtmetaDe  schwache, 
die  Schwermetalle  starke  Desinficienten,  kolloidales  Quecksilber  verhält  sich 
in  der  Desinfektionskraft  zu  kolloidalem  Silber  wie  80  :  31,  also  fast  dreimal 
so  stark.  Keine  Quecksilberverbindung  ist  wirksamer  als  kolloidales  Quecksilber. 

+ 

Im  ersten  Strahl  ist  das  H-Ion  als  erstes  Element  der  Reihe,  im  zweiten 
Strahl  das  Radiumion  als  letztes  Element  der  Reihe  das  bei  weitem  wirksamste 
(ilied. 

Cadmium  kommt  dem  Silber  an  absoluter  Desinfektionskraft  beinahe  gleich. 
Die  absolute  Desinfektionskraft  aller  Verbindiuigen  bleibt  hinter  der  des  wirk- 
samsten Elementes  in  elementarer  Form. 

Im  dritten  Strahl  des  periodischen  Systems  wirken  Bor  und  Aluminium 
relativ  seh  wach  desinfizierend. 

Sihkate,  Zinn-  mid  Bleisalze  wirken  schwach,  steigend  von  SiUcium  zum 
Blei,  Bleisalze  so  stark  wie  Aluminiumsulfat. 

Im  vierten  Strahl  des  periodischen  Systems  der  Elemente  nimmt  die  absoluta 
desinfektorische  Wirksamkeit  mit  steigendem  Atomgewichte  zu. 

1)  Sclirauth  und  Schöller,  Z.  f.  Hyg.  66  (1910). 
Fränkel,  Arzneimittel-Synthese.   6.  Aufl.  34 


Ö30  Antisoptica  mid  Adstringentia. 

Im  fünften  Strahl  des  perioclisclien  Systems  der  Elemente  besitzt 
Stickstoff  in  elementarer  Form  keine  desinfektorische  Kraft,  Stiekstoff- 
ionen  sind  iiicht  l)ekannt,  Ammoniak  Avirkt  durch  seinen  Gehalt  an  Hydroxyl- 
ionen. 

Im  fünften  Strahl  nimmt  che  desinfektorischc  Wirksamkeit  mit  steigenden! 
Atomgewicht  ab.  Die  höchsten  Oxydationsstufen  der  Elemente  des  fünften 
Strahles  erweisen  sich  als  weit  weniger  wirksam  als  die  positiv  geladenen 
Atomgrupi^en  dieser  Elemente.  Salvarsan  hemmt  weniger  als  arsenige 
Säure. 

Der  sechste  Strahl  des  periodischen  Systems  enthalt  Sauerstoff,  Schwefel, 
Clirom,  Scandium,  Molybdän,  Telku-,  Wolfram,  Uran. 

Elementarer  Sauerstoff  i.st  in  molekularer  Form  (O2)  nur  gegen  die  anaero- 
hiontisch  lebenden  Mikroorganismen  wirksam.  Ionisiert  bildet  er  in  wässeriger 
Lösung  Hydroxylionen,  denen  eine  starke  desinfizierende  W^irkung  zukommt, 
namentlich  dem  Wasserstoffsuperoxyd. 

Formaldehydsulf oxylsam'es  Natrium  wirkt  sehr  wenig,  schweflige  Säure 
20  mal  so  stark,  Urannitrat  30 mal  so  stark  wie  Goldchlorid. 

Im  sechsten  Strahl  des  periodischen  Systems  kommt  den  Sauerstoffionen 
der  höchste  Grad  von  desinfektorischei'  Wirksamkeit  zu.  Die  Wirkung  des 
Ozons  beruht  sehr  wahrscheinlich  auf  der  Bildung  von  OH-Ionen  in  wässeriger 
Lösung.  Die  desinfektorische  Wirkmig  der  Persalze  ist  weit  geringer  als  die 
des  Wasserstoffsuperoxyds . 

Der  siebente  Stralü  des  periodischen  Systems  der  chemischen  Elemente 
enthält  neben  den  vier  Halogenen :  Fluor,  Chlor,  Brom  und  Jod  von  Elementen 
mit  kleinem  Atomvolumen  nur  das  Mangan.  Elementares  Fluor  ist  so  reaktions- 
fähig, daß  eine  Piüfung  der  Desinfektionskraft  auf  große  Schwierigkeiten  stößt. 
Bei  Chlor,  Brom  imd  Jod  steigt  in  elementarer  Form  wie  auch  in  den  geprüften 
Verbindungen  die  Desinfektionskraft  mit  steigendem  Atomgewicht.  Im  ionisier- 
ten Zustand  ist  das  Fluorion  am  stärksten  desinfektorisch  wirksam,  dann  steigt 
flie  Wirksamkeit  vom  Chlorion  bis  zum  Jodion. 

(Siloroform,  Bromoform  und  Jodoform  verhalten  sich  in  bezug  auf  Stärke 
der  Wirkung  wie  1  :  2  :  30  .  Natriumchlorat  und  Natrium  Perchlorat  wirken 
sehr  schwach,  sie  sind  ohne  nennenswerte  desinfektorische  Kraft. 

Jodtr i chlor id,  Jodtribromid  xmd  Natrium  sozojodolicum.  Ersteres  wirkt 
so  staik  wie  Fluorwasserstoff,  das  zweite  wie  Bromoform,  letzteres  sehr  schwach. 

Mauganchlorid  und  Natriumpermanganat  wirken  schwach  1  :  300  bzw. 
1  :  200. 

Im  achten  Strahl  finden  sich  neben  den  Edelgasen  Neon,  Argon,  Krypton 
und  Xenon,  die  keine  chemische  Verbindimg  mit  anderen  Elementen  eingehen 
und  fiaher  auch  keine  desinfektorische  Iviaft  haben,  drei  Reihen  von  je  drei 
z\i.sammengehörigen  Elementen:  Eisen,  Kobalt,  Nickel,  ferner  Palladium,  llho- 
dinm,  Ruthenium  und  Osmium,  Iridium  mid  Platin. 

In  kolloidaler  wässeriger  Lösung  zeigt  keines  der  geprüften  Elemente 
irgendwelche  desinfektorische  Kraft,  dagegen  ist  che  lonenwirkimg  bei  Eisen 
und  Osmium  nicht  unbeträchtlich. 

Eisenchlorid  1  :  1600,  Osmiumsäure  1  :  1500,  Ferrokakodylat  FeCgHigAsgO« 

1 :  noo. 

Die  Platinionen  wiiken  in  gleicher  Stärke  desinfektorisch. 

Keine  organische  Verbindung  wirkt  stärker  als  Formaldehyd  oder  Was.scr- 
stoffsnperoxyd,  ganz  zu  schweigen  von  Quecksilber-  und  Silberverbindungen 
oder  Lösungen. 


Antiseptica  und  Adstringentia.  531 

Es  liemmt 

Formalin 1  :  20  000 

Xaphtbol 1  :  5000 

Lj'soform 1  :  4200 

Grotan 1  :  1000 

Kreolin 1  :  1000 

Seifenspiritus 1  :  800 

Tribromnaphtliol 1  :  700 

Guajakol 1  :  500 

Sagrotan 1  :  300 

Lysol 1  :  300 

Phenol 1  :  100 

Die  Abkömmlinge  der  Phenolreihe  zeigen  sämtUeh  eine  hemerkenswert 
geringe  Desinfektionskraft;  Xaphthol  ist  nach  Formalin  die  kräftigst  wirkende 
der  geprüften  organischen  Verbindungen. 

Von  organischen  Säuren  hemmt 

Ameisensäiire 1  :  1500 

Essigsäure 1  :  1000 

Salieylsäure 1  :  500 

Sulfosalicylsäure 1  :  500 

Pikrinsäure 1  :  500 

Thymol,  Menthol,  Campher;  letzteres  ist  das  mrksamste. 

Thymol 1  :  500 

Menthol 1  :  550 

Campher 1  :  1050 

PjTamidon 1  :  750 

Aspirin 1  :  700 

Von  Chhiinderivaten  ist  Eucupin  am  wirksamsten. 
Es  hemmt 

Chinin 1  :  330 

Optochin 1  :  330 

Eucupin 1  :  1000 

Es  hemmen 

Resorcin 1  :  40 

Brenzkatechin I  :  1300 

Hydroehinon 1  :  1340 

Pyrogallol 1  :  CöO 

Durch  Einführung  von  Schwermetaliioiieii  in  organische  Verbindungen  liißt 
sich  zwar  die  desinfektorische  Ka-aft  .selu-  erhcl)lich  (bis  auf  das  Zwanzigfache 
und  mehr/ steigern,  aber  doch  nicht  über  das  Maß  der  einfachen  organischen 
Substanzen  hinaus,  deren  Wirksamkeit  nicht  einmal  erreicht  wird. 

liei  Untersuchungen  fler  relativen  Giftigkeit  mid  Desinfektionskraft  sieht 
man,  daß  zu  den  relativ  giftigsten  Desinfektionsmitteln  Xatriumsalicj'lat  und 
Phenol  gehören,  zu  den  ungiftigeren  Essigsäure,  Jod  imd  Aluminiumsiüfat, 
zu  den  relativ  ungiftigsten  SuliUmat,  weit  vor  allen  aber  Wa.sserstoffsuperoxyd. 
Alle  Mittel,  welche  einen  Phenol-  oder  Chinim-est  enthalten,  erweisen  sich  als 
relativ  sehr  giftig. i). 

Die  Untersuchungen  von  Krönig  luid  Paul  zeigten,  daß  im  allgemeinen 
che  Säuren  im  Verhältnis  zu  ihrer  Dissoziationskraft  desinfizierend  wirken, 
d.  h.  die  Stärke  der  Wirkung  steigt  mit  der  Menge  der  in  der  Lösung  befind- 
lichen Wasserstoffionen,  aber  außerdem  kommt  auch  den  nicht  dissoziierten 
Molekülen  manchmal  eine  spezifische  Giftwirkung  für  die  Bakterien  zu,  wie 
z.  B.  der  Flußsävu-e,  der  Salpetersäiu"e  mid  der  Trichloressigsäure.  Diese 
spezifische   Wirkung  tritt   aber,   wenn   die   Verdünnimg   ansteigt,   gegenüber 

')  H.  Friedenthal,  BZ.  94,  47  (1919). 

34* 


532  Antiseptica  und  Adstringentia. 

den  Wasserstoffionen  zurück.  Ebenso  hängti  die  desinfizierende  Wirkung  der 
Alkalihydroxyde  und  des  Ammoniaks  ab  von  der  Menge  der  Hydroxylionen 
in  der  Lösung,  d.  h.  von  der  Größe  der  Dissoziation  dieser  Basen.  Die  Wasser- 
stoffionen sind  aber  als  Bakteriengifte  viel  wirksamer  als  Hydroxylionen. 

Die  keimtötende  Wirkung  der  Alkohole  steigt  vom  Methylalkohol  zum 
Äthyl-,  Propyl-  xmd  Amylalkohol.  Die  ahphatischen  Alkohole  zeigen  eine 
Steigerung  der  Bactericidie  mit  der  Steigerung  des  Kohlenstoffgehaltes  der 
Alkohole*).  Noch  viel  wirksamer  ist  der  Allylalkoliol  vermöge  seiner  Unge- 
sattigtheit.  Die  antiseptischen  Wirkungendes  Allylalkohols  sind  nach  E.  Sal- 
kowskis  Angabe  aber  mäßig-).  Die  tertiären  Alkohole  sind  weniger  wirksam 
als  ihre  isomeren  Normal-  und  Isoalkohole. 

Es  ist  interessant,  daß  der  absolute  Alkohol  keine  desinfizierenden  Eigen- 
schaften hat,  hingegen  aber  seine  wässerige  Lösung.  Am  kräftigsten  soll  ein 
etwa  55proz.  Äthylalkohol  wirken.  Man  erklärt  das  Versagen  der  Wirkung  des 
absoluten  Alkohols  auf  das  trockene  Material  in  der  Weise,  daß  sich  die  Bak- 
terienmembran miter  der  Einwirkung  des  Alkohols  kontrahiert  und  das,ZeU- 
protoplasma  der  Mikroorganismen  von  der  kontrahierten  Membran  vor  der  Ein- 
wirkung des  Alkohols  geschützt  wird.  Es  ist  aber  sehr  fraglich,  ob  diese  Er- 
klärung richtig  ist.  Die  Untersuchmigen  von  Wirgin  zeigten,  daß  die  keim- 
tötenden Wirkungen  der  Alkohole  sich  nach  dem  Molekulargewichte  anordnen. 
Das  gilt  aber  nur  füi'  die  primären  Alkohole  bis  zum  Amylalkohol,  die  tertiären 
machen  eine  Ausnahme,  denn  der  tertiäre  Butylalkohol  wirkt  schwächer  als 
die  Propylalkohole  und  der  tertiäre  Amylalkohol  schwächer  als  der  normale 
Butylalkohol.  Am  stärksten  keimtötend  wirken  die  starken  Mineralsäiu-en, 
die  starken  Oxydationsmittel,  die  Salze  des  Silbers  und  des  Quecksilbers, 
schwächer  wirken  von  den  organischen  Substanzen  die  Phenole  und  Alkohole, 
während  der  sehr  chemisch  aktive  Formaldehyd  eine  Mittelstellung  einnimmt. 
Die  desinfizierende  Wirkung  der  Säuren  hängt  von  ihrer  elektrolytischen 
Dissoziation  ab,  d.  h.  von  der  Konzentration  der  Wasserstoffionen  in  der  Lösung. 
Chloroform  besitzt  als  solches  keine  tötende  Wirkung,  sondern  nur  seine  wäs- 
serige Lösung.  Auch  Jodoform  hat  keine  desinfizierende  Wirkung,  sondern  wahr- 
scheinlich ein  wasserlöshches  Derivat  desselben. 

Sehr  viele  giftige  Substanzen  entfalten  erst  in  einer  bestimmten  Konzen- 
tration eine  besondere  Wirkung.  Milzbraudbacillen  werden  von  einer  3.5proz. 
Lösung  von  Kupferchlorid  früher  getötet  als  von  einer  4  mal  so  starken.  Manch- 
mal verwandelt  der  Organismus  er.st  eine  Substanz  in  eine  stark  wirksame, 
entweder  durch  Oxydation  oder  durch  Paarung,  welch  letztere  zumeist  ent- 
giftet. 

So  ist  Colchicin  bei  Fröschen  fast  ohne  Wirkung,  während  der  zwan- 
zigste Teil  der  Dose  an  Oxydicolchicin  wirksam  ist.  Die  Unwirksamkeit  an 
Fröschen  und  die  Wirksamkeit  an  Warmblütern,  welche  voUständig  mit  der 
des  Oxydicolchicin  übereinstimmt,  zeigt,  daß  sehi'  wahrscheinhch  das  an  sich 
ungiftige  Colchicin  im  Organismus  der  Warmblüter,  nicht  aber  in  dem  der 
Frösche,  in  das  giftige  Oxydicolchicm  umgewandelt  wird. 

Die  desinfizierenden  Mittel  äußern  schon  in  vitro,  noch  viel  mehr  aber  im 
Organismus  ihre  Wirkmigen  auf  die  Mikroorganismen  sehr  verschiedenartig 
und  sind  meist  spezifisch,  so  z.  B.  Chinin  gegen  Malaria,  die  Salicylsäure  gegen 
akuten  Rheumatismus,  das  Quecksilber  gegen  Sj'philis,  das  Arsen  gegen  Try- 

')  Saul.Arch.  f.  kün.  Chir.  56,  686.  —H.  Buchner,  F.  Fuchs  und  L.  Megele,  Arch. 
f.  Hyg.  -40,  357  (1901).  — Wirgi  n,  Z.  f.  Hyg.  46,  149  (1904). 
2)  E.   Salkowski,  BZ.    108,  244  (1920). 


Antiseptica  und  Adstringentia.  533 

panosomeu.  Diese  Gifte  nun,  welche  Mikroorganismen  verscbdedener  Art  töten, 
sollen  nmi  in  ihrer  Giftigkeit  den  Mikroorganismen  und  dem  tierischen  Organis- 
mus gegenüber  sehr  differieren,  da  ja  sonst  der  Infektionsträger  eher  zugrunde 
geht  als  der  Infektionserreger.  Dabei  ist  zu  beachten,  daß  eine  Reihe  von  Sub- 
stanzen, welche  auf  Mikroorganismen  einwirken,  im  tierischen  Organismus 
gewisse  Veränderungen  osydativer  und  reduktiver  Art  erleiden. 

Methylchlorid  wirkt  antiseptisch,  wie  Chloroform,  ebenso  Methylenclilorid 
CHgClj .  Acet3denchlorid,  Dichloräthylen  CHgCl  •  CHgCl  wirkt  viel  schwächer 
antiseptisch  als  Chloroform.  Trichloräthylen  ist  m  Wasser  sehr  schwer  löslich 
und  wirkt  sehr  gut  antiseptisch.  Äthylchlorid  wirkt  viel  schwächer  antiseptisch  ^). 

Äther  wirkt  stark  fäulnishemmend. 

Brombenzol  verwandelt  sich  im  Organismus  des  Hundes  in  Bromphenyl- 
mercaptursäure,  welche  nach  T.  Saxl  viel  stärker  desinfizierend  wirken  soll  als 
Brombenzol.  Aber  diese  desinfizierende  Wirkung  übt  sie  nm-  im  Harn,  nicht 
aber  im  Blut  aus. 

Die  Phenole  sind  schwache  Antiseptica;  die  Kresole  wirken  stärker  als 
Phenol,  die  meisten  Untersucher  behaupten,  daß  m-Kresol  stärker  wirksam 
als  p-Kresol  und  dieses  stärker  als  o-Kresol  sei.  Nur  wenige  behaupten  von 
reinem  o-Kresol,  daß  es  den  beiden  anderen  in  der  Wirkung  nicht  nachstehe. 
Es  ist  von  theoretischem  Interesse,  daß  die  drei  Kresole  zusammen  einander  in 
der  Wirkung  unterstützen  und  stärker  wirken  als  die  gleiche  Menge  m-Kresol 
allein.  Zusatz  von  Säm-en  und  Salzen  verstärkt  die  Wirkung  der  Phenole.  Koch- 
salz erhöht  ganz  bedeutend  die  desinfizierende  Wirkung,  imd  zwar  viel  stärker 
als  Chlorkalium,  dieses  stärker  als  BromkaUum,  dieses  stärker  als  Chlorammon, 
dieses  stärker  als  Jodkahum,  dieses  stärker  als  Salpeter,  dieses  stärker  als 
Natriumacetat.  Hingegen  wird  die  Desinfektionskraft  der  Carbolsäure  durch 
Zusatz  von  Alkohol  verringert  und  die  Lösung  im  absoluten  Alkohol  ist  in  ihrer 
Wirksamkeit  gleich  Null.  Auch  einige  Salze,  z.  B.  benzoesaures  Natrium,  ver- 
ringern die  Wirksamkeit.  Alkalien  heben  die  Phenolwirkung  fast  ganz  auf, 
während  KresoLkahumverbindungen  nicht  schwächer  wirken  als  die  Kresole 
allein. 

Bei  Kombination  verschiedenartiger  Substanzen,  z.  B.  Phenol  und  Salz- 
säure, Alkohol  und  Kalilauge,  \vird  eine  Verstärkung  hervorgerufen. 

Wir  unterscheiden  nun  Antiseptica,  deren  Wirkung  auf  Ionen  beruhen, 
und  die  Desinfektionsmittel  erster  Ordniuig  genaimt  werden,  und  solche,  welche 
als  Moleküle  wirken,  vnid  die  man  als  Desinfektionsmittel  zweiter  Ordnung 
bezeichnet.  Phenol  z.  B.  ist  ein  solches  Desinfektionsmittel  zweiter  Orchiung. 
Phenohiatrium  ist  in  der  Lösung  stärker  ionisiert  als  Phenol,  wirkt  aber 
schwächer.  Die  Eigenschaft,  daß  der  Zusatz  von  Alkohol  die  Desinfektionskraft 
des  Phenols  abschwächt,  wäre  so  zu  erklären,  daß  Phenol  aus  wässeriger 
Lösung  von  Bakterien  besser  absorbiert  wird,  während  Alkohol  oder  Öl 
bessere  Lösungsmittel  für  Phenol  sind  als  der  Bakterienleib.  Da  nun  die  Ver- 
tcilmig  zwischen  dem  Bakterienleib  und  dem  Lösungsmittel  sich  so  verhält 
wie  ZTOschen  zwei  Lösungsmittehi,  so  muß  der  Verteilimgssatz  von  Berthelot- 
Jungfleisch  darauf  angewendet  werden,  imd  wir  werden  als  die  stärksten 
Antiseptica  solche  bezeichnen  müssen,  deren  Verteilungskoeffizient  sehr  stark 
zugunsten  des  Bakterienleibes  sich  himieigt.  Aus  dieser  theoretischen  Erwägung 
wird  es  auch  klar,  warum  die  verschiedenen  Mikroorganismen,  welche  ja  ver- 
schieden chemisch  zusammengesetzt  sind  und  daher  verschiedenartig  lösend 
wirken,  sich  gegenüber  den  Einwirkungen  der  desinfizierenden  Büttel  verschieden 

*)  E.  Salkowski,  lOT,  191  (1920). 


534  Antiseptica  imd  Adstringentia. 

\'C'rhalten.  Es  wird  aber  auch  klar,  warum  eine  wässerige  Lösung  von  Phenol 
oder  Kresol  stärker  wirkt  als  eine  solche  in  Öl  oder  Alkohol,  da  ja  die  beiden 
letzteren  Lösungsmittel  viel  besser  Plienol  lösen  als  das  Wasser.  Setzt  man 
daher  zu  einer  PlienoUösung  Neutralsalze,  welche  die  Lösliöhkeit  des  Phenols 
inr  Wasser  herabsetzen,  so  verschiebt  sich  jedenfalls  der  Verteilungskoeffizient 
zugunsten  der  Mikroorganismen,  und  die  Desinfektions Wirkung  des  Phenols 
steigt  an.  Brenzcateehin  wirkt  wenig  bactericid,  es  wird  auch  aus  seinen 
Lösungen  diu-ch  Kochsalz  im  Gegensatze  zum  Phenol  nicht  ausgesalzen.  Diu-ch 
den  Zusatz  von  Kochsalz  wird  aber  auch  die  Einwirkung  auf  Bakterien  nicht 
gesteigert  1).  Die  bactericide  Wirkung  steigt  aber  sofort  an,  wenn  man  zu  der 
wässerigen  Brenzcatechinlösung  eine  40proz.  Animoniunisulfatlösung  zusetzt, 
welche  das  Brenzcetachin  aussalzt.  Aus  demselben  Grunde  übt  der  Zusatz 
von  Harnstoff  oder  Glycerin  keine  Veränderung  auf  die  Wirkung  der  Phenol- 
lösung aus. 

Die  desinfektorische  Wirkung  der  Phenole  wird  diu'ch  Salze  gesteigert, 
aber  nur  dann,  weini  die  Salze  das  Verteiluugsgleichgewicht  beeinflussen. 

Die  antiseptische  Wirkung  der  Phenole  wird  durch  Neutralsalze  erhöht, 
ebenso  eine  hämolytische  Wirkung  vieler  Substanzen. 

Die  bactericide  Kraft  und  die  Erniedrigung  der  Oberflächenspannung  gehen 
l)arallel. 

In  Gegenwart  von  Serum  haben  Phenol  und  seine  Derivate  keine  oder 
eine  viel  geringere  bactericide  Wirkung  als  in  reinen  wässerigen  Lösmigcn. 
Diaminoacridin  ist  in  Serum  stärker  bactericid  als  im  gewöhnlichen  Pepton- 
wasser-Agar-Nährboden.  Eine  Anzahl  seiner  Derivate  mit  substituierenden 
Methylgruppen  in  den  Aminogruppen  oder  an  den  Benzolkernen  oder  auch 
gleichzeitig  an  beiden  (Acridingelb)  wie  auch  bei  Bendas  3.6-Diamino-lO-niethyl- 
acridiniumcliJorid  sind  für  Säugetiere  v^erhältnismäßig  ungiftig.  Diaminoacridin- 
sulfat  wirkt  auf  Erythrocyten  weniger  als  das  Bendasche  Salz  bei  der  direkten 
Einfülirung  in  den  Kreislauf.  Es  macht  das  Blut  diu'ch  mehrere  Stunden  anti- 
septisch. Ein  Drittel  ^vird  beim  Menschen  innerhalb  zweier  Tage  im  Harn 
ausgeschieden.  Ein  Teil  geht  in  die  Galle  über-).  Phenol  wirkt  stärker  anti- 
septisch als  Resorcin,  Brenzcateehin  und  Hydroolünon.  Es  erniedi'igt  auch 
die  Oberflächenspamiung  des  Wassers  in  gleichkonzentrierten  Lösungen  viel 
stärker.  Diese  wirken  stärker  als  Phloroglucin,  Vanillin,  Pyi'ogallol,  dement- 
sprechend ist  auch  die  Oberflächenspannungserniedrigende  Wirkung  bei  diesen 
letzteren  Substanzen  noch  geringer. 

Vergleicht  man  die  Wirksamkeit  der  Dihydroxybenzole  initei'cinandcr,  so 
findet  man,  daß  das  am  meisten  wirksame  Brenzcateehin  auch  am  stärksten 
die  Oberflächenspannung  des  Wassers  erniediigt.  Dasselbe  gilt  unter  den 
Trihydroxybenzolen  vom  P3Togallol,  nur  sind  da  die  Differenzen  in  den  Ober- 
flächeuspannimgen  etwas  kleiner. 

Die  geringe  bactericide  Wirksamkeit  der  entsprechenden  aromatischen 
Kohlenwasserstoffe  kann  ebenfalls  damit  in  Zusannuenhang  gebrijicht  werden. 
Benzol  wirkt  \iel  schwächer  bactericid  als  Phenol,  Toluol  schwächer  als  die 
Kresole,  Naphthahn  schwächer  als  die  Naphtholc.  Diese  Substanzen  lösen  sich 
allerdings  nur  ganz  minimal  im  Wasser,  aber  die  konzentrierten  Lösungen  er- 
niedrigen auch  nur  ganz  minimal  die  Oberflächenspaniumg  des  Wassers,  während 
die  Phenole  das  in  hohem  Maße  tun. 


')  Spiro  und  Brunz,  AePP.  41,  355  (1899). 

")  C.  H.  Browning  imd  R.  Gulbranson,  Proc.  Roy.   Soc.  London    Serie  B 
13ü  (1918). 


Autiseptica  und  Adstringentia.  535 

a-Naphthol,  welches  viel  stärker  beim  Menschen  wirkt  als  /5-Naphthol, 
setzt  auch  (lie  Oberflächenspannung  stärker  herab.  Thjnnol  übt  ti-otz  seiner 
minimalen  Löslichkeit  che  stärkste  Wirkung  aus,  und  diese  minimalen  Spuren 
wirken  stärker  antiseptisch  als  Phenol  oder  Kresole.  Dementsprechend  er- 
niedrigt es  auch  die  Oberflächenspamiung  des  Wassers  in  viel  stärkerem  Grade ; 
ebenso  sind  auch  Campher  und  Menthol  sehr  stark  wirksam,  sie  erniedrigen 
ebenfalls  sehr  stark  die  Oberflächens])annimg  des  Wassers. 

p-Kresol  wirkt  stärker  als  o-  und  m-KresoI,  es  setzt  auch  die  Oberflächen- 
spamimig  stärker  herab,  aber  o-Kresol  wrkt  wieder  stärker  antiseptisch  als 
die  m- Verbindung,  obwohl  sie  die  Oberflächenspannung  des  Wassers  weniger 
herabsetzt.  Die  Kresole  erniedrigen  die  Oberflächenspannung  des  Wassers 
stärker  als  Phenol.    Sie  wirken  auch  stärker  desüifizierend. 

p-Xitrophenol  wirkt  stärker  im  Organismus  als  o-Xitrophenol.  Die  ober- 
flächcnspannmigserniedrigende  Wirkung  entsjiricht  dem  vollkommen.  Ebenso 
ist  p-Xitrotoluol  giftiger  als  die  m-Verbindung,  und  die  o-Verbiudung  ist  noch 
weniger  giftig.  p-Xitrotoluol  erniedrigt  die  Oberflächenspamiung  am  meisten 
und  o-Xitrotoluol  am  wenigsten.    Dasselbe  Verhalten  zeigen  die  Toluidine. 

o-XitrobenzaldehA'd  ist  giftiger  als  die  p-Verbindung,  es  setzt  auch  die 
OI)crflächenspannung  stärker  herab  i). 

Pa  ul.  Birstein  undReuß  schlagen  vor,  die  Erscheinmig  der  sogenarmten 
Neutralsalzwirkmig  in  drei  Gruppen  einzuteilen: 

1.  Beim  Zusatz  von  Xeutralsalzen  zu  einem  schwachen  Elektrolyten  mit 
gemeinschaftlichem  Ion  wird  infolge  der  Zurückdrängung  der  Dissoziation  eine 
Erniedrigung  der  Desinfektionsgeschwandigkeitskonstanten  hervorgerufen,  falls 
das  andere  Ion  des  schwachen  Elektrolyten  im  wesenthchen  der  Träger  der  Des- 
iiifektionswirkimg  ist.  Hierzu  gehören  auch  diejenigen  Fälle,  bei  denen  diu-ch 
Zusatz  von  Xeutralsalzen  das  wirksame  Ion  in  ein  komplexes  übergeführt  wnrd. 

2.  Zm'  zweiten  Gruppe  gehören  diejenigen  Desmfektionsmittel,  che  mit 
Hilfe  einer  Verteilung  zwischen  Bakterieninhalt  und  dem  Lösmigsmittel  wir- 
ken. Dieser  Fall  scheint  bei  der  GiftMirkung  des  Phenols  einzutreten,  die  durch 
Zusatz  von  Kochsalz  eine  starke  Erhöhung  erfährt. 

3.  Bei  der  dritten  Gruppe  von  Xeutralsalz wrkungen ,  wo  die  Desinfektions- 
wirkmig  starker  Elektrohi^en  iji  Betracht  kommt,  scheint  die  Desinfektions- 
gcschwhidigkeit  in  einer  ge\vissen  Abhängigkeit  von  der  lonenkonzeutratioii 
zu  stehen. 

Seife  wirkt  auf  die  Bakterien  so  ein,  daß  die  anderen  Substanzen  eine  mten- 
sivere  Wirkung  entfalten  können.  Die  Verstärkungswirkung  der  Seifen  auf  Auti- 
septica beruht  nicht  auf  eüier  gegenseitigen  Beeinflussung  der  Substanzen  in 
der  Lösimg,  sondern  sie  kommt  erst  an  der  Bakterienzelle  zum  Vorschem^). 

Von  den  Phenolsulfosäuren  -wirkt  die  o-Verbindung  am  stärksten  keim- 
tötend. An  zweiter  Stelle  steht  die  m-Verbmdung,  an  dritter  che  p-Verbüidung. 
Wird  aber  eine  zweite  Sulfogruppe  in  die  Phenol-o-sulfosäiu-e  eingeführt, 
so  geht  die  desuifizierende  Kraft  so  Weit  zurück,  daß  die  Lösung  weniger  wirkt 
als  eine  entsprechende  Phenollösimg.  Der  Eintritt  einer  Methylgruppe  in  den 
Kern  wü-kt  bei  den  Sulfosäuren  genau  so  wie  bei  den  entsprechenden  Phenolen. 
Phenol  geht  in  das  stärker  wirkende  Kresol  über,  und  ii-Kresol-o-suKosäure 
wirkt  stärker  als  Phenol-o-sulfosäiire.  Kresolschwefelsäureester  sind  den  Sulfo- 
säuren   an    Desmfektionskraft    überlegen^).     1.4-Propylphenol    wirkt    stärker 

1)  L.  Berczeller,  BZ.  66,   191,   202  (1914). 

•-)  Wilhelm  Frei,  Z.  f.  Hva.  u.  Intektionskiankh.  7.5,  431  (1913). 

^)  Schneider,  Z.  f.  Hyg.  33,  110. 


536  Antiseptica  und  Adstringentia. 

als  Isopropylpheuol,  dieses  stärker  als  Isobutylpheuol-1.4  und  dieses  noch 
stärker  als  Amylphenol-1.4.  o-Xylenol  wirkt  stärker  als  m-Xylenol,  aber  beide 
wirken  nicht  stark  auf  Milzbrandsporen.  1.2.4-o-PropylkresoI  wirkt  auf  Staphy- 
lokokken schwächer  als  die  entsprechende  m-  und  p-Verbindimg.  Isopropyl- 
o-kresol-1.2.4  wirkt  am  schwächsten,  die  m-Verbindung  stärker,  die  p-Ver- 
bindiuig  am  stärksten,  Isopropyl-o-kresol  luid  Propyl-o-kresol  wirken  aber 
schwächer  als  jedes  einzelne  reine  Kresol.  Isobutyl-o-kresol-1.2.4  wirkt 
stärker  als  die  m-Verbindung,  ungleich  stärker  wirkt  aber  ilie  p-Verbin- 
dung.  Amyl-o-kresol  wirkt  schwächer  als  die  gleichwirkenden  m-  und  p-Ver- 
bindimgen.  Von  allen  höheren  Homologen  des  Phenols  wirkt  ra-Xylenol  am 
besten. 

Chlor-o-kresol  wirkt  sehr  kräftig,  die  m-Verbindung  aber  viel  stärker.  Die 
p-Verbindung  steht  in  ihrer  Wirkung  zwischen  den  o-  und  m- Verbindungen. 
Diese  Untersuchungen  beziehen  sich  auf  Stai^hylokokken.  Brom-p-kresol 
wirkt  etwas  schwächer  als  die  entsprechende  Chlorverbindmig.  Bcchhold  mid 
Ehrlich^)  haben  bei  Untersuchung  der  Einwirkung  auf  Diphtheriebacillen 
gefunden,  daß  die  Einführung  von  Chlor  oder  Brom  in  Phenol  die  Desinfektions- 
kraft entsprechend  der  Zahl  der  Halogenatome  steigert.  Die  Einführung  von 
Alkylgruppen  in  Halogenphenole  steigert  die  DesLnfektionswirkung.  Die  Ver- 
bindvmg  zweier  Halogenphenole  direkt  (Diphenole)  durch  Vermittlmig  einer 
CHj-,  CHOH-,  CHOCH3-  oder  CH-OCoHs-Gruppe  steigert  die  Desinfektions- 
kraft. Die  Verbindmig  zweier  Phenolgruppen  diu-ch  CO  oder  SO»  vermindert 
die  Desinfektiouskraft.  Die  Einführung  einer  Carboxylgruppe  in  den  Kern 
vermindert  die  Desinfektionskraft. 

Durch  den  Eintritt  der  Carboxylgruppe  in  das  Phenol  in  der  o-Stellung 
^^■ird  die  desinfizierende  Kraft  dem  Phenol  gegenüber  auf  das  Dopi^elte  gehoben, 
•während  die  Giftigkeit  absinkt.  SaHcylsäiu-e  ist  ein  schlecht  bakterientötendes 
Mittel,  hingegen  hemmt  sie  ausgezeichnet  die  Entwicklung  der  Bakterien. 
(X-  und  /5-Naphthol  wirken  keimtötend,  doch  ist  ihre  Löslichkeit  äußerst  gering. 
Die  Desinfektionswirkmig  der  Naphtholalkalisalze  ist  eine  höhere  als  die  der 
Pheuolalkalisalze.  Mischt  man  /)-Naphthol  mit  Soda,  so  sinkt  mit  wachsendem 
Sodazusatz,  obgleich  tlie  LösUchkeit  des/)-Naphthols  zmiimmt,  die  Desinfektions- 
wirkung. Nach  den  Untersuchungen  von  Bechhold  erweisen  sich  Chlor-  und 
Brom-/^-naphthol  weit  stärker  desinfizierend  als  alle  übrigen  Mittel,  mit  Aus- 
nahme der  Quecksilbersalze,  dabei  ist  ihre  Giftigkeit  äußerst  gering.  Sie  ver- 
halten sich  aber  verschiedenen  Älikroorganismen  gegenüber  sehr-  verschieden. 
Tribromnaphthol  wirkt  am  stärksten  gegen  Staphylokokken,  Streptokokken  imd 
Diphtheriebacillen,  während  Dibrom-/)'-naphthol  gegen  Bacterium  coli  am 
stärksten  ist.  Gegen  Paratyphus  B,  wahrscheinlich  auch  gegen  Typhus  bleibt 
die  Wirkung  mit  Einführung  von  Halogen  in  Naphthol  bis  zum  Dibrom-  und 
Dichlornaphthol  die  gleiche  und  sinkt  mit  dem  Eintritt  weiterer  Chlor-  imd 
Bromatome  in  das  Naphtholmolekül. 

Tetrabrom-p-diphenol  und  Tribrombikresol  erweisen  sich  .stark  wirksam 
gegen  Staphylokokken,  aber  sie  stehen  trotzdem  hinter  Lysol  (einer  Auflösimg 
von  Kresolen  in  Seife)  zurück. 

Tetrabrom-p-diphenol  ist  weiter  schwächer  wrksam  als  Tetrachlor-o- 
diphenol.  Tribromnaphthol,  Tetrabroumaphthol  und  Tetrachlor-o-biphenol 
wirken  sehr-  stark  auf  Milzbrand.  Die  verschiedenen  Naiohtholsulfosäiu-en  und 
deren  Bromderivate  sind  unwirksam  gegenüber  Staphylokokken.  Dem  Naphthol 
kommt  in  der  desinfizierenden  Wirkung  bei  geringer  Giftigkeit  gleich  das  Epi- 

1)  H.  Bechhold  und  P.  Ehrlich,  HS.  46,  173  (1906). 


Antiseptica  und  Adstringentia.  537 

cariii  (^-Oxynaphthol-o-oxy-m-toluylsäure).  Das  Sulfat  des  Oxychinoliii  wirkt 
stärker  als  Lysol. 

H.  Bechhold  nemit  halbspezifische  Desinfizienzien  solche  Substanzen, 
deren  Desinfektionskraft  gegen  verschiedene  Bakteriengruppen  außerordent- 
lich verschieden  sind;  besonders  die  Ciilor-  und  Bromderivate  des  /)-Naph- 
thols  gehören  zu  dieser  Gruppe;  am  auffallendsten  tritt  die  Halbspezifität  bei 
Tri-  und  Tetra-Bromnaphthol  zutage.  Diphtheriebacillen  werden  durch  den 
250  ten  Teil  der  Substanzmenge  geschädigt,  die  für  Parat j'j^hus  B  erforderhch 
ist ;  außer  gegen  Diphtheriebacillen  äußert  sich  die  Halbspezifität  dieser  Stoffe 
noch  gegen  Staphylokokken  mid  Streptokokken.  Dibrom-/J-naphthol  besitzt 
eine  solche  gegen  Bacterium  coli.  Eine  vollkommen  gleichmäßige  Wirkung 
gegen  alle  Bakterien  besitzt  nach  Bechhold  kein  chemisches  Desinfektions- 
mittel, so  daß  bei  allen  von  einer  zehntel  oder  hundertstel  Spezifität  gesprochen 
werden  kann.  Besonders  charakteristisch  ist  das  Verhalten  von  Monochlor- 
naphthol  und  Tribrom-/)-naphthol.  Ersteres  wirkt  auf  Pyocyaneus  noch 
1  :  2000  verdünnt  entwicklungshemmend,  letzteres  hat  schon  bei  1  :  1000  keine 
Wirkung  mehr.  Monochlomaphtliol  wirkt  fast  gleichmäßig  auf  aUe  untersuchten 
Organismen,  Tribronmaphthol  auf  Tuberkelbacillen  fast  gar  nicht,  auf  Staphylo- 
kokken noch  in  einviertehniUionenf acher  Verdümiung.  Tribronmaphthol  ist 
praktisch  vmgiftig  und  wirkt  im  Gegensatz  zu  Mono-  inid  Dibromnaphthol 
nicht  hämolj'tisch,  so  daß  dvu-ch  die  hämolytische  Methode  noch  0.5%  Dibrom- 
naphthol nachgewiesen  werden  kann.  Da  Tribronmaphthol  Leukocji;en  nicht 
verändert  und  die  Phagocytose  nicht  beeinträchtigt,  ist  es  als  Wundantisep- 
ticum  sehr  geeignet  ^). 

Während  gegen  Staphylokokken,  Streptokokken  und  Dij)htheriebacillen 
Tribronmaphthol  dem  Monochlornaphthol  desinfektorisch  weit  überlegen  ist, 
erwies  es  sich  weniger  wirksam  gegen  Bacillus  pyocyaneus  mid  ganz  unwirksam 
gegen  Tuberkelbacillen.  Monochlornaphthol  ist  hingegen  gegen  Tuberkel- 
bacillen ein  sehr  wirksames  Desinficiens.  H.  Bechhold  erklärt  die  Halbspezifität 
bei  den  Halogenuaphtholen  diurch  die  gegensätzliche  Wirkung  der  Diffusions- 
geschwiudigkeit  und  der  Adsorbierbarkeit. 

Bei  der  Prüfung  von  /S-Naphthol,  sowie  seiner  Chlor-  und  Bromderivate 
gegen  Blut  ergibt  es  sich,  daß  die  Derivate  um  so  indifferenter  sind,  je  mehr 
Chlor-  bzw.  Bromatome  sie  in  dem  Naphthalinmolekül  enthalten.  Tri-  und 
Tetrabromnaphthole  erweisen  sich  gegen  Blut  als  vollkommen  indifferent.  Die 
übrigen  sind  mehr  oder  minder  starke  Haemolytica.  Monochlor-,  Monobrom-, 
Dichlornaphthol,  sowie  /?-Naphthol  sind  ganz  schwache  Serumfällungsmittel. 
Di-,  Tri-  xmd  Tetrabronmaphthole  verändern  Leukocyten  nicht  imd  haben 
keinen  Einfluß  auf  deren  phagocytäres  Vermögen.  Die  übrigen  untersuchten 
Halogennaphthole  verändern  Leukocyten. 

Tribronmaphthol  wird  Providoform  genannt^). 

Von  den  Farbstoffen  wirken  nach  den  Untersuchimgen  von  Behring 
Methylviolett  und  Pyoktanin  schon  in  sehr  dünnen  Lösungen  keimtötend. 
Noch  stärker  wirken  Dahliablavi  und  Cyanin,  aber  ihre  Lösungen  sind  nicht 
haltbar.    Malachitgrün  ist  sehr  haltbar  und  außerordenthch  stark  wirksam. 

Ätherische  Öle  wirken  stark  desinfizierend,  so  z.  B.  Senföl.  Am  wirk- 
samsten gegen  Milzbrandsporen  erwiesen  sich  Geranium  de  France,  Geranium 
d'Algerie,  Origan  imd  Vespetro.  Caldeac  und  Menieur  imtersuchten  sehr 
viele  solche  ätherische  Öle  in  der  Weise,  daß  sie  Typhus-  imd  Rotzbacillen  in 

1)  Münch.  med.  Wochenschr.   61,   1929  (1914). 

-)  H.  Bechhold,  Zeitschr.  f.  Hyg.  u.  Infektiouskrankli.   S4,  1  (1917). 


538  Antiseptica  und  Adstringentia. 

die  ätherischen  Öle  direkt  eintrugen  und  beobachteten,  wie  lange  lebensfähige 
Keime  noch  nachzuweisen  Waren.  Am  stärksten  erwies  sich  Zimtöl,  was 
Behring  bestätigte;  ihm  folgte  Nelkenöl,  Während  Eugenol  selbst,  der 
Hauptbestandteil  des  Nelkenöls,  sich  als  weit  weniger  wirksam  erwies.  Dann 
kamen  Pomeranzenöl  und  Patschuli.  Bei  gewöhnlicher  Temperatur  ist  Campher 
ein  schwach  desinfizierendes  Mittel,  bei  45°  aber  ein  stark  desinfizierendes. 
Löst  man  die  ätherischen  Öle  durch  Zusammenbringen  mit  anderen  Substanzen 
in  Wasser  auf,  so  sieht  man,  daß  Allylseiiföl,  Zimtöl,  ebenso  wie  Terpentinöl 
Avirksam  sind,  wenn  mau  sie  z.  B.  in  sulforicinolsaurem  Kalium  auflöst.  AUyl- 
senföl  ist  das  wirksamste,  stark  wirksam,  aber  weniger  als  Allylsenföl,  ist  Zimtöl 
luid  viel  weniger  wirksam  ist  Terpentinöl.  Diesem  erst  folgen  Menthol  und 
Eucaljqjtol,  später  kommen  Sandelholzöl  und  Campher.  Die  ätherischen  Öle 
zeigen  antisejatische  Wirkung,  und  zwar  die  sauerstoffhaltigen  Terpenkörj)er 
stärkere  als  die  Kohlenwasserstoffe.  Zwischen  Alkoholen  und  Ketonen  besteht 
kein  prinzipieller  Unterschied  im  Wirkimgsgrad,  ebensowenig  bei  Substanzen 
verscliiedener  Sättigung,  imd  zwar  gilt  dies  sowohl  für  Kohlenwasserstoffe  wie 
fi'u'  Ketone. 

Auf  Schimmelpilze  sind  Sandelholzöl  und  Terpentinöl  ohne  Wirkung. 
Cajeputöl  und  Nelkenöl  wirken  antiseptisch,  welche  beide  eine  beträchtliche 
Keiniverminderung  nach  längerer  Zeit  machen,  aber  nie  vollkommene  Sterili- 
tät. Die  ätherischen  Öle  scheinen  vielmehr  entwicklungshemmende  Eigen- 
schaften zu  haben,  so  werden  Staphjdokokken  mit  einem  Mentholzusatz  von 
1  :  6000  am  Wachstum  verhindert,  durch  Campher  aber  bei  einem  Zusatz 
1  :  600.  Typhusbacillen  entwickeln  sich  nicht  mehr  bei  einem  Mentholzusatz 
von  1  :  8000  und  bei  einem  Kupferzusatz  von  1  :  700,  bei  Diphtheriebacillen 
wirkt  aber  Campher  fast  zweimal  so  stark  wachstuniliindernd  wie  Menthol,  denn 
es  genügt  ein  Zusatz  von  Menthol  1  :  16  000  und  von  Campher  1  :  30  000.  Auch 
Terpentinöl  wirkt  stark  entwicklungshemmend;  ein  Zusatz  von  1  :  15  000  ver- 
hindert jegliches  Wachstum  von  Staphylokokken  (Laubenheimer). 

R.  O.  Herzog  und  R.  BetzeP)  haben  die  Frage  der  Absorption  der  Anti- 
septica an  der  Hefe  untersucht.  Die  Antiseptica,  welche  in  sehr  verdünnter 
Lösung  Mikroorganismen  beeinträchtigen,  wirken  entweder,  wie  angenommen 
wird,  auf  die  Proteine  oder  sie  sind  lipoidlöslich.  Es  wiurde  die  Einwirkung  von 
Chloroform,  Silbernitrat,  Formaldehyd  inid  Phenol  geprüft.  Es  zeigte  sich, 
daß  Chloroform  von  der  Hefe  aufgenommen  wird  wie  bei  eiilem  Adsorptions- 
prozesse, aber  daß  der  Exponent  sehi-  hoch  ist.  Silbernitrat  wird  ebenfaUs  wie 
bei  einem  Adsorptionsprozesse  aufgenommen.  Vom  Formaldehyd  wird  stets 
eine  konstante  Menge  gebiniden,  unabhängig  von  der  Konzentration  der  Lösung. 
Phenol  wurde  von  der  Hefe  überhaupt  nicht  aufgenommen-).  Chloroform  wird 
durch  Hefe  in  der  Weise  adsorbiert,  daß  ein  reversibles  Gleichgewicht  vor- 
liegt. Das  gleiche  gilt  fiü-  Silbernitrat  und  für  Sublimat.  Entgegen  ihren  früheren 
Angaben  wird  nun  gezeigt,  daß  bei  Lösmigcn,  die  schwächer  sind  als  Iproz., 
die  Adsorptionsformeln  angewendet  werden.  Das  Gleichgewicht  zwischen 
Phenol  und  Zelle  ist  völlig  vergleichbar  der  der  lebenden.  Die  beiden  Unter- 
sucher stellen  sich  nun  vor,  daß  die  Verteilung  die  Phase  der  Einwirkung  ist, 
welcher  die  zweite  Phase,  die  chemische  Einwirkung  des  Desinfelrtionsmittel 
auf  die  Mikroorganismen  folgt.  In  manchen  Fällen  verhält  sich  die  Verteiluug 
des  gelösten  Desinfektionsmittels  zwischen  Lösung  und  Zellen  wie  eine  Adsorp- 
tion, während  sich  bei  anderen  Desüifizieuzien  wieder  andere  Verteilungsregeln 
zeigen.    Nach  der  Verteilung  kommt  dann  die  zweite  Phase  der  chemischen 

1)  HS.  67,  309  (lyiO).  -)  R.  O.  Herzog  und  K.  13etzol,  HS.   74,  221   (lull). 


Antiseptica  uiid  Atlstringentia.  539 

Einwirkung  des  Desinfektionsmittels  auf  die  Miliroorganismcu  zur  Geltung^). 
Das  ist  aber  der  lickanntlich  strittige  Punkt  der  Auffassung  der  Arzneiniiitel- 
wirkung  überhaupt,  ob  die  Aufnahme  in  die  Zellen  zugleich  Wirkung  bedingt 
odei-  ob  ihr  eine  chemische  Reaktion  in  der  aufgenommenen  Substanz  und 
der  Zelle  folgt. 

Man  bringt  auch  die  Wirkung  mancher  Desinfektionsmittel,  wie  die  der 
Narkotica,  in  Bezichinigen  zu  ihi'er  Lijioidlöslichkeit  und  erklärt  die  Intensität^ 
ihrer  Wirkungen  aus  dem  Teilungskoeffizienten,  d.  i.  dem  Quotienten  aus  den 
Löslichkeiten  in  der  Lij)oid-  und  in  der  wässerigen  Phase  der  Zelle. 

Josef  GössP)  prüfte  eine  Reihe  von  Substanzen  auf  ihre  Entwick- 
I  luigshemmung  der  Hefe  gegenüber  unter  Berücksichtigung  ihrer  Lipoid-  und 
Wasserlöslichkeit.  Im  allgemeinen  zeigte  es  sich,  daß  Substanzen,  welche 
lipoidunlöslich  sind,  keine  entwicklungshemmende  Wirkung  besitzen,  z.  B. 
Fluoren,  Chlornitrobenzol,  C'lilordinitrobenzol,  Perchloräther,  andererseits  ge- 
nügt aber  auch  tlie  Lipoidlöslichkeit  nicht  zur  Erzielung  einer  Desinfektions- 
wirkung, wie  dieses  bei  den  gesättigten  aliphatischen  und  hydroaromatischeu 
im  Gegensatze  zu  den  ungesättigten  und  aromatischen  Kohlenwasserstoffen 
sich  zeigt.  Damit  die  Verbindimgen  entwicklungshennnend  sind,  müssen  sie 
noch  eine  gewisse  Reaktionsfähigkeit  oder  Ungesättigtheit  zeigen,  mit  der  Reak- 
tionsfähigkeit nimmt  der  hemmende  Einfluiä  zu,  er  nimm.t  ab,  wenn  die  Moleku- 
largröße steigt,  z.  B.  bei  den  aromatischen  Kohlenwasserstoffen  vom  Benzol 
über  das  Xylol  zum  Cumol.  So  gehören  zu  den  stärkst  wirkenden  Substanzen 
z.  B.  Hexylen,  Thiopheu,  Allylchlorid,  Monochlorbenzol,  p-MonochlortoluoI, 
Chlormcthyläther,  Methylenbromid,  Dicliloräthylen,  Äthylenchlorid,  Chloro- 
form, Bromoform,  Tetrachlormcthan,  Tetracliloräthan,  Benzalchlorid,  n- 
Amylalkohol,  Hexylalkohol,  Heptylalkohol,  Octylalkohol,  Terpentineol,  Euca- 
lyptol,  Benzylalkohol,  Phenyläthylalkohol,  Phenylpropylalkohol,  Eugenol, 
Äthyl mercaptan,  Propylmercaptan,  Phenj^lmercaptan,  o-Toluidin,  Äthylsenföl, 
diese  sind  sämtlich  in  Öl  lösliche,  in  Wasser  nicht  lösliche  Verbindmigen.  Das 
in  Wasser  und  Öl  gut  lösliche  Cldoral  und  Cliloralcyanhydrin  wirken  elienfalls 
sehi-  stark.  Die  folgenden  Verbindungen  sind  in  Öl  gut  löshch,  in  Wasser  mehr 
oder  Weniger  löslich  imd  sehr  stark  wirksam:  n-Butylalkoliol,  Isoamylalkohol, 
Zimtalkohol,  Aniün,  Allylsenföl.  Unwirksam  trotz  ihrer  Unlösliclikeit  in  Wasser, 
Löslichkeit  in  Öl  sind:  Hexan,  Heptan,  Oktan,  Dekan,  Clyclohexan,  Methyl- 
cyclohexan,  Ciunol,  Cjmiol,  Isoamyläther,  Äthylsulfid,  Phenylsulfid,  Nitroxylol- 
1  .;5.2.  Folgende  Substanzen  sind  weder  in  Öl  noch  in  ^Vasser  löshch  und  wrken 
auch  nicht:  Fluoren,  Chlornitrobenzol,  Chlordinitrobenzol,  Perchloräthan, 
Sulfonal  (diese  Angabe,  daß  Sulfonal  unlöslich  ist,  stimmt  nicht),  Alphol, 
Betol,  Salol,  /J-Naphtholäthyläther.  Stark  wirlcsam  sind  die  noch  in  Öl  löslichen 
vnid  tlie  in  Wasser  unlöshchen  öc-Amylen,  /J-Isoamylen,  sehr  schwach  wrksani 
Menthen,  Carven,  Pinen,  stark  wirksam  Benzol,  Toluol,  schwächer  ^\•irksam 
Xylol,  sehr  stark  wirksam  ist  das  in  Öl  und  Wasser  mdösliche  Inden.  Die  in 
Öl  löslichen  und  in  Wasser  uidöslichen  Halogenverbindimgen  Äthj^liodid  und 
n-Butylcldorid  imd  IsoamylcMorid  sind  sehi'  gut  wirksam,  sehr  schwach  abei- 
n-Hexyliodid  und  n-Oktyliodid,  stark  wirksam  wieder  Benzylchlorid.  Sehr 
schwach  Avirksam  ist  das  in  Wasser  und  in  Öl  lösliche  Monochlorhydrin,  sehr 
stark  wirksam  das  in  Öl  lösliche,  in  Wasser  weniger  lösliche  Chloraccton  und  das 
in  Wasser  unlösliche  CTdoracetal.  Tricliloräther,  Propylenbromid  sind  gut  wirk- 
sam, ebenso  Perchloräthyleu  mid  Trichloräthylen. 

')  R.  O.  Herzog  und  R.  Betzel,  HS.  74,  221  (1911). 
-)  Josef  Gössl,  HS.  88,   103  (1913). 


540  Antiseptica  und  Adstringentia. 

Die  heiimiende  Wirkung  auf  Bakterien  nimmt  bei  aliphatischen  Alkoholen 
mit  steigendem  Molekulargewicht  ab^).  Bei  aliphatischen  Aldehyden  tritt  bei 
den  niederen  Homologen  ein  rascher  Abfall  der  Wirkimg  ein.  Der  Ersatz  von 
Sauerstoff  durch  Schwefel  in  aUphatischcn  Verbindungen  erhöht  die  entwick- 
lungshemmende Wirkung  beträchtlich.  Lösung  und  Dampf  einer  flüchtigen 
organischen  Verbindung  mit  gleichem  Partialdruck  des  wirksamen  Stoffes  haben 
gleiche  entwickhmgshemmende  Wirkungen.  Die  Hemmungskonzentration 
des  einen  Zustandes  läßt  sich  aus  derjenigen  des  anderen  bei  Kenntnis  gewisser 
Konstanten  der  Verbindung  auf  Grund  des  Henryschen  Verteilungsgesetzes 
berechnen.  Stoffe  aber,  die  mit  dem  Nährboden  eine  chemische  Reaktion  ein- 
gehen, bilden  eine  Ausnahme,  demi  die  Dämpfe  solcher  Stoffe  wirken  stärker 
entwicklungshemmend  als  Lösungen  mit  anfänglich  gleichem  Partialdruck^). 

Schon  sehr  geringe  Mengen  arsemger  Säm'e  genügen  nach  den  Unter- 
suchungen von  Laveran  imd  Mesnil,  um  Trypanosomen  aus  dem  Blute  der 
Mäuse  zum  Verschwinden  zu  bringen,  aber  es  treten  immer  wieder  neue  Para- 
siten auf,  die  auf  erneute  Zufuhr  von  Arsen  wieder  versch\vinden. 

Während  arsenige  Säm-e  und  organische  Arsenderivate  mit  dreiwertigem 
Arsen  Trjrpanosomen  im  Reagensglase  tüten,  haben  Arsensäurc  und  organische 
Verbindungen  mit  fünfwertigem  Ai-sen  nicht  diese  Wirkung.  Verbindmigen 
mit  di'eiwertigem  Ai-sen  sind  füi-  die  höheren  Tiere  weit  giftiger  als  die  mit 
fünfwertigem. 

F.  Blumenthal  gebühi-t  das  Vertlieust,  Atoxyl  in  die  experimentelle 
Therapie  eingeführt  zu  haben,  imd  R.Koch  hat  es  bei  der  Schlafkrankheit  benützt. 
Erst  die  Konstitutionsauf klärmig  durch  Paul  Ehrlich  und  Bertheim  hat 
neue  Wege  für  weitere  Synthesen  gewiesen. 

Ehrlich  acetylierte  die  Arsanilsäm-e  vmd  erhielt  das  Arsacetin,  und  durch 
Einwirkimg  von  Halogen-Essigsäure  auf  Arsenoanilin  das  Arsenophenylglycin, 
letzteres  wirkt  sehr  stark  auf  Spirillen.  Durch  die  Acetylierung  wii'd  die  Arsanil- 
säure  sehi-  entgiftet. 

Ehrlich  lehrt,  daß  im  Protoplasma  der  Parasiten  gewisse  Gruppierungen 
vorhanden  sind,  die  imstande  sind,';sich  mit  gewissen  Gruppierungen  der  Arznei- 
mittel zu  verbinden.  Diese  Affinitäten  nennt  er  Chemoceptoren.  Die  Parasiten 
besitzen  mm  ganz  bestimmte  Angriffsstellen,  die  präformierten  Chemoceptoren. 
Man  kaiui  Trypanosomenstämme  züchten,  die  gegen  trypanosomenfeindliche 
Medikamente  fest  sind  und  eine  ausgesprochene  Stabihtät  dieser  erworbenen 
Eigenschaft  zeigen.  Dabei  ist  diese  Eigenschaft  streng  spezifisch,  da  sie  sich 
nicht  auf  eine  bestimmte  Einzelverbindung  beschränkt,  sondern  auf  die  ganze 
chemische  Gruppe,  Welche  dieser  Verbindung  angehört.  Man  kann  aber  auch 
Stämme  züchten,  Welche  nicht  nur  gegen  eme  Gruppe,  sondern  gegen  drei 
Gruppen  von  chemischen  Verbindungen  fest  sind.  Merkwürdigerweise  sind 
Trypanosomenstämme,  welche  mit  orthochinoiden  Farbstoffen  gefestigt  sind, 
auch  arseufest,  aber  sie  sind  nicht  fest  gegen  parachinoide  Farbstoffe,  und  letztere 
■wirken  auf  arsenfeste  Stämme  wie  auf  normale.  Die  Farbstoffe  verhalten  sich 
normalen  und  arsenfesten  Trypanosomenstämmen  gegenüber  verschieden.  Die 
normalen  Trypanosomen  färben  sich  noch  lebend  luid  sterben  daini  ziemlich 
rasch  ab.  Die  arsenfesten  hingegen  färben  sich  vital  nicht  und  bleiben  viel  länger 
am  Leben. 

Die  Festigkeit  der  Parasiten  gegen  ChemikaUen  ist  aber  keine  allgemeine, 
sondern  bezieht  sich  nur  auf  die  angewendete  Substanz  und  auf  die  ihr  ähnlich 

1)  Wirgin,  Z.  f.  Hyg.  u.  Infektionskiankli.  40,  307  (1903);  -14,   149  (1904). 
')  Hermann  Stadler,  Arch.  f.  Hyg.  ?3,   195  (1911). 


Antiseptica  uiiJ  Adstringentia.  541 

gebauten.  Ist  ein  Trypauasomenstamiu  arsenfest,  so  ist  er  noch  immer  nicht 
fest  Farbstoffen  gegenüber/' aber  Ehrlich' komite  auch  Stämme  züchten,  die 
gegen  mehrere  Arten  wirkender  Substanzen  fest  waren.  So  fanden  P.  Ehrlich 
und  Röhl,  daß  arsanilfeste  Stämme  ohne  weitere  Vorbehandlimg  gegen  be- 
stimmte Farbstoffe  der  Pyroninreihe,  der  Oxazinreihe  imd  Akridinreihe  fest 
waren.  Ebenso  konnte  man  durch  Behandlung  der  Stämme  mit  den  gleichen 
Farl)stoffen  gegen  Arsanilsäure  feste  Stämme  züchten.  Es  ist  zu  vermuten, 
daß  ilie  Arsanilfestigkeit  eine  Festigkeit  gegen  orthochinoide  Substanzen  ist, 
da  parachinoides  Parafuchsin  sich  entgegengesetzt  verhält.  Atoxylfeste  Stämme 
kann  man  noch  diurch  Arsenophenylglyem  beeinflussen,  aber  nicht  um- 
gekehrt; beide  Stämme  kann  man  aber  dm'ch  p-Aminophenylarsenoxyd  be- 
einflussen, was  sich  vielleicht  durch  die  steigende  Toxizität  der  Substanzen 
erklären  läßt. 

Diese  Abweichung  zeigt  sich  aber  nach  Ehrlich  bei  allen  Derivaten,  die 
den  Essigsäurerest  enthalten,  woraus  er  schließt,  daß  die  Parasiten  noch  andere 
Chemoceptoren  außer  dem  Arsenoceptor  enthalten,  imd  zwar  hier  einen  Acetico- 
ceptor.  Bei  Trypanosomen  wirkt  Arsenophenylglycin  besonders  günstig,  bei 
Spirochäten  ein  jodiertes  Arsenophenol. 

Das  Ziel  der  chemotherapeutischen  Bestrebung  muß  mit  Paul  Ehrlich 
darin  gesehen  werden,  daß  Substanzen  dem  Organismus  einverleibt  werden, 
welche  sich  in  dem  infizierenden  Mikroorganismus  weitaus  stärker  anhäufen 
als  in  dem  infizierten  Organismus.  AviiSerdem  muß  die  Giftigkeit  für  den  Organis- 
mus eine  geringe  sein  im  Verhältnis  zu  der  großen  Giftigkeit  für  den  Krank- 
heitserreger. Es  zeigt  sich  aber  die  Tatsache,  daß  die  Mikroorganismen,  wenn 
sie  nicht  sofort  durch  das  einverleibte  Mittel  im  Organismus  getötet  werden, 
gegen  das  Mittel  fest  werden.  Ein  solches  Festwerden  beobachtete  Paul  Ehr- 
lich bei  Trj'panosomen  der  Arsanilsäm-e  gegenüber.  Es  zeigt  sich  aber,  daß 
manche  Trj^anosomen  im  Reagensglase  gegen  bestimmte  chemische  Mittel, 
wie  z.  B.  gegen  Arsanilsäiu'e,  sich  völlig  refraktär  verhalten,  wähi'end  diese 
Mittel  im  tierischen  Organismus  wirken.  Aber  auch  das  umgekehrte  Verhalten 
wiu-de  bei  Arsenderivaten  beobachtet,  daß  sie  im  Reagensglase  wirksam  sind, 
nicht  aber  im  tierischen  Organismus.  Für  Atoxyl,  das  Mononatriumsalz 
der  Arsanilsäiu-e,  erklärte  Ehrlich  diese  Differenz  dahin,  daß  das  Arsen  im 
Atoxyl  fünfwertig,  und  daß  fünfwertige  Arsenverbindungen,  wie  es  schon  für 
das  Kakodyl  bekannt  war,  wenig  giftig  sind,  reduziert  man  aber  Atoxyl 
bis  zum  entsprechenden  Arsenoxyd,  so  erhält  man  einen  weitaus  giftigeren 
Körper  als  die  entsprechende  Arsinsäure.  p-Aminophenylarsinoxyd  wirkt  auch 
schon  im  Reagensglase  auf  Trypanosomen  ein  imd  eine  Lösung  1  :  3  000  000 
schädigt  Trypanosomen  so  stark,  daß  sie  nicht  mehr  infizieren  und  eine  Lösmig 
1  :  24  000  000  wirkt  noch  so,  daß  sich  die  Infektion  um  24  Stunden  verzögert  i). 
Daß  Atoxyl  im  Organismus  überhaujit  wirkt,  erklärt  Ehrlich  durch  Reduktion 
der  Arsanilsäure  zum  Arsinoxyd  im  Organismus  des  Tieres.  Es  zeigt  sich  nun, 
daß  die  Arsanilsäm-e  durch  Reduktion  zum  p-Aminophenylarsinoxyd  75  mal 
in  ihrer  Giftigkeit  steigt,  die  vöUige  Reduktion  zur  Arsenoverbindimg  steigert 
die  Giftigkeit  nur  auf  das  30 fache.  p-Oxy[)henylarsinsäure  ist  2^3  weniger  giftig 
als  die  Arsanilsäure.  p-Oxyphenylarsenoxyd  ist  173  mal  so  giftig.  Die  ent- 
sprechende Arsenoverbindung  13  mal  so  giftig.  p-Glycmophenylarsmsäure  ist 
nur  ein  zehntelmal  so  giftig  wie  die  Arsanilsäure.  Durch  die  Reduktion  zum 
Arsenoxyd  steigt  die  Giftigkeit  um  das  Fünf  zigfache.  Durch  die  Reduktion 
zur  Arsenoverbindung  steigt  die  Giftigkeit  aber  nur  um  das  3V2fache.   Ehrlich 

1)  BB.  44,  1267  (1911). 


542  Antiseptica  uncJ  Adstringentia, 

nimmt  an,  (Laß  die  Parasiten  in  ilu-cr  Leibessubstanz  Gruppierungen  enthalten, 
welche  dreiwertiges  Arsen  zu  fixieren  vermögen,  er  nennt  sie  Arsenoceptoren. 

Atoxyl  wirkt  schon  sehi'  gut  bei  der  HühnerspiriUose.  Bei  Reciu-rens  wirkt 
Atoxyl  schwach,  stärker  Arsacetin,  weniger  Arsenophenylglycin,  geringe  Wirk- 
samkeit zeigen  Arsenophenol  und  seine  tetrachlorierten  oder  bromicrten  Deri- 
vate. Salvarsan  übt  aber  eine  deutliche  Wirkung  aus.  Ebenso  wirkt  es  bei 
Hühnerspiri]lo.se. 

Ehrlich  und  H  a  t  a  versuchten  Salvarsan  bei  der  Syphilis  mit  dem  bekamiten 
großen  Erfolge.  Salvarsan  hat  den  großen  Nachteil,  daß  es  durch  Oxydation 
in  das  bedeutend  giftigere  Oxy-m-aminophenylarsenoxyd  übergeht;  ähnlich 
verwandelt  sich  Aisenophenylglycir-  durch  Oxydation  in  das  weit  giftigere 
p-Aminophenylar.senoxyd.  Viel  resistenter  als  Salvarsan  ist  das  weniger  oxy- 
dable  und  neutrale  Neosalvarsan,  erhalten  durch  die  Einwirkung  von  formal- 
dehyd-sulfoxylsaurem  Natrium  auf  Salvarsan.  Es  hat  viel  geringere  Neben- 
wirkungen als  Salvarsan. 

Oiemsa  untersuchte  Hexaaminoarsenobenzol  rmd  Bismethylaminotetra- 
iniiioarsenobenzol.    Beide  Substanzen  sind  gegen  Spirillosen  wirksam. 

Conradii)  hat  gezeigt,  daß  es  möglich  ist,  durch  Chloroform  die  Typhus- 
infektion des  Kaninchens  zu  beeinflussen,  worauf  E.  Hailer  und  W.  Rimpau-) 
Halogenderivate,  welche  zugleich  wasserlöshch  sind  inid  wegen  ihrer  Aldehyd- 
natur keimtötend,  versuchten.  Chloralhydrat  ^arkt  in  vitro  nur  wenig  abtötend 
auf  Typhusbacillen,  stärker  wirkt  Bromalhydi-at,  am  besten  Butylchloralhydrat. 
Liijoidlöslichkeit,  narkotische  Kraft  und  ])actericide  Wirkimg  gehen  parallel. 
Bei  stomachaler  Zufuhr  besitzt  namentlich  Butylcliloralliydrat  bei  intravenös 
infizierten  Kanüichen  eine  bemerkenswerte  abtötende  Wirkung,  doch  erwies 
es  sich  bei  intravenöser  Zufuhr  als  sehr  giftig.  Bromalhydrat  war  wirkungslos, 
Chloralhydrat  in  einzelnen  Fällen  wirksam. 

Von  vorwiegend  liijoidlöshchen  Mitteln  wirken  günstig :  m-Xylenol  per  os 
und  intravenös,  Tribrom-/)-naphthd[  per  os,  Oxychinolin  per  os;  von  den  Wasser- 
löshchen  wirkte  nur  PjTogallol.  Unwirksam  sind  Carvacrol,  Phenetol  und 
Anethol  von  den  UpoidlösUchen  Stoffen  und  die  drei  Dioxybenzole  von  den 
wasserlöslichen.  Ein  zwischen  230  und  240°  sd.  Phenolgemisch  zeigt  im  Gegen- 
satz zu  einem  zwischen  210  und  220°  siedenden  einen  bemerkenswerten  Einfluß 
auf  die  Infektion,  Urotropin  ist  wirkungslos.  Organe  typhusinfizierter  Kaninchen 
werden  nach  intravenöser  Zufuhr  von  Natriumsalicylat  frei  von  Ty^Dhusbacillen, 
aber  nicht  konstant.  Hingegen  sind  bei  intravenöser  Zufulir  unwirksam: 
]i-Oxybenzoesäure,  o-Kresotinsäure,  Phenoxyessigsäure,  Anissäure,  /i-Oxj'- 
naphthoesäure  imd  Zimtsäiu-e.  Dm-ch  Acetylsalicylsäure  und  Benzoesäure 
wurde  je  eins  von  dreien,  durch  />-Ox\naphthocsäin'e  ein  Kaninchen  in  den  vinter- 
suohteii  Organen  frei  von  Tj'jihusbacillen. 

Werden  Kaninchen  mit  Tyiihusbacillen  in  der  W^eise  infiziert,  daß  man 
den  Krankheitserreger  in  die  Gallenblase  einbringt,  so  erhält  man  ein  Krank- 
heitsbild, das  der  Dauerausscheidimg  beim  Menschen  entspricht.  Von  den  in 
früheren  Versuchen  geprüften  Substanzen,  welche  wirksam  waren,  hat  nur  das 
Zimtöl  in  vereinzelten  Fällen  ein  Verscln\'inden  der  Typhusbacillen  aus  dem 
Kan inchenorganismus  bewirkt ^) . 

Robert  Uhl  untersuchte,  welche  Rollo  den  physikalischen  Eigenschaften 
bei  der  trypanociden  Wirkung  zukomme  und  ob  nicht  Metalle,  welche  bisher 

1)  Zentr.  f.  Bakt.,  I.  Abt.,  4T,   145. 

')  Arbeiten  aus  dem  Kaiserlichen  Gesundheit.samt  4J,  2!ll. 

^)  E.  Hai  1er  und  G.  Wolf ,  Arbeiten  aus  dem  Kaiserlichen  Gesundheiti3amt  48,  80  ( 1014). 


Aromatische  Antiseptica.  543 

nicht  als  tiypanocid  erkannt  wurden,  in  lipoidlöslichen  Vcrbiiidnngen  eine  try- 
]ianocide  Wirkung  entfalten.  Es  wurden  untersucht:  Kupferschwefel pepton, 
Kuijferacetessigester,  komplexes  Kupfersalz  von  o-Oxy-N-nitrosophcuylhydr- 
oxylamin,  Bleitriäthyl,  Zinndiäthyldichlorid,  zinnfsaures  Xatron,  wolframsaures 
Natron.  Keine  der  geprüften  Verbindungen  hat  bei  Mausen  die  Entwicklung 
der  Nagana -Trj'panosoinen  zu  beeinflussen  vermocht  *). 

Ferner  wurden  geprüft  von  Alkoholen:  Borneol,  Terisinhydi-at,  Linalool, 
Terpine'ol ;  von  Kohlenwasserstoffen :  Pinen,  Carven ;  von  Aldehyden  :  C'itronellal ; 
von  Ketonen :  Carvon :  ferner  Eucalyptol,  Campher,  Camphersäme  und  einige 
Pflanzenöle,  wie  Terpentinöl,  Sandelöl,  Ceylonzimtöl.  Waehholderöl  und  Pfeffer- 
niinzöl.  Die  Alkohole  Terpinhydrat  und  Borneol,  der  Aldehyd  Citronellal,  das 
Kcton  Carvon  und  das  cyclische  Oxyd  Eucal_Ai5tol  zeigten  eine  bemerkenswerte 
Wirkung.    Die  andern  Stoffe  blieben  im  wesenthchcTi  ohne  Einfluß 2). 

Chemotherapeutische  Versuche  sollten  eigentlich  immer  am  kranken  Tiere 
vorgenommen  werden,  denn  die  Verteilung  der  Substanzen  im  Organismus 
hängt  sehr  davon  ab,  ob  es  sich  um  gesunde  oder  kranke  Gewebe  handelt.  Ge- 
wisse kranke  Gewebe  vermögen  viel  mehr  von  bestimmten  chemischen  Substan- 
zen aufzunehmen  als  die  normalen.  Infiziert  man  Kaninchen  mit  Staphylo- 
kokken, so  wrd  in  den  Gelenken  mehr  Salicylsäure  aufgenommen  als  von  ge- 
sunden Tieren  (Martin  Jakoby).  Das  Auge  gesunder  Tiere  nimmt  nur  wenig 
Jod  auf.  hat  man  aber  Tuberkelbacillen  in  das  Auge  eingebracht,  so  wird  \'iel 
melu"  Jod  aufgenommen  (Loeb  und  Michaud).  SjqDhilitisches  Gewebe  nimmt 
mehi'  Jod  auf  als  gesmides. 

Tebelon  ist  Ölsäureisobutylester 

Cj,H33-CO  •  O  •  CHj-CH 

Diese  Substanz  ist  wachsähnlich  und  soll  Tuberkelbacillen  beeinflussen. 

Aromatische  Anüseptiea. 
Phenole. 

Die  Versuche  in  vitro  über  die  antiseptische  Ki'aft  verschiedener  Mittel 
sind  durchaus  nicht  auf  den  Organismus  übertragbar,  deim  die  Bindung  des 
Dcsinfiziens  diu'ch  das  Blutserum  kann  die  Desinfektionswirkung  im  Organis- 
mus völlig  herabsetzen^). 

Dem  in  Wasser  unlöslichen  Benzol,  sowie  seinen  Homologen  Toluol  usw., 
kommen  wohl  wegen  des  Mangels  an  Hydroxj^lgruppen  vmd  auch  wegen  der 
Unlöslichkeit  dieser  Kohlenwasserstoffe  in  Wasser  geringere  antiseptisehe  Eigen- 
schaften zu.  Doch  wrd  vielfach  Toluol  als  Antisepticinn  in  Laboratoriumsver- 
stichen verwendet.  Vv'ird  aber  im  Benzol  ein  Wasserstoff  durch  eine  Hydroxjd- 
gruppe  ersetzt,  so  erhält  man  Phenol,  eine  in  mehi-prozcntiger  Lösung  stark 
antiseptisch  wirkende,  hierbei  ätzende  und,  intern  eingenommen,  schon  in 
Dosen  von  mehreren  Gramm  giftige  Substanz.  Durch  den  Eintritt  von  Hydroxyl 
in  die  Verbindung  steigt  die  Wirksamkeit,  aber  auch  die  Giftigkeit  der  aroma- 
tischen Kohlenwasserstoffe.    Die  große  Verwendung  der  Carbolsäure  als  lös- 

')  Robert  Uhl,  Arclüves  Internationales  de  Pharmacodynainie  et  de  Therapie, 
Vol.  XXIII,  Fase.   1—2,  S.  73  (1913). 

-)  Arbeiten  aus  dem  Kaiserlichen  Gesundlieitsamt  41,  303 — 346,  März   1914. 

^)  H.  Beehhold  und  P.  Ehrlich,  HS.  4?,  173  (190(5).  Siehe  auch  H.  Beohliold, 
HS.  5-J,  780  (1907). 


544  Antiseptica  und  Adstringentia. 

liches  Antisepticum  riihrt  wohl  daher,  daß  sie  das  erste  fto  die  chirurgische 
Praxis  überhaupt  empfohlene  Antisepticum  war,  da  ja  der  alte  J.  Listersche 
Verband  und  die  ursprüngliche  Listersche  Operationsmethode  auf  der  Ver- 
wendung der  Carbolsäure  beruhte. 

Die  antiseptische  Kraft  der  Phenole  nimmt  zu,  wenn  Kernwasserstoffe 
diu"ch  Methylgruppen  ersetzt  werden.  Sie  nimmt  ferner  zu,  wenn  Keruwasser- 
stoffe  durch  Halogen  ersetzt  werden,  auch  die  Zunahme  an  Hydroxj-len  erhöht 
die  antiseptische  Kraft  des  Phenols.  Tribrom-m-xylenol  ist  20  mal  so  -wirksam 
wie  Tribromphenol,  Tetrabrom-o-kresol  mehr  als  16  mal  so  wirksam  wie  Tetra- 
chlorphcnol.  Die  Verbindung  zweier  Phenole  bzw.  Halogenphenole  direkt 
(Biphenole)  oder  diu-ch  Vermitthmg  einer  CH„-,  GHOH-,  CHOCH3-  oder  CH- 
Gruppe  steigert  die  Desinfektiouskraft  (s.  o.).  Es  steigt  aber  mit  der  Zu- 
nahme an  Hydroxylen  auch  die  Giftigkeit  der  Verbindungen  ^),  so  daß  Resorcin 
giftiger  ist  als  Phenol,  während  PjTogaUol  giftiger  ist  als  Resorcin. 

Phenol  Resorcin  Pyrogallol 

OH  OH  OH 

Job.  kJob. 

Phenol  imd  seine  Salze,  sowie  seine  Homologen  [«-  und  /J-Ki'esole  i)],  die 
zwei-  und  dreiwertigen  Phenole  und  Nai^hthole  erzeugen  alle  klonische  Zuk- 
kimgen,  indem  die  Erregbarkeit  der  motorischen  Mechanismen  des  Rückenmar- 
kes stark  «höht  ist.  Mit  Zunahme  der  Hydroxyle  tritt  die  Wirksamkeit  etwas 
zurück.  Nach  A.  Chassevant  und  M.  Garnier  scheint  dieses  Verhältnis 
nicht  so  ganz  regelmäßig  zu  sein.  Die  Toxizität  des  Phenols  i.st  für  1  kg 
Kaninchen  0,00319,  Brcnzcatechin  0.00136,  Hydrochmon  0.00181,  Resorcin 
0.00272,  aber  bei  PjTogallol  0.00634,  Phloroglucin  0.00793,  .'^o  daß  Phenol 
dabei  gerade  zwischen  den  zweifach  imd  dreifach  substituierten  steht-). 

Nach  R.  Gottlieb  nimmt  die  Giftigkeit  der  Phenole  gegen  einzellige  Wesen 
mit  der  Zahl  der  Hydroxylgruppen  nicht  weiter  zu ;  die  zweiwertigen  Phenole, 
Brcnzcatechin,  Hydrochinon  imd  Resorcin,  sind  dabei  nngiftiger  als  Phenol. 
Bei  sehr  starker  Dosis  -n-irken  alle  diese  Substanzen  lähmend  auf  die  moto- 
rischen Nervenenden.  Der  Hinzutritt  einer  Alkylgruppe  (Kresole)  verhindert 
nicht  die  klomsch  erregende  Wirkung,  der  Hinzutrittt  mehrerer  Alkylgruppen 
oder  einer  längeren  Seitenkette  hemmt  sie  vollständig  und  es  tritt  nur  zentrale 
Lähmmig  auf. 

Phenetol,  Guajacol  und  Veratrol  machen  fast  immer  vollständige  und  an- 
haltende Lähmung.  Die  Lähmung  nimmt  mit  dem  Hinzutritt  von  mehreren 
Alkylen  zu. 

Im  Gegensatze  hierzu  sinkt  die  Giftigkeit  bei  den  Phenolen,  wenn  Kern- 
wasserstoffe durch  Alkylradikale  ersetzt  werden,  während  ja  die  antiseptische 
Kraft  durch  den  gleichen  chemischen  Vorgang  erhöht  ^vi^d.  Aus  diesem  Grunde 
sind  die  Kresole  CHj  •  C^H^  •  OH ,  da  ja  ihre  Giftigkeit  eine  geringere  ist,  dem 
Phenol  als  Antiseptica  vorzuziehen,  da  sie  weit  kräftiger  antizjTuotisch  wirken 
und  daher  in  verdünnterer  Lösung  gebraucht  werden  können.  m-Kresol  besitzt 
die  stärkste  desinfizierende  Wirkimg  in  5proz.  Lösung,  schwächer  wirkt  p-Rre- 
sol,  am  schwächsten  o-KresoF).  Aber  der  Anwendung  der  Kresole  als  Anti- 
septica ist  es  immer  hinderhch,  daß  sie  in  Wasser  so  schwer  löslich  sind,  und  die 

1)  Baglioni,  Z.  f.  aUgem.  Phys.  III,  313. 

2)  Arch.  Pharmakodyn.  et  Ther.   14,  93  (1905). 

^)  A.  J.  Steeuhauer,  Pharniaceutiseh  Weekblad  53,  080. 


Aromatische  Antiseptica.  545 

Bemühungen  der  Chemiker  richteten  sich  darauf,  durch  Zusatz  von  verschiedenen 
Substanzen,  sowie  zum  Teil  durch  chemische  Veränderungen,  die  so  billigen 
Kxesole  wasserlöslich  zu  machen.  Das  Gemenge  der  drei  isomeren  Kresole 
kann  durch  Zusatz  von  Schwefelsäure,  Natronlauge  oder  Seife  wasserlöslich 
gemacht  werden.  Ebenso  löst  es  sich  in  einer  Reihe  von  verschiedenen  Natron- 
salzen, insbesondere  von  organischen  Sulfosäuren.  Man  kann  die  Kresole  ferner. 
Wenn  auch  nicht  für  die  medizinische  Praxis,  so  doch  zu  groben  Desinfektionen 
in  der  Weise  nutzbar  machen,  daß  man  durch  Zusatz  von  leichteren  Kohlen- 
wasserstoffen, insbesondere  Steinöl  zu  den  schweren,  im  Wasser  untersinkenden 
Kresolen  das  spezifische  Gewicht  des  Gemisches  derartig  erniedrigt,  daß  die 
Kresollösung  auf  dem  Wasser  schwimmt  und  langsam  ausgelaugt  wird,  wobei 
sie  gleichzeitig  eine  schützende  antiseptische  Decke  über  der  zu  desinfizierenden 
Substanz  bildet.  Auch  durch  Zusatz  von  Kalk  kann  man  lösliche  Verbindungen 
der  Kresole  erhalten. 

Schering,  Berlin,  stellen Cer-Phenolverbindungen  her,  indem  sie  Cersalze  mit  Pheno- 
len oder  deren  Substitutionsprodukten  in  Umsetzung  bringen.  Die  Cerphenolverbindungen 
sollen  eine  große  desinfizierende  Kraft  haben  und  weniger  toxisch  sein  als  die  Plienole 
selbst.    Beschrieben  sind  Cerphenol,  Cerguajacol,  Cer-/9-naphthol '). 

Auf  der  Beobachtung,  daß  die  Kresole  sich  in  Harzseifen  lösen,  oder  besser 
gesagt,  emulgieren,  beruht  die  Darstellung  des  englischen  Kreohns,  doch  zeigt 
Kreolin  die  nachteilige  Eigenschaft,  daß  es  durch  Zusatz  von  Mineralsäuren, 
Lauge  oder  Kochsalz  die  Emulsionsfähigkeit  verliert.  Auch  der  wechselnde 
Gehalt  der  verschiedenen  Kreoline  an  wirksamen  Kresolen  war  sehr  hinderlich 
bei  seiner  Anwendung  als  Desinfektionsmittel  in  der  Chirurgie. 

Das  TeeröF),  welches  seine  antiseptische  Kraft  wohl  in  erster  Linie  seinem 
Gehalte  an  Kresolen  verdankt,  wm-de  späterhin  vorzüglich  durch  Seifen- 
lösungen, sei  es  nun  Harzseifen  oder  Fettseifen,  in  Lösung  gebracht. 

Das  mit  dem  Namen  Lysol  bezeichnete  Präparat  z.  B.  wird  in  der  Weise  dargestellt, 
daß  man  Teeröl  mit  Leinöl  oder  einem  Fett  mischt  und  mit  einer  konzentrierten  Kalilösimg 
bei  Gegenwart  von  Alkohol  so  lange  zum  Sieden  erhitzt,  bis  vollständige  Verseifung  ein- 
getreten ist  mid  das  Endprodukt  sich  glatt  in  Wasser  löst^). 

Der  Nachteil,  den  Lysollösungen  besitzen,  besteht  hauptsächhch  darin, 
daß  sie  ungemein  schlüpfrig  sind  und  die  Hände  des  Operateiu's  sehr  stark 
schlüpfrig  machen,  Woran  die  alkahsche  Seifenlösung  die  Hauptschuld  trägt. 
Femer  muß  die  antiseptische  Kraft  des  Handelsproduktes  immer  kontroUiert 
werden,  da  der  wechselnde  Gehalt  an  wirksamen  Kresolen  sonst  leicht  dazu 
führen  könnte,  daß  man  zu  schwach  desinfizierende  Lösungen  verwenden 
würde.  Von  Vorteil  ist  bei  diesen  TeeröUösungen  nur,  daß  sie  sehr  wenig  giftig 
sind,  \ael  weniger  giftig  als  eine  gleiche  wirksame  Carbolsäurelösimg  und  natürlich 
auch  viel  weniger  giftig  als  Sublimat,  so  daß  man  deren  Gebrauch  auch  Laien- 
händen anvertrauen  kann,  was  z.  B.  beim  Subhmat  meist  ausgeschlossen  ist. 

Es  gelingt  auch,  wie  erwähnt,  Kresole  in  der  Weise  iia  Lösung  zu  bringen, 
daß  man  sie  mit  Natronsalzen  von  organischen  Sulfosäuren  versetzt.  So  Wurde 
vorgeschlagen,  die  Kresole  und  andere  an  sich  luilösliche  Körper  durch  Mischen 
mit  wasserlöslichen,  durch  Einwirkung  von  Schwefelsäure  auf  Harzöle,  Mineral- 
öle tisw.  erhaltenen  neutralisierten  Produkten  in  Lösung  zu  brmgen.  Die  Be- 
hauptung, daß  der  Gehalt  an  sulfidartig  gebundenem  Schwefel,  wie  etwa  im 
Ichthyol  und  Thiol,  notwendig  ist,  damit  man  Kresole  in  solchen  Substanzen 

1)  DRP.  214  782. 

^)  KnoU   (Ludwigshafen)  erzeugt  ein  farbloses  Teeröl   (Anthrasol).     Das  dermato- 
therapeutisch  Wirksame  im  Teer  sind  nach  Sack  die  MethylnaphtheUine. 
3)  DRP.  52  129. 

Fränkel,  Arzneimittel-Synthese.   6.  Aufl.  35 


546  Antiseptica  und  Adstringentia. 

lösen  kann,  müssen  wir  aus  dem  Grunde  zurückweisen,  weil  eine  Reihe  von 
Siüfosänren,  die  außer  der  Sulfogruppe  keinen  Schwefel  enthalten,  in  ihren 
Natronsalzen  die  gleiche  Wirkung  haben  und  ja  aucli  die  Natronsalze  der 
Kresotinsäurc 

und  der  Salicylsäure  OH  •  CgH4  •  COOH,  gleich  wie  die  Natriumsalzo  der  Fett- 
säiiren,  Kresole  in  Lösung  zu  bringen  vermögen. 

Aseptol  (Merck)  ist  eine  Lösimg  der  p-Phenolsulfosäure  und  nicht  der 
o-PhenoLsulfosäin-ei). 

Hörung  und  Baum  stellen  tertiäre  aromatische  Oxyalkohole  her,  welche  im  tieri- 
schen Organismus  angeblich  in  ungesättigte  Verbindungen  langsam  verwandelt  werden. 
Dargestellt  wurden  o-Amylolphenol  C5H4<OHC(OH)(C2H5),,  ferner  Isopropylol-m-kresol- 
C6H3(OH)CH3-3-C(OH)(CH3)2-4-  und  m-Isoamylolkresol=). 

Ferner  wurde  vorgeschlagen,  um  die  Schlüpfrigkeit  der  Lösung  vonKresolen 
in  alkalischen  Seifen  zu  beseitigen,  Fettsäuren  in  der  Menge  zuzusetzen,  nm  zu 
neutralen  Seifen  zu  gelangen.  Auch  das  Mischdn  von  Äthylendiarain  HoN  • 
C2H4  •  NH,  mit  Kresol  wurde  empfohlen,  um  die  Tiefenwirkung  des  Kresol- 
gemenges  zu  steigern.  Unter  dem  Namen  Kresin  kam  auch  eine  25proz.  Lösung 
von  Kresolen  in  kresoxylessigsaurem  Natron  in  den  Handel.  Über  alle  diese 
Versuche,  che  Ki-esole  als  Antiseptica  verwertbar  zu  machen,  ist  man  mit  einer 
einzigen  Ausnahme  (Lösungen  von  ELresol  in  Seifen)  hinweggegangen,  weil  die 
anderen  genamiten  Substanzen  viel  zu  wenig  Kresole  zu  lösen  vermögen,  hierbei 
wie  z.  B.  sahcylsam-es  Natron  als  Lösmigsmittel  zu  teuer  sind.  Für  den  internen 
Gebrauch  hat  sich  nur  eines  dieser  Präparate,  das  Solveol,  eine  Lösung  von 
Kresolen  in  kresotinsaurem  Natron,  eine  geringe  Bedeutung  verschaffen  können, 
als  es  als  Konkurrenzpräparat  zum  Kreosot  und  Guajacol  auftrat. 

Albert  Friedländer  in  Berlin  gibt  ein  Verfahren  an,  aromatische  Kohlenwasser- 
stoffe, und  zwar  ihre  Hydroxylderivate,  welche  außer  einer  Hydroxylgruppe  noch  weitere 
Gruppen  enthalten,  in  Wasser  löslich  zu  machen,  darin  bestehend,  daß  man  sie  mit  wasser- 
löslichen aromatischen  Hydroxylderivaten  vermischt;  so  sind  z.  B.  Kresole  bei  Gegenwart 
der  2 — 3fachen  Gewichtsmenge  Resorcin  wasserlöslich.  Alizarin  ist  bei  Gegenwart  von 
Phenol  wasserlöslich,  Guajacol  bei  Gegenwart  der  doppelten  Menge  Resorcin.  Kresol  wird 
von  der  vierfachen  Menge  Brenzcatechin  gelöst,  p-Nitrophenol  von  der  vierfachen  Menge 
Resorcin  3). 

Über  die  Phenole,  welche  mehr  als  ein  Hydroxyl  enthalten,  ist  zu  bemerken, 
daß  sie  alle  wie  das  Phenol  selbst  eine  dem  Benzolring  eigentümliche  antipj'- 
retische  Eigenschaft  zeigen .  Doch  ist  der  antipjrretische  Ef fekt^  dieser  Substanzen 
ein  rauschartig  vorübergehender*),  so  daß  es  ganz  aussichtslos  wäre,  an  diese 
Beobachtimgen  weitere  Untersuchungen  zu  knüpfen,  da  diese  Körper  immerhin 
hinter  den  bekannten  Anilinderivaten  zurückstehen  werden.  Dem  Resorcin 
kommen  ätzende  Wirkungen  zu,  welche  in  der  Dermatologie  hier  imd  da  ver- 
wendet werden,  während  der  interne  Gebrauch  des  Resorcins  sich  nicht  behaupten 
konnte,  was  wohl  hauptsächlich  diesen  ätzenden  Wirkungen  dieser  Substanz 
zuzuschreiben  ist.  Der  Versuch,  Hydroresorcin  als  Antisepticum  zu  benützen, 
erscheint  wohl  als  völlig  mißlimgen. 

Zur  Darstellung  dieser  Substanz  wird  in  eine  siedende  wässerige  Lösimg  von  Re- 
sorcin, durch  welche  man  Kohlensäure  durchleitet,  Natriumamalgam  eingetragen  und 
das  Reaktionsprodukt  vorerst  mit  Äther  vom  unveränderten  Resorcin  befreit  und 
hierauf  aus  der  sauren  Lösung  Dihydroresorcin  mit  Äther  aufgenommen'). 

M  Jul.  Obermiller,  BB.  40,  3623  (1907).        =)  DRP.  208962.       »)  DRP.  181288. 
*)  Brieger,  Dubois'  Arch.   f.   Physiol.    1879,  Supplementbd.   61  imd  Zentr.  f.  med. 
Wissenschaften  1880,  Nr.  37.  *)  DRP.   77  317.  —  Liebigs  Ann.    2T8.  20. 


Aromatische  Antiseptica'  547 

(Die  Eigenschaften  des  Pyrogallols  und  seiner  Derivate  werden   bei  den 
reduzierenden  Hautmitteln  abgehandelt.) 

Von  einer  therapeutischen  Anwendung  des  Phloroglucins 

H 


.oO^ 


konnte  bei  dem  hohen  Preise  dieser  Substanz  bis  nun  nicht  die  Rede  sein.  Im 
Gegensatze  zu  Resorciu  hat  es  keine  ätzenden  und  eiweißgerinnenden  Eigen- 
schaften, sondern  verhindert  vielmelir  die  Gerinnung  des  Blutes.  Es  ist  auch  kein 
bakterientötendes  Mittel,  wie  PjTogallol,  obwohl  es  die  Fäuhüsvorgänge  ver- 
langsamt. Die  zersetzende  Wirkung  des  Pyrogallols  auf  rote  Blutkörperchen 
fehlt  dem  Phlorogluchi. 

Von  den  in  der  Natm-  vorkommenden  Phenolen  und  deren  Äthem  verdienen 
noch  eine  Erwähnung  die  Verbindmigen  der  Safrolgruppe^),  Substanzen,  die 
sich  durch  den  Gehalt  emer  Seitenkette  mit  doppelter  Bmdung  von  den  Phenolen 
und  deren  Äthern  unterscheiden.  Die  Gegenwart  der  Seitenkette  mit  doppelter 
Bindung  verleiht  diesen  Substanzen  giftige  Eigenschaften.  Betrachtet  man 
Anethol,  Eugenol,  Safrol,  Isosafrol,  Apiol  und  Cubebin, 


CH  =  CH— CH3      (1) 
Isosafrol  CjHj^Ovp^                        (3) 

CH=CH— CHj 
Anethol  CjHy 

CHj— CH  =  CH„ 
Eugenol  CjHj^OCHa 

(1) 

(3) 

(1) 
(3) 
(4) 

/CHj— CH  =  CH, 
/ /OCH, 
Apiol  CjH^-^OCHj 

.CH,— CH=CH„ 

(1) 

Sufrol  C,H3^0\' 

(3) 

CH(OH)— CH=CH2 
Cubebin  C.H,r-0\  „„ 

\q/C±1„ 

(4) 

so  zeigt  es  sich,  daß  die  giftigen  Eigenschaften  dieser  Verbindungen  wesentlich 
von  der  Seitenkette  abhängig  sind,  und  daß  die  Giftigkeit  \xi  den  Körpern  mit 
einer  Allylgruj)pe  die  solcher  Substanzen,  welche  eine  Propenylgruppe  ent- 
halten, weit  überwiegt.  Je  weiter  entfernt  die  doppelte  Bindung  der  Seitenkette 
vom  Kernkohlenstoff  ist,  desto  giftiger  ist  die  Verbindung.  So  zeigt  Anethol 
bei  seiner  Eingabe  bei  Menschen  nur  die  Erscheinmig  eines  leichten  Rausches 
imd  Kopfschmerzen.  Eugenol,  welches  ein  freies  Hydroxyl  enthält,  wird  in 
ziemlich  großen  Dosen  vertragen,  ohne  daß  Vergiftungssjmiptome  auftreten. 
Hingegen  zeigt  Safrol,  in  welchem  beide  Hydroxyle  durch  eine  Methylengruppe 
verschlossen  sind,  äußerst  giftige  Eigenschaften,  ja  es  gehört  zu  den  giftigsten 
ätherischen  Ölen.  Es  setzt  den  Blutdruck  herab,  indem  es  das  vasomotorische 
Zentrum  lähmt  und  insbesondere  wirkt  es  gerade  wie  gelber  Phosphor,  indem  es 
eine  ganz  ähiihche  hochgradige  fettige  Entartung  der  Organe,  vorzügUch  der 
Leber  imd  der  Nieren,  verursacht.  Hingegen  zeigt  Isosafrol,  welches  die  Propenyl- 
gruppe statt  der  Allylgruppe  trägt,  ein  ganz  anderes  Verhalten,  indem  sich  bei 
einer  weit  geringeren  Giftigkeit  nervöse  Erscheinungen  einstellen,  die  bei  der 
Safrolvergiftung  vöUig  mangeln.  Die  Erklärung  hierfür  hegt  darin,  daß  die 
Allyl Verbindungen,  die  emen  höheren  Wäi-mewert  besitzen,  labiler  sind  vmd  mit 
dem  Protoplasma  heftigere  Reaktionen  eingehen,  während  das  stabile  Pro- 
penylderivat  letzteres  unbeeinflußt  läßt. 

-j  Arthur  Heffter,  AePP.  35,  343. 

35* 


548  Antiseptica  und  Adstringentia. 

Apiol  wirkt,  weil  es  ebenfalls  eine  Allylseitenkette  hat,  wie  Safrol,  nur 
treten  hier  starke  lokal  reizende  Eigenschaften  hinzu.  Dem  Cubebin  fehlen  giftige 
Erscheinungen  nur  aus  dem  Grimde,  weil  es  wegen  seiner  Unlöshclikeit  über- 
haupt nicht  zur  Resorption  gelangt.  Die  eigentümliche  Wirkung  auf  den  Stoff- 
wechsel, die  Apiol  und  Safrol  zeigen,  kommt  auch  dem  Thymol 

/OH 

C3H, 

ZU.  Thymol  wird  sowolü  als  Antisepticum,  als  auch  als  Antihelminthicum  ver- 
wendet. Thymatol  ist  mittels  Phosgen  hergestelltes  Thymolcarbonat  und  wird 
als  Antihelminthicum  statt  Thymol  empfohlen.  Natürliches  Thymol  ist  etwas 
giftiger  als  seine  beiden  Isomeren,  p-  und  m-Thymol  sind  Bakterien  gegenüber 
fast  gleich  wirksam,  o-Thymol  zweimal  weniger  ■wirksam.  Als  Antihelminthicum 
ist  das  natürhehe  Thymol  den  beiden  Isomeren  überlegen:  p-Thymol  wirkt 
weniger  rasch  als  m-Thymol,  o-Thymol  noch  weit  langsamer  als  das  p-Derivat*). 

Thymolisalmitat  wird  von  A.  EUinger  als  Darmdesinficiens  empfohlen''). 
L.  Thimm  empfiehlt  es  bei  Ruhr. 

Die  Esterifizierung  des  Thymols  schwächt  seine  Giftwirkung  auf  das  bulbäre 
Atemzentrum  ab.  Intravenös  wirken  Thymoläthyläther  imd  Thjinolmethyl- 
äther  viel  weniger  giftig  als  Thymol  selbst  3).  Beide  sind  noch  in  Dosen  von 
0.2  g  pro  kg  ungiftig.  Sie  rufen  unregelmäßige  Kjämpfe  der  Körpermuskulatur 
hervor,  lassen  aber  das  Atemzentrum  unbeeinflußt,  während  0.06  g  Thymol  pro 
kg  Tier  sofortigen  Atemstillstand  und  Asphyxie  hervorrufen. 

Wasserlösliche  Derivate  des  Thymols  erhält  man,  wenn  man  die  Alkalisalze  der  Brom- 
ameisensäure in  wässeriger  Lösung  auf  eine  alkoholische  ThymoUösung  bei  mäßig  erhöhter 
Temperatur  einwirken  läßt;  beim  Abkühlen  der  Lösung  scheidet  sich  die  neue  Doppel- 
verbindung krystallisiert  ab^). 

Chavosot  ist  p-Allylphenol,  es  wird  als  Antisepticum  in  der  Zahnheükunde 
verwendet. 

Durch  den  Verschluß  der  Hydroxyle  bei  der  Verätherung  verUereu  die 
Phenole  die  ihnen  eigentümhchen  ätzenden  und  antiseptischen  Eigenschaften 
und  kömien,  wie  z.  B.  Veratrol  (Brenzcatechindimethyläther),  schheßlich  un- 
wirksam werden.  Daß  dieses  bei  den  Körpern  der  Safrolgruppe  nicht  der  Fall 
ist,  verdanken  diese  Körper  nur  ihrer  sehr  reaktionsfähigen  fetten  Seitenkette 
und  der  doppelten  Bindung  in  derselben. 

Der  Versuch,  vom  Phenol  ausgehend,  wirksame  Verbindungen  dieser  Sub- 
stanz zu  erhalten,  hat  verschiedene  bedeutende  Erfolge  gezeitigt.  Doch  muß 
man  auch  hier,  trotz  der  großartigen  Erfolge,  sowohl  an  der  Methodik,  als  auch 
an  dem  Ideengange  zahlreicher  Erfinder  strenge  Kritik  üben. 

Kresatin,  der  Essigsäureester  des  m-Kresols,  wird  gegen  Augenblemior- 
rhöe  empfohlen. 

Die  Rüttgerswerke  und  Kurt  Gentsch^)  stellen  einen  sauren  m-Kresol-o-oxalsäure- 
ester  dar,  indem  sie  m-Kresol  und  Oxalsäure  gemischt  in  der  Kälte  stehen  lassen,  bis  die 
anfangs  halbflüssige  Masse  fest  geworden  ist.  Das  Produkt  hat  wahrscheinlich  die  Zusam- 
mensetzimg  CHj  •  CgHj  •  O  •  C(0H)2  •  O  •  CjH^  •  CH3.  Die  Verbindung  zersetzt  sich  bei 
61°  in  ihre  Komponenten  und  soll  dem  m-Kresol  gegenüber  eine  gesteigerte  desinfizierende 
Wirkung  haben.    Sie  heißt  Kresosterü'). 

1)  Bull,  de  Science  Pharmacol.   IT,  373  (1910). 

')  Deutsche  med.  Wochenschr.  44,  716  (1918). 

3)  H.  Busquet  und  Ch.  Vischniac,  C.  r.  s.  b.  83,   1149  (1920). 

*)  DRP.  291  935.  <•)  DEP.  229  143. 

«)  Hyg.  Rundschau  20,   1042  (1910). 


Aromatische  Antiseptica.  549 

Phenol-o-oxalsäureester  wird  dargestellt,  indem  man  wasserfreie  Oxalsäure  mit  ge- 
schmolzenem Phenol  im  Verhältnis  von  1  Mol.  Oxalsäure  zu  2  Mol.  Phenol  mischt,  bis  zum 
Beginnen  der  Selbsterhitzung  gut  durchrührt  und  die  Veresterung  miter  Einfluß  dieser 
Erhitzung  sich  vollziehen  läßt'). 

Wie  bei  allen  wirksamen  Substanzen  hat  man  es  sogar  bei  dem  so  gut  Wasser- 
löslichen Phenol  nicht  luiterlassen  können,  durch  Einwirkung  von  Schwefelsäure 
ein  neues  Desinfektionsmittel  zu  gewinnen.  Hierbei  läßt  man  auf  Phenol 
nach  der  Angabe  von  Colin  rauchende  Schwefelsäiu'e  bei  niederer  Temperatur 
einwirken  und  setzt  dem  Reaktionsprodukte  Alkohol  zu.  So  gelaugt  man  zu 
einem  Gfemenge  von  o-phenylsulfosaurem  Äthyl,  o-Phenylsulfosäiu'e  imd  Äthyl- 
schwefelsäure.  Dieses  Gemenge  von  geringer  Haltbarkeit  spaltet  Phenol,  Alko- 
hol und  Schwefelsäure  ab  und  hat  sich  mangels  jeden  Vorzuges  vor  dem  Phenol 
selbst  in  der  Praxis  nicht  halten  können.  Das  Gemenge  fühi-t  den  Namen 
Aseptol. 

Man  erhält  Komplexverbindungen  aus  Halogenphenolen  und  deren  Homologen, 
indem  man  diese  mit  Alkaliliydroxyden  oder  alkalisch  reagierenden  Salzen  behandelt. 
Diese  Verbindungen  zeichnen  sich  angeblich  durch  große  Desinfektionskraft  aus,  sind  wasser- 
löslich und  geruchlos.     Sie  sind  auch  nicht  hygroskopisch  und  gut  krystallisationsfähig^). 

Es  wiu-de  auch  der  Versuch  gemacht,  Phenol  mit  Eiweiß  in  Reaktion  zu 
bringen. 

Shimada')  ließ  auf  getrocknetes  Albumin  eine  zehnfache  Gewichtsmenge  Phenol 
einwirken  imd  erwärmte,  wobei  das  Albumin  aUmählich  in  Lösung  ging.  Wenn  man  das 
Reaktiousprodukt  in  Alkohol  eingießt,  so  erhält  man  ein  flockiges  Präcipitat,  dessen  Ana- 
lysen auf  ein  triphenyliertes  Albumin  stimmen,  welches  aber  beim  Spalten  mit  Salzsäure 
kein  Phenol  abgibt  und  dem  auch  antiseptische  Wirkungen  völlig  fehlen. 

Wenn  es  also  auch  nicht  gelingt,  vom  Phenol  direkt  zu  solchen  Eiweißver- 
bindungen zu  gelangen,  die  antiseptische  Wirkungen  haben,  so  scheint  dies 
gut  zu  gelingen,  wenn  man  aromatische  Aldehyde  mit  Proteinsubstanzen  rea- 
gieren läßt. 

So  kann  man  durch  Zusammenbringen  von  Benzaldehyd  CjHj  •  CHO,  Salicylaldehyd 
OH  •  CjH^  ■  CHO  mit  Eiweiß,  Casein  oder  Albumosen,  Aldehydproteinverbindungen  dar- 
stellen, in  denen  anscheinend  die  Aldehydgruppe  mit  den  Aminogruppen  des  Eiweißes  in 
Reaktion  getreten  ist  vmd  die  angeblich  antiseptische  Eigenschaft  zeigen*). 

Formaldehyd  HCHO  kondensiert  sich  mit  Phenolen  zu  Phenolalkoholen  und  beim 
Erhitzen  mit  Mineralsäuren  zu  hochmolekularen  Produkten^).  Ahnliche  unlösliche  Körper 
entstellen  bei  der  Einwirkung  von  Formaldehyd  auf  ein  Gemenge  von  o-  und  p-Phenol- 
sulfosäure  beim  Kochen  der  salzsauren  Lösung  dieser  Säuren.  Der  gebildete  Körper  ist 
sehwefelfrei,  da  die  Sulfogruppe  durch  die  Formaldehydgruppe  verdrängt  wird;  es  ent- 
stehen hochmolekulare  Oxydialkohole  des  Benzols  bzw.  deren  Anhydroverbindungen,  also 
Anhydroxybenzyldialkohol. 

SO3H  OH  CHj  ■  OH 

CeH  /  +  2  CH/        =  H2SO4  -I-  CjHj^CHj  •  OH  +  HjO 

OH  ^OH  OH 

Letzterer  Körper  geht  dann  unter  Wasseraustritt  in  die  Anhydroverbindung  über. 

^OH  OH, 

C6H35-CH2- 
CH2 

Aus  Formaldehyd  und  Phenolen  kann  man  ein  Kondensationsprodukt  erhalten, 
wenn  man  schweflige  Säure  auf  das  Gemisch  einwirken  läßt.  Dieses  Produkt  soU  weniger 
dunkel  und  weniger  harzhaltig  sein  als  das  mit  anderen  Mineralsäuren  dargestellte'). 

Praktische  Verwendung  haben  diese  in  Gegenwart  von  Alkahen  Formal- 
dehyd  abgebenden  Körper  nicht  gefunden. 

1)  Schülke   &  Mayr  in  Hamburg,  DRP.  226  23L  ^)  DRP.  247  410. 

3)  Bull.  CoU.  of  Agriculture,  Tokio,  H,  Nr.  7.  *)  DRP.   105  499. 

=)  L.  Sarason,  DRP.   101  191.  «)  DRP.  219  570. 


550  Antiseptica  und  Adstringentia. 

Eigentümlich  ist  das  physiologische  Verhalten  der  beiden  Naphthole. 
a-Naphthol 

H 
O 

^'^^l  und  /J-Naphthol  O'^Y^ 

''\/  \/\/ 

sind  merkwürdigerweise  verschieden  giftig,  und  zwar  a-Xaphthol  stärker 
giftig  als  /J-Naphthol.  Wegen  der  schweren  Löslichkeit  wird  /5-Naphthol  nur 
als  Darraantisepticum  imd  in  der  Dermatologie  angewendet.  /5-Xaphthol- 
natrium  C'jqH,  •  ONa ,  welches  in  Wasser  leichter  lösUch  ist,  hat  den  Namen 
Mikrocidin.  Naphtholsulfosäure,  welche  in  Wasser  besser  lösUch,  hat  keine 
Vorzüge  vor  dem  Xaphthol,  ihre  Salze  sind  wenig  antiseptisch  wirksam. 

Ein  Naphtholderivat  für  dermatologische  Zwecke  ist  Epicarin,  d.  i.  /?-Oxy- 
naphthoyl-oxy-m-toluylsäure  (COOH)(OH)C6H3  •  CH2  ■  L\oHg  •  OH  .  Es  besitzt 
starken  Säm'echarakter  und  bildet  wasserlöshche  Salze.  Es  ist  ein  starkes, 
nicht  reizend  wrkendes  Antisepticum,  das  bei  iimerlicher  Darreichimg  zum 
größten  TeU  unverändert  wieder  ausgeschieden  •ndrd^).  Es  wird  gegen  para- 
sitäre Hautki'ankheiteu,  wie  Scabies,  Herpes  tonsm'ans,  Himderäude  usw. 
empfohlen^). 

Naphthylaminsiilfosäure  (Naphthionsäure)  CjoHg  •  (NH«)  •  SO3H  wurde  aus 
ganz  anderen  Gründen  empfohlen^).  Sie  besitzt  die  Eigenschaft,  sich  mit 
Nitrit  zu  der  für  den  Organismus  verhältnismäßig  unschädhchen  imd  leicht 
zersetzhchen  Diazoverbindiuig  umzusetzen  und  wurde  von  Riegler  gegen 
Nitritvergiftung,  Blutvergiftung  und,  da  die  Jodausscheidung  bei  Jodismus 
angeblich  auf  Gegenwart  von  Nitriten  beruht,  auch  dagegen  empfohlen.  Zur 
Verhindenmg  der  Harnalkaleszenz  bei  Blasenleiden  wurde  diese  Säure  ebenfalls 
angewendet. 

Unter  dem  Namen  Tetralin*)  wird  ein  Desinfektionsmittel  angegeben,  das  gekenn- 
zeichnet ist  durch  die  Verwendung  von  ar-Tetrahydronaphtholen  oder  im  aromatischen 
Kern  durch  Nitrogruppen,  Quecksilbersalzreste,  Alkyle  oder  Halogene  substituierte  ar- 
Tetrahydronaphtholen  oder  ihrer  Salze,  für  sicli  oder  in  Verbindung  mit  Säxiren  oder 
Seifen  von  Fettsäuren  oder  sulfurierten  Fetten,  gegebenenfalls  vmter  Zusatz  von  Formal- 
dehyd. Den  ar-Tetrahydronaphtholen  kommt  eine  sehr  bedeutende  Desinfektionswirkung 
zu,  weitaus  größer  als  den  Naphtliolen  selbst.  Sie  sind  nach  dieser  Kichtimg  liin  den 
Phenolen  und  den  desinfektorisch  außerordentlich  wirksamen  Xylenolen  selu"  nahestehend. 

Tetrahn  -^^ird  hauptsächhch  als  Terpentinersatz  in  der  Technik  augewandt. 

Tetrahn  (Tetrahydronaphthalin)  geht  zu  einem  kleinen  Teil  im  Organismus 
in  dl-ac-a-Tetrahydronaphthahnharnstoff  über^).  Es  wrd  vom  tierischen 
Organismus  vorwiegend  als  ac-a-Tetrolylglykuronsäure,  ein  kleiner  Teil  iin- 
verändert  dm'ch  die  Atmimg  ausgeschieden. 

Beim  Menschen  entsteht  ein  Pigment,  sodann  eine  durch  oxydierende  Agen- 
tien  nachweisbare  Leiikoverbindung,  ferner  Dihydronaphthalin  und  Najibthahn. 

Dihydronaphthalin  wird  ebenfalls  vor-vnegcnd  als  gepaarte  Glj'kiu'onsäure 
ausgeschieden,  die  aufs  leichteste  Naphthalin  abgespaltet*). 

Durch  Einwirkung  aromatischer  Nitrocarbonsäurehalogenide  auf  1.8-Aminonaphthol- 
sulfosäuren  erhält  man  ia  der  Aminogruppe  substituierte  Nitroverbindungen  dieser  Körper, 
die  bei  der  Reduktion  in  die  entsprechenden  Aminoverbindimgen  übergehen.  Durch  Be- 
handlung mit  Phosgen  kann  man  sie  in  Hamstoffderivate  überführen,  welche  auf  Blutpara- 

■)  Eichengrün,  Pharm.  Zentrallialle  41,  87. 

^)  Kaposi,  Wiener  med.  Wochenschr.   1900,  Nr.  6. 

=>)  E.  Riegler,  Wiener  med.  Blätter  189T,  Nr.  14.  *)  DRP.   302  003. 

5)  G.   Schroeter  imd  K.   Thomas,  HS.   101,   262  (I'JIS). 

«)  Pohl  und  Rawicz,  HS.  104,  95  (1919). 


Aromatische  Antiseptica,  551 

siten  tödlicli  wirken.  Anstatt  die  Aminobeuzoylverbindungen  direkt  mit  Phosgen  zu  be- 
handeln, kann  man  durch  weitere  Einwirkung  von  Nitrobenzoylhalogenen  und  darauf- 
folgende Reduktion  den  Aminobenzoylrest  zwei  oder  mehrere  Male  in  das  Molekül  einführen 
und  dann  erst  die  entsprechenden  Harnstoffderivate  darstellen.  In  vielen  Fällen  wird  da- 
durch noch  eine  stärkere  Wirkung  gegenüber  den  Blutparasiten  erzielt.   Dargestellt  wurden 

OH  NH  •  CO-<^^-NH  •  CO  •  NH-^~^-CO  ■  NH  OH 


SO3H  SOjH 

/NH-<r^-CO  •  NH-<^-CO  •  NHOH 

"'"'  °^^  SOjH.Ox/'sO.H 

NH-<(^^-CO    NH- 


Dieso  Verbindungen  wirken  auf  Trypanosomen  imd  Spirochäten"^). 

Aromatische,  nicht  der  Naphthalinreihe  angehörige  aminoacidylierte  Aminosävu-cn, 
die  den  AminoacidyLrest  zweimal  oder  meluere  Male  hintereinander  enthalten,  erhält  man, 
wemi  man  Phosgen  oder  Thiophosgen  oder  ihre  Ersatzprodukte  auf  sie  einwirken  läßt. 
Die  Produkte  sind  therapeutisch  ähnlich  ^vil■ksam  wie  die  des  DRP.  278  122.  Bescluieben 
sind  der  Harnstoff  der  m-Aminobenzoylverbindung,  der  m-Aminobenzoylaminosulfosalicyl- 
säure.  Ferner  sind  beschrieben  der  Harnstoff  aus  m-Aminobenzoyl-m-aminobenzoylamino- 
carbazoldisulfosäure  mid  des  Thioharnstoffs  aus  m-Aminobenzoyl-m-aminobenzoylanilin- 
2.5-disulfosäure  ^). 

Die  gleichen  therapeutischen  Eigenschaften  kommen  auch  Harnstoffen  zu,  die  sich 
in  gleicher  Weise  von  substituierten  Naphthalinaminsiüfosäuren  ableiten.  Als  besonders 
wirksam  erwiesen  sich  außer  den  durch  Halogen  substituierten  Harnstoffen  der  genannten 
Art  Harnstoffe,  die  sich  von  I-Amino-8-alkoxynaphthalinsulfosäuren  ableiten.  Man  erhält 
sie,  indem  man  die  fertigen  Harnstoffe  nach  DRP.  278  122,  284  938,  288  272  mit  alky- 
lierenden  Mitteln  behandelt  oder  indem  man  von  in  der  Hydroxylgruppe  alkylierten  Amino- 
naphtholsulfosäuren  ausgeht  und  diese  in  die  entsprechenden  Harnstoffe  nach  den  an- 
geführten Patenten  überführt^). 

Wie  die  sonstigen  Derivate  der  Naphthylaminsulfosäuren  köiuien  auch  die  im  Kern 
hydroxylierten  Naphthylaminsulfosäm-en  ganz  allgemein  zur  Darstellung  von  Harnstoffen 
und  Thioharnstoffen  verwendet  werden*). 

Ebenso  therapeutisch  wirksame  Verbindungen  wie  nach  DRP.  278  122  erhält  man 
lUuch  ßohandlung  von  zwei  verschiedenen,  in  der  Aminogruppo  durch  jVminoacidylresto 
substituierten  Aminosäiu'en  der  aromatischen  Reihe,  von  denen  wenigstens  eine  der 
Naphthaliiu-eihe  angehört,  in  molekularem  Verhältnis  mit  Phosgen  oder  Thiophosgen  oder 
dei'en  Ei'satzmitteln^). 

In  den  Harnstoffen  des  Hauptpatentes  und  seiner  frülieren  Zusätze  kann  man  Di- 
arainoacetylreste  der  Benzolreihe  auch  ganz  oder  teilweise  durch  Aminoacetylreste  anderer 
Ringsysterae,  z.  B.  durch  den  Aminonaphthoylrest,  ersetzen  und  auch  an  Stelle  der  den 
Harnstoff  bildenden  CO-Gruppe  die  CS-Gruppe  emfüliren,  ohne  daß  dadurch  die  wert- 
vollen Eigenschaften  der  Produkte  verloren  gehen. 

Die  Patentsclirift  enthält  Beispiele  für  die  Anwendung  der  durch  Einwirlamg  von 
l-Nitronaphthalin-5-sulfochlorid  auf  l-Naphthylamin-3.6-disulfosäure  und  nachfolgende 
Reduktion  darstellbaren  Säure,  sowie  der  durch  Einwirkung  von  Nitroanisoylchlorid  auf 
1.5-Aminonaphthoyl-l-amino-8-naphthol-1.4.6-disulfosäure  und  darauf  folgende  Reduktion 
erhaltenen  Säure  zur  DarsteUimg  der  Harnstoffe  und  der  durch  zweimahge  Einwirkung 
von  m-Nitrobenzoylchlorid  auf  1.8-Aminonaphtliol-3.6-disulfosäure  und  darauffolgende  Re- 
duktion erhaltene  Säure,  der  durch  Einwirkimg  von  m-Nitrobenzolsulfoehlorid  auf  p-Amino- 
benzoyl-l-naphthylamin-3.6-disulfosäure  und  folgende  Reduktion  dargestellte  Säiu«,  so- 


1)  Bayer,  DRP.   278  122.  =)  Bayer,  DRP.   291  351. 

^)  Bayer,  DRP.   289  107,  Zusatz  zu  DRP.   278  122. 

»)  Bayer,  DRP.  289  271,  Zusatz  zu  DRP.  278  122.  '•)  Bayer,  DRP.  289  lü3. 


552  Antiseptica  und  Adstringentia. 

wie  der  durch  zweimalige  Einwirkung  von  Nitroanisoylchlorid  auf  l.S-Aminonapbthol- 
3.6-disulfosäure  und  folgende  Reduktion  erhaltenen  Säure  in  die  Thioharnstoffe'). 

Bei  teilweisem  oder  vollständigem  Ersatz  der  Aminobenzoylgruppen  der  amino- 
benzoylierten  1.8-Aminonaphtholsulfosäuren  durch  Aminobenzoylsulfonylreste  gelangt  man 
zu  Harnstoffen,  die  wie  die  Produkte  des  Hauptpatentes  eine  kräftig  abtötende  Wirkung 
auf  Blutparasiten  haben.  Man  verfährt  derart,  daß  man  die  zur  Darstellung  der  Verbin- 
dungen des  Hauptpatentes  benutzten  NitrobenzoyUialogene  in  beliebiger  ReUienfolge  ganz 
oder  teilweise  durch  Aminobenzoylhalogene,  ihre  Homologen  oder  Substitutionsprodukto 
ersetzt.  Besclirieben  sind  die  Derivate  der  m-Aminobenzoylsulfonyl-1.8-aminonaphthol- 
3. 6-disulf osäure,  der  Aminoanisoyl-m-aminobenzolsulf onyl- 1 . 8-aminonaphthol-3. 6-disulf o- 
säure  und  von  Aminobenzolsulfonylaminoanisoyl-1.8-aminonaphthol-3.6-disulfosäure^). 

Wenn  man  bei  der  Behandlung  von  1.8-Aminonaphtholsulfosäuren,  die  in  der  Amino- 
gruppe  ein  oder  mehrere  Male  durch  Aminobenzoyheste  substituiert  sind,  mit  Phosgen 
die  Aminobenzoylgruppen  teilweise  oder  vollständig  durch  Reste  von  Aminoarylfettsäuren 
und  Aminoarylolefincarbonsäuren,  wie  Aminophenylessigsäure  oder  Aminozimtsäure  er- 
setzt, gelangt  man  zu  Harnstoffen,  die  ebenso  wie  die  Produkte  des  Hauptpatentes  eine 
Icräftig  abtötende  Wirkung  auf  Blutparasiten  besitzen.  Ziu-  Herstelliuig  dieser  Harnstoffe 
verfälirt  man  derart,  daß  man  die  zur  Darstellung  der  Verbindungen  des  Hauptpatentes 
oder  des  DRP.  284  938  benutzten  Nitroacidylhalogene  hier  in  beUebiger  Reihenfolge  ganz 
oder  teilweise  durch  Säurehaloide  ^'on  Nitroarylfettsäuren  oder  Substitutionsproduliten 
ersetzt.  Die  Patentschrift  enthält  Beispiele  für  die  Anwendung  von  Derivaten  der  1.8-Amino- 
naphthol-4. 6-disulf  osäure  und  der   1.8-Aininonaphthol-3.G-disulfosäure^). 

Auch  die  entsprechenden  Harnstoffderivate  aus  «-  und  /i'-Naphtliylaminsulfosäuren 
haben  bei  relativer  Unschädlichkeit  dem  Wirt  gegenüber  eine  Icräftige  parasitocide  Wir- 
kung. Beschrieben  sind  Aminoacylderivato  von  1-  und  2-Naphthylamin-3.6-disulfosäure, 
l-NaphtliyIamin-4.(i.8-trisulfosäuro  und  von  2-Naphthylamin-5.7-disulfosäure*). 


Ersetzt  man  im  Beiizolkern  einen  Wasser.stoff  statt  dm'ch  eine  Hydroxyl- 
gruppe durch  eine  Carboxylgruppc,  so  erhält  man  eine  wcm'g  wirksame  und  wenig 
giftige  Substanz,  die  Benzoesäure  CgHg  •  COOH ,  von  sehr  geringer  antiseptischer 
Kraft.  Das  Eintreten  eines  Hydroxyls,  namentlich  in  der  o-Stelltmg  (Bildung 
von  SaUcylsävire),  macht  sie  wieder  wirksamer.  Auch  das  Eintreten  einer  Fett- 
säure statt  des  Carboxyls  in  den  Benzolkern  führt  zur  Entstehung  antiseptisch 
wirkender  Körper. 

Von  theoretischem  Interesse  ist  ferner,  zu  sehen,  wie  sich  die  antiseptische 
Kraft  der  Phenole  ändert,  wenn  man  statt  des  Hydroxyls  Fettsäm'egruppen  in 
den  Benzolkern  einführt.  Die  Benzoesäure  hat  ja  bekanntlich  sehr  geringe 
therapeutische  und  antiseptische  Eigenschaften.  Die  phenylsubstituierten  Fett- 
säuren wachsen  in  ihrer  antiseptischen  Wirkung  mit  dem  Wachsen  des  Molekular- 
gewichtes der  substituierten  Säure.  So  wirkt  Phenyle.s.sigsäiu-e  C^Hg-  CHo-COOH 
stärker  als  Phenol ;  Phenylpropionsäiu-e  CgHg  •  CHj  •  CH,  •  COOH  stärker  als 
Phenylessigsäure,  Phenylbuttersäure  CgHj  •  CHo  •  CHo  •  CH„  •  COOH  kräftiger 
als  Phenylpropiousäure*).  Hingegen  hat  Duggan*)  gezeigt,  daß  sich  die  anti- 
septische Wirkimg  in  der  Fettsäurereihe  umgekehrt  verhält.  Hier  ist  die  Amei- 
sensäme  H  •  COOH  die  stärkste,  hierauf  folgt  die  Essigsäure  CHg  •  COOH  und 
schheßUch  die  Propionsäure  CH3  •  CHj  •  COOH  .  Um  das  Wachsen  des  Bacillus 
subtihs  zu  miterdrücken,  benötigt  man  Lösimgen,  die  7%  Ameisensäure  oder 
9%  Essigsäure  oder  10%  Projsionsäure  enthalten.  Diese  Prozentzahlen  korre- 
spondieren exakt  mit  dem  relativen  Molekulargewicht  und  mit  der  relativen 
Fähigkeit  der  Säuren,  Basen  zu  neutralisieren.  Phenylessigsäure  imd  Phenylpro- 


1)  DRP.  289  270,  Zusatz  zu  DRP.  278  122. 

2)  DRP.  284  938,  Zusatz  zu  DRP.  278  122. 

3)  DRP.  288  272,  Zusatz  zu  DRP.   278  122. 
*)  DRP.  288  273,  Zusatz  zu  DRP.  278  122. 

»)  Parry  Laws,  Journ.  of  physiol.   IT,  360.  «)  C.   r.  s.  b.   1886,  614. 


Aromatische  Antiseptica.  553 

pionsäure  (Hydrozimtsäure)  sind  iingiftig  und  wurden  wegen  ihrer  günstigen 
Wirkung  bei  Tuberkulose  empfohlen.  Bei  Typhus  erniedrigt  Phenylessigsäure 
die  Temperatur  und  erhöht  den  Bkitdruck. 

Salicylsäure. 

Die  wichtige  Entdeckung  von  Kolbe^),  daß  man  vom  Phenol  leicht  diuch 
Ein^virkmag  von  Kohlensäure  unter  bestimmten  Bedingungen  zur  Salicylsäure, 
o-Oxj'benzoesäure  OH 

^COOH 


gelangen  kami  und  daß  dieser  Substanz  sehr  bedeutende  antiseptische  und  gä- 
rungshemmende  Eigenschaften  zukommen,  hat  in  der  synthetischen  Chemie 
geradezu  Epoche  gemacht.  Der  große  Erfolg  der  Salicylsäure  in  der  Medizin, 
welcher  durch  die  Beobachtung  von  Stricker ,  daß  die  Salicylsäure  beim  akuten 
Gelenkrheumatismus  spezifische  Wirkung  besitze,  noch  vergrößert  wurde,  war 
auch  für  die  Theorie  der  Arzneimittelwirkung  von  Bedeutung.  Die  Sahcylsäure 
wirkt  bei  akutem  Rheumatismus  unzweifelhaft  spezifisch,  wähi-end  sie  bei 
andern  fieberhaften  Erki'ankmigeu  einen  germgeu  oder  gar  keinen  therapeu- 
tischen Wert  hat;  ebenso  %virkt  sie  nicht  auf  den  Gesimden.  Literessant  smd 
folgende  Verhältnisse :  Phenol  wirkt  nicht  bei  Rheumatismus,  während  Benzoe- 
säure eine  erhebhche  Wirkmig  hat,  wenn  sie  auch  zurücksteht  hinter  der  der 
Salicylsäure.  Die  beiden  isomeren  m-  und  p-Oxybenzoesäuren  wirken  praktisch 
gar  nicht.  Die  Kretosinsäuren  smd  alle  wirksam,  da  sie  die  gleiche  Stellung 
der  Carboxylgruppe  zu  der  Hydroxylgruppe  haben  wie  die  Sahcylsäure. 

Die  Rheumatiker  scheiden  ca.  15%  weniger  Sahcylsäiu'e  aus  als  normale 
Menschen,  so  daß  eine  gesteigerte  Zerstörung  beim  fiebernden  Rheumatiker 
angenommen  wird^). 

Salicin,  Saligenin,  Acetylsalicylsäiu-e,  SaUcylsäiu'emethylester  sind  wirk- 
sam, weil  sich  aus  ihnen  im  Körper  Sahcylsäure  bildet,  während  Populin 
(BenzoylsaUcm),  Methylsalicylsäure  luid  Dimethylsahcylsäm-e,  aus  denen  sich 
im  Körper  keine  Sahcylsäure  bildet,  gegen  Rheumatismus  unwirksam  sind. 
Phthalsäure  und  Toluylsäure  sind  beide  gegen  Rheumatismus  ganz  unwirksam 3). 

Benzoesäure,  Sahcylsäure,  Aspirin,  SaUcylsäuremethylester,  Phenol,  Salol, 
Guajacol,  besonders  stark  Thj'mol,  ferner  Menthol  sind  gute  Cholagoga,  während 
Thiocol  (Kahum  sulfoguajacoliuiu)  eher  die  Gallenmenge  verringert.  Hauptsäch- 
lich rufen  Verbindungen  der  aromatischen  Reihe,  welche  als  Atherschwefelsäiu-en 
ausgescliieden  werden,  eine  deuthche  Steigermig  der  Gallensekretion  hervor*). 

Während  der  Eintritt  von  Carboxylgruppen  in  aromatische  Verbindungen, 
insbesondere  in  Phenole,  im  allgemeinen  die  Wirkung  dieser  Substanzen 
herabsetzt  oder  vöUig  aufhebt,  ja  sogar  beim  Phenol  selbst  durch  Emtritt 
der  Carboxylgruppe   in  zwei  Stellungen  vöUig  unwirksame  Substanzen   ent- 

OH  OH 

stehen,  wie  p-Oxybenzoesäure      [    ]  und  m-Oxybenzoesäure    f    Up|/^rr 

COOH 

•wird  wohl  dm'ch  den  Eintritt  einer  Carboxj'lgruppe  in  der  o-SteUung  die  Giftig- 
keit des  Phenols  herabgesetzt,  aber  das  neue  Produkt,  die  Salicylsäure,  erhält 

»)  Liebigs  Ann.   113,   115;   125,  201. 

2)  P.  J.  Hanzlik,  R.  W.  Scott  und  T.  W.  Thoburn,  Journ.  Pharm,  and  Exp. 
Therapeutics  9,  2-17  (1917). 

')  Ralph  Stoekman,  Proceedings  of  the  Royal  Society  of  Medicine,  Vol.  II,  De- 
zember 1,  1908.  *)  M.  Petrowa,  HS.  7-1,  429  (1911). 


554  Antiseptica  und  Adstringentia. 

bei  geringerer  absoluter  Giftigkeit  auch  neue  therapeutische  Eigenschaften, 
welche  die  der  Ausgangssubstaiiz,  des  Phenols,  weitaus  übertreffen. 

Die  Pyiidincarbonsäuren  wirken  alle  höchst  wahrscheinlich  stark  autisep- 
tisch.    Die  Uvitoninsäure  (a-Picolin-j'-aj-dicarbonsäm-e) 

COOH 


COOH'y/'CHj 

N 

z.  B.  ist  nach  Böttiiiger  in  so  hohem  Maße  antiseptisch  wirksam,  daß  sie  die 
Salicylsäure  verdrängen  A\airde,  wenn  man  sie  nur  billiger  verschaffen  könnte. 

Ursprünglich  hat  Kolbe^)  Salicylsäure  synthetisch  gewonnen,  indem  er  Kohlensäure 
in  kochendes  Phenol,  dem  Natrium  zugesetzt  war,  einleitete.  Wenn  man  Kalihydrat  statt 
dos  Natrons  verwendete,  so  erhielt  man  hauptsächlich  p-Oxybenzoesäiu'e.  Man  gelangt 
teclmisch  aber  besser  zum  Ziele,  wenn  man  statt  des  Natriummetalles  Atznatron  anwendet 
und  durch  Erhitzen  von  Phenol  mit  Natronhydrat  trockenes  Phenolnatrium  darstellt  und 
in  dieses  Kohlensäure  einleitet.  Hierbei  bildet  sich  aber  nur  aus  der  Hälfte  des  an- 
gewandten Phenols  Salicylsäure.  Schmitt^)  hat  die  m-sprüngliclie  Kolbesche  Syn- 
these in  der  Weise  vervollkommt,  daß  er  Phenolnatriumcarbonat  unter  Druck  auf  ca.  140° 
crliitzte,  wobei  es  quantitativ  in  Natriumsalicylat  überging.  Dieses  Verfalu'en  läßt  sich 
auch  in  gleicher  Weise  füi'  die  Darstellung  von  Oxynaphthalincarbonsäure  und  OxychiuoUn- 
carbonsäure  verwerten,  welche  nach  dem  ursprünglichen  Kolbeschen  Verfahren  zu  erhalten 
nicht  möglich  war^). 

Von  keiner  praktischen  Bedeutung  sind  die  Versuche,  vom  Diphenylcarbonat  aus- 
gehend, durch  Erhitzen  dieser  Substanz,  eüier  äqiüvalenten  Menge  von  Natriumhydi-at 
und  Alkohol  auf  200°  Salicylsäm-e  zu  erhalten^).  Die  von  Diphenyl  sich  ableitenden  Sub- 
stanzen sind  stets  unwirksam.  Diphenylcarbonat  erhält  man  durch  Einleiten  von  Chlor- 
kohlenoxyd in  Phenolnatrium,  eine  Methode,  die  weiterhin  in  der  Weise  geändert  wurde, 
daß  man  gleiche  Molekulargewichte  von  Diphenylcarbonat,  Natronliydrat  imd  Phenol- 
natrium zusammeugeschmolzeu  hat.  Derselbe  Gedanke  wurde  dann  weiter  ausgebildet, 
indem  man  den  Prozeß  in  eins  zusammenzog  und  auf  ein  trockenes  Gemenge  von  Phenol 
und  Ätznatron  im  Verhältnisse  von  3  Mol.  Phenol  zu  4  Mol.  Ätznatron  Phosgen  einleitet 
\md  auf  200°  erhitzt.  Alle  diese  Methoden  haben  den  Nachteil,  daß  im  Gegensatz  zur 
Seil  mit  tschon  Methode,  welche  eine  quantitative  Umwandlimg  des  angewendeten  Phenols 
in  Salicylsäure  ermöglicht,  bei  diesen  Methoden  der  allergrößte  Teil  des  angewendeten 
Phenol  unverändert  bleibt  und  nur  ein  kleiner  Teil  in  die  Salicylsäiu-esynthese  eingeht. 

Ein  neues  Verfahren  zur  Darstelkuig  der  Salicylsäure  schlug  S.  Marasse*)  vor,  bei 
dem  im  Gegensatz  zu  den  bisherigen  statt  Natrium  Kaliiun  verwendet  wird.  Man  mischt 
Phenol  mit  Pottasche  und  setzt  einen  Überscluiß  dieses  Salzes  zu,  um  zu  vermeiden,  daß 
boun  Erwärmen  die  Masse  teigig  wiid.  Bei  emer  Temperatur  zwischen  130  und  160°  leitet 
man  dann  Kohlensäure  ein,  wobei  rasch  eine  Bildimg  von  salicylsaurem  Kali  stattfindet. 

Zentner  imd  Max  Landau  besclu-eiben  ein  Verfaliren  zur  Darstellung  von  Phenol- 
carboiisäureu,  bei  denen  man  auf  Phenole,  deren  Homologen  oder  Substitutionsprodukte 
TetrachlorkolUenstoff  imd  Alkalilauge  in  Gegenwart  von  Kupfer  oder  Kupferverbindungen 
einwirken  läßt*). 

Die  Untersuchungen  von  Kolbe  haben,  was  für  die  Theorie  der  Salicyl- 
säm-ewirkung  sehr  wichtig  ist,  gezeigt,  daß  die  Wirkung  dieser  Oxybenzoesäure 
von  der  o-Stellung  abhängig  ist;  weder  die  p-Oxybenzoesäure,  noch  die  m-Oxy- 
benzoesäurc  besitzen  antiseptische  Wirkungen  oder  die  therapeutischen' Effekte 
der  Salicylsäure').  Auch  von  den  Kresotinsäuren  (OH)  •  CH3  •  CgHa  •  COOH  ist 
die  der  Salicylsäure  homologe  p-Kresotinsäurc 

COOH 


HoC 


OH 


1)  DRP.  420.  =)  DRP.  29  939.  ^)  DKP.  31  240. 

*)  DRP.   24  1.51,   27  009,   28  985,  30  172.  ^)  DRP.   73  279.  «)  DRP.   258  887. 

")  Sie   sind  aber  angeblich  therapeutiscli  nicht  ganz  unwiiksam  (Privatmitt.  Mohr). 


Aromatische  Autiseptics.  555 

wirksam  luid  von  kraftigen  Effekten^).  Die  Kresotinsäuren  luiterscheiden  sich 
von  den  Oxybenzoesäuren  dadurch,  daß  ein  Kernwasserstoff  durch  eine  Methyl- 
grupj)e  ersetzt  ist.  Man  gelangt  zu  ihnen  von  den  Kresolen  CH3  •  C6H4  •  OH 
ausgehend,  und  sie  verhalten  sich  zu  den  ICresolen  chemisch  wie  die  Sahcylsäure 
zum  Phenol,  d.  h.  sie  sind  die  Carbonsäuren  der  Kresole.  o-Kresotinsäure  ist 
von  allen  di'eien  physiologisch  die  wirksamste,  weil  auch  hier  die  o-Stellung 
ebenso  wie  bei  der  Salicylsäure  die  Wirksamkeit  begünstigt,  aber  sie  ist  trotz 
ihrer  physiologischen  Wirksamkeit  therapeutisch  nicht  verwertbar,  da  sie  nach 
verhältnismäßig  kleinen  Gaben  eine  Lähmung  des  Herzmuskels  verursacht. 
p-Ivj-esotinsäure  steht  in  bezug  auf  die  Wirkung  hinter  der  SaUcylsäiure  zurück, 
aber  sie  wird  vom  Organismus  gut  vortragen,  während  m-Kresotinsäure  als  ganz 
unwirksam  anzusehen  ist.  Wird  in  der  Salicylsäure  also  einKernwasser- 
stofftlurch  eine  Methylgruppe  ersetzt,  so  steigtdieGiftigkeit  dieser 
Verbindung,  während  es  beim  Phenol  umgekehrt  ist,  da  die 
Kresole  weniger  giftig  sind  als  die  Phenole. 

Ersetzt  man  den  Hydioxylwasserstoff  der  Salicylsäure  diu'ch  eine  Methyl- 
gruppe, so  erhält  man  eine  nm:  schwach  antiseptisch  wirkende,  bei  Tieren  selbst 

in  großen  Dosen  ungiftig  wirkende  Substanz  C^6H4<pqq|£  L    o-Methoxj'ben- 

zoesäure.  Beim  Menschen  hat  sie  nur  eine  schwache  anthithermische  Wirkung. 
Ei'.setzt  man  in  der  i3-Oxybenzoesäure  den  Wasserstoff  des  Hydroxyls  durch 
Methyl,  so  bekommt  man  eine  unwirksame  und  den  Organismus  unverändert 

OPTT       11) 

j)assierende  Substanz,  die  Anissäure  ^'6H4'<poOH  (4)  ' 

Der  Sahcylsäure  kommen  als  unangenehme  Nebenerscheinungen  vornehm- 
lich der  schlechte  (süßliche)  Geschmack,  insbesondere  dem  Natriumsalze,  zu 
und  ferner  der  Umstand,  daß  emzelne  Individuen  sowohl  von  der  Sahcylsäure 
als  auch  von  salicylsaurem  Natron  in  der  Weise  belästigt  werden,  daß  sich  Sen- 
sationen vom  Magen  aus  geltend  machen,  die  wohl  auf  die  Ätzwirkung  der 
Salicjdsäiire  auf  die  Magenschleimhaut  zurückzuführen  sind.  Die  Versuche,  die 
im  großen  und  ganzen  unwesenthchen  Nebenwirkungen  zu  umgehen,  haben  zu 
einzehien  interessanten  und  zu  einer  äußerst  Trächtigen  Synthese  geführt. 

Einzelueu  Derivaten  der  Salicylsäure  kommen  Eigenschaften  zu,  als 
leichte  Nervennarkotica  zu  wirken  wc  die  antipyretischen  Mittel  z.  B.  der 
Acetylsahcylsäiu'c . 

Man  hat  durch  den  Ver.schluß  der  Hydroxylgruppe  durch  ein  Essigsäure- 
radikal AcetylsaUcylsäure  dargestellt, 

„„     .O-OCCHj  (1) 
^e^i^COOH  (2) 

von  welcher  behauptet  wird,  daß  sie  der  Organismus  viel  besser  verträgt  als 
die  Sahcylsäure  selbst  [Aspirin*)].  Aspirin  unterscheidet  sich  vom  Natrium- 
salicylat  diu'ch  das  Fehlen  des  süßlichen  Gieschmackes. 

Im  Organismus  wird  durch  Abspaltmig  der  Essigsäure  die  wirksame  Salicyl- 
säure wieder  regeneriert. 

Aspirin  ist  nach  den  Untersuchungen  von  A.  Chistoni  und  F.  Lapresa 
zweimal  so  giftig  als  saUcylsairres  Natron*). 

Acetylsahcylsäure  wirkt  nach  allen  klinischen  Erfahrungen  nicht  wie 
Sahcylsäure,  sondern  hat  narkotische  Wirkungen.    Bei  Typhus  hat  sie  anti- 

1)  Demme,  Bericht  des  Kinderspitals  Bern   1888,  49. 

2)  Pflügers  Arch.  f.  Phys.  T6,   SOR. 
')  Aich.  di  Farmacol.  8,  Ö3. 


556  Antiseptica  und  Adstringentia. 

pjrretische  Wirkimgen,  wie  sie  in  gleicher  Weise  der  Salicylsäure,  dem  Diaspirin 
und  Diplosal  bei  gleich  geringer  Dosis  noch  nicht  zukommen^). 

Beim  Wärmestich  entwickelt  Acetylsahcylsävire  in  geringer  Dosis  eine  stark 
antipyretische  Wirkung,  während  SaUcylsäure  keine  oder  eine  weit  geringere 
hat.  Sie  ist  ein  Fiebernarkoticum.  Die  Spaltung  im  Darm  verläuft  wahrschein- 
lich sehr  langsam,  so  daß  Acetylsahcylsäure  als  solche  resorbiert  wird.  Im  Körper 
selbst  wird  aber  die  Acetylgruppe  abgespalten,  da  im  Harn  nur  Sahcylsäure  auf- 
tritt^). 

Die  Darstellung  und  Einführung  der  Acetylsalicylsäure  bedeutet  einen 
großen  Fortschritt  ujid  Erfolg  nach  der  Richtung  hin,  daß  ein  nicht  basisches 
Autipyreticum  und  Antinervinum  neben  den  vielen  basischen  eingeführt 
wurde;  die  geringe  Giftigkeit  und  die  sonstigen  Vorzüge  haben  der  Acetyl- 
salicylsäure einen  anfangs  nicht  geahnten  Erfolg  verschafft. 

Man  läßt  behufs  Darstellung  dieser  Substanz  Salicylsäure  mit  der  ajiderthalbf ache  n 
Menge  Essigsäureanhydrid  zwei  Stunden  laug  auf  dem  Olbade  reagieren,  wobei  Salicyl- 
säure vöUig  in  Lösung  geht  und  beim  Erkalten  Acetylsalicylsäure  herauskrystallisiert  oder 
man  erhitzt  Salicylsäure  und  Acetylchlorid  auf  80  °,  wobei  man  dasselbe  Reaktionsprodukt 
erhält^).  Man  erhält  bessere  Ausbeuten  von  dieser  Verbindung,  wenn  man  in  Gegenwart 
eines  Kondensierungsmittels,  wie  konz.  Sch%vefelsäure,  Ziokchlorid,  Natriumacetat  oder 
dergleichen  arbeitet.  In  gleicher  Weise  wurde  durch  Erhitzen  der  Salicylsäure  oder  ilu^r 
Salze  mit  den  Anhydriden  oder  Chloriden  der  Propion-,  Butt«r-  oder  Valeriansäure  oder 
der  höheren  Fettsäuren  mit  oder  olme  Zusatz  eines  Kondensierungsmittels  Propionyl-, 
Butyryl-,  Valeryl-  imd  höhere  Acylsalicylsämen  gewonnen*). 

Ervasin  ist  Acetyl-p-kiesotinsäure,  es  wm-de  als  Ersatzmittel  für  Sahcyl- 
säm'e  empfohlen^).  Die  folgenden  Verfahren  verfolgen  den  Zweck,  leicht  lös- 
liche haltbare  Salze  der  Acetylsalicylsäure  darzustellen 

G.  Richter,  Budapest,  stellt  die  Alkalisalze  der  Acetylsalicylsäure  in  der  Weise  her, 
daß  er  Lösungen  oder  Suspensionen  der  Acetylsalicylsäure  in  Methylalkohol  oder  etwas 
Wasser  enthaltendem  Aceton  mit  festen  Alkalicarbonaten  verrührt  und  die  gebildeten 
Alkalisalze  aus  der  filtrierten  Lösung  durch  Äther  ausfällt.  Dieses  Verfalu-en  dient  zur 
Darstellung  des  HydropjTins,  des  Lithiumsalzes  der  Acetylsalicylsäure  und  des  Calcium- 
salzes,  des  Kalmopyrins. 

Diafor  ist  Harnstoffacetylsalicylat. 

Acetylsalicylsaures  Natrimn  erhält  man  durch  Einwirkung  trockener  fein  gepulverter 
Acetylsalicylsäure  auf  die  äquivalente  Menge  wasserfreien  Natriumcarbonates  in  Gegenwart 
von  Essigester*). 

Zwecks  Herstellung  von  acetylsalicylsaurem  Natriiun  sowie  der  Natriumsalze  der 
Kemhomologen  der  Acetylsalicylsäure  läßt  man  auf  diese  Säuren  in  trockenem  fein  gepulver- 
tem Zustande  die  äquivalente  Menge  wasserfreies  Natriumcarbonat  in  Gegenwart  von 
Alkylestern  aliphatischer  Sävu-en  unter  Ausscliluß  von  Essigester  bei  Anwendung  von 
Acetylsalicylsäure  einwirken'). 

Zwecks  Darstellung  von  Alkalisalzen  der  Acetylsalicylsäure  und  üu-er  Kernhomo- 
logen werden  wasserfreie  Alkohole  oder  Ketone  der  aliphatischen  Reihe  in  einer  für  die 
Lösung  der  gebildeten  Alkalisalze  in  diesen  Mitteln  unzureichenden  Menge  auf  äquivalente 
Mengen  von  Acetylsalicylsäure  oder  üu-er  Kernliomologen  und  wasserfreien  Alkalicarbo- 
naten bei  gewöhnlicher  Temperatur  so  lange  einwirken  gelassen,  bis  eine  Probe  des  Reak- 
tionsgemisches sich  in  Wasser  ohne  Kohlensäureentwicklung  vollständig  auflöst.  Beschrie- 
ben ist  die  Darstellung  von  acetylsalicylsaurem  Natrium  imd  Lithium  sowie  von  acetyl- 
p-kresotinsaurem  KaUum'). 

Das  Calciumsalz  der  Acetylsalicylsäure  erhält  man,  wenn  man  unter  Ausschluß  von 
Wasser  auf  die  alkoholische  Lösung  einer  Mischung  von  Acetylsalicylsäure  und  Calciura- 
chlorid  Ammoniak  einwirken  läßt'). 


')  S.  Bondi,  Z.  f.  kl.  Med.  T3,  Heft  I  und  2.  =)  S.  Bondi  und  Katz,  ebenda. 

')  DRP.-Anm.   10  563,   10  581   (beide  versagt).         *)  Engl.  P.   11596. 

5)  C.  E.  Rautenberg,  Med.  Klinik  I9I3,  Nr.  14.         «1  Wülfing,  DRP.  270  326. 

')  DRP.  276  668,  Zusatz  zu  DRP.  270  326. 

8)  DRP.  286  691,  Zusatz  zu  DRP.  270  326.  »)  DRP.  275  038. 


O  .  CO  ■  C,H. 


Aromatische  Antiseptica.  557 

Das  Calciumsalz  der  Acetylsalicylsäure  erhält  man,  wenn  man  Acetylsalicylsäure 
in  wässeriger  Suspension  so  lange  mit  Calciumcarbonat  verrührt,  bis  keine  Kohlensäure- 
entwicklung mehr  stattfindet  und  alsdann  aus  der  filtrierten  wässerigen  Lösung  das  Cal- 
ciumsalz der  Acetylsalicylsäure  mit  Alkohol  oder  Methylalkohol  ausfällt^). 

Man  läßt  in  alkoholischer  Lösung  auf  Acetylsalicylsäure  Calciumalkoholate  oder  Calcium- 
salze  organischer  Säuren  oder  auf  die  Alkalisalze  der  Acetylsalicylsäure  (mit  Ausnahme  des  Li- 
thiumsalzes) Calciumsalze  solcher  Säuren  einwirken,  deren  Alkalisalze  in  Alkohol  löslich  sind-). 

Man  läßt  auf  in  Alkohol  gelöste  Acetylsalicylsäure  Calciumsalze  in  Gegenwart  einer 
organischen  Base  einwirken,  z.  B.  Pyridin  oder  Anilin^). 

Bei  der  Einwirkung  von  Calciumsalzen  organischer  Säuren  auf  freie  Acetylsalicyl- 
säure verwendet  man  an  Stelle  von  Alkoholen  Aceton  als  Lösimgsmittel*). 

Salze  der  Acetylsalicylsäure  erhält  man,  wenn  man  in  eine  wässerige  Suspension  von 
Acetylsalicylsäure  Oxyde,  Hydroxyde  oder  Carbonate  des  Magnesiums  bzw.  Zinks  zweckmäßig 
in  der  berechneten  Menge  unter  gutem  Rüliren  oder  Schütteln  des  Reaktionsgemisches,  ge- 
gebenenfalls unter  Kühlung, einträgt  und  die  gebildeten  Salze  durch  Einengen  üirer  wässerigen 
Lösung  im  Vakuum  abscheidet.    Beschrieben  sind  das  Zink-  und  Magnesiumsalz*). 

Acetylsalicylsaurer  Harnstoff  wird  diu-eh  Vereinigung  beider  Komponenten  in  Alkohol 
und  Eindampfen  der  Lösung  im  Vakuum  dargestellt'). 

Kalle,  Biebrich,  erzeugen  Acetylsalicylamid  durch  Einwirkung  von  Essigsäure- 
hydrid auf  Salicylamid  in  Eisessiglösimg'). 

Benzoylsalicylsäure 

-COOH 

stellt  man  dar,  indem  man  Dinatriumsalicylat  mit  Benzoylchlorid  in  einem  indifferenten 
Lösungsmittel  behandelt  und  die  freie  Säure  aus  dem  Natriuansalz  mittels  Essigsäure 
abscheidet.    Sie  gibt  keine  Eisenchloridreaktion*). 

Salicylosalicylsäure  in  krystallisierter  Form  wird  hergestellt,  indem  man  auf  Salicyl- 
sä>ire  oder  deren  Salze  nicht  mehr  als  die  theoretische  Menge  eines  sauren  Kondensations- 
mittels, wie  Phosgen,  Phosphortrichlorid,  Thionylchlorid  so  einwirken  läßt,  daß  die  Bil- 
dung von  Disalicylid  oder  höheren  molekularen  Anhydriden  vermieden  wird').  Man  kann 
auch  die  Salicylosalicylsäure  gewinnen,  indem  man  die  Kondensationsprodukte  von  Sali- 
cylsäure  und  sauren  Kondensationsmitteln,  wie  Phosphortrichlorid  usw.  mit  einer  weiteren 
Menge  Salicylsäure  behandelt^"). 

Man  erhält  die  krystallisierte  Salicylosalicylsäure,  wenn  man  am  Phenolhydroxyl 
substituierte  Salicylosalicylsäuren  der  partiellen  Verseifung  mit  wässerigen  Alkalien  oder 
Säuren  unterwirft,  z.  B.  Acetylsalicylosalicylsäure,  Athylcarbonylsalicylosalicylsäure,  Ben- 
zoylsalicylosalicylsäure^i). 

Einhorn,  München^'^),  stellt  Anhydride  acidylierter  Salicylsäuren  in  der  Weise  her, 
daß  er  die  acidylierten  Salicylkohlensäureäther  von  der  allgemeinen  Formel 

„  „  ^O  Acidyl 

'"«^«'^CO  •  O  •  COO  Alkyl 
längere  Zeit  für  sich  erwärmt. 

He y den.  Radebeul '^),  stellen  Aryl-  und  Alkyloxyacidylsalicylsäuren  her,  indem  sie 
Salicylsäure  oder  deren  Salze  mit  den  Halogeniden  oder  Anhydriden  von  Alkyl-  oder  Aryl- 
oxyfettsäuren  mit  oder  ohne  Kondensationsmitteln  behandeln.  Diese  Substanzen  soUen 
geschmacldos  sein,  während  die  eine  Komponente,  z.  B.  die  Phenoxesslgsäure,  einen  un- 
anangenehmen  Geschmack  und  Geruch  hat.   Dargestellt  wurden  Phenoxyacetylsalicylsäure 


O  •  CO  •  CHj    O  •  CjHj 
COOH 


und  Athoxyacetylsalicylsäure 


O    CO    CH, 
COOH 


1)  Richter,  Budapest,  DRP.  251333.  =)  Bayer,  DRP.  253  924. 

3)  DRP.  255  672,  Zusatz  zu  DRP.  253  924. 

')  DRP.   255  673,  Zusatz  zu  DRP.   253  924. 

*)  O.  Gerngroß  und  Käst,  DRP.  287  661.  «)  Schütz  &  Co.,  DRP.  274  046. 

')  DRP.   177  054.  8)  Hoff  mann,  La  Roche,  Basel,  DRP.   169  247. 

«)  Böhringer,  Waldhof,  DRP.   211  403. 
W)  DRP.  214  044,  Zusatz  zu  DRP.  211403. 
")  Böhringer,  DRP.  220  941.         i^j  pRp    224  844.         ")  DRP.  221386. 


558  Antiseptica  und  Adstringentia. 

Acidylsalicylsäuren  erhält  man  durch  Acidylierung  der  Phenolhydroxylgruppe  der 
Salicylsäure,  ihrer  Homologen  oder  Kernsubstitutionsprodukte  mit  solchen  aliphatischen 
Oxysäuren,  in  denen  die  Oxygruppe  selbst  wieder  durch  einen  aliphatischen  oder  aroma- 
tischen Säurerest  verestert  wird.    Beschrieben  sind  Acetylglykolsalicylsäure 

p  „     .COOH 

^8^4<o  •  CO  •  CHj  •  O  •  CO  •  CH3 

Acetylglykol-m-  und  p-kresotinsäure,  Acetylglykolchlorsalicylsäure,  Acetyllactyl-p-kreso- 
tinsäure,  CinnamoylglykolsaUcy Isäure,  Anisoylglykolsalicylsäure  ^). 

3-Oxybenzoyl-o-benzoesäurealkylester  kann  man  erhalten,  wenn  man  in  den  ent- 
Kprecheuden  Aminobenzoyl-o-benzoesävireestern  die  Aminogruppe  in  der  üblichen  Weise 
durch  die  Hydroxylgruppe  ersetzt,  z.  B.  3-Oxybenzoyl-o-benzoesäuieäthylester  und  3-Oxy- 
4-metliylbenzoyl-o-benzoesäureäthylester-). 

Acetylsalicylsäurechlorid  erhält  man  durch  Einwirkung  von  Thionylchlorid  in  der 
Wärme  auf  Acetylsalieylsäuie  in  Benzol,  am  besten  bei  Siedetemperatur  des  Reaktions- 
gemisches bis  zur  Beendigimg  der  Entwicklung  von  Salzsäure  und  schwefliger  Säure  ^). 

Zwecks  Darstellimg  von  Salicylsäurechlorid  wird  SaUcylsäiu-e  zweclanäßig  in  Benzol 
gelöst  und  mit  Thionylchlorid  in  der  Wärme  am  besten  bei  der  Siedetemperatur  des  Reak- 
tionsgemisches bis  zur  Beendigung  der  Entwicklung  von  Salzsäure  und  schwefliger  Säiu'o 
behandelt*). 

Die  Chloride  der  Kernhomologen  der  Acetylsalicylsäxire  und  Salicylsäiu«,  wie  der 
Acetylkiesotijisäuren  bzw.  ICresotinsäuren  werden  durch  Einwirkung  von  Thionylchlorid 
in  Benzol  dargestellt^). 

Anhydride  der  Acylsalicylsäuren')  werden  dargestellt,  indem  man  entweder  die 
Acylsalicylsäuren  mit  zweibasischen  Säurehalogeniden  in  Gegenwart  von  tertiären  Basen 
oder  die  Halogenide  der  Acylsalicylsäiuen  mit  tertiären  Basen  imd  Wasser  behandelt  oder 
die  Halogenide  der  Acylsalicylsäuren  auf  die  Acylsalicylsäiu'en  in  Gegenwart  von  tertiären 
Basen  oder  anderen  alkalisch  wirkenden  Mitteln  oder  auf  die  Salze  der  Acylsalicylsäuren 
einwirken  läßt,  z.  B.  wird  Acetylsalicylsäureanhydrid  durch  Einwirkung  von  Thionylchlorid 
auf  Acetylsalicylsäure  in  benzolischer  Lösung  bei  Gegenwart  von  Pyridin  gewonnen  oder 
mit  Phosgen.  Man  kann  auch  Acetylsalicylsäurechlorid  auf  Acetylsalicylsäure  bei  Gegen- 
wart von  Dimethylanilin  einwirken  lassen,  oder  man  erhitzt  Acetylsalicylsäurechlorid  mit 
dem  Natriiunsalz  der  AcetylsaUcylsäure.  Man  kann  auch  Acetylsalicylsäurechlorid  in  ben- 
zolischer Lösung  mit  Alkylpicolin  behandeln. 

Carboxäthylsalicylsäiu'e  wird  in  benzolischer  Lösung  mit  Sulfurylchlorid  behandelt. 
Man  kann  auch  Benzoylsalicylsäure  mit  Phosgen  und  Chinolin  behandeln  oder  Cinnamoyl- 
salicylsäure  mit  Phosgen  und  Antipyrin').  Man  kann  als  Kondensationsmittel  statt  der 
zweibasischen  Säurehalogenide  andere  Säurehalogenide  oder  SchwefeUialogenide  verwenden. 
Man  erhält  die  Anliydride  z.  B.  aus  Acetylsalicylsäure,  Phosphoroxychlorid,  Benzol  und 
Pyridin.  ^  _  ^^q    ^  -^ 

Carboxyalkylsalicylosalieylsäuren,  z.  B.  CgH^^p,«  .  rv  .  p  tx   .^f'OOH  ^"tstfhs"»  wenn 

man  unter  Ausschluß  von  Pyridin  und  analog  wirkenden  tertiären  Basen  auf  die  Salze 
der  Salicylsäm'e,  Chloralkylcarbonate  entweder  ohne  Lösungsmittel  oder  in  geeigneten 
Lösmigsmitteln,  wie  Aceton,  Methyläthylketon  oder  Wasser,  aber  in  Abwesenlieit  von 
absolutem  Alkohol  zunächst  in  der  Kälte  zur  Einwirkung  bringt  und  alsdann  das  Reak- 
tionsgemisch längere  Zeit  bei  gewöhnlicher  Temperatur  stehenläßt*). 

Succinylsalicylsäure  erhält  man  so  wie  ilu'e  Methylliomologen,  indem  man  die  Halo- 
genide der  Bernsteinsäure  auf  die  Salicylsäure  oder  homologen  Kresotinsäuren  einwirken 
läßt  und  halogenwasserstoffbindende  Substanzen  zusetzt. 

Diese  Succinylsalicylsäure  soll  leichter  spaltbar  und  besser  resorbierliar 
sein  als  die  Acetylsalicylsäure  und  regt  die  Schweißsekretion  viel  stärker  an. 
Sie  ist  gewissermaßen  ein  doppeltes  Aspirin  mid  wurde  unter  dem  Namen 
Diaspirin  in  den  Handel  gebracht'). 

Isovalerylsahcylsäure  erhält  man  aus  Salicylsäure  mittels  Isovaleriansäureanhydrid 
durch  Lösen  in  Xylol  und  Erhitzen  unterhalb  des  Siedepunktes'"). 

»)  Bayer,  DRP.  283  538.  -)  DRP.  279  201,  Zusatz  zu  DRP.  269  33ü. 

^)  Wolffenstein,  DRP.   277  659.  «)  DRP.   284  161,  Zusatz  zu  DRP.   277  C59. 

^)  DRP.  292  867,  Zusatz  zu  DRP.  277  659.  «)  Bayer,  Elberfeld,  DRP.  201325. 

■)  DRP.  201  326,  Zusatz  zu  DRP.  201  325. 

")  Alfred  Einhorn,  München,  DRP.  238  105.  »)  DRP.   196  634. 

1")  Gustav  Wendt,  StegUtz,  DRP.-Amn.  W.  24  808  (versagt)). 


Aromatische  Antiseptica.  559 

Salosalicylid  (Böhringer)  hat  nicht  die  erhoffte  physiologische  Wirkxing^). 

Acidylderivate  der  Salicylosalieylsäure  der  allgemeinen  Formel  Acidyl  •  O  ■  CjH^  •  CO 
•  O  •  CjH^  •  COOH  erhält  man,  wenn  man  entweder  Salicylosalieylsäure  nach  einer  der 
Ix^kannten  Methoden  acidyliert  oder  Acidylsalicylsäuren  mit  Salicylsäure  kondensiert,  wo- 
bei Essigsäureanhydrid  als  Kondensationsmittel  ausgenommen  ist  oder  Aeidylsalicylsäure 
für  sich  allein  oder  in  Gegenwart  von  Lösungsmitteln  mit  Ausnahme  von  Eisessig  und 
Essigsäureanhydrid  derart  kurze  Zeit  erhitzt,  daß  die  Bildung  von  Salicylid  ausgeschlossen 
ist.  Beschrieben  sind  Acetylsalieylosalicylsäure,  Benzoylsalicylosalieylsäure,  Athylcarbonyl- 
salicylosalicylsäure,  SaUcylosalicylsäurecarbonat.  Von  allen  bisher  bekannten  sauren 
Salicylpräparaten  sollen  die  Acidylsalicylosalicylsäiu-en  die  geringste  Atzwirkung  auf 
Schleimhäute  ausüben-). 

Die  XTberführung  der  Acidj'lsalicylsäuren  in  Acidylsalicylosalicylsävu^n  findet  auch 
ohne  äußere  Wärmezufuhr  statt,  wenn  man  die  Acidylsalicylsäuren  mit  tertiären  Basen 
längere  Zeit  stehen  läßt,  ilan  erhält  Acetylsalieylosalicylsäure  aus  Acetylsalicylsäure  und 
PjTidin,  sowie  Athylcarbonylsalicylosalicj'lsäiu«  aus  Athylearbonylsalicylsäure  und  Di- 
methylanilin  oder  Pyridin'). 

HethylencitrylsaUcylsäure  erhält  man  durch  Einwirkung  von  Methjlencitronensäure- 
dihalogenid  aus  Methylencitronensäure  und  fünffach  Halogenphosphor  auf  Salicylsäure 
und  deren  Salze.  Zweckmäßig  gibt  man  der  Reaktionsmasse  eine  Halogenwasserstoff 
bindende  Substanz,  wie  Chinolin,  Dimethylanilin  usw.  hinzu.  Die  Substanz  ist  völlig 
geschmacklos  und  reizlos.  Im  alkalischen  Darmsaft  soll  auch  Formaldehyd  abgespalten 
werden^). 

Xovaspirin   ist  Methylencitronensäure-disalicylsäureester^). 

Nach  dem  gleichen  Verfahren  kann  man  die  Derivate  der  Kresotinsäuren  erhalten. 
Beschrieben  sind  Methylencitrylkresotinsäuren,  Methyleneitryloxy-o-toluylsäure*). 

CHj  •  CO  ■  O    CeH,    COOH 

I ^CO ■ 0/      ^ 

CHj  •  CO  •  O    C5H4  ■  COOH 

Man  kann  statt  der  Citronensäure  auch  deren  Salze  der  Methylenierung  unterwerfen. 
Man  methyleniert  mit  Methylensulfat  usw.  oder  mit  Substanzen,  aus  denen  diese  Methyle- 
lüerungsmittel  entstehen  oder  mit  Triosj-methylen  in  Gegenwart  von  Säureanhydriden  oder 
Säurechloriden  von  Schwefel  und  Phosphor"). 

Dialkylester  der  Methylencitronensäure  erhält  man  durch  Esterifizierung  in  üblicher 
Wei-se.    Beschrieben  sind  Methylencitronensäurediäthylester  imd  Amylester*). 

Die  für  dieses  Verfahren  notwendigen  Methylencitronensäuredihalogenide  erhält 
man  nur  mit  fünffach  Halogenphosphor,  nicht  aber  mit  Phosphortrichlorid  oder  Phosphor- 
oxychlorid'). 

Durch  Einwirkvmg  von  Salicylsäurechlorid  auf  Anthranilsäure  ujid  deren  Derivate 
entstehen  Salicylverbindungen,  welche  therapeutisch  verwertet  werden  sollen.  Beschrieben 
sind  Salicylanthranilsäure,  Salicylantliranil,  Salicylanthranilsäuremethylester,  Salicylhomo- 
anthranilsäure  ^^ ) . 

Derivate  von  C-Allyl-o-oxybenzoesäuren  erhält  man  dvirch  Behandlung  dieser  Reihe 
mit  acylierenden  Mitteln  vmd  eventueller  Überführung  der  entstehenden  Säuren  in  die 
Salze.  Die  neuen  Verbindungen  sollen  wertvolle  antipyretische,  antineuralgische  und  anti- 
rheumatische Eigenschaften  besitzen  imd  stärker  wirken  als  die  Acylderivate  der  Salicyl- 
säure.   Beschrieben  sind  C-Allylacetylsalieylsäure  und  Allylacetyl-m-kresotinsäure"). 

Bei  der  durch  Einwirkung  von  Schwefelsäure  auf  Salicylsäure  erhaltenen 
Salicj'lschwefelsäiu'e  wird  durch  die  Einführung  der  Sulfosäuregruppe  die 
Sahcj-l-nirkung  entschieden  abgeschwächt,  so  daß  sie  als  SaUcylsäiireersatz 
durchaus  unverwendbar  ist.  Weiter  wurde  versucht,  neben  der  Carbosylgruppe 

M  G.  Schroeter,  BB.  52,  2233  (1919). 
-)  Böhringer,  Waldhof,  DRP.  236  196. 

=)  Böhringer,  Waldhof,  DRP.  237  211,  Zusatz  zu  DRP.  236  196. 
*)  Bayer,  Elberfeld,  DRP.   185  800.  ^)  DRP.  185800. 

«)  DRP.    193  114,  Zusatz  zu  DRP.    18.5  SOO. 

')  Bayer,  DRP.    197  245,  Zusatz  zu  DRP.    193  767.  ^)  Bayer,  DRP.   212454. 

")  DRP.   186  659.         >")  Hoff  mann,  La  Roche,  DRP.  284  735. 
")  Bayer,  DRP.   274  047. 


560  Antiseptica  und  Adstringentia. 

Ketogruppea  einzuführen.  So  haben  Bialobrzecki  und  M.  v.  Nencki 
aus  Acetylchlorid  und  Salicylsäure  mit  Hilfe  von  Eisenchlorid  eine  Acetosahcyl- 
säure  erhalten,  welche  die  Konstitution  CeH3(OH)(COCH3)(COOH)  besitzt^). 
Sie  hat  geringere  antiseptische  Wirkung  als  Sahcylsäure,  da  sie  nicht  einmal 
die  Hefegärung  zu  beeinflussen  vermag.  Die  Säure  ist  ungiftig  imd  wird  daher 
auch  unverändert  ausgeschieden. 

Der  Versuch,  statt  der  SaUcylsäui-e  Salicylessigsäure  einzuführen,  hat  nur 
einen  äußerst  geringen  Erfolg  zu  verzeichnen.  Doch  sind  einige  Präparate,  in 
denen  man  die  Salicylsänrewirkimg  als  eine  Komponente  der  Gesamtwirkimg 
haben  wollte,  durch  Einführung  der  Salicylessigsäure  dargestellt  worden. 

Salicylessigsäure,  in  welclier  der  Hydroxylwasserstoff  durch  Essigsäure  ersetzt  ist, 
wurde  zuerst  durch  Oxydation  der  o-Aldehydoxyphenylessigsäure^)  erhalten,  späterhin 
gelang  es,  sie  in  quantitativer  Ausbeute  zu  gewinnen,  als  man  das  Natrinmsalz  des  o-Oxy- 
benzamids 

OH 

^CO  •  NH, 


oder  dasjenige  des  o-Oxybenzonitrils 

mit  monocliloressigsauren  Salzen  lunsctzte  und  die  Säiu-oainid-  oder  Nitrilgruppon  durch 
Kochen  mit  Natronlauge  verseifte'). 

Die  Reaktion  verläuft  nach  folgenden  Gleichungen: 

1.     f^eH,<g^;^^=  +  CH.Cl  •  COONa  =  C,-B,<'^^^^%^^^^  +  OlNa 

„  TT  ^CO  •  NHj  .    ,y  ^TT  _  r"  TT     ,COONa  ,    „„ 

i-c"4<o  •  CHj  ■  COONa  +  ^''""  ~  ^«"«^OCHj  ■  COONa  +  ^^5 

"«^«^         2.  C.H,<gN^  +  CH,C1 .  COONa  =  C,H,<^1^_  .  ^^^^^  +  ClNa 

<^«^*<OCH2  •  COONa  +  ^^^^  +  ^^^  =  *^«^<<OCH„  "cOONa  +  ^^^ 

Noch  einfacher  und  in  größerer  Ausbeute  kann  man  die  Salicylessigsäure  erhalten, 
wenn  man  an  Stelle  des  Salicylamids  die  Anilide  der  Salicylsäuren  mit  cMoressigsauren 
Salzen  in  Wechselwirkung  bringt^).  Die  entstehende  freie  Salicylanilidacetsäure  spaltet  sich 
bei  längerem  Kochen  mit  Alkalien  glatt  in  Anilin  und  Salicylessigsäure: 

<^eS4<SNa''"  ■  ''°'''  +  ^=^1  •  ^OONa  =  C.H, ^^nf .^cOONa  +  «^a 
«Ä<g?HrC00f  ^  +  N'^OH  =  C.H,<gOONa^^^^^  ^  ^^^^  .  ^^ 

Bestrebungen  anderer  Art  gingen  dahin,  von  anderen  hydroxylhaltigeii 
aromatischen  Verbindungen  Carbonsäuren  in  der  Absicht  darzustellen,  um  der 
Salicylsäure  aualog  wirkende  Substanzen  zu  erhalten.  Doch  haben  diese  Be- 
strebungen aus  dem  Grunde  keinen  Erfolg  gehabt,  weil  durch  die  Darstellung 
der  Carbonsäure  meist  wenig  wirksame  Substanzen  oder  solche,  die  vor  der 
Salicylsäure  keine  Vorzüge  besaßen,  erhalten  wurden.  Die  Art  der  DarsteUmig 
war  naturgemäß  analog  der  Salicylsäm'esynthese,  um  so  mehr,  als  man  nach  dem 
Verfahren  von  Schmitt  die  meisten  Phenole  in  die  entsprechenden  Carbon- 
säuren zu  verwandeln  in  der  Lage  war. 

So  kann  man  Oxynaphthoesäuren  nach  Seh  mitt')  erhalten,  wenn  man  auf  a-  und  ß- 
Naphthol  bzw.  auf  deren  trockene  AlkaUsalze  trockene  Kohlensäure  einwirken  läßt  und 
dann  im  Autoldaven  auf   120 — 140°  erhitzt. 

>)  BB.  30,   177G  (1897).  ^)  BB.   17,  2995  (1884).  =)  DRP.  93  110. 

*)  DRP,   110  370.  »)  DRP.   31  240,  38  052,  50  341. 


Aromatische  Antiseptica.  561 

Die  so  dargestellten  «-  und  /5-Naphtholcarbonsäuren  enthalten  nach  der 
Untersuchung  von  Ne  nc  ki  die  Carboxylgruppe  in  der  o-Stellung  zum  Hydroxyl, 
so  daß  man  sie  als  der  SaUcylsäure  entsprechende  Derivate  des  Naphthols  an- 
sprechen kann. 

Die  Darstellung  kann  man  insofern  vereinfachen,  als  man  den  in  zwei  Phasen  ver- 
laufenden Prozeß  dadurch  in  einen  zusammenlegt,  daß  man  die  Kohlensäure  nicht  bei 
gewöhnlicher  Temperatur  auf  die  Alkalisalze  des  Naphthols  einwirken  läßt,  sondern  unter 
Anwendung  von  Druck  bei  einer  Temperatur  von  120 — 145°,  wobei  die  jedenfalls  zunächst 
entstehenden  naphthylkohlensauren  Alkalisalze  sofort  in  die  entsprechenden  neutralen 
oarbonaphtholsauren  Salze  umgewandelt  werden. 

/^-Naphtholcarbonsäure,  die  man  nach  dem  vorstehend  beschriebenen 
Verfahren  erhält,  ist  jedoch  sehr  unbeständig  luad  zerfällt  leicht  wieder  in 
Kohlensäure  und  /5-Naphthol. 

Steigert  man  aber  die  Temperatur  bei  der  Operation  auf  200 — 250°,  so  entsteht  eine 
zweite,  sehr  beständige,  gelb  gefärbte  ('/'-Naphtholcarbonsäure.  Auch  %'om  DioxjTiaphthalin, 
und  zwar  sowohl  vom  1.8-Dioxynaph thalin  und  vom  2.8-Dioxj'naphthalin  wurden  zu  glei- 
chem Zwecke  die  Carbonsäuren  ^)  dargestellt,  indem  man  die  Mononatriumsalze  dieser  Kör- 
per mit  Kohlensäure  unter  Druck  bei  höheren  Temperaturen  erhitzte. 

Die  Oxynaphthoesäuren  haben  eine  ähnUche,  aber  kräftigere  antiseptische 
Wirkung  als  Sahcylsäure  und  Phenol,  aber  als  Sahcylsäureersatz  eignen  sie  sich 
durchaus  nicht,  da  sie  beim  mternen  Gebrauche  örtlich  stark  reizend  wirken 
und  schon  in  Dosen  von  1  Va  g  für  Kaninchen  tödhch  sind. 

Man  erhält  durch  Kondensation  der  Acetylsalicylsäure  mit  Acetaldehyd,  Isovaleralde- 
hyd  oder  Chloral  ohne  Zusatz  von  Wasser  und  ohne  Anwendung  eines  Kondensationsmittels 
bei   150°  neue  Produkte'). 

Auch  vom  Diphenyl  ausgehend  hat  man  o-Oxydiphenyl  in  die  o-Oxydiphe- 
nylcarbonsäure^)  nach  der  Schmittschen  Synthese  übergeführt,  welche  Sub- 
stanz Phenylsahcylsäm"e 

OH 
^COOH 

genamit  wurde.  Sie  ist  ein  gutes  Antisepticum,  hat  aber  der  Sahcylsäiu'e  gegen- 
über wesentliche  Nachteile,  da  sie  noch  schwerer  in  Wasser  löshch  als  letztere 
und  auch  giftig  ist*). 

Auch  von  Oxychinolinen,  insbesondere  vom  o-Oxychinolin  wurde  durch  Einwirkung 
von  Kohlensäure  auf  das  Natriumsalz  unter  Druck  die  o-Oxychinolinoarbonsäure  (Chino- 
phenolcarbonsäure)  dargestellt^).  Von  einer  praktischen  Anwendung  dieser  Substanz 
hat  nichts  verlautet.    (Siehe  auch  Gichtmittel,  Atophangruppe. ) 

Die  Einfühnmg  einer  Aminogruppe  in  die  Sahcylsäure  verändert  an  der 
Wirkung  dieser  Substanz  nicht  viel  und  der  günstige  Erfolg  und  die  spezifische 
Wirkung  bei  akutem  Gelenkrheumatismus  bleibt,  ohne  daß  die  Einführung  eine 
Erhöhung  der  Wirksamkeit  bedingen  würde. 

Während  die  bis  nmi  beschriebenen  Wege  mit  Ausnahme  der  AcetylsaU- 

cylsäure  dahin  gingen,  statt  der  Sahcylsäure  ähnhch  konstituierte  Carbonsäuren 

in  die  Therapie  aufzxmehmen,  bemühte  man  sich  anderseits  in  den  Organismus 

Verbindungen  einzuführen,  aus  denen  derselbe  langsam  durch  Spaltimgen  oder 

Oxydationen  Sahcylsäure  bilden  kann.    Sahein  ist  das  Glykosid  des  Sahgenins 

OH  •  CgH4  ■  CHg  •  OH  .    Sahgenin  wird  nun,  wenn  es  auch  als  solches  schon 

wirkt,  im  Organismus  durch  Oxj'dation  in  Sahcylsäure  übergehen. 

Man  kann  es  synthetisch  darstellen,  indem  man  Formaldehyd  auf  Phenol  ein- 
wirken läßt. 

M  Heyden,  DRP.-Anm.   10  039;  Franz.  P.  205  833.  -)  DRP.-Anm.  V  3380. 

ä)  DRP.  61  125.  ')  Bock,  Diss.  Berlin  (1892).  ^)  DRP.   39  662. 

Fränkel,  Araneimittel-Synthese.    5.  AuJI.  36 


562  Antiseptica  und  Adstringentia. 

Salicin  wirkt  auf  die  Körpertemperatur  ähnlich,  aber  schwächer  als 
Chinin  und  hemmt  die  Auswanderung  der  Leukocyten.  Es  geht  zum  Teil 
unverändert  in  den  Harn  über,  zum  Teil  wird  es  als  Saligenin,  Salicylaldehyd 
und  Salicylsäiu-e  ausgeschieden. 

Gentiopikrin  CjgHaoOg  wird  durch  Säuren  in  Glykose  und  Gentiogenin 
gespalten.  Gentiopikrin  und  das  Glykosid  Gentiomarin  sind  unschädUch  und 
wirken  bei  Malaria. 

Nach  einem  Verfahren  von  Seil  kann  man  Saligenin  in  der  Weise  mJöslich  machen, 
daß  man  es  bei  Gegenwart  einer  Mineralsäure  in  der  Wärme  mit  Gerbsäure  reagieren  läßt'). 

Salze  der  Borameisensäure  erhält  man,  wenn  man  Borsäure  vuid  Ameisensäure,  sei  es 
in  freiem  Zustande  oder  in  Form  ihrer  Alkalisalze,  in  Gegenwart  von  Alkalicarbonaten  auf- 
einander einwirken  läßt^). 

DRP.  230  725  beschreibt  ein  Verfahren  zur  Herstellung  des  Zinksalzes  der  Bor- 
disalicylsäure,  welches  darin  besteht,  daß  man  molekulare  Gewichtsmengen  von  SaHcylsäure, 
Borsäiu"e  und  Zinkcarbonat  in  heißem  Wasser  aufeinander  einwirken  läßt.  Man  erhält 
durch  Einleiten  von  Schwefelwasserstoff  in  die  wässerigen  Lösungen  derjenigen  bordisalicyl- 
saiiren  Metallsalze,  welche  bei  der  Zersetzung  mit  Schwefelwasserstoff  wasserunlösliche 
Sulfide  abscheiden,  die  freie  Bordisalicylsäure 

Sie  wirkt  stark  bactericid  und  schmeckt  sehr  bitter^). 

Salole. 

Einen  sehr  großen  Erfolg  hatte  seinerzeit  miter  allen  Verfahren,  Verbin- 
dungen darzusteUen,  denen  die  Nebenwirkungen  der  Salicylsäure  fehlen,  die 
aber  überdies  noch  eine  zweite  wrksame  Komponente  enthalten,  welche  trotz 
ihrer  Giftigkeit  wegen  ihrer  langsamen  Abspaltiuig  der  wirksamen  Komponen- 
ten aus  der  Verbindung  keine  Giftwirkung  äußerten,  die  Einführung  des  so- 
genannten Salolprinzips  durch  Nencki.  Nencki  war  der  erste,  der  den  für  die 
Arznei mittelsynthese  bahnbrechenden  Weg  eingeschlagen  hat,  wirksame  Säuren 
und  Phenole  esterförmig  gebunden  in  den  Organismus  einzuführen.  Durch  die 
Einführmig  der  unlöslichen  Ester,  welche  den  Magen  unverändert  und  unver- 
seift  passieren,  wird  jede  ätzende  Wirkung  dieser  Substanzen  im  Magen  und  hier- 
mit jede  Belästigung  der  Magenschleimhaut  durch  die  Arzneimittel  vermieden. 
Diese  Salole  werden  erst  im  Darme  langsam  unter  dem  Einflüsse  des  esterver- 
seifenden Enzyms,  welches  von  der  Bauchspeicheldrüse  geliefert  wird,  bei  Gregen- 
wart  der  normalen  Darmsoda  in  die  Komponenten  gespalten.  Außerdem  be- 
teiligen sich  an  der  Esterspaltung  auch  vorzüghch  die  Darmbakterien,  ins- 
besondere an  der  Aufspaltung  der  Phenolcarbonate.  Die  Säm-e  wird  diu-ch  die 
Alkalisalze  im  Darme  neutralisiert,  während  das  Phenol  als  solches  einerseits 
im  Darme  als  Antisepticum  zur  Wirkung  gelangen  kann,  anderseits  nach  seiner 
Resorption  im  Organismus  selbst  wirkt,  ohne  aber  Vergiftungserscheinungen 
zu  verursachen,  da  ja  nur  langsam  kleine  Mengen  des  Phenols  aus  dem  Ester 
abgespalten  zur  Resorption  gelangen,  so  daß  der  Organismus  unter  der  kon- 
tiniüerlichen  Emwirkmig  von  kleinen  Mengen  des  Phenols  steht,  eine  plötzhche 
Überflutung  desselben  durch  das  giftige  Phenol  ausgeschlossen  ist.  Dieses  Salol- 
prinzip  hat  eine  ausgebreitete  Anwendung  in  der  Arzneimittelsynthese  nach 
beiden  Richtvmgen  gefmiden,  sowohl  um  wirksame  Säuren,  als  auch  um  wirksame 
Phenole  in  Verbindungen  zu  bringen,  die  ätzende  oder  giftige  Wirkungen  aus- 
zulösen nicht  in  der  Lage  sind.  Nene  ki  hat  gefimden,  daß,  während  die  Säuren 
der  Fettreihe  und  aromatische  Säuren  mit  Phenolen  unter  Anwendung  von 
wasserentziehenden  Mittehi,   wie   Chlorzink,   Aluminiumchlorid  usw.    Ketone 

1)  DRP.   111963.  2)  Weitz,  DRP.  282  819.  3)  Foelsing,  DRP.  288  338. 


Aromatische  Antiseptica.  563 

bilden,  im  Gegensatze  hierzu  fette  oder  aromatische  Säuren  mit  Phenolen  oder 
Naphtholen,  bei  Gegenwart  von  Phosphoroxychlorid  als  wasserentziehendem 
Mittel  erhitzt,  nicht  Ketone,  sondern  Säureester  geben. 

So  erhält  man  beim  Zusammensclimelzen  von  SaUcylsäure  und  Phenol  unter  Erwär- 
mung der  Mischung  mit  Phosphoroxychlorid  auf  120°  den  Salicylsäurephenylester,  das  Salol 
Hai.    e^oii]v  OH 

<-6Ji4<coOCeH5 

hierbei  reagieren  2  Moleküle  Säure,  2  Moleküle  Phenol  und  1  Molekül  Phosphoroxychlorid^). 

Unter  denselben  Bedingungen  kann  man  den  Salicylsäureresorcinester 

„  „     ,0  •  CO  •  CgH^  •  OH 

W^4<-o  .  CO  •  CgH^  •  OH 

sowie  die  Salicylsäureester  des  a-  und  /?-Naphthols,  des  Dioxynaphthalins  usw.  erhalten. 
Von  Vorteil  ist  es,  dafür  zu  sorgen,  daß  die  bei  dem  Prozesse  frei  werdende  Metaphosphor- 
säure,  welche  im  freien  Zustande  leicht  zur  Bildung  großer  Mengen  von  Phosphorsäure- 
phenylestern  Veranlassung  gibt,  an  Alkali  gebunden  wird.  Statt  des  Phosphoroxychlorids 
kann  man  axich  Phosphorpentachlorid  anwenden.  Ferner  kann  man  Schwefeloxychlorid 
SO2CI2  oder  auch  saure  schwefelsaure  Alkalien  als  weisserentziehende  Mittel  benützen.  Statt 
der  Salicylsäm-e  kann  man  zu  der  gleichen  Reaktion  a-Oxynaphthoesäure,  o-  und  p-Nitro- 
salicylsäure,  Resorcincarbonsäure  und  statt  des  Phenols  Resorcin,  Pyrogallol,  Thymol, 
Nitrophenol, «-  und  /)'-Naphthol,  Gaultheriaöl  (Salicylsäuremethylester)  imd  Salol  verwenden. 

Die  Darstellung  der  Salole  geschieht  aber  einfacher  statt  mit  Phosphoroxychlorid 
in  der  Weise,  daß  man  Phenolnatrium  und  salicylsaures  Natron  in  äquimolekularen  Mengen 
mischt  und  Phosgengas  darauf  einwirken  läßt.  Aus  dem  Reaktionsprodukt  kann  man  den 
gebildeten  Äther  mit  Wasserdampf  austreiben.  Dieses  Verfatoen  bietet  vor  der  Verwendung 
des  Phosphoroxychlorids,  mit  dem  es  ja  sonst  ganz  identisch  ist,  den  Vorteil  der  Billigkeit. 

Man  erhält  nach  der  Nenckischen  SjTithese  eine  Reihe  von  Körpern^),  so  Resorcin- 

disaUeylat  C5H4{COO  •  C^H,  •  OHJa,   Disalol  C^^<^^  '  ^«^^  '  "^^^  "  ^«^^  Gaultheria- 

salol  C8H4<Q^'  °^6^i  ■  *^^^  ■  ^^3,    Salol  C6H4(OH)  •  COO  ■  CjH^,  a-Naphthylsalicylat 

f 'jH^iOHjCO  •  O  •  CjoH-,  /?-Naphthylsalicylat  C6H4(OH)CO  •  O  •  Cj„H„  Resorcinmonosalicylat 
CeH4(OH)CO  •  O  •  C^Hj  ■  OH,   PvrogaUolsalieylat  CjH4(0H)  •  CO  -  O  •  C5H3(OH),,   Phenyl- 

COO  "CeH,  (1) 
a-oxynaphthoat  CioHe(OH)CO  •  O  •  CßHj ,  Phenyl-o-nitrosalicylat    CjHj^^OH  (2), 

COO-C  H  M\  ''^2  (3) 

\^Kj\j  1.5x15(1;  COO-C  H   -XO 

Phenyl-p-nitrosalicylat  C5H3<-OH  (2),  p-NitrophenylsalicvlatCeH4<„„        6    4   -      2 

^NOa  (5)  "  ^^ 

Thymolsalicylat  CeH4<^° '  °  '^^lo^is^  /J-Naphthol-a-oxynaphthoat  CioHe(OH)CO  •  O  ■  CjoH,, 

/  COO\ 

;J-Naphthohydrochinonsa!icylat      (CjH^-^^-jt    U'CjqHj,       Phenylresorcincarbonsäureester 

p  „  /COO  •  C^H^  \  "^  I 

^8"3\(0H)2 

Weiterhin  hat  Nencki^)  nach  der  gleichen  Methode  eine  Reihe  von  ähnlichen  Estern 
dargestellt,  und  zwar:  „l-.  .  f\  .  p  tj      /-.tt 

o-Kresol-salicylsäureester       '-'6^4  "^nw  *    ^  '»       m-Kresol-salicylsäureester, 

"  COO  •  CeHj 

p-Kresol-salicylsäureester*),  Phenol-o-kresotinsäureester  CjHj^OH  ,  o-Kresol-o-kre- 

CO  •  O  •  C0H4  •  CH.  CH3 

sotinsäureester  CjHj^OH  ,    m-Kresol-o-kresotinsäureester,  p-Kresol-o-kre- 

CH3  /COO-C^Hj 

sotinsäureester,     Phenol-ra-kresotinsäureester    C8H3,^  OH  .       o-Kresol-m-kresotin- 

,C0  •  O  •  C6H4  •  CH3  ~CH3 

Säureester  C'jHj^OH  ,  m-Kresol-m-kresotinsäureester,  p-Kresol-m-kresotin- 

CH3  CO  •  O  •  C^Hä 

Säureester,  Phenol-p-kresotinsäureester  C5H3^0H  ,  o-Kresol-p-kresotinsäureester 

^CO  •  O  •  CgH^  •  CH3  ^CHj 

^c^aX^H  ,    m-Kresol-p-kresotinsäureester,    p-Kresol-p-kresotinsäureester. 

CH, 


')  DRP.  38  973,  DRP.-Anm.   1622,  DRP.  39  184.  43  173. 

2)  DRP.  43  713.  3)  oRp    46  756 

•■)  M.  v.  Nencki,  C.  r.   1889,  254.    Stärkeres  Darmantiseptieum  als  Salol. 

36* 


564  Antiseptica  und  Adstringentia. 

Bohkresol-salicylsäureester,  aus  Salicylsäure  imd  Teerkresol,  ist  je  nach  dem  Siede- 
punkt des  angewendeten  Kresols  flüssig  oder  halbfest. 

Phenol-rohkresotinsäureester  aus  Phenol  und  der  Carbonsäure  des  oben  erwähnten 
Teerkresols. 

Rohkresotinsäure-rohkresolester.  „p.  .  r\  .  r<  -fs     ncTT 

Salicylsäure-methylresorcinester  C5H4<p.-rT  '    *  ^  '  p-Oxybenzoe- 

u     -i  ^       n  TT  /CO  •  o  •  CM..      .  ■  ^       ,      ,   ,      .,  XX  /CO  •  o  •  an. 

saure-phenolester      CjHj^^tx  "    '  ,     Anissaiire-phenolester     C|;H4<„„„  •■    ■"  , 

CO  •  O  ■  C  H  UL,±i3 

p-Äthoxybenzoesäure-phenolester  CgH^^^p  „         ^    '  ,  Salicylsäure-guajacolester 

^  _     .CO  •  O  •  CsHj  •  OCH3      „  ,.     ...        ,.V^2-ti5  CO  •  S  •  CeH,  „ 

C8H4<^Ti  ,    Salicylsaure-thiophenolester    C5H4<p,„  '  ,    o-Kre- 

"^  CO  •  O  •  CsH^  ■  OCH3    (1)  ^^ 

sotinsäure-guajacolester     C'gHj^OH  (2) ,         o-Kresotinsäure-kresolester 

CHj  (3) 

CO-0-C6Hi-CH3(l)  CO-0-C6H4-OCH3(l) 

CjHj^^OH  (2)1),  m-Kresotinsäure-guajacolesterCjHj^^OH  (2). 

CH3  (3)  ^CH3  (4) 

CO  •  O  ■  CeH3  •  (CH3)  •  OCH3  (1) 
m-Kresotinsäure-kreosolester         CjHj— OH  (2),  p-Kresotin- 

''CH3  (3) 

COO  •  C5H4  •  OCH3  (1) 
säure-guajacolester         CjHj^OH  (2) ,  p-Kresotinsäure-kreosolester 

XH3  (5) 

CO  •  O  •  C5H3  ■  (CH3)  ■  OCH3  (I) 
CoHjf  OH  (2) , 

CH3  (5) 

p-Oxybenzoesäure-guajacolester  CjH^^^tt  *    ^  ^   l^i'  P-O^benzoesäure-kreo- 

solester  CjHj^^TT  «    3  ^       3^  ^  J,'   Benzoesäure-guajacolesterCgHj-CO  •  O  •  CgH4 

■  OCH3,  Benzoesäure-kreosolester  C5H5  •  CO  •  O  •  CjHj  •  (CH3)  •  OCH3,  Anissäure-guajacolester 

n-a    /CO-O-CaH.  ■0CH3(1)     ....         ,  y     .      n -a    /CO -O  •  C8H3  •  (CH3)  ■  OCH3  (1) 

C6H4<Q(.g-         ^    *  3  2)>-^"'ssaure-kreosolesterC5H4<Q|^jj        8    3    v       3'  3» 

X..1,         u   '  ■•  •       1     ^        r.  TT    ^CO  ■  O  •  C.H,  •  OCH3  fl)      ,.,  , 

p-Athoxybenzoesaure-guajacolester    CjH4<„p  „  liv  Athoxybenzoesaure- 

kreosolester    C5H4<j..„  „     •    '^       3/  ^  i^.!'   Salicylsäure-isobutylphonolester^),  Sali- 

cylsäure-isoamylphenolcster,  Salicylsäure-benzylphenolester,  SalicylsäiU'e-o-thiokresolester, 
Zimtsäure-eugenolester,  Salicylsäure-kreosotester,  flüssig,  Benzoesäure-kreosotester,  flüssig, 
Zimtsäure-kreosot  von  wechselndem  Schmelzpunkt,  je  nach  der  Beschaffenheit  des  Kreosots. 
Ferner  wxirden  noch  Xylenolsalole  durch  die  gleichen  Kondensationsvorgänge  wie 
die  vorherbeschriebenen  Salole  dargestellt,  und  zwar  Salicylsäure-o-xylenolester 

„  „     XOO  ■  CeH3(CH3), 
-^«"«^OH 
ferner  die  m-  und  p-Verbmdung^). 

Ernert  hat  weiterhin  die  interessante  Beobachtung  gemacht*),  daß  beim  Erhitzen 
der  Salicylsäure  allein  auf  Temperaturen  von  160 — 240°  sich  diese  unter  Abspaltung  von 
Wasser  und  Kohlensäure  zu  Salol  umsetzt,  wenn  während  des  Erhitzens  das  dabei  ent- 
stehende Wasser  abdestilliert  und  der  Zutritt  der  Luft  verhindert  wird.  Auch  Polysalicylid^), 
welches  man  durch  Erhitzen  von  gleichen  Mengen  von  Salicylsäure  und  Phosphoroxychlorid 
erhält  und  das  die  Zusanmiensetzung  (C7H40„)x  liat,  kann  man  ohne  Anwendung  konden- 
sierender Agenzien  durch  Erhitzen  mit  Phenol  glatt  in  Salol  überführen. 

Nach  dem  Vorfahren  von  Georg  Cohn')  kann  man  höhere  Salole  erhalten,  wenn  man 
das  eigentliche  Salol,  den  Salicylsäurephenylester,  mit  höheren  Phenolen  erhitzt,  wobei 
das  niedrige  Phenol  aus  dem  Molekül  verdrängt  wird.  Diese  Methode  ist  besonders  bei 
der  Darstellung  von  Salolen  gegen  Kondensationsmittel  empfindlicher  Phenole  zu  emp- 
fehlen.   So  wurden  dargestellt: 

Salicyleugenolester  C8H3{C3H5)(OCH3)  •  O  •  CO  -  CjH4(0H),  Disalicylhydrochinonester 
CoH4(0  •  CO  •  CeH4  •  0H)2 ,  Monosalicylhydrochinonester  CeH4(0H)  •  O  •  OC  •  CgHj  •  OH , 
Salicylcarvacrolester  C8H3(C3H,)(CH3)  •  O  ■  OC  •  C^Hj  •  OH,    Salicylsalicylamid  CjH,  •  (CO 


')DRP.  57  941.  2)DRP.  68  111.  =)  DRP.  70  487.  *)  DRP.  62  276. 

5)  DRP.  73  542.  »)  DRP.   111656. 


Aromatische  Antiseptica.  565 

•NHj)  •  O  •  OC  •  C^t  ■  OH,  vielleicht  identisch  mit  Disalicylamid,  Di-p-kresotinsäureresor- 
cinestor  CjH4[0  ■  CO  •  C,H3(OH)(CH3)]2,  Di-p-kresotinsäurehydrochinonester  C6H4[0  •  CO 
•  CeH3(OH)(CH3)]2,  p-Ivresotinsäure-/)'-naphtholester  Cj„H,  •  O  •  CO  •  CsHsiOHJCCHj). 

Die  meisten  Salicylsäureester  sind  fest.  Nur  Methylsalicylat  ist  flüssig,  aber  riechend. 
Geruchlos  und  flüssig  ist  Salicylsäurebenzylester  CjH^lOHjCO  •  0  ■  CH.,  ■  CjH,,  gewonnen 
durch  Einwirkung  von  Benzylchlorid  auf  salicylsaure  Salze  bei  130 — 140°^). 


Vesipyrin  ist  Acetylsalol  CeH4<j-,Q  .  q  .  c  H  ^)' 


Als  Antirheumaticum  wurde  Acetylsalicylsäure-mentholester  empfohlen;  man  erhält 
Dm  durch  Acetylierung  von  Mentholsalicylat  nach  einer  der  üblichen  Weisen^). 

Böhringer,  Waldhof,  stellen  Glykolmonosalicylester  dar,  das  Spirosal,  welches 
schon  früher  nach  DRP.  164  128  und  173  776  erhalten  wiirde,  durch  Einwirkung  von  Äthylen- 
halogeniden  auf  salicylsaure  Salze  bei  Anwesenheit  von  Wasser  mit  oder  ohne  Zusatz  von 
LÖBimgsmitteln,  z.  B.  aus  Natriumsalicylat  und  Athylenbromid  oder  aus  Äthylenchlorid 
und  Salicylsäme *). 

Böhringer,  Waldhof^),  stellen  Glykolmonosalicylsäureester  her,  indem  sie  Salicyl- 
säure-^-chloräthylester  mit  wässerigen  Lösungen  von  Salzen  schwacher  Säuren  unter 
Druck  erhitzen.  Als  verseifendes  Salz  wird  NatriumsaUcylat,  Natriumacetat  oder  Di- 
natriumphosphat  verwendet. 

Salicylsäuremonoglykolester  ist  absolut  geruchlos  und  soll  wie  der  Methylester  ver- 
wendet werden.  Er  ist  ein  öl.  Man  verestert  Salicylsaure  mit  Athylenglykol  bei  Gegen- 
wart von  Schwefelsäure  in  der  Wärme.  Nach  dem  Waschen  wird  das  erhaltene  Ol  im 
Vakuum  fraktioniert.  Dieselbe  Substanz  (OHjCjH^  •  CO  ■  O  •  CHj  •  CHj  •  OH«)  entsteht 
durch  Emwirkung  von  Athylenmonochlorhydrin  auf  salicylsaures  Natron'). 

Zur  Herstellung  von  Diglykolyldisalicylsäure*)  läßt  man  auf  Salicylsaure  oder  salicyl- 
saure Salze,  zweckmäßig  in  Gegenwart  von  tertiären  Basen  als  Kondensationsmittel,  das 
Anhydrid  der  Diglykolsäure  oder  Gemische,  welche  dieses  Anhydrid  liefern,  einwirken. 

Diglykoldisalicylsäure  ist  geruchlos,  schmeckt  mild  säuerlich,  hat  die  reine  Wirkung 
der  Salicylsaure  und  wird  angeblich  besser  vertragen  als  Acetylsalicylsäure. 

DiglykolsaUcylsäureäther  HOOC  •  CgH^  •  0  •  OC  •  CH,  •  0  •  CHg  •  0  •  OC  •  CgH^ 
•  COOH  zerlegt  sich  schon  bei  20  °  in  destilliertem  Wasser,  in  .schwach  alkalischer 
Lösxuig  fast  momentan.  Im  Harn  wird  Salicylsaure  ausgeschieden.   Er  schädigt 

COOH 
die  Nieren  weniger  als  Aspirin.    Diglykolsäure      •  r^nr^-a     ^®*    ^°^^ 

CHg  •  O  ■  CH2  •  COOH 

geringer  Giftigkeit.    2  g  pro  kg  machen  starke  Nephritis^). 

Wenn  man  die  Dihalogenide  der  Diglykolsäiu'e  auf  ein  Phenol  bei  GSegenwart  von 
säurebindenden  Mitteln  einwirken  läßt,  so  erhält  man  die  neutralen  Ester  der  Diglykol- 
säure. Beschrieben  sind  der  Phenylester,  Salicylester,  die  beiden  Naphthylester,  Guajacyl- 
ester,  die  drei  Kresylester,  o-  und  p-Chlorphenylester,  o-  und  p-Nitro phenylester^"). 

Die  gleichen  Diglykolsäureester  kann  man  einfacher  erhalten,  wenn  man  auf  die 
Diglykolsäure  oder  deren  Salze  und  das  Phenol  saure  Kondensationsmittel,  wie  Phosphor- 
oxychlorid,  Phosphorpentachlorid  oder  Phosgen  einwirken  läßt.  Man  kann  in  der  Kälte 
und  bei  höherer  Temperatur  arbeiten ;  im  ersteren  Falle  setzt  man  zweckmäßig  eine  tertiäre 
organische  Base  wie  Dimethylanilin  oder  PjTidin  und  gegebenenfalls  auch  indifferente 
Lösungsmittel  zu.  Es  wurden  so  dargestellt  Diglykolsäiu-eester  von  Guajacol,  Phenol  und 
o-Kresol  •'). 

Die  durch  Substitution  in  der  CH2  ■  CHj-Gruppe  durch  Alkyl  erhälthchen  Homologen 
des  Athylenglykolmonophenyläthers,  seiner  Derivate  vmd  Substitutionsprodukte  sollen 
sich  durch  eine  den  Athylenglykolaryläthem  gegenüber  wesentlich  gesteigerte  analgetische 
Wirkung  auszeichnen.  Man  erhält  sie,  wenn  man  die  Homologen  des  Athylenglykols  nach 
den  üblichen  Methoden  halbseitig  mit  Phenolen  usw.  veräthert.  Beschrieben  sind  Propylen- 
glykol-(l)-phenyläther  (2),  Propylenglykol-p-clilorphenyläther,  Dimethyläthylenglykol- 
monophenyläther  '^). 

1)  Agfa,  Berlin,  DRP.   119  463.  2)  Therapie  der  Gegenwart  8,  92  (1906). 

=>)  DRP.  244  787.  «)  DRP.  218  466.  ^)  DRP.  225  984. 

<^)  Bayer,  Elberfeld,  DRP.   164  128.  ')  Badische  Sodafabr.,  DRP.   173  776. 

*)  Heyden,  Radebeul,  DRP.  227  999. 
'■')  Arch.  d.  Farmacol.  sperim.  9,  416  (1910). 
")  Böhringer,  Waldliof,  DRP.  223  305. 

")  Böhringer,  Waldhof,  DRP.  236  045,  Zusatz  zu  DRP.  223  305. 
1-)  Bayer,  DRP.   282  991. 


566  Antiseptica  und  Adstringentia. 

An  Stelle  von  Gaultheriaöl  hat  die  Baseler  Chemische  Industrie^)  den  Methylester 
und  Äthylester  der  Salicylglykolsäure  vorgeschlagen.  Man  erhält  diese  Ester  durch  Er- 
hitzen von  Natriumsalicylat  mit  überschüssigem  Chloressigsäuremethyl-  bzw.  Athylester 
bei   160 — 170°  und  Destülation  im  Vakuum. 

Sulzberger  und  Spiegel  in  Berlin')  stellen  die  Haut  nicht  reizende  Sahcylsäure- 
verbindungen  her,  indem  sie  Salicylsäureester  mit  Fettsäuren  kondensieren.  So  wird  Oleyl- 
salicylsäureäthylester  dargestellt  durch  Mischen  von  Salicylsäureäthylester  mit  Natrium- 
oleat  und  Phosphoroxychlorid  oder  mit  freier  Ölsäm-e.  Man  kann  auch  Salicylsäureester 
und  andere  Fettsäuren  zur  Kondensation  benützen. 

Poulenc  Freres  und  Ernest  Fourneau  in  Paris^)  stellen  Salicylsäureester  von 
Dioxj'fettsäurealkylestern  der  allgemeinen  Formel: 

CHgO  •  CO  •  C5H4  •  OH 

I 
R— C— OH 

I 
CO2R' 

(R  und  R'   =  Alkyl), 

indem  sie  salicylsaure  Salze  mit  Halogenfettsäurealkylestern  der  Zusammensetzung: 

CHj-X 
I 
R— C  — OH 
I 
CO2R' 

(X   =  Halogen,  R  und  R'   =   Alkyl) 
erhitzen. 

Dargestellt  wurden  a-/i'-Dioxjäsobuttersävu'eäthylestersalicylester,  ferner  Salicyl- 
säure-a-/)'-dioxyisobuttersäure-n-propylester. 

Martin  Lange  und  Karl  Sorger  in  Frankfixrt^)  stellen  ein  Kondensationsprodukt 
aus  Salicylsaure  mid  Glycerindichlorhydrinen  bzw.  Epichlorhydrinen  her,  indem  sie  in 
Gegenwart  von  überschüssigem  Alkali  auf  die  zweibasischen  Metallsalicylate  die  Chlor- 
hydrine  bei  gewöhnlicher  Temperatur  einwirken  lassen.  Man  erhält  auf  diese  Weise  eine 
Substanz  F.  167°,  welche  entweder  Salicylsäureglycerid  der  Formel 

CHj-CH-CHj  •  O  •  CgH,  •  COOH 


O 

oder  Disalicylsäureglyoerinäther  der  Formel 

CH,  •  O  •  C^H^  •  COOH 

I 
GH -OH 

I 
CH2  •  O  •  CßHj  •  COOH 

ist.    Das  Produkt  ist  gesclunacklos  und  durch  Säuren  und  Alkalien  nicht  verseifbar. 

Karl  Sorger*)  erhält  den  Salicylsäureglycerinester  durch  Erhitzen  von  Salicylsäure- 
metliylester  oder  Salicylsäureäthylester  mit  Glycerin  mit  oder  ohne  Zusatz  einer  geringen 
Menge  Atznatron  oder  eines  Natriumsalzes  auf  195 — 220°. 

Während  das  eigentliche  Salolprinzip  dahin  ging,  eine  wirksame  aromatische 
Säm'e  mit  einem  wirlisamen  Phenol  esterförmig  zu  binden  imd  auf  diese  Weise 
die  beiden  wirksamen  Komponenten  so  zu  kui^peüi,  daß  sie,  ohne  schädliche 
Wirkungen  auszuüben,  langsam  im  Darme  verseift  und  langsam  resorbiert 
werden,  so  daß  also  die  gärungshemmende  Wirkung  des  Phenols  sich  auch  über 
den  ganzen  Darm  erstreckt,  konnte  man  dieses  Salolprinzip  noch  weiterhin  nach 
der  Richtung  ausdehnen,  daß  man  an  eine  wirksame  aromatische  Säure  eine 
wenig  wirksame  oder  ganz  unwirksame  hydroxylhaltige  Substanz  dm-ch  ester- 
förmige  Bindungen  kuppelte,  oder  daß  man  einen  wirksamen,  aromatischen 
hydrosylhaltigen  Körjier  mit  einer  wenig  oder  ganz  unwirksamen  Säure  zu 
einem  Ester  verband.   In  dem  ersteren  Falle  erhielt  man  Säureester,  bei  denen 


DRP.  206  056.  -)  DRP.   121262.  ')  DRP.   184  382.  ")  DRP.   186  111. 


Aromatische  Antiseptica.  567 

man  mir  auf  die  Wirkung  der  aromatischen  Säure  reflektierte  und  deren  ätzende 
Wirkungen  oder  sonstige  Schädlichkeiten  man  durch  Veresterung  beheben  wollte. 
Im  anderen  Fähe  wurden  meist  aliphatische  Säuren,  deren  Natronsalze  unwirk- 
sam sind,  ja  selbst  die  Kohlensäure  oder  die  an  und  für  sich  in  diesen  Dosen 
fast  unwii'ksame  Benzoesäure  mit  der  hydroxylierten  aromatischen  Verbindung 
zu  dem  Zwecke  gekuppelt,  um  die  ätzenden  Wirkungen  des  betreffenden  Phenols 
zu  beseitigen.  Während  die  eigen thchen  Salole  als  Substanzen  aufzufassen  sind, 
die  aus  zwei  wirksamen  Komponenten  bestehen  imd  daher  nach  ihrer  Spaltmig 
und  Resorption  die  Wirkungen  beider  Komponenten  zur  GSeltung  kommen, 
konnten  die  Salole  dieser  Art,  wie  man  im  weiteren  Sinne  che  nach  dem  Salol- 
prinzipe  aufgebauten  Ester  nannte,  nur  die  Wirkungen  der  einen  Komponente 
(der  Säure  oder  des  Phenols)  zur  Geltung  bringen.  Man  könnte  diese  Substanzen 
als  partiell  wirksame  Salole  im  weiteren  Siime  bezeichnen .  Aber  es  besteht 
weiterhin  die  Möglichkeit,  daß  solche  esterartig  gebundene  Substanzen,  die  z.  B. 
einen  aliphatischen  Alkohol  enthalten,  außer  der  Wirkung  ihrer  verseiften  Be- 
standteile auch  eine  dem  Ester  eigentümhehe  Wirkung  auslösen,  wenn  der  Ester 
als  solcher  zur  physiologischen  Wirkimg  gelangt.  Das  Verhalten  des  Triacetins  im 
Organismus  z.  B.  muß  m  jeder  Beziehung  bei  der  Darstellung  solcher  Substanzen 
zur  Vorsicht  und  ziu-  experimentellen  Prüfung  eines  jeden  Einzelindividuums 
vor  der  Anwendung  am  Krankenbette  veranlassen,  insbesondere  wenn  man 
aliphatische  Säuren  mit  einer  wirksamen  hydroxylhaltigen  Substanz  verestert. 
Nach  dieser  Richtung  hin  aromatische  Säuren  mit  an  und  für  sich  wenig 
wirksamen  Substanzen  zu  verbinden,  verdienen  insbesondere  die  Ester  der 
Salicylsäure  mit  Methyl-  imd  Äthylalkohol  erwähnt  zu  werden.  Sahcylsäure- 
methylester,  welcher  synthetisch  dargestellt  wird,  besitzt  Vorzüge  vor  dem 
natürlichen  Gaultheriaöl,  da  diesem  letzteren  eine  reizende  Wirkimg  zukommt, 
die  den  synthetischen  Präparaten  fehlt.  Der  Methylester  wird  ebenso  wie  der 
Äthylester  im  Darme  gut  zerlegt,  beide  Körper  wirken  langsamer  als  die 
Salicylsäure.  Salicylsäureäthylester  hat  keine  antiseptischen  Eigenschaften 
und  wirkt  nicht  irritierend  auf  Haut  und  Schleimhäute.  Er  erzeugt  Temperatur- 
erhöhung, Pulsverlangsamimg,  später  Beschleunigung i).  Salicylsäureäthylester 
CgH^lOH)  •  COO  •  C2H5  ist  niu-  halb  so  giftig  %vie  Methylsalicylat.  Er  wird 
von  der  Haut  nicht  resorbiert.  Salicylsäureamylester,  erhalten  durch  Verestem 
einer  amylalkohoUschen  Salicylsäurelösung  diu-ch  Salzsäure,  soUnach  Lyonnet 
bei  rheumatischen  Affektionen  dem  Methylester  vorzuziehen  sein. 

Benzosalin  ist  Benzoylsalicylsäuremethylester    C6H4<j^q   q  '  ^^  ^  -). 

Salicylsävire-allylester  soll  frei  von  Reizwirkungen  sein;  man  erhält  ihn  nach  den 
üblichen  Methoden  durch  Veresterung  der  Salicylsäure  mit  AllylalkohoP). 

Freudenberg*)  stellt  Verbindimgen  der  Zuckerarten  mit  den  Monosj"benzoesäuren 
und  ilu'en  Carboalkyloxy-,  Acetyl-  und  Alkylderivaten  her,  indem  er  die  Clüoride  von  Mono- 
Carboalkyloxy-,  Acetyloxj--  oder  Alkyloxybenzoesäuren  bei  Gegenwart  von  tertiären 
Basen  in  indifferenten  Lösvuigsmitteln,  wie  Chloroform,  auf  die  Zuckerarten  einwirken  läßt 
und  gegebenenfalls  die  entstandenen  Carboalkyloxyverbindvmgen  durch  nachträgliche 
vorsichtige  Verseifiuig  in  die  Derivate  der  Oxybenzoesäiu'en  selbst  überführt.  Beschrieben 
ist  die  Darstellung  der  Pentacarbomethoxyoxybenzoylglucose,  Salicyloylglucose,  Acetyl- 
salicyloylglucose,  Anisoylglucose. 

Durch  Einwirlcung  des  aus  Formaldehyd  und  Halogenwasserstoffsäure  erhaltenen 
Reaktionsproduktes,  insbesondere  des  Chlormethylalkohols  auf  aromatische  Oxycarbon- 
säuren  bei  Gegenwart  starker  Säuren,  werden  halogenartige  Verbindungen  erhalten,  welche 
durch  die  Gruppe  CH2X  substituiert  sind,  wobei  x  ein  Halogen  bezeichnet.    Dieses  Halogen 

')  Houghton,  Americ.  Journ.   of  physiol.    13,   331   (1906). 

-)  Bültzingslöwen  und  Bergeil,  Med.   Ivlinik   1906,    138.   —  DRP.    169  246. 

2)  DRP.   244  208.  *)  DRP.   264  654. 


568  Antiseptica  und  Adstringentia. 

wird  schon  durch  Wasser  in  der  Kälte  unter  Büdung  aromatischer  Alkohole  abgespalten. 
Durch  Behandlung  der  Halogenverbindung  mit  Alkoholen  der  Fettreihe  werden  die  ent- 
sprechenden Äther  dieser  aromatischen  Alkohole  gebildet,  während  durch  Einwirkung 
von  Phenolen  resp.  Aminen  Kondensationsprodukte  erhalten  werden.  Durch  Einwirkung 
von  Metallsalzen  wird  ein  Austausch  gegen  den  betreffenden  Säurerest  errielt.  So  erhält 
man  aus  Salicylsäure,  konz.  Salzsäure  und  Chlormethylalkohol  CjH,  •  COOH  •  OH  •  CHjCI 
Beim  Esterifizieren  mit  Salzsäure  entsteht  ein  Ester  von  der  Formel  C5H3  ■  C0(0CH3)  •  OH 
•CHjCU).  Auf  diese  Weise  erhält  man  die  Chlormethylderivate  des  Gaultheriaöles,  des 
Salicylsäureäthylesters,  des  p-Oxybenzoesäuremethylesters,  des  m-Kresotinsäureäthyl- 
esters,  des  /?j-/)'2-Oxynaphthoesäureäthylesters. 

Das  Halogenatom  obengenannter  Halogerunethylderivate  aromatischer  Oxycarbon- 
säuren  ist  leicht  mit  Hydroxylgruppen  reaktionsfähig,  so  beim  Zusammenbringen  mit 
Wasser  oder  Alkohol  unter  Austritt  von  Halogenwasserstoffsäuren  unter  Bildung  von 
Oxymethylverbindungen.  Aus  Chlormethylsalicylsäure  und  siedendem  Wasser  erhält 
man  so  Saligenincarbonsäure,  beim  Behandeln  mit  Methvlalkohol  aber  erhält  man  C5H3 

•  COOH  •  OH  •  CH2  •  OCH3  (Mesotan)2). 

Mesotan^)  ist  der  Methoxymetbylester  der  Salicylsäure  OH  •  CgH^  •  COO 

•  CH2  .  OCH3  . 

Die  Kohlensäureester  der  acidylierten  Salicylsämen  gehen  beim  Erwärmen  in  die 
Anhydride  der  acidylierten  Salicylsäuren  über*). 

An  Stelle  der  acidylierten  Salicylkohlensäurealkylester  werden  gemischte  Anhydride 
acidylierter   Salicylsäuren  und  beliebiger  anderer  organischer  Carbonsäuren   der  Formel 

p  TT  ^O  ■  Acidyl 
^8«4<.c02  •  Acidyl 

verwendet.  Das  Gemenge  der  entstehenden  Säureanhydride  läßt  sich  durch  Äther  oder 
Benzol  trennen.  Dargestellt  wxirde  aus  Acetylsalicylsäurebenzoesäureanhydrid  durch  Er- 
wärmen Acetylsalicylsäureanhydrid,  Beuzoylsalicylsäureanhydrid  erhält  man  aus  Benzoyl- 
salicylsäurebenzoesäiu'eanhydrid;  ferner  wurde  noch  Cinnamoylsalicylsäureanhydrid  aus 
Cinnamoylsalicylsäurezimtsäureanhydrid  dargestellt  ■ ). 
Man  erhält  Salicylsäurealkyloxymethylester 

r  TT  /OH 
i6äi<co.o.cH.-OR 

wenn  man  auf  die  salicylsäuren  Salze  die  Halogenmethylalkyläther 

X  —  CH2  •  OR   (X  =  Halogen,  R  =  Alkyl) 

einwirken  läßt;  (o-Methyloxymethylsalicylat  spaltet  beim  Erhitzen  Formaldehyd  ab. 
Ebenso  verhält  sich  der  Athylester^). 

Zur  DarstelUuig  homologer  Alkyloxyalkylidenester  der  Formel 

„TT     /OH 

^o^i^^CO -O-CH -OR 

Kl 

worin  R  und  Rj  gleiche  oder  verschiedene  Alkylreste  bedeuten  und  die  leichter  spaltbar 
sind  als  die  Substanzen  nach  DRP.  137  585,  läßt  man  a-Halogendialkyläther  auf  die  Salze 
der  Salicylsäure  einwirken.    Dargestellt  wurden  Methoxyäthylidensalicylat 

r  TT  /OH 
<^e«4<cO-0-CH  -OCHj 

CH3 
Äthoxyäthylidensalicylat 

"-«^M-^cO  •  OCH  •  OC,H.  ■) 


1)  Bayer,  Elborfeld,  DRP.    113  723.  -)  Bayer,  Elberfeld,  DRP.    113  512. 

3)  H.  Dreser,  Ther.  Mon.   IT,   131.  *)  DRP.   224  844. 

5)  Einhorn,  DRP.   231  093,  Zusatz  zu  DRP.   224  844. 
'■)  Bayer,  Elberfeld,  DRP.   137  585.  ")  DRP.   146  849. 


Aromatische  Antiseptica. 


569 


AlkyloxyalkyKdenester  der  Kreostinsäuren  erhält  man  durch  Einwirkung  von  a-Ha- 
logendialkyläther  auf  die  Salze  der  Kresotinsäuren.    Beschrieben  sind: 
m-Kresotinsäuremethoxymethylester 

.CH3 
CcHj^OH 

CO  •  O  •  CH.  •  O  •  CH„ 
Athoxyäthyliden-p-kresotinester 

/CH3 
C„H,fOH 


«-cJ^isn; 


Äthylensalicylat 


CO  •  O  •  CH  ■  O  •  CjH- 
CH3 

CH2  •  O  •  CO  •  C^H^  ■  OH 
CH.  •  O  •  CO  •  C^Hi  •  OH 


wird  nur  zur  Hälfte  aus  dem  Darme  aufgenommen-). 

Von  Interesse  sind  von  diesem  Gresichtspunkte  aus  auch  die  Salicylderi- 
vate  des  Glycerins,  sowie  die  aromatischen  Ester  des  Glycerins  mit  Benzoe- 
säure, p-Kresotinsäure  und  Anissäure^). 

Man  stellt  diese  dar,  indem  man  die  aromatischen  Säuren  mit  der  entsprechenden 
Menge  Glycerin  durchtränkt  und  Chlorwasserstoff  einleitet.  Hierbei  bilden  sich  die 
Dichlorhydrine  der  aromatischen  Säuren.  Erhitzt  man  nun  ein  Molekül  eines  solchen 
Dichlorhydrinäthers  mit  zwei  Molekülen  des  Salzes  einer  aromatischen  Säure  auf  200°,  so 
erhält  man  einfache  und  gemischte  Glyceride  der  aromatischen  Säuren.  Nach  dieser 
Methode  wurden  dargestellt: 


Tribenzoin 

E 
I 
CH  •  O  •  CO  •  CeHj 

CHj-0-C0-C,H5 

Tri-p-kresotin 

CH„  ■  O  •  CO  •  CgH,  •  CH,(0H) 

I     " 
CH  ■  O  •  CO  ■  CgH,  ■  CH„(OH) 

I 
CH,  •  O  •  CO  •  CeH,  ■  CH3(0H) 

DisaMcylbenzoin 

CH,  •  O  •  CO  •  CgHj  •  OH 

I 
CH  •  O  •  CO  •  CjHj 

i 
CH,  •  O  •  CO  •  CjKi  •  OH 


Trisalicylin 
CH„  •  O  •  CO  •  CjHj  •  OH 

CH  •  O  •  CO  •  CeH^  ■  OH 
I 
CH,  •  O  •  CO  •  CjH^  •  OH 

Trianisin 

CHj  •  O  ■  CO  ■  CgH.  ■  OCH, 
I 
CH  •  O  •  CO  •  CjHj  ■  OCH, 

CH2  •  O  •  CO  •  CeHj  •  OCH, 

Dibenzosalicylin 

CH2  •  O  •  CO  •  C5H5 

I 
CH  •  O  •  CO  •  CjHj  •  OH 

I 
CH,  •  O  ■  CO  •  C^R, 


Femer  erhält  man  Salicylsäureglycerinester  durch  Einwirkung  von  Schwefelsäure 
in  der  der  SaUcylsäure  höchstens  äquivalenten  Menge  auf  ein  Gemisch  von  SaUcylsäure 
und  Glycerin  und  Ausäthem  der  alkalisch  gemachten  Lösung.  Statt  der  Schwefelsäure 
kann  man  nur  saure  Salze  oder  Ester  von  Mineralsäuren  oder  organische  Sulfosäuren,  z.  B. 
Phenolsulfosäure,  Saücyldichlorhydrinester,  Monochlorhydrin,  Natrivunbisulfat,  Kalium- 
bisulfat, Kresolsulfosäure,  Anilindisulfosäure  verwenden''). 

Salicylsäureglycerid  oder  Disalicylsäureglycerinäther,  sowie  Salicylsäure- 
glycerinester des  DRP.  184382.  sowie  DRP.  186111  sind  S.  566  beschrieben. 

1)  Bayer,  DRP.  269  335.  ^)  AePP.  38,  88. 

')  DRP.  58  396,  126  311,  127  139.    Statt  der  Mineralsäuren  werden  die  Ester  dieser 
Säuren  oder  organische  Sulfosäuren  verwendet. 
^)  DRP.-Anm.  T.  6732,  7184. 


570  Antiseptica  und  Adstringentia. 

Ebenso  lassen  sich,  wie  Glycerinphenoläther,  auch  Glycerinäther  der  Ester 
von  aromatischen  Osysäuren  darstellen,  so  z.  B.  aus  Gaultheriaöl  Glycerin- 
salicylsäuremethylester  CgH^Oj  •  0  •  CeH4  •  COO  •  CHj  .  Auch  diese  sind  in 
Wasser  ein  weiiig  lösUch  und  von  bitterem  Geschmacke. 

Protosal  ist  Salicylsäureglycerinformalesteri) 

CH.  •  O  •  OC  •  CeH.  •  OH 
I 
CHo  •  O, 

CH-0  / 
Glycerinformal 

CH2  •  OH 

CH-O  . 

>CH„ 
CH^  •  0/       - 

mit  Salicylsäure  verestert  gibt  Salicylsäureglycerinformalester^),  welcher  ölig  ist  vind  sich 
in  seine  drei  Komponenten  spalten  kami^),  und  der  als  lokales  Antirheumatici.un  wegen 
seiner  flüssigen  Form  geeignet  ist. 

Monosalicylsäureglycerinester  CgH^  •  (OH)  •  COO  •  €3115(011)2  wurde  als 
Glykosal  eingeführt. 

Von  dem  TrisaUcylsäuretriglycerid  gelangen  nur  9%  im  Organismus 
zur  Resorption,  während  der  Rest  im  Kote  au.sgeschieden  wird,  hierbei  kommt 
es  zu  einer  leichten  Desinfektion  des  Kotes^).  Hingegen  werden  von  dem  Sali- 
cylsäuredichlorhydrinester 

CHX'l 


CHXl 

gegen  93%  resorbiert.  Doch  haben  Chlorhydi'ine  neben  ihren  hypnotischen 
Effekten  eine  schwer  schädigende  Wirkung  auf  die  Darmschleimhaut.  Sahcyl- 
verbindimgen  solcher  Art,  welche  in  Wasser  mehr  oder  weniger  löslich  sind, 
werden  ziemlich  vollkommen  aufgenommen.  Aber  die  äußerst  schwere  Resor- 
bierbarkeit  und  Verseifung  der  Triglyceride  der  aromatischen  Säure  macht 
die  Anwendung  solcher  Substairzen  in  der  Therapie  ganz  mimöglich. 

Weiter  wurde  ein  Versuch  gemacht,  einen  Acetolsalicylsäureester*)  für 
solche  Zwecke  darzustellen,  wo  es  sich  nur  um  die  Wirkung  der  Salicylsäure 
handelt. 

Durch  Umsetzung  zwischen  Jlonohalogenderivaten  des  Acetons  und  salicylsaurem 
Katron  erhält  man  den  Salicylsäureester  des  Acetols 

CH3  •  CO  ■  CS^Cl  +  CeH,<Qg°^^  =  CLNa  +  C^U^Kq^  '  ^^-  '  ^^  '  '^^^ 

Diese  Salacetol  genannte  Substanz  wird  tmgemein  leicht  verseift  und  kann 
daher  als  Ersatzmittel  der  Salicylsäure  sehr  gut  Verwendimg  finden,  ohne  aber 
vor  dieser  große  Vorteile  zu  besitzen,  imd  zwar  aus  dem  Grunde,  weil  diese 
leichte  Verseifbarkcit  des  Esters  die  Nebenwirkmig  der  SaHcylsäure  rasch 
wieder  in  Erscheinung  treten  läßt^). 

Indoform  ist  Salicj^lsäm'emethylenacetat,  dargestellt  durch  Einwirkung 
von  Formaldehyd  auf  Acetylsalicylsäure,  säuerlich  schmeckend. 

Acetylsalicylsäiirekohlensäurealkylester,  welche  man  bei  der  Einwirkvmg  von  Chlor- 
kohlensäureestern auf  die  Lösung  von  Acetylsalicylsäure  imd  tertiären  Basen  in  neutralen 

1)   Schering,  Berlin,  DRP.    Iü3öl8. 

-)  Friedländer,  Ther.   Mon.    1905,  637.  ^)  AePP.   38,  88. 

*)  DRP.   70  054.  5)  Bourget,  Sem.  med.   1893,  328. 


Aromatische  Antiseptica.  571 

Lösungsmitteln  in  der  Kälte  erhält  und  die  bei  gemäßigter  Einwirkung  kouz.  oder  bei  län- 
gerer Einwirkung  von  mit  Benzol  oder  Äther  verdünntem  PjTidin  in  Acetylsalicylsäure- 
anhydrid  übergehen,  liefern  bei  längerer  Einwirkimg  der  Basen  bei  gewöhnlicher  Tem- 
peratur Acetylsalicylosalicylsäure.  Dieselbe  Säure  erhält  man,  wenn  man  tertiäre  Basen 
längere  Zeit  bei  gewöhnlicher  Temperatur  auf  Acetylsalicylsäureanhydrid  oder  auf  ein 
Gemenge  dieses  Anhydrids  oder  eines  Acetylsalicylsäurekohlensäurealkylesters  und  Salioyl- 
säiu-e  einwirken  läßt,  sowie  auch  bei  der  Einwirkung  von  salicylsauren  Salzen  auf  Acetyl- 
salicylsäurekohlensäurealkylester'^). 

Alkyläther  der  m-Oxyhydrozimtsäure  mid  deren  Salze  erhält  man  entweder  durch 
Behandlung  der  m-Oxyhydrozimtsäure  mit  Alkylierungsmitteln  oder  indem  man  die  ent- 
sprechenden Alkylderivate  des  m-Oxybenzaldehyds,  Alkohols  oder  Chlorids  in  der  zur  Dar- 
stellung von  Hydrozimtsäure  üblichen  Weise  in  die  Alkyläther  der-  Oxyhydrozimtsäure 
überführt  oder  in  der  m-Aminohydrozimtsäure  den  Aminorest  über  die  Diazogruppe  hinweg 
durch  die  Alkoxygruppe  ersetzt.  Man  erhält  so  m-Athoxyhydrozimtsäure  und  m-Propyl- 
oxyhydrozimtsäure,  welche  antipjTetisch  und  antirheumatisch  wirken^). 

Zur  Darstellung  von  Phenolderivaten  nach  dem  Salolprinzipe,  welche  aber 
nur  Phenol  als  -wirksame  Komponente  tragen,  eignen  sich  insbesondere  die  Car- 
bonate  dieser  Substanzen  sowie  die  Ester  der  Fettsäuren.  Die  entsprechenden 
Methoden  zur  Darstellmig  dieser  Derivate  findet  man  im  Kapitel  Kreosot  be- 
handelte, da  die  Methoden  hauptsächlich  zur  Gfewinnung  von  Guajacolderivaten 
Anwendung  imd  Verbreitung  gefunden  haben. 

Über  die  eigentlichen  Salole  bleibt  folgendes  zu  erwähnen:  Die  aro- 
matischen Salole  zeigen  alle  die  Eigenschaft,  nachdem  sie  im  Darme  durch 
das  esterspaltende  Enzym  und  Bakterien  langsam  verseift  wurden,  die  anti- 
septische Wirkung  des  frei  werdenden  Phenols  äußern  zu  können.  Ihre  Wir- 
kmig  als  Darmantiseptica  ist  daher  einzig  und  allein  abhängig  von  der  anti- 
septischen Kraft  des  in  der  Verbindung  enthaltenen  Phenols,  weil  die  Natron- 
salze der  aromatischen  Carbonsäuren  keine  antiseptische  Wirkimg  äußern, 
eine  Wirkung,  die  nur  den  freien  Säuren  zukommt.  Ihre  Giftigkeit  ist  ebenfalls, 
da  ja  die  aromatischen  Carbonsäuren  wesentÜch  uugiftiger  sind  als  die  Phenole, 
hauptsächlich  abhängig  von  dem  in  der  Verbindung  enthaltenen  Phenol. 
Iimerhalb  des  Organismus  äußern  die  Salole  nach  ihrer  Aufspaltung  nur  die 
Wirkungen  der  beiden  Komponenten.  Es  kann  aber,  da  man  die  Raschheit 
der  Abspaltung  des  wirksamen  Phenols  nicht  in  der  Hand  hat,  gelegentHch 
zu  Phenolvergiftungen  kommen.  Man  wird  daher  in  allen  Fällen,  wo  es  sich 
nur  um  die  Wirkmig  der  aromatischen  Säure,  etwa  der  Sahcylsäm'e  handelt, 
nur  die  partiell  wirksamen  Salole  zu  benützen  haben,  und  zwar  diejenigen,  in 
welchen  die  Salicylsäiu-e  allein  als  wirksame  Komponente  aufzufassen  ist.  Hin- 
gegen wird  man  sich  in  den  Fällen,  wo  es  sich  allein  um  die  Darmdesinfektion 
handelt,  mit  größereu  Vorteilen  der  Präparate  bedienen,  welche  die  Ester  einer 
mi wirksamen  Säure  mit  dem  wirksamen  Phenol  darstellen. 

Man  hat  auch  vorgeschlagen,  Salole  als  Wundantiseptica,  mid  zwar  als 
Streupulver  zu  benützen,  da  sie  hierfür  die  Eigenschaft,  wassermilöslich  zu 
sein,  prädisponiert.  Aber  die  Verwendung  der  Salole  in  diesem  Smne  stößt  eben 
auf  das  Hindernis,  daß  sie  ja  meist  keineswegs  als  solche  Antiseptica  sind,  son- 
dern nur  ihre  Komponenten  mid  daß  es  daher  vorerst  zu  einer  Aufspaltung  in 
diese  kommen  muß,  einer  Aufspaltung,  welche  die  Gewebe  und  die  Winid- 
sekrete  nur  schwer  zu  vollführen  vermögen.  Dieses  ist  der  Grund,  weshalb  man 
von  der  Verwendmig  der  Salole  als  antiseptische  Streupulver  abgekommen 
und  die  vereinzelten  Versuche  der  Chemiker  neue  Salole,  für  diese  Zwecke  aus 
hilligen  Substanzen  dargestellt,  als  Wimdstreupulver  einzuführen  stets  Schiff- 
bruch leiden. 


1)  Alfred  Einhorn,  München,  DRP.   234  217. 
-1  Bayer,  Elberfeld,  DRP.  234  852. 


572  Antiseptica  \ind  Adstringentia. 

Aus  der  großen  Reihe  der  eigentliclien  Salole  konnten  nur  'wenige  trotz 
der  vortrefflichen  Idee,  auf  der  sie  basiert  waren,  in  der  Therapie  zur  Gteltung 
kommen,  während  dieselbe  Grundidee  bei  der  Darstellung  der  Ester  des  Gua- 
jacols  z.  B.  in  der  Therapie  den  voUen  und  berechtigten  Sieg  errungen  hat.  Es 
mag  dies  zum  größten  Teile  darauf  zu  beziehen  sein,  daß  die  XebenTrirkungen 
der  Salicylsäure,  die  zu  bekämpfen  hier  in  erster  Linie  beabsichtigt  war,  meist 
so  unwesenthche  sind,  daß  es  kaum  notwendig  erscheint,  ein  neues  teures  Prä- 
parat für  diese  einzuführen. 

Das  eigentMche  Salol,  der  SaUcylsäurephenylester  hat  von  den  Substanzen 
dieser  Gruppen  die  größte  Verbreitung  gefunden.  Neben  diesem  konnten  nur 
die  ^-Naphtholderivate  der  Salicylsäure 

Y'^iO  ■  CO  ■  C5H1  ■  OH 

und  der  Benzoesäure  (Benzonaphthol) 

/^O  •  CO  •  C'jH- 
'\/ 

welch  letztere  aber  nach  Sahli  den  Nachteil  haben,  daß  sie  im  Darme  nur  schwer 
verseift  werden,  zur  Verwendung  gelangen. 

p-Acetaminobenzoesäure-/?-naphthylester        CH3  •  CO  •  NH  •  CgH^  •  CO  •  0 

•  C10H7  und  p-Benzoylaniinobenzoesäure-/J-naphthylester  C8H4  •  CO  •  XH  •  CgH^ 

•  CO  •  0  •  CjqH;  wurden  von  Reverdin  und  Crepieux^)  beschrieben  und  in 
Höchst  geprüft.  Beide  Substanzen  sind  in  geringem  Maße  Blut-  und  Nierengifte. 
Sie  wirken  nicht  kräftiger  als  Benzonaphthol. 

COO  •  C  IT 

Der  Versuch,  Phthalsäiu-ediphenyläther  C6Hj<p„Q  '  „'-^^  in  die  Therapie 

einzuführen,  den  Marfori  mid  Giusti^)  unternommen,  muß  ebenfalls  als 
gescheitert  angesehen  werden.  Langsam  spaltet  sich  aus  dem  Phthalsäure- 
diphenylester  Phenol  im  Darme  ab  und  ein  großer  Teil  des  Esters  geht  unver- 
ändert mit  dem  Kote  fort.  Phthalol  ist  ein  kräftiges  Darmdesinfektionsmittel, 
Phthalsäure  ist  weniger  giftig  als  Salicylsäure.  Nach  Versuchen  von  Mohr 
(Privatmitteilung)  ist  Phthalsäiu'e  nicht  giftiger  als  Salicylsäure,  aber  Phthal- 
säureanhydrid  ist  weit  giftiger. 

Von  geringer  praktischer  Bedeutung  müssen  solche  salolartige  Körper  er- 
scheinen, die  saure  Phenolester  darstellen,  ebenso  wie  solche,  die  leicht  in  saure 
Phenolester  übergehen,  weim  auch  ihr  physiologisches  Verhalten  im  Organismus 
von  großem  theoretischen  Interesse  ist.  Autenrieth  und  Vamossy^)  haben, 
indem  sie  nach  der  Schotten-Baumann-Methode  Phenole  in  lOproz. 
Natronlauge  mit  Phosphoroxychlorid  schüttelten,  Triphenylphosphat  bekommen 
PO(OCgH5)3  .  Dieser  Ester  wird  im  Organismus  in  der  Weise  aufgespalten, 
daß  Diphenylphosphorsäure  HOjPCOCgHj),  und  Phenol  entstehen.  Diphenyl- 
jshosphorsäure  wird  aber  im  Organismus  nicht  weiter  zerlegt,  so  daß  von  den 
drei  im  Ester  enthaltenen  Phenolmolekülen  nur  eines  zu  physiologischen  Wir- 
kung gelangt.  Dieser  Vorgang  beweist,  daß  solche  saure  Ester  im  Gegensatz 
zu  den  neutralen  im  Organismus  wegen  ihrer  sauren  Eigenschaften  keinen  weite- 
ren Veränderungen  imterhegen  imd  den  Organismus  imverändert  verlassen. 
Dieses  Verhalten  gibt  den  richtigen  Fingerzeig,  daß  sich  zur  Darstellmig  von 
wirksamen  Salolen,  die  zui  voUen  Geltung  kommen  soUen,  nur  einbasische  Säuren 
gut  eignen,  da  man  bei  den  zweibasischen,  insbesondere  bei  den  anorganischen 

1)  BB.  33,  3417  (1902).  ")  Bol.  d.  scienze  med.   189T.         =)  HS.  25,  440  (1898). 


Aromatische  Antiseptica.  573 

Gefahr  läuft,  daß  ein  großer  Teil  der  wirksamen  Komponenten  mit  der  Säure 
gepaart  den  Organismus  unverändert  verläßt. 

Man  hat  weiter  den  Vorschlag  gemacht,  basische  Reste  mit  der  Salicyl- 
säure  zu  ähnlichen  Zwecken  in  Verbindung  zu  bringen.  Sahcylamid  z.  B. 
hat  den  Vorteil,  daß  es  leichter  löslich  als  SalicyLsäure,  stärker  analgesierend 
wirkt  als  diese  i).  Es  kommen  ihm  (siehe  S.  520)  nach  den  Versuchen  von 
Nebelthau  auch  narkotische  Wirkungen  zu.  Doch  haben  Versuche  anderer 
Art,  insbesondere  das  Kuppehi  der  Salicylsäiu-e  mit  antipyretischen  mid  eben- 
falls antirbeumatisch  wirksamen  Substanzen  mehr  Erfolg  gehabt.  Insbesondere 
haben  Acetylaminoverbindmigen  der  Phenole  in  diesem  Simie  Verwendung 
gefunden. 

Der  Salophen  genannte  Sahcylsäureacetyl-p-aminophenoläther  OH  •  CgH^ 
•  CO  •  0  •  CgH^  •  NH  •  CO  •  CH3  hat  dieselben  günstigen  Eigenschaften  wie  Salol, 
ist  dabei  geruch-  und  geschmacklos  imd  von  geringerer  Giftigkeit,  dabei  ist 
aber  die  zweite  wirksame  Komponente,  das  Acetyl-p-aminophenol  für  sich  zwar 
keine  besonders  antiseptisch  wirksame  Substanz  wie  Phenol,  hingegen  aber  ein 
Antipyi'eticum  im  Simie  der  Änihnderivate.  Von  diesem  Gesichtspunkte  aus 
müssen  auch  die  Substanzen  dieser  Reihe  betrachtet  werden.  Salophen  hat 
höchstens  Salicylsäurewirkung^). 

Von  dieser  Betrachtmig  ausgehend  ist  auch  SaUcylsäureformyl-p-amino- 
phenoläther  „ 

ein  minder  brauchbarer  Körper,  da  er  den  Formylderivaten  des  Anilins  eigen- 
tünüiche,  therapeutisch  nicht  verwertbare  Wirkungen  äußert,  worüber  im 
Kapitel:  AntipjTetica  (s.  S.  261)  das  Nähere  nachzulesen  ist. 


Salophen') 


C6H,<og  "    "^"•'    ^"'-CO. 


erhält  man,  wenn  man  den  Salieylsäure-p-nitrophenylester,  den  man  durch  Einwirkung 
wasserentziehender  Mittel  auf  ein  Gemisch  von  SaUcylsäure  und  p-Nitrophenol  erhält,  in 
alkoholischer  Lösung  mit  Zinn  und  Salzsäiu-e  reduziert.  Die  so  erhaltene  Aminoverbindung 
wird  durch  Behandeln  mit  Ess^säureanhydrid  in  das  Acetylderivat  übergeführt.  Zu  der- 
selben Substanz  kann  man  gelangen,  wenn  man  Acetyl-p-aminophenol  bei  Gegenwart  von 
Kondensationsmitteln,  wie  Phosphorosychlorid,  Phosphortriohlorid,  Phosphorpentachlorid 
auf  SaUcylsäure  einwirken  läßt,  am  besten  bei  Gegenwart  eines  indifferenten  Lösungsmittels, 
wie  etwa  des  Benzols. 

An  Stelle  der  SaUcylsäure  wurde  vorgeschlagen,  ELresotinsäure*)  zu  ver- 
wenden; man  erhält  die  Kresotmsäureacetylaminophenylester  nach  einem  der 
oben  beschriebenen  Verfahren,  ohne  daß  jedoch  diese  Substanz  medizinische 
Verwendmig  gefunden  hätten.  Der  Grund  ist  darin  zu  suchen,  daß  die  Kresotin- 
säure  vor  der  SaUcylsäure  in  bezug  auf  antirheumatische  Wirkung,  wie  schon 
ausgeführt  wurde,  kehie  Vorzüge  besitzt,  eher  aber  Nachteile,  so  daß  weder  die 
Kresotinsäuren  selbst  noch  deren  Derivate  als  Ersatzmittel  der  SaUcylsäure 
je  werden  Verwendung  finden  können. 

In  gleicher  Weise  wie  Acetylaminophenol  kann  man  auch  Laotylamino- 
phenol  zur  Darstellung  von  Salophenen  verwenden. 

Behufs  Gewinnung  erhitzt  man  entweder  Salicylsäurephenylester  mit  Milchsäure- 
anhydrid auf  ca.   150°,  oder  Aminochlorsalolehlorhydrat  mit  Lactamid^). 

')  Nesbitt,  Sem.  mM.   I89I,  Nr.  54. 

-)  Siebel,  Ther.  Mon.  1898,  31,  87,  519.  —  P.  Guttmann,  Deutsche  med.  Wochen- 
schrift 1891,   1359. 

3)  DRP.  62  533,  69  289.  *)  DRP.   70  714.  ^)  DRP.  82  635. 


574  Antiseptica  und  Adstringentia. 

Wie  p-AminoiJhenol,  so  kann  auch  Oxyjjhenacetin  zur  Darstellung  solcher 
esterartiger  Salicylsäurederivate  mit  einer  zweiten  antipyretisch  wirksamen 
Komj)onente  verwertet  werden. 

Oxyphenacetylsalicylat  erhält  man,  wenn  man  salicylsaures  Natron  mit  Chlorphen- 
acetin  mengt  mid  das  Gemisch  auf  180°  erhitzt.  Die  Reaktion  erfolgt  nach  folgender 
Gleichung : 

NH  •  CO  •  CH3       p  jj      OH  ^  NH  •  CO  ■  CH,  , 

^6^4 <o  .  CoH^Br         +  ^«^«^COONa       ^6^4 <-o  •  CoHj  •  000  •  CeH^  •  OH  +  ""^^^    '■ 

Doch  hat  dieses  Präparat  keine  praktische  Verwendung  gefunden. 

Wemi  man  Methyl-  oder  Athylsalicylsäure-)  nitriert,  so  erhält  man  eine  Nitroalkyl- 
salicylsäure  (1:2:5  =  COOH  :  OR  :  NOj).  Wenn  man  diese  Substanz  in  üblicher  Weise 
reduziert,  so  gelangt  man  ziu-  Aminomethyl-  oder  -athylsalicylsäure,  welche  mit  Essigsäure 
anliydrid  behandelt,  Acetylaminomethyl-  oder  -athylsalicylsäure  liefert. 

Diese  Substanz  führen  wir  als  tj^iisches  Beispiel  an,  wie  kritiklos  Körper 
dieser  Art  dargestellt  und  in  die  Therapie  eingeführt  werden.  Man  kann  sie  ja 
als  die  Carbonsäure  einer  dem  Phenacetin  isomeren  Verbindung  ansehen. 
Nim  ist  aber  die  Carbonsäure  des  Phenacetins  wegen  des  Vorhandenseins  der 
Carboxylgruppe  eine  unwirksame  Substanz.  Anderseits  ist  schon  die  Alkyl- 
saUcylsäm'e  wegen  der  Verdeckung  des  Hydroxyls  durch  die  Alkylgruppen 
eine  nur  mehr  wenig  wirkende  Verbindung.  Solche  Substanzen  erweisen  sich 
dann  natürlich  als  wertlos. 

Wie  von  der  Salicylsäure,  so  wurde  auch  von  der  antiseptisch  wirkenden  Phenylessig- 
säure  CgH^  •  CHj  ■  COOH  ein  benzoyliertes  Aminoderivat  dargestellt,  indem  man  die  aus 

Mandelsäure  CgHj  •  CH  <pn(-vTT  erhältliche  Aminophenylessigsäure  NH2  •  C8H4  •  CHj  •  COOH 

in  bekamiter  Weise  benzoyliert').    Sie  soll  ein  gutes  Darmdesinficiens  sein. 

Diese  Benzoylaminophenylessigsäure  CgHj  •  CO  •  NH  •  C6H4  •  CHj  •  COOH 
läßt  sich  nach  der  Nenckischen  Synthese  in  den  Benzoylaminophenylessig- 
säurephenylester  C^Hs  •  CO  •  NH  •  C^H^  •  CH,  •  COO  •  CgR^  überführen*). 

Es  wurde  auch  ein  Versvich  gemacht,  che  Acetamidverbindungen  aro- 
matischer Carbonsäuren  darzustellen. 

So  hat  man  Phenoxylacetamid  CgHj  •  O  •  CHj  •  CO  •  NHj  durch  Erhitzen  von  Phenol 
mit  Chloracetamid  und  alkoholischem  Kali  erhalten^).  Vom  Guajacol  ausgehend  bekommt 
man  in  gleicher  Weise  Guajacosylacetamid 

„  „     .OCH3  (1) 

^6    «^OCHj  •  CO  •  NH2  (2) 

Ferner  kann  man  erhalten  «-  oder  /3-Naphthoxylacetamid  CiqH,  •  OCHj  •  CO  •  NHj. 
Weiter  kann  man  in  gleicher  Weise  erhalten  Acetamidäthersalicylamid 

CO  •  NH^  (1) 
'-8^4<-ocH2  •  CO  •  NH2  (2) 

vmd  Tribromphenoxylacetamid  Br3CjH2  •  OCH^  •  CO  •  NHj .  In  derselben  Weise  reagieren 
auch  die  Salze  aromatischer  Carbonsäuren  mit  Chloracetamid  und  man  kann  vom  Kalium- 
salicylat  ausgehend  zum  Salicylsäureacetamidester  gelangen. 

„  „     .CO  •  OCH2  •  CO  •  NH^ 

'^6»4<OH 

Ein  Derivat  der  SaMcylsäure  und  des  Resorcins  ist  das  in  Wasser  und  Säuren 
unlöshche  Resaldol. 

Es  ist  dies  die  Diacetylverbindimg  eines  Reaktionsproduktes  zwischen  Chlormethyl- 
salicylaldehyd  und  Resorcin,  welche  durch  Einwirkung  \'on  2  Mol.  des  letzteren  auf  1  Mol. 
des  ersteren  entsteht.  Man  erhält  ein  Produkt  mit  der  empirischen  Formel  CjqHjjOj, 
welches  Diresorcylmethylensalicylaldehyd  sein  soll  und  diacetyliert  dieses*). 

1)  Höchst,  DRP.  88  950.    -)  DRP.  71  258.    =)  DRP.  55  020. 

•)  DRP.  55  027.    ^)  DRP.  108  342.    «)  Bayer,  DRP.  117  890,  123  099. 


Aromatische  Antiseptica.  575 

Es  wird  im  !Darme  unter  Abspaltung  von  Acetylgruppen  gelöst  und  wirkt 
alkaUsch-antiseptisch  und  adstringierend. 

Als  wirksamer  Bestandteil  des  Perubalsams,  insbesondere  gegen  Scabies, 
werden  zwei  Ester  des  Benzylalkohols  C^Hj  •  CHg  •  OH  angesehen,  und  zwar  der 
Zimtsäurebenzylester  und  Benzoesäurebenzj'lester.  Der  reine  Benzoesäure- 
benzylester  ist  im  Gegensatze  zum  Perubalsam  färb-  mid  geruchlos  und  wirkt 
prompt  gegen  Scabies;  er  wird  Peruscabin  genannt.  Seine  Lösung  in  Ricinusöl 
heißt  Peruol. 

Cresatin  (m-Kresolessigsäureester)  wird  als  Antiblennorhoicum  empfohlen. 

Kreosot  und  Guajacol. 

Sommerbrodt  gebührt  das  Verdienst,  auf  die  günstigen  Wirkungen  des 
Buchenholzteerkreosots  bei  der  Behandlung  der  Lungentuberkulose  hingewiesen 
zu  haben.  Es  ist  hier  nicht  der  Ort,  auf  die  Ursache  dieser  Kreosotwirkungen, 
welche  keineswegs  als  spezifische  anzusehen  sind,  einzugehen;  jedenfaUs  steht 
es  fest,  daß  bei  Phthisikem  eine  subjektive  und  oft  objektiv  nachweisbare  Bes- 
semng  des  Allgemeinzustandes,  Gewichtszimahme  infolge  von  Appetitzunahme 
und  insbesondere  ein  Zurückgehen  der  katarrhalischen  Erscheinungen  zu  ver- 
zeichnen ist. 

Als  wirksamer  BestandteU  des  Kreosots  ■wurde  von  Sahli  Guajacol,  der 
Brenzcatechinmonomethyläther  __„ 

"  lOH 

zu  einer  Zeit,  wo  Guajacol  noch  nicht  rein  dargestellt  wurde,  angenommen.  Von 
anderen  Autoren  wurde  als  wirksamer  Bestandteil  neben  dem  Guajacol  das 
Kreosol,  der  Monomethyläther  des  Homobrenzcatechins  OH  •  CgHg  -  (CH3)  •  OCH3 
bezeichnet.  Dieses  ist  nach  dem  im  allgemeinen  Teil  Ausgeführten  weniger 
giftig  und  stärker  antiseptisch  als  Guajacol,  da  der  Ersatz  von  Kemwasserstoff 
durch  Methylgruppen  die  Giftigkeit  aromatischer  Verbindungen  für  den  tie- 
rischen Organismus  herabgesetzt,  während  die  antiseptische  Kraft  erhöht  wird, 
aber  es  zeigt  in  der  Therapie  dem  Guajacol  gegenüber  keine  besondere  Über- 
legenheit. 

Die  ReindarsteUung  von  Guajacol  und  Kreosol  aus  dem  Buchenliolzteerkreosot  wurde 
zuerst  in  der  Weise  ausgeführt,  daß  man  Kreosot  mit  heißer  Atzbarytlösung  mischt«'),  den 
Krystallbrei  abpreßte,  mit  Salzsäiu-e  zerlegte  und  das  Gemisch  von  Guajacol  und  Kreosol 
mit  Wasserdampf  übertrieb.  Guajacol  und  Kreosol  werden  dann  durch  Rektifikation 
getrennt.  Diese  Trennungsmethode  gibt  aber  kein  reines  Guajacol.  Die  käuflichen  flüssigen 
Guajaeolsorten  des  Handels  enthielten  anfangs  höchstens  50°o  Guajacol.  Später  wurde  die 
Reindarstellimg  des  Guajacol  durch  Ausfrieren  des  flüssigen  sogenannten  „reinen  Guaja- 
cols"  des  Handels  vorgeschlagen-). 

Die  Reindarstellung  des  Guajacols  geschieht  am  vorteilhaftesten,  wenn  man  von 
Kreosot  ausgeht,  durch  Verest«m  des  Kreosots,  Krystallisation  des  Guajacolesters  und 
Verseifen  desselben. 

Auf  synthetischem  Wege  wird  Guajacol  durch  Methj-lierung  des  Brenzcatechins 
gewonnen,  eine  Methode,  welche  teclvnisch  wegen  der  Kostspieligkeit  und  der  technischen 
Mängel  dieses  Verfalu-ens  wenig  angewendet  wird. 

Statt  mit  Nitrosomethylurethan  kann  man  mit  Nitrosoalkylhamstoffen  bei  Gegen- 
wart von  Basen  veräthern;  so  erhält  man  aus  Morphin  in  methylalkoholischer  natron- 
alkalischer Suspension  bei  0°  mit  Nitrosomonomethylliamstoff  Kodein.  Aus  /?-Naphthol 
mit  Nitrosodiäthylhamstoff  /)-Naphtholäthyläther.  Aus  Brenzcatechin  und  Nitrosomono- 
methylharnstoff  Guajacol ;  aus  Guajacol  und  Nitrosodimethylharnstoff  Veratrol.  Aus 
Pyrogallol  und  Nitrosodiäthylliamstoff  PjTogalloltriäthyläther^). 

')  Heyden,  DRP.  53  307,  56  003.  -)  DRP.-Anm.  H.   13  216  (versagt). 

^)  Bayer,  DRP.    189  843. 


576  Antiseptica  und  Adstringentia. 

Behufs  Darstellung  von  Guajacol  aus  Brenzcatechin  werden  Brenzcateclün  und 
Alkali-  oder  Erdalkalisalze  der  Methylschwefelsäure  in  Gegenwart  von  Veratrol  als  Ver- 
dünnungsmittel bei  160 — 180°  unter  allmählicher  Zugabe  einer  schwachen  Base  wie  Na- 
triumcarbonat  oder  Natriumbicarbonat  erhitzt.    Ausbeute  85%  GuajacoP). 

Weit  bequemer  und  billiger  gelangt  man  zum  Guajacol  von  dem  billigen  Anisidin 
NHj  •  C5H4  •  OCH3  ausgehend,  indem  man  dasselbe  diazotiert  iind  bei  Gegenwart  eines 
Kupfersalzes  verkocht: 

o-Anisidin  CH3O  •  CjH^  •  NH2  wird  diazotiert  und  die  Lösung  in  konz.  Schwefelsäure 
gegossen,  die  viel  Natriumsulfat  enthält.  Man  erhitzt  auf  135—160°  und  bewirkt  dadurch, 
daß  das  Produkt  der  Einwirkvmg  der  Schwefelsäure,  das  Guajacol,  sofort  mit  dem  Wasser- 
dampf übergeht.  Dadurch  wird  die  Bildung  von  Nebenprodukten  sehr  eingeschränkt. 
Vielfach  wird  beim  Verkochen  ein  Kupfersalz  zugesetzt. 

Guajacol  hat  wie  Kreosot  selbst  bei  interner  Anwendung  ätzende  Eigen- 
schaften und  ist  deshalb  giftig.  Seine  desinfizierende  Kraft  ist  größer  als  die 
des  Phenols.  Die  ätzende  und  antiseptische  Wirkung  dieser,  ebenso  wie  Brenz- 
catechin lind  Phenol,  auch  antipyretisch  wirkenden  Substanz  beruht  auf  der 
Gtegenwart  des  freien  Hydroxyls. 

Seine  allgemeinen  Wirkungen  bestehen  in  einer  Erregung  und  Lähmung 
der  Nervenzentren.  Die  krampfartigen  Erscheinungen  treten  bei  der  Vergiftung 
um  so  weniger  hervor,  je  höher  die  Tierklasse  ist.  Auch  die  Krampfwirkung 
steht  mit  dem  Vorhandensein  des  freien  Hydroxyls  in  innigem  Zusammenhange. 
Wird  nämlich  auch  das  zweite  Hydroxyl  des  Brenzcatechins  methyliert,  so 
gelangt  man  zum  Veratrol,  dem  Brenzcatechindimethyläther, 

OCH 
^OCH, 


welcher  dreimal  weniger  giftig  ist  als  Guajacol,  bei  größeren  Gaben  nur  eine 
schnelle  und  tiefe  Lähmung  hervorruft,  ohne  vorher  aber  Krämpfe  zu  bewirken. 
Dem  Veratrol  kommen  aber,  wde  dem  Brenzcatechin  und  dem  Guajacol,  anti- 
pyretische Eigenschaften  zu.  Veratrol  soll  aber  örtHch  stärker  ätzen.  Es  macht 
in  geringer  Weise  Rausch,  Taumeln  und  Absinken  der  Temperatur  und  des  Blut- 
druckes^). 

Guajacol  hat  im  aUgemeinen  ähnliche  Wirkungen  wie  Phenol  und  Brenz- 
catechin, ist  aber  weniger  giftig,  seme  antipyretische  Kraft  ist  hingegen  größer. 
Die  Absonderung  der  Brouchialschleimhaut  und  der  Nieren  wdrd  nach  Eiimahme 
von  Guajacol  erhöht. 

Bei  der  Verabreichung  von  Guajacol  werden  28%  an  Glykuronsäure,  22% 
an  Schwefelsäure  gebiniden  ausgeschieden,  beim  Carbonat  20.48%  an  Glykuron- 
säure, 33.04%  an  Schwefelsäure,  bei  Guajacolzimtsäureester  26.28%  an  Gly- 
kuronsäure, 44.56%  an  Schwefelsäure,  guajacolsulfosaures  KaUum  wird  zu 
23 — 27  %  an  G  lykuronsäure  gebunden  ausgeschieden .  Guajacolglycerinäther  wird 
zu  40 — 50%  an  Glykuronsäure  gebunden,  zu  10 — 30%  an  Schwefelsäure  gebunden 
ausgeschieden.  Die  Glykuronsäureausscheidung  nach  Verabreichung  von  guaja- 
colsulfosaurem  Kalium  tritt  erst  nach  Verabreichung  großer  (3-g-)Dosen  auf  ^). 

Nach  Eschle*)  tritt  nach  sehr  großen  Gaben  von  Guajacol,  nicht  aber 
von  Guajacolcarbonat,  ein  seiner  Natur  nach  bisher  nicht  bestimmbarer  or- 
ganischer Körper  im  Harn  auf,  welcher  durch  Salzsäure  in  zähen,  schleimigen 
Flocken  gefäUt  wird  und  möghcherweise  zur  Verstopfung  der  Hamkanälchen 
und  Unterdrückung  der  Nierenfunktion,  mithin  zu  schweren  Schädigungen  des 
Organismus,  Anlaß  geben  kann. 

M  Zollinger,  Rohling,  DRP.  305  281.  -)  Surmont,  Sem.  med.   1893,  38. 

=>)  Th.  Knapp.  Schweizerische Wochenschr.  f. Chem. u. Pharm.  49,  229,  245,  257  (1911). 
■»)  Z.  f.  kl.  Med.  39,  H.  3  und  4. 


Aromatische  Antiseptica.  577 

Styracol  (Zimtsäureguajacolester)  findet  man  im  Kot  zu  86%  wieder,  nur 
durch  Fäulnis  wird  eüi  kleiner  Teil  zerlegt.  Monotal  (Äthylglykolsäureester 
des  Guajacols)  wird  stark  gespalten  und  das  freiwerdende  Guajacol  gut  resor- 
biert. Beim  Hunde  werden  59%  und  beim  Menschen  36%  mit  dem  Harne 
ausgeschieden.  Auch  Guajacolacetat  (Eucol)  wird  im  Darmkanal  stark  ge- 
spalten.   Beim  Menschen  wurden  im  Harn  56%  nachgewiesen i). 

Die  günstigen  Wirkvmgen  des  Kreosots  mid  Guajacols  haben  diesen  beiden 
Präparaten  einen  stetig  steigenden  Bedarf  gesichert,  um  so  mehr,  als  bei  der 
chronischen  Tuberkulose  die  Mehrzahl  der  Arzte  zu  Klreosotpräparaten  greift, 
da  ja  zu  lang  andauernder  medikamentöser  Behandlung  der  Phthise  diese 
unter  den  bis  nun  angewendeten  antiseptischen  Mitteln  wohl  die  geeignetsten 
sind. 

Statt  des  Guajacols  wurde  versucht,  analog  gebauten  Körpern  in  die  Thera- 
pie Eingang  zu  verschaffen.  Statt  der  Methylgruppe  wurde  in  das  Brenzcate- 
chin  die  Äthylgruppe  eingeführt.   Der  so  dargestellte  Brenzcatechinmonoäthyl- 

äther, 

OC2H5 


Guäthol,  hat  naturgemäß  eine  identische  Wirkung  wie  Guajacol,  ohne  vor 
diesem  wesentliche  Vorzüge  zu  besitzen.  Die  analgetische  Wirkimg  ist  nach 
Bück  deuthch  ausgeprägt. 

Solche  höhere  Homologe  des  Brenzcatechins  wollte  Baum  nach  einem  zurückgezo- 
genen Patente  durch  Erliitzen  von  Brenzcatechin  mit  Äthylalkohol,  Propylalkohol,  Iso- 
butylalkohol  oder  Amylalkohol  bei  Gegenwart  von  Chlorzink  auf  160 — 220°  unter  Druck 
darstellen. 

Guajacolpräparate,  in  denen  Hydroxylwasserstoff  durch  eine  Acylgruppe 

ersetzt  ist. 

Von  sehr  großer  Bedeutung  bei  der  massenhaften  Anwendung  des  Kreosots 
und  Guajacols  war  es,  die  imangenehmen  Ätz-  und  Giftwirkungen  dieser  Prä- 
parate zu  coupieren,  was  sich  ja  leicht  nach  analogen  Methoden  in  verwandten 
Gruppen,  insbesondere  nach  dem  Salolprinzipe  Nenckis  bewerkstelligen  Heß. 
Es  war  ein  bedeutender  Vorteil,  daß  bei  den  ersten  Präparaten  dieser  Art, 
welche  dargestellt  wurden,  man  diese  Phenole  mit  emem  an  und  für  sich  im- 
wirksamen  Körper,  der  Kohlensäure,  verbunden  hat,  statt  der  sonst  angewen- 
deten aromatischen  Carbonsäuren,  und  so  partiell  wirksame  Salole  erhielt. 
Späterhin  wurden  Kreosot  und  Guajacol  mit  einer  Reihe  von  anorganischen 
und  organischen  Säuren  verestert.  Es  ist  klar,  daß  keines  dieser  Präparate 
vor  dem  anderen  irgendwelche  nennenswerte  Vorteile  bieten  kann.  Alle  sind 
sie  Ester  des  Guajacols,  die  im  Darme  die  wirksame  Komponente  Guajacol 
abspalten  und  deren  physiologische  und  therapeutische  Wirkvmg  nur  auf  dem 
Guajacolgehalt  beruht. 

Die  Darstellung^)  des  sogenannten  Kreosotcarbonats  und  Guajacolcarbonats  [letzteres 
wird  DuotaP)  genannt]  geschieht  in  der  Weise,  daß  man  autf  eine  alkalische  GuajacoUösung 
Phosgengas  einwirken  läßt. 

Man  erhält  so  aus  Kreosot  ein  in  Wasser  unlösliches,  wenig  schmeckendes 
Präparat,  frei  von  Ätz-  und  Giftwirkungen  des  Kreosots.  Nur  der  Rauch- 
geschmack des  Kreosots  haftet  diesem  Ester  noch  an. 

^)  G.  B.  Valeri,  Arch.  intern,  de  Pharmacodyn.   19,  97. 

-)  DRP.  58  129.  3)  Berliner  klin.  Wochenschr.   1891,  Nr.  51. 

Fränkel,  Arzneimittel-Synthese.    5.  Aufl.  37 


578  Antiseptica  und  Adstringentia. 

Geschmacklose  Verbindungen  dieser  Art  kann  man  wie  aus  Kreosot  und 
Guajacol  auch  aus  Menthol,  den  Borneolen,  Carvacrol,  Kreosol,  Eugenol  und 
Gaultheriaöl  (Sahcylsäuremethylester)  erhalten. 

Die  Reaktion  verläuft  in  der  Weise,  daß  man  ein  Molekül  Phosgen  (gasförmig  oder 
gelöst)  entweder  auf  zwei  Moleküle  der  betreffenden  hydroxylhaltigen  Verbindungen  bei 
erhöhter  Temperatur  nach  der  Gleichung: 

2  XOH  H-  COCl  =  xO>^*^  +  "  ^*^' 

oder  auf  zwei  Moleküle  eines  trockenen  oder  gelösten  Salzes  dieser  Stoffe  nach  der  Gleichung ; 

2  XONa  +  COCU  =  xo>  CO  ^-  2  NaCl 
einwirken  läßt. 

Statt  des  Phosgengases  kann  man  Chlorkohlensäureamid  nehmen,  wodurch  man 
zu  den  Carbaminsäureestern  der  Phenole  gelangt.  Ein  Molekül  Chlorkohlensäureamid 
C'ICO  •  NHj  reagiert  mit  einem  Molekül  des  betreffenden  Phenols  nach  der  Gleichung 
XOH+ClCO-NH2  =  (XO)CO(NH2)  +  HCloderXONa+ClCO-NH^  =  (XO)CO(NH2)  +  NaCl. 

SjTnmetrische  neutrale  Kohlensäureester  erhält  man,  wenn  man  die  nach  DRP.  1 16  386 
darstellbaren  chlorhaltigen  Derivate  der  Pyridinbasen  (aus  Chlorameisensäureester  und 
Pyridin basen)  dm-ch  Wasser  in  neutrale  Kohlensäureester  zersetzt: 

2  [(CjHjNjOR]  •  C0[(C5H,N)C1]  +  H^O  =  C0(0R)2  +  CO„  +  2  (C5H5N  •  HCl)  +  2  (C^H^N). 

So  wurden  dargestellt:  Dimethylcarbonat  und  Diphenylcarbonat^). 

Die  Carbaminsämreester  kann  man  auch  erhalten  durch  Einwirkung  von  einem  Molekül 
des  betreffenden  hydroxylhaltigen  Körpers  oder  seines  Salzes  auf  ein  Molekül  Phosgen  und 
darauf  folgende  Behandlung  mit  Ammoniak  gemäß  folgenden  Gleichungen: 

(1)  XOH  +  COa„  =  (XO)COCl  +  HCl     oder 
XONa  +  COCC  =  (XO)COCl  +  NaCl. 

(2)  (XO)COCl  +  2NH3  =  (X0)C0(NH2)  +  HCl  +  NH3. 

Nach  diesem  Verfahren  wiu'den  dargestellt  die  Kohlensäureester  des 
Menthol,  d-Borneol,  1-BorneoI,  Guajacol,  Kreosol,  Eugenol,  Carvacrol,  Gaul- 
theriaöl und  die  Carbaminsäureester  des  Menthol,  d-Borneol,  1-Borneol,  Carva- 
crol, Guajacol,  Kreosol,  Eugenol,  Thymol,  Geraniol.  Ferner  wiu-de  auf  diese 
Weise  Salicylsäureäthylester  in  das  Carbamat  verwandelt. 

Außer  diesen  rein  dargestellten  Substanzen  wurde  dasselbe  Veresterungs- 
verfahren, wie  schon  erwähnt,  auf  das  Kreosot  genannte  Gemenge  von  Phenolen 
angewendet  mid  ein  Kreosotcarbonat  genarmtes  Gemenge  von  reizlosen  neu- 
tralen Kohlensäm-eestem  erhalten. 

Statt  in  die  Carbonate  oder  Carbamate  können  diese  Phenole  auch  in  die 
Alkylcarbonate^)  verwandelt  werden,  z.  B.  Eugenol  in  Eugenolmethylkohlen- 
säuxeester.  Die  so  erhaltenen  Stoffe  sind  im  Gegensatze  zu  den  festen  Carbo- 
naten  oder  Carbamaten  flüssig  und  werden  aus  diesem  Grunde  zu  Injektionen 
empfohlen,  haben  aber  keinerlei  praktische  Bedeutung  erlangt. 

Von     diesen     Verbindvmgen     wurden     dargestellt     EugenoUnethylkohlensäureester 
OC3H5  OC,H 

C8H3^0CH3  ,    Eugenoläthylkohlensäureester   C^Hj^OCHj  ,   Guajacolmethyl- 

^OCOO-CHj  Q^g  ^OCOO-CjHs  ^^^ 

kohlensäureester  CjHj<„„^2.  _  p„  ,  Guajacoläthylkohlensäureester  C5H4<j-,p„?,  _  „  „ 

Kreosolmethylkohlensäureester     CH3  •  CjH3<„p„j!>  _  „„       Kreosoläthylkohlensäureester 

CH3  •  C5H3<;|-,p|-.ä.  .  p  -nr  >  Kreosotäthylkohlensäureester,  Kreosotmethylkohlensäureester, 

Carvacrolmethylkohlensäureester  CH3  •  (^e^z-CrtTnci    ptt  •  Carvacroläthylkohlensäureester 

O  -TT  UCvJU  •  CXI3  COO  ■  CH 

CH3  ■  C6H3<j,'  j.'p.         _  ,  GaultheriaölmethylkohlensäureesterCgHj<„    r^nn  .  pH  '^^'^' 

theriaöläthylkohlensäureester  C'ßH4<|-.  .  p^z-v  .'p  tt  >  Athylsalicylatmethylkohlensäurester 
CeH4<Q    QQQ.  pjT  .  Athylsalicylatäthylkohlensäureester  C5H4<„    rOO  •  C  H  ' 
1)  Bayer,  Elberfeld,  DRP.   118  566.  -)  DRP.   60  716. 


AromatUche  Antiseptica.  579 

Die  Heretellung  dieser  Stoffe  erfolgt  durch  Einwirkung  von  CWorameisensäureester 
auf  die  betreffenden  hydroxylhaltigen  Körper  oder  auf  deren  Salze  in  festem  oder  gelöstem 
Zustande. 

In  Verfolgung  der  gleichen  Idee  wurde  in  gleicher  Weise  auch  IsoeugenoU) 
in  das  Carbonat 

C0(0C5H3<q3^  jj,  in  das  Methylcarbonat  CO<Q^3g  J^z^^ 
und  in  das  Athylcarbonat  CO<q  V.  g  ^(^3^$    übergeführt. 

Diese  Methode  der  Darstellung  der  Kohlensäureester  wurde  außer  auf  die 
natürhch  vorkommenden  Substanzen  auch  auf  die  synthetischen  Derivate  des 
Brenzcatechins-)  angewendet,  um  auf  diese  Weise  die  synthetischen  Ersatzmittel 
des  Guajacols,  in  denen  statt  der  Methylgruppe  höhere  Alkylgruppen  ein- 
getreten sind,  von  ihren  ätzenden  Eigenschaften  zu  befreien.  So  wurden  dar- 
gestellt die  Carbonate  des  Brenzcatechinmonoäthyläther,  Brenzcatechin- 
monopropyläther,  Brenzcatechinmoncisopropyläther,  Breuzcateehinmonobutyl- 
äther,  Brenzcatechinmonoisobutyläther,  Brenzcatechinmonoamyläther,  des 
Brenzcatechins  selbst  und  schheßhch  des  Homobrenzcatechinmonomethyl- 
äthers. 

Der  so  gewonnene  Kohlensäiu-eäther  des  Brenzcatechins  kann  hinwiederum 
als  Ausgangsmaterial  zur  Darstellung  gemischter  Verbindungen,  welche  neben 
Brenzcatechin  einen  zweiten  ■nirksamen  Körper  enthalten,  verwendet  werden. 
Wenn  man  Brenzcatechincarbonat  C^Uf<Q:>CO  mit  Verbindungen,  die  alko- 
holische Hydroxylgruppen,  primäre  oder  sekvmdäre  Aminogruppe  enthalten, 
in  Reaktion  bringt,  findet  eine  Addition  statt,  ein  Phenolhydroxyl  des  Brenz- 
catechins wird  regeneriert  und  der  Rest  der  sich  addierenden  Verbindungen 
wird  an  das  Carboxyl  gebunden,  so  daß  gemischte  Kohlensäureester  ent- 
stehen, z.  B. 

QH4<C>C0  -r-  C^H,  ■  OH  =  C,H,<^^'^''^  '  <^*^Ä 

C6H4<^CO  -f  C,H,  •  XH„  =  CVH,<^2*^'^  '  ^'^  "  '^Ä 

Man  kann  nach  diesem  Verfahren^)  erhalten:  Brenzcatechinäthylcarbonat, 
Brenzcatechinamylcarbonat,  Phenj'lcarbaminsäurebrenzcatechinester,  Osäthyl- 
phenylcarbaminsäurebrenzcatechinester,  p-Phenylcarbonsäxireestercarbamin- 
säurebrenzcatechinester,  Phenylhydrazid  der  Brenzcatechinkohlensäure,  Di- 
äthylaminderivat  der  Brenzcatechinkohlensämre,  Piperidid  der  Brenzcatechin- 
kohiensäiu'e. 

Läßt  man  auf  Verbindungen,  welche  mehrere  Aminogruppen  enthalten,  Brenzcate- 
chincarbonat ein^virken,  so  gelingt  es  nicht  nur  1  Mol.  des  letzteren,  sondern  auch  mehrere 
mit  der  Polyaminoverbindung  zu  kondensieren. 

So  kann  man  das  Hydrazid  der  Brenzcatechinkohlensäure  HjN  •  üsH  •  COO 
•  CgH^  •  OH  und  das  Bishydrazid  der  Brenzcatechinkohlensäure 

HO  ■  CgHj  •  O  •  CO  •  XH 

HO  •  CjHj  ■  O  •  CO  •  NH 

femer  das  Äthylendiamhi  der  Brenzcatechinkohlensäure 

CH„  •  XH  •  COO  •  C^H,  •  OH 

CH.  ■  XH  ■  COO  •  CgHj  •  OH 
erhalten. 


1)  DRP.  61848.  2)  uRp    72806.  =)  DRP.  92535. 


580  Antiseptioa  und  Adstringentia. 

Bei  der  Darstellung  von  Carbonaten  der  Phenole  ergibt  sich  manchmal 
der  Ubelstand,  daß  Phosgen  eine  schädliche  Einwirkmig  auf  leicht  veränderliche 
Stoffe  wie  Isoeugenol  oder  Menthol  zeigt. 

Man  vermeidet  diese  Nebenwirkung  des  Phosgens,  indem  man  zuerst  Diäthylcarbonat 

O    P  TT  O  -  P  TT 

CO<„    „^Tj'  oder  noch  besser  Diphenyloarbonat  CO<p,    „^„'  darstellt  und  erst  mit 

U  •  '-'2^5  '-'  ■  ^e^5 

diesem  diejenigen  Phenole,  deren  Carbonate  man  darzustellen  wünscht,  behandelt,  worauf 
sich  das  gewünschte  Carbonat  bildet  und  Äthylalkohol  oder  Phenol  regeneriert  wird^). 

Der  Reaktionsverlauf  ist  nun  bei  der  Darstellung  des  Isoeugenolcarbonats 
folgender : 

CO<^}  -;-  2  CjH-  •  OH  T-  2  NaOH  =  CO<q  |  ^«|[5  +  2  ClNa  +  2  H^O 

n  •  r  TT  /^3^s  /*-'  ■  C6H3<p  TT 

CO  <o  .  p^h'  +  2  C^Hj^OCHj  =  C0(  'X^^'  +  2  CeH^  •  OH 

"    ^6^,  xqh  ^0-CeH3<^'^^ 

Eine  weitere  Modifikation  bei  der  Darstellung  der  verschiedenen  Phenolcarbonate 
war,  daß  man  statt  der  direkten  Wirkung  von  Phosgen  und  Alkali  auf  Phenole,  die  durch 
Einwirkimg  von  Phosgen,  Perehlormethylformiat  oder  Hexachlordimethylcarbonat  auf 
Basen  der  Pyridinreihe  erhältlichen  Chlorcarbonyle  auf  Phenole  einwirken  läßt,  wobei  man 
den  Alkalizusatz  erspart^). 

Der  Reaktionsverlauf  ist  folgender^): 

Man  erhält  aus  Kohlenoxychlorid  und  Pyridin  das  Pyridinderivat 


Cl 

a 

/ 

(I)  C  :  0  +  2  (C5H5N)  = 

\ 
Cl 

>NC5H, 
=  C  :  0 
>NC5H, 
Cl 

aus  Perehlormethylformiat 

Cl 

/ 
(II)  C:0 

^          \            ,C1 

0  — C^C1+4(C5H5N)  = 
^Cl 

/Cl       ^ 

/  >NC,H, 
=  2     C:0 

\  >NC,H, 

\ci          1 

aus  Hexachlordimethylcarbonat 

0— CfCl 
/          ^Cl 
(III)  C:0              + 

\          /Cl 

0  — C^Cl 

^01 

Gl 

6  (C5H5N) 

>NC3H5 
=  3C:0 

>NC,H3 
Cl 

Mit  Alkoholen,  Phenolen  und  phenolartigen  Körpern  tritt  Umsetzung  nach  folgendem 
Schema  auf: 

Cl  O  — R 

>NC5H5     HO  — B  / 
C :  O          +               =2  (C5H5N  ■  HCl)  +  C  :  O 

>NCäH5    HO-R  \ 

Cl  O  — R 

Statt  Kohlenoxychlorid  kann  man  zur  Darstellung  chlorhaltiger  Derivate  von  Basen 
derJPyridinreihe  Chlorameisensäureester  verwenden.  Bei  Verwendung  von  Pyridin  erhält 

CjH.N      NC5H5 
man        /^\/\       •    Mit  Alkoholen,  Phenolen  usw.  reagieren  diese  Körper  nach  folgen- 

RO      CO    Cl  Qj^ 

der  Gleichung:  c^h^n<C°  +  R  •  OH  =  C5H5N  -  HCl  -\-  C5H5N  +  OC<q]^ 


')  DRP.  99  057.  •)  DRP.-Anm.  F.   10  908.  =>)  DRP.   109  913,   117  346. 


Aromatische  Antiseptica.  581 

Zur  DarsteUifng  der  neuen  Körper  mischt  man  eine  Lösung  von  2  Mol.  der  Base  mit 
einer  Lösung  von  1  Mol.  Ester^). 

Ebenso  kann  man  a-Picolin  mit  Chlorameisensäuremethylester  und  a-Lutidin  mit 
Chlorameisensäurephenj'lester  reagieren  lassen. 

Kohlensäureester  der  Phenole  werden  erhalten,  wenn  man  auf  Phenole  oder  saure 
Phenoläther,  die  durch  Einwirkung  von  Phosgen,  Perchlormethylformiat  und  Hexachlor- 
dimethylcarbonat  auf  Basen  der  Pyridinreihe  erhältliche  Pyridinchlorcarbonyle^)  einwirken 
läßt.  Dagegen  werden  bei  der  Einwirkung  dieser  Körper  auf  aromatische  Alkohole,  z.  B. 
Benzylalkohol  und  hydroxylierte  Substanzen,  wie  Salicylsäure,  keine  Phenolcarbonate 
erhalten,  sondern  im  ersten  Falle  wird  Benzylchlorid,  im  zweiten  Falle  je  nach  Art  und  Dauer 
der  Einwirkung  Heptasalieylosalicylsäure  und  Tetrasalicylid  und  bei  der  Einwirkvmg  auf 
Salicylaldehyd  wahrscheinlich  die  Verbindung  CgH^  ■  OH  •  CHCl,  gebildet,  da  aus  Benz- 
aldehyd unter  gleichen  Bedingungen  Benzalchlorid  entsteht. 

Wie  Pyridinchlorcarbonyl  wirken  auch  die  Chlorcarbonyle  der  Picoline,  Lutidine 
und  andere  Homologen  des  Pyridins  auf  Phenole  und  saure  Phenoläther,  wie  Phenol,  die 
isomeren  Kresole,  Guajacol  und  Kreosot  vmt«r  Bildung  der  Phenolcarbonate  ein.  So 
werden  aus  Pyridinchlorcarbonyl  imd  Phenol  unter  Anwendung  geeigneter  Lösimgsmittel 
(Benzol,  Toluol,  Xsiol)  vmd  ebenso  aus  a-Lutidinelilorcarbonyl  und  Guajacol  Guajaeol- 
carbonat,  aus  Pyridinchlorcarbonyl  imd  o-Kresol  weißes  o-Kxesolcarbonat,  aus  a-Picolin- 
chlorcarbonyl  (aus  Hexachlordimethylcarbonat  und  a-Picolin)  und  Kreosot  Kreosot- 
carbonat  in  annähernd  quantitativer  Ausbeute  gewonnen.  Ebenso  reagieren  Thymol, 
Guäthol  vmd  die  isomeren  Kresole.  Vor  den  früheren  Verfahren^)  zeichnet  sich  diese  Me- 
thode angeblich  durch  höhere,  imd  zwar  quantitative  Ausbeute  aus. 

Die  im  DRP.  114  025  beschriebenen  Chlorcarbonylderivate  der  Pyrazolonreihe  liefern 
im  Gegensatz  zu  den  gemäß  DRP.  117  346  und  117  625  benutzten  Chlorearbonylderivaten 
der  PjTJdinreihe  mit  Alkoholen,  Phenolen,  sowie  die  freie  Hydroxylgruppe  enthaltenden 
Derivate  dieser  Körper  keine  Carbonate,  sondern  sie  setzen  sieh  mit  den  erwähnten  OH- 
Verbindungen  zu  den  entsprechenden  Chlorameisensäureestem  um.  So  gibt  AntipjTin- 
chlorcarbonyl  mit  n-Propylalkohol  in  glatter  Weise  den  bekannten  n-Propylchlorameisen- 
säureester.  Aus  Antipyrinchlorcarbonyl  und  Methyl-n-propylcarbinol  erhält  man  den  ent- 
sprechenden Chlorameisensäureester  der  Formel  CH3  •  CH,  •  CH2(CH3)  •  CH  •  O  •  COCl, 
ein  farbloses  öl  von  stechendem  Geruch.  Mit  Menthol  liefert  Antipyrinchlorcarbonyl 
Mentholchlorameisensäureester  Cn^Hij  •  O  •  CO  •  Cl,  ein  farbloses,  nach  Menthol  riechendes 
Öl*).    Aus  Tolypyrinchlorcarbonyl  und  Guajacol  entsteht  Guajacolchlorameisensäureester. 

Durch  Einwirkung  der  in  DEP.  109  933  beschriebenen  Chlorcarbonylderivate  der 
Basen  der  Pyridinreihe  auf  aliphatische  Alkohole  kann  man  in  glatter  Weise  die  neutralen 
Kohlensäureester  der  betreffenden  Alkohole  darstellen  gemäß  der  Gleichung: 

[(CsHsNjClJjCO  -i-  2  CHs  •  OH  =  2  C5H5X  •  HCl  +  CO(OCH3)2. 

Dargestellt  wurden  auf  diese  Weise  Dimethylcarbonat,  Diäthylcarbonat  und  Methyl-n-pro- 
pylcarbinoldicarbonat  von  der  Formel  [(CH3  •  CHj  •  CHj)  "•  (CHj)  •  CH  •  OJ^CO,  ein  Ol 
von  aromatischem  Geruch^). 

Gemäß  dem  Hauptpatent  läßt  man  die  gemäß  DRP.  114  025  darstellbaren  Chlor- 
carbonylderivate der  PjT-azolonreihe  auf  Alkohole  usw.  einwirken.  An  Stelle  der  fertigen 
Chlorcarbonylderivate  kann  man  nun  diese  Substanzen  in  statu  nascendi  anwenden,  in- 
dem man  Phosgen  bzw.  seine  Polymolekularen,  Perchlormethylformiat  und  Hexachlor- 
dimethylcarbonat in  Gegenwart  von  Antipyrin  usw.  auf  die  Alkohole  und  Phenole  einwirken 
läßt.  In  der  Patentschrift  sind  Beispiele  angegeben  für  die  Darstellung  von  Chlorameisen- 
säureäthylester, Chlorameisensäurebenzylester  und  Chlorameisensäurephenylester*). 

Wenn  man,  anstatt  wie  in  dem  I.  Zus.-Pat.  angegeben,  Phosgen  und  seine  Polymole- 
loilaren  in  Gegenwart  von  tertiären  Basen  vom  Typus  des  Antipyrins  auf  die  Alkohole  und 
Phenole  einwirken  zu  lassen,  die  Reaktion  in  Gegenwart  irgendwelcher  anderer  tertiärer 
Basen,  mit  Ausnahme  der  Ba.sen  der  Pyridinreihe,  vornimmt,  gelangt  man  ebenfalls  zu  den 
Chlorameisensäureestem.  Bei  Verwendung  von  Basen  der  Pyridinreihe  entstehen  bekannt- 
lich neutrale  Kohlensäureester.  Bei  den  in  der  Patentschrift  angegebenen  Beispielen  ist 
die  Verwendung  von  DimethylaniUn  oder  Chinolin  vorgesehen.  Es  werden  so  dargestellt 
Chlorameisensäureäthylester,  Chlorameisensäurebenzylester  und  Chlorameisensäuresalol- 
ester  Cl  •  CO  •  O  •  CgH^  •  CO  •  O  •  CgHs'). 


1)  DRP.   116  386.  2)  J3RP.   109  933.  ^)  DRP.  58  129. 

^)  Bayer,   Elberfeld,  DRP.    117  624.  ^)  Baver.   Elberfeld,  DRP.   117  625. 

«)  Bayer,  Elberfeld,  DRP.    118  536,  Zusatz  zu  DRP.    117  624. 

")  DRP.   118  537,  Zusatz  zu  DRP.   117  624. 


582  Antiseptica  und  Adstringentia. 

Der  große  Erfolg  der  Carbonate  des  Kreosots  und  Guajacols  veranlaßte  die 
Darstellung  einer  Reihe  von  analogen  Konkurrenzpräparaten,  bei  denen  die 
analoge  Wirkung  ganz  selbstverständlich  war  und  die  deiuioch  als  „neue  Arznei- 
mittel" auftraten. 

So  wurden  dargestellt  Kreosot-  und  Guajacolpräparate,  deren  Hydroxyl- 
gruppe durch  Säureradikale  verschlossen  ist,  wie  beim  Kreosot-  und  Guajacol- 
carbonat : 

Phosphatol,  Kjeosotphosphit  und  Guajacolphosphorigsäiu"eester^). 

Als  Entschiddigung  für  die  Einführung  dieser  analog  den  anderen  Kreosot- 
und  Guajacolj)räparaten  wirkenden  Substanz  mag  dienen,  daß  man  den  phos- 
phorigsauren  Salzen  eine  günstige  Beeinflussung  der  Tuberkulose  zuschreibt. 
Ferner  sind  die  Phosphite  im  Gegensatze  zu  den  Carbonaten  und  Phosphaten 
des  Guajacols  in  fetten  Ölen  löslich,  was  die  Anwendung  erleichtert.  Bei  Dar- 
stellung des  Guajacolphosphits  ■svird  Guajacol  und  die  entsprechende  Menge 
Natron  in  Alkohol  suspendiert  und  langsam  ein  Molekül  Phosphortrichlorid  unter 
Kühlung  zugesetzt.    Hierauf  wird  zum  Sieden  erhitzt  und  der  Alkohol  ab- 

O  ■  CeH,  •  OCH3 
destilliert^).     Man   erhält    so    P^O  •  C^H^  ■  OCH3      Guajacolphosphit,      welches 

^O  •  CjH^  ■  OCH3 
sehr  reich  an  Guajacol  ist.    Es  ist  ein  krvstallinisches  Pulver. 

C8H4<„ '1  =P0  •  Kjystallpulver*). 

Ein  aus  2  Mol.  Guajacol  und  1  Mol.  Phosphoroxychlorid  erhaltenes  Reaktionsgemisch 
wird  unmittelbar  mit  Wasser  versetzt  und  in  der  Siedehitze  mit  Calciumcarbonat  neutrali- 
siert.   Man  erhält  [(CH3  ■  O  •  CeH,  •  OjjPO  •  OJjCa  +  i  HjO«). 

Gtemischte  Schwefelsäureester  mit  je  einem  Alkylrest  der  fetten  und  aro- 
matischen Reihe  darzustellen,  haben  mit  Rücksicht  auf  das  Guajacol  die  Far- 
benfabriken Elberfeld  vorgeschlagen^). 

Man  erhält   stabile  Verbindungen,   wenn   man   z.    B.    Äthylschwefelsäurechlorid  in 

eine  GuajacoUösung   einfließen   läßt.     Der   so    erhaltene    Schwefelsäureguajacyläthylester 

O  •  C  TT 
SOj^^  _  r^K^  .  opTT     ^^  flüssig.    An  Stelle  des  Guajacols  kann  man  Eugenol  oder  Iso- 

eugenol  resp.  andere  Phenole  nehmen,  an  Stelle  des  Äthylschwefelsäurechlorids  Methyl-, 
Butyl-,  Amylschwefelsäurechlorid. 

Diese  Körjier  haben  angeblich  lokalanästhesierende  und  sedative  Wir- 
kungen, wobei  sie  aber  lokal  reizen.  Die  Eigenschaften  sollen  wesenthch  von 
denen  des  Guajacols  und  Eugenols  abweichen,  was  wohl  nicht  gut  mögHch  ist. 
Praktische  Verwendung  haben  sie  nicht  gefunden. 

Weiter  wurden  in  dieser  Reihe  dargestellt  Schwefelsäureguajacylmethyl- 

OP  TT 

bzw.  -isobutylester,  dannS02<Qp=jj5        wqch  )  Äthylschwefelsäurekreosolester 

und  die  analogen  Verbindungen  des  Resorcinmonomethyläthers,  Hydro- 
chinonmonomethyläther,  Acetyl-p-aminophenol,  o-Nitrophenol,  Sahcylamid. 
Ferner  wurden  alle  Fettsäureester  des  Kreosots  und  Guajacols  dargestellt, 
und  zwar:  die  Ölsäureester  des  Kreosots  und  Guajacols,  Oleokreosot*)  und  Oleo- 
guajacol  genamit. 

Die  Darstellung')  geschieht,  indem  man  Ölsäure  und  ICreosot  resp.  Guajacol  im 
Verhältnis  der  Molekulargewichte  mit  Phosphortrichlorid  allmählich  auf  135°  erhitzt  und 

1)  Ballard,  Rep.  de  Pharm.   189T,   105.  =)  DRP.  95  578. 

3)  Gilbert,  Sera.  mi5d.   189T,  75. 

*)  H.  Schröder,  Ichendorf,  DRP.-Anm.  Seh.   35  776  (zurückgezogen). 

=)  DRP.   75  450.  «)  Prevost,  Rev.  med.  Suisse  Roraand.   1893,  Nr.  2. 

')  DRP.  70  483. 


Aromatische  Antiseptica.  583 

nach  Beendigung  de*  Reaktion  den  gebildeten  Äther  CH3  ■  OCeH^  ■  O  •  CO  •  CH  =  (CHj),!  •  CHj 
mit  Wasser  mid  Sodalösung  wäscht.     Das  Produkt  ist  flüssig  und  unlöslich  in  Wasser. 
In  gleicher  Weise  wird  statt   Ölsäure  Palmitin-  oder  Stearinsäure  zweckmäßig  ver- 
wendet').   Auch  diese  Produkte  sind  ölig. 

Eucol  ist  Guajacolacetat. 

In  dieser  Reihe  wurden  noch  folgende  Derivate  dargestellt: 

caprylsaures         Guajacol,  Elreosol  und  Kreosot 

caprinsaures  ,,  „ 

laurinsaures  ,,  ,, 

myristinsaures  ,,  „ 

palmitinsaures  „  ., 

aracliinsaures  „  „ 

cerotinsaures  „  ,, 

ricinolsaures  ,,  „ 

leinölsaures  ,,  ,, 

erucasaures  ,.  „ 

capronsaures  ,,  „ 

sebacinsaiu'es  „  „ 

Kreosot-    und    GuajacoUsovaleriansäureester    bilden    ölige    Flüssigkeiten. 

Monotal  ist  Guajacoläthylglykolsäureester  CgHjO  •  CHo  •  CO  •  0  •  CgH^ 
•  OCH3  . 

Tanosal  ist  der  Gerbsäurekreosotester  in  Form  einer  amorphen,  sehr  hygro- 
skopischen Substanz,  die  vor  den  bis  nun  angeführten  Kreosotderivaten  den 
Vorzug  hat,  in  Wasser  löslich  zu  sein  und  eine  zweite  wirksame  Komponente, 
die  Grerbsäure,  abzuspalten.  Die  sonstigen  Nachteile,  insbesondere  seine  un- 
angenehme Hygroskopizität,  wiegen  jedoch  die  angeführten  Vorteile  dieses 
Präparates  nicht  auf^). 

Styracol  ist  Zimtsäure-guajacolester  CgHg  •  CH  :  CHj  •  CO  •  0  ■  CgH4  •  OCHgS) 
Nach  nicht  publizierten  Versuchen  von  Mering*)  wirkt  StjTacol  als  Ganzes 
ungespalten  antiseptisch.  Hunde  vertragen  8 — 10  g  ohne  Schaden.  Es  ist 
wasserunlöslich . 

Landerer  hat  die  intravenöse  Behandlung  mit  Zimtsäure  bei  Tuberkulose 
warm  empfohlen.  Dieses  Präparat  soll  nun  beide  wirksamen  Komponenten  in 
esterartiger,  nicht  ätzender  Bindung  vereinigen  (s.  auch  S.  591). 

Die  Darstellung  geschieht  durch  Einwirkung  von  Zimtsäurechlorid  auf  Guajacol 
oder  Zimtsäureanliydrid  auf  Guajacol  oder  nach  der  Nenckischen  Salolsynthese  durch 
Erhitzen  der  beiden  Komponenten  mit  Phosphorpentachlorid,  Phosphoroxychlorid, 
Phosgengas  usw. 

Benzosol  ist  Guajacolbenzoat  C^H^  •  CO  •  0  •  CgH^  •  OCHj^). 

Es  wird  dargestellt  durch  Einwirkung  von  Benzoylchlorid  auf  Guajacolkalium'). 
■  Um  die  aromatischen  Guajacolester  leichter  spaltbar  zu  macheu,  wurde 
vorgeschlagen,    in   den   eintretenden    Benzoylrest   eine    Aminogruppe    m   der 
p-SteUung  einzuführen  und  diese  zu  acetylieren. 

Man  läßt  zu  diesem  Zwecke  p-Nitrobenzoylchlorid  auf  Guajacol-  oder  EugenolkaUum 
einwirken,  reduziert  die  Verbindung  und  acetyliert  sie  mit  Essigsäureanhydrid.  So  erhält 
man  p-Acetaminobenzoylguajacol  CH3  •  CO  •  NH  •  CjECj  •  CO  •  O  •  C^H^  •  OCH3,  resp. 
p- Acetamiuobenzoyleugenol . 

Statt  der  Benzoesäure  wvu-de  auch  die  Benzolsulfosäure  CgHj  •  SO3H  zur 
Ester bildung  vorgeschlagen. 

Man  läßt  auf  die  Alkali-  oder  Erdalkalisalze  des  Guajacols,  Eugenols  oder  Vanillins 
Benzolsulf ochlorid  einwirken.    Die  erhaltenen  Benzolsulf oäther  sind  dicke   öle"). 


')  DRP.  71  446.  -)  Ther.  Mon.   1896,  609.  ^)  DRP.  62  716. 

*)  Mohr,  Privatmitteilung.  ')  Sahli,  Korresp.-Bl.  Schweiz.  Arzte  1890,  Nr.  16. 

■*)  DRP.  55  280.  ')  KnoU,  DRP.-Anm.  H.   11259  (versagt). 


584  Antiseptica  iind  Adstringentia. 

Ferner  wurde  GuajacolsaKcylat  OH  •  CgH^  •  CO  •  0  •  CgH ,  •  OCH3 1)  dar- 
gestellt. 

Fehrlin  in  Schaffhausen  verbindet  Guajacol  oder  Guäthol  mit  Eiweißkörpern,  indem 
er  wässerige  Lösungen  koagulierbarer  EiweiiSstoffe  mit  den  Brenzcatechinäthern  vermischt, 
wobei  die  Emulsion  nach  kurzer  Zeit  erstarrt.  Das  Reaktionsprodukt  wird  abgeschleudert, 
getrocknet,  auf  115 — -120°  erhitzt,  mit  indifferenten  Lösungsmitteln  ausgewaschen  und 
nochmals  getrocknet.  Das  Guajacol  kann  man  zu  diesem  Zwecke  entweder  in  Alkohol  oder 
in  Lauge  lösen  und  die  Eiweißstoffe  nach  dem  Vermischen  zuerst  anwärmen  und  dann 
abschleudern  "). 

Einhorn  und  Heinz^)  haben  unter  dem  Namen  Gujasanol  ein  Guajacol- 
derivat  empfohlen,  welches  den  Vorzug  der  Wasserlöshchkeit  hat,  huigegen  aber 
salzig  und  bitter  schmeckt.  Es  ist  das  salzsaure  Salz  des  Diäthylglykokoll- 
guajacols 

'-6"4<o  .  CO  •  CH„  •  N{C„Hj)2  •  HCl 

Dieser  Körper  wird  erhalten,  wenn  man  auf  die  Chloracetylverbindungen  der  Phenole 
substituierte  Ammoniake  einwirken  läßt. 

Im  Darme  wird  Guajacol  aus  dieser  Verbindung  unter  bekannten  Um- 
ständen regeneriert. 

Ebenso  kann  man  darstellen:  Diisobutylglykokollguajacol,  Diäthylgly- 
kokolltrikresol,  DiäthylglykokoUphenol,  DiäthylglykokoU-o-kresol,  Diäthylgly- 
kokoll-m-kresol,  DiäthylglykokoU-p-kresoH).  OC^Hj 

Ebenso    wurden    vom    Guäthol    (Brenzcatechinmonoäthyläther)    f    1 

die  Ester  der  Phosphorsäure,  Buttersäure,  Isovaleriansäure,  Benzoesäure  und 
Salicylsäure  in  analoger  Weise  und  in  gleicher  Absicht  wie  beim  Guajacol  dar- 
gestellt. 

Die  Monoalkyläther  des  Brenzcatechins  wurden  zu  gleichem  Zwecke  auch 
mittels  Phosphoroxychlorid  mit  Camphersäure  verestert  (Guacamphol).  Diese 
Verbindung  soll  auch  die  antihydrotische  Wirkung  der  Camphersäure  mit  der 
Guajacolwirkung  verbinden. 

Zimmer-Frankfurt^)  stellen  ein  Carbaminsäurederivat  aus  Kreosot  her,  indem  sie 
Kreosot  in  der  zur  Darstellung  von  AUophansäureestern  aus  Phenolen  üblichen  Weise, 
z.  B.  Carbaminsäurechlorid,  Kreosot  und  Chloroform,  avifeinander  einwirken  lassen;  es 
entsteht  ein  unlösliches  Pulver. 

Kreosot-  und  Guajacolpräparate,  deren  Hydroxylwasserstoff  durch  Alkylradikale 

substituiert  ist. 
Veratrol 


ist  wenig  wirksam,  da  die  Regeneration  von  Guajacol  aus  dieser  Verbindung 
fast  unmöghch  erscheint. 

Dasselbe  gilt  von  den  Guajacolalkylenäthern,  welche  durch  Einwirkung 
von  Halogenalkylenen  auf  Guajacol  entstehen,  wobei  zwei  Moleküle  Guajacol 
mit  einem  Molekül  Alkylenhalogen  zusammentreten*). 

C6H4<o^CnHT-'o>^6H4,  z-  B.  Guajacoläthylenäther. 


1)  Bovet,  Korresp.-Bl.  Schweiz.  Ärzte  1890,  505.  =)  DRP.   162  656. 

3)  Münchener  med.  Wochenschr.   1900,   11.   —  Arch.  d.  Pharmaz.  240,  632  (1902). 

*)  DRP.   105  346.  ')  DRP.  224  072.  «)  DRP.  83  148. 


Aromatische  Antiseptica.  585 

Diese  Äther',  von  denen  der  Guajacolmethylenäther  einen  intensiven  Va- 
nillegeruch besitzt,  sind  wasserunlöslich.  Methylenkreosot  wurde  Pneumin 
bekannt. 

Brenzkain  ist  der  Guajacolbenzyläther 

OCH3 
OCH,.CeH5 

Über  seine  praktische  Verwertbarkeit  liegen  wenig  Xaehrichten  vor. 

Da  die  Glycerinäther  der  Phenole,  die  Ende  mann  dargestellt,  sich  den 
übrigen  Alkyläthem  gegenüber  durch  ihre  Wasserlöslichkeit  auszeichnen,  wurde 

auch  der  Glycerinäther  des  Guajacols  '^6H4<qqjj^    '   -    dargestellt,    Guajamar 
genannt.  ^ 

Man  erhält  ihn  durch  Einwirkung  von  Monochlorhydrin  auf  Guajacolalkali  oder  durch 
Behandlung  von  Guajacol  und  Glycerin  mit  wasserentziehenden  Mitteln  unter  Druckt). 

Guajamar  ist  ein  wasserlösliches  festes  Pulver  von  bitterem  aromatischen 
Geschmack.  Die  Spaltung  dieses  Äthers  scheint  auf  der  Einwirkung  von  Mikro- 
organismen des  Darmes  daselbst  zu  beruhen 2).  Jedenfalls  hat  dieses  wasserlös- 
liche Guajacolpräparat,  das  Guajamar,  trotz  dieses  seines  scheinbaren  Vorzuges 
der  Wasserlöslichkeit,  anderseits  den  großen  XachteUdes  bitteren  Geschmackes. 

Ein  wasserunlösliches  Gajacolpräparat  ist  Cetiacol  oder  Pabniacol  (Brenz- 
catechinmethylcetyläther*). 

Man  trägt  Guajacol  in  Natriumalkoholat  ein,  gießt  bei  80°  C  die  Mischung  in  Walratöl, 
setzt  Glycerin  zu  imd  hebt  das  sich  oben  ansammelnde  Cetylguajacol  ab.  Es  soll  den  Ver- 
dauungstrakt nicht  reizen. 

Weitere  wasserlösliche  Guajacolderivate. 

Hingegen  erhält  man  wasserlösliche,  geschmacklose  Derivate  des  Guaja- 
cols, wie  auch  der  anderen  Phenole,  weim  man  bei  Gegenwart  geeigneter  Kon- 
densationsmittel, wie  Salzsäure,  Schwefelsäure,  Chlorzink  usw.,  Alloxan  auf 
Phenole  einwirken  läßt. 

Die  Reaktion  vollzieht  sich  nach  folgender  Gleichung: 

CO  —  NH  CO  —  NH 

/  I  .-  \ 

CO  CO  +  ROH  =  RO  •  C  •  OH    CO  . 

\  I  \  I 

CO  —  NH  CO  —  NH 

Es  wurden  aus  dieser  Reihe  dargestellt:  AUoxan-phenol,  Alloxan-m-kre- 
osol,  Alloxan-p-kreosol,  AHoxan-guajacol,  Alloxan-brenzcatechin,  Alloxan- 
resorcin,  Alloxan-hydrochinon,  AUoxan-pyrogaUol,  Alloxan-a-naphthol*).  Re- 
sorcin-  und  PyrogalloUösmigen  in  heißem  Wasser  mit  Alloxan  versetzt  geben 
schon  nach  wenigen  Minuten  das  betreffende  Kondensatiousprodukt^).  Die 
Produkte  dieser  Reaktion  sind  aber  bis  mm  therapeutisch  nicht  verwertet 
worden. 

Guajaperol,  wie  der  Phantasienamen  für  Piperidin-guajacol  (Additions- 
produkt) lautet,  ist  CjHj^N  •  (0711802)2;  es  wurde  dargestellt,  um  gleichzeitig 
mit  der  Guajacolwirkung  die  herz-  und  gefäßtonisierende  Wirkung  des  Piperidins 
zu  erhalten.    Es  ist  ohne  reizende  Wirkung^). 

1)  DRP.-Anm.  5328  (zurückgezogen). 

-)  Buttler,  New- York  Med.  Joiun.,  23.  IX.  1899. 

3)  Englisches  Patent  16  349.  *)  DRP.   107  720.  '"•)  DRP.   113  722. 

'^)  Chaplin  and  Tunnicliffe,  Brit.  med.   Journ.   1891,    137.   —  DRP.   98  465. 


586  Antiseptica  und  Adstringentia. 

Piperidiii  wird  zu  diesem  Zwecke  mit  Guajacol  zusammengebracht  und  wegen  der 
eintretenden  Reaktionswärme  gekühlt;  es  wird  dann  die  Reaktionsmasse  fest.  Piperidin 
geht  aber  nicht  mit  allen  Phenolen  Verbindungen  ein.  Resorcin  gibt  keine  Piperidinverbin- 
dung,  während  Hydrochinon  und  Brenzcatechin  krystallisierte  Piperidinverbindvmgen 
geben.  Es  verbindet  sich  mit  o-  und  p-Nitrophenol,  aber  weder  mit  m-Nitrophenol,  noch 
mit  a-  imd  //-Nitrophenol,  obwohl  es  mit  Dinitro-c\-naphthol  (1:2:4)  eine  Verbindung 
bildet.  Das  Entstehen  der  Verbindungen  läßt  sich  nicht  in  eine  bestimmte  Regel  kleiden. 
So  z.  B.  verbindet  sich  1  Mol.  Piperidin  mit  1  Mol.  Hydrochinon,  2  Mol.  Brenzcatechin, 
2  Mol.  Guajacol,   1  Mol.   o-  und  p-Nitrophenol,    1   Mol.   Pyrogallol. 

Das  Kondensationsj)rodukt  aus  Formaldehyd  mid  Kreosot,  Kreosoform 
genaimt,  ■wurde  hauptsächlich  als  inneres  Antisepticum  empfohlen. 

Euguform  ist  ein  acetyliertes  Kondensationsprodukt  von  Guajacol  und 
Formaldehyd. 

Bei  der  Kondensation  von  Formaldehyd  mit  Guajacol  durch  Salzsäure  ent- 
steht nach  Brissonet  unter  Austritt  von  Wasser  ein  Körper    der  Formel 

O^H^^'^ä —  CÜI,      C5H3<Qg. 

Guajaform  genamit.  Dieser  soll  nicht  ätzend  wirken.  Entweder  ist  diese  Angabe 
oder  die  angegebene  Formel  unrichtig,  da  ja  die  Ätzwirkung  des  Guajacols  vom 
offenen  Hydroxj-l  abhängt. 

Letzteres  ist  wohl  der  Fall,  weil  sich  bei  dieser  Reaktion  der  Methylenäther  bilden 
muß.  Es  lassen  sieh  aber  so  gewonnene  Verbindungen  acetylieren,  wobei  man  zart  pulver- 
förmige   Substanzen  bekommt^). 

Unter  Zuhilfenahme  von  Tamiin  erhält  man  aus  Kreosoform  Tamiokreoso- 
form,  aus  Guajaform  Tannoguajaform,  Substanzen  mit  drei  wirksamen  Kompo- 
nenten. 

Guajacolpräparate,  aus  denen  Guajacol  nicht  regeneriert  wird. 

Selbstredend  winde  auch  beim  Guajacol  der  Versuch  unternommen,  diese 
Substanz  durch  Sulfurieren  wasserlöslich  zu  machen.  Es  ist  überflüssig,  wieder- 
holt auf  die  Abschwächung,  resj).  Vernichtung  der  Wirkung  durch  Einführung 
einer  Säuregruppe  hinzuweisen.  Wirksam  bleiben  die  Guajacolsulfosäiu-en  nur 
aus  dem  Grunde,  wenn  auch  in  wesentlich  schwächerer  Weise  als  Guajacol  resp. 
deren  Ester,  weil  die  HydroxylgrupjDe  des  Guajacols  erhalten  bleibt,  aber  man 
muß  weit  größere  Dosen  verabreichen,  um  überhaupt  eine  Wirkung  zu  er- 
zielen, Was  bei  unsicherer  Wlrkmig  die  Therapie  ungemein  verteuert.  Roß- 
bach  hat  Tieren  30  g  Guajacolstdfosäure  pro  die  verfüttert,  ohne  irgendwelche 
Reizerscheinungen  zu  sehen.  Ein  genügender  Beweis  für  die  Wirkungslosig- 
keit, denn  von  welcher  wirksamen  Substanz  können  wir  30  g  ohne  Erscheinungen 
verfüttern^)?  Knapp  und  Suter^)  zeigten,  daß  dem  Thiocol  (siehe  S.  587) 
jede  fäubiishemmende  Wirkung  fehlt.  Guajacol  wird  aus  der  Verbindung  im 
Organismus  nicht  abgespalten.    Es  passiert  den  Organismus  unverändert. 

Durch  Vennischen  von  äquimolekularen  Mengen  von  Guajacol  vind  Schwefelsäure 
und  Erwärmen  auf  70 — 80  °C  erhält  man  o-Guajacolsulfosäure. 

OH         (1)  oder  (1) 
CÄ^OCH,     (2)  (2) 

^SOjH     (3)  (6) 

Sulfuriert   man   hingegen   bei    140 — 150"  C,   so  erhält   man   p-Guajacol-sulfosäure''). 

OH 
^OCH, 


M  DRP.   120  558.  2)  Ther.  Mon.   1899,  96.  ")  AePP.  50,  340  (1903). 

*]  DRP.   105  052. 


Aromatische  Antiseptica.  587 

p-Guajacolsulfbsäure  erhält  man  krystallisiert,  wemi  man  auf  p-Bromguajacol  saure 
oder  neutrale  schwefligsaure  Salze  in  einem  geeigneten  Verdünnungsmittel  unter  Druck 
einwirken  läßt^). 

Das  Kaliumsalz  der  Guajacolsulfosäure  des  DRP.  109  789  läßt  sich  direkt  mittels 
Chlorkalium  aussalzen^). 

Nach  den  Angaben  von  DRP.  188  506,  Heydon  in  Radebeul,  erhält  man  nach 
DRP.  109  789  nicht  die  freie  Säure,  sondern  das  Salz,  ferner  nicht  nur  die  o-Säure,  sondern 
auch  die  p-Verbindung.  Man  erhält  die  Monosulfosäuren  bei  allen  Temperaturen  unter 
100°.  Man  kann  die  beiden  Guajacolsulfosäuren  trennen,  indem  man  sie  in  die  basischen 
Salze  der  Erdalkalien,  Erden  oder  Schwermetalle  überführt.  o-Guajacolsulf  osäure  bildet  leicht 
lösliche,  die  p-Guajacolsulfosäure  schwer  lösliche  oder  unlösliche  Salze.  Durch  Umsetzung 
kann  man  die  freien  Säuren  oder  deren  Alkalisalze  erhalten.  Am  besten  sulfuriert  man 
zwischen  30 — 00°,  führt  die  Mischung  in  das  neutrale  Kalksalz  über  und  setzt  noch  in  Form 
von  Kalkmilch  auf  das  Guajacol  berechnet  V2  Molekül  Atzkalk  zu.  Dann  scheidet  sich 
das  basische  Kalksalz  der  p-Säure  ab.  In  der  Lösung  bleibt  das  o-Salz.  Guajacolsulfo- 
säure soll  unangenehme  Nebenwirkungen  haben^). 

Einhorn*)  stellt  die  Salze  der  Guajacolcarbonatmono-  und  disulf osäure  her,  indem 
er  auf  2  Mol.  eines  guajacolsulfosäuren  Salzes  resp.  auf  molekulare  Mengen  von  Guajacol 
und  guajacolsulfosaurem  Salz  Phosgen  bei  Gegenwart  von  Alkalien  oder  analog  wirken- 
den Basen  einwirken  läßt.  Die  Salze  sind  in  Wasser  leicht  löslich  und  sollen  einen  besseren 
Geschmack  als  Thiocol  haben. 

Hoff  mann  -  Laroche*)  stellen  Guajacol-5-sulfosäure  her,  indem  sie  Acidylguaja- 
cole  mit  oder  ohne  Zusatz  von  wasserbindenden  Mitteln  sulfurieren,  das  Produkt  verseifen, 
nach  Entfernung  der  Schwefelsäure  die  Sulfosäure  isolieren.  Die  in  DRP.  188  506  beschrie- 
bene Guajacol-o-sulfosäure  ist  die  Guajacol-m-sulfosäure"). 

Guajacol-5-monosulfosäurecarbonat')  erhält  man  aus  Guajacolcarbonat  ohne  äußere 
Wärmezuifulu:  mit  konz.  Schwefelsäure  imd  scheidet  die  gebildete  Sulfosäure  als  solche 
oder  als  Salz  ab. 

Eine  wasserlösliche  Verbindung  aus  den  Dinatriumsalzen  der  Guajacol-4-  und  S-.sulfo- 
säure  imd  Casein  erhält  man,  indem  man  die  konzentrierte  wässerige  Lösung  dieser  Salze 
auf  Casein  in  wässeriger  Suspension  einwirken  läßt  und  die  Lösung  im  Vakuum  ver- 
dampft*). 

Die  Sanatogenwerke  stellen  wasserlösliche  Eiweißpräparate  aus  den  Dinatriumsalzen 
der  Guajacol-4-  und  5-sulfosäure  und  Casein  in  der  Weise  her,  daß  sie  die  Dinatriumsalze 
der  bei  der  Sulfurierung  von  Guajacol  unter  100°  nebeneinander  entstehenden  Guajacol-4- 
und  5-sulfosäure  bzw.  die  konzentrierte  wässerige  Lösung  dieser  Salze  entweder  auf  Casein 
in  wässeriger  Suspension  einwirken  lassen  und  die  erhaltene  Lösung  bei  niederer  Tem 
peratur,  am  besten  im  Vakuum,  zur  Trockene  eindampfen  oder  auf  Casein  in  äther-alko- 
holischer  Suspension  oder  in  Gegenwart  anderer  indifferenter  organischer  Lösungsmittel 
einwirken  lassen  imd  das  Reaktionsprodukt  durch  Filtration  und  Trocknen  von  den  orga- 
nischen Lösungsmitteln  befreien^).  Die  Lösungen  der  Mononatriumsalze  von  den  bei 
der  Sulfurierung  bei  100°  nebeneinander  entstehenden  Guajacolsulfosäuren  läßt  man  auf 
die  Natriumsalze  von  Casein  oder  Albuminat  einwirken  und  bringt  die  Lösungen  im  Vakuum 
zur  Trockne  oder  fällt  sie  mit  Alkoholäther  ^"j. 

Daß  bei  der  Sulfurierung  von  Guajacol  o-Sulfosäuren  entstehen,  ist  unrichtig,  ^äel- 
mehr  entstehen  in  annähernd  gleicher  Menge  eine  leicht  lösliche  m-  und  eine  schwer  lös- 
liche p-SuKosäure.  Guajacol-m-sulfosäure  erhält  man  neben  wenig  Guajacol-sulfosäure, 
indem  man  Brenzcatechin-p-suLfosäure  oder  deren  Salze  mit  methyüerenden  Mitteln 
behandelt"). 

Während  die  Salze  der  leicht  löslichen  o-Giiajacolsulfosäure  thera- 
peutische Anwendimg  finden,  sind  die  Salze  sowie  die  freie  p-Guajacolsnlfo- 
säure  therapeutisch  nicht  anwendbar,  da  sie  üble  Einwirkungen  auf  den 
Magen  haben. 

Das  Kaliumsalz  der  o-Guajacolsiüfosäiire  ist  bittersilß,  leicht  löslich  und 
kommt  unter  dem  Namen  Thiocol  in  den  Handel. 


1)  DRP.   109  789  (nichtig  erklärt).  ^)  Hoff  mann  -  Laroche,  DRP.  232  645. 

')  Siehe  Hagers  Handbuch  der  pharmazeutischen  Praxis  *)  DRP.  203  754. 

»)  DRP.  212  389.  «)  Paul,  BB.  39,  2773  (1906).  ')  DRP.  215  050 

8)  Erich  Bohlen,  DRP.-Anm.  B.  53  315. 
")  Bauer   &  Co.,  Sanatogenwerke,  DRP.   229  183. 
W)  DRP.  231  589,  Zusatz  zu  DRP.  229  183.  ")  DRP.   248  155. 


588  Antiseptica  und  Adstringentia. 

Guajacyl  ist  guajacolsiilfosaures  Calcium,  welches  wie  Guajacol  wirken  soll  i). 

Wie  aus  dem  Guajacol  selbst,  so  wurden  auch  aus  aliphatischen  Kreosot-  und  Guajacol- 
estern  Sulfosäuren  dargestellt-),  indem  man  diese  mit  etwas  überschüssiger  Schwefelsäure 
schüttelt,  ohne  die  Temperatiu  höher  als   150°  steigen  zu  lassen. 

So  wurden  die  Sulfosäviren  des  Isovalerylguajacols,  Isovalerylkreosot,  Kreo- 
sotal  (Kreosotcarbonat),  Acetylguajacol,  Formylkreosot  gewonnen. 

Fahlberg,  List  &  Co.  stellen  Isohomobrenzcatechin  dar  (1 -Methyl- 2. 3-dioxybenzol), 
indem  sie  Salze  der  3-Chlor-2-oxy-l-methylbenzol-5-sulfosäure  mit  Ätzalkalien  verschmel- 
zen und  aus  der  erhaltenen  l-Methyl-2.3-dioxybenzolsulfosäure  die  Sulfogruppe  abspalten^). 

Formylkreosot  bildet  sich,  wenn  man  konz.  Ameisensäure  mit  Kreosot  in  molekularer 
Menge  8  Stunden  am  Rückflußkühler  erhitzt  und  dann  mit  Lauge  behandelt. 

Die  therapeutische  Anwendung  der  verschiedenen  Holzteere,  die  ja  unge- 
mein phenolreich  sind,  sich  aber  durch  üblen  Geruch  und  Wasserunlöslichkeit 
mancherlei  Anwendung  entziehen,  suchte  die  Firma  Knoll  ebenfalls  durch 
Sulfurierung  zu  ermöghchen. 

Man  läßt  Holzteer  und  konz.  Schwefelsäure  zusammenfließen,  erhält  das  Gemisch  bei 
100°  mid  trägt  das  Reaktionsprodukt  in  Wasser  ein,  wobei  es  sich  pulverförmig  ausscheidet. 

Die  so  entstandenen  Sulfosäuren  geben  wasserlösliche  Salze.  Der  an- 
haftende Geruch  kann  noch  durch  Destillation  mit  Wasserdampf  entfernt  werden. 

Novocol  ist  monoguajacolphosphorsaures  Natron.  Es  wird  dargestellt'')  durch  Er- 
hitzen äquünolekularer  Mengen  von  Guajacol  und  Phosphoroxychlorid  auf  130°  durch 
8  Stimden,  Eintragen  in  die  zur  Verseifung  des  Dichlorids  notwendige  Menge  Wasser, 
Neutralisation  mit  Soda  bis  ziun  Verschwinden  der  Kongoreaktion,  wo  dann  das  Mono- 
natriumsalz  der  Monoguajacolphosphorsäure  auskrystallisiert,  da  es  in  der  gleichzeitig 
gebildeten  Natriumchloridlösimg  nahezu  unlöslich  ist.  Man  kann  es  durch  TJmkrystalli- 
sieren  aus  Methylalkohol  reinigen  und  alsdann  gegebenenfalls  durch  Neutralisieren  mit  der 
berechneten  Menge  Natriumcarbonat  in  das  Dinatriumsalz  überführen. 

Ebenfalls  ein  Präparat,  aus  dem  Guajacol  im  Organismus  nicht  regeneriert 
wird,  ist  ein  Brenzcatechinderivat,  das  brenzcatechinmonoacetsaure  Xatron, 

CgBf<CQ„  - '  gewonnen    durch    Einwirkung    von    Monochloressigsäure 

auf  Brenzcatechin  bei  Gegenwart  von  einem  Alkah,  Guajacetin  genamit^). 
Das  Kalksalz  dieser  Säure  wird  Calizibram  genannt.  Es  soll  antiseptisch  und 
sedativ  wirken. 

Brenzcatechinmonoacetsaure  entsteht  femer*),  wenn  man  ein  Alkalisalz  eines  Säure- 
esters des  Brenzcatechins,  z.  B.  Monobenzolsulfonbrenzcatechinnatrium  mit  chloressig- 
saurem Natrium  behandelt  und  dann  aus  dem  erhaltenen  Produkt  die  Benzolsulfosäure 
durch  Erllitzen  mit  .\lkalilösung  abspaltet.    Die  Reaktion  erfolgt  folgendermaßen: 

C"eH.<C  ;  l^^_  .  c^H,  +  CICH,  •  COONa  =  C,H,<C  '.  to^-C^B^"  "  ^'^'- 

Femer')  entsteht  sie  durch  Abspaltung  einer  Glykolgruppe  aus  der  Brenzcatechin- 
diacetsäure,  indem  man  deren  Natrivimsalz  mit  Wasser  oder  einem  Molekül  Alkali  unter 
Druck  auf  160 — -IVO"  erliitzt.  Brenzcatechindiacetsäure  erliält  man  diu-ch  Einwirkung  von 
zwei  Molekülen  Chloressigsäiue  auf  ein  Molekül  Brenzcatechin. 

Man  erhält  sie  auch,  indem  man  über  Guajacoloxacetsäure  Bromwasserstoffsäure 
leitet  oder  sie  mit  konz.  Salzsäure  im  geschlossenen  Bohr  auf  100°  C  erwärmt.  Ebenso 
kann  man  von  der  Eugenoloxacetsäiu'e  ausgehend  zu  der  Propyloxyphenoxacetsäure 
gelangen. 

Guajacetin  ist  fast  geschmacklos  vmd  in  Wasser  löshch.  Die  unangenehmen 
Nebenerscheinungen  vom  Magendarmkanal,  sowie  Kopfschmerz  und  Schwindel, 

1)  Journ.  de  Pharm,  et  Chim.   1898,  I,  324.  «)  DRP.  94  078. 

3)  DRP.   256  34.5.  *)  G.   Richter.   Budapest.  DRP.   237  781. 

')  DRP.  87  386.  »)  DRP.  87  668.  ')  DRP.  87  669. 


Aromatische  Antiseptica.  589 

die  dem  Gebrauche  des  Guajacetins  folgen,  treten  häufig  auch  bei  Verwendung 
des  Ki'eosots  und  Guajacols  auf^). 

Naturgemäß  ist  Guajacetin  kein  Guajacol-,  sondern  ein  Brenzcateehin- 
derivat;  da  es  analoge  therapeutische  Anwendung  wie  Kreosot  und  Guajacol 
und  mit  ähnlichem  Erfolg  findet,  so  muß  man  annehmen,  daß  nicht  nur  Guajacol, 
sondern  auch  Brenzcatechin  als  Ausgangssubstanz  zur  Darstellung  gleichwertiger 
Kreosotersatzmittel  dienen  kann. 

In  gleicher  Absicht  wurden  von  Cutolo  und  Auwers  und  Haymann  die 
Guajacoloxacetsäure  dargestellt. 

Auch  von  Guajacol 

„„    ^OCHj  (1) 
'-6^4  -^oH      (2) 

ausgehend  hat  man  nach  der  Schmitt  sehen  Methode  die  Carbonsäure  dar- 
gestellt, wobei  man  eine  Substanz  folgender  Konstitution  und  Stellung  erhält. 

COOH  (1) 

CeH3<0H        (2) 

-OCH3    (3) 

Doch  hat  diese  Substanz  keine  therapeutische  Anwendung  gefunden,  Was  wohl 
auf  die  Abschwächung  der  Guajacolwirkung  durch  den  Eintritt  der  Carboxyl- 
gruppe  zurückzuführen  ist. 

Die  schwer  löshche  Guajacolcarbonsäure ")  wirkt  antiseptisch,  zeigt  aber 
vor  dem  Guajacol  keine  verwertbaren  Vorzüge. 

Man  kann  die  entfiebenide  Wirkung  der  Brenzcatechin-o-carbonsäure  und  ihrer  Kern- 
homologen dadurch  erheblich  verstärken,  wenn  man  diese  Säuren  nach  den  übUchen  Me- 
thoden mit  organischen  Säuren  verestert.  Man  behandelt  die  hydroxylierten  Verbindimgen 
mit  Anhydriden  und  Säurechloriden.  Beschrieben  sind  Diacetylbrenzcatechin-o-carbon- 
säure,  Dipropionylbrenzcatechin-o-carbonsäure,  Diacetylglykolylbrenzcatechin-o-carbon- 
säure  und  Diacetylhomobrenzcatechin-o-carbonsäure^). 

Brenzcatechin-o-carbonsäure  und  ilire  Kernhomologen  erhält  man,  wenn  man  die 
am  Sauerstoff  durch  Alkyl  oder  Aralkyl  substituierten  Derivate  dieser  Säure  mit  verseifen- 
den Mitteln,  wie  starken  Mineralsäuren  oder  Aluminiumchlorid  behandelt.  Guajacol- 
o-carbonsäiu-e  liefert  beim  Erhitzen  mit  konz.  Salzsäure  imter  Druck  auf  140°  in  4  Stunden 
Brenzcatechin-o-carbonsäure,  Homobrenzcatechin-o-carbonsäure  erhält  man  aus  Kresol- 
o-carbonsäure.  Monobenzylbrenzcatechin-o-carbonsäiire,  aus  Monobenzylbrenzcatechin- 
natrium  und  Kohlensäure,  gibt  beim  Erhitzen  mit  Bromwasserstoffsäiu'e  Brenzcatechin- 
o-carbonsäure  * ). 

Interessant  ist  noch  folgende  Kombination,  welche  auch  keine  praktische 
Verwendung  gefunden.  Es  ist  dies  die  Darstellung  von  Alphoxylessigsäure- 
alphylestern^)  und  deren  Homologen.  Diese  Körper  spalten  sich  angeblich 
im  Darme  in  zwei  Moleküle  Phenol,  was  wohl  höchst  unwahrscheinlich  und 
wohl  auch  unrichtig  ist. 

Man  stellt  sie  dar  durch  Kondensation  von  Phenoxylessigsäuren  mit  den  Phenolen 
bei  Gegenwart  eines  Kondensationsmittels.  Es  können  als  Ausgangssäuren  dienen:  Phen- 
oxylessigsäure,  Naphthoxylessigsäure  usw. 

Dargestellt  wurden  in  dieser  Gruppe :  Phenoxylessigsäurephenylester,  Phen- 
oxylessigsäureguajacylester,  o-Kresoxylessigsäure-o-kresylester,  o-Kresoxyl- 
essigsäiureguaiacylester,  m-Kresoxylessigsäure-m-kresylester,  m-Kresoxylessig- 
säureguajacylester,  p-Kxesoxylessigsäureguajacylester,  /S-Naphthoxylessigsäure- 
m-kresylester. 

Von  B  a y  e  r  -  Elberfeld  wurde  wegen  seiner  Resorptionsfähigkeit  und  Reizlosig- 
keit auf    der  Haut  zur  äußerlichen   Verwendung   Athylglykolylguajacol  sehr  empfohlen. 

1)  Zentr.  f.  inn.  Med.  20.  VI.  1896.  -)  Bayer,  DRP.  287  960. 

'■>)  Bayer,  DRP.   281  214.  *)  DRP.  51381.  ^)  DRP.  85  490. 


590  Antiseptica  und  Adstringentia. 

Zu  diesem  Zwecke  werden  Guajacol,  Kreosot  oder  deren  Derivate  mit  Hilfe  von  Alkyloxy- 
essigsäure  oder  deren  Derivate  esterifiziert,  z.  B.  Guajacol  in  verdünnter  Lauge  gelöst  und 
mit  Athoxyessigsäurechlorid  geschüttelt.  Man  erhält  Äthylglykolylguajacol  CjHj  •  O  •  CH„ 
•  COO  •  C,Hj  •  OCH3.     Die  Substanz  ist  em   01. 

Die  Carbamate  des  1.3-Dialkylpyrogalloläthers')  sollen  antituberkulöse  Wirkimgen 
haben,  und  zwar  besser  als  die  Pyrogalloläther  selbst,  was  dadurch  erklärt  werden  soU, 
daß  die  Pyrogalloläther  im  Organismus  zu  rasch  in  Form  von  Coerulignon  eliminiert  werden, 
während  die  Carbamate  nur  nach  und  nach  Pyrogalloläther  abspalten.  Man  stellt  1.3-Di- 
methylpyrogallolcarbamat  dar,  indem  man  in  die  trockene  ätherische  Lösung  des  PjTO- 
galloldimethyläthers  unter  starker  Kühlung  eine  ätherische  Lösung  von  Carbaminsäure- 
chlorid  zusetzt.  Nach  mehreren  Stimden  werden  die  ausgeschiedenen  Krystalle  abgesaugt 
und  aus  Alkohol  umkrystallisiert.  Mit  Alkalien  ist  die  Verbindjing  verseifbar.  Den  Di- 
alkyläther-),  der  sonst  nur  in  kleinen  Mengen  im  Buchenholzteer  vorkommt,  erhält  man 
beim  Erhitzen  von  Trialkylpyrogalloläthern  und  Trialkyläthern  der  Gallussäiu-e,  in  wäs- 
seriger oder  alkoholischer  Lösung  mit  Ätzalkalien  oder  Erdalkalien  unter  Druck,  und  zwar 
im  Autoklaven  bei   195—200°. 

Einhorn  in  München^)  stellt  gemischte  basische  Carbonate  der  Phenole  und  Alkohol- 
basen dui-ch  Einwirkung  basischer  Alkohole  auf  die  Chlorkohlensäureester  der  Phenole 
her.  Diese  Verbindungen  sind  wasserlöslich  und  sollen  als  interne  Antiseptica  wertvoll 
sein,  da  sie  im  Organismus  Phenol  abspalten.  Die  Chlorkohlensäureester  der  Phenole  kann 
man  aus  diesen  durch  Umsetzung  mit  Phosgen  in  BenzoUösung  in  Gegenwart  von  Chinolin 
herstellen.  Beschrieben  sind  Eugenolkohlensäurediäthylaminoäthylester,  C5H3(C3H4) 
(OCH3)OCOOC2H4N(C2H5)2,  ferner  Eugenolkohlensäurepiperidoäthylester,  dann  Thymol- 
kohlonsäurediäthylaminoäthylester,  Guajacolkohlensäurediäthylaminoäthylester,  /i'-Naph- 
tholkohlensäurediäthylaminoäthylester,  Carbodiäthylarainoäthoxysalicylsäuremethylester 
CeH4(COOCH3)0  •  CÖOC2H4  •  NCCäH^)., ,  dann  Carbodiäthylaminoäthoxysalicylsäureäthyl- 
ester,  Carbodiäthylaminoäthoxy-p-oxybenzoesävu-emethylester. 

Einhorn  -  München*)  stellt  Alkyläther  und  durch  basische  Reste  im  Alkylrest  sub- 
stituierte Alkyläther  der  Phenole  und  Derivate  derselben  her,  indem  er  die  Carboxylalkyl- 
ester  von  Phenolen  oder  deren  Substitutiousprodukte  mit  Ausnalime  des  Guajacoläthyl- 
carbonates  bzw.  die  im  Alkyl  durch  basische  Rest«  substitmerten  Carboxylalkylester  der 
Phenole,  eventuell  in  Gegenwart  eines  Katalysators  erhitzt,  z.  B.  in  Gegenwart  von  Chlor- 
zink. Dabei  wird  Kohlensäiu-e  abgespalten  und  es  entstehen  die  Phenolalkyläther.  Man 
erhält  z.  B.  aus  /J-Naphtholkolilensäuremethyloster  /?-Naphtholmethyläther,  während  bei 
der  gleichen  Reaktion  aus  Guajacolkohlensäuremethylester  Dimethylbrenzcatechin  ent- 
steht. Aus  Resorcindikohlensäurediäthylester  entsteht  Resorcindiäthyläther,  aus  Guajacol- 
kohlensäureäthylester  entsteht  neben  Guajacolcarbonat  Äthylguajacol. 

Aus  Resorcinmonokohlensäureäthylester  erhält  man  Resorcinmonoäthyläther,  aus 
Guajacolkohlensäurediäthylaminoäthylester  erhält  man  Diäthylaminoäthylguajacol.  Aus 
Carbodiäthylaminoäthoxy-p-benzoesäiu'emethylester  entsteht  Diäthylamino-p-oxybenzoe- 
säuremethylester 

p  „     .0  ■  COOC2H4  .  N(C2H5)2      (.r.  ^O-  C2H4  •  N(C^-B^)^ 
^6J^4'^cOOCH3  ^«    *^C00CH3 

Aus  ThjTnolkohlensäurediäthylaminoäthylester  erhält  man  Diäthylaminoäthylthymol 

^CH3 

O  •  CHj  •  CH,  ■  N(C2H5)2 
Aus  EugenoIkohlensäurediäthylaminoäthylest«r  erhält  man  Diäthylaminoäthyleugenol 

/C3H5 
CgIi3C"OCH3 

^O  •  CH2  •  CH2  •  N(C2H,;)2 

Es  muß  trotz  der  massenhaften  Anwendung  der  Kreosotpräparate  ent- 
schieden hl  Abrede  gestellt  werden,  daß  noch  irgendem  Bedürfnis  nach  einem 
neuen  Präparat  mit  Kxeosotwirkung  besteht. 

Ais  billiges  Ersatzmittel  des  Kreosots  und  Guajacols  wurde,  ohne  wesent- 
lichen Eingang  zu  finden,  Solveol  empfohlen.  Es  ist  dies  ein  Gemenge  der  in 
Wasser  imlöslichen  isomeren  Kresole  in  p-kresotinsaurem  Natrium  klar  gelöst 

1)  Baseler  Chemische  Fabrik,  DRP.    181  593. 
-)  Baseler  Cliemische  Fabrik,  DRP.   162  658. 

2)  DRP.  224  108.  *)  DRP.  224  160. 


Aromatische  Antiseptioa.  591 

(siehe  S.  546).  Von  dendrei  isomeren  Kresotinsäuren  ist  nur  die  p-Kresotinsäure 
allein,  welche  mit  Nutzen  therapeutisch  zu  verwenden  ist.  Die  wasserunlösh'chen 
Kresole  lösen  sich  wie  in  Seifenlösmigen,  ebenso  in  kresotinsaurem  und  sahcyl- 
saurem  Natron.  Die  interne  Anwendung  der  Kresole  gibt  analoge  Resultate 
wie  die  Kreosotbehandlung,  ohne  aber  Vorzüge  zu  besitzen. 

Zimtsäare. 

Landerer  hat  in  einer  Reihe  von  Versuchen  auf  die  Erfolge  der  Zimtsäure- 
behandlung bei  Tuberkulose  hingewiesen.  Leider  hat  die  Zimtsäure  CgHj  •  CH  : 
CH-COOH,  deren  starke  Wirkimg  wohl  auf  die  doppelte  Bindimg  zurück- 
zuführen ist,  den  Nachteil,  daß  man  sie  intravenös  injizieren  muß.  Sie  macht 
starke  Leukocytose,  indem  sie  positiv  chemotaktisch  und  auch  entzündungs- 
erregend wirkt^). 

Zimtsaures  Natrium  wirkt  ähnlich  wie  phenylpropriolsaures  Natrium,  wahr- 
scheinlich durch  die  ungesättigte  Gruppe.  Cumarinsaures  Natrium  CsH4(0H) 
•  CH  :  CH  •  COONa  hat  dieselbe  Wirkung  in  ganz  außerordenthch  erhöhtem 
Maße,  die  m-Verbindung  stärker,  die  p-Verbindimg  weniger  stark  als  die  o-Ver- 
bindimg*). 

Zimtsäureester  von  Oxyarylurethanen,  -hamstoffen  und  -thiohamstoffen,  welche 
insbesondere  bei  der  Tuberkulose  angewendet  werden  sollen,  erhält  man,  wenn  man  z.  B. 
p-Oxyphenylhamstoff  in  natronalkalischer  Lösung  mit  einer  ätherischen  Zimtsäurechlorid- 
lösung behandelt;  so  entsteht  Cinnamoyl-p-oxj'phenylhamstoff.  Durch  Erhitzen  mit 
Zimtsäiu-echlorid  erhält  man  aus  p-Oxj-phenylurethan  Cinnamoyl-p-oxyphenylurethan. 
Dieselbe  Substanz  erhält  man  auch  aus  Zimtsäure-p-oxyphenylurethan  und  Phosphoroxy- 
chlorid.  Man  kann  auch  Zimtsäureanhydrid  verwenden  und  direkt  zusamnaenschmelzen. 
Femer  ist  beschrieben  Cinnamoyl-p-oxy-phenylthioharnstoff^). 

Ihre  Verwendung  als  Guajacolester  ■wiu'de  S.  583  erwähnt.  Auch  in  Ver- 
bindung mit  Kresol  als  Cinnamcyl-m-kresolester,  Hetokresol  genannt,  wird  sie 
als  in  Wasser  unlösUches  Streupulver  für  abgeschabte  tuberkulöse  Wunden 
verwendet. 

Die  Zimtsäureester  des  Phenols,  p-Kxesols,  o-Kresols  und  Guajacols 
haben  sich  als  wertlos  erwesen,  insbesondere  für  antiseptische  Zwecke  (Streu- 
pulver), da  sie  starke  lokale  Reizungen  und  Entzündungen  hervorrufen. 
m-Kresolzimtsäureester  ist  hingegen  imgiftig.  Er  wird  durch  Kondensation  von 
m-Kresol  mit  Zimtsäure  in  ToluoUösung  durch  Phosphoroxychlorid  bei  110  bis 
120°  erhalten*). 

Femer  wurden  Derivate  des  m-Kresols,  in  welchen  ein  Kernwasserstoff 
durch  Alkyl  oder  Oxj-alkyl  ersetzt  ist,  mit  Zimtsäure  kondensiert.  Diese 
Ester  haben  eine  höhere  bactericide  Wirkung  und  leiden  nicht  beim  Sterih- 
sieren.  So  wurden  dargestellt  Zimtsäure-p-methoxy-m-kresolester  und  Zimt- 
säurethymolester  ^) . 

Elbon  ist  Cinnamoyl-p-oxyphenylhamstoff,  es  wurde  mit  wenig  Erfolg  bei 
Tuberkulose  versucht,  ebenso  bei  Pneumonie*). 

*  * 

* 

Zwei  Absichten  hegen  der  Darstellung  der  zahlreichen  Abkömmlinge  des 
Kreosots  und  Guajacols  zugrunde.  Die  empirisch  festgestellte  günstige  Beein- 
flussung tuberkulöser  Prozesse  durch  die  Anwendung  des  Kreosots  und  des  einen 

')  Landerer,  Behandlung  der  Tuberkulose  mit  Zimtsäure,  Leipzig   1898. 

-)  Gilbert  Morgan,  Pharmazeut.  Journ.   4,   20,  816. 

^)  Gesellschaft  für  chemische  Industrie  in  Basel,  DRP.   224  107. 

*)  DRP.  99  567.  ^)  DRP.   107  230. 

*)  Johannessohn,  Progres  m^d.    1913,  Nr.  45. 


592  Antiseptica  und  Adstringentia. 

■wirksamen  Bestandteiles,  des  Guajacols,  zeitigte  eine  ausgebreitete  Anwendung 
dieser  Präparate,  denen  nur  die  Giftigkeit,  welche  zum  Teile  durch  Ätzwirkung 
bedingt  war,  der  schlechte  Gieschmack  und  die  WasserunlösHchkeit  hindernd 
im  Wege  standen. 

Die  Giftigkeit  und  Ätzwirkung  zu  vermeiden,  indem  man  zugleich  ge- 
schmacklose Derivate  meist  nach  dem  Salolprinzipe  darstellte,  war  der  End- 
zweck der  Darstellung  der  einen  Reihe  von  Derivaten,  denen  aber  der  Mehr- 
zahl nach  der  Nachteil  des  Kreosots  und  Guajacols,  die  WasserunlösHchkeit, 
anhaftete. 

Die  Wasserlöslichkeit  zu  erzielen,  war  die  andere  Absicht,  welcher  aber 
die  Geschmackskorrektur,  oft  zum  Opfer  fiel,  da  die  so  dargestellten  Substanzen 
einen  bitteren  Geschmack  zeigten  und  eine  wesentUche  Abschwächung  der  Wir- 
kung im  Falle  des  Sulfm-ierens  unvermeidUch  war. 

Es  gebührt  daher  in  dieser  Gruppe  den  dm-ch  Veresterung  des  Hydroxyls 
gewoiuienen  Körpern  imbestreitbar  der  Vorrang  in  der  therapeutischen  Anwen- 
dimg. 

Wir  woUen  noch  bemerken,  daß  von  den  im  Kreosot  enthaltenen  wirksamen 
Bestandteilen  nur  das  Guajacol  in  reinem  Zustande  Verbreitung  gefunden, 
während  das  weniger  giftige  Kjeosol,  welches  analoge  Wirkung  zeigt,  bis  nun 
keine  Beachtung  erlangte.  Es  scheinen  ihm  trotz  geringer  Giftigkeit  keine 
wesentlichen  Vorzüge  gegenüber  dem  Guajacol  zuzukommen. 

Dem  Guajacol  kommen  neben  seinen  antituberkulösen  und  anästhesierenden 
auch  erhebüche  antiseptische  Wirkungen  zu,  die  besonders  bei  germger  Giftig- 
keit seine  Verwendung  als  Darmantisepticum  zur  Herabminderung  der  Fäulnis- 
prozesse im  Darm  ermöghchen.  Zu  gleichem  Zwecke  werden  die  analog  wirken- 
den Substanzen:  Menthol,  Eugenol,  Isoeugenol,  Eucalyptol  empfohlen,  ebenso 
gegen  Phthise,  wie  zur  Darmdesinfektion.  Aus  diesem  Grunde  wurden  auch 
die  angeführten  Substanzen  in  geschmacklose  und  nicht  ätzende  umgewandelt, 
nach  Verfahren,  die  beim  Guajacol  ausführlich  behandelt  werden. 

Eucalyptol  kann  man  mit  dC-  oder  /i-Naphthol  verbinden,  werm  man  äqui- 
molekulare Mengen  der  beiden  Substanzen  zusanunenschmilzti). 

Aus  Eucalyptol  und  Formaldehyd  wird  eine  Verbindung  dargestellt,  indem  man  die 
beiden  Substanzen  unter  Zusatz  eines  Kondensationsmittels  aufeinander  einwirken  läßt, 
so  z.  B.  Eucalyptol  mit  Trioxymethylen  und  Lauge  auf  100°  erhitzt  imd  das  Reaktions- 
produkt mit  Äther  avisholt  und  mit  Wasser  wäscht^). 

Antiseptica  der  Chinoliiireihe. 

Nach  den  Untersuchungen  von  Donath')  wirkt  ChinoUn  stark  antisep- 
tisch, ist  aber  gegen  Hefezellen  auffälligerweise  ganz  unwirksam.  Der  Eintritt 
von  Methylgruppen,  wie  von  AJkylen  überhaupt,  in  das  Molekül  des  Chinohns 
erhöht  die  antiseptische  Kraft  dieser  Substanz. 

Vom  Chinolin  beziehmigsweise  vom  Oxychinolin  aus  kann  man  zu  einem 
für  äußerliche  Anwendung  gut  verwendbaren  Desinfektionsmittel,  Chinosol*) 
genaimt,  auf  folgende  Weise  gelangen: 

Man  löst  o-Oxychinolin  in  siedendem  Alkohol  und  trägt  auf  2  Mol.  der  Base  1  Mol. 
Kaliumpyrosulfat  ein  und  kocht  das  Ganze  12  Stunden  lang.  Hierauf  erstarrt  beim  Ab- 
kühlen die  Flüssigkeit  zu  einem  Krystallbrei^). 


')  DRP.   100  551.  2)  Henschke  in  Müncheberg,  DRP.   164  884. 

=>)  BB.   14,   178,  1769  (1881);  s.  S.  175.  *)  DRP.  88  520. 

^)  Carl  Brahm,  HS.  38,  439  (1899). 


Jodoform  und  seine   Ersatzmittel.  593 

Die  Angabe,  daß  die  Verbindung  chinophenolschwefekaiires  Kali  ist,  ist 
unrichtig.    Chinosol  ist  o-OxychinoIinsulfat. 

o-Oxychinolindoppelsalze  erhält  man  aus  mehrbasischen  Säuren,  Alkalihydroxyd 
und  o-Oxychinolin.  Beschrieben  sind  die  Doppelsalze  der  Phosphorsäure,  Weinsäure, 
Citronensäure,  Schwefelsäure  '). 

Nach  Eingabe  von  Chinosol,  von  dem  behauptet  wurde,  daß  es  oxy- 
chinolinsulfosaures  Kalium  sei,  fand  sich  im  Harne  der  Versuchstiere  o-Oxy- 
chinohnglykuronsäure.  Da  aus  ätherschwefelsauren  Salzen  im  Organismus 
aber  der  organische  Spaltung  nicht  regeneriert  werden  kaim,  untersuchte 
Brahm  Chinosol  und  fand,  daß  es  weder  eine  Ätherschwefelsäure,  noch  eine 
Sulfosäure  des  Chinolins  ist,  sondern  ein  Gemenge  von  o-Oxychinolinsulfat 
mit  Kaliumsulfat. 

Unter  dem  Namen  Oxychinaseptol  oder  Diaphterin  wurde  eine  Substanz 
in  den  Handel  gebracht,  die  eine  Verbindung  der  o -Phenolsulf osäure  mit  2  Mole- 
külen Oxychinolin  sein  soll,  von  denen  das  eine  an  die  Hydroxylgruppe,  das 
andere  an  die  SuLfogruppe  der  PhenolsuLfosäure  gebunden  ist.  Es  ist  also  oxy- 
chinolin-o-phenolsulfosaiu:es  Oxychinohn.  Dieser  Körper  hat  angeblich  starke 
antiseptische  Wirkungen,  ist  dabei  relativ  ungiftig,  in  Wasser  klar  löslich,  ätzt 
die  Wunden  nicht,  macht  auch  keine  Ekzeme,  ist  aber  zur  Desinfektion  von 
Listrumenten  nicht  verwendbar,  weil  er  dieselben  schwarz  färbt. 

Die  Darstellung  geschieht  in  der  Weise,  daß  man  2  Mol.  o-Oxychinolin,  1  Mol.  Phenol 
und  1  Mol.  Schwefelsäure  aufeinander  einwirken  läßt  unter  Zusatz  von  mindestens  3  Mol. 
Wasser  und  Erwärmen  der  IMischung^). 

Neutrale  o-Oxychinolinsalze  mit  mehrbasischen  Säuren  lassen  sich  aus  der  Lösung 
darstellen,  wenn  man  jedes  Verdampfen  des  Lösungsmittels  vermeidet  und  die  Mengen- 
verhältnisse von  Base,  Säure  und  Lösungsmittel  so  wählt,  daß  das  neutrale  Salz  aus  der 
Lösung  unmittelbar  ausfällt^). 

Man  erhält  o-OxychinolinsuUosäure  von  F.  310 — 313°  (vieüeicht  8-Oxychinolin- 
7-sulf osäure ),  wenn  man  konzentrierte  Schwefelsäure  auf  die  Base  bei  einer  wenig  über  deren 
Schmelzpunkt  liegenden  Temperatur  einwirken  läßt^). 

Jodoform  und  seine  Ersatzmittel. 

Die  therapeutischen  Untersuchungen  von  Mosetig  haben  gezeigt,  daß 
Jodoform  CHJ3,  auf  welches  schon  Moleschott  hingewiesen  hat,  in  der  Chirur- 
gie als  trockenes  Antisepticum  die  vorzüglichsten  Dienste  leistet.  Insbesondere 
seine  heilungbefördernden,  granulationerregenden  Wirkungen  haben  diesem 
so  ungemein  kräftig  antiseptisch  wirkenden  Stoff  jene  weittragende  Bedeutung 
für  die  Medizin  verheben.  Die  Wirkungen  des  Jodoforms  lassen  sich  wohl  zwang- 
los durch  den  hohen  Jodgehalt  dieser  Verbindung  erklären,  aber  es  ist  zu  be- 
achten, daß  die  antiseptische  Kraft  des  Jodoforms  nicht  dieser  Substanz  selbst 
zukommt,  sondern  daß  sie  sich  erst  entfaltet,  wenn  Jodoform  mit  Gteweben 
oder  Gfewebssäften  in  Berührung  kommt,  daß  es  also  erst  zu  einer  Abspaltung 
von  jodhaltigen  Substanzen  oder  von  freiem  Jod  kommen  muß.  Aber  diesem 
so  vorzügUchen  Mittel,  welches  ja  das  erste  Trockenantisepticum  war  und  das 
erste  Wundstreupulver,  das  wir  überhaupt  besessen,  und  dessen  Bedeutung 
trotz  der  Ersatzmittel,  deren  eine  Legion  vorhanden,  nur  infolge  des  Über- 
ganges von  der  Antisepsis  zur  Asepsis  zurückgegangen  ist,  haften  eine  Reihe 
von  Nachteilen  an,  die  man  nicht  bei  jeder  Art  der  Therapie  mit  in  den  Kauf 
nehmen  wiU.   So  vor  allem  der  eigentümhche  äußerst  charakteristische  und  die 

1)  Fritzsche,  DRP.  283  334. 

-)  DRP.  73  117.  —  Emmerich,  Münchener  med.  Wochensclir.  1892,  Nr.  19.  — 
Ther.  Mon.  T,  26. 

ä)  Fritzsche,  Hamburg,  DKP.  187  943.        *)  Fritzsche,  Hamburg,  DRP.  187  869. 
Fränkel.  Arzneimittel-Synthese.    5.  Äull.  3g 


594  Antiseptica  und  Adstringentia. 

Jodoformanwendung  verratende  Geruch,  welcher  bei  der  großen  Flüchtigkeit 
der  Verbindung,  selbst  bei  Anwendung  kleinster  Mengen,  nicht  zu  verkennen  ist. 
Femer  neigen  eine  Reihe  von  Individuen  ungemein  leicht  bei  Anwendung  des 
Jodoforms,  welches  man  durchaus  nicht  zu  den  reizlosen  Präparaten  zählen 
kami,  zu  Ekzemen,  die  zu  den  imangenehmsten  Nebenerscheinungen  führen 
können.  Ein  weiterer  Nachteil  ist  die  häufig  eintretende  Jodoformvergiftung, 
die  man  wohl  jetzt  diu'ch  die  Kenntnis  dieser  Erscheinung  schon  durch  die  Art 
der  Anwendung  zu  vermeiden  gelernt  hat. 

Die  Darstellung  des  Jodoforms  hat  im  Laufe  der  Zeit  manche  Veränderung 
und  Verbilligung  erfahren. 

Bekanntlich  erhält  man  Jodoform,  wenn  man  Alkohol  oder  Aceton  mit  kaustischem 
oder  kohlensaurem  Alkali  erwärmt  und  metallisches  Jod  einträgt.  Man  kann  es  auch  dar- 
stellen, indem  man  Natriumhypochlorit,  Aceton,  Natron,  Jodnatrium  und  Wasser  reagieren 
läßt.  Da  nach  Adolf  Lieben  aus  allen  Körpern,  welche  die  Gruppen  CH3  ■  CHj  •  O. . ., 
CHj  •  CH{OH)  •  C. .  .,  enthalten,  Jodoform  entstehen  kann,  kann  man  von  verschiedenen 
Substanzen  zu  diesem  Körper  gelangen.  Jedocli  kann  in  der  Praxis  nur  die  Darstellung 
aus  Alkohol  oder  Aceton  eine  technische  Bedeutung  erlangen.  Die  Nachteile  dieser  Dar- 
stellvmg  bestehen  nur  darin,  daß  ein  Teil  des  Jods  JodkaHiun  bildet,  aus  dem  es  immer 
meder  regeneriert  werden  muß.  Es  wurde  auch  vorgeschlagen,  statt  nach  den  bekannten 
üblichen  Methoden  vorzugehen,  Jodoform  sowie  auch  Bromoform  und  Chloroform  auf 
elektrolytischem  Wege^)  aus  den  entsprechenden  Halogenverbindungen  der  Alkalien  bei 
Gegenwart  von  Alkohol  oder  einer  gleichwertigen  Substanz  in  der  Wärme  zu  gewinnen. 
Eine  wässerige  Lösung  von  Jodkalium  wird  mit  Alkohol  versetzt  luid  in  der  Wärme  imter 
fortwährendem  Einleiten  von  Kohlensäure  elektrolysiert,  wobei  sich  Jodoform  ab- 
scheidet. Bei  der  Gewinnung  von  Bromoform  und  Chloroform  unterbleibt  das  Einleiten 
von  Kohlensäure. 

Otto  hat  ein  Verfahren  vorgeschlagen,  eine  Lösiuig  von  Jodkalium  in  SOproz.  Alkohol 
auf  50°  zu  erwärmen  und  Ozon  hindurchzuleiten,  wobei  sich  Jodoform  abscheidet.  Man 
setzt  mit  Vorteil  etwas  Natriumcarbonat  zu  und  leitet  so  lange  Ozon  ein,  bis  das  ganze 
Jodkalium  verbraucht  ist^). 

Die  Versuche,  Jodoform  geruchlos  zu  machen,  erstreckten  sich  in  der  ersten 
Zeit  nur  darauf,  den  Gieruch  deckende  Substanzen  dem  Jodoform  beizugeben, 
Versuche,  die  nicht  so  sehr  in  das  Gfebiet  der  synthetischen  Chemie,  als  vielmehr 
in  das  der  pharmazeutischen  Zubereitung  gehören.  Durch  Zusatz  von  Teer  z.  B. 
wurde  das  sogenannte  Jodoformium  bituminatum  hergestellt,  in  welchem  der 
Greruch  wohl  abnimmt;  hingegen  erhält  man  die  reizenden  Eigenschaften  des 
Teers  als  unerwünschte  Beigabe  zum  Jodoform.  Die  Mehrzahl  der  französischen 
Jodoformpräparate,  welche  wegen  ihres  schwachen  Geruches  sehr  beliebt  waren, 
enthält  Cumarin  oder  ähnhche  Riechstoffe,  die  zur  Verdeckung  des  Geruches 
beitragen. 

Auf  synthetischem  Wege  versuchte  man  durch  Paarimg  des  Jodoforms  mit 
einem  zweiten  geruchlosen  Körper  die  Flüchtigkeit  der  Verbindung  herab- 
zusetzen und  auf  diese  Weise  zu  geruchlosen  Substanzen  zu  gelangen.  Diese  Ver- 
suche bewegten  sich  in  jeder  Beziehung  mit  sehr  mangelhaftem  Erfolge  in  zwei 
Richtungen,  erstens  in  der  Darstellung  von  Verbindmigen  des  Jodoforms  mit 
einem  anderen  Antisepticum  luid  in  Verbindung  des  Jodoforms  mit  einem  in- 
differenten Körper,  wie  Eiweiß.  So  gelingt  es,  Jodoform  mit  dem  antiseptisch 
wirkenden  Hexanmethylentetramin  (CH2)6N4  in  der  Weise  zu  kuppeln,  daß  man 
ein  Präparat,  welches  75%  Jodoform  enthält  und  keinen  so  hervorstechenden 
Jodoformgeruch  besitzt,  erhält,  das  man  Jodoformin  benannt  hat^). 

Zu  diesem  Zwecke  wird  Hexamethylentetramin  und  Jodoform  in  Alkohol  gelöst,  aus 
dem  bei  passender  Konzentration  Jodoformhexamethylentetramin  als  weiße  Verbindung 
herausfällt. 


1)  DRP.  29  771.  -)  DRP.   109  013.  =)  DRP.  87  812. 


Jodoform  und  seine  Ersatzmittel.  595 

Diese  Verbindung  hat  den  Nachteil,  daß  sie  bei  bloßer  Berührung  mit 
Wasser  sich  in  ihre  beiden  Komponenten  zerlegt,  wobei  naturgemäß  der  Jodo- 
formgeruch wieder  zum  Vorschein  kommt. 

Ebenso  wie  vom  Hexamethylentetramin  kann  man  von  den  Halogenalkyl-  und  Alkyl- 
derivaten  des  Hexamethylentetramins  zu  geruchlosen  Jodoformverbindungen  gelangen, 
wenn  man  diese  Verbindungen  mit  Jodoform  in  alkoholischer  Lösung  zusammenbringt, 
wobei  dann  das  Additionsprodukt  herauskrystallisiert. 

Eine  so  dargestellte  Verbindung,  Äthyljodidhexamethylentetraminjodo- 
form  CgHj2N4  •  CjHjJ  •  CHJj  wurde  unter  dem  Namen  JodoformaP)  für  kurze 
Zeit  in  die  Therapie  eingeführt,  doch  konnten  sich  beide  Präparate  dieser  Art, 
Jodoformin  und  Jodoformal,  aus  dem  Grunde  im  Gebrauche  nicht  behaupten, 
weil  diu-ch  ihre  Darstellung  die  Absicht,  ein  tatsächlich  geruchloses  Jodoform 
zu  erhalten,  keineswegs  erreicht  war,  was  an  der  leichten  Zersetzlichkeit  der 
Verbindung  liegt.  Beim  Jodoformal  ist  auch  die  Äthyljodidkomponente  an  der 
Jodwirkung  beteiligt. 

Ein  Verfahren,  welches  beim  Tannin  mit  Erfolg  verwendet  wurde,  um  ein 
unlösliches  Gerbsäurepräparat  zu  erhalten,  wurde  in  analoger  Weise  auch  zur 
Darstellung  von  fast  geruchlosen  Verbindungen  des  Jodoforms  mit  Eiweiß- 
körpern verwendet  [Jodoformogen^)]. 

Wenn  man  Eiweißlösungen  bei  Gegenwart  eines  Eiweißfällungsmittels,  wie  Alkohol, 
mit  einer  Jodoformlösung,  etwa  einer  alkoholisch-ätherischen,  zusammenbringt,  so  erhält 
man  einen  Niederschlag,  der  aus  Eiweiß  und  Jodoform  besteht.  Während  ein  solcher 
Niederschlag,  wenn  man  ihn  trocknet,  an  Jodoformlösungsmittel  das  Jodoform  wieder 
abgibt,  gelingt  dies  nicht  mehr,  wenn  die  so  gewonnene  Verbindimg  bei  120°  getrocknet 
wird^).  Statt  des  Eiweißes  kann  man  Pepton,  Casein  usw.  anwenden,  es  ist  aber  zu  bemer- 
ken, daß  es  sich  hier  keineswegs,  wie  etwa  beim  Tannin,  um  eine  chemische  Verbindung 
zwischen  dem  Eiweiß  und  Jodoform  handelt,  sondern  es  kommt  hier  einfach  eine  Umschlie- 
ßxmg  des  Jodoforms  durch  koaguliertes  Eiweiß  zustande. 

Das  Problem,  geruchloses  Jodoform  darzustellen,  welches  ja  an  sich  aus 
dem  Grunde  nicht  lösbar  ist,  weil  der  Körper  als  solcher  imd  nicht  eine  Ver- 
unreinigung den  Geruch  bedingt  und  es  sich  ja  nur  bei  den  sogenannten  Jodo- 
formpräparaten um  Verbindungen  mit  anderen  Substanzen  handeln  könnte,  ist 
aus  dem  Grunde  für  den  Chemiker  von  germgerem  Interesse,  Weil  wir  eine  große 
Reihe  vortrefflicher  Jodoformersatzmittel  sowohl  jodhaltiger  als  auch  jodfreier 
besitzen,  die  geruchlos  sind  und  denen  auch  andere  Nebenwirkungen  des  Jodo- 
forms fehlen  und  wir  ja  nur  durch  ganz  bestimmte  Umstände  in  manchen  Fällen 
verhindert  sind,  das  sonst  so  vorzügliche  Jodoform  in  Anwendung  zu  ziehen, 
durch  Umstände,  die  keineswegs  im  Wesen  des  Präparates  selbst  liegen,  sondern 
vielmehr  durch  gesellschaftliche  Rücksichten  oder  durch  Neigung  zu  Jodoform- 
ekzemen oder  Jodoformvergiftungen  bedingt  sind.  Ein  anderer  Umstand  ist, 
daß  Jodoform  als  solches  noch  kein  Antisepticum  ist,  ja  daß  man  dasselbe  auch 
nicht  sterilisieren  kann,  weil  es  sich  zu  leicht  zersetzt  und  verflüchtigt.  Man  wollte 
dieses  dirrch  Zusatz  von  einem  Antisepticum  zum  Jodoform  korrigieren  und 
schlug  vor,  Paraformaldehyd  (HC0H)3  dem  Jodoform  beizumengen,  welches 
nunmehr  sterile  und  antiseptische  Jodoform  imter  dem  Namen  Ekajodoform^) 
eine  unwesentliche  Verbreitung  fand,  da  ja  Jodoform  bei  Berührung  mit  Ge- 
weben seine  antiseptische  Wirkung  äußert  und  aus  diesem  Grunde  jeder  Zusatz 
eines  anderen  Trockenantisepticums  für  überflüssig  zu  erachten  ist. 

Die  seinerzeit  weitverbreitete  Anwendung  des  Jodoforms  war  ein  großer 
Anreiz  für  die  Synthetiker,  Präj)arate  zu  schaffen,  die  sich  ebenso  als  Wund- 
streupulver verwenden  lassen,  die  gleichfalls  die  vorzüghchen  granulations- 

>)  DRP.  89  243.  ^)  Pharm.  Zentralbl.   1898,   189.  ^)  DRP.  95  580. 

*)  Thomalla,  Ther.  Mon.   1897,  381. 

38* 


596  Antiseptica  und  Adstringentia. 

befördernden  Wirkungen  besitzen,  sich  aber  durch  eine  größere  Reizlosigkeit 
sowie  vorzüglich  durch  die  Gieruchlosigkeit  vor  diesem  auszeichnen  sollen.  Um 
so  mehr  war  ein  Bedürfnis  in  der  medizinischen  Praxis  nach  solchen  Ersatz- 
mitteln vorhanden,  als  der  hohe  Preis  des  Jodoforms  bei  seiner  ausgebreiteten 
Anwendung  jedenfalls  hinderlich  war  und  man  auch  bei  Verwendung  von 
größeren  Mengen  dieser  Substanz  mit  der  toxischen  Wirkung  dieses  so  jod- 
reichen Körioers  rechnen  mußte.  Das  Problem  war  daher,  eine  antiseptische 
geruchlose,  in  Wasser  unlösliche  Substanz  zu  finden,  die  bei  großer  Reizlosig- 
keit imd  möghchst  geringer  Giftigkeit  auf  Wunden  granulationserregend, 
Heilung  befördernd  und  reinigend  wirkt.  Diesem  Problem  trat  man  nxm  auf 
die  mannigfaltigste  W^eise  näher.  Es  ergab  sich  eine  so  große  Anzahl  von  Mög- 
hchkeiten,  nicht  nur  einzelne  Körper,  sondern  ganze  chemische  Reihen  für 
solche  Zwecke  dienstbar  zu  machen,  daß  die  praktischen  Ärzte,  die  schließhch 
die  vielen  Präparate  anwenden  sollten,  gänzhch  die  notwendige  Orientierung 
unter  denselben  verloren  und  aus  diesem  Grunde  je  mehr  solche  Substanzen 
eingeführt  wurden,  sich  desto  mehr  veranlaßt  sahen,  auf  Jodoform  selbst,  das 
Standardpräparat  dieser  Reihe,  zurückzugreifen. 

Für  die  Zwecke  der  übersichtlichen  DarsteUung  teilen  wir  die  Körper,  die 
hier  besprochen  werden  sollen,  in  halogenhaltige  Verbindungen  und  in  Sub- 
stanzen, die  ihre  Wirkung  und  ihre  Eigenschaften  wesentlich  ihrem  Gehalt  an 
Wismut  verdanken.  Diese  Wismutverbindungen  sind  in  dem  betreffenden  Ka- 
pitel nachzulesen. 

Die  Einführung  von  Halogen,  insbesondere  aber  von  Jod  in  aliphatische 
und  aromatische  Verbindungen  verleiht  diesen  reichlich  antiseptische  Eigen- 
schaften. Für  die  Zwecke,  die  hier  ins  Auge  zu  fassen  sind,  mußte  in  erster 
Linie  nach  Substanzen  gefahndet  werden,  die  wasserunlöshche  Verbindungen 
mit  Jod  eingehen,  aus  denen  der  Organismus  langsam  Jod  regenerieren  kann. 
Daß  es  für  diese  Zwecke  nicht  etwa  genügt,  daß  die  Substanzen  Jod  enthalten, 
sieht  man  leicht  beim  Jodamylum,  in  dem  das  Jod  nur  mechanisch  gebunden 
oder  in  starrer  Lösung  ist  und  deshalb  zu  stark  reizend  wirkt-.  Jod  muß  eben 
in  einer  Form  vorhanden  sein,  in  der  es  chemisch  gebunden,  aber  doch  wieder 
regenerierbar  ist.  Ist  die  Regeneration  im  Organismus  nicht  möglich,  so  sind 
die  Präparate  dieser  Art  als  Jodoformersatzmittel  aus  bloßer  Rücksicht  auf  ihren 
Jodgehalt  nicht  zu  empfehlen,  es  mögen  denn  ihnen  andere  heilungsbefördernde 
Eigenschaften  innewohnen,  die  zu  dem  Jodgehalt  in  keiner  Beziehung  stehen. 
Substanzen  der  aliphatischen  Reihe  haben  wohl  aus  dem  Grunde  keine  Ver- 
wendung in  dieser  Richtung  gefunden,  wenn  man  vom  Jodoform  absieht,  weU 
sie  zu  leicht  zersetzbar  sind.  Eine  solche  Verbindiuig  wie  das  Di  Jodoform  C2J4, 
welches  geruchlos  und  unlöslich  ist,  konnte  aus  diesem  Grunde  kerne  Verbreitung 
neben  dem  Jodoform  erlangen.  Dazu  kommt  noch  der  Umstand,  daß  es  bei 
der  Anwendung  von  Jodoformersatzmitteln  sehr  darauf  ankommt,  möghchst 
voluminöse  Substanzen  zu  haben,  um  im  Gtebrauch  der  teuren  Verbindimgen 
sparsam  sein  zu  können,  was  ebenfalls  dem  Djiodoform  im  Wege  stand,  welches 
spezifisch  sehr  schwer  ist^). 

Über  die  Wirkung  der  Jodderivate  des  Acetons  hegen  keine  Berichte  vor. 

Man  erhält  sie,  wenn  man  Jod  mit  Acetondicarbonsäure  bei  Gegenwart  einer  Jod- 
wasserstoff bindenden  Substanz  in  Reaktion  bringt.  Es  entstehen  so  Perjodaceton  und  durch 
Kochen  mit  Wasser  aus  diesem  unter  Jodabspaltvmg  Penta-  und  Tetrajodaceton^).  In 
gleicher  Weise  lassen  sich  die  Bromderivate  des  Acetons  darstellen^). 


1)  Macoprenne  und  Taine,  Nouv.  remed.   1893,  545. 

2)  DRP.   95  440.  3)  j)Rp    gg  009. 


Jodoform  und  seine  Ersatzmittel.  597 

J.  Hertkorn  in  Langschede^)  stellt  jodhaltige  Produkte  aus  Kondensationsprodukten 
von  Aldehyden  mit  Ketonen  her  durch  Jodierung  mit  Jod  oder  jodabgebenden  Mitteln, 
z.  B.  aus  Aceton  und  Formaldehyd  und  Jod. 

Durch  Jodieren  des  Succinimids  bekommt  man  leicht  zersetzbare  Derivate 
dieses  Halogens,  welche  als  Jodoforniersatzmittel  versucht  wurden,  da  sie  ge- 
ruchlos sind. 

Das  Jodderivat  des  p-Athoxyphenylsuccinimids'') 

/CH3-CO  \ 

I  )N  ■  C,H,  •  O  •  CM±  •  J2  •  KJ 

\CH2  —  CO  / 

gewinnt  man  durch  Vermischen  einer  Lösung  von  p-Äthoxyphenylsuccinimid  in  Eisessig 
mit  einer  konzentrierten  wässerigen  Lösung  von  Jod  in  Jodkalium.  Es  krystallisiert  dann 
der  obige  Körper  heraus.  In  gleicher  Weise  erhält  man  das  Jodderivat  des  p-Methoxyphenyl- 
succinimids.     Das  Jodderivat  des  Succinimids 

CH,  —  CO,         \ 
I  ^NH     -J, -KJ 

VCHj  — CO'         /j      " 

entsteht  unter  gleichen  Bedingungen  aus  Succinimid. 

Tetramethylammoniumtrijodid  (CH3)4NJ3  hat  nach  Rosenbach  als  Jodo- 
formersatzmittel günstige  Wirkungen.  Es  wirkt  nach  Jacobi  wie  Curare  und 
Muscarin  und  ist  in  mäßigen  Dosen  schon  giftig.  Ähnliche  Erscheinmigen 
zeigt  auch  Tetramethylammoniumjodid,  doch  hat  es  nur  schwache  Muscarin- 
wirkung.  Ebenso  das  Valeryl-  (Valearin)  und  Isoamyltrimethylammonium- 
chlorid  (Amylarin).  Versuche  mit  Tetraäthylammoniumtrijodid  ergaben,  daß 
diesem  im  Gegensatze  zur  Methylverbindung  die  Muscarin-  und  Curarewirkung 
fehlt,  dagegen  die  auf  Abspaltiuig  von  Jod  beruhende  lokale  Wirkung  ebenso 
stark  wie  bei  der  Methylverbindung  vorhanden  ist^). 

Eine  große  Zahl  von  Versuchen  ging  dahin,  Jodsubstitutionsprodukte  von 
an  sich  antiseptischen  Stoffen,  wie  es  die  Phenole,  deren  Äther,  deren  Carbon- 
säui-en  und  die  Ester  derselben  sind,  darzustellen.  Hierbei  konnte  Jod  entweder 
im  Kern  substituiert  werden  oder  in  die  Seitenkette  treten.  Doch  haben  die 
Präparate  dieser  Reihe  trotz  der  vielen  an  sie  geknüpften  Hoffnungen,  keines- 
wegs die  Erwartung  erfüllt,  wenigstens  nicht  als  Wundantiseptica,  während 
sie  wegen  ihres  Jodgehaltes  andere,  den  Jod  Verbindungen  überhaupt  eigene 
Wirkungen  in  guter,  therapeutisch  verwertbarer  Weise  auszulösen  in  der  Lage 
waren.  So  wurde  die  ganze  Gruppe  der  Phenole  nach  einer  von  Messinger 
und  Vortmann*)  angegebenen  Methode  in  Jodverbindungen  verwandelt, 
von  denen  aber  nur  eines,  das  Thymolderivat,  ein  größeres  Interesse  gefunden 
hat.  Diese  beiden  Untersucher  haben  gefunden,  daß  man  bei  der  Ein-nirkung 
von  Jod  in  Jodalkah  gelöst  auf  Phenole  Produkte  erhält,  die  sowohl  im  Kern 
Jod  enthalten,  als  auch  den  Wasserstoff  der  Hydroxylgruppe  durch  Jod  ersetzt 
haben,  daß  man  aber  das  am  Sauerstoff  sitzende  Jodatom  durch  Behandlung 
mit  schwefligsauren  Salzen  oder  durch  kaustische  Alkalien  aus  der  Verbindung 
wieder  verdrängen  kann. 

So  erhält  man  Monojodthj-mol  z.  B.,  indem  man  auf  die  alkalische  Lösimg  von  Thymol 
Jod  in  Jodkalium  gelöst  zufließen  läßt,  worauf  Jodthymoljodid  ausfällt,  welches  mit 
unterschwefligsaurem  Natron  behandelt,  das  geruch-  und  gesclimacklose  kemsubstituierte 
Monojodthymol  ergibt.  Ebenso  gelingt  es  bei  Monojodderivaten  des  Thj-mols,  in  denen 
Jod  in  der  Sauerstoffbindung  enthalten  ist,  Jodthymol  zu  erhalten,  d.  h.  Jod  in  den  Kern 
wandern  zu  lassen,  wenn  man  Thymoljodid  mit  kaustischen  Alkalien  und  unterschweflig- 


1)  DRP.  206  330.  ^)  DRP.  74  017. 

ä)  Nachr.  k.  Ges.  AViss.  Göttingen  1902.  108.  — Jacobj  und  Rosenbach,  AePP.  48, 
48  (190-2).  ä)  DRP.  49  739,  52  828,  52  833. 


598  Antiseptica  und  Adstringentia. 

sauren  Salzen  behandelt.  In  gleicher  Weise  erhält  man  aus  /i-Naphtholjodid  Jod-/J-naphthol. 
Ebenso  erhält  man,  wie  aus  Thymol,  auch  aus  Phenol,  Resorcin  iind  Salicylsäure,  Dijod- 
phenoljodid,  Dijodresorcinmonojodid  vmd  Jodsalicylsäurejodid.  Auch  die  nächst  höheren 
Homologen  der  Salicylsäure,  die  o-Osy-o-m-  und  p-toluylsäuren,  lassen  sich  in  gleicher 
Weise  in  die  entsprechenden  Jod-o-oxytoluylsäiu'ejodide  überführen.  Auch  das  Isomere 
des  Thjinols,  das  Carvacrol,  gibt  in  alkalischer  Lösung  mit  Jod  und  Jodalkalien  behandelt, 
Carvacroljodid^)   (Jodocrol).    Es  ist  fünfmal  so  schwer  wie  Jodoform. 

Ebenso  wie  die  erwähnten  Phenole  vmd  deren  Carbonsäuren  geben  auch  die  Iso- 
butyl-,  Phenol-  imd  Kresolverbindungen  solche  Jodide ^j.  So  wird  p-Isobutylphenoljodid, 
femer  p-Isobutyl-m-kresoljodid  und  p-Isobutyl-o-kresoljodid  in  gleicher  Weise  dargestellt. 
Diese  Methode  \T\irde  auch  ausgedehnt  auf  die  Darstellung  der  Jodide  der  folgenden  sub- 
stituierten Kresole:  Methj'l-,  Äthyl-,  n-Propyl-  und  Isoamyl-o-kresol  sowie  n-Propyl- 
und  Isoamyl-m-kresol').  Die  als  Ausgangsmaterial  notwendigen  alkylsubstituierten  Kre- 
sole erhält  man  am  besten  durch  Erhitzen  von  o-Kxesol  mit  dem  betreffenden  Alkohol 
und  Chlorzink  imter  Rülu-en  auf   180°. 

Die  Jodoxylderivate  der  Phenole  lassen  sich  statt  in  der  besctoiebenen  Weise  durch 
Behandlung  der  alkalischen  Lösung  der  Phenole  mit  Jodjodkaliumlösung  auch  nach  der 
Methode  darstellen,  daß  man  ein  Gemisch  der  Lösung  von  Phenolalkalien  und  JodalkaUen 
der  Elektrolyse  unterwirft.  Die  jodoxylierten  Verbindungen  scheiden  sich  liierbei  an  der 
positiven  Elektrode  ab*). 

Verändert  man  die  anfangs  beschriebene  Methode  zur  Darstellung  der  Jodverbin- 
dungen von  Phenolen  dahin,  daß  man  nicht  mit  überschüssigem  Alkali,  sondern  mit  einer 
ganz  genau  berechneten  Menge  Ätzkali  arbeitet,  so  gelangt  man  zu  Substanzen  anderer  Art^). 
So  spalten  insbesondere  die  Phenolcarbonsäuren  Kohlensäure  ab  unter  Bildung  von  Jod- 
phenolen. Von  Ki'eosotinsäure  ausgehend  kann  man  auf  diese  Weise  zu  Jodkresolen  ge- 
langen, von  denen  insbesondere  Trijodkresol  von  Interesse  ist.  Zur  Darstellung  dieser 
Substanz  geht  man  von  der  m-Kresotinsäure  (o-Oxy-p-toluylsäure)  aus,  die  man  unter 
Zusatz  ■s-on  wenig  Xatriumcarbonat  in  sehr  viel  Wasser  löst.  Wenn  man  zu  dieser  Lösung 
Jodjodkalium  zufließen  läßt,  so  scheidet  sich  nach  einigem  Stehen  Trijodkresol  CjHJ3  •  CHj 
•  (OH)  ab,  so  daß  sich  also  die  Carboxylgruppe  abgespalten  hat  und  drei  Wasserstoffatome 
des  Kernes  durch  Jod  ersetzt  wurden,  während  die  Hydroxylgruppe  unverändert  bleibt. 
Das  Produkt,  welches  durch  diese  veränderte  Darstellung  gewonnen  ist,  unterscheidet 
sich  wesentlich  in  seinen  chemischen  Eigenschaften  dadurch  von  den  vorher  besprochenen 
Substanzen,  daß  liier  Jod  nur  im  Kerne  substituiert  ist  und  das  Hydroxyl  frei  bleibt, 
während  in  den  Jodoxylverbindungen  gerade  der  Wasserstoff  des  Hydroxyls  durch  Jod 
vertreten  ist. 

Die  Jodoxylverbindungen,  welche  Jod  in  der  Seitenkette  haben,  geben 
dieses  auch  viel  leichter  ab  und  sind  dadurch  befähigt,  antiseptische  und,  •nie 
wir  gleich  hören  werden,  antisj-philitische  Wirkungen  auszulösen,  während  das 
jodsubstituierte  Kjesol  seine  Wirkmig  nur  bei  bestimmten  parasitären  Haut- 
krankheiten äußert,  wo  ihm  wohl  die  Kresolwirkung  als  solche  zukommt,  die 
hier  durch  den  Eintritt  von  Jod  nur  insofern  begünstigt  wird,  als  man  eine 
krystallisierte  wasserunlösliche  Substanz  erhält. 

Zur  Darstellung  der  Jodoxylverbindungen  kami  man  statt  der  Jod-Jodkaliumlösung 
Chlorjod  oder  Chlorjodsalzsäure  verwenden^). 

Auch  das  Jodderivat  des  Eugenols  wurde  nach  dem  oben  beschriebenen  Verfahren 
dargestellt"). 

Von  Cattani  (Mailand)  wurde  Jodokol  bei  beginnender  Tuberkulose  mid 
als  Expektorans  bei  Bronchitis  empfolilen,  es  entsteht  beim  Behandeln  von 
Guajacol  mit  Jod-Jodnatrium. 

p-Jodguajacol  erhält  man  durch  Jodieren  von  Acetylguajacol  mit  Jod-  imd  Queck- 
sUberoxyd*). 

Während  man  nach  Messinger  inid  Vor t mann  durch  Einwirkung  von 
Jod  imd  Alkah  auf  die  Kresole  Jodkresoljodide  erhält,  die  sowohl  im  Kern  als 
auch  in  der  Hj'droxj'lgruppe  substituiert  sind,  geUngt  es,  unter  Veränderung  der 

')  DRP.  53  752.  =)  DRP.  56  830.  ^)  DRP.  61  575.  *)  DRP.  64  405. 

')  DRP.   72  996.  «)  Franz.   Patent  229  962,  DRP.-Anm.   6068  (versagt). 

')  DRP.  70  058.  8)  E.  Tassilly  und  I.  Seroide,  Franz.  Patent  371982. 


Jodoform  und  seine  Ersatzmittel.  599 

Bedingungen  vom  in-Kresol  zum  Trijod-m-kresol  zu  gelangen,  welches  nur  kem- 
substituiert  ist,  aber  in  der  Hydroxylgruppe  unverändert  bleibt  *) ;  es  läßt  hierbei 
zu  einer  sehr  verdünnten  Lösung  von  m-Kresol  in  Lauge  Jod-Jodkaliumlösung 
zufheßen  und  der  erhaltene  Niederschlag  wird  aus  Alkohol  umkrystalhsiert. 
Es  besteht  hier  jedenfalls  ein  Widerspruch  zu  den  früheren  Ajigaben  von  Mes- 
singer und  Vortmann  über  die  Bildung  von  Jodkresoljodiden  sowie  zu  der 
Tatsache,  daß  man  zur  ersten  Darstellung  des  Trijod-m-kresols  nicht  von 
m-Kresol  selbst,  sondern  von  der  entsprechenden  Kresotinsäure  ausgegangen  ist. 
Dasselbe  Verfahren,  nämhch  in  stark  verdünnter  Lösung  zu  arbeiten,  aber  in 
bestimmten  Verhältnissen  von  Phenolen,  Lauge  und  Jod  läßt  sich  auch  zur 
Darstellung  des  Monojodthymols^)  verwerten,  wobei  man  in  der  Weise  vorgeht, 
daß  man  äquivalente  Mengen  von  Thymol  und  Lauge  mit  zwei  Äquivalenten 
Jod  in  Reaktion  treten  läßt,  während  man  zur  Darstellung  des  Trijod-m-kresols 
3  Moleküle  Ätznatron,  1  Molekül  Kresol  mit  6  Äquivalenten  Jod  in  Wechsel- 
wirkung bringt. 

Wemi  man  im  Salol  Wasserstoffatome  des  Phenyirestes  durch  Jod  ersetzt, 
so  erhält  man  Jodpräparate,  die  eine  spezifische  Jodwirkung  kaum  mehr  aus- 
lösen. Dasselbe  dürfte  auch  der  Fall  sein,  wenn  man  Wasserstoffe  des  Kernes 
im  Salicylsäxu'erest  des  Salols  durch  Jod  ersetzt. 

Um  solche  Körper  zu  erhalten,  jodiert  man  Salol  bei  Gegenwart  von  Quecksilberoxyd 
und  trennt  dann  durch  Umkrystallisieren  aus  Alkohol  und  aus  Eisessig  das  so  dargestellte 
Dijodsalol  vom  Jodquecksilber.  In  anderer  Weise  wie  vom  Salol  kann  man  zu  Dijod- 
salicylsäiu'eestern,  welche  fette  Alkylreste  enthalten,  gelangen,  indem  man  Salicylsäure- 
methylester  z.  B.  in  Lauge  löst  imd  Jodjodkaliiunlösung  zufließen  läßt.  Bei  Ansäuern 
dieser  Lösung  scheidet  sich  der  Ester,  in  diesem  Falle  der  Dijodsalicylsäuremethylester 
(Sanoform),  ab.  Zu  demselben  Körper  kann  man  gelangen,  wenn  man  die  alkalische  Lösung 
des  Esters  mit  einer  alkoholischen  Lösung  von  Jod  und  mit  Queoksilberoxyd  versetzt. 
Femer  erhält  man  um,  wenn  man  Dijodsalicylsäure  in  bekannter  Weise  verestert^). 

Aus  den  nach  diesen  Methoden  dargestellten  zahlreichen  Derivaten  sind 
einige  wenige  und  diese  mit  geringem  Erfolge  als  Jodoformersatzmittel  zur  Gel- 
tung gekommen.  Hingegen  haben  sie  sich  zum  Teil  wenigstens  als  vorzügliche 
Mittel,  und  zwar  als  Jodüberträger  bei  der  Behandlung  von  syphilitischen  Pro- 
zessen, insbesondere  von  Spätformen  dieser  Erkrankung  Geltung  verschafft, 
Wirkungen,  die  ausschließlich  auf  der  leichten  Abspaltbarkeit  der  Jodkompo- 
nente beruhen.  Aus  dem  folgenden  wird  ersichtlich  sein,  daß  sich  der  Satz  auf- 
stellen läßt,  daß  nur  diejenigen  Jodsubstitutionsprodukte  der  Phenole,  der 
Phenolcarbonsäuren  und  ihrer  Ester,  sowie  analoger  Körper  eine  therapeutische 
Bedeutung,  sei  es  als  Jodoformersatzmittel,  sei  es  als  Antisyphilitica  verdienen, 
in  denen  Jod  in  der  Seitenkette  leicht  abspaltbar  enthalten  ist,  wie  etwa  in  den 
Jodoxylverbindungen,  während  die  kernsubstitiuerten  Jod  Verbindungen  trotz 
ihres  oft  weit  größeren  Reichtums  an  Jod  entweder  in  dieser  Richtung  ganz  un- 
wirksam sind  oder  hinter  den  Jodoxylverbindungen  weit  zurückbleiben  und  ihre 
Wirksamkeit  nur  dadurch  zu  erklären  ist,  daß  die  Wirkung  auf  der  Verbindung 
selbst  beziehmigsweise  auf  der  Grundsubstanz  und  nicht  etwa  auf  der  Jod- 
komponente und  deren  Abspaltbarkeit  beruht.  Hierbei  wollen  wir  den  Satz  in 
Erinnerung  bringen,  daß  die  kernsubstituierten  Halogenderivate  der  Phenole 
fast  unabhängig  von  der  Art  des  eintretenden  Halogens  durch  den  Eintritt  des 
Halogens  in  die  Verbindung  in  ihrer  antiseptischen  Fähigkeit  gesteigert  werden. 

Aus  den  Verbindungen  dieser  Gruppen,  die  zugleich  die  entwickelten  Sätze 
beweisen,  mögen  die  folgenden  Erwähnung  finden: 


>)  DRP.    106  504.  -)  DRP.    107  509.  ^)  DRP.   94  097 


600  Antiseptica  und  Adstringentia. 

Aristol,  Dithymoldijodid 

CHq  CHo 


OJ  JO- 

C3H,  C3H, 

enthält  also  Jod  statt  des  Wasserstoffes  des  Hydroxyls,  äußert  als  leicht  Jod 
abspaltende  Jodoxylverbindung  sowohl  als  Antisepticum,  Jodoformersatzmittel, 
als  auch  als  Antisyphiliticum  günstige  Wirkungen  und  seine  Verwendung  dürfte 
wohl  an  der  leichten  Zersetzhchkeit,  sowie  an  dem  teueren  Preise  ein  Hindernis 
gefunden  haben,  während  es  sich  sonst  als  imschädliches  und  ungiftiges  Mittel 
viele  Freunde  erwarb  i).  Daß  dieses  Mittel  Jod  abspaltet,  ist  ja  schon  aus  seiner 
Konstitution  leicht  ersichtlich. 

Ebenso  haben  Phenoljodid  und  Sahcyljodid  gute  Resultate  in  der  thera- 
peutischen Anwendung  gegeben,  aber  sie  konnten  sich  in  der  Praxis  nicht 
halten,  weil  sie,  wie  Chrysarobin  etwa,  Haut,  Wäsche  und  Verbandmaterial 
dunkelviolett  färben  und  aus  diesem  Grunde  nicht  gut  brauchbar  sind.  Auch 
das  von  Frankreich  aus  empfohlene  Traumatol,  welches  man  durch  Jodieren 
von  Kresol  erhält,  wobei  aber  nur  ein  Wasserstoff  durch  Jod  ersetzt  wird, 
hat  als  Jodoformersatzmittel  aus  dem  gleichen  Grunde  gute  Erfolge  zu  ver- 
zeichnen, obgleich  es  infolge  Überflusses  an  solchen  Substanzen  in  Deutschland 
nicht  einzudringen  vermochte. 

Neosiode  ist  Jodcatechin  (Ci5Hi40g  •  3  H20)3J  . 

Jodterpüi  C^gHigJ,  ist  eine  Flüssigkeit,  die  man  mit  Kaolin  mischt  und 
so  als  Streupulver  verwenden  kann. 

Nathan  Weiß  und  Artur  Horowitz,  Berlin^),  kondensieren  Jod,  Resorcin  und 
Formaldehyd,  indem  sie  Jod  auf  Resorcin  in  wässeriger  Lösung  bei  50  °  bis  zur  beständigen 
gelben  Färbung  einwirken  lassen,  dann  auf  70°  steigern  vmd  Formaldehyd  zusetzen. 

Auch  Europhen^),  Isobutyl-o-kresoljodid 

/CA 
CbHj^CHj 
OJ 

C4H9 

kann  aus  gleichen  Gründen  als  reizloses  luid  geruchloses  Jodoformersatzmittel 
gelten*);  wenn  aber  Kern  Wasserstoffe,  wie  im  Trijodkresol,  dem  sogenamiten 
Losophan^)  durch  Jod  substituiert  sind,  erhält  man  wohl  antiseptische  Präpa- 
rate, die  aber  ihre  antiseptischen  Fälligkeiten  nicht  etwa  wie  Jodoform  durch 
Abspaltung  von  Jod  auslösen  und  die  daher  auch  keineswegs  als  Antisyphilitica 
zu  verwerten  sind,  sondern  in  denen  nur  durch  den  Ersatz  von  Kernwasserstoffen 
durch  Halogen  die  dem  zugrunde  hegenden  Phenol  eigentümhche  antiseptische 
Kraft  gesteigert  ist,  die  aus  diesem  Grunde  durch  den  Eintritt  von  Halogen  für 
die  Haut  auch  stark  reizend  werden.  Man  kann  daher  Trijodkresol  nicht  etwa 
als  Jodoformersatzmittel  verwenden,  sondern  nur  als  ein  Antisepticum,  wie 
etwa  die  Carbolsäure,  inid  zwar  als  ein  Antimycoticum,  muß  aber  seine  Verwen- 

*)  Eichhoff,  Monatshefte  f.  prakt.  Dermatologie  1890,  Nr.  2.  —  Neißer,  Berliner 
klin.   Wochenschr.   1890,  Nr.  19. 

^)  DRP.  209  911.  ä)  j)Rp    56  830. 

*)  Therap.  Monatshafte   1891,   373,  379,  530;   1893,   53. 

ä)  Therap.   Monatshefte  6,  544. 


Jodoform  und  seine  Ersatzmittel.  601 

düngen  wegen  seiner  stark  reizenden  Wirkung  auf  allen  Anwendungsgebieten  des 
Jodoforms  strenge  vermeiden.  Aus  den  gleichen  Gründen  konnten  sich  weder 
Dijodsalicylsäure,  in  der  beide  Jodatome  Kemwasserstoffe  vertreten,  noch  Jod- 
salol,  in  dem  Wasserstoffe  des  Phenykestes  durch  Jod  vertreten  werden,  eben- 
sowenig wie  Jodsalol,  in  dem  Wasserstoffe  des  Kernes  des  SaUcylsäurerestes 
durch  Jod  vertreten  sind,  noch  schließlich  die  aliphatischen  Ester  der  Dijod- 
sahcylsäiu'e  als  Jodoformersatzmittel  behaupten.  So  verschwand  nach  kurzer 
Zeit  der  unter  dem  Namen  Sanoform  in  die  Therapie  eingeführte  Dijodsahcyl- 
säuremethylester,  welcher  ein  geruchloser  und  ungiftiger  Körper  ist,  aber  im 
Organismus  kein  Jod  abspaltet,  wieder  vom  Schauplatze  (s.  S.  599). 

Die  Behandlung  von  Tuberkulose  mit  Zimtsäure  und  die  Darstellung  des 
Zimtsäure-m-kresolesters  als  Wundstreupulver  auf  tuberkulöse  Wimden  ver- 
anlaßte,  da  seine  antiseptische  Kraft  gering  ist,  die  Jodierung  des  Esters  im 
Zimtsäurerest  (s.  S.  591). 

Der  jodierte  Zimtsäureester  (dargestellt  wurden  p-,  o-und  m-Jodzimtsäure-m-kresol- 
eater)  wird  durch  Kondensation  der  jodierten  Säiu-e  und  m-Kresol  in  benzolischer  Lösung 
mit  Phosphoroxy Chlorid  erhalten^). 

Man  kann  auch  die  Jodierimg,  um  die  antiseptische  Wirkung  des  Esters 
zu  verstärken,  im  Kresolreste  vornehmen. 

Cinnamyltrijod-m-kresol  und  Cinnamyl-p-chlor-m-kresol  wurden  zu  diesem  Behufe 
durch  Kondensation  von  Zimtsäure  mit  den  betreffenden  halogensubstituierten  Kresolen 
gewonnen  2). 

Ein  aus  Halogenphenol,  Formaldehyd  xmd  Ammoniak  erhaltenes  Reaktionsprodukt 
wird  zur  Trockene  verdampft  und  durch  Umlösen  und  Wiederausfällen  gereinigt^).  Solche 
Verbindungen  wiirden  dargestellt  aus  Resorcin,  Pyrogallol  und  /J-Naphthol  in  der  Weise, 
daß  man  Halogenphenole,  Formaldehyd  und  Ammoniak  ohne  zu  kühlen  aufeinander 
einwirken  läßt. 

Trotz  der  größten  Anstrengungen  komite  aus  dem  gleichen  Grunde  wie 
die  vorhergehenden  auch  Tetrajodphenolphthalein  (Nosofihen)  nicht  durch- 
dringen, da  hier  Jod  in  Kernwasserstoffen  enthalten  ist.  Wir  wiederholen,  daß 
diese  Substanzen  trotz  dieser  JodsteUmig  sehr  gute  Antiseptica  sein  kömien, 
aber  dort,  wo  es  auf  die  Jodwirkung  ankommt,  keineswegs  dieselbe  zu  äußern 
in  der  Lage  sind,  da  sie  Jod  in  so  fester  Bindung  enthalten,  daß  diu'ch  die  Ein- 
wirkung von  Gewebesäften  dieses  aus  der  Bindung  nicht  entwickelt  werden  kann. 

Phenolphthalein  (CgH,  •  OH)^-  C<q63-^^° 

Tetrajodphenolphthalein  {C^^J^  ■  OH)^  ■  C<q«3^^° 

Tetrajodphenolphthalein  wird  nach  Classen  nach  mehreren  Verfahren 
dargestellt*). 

Es  entsteht,  wenn  man  in  der  Kälte  zu  einer  alkalischen  Phenolphthaleinlösung 
Jodjodkalivmi  zufließen  läßt,  wobei  die  rote  Farbe  in  eine  tiefblaue  imischlägt.  Wenn 
man  stark  gekühlte  Salzsäure  in  die  kalte  Lösung  einträgt,  so  fällt  ein  amorpher,  gelb- 
brauner Körper  aus,  welcher  bei  100°  in  einen  weißen  übergeht,  wobei  1  Mol.  Wasser  ab- 
gespalten wird.  In  der  Wärme  erhält  man  Tetrajodphenolphthalein,  wenn  man  nach  dem 
Jodzusatz  die  blaue  Lösmig  auf  dem  Wasserbade  erwärmt,  bis  sie  einen  gelbbraunen  Ton 
erhält  und  nun  mit  Salzsäure  fällt. 

Auf  elektroljftischera  Wege  gelangt  man  zu  dieser  Verbindung  durch  Elektrolyse 
einer  alkalischen  Phenolphthaleinlösimg  unter  Zusatz  der  entsprechenden  Menge  von  Jod- 
kalium. Der  Farbenumschlag  ins  Blaue  zeigt  das  Ende  des  Reaktion  an.  Man  erwärmt 
nun,  bis  der  blaue  Ton  einem  gelbbravmen  gewichen  und  fällt  Tetrajodphenolphthalein 
mit  Salzsäure.    Statt  der  Atzkalilösung  kann  man  andere  Lösungsmittel,  wie  Ammoniak, 

1)  DRP.   105  242.  2)  üRp    106  506. 

3)  Hoffmann-La  Roche,  Basel,  DRP.   200  064. 

*)  BB.   88,   1606  (1895).   —  DRP.   85  930,  86  069,  88  390. 


602  Antiseptica  und  Adstringentia. 

Barytwasser,  Alkohol  iind  Äther  benützen,  ebenso  wie  man  zur  Entfernung  der  bei  der 
Jodierung  sich  entwickelnden  störenden  Jodwasserstoffsäure  statt  Kali,  Ammoniak,  Baryt- 
hydrat oder  Quecksilberoxyd  verwenden  kann.  Bei  gar  keiner  dieser  Reaktionen  bilden 
sich  Jodoxylverbindungen,  ähnlich  wie  bei  den  Phenolen,  sondern  es  entstehen  unter  allen 
Umständen  kernsubstituierte  Jodderivate  des  Phenolphthaleins,  in  denen  die  Hydroxyl- 
wasserstoffe  luiverändert  vorhanden  sind. 

Man  kann  auch  im  Kern  jodiertes  Phenolphthalein  erhalten,  wenn  man  statt  der 
Alkalüösungen  in  wässerigen  Lösmigen  von  borsauren  Salzen,  Phosphaten  oder  Pyro- 
phosphaten  Jodjodkaliumlösungen  auf  Phenolphthalein  einwirken  läßt.  Da  solche  Lö- 
sungen durch  die  frei  werdenden  Säuren  sauer  werden,  scheidet  sich  der  Jodkörper  sofort 
aus  der  Verbindung  ab. 

Tetrajodphenolphthalein  erzeugen  Kalle,  Biebrich^),  indem  sie  auf  eine  wässerige 
Lösung  von  Phenolphthaleiunatrium  eine  Lösung  von  Chlorjodsalzsäure  oder  CMorjod  in 
berechneter  Menge  einwirken  lassen. 

Auch  Jodderivate  des  Diphenylamins,  in  denen  ebenfalls  Jod  in  Kernwasser- 
stoffe eingetreten  ist,  wurden  in  derselben  Absicht,  zu  Jodoformersatzmittehi 
zu  gelangen,  hergestellt,  da  ihnen  ebenfalls  der  Vorzug  der  Gteruchlosigkeit  zu- 
kommt^). 

Man  jodiert  Diphenylamin  z.  B.   mit   Quecksilberosyd  und  alkoholischer  Jodlösung 
in  der  Siedehitze  und  fällt  mit  einer  wässerigen  Jodkaliumlösung. 
Man  erhält  so  Dijoddiphenylamin 

CgH^J,    j^„ 

C^HiJ^^^ 

In  ähnlicher  Weise  kann  man  zum  Dijodnitrosodiphenylamin 


und  zum  Acetyldijoddiphenylamin 


W>N.CO.CH, 
imd  zum  Benzoyldijoddiphenylamin 

C5H4 J^  w  .  no .  f '  H 

C(.H,J^-^     ^^   ^6^3 

gelangen.    Keine  von  diesen  Substanzen  hat  aber  eine  praktische  Bedeutung  erlangt. 

CgHgJ 

Ebenso  wurde  Dijodcarbazol  1  ~)NH   durch  Einwirkung  von  Jod   und  Queck- 

CßHjJ 
süberoxyd  in  alkoholischer  Lösung  auf  CarbazoP)  erhalten,  ferner  wurden  die  Jodderivate 
des  Oxytriphenylmethans*)  dargestellt. 

B.  Griese  in  BerUn  stellt  ein  im  Magen  leicht  lösliches  Doppelsalz  aus  7-Jod-8-oxy- 
chinolin-5-sulfosäure  her,  indem  er  molekulare  Mengen  Ammonium  Jodid  und  des  Am- 
moniumsalzes der  7-Jod-8-oxychinolin-5-sulfosäure  unter  Erwärmen  in  Wasser  auflöst 
und  erkalten  läßt. 

Wir  haben  gesehen,  daß  der  Eintritt  von  Jod  in  die  Kemwasserstoffe  des 
Benzolkerns  wohl  die  antiseptische  Kraft  der  Verbindungen  selbst  steigert, 
aber  das  gewonnene  Produkt  als  Jod  abspaltendes  Älittel  aus  dem  Grunde  nicht 
verwendbar  ist,  weil  die  so  konstituierten  Substanzen  unter  der  Einwirkung 
der  Grewebe  keineswegs  Jod  abzuspalten  vermögen.  Anders  verhält  es  sich  hin- 
gegen beim  Pyrrolring.  Wenn  hier  die  Wasserstoffe  mit  Ausnahme  des  Imid- 
wasserstoffes  durch  Halogen  ersetzt  werden,  so  bilden  sich  Halogensubstitutions- 
produkte, welche  durchaus  nicht  so  resistent  sind  wie  die  der  Benzolderivate, 
sondern  unter  der  Einwirkung  der  Gewebe,  wenn  auch  schwieriger,  wie  etwa 
Jodoform,  Jod  abzuspalten  in  der  Lage  sind.    Tetra jodpyrrol 

JC — jCJ 

JC*\/'CJ 

N 

H 


1)  DRP.   143  59G.  2)  DRP.  81  928.  =)  DRP.  81  929.  *)  DRP.  85  929. 


Jodoform  und  seine  ErsatzmitteL  603 

z.  B.  spaltet  im  Organismus  Jod  ab  und  seine  toxische  Wirkung  ist  eine  äußerst 
geringe.  Nach  Verfütterung  von  Jodol  (Tetrajodpyrrol)  findet  man  die  Hälfte 
des  eingeführten  Jods  im  Harne  (Rösel).  Aus  diesem  Grunde  kann  es  auch  als 
Ersatzmittel  des  Jodkaliums  benützt  werden*).  Wegen  seiner  Unlöslichkeit 
und  Reizlosigkeit  sowie  wegen  seiner  Geruchlosigkeit  konnte  es  als  erstes  Jodo- 
formersatzmittel, welches  eingeführt  wurde,  sich  viele  Freunde  erwerben.  Die 
Erklärung,  daß  TetrajodpjTrol  im  Gegensatze  zu  den  Benzol  Verbindungen,  in 
denen  Kernwasserstoffe  durch  Jod  ersetzt  sind,  Jodwirkungen  zu  äußern  in  der 
Lage  ist,  mag  darin  liegen,  daß  hier  eben  alle  durch  Jod  ersetzbaren  Wasser- 
stoffe auch  durch  Jod  vertreten  sind,  was  der  Verbindung  einen  solchen  Grad 
von  Labiütät  gibt,  daß  sie  leicht  ein  oder  mehrere  Jodatome  unter  der  Einwir- 
kung der  Gewebe  abzuspalten  vermag.  Die  Darstellung  des  Tetrajodpyrrols 
welches  Jodol  genannt  wird,  erfolgt  nach  der  von  Ciamician  und  Silber  an- 
gegebenen Methode^). 

Pyrrol  stellt  man  aus  Knochenölen,  dem  Dippelschen  Öle,  dar  und  jodiert  es,  indem 
man  auf  eine  alkalische,  wässerige  Lösung  des  PjTrols  eine  Jodlösung  einwirken  läßt.  Das 
ausfallende  Tetrajodpyrrol  C4J4NH  wird  aus  einer  alkoholischen  Lösung  mit  Wasser  gefällt 
und  so  gereinigt;  oder  man  jodiert  Pyrrol  in  alkoholischer  Lösung  bei  Gegenwart  von 
Quecksilberoxyd  und  fällt  das  Reaktionsprodukt  mit  Wasser,  oder  es  wird  Pyrrol,  jod- 
saures Kali  imd  Jodkalium  in  Wasser  gelöst  vmd  Alkohol  bis  zur  Trübung  zugesetzt.  Hierauf 
erfolgt  die  Bildung  des  Tetrajodpyrrols  durch  die  Einwirkung  verdünnter  Schwefelsäure, 
die  man  zusetzt,  auf  die  Jodsalze. 

Man  kann  auch  zmn  Tetrajodpyrrol  vom  Tetrachlorpyrrol  oder  Tetrabrompyrrol 
gelangen.  Tetrachlorpyrrol  erhält  man  durch  Behandlung  von  Pyrrol  oder  von  Pyrrol- 
carbonsäuren  mit  Chlor  in  alkoholischer  Lösmig.  Derselbe  Weg  führt  bei  Anwendung  von 
Brom  zum  Tetrabrompyrrol. 

Behandelt  man  die  Chlor-,  Brom-  und  Jodsubstitutionsprodukte  des  Psrrrols  mit 
Halogenalkylen  in  alkoholischer  Lösung,  so  gelangt  man  zu  den  alkylierten  Halogen- 
pyrroleu.  Vom  Tetrachlor-  oder  Tetrabrompyrrol  ausgehend,  erhält  man  Jodol,  wenn 
man  eine  alkoholische  Lösung  mit  Jodkaliiun  erhitzt.    Die  Reaktion  erfolgt  quantitativ. 

Die  leichte  Zersetzlichkeit  des  Jodols,  welches  in  seiner  antiseptischen 
Wirkung  sowie  auch  in  den  übrigen  Wirkungen  dem  Jodoform  weit  nachsteht 
und  deshalb,  trotzdem  es  das  erste  Jodoformersatzmittel  war  und  trotz  seiner 
gelben  Farbe  keine  allgemeine  Verbreitung  finden  konnte,  hat  dazu  geführt, 
es  mit  anderen  Substanzen  zu  verbinden,  Verfahren,  die  aber  ohne  jede  prak- 
tische Bedeutung  sind.  So  hat  man  durch  die  Darstellung  des  Coffeinjodols  ein 
milösUches,  angeblich  weit  beständigeres  Präparat  erhalten,  als  es  Jodol  ist. 
Es  ist  kein  rechter  Grund  einzusehen,  warum  gerade  dazu  Coffein  verwendet 
wurde.  Ferner  wurde  aus  Jodol  und  Hexamethylentetramin,  wie  aus  Jodoform 
und  Hexamethylentetramin  (siehe  S.  594),  ein  molekulares  Additioiisprodukt 
dargestellt,  welches  angebhch  sehr  beständig  ist. 

Es  entsteht  beim  Zusammenbringen  einer  alkoholischen  JodoUösung  mit  einer  wässe- 
rigen oder  alkoholischen  Hexamethylentetraminlösung  als  silbergraue  Krj'staUmasse. 

Auch  die  Darstellung  des  Jodolalbumius,  Jodolen  genannt,  ähnlich  wie  des 
Jodoformalbumins,  welche  nur  als  Umschließung  des  Jodols  mit  geronnenem 
Eiweiß  anzusehen  ist,  erscheint  uns  zwecklos,  da  ja  Jodol  keine  intensiv  riechende 
Substanz  ist  und  schon  für  Jodoform  der  Wert  der  Eiweißverbindungen  als  sehr 
zweifelhaft  angesehen  werden  muß  (s.  S.  595). 

Zur  Darstellung  der  Jodoleiweißverbindung  vermischt  man  Lösungen  von  Eiweiß  mit 
einer  JodoUösung  und  koaguliert  das  Eiweiß  in  der  Siedehitze'). 


•)  E.  Pick,  Vierteljahrsschrift  f.  Derm.  u.  SyphiUs  1886,  583. 
2)  DRP.  35  130,  38  423.  ^)  DBP.   108  904. 


604  Antiseptica  und  Adstringentia. 

Pyrrolcliazoljodid  wirkt  lähmend  auf  periphere  Nervenendigungen,  ent- 
fiebemd,  antiseptisch,  und  zwar  stärker  als  Chinin.  Das  Bromid  zeigt  schon  in 
kleinen  Dosen  die  nämliche  Wirkung  i). 

Kernjodierte  Imidazole  erhält  man,  wenn  man  Imidazole  oder  deren  Derivate  mit 
kernsubstitutionsfähigen  Wasserstoffatomen  mit  Jodlösungen  behandelt,  gegebenenfalls 
unter  Zusatz  von  Jodwasserstoffsäxire  bindenden  oder  oxydierenden  Mitteln.  Diese  Pro- 
dukte sind  sehr  jodreich  und  völlig  geruch-  und  geschmacklos  2). 

Isoform  nennt  Liebrecht  p-Jodoanisol  C^K^Kjq    ^  em  farbloses,  schwach 

nach  Anis  riechendes,  in  Wasser  schwer  lösliches,  auch  bei  höheren  Temperaturen 
nicht  zersetzbares  Pulver,  welches  als  Trockenantisepticum  dienen  soll. 

Isoform,  d.  i.  p-Jodoanisol,  hat  explosive  Eigenschaften  und  kommt  daher  in  einer 
Mischung  mit  gleichen  Teilen  Calciumphosphat  oder  Glycerin  in  den  Handel.  Man  stellt 
die  Substanz  so  wie  das  analoge  p-Jodophenetol  dar,  indem  man  p-Jodanisol  und  p-Jod- 
phenetol  direkt  oder  nach  Überführung  in  die  Chlor  j  od-  resp.  Jodoso  Verbindungen  mit 
oxydierenden  Agenzien,  wie  Chlor,  unterchlorige  Säure  behandelt  oder  indem  man  die 
Jodosoverbindungen  mit  Wasserdampf  destilliert^). 

Aus  Holzteer  und  Holzteerölen  wird  in  Gegenwart  schwachbasischer  Kondensations- 
mittel mit  einem  Aldehyd,  z.  B.  Formaldehyd,  eine  Kondensation  durchgeführt  und  dann 
das  Kondensationsprodukt  in  üblicher  Weise  jodiert^). 

o-Jodanisol  macht  bei  Hunden  in  Dosen  von  5 — 6  g  keine  toxischen  Effekte, 
sondern  nur  lokale  Reizerscheinungen.  40%  des  Jods  erscheinen  im  Ham,  nur 
sehr  wenig  anorganisch  gebunden,  das  meiste  wahrscheinhch  als  o-Jodhydro- 
chinonmethyläther  mit  Schwefelsäure  und  Glykiironsäirre  gepaart.  Ein  Teil  des 
Jodanisols  wird  unverändert  in  den  Faeces,  ohne  resorbiert  zu  werden,  aus- 
geschieden^). 

m-Jodanisol  wird  als  gepaarte  Schwefelsäure,  aber  zum  Teil  auch  als  Gly- 
kuronsäure  ausgeschieden*). 

Wir  kommen  nun  auf  einen  Körper  zu  sprechen,  das  Sozojodol'),  welcher 
scheinbar  der  ausgeführten  Anschauung  widersprechen  würde,  daß  der  Ersatz 
von  Kernwasserstoffen  durch  Jod  im  Benzolkern  für  die  Jodwirkung  der  Sub- 
stanz ganz  belanglos  ist  und  ferner,  daß  durch  Sulfurierung  der  Substanzen  ihre 
Wirkung  wesentlich  abgeschwächt  oder  ganz  aufgehoben  wird.  Mit  einem  Auf- 
wände von  großer  Reklame  wurde  Sozojodol,  die  Dijod-p-phenolsulfosäure 
OH  •  CßHjJg  •  SO3H  und  ihre  Salze  als  Arzneimittel  empfohlen.  Daß  die  freie 
Säure  antiseptische  Wirkuiigen  äußern  kami,  daran  ist  wohl  nicht  zu  zweifehi,  da 
dies  ja  eine  allen  stärkeren  Säuren  zukommende  Eigenschaft  ist.  Der  GSehalt  an 
Jod  in  der  Verbindung  ist  aber  für  diese  Eigenschaft  aus  dem  Grunde  gleichgültig, 
weil  die  antiseptische  Wirkung  hier  nur  durch  die  Sulfosäuregruppe  ausgelöst 
wird.  Daß  aber  die  neutralen  Salze  der  Alkalimetalle  Jodoformersatzmittel  sein 
können,  muß  auf  das  entschiedenste  in  Abrede  gestellt  werden.  Nur  wenn  die 
Alkalisalze  dissoziieren,  kami  es  hier  zu  einer  antiseptischen  Wirkung  kommen, 
sonst  aber  nicht.  Ein  anderes  ist  es,  wenn  die  Sozojodolsäiu-e  Salze  mit  Queck- 
silber oder  Zink  bildet.  Diesen  Verbindimgen  kommt  naturgemäß  die  dem 
Metallion  eigentümliche  Wirkung  zu  und  wie  schon  öfter  erwähnt,  ist  es  ziem- 
hch  gleichgültig,  welche  Säure  in  die  Salzbildung  eingeht.  Die  Wirkiuig  beruht 
nur  auf  den  spezifischen  Eigenschaften  des  salzbildenden  Metalles.  Dieses  ist 
auch  der  Grund,  weshalb  trotz  der  von  den  Fabrikanten  aiifgewendeten  Mühe 


>)  Lo  Monaco  und  Tarulli,  Bull,  della  Soc.  Lincei  1896,  XV,  26. 

=)  DRP.  223  303.  ^)  Höchster  Farbwerke,  DRP.   161  725. 

*)  J.  Härtkorn,  Berlin,  DRP.   223  838. 

5)  R.  Luzatto  und  G.  Satta,  Arch.  d.  Farmacol.  sperim.   11,  393  (1911). 

«)  R.  Luzatto  und  G.  Satta,  Arch.  d.  Farmacol.  sperim.   16,  393  (1913). 

')  DRP.  45  226. 


Jodoform  und  seine  Ersatzmittel.  605 

sich  in  der  Praxis  nur  die  Quecksilber-  und  Zinkverbindung  zu  halten  vermochte, 
weil  die  Wirkung  dieser  Salze  eben  auf  der  Wirkung  des  Quecksilbers  und  des 
Zinks  und  nicht  auf  der  Sozojodolsäure  beruht.  Sollte  die  Sozojodolsäure  im 
Sinne  einer  Jodverbindung  wirksam  sein,  so  müßte  ihr  eine  andere  Konstitution 
zukommen  als  die  ihr  zugeschriebene. 

Sozojodolnatrium  erwies  sich  bei  Spirochäten  unter  verschiedenen  Jod- 
präparaten als  das  wirksamste,  wenn  es  präventiv  und  hierauf  kurativ  an- 
gewendet wird,  bloß  kurativ  wirkt  es  nicht. 

Man  erliält  die  jodierten  Sulfosäuren  der  Phenole,  wenn  man  p-phenolsulfosaures 
Kali  mit  Chlorjodsalzsäure,  die  vor  dem  Jodieren  mit  Neutralisationsmitteln  bis  zum  Auf- 
treten von  freiem  Jod  versetzt  ist,  zusammenbringt.  Man  erhält  so  das  saure  Kaliumsalz 
einer  Dijod-p-phenolsulfosäure,  welches  schwerer  löslich,  und  das  leichter  lösliche  Kalium- 
salz einer  Monojod-p-phenolsulfosäure.  Die  Entstehung  dürfte  nach  folgender  Gleichung 
geschehen. 

.OH  J^  J 

2  CjH  /  -I-  3  JCl  =  CeHj^OH     +  CeHj^OH     +  3  HO 

SOjK  ^SOsK  ^SOaK 

Das  schwer  lösliche  saure  KaUumsalz  mag  vielleicht  eben  wegen  dieser 
saturen  Eigenschaften  antiseptische  Wirkungen  in  geringerem  Grade  besitzen. 

Die  freie  Dijod-p-phenolsulfosäure,  das  eigentliche  Sozojodol,  erhält  man  durch 
Zersetzen  des  schwer  löslichen  Barytsalzes  mit  Schwefelsäure.  Auf  gleiche  Weise  erhält 
man  die  Jodverbindungen:  a-dijodphenolsulfosaures  Kaliiun,  /^-dijodphenolsulfosaures 
Kalium,  die  5Ionojod-p-kresolsulfosäure  vmd  deren  Salze,  Jod-o-kresolsulfosäure  und  deren 
Salze,  Jodthymolsulfosäure  und  deren  Salze. 

Von  diesen  kamen  das  leicht  löshche  Natriumsalz  der  Dijod-p-phenolsulfo- 
säure C6H4J2(OH)S03Xa  +  2  HjO  und  das  schwer  löshche  Kahumsalz  CgHgJa 
(OHjSOjK  ziu-  therapeutischen  Anwendung.  Diese  Präparate  bheben  ohne 
wesentlichen  Erfolg,  während  die  entsprechenden  Zink-  und  Quecksilber- 
verbindmigen,  wie  erwähnt,  eine  größere  Verbreitung  erlangten.  Im  Organis- 
mus wird  aus  diesen  Präparaten  kein  Jod  abgespalten,  sie  verlassen  ihn  ganz 
unverändert. 

In  diese  Gruppe  gehört  noch  Pikrol,  das  dijodresorcinmouosulfosaure 
KaU,  welches  farblos  geruchlos  und  ungiftig  ist  und  dem  man  naiverweise  nach- 
sagte, daß  es  so  antiseptisch  wirke,  wie  Sublimat.  Man  muß  wohl  stamien,  wie 
wenig  Verständnis  des  wahren  Sachverhaltes  Erfinder  und  Fabrikanten  häufig 
zeigen. 

Formidin  ist  ein  Kondensationsprodukt  aus  Jod,  Formaldehyd  und  Sah- 
cylsäure  CjjHjoOjJß  (Methylendisalicylsäurejodid?). 

Von  Claus  stammt  das  ebenfalls  ganz  vergebliche  Bemühen,  durch  Jo- 
dieren und  Sulfurieren  von  Oxychinolin  zu  Jodoformersatzmittelu  zu  gelangen. 
Claus,  wie  eine  Reihe  von  Chemikern,  glaubte  im  Gegensätze  zu  den  tatsäch- 
lichen Verhältnissen,  daß  es  bei  der  Darstellung  von  Jodoformersatzmitteln, 
welche  jodhaltig  sein  sollten,  gerade  darauf  ankomme,  daß  das  Jod  möglichst 
fest  gebunden  sei.  Sie  übersehen  auch,  daß  es  eine  Kardinalregel  bei  der  Arznei- 
mittelsynthese ist,  daß  die  Einführung  von  Säuregruppen  in  eine  Verbindung 
deren  Wirkung  vernichtet  oder  wesenthch  abschwächt. 

m-Jod-o-oxychinoKnanasulfosäiu-e,  Loretin,  stellte  Claus  nach  folgendem 
Verfahren  dar^): 

o-Oxychinolin  wird  mit  rauchender  Schwefelsäure  in  der  Kälte  behandelt  xmd  man 
gelangt  so  zur  Monosulfosäure  des  Oxychinolins,  wobei  die  Sulfogruppe  in  der  Anastellung 
des  Chinolins  steht.    Läßt  man  nun  auf  das  Kaliumsalz  Jod  einwirken,  am  besten,  indem 


M  DRP.   72  942. 


606  Antiseptica  und  Adstringentia. 

man  Jodkalium  und  Salzsäure  verwendet,  so  tritt  das  Halogenatom  in  die  m-Stellung  des 
Chinolinkemes 

SO3H 


ÖHN 

Ebenso  gelangt  man  durch  Chlorieren  und  Bromieren  zur  m-Chlor-  und  m-Brom-o-oxy- 
chinolinanasulfosäure  ^). 

Loretin,  die  freie  Säure,  ist  ein  gelbes,  geruchloses  iind  unlösliches  Pulver, 
Welches  nur  als  Sävu-e  antiseptische  Eigenschaften  zeigt.  Als  Jodoformersatz- 
mittel angewendet,  sollen  ihm  keine  unangenehmen  Wirkinigen  zukommen. 
Auch  das  Kalium-  und  Natriumsalz  wurde  empfohlen,  aber  nur  das  Wismutsalz 
hat  für  kurze  Zeit  als  Jodoformersatzmittel  Anwendung  finden  können.  Vorteile 
gegenüber  den  anderen  Wismutmitteln  kann  diese  Verbindung  keineswegs 
bieten.    (Siehe  Wismutverbindungen.) 

Den  gleichen  Zweck  verfolgte  Claus  mit  der  Darstelhmg  im  Benzolkern  jodierter 
und  hydroxylierter  Chinoline.  Man  behandelt  o-  oder  p-Oxychinolin  mit  Jod  in  statu 
nascendi  und  erhält  so  Ana-jod-p-oxychinolin^). 

p-Methyl-m-jod-o-oxychinolinanasulfosäure')  erhält  man  in  gleicher  Weise,  wie 
Loretin,  durch  Einwirkung  von  Jod  auf  die  p-Methyl-o-oxychinolinanasulfosäure. 

Die  Wirkungen  dieser  Substanz  sollen  mit  den  Loretinwirkungen  iden- 
tisch sein. 

Auch  die  dem  Loretin  isomere  p-Jod-ana-oxychinolin-o-sulfosäure*)  erhält  man, 
wenn  man  nach  dem  Clausschen  Verfahren  die  Ana-oxychinolin-o-sulfosäure  jodiert. 

Ein  ungiftiges  Jodoformersatzmittel,  von  Tavel  und  Tomarkin  ein- 
geführt^), soll  Jodchloroxychinolin  (Vioform)  sein,  welches  aus  Anachlor-o-oxy- 
chinolin  durch  Jodieren  dargestellt  wird,  in  wässeriger  Lösung  mit  Jodjod- 
kalium, resp.  mit  Jodkalium  und  Hjqoochloriten.  Es  ist  nur  spurenweise  wasser- 
löshch*). 

Jodofan  ist  Monojoddioxybenzolformaldehyd  CgH3(0H),J-  HCOH  +  2H2O. 

Phenol  mit  Formaldehyd  bei  100°  und  imter  Druck  mit  Alkalien  behandelt  gibt 
ein  poljoneres  Anlagerungsprodukt  beider  Ausgangssubstanzen,  welches  Formaldehyd  so- 
wohl in  fester  Bindung  als  auch  labil  enthält.  Es  wird  daraus  durch  Enzyme  Formaldehyd 
abgespalten').  Läßt  man  auf  die  Verbindung  Jod  in  alkalischer  Lösung  einwirken  und  fällt 
dann  mit  Säure,  so  erhält  man  eine  Jodphenolformaldehydverbindung'). 

Von  Jodderivaten,  die  als  Jodoformersatzmittel  hätten  dienen  sollen,  aber 
in  kürzester  Zeit  verschwanden,  sind  noch  zu  nennen:  das  von  Frankreich  her 
empfohlene  Antiseptol,  welches  Cinchoninum  jodosulfuricum  ist,  ein  in  Wasser 
unlösliches  Salz,  über  das  aber  keine  therapeutischen  Erfahrungen  vorliegen. 
Die  Wirkung  dürfte  sich  hauptsächlich  auf  die  bekannte  Cinchoninwirkung 
beziehen,  ebenso  wie  beim  Chininum  lygosinatum.  Dieses  ist  ein  Desinfektions- 
mittel, und  zwar  ein  Doppelsalz  von  Chinin  und  dem  Natronsalz  des  Di-o-cumar- 
ketons.  Es  ist  erst  geschmacklos,  dann  bitter.  Lygosin  selbst  ist  Di-o- 
cumarketon,   es   wirkt   hindernd   auf  Bakterienentwicklung. 

Jodverbindiingen. 

Eine  Reihe  von  Jodverbindmigen  wiude  zu  dem  Zwecke  dargestellt,  um 
Jodoformersatzmittel  zu  erhalten,  Ersatzmittel,  welche,  da  es  sich  um  Streu- 
pulver handelte,  denen  mehr  oder  minder  starke  antiseptische  und  granulations- 


1)  DRP.  73  415.  2)  DRP.   78  880.  ')  DRP.  84  063.  *)  DRP.  89  600. 

5)  Deutsche  Zeitschrift  f.   Chiiurgie   1900,  Heft  6.  «)  DRP.    117  767. 

')  Hernchke,   Müncheberg,  DRP.    1.57  553.  ^)  DRP.    157  554. 


Jodverbindungen.  607 

befördernde  Eigenschaften  zukommen  sollten,  auch  aus  anderen  chemischen 
Gruppen,  ohne  daß  die  Anwesenheit  von  Jod  dazu  unumgänglich  notwendig 
wäre,  darstellbar  waren,  wir  nennen  hier  nur  die  Tannin-  und  Wismutgruppen. 
Eine  Reihe  von  Jodverbindimgen,  insbesondere  für  den  inneren  Gfebrauch, 
wurde  nur  aus  dem  Grunde  dargestellt,  um  Ersatzmittel  für  JodkaHum  oder  Jod- 
natrium zu  finden,  denen  bei  interner  Verabreichung  die  eigentliche  Jodwirkung, 
die  insbesondere  bei  sj-philitischen  Spätaffektionen  geradezu  als  spezifische 
zu  bezeichnen  ist,  zukommt.  Es  handelt  sich  wohl  hier  vor  allem  um  die  re- 
sorptionsbefördenide  Wirkimg  der  Jodsalze.  Diese  einfachsten  anorganischen 
Verbindungen  des  .Jods  aus  der  Therapie  je  zu  verdrängen,  wird  wohl  keinem 
synthetischen  Jlittel  gelingen.  Weshalb  man  überhaupt  Ersatzmittel  des  .Jod- 
kaliums suchte,  ist  nur  erklärlich  aus  der  Zersetzbarkeit  der  wässerigen  Lösungen 
der  Jodkalisalze,  aus  dem  schlechten  Geschmacke  derselben,  der  sich  ja  be- 
kannthch  durch  pharmazeutische  Verabreichungsformen  sehr  gut  korrigieren 
läßt  mid  endlich,  was  das  wichtigste  ist,  aus  dem  Auftreten  des  Jodismus  be- 
nannten Symptomenkomplexes.  Es  handelt  sich  nur  darum,  organische  Ver- 
bindungen, welche  Jod  oder  Jodwasserstoffsäure  miter  dem  Einflüsse  der  Ge- 
webe, wenn  auch  nicht  so  leicht  wie  die  Jodsalze,  abgeben,  darzustellen.  Für 
diese  Zwecke  konnten  sich  ja  wohl  nur  aliphatische  Jodverbindungen  eignen 
oder  solche  aromatische,  in  denen  Jod  in  Seitenketten  enthalten  und  leicht  ab- 
spaltbar ist.  Ob  Verbindungen  dieser  Art  Vorzüge  gegenüber  den  Jodalkali- 
salzen zukommen,  wollen  wir  dahingestellt  sein  lassen,  wenn  es  auch  sehr  wahr- 
scheinlich ist,  daß  in  einzelnen  organischen  Verbindungen  das  nicht  ionisierte 
Jod  von  einzelnen  Geweben  relativ  besser  aufgenommen  wird.  Die  Erfahrung 
zeigt  nur,  daß  bei  der  ungeheuer  großen  Anwendung  von  Jodsalzen  in  der  Thera- 
pie der  verschiedensten  Erkrankungen  keines  der  Jodpräparate,  welche  für  die 
innere  Verabreichung  dargestellt  wurden,  die  anorganischen  Jodsalze,  welche 
auch  die  billigsten  sind,  verdrängen  konnte.  Man  hat  sich  bemüht,  in  fast  aüe 
intern  verabreichbaren  Substanzen  Jod  zu  substitiüeren,  man  hat  auch  jod- 
wasserstoffsaure Salze  der  verschiedensten  Substanzen  mit  den  verschiedensten 
Wirkungen  ganz  zwecklos  in  dieser  Absicht  dargestellt.  Wir  wollen  nur  einige 
dieser  Substanzen  erwähnen : 

Wülfingi)  erzeugt  eine  krystallisierte  wasserfreie  Doppelverbindung  von  Glucose 
und  Jodnatrium  diu-ch  Krystallisation  aus  SOproz.  Alkohol.  An  Stelle  des  Äthylalkohols 
kann  man  auch  andere  Alkohole  oder  Ketone  verwenden,  in  welchen  Glucose  und  Natrium- 
jodid  löslich,  z.  B.  Methylalkohol  und  Aceton^). 

Jodnatriumglucose  erhält  man,  wenn  man  wasserfreie  Glucose  und  wasserfreies 
Jodnatrium  2  :  1  möglichst  homogen  mischt  und  die  llischimg  entweder  zusammen- 
schmilzt oder  mit  starkem  Alkohol  anfeuchtet  und  bei  100 — 115°  trocknet.  Die  Ausbeute 
ist  quantitativ,  während  sie  nach  DRP.   196  605  erheblich  geringer  ist^). 

Wässerige  oder  alkoholische  Lösimgen  von  Jodcalcium  und  neutral  reagierenden 
Ammoniakderivaten,  wie  Aminosäiu-en  und  Harnstoff,  geben  beim  Eindampfen  krystallisierte 
Verbindvmgen  Beschrieben  sind :  GlykokoUjodcalcium,  Hamstoffcalciurajodid,  Glycylglycin- 
jodcalcium,  Alaninjodcalcium.  Die  Verbindungen  werden  durch  Kohlensäure  nicht  zersetzt*). 

Jodoform  wurde  auch  intern  gegeben,  wobei  es  sich  schon  im  Darmkanal 
zersetzt,  so  daß  es  zur  Resorption  von  Jodwasserstoff  sauren  Verbindimgen  aus 
dem  Darme  kommt.   Ähnlich  verhalten  sich  wohl  zahlreiche  ahphatische  Körper. 

Jodäthyl  wtirde  in  Frankreich  als  Ersatzmittel  für  die  ebenfalls  Jodäthyl 
enthaltende  Jodtinktur  zu  Pinselungen  verwendet,  auch  intern  eingenommen 
soll  es  gut  wirken. 

1)  DRP.   196  605.  =>)  Wülfing,  DRP.  204  764.  Zusatz  zu  DRP.   196  605. 

ä)  Johann  A.  Wülfing,    Berlin,  DRP.   312  643. 
*)  Walter  Spitz.   Eichwalde,  DRP.   318  343. 


608  Antiseptioa  und  Adstringentia. 

Mau  wird  begreifen,  daß  bei  der  Kostspieligkeit  des  Jodäthyls  gegenüber 
der  Jodtinktur  oder  gegenüber  dem  Jodkalium  jeder  Arzt  wohl  bei  den  alten 
Mitteln  bleiben  wird,  wenn  das  Neue  gar  keinen  nennenswerten  Vorteil  bietet. 

Einen  größeren  Vorteil  scheinen  uns  die  von  Winternitz*)  empfohlenen 
Jodfette  zu  bieten,  die  gut  resorbiert  langsam  bei  der  Verbrennung  im  Organis- 
mus Jod  frei  machen.  Diese  Jodfette  (ebenso  verhalten  sich  die  Bromfette) 
zersetzen  sich  beim  Aufbewahren  nicht.  Sie  werden  dargestellt  durch  Behandeln 
von  Fetten  und  Ölen  mit  Chlorjod  oder  Chlorbrom,  doch  bleiben  die  Fette  hierbei 
zum  Teile  ungesättigt,  weshalb  sich  das  Halogenprodukt  auch  nicht  zersetzt, 
während  die  jodgesättigten  Fette  sehr  leicht  unter  Jodabspaltung  zersetzhch 
sind*).  Man  erhält  diese  Verbindungen  auch,  wemi  man  gasförmige  Jod-  oder 
Bromwasserstoffsäure  auf  Fette  in  unzureichender  Menge  einwirken  läßt,  und 
zwar  bei  niederer  Temperatur^).  Diese  Idee,  ungesättigte  Fette  zu  jodieren, 
hat  noch  größeren  Erfolg  in  der  Form  gehabt,  inigesättigte  Fettsäuren  zu 
jodieren  und  deren  geschmacklose  pulverförmigen  Kalksalze  zu  verabreichen. 

Jod-  und  Bromfette  erzeugt  Arnold  Voswinkel,  Berlin*),  in  der  Weise,  daß  er  Jod 
oder  Brom  in  Gegenwart  der  Sulfhydrate  von  chlorierten  Aldehyden  auf  fette  öle,  Fette 
usw.  zur  Einwirkung  bringt.  Es  entsteht  Halogenwasserstoff,  der  sich  mit  dem  Ol  ver- 
bindet. Man  kann  z.  B.  Jod-  und  Brom-Sesamöl  unter  Anwendung  von  Chloralsulfhydrat- 
oder  Butylchloralsulfhydrat  darstellen. 

Trijodierte  Derivate  der  Stearinsäure*)  erhält  man  durch  Einwirkung  von  3  Mol. 
Jodmonobromid,  Jodmonochlorid  oder  Jodweisserstoff  auf  Linolensäure.  An  Stelle  von 
reiner  Linolensäiu'e  kann  man  auch  das  durch  Verseifung  von  Leinöl  erhältliche  Giemisch 
von  Leinölfettsäuren  verwenden.  Die  erhaltenen  Halogenderivate  der  Stearinsäure  sind 
im  Wasser  unlösliche,  geschmacklose  Verbindungen,  die  sich  durch  Behandlung  mit  orga- 
nischen Basen  in  die  entsprechenden  Salze  überführen  lassen.  Die  Halogenderivate  können 
als  freie  Säuren  oder  als  Salze  Verwendung  finden.  Beschrieben  sind  Trijodtribromstearin- 
säure,  Trijodtrichlorstearinsäure  und  Trijodstearinsäure. 

Taririnsäuredijodid  erhält  man,  wenn  man  wässerige  alkalische  Lösungen  von  Taririn- 
säure mit  geeigneten  Mengen  Jodjodkaliumlösung  versetzt,  das  Reaktionsprodukt  durch 
Zusatz  von  Mineralsäure  ausfällt  und  dasselbe  über  die  Alkalisalze  reinigt  und  wieder 
fäUtS). 

Monojodfettsäuren  erhält  man  aus  Ölsäure,  Elaidinsäure,  Erucasäure  und  Brassidin- 
säure  durch  Einwirkung  von  Jodwasserstoff  in  Eisessig,  bei  gelinder  Wärme.  Den  Jod- 
wasserstoff erzeugt  man,  um  um  phosphorfrei  zu  haben,  da  sonst  der  Phosphor  an  der 
Reaktion  teilnimmt,  aus  Jod  und  Copaivaöl.  Beschrieben  ist  die  Darstellung  der  Mono- 
jodbehensäure  aus  Erucasäure  und  der  Monojodstearinsäure  aus  Ölsäure').  Man  erhält 
die  Monojodbehensäure  aus  der  Monobrombehensäure,  die  aus  Erucasäure  durch  An- 
lagerung von  Bromwasserstoff  entsteht,  indem  man  sie  auf  Jodmetalle  einwirken  läßt*). 
Die  Darstellung  des  Calcium-,  Strontium-,  Magnesiumsalzes  der  Jodbehensäure,  des  Calcium- 
und  Strontiumsalzes  der  Jodstearinsäure  und  des  Calciiunsalzes  der  a-Jodpalmitinsäure 
gesoliieht  durch  Einwirkung  von  Jodkalium  auf  Brompalmitinsäure.  In  Form  dieser 
Salze  sind  diese  Jodfettsäuren  sehr  gut  haltbar;  man  erhält  sie  entweder  in  wässeriger 
Lösung  durch  Neutralisation  der  Fettsäuren  mit  den  Basen  oder  durch  Umsetzung  der 
Alkalisalze  mit  den  Erdalkalisalzen,  am  besten  aber  in  organischen  Lösungsmitteln,  indem 
man  zu  der  freien  Säure  eine  überschüssiges  Ammoniak  enthaltende  Lösung  des  Erdalkali- 
salzes hinzufügt^). 

Die  Darstellung  von  Monojodfettsäuren  aus  ungesättigten  Säuren  durch  Anlagerung 
von  Jodwasserstoff  wird  durchgeführt,  indem  man  auf  ungesättigte  Fettsäuren  unter  mög- 
lichstem Ausschluß  von  Wasser,  Jodmetalle  in  Gfegenwart  von  Säuren  oder  Säuregemischen 
einwirken  läßt,  welche  eine  höhere  Acidität  haben  als  die  Fettsäuren.  Man  erhält  z.  B.  aus 
Erucasäure,  Jodnatrium,  Eisessig,  der  mit  Chlorwasserstoff  gesättigt  ist,  Monojodbehen- 
säure ;  durch  Eingießen  von  Wasser  fällt  diese  Säure  aus  dem  Reaktionsgemische  heraus^"). 

Ricinstearolsäuredijodid  erhält  man  aus  Ricinstearolsäure  und  Jod,  wenn  man  die 
Jodierung  in  Gegenwart  von  wässeriger  Essigsäure  ausführt.    Man  erhält  nach  Entfernung 

1)  Deutsche  med.  Wochenschr.  83,  1897.  ^)  DRP.  96  495.  ^)  DRP.  135  836. 

')  DRP.  233  857.  ')  E.  Erdmann,  Halle  a.  d.  S.,  DRP.  233  893. 

8)  Hoffmann- La  Roche,  DRP.  261211.  ')  DRP.   180  087. 

«)  DRP.   196  214.  »)  DRP.   180  622.  »»)  DRP.   187  822. 


Jodverbindungen.  609 

von  etwas  überschüssigem  Jod  durch  Krystallisation  der  Reaktionsmaese  und  Ausfällen 
der  Mutterlauge  mit  Wasser  festes,  nahezu  farbloses  Dijodid,  das  leicht  umkrystalUsiert 
werden  kann^). 

Die  Ester  der  Monojodfettsäuren  können  zu  subcutanen  Einspritzungen  benützt 
werden.  Man  erhält  sie  durch  direkte  Veresterungen,  z.  B.  den  Athylester  dvu'ch  Äthyl- 
alkohol mit  konzentrierter  Schwefelsäure.  Beschrieben  sind  Jodbehensäureäthylester  und 
Jodstearinsäureäthylester.  In  der  englischen  Patentschrift  11  494  ex  1902  wird  Jodwasser- 
stoff einfach  an  die  Ester  der  ungesättigten  Säuren  angelagert*). 

Heyden,  Radebeul'),  jodieren  Fette,  welche  eine  mittlere  Jodzahl  von  45  haben, 
mit  chlorfreien  Jodierungsmitteln  in  erschöpfender  Weise.  Elakaobutter  z.  B.  wird  mit  Jod- 
tinktur und  Jodsäure  bei  60°  geschüttelt. 

Heyden,  Radebeul*),  jodieren  Fette  mit  chlorfreien  Jodierungsmitteln  und  erzeugen 
Bromfette  und  Jodfette  durch  Brom  in  Gegenwart  von  Bromsäure  vmd  Jod  in  Gegenwart 
von  Jodsäure*). 

Biedel,  Berlin'),  stellt  chlorfreie  Ester  und  Salze  hochmolekularer  Jodfettsäuren  in 
der  Weise  her,  daß  Fette  ungesättigter  Säuren  oder  die  entsprechenden  Salze  derselben  in 
Gegenwart  von  Jod  und  Wasser  mit  Quecksüberoxyd  so  behandelt  werden,  daß  unter- 
jodige  Säure  entsteht,  welche  dann  jodierend  einwirkt. 

Die  Bromverbindungen  der  ungesättigten  Fettsäuren,  <ind  zwar  die  Erdalkaliverbin- 
dvmgen,  werden  genau  so  dargestellt  wie  die  Jodverbindungen'). 

Einen  krystallisierten  Ester  des  Ricinstearolsäuredijodids  erhält  man  durch  Über- 
führung des  Ricinstearolsätuedijodid  in  den  Äthylester  oder  indem  man  an  den  Athyl- 
ester der  Ricinstearolsäure  Jod  addiert^). 

Die  Ester  der  einfachen  ungesättigten  Dijodfettsäuren')  sollen  den  Monojodfettsäure- 
estem  des  DRP.  188  834  gegenüber  den  Vorteil  haben,  daß  sie  bei  gewöhnlichen  Tempera- 
turen fest  bleiben  und  gut  krystallisieren.  Sie  haben  einen  viel  höheren  Jodgehalt  als  die 
Jodderivate  der  fetten  Ole.  Dargestellt  wurden  Dijodbrassidinsäuremethylester  mit  Methyl- 
alkohol und  Salzsäure,  femer  der  Athylester  und  der  Isoamylester,  femer  Dijodelaidin- 
säuremethylester.  Durch  Erhitzen  von  Jod  und  Eisenpulver  mit  Behenolsäuremethylester 
entsteht  der  Dijodbrassidinsäuremethylester. 

Man  erhält  die  Säurechloride  der  ungesättigten  Dihalogenf ettsäuren ")  der  Formel 
CnH2n  — 4{Hal.)2Ö2  quantitativ  durch  Behandlung  der  Halogenfettsävu^n  mit  Thiouyl- 
chlorid.  Beschrieben  werden  das  Chlorid  von  Stearolsäuredijodid,  -dibromid,  von  Brassidin- 
säuredijodid  und  Behenolsäuredijodid. 

Phenylester  jodierter  Fettsäuren^)  erhält  man,  wenn  man  jodierte  Fettsäuren  mit 
Phenolen  in  üblicher  Weise  verestert  oder  in  Phenylester  von  ungesättigten  Fettsäuren 
Jod  einführt  oder  die  Phenylester  von  chlor-  oder  bromsubstituierten  Fettsäuren  mit  Jod- 
salzen behandelt.  Dargestellt  wiirden :  Jodessigsäurephenylester,  Jodacetylthymol,  a-Brom- 
isovalerianylguajacolester,  »-Jodisovalerianylguajacolester,  «-Jodisovalerianylkreosotester, 
Methylpropyljodpropionsäureguajacolester,  a-Jod-n-buttersäureguajacolester  und  die  ent- 
sprechende Brom  Verbindung ,  Jodbehensäuregua  jacolester ,  Hydrochinondi-a-bromiso- 
valeriansäureester,  aus  welchem  man  mit  Jodnatrium  das  entsprechende  Jodderivat 
erhält,  Jodstearinsäureguajacolester,  a-Jodisobuttersäureguajacolester. 

Sajodin  ist  das  von  E.  Fischer  und  Mering  dargestellte  Calciumsalz  der 
Monojodbehensäure  (C22Hj202J)2C'a ,  ein  in  Wasser  unlösliches  geschmack- 
loses Pulver  mit  26%  Jod.  Es  wird  zum  kleinen  Teü  mit  dem  Kot  wieder  aus- 
geschieden, der  Hauptteü  wird  resorbiert,  besonders  im  Knochenmark,  im  Fett 
vmd  in  der  Schilddrüse  aufgespeichert  und  nach  der  Resorption  von  dort  nach 
erfolgter  Spaltung  im  Harn  als  JodaLkali  ausgeschieden^). 

a-Jodstearinsäure  und  a-Jodpalmitinsäure  werden  von  Hunden  schlecht 
vertragen.  Bis  zu  91%  des  Jodgehaltes  derselben  sind  im  Harn  nach  Ver- 
fütterung  dieser  Säuren  als  anorganisches  Jod  nachweisbar^). 

1)  Riedel,  DRP.  296  495.  ^)  DRP.   188  434.  ')  DRP.   199  549. 

*)  DRP.  199  549.         ^)  DRP.-Anm.  C.  13  420  (zurückgezogen).         •)  DRP.  202  790. 

')  DRP.   187  449,  Ztisatz  zu  DRP.   180  622.  »)  Riedel,  DRP.  303  052. 

•)  Ciba,  DRP.-Anm.  G.  30  940;  Franz.  Patent  430  404;  Engl.  Patent  19  350  ex  1910. 
"•)  Hoff  mann- La  Roche,  DRP.   232  459. 
")  Bayer,   Elberfeld,  DRP.   233  327. 

^)  E.  Abderhalden,  Zeitschr.  f.  exp.  Path.  u.  Ther.  4,  716.  —  Georg  Basch,  HS. 
55,  399  (1908).  ")  G.  Gastaldi,  Arch.  d.  Farmacol.  sperim.   IS,  470  (1913). 

Fränkel,  Arzneimittel-Synthese.    5.  Aufl.  39 


610  Antiseptica  und  Adstringentia. 

Die  Calciumsalze  der  2-Jodpalmitinsäure  und  der  2-Jodstearinsäure  werden 
gut  vertragen  und  unter  Jodabspaltung  im  Harn  ausgeschieden,  die  entsprechen- 
den Amide  (2-Jodpalmitinamid  und  2-Jodstearinamid)  dagegen  werden  un- 
zersetzt  mit  den  Faeces  entleert  i). 

Dijodyl  ist  Ricinolstearolsäurejodid. 

Dijodbrassidinsäureäthylester  CjgHggCJ  :  CJ  •  COO  •  CjHj  [Lipojodin  ^)]  soU 
in  bezug  auf  Verträglichkeit  und  Lipotropie  viel  besser  sein  als  Jodival,  Jedi- 
pin, Sajodin,  während  die  freien  Dijodfettsäuren,  wie  die  Dijodelaidinsäure 
diesen  Anforderungen  nicht  entsprechen.  Lipojodin  wird  langsam  resorbiert, 
und  im  Darm  wird  kein  Jod  abgespalten.  Ebenso  verhält  sich  Sajodin.  Sajodin 
und  Jodipin  werden  nach  Winternitz  als  fettsaure  Alkalien  resorbiert. 

Jodival  wird  sehr  rasch  resorbiert  und  verhält  sich  sonst  wie  JodkaHum. 

Die  folgenden  Verbindungen  enthalten  zwei  verschiedene  Halogene  oder 
Halogen  und  Schwefel: 

Geschwefelte  Jodfette')  erhält  man,  wenn  man  auf  Fette  oder  fette  Ole  in  Gegenwart 
von  Schwefelwasserstoff  Jod  einwirken  läßt.  Nimmt  man  ungesättigte  Fettsäuren*),  so 
gelangt  man  zu  analogen  Produkten,  welche  aber  wasserlösliche  Salze  bilden. 

Jodfettpräparate*)  in  fester  und  nahezu  geschmackloser  Form  erhält  man  durch 
Darstellung  der  Salze  der  Chlorjodfettsäuren. 

Fette  bzw.  Fettsäuren  und  deren  Ester,  die  Brom  und  Jod  gleichzeitig  enthalten  und 
haltbar  sind,  stellt  Majert,  Berlin*),  dar  durch  Einwirkung  von  Brom  und  Jod  in  zur 
vollständigen  Halogenisierung  unzureichender  Menge. 

E.  Merck  beschreibt  die  Darstellung  von  haltbaren  Jod-  und  Bromfetten,  indem 
man  Jod-  und  Bromwasserstoffsäure  in  wässeriger  Lösung  und  in  statu  nascendi  auf  die 
Fette  einwirken  läßt'). 

Ulzer  und  Batig  in  Wien  stellen  Phosphorsäureester  aiis  den  Diglyceriden  von  Fett- 
säuren oder  Halogenfettsäuren  und  Phosphorpentoxyd  her,  indem  sie  die  Reaktion  in  Ge- 
genwart von  Wasser  durchführen.  Sie  vermischen  2  Mol.  Diglycerid  und  1  Mol.  Phosphor- 
pentoxyd und  lassen  1  Mol.  Wasser  vuiter  Rühren  und  Kühlung  nach  und  nach  zutropfen. 
Beschrieben  ist  die  Darstellung  der  Dijodstearylglycerinphosphorsäure. 


/ 


O  ■  CO  •  C,,H„J„ 


17"^33" 


C3S5V'-'  ■  '-'^  '   '^I7H33J2 

OP^OH 
\OH 

Man  erhält  Quecksilberjodidjodfettverbindungen,  wenn  man  Elajomargarinsäviro 
oder  verseifte  Holzöle  mit  unterjodiger  Säure  in  Gegenwart  von  Quecksüberoxyd  be- 
handelt«). 

Riedel,  Berlin,  beschreibt  ein  Jodlecithin,  dargestellt  durch  Einwirkung  von  Jod- 
monochlorid oder  Mischungen,  welche  Chlorjod  abgeben.  Die  Verbindung  enthält  Jod  in 
den  ungesättigten  Fettsäureradikalen  substituiert'). 

G.  Richter,  Budapest'"),  jodiert  Lecithin  in  Tetrachlorkohlenstofflösung  mit  gas- 
förmiger Jodwasserstoffsäure  und  filtriert  durch  wasserfreies  Natriumcarbonat.  Jod- 
lecithin enthält  32%  Jod. 

Jodstärke  resp.  im  allgemeinen  Halogenstärke  erhält  man  in  trockener  Form  durch 
Versetzen  eines  Stärkekleisters  mit  Halogen  und  Tannin,  Dekantieren,  Zentrifugieren  und 
Trocknen  des  Niederschlages.  Tannin  tritt  nur  in  kleinen  Mengen  in  die  Verbindung  ein''). 

Erst  im  Darm  wird  aus  a-Jodisovalerianylhamstoff  Jod  abgespalten.  Man  erhält  ihn 
durch  Einwirkung  von  Jodsalzen  auf  a-Brom-  oder  a-Chlorisovalerianylhamstoff  [s.  d.**)]. 


1)  P.  Ponzio,  Gazz.  chim.  ital.  41,  I,  781  (1911). 

^)  Oswald   Loeb   und    Reinhard   von   den   Velden,    Therap.    Monatshefte   S5, 
Aprü  (1911). 

')  Bayer,  Elberfeld,  DRP.   132  791.  *)  DRP.   135  043. 

5)  Akt.-Ges.  f.  Anilin-Fabr.,  Berlin,  DRP.   150  434.  «)  DRP.   139  566. 

')  DRP.   159  748.  «)  Riedel,  Berlin,  DRP.  215  664.  ')  DRP.   155  629. 

1°)  DRP.  223  594.         ")  Eichelbaum,  Berlin,  DRP.   142  897. 
")  Knoll,  Ludwigshafen,  DRP.   197  648. 


Jodverbindungen.  611 

MonojodisovalerianoglykolyLhamstoff  wird  Archiodin  genannt. 

Amide,  Ureide  oder  Ester  der  in  der  Seitenkette  jodierten  Zimtsäuren  erhält  man  durch 
Verwandlung  dieser  jodierten  Säuren  in  die  Derivate  oder  durch  Anlagerung  von  Jod  oder 
Jodwasserstoff  an  die  Derivate  der  Phenylpropiolsäuro.  Besehrieben  sind  Dijodzimt- 
säure-amid,  -ureid,  -glycinester,  -glykokoll,/?-Jodzimtsäureguajacylester,  Monojodzimtsäure- 
amid,  p-Xitrodijodzimtsäureäthylester.  Diese  Verbindungen  sind  geschmacklos  und  sollen 
Jod   im   Organismus   rasch   abspalten^). 

Die  Amide  und  Ureide  der  höheren  brom-  oder  jodsubstituierten  Fettsäuren  sind 
gut  krystallisierende  Verbindimgen,  sie  werden  im  Organismus  gut  aufgespalten  und 
sollen  weder  giftig  sein,  noch  unangenehme  Nebenwirkimgen  haben.  Sie  sind  nach  den 
bekannten  Verfahren  darstellbar.  Beschrieben  sind:  Dijodbrassidinsäureamid ,  Dibrom- 
behensäureureid,  Jodbehensäureamid-). 

a-Jodpropionylcholesterin,  /»'-Jodpropionylcholesterin  und  Dijodelaidyl- 
cholesterin  werden  sehr  schlecht  (etwa  nur  zu  V3)  resorbiert.  Die  Jodausschei- 
dung vollzieht  sich  innerhalb  4 — 5  Tagen,  ein  erhebhcher  Teil  des  resorbierten 
Jods  bleibt  in  dem  Gewebe  zurück.  Subcutan  eingespritzt,  erfolgt  die  Jodaus- 
scheidung allmählich^). 

Alival  ist  Acetou-glj'cerin-(X-jodhydrin. 
J  •  CH,  •  CH  ■  O  . 

)C{CH3)2    *) 

CH,  •  O  ^ 

Jodthion  ist  Dijodhydroxyprof)an  C3H5J2  •  OH ,  es  ■rnirde  als  Ersatzmittel 
der  Jodtinktur  empfohlen. 

Joddioxypropan  erhält  man  durch  Digerieren  von  a-Chlorhydrin  mit  Jodalkalien  bei 
einer  90°  nicht  übersteigenden  Temperatur  im  Dunkeln^).  Bei  der  Darstellung  von  Jod- 
dioxypropan kann  man  Jodalkalien  bei  der  Einwirkung  auf  a-Chlorhydrin  unterhalb  90° 
durch  Joderdalkalien  oder  Jodmagnesium  ersetzen  °). 

Dem  Benzojodhydrin  (C3H5)C1J(C'8H5  •  CO,) ,  also  dem  Chlorjodbenzoesäure- 
glycerinäther  soUen  bei  der  internen  Verabreichung  als  Ersatzmittel  der  Jod- 
alkahen  keine  unangenehmen  Nebenwirkungen  zukommen.  Doch  ist  diese 
Substanz  eine  braungelbe,  fettige  Masse,  die  man  erst  mit  Zucker  mischen 
muß,  um  sie  verabreichen  zu  können'). 

Die  Substitutionsprodukte  des  Coffeins  und  Theobromins,  z.  B.  das  jod- 
wasserstoffsaure Dijodcoffein,  sind  so  labil,  daß  sie  schon  bei  der  Berührung 
mit  Wasser  Jod  abspalten  und  in  halbwegs  erheblichen  Dosen  innerlich  gegeben 
durch  die  Ehmination  des  Jods  in  den  Respirationswegen  krampfhaften  Husten 
erzeugen. 

Zu  den  erfolglosesten  Bemühungen  in  der  Arzneimittelsynthese  gehört 
das  bei  jungen  Synthetikem  und  bei  jungen  Fabrikanten  so  beUebte  Ein- 
führen von  Halogenen  in  bekamite  Arzneikörper.  Um  so  erfolgloser  muß 
so  ein  Bemühen  erscheinen,  wenn  zur  Einführung  eine  Grundsubstanz  ge- 
wählt wird,  die  an  und  für  sich  sehr  teuer  ist.  Da  die  mit  Brom  oder  Jod  sub- 
stituierten und  addierten  Körper  meist  keine  besonders  hervorragenden  Wir- 
kungen, insbesondere  keine  neuen  verwertbaren  Eigenschaften  zeigen,  so  fristen 
sie  meist  nur  ein  Eintagsdasein.  In  der  ThaUinperiode  wurde  ein  Jodadditions 
produkt  des  Thallinsulfates  als  Thallinperiodat  eingeführt,  undGrenville 
behandelte  damit  Carcinome  angeblich  mit  bestem  Resultat.  Jodopyrin  ist 
Jodantipyrin,  in  dem  ein  Wasserstoff  der  Phenylgruppe  durch  Jod  ersetzt  ist. 
Der  Körper  wirkt  wie  Antipyrin  imd  Jod,  hat  aber  vor  einer  Mischung  beider 

1)  Bayer,  DRP.   246  165.  2)  Bayer,  DRP.   248  993. 

-)  E.  Abderhalden  und  E.  Gressel,  HS.  74,  472  (1911). 

*)  E.   Fischer  und  Ernst  Pfähler,  BB.   .53,    1606  (1920). 

5)  Lüders,  DRP.   291  541.  «)  DRP.   291  922,  Zusatz  zu  DRP.   291  541. 

')  Chenal,  These  de  Paris  (1896). 

39* 


612  Antiseptica  und  Adstringentia. 

keinen  Vorteil,  soll  aber  angeblich  wegen  Ersatz  des  Wasserstoffes  weniger  giftig 
sein  als  Antipjrrin').  Ebenso  wurde  BromopjTÜi,  d.  i.  Monobromantipyrin,  dar- 
gestellt, über  dessen  Wirkung  nichts  bekannt  ist. 

Chlorantipyrin  wvirde  durch  Einwirkung  von  Chlorkalk  und  Salzsäure  auf  Anti- 
pjrrin  gewonnen,  fand  jedoch  nie  eine  Verwendung. 

Wenn  man  in  das  Molekül  des  l-Phenyl-2.3-dimethyl-5-pyrazolons  gleichzeitig  Brom 
und  Jod  einführt,  so  erhält  man  l-p-Bromphenyl-2.3-dimethyl-4-jod-5-pyrazolon  und 
l-p-Jod-phenyl-2.3-dimethyl-4-brom-5-pyrazolon,  indem  man  zuerst  das  Bromderivat  dar- 
stellt und  jodiert  oder  umgekehrt  verfährt^). 

Ein  jodhaltiges,  wasserlösliches  Präparat  aus  l-Phenyl-2.3-dimethyl-4-dimethylamino- 
5-pyrazolon  entsteht,  wenn  man  Jodwasserstoffsäure  vom  spez.  Gew.  1.7  zu  einer  wässerigen 
gesättigten  Lösung  der  freien  Base  zusetzt,  die  Flüssigkeit  zur  Trockne  eindampft  und  mit 
Alkoholäther  auswäscht'). 

Jodantifebrin  scheint  beide  Wirkungen  (Antifebrin-  und  Jodwirkung) 
einzubüßen,  da  es  nicht  resorbiert  wird,  wohl  wegen  seiner  äußerst  geringen 
Löslichkeit.  Dem  Jodophenin,  dem  Trijodderivat  des  Phenacetins,  wußte  man 
nur  nachzusagen,  daß  es  antibakteriell  wirke*).  Dieses  Jodsubstitutionsprodukt 
hat  in  der  medizinischen  Welt  ebenfalls  gar  keine  Beachtung  gefunden.  Er 
zersetzt  sich  in  allen  Lösungsmittehi  unter  Abgabe  von  Jod,  wirkt  durch  Abspal- 
tung von  Jod  antiseptisch,  da  aber  die  Jodmenge  sehr  groß  ist,  so  wirkt  das 
neue  Präparat  ebenso  reizend  wie  eine  reine  Jodlösiuig  und  besitzt  demnach  vor 
dieser  keine  Vorzüge^).  Ebensowenig  Chinjodin,  ein  Jodsubstitutionsprodukt  des 
Chinins,  welches  leicht  spaltbar  ist  und  bei  Gesunden  und  Kranken  den  Stick- 
stoffwechsel regelmäßig  steigert. 

Jodchinin  imd  Jodcinchonin  erhält  man  durch  Behandeln  dieser  Basen  in  sehr  ver- 
dünnter salzsaurer  Lösung  mit  Chlorjod  in  Salzsäure  m  molekularen  Verhältnissen;  macht 
man  alkalisch,  so  fällt  ein  rein  weißer  Niederschlag  heraus'). 

Jodacetylierte  Salicylsäuren  werden  aus  jodierten  fetten  Säuren,  und  zwar  aus  deren 
Chloriden,  Bromiden  oder  Anliydriden  luid  Salicylsäure  dargestellt.  Beschrieben  ist  die 
Darstellung  von  Jodacetylsalicylsäure'). 

Max  Haase,  Berlin,  jodiert  Salicylsäure,  indem  er  Jod  in  alkalischer  Lösung  ein- 
wirken läßt,  und  zwar  eine  weniger  als  die  molekulare  Menge  Jod  in  Gegenwart  von  Jod- 
kalium, und  die  jodierte  Säure  durch  Mineralsäure  ausfällt*). 

Verwendet  man  dieses  Verhalten  zur  Jodierung  von  Acetylsalicylsäure,  so  wird  die 
Acetylgruppe  abgespalten.  Man  kann  aber  die  jodierte  Acetylsalicylsäure  erhalten,  wenn 
man     bei     der     Acetylierung     jodierte     Salicylsäure     verwendet.      Jodacetylsalicylsäure 

C8H3J<„„j.,„  ^  ist  ein  geschmackloser  Körper'). 

Max  Haase,  Berlin^"),  stellt  MonojodsaUcylsäureamid  in  der  Weise  her,  daß  er  Salicyl- 
säureamid  in  alkalischer  Lösung  mit  Jod-Jodkalium  behandelt,  welches  weniger  freies 
Jod  enthält,  als  zm-  Monojodierung  notwendig  ist. 

Als  Mittel  gegen  Urticaria  werden  Jodsaponine  empfohlen,  die  völlig  reizlos  sein  sollen. 
Man  erhält  sie  durch  Erhitzen  von  Saponinen  mit  Jod  bei  Gegenwart  von  Wasser"). 

Es  läßt  sich  also  die  Regel  aufstellen,  daß  Substitutionen  mit  Brom  oder 
Jod  bei  den  antipyretisch  wirkenden  Mitteln  nie  neue  verwertbare  Eigenschaften 
des  neuen  Körpers  zutage  fördern  und  man  höchstens  zu  Körpern  gelangt, 
welche  ebenso  wirken,  wie  die  Mischung  von  einem  Halogenalkah  mit  dem 
reinen  Antipyreticum.  Es  ist  auch  von  vornherein  nicht  abzusehen,  auf  welcher 
theoretischen  Ül^erlegung  Synthesen  dieser  Art  beruhen  sollen,  und  welche  neue 

1)  Laveran  imd  Arnold,  Revue  m6d.  189T,  Nr.  2.  —  Santesson,  Deutsche  med. 
Wochenschr.   I89T,  Nr.  36.   —  Von  Dittmar  1885  dargestellt,  von  E.   Münzer  geprüft. 

2)  Höchst,  DRP.   254  487.  ')  Delli  und  Paolini  in  Rom,  DRP.   180  120. 
*)  DRP.  58  409.           5)  Siebel,  Deutsche  Med.  Ztg.   1891,  527. 

')  Ostermayer,  Erfurt,  DRP.    126  796. 

')  DRP.  221  384,  Zusatz  zu  DRP.  212  422,  siehe  Hauptpatent  bei  Chlor-  und  Brom- 
derivate. 8)  DRP.   224  536.  ^)  DRP.   224  537.  '")  DRP.  224  346. 
")  Sander,  DRP.   275  441. 


Jodverbindungen.  613 

Eigenschaften  der  Erfinder  zu  erlangen  gedachte.  Aber  wir  glauben  nicht  irre- 
zugehen, wenn  wir  annehmen,  daß  bei  der  großen  Reihe  der  noch  zu  findenden 
Körper  noch  immer  eine  große  Reihe  von  Halogensubstitutionsprodukten, 
sowie  von  Sulfosäuren  dieser  Körper  zwecklos  dargestellt  werden  wrd. 

Die  E.  Baumannsche  Entdeckung,  daß  in  der  normalen  Schilddrüse  der 
Tiere  Jod  in  fester  organischer  Bindung  enthalten  ist  und  diese  Jodothyrin  ge- 
nannte Substanz  starke  stoffwechselsteigemde  Wirkungen  schon  in  sehr  kleinen 
Dosen  auszulösen  vermag,  hat  dazu  geführt,  Jod  in  Eiweißkörpem  zu  substitu- 
ieren in  der  Hoffnung,  so  auf  synthetischem  Wege  zu  dem  Jodothyrin  analog 
wirkenden  Substanzen  zu  gelangen.  Diese  Hoffnung  ist  nicht  erfüllt  worden,  hin- 
gegen hat  man  Substanzen  erhalten,  die  man  ganz  gut  als  Ersatzmittel  der  Jod- 
alkahen  benützen  kann.  So  wurden  unter  den  verschiedensten  Namen  Jod- 
derivate  von  verschiedenen  Eiweißkörpem  dargestellt. 

Das  Jodieren  von  Eiweißkörpern  gelingt  leicht,  wenn  man  deren  wässerige  Lösung 
entweder  mit  Jodjodkaliumlösung  behandelt  oder  in  die  warme  wässerige  Lösvmg  so  lange 
feingepulvertes  Jod  einträgt,  als  noch  eine  Aufnahme  von  Jod  erfolgt  und  hierauf  die 
Lösung  mit  Hilfe  von  Essigsäure  koaguliert^). 

Auch  aus  Peptonen  und  Albumosen  kann  man  auf  diese  Weise  leicht  zu 
wasserlöslichen  Jodderivaten  gelangen.  F.  B lu  m  stellte  durch  alkalische  Spaltimg 
von  jodiertem  Eiweiß  ein  schwefelfreies  jodiertes  Produkt  her,  welches  10%  Jod 
enthält,  aber  keineswegs  in  seinen  therapeutischen  Eigenschaften  mit  dem  Jodo- 
thyrin aus  der  Schilddrüse  übereinstimmt,  aber  als  Jodkaliumersatz  bei  der 
Syphüisbehaudlimg  unter  dem  Namen  Jodalbacid^)  von  mancher  Seite  emp- 
fohlen wurde. 

Feste  wasserlösliche  Verbindungen  des  Caseins  mit  Jodwasserstoff  oder  Bromwasser- 
■  Stoff   erhält    man    durch    Verrühren    von    Casein    mit    diesen    Säuren    in    mittlerer   Kon- 
zentration oder  durch  Lösen  in  verdünnter  oder  konzentrierter  Säure  und  Ausfällen  der 
Verbindung-*). 

Wegen  der  starken  Dissoziation  solcher  Verbindungen  *)  in  wässeriger  Lösung 
werden  wohl  solche  Substanzen  sogar  hinter  JodkaUum  oder  Bromkalium  zu- 
rückstehen. Ebenso  wurden  Jodleimverbindungen  dargestellt,  welche,  um  sie 
unlösUch  und  dadurch  auch  geschmacklos  zu  machen,  femer  um  die  C4erbsäure- 
wirkung  dem  Präparate  zu  verleihen,  mit  Tamiin  kombiniert  wurden. 

Tannin  wurde  mit  Jodtinktur  zunächst  gemischt  vmd  dann  Leimlösung  zugesetzt. 
Die  Fällimg  wird  getrocknet  und  gepulvert.    Sie  enthält  22.5°ö  Jod^). 

Es  wurden  zahlreiche  Versuche  unternommen,  aromatische  Eiweißspalt- 
Hnge  zu  jodieren,  aber  die  dargestellten  Substanzen,  von  Phenylalanin,  Tyrosin, 
Tryptophan  und  Histidin  sich  ableitend,  hatten  nicht  die  erwarteten  Wir- 
kungen. 

Dijodtyrosin  ist  als  Dinatriumsalz  bei  Kaninchen  und  Affen  intravenös 
migiftig.  2  g  machen  beim  Menschen  keinen  Jodismus*).  3. 5-Dijod-l -tyrosin 
gibt  im  Organismus  46%  seines  Jods  aus  der  organischen  Bindmig  ab.  Aus 
dem  S.S-Dijod-r-tjTosin  wird  viel  weniger  Jod  abgespalten').  Gl\-cyl-3.5-dijod- 
1-tyrosin  gibt  im  Organismus  ionisiertes  Jod  ab^). 

Knoll,  Ludü^-igshafen,  stellen  organische  Jodverbindungen  aus  den  Chlor-  oder  Brom- 
verbindvmgen  durch  Einwirkung  von  Alkalijodiden  her,  indem  sie  die  Reaktion  in  Gegen- 
wart von  Aceton,  Methj'iäthylketon,  Diäthylketon  oder  Acetessigester  ausführen'). 

^)  G.  Hopkins  und  Brook,  Joum.   of  physiol.   28,   184. 

2)  F.   Blum,  Müncheuer  med.   Wochenschr.   1898,  233.  ^)  DRP.-Anm.  C.   9082. 

*)  Erb,  Zeitschr.  f.   Biol.  51.   —  Ley,  Zeitschr.  f.  phvsikal.  Chemie  4,  319  (1889). 

5)  DRP.-Anm.  A.   6515.  «)  Albert  Berthelot,  C.  r.    152,    1323  (1911). 

')  Adolf  Oswald,  HS.  62,  399  (1909).  *)  J.  Slawu,  C.  r.  s.  b.  76,  734. 

')  DRP.  230  172. 


614  Antiseptica  und  Adstringentia. 

Jodoniuin-,  Jodo-  und  Jodosoverbindungen  verhalten  sich  im  Organismus 
folgendermaßen :  Jodoniumbasen  wirken  curareartig  ^).  Jodosobenzol  ist  relativ 
giftig  und  wrkt  als  solches  und  nicht  sein  Umwandlungsprodukt,  das  Jod- 
benzol, auf  das  zentrale  Nervensystem.  Im  Organismus  wird  es  zu  Jodbenzol 
reduziert.  Zum  Teil  wird  aber  Jodion  abgespalten^).  Jodobenzol  ist  viel  weniger 
giftig  als  Jodosobenzol.  Es  wird  leicht  im  Organismus  zu  Jodbenzol  redu- 
ziert,   welches  als  Acetyljodphenylmercaptursäure  JCgH^  •  S  •  CHj  •  (NH  •  CO 

•  CH3)C00H   ausgeschieden   wird.    Es   macht  bei  Fröschen  keine  curareähn- 

lichen  Symptome*).  Jodosobenzoat  '~^ii^i<^coONa,  ^^^^^  Sauerstoff  für  die  Per- 
oxydasereaktion  liefern  wie  Wasserstoffsuperoxyd,  es  wirkt  depressiv  auf  das 
Respirationszentrum  und  macht  Apnoe.  Jodosobenzoesäure  schmeckt  wie 
Wasserstoffsuperoxyd*).  Von  der  Jodosobenzoesäure  wissen  wir,  daß  sie  ört- 
hch  stark  reizend  wirkt  und  in  Berührvmg  mit  im  Blut  kreisenden  Jodalkahen 
freies  Jod  abspaltet  [Heinz^)]. 

Die  Darstellung  der  Jodosobenzoesäure  wird  in  der  Weise  vorgenommen,  daß  man 
o-Jodbenzoesäure  mit  rauchender  Salpetersäure  behandelt*).  Man  bekommt  dann  die 
Verbindung 

J  =  0 
^6"^«^C0  •  OH 

Ferner  erhält  man  sie,  wenn  man  o-Jodbenzoesäure  mit  Permanganat  in  schwefelsaurer 
Lösung  in  der  Siedehitze  oxydiert').  Weiter  wurde  gefunden,  daß  o-Jodbenzoesäure  in 
Chloroform  beim  Einleiten  von  Chlor  in  diese  Lösung  einen  gelben  Körper  abscheidet,  der 
das  Jodidchlorid  der  Jodbenzoesäure  ist*).  Beim  Erwärmen  mit  Alkali  und  Ausfällen  der 
alkalischen  Lösung  mit  Blineralsäuren  erhält  man  ebenfalls  Jodosobenzoesäure. 

Jodoxybenzoesäure 

°    *\COOH 

ist   noch  kräftiger  in  der  Erzeugung  von  Apnoe.    Jodbenzoesäure   J  •  CgH^ 

•  COOH  ist  unwirksam. 

Chlor-  und  Bromderivate. 

Die  allgemeine  Bedeutung  des  Eintrittes  von  Chlor  und  Brom  in  organische 
Verbindmigen  wurde  bereits  im  allgemeinen  Teile  auseinandergesetzt.  Der 
Eintritt  von  Chlor  in  Substanzen  der  aliphatischen  Reihe  vermag  denselben 
hypnotische  Eigenschaften,  sowie  narkotische,  in  starkem  Maße  zu  verleihen, 
ebenso  wie  diesen  Derivaten  herzschädigende  Wirkungen  zukommen.  Aber 
den  Chlorsubstitutionsprodukten  der  aromatischen  Reihe,  in  denen  Chlor  Kern- 
wasserstoff ersetzt,  kommen,  im  Gegensatze  zu  den  aliphatischen  gechlorten 
Alkoholen,  Aldehyden  und  Kohlenwasserstoffen,  keine  hypnotischen  Eigen- 
schaften mehr  zu,  aber  der  Eintritt  von  Halogen  in  diese  Verbindungen  stei- 
gert die  diesen  eigentümliche  antiseptische  Kraft  in  erheblicher  Weise.  Doch 
ist  auch  diese  Fähigkeit  nicht  allein  vom  Eintritte  des  Chlors,  sondern  auch 
von  der  Stellung  desselben  abhängig.    So  ist  von  den  drei  isomeren  Mono- 

')  V.  Meyer  imd  R.  Gottlieb,  BB.  3T,   1592  (1894). 

^)  R.   Luzzatto  und  G.   Satta,  Arch.  d.  Farmacol.  sperim.   8,  554. 

^)  R.  Luzzatto  und  G.  Satta,  Arch.  d.  Farmacol.  sperim.  9,  241   (1910). 

*)  A.  S.  Loevenhart  und  W.  E.  Grove,  Jouru.  of  biolog.  ehem.  T,  XVI  (1909—1910). 

^)  Virch.  Arch.   155,  Heft  1. 

«)  DRP.  68  574.  —  BB.  25,  2632  (1892);  36,   1339,   1357,  1727,   1735,  2953  (1893). 

')  DRP.   69  384.  »)  DRP.   71  346. 


Chlor-  und  Bromderivate,  615 

chlorphenolen  die  p-Verbindung  die  am  stärksten  antiseptisch  •wirkende,  dann 
folgt  m-  und  schließlich  o-Chlorphenol.  Dasselbe  Verhalten  zeigen  die  Brom- 
substitutionsprodukte, ebenso  wie  die  Chlorsalole.  Der  unangenehme  Geruch 
des  p-Chlorpheuols  ist  bei  der  Verwendung  als  Antisepticum  sehr  hinderUch. 
Hingegen  kommt  diese  Eigenschaft  des  üblen  Gleruches  dem  p-Chlorsalol  nicht 
zu.  Da  p-Chlorsalol  im  Darme  p-Chlorphenol  abspaltet,  welches  ja  ein  stärkeres 
Antisepticum  ist  als  Phenol  selbst,  so  ist  p-Chlorsalol  als  Darmantisepticum  ein 
energischer  desinfizierendes  Mittel  als  Salol.  Doch  wird  diese  Substanz  nicht 
verwendet.  o-Chlorsalol  ist  wegen  seines  Geruches  als  Arzneimittel  für  den 
internen  Gebrauch  nicht  verwendbar. 

p-Dichlorbenzol  wird  als  Antisepticum  bei  Hautkrankheiten  empfohlen, 
ebenso  als  Mottenpulver. 

o-Chlorphenol  und  o-Bromphenol  erhält  man,  wenn  man  auf  hoch  erhitztes  (150  bis 
180°)  Phenol,  Chlor  oder  Brom  einwirken  läßt. 

0-Monobromphenol  wurde  zur  Erysipelbehandlung  mit  gutem  Erfolge 
benützt. 

Für  die  aromatischen  Bromderivate  gilt  dasselbe  wie  für  die  Chlor-  und 
Jodderivate. 

Die  Carbonate  des  Chlorphenols  werden  in  der  üblichen  Weise  dargestellt,  indem  man 
auf  die  alkalische  Chlorphenollösung  Phosgengas  einwirken  läßt  oder  indem  man  eine 
benzolische  Chlorphenollösung  im  Druckgefäße  mit  Phosgengas  erhitzt^). 

Chlor-m-kresol  (Lysochlor)  ist  nach  mehreren  Berichten  ein  ausgezeichnetes 
Mittel  für  Händedesinfektion,  dabei  relativ  wenig  giftig^).  Parol  ist  p-Chlor- 
m-kresol  in  alkalischer  Lösung. 

Chlor-m-kresol  CH3  :  OH  :  Cl  =  1  :  3  :  6  erhält  man  durch  Chlorierung  von  reinem 
m-Kresol  oder  einem  technischen  Gemisch  aus  m-  und  p-Kresol,  indem  man  das  chlorierte 
m-Kresol  sulfuriert,  dabei  geht  nur  die  p-Verbindung  in  die  Sulfosäure  über,  während  die 
m- Verbindung  unverändert  bleibt  und  leicht  abgescliieden  werden  kann.  Diese  Sulfosäure 
gibt  besonders  schwer  lösliche  Salze  und  kann  so  in  Form  des  Natriumsalzes  von  den 
anderen  getrennt  werden.  Die  Sulfogruppe  wird  dann  durch  Erhitzen  mit  starken  Säuren 
abgesprengt^). 

Flemming  imd  Schülke  &  Mayr^)  erzeugen  ein  Desinfektionsmittel  aus  einem 
Gemisch  von  chloriertem  symmetrischen  Xylenol  mit  p-Chlor-m-kresol.  An  Stelle  von 
chloriertem  symmetrischen  Xylenol  kann  man  andere  Xylenole,  z.  B.  Chlorxylenol  in 
Mischung  mit  p-Chlor-m-kresol  oder  anderen  chlorierten  Kresolen  verwenden^). 

An  Stelle  der  cMorierten  Kresole  werden  komplexe  AlkaUsalze  halogensubstituierter 
Phenole  gemäß  DRP.  247  410  verwendet«). 

Trotz  der  vielen  Vorteile,  die  die  Anwendung  solcher  Halogenphenolderivate 
bieten  würde,  haben  sie  m  der  Therapie  keine  Verbreitung  gefunden,  ebensowenig 
vne  die  zahlreichen  substituierten  Salole,  die  nach  der  Nenckischen  Synthese 
dargestellt  wurden').  Der  Grund  hegt  darin,  daß  der  Vorteil  der  höheren  anti- 
septischen Wirkmig  der  chlor-  und  bromsubstituierten  Phenole  den  großen 
Nachteil  ihrer  schleimhautreizenden  Eigenschaften  nicht  aufwiegt.  Von  solchen 
Derivaten  sind  bekannt:  die  Sahcylsäiu-eester  des  o-,  m-  und  p- Chlorphenol, 
des  o-  und  p-Bromphenol,  des  Diclilorphenol-2.6-  und  1.4-,  des  Dibromphenol- 
1.2.6-  und  1.2.4-,  des  Trichlorphenols-1. 2.4.6-,  wobei  OH  1  und  des  Tribrom- 
phenol-1.2.4.6-  des  Triiodphenol-1.2.4.6-,  des  o-  mid  p-Monojodphenols  und  des 
Dijodphenols. 


M  Heyden,  DRP.   81  375,  Zusatz  zu  DRP.   58  129. 

^)  Laubenheimer,  Deutsche  med.  Wochenschr.   1910,  Nr.  4,  S.  199.  —  Conrad, 
Arch.  f.  Gynäkol.  91,  Nr.  2,  I,  Kada  Diss.   (1910). 

ä)  Liebrecht,  Frankfurt,  DRP.   233  118.  *)  DRP.   300  321. 

^)  DRP.  302  013,  Zusatz  zu  DRP.  300  321. 

«)  DRP.  303  083,  Zusatz  zu  DRP.  300  321.  ')  DRP.   70  519. 


QXQ  Antiseptica  und  Adstringentia. 

2  Moleküle  Pentabromphenol  wirken  ebenso  stark  entwicklungshemmend 
wie  40  Moleküle  Trichlorphenol  oder  1000  Moleküle  PhenoP). 

Die  Untersuchungen  von  Bechhold  und  P.  Ehrlich  über  die  Rolle  der 
Anhäufung  von  Halogen  im  Kern  aromatischer  Verbindimgen  zeigten,  daß,  je 
mehr  Halogen  eintritt,  desto  intensiver  die  Desmfektionswirkung  ist. 

In  der  Phenolgruppe  lassen  sich  als  allgemeine  Regel  aufsteUen,  daß  die 
Einführung  von  Halogen  in  den  Benzolkena  von  Phenolen  den  Desinfektions- 
grad erhöht.  Ebenso  wirkt  die  Einführung  von  Alkylen.  Dabei  ist  zu  bemerken, 
daß  man  häufig  sieht,  wie  derselbe  Desinfizient  gegen  verschiedene  Bakterien 
sehr  verschieden  stark  wirkt.  H.  Bechhold  und  P.  Ehrlich  fanden  z.  B.,  daß 
Tetrabrom-o-kresol  ein  ganz  hervorragendes  Desinfektionsmittel  ist,  250  mal 
so  kräftig  als  Phenol  und  nur  halb  so  giftig.  Bouchard  fand,  daß  die  beiden 
Naphthole  stärker  desinfizieren  als  Phenol,  was  durch  die  verstärkte  Wirkung 
der  zwei  BenzoLkeme  zu  erklären  ist.  Man  erhält  auch  eine  solche  verstärkte 
Wirkung,  wenn  man  zwei  Phenole  zusammenschweißt  entweder  direkt  oder 
durch  Vermittlung  einer  fetten  Gruppe,  z.  B.  Tetrachlor-o-biphenol  und  Tetra- 
brom-o-biphenol.  Hexabromdioxyphenylcarbinol  ist  ungiftig  und  hat  eine  sehr 
hohe  Desinfektionskraft.  Verkuppelt  man  aber  zwei  Phenolgruppen  durch 
die  Gruppen  CO  oder  SOo,  so  sinkt  die  Desinfektionskraft. 

H.  Bechhold  nemit  halbspezifische  Desinfizienzien  solche  Substanzen, 
deren  Desinfektionskraft  gegen  verschiedene  Bakteriengruppen  außerordent- 
lich verschieden  sind;  besonders  die  Chlor-  und  Bromderivate  des  /?-Naph- 
thols  gehören  zu  dieser  Gruppe;  am  auffallendsten  tritt  die  Halbspezifität  bei 
Tri-  und  Tetra-brom-/?-naphthol  zutage.  Diphtheriebacillen  werden  dirrch  den 
250sten  Teil  der  Substanzmenge  geschädigt,  die  für  Paratyphus  B  erforderlich 
ist ;  außer  gegen  Diphtheriebacillen  äußert  sich  die  Halbspezifität  dieser  Stoffe 
noch  gegen  Staphylokokken  und  Streptokokken.  Dibrom-/S-naphthol  besitzt 
eine  solche  gegen  Bacterium  Coli.  Eine  vollkommen  gleichmäßige  Wirkung 
gegen  alle  Bakterien  besitzt  nach  Bechhold  kein  chemisches  Desinfektions- 
mittel, so  daß  bei  allen  von  einer  zehntel  oder  hundertstel  Spezifität  gesprochen 
werden  kann.  Besonders  charakteristisch  ist  das  Verhalten  von  Monochlor- 
naphthol  und  Tribrom-^-naphthol.  Ersteres  wirkt  auf  Pyocyaneus  noch 
1  :  2000  verdümit  entwicklungshemmend,  letzteres  hat  schon  bei  1  :  1000  keine 
Wirkung  mehr.  Monochlomaphthol  wirkt  fast  gleichmäßig  auf  alle  untersuchten 
Organismen,  Tribromnaphthol  auf  TuberkelbaciUen  fast  gar  nicht,  auf  Sta- 
phylokokken noch  in  einviertelmillionenfacher  Verdünnung.  Tribromnaphthol 
ist  praktisch  imgiftig  imd  wirkt  im  GJegensatz  zu  Mono-  und  Dibromnaphthol 
nicht  hämolytisch,  so  daß  diu'ch  die  hämolytische  Methode  noch  0,5%  Dibrom- 
naphthol nachgewiesen  werden  kann.  Da  Tribromnaphthol  Leukocji;en  nicht 
verändert  und  die  Phagocytose  nicht  beeinträchtigt,  ist  es  als  Wundanti- 
septicum  sehr  geeignet  2). 

.  Es  steigt  auch  die  Giftigkeit  nicht  an,  um  so  mehr,  als  solche  Substanzen 
unverändert,  d.  h.  ohne  Abspaltung  von  Halogen,  den  Organismus  passieren. 
Tribromphenol  z.  B.,  welches  das  Ausgangsmaterial  für  eine  Reihe  von  anti- 
septischen Verbindimgen  darstellt,  wirkt  sehr  kräftig  desLnfiziei'end,  aber  es 
reizt  die  Schleimhäute  stark,  eine  unangenehme  Eigenschaft,  die  dem  Tribrom- 
salol  schon  fehlt.  So  vertragen  Kaninchen  von  zwei  Kilo  15  g  Tribromsalol,  ohne 
irgendwelche  Vergiftungserscheinimgen  zu  zeigen. 

>)  Bechhold  und  P.  Ehrlich,  HS.  47,  182  (1906).  —  Siehe  auch  KoUe  -Wasser- 
mann, Handbuch  der  pathogenen  Mikroorganismen  4,   1,  226. 
-)  Münchener  med.   Wochenschr.   61,    1929—1930  (1914). 


Chlor-  und  Bromderivate.  617 

Die  Einfuhrimg  von  einem  Bromatom  in  das  Phenol  vermindert  zunächst 
die  Krampfwirkiuig  und  auch  die  Giftigkeit,  weitere  Einfuhrung  von  Halogen 
sistiert  die  Krampfwirkung  vollständig,  aber  es  wird  die  Giftigkeit  des  Phenols 
entsprechend  der  Zahl  der  eingeführten  Halogene  gesteigert.  Trichlorphenol 
und  Tribromphenol  sind  wieder  gerade  so  giftig  wie  Phenol,  Tetrachlorphenol, 
noch  mehr  aber  Pentachlorphenol  sind  recht  giftige  Substanzen ^). 

Chloramine  wird  ein  Antisepticum^)  genannt,  welches  p-Toluol-Natrium- 
sulfochloramid  ist. 

TD 

Alle  die  Chloramingruppe  p^>N— Cl   enthaltenden  Substanzen  sind  stark 

keimtötend.  Die  Gegenwart  von  mehr  als  einer  Chloramingruppe  verstärkt 
die  keimtötende  Kraft  der  Substanzen  nicht  merklich.  Die  keimtötende  Wir- 
kmig  mancher  Chloraminkörper  ist  im  Verhältnis  zum  Molekül  größer  als  die 
des  Natriumhypochlorits.  Substitution  von  Cl-,  Br-,  J-,  CH3-,  C2H5-  oder  NOg- 
Gruppen  in  den  Kern  aromatischer  Chloramine  führt  nicht  zu  einer  starken  Ver- 
mehrung der  keimtötenden  Wirkving ;  meistens  tritt  sogar  eine  geringe  Vermin- 
derung ein.  Die  Chloraminderivate  des  Naphthahns  oder  anderer  zweikemiger 
Verbindungen  des  Sulfochloramintypus  ähneln  völlig  den  entsprechenden  ein- 
facheren aromatischen  Körpern  in  ihrer  keimtötenden  Eigenschaft.  Die  weniger 
untersuchten  Bromamine  sind  schwächer  in  ihrer  Wirkung  als  die  entsprechenden 
Chloramine.  Aber  die  Natriumsulfobromamine  sind  wirksamer  als  unterbromig- 
saures  Natron^). 

Die  von  Dakin  als  Chloramine  bezeichneten  Chlorsulfamine,  besonders  die 
tjrpischen  Vertreter  beider  Klassen  Chloramin  T  (p-Toluoldichlorsulfamid)  und 
Chlorazen  bzw.  Tochlorin  (Natriumsalz  des  p-Toluolmonochlorsulfamids)  sind  ver- 
möge der  Abspaltung  unterchloriger  Säure  stark  bactericid ,  ohne  auch  bei  stärkerer 
Konzentration  die  hautreizenden  Wirkungen  der  Hypochlorite   zu   haben*). 

Chlorylsulfamide  sollen  als  keimtötende  Mittel  Verwendimg  fhiden^).  Man 
führt  zu  diesem  Zwecke  die  Sulfamide  aromatischer  Carbonsäuren  in  üblicher 
Weise  in  die  entsprechenden  Dichlorylverbindungen  über.  Die  Einführung  der 
Carbonylgruppe  in  den  Kern  erhöht  die  Beständigkeit  der  Chlorylsulfamide. 
Dichlorylsulfamidbenzoesäure  erhält  man  aus  p-Benzoesäuresulfamid  und  AUsah- 
hypochloritlösung  durch  Ansäuern  mit  Essigsäure.  Aus  dem  Piltrat  fällt  Schwefel- 
säure geringe  Mengen  Monochlorylsulfamidbenzoesäure. 

Die  Substitution  von  Chlor  oder  Brom  in  den  Kern  der  aromatischen  Car- 
bonsäuren zeigt  dieselben  Effekte  wie  beim  Phenol.  Ihre  Darstellung  kann  als 
vöUig  zwecklos  bezeichnet  werden. 

6-Chlor-l-methyl-3-oxybenzol-4-carbonsäure,  welche  antiseptisch  wirkt,  erhält  man, 
wenn  man  p-Chlor-m-kresolnatriimi  (OH  :  CH3  :  Cl  =  3  :  1  :  6)  mit  Kohlendioxyd  unter 
Drack  auf  160 — 180°  erhitzt«). 

Brom-p-oxybenzoesäure')  erhält  man,  wenn  man  p-Oxybenzoesäure  oder  ihre  Alkyl- 
ester  in  Eisessig  oder  in  Lauge  gelöst  mit  Brom  versetzt.  Mono-  und  Dichlor-p-oxy-benzoe- 
säm^  lassen  sich  leicht  erhalten,  wenn  man  Chlor  auf  eine  Eisessiglösung  von  p-Oxybenzoe- 
säure  einwirken  läßt*).  p-Chlor-m-oxybenzoesäure  erhält  man,  wenn  man  Chlor  oder 
besser  Schwefeldichlorid  SClj  in  einem  Verdünnungsmittel  auf  m-Oxybenzoesäure  ein- 
wirken läßt').  In  gleicher  Weise  erhält  man  p-Brom-m-oxybenzoesäure,  wenn  man  auf 
eine  Schwefelkohlenstofflösung  von  m-Oxybenzoesäure  bei  Gegenwart  von  Eisenbromür 
Brom  einwirken  läßt^"). 

1)  HS.  47,  173  (1906).  =)  Brit.  med.  Journ.  1916,  I,  87  und  335. 

')  H.  D.  Dakin,  J.  B.  Cohen,  M.  Daufresne  und  J.  Keryon,  Proc.  Royal  Soc. 
London,  Serie  B  89,  232  (1916). 

*)  J.  Bougault,  Journ.  Pharm,  et  Chim.  [7]  16,  274  (1918). 

^)  Max  Claaß,  München,  DRP.  318899.  ')  Riedel,  DRP.  275  093. 

')  Hähle,  DRP.  60  637.  «)  Heyden,  DRP.  69  116. 

9)  Merck,  DRP.   74493.  ")  Merck,  DRP.   71260. 


Q1Q  Antiseptica  und  Adstringentia. 

Ein  Bromderivat  des  Salols,  in  welchem  Brom  sowohl  im  Kerne  der  Sali- 
cylsäure  als  auch  im  Kerne  des  Phenols  substituiert  ist,  ist  das  von  Rosenberg*) 
dargestellte  Tribromsalol  vom  Schmelzpunkte  195°.    Dieses  Tribromsalol 

CO  —  o 

BrljBrTj 
Br 

spaltet  sich  in  Dibromsalicylsäure  und  p-Bromphenol,  während  gewöhnliches 
Tribromsalol  sich  in  die  iinbeständige  Tribromsalicylsäure  imd  Phenol  ver- 
seifen läßt. 

Man  bromiert,  um  die  erstgenannte  Verbindving  zu  erhalten,  Salol  in  der  Eiskälte 
in  der  Weise,  daß  man  Salol  in  die  achtfache  Menge  Brom  einträgt. 

Dieses  Tribromsalol  soll  hypnotisch  und  hämostatisch  wirken  2).  Die  hyp- 
notische Wirkung  dieses  Präparates,  wie  aUe  Bromwirkungen  desselben  muß 
man  entschieden  in  Abrede  stellen,  ebenso  wie,  daß  zwischen  diesem  Präparat 
und  dem  gewöhnlichen  Tribromsalol  Unterschiede  in  der  physiologischen  Wir- 
kmig  bestehen.  Es  ist  auch  dieses  Präparat  trotz  solcher  Angaben  nicht  zu  einer 
praktischen  Bedeutung  gelangt. 

p-Monobromphenylacetamid  C8H4Br  •  CHg  •  CO  •  NH2,  Antisepsin  ge- 
nannt, ist  aus  dem  Grunde  ein  wirksamer  Körper  gegen  geformte  Fermente, 
weil  hier  die  antiseptische  Kraft  des  Phenylacetamids  durch  den  Eintritt  von 
Brom  in  die  p-Stellung  gesteigert  wird.  Therapeutische  Erfahrungen  über 
diesen  Körper  hegen  nicht  vor. 

Der  Versuch,  Dibromgallussäure,  in  welcher  beide  Bromatome  Kem- 
wasserstoff  ersetzen,  als  Ersatzmittel  der  Bromalkahen  bei  Epilepsie  zu  ver- 
wenden, muß  aus  dem  schon  öfter  angeführten  Grunde  als  gescheitert  an- 
gesehen werden,  weil  der  Organismus  dieser  ihn  unzersetzt  passierenden  Sub- 
stanz nicht  Brom  zu  entziehen  in  der  Lage  ist. 

PjTobromon  CjgHigXjOBr  ist  eine  Bromverbinduug  des  Pyrazolons.  Die 
Ausscheidung  erfolgt  rasch.  Dosen  von  über  1  g  werden  vom  Menschen  nicht 
gut  vertragen.    Es  wurde  bei  Epilepsie  und  Hysterie  empfohlen^). 

Niu:  den  ahphatischen  Bromverbindungen  kömien  Bromeigenschaften 
wie  den  Bromalkahen  zugeschrieben  werden.  Versuche,  solche  organische  Deri- 
vate herzustellen,  welche  die  beruhigenden  Bromwirkungen  besitzen,  denen 
aber  die  depressiven  Eigenschaften  der  Bromalkalien  fehlen,  sind  zahlreich 
unternommen  worden.  Bromoform  CHBrj  z.  B.  findet  nunmehr  nur  noch  als 
Keuchhustenmittel  Anwendung.  Die  Darstellung  des  BromaHn  genannten 
Hexamethylentetraminbrommethylates  (0112)6X4  •  CHsBr  hat  den  ge-nünschten 
Erfolg  nicht  gehabt,  da  die  sedative  Wirkung  wesenthch  schwächer  ist  als  bei 
den  Bromalkahen,  doch  kommt  es  bei  Anwendung  dieser  Substanz  angeblich 
nicht  zu  den  unangenehmen  Nebenwirkungen  der  anorganischen  Brompräpa- 
rate*). Auch  Tribromhydrin  CjHäBrg,  welches  infolge  seines  Bromgehaltes 
schmerzstillend  und  beruhigend  ^virkt,  hat  keine  solchen  Vorzüge  vor  den  Brom- 
alkahen, daß  seine  Anwendung  einen  nemienswerten  Umfang  angenommen 
hätte,  hingegen  wirkt  es  wie  Trichlorhydrin  stark  reizend  auf  die  Darmschleim- 
haut . 


»)  DRP.   94  284,  96  105. 

-)  Sem.  m6d.   I89T,  Nr.  40. 

=)  G.  Nardelli,  Arch.  d.   Farmacol.  sperim.   16,   169  (1913). 

*)  Bardet,  Nouv.  remed.   189-1,   117.  —  Deutsche  Arzte-Ztg.   1908,  358. 


Chlor-  und  Bromderivate.  619 


Auch  das  sehr  billige  PhthalimicU 

•CO 


.co>^^ 

dient  zur  Darstellung  von  am  Stickstoff  substituierten  Halogenverbindungen, 
über  deren  Wirksamkeit  noch  nichts  bekaimt  ist. 

So  erhält  man  z.  B.  Chlorphthaliinid,  wenn  man  auf  die  wässerige  Lösung  von  Phthal- 
imid  in  Atznatron  Chlor  einleitet.  In  ähnlicher  Weise  wird  man  wohl  zum  Brom-  und  Jod- 
derivat gelangen. 

Auch  p-DioxyphthaUmid  sollte  als  Antisepticum  Vc  Wendung  finden.  Durch  2  Mol. 
naszierende  CNH  auf  2  Mol.  Benzochinon  wird  neben  Hydrochinon  Dicyanhydrochinoa 
gebüdet.    2  CjH.Oj  +  2  HCN  =  C,H,  •  (OHjji-^CNl^^-^  +  CeH,(0H)2. 

Beim  Erwärmen  mit  konz.   Schwefelsäure  entsteht  p-Dioxyphthalimid 

CeH,(OH),.^^>NH 

Bromderivate  des  Acetons  erhält  man  durch  Einwirkung  von  Brom  auf  Aeeton- 
dicarbonsäure  in  wässeriger  Lösung,  wobei  eine  feste  Substanz,  das  Pentabromaceton,  sich 
abscheidet,  die  sich  durch  verdünnte  ."Ukalien  rasch  unter  Abscheidung  von  Bromoform 
zerlegt.  Bei  Verwendung  einer  konzentrierten  Acetondiearbonsäurelösung  entsteht  festes 
Penta-  und  flüssiges  Tetrabromaceton.  Als  Neutralisationsmittel  für  den  bei  dieser  Dar- 
stellung entstehenden  Bromwasserstoff  eignet  sich  Marmor  am  besten^). 

Doppelverbindungen  von  Harnstoff  mit  Erdalkalibromiden  werden  in  der  Weise  her- 
gestellt, daß  Harnstoff  und  das  betreffende  Bromid  im  molekularen  Verhältnis  4  :  1  in 
einem  Lösungsmittel  einige  Stunden  lang  erhitzt  werden^). 

Nach  DRP.  284  734  geben  auch  die  Urethane  mit  Calciiun-  und  Strontiumbromid 
solche  Doppelverbindungen.  Beschrieben  sind  die  Doppelverbindungen  von  Bromcalcium 
mit  Athylurethan,  des  .Athylurethan  mit  Strontiumbromid,  Diurethan  CH2(NH  •  COO 
■  CoHj)^  und  Bromcalciima. 

Die  in  der  Norm  am  chlorreichsten  Organe  sind  nach  Bromsalzverabrei- 
chung am  bromreichsten  (Nencki  und  Schumoff-Schimanofski,  sowie 
A.  Ellinger  und  Y.  Kotake). 

Brom  wird  an  das  Gehirn  abgegeben  und  dort  gespeichert,  aber  nicht  an- 
gelagert, sondern  das  Gehirn  enthält  nur  seinem  Wasserreichtum  entsprechend 
Brom.    Bei  Bromfütterung  sinkt  der  Chlorgehalt  im  Hirn  und  Blut*). 

Zimtesterdibromid  wirkt  wie  Bromnatrium  mid  die  Bromverteilung  in 
Organen  ist  ganz  ähiüich.  Sabromin  bewirkt  einen  weit  geringeren  Brom- 
gehalt des  Gehirns  als  Bromnatrium  und  die  Bromverteilmig  nach  demselben 
miterscheidet  sich  prinzipiell  von  der  von  Bromnatrium  und  Zimtesterdibromid, 
da  beim  Sabromin  Unterhautzellgewebe  und  Leber  Bromdepot  sind.  Aus  der 
Lipoidlöslichkeit  eines  organischen  Brompräparates  kann  man  keine  Schlüsse 
auf  die  Verteilung  im  Organismus  ziehen^). 

Leicht  resorbierbares  bromsubstituiertes  Fett,  Bromipin^)  geuaimt,  bewährt 
sich  gut,  es  spaltet  bei  der  Verbrennmig  im  Organismus  Bromwasserstoff  ab 
und  wirkt  so  als  anorganische  Bromverbindung'). 

Die  Darstellung  von  Monobromtettsäuren  fülirt  man  mit  Bromsalzen,  konzentrierter 
Schwefelsäure  und  Eisessig  oder  Chlorwasserstoff  und  Eisessig  durch'). 

Der  Vorteil  der  Verbindmigen  solcher  Art  beruht  wohl  darauf,  daß  der 
Organismus  nicht  wie  bei  der  Anwendung  der  Bromalkahen  unter  dem  Ein- 


1)  DRP.  117  005. 

2)  DRP.   98  009,  Zusatz  zu  DRP.   95  440  (siehe  bei  Jodverbindungen). 
')  Gehe  &  Co.,  DRP.  226  224. 

*)  H.  v.  Wyß,  AePP.  59,   186  (1908). 

5)  A.  Ellinger  und  Kotake,  AePP.   65,  87  (1911). 

*)  Deutsche  med.  Wochenschr.    189T,  Nr.  23. 

')  DRP.  96  495.  »)  DRP.    196  740. 


620  Antiseptica  und  Adstringentia. 

flusse  der  ganzen  Dosis  auf  einmal  steht,  sondern  hier  langsam  die  wirkende 
Substanz  zur  Gfeltung  kommt.  Ein  anderer  Vorteil  mag  in  einer  besseren 
Selektion  der  bromierten  Fette  für  das  Erfolgsorgan  liegen.  Aber  dieser  Vor- 
teil, der  sich  darin  äußert,  daß  die  Nebenwirkungen  der  Bromalkalien  eben 
durch  die  kleine  zirkulierende  Dosis  vermieden  werden,  wägt  durchaus  den 
Nachteil  nicht  auf,  welcher  aus  folgenden  Gründen  die  ganze  Wirkung  in 
Frage  stellt: 

Wir  verabreichen  in  der  Praxis  Brompräparate  als  Sedativa  und  als 
Hypnotica  inid  greifen  insbesondere  bei  Epilepsiebehandlung  zu  großen  Dosen 
dieser  Präparate  um  durch  eine  rasche  Überflutung  des  Organismus  mit 
der  wirkenden  Substanz  den  beabsichtigten  Effekt,  Erzeugung  von  Schlaf 
oder  Coupierimg  eines  epileptischen  Anfalles,  zu  bewirken.  Organische  Sub- 
stitutionsprodukte des  Broms  aber,  welche  nur  langsam  unter  dem  Einflüsse 
der  Oxydation  im  Organismus  Brom  oder  Bromwasserstoff  abzuspalten  in  der 
Lage  sind,  vermögen  in  diesem  Sinne  nicht  zu  wirken,  und  dieses  ist  der  Grund, 
warum  die  zahlreich  dargestellten  Brompräparate  der  aliphatischen  Reihe, 
denen  ja  Bromwirkmigen  tatsächlich  zukommen,  in  der  Therapie  als  Brom- 
ersatzmittel wohl  häufig  versucht  werden,  aber  neben  den  Bromalkahen  nur 
relativ  geringere  Bedeutung  gewiimen  können. 

Sabromin  ist  dibrombehensaures  Calcium^). 

Die  Darstellung  geschieht  analog  dem  Sajodin  (s.  d.). 

Das  Calciumsalz  der  Dibrombehensäiire  wird  dargestellt  durch  Neutralisation  der 
Dibrombehensäure  und  Umsetzung  mit  einem  Calciumsalz-).  Die  Umsetzung  der  Dibrom- 
behensäure  in  das  Magnesiumsalz')  geschieht  auf  analoge  Weise.  Ebenso  die  Umsetzung 
in  das  Strontiiimsalz*). 

Um  Bromlecithin  darzustellen'),  sättigt  man  eine  chloroformige  Lösung  von  Lecithin 
mit  Brom  und  trocknet  im  Vakuum.  Das  Produkt  enthält  30 — 50%  Br.  Bromlecithin 
wird  im  Gegensatz  zu  Lecithin  im  Dünndarm  nicht  gespalten,  es  gelangt  angeblich  un- 
gespalten zur  Resorption. 

Substanzen  der  Formel  XQ^  '  CO  •  CK^  ■  N(Ri)(R3)(R3)X(RiR,R3  =  Alkyl;  X  =  Ha- 
logen) werden  durch  Einwirkmig  von  Ammoniak  auf  Halogentrialkylglycinester  oder 
durch  Einwirkung  von  Halogenalkyl  auf  Dialkylglycinamide  erhalten.  Aus  Bromtrimethyl- 
glycinmethylester  erhält  man  Bromtrimethylglycinamid.  Beschrieben  sind  femer  Jod- 
trimethylglycinamid,  Bromtriäthylglycinamid,  Jodtriäthylglycinamid'). 

Hey  den,  Radebeul,  stellen  bromaeetylierte  Salicylsäuren  her,  indem  sie  Salicyl- 
säure  mit  den  Chloriden,  Bromiden  oder  Anhydriden  bromierter  fetter  Säuren  bei  Gegen- 
wart eines  säurebindenden  Mittels  behandeln.  Salicylsäure  wird  in  benzolischer  Lösung 
mit  Dimethylanilin  vmd  Bromacetj-lbromid  behandelt.  Man  erhält  Bromacetylsalicylsäure. 
Ferner  wurden  dargestellt  t-BrompropionylsaUcylsäure  und  Tribromacetylsalicylsäure. 
Letzterer  Körper  soll  vom  Magen  gut  vertragen  werden  und  \-iel  stärker  physiologisch 
wirken  als  Acetylsalicylsäure'). 

Trichloracetylsalicylsäure  erhält  man  aus  Salicylsäure  und  Trichloracetylhalogenid 
oder  Anhydrid  oder  durch  intermediäre  Bildung  dieser  Halogenide  mit  oder  ohne  Zusatz 
von  Kondensationsmitteln.    Trichloracetylsalicylsäure  ist  geschmacklos*). 

HalogenalkyloxjTnonocarbonsäuren  der  aromatischen  Reihe  erhält  man  aus  Halogen- 
alkyläthern  der  Kresole  der  allgemeinen  Formel'). 

^6"4<oR -Halogen 

wenn  man  sie  der  Einwirkung  solcher  Oxydationsmittel  unterwirft,  welche  Toluol  zu 
Benzoesäure  oxydieren.  Aus  p-Kresolbromäthyläther  erhält  man  durch  Permanganat  Brom- 
äthyl-p-oxybenzoesäure.  Aus  dem  o-Kresolbromäthyläther  erhält  man  Bromäthylsalicyl- 
säure.     Die   Oxydation  kann  man  auch  mit  Schwefelsäure  und  Braunstein  din-chführen. 

')  DRP.   186  740,   187  449.  ^)  Bayer,  Elberfeld,  DBP.  215  007. 

»)  DRP.  215  008.  *)  Emil  Fischer,  DRP.  215  009. 

*)  Agfa,  Berlin,  DRP.    156  110.  ')  Agfa,  DRP.   292  545.  ')  DRP.   212  422. 

«)  Heyden,  Radebeul,  DRP.   213  591.  «)  Heyden,  Radebeul,  DRP.   213  593. 


Chlor-  und  Bromderivate.  621 

Ein  bromhaltiges  Derivat  des  Salicylsäure-p-aminophenylesters  erhält  man,  wenn 
man  auf  den  Salicylsäure-p-aminophenylester  a-Bromisovalerianylhaloide  oder  auf  den 
Isovalerylsalicylsäure-p-aminophenylester  Brom  einwirken  läßt.  Durch  den  Eintritt  des 
a-Bromisovaleriansäureesters  wird  eine  weitgehende  Entgiftung  des  p-Aminosalols 
erzielt'). 

Man  behandelt  echte  Nucleine  mit  Brom  in  indifferenten  Lösungsmitteln  und 
trocknet  das  Reaktionsprodukt  bei  tiefer  Temperatiu-.  Man  erhält  Präparate  mit 
10—14%  Brom2). 

Aus  dem  oben  angefahrten  Grunde  vermögen  auch  die  halogensubstitu- 
ierten Eiweißkörper  sowie  Bromalbumine  und  Brompeptone  nicht  zur  Geltung 
zu  gelangen.  Die  DarsteUmig  geschieht  ähnlich  wie  die  der  Jodeiweißverbin- 
dungen (siehe  S.  613). 

Auch  Bromtanninleimverbindungen,  Bromokoll  genannt,  wurden  dar- 
gestellt. 

Sie  werden  duj'ch  Fällen  von  Gelatinelösungen  mit  Bromtannin  als  geschmacklose, 
beinahe  unlösliche  Pulver  dargestellt').  Ferner  wiirden  analog  BromtannineiweüB- 
verbüidimgen  dargestellt  durch  Einwirken  von  Brom  auf  alkoholische  Tanninlösungen 
und  Fällen  von  Eiweißlösungen  mit  vorgenannter  Lösung.  Das  Präparat  enthält 
18%   Brom*). 

Nahezu  geschmacklose  Bromtanninverbindungen  erhält  man  auch,  indem  man 
Dibromtannin  mit  Formaldehyd  behandelt  und  mit  Salzsäure  fällt.  Sie  enthalten  25% 
Brom. 

Dieterich  (Helfenberg)  stellt  einen  bromhaltigen  Eiweißkörper,  Bromeigon  genannt, 
in  der  Weise  dar,  daß  er  zu  einer  Eiweißlösung  eine  durch  Auflösen  von  Brom  in  verdünn- 
tem Alkohol  entstandene  alkoholische  Lösimg  von  Bromal  und  Bromäthyl  zusetzt.  Nach 
mehreren  Stunden  wird  die  Mischung  zu  einer  starren,  farblosen  Gallerte,  die  nun  mit 
Alkohol  gereinigt  wird.  Das  Einwirkungsprodukt  von  Chlor  auf  Eiweiß  und  das  saure 
Spaltungsprodukt  des  Chloreiweißes,  Chloralbacid  genannt,  soll  bei  Magenerkrankung 
gute  Erfolge  zeitigen^).  Es  seheint  jetzt  ganz  verlassen  zu  sein.  In  ähnlicher  Weise  wurden 
von  Dieterich  (Helfenberg)  auch  Jodeigone  aus  Eiweiß  gewonnen. 

Chlorhaltige  Eiweißkörper*)  werden  gewonnen  durch  Einwirkung  von  Chlor  auf 
feuchtes  oder  gelöstes  Eiweiß,  am  besten  durch  abwechselndes  Einleiten  von  Chlor  und 
darauffolgendes  Neutralisieren  der  entstehenden  Salzsäure')  oder  nach  einem  elektro- 
lytischen Verfahren,  indem  man  eine  Lösung  von  Eiweiß  und  Kochsalz  einem  Strome 
von  ca.  Y2  Ampere  24  Stunden  lang  aussetzt.  Um  den  chlorhaltigen  Eiweißanteil  vom 
chlorfreien  zu  trennen,  zerkocht  man  Chloreiweiß  mit  5 — lOproz.  Mineralsäure.  Der 
imgelöste  Rückstand  enthält  das  chlorhaltige  Säurespaltungsprodukt  des  Chloreiweißes, 
welches  durch  Lösen  in  Lauge  und  Fällen  mit  Säure  gereinigt  wird. 

In  gleicher  Weise  lassen  sich  auch  Bromeiweiße  darstellen  und  Bromgelatine  mit 
14%  Brom. 

DRP.  271  434  beschreibt  ein  Verfahren  zur  Herstellung  des  sonst  leicht  zersetzlichen 
Phenyl-a-/)-dibrompropionsäureäthylesters  in  haltbarer  Form.  Man  bromiert  Zimtsäure- 
äthylester in  Petroläther  mit  Brom,  wobei  der  Dibromester  herausfällt,  imd  behandelt  ihn 
dann  mit  heißem  Wasser. 

Die  bromhaltigen  Ester  des  Borneols  und  Isobomeols  riechen  stark  und  sind  ölig. 
Man  kann  zu  krystaUisierenden,  geruch-  und  geschmacklosen  Verbindungen  gelangen, 
welche  leicht  Brom  und  Borneol  abspalten,  wenn  man  Bromliydro-  bzw.  Bromzimtsäuren 
oder  ihre  Derivate  oder  Homologe  mit  Borneol  oder  Isoborneol  verestert  oder  in  die  halogen- 
freien Ester  Brom  oder  Bromwasserstoff  einführt,  oder  wenn  man  Bromhydro-  oder  Brom- 
zimtsäuren auf  Campher  einwirken  läßt. 

Beschrieben  sind  Dibromdihydrozimtsäureborneolester,  Bromzimtsäureborneolester, 
Dibromdihydrozimtsäureisoborneolester,  o-Chlorphenyldibrompropionsäurebomeolester, 
Dibromdihydro-p-methylzimtsäureborneolester*). 

Monobromisovalerianoglykolylhamstoff  wird  Archibromin  genaimt. 


1)  Abelin,  Liechtenstein,  DRP.  291878.         -)  Bergeil,  Berlin,  DRP.  328103. 

ä)  DRP.   116  654.  *)  DRP.   120  623. 

^)  Münchener  med.  Wochenschr.    1899,    I. 

«)  Journ.  f.  prakt.  Chemie  56,  393;  57,  365.  —  Chem.-Ztg.   1899,  81. 

')  DRP.    118  606,   118  746.  «)  Bayer,  DRP.   252  158. 


622  Antiseptica  und  Adstringentia. 

Schwefelverbindungen. 

Die  Eigenschaft  des  Schwefels,  beim  Eintritt  in  die  Verbindungen,  nament- 
lich in  der  nicht  oxydierten  Form,  diesen  schwach  antiseptische,  häufig  aber 
granulationsbefördemde  und  resorptionsbeschlevuiigende  Wirkungen  zu  ver- 
leihen, hat  bei  der  Billigkeit  des  Schwefels  gegenüber  dem  Jod  die  Chemiker 
veranlaßt.  Versuche  zu  machen,  ob  nicht  einerseits  Schwefel  für  sich  den  Ver- 
bindungen ähnliche  Eigenschaften  wie  Jod  verleiht  und  man  zu  schwefelhal- 
tigen, aber  jodfreien  Jodoformersatzmittehi  gelangen  kann,  anderseits  ver- 
suchte man  Verbindungen  herzustellen,  welche  sowohl  Jod  als  auch  Schwefel 
enthielten,  um  auf  diese  Weise  die  wichtigen  Wirkungen  dieser  beiden  Elemente 
in  einem  Körper  zu  vereinigen.  So  wurde  Thioresorcin^),  welches  die  Zusammen- 
setzmig  CgH402S2  besitzt,  als  Jodoformersatzmittel  empfohlen,  ohne  daß  es 
als  solches  brauchbar  wäre,  da  es  störende  Nebenerscheinungen,  Lidödem  und 
stark  juckenden  Hautausschlag  macht. 

Es  wird  dargestellt,  indem  man  eine  konzentrierte  Lösung  von  Resorcin  mit  Natrium- 
hydroxyd versetzt  und  in  der  Wärme  Scliwefel  einträgt,  bis  sich  dieser  völlig  löst.  Wenn 
man  verdünnte  Säure  in  die  Reaktionsmasse  bringt,  so  scheidet  sich  das  gebildete  Thio- 
resorcin  ab. 

Sulfaminol,  ein  geschwefeltes  Oxydiphenylamin,   hat  ebenfalls  als  Jodo 
formersatzmittel  keine  Anwendung  finden  können^). 

Man  schwefelt  m-Oxydiphenylamin  in  der  Weise,  daß  man  in  die  heißen  Lösungen 
der  Alkalisalze  dieser  Substanz  Schwefel  einträgt  vmd  kocht  oder  wenn  man  Schwefel  vor- 
erst in  Lauge  löst  und  in  die  heiße  alkalische  Lösiuig  Oxydiphenylamin  einträgt.  Durch 
Zusatz  von  Säure  scheidet  sich  Thiooxydiphenylamin  ab,  ein  gelbes,  geruch-  und  geschmack- 
loses Pulver,  dem  die  Konstitution 

/S S, 

^_N. 

OH 

zukommt. 

Da  die  Verbindimg  ein  freies  Hydroxyl  enthält,  läßt  sie  sich  leicht  acetylieren  und 
man  erhält  eine  ebenfalls  schwachgelb  gefärbte  Substanz. 

Unter  dem  Namen  Thiurete^)  wurden  von  E.  Fromm^)  Sulfidverbin- 
diingen  basischer  Natur  dagestellt,  die  ebenso  wie  die  bis  nun  erwähnten  Ver- 
bindungen trotz  ihres  Schwefelgehaltes  zu  keiner  Geltung  zu  gelangen  ver- 
mochten. 

Die  Thiuretbase  selbst,  C8H,N3S2,  erhält  man,  wenn  man  Phenyldithiuret  in  alkali- 
scher Lösung  mit  Jod  behandelt,  wobei  es  zu  einer  Oxydation  kommt  und  man  zu  dem 
jodwasserstoffsauren  Salz  der  Disxilfidbase  gelangt,  welcher  folgende  Konstitution  zu- 
kommt: 

C,H5N  =  C— S 

HN 

I       I 
HN=C— S 

Von  dieser  Base  lassen  sich  nun  verschiedene  Salze  mit  Halogenwasser- 
stoffsäuren, mit  Borsäure,  Salicylsäure,  Kresotinsäure  und  Phenolsulfosäure 
darstellen.  Der  Grund,  warum  Verbindungen  dieser  Art  trotz  ihres  Schwefel- 
gehaltes nicht  zur  Gteltimg  kommen  können,  mag  darin  hegen,  daß  der  Schwefel- 
gehalt dem  Jodgehalt,  auch  wenn  der  Schwefel  leicht  abspaltbar,  keineswegs 

M  DRP.   41  514. 

2)  Ther.  Mon.  1890,  295.  —  DRP.  52  827.  —  Wojtaszek,  Przeglad  lekarski  1891, 
Nr.  32. 

3)  Blum,  Deutsche  med.   Wochenschr.    1893,  Nr.  8.  *)  DRP.   68  697. 


Schwefelverbindungen.  623 

in  der  physiologischen  Wirkung  analog  ist,  hingegen  genügt,  wenn  es  sich  um 
eine  Schwefelwirkung  im  Sinne  der  Ichthyolgruppe  handelt,  eine  so  lockere 
Bindung  nicht,  dann  handelt  es  sich  gerade  in  der  Therapie  um  die  Eigenschaften 
von  Verbindungen  mit  fest  gebundenem  Schwefel  und  um  Verhältnisse  in  der 
Konstitution,  die  wir  zu  übersehen  noch  keineswegs  in  der  Lage  sind,  da  keine 
von  den  synthetisch  dargestellten  Substanzen  bekannter  Konstitution  wirk- 
liche Ichthyolwirkungen  zeigte. 

Ferri  vin  und  Intramin  sind  zwei  von  McDonagh^)  empfohlene  Verbindungen. 
Für  das  erste  Stadium  der  Syphihs  eignet  sich  nach  ihm  zunächst  ein  Sauerstoff- 
überträger, als  welcher  das  Ferrisalz  der  p-Aminobenzolsulfosäure,  dasFerrivin, 
in  Betracht  kommt.  Für  das  zweite  Stadium  kommt  ein  reduzierendes  Mittel 
in  Frage,  d.  h.  ein  Mittel,  das  wie  Intramin  zur  Bildung  einer  Reduktase  Ver- 
anlassung gibt.  Salvarsan  sei  hierfür  nicht  geeignet,  da  es  die  Bildung  einer 
Oxydase  im  Organismus  verursache. 

Intramin  ist  Diaminosulfobenzol 


O'-X)- 


NH, 


Die  Substanz  ist  von  A.  W.  Hofmann  und  K.  A.  Hof  mann*)  darge- 
stellt. Sie  ist  sehr  wenig  giftig.  Man  kann  sogar  12  g  injizieren.  Beide  Mittel 
Ferrivin  und  Intramin  zeigen  nach  der  Injektion  sehr  imangenehme  lokale 
Eeizerscheinxmgen  imd  sind  wirkimgslos. 

Die  Versuche,  Verbindungen,  die  Jod  und  Schwefel  enthalten,  als  Jodoform- 
ersatzmittel zu  verwenden,  haben  bislang  auch  keinen  rechten  Erfolg  zeitigen 
können.  So  hat  man,  vom  oben  beschriebenen  Thioresorcin  ausgehend,  Dijod- 
thioresorcin  dargestellt,  indem  man  auf  die  alkahsche  Lösung  des  Thioresorcins 
Jodjodkahum  einwirken  Heß  *).  Es  tritt  hierbei  Jod  für  die  Hydroxylwasserstoffe 
ein  und  man  erhält  so  eine  gewiß  wirksame  Verbindung,  welche  wohl  aus  dem 
Grunde  nicht  zur  Geltung  gekommen  ist,  weil  ihr  neue  Wirkungen,  die  man  durch 
die  schon  vorhandenen  Substanzen  nicht  erhalten  könnte,  trotz  ihres  Gehaltes 
an  Jod  und  Schwefel  nicht  zukommen.  Die  Konstitution  dieser  Verbindvmg  ist 

OJ 

S 

Jodoform  kann  mit  quatemären  Schwefelbasen  oder  deren  Salzen  unter 
Bildung  von  Additionsprodukten  reagieren*). 

Hierbei  lagert  sich  stets  ein  Molekül  Jodoform  an  ein  quatemäres  Schwefelatom 
an.  Wenn  man  Triäthylsulfoniumjodid  in  alkoholischer  Lösung  mit  einer  Jodoformlösung 
zusammenbringt,  so  erhält  man  Jodoformtriäthylsulfoniumjodid.  Wenn  man  Triäthyl- 
gulfoniumhydroxyd  in  alkoholischer  Lösung  mit  Jodoform  versetzt  imd  hierauf  alkoholische 
Salzsäure  zufügt,  so  erhält  man  Jodoformtriäthylsulfoniumchlorid.  Ebenso  kann  man 
Jodoformtriäthylsulfoniumbromid  und  Jodoformtriäthylsulfoniumjodid  erhalten.  Wenn 
man  Jodoform  in  Methylsulfid  löst  und  Jodäthyl  zusetzt,  so  erhält  man  Jodoformdimethyl- 
äthylsulfoniumjodid.    Femer  kann  man  Jodäthyläthyldisulfidjodoform 

(C,H.),  =  S— J 
I 
CHJ3-(C2Hs)2  =  S— J 

erhalten,  wenn  man  in  alkoholischer  Lösvmg  Athyldisiilf  id,  Jodäthyl  und  Jodoform  erhitzt. 

1)  Lancet  1916,  I,  236,  637.  —  Brit.  med.  Joum.   19IS,  I,  202. 
»)  BB.   12,  2363  (1879).  —  BB.  27,  2810  (1894). 
3)  DRP.  58  878.  *)  DRP.  97  207. 


g24  Antiseptica  und  Adstringentia. 

Die  Jodverbindung  des  Jodoformäthylsulfidmethans  der  Formel 

«./(CaHj),  •  CHJ3 

^'NJ 
erhält  man  aus  Jodoform  und  dem  Einwirkungsprodukt  von  Jodäthyl  auf  das  durch  Kon- 
densation von  Mercaptan  und  Formaldehyd  vermittelst  Salzsäure  erhaltene  Diäthylsulfid- 
methan  q    n  ti 

Man  bekommt  ebenfalls  Jodoformadditionsprodukte  aus  Jodäthylallyl- 
suUid,  Äthylsulfodiisopropyljodid,  Jodmethylmercaptol  und  Jodmethylper- 
brommethyltrisulfid.  Über  die  therapeutische  Anwendmig  dieser  Verbindungen 
ist  nichts  bekamit  geworden,  doch  scheinen  sie  vor  dem  Jodoform  selbst  keine 
Vorzüge  besessen  zu  haben. 

Tiodin  ist  ein  Anlagerungsprodukt  von  Jodäthyl  an  Thiosinamin 

/NH  ■  C2H5 
C  =  S 

Thiophen,  welches  nach  den  Untersuchungen  von  A.  Heff  ter^)  ungiftig  ist 
und  bei  Verfütterung  den  Eiweißzeriall  vermindert,  vermehrt  die  gepaarten 
Schwefelsäuren  im  Harne  nicht.  Trotz  seiner  antiseptischen  Eigenschaften  kann 
es  als  solches  wegen  seiner  Flüchtigkeit  nicht  verwendet  werden.  E.  Spiegier*) 
empfahl  Thiophendijodid  als  Jodoformersatzmittel,  welches  sich  als  entwick- 
lungshemmend für  Bakterien,  desodorisierend  und  sekretionsbeschränkend  er- 
wies. Die  Substanz  hat  einen  angenehmen  aromatischen  Geruch.  Auch  hier 
handelt  es  sich  beim  Ersatz  von  zwei  Wasserstoffen  durch  Jod  keineswegs  um 
Jodwirkung  der  Substanz,  sondern  die  ursprünghche  antiseptische  Kraft  des 
Thiophens  wird  durch  den  Eintritt  von  Halogen  nur-  verstärkt  und  durch  das 
eintretende  Jod  eine  feste  und  nicht  mehr  flüchtige  Substanz  gewonnen. 

Thioantipyrin  stellt  Michaelis  in  der  Weise  dar,  daß  er  Metallsulfide  oder  Metall- 
sulfhydrate auf  die  Halogenmethylate  des  l-PhenyI-3-methyl-5-chlorpyrazol  in  alkoholi- 
scher Lösung  einwirken  läßt'). 

Dithiosalicylsäure*)  erhält  man  durch  Erhitzen  molekularer  Mengen  Salicylsäure 
und  Clilor-,  Brom-  oder  Jodschwefel.    Der  Prozeß  verläuft  wie  folgt: 

2  C,H,<^^ojj  +  S,C1,  =  2  HCl-f  S-CeH3<^jQjj 

I       „  „     .COOH 

Die  beiden  isomeren  Dithiosalicylsäuren,  welche  sich  bei  der  Reaktion  bilden,  lassen 
sich  durch  Fällen  der  Natriumsalze  mit  Kochsalz  oder  Behandeln  mit  Alkohol  trennen. 

Dithiosalicylsaures  Natron  soll  stärker  wirken  als  sahcylsaiures  Natron  und 
angeblich  keine  Nebenwirkungen  auf  die  Zirkulation  ausüben,  kein  Ohren- 
sausen, keinen  Kollaps  und  keine  Magenbeschwerden  verursachen. 

Durch  Reduktion  von  p-Nitrothiophenolmethyläther  wird  p-Aminothiophenol- 
methyläther  hergestellt  und  acetyliert.  Acetaminothiophenolmethyläther  ist  eine  feste 
Substanz'). 

Ichthyol  und  ähnliche  geschwefelte  Verbindungen. 

Aus  einem  in  Tirol  vorkommenden,  dem  Asphalte  mancher  Provenienz 
sehr  nahestehenden  bituminösen  Schiefer  wird  teils  durch  Seigern,  teils  durch 
Schwelen  und  trockene  Destillation  ein  Öl  gewoimen,  welches  als  Volksheil- 

1)  Pflügers  Arch.  39,  420.  ^)  Therap.  Monatshefte  1892,  67. 

')  DRP.   122  287.  *)  DRP.  46  413,  51  710.  ^)  Agfa,  Berlin,  DRP.  239  310. 


Ichthyol  und  ähnhche  geschwefelte  Verbindungen.  625 

mittel  in  Tirol  lange  Zeit  benützt  \^airde,  dessen  Wert  als  therapeutisches  Agens 
man  dann  in  der  \Vissenschaft  erkannte  und  durch  große  Bemühungen  aller  Ars 
in  der  Form  eines  wasserlöshchen  sulfosauren  Salzes  in  die  verschiedensten 
Gebiete  der  Therapie  einführte  i). 

N.  Zwingauer'^),  Berlin,  stellt  schwefelhaltige  Kohlenwasserstoffe  aus  schwefel- 
haltigen Fossilien,  wie  Ichthyolschiefer,  mittels  Destillation  im  luftverdünnten  Raum 
lier,  eventuell  unter  Einleitung  von  erhitztem  Wasserdampf  von  ca.   400°. 

Dieses  aus  bituminösem  Schiefer  gewonnene  Öl  zeichnet  sich  insbesondere 
dadurch  aus,  daß  es  ca.  10%  fest  gebundenen  Schwefel  enthält,  dem  wohl  die 
therapeutishcen  Wirkungen  zuzuschreiben  sind.  Zum  großen  Teile  hängen 
diese  letzteren  aber  mit  dem  ungesättigten  Charakter  der  Verbindungen  zu- 
sammen. Dem  ichthyolsulfosauren  Amnion,  das  den  Namen  Ichthyol  trägt, 
kommen  vorwiegend  resorptionsbef ordernde,  reduzierende  und  keratofilastische 
Wirkungen  zu,  welche  die  große  Anwendung  dieser  Substanz  in  der  Therapie 
der  Frauenkiankheiten  und  Hautkrankheiten  erklären. 

Ichthyolsulfosäiu-e^)  wird  in  der  Weise  dargestellt,  daß  man  das  durch  Destillation 
gewonnene  Öl  mit  dem  doppelten  Quantum  konzentrierter  Schwefelsäure  mischt,  wobei 
unter  Entwicldung  von  schwefliger  Säure  sich  die  Ichthyolsulfosäure  bildet,  die  man 
durch  Eingießen  in  Wasser  abscheidet,  hierauf  durch  Lösen  in  Wasser  und  Aussalzen  mit 
Kochsalz  reinigt. 

Es  wirft  sich  nun  die  Frage  auf,  wieso  dem  ichthyolsulfosauren  Ammon, 
obwohl  es  ja  durch  die  Einführung  der  negativen  Schwefelsäuregrujipe  an 
Wirksamkeit  gegenüber  der  wasserunlöslichen  Muttersubstanz  eingebüßt  haben 
muß,  trotzdem  so  beträchtliche  Wirkungen  zukommen.  Es  ist  wohl  am  nahe- 
liegendsten, die  therapeutischen  Wirkungen  des  Ichthyols  nur  zum  geringsten 
Teile  auf  den  Gehalt  des  Präj^arates  an  Sulfosäiu-en  zu  beziehen  und  die  eigent- 
liche Wirkung  auf  die  Wirkung  der  bei  der  Sulfm-ierung  gebildeten  Sulfone  zu 
basieren.  Es  würde  dann  das  eigentliche  ichthyolsulfosäure  Ammon  gleichsam 
nur  das  Lösimgsmittel  für  die  in  Wasser  schwerlöslichen  oder  unlöshchen  Sul- 
fone abgeben,  ähnlich  wie  es  kresotinsaures  Xatron  und  Seifen  für  Kresole  sind. 

Dem  Ichthyol,  welches  eine  braunschwarze,  unangenehm  riechende  Flüs- 
sigkeit darstellt,  war  der  unangenehme  Geruch  und  der  unangenehme  Geschmack 
in  mancherlei  Anwendung  sehr  liinderlich.  Es  wiu'de  daher  versucht,  diese  Eigen- 
schaften zu  beseitigen,  ohne  den  therapeutischen  Effekt  der  Substanz  zu  beein- 
trächtigen. Anderseits  hat  der  große  therapeutische  Erfolg  dieser  Präparate, 
den  man  ja  unter  allen  Umständen  auf  den  fest  gebundenen,  nicht  oxydierten 
Schwefel  beziehen  muß,  Veranlassung  gegeben,  eine  Reihe  von  Ersatzmitteln 
und  Konkurrenzpräparaten  darzustellen,  teils  aus  Substanzen,  die  schon  von 
Natur  aus  festgebundenen  Schwefel  enthielten,  teils  durch  Schwefeln  organischer 
Körper. 

So  wurde  für  Ichthyol  und  für  ihm  nahestehende  künstlich  sulfurierte  Körper  vor- 
geschlagen, das  neutrale  Salz  mit  Äther  wiederholt  zu  extrahieren,  in  welches  Lösungs- 
mittel das  Ichthyolsulf on,  ein  schwefelreicher  Körper,  übergeht.  Dieses  ist  in  Wasser 
unlöslich,  löst  sich  aber  in  Ichthyolsulfosäure  imd  läßt  sich  auch  diu-ch  Behandlung  mit 
Schwefelsäure  in  die  Ichthyolsulfosäiu-e  weiter  überfüliren.  Der  Rückstand  nach  der 
Extraktion  mit  Äther  enthält  das  eigentliche  Salz  der  Ichthyolsulfosäure. 

Die  elementare  Zusammensetzung  der  so  dargestellten  Svilfone  zeigt  klar 
ihren  ungesättigten  Charakter,  welcher  wohl  auch  in  Beziehung  zur  therapeu- 
tischen Wirkung  steht*). 

Aus  dem  Sulfiu'ierungsgeraisch  der  Einwirkung  von  Schwefelsäure  auf  Ichthyol- 
öle wird  mit  Äther  oder  aromatischen  Kohlenwasserstoffen  die  wirksame  Substanz  heraus- 

1)  E.  Baumann  und  Käst,  Unnas  Monatsschr.  f.  Derm.  8. 

2)  DRP.  216  906.  ')  DRP.  35  216.  ■•)  DRP.   72  049. 

Franke!.  Arzneimittel-Synthese.    5.  Aufl.  40 


g26  Antiseptica  und  Adstringentia. 

geholt,   die   ätherische   Lösiuig   mit   Animoniak   neutralisiert   und   das   Lösungsmittel   ab- 
gedampft '). 

Ein  anderes  Verfahren  besteht  darin,  daß  man  die  ichthyolsulfosauren  Salze  mit 
der  doppelten  Gewichtsmenge  Alkohol  aus  dem  Ichthyol  extrahiert,  während  der  Rück- 
stand der  Alkoholextraktion  eine  geruchlose  Masse  ausmacht,  die  in  Wasser  für  sich  allein 
nicht  löslich  ist,  sondern  erst  der  Gegenwart  der  ichthyolsulfosauren  Alkalisalze  bedarf, 
lun  in  Lösung  zu  gehen.  Diese  neutralen,  sulfonartigen  Verbindungen  sind  in  Chloroform, 
Benzol  und  Äther  löslich. 

Aus  den  von  luis  mehrfach  entwickelten  theoretischen  Gründen  nehmen 
•wir  an,  daß  nin-  der  'wasserunlösliche  Sulfonanteil  der  wirksame  ist-). 

Ein  fernerer  Beweis  dafür  ist,  daß  wenn  man  bei  der  Sulfurierung  des  ur- 
sprünglichen Öles  eine  zu  hohe  Temperatur  entstehen  läßt  und  so  mehr  Sulfo- 
säure  und  weniger  Sulfone  entstehen,  man  zu  einem  weit  weniger  wirksamen  und 
auch  manchmal  wertlosen  Präparate  gelangt^). 

Man  bemühte  sich  ferner,  geruch-  und  geschmacklose  Ichthyolpräparate 
darzustellen,  da  der  eigentümlich  durchdringende  Geruch  dieser  Substanz  die 
Verwendbarkeit  in  der  Praxis,  insbesondere  für  den  inneren  Gebrauch,  ungemein 
beeinträchtigte. 

Es  wurde  versucht,  Ichthyol  durch  Oxydation  mit  Wasserstoffsuperoxyd  geruch- 
los zu  machen*),  aber  Ichthyol  wird  durch  diesen  Oxydationsprozeß  in  einen  unwirksamen 
Körper  verwandelt,  was  wohl  auch  für  die  oben  angeführte  Ansicht  spricht.  Hingegen 
kann  man  gewöhnliches  Ichthj-ol  geruchlos  machen,  wenn  man  es  bei  vermindertem 
Drucke  ziun  Sieden  bringt  und  diu'ch  die  Lösung  des  Ichthyols  überhitzten  Dampf  leitet 
imd  gleichzeitig  über  die  Oberfläche  der  siedenden  Flüssigkeit  ebenfalls  einen  kräftigen 
Strom  von  überhitztem  Dampf  streichen  läßt.  Ohne  daß  eine  Zersetzung  eintritt,  gelingt 
es  bei  diesem  Vorgang,  das  riechende    Ol   völlig  aus  dem   Präparate   zu  entfernen^). 

Dieses  Präparat  wird  Desichthol  (Knoll)  genamit. 

Hell,  Troppau,  reinigen  sulfurierte  Schwefelverbindungen  der  Mineralöle  nach  Ent- 
fernung anorganischer  Salze  durch  Dialyse,  durch  Anwendung  von  Reduktionsmitteln, 
wie  Schwefelwasserstoff,  Schwefelammon,  Alkahsulfit  oder  Thiosulfat,  Magnesium  oder 
Aluminivmipulver  oder  mittels  elektrischen  Stromes*). 

Hell',  Troppau'),  reinigen  sulfonierte  Schwefelverbindimgen  der  Mineralöle  nach 
Entfernung  der  anorganischen  Salze  durch  Dialyse,  durch  Eindampfen,  Extraktion  mit 
Ather-Alkohol.    Die  äther-alkoholische  Lösung  wird  dann  wieder  eingedampft. 

Weiter  wiirde  für  den  innerlichen  Gebrauch  eine  unlösliche  Verbindung 
des  Eiweißes  mit  Ichthyol  in  der  Weise  dargestellt,  daß  man  die  Lösungen 
beider  Substanzen  durch  Zusatz  von  Säuren  fällte.  Das  so  dargestellte  geruch- 
und  geschmacklose  Ichthyoleiweißpräparat  wird  Ichtalbin  genannt.  Die  an- 
geblich günstigen  Wirkungen  der  Ichthyolpräparate  bei  der  Behandlung  der 
Ltmgentuberkulosen  und  auch  bei  Darmerkrankungen  waren  der  Beweggrund, 
Ichthyol  mit  Eiweiß  zu  kombinieren^). 

Man  unterließ  auch  nicht  die  so  modern  gewordenen  Formaldehydreak- 
tionen mit  dem  Ichthyol  vorzunehmen.  Durch  Behandeln  von  Ichthyolsulfo- 
säure  mit  Formaldehj-dlösung  auf  dem  Wasserbade  entsteht  eine  wasserunlös- 
liche Masse,  die  getrocknet  und  gepulvert  werden  kann  und  dann  geruch-  und 
geschmacklos  ist^).  Infolge  der  schweren  Löslichkeit  in  alkalischen  Flüssigkeiten 
kommt  dieses  Ichthoform  genannte  Präparat  bei  innerlicher  Darreichung  nur 
langsam  zur  AVirkung.    Es  ■wurde  als  AVundantisepticum  empfohlen. 

Von  anderer  Seite  vrarde  versucht,  diese  beiden  Verfahren,  Ichthyol  geruch- 
und  geschmacklos  zu  machen,  nämUch  die  Kombination  mit  Eiweiß  und  die 

I)  Soci^te  de  la  Thiol^ine,  DRP.   169  356.  =}  DRP.  76  128,  82  075. 

=  )  Helmers  in  DRP.   76  128.  *)  DRP.   99  765. 

5)  DRP.-Anm.  K.   17  762.    Amerik.   P.   625  480.  «)  DRP.    141  18.5. 

')  DRP.   161  663.  «)  Sack,  Deutsche  med.  Wochenschr.   1897,  Xr.  23. 

ä)  DRP.   107  233. 


Ichthj'ol  und  älinliche  geschwefelte  Verbindungen.  627 

Reaktion  mitFormaldehyd,  zu  vereinigen.  3Ian  löst  zu  diesem  Zwecke  Eiweiß 
in  Wasser  und  trägt  in  diese  Lösung  Ichthyolsulfosäiu'e  ein.  Der  koagulierte 
Niederschlag  wird  nun  in  der  Wärme  mit  Formaldehyd  behandelt,  wodurch 
man  zu  einem  in  Säuren  unlöslichen,  durch  Alkalien  sich  langsam  aufspaltenden 
Präparat  gelangt  i). 

Weiter  wurden  aus  dem  Ichthyol  durch  Absättigen  der  freien  Sulfosäure 
mit  wirksamen  Metallen  Verbindungen  geschaffen,  die  aber  wohl  kaum  von  be- 
sonderem Werte  sind,  so  z.  B.  Ferrichthyol-),  ein  Ichthj-ol-Eisenpräparat,  ferner 
Ichthargan,  welches  30%  Silber  an  stark  schwefelhaltige,  aus  der  Ichthyolsul- 
fosäure  gewonnene  Körper  gebunden  enthält.  Ferner  kann  man  das  von  den 
Sulfonen  befreite  Ichthyol  beziehungsweise  den  in  Alkohol  löshchen  Anteil, 
das  ichthyolsulfosaiu"e  Salz,  zum  LösUchmachen  von  an  und  für  sich  unlöshchen 
wirksamen  Substanzen  benützen,  worüber  im  Kapitel  über  Kresole  das  Nötige 
nachzulesen  ist  (Anji;ole). 

Die  Ersatzmittel  des  Ichthyols,  welche  alle  schwefelhaltige  Substanzen 
smd,  lassen  sich  in  zwei  Hauptgruppen  teilen:  Entweder  wiu-de  das  Haupt- 
gewicht darauf  gelegt,  bestimmte,  von  Natur  aus  schwefelhaltige  Substanzen 
in  wasserlöshche  Sulfosä\u-en  nach  Analogie  des  bei  der  Ichthyoldarstellung 
eingeschlagenen  Verfahrens  zu  verwandeln,  oder  man  legte  mit  viel  mehr 
Recht  das  Hauptgewicht  auf  den  Schwefelgehalt  der  Verbindungen,  und 
zwar  auf  den  Gehalt  an  nicht  oxydiertem  Schwefel  und  schwefelte  so  eine 
Reihe  von  chemischen  Individuen.  Leider  hat  man  bei  der  Darstellung  dieser 
Substanzen  noch  zu  wenig  Gewicht  auf  den  ungesättigten  Charakter  solcher 
Körper  gelegt. 

In  die  erste  Giiippe  gehört  das  künstlich  geschwefelte  ThioP).  Die  ge- 
sättigten Paraffine  nehmen  beim  Erhitzen  mit  Schwefel  keinen  Schwefel  in 
ihr  Molekül  auf,  hingegen  zeichnen  sich  die  ungesättigten  Kohlenwasserstoffe 
oder  ein  Gemenge  von  gesättigten  und  imgesättigten  Kohlenwasserstoffen 
dadurch  aus,  daß  sie  beim  Erhitzen  unter  Abspaltung  von  Schwefelwasserstoff 
Schwefel  gegen  Wasserstoffatonie  austauschen. 

Jlan  kann  so  z.  B.  das  Braunkohlenöl  (sogenanntes  Gasöl  des  Handels)  in  der  Weise 
schwefeln,  daß  man  bei  250°  portionenweise  Schwefelpnlver  einträgt  und  das  Reaktions- 
produlct  dvirch  Alkohol  von  den  unveränderten  Paraffinen  trennt.  Durch  Einwirkiuig 
von  konzentrierter  Schwefelsäure  oder  Chlorsulfonsäure  erhält  man  die  Sulfosäure,  die 
in  ihrem  chemischen  Verhalten  dem  Ichthyol  nahesteht. 

Diese  Thiole  lassen  sich  durch  Dialj-se  von  den  ihnen  anhaftenden  an- 
organischen Salzen  und  anderen  Körpern  reinigen. 

Man  kann  auch  in  der  Weise  vorgehen,  daß  man  das  Braunkohlenteeröl  vorerst  mit 
Schwefelsäure  sulfiu-iert,  wobei  die  ungesättigten  Verbind\mgen  in  Reaktion  treten,  die 
gesättigten  aber  nicht,  imd  die  so  erhaltene  Sulfosäiire  dann  durch  Erhitzen  mit  Schwefel 
auf  155°  schwefelt. 

Thiol  konnte  trotz  mancher  günstigen,  ihm  nachgerühmten  Eigenschaften 
nicht  als  erstes  Konkurrenzpräparat  dem  Ichthyol  gegenüber  zur  Geltung  ge- 
langen.   Dasselbe  Schicksal  teilte  mit  ihm  TumenoH). 

Zur  DarstelUmg  dieser  Substanz  wurde  der  mehr  oder  weniger  schwefelhaltige  Rück- 
stand, den  man  beim  Reinigen  der  Mineralöle  mit  Schwefelsävu-e  als  sogenannten  Säure- 
teer erhält,  benützt.  Dieser  Säureteer  zeichnet  sich  durch  seinen  Gehalt  an  ungesättigten 
Verbindungen  vorteilhaft  aus.  Die  Darstellung  der  Tumenolsulfosäure  und  die  Abtren- 
nung des  Sulfons  aus  den  Gemengen  geschieht  nach  den  beim  Ichthyol  angefüJirten  Me- 
thoden. 


1)  DRP.-Anm.  F.   11063.  ')  Deutsche  Ärzte-Ztg.  1902,  107. 

3)  DRP.   38  416,  54  501. 

')  DRP.  56  401.  —  A.  Xeißer,  Deutsche  med.  Woehenschr.   1891,   1238. 

40* 


ß28  Antiseptica  und  Adstringentia. 

Bengough^)  schlug  vor,  Säureabfallteer  mit  Kalk  zu  destillieren,  und  die  so  ge- 
wonnenen ungesättigten  Kohlenwasserstoffe  mit  Chlorschwefel  zu  scliwefeln,  hierauf  mit 
Natronlauge  zu  kochen,  um  Chlor  zu  entfernen. 

Auch  die  schwefelhaltigen  Rückstände  mancher  Rohpetroleumsorten  wur- 
den zu  dem  Ichthyol  analogen  Sulfosäuren  verarbeitet,  so  das  Petrosulfol  ge- 
nannte Präparat,  welches  dem  Ichthyol  sehr  ähnliche  Eigenschaften  zeigt. 

Die  Lysol  genannte  Auflösung  von  stark  kresolhaltigen  Teerölen  wurde  mit 
Schwefel  so  lange  erhitzt,  bis  eine  tiefbraune,  beinahe  feste  Masse  resultierte, 
welche  Wasserlöslich  war^). 

Ferner  wurde  versucht,  Tran,  welcher  ja  reich  an  ungesättigten  Verbin- 
dungen ist,  zu  schwefeln  und  das  geschwefelte  Produkt  in  üblicher  Weise  wasser- 
löslich zu  machen*). 

Zu  diesem  Zwecke  wird  Tran  mit  ca.  12%  Schwefelblumen  verrieben  und  auf  120° 
erhitzt,  wobei  sich  ca.  10%  des  Scliwefels  mit  dem  Tran  verbinden,  während  der  Über- 
schuß sich  geschmolzen  zu  Boden  senkt.  Man  gießt  \om  ungelösten  Schwefel  ab  und  er- 
hitzt weiter  auf  240°.    Durch  Verseifen  mit  Lauge  erhält  man  ein  wasserlösliches  Produkt. 

Ferner  wurde  Schwefellebertran  nach  J.  W.  M.  Nobl  durch  siebenstündiges  Er- 
hitzen von  20  Teilen  Oleum  jecoris  aselli  mit   I  Teil  Schwefel  auf   125°  C  erhalten. 

Paul  Koch,  Berlin,  stellt  Schwefelverbindungen,  die  er  Thiozonide  nennt,  her, 
indem  er  Schwefel  auf  Terpene  einwirken  läßt,  wobei  je  drei  Schwefelatome  sich  an  eine 
doppelte  Bindung  des  Terpenmoleküls  anlagern.  Man  kann  dieses  Erhitzen  mit  Schwefel 
auch  unter  Zugabe  von  Weingeist  durchfüliren  und  statt  der  reinen  Terpenalkohole  oder 
deren   Ester  die  natürlichen  ätherischen  öle,  wie  Fichtennadelöl  usw.,  verwenden^). 

Diese  Verbindungen  sind  aber  an  der  Luft  leicht  veränderlich.  Ein  Zusatz  von  Thio- 
zonat,  wie  Natriumthiozonat,  NajSj,  begünstigt  aber  die  Bildung  haltbarer  Thiozonide^). 

Auch  geschwefeltes  Leinöl  und  Lanolin  Anirden  in  ähnhcher  Absicht, 
jedoch  nicht  mit  dem  gleichen  therapeutischen  Erfolg  dargestellt.  Ebenso 
wurden  geschwefelte  Methj'l-  und  Äthylester  von  Fettsäuren  vorgeschlagen*), 
dargestellt  durch  Einwirkung  von  Chlorschwefel  oder  von  Schwefel  bei  höherer 
Temperatur  auf  Methylester  von  ungesättigten  Fettsäuren. 

Die  Compagnie  Morana"),  Zürich,  stellen  geschwefelte  Kohlenwasserstoffe  her 
durch  Einwirkung  von  Metallsulfiden,  Polysulfiden  oder  Sulfhydraten  auf  Aldehj'de  oder 
Ketone,  z.  B.  Acetophenon,  Benzophenon,  Citral. 

Zum  Teil  war  der  Erfolg  des  schwefelhaltigen  Ichthyols,  zum  Teil  auch  die 
bekannte  günstige  Wirkung  geschwefelter  Substanzen  bei  einzelnen  Hautkrank- 
heiten die  Veranlassung  zur  Darstellung  einer  Reihe  von  Substanzen,  die  Schwe- 
fel in  fester  oder  lockerer  Bindung  enthielten,  um  so  mehr,  als  der  Eintritt  von 
Schwefel  in  viele  Verbindungen  ihnen  antiparasitäre  Eigenschaften  verleiht; 
jedoch  blieb  die  Darstellung  der  nun  zu  besprechenden  Präparate,  denen  sicher 
bestimmte  Wirkungen  zukommen,  ohne  den  gewünschten  Erfolg. 

Ebenfalls  in  der  Absicht,  einen  schwefelhaltigen  Ichthyolersatz  s\aithetisch 
darzustellen,  hat  man  Schwefel  auf  Zimtsäureester  einwirken  lassen^). 

Wenn  man  Stilben  (Diphenyläthylen)  H5C5  •  CH  =  CH  •  CjHs  oder  analoge  Ver- 
bindungen mit  Schwefel  erhitzt,  so  erhält  man  Thiophenderiv^ate.  Analog  verläuft  die 
Reaktion,  wenn  man  Zimtsäure  C5H5  ■  CH  =  CH  •  COOH  mit  Schwefel  zusammenschmilzt. 
Man  erhält  dann  zwei  isomere  Diplicnylthiophene  CjH,  •  (C^gH^j.^S.  In  anderer  Weise 
reagieren  aber  die  Ester  der  Ziratsäure,  insbesondere  der  Zimtsäureäthylester  CjHj  ■  CH 
=  CH  •  COO  •  C2H5.  Man  erhält  hierbei  schwefelhaltige  Körper,  die  nicht  mehr  der 
Thiophenreihe   angehören.     Wenn  man   vom   Zimtsäiu'eäthylester  ausgeht,  so   bekommt 

•)  DRP.   138  345.  =)  DRP.-Anm.  R.  12  928.  =)  DRP.  56  065. 

*)  H.  Erdmann,  Liebigs  Ann.  363,   133.   —DRP.  214  950. 

5)  DRP.  219  121,  Zusatz  zu  DRP.  214  950. 

*)  Majert,  Berlin,  DRP.  140  827.  ')  DRP.  102  059. 

8)  E.  Baumann  und  E.  Fromm,  BB.  30,   111  (1907).  —  DRP.  87  931. 


Ichthyol  und  ähnliche  geschwefelte  Verbindungen.  629 

man  einen  Körper,  der  Schwefel  in  lockerer  Bindung  enthält  und  als  Thiobenzoylthio- 
essigsäuredisulfid  aufzufassen  ist. 

C,Hj.C=CH  — CO 

I  1 

s s 

Die  vom  Erfinder  an  die  Darstellung  dieses  Körpers  geknüpften  Hoff- 
nungen sind  wohl  aus  dem  C4runde  nicht  in  Erfüllung  gegangen,  weil  es  sich  bei 
Präparaten  dieser  Art,  denen  Ichthj-olwrkungen  zukommen  soUen,  nicht  so  sehr 
tim  leicht  abspaltbaren  Schwefel  handelt,  auch  keineswegs  um  Körper,  die 
Sulfhydrylgruppen  enthalten,  sondern  vielmehr  um  Substanzen,  in  denen  der 
Schwefel  in  fester  Bindung  vorkommt.  Wenn  man  sich  dieser  Auffassung  über 
die  pharmakologische  Wirkung  des  Ichthyols  und  anderer  Präparate  anschließt, 
so  wird  man  es  sehr  seltsam  finden,  daß  bis  nun  niemand  den  einfachsten  Körper 
miter  den  cychschen  Verbindungen,  der  Schwefel  in  fester  Bindung  enthält, 

TT TT 

das    Thiophen    -g!     jj  nämlich,  zum  Ausgangsprodukte  für  die  Darstellung 

s 
solcher  Präparate  genommen  hat.   Um  so  mehr  muß  man  darüber  staunen,  als 
man  dem  Thiophen  sehr  nahe  stehende  Körper  synthetisch  recht  billig  erhalten 
kann. 

Aus  khnischen  Versuchen  ist  uns  bekamit,  daß  einzehie  Derivate  des  Thio- 
phens,  sowie  bestimmte  natürHche  und  auch  künsthche  geschwefelte  Kohlen- 
wasserstoffe in  ihren  Wirkungen  mit  dem  Ichthyol  völlig  übereinstimmen  oder 
dieses  sogar  in  bezug  auf  die  schmerzstillende  Wirkung,  die  ja  nur  auf  den 
Schwefelgehalt  zu  beziehen  ist,  weit  übertreffen,  insbesondere  aber  dami,  wenn 
man  nicht  den  Fehler  begeht,  durch  Einfühnuig  der  Sulfosäuregruppe  die  AVir- 
kung  abzuschwächen. 

Man  erhält  Thiophenderivate,  welche  Desinficientien  und  Mittel  gegen  Hautkrank- 
heiten sein  sollen,  wenn  man  auf  Halogenacylalkylaminokrotonsäureester  Alkalisulf- 
dyhrate  einwirken  läßt,  z.  B.   5-Thiotolen-3-oxy-4-carbonsäiu'eäthylest€r. 

CjHj-O    OC    C— COH 

CHj  •  C     CH       •) 

\/ 

s 

Das  Zustandekommen  der  Wirkung  ist  bei  den  Substanzen  der  Ichthyol- 
gruppe von  drei  Momenten  abhängig,  was  bei  der  Darstellung  von  künstlichen 
Ersatzmitteln  stets  zu  berücksichtigen  ist:  1.  Vom  Schwefelgehalte  der  Ver- 
bindung. Der  Schwefel  muß  in  nicht  oxydierter  Form,  aber  in  fester  Bindung 
in  der  Substanz  vorhanden  sein,  keineswegs  aber  in  Form  von  leicht  abspalt- 
baren Sulfhydrylgruppen.  2.  Von  der  ungesättigten  Natur  der  Verbindung. 
Es  haben  sich  die  künstlich  geschwefelten,  von  Haus  aus  ungesättigten  Ver- 
bindungen in  der  Therapie  nicht  halten  können  und  als  wenig  oder  gar  nicht 
wirksam  erwiesen,  weil  bei  Behandlung  mit  Schwefel  dieser  in  die  doppelte  Bin- 
dung tritt  und  so  der  ungesättigte  Charakter  der  Substanz  aufgehoben  wird. 
3.  Von  der  cychschen  Xatiu-  der  Verbindung.  Die  Sulfurierimg  ist  eine  über- 
flüssige Maßnahme  und  bewirkt  nur  deshalb  keine  vöUige  Vernichtung  der 
Wirkung,  weil  nur  ein  kleiner  Teil  der  Substanzen  sulfuriert  wird,  welcher 
dann  als  Lösungsmittel  für  den  nicht  sulfurierten  dient. 

Kolloidalen  Schwefel  oder  Selen  stellt  man  bei  Gegenwart  kolloidaler  Substanzen, 
z.  B.  Albumin,  Gelatine,  Pepton,  auf  nassem  Wege  her.  Aus  der  rohen  Reaktionsmischung 
fällt  durch  Ansäuern  kolloidaler  Schwefel  oder  Selen.    Der  filtrierte  Xiederschlag  wird  in 


Benarv,  DRP.  282  914. 


630  Antiseptica  und  Adstringentia. 

Wasser  unter  Zusatz  von  sehr  wenig  Alkali  gelöst  evtl.  dialysiert.  Durch  Eindampfen  oder 
dvirch  Ausfällen  mit  Alkohol,  Alkoliol-Ather  oder  Aceton  erhält  man  kolloidalen  Schwefel 
in  fester  Form.  Unter  dem  Kamen  Sulfoid  \viu'de  ein  solches  Präparat  in  den  Handel 
gebracht '). 

Außer  auf  chemischem  Wege  kann  man  auch  auf  physikalischem  Wege  kolloidalen 
Schwefel  machen.  Auch  dieses  Präparat  kommt  mit  80°o  Schwefel  als  Sulfoid  in  den  Handel. 
Man  löst  Schwefel  in  indifferenten  Lösungsmitteln,  wie  Alkohol,  Aceton  oder  in  Lösungs- 
mitteln, welche  durch  Zersetzung  mit  Säuren  oder  Wasser  Schwefel  liefern  und  bringt 
dann  bei  Gegenwart  von  Eiweißkörpern  oder  ihren  Abbauprodukton  den  Schwefel  ziu- 
Abscheidung.  Man  löst  z.  B.  Scliwefel  in  heißem  Alkohol,  gibt  zu  der  Lösung  Eiweiß  in 
Wasser,  der  Schwefel  ist  dann  kolloidal  gelöst.  Säuert  man  an,  so  fällt  er  heraus;  durch 
'Neutralisation  der  Säure  geht  er  wieder  in  Lösung,  und  durcli  Eindunsten  oder  Fällen 
in  Alkohol  erhält  man  ihn  in  haltbarer,  kolloidaler  wasserlöslicher  Form-). 
O  H 

Allylsiilfid  r;^u''>S  (Kuoblauchöl)  wurde  mehrmals  gegen  Cholera  emp- 
fohlen^). Französische  Forscher  sahen  bei  subcutaner  Injektion  von  Allylsulfid 
in  öliger  Lösung  bei  Tuberkulösen  sehr  gute  Erfolge*). 

Dithiokohlensam-es  Kalium  K2COS2  zersetzt  sich  leicht  unter  Abspaltung 
von  Schwefelwasserstoff.  Nach  Unnas  Ansicht  sind  die  Schwefelpräparate 
nicht  an  sich  wirksam,  sondern  erst  durch  Freiwerden  von  Schwefelwasserstoff, 
weshalb  diese  Substanz  wirksam  sein  müßte.  Doch  hat  dieses  Präparat  un- 
angenehme Nebenwirkungen  (Brennen,  Pustelbildung). 

Triphenylstibinsulfid  ist  sehi-  leicht  oxj'dabel  und  spaltet  Schwefel  ab. 
Subcutan  injiziert  wirkt  es  toxisch;  es  soll  als  Schwefelmittel  für  Hautkrank- 
heiten verwendet  werden^). 

Ludwig  Kaufmann  in  Berlin')  stellt  Triphenylstibinsulfid,  dessen  Homologen 
lind  deren  Derivate  dar,  indem  er  Scliwefelwasserstoff  oder  eine  andere  zur  Umsetzung 
geeignete  Schwefelverbindung  auf  halogenierte  Triphenylstibine  resp.  auf  Triphenylstibin- 
hydroxyd  unter  Vermeidung  eines  Überschusses  der  Schwefelverbindung  einwirken  läßt. 
Man  arbeitet  in  der  Weise,  daß  man  Triphenylstibinbromid  mit  einer  kaltgesättigten  alko- 
holischen Ammoniaklösung  behandelt  und  Schwefelwasserstoff  einleitet,  bis  eine  schwach 
gelbe  Färbung  eintritt,  dann  krystallisiert  die  Substanz  aus. 

Thiosinamin  (Allylthioharnstoff)  NHg  •  CS  •  NH(C3H5)  macht  nach  Hebra') 
lokale  Reaktion  bei  Lujjus  und  anderen  Leiden,  steigert  die  Diurese,  be^virkt 
Nachlassen  der  Nachtschweiße  und  beschleunigt  die  Resorjition  von  Exsudaten 
in  den  Geweben. 

Hinsberg  stellte  durch  Einleiten  \on  schwefliger  Säure  in  geschmolzenes  o-Phenylen- 
diamiu  bei   140°  einen  schwefelhaltigen  Körper  dar,  dem  die  Formel 

C,n,(^    >S        oder         CaHi(|>S 

N'  K 

zukommt.  Verwendet  man  statt  o-Phenylendiamin  dessen  homologes,  das  o-Toluylen- 
diamin,  so  erhält  man  eine  Substanz  der  Formel 


Diese  sogenannten  Piazothiole  smd  jedoch  nie  zur  praktischen  Verwendung 
gelangt  8). 

1)  Heyden,  Radebeul,  DRP.  164  664.  ^)  Heyden,  DRP.  201  371. 

')  Pertik  1898,  Angyan  1893  im  Orvosi  Hetilap,  Budapest. 

*)  S6journet,  Sem.  möd.   1895,  Nr.  52,  S.  206. 

5)  Ludwig  Kaufmann,  BZ.  28,  67,  86  (1910).  ')  DRP.  223  694. 

")  IL  intern.  Dermatol.  Kongreß. 

«)  DRP.  49  191.  —  BB.  33,  862,  2895  (1888);  33,   1393  (1889). 


Selen-  und  Tellurderivate.  631 

Ebenfalls   als  Älittel  gegen  Hautkrankheiten  \vairde  Thiodinaphthyloxyd 

dargestellt. 

Es  wird  Thio-/J-naphthol  in  alkoholischer  Lösung  durch  Einwirken  oxydierender 
Älittel  in  Tliiodinaphthyloxyd  übergeführt.  Man  oxydiert  mit  Ferricyankalium  oder  mit 
Jod-Jodkaliiunlösung. 

Das  Produkt  ist  imlöslich  und  geruchlos,  weshalb  es  wohl  als  Streupulver 
hätte  Verwendung  finden  soüen. 

Zu  gleichem  Zwecke  wiu-den  von  Busch  Thiobiazolderivate  dargestellt'). 

Man  gewinnt  diese,  indem  man  Schwefelkohlenstoff  mit  Hydrazin  oder  primären 
Hydrazinen  in  alkoholischer  Kalilösung  erhitzt.  Die  Reaktion  erfolgt  hierbei  nach  fol- 
genden Gleichungen,  wobei  sich  zuerst  das  Kaliumsalz  der  Phenylsulfoearbazinsäure  bildet. 
Dieses  reagiert  nun  mit  Schwefelkohlenstoff  weiter. 

CgH^  •  ^^I  ■  NH  •  CS  ■  SK  -f-  CS,  =  H.,S  -f  C5H5  •  X— X 

I        li 
SC      CSK 
\/ 

s 

Der  so  entstandene  Körjjer  ist  Phenyldithiobiazolonsulfhjdrat. 
Läßt  man  nur  Hydrazin  imter  gleichen  Umständen  reagieren,  so  gelangt  man  zu 
Thiobiazoldisulfhvdrat 

N— X 

11        II 

HS  • C       C • SH 

S 

Zu  den  Thiobiazolinderivaten-)  kann  man  gelangen,  wenn  man  Aldehyde  auf  die 
AlkaUsalze  der  Sulfocarbazinsäuren  der  allgemeinen  Formel  R  ■  XH  •  XH  •  CS  •  SH  ein- 
wirken läßt.    Man  erhält  stark  saure  Körper  der  allgemeinen  Formel 

RX  — X 

I 

RH  •  C      CSH 
S 
die  mit  Alkalien  charakteristische,  wasserlösliche  Salze  geben. 

Nach  dieser  Methode  wiu-den  dargestellt:  Phenylthiobiazoliusulfhydrat 
und  Diphenylthiobiazolinsulfhj'drat 

C.H,.X-X  CeH,.X-X 

I       II  11: 

H,C      CSH  CbH,    HC      CSH 

\/  \/ 

S  S 

Ai'vlsulfiiisäure  mit  Phenolen  oder  Phenolcarbonsäuren  auf  100 — 150°C 
erhitzt 'gibt  Oxvdiarylsulfide»).  z.  B.  2  CgHä  •  SO,H  +  CgHä  •  OH  =  CgH^  •  S 
•  CgH^  •  OH  +  CgHä .  SO3H  -f  H,0 . 

Selen-  uud  Tellurderivate. 

Die  Beobachtungen  von  A.  v.  Wassermann*),  daß  selenhaltige  Farbstoffe 
eine  Einwirkung  auf  Krebszellen  bei  Tieren  zeigen,  war  die  Veranlassung  zur 
Darstellung  zahlreicher  Selen-  mid  Tellurverbindiuigen,  über  deren  Wirkung 
nach  der  gleichen  Richtung  hin  niu:  spärliche,  anscheinend  nicht  positive  Be- 
obachtungen vorhegen. 

Entsprechend  dem  Verhalten  der  arsenigen  Säure  imd  Arsensäure  sind  die 
Ionen  der  tellurigen  und  selenigen  Säure  viel  wirksamer  als  die  Ionen  der  Tellur- 

i)  DRP.  81  431.  —  BB.  3T,  2507  (1894).  •)  DRP.  85  568. 

=•)  Höchster  Farbwerke,  DRP.  U7  634.         *)  Deutsche  med.  Wochenschr.  1911,  2389. 


g32  Antiseptica  und  Adstringentia. 

und  Selensäure.  Schimmelpilze  ■werden  durch  Telliirite  und  TeUm-ate  kaum 
in  ihrem  Wachstum  beeinflußt,  Bakterien  aber  sind  sehr-  empfindlich i). 

Tellurige  Säure  und  Tellursäure  wirken  schwach  giftig. 

Walter  verwendete  kolloidales  Selen,  welches  voUständig  ungiftig  war, 
konnte  aber  gar  keine  Erfolge  sehen. 

Für  die  Chemotherapie  des  Krebses  benützte  A.  v.  Wassermann  ein 
Eosinselen,  dessen  Zusammensetzung  anseheinend  schwankt  und  welches  nicht 
weiter  beschrieben  ist.  Beim  Aufheben  verändert  es  sich,  die  Ki'ebsraäuse  sind 
dagegen  empfindlicher  als  die  gesunden.  Eosinselen  wirkt  in  der  Weise  auf 
Tumoren  ein,  daß  sich  diese  verflüssigen,  Rezidiven  können  von  dem  Mittel 
nicht  beeinflußt  werden. 

Wassermann  S'tellt  einen  selenlialtige«  Farbstoff  dar,  indem  er  Selenwasserstoff 
auf  Nitrosodimetliylanüin  oder  dessen  Reduktionsprodukte  einwirken  läßt  und  die  ent- 
standenen Verbindungen  einer  gelinden  Oxydation  unterwirft.  Man  erhält  so  Selenazin- 
Iilau,  welches  chemotherapeutisch  wirksam  sein  solP). 

Wassermann  stellt  seien-  und  tellurhaltige  Farbstoffe  dar,  indem  er  Farbstoffe 
der  Phthaleinreüie  oder  deren  Derivate,  insbesondere  die  halogenierten  oder  alkylierten 
Derivate  und  wasserlösliclie  seien-  oder  tellurcyanwasserstoffsaure  Salze  aufeinander  ein- 
wirken läßt;  so  z.  B.  läßt  er  auf  Eosiimatrium  Selencyankaliiun  einwirken,  wobei  ein 
dunkelroter  Farbstoff  sich  abscheidet'). 


CH 

0 

sc 


CH 


3.6-Diaminothioi)yronin 


und  3.6-Diaminoselenopyronin 


\r 

SeCl 

machen  bei  Trj-j^janosomcnerkrankungen  eine  nur  vorübergehende  Heilung. 
Die  Toxizität  für  Mäuse  ist  bei  Thiopji-onin  V2500?'  '^^'  SelenopjTonin  etwa 
V3000  g  pro  20  g  Ge^vicht.  Beide  Farbstoffe  erzeugen  bei  Mäusen  starke  Ödeme*). 
Die  Toxizität  der  Thio-  und  auch  der  Selenoisotrehalose  ist  .sehr  gering. 
Diese  Doppelzucker  werden  im  Organismus  nicht  angegriffen  °). 

Selenderivate  aromatischer  Verbindungen ,  wie  beispielsweise  Anilin ,  Acetanilid, 
Phenol,  Salicylsäiu'e,  Xitrophenol  erhält  man,  indem  man  Selen  oder  Selendioxyd  in  kon- 
zentrierter Schwefelsäure  auf  die  zu  selenierenden  Verbindungen  bei  niederer  Temperatur 
einwirken  läßt.  Beschrieben  sind  die  Verbindungen  aus  Acetanihd,  Anilin,  Phenol,  Salicjl- 
säuie,  o-  und  p-Xitrophenol;  die  Verbindung  aus  p-Acetaminophenetidin  hat  die  Zusarmuen- 
setzung  [C8H3(OC2H5)(NHC2H30)]3- SeSO^H  •  HjO.  Antipyrin  gibt  DiantipjTylselenid 
(CijHjjNjOJjSe.  Weiter  ist  beschrieben  die  Selen\erbindung  aus  Resorcinarsensäure  und 
Selen«). 

Für  die  Behandlung  von  Protozoen  und  Bakterienerkrankungen  wurden  auch  nach 
DRP.  261  969  die  Phenazselenoniumfarbstoffe  aus  Nitroselenazinen  hergestellt.  Auch  Selen- 
cyanverbindungen  der  aromatischen  Reihe  wm-den  versucht. 

Phenazselenoniumfarbstoffe  erhält  man  diu'ch  reduzierende,  dann  oxydierende  Be- 
handlung von  Nitroselenazinen.  Setzt  man  o-Nitrodiazobenzol  mit  Selencyankalium  um, 
so  entsteht  o-Nitrobenzolselencyanid,  aus  welchem  durch  einwirkende  Alkalien  o-Xitro- 
selenophenol  gebildet  wird  und  durch  Reduktion  dieses  letzteren  kann  man  zum  o-.4mino- 
selenophenol  gelangen.     Läßt   man   diese   Verbindung  oder  deren   Derivate   auf  Di-  oder 


')  G.  Joachimoglu,  BZ.    101,   300  (1920).  '^)  DRP.  261  793. 

=  )  DRP.  201  556.  *)  P.  Ehrlich  und  Hugo  Bauer,  BB.   48,  502  (1915). 

=>)  Fritz  Wrede,  BZ.   83,  96  (1917).  «)  Höchst,  DRP.  299  510. 


Selen-  iind  Tellurderivate.  633 

Trinitrobalogenbenzol   einwiiken,   zweckmäßig   in   Gegenwart   säui'ebindender   Mittel,   so 
entstehen  Xitroderivate  des  Selenazins,  z.  B.  Dinitrophenoselenazin 


Diese  Verbindung  kann  durch  Reduktion  und  Oxydation  iu  einen  Farbstoff  übergehen, 
der  auf  Protozoen  und  Bakterien  einwiiken  soll '). 

Aus  den  mit  Reduktionsmitteln  behandelten  Phthaleinen,  den  PhthaUnen,  entstehen 
bei  Einwii'kung  von  Selenhalogeniden  in  Lösungsmitteln,  welche  das  Selenhalogenid  nicht 
zersetzen,  Farbstoffe,  denen  therapeutische  Wirkungen  zukommen.  Beschrieben  wird 
Selenfluorescein.  Durch  Einfüliriuig  von  Brom  und  Jod  entstehen  durch  weitere  Sub- 
stitution im  Resorcinkern  Selenbromfluorescein  und  Selenjodfluorescein.  Ferner  ist  Selen- 
phenolphthalein  besclu-ieben  ^). 

Air  Stelle  der  Phthaline  werden  deren  o-Aeetylverbindungen  oder  die  o-Acetylverbin- 
dung  von  Phthaleinen  mit  Selenhalogeniden  bzw.  Selenoxychlorid  behandelt.  Beschrieben 
ist  die  Einwirkung  von  Selenoxychlorid  auf  Fluoresceindiacetat  und  auf  Tetrachlorfluo- 
resceindia  cetat  ^ ). 

Selenfluorescin  von  ziemlicher  Beständigkeit,  z.  B.  Dichlorselenfluorescein,  erhält  man, 
wenn  man  Fluorescein  selbst  oder  Halogen  enthaltende  Fluoresceine  mit  Selen  behandelt*). 

Braunstein  versuchte  am  Menschen  mit  angeblich  günstigem  Erfolge 
Selenmethylenblau. 

P.  Karrer  konnte  zeigen,  daß  die  verschiedenen  Angaben  über  die  Dar- 
stellung des  sogenannten  Selenmethylenblaus,  d.  h.  des  3.6-Tetramethyl- 
diaminoselenazins 

Se-X 

.alle  durchweg  uiu'ichtig  sind,  daß  es  nach  Verfalu'en,  die  den  alten  Methylen- 
blau-Synthesen entsprechend  angelegt  sind,  niemals  entsteht.  Man  erhält  es, 
wemi  man  Selenodiphenylamin  durch  Broralösung  in  Phenazselenium-perbro- 
mid  überfühi't  und  mit  Dimethylamin  behandelt.  Es  ist  vrie  Älethylenblau 
ein  Vitalfarbstoff.  Alle  biologisch  untersuchten  Selenazinfarbstoffe  haben  ge- 
nau die  gleiche  Toxizität  wie  die  entsprechenden  Thiazinfarbstoffe,  welche  sich 
auch  chemisch  gleich  verhalten^). 

Felix  Heinemann  hat  alkalilösliche  Derivate  des  Piaselenols  aus  seleniger  Säure 
und  o-Phenylendiamin  dargestellt.  ,j^ 

o-Phenyleiidiamin   und   selenige   Säm'e   verbinden   sich    zu   Piaselenol  I   /Se  , 

das  schwer  löslich  ist.  In  Alkali  leicht  lösliche  saure  Derivate  der  Piaselenole  erhält  man 
duich  Einwirkung  von  seleniger  Säure  auf  Oxyderivate,  Carboxylderivate,  Sulfosäuren  imd 
sonstige  alkalilösliche  Derivate  der  aromatischen  Diamine.  Besclirieben  sind  p-Oxypia- 
selenol,  2.3-Piaselenol-l-carbonsäiue,  3.4-Piaselenol-l-carbonsäure,  2.3-Piaselenol-4-methyl- 
5-amino-l-sulfosäure,   1.2-Naphthopiaselenol-5. 7-disulfosäiu'e*). 

Selencyanverbindungen  der  aromatischen  Reihe  erhält  man,  wenn  man  Diazover- 
bindungen  in  schwach  saurer  Lösung  mit  selencyanwasserstoffsauren  Salzen  behandelt. 
Dargestellt  wurden  o-Nitrobenzolselencjanid,  p-Selencyanbenzolarsinsäure,  p-Selencyan- 
benzoesäure,  p-Selencyanbenzolsulfosäure " ). 


')  Höchst,  DRP.  261  969.  =)  Höchst,  DRP.  290  .-)40. 

3)  DRP.  295  253,  Zusatz  zu  DRP.  290  540. 

«)  Carl  Jäger  und  Carl,  Düsseldorf,  DRP.  279  549. 

')  P.  Karrer,  BB.  49,  597  (1916).  ')  Heinemaun,  DRP.  261  412. 

')  Höchst,  DRP.  255  982. 


(j34  Antiseptica  imd  Adstringentia. 

Beim  Erhitzen  von  Diazoselencyaniden  der  Anthrachinonreilie  ohne  Kontaktsub- 
stanz tritt  unter  Abspaltung  von  Stickstoff  die  Selencyangruppe  in  den  Kern:  Cj4H,02 
•  N»  •  SeCN  =  1^2  +  CijHjO^  •  SeCN.  Die  Selencyanide  lassen  sieh  durch  die  für  Rhodanide 
bekannten  Reagenzien  sowie  auch  durch  alkoholisches  Kali  oder  Natron  zu  Selenophenolen 
aufspalten.  Beschrieben  ist  Selencyananthraclnnon  imd  l-Selencyan-5-anthrachinonsulfo- 
säure  ^). 

Die  Produkte  des  DRP.  256  667  kann  man  in  Selenophenole  überführen,  wenn  man 
die  Anthrachinonselencyanide  durch  alkalisch  wirkende  Mittel  aufspaltet:  Ci4H,02  •  SeCN 
+  H,0  =  Ci4H,02  ■  Seil  +  CN  •  OH .  Besehrieben  ist  Selenophenol  und  Anthrachinon- 
l-selenophenol-5-sulfosäure-). 

Isoselenazole  der  Anthrachinonreihe  erhält  man  durch  Behandlvmg  der  Anthrachinon- 
selencyanide mit  Ammoniak  nach  der  Gleichung  Ci4H,02SeCN  -f-  NHj  =  CjjHjONSe 
+  HCN  -f  HjO .  Diese  entlialten  Selen  in  ringförmiger  Bindmig.  Beschrieben  sind  Selen- 
azol  und  Selenazolsulfosäure^). 

Selenophenole  und  Diselenide  der  Anthrachinonreilie  erhält  man,  wenn  man  negativ 
substituierte  Anthrachinonderivate  mit  Alkaliseleniden  oder  Polyseleniden  zur  Umsetzung 
bringt.  Beschrieben  sind  Selenophenol  und  Antlirachinon-l-diselenid.  Diese  Verbindungen 
sind  Farbstoffe*). 

Schwefelhaltige  Cyanhydrine  von  Aldehyden  und  Ketonen  erhält  man,  wenn  man 
auf  die  Cyanhydrine  nach  erfolgter  Acyliermig  Schwefelwasserstoff  einwirken  läßt.  Die 
von  Ketonen  sich  ableitenden   Schwefelderivate  sind  Antiseptica. 

So  erhält  man  aus  Methylendioxy-acetylmandelsäurenitril,  Ammoniak  und  Schwefel- 
wasserstoff das  Tliioamid  des  acetylierten  Cyanhydrins : 


,0— /\— CH  •  O  .  CO  .  CH, . 
-\r._l      I     CS.NH, 


•öll/i 


Statt  Schwefelwasserstoff  läßt  man  Selenwasserstoff  einwirken.  Besclu-ieben  sind 
das  Derivat  des  Methylendioxyacetylmandelsäurenitrils,  des  o-Nitrobenzoylmandelsäure- 
nitrils  und  das  Einwirkungsprodukt  des  Selenwasserstofts  auf  das  acetylierte  Acetoncyan- 
hydrin^). 

Wenn  man  Halogenverbindungen  des  Selens  auf  ungesättigte  Fettsäuren  einwirken 
läßt,  so  erhält  man  organische  Selenderivate,  so  z.  B.  aus  Selentetrachlorid  mid  Leinöl- 
säure eine  halogenierte  Selenolleinölsäure.  Analog  kann  man  aus  Ölsäure  eine  solche  Ver- 
bindimg erhalten.  Arbeitet  man  mit  Leinölsäure  mid  Selenoxychlorid,  so  ist  die  Reaktion 
sehr  heftig.  Arbeitet  man  mit  Selentetrajodid,  so  erhält  man  eine  jod-  und  selenhaltige 
Verbindung').  Die  nach  dem  Verfahren  des  Hauptpatentes  dargestellten  Selenderivate 
behandelt  man  mit  überschüssigem  Alkali.  Hierbei  wird  wahrscheinlich  das  Halogen 
durch  H5'droxyl  oder  Sauerstoff  ersetzt.  Die  wässerigen  Lösmigen  sijid  haltbar.  Be- 
schrieben ist  Chlorselenleinölsäure"). 

Durch  Einwirkung  von  Selenwasserstoff  auf  ein  Alphylcyanamid,  wie  z.  B.  Allyl- 
cyananiid,  erhält  man  Alphylselenharnstoffe.  Im  Gegensatze  zum  Phenylselenliarnstoff 
Süllen  die  so  erhältlichen  Produkte  ausgeprägte  therapeutische  Wirkungen  besonders 
gegen  krebsartige  Erkrankimgen  besitzen.  Sie  sind  auch  Zwischenprodukte  zu  den 
stabileren  und  in  ähnlicher  Richtung  wirksamen  Halogenalkyladditionsprodukten  der 
Alphylselenharnstoffe'). 

Behandelt  man  Alphylselenharnstoffe  mit  Alphylhalogeniden,  so  erhält  man  Ver- 
bindungen, welchen  wahrscheinlich  die  Formel 


NH., 


C==Se 


J 

Alphyl 


NH  Alphyl 

zukommt.    Sie  enthalten  Selen  fester  gebunden  als  der  entsprechende  Selenharnstoff  und 
sind  in  Wasser  leichter  löslich^"). 


')  Bayer,  DRP.  256  667.  =)  Baver,  DRP.  264  940. 

3)  Bayer,  DRP.  264  139.  »)  Baver,  DRP.  264  941.  ^)  DRP.  259  502. 

«)  DRP.  273  073,  Zusatz  zu  DRP.  259  502.  ")  Riedel,  DRP.  276  976. 

«)  DRP.  287  800,  Zusatz  zu  DRP.  276  976. 

3)  DRP.  305  263,  Zusatz  zu  DRP.  305  262.         i»)  DRP.  305  262. 


Fluorverbindungen.  635 

Fluorverbindungen. 

Während  Chloroform,  Bromoform  und  Jodoform  in  der  Therapie  eine  große 
Eolle  spielen,  scheiterte  bis  nun  die  Anwendung  des  Fluoroforms  wohl  haupt- 
sächlich an  der  Schwierigkeit  der  Darstellung  dieser  Verbindung,  obwohl  ja 
bekannthch  den  Fluorverbindungen  starke  antiseptische  Eigenschaften  zu- 
kommen.   Auch  hat  Fluoroform  den  besonderen  Nachteil  ein  Gas  zu  sein. 

Das  alte  Verfahren,  Fluoroform  zu  gewinnen,  beruhte  auf  der  Umsetzung  von  Fluor- 
silber und  Jodoform  in  Gegenwart  von  Chloroform.  Das  ältere  Darstellungsverfahren 
für  Fluoroform  wiu-de  dahin  geändert,  daß  man  gleiche  Gewichtsmengen  Jodoform  und 
Fluorsilber  mit  Sand  mischt  mid  gelinde  erwärmt^).  Das  sich  entwickelnde  Gas  wird  mit 
Alkohol  jodfrei  gewaschen  und  hierauf  mit  Kupferchlorür  von  etwa  anhaftendem  Kohlen- 
oxyd befreit  und  in  einem  Gasometer  über  Wasser  aufgefangen.  Um  Fluoroform  luftfrei 
zu  bekommen,  wird  das  mit  Jodoform,  Fluorsilber  und  Sand  beschickte  Entwicklungs- 
gefäß mit  Wasser  völlig  gefüllt,  um  die  Luft  zu  verdrängen  °).  Auf  diese  Weise  gelingt  es, 
luftfreies,  chemisch  reines  Fluoroform  zu  gewinnen. 

Genügende  Erfahrungen  über  Fluoroform')  luid  auch  andere  Fluor- 
präparate in  der  Therapie  besitzen  wir  bis  nun  nicht,  und  es  läßt  sich  aus 
diesem  Grunde,  trotz  mancher  theoretischer  Voraussetzung,  die  man  an  diese 
Halogenverbindungen  knüpfen  konnte,  nichts  Bestimmtes  über  dieselben 
aussagen.    Nach  Binz  soll  es  wie  Chloroform  wirken*). 

Im  Kern  fluorierte  aromatische  Verbindungen  erhält  man,  wenn  man  wässerige  Diazo- 
chloridlösung  mit  Flußsäure  in  Reaktion  bringt^).  Wenn  man  salzsaures  AniUn  mit  sal- 
petrigsaurem Xatron  diazotiert  und  nun  Flußsäui'e  zu  der  Diazochloridlösung  zufließen 
läßt,  so  entstellt  Fluorbenzol,  ein  wasserhelles,  mit  Wasserdampf  destillierbares  Ol.  Auf 
gleichem  Wege  gelangt  man  vom  Toluidin  resp.  vom  Toluoldiazochlorid  zum  Fluortoluol, 
vom  Pseudocumidin  zum  Fluorpseudocumol,  vom  Phenetidin  zum  Fluorphenetol,  vom 
/5-Naphthylamin  ziuii  Fluornaphthalin,  vom  Benzidin  zum  Difluordiphenyl. 

Valentiner  und  Schwarz  stellen  aromatische  Fluorverbindimgen  aus  Diazo-  und 
Tetraazoverbindungen  durch  Zersetziuig  mit  konz.  Flußsäure  her,  indem  sie  die  Zersetzung 
in  Gegenwart  \on  Eisenchlorid  ausführen.  Es  entsteht  z.  B.  aus  Benzidin  auf  diese  Weise 
Difluordiphenyl,  welches  mit  Fluorphenetol  gemischt  als  Fluorrheumin  in  den  Handel 
kommt'). 

Von  so  dargestellten  Verbindungen  kam  in  erster  Linie  Difluordiphenyl 
CgHjFl — CgHjFl  in  die  Therapie,  luid  zwar  als  Wundheilmittel"),  dem  aber 
keine  bactericiden  Eigenschaften  zukommen;  daran  aber  ist  nicht  der  Fluor- 
gehalt schuld,  sondern  nur  der  Umstand,  daß  hier  Fluor  Kernwasserstoff  ei'setzt 
vmd  weil  ja,  wie  öfters  erwähnt,  Diphenj^l  ein  an  und  für  sich  unwirksamer 
Körper  ist  (s.  d.).  Auch  bei  Keuchhusten  soll  sich  dieser  Körper  bewährt  haben. 
Unter  dem  Namen  Fluorrheumin  kommt  eine  Mischung  von  Fluorphenetol 
mit  Difluordiphenj-1  in  den  Handel,  welche  bei  Rheumatismus  empfohlen  wird, 
ebenso  ist  Epidermin  nur  eine  Mischung  von  Fluorxylol  und  Difluordiphenyl. 
Es  wäre  wohl  viel  aussichtsvoUer  gewesen,  Fluorverbindungen  darzustellen, 
in  denen  Fluor  entweder  in  leicht  spaltbaren  aliphatischen  Verbindvmgen  oder 
in  Seitenketten  von  aromatischen  Verl)iudungen  enthalten  ist. 

Aryldiazoborfluorkomplexverbindungen  erhält  man,  wenn  man  auf  aromatische 
Diazoverbindiuigen  Borfluorkomplexsäuien  oder  deren  Salze  einwirken  läßt.  Aus  Diazo- 
benzol  mid  borfluorwasserstoffsaurem  Xatrimn  erhält  man  die  Diazobenzolfluorborverbin- 
dung.  Besclu'ieben  sind  ferner  die  p-Nitrodiazobenzolfluorverbinduiig,  p-C'hlordiazobenzol- 
fluorverbindung  iisf.*). 

Man  erhitzt  Leim  mit  Fluorwasserstoffsäure  mid  fällt  evtl.  mit  Alkohol'). 

1)  DRP.  105  916.  -)  DRP.  106  513. 

')  Münchener  med.  Wochenschr.  1899,  976,   1697. 

*)  Verhandl.  des  Internat,  med.  Kongresses  Berlin  Bd.  II,  S.  63. 

=  )  DRP.  96  153.  «)  DRP.  186  005.  ')  Bart,  DRP.  281  055. 

«)  Thimm,  Dermatol.  Zeitschr.   4.  Heft    15.  ')  Weißbein,  DRP.  260  757. 


(536  Antiseptica  und  Adstringentia. 

Silieiumverbiudungen. 

Von  der  durchaus  nicht  sichergestellten  Beobachtung  ausgehend,  tlaß 
maligne  Neoplasmen  sehr  arm  an  Kieselsäure  sind,  wurde  der  Versuch  gemacht, 
Siliciumprä parate  in  die  Therapie  des  Krebses  einzuführen.  Von  therapeuti- 
schen Erfolgen  ist  nichts  bekannt.  Natriumsilicat  Avirkt  bei  Arteriosklerose  und 
anderen  Gefäßerkrankungen,  sowie  chi'onischem  Gelenkrheumatismus,  bei  Tuber- 
kulose ist  es  unwirksam  1). 

Der  Silicatgehalt  des  Organismus  kann  wohl  durch  geeignete  SiOj-Zufuhr 
mit  dem  Futter  erhöht  werden,  aber  nur  ein  kleiner  Teil  der  dargebotenen 
Kieselsäure  wird  im  normalen  Körper  zurückbehalten.  Kieselsäurehydrat 
.selbst  -wird  nicht  resorbiert-). 

Organische  Sihciumverbindungen  hat  A.  Zeller  gegen  Carcinom  versucht, 
und  zwar  am  Menschen. 

Nach  Koberts  Ansicht  findet  sich  die  Kieselsäure  sowohl  im  pflanzlichen 
als  auch  im  tierischen  Körper  in  Form  organischer  Verbindungen  vor,  die  aber 
so  labil  sind,  daß  man  sie  bis  jetzt  nicht  fassen  konnte.  Alle  tierischen  Ge- 
webe, sowohl  diejenigen  mesodermatischen  als  auch  die  epithelialen  UrsiDrungs, 
enthalten  ausnahmslos  Kieselsäure  als  notwendigen  Bestandteil,  imd  zwar 
sehr  wahrscheinlich  in  einer  dem  Eisen  entsprechenden  organischen  Bindungs- 
form. Nach  Genuß  von  Natriumsilicat  tritt  eine  Vermehrung  der  polynucleären 
Leukocyten,  also  eine  Verbesserung  des  Blutbildes  auf  (Zickgraf).  Die  Tuber- 
kulose soll  durch  Kieselsäure  günstig  beeinflußt  werden.  Bei  der  Tuberkulose 
ist  die  Fähigkeit  des  menschlichen  Körpers,  die  Kieselsäure  in  der  Lunge  in 
normaler  Slenge  aufzuspeichern,  vermindert,  und  dadurch  verliert  das  Lmigen- 
gewebe  seine  Widerstandsfähigkeit  gegenüber  den  einschmelzenden  Prozessen, 
die  der  Kavernenbildung  zugrunde  liegen  [Kobert]^). 

Durch  Erllitzen  der  einfaclien  Kieselsäureester,  wie  z.  B.  des  Tetraäthylesters  mit 
mehrwertigen  Alkoholen  kann  man  in  glatter  Reaktion  unt«r  Alkoholabspaltmig  neue 
Est«r  der  Orthokieselsäure  gewinnen,  welche  zur  tlierapeutischen  Verwendung  geeignet 
sind.  Je  nach  den  Mengenverhältnissen,  nach  denen  man  die  mehrwertigen  Alkohole 
mit  dem  Orthokieselsäureester  in  Reaktion  treten  läßt,  gelingt  es,  verschiedene  Reaktions- 
produkte zu  gewinnen,  in  denen  zwei  oder  mehr  Alkoholhydroxyle  verestert  sind.  Es 
können  z.  B.  aus  Glykol  zwei  Ester,  nämlich  primäres  Glykolorthosilicat  und  sekundäres 
Glykolorthosilicat,  aus  Glycerin  primäres  Glycerinorthosilicat  und  auch  sekimdäres  und 
tertiäres  gewonnen  werden.  Beschrieben  sind  ferner  Mannitorthosilicat  imd  Glykose- 
orthosilicat*). 

Man  erhält  eine  siliciumhaltige  Verbindung,  wenn  man  Harnstoff  und  Siliciumtetra- 
chlorid  aufeinander  einwirken  läßt^). 

Calcium. 

In  jüngster  Zeit  treten  Calciumsalze,  z.  B.  Calciumclilorid,  als  fernwirkende 
Adstringentia  auf.  Injiziert  man  Tieren  subcutan  Chlorcalciumlösungen,  so 
treten  keine  oder  nur  sehr  schwache  Entzündungserscheinungen  auf  Reize  auf. 
Es  ist  möglich,  daß  der  höhere  Calciumgehalt  che  Capillaren  und  Lymphgefäße 
für  Plasma  und  Blutkörperchen  weniger  durchlässig  macht.  Langsamer  setzt 
ilie  Calciumwirkung  vom  Darme  aus  ein.  Bei  Katarrhen  sieht  man  in  der 
Regel  eine  wesentliche  Besserung. 

Statt  des  zerfließlichen  Chlorcalciums  wird  milchsaures  Calcimn  inid  die 
folgenden  trockenen  Präparate  empfohlen. 

^)  L.  Scheffler,  A.  Sarthly  u.  P.  PeUissier  C.  r.  Hl,  416  (1920). 

2)  Fr.  Breest,  BZ.   108,  309  (1920).         ^)  Tuberculosis  1918,  Nr.  11  und   12,   149. 

')  Knorr  und  Weyland,  DRP.  285  285.  ')  Weyland,  DRP.  272  338. 


Die  organisclien  Farbstoffe.  637 

Kalzan  ist  Calcium-Natriumlactat.  Es  soll  den  Vorzug  besitzen,  daß  es 
neben  dem  Calcium  ein  die  Kalkretention  förderndes  Alkalisalz  enthält. 

Durch  Einwirkung  äquivalenter  Mengen  Chlorcalciumhydrat  und  Jlilchzucker  erhält 
man  ein  nicht  zerfließliches  Chlorcalciuinpräparat^). 

An  Stelle  von  Chlorcalciuni  kann  man  mit  Slilchzncker  Brom-  oder  Jodcalcium  ver- 
wenden oder  die  C'alciumhalogenide  auf  Rohrzucker  oder  Fructose  in  Gegenwart  von 
wenig  Wasser  einwirken  lassen.  Beschrieben  sind  Broracalciumlactose,  Chlorcaleium- 
fructose,  Jodcalciiunsaccharose-). 

Knoll  &  Co.')  stellen  eine  Verbindung  von  Chlorcalciuni  (1  Mol.)  und  Harnstoff 
(i  Mol.)  her,  welelie  bei  Heufieber  und  bronchialem  Asthma  subcutan  ohne  Schmerzen 
injiziert  werden  kann. 

Afenil  i.st  Calciumchloridharnstoff.  Es  ist  nicht  hygroskopisch,  löst  sich 
leicht  in  Wasser,  schmeckt  weniger  .salzig  und  ist  bei  subcutaner  Anwendung 
reizlos. 

Calciglycin  ist  Diglykokollchlorcalcium,  es  soll  als  Chlorcaiciumersatz 
dienen*). 

Calmonal  ist  ein  Urethan-C'alciumbromid. 

Dubatol  ist  isovalerylmandelsaures  Calcium,  welches  bei  Nervenleiden 
und  Schlaflosigkeit  wirken  soll. 

Hesperonal-Calcium  ist  das  Calciumsalz  einer  Saccharophosphorsäure. 

Halogencalciumstärkepräparate  stellt  man  dar,  indem  man  annähernd  gleiclie  Ge- 
wachtsteile Halogencalcium  und  Stärke  bei  gewöhnlicher  Temperatur  mit  nur  so  viel  Was.ser 
zu  einem  Brei  verrührt,  daß  die  Reaktionsmasse  ohne  Wärmezufuhr  erstarrt.  Es  gelingt 
so,  ohne  Wärmezufuhr  unmittelbar  lufttrockene  Produkte  herzustellen.  Bei  einem  Über- 
schuß von  Chlorcaleium  bleiben  die  Produkte  klebrig,  und  bei  größerem  Wasserüberschuß 
bindet  die  Masse  nicht  ab.  Dargestellt  wxirde  Chlorcalciiunstärke  und  Bromcalciumstärke^). 
Siehe  auch  bei  Jod-  und  Bromcalciumpräparate. 

Die  organischen  Farbstoffe. 

Die  EigentümUchkeit  zahlreicher  organischer  Farbstoffe,  nur  bestimmte 
Gewebe  oder  nur  bestimmte  Teile  des  Gewebes  anzufärben,  sowie  ihre  Fähig- 
keit, Bakterien  und  andere  iMikroorganismen  diu-ch  Färbung  zu  differenzieren, 
hat  bei  einzelnen  Forschern  den  Gedanken  erweckt,  diese  spezifische  Selektion 
bestimmter  Gewebe  und  bestimmter  Mikroorganismen  fiir  gewsse  Farbstoffe 
dazu  zu  verwenden,  daß  man  durch  Ankettung  wirksamer  Gruppen  an  solche 
Farbstoffe,  wenn  nicht  besonders  wirksame  Grui^pen  in  diesen  von  Haus  aus 
vorhanden  sind,  pharmakologisch  wrksame  Körper  schafft,  die  durch  die  be- 
sondere Selektion  gerade  in  den  spezifisch  zu  färbenden  Geweben  zur  Ablagerung 
gelangen  und  dann  dort  ihre  Wirkung  ausüben.  Zu  dem  trat  eine  Beobachtung 
von  Stilling,  daß  die  organischen  Farbstoffe  zum  großen  Teile  enorme  des- 
infizierende Eigenschaften  besitzen  und  als  Aiitiseptica  um  so  mehr  gute  Dienste 
leisten  müßten,  weil  sie  infolge  der  Fähigkeit  der  Bakterien  den  Farbstoff  aus 
seiner  Lösung  anzuziehen  vim  so  leichter  und  sicherer  ihre  antiseptische  Wir- 
kung entfalten  können.  Aber  der  anfängliche  Enthusiasmus,  welcher  dieser 
hübschen  Idee  entgegengebracht  wurde,  hat  sich  nunmehr  stark  verloren.  Die 
spezifische  Selektion  der  Gewebe  imd  IMikroorganismen  für  bestimmte  Farb- 
stoffe ist  ja  nicht  eine  besondere  Funktion  der  Farbstoffe:  bei  den  Farbstoffen 
kommt  nur  diese  Selektion  zur  sichtbaren,  leicht  erkenntlichen  Erscheinung, 
während  bei  den  ungefärbten  Substanzen  die  Selektion  nur  durch  die  spezifische 
Wirkung  des  reagiemden  Gewebes  erschlossen  werden  kamt.    Es  ist  klar,  daß 

1)  E.  Ritzert.  DRP.  288966.         -)  E.  Ritzert,  DRP.  305367,  Zusatz  zu  288966. 
3)  DRP.  306  804.  *)  Loewv,  Therap.  d.  Gegenw.  1916,  Nr.  3.  S.  96. 

5)  Ritzert,  Frankfurt,  DRP.  308  616. 


638  Antiseptica  und  Adstringentia. 

die  färbende  Eigenschaft  dieser  chemischen  Substanzen  zu  ihren  sonstigen  phy- 
siologischen AVirkungen  in  keiner  Beziehung  stehen  muß,  vielmehr  sind  die 
phj'siologischen  Wirkungen  nur  abhängig  von  dem  allgemeinen  Baue  dieser 
Substanzen  und  daher  auch  von  der  Zugehörigkeit  zu  bestimmten  chemischen 
Gruppen.  Daß  die  chemischen  Gruppierungen  innerhalb  des  Moleküls  der  Farb- 
stoffe, welchen  die  Farbstoffe  ihre  Farbe  verdanken,  neue  oder  spezifische 
Wirkungen  physiologischer  Art  auslösen,  die  den  nicht  gefärbten  Substanzen 
nicht  eigen  sein  sollten,  ist  ja  wohl  nicht  anzunehmen  inid  tatsächlich  hat  die 
praktische  Erfahrung  auch  gezeigt,  daß  die  organischen  Farbstoffe  keinerlei 
Vorzüge  vor  den  anderen  wirksamen  Substanzen  nicht  gefärbter  Art  haben. 
Dabei  haben  ja  die  organischen  Farbstoffe  bei  ihrer  Zirkulation  im  Organismus 
den  Nachteil,  daß  sie  durch  die  reduzierende  Wirkung  der  Gewebe  ziemlich 
rasch  in  ihre  meist  ganz  unwirksamen  Leukoverbindungen  verwandelt  werden 
und  wir  so  innerhalb  des  Organismus  unwirksame  Substanzen  diesem  einver- 
leiben. Nur  der  Reiz,  daß  man  sichtbare  spezifische  Selektion  als  Resultat  der 
Verwendung  von  Farbstoffen  als  Antiseptica  z.  B.  erhält,  war  der  Hauptbeweg- 
grund für  die  Anwendung  der  Farbstoffe  in  der  Therapie.  So  war  Th.  Billroth 
von  der  Hoffnung  erfüllt,  daß  man  einen  Farbstoff  finden  werde,  welcher  die 
Gewebe  ungefärbt  läßt,  und  so  auf  diese  nicht  einwirkt,  aber  die  spezifischen 
Bakterien  innerhalb  des  Organismus  färbt  und  gleichzeitig  tötet.  Daß  man  sich 
solchen  Selektionsvorstellungen  hingab  inid  gerade  die  Farbstoffe  als  diejenigen 
Körper  ansah,  unter  denen  man  den  chemischen  Stoff  finden  müßte,  dem  eine 
solche  eigentümliche  spezifische  Selektion  zukommt,  i.st  nxir,  wie  erwähnt,  daraus 
zu  erklären,  daß  man  bei  den  Farbstoffen,  um  es  derb  zu  sagen,  die  Selektion  zu 
Gesicht  bekommt.  Daß  gerade  bei  den  Medizinern  falsche  Vorstellungen  dieser 
Art  so  große  Verbreitung  gefunden  und  einen  so  großen  Enthusiasmus  erweckt 
haben,  ist  nur  dem  Umstände  zuzuschreiben,  daß  die  Mediziner  die  ihnen  aus 
der  Histologie  wohlbekamiteu  Erscheinungen  der  Farbenselektion  der  Gewebe 
rasch  auch  auf  die  Wirkung  der  Farbstoffe  auf  lebende  Gewebe  ohne  längeren 
Vorbedacht  ausgedehnt  haben. 

Es  muß  aber  bemerkt  werden,  daß  gesundes  Protoplasma  z.  B.  von  Me- 
thylenblau überhaupt  nicht  gefärbt  werden  soll,  wie  es  Michailow*)  berichtet, 
sondern  erst  absterbendes  Gewebe,  womit  der  ganzen  Therapie  der  physio- 
logische Boden  entzogen  werden  würde. 

Schon  im  Altertume  hat  man  den  blauen  Indigo  zur  Heilung  von  Geschwü- 
ren empfohlen  und  verwendet.  Die  schwach  antiseptischen  Wirkungen  dieser 
Substanz  wären  vielleicht  wieder  einmal  für  die  Darmantiseptik  zu  versuchen, 
da  Indigo,  wie  Nigeler  gezeigt  hat,  den  Darm  unverändert  passiert  und  nichts 
von  dieser  Substanz  in  irgendeiner  Form  in  den  Kreislauf  gelangt.  Doch  ist 
der  reine  Indigo  nach  R.  Koberts  Angabe  in  fein  verteiltem  Zustande  eine 
heftig  lokal  reizende  Verbindung. 

Wir  teilen  die  in  der  Therapie  versuchten  Farbstoffe  hier  nach  iliren  che- 
mischen Beziehungen  und  nicht  nach  ilrren  therapeutischen  Verwendungen  ein, 
weil  so  die  Beziehungen  zwischen  Aufbau  mid  Wirkung  klarer  zum  Ausdruck 
kommen  werden*). 

Die  gelben  Nitrofarbstoffe  zeigen  eigentlich  zweierlei  Wirkung:  die  Wir- 
kung der  Nitrogruppen  am  aromatischen  Kern  und  die  Wirkung  der  zugrunde 
liegenden  Verbindungen,  -wie  z.  B.  des  Phenols.  Wie  durch  den  Eintritt  von 
Halogenradikalen  für  Kernwasserstoffe  oder  von  Alkylgruppen  für  Kern- 
wasserstoffe die  antiseptische  Kraft  des  Phenols  ansteigt,  so  geschieht  es  auch 

1)  Petersburger  med.  Wochenschr.   1890,  23.  ')  Th.  Weyl,  Teerfarben. 


Die  organischen  Farbstoffe.  639 

beim  Eintritt  von  Xitrogruppen  iii  die  Kerne.    Aber  im  Giegensatze  zum  Ein- 
tritt von  Alkylen  steigt  hier  die  Giftigkeit  der  Verbindung  beim  Eintritt  von 
Xitrogruppen,  und  zwar  ist  die  Giftigkeit  durch  die  Wirkungen  der  Xitro- 
gruppen selbst  bedingt.    Xitrobenzol  und  Dinitrobenzol  sind  giftig. 
Trinitrophenol  (Pikrinsäure) 

NOji^XOj 
OH 

ist  daher  ein  starkes  Antisepticum  und  ist  in  verdünnten  Lösmigen  äußerlich 
gut  anwendbar.  Es  wird  in  Frankreich  gegen  Brandwimden  viel  verwendet. 
Hingegen  ist  diese  Verbiiidiuig  für  den  iimerlichen  Gebrauch  wegen  der  Zer- 
störung der  roten  Blutkörperchen  mid  ihrer  energisch  krampferregenden  Wir- 
kung sowie  wegen  der  Störungen  in  der  Xiere  und  der  schheßlichen  Lähmung 
des  Atemzentrums  unverwendbar;  doch  ist  die  Pikrinsäure  keineswegs  zu  den 
heftigen  Giften  zu  rechnen  und  ist  ganz  gut  verwendbar,  wo  man  neben  der 
antiseptischen  Kraft  dieses  Mittels  auch  ihre  schmerzstillendea  Eigenschaften 
zu  verwerten  beabsichtigt. 

Pikrinsaures  Ammon  hat,  entgegen  der  Angabe  von  Clark^),  welcher  es 
als  Chininersatzmittel  empfohlen,  nur  eine  sehr  beschränkte  aber  doch  nach- 
weisbare chemotherapeutische  Wirksamkeit^). 

Hingegen  ist  Dinitrokresol 

/NO, 

\0H 

weit  intensiver  giftig,  was  ^ielleicht  durch  seine  leichtere  Löslichkeit  in  Wasser 
der  Pikrinsäure  gegenüber  zu  erklären  ist.  Daher  kann  dieser  Farbstoff  keine 
medizinische  Anwendung  fmden. 

Martiusgelb  ist  Dinitro-a-naphthol 

OH 


L/C^o* 


Auch  dieser  Körper  zeigt  giftige  Eigenschaften,  obwohl  er  weniger  giftig  ist 
als  Dinitrokresol.  Auch  hier  mag  die  geringere  Giftigkeit  mit  der  schweren 
Löslichkeit  der  Substanz  in  innigem  Zusammenhange  stehen. 

Die  Regel,  daß  giftige  Körper  durch  Überführung  in  Säiuren  entgiftet 
werden,  findet  auch  in  dieser  Gruppe  ihre  Bestätigung,  da  Xaphtholgelb-S 
(Dinitro-a-naphtholsulfosäure) 

OH« 
C,„H,AxO,), 
^SOjH 

also  eine  Sulfosäure  des  eben  besprochenen  giftigen  Martiusgelb,  ein  ganz 
ungiftiger  Körper  ist.  Eine  Analogie,  daß  der  Eintritt  einer  an  Kohlenstoff 
haftenden  Sulfogruppe  eine  solche  entgiftende  Wirkung  zeitigt,  findet  man  auch 
in  dem  im  allgemeinen  Teil  erwähnten  Versuche  von  E.  Salkowski,  welcher 
die  Phenolschwefelsäure  OH  •  CgH4  •  SO3H  ganz  ungiftig  fand^).  Aus  demselben 

1)  Lancet,  March  1887. 

^)  F.  Rosenthal  und  Johannes  Iram,  Berliner  klin.  Wochenschr.  51,   151  (1920). 

S)  Pflügers  Arch.  4,  92. 


640  Antiseptica  und  Adstringentia. 

Grunde  ist  auch  das  Scholl  köpf  sehe  Brillantgelb,  welches  eine  dem  Naphthol- 
gelb-S  isomere  Dinitro-«-naphtholmonosulfosäure  ist,  unwirksam. 

Der  Aurantia  genannte  Farbstoff,  welcher  ein  Salz  des  Hexanitrodiphenyl- 
amins  ist 

seheint  wegen  der  Nitrogruppen  giftig  zu  sein,  was  wohl  von  einzelnen  Be- 
obachtern wieder  geleugnet  wird. 

Die  Azofarbstoffe,  welche  durch  die  Gruppe  — X  =  N  —  charakterisiert 
sind,  sind  durchaus  uugiftige  Körper.    Diaminoazobenzol,  dessen  Chlorhydrat 

C'hrj^soidin  genannt  wird 

NH., 

CßHs  — N=N-<;^^NH2  •  HCl 

hat  die  eigentümliche  Fähigkeit,  schon  in  sehr  verdünnten  Lösungen  Cholera - 
Vibrionen  zu  agglutinieren.  Aber  ebenso  wie  die  KommabaciUen  verhalten 
sieh  sämtliche  Vibrionen  diesem  Farbstoff  gegenüber.  Chrysoidin  ist  als  Anti- 
septicinn  aufzufassen,  welchem  aber  keine  spezifischen  Wirkungen  zukommen. 
Über  einige  Azofarbstoffe,  die  Paul  Ehrlich  und  Einhorn  in  Kombination 
mit  Cocam  dargestellt  haben,  ist  in  dem  Kapitel  Alkaloide  nachzulesen 
(siehe  S.  338). 

Acetylverbindungen  des  Amijioazobenzols  und  seiner  Derivate  erhält  man  insbesondere 
mit  Essigaäureanhydrid,  wenn  man  so  lange  behandelt,  bis  mindestens  zwei  Acetylgruppen 
in  das  Molekül  eingetreten  sind.  Die  Verbindungen  sollen  ungiftig  und  reizlos  sein  bei 
intensiver  Wirkung  luid  großer  Löslichkeit ^). 

Wird  diazotiertes  Aminoazotoluol  mit  p-Aminobenzoesäurealkylestern  oder  p-Oxy- 
benzoesäurealkylestern  umgesetzt,  so  erhält  man  für  Hautbeliandlung  brauchbare  Farb- 
stoffe, welche  anästhesierende  imd  epithelisierende  Wirkungen  haben. 

Beschrieben  sind 


COO  •  C,H, 


und 


<^^]>— X  =  N— <^^— N  =  N^^  ■  OH  2) 
CHj  CH3 

Von  den  Diazofarbstoffen  erweisen  sich  alle  von  Weil  untersuchten  Kör- 
per, wie  Echtbraun  G,  Wollschwarz,  Xaphtholschwarz  P,  Kongo-Azoblau  und 
Chrysamin  R  als  unschädlich,  insbesondere,  wenn  man  sie  vom  Magen  aus 
einverleibt. 

Folgende  fettlösliche  aber  wasserimlösliche  Farbstoffe:  Benzolazo-/S-naph- 
thylamin,  Toluolazo-/?-naphthylamin,  Benzolazobenzolazo-/>-naphthol  (Su- 
dan III),  Benzolazo-/y-naphthol  (Sudan  I),  Benzolazodimethylanilin  (Buttergelb), 
Benzolazophenol  (Ölgelb),  Aminoazobenzol  (Spritgelb),  Benzolazoresorcin  (Su- 
dan G)  werden  zum  Teil  unverändert  im  Harn  ausgeschieden,  zwei  von  ihnen 
Benzolazophenol  und  Benzolazoresorcin  in  Form  gepaarter  Gh'kuronsäuren. 
Eine  besondere  Giftwrkung  macht  sich  selbst  bei  Injektion  größerer  Mengen 
nicht  geltend,  obgleich  die  Farbstoffe  im  Fettgewebe,  in  den  Nerven  usw. 
gespeichert  werden^). 

1)  Kalle,  DRP.  253  884.  =)  Zink,  DRP.  262  476. 

=)  William  Salant   und  Robert  Bengis,  Journ.  of  biol.   ehem.   %7,   403   (1917). 


Die  organischen  Farbstoffe.  641 

Aus  der  Reihe  der  Diphenyl-  und  Triphenylmethanfarbstoffe  hat  Stilling^) 
mehrere  Körper  untersucht  und  als  Antiseptica  empfohlen.  Das  gelbe  Pyokta- 
nin  ist  salzsaures  Auramin 

(CHjjj— N— /     \_C— <^     ).— N(CH3)2  ■  HCl 
II 
NH 

das  violette  Pyoktanin,  Methylviolett  genannt,  ist  ein  Gemenge  der  Chlorhydrate 
von  methylierten  p-Rosanilinen,  besonders  vom  Penta-  und  Hexamethyl-p- 
rosanihn 

CeH,— N(CH3)a 

C^C,H4— N(CH3)2 

I  ^C,H4— N(CH3),  ■  Cl 


Methylviolett  ist  ein  weit  stärkeres  Antisepticum  als  gelbes  Pyoktanin  und 
ist  relativ  ungiftig.  Reines  Methylviolett  (Kjystallviolett,  Hexamethylpararo- 
sanilinchlorhydrat)  ist  ein  Farbstoffherzgift ^).  Einzehie  Autoren,  insbesondere 
V.  Mosetig  (1896),  haben  Beobachtungen  mitgeteilt,  daß  die  spezifisch  färbende 
und  antiseptische  Kraft  des  Methylvioletts  sich  bei  der  Behandlung  inoperabler 
mahgner  Neoplasmen  besonders  bewähre,  ja,  daß  sogar  solche  inoperable  bös- 
artige Giesehwülste  auf  die  Behandlung  mit  Methylviolett  vöUig  zurückgehen 
und  vernarben. 

Mosetig  hat  1896  schon  sowohl  innerlich  als  auch  äußerhch  Methylen- 
blau und  Pyoktanin  bei  Sarkomen  angeblich  mit  gutem  Resultat  verwendet, 
ebenso  hat  Jacobi^)  gute  Resultate  bei  Behandlimg  von  120  Fällen  mit  Me- 
thylenblau veröffentlicht. 

Grentinanaviolett  und  andere  PararosanUine  wie  Parafuchsin,  Dahlia,  Methyl- 
violett, aber  auch  Rosanihne  üben  in  sehr  weitgehenden  Verdünnungen  auf  die 
grampositiven  Bakterien  einen  wachstumhemmenden  Einfluß  aus,  während 
sie  die  gramnegativen  ganz  intakt  lassen*). 

Die  Gramfestigkeit  beruht  für  die  genannten  Farbstoffe  auf  ihrer  Perme- 
abihtät  für  die  Farbstoffe,  während  die  gramnegativen  für  sie  impermeabel  sind. 
Die  Farbstoffe  wirken  auf  die  gramnegativen  Bakterien  nicht  oder  viel  weniger 
toxisch,  weil  sie  in  den  Bakterienleib  nicht  eindringen  kömien.  Fast  ausnahmslos 
ist  die  Hemmungswirkung  eine  streng  elektive,  indem  grampositive  Bakterien 
im  allgemeinen  3 — 10  000  fach  stärker  beeinflußt  werden  wie  gramnegative  ^). 

Penzoldt  untersuchte  die  Anwendbarkeit  von  Farbstoffen  als  Anti- 
septica und  zog  sie  in  den  Bereich  seiner  Untersuchungen: 

Malachitgrün  (Tetramethyldiaminotriphenolcarbinol),  Fuchsin  (Triamino- 
diphenyltolylcarbinol) ,  Trimethylrosanilin  =  Hof  ma  uns  Violett,  Methyl- 
violett (Gremenge  von  Tetra-,  Penta-,  HexamethyhosaniUn),  Phenylblau  (tri- 
phenylrosanihnsulfosaures  Natrium),  KoraUin,  Eosin  (Tetrabromfluorescin), 
Rose  Bengale  (Tetrajodfluorescm),  Methylorange  (dimethylaminazobenzol-p- 
sulfosaures  Natrium),  Vesuvin,  Tropäolin  (diphenylaminoazobeuzolsulfosaures 
Kalium),  Scharlachrot,  Kongorot  (diphenyltetraazo-ft-naphthylaminsulfosaures 
Natrium),  Indulin,  Methylenblau.  Methylviolett,  Malachitgrün,  Phenylblau 
und  Trimethylrosanihn  wirken  vöUig  entwicklungshemmend. 

1)  AePP.  28,  351.  —  Wiener  klin.  Wochenschr.  1891,  201,  263.  —  Lancet  1891, 
AprU,  272.  ■)  H.  Fühner,  AePP.  69,  43  (1912). 

^)  Joum.  of  the  Araer.  med.  assoc.  47,  Nr.  19. 
*)  Churchman,  Joum.  of  experim.  med.   16,  IT,  18. 
')  Eisenberg,  Centralbl.  f.  Bakteriologie  71  und  88. 

Fränkel,  Arzneimittel-SjTithese.   6.  Aufl.  41 


642  Antiseptica  und  Adstringentia. 

Malachitgrün  ist  stark  giftig  und  intensiv  entzündungserregend.  Basische 
Anilinfarbstoffe  machen  sehr  schwere  Augenveränderungen,  die  mitunter  zur 
PanOphthalmie  führen^). 

Als  Desinfektionsmittel  wurden  während  des  Krieges  in  England  Malachit- 
grün und  Brillantgrün  benützt.  Brillantgrün  soll  sehr  bactericid  sein  [1  :  5 
Millionen  2)]. 

Brillantgrün  wirkt  in  vitro  sehr  stark  auf  Diphtheriebacillen,  die  Gegen- 
wart von  Blut  oder  Serum  setzt  die  desinfektorische  Wirksamkeit  herab. 
Andere  Bakterien  werden  weniger  beeinflußt^). 

Nach  Penzoldt  macht  Methylviolett  intern  lokale  Veränderungen,  wäh- 
rend Malachitgrün  motorische  Lähmungen  mit  zeitweisen  Krampferscheinungen, 
Trimethyhosanilin  Muskellähmung  erzeugt. 

Eosin  wird  vom  Darmkanal  zum  größten  Teil  nicht  resorbiert,  daher  ist  es 
vom  Magen  aus  nicht  giftig.  Sehr  ähnlich  verhalten  sich  die  Muttersubstanzen 
des  Eosins,  Fluorescein  und  dessen  Jodsubstitutionsprodukt,  Erythrosin.  Fluo- 
rescein  wirkt  noch  weniger  als  seine  Brom-  und  Jodderivate.  Fluorescin  wird 
beim  Hunde  in  Fluorescein  übergeführt  und  im  Hana  ausgeschieden*). 

Bei  den  Rosanilinen  nehmen  mit  Einführung  von  Alkylen  die  ätzenden 
Eigenschaften  zu  ^). 

Rose  Bengale,  Phenylblau  und  Methylenblaii  haben  keine  bemerkenswerten 
Störungen  zur  Folge.  Doch  haben  alle  diese  Farbstoffe  bei  der  Diphtherie- 
behandlung im  Stich  gelassen.  Stilling  hatte  Methylviolett,  insbesondere  bei 
Augenerkrankungen  auf  das  Wärmste  empfohlen.  Sf)äter  konnten  Stilling 
vmd  Wort  mann  zeigen,  daß  die  dem  Pyoktanin,  welches  ja  eine  Methylver- 
bindung ist,  analoge  Äthylverbindung  bakteriologisch  und  therapeutisch  viel 
stärker  wirkt.  Aber  schon  das  salzsaure  p-Rosanilin,  Fuchsin  genannt,  die  nicht 
alkylierte  Grundsubstauz  dieser  Verbindmigen 

C,H4 .  NH, 
CYC5H4NH2      -1-4  HjO 

^«"3\NH,C1 


ist  nach  Loujorrais  sehr  fäulniswidrig  und  dabei  ein  ganz  ungiftiger  Körper, 
wobei  naturgemäß  vorausgesetzt  mrd,  daß  die  Versuche  mit  reinen  Präparaten 
gemacht  sind. 

Toluidinblau  ist  das  Chlorzinkdoppelsalz  des  Dimethyltoluthionin ;  es  ist 
für  Mikroorganismen  ein  erhebliches  Gift  und  kann  wie  Methylenblau  in  der 
Augenheilkunde  verwendet  werden^). 

Wir  sehen  schon  bei  Betrachtung  dieser  Gruj)pe  von  Körpern,  daß  ihnen 
nicht  etwa  eine  spiezifische  Wirkmig  zukommt,  sondern  daß  sie  nur  vorzugsweise 
in  der  äußeren  Anwendung  als  antiseptische  Mittel  verwendbar  sind,  als  Mittel, 
die  in  ihrer  Wirkung  etwa  zwischen  Carbolsäure  und  Sublimat  stehen  und  denen 
gerade  ihre  färbende  Kraft,  derenthalben  sie  ja  eigenthch  in  Verwendung 
gezogen  \vurden,  in  dieser  Verwendmig  sehr  hinderlich  ist,  da  die  Färbung  der 

^)  Vogt,  Zeitschr.  f.  AugenheUk.  13  (1905);  15  (1906).  — Gräflin,  Zeitschr.  f.  Augen- 
heilk.   10  (1903).  —  Kuwahara,  Arch.  f.  Augerüieilk.  49  (1904). 

2)  Leitchs,  Brit.  med.  Journ.  1916,  I,  236. 

*)  J.  A.  Volmer,  S.  S.  Woody  und  E.  M.  Yagle,  Journ.  of  infections  diseases 
26,  179  (1920). 

*)  E.  Rost,  Arbeiten  des  Kaiserlichen  Gesundheitsamtes  40,   171   (1912). 

=•)  Graehlin,  Vogt,  Zeitschr.   f.  AugenheUk.    10,   13,   15. 

»)  Sem.  möd.   1898,  Nr.  45.  —  PhUadelphia  med.  Journ.   1898,   13 


Die  orgamBchen  Farbstoffe.  643 

Verbandstoffe,  der  Hände  des  Operateurs  und  der  Haut  des  Patienten  gewiß 
nicht  zu  den  Aimehmlichkeiten  gerechnet  werden  kann.  Daß  die  antiseptische 
Ki-aft  in  Beziehung  steht  zu  den  Eigenschaften  desselben  Körpers  als  Farbstoff, 
muß  man  entschieden  in  Abrede  stellen.  Sie  ist  nur  abhängig  von  dem  all- 
gemeinen Aufbau  der  Substanz,  steht  aber  in  keiner  direkten  Beziehmig  zu  den 
chromophoren  imd  auxochromen  Gruppen  der  Verbindung,  vielmehr  zu  dem 
aromatischen  Kern.  Ja  es  kann  sogar  der  Fall  eintreten,  daß  eine  auxochrome 
Gruppe  die  Wirksamkeit  einer  solchen  Substanz  als  Antisepticum  herabsetzt. 
Daß  die  von  Cazeneuve  mid  Lepine^)  imtersuchten  Monoazofarbstoffe, 
wie  schon  oben  erwähnt,  sämtlich  ungiftig  waren,  läßt  sich  aus  der  Konstitution 
dieser  Körper  leicht  erklären.    Diese  beiden  Forscher  untersuchten 


Rouge    soluble   CioH,^„^fl?     „   „  aOH 


Rouge  pourpre  CioH"_3:.'^   ,,        (803X3)2 

Bordeaux  B  C,oHe.^N  =  N-CioH,|^^(gjj^j^ 
Ponceau  R  C.Hal?^»)^  ^^qH 

Orange  I  C,-B,^  _^ ^^_q^^^^^^q^ 

2  •  CU 
Jaune  solide  CgHjo^  .^  * 

I  (2)CH., 

l-N  =  N(,)CeH2(4)NH; 

SOgNa 

Diese  Körper  sind  sämtlich  Sulfosäuren,  und  die  Sulfosäuregruppen  be- 
dingen hier  die  Entgiftung  der  ursprüngHchen  Substanz. 

Wenn  aber  die  Azofarbstoffe  keine  Sulfogruppe  enthalten,  so  sind  sie  giftig. 
So  z.  B.  Bismarckbraun  C^jHigXg,  2  HCl.  Dieses  macht  in  kleinen  Dosen  keine 
Erscheinungen,  hingegen  machen  Dosen  von  0.35  pro  kg  Tier  Albuminurie  und 
Erbrechen. 

Sudan  I  CigHjjNjO  ist  AniJinazo-jff-naphthol 

N  =N 

Es  ist  nicht  vöUig  unschädÜch,  da  dieser  Farbstoff^eine  geringe  Albuminurie 
hervorzubringen  scheint.  m-Nitrazotin,  ein  von  Weil  dargestellter  Azofarb- 
stoff  aus  diazotiertem  m-Nitranilin  gepaart  mit  /?-Naphthol,  von  der  Kon- 
stitution 

Un  =  n^  ho^; 

ist  trotz  des  Vorhandenseins  der  Nitrogruppe  ein  ungiftiger  Körper.    Ebenso 

')  Coloration  des  vins.    Paris  1866. 

41* 


544  Antiseptica  und  Adstringentia. 

ist  p-Nitrazotin  ein  Azofarbstoff  aus  diazotiertem  p-Nitranilin  gepaart  mit 
yS-Naphtholmonosiilfosäure  der  Konstitution 


JS03H  y  j°= 


ein  ungiftiger  Körper,  was  um  so  leichter  zu  erklären  ist,  weil  hier  nach  Ana- 
logie mit  dem  m-Nitrazotin  die  Nitrogruppe  keine  giftige  Wirkung  äußert, 
anderseits  die  Sulfosäuregruppe  eine  etwa  vorhandene  Giftigkeit  vmterdrücken 
würde. 

Nach  den  Untersuchxingen  von  Weil  ist  Orange  II  (Mandarin)  der  wahr- 
seheinUchen  Konstitution 

N  N 

sbjH 

erhalten  aus  p-Diazobenzolsulfosäiu-e  und  /S-Naphthol  vom  Magen  aus  schon 
in  kleinen,  für  den  Menschen  schon  in  0.2-g-Dosen  giftig  i).  Bei  Hunden  erzeugen 
2  g  Erbrechen,  Diarrhöe ;  im  Gegensatze  hierzu  ist  aber  nach  den  Unter- 
suchungen  von   Cazeneuve   und   Lepine   das   entsprechende   Ä-Naphthol- 

orauge 

OH 


r 


SO,H 


welches  sich  also  vom  /J-Naphtholorange  nur  durch  die  Stellung  der  Hydroxyl- 
gruppe unterscheidet,  ungiftig. 

Ebenso  ist  Metanilgelb  =  Orange  MN  so  gut  wie  unschädlich. 

Ponceau  4  GB  CigH^iNgOiSNa ,   mit  der  wahrscheinlichen   Konstitution 


kann  als  ungiftig  gelten,  was  wohl  auch  hier  mit  der  Sulfogruppe  zusammen- 
hängen wird.  Auch  der  eine  Nitrogruppe  enthaltende  Orseilleersatz  Ci6HnN4 
OsSNa  der  Konstitution 

NHj 

N=N-/V 

A\  \A 

I     1  SOsNa 

NO2 

ist  ungiftig. 

Wie  beim  Naphtholgelb  S  ist  hier  die  Wirkung  der  NOa-Gruppe  durch  die 
gleichzeitig  vorhandene  HSOg-Gruppe  ganz  abgeschwächt. 

1)  Zeitschr.  f.  Unters,  d.  Nähr.-  u.  Gtenußm.  5,  241, 


Die  organischen  Farbstoffe.  645 

Das  schon  oben  erwähnte  Chrysoidin  CjjHjjN^  •  HCl  ist  salzsaures  Diamino- 
azobenzol  N  =  N 


HCl 


NHj 


und  bewirkt  eine  geringe  Albuminurie  und  verursacht  eine  bemerkenswerte 
Abnahme  des  Körpergewichtes,  es  erzeugt  Grewerbeekzeme. 

Diphenylaminorange  C^Hj4N2S03Na  der  wahrscheinhchen   Konstitution 

N  N 


0  0  0 


ruft  nur  Albuminurie  hervor.    Weitere  Störungen  treten  selbst  nach  mehr- 
wöchigen Versuchen  nicht  auf. 

Metanilgelb  CuHi4N3S03Xa  ist  das  Natronsalz  des  m-Aminobenzolmono- 
sulfosäure-azodiphenylamin 

N  N 


NH 

Ein  Hund  von  1 1  kg  wurde  von  20  g  dieses  Farbstoffes  innerhalb  vier  Tagen 
getötet,  während  das  isomere  Diphenylaminorange  ungiftig  ist.  Es  muß  wohl 
erst  erwogen  werden,  ob  sich  nicht  die  Giftigkeit  dieses  Körpers  etwa  durch 
eine  leichte  Abspaltbarkeit  von  Diphenylamin  erklären  läßt,  um  so  mehr,  als 
dieser  Farbstoff  schon  von  Haus  aus  stark  nach  Diphenylamin  riecht. 

Von  großem  Interesse  unter  aUen  Farbstoffen  ist  jedoch  die  durch  die 
Paul  Ehr  lieh  sehen  Versuche  Methylenblau  gewesen^) 

N(CH,)jCl 
/ 


(CH3)jN . 

dessen  große  Verwandtschaft  zur  lebenden  Nervensubstanz  Paul  Ehrlich 2) 
erkannte  imd  zugleich  diese  Verwandtschaft  zu  therapeutischen  Zwecken  aus- 
nützen wollte.  Eine  in  den  Kreislauf  injizierte  Methylenblaulösung  färbt  die 
Endigungen  der  zentrifugal  laufenden  Nerven,  während  die  Umgebimg  farblos 
bleibt.  Aus  diesem  Gnmde  versuchte  P.  Ehrlich  Methylenblau  bei  Neuralgien 
und  rheumatischen  Affektionen  therapeutisch  zu  verwerten.  Die  antipyretische 
Wirkimg  des  Methylenblau  ist  eine  geringe.  Es  folgen  Temperaturabfälle  von 
einem  halben  Grad  und  eine  Verminderung  der  Schweiße  tritt  ein.  Wie  die  Acri- 
dinfarbstoffe,  insbesondere  Phosphin,  zeigt  auch  Methylenblau  eine  lähmende 
Wirkung  auf  die  Erreger  der  Malaria,  eine  Wirkung,  welche  die  des  Chinins  um 
das  Vierfache  übertrifft.  Die  Parasiten  nehmen  hierbei  den  Farbstoff  aus  der 
Lösung  auf.  Doch  kann  Methylenblau  trotz  der  anfänglichen  Empfehlung  durch 
Gut  mann  und  Paul  Ehrlich^)  keineswegs  mit  dem  Chinin  konkurrieren,  wenn 
auch  die  Wirkung  des  Farbstoffes  im  allgemeinen  viel  energischer  sein  soll 
als  die  des  Chinins.   Trotz  mancher  Empfehlimg  des  Methylenblaus  als  Chinin- 

»)  DRP.  38  573.  =)  Biol.  Zentralbl.  6,  214. 

')  Berliner  klin.  Wochenschr.   1891,  Nr.  39. 


646  Antiseptica  und  Adstringentia. 

ersatzmittel  hat  dieser  Farbstoff  keinen  endgültigen  Erfolg  zu  erreichen  ver- 
mocht. Innerhalb  der  Blutbahn  findet  aber  tatsächlich  keine  sichthche  Färbung 
der  Malariaparasiten  statt,  die  Wii'kung  des  Methylenblaus  bei  Malaria  hegt  also 
hier  nicht  in  der  Färbungsfähigkeit  des  Parasiten.  Methylenblau  als  spezisches 
Mittel  wie  Chinin  anzusehen,  ist  trotz  einzelner  solcher  Versuche  unstatthaft. 
Es  kommen  ihm  Nebenwirkungen  zu,  die  zum  Teil  auf  lokaler  Reizung  des 
Magendarmkanales,  zum  Teil  aber  auf  spastischer  Blasenreizung  mit  vermehr- 
tem Harndrang  beruhen.  Methylenblau  wird  als  spezifisches  Heilmittel  gegen 
den  noch  unbekannten  Erreger  des  periodischen  Fiebers  (wolhynisches  Fieber) 
empfolilen  ^). 

Triphenybosanilin  (Anihnblau) 


C.Hs  •  HN  _p^CeH,  •  NH(CeH5) 

CH,-^  ^«^3      Y  ^C„H,  •  NH(C' HJ 


NHCC'eHj) 
ÖH 

ist  in  etwa  5%  der  MalariafäUe  wirksam,  ohne  überhaupt  die  Malariaparasiten 
zu  färben^). 

Zu  erwähnen  ist  noch  Safranin,  C21H22N4CI,  welches  keine  therapeutische 
Anwendung  gefunden  hat.  Obwohl  die  Substanz  per  os  wenig  giftig  ist,  treten 
doch  bei  subcutaner  Verwendmig  schwere  Vergiftungserscheinmigen  auf. 

Der  Versuch  von  Cazeneuve,  Morphin  mit  Nitroisoanihn  zu  kondensieren 
und  so  zum  Morphinviolett  C17H12NO4  =  NC6H4N(CH3)2  zu  gelangen,  lieferte 
eine  amorphe,  sehr  bitter  schmeckende,  narkotische  und  in  größeren  Dosen 
giftige  Substanz.  Die  Absicht,  die  Cazeneuve  verfolgte.  Morphin  durch  die 
Verbindung  mit  einem  Farbstoff  leichter  an  die  Nervenelemente  heranzubringen, 
ist  schon  aus  dem  Grunde  im  vorhinein  als  zwecklos  zu  bezeichnen,  weil  gerade 
Morphin  eine  spezifische  Selektion  für  das  Nervengewebe,  insbesondere  für  die 
Großhirnrinde  hat.  Dieser  Versuch  ist  ferner  von  dem  eingangs  geäußerten 
Standpunkte  zu  beurteilen,  daß  man  auf  diese  Weise  nur  eine  für  das  Auge 
sichtbare  Selektion  erhalten  kann,  eine  Selektion,  die  einer  großen  Reihe  von 
ungefärbten  Substanzen  ebenso  eigen  ist,  trotzdem  der  Effekt  sich  nicht  gerade 
in  Färbung  äußert.  Die  Hoffnungen,  die  von  mancher  Seite  gehegt  werden, 
durch  Verleihen  von  tinktorieUen  Eigenschaften  an  bestimmte  wirksame  Kör- 
per, mit  diesen  neue  Effekte  zu  erzielen,"  anderseits  über  die  Wirkungsstätte 
dieser  Substanzen  im  Organismus  für  das  Auge  sichtbare  Aufschlüsse  zu  er- 
halten, haben  sich  in  Wahrheit  keineswegs  erfüllt.  So  geistreich  ein  solcher  Ver- 
such auch  sein  mag,  so  müssen  die  bisherigen  Endergebnisse  sowie  die  voraus- 
sichthchen  weiteren  Erfolge  nach  dem  bis  nmi  Geleisteten  entschieden  von 
einem  Weiteren  Einschlagen  dieser  Bahn,  welche  anscheinend  zu  verlockend 
ist,  zurückhalten. 

PeUidol  ist  diacetyUertes  Aminoazotoluol,  welches  stark  epitheUahsierend 
wirkt.  Scharlachrot  (Aniinoazotoluolazo-/9-naphthol)  wirkt  nach  einigen  An- 
gaben von  E.  Ha  y ward  gut  bei  der  Behandlung  schwer  epithehsierender  Wund- 
flächen, ebenso  wirkt  Aminoazotoluol*),  indem  sie  die  epithelisierende  Kraft 
der  Gewebe  erhöhen. 

Brillantrot,  Krapplack,  GelbUcht,  Grüner  Lack  zeigen  ebenfalls  eine  starke 
granulationsbefördernde  und  epithehsierende  Wirkung*). 

'■)  Schneyer,  Münchener  med.  Wochenschr.  65,  676  (1918). 

^)  A.  Iwanoff,  Deutsche  med.  Wochenschr.,  Ther.  Beil.  1900,  83. 

*)  Münchener  med.  Wochenschr.   1909,  Nr.  36,   1836. 

*)  Otto  Sachs,  Wiener  klin.  Wochenschr.  24,   1551  (1911). 


Die  organischen  Farbstoffe.  647 

Trypaflavin,  Neutraltrypaflavin  und  Diaminoacridin  zeigen  deutlich 
prophylaktische  Wirkung,  am  stärksten  Trypaflavin  selbst  i). 

Trypaflavin  ■wirkt  in  inaktiviertem  Serum  viel  stärker  als  in  wässeriger 
Lösung.  Der  experimentelle  Nachweis,  daß  Trypaflavin  auch  im  lebenden 
Körper  von  der  Blutbahn  aus  zu  töten  vermag,  steht  in  Übereinstimmung  mit 
den  klinischen  Erfolgen  bei  Influenza-  imd  anderen  Pneumonien,  Sepsis  und 
Koliinfektion  der  Harnwege.  Gegen  Protozoen  hat  sich  das  Trypaflavin  beim 
Menschen  nicht  bewährt^). 

Trypaflavin,  die  3.6-Diaminoacridinbase,  3.6-Diaminoacridinnitrat  und 
saures  S.ß-Diaminoacridinsulfat  können  von  der  Blutbahn  aiis  im  lebenden 
Körper  Bakterien  töten.  Am  besten  wirkt  eine  Mi.';chung  von  Trypaflavin  mit 
Optochin^). 

Septacrol  ist  eine  Doppelverbindung  von  Dimethyldiaminomethylacri- 
diniumnitrat  mit  Silbemitrat. 

H 
CH  C 

^\        H       /\ 
CHjC     C  — C— C     CCH3 

I      II       I       II       I 
NHjC     C— N  — C     CNHj  — AgNOs 
\/      /\     \^ 
C  NO3  CH3  CH 
H 

Der  zugrunde  liegende  Farbstoff  Brillantphosphin  5  G  ist  mit  dem  Trypa- 
flavin nahe  verwandt. 

Tryparosan  wird  durch  Einführung  von  Chlor  in  Parafuchsin  erhalten, 
es  wirkt  stärker  als  Parafuchsin  bei  Trj'panosomeninfektion  und  ist  ungiftig*). 
Tryparosan  wurde  bei  Tuberkulose  mit  anscheinendem  Erfolge  versucht. 

Trypanrot  ist  ein  Benzidinfarbstoff         __  „ 

SOaNalv^s^/SOsNa  NaOgSl^^/'SOjNa 

welcher  den  Körper  von  Mäusen  gegen  Trj-pauosomen  steriUsiert.  Die  ver- 
schiedenen Derivate  des  Trypanrots  wirken  ähnlich^). 

Trypanrot  wirkt  im  Glase  nicht  auf  Trypanosomen  aber  im  Körper,  ins- 
besondere bei  einer  südamerikanischen  Pferdekrankheit,  dem  Mai  de  caderas. 
Nicolle  mid  Mesnil  fanden  Tr3'panblau  sehr  wirksam  bei  Mal  de  caderas 
\md  bei  Naganaerkrankimg  und  der  Surrah.  Von  anderen  Farbstoffen  aus 
der  Reihe  der  Rosaniline  erwies  sich  Parafuchsin  als  sehr  wirksam  (Ehrlich). 
Nicht  sehr  stark  mrksam  im  Glase  sind  Malachitgrün  und  BriUantgrün,  zwei 
Diphenvlmethanfarbstoffe  (Wendelstadt  und  Fellmer),  aber  Malachitgrün 
und  Brillantgrün  (Tetramethyl-  resp.  Tetraäthyldiaminodiphenylcarbinol)  sind 
schon  in  außerordentUch  geringen  Dosen  imstande,  Trypanosomen  zum  Ver- 
schwinden zu  bringen  [Wendelstadt*)]. 

Benzidinfarbstoffe,  insbesondere  das  Nagarot  (aus  tetrazotiertem  Benzidin 
mit  2.3.6-Naphthylamindisulfosäure)  wirken  schwach,  stärker  wirken  Oxazin- 

^)  M.  Feiler,  Zeitschr.  f.  Immunitätsforsch,  u.  experim.  Therap.  30,  I,  95  (1920). 

-)  K.  Bohland,  Med.  Klin.   1919,  Nr.  47. 

ä)  F.  Neufeld  und  O.  Schiemann,  Deutsche  med.  Wochenschr.  45,  884  (1919). 

*)  W.  Roehl,  Zeitschr.  f.  Immunitätsforsch,  u.  exper.  Therap.  1,   70  (1909). 

5)  P.  Ehrlich,  Berliner  klin.  Wochensclir.    1907,  Nr.  9—12. 

«)  Zeitschr.  f.  Hyg.  52  (1906).  —  Deutsche  med.  Wochenschr.  1904,   1711. 


648  Antiseptica  und  Adstringentia. 

und  Thiazinfarbstoffe,  insbesondere  Methylenblau,  aber  sie  wirken  nicht 
heilend. 

Aus  der  Gruppe  der  Acridinfarbstoffe  versuchte  Tappeiner  Phosphin,  d.  i. 
das  Nitrat  des  Diaminophenylacridins 

/NH, 

_     O 
NHa-<3-(     >N.HN03 

O 

als  Ersatzmittel  des  Chinins  zu  verwenden,  um  so  mehr,  weil  Phosphin  wie  Chi- 
nin ein  starkes  Protoplasmagift  besonders  für  Protozoen  ist.  Ja,  Phosphin  über- 
ragt Chinin  in  seiner  Wirkung  auf  Protozoen  migemein  stark  und  trotz  dieser 
stärkeren  Wirkung  auf  Protozoen  entbehrt  Phosphin  der  spezischen  Wirkung 
des  Chinins  auf  Malaria,  woraus  zu  schließen  ist,  daß  nicht  allein  die  Giftigkeit 
einer  Substanz  für  Protozoen  für  die  Chininwirkiuig  entscheidend  ist  und  daß 
im  Aufbaue  des  Chinins  die  große  Anzahl  ringförmig  geschlossener  Gruppen  die 
besondere  Wirkmig  des  Chinins  bei  Malaria  nicht  zu  erklären  vermag.  Die 
Phosphine  sind  lokal  stark  reizende  und  entzündungserregende  Körper  von 
mittlerer  Giftigkeit,  so  daß  Menschen  0.4ggut  vertragen  können.  Nach  Auclert 
wird  die  Chrysanilindinitrat  genannte  Substanz  [Dinitrat  des  Diaminophenyl- 
acridin  (Phosphin)],  von  der  Haut  aus  gar  nicht  resorbiert,  auch  vom  Magen  aus 
wird  sie  nm-  wenig  aufgenommen.  Sie  konnte  nur  im  Blutserum,  sonst  in  keinem 
Sekrete  nachgewiesen  werden.    Der  Tod  erfolgt  durch  Respirationsstillstand. 

Phosphin,  das  Dinitrat  des  Diamidophenylacridins,  ist  gegen  Trypano- 
somen schwach  wirksam.  Safranin  und  Eurodin  sind  gegen  Trypanosomen 
sehr  stark  wirksam.  Diese  Verbindungen  zeichnen  sich  dadurch  aus,  daß  sie 
sowohl  di'eiwertigen  als  auch  fünfwertigen  Stickstoff  enthalten. 

In  aOen  gegen  Trypanosomen  als  wirkmigsfähig  gefundenen  Substanzen 
nehmen  die  Schwefelsäurereste  im  Naphthalinkern  die  Position  3.6  ein,  wäh- 
rend die  Oxy-,  Amino-,  Aminoxy-,  Dioxy-,  Diamino-Reste  am  besten  in  die 
Stellung  7  des  Naphthalinkerns  verlegt  werden. 

Die  trypanosomenfeindliche  Wirkung  des  Rosanihns  wird  am  aUerstärksten 
bis  zum  vollkommenen  Verschwinden  durch  Säurereste  verändert,  sehr  erheb- 
lich durch  Oxygruppen,  noch  sehr  deutlich  durch  Methoxygruppen.  Tritolyl- 
rosaniUn  imd  das  eüifache  Fuchsin  sind  wirksam.  Ebenso  Parafuchsin  mid 
Tryparosan.  Diantipyrinrot  ist  unwirksam,  ebenso  farbige  Alkaloide.  Viele 
Benzidin-  imd  Tri-  und  Diphenylmethanfarbstoffe  erweisen  sich  bei  der  Try- 
panosomenkrankheit  als  wirksam.  Safranin-  und  Acridinfarbstoffe  wirken  bei 
Trypanosomiasis.    Sie  schmecken  unangenehm  und  verursachen  Durchfall. 

Neben  dem  N  in  der  Seitenkette  kommt  bei  den  letzteren  zwei  Farbstoff- 
reihen vielleicht  auch  dem  Methankohlenstoff  ein  Anteil  zu.  Methyl-  und  andere 
Gruppen  in  der  Seitenkette  des  N  können  die  Wirksamkeit  vorteilhaft,  aber 
auch  nachteilig  beeinflussen.  Ein  trypanosomenschädigender  Einfluß  läßt  sich 
mehr  oder  minder  vom  einfachsten  Triphenylmethanfarbstoff  bis  zu  denen  der 
Rosanilingruppe  feststellen,  soweit  er  nicht  durch  andere  Substituenten  oder 
Seitenketten  zerstört  wird.  Die  trypanosomenschädigende  Wirkung  ist  noch 
stärker,  wemi  auch  die  dritte  Phenolgruppe  eine  Aminogruppe  enthält.  Am 
wirksamsten  zeigt  sich  das  Chlorhycb-at  des  Triaminodiphenylmethan-m-tolyl- 
carbinol,  Fuchsin  J.  D.  T.,  also  Substitution  einer  der  Phenolgruppen  außer 
durch  eine  Amino-  noch  durch  eine  Meth3'Igruppe,  im  Gegensatz  zu  Fuchsin  S, 
einer  Sulfosäure  des  Fuchsins,  die  ganz  wirkungslos  ist. 


Formaldehyd.  649 

Die  Fuchsingruppierung  ist  vorteilhafter,  als  wenn  die  Aminowasserstoffe 
ganz  oder  teilweise  durch  Methylgruppen  ersetzt  sind.  Doch  ist  auch  dann  noch 
eine  gewisse  Wirkung  vorhanden  (Methjdviolett  und  KrystaUviolett),  femer 
auch,  wenn  fünf  Aminowasserstoffe  durch  Methylgruppen  und  einer  durch  die 
Phenj'lgruppe  ersetzt  wird  und  wenn  an  die  Stelle  einer  Phenylgruppe  eine 
Naphthylgruppe  getreten  ist  (Viktoriablau  4.  R.  Badisch).  Sind  dagegen  nur 
vier  Wasserstoffe  durch  Methyl  und  einer  durch  Phenyl  ersetzt,  so  fehlt  die 
Wirksamkeit  {Viktoriablau  B.  Badisch),  ebenso  wenn  vier  Wasserstoffe  durch 
Äthyl  und  je  einer  durch  Phenyl  und  Methyl  ersetzt  smd  (Nachtblau).  Im 
Gegensatz  dazu  besteht  eine  schwache  Wirkmig,  wenn  vier  Wasserstoffe  der 
Aminogruppe  durch  Äthyl,  ein  Wasserstoff  durch  Methyl  und  das  andere 
durch  phenolsulfosaures  Natrium  ersetzt  sind  und  wenn  kein  Naphtholkem 
im  Molekül  ist  (Alkahviolett  L.  R.).  Die  durch  Kombination  von  Tetramethyl- 
diaminobenzophenon  mit  Salicylsäure  oder  a-Oxynaphthoesäure  gewonnenen 
Farbstoffe  Chromviolett  imd  Chromblau  sind  wirkungslos,  ebenso  Azogrün 
und  Lichtgrün  S.  Badisch  und  Neu-Viktoriablau  B. 

Azarüi  S  ist  vom  Magen  aus  ganz  mischädüch.  Bei  subcutanen  Injektionen 
kann  es  aber  vorkommen,  daß  sich  der  Hydrazofarbstoff,  welcher  dem 
Azarin  S  zugrunde  liegt,  abspaltet,  wobei  es  zu  einer  letalen  Vergiftimg  des 
Versuchstieres  kommen  kann. 

K.  Nicolle  und  F.  MesniP)  führten  ebenfalls  Versuche  mit  Farbstoffen 
an  Trypanosomen  aus  und  fanden  besonders  solche  mit  freien  Aminogruppen 
wirksam.  Auramin  0,  ein  Diphenylmethanfarbstoff,  ist  in  geringem  Grade  wirk- 
sam. Ringförmige  oder  sehr  atomreiche  Seitenketten  schwächen  anscheinend 
die  Wirkung  des  Methankohlenstoffes. 

Gustave  Meyer  fand  Curcumin  S,  Tartrazin,  Naphtholrot  S,  Carmoisin  B, 
Naphtholgelb  S,  Hehanthiu,  Ponceau  2  R  kräftig  giftig.  AUe  diese  Farbstoffe 
werden  unverändert  in  den  Faeces  und  zum  kleinen  Teil  mit  dem  Urin  aus- 
geschieden^). 

Almathein  ist  ein  Kondensationsprodukt  des  Hämatoxylins  und  Formal- 
dehyd CH2O2  =  (Ci8Hi205)2  =  CHj.  Es  soll  die  adstringierende  Wirkung  des 
Hämatoxylins  mit  der  antiseptischen  des  Formaldehyds  vereinigen^). 

Formaldehyd. 

Die  wertvollen  für  die  Medizin  wichtigen  Wirkmigen  des  Formaldehyds 
H  •  CHO  wurden,  obgleich  dieser  Körper  schon  längst  bekannt  ist,  lange  Zeit 
nicht  in  Anwendung  gebracht.  Erst  als  es  gelimgen  war,  starke  Lösungen  dieses 
Gases  in  Wasser  zu  erzeugen,  die  sich  beim  Stehen  nicht  polymerisieren,  war 
die  Möghchkeit  gegeben,  für  diesen  energisch  wirkenden  Körper  eine  aus- 
gebreitete Anwendxmg  zu  suchen. 

Die  ungemein  große  Aktivität  dieses  einfachsten  Aldehyds  steht  zu  seinen 
starken  antiseptischen  Wirkungen*)  sowie  zu  seiner  härtenden  Eigenschaft 
in  naher  Beziehung.  Er  verhindert  die  Fäulnis.  Auf  höhere  Tiere  wirkt  er  jedoch 
erst  nach  stundenlanger  Inhalation  giftig,  wenn  man  von  den  Reizwirkungen, 
die  er  auf  die  Schleimhäute  der  Atmungsorgane  und  auf  die  Conjunctiva  aus- 
übt, absieht.  Subcutan  tötet  Formaldehyd  Meerschweinchen  schnell,  wenn  man 
0.8  g  pro  kg  Tier  anwendet.    Bei  intravenöser  Injektion  werden  Hunde  durch 

1)  Annales  de  l'Inst.  Pasteur  20,  417  (1906). 

2)  Journ.  Americ.  Cham.  Soc.  29,  892.  ')  Bertini,  Bull.  gön.  de  thör.  1905,  47. 
•)  C.  r.  1892,   1,  Aug.  —  Berliner  klin.  Wochenschr.  1893,  Nr.  30.  —  O.  Liebreich, 

Therap.  Monatshefte  1893,  183. 


(550  Antiseptica  und  Adstringentia. 

0.07  g,  Kaninchen  durch  0.09  g  pro  kg  Tier  getötet.  Formaldehyd  wird  nach 
Filippi  und  Motolese  im  Organismus  nicht  oxydiert.  Vollkommen  neutrales 
Formaldehyd  'nird  nach  den  Angaben  von  Bruni  gut  von  Tieren  vertragen, 
im  Gegensatz  zu  dem  käuflichen  sauren.  Neutrales  Formaldehyd  wirkt  auf 
Bakterien  nur  schwach,  saures  viel  stärker  i). 

Gibt  man  Formaldehyd  in  großer  Verdünninig  Kaninchen,  so  kann  man 
im  Harn  Formaldehj^d  höchstens  in  Spuren  nachweisen,  hingegen  aber  Ameisen- 
säure.   Auch   beim   Hund   werden  nur   0.61%  Formaldehyd  ausgeschieden  2). 

Die  Darstellung  des  Formaldehyds  geschielit  in  bekannter  Weise,  indem  man  fein 
verteilten  Methj'lakohol  auf  einer  heißen,  porösen  Masse  [Kupfer,  Platin,  Koks  oder 
Ziegelstücken^)]  mit  Lvift  oxydiert. 

Die  Lösungen  des  Formaldehj-ds  werden  gemeinigHch  durch  die  Gegenwart 
von  Kalksalzen  an  der  Polymerisation  gehindert. 

Sonst  jjolymerisiert  sich,  insbesondere  beim  Erwärmen  Formaldehyd  zu 
Trioxj'methylen  (H  •  CH0)3,  aus  dem  man  hinwiederum  durch  Chlorcalcium 
oder  durch  trockenes  Erhitzen  Formaldehj^d  regenerieren  kann.  Trioxymethylen 
ist  ein  starkes  Antisepticum,  wie  etwa  /J-Naphthol.  In  der  physiologischen  Wir- 
kung steht  es  dem  Kalomel  nahe.  Dosen  von  3 — 4  g  wirken  purgierend,  wäh- 
rend geringere  Dosen  Verstopfung  erzeugen.  Bei  der  Einnahme  wird  die  Mund- 
schleimhaut stark  gereizt.  Französische  Autoren  sahen  bei  der  internen  Ver- 
abreichung des  Trioxjonethylens  sehr  schlechte  Wirkungen*). 

Die  Hauptverweudung  des  Formaldehyds  in  der  Medizin  ist  die  Benützung 
desselben  mit  Wasserdampf  für  die  Desinfektion  von  Wohnräumen.  Man  ver- 
dampft zu  diesem  Zwecke  die  40proz.  wässerige  Lösung  oder  verwendet  das 
teuere  Autanverfahren. 

Das  Autanverfahren  beruht  auf  einer  Entpolymerisierung  und  Verflüch- 
tigung von  Paraformaldehyd  zusammen  mit  Wasserdampf  mittels  Barium- 
superoxyd. Man  kann  statt  Paraformaldehyd  auch  wässerige  Formaldehyd- 
lösungen verwenden^)  und  diese  in  solchen  Mengen  auf  alkalisch  reagierende 
Metallsuperoxyde  oder  sich  von  ihnen  ableitende  Salze  von  Persäuren  zur  Ein- 
wirkung bringen,  daß  eine  gleichzeitige  Formaldehydgas-  und  Wasserdampf- 
entwicklung stattfindet,  z.  B.  Bariumsuperoxyd  und  Formaldehydlösung. 

Bayer,  Elberfeld')  entwickeln  gasförmigen  Formaldehyd  aus  polymerisiertem, 
indem  sie  Mischungen  von  Paraformaldehyd  und  übermangansauren  Salzen  mit  oder  ohne 
Zusatz  von  alkalisch  reagierenden  Substanzen  mit  Wasser  behandeln. 

Formaldehyd  zusammen  mit  Wasserdämpfen  wird  entwickelt,  indem  man  Oxy- 
dationsmittel, die  mit  Formaldehyd  ohne  äußere  Wärmezufulir  überhaupt  nicht  reagieren, 
bei  Gegenwart  von  Wasser  imd  Formaldehyd  oder  formaldehyderzeugenden  Substanzen 
auf  leicht  oxydierbare  Körper,  besonders  fein  gepulverte  Metalle  oder  Metallgemische 
einwirken  läßt.  Es  werden  z.  B.  Gemische  von  Aluminimn-  und  Eisenpulver  mit  Kalium- 
persultat  und  Paraformaldehyd  verwendet'). 

Die  chemische  Fabrik  Griesheim-Elektron*)  schlug  zu  gleichem  Zwecke  vor,  gas- 
förmigen Formaldehyd  aus  wässerigem  Formaldehyd  oder  Paraformaldehyd  zu  erzeugen, 
indem  man  feste  unterchlorigsaure  Salze,  wie  Handelschlorkalk  oder  deren  Lösungen  auf 
Formaldehyd  einwirken  läßt. 

Franzen  empfiehlt  Metallverbindungen,  insbesondere  die  Calciiunverbindung  des 
Formaldehyds  als  Desinfektionsmittel.  Diese  geben  an  der  Luft  olme,  jede  Apparatur 
Formaldehyd  ab.  Man  erhält  sie,  indem  man  auf  Oxyde  oder  Hydroxyde  von  Metallen  in 
der  Kälte  oder  bei  mäßiger  Temperatiu-  wässerige  Formaldehydlösungen  einwirken  läßt 

1)  Annali  de  Farmacoter.   1899,  T.  8,  S.  325. 

2)  E.  Salkowski,  BZ.  81,   143  (1918).  ^)  DRP.  55  716. 
*)  Berlioz  und  Amequin,  Dauphin6  med.  1893,  Nov. 

S)  DRP.  177  053,   181509.  212  236.  «)  Baver.  Elberfeld,  DRP.  230  236. 

')  K.  A.  Lingner,  Dresden,  DRP.  233  651.  «)  DRP.  217  994. 


Formaldehyd.  651 

oder  indem  man  Lösungen  von  Formaldehydalkalisalzen  mit  Lösmigen  von  Metallsalzen 
zur  doppelten  Umsetzung  bringt.  Beschrieben  iat  Formaldehydblei,  Formaldehydcaleium 
und  Formaldehydstrontium'). 

Um  die  antiseptischen  Eigenschaften  de.s  Formaldehyds  für  die  interne  und 
externe  Behandlung  zu  verwerten,  mußte  man  es  in  eine  Form  bringen,  aus  der 
sich  langsam  Formaldehyd  durch  verschiedenerlei  Einwirkungen  regenerieren 
kann.  Eines  der  ersten  Präparate  dieser  Art  war  Glutol,  das  man  durch  Ein- 
wirkung von  Formaldehyd  auf  Gelatine  erhält,  wobei  die  Gelatine  wasser- 
unlöslich wird  und  fein  geraspelt  als  Streupulver  auf  Wunden  gebracht,  durch 
die  Einwirkimg  der  Wundsekrete  und  der  Gewebe  Formaldehyd  abspaltet  und 
so  desinfizierend  wirkt^).    Glutol  ist  sehr  bald  aus  der  Therapie  verschwmiden. 

In  gleicher  Weise  kann  man  auch  aus  Casein  Formaldehydcasein  erhalten, 
welches  auf  Wunden  gebracht  schwach  antiseptisch  wirkt,  ähnlich  wie  Glutol. 
Es  reizt  die  Wunden  nicht,  macht  einen  aseptischen  Schorf,  während  die  Wir- 
kung auf  eiternde  Wunden  eine  sehr  beschränkte  ist. 

Doyen,  Paris'),  stellt  eine  Formaldehyd-Caseinverbindung  dar  durch  Behand- 
lung von  pulverförmigem  Casein  mit  Formaldehyd  und  darauffolgende  Behandlung  des 
getrockneten  Produktes  mit  verdünntem  Alkali  und  längere  Zeit  währende  Behandlung 
mit  konz.  Formaldehydlösung. 

Auch  Nucleinsäuren  und  deren  Abbauprodukte  (z.  B.  Nucleothyminsäure  oder 
Thj-minsäure)  verbinden  sich  direkt  mit  Formaldehyd  und  geben  Verbindungen,  deren 
Alkalisalze  wasserlöslich  sind.    Formaldehyd  ist  in  ihnen  nur  locker  gebunden*). 

Die  Verwendung  dieser  unlöslichen  Präparate  ist  nur  von  dem  Standpunkte 
aus  zu  erklären,  daß  man  ihre  Wirkung  für  eine  protektive  ansieht,  da  ja  ilire 
antiseptischen  Eigenschaften  weit  hinter  denen  der  zahlreichen  Jodoformersatz- 
mittel zurückstehen.  In  gleicher  Weise  wie  mit  Eiweißkörpern  und  Leim,  lassen 
sich  auch  Formaldehydverbindungen  mit  zahlreichen  Kohlenhydraten  dar- 
stellen, aus  denen  sich  ebenfalls  langsam  d\irch  die  Gewebewirkung  Formaldehyd 
regeneriert. 

Classen^)  hat  gefunden,  daß  Formaldehyd  mit  Stärke,  Dextrinen  und 
Pflanzenschleim  in  der  Weise  reagiert,  daß  man  wassermilösUche,  geruch-  und 
reizlose  Verbindungen  erhält,  die  wie  Glutol  Formaldehyd  abspalten  imd  ohne 
giftig  zu  sein,  antiseptisch  wirken. 

Die  Darstellung  geschieht  in  der  Weise,  daß  man  diese  Polj'saccharide  entweder 
mit  40proz.  Formaldehydlösimg  in  hermetisch  geschlossenen  Gefäßen  erhitzt,  oder  daß 
man  statt  der  wässerigen  Formaldehydlösmig  festes  Trioxymethylen  zu  gleichen  Zwecken 
benützt.  Wenn  man  in  der  Temperatur  auf  130 — 140°  C  geht  und  dann  das  Produkt  bei 
120 — 130°  C  trocknet,  erhält  man  an  Formaldehyd  reichere  Präparate.  Statt  der  Kohlen- 
hydrate kann  man  auch  deren  Acetyl-  oder  Benzoylester  zur  Verarbeitung  in  Formaldehyd- 
derivate verwenden. 

Diese  Präparate  wurden  von  Classen  miter  dem  Namen  Amyloform  (Kon- 
densationsprodukt von  Stärke  und  Formaldehyd)  und  Dextroform  (löshches 
Kondensationsprodukt  von  Dextrm  und  Formaldehj'd)  als  antiseptische  Streu- 
pulver und  als  Darmantiseptica  empfohlen. 

Um  ein  lösliches  Derivat  zu  erhalten,  wurde  das  oben  erwähnte  Verfahren  in  der 
Weise  modifiziert,  daß  man  Formaldehyd  auf  Kohlenhydrate  bei  einer  Temperatur  von 
100 — 115°  C  einwirken  läßt,  das  Reaktionsprodukt  mit  Alkohol  reinigt  und  dann  bei  nur 
50— 60°C  trocknet. 

Schlemmt  man  die  besprochenen  Formaldehydverbindungen  mit  Wasser  auf,  leitet 
dann  Wasserdampf  durch  und  fügt  eine  Jod-Jodkaliiunlösung  hinzu,  so  erhält  man  tief- 
blaue Jodformaldehydstärke  Verbindungen  mit   12%  Jod^). 


1)  DRP.  277  437.  2)  Schleich,  Therap.  Monatshefte  1896,  Nr.  1,  2  und  5. 

2)  Doyen,  Paris,  DRP.  136  565.  *)  DRP.  139  907. 

=)  DRP.  92  259,  93  111.  94  628,  99  378.  «)  DRP.  94  282. 


652  Antiseptica  und  Adstringentia. 

Busch,  Erlangen,  beschreibt  eine  trockene,  wasserlösliche  Formaldehyd- 
Destrin Verbindung,  die  langsam  in  wässeriger  Lösxuig  den  ganzen  Formalde- 
hyd  abspaltet. 

Man  stellt  sie  dar  durch  Eindampfen  von  Dextrin  mit  Formaldehyd  im  Wasser- 
bade utnd  Einbringen  der  noch  warmen,  zähflüssigen  Masse  ins  Vakuum  bei  Gegenwart 
eines  Trockenmittels  ^). 

Man  läßt  1  Mol.  Milchzucker  mit  5  Mol.  Formaldehyd  in  Gegenwart  von  Wasser 
reagieren  und  verdampft  die  konzentrierte  wässerige  Lösung  zwischen  60 — 70  °  im  Vakuum, 
und  trocknet  den  Rückstand  bei  gleicher  Temperatur.  Die  Substanz  riecht  nicht  nach 
Formaldehyd,  spaltet  aber  diesen  im  Organismus  reichlich  ab^). 

Wenn  man  1  Mol.  Halogenalkali  mit  2  Mol.  Milchzucker  heiß  löst  und  2  Mol.  Form- 
aldehyd hiermit  reagieren  läßt  und  die  Lösimg  im  Vakuum  konzentriert,  so  erhält  man  eine 
zähflüssige  Masse,  welche  im  warmem  Zustande  mit  Milchzucker  gemischt  wird,  um  sie 
pulverig  zu  erhalten^). 

Man  erhält  Formaldehydverbindungen  von  Zucker,  wenn  man  Zucker  und  Paraform- 
aldehyd  imter  Druck  bei  Temperaturen  bis  110°  erhitzt.  Zwecks  Herstellung  leichtflüssiger 
Sirupe  wird  ein  Teil  des  Paraformaldehyds  durch  konzentrierte  Formaldehydlösung  ersetzt. 
Dem  Reaktionsgemisch  kann  man  zweckmäßig  indifferente  Verdünnungsmittel,  wie 
Talkum  oder  dgl.  noch  vor  Einleitung  der  Reaktion  beigeben*). 

Man  erhält  Präparate  aus  Zuckerarten  und  Formaldehyd,  wenn  man  Milchzucker 
unter  Zusatz  von  Glucose  schmilzt  und  mit  gasförmigem  Formaldhyd  behandelt.  Werden 
12%  Formaldehyd  einverleibt,  so  erhält  man  eine  durchsichtige,  glastu-tige  Masse^).  Die 
Schmelze  kann  man  an  Stelle  von  gasförmigem  Formaldehyd  mit  Formaldehyd  abgebenden 
Körpern  behandeln'). 

Einhorn  gewinnt')  Verbindungen  der  Amide  einbasischer  Säuren  mit 
Formaldehyd  durch  Reaktion  beider  Substanzen  bei  Gegenwart  alkaUscher 
Kondensationsmittel.  Die  Verbindungen  haben  die  allgemeine  Formel  R  •  CO 
•NH'CHgOH.  So  wurde  dargestellt  n-Methylolbenzamid.  Sie  spalten  beim 
Erhitzen  und  durch  Hydrolyse  Formaldehyd  ab. 

Formicin  (Formaldehydacetamid  CHj  •  CO  •  NH  •  CHj  •  OH  oder  CH3  •  C( :  XH)  •  O 
•  CH2OH*)  wird  durch  Einwirkung  von  Formaldehyd  oder  dessen  Polymeren  auf  Acetamid 
gewonnen.  Die  Verbindung  ist  flüssig,  greift  Instrumente  nicht  an  und  spaltet  leicht 
Formaldehyd  ab'). 

Oxj'trimethylenglycin  CH(0H)(CH2  •  NH  •  CH,  •  C00H)2  erhält  man,  wenn  man 
Mischungen  von  GlykokoU  mit  wässeriger  Formaldehydlösimg  oder  besser  einem  Gemenge 
von  wässeriger  Formaldehydlösung  mit  Methylalkohol  (z.  B.  technischem  Formalin)  an- 
haltend auf  eine  40°  nicht  wesentUch  übersteigende  Temperatur  erwärmt  imd  im  Vakuum 
bei  niederer  Temperatur  eindampft  oder  besser  durch  Alkohol,  Aceton  oder  andere  wasser- 
lösliche organische  Lösungsmittel  fällt.  Salze  des  Oxytrimethylenglycins  erhält  man,  indem 
man  Jlisehungen  von  Metallsalzen  des  GlykokoUs  mit  wässeriger  Formaldehydlösung  xind 
Methylakohol  (technischem  Formalin)  enthaltend  aui  mäßige  Temperaturen  erhitzt  und 
im  Vakuum  eindampft  oder  besser  durch  wasserlösliche  organische  Lösungsmittel  fällt '"). 

Oxytrimethylenglycin  und  seine  Salze  haben  kräftige  keimtötende  Eigenschaften 
und  scheinen  bei  ungiftiger  Basis  für  höhere  Organismen  ganz  ungiftig  zu  sein. 

Durch  Einwirkung  von  Formaldehyd  auf  Pentamethylendiamin  entsteht 
eine  Verbindung  CJH14X2,  deren  Salze  im  Gegensatz  zu  den  ungiftigen  Kadaverin- 
salzen  auf  das  Zentralnervensj'stem  und  das  Herz  lähmend  wirken i^). 

Ebenso  wie  Formaldehyd  wirkt  auch  Acetaldehyd  CH3  •  CHO  und  sein 
Polymeres,  der  Paraldehyd  (CH3  •  CHOJs,  antiseptisch.  Um  aber  diese  Wir- 
kung ausnützen  zu  können,  muß  man  ihn  ebenfalls  an  eine  Substanz  binden, 
aus  der  er  wieder  abgespalten  werden  kann.  Classen  hat  solche  Ver- 
bindungen von  Acetaldehyd  und  Dextrin,  Paraldehyd  und  Dextrin,   Acet- 

1)  DRP.  155  567.  ^)  Paul  Rosenberg,  Berlin,  DRP.  189  036. 

2)  DRP.-Anm.  U  253  (versaet).  ♦)  Bauer  &  Co.,  Berlin,  DRP.  280  091. 

5)  Bauer&Co.,  Berlin,  DRP.  289  342.  •)  DRP.  289  910,  Zusatz  zu  DRP.  289  342. 

')  DRP.  157  355.  «)  Kalle   &  Co.,  Biebrich,  DRP.  164  610. 

')  Fuchs,  Pharmaz.  Ztg.  1905,  803. 
1")  Hugo  Krause,  Dresden,  DRP.  311  071.         ^^)  BB.  36,  35  (1903). 


Fonnaldehyd.  653 

aldehyd  und  Stärke,  Paraldehyd  und  Stärke  durch  Erhitzen  der  Substanzen 
unter  Druck  im  Autoklaven  erhalten.  Die  Anwendung  dieser  Verbindungen 
ist  vöUig  verlassen  1). 

Wenn  man  Formaldehyd  in  alkalischer  Lösung  auf  Harnstoff  einwirken  läßt,  so 
erhält  man  einen  amorphen,  weißen  Niederschlag,  der  aus  einem  Anlagerungsprodukte 
von   2  Mol.  Formaldehyd  mit   1  Mol.  Harnstoff  besteht. 


NH  NH 

OC<NH   +  2  ^^^^  =  ^^<NH 


2 


Diese  Substanz  ist  ebenfalls  befähigt,  obwohl  sie  an  sich  geruchlos  ist, 
langsam  Formaklehyd  abzuspalten 2). 

Durch  Einwirkung  von  Formaldehyd  auf  Eugenol  in  alkalischer  Lösung  kann  man 
Eugenolcarbinolnatrium  erhalten. 

Dieser  Eugenoform  genamite  Körper  spaltet  im  Organismus  leicht  wieder 
Formaldehyd  ab*).  Er  ist  der  erste  Repräsentant  einer  Gruppe  von  Substanzen, 
welche  aus  Formaldehyd  und  aus  einem  zweiten  wirksamen  Körper  bestehen. 

Wie  Eugenol  kann  man  auch  andere  Phenole  mit  Formaldehyd  verbinden,  indem 
man  z.  B.  Thymol  mit  Formaldehydlösung  behandelt  und  mit  konz.  Salzsäure  fällt.  Man 
bekommt  eine  geruch-  und  geschmacklose  Verbindung,  welche  im  Organismus  Form- 
aldehyd und  Thymol  wieder  abspaltet.  Statt  des  Thymols  kann  man  auch  Jodthymol  mit 
Formaldehyd  verbinden,  wobei  man  dann  die  kombinierte  Wirkung  dreier  antiseptischer 
Substanzen  erhält*). 

Während  Methylensalicylsäure  im  Organismus  keinen  Formaldehyd  ab- 
spaltet, sondern  unverändert  im  Harn  erscheint,  spaltet  Methylenoxyuvitin- 
säure  „„ 


HOOCI^COO/' 


CH, 


im  Organismus  Formaldehyd  ab  und  erscheint  als  Oxyuvitinsäure  im  Harn. 

Man  erhält  sie')  durch  Lösen  von  Oxyuvitinsäure  in  konz.  Schwefelsäure  und  Ver- 
setzen mit  Trioxymethylen  in  der  Kälte.    Die  Lösung  wird  mit  Wasser  gefällt. 

Aus  Menthol  wurde  eine  antiseptisch  wirkende  Verbindung  mit  Formal- 
dehyd dargestellt. 

Man  schmilzt  Menthol  mit  Trioxymethylen  oder  man  leitet  Formaldehyd  in  ge- 
schmolzenes Menthol;  auf  letztere  Weise  kann  man  Substanzen,  die  bis  12%  Formaldehyd 
enthalten,  gewinnen*). 

Paul  Höring  und  Fritz  Baum')  stellen  Alkyloxymethyläther  ein-  und  melu-- 
wertiger  Phenole  dar,  die  durch  allmähliche  Spaltung  unter  gleichzeitigem  Freiwerden 
von  Formaldehydderivaten  und  ihren  Homologen  zu  Desinfektionszwecken,  und  zwar 
innerlich  geeignet  sein  sollen.  Auf  die  Alkalisalze  der  Phenole  läßt  man  Halogenmethyl- 
alkyläther  der  allgemeinen  Formel  Halogen  •  CHj  •  O  •  Alkyl  einwirken.  Dargestellt  wurden 
Methoxymethyläther  der  Phenole  und  Kresole,  des  p-Nitrophenols,  Guajacols,  Eugenols, 
Brenzcatechins,  Hydrochinons,  Protocatechualdehyds  und  der  Salicylsäure  und  ihrer 
Ester. 

Höring  und  Baum')  setzen  aromatische  Oxyaldehyde  und  Oxyearbonsäureester 
mit  Organomagnesiumverbindungen  um  und  spalten  evtl.  aus  den  zu  erhaltenden  Kon- 
densationsprodukten die  Osyalkylätherester  durch  Verseifung  ab.  Die  Verbindungen  sollen 
als  Antiseptica  benützt  werden.  Durch  Wasserabspaltung  erhält  man  die  ungesättigten 
Verbindungen. 

Als  Formaldehyd  abspaltendes  Präparat  hat  Martin  Lange^)  Methylolocarbazol 
dargestellt,  indem  er  Formaldehyd  auf  Carbazol  bei  Gegenwart  von  Alkali  oder  Alkali- 
carbonaten  einwirken  ließ. 


I)  DRP.  95  518.  »)  DRP.  97  164. 

^)  G.  Cohn,  Zeitschr.  f.  Hyg.  u.  Infektionskrankh.  26,   381   (1897). 

*)  DRP.  99  610.  6)  Schering,  DRP.  158  716.  «)  DRP.  99  610. 

')  DRP.  209  608.  ')  DRP.  208  886.  »)  DRP.  256  757. 


(354  Antiseptica  und  Adstringentia. 

Die  Bedeutung  dieser  Gruppe  liegt  vorzüglich  in  der  starken  antiseptischen 
und  härtenden  Wirkung  der  Grundsubstanz,  des  Formaldehj^ds,  selbst.  Alle 
Kombinationen  mit  demselben,  welche  diese  antiseptische  Wirkung  für  den 
menschlichen  Organismus  verwertbar  machen  sollten,  haben  sich  in  der  Praxis 
aus  dem  Grunde  nicht  bewährt,  weil  sie  in  ihrer  Wirkung  hinter  den  Konkurrenz- 
präparaten aus  anderen  Gruppen  wesentlich  zm-ückstehen,  jedenfalls  keine  Vor- 
züge besitzen.  Neben  dem  Formaldehyd  selbst  dürfte  nur  Hexamethylen- 
tetramin  von  Bedeutung  für  die  Zukunft  bleiben. 

Die  innere  Anwendung  des  Formaldehyds  sowie  der  ihn  abspaltenden 
Präparate  wird  immer  an  der  reizenden  Wirkung  auf  die  Schleimhäute  scheitern, 
so  daß  neue  Kombinationen  in  dieser  Gruppe,  außer  luiter  Anwendung  von 
Hexamethylentet ramin,  als  aussichtslos  zu  bezeichnen  sind. 

Hingegen  gewiimt  die  Anwendung  des  Formaldehyds  und  des  Paraform- 
aldehyds  zum  Zwecke  der  Desinfektion  der  Wohnräume  usw.  immer  größere 
Bedeutung. 

Es  wurde  versucht,  und  zwar  ohne  jeden  Erfolg,  Acrolein  i)  CHj :  CH  •  CHO , 
einen  wegen  der  doppelten  Bindung  sehr  energisch  wirkenden  Aldehyd,  als 
Formaldehydersatz  einzuführen.  Nach  Lewin^)  ist  Acrolein  wenig  antiseptisch, 
es  greift  beim  Menschen  die  Schleimhäute  stark  an  imd  schädigt  die  Atmimgs- 
organe. Es  macht  geatmet  oder  subcutan  injiziert  Reizung  der  Luftwege, 
Dyspnoe;  injiziertes  Acrolehi  wird  zum  Teil  durch  die  Liuige  ausgeschieden. 

Hinderhch  ist  der  Anwendmig  wolü  auch  der  außerordentlich  unangenehme 
Geruch. 

Es  gelingt,  wässerige  Lösungen  des  Acroleins,  welches  ja  so  ungemein  leicht  sich 
polymerisiert,  an  der  Polymerisation  zu  verhindern,  wenn  man  diesen  schweflige  Säure 
zusetzt. 

Aus  Acrolein  rnid  schwefliger  Säure  durch  Erhitzen  im  Autoklaven  erhält  man  ein 
wasserlösUches  Pulver  von  saurer  Reaktion,  welches  als  Antisepticum  Verwendung  fin- 
den solP). 

Es  wurde  vorgeschlagen,  Formaldehydlösungen  mit  Acrolein  zu  sättigen,  so  daß 
man  60 — VOproz.  Aldehydlösimgen  erhält;  durch  Einleiten  von  schwefliger  Säure  werden 
die  Lösungen  haltbar*). 

Eine  Reihe  von  Formaldehydverbindungen  wirksamer  Substanzen  sind  in 
den  betreffenden  Spezialkapiteln  nachzusehen. 

Aminomethylschwefelige  Säure  NHj- CHj  •  0  •  SOaH^)  wirkt  in  0.25  proz. 
Lösung  weder  desinfizierend  noch  konservierend.  Im  Harn  von  Kaninchen 
sind  kleine  Mengen  unzersetzter  Substanz  nachweisbar,  Formaldehyd  und 
Ameisensäure  waren  nicht  nachweisbar.  Aus  dem  Hundeham  verschwindet 
das  Indican^). 

Hexamethylentetramm. 

Durch  Einwirkung  von  Ammoniak  auf  Formaldehyd  erhält  man  Hexa- 
methyleutetramin  (CH2)6(NH2)4,  eine  Substan"2,  der  noch  bedeutende  anti- 
septische Eigenschaften  zukommen,  welche  aber  bei  interner  Verabreichung 
trotzdem  ungiftig  luid  reizlos  ist.  Unter  dem  Namen  Urotropin  wurde  diese 
Base  von  Nikolaier'),  insbesondere  gegen  Cystitis,  empfohlen.  Hexamethylen- 
tetramin  ist  nun  für  sich  wieder  sehr  reaktionsfähig  und  läßt  sich  mit  aroma- 
tischen Phenolen  zu  Substanzen,  die  tmlöslich  sind  und  hervorragende  anti- 

>)  Zentralbl.  f.  Bakteriol.   26,  560.  =)  AePP.  43,   351.  ')   DRP.  119  802. 

«)  Kalle,  DRP.  116  974. 

5)  Reinking,  Dehnel  mid  Labhardt,  BB.  38,   1077  (1905). 

•)  E.  Salkowski,  BZ.  89,   178  (1918). 

')  Deutsche  med.  Wochensclir.  1895,  Nr.  34. 


Hexamethylentetramin.  655 

septische  Eigenschaften  zeigen,  verbinden.   Urotropin  wurde  als  Malariamittel 
mehrfach  empfohlen. 

Die  Wirkung  des  Hexamethylentetramins  ist  abhängig  von  der  Form- 
aldehydabspaltmig.  Die  Reaktion  des  Magensaftes  bewirkt  schon  eine  sehr  rasche 
Zerlegung  des  Hexamethylentetramins.  Im  Organismus  wird  es  nicht  zerlegt. 
Die  Aussichten,  den  Harn  zu  .sterilisieren,  sind  nur  bei  saurer  Reaktion  des 
Harnes  gute  ^). 

Das  borsaure  Salz  des  Hexamethylentetramins  erhält  man  durch  Einwirkung  von 
Borsäure  auf  diese  Base,  mit  oder  ohne  Anwendung  von  Lösungsmitteln.  Die  Substanz  ist 
eine  feste  Verbindung^). 

Athenstaedt  und  Redecker  in  Hämelingen  erhalten  aus  Hexamethylentetramin, 
Citronensäure  und  Borsäure  Hexamethylentetraminborocitrate  verschiedener  Zusammen- 
setzung^). 

Sulfosalicylsaures  Hexamethylentetramin  wird  durch  Mischen  von  einem  Gewichts- 
teil Hexamethylentetramin  in  Wasser  gelöst  mid  zwei  Gewichtsteilen  Sulfosalicylsäure 
in  Alkohol  gelöst  dargestellt*).    Es  wird  Hexal  genannt. 

Sekundäres  sulfosalicylsaures  Hexamethylentetramin  erhält  man  durch  Einwir- 
kung eines  weiteren  Moleküls  Hexamethylentetramin  auf  das  primäre  sulfosalicylsäure 
Hexamethylentetramin^).  Man  kann  das  sekundäre  Salz  auch  unter  Ausschluß  von 
Wasser  in  alkoholischer  Lösung  durch  Zusammenbringen  von  2  Mol.  Hexamethylen- 
tetramin und   1  Mol.   Sulfosalicylsäure  erhalten*). 

Neohexal  ist  das  sekundäre  Salz  der  SulfosaHcylsäure  mit  Hexamethylen- 
tetramin, während  Hexal  das  primäre  Salz  ist. 

Hexapyrin  ist  acetylsaUcylsaures  Hexamethylentetramin. 

Acetylsalicylsaures  Hexamethylentetramin  erhält  man,  wenn  man  festes  Hexamethylen- 
tetramin mit  der  molekularen  Menge  Acetylsalicylsäure  in  einer  zur  Lösimg  des  Hexa- 
methylentetramins allein  ungenügenden  Menge  Alkohol  bis  zur  vollständigen  Lösimg  ver- 
reibt und  das  entstehende  acetylsalicylsaure  Hexamethylentetramin  aus  der  Lösung 
auskrystaUisieren  läßt'). 

Rhodan wasserstoffsaures  Hexamethylentetramin*)  erhält  man  dmch  Zu- 
sammenbringen von  salzsaurem  Hexamethylentetramin  mit  Rhodanalkali  in 
molekularen  Mengen.  Es  ist  geruchlos  und  nicht  giftig.  Schon  bei  35 — 40° 
wird  das  Salz  in  wässeriger  Lösung  langsam  in  Formaldehyd  und  Rhodan- 
ammon  gespalten. 

Cystopurin  ist  ein  Doppelsalz  des  Hexamethylentetramins  mit  Natrium- 
acetat*).  Es  beeinflußt  den  Lymphstrom  und  soll  als  Prophylakticum  gegen 
Gonorrhöe  Verwendung  finden. 

J.  A.  Wulf  ling^°)  mischt  zur  Herstellung  dieses  Doppelsalzes  trocken  2  Mol.  Natrium- 
acetat  mit  1  Mol.  Hexamethylentetramin  und  schmilzt  es  bei  95  °  zusammen  oder  er  bringt 
unter  Rühren  in  das  in  seinem  Krystallwasser  geschmolzene  Natriumacetat  fein  gepulvertes 
Hexamethylentetramin,  erhitzt  auf  105°  und  bringt  durch  rasches  Abkühlen  zur  Kry- 
stallisation. 

Läßt  man  ohne  zu  kühlen  auf  mehrwertige  Phenole  oder  Naphthol  Formaldehyd 
und  Ammoniak  einwirken ^i),  so  erhält  man  Verbindungen,  die  durch  AlkaU-  oder  Säure- 
einwirkung Formaldehyd  abspalten. 

Allotropin  ist  Hexamethylentetraminphosphat  (CH2)6N4'504H3  mit  über- 
schüssigem freien  Hexamethylentetramin. 


')  Paul  Trendelenburg,  Münchener  med.  Wochenschr.  66.   653  (1919). 

2)  Agfa,  Berlin,  DRP.  188  815.  =>)  DRP.  238  962.  *)  Biedel,  DRP.  240  612. 

5)  DRP.  266  122,  Zusatz  zu  DRP.  240  612. 

«)  DRP.  266  123,  Zusatz  zu  DRP.  240612.         ')  L.  Egger,  Budapest,  DRP.  303450. 

«)  Schütz  und  Cloedt,  St.  Vith,  DRP.-Anm.   Seh.  18  619. 

')  Bergell,  Deutsche  med.  Wochenschr.  33,  55. 

1°)  DRP.-Anm.  Kl.  12,  p.  W.  31  583  (versagt).         ")  DRP.  99  570. 


^56  Antiseptica  und  Adstringentia. 

Das  Glykosid  Arbutin  (aus  den  als  Harndesinficiens  verwendeten  Folia  uvae  ursi) 
■wird  mit  Hexamethylentetramin  zusammengebracht  bei  Gegenwart  eines  Lösungsmittels  '). 

Arbutin-Urotropin  ^)  ist  nicht  verwendet  worden. 

Nucleohexyl  ist  neutrales,  nueleinsäures  Hexamethylentetramin;  es  macht 
bei  der  Injektion  vorerst  einen  kleinen  Anstieg  um  einen  halben  Grad  in  der 
Temperatur,  hierauf  folgt  ein  steiler  Abfall  und  eine  12 — ^24  Stunden  anhaltende 
Te  mperaturemiedr  igung . 

A.  Wassermann  erhoffte  von  diesem  Mittel  namentUch  bei  Fleckfieber 
Erfolge,  indem  er  annahm,  daß  die  Nucleinsäure  den  immunisatorischen  Vor- 
gang im  Organismus  infolge  der  Beziehungen  der  Fleckfiebererreger  zu  den 
Leukocyten  günstig  beeinflusse,  die  Hexamethylentetraminkomponente  im 
Sinne  der  Schlittentheorie  von  Bedeutung  sei. 

Antimonylweinsaures  Hexamethylentetramin  (CjHjOjSbOjj  •  CjHjjN^  erhält  man, 
wenn  man  Metallsalze  der  Antimonylweinsäure  mit  Hexamethylentetramin  in  wässeriger 
Lösung  derart  in  Wechselwirkvmg  bringt,  daß  hierbei  durch  doppelte  Umsetzung  die  an- 
gestrebte Verbindung  in  Lösung  geht,  während  das  Kation  der  Antimonylweinsäure  mit 
dem  entsprechend  gewählten  Anion  des  Hexamethylentetraminsalzes  in  Form  eines  un- 
löslichen Niederschlages  aus  der  Lösung  abgeschieden  wird.  Die  Verbindung  ist  weniger 
giftig  als  Brechweinstein  und  wirkt  gegen  Trypanosomen^). 

Man  läßt  auf  die  a-Methylsulfosäure  des  Salicylsäure-p-aminophenylesters  Hexa- 
methylentetramin nach  den  üblichen  Salzbildungsmethoden  einwirken.  Das  Salz  wirkt 
schmerzstillend  und  desinfizierend*). 

Ampbotropin  ist  neutrales  camphersaures  Urotropin*).  Saures  campher- 
saures  Urotropin  wird  nach  dem  gleichen  Patent  hergestellt. 

Arsensaures  Urotropin  soll  eine  stark  verminderte  Giftigkeit  haben. 
Atophan-Urotropin  *). 

Glykocholsaures  Hexamethylentetramin  erhält  man,  wenn  man  Hexamethylentetramin 
auf  Glykocholsäure  oder  die  Alkalisalze  derGlykocholsäure  auf  Hexamethylentetraminsalze 
einwirken  läßt.  Diese  Verbindung  soll  von  der  Leber  in  die  Gallenblase  entleert  und  so 
bei  Dauerausscheidern  von  Typhusbacillen  diese  in  der  Gallenblase  vmschädlich  machen'). 

Chromoform  ist  Methylhexamethylentetramindichromat,  welches  für  die 
Behandlung  von  Hyperhydrosis  empfohlen  wird. 

Antistaphin  ist  Methylhexamethylentetraminpentaborat,  es  wird  als  Blasen- 
antisepticum  empfohlen*). 

Schmitz')  beschreibt  Hexamethylentetraminmethylrhodanid,  welches  man  erhält, 
■wenn  man  auf  Hexamethylentetramin  die  Methylester  organischer  oder  anorganischer 
Säuren  einwirken  läßt  und  die  so  entstandenen  Additionsprodukte  des  Hexamethylen- 
tetramins  mit  leicht  löslichen  rhodanwasserstoffsauren  Salzen  umsetzt  oder  wenn  man  auf 
Hexamylentetramin  Methylrhodanid  zur  Ein^wirkung  bringt.  Diese  Rhodaform  genannte 
Verbindung  soll  bei  innerlicher  und  äußerlicher  Anwendung  konser^vierend  auf  die  Zähne 
wirken. 

Cholalsaures  Hexamethylentetraminmethyl-  mid  -äthylhydroxyd  ■wurde 
als  Mittel  bei  Gallensteinleiden  dargestellt*"). 

An  Stelle  von  Hexamethylentetramin  kann  man  ein  Gemisch  aus  konzentrierten 
Lösimgen  von  Ammoniak  und  Formaldehyd  oder  von  Ammoniaklösungen  und  Poly- 
merisationsprodukten des  Formaldehyds  verwenden ''). 

Man  kann  entweder  Methylaminsalze  oder  Ammoniaksalze,  oder  anorganische  oder 
organische  Säuren  auf  ein  Gemisch  aus  Lösungen  von  Formaldehyd  imd  Ammoniak  oder 
auf  Hexamethylentetramin,  mit  oder  ohne  Zusatz  von  Formaldehyd  erhitzt,  einwirken 

M  Mannich,  DRP.  250  884.  ^)  DRP.  250  889.  =)  Gans,  DRP.  278  886. 

•)  Abelin,  Bürgi  und  Perelstein,  DRP.  282  412. 
*)  Meister,  Lucius  -  Höchst,  DRP.  270  180. 

«)  G.   Cohn,  Pharmaz.  Centralhalle   57,   725   (1916).  ')  Merck,  DRP.  247  990. 

')  Max  Joseph  imd  W.  Konheim,  Dermatol.  Zentralbl.  30,  66  (1917). 
")  DRP.  266  788.  ")  Riedel,   Berlin,  DRP.  324  203. 

i>)  DRP.  269  746,  Zusatz  zu  DRP.  266  788. 


Hexamethylentetramin.  657 

lassen.  Aus  den  entstandenen  Iteaktionsgemischen  scheidet  sich  Hexamethylentetramin- 
Methyhhodanid  durch  Zusatz  von  leicht  löslichen  Rhodansalzen  ab,  oder  man  behandelt 
Methylaminrhodanifl  oder  Ammoniumrhodanid  oder  Rhodanwasserstoffsäure  mit  Lösungen 
von  Formaldehyd  und  Ammoniak  oder  mit  Hexamethylentetramin  oder  erhitzt  die  Lösung 
von  Hexamethylentetramin  mit  oder  ohne  Zusatz  von  Formaldehyd,  wobei  man  in  allen 
Fällen  statt  Formaldehyd  dessen  Polymerisationsprodukte  verwenden  kann'). 

Hexaniethylentetramiiitrimetaborat  heißt  Borovertin.  Das  Haiidelsprodukt 
entspricht  nicht  der  Formel.    Es  ist  ein  ungiftiges  Blasenantisepticum. 

Urotropinmethj'lhydroxyd-borat,  das  man  durch  Einwii-kung  von  Bor- 
säuremethylester  auf  Hexamethylentetramin  erhält 2)  soll  als  Hamdesinficien/, 
verwendet  werden. 

Quatemäre  Salze  des  Hexamethylentetramins,  welche  durch  Verbindung 
dieser  Base  mit  Benzylhalogen  und  dessen  im  Kern  substituierten  Derivaten 
entstehen,  wirken  bactericid.  o-Verbinduagen  sind  wirksamer  als  p-  und  m- 
Verbindimgen.  Verbindungen  des  Benzolkenis  mit  zwei  Hexamethylentetramin- 
gruppen  zeigen  besonders  starke  Wirksamkeit  gegenüber  Typhusbacillen.  Auch 
unter  den  Chloracetylderivaten  ahphatischer  und  aromatischer  Amine,  Alko- 
hole imd  Kohlenwasserstoffe,  welche  an  Hexamethylentetramin  gekuppelt 
sind,  sind  viele  sehr  wirksame  Verbindungen,  die  zum  Teil  eine  besondere 
spezifische  Wirkung  auf  bestimmte  Bakterienarten  zeigen.  In  eiweißhaltigen 
Medien  ist  ihre  Wiiksamkeit  vielfach  gar  nicht  oder  nur  unwesentlich  herab- 
gesetzt'). 

Formurol  ist  citi'onensaures  Hexamethylentetraminnatrium  C6H,0j  •  Na 

Helmitol  ist  die  Hexamethylentetraminverbindiing  der  Anhydi'omethylen- 
citronensäure  (s.  d.),  sie  wird  durch  Einwirkung  von  Alkalien  unter  Entwickhnig 
von  Formaldehyd  gespalten*).  Methylencitronensäure  wird  nur  zu  4.5%  im 
Urin  als  Citrat  ausgeschieden.  Der  Rest  wird  wahrscheinlich  im  Körper  zer- 
stört. Formaldehyd  ist  im  Harn  weder  bei  saurer  noch  bei  alkalischer  Reak- 
tion nachweisbar.  Die  Verabreichung  von  Anhydromethylencitronensäure  ver- 
leiht dem  Harn  keine  antiseptischen  Eigenschaften.  Helmitol  wirkt  nur  durch 
die  Hexamethylentetraminkomponente ^). 

Salze  des  Hexamethylentetramins  mit  Camphersäiu'e  erhält  man,  wenn  man  2  bzw. 
1  Mol.  Hexamethylentetramin  und  1  Mol.  Camphersäure  in  indifferenten  Lösungsmitteln 
löst  und  auskrystallisieren  läßt.  Diese  Salze  sollen  nicht  die  unangenehmen  Nebenerschei- 
nungen des  reinen  Hexamethylentetramins  haben'). 

Bromalin  s.  bei  Brompräparaten. 
Chinotropin  ist  chinasaures  Urotropin  (Chinoformin). 
Ferrostyptiu  ist  Urotropinchlorhydrat-Eisenchlorid. 
Gallussaures  Urotropin  heißt  Galloformin. 
HetraUn  ist  Resorcin-Urotropin. 

Hexamekol  ist  ein  Additionsprodukt  von  Guajacol  und  Urotropin. 
Kupferverbindungen  des  Hexamethylentetramins  s.  bei  Kupfer. 
Sahformin  s.  bei  Gichtmitteln. 

p-Aminosalol-a-methylsulfosaures  Urotropin')  wirkt  .schmerzstillend  und 
stärker  desinfizierend  als  die  Base  selbst. 


>)  DRP.  270  486,  Zusatz  zu  DRP.  260  788. 
2)  K.  H.  Schmitz,  DRP.  275  092,  Zusatz  zu  DRP.  266  788. 

')  W.  J.  Jacobs,  M.  Heidelberger,  H.  Amors  und  C.  O.  Bull,  Journ.  of  ex 
porim.  med.  23,   563.  ")  Pharmaz.  Ztg.  47,  8.>6. 

5)  Paul  J.  Hanzlik,  Journ.  of  urol.  4,   145  (1920). 
«)  Höchst,  DRP.  270  180.  ')  DRP.  282  442. 

Fränkel,  Arzneimittel-Synthese,    j,  Aufl.  42 


658  Antiseptica  und  Adstringentia. 

Hexamethylentetramin  vereinigt  sich  mit  Überchlorsäure  zu  einem  in  Wasser  lös- 
lichen luftbeständigen  Salze.  Diese  Verbindung  läßt  sich  mittels  Brom  und  Jod  in  das 
wasserunlösliche  Dibrom-  bzw.  Dijodhexamethylentetraminperchlorat  überführen.  Die 
Verbindungen  wirken  antiseptisch  und  sind  nicht  explosiv'). 

Hexamethylentetramintriguajacol  erhält  man,  wenn  man  entweder  eine  konz.  wässerige 
Lösvmg  von  Hexaraethylentetramin  mit  Guajacol  oder  eine  Formaldehydlösung  mit  einer 
aramoniakalischen  GuajacoUösung  zusammenbringt^). 

Man  läßt  Hexaraethylentetramin  und  Guajacol  ohne  Lösungsmittel  aufeinander  ein- 
wirken.    Man  kann  so  Hexamethylentetramindi-  imd  -triguajacol  erhalten^). 

Feste  Molekularverbindungen  aus  Hexaraethylentetramin  und  Guajacol  kann  man 
herstellen,  indem  man  entweder  eine  konz.  wässerige  Hexamethylentetraminlösimg  mit 
Guajacol  oder  eine  Formaldehydlösung  mit  einer  amraoniakalischen  GuajacoUösung  in 
anderem  Verhältnis  zusammenbringt,  als  der  Bildung  des  Hexamethylentetramintriguajacols 
entspricht.  Diese  guajacolärmeren  Produkte  sollen  gegenüber  dem  Triguajacol  nicht  reizend 
wirken*). 

Ferner  wurden  Verbindungen  des  Hexamethylentetramins  in  gleicher 
Weise  dargestellt,  indem  man  es  auf  Halogenpj-rrole,  z.  B.  Jodol  oder  auf 
aromatische  Sulfosäuren,  z.  B.  auf  Phenolmono-  und  polysulfosänren  resp. 
deren  Halogenderivate ^)  einwirken  läßt.  Über  die  Bedeutung  dieser  Substanzen 
ist  nichts  bekannt  geworden,  sie  dürften  aber  die  bekannten  Eigenschaften  des 
Hexamethylentetramins  und  des  Jodols  zeigen,  ohne  neue  Effekte  auslösen  zu 
können. 

Hexamethylentetramintetrajodid  heißt  Siornin. 

Novojodin  ist  Hexamethylentetramindijodid.  Es  ist  ungiftig,  reizlos  und 
geruchlos. 

Hexamethylentetramindijodidstelltmandar,  indem  man  eine  wässerige  Hexamethylen- 
tetraminlösung  auf  eine  Lösung  von  Jod  in  einem  flüchtigen,  mit  Wasser  nicht  mischbaren 
organischen  Lösungsmittel  einwirken  läßt'). 

Man  kann  auch  die  berechneten  Mengen  der  beiden  Komponenten  in  pulverförmigem 
Zustande,  zweckmäßig  unter  Zusatz  geringer  Mengen  eines  indifferenten  Lösungsmittels 
aufeinander  einwirken  lassen'). 

Wird  in  ein  aus  Formaldehyd,  Ammoniak  und  einer  Säure  oder  einem  Säureanion 
oder  aus  Hexaraethylentetramin  und  einer  Säure  oder  einem  Säureanion  diu-ch  mehr- 
stündiges Erhitzen  erhaltenes  Reaktionsgemisch  ein  lösliches  Bichromat  eingetragen,  so 
scheidet  sich  aus  diesem  sofort  ein  Chromat  ab,  aus  dem  man  mittels  Baryt  die  freie  Base 
CjHjjNi  •  CHj  •  OH  abscheiden  kann.  Beschrieben  sind  das  Oxalat  und  Sulfosalicylat 
der  Base'). 

Tannia,  Gallussäure  und  deren  Derivate. 

Tamiin  zeichnet  sich  durch  seine  adstringierende  Wirkung,  sowie  durch 
seine  styptische,  bei  äußerst  geringer  Giftigkeit  besonders  aus.  Diese  beiden 
Wirkungen  scheinen  im  Darmkanale  miteinander  im  Zusammenhange  zu  stehen, 
<la  die  Unterdrückung  der  Schleimabsonderung  von  .seiten  der  Schleimhäute 
wohl  auf  der  adstringierenden  Wirkimg  der  Gierbsäurc  beruht.  Ob  sich  durch 
Verfüttern  von  Gerbsäure  auch  Wirkungen  imierhalb  des  Organismus  außerhalb 
des  Darmkanales,  die  auf  Gerbsäure  zu  beziehen  wären,  auslösen  lassen,  darüber 
läßt  sich  gegenwärtig  noch  nichts  Bestimmtes  aussagen,  da  es  sehr  fraglich  ist, 
ob  überhaupt  unveränderte  Gerbsäure  nach  Verfüttern  derselben,  oder  eines 
der  Gerbsäurepräparate,  im  Harne  erscheint.  E.  Rost  z.  B.  leugnet  die  adstrin- 
gierende Fem  Wirkung  des  Tannins  und  seiner  Derivate  völlig').  Bei  ihrer  Au- 

M  Riedel,  DRP.  292  284.  -)  Hoffraann-La  Roche,  DRP.  220  267. 

')  DRP.  231  726,  Zusatz  zu  DRP.  220  267. 
•)  DRP.  225  924,  Zusatz  zu   DRP.  220  267. 

')  Weiler  ter  Mer,  DRP.  124  231.  «)  Rix,  DRP.  275  974. 

J)   DRP.  278  885,  Zusatz  zu  DRP.  275  974.  «)  Schmitz,  DRP.  295  736. 

'■')  Siehe  dagegen  Beckurts  1878,  S.  563,  auch  Landois,  Physiologie,  nach  dem  es 
die  Vasomotoreuzentren  erregt,  imd  zwar  ohne  nachträgliche  Lähmung. 


Tannin,  Gallussäure  und  deren  Derivate.  659 

wenduiig  auf  Schleimhäute,  insbesondere  auf  die  des  Darmkanals,  erwies  es 
sich  aber  von  Wichtigkeit,  daß  die  Gerbsäure  erst  am  Orte,  wo  deren  Wirkung 
ausgelöst  werden  soll,  frei  werde,  demi  die  in  Wasser  leicht  lösliche  Gerb- 
säure hat  einen  unangenehmen  zusammenziehenden  Geschmack  und  kann 
auf  Schleimhäuten  auch  Reizerscheinungen  vind  Ätzwirkungen  hervorrufen. 
Es  erschien  daher  von  Vorteil,  aus  Tannin  Präparate  herzustellen,  welche 
in  Wasser  unlöslich,  erst  durch  langsame  Zersetzung  unter  bestimmten  Um- 
ständen, hauptsächlich  durch  den  alkalischen  Darmsaft,  die  wirksame  Kom- 
ponente abspalten  imd  so  Mund-  und  Magenschleimhaut  unbelästigt  lassen. 
Die  Gerbsäure  entfaltet  im  Gegensätze  zu  den  meisten  antiseptisch  wirkenden 
Säuren  auch  als  Alkalisalz  ihre  eigentümliche  Wirkung.  Bei  Synthesen  dieser 
Art  war  die  Möglichkeit  geboten,  die  Gerbsäure  mit  anderen,  ähnlich  wirkenden 
Stoffen  in  Verbindung  zu  bringen,  insbesondere  um  von  beiden  wasserunlösUche, 
als  Streupulver  verwendbare  Produkte  zu  erhalten.  Während  es  nicht  angeht, 
freie  Gerbsäure,  welche  allzu  stark  reizend  wirken  würde,  auf  Wunden  zu  streuen, 
eignen  sich  solche  Produkte  der  Gterbsäure  und  der  ihr  nahestehenden  Gallus- 
säure sehr  gut  für  diese  Zwecke.  Es  tritt  noch  der  Umstand  hinzu,  daß  die  An- 
wendvmg  des  Tannins  als  Antihydroticum  wegen  seiner  stark  färbenden  Eigen- 
schaften sehr  unangenehm  ist,  eine  Eigenschaft,  die  den  Derivaten  meist  nicht 
mehr  zukommt. 

Enterosan  oder  Optannin  ist  basisches  Calciumtannat. 

Das  Darstellungsverfahren  besteht  darin,  daß  man  ohne  Isolierung  des  löslichen 
Produktes  Gerbsäurelösungen  mit  derj  für  die  Bildung  des  basischen  gelbbraimen 
Calciiuns  erforderlichen  Menge  Calciumhydroxyd  so  lange  in  der  Hitze  behandelt,  bis 
die  gewünschte  Schwerlöslichkeit  des  basischen  Calciumtannats  in  verdünnten  Satiren 
erreicht  ist^). 

Eine  Verbindung  von  Tannin,  Hexamethylentetramin  und  Calcium  erhält  man  durch 
Fällen  konzentrierter  wässeriger  Lösimgen  von  Chlorcalcium,  Hexamethylentetramin  und 
Tannin  2). 

Tannin  ist  ein  Glykosid,  und  zwar  Pentadigalloylglykose  C8H,Oe[CgH2 
(0H)3 .  CO  .  0  .  CeH2(OH),CO]5«). 

Man  behandelt  acidyUerte  Gerbsäuren,  wie  die  Ac«tyltannine  oder  Formylacetyltannine 
oder  andere  Gerbsäureabkömmlinge,  wie  Formaldehydgerbsäure,  Hexamethylentetramin- 
tannin  oder  Tanninthymolmethan  mit  Kalkverbindungen.  Beschneiden  sind  die  Kalk- 
verbindungen aus  Tanninformaldehyd  und  aus  Diacetyltannin*). 

Eines  der  ersten  Präparate  dieser  Art  war  das  Tannigen,  von  Hans 
H.  Meyer ^)  dargestellt. 

Es  war  dies  die  erste  Verbindung  mit  der  Absicht  dargestellt,  daß  sie  den 
Magen  ungelöst  passiere  und  erst  im  Darme  unter  Rückbildung  von  Tannin 
zersetzt  werde.  Dem  Tannigen  kann  man  nur  nachsagen,  daß  es  den  Nachteil 
hat,  schon  bei  Körperwärme  in  feuchtem  Zustande  eine  klebrige  Beschaffenheit 
zu  haben. 

Man  kann  vom  Tannin  sowie  von  der  «-  oder  /^-Digallussäure  zu  alkalilöslichen  Acetyl- 
derivaten  gelangen.  Es  wird  z.  B.  trockenes  Tannin  mit  der  halben  Gewichtsmenge  Eis- 
essig und  der  gleichen  Gewichtsmenge  Essigsäureanhydrid  erwärmt  und  nach  der  Lösung 
das  Reaktionsprodukt  in  Wasser  eingegossen,  wobei  man  dann  ein  Gemenge  von  Mono- 
acetyl-  und  Diacetylverbindungen  bekommt.  Je  mehr  Essigsäiu-eanhydrid  zugesetzt  wird, 
desto  reicher  wird  das  entstehende  Pulver  an  Acetylgruppen.    Statt  des  Anhydrids  kann 

1)  DRP.  307  857,  Zusatz  zu  DRP.  306  979. 
*)  Röder-Raabe  A.  G.  Wien,  ö.  P.  81230. 
=•)  E.  Fischer  und  K.  Freudenberg,  BB.  45,  915,  2709  (1912). 
')  Knoll  &  Co.,  DRP.  308  047. 
')  Deutsche  med.  Wochenschr.   1894,  Nr.  31. 

42* 


ß60  Antiseptioa  und  Adstringentia. 

man  Acetylchlorid  oder  Essigsäure  unter  Zusatz  von  Kondensationsmitteln  in  Anwendung 
bringen.  Das  erhaltene  Produkt  ist  geruch-  und  geschmacklos,  in  Wasser  unlöslich,  in  Alkali 
hingegen  löslich  und  durch  Säuren  fällbar'). 

Würde  man  höhere  Acetylderivate,  als  mit  zwei  Acetylgruppen,  darstellen, 
etwa  die  Pentaacetylverbindung,  so  würde  man  zu  ganz  nnwirksameia  Körpern 
gelangen,  da  diese  Säurederivate  in  verdünnten  Alkalien,  also  auch  im  Darm- 
saft unlöslich  sind  und  daher  im  Organismus  nicht  unter  Regenerierung  des 
wirksamen  Bestandteiles  gespalten  werden.  Statt  der  Acetylgruppen  kann 
man  auch  Benzoylgruppen  einführen,  und  man  erhält  angeblich  noch  wirksamere 
Derivate^).  Doch  darf  man  nur  ein  bis  zwei  Eenzoylgrupi^en  einführen,  da  man 
sonst  wie  bei  den  Acetylderivaten  zu  alkahunlöslichen  Produkten  gelangt. 

Die  Farbwerke  Höchst')  stellen  eine  Tanninzimtsäureverbindung  dar,  die  durch 
Alkali  spaltbar  ist.  Man  erhält  sie  aus  Tannin  und  Zimtsäiu'e  in  Gegenwart  von  Essig- 
säureanhydrid mit  Wasser  entziehenden  Mitteln,  wie  Phosphorpentachlorid,  Phoaphor- 
oxy  Chlorid. 

Statt  der  Mono-  und  Dibenzoylderivate  des  Tamiins  winde  auch  die  nach 
iler  Schotten-Baumann-Methode  dargestellte  krystaUisierte  Tribenzoylgallus- 
säure,  welche  sich  ebenfalls  in  Alkalien  löst  und  unter  Einwirkung  von  Pankreas- 
fermenten  in  die  Komponenten  gespalten  wird,  empfohlen*).  Eine  praktische 
Verwendung  hat  sie  jedoch  nicht  gefunden. 

Gallussäure  (3.4.5-Phentriolmethylsäure)  wirkt  irritierend,  die  antisep- 
tische Wirkung  ist  fünfmal  so  groß  als  die  der  Gerbsäiu-e^). 

Gallocarbonsäure  (3.4.5-Phentrioldimethylsäure-1.2)  wirkt  adstringierend. 

Das  Kondensationsprodukt  der  Salicylsäure  imd  Gallussäure,  welches  durch  Ein- 
wirkung von  Phosphoroxychlorid  auf  ein  molekulares  Gemenge  von  Salicylsäure  und 
Gallussäure  entsteht  und  dem  nach  Döbner  die  folgende  Strukturformel  zukommen  soll: 
HO  •  CgH^  •  CO  ■  O  ■  CO  •  C8H2(OH)3,  hat  keine  praktische  Verwendung  gefunden.  Im 
Gegensatze  zu  den  bis  nun  erwähnten  Tanninderivaten  zeigt  dieses  keine  Löslichkeit  in 
kohlensauren  Alkalien. 

Die  eigentümlich  härtenden  Eigenschaften  des  P^ormaldehyds,  welcher 
aber  auf  Schleimhäute  in  größeren  Mengen  reizend  wirkt,  haben  Veranlassung 
gegeben,  Tannin  mit  Formaldehyd  zu  kondensieren.  Viel  mehr  als  diese  thera- 
peutische Erwägung  muß  der  naheliegende  Gedanke  maßgebend  gewesen  sein, 
daß  man  ja  aus  einer  so  hydroxyLreichen  Verbindung,  wie  die  Gerbsäure,  durch 
Einwirkung  von  Formaldehyd  ein  wasserunlösliches  Methylenderivat  erhalten 
muß.  Dieses  Kondensationsprodukt  von  Formaldehyd  und  Tannin,  Tannoform 
genannt,  ist  nach  Mering  ein  geruch-  und  geschmackloses,  in  Wasser  und 
sauren  Flüssigkeiten  unlösliches,  in  AlkaU  löshches  Pulver,  welches  neben  den 
Wirkungen  des  Tamiins,  wenn  auch  im  mmderen  Grade  die  dem  Formaldehyd 
eigenen  antiseptischen,   härtenden   imd  trocknenden  Eigenschaften  entfaltet. 

Behufs  Darstellung*)  dieser  Substanz,  welche  als  Methylenditannin  aufzufassen  ist, 
werden  Tannin  und  die  doppelte  Menge  30proz.  Formaldehyd  zusammengebracht  und 
so  lange  konz.  Salzsäure  hinzugefügt,  als  noch  ein  Niederschlag  entsteht. 

Statt  des  Tannins  kann  man  auch  andere  Gerbstoffe  zu  gleichem  Zwecke  verwenden, 
so  die  Gerbstoffe  von  Myrobalanen,  Quebrachoholz,  Ratanliia,  Eichenrinde,  Fiehtenrinde, 
Walnuß,  Catechu.  Die  Darstellung  und  das  Endprodukt  sind  mit  dem  Tannoform  aus 
Tannin  ziemlich  identisch'). 

Statt  der  Kondensation  mit  konz.  Salzsäure  kann  man  auch  zu  dem  gleichen  Methylen- 
derivat gelangen,  wenn  man  Gerbstoffe  mit  Paraformaldehyd  oder  einer  40proz.  Form- 
aldehydlösung unter  Druck  mehrere  Stunden  auf  100°  erhitzt*). 

')  DRP.  78  879.  =)  DRP.  92  420. 

ä)  DRP.  173  729.  «)  DRP.  93  942. 

')  Heinz  und  Liebrecht,  Berliner  klin.  Woehenschr.    1891,   584,   744. 

«)  DRP.  88  082.  ')  DRP,  88  481.  *)  DRP.  93  593. 


Tannin,  GalluBsäuro  und  deren  Derivate.  661 

VoswinkeP)  kondensiert  Tannin  mit  Formaldehyd  luid  Harnstoff  oder  mit  Form- 
aldehyd und  Urethan  unter  Zusatz  von  Kondensationsmitteln.  Man  erhält  so  das  unlös- 
liclie  Methylentannincarbamid.  Dieses  passiert  den  Magen  iinzersetzt  und  kommt  erst 
im  alkalischen  Darm  zur  Wirkung.  Sowohl  diese  Substanz  wie  auch  Methylentannin- 
urethan  sollen  sich  zur  internen  Anwendung  eignen,  da  sie  auf  die  Schleimhäute  nicht 
korrodierend  wirken. 

Man  kann  bei  dieser  Reaktion  Harnstoff  durch  Thiohamstoff  ersetzen,  muß  aber 
mit  Kondensationsmitteln  arbeiten.  Besclu-ieben  sind  MetRylentanninthiobamstoff,  Me- 
thylentanninthiosiueimin ,  Methylentanninmethylthiohamstoff ,  Methylentanninäthylthio- 
carbamid^). 

Tannin  läßt  sich  mii  aliphatischen  Säureamiden  \ind  Formaldehyd  zu  Methylen- 
tanninsäuieamiden  kondensieren.  Dargestellt  wua'den  Methylentanninformamid,  Methylen- 
tanninacetaraid,  Methylentanninpropionamid'). 

Harnstoff  tritt  mit  je  2  Mol.  Gallussäure  und  Formaldehyd  in  Reaktion  und  man 
erhält  nach  dem  Verfahren  des  Hauptpatentes  Methylenliamstoffgallussäure'). 

Richard  Lauch  und  Arnold  Voswinkel^)  stellen  in  ähnlicher  Weise  Konden- 
sationsprodukte bromiert«r  Gerbstoffe  mit  Harnstoff  imd  Formaldehyd  her. 

Tannobromin  ist  Dibromtanninformaldehyd')  (s.S.  621,  Bromverbindungen).  Brom- 
otan  ist  Bromtamiinmethylenharnstoff. 

Während  die  bis  nun  besprochenen  Derivate  auf  der  Festlegung  der 
Hydroxylgruppen  im  Tannin  und  in  der  Gallussäure  beruhen,  wurde  bei  den 
minmehr  zu  besprechenden  der  Versuch  gemacht,  die  Carboxylgruppe  fest- 
zulegen.   Ein  Präparat  dieser  Art  ist  Gallicin,  der  Methylester  der  Gallussäure 

COO    CH3 

I        ^OH 
C^H^^OH 

Dieser  Ester  wm-de  eine  kurze  Zeit  als  Augenstreupulver  verwendet,  er  ver- 
ursacht aber  Brennen  beim  Einstreuen,  weshalb  von  einer  Anwendung  ab- 
gesehen werden  mußte. 

Man  erhält  Triacetylgallussäurealkylester,  wenn  man  Gallussäm:«alkylest«r  mit  ace- 
tylierenden  Mitteln  behandelt  oder  Triacetylgallussäure  in  üblicher  Weise  in  ihre  Alkyl- 
ester  verwandelt.  Die  Ester  besitzen  im  Gegensatze  zum  Methylester  adstringierende 
Eigenschaften.  Beschrieben  sind:  TriacetylgaUussäureäthylester,  Triacetylgallussäurepro- 
pylester,  Triacetylgallussäureacetolester'). 

Etelen  ist  der  TriacetylgaUussäiireäthylester.  Etelen  hat  sich  als  Darmad- 
stringens bei  Dysenterie  bewährt*). 

Den  entschieden  einfachsten  Weg,  um  zu  einem  unlöshchen  und  erst  im 
Darm  spaltbaren  Taiminderiv^at  zu  gelangen,  schlug  R.  Gottlieb^)  ein,  indem 
er  eine  in  Wasser  unlösliche  Eiweißverbindmig  des  Tannins  darstellte,  Tamialbin 
genannt.  Selbstverständlich  ist  das  Produkt  dieser  Art  nur  für  die  interne 
Verwendung  als  Darmadstringens  verwertbar.  Schon  vor  Gottlieb  hatte 
Lewin  1882^"^  einTanninum  albuminatum  dargestellt  und  empfohlen,  welches 
nach  seiner  Angabe  besser  als  Tannin  schmeckt  imd  den  Magen  nicht  belästigt. 

Wählend  frisch  gefällte  Gerbsäure-Eiweißverbindungen  vom  Magensaft  rasch  ver- 
daut werden,  kann  man  durch  6 — lOstündiges  Erhitzen  auf  110°  ein  Tannineiweißpräparat 
so  verändern,  daß  es  vom  Magensafte  nicht  mehr  angegriffen  wird.  Hingegen  wird  aus 
diesem  Präparat  im  Darme  leicht  Tanninalkali  gebildet.  Zur  Darstellung'^)  dieser  Ver- 
bindung wird  Eiweiß  in  Wasser  gelöst  und  mit  der  doppelten  Gewichtsmenge  Gerbsäure 
gefällt.    Der  abgepreßte  Niederschlag  wird  in  der  angegebenen  Weise  getrocknet.    Von 

1)  DRP.  100  273.  2)  DRP.  164  612,  Zusatz  zu  DRP.  160  273. 

P)  DRP.  165  980,  Zusatz  zu  DRP.  160  273. 
'*)  DRP.  171  788,  Zusatz  zu  DRP.  160  273. 

')  DRP.  180  864.  «)  DRP.  125  305.  ')  Bayer,  DRP.  279  958. 

")  F.  Loewenthal,  Münchener  med.  Wochenschr.  63,  1748  (1915).  — Otto  Seifort, 
ebenda  6S.  1750  (1915).  »)  Deutsche  med.  Wochensclir.  I89G,  Nr.  U,  25. 

'")  Allg.  med.  Zentralztg.  1888,  Nr.  U.  ")  DRP.  88  029. 


(5  f)  2  Antiseptica  und  Adstringentia. 

anderer  Seite  wiirde  versucht,  ganz  analog  wirkende  Präparate  darzustellen  und  auch  mit 
analogen  Eigenschaften,  indem  statt  des  Eiweißes  entweder  Casein  oder  Gelatine  verwendet 
wurde.  Das  Tanninleimpräparat  wurde  TannokoP)  genannt.  Es  ist  klar,  daß  alle  diese 
Präparate  etwas  durchaus  Identisches  sind. 

KnolP),  erzeugt  ein  Tannineiweiß  aus  Blut  durch  Fällen  des  Gesamtblutes  mit 
Tannin  und  Trocknen  bei  100°  oder  Behandlung  mit  Alkohol  und  Salzsäure,  oder  es 
wird  Schlachthausblut')  verwendet,  welches  vor  der  Tanninbehandlung  in  bekannter 
Weise  entweder  zum  (Jerinnen  gebracht  oder  mit  Hilfe  eines  Bleichmittels  entfärbt  wurde. 
Man  kann  den  beim  Gerinnen  des  Blutes  entstehenden  Eiweißniederschlag  entweder  ab- 
filtrieren, waschen  und  trocknen  oder  immittelbar  in  der  Fälllauge  mit  Tannin  behandeln. 
In  beiden  Fällen  nimmt  der  Niederschlag  beim  Rühren  aus  der  Lösung  allmählich  so  -sael 
Tannin  auf,  daß  er  den  gleichen  Gorbsäuregehalt  aufweist  wie  bei  unmittelbarer  Aus- 
fälUuig  des  Schlachtblutes  mit  Tannin. 

Eine  Tannineiweißverbindung  aus  Molkeneiweiß  erhält  man,  wenn  man  dieses  Eiweiß 
mit  oder  ohne  Vorbehandlung  mit  verdüiuiter  Natronlauge  mit  Tanninlösung  behandelt. 
Die  Verbindung  enthält  40%  Tannin*). 

Von  zwei  Seiten  wurde  versucht,  statt  des  Tannins  allein,  gleichzeitig  Tannin  und 
Formaldehyd  in  die  Verbindung  zu  bringen.  Es  wird  das  obenerwähnte  Taimoform  in 
alkoholischer  oder  alkalischer  Lösung  mit  Lösungen  von  Eiweißkörpern  behandelt,  mit 
oder  ohne  Neutralisation.  Das  ausfallende  Produkt  wird,  wie  bei  der  Darstellung  des 
Tannalbins,  getrocknet'). 

Von  anderer  Seite  wurde  ebenfalls  ein  Tanninformaldehydeiweißpräparat  dargestellt, 
welches  wohl  nicht  ganz  identisch  mit  dem  eben  erwähnten  ist.  Hierbei  wird  Eiweiß  mit 
einer  Gerbsäurelösung  gefällt  und  das  Präcipitat  mit  Formaldehydlösung  erwärmt  und 
das  Reaktionsprodukt  abfiltriert,  gepreßt  und  getrocknet.  Ferner  wurde  vorgeschlagen, 
Tanninformaldehydeiweißverbindungen  in  der  Weise  herzustellen,  daß  man  unlösliche 
Formaldehydeiweißverbindungen  mit  Gerbsäure  behandelt  oder  Eiweiß  bei  Gegenwart  von 
Formaldehyd  mit  Gerbsäure  fällt,  oder  lösliches  Formaldehydeiweiß  mit  Gerbsäure  fällt'). 

Die  Tanninverbindungen  der  Eiweißkörper  geben  mit  den  Erdalkalien  bzw.  mit 
Aluminiumhydroxyd  wohlcharakterisierte  unlösliche  Salze,  die  der  Verdauung  mit  Pepsin- 
salzsäure gegenüber  viel  widerstandsfähiger  sind  als  die  bekannten  Eiweißtannate.  Dagegen 
lösen  sich  die   Erdalkalisalze  der  Eiweißtannate   in   verdünnter   Sodalösung  leicht  auf). 

Bei  den  Koiideiisationsprodukten  aus  Phenolen,  Formaldehyd  und  Tannin 
haben  die  Phenolderivate  mit  einem  oder  mehreren  verdeckten  Hydroxylen 
keine  adstringierende,  sondern  eher  eine  reizende  Wirkung  auf  den  Darm- 
kanal. Bromtannothymal  ist  nicht  adstringierend ;  das  Freibleiben  der  o-SteUung 
zum  Hydroxyl  ist  für  das  Zustandekommen  der  adstringierenden  Wirkung 
unerläßlich.  Die  adstringierende  Wirkung  ist  nur  bei  denjenigen  Derivaten 
erhalten,  die  außer  der  OH-Gruppe  keine  weiteren  Grujipeii  am  Kerne  tragen 
oder  aber  an  gewissen  Stellen  reine  Alkylgruppen.  Die  Derivate  von  a-  und 
/}-Naphthol  zeigen  die  adstringierenden  Wirkungen  in  abgeschwächtem  Maße. 
Die  adstringierende  Wirkung  wird  abgeschwächt  durch  den  Eintritt  einer  Car- 
boxylgruppe  an  den  Benzolkern.  Verbindungen,  die  ein  durch  Säurereste  ver- 
estertes  Hydroxyl  enthalten,  wae  z.  B.  Acetj'ltannin,  zeigen  unveränderte 
adstringierende  Wirkung  durch  Verseif ung  im  Darmsaft 8). 

Diese  kombinierten  Präparate  wurden  therapeutisch  nicht  verwendet. 

Tannothymal  ist  ein   Kondensationsprodukt   von   Tannin,   Thymol   und 

Formaldehyd,  und  zwar  Tannin-thymol-methan 

OH 

HOr^CaH, 

H3CU 

CHj  •  Ci4Hjo09 

von  Hildebrandt  für  innere  Anwendung  empfohlen'). 

1)  Fr.  P.  278  076.       2)  drp   305  693.       ^)  DRP.  317  605,  Zusatz  zu  DRP.  306  693. 
*)  KnoU   &  Co.,  DRP.  312  602.  ')  DRP.  104  237.  «)  DRP.  122  098. 

')  Laves,  DKP.  296  917.  ")  H.  Hildebrandt,  AePP.  56,  410  (1907). 

»)  Münchener  med.  Wochenschr.  I»0T,  Nr.  25,  S.  1219. 


Wismut.  663 

H.  Hildebrandt*)  kondensiert  Formaldehyd,  Tannin  und  Phenole.  Beschrieben 
.sind  Tanninphenolmethan,  Tanninthymolmethan,  Bromtauninphenolmethan,  Bromtannin- 
o-kresolmethan,  Bromtanninthymolmethan,  Bronitannin-/J-naphtholniethan.  Es  werden 
nm-  solche  Monohydroxylverbindungen  der  Benzol-  und  Naphthalinreihe  verwendet,  welche 
keine  weiter  durch  Alkyl-  oder  andere  Reste  .substituierte  Hydroxylgruppe  enthalten. 

Statt  mit  Formaldehj-d  wurde  Tannin  auch,  um  zu  einer  geschmacklosen 
und  uiiJösliehen  Verbindung  zu  gelangen,  mit  Hexaniethylentetramin  in  Ver- 
bindung gebracht  (Tannopin,  Tannon). 

Die  Darstellmig  geschieht  in  der  Weise,  daß  man  entweder  ein  Molekül  Hexametliylwn- 
tetranün^  mit  drei  Molekülen  Gerbsäure  fällt  oder  mit  sechs  Molekülen  ^). 

Diese  Niederschläge  sind  noch  in  Wasser  löslich  und  haben  einen  adstrin- 
gierenden  Geschmack.  Erhitzt  man  sie  jedoch  mit  einer  Flüssigkeit  oder  mit 
wenig  Wasser  auf  dem  Wasserbade,  so  verlieren  sie  ihren  adstringierenden  Ge- 
schmack und  werden  wasseruulösUch. 

Wie  erwähnt,  geben  aromatische  Aldehyde  mit  Proteinstoffen  Konden- 
sationsprodukte, denen  antiseptische  Eigenschaften  zukommen.  Man  läßt 
hierbei  auf  ein  Protein,  wie  Eiweiß,  Albuniose,  Pepton  u.  dgl.  einen  aromatischen 
Aldehyd,  z.  B.  Benzaldehyd,  Salicylaldehyd,  Resorcylaldehj'd  usf.  einwirken. 
Diese  Produkte  werden  dann  mit  Gerbsäure  behandelt,  um  zu  Tauninaldehyd- 
proteinverbindungen  zu  gelangen. 

Es  wü'd  z.  B.  eine  Lösung  von  Eiereiweiß  mit  Salicylaldehyd  angerülirt,  die  gebildete 
Paste  koaguhert  und  das  Koagulum  gewaschen  imd  getrocknet.  Diese  Verbindung  enthält 
35 — 40%  durch  Verdauung  abspaltbaren  Aldehyd.  Sie  wird  in  Pastenform  mit  Tannin- 
lösung angerülu't.  Die  resultierende  Verbindung  löst  sich  schwer  in  verdünnten  Alkalien 
imd  ist  als  aus  zwei  wii'ksamen  (einer  adstringierenden  und  einer  antiseptischen)  Kom- 
ponenten bestehend  zu  betrachten. 

Durch  Kondensation  von  Tamiin  und  Chloral  erhält  man  eine  Captol 
genamite  Substanz,  eüi  dmikelbraunes,  hygroskopisches  Pulver,  welches  in 
der  Dermatologie,  namentlich  bei  Erkrankungen  der  behaarten  Kopfhaut*), 
gute  Dienste  leisten  soll. 

Zum  Zwecke  der  Darstellung  wird  Tannin  avis  einer  konzentrierten  wässerigen  Lösung 
durch  Zusatz  von  öOproz.  Schwefelsäure  gefällt.  Nun  setzt  man  */j^  des  Taimingewichts 
an  Chloralhydi'at  zu,  wobei  sich  das  gefällte  Tannin  beim  Umrüliren  wieder  löst.  Diese 
Lösung  wird  melu-ere  Stunden  lang  auf  70 — 80  °  erwärmt,  wobei  sich  das  Reaktionsprodukt 
abscheidet^). 

Die  Ver))indmigen  der  Grerb-  und  Gallussäure  mit  Wismut  sind  luiter 
Wismut  nachzulesen. 


Wismut. 


Die  Verwendung,  die  Wismut-Verbindungen  in  den  letzten  Jahren  in  so 
ungeahnt  großer  Weise  gefunden  haben,  verdanken  sie  nicht  so  ihren  anti- 
septischen  Eigenschaften,  als  vielmehr  den  besonders  günstigen  Einwirkmigen 
auf  die  Wundflächen  selbst,  die  durch  Wismutsalze  eine  charakteristische, 
eigentümlich  trockene  Beschaffenheit  annehmen,  ohne  hierbei,  wie  Stein - 
feld  mid  H.  H.  Meyer^)  gefunden,  die  Fälligkeit  zum  Zusammenheilen  ver- 
loren zu  haben. 

Aber  noch  ein  zweiter  Umstand  hat  gerade  dieses  Metall  so  vorzüglich 
geeignet  gemacht,  Verbindungen  zu  liefern,  die  man  als  Darmadstringenzien 

1)  DRP.  188  318.  2)  DRP.  95  186. 

3)  Eichhoff,  Deutsche^lmed.  Wochensdir.  I(*!»r,  Nr.  41.  —  DKP.  188  318. 

*)  DRP.  98  273.  ')  AePP.  30,  40. 


(j64  Antiseptica  und  Adstringentia. 

und  als  Wundstreupulver,  und  zwar  als  Jodoformersatzmittel,  mit  gi-oßem 
Vorteile  gebrauchen  kann,  das  ist  die  Leichtigkeit,  mit  der  unlösliche,  basische 
Salze,  wie  überhaupt  wasserunlösHche  Verbindungen  dieses  Metalles,  erhalten 
werden  können.  Früher  wurden  wesenthch  anorganische  Verbindungen  des 
Wismuts  zu  den  gleichen  Zwecken  verwendet.  Der  CMrurg  Kocher  in  Bern 
hat  zuerst  auf  die  günstigen  Wirkungen  des  altbekannten  Magisterium  Bis- 
niuthi  in  der  Wundbehandlung  hingewiesen.  Es  ist  wohl  nicht  anzunehmen, 
daß  die  kleine  Menge  Salpetersäure,  die  sich  aus  dem  basischen  Wismutsalz  ab- 
spalten kann,  diese  Effekte  hervorbringt.  Vielmehr  muß  man  sich  der  Ansicht 
anschließen,  daß  es  eben  die  Wismutwirkutig  ist,  auf  die  es  hier  ankommt,  da 
man  mit  Wismutoxyd  und  mit  basisch-kohlensaurem  Wismut  dieselben  Effekte 
erzielen  kann. 

Hans  H.  Me  yer  ^)  schreibt  nicht  dem  Wismut  als  solchem  die  sog.  Wismut- 
wirkungen zu,  wenigstens  nicht  für  Wunden,  sondern  glaubt,  daß  die  austrock- 
nende Wirkung  des  Magisterium  Bismuthi  auf  der  phj'sikalischen  Beschaffen- 
heit desselben  beruht.  Dieses  ist  ja  em  außerordentlich  feines,  chemisch  relativ 
indifferentes  imd  nahezu  unlösliches  Pulver,  das  sich  mit  Wasser  zu  einer  dünnen 
Milch,  wie  auch  zu  einem  homogenen  Brei  mischen  läßt  und  nach  dem  Trocknen 
eine  zusammenhängende,  dicke  Kruste  bildet.  Bei  Versuchen  mit  frisch  ge- 
fälltem Bariumsulfat  und  frischgeschlemmtem  Kaolin  zeigen  die  Wundflächen 
ebenfalls  jene  durchaus  eigentümliche  trockene  Beschaffenheit,  wie  nach  Be- 
handlung mit  Magisterium  Bismuthi,  so  daß  die  Vermutung  eine  große  Wahr- 
scheLnHchkeit  hat,  daß  es  sich  hier  um  eme  wesentlich  mechanische  Wirkung 
handelt,  inid  zwar  besteht  diese  in  der  mechanischen  Verstopfung  der  feinsten 
Blut-  und  Lymphgefäße  durch  das  feine  Pulver,  die  bei  der  Verwundung  ge- 
öffnet ^vurden  und  unter  gewöhnlichen  Verhältnissen  das  Wundsekret  hefern. 
Die  Wirkung  der  Wismutpräparatc,  insbesondere  der  anorganischen,  wäre 
also  in  erster  Linie  als  eine  protektive  anzusehen,  während  die  antiseptische 
gegen  dieselbe  weit  zurücktritt.  Wenn  man  sich  der  Meyerschen  Ansicht  an- 
schheßen  ^vürde,  so  kömite  man  sich  die  heUungsbefördernde  Wirkung  bei 
Anwendung  der  Wismut -Präpai-ate  analog  vorstellen  wie  die  Heilung  unter 
dem  Schorfe  der  älteren  Qururgen.  Es  muß  aber  darauf  hingewiesen  werden, 
daß  es  sich  auch  um  eine  sehr  leichte  Ätzwirkung  dieses  Schwermetalles  handeln 
kann . 

Wie  alle  Schwermetalle,  so  zeigt  auch  Wismut  heftige  Vergiftmigserschei- 
nungcn  bei  seiner  hypodermatischen  Einverleibimg.  Injiziert  man  subcutan 
neutrales  Wismutnitrat,  so  tritt  bei  den  Versuchstieren  Stomatitis,  Enteritis 
und  Nephritis  auf.  Daß  die  basischen  Wismutverbindungen  nicht  giftig 
Avirken,  ist  eben  ihrer  Unlöslichkeit  zuzusehreiben.  Löshche  Doppelverbin- 
dungen des  Wismuts,  wie  etwa  Wismut-Ammonium-Citrat,  die  kein  basisches 
Salz  abscheiden,  wirken  auch  innerlich  genommen  giftig.  Aus  diesem  Grunde 
kann  auch  von  einer  therapeutischen  Anwendung  des  kolloidalen  Wismuts 
nicht  gesprochen  werden,  da  dieses  als  lösUches  Wismut  die  giftigen  Eigen- 
schaften auslöst. 

Diese  interessante  Substanz  erliält  man,  wenn  man  Wismuttartrat,  das  man  mit 
Hilfe  von  Weinsäure  und  Kali  in  Lösung  gebracht  hat,  mit  Zinnchlorür  und  Lauge  ver- 
setzt ;  es  entsteht  eine  klare,  braune  Flüssigkeit,  welche  nur  ganz  geringe  Spuren  von  Wis- 
mut absetzt  und  aus  der  Wismut  leicht  ausgesalzen  werden  kann.  Das  durch  Aussalzen 
gewonnene  Wismut  löst  sich  nur  mehr  teilweise  im  Wasser,  da  es  bald  wieder  in  die 
gewöhnliche  Form  übergeht. 

»)  AePP.  ao,  40. 


Wismut.  665 

Kalle,  Biebrich^),  stellen  Wismutoxyd  in  kolloidaler  Form  enthaltende  Substanzen 
lier,  indem  sie  Protalbinsäure  imd  Lysalbinsäure  in  Form  ihrer  Natriumsalze  mit  be- 
stimmten Mengen  löslicher  Wismutsalze  und  mit  überschüssigen  Mengen  kohlensaurer 
oder  ätzender  Alkalien  versetzen  und  die  so  gebildete  kolloidale  Lösung  durch  Diffusion 
gegen  Wasser  reinigen. 

Man  erhält  das  gleiche  Präparat,  wenn  man  die  in  DRP.  117  269  beschriebene  Bis- 
mutose  in  der  Wärme  mit  verdünnter  Natronlauge  behandelt,  die  filtriert«  Lösung  dia- 
lysiert  und  alsdann  im  Vakuum  zur  Trockene  eindampft-). 

Von  den  anorganischen  Wismutverbindungen  sind  nur  zwei  für  unsere 
Zwecke  erwähnenswert.  Das  sog.  lösliche  phosphorsaure  Wismut  ist  eine 
Dojjpel Verbindung,  welche  20%  Wismutoxyd  enthält  und  die  als  Darmadstrin- 
gens empfohlen  wird.  Vor  der  Anwendung  von  löslichen  Wismutverbindungen 
muß  entschieden  wegen  der  Giftigkeit  gewarnt  werden;  wir  wenden  ja  eben 
die  Wismutpräparate  gern  an,  weil  sie  unlöslich  mid  deshalb  inigiftig  sind.  Wis- 
mutoxyjodid,  welches  Jod-  und  Wismutwirkung  vereinigt,  wurde  von  Sidney 
Reynolds*)  bei  Ulcerationen  empfohlen.  Wir  erwähnen  diese  Verbindung,  da 
mekrere  organische  Wismutpräparate  anf  ihr  basieren. 

Man  kann  die  synthetisch  dargestellten  Wismutpräparatc  zweckmäßig 
in  drei  Gruppen  teilen: 

1.  Basische  Wismutverbindungen  mit  organischen  Säiu-en, 

2.  Verbindmigen  mit  aromatischen  Phenolen  und 

3.  organische  Verbindmigen  mit  Wismutoxj'jodid. 

Über  die  Wirkung  aller  dieser  Präparate  läßt  sich  folgendes  aussagen: 
Wismut  Verbindungen,  ob  niui  eine  organische  oder  anorganische  Kompo- 
nente in  diese  eintritt,  sind  imter  allen  Umständen  wegen  ihrer  großen  Reiz- 
losigkeit als  vorzügliche  Streupulver  anzusehen,  Wemi  es  sich  um  unlöshche 
Verbindimgen  handelt.  Man  könnte  da  selbstverständlich  eine  Unzahl  von 
Kombinationen  mit  allerlei  Phenolen  und  Säuren  schaffen,  ohne  daß  an  der 
Wirkung  auf  die  Wimden  irgend  etwas  geändert  werden  möchte,  denn  die  Ab- 
spaltung der  organischen  Komj)onente  auf  Wundflächen  kann  ja  doch 'nur 
in  äußerst  geringem  Maße  erfolgen.  Für  diese  Verbindungen  ist  vom  Stand- 
punkte eines  Ersatzmittels  des  Jodoforms  zu  verlangen,  daß  sie  voluminös 
seien,  iim  im  Gebrauche  sparsam  sein  zu  können,  ferner,  daß  die  organische 
Komponente  reizlos  sei.  Eine  der  wichtigsten  Forderungen  aber  ist,  daß  die 
so  dargestellten  Wismutverbindimgen,  aivf  deren  antiseptische  Kraft  sich  die 
C'hirurgen  gemeiniglich  nicht  verlassen,  sterilisierbar  sind,  d.  h.  daß  sie  sich 
ohne  Zersetzung  auf  etwa  110°  erhitzen  lassen,  da  sie  als  unlöshche  Substanzen 
meist  füi'  sich  noch  keine  antiseptischen  Effekte  auszulösen  in  der  Lage  smd. 
Eme  scheinbar  lächerliche  Empfehlung  für  den  Clieraiker  ist  es,  Wismutver- 
bindungen für  die  Zwecke  der  Wimdbehandlungen,  womögUch  von  gelber  Farbe, 
darzustellen  und  doch  verdanken  einzelne  dieser  Mittel  nur  diesem  Umstände 
ihre  so  ausgebreitete  Verwendung  in  der  medizinischen  Praxis.  Für  das  stark- 
riechende, gelbe  Jodoform  mit  seinen  häufig  Ekzem  hervorrufenden  Eigen- 
schaften wurden  Ersatzmittel  gesucht,  die  man  ebenfalls  als  Streupulver  ver- 
wenden koimte.  Diese  sollten  geruchlos  sein,  da  die  Behandlung  mit  Jodoform 
in  der  Privatpraxis  trotz  der  großen  Erfolge  auf  den  größten  Widerstand  stieß, 
weU  die  Patienten  durch  den  Geruch  geradezu  stigmatisiert  wurden.  Bei  der 
großen  Angewöhnung  der  Ärzte  an  das  gelbe  Jodoform  ist  es  klar,  daß  sie  unter 
sonst  gleichen  Umständen  einen  gelben  Körper,  an  den  sie  schon  gewöhnt 
waren,  vorziehen  werden.   Während  für  die  äußere  Verwendung  die  organische 

')  DRP.  164  6ti3.  -)  DRP.  172  683,  Znsatz  zu  DRP.  164  063. 

')  Amoric.  Journ.  of  Pharm.  Vol.  58,  Nr.  12. 


ßOg  Antisepticn   und  Adstringentia. 

Komponente  fast  gleichgültig  ist,  liegen  bei  internem  Gebrauche  die  Verhält- 
nisse ganz  anders.  Vor  allem  wird  durch  den  alkalischen  Darmsaft  Wismut  aus 
der  Verbindung  abgespalten,  anderseits  zerlegt  auch  der,  namentlich  bei  Darm- 
katarrhen, entwickelte  Schwefelwasserstoff  die  Wismutverbindung,  so  daß  in 
beiden  Fällen  die  organische  Komponente  frei  Avird  und  zur  Wirkung  gelangen 
kann.  Während  für  die''Anwendung  als  Streupulver  die  organische  Komponente 
nur  insofern  von  Belang  ist,  als  sie  für  die  physikahsche  Beschaffenheit  des 
^Endproduktes  Bedeutung  hat,  muß  man  bei  der  Darstellung  von  Wismut- 
verbindungen für  den  internen  Gebrauch  darauf  achten,  möglichst  ungiftige 
Säuren  oder  Phenole  mit  kräftigen,  antiseptischen  ^Eigenschaften  auch  in  Form 
ihrer  Alkali  Verbindungen  in  Verwendmig  zu  ziehen.  Mag  es  für  die  Anwendung 
auf  Wundflächen  von  Bedeutung  sein,  ob  ein  Wasserstoff  des  Wismutoxyd- 
hydrates durch  Jod  ersetzt  ist,  so  muß  man  die  Bedeutung  dieser  Jodeinführung 
füi'  Präparate,  die  für  den  internen  Gebrauch  als  Darmadstringenzien  bestimmt 
sind,  in  Abrede  stellen.  Anderseits  ist  es  für  den  internen  Gebrauch  ungemein 
^v'iehtig,  solche  Wismutverbindungen  zu  haben,  die  an  den  sauren  Magensaft 
kein  Wismut  in  Lösung  abgeben. 

Das  erste  Präparat,  welches  als  Jodoformersatzmittel  dargestellt  wurde, 
das  basisch -gallussaure  Wismut  (Dermatol),  hat  seine  ausgebreitete  Anwendung 
und  Beliebtheit  nicht  etwa  seinen  großen  Vorzügen  vor  allen  später  dargestellten 
Wismutpräparaten  zu  verdanken,  sondern  vielmehr  dem  Umstände,  daß  es 
schwer  ist,  Ärzte  für  eine  ganz  neue  Anwendung  eines  Jahrhunderte  lang  be- 
kannten und  für  andere  Zwecke  bewähi-ten  Heilmittels  zu  begeistern.  Es 
liegt  in  der  Natur  der  vSache,  daß  ein  neues  Präparat,  welches  von  Fabrikanten 
mit  großer  Reklame  getrieben  wird,  auch  bei  ganz  gleichen  Eigenschaften  ülier 
das  altbekannte  Magisterium  Bisnnithi  obsiegen  mußte,  welches  zu  poussieren 
niemand  ein  großes  wissenschaftliches  oder  pekuniäres  Interesse  hatte,  und  nur 
diese  zwei  Triebfedern  kommen  füi-  die  literarische  Empfehlung  der  Heilmittel 
in  Betracht.  Zudem  hat  DermatoU)  die  sehr  bestechende  Eigenschaft,  als 
geruchloses,  aber  gelbes  Jodoform-Ersatzmittel  aufzutreten. 

Die  Darstellung^)  dieses  Körpers  geschieht  in  der  Weise,  daß  man  entweder  eine 
alkoholische  Lösung  von  Gallussäure  mit  einer  sauren  Lösung  von  salpetersaurem  Wismut 
zusammenbringt  und  allmählich  neutralisiert,  oder  daß  man  ein  wasserlösliches  Salz  der 
Gallussäure  mit  einer  sauren  Lösung  von  salpetersaurem  Wismut  mischt  und  hierauf 
neutralisiert. 

Die  dem  Taimin  sehr  nahestehende  GaUussävu-e  äußert  im  Darme  ebenfalls 
eine  Wirkung  ähnlich  wie  Taimin  (s.  d.).  Dermatol  ist  gelb,  ungiftig,  reizlos, 
geruchlos,  beständig  und  sterilisierbar,  kurz  das  Ideal  eines  unschädlichen 
Wundstreupulvers  mit  mehr  mechanischen  als  chemischen  Wirkungen 3). 

Als  ohnmächtiger  Konkurrent  zu  diesem  trat  das  basisch-gallussulfosaiu:e 
Wismut*)  auf  mit  der  Prätention,  daß  Gallussulfosäure  stärker  antiseptisch 
wirke  als  Gallussäiu-e,  was  wohl  für  diese  Zwecke  von  keiner  Bedeutung  ist, 
da  es  sich  hier  nur  um  die  Wirkung  des  gallussulfosam-en  Natrons  im  Darme 
handeln  kaini,  welche  sicherlich  hinter  den  Wirkungen  des  gallussauren  Natrons 
zurückstehen  muß,  da  es  ferner  hier  nicht  so  auf  die  antiseptische  Wirkung, 
als  vielmehr  auf  die  adstringierende  ankommt. 

Die  Darstellimg  dieses  Präparates,  welches  keine  praktische  Anwendung  gefuiiden 
hat,  geschieht  in  der  Weise,  daß  man  getrocknete  Gallussäure  in  die  fünffache  Menge 
rauchender  Schwefelsäure  mit  25%  Anhydrid  einrührt  und  die  Temperatur  nicht  über  ÖO*" 

^)  Heinz  und  Liebrecht,  Berliner  klin.  Wochonschr.  1891,   .584  und   744. 
=)  Versagt«  DRI'.-Anm.  533,5.  ")  Berliner  klin.  Wochensclir.  1S91,   Nr.  27. 

*)   DRP.  74  602. 


Wismut.  667 

steigen  läßt,  hierauf  in  Eiswasser  eingießt.    Durch  Einwirkung  der  gebildeten  Gallussulfo- 
säure  auf  Wisrauthydrat  erhält  man  ebenfalls  ein  unlösliches,  gelbes  Pulver. 

Statt  nun  Gallussäure  zu  verwenden,  wurde  auch  Methylendigallussäui'e 
mit  Wismut  in  Kombination  gebracht,  um  so  einen  Körper,  der  die  Wirkung 
des  Formaldehj'ds  der  Gallussäure  mit  denen  der  basischen  Wismutsalze  ver- 
bindet, zu  erhalten.  Diese  Substanz  wiude  unter  dem  Namen  Bismal  für  den 
inneren  Gebrauch  empfohlen. 

Zur  Darstellung  läßt  man  Methylendigallussäure  in  Gegenwart  von  Wasser  bei 
mäßiger  Temperatur  auf  Wismuthydroxyd  einwirken^). 

Das  erhaltene  voluminöse  Pulver  hat  eine  graublaue  Farbe,  was  wohl  die 
größere  Anwendung  dieser  Substanz  geschädigt  haben  mag.  Die  Zusammen- 
setzung des  Bismals  ergibt,  daß  bei  dieser  Reaktion  vier  Moleküle  Säure  mit 
drei  Molekülen  Wismut  in  Verbindung  getreten  sind.  Auch  Mono-  und  Dibrom- 
gallussäureverbindungen  des  Wismuts  wiirden  überflüssigerweise  versucht*). 

Wismuttannat,  welches  in  seiner  Zusammensetzung  dem  Ditannat  nahekommt, 
erhält  man,  indem  man  normales  Wismutsalz  mit  Tannin  und  Soda  umsetzt  und  das  aus- 
geschiedene Produkt  mit  Wasser  auswäscht  und  bei  niederer  Temperatur  trocknet'). 

Hey  den,  Radebeul,  stellen  eine  Wismuttannin  Verbindung,  welche  in  ihrer  Zu- 
sammensetzung dem  Wismutditannat  nahekommt,  in  der  Weise  her,  daß  sie  eine  wässerige 
Tanninlösung  mit  der  Lösmig  eines  Wismutsalzes,  im  Verhältnis  von  2  Mol.  Tannin  zu 
1  Mol.  Wismutsalz,  bei  gewölinlicher  Temperatur  behandeln^). 

Zu  erwähnen  sind  noch  folgende  Verbindungen,  die  aber  nur  kurze  Zeit 
in  Verwendung  standen: 

Phenylschwefelsaures  Wismut.  Da  j)henjdschwefelsaures  Alkali  im  Darme 
keine  antiseptische  Wirkung  auslösen  kann,  so  kann  phenylschwefelsaures 
Wismut  keinerlei  Vorzüge  vor  dem  Magisterium  besitzen. 

Wismuttrisalicylat  ist  überhaupt  nicht  existenzfähig.  Bei  Umsetzung  einzelner 
Wismutsalze  mit  salicylsaurem  Natrium  erhält  man  nicht  Tri-,  sondern  Wismutdisalicylat 
(auf  1  Atom  Wismut  2  Mol.  Salicylsäure)  und  freie  Sahcylsäure,  die  sich  durch  indifferente 
Lösungsmittel  in  der  Kälte  oder  durch  vorsichtiges  Neutralisieren  weglösen  läßt,  beim 
Auskochen  hingegen  erhält  man  Wismutmonosalicylat.  Das  eine  Molekül  Sahcylsäure  ist 
sehr  leicht  abspaltbar.  Wismutdisalicylat  stellt  man  her  durch  Umsetzen  von  normalem 
Wismutsalz  mit  salicylsaurem  Salz,  und  zwar  durch  vorsichtiges  Neutralisieren  oder  durch 
Behandlmig  mit  Alkoholäther.  Es  wird  z.  B.  Wismutnitrat  mit  salicylsaurem  Natron 
umgesetzt,  mit  Ammoniak  gerade  neutralisiert,  mit  kaltem  Wasser  ausgewaschen  und  bei 
gewöhnlicher  Temperatur  getrocknet'). 

Gastrosan  ist  Bismutum  bisalicylicum.  Die  Hälfte  der  Salicylsäure  spaltet 
sich  schon  im  Magen  ab. 

Ebenso  zwecklos  wie  die  Kombination  des  Wismuts  mit  Sahcylsäure 
(saUcylsaures  Wismut),  da  ja  Sahcylsäure  als  Alkalisalz  im  Darme  doch  gar 
keine  lokale  Wirkung  ausüben  kann,  ist  die  Kombination  des  Wismuts  mit 
der  Dithiosalicylsäm'e  (Wismutdithiosalicylat)  als  Darmantisepticum.  Als 
Wundstreupulver  und  Jodoformersatzmittel  mag  es  ja  analoge  Wirkung  wie 
jedes  andere  Wismutpräparat  haben.  Es  ist  ein  graugelbes,  geruch-  und 
geschmackloses  voluminöses  Pulver,  Thioform  genannt*). 

Die  Darstellimg  geschieht  durch  Einwirkung  der  DithiosaUcylsäure  bzw.  des  Gemenges 
der  beiden  isomeren  Dithiosahcylsäuren  auf  Wismutoxydliydrat. 

Jodsahcylsaures  Wismut  wird  Jodybin  genamit'). 

Zu  den  basischen  Säurewismutverbindungen  gehört  auch  Loretinwismut 
(s.  Loretin). 

1)  DRP.  87  099.  «)  DRP.-Anm.  F.  10  712  (zurückgezogen). 

3)  Heyden,  Radebeul,  DRP.  172  933.  *)  Heyden,  Radebeul,  DRP.  202  244. 

■'■')  Heyden,  Radebeul,  DRP.  168  408.  ")  Thorap.  Monatshefte  8,   164. 

')  Eugen  Israel,  Mediz.  Woche   190«,   13'J. 


g  g  8  Antisept ica  und  Adstringentia. 

Um  den  Übelstand  zu  vermeiden,  daß  die  als  Darmantiseptica  verwendeten 
Wismutsalze  im  Magen  giftiges  Clilor\vismut  bilden,  wurde  folgendes  Verfahren 
eingeschlagen.  Die  Doppelsalze  des  Wismuts,  z.B.  mit  Milchsäure  undTaiuiin 
oder  Gallussäure,  erwiesen  sich  als  erheblich  widerstandsfähiger  gegen  ver- 
dümite  Säuren  als  die  einfachen  basischen  Salze.  Solche  Verbindungen  sind 
z.  B.  die  Monolactoditamiate  und  die  Dilactomonotarmate  des  Wismuts,  sowie 
deren  basische  Salze. 

Wismutdilactomonotannat  wird  Lactanin  genannt. 

Man  erhält  sie  durch  Fällen  von  trimilchsaurem  Wismut  mit  der  theoretischen  Menge 
Gerbsäure.  Man  kann  entweder  Wismuthydroxyd  in  Milchsäure  zu  einem  Lactat  auf- 
lösen imd  dieses  mit  Gerbsäure  behandeln  oder  aber  mngekehrt,  z.  B.  basisch  gerbsaures 
AVismut  mit  Slilchsäure '). 

Zu  erwähnen  wäre  noch  Hetoform  (zimtsaures  Wismut  von  der  Zusammen- 
setzung Bi(C9H702)3  •  BioOg) ,  ein  weißes,  zimtartig  riechendes  Pulver,  welches 
durch  Wechselumsetzung  von  AMsmutnitrat  und  zimtsaurem  Natron  gewonnen 
vriid. 

Eine  weitere  Gruppe  von  Wismutpräparaten,  die  ebenfalls  als  basische 
Salze  von  organischen  Säuren  imd  AVismut  anzusehen  sind,  sind  Körper,  in 
denen  Jod  statt  eines  Wasserstoffes  des  Metallhydroxydes  enthalten  ist,  um 
auch  die  Jodwirkung,  welche  ja  beim  Jodoform  so  vorteilhaft  zur  Geltung 
kommt,  diesen  Präparaten  zu  verleihen.  Das  wichtigste  Präparat  und  auch  das 
zuerst  dargestellte  dieser  Gruppe  ist  das  basisch  gallussaure  Wismutcsj^odid, 
unter  dem  Namen  Airol  mit  mächtiger  Reklame  getrieben,  obwohl  es  nicht 
besser  und  nicht  schlechter  als  die  anderen  Wismutpräparate  als  Jodoform- 
ersatzmittel war.  Chemisch  ist  es  als  Dermatol  anzusehen,  in  welches  ein 
Halogenatom,  und  zwar  Jod,  emgeti-eten  ist.  Es  ist  graugrünes,  geruch-  und 
geschmackloses  Pulver,  welches  den  Vorzug  besitzt,  lichtbeständig  zu  sein. 
Es  muß  als  viel  weniger  giftig  als  Jodoform  angesehen  werden.  Seine  Giftigkeit 
ist  jedoch  noch  größ3r  als  die  des  Dermatols,  was  wohl  auf  die  Jodwirkung 
zu  beziehen  ist.  Dasselbe  Präparat  wurde  von  anderer  Seite  auch  imter  dem 
Namen  Airoform  eingeführt^). 

Die  Darstellung  kann  auf  zweierlei  Wiese  erfolgen').  Man  läßt  verdünnte  Jodwasser- 
stoffsäure auf  Dermatol  in  der  Weise  einwirken,  bis  die  gelbe  Farbe  in  eine  graugrüne 
übergegangen  ist,  hierbei  tritt  Jod  in  das  Wismuthydroxj'd  und  nicht  in  den  Gallussäure- 
rest ein*);  oder  man  läßt  Gallussäure  auf  Wismutoxyjodid  einwirken  und  erwärmt  das 
Ganze,  bis  die  rote  Farbe  vollständig  in  dunkel-graugrün  übergegangen  ist.  Man  kann 
auch  die  Eiuwirkimg  der  Gallussäure  auf  das  Wismutoxyjodid  in  statu  nascendi  des  letz- 
teren vornehmen.  Zu  einer  Lösung  von  Jodkalium  und  Gallussäure  läßt  man  eine  Lösung 
von  Wismuthydrat  imd  essigsaurem  Natron  einfließen  und  erwärmt,  bis  der  entstandene 
Niedei-schlag  graugrün  wird. 

Auch  \om  Gallussäuremethylester  ausgehend,  wurde  Jodgallicinwismut,  welches 
dem  Airol  gleichwertig  ist.  dargestellt. 

Durch  Behandlung  von  Gallocarbonsäure  mit  Wismutoxyjodid  oder  von  basisch 
gallocarbonsaurem  Wismut  mit  Jodwasserstoffsäure  gelangt  man  zu  antiseptisch-adstrin- 
gierenden  Verbindungen. 

Vom  Tannin  ausgehend,  wurden,  wie  \on  der  Gallussäure,  ebenfalls  Verbindungen 
mit  Wismutoxyjodid  erhalten^).  Ihre  Darstellung  wurde  durch  den  Umstand  entschul- 
digt, daß  man  bei  der  Herstellung  von  Verbandgaze,  die  mit  Airol  imprägniert  werden 
soll,  auf  große  Schwierigkeiten  stößt,  während  die  Wismutoxyjodidlacke  des  Tannins 
durch  ilire  physikalische  Beschaffenheit  sich  für  diesen  Zweck  gut  eignen  sollen.  Doch 
hat  diese  Modifikation  bei  der  großen  Uberfüllung  des  Marktes  mit  ähnlichen  Präparaten 
keinen  Anklang  gefunden.  Bei  der  Ein^^'irkimg  von  Tannin  auf  Wismutoxyjodid  oder  bei 
der  Darstellung  dieser  Verbindung  aus  frisch  entstehendem  Wismutosj'jodid  können  sich 

')  DRP.  113  128.  2)  Kori-espond(-tizbl.  f.  Schweiz.  Arzte  1900,  Nr.  1. 

3)  DRP.  80  399.  *)  HRP.  82  593.  '")  Bayer,  DRP.  295  988. 


Wismut.  669 

drei  Körper  bilden,  die  einen  verschiedenen  Gehalt  an  Wismut  und  Jod  zeigen.  Die  für 
therapeutische  Zwecke  empfohlene  Substanz  erweist  sich  als  ein  Gemenge  der  drei  folgen- 
den Wismutoxyjodidlacke  ') : 

CsHo^O^^'-'  C,H,-0^^'-'  C.H,^0^^''' 

I  OH  I  OH  I  OH 

CO  CO  CO 

I  1  I 

O  O  o 

C„H,^OH  C,H,(0>S"'  CeH.,(0>«'"H 

COOK  COOK  COOK 

VVismutoxyjodidagaricinat-),  wegen  der  antihydrotischen  Eigenschaften  der  Agaricin- 
säure  dargestellt,  entsteht  durch  Einwirkung  von  Jodwasserstoff  auf  einfach  basisch 
agarinsaures  Wismut  oder  Wismutoxyjodid  auf  Agaricinsäure  resp.  Alkaliagaricinate. 

Da  Tetra jodphenolphthalein  zwei  freie  Hydrosyle  hat,  so  gelingt  es  leicht, 
durch  Umsetzen  de.s  Xatronsalzes  des  Tetrajodphenolphthaleins  mit  lösUchen 
Salzen  der  SchwermetaUe  zu  den  Tetrajodphenolphthalein-Metallrerbindungen 
zu  gelangen,  in  denen  die  Wasserstoffe  der  Hydroxylgruppen  durch  Metall 
ersetzt  sind^).  Es  wiurden  von  solchen  Verbindungen  das  Zinksalz,  das  Eisen- 
salz, das  Quecksilber-  und  Wismutsalz  dargestellt.  Letzteres  kann  man  in  zwei 
Modifikationen  erhalten :  als  neutrales  Wismutsalz 

p/C^HjJjON 

p  TT   /      \C«HoJ<»0    I   Tj; 


und  als  basisches  Salz 


•-6^4X00^==  O 


Letzteres  wurde  unter  dem  Namen  Eudoxin  in  die  Therapie  eingeführt, 
konnte  sich  aber  nicht  behaupten,  trotzdem  ihm  ja,  wie  allen  basischen  Wismut- 
verbindungen, die  diesen  eigentümlichen  therapeutischen  Eigenschaften  zu- 
kommen müssen  (s.  S.  650).  Der  hohe  Preis  dieser  Verbindungen  dürfte  neben 
der  Übersättigung  des  Marktes  mit  ähnlichen  Präparaten  der  Verbreitung  im 
Wege  gestanden  sein. 

Die  therapeutischen  Eigenschaften  aller  dieser  Verbindmigen  beruhen, 
wie  wir  wiederholt  erwähnt  haben,  auf  der  Gtegenwart  von  Wismut,  bei  den 
Oxyjodidverbindimgen  auch  noch  auf  der  Abspaltung  der  Jodkomponente. 

Man  erzielt  aber  keinen  Vorteil,  wenn  man  auch  Halogen  in  die  organischen 
Säuren  einführt.  Ein  solches  Präparat  wurde  diu-ch  Einwirkimg  von  Mono- 
imd  Dibromgallussäure  auf  Wismutoxyjodid  in  der  Wärme  erhalten. 

Während  die  Einführung  von  organischen  Säuren  in  die  Wismutverbindmig 
für  deren  antiseptische  Wirkung,  namentlich  im  Darme,  aus  dem  Grunde  gleich- 
gültig ist,  weil  diese  Säuren  in  alkahscher  Lösung  keineswegs  gärungshemmend 
wirken,  erweist  es  sich  als  von  Vorteil,  Wismut  mit  Phenolen  zu  kombinieren, 
die  auch  in  alkalischer  Lösung  antizymotische  Fähigkeiten  besitzen. 

Von  Bedeutimg  ist  bei  der  Auswahl  der  mit  dem  Wismut  zu  kombinierenden 
Phenole  neben  der  antiseptischen  Ki'aft.  derselben  noch  die  Größe  ihrer  Giftig- 
keit. Die  Wismutphenolate  üben  in  vitro  keine  abtötende  Wirkung  auf  Fäulnis- 
bakterien aus,  sie  hemmen  sie  in  ihrer  Wirkung  nur  wenig.  (Ahnlich  verhält 
sich  auch  Jodoform.)  Durch  den  Magensaft  bzw.  durch  die  Salzsäure  des- 
selben wird  nur  wenig  Wismut  als  Chlorwismut  abgespalten,  so  daß  diese  Ver- 

1)  DRP.  101  776.  2)  Riedel,  BerUn,  DRP.  138  713.  ^)  DRP.  87  785. 


670  Antiseptica  und  Adstringentia. 

biudungen  nahezu  unzersetzt  in  den  Dünndarm  gelangen,  wo  sie  langsam  in 
ihre  beiden  Komponenten  gespalten  werden.  Alle  diese  Verbindungen  erweisen 
sich  als  sehr  wrksam  bei  akuten  und  chronischen  Magen-  und  Darmbeschwerden. 
Dargestellt  wurden  in  dieser  Reihe  Phenolwismut,  m-Kresolwismut  und  /^-Xaph- 
tholwismut^).  Das  letztere  wurde  unter  dem  Namen  Orphol  eine  kurze  Zeit 
als  Antiseptieum  und  als  Adstringens  benützt.  Wie  alle  Körper  dieser  Reihe 
ist  es  geschmacklos.  Auch  vom  PyrogaUol,  welches  sich  durch  seine  stark 
reduzierenden  Eigenschaften,  namentlich  in  alkalischer  Lösung  auszeichnet, 
wurde  eine  nicht  giftige  Wi^mutverbindung  dargestellt.  Ebenso  wurde  eine 
Wismutoxyjodidvcrbindung  des  Pyrogallols  ganz  analog  nach  dem  zur  Ge- 
wLmiung  des  Airols  empfohlenen  Verfahren  erhalten^).  Auch  das  OxypjTogallol 
genamite,  aus  PjrogaUol  durch  Einwirkung  von  atmosphärischer  Luft  und 
Ammoniak  erhaltene  Oxydationsprodukt  wurde  zur  Darstellung  einer  Wismut- 
oxyjodidverbindung  benützt,  ohne  daß  diese  je  Verwendung  gefixnden  hätte. 

Das  Wismutsalz  der  Gallussulfosäure  besitzt  keine  nennenswerten  adstringierenden 
Wiikungen,  hingegen  aber  das  basische  Wismutsalz  der  Gallocarbonsäure.  Man  läßt 
(iallocarbonsäure  auf  saure  Lösungen  von  Wismutsalzen  oder  auf  Wismuthydroxj'd  ein- 
wirken'). 

Läßt  man  auf  Wismuthydroxyd  oder  basische  Wismutsalze  Gallocarbonsäure  bei 
Gegenwart  von  Alkali  einwirken,  so  erhält  man  basisch  gallooarbon.saure3  Wismut*). 

Man  erhält  Jod  und  Wismut  enthaltende  Verbindungen  der  Oxychinoline  xmd  ihrer 
Kemhomologen  und  Substitutionsprodukte,  wenn  man  auf  letztere  Wismutoxyjodid  ein- 
wirken läßt.  Beschrieben  sind  die  Verbindungen  %'on  8-Oxychinolin,  5-Brom-8-oxychinolin, 
ö-Methyl-8-oxychinoUn,  ö-Methyl-7-jod-8-oxychinolin,  6-Oxychinolin,  5-Brom-6-oxychino- 
lin,   7-Oxychinolin,  5.7-Dibrom-8-oxychinolin^). 

Einfacher  erhält  man  diese  Verbindungen,  wenn  man  auf  die  Wismutverbindungen 
der  Oxychinoline  Jodwasserstoff  oder  auf  die  jodwasserstoffsauren  Salze  der  Oxychinoline 
Wismutverbindungen  einwirken  läßt'). 

Die  Einführung  von  Halogen  in  die  organischen  Säuren,  die  man  mit 
Wismut  kombiniert,  ist  aus  dem  Gnmde  zwecklos,  weil  die  halogensubstitiderten 
organischen  Säuren  in  Lhreu  -Alkahsalzen  ebensowenig  antiseptisch  wirken  können 
als  die  halogenfreien  Salze.  Anders  verhält  es  sich  hingegen  bei  Verwendmig 
von  Phenolen;  da  diese  auch  in  alkalischer  Lösung  ihre  antiputride  Wirkung 
ausüben,  so  werden  diese  Verbindungen  stärker  wirken,  wenn  Halogen  in  die 
Phenole  substituiert  wird,  da  ja  die  antiseptische  Kraft  der  Phenole  durch 
Ersatz  von  Kernwasserstoffen  durch  Halogen  erhöht  wird.  Aus  diesem  Grunde 
wurde  Tribromphenol  CgHjBrj  •  OH ,  welches  viel  stärker  wirkt  als  Phenol, 
mit  dem  Wismut  kombiniert.  Tribromphenolwismut  wurde  zuerst  nur  als 
Darmantisepticum  verwendet.  Es  war  ja  das  kurze  Zeit  geheimgehaltene 
Mittel,  welches  bei  der  großen  Hamburger  Choleraepidemie  versucht  wurde"). 
Erst  später  wurde  es  unter  dem  Xamen  Xeroform  als  Wundantisepticum 
empfohlen.  Wie  Dermatol  hat  es  den  Vorzug,  gelb  gefärbt  zu  sein.  Es  ist 
lichtbeständig,  nicht  giftig  und  reizlos. 

Die  Herstellung  des  Tibromphenolwismuts  erfolgt  durch  Wechselwirkung  von  Tri- 
bromphenolalkali  und  Wismutsalzen*). 

Tribrombrenzcatechin  erhält  man  durch  Behandlung  von  Brenzcatechin  mit  Brom 
im  Verhältnis  von  1  :  3  Mol.  unter  Ausschluß  des  Arbeitens  in  essigsaurer  Lösung').  Die 
Darstellung  von  Wismutsalzen  des  Tribrombrenzeateehins  geschieht  durch  Umsetzung  in 
alkalischer  Lösung^"). 


M  Arch.  biol.  St.  Petersbiu-g   1893,  247.  ^)  DRP.  94  287,   100  419. 

ä)  Bayer,  DRP.  268  932.  ••)  Bayer.  DRP.  276  072,  Zusatz  zu  DRP.  268  932. 

*)  Bayer,  DRP.  282  455.  «)  Bayer,  DRP.  283  825,  Zusatz  zu  DRP.  282  455. 

')  Hueppe,  Berliner  klin.  Wochenschr.  1893,   162.  ')  DRP.  78  889. 

»)  Heyden,  DRP.  215  337.         ")  DEP.  207  444. 


Queckailberverbindungen.  671 

Zu  erwähnen  ist  noch,  daß  auch  vom  Chinolinrhodanati),  welchesEdinger') 
empfohleu,  eine  Wismutverbiiidung,  Krurin  benannt,  ein  grobkörniges,  rot- 
gelbes Pulver,  als  Ai'zneimiltel  eingeführt  wurde;  während  die  Wismutver- 
bindungen sonst  ganz  reizlos  sind,  erzeugte  dieses  Präparat  merkwürdiger- 
weise nach  der  Apphkation  Schmerzgefühl'). 

Für  innere  Anwendung  wurde  Wismut  auch  mit  Eiweißkörpern  kombiniert. 
Von  solchen  Prä^^araten  wm-den  zwei  dargestellt:  Wisrautalbuminat,  Bismutoso 
genannt*),  und  Wismutpeptonat^). 

Wismutalbiuninat  wird  durch  Behandeln  mit  Formaldehyd  in  Formaldehyd-Eiweiü- 
wismut  verwandelt. 

A.  Busch,  Braunschweig,  stellt  ein  im  Mageusaft  schwer  lösliches  Jodwismut- 
Eiweißpräparat  her  durch  Fällung  von  Eiweißkörpern  mit  Kaliumwismutjodid  und  Er- 
liitzen  des  Niederschlages  für  sich  oder  in  Gegenwart  von  Toluol  oder  Xylol  auf  Tem- 
peraturen von  100 — 130°^). 

Das  im  DRP.  177  109  bescluiebeiie  Präparat  wird  in  wässeriger  Suspension  zur  Ver- 
minderung der  Fällbarkeit  mit  Formaldehyd  behandelt  oder  die  Vorbehandlung  mit 
Formaldehyd  an  dem  frisch  gefällten  Niederschlag  vorgenommen'). 

Saure  Metallsalze  des  Guajacols  und  dessen  Homologen  erhält  man,  wenn  man  die 
Lösimg  oder  Suspension  des  betreffenden  Phenoläthers  in  überschüssiger  Salzsäure  oder 
Essigsäure  mit  anorganischen  Metallsalzlosungen  in  der  Wärme  vermischt,  alsdann  die 
überschüssige  Säure  im  Vakuum  abdestilhert,  den  uoch  heißen  Rückstand  in  Alkohol  auf- 
nimmt und  das  betreffende  saure  Salz  gegebenen  Falles  nach  dem  Abstimipfen  noch  vor- 
handener Säure  mit  Alkalien  durch  Zusatz  von  Wasser  ausfällt*). 

In  der  angegebenen  Weise  lassen  sich  fast  alle  basischen  Metalloxyde  an  einen  Über- 
schuß von  Guajacol  und  dessen  Homologen  (Kreosole,  Kreosot)  binden.  Wegen  ihrer 
therapeutischen    Wirkung   kommen   hauptsächUch   das  Wismutsalz  (OH  •  C,Hj  •  OCH3)2 

(OCH3  •  C^U^  ■  0)s  Bi,  das  Bleisalz  OH  •  CjH^  •  OCH3(OCH3)(OCHj)(OCH3)(C,H^O)2Pb ,  das 

Magnesiumsalz  (OH  •  CjHj  •  OCH3)(OCH3  •  CgH,  •  OjjMg,  und  das  Calciumsalz  (OH  •  C^U^ 

•  OCH3)(OCH3  •  CjH^  •  OjjCa  in  Betracht. 

Schering,  Berlin')  stellen  wasserlösliche  Cerprotein Verbindungen  her,  indem  sie 
»inlösliche  Cerproteinverbindungen  mit  Albumosen  behandeln.  Man  fällt  Eiweiß  mit 
Cernitrat  und  trägt  dann  den  Niederschlag  in  eine  30  proz.  Albumoselösung  ein  und  digeriert. 

Quecksilberverbindungen. 

Die  ungemein  verbreitete  Anwendung  der  Quecksilberpräparate  bei  der 
Behandlung  der  Syphilis  und  als  Antiseptica  hat  die  synthetische  Chemie  be- 
sonders vor  zwei  Aufgaben  gestellt.  Einerseits  handelte  es  sich  darum,  ein 
Präparat  zu  schaffen,  welches  leicht  löslich,  subcutan  oder  intramuskulär  sich 
injizieren  läßt,  ohne  eiweißfällend  (ätzend)  zu  wirken  (bei  Injektion  der  meisten 
Quecksilberverbindungen  treten  wohl  durch  die  ätzende  Wirkung  der  Prä- 
parate manchmal  starke  Schmerzen  auf)  und  welches  womöglich  langsamer 
ausgeschieden  wird  als  Sublimat,  das  den  Organismus  rasch  verläßt  und  dabei 
wie  alle  leicht  ionisierbaren  Quecksilberpräparate  an  der  Austrittsstelle  im 
Dickdarm  infolge  der  höheren  lonenkonzentration  zu  schweren  Geschwürs- 
bildmigen  Veranlassung  gibt.  Andererseits  hat  sich  bei  der  Verwendung  des 
SubUmats,  welches  ja  eines  der  kräftigsten  antiseptischen  Mittel  überhaupt 
ist  und  dabei  auch  als  das  biUigste  sich  erweist,  in  der  Chirurgie  der  Übelstand 
gezeigt,  daß  Sublimat  ohne  Kochsalz  in  Wasser  sich  nur  langsam  und  schwer 

M  DRP.  80  768,  86  148,  86'251.  -)  Deutsche  med.  Wochenschr.  1895,  Nr.  24. 

')  Therap.  Monatsheft«   1898,  445.  '')  Presse  möd.   190»,   289.   —  DRP.  117  209. 

^)  Kalle,  Biebrich,  DRP.  150  201.  «)  DRP.  177  109. 

')  DRP.  189  478,  Zusatz  zu  DRP.  177  109. 

")  Johannes  Potratz,  Lübbenau,  DRP.  237  019.  ^)  DRP.  227  322. 


672  Antiseptica  und  Adstringentia. 

löst,  daher  man  nicht  rasch  genug  Lösungen  dieser  Substanz  herstellen  kann. 
Diesen  Lösungen  haftet  aber  der  Fehler  an,  daß  man  im  Gegensatze  zur  Carbol- 
säure  und  ähnlichen  organischen  Desinfektionsmittebi  keine  MetaUinstrumente 
in  ihnen  sterilisieren  kann,  weil  Sublimat  sofort  unter  Abscheidung  von  me- 
talUschem  Quecksilber  reduziert  wird.  Es  bestand  nun  die  Aufgabe  darin,  ein 
Präparat  zu  schaffen,  welches  dm-ch  Metalle  aus  seinen  Lösungen  nicht  reduziert 
werden  kann  und  mit  dieser  Eigenschaft  womöglich  die  andere  verbindet,  in 
\Vasser  prompt  und  leicht  löslich  zu  sein. 

Trotz  der  zahlreichsten  Vei'suchc  dieser  Art  kann  man  nicht  l)ehaupten, 
daß  diese  beiden  Probleme  in  allgemein  zufriedenstellender  Weise  gelöst  worden 
wären.  Keines  der  vielen  für  diese  Zwecke  vorgeschlagenen  Präparate  konnte 
trotz  der  größten  Bemühung  seitens  der  Darsteller  eine  allgemeine  Anwendung 
erhalten.  Die  meisten  führten  nur  ein  ephemeres  Dasein.  Alle  Versuche  dieser 
Art  hier  anzuführen,  ist  wohl  nicht  die  Aufgabe  dieses  Buches.  Wir  werden 
uns  nur  bemühen,  an  einer  Reihe  von  ausgewählten  Beispielen  die  Richtung 
zu  zeigen,  in  denen  die  mehr  oder  weniger  erfolglosen  Versuche,  dem  Problem 
nahezukommen,  sich  entwickelt  haben,  imi  so  jeden  künftigen  SAnithetiker 
auf  diesem  Gebiete  abzuhalten,  die  bereits  erfolglos  gewandelten  Bahnen  mit 
gleichem  Mißerfolge  wiederholt  zu  betreten,  wie  es  ja  in  Unkenntnis  des  wahren 
Sachverhaltes  auf  den  verschiedensten  Gebieten  der  Arzneimittelsynthese  sehr 
häufig  geschieht. 

Anscheinend  war  man  dem  Probleme,  wasserlösliche  Quecksilberverbin- 
dungen, die,  ohne  ätzend  zu  wirken,  injizierbar  sind,  in  dem  Momente  sehr 
nahe  getreten,  als  die  Darstellung  des  kolloidalen,  wasserlöslichen  Quecksilbers 
gelungen  war^).  Beruht  ja  doch  der  schmerzhafte  Effekt  der  Injektionen  von 
Quecksilberpräparaten  insbesondere  darauf,  daß  die  Quecksilbersalze  fällende 
Eigenschaften  auf  Eiweißkörper  zeigen,  und  so  zu  entzündlichen  Reizungen 
an  der  Injektionsstelle  Veranlassimg  geben. 

Das  wasserlösliche  Quecksilber,  Hyrgol  genannt,  erhält  man,  wenn  man  Quecksilber- 
salze, z.  B.  Quecksilberoxydulnitrat,  mit  salpetersaurem  Zinnoxyd  reduziert  und  die 
entstandene  dunkle  Lösung  mit  einer  Lösung  von  citronensaurem  Ammoniak  versetzt, 
worauf  das  gelöste  kolloidale  Quecksilber  als  schwarze  Masse  ausfällt.  ^ 

Diese  Masse  gibt  mit  Wasser  eme  dunkle,  stark  fluorescierende  Lösung. 
Aber  die  Lösungen  des  kolloidalen  Quecksilbers  haben  den  großen  Nachteil, 
daß  sie  Spuren  von  Citronensäure  und  von  Zimi  enthalten,  femer  setzen  sie 
beim  Stehen  fortwährend  einen  Sehlamm  von  feinst  verteiltem  metallischen 
Quecksilber  ab,  so  daß  der  Gehalt  der  Lösmig  Schwankungen  ausgesetzt  ist 2). 
Über  den  therapeutischen  Wert  des  wasserlöslichen  Quecksilbers  kann  man 
gegenwärtig  wohl  noch  kein  abschließendes  Urteil  fäUen^).  Man  hat  nach 
verschiedenen  Methoden  kolloidales  Quecksilber  dargestellt,  ohne  daß  dieses 
Präparat  trotz  größerer  Remheit  sich  in  die  Therapie  gut  eingeführt  hätte. 

Werden  gewisse  Kolloide,  wie  Gelatine,  Gummi  usw.  in  Lösungen  mit  Pyrogallol, 
Brenzcatechin,  Hydrochinon,  Aminophenolen  gemischt,  imd  gibt  man  dieser  Mischung 
Quecksilbersalze,  wie  Sublimat,  zu,  so  entstehen  weiße  bis  gelbe  Niederschläge,  die  durch 
Zusatz  von  Alkohol  noch  vermehrt  werden  können.  Setzt  man  diesen  Suspensionen  Alkali 
zu,  so  erfolgt  momentan  Reduktion  mid  das  Quecksilber  gelangt  in  kolloidaler  Form  zur 
Abscheidung.  Es  lassen  sicli  so  feste  Hydrosole  des  Quecksilbers  mit  80%  Hg-Gehalt 
erhalten.  Wird  kein  Reduktionsmittel  zugegeben,  so  erhält  man  Quecksilberoxyd  als 
Hydrosol*). 


M  Lottermoser,  Journ.  f.  prakt.  Chemie  5T,  484  (1898). 

=)  Höhnel,  Pharmaz.  Ztg.  1898,   808. 

")  Werler,  BerUner  klin.  Wochenschr.   1898,  937.  *)  Kalle,  DRP.  286  414. 


Quecksilberverbindungen.  (573 

Lutosargin  ist  kolloidales  Quccksilberjodid. 

Die  Quecksilberverbindungcii  für  Injektionen  lassen  sich  in  mehrere 
Gruppen  trennen:  Verbindungen,  in  denen  Quecksilber  den  Hydroxylwasscr- 
stoff  in  Phenolen  oder  Kernwasserstoff  ersetzt  oder  Wasserstoff  von  basischen 
Resten  und  in  Quecksilbersalze  versdiiedener  organischer  Säuren,  die  als 
solche  keine  so  ätzenden  Eigenschaften  wie  Sul^hmat  besitzen  sollen.  An 
diese  Gruppe  scliließt  sich  die  Darstellung  von  den  verschiedensten  Eiweiß- 
verbindungen des  Quecksilbers  an,  von  der  sehr  richtigen  Voraussetzung  aus- 
gehend, daß  solche  Präi^arate  die  geringste  Ätzwirkung  haben  müssen. 

Die  Verbindungen  des  Quecksilbers  mit  Phenolen  erhält  man,  wenn  man  in  eiro 
saure  Lösung  von  salpetersaure ni  Quei  ksilberoxj-cl  eine  alkalische  Lösurg  eines  Phenols 
einträgt.  Es  kiistallisiert  dann  eine  Doppelverbindung  von  Phenolquecksilber  mit  Queck- 
silbernitrat heraus.  5Ian  kann  aiicli  das  Verfahren  in  der  Weise  modifizieren,  daß  man  die 
warme,  saure  Lösung  von  salpetersaurem  Quecksilberoxyd  in  eine  alkoholische  Lösung 
von  Phenol  gibt,  wobei  man  dasselbe  Produkt  erhält '). 

Nach  diesem  Verfahren  wurden  die  Quecksilberverbindungen  des  Phenols, 
Ilesorcins,  Naphthols,  Tribromphcnols,  des  Phloroglucins  und  des  Thymols 
dargestellt,  die  alle  in  Säuren,  mit  Ausnahme  der  Thyraolverbindung,  leicht 
löslieh  sind,  aber  deren  Salze  auch  alle  sich  leicht  zersetzen^). 

Die  therapeutische  Prüfung  der  Resorcin-  und  der  Naphtholverbindungen 
zeigte,  daß  die  Einspritzung  der  Acetate  dieser  Substanzen  heftige  Schmerzen 
verursacht. 

Die  drei  merciirierten  Kresole  unterscheiden  sich  in  der  Desinfektionskraft. 
Das  m-Derivat  wirkt  am  stärksten.  o-Oxyquccksilberphenolnatrium  ist  dem 
p-Oxyquecksilberphenolnatrium  an  Desinfektionswert  nicht  unerheblich  über- 
legen. Providol  (Dioxyquecksilberphenohmtrium)  zeigt,  daß  diu'ch  den  Ein- 
tritt einer  zweiten  Ox3-quecksilbergruppe  in  den  Benzolkeni  die  Desinfektions- 
ki-aft  nicht  unerheblich  gesteigert  wird.  Oxyquecksilber-o-chlorphenolnatriniii 
(Upsalan)  und  Dioxyquecksilberphenolnatrium  sind  besonders  wirksam^). 

Man  erhält  im  Kern  durch  Quecksilber  substituierte  Verbindimgen  der  Halogen-, 
Nitro-  oder  Halogennitrophenole,  indem  man  entweder  die  freien  Phenole  mit  QviecksUber- 
oxyd  oder  Quecksilbersalzen  oder  die  salzartigen  Quecksilberverbindungen  der  Halogen-, 
Nitro-  oder  Halogennitrophenole  mit  oder  ohne  Zusatz  von  Lösnngs-  oder  Verdünnungs- 
mitteln erhitzt.  Dargestellt  wurden  p-Chlorphenylquecksilberoxyd,  o-Nitrophenylqueck- 
silberoxyd*).  Man  kai\n  auch  Phenole,  die  andere  Substituenten  im  Kern  haben,  für  dieses 
Verfahren  benützen,  z.  B.  Xylenole  oder  deren  Halogensubstitutionsprodukte,  zwei-  und 
mehrwertige  Phenole,  deren  Homologen  imd  Alkyläther.  Beschrieben  sind  Quecksilber- 
p-xylenol  der  Formel  C5H2{CH3)2  •  OH  •  HgO  •  CO  ■  CH3,  Quecksilber-kreosol,  Quecksilber- 
pyrogallol-  1.3-diäthyläther  und  Quecksilber-monobrom-p-xylenol''). 

Thymolquecksilberacetat  ist  identisch  mit  dem  Thyinoldiquecksilberacetat 
von  Dimroth  C,H(OH)(CH3)(C3H7)(Hg  •  COCHa)^. 

O.  Liebreich  ersetzte  im  Formamid  den  Amidwas.'ierstoff  durch  Queck- 
silber und  erhielt  so  Quecksilberformamid 

HCONH     „ 
HCONH-^    ^ 

Durch  die  alkab'sche  Reaktion  des  Blutes  soll  sich  angeblich  metallisches 
Quecksilber  im  Kreislauf  aus  der  Verbindung  abscheiden. 

Auch   Quecksilberchloridharnstoff  wurde  m  gleicher  Richtung  versucht. 

Diphenylquecksilber  (CgH5)2Hg  unterscheidet  sich  von  den  Phenolat«n 
in  seinen  Wirkungen  sehr  wesentlich.    Dieser  Körper  ist  äußerst  giftig  und 

1)  DRP.  48  539.  «)  Therap.  Monatshefte   1890,  51,   128. 

')  Walter  Schrauth  imd  Walter  Schöller,  Zeitsehr.  f.  Hyg.  u.  Infektionskrankh. 
8»,  279  (1916).  *)  Bayer,  Elberfeld,  DRP.  234  851. 

5)  DRP.  250  746,  Zusatz  zu  DRP.  234  851. 

Friiukel,   Arzneimittel-Synthese.    5.  Aufl.  43 


(374  Antiseptica  und  Adstringentia. 

eignet  aich  aus  diesem  Grunde  zu  intramuskulären  Injektionen  nicht,  da  bei 
seiner  Anwendung,  nicht  wie  bei  den  Quecksilberphenolaten,  Quecksilber  lang- 
sam vom  Organismus  aufgenommen  wird,  indem  es  sich  aus  der  Verbindung 
heraiisspaltet,  sondern  es  kommt  beim  Diphenylquecksilber  erst  nach  längerer 
Einverleibung  durch  Kumulativwirkungen  zu  sehr  schweren  Vergiftungs- 
erschemungen.  Bei  den  eigentlichen  Quecksilber[>henolaten  ist  das  Quecksilber 
vermittelst  Sauerstoff  an  die  organischen  Radikale  gebunden,  daher  ist  auch 
ihre  Halt))arkeit  inid  ihre  Resistenz  eine  geringere.  Diphenylquecksilber  ist 
aber  im  Organismus  viel  beständiger,  da  es  nicht  dissoziiert,  und  äußert  daher 
spät,  aber  dann  um  so  intensiver  seine  giftige  Wirkiuig.  Dieses  Verhalten 
des  Diphenylquecksilbers  ist  identisch  mit  dem  der  von  Hepp  imtersuchten 
Verbindungen  :Dimethylquecksilber(CH3)2Hg  und  Diäthylquecksilber{C2H5)2Hg. 
Bei  den  Versuchen  mit  diesen  Substanzen  zeigt  es  sich,  daß  infolge  der  Be- 
ständigkeit dieser  Verbindungen  dem  Organismus  gegenüber  zuerst  eine  reine 
Quecksilberäthylwirkung  auftritt,  später  mischen  sich  die  VergiftungsbUder 
des  Quecksilbers  und  des  Quecksilberäthj-ls  und  schheßhch  kommt  erst  die 
reine  Quecksilberwirkung  zur  Geltung.  Diäthylquecksilber  und  Äthylqueck- 
silberchlorid sowie  Dimethylquecksilber  machen  Erscheimnigen  zentraler  Natur 
und  erst  nach  mehreren  Tagen  tritt  Quecksilber  im  Harn  auf^).  Nach  Hepp 
bewirkt  die  scheinbar  geringe  Giftigkeit  imd  die  außeroi'denthche  Länge  des 
Latenzstadiums  bei  der  Vergiftinig  die  grüßte  Gefahr  bei  der  therapeutischen 
Anwendung  dieser  Substanzen.  Während  bei  den  üblichen  Quecksillierbehand- 
lungen  das  Auftreten  bestimmter  Symptome,  so  z.  B.  der  Salivation,  Stoma- 
titis, Tenesmus  und  blutiger  Stühle  uns  anzeigt,  daß  die  Kur  zu  unterbrechen 
sei,  weil  bereits  eine  Quecksilbervergiftung  eintritt,  haben  wir  bei  den  nicht 
dissoziierenden  organischen  Derivaten  des  Quecksilbers  keine  Zeichen,  welche 
inis  die  nahende  Gefahr  verraten,  da  erst  spät,  aber  dann  Tim  so  heftiger,  das 
Vergiftungsbild  erscheint.  Von  diesem  Gesichtspunkte  ans  hält  Hepp  die 
Anwendung  von  nicht  dissoziablen  Derivaten  des  Quecksilbers  in  der  Therapie 
als  durchaus  verwerflich. 

Ai'omatische  Quecksilberverbindungen  kann  man  darstellen,  weiui  man  aromatisclio 
^Visenverbindimgen,  welche  dreiwertiges  Arsen  enthalten,  mit  Queeksilberoxyd  oder 
Queeksilbersalzen  behandelt.  Aus  Phenylarseuoxyd,  welches  man  in  Lauge  löst  und  in  das 
man  Sublimat  einträgt,  erhält  man  Quecksilberdiphenyl.  Aus  p-Aminophenylarsonoxyd 
erhält  man  Quecksilberanilin.  Aus  3-Nitro-4-oxy-phenylarsenoxyd  erhält  man  Queck- 
silber-bLs-nitrophenol  usf.  -). 

Bei  den  Derivaten  des  Quecksilbers,  die  sich  als  Salze  von  organischen 
Säuren  charakterisieren  lassen  und  die  wasserlöshch  sind,  muß  man  es  den 
verschiedentlichen  Angaben  der  Erfinder  und  der  Fabrikanten  gegenüber 
strikte  betonen,  daß  die  antiseptische  Kraft,  sowie  die  Wirkimg  auf  Lues  nur 
auf  den  Gehalt  der  Verbmdungen  an  Quecksilber  und  auf  die  Dissoziations- 
fähigkeit zu  beziehen  ist.  Es  wiu'de  Quecksilberoxycyanat  empfohlen,  welches 
angebhch  sechsmal  so  stärkt  wirkt  wie  Subhmat,  dabei  die  Gewebe  weniger 
reizt  und  die  Instrumente  nicht  angreift.  Trotz  dieser  Angaben  hat  diese  Ver- 
bindung in  der  Therapie  kaum  ein  Eintagsdasein  geführt.  Viel  mehr  Erfolg 
hat  man  bei  der  Anwendung  von  Salzen  verschiedener  Amhiosäuren  gesehen. 
Es  wird  diesen  nachgesagt,  daß  sie  gut  löshch  sind  und  reizlos  wirken.  J.  v.  Me- 
ring  hat  Glykokollquecksilber  (NHj  •  CHj  •  C00)2Hg,  Vollert  Succinimid- 
quecksilber 

C.,H,<^^>N-Hg-N  <^^>C2H, 


1)  B.  Hepp,  AePP.  'J3,  91   (1887).  ^)  Höchst,  DBP.  272  289. 


Quecksilber  Verbindungen.  G  7  Ö 

E.  Ludwig  Asparagiiiquccksilber  [OOC  •  C'2H3(NH2)  •  CO(NH2)]2Hg  nach  dieser 
Richtung  hin  empfohlen.  Auch  Alaninquecksilber  [CHj  •  CH(NH2)  •  COOl^Hg 
wurde  untersucht. 

Durch  Erhitzen  von  TjTosin  mit  Quecksilberoxyd  in  ■wässeriger  Löstmg  erhält  man 
Tyrosinquecksilber,  welches  sich  in  Alkalien  löst  und  von  Schwefelwasserstoff  nicht  ge- 
schwärzt wird.    Es  soll  völlig  reizlos  sein'). 

Die  gleiche  Verbindung  erhält  man,  wenn  man  Tyrosin  in  wässeriger  Lösung  mit 
Mercuriacetat  erhitzt  ^). 

Quecksilberverbindimgen  des  Tyrosins  und  seiner  Derivate  erhält  man,  wenn  man  Tyro- 
sin oder  dessen  Derivate  bei  gewöhnlicher  Temperatur  in  alkalischer  Lösung  mit  Mercuriver- 
ttindungen  lunsetzt.  Dargestellt  sind  die  Quecksilberverbindung  des  p-Oxyphenyläthylamins 
CgHjjONHg,  QuecksilberdijodtjTosin,  die  Quecksilberverbindung  des  Tyrosinäthylesters, 
die    Quecksilberverbindung   des   TjTosins").     Tyrosinquecksilber   wird   Merlusan  genannt. 

R.  Lüders,  Berlin,  stellt  eine  leicht  lösliche  Quecksilberverbindung  durch  Behand- 
lung von  «-Aminobuttersäiu-e  mit   Quecksilberoxyd  her*). 

Man  erhält  aus  den  unlöslichen  oder  wenig  löslichen  Verbindimgen  des  Cystins  und 
seiner  Derivate  mit  Quecksilber,  Quecksilberchlorid  und  Silber  komplexe  Salze  mit  ampho- 
terer  Reaktion,  wenn  man  diese  Verbindungen  in  Lösungen  von  Natriiunchlorid,  Natrium- 
bromid,  Natriumrhodanat,  Lithiumchlorid  löst  und  die  Lösung  mit  Aceton,  Äthyl-  oder 
Methylalkohol  oder  Äther  im  Überschüsse  füllt.  Beschrieben  sind:  Cystinquecksilber- 
Xatriiunclilorid,  Cystinquecksilber-Natriunibromid,  Cystinquecksilber-Lithiumchlorid,  Cy- 
stinquecksilber-Natriumrhodanat,  Cystinquecksilbcrchlorid-Natriumchlorid,  Cystinqueck- 
silberchlorid-Natriumchlorid,  Cystinquecksilberchlorid-Natriumbromid*). 

Von  den  pheiiolessigsauren  Verbindungen  des  Quecksilbers  ist  zu  sagen, 
daß  sie  meist  in  Wasser  unlöshch  und  daher  nur  in  Vehikehi  injizierbar  sind. 
Alle  unlöslichen  Quecksilberverbindungen  haben  bei  der  Injektion  den  Nach- 
teil, daß  sie  unter  der  Haut  oder  in  einem  Muskel  abgelagert  werden  und  es 
von  diesem  Depot  aus  zu  einer  plötzlichen  Quecksilberresorption  und  so  zu 
einer  Quecksilber vergiftmig  kommen  kami.  Solche  Nachteile  muß  man  den 
Salzen  der  Benzoesäm-e,  Tribromphenolessigsäure,  Resorcinessigsäure  usw. 
nachsagen.  Die  alkylschwefelsamen  Salze,  so  z.  B.  äthyl schwefelsaures  Queck- 
silber, sind  sehr  leicht  zersetzlich,  und  durch  Wasser  wird  aus  ihnen  unlösliches 
basisches  Salz  abgespalten. 

Cystinal  ist  Cystinquecksilberchlorid-Chlornatrium.  Der  Wert  dieses  Pi'ä- 
parates  wird  angezweifelt. 

Die  Darstellung  einer  Quecksilberverbindimg  der  p'-Naphtholdisulfosäure_R  geschieht 
aus  Sublimat  und  der  Säure  bei  Gegenwart  von  Alkalicarbonat*). 

Eine  analoge,  in  Wasser  lösliche  Verbindung  ClHg  •  OCj^Hj  •  SOjNa  erhält  mau  aus 
Schäfferseher  Säiu'e  resp.  deren  Natriumsalz  (/yj/yj-naphthosulfosaurem  Natrium)  Sublimat 
und  Soda*). 

Quecksilberdipropiousäm-e  °)  und  Quecksilberdibenzoesäui'e')  sind  völlig 
ungiftig,  denn  der  Quecksilbergehalt  der  bikomplexen  Säuren  resp.  ihrer 
Alkahsalze  kommt  im  Gegensatze  zu  den  Quecksilberdialkylen  imd  -diacylen 
nicht  zur  Entfaltmig  der  Giftwirkung,  da  die  Verbindimgen  schon  iiuierhalb 
24  Stunden  mizersetzt  und  vollständig  ausgeschieden  werden.  Die  entsprechen- 
den Alkyl-  oder  Acylverbindungen  aber  werden  in  Ermangelung  dieser  Aus- 
scheidungsmögUchkeit  vom  Organismus  zersetzt  und  ergeben  dann  die  schweren 
Giftwirkungen  des  Metalls. 

1)  Bayer,  Budapest,  DRP.  267  411. 
-)  DRP.  207  412,  Zusatz  zu  DRP.  267  411. 

^)  Hoffmann- Laroche,  DRP.  279  957.  ■■)  DRP.  306  198. 

^)  Bernhard  Stuber,  DRP.  307  858. 
*)  Akt,-G.  f.  Anilinfabrik.,  Berlin,  DRP.  143  448. 
)  Akt.-G.  f.  Anüinfabrik.,  Berlin,  DRP.  143  726. 
')  E.  Fischer  imd  J.  Mering,  BB.  40,  380  (10O7). 
')  Pesci,  Chem.  Centralblatt  1901,  II,   108. 

43* 


9 


676  Aiitiseptica  iiiiil   Adstringentia. 

Große  Verbreitung  hat  die  Verwendung  des  Quecksilbersaüeylates  gefunden. 

Dieser  Körper  enthält  Quecksilber  gleichsam  larviert,  weil  es  diu-ch  Schwefel- 
wasserstoff oder  Schwefelammonium  nicht  gefällt  wird.  Quecksilber  ersetzt 
in  der  Salicylsäure  sowohl  den  Carboxyl-  als  auch  Kernwasserstoff.  Wenn 
auch  das  Präparat  an  und  für  sich  wasserunlöslich  ist,  so  gibt  es  doch  mit 
Chloralkahen  wasserlösliche  Doppelsa Ize^). 

Salicylquecksilber  ist  ein  mildes,  nicht  sehr  stark  wrkendes,  unlösUches 
Quecksilberpräparat. 

Das  Hydrargyrum  salieylicum  ist  das  in  Wasser  milüsliclie  Anhydrid  der  Oxyqueck- 
.tilbercarbonsäure''). 

Man  läßt,  um  zu  gut  krystallisierenden  und  leicht  zu  reinigenden  Verbindungen  zu 
kommen,  Quecksüberacetat  nicht  auf  die  Säuren,  sondern  auf  die  Ester  aromatischer 
Cai'bonsäuren  einwirken  und  unterwirft  die  so  erhaltenen  komplexen  Quecksilbercarbon- 
säureester der  Verseifung. 

So  erhält  man  aus  Salicylsäureglykolester  und  Quecksüberacetat  durch  dreistündiges 
Kochen  das  Acetat  des  queeksilbersubstituierten  Esters,  das  man  mit  Lauge  verseift,  mit 
Schwefelsäure  fällt,  wobei  sich  das  Anhydrid  der  o-Oxyquecksilhersalicylsäuro  (Hydrargy- 
riun  salicylicima)  abscheidet.  Aus  Methylanthranilsauremethylester  erhält  man  das  innere 
Anhydrid  einer  Oxyquecksilbermethylanthranilsäure.  Aus  p-Aminobenzoesäureisobutyl- 
ester  erhält  man  ebenfalls  das  entsprechende  mercurierte  Anhj'drid.  Aus  Phenylglycin- 
äthylester  gelangt  man  zum  Anhydrid  der  Oxyquecksilberphenylaminoessigsäure^). 

Alkaliphenolate  des  o-Oxyquecksilbersalicylsäureanhydrids  und  der  sekundären 
Alkalisalze  der  o-QuecksUbersalicylsäure  in  fester  Form  werden  dargestellt,  indem  man 
das  Quecksilbersalicylat  der  Pharmakopoe  in  1  resp.  2  Mol.  wässerigem  bzw.  alkoholischem 
Alkali  löst  und  die  erhaltene  Lösung  im  Vakuum  eindampft  oder  mit  Eällungsmitteln 
versetzt. 

Leicht  lösliche  Verbindungen  des  salicylsaiu'en  Quecksilberoxj'ds'')  werden  folgender- 
maßen dargestellt:  Es  wurde  gefunden,  daß  nicht  nur  die  gegen  Lackmus  neutral  reagie- 
renden stickstoffhaltigen  Körper,  wie  Säureamide,  Harnstoffe,  Urethane,  Eiweiß  usw., 
sondern  auch  solche  Derivate,  die  stärker  sauren  Charakter  zeigen,  d.  h.  auf  Lackmus  mehr 
oder  weniger  stark  reagieren,  befähigt  sind,  mit  den  Quecksilbersalicylnlkalisalzen  beständige 
Körper  zu  geben,  die  neutrale  Verbindungen  darstellen  und  beim  Einleiten  von  Kohlen- 
säure verhältnismäßig  beständig  sind.  Hierdurch  wird  eine  größere  Haltbarkeit  und  auch 
eine  günstigere  therapeutische  Wirkung  erzielt.  Derartige  Verbindungen  können  in  ihrer 
Konstitution  die  größte  Abweichung  zeigen ;  nur  müssen  sie  eine  Imidgruppe  neben  Resten, 
die  eine  Säurenatur  bedingen,  enthalten.  Zu  dieser  Körperklasse  sind  Säui'eamide,  Barbitur- 
säuren,  Parabansäure,  andere  Säureiu-eide  imd  deren  Derivate  zu  zählen.  Sie  zeigen  gegen 
Lackmus  mehr  oder  weniger  stark  saiu'e  Reaktion  und  bilden  alkalisch  reagierende  Salze. 
Die  Quecksilberverbindungen  können  in  der  Weise  erhalten  werden,  daß  man  das  Queck- 
silbersalicylat als  Alkalisalz  mit  den  stickstoffhaltigen  Derivaten  zusammenbringt  oder 
das  freie  Salicylat  mit  den  entsprechenden  Alkalisalzen  reagieren  läßt,  oder  aber  das 
Gemisch  des  Hydrargyrum  salieylicum  und  der  Stickstoffverbindimgen  mit  Alkalien 
behandelt. 

Leicht  lösliche  Verbindimgen  des  salicylsauren  Quecksilheroxyds  mit  Aminofett- 
säuren  und  Alkali  werden  hergestellt,  entweder  durch  Auflösen  des  Präparates  in  den 
Alkalisalzen  der  Aminofettsäuren,  oder  zuerst  in  Alkalien  und  nachherigon  Zusatz  der 
Aminofettsäure.  Beschrieben  ist  die  Verbindung  mit  Alanin,  mit  GlykokoU  und  fi-Amino- 
oxybuttersäure.  In  gleicher  Weise  kann  man  leichtlösliche  Verbindungen  bekommen, 
wenn  man  statt  Aminosäuren  soche  stickstoffhaltige  Körper  verwendet,  die  bei  neutraler 
Reaktion  sauren  und  basischen  Charakter  besitzen.  Solche  Körper  sind:  Dicyndiamid, 
Harnstoffe  und  andere  Säureamide,  Polypeptide  und  Albumosen  sowie  Eiweißkörper, 
femer  Nucleinsalze  und  Xanthinbasen^). 

In  dem  Verfahren  des  DRP.  227  391  wird  salicylsaures  Quecksilberoxj'd  diu'ch 
andere   Oxyquecksilbercarbonsäuren   bzw.   ihre   Anhydride   oder  Derivate   ersetzt  °).    Von 

^)  Über  Wirkungen  vgl.  Aranjo,  Wiener  Med.  Presse  1888,  10.  —  Schadeck, 
Monatshefte  f.  prakt.  Dermat.  1888,  Nr.  10. 

-)  Schöller  und  Schrauth,  DRP.-Anm.  Seh.  30  511   (versagt). 

^)  DRP.  248  291. 

*)  Bayer  &  Co.,  Elberfeld,  DRP.  227  391. 

')  DRP.  224  435,   224  864,  Zusatz  zu  DRP.  224  435. 

«)  Bayer   &  Co.,  Elberfeld,  DRP.  229  674,  Zusatz  zu  DRP.  224  435. 


Quecksilberverbindungen.  677 

Vertretern  dieser  Körperklsisse  sind  in  der  Literatur  nur  wenige  bekaiuit,  wie  außer  dem 
stilicylsauren  QuecksUberoxyd  (Oxymercurisalicylsäureauhydrid)  die  Oxymercuribenzoe- 
säui-eanhydride^).  Sie  werden  entweder  durch  Erhitzen  der  entsprechenden  Säure  mit 
QuecksUberoxyd  in  einem  beliebigen  Lösungsmittel  oder  durch  Erhitzen  des  Quecksilber- 
salzes der  entsprechenden  Säure  auf  höhere  Temperatur  erhalten.  Diese  Oxyquecksilber- 
carbonsäuren  zeigen  alle  die  therapeutisch  wichtige  Eigenschaft,  das  Quecksilber  im  sog. 
halbgebundenen  Zustande  zu  enthalten,  wodurch  das  Quecksilber  nur  langsam  im  Orga- 
nismus zur  Abscheidung  gelangt  und  mierwünsohte  Nebenwirkungen  vermieden  werden. 
Die  Doppelverbindung  aus  Oxymercuribenzoesäureanhydrid  imd  diäthylbarbitursaurem 
Natrimn  ist  krystaUinisch,  in  Wasser  mit  neutraler  Reaktion  sehr  leicht  löslich,  unlöslicli 
in  organischen  Solventien;  sie  scheidet  die  freie  Mercurisäure  wieder  ab. 

Das  in  Wasser,  Alkohol  und  Äther  unlösliche  Oxymercuri-o-chlorbenzoesäureanhydrid 
(durch  Erhitzen  des  o-chlorbenzoesauren  Quecksilbers  auf  140 — 145°  erhalten)  gibt  mit 
Glutarsäureimid  eine  in  Wasser  leicht  lösliche  krystaUinische  Doppelverbindung. 

Auch  in  dem  Verfaliren  des  DRP.  224  864  ist  das  salicylsaure  QuecksUberoxyd 
diu-ch  andere  OxyquecksUbercarbonsäuren  bzw.  ihre  Anhydride  oder  Derivate  zu  ersetzen. 
Die  Doppelverbindungen  aus  Quecksilber-m-oxj-benzoesäureanhydrid  und  Acetamid,  sowie 
aus  Oxymercuribenzoesäureanhydrid  mid  Coffein  sind  krystaUinisch  und  in  Wasser  löslich. 
Es  können  auch  andere  stickstoffhaltige  Körper  von  gleichzeitig  basischem  und  saurem 
Charakter,  wie  Harnstoffe,  Eiweißkörper,  AlkaUsalze  der  Acylaminofettsäuren,  wie  z.  B. 
acetylaminoessigsaures  Natrium,  Benzoylalaninkalium  usw.  Anwendung  finden'). 

Salicylsaures  QuecksUberoxyd  wird  in  dem  Verfahren  des  DRP.  224  435  durch 
andere  OxyquecksUbercarbonsäuren  bzw.  ihre  Anhydride  oder  Derivate  ersetzt.  Es  gehen 
z.  B.  Oxymercuri-m-oxybenzoesäm'eanhydrid  (erhalten  durch  Kochen  von  QuecksUber- 
oxyd und  m-Oxybenzoesäure)  mit  Alanin  und  Oxymercuribenzoesäureanhydrid  mit  Aspa- 
ragin  unter  Zusatz  von  Alkali  leichtlösliche  Verbindungen  ein^). 

.\zoderivate  der  QuecksUbersalicylsäure  erhält  man,  werm  man  Mercurisalicylsäure 
in  alkalischer  Lösung  mit  aromatischen  Diazoverbiudungen  bei  gewöhnlicher  Temperatur 
kuppelt.  Durch  den  Eintritt  des  Azorestes  läßt  sich  der  chemische  Charakter  beeinflussen, 
so  daß  man  je  nach  der  angewendeten  Azokomponente  zu  Verbindungen  gelangt,  leicht 
löslich  in  kohlensauren  Alkalien  oder  auch  in  Wasser'). 

Dazu  kamen  noch  Versuche,  solche  mercurierte  Verbindungen  mit  organi- 
schen Arsen  Verbindungen  zu  kombinieren. 

Ein  solches  Präparat  ist  das  Enesol,  der  saure  Salicylester  der  Arsensäure, 
in  dem  die  drei  Hydroxylgruppen  durch  Quecksilber  ersetzt  sind.  Es  ist 
weniger  giftig  als  SaUcylquecksilber,  auch  wenn  man  den  geringeren  Queck- 
silbergehalt  in  Betracht  zieht,  imd  wasserlöslich. 

Weitere  solche  löslich  gemachte  Salicylquecksilberverbindimgen  sind 
Asurol*),  das  Doppelsalz  des  oxyquecksilbersalicylsauren  Natriums  mit  amino- 
oxyisobuttersatirem  Natrium  und  Embarin,  die  Sulfoverbindmig  der  Queck- 
silbersaUcylsäure,  die  ebenfalls  leichter  löslich  ist  als  Salicylquecksilber. 

SaUcylquecksilber  (  j?^ — ~-q  selbst  ist  in  Diäthylendiamin  (Piperazüi) 
gut  löslich.  Hg-^^^'^ 

Die  Giftigkeit  des  SalicylquecksUbers  ist  je  nach  dem  Lösxmgsnoittel 
different. 

Asurol  ist  am  giftigsten,  dann  folgt  die  Lösung  in  Piperazin,  wähi-end  im 
Embarin  und  im  Enesol  die  Giftigkeit  auch  im  Verhältnis  zum  geringeren 
Quecksilbergehalt  erheblich  verringert  ist. 

Reizlose,  leicht  lösUche  Doppelverbindungen  aus  OxyquecksUbercarbonsäuren,  ihren 
Anhydriden  oder  Substitutionsprodukten  werden  dargestellt,  indem  die  mercurierten  Ver- 
bindungen mit  Ammoniak,  Amineu  und  Aminofettsäuren  oder  ihren  Salzen  und  ähiüichen 


1)  BB.  33,  2870  (1902). 

-)  Bayer  &  Co.,  Elberfeld,  DRP.  229  575,  Zusatz  zu  DRP.  224  435. 
^)  Bayer  &  Co..  Elberfeld,  DRP.  229  781,  Zusatz  zu  DRP.  224  435. 
*)  Fahlberg,  List  &  Co.,  DRP.  300  561. 

5)  A.  Neisser,Therap.  Monatshefte  23.  627  (1909).  — W.  Schöllerund  W.  Schrauth, 
ebenda,  S.  631. 


(578  Antiseptiea  und  Adstringentia. 

Substanzen  behandelt  werden;  so  wird  z.  B.  eine  Verbindung  aus  Queeksilbersalioylat 
mit  Alanin  und  Athylendiamin  resp.  mit  Piperidin  und  Succinimid  sowie  die  Verbindung 
aus  Oxymercuri-m-oxybenzoesäureanliydrid  (aus  m-Oxybcuzoesäure  und  Quecksilboroxyd) 
init  Diäthylbarbitursäure  und  Piperidin  beschrieben'). 

Novasurol  ist  eine  VerbLiidnag  von  Asuiol  (oxymercurichlorphenoxyl- 
essigsaures  Natrium)  mit  Diäthylbarbitursäure.  Es  soll  das  ungiftigste  von 
den  löslichen  Quecksilberpräparaten  sein.  Novasurol  und  in  geringerem  Grade 
Hydi'argyrum  salicylicum-Injektionen  wirken  stark  diuretisch  (auch  Kalomel 
ist  ein  Diureticum) ;  andere  Quecksilberinjektionen  zeigen  diese  Wirkung  nicht*). 
Meracetin  ist  Anhydromercuribrenzcatechinmonoacetsäure. 

Nitrooxj'mercuribenzoesaures  Natrium 

NO, 


^HgOH 
COONa 

wird  zum  Teil  im  Organismus  in  die  Aminoverbindung  übergefühi-t. 
Acetj'laminomercuribenzoesam'es  Natrium  (Toxyiion) 

NH  ■  CO  •  CH, 


;C00  ■  Na 
HgOH 

Sowohl  die  Nitro-,  als  auch  die  Acetylamino Verbindung  (Toxyuon)  sind 
wenig  giftig. 

Die  Toxizität  der  aromatischen  Quecksilberverbindungeii  differiert,  erheb- 
lich, je  nachdem  das  Quecksilber  maskiert  ist  oder  nicht.  Die  halbmaskierten 
Verbindungen  sind  wesentlich  giftiger  als  die  ganz  maskierten,  aber  die  halb- 
maskierten Verbindungen  scheinen  wieder  wesentHch  ungiftiger  zu  sein  wie 
die  ionisierbaren*). 

Nach  den  Untersuchungen  von  Doehring*)  besitzt  von  den  gebräuch- 
lichsten unlöslichen  Quecksilbersalzen  Kalomel  die  stärkste  spirillocide  Wir- 
kxmg;  in  zweiter  Linie  kommt  Quecksilbersahcj'I,  an  dritter  Stelle  Mercinol 
(Oleum  cinereum). 

Unter  dem  Namen  Hydrargol  wiu'de  p-phenolsulfosam-es  Quecksilber 
C6H4  •  OH  •  SO3  •  Hg  empfohlen,  welchem  die  Eigenschaft  zukommen  soll, 
keine  EiweißfäÜung  zu  erzeugen  und  die  Instrumente  nicht  anzugreifen,  aber 
dieses  Salz  ist  leicht  dm'ch  Wasser  zersetzbar. 

Kolloidallösüche  Quecksilberverbindungen  der  Oxybeuzolsulfocarbonsäuren  und  deren 
Homologen  erhält  man  durch  Mercurierung  dieser  Sulfocarbonsäuren  in  saurer  Lösung,  oder 
indem  man  entweder  die  wässerige  Lösung  von  Oxybenzolsulfocarbousämen  oder  deren 
Homologen  mit  Lösimgen  von  Quecksilbersalzen  stehen  läßt  oder  erwärmt  oder  die  Sulfo- 
carbonsäuren mit  Wasser  und  einer  zur  Absättigung  der  drei  sauren  Gruppen  dieser  Säuren 
unzureichenden  Menge  Quecksilberoxyd  (d.  h.  weniger  als  l'/j  Mol.  auf  1  Mol.  Oxybenzol- 
sulfocarbonsäure)  st«hen  läßtodererwärmtoderdie  in  Wasser  wenig  löslichen  oder  unlöslichen 
Quecksilberverbindungen  der  Oxybenzolsulfocarbonsäviren  mit  Säuren  erwärmt  oder  Ver- 
bindungen bzw.  Gemische,  die  zugleich  Quecksilber  oder  Salieylsäure  oder  deren  Homologen 
enthalten,  mit  konz.  Schwefelsäure  und  anschließend  mit  einer  verdünnten  Säure  stehen 
läßt  oder  erwärmt^). 

')  Bayer,  DRP.  231  092. 

•-)  Paul  Saxl  und  Robert  Heilig,  Wiener  klin.  Wochenschr.  23,  942  (1920). 

'■')  F.  Blumentha!  und  Kurt  Oppenheim,  B  Z.  5T,  260  (1913). 

*)  Deutsche  med.  Wochenschr.  41,  74  (191.'')). 

=)  Fahlberg,  List   &  Co.,  DRP.  321  700. 


Queoksilberverbindungün.  G  7  9 

Zu  Injektionszwecken  geeignete  Quecksilberlösungen  erhält  man  unter  Anwendung 
von  Succinimid,  indem  man  die  in  Wasser  schwer  löslichen  Quecksilberverbindungen  von 
Phenolsulfocarbonsäureu,  Phenohnono-  und  Disulfosäureu  oder  von  halogensubstituiorton 
Phenolsulfosäuren  in  Gegenwart  von  Succinimid  in  Wasser  gelöst  werden.  Beschrieben 
ist  die  Mercurisulfosalicylsäure  (aus  5-Sulfo-2-oxybenzol-l-carbonsäure)  und  Mercurisulfo- 
m-kresotinsäiu'e  '). 

Anogon  ist  das  Mercurosalz  der  Dijod-p-phenolsulfosiiure.   Es  ist  ein  Auti- 
septicum  und  Antisj'philiticinn.    Es  wird  auch  Merjodin  genannt. 
Das  Quecksilberoxydulsalz  der  Dijodphenol-p-sulfosäure 

O-Hg 


I    I 

SOjHg 

erhält  mau  durch  Umsetzen  von  Quecksüberoxydulsalzen  mit  dijodphenol-p-sulfosauren 
Salzen»). 

Quecksilberderivate  von  Phthaleineu  und  analogen  Verbindungen,  wie  Succineinen 
und  Sacchareinen  erhält  man  durch  Kochen  der  neutralen  Lösungen  der  Alkalisalze  dieser 
Phthaleine  usw.  mit  einem  großen  Überschuß  eines  Mercurisalzes,  insbesondere  Quecksilber- 
chlorid. 

Dargestellt  wiudo  Quecksüberfluorescein,  Quecksilbermethylfluorescein,  Quecksilber- 
dibromfluorescein,  Quecksilbertetrabromfluoreseein,  QuecksUbertetrajodfluorescein,  Queck- 
silberphenolphthaleui,  QuecksUbertetrajodphenolphthalein,  Quecksilberhydrochinonphtha- 
lein,  Quecksilberoxyhydrochinonphthalein,  Quecksilberresorcinsuccinein,  Quecksilber- 
Icresorcinsuecinein  und  Quecksilberresorcinsaccliareüi'). 

Merciu'ochxom  ist  Dibromfluoresceinquecksilber. 

Ferner  ^vllrden  von  Lumiere  und  Chevrottier  organische  Quecksilber- 
verbindungen diu'ch  Behandkuig  alkalischer  Lösungen  von  Phenoldisulf o- 
säure  mit  Quecksilberoxyd  in  äquimolekularen  Mengen  dargestellt,  welche 
leicht  löslich  sind,  Quecksilber  larviert  enthalten,  Eiweiß  nicht  fällen  und  die 
Haut  nicht  ätzen*).  Sie  werden  Hermophenyl  genannt,  enthalten  40%  Hg 
und  sind  in  fünf  Teilen  Wasser  löslich. 

Die  sog.  Egole  sind  Quecksilberkaliumsalze  der  o-Niti'ophenol-  res]). 
Kresol-  oder  Thymol-p-sulfosäure  (Phenegol,  Kresegol,  Thymegol).  Angeblich 
sind  sie  ungiftig  (?!*)). 

Mercurophen  ist  Natriumoxymercuri-o-  nitrophenolat,  es  soll  auf  Staphylo- 
kokkus aiureaus  50  mal  stärker  wirken  als  Sublimat. 

Für  desinfizierende  Quecksilberseifen  sind  nach  Walter  Schrauth  die 
oxyquecksilbercarbonsauren  Alkahsalze  am  wirksamsten,  da  hier  scheinbar 
die  Affinität  der  Oxygruppe  zum  Quecksilber  eine  nur  geringe  ist  mid  infolge- 
dessen die  größte  Affinität  des  quecksilberhaltigen  Radikals  zu  den  Bakterien 
besteht.  Für  die  praktische  Verarbeitmig  eignen  sich  ledigUch  die  ALkalisalze 
der  aromatischen  Quecksilbercarbonsäuren,  die  das  Metall  im  Benzolkern  so 
fest  gebunden  enthalten,  daß  auch  die  stärksten  Quecksilberreagenzien  keine 
lonenreaktion  ergeben.  Die  durch  Halogen  substituierten  Oxyquecksilber- 
benzoesäm-en  übertreffen  in  ihi-en  wirksamsten  GUedern  alle  bisher  gebräuch- 
lichen Desinfektionsmittel.  Hermophenyl  (S03Na)2CgH.>0(Hg)  besitzt  trotz 
40%  Quecksilber  infolge  der  Gegenwart  von  drei  sam-en  Gruppen  im  Benzolkern 
nahezu  keine  Desinfektiouskraft  (siehe  oben),  hiiagegen  das  Afidol,  Natriumsalz 
der  Oxyquecksilber-o-toluylsäure*). 

1)  Chinoin,  Pest,  DRP.  310  213.  ■)  DBP.  245  534. 

■<)  Fahlberg,  LiBt  &  Co.,  DRP.  308  335.  *)  C.  r.   132,   145. 

^)  Gautrelet,  C.  r.  1899,  II,   113.  ')  Seifensiederzeitung  3»,   1276,  1323  (1910). 


(jgQ  Antiseptica  und  Adstringentia. 

Die  Alkalisalze  von  substituierten  Oxyquecksilberbenzoesäuren')  werden  dargestellt, 
indem  man  solche  substistuierten  Säuren,  die  keinen  sauren  salzbildenden  Substituenten 
enthalten,  mit  einem  Äquivalent  AlkaU,  und  zwar  Oxyd,  Hydroxyd  oder  Carbonat,  in 
wässerige  Lösung  bringt  und  diese  Lösung  im  Vakuum  zur  Trockne  dampft  oder  mit 
organischen  Lösungsmitteln  abscheidet.  Durch  Einführung  von  Halogen-,  Alkyl-  bzw. 
Arylgruppeu,  sowie  Oxalkyl-  und  Stickstoffsvibstituenten  erfälirt  die  Desinfektionskraft 
des  oxyquecksUberbenzoesauren  Natriums  eine  starke  Erhöhung,  dagegen  wird  durch  die 
Einführung  salzbildender  saurer  Gruppen  in  den  Benzolkern,  wie  Carboxylphenol-  oder 
Sulfogruppen,  die  Desinfektionskraft  stark  herabgesetzt.  Es  wvu'den  dargestellt  die  Na- 
triumsalze aus  Oxyquecksilber-o-toluylsäureanhydrid,  Oxyquecksilber-o-chlorbenzoesäure- 
anhj'drid,  Oxyquecksilber-acetyl-anthranilsäureanhydrid  und  Oxyquecksilber-p-methoxy- 
benzoesäureanhydrid. 

Die  Salze  der  kemsubstituierten  Quecksilberverbüidungen  aus  Alkyl-,  Halogen-  oder 
Alkylhalogenbenzoesäuren  zeigen  eine  Desinfektionswirkimg,  die  derjenigen  von  Queck- 
silberverbindungen, aromatischen  Carbonsäuren  sowie  des  Sublimats  überlegen  ist.  Man 
erhält  die  Körper  durch  Umsetzung  der  entsprechenden  Säuren  mit  Quecksilberoxyd  oder 
Quecksilbersalzen  bei  höhere  Temperatur  oder  durch  Erhitzen  der  Quecksilbersalze  der 
Toluylsäure  oder  Halogenbenzoesäure  in  An-  oder  Abwesenheit  von  Verschmelzungs-  oder 
Lösungsmitteln.  Besclirieben  sind  Quecksilber-o-toluylsäure,  Quecksilber-o-chlorbenzoe- 
.säure   und  o-jodbenzoesaures  Quecksilber^). 

Man  kann  auch  Derivate  der  Benzoesäure  benützen,  welche  zwei  oder  mehrere  Alkyl- 
gruppen  oder  Halogenatome  oder  andere  Substituenten  im  Kern  enthalten.  Solche  Queck- 
silberverbindungen haben  dann  höhere  Desinfektionskraft  als  die  analogen  Produkte  des 
Hauptpateuts.  Beschrieben  sind  Quecksilber- 1.4-dimethyl-2-benzoesäure,  Quecksilber- 
trimethylbenzoesäure,  Quecksilberveratrumsäiuo  ( QuecksUber-3.4-diraethoxybenzoesäure), 
QuecksÜber-S.o-dibrombenzoesäure'). 

WasserlösUche  AlkaUsalze  von  Quecksilberverbindungen  der  Oxybenzoesulfosäuren 
und  deren  Homologen  erhält  man  durch  Behandlung  der  Quecksilberverbüidungen  der 
Oxybenzoesulfosäm-e  mit  Alkali.  Beschrieben  sind  die  Verbüidungen  der  Salicylsulfo- 
säuie*). 

Eine  wesentlich  größere  Beständigkeit  als  Embarin  (mercurisalicylsulfosaures  Natriiun) 
haben  die  Alkalisalze  der  Merciui-benzoe-mono-  imd  -polysuU'osäuren.  Man  verwendet 
zur  Darstellung  Benzoesulfosäm-en  an  Stelle  von  Oxybenzoesulfosäiu-en,  und  zwar  in  Form 
der  freien  Säur'e,  der  sauren  oder  neutralen  Alkalisalze.  Beschrieben  ist  merouribenzoe- 
sulfosaures  Dinatriumsalz'). 

Die  AlkaUsalze  der  Quecksilberpheuolsulfosäuren  des  DRP.  132  660,  ebenso  die  der 
Quecksilberdipropionsäm-e^)  enthalten  das  Quecksilber  lar\'iert,  aber  sie  sollen  wirkungs- 
los sein. 

Schöller  und  Schrauth')  stellen  wasserlösliche  Präparate  aus  den  Anhydriden 
der  Oxyquecksilbercarbonsäuren  dar,  indem  sie  diese  in  Wasser  in  einer  äquimolekularen 
Menge  solcher  Alkalisalze  lösen,  die  wenigstens  ein  Natriumatom  an  Schwefel  gobimden 
enthalten,  und  aus  diesen  Lösungen  das  Reaktionsprodukt  zur  Trockne  bringen.  Es  wird 
z.  B.  Oxyqiiecksilberessigsäureanhydrid  in  Natriumthiosulfat  gelöst;  man  erhält  die  Ver- 
bindung : 

-S  — Hg  — CHjCHONb 
=  0 

=o 

-O    Na 

oder  man  löst  Oxyquecksilberbenzoesäureanhydrid  in  Natriumsulfid  und  erhält 

-HgCeHjCOONa 
=  0 
=  0 
-ONa 

Eine  Reihe  ungesättigter  Carbousäuren  von  dem  Tj^nis  ACH  :  CHAiCÜüH , 
in  dem  A  und  Aj  an  Kohlenstoff  haftende  Reste  bedeuten,  reagieren  leicht  mit 
Mercurisalzen  iu  der  Weise,  daß  Körper  entstehen,  welche  an  Kohlenstoff 
komplex  gebundenes   Quecksilber  enthalten.    Leicht  gelingt  es,    Quecksilber 

1)  Walter  Schrauth  und  Walter  Schöller,  DRP.  234  054. 
^)  Bayer  -  Elberfeld,  DRP.  234  914.  "j  pRp   249  332,  Zusatz  zu  234  014. 

*)  Heyden,  Radebeul,  DRP.  216  267.  ^)IDRr.  290  210,  Zusatz  zu  216  267. 

')  BB.  40,  386  (1907).  ')  DRP.  221  483. 


Brbenz 


Quecksilberverbindungen.  (JSl 

in  die  Uoppelbindimg  ungesättigter  Carbonsäureu  einzuführen,  wem»  man 
nicht  auf  che  in  Wasser  gelösten  Säuren  selbst,  sondern  auf  die  entsprechenden 
Carbonsäiu-eestcr  in  alkohoHschen  Lösungsmitteln  Quecksilbersalze  einwirken 
läßt  und  die  komplexen  Ester  verseift.  Man  kann  auf  diese  Weise  zu  mcrcu- 
rierten  Fettsäui-en  und  zu  mercuricrten  Lecithinen  gelangen.  Aus  ZimtsäiuT- 
mcthylester  erhält  man  vorerst  den  mercurierteu  Ester  C5H5  •  CHOCH3  •  CH 
•  HgO(OC)CH3  •  COO  •  CH3  in  methylalkohoUscher  Lösung  mit  Quecksilber- 
acctat.  Aus  dem  Ester  kaim  man  mit  Zusatz  von  Halogensalzen  die  Halogen- 
verbindung, und  zwar  das  Chlorid  C^U^  ■  CHOCH3  •  CH  •  HgCI  •  COOCH3  und 
aus  dem  Acetatester  durch  Alkah  und  nachheriges  Ansäuern  das  Anhydrid 

einer  Oxyquecksilbercarbousäure  CgHj  ■  CHOCH3  •  CHHgCOO  erhalten.  Au.s 
oleinsaurem  Äthyl  erhält  man  in  ähnheher  Weise  eine  Ölsäure  mit  38%  Queck- 
silber, ebenso  aiis  verschiedenen  ungesättigten  Ketten.  Aus  Lecithin  erhält 
man  ein  mercuriertes  Lecithin. 

Man  kann  leicht  Quecksilber  in  die  Doppelverbindung  ungesättigter  Carbonsäuren 
einführen,  wenn  man  nicht  auf  die  in  AVasser  gelösten  Säuren  selbst,  sondern  auf  die 
entsprechenden  Carbonsäureester  in  alkoholischen  Lösungsmittehi  Quecksilbersalze  ein- 
wirken läßt  und  die  komplexen  QuecksUbercarbonsäureester  in  der  üblichen  Weise  der 
Vorspifiing  unterwirft.  Beschrieben  sind  Mercurizüntsäuremethylester,  Mercurioleinsäure- 
äthylat,  Mercuritriolein,  Mercurilecithin  ^). 

Statt  Carbonsäureester  mit  offener  Kette  kann  man  cyclische  ungesättigte  Carbon- 
säuren verwenden.  Solche  haben  an  und  für  sich  schon  Wirkvmgen  (wie  Chaulmugraöl 
gegen  Lepra,  Syphilis  usw.),  das  Quecksilber  läßt  sich  aus  ihnen  leichter  abspalten  und 
sie  üben  eine  viel  intensivere  Quecksilberwirkimg  aus. 

Man  löst  Quecksilberacetat  in  Alkohol  und  rülirt  Chauhnugrasäureester  ein.  Man 
filtriert  nach  24  Stimden,  destiUiert  den  Alkohol  im  Vakuum  ab,  nimmt  den  Rückstand  in 
Äther  auf  und  mischt  mit  Wasser.  Durch  Verseifen  des  Esters  erhält  man  die  niercurierte 
Chaulmugrasäure- ). 

Aus  Cyclohexencarbonsäureester  und  QuecksUbernitrat  wird  durch  Schütteln  der 
quecksilbersubstituierte  Ester  erhalten.  Beim  Verseifen  mit  Lauge  imd  Fällen  mit  Säiu'e 
erhält  man  das  Anhydrid  der  Quecksilbercarbonsäure. 

Die  freien  Terpenketocarbonsäuren  sowie  deren  Ester  geben  mit  Quecksilbersalzen 
beständige  Verbindungen;  so  erhält  man  die  Acetatquecksübercampherearbonsäure  und 
die  Oxyquecksilbercamphocarbonsäureester^). 

Quecksübersalze  reagieren  auch  mit  Mono-  und  Polycarbonsäuren  der  Acetylenreilie 
vinter  Bildung  komplexer  Verbindungen.  Das  Quecksilber  ist  lockerer  gebimden  als  in 
den  Produkten  nach  DRP.  228  877  und  245  571.  Die  Verbindungen  sind  von  salben- 
artiger Konsistenz.  Dargestellt  wurden  Quecksilberbehenolsäureäthylester,  Quecksilber- 
stearolester  usw.  ^). 

Zu  quecksüberhaltigen  Fettsäuren,  welche  Quecksilber  an  Kohlenstoff  gebunden  ent- 
halten, gelangt  man,  wenn  man  auf  Fettsäuren  der  Ölsäurereihe  Mercuriacetat  in  alko- 
holischer Lösung  zur  Ein\yirkiuig  bringt  und  das  Reaktionsprodukt  nach  Ersatz  des  Essig- 
säureesters durch  Halogen  mittels  HalogenalkaHs  in  Alkalisalze  überführt.  So  kann  man 
z.  B.  Ölsäure  in  methylalkoholischer  Lösung  mit  Mercuriacetat  erwärmen  und  in  kochsalz- 
haltiges Wasser  eingießen.  Die  abgeschiedene  Quecksüberfettsäure  neutralisiert  man  mit 
Lauge.    Ebenso  kann  man  von  der  Erukasäure  ausgehen^). 

Komj)lexe  Quecksilberverbindungen,  welche  kein  ionisierbares  Queck- 
silber enthalten,  zeigen  zum  Teil  außerordentlich  hohe  mid  untereinander 
stark  differenzierte  Desinfektionswerte  und  manche  Individuen  dieser  Klasse 
ivirkeu  stärker  als  die  stärksten  ionisierbaren  Quecksilbersalze.  Walter 
Schrauth  imd  W.  Schoeller*)  prüften  mm  solche  Quecksilberverbindmigen 
der  Benzoesäure   (quecksilberbenzoesaures  Natrium)  und  beobachteten,   daß 


1)  DRP.  228  877.  ^)  DRP.  245  571. 

3)  Schossberger  tmd  Friedrich,  DRP.  275  932.  *)  DRP.  246  207. 

')  Höclist,  DRP.  271  820. 

«)  Zeitschr.  f.  Hyg.  u.  Infektionskrankh.  66,  417  (1910). 


g82  Antiseptica  und  Adstringentia. 

yich  mit  dem  Wechsel  des  am  Quecksilber  haftenden  anorganischen  Radikals 
eine  analoge  Abstufung  der  Desinfektionswertc  ergibt  v.ic  in  den  Versuchen 
von  Krönig  und  Paul.  Die  Desinfektionskraft  der  Präisarate  hängt  ab  von 
der  chemischen  Verwandtschaft,  mit  der  die  einzelnen  Reste  an  der  zweiten 
Valenz  des  Quecksilbers  haften. 

Sehr  groß  ist  diese  „Restaffinität"  beim  oxyquecksilberbenzoesauren 
Natrium  und  wirkt  durch  die  Substitution  der  Oxygruppe  durch  Jod,  Brom, 
Cyan,  Schwefel.  Bei  dem  mit  beiden  Valenzen  am  Kern  gebundenen  Queck- 
silber schwindet  die  Desinfektionskraft  vollständig,  da  die  Kohlenstoffverbiii- 
dung  des  Quecksilbers  die  stabilste  imd  keine  Restaffinität  mehr  vorhanden. 
Die  chemische  Nebengruppierung  ist  für  die  Desinfektionskraft  organischer 
komplexer  Quecksilberverbindungen  von  entscheidendem  Einfluß,  voraus- 
gesetzt, daß  dem  mit  dem  organischen  Rest  verbundenen  Quecksilber  ein  Rest- 
betrag an  chemischer  Energie  verblieben  ist^). 

Die  Einführung  von  Clilor  und  Jod,  Methyl-  \md  Methoxylgruppen  iu 
den  Benzolkern  des  quecksilberbenzoesauren  Natriums  steigert  die  Desinfek- 
tionskraft erheblich;  der  Eintritt  der  sauren  salzbildenden  Phenol(OH)-  imd 
Sulfo(S03H)-Gruppe  in  den  Benzolkem  schwächt  sie  dagegen.  In  ähnlicher 
Weise  vermindert  auch  der  Eintritt  des  Aminorestes  in  den  Kern  die  bacte- 
ricide  Wirkung.  Durch  eine  Alkylsubstitution  in  der  Aminogruppe  wird  jedoch 
entsprechend  der  Anzahl  der  eingefülirten  AJkylgruppen  die  Desiufektions- 
kraft  wieder  gesteigert.  Eine  saure  Substitution  in  der  Aminogruppe  setzt 
dagegen  die  Desinfektionskraft  der  Oxyquecksilberaminobenzoesäm-e  (Anthra- 
nilsäure)  weiter  erheblich  herab.  Durch  EUminierung  der  Kerncarboxylgruppc 
aus  dem  Molekül  des  oxyquecksilberplieuylglycin-o-carbonsaiu'en  Natriums 
erfähi-t  die  Desinfektionskluft  der  Verbindung  wiederum  eine  Erhöhmig.  Der 
Eintritt  einer  zweiten  Oxyquecksilbergruppe  in  den  Benzolkern  steigert  die 
Desiuf  ektionskraft  *) . 

Die  physiologisch  günstigste  Bindung  ist  nach  Schrauth  und  Schoeller, 
weini  das  Quecksilber  in  der  Phenylgruppe  aromatischer  Substanzen  ge- 
bunden ist. 

Man  stellt  die  Quecksilberverbindungen  der  Sulfamidbenzoesäure  dar,  indem  man 
sulfamidbenzoosaure  Salze  auf  Quecksilberoxyd  oder  Quecksilbercarbonat  einwirken  läßt'*). 

Man  läßt  2.4-disulfamidbenzoesaure  Salze  auf  Quecksilberoxyd  oder  Quecksilber- 
carbonat einwirken*). 

Leicht  lösliche  Verbindungen  des  Oxymercurisalicylsäureanhydrids  (salicylsaiures 
Quecksilberoxyd)  erhält  man  durch  Einwirkung  wässeriger  Lösungen  der  AlkaUsalze  von 
Monooxyquecksilbersulfamidbenzoesäuren  oder  von  Dioxydiquecksilberdisulfamidbenzoe- 
säiuen  auf  die  wässerigen  Lösungen  von  Alkalisalzen  der  Oxjanercurisalicylsäure.  Beschrie- 
ben sind 

■  OUU  •  1  a  o-oxyquocksilbersulfamidbenzoesavires  Natrium. 

•  SOO  •  NH  •  HgOH  ■'  ^ 

COONa 

o<j„    i-N  ^  di().\ydiqueckäilber-2.-l-disulfaniidbcnzucsaures  Natrimn*). 

•  SO2NH  ■  HgOH 
L.  Lauuoy  und  C.  Levaditi")  beobachteten  bei  experimenteller  Kanin- 
chensyphiUs  sehr  günstige  Erfolge  mit  Quecksilberphenylmethyldithiocarbonat. 

»)  H.  Bechhold  und  P.  Ehrlich,  HS.  47,   173  (1906). 

-)  W.  Sclioeller   und  W.  Schrauth,    Zeitschr.  f.  Hys.  u.  lufektionskrankh.  JO,  24. 

=•)  DRP.  242  571.  ■•)  DBF.  242  572,  Zusatz  zu  DRP,  242  571. 

'■)  DRP.  247  625  «)  C.  r.  153,    1520  (1911). 


Quecksilberverbindungen.  683 

])eii  Spirillen  von  Recurreusfiel:)er  gegenüber  ist  es  wrkungslos.    Es  ist  ein 
komplexes  Sulfid,  durch  Lauge  nicht  fällbar. 

Kernmercurierte  Amioobeuzoesäui'ederivate  erhält  man,  wenn  man  die  Quecksilber- 
salze der  m-Acylaminobenzoesäuren  oder  die  freien  Säuren  mit  QuecksUberoxyd  oder 
die  Salze  der  Säuren  mit  einem  QuecksUbersalz  erhitzt.  Beschrieben  ist  m-Acetylamino- 
mercuribenzoesäure,  m-Benzoylaminomercuribenzoesäure  ^). 

Diaminodiphenyl mercuridi carbonsaures  Natr iu m  * ) 

NH,  NH, 


Hg- 
COONa     COONa 

erhält  mau  (Lüdecke)  durch  Reduktion  einer  Verbindung,  die  beim  Erhitzen 
des  Quecksilbersalzes  der  Nitrobenzoesäure  auf  selir  hohe  Temperaturen  ent- 
steht. Man  kami  mit  dieser  Verbiudiuig  20  mal  so  viel  Quecksilber  beim  Kanin- 
chen einverleiben  als  mit  SubUmat.  Auch  für  Ratten  ist  diese  Verbindung 
sehr  imgiftig.  Sie  wirkt  auf  den  Darm  nicht  reizend.  In  vitro  ist  diese  Substanz 
kein  Antisepticum.  Die  Verbindung  wirkt  im  Organismus  ausgesprochen 
spirülocid. 

Diaminomercuridiphenyldicarbonsaui-es  Natrium  ist  imgiftig,  fast  ebenso 
imgiftig  ist  düaitromercuridiphenylcarbonsaures  Natrium,  etwas  giftiger  ist 
dioxj'inercuridiphenyldicarbonsaures  Natrium.  Es  variiert  bei  diesen  drei 
Präparaten  die  Giftigkeit  trotz  annähernd  gleichem  Quecksilbergehalt  und 
sonst  gleicher  Bindungsart  des  Quecksilbers. 

Das  Quecksilbersalz  der  Diaminomerciu'idiphenyldicarbonsäure  ist  aber 
sehr  giftig^). 

Sie  haben  sowohl  eine  toxische  als  auch  eine  spüilocide  Wirkung*).  Bei 
den  QuecksUberverbindungen  haben  die  Seitenketten,  ähnlich  wie  bei  den 
Arsen  verbind  migen,  eine  große  Bedeutung  für  die  Wirkung.  Während  die 
JMercuridibenzoesäure  nicht  wirkt,  wird  diese  Verbindung  nach  Einführmig 
von  Nitro-,  Oxy-  und  Anihiogruppen  deutlich  spirülocid.  Die  Oxygruppen 
entgiften  sehr  wenig,  während  die  Amino-  und  Nitrogruppen  sehr  stark  die 
Giftigkeit  herabsetzen.  Die  Nitrogruppe  ihi'erseits  erhöht  dann  wieder  be- 
trächtlich die  spirUlocide  Wirkmig  des  Präparates. 

Acetaniinomercuiibenzoesaures  Natrium,  welches  das  Quecksilber  halb 
maskiert  enthält,  imd  paranucleinsam'es  Quecksilber  sind  Verbindungen,  mit 
welchen  man  weit  mehr  Quecksilber  in  den  Organismus  briagen  kann  als  mit 
anderen  maskierten  luid  ionisierten  Quecksilberverbindimgen. 

Quecksilbersalvarsan  erhält  man  aus  Neosalvarsan  oder  noch  besser 
Salvarsannatrium  und  SubUmatlösung.  Es  scheidet  sich  als  eine  an  der  Ober- 
fläche der  Lösung  schwebende  braungrüne  Wolke  aus^). 

Man  löst  paranucleinsaiu-es  Quecksilber,  welches  sich  mit  Essigsäure  aus  seiner  Lösvmg 
fällen  läßt,  in  Alkalien  und  fällt  die  wasserlösliche  Verbindimg  mit  Alkohol  oder  man 
neutralisiert  Parauucleinsäure  mit  Alkalien  und  behandelt  mit  Sublimat  und  Alkohol'). 

Die  Lösungen  von  paranucleinsaurem  Quecksilber  in  Alkalien  geben  beim  Behandeln 
mit  Tanninlösungen  Verbindungen,  die  durch  ihre  Säureunlöslichkeit  zum  inneren  Gebrauche 
bei  Syphilis  sich  empfehlen  sollen'). 

1)  Chemische  Werke,  Charlottenburg,  DRP.  264  388. 

')  F.  Blumenthal,  BZ.  32,  59  (1911). 

3)  F.  Blumenthal  imd  K.  Oppenheim,  BZ.  39,  58  (1912). 

*)  F.  Blumenthal,  Zeitschr.  f.  Immunitätsforsch,  u.  cxper.  Thera]).  41,  47  (litl5). 

^)  Camillo   Zirn,  Münchener' med .  Wochenschr.  6T,  1017   (1920). 

«)  Knoll,  DRP.  272  687.  ')  KnoU,  DRP.  272  688. 


684  Antiseptioa  und  Adstringentia. 

Außerordentlich  wirksam  in  Tierversuchen  erwies  sich  das  fast  ungiftige 
Dimethylphenj'lpjTazolonsulfaminoquecksilbcr.  Selbst  bei  Kcciirrens  ist  es 
noch  brauchbar.  Carbothiomethylaminophenylessigsaures  Kaliumquecksilber, 
bei  dem  beide  Quecksilbervalenzen  an  Schwefel  gebunden  sind,  ist  bei  Kanin- 
chensyphilis  und  Hühnerspirillose  wirksam. 

Läßt  mau  Quecksilberoxyd  auf  l-Plienyl-2.3-dimethyl-4-sulfamino-5-pyrazolon  in 
der  Wärme  einwirken,  so  erhält  man  ein  Queclvsilberderivat,  welches  bei  sehr  geringer 
Giftigkeit  eine  ausgezeichnete  spirillocide  Wirkung  haben  soU^). 

Man  kann  statt  mit   Quecksilberoxyd  mit  essigsaurem   Quecksilberoxyd  arbeiten"). 

Die  Einwirkimg  des  Quecksilberoxyds  auf  das  Pyrazolonderi\at  wird  in  Gegenwart 
von  Alkalibisulfit  als  Reduktionsmittel  vorgenommen^). 

Mercuroaminoverbindungen  und  komplexe  Salze  derselben  erhält  man,  wenn  man 
auf  l-Phenyl-2.3-dimethyl-4-sulfamino-5-pyrazolon  ein  oder  mehrere  Moleküle  Mercurosalz 
einwirken  läßt.    Dargestellt  wurde  Mercurophenyldimethylsulfaminopyrazolon*). 

Kermnercurierte  Derivate  der  Aminobenzoesäuren  und  deren  Salze  erhält  man, 
werm  man  die  Quecksilber  nur  mit  einer  Affinität  an  den  aromatischen  Kern  gebunden 
enthaltenden  mercurierten  Nitrobenzoesäuren  mit  alkalischeu  oder  neutralen  Reduktions- 
mitteln behandelt.  Besclirieben  ist  die  Darstellung  der  p-p'-Diaminodiphenylmeroiiri- 
dicarbonsäure 

NHa  NH2 

I  I 

-Hg 

1  I 

COOH       COOK 

der   m-m'-Diaminotliphenylmerciu'idicarbonsäure,   der   o-o'-Diaminodiphenylmercuridicar- 
bonsäure*). 

Zwecks  Darstellung  von  Dinitrodiphenylmerciu-idicArbonsäuren  kami  man  die  durch 
Erhitzen  der  Queclisilbersalze  der  Xitrobönzoesäuren  auf  200°  erhaltenen  Quecksilber- 
verbiudungen  der  Nitrobenzoesäuren  in  alkalischem  oder  neutralem  Mittel  so  reduzieren, 
daß  nur  2  Atome  Wasseretoff  auf  2  Moleküle  Nitroverbindung  zur  Einwirkung  kommen. 
Beschrieben  ist  die  Darstellung  der  p-Dinitrodiphenylmercuridicarbonsäure 

NO2  NOj 

I 


Hg- 

T 

COONa     COO • Na 

der  m-Dinitrodiphenylmercuridicarbonsäure  imd  der  o-Dinitrodiphonylmerciuidicarbon- 
säm-e'). 

Leicht  lösliche,  im  Kern  mercurierte  Aryloxyfettsäureverbindungeu  erhält  man,  wenn 
man  entweder  die  Alkali-  oder  Ammoniumsalze  der  OxyquecksUberaryloxyfettsäiu'en  mit 
Aminosäuren  bzw.  solchen  stickstoffhaltigen  Körpern,  die  bei  neutraler  Reaktion  gegen 
Lackmus  gleichzeitig  basischen  und  sauren  Charakter  besitzen,  oder  mit  Iminoverbindungen 
von  Säurecharakter  oder  die  freien  Oxyquecksilberaryloxyfettsäuren  mit  den  Alkalisalzeii 
der  erwähnten  stickstoffhaltigen  Verbindungen  mit  Ammoniak,  organischen  Basen,  Atz- 
alkalien und  Alkalicarbonaten  behandelt.  Besclirieben  ist  die  Darstellung  von  oxymercuri- 
phenoxyessigsaurem  Natrium  mit  Alanin  und  die  Verbindung  von  Veronalnatrium  mit 
Oxy-mercuri-o-chlorphenoxyessigsäure  ' ). 

Man  erhält  mercurierte  Aminoverbindungen,  wenn  man  die  Alkalisalze  der  Amino- 
methandisulfosäure  bei  Gegenwart  von  Wasser  mit  Quecksüberoxyd  behandelt,  z.  B.  die 
Quecksilberverbindung  des  aminodimethylsulfonsauren  Kaliums  CHNOjSjHgKj,  welche 
sich  beim  Erhitzen  unter  Abscheidimg  von   Quecksilber  zersetzt*). 


')  Givaudan  und  Scheidlin,  DRP.  261  081. 

=)  DRP.  261  082,  Zusatz  zu  261  081. 

=•)  DRP.  266  578,  Zusatz  zu  DRP.  261  081. 

*)  Schweizerisches  Seriun-Institut,  Bern,  DRP.  307  893. 

")  Chemische  Werke,  Charlottenburg,  DRP.  249  725. 

«)  DRP.  251  332,  Zusatz  zu  DRP.  249  725.  ')  Bayer,  DRP.  264  267. 

«)  Riedel,  DRP.  279  199. 


Quecksilberverbindungon.  G85 

Merciirieito  Aminoarylsulfosäuren  erhält  man,  wenn  man  aminoarylsulfosaures  Queck- 
silber oder  Gemenge  von  Aminoarylsulfosäuren  mit  deren  QuecksUbersalz  bildenden  Stoffen 
so  lange  erwärmt,  bis  die  entstehende  Qiieeksilberverbindung  alkalilöslicli  geworden. 
Beschrieben  sind:  Mercurimetanilsaures  Natrium,  Mercuriaminophenolsulfosaures  Natriiun, 
das  saure  Natriumsalz  der  Mercuri-m-aminosulfobonzoesäure.  Die  neuen  Verbindungen 
spalten   Quecksilber  langsam  ab'). 

Ein  Tuberkuloseheilmittel  aus  Cantharidin  erhält  man,  wenn  man  vorerst  durch 
Kondensation  mit  Athylendiamin  entgiftet  imd  das  Produkt  mit  Goldsalzen  behandelt-). 

Es  werden  aucli  andere  Schwermetallsalze  des  Cantharidyläthylendiamins  dargestellt, 
und  zwar  Cantharidyläthylendiamln-quecksilbercyanid,  Cantharidyläthylendiamin-silber- 
cyanid,  Cantharidyläthylendiamin-stannochlorid,  Cantharidyläthylendiauiin-cuprocyanid-'). 

Diu-ch  Einwirkung  von  Malonester  oder  deren  Monoalkylsubstitutionsprodukten'') 
in  Gegenwart  von  Wasser  auf  Quecksilberoxyd  in  üfiui\alenten  Jlengen  mit  Verseifung 
der  entstandenen  Monomercmimalonester  in  üblicher  Weise  und  Abspaltung  von  Kohlen- 
säure erhält  man   Quecksilberfettsäviren  resp.  deren  Salze  von  der  Formel 

„    ^CHR  •  COOMe 

und  der  entsprechenden   Anhydride  von  der  Formel 

j^^/CHR\p(^     (R  ==  Wasserstoff  eder  Alkyl). 

All  Stc'lle  der  Malonester  und  ihrer  Monoalkylderivate  kann  man  die  entsprechenden 
Salze  als  Ausgangsmaterialien  verwenden,  indem  man  diese  Salze  unter  dem  Einfluß  von 
Alkali  oder  Alkalicarbonat  mit  Quecksilberoxyd  oder  Quecksilbersalzen  kondensiert  und 
die  entstehenden  monomercurimalonsauren  Salze  durch  Ansäuern  der  Abspaltung  von 
Kohlensäure  unterwirft^). 

Quecksilberverbindungen  der  Aryloxyfettsäuren,  also  der  Reaktionsprodukte  von 
Phenolen,  Naphtholen  und  iliren  Derivaten  mit  Halogenfettsäuren,  werden  dargestellt, 
indem  man  entweder  die  Queeksilbersalze  der  entsprechenden  Säuren  oder  die  Säuren 
als  solche  mit  Quecksilberoxyd  oder  Quecksilbersalzen  erhitzt,  wobei  sich  Anhydride 
der   mercurierten    Säuren    bilden.     Die    allgemeine    Formel    der    mercurierten    Säuren    ist 

R<Q^    _  „Q„„  ,   wobei   R  =  Phenyl,    Naphthyl  oder  ihre  Derivate,    Rj  =  Alkyle  oder 

substituierte  Alkyle  ist. 

Die  Alkalisalze  dieser  Veibüidungcn  sind  gut  lösliche,  reizlos  und  schmerzlos  injizier- 
bare Substanzen.  Besclu-ieben  sintl  Quecksilberthymoxylessigsäureanhydrid,  Queeksilber- 
a-guajacolpropionsäuie  *). 

Man  kann  wasserbeständige  Lösungen  von  Quecksilbersalzeu  in  Ölen,  Fetten  usw. 
darstellen,  wenn  man  komplexe  aromatische  Quecksilberverbindungen  unter  Vermittlung 
eines  organischen  Lösungsmittels  in  Fett  löst.  Man  kann  Naphthylquecksilberaeetat,  Naph- 
thylquecksilberchlorid,  o-  und  p-Oxyphenykiuecksilberchlorid,  Oxyphenylendiquecksilber- 
diacetat  in  Naphthalin,  Anthracen,  Anilin,   Pyridin,  Chinolin,  Triacetin  usw.  lösen'). 

Untersucht  man  die  von  Schoeller  und  Schrauth  dargestellten  Queck- 
.silberverbindungen,  so  sieht  man,  daß  sie  sehr  verschieden  wirken,  je  nach- 
dem, ob  beide  Valenzen  des  Quecksilbers  durch  Kohlenstoffreste  besetzt  sind, 
oder  ob  nur  eine  Valenz  des  Metalls  organisch  gebunden  ist.  Fast  vollkommen 
ungiftig  sind  z.  B.  Quecksilberdipropionsäure  und  Quecksilberdibenzoesäure 
in  Form  ihrer  Natriumsalze,  während  die  Natrinmsalze  der  Oxyquecksilber- 
propionsäure  und  der  Oxy-,  Cyan-  inid  Natriumthiosulfatquecksilberbenzoe- 
säure  höchst  giftig  sind.  Bei  doppelter  Kohlenstoffbindung  des  Quecksilbers 
hat  das  Quecksilber  kerne  Affinität  im  Organismus  und  ist  so  lange  ungiftig, 
solange  diese  Bindung  nicht  zerstört  wird,  wemi  nicht  die  organische  Kom- 
ponente oder  Gesamtsubstanz  eine  Eigenwirkung  hat.   Wenn  aber  eine  Valenz 


M  Heyden,  DRP.  281  009.  ^)  DRP.  269  66L 

^)  DRP.  272  291,  Zusatz  zu  DRP.  269  661. 

*)  W.    Schoeller  und   W.    Schrauth,   Charlottenburg,   DRP.    208  634,   siehe   auch 
BB.   41,  2087  (1908).  S)  DRP.  213  371,  Zu.satz  zu  DRP.  208  634. 

«)  Bayer,  DRP.  261  299.  ')  Avenarius  und  Wolff,  DRP.  272  605. 


686  Antiseptica  und  Adstringentia. 

des  Quecksilbers  mit  reaktionsfähigen  Resten  wie  Hydroxyl,  Cyan,  Halogen, 
Thiosulfat  besetzt  ist,  so  tritt  deutliehe  Giftwirkimg  auf. 

Das  Natriumsalz  der  Oxyquecksilber-o-jodbenzoesäure  ist  viel  vuigiftlger 
als  eines  der  Salze  dieser  Gruppe.  Der  Ersatz  von  Wasserstoffatomen  des 
Benzolkemes  durch  andere  Reste  übt  auf  die  giftige  Wirkimg  der  Verbindungen 
keinen  allzu  großen  Einfluß  aus.  Aber  die  komplexen  Moleküle,  welche  Queck- 
silber outhalten,  sind  viel  wirksamer  als  die  oluie  Quecksilber,  doch  bleibt 
der  Tj'pus  der  Wirksamkeit  erhalten.  Die  Propionsäure  Verbindungen  z.  B. 
erzeugen  Narkose,  die  Benzoesäureverbindungen  nicht. 

Das  Natriumsalz  der  Oxyquecksilberanthranilsäure  macht  tiefe  Blutdruck- 
senkung, Atemstillstand,  allgemeine  Erregbarkeitssteigerung  und  starke  Reizung 
des  Atemzentrums,  welche  auf  die  Aminogruppe  im  Benzolkeni  zurückzufühi'cn 
ist,  während  die  Anthranilsäure  wenig  giftig  ist.  Da  die  Anilin  ■Wirkung  dm-ch 
die  Carboxylgruppe  behindert  wrd,  kommt  diese  Wirkung  des  Anilins  durch 
den  Eindruck  des  Quecksilberrestes  in  den  Benzolkern  wieder  zur  Geltmig. 
Der  Tod  der  Tiere  aber  tritt  durch  die  Quecksilberkomponente  ein,  da  es  zu 
einer  typischeii  Gefäß-  oder  Herzlähmmig  kommt,  \vde  sie  allen  Quecksilber- 
verbindungen zukommen.  Die  komplexen  Anionen,  welche  Quecksilber  ent- 
halten, können  denselben  Wirkungstyi3us  besitzen  wie  Quecksilbersalze  bei 
akuter  Giftwirkung.  Schrauth  und  Schoeller  sprechen  die  akute  Giftwirkung 
ionisierter  Quecksilbersalze  demgemäß  als  eine  Molekularwirkrnig  der  im  Serum 
gebildeten  Quecksilbereiweißverbindung  an. 

W.  Kolle,  K.  Rothermundt  und  S.  Peschie^)  untersuchten  eine  Reihe 
von  Quecksilberjiräparaten  vergleichend  bei  Hühnerspirillose.  Es  wirkten  alle 
Verbindungen,  aber  zwischen  den  löslichen  und  unlöslichen,  zwischen  den 
eiweißfällenden  mid  den  nicht  eiweißfällenden  Quecksilberpräparaten  besteht 
kein  wesentlicher  Unterschied.  Die  therapeutische  Wirkung  geht  bei  einigen 
Präparaten  nicht  mit  dem  Qnecksilbergehalt  im  Sinne  der  lonisienuig  parallel, 
z.  B.  bei  Hermophenyl,  beim  Salicylqviecksilber  und  beim  dinitro-mercuri- 
benzoesauren  Natrium.  Hermophenyl  ist  viel  weniger  wirksam,  als  seinem 
Quecksilbergehalt  entspricht.  Die  Verl)indüng  ist  sulfuriert.  Sahcylquecksilber 
enthält  das  Quecksilber  direkt  an  den  Benzolring  gebunden.  Beim  dinitromer- 
curidiphenylcarbonsauren  Natrium  ist  zwar  durch  Einführung  der  Nitrogruppe 
eine  relativ  starke  Entgiftung  des  Präparates  herbeigeführt,  ohne  daß  seine 
Organotropie  herabgemindert  ist,  gleichzeitig  ist  es  aber  durch  die  feste  Kup- 
pelung des  Quecksilbers  an  zwei  Benzolringe  therapeutisch  unmrksam  ge- 
worden. Alle  Quecksilberpräparate,  bei  denen  sich  auffäUige  chemotherapeu- 
tische Wirkiuigen,  die  nicht  dem  Quecksilbergehalte  entsprechen,  feststellen 
ließen,  waren  organische,  und  zwar  der  aromatischen  Reihe  angehörige  Queck- 
silbervcrbindiingen.  Am  besten  bewährte  sich  die  Entgiftung  der  Verbindungen 
nicht  durch  die  Snlfogruppe,  we  es  bei  dem  therapeutisch  so  unwirksamen 
Hermophenyl  geschieht,  sondern  durch  die  Sulfaminogruppe.  Sulfamino-dime- 
thyl-phenylpyrazolonquecksilber  wirkt  beim  Tier  stark  spirillocid  und  ist 
wenig  giftig. 

Bei  der  Zersetzung  organischer  Quecksilberpräparate  im  Organismus 
geht  der  Abspaltung  des  Quecksilbers  aus  dem  organischen  Rest  anscheinend 
die  Bildung  organischer  Chlorquecksilberverbindungen  voraus'^). 

S.  Lustgarten  hat  ein  unlösUches  Quecksilberoxydulpräparat  dargestellt, 
gerbsaures   Quecksilberoxydul,   welches  im  Darme  unter  dem  Einflüsse  des 

>)  Deutsche  med.  Wochenschr.  38,  Nr.  34,  S.  1582  (1912).  —  J.  Abelin,  Deutsche 
med.  Wochensclir.  38,  Nr.  30,  S.  1822  (1912).  -)  B  Z.  33,  381   (I9I1). 


Quecksilberverbindungen.  687 

im  Darmsaft  entlialteueii  Natriumcarbonates  metallisches  Quecksilber  iii 
feinster  Verteihmg  entstehen  läßt,  und  die  adstringiercnde  Wirkung  der  Gerb- 
säure schützt  luerixü  vor  den  leicht  auftretenden  Durchfällen  bei  Quecksilber- 
kuren. Diese  therapeutische  Idee  kann  man  wohl  als  mterne  Schinierkur  be- 
zeichnen, da  hier  metallisches  Quecksilber  in  feinster  Verteilung  statt  durch  die 
Haut  von  der  Darmoberfläche  aufgenommen  wird.  Aber  das  Präparat  schehit 
sich  nicht  bewährt  zu  haben,  da  es  alsbald  in  der  Therapie  verlassen  ^v^u•de. 

H.  Dreser^)  machte  den  Vorschlag,  quecksilberunterschwefligsaures  Kali 
anzuwenden,  welches  Lokalerscheinungen  und  Eiweißfällung  vermeiden  läßt. 
Man  kann  auf  diese  Weise  Quecksilber  in  Form  einer  komplexen  Quecksilber- 
säure in  den  Organismus  hineinbringen,  ohne  lokale  Reiz-  oder  Atzwirkungen 
hervorzurufen,  aber  auch  dieses  Präparat  fand  keine  Verbreitung. 

Eine  Substanz,  die  wahrscheinlich  2-Mercuri-4-acetanilid-azo-4-toluol 

CHs<^^N  =  N<^^]SrH  ■  CO  •  CHj 

Hg    OH 

ist,  wiu-de  von  Fahlberg,  List  &  Co.  dargestellt  und  von  H.  Hüsgen^) 
imtersucht.  Sie  ist  lipoidlösüch  und  nach  Zuführung  der  Verbindung  sieht 
man  eine  beträchtlich  stärkere  Aufnahme  von  Quecksilber  im  Zentrahierven- 
system,  in  der  Muskulatur  und  anderen  Organen  als  nach  Zufuhr  der  gewöhn- 
lichen  Queeksillierpräparate. 

Wasserlösliche  imd  alkalibeständige  Quecksilberverbiudungen  der  Amidosulfonsäuro 
erhält  man,  wenn  man  die  Alkalisalze  der  Amidosulfonsäure  in  alkalischer  Lösung  mit 
Quecksilberoxyd  oder  einem   Quecksilbersalz  behandelt^). 

Bei  der  Einwirkung  von  Quecksilberacetat  auf  Indolderivate  entstehen  Verbindimgen, 
aus  denen  sich  das  Quecksilber  leicht  wieder  abspalten  läßt^).  Sie  enthalten  Queclisilber 
jedenfalls  an  Stelle  des  leicht  beweglichen  Wasserstoffatoras  in  der  CH-Gruppe  im  Indol- 
kern,  und  zwar  tritt  je  nach  Wahl  des  Indolderivates  entweder  der  einwertige  Rest  —  Hg 
•  OCOCH3  oder  der  Rest  —  Hg  •  OH  ein.  Auf  Zusatz  von  .ilkoholisehem  Quecksilberacetat 
zu  einer  heißen  alkoholischen  Lösimg  von  Phthalylmethylindol  scheidet  sich  die  Ver- 
bindimg 

•7,0  •  Hg  •  O  •  CO  ■  CH3 
\/C  ■  CH3 
N  •  CO  •  CjH^  ■  COOH 

ab,  die  unlnslich  ist.    Die  Quecitsilberverbindung  aus  N-Methyliartol  imd  Quecksilberaeefnt 

^— |C-HgOCO.CH3 
\/CH 

N  ■  CH, 

ist  krystallisiert. 

Die  Verbindung 

"  — |,C-Hg(OH) 
\  j.'c  ■  COOH 
N    CH3 

aus  N-Methylindokarbonsäure  ist  in  Alkahen  löslich. 

Aus  Acetylanisolpheuylhydrazon  und  C'hlorzink  dargestelltes  Aiiisylindol  liefert  in 
alkoholischer  Lösung  mit   Quecksilberacetat  die  Verbindung 

:C    Hg    OH 

s^Jc  ■  CeH4(OCH3) 

N 

H 


1)  AePP.  32,  456.  =)  BZ.    112,   1  (1020). 

3)  Karl  Hof  mann,  DRP.  261  4üü.  *)  Boehringer,  Waldhof,    DRP.  236  893. 


688  Antiseptica  und  Adstringentia. 

Aus  Methylketol  erhält  man  die  gelbe  unlösliche  Verbindung 

NH  '        /, 

die  allniiiblioh  mit  Schwefelwasserstoff  Schwefelqiieclcsilber  abscheidet. 

Mercurierte  Cliinolinderivat«  erliält  man,  wenn  man  eine  oder  mehrere  saure  salz- 
bildende Gruppen  enthaltende  Derivate  des  Chinolins  in  Form  ilirer  Quecksilbersalze  oder 
im  Gemiscli  mit  Quecksilbersalz  bildenden  Queclisilberverbindimgen  so  lange  erwärmt, 
bis  die  entstandenen  Chinolinquecksilberverbindungen  alkalilöslich  geworden  sind.  Die 
Patentsclirift  enthält  Beispiele  für  die  Anwendting  von  /i'-8-Oxychinolincarbonsäure,  von 
8-Oxychinolin-5-sulfosiuire,  von  2-Phenylehinolin-4-carbonsäure,  von  Cliinolin-8-sulfo- 
süuro  und  von  8-Oxyehinolin.  Das  Quecksilber  ist  verhältnismäßig  fest  gebunden,  ohne 
aber  so  reaktionsimfähig  zu  sein  wie  in  der  unwirksamen  Merciiridibenzoesäure^). 

Quecksilberverbindungen  von  alkyldithiocarbaminessissauren  Alkalien  der  allgemeinen 
Formel  (MeO  •  CO  •  CHj  •  NR  •  CS  •  S).,Hg  (R  =  Alkyl,  Me  =  Alkalimetall)  werden  dar- 
gestellt entweder  durch  Behandlung  von  Alkyklithiocarbaminessigsäureestern  des  Queck- 
silbers mit  Alkalien  oder  durcli  Auflösen  von  gelbem  Quecksilberoxyd  in  den  Alkalisalzen 
der  Alkyldithioearbaminessigsäuren  der  allgemeinen  Formel  MeO  •  CO  •  CH,  •  NR  •  CS,  •  Mo 
(Me  =  Alkalimetall)  und  dann  versetzt  man  die  erhaltene  Lösimg  mit  Alkohol.  Methyl- 
aminoessigsäureäthylester  gibt  in  ätherischer  Lösung  mit  Schwefelkohlenstoff  den  Dithio- 
carbaminessigsäureäthj'lester  in  Form  des  Methylaminoessii^rsäureäthvle.stersalzes  CjH^ 
■  COO  •  CHj  •  N(CH3)  •  CS  •  S  ■  NH2(CH3)  ■  CH^  •  COO  •  CjHj.  In  der  wässerigen  Lösung 
erzeugt  Quecksilberchlorid  einen  Niederschlag.  Beim  Auflösen  dieses  in  30proz.  Natron- 
lauge entsteht  das  QuecksUbernatriumdoppelsalz,  das  beim  Erhitzen  sieh  färbt,  imd  mit 
Alkohol  wird  avis  der  Lösung  ein  Pulver  gefällt,  das  39%  Quecksilber  enthält  und  die 
Zusammensetzung  NaCOO  •  CH^  ■  N(CH3)  -"cS  •  S  ■  Hg  •  S  •  CH„  •  COONa  besitzt.  Durcli 
längeres  Erhitzen  erhält  man  in  schwarzen  Blättchen   Queclcsilbematriumthioglykolat"). 

Die  Doppelverbinduiigen  des  Quecksilbers  haben,  trotzdem  J.  Lister, 
dem  wir  ja  die  ganze  Antiseptik  zu  verdanken  liaben,  tJie  erste  Verbindung 
dieser  Reihe  empfohlen  hat,  wenig  Glück  in  ihrer  Verbreitung  besessen,  weil 
sie  trotz  ihrer  liedeutenden  entwickhingshcmmenden  beinahe  keine  bakterien- 
tötendc  Kraft  besitzen  sollen,  wie  dies  für  das  von  J.  Liste renipfohlende  Queck- 
silberzinkcyanat  nachgewiesen  wurde'). 

Zweckmäßig  scheint  ein  Verfahren  zu  sein,  das  in  Deutschland  zuerst  von 
Emniel  eingeschlagen  ^vlu■de,  um  aus  Quecksilberverbindungen  leicht  auflös- 
bare, aber  metallische  Instrumente  nicht  angreifende  Präparate  zu  erhalten. 
So  war  in  England  schon  seit  Jaliren  ein  Präj^arat  im  Handel,  welches  wohl 
nur  wegen  seines  hohen  Preises  nicht  eine  allgemeine  Anwendung  erlangte.  Es 
war  dies  das  Quecksilberjodidjodkaüum  mit  einem  Zusätze  von  einem  kohlen- 
sauren Alkah,  ein  sehr  leicht  lösliches  Präparat,  aus  dem  Metalle  kein  Queck- 
silber zu  reduzieren  in  der  Lage  waren. 

In  gleicher  Weise  mischte  Emmel,  um  ein  in  Wasser  leicht  lösliches,  Metalle  nicht 
angreifendes  Queeksilbersalzpräparat  zu  erhalten,  Quecksilbercyanid,  Quecksilberoxy- 
cyanid  oder  Quecksilber-p-phenolsulfonat  mit  einfach-  oder  doppeltkohlensauren  Salzen*). 

Während  p-phenolsulfosaures  Quecksilber  durch  Wasser  leicht  zersetzt 
wird,  fehlt  diese  unangenehme  Eigenschaft  dem  Doppelsalze  mit  weinsaurem 
Amnion,  dem  Asterol,  dem  p-phenolsulfosauren  Quecksilbcr-Ammonium- 
tartarat. 

Man  erhält  dieses,  indem  man  zu  einer  frisch  bereiteten  Lösung  von  p-phenolsulfo- 
saurem  Quecksilber  die  entsprechende  Menge  von  weinsaurem  Ammon  zu.setzt  imd  die 
Lösung  zur  Trockene  eindampft. 


»)  Heyden,  DRP.  289246. 

'')  Pouleno  Freres  und  Ernest  Fourneau,   Paris,  DRP.  23.')  3,')fi. 

ä)  Brit.  med.  Journ.  1889,   I02ö. 

*)  DRP.  104  904,    121  0.5G. 


Quecksilberverbindungen.  689 

Das  erhaltene  Produkt  entspricht  der  Formel  (CijHjgOsSoHg)  •  [4  €41140, 
(NR,),]  =  8  H^O  1). 

Der  Erfinder  behauptete  von  diesem  Präparat,  daß  es  Eiweiß  nicht  fälle 
und  Metallinstrumente  nicht  angreife,  dabei  aber  stärker  als  Sublimat  wirke*), 
doch  kommen  ihm  diese  nachgerühmten  Eigenschaften  nicht  zu,  da  es,  ent- 
sprechend seinem  geringeren  Quecksilbergehalt,  schwächer  als  SubUmat  wirkt, 
Metallinstrumente  angreift  und  Eiweiß  fällt. 

Für  die  Zwecke  der  Injektion  scheinen  sich  von  allen  bis  nun  dargestellten 
Quecksilberderivaten  außer  dem  Quecksilbersalicylat  doch  die  Eiweißverbin- 
dungen am  besten  zu  eignen.  War  doch  das  von  Bamberger  zu  Injektionen 
zuerst  empfohlene  Präparat  eine  Peptonkalomelverbindung.  C.  Paal  hat 
dann  gezeigt,  daß  die  aus  Leim  durch  Kochen  mit  Säuren  erhaltenen  alkohol- 
lösüchen  Glutinpeptonchlorhydrate  Doppelverbindungen  mit  Quecksilber- 
chlorid geben,  die  in  Wasser  in  jedem  Verhältnis  löshch  sind,  durch  Eiweiß 
nicht  gefällt  Werden  und  aus  denen  auch  Alkali  kein  Quecksilber  abzuscheiden 
vermag.  Wie  beim  Eisen  und  beim  Silber  wurde  auch  beim  Quecksilber  ver- 
sucht, Verbindungen  desselben  mit  Eiweiß  oder  Casein  darzustellen.  Wenn 
man  ein  CaseinalkaHsalz  in  wässeriger  Lösung  mit  einer  wässerigen  Sublimat- 
lösung versetzt,  so  erfolgt  keine  Fällung.  Es  läßt  sich  aber  das  gebildete  Casein- 
quecksilber  durch  Alkohol  aus  dieser  Lösung  abscheiden.  Ein  von  den  Höchster 
Farbwerken  auf  diese  Weise  dargestelltes  Präparat  löst  sich  namentlich  bei 
Zusatz  von  einer  Spur  Alkah  oder  Ammoniak  im  Wasser  vollständig  klar  und 
enthält  7%  Quecksilber,  welches  durch  Schwefelwasserstoff  oder  Schwefel- 
ammonium nicht  nachgewiesen  werden  kann. 

Schwermetallverbindungen  von  Eiweißstoffen  erhält  man,  wenn  man  Schwermotall- 
verbindungen  oder  kolloidale  Schwermetalle  auf  solche  Eiweißstoffe  aus  normalen  tieri- 
schen oder  menschlichen  Organen  oder  Geweben  einwirken  läßt,  die  so  weit  von  allen 
wasserlöslichen  Bestandteilen  befreit  sind,  daß  sie  die  Ninhydrinreaktion  nicht  mehrgeben^). 

Von  anderer  Seite  wurde  vorgesclüagen,  Verbindungen  des  Caseins  mit 
Quecksilber,  Silber  und  Eisen,  die  wohl  zu  subcutanen  Injektionen  ihrer  Un- 
lösUchkeit  Wegen  nicht  brauchbar  sind,  die  aber  für  die  interne  Verwendimg 
von  Vorteil  sein  können,  in  der  Weise  darzusteUen,  daß  man  Casein  in  starkem 
Alkohol  suspendiert  und  mit  einer  konzentrierten  wässerigen  oder  alkoholischen 
Lösung  eines  Quecksilber-,  Silber-  oder  Eisensalzes  mehrere  Stunden  kocht. 
Die  so  erhaltenen  drei  Präparate,  von  denen  das  Quecksilberpräparat  7%, 
die  Silberverbindung  15V2%  (s.  Silberverbindungen),  die  Eisenverbindung 
31/2%  MetaU  (s.  Eisenverbindungen)  enthalten,  sind  wassermilösUch,  aber 
alkaülösHch  und  das  Metall  kann  in  ihnen  weder  dm:ch  Schwefelwasserstoff 
noch  durch  Schwefelammomum  nachgewiesen  werden.  Statt  des  Caseins  kann 
man  in  gleicher  Weise  Albumine  aus  Blut,  Eiem  und  Pflanzen  anwenden.  Man 
kami  auch  den  Alkohol  durch  ein  anderes  indifferentes  Suspensionsmittel,  wie  z.  B. 
Aceton  oder  konzentrierte  Neutralsalzlösungen  (Chlornatrium,  Chlormagnesium) 
in  diesem  Darstellungsverfahren  ersetzen.  Alle  diese  Verbindungen  enthalten, 
wenn  man  von  Chloriden  der  Metalle  ausgegangen  ist,  Chlor,  und  alle  haben  sie 
die  Eigenschaft,  durch  Zusatz  von  ein  wenig  Alkali  in  Lösung  gebracht  zu  werden. 

Man  erhält  dvu-ch  Einwirkung  von  wässeriger  Caseinuatriumlösung  auf  Lösungen 
von  Alkaliquecksilberjodiden  und  Fällung  mit  organischen  Säuren  und  darauf  folgende 
Behandlung  mit  Alkali  kolloidale  Quecksüberjodidverbindungen*). 

^)  Statt  der  einfachen  oder  doppeltkohlensauren  Alkalien  werden  auch  AlkaUoxyde  oder 
Alkalihydroxyde  verwendet.    DRP.  157  663.  =)  Berliner  klin.  Wochenschr.  1899,  229. 

3)  K.  Kottmann,  DRP.  300  513,  DRP.  302  911,  Zusatz  zu  DRP.  300  513. 
*)  Kalle,  DRP.  288  965. 

Franke  1,  Arzneimittel-Synthese.    5.  Aufl.  'i'i 


690  Antiseptica  und  Adstringentia. 

Komplexe  Quecksilberverbindungen  der  Safraninreihe  erhält  man,  wenn  man  Pheno- 
safranin  und  seine  Homologen  mit  Quecksilberealzen  behandelt^). 

Riedel,  Berlin^),  stellen  Quecksilbersalze  der  Cholsäure  her,  indem  sie  cholsaure 
Salze  mit  neutralen  Lösungen  organisch  saurer  Quecksilbersalze  versetzen.  Man  kann 
Oxyd-  und  Oxydulsalze  herstellen.  In  Verbindimg  mit  Tanninalburainat  wird  dieses  Prä- 
parat als  Mergal  in  den  Handel  gebracht  und  soll  für  interne  Luesbehandlung  dienen.  Das 
Verfahren  von  DRP.  171  485  wird  derart  benützt,  daß  man  statt  der  Quecksilbersalze 
organischer  Säuren  schwachsaure  Lösungen  von   Quecksilberoxydnitrat  verwendet^). 

Eine  weitere  Ausbildung  des  Verfahrens  des  DRP.  171  485  besteht  darin,  daß  man 
zwecks  Darstellung  von  cholsaurem  Quecksilberoxyd  die  nach  dem  Vermischen  wässeriger 
Lösungen  von  cholsaiu-en  Salzen  vmd  Quecksilberchlorid  entstehenden  milchigen  Flüssig- 
keiten so  lange  in  der  Wärme  behandelt  oder  bei  gewöhnlicher  Temperatur  stehen  läßt, 
bis  das  cholsaure   QuecksUberoxyd  ziu-  Abscheidung  gebracht  ist*). 

Die  Nichtfällbarkeit  des  Quecksilberchlorids  mit  cholsaurem  Kaliimi  beruht  nicht 
auf  der  Löslichkeit  des  cholsauren  Quecksilberoxyds  in  Chloralkalien,  wie  im  Haupt- 
patent angegeben,  sondern  in  seinem  kolloidalen  Zustande,  der  folgendermaßen  beseitigt 
wird:  Die  Umsetzung  von  cholsauren  Salzen  mit  Quecksilberoxydsalzen  wird  anstatt  in 
wässeriger  Lösung  in  wässerig-alkoholischer  Lösung  ausgeführt.  Cholsaures  QuecksUber- 
oxyd scheidet  sich  hierbei  in  nadelförmigen  Krystallen  aus,  die  sich  leicht  filtrieren  lassen, 
während  aus  der  reinwässerigen  Lösung  ausfallendes  cholsaures  QuecksUberoxyd  eine 
sehr  voluminöse,  Wasser  zurücklialtende  amorphe  Masse  bUdet*). 

Mergal  ist  eine  Mischung  von  einem  Teile  cholsaurem  Quecksilberoxyd 
mit  zwei  Teilen  Tannalbin. 

Cholsaures  Kobalt  (Knoll  &  Co.)  soU  ein  stark  desinfizierendes,  die  Magen- 
schleimhaut nicht  störendes  Mittel  sein. 

Desoxycholsäure  wirkt  auf  isolierte  Organe  und  Zellen  äußerst  energisch 
ein,  bedeutend  stärker  als  Cholalsäure,  die  Desoxycholsäure  ist  S — 9  mal  so 
giftig  wie  Cholsaure*). 

Cholsäiu-e  wirkt  nach  Kehrer  kontrahierend  auf  den  Uterus. 

Auf  Cholsäure  läßt  man  Acetylsalicylsäurechlorid  in  Gegenwart  von  halogenwasser- 
stoffsäurebindenden  Mitteln  einwirken,  z.  B.  Pyridin.  Man  erhält  eine  geschmacklose 
Verbindung ' ). 

Das  Cuprisalz  der  Cholsäure  erhält  man  durch  Umsetzung  beider  Salze  und  Trocknen 
mit  Methyl-  oder  Athalakohol^). 

Man  gelangt  zu  einer  geschmacklosen  Cholsäureverbindung,  wenn  man  die  Chol- 
säure mit  einem  gemischten  Anhydrid  der  Essigsäure  mit  Ameisensäure  bzw.  einer  Mischung 
von  Essigsäureanhydrid  mit  Ameisensäure  behandelt.  Das  Produkt  hat  auch  Galle  des- 
infizierende Eigenschaften  ^ ). 

Geschmacklose  Cholsäureverbindimgen  erhält  man,  wenn  man  hier  die  Cholsäure 
anstatt  mit  Essigsäureameisensäureanhydrid  mit  Ameisensäure  in  Gfegenwart  oder  Ab- 
wesenheit von  Kondensationsmitteln  behandelt.  Bei  dieser  Reaktion  treten  je  nach  den 
Versuchsbedingungen  wechselnde  Mengen  Ameisensäiu-e  in  die  Cholsäiu-e  ein^"). 

Das  Strontiumsalz  der  Cholsäure  soll  dem  cholsamen  Natrium  gegenüber  Vorteile 
haben  bei  der  Behandlung  der  Cholelithiasis.  Man  erhält  es  auf  übliche  Weise,  insbesondere 
durch  Absättigung  von  Cholsäure  mit  Strontiumhydroxyd^'). 

Wörner  stellt  Wismutsalze  der  Cholsäiu'e  dar,  indem  er  neutrales  Wismutnitrat  in 
basisches  verwandelt  und  mit  cholsaiu'em  Natron  auf  dem  Dampfbade  digeriert.  Der 
Rückstand  wird  mit  Wasser  gewaschen  und  getrocknet  ^^). 

Quecksilberoxydulverbindungen  basischer  Purinderivate  erhält  man,  wenn  man 
wässerige  Quecksilberoxydulsalze  auf  basische  Purinderivate,  wie  Coffein,  Theobromin 
oder  Theophyllin,  in  savu'er  Lösiuig  einwirken  läßt.  Dargestellt  wurden  die  Mercuroverbin- 
dungen  dieser  drei  Basen  durch  Einwirkung  von  Merciu'onitrat  in  salpetersaurer  Lösung. 


')  Fahlberg,  List,  DRP.  286  097.  ^)  DRP.  171  485. 

=)  DRP.  224  980,  Zusatz  zu  DRP.  171  485. 

*)  DRP.  225  711,  Zusatz  zu  DRP.  171  485. 

^)  DRP.  231  396,   Zusatz  zu  DRP.  171  485. 

«)  Hermann  Wieland,  AePP.  86.  79  (1920).  ')  J.  D.  Riedel,  DRP.  313  413. 

*)  DRP.  273  317.  »j  Bayer,  DRP.  285  828. 

")  DRP.  288  087,  Zusatz  zu  DRP.  285  828.  ")  Knoll,  DRP.  254  530. 

^}  DRP.  191  385. 


Silber.  691 

Das  Quecksilber  läßt  sich  direkt  nachweisen.    Sie  sollen  wenig  giftig  sein*). 
Mercaffüi  ist  die  Quecksilberoxydulverbindung  des  Coffeins,  es  ist  mildes 
Quecksilberpräparat  2). 

Behandelt  man  Theobromin  oder  Theophyllin  in  saurer  Lösung  mit  Mercuriacetat 
oder  mit  Quecksilberoxyd  in  der  Wärme,  so  erhält  man  Mercuriverbindungen,  welche  mit 

Schwefelammon  nicht  reagieren'). 

Durch  Behandlung  der  Alkalisalze  der  2.6-Dioxy-2-iniinodihydropyrimidin-3-essig- 
säure  mit  Quecksilberverbindungen  erhält  man  quecksilberhaltige  Pyrimidinderivate. 
Die  Präparate  sollen  vollkommen  reizlos  und  \'iel  weniger  giftig  als  Sublimat  sein.  Die 
freie  Säure  kann  man  erhalten  durch  Kondensation  von  Cyanessigsäure  mit  Hydantoin- 
säureester.  Der  so  erhaltene  Cyanacetylhydantoinäthylsäureester  wird  in  Alkalilauge  ver- 
seift und  geht  in  das  entsprechende  AlkaHsalz  der  gewünschten  Säure  über.  Das  Queck- 
silbersalz ist  leicht  löslich*). 

Silber. 

Das  bis  vor  kurzem  in  der  Medizin  allein  angewendete  salpetersaure  Silber 
vereinigt  mit  seinen  Ätzwirkiuigen  starke  antiseptische  Eigenschaften,  wie  sie 
ja  allen  Salzen  der  Schwermetalle  eigen  sind.  Da  nun  salpetersaures  Silber 
Eiweißkörper  fällt  und  ebenso  von  den  Chloriden  niedergeschlagen  wird,  so 
konnte  man  seine  therapeutischen  Eigenschaften  nur  für  Oberflächenwirkungen 
ausnützen.  Anderseits  war  man  häufig  in  der  Lage,  auf  die  ätzenden  Wirkungen 
des  salpetersauren  Silbers  zu  verzichten,  wenn  man  nur  die  antibakteriellen 
des  Silbers  in  Anwendung  bringen  wollte").  Die  Bemühungen  der  Chemiker 
gingen  nun  dahin,  Silberpräparate  zu  schaffen,  welche  einerseits  auf  Eiweiß- 
körper nicht  fällend  wirken,  anderseits  durch  Chloride  selbst  nicht  gefällt 
werden.  Lazzaro  experimentierte  mit  dem  Fluorsilber,  welches,  trotz  seiner 
ungemein  starken  antiseptischen  Eigenschaften  aus  dem  Grunde  nicht  ver- 
wendbar ist,  weil  es  in  wässeriger  Lösiuig  leicht  dissoziiert  und  hierbei  Fluor- 
wasserstoffsäure abspaltet. 

Nach  den  Untersuchungen  von  W.  Lublinski^)  ist  die  allgemein  ver- 
breitete Ansicht,  daß  Silbemitrat,  da  es  Eiweiß  koaguUert,  keine  Tiefenwirkung 
besitzt,  nicht  zutreffend.  Außer  der  Silberkomponente  spielt  auch  die  Nitrat- 
komponente physiologisch  eine  RoUe.  Der  Silber-Eiweißniederschlag  ist  in 
Kochsalzlösung  löslich;  es  ist  auch  möglich,  durch  Entziehung  von  Chlor, 
eine  Beeinflussung  der  erkrankten  Schleimhaut  durch  Silbernitrat  zu  erklären; 
daher  sieht  Lublinski  die  organischen  Ersatzpräparate  des  Silbemitrats  als 
minderwertige  Surrogate  an.  Zu  ähnlichen  Anschauungen  kommt  I.  Schu- 
macher'). 

Von  anderer  Seite  winde  vorgeschlagen,  um  Silberpräparate,  die  durch 
Halogenalkaüen  nicht  gefällt  werden,  zu  erhalten,  wasserlösliche  Silberhalogen- 
salze darzustellen.  Man  erhält  solche  durch  Einwirkung  von  Halogenen  auf 
das  sog.  kolloidale  Silber,  welches  zuerst  von  Carey  Lea  dargestellt  wurde. 
Man  versetzt  die  dunkle  Lösimg  von  kolloidalem  Silber  so  lange  mit  freiem 
Halogen,  bis  Entfärbimg  eintritt.    Durch  Zusatz  von  Salzlösimg,  insbesondere 

')  Rosenthaler  und  Abelmann,  DRP.  282  376. 

2)  Roth,  Berliner  tierärztl.  Wochenschr.  1920,  5/9. 

ä)  Rosenthaler  imd  Abelmann,  DRP.  282  377.  *)  DRP.  224  491. 

*)  Es  wäre  sicherlich  von  Interesse,  statt  der  Silberosydsalze  einmal  Chromoxydsalze 
zu  versuchen.  Chromoxydsalze  sind  nach  den  Untersuchungen  Panders  100 mal  weniger 
giftig,  als  die  Salze  der  Chromsäure.  Während  die  Chromate,  ähnlich  wie  die  Quecksilber- 
salze, zu  den  heftigsten  MetaUgiften  gehören,  sind  die  Chromoxydsalze  ebenso  giftig  wie  die 
Silberoxydverbindungen.  So  wurde  früher  Chromoxydhydrat  statt  Magisterium  Bismuthi 
empfohlen.  «)  Berliner  kUn.  Wochenschr.  51,   1643  (1914). 

')  Dermatol.  Wochenschr.  60,   14  (1915). 

44* 


692  Antiseptica  und  Adstringentia. 

aber  durch  Zusatz  von  Grelatine  und  citronensaurem  Ammonium  zu  diesen 
Lösungen  gelingt  es  diese  Silberhalogene  in  fester,  aber  noch  wasserlöslicher 
Form  abzuscheiden.  Man  bekommt  so  eine  Mischung  des  kolloidalen  Halogen- 
silbers mit  Grelatine,  welche  in  Warmem  Wasser  löslich  ist.  Die  Gelatine  wirkt 
hierbei  als  SchutzkoUoid. 

Das  wasserlösliche,  kolloidale  Silber  selbst,  CoUargolum  genannt,  wurde 
wegen  seiner  antiseptischen  Eigenschaften  in  die  Therapie  eingeführt.  Die 
Wundermären,  welche  über  seine  angeblichen  außerordentlichen  Wirkungen 
bei  Sepsis  usw.  verbreitet  wurden,  haben  keine  Bestätigung  gefunden. 
Doch  kommen  der  Substanz  sicherlich  verwendbare  therapeutische  Eigen- 
schaften zu. 

Die  Silberpräparate  mit  geringer  Teilchengröße  besitzen  eine  stärkere 
bactericide  Wirkung.  Durch  die  Silberfarbstoffverbindung  vne  Argochrom  und 
Argoflavin,  werden  sie  übertroffen,  bei  denen  sich  vielleicht  die  Wirkung  der 
Komponenten  summiert*). 

Die  kolloidalen  Silberpräparate  enthalten  nach  Th.  Paul  immer  Stoffe 
beigemengt,  die  in  wässeriger  Lösung  Silberionen  abspalten.  Diese  MetaUionen 
sind  es  wahrscheirdich,  welche  den  therapeutischen  Effekt  hervorrufen.  Obwohl 
ihre  Konzentration  nur  gering  ist,  so  reicht  sie  doch  aus,  um  z.  B.  das  Blut 
mit  der  maximalen  Menge  von  Silberionen  zu  sättigen,  die  bei  Gtegenwart  der 
in  verhältnismäßig  großen  Konzentrationen  im  Blut  vorhandenen  Chlorionen 
möglich  ist. 

Die  immer  mehr  steigende  Verwendung  von  kolloidalen  Silberlösungen  bei 
septischen  Erkrankungen  zeitigt  weitere  Versuche  zur  DarsteUung  solcher 
Silberlösungen.  Ebenso  ist  eine  weitere  Entwicklung  in  bezug  auf  die  Darstellung 
von  Silber-Eiweißverbindungen  zu  sehen,  denen  im  Gegensatze  zum  salpeter- 
sauren Silber  Tiefen wirkimgen,  aber  keine  Ätzwirkungen  zukommen. 

Von  geringem  Interesse  ist  die  Einführung  von  phenylschwefelsaurem 
Silber,  welches  angeblich  nicht  ätzt,  gut  löslich  und  beständig  ist. 

Die  Silbersalze  schwefelhaltiger  Fettsäuren  und  ihrer  Derivate  vereinigen  mit  den 
adstringierenden,  resorbierenden  und  entzündungswidrigen  Eigenschaften  der  schwefel- 
haltigen Fettsäuren  die  bactericide  Wirkimg  des  Silbers.  Es  gelingt  haltbare,  wässerige 
Lösungen  herzustellen,  indem  man  zunächst  die  freien  schwefelhaltigen  Fettsäuren  in 
wässeriger,  schwach  ammoniakhaltiger  Lösimg  mit  der  entsprechenden  Menge  Silberoxyd 
imisetzt.  Statt  zunächst  die  freien  Säuren  herzustellen,  kann  man  die  wasserlöslichen 
Alkalisalze  mit  der  entsprechenden  Menge  Sübernitrat  fällen,  die  in  Wasser  unlöslichen 
Silbersalze  auswaschen  und  lüerauf  in  ganz  verdünntem  wässerigem  Ammoniak  auflösen^). 

Ichthargan  ist  ichthyolsulfosaures  Silber^)  (siehe  Ichthyol). 

Unter  dem  Namen  Argentol  wurde  ein  im  Wasser  unlösliches  Silberpräparat 
empfohlen,  welches  china-a-aseptolsaures  Silber  ist  und  leicht  in  OxychinoUn 
und  metallisches  Silber  zerfäUt. 

Die  Tiefenwirkung,  die  man  von  den  Silberpräparaten  besonders  in  der 
Urologie  verlangt,  kann  man  auch  erhalten,  wenn  man  Silberphosphat  in  einer 
wässerigen  Lösung  von  Äthylendiamin  auflöst.  Bei  diesem  Präparate  ist  die 
Tiefenwirkung  wohl  größer*),  aber  auch  die  Reizerscheinungen  sind  stärker, 
so  daß  sich  dieses  Silberpräparat  von  dem  Moment  an  nicht  halten  konnte, 
als  man  auf  den  nahehegenden  Gtedanken  verfiel,  der  bei  allen  Metallen  schließ- 
lich und  endlich  in  Anwendung  gebracht  wurde,  Silber,  um  ihm  Tiefenwirkung 

*)  Erich  Leschke  und  Max  Berliner,  Berliner  klin.  Wochenschr.  5T,   706  (1920). 

2)  Henning,  DRP.  287  797. 

=)  Cordes,  Hermani   &  Co.,  Hamburg,  DRP.  114  394. 

')  Schaeffer,  Zeitschr.  f.  Hyg.  u.  Infektionskrankh.  14.  — Therap.  Monatsh.  1894,  354. 


Silber.  693 

ZU  verleihen,  mit  Eiweißkörpeni  zu  kombinieren.  So  wurde  Argonin*)  dar- 
gestellt, indem  man  Caseiimatrium  mit  salpetersaurem  Silber  versetzte  und 
die  Lösung  mit  Alkohol  ausfällte.  Die  so  erhaltene  Substanz  ist  im  kalten 
Wasser  schwer  löshch  und  lichtempfindlich  und  enthält  4.2%  Silber. 

Ferner  kann  man  Silberverbindungen,  die  in  Wasser  leicht  löslich  sind,  auf  die  Weise 
darstellen,  daß  man  die  unlösüchen  Verbindungen  des  Silbers  mit  Proteinstoffen  mit 
Albumoselösung  behandelt;  dann  gelangt  man  zu  Substanzen,  die  in  Wasser  sehr  leicht 
löslich  sind.  Man  geht  zu  diesem  Zwecke  in  der  Weise  vor,  daß  man  eine  Peptonlösung  mit 
Silbernitrat  fällt  und  den  entstandenen  Niederschlag  mit  Protalbumose  digeriert  und  die 
Lösung,  die  nun  entsteht,  im  Vakuum  zm-  Trockene  eindampft.  Aus  der  so  erhaltenen 
Verbindung  kann  Silber  durch  Salzsäiu-e  nicht  abgespalten  werden.  Statt  nun  mit  salpeter- 
saurem Silber  eine  Peptonlösung  zu  fällen,  kann  man  zu  derselben  Substanz  gelangen, 
wenn  man  eine  Peptonlösimg  mit  feuchtem  Silberoxyd  schüttelt  und  die  Silberpeptonver- 
bindung  dann  mit  Protalbumose  digeriert. 

Das  so  gewomiene  Produkt,  Protargol  genamit,  enthält  8.3%  Silber,  hat 
keine  Ätzwirkung,  besitzt  aber  starke,  den  Silberverbindungen  eigentümliche 
bactericide  Effekte-).  Von  demselben  Gedanken  ausgehend,  zu  wasserlöslichen 
Protein  Verbindungen  des  Silbers  zu  gelangen,  hat  L.  Lilienfeld  einen  iden- 
tischen Weg  eingeschlagen,  indem  er  den  alkohollöslichen  Anteil  der  Spaltungs- 
produkte der  Paranucleoproteide,  den  schon  Danilewski  Protalbin  genannt 
hat,  mit  Silber  behandelte  und  so  eineSilberprotalbin-Verbindvmg,  das  Largin'), 
erhielt,  welche  1L1%  Silber  enthielt  und  sich  bis  zu  10%  im  Wasser  löste. 
Die  wässerigen  Lösungen  des  Largins  werden  weder  durch  Chloride,  noch  durch 
Eiweiß  gefäUt. 

Lösliche  Eiweißverbindungen  des  Silbers,  Eisens,  Kupfers,  Quecksilbers,  Bleis,  Zinks 
xmd  Wismuts  erhält  man  weiter  bei  Verwendung  der  Pflanzenglobuline,  wenn  man  Pflanzen- 
legumin  in  Alkali  löst  und  einen  Überschuß  von  Alkali  zusetzt,  hierauf  das  betreffende 
Metallsalz,  z.  B.  Silbernitrat,  in  berechneter  Menge  eingießt.  Ein  etwa  entstandener  Nieder- 
schlag verschwindet  beim  Erwärmen  auf  dem  Wasserbad.  Die  Reaktionsflüssigkeit  fällt 
man  mit  Alkohol  oder  dialysiert  sie  und  trocknet  dann  im  Vakuum. 

Man  läßt  auch  Silbersalze  oder  Silberoxyd  axif  Methylenproteine  (durch  Einwirkung  von 
Formaldehyd  auf  Proteine  in  der  Kälte  erhalten)  einwirken  bzw.  auf  Methylenalbumosen*). 

Bei  allen  diesen  Silberpräparaten,  welche  als  Silbersalze  von  Eiweiß- 
körpeni anzusehen  sind,  ist  zu  bemerken,  daß  ihnen  je  nach  ihrem  Silbergehalt 
und  nur  von  diesem  abhängig,  bactericide  Wirkungen  zukommen.  Es  empfiehlt 
sich  daher,  bei  der  Darstellung  dieser  Präparate  darauf  zu  sehen,  und  desto 
wertvoller  ist  auch  das  Endprodukt,  daß  die  Körper  möghchst  reich  an  Silber 
sind  und  daß  sie  sich  in  Wasser  möglichst  leicht  lösen.  Es  ist  nämlich  ein  Nach- 
teil dieser  Präparate,  daß  sie,  wegen  ihrer  schweren  Benetzbarkeit  xmd  auch 
wegen  ihrer  meist  sehr  schweren  Löslichkeit  sehr  schlecht  wieder  in  Lösung 
gehen.  Die  ätzende  Wirkung  des  salpetersauren  Silbers  geht  diesen  Substanzen 
ab.  Da  wir  nun  in  der  Therapie  in  hohem  Grade  auf  die  ätzende  Wirkung  des 
salpetersauren  Silbers  angewiesen  sind,  wird  dieses  Präparat  von  all  den  be- 
sprochenen nach  dieser  Richtung  hin  nicht  verdiüngt  werden.  Hingegen  sind 
für  Tiefenwirlauigen  solche  komplexe  oder  halbkomplexe  Silbereiweißver- 
bindungen zu  empfehlen.  Gegenwärtig  kann  man  wohl  kaum  mehr  von  einem 
Bedürfnis  nach  einem  neuen  Silberpräparat  in  der  oben  angedeuteten  Richtung 
gesprochen  Werden.  Kombinationen  dieser  Art  mit  verschiedenen  Eiweiß- 
derivaten, welche  mehr  oder  weniger  zweckentsprechend  sein  werden,  sind 
natürhch  leicht  möglich. 

1)  Therap.  Monatshefte  1895,  307. 

2)  NeiBser,  Dermatol.  Zentralbl.  189T,  Heft  1.  —  Barlo  w.  Münchener  med.  Wochen- 
schrift 189T,  Nr.  45.  ')  Pezzoli,  Wiener  klin.  Wochensehr.  J898,  Nr.  11. 

*)  DRP.  118  353,   118  496. 


g94  Antiseptica  und  Adstringentia. 

Die  Spaltlingsprodukte  des  Leims  (Gielatosen)  z.  B.  werden  neutralisiert,  mit  Silber- 
nitrat versetzt  und  eingedampft  oder  mit  Alkohol  oder  Aceton  gefällt.  Die  Gelatosesilber- 
verbindungen  enthalten  ca.  20%  Ag^).  Statt  Silbernitrat  kann  man  organische  Silber- 
verbindungen oder  Süberoxyd  benützen  2).  Die  SUbergelatosen  erhält  man  auch,  wenn  man 
das  Neutralisationsmittel  für  die  Gelatosen  erst  nach  dem  Vermischen  der  Gelatoselösxmg 
mit  der  Silberlösimg  zugibt^). 

Hegonon  ist  eine  Silbemitratammomakalbumose,  welche  etwa  7%  Silber 
enthJilt,  in  Wasser  leicht  löslich  ist  und  alkalisch  reagiert. 

Die  nach  DRP.  105  866  erhältlichen  oder  diesen  ähnlich  sich  verhaltenden  Silber- 
verbindungen von  Proteinstoffen  geben  mit  Harnstoff,  Methylharnstoff  oder  Dimethyl- 
hamstoff  haltbare,  in  Wasser  rasch   lösliche  Präparate*). 

Mit  Hilfe  von  AlkalLsalzen  der  Harzsäuren  kann  man  SchwermetaUpräparate  erhalten, 
welche  auch  nach  dem  Trocknen  sich  leicht  kolloidal  in  AlkaUen  lösen.  Auch  von  Schwefel- 
ammon  wird  das  Metall  nicht  ausgefällt.  Im  Magensaft  werden  die  Verbindungen  nicht 
angegriffen.  Man  kann  z.  B.  aus  copaivasaurem  Natrium,  Silbemitrat,  AtzkaU  und  Hydr- 
oxylamin  ein  solches  Präparat  erhalten.  Silber  kann  durch  andere  Metalle,  wie  Queck- 
silber, Hydroxj-lamin  durch  Hydrazin,  Formaldehyd  usw.  ersetzt  werden^). 

Riedel  stellt  ein  leichtlösliches  Doppelsalz  aus  Succinimidsüber  und  Hexamethylen- 
tetramin  her  durch  Lösen  dieser  beiden  Verbindungen  und  Einengen  zur  Krystallisation'). 

Septacrol-Ciba  ist  eine  Silberdoppelverbindung  des  Dimethyldiamino- 
methylacridiniumnitrat  (Brillantphosphin  5  G). 

SUbersalze  in  Wasser  unlöslicher  substituierter  Quecksilberkohlenstoffverbindungen 
mit  den  Alkalisalzen  von  stickstoffhaltigen  Verbindungen  mit  amphoterem  oder  schwach 
saurem  Charakter  bilden  beständige,  in  Wasser  leicht  lösliche  Additionsderivate.  Mit  ver- 
dünnten Kochsalzlösungen  geben  sie  keinen  Niederschlag,  sondern  bilden  kolloidales  Chlor- 
silber. Beschrieben  ist  die  lösliche  Verbindung  von  oxymercurithymolessigsaurem  Silber 
mit  diäthylbarbitursaurem  Natrium,  sowie  die  Verbindung  von  oxymercuribenzoesaurem 
Silber  mit  Succinimid'). 

Glykocholsaure  Silber  kann  wegen  seiner  geringen  Löslichkeit  und  leichten  Zersetz- 
lichkeit  als  solches  nicht  verwertet  werden.  Durch  Behandeln  mit  Ammoniak  erhält 
man  eine  Ammoniaksilberglykocholatverbindung,  die  leicht  löslich  ist'). 

Man  kann  das  therapeutisch  wirksame  SUberglykocholat  auch  dadurch  in  löslicher 
Form  erhalten,  daß  man  an  Stelle  von  Ammoniak  Hexamethylentetraminlösung  auf 
glykocholsaures  Süber  einwirken  läßt*). 

Man  erhält  die  gleiche  Ammoniaksilberglykocholatverbindung,  werm  man  glykochol- 
saures Ammon  in  wässeriger  oder  alkoholischer  Lösung  mit  Süberoxyd  behandelt  bzw.  die 
Glykocholsaure  in  wässeriger  oder  alkalischer  Suspension  bzw.  Lösung  der  Behandlung  mit 
Ammoniak  und  Silberoxyd  imterwirft,  sowie  wenn  man  ammoniakalische  Silberoxydlösung 
auf  Glykocholsaure  einwirken  läßt  ^"j. 

Man  läßt  Sübersalze  auf  Glykocholate  bei  Gegenwart  von  Ammoniak  einwirken"). 

Durch  Einwirkung  von  glykocholsaurem  Silber  oder  von  Süberglykocholatverbin- 
dungen  auf  Proteine  oder  deren  Derivate  gelangt  man  zu  beständigen  Produkten,  welche 
serumlöslich  und  Süber  in  maskierter  Form  enthalten.    Sie  sind  stark  bactericid^^). 

Man  gelangt  zu  den  gleichen  Produkten,  wenn  man  die  Reihenfolge  des  Arbeits- 
ganges in  der  Weise  abändert,  daß  man  zuerst  Süberproteine,  Silbereiweißderivate  bzw. 
Sübereiweißabbauprodukte  darstellt  und  diese  auf  Glykocholate  oder  Glykocholsaure  ein- 
wirken läßt  oder  daß  man  in  Gemischen  oder  Verbindungen  von  Glykocholat  oder  Glyko- 
cholsaure mit  Prot-einen,  Eiweißderivaten  oder  Eiweißabbauprodukten  Süberoxyd  oder 
Silbersalze  zur  Umsetzung  bringt.  Die  Patentschrift  enthält  Beispiele  für  die  Anwendung 
von  Caseintrypsinpepton  und  von  Caseinsüberi^ä). 

Choleval  ist  ein  kolloidales  Silberpräparat  mit  gallensaurem  Natrium  als 
Schutzkolloid  (E.  Merck). 


1)  Höchster  Farbwerke,  DRP.  141  967.  ^)  DRP.  146  792,  Zusatz  zu  DRP.  141  967. 

=)  DRP.  146  793,  Zusatz  zu  DRP.  141  967.  •)  Bayer,  DRP.  322  756. 

5)  K.  Roth,  Darmstadt,  DRP.-Anm.  R.  30  497.  «)  DRP.  217  987. 

')  Baver,  DRP.  261  875.  »)  Höchst,  DRP.  284  998. 

»)  DRP.  290  262,  Zusatz  zu  DRP.  284  998. 

W)  DRP.  284  999,  Zusatz  zu  DRP.  284  998. 

")  DRP.  289  182,  Zusatz  zu  DRP.  284  998. 

^)  Höchst,  DRP.  292  517.  ")  DRP.  301  871,  Zusatz  zu  DRP.  292  517. 


Eisen.  696 


Eisen. 


Eisenpräparate  werden  aus  zwei  Gründen  in  der  Therapie  benützt.  Die 
größte  Verwendung  findet  Eisen  in  der  Therapie  als  Heilmittel  bei  Chlorose 
und  Anämie,  wo  es  als  Material  zum  Aufbaue  und  zur  Regeneration  der  roten 
Blutkörperchen  dienen  soll,  oder,  wie  andere  glauben,  als  Reizmittel  für  die 
Regeneration;  femer  werden  in  der  Therapie  die  blutstillenden  Eigenschaften 
des  Eisens,  wenn  auch  in  weit  geringerem  Maße,  benützt.  Diese  letztere  Eigen- 
schaft, Blut  zur  Koagulation  zu  bringen,  kommt  aber  nur  der  Oxydreihe  der 
Eisensalze  zu,  fehlt  jedoch  der  Oxydulreihe  vollständig. 

Über  den  therapeutischen  Wert  der  Eisenpräparate  bei  Chlorose  zu  sprechen 
ist  hier  nicht  am  Platze.  Jedenfalls  stehen  die  Praktiker  ausnahmslos  auf  dem 
Standpimkte,  daß  man  mit  der  Eisentherapie  gute  Erfolge  zu  verzeichnen 
hat.  Eine  andere  Frage  ist  es,  ob  es  sich  besser  empfiehlt,  anorganische  Eisen- 
präparate oder  organische,  insbesondere  solche,  in  denen  Eisen  in  einer  lar- 
vierten,  nicht  ionisierbaren  Form  enthalten  ist,  zu  verwenden.  Die  große  Er- 
fahrung der  Kliniker  hat  gezeigt,  daß  für  die  Therapie  die  anorganischen  Salze 
unter  sonst  gleichen  Umständen  mindestens  dasselbe  leisten  wie  die  organischen 
Präparate  mit  larviertem  Eisen.  Die  Zahl  der  seit  langer  Zeit  empfohlenen 
Eisenverbindungen  ist  Legion.  Diese  hier  eingehend  zu  besprechen,  erscheint 
überflüssig,  da  es  sich  meist  um  anorganische  oder  organische  Salze  des  Eisens 
handelt,  deren  Säure  ohne  jede  Beziehung  zur  Wirkung  ist. 

Für  die  Verwendung  bei  Chlorose  und  Anämie  eignen  sich  von  den  Salzen 
die  Oxydulsalze  aus  dem  Grunde  besser,  weil  die  Oxydsalze  eine  ätzende  Wir- 
kmig  haben  und  deshalb  den  Magen  stärker  belästigen  als  die  Oxydulsalze. 

Die  ätzenden  und  den  Magen  belästigenden  Wirkungen  des  Eisens,  femer 
die  unangenehme  Nebenwirkung  auf  die  Zähne  haben  von  jeher  das  Bestreben 
gezeigt,  unschädhche  Präparate  dieser  Art  zu  gewimien.  Zum  Teil  wurde  dieser 
Zweck  durch  die  pharmazeutische  Darreichungsform  erreicht. 

Eine  Richtung  ging  dahin,  Präparate  darzustellen,  in  denen  das  Eisen 
in  einer  Form  gebunden  ist  wie  im  Hämoglobin  selbst,  daß  es  sich  nämUch 
durch  Schwefelammonium  nicht  mehr  nachweisen  läßt. 

Vom  Hämoglobin  ausgehend,  hat  R.  Kobert  durch  Reduktion  mittels 
Zink  das  sog.  Hämol  dargestellt,  welcher  eisenhaltige  Eiweißkörper  das  Eisen 
noch  in  derselben  Form  gebunden  enthält  wie  Hämoglobin,  der  rote  Blutfarb- 
stoff. Die  Kliniker  halten  jedoch  daran  fest,  daß  die  verschiedenartigen  Blut- 
präparate, sowie  die  rem  dargestellten  Hämoglobinpräparate  bei  ihrer  thera- 
peutischen Verwendung  vor  den  gewöhnlichen  Eisenmittehi  keine  Vorzüge 
haben,  wenn  auch  in  den  letzten  Jahren  die  Verwendung  von  Blutpräparaten 
in  der  Eisentherapie  eher  zugenommen  hat. 

R.  Bunge^)  hat  in  der  Leber  einen  eigentümhchen  eisenhaltigen  Eiweiß- 
körper (Hämatogen)  gefunden,  welcher  dadurch  charakterisiert  ist,  daß  in 
einer  ammoniakahschen  Lösung  desselben  Schwefelammonium  unmittelbar 
keinen  Niederschlag  erzeugt. 

Einen  analogen  Körper  wollten  O.  Schmiedeberg^)  und  Pio  Marfori') 

nach  folgendem  Verfahren  darstellen. 

Zuerst  wird  aus  Eiweiß  Alkalialbuminat  erzeugt  und  das  Albuminat  ausgefällt. 
Man  löst  dieses  in  Ammoniak  wieder  auf  und  versetzt  es  mit  einer  mit  Ammoniak  neutra- 
lisierten Lösung  von  weinsaurem  Eisen.    Man  erwärmt,  filtriert  die  Lösung  und  fällt  mit 

»)  HS.  10,  453  (1886).  2)  AePP.  33,  101. 

3)  Therap.  Monatshefte  1895,  Nr.  10.  —  AePP.  29,  212. 


ggg  Antiseptica  und  Adstringentia. 

Essigsäure  aus.    Man  bekommt  immer  ein  Präparat  von  konstantem  Eisengehalt.    Im 
Mittel  erhält  die  Ferratin  genannte  Verbindung  0.702  g  Fe. 

Diese  Verbindung  ist  resorbierbar,  was  nach  Pio  Marfori  nur  bei  Prä- 
paraten mit  organisch  gebundenem  Eisen  mögUch  ist.  Der  große  Enthusiasmus, 
mit  dem  diese  anscheinend  große  Errungenschaft  begrüßt  wurde,  hat  sich 
inzwischen  schon  gelegt. 

De  Groot^)  wies  darauf  hin,  daß  dieser  künstliche  Körper  mit  der  Eisen- 
verbindung der  Leber  (Bunges  Hämatogen)  keineswegs  identisch  ist,  er  sei 
vielmehr  eine  schwach  saure,  zu  den  Eisenalbuminaten  gehörige  Verbindung 
und  stimmt  in  seinen  Eigenschaften  fast  vollkommen  mit  dialysiertem  Eisen- 
albumiuat  überein.  Von  Bunges  Hämatogen  unterscheidet  es  sich  dadurch, 
daß  ihm  durch  salzsäurehaltigen  Alkohol  Eisen  sofort  entzogen  wird.  Bat- 
tistini^)  erhielt  gleiche  Resultate  bei  Untersuchung  dieses  Ferratins.  Auch 
in  der  Praxis  zeigte  es  sich,  wie  zuerst  an  der  Ziemßenschen  Klinik  konstatiert 
wurde,  daß  diese  Substanz  keinen  Vorteil  vor  den  übrigen  Eisenpräparaten 
besitze. 

Durch  Verdauung  wird  Hämatogen  nicht  angegriffen,  das  Eisen  des 
Ferratins  aber  in  Eisenchlorid  übergeführt*). 

Wenn  man  sich  bei  einem  vorliegenden  Eisenpräparat  überzeugen  will, 
ob  das  Eisen  in  demselben  organisch  gebmiden  (larviert)  ist  oder  ob  es  sich 
um  ein  organisches  Eisensalz  handelt,  bedient  man  sich  am  besten  der  Probe 
von  Macallum*).  Diese  Probe  beruht  auf  der  Verfärbung  von  Hämatoxyün- 
lösungen  durch  Eisensalze.  Man  bereitet  eine  frische  Y2Proz.  Lösimg  von  Häma- 
toxylin  in  Wasser  und  setzt  eine  kleine  Menge  der  zu  prüfenden  Substanz  zu. 
Präparate,  welche  ionisierbares  Elsen  enthalten,  erzeugen  eine  blauschwarze 
Färbung,  während  die  Präparate  mit  organisch  gebundenem  Eisen  mit  dem 
HämatoxyHn  nicht  reagieren. 

Eine  Prüfung  mit  diesem  Reagens  zeigt,  daß  das  Spaltungsprodukt  des 
Hämoglobins,  Hämatin,  sowie  Hämatogen,  organische  (larvierte)  Eisenverbin- 
dungen sind,  hingegen  ist  das  künsthche  Ferratin  eine  anorganische  Eisen- 
verbindung, ebenso  wie  alle  sonstigen  Eisenpeptonate  und  Albuminate. 

Warum  trotzdem  im  künsthchen  Ferratin  das  Eisen  scheinbar  larviert 
erscheint,  ist  aber  von  keiner  Seite  genügend  aufgekläi-t  worden.  Von  Inter- 
esse für  dieses  auffällige  Verhalten  des  Ferratin  ist,  daß  Cuperatin  [eine  dem 
Ferratin  nachgebildete  Kupferverbindung  (Kupferalbuminsäure)]  auch  für 
den  Menschen  im  wesenthchen  unbedenklich  wirkt,  während  stearinsaures 
Kupfer  sehr  giftig  ist^).  Nach  Schwarz  ist  diese  Angabe  unrichtig.  Bei  solchen 
Kupferverbindungen  ist  die  Wirkung  sehr  verlangsamt,  aber  sonst  identisch. 

Bei  einer  Nachuntersuchung  der  0.  Seh  mied  eher  gschen  Angaben 
fanden  Beccari  und  Scaffidi^)  sowie  E.  Salkowski'),  daß  das  natürliche 
Ferratin  kein  Körper  sui  generis,  keine  Ferrialbuminsäure  sei,  sondern  ein 
Nucleoproteid  mit  schwankendem  Eisengehalt  und  daß  die  künstliche  Ferri- 
albuminsäure mit  dem  natürlich  vorkommenden  Körper  nicht  identisch  oder 
verwandt  sei. 

Um  die  unangenehmen  Nebenwirkungen  der  Eisenpräparate  zu  vermeiden, 
bedient  man  sich  mit  Vorliebe  der  Verbindimgen  des  Eisens  mit  Eiweiß  (Eisen- 


1)  Nederl.  Tijdschr.  Pharm.  1895,   161.  =)  Wiener  med.  Presse  1895,   1842. 

3)  R.  Kobert,  Deutsche  med.  Wochensehr.  1894,  600. 

*)  Journ.  of  physiol.  22,  92,   187.  ')  AePP.  35,  437. 

•)  Malys  Jahresber.  d.  Tierchemie  32,  494  (1902).  —  HS.  54,  448  (1907/8). 

')  HS.  58,  282  (1908/9). 


Eisen.  697 

albumiuate)  (hierher  gehört  auch  das  Ferratin),  Pepton  (Eisenpeptonate), 
Albumosen  (z.  B.  Eisensomatose),  Eisensaccharate  usw. 

Ein  Eiseneiweißpräparat,  welches  im  Magensaft  ganz  unlösHch  und  erst 
durch  Einwirkung  von  Darmsaft  Eisen  abspaltet,  soll  die  Eisenverbindung 
des  Naphtholgrün  (Eisenverbindung  des  Ä-nitro-/i-naphthol-/j-sulfosauren 
Xatrons)  sein.    Therapeutische  Versuche  liegen  nicht  vor. 

Der  Bedarf  nach  Eisenpräparaten  liegt  bei  der  großen  Verwendung  von 
Eisen  darin,  daß  man  den  Magen  wenig  belästigende  Kombinationen  sucht 
und  bei  dem  langen  Gebrauche  dieser  Mittel  gern  abwechselt.  Dieses  ist  der 
Gnmd  der  wahren  Hochflut  verschiedenster  Eisenpräparate,  die  tägUch  , .er- 
funden" werden. 

So  haben  Knoll  &  Co.')  ein  P-  und  N-haltiges  Eisenpräparat  aus  Caseinverdauungs- 
produkten  (durch  Pepsinsalzsäure  gewonnen)  dargestellt,  indem  sie  neutralisieren  und 
das  Filtrat  mit  5%  Ferriammoniumlösung  versetzen.  Beim  Erhitzen  zum  Sieden  scheidet 
sich  das  Eisensalz  einer  N-  und  P-haltigen  organischen  Säure  ab,  die  in  Magensaft  unlös- 
lich, in  schwacher  Soda  (Darmsoda)  löslich  ist,  Triferrin  genannt. 

Jodparanucleinsaures  Eisen  erhält  man  durch  Behandlung  bei  neutraler"  Reaktion 
wässeriger  Lösungen  von  Eisensalzen  und  Lösungen  von  Jod  oder  wässeriger  Lösungen  von 
Jodparanucleinsäure  mit  Lösungen  von  Eisensalzen  oder  paranucleinsaurem  Eisen  mit 
Jodlösungen  2). 

Es  wurde  auch  vorgeschlagen,  Eisen,  sowie  auch  Silber  und  QuecksUber,  mit  Nuclein 
zu  verbinden,  was  wohl  keinen  Vorteil  vor  anderen  Säuren  haben  kann.  Man  gewinnt 
das  notwendige  Nuclein  aus  Hefe,  indem  man  diese  mit  Alkali  extrahiert  und  die  Eiweiß- 
körper in  der  mit  Essigsäure  angesäuerten  Lösimg  bei  75°  C  koaguliert.  Aus  dem  Filtrate 
wird  das  Rohnuclein  mit  saurem  Alkohol  gefällt.  Das  Nuclein  wird  mit  Permanganat 
durch  leichte  Oxydation  gereinigt.  Die  schwach  alkalische  Nucleinlösung  versetzt  man 
nun  mit  Salzen  des  Silbers,  Quecksilbers  oder  Eisens  und  fäUt  die  Lösung  mit  Alkohol, 
dem  man  etwas  Neutralsalz  zusetzt. 

Nach  0.  Cohnheim^)  besitzt  die  Phosphorsäure  die  Fähigkeit,  ähnhch 
wie  Nucleinsäure,  Eisen  zu  maskieren. 

Die  Darstellung  der  sauren  Eisensalze  der  Phosphorweinsäure  geschieht  durch  Um- 
setzung der  Alkalisalze  der  genannten  Säure  mit  Eisensalzen  oder  Einwirkung  von  Wein- 
säure auf  die  Eisenphosphate  oder  Fällen  der  Eisentartrate  mit  Phosphorsäure.  Man  kann 
auch  aus  der  durch  Einwirkung  von  überschüssiger  Weinsäure  auf  Eisenphosphate  gewon- 
nenen Lösung  die  komplexen  Salze  durch  Wasser,  Alkohol  oder  Alkali  abscheiden.  Dar- 
gestellt wurden  saures  Ferro-  und  Ferriphosphortartrat^). 

Man  kann  an  Stelle  von  Weinsäure  Citronensäure  verwenden  und  so  die  sauren 
Ferro-  und  Ferriphosphorcitrate  erhalten^). 

Das  Ferrosalz  der  Glutaminsäure  wird  dargestellt,  indem  man  Glutaminsäure  mit 
metallischem  Eisen  unter  Ausschluß  von  Luft  in  der  Wärme  behandelt'). 

Auch  das  innere  Anhydrid  der  Glutaminsäure,  die  2-Pyrrolidon-5-carbonsäure,  gibt 
unter  gleichen  Bedingimgen  ein  Ferrosalz"). 

In  gleicher  Weise  kann  man  von  anderen  Aminosäuren  und  Peptonen  zu  Eisenoxydul- 
verbindungen gelangen*). 

Eisenreiche  Produkte  aus  höheren  ungesättigten  Halogenfettsäuren  erhält  man,  wenn 
man  die  höheren  ungesättigten  Halogenfettsäuren  mit  mehr  frisch  gefälltem  Eisenhydroxyd 
zusammenschmilzt,  als  zur  Bildung  der  normalen  Eisensalze  dieser  Säuren  notwendig  ist. 
Beschrieben  sind  solche  Eisenverbindungen  von  Taririnsäuredijodid  und  Stearolsäure- 
dibromid').  Eisensalze  der  höheren  ungesättigten  Halogenfettsäxuren  erhält  man  durch 
Fällung  der  Alkalisalze  dieser  Säure  mit  einer  wässerigen  Lösung  von  Ferrosulfat.  Be- 
schrieben sind  Eisentaririnsäuredijodid  und  dibromelaidinsaures  Eisen'"). 

1)  DRP.  114  273.  2)  Knoll,  DRP.  258  297. 

3)  O.  Cohnheim,  Chemie  d.  Eiweißkörper.  <•)  DRP.  211  529. 

5)  DRP.  211  530,  Zusatz  zu  DRP.  211  529. 

«)  Hoffmann-La  Roche,  DRP.  264  390. 

')  DRP.  264  391,  Zusatz  zu  DRP.  264  390. 

«)  DRP.  266  522,  Zusatz  zu  DRP.  264  390. 

8)  Hoff  mann  -  La  Roche,  DRP.  281  551. 

W)  Hoffmann-La  Roche,  DRP.  249  720. 


698  Antiseptica  und  AdstriBgentia. 

Die  freien  hochmolekularen  Monojodfettsäuren')  werden  in  die  unlöslichen  Salze 
des  Eisens  und  Mangans  verwandelt.  Die  alkoholische  Lösung  der  Säure  wird  mit  Kali- 
lauge neutralisiert  und  mit  Manganchlorür  versetzt.  Das  Eisensalz  wird  mit  Eisenchlorür 
in  gleicher  Weise  erhalten. 

tei  G.  Richter  -  Budapest'')  verbindet  Lecithin  und  dessen  Halogenderivate  mit  Ferro- 
halogeniden,  indem  er  alkoholische  Lösungen  von  Ferrobromid  oder  Ferrojodid  mit  alko- 
holischen Lösungen  von  Lecithin,  Bromlecithin  oder  Jodlecithin  vermischt  und  die  aus- 
gefallenen Niederschläge,  nach  dem  Abkühlen  mit  Eis,  mit  Alkohol  auswäscht. 

Lösliche  Schwermetallverbindungen  geschwefelter  Eiweißkörper')  erhält  man,  wenn 
man  die  durch  Einwirkung  von  Schwefelkohlenstoff  oder  Kohlenoxysulfid  auf  Eiweiß- 
körper oder  eiweißähnliche  Spaltungs-  und  Abbauprodukte  in  alkalischer  Lösung  erhält- 
lichen Produkte  in  rohem  Zustand  oder  gereinigt  mit  Schwermetallen  oder  deren  Ver- 
bindungen mit  Ausnahme  von  Blei  oder  dessen  Verbindungen  in  alkalischer  Lösung 
umsetzt. 

Claaß  stellte  Ferrooxybenzoate  dar,  denen  starke  antibakterielle  Eigenschaften 
zukommen  sollen.  Man  läßt  auf  Alkalisalze  von  Oxybenzoesäuren,  deren  Derivate  und 
Kemhomologe  oder  Substitutionsprodukte  unter  gleichzeitigem  Zusatz  geringer  Mengen 
eines  Reduktionsmittels,  wie  Natriumhydrosulfit,  auf  Ferrosalze  in  wässeriger  Lösung  bei 
Temperaturen  bis  zu  100°  einwirken.  Beschrieben  sind  saures  Ferro-p-oxybenzoat,  saures 
Ferro-o-kresotinat,  saures  Ferro-3-amino-2-oxy-l-benzocarbonat,  saures  Ferro-o-methoxy- 
benzoat*). 

Von  sehr  vorübergehendem  Erfolg  begleitet  war  die  anfangs  ebenfalls 
mit  großem  Jubel  erfolgte  Einführung  von  blutstillenden  Eisenverbindungen, 
und  zwar  kam  gleichzeitig  dasselbe  Präparat  unter  zwei  verschiedenen  Be- 
zeichnungen Ferropyrin^)  und  Ferripyi'in*)  auf  den  Markt.  Es  ist  dies  die 
Doppelverbindung  des  Eisenchlorids  mit  dem  Antipyrin,  vpelches  kräftig 
adstringierend  mid  schwach  anästhesierend  wirkt.  Aus  dem  gleichen  Grunde 
wurde  Eisenchloridchinin  dargestellt.  Beide  verbinden  mit  ihrer  blutstillenden 
Wirkung  auch  aUe  jene  schädlichen  Nebenwirkungen,  welche  dem  Eisenchlorid 
eigen  sind  und  die  dessen  Anwendung  zur  Blutstillung  so  außerordentUch 
beschränken. 

M.  Claass  steUte  folgende  Verbindungen  dar:  Ferrodisalicylat  und  das 
Kaliumsalz  des  Ferridisalicylats,  Ferriferrisalicylat,  die  basische  Verbindung 
und  das  Ferroferrosalicylat,  entsprechend  dem  Ferroferrocyanid.  Das  von 
Hager  als  Ferrum  salicyhcum  bezeichnete  Fei-risalicylat  gibt  es  nicht.  Die 
herstellbaren  Ferrisalicylate  sind  unlösliche  Verbindungen  ohne  arzneihchen 
Wert.  Als  Ferrum  salicylicum  könnte  nur  das  Ferrosalicylat  bezeichnet  werden, 
welches  ausgesprochen  keimtötende  und  zusammenziehende  Eigenschaften 
besitzt.  Die  violette  Verbindung,  welche  bei  der  Sahcylsäure-Eisenreaktion 
entsteht,  ist  eine  Ferrisahcylochlorwasserstoffsäure  der  Formel 

in  welcher  das  Verhältnis  von  Eisen  :  Salicylsäure  :  Salzsäure  wie  1:1:2  ist. 

Elektro ferrol  ist  O.Sproz.  elektrisch  zerstäubtes  kolloidales  Eisen. 

Aus  Liguinsäure  und  Eisensalzen  erhält  man  einen  unlöslichen  Niederschlag, 
liguinsaures  Eisen'). 

Arsenverbindungen. 

Die  bekannten  Wirkungen  der  arsenigen  Säure  haben  melirere  Versuche 
gezeitigt,  um  Derivate  der  arsenigen  Säure  für  die  imiere  Anwendung  als  Ersatz- 

1)  DRP.  202  353,  Zusatz  zu  DRP.  180  622.  Das  Hauptpatent:  DRP.  180  622  siehe 
bei  Jod.  2)  DRP.  237  394.  ^)  DRP.  264  926.  ")  DRP.  279  865. 

^)  Auf  Veranlassung  von  Cubasch  [Wien.  med.  Presse  1895,  Nr.  7)  von  KnoU  &  Co., 
Ludwigshafen,  dargestellt. 

°)  Auf  Veranlassung  von  Witkowski  von  den  Farbwerken  Höchst  a.  M.  dargestellt. 

')  C.  S.  Fuchs-Heppenheim,  DRP.  327  087. 


Arsen  Verbindungen.  699 

mittel  der  Grundsubstanz  einzuführen.  Der  Versuch,  Dimethylarsinsäure 
(CH3)2AsO  •  OH  als  Ersatzmittel  des  Arsens  einzuführen,  ist  hinter  den  gehegten 
Erwartungen  zurückgeblieben.  Die  ersten  Untersucher  der  Kakodylsäure 
hielten  sie  für  ungiftig,  aber  sie  ist  ebenfalls  als  giftig  anzusehen,  da  sie  im 
tierischen  Organismus  später  dieselben  Erscheinungen  erzeugt,  ■wie  die  anorga- 
nischen Arsenpräparate.  Die  organischen  Arsenverbindungen  scheinen  den 
Organismus  z.  T.  zu  passieren,  ohne  in  eine  der  giftigen  anorganischen  Verbin- 
dungen des  Arsens  überzugehen,  z.  T.  werden  sie  aber  in  Form  von  arseniger 
Säure  und  Arsensäure  ausgeschieden.  Die  pharmakologische  Wirkung  der 
Kakodylsäure  ist  daher  nicht  allein  auf  die  Bildung  von  anorganischen  Arsen- 
oxyden zvunickzuführen.  Der  größte  Teil  der  Kakodylsäure  wird  von  einer 
großen  Zahl  von  Organen  zu  flüchtigem  Kakodyloxyd  reduziert,  und  zwar 
in  erster  Linie  vom  Magen,  Darm  und  der  Leber;  als  solches  wird  sie  dann 
vom  Organismiis  ausgeschieden,  zum  großen  Teil  dvurch  die  Exspirationsluft 
und  dies  besonders,  wemi  die  Einnahme  per  os  stattgefunden^).  Von  der  ein- 
geführten Kakodylsäure  wird  ein  Teil  im  Harn  unverändert  ausgeschieden, 
ein  anderer,  sehr  kleiner  Teil,  wird  im  Organismus  oxydiert,  und  dessen  Arsen 
erscheint  in  Form  von  arseniger  Säure  oder  Arsensäure  im  Harn.  Die  thera- 
peutischen Wirkungen  der  Kakodylsäure  beruhen  nach  Heffters  Ansicht  auf 
dem  im  Organismus  abgespaltenen  Arsen,  und  die  Säure  ist  nur  in  dem  Maße 
wirksam,  als  sie  der  Oxydation  anheimfällt.  Die  Kakodylverbindungen  wirken 
zunächst  anders  als  Arsenik,  aber  sobald  sie  längere  Zeit  im  Körper  verweilen 
und  sich  zersetzen,  treten  Arsensymptome  auf^).  Es  scheint  hier  ein  analoges 
Verhalten  wie  beim  Quecksilberdimethyl  vorzuliegen.  Nach  Schulz  ist  die 
Kakodylsäure  bei  Berücksichtigmig  gleichen  Arsengehaltes  weniger  giftig  als 
Arsenigsäm-eanhydrid.  Es  handelt  sich  also  nur  um  Verlangsamung  luid  nicht 
Verrmgerung  der  Wirkung  durch  Eintritt  der  organischen  Radikale  in  die 
Arsensäure.  Doch  zeigt  die  Kakodylsäure  unangenehme  Nebenwirkungen, 
da  sie  dem  Harne,  Schweiße  und  der  Respirationsluft  der  Kranken  einen  sehr 
widerHchen  Geruch  verleiht. 

Methylarsin  CHjAsHg  hat  kaum  basische  Eigenschaften  und  ist 
sehr  giftig*).  Diäthylarsin  (C2H5)2AsH  ist  äußerst  giftig.  Kakodylchlorid 
(CH3)2AsCl  hat  einen  furchtbar  widerlichen  reizenden  Geruch,  ebenso  Kako- 
dj'lfluorid.  Kakodylcyanid  (CH3)2As  ■  CX  ist  sehr  giftig*).  Kakodyloxyd 
[(CH3)3As]20  hat  einen  unerträglichen,  heftig  reizenden  und  Übelkeiten 
hervorrufenden  Geruch.  Phenylarsin  CgHs  •  AsHj  ist  nach  Kahn  außer- 
ordentlich giftig  5). 

Der  Dampf  von  Diacetylenarsentrichlorid  AsClg  •  2  (C2H2)  wirkt  auf  den 
Menschen  zwar  sehr  lästig,  aber  nicht  eigentlich  giftig.  Die  Flüssigkeit  selbst 
erzeugt  in  konzentriertem  Zustande  bei  empfindhchen  Personen  schwer  heilende 
Ausschläge.    Es  wirkt  bakterientötend*). 

Arrhenal  ist  das  Dinatriumsalz  der  Methylarsüisäiu-e  CH3As03Na2  +  6  HgO, 
welches  bei  Haiitkrankheiten  und  Malaria  benützt  wird'). 

Astruc  und  Murco  empfahlen  für  Tuberkulosebehandlung  Guajacol- 
kakodylat  und  Kakodylzimtsäure.  Ersteres  heißt  Kakodyljacol  As(CH3)202 
•  C6H4  •  OCH3  und  wird  schon  durch  kaltes  Wasser  in  beide  Komponenten 

1)  H.  Schulz,  AePP.  11,   131  (1879).  —  A.  Heffter,  AePP.  46,  231  (1901). 

2)  Carlson,  HS.  49,  432  (1906).  ^)  Palma  und  Dehn,  BB.  39,   3594. 

*)  Robert  Bunsen,  Liebigs  Annalen  37,  23.  ^)  Chem.-Ztg.  1918,   1099. 

«)  O.  A.  Dafert,  M.  f.  C.  40,  313  (1919). 

')  Gautier,  Presse  m6d.  1902,  791  und  824. 


700  Antiseptica  und  Adstringentia. 

zerlegt.  Letzteres  CgHg  •  CH  :  CH  •  COOK  •  AsO(CH3)2  •  OH  zersetzt  sich  eben- 
falls mit  Wasser^). 

Diphenylarsinsäure  (C^^)^  •  AsO  •  OH  ist  ein  ziemlich  schnell  wirkendes 
Gift  lind  läßt  sich  ihrer  Wirkmigsweise  nach,  hinsichthch  der  analogen  Kon- 
stitution, der  Dimethylarsinsäure  an  die  Seite  setzen.  Monophenylarsinsäure 
scheint  im  Organismus  langsamer,  aber  sonst  wie  Diphenylarsinsäure  zu  wirken. 
Phenylarsinsaures  Natron"^)  macht  bei  der  Katze  nervöse  Erscheinungen  ■nie 
Atosyl.  Der  Ersatz  von  Hydroxylen  durch  organische  Radikale  in  der  Arsen- 
säure AsO(OH)3  verzögert  aber  nur  die  Wirkung,  denn  das  Substitutionsprodukt 
wirkt  quahtativ  der  Grundsubstanz  gleich.  Von  diesen  Derivaten  hat  nur  die 
Kakodylsämre  eine  beschränkte  Anwendung  in  der  Medizin  gefimden. 

Arsen  in  kolloidaler  Form  enthaltende  Präparate  erhält  man  durch  Reduktion  von 
Arsenverbindungen  auf  nassem  Wege  bei  alkalischer  Reaktion  und  bei  Gegenwart  von 
SchutzkoUoiden  ^ ). 

Wasserlösliches  arsensaures  Eisen  in  kolloidaler  Form  enthaltende  Präparat©  kann 
man  gewinnen,  wenn  man  eine  wässerige  ammoniakaüsche  Lösung  von  arsensaurem  Eisen 
mit  einer  wässerigen  Lösung  von  Alkali-  oder  Ammoniumsalzen  der  Protalbin-  und  Lys- 
albinsäuren  oder  mit  einer  Lösung  der  Alkalisalze  von  Albumosen  versetzt,  den  entste- 
henden Niederschlag  abfütriert  und  das  Filtrat  im  Vakuum  zur  Trockne   eindampft*). 

Die  Verbindungen  mit  dreiwertigem  Arsen  sind  stärker  wirksam  als  die 
mit  fimf wertigem. 

Für  isoherte  Organe  ist  arsenige  Säure  300  mal  giftiger  als  Arsensäure ä). 
Trypanosomen  (Nagana  ferox)  werden  von  arseniger  Säure  (1  :  20  000)  diu'ch 
Arsensäure  erst  (1  :  100)  getötet  (200fach  so  stark). 

An  Süßwasserinfusorien  erweist  sich  eine  wässerige  Lösmig  von  Arsen- 
wasserstoff als  viel  weniger  giftig  als  eine  Lösung  der  arsenigen  Säure  mit 
demselben  Arsengehalt'). 

Ebenso  kommt  dem  dreiwertigen  anorganischen  und  organischen  Arsen 
(Natriumarsenit,  Salvarsan)  eine  höhere  keimtötende  und  entTsdcklmigshem- 
mende  Wirkung  bei  Bakterien  und  Protozoen  zu  als  dem  fünfwertigen  orga- 
nischen und  anorganischen  Arsen  (Natriumarsenat,  Atoxyl,  Arsacetiu).  Prüft 
rnan  dreiwertiges  Antimon  (Brech Weinstein)  und  fünfwertiges  Antimon  (KaUum- 
pyi-oantimoniat),  so  findet  man  in  gleicher  Weise  dreiwertiges  Antimon  wirk- 
samer als  das  fünfwertige.  Auch  auf  die  Hefegänmg  wirken  Arsenite  viel 
stärker  hemmend  als  Arsenate'). 

Tetramethylarsoniumjodid  wird  im  Organismus  nur  zum  geringsten 
Teile  zerlegt,  der  größere  Teil  geht  unverändert  in  den  Harn  über^). 

Tetraethylarsoniumjodid  wird  beim  Kaninchen  nach  subcutaner  Injektion 
im  Harn  unverändert  wiedergefunden  ä). 

Triphenylarsinoxychloridi")  geht  völlig  unzersetzt  in  den  Harn  über  und 
wird  auch  nicht  spuren  weise  zu  anorganischem  Arsen  abgebaut. 

Nach  Kakodylsäuredarreichung  erscheint  nur  ein  sehr  kiemer  Teil  des 
im  Harn  überhaupt  ausgeschiedenen  Arsens,  nämlich  nur  2.3%,  als  arsenige 
Säure  oder  Arsensäure. 

Arrhenal  wird  beim  Menschen  in  den  ersten  24  Stunden  zu  60%  mit 
dem  Harn,  wie  es  scheint  unverändert,  ausgeschieden.    Dami  nimmt  die  Aus- 

')  Joum.  de  Pharm,  et  de  Chim.  12,  553. 

''i  J.  Igersheimer  und  A.  Rothmann,  HS.  59,  256  (1909). 

ä)  Heydon,  DRP.-Anm.  C.  15  869.  ■»)  Kalle,  DRP.-Anm.  K.  23  394. 

')  Joachimoglu,   BZ.  70,    144  (1915).  «)  H.  Fühner,   AePP.  83,    44  (1917). 

')  E.  Friedberger  und  G.  Joachimoglu,  BZ.  79,   136  (1917). 

8)  E.  Bürgi,  AePP.  56,   101   (1907).  »)  S.  Gornaja,  AePP.  61,  76  (1909). 

")  R.  Kobert,  AePP.  44,  56  (1903). 


Arsenverbindvmgen.  701 

Scheidung  von  Tag  zu  Tag  in  progressiver  Reihe  ab;  doch  ist  am  30.  Tage 
noch  Arsen  im  Harn  nachweisbar  ^j. 

Auch  Carlson  konnte  nach  Einnehmen  von  täglich  30  Tropfen  Iproz. 
Arrhenallösimg  10  Tage  hindurch  mittels  Elektrolyse  die  Abspaltung  ioni- 
sierten Arsens  im  Organismus  nicht  nachweisen.*) 

Aus  4-4'-Arsenobenzoesäure  entsteht  im  Organismus  p-Benzarsinsäure  und 
Hippurarsinsäure        ^  ,^^^  ^ 


COOH    COOH 


1 


p-Benzarsinsäure    I     ]  »•         I      I  Hippurarsinsäure 

COOH  CO  •  NH  •  CHj  •  COOH 

3-3'-Diamiiio-4.4'-arsenobenzoesäure 

As  As 


COOH     COOH 
erscheint  im  Harne  als  3-Acetamino-p-benzarsinsäure. 

AsOgHj 

CjHa^NH  ■  COCH3 
COOH 

Wird  der  Harn  viele  Tage  nach  der  Einspritzung  dialysiert,  so  findet  man 
jetzt  ionisiertes  drei-  und  fünfwertiges  Arsen  ^). 

Karl  Sorger  in  Frankfurt  stellt  Eisensalze  der  Arsenweinsäure  und  Arsencitronen- 
säure  her,  indem  er  entweder  die  AlkaUsalze  der  Arsenweinsäure  resp.  Arsencitronensäure 
mit  Eisensalzen  umsetzt  oder  die  Eisentartrate  bzw.  Eisencitrate  mit  Arsensäure  behandelt 
oder  schließlich  Weinsäure  resp.  Citronensäure  auf  Eisenarseniate  einwirken  läßt*). 

Analog  der  Glycerinphosphorsäure  (s.  d.)  wiu'de  auch  die  Glycerinarsin- 
säure  dargestellt  sowie  deren  Salze. 

Man  kann  Spateisenstein  mit  Glycerinarsensäurelösung  erwärmen,  filtrieren  und 
einengen^). 

Wasserlösliches  glycerinarsensaures  Eisenoxydul  wird  folgendermaßen  dargestellt*): 
Ferroammonsulfat  wird  mit  Alkali  bei  Ausschluß  von  Luftsauerstoff  gefällt  und  mit  luft- 
freiem Wasser  ausgewaschen,  hierauf  eine  Lösung  von  Glycerinarsensäure  (durch  Er- 
wärmen von  Arsensäure  mit  Glyeerin  erhalten)  zugebracht  und  erwärmt,  die  Lösung 
wird  im  Vakuum  bei  Gegenwart  von  Kohlensäure  eingeengt. 

Arsensäureverbindungen  der  höheren  mehrwertigen  Alkohole,  welche  zum  Teil  Arsen 
in  sehr  fester  Bindung  erhalten,  kann  man  gewinnen,  wenn  man  höhere  mehrwertige 
Alkohole  oder  ihre  Ester  mit  Arsensäure  oder  Arsensäureanhydrid  im  Vakuum  auf  höhere 
Temperatur  erhitzt.  Beschrieben  sind  die  Magnesiumsalze  der  Mannitarsensäure  und 
Inositarsensäure '). 

Das  sehr  moderne  Verfahren,  anorganische  Substanzen  an  Eiweißkörper 
zu  binden,  hat  auch  den  Versuch  gezeitigt,  eine  Arsencaseinverbindung  herzu- 
stellen. Wenn  man  Arsenjodür,  -bromür  oder  -chlorür  in  Alkohol  löst  und 
auf  pulveriges  Casein  einwirken  läßt,  so  erhält  man  Arsencaseinate,  welche 
auch  das  verwendete  Halogen  enthalten.    Diese  Arsenverbindungen  enthalten 

1)  A.  Mouneyrat,  Cr.  136,  696  (1903). 

2)  C.  E.  Carlson,  HS.  49,  410  (1906).  ^)  E.  Sieburg,  HS.  ST,  95  (1916). 
*)  DRP.  208  711.          5)  Spiegel,  Charlottenburg,  DRP.  146  456. 

«)  Spiegel,  Charlottenburg,  DRP.  138  754. 
')  Hoffmann-La  Roche,  DRP.  279  264. 


702  Antiseptica  vind  Adstringentia. 

Arsen  angeblich  in  der  larvierten  Form  und  sind  alle  wasser-  und  alkalilöslich. 
Über  die  praktische  Verwertbarkeit  dieser  Verbindungen  liegen  keine  Urteile 
vor,  aber  man  muß  bedenken,  daß  diese  Verbindungen  durch  verdümite  Säure 
aus  ihrer  wässerigen  Lösung  fallen  und  daß  sie  daher  länger  sich  im  Magen- 
darmkanal aufhalten  werden  als  etwa  arsenige  Säure,  die  man  in  Form  der 
Fowlerschen  Lösxmg  den  Patienten  eingibt.  Nun  suchen  wir  bei  der  internen 
Verabreichung  des  Arsens  mögUchst  rasch  resorbierbare  Präparate  einzugeben, 
damit  wir  nur  Wirkungen  innerhalb  des  Organismus  mid  nicht  Wirkungen  auf 
die  Schleimhaut  des  Magendarmkanales  erzielen,  die  wir  keineswegs  benötigen 
und  die  immer  schädlich  sind,  da  es  unter  Umständen  zur  Eijtstehung  einer 
Gastroenteritis  kommen  kann. 

Aus  diesem  Grunde  werden  wir  wohl  annehmen  können,  daß  es  zweck- 
mäßiger ist,  die  arsenige  Säure  in  einer  der  bekannten  pharmazeutischen  Zu- 
bereitungen in  gelöster  und  leicht  resorbierbarer  Form  zu  verabreichen  als  in 
Form  von  Präparaten,  aus  denen  erst  die  arsenige  Säure  abgespalten  werden 
muß,  und  die  wegen  ihrer  schweren  Resorbierbarkeit  und  ihres  längeren  Aufent- 
haltes im  Magendarmkanal  die  so  mierwünschten  Nebenwirkungen  gastro- 
enteri tischer  Natur  hervorzurufen. 

Arseneiweißverbindvmgen,  welche  noch  Phosphor  und  Schwefelsäure  enthalten,  erhält 
man  aus  Eiweißkörpern  durch  Einwirkung  von  Arsentrichlorid  und  Phosphorpentoxyd  in 
Essigsäureanhydridlösung.    Die  Präparate  enthalten  0.6%  Arsen'). 

Volkmar  Klopfer,  Dresden,  stellt  eine  ArseneiweÜB Verbindung  durch  Einwirkung 
von  Arsentrichlorid  auf  Weizeneiweiß  bei  Gegenwart  von  Alkohol  bei  gewöhnlicher  Tem- 
peratur her.    Das  Produkt  enthält  4,33%  Arsen ^). 

Wasserlösliche  Salze  der  Arsensäure')  mit  Albumosen  erhält  man  durch  Vereinigen 
der  wässerigen  Lösungen  und  Fällimg  mit  Alkohol.  Arsensaure  Salze  der  Gelatosen  erhält 
man  durch   Erhitzen  einer  Glutinlösung  mit  Arsensäure,  wobei  Peptonisation  eintritt^). 

Die  wässerige  Arsensäurelösung  ^)  kann  auch  auf  die  in  Alkohol  suspendierte  Albu- 
mose  zur  Einwirkung  gebracht  werden. 

Es  wurden  mehrere  Präpararate  dargestellt,  welche  Arsen  imd  mit  ihm 
manchmal  auch  Chlor  oder  Phosphor  an  mehrwertige  Alkohole,  an  Fettsäuren 
oder  Fette  gebunden  enthalten. 

Elarson  ist  das  Strontiumsalz  einer  Chlor  und  Arsen  gebimden  enthal- 
tenden Behenolsäure,  Chlorasenobehenolsäure.  Es  enthält  13%  As  und  ca. 
6%  Cl.  Elarson  wird,  per  os  gegeben,  nur  zum  geringen  Teil  resorbiert.  Bei 
intravenöser  Applikation  ist  Elarsonsäure  erheblich  giftiger  als  arsenige  Säure. 

Man  kann  in  organische  Verbindiuigen  mit  sauren  Atomgruppen,  in  freien  Säuren, 
Säureester  (Ole)  Arsensäurekomplexe  einführen,  indem  man  die  betreffenden  Verbin- 
dungen zunächst  halogenisiert  und  dann  mit  arsensam'em  Silber  behandelt.  Auf  diese 
Weise  wurde  Dibrombehensäure,  Bromlecithin  und  Dijodphenolsulfosäure  mit  arsen- 
saurem Silber  behandelt'). 

Die  Säuren  der  Acetyleiueihe  verbinden  sich  beim  Erhitzen  mit  den  Halogenverbin- 
dungen des  Arsens  und  Phosphors.  Verwendet  man  Stearolsäure  oder  Behenolsäure,  so 
erhält   man  fettähnliche  Massen,  welche  resorbierbar  sind'). 

Man  kann  zu  den  gleichen  Verbindungen  gelangen,  wenn  man  auf  eine  Mischung  der 
Säuren  der  Acetylenreihe  mit  Arsenigsäureanhydrid  Halogenwasserstoff  in  Gegenwart  von 
wasserbindenden  Mitteln  einwirken  läßt'). 

Solarson  ist  das  Mouoammoniumsalz  der  Heptinchlorarsinsäui-e  CH3(CH2)4 
•  Cl— C  =  CH  •  As  =  OCOH),'). 


')  J.  Gnezda,  DRP.  201  370.  ^)  DRP.  214  717. 

=)  Knoll,  Ludwigshafen,  DRP.  135  306.  «)  Knoll,  Ludwigshafen,  DRP.  135  307. 

5)  Knoll,   Ludwigshafen,  DRP.  135  308.  «)  R.  Wolffenstein,  DRP.  239  073. 

')  E.  Fischer,  Felix  Heinemann,  DRP.  257  641. 

8)  DRP.  268  829,  Zusatz  zu  DRP.  257  641. 

8}  Therap.  d.  Gegenw.  19ie,   18,  80,  119. 


Arsenverbindungen.  703 

Halogenisierte  Arginsäuren  erhält  man  durch  Einwirkung  von  Arsentrihalogen  au» 
den  Kohlenwasserstoffen  der  Acetylenreihe  und  Oxydation  des  Reaktionsproduktes.  Be- 
schrieben sind  Heptinchlorarsinsäure,  Octinbromarsinsäure  i). 

Nach  den  früheren  Patenten  gelangt  man  zu  amorphen  Produkten.  Zu  schön 
krystallisierenden  Körpern  gelangt  man,  wenn  man  Phenylpropiolsäure  mit  Trihalogen- 
derivaten  des  Arsens  oder  mit  solche  liefernden  bzw.  wie  solche  reagierenden  Gemischen 
behandelt.  Der  so  erhaltene  arsenhaltige  Abkömmling  der  Phenylpropiolsäure  ist  außer 
durch  seine  krystallinische  Beschaffenheit  durch  die  leichte  Abspaltbarkeit  des  Halogens 
bei  der  Behandlung  mit  schwachen  Alkalien  charakterisiert,  wobei  krystallinische  Salze 
erhalten  werden.  Beschrieben  sind  die  Säure  aus  Phenylpropiolsäure  und  Arsentrichlorid 
und  aus  Arsentribromid  2). 

Arsenophenylpropiolsaures  Kalium  ist  ebenso  giftig  wie  die  arsenige  Säure 
(auf  As-Gtehalt  gerechnet)  und  erheblich  weniger  giftig  als  Elarsonsäm-e^). 

Solche  arsen-  \md  phosphorhaltige  Fettsäuren  kann  man  statt  an  Alkalien  oder  Erd- 
alkalien zu  binden  in  gleicher  Weise  in  die  Eisensalze  verwandeln^). 

Statt  der  fertigen  Trihalogenderivate  des  Arsens  und  Phosphors  kann  man  auch 
solche  Reagenzien  verwenden,  welche  diese  Halogenderivate  ohne  Abspaltung  von  Wasser 
liefern,  wie  Phosphor  oder  Arsen  und  Sulfurylchlorid  oder  Arsenigsäureanhydrid  vmd  Thi- 
onylchlorid,  so  daß  man  keine  wasserbindenden  Mittel  braucht*). 

Auch  die  Derivate  dieser  Verbindungen,  welche  lipoidlöslich  sind,  im  Gegensatze  zu 
den  beschriebenen  Salzen,  können  dargestellt  werden,  entweder  indem  man  von  den  Deri- 
vaten der  Säure  ausgeht  oder  indem  man  die  arsen-  und  phosphorhaltigen  Säuren  in  ihre 
Säurederivate  verwandelt. 

Beschrieben  sind  Chlorarsenobehenolsäuremethylester,  Chlorarsenostearolsäureäthyl- 
ester,  Chlorarsenobehenolsäureanhydrid,  Bromarsenobehenolsäiueanhydrid,  Chlorphosphor- 
behenolsäirremethylester  ^ ). 

Eine  organische  Arsensäureverbindung  wird  erhalten,  wenn  man  Distearin  mit  Arsen- 
säure in  der  Wärme  behandelt.    Sie  ist  fettartig  und  lipoidlöslich'). 

Arsenhaltige  Verbindungen  aus  Phosphatiden  oder  phosphatidhaltigen  Stoffen  er- 
hält man,  wenn  man  Phosphatide  usf.  in  organischen  Lösungsmitteln  mit  Arsensäure  in  der 
Wärme  behandelt  und  die  entstehenden  Arsenverbindungen  nach  den  für  die  Gewinnimg 
von  Lecithin  üblichen  Methoden  abscheidet'). 

Durch  Hydrolyse  von  Halogenmethyltrialkylarsonivunhalogeniden  mit  Wasser  bei 
höherer  Temperatur  kann  man  die  dem  C'holin  entsprechenden  Arsoniumverbindungen 
gewinnen. 

Trimethylarsin  gibt  mit  Äthylenbromid  bei  100 — 105°  w-Bromäthyltrimethylarso- 
niumbromid.  Beim  Erhitzen  mit  Wasser  auf  180°  entsteht  oj-Oxyäthyltrimethylarsonium- 
bromid. 

Das  aus  Triäthylarsin  und  Äthylenbromid  dargestellte  Bromäthyltriäthylarsonium- 
bromid  liefert  mit  Wasser  bei   180°  Athanoltriäthylarsoniumbromid'). 

Die  von  A.Michaelis  As  •  CsHj  •  COOH  dargestellten  Arsenobenzoesäuren 
As  •  CsHj  ■  COOH 
wurden  von  Kobert  pharmakologisch  untersucht.  Die  Natriumsalze  beider 
Säuren  sind  stark  giftig,  die  o-Verbindung  noch  stärker  als  die  p-Verbindung. 
Beide  wirken  hauptsächlich  auf  die  Nieren,  die  sie  analog  dem  Uran  füi"  Eiweiß 
imd  Zucker  durchlässig  machen.  Ferner  heben  beide  Säiu'en  schon  in  kleinen 
Dosen  die  Freßlust  von  Fleisch-  und  Pflanzenfressern  auf.  Die  Nieren  werden 
schwer  geschädigt,  die  Schleimhaut  des  Magens  weist  kleine  Blutaustritte 
auf,  es  kommt  zu  Leberdegeneration.  Die  Orthosäure  bewirkt  Eiweißaus- 
scheidung, wenn  man  pro  Kilogramm  Kaninchen  1  mg  Arsen  in  dieser  Form 
benützt  i«). 

Atoxyl  wurde  zuerst  von  Bechamp  1863  dargestellt  und  als  Arsanihd 
aufgefaßt,    1901    von   Ferdinand    Blumenthal   toxikologisch    untersucht, 

•)  Bayer,  DRP   296  915.  ^)  DRP.  291  614,  Zusatz  zu  257  641. 

ä)  G.  Joachimoglu,  AePP.  78,   1  (1915).  ■•)  DRP.  271  158,  Zusatz  zu  257  641. 

^)  DRP.  271  159,  Zusatz  zu  DRP.  257  641. 

«)  DRP.  273  219,  Zusatz  zu  DRP.  257  641. 

')  Hoffmann-La  Roche,  DRP.  287  798.  «)  Grenzach,  DRP.  282  611. 

«)  BB.  48,  870  (1915).         i")  Grenzach,  DRP.  203  032. 


704  Antiseptioa  und  Adstringentia. 

welcher  fand,  daß  es  keine  Anilinwirkung,  sondern  eine  spezifische'' Arsenwirkung 
zeigt.  Schließlich  wurde  nach  verschiedenen  Untersuchungen,  welche  die  Un- 
richtigkeit der  Bechampschen  Formel  dartaten,  von  P.  Ehrlich  und  Bert- 
heim die  richtige  Formel  ermittelt. 

P.  Ehrlich  und  A.  Bertheim i)  zeigten,  daß  Atoxyl  das  Mononatrium- 
salz  der  p-Aminophenylarsinsäure 

NH,.<Q>.AsO<°^^ist. 

Diese  Konstitutionsermittlung  sowie  die  physiologische  Prüfung  des 
Atoxyls  vmd  zahlreicher  Derivate  desselben  war  von  größter  Tragweite  für  die 
Synthese  des  Salvarsans. 

Der  Arsensäurerest  haftet  beim  Atoxyl  sehr  fest  am  Benzolkem,  und  es  zeigt 
sich  eine  weitgehende  Analogie  zwischen  Arsanilsäure  und  Sulfanilsäure.  Diese 
Analogie  geht  so  weit,  daß  man  auch  die  leichte  Spaltbarkeit  beider  durch 
Halogen  durchführen  kann.  So  entsteht  aus  Arsanilsäure  mit  Bromwasser  fast 
quantitativ  Tribromanilin  imd  Arsensäure. 

Atoxyl  gibt  erst  bei  der  KaUschmelze  das  festgebundene  Arsen  ab.  Man 
kann  in  dieser  Form  40 — 50  mal  soviel  Arsen  geben  als  bei  Verwendung  von 
Sol.  Fowleri2). 

Atoxyl  wird  beim  Pferde^)  z.  T.  als  anorganische  Arsen  Verbindungen, 
z.  T.  als  p-Aminophenylarsinsäure,  d.  h.  unverändert,  wie  auch  als  p-Oxy- 
phenylarsinsäure  und  Oxycarbaminophenylarsin säure  ausgeschieden.  Beim 
Menschen  findet  man:  p-Aminophenol,  wahrscheinlich  o-Acetaminophenol- 
schwefelsäure,  Carboiayl-o-aminophenol  (Oxycarbanil),  Oxyaminophenylarsin- 
säure,  Oxyphenylarsinsäure.  Zu  V4  '^rd  das  Arsen  iia  ionisierter  Form  aus- 
geschieden *). 

Die  Arsanüsäxire  selbst  erhält  man  durch  Einwirkung  von  Arsensäure  auf  Anilin 
zunächst  in  wässeriger  Lösung  und  nachheriges  Erhitzen  unter  Druck. 

Die  anorganischen  Salze  der  Arsanilsäure  zersetzen  sich  bei  längerem  Erhitzen; 
dieses  soll  bei  den  Chinin-  und  Cinchoninsalzen  nicht  der  Fall  sein.  Man  erhält  diese  durch 
Einwirkung  der  Säure  auf  die  Base  oder  Umsetzung  der  Salze'). 

p-Diazophenylarsinsäure  erhält  man  durch  Einwirkung  von  salpetriger  Säure  auf 
Arsanilsäure'). 

m- Arsanilsäure  ist  ebenso  toxisch  wie  die  p- Arsanilsäure.  Chemisch 
zeichnet  sie  sich  durch  das  stärkere  Haften  der  Arsensäure  vor  der  Para Verbin- 
dung aus. 

m-Aminophenylarsanilsäure  (Metarsanilsäure)  erhält  man,  indem  man  die  durch 
Nitrierung  von  Phenylarsinsäure  erhältliche  Nitrophenylarsinsäure  in  alkoholischer  Lösung 
mit  Natriumamalgam  oder  mit  Schwefelammon  und  nachher  mit  Alkalien  behandelt'). 

Bei  der  Einwirkung  von  Arsensäure  auf  o-  und  m-Toluidin,  sowie  avif  p-Xylidin 
wird  l-Amiaobenzol-4-arsinsäutre  resp.  ihre  Homologen  gebildet,  insbesondere  wenn  man 
2  Teile  Arsensäure  mit  3  Teilen  Amin  erhitzt.  Sie  zeigen  analoge  Wirkungen  wie  die  Arsanil- 
säure.   o-Tolylarsinsäure  wird  dargestellt  aus  o-Tolylarseniat  durch  Erhitzen  auf  180°*). 

Diu-ch  den  Eintritt  der  Aminogruppe  in  das  Molekül  der  Phenylarsinsäure 
erfolgt  eine  gewaltige  Verschiebung  der  biologischen  Eigenschaften:  Arsanil- 
säure.   Die  Toxizität  sinkt  imd  der  parasiticide  Charakter  entwickelt  sich. 

1)  BB.  46,  3292  (1907). 

2)  F.  Blumenthal,  Med.  Woche  1903,  Nr.  15.  —  Schild,  Berliner  klin.  Wochen- 
schrift 1892,  279. 

')  Nierenstein,  Zeitschr.  f.  Immunitätsforsch,  u.  exp.  Ther.  2,  453  (1909). 

«)  Ernst  Sieburg,  HS.  97,  53  (1916). 

^)  Chemische  Werke,  Charlottenburg,  DRP.  203  081. 

«)  Speyer-Stiftung,  DBF.  205  449.  ')  DRP.  206  334. 

*)  Englisch.  Patent  855  v.  14.  I.  1908. 


Arsen  Verbindungen.  705 

Tritt  eine  zweite  Aminogruppe  in  die  Phenylarsinsäure  ein,  so  wird  die  Toxizität 
noch  weiter  herabgesetzt.  3.4-Diaminophenyl-l-arsiusäure  ist  ca.  25 mal  uiigif- 
tiger  als  das  Natriumsalz  der  Arsanilsäure.  Die  Diaminosäure  besitzt  auehHeilwert 
gegenüber  Trypanosomiasis,  da  sie  aber  in  den  wirksamen  Dosen  Nervenaffektio- 
nen  als  Nebenwirkung  auslöst,  kann  sie  als  Heilstoff  nicht  in  Frage  kommen  *). 
Wird  noch  eine  dritte  Aminogruppe  in  die  Phenylarsinsäure  eingeführt, 
so  entsteht  Triaminophenylarsinsäure. 

AbOjHj 


;,nCJj 


N 

Sie  hat  bei  manchen  Tieren  kaum  überhaupt  eine  Giftwirkung. 

AUe  Halogenderivate  der  Arsanilsäure  haben  eine  bedeutend  stärkere 
Giftigkeit  als  ihre  Muttersubstanz. 

Die  Einführung  von  Jod  und  Brom  erhöht  die  Giftigkeit  des  Atoxj'ls, 
weil  dieses  sich  in  der  Leber  ablagert,  während  das  halogenfreie  es  nicht  tut. 
p-Anunophanylarsinsäurebijodür  p-Aminophenylarsinsäuretetrajodür 


As  As 

J    J  JJ    JJ 

Das  Bijodür  der  p-Aminophenylarsinsäure  sowie  das  Tetrajodür  sind 
giftiger  als  Atoxyl.  Die  Einführung  von  Jod  bei  erhaltener  Aminogruppe 
steigert  die  Giftigkeit  des  Atoxyls^). 

Die  Einführung  von  Jod  in  das  Atoxylmolekül  zeitigt  nur  Nachteile. 

p-Aminophenylarsinsäuretetrajodid,  und  zwar  das  jodwasserstoffsaure  Salz 
H J ,  NHj  •  CgHj  •  As J4 ,  erhält  man  durch  Übergießen  trockener  p-Aminophenyl- 
arsinsäure mit  Jodwasserstoffsäure  von  1.7  sp.  G.  bis  zur  Lösung  beim  Er- 
wärmen. Die  Substanz  wirkt  wie  die  anderen  jodierten  Atoxylderivate,  dabei 
aber  stark  ätzend  und  nekrotisierend*). 

p-Aminophenylarsinsäure-tetrajodid  ist  giftiger  als  p-Aminophenylarsm- 
säure*). 

3.5.3'.5'-Tetrajodarsenophenol  wirkt  schwächer  auf  Trypanosomen,  aber 
stärker  auf  Spirillen  als  Arsenophenol. 

Weniger  giftig  als  jodierte  Atoxylderivate  sind  Jodacidylderivate  des  Atoxyls,  bei 
denen  Jod  in  der  Seitenkette  steht.    Aus  Jodacetylchlorid,  Atoxyl  und  Lauge  erhält  man 
Jodacetylaminophenylarsinsäure  CHjJ  •  CO  •  NH  •  CgH,  •  AsOjH^*). 
p-Jodphenylarsinsaures  Natrium  und  Jodatoxyl 

J  NHj, 


0 


As  =  0  As  =  0 

ONa  ONa  ONa  ONa 


1)  Farbwerke  Höchst,  DRP.  219  210.     A.  Bertheim,  BB.  44,  3092  (1911). 

^)  A.  Patta  und  P.  Caccia,  Arch.  di  farmacol.  sperim.  12,  546  (1912). 

3)  BoU.  Soc.  Med.  Chir.  di  Pavia  (1911). 

*)  Aldo  Patta  und  Pierro  Caccia,  Arch.  di  Farmacol.  sperim.  13,  456  (1912). 

5)  Schering -Berlin,  DRP.  268  983. 

Franke],  Arzneimittel-Synthese.    5.  Aufl.  45 


706  Antiseptica  und  Adstringentia. 

Beide  Präparate  sind  erheblicher  giftig  als  Atoxyl. 

Die  Eüiführimg  von  Halogen  in  den  Ring  erhöht  die  Giftigkeit. 

3.5  -Dibrom-4-aminophenylarsinsäure  [    J      und  o-Toluidiuarsinsäure 

NH2  HO   As    OH  NHj 

[Kharsin*)]      f   J      '     und      3.5-Dijod-4-aminophenylarsinsäure  f   J 

HO  •  Äs  •  OH  HO  ■  As  •  OH 

O  O 

sind  vielfach  mehr  giftig  als  Arsanilsäure,  während  die  Einführung  eines  Acetyl- 
oder  GlycLnrestes  die  Giftigkeit  stark  herabsetzt. 

p-Jod-,  p-Jodoso-  und  p-Jodophenylarsinsä\iren  haben  für  Mäuse  annähernd 
dieselbe  Toxizität  von  Vaooog  P^o  20  g  Ge^^icht.  p-Jod-  und  p-Jodosophenyl- 
arsinsäure  machen  bei  Mäusen  Ikterus,  •während  p-Jodophenj-larsinsäure  diese 
Erscheinung  nicht  zeigt  2). 

Dichlorphenylarsinsäure  und  3.5-Dichlor-4-jodphenylarsinsäure  machen 
bei  Mäusen  sehr  intensiven  Ikterus,  viel  stärker  als  4-Jodphenylarsinsäure. 
Bei  den  Halogenphenj'larsinsäuren  wächst  die  Fähigkeit  der  Ikterusbildung 
mit  der  Anzahl  der  Halogenatome.    Das  sog.  ,,Icterogen" 

CH, 


h,03As.O-<h;ch! 


VCHiCHj 
CH3 
wird  nach  der  ikteruserregenden  Richtung  von  diesen  beiden  Substanzen  über- 
troffen. 

3.5-Dichlorphenylarsinsäure  ist  imgiftiger  als  p-Jodphen34arsinsäure  und 
Dichlorjodphenylarsinsäure,  so  daß  die  Besetzung  der  p-Stellung  zum  Arsen- 
rest jedenfalls  die  Gift  Wirkung  wesenthch  beeinflußt^). 

4-JodphenyIarsinsäure  sowie  ihre  Salze  wurden  sehr  vielfach  pharma- 
kologisch geprüft. 

p-Jodphenylarsinsäure  imd  p-Jodphenylarsenigsäurejodid  JCgH^AsJj  sind 
bedeutend  toxischer  als  Atoxyl.  Arsen  wird  zum  Teil  in  anorganischer  Form 
ausgeschieden,  Jod  hingegen  wird  bei  der  Jodphenylarsinsäure  nur  in  orga- 
nischer Bindung  eliminiert,  beim  Jodphenylarsenigsäurejodid  zum  Teil  auch 
in  ionisiertem  Zustande.  Beim  Kaninchen  machen  diese  Verbindungen  eine 
Verminderung  des  Stickstoffunisatzes.  Gegenüber  dem  Trypanosoma  Brucei 
sind  beide  Verbindungen  unwirksam'*). 

Die  Halogenderivate  des  Atoxj'ls  werden  am  langsamsten  ausgeschieden. 

Bei  der  Einwirkimg  von  Aldehyden  mit  und  ohne  Kondensationsmittel  auf  die 
Arsanilsäuren  erhält  man  durch  Kondensation  Derivate.  Besclirieben  sind  die  Einwir- 
knngsprodukte  von  p-Osybenzaldehyd,  Dimethylaminobenzaldehyd  undResorcylaldehyd'). 

Dmch  die  Acetj'Uerung  der  Arsanilsäure  erhält  man  eine  Verbindung,  die 
im  Heilwert  nicht  zurückgegangen  ist,  aber  für-  verschiedene  Tierarten  um 
3 — 10  mal  weniger  giftig  ist.    Nur  das  Pferd  und  das  Meerschweinchen  bilden 

1)  Wellcome  und  Pyraan,  engl.  Pat.  Nr   85.5  (1908);  Nr.  14  937  (1908). 

=)  Leupold  bei  P.  Karrer,  BB.  47,   97   (1914). 

3)  P.  Karrer,  BB.  47,   1779  (1914). 

*)  Efisio  Mameli  und  Aldo  Pat  ta,  Arch.  di  Farmaeol.  sperim.  11,475;  l!t,  1  (1911). 

=•)  Speyer-Stiftung,  DRP.  193  542. 


Arsen  Verbindungen.  707 

eine  Ausnahme,  für  die  das  Präparat  gleich  giftig  bleibt.  Arsaeetin  ist  Acetyl- 
atoxyl,  es  ist  ungleich  ungiftiger  als  Atoxyl^).  Die  Einführung  eines  Acetyl- 
restes  setzt  aber  nicht  bei  allen  Tierarten  die  Toxizität  der  Arsanilsäure 
herab,  weil  Acetarsanilsäure  bei  verschiedenen  Tieren  mehr  oder  weniger  voll- 
ständig in  die  beiden  Komponenten  gespalten  wird. 

4-Acetaminoarsinsesquisulfid  ist  giftiger  als  die  Acetarsanilsäure. 

Phenoxylessigsäure  erhöht  die  Toxizität,  Phthalsäure  mindert  sie  beträcht- 
lich in  Verbindung  mit  Atoxyl.  Diese  Verbindimgen  sollen  gegen  Trypanosomen 
heilkräftiger  sein  als  Atoxyl^).  Eine  Entgiftung  erhält  man  auch  durch  Ein- 
wirkung von  Benzolsulfochlorid  auf  Arsanilsäure.  Hektin  ist  das  Natriumsalz 
der  Benzolsulfon-p-aminophenylarsinsäiu'e^).  Beim  Hektin  ist  die  Arsenaus- 
scheidung am  schnellsten  beendigt.  Das  Quecksilbersalz  wird  Hektargyr genannt. 

cü-Methylsulfonsäure  der  p-Aminophenylarsinsäure 

OH 
As^O 
■      OH 


0 


N— H 
^CH^ 

ist  weit  weniger  giftig  als  Arsanilsäure  und  die  therapeutische  Wirksamkeit 
ist  bedeutend  geschwächt^). 

Säureabkömralinge  der  p-Aminophenylarsinsävire  erhält  man  durch  Acylierung  von 
p-Aminophenylarsinsäure.  Dargestellt  wurden  Formylarsanilsäure,  Acetylarsanilsäure, 
Butyrylarsanilsäure,  Chloracetylarsanilsäure,  Malonylarsanilsäure,  Benzoylarsanüsäure, 
Phthalylarsanilsäure,  ebenso  ist  der  Harnstoff  der  Aminophenylarsinsäure  besehrieben*). 

p-Aminophenj'larsinsäure  imd  ilire  Homologen  kann  man  in  Harnstoff-  und  Thio- 
hamstoffabkömmlinge  verwandeln  durch  Einwirkung  von  Cyansäure  resp.  Sulfocyansäure 
oder  deren  Estern  auf  Arsanilsäure*). 

Die  in  DRP.  191  548  beschriebenen  Diarsanilhamstoffe  setzen  schon  die  Toxizität 
bedeutend  herab,  die  Giftigkeit  ist  wie  die  des  Methylhamstoffes  der  Arsanilsäure,  aber  die 
Heilfunktionen  sind  nicht  gesteigert,  so  daß  bei  der  praktischen  Verwendung  Diarsanil- 
hamstoff  dem  unsymmetrischen  Harnstoff  bei  weitem  nachsteht.  Dargestellt  wiirden 
Carbaminoarsanilsäure,  Thiocarbaminoarsanilsäure,  Methylcarbaminoarsanilsäure,  Phenyl- 
carbaminoarsanilsäure,  Carbamino-o-methylarsanilsäm'e,  Carbaminoanthranilarsinsäure. 

p-Nitrosophenylarsinsäure  hat  nach  P.  Ehrlich  keinen  Heilwert'). 

p-Oxyphenylarsinsäure  sowie  ihr  Reduktionsprodukt,  p-Arsenophenol 
OH  •  CgH^  •  As  =  As  •  CgH^  •  OH  beeinflussen  MäusespiriUen  günstig. 

Die  substituierten  Arsinsäuren  stehen  in  bezug  auf  Toxizität  zwischen 
Arsinsäuren  und  Arsmoxyden;  sie  sind  einerseits  viel  toxischer  als  die  ent- 
sprechenden Arsinsäuren,  andererseits  weniger  toxisch  als  die  Arsinoxyd- 
verbindungen.  Im  Heil  versuche  haben  sich  die  Arsinoxyde  stets  weniger 
günstig  erwiesen  als  die  Arseno Verbindungen.  Die  Arsinoxyd verbindimgen 
haben  eine  direkte  imd  sehr  energische  Wirkung  auf  die  Protozoen.  Als  Heil- 
mittel sind  die  Arseno  Verbindungen  den  Arsinsäuren  überlegen. 

Die  oxydationshemmende  Wirkung  des  Arseniks  steht  bei  Erythrocyten- 
versuchen^)  der  der  Blausäure  kaum  nach.  Während  Atoxyl  und  Arsenophenyl- 

M  Alb.  Neisser,  Dtsche  med.  Wochenschr.  34,   1500.  ')  DRP.  191  548. 

^)  Balzer  vmd  Mouneyrat,  Progres  Medical  1909,  Xr.  27.  —  Re\'ue  Internationale 
de  Mödecine  et  de  Chirurgie   1909,   375.  *)  J.  Abelin,  BZ.  T8,   191   (1916). 

5)  Speyerstiftung,  DRP.  191  548. 

')  Farbwerke  Höchst,  DRP.  21.3  155,  Zusatz  zu  DRP.  191  548. 
')  P.  Karrer,  BB.  45,  2066  (1912).  «)  M.  Onaka,  HS.  70,  433  (1910/11). 

46* 


708  Antiseptica  und  Adstringentia. 

glycin  in  bestimmter  Konzentration  keinen  hemmenden  Einfluß  auf  die  Atmung 
der  Erjrthrocyten  ausüben,  hemmt  Aminophenolarsenoxyd  in  größerer  Ver- 
dünnung stark. 

Die  Chemoceptoren  der  Parasiten  sind  nur  imstande,  den  di'eiwertigen 
Arsenrest,  nicht  aber  den  fünfwertigen  zu  verankern,  daher  übt  die  Reduktion 
eine  große  Verstärkung  auf  die  Wirkmig  aus.  Bei  Mäusen  beträgt  durchschnitt- 
lich die  ertragene  Dosis  Atoxyl  0.25  g,  beim  p-Aminophenylarsenoxyd  aber 
0.004  g  pro  kg,  beim  Diaminoarsenobenzol  0.0066  g  pro  kg.  Beim  Kaninchen 
besteht  aber  ein  erhebhcher  Unterschied  in  der  Toxizität  der  beiden  Verbin- 
dungen insofern,  als  intravenös  die  letale  Dosis  des  Diamiuoarsenobenzols 
O.Ol  g  pro  kg  beträgt,  während  sie  für  p-Aminophenylarsenoxyd  nur  0.0012  g 
beträgt.  Ebenso  ist  die  trypanocide  Wirkung  dieser  Präparate  maximal  ge- 
steigert. 

A.  S.  Levaditti  und  v.  Knaffl-Lenz  stellen  sich  aber  vor,  daß  das 
Arsen  des  Atosyls  sowie  Brechweinstein  von  tierischen  Eiweißkörpern  fixiert 
wird  und  in  dieser  Bindung  eine  starke  tr3rpanocide  Wirkung  ausübt.  Die 
Ansenbindung  an  das  Eiweiß  ist  eine  feste,  Antimon  geht  aber  nur  eine  lockere 
Bindung  ein  i). 

Die  Arsenoverbindungen  sind  viel  toxischer  als  die  entsprechenden  Arsin- 
säuren,  aber  weniger  toxisch  als  die  Arsinoxydverbindungen.  Die  Arsin- 
oxyde  haben  sich  im  Heilversuche  stets  als  weniger  günstig  erwiesen  als  die 
Arsenoverbindungen.  Die  Arsinoxyde  sind  alle  bedeutend  giftiger  als  die  ent- 
sprechenden Arsinsäuren  und  auch  als  die  Arsenoverbindungen.  Während  die 
Arsinsäuren  direkt  die  Parasiten  nicht  angreifen,  sondern  erst  im  Organismus 
reduziert  werden  müssen,  wirken  die  Arsenoverbindungen  direkt  auf  die  Para- 
siten ein,  so  daß  sie  als  Heilmittel  den  Arsinsäuren  überlegen  sind. 

So  konnte  Paul  Ehrlich  z.  B.  sehen,  daß  ein  gegen  Acetarsanilsäure  fester 
Trypanosomenstamm  von  Arsinsäuren  nicht  mehr  angegriffen  wurde,  Arseno- 
verbindungen aber  ihn  töteten. 

4-Oxyphenylarsenoxyd  tötet  in  einer  Lösinig  von  1  :  10  000  000  Trypa- 
nosomen in  einer  Stunde.  —  In  dieser  Substanz  erreicht  die  trypanocide  Wir- 
kung ihren  Höhepunkt. 

3-Ammo-4-oxyphenylarsinoxyd  ist  ca.  20  mal  giftiger  als  die  entsprechende 
Arsenoverbindung,  das  Salvarsan,  aus  dem  sie  durch  Oxydation  an  der  Luft 
entsteht. 

4-Arsinophenylarsinoxyd  ist  viel  giftiger  als  die  entsprechende  Arsinsäure. 

Die  Arsanilsäure  erfährt  durch  Reduktion  zum  Diaminoarsenobenzol  eine 
Steigerung  der  Toxizität  auf  das  30 — 40  fache. 

Arsenophenylglycin  ist  sehr  veränderlich  und  enthält  nach  kiu"zer  Zeit 
durch  Oxydation  das  weit  giftigere  Phenylglycinarsenoxyd.  Es  ist  sehr  stark 
wirksam  und  relativ  wenig  toxisch.  Ehrlich  stellt  sich  vor,  daß  diese  Substanz 
sowohl  an  der  Arsengruppe  als  auch  an  der  Essigsäiu'e  vom  Organismus  fest- 
gehalten wird.  Arsenophenylglycin  tötet  im  Tiere  noch  Trypanosomen,  welche 
gegen  Atoxyl  und  Arsacetin  fest  sind.  Beim  Menschen  hat  sich  aber  diese 
Substanz,  welche  beim  Tier  außerordentlich  wirksam  ist,  nicht  bewährt. 

Arsenophenylglycin  wirkt  nach  Wendelstadt  gegen  die  Naganaerkran- 
kung ganz  vorzüglich.  Von  den  drei  Präparaten  Arsacetin,  Atoxyl  imd  Arseno- 
phenylglycin verbleibt  letzteres  am  längsten  im  Organismus,  und  zwar  68  Tage. 
Arsacetin  wird  in  2  Tagen,  Atoxyl  in  3  Tagen  ausgeschieden 2). 


1)  Zeitschr.  f.  Immunitätsforsch.  2,   645.  ^)  Berl.  klin.  Wocheiischr.   1908,   2263. 


Arsen  Verbindungen.  709 

Sowohl  Atoxj'l  als  auch  Aiseiiophenylglycm  und  Arsacetin  führen  zu 
Vergiftungen,  und  bei  der  Schlafkrankheit  haben  sich  die  Hoffnungen,  welche 
an  die  Verwendung  dieser  Präparate  geknüpft  wurden,  durchaus  nicht  ganz 
erfüllt. 

Arsenophenoxj^essigsäure  und  Arsenophenylthioglj'kolsäiure  enthalten,  wie 
Arsenophenylglycin,  eine  Essigsäuregruppe  und  wirken  der  Ehrlich  sehen 
Theorie  gemäß  noch  sehr  stark  auf  Trypanosomen  und  vermögen  noch  gegen 
Arsinsäuren  gefestigte  Stämme  zu  vernichten^). 

Robert  Reginald  Baxter  und  Robert  George  Fargher  haben  ver- 
sucht, wasserlösliche  Hydrochloride  herzustellen,  die  so  viel  schwächer  sauer 
reagieren  als  Salvarsan,  daß  sie  direkt  klinisch  verwertbar  sind.  Sie  haben  zu 
diesem  Zweck  die  Hydrochloride  der  Arsenobenzole  dargestellt,  die  sich  vom 
1.3-Benzodiazol  (BenzoglyoxaUn)  ableiten.  Solche  Derivate  wurden  durch 
Einwirkung  von  Ameisensäure  oder  Essigsäure  auf  die  bekannten  3.4-Diamirio- 
phenylarsinsäuren  gewonnen.  Die  verhältnismäßig  große  Beständigkeit  der 
3.4-Diacetylaminophenylarsinsäure  deutet  darauf  hin,  daß  in  Abwesenheit  von 
Anhydriden  die  Glyoxalinbildung  unter  intermediärer  Bildung  eines  Monacyl- 
derivates  stattfindet.  Die  erhaltenen  Arsinsäuren  werden  am  besten  mit 
Natriumhj'posulfit  zu  Arsenobenzolen  reduziert.  Die  Hydrochloride  der  letz- 
teren sind  in  Wasser  löslich  und  reagieren  in  wässeriger  Lösung  stark  sauer 
gegen  Lackmus,  aber  neutral  gegen  Methylorange.  Es  ergab  sich,  daß  diese 
Acidität  für  Zwecke  der  intravenösen  Injektion  zu  groß  ist^). 

Heterocyelische  organische  Arsenverbindungen  erhält  man,  wenn  man  Dihalogen- 
pentan  oder  einen  ähnlichen  Halogenkohlenwasserstoff  mit  zwei  reaktionsfähigen  Halogen- 
atomen und  ein  Arsenhalogenid  oder  ein  Organoarsenhalogenid  in  einem  indifferenten 
Lösungsmittel  mittels  Natrium  oder  Magnesium  zur  Reaktion  bringt.  Ebenso  kann  man 
auch  andere  iletalUialogenide  verwenden'). 

Aus  den  Magnesiumverbindungen  des  1.5-Dibrompentans  und  Phenyldichlorarsins 
erhält  man  Cyclopentylenphenylarsin. 

Die  durch  Einwirkung  von  Allylsenföl  auf  Arsanilsäure,  deren  Homologe  und  Deri- 
vate entstehenden  Verbindungen  haben  angeblich  eine  spezifische  Wirkung  auf  Bindegewebe 
von  Tumoren..  Dargestellt  wurde  die  Thiohamstoffverbindvmg  aus  Allylsenföl  und  Methyl- 
arsanilsäure  *). 

Der  Chininester  der  p-Dichlorarsinobenzoesäure  ist  ein  wirksames  Gift 
gegen  Trypanosomen,  aber  auch  sehr  giftig  für  das  an  Trypanosomen  erkrankte 
Tier^).  Oechsliu  stellte  auch  Di-p-benzarsinsäure-dichininester  dar,  der  aber 
nicht  weiter  untersucht  wurde. 

Aus  Arsanilsäure  kann  man  p-Arylglycinarsinsäuren  erhalten  durch  Umsetzung  von 
p-Aminoarylarsinsäiu^n  mit  Halogenessigsäuren  oder  mit  Formaldehyd  und  Blausäure. 
Diese  Verbindung  ist  als  Arsanilglycin  beschrieben'). 

Die  carboxylierten  Acylaminophenyl-  und  Acylaminotolylarsinsäuren  erhält  man 
durch  die  Oxydation  der  Homologen  der  p-Acylaminophenylarsinsäuren.  Acet-o-toluidin- 
arsinsäure,  durch  AcetyUerung  der  Grvmdsubstanz  erhalten,  geht  durch  Permanganat  in 
Acetantlu'anilarsinsäure  über'). 

Sie  haben  eine  herabgeminderte  Toxizität,  sie  sind  auch  weniger  giftig 
als  die  Acj'lderivate,  da  sie  im  Organismus  schwerer  spaltbar  sind.  Die  Methyl- 


^)  Zeitschr.  f.  angew.  Chemie  23,   2. 

2)  Joum.  Chem.  Soc.  London  115,    1372  (1919). 

^)  Giemsa,  Deutsche  med.  Wochenschr.  45,  94  (1919). 

*)  Thoms,  DRP.  294  632. 

*)  K.  J.  Oechslin,  The  Philippine  Joiun.  of  Science,  6.  Sektion,  A.  23. — 24.  Januar 
(1911),  Manila. 

«)  R.  Kobert,  Therap.  d.  Gegenw.  1902/3,  159.  —  Michaelis,  Liebigs  Ann.  321, 
162,   165.  ')  Farbwerke  Höchst,  DRP.  203  717. 


710  Antiseptioa  und  Adstringentia. 

carbaminoarsanilsäure  ist  viel  weniger  giftig  beim  Kaninchen,  halb  so  giftig 
als  die  AcetvlarsanUsäure.    Die  Heilerfolge  sollen  auch  viel  bessere  sein. 

2-AKiinotolyl-5-arsinsäure    f   J      *  ist  nicht  weniger  giftig  als  Arsanilsäure^). 

HO— As— OH 
O 

Durch  Reduktion  der  Phenylarsinsäure  gelangt  man  zum  primären  Phenyl- 
arsiu,  das  außerordentlich  giftig  ist.  Seine  große  Giftigkeit  schüeßt  seine  thera- 
peutische Verwendung  aus.  Dagegen  sind  seine  Derivate,  die  salzbildende  Gruppen 
besitzen,   viel  weniger  giftig  imd  zeigen  auch  therapeutische  Wirkungen. 

Phenylglycinarsüi  COOK  •  CHj  •  NH  •  CgH^  •  AsHa  und  l-Oxy-2-amino- 
phenyl-4-arsin  OH 

1NH, 


Arsenophenylglycin  ^^^^As^As^ 

COOH  •  CHa  •  NH 

zeigen  geringere  Giftigkeit  und  gute  therapeutische  Eigenschaften^). 

Dioxyarsenobenzol  (Arsenopheiiol)  übt  als  solches  eine  starke  sj)irlllocide 
Wirkung  aus;  eine  Beobachtung  Ehrlichs,  welche  der  Ausgangspunkt  für 
die  SjTithese  des  Salvarsaus  war.  Allerdings  hat  dasselbe  viele  Nachteile,  einmal 
ist  es  außerordentlich  schwer,  fast  unmöglich,  es  in  genügender  Reinheit  in  großem 
Maßstabe  darzustellen.  Daun  ist  es  auch  außerordentlich  giftig  und  unterliegt 
in  gelöster  Form  leicht  einer  Oxj'dation.  Das  Produkt  dieser  Oxydation,  Oxy- 
phenylarsinoxyd  besitzt  eine  außerordenthch  entzündungserregeade  Wirkung^). 

Farbstoffe  der  Benzidin-  und  Triphenj'lmethanreihe  sind  trj^anocid,  aber 
entsprechende  Arsenderivate  haben  sehr  geringen  Effekt. 

Geprüft  wm-den: 

Dinatriuin-4-hydroxy-  Dinatriuni-4-dimethylamino- 

2'»benzolazotoluol-5^-arseniat  2'-benzolazotoluol-5^-arsemat 

OH  N(CH3)2 


N 

N 

N 

N 

QCH3 

QCH3 

NaO  •  As  ■  ONa 

NaO  •  As  •  ONa 

O 

O 

Tetranatriumphenazin-2 

7-bisarseniat 

,UiNa 

/\XX/\As/:0 

NaO^               1 
NaO 

\/ 

ONa 

1)  Farbwerke  Höchst,  DRP.  204  664. 

«)  R.  Kahn,  Zeitschr.  f.  angew.  Chemie  25,  1995. 

')  Ehrlich -Hata,  Experimentelle  Therapie  der  Spirillosen,  Berlin  1910,  S.  123. 


Arsenverbindungen. 


711 


Flimmer  und  Thomson^)  zeigten,  daß  p-ToluyIarsinsäure  Trypanosomen 
vernichtet,  selbst  in  rezidivierenden  Fällen  nach  Gebrauch  von  Arsanilsäure. 
Die  Verbindungen 


Natriumbis-p-aminophenylarseniat 
NH, 


Natriumbis-p-acetaminophenylarseniat 
NH  •  CO  •  CH, 


0 


O  :  As  •  ONa 


O  :  As  ■  ONa 


NHj 
Natriumbis-2-aminotolyl-5-arseniat  und 

NH2 

ACH3 
O: As.  ONa 


CH, 


NH, 


NH  •  CO  •  CH3 

Natriumbis-2-acetamiiiotolyl-5-arseniat 
NH  •  CO  •  CH3 

Qc=. 

O  :  As  .  ONa 


'CH, 


NH  •  CO  •  CH, 


wirken  nur  sehr  wenig,  manchmal  gar  nicht  bei  Dourine. 
Morgan^)  stellte  Dicamphorylarsinsäure  her: 

O 
CH  ■  Äs  .  CH 


C8Hll<| 


CO 


l>C8H,, 
CO 


Sie  ist  giftiger  als  Arsanilsäure. 

Durch  Umsetzimg  von  Oxymethylencampher  oder  der  entsprechenden 
Chlormethylenverbindung  mit  dem  Natriumsalz  der  p-Aminophenylarsinsäure 
erhält  man  eine  Substanz,  die  angeblich  kräftige  Wirkung  auf  Trypanosomen 
und  Spirillen  zeigt*). 

Dui'cli  Kondensation  von  Mentholguätliolschwefelsäure  mit  Monomethyldinatrium- 
arsenat  erhält  man  o-Guätholmonomethyltrioxyarsenomenthol.  Man  kann  auch  benzol- 
disulfosaures  Natrium  mit  Natriumalkoholat  behandeln,  das  entstandene  Reaktionsprodukt 
mit  arsenigsaurem  Natrium  versetzen  und  das  gewonnene  Zwischenprodukt  mit  Menthol- 
schwefelsäuremethyläther behandeln  *). 

Die  Einwirkmig  von  Phenylisocyanat  auf  Arsanilsäure  fülirt  nach  A.  Mouneyrat 
zu  der  Verbindung  CjHs  •  NH  •  CO  •  NH  •  C^Hj  •  As  •  0(OH),.  Im  gleichen  Patent  ist 
die  Darstellung  der  Sulfoarylderivate  der  Aminophenylarsinsäure  besclmeben*). 

p-Amiuophenylarsinsäure,  welche  Böchamp  durch  Einwirkung  von  Arsensävu-e 
auf  Anilin  gewonnen  und  fälschlich  als  Metaarsensäureanilid  bezeichnet  hat,  gibt  bei  der 
Verdrängung  des  Arseusäurerestes  durch  Jod  p-Jodanilin.  Mit  salpetriger  Säure  läßt  sie 
sich  diazotieren.  Aus  dem  Diazokörper  läßt  sich  durch  Erhitzen  mit  Schwefelsäure  die 
p-Oxyphenylarsinsäure  gewinnen,  dm-ch  Behandlung  mit  Salzsäure  und  Kupferpulver 
gelangt  man  zur  p-Chlorphenylarsinsäure,  welche  man  am  besten  als  Kobaltsalz  isoliert. 
Der  Diazokörper  läßt  sich  leicht  zu  Azofarbstoffen  kuppeln^). 


M  Proc.  R.  Soc.  79,  505  (1907).  ^)  J.  C.  S.  Trans.  93,  2144  (1908). 

=)  Hans  Rupe,   Basel,  DRP.  325  640. 

*)  Alfred  Mauersberger,   Nienburg,  DRP.  320  797. 

5)  Franz.  Patent  401  586,  30.  Juli  1908.  «)  DRP.  243  648. 


712  Antiseptica  und  Adstringentia. 

Man  erhält  1)  diazotierte  Derivat«  aus  Nitroaminoarylarsinsäure,  welche  die  Nitro- 
gruppe  in  o-Stellung  zur  Aminogruppe  enthalten,  indem  man  sie  diazotiert  und  die  so 
erhaltenen  Nitrodiazoarylarsinsäuren  mit  Mineralsäure  bindenden  Mitteln  behandelt.  Man 
diazotiert  z.  B.  Nitroaminophenylarsinsäm'o  und  setzt  ihr  Natriumacetat  hinzu ;  die  Diazo- 
verbindung  kann  dann  weiter  verarbeitet  werden. 

Während  die  in  p-Stellung  substituierten  Derivate  des  Anilins  im  allgemeinen  nicht 
oder  nur  mit  schlechter  Ausbeute  in  Arsinsäuren  übergefiUirt  werden  können,  gibt  p-Nitro- 
anilin  beim  Erhitzen  mit  Arsensäure  auf  210°  5-Nitro-2-aminobenzol-l-arsLnsäure^). 

p-Amino-m-oxyarylarsinsäuren  erhält  man  durch  Behandlung  der  Azofarbstoffe, 
welche  sieh  von  den  p-Diazo-m-osyarylarsinsäuren  ableiten,  mit  Reduktionsmitteln  bis 
zur  Entfärbung.  Läßt  man  die  Reduktionsmittel  weiter  einwirken,  so  entstehen  durch 
Veränderung  der  Arsinsäiu-egruppe  andere  Derivate^). 

Oxyarylarsinsäuren  erhält  man  durch  Erhitzen  von  Phenolen  mit  Arsensäure.  Die 
Acetonlöslichkeit  ermöglicht  es,  aus  dem  Reaktionsprodukte  die  Säure  zu  gewinnen.  Dar- 
gestellt wiu'den  p-Oxyphenylarsinsäure  und  die  ni-  und  o-Kresolarsinsäiu'e*). 

Oxyarylarsinsäuren  werden  durch  Zersetzung  diazotiorter  Aminoarylarsinsäuren  in 
wässeriger  Lösung  hergestellt.    Die  freie  Oxyphenylarsinsäure  ist  aeetonlöslich^). 

Arsenophenole  und  deren  Derivate  werden  durch  Reduktion  von  Oxyarylarsinsäuren 
oder  Arsenoxyden  erhalten.  Als  Reduktionsmittel  können  Zinn  und  Salzsäure  oder  Na- 
triumhydrosulfit verwendet  werden,  während  bei  Einwirkung  schwächerer  Reduktions- 
mittel leicht  Arsenoxyde  entstehen,  welche  bei  weiterer  Reduktion  mit  Natriimiamalgara 
in  die  Arsenophenole  übergehen.  Die  Arsenophenole  luiterscheiden  sich  pharmakologisch 
von  den  Oxyarylarsinsäuren  durch  eine  erhebliche  Steigerung  ihres  Effektes  gegenüber 
Trypanosomen  und  Spirillen.  Die  Äther  der  Phenole,  wie  Arsenoanisol  imd  Arsenophenetol 
sind  indifferente,  wasserunlösliche,  für  therapeutische  Zwecke  unbrauchbare  Verbindungen, 
während  die  Arsenophenole  in  Alkalien  löslieh  sind.  Arsenophenolnatriiun  wü'kt  auf  Try- 
panosomen sehr  giftig.  Beschrieben  ist  die  Darstellung  von  Arsenophenol  und  Arseno-o- 
kresol'). 

Arsenoarylglykol-  und  Thioglykolsäuren  werden  dxu-ch  Reduktion  von  Arylglykol- 
resp.  Arylthioglykolarsinsäuren  oder  der  entsprechenden  Arsenoxyde  gewonnen.  Die 
Arylglykolarsinsänren  imd  Thioverbindungen  kann  man  aus  den  Oxyarylarsinsäuren  resp. 
Thiophenolarsinsäuren  dm'ch  Umsetzung  mit  Chloressigsäure  herstellen.  Beschrieben  sind 
die  Darstellungen  von  Arsenophenylglykolsäure  imd  Arsenophenylthioglykolsäure.  Der 
trypanocide  Charakter  dieser  Verbindungen  soll  ungemein  hoch  sein'). 

Die  Übertragung  des  durch  das  Hauptpatent  geschützten  Reduktionsverfahrens  auf 
die  Halogenderivate  von  Oxyarylarsinsäuren  führt  zu  den  Halogenderivaten  der  Arseno- 
phenole, welche  sich  den  nicht  halogenierten  Arsenophenolen  gegenüber  dadurch  aus- 
zeichnen, daß  sie  neutral  lösliche  Alkalisalze  bilden ;  außerdem  tritt  bei  diesen  Verbindungen 
eine  bactericide  Wirkimg  gegenüber  Spirillen  melir  hervor.  Dargestellt  wurde  p-Oxydijod- 
phenylarsinsäiu-e,  Tetrachlor-,  Tetrabrom-  und  Tetrajodarsenophenol*). 

Ebenso  kann  man  statt  Zinnchlorür  phosphorige  Säure  verwenden^). 

Man  reduziert  mit  imterphosphoriger  Säure  oder  phosphoriger  Säure  und  Jodkaliuin 
bzw.  Jodwasserstoffsäure,  gegebenenfalls  vmter  Zusatz  von  Essigsäure^"). 

Bei  der  Darstellung  von  aminosubstituierten  Arsenverbindungen  kann  man  an  Stelle 
von  3-Nitro-4-oxybenzol-l-arsinsäure  andere  Nitro-  oder  Polynitroarylarsinsäuren  oder 
deren  Derivate  bzw.  die  entsprechenden  Arsenoxyde  oder  Arsenoverbindimgen  mit  unter- 
phosphoriger  Säure  und  Jodkaliiun  bzw.  Jodwasserstoffsäure,  gegebenenfalls  unter  Zusatz 
von  Essigsäure,  reduzieren. 

So  wird  z.  B.  3-Nitro-4-aininobenzol-l-arsinsäure  zum  3.4.3'.4'-Tetraminoarsenobenzol 
reduziert.    Auch  Polynitroverbindungen  erleiden  die  gleiche  Reduktion  ^i). 

An  Stelle  der  Arsanilsäure  können  die  Homologen  und  Carbonsäuren  mit  Ausnahme 
der  m-Dialkylderivate  mit  Reduktionsmitteln  behandelt  werden  •-).  Dimethylamino-p- 
tolylarsenoxyd  und  Tetramethyldiaminoarsenotoluol  sind  ohne  jedes  therapeutisches 
Interesse.    Dargestellt  wurden  AJninotolylarsenoxyd  (CH3  :  NH2  :  AsO  =  1:2:5),  Acet- 

1)  Speyerstiftung,  DRP.  205  449.  =)  DRP.  243  693.  =)  DRP.  244  166. 

*)  Farbwerke  Höchst,  DRP.  205  616. 

^)  Höchst,  DRP.  223  796,   Zusatz  zu  DRP.  205  616.  «)  DRP.  206  456. 

')  DRP.  216  270,  Zusatz  zu  DRP.  206  456. 
*)  Höchst,  DRP.  235  430,  Zusatz  zu  DRP.  206  456. 
«)  DRP.  269  886,  Zusatz  zu  DRP.  206  456. 
")  DRP.  269  887,  Zusatz  zu  DRP.  206  456. 
")  DRP.  271  894,  Zusatz  zu  DRP.  206  456. 
^)  DRP.  286  432,  Zusatz  zu  DRP.  206  456. 


Arsenverbindungen.  713 

anthranilsäurearsenoxyd  (Acetaminoarsenoxydbenzoesäure  NH  :  COCH3  :  AsO  :  COOH 
=  1:4:2),  Arsenoacetanthranüsäure. 

Aus  Oxyarylarsinsäuren  kann  man  durch  Nitrieren  und  Reduzieren  Aminooxy- 
arylarsenoverbindungen  erhalten.  Diese  Verbindungen  zeichnen  sich  besonders  durch 
ihre  Wirkung  auf  Recurrensspirülen  aus.  Dargestellt  wurden  Aminooxyphenylarsinsäure 
diu'ch  Nitrierung  mit  Salpeterschwefelsäure  und  Reduktion  der  Nitrophenolarsinsäure 
mit  Natriumamalgam  oder  Natriumhydrosulfit.  Es  scheidet  sich  Diaminodioxyarseno- 
benzol  aus,  welches  durch  Oxydation  mit  Wasserstoffsuperoxj^d  in  Aminophenolarsin- 
säure  übergeht.  Femer  wrn'den  dargestellt  Aminokresolarsinsäure  und  Diaminophenol- 
arsinsäure.  Bei  starker  Reduktion  erhält  man  Diaminoarsenokresol  resp.  Tetraamino- 
arsenophenol  ^). 

An  Stelle  des  im  DRP.  224  953  beschriebenen  Verfahrens  kann  man  an  Stelle  der 
Nitroderivate  von  p-Oxyarylarsiiisäuren  Azofarbstoffe,  die  sich  von  den  m-Oxy-p-diazoaryl- 
arsinsäuren  ableiten,  mit  starken  Reduktionsmitteln  behandeln.  Behandelt  man  nämlich 
die  in  üblicher  Weise  erhältlichen  Diazoverbindungen  der  3-Nitro-4-aminoaryl-l-arsin- 
säuren  mit  mineralsäurebindenden  Mitteln,  so  entstehen  durch  Austausch  der  3-Nitro- 
gruppe  gegen  Hydroxyl  Diazoverbindungen,  die  sich  mit  leicht  reagierenden  Azofarbstoff- 
komponenten,  wie  Resorcin,  Naphthol  usw.  zu  Azofarbstoffen  kombinieren  lassen.  Unter- 
wirft man  nun  diese  von  der  m-Oxyphenylarsinsäiu-e  sich  ableitenden  Azofarbstoffe  der 
Einwirkung  von  starken  Reduktionsmitteln,  so  erhält  man  Verbindungen  von  hoher  spi- 
rillocider  Wirkimg,  welche  mit  den  entsprechenden  Produkten  des  Hauptpatents  stellungs- 
isomer sind^). 

Die  nach  DRP.  244  789,  Zusatz  zu  DRP.  224  953,  beschriebenen  neuen  Aminooxyd- 
derivate  des  Arsenobenzols  und  dessen  Homologen  köimen  auch  gewonnen  werden,  indem 
man  die  nach  DRP.  244  166  darstellbaren  p-Amino-m-oxyarylarsinsäuren  mit  starken 
Reduktionsmitteln   behandelt^). 

Man  erhält  Derivate  des  Phenylarsenoxj'ds  vmd  Arsenobenzols  durch  Behandlung 
von  p-Aminophenylarsinsäi.u'e  und  deren  Derivaten  mit  Ausnalime  der  Dialkylderivate 
mit  Reduktionsmitteln.  Bei  dieser  Reduktion  geht  das  fünfwertige  Arsen  in  dreiwertiges 
über.  Während  Atoxyl  in  1  proz.  Lösung  im  Beagensglase  Trypanosomen  nicht  abtötet, 
kann  Anilinarsenoxj'd  NH„  •  C8H4  •  AsO  in  der  Verdünnung  von  1  zu  einer  Million  Try- 
panosomen abtöten.  Die  besonders  virulenten  Trypanosomen  Nagana  ferox  werden  noch 
bei  einer  Verdünnung  von  1  :  600  von  Arsenophenylglycin  (COOH  •  CHj  •  NH  •  CgH^  •  As)^ 
geheilt,  wälu-end  Atoxyl  in  der  doppelten  Konzentration  niu"  in  5 — 8°o  der  Fälle  Heilung 
herbeifülirt.  Arsenophenylglycin  kann  z.  B.  atoxylfeste  Parasiten  im  Orgaiüsmus  abtöten. 
Beschrieben  sind  Reduktionen  mit  Jodwasserstoffsäure  imd  schwefeliger  Säure,  mit  Phenyl- 
hydrazin, Zinnchlorür,  Natriimiamalgam  und  die  Darstelhmgen  von  Aminophenylarsen- 
oxyd  NHj  •  CeH^  •  AsO  -|-  2  H,0.  Diaminoarsenobenzol  XH,  •  CeH4As  :  AsCgH^  •  NHj, 
Dihydrooxydiaminoarsenobenzol  NH2  •  C^H^  •  As(OH)  •  As(OH)  •  C^H^  •  NHj,  Arsenophe- 
nylglycin, Arsenooxyaniliusäure*). 

3.3'-Dinitro-4.4'-dioxyarsenobenzol  erhält  man  durch  Reduktion  von  3-Nitro-4- 
oxybenzol-l-arsinsäure  oder  des  entsprechenden  Arsenoxyds  mit  Zinnclilorür,  gegebenen- 
falls unter  Zusatz  von  Jodwasserstoffsäure.  Das  Nitroderivat  ist  der  Ausgangskörper  für 
das  3. 3'-Diamino-4. 4'-dioxyarsenobenzol  ^ ). 

Bei  der  Nitrierimg  der  3-Oxalylaminobenzol-l-arsinsäure  entsteht  6-Nitro-3-amino- 
benzol-1-arsinsäure  und  wenig  2-Nitro-3-aniinobenzol-l-arsinsäure,  wenn  man  das  Nitrie- 
rungsprodukt  mit  Salzsäure  verseift*). 

Aus  Nitroacidylaminobenzolarsinsäure  (As  :  NO»  :  NH  •  Acidyl  =  1:2:4)  erhält 
man  durch  Erhitzen  mit  sauren  oder  alkalischen  verseifenden  Mitteln  2-Nitro-4-amino- 
benzol-l-arsinsäiu-e.  Man  kann  auch  die  Diazoverbindung  des  Monoacetyl-nitro-p-phenylen- 
diamins  in  saurer  Lösung  mit  arseniger  Säure  behandeln  und  alsdann  die  so  erhaltene 
saure  Lösung  der  2-Nitro-4-acetylaminbenzol-l-arsinsäure  längere  Zeit  erhitzen'). 

Durch  Oxydation  von  4-Oxj-benzol-l-arsinsäure  mit  Kaliumpersulfat  in  wässerig- 
alkalischer  Lösung  gelangt  man  zu  einer  Dioxybenzolarsinsäure  (wahrscheinlich  3.4- 
Dioxy-  1-arsinsäure )  *). 

Nitrosoderivate  aromatischer  Arseuverbindungen  erhält  man  durch  Oxydation  von 
Aminoarylarsinsäuren  mit  Sulfomonopersäure.  So  erhält  man  aus  Atoxyl  die  p-Nitroso- 
phenylarsinsäure  '). 

1)  DRP.  224  953.  =)  DRP.  244  789,  Zusatz  zu  DRP.  224  953. 

3)  DRP.  244  790,  Zusatz  zu  DRP.  224  953.  *)  Höchst,  DRP.  206  057. 

5)  Höchst,  DRP.  212  205,  Zusatz  zu  DRP.  206  057.  «)  Höchst,  DRP.  261  643. 

')  Höchst,  DRP.  267  307.  ")  Höchst,  DRP.  271  892. 

")  P.  Karrer,  DRP.  256  963. 


714  Antiseptica  und  Adstringentia. 

Phenylarsin  ist  sehr  unbeständig,  sehr  giftig  und  entzündungserregend.  Die  weiter 
gehenden  Reduktionsprodukte,  welche  salzbildende  Gruppen  im  Molekül  haben,  sind 
verhältnismäßig  ungiftig  und  beständiger.  Sie  wirken  auch  auf  Trypanosomen,  während 
Monophenylarsin  diese  Wirkung  nicht  zeigt. 

Man  erhält  über  die  Arsenostufe  reduzierte  Substitutionsprodukte  aromatischer  Arsin- 
säuren  durch  Behandlung  mit  starken  Reduktionsmitteln,  wie  Zinn,  Zink,  Eisen  in  stark 
saurer  Lösung,  evtl.  unter  Erwärmung. 

Aus  Ox3^henylarsinsäiu'e  erhält  man  Dioxyarsenobenzol. 

Aus  4-Aminobenzol-l-arsinsäure  erhält  man  Diaminoarsenobenzol  usf.*). 

Man  erhält  aromatische  Arsenoverbindungen,  wenn  man  solche  aromatische  Arsen- 
oxyde oder  an  deren  Stelle  Arsenchlorüre  und  solche  aromatische  Arsine,  von  denen 
mindestens  die  eine  oder  die  andere  Komponente  eine  salzbildende  Atomgruppe,  wie  z.  B. 
die  Amino-,  Oxy-  oder  Glycingruppe  enthält,  aufeinander  einwirken  läßt. 

Die  Umsetzungen  erfolgen  nach  den  Gleichmigen: 

Acyl  •  AsHj  +  Ar  •  AsO  =  Acyl  •  As  :  As  •  Ar  +  H„0 
Acyl  •  AsHj  +  Ar  •  AsCla  =  Acyl  •  As  :  As  •  Ar  +  2" HCl. 

Beschrieben  ist  die  Darstellung  von  4. 4 '-Diaminoarsenobenzol  aus  4'-Aminophenylarsin 
und  4-Aminophenylarsenosyd,  ferner  4.4'-Dioxy-3.3'-dianiinoarsenobenzol  aus  4-Oxy-3- 
aminophenylarsinsäiu'e  vmd  4-Oxy-3-aminophenylarsin,  weiter  4-Aminophenylarseno-4'- 
oxybenzol  NHj — (^  ^ — As:  As — /  \OH  aus  4-Oxyphenylarsenoxyd  und  4-Amino- 
phenylarsin,  weiter  4-Glycin-3'-amino-4--oxyarsenobenzol 

NH  •  CH„  •  COOH        OH 

"iNH, 


As  As 

aus  p-Phenylglycinarsinsäure  und  4-Oxy-3-aminophenylarsin,  weiter  dieselbe  Verbindung 
aus  Phenylglycinarsenchlorür  und  4-Oxy-3-aminophenylarsin;  schließlich  3-Amino-4-oxy- 
arsenobenzol  aus  3.4-Aminooxyphenylarsin  luid  Phenylarsenoxyd 

<^^— As  =  As^^OHä) 
NH^ 

Unsymmetrische  aromatische  Arsenverbindungen  erhält  man,  wenn  mau  Gemische 
von  äquimolekularen  Mengen  von  zwei  verschiedenen  Arsinsäuren  oder  zwei  verschiedenen 
Arsenoxyden  oder  einer  beliebigen  Arsinsäure  und  eines  beliebigen  Arsenoxyds  der  aro- 
matischen Reilie,  wobei  jedoch  mindestens  die  eine  oder  die  andere  Komponente  eine  salz- 
bildende Gruppe  enthalten  muß,  mit  starken  Reduktionsmitteln  behandelt. 

Beschrieben  ist  die  Darstellung  des  Dichlorhydrates  des  3.4'-Diamino-4-oxyarseno- 
benzols,  des  4-Oxy-3-amino-4'-glycinarsenobenzols,  des  3.  5-Dichlor-4.4'-dioxy-3-amino- 
arsenobenzol,  des  4-Oxy-3-aminoarsenobenzoP). 

In  gleicher  Weise  kann  man  unsymmetrische  Arsenverbindungen  darstellen,  welche 
einseitig  ein  aliphatisches  Radikal  enthalten.  Man  reduziert  ein  molekulares  Gemenge 
einer  aromatischen  und  einer  aliphatischen  Arsinsäure  oder  an  deren  Stelle  die  ent- 
sprechenden Arsenoxyde.    Beschrieben  sind  Methanarsenoaminophenol*). 

Neutral  reagierende  wasserlösliche  Derivate  des  3.3'-Diamino-4.4'-dioxyarsenobenzols 
erhält  man,  indem  man  auf  wässerige  Lösungen  von  Salzen  des  Salvarsan  Formaldehyd- 
sulfoxylat  und  Alkali  oder  auf  die  freie  Base  in  wässeriger  Suspension  Formaldehydsulf- 
oxylat  ohne  Alkalizusatz  einwirken  läßt^).  Man  arbeitet  statt  in  Wasser  in  alkoholischer 
Lösung^). 

Man  erwärmt  3-Nitro-  bzw.  3-Amino-p-oxybenzol-l-arsinsäure  mit  der  zur  Reduktion 
und  Bildung  der  Sulfoxylatderivate  notwendigen  Menge  Formaldehydsulfosylat,  gegebenen- 
falls unter  Zusatz  von  Hydrosulfit,  in  wässeriger  Lösimg'). 

An  Stelle  des  3.3'-Diamino-4.4'-dioxyarsenobenzols  kann  man  das  3-Nitro-  bzw. 
3-Amino-4-oxybenzol-l-arsenoxyd  mit  der  zur  Reduktion  und  Bildung  der  Sulfoxylat- 
derivate notwendigen  Menge  Formaldehydsulfoxylat  behandeln ä). 

»)  Höchst,  DRP.  251  571.         ^)  Höchst,  DRP.  254  187.         ^)  Höchst,  DRP.  251  104. 
*)  Höchst,  DRP.  253  226,  Zusatz  zu  DRP.  251  104.  ^)  Höchst,  DRP.  245  756. 

«)  Höchst,  DRP.  260  235,  Zusatz  zu  DRP.  245  756. 
')  DRP.  263  460,  Zusatz  zu  DRP.  245  756. 
8)  DRP.  264  014,  Zusatz  zu  DRP.  245  750. 


Arsen  Verbindungen.  715 

Man  kann  auch  vom  3.3'-Dinitro-4.4'-dioxyarsenobenzol  ausgehen^). 

Dioxydiaminoarsenobenzoldichlorhydrat  ist  Salvarsan  (Ehrlich-Hata  606). 

Das  salzsaure  3.3'-Diamino-4.4'-dioxyarsenobenzol  (Salvarsan)  wirkt  gegen 
Spirillosen  des  Menschen  (z.  B.  Lues),  gegen  Frambösie  und  Recurrens. 

Ihren  vorläufigen  Kulminationspunkt  hat  die  Arsentherapie  und  mit  ihr 
die  Chemotherapie  in  der  bahnbrechenden  Synthese  des  Salvarsans,  welches 
sich  als  ausgezeichnetes  Mittel  gegen  verschiedene  Spirillosen  und  SyphUis 
erwies,  gefunden.  Diese  Ehrlichsche  Großtat  ist  das  Endghed  seiner  Unter- 
suchungen, welche  mit  der  Konstitutionsermittlung  des  Atoxyls  begonnen 
haben. 

Die  SjTithese  des  Salvarsans  kann  also  etwa  nach  folgendem  Schema  vor 
sich  gehen.  Man  geht  von  3-Nitro-4-oxj'phenj'l-l  arsinsäure  aus,  die  unter 
der  Einwirkung  starker  Reduktionsmittel  gleichzeitig  an  der  Nitrogruppe  und 
am  Arsensäurerest  reduziert  wird  und  in  das  Salvarsan  übergeht.  Man  kann 
auch  die  Reduktion  in  mehreren  getrennten  Phasen  durchführen^).  p-Amino- 
phenylarsinsäure  -nird  durch  Einwirkung  von  salpetriger  Säure  in  p-Diazo- 
phenylarsinsäure  übergeführt,  welche  durch  Umkochen  p-Oxj-phenylarsinsäure 
liefert.  Man  kami  aber  auch  diese  Säure  durch  direkte  Einfühmng  von  Arsen- 
säure in  Phenol  erhalten.  Nitriert  man  nun  diese  Säure,  so  erhält  man  eine 
Nitrogruppe  in  m-Stellung  zum  Arsenrest  und  in  o-SteUung  zum  Hydroxyl, 
so  daß  m-Xitro-p-oxj'phenylarsinsäure  resultiert.  Durch  vorsichtige  Reduktion 
erhält  man  p-Oxyaminophenylarsinsäure  und  p-Aminophenylarsenoxyd  und 
aus  diesen  dann  Dioxydiaminoarsenobenzol  durch  weitere  Reduktion.  Dem 
dreiwertigen  Arsen  schreibt  P.  Ehrlich  eine  besondere  Bedeutung  zu,  welche 
er  als  spirillocide  Fähigkeit  bezeichnet,  während  die  in  der  p-Stellung  befind- 
liche Hydroxj'Igruppe  eine  Herabsetzung  der  Toxizität  nach  sich  zieht.  Die 
o-Stellung  der  Aniino-  oder  der  Hydroxylgruppe  zum  Arsenrest  ist  von  Be- 
deutung für  die  Heilwirkung,  eine  Erfahrung,  die  Ehrlich  zuerst  an  den 
ähnliche  Atomgruppierungen  aufweisenden  Farbstoffen  Trypanrot  und  Trypan- 
blau  gemacht  hat. 

Auf  dem  Wege  zum  Salvarsan  wurde  Ehrlich  auch  durch  die  Beobachtung 
geleitet,  daß  die  Einführung  einer  Aminogruppe  in  Orthostellung  zur  Hydroxyl- 
gruppe die  größte  Wirksamkeit  verbürgt. 

Salvarsannatrium  ist  das  Dinatriumsalz  des  Altsalvarsans. 

Die  Wirkung  des  Salvarsans  bei  der  Milzbrand-  und  Rotlaufinfektion  mid 
des  Äthylhydrocupreins  bei  Pneumokokkeninfektion  ist  eine  direkte,  die  Mittel 
sind  parasitotrop.  Die  Wirkung  der  Präparate  in  vitro  und  in  vivo  geht  parallel. 
Urotropin  macht  eine  imiere  Desinfektion,  doch  findet  sich  hier  das  Desinficiens 
in  wir^amer  Form  nur  im  Urin,  in  gewissem  Grade  auch  in  der  Cerebrospinal- 
flüssigkeit.  Salvarsan  imd  Äthylhydrocuprein  sind  in  vitro  sehr  starke  Anti- 
septica  (in  Bouillon),  ähnlich  wie  Sublimat.  Die  Abtötung  verläuft  aber  relativ 
laugsam,  das  ist  langsamer  als  bei  Subhmat.  Die  Wirkung  ist  äußerst  elektiv. 
Salvarsan  wirkt  nur  auf  Milzbrand-,  Rotlauf-  und  Rotzbacillen  in  großen  Ver- 
dünnungen (1:  500  000  bis  1:1  000  000),  Äthylhydrocuprein  nur  auf  Pneumo- 
kokken; auf  andere  Arten  ist  die  Wirkung  erhebhch  (zuweUen  100 — 1000  mal) 
schwächer  und  langsamer.  Die  elektive  Wirkung  auf  die  genannten  Bakterien 
ist  in  vitro  in  Serum  annähernd  so  stark  wie  in  Bouillon,  in  aktivem  Serum 
besser  als  in  inaktivem,  während  sich  bei  Subhmat  das  umgekehrte  Verhältnis 


1)  DRP.  271  893,  Zusatz  zu  DRP.  245  756. 

«)  P.  Ehrlich  und  A.  Bertheim,  BB.  45,  756  (1912). 


716  Antiseptica  und  Adstringentia. 

zeigt.    In  weit  geringerem  Grade  als  Sublimat  wrd  Phenol  durch  Senim  ab- 
geschwächt^). 

Salvarsan  selbst  wird  insbesondere  gegen  Syphilis  und  Recurrens  und 
Frambösie  verwendet.  Man  hat  es  auch  gegen  Malaria  tertiana  versucht,  bei 
der  Brustseuche  der  Pferde  und  bei  der  afrikanischen  Rotzkxankheit. 

Salvarsan  verwandelt  sich  an  der  Luft  in  das  weit  toxischere  Aminooxy- 
phenylarsinoxyd.  Durch  stärkere  Oxydation  erhält  man  Aminooxyphenj-larsin- 
säiure. 

2.2'-Dioxy-4.4'-diaminoarsenobenzol  ist  dem  Salvarsan  isomer,  steht  aber 
an  therapeutischer  Wirkung  bedeutend  hinter  diesem  Heilmittel  zurück^). 

Von  den  verschiedenen  Derivaten  des  Salvarsans,  welche  dargestellt  wurden, 
um  die  Unhandlichkeit  cUeses  Präparates  zu  umgehen,  wurde  bis  jetzt  am  besten 
befunden  das  Neosalvarsan,  welches  das  Natriumsalz  des  Einwirkungsproduktes 
der  Formaldehydsulfoxylsäure  auf  das  Salvarsan  ist.  Es  ist  in  Wasser  ohne 
weiteres  löslich. 

Salvarsan  wirkt  hämolytisch,  Neosalvarsan  nicht*). 

3.3'-Diamino-4.4'-dioxyarsenobenzol  wTrd  durch  Einwirkung  von  Formaldehyd  und 
Natriumbisulfit  bei  schwacher  Wärme  und  nachfolgender  Behandlung  mit  Salzsäure  in 
eine  schwache  Säure  übergefülirt,  die  sicli  abscheidet  und  in  das  Alkalisalz  durch  Neutrali- 
sation übergeführt  wird^). 

Man  gewinnt  feste,  haltbare  Präparate  von  Alkalisalzen  des  4.4'-Dioxy-3.3'-diamino- 
arsenobenzols,  indem  man  Lösmigen  dieser  Salze  mit  mehrwertigen  Alkoholen,  wie  Mannit, 
Dulcit,  Erythrit,  Arabit  usw.  versetzt  imd  sodann  aus  solcher  Lösung  diu-ch  Zugabe  von 
indifferenten  Mitteln,  wie  Alkohol  mid  Äther,  die  Präparate  fällt  und  abtrennt^). 

Unsymmetrische  aromatische  Arsenoverbindungen  erhält  man,  wenn  man  zwei  Arseno- 
verbindungen,  von  denen  mindestens  die  eine  salzbildende  Atomgruppe,  eine  wie  die 
Oxy-,  Amine-  oder  Glycingruppe  enthält,  in  Lösung  zweckmäßig  unter  gelindem  Erwärmen 
zusammenbringt.  Besclxrieben  sind  das  Chlorhydrat  von  3.3'-Diamino-4.4'-dioxyarseno- 
benzol  und  Hexaaminoarsenobenzol.  Ebenso  gewinnt  man  das  Chlorhydrat  der  Verbin- 
dung aus  Hexaaminoarsenobenzol  und  NjN-Bismethylhexaaminoarsenobenzol*). 

Nitro- l-aminophenj'l-4-arsinsäure  erhält  man,  indem  man  Oxanil-4-arsinsäure 
CgHjiNH  •  CO  ■  COOH)  •  ASO3H2  nitriert  und  dann  den   Oxalsäurerest  abspaltet'). 

An  Stelle  der  Oxanil-4-arsinsäure  werden  LTrethane  der  l-Aminophenyl-4-arsinsäure 
mit  nitrierenden  Mitteln  behandelt  und  alsdann  der  Kohlensäui'erest  abgespalten*). 

Wenn  man  zwei  verschiedene  Arsinsäuren  oder  zwei  verschiedene  Ai'senoxydo  oder 
eine  beliebige  Arsinsäure  und  ein  beliebiges  Arsenoxyd  der  aromatischen  Reihe  im  Ver- 
hältnis gleicher  Moleküle  mischt  und  dieses  Gemisch  der  Behandlung  mit  starken  Reduk- 
tionsmitteln imterwirft,  so  erhält  man  Arsenoverbindungen.  Hierbei  muß  jedocli  mindestens 
die  eine  oder  die  andere  Komponente  eine  salzbildende  Atomgruppe,  wie  z.  B.  die  Oxy-, 
Amino-  oder  Glycingruppe,  enthalten. 

Beschrieben  sind:  3.4'-Diamino-4-oxyarsenobenzolchlorhydrat, 

/-        ,  ,  ,./NH„HCl 

HC1.NH,-1</  l,A^^ 

4-Oxy-3-amino-4'-glycinarsenobenzol,   3.3'-Dichlor-4.4'-dioxy-3-aminoarsenobenzol'). 

Zur  Darstellung  von  unsymmetrischen  Arsenoverbindungen  kann  man  organische 
Arsinsäuren  oder  Arsenoxyde  im  Gemenge  mit  anorganischen  Arsenverbindungen  mit 
Reduktionsmitteln  behandeln,  z.  B.  Phenylarsinsäure  und  arsenige  Säure  oder  p-Amino- 
phenylarsinsäure,  arsenige  Säure  und  Natriumliydrosulfit  oder  p-Aminophenylarsenoxyd, 
Arsentrichlorid  imd  Zinnchlorür  ^"j. 


1)  O.  Schiermann  und  T.  Ishiwara,  Zeitsclir.  f.  Hyg.  n,  49  (1914). 

2)  Hugo  Bauer,  BB.  48,    1579  (1915). 

')  John  A.  Kolmer  imd  Elisabeth  M.   Yagle,  Journ.  of  the  Amer.  med.  assoc 
74,  643  (1920).  «)  DRP.  249  726.  ^)  Höchst,  DRP.  292  149. 

«)  Höchst,  DRP.  293  040.  ')  Höchst,  DRP.  231  969. 

«)  DRP.  232  879,  Zusatz  zu  DRP.  231  969.  s)  Höchst,  DRP.  251  104. 

W)  DRP.  270  254,  Zusatz  zu  DRP.  251  104. 


Arsen  verbindungan.  717 

Beim  Erwärmen  von  Resorcin  mit  Arsensäure  auf  dem  Wasserbade  erhält  man  eine 
Dioxybenzolarsinsäure,  die  Resorcinarsinsäure'). 

a-Naphtholarsinsäure  erhält  man,  indem  man  die  durch  Verschmelzen  von  Sulfo- 
naphthylamin  mit  Arsensäure  erhältliche  a-Naphthylaminarsinsäure  diazotiert  und  die 
Diazoverbindungen  umkocht.  Diese  Verbindung  soll  gegenüber  den  anderen  Arsenpräpa- 
raten eine  intensive  Wirkung  auf  die  Haut  ausüben^). 

Arsalyt  ist  Bismethylamiuotetraminoarsenobeiizol. 

As  As 


Dieses  wirkt  außer  auf  Tr5rpanosonien  auch  auf  Recurrensspirillen,  Malaria 
tertiana,  Ulcus  tropicum  usf.  Durch  Einwirkung  von  Alkalicarbonaten  läßt  es 
sich  unter  Bildung  carbaminsaurer  Salze  in  gebrauchsfertige  NeutraOösungen 
überführen,  die  unter  indifferenten  Gasen  aufbewahrt  haltbar  sind.  An  der  Luft 
oxydiert  es  sich  wie  die  übrigen  Arsenobenzole. 

Das  Tetrachlorprodukt  des  Arsalyts  zeigt  dem  Arsalyt  gegenüber  keine 
Vorteile,  Dichlorarsalyt  zeigt  beim  Versuch  am  Syphihskaninchen  den  chemo- 
therapeutischen Quotienten  von  Vao — Vzs- 

As  As 

HjnIJnHj       h^nI^JnHj 

NH  •  CH3  NH  •  CHj 

der  den  des  Arsalyts  wie  Salvarsans  ganz  erheblich  übertrifft  und  sich  dem 
von  Kelle  für  Silbersalvarsan  gefundenen  V30  sehr  nähert. 

Während  nach  Paul  Ehrlich  bei  den  Arsenderivaten  die  Einführung  von 
Halogen  im  allgemeinen  dystherapeutisch  wirkt,  sehen  wir  beim  Arsalyt  durch 
Eintritt  von  Chlor  eine  eutherapeutische  Wirkung. 

Äthylarsalyt  wirkt  Spirochäten  gegenüber  so  wie  Arsalyt,  ist  im  Mäuse- 
versuch viel  weniger  organotroj)  als  dieses. 

As  ^  As 


NH  •  C2H5  NH  ■  C^Hj 

Hexamiuoarsenobenzol  wirkt  spirillocid  und  trypanocid,  neigt  aber  zu 
Zersetzungen.  Es  wirkt  erheblich  stärker  als  die  methylierte  Verbindung,  ohne 
daß  die  Organgiftigkeit  in  gleichem  Verhältnis  zugenommen  hätte  ^). 

As  As 


M  Höchst,  DRP.  272  690. 

•)  W.  Adler.   Karlsbad,  DRP.  205  775. 

^)  G.  Giemsa,  Münch.  med.  Wochenschr.  1913,  Nr.  20. 


7X3  Antiseptica  und  Adstringentia. 

Hexaminoarsenobenzolsulfaminsäure,  deren  Alkalisalze  leicht  mit  neutraler 
Reaktion  in  Wasser  löslich,  und  wirkt  wie  Hexaaminarsenobenzol. 

As^^  ^^  As 


2nIJ^ 


NH,  NH  SOjOH 

Bismethylaminotetraminoarsenobenzol  ist  wenig  giftig  und  erwies  sich  als 
sehr  wirksam,  während  sonst  der  Eintritt  von  Methylresten  in  bezug  auf  die 
trypanocide  Wirkung  dystherapeutisch  \virkt,  z.  B.  Dimethylamino-,  Tetra- 
methyldiamino-  und  ein  Hexamethyldiammoniumdioxyarsenobenzol,  ebenso 
Karrers  Tetramethyltetraminoarsenobenzol. 

Die  Anthrachinonarsinsäuren  zeigen  eine  ganz  auJ3erordentHch  hohe  Giftig- 
keit, die  aber  darauf  zurückzuführen  ist,  dai3  im  tierischen  Organismus  Zer- 
setzung unter  Bildung  von  arseniger  Säure  auftritt.  /^-Anthrachinonarsin- 
säure,  deren  Arsinsäurerest  schwerer  abgespalten  wird  als  derjenige  der  <x -Säure 
ist  auch  viel  weniger  giftig  als  die  a-Säure^). 

Die  biologische  Wirkung  des  o-carboxyUerten  Diaminodioxyarsenobenzols 
ergab  eine  dystherapeutische  Wirkung  der  Carboxylgruppe.  Die  Dosis  toxica 
betnig  Visoog  P™  20  g  Maus. 

Aus    Saücylarsinsäure    dargestellte    isomere    Diaminodioxyarsenobenzol- 

dicarbonsäure  .  . 

As =  As 


HOOC  •  \J  ■  NHj      HjN  .  (^  ■  COOH 
OH  OH 

zeigt  ebenfalls  den  dystherapeutischen  Effekt  des  Carboxj'ls^). 

Die  methyUerten,  und  zwar  im  Aminorest  verschiedenartig  methylierten 
Di-,  Tetra-  und  Hexamethyldiaminodioxyarsenobenzole  zeigen  gegenüber  dem 
nicht  methylierten  Salvarsan  eine  stark  erhöhte  Toxizität  und  eine  außer- 
ordentliche Verschlechterung  der  Heilwirkmig,  so  daß  der  Eintritt  der  Methyl- 
gruppe ebenso  wie  es  uns  beim  Anilin  und  Phenacetüi  bekannt  ist,  die  thera- 
peutischen Eigenschaften  wesentlich  verschlechtert  (dystherapeutischer  Effekt). 

Im  3.3'-Diamino-4.4'-dioxycUphenyIdimethyldiarsin 

-.  /As— As^^ 

Hol^    CHjCH^tJoH 
N  N 

Hj  H2 

ist  die  Arsendoppelbindung  dem  Salvarsan  gegenüber  verschwunden,  die  Giftig- 
keit ist  erhöht,  die  therapeutische  Wirkung  herabgesetzt*). 

A.  Bert  heim  stellte*)  symm.  3.3'-DimethyIdiamino-4.4'-dioxj-arsenobenzol 
As As 


NH  ■  CH3 
OH  OH 


symm.  3.3'-Tetramethyldiamino-4.4'-dioxyarsenobenzol  und  3.3'-Hexamethyl- 


')  L.  Benda,  Journ.  f.  prakt.  Chemie  [2]  95,  74  (1917). 

2)  P.  Karrer,  BB.  48,   1060  (1915).  ^)  A.  Bertheim,  BB.  48,  350  (1915). 

*)  BB.  43,  2130  (1912). 


Arsenverbindungen .  719 

(liammoiiium-4.4'-dioxyarsenobenzol  dar,  welche  Verbindungen  von  Frida 
Leupold  geprüft  werden.  Sie  sind  sehr  wesentlich  toxischer  als  die  nicht 
methylierte  Verbindung,  das  Salvarsan.  Dimethylamino-  und  Tetramethyl- 
diaminodioxyarsenobenzol  haben  etwa  die  gleiche  Toxizität.  Die  methy- 
lierten  Körper  sind  10  mal  so  giftig  als  Salvarsan,  während  die  Hexamethyl- 
diammoniumverbindung  3 — 5  mal  höher  toxisch  ist  als  Salvarsan.  Außerdem 
ist  die  Heilwirkung  auf  Trypanosomen  sehr  verschlechtert.  Die  Ammonium- 
verbindung ist  ganz  unwirksam. 

4-Dimethylamino-phenylarsinsäure  und  4-Ainino-3-methylphenylarsin- 
säure  sind  therapeutisch  schlechter  als  p-Aminophenylarsinsävu'e. 

Arsenomethylphenylglycin  [As  •  C^H^  •  N(CH3)  •  CHj  •  COOIfJa  ist  nach 
La  Vera  n  in  Mengen  von  1  mg  bei  Mäusen  ein  wirksames  Mittel  gegen  Try- 
panosomen'). 

Die  Rosanilinfarbstoffe  verhalten  sich  ungünstiger  als  die  PararosaniUne 
und  analoge  FeststeUmigen  wurden  in  der  Acridiniumreihe  gemacht.  Der 
Eintritt  der  Methylgruppe  wirkt  dystherapeutisch  (s.  S.  64,  65). 

Während  P.  Ehrlich  annimmt,  daß  die  Methylgruppe  dystherapeutisch 
wirkt,  sieht  man  beim  Vergleiche  von  Hexaaminoarsenobenzol  und  Bisdimethyl- 
amintetraaminoarsenobenzol  von  Karrer 

As  As 


H,Nk 
N(CH3)2  "     N(CH3)2 

daß  Hexaaminoarsenobenzol  stark  trypanocid,  Arsalyt  erheblich  abgeschwächt, 
die  zweifach  methyherte  Verbindung  die  ursprüngliche  Wirkung  der  nicht- 
methylierten  Grundsubstanz  zeigt. 

Bei  Arsenverbindungen  sind  manchmal  die  Äthj'lverbindungen  ungiftiger 
als  die  Methyl  Verbindungen,   doch  kommt  auch  das  Umgekehrte  vor. 

Arsinosalicylsäure  (Stellung  1.2.4)  erhält  man  aus  der  Acetylarsinoanthranilsäure 
durch  Diazotieren  und  Umkochen  der  Diazoverbindung.  Die  Verbindung  soll  weniger 
giftig  sein  als  Atoxyl^). 

Arsinsäiu'en  der  Indolreihe  stellt  man  durch  Einwirkung  von  Arsensäure  auf  Indole 
her,  zweckmäßig  in  konzentrierter  wässeriger  Lösung  oder  in  Gegenwart  eines  organischen 
Lösungsmittels  in  der  Wärme.  Besehrieben  sind  die  Darstellungen  von  Prj-Methylindol- 
arsinsäure  (Methylketolarsinsäure ) 

"^ — r,C  •  As  •  0(0H)2 
\/C ■ CH3 
N 
H 

ci-Naphthindolarsinsäure  und  B3-Chlor-Pr2-Methylindolarsinsäure'). 

Wenn  man  Diarylamine  mit  Halogenverbindungen  des  Arsens  bei  höherer  Tempe- 
ratur behandelt,  so  erhält  man  Arsenderivate.  Beim  Erhitzen  von  Diphenylamin  mit 
Arsentrichlorid  und  Eingießen  in  Alkohol  erhält  man  die  Verbindung 

Cl 

I 


in  der  man  mittels  Lauge  das  Chloratom  gegen  Hydroxyl  austauschen  kann. 

Beschrieben  sind  ferner   die  Verbindungen   aus  /*, /?-Dinaphthylamin,  p-Ditolylamin, 
a,  a-Dinaphthylamin  und  p-Oxydiphenylamin*). 


>)  Karl  Oechslin,  Ann.  chun.  [9]  1,  239  (1914). 

2)  W.  Adler  -  Karlsbad,    DRP.  215  251.  »)  DRP.  240  793.  ')  DRP.  281  049. 


720  Antiseptica  und  Adstringentia. 

Die  Derivate  der  Sulfophenylarsinsäure  sollen  nach  Ehrlich  ungiftiger 
als  Kochsalz  sein.  Benzarsinsäure  ist  nach  Ernst  Sieburg,  wenn  sie  rein 
ist,  sehr  wenig  giftig,  viel  weniger  als  früher  angenommen  wurde.  Die  Toxizität 
für  die  Maus  ist  in  MilUmolekülen  für  Benzarsinsäure  ^'"/loo-  für  Benzarsinoxyd 
Vioo  ^^'id  für  Arsenobenzoesäure  ^Vioo- 

Benzarsin  scheint  die  Giftigkeit  der  Arsenobenzoesäure  zu  haben.  Es 
macht  in  vitro  fast  augenbhckhch  Methämoglobinbildung  unter  langsamer 
Hämolj'^se. 

Benzolarsinsäure  besitzt  nach  ihrer  Reduktion  sehr  große  Wirkung.  Man 
erhält  vorerst  Phenylarsenoxyd  CgHg  •  AsO  und  dann  Arsenobenzol  CgHj 
•  As :  As  •  CgHg .  Diesen  zwei  Grundtypen  entsprechen  nmi  die  aminierten 
Derivate,  welche  aber  weitaus  reaktionsfähiger  sind  als  die  Grundkörper. 
Aminophenylarsenoxyd  ist  gegenüber  der  Arsanilsäure  reaktionsfähiger,  da 
das  Arsen  in  der  Oxydbindung  bedeutend  gelockert  ist  und  gewissermaßen 
einen  ungesättigten  Charakter  hat  luid  so  die  Tendenz  hat,  in  Verbindmigen 
mit  fünf  wertigem  Arsen  überzugehen^). 

3-Aminoarsenobenzoesäure  hat  für  die  Maus  die  Toxizität  ^''/loo'  ^"f  Try- 
panosomen wirkt  sie  nur  insofern,  daß  diese  für  einige  Tage  aus  dem  Blute 
verschwinden,  wenn  man  fast  letale  Dosen  verwendet,  aber  trotzdem  gehen  die 
Tiere  zugrunde.  Bei  der  3-Amino-p-benzarsinsäm-e  hegt  die  Giftigkeit  bei  der 
Maus  bei  **/ioo  Molekülen. 

Aminoosyphenylarsenoxyd  (,, Arsenoxyd")  macht  intravenös  einen  sehr 
schnellen  Fall  des  Blutdrucks,  12 — 20 mal  stärker  als  Salvarsan'^). 
',;*'?' [Oxyarylarsenoxyde  erhält  man  durch  Behandlung  von  Oxyarylarsinsäuren  mit 
schwachen  Reduktionsmitteln.  Man  kann  aus  Urnen  leicht  die  entsprechenden  Arseno- 
phenole  durch  weitere  Reduktion  erhalten.  Die  biologischen  Wirkungen  der  Oxyaryl- 
arsenoxyde  verglichen  mit  denjenigen  der  Oxyarylarsinsäuren  sind  vielfach  gesteigert, 
was  Paul  Ehrlich  damit  erklärt,  daß  nm-  der  dreiwertige  Arsenrest  von  den  Parasiten 
gebunden  wird  und  sie  beeinflußt,  wälirend  bei  dem  fünfwertigen  Arsenrest  eine  vorüber- 
gehende Reduktion  die  Bedingung  für  die  biologische  Wirkung  ist^). 

Die  therapeutischen  Eigenschaften  dieser  Oxyarylarsenoxyde  lassen  sich  durch  Ein- 
führung von  Aminogruppen  in  den  Benzolkern  bedeutend  steigern.  Zu  solchen  Amino- 
oxyarylarsenoxyden  gelangt  man  durch  Behandlung  von  Aminoderivaten  der  Oxyaryl- 
arsinsäuren mit  schwachen  Reduktionsmitteln.  So  wird  Aminoxyphenylarsinsäure  mit 
Jodkalium,  verdünnter  Schwefelsäure  und  schwefeliger  Säure  zu  Aminooxyphenylarsen- 
oxyd  reduziert*). 

Organische  Ai-sinsäuren  entstehen  durch  Erhitzen  der  arsensauren  Salze  organischer 
Basen  mit  Hilfe  eines  Verdünnungsmittels,  dessen  Siedepunkt  ungefähr  bei  der  Umlage- 
rungstemperatur  in  die  Arsinsäure  liegt*). 

Aus  Arsentrichlorid  und  Dünethylaiiilin  dargestelltes  p-Dimethylanilinarsenoxyd 
wird  in  Natronlauge  mit  Wasserstoffsuperoxyd  oxydiert  und  mit  Essigsäure  ausgefällt'). 

Azofarbstoffe  aus  ArsanilsäiU'e  erhält  man,  indem  man  die  Diazoverbindung  dieser 
Säure  mit  Naphtholen,  Naphthylaminen,  Aiuinonaphtholen  resp.  deren  Sulfosäuren  ver- 
einigt'). 

Polyazofarbstoffe  kann  man  erhalten  aus  p-Diaminen  imd  1.8-Aminonaplithol- 
3.6-disulfosäure  H,  bei  deren  Aufbau  außerdem  die  p-Aminophenylarsinsäure  beteiligt  ist. 
Sie  haben  die  Konstitution: 

-p       j.      .       H-Säiu-e-p-Aminophenylarsinsäure 
^H-Saure 

p       ,.       .       H-Säure-p-Aminophenylarsinsäure 
^'^''^'^''^™'"*^H-Säure-p-Aminophenylarsinsäure. 


1)  Paul  Ehrlich  und  A.  Bertheim,  BB.  43,  917  (1910). 

*)  Maurice  J.   Smith,  Journ.   of  pharmacol.   a.  exp.   therapeut.    15,   279  (1920). 

=)  Höchst,  DRP.  213  594.  *)  Höchst,  DRP.  235  391,  Zusatz  zu  DRP.  213  594. 

5)  Paul  Wolff,   Berlin,  DRP.-Anra.  W.  29  524  (versagt). 

«)  Michaelis,   Rostock,  DRP.  200  065.  ')  Agfa,  DRP.  212  018. 


Arsenverbindungen.  721 

Man  erhält  die  Farbstoffe,  indem  man  die  p-Diamine  mit  H-Säure  in  mineral- 
saiirer  Lösung  vereinigt  und  auf  den  so  erhaltenen  Farbstoff  in  alkalischer  Lösung  1  oder 
2  Mol.  p-Aminophenylarsinsäure  einwirken  läßt;  man  kann  jedoch  den  Aufbau  der  Farb- 
stoffe auch  in  der  Weise  vornehmen,  daß  man  die  p-Diamine  in  alkalischer  Lösung  mit 
2  Mol.  des  aus  diazotierter  p-Aminophenylarsinsäure  und  H-Säure  in  saurer  Lösung  ent- 
standenen Kombinationsproduktes  kombiniert,  oder  eine  der  Diazogruppen  der  p-Diamine 
in  alkalischer  Lösung  mit  diesem  Monoazofarbstoff,  die  andere  mit  H-Säure  kombiniert''). 
Aus  der  Arsanilsäiu'e  werden  Polyazofarbstoffe  dargestellt,  welche  eine  andere  doppelt- 
kuppelnde Aminonaphthol-  oder  Dioxynaphthalinsulfosäure  enthalten,  während  im  Haupt- 
patent  1.8-Aminonaphthol-3.6-disulfosäure  verwendet  wird^). 

Es  wird  ein  primärer  Diazofarbstoff  aus  Arsanilsäure  hergestellt,  indem  man  1  Mol. 
der  Diazoverbindung  derselben  in  saurer  Lösung  auf  1  Mol.  1.8.3.6-Aminonaphtholdisulfo- 
säure  einwirken  läßt  und  das  so  erhaltene  Zwischenprodukt  mit  einem  zweiten  Mol.  der 
Diazoverbindung  in  alkalischer  Lösimg  kombiniert.  Der  neue  Diazofarbstoff  ist  2V2nial 
weniger  giftig  als  Atoxyl,  obgleich  er  78%  Atoxyl  enthält.  In  der  Wirksamkeit  gegen 
Trsipanosomen  stimmt  er  fast  ganz  genau  mit  dem  arsenfreien  Trypanrot  (s.  d.)  zusammen, 
besitzt  aber  eine  entschieden  geringere  Giftigkeit  als  dieses'). 

Nitrooxyarylarsinsäuren  können  aus  Nitroaminoarylarsinsäuren  durch  Einwirkung 
von  Ätzalkalilaugen  in  der  Wärme  hergestellt  werden.  Nitro- l-aminobenzol-i-arsinsävu-e 
liefert  mit  Kalilauge  Nitrophenolarsinsäure.  Ebenso  erhält  man  Nitro-o-kresolarsinsäure 
aus   l-Amino-2-methylbenzol-4-arsinsäure  [o-Toluidinarsinsäure*)]. 

An  Stelle  der  Nitroaminoarylarsinsäuren  erhitzt  man  die  entsprechenden  Nitrohalogen- 
arylarsinsäuren  mit  Kalilauge^). 

Bismethylaminotetraminoarsenobenzol  löst  sich  in  wässeriger  Bicarbonatlösung 
walu^cheinlich  unter  Bildung  von  carbaminsauren  Salzen.  Man  kann  diese  löslichen  Ver- 
bindungen mit  einem  organischen  Lösungsmittel  abscheiden'). 

In  Wasser  leicht  mit  fast  neutraler  Reaktion  lösliche  Derivate  kemsubstituierter  Bis- 
methylaminotetraminoarsenobenzole  erhält  man  beim  Auflösen  der  Kemsubstitutions- 
produkte  des  Bismethylaminotetraminoarsenobenzols  in  Wasser  in  Gegenwart  von  Bi- 
carbonaten  der  Alkalien  bzw.  des  Ammons.  Sie  sind  gegen  Luftsauerstoff  sehr  empfindlich, 
aber  unter  Luftabschluß  unbegrenzt  haltbar'). 

Azofarbstoffe,  welche  die  Arsinsäure-  oder  Arsenoxydgruppe  enthalten,  kann  man 
mit  unterphosphoriger  Säure  zu  den  betreffenden  Arsenoverbindungen  reduzieren,  ohne 
daß  die  Azogruppe  dabei  verändert  wird*). 

H.  Bart  reduziert  organische  Derivate  der  Arsensäure  oder  arsenigen  Säure  elektrisch 
bei  saurer  alkalischer  oder  neutraler  Keaktion'). 

Die  durch  elektrolytische  Reduktion  dargestellten  organischen  Arsine  gehen  bei 
Behandlung  mit  schwefliger  Sävire  in  neue  therapeutisch  wirksame  Körper  über^  ). 

Durch  Einwirkung  von  Monohalogenessigsäure  auf  4.4'-Dioxy-3.3'-diaminoarseno- 
benzol  erhält  man  Glycine  von  therapeutischem  Werte.  So  wird  Dioxyaminoarsenobenzol- 
aminoessigsäure  dargestellt. 


As 

II 
As 


/»NHa 
OH 
Ebenso    kann    man    Dioxyaminoarsenobenzolaminopropionsäure    imd    Dioxyarseno- 
benzoldiaminoessigsäure  darstellen  i').  -     ,    ,  . 

Man  erhält  Alkalisalze  des  4.4'-Dioxy-3.3'-diaminoarsenobenzols  m  haltbarer  fester 
Form,  wenn  man  alkalische  Lösungen  der  Arsenverbindung  mit  Losimgen  von  Aldehyd- 
1)  Agfa,  DRP.  212  304.  '-)  Agfa,  DRP.  222  063,  Zusatz  zu  DRP.  212  304. 

')  Agfai  DRP.  216  223.  ^)  Farbwerke  Höchst,  DRP.  235  141. 

S)  DRP.  245  536,  Zusatz  zu  DRP.  235  141. 
«)  Boehringer,   Waldhof.  DRP.  269  660. 
')  DRP.  291  317,  Zusatz  zu  DRP.  269  660. 

8)  Höchst,  DRP.  271  271.  ')  DRP.  270  568.  ")  DRP.  267  082. 

")  Höchst,  DRP.  250  745. 
Fiänkel,  Arzneimittel-Synthese.    5.  Aufl. 


46 


722  Antiseptica  und  Adstringentia. 

oder  Ketonsulfoxylaten  vermischt  und  sodann  das  betreffende  Dialkalisalz  iin  Gemenge 
mit  dem  Sulfosylat  durch  organische  Lösungsmittel,  wie  Alkohol,  Ather-Alkohol  oder 
Aceton  aus  der  Lösung  ausfällt'). 

Man  läßt  auf  Derivate  des  Arsenobenzols  oder  des  Phenylarsins,  welche  eine  Amino- 
gruppe  allein  oder  auch  in  Gemeinschaft  mit  anderen  Substituenten  enthalten,  Aldehyd- 
sulfosäuren  einwirken,  z.  B.  Benzaldehydsulfosäure  auf  4.4'-Dioxy-3.3'  •  diaminoarseno- 
benzol.    Diese  Derivate  soUen  sehr  stabil  sein^). 

Man  setzt  Säuresalze  des  Dioxydiamiiioarsenobenzols  mit  Alkalisalzen  der  Eiweiß- 
spaltungsprodukte, wie  der  Lysalbin-  oder  Protalbinsäure,  der  Nucleinsäure  oder  des 
Caseins  woa.  Die  so  erhaltenen  wasserlöslichen  Additionsprodukte  löst  man  in  AlkalUauge 
und  scheidet  aus  der  Lösung  die  Alkalisalze  entweder  durch  Fällung  mit  Alkohol-Ather 
oder  durch  Eindampfen  im  Vakuum  in  fester  Form  ab'). 

Durch  Kondensation  von  Arsinen  mit  Arsenoxyden  oder  Arsendihalogeniden 
kann  man  zu  Arsenoverbindungen  kommen*) : 

R  •  AsH,  +  0.\s  •  R'  =  R  •  As  :  As  •  R'  -f  H„0 
R  •  AsH;,  +  CljAs  •  R'  =  R  •  As  :  As  •  R'  +  2  HCl 

Phenylarsinsäure   erhält   man,    wenn    man   in    wässeriger    Lösung    Alkaliarsenit   auf 
n-Alkalibenzoldiazotat  in  Abwesenheit  von  freiem  Alkali  einwirken  läßt"). 
Organische  Arsenverbindungen  der  allgemeinen  Formehi 

R  •  AsO  <Q^     und     ß>  AsO  •  OK 

erhält  man,  wenn  man  aromatische  Diazoverbindungen  mit  Ausnahme  des  n-Benzol- 
diazotats  mit  arseniger  Säiu-e  und  iliren  Salzen  oder  mit  Verbindungen  behandelt,  die 
eine  Gruppe  — AsIOK),  resp.  — AsO  enthalten*). 

So  erhält  man  z.  B.  durch  Diazotierung  von  p-Bromanilin  und  Zusatz  von  Natrium- 
arsenit  und  Erhitzen  der  Lösung  mit  Alkali,  durch  Zusatz  von  Salzsäure  im  Fütrat  p-Brom- 
phenylarsinsäure. 

Auch  die  diarylarsinigen  Säuren  oder  die  entsprechenden  Oxyde  reagieren  mit  Diazo- 
lösungen,  indem  Triarylarsinsäuren  oder  ihre  Anhydride  entstehen.  Beschrieben  ist  die 
Darstellung  von  Trinitrotriphenylarsinsäure'). 

Wemi  man  die  Katalysatoren  wie  in  DRP.  254  092  in  alkalischer  Lösung  benützt, 
läuft  die  Reaktion  wie  im  Hauptpatent,  aber  die  Entwicklung  von  Stickstoff  durch  das 
Kupferpulver  geht  schon  bei  niedriger  Temperatur  vor  sich,  so  daß  sich  weniger  Neben- 
produkte bilden*). 

Das  in  DRP.  250  264  beschriebene  Verfahren  wird  diirch  Katalysatoren,  %Tie  Kupfer, 
Kupfersalze  und  Silber,  geändert,  und  es  entstehen  Verbindungen,  welche  sich  mit  Hydro- 
sulfit schon  in  der  Kälte  zu  Arsenobenzolen  reduzieren  lassen'). 

Diazotiertes  Dinitranilin  gibt  in  alkalischer  oder  neutraler  Lösung  mit  Arsenik 
gesäuert  keine  Arsinsäure.  Man  erhält  sie  aber,  wenn  man  die  Diazoverbindung  in  Gegen- 
wart eines  Überschusses  von  Säure  mit  arseniger  Säure  behandelt'"). 

Bismethylhydrazinotetraminoarsenobenzol  erhält  man,  wenn  man  3.5-Dinitro-4- 
methylnitraminobenzol-1-arsinsäure  mit  Zinnchlorür  imd  Salzsäure  gehnde  (bei  50°  nicht 
wesentlich  übersteigenden  Temperaturen)  reduuiiert. 

>j/CH3  vr/CHj 

NH,-/N-NH„         N] 


As  As 

Diese  Base  soll  starke  Wirkung  gegen  Trypanosomen  haben''). 

Man  erhält  Bismethylaminotetraminoarsenobenzol,  wenn  man  auf  p-Dimethylanilin- 


1)  Höchst,  DRP.  264  266.  ^)  H.  Bart,  DRP.  272  035. 

3)  A.  Döring,  DRP.  261  542.  *)  DRP.  254  187.  ^)  DRP.  264  924. 

«)  DRP.  250  264.  ')  DRP.  254  375,  Zusatz  zu  DRP.  250  264. 

*)  DRP.  268  172,  Zusatz  zu  DRP.  250  264. 

»)  DRP.  254  092,  Zusatz  zu  DRP.  250  264. 

">)  Höchst,  DRP.  266  944.  ")  Boehringer,   Waldhof,  DRP.  285  573. 


Arsenverb  indun  gen.  723 

arsenoxyd  Nitriersäure  zur  Einwirkung  bringt  und  die  so  erhaltene  Dinitromethylnitro- 
aminophenyl-p-arsinsäure  mit  Zinn  und  Salzsäure  reduziert. 

I  I 

NCH3  ■  NO,  NH  NH 

I 
N0»-/VN0,        V         NH,-/VNH,        NHj-f'^i-NH, 


I  I 

AsO(OH)2  As  =^^=^^^^=  Ab 

An  Stelle  von  p-Dimethylanilinarsenoxj'd  kann  man  andere  Arsenderivate  des  Di- 
methylanilins,  die  bei  der  Oxydation  p-Dimethylarsinsäure  liefern,  oder  p-Dimethyl- 
anilinarsinsäure  selbst  mit  Salpetersäure  behandeln  und  die  erhaltene  Dinitromethylnitr- 
aminophenyl-p-arsinsäure  mit  Schwermetall  bzw.  mit  SchwermetaUsalzen  in  saurer  Lösung 
reduzieren. 

Beschrieben  ist  die  Nitrierung  von  p-DimethylanUinarsenchlorür  und  von  p-Dimethyl- 
anüinarsinsäiu-e  ^). 

Bismethylaminotetraaminoarsenobenzol  erhält  man,  wenn  man  an  Stelle  von  aro- 
matischen  Arsenverbindungen   des   Dimethylanilins   von  solchen   Arsenverbindungen   des 

■o 

Benzols  ausgeht,   welche  in  p-Stellung  zum  Arsenrest  die  Gruppe  — ^N<„„    enthalten, 

worin  R  ein  Wasserstoffatom  oder  einen  Acidylrest  bedeutet.  Bei  der  Einwirkung  der 
Nitriersäure  entstehen  dieselben  Verbindvmgen  wie  im  Hauptpatent,  die  dann  reduziert 
werden.  Beschrieben  ist  die  Nitrierung  von  Methylarsanilsäure,  Acetylmethylarsanilsäure^). 

Bismethylaminotetrarainoarsenobenzol  erhält  man,  wenn  man  die  Reduktion  der 
Dinitromethylnitraminophenyl-p-arsinsäure  anstatt  mit  Zinn  und  Salzsäure  mit  anderen 
Schwermetallen  bzw.  Schwermetallsalzen  diu-chführt,  z.  B.  ZinncMorür  und  Salzsäure, 
Zink  und  Salzsäure  oder  Essigsäure,  Eisen  und  Salzsäure.  Um  zu  verhüten,  daß  unter 
der  Einwirkung  mancher  dieser  starken  Reduktionsmittel  die  Reduktion  etwa  bis  ziu- 
Bildung  des  Arsins  fortschreitet,  darf  man  die  Reduktionsflüssigkeit  nur  so  lange  erhitzen, 
bis  eine  klare  Lösung  eingetreten  ist*). 

Man  kann  die  gleiche  Reaktion  unter  Anwendung  verschiedenartiger  Reduktionsmittel 
in  mehreren  Phasen  ausführen,  z.  B.  mit  Quecksilber  und  konzentrierter  Schwefelsäure, 
hierauf  mit  Natriumhydrosulfit  ^). 

2-Clilor-4-dimethylaminobenzol-l-arsinsäure  erhält  man,  wenn  man  ra-Chlordimethyl- 
anilin  mit  Arsentrichlorid  behandelt  und  das  entstandene  2-Chlor-4-dimethylaminobenzol- 
1-arsenoxyd  ziu-  2-Chlor-4-dimethyIaminobenzol-I-arsinsäure  oxj'diert'). 

Zu  Mononitro-  und  Dinitroaminobenzolarsinsäure  sowie  deren  in  der  Aminogruppe 
substituierten  Derivaten  gelangt  man,  wenn  man  die  3-Mononitro-  und  3.5-Dinitro-4-chlor- 
benzol-l-arsinsäure  mit  Ammoniak  oder  Ammoniakderivaten  in  Reaktion  bringt.  Unter  Am- 
moniakderivaten sollen  nicht  nm-  primäre  und  sekundäre  Amine,  sondern  auch  Verbindungen 
vom   Typus  der  Aminoessigsäure,  des  Benzolsulfoamids  oder  des   Piperidins  verstanden 

sein.    Es  gelingt  auf  diese  Weise,  an  Stelle  des  Chloratoms  in  den  Kern  den  Rest  — -^^^jl' 

(Rj  =  Wasserstoff  oder  Alkyl;  Rj  =  Wasserstoff,  Alkyl,  — CH,  •  CO,  •  H,  SO2  •  Arj'l  usw.) 
einzufüliren.  Es  ergeben  sieh  für  die  Darstellung  der  Dinitroaminobenzolarsinsäure  ver- 
schiedene Wege:  entweder  kann  man  in  die  4-ChIorbenzol-l-arsinsäure  unmittelbar  zwei 
Nitrogruppen  einführen,  welche  in  Stellung  3  und  5  treten,  und  in  der  so  entstandenen 

R 
Verbindung  den  Austausch  des  Chloratoms  gegen  die  Gruppe  — N<;t>'  vornehmen  oder 

man  kann  die  Mononitroehlorverbindungen  weiter  nitrieren  (wobei  ebenfalls  eine  4-Chlor- 
3.5-dinitrobenzol-l-arsinsäure  entsteht)  und  dann  das  Chloratom  wie  oben  austauschen, 
oder  man  geht  von  der  4-Chlor-3-nitro-benzol-l-arsinsäure  aus,  nimmt  an  dieser  Verbin- 
dung den  Austausch  des  Chlors  vor  und  fülu-t  in  die  entstandene  Aminoverbindung  eine 
zweite  Nitrogruppe  ein.  Die  Patentsclirift  enthält  Beispiele  für  die  Darstellung  von 
4-Amino-3-nitrobenzol-I-arsinsäure,      4-Amino-3.5-dinitrobenzol-l-arsinsäure,      4-Methyl- 


')  Boehringer,  Waldhof,  DRP.  285  572. 
")  DRP.  293  842,  Zusatz  zu  DRP.  285  572. 
3)  DRP.  294  731,  Zusatz  zu  DRP.  285  572. 
*)  DRP.  286  667,  Zusatz  zu  DRP.  285  572. 
'■)  DRP.  286  668,  Zusatz  zu  DRP.  285  572. 
«)  Boehringer,  Waldhof,  DRP.  286  546. 

46* 


724  Antiseptica  vmd  Adstringentia. 

amino-3-nitrobenzol-l-ai'sinsäure,  3.5-Dinitro-4-raethylamiiio-3-nitrobenzol-l-arsinsäure,  4- 
Glycin-3-nitrobenzol-  I-arsinsäure,  4-Glycin-3..5-dinitrobenzol-  1-arsinsäure,  4-Benzolsiilf- 
amido-3-nitrobenzol-l-arsinsäure  und  von  4-Benzolsulfamido-3.5-dinitrobenzol-l-arsin- 
säuxe^). 

Durch  das  Hauptpatent  ist  unter  anderem  ein  Verfahren  geschützt,  nach  welchem 
3-Nitro-4-chlorbenzol-l-arsinsäure  mit  Aminen  umgesetzt  und  die  entstandenen  Amino- 
verbindungen  mit  Salpetersäure  behandelt  werden.  In  die  intermediär  gebildeten  3-Nitro- 
4-alkylaminobenzol-l-arsinsäiu'en  tritt  bei  solcher  Behandlung  nicht  nur  eine  Nitrogruppe 
in  den  Benzolkern  ein,  sondern  auch  eine  zweite  in  die  4-Alkylaminogruppe  unter  Bildiuig 
eines  Dinitronitramins.  Es  wiu-de  gefunden,  daß  man  abweichend  von  diesem  Reaktions- 
verlauf 3-Nitro-4-alkylaminobenzol-l-arsinsäuren  oder  deren  Chlorderivate  in  die  3.5-Di- 
nitro-4-alkyIaminobenzol-l-arsinsäuren  bzw.  in  die  3.5-Dinitro-4-alkylamino-2-chlorbenzol- 
arsinsäuren  überführen  kann,  indem  man  die  Nitrierung  jener  Verbindungen  in  Gegen- 
wart von  konz.  Schwefelsäiu-e  mit  der  einem  Molekül  entsprechenden  Menge  Salpetersäure 
vornimmt.  Beschrieben  sind  3.5-Dmitro-4-methylaminobenzol-l-arsinsäure  aus  3-Nitro- 
4-methylaminobenzol- 1-arsinsäure,  3.5-Dinitro-2-chlor-4-methylaniinobenzol- 1-arsinsäure^). 

Dichlor-  imd  Dibrombismethylaminotetraminoarsenobenzol  erhält  man,  wenn  man 
auf  2-Chlor-  bzw.  2-Brom-4-methylaminobenzol-l-arsenoxyd,  bzw.  auf  die  entsprechende 
Arsinsäure  oder  auf  Derivate  dieser  Verbindungen,  welche  am  N  noch  eine  zweite  Methyl- 
gruppe oder  einen  Säurerest  enthalten,  Nitriersäure  zur  Einwirkung  bringt  und  die  so 
erlialtene  2-Chlor-  bzw.  2-Brom-4-methylnitramino-3.5-dinitrobenzol-l-arsinsäm'e  mit 
Schwermetallen  bzw.  Schwermetallsalzen  in  saurer  Lösiuig  reduziert. 

Aus  2-Chlor-4-dimethylaminobenzol-l-arsenoxyd  und  Nitriersäure  erhält  man  2-Chlor- 
4-methylnitramino-3.5-dinitrobenzol-l-arsinsäure.  Durch  Reduktion  mit  Zinn  oder  Zink 
und  Salzsäure  erhält  man  Dichlorbismethylaminotetraminoarsenobenzol 

NH  ■  CH3  NH  •  CH3 

I 
NH,  -r^ V  NH2        NHj  -f  ^-  NHj 
'-C1  U-ci 

As  =^  As 

in  gleicher  Weise  erhält  man  Dibrombismethylaminotetraminoarsenobenzol'). 

Man  erhält  Tetraalkylhexaminoarsenobenzole  von  erhöhter  therapeutischer  Wirkimg, 
ndem  man  3.5-Dinitro-4-dialkylaminobenzol-l-arsinsäuren,  zu  denen  auch  die  entspre- 
chenden Cyclaminoderivate,  z.  B.  mit  der  Piperidogruppe,  zählen,  mit  den  gebräuchlichen 
Reduktionsmitteln  behandelt. 

Beschrieben  sind  Tetrametliylhexaminoarsenobenzol  (CH3)2N  •  C5H2(NH2)2  •  As  :  As 
•  CjH2(NH2)2  •  N(CH3)2  aus  3.5-Dinitro-4-dimethylaminobenzol-l-arsinsäure  und  Reduktion 
mit  Zinnchlorür  und  Salzsätu-e,  ferner  Tetraäthylhexaminoarsenobenzol  und  Dipiperido- 
tetraminoarsenobenzol  *). 

Aminosubstituierte  Arylarsinsäuren  erhält  man,  wenn  man  Nitroarylarsinsäuren  in 
Lösung  oder  Suspension  in  Gegenwart  von  katalytisch  wirkenden  Metallen  oder  Metall- 
verbindungen der  Einwirkung  von  molekularem  Wasserstoff,  gegebenenfalls  unter  An- 
wendung von  Druck,  aussetzt.  Beschrieben  sind  m-  mid  p-Aminophenylarsinsäure  aus 
m-  bzw.  p-Nitrophenylarsinsäure,  von  2-Chlor-5-aminobenzol- 1-arsinsäure  aus  2-Chlor- 
5-nitrobenzol-l-arsinsäure  und  von  3.4-Diaminobenzol- 1-arsinsäure  aus  3-Nitro-4-amino- 
benzol- 1-arsinsäure^). 

Man  behandelt  3- Amino-4-oxybenzolarsin  mit  Formalclehydsulfoxylaten.  Die  neuen  Ver- 
bindungen sind  in  Wasser  mit  neutraler  Reaktion  leiclit  löslicli  mid  gegen  Luft  beständig*). 

Erhitzt  man  p-Nitranilin  mit  Arsensäure  auf  210°,  so  erhält  man  5-Nitro-2-amino- 
benzol- 1-arsinsäure.  Diese  läßt  sich  bei  Abwesenheit  von  freier  Mineralsäiue,  z.  B.  mit 
Lauge  und  Eisenoxydul,  so  reduzieren,  daß  man  2.5-Diaminobenzol-l-arsinsäiu'e  erhält'). 

Man  erhält  2-Nitro-3-aminobenzol- 1-arsinsäure,  wenn  man  ein  aus  der  Metarsanilsäure 
mit   Hilfe   von   Chlorkohlensäureester  erhältliches   tJrethan   nitriert   und   dann   verseift*). 

Durch  stufenweise  Reduktion  von  4-ArQino-3.5-dinitrobenzol-l-arsinsäure  gelingt  es 
3.4.5.3'.4'.5'-Hexaminoarsenobenzol  darzustellen,  welches  bei  geringer  Toxizität  eine 
sehr  kräftige  spirillocide  Wirkung  hat.  Man  reduziert  Dinitroarsanilsäure  mit  der  berech- 
neten Menge  Natriumliydrosulfit  zu  der  3.4.5-Triaminobenzol-l-arsinsäure  und  die.se  dann 


^)  Boehringer,  Waldhof,  DRP.  285  604. 

2)  Boehringer,  Waldhof,  DRP.   292  546.  ^j  Boehringer,  DRP.  286  669. 

*)  Höchst,  DRP.  294  276.  ^)  Böhringer,  Waldhof,  DRP.  286  547. 

8)  Höchst,  DRP.  278  648.         ')  Höchst,  DRP.  248  047.         »)  Höchst,  DRP.  256  343. 


Arsenverbindungen.  725 

mit  iinterphosphoriger  Säure  zvim  Hexaminoarsenobenzol.  Triaminobenzolarsinsäure 
zeichnet  sich  überrasclienderweise  durch  große  Ungiftigkeit  aus.  Man  kann  auch  Dinitro- 
arsanilsäure  durch  Behandeln  mit  phosphoriger  Säure  oder  unterphosphoriger  Säure  in 
die  entsprechende  nitrierte  Arsenoverbindung  überführen,  welche  ihrerseits  leicht  zum 
3.4.5.3'.4'.5'-Hexaminoarsenobenzol  zu  reduzieren  ist^). 

4-Amino-3.ö-dinitrobenzol-l-arsinsäure  wird  mit  einer  zur  Reduktion  der  Nitro- 
gruppe  und  des  Arsinsäurerestes  ausreichenden  Menge  Xatriumhydrosulfit  reduziert  und 
die  so  erhaltene  schwefelhaltige  Verbindung  mit  Säuren  zerlegt  2). 

Man  erhält  Substanzen,  welche  sich  von  3.5-Diaminoarylarsinsäuren  und  deren 
Reduktionsprodukten,  die  außerdem  noch  in  4-Stellung  substituiert  sind,  ableiten  und 
Farbstoffe  sind,  welche  durch  Kupplung  mit  Diazoverbindungen  entstehen.  Sie  gehören 
wahrscheinlich  zur  Klasse  der  Azofarbstoffe.  So  werden  3.4.ö-Triaminobenzolarsinsäure, 
3.4.5.3'.4'..5'-Hexaminoarsenobenzol  und  3.5.3'.D'-Tetramino-4.4'-dioxj'arsenobenzol,  welche 
Derivate  des  o-Phenylendiamins  bzw.  o-Aminophenole  sind,  gekuppelt.  Diese  Farbstoffe 
soUen  sich  vor  anderen  Arsenverbindungen  bei  großem  Heilwert  gegenüber  Infektions- 
Ivrankheiten  zum  Teil  durch  geringe  Toxizität  vorteilhaft  auszeichnen. 

Auch  können  auf  diesem  Wege  alkaliunlösliche  Arsenverbindungen  (z.  B.  Hex- 
aminoarsenobenzol)  durch  Einführung  von  Diazokörpem  mit  Säureresten  (Diazosulfanil- 
säure  usw.)  alkalilöslich  gemacht  werden'). 

Die  großen  Erfolge  des  Salvarsans  und  Xeosalvarsans  in  der  Therapie 
haben  einen  weiteren  Ausbau  der  Arsenverbindungen  gezeitigt.  Dieser  Ausbau 
giüg  dahin,  besser  lösliche  und  stabilere  Präparate  von  womögUch  größerer 
Haltbarkeit  zu  erzielen,  andererseits  wurde  versucht,  eine  weitere  wirksame 
Komponente  in  die  Verbindung  einzuführen,  so  Gold,  Platin,  Quecksilber, 
Silber  mid  Kupfer.  U  h  1  e  n  h  u  t  und  M  u  1  z  e  r  haben  besonders  auf  die  Wirkungen 
des  atosA-lsaiu-en  Quecksilbers  bei  Lues  hingewiesen*).  Paul  Ehrlich  lenkt« 
besonders  die  Aufmerksamkeit  auf  die  Kupferverbindungen  dieser  Reihe. 
Ebenso  wurde  versucht,  neben  dem  Arsen  in  die  Verbindung  Phosphor  oder 
Antimon  einzuführen.  Bis  nun  ist  keine  von  diesen  Verbindungen  in  den 
Arzneischatz  eingedrungen.  Dasselbe  gilt  von  den  übrigen  Arsenverbindxmgen, 
welche  der  Arsanilsäure  verwandt  sind,  und  ebenso  von  den  Verbindungen, 
welche  aus  Farbstoffen  mit  Arsenogruppen  bestehen. 

Arsen-Schwefelverbindungen. 

Behandelt  man  Xitrooxyarylarsinsäuren  oder  Aminooxyarylarsinsäuren  mit  Schwefel- 
alkalien oder  Schwefelwasserstoff,  so  erhält  man  schwefelhaltige  Verbindungen  von  be- 
deutend gesteigerter  parasiticider  Wirkung,  welche  durch  den  Eintritt  von  Schwefel 
bedingt  erscheint.  Beschrieben  ist  die  Darstellung  von  Nitrooxj-phenylarsensesquisulfid 
und  das  wahrscheinlich  analoge  Aminoprodukt  mit  sehr  labilen  Eigenschaften^). 

Am  Arsen  geschwefelte  Derivate  der  p-Aminophenylarsinsäure,  sowie  deren  Derivaten 
erhält  man  bei  Behandlung  ihrer  Lösung  mit  Schwefelwasserstoff.  Aus  den  Arsinsäuren 
und  Arsenoxyden  erhält  man 

Arsendisulfide  Arsensesquisulfide       imd       Arsensulf  üre  *) 

V.  V.  ni. 


I 

NRR, 


As 

I 


AsS 


I 
NRRi 


XRR^ 

Den  entsprechenden  Sauerstoffverbindungen  gegenüber  zeigen  sie  eine  erhöhte  Toxizi- 
tät, aber  auch  eine  entsprechend  stärkere  trypanocide  Wirkung.  Diese  Schwefelverbin- 
dungen sind  in  Schwefelalkalien  und  kaustischen  Alkalien  leicht  löslich  und  können  aus  der 
alkalischen  Lösung   durch  Säiu"en  gefällt  werden,   während  sie  in  Soda  schwer  löslich  sind. 


M  Böhringer,  Waldhof,  DRP.  286  854. 

2)  DRP.  286  855,  Zusatz  zu  DRP.  286  854. 

=)  Höchst,  DRP.  278  421.  «)  Deutsche  med.  Wochenschr.  1910,  Xr.  27,  S.  1262. 

*)  Höchst,  DRP.  253  757.  «)  Farbwerke  Höchst,  DRP.  205  617. 


726  Antiseptica  und  Adstringentia. 

m-Amiiiophenylarsensulfid  besitzt  selbst  in  großen  Dosen  gar  keine  Heil- 
wirkung gegenüber  Trypanosomen.  Die  von  der  p-Aminophenylarsinsäure  sich 
ableitenden  Sulfide  zeigen  eine  schwache  Heilwirkung  nur  in  Dosen,  welche 
der  tödlichen  Dosis  naheliegen. 

Hingegen  zeigen  die  aus  3-Nitro-  und  3-Ainino-4-oxybenzol-l-arsinsäure 
entstehenden  Schwefelverbindungen  parasiticide  Wirkungen  und  Heilungen 
mit  ein  Drittel  der  letalen  Dose. 

Arsen-Schwermetallverbindungen. 

p-aminophenylarsinsauies  Quecksilber*)  wirkt  bei  experimenteler  Syphilis 
sehr  gut.  Die  Jodverbindungen  wie  p-jodphenylarsinsaures  Natrium,  Queck- 
silber und  Silber,  sowie  p-aminojodphenylarsinsaures  Natrium,  Quecksilber 
und  Silber  scheinen  vielleicht  auf  maligne  menschliche  Tumoren  von  zer- 
störendem Einfluß  zu  sein.  F.  Blumenthal  untersuchte  auch  p-aminodibrom- 
phenylarsinsaures  Natrium  sowie  atoxylsaiu-es  Quecksilber  imd  Silber.  Atoxyl- 
saures  Quecksilber  wird  Atyi'osyl  und  Asiphyl  genannt.  Saures  atoxylsaures 
Quecksilber  ist  giftiger  als  Atoxyl.  Acetylatoxylsaures  Quecksilber  ist  nicht 
wesentlich  luigiftiger  als  atoxylsaures  Quecksilber.  Jodatoxylquecksilber  ist 
weniger  giftig  als  das  Natriumsalz*).  Nach  Versuchen  von  I.  Danysz^)  erhöht 
ein  Zusatz  von  Silbersalzen  zu  Salvarsan  besonders  in  Form  von  Bromsilber 
und  Jodsilber  die  antiseptischen  mid  heilenden  Effekte  beider  Komponenten 
bedeutend.  Bei  Septicämie  wirken  nach  seiner  Ansicht  die  chemischen  Heil» 
mittel  nicht  ausschheßlich  als  Antiseptica  im  infizierten  Organismus,  sondern 
auch  ähnlich  den  antimikrobischen  Seren  durch  Intervention  des  Organismus, 
besonders   der  Phagocyten. 

Das  neutrale  Quecksilbersalz  der  p-Aminophenylarsinsäure')  erhält  man,  wenn  man 
2  Mol.  p-Aminophenylarsinsäure  auf  1  Mol.  Quecksilberoxyd  einwirken  läßt.  Das  basische 
Quecksilbersalz  entsteht  bei  der  Einwirkung  von  1  Mol.  Quecksilberoxydsalz  auf  1  Mol. 
p-Aminophenylarsinsäure   in  Gegenwart  von   2   Mol.   Alkali. 

Das  Quecksilbersalz  der  p-Aminophenylarsinsäure  wird  durch  doppelte  Umsetzimg 
dargestellt.  Gleiche  Versuche  wurden  von  verschiedenen  Seiten  in  verschiedenen  Staaten 
zum  Patent  angemeldet^). 

Wasserlösliche  Quecksilberarsenpräparate  erhält  man,  wenn  man  Gemische  von 
Kochsalz  und  Quecksilbersalzen  der  p-Aminophenylarsinsäure  in  Wasser  oder  Quecksilber- 
salze der  p-Aminophenylarsinsäure  in  Kochsalzlösmig  auflöst.  Es  genügt  etwa  die  gleiche 
Menge  Kochsalz  den  Salzen  beizufügen,  um  Mischungen  zu  erzeugen,  die  konzentrierte 
wässerige  Lösungen  liefern  und  sich  daher  zu  Injektionen  eignen^). 

Dm-ch  Einwirkung  von  wässerigen  Lösungen  von  Alkalisalzen  der  Monomethylarsin- 
sävire  auf  SuccinimidquecksUber  in  molekularer  Menge  erhält  man  leicht  lösliche  Doppelsalze '). 

Enesol  besteht  aus  äquimolekularen  Mengen  von  Methylarsinsäure  und 
Quecksilbersahcylat  und  ist  in  Wasser  leicht  löslich  (siehe  auch  bei  Quecksilber). 

Kernmercurierte  Derivate  aromatischer  Oxysäuren  werden  dargestellt,  indem  man 
aromatische  Oxycarbon-,  Oxysulfo-  oder  Oxyarsinsäuren,  welche  Quecksilber  nur  mit 
einer  Affinität  an  den  aromatischen  Kern  gebunden  enthalten,  mit  alkalischen  oder  neu- 
tralen Reduktionsmitteln  behandelt.  So  erhält  man  aus  Oxymercurisalicylsäureanhydrid 
Quecksilberdisalicylsäure.  Aus  Mercurisalieylsulfosävire,  Mercuri-bis-salicylsulfosäure, 
aus  Arsinosalieylsäure  Mercuri-  bis  -arsinosalicylsäure.  Ferner  ist  beschrieben  Mercuri-  bis 
2-oxynaphthalin-3.6-disulfosäure  und  Merciuri-  bis  -3-methyl-4-oxybenzol-l-£irsinsäure'). 

')  Uhlenhuth  und  Manteufel,  Zeitschr.  f.  Immunitätsforsch,  u.  exp.  Therap.  I, 
108  (1909).  —  Münch.  med.  Wochenscli.  62,  U7. 

-)  B  Z.  38,  91   (1910). 

ä)  Ann.  de  l'Inst.  Pa.'?teur  38238  (1914).  «)  Agfa,  Berlin,  DRP.  237  787. 

S)  Bayer -Elberfeld,  DRP.-Anm.  F.  24  523  (zurückgezogen). 

»)  Agfa,  DRP.   239  557.  «)  Einhornapotheke,  DRP.   302  156. 

')  Heyden,    DRP.   255  030. 


Arsenschwermetallverbindungen.  727 

Wässerige  Lösungen  von  Salvarsansalzen  bringt  man  mit  Salzen  von  Gold  oder 
Metallen  der  Platingruppe  zusammen  und  scheidet  die  Additionsverbindungen  durch 
Eindampfen  oder  Zusatz  von  organischen  Lösungsmitteln  in  fester  Form  ab*). 

Schwermetalladditionsverbindvmgen  aromatischer  Arsenverbindimgen  erhält  man, 
wenn  man  hier  andere  aromatische  Verbindungen,  die  dreiwertiges  Arsen  enthalten,  mit 
Metallsalzen  behandelt. 

3-Amino-4-oxybenzol-l-arsensulfid  liefert  in  Methylalkohol  mit  Palladiumchlorür 
eine  Palladiumverbindung. 

3-Amino-4-oxybenzol-l-arsendichloridchlorhydrat  gibt  mit  Kupferchlorid  eine  Kupfer- 
verbindung. 

4-Amino-3-carboxybenzol-I-arsenoxyd  liefert  mit  Goldchloridlösung  eine  Goldver- 
bindung ^). 

An  Stelle  des  Salvarsans  kann  man  die  Formaldehydsulfoxylatverbindung  in  gleicher 
Weise  mit  Schwermetallen  verbinden  [Kupfer,  Silber,  Gold,  Platin^)] 

Man  kann  in  gleicher  Weise  die  Verbindungen  von  SalvEirsan  mit  Quecksilber,  Silber, 
Kupfer  erhalten'). 

An  Stelle  von  Salvarsan  kann  man  durch  Reduktion  des  Gemisches  aus  einer  Arsin- 
säure  und  einer  anorganischen  Arsenverbindiing  erhältliche,  zwei  oder  mehrere  Arsenatome 
enthaltenden  Polyarsenoverbindimgen  in  Lösimg  mit  Metallsalzen  zusammenbringen^). 

Auch  Arsenophenylglycin,  4.4'-Dioxyarsenobenzol,  Arsenobenzol,  3.4.3'.4'-Tetramino- 
arsenobenzolformaldehydsulfoxynatrium  geben  solche  SchwermetaUverbindungen') 

Anstatt  fertige  Arsenverbindungen  zu  verwenden,  läßt  man  diese  in  Gegenwart  von 
Metallsalzen  aus  den  entsprechenden  Arsinsäuren  oder  Arsenoxyden  durch  Reduktion  ent- 
stehen'). 

An  Stelle  von  Arsenoverbindimgen  kann  man  die  analogen  gemischten  Arsen-,  Phos- 
phor- und  Arsen-Antimonverbindungen  mit  MetaUsalzen  vereinigen*). 

An  Stelle  der  aromatischen  Arsenverbindungen  verwendet  man  die  über  die  Arseno- 
stufe  hinaus  reduzierten  Reduktionsprodukte  von  durch  salzbildende  Atomgruppen  sub- 
stituierten aromatischen  Arsinsäuren'). 

Prüft  man  die  Wirkung  des  Silbers  in  anorganischen,  organischen  imd 
komplexen  Verbindungen  (Silbemitrat,  Silbercitrat,  Argentamin,  Albargin, 
Protargol,  Axgonin,  Choleval,  Kollargol)  so  geht  mit  Ausnahme  der  beiden 
letzteren  Präparate  die  toxische  Dose  mit  dem  Silbergehalt  parallel.  Die  Giftig- 
keit des  Cholevals  ist  erhebhch  größer,  diejenige  des  Kollargols  geringer  als  sie 
dem  Silbergehalt  der  übrigen  Verbindungen  entspricht.  Kollargol  tötet  Spi- 
rochäten beim  Lueskaiünchen  ab.  Silber  ist  ein  zur  inneren  Desinfektion  ge- 
eignetes Gift  für  die  SyphiUsspirochäte.  Eine  antisyphiHtische  Wirkimg  wird 
bei  den  meisten  Silberverbindungen  festgestellt,  bei  allen  tritt  die  Wirkiuig 
auf  die  Spirochäten  und  die  Heilung  der  Syphilome  langsamer  ein  als  bei 
den  Arsenobenzolen,  aber  allen  Verbindungen  gemeinsam  ist  die  Beein- 
flussung der  Spirochäte  und  die  Heilwirkung  in  einer  Dosis,  die  von  der  töd- 
hchen  mehr  oder  weniger  entfernt  ist.  Beim  kolloidalen  Silber  erfolgt  das  Ver- 
schwinden der  Spirochäten  langsamer  als  bei  den  verschiedenen  geprüften  nicht 
kolloidalen  Verbindungen.  Der  Hauptunterschied  liegt  in  der  Wirkung  des 
Silbers  und  des  Quecksilbers  bei  der  Kaninchensyphilis,  in  der  Art  der  Beein- 
flussung der  Spirochäten  und  in  der  Dosis,  mit  der  sich  eine  Wirkung  auf  die 
syphihtischen  Produkte  der  Spirochäten  erzielen  läßt.  Bei  Quecksilberverbin- 
dungen wirken  fast  niu-  Dosen,  die  ganz  in  der  Nähe  der  tödlichen  liegen  oder 
die  mit  der  tödlichen  zusammenfallen.    Bei  der  Prüfung  von  kolloidalem  Gold, 


1)  Höchst,  DRP.  268  220.  •)  DRP.  281  101,  Zusatz  zu  DRP.  268  220. 

3)  DRP.  268  221,  Zusatz  zu  DRP.  268  220. 

*)  DRP.  270  253,  Zusatz  zu  DRP.  268  220. 

5)  DRP.  270  256,  Zusatz  zu  DRP.  268  220. 

«)  DRP.  270  257,  Zusatz  zu  DRP.  268  220. 

')  DRP.  270  258,  Zusatz  zu  DRP.  268  220. 

«)  DRP.  270  259,  Zusatz  zu  DRP.  268  220. 

»)  DRP.  275  216,  Zusatz  zu  DRP.  268  220. 


728  Antiseptica  und  Adstringentia. 

Silber,  Palladium,  Wismutoxyd,  Kobalt  und  Eisen,  sowie  von  verschiedenen 
Metallsalzen  zeigt  es  sich,  daß  außer  dem  Golde  keines  der  untersuchten  Metalle 
oder  Metallsalze  überhaupt  Wirkung  auf  die  Spirochäten  oder  auf  die  manifeste 
Erscheinung  der  Kaninchenschanker  hatte,  so  daß  Kolle  die  Wirkung  des 
Silbers  auf  Kaninchens^'philome  auch  als  spezifisch  ansieht  i).  Hingegen  finden 
andere  Untersucher,  daß  eine  so  auffallende  Üljerlegenheit  des  Silbersalvarsanüber 
Natriumsalvarsan  wie  man  sie  im  Tierversuche  festgestellt  hat,  beim  Menschen 
nicht  gefunden  werden  konnte,  aber  Silbersalvarsan  macht  weniger  Schädigungen 
als  alle  bisher  erprobten  Präparate  ^). 

Silbersalvarsan  weist  einen  wesentlich  besseren  chemotherapeutischen 
Quotienten  auf  als  Salvarsan  (Verhältnis  zwischen  der  therapeutischen  und 
letalen  Dosis),  und  zwar  ^/^g  gegen  Yjq.  Aber  Silber  in  kolloidaler  Form  tötet 
Spirochäten  im  Tierversuch  ab,  wemi  auch  langsamer  als  Silbersalvarsan^) 
Die  malariciden  Eigenschaften  des  Salvarsans  gehen  diu'ch  Eintritt  des  Metalls 
in  sein  Molekül  fast  ganz  verloren*). 

Silbersalvarsan  mit  einem  Arsengehalt  von  22,4%,  der  weit  hinter  dem  des 
Altsalvarsans  zurückbleibt,  hat  eine  gesteigerte  Wirkung  auf  die  Spirochäten, 
die  mit  einem  stark  erhöhten  chemotherapeutischen  Index  einhergeht.  Das 
Silber  verleiht  dem  Salvarsan  keine  erhöhte  Giftigkeit,  wohl  aber  eine  verstärkte 
Wirksamkeit,  die  auf  der  spezifischen  gegenüber  Spirochäten  entwicklungs- 
hemmenden Silberwirkung  beruht. 

Doch  berichtet  G.  L.  Dreyf  us^),  daß  Silbersalvarsan  nicht  so  einfach  und 
glatt  zu  handhaben  ist,  wie  Neosalvarsan  und  Salvarsannatrium.  Neben- 
wirkungen sind  einstweilen  noch  wesentüch  häufiger. 

P.  Karrer  faßte  das  Silbersalvarsan  als  ein  Metallkomplexsalz  mit  Arsen- 
nebenvalenzen auf :  ^„ .        .    _  „ 

OHAg     AgOH 

As  As 


OH  OH 

A.  Binz,  H.  Bauer  und  A.  Hallstein  meinen,  daß  das  Silber  an  den 
Aminostickstoff  des  Arsenobenzols  komplex  gebunden  sei: 

As—  As 


:   ONa  NaO  : 

Ag O Ag 

Silbersalvarsan  ist  nach  ihnen  3.3'-Diamino-4.4'-dioxyarsenobenzoldi- 
natrium-monosilberoxyd,  bzw.  Bis-[diammodioxyarsenobenzoldinatrium]-mono- 
silberoxyd. 

Antimonverbindungen. 

Einigermaßen  ähnhch,  wenn  auch  viel  schwächer  als  die  Arsenderivate, 
wirken  nach  der  gleichen  Richtung  auf  Trypanosomen  Antimonderivate, 
ebenso  Wismutverbindungen. 

1)  W.  Kolle  und  H.  Ritz,  Deutsche  med.  Wochensehr.  45,  481  (1919). 

^)  Walter  Knopf  und  Otto  Sinn,  Deutsche  med.  Wochensehr.   45,  517  (1919). 

')  Kolle,  Deutsche  med.  Wochensehr.   1918,  Nr.  43  und  44. 

*)  Kalberloh  und  Schloßberger,  Deutsche  med.  Wochensehr.   1918,  S.  1100. 

=)  Deutsche  med.  Wochensehr.   1919,  Nr.  47  imd  48. 

•)  W.  Kolle,  med.  Wochensehr.  46,  33  (1920).  ')  BB.  53,  416  (1920). 


Antimonverbindungen.  729 

Ist  ein  Stamm  arsenfest,  so  ist  er  auch  antimonfest. 

Die  Antimonverbindungen  verhalten  sich  nicht  analog  den  Arsenverbin- 
dungen. Veränderungen  des  Moleküls,  die  beim  Arsen  zu  einer  wesentüchen 
Entgiftung  oder  zu  einer  verstärkten  Heilwirkung  führen,  haben  diese  Wirkung 
bei  den  entsprechenden  Antimonpräparaten  nicht. 

Die  verschiedenen  Trjqjanosomenstämme  sind  in  ihrem  Verhalten  gegen 
Arsen-  und  Antimonpräparate  äußerst  verschieden.  Einzelne  Stämme  sind  gegen 
Arsen  fast  unempfindlich.  Die  Virulenz  steht  in  keiner  Beziehung  zu  ihrer 
Empfindlichkeit  ^). 

p-aminophenylstibinsaures  Xatrium,  welches  dem  Atoxyl  entspricht,  ist 
recht  giftig  und  bei  Hühnerspirillose  sehr  wenig  ■«irksam.  Überraschend  ist 
auch  die  völhge  Unwirksamkeit  des  Dioxydiaminostibiobenzols.  Es  ist  bei 
Hühnerspirillose  ganz  unwirksam,  während  andere  Autimonpräparate  spiriUocide 
Eigenschaften  haben. 

Die  Entgiftung  des  Antimons  in  den  organischen  Antimonpräparaten  ist 
keine  so  weitgehende  wie  beim  Arsen. 

P.  Uhlenhut  und  G.  HügeP)  fanden  m-amino-p-urethanophenylstibLn- 
saures  Natrium,  mj-mi-Diamino-p-oxy-arseno-pi-.stibiobenzol,  mj-m^-Diamino- 
p-oxy-pj-chlorarsenostibiobenzoldichlorhydrat  wirksam. 

Antimonylpyrogallol  und  Triaminotriphenylstibintetrachlorhydrat  waren 
unwirksam,  ebenso  unwirksam  bei  Hühnerspirillose  waren :  Benzolsiüfonamino- 
stibiobenzol,  Dioxydiaminostibiobenzol,  Antimonylbrenzcatechiu,  methylharn- 
stoffphenyLstibinsaures  Natrium,  urethanophenylstibinsaures  Quecksilber,  ji- 
aminophenylstibinsaures  Qucksilber,  o-amino-p-arsinphenylstibinsaures  Na- 
trium, p-aminophenylstibinmethansulfonsaures  Natrium,  Benzolsulfon-p-amino- 
mercmiphenylstibinsäure,  phenylglycinester-p-stibinsaures  Natrium,  antimonyl- 
protocatechusames  Natrium,  gallussam-es  Antimon,  äthylstibinsaures  Natrium. 
Schwach  ^vi^ksam  waren :  diurethanophenylstibinsaures  Natrium,  p-anisylstibin- 
saures  Natrium,  benzolsulfon-p-aminophenylstibinsaiu-es  Quecksilber,  p-oxy- 
phenylstibinsaures  Natrium.   Bei  Mäusedourine  waren  sie  wirkungslos. 

Bei  Hühnerspirillose  sind  Stibium  arsenicosum,  Sb(0H)3  und  kolloidales 
Antimon  wirkungslos,  während  dieselben  Präparate,  namentlich  die  zwei  letz- 
teren, bei  Diu-ine  wirksam  waren  (Flimmer,  Fryand  Ranken,  Batemaiin, 
KoUe). 

Das  bei  Hühnerspirillose  wirksame  m-amino-p-m-ethanophenylstibinsamre 
Natrium  bleibt  bei  experimenteller  Mäusedourine  vollständig  wirkungslos. 

Wirksam  bei  Hühnerspirillose  sind  ferner:  acetyl -p-aminophenylstibin- 
saures Natrium,  benzolsulfon-p-amino-phenylstibinsaures  Natrium,  p-urethan- 
o-phenylstibinsaures  Natrium,  uij-mi-Diamino-p-oxy-arsenostibiobenzol  und 
mj  mi-Diamino-p-oxy-pj-chlorarsenostibiobenzoldichlorhj-drat.  Die  drei  ersten 
Präparate  waren  bei  Kaninchens^-phihs  wirksam.  Das  erste  und  dritte  Präparat 
waren  bei  menschhcher  Syphilis  wirksam,  abei  standen  den  gewöhnhchen 
Quecksilberpräparaten  nach. 

Gegen  Trj-iJanosomeninfektionen  hat  Uhlenhut  eine  SOproz.  Emulsion 
von  Antimontrioxyd  unter  dem  Namen  Trixidin  empfohlen.  Ein  anderes  Anti- 
monpräparat empfiehlt  Tsuzuki  als  Mittel  gegen  Syphilis  unter  dem  Namen 
Antüuetin.    Es  ist  das  Bitartratokaliumammoniumantimonoxyd. 

Stibacetin,  welches  die  dem  Arsacetin  analoge  Verbindimg  ist,  wirkt  bei 


1)  E.  Teiehmann,  BZ.  81,  284  (1917). 
-)  Deutsche  med.  Wochenschr.   1913,  2455. 


730  Antiseptioa  und  Adstringentia. 

Dourine  und  Nagana.  Das  Benzolsulf on-  und  das  Urethanderivat  des  p-amino- 
phenylstibinsauren  Natriums  erwiesen  sich  als  besonders  vrirksam  bei  Try- 
panosomen und  Spirochäten  (Uhlenhut,  Mulzer  und  Hügel).  Aber  schon 
Antimontrioxyd  in  Emulsion  macht  bei  Nagana,  Dourine  und  Schlafkrankheit 
der  Mäuse  in  100%  der  Fälle  die  Dauersterihsation.  MetalHsches  Antimon 
und  seine  unlösKchen  Verbindungen  machen  in  60%  Fällen  Heilung  i). 

Man  setzt  aromatische  Amine  in  Form  ihrer  Diazoverbindungen  mit  Salzen  der  anti- 
monigen  Säure  um  und  spaltet  aus  den  entstehenden  Diazoantimoniten  die  Diazogruppe  ab. 
Besehrieben  sind  Phenylstibinsäure,  p-Oxyphenylstibinsäure,  Athyl-p-aminophenylstibin- 
säure  und  p-Aminophenylstibinsäiu'e-). 

Man  kann  ein  aromatisches  Amin  bei  Gegenwart  von  Säuresalzen  des  Antimons  diazo- 
tieren  und  das  Reaktionsprodukt  mit  Alkalien  umsetzen  oder  Doppelverbindungen  aus 
Antimonhalogeniden  und  Diazoverbindungen  aromatischer  Amine  in  isoliertem  Zustande 
oder  bei  Gegenwart  ihrer  Mutterlauge  mit  Alkalien  zerlegen'). 

In  gleicher  Weise  kann  man  sekundäre  und  tertiäre  aromatische  Stibinsäuren  her- 
stellen, wenn  man  aromatische  Diazoverbindungen  statt  mit  antimoniger  Säure  mit  aro- 
matisch substituierten  Antimonoxyden  umsetzt.  Unter  Anwendung  von  einfach  aromatisch 
substituierten  Antimonoxyden  erhält  man  Diarylstibinsäuren : 

X  •  N  :  N  •  OH  +  Y  •  Sb  •  O  =  Y>SbO  •  OH  +  Nj 

Unter  Anwendung  zweifach  substituierter  aromatischer  Antimonoxyde  erhält  man  Triaryl- 
stibinsäuren :  „ 

2  X  ■  N  :  N  ■  OH  +  [  y^>  Sb  ]  jO  =  2  Y^SbO  +  2  Nj  +  2  H2O 
[^  J  z 

Dabei  bedeuten  X,  Y,  Z  gleiche  oder  verschiedene  Reste  von  substitviierten  oder  nicht- 
substituierten  aromatischen  Kohlenwasserstoffen. 

Beschrieben  ist  die  Darstellung  von  Mono-m-aminodiphenylstibinsäure  aus  Benzol- 
diazoniumchlorid  xmd  m-Aminophenylstibinoxyd,  von  Chlor-m-phenylenstibinsäure  und 
Phenyl-m-phenylenstibinsäure 


Zwecks  Herstellung  nitrosubstituierter  aromatischer  Stibinsäuren  aus  den  Diazo- 
verbindungen nitrosubstituierter  aromatischer  Amine  bei  Gegenwart  von  antimoniger 
Säure  spaltet  man  die  Diazogruppe  in  saurer  oder  neutraler  Lösung  unt«r  Vermeidung 
hoher  Temperaturen  ab  und  scheidet  die  Stibinsäure  ab.  Beschrieben  sind  o-Nitro- 
phenylstibinsäure,  2.4-Dinitrophenylstibinsäure  und  o-Nitrophenylarsinstibinsäure 

AsOjH, 

I 

NO, 


Neutral  reagierende  lösliche  Alkalisalze  der  aromatischen  Stibinsäuren  werden  dar- 
gestellt dm-ch  Neutralisieren  von  1  Mol.  Stibinsäure  mit  weniger  als  1  Mol.  Alkali.  Die 
Lösungen  dampft  man  zur  Trockene  ab  oder  fäUt  sie  mit  Koclisalz  oder  mit  Alkohol,  oder 
fällt  sie  mit  Lauge  oder  alkalischen  Salzen  und  wäscht  sie  aus  bis  sie  neutral  sind.  Man 
reinigt  sie  am  besten  mit  Methylalkohol'). 

Nitroverbindungen  von  aromatischen  Oxystibinsäuren  erhält  man,  indem  man  in 
den  Nitroverbindungen  der  entsprechenden  aromatischen  Aminostibinsäuren  die  Amino- 


•)  Kelle,  W.  Hartoch,  O.  Rothermundt,  H.  und  W.   Schumann,  Deutsche 
med.   VVochensclir.  40  (1913).  ^)  Heyden,  DRP.  254  421. 

3)  DRP.  261  825,  Zusatz  zu  DRP.  254  421. 
*)  DRP.  269  205,  Zusatz  zu  DRP.  254  421. 
')  DRP.  296  940,  Zusatz  zu  DRP.  254  421.  <=)  Heyden,  DRP.  267  083. 


Antimonverbindungen.  731 

gruppe  durch  Behandeln  mit  Alkalien  abspaltet  und  durch  die  Hydroxylgruppe  ersetzt. 
Man  kann  sowohl  von  den  Nitroaminophenylstibinsäuren  selbst,  als  auch  von  deren  N- 
Acidylderivaten  ausgehen.  Will  man  diese  in  die  entsprechenden  Nitrooxyphenylstibin- 
sävu'en  überfüliren,  so  hat  man  nicht  nötig,  die  Acidylverbindungen  vorher  zu  verseifen, 
sondern  kann  Verseifung  und  Ersatz  der  Amino-  durch  die  Hydroxylgruppe  in  einem 
Arbeitsgang  ausführen. 

Beschrieben  ist  die  Darstellung  von  S-Nitro-i-oxy-benzol-l-stibinsäure 

SbO(OH)2 

n    ^) 

I 

OH 

In  gleicher  Weise  kann  man  auch  Nitrohalogenstibinsäuren  in  die  entsprechenden 
Nitrooxystibinsäuren  überfüliren.  3-Nitro-4-oxybenzol-l-stibinsäure  erhält  man  z.  B., 
indem  man  aus  diazotiertem  p-Chloranilin  und  Antimonoxyd  p-Chlorphenylstibinsäure 
darstellt  und  durch  Nitrierung  4-Chlor-3-nitro-benzol-l-stibinsäure  gewinnt.  Diese  erwärmt 
man  mit  Kalilauge  imd  erhält  das  Oxyderivat  ^). 

Aminoderivate  primärer  aromatischer  Antimonverbindungen  stellt  man  sowohl  durch 
Reduktion  der  entsprechenden  Nitroverbindungen  als  auch  dxu'ch  Verseifen  acidyUerter 
Aminoderivate  her.  Die  Antimonderivate  spalten  viel  leichter  Antimon  ab  als  die  ent- 
sprechenden Arsenderivate,  daher  ist  die  Darstellung  schwieriger.  Besclirieben  ist  die 
Darstellung  der  4-Aminobenzol-l-stibinsäure,   3-Amino-4-oxyb€nzol-l-stibinsäure^). 

Heyden^)  beschreibt  die  Darstellung  von  aromatischen  Stibinoverbindungen,  aro- 
matischen    Stibinoxyden  usf.,    z.    B.   Stibinobenzol     /     \— Sb^Sb — (^      y ,    m-Amino- 

H2  Hj 

N  N  NH2 

phenylstibinoxyd    <^     \SbO ,     Di-m-aminostibinobenzol    <^      ^>— Sb=Sb — <^      y ,     p-p'- 

H2  Hj 

N  N 

Dioxy-m-m'-diaminostibinobenzol  H0<^^     ^) — Sb^Sb^^     ^OH.     Man  behandelt  Mono- 

arylstibinsäuren  und  deren  Derivate  mit  Reduktionsmitteln. 

An  Stelle  von  primären  aromatischen  Stibinsäuren  kann  man  auch  sekundäre  aro- 
matische Stibinsäuren  reduzieren  oder  deren  Derivate. 

Beschrieben  ist  die  Darstellung  von  m-Aminodiphenylstibinoxyd 


NH2CeH>^''      "      ''^<CeH4-NH2 


') 


Nitroprodukte  der  Phenylstibinsäure  und  ihrer  Derivate  erhält  man  durch  Behand- 
lung dieser  Säure  mit  Salpetersäure.  Beschrieben  sind  m-Nitrophenylstibinsäure  und 
m-Nitroacet-p-aminophenylstibinsäure'). 

Beim  Einleiten  von  Schwefelwasserstoff  in  die  alkohoUsch-ammoniakalische  Lösung 
der  Triphenylstibinhaloide  entsteht  Triphenylstibinsulfid.  Es  soll  therapeutische  Effekte 
bei  Ekzemen,  Seborrhöe  und  anderen  Bluterkrankungen  haben'). 

Man  erhält  dann  aromatische  Stibine,  indem  man  die  Schwefelverbindimgen  der 
Arylstibine  mit  Metallen  in  Reaktion  bringt.  Man  erhält  Triphenylstibin  beim  Behandeln 
von  Triphenylstibinsulfid  mit  Kupfer  oder  Eisen  ^). 

Die  primären  und  sekundären  Aniinophenylstibinsäuren  und  deren  Derivate,  die  an 
sich  keine  oder  höchstens  eine  geringe  Heilwirkung  gegenüber  Trypanosomen  und  Spiro- 
chätenkrankheiten zeigen,  werden  durch  Substitution  der  in  Aminogruppe  zu  wertvollen 
Heilmitteln.  So  z.  B.  wirkt  p-Aminophenylstibinsäure  nicht,  aber  die  entsprechende 
Benzolsulfoverbindung. 

Stickstoffsubstitutionsprodukte  der  Aminoderivate  primärer  und  sekundärer  aro- 
matischer Stibinsäuren  und  ihrer  Derivate  erhält  man,  wenn  man  in  die  Aminogruppe 
Acyl-,  Alkyl-,  Aryl-  oder  Aldehydrest«  einführt.    Beschrieben  sind  Benzols uLfo-p-amino- 


1)  Heyden,  DRP.  259  875.  ■)  DRP.  262  236,  Zusatz  zu  DRP.  259  875. 

3)  Hevden,  DRP.  270  488.  ")  DRP.  268  451. 

S)  DRP.  269  206,  Zusatz  zu  DRP.  268  451.  «)  Heyden,  DRP.  287  709. 

')  DRP.  223  694.  »)  DRP.  240  316. 


732  Antiseptica  und  Adstringentia. 

phenylstibinsäure,  Acetyl-m-aminoplienylstibinsäure,  m-m'-Diacetylaminostibinobenzol  und 
o-Oxybenzyüden-p-aminophenylstibinsäiu'e '). 

Bei  Tierversuchen  versagte  z.  B.  p-Aminophenylstibinsäiu-e  sowohl  im  Schutz-  wie 
im  Heilversueh,  %¥ährend  die  entsprechende  Benzolsulfoverbindung  eine  ganz  ausgezeichnete 
Wirkung  zeigte.  Einen  älinUch  günstigen  Einfluß  bewirkte  die  Einführung  anderer  Radi- 
kale  und  Gruppen  in  die   Aminogruppe   der  p-Aniinophenylstibmsäure. 

Stibenyl  (Natriumacetyl-p-aminophenylstibiat)  wirkt  gut  bei  Trypano- 
soma  gambiense  und  Kala-Azar^). 

A.  Laveran  hat  gegen  Trypanosomen  Brechweinstein  verwendet  und  dann 
statt  dessen  Antimonylanilizitartrat. 

Der  von  Yvon  dargestellte  Arsen- Anilin -Brech Weinstein  ist  gegen  Try- 
panosomen sehr  wii-ksam  imd  die  Injektioiien  scheinen  weniger  schmerzhaft 
zu  sein  als  die  mit  Natrium-,  Kahum-  oder  Anilinbrechweinstein^). 

Auf  trypanosomenerkrankte  Ratten  wirken  Tetraäthylstibonium Jodid  und 
Diphenylstibinchlorid  nicht,  ebensowenig  Kahummetaantimoniat  KSbOj  und 
kolloidales  SboOj  .  Natriumsidf antimoniat  Na3SbS4  zerstören  zwar  Trj'pano- 
somen,  machen  aber  lokale  Erscheinungen. 

Die  Antimonsalze  von  Oxyfettsäuren  sind  am  wirksamsten,  Äthylanti- 
montartrat  ist  außerordentlich  brauchbar*). 

Vanadium. 

Von  der  Idee  ausgehend,  daß  Vanadium  im  periodischen  System  neben  dem 
Arsen  hegt  imd  daher  ähnliche  physiologische  Wirkungen  haben  wird,  hat  man 
anorganische  Verbindungen  des  Vanadiums  geprüft.  Ludwig  Heß  hat 
auch  Orthovanadinsäxureester  dargestellt  vmd  untersucht. 

Kocht  man  Vanadinpentoxyd  mit  Alkoholen,  so  erhält  man  Ester,  z.  B.  Vanadin- 
säuretriäthylester  (C2H5)3V04  ,  Vanadinsäiu-epropylester  (CjHnJgVOj  ,  Amylenhydratvana- 
dinsäureester,  schließlich  die  V^anadinsäureester  des  Glycerins,  Glykols,  Benzylalkohols^). 

Arsen-Antimon-  und  Arsen-Wismutverbindungen. 

Stibinoxyde,  Stibindichloride  oder  auch  anorganische  Antimonsalze  des 
dreiwertigen  Metalls  setzen  sich  äußerst  leicht  mit  den  Arsinen  nach  folgenden 
Gleichungen  um,  z.  B. : 

HO  -^^  •  AsHj  -f  CljSb  ■  CeH3  =  H0  •  <(^  •  As  :  Sb  •  C^U^  +  2  HCl 

NH2  •  HCl  NH2  •  HCl 

HO  •  <^3  •  AsH„  +  ClaSbCl  =  HO  •  <^^  ■  As  ;  SbCl  -|-  2  HCl 

NH2  •  HCl  NHj  •  HCl 

Ebenso  kaiui  man  Wismuttrichlorid  usw.  mit  Arsinen  zu  Arseno-bis- 
muto-Verbindmigen  umsetzen : 

Aryl  ■  AsHa  +  Cl„Bi  •  Cl  =  Aiyl  •  As  :  Bi  ■  Cl  -f  2  HCl 

Diese  Kondensationen  gehen  schon  bei  gewöhnlichen  Temperaturen  in 
alkohoUscher  Lösung  vor  sich.  Es  können  auch  dabei  Polyarsenostibino-Ver- 
binduugen  auftreten. 

P.   Ehrlich*)  und   P.   Karrer  haben  kombinierte  Arseno-stibino-  und 


•)  Heyden,  DRP.  284  231. 

ä)  Philip  Manson-Bahr,  Brit.   med.  journ.    1920,  II,   235. 

ä)  A.  Laveran,  C.  r.  151,  580. 

*)  J.D.Thomson  und  A  r  t  li  u  r  R.  C  u  s  li  n  y ,  Proc.  E.  Soc. ,  London ,  Serie  B.  88,  249. 

^)  DRP.  273  220.  «)  BB.  46,  3564  (1913). 


Arsen- Antimon-  und  Arsen- Wismutverbindungen.  733 

Areno-bismutoverbindungen  dargestellt.  Erstere  haben  Heilwirkungen  auf 
mit  Trypanosomen  infizierte  Tiere.  Den  günstigsten  Effekt  hat  3-Amino-4- 
oxy-arseno-4'-acetamino-stibinobenzol-clilorhydrat.  Die  Arsenostibinoverbln- 
dungen  sind  recht  stabile  Substanzen.  Die  Arenobismutoverbindimgen  sind 
schon  recht  instabil. 

So  wirksam  wie  kolloidales  Antimon  sind  bei  Hühnerspirillose  m^-m^-Di- 
amino-p-oxyarsenostibiobenzol  und  m*-mj-Diamino-p-oxy-pi-chlorarsenostibio- 
be  nzoldichlorhydrat . 

Margol  ist  Antimonylsilberbromidarsenobenzol,  es  soll  nach  Danysz 
und  Raspaili)  wie  Salvarsan  wirken. 

Man  gelangt  zu  gemischten  Arsenostibinoverbindungen  der  Formel  X'  •  As  =  Sb  •  X° , 
wenn  man  aromatische  Arsine  mit  Antimonverbindungen  der  allgemeinen  Formel:  (Halo- 
gen)jSbX  (wobei  X  =  anorganischer  oder  organischer  Kest)  umsetzt. 

Beschrieben  ist  z.  B.  das  Kondensationsprodukt  aus  3-Amino-4-oxyphenylarsin  imd 
Antimontrichlorid,   ferner   avis   3-Amino-4-oxyphenylarsin   imd  Phenylstibindichlorid 

I 
NHj  •  HCl 

lerner  aus  p-Acetaminophenylarsin  und  Antimontribromid 

CH3  ■  CO  •  NH-m(^]]>-As  =  SbBr     =) 

An  Stelle  von  Halogenantimonverbindungen  kann  man  Antimonsauerstoffverbin- 
dungen verwenden,  wie  Brechweinstein,  Antimonylchlorid,  Phenylstibinoxyd^). 

In  gleicher  Weise  kann  man  Arsen-Wismutverbindungen  herstellen,  wenn  man  statt 
Antimontrichlorid,  Wismuttrichlorid,  Wismuttribromid,  Wismuttrijodid  usw.  verwendet*). 

Zur  Darstellung  asymmetrischer  Arsenoverbindungen  kann  man,  wenn  man  zu  Arsen- 
Antimonverbindungen  gelangen  will,  an  Stelle  einer  Arsinsäure  oder  eines  Arsenoxyds  eine 
Antimonverbindimg  im  Gemenge  mit  einer  organischen  Arsinsäure  oder  einem  Arsenoxyd 
mit  Reduktionsmitteln  behandeln^). 

Durch  Einwirkung  von  Phosphor-,  Arsen-,  Antimon-,  Selen-,  Tellurwasserstoff  auf 
aromatische  Arsendichloride  kann  man  zu  Verbindungen  gelangen,  welche  neben  Arsen 
noch  das  der  betreffenden  Wasserstoffverbindung  zugrunde  liegende  Element  enthalten 
und  die  als  gemischte  Arsen-Phosphor-,  Arsen-Arsen-,  Arsen-Antimonverbindmigen  usw. 
zu  betrachten  sind.  Als  Arsendieliloride  können  z.  B.  Phenylarsendichlorid  C5H5  •  AsClj 
sowie  alle  seine  Derivate,  wie  Amino-,  Oxy-,  Nitrosubstitutionsprodukte  usw.  verwendet 
werden.  Besclmeben  sind  Verbindungen,  welche  Arsen-Phosphor,  Arsen-Arsen,  Arsen- 
Antimon,  Arsen-Selen,  Arsen-Tellur  enthalten*). 

Statt  auf  die  Arsendichloride  kann  man  auf  Arsenoxyde  die  Wasserstoffverbindungen 
einwirken  lassen'). 

In  Verbindungen  mit  dreiwertigen  Arsen  läßt  sich  Quecksilber  mittels 
Quecksilberacetat  nicht  einführen.  Es  tritt  alsbald  Osj'dation  unter  Abschei- 
dung von  metalhschem  Quecksilber  ein.  Hingegen  kann  man  Quecksilber  leicht 
in  Verbindungen  mit  fünf  wertigen  Arsen  einführen.  Diese  Verbindungen  sind 
in  alkahscher  Lösimg  verhältnismcäßig  beständig,  nur  bei  Vorhandensein  von 
Aminogruppen  wird  metallisches  Quecksilber  abgespalten.  Die  Einführung  des 
Arsens  scheint  ohne  Einfluß  auf  die  Giftwirkimg  zu  sein,  die  wesentUch  auf 
dem  Quecksilbergehalt  beruht.  Auch  die  Heilwirkung  bei  experimentellen  Try- 
panosomeninfektionen  und  die  keimtötende  Wirkung  in  vitro  ist  nicht  größer 
als  bei  den  arsenfreien  Verbindungen.  Nach  dieser  Richtung  wurden  3-Xitro- 
arsanilsäurequecksilberacetat,       3.5-Dinitro-4-oxyphenylarsinsäurequecksilber- 

1)  Münchener  med.  Wochenschr.  62,  132,863  (1916).  2)  Höchst,  DRP.  269  743. 

ä)  DRP.  269  744,  Zusatz  zu  DRP.  269  743. 

»)  DRP.  269  745,  Zusatz  zu  DRP.  269  743. 

5)  DRP.  270  255,  Zusatz  zu  DRP.  251  104. 

«)  Höchst,  DRP.  269  699.  ')  DRP.  269  700,  Zusatz  zu  DRP.  269  699. 


734  Antiseptica  und  Adstringentia. 

acetat,  3-Amino-4-oxyphenylarsinsäurequecksilberacetat,  3.5-Diammo-4-oxy- 
phenylarsiiisäurequecksilberacetat,  4-Carboxyphenylarsinsäure-(p-Benzarsin- 
sävire-)  quecksilberacetat,  Diacetyl-3.5-diamino-4-oxyphenylarsinsäurequeck- 
silberacetat,  3-Bromarsanilsäurequecksilberacetat,  3-Bromoxalylarsanilsäure- 
quecksilberacetat  i) . 

Gold,  Titan,  Kupfer. 

Robert  Koch  hat  auf  die  selir  starke  Wirkung  der  Goldcyanverbindungen 
auf  Tuberkelbacillen  hingewiesen,  welche  noch  in  einer  Verdünnung  von 
1 :  2  000  000  entwicklungshemmend  wirken.  —  Aber  im  Tierversuch  haben 
sich  diese  Verbindungen  nicht  bewährt,  ebensowenig  wie  das  von  Behring 
untersuchte  Kahumgoldcyanid,  das  in  einer  Verdünnung  von  1 :  1  000  000  Milz- 
brandbaciUen  tötet.  Bei  Anwesenheit  von  Bhitserum  aber  wird  durch  Globuline 
desselben  die  Desinfektionskraft  stark  gehemmt. 

Brück  und  Glück  haben  diese  Gold  Verbindung  bei  Tuberkulose  am 
Menschen  versucht  mid  konnten  den  Krankheitsj)rozeß  beeinflussen. 

Von  Karl  H.  Schmitz  wurden  gegen  Infektionskrankheiten,  besonders  Tuberkulose, 
Hexaraethvlentetramingoldeyanhalogene  empfohlen,  z.  B.  CgHjjN^CHj  •  Au(CN)2Cl2  und 
CeHjjN.CH,  •  Au{CN)2Br2 . 

Ebenso  empfahl  er  Cu-  und  Hg- Verbindungen  des  Typus  CuBjX^  ,  CujBX,  ,  HgBajX^  , 
AuBXj  ,  AuBXj  ,  worin  X  einen  einwertigen  Säurerest  (Cl  ,  Br  ,  J  ,  CN  ,  CNS)  und  B  den 
einwertigen  N-Alkylhexamethylentetraminrest  bedeutet.  Die  Queeksilbersalze  sollen  als 
Antiluetica  Verwendung  finden,  die  Gold-  und  Kupfersalze  gegen  Tuberkulose^). 

Außerdem  wurden  noch  für  den  gleichen  Zweck  Goldsalze  der  Typen,  z.  B.  C8HJ2N4 

•  C^Hj  •  AUCI4  ,    CeHijN^CHjAuBr^  ,    CeHijNjCHsJ  ■  2  J2  •  CeHijN^CHaAuJj  ,    CeHioNjCHj 

•  Aujj  empfolilen^). 

C.  Lewin  verwendete  kolloidales  Gold  und  Goldsalze  und  sah  bei  Mäuse- 
carcinom  Heilwirkimg. 

Es  handelt  sich  bei  der  Goldwirkung  um  eine  Giftwirkung  auf  die  Capillaren. 

Nach  I.  Schuhmacherist  die  bei  Verwendung  von  Goldcyan  beobachtete*) 
therapeutische  Wirkung  nicht  dem  Goldcyan  als  solchem,  sondern  wahrschein- 
lich dem  kolloidalen  Golde  zuzuschreiben,  das  im  Körper  durch  Zersetzung  des 
Goldcyans  entsteht.  Für  diese  Annahme  spricht,  daß  Goldcyan  überhaupt 
keine  desinfizierenden  Eigenschaften  besitzt  iind  daß  es  im  Körper  sehr  rasch 
zu  Gold-Eiweißverbindungen  aufgespalten  wird,  die  ihrerseits  spontan  kolloi- 
dales Gold  abspalten®). 

Aurocantan  i.st  ein  Cantharidin,  das  durch  Verkettung  mit  Äthylen- 
diamin  600  mal  entgiftet  ist,  in  Verbindung  mit  Auricyanid.  Es  ist  Mono- 
cantharidyläthylendiaminaurocyanid.  Bei  Tuberkulose  wirkt  es  nicht.  Es  ist 
nur  ein  Capillargift^). 

Goldcyanverbindungen  sind  angeblich  starke  Antiseptica.  Man  kann  ihre  Wirkung 
steigern,  wenn  die  labilen  Goldcyanverbindungen  vor  der  sofortigen  Reduktion  diu-ch 
Bildung  von  salzartigen   Doppelverbindungen  mit  organischen   Basen  geschützt  werden. 

Solche  Doppelverbindungen  von  Goldcyanid  mit  Cantharidäthylendiamin  erhält 
man  durch  Einwirkung  von  Goldsalzen,  wie  Goldchlorid,  Goldcyanid,  Goldrhodanid  auf 
das  Kondensationsprodukt  aus  Cantharidin  und  Athylendiamin.  Empfohlen  wird  die 
Verwendung  von  l-Phenyl-2.3-dimethyl-4-amino-5-pyrazolon  und  dessen  4-N-Alkylderi- 
vaten.  Zur  Darstellung  setzt  man  die  betreffenden  Basen  oder  deren  Salze  mit  Gold- 
cyanwasserstoffsäure   um.     Außer   dieser   Verbindung   ist   noch   das   Piperazinaurocyanid 


')  G.  W.  Kaiziss,  J.  A.  Kolmer,  J.  L.  Gavron,  Joum.  of  Biolog.  Qiem.  40,  533. 

»)  DRP.  284  234.  3)  DRP.  284  260. 

*)  Höchst,  DRP.  269  661.  ^)  Dermatol.  Zeitschr.  22,   10  (1915). 

•)  R.  Geinitz  und  H.  TJnger-Laissle,  Deutsche  med.  Wochenschr.  43,  526  (1917). 


Gold,  Titan,  Kupfer.  735 

CjHjoNj  •  2  HCN  •  AuCN  und  Cholinaurocyanid  beschrieben.  Statt  Goldcyanwasserstoff- 
säure  kann  man  Goldalkalithiosulfat  für  diese  Doppelverbindungen  verwenden*). 

Doppelverbindungen  aus  den  Salzen  der  Hexamethylentetraminalkylhj'droxyde  und 
Salzen  von  Schwermetallen  erhält  man,  wenn  man  halogen-,  rhodan-  oder  cyanwasserstoff- 
saure  Salze  von  Kupfer,  Quecksilber  und  Gold  oder  die  Alkalidoppelverbindungen  dieser 
Metalle  mit  den  genannten  Säuren  auf  Salze  der  Hexamethylentetraminalkylhydroxyde 
einwirken  läßt.  Beschrieben  sind  Cu(CNS),  •  2  CeHijN,  ■  CH3CNS;  CusQ,  •  CjEuN^  •  CH3CI 
•  H.,0;  Cu.Brj  •  CeHi^N^CHsBr  •  H^O;  CuClj  •  2  CeHijNjCHjCl ;  Hg(CNS")2  •  2  CaHi^NjCHj- 
CNS;  Hgjj  •  2  CeHiaNjCHjJ;  AuCNS  •  CeHjjN^  •  CH3CNS  usf.  Die  Quecksilberdoppelsalze 
der  Hexamethylentetraminalkyllij'droxyde  sollen  als  Antiluetica  Verwendung  finden, 
während  die  komplexen  Gold-  und  Kupferverbindungen  für  die  Bekämpfung  der  Tuber- 
kulose geeignet  erscheinen  2). 

Auf  die  wässerigen  Lösvmgen  von  Hexamethylentetraminalkylhalogeniden  läßt  man 
Goldcldoridlösungen  oder  auf  die  wässerige  Lösung  von  Alkalisalzen  der  Goldhalogen- 
wasserstoffsäuren Hexamethylentetraminalkylhalogenide  einwirken.  Zwecks  Darstellung 
von  Goldjodürdoppelverbindungen  der  Hexamethylentetraminalkyljodide  der  allgemeinen 
Formel  CgHj,N4  •  Alkyl  •  AuJ^  werden  die  durch  Einwirkvmg  von  Goldchloridlösung  oder 
von  Alkalisalzen  der  Goldjodwasserstoffsäure  auf  Hexamethylentetraminalkyljodide  in 
wässeriger  Lösung  erhaltenen  PerJodide  mit  wässerigen  Lösungen  von  Jodsalzen  erwärmt'). 

Krysolgan  ist  das  Natriumsalz  einer  komplexen  4-Amino-2-aurophenol- 
1 -carbonsäure,  welche  50%  Gold  enthält.  Es  hemmt  iii  einer  Verdünnung 
von  1 :  1  Million  im  Kulturversuch  komplett  die  Entwicklung  des  Tuberkel- 
baciUus. 

Salvarsankupfer  ist  eine  komplexe  MetaUverbindimg,  an  der  das  Kupfer 
der  Arsengruppe  angelagert  ist.  —  Das  Präparat  soll  bei  Frambösie,  Malaria, 
Amöbendysenterie  mid  Lepra  Verwendung  finden. 

Kupfersalvarsan  hat  sich  nach  den  Angaben  von  Johann  Fabry  und 
Johanna  Selig*)  bei  allen  Stadien  der  Syphihs  gut  bewährt. 

3.3'-Diamino-4.4'-dioxyarsenobenzol  gibt  mit  Metallsalzen  komplexe  Ver- 
bindungen, deren  therapeutische  Wirkung  dem  Salvarsan  gegenüber  in  manchen 
Fällen  verstärkt  ist.  Besonders  das  Kupfersalz  mit  einem  Mol.  Kupferchlorid 
hat  sich  als  sehr  stark  bactericid  und  trypanocid  erwiesen. 

Pick  versucht  Titan  bei  Tuberkulose. 

Neuberg,  Kaspari  und  Lohe  versuchten  die  Autolyse  der  Krebszellen 
durch  Metalle  anzuregen  und  verwendeten  kolloidale  imd  komplexe  organische 
MetaUverbindungen.  Diese  erzeugen  eine  komplette  Autolyse,  die  kleinste 
Dosis  Metall  ist  notwendig,  wenn  man  Platin,  Palladium  oder  Rhodium  ver- 
wendet. Werner  versuchte  Chohn  selbst  sowie  seine  Salze.  —  Werner 
nimmt  an,  daß  die  kolloidalen  Metalle  spezifisch  wirken,  daß  sie  aber  die 
Aktivität  des  Cholins,  wenn  man  beide  zusammen  verwendet,  erhöhen. 

Die  Elberfelder  Farbwerke  bringen  eine  Verbindung  von  Lecithin  und 
Kupferchlorid  in  den  Handel,  welche  bei  Hautkrebsen  angewendet  werden 
soll.  —  Ebenso  wird  eine  Verbindung  von  zinnsaurem  Kupfer  mit  Lecithin 
unter  dem  Namen  Lecutyl  für  äußere  und  innere  Anwendung  hergestellt, 
und  zwar  für  Tuberkulose-  und  Carcinombehandlung. 

Fette  komplexe  Kupferverbindungen  des  Lecithins  und  anderer  Aminophosphatide, 
wie  Jecorin,  Cuorin,  Kephalin,  erhält  man,  wenn  man  die  Kupfersalze  unmittelbar  auf 
verdünntes  Lecithin  usw.  oder  konzentrierte  Lösungen  der  beiden  Komponenten  auf- 
einander einwirken  läßt,  bis  die  angewendeten  Kupferverbindungen  verschwunden  sind^). 

Für  Carcinombehandlung  wurde  auch  kolloidales  Kupferoxydhydrat 
(Cuprase)  empfohlen. 


1)  Höchst,  DBP.  276  134.  ^)  DRP.  276  135,  Zusatz  zu  DRP.  276  314. 

3)  Schmitz,  DRP.  284  259.  ■■)  Heyden,  DRP.  255  030. 

S)  Linden -Meissen- Strauß,  DRP.  287  305. 


736  Antiseptica  und  Adstringentia. 

Viele  Forscher  untersuchten  die  Wirkung  des  kolloidalen  Kupfers  femer 
des  kolloidalen  Bleioxydhydrates,  iind  Izar  verwendete  kolloidalen  Schwefel 
luid  sah  eine  starke  Einwirkung  auf  Rattensarkome.  —  Auch  das  Adrenalin 
wurde  verwendet  und  nekrotisierte  ebenso  wie  seine  Isomeren  maligne  Ge- 
schwülste. 

Sykow  und  Nenjukow  haben  oxydierende  Stoffe,  imd  zwar  Kupfer- 
sulfat und  arsenigsaures  Kali  lokal  bei  Hautcarcinomen  verwendet  ^). 

Kaspari  hat  auf  Grund  der  Tierexperimente  mit  Carl  Neuberg  und 
Lohe  aus  den  geprüften  Substanzen  die  folgenden  drei  für  die  Behandlung  des 
Menschen  herausgegriffen :  d-Alaninsilber,  d-Alaninkujofer,  Chloropentamin- 
kobaltichlorid  (CO(NH3)5Cl)Cl2  .  Sie  fanden  bei  Menschen  eine  Einwirkung 
auf  Tumoren,  aber  alsbald  werden  die  Tumoren  gegen  das  Metall  fest,  aber 
ein  zweites  und  drittes  Metall  wirkt  auf  den  Tumor  noch  eine  Zeitlang  ein, 
bis  der  Tumor  auch  für  dieses  Metall  fest  wird.  Zu  ähnlichem  Ergebnis  ist 
Leo  Lob  gekommen,  welcher  kolloidales  Kvipfer  verwendet  hat.  Es  ist  sehr 
wahrscheinlich,  daß  Radium,  Röntgenstrahlen  und  die  kolloidalen  Metalle 
das  Gemeinsame  bei  der  Kjebsbehandlimg  haben,  daß  die  autolj'tischen  Fer- 
mente in  ihrer  Wirksamkeit  gesteigert  werden  und  es  ist  nach  der  Untersuchung 
verschiedener  Forscher,  wir  nennen  C.  Neuberg  und  F.  Blumenthal,  als  er- 
wiesen anzusehen,  daß  der  Reichtum  an  autolytischen  Fermenten  ein  wesent- 
hches  Merkmal  der  Tumoren  ist^). 

A.  Koger^)  hat  bei  Tuberkulose  Kupfer-Kahumcyanid,  Cyanocuprol 
genamit,  angewendet.  A.  Ch.  Hollande  und  J.  Gate*)  haben  bei  Meerschwein- 
chen keinen  Einfluß  auf  den  Ablauf  der  Erkrankung  gesehen,  höchstens  eine 
Neigung  ziu-  bindegewebigen  Abkapselung.  Cuprocyan  ist  ein  leichtlösUehes 
Kaliumcuprocyanid,  welches  bei  Tuberkulosebehandlung  empfohlen  wurde®). 

Entgegen  den  Angaben  von  v o  n  L i  n d e  n  über  die  spezifische  Beeinflussung 
der  Tuberkelbacillen  diu'ch  Kupfersalze,  welche  entwicklungshemmend  auf 
das  Wachstum  des  Tuberkelbacillus  wirken  sollen,  gibt  Adolf  Feldt  an, 
daß  das  einfache  Kupferkation  auf  den  Tuberkelbacillus  nur  in  eiweißfreien 
Nährböden  wirkt.  Kupfer  ist  für  das  Tier  giftiger  als  für  den  Tuberkelbaciüus 
und  zwar  50  mal  so  giftig.  Intensiver  als  durch  Kupfer  wird  er  durch  arsenige 
Säure,  Salvarsan,  Thjnnol,  Pyrogallol,  Platin,  Silber,  Quecksilbersalze  und 
besonders  durch  das  einwertige  Goldcyan  geschädigt^). 

Robert  Uhl  untersuchte,  welche  Rolle  den  physikalischen  Eigenschaften 
bei  der  trypanociden  Wirkung  zukommen  und  ob  nicht  Metalle,  welche  bi.sher 
nicht  als  trypanocid  erkannt  wurden  in  lipoidlöslichen  Verbindungen  eine 
trypanocide  Wirkung  entfalten.  Es  ^v^u■den  untersucht  Kupferschwefelpepton, 
Kupferacetessigester,  komplexes  Kupfersalz  von  o-Oxy-N-nitrosophenyl- 
hydroxylamin,  Bleitriäthyl,  Zinndiäthyldichlorid,  zinnsaures  Natron,  wolfram- 
saures Natron.  Keine  der  geprüften  Verbindungen  hat  bei  Mäusen  die  Ent- 
wicklung der  Nagana-Trj'panosomen  zu  beeinflussen  vermocht'). 

Polymethylenbisiminosäuren  kann  man  erhalten,  wenn  man  PoljTnetliylendiamine 
oder  ihre  Homologen  auf  Cyanide  und  Aldehyde  bzw.  Ketone  einwirken  läßt.  Es  bilden 
sich  dabei  die  Dinitrile  der  betreffenden  Säuren,  aus  denen  die  letzteren  durch  Verseifen 


^)  Arbeiten  aus  dem  Morosowschen  Institut  für  ICrebsforsehimg  in  Moskau. 
")  B.  Kaspari,  Zeitschrift  fiir  Krebsforschung   14,   236  (1914). 
3)  Journ.   of  experim.   med.    1916,  August.  *)  C.  r.  b.  83,   178  (1720). 

^)  Cesare  Serono,  Rassegna  Clin.  Terap.  e  Scienze  äff.   19,   120  (1920). 
•)  Münchener  med.   Wochenschr.   61,   1455—1436,   30.  VI.  1914. 

')  Archives  Internationales  de  Pharmacodynamie  et  de  Therapie  Vol.  XXIII,  Fase. 
1—2,  S.  73  (1913). 


Aluminium.  737 

in  üblicher  Weise  gewonnen  werden.  Diese  neuen  Säuren  geben  Salze,  z.  B.  das  Kupfer- 
salz, welche  bei  Infektionslu-ankheiten,  insbesondere  bei  Tuberkulose,  verwendet  werden 
sollen.  So  erhält  man  aus  Tetramethylendiamin,  Cyankaliiun  und  Formaldehyd  das  Nitril 
der  Tetramethylenbisiminosäure.  Verseift  man  es  mit  Barythydrat,  so  erhält  man  Tetra- 
methylenbisiminoessigsäure.  Analog  stellt  man  /i-Methyltetramethylenbisiminoessigsäiu:e 
sowie  das  Kupfer-  und  Zinksalz  her.    Ferner  Tetramethj'lenbis-a-iminoisobuttersäure  ^). 

Neutrales  Kupfersaccharat  erhält  man,  wenn  man  Kupferhydroxyd  in  alkalischen 
Lösungen  von  Biosen  auflöst,  die  Lösung  mit  einer  organischen  Säure  neutralisiert,  zur 
Trockne  verdampft  und  das  Kupferoxydsaceharat  mit  einem  organischen  Solvens  von  den 
beigemischten  organischen  Alkalisalzen  trennt.    Es  lassen  sich  nur  Biosen  verwenden^). 

Aluminium. 

Die  lange  bekannten  adstringierenden  Eigenschaften  der  Aluminiumsalze 
haben,  trotzdem  keine  nachteiUgen  Folgen  und  auch  keine  Unzukömmlichkeiten 
bei  Verwendung  der  üblichen  Salze  zu  bemerken  waren,  doch  Veranlassung 
zur  Darstell mig  neuer  adstrmgierender  Aluminiumsalze  gegeben.  Von  allen 
diesen  Verbindungen  kann  man  folgendes  aussagen:  Ein  therapeutisches  Be- 
dürfnis nach  deren  Darstellung  bestand  und  besteht  nicht.  Neue  Eigenschaften 
besitzen  sie  nicht,  da  in  allen  Salzen  Aluminium  gleichmäßig  als  Base  auftritt 
und  die  verschiedenen  Säiu-en  an  der  Grund  Wirkung  nichts  ändern.  Das  ge- 
wöhnhch  in  der  Praxis  ^verwendete  Aluminiumacetat  reicht  für  die  gewöhn- 
Hchen  Zwecke  völlig  aus. 

Alformin  ist  eine  IGproz.  Lösung  von  ameisensaurem  Aluminium 
Al2(OH)2(HCOO)4  .  Der  Versuch  Martensons  als  Konkxurenten  Aluminium 
boroforraicicum  einzuführen,  welches  durch  Auflösen  von  Tonerdehydrat  in 
Borsäure  und  Ameisensäure  entsteht,  ist  gescheitert.  Auch  die  Versuche, 
geruchlose  Doppelverbmdungen  des  Aluminiums  in  die  Praxis  einzuführen 
(essigsaures  Aluminium  riecht  schwach  nach  Essigsäure),  sind  fehlgeschlagen, 
da  gar  kein  Bedüi'fnis  nach  solchen  Präparaten  vorhanden  und  sie  nichts  Neues 
leisten.  So  wurde  Boral,  eine  Doppelverbindung  von  Aluminium  mit  Borsäure 
und  Weinsäure  dargestellt,  die  leicht  löslich  und  von  leicht  säuerhchem  Gte- 
schmack  ist.  Unter  dem  Namen  Cutol  war  kurze  Zeit  eine  Doppel  Verbindung 
des  Aluminiums  mit  Borsäiu-e  und  Gerbsäure  üi  die  Therapie  eüigeführt.  Sie 
War  unlöslich,  von  adstringierendem  Geschmack  und  sollte  die  schwach  anti- 
septischen Wirkungen  der  Borsäure  mit  den  adstringierenden  der  Gerbsäure 
und  der  Tonerde  vereinigen.  Cutol  geht  mit  Weinsäure  eine  wasserlöshche 
Verbindung  ein  (Cutolum  solubile).  Tamial  heißt  ein  wasserlösliches  Doppelsalz 
von  Aluminium,  Gerbsäure  und  Weinsäure.  Allen  diesen  Präparaten  kommt 
naturgemäß  keine  bakterientötende,  aber  die  allen  Aluminiumsalzen  eigen- 
tümliche adstringierende  Wirkmig  zu^). 

Multardn  ist  basisch  gerbsaures  Aluminium. 

Basisch  gerbsaures  Aluminium  erhält  man,  wenn  man  eine  Ätzalkaütannatlösung  mit 
einem  Aluminiumsalz  versetzt  und  Ätzalkali  in  solchen  JSIengen  zufügt,  daß  keine  Neu- 
tralisation eintritt.    Die  Verbindimg  ist  ein  graues  geruch-  vmd  geschmackloses  Pulver*). 

Auch  aromatische  Säiu-en  wurden  zweckloserweise  mit  Aluminium  kom- 
biniert. So  smd  die  Salumme  lösHche  und  unlösliche  Verbindmigen  der  Sahcyl- 
säure  mit  Tonerde^).  Sozal  wiu-de  p-phenolsulfosaures  Aluminium  benannt. 
Es  sollte  antiseptische  Wirkungen  auslösen  und  vor  der  essigsa\u:en  Tonerde 
den  Vorzug  der  Unzersetzlichkeit  besitzen^).    Ähuhch  sollte  AlumnoF),  naph- 

1)  Bayer,  DRP.  272  290.  ")  Landau  mid   östreicher,  DRP.  283  414. 

3)  Koppel,  Ther.  Mon.   1895,  614.  *)  Schering,  Berlin  DRP  328341. 

*)  DRP.  78  903,  81  819.  —  Heymann,  Berliner  laryngol.  Ges.,  Sitzung  9.  VI.  1893. 
«)  Lüscher,  Diss.  Bern  (1892). 

')  DRP.  74  209.   —  Berliner  klüi.  Wochenschr.    1893,  Nr.  46. 
Fränkel,  Arzneimittel-Synthese.    5.  Aufl.  47 


738  Antiseptica  und  Adstringentia. 

tholsulfosaiires  Aluminium,  wirken,  aber  keines  dieser  Präparate  konnte  neben 
der  essigsauren  Tonerde  irgendeine,  wenn  auch  nur  temporäre  Bedeutung  er- 
langen. 

Alutan  ist  kolloidales  Aluminiumhydrox3'd  (Cloetta). 

Ormizet  ist  eine  Mischung  von  Aluminiumfonniat  mit  Alkalisultat,  da  das 
Formiat  für  sich  nicht  haltbar  ist  i). 

Moronal  ist  basisch  formaldehydschwefligsames  Aluminium^).  Es  ist 
steriHsierbar  und  haltbar  vmd  soU  die  Haut  nicht  macerieren,  es  ist  in  fester 
Ersatz  für  essigsaure  Tonerde. 

Glykolsaures  Aluminium  erhält  man  durch  Einwirkung  von  1  Mol.  AJiuniniiun- 
hydroxyd  auf  2  Mol.  Glykolsäure  als  einen  krystallinischen,  nicht  zerfließlichen,  wasser- 
löslichen Körper'). 

Kalle^)  besclireibt  ein  Verfahren  zur  Darstellung  fester  Aluminiumacetatverbindungen, 
die  in  Wasser  löslich  sind.  Man  läßt  auf  Aluminiumacetatlösung  Hesamethylentetramin 
mit  oder  ohne  Zusatz  von  die  Lösliohkeit  des  Aluminiumacetats  in  Wasser  erhöhenden 
Verbindungen,  wie  Glycerin,  Mannit,  Citronensäure,  Milchsäure  oder  Weinsäure  ohne 
besondere  Wärmezufuhr  einwirken  luid  dampft  zur  Trockne  ein. 

Acetoform  ist  essigcitronensaures  Aluminiunihexamethylentetramin. 

Mouneyron  und  Guje^)  mischen  eine  Aluminiumsulfatlösung  mit  Gelatine  und 
neutralisieren,  hierauf  wird  Gerbsäure  zugesetzt  und  die  Fällung  soll  als  Mittel  gegen 
Diu-clifall  Verwendung  finden. 

Mallebrein  ist  chlorsaures  Aluminium. 

Neotannyl  ist  Aluminiumacetotannat,  auch  Altannol  genannt. 
Noventerol  ist  eine  Aluminiumtannineiweißverbindnng  mit  50%  Gerbsäure 
und  40%  Tonerde. 


')  A.  Loewy,  Deutsche  mea.    VVoehenschr.   43,   1512  (1916). 

2)  O.  Harzbecker,  Allg.  med.   Zentralztg.   83,    197   (1916). 

3)  DRP.  245  490. 
*)  DRP.  272  516. 

')  Engl.  Fat.  104  609. 


Sechstes  Kapitel. 
Abführmittel. 

Die  Untersuchungen  von  Tschirch^)  haben  erwiesen,  daß  in  den  Abführ- 
mitteln im  engeren  Sinne,  in  Frangula,  Rheum,  Senna  und  Aloe  Derivate  der 
Oxymethylanthrachinone  Antlirachinon 

HÖH 


HÖH 

vorkommen,  welche,  •wie  auch  die  Oxymethylanthracliinone  selbst,  abführende 
Wirkungen  in  eigenartiger  Weise  auslösen,  indem  sie  die  Peristaltik  erregen  oder 
erhöhen.  In  Rheum,  Senna  und  Frangula  kommen  auch  Glykoside  vor,  die  erst 
bei  der  Hj-drolyse  Oxj^methylanthracliinone  abspalten;  so  ist  Chrysophan  (aus 
Rhabarber)  ein  glykosidisches  Oxymethylantliraehinon.  Im  Rhabarber  ent- 
hält die  Fraktion,  welche  die  Hauptwirkung  entfaltet,  nach  der  alkahschen 
Hydroh^se  Zimtsäure,  GaUussäiu-e,  Emodin  imd  Aloeemodin,  die  m  der  Droge 
als  Ester  vorzuhegen  scheinen^).  Sowohl  die  reinen  Oxymethylanthrachinone 
als  auch  deren  Glykoside  (Anthraglykoside)  bedingen  die  abführende  Wirkiuig 
dieser  Drogen.  Barbaloin  C2oHjg09  ist^)  ein  Glykosid,  das  aus  Aloeemodin 
CjjHjqOj  und  d-Arabinose  besteht.  Aus  Aloin  entsteht  Aloeemodin  und  ein 
Zucker*).  Isobarbaloin  ist  ein  Kuppelungsprodukt  emer  Aldopentose  mit 
Methyhsooxychrysazin. 

Auch  das  Colocjaithüi  (CitriUin,  der  Bitterstoff  der  Koloquinthe)  ist  ein 
drastisch  wirkendes  Abführmittel,  das  bei  der  Hydrolyse  in  GljJ^kose,  Colo- 
cjTithein,  Essigsäure  und  andere  flüchtige  Körper  zerfällt.  Bei  der  Betrachtung 
des  Barbaloins  im  Vergleiche  mit  seinen  Spaltungsprodukten  Emodin  und  dem 
Oxydationsprodukte  Alochrysin  sieht  man  Differenzen  in  der  Beeinflussung 
der  Darmperistaltik.  Am  energischsten  wirkt  Emodin,  dann  folgt  das  Oxy- 
dationsprodukt Alochrysin  und  in  letzterer  Linie  steht  die  Chrysophansäiu-e 
(Alethvldioxyanthracliinon) 

C„H3(CH3)(OH),0,  . 

Dem  Aloeemodin  liegt  /J-Methylanthracen  zugrunde.  Xach  den  Unter- 
suchungen von  0.  A.  Oesterle^)®)  kommen  dem  Aloeemodüi  (I),  der  Chry- 
sophansäure  (II),  dem  Rheüi  (III)  folgende  Formeln  zu : 

(I)    OHCOOH  (II)    HO    CO  OH  (IH)    OHCOOH 

33QCH..OH  Q3^H.  (yjyOOU 

CO  CO  CO 

1)  Schweizer  Wochensehr.  f.  Chemie  u.  Pharmazie  1898,  Nr.  23.  —  Ber.  d.  Deutschen 
pharm.  Ges.   1898,   174. 

2)  Frank  Tutin  imd  H.  W.  B.  Clever,  Journ.  aiem.  Soc.  London  99,  967  (1911). 
=  )  E.  L6ger,  C.  r.  1910,    150. 

*)  Oesterle  mid  Triat,  Schweizer  Wochensehr.  f.  Chem.  u.  Pharmazie  47,  717  (1910). 
=)  Arch.  d.   Pharm.   249,  445   (1911).  «)  Hesse,  Liebigs  Ann.   309,   32. 

47* 


740  Abführmittel. 

Der  Methylanthrachinoakern  ist  Bedingung  für  das  Zustandekommen  der 
ekkoprotischen  Wirkung;  die  Wirkung  auf  den  Darm  wird  von  der  Anzahl 
der  Hydroxyle  in  der  Weise  beeinflußt,  daß  mit  Zunahme  dieser  Gruppen 
die  Wirkung  sieh  verstärkt.  Nach  Tschirchs  AngPvben  ist  es  auch  wahr- 
scheinlich, daß  die  Stellung  der  Hydroxyle  am  Kern  von  Einfluß  auf  die 
Wirkung  ist.  Diese  komplizierten  Substanzen,  welche  nach  Tschirch  Träger 
der  ekkoprotikophoren  Gruppen  sind,  eröffnen  neue  Ausblicke  auf  synthetisch 
zu  gewinnende  Abführmittel,  die  frei  von  den  unangenehmen  Nebenwirkungen 
der  Mutterdrogen,   welche  Antlirachinonderivate  enthalten,  sein  sollen^). 

Alle  den  Anthracenkern  enthaltenden  Stoffe:  Barbaloin,  Aloeemodin, 
Aloechrysin,  Aloenigrin  und  Chrysophansäure  wirken  deutlich  purgierend,  Wo- 
gegen das  den  Anthracenkern  nicht  enthaltende  Nataloin  keine  purgierenden 
Effekte  zeigt.  Aloeemodin  imd  Aloechrysin  wirken  am  stärksten,  Aloenigrin 
schwächer,  Barbaloin  in  doppelt  so  großer  Dosis  als  Aloeemodin,  wahrschem- 
lich  erst  nach  BUdung  von  Aloeemodin^). 

Emodin  wirkt  sicher  abführend.  Oxyemodin  wirkt  in  etwas  höherer  Dosis 
wie  Emodin*). 

Weim  man  3 — 5  Teile  Persulfat  auf  1  Teil  Aloin  einwirken  läßt,  so  gelangt 
man  anscheinend  zu  einem  hydrierten  Methyltrioxyanthrachinonoxyd,  welches 
schwächer  abfülireud  wirkt  als  Aloin,  aber  keine  schäcUichen  Nebenwirkungen 
haben  soll. 

Man  erhält  so  Puraloin  I  CijHioOg  und  außerdem  das  hiervon  durch  die 
LösUchkeit  in  Alkohol  unterschiedene  Puraloin  II  C^glljaOe.  Sie  haben  beide 
eine  geUnde,  aber  unzuverlässige  Abführwirkung*). 

Jedenfalls  hat  die  Methylgruppe  keine  große  Bedeutimg,  da  sowohl  die 
methylierten,  als  auch  die  nichtmethyherten  Anthrachinonderivate  abführend 
wirken^). 

Brissemoret,  welcher  Resorufin,  Indophenol,  Oxydiphenoxazon,  Aurin, 
Rosolsäm'e  untersuchte,  sowie  Embehasäure,  behauptet,  daß  jede  Keton- 
chinonverbindung,  stamme  sie  nun  von  einer  Benzol-,  Naphthahn-  oder  An- 
thracenkern, abfühi-end  wirke.  Eine  Gesetzmäßigkeit  läßt  sich  aber  noch  nicht 
ableiten.  Es  scheint  die  Chinongruppe  bei  gleichzeitiger  Anwesenheit  von 
Hydroxyl  und  fetten  Seitenketten  in  Betracht  zu  kommen^). 

Brissemoret')  meint,  daß  die  abführende  Wirkung  der  vegetabihschen 
Abführmittel  durch  den  Diketoncharakter  der  betreffenden  Chinonkörper  be- 
dingt ist.  Aus  Versuchen  mit  Resorufin,  einem  Cliinonoxazin,  schließt  er,  daß 
auch  die  Monoketone  abführend  wirken. 

Nach  Mohr 8)  ist  das  Wirksame  in  den  OxjTnethylanthrachinonen  der 
Sauerstoff  m  Chinonbindung ;  es  wirkt  auch  das  einfache  Chinon,  aber  auch 
Resorufin   O  =  CsHj/^vCaHj  -OH»). 

Vieth  mitersuchte  synthetische  Oxyanthrachinone  und  fand  die  Wirk- 
samkeit am  stärksten  beim  Anthrapurpurin  (1.2.7-Trioxyanthrachinon).    Fla- 

I)  Tschirch  luid  Heuberger,  Arch.  d.  Pharmaz.  290,  630  (1902).  —  Siehe  auch 
AePP.  43,  275  (1899).  ^)  John  E.  Eßlemont,  AePP.  43,  274  (1899). 

3)  Eugen  Seel,  Arch.  d.  Pharm.  %51,  229  (1920). 

^)  Eugen  Seel,  Arch.  d.  Pharm.  257,  212  (1920). 

^)  Vieth,  Münchener  med.  Wochensehr.   1901,  Nr.  35. 

')  Brissemoret,  Contribut.  ä  l'ötude  des  purgatifs  organiques.  Paris,  Joamin  &  Co., 
1903.  —  Bull.  sc.  pharmacol.   1903,   17. 

')  C.  r.  s.  b.  55,  48.  »)  Arch.  d.  Pharm.   1900,   15. 

')  Pharm.  Journ.  1887,  601  und  1888,  305.  —  Siehe  auch  Conradi,  Ann.  di  ehim. 
e  farm.   1894,  C. 


Abführmitte  1 .  741 

vopurpiirin  (1.2.6-Trioxyanthrachinon)  ist  nur  halb  so  wirksam,  Aiithragallol 
(1.2.3-Dioxyanthrachinon)  ist  nur  Y3  so  ■wirksam.  Purpuroxanthin  (1.3-Dioxy- 
anthrachinon)  ist  sechsmal  schwächer  wirksam.  Purpurin  (1.2.4-Trioxyan- 
thrachinon)  hat  nur  ein  Zwanzigstel  der  Wirksamkeit  und  Alizarinbordeaux 
(1.2.3.4-Tetraoxyantlirachinon)  hat  nur  ein  Zehntel  der  Wirksamkeit  des  Anthra- 
pm-purins.  Die  Wirkung  scheint  also  sehr  mit  der  Stellung  des  Sauerstoffes  zu 
schwanken,  doch  hängt  sie  ebenfalls  von  dem  langen  Aufenthalte  dieser  Sub- 
stanzen im  Darme  ab.  Denn  die  Acetylverbindungen  und  die  Glykoside,  welche 
nur  langsam  Osymethylanthrachinon  abspalten,  wirken  intensiver  als  die  zu- 
grunde liegende  Substanz. 

Während  Rufigallussäure  (Hexaoxyanthrachinon),  Acetylrufigallussäure- 
tetramethyläther  nach  Epstein  sich  als  unwirksam  er-wiesen,  konnte  Vieth 
zeigen,  daß  auch  Alizarin,  Alizarinblau,  Chinizarin  und  Methylchinizarin,  Nitro- 
purpiu-in  und  Cyanin  unwirksam  sind,  hingegen  ist  Diaeetylrufigallussäure- 
tetramethyläther  wirksam. 

Istizin  •nird  durch  Verschmelzen  von  1.8-Anthrachinondisulfonsäure  mit 
Kalk  dargestellt.   Istizin  ist  1.8-Dioxyanthrachinon,  es  \\irkt  als  Abführmittel. 

Embehasäure  ist  nach  Heffter  und  Feuerstein^) 

CO 
HO  •  C^C  ■  C,iH23 
CH3  •  dsjc  ■  OH 
CO 

ein  Dioxychinon.  Das  Ammonsalz  ist  geschmacklos  m:d  nach  Warden*)  ein 
Bandwurmmittel.    Es  wirkt  stark  antiseptisch. 

Die  Harzsäuren  erzeugen  in  größeren  Dosen  Durchfall  [Vieth^)]. 

Purgatin  ist  Anthrapurijurindiacetat,  ein  mildes  Laxans,  welches  aber  die 
Xieren  reizt*). 

Als  Abführmittel  wurden  femer  empfohlen  die  Acidylderivate  der  Rufi- 
gallussäurealkj'läther^),  so  Diacetylrufigallussäuretetramethyläther,  Diacet3'l- 
rufigallussäuretetraäthyläther,  Monobenzoylrufigallussäuretetramethyläther,  er- 
halten durch  Acylierung  von  Rufigallussäurealkj-läther.  Das  so  dargestellte 
Exodin,  angebhch  Diacetykufigallussäuretetramethyläther  ist  nach  Zernik*) 
ein  Gemenge  verschiedener  Äther,  von  denen  RufigaUussäurehexamethyläther 
ekkoprotisch  wirkt,  nicht  aber  Acetj-lrufigallussäurepentamethyläther  und 
DiacetylrufigaUussäm'etetramethyläther.    Exodin')   wirkt   mild  abführend. 

Von  synthetischen  Triosyanthrachinoneu  wurde  Aiithrapurpurin  (1.2.7- 
Trioxyanthrachinon)  als  Abführmittel  versucht,  imd  zwar  in  Form  des  Diace- 
tates,  welches  durch  gelindes  Acetyheren  entsteht.  Im  Magensaft  unlösHch, 
wird  es  vom  Darmsaft  allmählich  unter  Spaltung  aufgenommen*).  Es  wurde 
Purgatol  genamit.  Die  synthetischen  Di-  und  Trioxyanthrachinone  erzeugen 
als  solche  heftige  Kohken. 

Entgegen  den  Auschaumigen  Tschirchs  findet  Pio  Marfori  in  den 
verschiedenen  Drogen  verschiedene  Isomere  des  Dioxymethylanthrachinon 
(Chrysophansäure).  Die  aiis  Chrysarobin  dargestellte  Chrysophansäure  ist 
eine  ganz  unschädliche  Substanz,  sie  zeigt  nach  Marfori  gar  keine  iDurgative 

1)  Vgl.  Brissemoret,  C.  r.  s.  b.  55,  49  (9.  I.  1903).  *)  Privatmitteilung. 

^)  Verhandl.  d.   Deutschen  Xaturforscherv.   1905. 
^)  C.  R.  Marshall,  Scot.  Med.  and  Sure.  Journ.   1903. 
=)  Akt. -Ges.   Schering,  Berlin,  DBF.  151  724.  «)  Apoth.   Ztg.    19,  59S. 

')  Ebstein,  Deutsche  med.  Wochenschr.  1904,  12.  —  Stauder,  Tlierapie  der 
Gegenwart,  Juni  1904.  *)  DRP.  117  730. 


742  Abführmittel. 

Wirkung  und  ist  in  dieser  Beziehung  ihre  Gtegenwart  in  den  Drogen  ohne 
jede  Bedeutung.  Ein  Oxydationsiirodukt  aus  Chi-ysarobin  hingegen,  welches 
ein  Glemenge  verschiedener  Isomeren  zu  sem  scheint,  zeigte  eine  energisch 
pui-gative  Wirkung,  während  eine  solche  dem  Chrysarobin  CjgHagOj  selbst 
völlig  abgeht. 

Paderi^)  erklärt  die  Wirkung  der  Chrj'sophansäure  durch  Tonisierung 
der  glatten  Muskelfasern,  da  sie  wie  Strychnin,  aber  schwächer  -ndrkt;  der 
Effekt  beruht  auf  der  Gegenwart  der  Anthracengruppe,  nicht  aber  auf  Methj-1 
oder  Sauerstoff,  da  er  auch  dem  Anthracen,  Anthrachinon  und  Aüzarin  zu- 
kommt. 

Der  Gehalt  des  Aloins  an  Hj^droxylen  befähigt  diese  abführende  Substanz 
ziu:  Bildung  von  Verbindungen,  die  geschmacklos  und  nicht  so  leicht  (wegen 
seiner  Hydroxylgruppen)  zersetzlich  sind  wie  Aloin  selbst.  Wenn  man  Form- 
aldehyd  mit  einem  Molekül  Aloin  reagieren  läßt,  so  tritt  eine  Methylengruppe 
in  zwei  Hydroxyle  ein,  und  man  erhält  ein  Methylenderivat  des  Aloins,  welches 
die  gleiche  Wirkung  wie  die  Muttersubstanz  zeigt. 

Versetzt  man  eine  Lösung  von  Aloin  in  Wasser  mit  der  entsprechenden  Menge  40  proz. 
Fonnaldehyds,  so  daß  10  kg  Aloin  in  20  kg  Wasser  mit  10  kg  40  proz.  Formaldehyd  zu- 
sammengebracht werden  bei  Gegenwart  von  10  kg  konzentrierter  Schwefelsäure,  so  scheidet 
sich  das  Kondensationsprodukt  als  flockiger  und  harziger  Niederschlag  aus,  der  nach 
dem  Auswaschen  der  Schwefelsäure  pulverförmig  wird"). 

Hans  H.  Meyer  stellte  Tribromaloin  CjgHjgBrgO,  dar,  welches  \'iel 
schwächer  abführend  wirkt  als  Aloin  und  femer  Triacetylaloin  CigHi3(C2H30)3 
Ö7  +  V2H2O  welches  ebenso  stark  ekkoprotisch  wirkt,  wie  reines  Aloin  und  dabei 
ganz  geschmacklos  ist  und  gute  Haltbarkeit  zeigt. 

Diu-ch  Einwirkung  eines  Gemisches  von  Essigsäureanhydrid  und  Ameisensäure  auf 
Aloin  erhält  man  einen  gemischten  Essigsäureameisensäureester  des  Aloins,  Diform}"l- 
triacetylaloin  der  dieselbe  abführende  Wirkung  wie  Aloin  selbst  besitzt,  vor  diesem  aber 
den  Vorzug  hat,  daß  es  den  schlechten  Geschmack  nicht   mehr   zeigt  ^). 

Statt  der  Ameisensäure  oder  deren  Estern  kann  man  gemischte  Säurenanhydride 
aus  Ameisensäure  und  anderen  aliphatischen  Säuren  verwenden  oder  durch  Gemische 
aus  wasserfreier  Ameisensäiu'e  und  aliphatischen  Säureanhydriden  ersetzen*). 

Zimmer  &  Co.^)  führen  Aloin  in  Kohlensäureester  oder  in  substituierte  Kohlen- 
säure über,  üidem  sie  Phosgen  oder  Chlorameisensäureester  auf  die  Lösung  von  Aloin 
in  Pyridin  einwirken  lassen.  Man  bekommt  so  geschmacklo.se  Pulver  von  Aloinkolilen- 
säureester  resp.  Aloinäthylcarbonat.  Aus  Aloin  und  Harnstoffchlorid  erhält  man  Aloin- 
allophanat'). 

Diefenbach  und  Robert  Meyer  in  Bensheim  stellen  eine  alkalilösliche  Verbin- 
dung aus  Aloin  und  Ferriverbindimgen  her,  indem  sie  Aloin  bei  Gegenwart  von  wässeriger 
Ammoniak-  oder  Atzkalilösung  mit  Ferriverbindungen  behandeln  und  die  so  erhaltene 
Lösung  im  Vakuimi  eindampfen'). 

Resaldol  (Resorcinbenzoylcarbonsäureäthylester)  wirkt  auf  den  Dünn- 
darm.   Es  entsteht  eine  starke  Erschlaffung  des  Normaltonus  8). 

Der  wirksame  Bestandteil  des  eingetrockneten  Saftes  der  Früchte  von 
Echbalium  elaterium  ist  a-Elaterin.  Wenn  man  die  Elaterinsäm'e  oxydiert, 
erhält  man  ein  Diketon  C24H3PO5  und  bei  der  Zinkstaubdestillation  1.4-Dime- 
thylnaphthahn^). 

Ricinolsäure  wirkt  wie  Ricinusöl  abführend.  Die  dm'ch  Säuren  aus  ihr 
entstehende  Pseudoricinolsäure  ist  unwrksam,  ebenso  ihr  Ester,  während  die 

M  Arch.  d.  Farmacol.   1896,  I,  35.  ^)  E.  Merck,  DRP.  S6  449. 

=)  Bayer,  Elberfeld,  DRP.  233  326. 

*)  Bayer,  Elberfeld,  DRP.  233  323,  Zusatz  zu  DRP.  222  920. 

^)  DRP.  229  191.  6)  DRP    134  937  7)  p^p   2O8  961. 

*)  Richard  Henrichs,  Pflügers  Arch.   164,  303  (1916). 

ä)  Ch.  W.  Moore,  Journ.  Chem.  Soc.  London  91,   1797  (1910). 


Abführmittel.  743 

ohne  Säure  dargestellten  Ricinolsäureester  wirksam  sind.  Ricinolamid  ist  un- 
wirksam, während  die  aus  ihm  dargestellte  Ricinolsäure  wirksam  ist.  Die  ab- 
führende Wirkung  des  Ricinusölcs  kommt  der  Ricinolsäure  bzw.  solchen  Ver- 
bindungen derselben  zu,  welche  im  Darme  miter  Bildung  von  Ricinolsäure  zer- 
setzt werden.  So  ist  auch  ricinolsäure  Magnesia,  welche  den  Darm  unverändert 
durchwandert,  unwirksam. 

Die  stark  abführende  Wirkung  des  Crotonöles  hängt  mit  dem  migesättigten 
Charakter  dieser  Verbindung  zusammen,  denn  nach  der  Reduktion  ziu-  gesättig- 
ten Verbindung  entbehrt  sie  jedweder  Wirkung  (s.  S.  111). 

Der  Allophansäureester  des  Ricinusöls  ist  ein  geschmack-  und  geruchloses  Pulver; 
man  stellt  ihn  dar  nach  den  übUchen  Methoden,  Alkohole  in  die  Allophansäureester  über- 
zuführen^). 

Dieses  Verfahren  wird  in  der  Weise  abgeändert,  daß  man  zwecks  Herstellung  von 
Acidylderivaten  des  Ricinusöls  die  Hj'droxylgruppen  des  Ricinusöls  durch  Einwirkung 
von  zur  Esterifizierung  geeigneten  Derivaten  der  aromatischen  einbasischen  Säuren,  z.  B. 
deren  Chloriden  oder  Phenoläthern,  verestert,  statt  das  Ol  durch  Einwirkung  von  Ham- 
stoffchlorid  oder  auf  andere  Weise  in  den  Allophansäureester  zu  überfüliren.  —  Alle  diese 
Acidylderivate  des  Ricinusöls  haben  die  Eigenschaft,  frei  von  dem  unangenehmen  Ge- 
schmack und  Geruch  dieses  01s  zu  sein  und  dessen  häufig  Ekel  und  Brechen  erregende 
Wirkung  nicht  zu  besitzen. 

Es  werden  die  Säureester  einbasischer  aromatischen  Säuren  von  Ricinusöl  dargestellt, 
z.  B.  Benzoylricinusöl,  Anisylrictnusöl  vmd  Ricinusölsalicylat.  Letzteres  wird  durch  Er- 
hitzen von  Ricinusöl  mit  Salol,  die  beiden  ersteren  Verbindungen  mittels  Säure- 
chloriden dargestellt^). 

Unter  dem  Xamen  Purgen  (Laxin)  wrirde  Phenolphthalein  als  Abführmittel 
mit  großem  Erfolg  in  die  Therapie  eingeführt. 

Phenolphthalein  ist  ein  physiologisch  recht  indifferenter  Körper.  Selbst 
Dosen  von  5  g  machen  bei  interner  Verabreichung  bei  Tieren  keine  Symptome. 
Bei  Menschen  wirkt  1.5  g  abführend,  aber  ohne  Kolik.  Es  tritt  starke  Trans- 
sudation  auf  und  reichliche  wässerige  Entleerungen  folgen.  Schon  Dosen  von 
0.15  bis  0.20  g  Phenolphthalein  bewirken  Abführen.  Sonst  sind  kerne  Sjin- 
ptome  zu  beobachten  [Vamossy^)]. 

Phenolphthalein  geht  zu  85%  in  den  Kot  über,  nur  bei  großen  Dosen  findet 
man  es  im  Harn.  Verfüttert  man  Phenolphthaleindiisodichinon,  so  erscheint 
nur  selten  Phthalein  im  Harn.  Beim  Hunde  wird  ein  germger  Teil  als  gepaarte 
Glykuronsäure  augeschieden*). 

Schwachgefärbte  Alkalisalze  des  Phenolphthaleins  werden  hergestellt,  indem  man 
Phenolphthalein  mit  AJkalialkoholaten  oder  alkoholischen  Laugen  bei  Gegenwart  von 
Alkohol  oder  Benzol  verbindet,  die  Verbindung  auskrystallisieren  läßt  oder  mit  Äther  fällt^). 

Das  Calciumsalz  des  Plienolphthaleins  wird  durch  Behandlung  von  Phenolphthalein 
mit  Calciumalkoholat  gewonnen^). 

Das  Ausbleichen  alkalischer  Phenolphthaleinlösimgen  beruht  außer  auf 
Hydrolyse  des  zweibasischen  Phenolphthaleinsalzes  auf  einer  Hydratation  miter 
Bildmig  von  Alkahphenolphthalaten.  Das  rote  Salz  ist  das  zweibasiche,  das 
farblose  ist  das  Trikahumsalz  der  dreibasischen  Phenolphthalsäure.  Trikalium- 
phenolphthalat  OH 

>OK 


COOK     — 
wirkt  subcutan  bei  Hmiden  abführend. 

»)  Zimmer,  DRP.  211  197.  ')  DRP.  226  UI,  Zusatz  zu  DRP.  211  197. 

^)  Münchener  med.   Wochenschr.    1903,  Nr.  26. 

*)  C.  Fleig,  Journ.   pharm,   chim.   [6],  29,  55. 

5)  Bayer,  Elberfeld,  DRP.  223  968.  «)  DRP.  223  969,  Zusatz  zu  DRP.  223  968. 


744  Abführmittel. 

Die  schwachgefärbten  Alkalisalze  des  Phenolphthaleins  sind  nach  ihrer 
Darstellung  aus  Alkoholaten  und  da  sie  beim  Erhitzen  Alkohol  verHeren, 
kaum  als  einfache  Salze,  sondern  als  Äthylderivate  der  Formel 

OCjHs 

COOK   ^-^ 
anzusehen  ^). 

Abel  und  Rowntree^)  haben  gezeigt,  daß  die  Einführung  von  vier  C'hlor- 
atomen  in  das  Phenolphthaleinmolekül  die  Absorption,  Exkretion  mid  lasative 
Wirkung  des  Phthaleins  alteriert  und  eine  milde  anhaltende  Wirkxmg  erfolgt, 
wenn  man  es  hypodermatisch  gibt. 
Phenolphthaleinosim 

P  TT     p  ^C^K,  ■  OH 
V    *     i^CßH,    OH 
HON  =  C O 

hydrolysiert  im  Organismus  in  p-AmLuophenol  luid  p-Oxy-o-benzoylbenzoe- 
säure,  zeigt  weder  reizende  noch  laxative  Wirkung,  was  durch  den  Mangel  an 
chinoider  Struktur  zu  erklären  ist^). 

Knoll  &  Co.*)  stellen  aus  Phenolphthalein  mildwirkende  Abführmittel  her,  indem 
sie  dieses  nach  bekannten  Methoden  mit  verscliiedenartigen  Säm-en  in  die  Diester  über- 
führen. Dargestellt  wxu-den:  Phenolphthaleindiisovalerianat,  -dibutyrat,  -disalicylat  und 
-carbonat.  Im  Handel  ist  dieses  Präparat  unter  dem  Namen  Aperitol  und  besteht  aus 
einer  Mischung  gleicher  Teile  von  Isovaleryl-  und  Acetylphenolphthalein  ^). 

Statt  der  Halogenide  oder  Ester  der  Fettsäuren  kann  man  auch  die  freien  Säuren 
in  Gegenwart  eines  Kondensationsmittels  auf  Phenolphthalein  einwirken  lassen.  Be- 
schrieben ist  die  Darstellung  des  Plienolphthaleindizimtsäureesters'). 

Kurt  Ehrlich')  in  Berlm  steht  Carvacrolphthalein  m  der  Weise  her,  daß  er  Phthal- 
säureanhydrid  mit  Carvacrol  für  sich  oder  unter  Zusatz  von  Kondensationsmitteln  auf 
120°  erhitzt.  Dieses  soU  dem  Phenolphthalein  und  dem  Thymolphthaleiu  gegenüber  sich 
durch  Reizlosigkeit  auszeichnen. 

Jalapin  ist  nach  J.  Samelson  ein  Anhj'drid  der  zweibasi.schen  Jalapin- 
säure  C^jüggOg  .  Es  zerfällt  beim  Erwärmen  mit  verdümiten  Säuren  in  Jala- 
pinol  mid  Zucker.  Jalapinol  ist  ein  Aldehyd,  wahrscheinhch  ein  Tetrabutyr- 
aldehyd. 

In  der  Jalapin-Elateringruppe  sind  die  freien  Säuren  und  deren  Salze  vm- 
wirksam,  ihre  Anhydride  dagegen  wirksam. 

Convolvidin  und  Jalapin  wirken  hämolytisch  wie  Saponine  und  Agaricin. 
Subcutan  imd  mtravenös  gegeben  wirken  sie  nicht  abführend  und  nicht  hämo- 
lysierend.  Die  Abführwirkung  fehlt,  da  sie  den  direkten  Kontakt  der  Saponine 
mit  der  Darmschleimhaut  erfordert*). 

Das  Saponin  Movrin  gibt  bei  der  Hydrolyse  ein  Sapogenin  Movrasäure, 
welches  sich  in  krystalUsierbare  Movragensäure  und  amorphe  Movragenin- 
säure  zerlegen  läßt.  Movragensäure  vmd  rohe  Movrasäure  wirken  hämolytisch 
gleich  stark^). 

')  Joiu-n.   Amer.   Chem.   Soc.   33.   59   (1911). 
2)  Journ.   Pharm,  and  exper.  Ther.    I,   231   (1909). 

^)  M.  Dresbach,  Journ.   of  pharraacol.   and  exper.  Ther.   3,   161   (1912). 
»)  DRP.  212  892.  «j  pharm.  Ztg.  53,  582. 

«)  DRP.  216  799,  Zusatz  zu  DRP.  212  892.  ')  DRP.  225  893. 

')  G.Heinrich,  BZ.  88,   13  (1918.) 

')  L.Spiegel  xmd  Arthur  Meyer  (Kobert),  Ber.  d.  Deutsch.  Pharm.  Ges.  28, 
100  (1918). 


Abführmittel.  745 

J.  W.  Le  Hou  X  hat  bewiesen,  daß  das  Cholin  das  Hormon  für  die  normale 
Darmbewegung  ist^). 

PodophyUotoxin  C'jsHj^Oß  ist  der  identische  wirksame  Bestandteil  von 
Podophyllum  emod.  imd  Podophyllum  pelt.  Es  ist  eine  neutrale,  stark  ab- 
fülircnde,  darmreizeiide  Substanz.  Beim  Erhitzen  mit  Alkali  geht  es  in  Podo- 
2)hylLinsäure  Cj5Hig07  über.  Die  Säure  verliert  leicht  Wasser  und  gibt  Pikro- 
podophyUin,  welches  mit  PodophyUotoxin  isomer  ist.  Beim  Schmelzen  mit 
Alkalien  entsteht  Orcin  und  Essigsäure.  Die  Säure  imd  PikropodophyUin 
enthalten  zwei  Methoxylgruppen  und  kein  Hydro xyl.  Wahrscheinlich  ist 
Pikropodophylhn  das  Lacton  der  PodophyUsäure,  welche  die  Oxyearbonsäure 
der  DimethoxymethylphenyUiydro-^'-pyronsäurc  ist . 

Podophyllsäure  PikropodophyUin 

OH      COOH  O CO 

II  II 

CH  —  CH  CH  —  CH 

CO/  )o  CO/  )0  2) 

CSg  —  CH  OHg — CH 

I 

>OCH, 


CH3  CH3 

Das  aus  dem  wirksamen  PodophyUotoxin  bei  Behandlung  mit  Alkalien 
entstehende  isomere  PikropodophyUin  wirkt  wohl  subcutan  injiziert  irritierend, 
ist  aber  als  Purgans  ganz  unsicher.  Podophj'Uinsäure  wirkt  als  Natriumsalz 
nicht  purgierend^). 

Die  abführende  Wirkung  des  Schwefels  ist  wahrscheinUch  in  der  Weise 
zu  erklären,  daß  in  der  Darmschleimhaut  Schwefel  teilweise  zu  schwefeliger 
Säure  oxydiert  wird,  die  in  diesen  Mengen  reizend  auf  die  Darmschleimhaut 
einzuwirken  imstande  ist,  indem  sie  Hyperämie  sowie  erhöhte  Peristaltik  her- 
vorruft. Eine  Umwandhmg  des  Schwefels  in  Schwefelwasserstoff  findet  nicht 
statt*). 

Cotoin,  der  wirksame  Bestandteil  der  Cotorinde  ist  der  Monomethyläther 

OH 
des  2.4.6-Triox3-benzophenons,  CH3O  ■  <;^     y  ■  CO  •  <(^    y  ,  ein  Derivat  des  Phloro- 

OH 
glucins.  Cotoin  wirkt  in  der  Weise  gegen  Diarrhöen,  daß  es  eine  eigentüm- 
liche Wirkung  auf  die  Darmgefäße  äußert.  Diese  werden  erweitert  und  zur 
Resorption  angeregt^).  Doch  kommen  dem  Cotoin  keinerlei  adstringierende 
und  keine  besonderen  autiseptischen  Wirkungen  zu.  Subcutan  wirkt  selbst 
1  g  bei  Kaninchen  nicht  toxisch.  Es  wirkt  im  Darme  antifermentativ  und 
geht  in  den  Harn,  nicht  aber  in  die  Milch  über.  Cotoin  wird  zur  Hälfte  an 
Schwefelsäure,  zur  Hälfte  an  Glykuronsäure  gebunden  im  Harn  ausgeschieden. 

Vom  Cotoin  ausgehend,  welches  einen  scharfen  Geschmack  hat,  wird,  um 
diesen  dem  Präparate  zu  benehmen,  ein  Fortoin  genanntes,  Cotoinderivat 
durch  Einwirkung  von  Formaldehj-d  auf  Cotoin  dargestellt*).  Der  Köi-per  ist 
als   Methylendicotoin   CH2(Ci4Hij04)2  anzusehen.    Es   fehlt   ihm  der  scharfe 


1)  Pflügers  Arch.   US,  8  (1918). 

-)  Dunstan  und  Henry,  Proc.  Chem.  Soc.   I89J/I898.  Nr.  189. 

^)  Makenzie  und  Dixon,  Edinb.  med.  Journ.   1898,  Nov.,  S.  134. 

*)  Theodor  Frankl,  AePP.  65,  303  (1911). 

^)  Diese  Beobachtung  Albertonis  bestreitet  Mohr  (Privatmitteilung). 

«)  DRP.  104  362. 


746  Abführmittel. 

Geschmack  der  Muttersubstanz  und  er  soll  auch  angebhch  eine  kräftigere 
Wirkiuig  besitzen,  besonders  soll  die  bactericide  Kraft  eine  erhöhte  sein*), 
durch  die  Kuppelung  kommt  es  zu  einer  weiteren  Wirkungssteigerung. 

Man  kann  behufs  Herstellung  geschmackloser  Cotoinderivate  auch  so  verfahren, 
daß  man  in  Methylendicotoin  einen  Cotoinrest  durch  den  Rest  eines  ein-  oder  mehr- 
wertigen Phenols  ersetzt,  wodurch  zusammengesetzte  Körper  erhalten  werden,  welche 
als  Methylencotoinphenole  bezeiclmet  werden  können. 

Von  solchen  Derivaten  des  Cotoins  wairden  beispielsweise  dargestellt: 
Methylencotoinresorcin,  Methylencotoinhydrochinon,  Methylencotoinguajacol, 
Methylencotointannin,  Methylencotoin-/^-naphthol. 

Die  DarstelUmg  gescliieht  durch  Lösen  von  Cotoin  und  Phenol  in  Eisessig,  Zusatz 
von  Formaldehydlösung  imd  eines  Gemisches  von  konz.  Schwefelsäure  und  Eisessig.  Man 
kühlt  während  der  Reaktion  und  filtriert  den  Niederschlag  ab.  Die  gebildeten  Körper  sind 
in  Wasser  unlöslich,  in  Alkalien  löslich. 

Der  Zusammensetzimg  nach  müssen  diese  Körper  die  antiseptischen  Wir- 
kungen der  Phenole  mit  den  darmtonisierenden  des  Cotoins  vereinigen  2). 

Alizaringelb  A  ist  Trioxybenzophenon  mid  miterscheidet  sich  vom  Cotoin 
durch  das  Fehlen  der  Methylgruppe.  Alizaringelb  wird  wie  Cotoin  vollständig 
resorbiert  mid  teils  an  Schwefelsäure,  teils  an  Glykuronsäure  gebunden  im 
Harne  ausgeschieden. 

Paracotoin  wird  an  Schwefelsäure  und  Glykuronsäure  gebunden  im  Harne 
ausgeschieden  ^) . 

Paracotoin  ist  wahrscheinlich  ein  Phloroglucinderivat,  das  mit  dem  Phenyl- 
cumalin  der  echten  Cotorinde  verwandt  ist. 

Wahrscheinlich  C'^ — ^^ 

CHj^ O  p ^Q 

Die  Methj'lierung  macht  eine  Abschwächung  der  Wirksamkeit  gegenüber 
Diarrhöe.   Die  Verbindimg,  welche  die  Ketogruppe  zwischen  den  beiden  freien 
Hydroxylen  in  Orthostellung  hat,  hat  die  stärkste  Wirkung,  es  ist  Cotoin. 
Hydrocotoin  ist  2.4-Dimethyltrioxj'benzophenon 

OH 
CH30.Q.C0.<3 
OCH3 
Methylhydrocotoin  ist  2.4.6-Trimethyltrioxybenzophenon. 

Protocotoin  ist  ein  Hydrocotoin,  das  an  Stelle  der  Benzoylgruppe  eme 

OH 
Piperonylgruppe  besitzt :    CH3  ■  O  •  <^^  ■  CO  •  «(^^x 


OCH,  O — CH, 


OCH3 


Methylprotocotoin  CH,  ■  0<_;>  •  CO 

OCH3 

Nach  Impens  ist  die  von  Alberto  ni  beschriebene  aktive  Erweiterung  der 
Darmgefäße  nicht  der  tatsächliche  Mechanismus  der  antidiarrhoischen  Wirkung 
des  Cotoins.  Die  spezifische  Wirksamkeit  dieses  Körpers  liegt  vielmehr  in  der 
Herabsetzung  des  Tonus  und  der  Verminderung  der  Pendelbewegungen  der 
Darmrauskulatur,  die  er  verursacht. 


1)  Overlach,   Zentralbl.  f.  inn.  Med.  1900;   Nr.  10.   —  Neter,   Deutsche  med. 
Wochenschrift   1900.  Nr.  48. 

2)  DRP.  104  903. 

3)  A.  Jodibauer  und  S.  Kurz,  BZ.  74,  340  (1916). 


Abführmittel.  747 

P.  Karreri)  versuchte  durch  Umsatz  von  Phloroglucinmethyläther  mit 
Benzonitril  und  Salzsäure  Cotoin  zu  erhalten.  Er  erhielt  jedoch  das  isomere 
Isocotoin  _,„ 

O 

HO<3-C0^3 

I 
OH 

Resoldol  _„ 


OH 
CO 


Resorcinbenzoylcarbonsäureäthylester,  welches  ähnlich  wie  Cotoin  gebaut  ist, 
hat  eine  dem  Cotoin  analoge  Wirkung.   Es  ist  geschmacklos  und  reizlos-). 

Durch  Veresterung  der  o-Oxybenzoylbenzoesäuie,  wie  der  o-2.4-Dioxybenzoylbenzoe- 
säure  erhält  man  stopfende  Verbindungen. 

Beselu'ieben  sind:  2.4-Dioxybenzoyl-o-benzoesäureäthylester,  3.5-Dibrom-2.4-dioxy- 
benzoyl-o-benzoesäureäthylester,  2-Oxybenzoyl-o-benzoesäureäthylester,  2-Oxy-5-methyl- 
benzoyl-o-benzoesävu'eäthylester,  3-Oxy-4-niethylbenzoyl-o-benzoesäureäthylester,  2.4.6- 
Trioxybenzoyl-o-benzoesäureäthylester,  2.4-Dioxybenzoyl-o-benzoesäurepropylester^). 

Man  kann  zu  den  gleichen  Verbindungen  konunen,  wenn  man  in  den  entsprechenden 
Aminobenzojl-o-benzoesäureestern  die  Aminogruppe  durch  die  Hydroxylgruppe  ersetzt*). 

m-Phenylendiamin  ist  eiia  Antidiarrhoicum^).  Das  Chlorhydrat  desselben 
■RTirde  Lentin  benannt. 

Gewöhnlich  werden  in  der  Therapie  als  Appetit  erregende  Mittel  insbe- 
sonders  die  Bitterstoffe  verwendet,  sowohl  die  bitteren  Alkaloide,  wie  Chinin 
und  Strychnin,  als  auch  die  verschiedenartigen  bitteren  Glykoside  aus  Pflanzen. 

Die  intensiven  Riechstoffe  der  Früchte  und  Gewürze  (zumeist  Ester  und 
Terpene),  sowie  die  Bitterstoffe  und  ge-nisse  Alkaloide  bewirken  nach  J.  Pohl 
oft  in  kurzer  Zeit  ein  deutliches  Ansteigen  der  Zahl  weißer  Blutkörperchen  im 
zirkulierenden  Blut.  Die  Alkohole,  AlkaUsalze  sind  in  dieser  Richtung  gar 
nicht,  von  den  MetallverbLndmigen  salpetersaures  Wismut  und  Eisenoxj^d  nicht 
regelmäßig  ^^'irksam.  Sie  wirken  verdauungsbefördemd  und  appetitmachend, 
sie  sind  imstande,  disponibles  Nährmaterial  aus  den  Reservestoffbehältern  in 
den  Kreislauf  zu  bringen  und  in  dieser  Fördermig  des  cellulären  Xährstofftrans- 
ports  darf  wohl  nach  Pohls  Ansicht  die  so  lange  gesuchte  Ursache  der  allent- 
halben geübten  diätetischen  und  therapeutischen  Verwendung  dieser  Stoffe  ge- 
sucht werden^). 

Durch  Zufall  ist  man  auf  sjoithetischem  Wege  zu  einem  Appetit  reizenden 
Mittel  gelangt. 

C.  Paal  stellte  PhenyldihydrochinazoUn  dar, 


CH, 


»)  Helv.  cliim.  Arch.  3,  786  (1919). 

')  Impens,  Deutsche  med.   Wochenschr.   39,  Nr.  38,  S.  1829  (1913). 

*)  Bayer,  DRP.  269  336.  *)  DRP.  279  201,  Zusatz  zu  DRP.  269  336. 

°)  Unverricht,  Münchener  med.  Wochenschr.   1904,   1225.  ')  AePP.  35,  51. 


748  Abführmittel. 

in  der  Hoffnung,  einen  stark  antimykotischen  Körper  zu  erhalten.  Aber  bei 
den  Tierversuchen  und  bei  Versuchen  an  Menschen  zeigte  die  Substanz  nur 
äußerst  geringe  Giftigkeit  und  bei  innerer  Einnahme  bitteren  Geschmack  xmd 
ein  auffallend  frühzeitiges  Hungergefühl.  Es  ist  von  Interesse,  daß  anders  von 
Penzoldt  1)  nach  dieser  Richtung  liiu  untersuchte,  dem  Phenylhydrochüaazolin, 
Orexin  genamiten,  nahe  verwandte  Körper  keine  solchen  appetiterregenden 
Eigenschaften  auszulösen  in  der  Lage  sind.  Nach  dieser  Rieht mig  wurden  unter- 
sucht : 

Diphenyldihydrochinazolin  ist  ohne  jede  Wirkung. 

N-HCl 

/\^fi  ■  CßHc 
C.H.  I  ^  ^ 
\/\y^  ■  CeHs 

Methylphenyldihydrochinazolin  ist  sehr  giftig.  Am  Menschen  wurden 
wegen  der  hohen  Giftigkeit  keine  Versuche  gemacht. 

N-HCl 

/\'^\c  ■  CH, 
|C.H.|        I  ^ 

CH, 

Anisyldihydrochinazolin  ist  erhebhch  giftiger  als  Orexin,  macht  aber  keinen 
Appetit.  „ 

l^l\^^N  .  C,U,  .  O  •  CH3 
CHj 

Weniger  giftiger  als  dieses,  aber  giftiger  als  Orexin,  ist  Phenäthyldihydro- 
chiQazohn.    Es  zeigt  sich  eine  Andeutung  von  Appetitvermehrung. 

N 

C,H.         t 

Is^'s^yN  •  C6H4  •  O  •  CA 

CH, 

Salzsaures  TolyldihydrochinazoUn  ist  ebenso  giftig  wie  Orexin,  aber  ohne 
Appetitwirkung . 

Bei  der  Einwirkung  von  Benzoylchlorid  auf  Phenyldihydrochinazolin  (Orexin)  in 
Gegenwart  von  Pyridin  entsteht  das  Dibenzoylderivat  des  PhenyltetrahydrochinazoUns, 
welches  beim  Verseifen  mit  Säure  wieder  Phenyldiliydrochinazolin  gibt^). 

Weddige  bezeichnet  als  Chinazolin  einen  Körper  von  der  Formel 

N  =  CH 

ChinazoUnderivate,    welche   sieh   von   einem   Dihydrochinazolin   ableiten 

N=  CH 

CeHix  \ 

^CHj— NH 

entstehen   durch   Reduktion   des   o-Nitrobenzylformanilids,   o-Nitrobenzylfor- 
motoluids  usw.    Es  bildet  sich  intermediär  die  Aminoverbindung,  die  unter 

1)  Therap.  Monatshefte..   1890,  59  und  374. 

2)  Kalle   &  Co.,  Biebrich,  DRP.  164  426. 


Abführmittel.  749 

spontaner  Wasserabspaltung  das  entsprechende  Chinazolinderivat  nach  folgen- 
der Gleichung  liefert: 

Vom  Phenyldihydrochinazolin  ist  bekannt,  daß  es  ein  Stomachicum  ist.  Die  folgen- 
den Derivate  setzen  den  Blutdruck  stark  herab  vmd  veranlassen  eine  Erweiterung  der 
Blutgefäße.  Man  stellt  sie  dar  duirch  Addition  von  Alkj'lverbindungen  an  Chinazolin, 
z.  B.  Jodäthyl  oder  Jodmethyl,  aus  denen  man  dann  mit  starker  Kalilauge  die  freie  Oxy- 
base  gewinnen  kann  '). 

Bei  der  Darstellung  des  PhenyldihydroehinazoUns^)  verfährt  man  in  der  Weise,  daß 
man  o-Xitrobenzjlchlorid  behufs  Gewinnung  des  o-Nitrobenzylanilins  mit  Anilin  eine 
Stunde  lang  auf  100°  erhitzt.  Mit  verdünnter  Essigsäure  entfernt  man  das  salzsaure 
Anilin  imd  das  überschüssige  Anilin  und  erhitzt  den  Rückstand  mit  Ameisensäure,  es 
bUdet  sich  o-Xitrobenzylformanilid  und  nun  reduziert  man  in  übUcher  Weise  die  Nitro- 
gruppe  zur  Ammogruppe.  Beim  Eindampfen  der  wässerigen  Lösung  der  salzsauren  Base 
krystallisiert  dann  unter  Wasserabspaltung  salzsaiires  Phenyldihydrocliinazolin  heraus. 
Ebenso  verfälu-t  man  bei  der  Darstellung  der  entsprechenden  p-Tolyl-,  p-Anisyl-  und 
p-Phenetylderivate.  Man  kann  auch  zu  denselben  Körpern  gelangen,  wenn  man  die  durch 
Reduktion  von  o-Xitrobenzylanilin  usw.  erhaltenen  Aminoderivate  mit  Ameisensäure 
erhitzt. 

Die  Darstellung  des  Orexins  gelingt  auch  vom  o-Aminobenzylalkohol  ausgehend, 
wenn  man  auf  denselben  Formanilid  einwii-ken  läßt: 

C6H4<ch;.  oh  +  ^  ■  *^H>^'  •  ^^^-'  =  C6H4<c4^3>C  •  CA 

Es  ist  nicht  notwendig,  fertiges  Formanilid  zu  verwenden,  es  genügt  vielmehr,  o-Amino- 
benzylalkohol mit  Ameisensäure  und  Anilin  oder  mit  ameisensaiiren  Salzen  und  salz- 
sa<irem  Anilin  imter  geeigneten  Bedingungen  zu  kondensieren.  Die  Reaktion  wird  bei 
100 — 130°  unter  Verwendung  von  Kaliumbisulfat,  Balzsaurem  Anilin  usw.  als  wasser- 
entziehenden Mitteln  ausgeführte)^). 

Wie  salzsaures  Orexin  hat  sich  auch  die  freie  Base,  das  Phenyldihydro- 
chinazoHn,  als  echtes  Stomachicum  in  der  Praxis  gut  bewährt,  doch  haftet  dieser 
Substanz  der  Xachteil  an,  daß  sie  einen  schlechten  Geschmack  besitzt.  Gerb- 
saures Orexin  hingegen  ist  ein  in  Wasser  unlösHches  Pulver,  dem  aus  diesem 
Grunde,  ähnhch  wie  dem  gerbsaiu-en  Chinin  der  Nachteü  der  Muttersubstanz 
nicht  mehr  anhaftet ä). 

Die  Darstellung  des  gerbsauren  Orexins  gesclaieht  in  der  Weise,  daß  man  eine  wässerige 
Lösung  von  salzsaurem  Orexin  bei  40 — 50°  mit  einer  wässerigen  Gerbsäurelösung  mischt 
und  durch  Zusatz  von  essigsaurem  Natron  in  wässeriger  Lösung  das  gerbsaure  Orexin 
aus  der  Lösung  fällt*). 

Das  so  erhaltene  gerbsaure  Orexin  ist  in  verdüiuiter  Salzsäure  leicht  lös- 
hch,  was  die  Wirkung  dieses  Präparates  im  Magen  erklärt. 


1)  S.  Gabriel  und  James  Colman,  BerUn,  DRP.  161  401. 

=)  DRP.  57  712. 

3)  DRP.  113  163. 

*)  Penzoldt,  Therap.  Monatshefte  1893,  204. 

*)  F.  Steiner,  Wiener  med.  Blätter  1S97,  Xr.  47,  S.  768. 

*)  Amerik.  Pat.  615  307. 


Siebentes  Kapitel. 

Antihelminthica. 

Phloroglucin  und  seine  Derivate  sind  für  den  Syiithetiker  aus  dem  Grunde 
interessant,  weil  es  R.  Böhm  gelungen  ist,  den  XachTCeis  zu  führen,  daß  Filix- 
säure,  einer  der  wirksamen  Bestandteile  des  verbreitetsten  Band\vurmmittels, 
des  Extractum  fihcis  maris,  ein  Phloroglucinderivat  ist,  da  sieh  bei  den  Spal- 
timgen  der  FiUxsäure  Phloroglucin,  sowie  homologe  Phloroglucine  neben  Iso- 
buttersäure 

^Sä>CHCOOH 
LJI3 

nachweisen  ließen.  Insbesondere  gelang  es  Böhm,  durch  Behandeln  der 
Fihxsäure  mit  Zinkstaub  imd  Natronlauge  die  FiUcuisäure  CgHjgOj  zu  er- 
halten, welche  sich  als  im  Kern  alkyliertes  bisekundäres  Phloroglucinderivat 
erwies.  Bei  der  durch  die  H.  Weideische  Synthese  verbilligten  Art  der  Phloro- 
glucindarstellung  aus  symmetrischem  Trinitrobenzol  kami  diese  Substanz 
vielleicht  als  Ausgangsmaterial  ziu-  Darstellung  eines  der  Filixsäure  analog 
wirkenden  Körpers  benützt  werden. 

Interessant  ist  noch,  daß  die  Filixsäure  selbst  wirksam  ist,  während  ihr 
Anhydrid  sich  als  unwirksam  erweist. 

Monomethj'lphloroglucin  ist  toxisch,  6  mg  töten  Frösche.  Dimethyl- 
phloroglucin  ist  viel  schwächer  ■wirksam,  Trimethylphloroglucin  ganz  un- 
wirksam. 

Die  Wirkung  steht  also  im  Zusammenhang  mit  dem  Eintritte  einer  Methyl- 
gruppe in  das  Phloroglucin,  jedoch  mit  der  Besonderheit,  daß  sie  mit  dem  Ein- 
tritt mehrerer  Methylgruppen  wieder  vernichtet  wird. 

FiUcuisäure  ist  wirkungslos.  Filixsäure  tötet  Frösche  zu  2  mg,  Aspidin 
in  Dosen  von  1  mg,  Albaspidin  kommt  dem  Aspidin  sehr  nahe. 

Filicinsäurebutanon  ist  etwa  fünfmal  schwächer  wirksam  als  Fihxsäure. 

Die  Wirksamkeit  der  Phloroglucinderivate  beginnt  erst  mit  dem  Ein- 
tritte des  Buttersäurerestes  in  das  Fihcinsäuremolekül,  wodxirch  FiMcinsäure- 

butanon 

CH3  CH, 

\/ 

c 

HO ■ C^^C • OH 

Hcl^^C  ■  CO  •  C3H, 
C 
O 
entsteht. 

Der  Eintritt  von  1  oder  2  Molekülen  Phloroglucin  verstärkt  die  Wirkung 
der  Verbindung,  denn  Albaspidin  ist  wirksamer  als  FiUcinsäure,  während  Fihx- 
säure als  Kondensationsprodukt  von  drei  methyherten  Phloroglucinen  noch 
wirksamer  ist  als  Albaspidin. 


Antihelminthica. 


751 


Albaspidin 


CHq         Cxlo 


c 

/\ 

HO  •  C      CO  ■  H         HO 

II       II 
C3H,  •  oc  •  c     c 


c 

O  H, 


CHj    CHj 

\y 

c 

/\ 

•  C      C ■ OH 

II       II 

C      C  •  CO  •  C3H7 

\/ 

0 

o 


Filixsäure 


CHo  CH. 


HOC 


C3H,  ■  OC  •  C 


C    /C  •  CO  ■  C3H, 
CHsl 


CjHj  ■  CO  •  C      C  •  CHj 


Flavaspidsäure 


C 
OH 


CH 


CH, 


C3H,  ■  CO  •  C/   C 


OH 


enthält  die  Filicinsäurebutanongruppe  in  der  durch  das  Brückenmethylen  modi- 
fizierten Form  bloß  einmal,  womit  vielleicht,  nach  Walther  Straub,  ihre 
schwächere  Wirkung  dem  Albaspidin  gegenüber  in  Zusammenhang  zu 
bringen  ist. 

Aspidinol  CH, 

C 

/\ 
HO  •  C     CO  ■  CH3 

1       II 
HC     C  ■  CO    C3H, 

\y 

c 

CH3 

unterscheidet  sich  von  Filicinsäurebutanon  bloß  dadurch,  daß  die  zwei  Methyl- 
gruppen an  getrennten  C-Atomen  —  das  eine  als  Methoxyl  —  stehen,  dabei 
überragt  es  an  Wirksamkeit  Fiücinsäurebutanon  beträchtUch. 


752  Antihelrainthica. 

Die  Filixsäure  dürfte  durch  Muskellähmuiig  auf  Bandwürmer  wirken.  Die 
reine  Filixsäure  ist  ein  höchst  unsicheres  Band  Wurmmittel.  Im  Organismus 
entsteht  aus  ihi'  TrimethylphJoroglucin  i). 

Rotlerin  aus  der  Kamala  ist  ebenfalls  ein  der  Filixsäure  verwandter  Körper, 
welcher  Trimethylphloroglucin  abspaltet  und  ketonartig  gebundene  Butter- 
säurereste enthält  (R.  Böhm).  Rotlerin  gibt  bei  der  Spaltung  mit  Natron- 
lauge und  Zinkstaub  Trimethylpholoroglucin  und  ferner  Buttersäure.  Es 
schließt  sich  chemisch  eng  an  die  Körper  der  Fihxi-eihe  an^). 

Ascaridol  aus  dem  amerikanischen  Wurmsamen  (Chenopodium  ambro- 
sioides  L.  var.  antihelminthicum)  gibt  bei  der  Oxydation  mit  Permanganat 
Isobuttersäure  ^). 

Die  zur  Fihxsäure  gehörigen  Stoffe  sind  im  wesentlichen  nach  dem  Typus 
des  Diphenyl-  und  Triphenylmethan  konstituierte  Derivate  des  Pliloroglucins 
und  seiner  Homologen  und  zeichnen  sich  außerdem  durch  ketonartige  ge- 
bundene Buttersäurereste  aus. 

Das  im  Tanacetum  vulgare  enthaltene  Tanacetin  ist  ebenfalls  ein  wurm- 
treibendes Mittel.  Beim  Schmelzen  mit  Ätzkali  erhält  man  aus  diesem  Brenz- 
catechin  imd  Buttersäure.  Tanacetin  ist  amorph,  mit  dem  Charakter  einer  Säure. 
In  den  phj'siologischen  Eigenschaften  besteht  Übereinstimmurig  zwischen  der 
FiUxsäiu'e  und  dem  Tanacetin.  Filixsäure  und  Tanacetin  sind  beide  Phenol- 
derivate, die  erstere  von  Phloroglucin,  das  letztere  von  Brenzcatechin  sich  ab- 
leitend. Als  weiteres  SpaltungsiDrodukt  erhält  man  aus  dem  Fihcin  Isobutter- 
säure, aus  dem  Tanacetin  Buttersäure. 

Es  ist  eigenttimUch,  daß  die  meisten  Bandwiu'mmittel  Isobuttersäure  oder 
Buttersäure  abspalten,  denn  Kosotoxin  C25H33O2  wird  durch  Ätzbaryt  in  kry- 
stallinisches  Kosin,  Acrolein  und  Isobuttersäure  zerlegt. 

Polystichin  aus  Polystichum  spinulosum  gibt  nach  Analogie  mit  Fihcin  Poly- 
stichinsäure  und  Polystichinol  C21H30O9,  ein  Phenol  imd  normale  Buttersäure*). 

Cineol  (Eucalj^Dtol)  wurde  als  Antiascaridiacum  versucht.  Es  wirkt  auf 
Kaltlüter  bei  Injektion  lähmend.  Es  tötet  aber  die  Parasiten  nicht.  Für  Warm- 
blüter ist  es  wenig  giftig^). 

P.  Karrer^)  versuchte  synthetische  Verbindungen  herzustellen  von  ähn- 
licher Konstitution  und  ähnhcher  pharmakologischer  Wirkung  wie  die  Fihx- 
präparate.  Nach  der  Ketonsynthese  von  Hoesch  werden  durch  Einwirkung 
von  Nitrilen  auf  Phenol  bei  Gegenwart  von  Salzsäuregas  und  Verkochen  der 
Chlorhydrate  der  Ketimide  mit  Wasser  die  Ketone  erhalten. 

Dmch  Einwirkung  von  Buttersäure-  und  Isobuttersäurenitril  auf  Phloro- 
glucin, Methylphloroglucin  und  Dimethylphloroglucin  wurde  PMorbutyro- 
phenon,  Methylphlorbutyrophenon,  1.3-Dimethyliohlorbutyrophenon,  Phlor- 
isobutjrrophenon,  Phlorbutyrophenonmethyläther,  Isoaspidinol  hergestellt.  Be- 
handelt man  Phlorbutjrrophenon,  Methylphlorbutyrophenon  und  Phloriso- 
but3rrophenon  in  alkalischer  Lösung  mit  Formaldehyd,  so  findet  Kondensation 
zu  Diphenylmethan-  und  Triphenylmethanderivaten  statt.  Aus  Methylphlor- 
butyrophenon entsteht  Methylendi[methj'lphlorbutyrophenon],  das  ganz  analog 
aufgebaut  ist  wie  Albaspidin  und  Flavaspidinsäure. 

Während  die  Wirksamkeit  der  Filixkörper  auf  Würmer  mit  verstärkter 
Kondensation  zunimmt,   verhalten  sich  die  synthetischen  Plilorbutyrophene 

')  WTStraub,  AePP.  48,  1  (1002).  —  S.  d.  Chemie  dieser  Verbindungen  R.  Böhm, 
Liebigs  Ann.  301,   17/1;  30T,  249,  318,  230.  =)  H.  Teile,  Arch.  d.  Pharm.  244,  441. 

=*)  Schimmel   &  Co.,  Geschäftsber.  April  1908.         ^)  E.  Poulsson,  AePP.  41,  24 
'')  H.  Brüning,  Zeitschr.  f.  oxper.  Path.  u.  Ther.  3,  564. 
«)  P.  Karrer,  Helv.   chmi.   Acta  2,  406  (1919). 


Antihelminthica. 


753 


umgekehrt.  Die  einfachen  PhlorbutjTophenone  und  PhlorisobutjTophenone 
■ivirken  stärker  als  die  Methylencliphlorbutyrophenone.  Die  Isobuttersäure- 
derivate wirken  stärker  als  die  Buttersäurederivate  ^). 

Die  Antihelminthica,  die  beim  Menschen  sehr  wirksam  sind,  wirken  auf 
die  Darmparasiten  des  Hundes  nicht.  p-Dichlorbenzol  ist  für  Regen\\'ürmer  sehi- 
giftig,  ebenso  wirksam  ist  p-Dibrombenzol.  Sie  werden  sehr  schlecht  resorbiert^). 

Carvacrol  wirkt  gegen  Ascariden^). 

Benzylalkohol  tötet  bei  einer  Konzentration  von  0.5%  Regenwürmer  sehr- 
schnell  ab.  Benzaldehyd  ist  weniger  wirksam  und  noch  weniger  Benzj'lacetat. 
Widerstandsfähiger  als  Regenwürmer  sind  die  Ascariden  von  Schweinen.  Bei 
Band^\'ürmem  bei  Mensehen  zeigte  die  Substanz  eine  schwache  Wirkung*). 

Wurmabtreibende  ilittel  erhält  man  durch  Darstellung  von  Carbaminsäureestem, 
deren  am  Stickstoff  alkylierteu  Derivaten  und  von  Kohlensäureestem,  wenn  man  kem- 
monoalkyUerte  Phenole,  mit  Ausnahme  der  Kresole,  oder  ihre  Derivate  in  üblicher  Weise 
in  die  Carbonate  oder  Carbamate  üterführt. 

Beschrieben  sind:  Di-p-butylphenylcarbamat,  p-Isoamylphenylcarbamat,  p-Benzyl- 
phenylcarbamat,  p-Isopropylphenylcarbamat,  p-Butyl-phenyl-X-dimethyl-a-carbamat, 
o-AUylphenylcarbamat^). 

Butolan  ist  p-Benzylphenylcarbaminsäureester.  Es  ist  ein  sicher  mid 
unschädhch  wirkendes  Mittel  gegen  Oxjimasis,  bildet  ein  Pulver^). 

Santonin  CjäH^gOg  ist  ein  Bitterstoff  und  ein  Mittel  gegen  Spulwürmer. 
Xach  Verfütterung  an  Hunde  tritt  im  Harn  a-Oxysantonin  CjjH^gOj  auf,  das 
durch  Kochen  mit  Barji:  in  die  einbasische  Säure  C15H20O5  umgewandelt  wird. 
Xach  Verfütterung  an  Kaninchen  tritt  /i-Oxysantonin  C^^H^gO^)  im  Hame  auf. 
Es  ist  für  Menschen  ziemlich  giftig.  Es  macht  Xanthopsie,  Halluzinationen, 
zentral  verursachte  Krämpfe*). 

Die  Konstitution  des  Santonin  ist  Desmotroposantonin 

CH,  „     CH, 


CH, 


\y\y 


CH, 


OH 


SantonsärUre 
CH, 


HO 


HOOC • CH • C 
CH, 


1)  P.  Karrer,  Helv.  chim.  Acta  2,  466  (1919). 

*)  Torald  Sollmann,  Joum.  of  pharmacol.  a.  exp.  therapeut.  14,  243  (1919). 

")  Torald  Sollmann,  Journ.  of  pharmacol.  a.  exp.  therapeut.    14,   251   (1919). 

')  David  J.  Macht,  Journ.  of  pharmacol.   a.  exp.   therapeut.    !4.   323  (1919). 

5)  Bayer,  DRP.  296  889. 

«)  S.  Koslowskv,  Deutsche  med.  Wochenschr.  46,  401  (1920). 

')  M  Jaffe,  HS."  23,  538  (1896/97). 

')  S.  auch  Lo  Monaco,  Atti  d.  R.  Acad.  dei  Line.  Rendic.  [5]  5,  I,  366,  410. 

F ranke I,  Arzneimittel-Synthese.    5.  Aufl.  48 


754 


Antihelminthica. 


Die  santonige  Säure  ^)  ist  ein  ziemlich  starkes,  vorwiegend  narkotisches  Gift. 
Durch    vorsichtige    Reduktion    des    Santoninoxim   entsteht    Santoninamin. 


O 


CH3 
CHjC 

HC  ■   C       CH, 


O- 


CH, 


-HC      C      CH, 


CH 
\ 
CH-HC 

CH, 


C  =  NOH 


CO 
\ 
CH-HC      C      CH • NH, 

c    c 

H, 


CH, 


CH.. 


CH„C 
CH3 

Santoninamin  ist  sehr  stark  toxisch. 
Das  Chlorhydrat  der  d-aminodesmotroposantonigen  Säure  ^) 


HOOCCH- 
CH, 


NH, 


-CH  C      C-OH 

C      C 
^2    CH, 


ist  bei  Fröschen  und  Säugetieren  vollkommen  ungiftig  und  wirkt  auf  das  Blut 
methämoglobinbildend  ein. 

W.  Straub^)  prüfte  Santonin,  Desmotroposantonin,  Santonsäure  und 
salzsaure  d-aminodesmotroposantonige  Säure.  Alle  %ier  Substanzen  waren  ohne 
irgendeine  Wirkung  auf  marine  Wüimer.  Kaninchen  vertragen  0.2  g  ohne 
irgendwelche  Erscheinung.  Ascariden  wurden  nur  von  Santonin,  aber  von 
keinem  seiner  Derivate  getötet.  Die  gerüigste  Änderung  am  Moleküle  des  San- 
tonin vernichtet  seine  Wirkung. 

Photosantonsäure  C15H22O5  wirkt  hjrpnotisch,  doch  tritt  Stillstand  der 
Respiration  ein,  bevor  die  Reflexerregbarkeit  aufgehoben  wrd.  Photosantonin 
Cj^7H2404,  der  Äthyläther  des  Photosantonsäureanhydrids  wirkt  ähnUch,  wegen 
der  Schwerlöslichkeit  aber  erst  in  größeren  Dosen.  Santonsäure  C15H20O4 
wirkt  nachh  Coppola^)  auf  Säugetiere  in  der  Weise,  daß  vor  dem  konvulsivi- 
schen ein  narkotisches  Stadium  bemerkbar  ist.  Isophotosantonm  besitzt  niu'  die 
krampferregende  Wirkung,  ebenso  wie  Isophotosantonsäure. 

Santonin  enthält  als  Kern  p-Dimethjinaphthalin.  Der  die  beiden  Methyle 
in  p-Stellung  enthaltende  Beuzolkern  des  Naphthahns  besitzt  eine  Carbonyl- 
gruppe.  Der  nicht  methyherte  Benzolkern  enthält  einen  Lactonring.  Santonin 
ist  das  Lacton  einer  instabilen  Oxysäure  C15H20O4  . 

Die  Sprengung  des  Lactonringes,  Übergang  in  santoninsaures  Natrium  hat 
auf  die  zentral-nervöse  Wirkung  des  Sautonins  keinen  Einfluß.  Hingegen  geht 
die  wurmmuskelerregende  Wirkung  verloren.  Auch  die  Herzwirkung  ist  vom 
Vorhandensein  der  Lactongruppe  abhängig. 

Auch  alle  Santoninderivatc,  soweit  sie  keine  Sprengung  des  Lactonringes 

1)  Lo  sperimentale  1887,  Nr.  35  und  Arch.  per  le  sc.  med.  II,  255  (1887). 
^)  Wedekind,  HS.  43,  240  (1904/05),  untersucht  von  R.  Kobert. 
')  S.  bei  Wedekind,  HS.  43,  245  (1904/05). 

*)  Ann.  di  chim.  e  farm.  4  Ser.  6,  330.  —  Die  Konstitution  dieser  Santoninderivate 
behandeln  Cannizzaro  und  Fabris,  BB.    19,  2260  (1886). 


Antihelminthica.  755 

durchgemacht  haben,  wie  Chromosantoniii,  Desmotroposantonin,  Tetrahyclro- 
santonin  äußei'n  eine  kräftige  Wurmmuskelwirkimg.  Chromosantonin  wirkt 
wie  Santonin. 

Desmotroposantonin  ist  die  Enolform  des  Santonins  (Ketoform).  Es  wird 
durch  die  Überführung  der  Ketongruppe  in  die  Enolform  die  erregende  Wirkung 
auf  das  Zentrahiervensystem  der  Vertebraten  stark  abgeschwächt. 

Santoninoxim  wirkt  wurmerregend  wie  Santonin.  Aber  auf  die  Erregung 
folgt  eine  reversible  Lähmung,  welche  vermutlich  eine  Nebenwirkung  der  Oxim- 
gruppe  ist. 

<x-Santonan  ist  vöUig  hydriertes  Santonin,  nur  die  Äthylenbindung  ist  ge- 
sprengt, der  Lacton-  und  Ketoncharakter  ist  erhalten. 

Die  Lösung  der  Doppelbindungen  des  Santonins  schwächt  die  Wurm- 
wirkung nicht  ab.  Die  Giftwirkung  auf  das  Zentralnervensystem  der  Wirbeltiere 
wird  dagegen,  wie  in  vielen  analogen  Fällen,  auch  bei  der  Sprengung  der 
Santonindoppelbindungen  stark  vermindert  ')■'). 

Durch  Chlorieren  des  Santonins  wird  nur  die  Krampfwirkung,  nicht  da- 
gegen die  Wm-m Wirkung  abgeschwächt"). 

(X-Tetrahydrosantonilid  von  Wedekind')  dargestellt,  ist  ein  Produkt  in 
dem  der  ketonhaltige  Benzoking  des  Naphthalinkernes  durch  Einfügen  eines 
Sauerstoffatoms  gesprengt  wurde,  so  daß  dieser  Ring  zu  einer  Lactongruppe 
wird.    Die  Verbindung  erhält  zwei  Lactongruppen. 

CH3 
I  H, 


Die  Lactone  ohne  Naphthalin  kern  haben  eine  typische,  weixn  auch  ab- 
geschwächte Santonin  Wirkung  * ) . 

(X-  und  ebenso  /S-santonansam-es  Natrium^)  zeigen  weder  ICrampf-  noch 
wurmwidrige  Wirkungen.  Nur  Santonin  wirkt  in  diesem  Sinne,  jede  Änderung 
im  Bau  des  Moleküls  hebt  die  Wirkung  auf  i). 

1)  E.   Sieburg,  Chem.   Ztg.   3T,  945   (1913). 

-)  S.  CanizzaroimdG.Carnelutti.Gaz.  chim.  13,  393  (1882).— BB.  18,2746(1885). 
—  O.Hesse,  BB.  6,   1280  (1873). 
=)  BB.  47,  2483  (1914). 

«)  Paul  Trendelenburg,  AePP.   T9,    190  (1915). 
5)  Liebigs  Ann.  39T,  219. 


48* 


Achtes  Kapitel. 

Campher  und  Terpene. 

Carvon  erweist  sich  im  Tierversuche  als  nicht  sehr  aktiv,  es  zeigt  haupt- 
sächlich i^aralysierende  Wirkungen  im  Gegensatze  zu  seinen  Isomeren:  zum 
Campher  und  Fenchon.  Von  diesen  unterscheidet  sich  Carvon  auch  chemisch: 
so  erleidet  es  bekanntlich  leicht  eine  Hydrolyse  unter  Bildung  von  Osytetra- 
hydrocarvon  und  es  ist  leicht  anzunehmen,  daß  Carvon  eine  ähnhche  Umwand- 
lung auch  im  Organismus  erfährt'). 

Vom  Carvon  „„     „„ 

^3^  CH2     CO 

(Ketodihydro-p-cymol)  wirken  0.5  g  pro  kg  Kaninchen  tödlich.    Es  macht  vm- 
unterbrochene  Krämpfe  und  Betäubungszustand^). 

Menthon  (Ketohexahydro-p-cymol)  ist  weit  weniger  giftig  als  Carvon.    An 
Stelle  der  doppelten  Bindungen  ist  eine  Anlagerung  von  zwei  Wasserstoffen 
getreten^). 
Linalool 

^5'>C  :  CH  •  CH,  ■  CH,  ■  CH(OH)  •  CH  :  CH, 
CH3 

paart  sich  im  Organismus  mit  Glykuronsäure. 

Rhodinol,  Coriandol,  Nerolol,  die  dem  Geraniol  isomeren  optisch  aktiven 
Alkohole  haben  in  Dosen  von  3 — 5  ccm  keine  akuten  Wirkungen,  wohl  aber 
verursachen  sie  bei  fortgesetzter  Darreichung  schwere  Störungen  des  Allgemein- 
befindens, Magenblutungen  und  Abmagerung. 

Die  ahphatischen  Kohlenwasserstoffe  der  ätherischen  öle  sind  indifferent, 
die  aromatischen  nicht  indifferent,  aber  nur  wenig  giftig. 

Die  aromatischen  Aldehyde  sind  schwach  oder  gar  nicht  giftig.  Ver- 
schiedene ätherische  Öle  machen  gleichzeitig  Vermehrung  der  weißen  Blut- 
körperchen. Nur  das  Pfefferminzöl  macht  eine  sehr  bemerkenswerte  Aus- 
nahme. 

Pulegon')  macht  zentrale  Paralyse,  bei  Fröschen  erzeugt  es  wie  Campher 
Curarewirkung,  starke  Verlangsamung  der  Herzaktion  durch  zentrale  Vagus- 
reizung, Atmungsstörungen  und  Fettdegeneration  der  Gewebe.  Pulegon  enthält 
statt  der  Gruppe  CH  •  OH  des  Menthols  eine  doppelte  Bindung  und  eine  CO- 
Gruppe.  Der  entsprechende  Alkohol  Pulegol  und  Pulegolamin  sind  nicht  wirk- 
samer als  Pulegon  selbst. 

Sabinol  CioHjg  •  OH  macht  in  5  ccm  Dosen  Betäubungszustände,  Gefäß- 
blutungen, Stauungsniere,   wirkt  aber  nicht  abortiv*).    Es  erscheint  als  ge- 

1)  Enrico  Rimini,  Atti  R.  Accad.  dei  Lincei  Roma.    [5]  10,  I,  435. 

2)  H.  Hildebrandt,  HS.  36,  441  (1902). 

')  AePP.  4ä,  356.  «)  E.  Fromm,  BB.  31,  2035  (1888);  33,   1191  (1899). 


Campher  und  Terpene.  757 

paarte  Glykuronsäure  im  Hani,  außerdem  entsteht  Cuminsäure.  <x-Tanace- 
togendicarbonsäure  ist  wenig  different  imd  passiert  den  Organismus  unver- 
ändert. 

Thujon  (Tanaceton)  ist  dem  Sabinol  isomer,  zeigt  aber  Ketonstniktur, 
macht  heftige  Krämpfe,  frequente  Atmung,  Herzlähmimg.  Das  Spaltungs- 
produkt der  im  Harne  auftretenden  Glykuronsäureverbindung  geht  von  neuem 
Paarung  im  Organismus  ein,  zeigt  aber  nicht  mehr  die  toxische  Wirkung  des 
ursprünglichen  Thujons.  Thujonoxydglykuronsäure  tritt  im  Hanie  auf.  Es 
erfolgt  also  eine  Hydroxylierung  des  Thujonmoleküls,  wie  sie  in  gleicher  Weise 
bei  Campher  und  Terpenen  zu  beobachten  ist.  Am  Frosche  ruft  die  gepaarte 
Verbindung  in  gleicher  Weise,  wie  Thujon  selbst,  zentrale  Lähmung  hervor, 
neben  gleichzeitiger  Schädigung  der  peripheren  Nerven  *).  Jonon  C13H20O  ist 
ungiftig2). 

zlj-Menthenon-3  ■nirkt  weit  stärker  antiseptisch  als  amerikanisches  Pfeffer- 
minzöl  und  ist  für  Amphibien  ein  Inhalationsanasteheticum. 

atral 

^5>C  :  CH  •  CH,  •  CHj  ■  C  :  CH  •  CHO 
CH3 

gibt  beim  Passieren  des  Organismus  eine  Säure  CJ0H14O4  vielleicht 

^2^>C  :  CH    CH3  .  CH,  ■  C  :  CH  •  COOH 
COOH 

durch  Oxydation  der  Aldehydgruppe  und  einer  Methylgruppe  zu  Carboxj'l- 
gruppen. 

Citral  ist  ein  Gemisch  zweier  Stereoisomerer,  von  denen  eines  nur  die  Gly- 
kiu'onsäureverbindung,  das  andere  nur  die  zweibasische  Säure  liefert.  Die  zwei- 
basische Säure  ist  physiologisch  indifferent.  Die  Glykuronsäiu^everbindmig  wirkt 
bei  Kaltblütern  fast  wie  Citral  selbst  i). 

Die  Wirkung  des  d-Camphens  auf  Herz  und  Atmmig  des  Frosches  gleicht 
nahezu  derjenigen  des  d-Pinens,  während  diejenige  des  d-Pinenchlorhydrates 
große  Ähnlichkeit  mit  der  Wirkung  des  d-Camphers  zeigt.  Der  einzige  Unter- 
schied in  der  physiologischen  Wirkung  der  beiden  letzteren  Verbindungen  be- 
steht darin,  daß  d-Pinenchlorhydrat  ein  intensiveres  Herzklopfen  erzeugt  als 
d-Campher,  daß  aber  diese  Wirkung  beim  ersteren  von  kürzerer  Dauer  ist. 
Ferner  ist  die  Wirkung  des  d-Pinenchlorhj'^drates  auf  die  Atmmig  nahezu 
gleich  Null,  während  d-Campher  eine  ausgesprochene  Wirkung  auf  die  Atmung 
äußert^). 

Geraniol 

p^3>c  :  CH  •  CHj  •  CH,  ■  C  :  CH  ■  CH,  •  OH 
CH3 

ist  der  .Alkohol  des  Geranials  (Citrals),  es  gibt  beim  Passieren  des  Organismus 
dasselbe  Produkt  wie  Citral.  Die  Oxydation  des  Geraniols  im  Tierkörper  dürfte 
in  gleicher  Weise  vor  sich  gehen,  wie  die  der  Alkohole.  Zuerst  wird  die 
— CHj  •  OH-Gruppe  zu  Aldehyd,  dieser  schließlich  zur  Carboxylgruppe 
oxvdiert. 


»)  H.  Hildebrandt,  AePP.  45,   110  (1901). 

=)  J.  V.  Mering  bei  F.  Tiemann,  BB.   26,  2708  (1893). 

')  S.  Dontas  und  D.  E.  Tsakalotos,  Journ.  Pharm,  et  Cliim.  [7],  15,  19—24  (1917). 


758 


Campher  und  Terpene. 


Den  Verbindungen  der  Camphergruppe  kommen  trotz  ihrer  verschiedenen 
chemischen  Zusammensetzungen  in  physiologischer  Hinsicht  ganz  ähnliche 
Wirkmigen  zu. 


Laureolcampher 
CH, 

C 


ch,-c-chJ 

\   / 

\l/ 

CH 


und 


H,Cf 


Borneol 


CH3 
C 


^CH  ■  OH 


CH,-C-CH, 


;cH„ 


CH 


Menthol 
CH3 

CH 

iCH, 

'ch'  oh 

CH 


wirken  alle  drei  stark  eszitierend  und  antiseptisch.  In  der  ersten  Hälfte  des 
vorigen  Jahi'hunderts  war  Campher  in  der  Medizin  geradezu  als  Allheilmittel 
angesehen,  während  die  Bedeutung  dieses  Körpers  gegenwärtig,  trotz  mancher 
vorzügUcher  Eigenschaften  sehr  zurückgegangen  ist.  Alle  drei  Körper  stehen 
in  ihrer  Wirkung  den  Verbindungen  der  Alkoholgruppe  sehr  nahe.  Am  nächsten 
steht  ihnen  Menthol,  aber  mit  der  Verringerung  der  Zahl  der  Wasserstoffatome 
erhält  man  eine  erhöhte  Tendenz  zur  Produktion  von  Krämpfen  cerebraler 
Natur.  Borneol  wirkt  lokal  weniger  reizend  als  Campher  und  wird  auch  in 
größeren  Dosen  vertragen.  Japancampher  ist  als  Keton  aufzufassen,  Borneol 
und  Menthol  haben  je  ein  alkoholisches  Hydroxyl. 

1-Epicampher  (l-/?-Campher)  wirkt  viel  schwächer  imd  weniger  andauernd 
als  Campher^),  aber  es  zeigt  eine  richtige  Campherwirkmig. 

Bei  intraperitonealer  Injektion  von  Lösungen  der  drei  Campherisomeren 
an  Katzen  komite  G.  Joachimoglu  einen  wesentlichen  Unterschied  in  ihrer 
Giftigkeit  nicht  feststellen^).    Synthetischer  Campher  vtdrkt  natürlicher. 

Auch  P.  Leyeen  und  R.  van  den  Velden  konnten  am  Froschherzen  Ver- 
schiedenheiten in  der  Wirkungsstärke  zwischen  d-  und  l-Camjjher  nicht  finden. 
Mit  wirklich  optisch-inaktivem  Campher  konnte  eine  Froschherzwirkung  nicht 
erzielt  werden. 

Aus  Borneol  oder  Isobomeol  erhält  man  glatt  Campher,  wenn  man  die  Lösung  von  Ibo- 
borneol  in  Petroläther  mit  Wasser  versetzt  und  bei  gewöhnlicher  Temperatur  Ozon  einleitet'). 

Der  Eintritt  einer  Aminogruppe  in  den  Campher  bewirkt  keine  Änderung 
in  der  Qualität  der  Campherwirkung,  hingegen  ist  die  Wirkung  des  Aminocam- 
phers  wesenthch  schwächer  als  die  des  Camphers  selbst.   Beim  Bornylamm  aber 


CH, 


CH  •  NH, 


CH, 


')  Julius  Bredt  und  W.  H.  Perkin  juii.,  Joiu-n.  Chem.  See.,  London,  103,  2182 
(1913).  2)  AePP.  80,  1(1916).  3)  Akt.-Ges.,  vorm.  Schering,  Berlin,  DRP.  161  306. 


Campher  vind  Terpene.  759 

in  dem  der  Sauerstoff  des  Borneols  ausgetreten,  finden  wir  eine  wesentlich 
stärkere  Wirkung  als  beim  Campher,  und  die  herzlähmenden  Wirkungen 
dieser  Substanz  treten  verhältnismäßig  früh  in  den  Vordergrund^).  Läßt  man 
Campher  mit  Hydroxj^lamin  reagieren,  so  gelangt  man  zum  Campheroxim 
CijHjg  :  N  •  OH ,  welches  auf  das  Herz  lähmend  'wirkt,  aber  auch  in  eigen- 
artiger Weise  auf  die  Skelettmuskehi,  indem  es  Muskelstarre  macht 2),  während 
beim  Frosch  die  motorischen  Nervenendigungen  intakt  bleiben.  Acetojthenon- 
oxim  und  Önantholoxim  wirken  im  gleichen  Sinne  [Fry^)]. 
Camphenamin 


dargestellt  durch  Wasserabspaltung  aus  Aminoborneol*),  besitzt  ähnliche,  aber 
schwächere  toxische  Eigenschaften  als  Vinylamin.  Papillarnekrose  in  der  Niere 
konnte  nicht  nachge'ndesen  werden.  Es  steht  dem  Vinylamin  näher,  als  das  fast 
vollkommen  ungiftige  Trimethylenimhi.  Camphenamüi  ist  ungesättigt  wegen 
seiner  doppelten  Bindung. 

Dicamphanazin  macht  bei  Fröschen  Paralyse,  Verluste  der  Reflexe  und 
Atemstillstand,  bei  Meerschweinchen  Schlafanfälle,  später  konvulsivische 
Zuckungen,  encUich  Tod,  bei  Hunden  starken  Speichelfluß  und  epileptische  An- 
fälle. Dicamphenhexanazin  ^rirkt  wie  Dicamiahanazin,  nur  müssen  doi^pelte 
Dosen  verwendet  werden.  Camphenamin  vnrkt  weniger  lähmend  als  die  vor- 
erwähnten beiden  Verbindungen  (Lo  Monaco  und  Oddo). 

Die  große  Verbreitung,  welche  die  Körper  der  Camphergruppe  früher  und 
noch  jetzt  finden,  hat  ziu-  Darstellung  zahlreicher  Derivate  in  dieser  Gruppe 
geführt.  Über  die  Kohlensäurederivate  des  Menthols  findet  man  das  Nähere 
im  Kapitel  Guajacol.  Vom  Bomeol  oder  Menthol  ausgehend,  erhält  man  durch 
Behandlung  mit  Formaldehyd  und  Schwefelsäure  farblose  feste  Körjier,  Dibor- 
neolformal  und  Dimentholformal,  welche  beide  nach  der  Formel  CH2(OR)2 
zusammengesetzt  sind.  Die  Absicht,  welche  Verley  dazu  geführt  hat,  diese 
Präparate  darzustellen,  war  wohl,  Derivate  zu  erhalten,  denen  die  lokal  irri- 
tierenden Wirkungen  beider  Körper,  insbesondere  für  den  internen  Gebrauch 
fehlen. 

Thujon,  Monobromcampher,  Campher,  Campherol  (Menthol),  Bornylamin, 
Amüiocampher  erregen  direkt  den  Herzmuskel,  während  Oxycampher,  Bomeol 
bei  MuscariustiUstand  des  Herzens  iniwirksam  sind. 

Menthj'lamin  erzeugt  Erregungs-  und  Krampfzustände. 

Bornylendiamin^)  (Camphandiamin)  wird  erhalten  diu-ch  Reduktion  des 
Oxims  des  Amino-,  Isonitroso-  oder  Isoiütrocamphers  mit  Natriumalkoholat 
oder  Elektrolyse.  Bomylendiamin  soU  vöUig  ungiftig  imd  stark  antipyretisch 
wirksam  sein. 

DiäthylglykokoUmenthylester  CjgHg^OaN  ist  ein  Nierengift,  Camphoryl- 
glykokollmenthylesterchlorhydrat  C22H37O3N  •  HCl  ein  starkes  Blutgift,  Diäthyl- 
gljkokoUbomylester  C18H29O2N  imgiftig.  Diese  Substanzen  verlangsamen 
Atmung  mid  Herzschlag  imd  steigern  den  Blutdruck  nur  schwach  und  vorüber- 
gehend. 


")  L.  Lewin,  AePP.  3i,  235.  ^)  Zehner,  Diss.  Marburg  (1892). 

ä)  Fry,  Brit.  med.  journ.  189T,  1713.  *)  Liebigs  Ann.  313,  72. 

*)  Duden,  Jena  (Höchst),  DRP.  161  306. 


760  Campher  und  Terpene. 

Camphorylglykokollbomylesterchlorhj'drat  C20H35O3N  •  HCl  ist  un'vrirk- 
sam  ^). 

Cadechol  ist  eine  Verbindung  des  Camphers  mit  Desoxycholsäure,  die  sich 
bei  Insuffizienzerscheinungen  des  Herzens  und  der  peripheren  Gefäße  gut  be- 
währt.   Es  soll  als  Campherersatz  Anwendung  finden^). 

Sehr  zahlreich  sind  die  Versuche,  aus  dem  sehr  beliebten  Menthol  wirk- 
same Derivate  für  äußere  und  innere  Anwendung  zu  gewinnen.  Der  Haupt- 
sache nach  handelt  es  sich  um  die  Darstellung  von  Estern  und  Äthem  des 
Menthols. 

Formaldehyd  und  Menthol  geben  mit  Salzsäure  Chlormethylmenthyläther^) 


CH 
CH 

HjC/^  •  CH  •  O  ■  CH2CI 
HjCl^CHj 
CH 


Außerdem  bildet  sich  Dimenthylmethylal  CjoHjg  •  0  •  CHj  •  0  •  CjqHjj  , 
welches  den  Organismus  anscheinend  unverändert  passiert  (R.  Kobert). 

Coryfin  ist  der  Äthylglykolsäureester  des  Menthols  CjgHjgO  •  CO  •  CHg 
•  0-C2H5,  es  soll  ein  gutes  Schnupfen  mittel  sein.  Der  Geschmack  ist  nicht 
angenehm. 

Alkylmilchsäureester,  insbesondere  Menthylester,  entstehen  wenn  man  dem  Reak- 
tionsgemisch aus  Milchsäureester,  Alkylhaloid  und  SUberosyd  wasserbindende  Mittel 
zusetzt^). 

Glykokollmenthylester  soll  ein  Anaestheticura  sein  und  viel  weniger  giftig  als 
Diäthylaminoessigsäurementhylester  wirken.  Die  Darstellung  geschieht,  indem  man  Gly- 
kokoU  oder  dessen  Derivate  mit  Menthol  verestert  oder  indem  man  Ammoniak  auf 
Halogenessigsäurementhylester  einwirken  läßt'). 

Die  Darstellung  der  Alkyloxyacetylverbindimgen  des  Menthols  geschieht  durch 
Einwirkung  der  Mentholkohlensäurehalogenide  auf  die  Alkyloxyessigsäure  oder  deren 
Salze.  Die  Reaktion  liefert  namentlich  in  Gegenwart  tertiärer  Basen  unter  Entwicklung 
von  Kohlensäure  die  als  Arzneimittel  bekannten  Alkyloxyacetylverbindungen  des  Men- 
thols«). 

Man  kann  aus  Santalol'),  Menthol  und  Bömeol  Alkyloxyacetylverbindungen  dar- 
stellen, die  geruch-  und  geschmacklos  sind  und  leicht  spaltbar  und  auch  äußerlich  verwendet 
werden  können,  während  die  in  DRP.  85  490  bescliriebenen  festen  Alkyloxyacetylverbin- 
dungen sich  viel  schwerer,  bei  äußerlicher  Verwendimg  überhaupt  nicht  spalten.  Die  hydro- 
aromatischen  Alkohole  werden  in  Benzol-PjTidin  gelöst  luid  mit  Athoxyessigsäurechlorid 
geschüttelt,  dann  schüttelt  man  die  Benzollösung  mit  verdünnter  Salzsäure,  mn  das  PjTi- 
din  zu  entfernen.  Beschrieben  sind  die  Darstellungen  von  Athylglykolylborneol,  Methoxy- 
äthylmenthol. 

Sahmenthol  ist  der  Sahcylsäureester  des  Menthols. 

Salicylsäurementhylester  erhält  man,  wenn  man  ein  Gemisch  von  Menthol  mit  Salicyl- 
säure  unter  Hindurchleiten  eines  Gasstromes  (Kohlensäure,  Wasserstoff)  auf  eine  dem 
Schmelzpunkt  des  Gemisches  übersteigende,  jedoch  unter  220°  liegende  Temperatur  er- 
hitzt') (siehe  auch  Acetylsalicylsäurementhylester  bei  Acetylsalicylsäure.) 


')  Einhorn  und  Zahn,  Arch.   d.   Pharmaz.   240,   644. 

^)  G.  Boehm,  Münchener  med.   Wochenschr.   67,   833  (1920).   —  Nonnenbruch, 
Münchener  med.   Wochenschr.   61,  833  (1920). 

3)  Wedekind,  BB.  34.  813  (1901).  —  DRP.  119  008. 
*)  Neuburger,  DRP.  266  120.  ')  R.  Meyer,  DRP.  261  288. 

•)  AI.  Einhorn,  München,  DRP.  225  821.  ')  DRP.  191  547. 

')  Bibus   &  Scheuble  in  Wien,  DRP.  171453. 


Campher  und  Terpene.  761 

Während  Mentholsalicylat  und  Bomeolsalicylat  flüssig  sind,  ist  der  Salicylsäureester 
des  Fenchylalkohols  ein  fester  Körper;  man  erhält  ihn  durch  Einwirkung  von  Salicylsäur© 
oder  Salicylsäureestern  auf  Fenchylalkohol'). 

Ester  des  Bomeols  und  Isoborneols  mit  Bromhydro-  resp.  Bromzimtsäuren  stellt 
man  in  üblicher  Weise  dar  oder  diirch  Einführung  von  Halogen  in  die  halogenfreien  Ester 
oder  durch  Einwirkung  von  Camphen  auf  Bromhydro-  oder  Bromzinitsäure^). 

Beschrieben  wird  die  Darstellung  von  Dibromdihydrozimtsäurebomeolester,  von 
Bromzimtsäureisoborneolester,  Bromzimtsäureborneolester,  von  Dibromdihydrozimtsäure- 
isoborneolester,  von  o-Chlorphenyldibrompropionsäurebomeolester,  m-Methoxydibromdi- 
hydrozimtsäureborneolester,  von  Dibromzimtsäureborneolester  und  Dibromdihydro-p- 
methylzimtsäiireborneolester. 

An  Stelle  von  Borneol  wird  Fenchylalkohol  verwendet;  das  neue  Produkt  Dibrom- 
dihydrozimtsäiu'efenchylester  spaltet  leicht  Brom  und  Fenchylalkohol  ab'). 

Borsäurebomeolester  ist  im  trockenen  Zustand  sehr  beständig,  verseift  sich  leicht 
mit  Flüssigkeiten.  Man  erhält  ihn  durch  Erhitzen  von  Borneol  mit  Borsäure,  Borsäure- 
anhydrid oder  einem  gemischten  Anhydrid  von  Borsäure  und  einer  organischen  Säure. 
Man  erhitzt  z.  B.  Borsäure,  Borneol  und  Xylol,  bis  kein  Wasser  mehr  entweicht,  dann 
destilliert  man  das  Xylol  ab  und  kocht  mit  SIethylalkohol  aus,  in  dem  der  Ester  milöslich 
ist.    Er  hat  die  Zusammensetzung  Bo{CjqHj,)3  .    Alkohole  zersetzen  den  Ester*). 

Estoral  ist  der  Mentholester  der  Borsäure. 

Wenn  man  Brom  enthaltende  Dialkyl-  oder  Alkylarylessigsäuren  der  Formel 

T?>CCOOH 
Br 

auf   Terpenalkohole   einwirken    läßt,    so   erhält   man    sclilafmachende    Verbindungen.     So 
kann  man  Bornyl-,  Isobomyl-,  Fenchyl-  und  Menthylester  erhalten. 

Besclirieben  sind  Bromdiäthylacetylbomylester,  Bromdiäthylacetylmenthylester, 
Bromdipropylacetylmenthylester,  Bromdiäthylacetyleucalyptolester'). 

Der  Ester  des  Menthols  mit  Isovaleriaiisäure  wurde  Vahdol  genannt.  Er 
ist  von  ganz  schwach  bitterem  Geschmack,  und  die  stimulierende  Kraft  des 
Menthols  soll  in  dieser  Esterbindung  gesteigert  sein.  Der  Körper  riecht  sehr 
schwach.  Es  ist  ziemlich  gleichgültig,  welche  Säure  überhaupt  zur  Veresterung 
des  Menthols,  um  seinen  scharfen  Geschmack  zu  verdecken,  verwendet  wird. 

Gynoval  ist  der  Isovaleriansäureester  des  Isoborneols. 

Den  Mentholester  der  a-Bromisovaleriansäiu'e  erhält  man  durch  Einwirkimg  von 
a-Monobromisovaleriansäurechlorid  auf  Menthol.  Die  Esterbindung  erfolgt  schon  in  der 
Kälte«). 

Geruchlose  oder  wenig  riechende  Ester  der  Baldriansäure  und  des  Menthols,  Bomeols 
oder  Isoborneols  erhält  man  durch  Vereinigung  dieser  Körper  zu  Isovalerylglykolsäure- 
estem.    Man  erhitzt  z.  B.  Chloressigsäurebornylester  und  baldriansaures  Natrium'). 

Eubornyl  ist  der  Bromiso valeriansäureester  des  Borneols. 

Bayer,  Elberfeld^),  stellen  gemischte  Carbonate  von  Alkoholen  der  hydroaromati- 
schen  Reihe  her,  die  geruch-  und  geschmacklos  sind.  Man  läßt  die  Chlorcarbonate  der 
Alkohole  der  hydroaromatischen  Reihe  bzw.  des  Thjmiols  auf  Salicylsäureester  oder  die 
Chlorcarbonate  von  Salicylsäureestern  auf  die  Alkohole  der  hydroaromatischen  Reihe 
einwirken.  Man  kann  auch  auf  die  einfachen  Carbonate  Alkohole  der  hydroaromatischen 
Reihe  resp.  Salicylsäiu-eester  einwirken  lassen  oder  man  behandelt  ein  Gemisch  beider  mit 
Phosgen.  So  werden  dargestellt:  Mentholsalolcarbonat,  Mentholsalicylsäureaeetolester- 
carbonat,  Mentholsalicylsäiu-emethylestercarbonat,  Mentholsalicylsäuremethoxymethyl- 
estercarbonat,  Thymolsalolcarbonat,  Santalolacetolcarbonat,  Borneolsalicylsäureguajacol- 
estercarbonat. 


')  Kereszty,  Wolf,  Budapest.  DRP.  253  756.  =)  DRP.  252  158. 

')  DRP.  254  666,  Zusatz  zu  DRP.  252  158. 

']  Zimmer   &  Co.,  Frankfurt,  DRP.  188  703. 

5)  Kalle,  DRP.  273  850. 

«)  Lüdy   &  Co.   in  Burgdorf,  DRP.  208  789. 

")  Riedel,  DRP.  252  157. 

")  DRP.  206  055. 


702  Campher  und  Terpene. 

Schering,  Berlin'),  stellen  Mentholester  der  Salicylglykolsäure  und  deren  Acidyl- 
derivat«  dar,  indem  sie  auf  Salze  der  Salieylsäure  oder  deren  Acidylderivate  Halogenessig- 
säurementholester einwirken  lassen  oder  durch  Acidylierung  von  Salicylglykolsäureestern. 
Fenchon  Campher 

H  H 

0  0 

/\  /\ 

^  V-CHj  HjC/  ^ 

HjC.  ,CO  HjCv  yCO 

\/  \/ 

C  0 

^  CH3 

Fenclioii  wirkt  •wie  Campher,  die  gegenteiligen  Angaben  von  H.  Hilde- 
brandt") sind  unrichtig.  Die  kramiiferregende  Wirkung  des  Fenehons  ist 
bedeutend  schwächer  als  die  des  Camphers,  mehr  von  der  Xarkose  verdeckt. 
Nach  Jakobj  ist  das  Auftreten  der  eigenartigen  Krampfwirkung  bei  Säuge- 
tieren bei  Fenchon  und  Campher  nur  auf  die  eigentümhche  molekulare  Kon- 
figiu'ation  beider  Substanzen,  d.  h.  auf  die  in  den  Ring  eingefügte  PropyUden- 
gruppe,  welche  zur  Bildung  eines  Doppelringes  führt,  zu  beziehen^). 

Wenn  man  im  Campher  ein  Wasserstoffatom  durch  Brom  ersetzt,  so 
gelangt  man  zum  Monobromcampher  CjoH^jOBr,  welches  Derivat  in  seiner 
Wirkung  im  allgemeinen  mit  der  des  nichtsubstituierten  Camphers  identisch 
ist,  aber  doch  mehr  an  Borneol,  als  an  Campher  oder  Menthol  erinnert.  Die 
beiden  isomeren  Monochlorcampher  wirken  ebenso  vne  Monobromcampher 
und  wie  Campher  selbst.  Alle  erregen  sie  das  Gehirn,  rufen  Konvulsionen  hervor 
und  steigern  die  Körpertemperatur  imbhängig  von  den  Konvulsionen.  Man 
sieht,  daß  in  dieser  Gruppe,  ebenso  wie  bei  den  Benzolderivaten,  Halogen- 
substitutionsprodukte, in  welchen  Halogen  Kernwasserstoff  ersetzt,  keines- 
wegs von  der  Wirkung  der  Grundsubstanz  quahtativ  differieren,  da  die  dem 
Halogen  eigentümliche  Wirkung  aus  dem  Grunde  nicht  in  Erscheinung  tritt, 
weil  die  Bindung  des  Halogens  eine  zu  feste  ist  und  es  zur  Abspaltung  von  Halo- 
gen oder  Ha  logen  wasserst  off  im  Organismus  nicht  kommt. 

Äthylcampher  zeigte  keine  Wirkung.    Thujon  ebenfalls  nicht. 

Camphenilon  zeigt  keinen  Einfluß  auf  Ehjrthmus  und  Frequei;iz  des  ver- 
gifteten Froschherzens*). 

Im  Campher  läßt  sich  ein  Wasserstoff  der  Seitenkette  CHj  durch  eine 
Aldehydgruppe  ersetzen,  wemi  man  zu  einer  Lösung  von  Campher  in  Toluol 
metalhsches  Natrium  m  äquivalenter  Menge  zusetzt  und  unter  KüUung  Ameisen- 
äther einwirken  läßt.   Der  so  entstandene  Campheraldehj'd 

/CH— CHO 
C,H,,\^^ 

hat  als  solcher  keine  Verwendung  gefunden,  soll  aber  zui-  Darstellung  von 
Campherderivaten  dienen.  Auch  die  Camphercarbonsäiu'e^)  hat  keine  medi- 
züiische  Anwendung  gefunden,  da  sie  keine  pharmakologische  Wirkung  besitzt. 

/CH . COOH 

^   I 
^CO 


Camphercarbonsäure     CgHi4<^  | 


1)  DRP.-Anm.  C.  17  121   (zurückgezogen).  ")  AePP.  48,  449  (1902). 

')  C.  Jakobj,  Havashi,  Szubinski,  AePP.  50,  199  (1903). 
*)  AePP.  80,  49  (1910).  ^)  Lapin,  Diss.  Dorpat  (1894). 


Campher  und  Terpene.  703 

verläßt  den  Organismus  unverändert.  Die  Ester  sind  nicht  ganz  ungiftig, 
doch  tritt  die  Campher%nrkung  sehr  verspätet  ein  ^). 

Hingegen  kann  man  vom  Campher  durch  Oxydation  mit  Salpetersäure 
die  Camphersäure  „ 

"  "^  ^<COOH 

CH3^  I, 
CH,      I 

HjC  C<C00H 

erhalten,  welche  dieselben  antiseptischen  Wirkungen  wie  Campher  äußert, 
aber  weit  weniger  exzitierend  wirkt,  da  die  exzitierende  Wirkung  des  Camphers 
wohl  auf  der  Methylketongruppe  dieser  Substanz  beruht,  beziehungsweise 
durch  diese  ausgelöst  wird,  die  hier  durch  Oxydation  verändert  worden  ist. 
Der  Camphersäure  kommen  ausgezeichnete  antihydrotische  Eigenschaften  zu, 
weshalb  sie  sehr  häufig  zu  Synthesen  mit  den  verscliiedensten  Arzneimitteln 
anderer  Art,  insbesondere  mit  antipyretischen,  benützt  wird. 

Saure  Phenolester  zweibasischer  Säiu-en  erhält  man,  imd  zwar  die  Natriumverbin- 
dungen  saiu'er  Alkylester  der  Phenole,  wenn  man  auf  das  in  Xylol  gelöste  Phenolnatrium 
das  Anliydrid  einer  zweibasischen  Carbonsäure  einwirken  läßt  2). 

^<CO>0  +  ^ONa  =  R<COO^^ 

Durch  Ansäuern  fällt  der  freie  Ester  heraus.  So  wiirden  dargestellt:  Phenolcampher- 
säure, Thjntnolbernsteinsäiu-e,  ThjTnolphthalsäure,  Thymolcamphersäi.u'e,  Guajacol- 
camphersäure,  Guajacolbernsteinsäure,  Carvacrolcamphersäure,  /?-Naphtholcamphersäure. 

Die  Unlöshchkeit  des  Camphers  hat  den  Versuch  gezeitigt,  ein  lösliches 

Derivat  in  der  Weise  zu  erhalten,  daß  eine  Hydroxylgrujjpe  in  das  Campher- 

/CO 
molekül  eingefügt  wairde^).    Wenn  man  Campherchinoa   C3H14     i      in  saurer, 

neutraler    oder    alkaKscher    Lösung    reduziert,     entsteht    ein     Oxycampher 

/ CH ■ OH 

welcher  bis  zu  2%  in  Wasser  löshch  ist,  aber  merkwüi-digerweise  ist  dieser 
Oxycampher  in  der  Wirkvmg  dem  Campher  fast  entgegengesetzt.  Während 
Campher  ein  Erregungsmittel  des  Zentralnervensystems  ist,  setzt  Oxjxampher 
die  Erregbarkeit  des  Atemzentrums  herab  und  ist  auf  diese  Weise  ein  schnell- 
wirkendes Mittel  gegen  Dyspnoe. 

Auch  Sulfosäuren  des  Camphers  wurden  dargestellt,  um  Campher  wasser- 
lösUch  zu  machen. 

Zu  diesem  Zwecke  wird  1  Mol.  Campher  in  2  Mol.  Essigsäureanhydrid  gelöst  und 
unter  starker  Kühhmg   1  Mol.   66°  Schwefelsäure  hinzugefügt. 

Es  ist  anzunehmen,  daß  dieses  Präparat  ohne  Wirkung  oder  jedenfalls  nur 
schwach  wirksam  sein  wird. 

In  der  Camphergruppe  hat  bis  nun  keines  der  dargestellten  Derivate  den 
Campher  selbst  in  seinen  Wirkmigen  übertroffen  und  keines  von  den  Derivaten 
hat  die  Anforderung,  die  man  in  der  Praxis  an  ein  Campherderivat  stellen  würde, 
daß  es  wasserlöslich  sei,  erfüllt.  Während  Oxycampher,  welcher  wasserlösUch 
ist,  statt  erregend  zu  wirken,  die  Tätigkeit  des  Respirationszentrums  herab- 
setzt, zeigen  die  Aminoderivate  sowohl  des  Camphers    als  auch  des  Bomeols 

1)  J.  W.  Brühl,  BB.  35,  3510  (1902).  =)  DRP.  111  297. 

')  Heinz  und  Manasse,  Deutsche  med.  Wochenschr.   189T,  Nr.  27. 


764  Campher  und  Terpene. 

für  die  Therapie  unverwertbare  Wirkungen,  denn  Campher  macht  eine  nicht 
unbedeutende  Erhöhung  des  Bhitdruckes,  indem  er  direkt  auf  den  Herzmuskel 
einwirkt  und  so  eine  gewsse  Analogie  mit  der  Digitalis  zeigt.  Außerdem  akze- 
leriert  er  die  Atembewegung.  Hingegen  wirken  sowohl  Bornj'lamin  als  auch 
Aminocampher  curareartig  und  auf  das  Herz  verlangsamend.  Aminocampher 
läßt  den  Blutdruck  unverändert,  während  Bomylamin  denselben  bedeutend 
erhöht,  auch  die  Atemfrequenz  wird  durch  Bomylamin  bedeutend  gesteigert. 
Es  wäre  von  Wert,  ein  Campherderivat,  welches  wasserlöslich  ist,  darzustellen, 
das  sowohl  für  Injektionen  Verwertung  finden  könnte,  als  auch  wegen  der 
Analogie  mit  der  Digitaliswirkung  für  den  internen  Gebrauch  geeignet  als 
Herzstimulans  zu  versuchen  wäre. 

Doch  haben  alle  Derivate  des  Camphers  und  des  Terpentins  im  Gegensatze 
zu  ihren  Muttersubstanzen  nur  sehr  geringe  Verbreitung  in  der  Medizin  gefunden, 
in  der  Terpentingruppe  wohl  aus  dem  Grunde,  weil  ■wir  dort.  Wo  es  iins  auf  die 
balsamischen  Wirkimgen  des  Terpentins  auf  die  Schleimhäute,  insbesondere 
auf  die  der  Respirations-  und  Harnwege  ankommt,  eine  große  Auswahl  von 
Harzen  und  balsamischen  Mitteln  haben,  welche  die  unangenehmen  Neben- 
wirkungen des  Terpentmöls  meist  nicht  besitzen. 

Derivate  des  Terpentinöles  darzustellen,  ist  wohl  ein  müßiges  Bemühen. 
Hingegen  wäre  es  angezeigt,  die  wirksamen  Substanzen  der  anderen  balsamischen 
Mittel  rein  darzustellen,  wie  es  bei  Santalöl  geschehen,  und  nach  den  bekannten 
Methoden  die  Reizwirkungen  der  rein  dargestellten,  wirksamen  Prinzipien  zu 
coupieren,  wozu  Synthesen  nach  dem  Salolprinzip  sowie  mit  Formaldehj'd  und 
die  Darstellung  künstlicher  Glykoside  zu  empfehlen  wären. 

Vom  Terpentinöl  ausgehend,  welches  ein  Gemenge  verschiedener  Terpene 
CioHjs.z.  B.  Pinen  c-CH, 


HC 


CH,/C 


CH 


:CH 


CH, 


ist  und  als  Antisepticum  und  Sauerstoffüberträger  eine  beschränkte  Ver- 
wendung in  der  Medizin  findet,  hat  man  mehrere  Derivate  dargestellt  in 
der  Absicht,  die  reizenden  Wirkimgen  des  Terpentinöls  durch  Polymerisation 
oder  Oxydation  zu  beseitigen  und  auf  diese  Weise  Substanzen  zu  erhalten, 
welche  die  günstigen  Eigenschaften  des  Terpentinöls  als  Desodorans  und 
Antisepticum  besitzen,  denen  aber  die  reizenden  Wirkungen  der  Grundsubstanz 
fehlen  und  die  sich  so  zur  internen  Anwendung,  insbesondere  als  sekretions- 
befördemde  Mittel  bei  Bronchitis  eignen.  Pinen  selbst  macht  Schlafsucht 
und  in  größeren  Dosen  Darmreizung.  Wenn  man  Terpentinöl  mit  konzentrierter 
Schwefelsäure  behandelt,  so  erhält  man  ein  Tereben  genannte  Flüssigkeit, 
die  aber  nichts  anderes  ist,  als  ein  Gemenge  von  polymeren  Terpenen.  In  seinen 
Wirkungen  unterscheidet  sich  Tereben  vom  Terpentinöl  nicht.  Wenn  man 
Terpentinöl  mit  Alkohol  und  Salpetersäure  mischt,  so  erhält  man  Krystalle 
der  Zusammensetzung  Cj^Hjg  •  3  H^O ,  welche  dieselben  Wirkungen  wie  Terpen- 
tinöl besitzen,  aber  wenig  reizend  wirken.  Diese  Substanz  wurde  Terpinhydrat 
genannt  1).    Durch  Wasserentziehung  (Kochen  mit  verdünnter  JMineralsäure) 

')  Bernhard  Fischer,  Neuere  Arzneimittel,  Berlin. 


Santal,  Copaiva  und  Perubalsam. 


765 


gelangt  man  vom  Terpinhydrat  zum  Terpinol,  welchem  ebenfalls  nur  Terpentin- 
öhvirkungen  zukommen,  das  aber  weniger  reizend  wirkt  als  Terpentinöl  selbst. 
Es  soll  bei  tuberkulöser  Hämoptoe  nach  Janowski  eine  bedeutende  blut- 
stillende Wirkung  haben. 

Diu-ch  einfache  Hydratation  geht  Pinen  in  Terpiueol  über. 

Terpineol  Terpiiüiydrat 

C  ■  CH3  HO  •  C  ■  CH3 


HC 


H,C\ 


CH3 

I 
iH.-C-C-OH 


CH, 


CH, 


H.,C 


CHj 

DaC-C-OH 


CH 


\CH, 


,'CH., 


CH 


Terpineol,  ein  tertiärer  Alkohol,  wirkt  wie  Terpentinöl,  und  zwar  bei  Warm- 
blütern vom  Magen  aus  allgemein  lähmend. 

Santal,  Copaiva  und  Perubalsam. 

Zahlreiche  Präparate  verdanken  ihre  Entstehmig  den  unangenehmen  Eigen- 
schaften des  sehr  viel  verwendeten  Gonorrhöemittels  Santal  (Sandelholzöl). 
Dieses  verlegt  bei  vielen  Personen  alsbald  den  Appetit  und  zeigt  einen  sehr  un- 
angenehmen Geschmack.  Santalol  ist  der  wirksame  Anteil  des  Santalöles.  Zahl- 
reiche Ester  desselben  wurden  dargestellt. 

Santalolfornialdehyd  wird  aus  Santalol  und  Formaldehyd  durch  wässerige  Mineral- 
säure bei  ca.  100°  kondensiert.  Es  spaltet  schon  mit  warmem  Wasser  Santalol  und  Form- 
aldehyd ab '). 

Santyl  ist  der  Sahcylester  des  Santalols,  Blenal  der  Kohlensäureester  des 
Santalols,  beide  sind  ölig;  Camphoral  ist  der  Camphersäureester  des  Santalols^). 

Thyi-esol  (Santalylmethyläther)  spaltet  kein  Santalol  im  Organismus  ab 
und  erschemt  als  gepaarte  Glykuronsäureverbindung  im  Harn*). 

Sowohl  Santalol  als  auch  sein  Acetylderivat  und  der  saure  Phthalsäureester^)  haben 
einen  unangenehmen  Geschmack  und  reizen  den  Jlagen.  Die  Ester  der  Benzoesäure, 
Salicylsäure,  Zimtsäure  imd  Kohlensäure  haben  einen  schwach  öligen,  nicht  kratzenden 
Gesclunack.  Zur  Darstellung  dieser  Ester  wird  Sandelöl  mit  Kohlensäureestem,  Phosgen 
oder  Anhj'driden,  Chloriden  oder  Estern  der  einbasischen  aromatischen  Säuren  umgesetzt. 
Den  Benzoesäureester  erhält  man  dm-ch  Erhitzen  mit  der  gleichen  Menge  Beiizoesäure- 
anliydrid  auf  110°,  Ausschütteln  der  übrigen  Benzoesäure  mit  Natronlauge  und  Reini- 
gung des  Präparates  durch  Destillation  im  Vakuum  oder  Abtreiben  der  nicht  benzoylierten 
Bestandteile  mit  Wasserdampf.  Ein  anderes  Verfahren  ist  das  Sandelöl  in  Chloroform  und 
PjTidin  mit  Benzoylclilorid  zu  behandeln.  Den  Salicylsäureester  erhält  man  aus  gleichen 
Gewichtsmenge u  Santal  und  Salol  unter  Zugabe  von  wenig  Atznatron  und  Erhitzen  auf 
100 — 100°  unter  vermindertem  Druck,  bis  die  Abspaltung  des  Phenols  beendigt  ist.  Das 
Äthylcarbonat  erhält  man  durch  Behandlung  von  Santal,  Pyridin  und  Chloroform  bei  15° 
mit  Chlorkohlensäureestern.  Das  gewaschene  Präparat  wird  im  Vakuum  destilliert.  Bei 
der  Emwirkung  von  Phosgen  luiter  gleichen  Bedingungen  erhält  man  den  neutralen  Kohlen- 
säureester. Auch  aus  Zimtsäurechlörid  imd  Santal  kann  man  unter  gleichen  Bedingungen 
den  Ester  erhalten. 

Man  kaiui  die  Reaktionen  bei  niedriger  Temperatur  durchführen,  wenn  man  einen 
Katalysator  zusetzt;  solche  Katalysatoren  sind  alle  esterspaltende  Mittel,  wie  Alkali-  und 
Erdalkalimetalle,  Hydroxylverbindimgen,  Alkoholate,  Phenolate  usw.    Z.  B.   Santal  wird 

M  KnoU,  Ludwigshafen,  DRP.  173  240. 

2)  DRP.  187  254,  Zusatz  zu  DRP.  173  240. 

3)  DRP.  201  369,  Zusatz  zu  DRP.  173  240. 
*)  He  yden.  Radebeul,  DRP.  182  627. 


7  (56  Campher  vind  Terpene. 

mit  Phenolcarbonat  und  2%  des  letzteren  an  Ätznatron  oder  Atzkalk  unter  vermindert 
Druck  auf  140°  erhitzt.  Es  beginnt  das  Phenol  überzudestillieren  vmd  die  Austreibung  ist 
bei  175°  beendigt,  der  Rückstand  besteht  nach  Entfernung  der  geringen  Menge  des  ge- 
bildeten Natron-  oder  Kalksalzes  aus  fast  reinem  Santalolcarbonat ,  das  eventuell  durch 
Destillation  mit  Wasserdampf  noch  weiter  gereinigt  werden  kaiui  i). 

Es  können  auch  alle  Ester  einbasischer  aromatischer  Säuren  verwendet  werden, 
wenn  man  geringe  Mengen  eines  esterspaltenden  Mittels  zusetzt. 

Neutrale  Säureester  aus  Santelöl  erhält  man  durch  Behandhuig  desselben  mit  den 
Chloriden  oder  Estern  der  mehrbasischen  anorganischen  oder  organischen  Säuren  mit 
Ausnahme  der  Kohlensäiue  und  der  Camphersäure.  Dargestellt  wurden  neutraler  Santalol- 
bemsteinsäureester  mit  Hilfe  von  Bernsteinsäurechlorid  und  Bernsteinsäurephenylester, 
der  Santalolphosphorsäureester  mit  Hilfe  von  Triphenylphosphat^). 

Nur  die  Santalolester  der  niederen  Fettsäiu-en  besitzen  noch  den  unangenelm:ien 
Geschmack  und  die  Reizwirkung  des  Sandelholzöles.  Durch  fberführung  des  Santalols 
in  die  Ester  der  höheren  Fettsäiu-en  von  Valeriansäiu-e  aufwärts,  kaiui  man  es  von  diesen 
unangenehmen  Nebenwirkungen  befreien.  Beschrieben  sind  die  Darstellung  von  Santalol- 
stearinat  durch  Erhitzen  von  Santalol  mit  Stearinsäure  und  Umlösen  aus  85proz.  Alkohol, 
Santalolisovalerianat  aus  Isovaleriansäiu-echlorid  und  Santalol,  das  Oleat  aus  Olsäurechlorid 
und  Santalol.  Man  kann  diese  Ester  auch  mittels  Säureanhydriden  oder  durch  Umsetzen 
mit  Sävireestern  anderer  Hydroxylprodukte,  die  durch  Santalol  verdrängt  werden,  erhalten'). 

Stearosaii  ist  Santalylstearat. 

Ein  geschmackloses  Santalpräparat  wird  durch  Behandlung  von  Santal  mit  konzen- 
trierter oder  schwach  rauchender  Schwefelsäure  erhalten,  wobei  man  zu  einem  festen, 
gesclunaeklosen,  schwach  aromatisch  riechenden  Produkt  gelangt.  Man  löst  Sandelöl 
unter  Kühlen  in  konzentrierter  Schwefelsäiu-e  und  gießt  die  tiefrote  Lösung  auf  Eis,  nimmt 
die  Masse  mit  einem  Lösungsmittel  auf  und  trocknet  im  Vakuvun*). 

SantalyUialogenide  erhält  man  durch  Behandlung  von  Santalol  mit  Phosgen,  Phos- 
phorpentachlorid  oder  Thionylchlorid^). 

Santaloläther  erhält  man  durch  Behandlung  der  SantalyUialogenide  mit  Metall- 
alkoholaten  oder  alkoholischen  Laugen  oder  Santalol  mit  alkyUerenden  Mitteln.  Besclirieben 
ist  Santalylmethyläther,   Santalyhnentholäther  und  analoge   Äther*). 

Läßt  man  Chlormethyläther  auf  Santalol  oder  Menthol  oder  auf  die  Alkalisalze  dieser 
Alkohole  einwirken  (im  ersteren  Falle  ist  die  Gegenwart  von  Kondensationsmitteln  er- 
forderlich), so  gelangt  man  zu  Methoxymethylsantalol  und  zu  Methoxymethylmenthol'). 

Die  meisten  Santalolester  sind  flüssige  Substanzen,  der  AUophansäureester  ist  fest; 
er  ist  geruch-  und  geschmacklos.  Man  erhält  ihn  durch  Einleiten  von  Cyansäure  in  eine 
Benzinlösimg  von  Santalol  oder  aus  Harnstoffchlorid  und  Santalol.  Man  kann  auch  zuerst 
das  Santalolcarbonat  darstellen  und  aus  diesem  dm'ch  Einwirkung  von  Harnstoffchlorid 
Santalolallophanat  erhalten*). 

Die  gleiche  Reaktion  kann  man  auch  bei  Gegenwart  von  Dimethylanilin  oder  Pyridin 
ausführen.  Man  kann  auch  Santalol  mit  2  Mol.  Phenolcarbamat  imd  einer  kleinen  Menge 
Atzkali  im  Vakuima  auf  140°  erhitzen.  Ferner  kann  man  Santalol  in  gleicher  Weise  mit 
AUophansäurephenolester  in  molekularer  Mischung   behandeln. 

Allosan  ist  Allophansäuresantalolester. 

Die  sauren  Monosantalolester  zweibasischer  Säuren  sind  therapeutisch  nicht  ver- 
wendbar, wenn  man  sie  aber  in  alkalischer  Lösung  mit  Dialkylsulfaten  oder  Sulfosäure- 
estem  behandelt,  so  erhält  man  neutrale  gemischte  Ester,  welche  neben  dem  Santalolrest 
eine  Alkylgruppe  enthalten.  Dargestellt  wurden  Santalylbemsteinsäuremethylester,  San- 
talylphthalsäiu-emethylester,   Santalylcamphersäuremethylester^). 

Alkylaminoessigsäuresantalolester  erhält  man  durch  Behandlung  der  Halogenacetyl- 
verbindimgen  des  Santalols  mit  sekundären  Aminen.  Diese  Ester  besitzen  die  Wirkungen 
des  Santalols  ohne  dessen  unangenehme  Nebenwirkungen  und  ihre  Salze  stellen  feste 
Santalolpräparate  dar,  die  leicht  resorbiert  werden  und  geruchlos  sind.  Dimethylamino- 
acetylsantalol  z.  B.  hat  den  F.   154° i"). 

Gallussäuresantalolester  wird  aus  Gallussäuremethylester  und  Santalol,  Tribenzoyl- 
gallussäuresantalolester  aus  Tribenzoylgallussäurechlorid  und  Santalol  dargestellt;  ebenso 

1)  Arch.  f.   Pharmaz.   238,  356.  ^)  Bayer,  Elberfeld,  DRP.  203  849. 

»)  DRP.  202  352.  ■>)  Stephan,  Berlin,  DRP.  148  944.  ^)  DRP.  182  627. 

")  Ed.  Baumer,  Med.  Klin.   5,   780.  ')  DRP.  241  421. 

*)  Zimmer,  Frankfurt,  DRP.  204  922.  ")  Riedel,  Berlin,  DRP.  208  637. 

1»)  Bayer,   Elberfeld,  DRP.  226  229. 


Santal,  Copaiva  und  Perubalsam.  767 

entsteht  Triacetylgallussäuresantalolester.  Die  Gallussäure,  welche  resorbierbar  ist  und 
durch  die  Nieren  ausgeschieden  wird,  soll  neben  der  balsamischen  Wirkung  des  Santalols 
adstringierend  wirken  ^). 

Sedativ  wirkende  Santalolpräparate  erhält  man,  wenn  man  Santalol  in  Ester  a-bro- 
mierter  Fettsäuren  überführt,  z.  B.   Bromisovalerylsantalol-). 

Lingner  in  Dresden')  erzeugt  feste  Kondensationsprodukte  aus  Copaivabalsam 
durch  Einwirkung  von  Formaldehyd  bei  Gegenwart  von  Kondensationsmitteln. 

KnoU  &  Co.,  Ludwigshafen^),  machen  neutrale  Präparate  aus  Copaivabalsam  oder 
den  daraus  isolierten,  verseifbaren  Harzbestandteilen,  mit  Acylierungs-  oder  Alkylienmgs- 
mitteln.  Man  erwärmt  z.  B.  Copaivabalsam  mit  Essigsäureanhydrid  oder  in  ätherisch- 
pyridinischer  Lösung  mit  Chlorkohlensäm'eester  oder  mit  Benzoesäureanhydrid  oder  man 
verseift  mit  Natronlauge  und  alkyUert  mit  Dimethylsulfat. 

Durch  Verestern  von  Zimtsäure  nach  bekannten  Methoden  erhält  man  Zimtsäure- 
glykolester,  Glycerinmonozimtsäureester,  welche  als  geruch-  imd  reizlose  Ersatzmittel  des 
Perubalsams  dienen  sollen.  Die  Ester  besitzen  dem  im  Perubalsam  enthaltenen  Zimt- 
säurebenzylester  gegenüber  den  Vorteil  der  größeren  Lösüchkeit,  wodurch  sie  leichter  von 
der  Haut  aufgenommen  werden  und  besser  wirken^). 

Aus  Perubalsam  und  Formaldehyd,  durch  Sättigung  einer  alkalisch  -  alkoholischen 
Lösung  des  Perubalsams  mit  gasförmigem  Formaldehyd,  stellt  Börner  in  Friedenau') 
ein  wasserlösliches  Präparat  her.  Er  verwendet  zur  Herstellung  dauernd  haltbarer  Lö- 
simgen  statt  eines  Teiles  des  Alkohols  Glycerin'). 

Als  Ersatzstoffe  für  Perubalsam,  welche  geruch-  \md  reizlos  sein  sollen,  %vurden  Ester 
des  Glykols  dargestellt,  imd  zwar  Benzoesäureglykolester,  o-Chlorbenzoesäureglykolester 
und  p-Nitrobenzoesäureglykolester.  Die  Veresterung  der  Säuren  mit  dem  Glykol  kann 
dü-ekt  geschehen,  oder  man  erhitzt  die  Salze  dieser  Säuren  mit  Glykoldilialogeniden  oder 
man  verwendet  die  Ester  dieser  Säuren  aus  halogensubstituierten  Glykolen  und  erhitzt 
diese   mit  wässerigen   Lösungen   von   Salzen  schwacher   Säiuren*). 

Ristin  ist  der  Monobenzoesäiireester  des  Äthylenglykols.  Es  ist  ein  farb- 
und  geruchloses  Antiscabiosum. 

Perubalsamersatzprodidite  sollen  diu-ch  Verestervmg  von  Phenylessigsäure ,  Hydr- 
atropasäure ,  Phenyläthylessigsäiu'e ,  Phenyldiäthylessigsäure ,  Hydrozimtsäure ,  Phenyl- 
diäthylcarbinessigsäure   mit  Glykol   dargestellt   werden").      Phenyldiäthylcarbinessigsäure 

CjHs  .  CH  •  COOH 
CH  •  (CjH^), 
wird  durch  Kondensation  von  Natriumbenzylcyanid   mit  Diäthjlcarbinolbromid  luid  \er- 
seifune  erhalten. 

Lösungen  von  Estern  des  Glykols  erhält  man,  wenn  man  Monobenzoylglykol  tmd 
seine  im  Benzoylrest  substituierten  Derivate  in  Alkalisalzlösungen  der  Benzoesäure  oder 
substituierter  Benzoesäuren  auflöst.     Sie  soUen  geringere  Koizwirkungen  haben'"). 

Zimtsäureallylester  CgHs  •  CH:  CH  •  COO  •  CHa-CH:  CHa polymerisiert  sich 
beim  Erwärmen  zu  einem  Harz,  welches  mit  dem  Perubalsam  identisch  sein  soll. 

/     10"^13 

Arhoin    C,H3^C00  ■  CjHj  ist  eine  als  Antigonorrhoicum  empfohlene  Ver- 

bindung  des  Diphenylamins  mit  Thymylbenzoesäureäthylester,  von  bremien- 
dem  Geschmacke^i). 

Isovaleriansäurepräparate. 

Die  käufliche  Isovaleriansäure,  welche  durch  Oxydation  von  Gärungsamyl- 

CH 

alkohol  entsteht,  besteht  aus  der  inaktiven  Isovaleriansäure  (^-gä>CH  CHj  ■  COOH 

C  TT 

und  der  aktiven  Isovaleriansäure    ^^jj^^cH  ■  COOH  . 


1)  Riedel,  DRP.  275  794. 

-)  Verein.   Chem.    Werke-Charlottenburg,   DRP.-Anm.  V.  9503   (zurückgezogen). 
3)  DRP.  183  185.  ^)  DRP.  167  170.  ')  Bayer,  Elberfeld,  DRP.  235  357. 

«)  DRP.  208  833.         ')  DRP.  217  189,  Zusatz  zu  DRP.  208  833.         ^)  DRP.  245  532. 
9)  Baver,  DRP.  248  255  (Patent  erloschen).  i")  Bayer,  DRP.  298  185. 

")  Medizin.  Woche  1903,  48.  —  Therap.  Monatshefte  1904,  Nr.  7. 


768  Campher  und  Terpene. 

Weder  Isovaleriansäure  (und  ebensowenig  Baldrianöl)  besitzen  die  typische 
Heilwirkung  der  Valerianatinktur. 

B  y  k ,  Berlin '),  stellt  den  a-Bromisovaleriansäurecster  des  Cholesterins  durch  Ver- 
esterung der  beiden  Komponenten  her,  mid  zwar  durch  Einwirkimg  des  Säinechlorids  aui 
entwässertos  Cholesterin  bei  Gegenwart  von  Diäthylanilin  in  benzolischer  Lösung. 

Isovaleriansäurebenzylester  erhält  man  durch  Behandlung  von  Benzylalkoliol  oder 
dessen  Derivaten  mit  Isovalerian=;äure  und  deren  Derivaten,  z.  B.  Benzylchlorid  und  iso- 
valeriansaures  Natron  oder  Benzylalkoliol,  Pyridin  und  Isovalerylchlorid,  oder  Isovalerian- 
säure,  Benzylalkohol  und  konz.    Schwefelsäure-). 

Unter  dem  Namen  Valyl  haben  Kio  n  ka  und  Liebreeht^)  Isovaleriansäure 
diäthylamid  empfohlen  als  Valerianpräparat  von  angebhch  konstanter  Wirkung 
bei  Hysterie  usw. 

Dialkylierte  Amide'')  der  Isovaleriansäure  und  der  a-Bromisovaleriansäure  werden 
dargestellt,  indem  man  offizineile  Baldriansäiu'e  oder  deren  Derivate  oder  a-Bromisovaleryl- 
bromid  mit  sekundären  aliphatischen  Aminen  behandelt.  Im  Gegensatze  zu  dem  wenig 
wirkenden  Valeramid  und  Isovaleramid  sollen  die  dialkylierton  Derivate  eine  starke  phar- 
makologische Wirkung  zeigen. 

Ersatz  des  Imidwasserstoffes  des  Diäthylamin  durch  das  Thymylmethylen- 
radikal  führt  zu  einer  stärker  wirkenden  Base,  die  wie  Sahcyldiäthylamid 
wirkt.  Bei  Einführimg  der  Homologen  der  Fettsäurereihe  —  Essigsäure, 
Propionsäure,  Buttersäure,  Isovaleriansäure  —  ergibt  es  sich,  daß  die  Intensität 
der  Wirkung  mit  dem  Molekül  wächst.  Auch  in  der  Reihe  der  Dialkylamine 
selbst  —  Diäthyl-,  Dipropyl-,  Dibutyl-,  Diamylamin  —  ergibt  sich  eine  Steige- 
rung der  Wirkung  mit  der  Zunahme  der  Größe  des  Moleküls.  Am  stärksten 
wirkt  Diamylamin,  ohne  daß  ein  Unterschied  gegenüber  dem  Isovaleriansäure- 
diäthylamid  (Valyl)  in  qualitativer  Hinsicht  vorhanden  war.  Bei  der  Wirkung 
des  Valyls  handelt  es  sich  anscheinend  nicht  um  Valeriansäurewirkung,  sondern 
um  Amidwirkung. 

ErnestFourneauä)  empfiehlt  das  Bromhydrat  des  Isovaleriansäureesters 
des   Dimethylaminooxyisobuttersäurepropylesters    (CH3)2N  •  C(CH3)(COOC6Hg) 

•  0  •  CO  •  CHj  •  CH(CH3)2  als  Mittel  gegen  Schlaflosigkeit  und  andere  Störungen 
des  Nervensystems.    Es  schmeckt  bitter  und  unangenehm. 

Adamon     ist     Dibromdihydrozimtsäureborneolester    C^H^  •  CHBr  •  CHBr 

•  COO  •  CjgHj, ,  erhalten  durch  Bromieren  des  Zimtsäureborneolesters,  es  soll 
die  Baldrianpräparate  ersetzen*). 

Die  Isovalerylverbindung  des  4-Methylamino-l-phenyl-2.3diinethyl-5-pyrazolon  er- 
hält man,  indem  man  Isovaleriansäure,  deren  Anhydrid  oder  Chlorid  auf  die  Base  einwirken 
läßt,  oder  indem  man  4-Isovalerylaraino,  l-phenyl-2.3-dimethyl-5-pyrazolon  methyliert'). 
Der  methylierte  Körper  wirkt  stärker  narkotisch  als  der  niehtmethylierte. 

Ein  geruchlos  lösliches  Isovaleriansäurepräparat  ist  nach  H.  Voswinkel')  das  Cal- 
ciumsalz  der  Isovalerylmandelsäure. 

Dubatol  ist  isovalerylmandelsaures  Calcium,  rein  bitter  schmeckend,  es 
soll  ein  Einschläfenmgsmittel  sein. 

Ein  festes  wasserlösliches  Isovaleriansäurepräparat  erhält  man,  wenn  man  Iso- 
valeriansäure in  Isovalerylchlorid  überführt,  dieses  in  Benzol  auf  Mandelsäure  einwirken 
läßt  und  das  Calciumsalz  der  Isovalerylmandelsäure  darstellt'). 

Valamin  ist  der  Isovalerylester  des  Amylenhydrats ;  es  soll  in  der  Herz- 
therapie günstige  Wirkimgen  haben. 


>)  DRP.  2U  157.  »)  Bayer,   Eilberfeld,  DRP.  165  897. 

ä)  Deutsche  med.  Wochenschr.  1901,  Nr.  49.  ')  DRP.  129  967. 

^)  Journ.  de  Pharm,  et  de  Chim.  [6]  ST,  513.  «)  DRP.  275  200. 

')  Höchster  Farbwerke,  DRP.  243  197.  *)  Apoth.-Ztg.  36,  1057  (1911). 

9)  Kruft,  DRP.  292  961. 


Isovaleriansäurepräparate.  769 

Geruchlose  oder  wenig  riechende  Ester  aus  Isovaleriansäure  und  therapeutisch  wirk- 
samen Alkoholen,  wie  Menthol,  Bomeol  und  Isobomeol,  erhält  man,  wenn  man  die  Bal- 
driansäure mit  Chloressigestem  der  genannten  Alkohole  zu  Isovalerylglykolsäureestem 
vereinigt.  Durch  Einwirkung  von  Chloressigsäiu-ebomylester  und  isovaleriansaurem 
Natrium,  z.  B.  erhält  man  den  Isovalerylglykolsäurebornylester^). 

Man  kann  auch  ähnliche  Verbindungen,  welche  schwach  oder  gar  nicht  riechen,  aus 
Phenolen  herstellen,   z.  B.   den   Isovalerylglykolsäurethymolester"). 

Krystallisierte,  geruch-  imd  geschmacklose  Verbindungen  aus  Isovaleriansäure  oder 
Bromisovaleriansäure  und  Menthol,  Bomeol,  Isobomeol  und  Thymol  erhält  man,  indem 
man  Isovaleriansäure  oder  ihr  Bromderivat  mit  ihnen  zu  acetyUerten  Carbaminestem 
vereinigt.  Die  entstehenden  Verbindungen  zerfallen  im  Organismus  in  die  wirksamen 
Komponenten,  Bromvalerylisobomylurethan  erhält  man  aus  Carbaminsäurebomylester, 
Bromiso valerj-lbromid  und  Dimethylanilin  beim  Erhitzen  auf  70—80°.  In  gleicher  Weise 
erhält  man  analoge  Verbindungen^). 

a-BromisovaleryUiamstoff  erhält  man  durch  Einwirkimg  von  «-Bromisovaleryl- 
halogenid  auf  Mercurocyanat  und  Behandlung  des  gebildeten  a-Bromisovalerylcyanats  mit 
Ammoniak,  wobei  sich  «-BromisovaleryUiamstoff  ausscheidet*). 

Baldrianol  ist  Isovalerylcarbamid. 

Durch  Einwirkung  von  Acetylsalicylsäure  auf  a-Bromisovalerylhamstoff  in  mole- 
kularen Mengen  erhält  man  eine  Verbindung  der  beiden  Komponenten^). 

a-Bromisovaleriansäurederivate  aliphatischer  primärer  Amine,  welche  sedativ  wir- 
ken, erhält  man  aus  a -Bromiso valerylbromid  und  Methylamin,  und  zwar  a-Bromiso- 
valerylmethylamid.    Mit  Athylamin  erhält  man  das  Äthylamid*). 

a-Bromisovaleryl-p-phenetidid  erhält  man  aus  dem  Halogenderivate  der  a-Brom- 
isovaleriansäm-e  und  aus  Phenetidin.  Der  Körper  hat  antineuralgische,  aber  keine  anti- 
pyretischen Wirkungen  [P.  Bergeil)']. 

Phenoval  ist  a-Bromisovaleryl-p-phenetidid  (CH3)2  •  CH  •  CHBr  •  CO  •  NH 
•  CgH4  •  OC2H5)  .   Es  wird  als  Sedativum  und  Hypnoticum  empfohlen. 

Brophenin  ist  Bromisovalerylaminoacetyl-p-phenetidid. 

Derivate  des  Glykolsäureureids  erhält  man  durch  Einwirkung  von  Bromacetylham- 
stoff  auf  Salze  einer  organischen  Säure*). 

Gleiche  Verbindungen  erhält  man  bei  Anwendung  \on  Brom-  und  Chloracetyl- 
urethanen.  Beschrieben  wird  die  Darstellung  von  Acetylglykolurethan ,  Bromisovaleryl- 
glykolurethan ,  Salicylsäureglykolylurethan ,  Bromisovalerylglykolylearbaminsäuremethyl- 
ester  vmd  SaUcylsäureglykolylcarbaminsäuremethylester' ). 

AcyUerte  Harnstoffe  gehen  beim  Erwärmen  mit  Formaldehyd  imd  sekundären  Basen 
in  basische  acyUerte  Hamstoffderivate  über;  sie  entstehen  auch,  weim  man  die  Reaktions- 
produkte von  Formaldehyd  und  sekundären  Basen,  die  Dialkylaminomethj'lalkohole  oder 
die  Tetraalkyldiaminomethane  auf  die  acylierten  Harnstoffe  einwirken  läßt.  Das  Ver- 
fahren liefert  basische  wasserlösliche  Acylhamstoffderivate,  welchen  die  physiologische 
Wirksamkeit  der  Acylhamstoffe  noch  zukommt;  so  besitzt  z.  B.  Diäthylacetylpiperidyl- 
methj-lhamstoff  hjfpnotische,  der  Isovaleryldiäthylaminomethylhamstoff,  Isovalerian-  imd 
das  Camphersäuredipiperidyldimethyldiureid  Campherwirkung. 

Durch  Einfülirung  des  Isovalerylrestes  in  die  Aminogruppe  von  aromatischen  Säure- 
amiden  gelangt  man  zu  Verbindungen,  die  die  schlafmachende  Kraft  der  Säureamide  voll- 
ständig behalten,  aber  im  Vergleich  mit  den  Säureamiden  selbst  geringe  Giftigkeit  besitzen. 
Man  stellt  sie  dar,  indem  man  die  aromatischen  Säureamide  mit  Isovalerylhalogeniden 
bzw.  deren  Derivaten  entweder  direkt,  z.  B.  durch  Zusammenschmelzen,  oder  aber  in 
trockenen,  organischen  Lösimgsmitteln  bei  Gegenwart  von  organischen  oder  anorganischen 
säurebindenden  Mitteln,  z.  B.  durch  Kochen,  in  Reaktion  bringt.  Bei  dieser  Arbeitsweise 
kommt  man  insbesondere  mit  a-Bromisovalerylhalogeniden  zu  therapeutisch  wirksamen 
Stoffen.  Man  kann  die  bromhaltigen  Derivate  auch  erhalten,  indem  man  auf  die  aroma- 
tischen Säureamide  Isovalerylchlorid  einwirken  läßt  und  die  erhaltenen  Produkte  in  der 
Seitenkette  bromiert.  Dargestellt  wurden  !\-Bromisovalerylzimtsäureamid ,  a-Dibrom- 
hydrozimtsäureamid  -  a  -  bromisovalerianat ,  a  -  Bromisovalerylbenzamid ,  Bis  -  a  -  bromiso- 
valerylsalicylamid ,  Benzamidisovalarianat ,  Zimtsäureamidisovalerianat  und  Dibrom- 
hydrozimtsäureamidisovalerianat  ^°). 


1)  DRP.  294  877.         ^)  DRP.  252  157.  ^)  DRP.  260471,  Zusatz  zu  DRP.  252  157. 

*)  DRP.  263  018.         5)  DRP.  274  349.         «)  DRP.  261  877.         ')  DRP.  277  022. 
8)  DRP.  247  270.         ^)  DRP.  266  121,  Zusatz  zu  DRP.  247  270. 
1»)  Einhorn,  DRP.  284  440. 

Fränkel,  Armeimittel-Synthese.    5.  Aufl,  49 


770  Campher  und  Terpene. 

Durch  Einwirkung  von  a-Bromisovalerylhaloiden  auf  Isoharnstoffäther  der  allge- 
meinen Formel  NHj — ^^„tt  (R  =  Alkyl  oder  Aralkyl)  gelangt  man  zu  den  a-Bromiso- 

valorianylliamstoffäthern,  welche  Sedativa  sind.  Beschrieben  sind  a-Bromisovalerylham- 
stoffmethyläther  und  Bromisovalerylisohamstoffäthyläther  i). 

Wenn  man  auf  Salicylsäiu-e-p-aminophenylester  a-Bromisovalerylhaloide  oder  auf 
Isovalerylsalicylsäure-p-aminophenylester  Brom  einwirken  läßt,  erhält  man  «-Bromiso- 
valeryl-salicylsäure-p-aminophenylester.     Die  Verbindung  wirkt  hypnotisch^). 

a-Bromisovalerylamid  geht  bei  der  Einwirkvmg  von  Oxalylchlorid  in  Bis-a-bromiso- 
valerylharnstoff  über:  2  {CS^)^  =  CH  •  CHBr  —  CO  —  NHj  +  CJd„C\^  = 

(CHäJj  =  CH  —  CHBr  —  CO  —  NH>^^p„    ,    „  „„,    ,    „„ 
(CHs)^  =  CH  —  CHBr  —  CO  —  NH>^"  +  ^  HU  +  CO 

Die  Verbindung  soll  sedativ  imd  hypnotisch  wirken^). 


1)  Perelstein  und  Bürgi,   DRP.  297  875. 

")  Bayer,  DRP.  277  466. 

3)  Abelin  -  Lichtenstein  -  Rosenblatt,  DRP.  291  878. 


Neuntes  Kapitel. 

Glykoside. 

Im  allgemeinen  kann  man  als  Regel  ansehen,  daß  die  Glykoside  intensiver 
■wirken  als  der  wirksame  Spaltung  derselben,  das  entsprechende  Phenol  oder 
der  Alkohol.  Waren  aber  der  wirksame  Spaltung  eine  Base  oder  ein  Alkaloid, 
so  ist  das  Gh'kosid  entweder  gleich  wirksam  oder  schwächer  wirksam. 

Consohdin,  ein  Glykosid  aus  Boragineen  (Cynoglossum  off.,  Anchusa  off., 
Echium  vulgare)  wirkt  lähmend  auf  das  Zentralnervensystem.  Beim  Kochen 
mit  Säure  zerfällt  es  in  Gh'kose  und  ConsolicLn.  Letzteres  mrkt  daim  dreimal 
so  stark  wie  Consilidin^). 

Consoücin  lädiert  z.  B.  das  Zentralnervensystem  dreimal  stärker  als  das 
zugehörige  Glykosid,  das  Consohdin.  (Im  Gegensatze  zu  den  N-freien  Glyko- 
siden). 

Durch  die  Glykosidbüdung  entsteht  häufig  eine  Substanz,  deren  Wirkung 
von  der  des  Paarlings  wesentlich  verschieden  ist;  so  ist  z.  B.  DigitaUn  ein  Herz- 
gift, das  daraus  abgespaltene  DigitaUresin  ein  Krampfgift. 

Globularin  verringert  die  Hammenge,  während  Globularetin  starke  Diurese 
erzeugt. 

Adonidin  aus  Adonis  vemahs  besteht  aus  zwei  Glykosiden,  der  Adonidin- 
säure  und  dem  neutralen  Adonidin,  deren  Wirksamkeit  auf  das  Her^  ähnlich  ist  ^) 
Die  Säure  wirkt  überdies  hämolytisch.  Adonidin  wirkt,  wenn  auch  schwächer 
als  Cocain,  lokalanästhesierend^).  Ebenso  wirkt  Helleborein  lokalanästhe- 
sierend, ebenso  Rosaginüi^). 

Auch  p-Strophanthin  wirkt  lokalanästhesierend,  macht  aber  gleichzeitig 
Entzündungserscheinungen . 

Eine  Reihe  von  Glykosiden  der  Oxymethylanthrachinone  wirkt  abführend 
(s.  d.). 

Helleborein  CjgH^^Ojj  wird  durch  Säure  in  Zucker  imd  Helleboretin  ge- 
spalten. Helleborein  ist  ein  intensives  Herzgift,  3  cg  töten  ein  Kaninchen  in 
V4  Stunde.    1 — 2  g  Helleboretin  sind  bei  Hunden  ohne  jede  Wirkimg. 

Antiarin*)  spaltet  bei  der  sauren  Hydrolyse  Antiarigenin  ab,  welches  wohl 
die  für  die  DigitaHsgruppe  charakteristische  Wirkung  auf  das  Proschherz  zeigt, 
aber  in  weit  geringerem  Maße  als  Antiarin. 

Barbaloin  wirkt  zweimal  schwächer  abfülirend  als  Aloeemodin. 

Die  Verbindungen  der  auf  das  Herz  wirkenden  DigitaHsgruppe  scheinen 
aUe  das  Gemeinsame  zu  haben,  daß  sie  Glykoside  von  cholesterinähnlichen  Ver- 
bindungen sind.  Leider  ist  die  Chemie  dieser  Verbindungen  trotz  zahlreicher 
Arbeiten  (0.  Schmiedeberg,  Kiliani  usw.)  noch  dunkel. 

1)  Arch.  d.  Pharm.  838,  505.  —  Karl  Greiner,  AePP.  40,  287. 

2)  J.  M.  Fuchelmann,  Diss.  Kostock  (1911). 

3)  A.  Schildlowski,  Diss.   Petersburg   (1907). 

«)  Pierzcyek,  Arch.  d.  Pharm.  1890,  352.  —  Ehrenthal,  Arch.  d.  Pharm.  1890,357. 
5)  Kiliani,  Arch.  d.  Pharm.     34,  438.  —  Karl  Hedbom,  AePP.  45,  342  (1901). 

49* 


772  Glykoside. 

Das  Krötengift  Bufotalin  sowie  das  nordamerikanische  Klapperschlangen- 
gift Ci'otalotoxin  und  das  Ophiotoxin  stammen  wahrscheinlich  von  Cholesterin 
resp.  von  der  Cholalsäure  ab.  Diese  Giftwirkungen  sind  ähnlich  den  Sapotoxi- 
nen  und  einzehie  von  Windaus  dargestellte  Oxydationsprodukte  des  Chole- 
sterins zeigen  ähnliche  Wirkungen  i),  wie  Gallensäure  imd  Saponine.  Sie  sind 
schwer  resorbierbar,  machen  Nekrose,  Pulsverlangsamung  und  Hämolyse.  Diese 
sauren  Oxydationsprodukte  erinnern  in  ihrer  lokalen  Wirkimg  an  das  Vipern- 
gift2). 

Bufotalin  CjßHggOg  hat  zwei  Doppelbindungen  und  besitzt  vier  Ring- 
systeme wie  die  Gallcnsäuren  und  die  dem  Lacton  Bufotalan  entsprechende 
Oxysäure  C^^H^fß^  ist  isomer  mit  der  Desoxycholsäure.  Wahrscheinlich  findet 
sich  im  Bufotalin  dieselbe  carboxylführcnde  Seitenkette  wie  in  den  Gallen- 
säuren.  Das  Carboxyl  bildet  jedoch  mit  einem  in  der  j'-Stellung  eingetretenen 

Hvdroxyl  ein  Lacton    ^---^        _^— -\         .  Die  Giftwirkung  des  Buiotalms  ist 

an  die  Lactongruppe  gebunden  und  bei  der  Bufotalsäure  nicht  mehr  vor- 
handen'). 

Cholesterin  wrkt  auf  das  Froschherz  beträchtUch  stimulierend,  und  zwar 
auf  die  systohsch  Eenergie,  während  es  die  Häufigkeit  der  Herzschläge  nicht 
beeinflußt.   Es  wirkt  direkt  als  Stimulans  auf  die  Muskelsubstanz*). 

Glykoside  werden  von  Hefezellen  und  vom  Herzen  nicht  aufgenommen^). 

Es  scheint  als  ob  die  Glykoside,  da  sie  von  den  Zellen  zu  schwer  oder  gar 
nicht  resorbiert  werden,  ledighch  Membrangifte,  beziehungsweise  die  Membran 
reizende  Gifte  sind.  Es  mag  damit  auch  zusammenhängen,  daß  die  Darmschleim- 
haut die  glykosidisch  gebauten  Biosen,  Rohrzucker  und  Milchzucker  nur  sehr 
schwer  oder  gar  nicht  resorbiert,  während  die  Monosen  glatt  a\ifgenommen 
werden.  Die  abführende  Wirkung  des  Milchzuckers  hängt  vielleicht  mit  der 
Membranreizung  seitens  dieses  Glykosids  zusammen. 

BeiderStrophanthinwirkungkonnteW.  Straub  einen  nachweisbaren  Gift- 
verbrauch nicht  konstatieren,  so  daß  keine  Speicherung  stattfindet.  Die  phy- 
siologische Intensität  der  StroiDhanthin-n-irkimg  ist  von  der  Konzentration  des 
Glykosids  in  der  den  Ventrikel  umspülenden  Flüssigkeit  abhängig.  Straub 
nimmt  nur  an  der  Grenzschicht  eine  fast  irreversible  Reaktion  an,  ohne  daß  das 
Glykosid  in  die  Zellen  eindringt.  Er  sucht  die  Spezifität  der  Digitaliswirkung 
nur  darin,  daß  nur  die  Oberfläche  der  Herzmuskelzellen,  nicht  aber  im  gleichen 
Maße  auch  andere  Ovganismuszellen  mit  dem  Digitaliskörper  reagieren*). 

Strophanthin,  nach  Fraser-Feist  avis  dem  Kombesamen  hat  die  empirische 
Formel  CioHggOjg .  Das  Arnaudsche  Glykosid,  Pseudostrophanthin  genannt, 
unterscheidet  sich  durch  einen  Mindergehalt  von  drei  MolekiÜen  Wasser.  Beide 
Verbindungen  enthalten  eine  Methoxylgruppe,  doch  findet  sich  diese  nach 
der  Hydrolyse  beim  Strophanthin  im  Kohlenhydratspaltling,  während  sie  beim 
Pseudostrophanthin  im  Pseudostrophanthidiii  bleibt.  Pseudostrophanthin  ist 
viel  schwerer  spaltbar.  Es  wirkt  subcutan  injiziert  fast  doppelt  so  stark  als 
Strophanthin.  Pseudosti-ophanthin  ist  mit  Strophanthin -Merck  identisch.  Bei 
der  Hydrolyse  zerfällt  Strophanthin  in  Strophanthidin  und  ein  Kohlcnhydrat : 

CioHeeOxa  =  (C^H^gH,  +  2  H^O)  -1-  C^HsiOio 

1)  E.  S.  Faust,  AePP.  64,  244  (1911).  ^)  F.  Flury,  AePP.  66,  221  (1911). 

=)  H.  Wieland,   Sitzungsb.  der  Ba>T.  Akad.  d.  Wiss.,   1930.  329. 

*)  B.  Danilewskv,  Pflügers  Archiv   130,    181. 

')  Bokornv,  Chem.  Ztg.  34,  1.  —  W.  Straub,  BZ.  38,  392  (1910). 

«)  W.  Straub,  BZ.  28,  392  (1910). 


Glykoside.  773 

Die  Strophaiithidinformcl  läßt  sich  auflösen  in 

0H(C„H3,0,)Ä0 

Die  beiden  Sauerstoffe  des  Kernes  gehören  höchstwahrscheinlich  auch 
HydroxylgrupjDen  an,  außerdem  ist  mindestens  ein  Benzolkern  und  die  Gruppe 
CH:  CH  enthalten.    Der  Spaltzucker  ist  Strophanthibiosemethyläther'). 

Nach  den  Angaben  von  D.  H.  Brauns  und  0.  E.  Glos  so  u^)  ist  das  krystal- 
linische  Kombestrophanthin  von  Arnaud  mit  dem  ihrigen  identisch,  das  Ar- 
naudsche  Strophanthinhydrat  dürfte  amorphes  saures  Strophanthin  gewesen 
sein,  beide  geben  bei  der  Spaltung  dasselbe  Strophanthidin,  welches  mit  dem 
Feistschen  identisch  ist.  Sowohl  das  krystallinische  als  auch  das  saure  amorphe 
Kombestrophanthin  zeigen  die  typische  Wirkung  eines  Herztonicums,  jedoch 
ist  das  amorphe  saure  nur  Ys  so  wirksam  als  das  krystallinische. 

Trimethylostrophantin  -wirkt  qualitativ  imd  quantitativ  sehr  ähnlich  -wie 
Strophanthin  selbst.  Es  teilt  mit  dem  Strophanthin  den  raschen  Eintritt  der 
Digitaliswirkung,  wirkt  eher  nachhaltiger,  zeigt  aber  auch  stärkere  kumulative 
Eigenschaften  als  die  Muttersubstanz.  Besondere  Vorteile  vor  dem  Strophan- 
thin scheinen  dem  Methylstrophanthin  somit  nicht  zuzukommen^). 

Fast  alle  Saponinsubstauzen  haben  eine  Wirkinig  auf  das  isolierte  Kalt- 
blüterherz mit  Ausnahme  von  Eupatorin  und  dem  neutralen  Sapogenin  des 
Spinatsamens.  Zum  Teil  wirken  sie  giftig  noch  bei  sehr  hoher  Verdünnung; 
fast  immer  tritt  bei  noch  stärkerer  Verdünnung  eine  Steigerung  der  Herz- 
tätigkeit ein,  die  bei  weiterem  Zufügen  der  Substanz  nachläßt  und  schwächend 
auf  das  Herz  wirkt.  Die  Sapogenine  zeigen  fast  immer  eine  sehr  viel  geringere 
Wirkung.  Nur  beim  neutralen  Saponin  der  Polygala  amara  und  seinem  Sapogenin 
ist  ein  Unterschied  in  der  Wirkung  kaum  zu  erkennen.  Das  Rebaudinsapogenin 
und  das  Sapogenin  des  neutralen  Senegasaponins  wirken  stärker  als  ihre  Mutter- 
substanz*). 

Das  giftige  Glucosid  Atractylin  CjQHjjKjSoOjg  gibt  ganz  ungiftige  Spalt- 
produkte, und  zwar  Schwefelsäure,  Valeriansäure  und  eine  unbekannte  Sub- 
stanz.   Der  Organismus  spaltet  es  in  gleicher  Weise  wie  Kahlauge^). 

Der  Spalthng  aus  Digitoxigenin  wirkt  subcutan  noch  in  20  fach  größerer 
Menge  (als  Digitoxigenin)  gar  nicht  und  am  ausgeschnittenen  Herzen  in  zehn- 
facher Konzentration  viel  schwächer  als  Digitoxigenin  [Straub)*]. 

Unzersetzte  Digitahsglykoside  werden  nur  m  geringer  Menge  ausgeschieden. 
Der  größte  Teil  der  Glykoside  wird  im  Körper  gespalten  und  läßt  die  Genine 
in  den  Harn  übertreten;  nur  etwa  1%  oder  weniger  der  eingespritzten  Substanz- 
mengen läßt  sich  in  physiologisch  wirksamer  Form  nachweisen'). 

Digitoxin  läßt  sich  durch  Erwärmen  mit  Natronlauge  in  Digitoxüisäure 
verwandeln.    Die  Salze  dieser  Säure  sind  physiologisch  unwirksam  (Kiliani). 

Das  reine  Digitoxin  C44H-QO14  spaltet  im  Hochvakuum  eine  pharmakologisch 
indifferente  Substanz  CgHjjO^  ab,  die  sublimiert.  Der  verbleibende  Rest,  Digitan 
genannt,  C3ßH5gOjg  verhält  sich  pharmakologisch  wie  Digitoxin.    Durch  Säuren 


1)  Feist,  BB.  33,  2063,  2069  (1900).  —  Fräser,  Strophanthiis,  Edinbourgh  1887.  — 
Arnaud,  Cr.  101,   181,   1162.  ^)  Asch.   d.   Pharm.   2.53,   294. 

=>)  J.  Her  zig  und  R.  Schönbach,  M.  f.  C.  33,  673  (1912)  (untersucht  von  Schapkaiz). 

*)  Fritz  Weinberg,  Zeitschr.   f.   experim.   Pathol.   u.   Ther.   20,   153   (1919). 

*)  A.  Pitini,  Arch.  Farmacol.   sperim.   29,  88  (1920). 

«)  H.  Kiliani,  BB..   53,   246  (1920). 

')  C.  G.  Santesson,  Deutsche  Physiolog.  Gesells.  26.  bis  28.  Mai  1920:  Berichte 
über  die  ges.   Physiol.   2,   188   (1920). 


774  Glykoside. 

läßt  sich  das  Digitan  in  1  Mol.  Digitoxigenin  und  2  Mol.  Digitoxose  quantitativ 
spalten.  Bei  der  Säurespaltung  des  Digitoxins  entstehen  quantitativ  1  Mol. 
Digitoxigenin,  2  Mol.  Digitoxose  und  1  Mol.  einer  öligen  Substanz.  Die 
sublimierbare  Substanz  gibt  bei  einer  Säurebehandlung  eine  mit  der  öligen 
Substanz  identische  Substanz.  Das  Öl  gibt  stark  die  Digitoxosereaktion,  ist 
kein  Zucker  und  pharmakologisch  indifferent.  Das  Digitoxigenin  C24H38O4 
besitzt  noch  eine  deutliche  Herzwirkung,  die  aber  qualitativ  und  quantitativ 
etwas  verschieden  ist  von  der  des  Digitoxins,  daneben  ist  sie  aber  ein  starkes 
zentrales  Krampfgift.  Aus  dem  Digitoxigenin  erhält  man  durch  Säurebehand- 
lung in  der  Wärme  Anhydrodigitoxigenin  C24H34O3  .  Das  gleiche  Produkt  er- 
hält man  aus  dem  Digitoxin  bei  intensiverer  Säurespaltung.  Es  besitzt  keine 
Herzwirkung  mehr,  wohl  aber  die  Krampfwirkimg.  Aus  dem  Digitoxigenin 
erhält  man  die  DigitoxigeninsäureC24H3805, die  keine  pharmakologische  Wirkung 
mehr  zeigt.  Die  Herzwirkung  des  Digitoxins  ist  bedingt  durch  die  Anwesenheit 
mehrerer  Hydroxyle^). 

Durch  Behandeln  mit  Benzoylchlorid  und  Stearinsäurechlorid  erhält  man 
krystallisierte  Substitutionsprodukte  des  Digitoxins,  wobei  immer  fünf  Säm'e- 
reste  eintreten.  Die  erhaltenen  Produkte  besitzen  keine  pharmakologische 
Wirkung  mehr.  Werden  nur  zwei  Hydroxyle  verschlossen,  so  ist  die  Herz- 
wirkung eme  abgeschwächte.  Die  Benzoyherung des  Digitans  vernichtet  ebenfalls 
dessen  Wirkung  auf  das  Herz. 

AcetyUert  man  Digitoxigenin,  so  tritt  nur  ein  Acetylrest  ein.  Das  erhaltene 
Produkt  zeigt  keine  Herzwirkimg  mehr,  wohl  aber  die  Krampfwirkimg.  Es 
verhält  sich  somit  ähnlich  wie  Anhydrodigitoxigenin.  Die  für  die  Herzwirkung 
maßgebende  Hydroxylgruppe  des  Digitoxigenins  ist  somit  in  beiden  Produkten 
unbrauchbar  geworden,  während  für  die  Krampfwirkung  offenbar  eine  andere 
Grujjpe  in  Betracht  kommt. 

Sowohl  Antiaringenin  (der  zuckerfreie  Spaltung  von  Antiarin)  als  auch 
Strophanthingenin  (Strophanthidin)  (der  zuckerfreie  Spaltung  von  Strophanthin) 
sind  wirksam^). 

Straub  faßt  bei  den  Digitalisglykosiden  die  Beziehung  zwischen  Wirkung 
und  Bau  dahin  auf,  daß  die  prinzipielle  Herzwirksamkeit  des  ganzen  Mole- 
küls im  Genin  liegt,  daß  aber  die  Herzspezifität  erst  durch  den  Eintritt  des 
Zuckermoleküls  entsteht. 

Herzstillstand,  der  als  Folge  calciumfreier  Speisung  des  Herzens  auftritt, 
wird  durch  Strophanthin  behoben.  Die  MögUchkeit  dieser  Wiederbelebung  ist 
an  die  Gegenwart  von  Calcium  im  Herzen  geknüpft.  Es  erscheint  sehr  wahr- 
scheinUch,  daß  das  Wesen  der  wichtigsten  Strophanthinwirkung  in  Sensibih- 
sierung  des  Herzens  für  Calcium  besteht.  Nur  Schädigungen  der  Herztätigkeit 
infolge  Calciummangel  werden  durch  Strophanthin  behoben.  GitaUn  wirkt 
ebenso  wie  Strophanthin  (0.  Loewi). 

O  •  C,H„05 
/OH 
Fraxin  C.Hr  O  •  CH3  hat  eine  geringe  physiologische  Wirkung.    Beim 

\CH  =  CH-CO 

O 1 

Hunde  übt  es  in  Dosen  von  2  g  pro  kg  auf  Blutdruck  und  Temperatur  keinen 
Einfluß  aus  und  erzeugt  keine  Vergiftungserscheinungen.  Die  Hauptmenge 
wird  innerhalb  24  Stunden  im  Harne  miverändert  ausgeschieden.    Auch  bei 


>)  M.  Cloetta,  AePP.  88,   113  (1920). 
2)  AePP.  45,  242  (1901);  W,  395  (1913). 


Glykoside.  775 

Mäusen  ist  es  relativ  ungiftig;  beim  Frosche  zeigt  es  eine  leichte  Beeinflussung 
der  Herztätigkeit'). 

Die  Additionsverbindung  von  Glucose  und  Resorciii  ist  ungiftig,  während 
Resorcin  und  ein  Gemenge  von  Resorciii  und  Glucose  beim  Frosch  giftig  wirken. 
Die  Verbindung  wird  unverändert  ausgeschieden^). 

Cymarin  gehört  in  die  Gruppe  der  Digitalisstoffe  und  wirkt  stärker  als 
Apocynamarin,  welches  in  der  Wirkung  mit  dem  Cynotoxin  vollkommen  über- 
einstimmt. Cymarin  läßt  sich  in  Cymarigenin  und  einen  Zucker  spalten;  dieser 
Zucker,  die  CjTnarose,  ist  der  Methyläther  eines  Zuckers  CgHjjO^ ,  welcher  wahr- 
scheinlich Digitoxose  ist.  CjTuarigenin  ist  mit  dem  Strophanthidin  identisch. 
Tatsächlich  ist  auch  Cymarin  dem  Strophanthin  pharmakologisch  sehr  nahe- 
stehend*). 

Die  noch  glykosidreiche  Cymarinsäure  ist  500  mal  weniger  wirksam  als  ihr 
Lacton,  das  Cymarin.  Noch  einschneidender  ist  die  Verwandlung  des  Cjinari- 
genins  in  das  Isocymarigenin  mit  einer  fast  totalen  Wirksamkeitsaufhebung. 

Die  Veresterung  des  Cymarigenins  bzw.  Strophanthidins  mit  Benzoesäure 
macht  eine  Substanz,  die  dem  zugehörigen  glykosidischen  Äther  SOfach  nach- 
steht, dem  Grenin  dreifach. 

Die  Lactongruppe  ist  von  wesentlicher  Bedeutung  für  die  Wirksamkeit 
des  Cymarins,  obwohl  keines  der  anderen  Produkte  ganz  unwirksam  ist*). 

1)  G.  B.  Zanda,  Arch.  d.  Farmacol.  sperim.   15,  117  (1913). 
*)  L.  Pigorini,  Arch.  d.  Farmacol.  sperim.  14,  353  (1912). 

')  A.  Windaus  imd  L.  Hermanns,  BB.   48,  979   (1915).   —  Impens,  Pflügers 
Archiv  153,  239  (1913).  —  M.  Kuroda,  Zeitschr.  f.  d.  gas.  exp.  Med.  4,  55  (1914). 
*)  W.  Straub,  BZ. 'J5,   132  (1916). 


Zehntes  Kapitel. 

Reduzierende  Hautmittel. 

In  der  Dermatologie  stellt  sich  insbesondere  bei  der  Behandlung  der  Psori- 
asis das  Bedürfnis  ein,  Verbindungen  auf  die  Haut  zu  bringen,  welche  reduzie 
rend  wirken. 

Die  alte  Erfahrung,  daß  das  Ararobapulver  günstige  Erfolge  bei  der  Be- 
handlung der  Psoriasis  zeitigt,  hat  Veranlassung  gegeben,  sich  mit  den  che- 
mischen Vorgängen  bei  Anwendimg  dieses  Präparates  zu  beschäftigen.  Das 
Ararobapulver  besteht  zum  größten  Teile  aus  emer  Chiysarobin  genannten 
Substanz,  welche  bei  Gegenwart  von  Alkalien,  aber  auch  ohne  diese,  aus  der 
Luft  Sauerstoff  aufnimmt  und  sich  hierbei  in  Chrysophan  verwandelt. 

Chrysarobin  ^)  OH 

CH,  C      OH 


\A/\/ 


Chrysophansäure 


CH  OH 


CO   OH 


Chrysophan  ist  als  ein  Dioxymethylanthrachinon  anzusehen.  Chrysarobin 
ruft  an  allen  tierischen  Geweben  heftige  Reizzustände  hervor. 

Chrysophanhydroanthron  Cj5Hj203,  mit  dem  Chrysarobin  isomer,  macht 
am  Auge  heftige  entzündliche  Erscheinung,  auf  der  Haut  Reizwirkungen  und 
eine  charakteristische  rotbraune  Pigmenticrung.  Innerhch  wirkt  es  reizend 
auf  den  Verdauungstrakt  und  die  Niere,  zum  Teil  wenigstens  wird  es  als  Chry- 
sophansäure ausgeschieden^). 

Die  Erkenntnis,  daß  beim  Chrysarobin  wesentlich  die  Sauerstoffgierigkeit 
der  Substanz  die  eigentümliche  therapeutische  Wirkung  ausübt,  hat  natürlich 
die  Möghchkeit  geboten,  eine  Reihe  anderer  Substanzen,  welche  sich  ebenfalls 
sehr  gierig  mit  Sauerstoff  verbinden,  zu  dem  gleichen  Zwecke  zu  verwenden. 
So  hat  insbesondere  Pyrogallol  q^ 

^0H 
JoH 

aus  dem  gleichen  Grunde  eine  ausgebreitete  Verwendung  gefunden.  Nun 
kommen  aber  sowohl  dem  Chrysarobin,  als  auch  dem  Pyrogallol  auch  haut- 
reizende Wirkungen  zu.  Es  haben  sich  naturgemäß  nun  zweierlei  Bestre- 
bungen geltend  gemacht.    Die  eine  Richtung  war  bestrebt,  die  schädhchen 

')  Hesse,  Liebigs  Ann.  309,  73. 

2)  K.  Iwakawa,  AePP.  65,   315  (1911). 


Reduzierende  Hautmittel.  777 

Nebenwirkungen  des  Ckrysarobiiis  und  des  Pyrogallols  durch  chemische  Ver- 
änderungen dieser  Substanzen  zu  beseitigen,  während  die  andere  es  sich  zur 
Aufgabe  machte,  unter  der  großen  Reihe  von  reduzierend  wirkenden  Sub- 
stanzen aus  den  verschiedensten  chemischen  Gruppen  solche  auszusuchen, 
welche  reduzierende  Wirkungen  mit  möglichster  Reizlosigkeit  vereinigen. 

Unna')  schlug  vor,  statt  des  Pjrrogallols  das  oxydierte  Parapyrogallol, 
welches  man  durch  Einwirkung  von  atmosphärischer  Luft  imd  Ammoniak  auf 
Pyrogallol  erhält,  bei  der  Psoriasis  zu  benützen,  indem  er  annahm,  daß  Pyro- 
gallol  nicht  a's  solches  wirke  und  seine  therapeutischen  Effekte  nicht  so  sehr 
die  Folge  eines  Reduktionsprozesses  der  Hautelemente  seien,  als  vielmehr  im 
wesentlichen  auf  der  Wirkung  des  Oxydationsproduktes  selbst  beruhen;  dem 
oxj'dierten  Pjrrogallol  gehen  aber  die  reizenden  Wirkungen  des  Pyrogallols  ab. 
Anders  verhält  es  sich  aber  beim  Chrysarobin.  Das  Oxydationsprodukt  des 
Chrysarobins,  Chrysophan,  wirkt  nicht  so  wie  Chrysarobin  und  nicht  wie 
oxydiertes  Pyrogallol.  Hier  scheint  also  ein  grundsätzlicher  Gegensatz  zu  be- 
stehen, wenn  sich  die  Angaben  von  Unna  als  richtig  erweisen^). 

Ein  anderer  WVg  war  gegeben  durch  den  gewöhnlichen  Vorgang,  einige 
von  den  reaktionsfähigen  Hydroxylgruppen  des  Chrysarobins,  des  Pyrogallols 
und  äknücher  Körper  zu  verschließen.  So  wurde  vorgeschlagen,  aus  dem  Chry- 
sarobin das  Di-  und  Tetraacetat  darzustellen. 

Da  bei  der  Acetylierung  des  Clirysarobins  nach  C.  Liebermann  sich  ein  Hexa- 
acetylprodukt,  das  vmlösüch  ist,  bildet,  bedient  man  sicli  mit  Vorteil,  ivm  lediglich  niedere 
Acetylprodiikte  zu  erhalten,  eines  Verdünmmgsmittels.  Man  kann  mit  Acetylchlorid  oder 
Essigsävireanliydrid  oder  mit  Essigsäureanhydrid  und  Natriumacetat  in  Xylol  oder  Eis- 
essiglösung kochen'). 

Das  Tetraacetat  des  Chrysarobins,  Lenirobin  genannt,  reizt  die  Haut  viel 
weniger  als  Chrysarobin  und  hat  den  Vorteil,  die  Wäsche  nicht  so  zu  beschmutzen 
Das  Triacetat,  Eurobin  genannt,  unterscheidet  sich  hingegen  in  seinen  thera- 
peutischen Effekten  nicht  wesentlich  von  der  Grundsubstanz  selbst*). 

Ebenso   winden   aus   Pyrogallol   und   dem   ihm   nahestehenden  Resorcin 

OH 

OH 
Acetylderivate  in  gleicher  Absicht  dargestellt. 

Die  Darstellung  des  Triacetylpyrogallols^)  geschieht  am  besten  durch  Erhitzen  von 
Pyrogallol  mit  Essigsäureanhydrid  und  Natriumacetat.  Bei  der  Einwirkung  von  Acetyl- 
chlorid auf  Pyrogallol  entsteht  nämlich  neben  den  Acetaten  des  Pyrogallols  Gallacetophenon 
C5H2(CH3  •  CO){OH)3  und  seine  Derivate.  Glatt  erhält  man  Pyrogalloltriacetat  durch 
Acetyheren  von  Pyrogallol  mit  Essigsäureanhydrid  bei  Gegenwart  einer  Mineralsäm-e*). 

Pyrogallolmonoacetat')  erhält  man  durch  Erwärmen  von  Pyrogallol  in  Eisessig  mit 
der  entsprechenden  Menge  Essigsäureanhydrid.  Nach  Abdestillieren  der  Essigsäure  hinter- 
bleibt das  gewünschte  Produkt.  Ebenso  erhält  man  den  Körper  durch  Einwirkung  von 
Acetylclilorid  auf  eine  Eisessiglösung  von  Pyrogallol.  Schließlich  kann  man  ilm  am  ein- 
fachsten durch  Zusanunenbringen  von  Pyrogallol  mit  dem  doppelten  Gewichte  Essigsäure- 
anhydrid und  Erwärmen  erhalten.  Durch  Wasser  wird  Pyrogalloltriacetat  gefällt.  Durch 
Zusatz  einer  löproz.  Kochsalzlösung  krystallisiert  aus  der  Mutterlauge  das  Diacetat  heraus. 
Durch   Äther  läßt  sich  dann  aus  der  Mutterlauge  das  3Ionoacetat  ausschüttehi. 

Monoacetylresorcin  erhält  man  durch  Acetylieren  von  Resorcin  in  Eisessig  mittels 
der  berechneten  Menge  Essigsäureanhydi-id  oder  Acetylchlorid.  Nach  Abdestillieren  der 
Essigsäure  hinterbleibt  das  gewünschte  Reaktionsprodukt*). 


1)  Dtsch.  med.  Ztg.  1896,  Nr.  84.  ^)  Therap.  Wochenschr.   1897,   1043. 

3)  DRP.  105  871. 

103  857. 


3)  DRP.  105  871. 

*)  Krohmayer  und  Vieth,  Monatshefte  f.  prakt.  Dermatol.  87,  I  (1898). 

5)  DRP.  105  240.  «)  DRP.  124  408.  ')  DRP.  104  663.  »)  DRP.  10 


77S  Reduzierende  Hautmittel. 

Reines,  fast  geruchloses  Resorcinmonoacetat  erhält  man,  wenn  man  das  durch  Acety- 
lierung  des  Resorcins  erhältliche  Rohprodukt  einer  Behandlung  mit  schwach  überhitztem 
Wasserdampf  im  Vakuum  unterwirft.   Hierdurch  wird  der  unangenehme  Geruch  beseitigt'). 

Unvollständig  acetylierte  Polyhydroxylverbindungen  erhält  man  durch  Erhitzen  von 
hoch  acetylierten  Verbindungen  mit  den  mi veränderten  Ausgangskörpern,  wobei  sich  die 
Acetylgruppen  gleichmäßig  über  die  Gesamtmenge  der  vorhandenen  acetylierbaren  Hydr- 
oxyle  verteilen^). 

Das  Triacetat  des  Pyrogallols,  Leiugallol  genannt,  ist  ungiftig,  unlöslich 
und  zersetzt  sich  erst  langsam  auf  der  erkrankten  Hautfläche.  Das  Eugallol 
genamite  Monoacetat  ist  flüssig  vmd  wasserlöslich  und  steht  in  seiner  Wirkung 
dem  PjTogallol  sehr  nahe.  Statt  der  Acetylgruppe  kami  man  auch  Salicyl- 
gruppen  in  die  Hydroxyle  einführen  und  man  erhält  so  ein  Disalicylat,  SaÜgal- 
lol  genannt,  welches  harzig  ist  und  angeblich  eine  äußerst  milde  Wirkung 
äußert.  (Es  hat  sich  nicht  bewährt  [Mohr].)  Es  ist  sehr  fraglich,  ob  das  Eurisol 
genannte  Monoacetat  des  Resorcins,  welches  öhg  ist,  günstige  Wirkungen  äußert, 
um  so  mehr,  als  es  nicht  ganz  sicher  ist,  ob  dem  Resorcin  selbst  bei  den  erwähnten 
Hautkrankheiten  solche  Wirkmigen  zukommen.  Resorcin  zeigt  vielmehr  schwach 
ätzende  Eigenschaften. 

Carbaminsäureester  der  PyrogaUol-1.3-dialkyläther  katm  man  herstellen,  indem  man 
auf  die  Salze  der  Alkyläther  Phosgen  einwirken  läßt  und  die  entstehenden  Zwischenprodukte 
mit  Ammoniak  behandelt'). 

Man  erhält  geschmacklose,  in  Wasser  und  Säure  unlösliche  Derivate')  des  Diresorcyl- 
methylensalicylaldehyds'),  wemi  man  letzteren  mit  acidyUerenden  Agenzien  behandelt. 
Die  nicht  acetylierte  Grundverbindung  schmeckt  schlecht.  Man  bekommt  sowohl  die 
Diacetyl-  als  auch  die  Monoacetylverbindung,   die  beide  erst  im  Darm  gespalten  werden. 

Ferner  wurde  versucht,  noch  andere  Verbindungen  des  Pyrogallols,  denen 
die  reizende  Wirkung  der  Grundsubstanz  abgeht,  darzusteUen.  So  wurde  Gal- 
lanol,  Gallussäureanilid  CßHa  •  (0H)3  •  CO  •  NH  •  O^R^  +  2  H2O  empfohlen.  Diese 
Substanz  wirkt  reduzierend,  macht  keine  Flecken,  ist  farblos  und  hat  neben 
der  reduzierenden  noch  eine  antifermentative  Wirkung*).  Auch  Gallacetophe- 
non  CH3  •  CO  •  C8H2(OH)3 ,  welches  aber  weniger  gut  als  Pyrogallol  wirkt, 
wiu-de  bei  Psoriasis  empfolüen.  Es  hat  vor  dem  Pyrogallol  den  Vorzug,  daß 
es  die  Wäsche  nicht  beschmutzt').  Da  es  sich  beim  Chrysarobm  und  Pyrogallol 
wesentlich  um  die  Sauerstoffgierigkeit  bei  ihrer  therapeutischen  Anwendung 
handelt,  so  konnte  natürlich  eine  Reihe  anderer  Substanzen  hier  zur  An- 
wendung gelangen.  So  schlug  C.  Liebermann  vor,  aus  verschiedeneu  Farb- 
stoffen ähnlich  sauerstoffgierige  Körper  zu  machen,  indem  er  durch  Reduktion 
Leukoverbindungen  herstellte.  So  ein  Körper  war  das  kurze  Zeit  in  Gebrauch 
stehende  Anthrarobin  C(OH) 


C.H.<^|j>CgH2(OH)2 

C 
H 

welches  durch  Reduktion  von  AJizarin 

C,H4<^°>CeH2(OH)3 

entsteht,  eine  ungiftige  Substanz,  die  meist  unverändert,  zum  Teil  wieder  zum 
Alizarin  oxydiert,  den  Organismus  verläßt.  Auch  das  salzsaure  Hydroxylamin 
NH2(0H)  •  HCl,  welches  ja  für  den  internen  Gebrauch  viel  zu  giftig,  wurde  von 

1)  Knoll,  DRP.  281  099.  ")  DRP.  122  145. 

ä)  Baseler   Chemische   Fabrik,   DRP.    194  034,   Zusatz   zu   DRP.   181593.       (Dieses 
Hauptpatent  siehe  Kapitel  Kreosot.)  ■•)  Bayer,   Elberfeld,  DRP.  123  099. 

5)  DRP.  117  980.  «)  Therap.  Monatshefte   1891,  487. 

')  Cazeneuve  und  Rollet,  Lyon  m6d.    1893,  507. 


Reduzierende  Hautmittel.  779 

Binz  als  Ersatzmittel  des  Chrysarobins  um  so  mehr  empfohlen,  als  es  keine 
färbenden  Eigenschaften  besitzt,  was  ja  in  der  denuatologischen  Praxis  von  nicht 
zu  unterschätzendem  Wert  ist.  Wie  Hydroxylamin  wurde  auch  Acetylphenyl- 
hydrazin  CgHs  •  NH  •  XH  •  CO  •  CHg ,  welches  ja  ebenfalls  stark  reduzierend 
wirkt,  für  diese  Behandlung  kurze  Zeit  verwertet.  Aber  es  ist  kaum  anzu- 
nehmen, daß  durch  die  Einführung  einer  Acetylgruppe  Phenylhydrazin  seine 
ekzemerregenden  vmd  sonst  schädlichen  Eigenschaften  für  die  Haut  verloren 
haben  soU. 

Durch  Reduktion  von  1.8-Dioxyanthrachinon  mit  Zink  in  saurer  Lösung  gelangt  man 
glatt  zum  1.8-DioxyanthranoU).  An  Stelle  des  1.8-Dioxyanthrachinons  kann  man 
1-Oxyanthrachinon  verwenden.  1-Oxyanthranol  kommt  als  Heilmittel  gegen  Psoriasis 
dem  I.8-Dioxj'anthranol  an  Wirksamkeit  mindestens  gleich,  während  z.  B.  das  isomere 
2-Oxyanthranol  fast  vöUig  wirkungslos  ist^). 

Cignolin  ist  1 .8-Diosyanthranol.  Es  wurde  als  Chrysarobinersatz  empfohlen^). 

Die  Bedeutung  der  1-  und  S-HydroxylsteUung  zeigt  der  Vergleich  zwischen 
der  Wirkling  von  Anthranol,  (2)-0xyanthranol,  Chrysarobin  und  Cignolin.  Die 
beiden  letzteren  mit  der  1.8-SteUung  sind  den  beiden  ersteren  in  der  Wirkung 
auf  Psoriasis  überlegen,  ebenso  weiter  das  Cignolin  dem  Chrysarobin  gegenüber. 

Die  stärkere  Reduktion  der  Anthranole  bewirkt  eine  Abschwächung  und 
nicht  etwa  Verstärkung  der  Wirkung. 

Dihydroanthracen  Dihydroanthranol  Oxanthron 

H,  HÖH  HÖH 

OCO       OCO       O^X) 

Hj  Hj  O 

Dihydroanthranol  und  Oxanthron  haben  eine  dem  Anthranol  nahekom- 
mende Wirkung,  während  Dihj'droanthracen  noch  dahinter  zurückbleibt. 
Methylanthrauol  wirkt  noch  schwächer  als  Anthranol. 

OH 


lJ\J(3)CHi 


Alle  stark  wirksamen  Mittel  haben  einen  Faktor  gemeinschaftlich,  die 
Oxydation  an  der  Brücke  OH 


0K> 


H 

und  die  innere  Bindung  derselben. 

Dieser  Faktor  an  vmd  für  sich  bedingt  aber  nur  eine  sehr  schwache  Wirkung, 
die  ungemein  verstärkt  wird  durch  bestimmte  Oxydationen  an  den  Benzol- 
ringen. Oxydation  in  Stellung  2  bringt  keine  solche  Verstärkung  hervor,  während 
die  Wirkungen  ungemein  stark  sind  bei  gleichzeitiger  Oxydation  in  Stellung 
1  und  8. 

Die  Anheftung  einer  Methylgruppe  in  Stellung  3  ruft  eine  merkliche  Ab- 
schwächung hervor. 

I-Oxyanthranol  OH  OH 

o:do 

H 


1)  Bayer,  DRP.  296  091.  -)  DRP.  301  452,  Zusatz  zu  DRP.  296  091. 

')  Unna  und  Galewsky,  Dermatol.  Wochenschr.   1916,  Nr.  6 — 8. 


780 


Reduzierende  Hautmittel. 


ist  genau  so  stark  wirksam  wie  1.8-Dioxyanthranol,  1.5-Dioxyanthi-anol 


OHOH  (1) 

/ 


(8)  HO    OHOH  (1) 


(5)  HO    H 


lind  l.S.S-Trioxyanthranol 


(5)  HO   H 


Die  Einführung  von  Sauerstoff  in  die  Stellung  5  übt  einen  stark  abschwächen- 
den Einfluß  auf  die  Verbindung  aus^). 

Chrysarobin  ist  das  Anthranol  der  Chrysophansäure,  welches  ein  1.8-Dioxy- 
methylanthrachinon  ist. 

OH  OH   OH 
C       C       C 


HC^^C/ 

|l 


HC! 


\C/*^CH 

I 


C  •  CH, 


C 
H 


Cianolin 


C 
H 

O 


OH  •  C,H, 


c 

H 


C„H,  ■  OH 


H 


ist  um  eine  Methylgruppe  ärmer  {1.8-Dioxyanthrancl). 

Es  wirkt  viel  rascher  und  energischer  als  Chrysarobin,  so  daß  der  Fortfall 
der  Methylgruppe  eine  Wirkungssteigerung  zur  Folge  hat. 

Istizin  unterscheidet  sich  von  der  Chrysophansäure  ebenfalls  durch  den 
Mangel  einer  {3)-Methylgruppe. 


Chrysophansäure 
O 


HO    H,C„ 


96^2  <CH, 


o 


Istizin 
O 

/°\ 

HO  •  CeHg        C 

\c/ 

O 


OH 


Auch  Istizin  zeigt  das  analoge  Verhalten,  indem  es  rascher  und  stärker  bei 
Ekzemen  wirkt  als  Chrysophansäure. 

Das  gleiche  Verhalten  zeigen  Methylanthranol  und  Anthranol. 


Methylanthranol 
OH 


Anthranol 
OH 


^^A 


CbH, 


CbH, 


-0/ 

H 


Das  methylfreie  Anthranol  wirkt  stärker  als  das  methyherte. 


M  Unna,  Dermatol.  Wochenschr.  63,   110  (1916). 


Elftes  Kapitel. 

Glycerophosphate. 

Lecithin,  welches  im  Eidotter  vorkommt  und  sehr  ähnlich  gebaut  ist  wie 
die  ungesättigten  Phosphatide,  die  in  einer  Reihe  von  Organen,  insbesondere 
aber  in  den  Gteweben  des  Nervensj^stems  vorhanden  sind  und  anscheinend 
physiologisch  eine  große  RoUe  bei  der  Tätigkeit  dieser  Organe  spielen,  ist  als 
ein  Ester  des  ChoUns,  also  des  Osyäthyltrimethylammoniumhydroxyds  mit  der 
Stearylolevlglycerinphosphorsäure,  beziehungsweise  einer  mit  Palmitin-  oder 
Oleinsäure  substituierten  Glycerinphosphorsäure  aufzufassen 

CH2-0-Ci8H3,0 

CH  -O— C18H33O 

CH,  ■  O  —  PO  —  O  •  C0H4. 

1  (CH3)3iN. 

OH  HO^ 

Lecithin  spaltet  Glycerinphosphorsäure, 

CHj  •  OH 
CH  •  OH 
CHj  •  O  •  PO<Qg 

auf  welche  wir  zu  sprechen  kommen,  bei  Behandlung  mit  Samen  oder  Basen  ab. 

Nach  den  Untersuchungen  von  Danilewski^)  erzeugt  Lecithin  bei  der 
Verfütterung  eine  starke  Vermehrung  der  roten  Blutkörperchen  und  ebenso 
wird  das  Wach.stum  von  Warmblütern  dm-ch  Lecitliin  befördert.  Wemi  mau 
Tiere  aus  demselben  Wurf  gleichmäßig  nährt  und  einem  Teile  der  Versuchstiere 
Lecithin  zur  Xahrung  zusetzt,  so  überholen  sämtliche  Lecithintiere  in  wenigen 
Monaten  ihie  Altersgenossen  an  Körperge^richt  und  sind  dabei  auch  kräftiger 
gebaut.  Auffällig  ist  bei  solchen  Lecithinhunden  die  Munterkeit  und  früh- 
zeitige j)sychische  Entwicklung  der  Versuchstiere.  Nach  Danilewski  übt 
Lecithin  einen  stimulierenden  Einfluß  auf  bioplastische  Vorgänge  aus,  womit 
die  Vermehrung  der  Erythrocyten  und  des  Hämoglobins  zusammenhängt, 
ebenso  ■wie  die  direkte  Wirkung  auf  das  sich  entwickelnde  Gehirn. 

Die  große  therapeutische  Verwendung  des  Lecithins,  wie  die  Gruppe  der 
ungesättigten  Phosphatide  aus  dem  Eidotter  genamit  wird,  bei  Erkrankmigen 
des  Nervensystems  und  zur  Beförderung  des  Wachstums,  hat  einige  Versuche 
gezeitigt,  die  Darstellungsverfahren  zu  verbessern  und  Derivate  darzustellen. 

Empfolüen  wird  die  kalte  Extraktion  des  Lecithins  mittels  Methylalkohol  statt  mit 
Äthylalkohol,  wie  es  üblich  war,  da  Methylalkohol  Lecithin  sehr  gut,  Fette  aber  schlecht 
löst"-). 

Man  extrahiert  mit  kaltem  Äthylalkohol  imd  fällt  Lecithin  mit  verdünnter  Koch- 
salzlösung^). 


1)  C.  r.  1895,  30.  XII.  und  1896,  20.  ^^I.         =)  DRP.  260  886.         ^)  DRP   261  212. 


782  Glycerophosphate. 

Um  da3  rasch  an  der  Luft  dunkelnde  Lecithin  haltbarer  zu  machen,  wird  die  Behand- 
lung des  Lecithins  mit  Wasserstoffsuperoxj-d  empfohlen '). 

Femer  wird  die  Herstellung  von  Salzen  des  Lecithins  mit  Citronensäure  und  Glycerin- 
phosphorsäure  beschrieben  ^). 

Die  Darstellung  von  Hydrolecithin  geschieht  durch  Reduktion  des  Leci- 
thins mit  Platin  und  Wasserstoff.  Dieses  Hydrolecithin  ist  ein  krystallinischer 
Körper.  Es  ist  sehr  fraglich,  ob  Lecithin  nach  der  Hydrierung  noch  seine 
therapeutischen  Eigenschaften  behält.    Versuche  darüber  liegen  nicht  vor'). 

Komplexe  Schwermetallsalzverbindungen  des  oben  erwälinten  Hydrolecithins  ent- 
stehen bei  Behandlung  desselben  mit  Eisenjodür,  mit  Kupferacetat,  mit  Quecksilber- 
chlorid*). 

Jodeisenlecithin  erhält  man,  wenn  man  gesättigte  alkoholische  Lösungen  von  Lecithin 
mit  alkoholischen  Lösungen  berechneter  Mengen  von  Eisenchlorid  und  Jod  in  der  Wärme 
(bei  60°)  behandelt*). 

Kupferlecithin  siehe  bei  Kupf erver bindimgen. 

Diese  eigentümliche  Wirkung  des  Lecithins  hat  nun  Veranlassung  gegeben, 
Glycerinphosphorsäure,  welche  ein  Spaltungsprodukt  des  Lecithins  darstellt 
und  vom  Organismus  zum  Aufbaue  des  Lecithins  Tpieder  verwendet  werden 
kann,  in  der  Therapie  zu  verwerten.  Lecithin  wird  bei  der  Verdauung  zum  Teil 
unter  Abspaltimg  von  Glycerinphosphorsäure  zerlegt,  daher  wäre  die  MögUch- 
keit  gegeben,  statt  des  teuren  imd  leicht  verderbenden  Lecithins  die  leicht  zu 
gewinnende  Glycerinphosphorsäure  im  gleichen  Sinne  zu  verwenden^).  Nach 
Bunge')  wird  Lecithin  vollständig  xmd  im  versehrt  resorbiert,  was  aber  von 
mehreren  Forschem  geleugnet  wird. 

Doch  behaupten  einzehie  Autoren,  daß  Glycerinphosphorsäure  keineswegs 
im  Organismus  dazu  verwertet  wird,  Lecithin  aufzubauen,  weil  sie  nahezu  voll- 
ständig in  die  beiden  Komponenten  Glycerin  und  Phosphorsäure  bei  ihrem 
labilen  Charakter  wieder  zerfällt,  während  andere  Forscher  behaupten,  daß  ein 
Teil  der  eingegebenen  Glycerinphosphorsäure  im  Organismus  zurückgehalten 
wird  und  zur  Bildung  von  Lecithinen  und  Nucleinen  in  den  Geweben  Verwen- 
dung findet.  Die  Glycerophosphate  sollen  den  Stoffwechsel  heben  imd  die 
Assimilation  fördern.  Er  erscheint  dies  nun  nicht  klar,  ob  die  Glycerophosphate 
als  solche  die  dem  Lecithin  eigentümlichen  Wirkungen  auslösen  oder  ob  sie 
zerfallen  und  die  anorganische  Phosphorsäure  von  den  Geweben  zm-  Bildung 
von  Lecithin  verwertet  wird.  In  letzterem  Falle  würde  die  therapeutische  An- 
wendimg der  Glycerinphosphorsäure  und  die  Darstellung  der  verschiedenen 
Verbindungen  (Kalksalze,  Casein  und  Eiweißderivate)  keinen  Vorteil  vor  der 
Anwendmig  der  anorganischen  Phosphate  besitzen. 

Die  im  Lecithin  enthaltene  Glycerophosphorsäure  ist  übrigens  mit  der 
synthetischen  der  Stellung  nach  nicht  identisch  (R.  Willstätter). 

J.  A.  Wülfing  stellt  glycerinphosphorsaures  Natron  in  der  Weise  her,  daß  er  meta- 
phosphorsaures  Natron  mit  einem  Überschuß  von  Glycerin  durch  Erhitzen  auf  120 — 210° 
verestert.  Das  gebildete  Mononatriumglycerophosphat  wird  in  Dinatriumglycerophosphat 
übergefülirt  und  abgeschieden.  Statt  des  metaphosphorsaiu-en  Natriums  kann  man  Meta- 
phosphorsäure   und   Dinatriumphospliat   verwenden*). 

Bei  dieser  Reaktion  bildet  sich  Pyroester.  Jlan  kann  dies  umgehen,  indem  man  statt 
des  unlöslichen  ein  lösliches,  im  Zustand  feiner  Verteilung  befindliches  Natriummetaphos- 
phat, wie  es  durch  Abdampfen  konzentrierter,  mit  Glycerin  versetzter  wässeriger  Lösungen, 
des  glasigen  Natriummetaphosphats  oder  der  mit  der  zur  Bildung  von  Natriummetaphos- 
phat  nötigen  Menge  Alkali   versetzten  glasigen   technischen   Metaphosphorsäure  erhalten 

1)  DRP.-Anm.  Klasse  12q,  D.  26  130  (versagt).  =)  DRP.  268  103. 

ä)  DRP.  256  998.  *)  Riedel,  DRP.-Anm.  Klasse   12q,  R.  37  901. 

')  KnoU,  DRP.  287  017.  «)  Pasqualis,  Ann.  di  chim.  e  farm.   1893,   137. 

')  Lehrb.  d.  Physiol.,  5.  Aufl.,  II,  80ff.  *)  DRP.  205  579. 


Glyceropho8phate.  783 

wird,  mit  einem  Überschuß  von  Glycerin  im  Vakuum  durch  Erhitzen  nicht  über  145° 
verestert'). 

Po ule nc  -  Paris  stellen  Glycerinphosphate  in  der  Weise  her,  daß  sie  einbasische 
Phosphate  bei  höherer  Temperatur  im  Vakuum  auf  Glycerin  einwirken  lassen,  das  Pro- 
dukt mit  Wasser  behandeln  und  neutralisieren,  wobei  eine  Verseifung  der  Diesterverbin- 
dung  erfolgt.  Man  verwendet  zur  Reaktion  POjNaHj  oder  das  saure  Monoammonium- 
phosphat.  Man  nimmt  1  Mol.  Phosphat,  2  Mol.  Glycerin;  setzt  man  dann  AVasser  vmd 
Atznatron  hinzu,  so  erhält  man  krystallisiertes  Dinatriumglycerinphosphat*). 

Glycerinphosphorsäure  kann  man  in  der  Weise  darstellen,  daß  man  Glycerin  mit 
Calciumphosphat  und  konz.  Schwefelsäure  anreibt  und  unter  Umrühren  bei  schwachem 
Druck  anwärmt.  Aus  der  Gipsmasse  löst  man  mit  Wasser  die  Glycerinphosphorsäure 
heraus'). 

Sanatogen  ist  angeblich  glycerinphosphorsaures  Casein. 

Gegen  Tetanus  wird  statt  Magnesiumsulfat  Magnesiumglycerophosphat 
empfohlen*). 

Man  erhält  organische  Phosphorsäureverbindungen,  wenn  man  Metaphosphorsäure- 
ester  mit  alkoholische  Hydroxylgruppen  enthaltenden  Körpern  oder  mit  organischen  Deri- 
vaten des  Ammoniaks  erhitzt. 

Aus  Metaphosphorsäureäthylester,  gewonnen  durch  Kochen  von  Diäthyläther  mit 
Phosphorpentoxyd  und  abs.  Alkohol  erhält  man  Triäthylphosphorsäureester  und  Diäthj'l- 
phosphorsäureester.  Aus  Zucker  und  Metaphosphorsäureäthylester  den  Glucosephosphor- 
säureester.   Aus  Metaphosphorsäureäthylester  und  Harnstoff  Hamstoffphosphorsäureester- 

^.     PO(OH)  ■  (OC2H5) 

amid.   Ebenso  sind  die  Derivate  des  Leucins  ^^'-^cH  •  CH»  ■  CH<        POCOHXOCjH^) 

O-CÄ      ^^^3  ^COOH 

und    des    Benzylalkohols  O  =  P^OH  beschrieben^). 

^O  •  CHj  •  CeHs 

Man  erhält  phosphinige  Sävu'en  der  Oxyfettsäiu'en,  indem  man  Ketofettsäuren  und 
ihre  Derivate,  z.  B.  Diketosäuren,  Oxyketosäuren,  ihre  Ester  imd  Amide  mit  unterphos- 
phoriger  Säure  oder  Salzen  in  Reaktion  bringt.  Beschrieben  sind  oxystearinphosphorige 
Säure  aus  Ketostearinsäure  und  unterphosphoriger  Säm-e,  von  monoketooxystearinphos- 
phoriger  Säiu'e  aus  Stearoxylsäure  (Diketostearinsäure  aus  Stearolsäure)  und  unterphos- 
phoriger Säure,  von  oxybehenphosphoriger  Säure  aus  Ketobehensäiure  und  oxystearinäthyl- 
esterphosphiniger  Säure  aus  Stearoketosävu-eäthylester*). 

Lipoide  phosphorhaltige  Verbindungen  aus  höher  molekularen  Fettsäurederivaten 
erhält  man,  wenn  man  auf  höher  molekulare  Ketofettsäuren  und  üire  Derivate  phosphorige 
Säure  bei  höherer  Temperatur  für  sich  oder  in  Lösung  zur  Einwirkung  bringt  oder  die 
nach  DRP.  280  411  erhaltenen  oxyphosphorigen  Säuren  oder  deren  Derivate  mit  geUnden 
Oxj-dationsmitteln  behandelt  und  gegebenenfalls  die  freien  Säuren  in  Salze  überführt. 
Von  diesen  Oxyphosphinsäuren  ist  die  Oxystearophosphinsäure  aus  l-O-Ketonstearinsäure 
und  phosphoriger  Säure  beschrieben'). 

Das  in  der  Natur  vorkommende  Ph^i:in  ist  eine  Inosithexaphosphorsäure, 
die  bei  der  Hydroh^se  1  Mol.  Inosit  und  6  Mol.  Phosphorsäure  gibt^). 

SjTithetisch  erhielt  sie  Posternak'),  indem  er  Inosit  mit  wasserfreier 
Phosphorsäure  erwärmt  und  Phosphorpentoxyd  in  kleinen  Mengen  einträgt, 
wobei  die  Temperatur  auf  130°  ansteigt.  Nach  dem  Eintragen  des  Reaktions- 
gemisches in  Natronlauge  und  Eindampfen  der  Lösung  krystaUisieren  meist 
die  Natriumsalze  der  Ortho-  und  Pj-rophosphorsäure  aus.  Die  sirupartige  Mutter- 
lauge enthält  ein  Gemisch  von  pol\-phosphorsaurem  Liositestem ;  aus  ihrer 
essigsauren  Lösung  scheiden  sich  nach  Zusatz  von  Calciumacetat  Kalksalze  der 
Inosithexaphosphorsäureester  ab,  aus  welchen  man  das  charakteristische  Cal- 
cium-Natriumsalz  der  Inosithexaphosphorsäure  (Ph}^;in)  abtremit. 

Eiweißhaltige,  leicht  resorbierbare  Eisensalze  der  Inositphosphorsäure  stellt  man  dar, 


>)  DRP.  217  553,  Zusatz  zu  DRP.  205  579.         ')  DRP.  208  700.         ^)  DRP.  242  422. 

')  Zuelzer,  Berl.  khn.   Wochenschr.   53,  689  (1915). 

5)  Langheld,  DRP.  248  956.  «)  Hoffmann-La  Roche,  DRP.  280411. 

')  Hoff  mann  -  La  Boche,  DRP.  281  801. 

«)  S.  Posternak,  C.  r.  Wi,  439  (1903);  16T,  37  (1919).         ")  Cr.  169,  79  (1919). 


784  Glj'cerophosphate. 

indem  man  auf  diese  oder  üire  Alkali-  oder  Erdalkalisalze  in  Gegenwart  von  Eiweißstoffen 
Eisensalze  derart  einwirken  läßt,  daß  gleichzeitig  das  Eiweiß  mitgefällt  wird'). 

Die  hochmolekularen  vmgesättigten  Oxyfettsäuren  geben  bei  Behandlung  mit  Phos- 
phortrilialogeniden  oder  Phosphoroxyhalogeniden  bereits  in  der  Kälte  halogenfreie  phos- 
phorhaltige  Beaktionsprodukte.  Die  Reaktion  verläuft  so,  daß  Säurehalogenide  gebildet 
werden,  die  Oxygruppe  aber  intakt  bleibt.  Bei  der  Verseifung  der  entstandenen  Säure- 
halogenide mit  Wasser  entstehen  phosphorhaltige  Verbindungen  der  betreffenden  Oxjiiett- 
säure  in  guter  Ausbeute,  die  sich  nach  der  bekannten  Methode  in  ihre  Erdalkalisalze  über- 
führen lassen;  beschrieben  ist  die  Phosphorverbindung  der  Ricinolsäure^). 

Durch  Einwirkung  von  Phosphortrichlorid  auf  höher  molekulare  Ketofettsäuren  er- 
hält man  in  kurzer  Zeit  imd  bei  Wasserbadtemperatur  Verbindungen,  die  schon  beim 
Behandeln  mit  Wasser  in  die  Oxyphosphinsäuren  übergehen^). 

Aus  Ketostearinsäure  und  Phosphortrichlorid  erhält  man  Oxj'stearinphosphorsäure ; 
aus  Ketostearinsäureguajacolester  entsteht  der  Guajacolester  der  Oxystearinphosphinsäure. 

Die  Estersäuren  des  DKP.  281  801  lassen  sich  auch  nach  den  gewöhnlichen  Esterifi- 
zierungsmethoden  aus  den  freien  Oxyphosplünsäuren  darstellen*). 

Beschrieben  ist  die   Darstellung  des  Oxj'stearophosphinsäureäthylesters. 

Diese  Estersäuren,  deren  Salzen  die  wertvolle  Eigenschaft  der  Lipoidlöslichkeit  in 
bisher  nicht  bekanntem  Maße  zukommt,  lassen  sich  auch  nach  den  gewöhnlichen  Esterifi- 
zierungsmethoden  aiis  den  freien  oxj'phosphinigen  Säuren  darstellen. 

Beschrieben  ist  die  Überführung  der  oxystearinphosphinigen  Säure  in  die  sirupöse 
Methylestersäure  ^). 

A.  Harden  und  W.  J.  Young  haben  beobachtet,  daß  durch  Zusatz  von 
Phosphaten  zu  einer  gärenden  Alischung  von  Glucose  und  Hefei^reßsaft  eine 
Beschleunigung  der  Gärung  \ind  eine  gesteigerte  Gresamtgärung  erzielt  wird. 
Es  bildet  sich  intermediär  ein  Hexosei^hosphat,  welches  immer  wieder  durch 
ein  Ferment  gespalten  wird*).  Young  stellte  aus  der  Lösung  das  Salz  einer 
Säure  C6Hio04(P04H2),  dar. 

Kohlenhydratphosphorsäiu-eester  aus  gärungsfähigem  Zucker  und  anorganischen 
Phosphaten  erhält  man,  wenn  man  lebende  Hefe  in  ihrer  Gärwirkvmg  schwächt  und  auf 
gärvingsfähigen  Zucker  in  Gegenwart  anorganischer  Phosphate  zur  Einwirkung  bringt. 
Man  verwendet  Hefe  \md  z.  B.  Toluol.  Dann  setzt  man  nach  Verschwinden  der  Phos- 
phorsäiu'e  ein  Calciumsalz  dem  Filtrate  zu  vmd  fällt  mit  Alkohol'). 

Mineralsäureester  der  Kohlenhydrate,  der  entsprechenden  Oxysäuren  und  der  mehr- 
wertigen Alkohole  erhält  man,  wenn  man  diese  Verbindungen  mit  den  Halogeniden  der 
Phosphorsäure  oder  Schwefelsäiu-e  in  Gegenwart  von  säurebindenden  Substanzen  behan- 
delt. Bei  der  Darstellung  von  Schwefelsäureestern  der  Kohlenhydrate  und  der  entsprechen- 
den Oxj'säuren  kann  man  an  Stelle  von  Halogeniden  der  Schwefelsäure  Pyrosulfate  ver- 
wenden. Beschrieben  sind  Saccharosephosphorsäure,  Erythritsehwef  elsäure ,  Glucose- 
phosphorsäure  *). 

Man  erhält  Kohlenhydratphosphorsäureester  aus  gärungsfähigem  Material  und 
anorganischen  Phosphaten  unter  dem  Einflüsse  der  Hefefermente.  Nach  vollendeter 
Phosphatbindung  unterbricht  man  die  Fermentfähigkeit  durch  Zusatz  von  Gerbsäure. 
Es  wird  hierdurch  das  Esterphosphorsäuren  spaltende  Ferment  unschädhch  gemacht. 
Beschrieben  ist  die  Darstellung  von  esterphosphorsaurem  Salz  aus  Rohrzucker  und 
Dinatriunaphosphat.  Die  erhaltene  Lösung  liefert  mit  Chlorcalciumlösung  und  Alkohol 
das  entsprechende  Calciumsalz^). 

Nach  vollendeter  Phosphatbindung  wird  die  Fermenttätigkeit  statt  durch  Gerbsäure 
hier  durch  andere  der  üblichen  chemischen  Eiweißfällungsmittel,  vorzugsweise  durch 
Mineralsäuren,  imterbrochen '"). 

Ein  Salz  der  Fructosediphosphorsäure  erhält  man,  wenn  man  die  Säiu'e  in  der  für 
die  Darstellimg  von  Salzen  üblichen  Weise  in  ihr  neutrales  Calciumsalz  überführt.  Das 
Salz  ist  in  Wasser  schwer  löslich,  aber  gut  resorbierbar''). 


')  Ciba,  DRP.  254  489.  =)  Riedel,  DRP.  299  992. 

')  DRP.  284  736,  Zusatz  zu  DRP.  281  801. 
*)  DRP.  286  515,  Zusatz  zu  DRP.  281  801. 

5)  Proc.  Roy.   Soc.  London  Serie  B.  '57.  405;  80.  299;  81,   1910;  83,  310. 
")  DRP.  285  991,  Zusatz  zu  DRP.  280  411.  ")  Carlson,  DRP.  293  864. 

*)  DRP.  247  809.  »)  Bayer,  DRP.  292  817. 

")  DRP.  301  590,  Zusatz  zu" DRP.  292  817.  ")  Baver,  DRP.  302  094. 


Glycerophosphate.  785 

Caudiolin  ist  das  Calciumsalz  eines  Kohlenhydratphosphorsäureesters^). 

Glucophor  ist  Calciumglucosephosphat. 

Hesperonal  werden  Verbindungen  der  Saccharosephosphorsäure  genannt. 

Man  behandelt  Stärkearten  mit  einer  konzentrierten  Lösung  von  Glycerinphosphor- 
säure.    Das  Produkt  ist  haltbar  und  wasserlöslich^). 

Maltose  mit  Glycerinphosphorsäure  kondensiert  gibt  eine  leicht  lösliche  krystallinische 
Verbindung.    Die  Kondensation  erfolgt  bei   110"  unter  heftiger  Reaktion'). 

Derivate  von  Monoarylphosphorsäuren  erhält  man,  wenn  man  die  Einwirkungspro- 
dukte  von  Phosphorhalogeniden  auf  m-  und  p-Oxybenzoesäure  oder  deren  Derivate  mit 
hydroxylhaltigen  organischen  Verbindungen  verestert,  z.  B.  p-Guajacylcarbonylphenyl- 
phosphorsäure  aus  Guajacol  und  p-Chlorcarbonylphenylpho.sphorsäiU'e,  p-Cholesterylcarbo- 
nylphenylphosphorsäure  aus  Cholesterin  und  p-Chlorearbonylphenylphosphorsäurechlorid. 
Isokresol(-methylguajacol)ester  der  p-Chlor-m-carbonylphenylphosphorsäure  und  die  ana- 
logen Santalolester ,  p-Nitrophenyl-m-carbonylphenylphosphorsäure,  p-Methylcarbonyl- 
phenylphosphorsäure ,  Salicylsäuremethylesterverbindung  der  p-Carbonylphenylphosphor- 
säure*). 

Die  Säuren  der  Acetylenreihe  und  ihre  Derivate  gehen  durch  Einwirkung  von  phos- 
phoriger Säure  in  phosphorhaltige  Verbindungen  über.  Bei  Verwendung  von  Stearolsäure, 
Behenolsäure  und  analogen  hochmolekularen  Säuren  und  ihren  Derivaten  erhält  man  fett- 
ähnUche  Produkte,  die  lipoidlöslich  sind.     Mit  Alkalien  bilden  sie  wasserlösliche  Salze*). 

Ungesättigte  Substanzen  gehen  bei  der  gleichzeitigen  Einwirkung  von  Phosphor  und 
Sauerstoff  Verbindungen  mit  den  Phosphoroxyden  ein,  indem  an  die  doppelte  Bindung 
bei  Anwendung  ungenügender  Sauerstoff  mengen  P3O3,  bei  Anwendung  überschüssigen 
Sauerstoffs  P2O4  addiert  wird.  Dabei  entstehen  phosphorreiche  Oxyde,  welche  den  Nitro- 
siten  und  Nitrosaten  analog  zusammengesetzt  sind  und  die  daher  Phosphorite  und  Phos- 
phorate  genannt  werden.  Man  erhält  diese  Verbindungen,  wenn  man  diese  ungesättigten 
Verbindungen  in  Solvenzien  bei  Gegenwart  von  Phosphor  mit  Luft  oder  mit  reinem  Sauer- 
stoff behandelt.  Die  Phosphorite  und  Phosphorate  entstehen  aus  Athylenderivaten  der 
verschiedenen  Reihen,  nämlich  aus  Homologen  des  Äthylens  (z.  B.  Amylen),  aus  un- 
gesättigten aliphatischen  Alkoholen  und  Aldehyden  (z.  B.  AUylalkohol,  Geraniol,  Citral), 
ungesättigten  Säuren  und  ihren  Abkömmlingen  (z.  B.  Olsäiu-e,  Olivenöl),  aus  Vertretern 
der  Arylolefine  (z.  B.  Zimtsäure,  Zimtsäureester)  imd  aus  Cycloolefinen  (z.  B.  Tetrahydro- 
benzol,  Pinen  usw.).  In  fast  allen  Fällen  reagiert  eine  Doppelbindung  zunächst  mit 
2  Atomen  Phosphor  und  3  Atomen  Sauerstoff,  und  langsam  tritt  additiv  eine  viertes  Sauer- 
stoffatom ein.  Bei  mehrfach  ungesättigten  Glyceriden  nimmt  jede  einzelne  Doppelbindung 
schließlich   P2O4  auf«). 

1)  Impens,  Deutsche  med.   Wochenschr.  42,   697   (1916). 

2)  Reese,  DRP.  251  803.  ')  E.  Jacoby,  DRP.  266  576. 
*)  Bayer,  DRP.  280  000.  ^)  Bayer,  DRP.  290  760. 

«)   Willstätter  imd  Sonnenfeld,  DRP.  288  393. 


Fränkel,  Arzneimittel-Synthese.    5.  .\ufl.  50 


Zwölftes  Kapitel. 

Diuretica. 

Die  Körper  der  verschiedensten  Gruppen,  welche  diuretische  Wirkungen 
auslösen,  haben  sich  bis  nun  nicht  so  gruppieren  lassen,  daß  man  durch  die 
Erkenntnis  ihrer  Konstitution  zu  neuen  wirksamen  Verbindungen  gelangen 
könnte. 

Wenn  man  bedenkt,  daß  Äthylalkohol,  Harnstoff,  Theobromin,  Coffein, 
die  meisten  der  sogenannten  Gichtmittel,  sowie  alle  Kardiotonica  diuretisch 
wirken,  so  wird  man  einsehen,  daß  hier  nur  dann  möglich  ist,  auf  synthetischem 
Wege  neue  Substanzen  zu  schaffen,  wenn  man  eine  bestimmte  chemische  Gruppe 
dieser  Substanzen  herausgreift. 

Ameisensäureäthylester  H  •  COO  •  C2H5  ist  ein  unschädliches  Diureticum^), 
ebenso  ameisensaure  Salze^). 

Kreatinin  hat  auf  Menschen  und  Hunde  eine  ziemhch  starke  diuretische 
Wirkung,  ebenso  Kreatin'). 

Dem  Kreatinin  werden  diuretische  Wirkungen  zugeschrieben.  Ein  Verfahren  zur  Dar- 
BtelluDg  ist  in  DRP.  251  937  enthalten. 

Durch  Erhitzen  von  Methylguanidoessigsäure  mit  organischen  Säuren,  wie  Essigsäure 
erhält  man  in  glatter  Weise  Methylglykocyamidin  [Kreatinin*)]. 

Alle  Urethane  wirken  diuretisch. 

Phenosypropandiol »)  (Phenylglycerinäther)  CgHsO  •  CHj  •  CHOH  •  CHj  •  OH , 
Antodin  genannt,  ist  kein  Protoplasmagift,  es  wirkt  nicht  lokal  anästhesierend 
und  auch  nicht  auf  Erythrocyten.  Größere  Gaben  wirken  erst  vasokonstrin- 
gierend.  Bei  fiebernden  Tieren  sinkt  die  Temperatur  deutlich  für  kurze  Zeit 
ab.  Die  toxische  Wirkung  hat  nicht  den  Charakter  einer  Phenolvergiftung, 
sondern  man  beobachtet  Wirkungen  auf  das  Zentralnervensystem.  Es  macht 
vorübergehende  Diurese,  ohne  die  Hamphenole  zu  vermehren.  Man  erhält 
Phenoxypropandiol  durch  Behandlung  von  Phenoxypropanoxyd  mit  Wasser 
unter  Druck.  Es  soll  als  Analgeticum  und  Sedativum,  welches  die  Temperatur 
nicht  herabsetzt,  und  Diureticum  benutzt  werden. 

Phenylglycerinäther  macht  eine  starke  anästhesierende  Wirkung  imter 
Aufhebung  der  Pupillenreflexe.  Die  Chlorverbindungen  sind  fast  geruch-  und 
geschmacklos,  sie  setzen  die  Temperatur  erst  nach  längerer  Zeit  herab,  aber 
ihre  Wirkung  ist  andauernder  als  die  der  chlorfreien. 

Einzelne  Saponine  werden  nach  innerhcher  Verabreichung  aUerdings  bei 
weitem  nicht  quantitativ,  aber  doch  in  merkbarer  Menge,  vom  Hund  unver- 
ändert resorbiert  und  als  solche  im  Ham  ausgeschieden.  Einzelne  Saponine 
wirken  zeitweise  diuretisch'). 

')  Amblard,  Journ.  des  praticiens  1906,  Kr.  34.  — Huchard,  Annal.  de  pharmacio 
1906,  Nr.  9,  402.  2)  Pila  und  Battisti,  Marseille  MMical  1905,   15.  XI. 

')  Aldis,  HS.  50,   13  (1907).  *)  Bayer,  DRP.  281  051. 

^)  A.  Gilbert  und  P.  Descomps,  C.  r.  s.  b.  1910,  145.  —  E.  Filippi  und  L.  Ro- 
dolico,  Arch.  d.   Farmacol.  sperim.   11,   1.  ')  J.  Fieger,  BZ.  86,  243  (1918). 


Diuretica.  787 

Bromsaponin  wirkt  nicht  mehr  hämolytisch  und  verhindert  oder  verzögert 
die  Hämolyse  durch  andere  Saponine^). 

Harnstoff  und  Glykokoll  wirken  ebenfalls  diuretisch. 

Die  Untersuchungen  von  W.  v.  Schroeder  haben  gezeigt,  daß  dem 
Coffein  zweierlei  Wirkungen  zukommen:  eine  das  Zentralnervensystem  er- 
regende, dem  Strychnin  vergleichbare,  welche  die  Harnsekretion  beeinträchtigt, 
und  eine  direkte,  die  Nieren  treffende,  welche  durch  den  Eintritt  einer  mächtigen 
Harnflut  charakterisiert  ist^).  Die  zentralerregende  kann  die  auf  die  Niere 
ausgeübte  in  verschiedenem  Grade,  ja  selbst  völlig  kompensieren. 

1.7-9-Trimethyl-2.8-dioxypurin  ist  weit  weniger  wirksam,  als  Coffein.  Die 
Giftigkeit  verhält  sich  wie  1  :  10.  Die  diuretische  Wirkung  ist  beim  Kaninchen 
zuweilen  in  mäßigem  Grade  vorhanden'). 

Die  zentralerregende  Wirkung  des  Coffeins  auszuschalten,  war  nun  für 
die  Darstellung  eines  sehr  wirksamen  Diureticums  aus  dem  Coffein  von  größter 
Wichtigkeit.  Da  zeigte  es  sich,  daß  auch  das  um  eine  Methylgruppe  ärmere 
Xanthinderivat,  das  Theobromin 

(i)HN (6)  CO 

I  I 

(2)  CO         (5)C— (7)N(CH3) 

I  I  ^(8)CH 

(3)  N(CH3)  —  C ^f 

(i)  (9) 

diuretische  Wirkungen  ebenso  wie  Coffein 

(i)(CH3)N— (6)CH 
I  I 

(2)  CO    (5)C— (7)N(CH3) 

I  II  )^'®'  ^^ 

(3)  (CH3)N C N 

(4)  (9) 

besitzt.  Doch  war  der  Anwendung  des  Theobromins,  welches  ja  weit  schwächere 
Wirkungen  auf  das  Zentralnervensystem  ausübt,  wie  Coffein,  seine  schwere 
Resorbierbarkeit  und  seine  Schwerlöslichkeit,  in  bezug  auf  Coffein,  welche  es 
übertrifft,  hinderlich. 

Diese  Schwierigkeit  wurde  bei  beiden  Basen  durch  die  Darstellung  leicht 
löslicher  Doppelsalze  behoben.  Besonders  eignen  sich  zu  diesem  Zwecke  Doppel- 
salze mit  Natriumsalicylat,  aber  es  soll  zur  Darstellung  auch  die  Alkaliverbindung 
der  Xanthinbase  und  nicht  diese  selbst  verwendet  werden.  So  wurde  das  Diiu-etin- 
Knoll  dargestellt,  ein  leicht  lösliches  Doppelsalz  des  Theobrominnatrium  und 
Natriumsalicylat  mit  einem  Gehalte  von  50%  Theobromin.  Es  ist  ausdrückhch 
zu  bemerken,  daß  das  Natriumsalicylat  in  keiner  Beziehung  zur  Wirkung  steht, 
sondern  hier  nur  zur  Darstellung  emes  leicht  löslichen  Doppelsalzes  Verwendung 
findet^). 

Wie  mit  dem  Natriumsalicylat  kann  man  auch  Doppelsalze  des  Theo- 
bromins und  Coffeins  mit  Natriumbenzoat  darstellen. 

Anisotheobromin  ist  Diuretin,  in  welchem  statt  NatriumsaUcylat,  anis- 
saures Natrium  verwendet  wird. 


1)  E.  Winterstein  und  M.  Maxim,  Helv.  chim.  Acta  2,   195  (1919). 

^)  AePP.  2ä,  39;  24,  85. 

')  William  Salant  vmd  Helene  Connet,  Journ.  of  pharmacol.  a.  exp.  therapeut. 
II,  81   (1918). 

*)  Ch.  Gram,  Therap.  Monatshefte  1890,  10.  Dargestellt  wurde  diese  Verbindung 
auf  Veranlassung  von  Riegel  (Gießen). 

50* 


788  Dhvretica. 

Bergell,  Berlin'),  stellt  ein  Doppelsalz  aus  Coffein  und  Lithiumbenzoat  durch  Auf- 
lösen im  Verhältnis  von  1 — 2  Mol.  in  Wasser  bei  50°  und  Eindampfen  der  Lösung  ira 
Vakuiun  her.    Dieses  Salz  soll  stärker  diuretisch  wirken  als  Coffein. 

Theosaliii  ist  Theobrominnatrium-Natriumsulfo.salicj'lat. 

Ebenso  wurde  als  Ersatz  des  Diuretins  Natriumacetat  -  Theobromin- 
natrium  unter  dem  Namen  Agurin  eingeführt. 

Statt  des  alkalischen  Diuretins  wurde  auch  versucht,  salicylsaures  Theo- 
hromin,  welches  sauer  reagiert,  zu  gleichem  Zwecke  zu  verwenden. 

Thcolactin  ist  ein  Doppelsalz  von  Theobrominnatrium  und  milchsaurem 
Natron-). 

Barutin  ist  Theobrominbarium-NatriumsaUcylat;  es  ist  neunmal  weniger 
giftig  als  Chlorbarium*). 

Das  wenig  lösliche  Theobrominbarium  geht  bei  Behandlung  mit  2  Mol.  Natriumsali- 
eylat  auf  1  Mol.  Theobromin  in  ein  leicht  lösliches  Doppclsalz  über.  Man  versetzt  eine 
Lösung  von  Theobrominnatrium  mit  2  Mol.  Natriumsalicylat  und  setzt  die  berechnete 
Menge  Chlorbarium  zu  und  dampft  im  Vakuum  ein  oder  man  löst  Theobrominbarium  in 
Natriumsalicylat.  Das  Präparat  besitzt  die  diuretische  Wirkung  des  Theobromins  und 
gleichzeitig  die  blutdruckerhöhende  des  Chlorbariums*).  Zur  Herstellung  leicht  löslicher 
Doppelsalze  aus  1.3-Dimethylxanthin  resp.  1.3.7-Trimethylxanthin  und  Bariumsalicylat 
läßt  man  2  Mol.  Base  auf  1  Mol.  Bariumsalicylat  einwirken^).  Man  erhält  dasselbe  Salz, 
wenn  man  2  Mol.  Theobrominnatriimi  mit  1  Mol.  Bariumsalicylat  in  Gegenwart  von  2  Mol. 
Natriumsalicylat  umsetzt*). 

2.8-Dioxy-1.9-dimethylpurin  macht  bei  Kaninchen  keine  bemerkenswerte 
Diurese'). 

Man  kann  Salze  von  Xanthinbasen  und  Phenylchinolincarbonsäure  darstellen,  welche 
leicht  löslich  sind,  und  neutral  oder  schwach  sauer  reagieren  dabei  weniger  bitter  sind 
als  die   Xanthinkörper  selbst*). 

Durch  Einwirkung  von  Formaldehyd  auf  Xanthine  erhält  man  Derivate,  welche 
Formaldehyd  leicht  abspalten,  und  dabei  kommt  die  Wirkung  der  abgespaltenen  Purin- 
base  ziu-  Geltung'). 

Von  den  Acidylsalicoylderivaten  des  Theobromins  soll  sich  Acetylsalicoyl- 
theobromin  (Theacylon)  am  besten  bewährt  haben  *").  Theacylon  hat  keinen 
unangenehmen  Geschmack  und  erzeugt  auch  keine  Atzwirkung;  es  ist  un- 
löslich und  wird  erst  im  Darme  gespalten. 

Urogenin  ist  ein  Doppelsalz  aus  Theobromin  und  dem  Lithiumsalz  der 
Hippursäure  ^^). 

Ein  Ersatzmittel  des  Diuretins  ist  Uropherin  (TheobrominUthium-Lithium- 
salicylat).  Die  Einführung  des  Lithiums  steht  zur  diuretischen  Wirkung  in 
keiner  Beziehung;  vielleicht  wird  durch  die  Gegenwart  des  Lithiums  die  Re- 
sorptionsschnelligkeit erhöht,  sonst  wäre  der  Ersatz  des  Natrium  durch  Lithium 
nicht  zu  entschuldigen,  da  Lithium  ja  schädliche  Nebenwirkungen  auf  das 
Nervensystem  zeigt. 

Da  die  ameisensauren  Salze  Diuretica  sind ,  wurde  Theobrominnatrium  -  Natrium- 
formiat  CjHjNjOjNa  •  HCOONa  •  HjO  aus  molekularen  Mengen  Theobrominnatrium  imd 
wasserfreiem  Natrimnformiat  dargestellt,  Theophorin  genannt  '^). 

Zi  mmer,  Frankfurt  *')  stellen  ein  Doppelsalz  aus  Theobrominnatrium  und  Alkali- 
halogeniden  in  molekularen  Mengen  her. 


1)  DRP.  199  108. 

2)  Forsehbach   und   S.  Weber,   AePP.  56.    186   (1907). 

3)  H.  Brat,  Berliner  klin.  Wochonschr.  ■i'i,    1219.  *)  Agfa-Berlin,  DRP.  164  424. 
^)  Agfa,  DRP.  168  293.           «)  Agfa,  DRP.  167  410,  Zusatz  zu  DRP.  164  424. 

')  Laf.   Mendel  b.  C.  O.  Johns,  Journ.   of  biol.  ehem.  14,    1   (1913). 

*)  DRP.  264  389.  »)  DRP.  254  488. 

">)  August  Hoff  mann,  Münchener  med.  Wochenschr.   62,   llOS,  DRP.  252  641. 
")  E.  A.  Tubini,  Arch    d.   Farmacol.  sperim.    II,   276,   283. 
>2)  Hoff  mann  -  La  Roche,  DRP.  172  932.         i»)  DRP.  208  188. 


Diuretica.  789 

Hoff  mann -La  Roche')  stellen  aus  Coffein  und  metaphosphorsauren  Alkalien 
Doppelsalze  her,  indem  sie  in  den  AlkaUmetaphosphatlösuiigen  in  der  Wärme  Coffein  auf- 
lösen und  die  Lösung  im  Vakuum  eindampfen. 

Riedel-Berlin^)  hat  statt  Coffein  l-Äthyl-3.7-dimethylxanthin  vorgeschlagen, 
welches  anhaltender  diuretisch  wirksam  sein  soll  als  Coffein.  Leicht  lösliche  Doppelsalze 
dieser  Base  erhält  man  mit  den  Alkalisalzen  der  Benzoesäure  und  Salicylsäm«,  indem 
man  die  wässerige  Lösung  molekularer  Mengen  durch  Eindampfen  zur  Trockne  bringt 
oder  die  Doppelsalze  durch  Alkohol  oder  Aceton  fällt. 

Da  es  sich  bei  der  Darstellung  von  Derivaten  des  Coffeins  wesentlich  auch 
um  leicht  lösliche  und  leicht  resorbierbare  Derivate  handelt,  wurde  fast  selbst- 
verständlich auch  beim  Coffein  durch  Darstellung  der  Sulfosäure. 

CH3N CO 

I  I 

CO       C  — NCH3 

I  I        >C • SO3H 

CH3N C  — N 

beziehentUch  der  Salze  derselben  der  Versuch  gemacht,  zu  leicht  wasserlöshcheii 
Derivaten  zu  gelangen.  Freilich  vergaß  man,  daran  zu  denken,  wie  wesentlich 
abgeschwächt  oder  gar  ganz  unterdrückt')  die  physiologischen  Wirkungen 
durch  die  Einführung  der  Schwefelsäure  in  das  Molekül  werden. 

Man  erhält  die  Coffeinsulfosäure  C8H9(S02  •  OH)N402  und  deren  Salze,  wenn  man 
eine  wässerige  Lösung  von  neutralen  Sulfiten,  wie  Natriumsulfit  mit  Bromcoffein  oder 
Chlorcoffein  unter  Druck  auf  ca.   150°  erhitzt*). 

Aber  wie  die  Nerven  Wirkungen,  so  gehen  auch  die  diuretischen  Wirkungen 
des  Coffeins  bei  diesen  Salzen  verloren,  sie  zeigen  eine  höchst  unsichere  und 
wenig  anhaltende  Wirkung,  zudem  haben  sie  einen  bitteren  Geschmack,  so 
daß  diese  Salze,  Symphorole  genannt,  aus  der  Therapie  wieder  verschwinden 
mußten.  Ihre  gelegentliche  Wirkung  verdankten  sie  überhaupt  dem  Umstände, 
daß  ihre  Lösungen  nicht  beständig  sind*). 

Auch  der  Versuch,  eine  Verbindung  von  Chloral  und  Coffein  CgHii,N402 
-f  CCI3  •  CH(0H)2  +  H2O  als  Diureticum  einzufüliren,  bei  dem  die  zentral  er- 
regenden Eigenschaften  des  Coffeins  durch  die  narkotischen  des  Chlorals  para- 
lysiert werden  sollte,  mißglückte  aus  dem  Grunde,  weil  die  Kombination  mit 
Chloral  nur  die  Chloralwirkungen  zeigt  und  eine  differente  Wirkung  neben 
sich  nicht  aufkommen  läßt^). 

Coffeinmethylhydroxyd  und  Coff eidin  zeigen  keine  deutliche  Wirkung. 
Äthoxycoff ein  CH3  •  N CO 

CO      C  •  N  •  CH3 

CH3N C-N 

erzeugt  Diurese,  wirkt  aber  narkotisch. 

Die  Acylaminocoffeine  sollen  eine  starke  Diurese  hervorrufen,  ohne  die 
Nebenwirkungen  des  Coffeins  zu  zeigen. 

Man  erhält  sie')  durch  Behandeln  von  Aminocoffein  mit  aliphatischen  Säureanhydridea 
oder  Säurechloriden.  Beschrieben  sind  Monoacetylaminocof fein ,  Diacetylaminocoffein, 
Propionylaminocoffein,  Dipropionylaminocoffein,  Chloracetylaminocoffein. 

Die  folgende  Gruppe  besitzt  saure  und  basische  Eigenschaften:  8-Amino- 
theophyUin  ist  sehr  stark  diuretisch  wirksam. 

Man  erhält  es*),  sowie  seine  Alkyl-  oder  Arylderivate  (z.  B.  Phenylaminotheophyllin 
und  Dimethylaminotheophyllin)  durch  Einwirkung  von  Ammoniak  oder  Aminen  auf 
S-Chlortheophyllin. 

')  DRP.  194  533.  ^^  DRP.  170  302.  ^)  Waters,  Brit.  med.  Journ.  1894,  1241. 

')  DRP.  74045.  5)  E.  Schmidt,  Arch.  d.  Pharm.  231,  1.  «)  DRP.  75  S47. 

')  Höchst,  DRP.  139  960.  *)  Böhringer,   Waldhof,  DRP.  156  900. 


790  Diuretica. 

S-Aminoparaxanthin')  entsteht  bei  Einwirkung  von  Ammoniak  oder  Aminen  auf 
8-ChlorparaxantMn.  So  wurden  dargestellt:  8-Aminoparaxanthin,  Methylaminoparaxanthin 
Dimethylaminoparaxanthin ,  Phenylaminoparaxanthin. 

8-Aminotheobroniin  und  dessen  Alkylderivate  erhält  man,  indem  man  Ammoniak 
oder  Amine  auf  8-Brom-  oder  8-Chlortheobromin  einwirken  läßt.  Beschrieben  sind  8-Amino- 
theobromin,   8-Dimethylaminotheobromin  und  S-Phenylanainotheobromin^). 

Man  erhitzt  8-Bromtheobromin  mit  alkoholischem  Ammoniak  durch  9  Stunden  auf 
180°.  8-Aminotheobromin  hat  dieselben  therapeutischen  EigerLschaften  wie  die  anderen 
Aminodimethylxanthine. 

Paraxin  ist  eine  Dimethylaminoverbindung  des  1.7-Dimethylxantliin. 

CH3.N CO  CH, 

CO       C— N  ^pTT 

HN C  — N^         ^CHj 

und  wirkt  wie  Theobrominsalze,  macht  aber  gastrische  Beschwerden.  Im 
menschlichen  Organismus  verwandelt  es  sich  in  7-Methyl-8-dimethylamino- 
2.6-dioxyp\irin,  so  daß  die  Methylgruppe  in  Stellung  1  verloren  geht. 

Coffeinäthylendiamin^),  welches  gut  wasserlöslich,  erhält  man  durch  Einwirkung 
von  Chlor-  oder  Bromcoffein  auf  überschüssiges   Athylendiamin  in  der   Wärme. 

Euphyllin  ist  Theophyllin-Äthylendiamin. 

1.  Methylxanthin  zeigt  nur  eine  schwache  diuretische  Wirkung*). 

Nach  den  Untersuchungen  von  N.  Ach^)  wirken  die  Dimethylxanthine 
am  stärksten  diuretisch,  stärker  als  Trimethylxanthin  (Coffein).  Unter  den 
drei  Dimethylxanthinen :  Theobromin  (3.7-Dimethyl-2.6-dioxypurin),  Theo- 
phyllin (1.3-Dimethyl-2.6-dioxypurin),  Paraxanthm  (1.7-Dimethyl-2.6-dioxy- 
purin)  scheint  dem  Theobromin  die  geringste  diuretische  Wirkung  zuzukommen. 
Theophyllin 

CH3N CO  CH3N CO 

<r°      f^H  und  Paraxanthin  CO      C.N.CH3 

!  1     >CH  1  II      >CH 

CH3N C  — N  NHCN 

wirken  beträchtlich  stärker. 

Die  Methylierung  in  der  1.3-  und  1.7-Stellung  ist  demnach  für  die  diuretische 
Wirkung  wichtiger  als  die  Methyherung  in  3.7-SteUung. 

Die  Giftwirkiing  des  Paraxanthins  ist  bis  ins  einzelne  der  des  Xanthins 
und  Theobromins  ähnlich,  es  versetzt  die  Muskulatur  in  einen  der  Totenstarre 
ähnlichen  Zustand  und  vermindert  die  Reflexerregbarkeit  bis  zum  aUmähhehen 
Erlöschen  (Salomon). 

Theophyllin  macht  den  höchsten  diuretischen  Effekt,  doch  scheint  nach 
Anwendung  von  Paraxanthin  die  diuretische  Wirkung  nachhaltiger  zu  sein. 
Theophyllin  (1.3-Dimethylxanthin)  ist  unter  dem  Phantasienamen  Theocin 
in  die  Therapie  eingeführt*).  Es  fehlt  ihm  dem  Coffein  gegenüber  die  exzitierende 
Wirkung  auf  das  Herz. 

Äthyltheobromin,  Äthylparaxanthin  und  ÄthyltheophyUin  wirken  diu- 
retisch, und  zwar  ÄthyltheophyUin  schwächer  als  Äthyltheobromin.  Auch  die 
Doppelsalze  der  Äthyltheobromine,  ferner  Propyl-,  Butyl-  und  Amyltheobromia 

M  Böhringer,   Waldhof,  DRP.    156  901. 

=)  Böhringer,  Waldliof,  DRP.  164  425,  Zusatz  zu  DRP.  156  900. 
=)  DRP.  142  896.  «)  Max  Engelmann,  BB.  48,   177  (1909). 

5)  AePP.  44,  319  (1900). 

")  Pharmaz.  Ztg.  4T,  866.  S.  auch  O.  Minkowski,  Therap.  d.  Gegenw.  1902,  Nov. 
S.  490. 


Diuretica.  791 

wirken  diuretisch.  Die  Intensität  der  diuretischen  Wirkung  ist  bei  den  Mono- 
äthyldimethylxanthinen  von  der  Isomeric,  bei  den  homologen  alkylierten  Theo- 
brominen  von  der  Art  des  Alkylrestes  abhängig^). 

Allyltheobromin  wirkt  wie  Theobromin  und  Coffein  diuretisch. 

Man  erhält  Theophyllin^),  wenn  man  die  Formylverbindung  von  1.3-Dimethyl-4.5- 
diamino-2.6-dioxypyriniidin  in  der  Wärme  mit  Alkalien  behandelt.    Es  findet  hier  der 

Kingschlaß 

CH3NCO CNH-CHO  CH,.NCO C-NH\ 

CO  •  N(CH3)  •  C  ■  NHj  CO  •  NlCHj)  ■  C  •  N-^ 

bereits  bei  Wasserbadtemperatur  statt. 

Byk,  Berlin^),  stellt  eine  wasserlösliche  Doppelverbindung  aus  molekularen  Mengen 
von  Theophyllin  vmd   Piperazin  her. 

An  Stelle  der  freien  Komponenten  kann  man  auch  deren  Salze  oder  diesen  ent- 
sprechende Gemische  aufeinander  einwirken  lassen*). 

Man  kann  statt  Piperazin  andere  aliphatische  primäre  oder  sekundäre  Diamine  auf 
Theophyllin  einwirken  lassen,  z.  B.  Äthylendiamin.  Es  ist  zweckmäßig,  das  Diamin  in 
geringerem  als  molekularem  Verhältnis  auf  das  Theophyllin  einwirken  zu  lassen^). 

Auch  beim  Piperazin  empfiehlt  es  sich,  etwas  weniger  als  im  molekularen  Verhältnis 
auf  dos  Theophyllin  einwirken  zu  lassen'). 

Byk,  Berlin'),  stellen  halogenoxalkylsubstituierte  Xanthinbasen  in  der  Weise  her, 
daß  sie  halogensubstituierte  Alkylenoxyde  auf  solche  Xanthinbasen  einmrken  lassen, 
welche  in  den  Imidgruppen  vertretbare  Wasserstoffatome  enthalten.  Beschrieben  ist  die 
Darstellung  von  Chloroxypropyltheophyllin  aus  Theophyllin  und  Epichlorhydrin,  das  man 
dann   in   Dioxypropyltheophyllin  oder  in  entsprechende   Amine   überführen   kann. 

Bayer,  Elberfeld*),  stellen  oxalkylsubstituierte  Derivate  von  Xanthinbasen  her, 
indem  sie  Halogenhj'drine  auf  Xanthinbasen  einwirken  lassen,  die  in  den  Imidgruppen 
vertretbare  Wasserstoffatome  enthalten,  so  z.  B.  kann  man  aus  Theophyllin  und  Glykol- 
chlorhydrin  bei  Gegenwart  von   Atznatron    1.3-Dunothyl-7-oxyäthylxanthin  erhalten. 

CH3N CO 

I  I 

CO       C  •  N  •  CHj  •  CHj    OH 

CH3N C.N 

Aus  Theobromin  und  Monochlorhydrin  erhält  man  Dioxypropyltheobromin 

OH  •  H2C(0H)HC  .  CH2  •  N CO 

I  I 

CO       C  •  N  •  CHj 

I  i      >H 

CH3-N C-N 

Aus  3-Methylxanthin  und  Glykolchlorhydrin  erhält  man  Oxyäthyltheobromin 

OH-HaC-CH,  .N CO 

I  1 

CO       C  •  N  •  CH„  .  CH2  •  OH 

I        i    >h' 

CH3.N CN 

An  Stelle  von  Halogenhydrinen  kann  man  Alkylenoxyde  oder  Glykole  eventuell 
unter  Zusatz  wasserbindender  Mittel  verwenden.  Man  kann  z.  B.  Theophyllin  mit  Athylen- 
oxyd,  Propylenoxyd,  Trimethylenoxyd,  Athylenglykol,  bei  Gegenwart  von  Chlorzink  oder 
Salzsäure  im  geschlossenen  Gefäß  erhitzen'). 

4.5-Diamino-2.6-dioxypyrimidine  kann  man  aus  den  entsprechenden  4-Amino-5-iso- 
mtroso-2.6-dioxypyrimidinen  durch  Reduktion  mit  Metallen  in  saurer  Lösung  erhalten,  z.  B. 
mit  Schwefelsäure  und  Zinkstaub  oder  mit  Schwefelsäure  und  Eisen'"). 


')  Bergeil  und  Richter,  Zeitsclu-.  f.  experim.  Pathol.  u.  Ther.   1,  655. 

2)  DRP.  138  444.         =)  DRP.  214  376.         «)  DRP.  217  620,  Zusatz  zu  DRP.  214  376. 

')  DRP.  223  695,  Zusatz  zu  DRP.  214  376. 

«)  DRP.  224  981,  Zusatz  zu  DRP.  214  376.         ')  DRP.  224  159.         »)  DRP.  191  106. 

S)  DRP.  193  799,  Zusatz  zu  DRP.  191  106.  '»)  Merck,  DRP.  161  493. 


792  Diuretica. 

Die  Reduktion  kann  man  ebenfalls  auf  elektrolytischem  Wege  in  saurer  Lösung  mit 
einer  Bleikathode  durcliführen  ^). 

3-Methyl-und  1.3-Dimethyl-4-amino-2.6-dioxypyrimidin  erhält  man  aus  Cyanacetyl- 
methylharnstoff  resp.  Cyanacetyldimethylharnstoff  mittels  alkalischer  Mittel,  indem  man 
derart  schwach  alkalisch  reagierende  Alkalisalze  in  Gegenwart  von  Wasser  verwendet,  daß 
das  sich  bildende  Pyrimidinderivat  als  solches  ohne  Zusatz  von  Säure  sich  abscheidet*). 
Man  verwendet  am  besten  Natriumborat  und  Dinatrimnphosphat^).  Bei  der  gleichen 
Reaktion  kann  man  Ammoniak  oder  Magnesiunioxyd  resp.  Magnesiumhydroxyd  in  wässe- 
riger Lösung  verwenden*). 

Salzartige  Doppelverbindungen  der  <u-Methylsulfosäure  des  p-Aminophenylesters  der 
Salicylsäure  mit  Purinderivaten  erhält  man,  wenn  man  ein  Alkalisalz  der  w-Verbindung 
mit  basischen  Abkömmlingen  des  Purins  oder  die  Alkaliverbindungen  der  basischen  Purin- 
abkömmlinge  mit  der  freien  «-Same  in  Reaktion  bringt.  Besehrieben  sind  die  Doppel- 
verbindungen des  Coffein  und  Theophyllins^). 

Außer  den  Alkali-  bzw.  Erdalkalisalzen  der  (o-Methylsulfosäure  des  Salicyl-p-amino- 
phenylesters  sind  auch  die  Alkalisalze  der  ai-Methylsulfosäure  vieler  anderer  carbo-  oder 
heterocyclischer  Amine  befähigt,  mit  den  basischen  Abkömmlingen  des  Purins  leicht  lös- 
liche salzartige  Doppelverbindvmgen  zu  bilden.  Dieselben  Doppelverbindungen  entstehen 
auch,  wenn  man  die  freien  co-Methylsulfosäuren  der  betreffenden  Amine  auf  die  Alkaliver- 
bindungen der  Purinabkömmlinge  einwirken  läßt.  Besclirieben  sind:  Coffein  Verbindungen 
des  Natriumsalzes  der  w-Methylsulfosäuren  des  Anilins  und  p-Toluidins,  ferner  vom  Theo- 
phyllin, die  Coffein-  mid  Theophyllinverbindungen  des  Natriumsalzes  der  <u-Methylsulfo- 
säure  des  p-Phenetidins,  des  (X-  und  ^-Naphthylamin,  des  l-Phenyl-2.3-dimethyl-4-amino- 
pyrazolons'). 

Die  nach  dem  Hauptpatent  erhältlichen  salzartigen  Doppelverbindungen  der  (o-Me- 
thylsulfosävu-e  des  p  -  Aminophenylesters  der  Salicylsäure  mit  Purinderivaten  entstehen 
auch,  wenn  man  entweder  auf  die  Alkali-  oder  Erdalkalisalze  der  to-Methylsulfosäure  des 
p-Aminophenylesters  der  Salicylsäure  die  basischen  Abkömmlinge  des  Purins,  oder  auf  die 
Alkaliverbindungen  der  basischen  Pvirinabköramlinge  die  freie  cu  -  Methylsulfosäure  des 
p-Aminosalols  in  Gegenwart  von  organischen  Lösungsmitteln,  wie  z.  B.  Chloroform  oder 
Alkohol  einwirken  läßt.    Die  Produkte  sind  gut  wasserlöslich'). 

Das  starke  Diureticura  1.7  -  Dimethylguaniii  hat  keine  krampferregende  Wirkung 
und  erzeugt  auch  keine  Muskelstarre,  wie  das  entsprechende  Xanthinderivat.  Man  erhält 
es  durch  Methylieren  von  Guanin  oder   I-Methylguanin*). 

Acetyl-  oder  Benzoylthcobromin  bleibt  im  Magen  fast  unzersetzt,  wird  im  Darm 
gespalten  und  langsam  resorbiert  imd  übt  so  eine  kontinuierliche  Wirkung  aus'). 

Acidylsalicylderivate  des  Theobromins  erhält  man,  wenn  man  AcidylsaUcyloylsäure- 
chloride  auf  Metallsalze  des  Theobromins  unter  Vermeidung  einer  zu  hohen  Reaktions- 
temperatur einwirken  läßt.  Beschrieben  sind  Acetylsalicyloyltheobromin,  Carbomethoxy- 
salicyloyltheobromin,   Benzoylsalicyloyltheobrornin'"). 

Die  therapeutische  Bedeutung,  welche  den  Salicyloylderivaten  des  Theobromins  zu- 
kommt, ließ  es  wünschenswert  erscheinen,  auch  das  freie  Salicyloyltheobromin  darzu- 
stellen, da  zu  erwarten  war,  daß  diesem  infolge  der  freien  Phenolhydroxylgruppe  eine 
noch  schnellere  therapeutische  Wirkung  zukommt.  Es  gelingt,  zu  dem  Salicyloyltheo- 
bromin zu  gelangen,  wenn  man  die  in  dem  Hauptpatent  beschriebenen  0-Acidylderivate 
unter  sehr  vorsichtigen  Bedingungen  verseift.  Die  Verseifung  des  Carbomethoxysalicyloyl- 
theobromins  geschieht  mit  kalter  verdünnter  Salzsäiu'e  und  des  Acetylsalicyloyltheo- 
bromins  mit  kalter   Vio'N-Natro^lauge  i'). 

Die  Glucoside  der  Purine  erhält  man,  wenn  man  Metallsalze  der  Purine  oder  ihrer 
Derivate  auf  Acidylhalogenglucose  oder  entsprechende  Derivate  anderer  Zucker,  zweck- 
mäßig in  Gegenwart  indifferenter  organischer  Lösimgsmittel  in  der  Wärme  einwirken  läßt 
und  die  so  entstandenen  Acidylpuringlucoside  gegebenenfalls  diu'ch  nachfolgende  vorsich- 
tige Verseifung  in  die  freien  Glucoside  überführt.  Tetraacetyltheophyllinglucosid  erhalt 
man  aus  trockenem  Theophyllinsilber,  Acetobromglucose  und  trockenem  Xylol  beim  Kochen 
Aus   der   Ammon Verbindung   erhält   man   Theophj'llinglucosid.     Beschrieben   sind   ferner: 


')  DRP.  166  267,  Zusatz  zu  DRP.  161  493.  ^)  Höring,  Berlin,  DRP.  182  559. 

')  Höring,   Berlin,  DRP.-Anm.  H.  36  444,  Zusatz  zu  DRP.  182  559. 
*)  Merck,   Darmstadt,  DRP.  177  768. 
^)  Abelin,  Buergi,  Perelstein,  DRP.  285  579. 
«)  DRP.  290  600,  Zusatz  zu  DRP.  285  579. 

')  DRP.  287  801,  Zusatz  zu  DRP.  285  579.  *)  DRP.  262  470  und   264  011. 

»)  DRP.  252  641.  i")  Merck,  DRP.  290  205. 

")  DRP.  291  077,  Zusatz  zu  DRP.  290  205. 


Diuretica.  793 

Tetraacetylchlortheophyllinglucosid ,  Chlortheophyllinglucosid ,  Tetraacetyltheobromin- 
glucosid,  Theobrominglucosid,  Tetraacetylhydroxycoffeinglucosid,  Tetraacetyltheophyllin- 
galaktosid  und  Theophyllingalaktosid ,  Tetraacetyltriehlorpuringlucosid,  Tetraacetyl-2.8- 
dichlor-6-aininopurmglucosid  und  2.S-Dichlor-6-ammopxu-inglucosid,  Tetraacetyltheobro- 
mingalaktosid,  TriacetyltheophyUinrhamnosid,  Theophyllinrhamnosid.  Die  Verbindungen 
wirken  diurotisch,  sind  gut  wasserlöslich  und  wenig  giftig'). 

Diaminopyrimidine  und  ihre  Derivate  lassen  sieh  glatt  mit  Zucker  und  aldehyd- 
haltigen  Körpern  und  mit  Carbonsäuren  aus  Aldehydzuckem  kondensieren.  Die  Reaktion 
erfolgt  unter  Austritt  von  Wasser  schon  beim  einfachen  Erhitzen  der  Komponenten  in 
wässeriger  Lösung.  Die  erhaltenen  glykosidähnlichen  Verbindungen  sollen  als  Zwischen- 
produkte für  Arzneimittel  dienen.  Besehrieben  sind  dos  Kondensationsprodukt  aus 
1.3-Dimethyl-2.6-dioxy-4.5-diaminopyrimidin  und  Schleimsäure,  sowie  das  Kondensations- 
produkt aus  2.6-Dioxy-4.5-diaminopyTimidin  und  Traubenzucker^). 

l-Alkyl-3-methyl-4-amino-2.6-dioxypyrimidin  erhält  man  durch  Behandlung  der 
Alkalisalze  des  3-Methyl-4-amino-2.6-dioxypyrimidins  und  Halogenalkylen  oder  Dialkyl- 
sulfaten'). 

Acetylderivate  von  Cyanamid  und  Harnstoff  erhält  man,  indem  man  Cyanamid 
oder  dessen  Monoalkylderivate  auf  Cyanessigsäure  oder  Halogenessigsäure  einwirken  läßt. 
So  erhält  man  Cyanacetylcyananiid,  Cyanacetylmethylhamstoff,  Chloracetyläthylhamstoff. 
Die  Cyanacetylhamstoffe  sind  von  großer  Bedeutung  für  die  DarsteUung  der  Purinbasenf 
man  erhält  sie  durch  Kondensation  von  Cyanessigsäure  mit  Harnstoff  oder  dessen  Alkyl- 
und  Arylderivaten  mit  Hilfe  von  Säureanhydriden,  z.  B.  aus  Hamstoffcyanessigsäure- 
anhydrid  erhält  man  Cyanacetylhamstoff,  aus  Monomethylhamstoff,  Cyanessigsäure  und 
Propionsäiu'eanhydrid  erhält  man  Cyanacetylmethylharnstoff.  Aus  symmetrischem  Di- 
methylliarnstoff  erhält  man  mit  Cyanessigsäure  und  Essigsäureanhydrid  Cyanacetyldi- 
methylhamstoff'). 

Pyrimidine  kann  man  erhalten,  indem  man  Cyanessigester  mit  Harnstoffen  durch 
Einwirkung   von   AlkaUamid   kondensiert'). 

Diese  Kondensation  kann  man  durch  die  freien  Alkalimetalle  oder  deren  Alkoholate 
bewirken*). 

Man  kann  bei  diesem  Verfahren  den  Harnstoff  oder  seine  Homologen  durch  Acyl- 
harnstoffe  ersetzen,  wobei  der  Ringscbluß  unter  gleichzeitiger  Abspaltung  der  Acylreste 
eintritt')*). 

Von  den  Monomethylxanthinen  wirkt  3-Methylxantliin  noch  diuretisch, 
während  Heteroxanthin  (7-Methylxanthin)  keine  oder  eine  unbedeutende 
Steigerung  der  Hammenge  hervorruft. 

3-Methjlxanthin  soll  für  Xager  sehr  giftig  sein,  während  es  bei  größeren  Tieren  und 
Menschen  nicht  wirkt^). 

Xanthin  selbst  (dHN  — (6)CO 

I  i 

(2)  C       (5)C  — (7)NH 

(3)  HN C  •  N==°°*^'^* 

(4)  (9) 

erzeugt  einen  kaum  nennenswerten  diuretischen  Effekt,  hingegen  kann  man 
das  Auftreten  von  Hämaturie  beobachten. 

Isocoffein  (l.V-Q-Trimethyl-e.S-dioxj-purin)  -nirkt  nur  schwach  diuretisch. 

Noch  mehr  tritt  der  diuretische  Eöekt  bei  den  Monooxypurinen  zurück. 
Desoxycoffein  (1.3-7-Trünethyl-2-ox3-1.6-dihydropimn) 


CHj-N  — 

-CHj 

CO 

CH3N  — 

C  — NCH3 
-C  — N 

>)  Bayer,  DRP.  281008.  ^)  Thannhauser,  DRP.  285  286. 

ä)  Bayer -Elberfeld,  DRP.  167  138.  *)  DRP.  175  415. 

')  Merck,  DRP.  165  561.  ")  DRP.  165  562,  Zusatz  zu  DRP.  165  561. 

')  DRP.  170  657,  Zu.satz  zu  DRP.  165  561. 

8)  DRP.  170  555,  Zusatz  zu  DRP.  165  561.         <•)  Ba  ver  -  Leverkusen,  DRP.  305  926_ 


794  Diuretioa. 

und  Desoxytheobromin  (3.7-Dimethyl-2-oxy-1.6-dihydropiirm) 

HN CH2 

I  I 

CO      C  — N  ■  CHj 

I  II         ^PTT 

I  II         ^^^ 

CH3C C— N 

bewirken  in  größeren  Dosen  eine  Herabsetzung  der  Diurese.  Desoxytheobromin 
zeigt  noch  Wirkungen,  während  Desoxycoffein  nach  kleinen  Dosen  ganz  ohne 
Wirkung  ist.  Ähnlich  verhalten  sich  ja  auch  Theobromin  und  Coffein  zu- 
einander. Desoxycoffein  macht  in  größeren  Dosen  tetanische  Krampfanfälle 
und  Tod,  während  dieselbe  Dosis  Desoxytheobromin  ohne  auffallende  Wirkung 
ist.  Heteroxanthin  macht  neben  einer  starken  Schädigung  der  Nierenfunktion 
eine  Steigerung  der  Reflexerregbarkeit. 

Nach  N.  Ach  ist  die  Grundbase  Xanthin  für  die  diuretische  Wirkung  der 
Xanthinderivate  von  mitergeordneter  Bedeutung.  Erst  die  methylierten  Deri- 
vate wirken  diuretisch;  die  Methyherung  au  bestimmten  Stellen  des  Purin- 
kernes  steht  in  imiiger  Beziehung  zur  eintretenden  Diurese. 

Trotzdem  wurde  versucht,  Xanthindoppelsalze  als  Diuretica  einzuführen. 

E.  Merck  stellt  4-Immo-5-isonitroso-2.6-dioxypyTimidin  und  dessen  3-Alkylderivate 
her,  indem  er  Cyanacetylharnstoff  oder  dessen  Alkylderivate  mittels  salpetriger  Säure 
in  die  Isonitrosoderivate  umwandelt  und  diese  durch  Behandeln  mit  alkalischen  Reagen- 
zien in  Pyrimidine  umlagert*). 

Acylderivate  der  Xanthinreihe  erhält  man,  wenn  man  entweder  Derivate  der  Chlor- 
kohlensäure auf  Metallsalze  von  Xanthinen  einwirken  läßt  oder  Xanthinchlorocarbonate 
nach  den  üblichen  Methoden  mit  aktiven  wasserstoffenthaltenden  Verbindungen,  wie 
Alkoholen,  Phenolen,  Aminen  oder  Xanthinbasen  zur  Umsetzung  bringt.  Beschrieben  sind: 
Theobrominkohlensäurechlorid,  o-Carboäthoxyphenyltheobrominkohlensäureester,  Thymol- 
kohlensäureester  des  Theobromins,  Bistheobrominkohlensäureoster  des  Piperazins,  3-Me- 
thylxanthintheobromincarbonat ,  Kohlensäureäthylester  des  Theobromins  und  Ditheo- 
bromincarbonat.  Die  Verbindungen  sind  durch  Alkalien  meist  leicht  verseifbar,  gegen 
Säuren  jedoch  genügend  beständig.  Sie  gestatten  die  diuretische  Wirkung  der  Xanthine 
mit  der  Wirkung  des  harnsäurelösenden  Piperazins,  der  antiseptischen  der  Phenole  vmd 
-der  antineuralgiachen  der  SaUcylsäure  zu  verbinden^). 

4-Imino-5-isonitrosopyrimidinderivate  erhält  man  durch  Einwirkung  von  Harnstoff 
und  dessen  Derivaten  bei  Gegenwart  von  alkalischen  Kondensationsmitteln  auf  Isonitroso- 
cyanessigester'). 

l-Alkyl-2-alkyloxypjTimidinderivate  erhält  man  durch  Alkylierung  von  2-Alkyloxy- 
pyrimidinderivaten*). 

Halogenacidylierte  o-Diaminopyrimidinderivate  erhält  man  durch  Behandlung  von 
o-Diaminopyrimidin  mit  halogensubstituierten  Carbonsäuren  oder  deren  Derivaten^). 

Pyrimidinderivate  erhält  man  axis  den  in  DRP.  206  454  beschriebenen  Chlorderivaten 
diu'ch  Behandlung  mit  Ammoniak  oder  organischen  Basen*). 

Die  in  DRP.  209  729  beschriebenen  Basen  kann  man  durch  Behandlung  mit  alkalischen 
Kondensationsmitteln  in  Purinderivate  verwandeln,  welche  leicht  lösUche  Basen  sind  und 
stärker  diuretisch  wirken  als  Theophyllin.  Dargestellt  wurden  8-Aminomethyl-1.3-dimethyl- 
xanthin,  ferner  1.3-Dimethyl-8-dimethylaminomethylxanthin,  ferner  1.3-Dimethyl-8- 
pipsridylmethylxanthin  '). 

In  Stellung  8  substituierte  Xantliin-  bzw.  Guaninderivate')  werden  hergestellt,  indem 
man  durch  Einwirkung  von  substituierten  Fettsäuren  auf  4.  ö-Diaminopyrimidinderivate 
erhältliche  5-Monoacidylamino-4-aminopyrimidine  entweder  in  Form  ihrer  trockenen  Alkali- 
salze erhitzt  oder  durch  gelöste  alkalische  Kondensationsmittel  den  Ringschluß  herbeiführt. 
Dargestellt  wurden  Verbindungen  des  3-Methyl-2.6-dioxy-4-amino-5-oxyalkylamino- 
pyrimidins  und  der  3-Methylxanthin-8-carbon8äure,  1.3-Dimethyl-2.6-dioxy-4-amino-5- 
cyanacetaminopyrimidins  und  Theophyllin-8-e89igsäure,  2.4-Diamino-6-oxy-5-succinamino- 

■  \ 

M  DRP.  227  390.  2)  Merck,  DRP.  290  910.     "'  =)  Bayer,  DRP.  206  453. 

^)  Bayer,  DRP.  208  639.         ^)  Bayer,  DRP.  206  454.         »)  Bayer,  DRP.  209  729. 

')  Bayer.  DRP.  209  728.  ^)  DRP.   213  711. 


Diuretica.  795 

pyrimidin,  der  Guanin-S-propionsäure  und  des  Chlorhydrats  des  Guaninpropionsäureesters 
und  die  Substanzen 

NCCHj)— CO 

I  I 

CO  CNH\  ..  .  ^ 

I  I  JC-CH^iOK)  I  I         ^C.CH(OH) 

N(CH3)  — C-N'-' 

N(CH3)  — CO 

I  I 

CO  CNH. 

I  I  ^C  •  CHj  ■  NH  •  CO  •  CH3 

N(CH3)— CN'*^ 

Eine  Reihe  von  Substanzen,  welchen  neben  ihren  harnsäurelösenden  Eigen- 
schaften in  vitro  diuretische  Wirkungen  zukommen  und  die  wohl  hauptsächüch 
diesem  Umstände  ihre  Anwendung  in  der  Therapie  verdanken,  werden  im 
folgenden  behandelt. 


Dreizehntes  Kapitel. 

Gichtmittel. 

Die  Ablagerungen  von  Harnsäure,  welche  als  Symptome  gichtischer  Er- 
krankung in  den  Gelenken  vorkommen,  haben  zu  zwei  Arten  von  Bestrebungen 
gefühi't.  Die  eine  Richtung  suchte  die  Bildung  von  Harnsäure  im  Organismus 
überhaupt  zu  unterdrücken  oder  herabzusetzen,  während  es  die  andere  als 
ihre  Hauptaufgabe  ansah,  in  den  Organismus  Substanzen  einzuführen,  welche 
bei  möglichster  Ungiftigkeit  als  Lösungsmittel  für  die  in  den  Geweben  ab- 
gelagerte Harnsäure  dienen  sollten.  Schulzen^)  hat  die  Behauptmig  auf- 
gestellt, daß,  wenn  man  einem  Hunde  neben  einer  gewöhnlichen  Nahrung 
Sarkosin  (IVIethylglykokoll)  CH.  ■  NH  •  CH^ 

I 
COOH 

reiche,  Harnstoff  imd  Harnsäure  völhg  aus  dem  Harne  verschwänden  und  sich 
folgende  zwei  Körper  bilden : 

(2)NH,-  SO,N<^H3^^^^ 

Den  ersten  Körper  kann  man  als  einen  Harnstoff  auffassen,  in  welchem 
Methyl  und  Essigsäure  substituiert  sind  oder  als  ein  Sarkosin  mit  einem  Carb- 
aminsäurerest  am  Stickstoff.  Die  zweite  Substanz  ist  als  Sulfaminsäure  aus 
dem  Sarkosin  aufzufassen.  Bei  Hühnern,  deren  Stoffwechsel  in  der  Weise  ein- 
gerichtet ist,  daß  als  Zersetzungsprodukt  stickstoffhaltiger  Substanzen  Harn- 
säure im  Harne  auftritt,  verschwand  nach  Schulzens  Angabe  die  Harnsäure 
völlig  aus  dem  Harne.  Auf  diese  Weise  wäre  man  durch  die  Zufuhr  von  einem 
unschädlichen  Mittel  in  der  Lage,  den  Stoffwechsel  in  der  Richtung  zu  beein- 
flussen, daß  es  gar  nicht  zur  Bildung  einer  Substanz  kommen  kann,  deren  ver- 
mehrtes Entstehen  und  deren  Ablagerung  zu  so  schweren  Kjankheitserschei- 
nungen,  wie  die  Gicht,  führt.  Aber  die  Untersuchungen  von  E.  Bau  mann 
und  J.  V.  Mering,  welche  späterhin  von  E.  Salkowski  bestätigt  wurden, 
zeigten,  daß  es  nach  Sarkosinzufuhr  gar  nicht  zu  der  von  Schulzen  behaupteten 
Bildung  von  Methylhydantoinsäure  komme,  sondern  daß  vielmehr  Sarkosin 
den  menschlichen  Organismus  wesenthch  unverändert  passiert.  Weder  beim 
Hunde  noch  beim  Huhne  konnten  diese  Forscher  den  von  Schulzen  behaup- 
teten Effekt  erzielen. 

Seit  jener  Zeit  wurde  nur  eine  Beobachtung  nach  dieser  Richtimg  hin 
gemacht,  welche  vielleicht  eine  Möglichkeit  bietet,  durch  Zufuhr  chemischer 
Substanzen  die  Bildung  der  Harnsäure  herabzumindern.  Weiß,  Basel-),  hat 
gefunden,  daß  Chinasäure  CgH,(0H)4  •  COOH,  welche  in  vielen  Pflanzen,  ins- 
besondere in  der  Chinarinde  und  in  der  Kaffeebohne  vorkommt  und  die  wahr- 


1)  HS.  I,  27  (1877).  2)  Berliner  klin.  Wochenschr.   1899,  Nr.  14. 


Gichtmittel.  797 

scheinlich  vom  Hexahydrobenzol  derivicrt  und  als  Tetraoxyliexahydrobenzol- 
carbonsäure  CgH(Hg)(0H)4  •  COOH  aufzufassen  ist,  bei  ihrer  Verfütterung 
die  Menge  der  ausgeschiedenen  Harnsäure  vermindert.  Das  Lithiumsalz  der 
Chinasäure  wurde  unter  dem  Namen  Urosin  in  die  Therapie  eingeführt.  Die 
Piperazinverbindung  der  Chinasäure  führt  den  Namen  Sidonal.  Diese  beiden 
Substanzen  stellen  Kombinationen  von  harnsäurelöseuden  Mitteln  mit  einer 
Substanz  dar,  welche  angeblich  die  Entstehimg  der  Harnsäure  im  Organismus 
hindert.  Neu-Sidonal  ist  Chinasäureanhydrid,  welches  leicht  in  Chinasäure 
übergehen  kann^).  Frz.  Hupfer^)  leugnet  aber  die  Einwirkiuig  von  China- 
säure auf  den  Organismus  im  Sinne  einer  Herabminderung  der  Harnsäure- 
produktion. 

Von  anderer  Seite  wurde  vorgeschlagen,  ein  Kondensationsprodukt  von 
Weinsäure  und  Phenol  anzuwenden,  welches  angeblich  beim  Verfüttern  an 
Fleischfresser  die  Harnsäureproduktion  herabsetzt.  Es  hat  sich  nämlich  heraus- 
gestellt, daß  die  Zufuhr  organischer  Säiu^en  in  den  Organismus  im  allgemeinen 
die  Menge  der  gebildeten  Harnsäure  herabsetzt  und  solche  Säuren  um  so  besser 
wirken,  je  größer  ihr  Kohlenstoffgehalt  ist.  Es  mag  wohl  darauf  vielleicht 
beruhen,  daß  von  Ärzten  und  Laien  die  sogenannte  Citronenkur  empfohlen 
wird,  bei  welcher  eine  Anzahl  von  diesen  Früchten,  bzw.  der  ausgepreßte  Saft 
einzunehmen  ist.  Statt  der  Harnsäure  erscheint  bei  der  Verfütterung  von 
kohlenstoffreichen,  aliphatischen  Säuren  im  Harne  Oxalsäure.  Ulrich  Kreis 
empfahl  nun,  da  nach  Phenolverfütterung  der  Oxalsäuregehalt  im  Harn  be- 
deutend ansteigt,  Weinsäurediphenylester  zu  dem  Zwecke  zu  verfüttern,  um 
die  Hamsäureproduktion  im  Organismus  herabzudrücken. 

Weinsäurediphenylester  CO  •  O  •  C5H5 

I 
CH-OH 

I 
CH-  OH 


wird  dargestellt  durch  Erhitzen  von  trockenem,  neutralem  Kaliumtartarat  in  molekularer 
Menge  mit  der  doppelten  molekularen  Menge  von  Phenol  und  '/s  der  molekularen  Menge 
Phosphoroxychlorid.  Nach  20  Stunden  gießt  man  das  Reaktionsprodukt  in  Wasser,  wobei 
sich  ein  öl  ausscheidet,  welches  beim  Anreiben  mit  absolutem  Alkohol  krystallinisch  wird. 
Durch  Umkrj-stallisieren  aus  Alkohol  erhält  man  den  Körper  schön  krystallisiert'). 

Einem  ähnhchen  Umstand  verdankt  anscheinend  auch  Salicylsäure  ihre 
Verwendung  als  Gichtmittel.  Auch  der  Versuch,  Saligenin  für  diesen  Zweck 
zu  verwerten,  wird  denselben  Grund  haben.  Es  wurde  besonders  empfohlen, 
statt  Saligenin  selbst,  ein  Kondensationsprodukt  aus  Saligenin  und  Gterbsäure 
anzuwenden. 

Man  erhält  dieses  durch  Einwirkung  von  Saligenin  auf  Gerbstoff  in  warmer  salzsaurer 
Lösimg  oder  durch  langes  Erwärmen  von  Salicin  und  Gerbstoff  in  salzsanrer  Lösung,  wobei 
das  sich  bildende  Saligenin  die  Verbindung  eingeht.  Als  Gerbstoff  sind  nur  diejenigen  Stoffe 
verwertbar,  welche  bei  Behandeln  mit  Säiu-en,  Gerbsäure  Glykose  usw.  abspalten,  z.  B.  Eichen- 
gerbstoff, Chinagerbstoff,  nicht  aber  Gerbstoffe,  welche  Gallu.'^säure  abspalten,  wie  Tannin. 
Das  Produkt  ist  wahrscheinlich  Gerbsäureoxybenzylestor  und  wurde  Antiarthrin  benannt*). 

Ursal  ist  eine  Verbindmig  von  Harnstoff  mit  Sahcylsäure,  es  wurde  gegen 
Gicht  empfohlen. 

Eine  Beurteilung  des  Wertes  dieser  Substanzen  wird  sich  aus  dem  Folgenden 
leicht  ergeben. 


')  Huber  und  Lichtenstein,  Berliner  klin.   Wochenschr.    1903,   653. 
2)  HS.  31,  302  (1903).  ^)  DRP.  101  860. 

*)  Wiener  med.  Blätter  1899,  Nr.  26,  27. 


798  Gichtmittel. 

Es  muß  hervorgehoben  werden,  daß  nach  Untersuchungen  von  Labraze 
und  Presal  nach  Verfütterung  von  Tannin  die  Menge  der  ausgeschiedenen 
Xanthinkörper  sinkt.  Von  Levisohn  wurde  beobachtet,  daß  die  Harnsäure- 
ausscheidung nach  Tannineinnahme  sich  vermindert.  Wemi  man  Thymus  an 
Tiere  füttert,  so  tritt  stets  Vermehrung  der  Hamsäureausscheidung  ein.  Boh- 
land  zeigte  aber,  daß,  wenn  man  gleichzeitig  Tannin  und  Thymus  füttert, 
die  Steigerung  der  Hamsäureausscheidung  ausbleibt. 

Benzoesäure  vermag  ähnlich  wie  Salicylsä\ire  beim  Menschen  die  Aus- 
scheidung von  Harnsäure  im  Harn  zu  vermehren  iind  im  Blute  zu  vermindern. 
Zimtsäure  hatte  keine  oder  nur  geringe  Wirkung.  Ebensowenig  Chinasäure, 
Colchicin  und  p-Oxybenzoesäure  i). 

In  Frankreich  wurde  Hippursäure  CgHs  •  CO  •  NH  •  CHg  •  COOH  als  Gicht- 
mittel schon  lange  benützt.  q^  .  qq 

Methylenhippursäure  CHj'C02-N<^  |     wird  von  Nicolaier^)  gegen 

CH2  *  O 
bakterielle  Erkrankungen  der  Harnwege  empfohlen,  doch  scheint  das  Mittel 
nicht  mehr  zu  leisten  als  andere  Harnantiseptica. 

Sie  wird')  d\irch  Einwirkung  von  Formaldehyd  oder  Paraformaldehyd  auf  Hippur- 
säure gewonnen,  ebenso  Methylen-m-nitrohippusräure  aus  m-Nitrohippursäure');  beide 
spalten  leicht  Formaldehyd  ab. 

Methylenhippursäure  erhält  man  auch  durch  Einwirkung  von  Chlormethylalkohol 
bzw.  dessen  höheren,  aus  Oxymethylenchloriden  bestehenden  Fraktionen  auf  hippursäure 
Salze.     Bei  diesem  Verfahren  tritt  keine   Verharzung  der  Ausgangsprodukte  auf^). 

Methylenhippursäure  erhält  man  aus  Methylensulfat,  Methylendiacetat,  Methylen- 
chloracetat  oder  aus  Formaldehyd  in  Gegenwart  von  Anhydriden  oder  Chloriden  des 
Schwefels  und  Phosphors  und  Hippursäure'). 

Die  zweite  Richtung  bei  der  Gichtbehandlung  verdankt  ihren  Ursprung 
einerseits  der  Beobachtung,  daß  die  Lithiumsalze  der  Harnsäure  an  Löslichkeit 
aUe  anderen  anorganischen  Salze  der  Harnsäure  übertreffen  und  daß  die  Lithium 
enthaltenden  Säuerlinge  bei  der  Behandlung  gichtischer  Affektionen  gute  Resul- 
tate zeitigen;  andererseits  verdankt  sie  ihre  Entwicklung  den  Bestrebungen 
auf  synthetischem  Wege  die  Sperminbase  C2H5N  ( ? )  darzustellen,  welcher  von 
manchen  Forschern  eigentümlich  erregende  Wirkungen  auf  das  Nervensystem 
zugeschrieben  werden.  Die  giftigen  Nebenwirkungen  der  Lithiumsalze  auf  das 
Nervensystem  zeitigten  Versuche,  organische,  ungiftige  Basen,  denen  ham- 
säurelösende  Eigenschaften  zukommen,  zu  finden,  welche  als  Ersatzmittel  der 
Lithiumsalze  dienen  konnten. 

Die  therapeutischen  Erfahrungen  haben  aber  gezeigt,  daß  die  in  vitro 
konstatierbare  harnsäurelösende  Wirkung  von  Substanzen  innerhalb  des  Orga- 
nismus nicht  verwertet  werden  kann.  Einige  Umstände  partizipieren  daran, 
dieses  Verhalten  der  Harnsäure  zu  verursachen. 

Natriumbicarbonat  kann  weder  das  Ausfallen  gichtischer  Konkretionen 
verhindern,  noch  deren  Lösung  erleichtern,  selbst  wenn  es  gehngen  würde, 
das  Blut  damit  merkUch  anzureichern.  Der  Grund  hierfür  ist  nach  der  Er- 
klärung von  W.  His  und  Th.  Paul')  darin  zu  suchen,  daß  diu-ch  Zusatz  von 
einer  Salzlösung  zu  einer  zweiten  die  Menge  des  nicht  dissoziierten  Salzes  wächst 
(sog.  Rückdrängung  der  Dissoziation).  Da  nun  dessen  Menge  dm-ch  das  LösHch- 
keitsverhältnis  begrenzt  ist,  so  muß,  wenn  dieses  überschritten  ■nird,  das  Salz 

'■)  W.  Denis,  Journ.  Pharm.  Therap.  Boston  T,   601   (1915). 

2)  Therap.   Monatshefte   1905,   75.  ^)  Schering,  Berlin,  DBP.  148  669. 

«)  DRP.  153  860.  6)   Schering.  Berlin,  DRP.  163238. 

«)  Grüter,   Berlin,  DRP.-Anm.  G.  24  619. 

')  HS.  31,   1  und  64  (1900). 


Gichtmittel.  799» 

ausfallen,  d.  h.  auf  unsem  Fall  angewendet,  die  Löslichkeit  des  primären  harn- 
sauren  Natrons  wird  durch  die  Anwesenheit  eines  anderen  Natronsalzes  ver- 
mindert. Aber  eine  solche  Anreicherung  des  Blutes  mit  Natriumbicarbonat 
ist  überhaupt  gar  nicht  ausführbar. 

Die  Darreichung  von  Kalium-  und  Lithiumsalzeu  vermehrt  unter  keinen 
Umständen  die  Löslichkeit  des  im  Körper  abgelagerten  sauren  Natronurates, 
weil  in  einer  Lösung  zweier  Salze  zunächst  diejenigen  Basen-  und  Säure-Ionen 
zusammentreten,  deren  Verbindung  am  schwersten  löslich  ist.  In  der  Regel' 
ist  dies  aber  das  Natronsalz.  Dasselbe  gilt  nun  von  den  organischen  Basen 
(Lysidin,  Piperazin). 

Das  Lösungsvermögen  aller  dieser  Substanzen  für  Harnsäure  äußert  sich 
niir,  wenn  freie  Harnsäure  mit  der  Base  zusammentrifft.  Geschieht  dies  aber 
bei  Gegenwart  eines  Xatronsalzes,  so  bildet  sich  wieder  das  schwer  lösliche 
primäre  hamsaure  Natron. 

Die  Praxis  zeigt,  daß  die  von  der  Theorie  gelehrte  Aussichtslosigkeit,  durch 
Zufuhr  von  hamsäurelösenden  Basen  die  Harnsäure  am  Ausfallen  zu  verhindern 
oder  Konkremente  von  Harnsäure  oder  hamsauren  Salzen  wieder  in  Lösung  zu 
bringen,  tatsächlich  eintrifft.  Man  hat  sich  durch  objektive  Erfahnmgen  über- 
zeugen lassen  müssen,  daß  die  hamsäurelösenden  Mittel  als  solche  wertlos  und> 
wenn  man  Wirkungen  sieht,  diese  vielmehrdurch  andere  Umstände  verursacht  sind.. 

Diese  Mittel  besitzen  meist  eine  diuretische  Wirkung  und  diese,  sowie 
die  bei  dem  Genüsse  von  lithiumhaltigen  Mineralwässern  eintretende  Diluierung 
des  Harnes  vermehren  die  Ausscheidung  der  Harnsäure,  obgleich  es  sich  hier 
nicht  etwa  um  eine  Lösmig  der  Harnsäure  durch  die  eingeführte  Base,  sondern 
vielmehr  um  Verdünnung  des  Harnes  und  Vergrößerung  der  Hammenge  handelt. 

Außer  den  besprochenen  Wegen  zu  hamsäurelösenden  Mittel  zu  gelangen, 
schlug  W.  His  vor,  Stoffe  zu  suchen,  die  in  den  Kreislauf  gelangen  imd  mit 
der  Harnsäure  leicht  lösliche  oder  leicht  oxydable  gepaarte  Verbindungen 
bilden.    Doch  ist  ein  Stoff  dieser  Art  bis  nun  nicht  gefunden  worden. 

Zu  den  oben  ent"nnckelten  physikalischen  Gründen  der  Unwirksamkeit 
der  basischen  Mittel,  welche  gegen  die  hamsaure  Diathese  empfohlen  wurden, 
treten  noch  hinzu :  Die  äußerst  geringe  Konzentration  ihrer  Lösimgen  im  Orga- 
nismus (1  :  54  000),  ferner  die  rasche  Ausscheidung  durch  die  Nieren  und  unter 
Umständen  noch  die  Verbrennung  der  Mittel  in  den  Geweben,  durch  welche 
letzterwähnten  Faktoren  eine  weitere  Abnahme  der  Konzentration  des  Lösimgs- 
mittels  im  Organismus  erfolgt.  Als  ein  solches  harnsäurelösendes  Mittel  wurde 
das  wirkungslose  Piperazin  empfohlen  imd  Dispermin  benannt. 

H 

N 


■CHj 
N 
H 

Piperazin  wurde  von  A.  W.  H  o  f  m  a  n  n  dvirch  Einwirkung  von  Ammoniak  auf  Äthylen^ 
bromid')  erhalten.  Aus  dem  Basengemische  wurde  Piperazin  durch  fraktionierte  Destillation 
gewonnen,  wobei  sich  nach  dem  Abkülilen  aus  der  Piperazinfraktion  Diäthylendiamin  ab- 
scheiden ließ.  Bequemer  läßt  sich  Piperazin  abtrennen,  wenn  man  das  piperazinhaltig» 
Gemisch  mit  salpetriger  Säure  behandelt  und  Piperazin 

■^■^'<CH^  •  CH^>^'^  "^  Dinitrosopiperazin  NO  •  N<^^^  [  CH^-^'  '  -"^^ 


1)  HB.  »3,  3297  (1890).  —  Proc.  R.  Sog.  London  10,  231. 


gQQ  Gichtraittel. 

überführt.  Um  aus  dem  Dinitrosopiperazin  wieder  Piperazin  zu  gewinnen,  behandelt  man 
es  mit  konzentrierter  Salzsäure,  wobei  salzsaures  Piperazin  entsteht,  oder  mit  Reduktions- 
mitteln und  nacliher  mit  Salzsäure,  wobei  ebenfalls  das  salzsaure  Salz  sieh  bildet'). 

Man  gelangt  zu  reinem  Piperazin  auch,  wenn  man  Dinitroso-,  Dinitro-,  Trinitro-, 
Tetranitro-,  Pentanitro-,  Hexanitro-diphenylpiperazin  mit  der  2 — 4  fachen  Menge  Natron- 
oder Kalilauge  destilliert.  Durch  Neutralisation  des  Destillates,  welches  nur  Piperazin 
enthält,  gelangt  man  zum  salzsaiu-en  Salze  des  Piperazins.  Es  werden  also  die  tertiären, 
nitrierten  oder  nitrosierten  aromatischen  Amine  durch  Einwirkung  von  Alkali  in  Nitro- 
bzw.  Nitrosophonole  und  in  sekundäre  Amine  gespalten  z.  B. 

1:3  4 

C5H3(N02)2N(CH3)2  +  R(OH)  =  CeH3(NOs,)20R  +  HN(CH3)2  >) 

Wegen  der  schwereij  Löslichkeit  der  Nitroprodukte  ist  es  jedoch  besser,  statt  dieser, 
welche  vom  Alkali  nur  unvollkommen  zersetzt  werden,  die  sulfurierten  Basen  anzuwenden, 
welche  durch  Alkali  leicht  aufspaltbar  sind.  Die  chemischen  Vorgänge  bei  dieser  Reaktion 
lassen  sich  in  folgende  Gleichungen  kleiden: 

1.  (C8H5)jC4H8N2  +  2  SO3  =  (CjH^SOsHj.C^HsNa 

2.  (C,H,S03H)2C,H,N,  +  2  HNO3  =  (C^U^  ■  SO3H  •  NO^JjC.HeNj  +  2  H,0 

3.  (C5H5  •  SO3H  •  NOjjjC^HgNj  +  4  NaOH  =  C^HioN^  +  2  CeH30Na  •  NOj  •  SOjNa  ») 

Man  kann  auch  statt  der  Nitro-  oder  Nitrosulfosäure  des  Piperazins  auch  von  den 
bloßen  Siüfosäuren  der  phenylierten  Sulfosäuren  ausgehen  und  durch  Spalten  zu  Piperazin 
gelangen').  Statt  der  hydrolytischen  Spaltung  der  aromatischen  Piperazinderivate  läßt 
sich  auch  behufs  Darstellung  des  reinen  Piperazins  die  Oxydation  anwenden,  insbesondere 
bei  Piperazinderivaten  vom  Typus  des  p-Dioxy-  und  p-Diaminodiphenylpiperazins  läßt  sich 
mit  chromsaurem  Natron  diese  Spaltung  gut  ausführen^).  Es  wurden  die  erwähnten  Piper- 
azinderivate in  Schwefelsäure  gelöst  und  in  das  kalte  Gemisch  Natriumdichromat  ein- 
getragen. Von  dem  gebildeten  Chinon  trennt  man  mittels  Äther,  neutralisiert  mit  Kalk  und 
destilliert  Piperazin  ab.  Ist  man  vom  Diaminodiphenylpiperazin  ausgegangen,  so  enthält 
das  Destillat  Ammoniak.  Man  dampft  das  zu  neutralisierende  Destillat  zur  Trockne  ab 
und  trägt  es  in  erwärmte  VOproz.  Natronlauge  ein.  Freies  Ammoniak  entweicht,  während 
Piperazin  sich  als  ölige  Schicht  ausscheidet. 

Auf  anderen  Wegen  kann  man  zum  Piperazin  gelangen,  wenn  man  das  von  A.  W. 
Hofmann*)  dargestellte  Äthylenoxamid  durch  Reduktionsmittel,  wie  Zinkstaub  oder 
Natronlauge  oder  metallisches  Natriiun,  in  Piperazin   überführt'). 

GH,— NH— OC  CH,— NH— CH2 

Äthylenoxamid     |     "  1  +  H,  =   |     "  1+2  HjO 

CHj— NH— OC  CHj— NH— CHj 

Das  zur  Gewinnung  von  Piperazin  verwendbare  aromatische  Disulfonpiperazid 

RSO2  •  N<^^2 ;  ^^2>N  •  SO^R 

wobei  R  einen  Kohlenwasserstoffrest  (CjHj,  C5H4  •  CH3  resp.  Ci|,H,)  bedeutet,  kann  man 
erhalten,  indem  man  zuerst  ein  aromatisches  Disulfonäthylendiamin  RSO2  •  NH  •  CHj 
•  CHj  •  NH  •  SOjR  darstellt*).  Ein  solches  bildet  sich  durch  Einwirkimg  von  2  Molekülen 
eines  aromatischen  Sulfochlorids  auf  1  Molekül  Äthylendiamin  oder  durch  Einwirkung 
von  2  Molekülen  eines  aromatischen  Sulfoamids  auf  1  Molekül  Äthylenchlorid  oder  Athylen- 
bromid.  Die  aromatischen  Disulfonpiperazide  bilden  sich  nun  durch  Einwirkung  von 
1  Molekül  Äthylenchlorid  oder  Bromid  auf  Disulfonäthylendiamine.  Naturgemäß  kann 
man  zu  den  Piperazindisulfonderivaten  der  aromatischen  Reihe  auch  direkt  durch  Re- 
aktion von  je  1  Molekül  eines  aromatischen  Sulfonamids  mit  Äthylenchlorid  gelangen'). 
Aus  dem  so  gebildeten  aromatischen  Disulfonpiperazid  erhält  man  Piperazin,  indem 
man  Wasser  oder  eine  Mineralsäure  bei  erhöhter  Temperatur  darauf  einwirken  läßt.  Bei 
der  Spaltung  scheidet  sich  der  Kohlenwasserstoff  ab,  und  aus  dem  eingedampften  Rück- 
stande wird  durch  Einwirkung  von  Lauge  freies  Piperazin  gewonnen.  So  kann  man  aus 
Dibenzoldisulfonpiperazid,  Di-o-toluoldisulfonpiperazid,  Di-p-toluoldisulfonpiperazid,  Dixy- 


1)  DRP.  59  222.         2)  DRP.  60  547,  83  524.         ^)  DRP.  63  618.         ")  DRP.  65  347. 
5)  DRP.  71  576.  «)  BB.  5,  247  (1872).  ')  DRP.  66  461.  «)  DRP.  70  055. 

')  DRP.  70  056. 


Gichtmittel.  801 

loldisulfonpiperazid ,  Di-a-naphthalindisulfonpiperazid ,  Di-^-naphthalindisulfonpiperazid 
durch  Wasser  oder  Mineralsäuren  bei  erhöhter  Temperatur  Piperazin  abspalten.  Ebenso 
gelingt  es  durch  Verschmelzen  mit  Natron  unter  Überleitung  von  überhitztem  Wasserdampf 
Piperazin  frei  zu  machen,  auch  wenn  man  in  eine  siedende  amylalkoholische  Suspension 
eines  solchen  Piperazids  Natriummetall  einträgt  und  die  amylalkoholische  Lösung  mit  salz- 
saiu'em  Wasser  ausschüttelt^). 

Ein  weiteres  Verfaliren  zur  Darstellung  des  Piperazins  beruht  auf  der  Beobachtung, 
daß  sich  Glykolnatrium  mit  Säurederivaten  des  Äthylendiamins  bei  Erhitzung  zu  Piperazin 
umsetzt").  Auf  diese  Weise  wurde  Diacetyl-,  Oxalyl-,  Dibenzoyläthylendiamin,  Athylen- 
urethan  und  Athylenharnstoff  durch  Behandlung  mit  Glykolnatrium  in  Piperazin  über- 
geführt. Auch  auf  umgekelirtem  Wege  dvirch  Erhitzen  der  Natriumverbindungen  der 
Säm-ederivate  des  Äthylendiamins  mit  wasserfreiem  Glykol  auf  170 — 200°  erhält  man 
ebenfalls  Piperazin.  Ersetzt  man  Glykol  durch  Athylenbromid,  so  vollzieht  sich  die  Reak- 
tion schon  bei  niederer  Temperatur.  Die  Natriiun-Säiu'ederivat«  des  Äthylendiamins  erhält 
man,  indem  man  Natrium  entweder  auf  das  geschmolzene  Säurederivat  oder  auf  das  z.  B. 
in  Anilin,  Dimethylanilin  oder  einem  anderen  Lösungsmittel  gelöste  Säurederivat  bei  Siede- 
temperatur des  Lösungsmittels  einwirken  läßt^). 

Dinitrosodiphenylpiperazin  und  nach  folgender  Formel  analog  gebaute   Körper 

NO  •  R  •  N<p^''IIcH^>^'  ■  K  ■  ^'^ 
gehen  auch  durch  Kochen  mit  schwefliger  Säure  in  Piperazin  über^). 

NO  •  CeH,  •  N<pg°-ZcH!>^'  "  ^^^^  •  NO  +  2  NaHSO^ 

NH, 

=  HN  <J^^*      [^^2>  NH  +  2  C^H^SOsNa 
CHj— CH,  ^SO^Na 

Statt  der  Spaltmig  der  aromatischen  Disulfonpiperazide  mit  Salzsäure  unter  Druck 
ist  OS  von  größerem  Vorteüe,  die  genannten  Piperazide  mit  Schwefelsäurechlorhydrin  zu 
erhitzen^).    Die  Reaktion  verläuft  nach  folgender  Gleichung: 

C.Hj  ■  SO,  •  N<^^2  ;  ch'>N  •  SOj  •  CeHs  +  2  SO3HCI 

=  S03HN<^^"-  ;  ^^2>NHS03  -1-  2  CeH^SC^Cl 

Es  wurde  früher  erwäluit,  daß  man  Piperazin  durch  Spaltiuig  von  Dinitrosodiphenyl- 
piperazin mit  Alkalien  oder  Säuren  erhalten  kann.  In  gleicher  Weise  gelingt  es,  Körper 
vom  Typus  des  Diphenylpiperazins  bei  der  hydrolytischen  Spaltung  in  Piperazin  über- 
zuführen. Dibenzylpiperazin  erhält  man  durch  Einwirkung  von  2  Molekülen  Benzaldehyd 
auf  1  Molekül  Athylendiamin,  wobei  sich  vorerst  Benzylidenäthylendiamin  bildet.  Reduziert 
man  dieses  mit  Natriumamalgam,  so  erhält  man  Dibenzyläthylendiamin,  welches  mit 
Athylenbromid  und  Natriumcarbonat  erhitzt  Dibenzylpiperazin  nach  der  Gleichimg  liefert: 

CH2  •  C5H5 

I 
CH,  —  N^  •  CH,  •  CeHj         CH,  •  Br         CH,  —  N  —  CHj 
I  +1=1  +2  HBr 

CHj  —  NH  •  CHj  •  CgHs        CH^  •  Br        CH^  —  N  —  CH 

I 
CHj  •  CgHj 

Unterwirft  man  diesen  Körper  der  hydrolytischen  Spaltung,  so  gelangt  man  zum 
salzsauren  Piperazin'). 

Für  die  Darstellung  des  Piperazins  ist  ferner  von  Interesse,  daß  die  Hydrolyse  aro- 
matischer Piperazinderivate  um  so  leichter  geht,  je  mehr  negative  Gruppen  in  das  Mole- 
kül eingeführt  werden.  Die  Hydrolyse  in  saurer  Lösimg  geht  besonders  leicht  bei  Einfüli- 
rung  melirerer  Nitrosogruppen.    Diphenylpipcrazin  nimnit  nur  zwei  Nitrosogruppen  auf. 


1)  DRP.  73  125.  •-)  DRP.  67  811.  »j  ßj^p    73  354  ij  ßRp   74  628. 

5)  DRP.   100  232.  «)  DRP.  98  031. 

Fränkel,  Arzneimittel-Synthese.    5.  Aufl.  51 


802  Gichtmittel. 

Hingegen  können  Di-m-oxy-diphenylpiperazin  und  seine  Homologen  mit  Leichtigkeit  vier 
Nitrosogruppen  aufnehmen,  und  sie  spalten  sich  in  saurer  Lösung  in  Piperazin  und  in 
Dinitrosoiesorcin. 

Lycetol  ist  weinsaures  Dimethylpiperazin, 

Piperazin  Dimethylpiperazin 

rj-fi^^^i      ^^iä^NH  NH^^^ä      CH(CH3)^TTvi- 

^^^CHj  — CH,^^^  ^^^CHj  — CH(CH3)^"^ 

es  ist  ebenso  harnsäurelösend  und  völlig  ungiftig,  nicht  hygroskopisch  und 
besitzt,  wie  Piperazin,  einen  angenehmen  Geschmack. 

Stöhr')  hat  gefunden,  daß,  wenn  man  Glycerin  mit  Chlorammon  und  Ammon- 
carbonat  destilliert,  das  Destillat  ansäuert  und  mit  Wasserdampf  die  nicht  basischen 
Substanzen  abbläst,  man  Pyrazinbasen  mittels  Alkali  abscheiden  kann.  Das  Basengemisch 
läßt  sich  durch  fraktionierte  DestUlation  in  homologe  PjTazine:  Dimethylpyrazin  luid 
DimethyläthylpjTazin  trennen.    Das  Dimethylpyrazin  hat  folgende  Konstitution 


H 

CH3 

:> 

CH, 

H 

Dieses  Dimethylpyrazin  läßt  sich  nun  durch  Reduktion  in  das  Dimethylpiperazin, 
die  dem  Lycetol  entsprechende  Base,  überfiUiren.  Mit  Vorteil  verwendet  man  bei  der 
Destillation  des  Glycorins  statt  des  kohlensauren  Ammons  phosphorsaures  Ammon'). 

Homologe  des  Pyrazins  lassen  sich  auch  durch  Oxydation  von  Aminoacetoii  erhalten. 
Dimethylpyrazin  erhält  man  z.  B.,  wenn  man  Isonitrosoaceton  mit  Zinnchlorür  und  rau- 
chender Salzsäure  reduziert  und  alkalisch  macht  und  Sublimat  zusetzt.  Durch  Sublimat 
erfolgt  nun  Oxydation  und  durch  eingeleiteten  Wasserdampf  läßt  sich  das  gebildete  Di- 
methylpyrazin übertreiben. 

Die  Darstellung  geschieht  durch  trockene  Destillation  von  salzsaurem  Äthylendiamin 
mit  Natriumacetat.  Das  so  gebildete  Methylglyoxalidin  läßt  sich  leicht  von  dem  bei- 
gemengten Äthylendiamin  trennen^). 

Statt  des  Piperazins  wurde  noch  versucht,  Dioxypiperazin  in  die  Therapie 
einzuführen.  Dieses  hat  annähernd  das  gleiche  Lösungs vermögen  für  Harnsäure 
in  vitro,  wie  Piperazin. 

Man  gewinnt  diesen  Körper  aus  Aminoacetal,  indem  man  dieses  in  gekühlte  Brom- 
wasserstoffsäure einträgt  und  nach  mehreren  Stunden  im  Vakuum  bei  niedriger  Temperatur 
stark  eindampft*).  Beim  Stehen  erstarrt  der  restierende  Sirup  krystallinisch.  Das  End- 
produkt ist  das  bromwasserstoffsaure  Salz  des  Dioxypiperazins. 

Unter  dem  Namen  L  ysidi  n')  wurde  ein  Äthylenäthenyldiamin  beschrieben 
welchem  in  vitro  eine  fünfmal  stärkere  harnsäurelösende  Wirkung  als  dem 
Piperazin  zukommt.  jj 

CHj-N 

CHj— N^ 

Nach  Geppert  ist  diese  Substanz  ohne  irgendwelche  schädHche  Neben- 
wirkung und  erhöht  auch  die  Atemfrequenz  nicht. 

Zu  erwähnen  sind  noch  folgende  Substanzen:  Urotropin  (Hexamethylen- 
tetramin  (CH2)8(NH2)4,  wurde  als  harnsäurelösendes  Mittel  von  Nicolaier 
empfohlen  (siehe  S.  654:ff.).  Ebenso  Saliformin,  die  Salicylsäureverbindung  des 
Hexamethylentetramins.  Ferner  das  chinasaure  Urotropin,  Chinotropin  ge- 
nannt, welches  die  harnsäurelösende  Wirkung  des  Urotropins  mit  der  harn- 

>)  DRP.  73  704.  2)  DRP.   75  298.  «)  DRP.   78  020. 

*)  DRP.  77  557.  —  BB.  2T,   169  (1894). 

')  BB.  2T,  ?.952  (1894).  —  Deutsche  med.  Wochenschr.  1894,  Nr.  1.  —  BB.  28,  1173. 
3068  (1895). 


Gichtmittel.  803 

säurevennindemden  der  Chinasäure  verbinden  soll.  Helmitol  ist  anhydro- 
methylencitronensaures  Hexamethylentetramin  (siehe  auch  bei  Hexamethylen- 
tetramin). 

Methyleneitronensäure  ')  erhält  man  durch  Erhitzen  von  Citronensäure  mit  Paraform- 
aldehyd  bei  höheren  Temperaturen,  was  nur  eine  50  proz.  Ausbeute  gibt,  noch  besser  durch 
Behandeln  von  Citronensäure  mit  Chlormethylalkohol  CICH2  •  OH  in  der  Wärme  ^)  bei 
130—140°  im  Autoklavea 

Tunnicliffe  und  Rosenheim  behaupten,  daß  Piperidin  die  Lösungs- 
fähigkeit des  Blutserums  für  Harnsäure  erhöht*).  Sie  empfehlen  1.2  g  wein- 
saures Piperidin,  welches  ohne  Nachteil  vertragen  werden  soU  { ? ).  Für  alle 
diese  basischen  Körper,  wie  auch  die  in  der  Folge  zu  besprechenden,  gut  das 
in  diepem  Kapitel  einleitend  Bemerkte. 

Eine  neue  Gruppe  von  Substanzen,  welche  als  hamsäurelösendes  Mittel 
verwendet  werden  sollen,  hat  Hermann  Pauly  dargestellt.  Aus  dem  gleichen 
Grunde  wie  Piperazin  müssen  diese  nur  in  vitro  harnsäurelösend  wirkenden 
Substanzen  als  wertlos  erscheinen. 

Durch  Einwirkung  von  Ammoniak  auf  Dibromtriacetonamin  erhält  man*) 
a-Tetramethylpyrrolin-/?-carbonsäureamid 
CH  =  CC0NH2 
!         I 

C  •  (CH3)2 


NH 

Durch  Einwirkung  reduzierender  Agenzien  erhält  man  Dihydroderivate,  wobei  es 
zur  Bildung  des  a-Tetramethylpyrrolidin-/?-carbonsäureamid  nach  folgender  Gleichung 
kommt^):  CH=CCONH,  CH,- CH  ■  CO  ■  NH^ 

II  "  i     "     I 

(CHäJjC        C(CH3)2  -fH2=(CH3)jC         CiClI^)^ 


NH  NH 

In  gleicher  Weise  können  die  Alkylderivate  des  (\-Tetrainethylpyrrolin-/J-carbonBäur©- 
amids  in  Pyrrolidinderivate  übergeführt  werden. 

Durch  Einwirkung  von  Jodalkyl  auf  die  Base  erhält  man  Alkylderivate  derselben, 
indem  Alkyl  an  den  Stickstoff  im  Pyrrolring  tritt. 

Dyrch  Behandeln  von  Triacetonamin  mit  Brom  in  stark  bromwasserstoffsaurer 
Lösung  erhält  man  das  Bromhydrat  eines  Dibromtriacetonamins.  Dieses  reagiert  mit 
aliphatischen  primären  Aminen,  z.  B.  Methylamin,  indem  sich  alkylierte  Amide  einer 
PyrroUncarbonsäure  nach  folgenden  Gleichimgen  bilden'): 

(X-TetramethylpyrroUn-p'-carbonsäuremethylamid 
CO  CO 


CHBr  CHBr 

0=^0 

1             1 

+  3CH3 

■NHs 

! 

1            1              +3CH 

s-NH, 

•  HBr 

(CHj) 

,C          C(CH3)2 

(CHjjjC          C{CH3)3 

\y 

\/ 

NHHBr 

NH 

CO 

/\ 

C=C 

HC=CCONH- 

CH3 

1        1 

+  CH3- 

NH2  = 

1         1 

(CH3),C      CiCB^U 

(CK^)fi      C(CH3)2 

\/ 

\/ 

NH 

NH 

1)  DRP.   129  255.  ^)  DRP.   150  949.  »)  Lancet  1898,   189. 

*)  DRP.   109  345.  —  BB.  33,  200  (1899);  33,  919  (1900).  ^)  DRP.   109  346. 

•)  DRP.   109  347. 

61» 


gQ4  Gichtraittel. 

Die  N-AJkylderivate  des  a-Tetramethylpyrrolin-yJ-carbonsaureamids^) 

CH  =  C-  CO.  NHj 
I  I 

(CHsJjC        C(CH3)„ 


NH 

erhalt   man  durch  Eiiiw-irkmig   von   Alkyljodid  auf  die  Base  und  gelangt  so  ziuu 
N-Methyl-a-tetraniethylpyrrolin-/''-carbonsäureamid 
CH  =  C-  CO    NHj 

(CH3)2C  C(CH3)2 

\/ 
NH 

Ebenso  erhält  man   die   N-Alkylderivate    der  a-TetraniethylpyrroIin-/J-carbonsäure- 
alkylamide  z.  B.  N-Methyl-a-tetramethylpyrrolin-/?-carbonsäuremethylamid 

CH  =  C-CONH    CHj 

(CHsJ^C        C(CH3)2 


Auch  die   PyrroUdinderivate  lassen  sioh  in  gleicher  Weise  am  Stickstoff   alkylieren 
und  man  erhält-)  z.  B.  N-Methyl-a-tetramethylpyrrolidin-/9-carbonsäureamid 

H,C       CH    CO    NHa 

"l         I 

(CH3)2C  C(CH3)2 


Wenn  man  bei  der  Synthese  der  Alkylamide  statt  primärer  aliphatischer  Amine  sekun- 
däre Amine  der  Fettreihe  verwendet,  so  erhält  man  analog  Dialkylamide  der  a-Tetra- 
methylpyTrolin-/i'-carbonsäiu'e  '). 

a-Tetramethylpyrrolin-/)'-carbonsäuredimethylamid 

CO  CO 


CHBr  CHBr  „„  C=^C  ,„„  x 

I  I  +3^^3^NH=  I  I  +3^^'>NHHBr 

(CHjlaC  C(CH,)3        ^^3  (CH3)jC  C(CH3)2         ^^'^^  ' 


NH  •  HBr  NH 

.CK, 


CO 


C=C  „„  CH  =  C-CO    N< 


CH,^^,„  T         i  ^CHj 


(CH3)2C      C(CH3).        ^"^^  (CHjJaC        C(CH, 

\/  \/ 

NH  NH 

Die  so  erhaltenen  Dialkylamide  können  durch  Einwirkung  von  Halogenalkylen  in 
analoger  Weise,  wie  die  Monoalkylamide  am  Stickstoff  des  Pyrrolinringes  alkyliert  sowie 
durch  Reduktionsmittel  in  PyrroUdinderivate  übergeführt  werden. 

Allen  diesen  Substanzen  kommen  in  vitro  harnsäiirelösende  Eigenschaften 
zu,  doch  ist  zu  bedenken,  dalj,  abgesehen  von  der  Nutzlosigkeit  basischer 
Lösungsmittel  für  Harnsäure  im  Organismus,  PyrroUdinderivate  keineswegs 
bei  interner  Verwendung  harmlos  sein  dürften. 

Nach  H.  Hildebrandt  zeigen  die  Tetra-  und  Pentamethylioyrrolidin- 
/?-carbonsäm-en  nur  geringe  Giftwirkung ;  erst  Dosen  von  0.05  g  rufen  bei  weißen 
Mäusen  allmählich  einen  Lähmuugszustand  hervor;  das  Pentamethylderivat 

»)  DRP.   109  348.  =)  DRP.   109  349.  »)  DRP.   109  350. 


Gichtmittel.  805 

ist  stärker  wirksam  als  die  N-methylfreie  Säure,  analog  wie  N-Methylpiperidin 
stärker  wirkt  als  Pipcridin. 

Schering  schützt  ein  Verfahren  zur  Darstellung  von  PjTrolidinderivaten,  dadurch 
gekennzeichnet,  daß  man  acidylierte  Brenztraubcnsäureester  mit  Benzaldehyd  und  o-sub- 
stituierten  Anilinen  oder  mit  substituierten  Anilinen  oder  mit  Benzaldehyd  und  hetero- 
cyclischen  Verbindungen  oder  mit  heterocyclischen  Aldehyden  und  Aminen  in  nicht  alkoho- 
lischer Lösung  kondensiert. 

Beschrieben  sind:   l-o-Tolyl-2-phenyl-3-acetyl-4.5-diketopyrrolidin 

CC-CH  •  COCH3 

I      I 

oc   CH  ■  an, 

\/ 

NC6H4(CH3)      Ortho  M 
1.2'-Methoxyphenyl-2-phenyl-3-acetyl-4.5-iliketopyrrolidin 

OC-CH  •  CO  ■  CH, 

I       I 
OC     CH  •  CbHj 

N  ■  C,H,(0CH3) 

l-Phenyl-2-piperonyl-3-acetyl-4.5-diketopyrrolidin 

OC-CH  •  COCH3 

I      '  /0\ 

OC     CH  .  CeH3<^)>CH2 

N  ■  CeH3 
l-p-Tolyl-2-p-dimethylaminophenyl-3-acetyl-4.5-diketopyrrolidin 
OC-CH  •  COCH, 

I       I 
OC     CH  •  C6H4N(CH3)2 

NC5Hj(CH3)         para. 

1.8'-Chinolyl-2-phenyl-3-acetyl-4.5-diketopyrrolidin, 

1.4'-(l'-Phenyl-2.'3'-dimethyl-5'-pjTrazolyl)-2-phenyl-3-acetyl-4.5-diketopyrrolidin, 

l-Phenyl-2-fur£uryl-3-acetyi-4.5-diketopyrrolidin, 

1.2'-Methoxyphenyl-2-phenyl-3-benzoyl-4.5-diketopyrrolidin2). 

Reduziert  man  Diketopyrrolidine  der  allgemeinen  Formel 

OC-CH-R, 

I      I 
OC     CH-Ri 

\y 

NR 

mit  Zink  und  Essigsäure,  so  gelangt  man  zu  Gichtmitteln.  Es  treten  2  oder  4  Wasserstoff- 
atome ein^). 

Unterwirft  man  Diketopyrrolidine  der  allgemeinen  Formel 

OC-CH-R, 

I      I 
OC     CH-R, 

\/ 
NR 

bzw.  Halogenverbindungen  solcher  Diketopyrrolidine  bei  erhöhter  Temperatur  der  Ein- 
wirkung von  Ammoniak,  so  erhält  man  Diketopyrrolidinderivate,  welche  Gichtmittel  sind. 
Unter  Austritt  von  Wasser  tritt  eine  Aminogruppe  in  die  Pyrrolidinverbindung,  wahr- 
scheinlich in  die  4-Stellung,  ein^). 

Pyrrolidin derivate  erhält  man,  wenn  man  acidylierte  Brenztraubensäureester,  Benz- 
aldehyd und  m-  oder  p-substituierte  Derivate  des  Anilins  aufeinander  einwirken  läßt. 

Aus  m-Toluidin,  Benzaldehyd  und  Acetylbrenztraubensäureäthylester  erhält  man 
m-Methyldiphenylacetyldiketopyrrolidin.  Beschrieben  sind  ferner  p-Methyldiphenylacetyl- 
diketopyrrolidin,      p-Äthoxyldiphenylacetyldiketopyrrolidin,      p-5Iethyldiphenyll)enzoyldi- 

^)  DRP.  287  959.  -)  Chemische  Fabrik  vorm.  Schering,  DRP.  280  971. 

3)  Schering,  DRP.  289  247.  ')  Schering,  DRP.  290  531. 


806  Gichtmittel. 

ketopyrrolidin.  Diese  Substanzen  besitzen  diuretische  Wirkungen  und  führen  eine 
starke  Harnsäurevennehrung  im  Harn  herbei^). 

Nucleiasäure  und  Thymiiisäure  wirken  in  vitro  harnsäurelösend^). 

/NH^ 
1.6-Diaminohexan  (CHj),     wirkt  in  vitro  harnsäurelösend  wie  Urotropin, 

es  passiert  den  Organismus  unverändert,  bei  Injektion  macht  es  lokale  Ent- 
zündung, bei  interner  Gabe  von  0.5  g  pro  kg  Tier  ist  es  ungiftig^). 

Die  folgenden  Verbindungen  sind  neuere  Errungenschaften,  Verbindungen, 
welche  nicht  mehr  der  Idee  folgen,  harnsäurelösende  Mittel  in  die  Therapie 
einzuführen,  sondern  zum  Teil  eine  starke  Ausvchwämmuag  von  Harnsäure 
aus  dem  Organismus  bewirken  (Typus:  Atophan),  zum  Teil  einen  stärkeren 
Abbau  der  Harnsäure  zum  AUantoin  (Typus:  Oxychinolin).  Ein  Teil  der  Ver- 
bindungen hat  überdies  starke  desinfizierende  Eigenschaften. 

In  dieser  Gruppe  hat  vor  allem  Atophan  sich  bewährt;  sein  bitterer  Ge- 
schmack hat  zu  sehr  zahlreichen  Versuchen  geführt  in  bekannter  Weise  (Bildung 
von  Estern,  Amid,  Tannat  usW.)  diese  unangenehme  Eigenschaft  zu  vermeiden. 
Doch  nur  der  erste  Repräsentant  dieser  Reihe  hat  in  der  Therapie  Eingang 
gefunden. 

Während  8-Oxychinolin  auf  den  Purinstoffwechsal  wirkungslos  ist,  üben  der  Salicyl- 
säure-  und  Acetylsalioylsäure-S-oxychinotinester  Wirkungen  aus,  indem  die  AUantoin- 
ausscheidung  erhöht  wird.  Die  Ester  sind  20  mal  weniger  giftig  als  freies  Oxychinolin.  Man 
erhält  sie  durch  Einwirkung  des  Chlorids  der  Salicylsäure  resp.  Aoetylsalioylsäura  auf  Oxy- 
chinolin*). 

o-Oxychinolin  bewirkt  beim  Hunde  eine  Vermehrung  der  Allantoinaus- 
scheidung  bzw.  eine  Verminderung  der  Harnsäureausscheidung.  Manchmal 
tritt  auch  die  entgegengesetzte  Wirkung  beim  Hunde  ein.  o-Oxychinolin  ist 
für  den  Menschen  zu  giftig.  Von  Derivaten  hat  sich  besonders  o-Oxychinolin- 
salicylsäureester  als  wirksames  Gichtmittel  bewährt®).  Es  wird  Aguttan  ge- 
nannt.   Es  wird  nach  DRP.  281  007  dargestellt. 

Kleine  Dosen  von  Acetylsalicylsäure-8-oxychinolin  haben  (beim  Hunde) 
keinen  Einfluß  auf  Harnsäure-  und  AUantoinausscheidung,  mittlere  vermindern 
die  Harnsäure  etwas,  vermehren  die  Allantoinmenge,  ebenso  große  Dosen  vou 
5  g,  während  nach  10  g  am  ersten  Tage  ein  erheblicher  Rückgang  des  Allantoins 
erfolgt.  Toxische  Wirkungen  Wurden  nicht  beobachtet.  8-Oxychinolinglycerin- 
äther  bewirkt  Vermehrung  der  Harnsäure  und  Verminderung  der  AUantoinaus- 
scheidung. Phenylcinchoninsäureäthylester  verursacht  eine  geringe  Vermin- 
derung der  Harnsäure  und  Steigerung  des  Allantoins,  Oxychinolin  macht 
Abnahme  der  Harnsäure  und  des  Allantoins*). 

Atophan  ist  2-Pheuylchinohn-4-carbonsäure  und  wird  gegen  Gicht  und 
Gelenksrheumatismus  empfohlen,  es  soll  eine  überraschend  große  Harnsäure- 
ausscheidung herbeiführen.  Atophan  erhöht  bei  Verabreichung  von  0.5 — 3  g 
innerlich  bei  purinfreier  Nahrung  die  Harnsäureausscheidung  um  das  3 — 4 fache 
(Nicolaier  und  Dohrn),  sie  geht  aber  beim  Aussetzen  des  Mittels  sofort  wieder 
zurück.  Es  handelt  sich,  nach  Weintrauds  Ansicht,  nicht  um  vermehrten 
Nucleinzerfall  im  Körper,  sondern  um  eine  Wirkung  auf  die  Niere,  deren  Funk- 
tion der  Harnsäureausscheidung  elektiv  durch  das  Mittel  gesteigert  wird. 

')  Chemische  Fabrik  vorm.   Schering,  DRP.   283  305. 

'^)  M.  Goto,  HS.  30,  473  (1900). 

')  Curtius  und  Clemm,  Journ.  f.  prakt.  Chem.  N.  F.  63. 

*)  R.  Wolffenstein,  DRP.  281  007. 

^)  Th.  Brugsch  und  R.  Wolffenstein,  Berliner  klin.  Wochensolir.  52,  157  (1915). 

')  Felix  Boenheim,  Zeitsclu-.  f.  experim.  Pathol.  u.  Ther.   15,  379  (1914) 


Gichtmittel.  807 

Atophan  steigert  auch  beim  gesunden,  purinfrei  ernährten  Menschen  die 
Hamsäureausscheidung.  Am  Tage  nach  der  Atophanverabreichung  sinkt  die 
Hamsäureausscheidung  unter  die  Norm.  Wird  jedoch  Atophan  weiter  gegeben, 
dann  bleibt  die  Ausscheidung  der  Harnsäure  durch  2 — 3  Tage  gesteigert,  kehrt 
dann  zur  Norm  zurück  und  kann  trotz  weiterer  Verabreichung  von  Atophan 
unter  die  Norm  sinken. 

Beim  Hunde  und  Kaninchen  bewirkt  Atophan  eine  Herabsetzung  der 
Allantoinausscheidung  und  Einschränkung  des  gesamten  Purinumsatzes.  Die 
Bildung  der  Purine  wird  durch  Atophan  in  überlebenden  Lebern  gehemmt, 
ganz  besonders  aber  die  Tätigkeit  der  Xanthinoxydass,  so  daß  eine  deutliche 
Verschiebung  des  Verhältnisses  Basen  :  Harnsäure  zugunsten  der  ersteren  statt- 
findet.   Die  Urikoosydase  wird  durch  Atophan  nicht  beeinflußt  i). 

Atophan  wirkt  im  Gegensatze  zum  Warmblüter  am  Kaltblüter  schon  in 
geringen  Mengen  deutlich  toxisch.  Das  Zentralnervensystem  und  besonders 
der  nervöse  Herzapparat  werden  gelähmt.  Die  Giftigkeit  des  Atophans  ist 
durch  die  Phenylgruppe  bedingt,  da  die  Cinchoninsäure  nahezu  völlig 
migiftig  ist.  Der  Grund  der  Wirksamkeit  in  der  Atophangruppe  ist  ab- 
hängig einerseits  von  der  Substitution  am  ChinoHnkern,  andererseits  vom 
Benzolring.  So  wird  durch  Substitution  einer  zweiten  Phenyl-,  einer  Äthyl-, 
Amino-  oder  Hydroxylgruppe  (nicht  Methyl!)  am  Chinolinkem  die  Atophan- 
wirkung  deuthch  abgeschwächt,  durch  Substitution  am  Benzolring  dagegen 
nicht  nur  nicht  gemindert,  sondern  erhöht,  wie  die  Versuche  mit  2-p-Tolyl-, 
2-p-Äthylphenyl-,  2-o-Oxyphenyl-,  2-m-Oxyphenyl-  und  2-p-Chlorphenyl- 
chinoUn-4-carbonsäure  gezeigt  haben.  Die  Ungiftigkeit  des  Hexophans  (Di- 
natriumsalz  der  2-Oxyphenylcarbonsäurechinolin-4-carbonsäure)  beruht  mit 
Sicherheit  auf  der  Anwesenheit  der  zweiten  Carboxylgruppe. 

Atophan  wird  im  Organismus  zur  Oxyphenylchinolincarbonsäure  oxydiert 
und  erst  durch  letztere  kommt  es  sekundär  zur  vermehrten  Hamsäureaua- 
scheidvmg^). 

Nach  den  Versuchen  von  R.  Ciusa  und  R.  Luzzatto  beruht  der  Haupt- 
teil der  physiologischen  Wirkung  des  Atophans  auf  dem  in  «-SteUung  befind- 
hchen  Phenylrest;  die  Anwesenheit  einer  Methoxyl-  oder  Aminogruppe  in 
Stellung  6  wird  als  schädlich,  in  Stellimg  8  als  unschädlich  gefunden*). 

Wenn  man  molekulare  Mengen  von  Isatin  und  Ketonen  bei  Gegenwart  von  über- 
schüssigem, wässerigem  Ammoniak  erhitzt,  so  gelangt  man  zu  den  Amiden  der  Chinolin- 
4-carbonsäuren  die  sieh  durch  Verseifung  z.  B.  mit  konzentrierter  Schwefelsäure,  in 
Ammoniak   und   die  entsprechenden  Chinolincarbonsäuren   spalten    lassen.     Beschrieben 

COOH 

C     CHj 

0/\/\(-.H 

N    CHj 
2-Phenylchinolin-4-carbonsäure,    2-p-Tolyl-3-phenylchinolin-4-carbonsäure,    2-p-Methoxy- 
phenyl-3-phenylchinolin-4-car bonsäure  * ). 

Der  Methyl-und  Athylester  der  2-Phenylehinolin-4-carbonsäure  schmecken  bitter, 
während  die  Arylester  geschmacklos  sind.  Man  stellt  sie  nach  den  üblichen  Methoden  mit 
Phosphoroxychlorid  dar.    Beschrieben  sind  der  Phenol-  und  //-Naphtholester*). 

Es  wurde  auch,  um  den  bitteren  Geschmack  zu  vermeiden,  2-PiperonylchinoUn- 
4-oarbonsäure  (Piperonylcinchoninsäure)  dargestellt,  die  besser  schmeckt  und  in  gleicher 

»T^rstarkenstein,  BZ.   106,  139  (1920). 

2)  Luise  Rotter,  Zeitschr.  f.  experim.  Pathol.  u.  Ther.  19,  176  (1917).  —  W.  Skoro- 
zewski  und  J.  Sohn,  Anzeiger  Akad.  d.  Wiss.  Krakau  1913,  Reihe  A,  885  (1912). 

3)  Atti  R.  Accad.  dei  Lincei  Roma  [5]  23,  I,  305  (1913). 
*)  Bayer,  DRP.  290  703.  ^)  DRP.  244  788. 


808  Gicht  mittel. 

Weise  verwendet  weiden  kann.  Man  erhält  sie  durch  Kondensation  von  Piperonal,  Anilin 
und  Brenztraubensäure,  indem  man  diese  mehrere  Stunden  in  alkoholischer  Lösung  am 
Rückflußkühler  kocht.    Beim  Erkalten  scheidet  sich  Piperonylcinchoninsäure 

COOH 

O— CHj 

aus^). 

Ester  der  in  2-StelUmg  durch  Alkyl  oder  Aryl  substituierten  Chinolincarbonsäuren 
bzw.  deren  im  Pyridin  oder  Benzclkern  substituierten  Derivate  erhält  man,  wenn  man 
wasserlösliche  Salze  dieser  Säuren  mit  Halogenalkyl  bei  Gegenwart  von  Wasser  erhitzt. 
Beschrieben  sind:  2-Phenylchinolin-4-carbonsäiu'emethylester,  6-JIethyl-2-phonylchinolin- 
4-carbonsäureäthylester,  6-Methyl-2-piperonylchinolin-4-carbonsäuremethyl-  und  äthyl- 
ester,  2-lHethylchinolin-3.4-dicarbonsäurediäthylester2). 

Atophan  ist  für  manche  Organismen  ein  selbst  in  kleinen  Mengen  tödliches 
Gift.  Schon  Zentigramme  schädigen  das  Froschherz  irreparabel.  Tetrahydroato- 
phan  zeigt  diese  Erscheinung  nicht,  erzeugt  aber  eine  mekrere  Wochen  währende 
DaucrvergiftungjWelcheinReflexerregbarkeitssteigerungundinTetanus  besteht'). 

Acitrin  ist  der  Äthylester  der  Phenylcinchoninsäure  (Atophan). 

Iriphan  ist  das  Strontiumsalz  des  Atophans. 

Durch  Hych'ierung  des  Atophan  moleküls  schwinden  seine  Einwirkungen 
auf  das  Kaltblüterherz  völlig.  Dafür  tritt  eine  spinale  und  periphere  Erregungs- 
wirkung ein.  Das  Vergiftungsbild  am  Warmblüter  ist  durch  eine  spinale  Reflex- 
erregbarkeitssteigerung charakterisiert  *) . 

2-PhenylchinGlin-4-diäthyIcarbinol  wirkt  wie  Atophan  und  Acitrin  auf  die 
Hamsäureausscheidung.  Ebenso  Atophansalicylsäureester.  Der  Spirosalester 
des  Atophans  hat  keine  große  Wirkung  auf  den  Hamsäiu-estoffwechsel^). 

Novatophan  ist  Methylphenylchinolincarbonsäureäthylester 

COO  •  C,H^ 


N 

Novatophan  K  ist  der  Atophanmethylester  (Phenylchinolincarbonsäure- 
methylester),  ein  Ersatzmittel  für  Novatophan  selbst,  den  Methylphenylchinolin- 
carbonsäureäthylester. 

Atochinol  ist  Phenylcinchoninsäureallylester.  Die  Verbindung  ist  geruchlos 
und  hat  einen  aromatischen  Geschmack®). 

2-Phenylchinolin-4-carbonsäureallylester  wird  durch  Behandeln  der  freien  Sävire,  ihrer 
Salze  oder  Halogenide  mit  Allylierungsmitteln  nach  den  üblichen  Methoden  gewonnen. 
Das  Produkt  ist  geschmacklos  und  löst  Harnsäure  wesentlich  leichter  als  die  freie  Säure'). 

Keine  Vermehrung  der  Harnsäureausscheidung  mfen  die  folgenden  Ver- 
bindungen hervor :  a-(p)-Methoxj^henyl->'-chinolincarbonsäure,  ix-(p)-Dimethyl- 
aminophenyl-j'-chinohncarbonsäure  luid  6-Amino-a-phenylchinolin-j'-carbon- 
säure.  Geringe  Vermehrung  (15 — 18%)  bewirkt  a-(o)-Oxyphenj'l-/?-naphtho- 
cinchoninsäure,  größere  (18—27%)  ergeben  «-(p)-Dimethylaminophenyl-/?- 
naphthocinchoninsäure ,  Dihydro-a-phenyl-/J-naphtliochinolincarbonsävire  und 
a-Phenyl-/?-naphthochinoIin  selbst.  Die  günstigsten  Resultate  werden  erreicht 
mit  a-Phenylchinolincarbonsäure  (Atophan)  und  mit  a-Phenyl-/i-naphtho- 
chinoUncarbonsäure  (Diapurin). 

»)  DRP.   244  497.  ^)  A.-G.  vorm.  Schering,  Berlin,  DKP.  275  963. 

ä)  J.   Pohl,  Berliner  klin.   Wochenschr.   5-1,   129  (1917). 

*)  Julius  Pohl,  Zeitschr.  f.  experim.  Pathol.  u.  Ther.   19,   198  (1917). 

')  Th.   Arndt,  Diss.   Breslau  (1914). 

«)  P.  Roethlisberger,  Rev.  M6d.  de  la  Sui-sse  romande  -10,   172  (1920). 

')  Ciba.    E.  P.  150401    (1920). 


Gichtmittel.  809 

a-Phenyl-/?-naphthochinolin-;'-carboasäiire  (Diapimn)  hat  wie  Atophan 
eine  hamsäureausschwemmende  Wirkung,  wenn  auch  etwas  geringer.  Für 
die  Entfaltung  der  hamsäureausschwemmenden  Wirkung  ist  es  nötig,  daß  sich 
der  Phenylrest  in  2-Stellung  befindet.  Chinolincarbonsäure  ist  unwirksam. 
Die  Gegenwart  einer  OCH3-  oder  NHg-Gruppe  in  6-Stelhing  neutralisiert  die 
Wirkung  ebenfalls,  hingegen  i.st  6-Methyl-2-phenylchinolin-4-carbonsäure  (Par- 
atophan)  ziemlich  wirksam,  ebenso  8-Methoxy-2-phenylchinolin-4-carbonsäure 
(Isatophan).    o-Methoxj'atophan  i)        moTT 

,A 

N 
CH3O 

Die  Einführung  von  anderen  Gruppen  — OH,  — N(CH3)2,  OCH3 —  in 
den  2-Phenylliem  verhindert  oder  schwächt  die  harnsäureausschwemmende 
Wirkung.  Da  Atophan  sich  im  Organismus  in  Oxyphenylchinolm-4-carbonsäure 
umwandelt,  scheint  die  Atophanwirkung  offenbar  vor  dem  Eintritt  dieser 
Oxydation  zu  erfolgen.  Die  Reduktion  des  Pyridinringes  schwächt  die  Wirkung, 
hebt  sie  jedoch  nicht  völlig  auf^). 

Paratophan  ist  6-Methylatophan 

COOH 

\J\J  ■  C^Hs 

ist  weniger  bitter  imd  in  der  Wirkung  identisch  mit  Atophan. 

Oxyphenylchinolincarbonsäure  unterscheidet  sich  von  Atophan  dadurch, 
daß  sie  statt  der  Phenylgruppe  Salicylsäure  enthält. 

Hexophan  soll  vollkommen  ungiftig  und  reizlos  sein_ 

Hexophan  ist  Oxj'carboxyphenylchinolinsäure;  es  soll  die  Wirkungen  des  Atophans 
durch  den  diiiretischen  Effekt  des  Salicylsäurekomponente  unterstützen;  man  erhält  es 
durch  Kondensation  von  Acetosalicylsäure  mit  Isatin. 

Die  in  2-StelIung  arylierten  Chinolin-4-carbonsäuren  lassen  sich  in  wasserlösliche  Ver- 
bindungen überführen,  wenn  man  ihre  Aminosubstitutionsprodukte,  seien  es  solche,  bei 
denen  die  Aminogruppe  im  2-Arylrest  oder  im  Chinolinkern  steht,  mit  Formaldehydsulfoxy- 
laten  in  wässeriger  Lösvmg  behandelt^). 

Man  erhält  jodhaltige  Chinolinderivate,  bei  denen  das  Jod  entweder  im  Cliinolinkem 
oder  im  Phenylrest  sitzt,  in  der  Weise,  daß  man  im  ersteren  Falle  jodierte  aromatische 
Amine  mit  Benzaldehyd  und  Brenztraubensäure  oder  im  zweiten  Falle  aromatische  Amine 
mit  Jodbenzaldehyden  und  Brenztraubensäure  kondensiert.  Durch  die  Kombination  mit 
Jod  soll  die   Wirkimg  der   2-Phenyl-chinolin-4-carbonsäure  sehr  verstärkt  werden.     Be- 

COOH 
I 

schrieben     sind    6-Jod-2-phenylchinolin-4-carbonsäure  I    /^  tt  '    2-4'-Jodphenyl- 

COOH  ^Y"  '^ 


A 


chinolin-4-carbonsäure  1    / — \  ^  ,    6-Methoxy-2.4'-jodphenylchinoUn-4-carbon8ävire 

ch,o-AA 


COOH  jj 


N 


1)  C.  H.  Thoms,  Ber.  Dtsch.  Pharm.  Ges.  83,  65  (1912). 

*)  R.  Luzzatto  und  R.  Ciusa,  Arch.  d.  Farmacol.  sperim.   16,  6. 

3)  Schering,  DRP.   287  216. 


gj^Q  Giohtmittel. 

Die  im  Phenylrest  jodierten  Verbindungen  können  auch  durch  Kondensation  von 
Isatin  mit  Jodacetophenonen  gewonnen  werden '). 

Chem.  Fabr.  vorm.  Schering^)  stellen  von  der  Haut  resorbierbare  Derivate  der 
2-Phenylchinolin-4-carbonsäure  her,  und  zwar  die  Glykolsäureester,  indem  sie  Halogen- 
essigsäureester  auf  die  Salze  der  2-Phenylchinolin-4-carbonsäureester  einwirken  lassen. 

Acetolester  der  2-Phenylchinolin-4-carbonsäure,  welche  geschmacklos  sind,  erhält 
man  durch  Behandlung  der  Säure  resp.  ihrer  Salze  mit  Chloraceton^). 

Führt  man  2-Phenylchinolin-4-carbonsäure  oder  ihre  Derivate  in  die  entsprechenden 
Isoamylester  über,  so  erhält  man  Verbindungen,  die  sich  infolge  ihrer  öligen  Beschaffen- 
heit und  Resorptionsfähigkeit  besonders  zu  Einreibungen  in  die  Haut  eignen.  Die  Ver- 
esterung geschieht  in  der  üblichen  Weise.  Beschrieben  sind:  2-Phenylchinolin-4-carbon- 
säuroisoamylester,  6-Methyl-2-phenylchinolin-4-carbonsäurei3oamylester,  8-Methoxy-2-phe- 
nylchinolin-'l-carbonsäureisoamylester  * ). 

Wenn  man  statt  Anilin  Benzidin,  Tolidin  oder  Dianisidin  mit  Benzaldehyd  und 
Brenztraubensäure  kocht,  so  erhält  man  im  Phenylrest  substituierte  Dichinolylcarbonsäuren. 

Aus  Benzidin  erhält  man  6.6'-Dichinolyl-2.2'-diphenyl-4.4'-dicarbonsäure 

COOH  COOH 


N  N 

Aus  Benzidin  und  Salicylaldehyd  (statt  Benzaldehyd)  erhält  man  6.6'-Dichinolyl- 
2.2'-dioxyphenyl-4.4'-dicarbonsäure. 

Aus  o-Tolidin  und  Benzaldehyd  erhält  man  8.8'-Dimethyl-6.6'-dichinolyl-2.2'-di- 
phenyl-4.4'-dicarbonsäure.  Aus  o-Dianisidin  und  Benzaldehyd  entsteht  8.8'-Dimethoxy- 
6.6'-dichinolyl-2.2'-diphenyl-4.4'-diearbonsäure^). 

2-Phenylchinolin-4-carbonsäare  erhält  man  durch  Einwirkvmg  von  Isatin  auf  Aoeto- 
phenon  in  Gegenwart  von  wässerigem  Atzkali'). 

Aminoderivate  der  2-Phenylchinolin-4-carbon8äure  erhält  man  durch  Kondensation 
von  Isatin  mit  Arainoacetophenonon.  Als  Beispiel  werden  angeführt  die  Kondensationen 
von  Isatin  mit  m-Aminoacetophenon  und  mit  fo-Aminoacetophenon'). 

Man  behandelt  gleiche  Moleküle  Isatin  und  Acetophenon  oder  dessen  Derivate  mi* 
beliebigen  Mengen  Ammoniak  ohne  äußere  Wärmezufuhr. 

Alan  gelangt  so  zu  wesentlich  anderen  Produkten,  die  der  Chinolinreihe  nicht  an- 
gehören, als  nach  dem  DRP.  290  703,  nach  dem  gleiche  Mole  Isatin  und  Ketone  bei  Gegen- 
wart von  überschüssigem  wässerigen  Ammoniak  unter  Erwärmen  gegebenenfalls  unter 
Druck  kondensiert  werden'). 

Durch  das  Hauptpatent  sind  die  Amide  der  2-Phenylchinolin-4-carbonsäure  geschützt, 
die  geschmacklos  sind.  Geht  man  von  der  2-Piperonylchinolin-4-carbonsäure  und  ihren 
Homologen  aus,  so  kann  man  bei  der  Darstellung  der  Amide  ebenfalls  zu  geschmacklosen 
Substanzen  gelangen.  Diese  Verbindungen  rufen  keine  vermehrte  Harnsäureausscheidung 
herbei'). 

Wenn  man  2-Piperonylchinolin-4-carbon3äure  oder  ihre  Homologen  in  Arylide  über- 
führt, so  erhält  man  z.  B.  2-Piperonylchinolin-4-carbonsäureanilid  aus  dem  mit  Thionyl- 
chlorid  bereitetem  Säurechlorid  und  Anilin.  Beschrieben  sind  femer  6-Methyl-2-piperonyl- 
chinolin-4-carbonsäure-p-toluidid,  2-Piperonylchinolin-4-carbonsäure-p-phenetidid,  2-Pi- 
peronylchinolin-4-carboxyl-p-aminobenzoesävu-eäthylester  i" ). 

Durch  Kondensation  von  Aminosubstitutionsprodukten  der  2-Phenylchinolin-4-car- 
bonsäure  mit  Formaldehyd  und  Bisulfit  gelangt  man  zu  amino-2-phenylchinolin-4-carbon- 
Bäure-(o-methylschwefUgsauren  Salzen.  Diese  Verbindungen  sind  wasserlöslich.  Im  Orga- 
nismus sollen  sie  Formaldehyd  abspalten  können. 

Beschrieben  sind  das  Natriumsalz  der  w-methylschwefligen  Säure  aus  2-Phenyl- 
6-aminochinolin  -  4  -  carbonsäure,  2-phenyl-7-aminochinolin-4-carboxy  -  o»  -methylschweflig- 
saures  Natrium,  2.3'-aminophenylchinoUn-4-carboxy-M-methylschwefligsaiu-e3  Natrium,  das 
ca-methylschwefligsaure  Natriumsalz  der  2-Phenyl-3-aminochinolin-4-carbonsäure"). 

Wenn  man  entweder  Kohlensäure  auf  2-phenylchinolin-4-carbonsaure3  Natrium  ein- 
wirken läßt,  oder  2-Phenylchinolin-4-carbonsäure  mit  Natriumcarbonat  bzw.  mit  Natrium- 

1)  Schering,  DRP.   288  303.  ^)  DRP.  267  208.  ')  Bayer,  DRP.  267  209. 

«)  Schering,  DRP.  287  959.  ^)  DRP.  240  078.  «)  Kalle,  DRP.   287  304. 

')  DRP.  288  865,  Zusatz  zu  DRP.   287  804.  »)  Schering,  DRP.  301591. 

«)  Schering,  DRP.  277  438,  Zusatz  zu  DRP.  252  643. 
W)  DRP.  281097,  Zusatz  zu  DRP.   252  643.         ^M  Höchst,  DRP.   292  393. 


Giohtmittel.  811 

bicarbonat  behandelt,  oder  Natriumbicarbonat  mit  phenylohinolincarbonsauren  Salzen 
umsetzt,  so  entsteht  eine  Verbindung  CjjHjjNjOjN'a,  d.  i.  kohlensaures  2-phenylchinolia- 
4-carbonsaures  Natrium,  welches  den  Magen  weniger  angreift  als  die  Säure  selbst  und  auch 
zur  Reinigung  der  Säure  dienen  kann'). 

Homologe  und  Substitutionsprodukte  der  2-PiperonylchinoUn-4-carbonsäur6  erhält 
man,  wenn  man  Homologe  oder  Substitutionsprodukte  des  Anilins  mit  Piperonal  und  Brenz- 
traubensäure  kondensiert.  6-Methyl-2-pip9ronyl-chinolin-4-carbonsäure  erhält  man  aus 
p-Toluidin,  Piperonal  und  Branztraubensäure  beim  Kochen  in  Alkohol.  6-Oxy-2-piperonyl- 
chinolin-4-carbonsäure  aus  p-Aminophenol,  Piperonal  und  Brenztraubensäure.  8-Methoxy- 
2-piperonylchinolin-4-oarbonsäure  aus  o-Anisidin,  Pipsronal  und  Brenztraubensäure*). 

Man  erhält  2-Phenylchinolin-4-carbon3äuren,  welche  eine  Aminogruppe  im  Benzol- 
kem  des  Chinolins  enthalten,  wenn  man  Mouoacidylverbindungen  von  Phenylendiaminen 
mit  Benzaldehyd  oder  dessen  Homologen  und  Brenztraubensäure  kondea«iert  und  die  so 
erhaltenen  N-Acidylverbindungen  verseift.  Aus  p-Aminoacetanilid,  Benzaldehyd  und  Brenz- 
traubensäure erhält  man  2-Phenyl-6-acetylaminochinoUn-4-carbonsäur6,  aus  der  durch 
Verseifung  mit  Natronlauge  2-Phenyl-6-aminochinotin-4:-carbonsäure  entsteht.  Ferner  sind 
beschrieben:  2-Ph9nyl-7-aminochinolin-4-carbonsäure,  2-p-Tolyl-6-aminochinolin-4-carbon- 
säure,  2.4-M3thoxyphenyl-6-aminoohinolin-4-carbonsäure  und  2-Ph6nyl-5-methoxy-6-amino- 
chinolin-4-carbon3äure  ^). 

2-Naphthylchinolin-4-carbon3äuren  werden  dargestellt,  wenn  man  entweder  Isatin 
oder  Methylisatin  mit  Acetonaphthonen  oder  deren  Kernsubstitutionsprodukte  in  alkali- 
scher Lösung  oder  Anilin  oder  dessen  Derivate  mit  Brenztraubensäure  und  Naphthaldehyden 
kondensiert. 

2.  l'-NaphthylchinoUn-4-carbonsäure  erhält  man  aus  Isatin  und  st-Acetonaphthon 
oder  aus  Anilin,  «-Naphthaldehyd  und  Brenztraubensäure. 

Ferner  sind  beschrieben  2.2'-Naphthylchinolin-4-carbon3äure,   6-Methyl-2.2'-naphthyl- 

COOH 

C 

0/\CH 
j 

N 

OH 

Im  Gregensatz  zur  2-Ph3nylchinolin-4-carbon3äure  wird  angeblich  bei  der  therapeuti- 
schen Wirkung  der  batretfenden  2-NiphthylchinoUn  4-oarbon5äura  bei  stark  vermehrter 
Harnsäureausscheidung  ein  klarer  Urin  entleert*). 

Man  erhält  Derivata  der  2-Ph3nylchinolin-4-carbon3äure,  wann  man  o-,  m-  oder 
p-Oxyaoetophenon  mit  Isatin  bzw.  in-  odar  p-Oxybenzaldahyd  mit  Anilin  und  Brenztrauben- 
säure kondansiart.  So  erhält  man  2.4'-Oxyph3nylchinolin-4-carbonsäure,  2.3'-Oxyphenyl- 
chinoUn-4-carbon3äure  und  2.2'-Oxyph3nylchinolin-4-carbon3äura^). 

Kalle  &  Co.  geban  in  DRP.  234  233  an,  daß  die  2.2'-,  2.3'-  und  2.4'-Oxyphenylchinolin- 
carbinsäuren,  insbesondere  die  3'-  und  4'-Oxysäurö  eine  ähnliche  Wirksamkeit  wie  die 
2'-PhanylohinoUn-4'-Carbon3äure  entfalten. 

Diese  Verbindungen  sind  nicht  nur  sogenannte  Gichtmittel,  sondern  sie  haben  auch 
stark  ausgeprägte  antiseptische  und  entzündungswidrige  Eigenschaftan,  die  denen  der 
Salicylpräparate  mindestens  gleiehkomman;  sie  zaigen  beachtenswerte  Wirkungen  als 
Plasmagitte  im  Sinne  des  Chinins  und  wirken  z.  B.   bei  Pertussis. 

2-  resp.  3-.Antipyrylchinolin-4-carbonsäuren  erhält  man,  wenn  man  Isatin  mit  1-Phenyl- 
2.3-dimethyl-4-aceto-5-pyrazolon  oder  dessen  Homologen  in  alkalischer  Lösung  konden- 
siert'). 

Min  kann  die  unangenehmen  Nebenwirkungen  der  Phenylchinolincarbonsäuro  und 
ihrer  Derivate,  nämlich  den  bitteren  Ges?hraack  uliI  dia  Reizwirkung  auf  den  Magen  be- 
seitigen, wenn  man  sie  in  Tanninverbindungen  überführt.  Die  Tannate  besitzen  die  Eigen- 
schaften der  Ausgangsstoffe  sowohl  bazüglich  dar  B3eintlussung  der  Harnsäureausscheidung 
als  auch  dar  entzüadungswidrigan,  schmarzstillenden  Wirkung.  Die  Herstellung  der  Tannin- 
verbindungen geschieht  je  nachdem  noch  eina  freie  Carboxyl-  oder  Hydroxylgruppe  vor- 
handen ist  oder  nicht,  iulem  man  im  ersten  Falle  eine  verdünnte  Lösung  des  Körpers  in 
Alkah,  im  letzteren  eine  solche  in  Säuren  nacheinander  mit  einer  Lösung  von  Tannin  und 


1)  Chamischa  Fabrik  vorm.  Schering,  DRP.  285  499. 
')  Chemische  Fabrik  vorm.  Sehering,  DRP.   281  603. 
3)  DRP.  294  159,  Zusatz  zu  DRP.  287  804. 
*)  Chemische  Fabrik  vorm.   Schering,  DRP.   284  232. 
5)  Kalle,  DRP.   284  233.  «)  Höchst,  DRP.  270  487. 


8J2  Gichtmittel. 

verdünnter  Essigsäure  bzw.  Lösung  von  essigsaiirem  Natrimn  vermischt.  Dabei  ist  darauf 
zu  achten,  daß  die  Tanninmenge  genügend  groß  ist.  Dargestellt  werden  die  Tarmate  von 
2-Phenylchinolin-4-carbonsäure,  2-Oxyphenylchinolin-4-carbonsäure,  2-Phenylchinolin-4- 
carbonsäureäthylester  und  2-Phenylehinolin-4-carbonsäureamid  i). 

Den  Aminoderivaten  der  2-Phenylchinolin-4-carbonsäiire  haftet  der  Nachteil,  Harn- 
säureausscheidimg   zu  bewirken  im  Gegensatze   zur  PhenylchinoUnearbonsäure  nicht  an. 

Man  erhält  sie  durch  Kondensation  von  Nitroisatinen  mit  Acetophonon  oder  seinen 
Homologen  vmd  Substitutionsprodukten  vind  Reduktion  der  Nitroverbindimg  oder  indem 
man  Isatine  mit  Acidylaminoacetophenon  oder  dessen  Homologen  und  Substitutions- 
prodvikten  kondensiert  imd  die  Acidylreste  mit  verseifenden  Mitteln  abspaltet. 

Aus  Nitroisatin  und  Acetophenon  in  Gegenwart  von  wässerigem  Ätzkali  entsteht  das 
Kaliumsalz  der  2-Phenyl-6-nitrochinolin-4-carbonsäure,  das  mit  Zinnchlorür  imd  Salzsäure 
2-Phenyl-6-aminochinolin-4-carbonsäure  liefert.  Ferner  sind  beschrieben:  2-m-Acetylamino- 
phenylchinolin-4-carbonsäure,  2-m-Aminophenylchinolin-4-carbonsäm-e,  2-Phenyl-3-amino- 
chinolin-4-carbonsäure  ^). 

Durch  Reduktion  der  2.2'-,  2.3'-  oder  2.4'-Nitrophenylchinolin-4-carbonsäure  gelangt 
man  zu  entspreclienden  Aminovcrbindimgen,  welche  wie  die  2-Phenylchinolin-4-carbon- 
säure  verwendet  werden  sollen.  Sie  führen  eine  weit  geringere  Harnsävireabscheidung  herbei 
oder  lassen  sie  ganz  unbeeinflußt.  Beschrieben  sind:  2.2'-Aminophenylchinolin-4-carbon- 
säure,  2.3'-Aminophenylchinolin-4-carbonsäiU'e,  2.4'-Aminophenylchinolin-4-carbonsäure. 
Die  Aminoverbindung  kann  auch  diu-ch  Einwirkung  von  Brenztraubensäm-e  auf  die  Amino- 
benzaldehyde  und  Anilin  erhalten  werden^). 

Chem.  Fabrik  vorm.  Schering,  Berlin,  stellen  die  Sulfoverbindimgen  der  2-Phenyl- 
chinolin-4-carbonsäure  her,  indem  sie  diese  Säure  mit  sulfurierenden  Mitteln  behandeln. 
Beschrieben  ist  die  Sulfo-2-phenylchinolin-4-carbonsäure,  welche  auf  die  Harnsäureaus- 
scheidung nicht  melir  einwirkt,  aber  bei  gichtischen  Gelenkentzündungen  noch  wirksam 
sein  soll*). 

Durch  Veresterung  arylierter  Chinolincarbonsäuren  mit  Salicylsäure,  deren  Homo- 
logen unJ  Derivaten  erhält  man  Verbindungen,  die  außer  der  Einwirkung  auf  die  Harn- 
säureausscheidung auch  die  antirhemnatischon  Eigenschaften  der  Salicylsäure  besitzen 
und  absolut  geschmacklos  sind.  Beschrieben  sind:  der  Salicylsäureester  der  2-Phenyl- 
chinoliii-4-carbonsäme,  der  o-Kresotinsäureester  der  2.3-Diphenylchinolincarbonsäure,  der 
Salicylsäureester  der  2-p-AnisylchinLlin-4-carbonsäure,  der  Salicylsäureglykolester  der 
2-Phenylchinolincarbonsäure '). 

Man  erhält  Verbindimgen  aus  2-Phenylchinolin-4-carbonsäure  oder  deren  Homologen 
mit  GlykokoU,  wenn  man  die  genannten  Chinolincarbonsäuren  avif  GlykokoUalkylester  ein- 
wirken läßt*). 

Kondensiert  man  Anilin  mit  Brenztraubcnsäure  und  p-Aldehydosalicyl.säure  bzw. 
Isatin  mit  Acetosalicylsäiu^,  so  erhält  man  2.4'-Oxyphenylchinolin-4.3-dicarbonsäure 

^C(COOH) :  CH 

^N  H-<^OH 

COOH 

Die  Verbindung  wirkt  antineuralgisch  und  antipyretisch  sowie  hamsäuretreibend. 
Die  Lösungen  der  Alkalisalze  schmecken  süß'). 

Kondensiert  man  Aceto-o-m-  oder  -p-kresotinsäure  mit  Isatinsäure,  so  erhält  man 
Oxytolylchinolindicarbonsäuren.  Die  Acetokresotinsäuren  kann  man  dm-ch  Kondensation 
von  Acetylchlorid  mit  o-,  m-  oder  p-Ki-esotinsäure  mittels  Aluminiumchlorid  in  Gegen- 
wart von  Schwefelkohlenstoff  herstellen'). 

-An  Stelle  der  Isatinsäure  werden  deren  kernsubstituierte  Derivate,  wie  die  Methyl-, 
Halogen-  oder  Alkyloxyderivate  mit  Acetosalicylsäure  oder  Acetokresotinsäure  konden- 
siert. Man  erhält  die  entsprechenden,  im  Benzolkern  des  Chinoliiu-estes  substituierten 
Oxyarylchinolindicarbonsäurederivate,  welche  in  iliren  pharmakologischen  Eigenschaften 
den  unsubstituierten  Derivaten  ähnlich  sind '). 

Oxyarylchinolindicarbonsäuren  erhält  man,  wenn  man  an  Stelle  von  Ätzalkali 
Alkali carbonate  oder  Erdalkalien  zwecks  Kondensation  von  Isatinsäure  mit  Acetosalicyl- 
säure,  bzw.  mit  Acetokresotinsäuren  verwendet.    Dargestellt  wurden:  Oxj^henylchinolin- 


1)  Kalle,  DRP.   287  993.  ^)  Höchst,  DRP.  287  804. 

=)  Chemische  Fabrik  vorm.  Schering,  DRP.  279  195.  *)  DRP.  270  994. 

5)  DRP.  261028.  «)  A.-G.  vorm.  Schering,  Berlin,  DRP.  249  766. 

')  Höchst,  DRP.  293  467.  *)  DRP.  293  905,  Zusatz  zu  DRP.  293  467. 

»)  DRP.   305  885,  Zusatz  zu  DRP.   293  467. 


Gichtmittel.  813 

dicarbonsäure  aus  Isatin  und  p-Acetosalicylsäure,  sowie  von  p-Oxytolylchinolindicarbon- 
säure  aus  Isatin  und  Aceto-p  kresotinsäiu-e  *). 

Ester  der  2-Piperonylchinolin-4-carbonsäure  erhält  man,  wenn  man  die  Säure  mit 
Alkoholen  oder  Phenolen  verestert.  Die  Ester  sind  geschmacklos  und  bewirken  keine 
Vermehrung  der  Hamsäureausscheidung.  Beschrieben  sind  der  Methyl-,  Äthyl-,  Phenyl-, 
S-Oxychinolinester  der  2-Piperonylchinolin-4-carbonsäure;  der  o-Oxybenzoesäureester  der 
2-Piperonylchinolin-2-carbonsävire,  6-Methyl-2-piperonylchinolin-4-carbonsäur9  und  der 
Methylester  und  Glycerinester  dieser  Säure  ^). 

Durch  Einwirkung  von  Salicylsäurechlorid  auf  Antliranilsäure  und  deren  Derivate 
und  Homologen  erhält  man  Acylverbindungen  dieser  Verbindungen.  Beschrieben  sind 
Salicylanthranilsäure,  Salicylanthranil,  Salicylanthranilsäureäthylester.  Diese  Verbin- 
d\mgen  verursachen  eine  außerordentlich  gesteigerte  Harnsäureausscheidung'). 

Max  Hartmann  und  Ernst  Wybert*)  versuchten  an  Stelle  des  Phenyl- 
restes  den  Thioj)henrest  in  das  Molekül  der  Cinchoninsäure  einzuführen  in 
der  Erwartung,  eine  Verstärkung  der  antiphlogistischeu  und  analgetischen 
Wirkung  durch  den  Eintritt  einer  schwefelhaltigen  Gruppe  zu  erzielen.  Sie 
stellten  durch  alkalische  Kondensation  von  Acetothienon  mit  Isatin  bzw.  Isato- 
säure  Thienylchinolincarbonsäure 

COOK 


dar. 

Die  Substanz  hat  nach  Untersuchungen  von  F.  Uhlmann  tatsächlich  die 
gewünschte  Eigenschaft,  aber  bei  Eingabe  derselben  werden  die  Versuchstiere 
violettrot  und  der  Harn  permanganatfarben.  Der  Farbstoff  hat  ausgesprochen 
sauren  Charakter  und  löst  sich  in  Alkalien  mit  gelber  Farbe.  Auch  die  Ester 
der  Säure  haben  die  gleichen  farbstoff  bildenden  Eigenschaften  wie  die  Mutter- 
substanz. 


1)  DRP.  303  681,  Zusatz  zu  DRP.  293  467. 

2)  Chemische  Fabrik  vorm.  Schering,  DRP.  281  136. 
ä)  Grenzach,  DRP.  284  735. 

')  Helvetica  Chimica  Acta,  Vol.  II,  läse.    1,  p.  60. 


Vierzelintes  Kapitel. 

Wasserstoffsuperoxyd. 

Als  sauerstoffabgebende  Verbindungen  wurden  für  internen  Gebrauch 
Chlorate,  Bromate  und  Jodate  sowie  Benzoylsuperoxyd  benutzt,  wegen  ikrer 
Blutgiftwirkung  aber  zumeist  ver'assen. 

Wassei-stoffsuperoxyd  kann  durch  Hinzufügen  von  0.2%  Strontium- 
hydrosyd  vor  Zersetzung  geschützt  werden*). 

Ebenso  kann  man  mit  0.2%  Traubenzucker  Wasserstoffsuperoxyd  haltbar 
machen  -). 

Die  große  Verbreitung  des  Wasserstoff  uperoxyd  für  externe  und  Höhlen- 
behandluiig  hat  zur  Darstellung  von  festen  Verbindungen  geführt,  bei  denen 
Wasserstoffsuperoxyd  mit  Hanistoff  oder  Hexamethylentetramin  verbunden 
ist,  deren  Stabilität  durch  verschiedene  Zusätze  erhöht  wird.  Diese  Verbin- 
dungen haben  sich  als  Wmidantiseptica  bewährt,  ebenso  als  Slittel,  rasch 
Wasserstoffsuperoxydlösungen  frisch  zu  bereiten. 

Die  Nerven-  imd  Herzwirkuiig  der  Bromate  ist  erheblich  höher  als  die 
der  Chlorate.  Eine  direkte  Blutwirkung  der  Bromate  ist  kaum  zu  bemerken'). 

Natriumpersulfat  wirkt  giftig  und  hypothermisch''). 

Stearns  &  Co.,  Detroit,  stellen  Superosydsäuren  aus  Anhydriden  zweibnsischer 
Säuren  her,  indem  sie  die  Anhydride  mit  wässerigen  Lösungen  von  Wasserstoffsuperoxyd 
bis  zur  Bildung  von  Niederschlägen  schütteln.  Besclirieben  ist  Peroxydphthalsäure,  Bem- 
steinsuperosydsäure,  Glutarsuperoxydsäure"). 

Bis  jetzt  hat  sich  kein  organisches  Superoxyd  in  der  Therapie  bewährt. 

Diamaltgesellschaft.  München,  stellt  eine  haltbare  Verbindung  von  Hexamethylen- 
tetramin mit  Wasserstoffsuperoxyd  her,  indem  sie  Hexamethylentetraffiin  unter  Kühlung 
in  Wa.^er»toffsuperoxydlösung  auflöst  imd  die  entstandene  Doppelverbindung  aus  der 
wässerigen  Lösung  durch  organische  Lösungsmittel  ausfällt'). 

Zur  Haltbarmachung  wird  der  Doppeherbindung  eine  kleine  Menge  eines  Säure- 
anhydrids oder  der  Acetylverbindung  einer  aromatischen  Oxysäiu^  und  einer  Eiweiß- 
verbindung oder  eines  Polysaccharids  zugesetzt,  z.  B.  Milchsäureanhydrid,  Stärke  und 
Acetylsal'>ylsäure  oder  Pflanzeneiweiß  und  Phthalsäureanliydrid'). 

CHj— 0-0  — CH^ 

Hexamethylentriperoxyddiamin  K— CH.  —  0-0  —  CH.^N,  erhält  man,   wenn  man 

'CHÖ— -OO— CHJ 
in  konzentrierter  Lösung  Wasserstoffsuperoxyd  auf  Salze  des  Hexamethylentetramins  mit 
organischen  oder  anorganischen  Säuren  zusammenbringt*). 

An  Stelle  von  Hexamethylentetramin  läßt  man  Harnstoff  imd  Formaldehyd  auf 
Wasserstoffsuperoxyd  in  Gegenwart  einer  Säure  einwirken.    Das  Produkt  hat  die  Formel 

„„     NH  •  CH,  •  O  •  O  •  CH,  •  XH        0  91 


M  Meta  Sarason,  Berlin,  DRP.   31S  134.  =)  DRP.  303  680. 

')  Meta  Sarason,  Berlin,  DRP.   318  220. 

*)  G.  Richter,  Budapest,  DRP.   259  S2fi. 

*)  DRP.   281  083,  Zusatz  zu  DRP.   259  826. 

«)  DRP.  264  m.  •)  DRP.  267  816,  Zusatz  zu  DRP.   264  111. 

«)  Girsewald,  DRP.  263  459.  ')  DRP.  2S1  045,  Zusatz  zu  DRP.  263  459. 


Wasserstoffsuperoxyd.  815 

Eine  haltbare  Verbindung  aus  Wasserstoffsuperoxyd  und  Carbamid  erhält  man,  wenn 
man  Carbamid  mit  Wasserstoffsuperoxyd  bei  niedriger  Temperatur  behandelt '). 

Die  Eigenschaften  der  nach  dem  Hauptpatent  erhältlichen  Produkte  aus  Carbamid 
und  Wasserstoffsuperoxyd  werden  durch  Zusatz  geringer  Mengen  Stärke  oder  stärke- 
ähnlicher Substanzen  insofern  günstig  beeinflußt,  als  dadurch  seine  Widerstandsfähigkeit 
gegenüber  den  Einflüssen  hoher  Temperaturen,  wie  sie  etwa  bei  der  Verwendung  in  den 
Tropen  in  Frage  kommen,  erhöht  wird^). 

Eine  Doppelverbindung  von  \^'asserstoffsuperoxyd  und  Harnstoff  unter  Benützung 
geringer  Mengen  eines  anorganischen  alkalibindenden  Stoffs  von  schwach  saurem  Charakter 
zum  Haltbarmachen  erhält  man,  wenn  der  Zusatz  des  alkalibindenden  Stoffes  vor  der  Ab- 
scheidung der  Doppelverbindung  aus  der  wässerigen  Lösung  ihrer  Bestandteile  erfolgt.  Als 
Zusätze  sind  die  sauren  Salze  der  Phosphorsäure,  Mononatriumphosphat  und  Katriummeta- 
phosphat  sowie  die  Borsäure  angefülirt^). 

Haltbare  Präparate  aus  Wasserstoffsuperoxyd  und  Harnstoff  erhält  man,  wenn  man 
dieser  Verbindung  geringe  Mengen  organischer  Säuren  oder  ihrer  sauren  Salze  zusetzt;  z.  B. 
Citronensäiu-e,  Salicylsäure,  Gerbsäure*). 

Zu  dem  in  fester  Form  isolierten  Harnstoffwasserstoffsuperoxyd  setzt  man  zwecks 
Haltbarmachung  geringe  Mengen  anorganischer  Säuren  oder  saurer  Salze  dieser  Säuren 
hinzu;  z.   B.   Borsäure  oder  Natriumbisulfat^). 

E.  Merck  stellt  haltbare  Verbindungen  des  Wasserstoffsuperoxyds  mit  neutralen, 
anorganischen  oder  organischen  Stoffen  her,  indem  er  mit  diesen  Stoffen  versetzte  schwache 
technische  Wasserstoffsuperoxydlösungen  vorsichtig  eindampft.  Beschrieben  sind  Harn- 
stoff-Wasserstoffsuperoxyd'). 


»)  Bayer,  DRP.  293  125.  ^)  DRP.  294  725,  Zusatz  zu  DRP.  293  125. 

=)  Byk,  DRP.  291490.  *)  C.  G.  Santesson,  Arch.  di  Fisiolog.  7  (1910). 

5)  Joseph  Nicolas,  C.  r.  s.  b.  33,  409.  «)  DRP.   170  727. 


Nachtläge. 

Nachtrag  zu  Seite  18. 

Salze  von  Thorium,  Cer,  Praseodym  und  Lanthan  agglutinieren  in  sehr 
niedriger  Konzentration,  auch  wenn  die  Salze  nicht  kolloid,  sondern  krystalloid 
sind.  Vierwertiges  Kation  (Thorium)  wirkt  stärker  als  dreiwertiges  (Lanthan, 
Cer,  Praseodym).   Alle  vier  sind  Protoplasmagifte,  Thor  giftiger  al.s  Ceri). 

Nachtrag  zu  Seite  61. 

Benzin  und  seine  vier  rein  dargestellten  Bestandteile  :  Pentan,  Hexan, 
Heptan  und  Octan  in  narkotischen  Konzentrationen  der  Einatmungsluft  zu- 
gesetzt machen  häufig  erst  starke  Reizerscheinungen  neben  frühzeitiger  Be- 
einträchtigung der  Atmung.  Noch  stärker  als  bei  den  aliphatischen  Kohlen- 
wasserstoffen ist  die  erregende  Wirkung  beim  Benzol  ausgeprägt  2). 

Nachtrag  zu  Seite  68. 

DichloräthylsuKid  ist  ein  starkes  Hautreizmittel.  Das  Dichloräthylsulf- 
oxyd  (C1CH2CH„)2S0  macht  selten  leichtes  Erji:hem,  ebenso  die  entsprechende 
Jodverbmdmig  "'(JCH2-CH2)2SO.  Dichloräthylsulfon  (C1CH2CH2)2S02  hat 
dieselbe  Haut^^irkung  v^ie  das  Sulfid,  aber  es  steht  scheinbar  diesem  in  der 
Wirksamkeit  nach.  Diacetyläthylsulfid  (CHg  ■  COO  •  CH2CH2)2S  macht  eine 
leichte  Hautreaktion,  ist  aber  bedeutend  weniger  wirksam  als  Senfgas.  Die 
Stoffe  haben  weder  antiseptische,  noch  bactericide  Eigenschaften.  Am  giftigsten 
für  Tiere  ist  Dijodäthylsulfon,  danach  Dichloräthylsulfon^). 

Dichloräthylsulfid  ist  bei  jeder  Art  der  Einverleibung  giftig.  Es  ist  kein 
Blutgift,  macht  epileptiforme  Krämpfe,  in  Ideinen  Dosen  Stupor.  Der  Blut- 
druck smkt,  ebenso  die  Temperatur.    Es  ist  ein  mächtiges  Lymphagogum*). 

Die  Giftwirkung  des  Thiodiglykolchlorids  steht  im  engsten  Zusammen- 
hang mit  der  Anwesenheit  der  Chloratome.  co-Chlor-cUäthyl-äthylsulfid 
C2H5  •  S  •  CH,  •  CH,C1  ist  sehr  viel  weniger  giftig,  und  das  kein  Halogen  enthaltende 
Thiodiglykol"  S(CH2  •  CH2  •  0H)2  ist  durchaus  harmlos^). 

Penta-  imd  Hexachloräthan  imd  die  Chlorderivate  des  Äthylens  zeigen 
kerne  hämolysierende  Wirkung,  was  Plötz«)  durch  die  geringe  Wasserlöslich- 
keit dieser  Verbindungen  erklärt.  Die  Chlorderivate  des  Methans,  Äthans  und 
Äthylens  machen  am  isoherten  Froschherzen  mit  Ausnahme  des  Hexachlor- 
äthans  und  Tetrachloräthylens  Ventrikelstillstand'). 


1)  R.  Doerr,  Kolloid.-Ztschr.  27,  277  (1920). 

2)  H.  Fühner,  BZ.  115,  235  (1921). 

3)  Oregon  B.  Helfrich  und  E.  Emmer  Reid,    Journ.  of  the  Americ.  ehem.  Soc. 
42,   1208  (1920). 

*)  A.  Maver,  H.   Magne  imd  L.   Plantefol,  C.  r.   110,   1625  (1920). 
5)  W.  Steinkopf,  J.  Herold  und  J.  Stöhr,  BB.  53,   1007  (1920). 
«)  BZ.  103,  243  (1920). 
')   Werner  Kießling,  BZ.    114,   292   (1921). 


Nachträge.  817 

Nachtrag  zu  Seite  69. 

Chlormet  hylchlorkohlensäureester  sind  giftiger  als  die  Methylclilorkohlen- 
säureester,  letztere  übertreffen  aber  die  Kohlensäuremethylester  an  Giftigkeit, 
so  daß  die  Zahl  der  Chloratome  für  den  Grad  der  Giftigkeit  ausschlaggebend  ist*). 

Nachtrag  zu  Seite  85. 

Der  symmetrische  Dichlordimethyläther  besitzt  außer  seiner  irritativ  er- 
stickenden eine  spezifische  Wirkung  auf  das  nervöse  Regulationszentrum  des 
Gleichge^ichtssinnes,  aber  nur  bei  Hunden.  Außerdem  besteht  vertikaler 
Nystagmus-). 

a»-Bromacetophenon  erzeugt  schon  in  sehr  geringen  Mengen  schmerzhafte 
Blasen  auf  der  Haut  und  greift  die  Augen  sehr  an^). 

Nachtrag  zu  Seite  238. 

Chitenin  ^irkt  wenig  bactericid,  aber  auf  Paramäcien  tödlich;  auch  die 
Lähmung  des  Zentralnervensystems  und  der  Zirkulation  ist  gering.  Es  wirkt 
aber  schwer  giftig  auf  die  Xiere  ur.d  ■wird  zum  Teil  unverändert  ausgeschieden. 
Cinchotenin,  die  entsprechende  Carbonsäure  des  Cinchonins,  ist  fast  ungiftig 
und  hat  keine  atophanähnliche  Wirkung.  Es  wirkt  auf  Infusorien  fünfmal 
schwächer  als  Chitenin.  Ein  reduziertes  Cinchotenin  erweist  sich  beim  Frosch 
als  Krampfgift.  Cinchen  wirkt  stark  giftig  infolge  Herz-  und  Vasomotoren- 
lähmung.   Es  wirkt  gefäßverengemd*). 

Nachtrag  zu  Seite  248. 

In  Abänderung  des  Verfahrens  des  DRP.  268  830  werden  an  Stelle  der  Ester  der 
allgemeinen  Formel  Rj  •  CH,  •  COOR^  mit  einem  Alkyl  Rj  solche  mit  einem  N-acidylierten 
basischen  Rest  Rj  verwendet.  Die  Patentschrift  enthält  ein  Beispiel  für  die  Darstellung 
des  Chinolylketons,  ausgehend  vom  N-Benzoylhomocincholoiponäthylester  und  Chinolin- 
4-carbonsäureäthylester  über  den  /8-Ketonsäureester. 

N-Benzoylhomocincholoiponäthyläther 

CjHs  •  CO  •  N  —  CH„  —  CHg  —  CH  •  (CHjjj  •  COOC^g 

1  "  I  '  »■ 

CHg CH  •  CgHg 

/8-Ketonsäureester 
C5H5  •  CO  •  N  —  CHj  —  CHj  —  CH  .  CHj  •  CH(COO  •  C^Hj)  •  CO  •  CjHjN 

CH„ CH  .  CjHä 

Chinolj'lketon 

NH  —  CHj  —  CHj  —  CH(CH2)2  •  CO  •  CjHjN 
I  I 

CHo CH  •  CgHg 

N-Benzoylhomoeincholoiponäthylester  wird  in  Gegenwart  von  Natriumäthylat  mit 
Chinolin-4-earbonsäureäthylester  bei  etwa  80°  zum  ;8-Ketonsäureester  kondensiert.  Beim 
Kochen  mit  Salzsäure  erhält  man  Chinolylketon,  das  mit  Dihydrocinchotoxin  identisch^). 

Alkohole  und  Aminoalkohole  der  Chinolinreihe  erhält  man  durch  Reduktion  von 
Chinolylketonen  oder  Chinolylaminoketonen  mit  Zink  oder  Aluminium  in  alkoholischer 
Lösung  bei  Gegenwart  von  Alkalialkoholat.  Dabei  wird  der  Cliinolinkern  und  die  un- 
gesättigte  Seitenkette   nicht  reduziert.     Es  gelingt   auf  diese   Weise   vom   Chininon   zum 


1)  Andre  Mayer,  H.  Magne  xmd  L.  Plantefol,  C.  r.  1T8,  136  (1921). 

2)  Andre   Mayer,  L.   Plantefol  und  A.   Tournav,  C.   r.    171,   60  (1920). 

3)  H.   E.   Cos,  Analyst  45,  412  (1920). 

*)  Maria  Dauber,  Z.  f.  exp.   Path.  u.  Ther.   31,  307  (1920). 

=  )  DRP.  330  945,  Zus.  zu  DRP.  268  830. 

Präakel,  Arzneimittel-Synthese.    5.  Aufl.  52 


818  Nachträge. 

Chinin  zu  gelangen.  Aus  Diliydroeinchoninon  erhält  man  Dihydrocinchonin  und  Dihydro- 
cinchonidin.  Aus  6-Methoxychinolyl-4-methylketon  CH3O  ■  C9H5N  •  CO  •  CH3  erhält  man 
6-Methoxychinolyl-4-methylcarbinol.  Aus  6-Methoxychlnolyl-4-piperidylmethylketon  er- 
hält man  6-Methoxychinolyl-4-piperidinomethylcarbinoli). 

Nachtrag  zu  Seite  266. 

Man  behandelt  liier  die  Acylderivate  des  p-Aminophenols  mit  Allyllialogenid  und 
Alkali.  Dargestellt  wiu'den  p-Acetaminophenolallyläther,  Lactyl-p-aminophenolallyläther, 
Formyl-p-aminophenolallyläther^). 

Nachtrag  zu  Seite  341. 

Wenn  man  Acetessigester  mit  llethylarain  und  Succindialdehyd  in  gut  gekühlter, 
wässerig-alkalischer  Lösung  kondensiert,  so  erhält  man  Tropinonmonoearbonsäureester, 
die  in  Ekgonin  übergeführt  werden  können  °). 

Wenn  man  Succindialdehyd  mit  Methylamin  und  Acetondicarbonestersäure  oder 
deren  Salze  in  eiskalter  wässeriger  Lösung  kondensiert,  so  wird  unter  Bildimg  von  Tropin- 
monocarbonsäureestern  Kohlensäure  abgespalten*). 

Für  die  Herstellung  von  Tropinonmonocarbonsäureestern  verwendet  man  Aceton- 
dicarbonestersäure, die  dui'ch  teilweise  Veresterung  von  roher  Acetondicarbonsäure  nach 
Pech  mann  gewonnen  wird^). 

Nachtrag  zu  Seite  858. 

Substituiert  man  im  Anästhesiii  (p-Aminobenzoesäureäthylester)  die 
Aminogruppe  insbesonders  mit  negativen  Resten,  so  wird  die  Wirksamkeit 
mit  Ausnahme  von  p-Carbäthoxyphenylhydrazin  meist  fast  oder  ganz  auf- 
gehoben. 

N -  Allyl -  W-  p-carbäthoxyphenylthioharnstoff  C.H^ICOO  •  CaH,)]^!!  •  CS 
•  NH  •  C3H5  Tvirkt  ganz  schwach  anästhesierend.  N-Allyl-N'-p-carbäthoxy- 
phenylharnstoff  ebenso. 

N-/?-;'-Dibrompropyl-N'-carbäthoxj'phenyltWoharnstoff  ist  unwii'ksam. 

N-yS,  }'-Dibrompropyl-N'-carbäthoxyphenylharnstoff  ist  unwirksam. 

p-CarbäthoxyphenylhydrazLii  anästhesiert  auf  der  Zunge  gut. 

Acetonyl-p-carbäthoxyphenylhydrazon  ist  unwirksam.  Benzal-p-carb- 
äthoxyphenylhydrazon  ist  unwirksam.  Zimtaldehyd-p-earbäthoxyphenyl- 
hydrazon  ist  unwirksam. 

p-Carbäthoxyphenylglucosazon  ist  wirkungslos,  ebenso  das  Galaktosazon. 

Acetessigester-p-carbäthoxj'phenylhydrazon  ist  vöUig  unwirksam.  p-Carb- 
äthoxyiihenyhnethylpyrazolon  ist  vöUig  unwirlvsam.  p-Carbäthoxyphenyl- 
urethan  wirkt  schwach  anästhesierend.  p-Benzoylaminobenzoesäureäthylester'^) 
zeigt  Anästhesin  gegenüber  eine  abgeschwächte  Wirkung.  p-Carbäthoxyphenyl- 
aminoessigsäure  ist  wirkungslos.  p-Nitrobenzoyl-p-aminobenzoesäureäthylester 
ist  unwirksam').    Zu  gleichen  Resultaten  kam  J.  Morgenroth*). 

Nachtrag  zu  Seite  389. 

Durch  Einwirkmig  von  /S-Chloräthyldialkylaminen  auf  p-Aminobenzoesäiu-ealkylester 
erhält  man:  Methyl-,  Äthyl-,  Propyl-,  Butyl-,  Isobutyl-  imd  Isoamylester  der  p-N-Diäthyl- 
aminoäthylaminobenzoesäiu-e  und  das  p-N-Dimethylaminoäthylaminobenzoesäurebutyl- 
ester  '). 


J)  Zimmer- Frankfurt,   DRP.   330  813. 

")  Ciba,  DRP.  332  204,  Zus.  zu  DRP.   310  967. 

')  E.  Merck  imd  O.  Wolfes,  Engl.  P.   153  917/1920. 

«)  E.   Merck,  Engl.  P.    153  919/1920. 

»)  Engl.  P.    153  918,  Zus.-P.   zu  Engl.  P.  153  919/1920. 

•)  Limpricht  und  Saar,  Liebigs  Ann.  303,   278  (1921). 

')  H.  Thoms  und  Kurt  Ritsert,  Her.  Deutsch.  Pharm.  Ges.   31,  65  (1921). 

»)  Ber.  Deutsch.  Pharm.  Ges.  31,  76  (1921). 

*)  Soc.  chim.  des  usmes  du  Rhone.    E.  P.   153  827/1920. 


Nachträge.  819 

Nachtrag  zu  Seite  438. 

Doppelsalze  von  Berberin,  Cotamin  und  Hydrastinin,  in  welclien  zwei  oder  drei 
Basen  enthalten  sind,  sollen  anders  wirken  als  die  Einzelbasen'). 

Durch  Einwirkung  von  Essigsäureanhydrid-Schwefelsäure  auf  Hydrocotamin  erhält 
man  bei  niedriger  Temperatur  Hydrocotarninsulfosävu^  (6.  7-Methylendioxy-8-methoxy- 
2-methyltetrahydroisochinolin-ö-sulfosäure.  Bei  höherer  Temperatur  erhält  man  Aceto- 
hydrocotarnin  (G.  7-Methylendioxy-8-methosy-5-aceto-2-methyltetrahydroisochinolin)  ^). 

Nachtrag  zu  Seite  -144. 

3.4-Dioxybenzylamin  ist  wirksam,  2.3-Diox\-phenylamin  aber  nicht.  Die 
optisch  aktiven  Oxyhydrindamine  von  Pope  imd  Read*)  sind  unwirksam, 

,CH  ■  NHj 
weshalb  Tiffeneau  ihnen  die  Konstitution  CjH,/  >CH-  OH  zuschreibt.  Daß 

Substitution  in  der  Seitenkette  nicht  nur  am  Stickstoff  die  Wirksamkeit 
schwächt,  wie  Schultze*)  durch  die  stärkere  Wirksamkeit  des  Noradrenalins 
C|;H3(OH2)  •  CH(OH)  •  CHj  •  XH,  nachgewiesen  hat,  sondern  auch  am  Kohlen- 
stoff, beweist  die  Untersuchung  des  ^-Methylnoradrenalins  C6H3(OH)2  •  CH(OH) 
•  CHCCHg)  •  NHg  ^),  dessen  l-Form  nur  60 — 75%  der  Wirksamkeit  von  1-Adre- 
naün  besitzt. 

Nachtrag  zu  Seite  446. 

Naphthylmethylaminomethoxyäthan  CmH,  •  CH(0CH3)  •  CHj  •  NH  •  CH3 
ist  in  bezug  auf  Vasokonstriktion  40  mal  wirksamer  als  Phenylmethylaminoäthan 
und  Phenylmethylaminomethoxyäthan  CgHj  •  (CH  •  OCH3)  •  CHj  •  NH  •  CHg  , 
welche  beide  gleich  aktiv  sind. 

l-Aminoaceto-4-oxynaphthalin  ist  aktiver  als  Naphthylmethylaroino- 
methoxyäthan.  Ein  Vergleich  des  l-Aminoaceto-4-oxynaphthalins  mit  seinem 
Methyläther  zeigt  deutlich  den  Einfluß  des  freien  Hydroxyls^). 

Nachtrag  zu  Seite  471. 

Die  narkotische  Wirksamkeit  der  Qdorderivate  des  Methans  und  Äthans 
beträgt,  wenn  man  den  Wert  1  für  Chloroform  zugrunde  legt,  für  Diehlor- 
äthan  0,3,  Tetraclüormethan  1,5,  Athylendichlorid  1,  Athylidenchlorid  2,7, 
Tetrachloräthan  13,1,  Pentachloräthan  20,  Hexachloräthan  59,1,  Dichlor- 
äthylen  0,37,  Trichloräthjlen  13,1,  Tetrachloräthylen  6,2.  Der  Stoffwechsel 
wird  durch  Dichloräthylen  imd  Pentachloräthan  stark  geschädigt,  nicht  aber 
von  Trichloräthylen  und  Tetrachloräthylen'). 

Trichloräthylen  (Chlorylen)  wturde  anscheinend  mit  gutem  Erfolge  bei 
Trigeminusneuralgie  verwendet  *) . 

Nachtrag  zu  Seite  478. 

Chloralacetaminophenol  CH3  •  CO  •  NH  •  C5H4  •  O  •  CH(OH)  •  CCl^  wirkt  in  geringeren 
Dosen  als  Chloral  schlaferregend  und  anders  als  Chloral.  Man  erhält  es  durch  Zusammen- 
bringen beider  Bestandteile  '). 


1)  Martin  Freund,  DRP.  328  101. 

2)  Martin  Freund,  DRP.   328  102. 

')  Joum.   Chem.   Soc,  London  99,   2071. 

')  U.  S.  A.  Dep.  Hygienic.  Lab.  Bull.  Nr.  35,  Washington  1909. 

^)  DRP.   254  438,   269  327. 

^)  Antonio  Madiua  ve  itia,  BuU.  Soc.  Chim.  de  France  [4],  25,  601  (1919). 

')  G.  Joachimoglu,  Berl.   klin.  Wochenschr.   58,   147  (1921). 

*)  Franz  Kramer,  Berl.   klin.  Wochenschr.   58,   149  (1921). 

ä)  O.   Hinsberg,  DRP.   332  678. 

52* 


g20  Nachträge. 

Nachtrag  zu  Seite  4S6. 

Durch  Acylierung  von  bromacylierten  Harnstoffen  erhält  man  Acetyl-broradiäthyl- 
acetylcarbamid,  Acetyl-«-bromisovalerianylharnstoff,  Propionylbromdiäthylacetylharn- 
stoff,  Benzoylbromdiäthylacetylhamstoff). 

Nachtrag  zu  Seite  614. 

Ciba^)  besehreibt  die  Darstellung  von  Morphinphenyläthylbarbitursäure,  Äthyl- 
morphinphenyläthylbarbitursäure,  Codeinphenyläthylbarbitursäure. 


chtrag  zu  Seite  619. 

Cumarin 

4-Oxycumarin 

4-Methoxycumarin 

/\-CH  =  CH 

/'\-CH  =  CH 

/S-CH  =  CH 

..j-O CO 

Hoi^^O CO 

CHjOl^-O CO 

UmbeUiferon 

Hemiarin 

3.4-DioxycuTnarLn 

4. 5-  D  ioxy  Cumarin 

4-Oxy-5-methoxy  Cumarin 

/\-CH  =  CH 

HO/N-CH  =  CH 

CH30/N-CH  =  CH 

Hol    J-O CO 

Hol^-0 CO 

Hol^-O CO 

OH 

Daplmetin 

Asculetin 

Chrysatropasäure 

Cumarin  und  Methoxycumarin  wirken  auf  Fische  narkotisch,  während  bei 
der  Chrysatropasäure  (Eintritt  eines  Phenolhydroxyls  in  Methoxycumarin)  der 
narkotische  Effekt  verschwüidet,  es  treten  Gleichgewichtsstörungen,  Atmungs- 
beschleunigung und  Tod  ein.  Quahtativ  ähnUch  wirken  Monoxycumarin  (Um- 
beUiferon) und  die  Dioxycumarine  Daphnetin  und  Asculetin.  UmbeUiferon 
ist  wirksamer  als  die  Dioxycumarine. 

Bei  Fröschen  ist  bei  Oxycumariiien  weder  reine  Cumarmwirkung,  noch 
reine  Phenol  Wirkung  festzustellen.  Sie  fülu'en  erst  in  mindestens  15  fach  größerer 
Dosis  -wie  beim  Phenol  durch  zentrale  Lähmung  zum  Tod. 

Am  Froschherzen  verhalten  sich  die  drei  Oxycumarine  mit  freien  pheno- 
lischen Hydroxylen,  UmbeUiferon,  Daphnetin  und  Äsculetm  prinzipiell  völlig 
gleich,  d.  h.  der  Systolengipfel  sinkt  ganz  gleichmäßig  bis  NuU  ab.  Es  tritt 
diastolischer  Herzstillstand  em.  Clirysatrojjasäure  hingegen  bringt  das  Herz 
nicht  zum  StiUstand.  Herniarin  wirkt  äluüich  wie  Chrysatropasäure.  Auf 
den  Blutdruck  wirken  die  Substanzen  nicht.  Die  Cumarinderivate  sind  beim 
Warmblüter  nur  sehr  wenig  pharmakodynamisch  aktiv  3). 

Nachtrag  zu  Seite  520.  „ 

^  CH — CO 

DiäthylhomophthaUmid    C6H4/      "      1      ,      Athylpropylhomophthalimid, 

Dipropylhomophthalimid,  DiaUylhomophthalimid  sind  wenig  giftig  und  haben 
keine  schädlichen  Nebenwirkungen.  Sie  wirken  aUe  hypnotisch,  am  stärksten 
die  Dia  thyl  Verbindungen,  mit  zunehmender  Größe  der  Kohlenstoff  kette  nimmt 
die  hypnotische  Wirkung  ab^). 

Nachtrag  zu  Seite  634. 

Selenhaltige  hydrierte  Chinaalkaloide  erhält  man  durch  Einwirkimg  von  SeOj  in 
Gegenwart  konz.  Schwefelsäure  auf  solche  Alkaloide  und  Kochen  des  mit  Wasser  ver- 
dünnten Reaktionsproduktes.  Beschrieben  sind  Selenohydrochinin,  Selenoäthylhydro- 
cuprein,   Selenohydrocuprein  ^ ). 

1)  Bayer-Leverkusen,  DRP.   327  120.         2)  DRP.  330  81 1,  Zus.  zu  DRP.  322  335. 

3)  Ernst  Sieburg,  BZ.    113,    176  (1921). 

*)  Auguste  Lumiere  und  F61ix  Perrin,  C.  r.   Hl,  637  (1920). 

=)  Zimmer   &  Co.  -  Frankfui-t,  DRP.   331  145. 


Nachträge.  821 

Nachtrag  za  Seite  640. 

Öllösliche  und  wasserlösliche  Farbstoffe  werden  im  Harn  und  in  der  Galle 
ausgeschieden.  Benzolazonaphthol-  und  Benzolazorescorinfarbstoffe  paaren  sich 
mit  Glycuronsäure^). 

Nachtrag  zu  Seite  647. 

Trypaflavln  macht  stärkere  Hyperämie  der  Wunden  und  Ödembildung 
und  dadurch  eine  Förderimg  des  Heilungsprozesses,  während  die  antiseptische 
Wirkung  von  untergeordneter  Bedeutmig  ist  2). 

Nachtrag  zu  Seite  693. 

Man  erhält  komplexe  Silberverbindungen  des  Glykokolls.  indem  man  Silbemitrat 
bzw.  Silbersulfat  mit  einem  Überschuß  von  Glykokoll  behandelt.  Ersetzt  man  in  diesen 
Verfahren  diese  Silbersalze  durch  Silberacetat  bzw.  Hamstoffsilber,  so  entstehen  eben- 
falls komplexe  Silberverhindungen  des  Glykokolls.  Die  Lösungen  reagieren  schwach 
alkalisch  und  geben  mit  Lauge  keine  Fällung'). 

Nachtrag  zu  Seite  694. 

Salze  der  Thioglykolsävure,  welche  als  Gonorrhöemittel  verwendet  werden  sollen, 
erhält  man  durch  Behandlimg  der  Thioglykolsäure  mit  Silbersalzen  und  Natronlauge. 
Alkohol  fällt  die  Verbindung  AgS  •  CHj  •  COONa  *). 

Nachtrag  zu  Seite  699. 

Kakodylsäure  wirkt  selbst  in  letalen  Mengen  nicht  trj'panocid,  Methyl- 
und  Äthylarsensäure  erst  in  Mengen,  die  den  letalen  sich  nähern. 

Äthylarsenoxyd  reizt  in  reinem  Zustande  die  Haut  stark.  Es  macht  akutes 
Lungenödem,  wie  Methylarsenoxyd,  das  aber  weniger  giftig  -nirkt"). 

Nachtrag  zu  Seite  715. 

Arsphenamin  (Salvarsan,  3. 3'-Diamino-4.4'-dioxyarsenobenzoldihydro- 
chlorid)  läßt  sich  durch  Oxydation  und  Reduktion  der  erhaltenen  Säure  in  ein 
Produkt  von  geringer  Giftigkeit  umwandeln''). 

Nachtrag  zu  Seite  728. 

Beim  Vermischen  von  Lösungen  des  Natriumsalzes  der  3.  3'-Diamino-4.4'-dioxy- 
arsenobenzolformaldehydsulfoxylsäure  und  des  Natriumsalzes  der  komplexen  Silber- 
verbindung des  3.  3'-Diamino-4.'t'-dioxyarsenobenzols  erhält  man  eine  Lösung,  welche 
die  beiden  Komponenten  in  chemischer  Bindung  enthält,  denn  sie  gibt  weder  mit  Kohlen- 
säure noch  mit  Natriumchlorid  einen  Niederschlag'). 

3-NitroarsaniIsäurequecksilberacetat,  3-Nitro-4-oxjiJhenylarsinsäurequeck- 
silberacetat,  3.5-Dimtro-4-oxyphenylarsinsäurequecksilberacetat,  3.5-Diamino- 
4-oxyphenylarsinsäurequecksilberacetat,  p-Benzarsinsäurequecksilberacetat, 
Diacetyl-3.5-diamino-4-osyphenylarsinsäureq«ecksilberacetat,  3-Bromosalyl- 
arsanilsäurequecksilberacetat  wirken  weniger  antiseptisch  als  Sublimat.  Ihre 
Giftigkeit  hängt  von  ihrem  Quecksilbergehalte  ab  Sie  haben  alle  trypanocide 
Wirksamkeit,  aber  sie  sind  zu  giftig^). 

iy  W.  Salant  und  K.  Bengis,  Joum.  of  biol.  cliim.  37,  403  (1916). 

2)  Adolf  Ritter,  Deutsche  Zeitschr.  f.  Chirurg.   159,   1,   13  (1920). 

3)  Hoffmann-La  Roche,  Schweizer  P.  86514,  86515,  86996,  86997. 
*)  Flora  -  Zürich,  E.  P.   156  103/1920. 

^)  Carl  Voegtlin  und  Homer  W.  Smith,  Joum.  Pharm,  and  Exp.  Therap.  16, 
449  (1921). 

ö)  ReidHuntbeiWalterG.  Chris tiansen,Journ.Americ.Chem.Soe.  42,2402(1920). 

')  Speyerhaus- Höchst,  E.  P.   155  577/1920. 

^)  G.  W.  Raiziss,  J.  A.  Kolmer  und  L.  Gavron,  Joum.  of  biol.  ehem.  40, 
533  (1919). 


822  Nachträge. 

Nachtrag  zu  Seite  734. 

Nach  AdolfFeldtist  Gold  kein  Capillargif  t,  sondern  lähmt  das  Vasomotoren- 
und  Atemzentrum;  es  wirkt  stark  katalytisch  und  beschleunigt  die  Autolyse^). 

Nachtrag  zu  Seite  756. 

Butolan  ist  der  Carbaminsäureester  des  p-Oxydiphenylmethans,  welcher 
gegen  Oxyuris  sehr  wirksam  ist^). 

Nachtrag  zu  Seite  783. 

Für  Injektionstherapie  soll  das  Calcium  selir  der  dipropanoloiphosphorigen 
Säure  Ca(CßH807P)2  •  8  HgO  sehr  geeignet  sein.  Durch  Einwirkung  von  Phos- 
phortrijodid  auf  konz.  Propanolsäure  erhält  man  anhydropropanoloylpropanoi- 
phosphorige  Säure  CgügO^P ,  die  durch  Wasser  in  die  di'eibasische  dij^ropanoloi- 
phosphorige  Säure  CgHj^OjP  übergeht^). 

Nachtrag  zu  Seite  791. 

Durch  Behandehi  von  Metallsalzen  des  Theobromins  mit  Chloräthyldialkjiaminen 
erhält  man  N-Diäthylaminoäthylderivate  des  Theobromins*). 


1)  Münch.   med.  Wochensclir.   6»,    1500  (1920). 

2)  Kretschmer,  Therap.   Halbmonatsh.   34,   700  (1920). 

3)  Louis  Gaucher  und  Georges  Rollin,  C.   r.   s.   b.   84,   303  (1921). 
«)  Usines  du  Rhone,  E.  P.   155  748/1920. 


Patentregister. 


Man  findet 


Deutsche  Reichspatent«. 


Patent  Nr.  426 — 42  781  inkl.  in  Friedländer,  Fortschr.  d.  Teerfarbenfabrikation  Bd. 

„         „    43173 — 56065  „     „  „  „  ,,  „  „ 

„     56830—75  378,,     „ 

Nr.  75  847,  75  915,  75  975,  96  443,  78  889) „ 

„         „    75456 — 94  628  inkl.  in  Friedländer,  Fortschr.  d.  Teerfarbenfabrikation  „ 

(Nr.  95  853,  96  342,  97  333,  97  334,  98  465) „ 

„         „    94949 — 110307uikl.inFriedländer,Fortschr.d. Teerfarbenfabrikation    „ 
„     111297—135835,, 
„     136  565—161725,, 


»»     »» 

162059— 

195814,, 

»»     »» 

196214— 

224  844,, 

224  864— 

257138,, 

>»     »» 

257641  — 

282819,, 

>»     »» 

282  914— 

294731,, 

Nr. 

Seite 

St. 

426  . 

.  .  554 

40  337 

14  976  . 

.  .  211 

40  747 

21  150  . 

.  .  212 

41514 

24  151  . 

.  .  554 

42  726 

24  317  . 

.  .  215 

42  871 

26  429  . 

.  .  217 

43  173 

27  609  . 

.  .  554 

43  713 

28  324  . 

.  .  211 

43  847 

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Nr. 

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Nr. 
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824 


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384, 


596, 


Patentregister. 


825 


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Seite 

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251 

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693 

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581 

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654 


415 

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497 
497 
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497 
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778 
251 
658 
777 
661 
569 
612 
569 
251 
478 


74, 


Nr. 
129  255 
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135  308 
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139  566  , 
139  907  . 

139  960  , 

140  827  . 

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141  967  , 

142  896  , 

142  897  . 

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143  596  . 

143  726  . 

144  393  . 
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144  432  . 

145  603  . 

145  996  . 

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146  496  . 
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146  793  . 
146  948  . 

146  949  . 

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147  634  . 

147  790  . 

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148  944  . 

149  345  . 


Seite 
803 
251 

768 

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250 
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507 
506 
506 
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631 
385 
798 
766 
385 


Nr. 

Seite 

150  070  .  . 

.  386 

150  201  .  . 

.  671 

150  434  .  . 

.  610 

150  799  .  . 

.  483 

150  949  .  . 

.  803 

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.  245 

151  188  .  . 

.  478 

151  189  .  .3 

43,  346 

151  545  .  . 

.  484 

151  724  .  . 

.  741 

151  725  .  . 

.  389 

152  814  .  . 

.  .  456 

153  860  .  . 

.  .  798 

153  861  .  . 

.  .  230 

155  629  .  . 

.  .  610 

155  632  .  . 

.  456 

155  567  .  . 

.  .  652 

156  383  .  . 

.  .  510 

156  384  .  .5 

09,  510 

156  385  .  . 

.  .  510 

156  900  .  . 

.  .  789 

156  901  .  . 

.  790 

157  300  .  . 

.  .  456 

157  355  .  . 

.  .  652 

157  553  .  . 

.  .  606 

157  554  .  . 

.  .  606 

157  572  .  . 

.  .  222 

157  663  .  . 

.  689 

157  693  .  . 

.  346 

158  220  .  .4 

S5,  486 

158  620  .  . 

.  414 

158  716  .  . 

.  653 

158  890  .  . 

.  .  510 

158  591  .  . 

.  510 

158  592  .  . 

.  510 

159  748  .  . 

.  610 

160  273  .  . 

.  661 

160  471  .  . 

.  223 

161  306  .  .7 

58,  759 

161  400  .  . 

.  430 

161  401  .  . 

.  749 

161  493  .  . 

.  791 

161  663  .  . 

.  626 

162  059  .  . 

.  628 

162  219  .  . 

.  511 

162  220  .  . 

.  511 

162  280  .  . 

.  511 

162  630  .  . 

.  223 

162  656  .  . 

.  584 

162  657  .  . 

.  511 

162  858  .  . 

.  590 

162  823  .  . 

.  223 

163  034  .  . 

.  271 

163  035  .  . 

.  223 

163  036  .  . 

.  223 

163  037  .  . 

.  223 

163  038  .  . 

.  223 

163  136  .  . 

.  506 

163  200  .  .5 

07,  512 

163  238  .  . 

.  798 

163  518  .  . 

.  570 

164  128  .  . 

.  565 

826 


Patentregister. 


Nr. 
164  424 
164  425 
164  426 
164  610 
164  612 
164  663 
164  664 

164  884 

165  222 
165  223 
165  224 
165  225 
165  281 
165  311 
165  561 
165  562 
165  649 
165  692 
165  693 
165  897  , 
165  898  , 
165  980  , 

165  984  , 

166  266 
166  267  , 
166  310  , 
166  359  , 
166  362  . 

166  468  , 

167  138  . 
167  170  . 
167  317  , 
167  332  . 
167  410  . 

167  879  . 

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168  407  . 
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168  941  . 

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169  247  . 
169  356  . 
169  405  . 
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169  787  . 

169  819  . 

170  302  . 
170  534  . 
170  555  . 
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170  587  . 
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170  907 

171  147 
171  292 
171  294  , 


506, 


506, 


368, 


Seite 
788 
790 
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368 

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512 
512 
512 
513 


Nr. 
171  453  . 
171  485  . 
171  788  . 

171  992  . 

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172  447  . 
172  568  . 
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172  886  . 
172  932  . 
172  933  . 
172  979  . 

172  980  . 

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173  776  . 

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174  380  . 

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175  079  . 
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175  589  . 
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175  796  . 

175  975  . 

176  063  . 

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177  054  . 
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177  768  . 

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178  173  . 

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179  627  3- 

179  946  . 

180  087  . 
180  119  . 
180  120  . 
180  291  . 
180  292  . 
180  395  . 
180  424  . 
180  622  . 
180  669  . 

180  864  . 

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181  288  . 
181  324  . 
181  509  . 

181  593  . 

182  045  . 


371, 


426, 
,373 


369, 


Seite 
760 
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512 


512 
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430 
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251 
512 
434 
,386 
512 

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510 
612 
373 
373 
430 
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608 
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661 
370 
371 
546 
385 
650 
590 
513 


Nr. 
182  559 
182  627 

182  764 

183  185 
183  589 
183  628 

183  857 

184  382 
184  850 

184  868 

185  598 
185  601 
185  800 
185  962 

185  963 

186  005 
186  111 
186  456 
186  659 

186  884 

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187  209 
187  254 
187  449 
187  593 
187  822  , 
187  869 

187  943  , 

188  054 
188  055  , 
188  318 
188  434  , 
188  506  , 
188  571  , 
188  703  , 
188  815  , 

188  834  , 

189  036 
189  076  , 
189  333  . 
189  335  , 
189  478  , 
189  481  , 
189  482  , 
189  483  , 
189  838  . 
189  842  , 
189  843  . 

189  939  . 

190  688  . 

191  088  , 
191  106  , 
191  385  . 
191  386  . 
191  547  . 
191  548  . 
193  034  . 
193  114  . 
193  446  . 
193  447  . 
193  542  . 
193  632  . 


765, 


Seite 
792 
'66 

.  .  507 

.  .  767 

.  .  421 

.  .  512 

.  .  511 

.  .  566 

.  .  231 

.  .  381 

456,  457 

.  .  400 

.  .  559 

486,  487 

.  .  506 

.  .  635 

.  .  566 

.  .  506 

.  .  559 

.  .  421 

.  .  421 

.  .  371 

.  .  765 

.  .  609 

.  .  374 

.  .  608 

.  .  593 

.  .  593 

.  .  430 

.  .  430 

.  .  663 

.  .  609 

.  .  587 

.  .  374 

.  .  761 

.  .  655 

.  .  609 

.  .  652 

510,  513 

.  .  386 

.  .  374 

.  .  671 

369,  370 

.  .  371 

456,  457 

.  .  385 

.  .  232 

399,  575 

.  .  518 

.  .  371 

.  .  406 

.  .  791 

.  .  690 

.  .  487 

.  .  760 

.  .  707 

.  .  778 

.  .  559 

.  .  513 

.  .  513 

.  .  706 

.  .  231 


Nr. 
193  634 

193  799 

194  051 
194  365 
194  533 

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195  656 
195  657 
195  813 

195  814 

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196  605 
196  634 

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197  648 

197  804 

198  306 

198  715 

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199  148 
199  549 

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200  064 

200  065 

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201  325 
201  326 
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201  369 
201  370  , 

201  371 

202  167 
202  169 
202  244 
202  352 
202  353  , 

202  790 

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203  081  , 
203  082  , 
203  043  , 
203  717  . 
203  753  , 
203  842  , 

203  849  , 

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204  764  . 
204  795  . 

204  922  . 

205  263  , 
205  264  . 
205  449  . 
205  579  . 
205  616  . 
205  617  . 

205  775  . 

206  055  . 
206  056  . 


Seite 

456,  457 

.  .  791 

369,  370 

374,  375 

.  .  788 

.  .  373 

.  .  458 

.  .  458 

.  .  458 

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369,  370 
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Nr. 
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698 


558, 


Patentregister. 

829 

Nr. 

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279  957  .  . 

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292  517  .  . 

.  .  694 

282  455  .  . 

.  .  670 

287  709  .  . 

.  .  731 

292  546  .  . 

.  .  724 

282  456  .  . 

.  .  461 

287  797  .  . 

.  .  692 

292  817  .  . 

.  .  784 

282  457  .  . 

.  .  247 

287  798  .  . 

.  .  703 

292  867  .  . 

.  .  558 

282  491  .  . 

.  .  452 

287  800  .  . 

.  .  634 

292  961  .  . 

.  .  768 

282  611  .  . 

.  .  703 

287  801  .  . 

.  .  792 

293  040  .  . 

.  .  716 

282  819  .  . 

.  .  562 

287  802  .  . 

.  .  457 

293  125  .  . 

.  .  815 

282  914  .  . 

.  .  629 

287  804  .  . 

.  .  812 

293  163  .  . 

.  .  508 

2S2  WH  .    . 

382,  565 

287  805  .  . 

374,  375 

293  287  .  . 

.  .  381 

'J^o  lilö  .  . 

.  .  486 

287  959  .  . 

805,  810 

293  467  .  . 

.  .  812 

2^"'>  Zy)ö  .    . 

.  .  806 

287  960  .  . 

.  .  589 

293  864  .  . 

.  .  784 

2.^3  333  .  . 

.  .  461 

287  993  .  . 

.  .  812 

293  905  .  . 

.  .  812 

2S3  334  .  . 

.  .  593 

288  087  .  . 

.  .  690 

294  085  .  . 

.  .  459 

283  414  .  . 

.  .  737 

288  272  .  . 

.  .  551, 

294  159  .  . 

.  .  811 

283  512  .  . 

.  .  248 

552 

1  294  276  .  . 

.  .  724 

283  537  .  . 

.  .  245 

288  273  .  . 

.  .  553 

i  294  632  .  . 

.  .  709 

283  53S  .  . 

.  .  558 

288  303  .  . 

.  .  810 

294  725  .  . 

.  .  815 

283  825  .  . 

.  .  670 

288  338  .  . 

.  .  562 

294  731  .  . 

.  .  723 

284  161  .  . 

.  .  558 

288  393  .  . 

.  .  785 

294  877  .  . 

.  .  769 

284  232  .  . 

.  .  811 

288  865  .  . 

.  .  810 

295  253  .  . 

.  .  633 

284  233  .  . 

.  .  811 

288  965  .  . 

.  .  689 

295  492  .  . 

.  .  507 

284  234  .  . 

.  .  734 

288  966  .  . 

.  .  637 

295  736  .  . 

.  .  658 

284  259  .  . 

.  .  735 

289  001  .  . 

.  .  483 

295  988  .  . 

.  .  668 

284  260  .  . 

.  .  734 

289  107  .  . 

.  .  551 

1  296  091  .  . 

.  .  779 

284  440  .  . 

499,  769 

289  163  .  . 

.  .  551 

!  296  196  .  . 

.  .  407 

830 

Nr. 
296  495 
296  742 
296  760 
296  889 
296  915 
296  916 
296  917 

296  940 

297  243 

297  875 

208  185 

298  678 

299  510 
299  806 

299  992 

300  321 
300  452 
300  513 
300  561 

300  672 

301  139 
301  590 
301  591 


Seite 
609 
357 

,  785 
753 
703 
410 
662 
730 
488 

,  487, 
770 
767 
467 
632 
357 
784 

615 

779 
,  689 
677 
341 
358 
,  784 
810 


Patentregister. 

Nr. 

.Seite 

Nr. 

301  870  .  .3 

40,  357 

306  938 

301  871  .  . 

.  694 

306  939 

301  905  .  . 

.  484 

307  857 

302  003  .  . 

.  550 

307  858 

302  013  .  . 

.  615 

307  893 

302  094  .  . 

.  784 

307  894 

302  156  .  . 

.  726 

308  047 

302  401  .  . 

.  340 

308  335 

302  737  .  . 

.  346 

308  616 

302  911  .  . 

.  689 

309  455 

303  052  .  . 

.  609 

309  508 

303  083  .  . 

.  615 

303  450  .  . 

.  655 

310  213 

303  680  .  . 

.  814 

310  426 

303  861  .  . 

.  813 

310  967 

304  983  .  . 

.  232 

311071 

305  262  .  . 

.  634 

312  602 

305  263  .  . 

.  634 

313  321 

305  281  .  . 

.  576 

313  413 

305  367  .  . 

.  637 

313  965 

305  693  .  . 

.  662 

316  902 

305  885  .  . 

.  812 

317  605 

305  926  .  . 

.  793 

318  134 

306  198  .  . 

.  675 

318  220 

306  804  .  . 

.  637 

318  343 

Seite 
272 
239 
659 
675 
684 
245 
659 
679 
637 
488 
514 

679 
514 
266 
652 
662 
245 
690 
287 
488 
662 
814 
814 
607 


IJr. 

Seite 

318  803  .  . 

.  488 

318  899  .  . 

.  617 

320  480  .  . 

.  438 

320  797  .  . 

.  711 

321  700  .  . 

.  678 

322  335  .  . 

.  510 

322  756  .  . 

.  694 

322  996  .  . 

.  440 

324  203  .  . 

.  656 

325  156  .  . 

.  250 

325  640  .  . 

.  711 

327  087  .  . 

.  698 

327 129  .  . 

.  820 

328  101  .  . 

.  819 

328  102  .  . 

.  819 

328  103  .  . 

.  621 

328  341  .  . 

.  737 

329  772  .  . 

.  514 

330  813  .  . 

.  818 

330  814  .  . 

.  820 

330  945  .  . 

.  817 

331  145  .  . 

.  820 

332  204  .  . 

.  818 

332  678  .  . 

.  819 

Deutsche  Reichspatent-Anmeldiuig 

(zu  denen  Patente  nicht  erteilt  oder  noch  nicht  erteilt  wurden). 


Nr. 

Seite 

1622  .  .  . 

.  563 

5086  .  .  . 

.  505 

5328  .  .  . 

.  585 

5335  .  .  . 

.  666 

0068  .  .  . 

.  598 

7547  .  .  . 

.  225 

7937  .  .  . 

.  505 

9138/1894 . 

.  272 

9668  .  .  . 

.  505 

10  039  .  . 

.  561 

10  563  .  . 

.  556 

10  581  .  . 

.  556 

10  932  .  . 

.  279 

11  253  .  . 

.  652 

13  209  .  . 

.  292 

130  377  .  . 

.  511 

A.  6515  .  . 

.  613 

A.  11462  . 

.  513 

B.  53  315  . 

.  587 

Nr. 
C.  9082  .  . 
C.  12  991  . 
C.  13  420  . 
C.  14  459  . 
14  690  Kl 

14  713  . 

15  767  . 

15  869  . 

16  136  . 

17  121  . 
20130  Kl. 
10712  . 

10  908  . 

11  063  . 
F.  12  892  Kl. 
F.  13  433Ivl. 
F.  20  430  . 
F.  21  847  . 
F.  24  523  . 


C. 
C. 
C. 
C. 
C. 
C. 
D. 
F. 
F. 
F. 


Seite 

.  613 

.  457 

.  609 

.  513 

12g459 

.  513 

.  511 

.  700 

.  511 

.  762 

2g.  782 

.  667 

.  580 

.  627 

12p.  230 

12p.  225 

.  .  426 

.  .  395 

.  .  726 


Nr. 

Seite 

F.  25  588  . 

.  386 

G.  24  619  . 

.  798 

G.  30  940  . 

.  609 

H.  11  259  . 

.  583 

H.  13  216  . 

.  575 

H.  36  444  . 

.  792 

J.  11  277  . 

.  366 

K.  17  762  . 

.  626 

K.  18  945  . 

.  384 

K.  19  197  . 

.  384 

K.  19  416  . 

.  384 

K.  23  394  . 

.  700 

L.  10  631  . 

.  476 

M.  30  816  . 

.  384 

N.  29  772  . 

.  351 

R.  5303  Kl.  1 

2  .  478 

R.  6000  Kl. 

12.  217 

R.  37901  Kl.] 

2g.  782 

R.  12  928  . 

.  628 

Nr. 

Seit« 

R.  30  497  .  .  . 

694 

S.  3380  .  .  .  . 

561 

Seh.  18  619  .  . 

655 

Seh.  30  511  .  . 

676 

Seh.  35  776  .  . 

582 

T.  6732  .  .  .  . 

569 

T.  7184  .  .  .  . 

569 

T.17  226K1.12p. 

340 

T.  18  008  Kl.  12p. 

340 

V.  3380  .... 

561 

V.  6090  .  .  .  . 

478 

V.  6187  .  .  .  . 

478 

V.  9503  .... 

767 

W.  24  808  .  .  . 

558 

W.  29  524  ..  . 

720 

W.31583Kl.l2p 

655 

Patentregister. 


831 


Amerikanische  Patente. 


Nr. 
241  738  . 
615  307  . 
625  480  . 
670  278  . 


Seite 
211 
749 
626 
230 


Nr. 
674  686  . 
674  687  . 
925  658  . 
1  356  887 


Encilsche  Patente, 


Nr. 
855/1908  .  . 
11596  .  .  . 
14  937/1908  . 
153  827/1920 
16  349  .  .  . 
19  350/1910  . 
104  G09  .    .    . 


Seite 
706 
556 
706 
818 
585 
609 
738 


Seite 
225 
225 
471 
447 


Nr. 

Seite 

153  917/1920 

818 

153  918/1920 

818 

153  919/1920 

818 

155  577/1920 

821 

155  748/1920 

822 

156  103/1920 

821 

Französische  Patente. 


Nr. 
205  833 
229  962 
278  076 
301  458 


Seite 

Nr. 

561 

371  982 

598 

401  586 

«62 

430  404 

230 

Seite 
598 
711 
609 


österreichisches  Patent. 


Nr. 
il  230 


Nr. 
86  514 
86  515 


Schweizer  Patente. 


Seite 

821 

,    821 


Nr. 
86  996 
86  997 


.Seite 
659 


Seite 
821 
821 


Autorenregister. 


Abderhalden,  E.   609,  611. 

Abel,  J.   440,   744. 

Abelin,  J.  285,  447,  448,  686, 

707. 
Abelous,  J.  E.  66,  71,  72. 
Ach  Narciss  95,   790,   794. 
Ackermann,  D.    193,  450. 
Adler,   Leo  445. 
— ,  O.   178. 
Aggazzotti,  A.   23. 
Ahrens,  F.   460. 
Albanese,  Manfred!    44,     63, 

91,    92,    95,    98,    168,   494. 
Albertoni,  Pietro  98,  121,  159, 

234,  343,  516,  745,  746. 
Aldis  786. 
Aldiich,  J.  B.  107,  380,  440, 

484,   487. 
Allen,  E.  G.   196. 
Amblard  786. 
Amequin  650. 
Amors,  H.   657. 
Amsler,  C.   327. 
Anderson,  R.   J.    162. 
Ando  Hidozo   163. 
Andreae   1 70. 
Angelus  322,  323. 
Angyan  630. 
Appiani   125. 
Appleyard,  J.   R.    120. 
Aranjo   676. 
Argo,   VV.   L.   85. 
Arnaud  234,  235,  772. 
Arnold  612. 
Arloing   101. 
Aronheim  347. 
Aronsohu,  H.   282. 
Arrhenius,   Svante  20. 
Asagama  Chüai   176. 
Astolfüii,  Joseph  283,  488. 
Astruc  699. 
Athanasiu   18,  425. 
Auclert  648. 
Aufrecht  239. 
Autenrieth,  W.  160,  201,  275, 

572. 
Auvermann,  Hellmut  89. 
Auwers  588. 


Babel  257,  425,  466. 
Bachern,  C.  55,  158,  228,  244. 
Bachstez,  M.   483. 
Bacovescu  465. 
Baeyer,   A.   v.   67,    72,    259, 

260,  310,  323. 
Baglioni  544. 
Bahr,  G.   455. 
Baker,  W.  F.  467. 
Balcar,  O.    162. 
Balzer  707. 
Baldi  88,  515. 
BaUard  582. 
Bamberger,  E.   64,  211,  259, 

260,  306,  309,  310,  416. 
— ,  L.  689. 
Barabini  63,   255. 
Bardet  480,   619,   693. 
Bardier  66,   71,   72. 
Barjanky  222. 
Barger  71,  72,  442,  445,  450, 

453,  454,  459. 
Barnes,  A.   C.   403. 
Barth,  Hans  160. 
Barthe  87. 
Basch,  G.  609. 
Batemann  729. 
Battelli   161. 
Battisti   786. 
Battistini  696. 
Baudrich  32. 

Bauer,   Hugo   632,   716,   728. 
Baum  48. 
Baumann,  E.  45,  48,  63,  75, 

78,  177,  181,  183,  186,  192, 

193,  489,  500,  504,  522,  613, 

625,  628,  796. 
Bamne,  G.  82. 
Baumer,  Ed.   766. 
Baumgarten,  O.    162. 
Baxter,  R.  R.   709. 
Beccari  696. 
Böehamp   703,   704. 
Bechhold,  H.  536,  537,  543, 

616,  682. 
Becker    394,    403,    416,    420, 

431,  485. 
Beckurts  658. 


B^hal  475,  480. 

Beliring  537,   538,   734. 

Benario   274. 

Benda,   L.   64,  534. 

Benfey  222. 

Bengis,   Robert  640,  821. 

Bergeil,  P.  58,  178,  394,  413, 

567,  655,  769,  791. 
Berezeller,  L.    121,   184,  326, 

477,   535. 
Berg  426. 
Beckurts  41. 
Berliner,  Max  692. 
Berlinerblau,  J.   330. 
Berlioz  650. 

Bernard,  Claude  411,  425. 
Bernheim,  R.   275. 
Bernthsen-Buclmer,  D.   455. 
Bertaguini  193. 
Bertheim,   A.    64,   540,    704, 

705,  715,  718,  720. 
Berthelot  32,  533,  613. 
Berthold  453. 
Bertini  649. 
Bertoni  73. 
Betzel,  R.   538,  539. 
Biberfeld,  Johannes  160,  227, 

237,  374. 
Bieluig,  R.  241. 
Billon  288. 
Bülroth,  Th.  638. 
Binet    13.    14,   57,    108,   261, 

356,  497. 
Binz,  A.   728. 
— ,  C.  20,  63,  74,  78,  385,  473, 

474,  489,   635,   779. 
Birstein  535. 
Bischoff,  C.  A.  127,  128,  129, 

476. 
Bisenti  98. 
Bistrzycki,  A.   273. 
Blake,  James  10,  11,  12,  13, 

15,   18. 
Blanda  295. 

Blum  156,   177,  613,  622. 
Blumenthal,  F.  540,  678,  683, 

703,  706,  726,  736. 
Boch,  J.   129,  561. 


Autorenregister. 


833 


Bochefontaine  214,  242,  395, 

398. 
Bodländer  67,  473. 
Boedecker,  F.    143. 
Boehm,  G.  760. 
Boenheim,  Felix  806. 
Bogert,  M.  T.  280. 
Bohlaud,  K.,  647,  798. 
Böhm,  L.   169. 
— ,  K.  29,  124,  127,  298,  330, 

750,  752. 
Böhme  51. 

Bokorny  36,   114,  772. 
Bommer,  Mas  341. 
Bondi,  S.  556. 
Bondzynski,  St.   44,   168. 
Bonfred  74. 
Borcis  193. 
Borissow  73,  219. 
Boruttau,  H.  449. 
Bosworth,  A.  W.   162. 
Botkin  15,   16. 
Böttinger  554. 
Bouehardat   13. 
Bouchard  616. 
Bougault,  J.  617. 
Bourget  570. 
Bourin  238. 
Boutmy   103. 
Bovet  584. 
Boye  256. 
Braatz  265. 
Brach  209. 
Brackmann,  H.   491. 
Bradbury  81. 

Brahm,  Carl   193,   592,   593. 
Braloborechi  560. 
Branchi,  G.   498. 
Brauns,  D.  H.  772. 
Brat,  H.   788. 
Braun,   J.   v.    113,    114,    146, 

328,348,355,383,409,411, 

447. 
— ,  H.  240,  372,  374. 
— ,  R.  366. 
Braunstein  633. 
Bredt,  J.  758. 
Breest,  Fr.  636. 
Breslauer  526. 
Brieger  177,  209,  546. 
Brion,  A.    119,   161. 
Brissemoret  51,  58,  80,  740, 

741. 
Brissonet  586. 
Brook  613. 
Brown,   Crvun   28,    126,    128, 

214,  296,  297,  298,  299,  405. 
Browning,  C.   H.   534. 
Brück  734. 
Brugsch,  Th.  806. 
Brühl  230. 
— ,  J.  W.  763. 
Brumner,  O.  20,  301. 
Bruni  125,  650. 


Brüning,  H.   752. 

Brunton,   L.    13,    16,    19,   52, 

64,  294,  469. 
Brunz  534. 
Bruylants  107. 
Bry,  Gertrud  447. 
Buchheim  297,  342,  429. 
Buchner,  H.   532. 
Bück' 504,  577. 
Bull,  C.  G.  657. 
Bülow  179,  196. 
Bültzingslöwen  567. 
Bumke  242. 
Bunge,  Benevenuto  85. 
— ,  G.   14,  460,  782. 
— ,  R.  695,  696. 
Bunsen,  R.  699. 
Bunzel  282. 
Bürgi,  E.   128,  700. 
Burns,  David  75. 
Busacca,  Attüio  68. 
Busquet,  H.   548. 
Butlerow  211. 
Buttler  585. 
Byasson  235. 

Caccia,   P.   705. 

Cahn,  Josef  253. 

Cahours  66,  214,  301. 

Caldeac  537. 

Calderato  483. 

Calilebe  63,   108. 

Caknels  86. 

Camus  448. 

Canne  232. 

Cannizzaro  754. 

Carr,  Francis  318,  450. 

Carlson  699,  701. 

Carnelutti,  G.  755. 

Carrara,  G.   218. 

Cash  16,  52,  80,  107,  321,  322. 

Cattani  598. 

Cazeneuve,  P.  101,  144,  643, 

644,  646,  778. 
CerveUo,  C.  323. 
Chadbovu-ne  351. 
Chaplin  585. 
Chassevant,    A.    52,    53,    64, 

544. 
Chabrie  119. 
Chenal  611. 

Chevaher  51,  58,  420,  495. 
Chevrottier  222,  679. 
Chistoni,  A.   555. 
Choay  475,  480. 
Clu-istiansen,  Walter  G.  821. 
Christensen  242. 
Churchman  641. 
Ciamician,  G.  63,  75,  173,  294. 
Cianci  519. 
aaisen  232,  518. 
aark  639. 
aarke,  C.  H.  363. 
Qaass,  M.  698. 


Franke  1,  Arzneimittel-Synthese.    5.  Aufl. 


Classen  651,  652. 

Claus  605. 

Clemm  806. 

Clever,  H.  W.  B.  739. 

aoetta,  M.  4,  393,  446,  738, 

774. 
Closson,  O.  E.  772. 
Coester  75. 
Cohen,  J.  B.   617. 
Cohn,  G.  126,  147,  148,  653. 

656. 
— ,  Julie  242. 

p        QgO 

—',  R.    105,    179,    180,    186, 

187,   194,  195,  294. 
Cohnheim,  O.  697. 
Colin  549. 

Combemale  413,  478. 
Combes  474. 
Concetti  238. 
Gönnet,  Helene  787. 
Conrad,  M.  125,  510,  512,  615. 
Conradi  542. 
Coronedi  465,  740. 
Cooper,   Stuart   13. 
Coppela,  F.  88,  89,  130,  165, 

332,  754. 
Cossmann  98. 
Cow,  Douglas  279. 
Cox,  H.  E.  816,  817. 
Cr^pieux  572. 
Cromme  89. 
Cubasch  698. 
Cuisa  465. 
— ,  R.  807,  809. 
Curci  26,  27,  52,  55,  75,  108, 

129,  300,  301,  426,  462. 
Curtius  73,  218,  806. 
Cushny,  Arthur  R.  122,  123, 

312,  317,  326,  348,  444. 
Cutolo  589. 

Dafert,  O.  A.  699. 

Dakin,  H.  L.   155,  156,  160, 

161,  172,  187,  444. 
— ,  H.  D.  617. 
Dale,  Dorothly  123. 
— ,  H.  H.   71,    72,   125,  328, 

390,    442,    445,    450,    451, 

454,  466,  510. 
Dalmer,  O.  455. 
Danüewski  693,  781. 
—  B.  772. 
Danysz,  J.   726,  733. 
Danziger,  E.  447. 
Darier  347. 
Dassonvüle  488. 
Daube,  A.  431. 
Dauber,  Maria  816,  817. 
Daufresne,  M.  617. 
Davidson  419. 
Decker  431. 
Dehn  699. 
Dehnel  654. 

53 


834 


Autorenregister. 


Delezenne  327. 

Delk  474. 

Demme  212,  555. 

Denis,  W.   798. 

Derin,  A.  313. 

Descomps,  P.   786. 

Desgrez,  C.   A.   85,  95. 

Deutseh  271. 

Dewar  29,  133,  208,  294,  295, 

303,  311,   313. 
Dezani,  Serafino   107. 
Diels,  Otto  476. 
Dieterieh  621. 
Dimroth  673. 
Dittmar  612. 
Dixon  71,  240,  413,  745. 
Doebner  660. 
Doehring  678. 
Doerr,  B.  816. 
Dohrn,  Max   180,  806. 
Döllken,  A.    108. 
Dommer,  Walter  517. 
Donath,  J.  173,  208,  209,  592. 
Donnelly,  J.   L.   85. 
Dontas,  S.   757. 
Dorlöans   15. 
Dott  59,  394,  395,  396,  397, 

404,405,410,411,412,429. 
Dragendorff  4. 
Dresbach,  M.   744. 
Dreser,  H.  22,  96,  183,  250, 

402,  403,  465,  497,  568,  687. 
Dryfuss   15,   728. 
Dubois,  R.  77,  115,  256,  472. 
Duclaux  119. 
Duggan,  J.   R.   54,   552. 
Duin,  C.   F.  van  82. 
Dujardin-Beaumetz  62,    261. 
Dunstan   80,    107,    321,    322, 

745. 
Dzierzgowski  455. 


Eagan,  Joseph  T.   381. 

Ebstein   162,   741. 

Eckhout,   A.  V.   d.    255, 
487,  489. 

Eckler,  C.  R.  467. 

Edinger   109,  671. 

Edlefsen   190. 

Elirenthal  771. 

Ehrlich,   Felix   57,    125, 

— ,  J.   286. 

— ,  P.  5,  30,  31,  32,  37, 
49,  61,  64,  72,  83,  100, 
183,212,281,298,301, 
314,315,334,335,336, 
338,355,361,536,540, 
542,543,616,632,640, 
647,  682,  704,  707,  708, 
710,715,717,719,720, 
732. 

Eichengrün  550. 

Eichhoff  600,  663. 

Einbeck  161. 


484, 


138. 

48, 
121, 
312, 
337, 
541, 
645, 
709, 
725, 


Einhorn  214,  335,  336,  337, 

338,  374,  375,  383.  386,  640, 

760. 
Eisenberg  641. 
Ekenstein,  Alberda  vom  125. 
EUinger,  Alex.   175,  176,  187, 

255,  466,  467,  519,  548,  619. 
Ellison  242. 
Embden   157,   163,    181. 
Emliernet  389. 
Emmerich  593. 
Engel   177. 
Engeland,  R.   329. 
Engelen  24. 
Engelmann,  Max   790. 
Eppinger,  H.    161,    168. 
Epstein   741. 
Erb  613. 

Erdmann,  E.   76,  77,  97. 
— ,  H.   628. 
Esclile  576. 

Esslemont,  John  E.    740. 
Etard  86. 
Ewins,  A.  J.   124,   174,   181, 

328,  329,  330,  450,  453. 

Fabris  754. 

Fabry,  Johann   735. 

Falck  75,  85,   123,   306,  311, 

313,  428,  431,  432,  460. 
Falkson  335. 
Falta  156,   181. 
Faltis,  Franz  424. 
Fargher,  R.  G.   709. 
Faust,  E.  S.  5,  72,  111,  160, 

406,  722. 
Fay  254. 
Feiler,  M.  647. 
Feist  772,  773. 
Feldt,  AdoU  736,  822. 
Fellenberg,  Th.    158. 
FeUner  428. 

Fenyvessy,  B.   210,   283. 
Ferro  87. 
Feuerstein  741. 
Fieger,  J.  786. 
Füehne,  W.   35,    44,    55,   59, 

62,    66,    81,    91,    92,    107, 

212,    219,    224,    228,    306, 

309,    311,    318,    336,    338, 

341,  361. 
Filippi,  E.  52,  173,  485,  650, 

786. 
Findlay,  Leonard   75. 
Fiquet,  Edmund  85,   105. 
Fischer,  Bernhard   764. 
— ,  E.  50,  124,  130,  136,  139, 

140,  170,  185,221,330,358, 

360,  494,  505,  506,  609,  611, 

659,  675. 
— ,  Hans  175,  196. 
— ,  H.  G.  467. 
— ,  O.  212,  213. 
Flächer,  Franz  456. 


Fleig,  C.  743. 

Fleischer,   K.   244,   424,   429, 

434,  436,  509,  515. 
Flig  476. 

Flury,  Ferd.  319,  772. 
Foä,  G.   23. 
Fodera    102,   120. 
Formanek   66. 
Forschbach   162,   188,  788. 
Forster  375,  404. 
Foumeau,  E.   288,  323,  327, 

366,  367,  368,  768. 
Franchimont  84. 
Francis,  Francis  363. 
Fränkel,    Sigmund    28,    180, 

237,  238,  301,  440,  442,  451, 

514,515. 
Frank],  Theodor  745. 
Frankland   120. 
Fräser  28,  126,  214,  296,  297, 

299,  405,   772. 
Frei,  Willielm  535. 
Frenkel,  Bronislaw  393. 
Frerichs,  G.   466. 
Fresal   798. 
Frese  68. 

Freudenberg,  K.   659. 
Freund,  M.  323,  393,  407,  412, 

421,  424,  429,  431,  434,  435, 

436,  509,  515. 
Freuther  361. 
Freyss  214. 
Friedberger,  E.   700. 
Friedenthal,  Hans  24,   531. 
Friedländer   196,  570. 
Friedmann,  E.  156,   157,  164, 

165,  180,  195,  440,  443,  456. 
Fritsch  432. 
FröWich,  A.  81. 
Fromm,  E.   622,  628,  756. 
Frommherz,  K.  164,  169,  176, 

376.   520. 
Fry  759. 

Fuchehnann,  J.   M.   771. 
Fuchs,  Fr.  475,  477,  485,  532, 

652. 
— ,  G.   284,  495. 
Fülmer,  H.  130,  131,  174,  179, 

208,  301,  302,  325,  526,  641, 

700,  816. 
Fujimori,  Y.  367. 
Fürbringer  216. 
Fürth,  O.  440. 

Gabriel,  S.   110,  302,  303. 

Gadamer  122,  423,  427. 

Gaglio,  S.  250. 

Galewsky  779. 

Gamgee   19. 

Gams,  Alfons  424,  433. 

Garnier,  M.  52,  53,  64,  544. 

Garino,  Mario  201. 

Gärtner  474. 

Gastaldi,  G.  609. 


Autorenregister. 


835 


Gat«,  J.   736. 

Gaucher,  Louis  822. 

Gaude,  G.  271. 

Gaule,  Justus  313,  317. 

Gautier,  Armand  86,   699. 

Gautrelet  679. 

Gavron,  J.  L.   734,  821. 

Geinitz,  R.   734. 

Gensler,  P.   526. 

Geppert  802. 

Gergens  75. 

Gerhardt,  Dietrich  465. 

Gerngross,  P.  451. 

Giacosa,  P.  62,  67,  88,  97,  162, 

176,  263. 
Gibbs,  Wülard  33,  61,  66,  76, 

89,   114,   115,   131. 
Giemsa   238,   242,   542,   709, 

717. 
Gilbert  226,  582,  786. 
Güen  426. 

Ginzberg  105,  196,  303. 
Giusti  572. 
Gley  480. 
Glück  734. 
Goldfarb  86. 
Goldmann  504. 
Goldschmidt,  C.   276,  378. 
Goldsehmiedt,  G.  424,  425. 
— ,  Karl  279,  495. 
Goldschmied,  R.  49. 
— ,  Samuel   168. 
Goldschmitt   105. 
Golowinski,  J.  W.  92. 
Gomaja,  Sossja  300,  700. 
Gössl,  Josef  539. 
Goto,  M.  806. 
Göttler,  Max  231. 
GottUeb,  Billroth  H.  522. 
— ,  R.   24,  44,  71,   129,   168, 

342,  344,  402,  544,  614,  661. 
Gowrewitsch,  D.  92. 
Graeflin  642. 
Graehlin  642. 
Gram,  Cli.  787. 
Gran\-ille,  Mortimer  212. 
Greiner,  Karl  771. 
Gregor,  M.   120. 
GrenviUe  611. 
Gressel,  E.  611. 
Grethe  210,  215. 
Grimaux  234,  235,  249,  395, 

398,  410. 
Grimm,  V.  68,  471. 
Gris  21. 
Grisson  200. 
Groot,  De  696. 
Gross,  O.  23,  49,  391. 
Grosser  188. 
Grove,  W.   E.   614. 
Guareschi  313. 
Gudden  485. 

Guggenheim,  M.  120, 181, 459. 
Guillery  346. 


Guinard,  L.   413. 
Gulbranson,  R.  534. 
Giindermann,  K.   453. 
Gunkel  226. 
Günzburg  309. 
Gürber  312,  313,  316,  317. 
Guttmann,    Paul    220,    224, 
573,  645. 

Haake  485. 
Haas,  G.   73,  336. 
Hager  587,   698. 
Hahn  64,   73,  344. 
!  Hailer,  E.   70,  542. 
I  Halberstädter,  L.  238,  245. 
Haidane  80,  81. 
HaUe,  Walther  441. 
Halliburton  327. 
Hallstein,  A.   728. 
Hämäläinen,  Juho   191. 
Hansen,  Johann  321. 
Hantzsch,  A.   84,  476. 
Hanzlik,  Paxü  86,   553,   657. 
Harden,  A.   784. 
Hardy  22. 
Hare  66,  114,   115. 
Harloff,  Erich   172. 
Hamack,  E.  19,  27,  200,  265, 

294,  301,  307,  330,  332,  402, 

403,404,414,489. 
Harold,  C.   H.   H.   444. 
Harrass  520. 
Harries,  C.   122,  360. 
Harris,  D.  F.   122,  183. 
Hartmann,  Max  813. 
Hartoch,  W.   730. 
Harzbecker,  P.  738. 
Hata  542,   710,   715. 
Hayashi,  H.  312,  517,  762. 
Haycraft  135. 
Haymann  589. 
HajTvard,  E.  646. 
Heäth  69. 
Hebra  630. 
Hedbom,  Karl  771. 
Hedon  476. 
Heffter,  A.  4,  64,  68,  97,  111, 

194,319,342,471,476,547, 

624,  699,  741. 
Heidelberger,  M.   657. 
Heihg,  Robert  678. 
Heinrich,  G.   744. 
Heintz   111,   211,  323. 
Heinz  220,  294,  296,  383,  395, 

410,  429,  431,  614,  660,  666, 

763. 
Heimann,  Hertha  408. 
Helfand,  Max   194. 
Helferich,  Burckhardt  517. 
Helfrich,  Oregon  B.  816. 
Helmers  626. 
Henck  265. 
Henius,  Kurt  166. 
H^nocque  218. 


Henrichs,  Richard   742. 

Henriot  476,  477. 

Henry,  L.  32,  484,  540,  745. 

Hensel,  Marie   171,   187. 

Hepp,  Paul  253,  261,  674. 

Hermann,  L.  89,  169,  174, 
176,  469,  473,  775. 

Herold,  J.   816. 

Herter  78,  79,  183,  192,  193. 

Hertwig,  Günther  83. 

Herz  480. 

Herzig,  J.   773. 

Herzog,  J.  519. 

— ,  R.  O.  538,  539. 

Hess,  Ludwig  732. 

Hesse  234,  379,  410,  739,  755, 
776. 

Heuberger  740. 

Heubner,  W.  113,  222,  260, 
451. 

Heymanns  87,  111,  133,  199, 
737. 

Hildebrandt,  H.  65,  72,  112, 
115,  116,  124,  169,  174,  186, 
187,  189,  190,  191,  192,  194, 
237,  260,  261,  274,  298,  307, 
317,  318,  363,  364,  394,  403, 
414,  465,  504,  519,  662,  663, 
756,  757,  762,  804. 

Hildesheimer  161. 

Hinsberg  264,  267,  272,  273, 
283. 

Hirsch,  C.   v.    110. 

Hirsch,  Rachel  181. 

Hirschfelder,  A.  D.  380,  382. 

His,  W.   187,  294,  798,  799. 

Hjert,  Axel  M.  381. 

Hlasiwetz  426. 

Hoffa  75. 

Hoffmann,  August  788,  799. 

— ,  A.  W.  212,  261,  372,  623. 

Hofmann,  K.  A.  623. 

Hoff,  van't  127,  128,   129. 

Hofmeister,  F.   25,   76,    187. 

Hoeppner  244. 

Hoesch   752. 

Hoberg  234. 

Höhnel  672. 

HoUande,  A.  Ch.   736. 

Hopkins,  G.  613. 

Hoppe-Seyler,  G.  77,  183, 
213,  219. 

Horroch  472. 

Hösslin   166. 

Houghton  567. 

Hoyer  431. 

Howard  412. 

Huber  797. 

Huchard  786. 

Hügel,  G.  729,  730. 

Hültenschmidt  303. 

Hueppe  670. 

Hüsgen,  H.   687. 

Hug,  E.   123. 

53* 


836 


Autorenregister. 


Hunt,  Reid  87,  88,  237,  329. 

821. 
Hupfer,  Frz.  797. 

Igersheimer,  J.   700. 
Ihmsen  298. 
Ikeda,  Yasuo  124,  453. 
Ilzhöfer,  Hermann  82. 
Imm,  Johannes  639. 
Impens   372,    455,    483,    485, 
496,  514,  740,  747,  775,  785. 
Ishizuka   120. 
Ishiwara,  T.   716. 
Issekutz,  B.   348. 
Israel,  Eugen  C67. 
Iwakawa,  K.  426,  776. 
Iwanoff,  A.   646. 
Izar  730. 

Jacobi  597,  641. 

Jacobj,  Carl  42,  302,  304,  517, 

597,   762. 
Jacoby,  Martin  38,   543. 
Jacobs,  W.  J.  657. 
Jacobsen,  O.  478. 
Jacobson,  C.   A.   99. 
Jaegl6  215. 
Jaffe,  J.  447. 
— ,  Max  78,  83,  116,  159,  170, 

171,    179,     188,    194,    195, 

226,    229,    254,    303,    479, 

753. 
Jahns  41. 

Jaksch,  R.  209,  210,  211,  271. 
James,  E.   M.   85. 
Janowski  765. 
Japp  419. 
Jaworski  273. 
Jensen  479. 
Jess,  A.   209. 
Jez  273,   274. 
JoachimogKi,  G.  68,  471,  517, 

632,  700,  703,  758,  819. 
Joanin,  A.   80,   220. 
Joannovics,  G.    77,   156. 
Jodlbauer  216,  275,  746. 
Johannessohn  591. 
Johns,  C.   O.   788. 
Jolyet  06,   214,  301. 
Jone.scu,  D.  218,  307,  446. 
Jordan  75,  97,  330. 
— ,  Seth  N.   300. 
Joseph,  Max   14,  656. 
Jowett,   H.   A.   D.    122,   343, 

344,  345,  440,  441,  442. 
Jungfleisch  32,  533. 
Jürgensen  38. 
Juvalta  169. 

Kahlenborg   134. 
Kahn,  R.   699,   710. 
Kalberloh  728. 
Kamm,  Oliver  373. 
Kaposi  550. 


Karezag,  Läszlö  54,  119,  120. 
Karrer,  P.  32,  241,  247,  467, 

633,706,707,718,719,728, 

732,  747,  752,  753. 
Kaspari  735,  736. 
Käst  45,  48,  63,  264,  474,  489, 

500,  522,   625. 
Kastein  87. 
Kastle  200. 
Kather,  B.   232. 
Katz,  J.   244,  430,  556. 
Katzenstein   175. 
Kaufmann,    Charl.     B.     247, 

381,  382. 
— ,  Ludwig  630. 
Kehrer,  M.   430,  450,  690. 
Keller,  J.   296. 
Kendrick  29,    133,   208,   294, 

295,   303,   311,   313. 
Kennard,  Seilers   166. 
Kergon,  J.   617. 
Kerner  238. 
Kertesz,  E.    181,    187. 
Eessling,  W.   816. 
I\jkkoji,  T.   73,   173. 
Iviliani,  H.  771,  773. 
Kindler,   K.   409. 
ICionka  75,  411,  768. 
Kleine   197,   255,   336. 
Kleist,  H.  98,  263,  494. 
Klingenberg  76,  177,  178,  180. 
Klobbie  82. 
Knapp,  Th.   576,  586. 
Knoop,  F.  155,  156,  105,  181, 

187. 
Knorr,  L.  216,  217,  228,  229, 

230,392,393,410,411,414, 

416,418. 
Knueppel  211. 
Kobert,   R.    18,   43,   77,   221, 

226,  227,  330,  385,  444,  460, 

500,  636,  038,  695,  700,  703, 

709,  744,  754.  760. 
Koch,  Robert  132,  540,  734. 
— ,  W.  22,  75,  467,  477. 
Kocher  664. 
Koehler  276. 

Koehne  90,  164,  165,  177. 
Kögel,  H.   411. 
Koger,  A.   736. 
Köhler,  Z.   114,  328. 
Kohlhammer  461,  462. 
Kohlrausch,    Arnt    102,    299. 
Kolbe  553. 
KoUe,  W.  686,  717,  728,  729, 

730. 
Koller  333. 
Kolmer,  J.  A.  467,  716,  734, 

821. 
Konheim,  W.  656. 
Königs,  W.  212,  215,  236. 
Koppe  4,  330. 
Koppel  156,  737. 
Koslowsky,  S.   753. 


Kossei,  A.    191. 

Köster  51. 

Kotake,    Yashiro    169,    175, 

185,   619. 
Kowalevsky,   K.   90,   178. 
Ivnaffl-Lenz  708. 
Knopf,   Walter   728. 
Kxaft  79,  450. 
Ki'amer,  Franz  819. 
Kramm  432. 
Kratter  45. 
Kj-eis,  Ulrich   797. 
Kretschmer  822. 
Krey,  Walther  480. 
Ivrimberg,  R.   329. 
Iviöhl  132. 
Krohmayer  777. 
Krolikowski  213. 
Krönig  22,  29,  244,  294,  477, 

682. 
Kropp  431. 

Krüger,  M.  95,  168,  504. 
Kubota,   Seiko   368. 
Kuckein   176. 
Kühling   173. 

Kunkel,  A.  J.  108,  129,  300. 
Kurdinowski  428. 
Kuroda,  M.  775. 
Kurz,  S.   746. 
Kutscher,  F.  R.  330,  450. 
Kuwahara  642. 

Labhardt  654. 

Laborde   249. 

Labraze   798. 

Ladenburc  123,  310,  316,  316, 
319,  343,  344. 

Laidlaw,  P.  P.  426,  451,  453. 

Landerer  583,  590. 

Landgraff  88. 

Landois  658. 

Lang,  S.   107,   181. 

Lange   108. 

Längfeld  211. 

Langgard  73. 

Langiey,  J.   N.   449. 

Langlois  18,  234,  244. 

Langstein   181. 

Lapin  762. 

Lapresa,  F.   555. 

Larmuth   19. 

Laubenheimer  538,  615. 

Laufenauer   16. 

Launoy,  L.  51,  288,  367,  682. 

Lautenschläger,  R.    170. 

La  voran   540,   612,   719,  732. 

Lavprow   179. 

Laws,   Parry  54,  552. 

Lazzaro   104,   691. 

Lea  Carey  691. 
I  Leathes,  J.  B.   156. 
I  Ledebt  327. 

Leech  75. 
I  Lees  403,  404. 


Autorenregister. 


837 


L^ger,  E.  739. 

Le  Heux,  J.  W.  327,  745. 

Lehmann,  V.   190. 

Leitchs  642. 

Lenhke,  Erich  692. 

Lep6tit  281. 

Lepine  97,  643,  644. 

Lesnik  176,  190. 

Lesser,  K.    136. 

Leubuscher  416,  424. 

Leupold,  Frida  706,  719. 

Levaditti,  A.  S.  110,  682,  708. 

Levinthal,  W.   166. 

Levisohn  798. 

I^vy-Bruhl,  il.   51. 

Levy,  R.  238. 

Lewin  654,  661. 

— ,  C.  734. 

— ,  L.   78,  98,  99,   107,   179, 

199,  200,  346,  759. 
Lewis,  Howard  B.   109,  168. 
Ley  613. 
Leyeen,  P.  758. 
Lichtenstein  797. 
Lieben,  Adolf  594. 
Liebermann,  C.   778. 
Liebing,  Ernst  172. 
Liebrecht  604,  660,  666,  768. 
Liebreich,  O.  68,  69,  224,  265, 

335,472,473,483,649,673. 
Lindemann,   W.   300. 
Limpricht  818. 
LiHenfeld,  L.  693. 
Linden  736. 
Lippmann  244. 
Lipps,  Hans  325. 
Lipschitz,  Werner  83. 
Likhatscheff  189. 
Lister,  J.   544,   688. 
Litten  222. 
Lodter  416. 
Loeb  543. 

— ,  J.   20,  21,  22,   100,   132. 
— ,  Leo  736. 
— ,  O.  97,  296,  610. 
Loe venhart,  A.   S.   614. 
Loew,  O.  19,  33,  34,  35,  36, 

37,  07,  73,  74,  75,  81,  99, 

HO,  132,  327,  444. 
Loewe,  S.  320. 
Loewenthal,  F.  661. 
Loewi,  O.  442,  443,  449,  774. 
Loewy,  A.  320,  440,  483,  637, 

738. 
Löffler,  W.    181. 
Lohe  735,  736. 
Lohmann,  A.   330. 
Loimann  209. 
Lo  Monaco,  D.  519,  604,  753, 

759. 
Loos  297,  429,  465. 
Lottermoser  672. 
Louise  72. 
Loujorrais  642. 


Low,  G.  C.  466. 

Lublinski,  W.  295,  691. 

Luchsinger  330. 

Ludwig,  E.  49,  675. 

Lüdecke  683. 

Lüscher  737. 

Lüssem  490. 

Luft  228,  323. 

Lumiere,  Auguste  222,    679, 

820. 
Lundholm,  A.  380,  382. 
Lusini  63,  90,  HO,  199,  516. 
Lussana  516. 
Lustgarten,  S.   686. 
Lutz,  L.   82. 
Luzzatto,    Riccardo    69,    72, 

158,  165,  604,  614,  807,  809. 
Lyonnet  567. 

Maass,  Th.  A.  479. 
MacaUum  696. 
MacchiaveUi  121,  235. 
Macht,    David   J.    131.    Z-^\, 

424,  467,  753. 
Macoprenne  596. 
Mac  Kenzie,  Alex.   175. 
MackgiU  80. 
Madina veitia  819. 
Magne,  H.  68,  816,  817. 
Magnus-Le\'y,  A.   163,   185. 
Mahnert  265. 
Majert,  W.  282. 
Maimowitsch  117. 
Mainz,  G.  R.   123. 
Mairet  478. 
Makenzie  745. 
MaUe\Te  73. 
Mameli,  Efisio  706. 
Manasse   763. 
Mannaberg,  Julius  216. 
Mannich,   C.    200,   232,    iOii, 

444,  458,  516. 
Mantenson  737. 
Mantevifel  726. 
Marcacci  343. 
Marfori,  Pio  57,  103,  160,  250, 

426,  427,  428,  429,  430,  572, 

695,  696,  741. 
Marme  41,   82. 
Marquardt  337. 
Marquis  393. 
MarshaU,  C.  R.  69,  81,  346, 

462,  741. 
Martinet  448. 
Masoin  87. 
Massen  73. 
Mathews,  A.  P.  22. 
Matsuo,  Iwao  169. 
Mattai,  Ch.  466. 
Mattisson  466. 
Matsumoto  256. 
Matsuoka,  Zenji  169,   176. 
Matz,  Moknoy  333. 
Ma^Togordato  80. 


Maxim,  ?.I.   787. 
Maximo witsch  85. 
Mayer,  A.  68,  816,  817. 
— ,  P.  55,  96,  111,  119,  125, 

138,   159,   160,   161,  190. 
Mayor,  A.   123. 
Mayser  504. 
Mazzara  480. 
Megele,  L.  532. 
Meili  116. 
Meimberg  215. 
Meimer,  R.  77,  256. 
Melikoff,  P.   144. 
Meltzer  14. 
Mendel,  Lafayette  B.  90,  167, 

788. 
Mendelejeff  16. 
Menieur  537. 
Menozzi   125. 
Merck,  E.  335. 
Mering,  J.  73,  131,  132,  190, 

265,  271,  276,  277,  359,  397, 

401,  402,  473,  474,  475,  490, 

494,  505,  516,  583,  609,  660, 
I      674,  675,  757,  796. 
I  Merkel,  Adolf   188,   244. 
'  Mesnü  540,  647,  649. 
Messinger  597,  598,  599. 
Meyer  76,  85,  474. 
— ,  Arthur  744. 
— ,  E.   182,  483. 
— ,  Gustave  649. 
— ,  H.  H.  24,  32,  48,  49,  113, 

130,  288,  294,  302,  331,  442, 

443,  449,  521,  522,  525,  659, 

663,  664,  742. 
— ,  Kurt  H.  522. 
— ,  Victor  68,  129,  167,  614. 
Meyer-Wedell,  L.   156. 
?\reyerheim,  G.   96. 
Michaelis,  A.   61,  703,  709. 
Michaüow  638. 
Michallis,  M.   414. 
Michaud  543. 
Mießner  HO. 
Miller  236,  237. 
Minkowski,  O.   168,  790. 
Minumpi  465. 
MitcheU,  C.  W.   100. 
Mitscherlich   10,   114. 
Modica,  O.  45,   "5,   78,    197. 
Moemer,  K.  A.  H.  200,  254, 

267. 
Mohr  420,  427,  430,  432,  554, 

572.  583,  740,  745,  778. 
Moleschott  593. 
MoUe  494. 
Moodi,  W.   183. 
Moore,  C.  W.   83,  450,  459, 

742. 
Morgan,  Gilbert  591,  711. 
Morgenroth,  J.  238,  239,  240, 

241,    242,    245,    383,    818. 
— ,  P.  352. 


838 


Autorenregister. 


Mori,   Yoshitane   171. 

Moro  504. 

Mosetig  593,  641. 

Mosse   198. 

Mosso,  Ugolino  283,  334. 

476,  477. 
Motolese  650. 

Moimeyrat,  A.  701,  707,  711. 
Müller,  C.   355. 
Müller,  E.   113,  328. 
— ,  Franz  24. 
Mulzer  725,   730. 
Münzer,  E.   612. 
Murco   699. 
MiireU  413. 
Muto,  K.   312. 
Myers,  Victor  C.  90. 
MyUus  31. 

Nagai  368. 

Nägeli  23. 

NardelU,  G.  618. 

Nebelthau,  Eberhard  67,  78, 
517,  520,  573. 

Nef  85. 

Neimann  23. 

Neisser,  Alb.  600,  627,  677, 
693,  707. 

Nencki,  M.  30,  73,  77,  79,  102, 
103,  137,  167,  176,  177,  179, 
190,  191,  197,202,213,273, 
282,  520,  560,  561,  562,  563, 
577,619. 

Nenjukow  736. 

Nernst  33. 

Nesbitt  475,  573. 

Neter  746. 

Nettesheim,   K.    143. 

Neubauer,   E.   525. 

— ,  O.  156,  161,  164,  185,  190. 

Neuberg,  C.  23,  68.  73,  119, 
120,  125,  138,  161,  164,  181, 
188,  190,  192,  198,735,736. 

Neiifeld,   F.   647. 

Nicolaier  798. 

Nicolas,  Joseph  815. 

Nicolayer  162,  168,  802,  806. 

Nicolle  647,   649. 

Nicot  221. 

Niemilowicz  331. 

Nierenstein,  M.  244.  444,  704. 

Nigeler  638. 

Noel-Paton,  D.   75. 

Noguega  420. 

Nölting   178. 

Nonnenbruch  760. 

Noorden  v.  252,  385. 

Norrgard,  H.   380,  382. 

Nothnagel,  G.  331. 

Novy  335. 

Nunnely  471. 

Oat,  S.  471. 
Obermayer  74. 
Obermüler,  Jul.  546. 


O'Conner.  J.  M.  23. 
Oddo   78,  259,   759. 
Oechslin,  K.  709,  719. 
Oesterle,  O.  A.   739. 
Ohta,  Kohshi   160. 
Oldenberg,  L.   296,   395. 
Onaka,  M.   707. 
Oppenheim,  Kurt  678,  683. 
Oswald,  Adolf  613. 
Overlach  280,  746. 
Overton  32,  48,  49,  58,  394, 
418,  522,  523,  525. 

Paal,  C.   111,  689,  747. 
Paderi,  Cesare  159,  160,  162, 

303,  316,  464,  742. 
Page,  Harold  J.  327. 
Pal,  J.   424. 
Palma  699. 
Panders  691. 
Parmas  472. 
Papillen   19. 
Parabini  98. 
Pari,  G.   A.    125,    185. 
Paschkis,  H.   74,   89. 
Pasqualis   782. 
Pasteur,  L.   119,   121,   130. 
Paternö.  M.   392,  519. 
Patta,  Aldo  329,  705,  706. 
Paul,  Th.  22,  535,  682,  692, 

798. 
Pauli,  W.   23,  25,  63. 
Pauly,  Hermann  803. 
— ,  H.  303,  440. 
Pavia  214. 
Pawlow  73. 

Pearson,  Leonore  Kietz  140. 
Pechmann,  H.  v.  74,  82,  398. 
Peebles  122. 
Pellaconi  428. 
Pellissier,  P.   636. 
Pembrev  428. 

Penzoldt  641,  642,  748,  749. 
Perelstein,   M.   285. 
Perkin,  W.  H.  194,  463,  758. 
Perrin,  Felix  820. 
Personali  517. 
Pertik  630. 
PeschiÄ,  S.  686. 
Pesci  675. 
Petrin!   117. 
Petrowa,  M.  553. 
Pewsner  401. 
Pezzoli  693. 
Pfähler,  Ernst  611. 
Pfannenstiel,  A.   342. 
Pfeiffer  32. 
PhiUpp  428. 
Piantoni,  Giovanni  81. 
Piazza,  J.  Georg,   110,    111. 
Picaud   131. 
Pick,  E.  P.  77,  156,  327,  455, 

466,  603,  735. 
Pickering  66,   69,  89. 


Pictet,    Arne    123,    424,    425, 

433,  465,  466. 
Pierzcyek  771. 
Pigorini,  L.    178,   774. 
Pila  786. 
Pinner,  A.  306,  460,  461,  462, 

475. 
Pitini,  A.   79,  295,  392,  397, 

443,  773. 
Piutti  125,   138,  272. 
Plantefol,  L.  68,  816,  817. 
Plenk  311. 
PUmmer  711,  729. 
Ploetz  68,  816. 
Plotho,  Olga  24. 
Plugge,  P.  C.  210. 
Pohl,  J.  30,  49,  97,  113,  160, 

165,  169,  185,  188,219,299, 

328,  409,  447,  550,  747. 
PoUak,  L.   198. 
Polstorff  401. 
Pommering  76. 
Ponzio,  P."  610. 
Pope  124,  819. 
Popi  478. 
Popielski  451. 
Porcher,  M.  C.    169. 
Porges,  Otto  158. 
Portig  23. 
Posner,  Th.   501. 
Posternak,  S.   783. 
Pototzky,  Carl  387. 
Pouchet  420. 
Poulsson,  E.    121,   318,   336, 

337,  375,  752. 
Preusse   185,    186,    194,    196. 
Prevost  582. 
Pribram,  E.   49,   169. 
Priestley   19. 
Priesz,  Hans  519. 
Pringsheim,  J.    160. 
Pschorr,  R.  58,  178,  230,  392, 

394,  413. 
Pyman,  F.  L.   122.  343,  344, 

345,  372,  375,  390,  425,  427, 

432,  452,  466. 

Rabe,  F.  82,  236,  247. 

Rabow  413. 

Rabuteau  13,   14,   15,   18,  19, 

299,  300. 
Raimuiidi  73. 
Raiziss,  G.  W.   734,  821. 
Bamart-Lucas,    Pauline  368. 
Ranken,  Fryand  729. 
Raschig,  F.   73. 
Raspaii  733. 
Räth,  Kurt  349. 
Rautenberg,  C.   E.   556. 
Ravenna,  C.   63,  75,  294. 
Rawicz,  Marg.    146,  550. 
Read   124,  819. 
Reichert  61,  76,  89,  131,  334. 
Reid,  E.  E.  816. 


Autorenregister. 


839 


Kekowski  108. 

Remfry,  F.  G.  C.  432,  510. 

Reinking  654. 

Reuss  535. 

Reverdin  572. 

Reynolds,  Sidney  665. 

— ,  W.  C.   318. 

Rhein  739. 

Rhode  230,  237. 

Richards  134. 

Richardson  61,   130,   131. 

Richet,   Charles    13,    14,    15, 

61,  476,  477. 
Richter  791. 
Riegel  787. 

Riegler,  E.   249,   250,  550. 
Rieser,  O.   171. 
Rimini,  Enrico  756. 
Rimpau,  W.   70,  542. 
Ringhardtz  306,  460. 
Ritsert,  Kurt  385,  818. 
Ritter,  Adolf  236,  821. 
Ritz  239,  728. 
Risen  485. 
Roaf,  H.   E.   444. 
Robinson,  R.   340,  463. 
Rodolico,  L.   786. 
Roehl,  W.  647. 
Röhmann,  F.   183. 
Röhl  541. 
RoUet  778. 
Rollin,  Georges  822. 
Ronsse  422. 
Roos,  E.  275. 
— ,  J.  221,  274. 
Rösel  603. 
Rosenbach  597. 
Rosenberg  488,  618. 
Rosenbusch,  R.   143. 
Rosenfeld,  Fr.    160. 
— ,  G.   160. 
Rosenhain,  F.  210,  243,  304, 

803. 
Rosenmund,    Karl    W.    440, 

453,  454,   458,   516. 
Rosensteiu  299. 
Rosenthal  77,  209,  639. 
Roser  412. 
Roßbach  586. 
Rost,    Eugen    44,    193,    200, 

500,  642,   658. 
Roth,  Karl   111,   691. 
Rothermvmdt,  K.  686. 
— ,  O.   730. 
Rothmann,  A.   700. 
Rotschy  123. 
Rotter,  Luise  807. 
Row  459. 
Rowntree   744. 
Runck  487. 
Rymsza  183. 

Saar  818. 
Sabbatani,  L.  22. 


Sabbath,  S.   143,  270. 
Sachs,  F.  96. 
— ,  Otto  646. 
Sack  192,  545,  626. 
SahH  406,  572,  575,  583 
Saiki,  T.   168. 
SakeUarios,  EuMid  82. 
Salant,  W.  99,  100,  640, 

821. 
Salaskin   178. 
Salent,   WiU.    162. 
Salkowski,  E.   101,  103, 

171,192,  193,  195,197, 

385,  532,  533,  639,  650, 

696,  796. 
— ,  H.   193. 
Salomon,  G.  95,  790. 
Salway,  A.  H.  422. 
Samelson,  J.   744. 
Saneyoshi,  Sumio   161. 
Sansom  471. 
Santesson,    C.    G.    242, 

612,  773,  815. 
Sarthly,  A.  636. 
Sasaki,  T.   156,  195. 
— ,   Yomoshi  58. 
Satta,  G.  604,  614. 
Saul  532. 
— ,  Paul  678. 
Saxl,  T.   533. 
Scaffidi  696. 
Schadeck  676. 
Schadow,  Gottfried  81. 
Schaeffer,  H.   240,   241, 
Schapirov  131. 
Schapkaiz  773. 
Scheffler,  L.  636. 
Scheidemann   75. 
Sehempp,  Erich   166. 
Scheurlen  22,  528. 
Schiemann,  O.   647. 
Schiermann,  O.   716. 
Schiff  315,  475. 
Schild  704. 
Schildlowski,   A.   771. 
Schinkhoff  85. 
Schittenhehn   175. 
Schleich  651. 
Schloss,  E.   21. 
Schlossberger  239,  315, 
Schmidt,  A.  210,  359. 
— ,  Carl  L.  A.   196. 
— ,  E.  370,  789. 
— ,  J.  113,  125,  144,  180, 

330,  331,  394,  426. 
— ,  P.   168. 
Schmiedeberg,  O.  12,  27 

49,   62,  95,   118,   130, 

179,  248,  254,  263,  264, 

319,  330,  332,  497,  695, 

771. 
Schmitt  560. 
Schmitz  181,  734. 
Schneegans  132,  490. 


■87, 


158, 
199, 
654, 


299, 


692. 


728. 


282, 


.  30, 
176, 
271, 
696, 


Schneger  646. 
Schneider  248,  535. 
SchöUer,  Walter  24,  529,  673, 

677,  680,  681,  685,  686. 
Scholtz,  M.   124. 
Schönbach,  R.  773. 
Schom  200. 
Schott,  E.   160. 
Schotte,  Herbert   163,   174. 
Schotten,  C.  302,  303,  304. 
Schrauth,    Walter    24,    529, 

673,  677,  679,  680,  681,  685, 

686. 
Schroeder,  Knud  243. 
— ,  W.  V.  93,  393,  420,  424, 

787. 
Schroeter,  G.   550,  559. 
Schroff  297,  301. 
Schrötter  392. 
Schryver  403,  404. 
Schubenko,  G.  279,  443. 
Schultze,  Ernst  485,  495. 
Schultze  819. 
Schnitzen  73. 
Schulz  504,  699. 
— ,  Hugo   19,  20,  43. 
— ,  Otto  181. 
— ,  W.  462. 
Schulzen  796. 
Schumacher,  J.   691,   734. 
Schimiann,  H.  730. 
— ,  W.  730. 

Schumoff-Schimanofski  619. 
Schwartze,  E.  W.  99,  100. 
Schwarz,  Leo  74,  98,  159,  461, 

462,   696. 
Schwarz  323. 
Scott,  R.  W.  553. 
See,  Germain  218,  242. 
Seel,  Eugen  740. 
Seib,  Carl  476. 
Seifer  372. 
Seifert,  Otto  661. 
S6journet  630. 
SeUg,  Johamia  735. 
Serono,  Cesare  736. 
Sherwin,   Carl   P.    166,    186, 

193. 
Shimada  549. 
Shimazono,  J.    111. 
Siebel  573,  612. 
Sieber,  N.   182. 
Siebert  485. 
Sieburg,  E.  74,  180,  704,  720, 

755,  820. 
Siegfried,  M.   172. 
Sien,  Otto  728. 
1  Sievers  362. 
[  Skorozewski,  W.   807. 
Skraup,  Z.  211,  212,  213,  237, 

238. 
Slawu,  J.  613. 
Smimow  182. 
Smith  109,  199,  471. 


840 


Autorenregister. 


Smith,  A.  J.  467. 

— ,  Homer  W.   821. 

— ,  Maurice  J.   720. 

Sobel,  Ph.  448. 

Sohn,  J.  807. 

Sokolowski  414. 

Soll,  J.   75. 

Sollmann,  T.   753. 

Sommerbrodt  515. 

Späth,  E.  448. 

Speyer,  E.  393,  395,  407. 

Spiegel    136,    143,   270,   440, 

744. 
Spiegier,  E.   624. 
Spiro,  K.  22,  528,  534. 
Spruyt  84. 
Stadel  281. 
Städeler  475. 
Stadelmann  77. 
Stadler,  Hermann  540. 
Starkenstein  92,   807. 
Stauder  741. 
Steenhauer,  A.   J.   544. 
Steinauer  484. 
Steiner,  F.   749. 
Stoinfeld  663. 
Steinkopf,   W.   816. 
Stepp  472. 
Stern  78,   161,  306. 
Sternberg,  W.  117,  132,  135, 

136,  137,  138,  139,  141,  143, 

446. 
Steudel,  H.  79,  95,  166,  167. 
StilUng  637,  641,  642. 
Stocker  404. 
Stockmann,  R.  59,  200,  209, 

210,  303,  334,  336,  394,  395, 

396,  397,  404,  405,  410,  411, 

412,429,553. 
Stockvis  84. 
Stöhr,  J.   816. 

Stolnikow  36,  56,  58,  101,  393. 
Stransky,  Emil   160. 
Straub,  W.  32,  48,  200,  301, 

406,  515,  751,  752,  754,  772, 

773,  774,  775. 
Stricker  553. 
Stroux  485. 
Stuchlik  425. 
Stutzer,  A.   75. 
Sundwik   185,   190. 
Surmont  576. 
Suter  586. 
Suwa,  Akiharu   175. 
Suruki,  N.   170. 
Sykow  736. 
Symons,  C.  J.  390. 
SzUi,  Alexander  99. 
Szmurlo  414. 
Szubinski  517,  762. 

Tafel,  J.  463,  464,  465. 
Taine  596. 
Takamine  440. 


Tallquist   111. 

Tanret  450. 

Tappeiner,  H.   100,  104,  195, 

215,  216,  232,  479,  648. 
Tarr,  Josse  86. 
TaruUi  604. 
Taveau,  R.  M.  329. 
Tavel  606. 
Teichmann,  E.   729. 
Teile,  H.  752. 
Thielemann  295. 
Thierf eider,  H.  166,  186,  190, 

193. 
Thimm,  L.   548,  635. 
Thoburn,  T.   W.   553. 
Thomalla  595. 

Thomas,  Karl   163,  174,550. 
Thoms,    H.     143,    499,    809, 

818. 
Thomson  711. 
Thümen,  F.  499. 
Thunberg,  Thorsten   105. 
Tiemann  125,   144,  757. 
Tiffeneau,  M.   185,  413,  450, 

819. 
Tülie,  J.  207. 
Tir  161. 
Tiryakian  298. 
Teilens,  Karl   116. 
Tomarkin   606. 
I  Tomascewicz  473. 
Tomaszczewsky,  E.   76. 
ToneUa  317. 
Totani  193. 
Tournay,  A.   68,  817. 
Toy  413. 

Traube,  J.  49,  131,  366,  525. 
Trendelenburg,  Paul  105,655, 

755. 
Treupel   109,   267,   270,   272, 

273,  283. 
Triat  739. 
Trolldiener  379. 
Tsakalotos,  D.  E.   757. 
Tschirch  739,  740,  741. 
Tsuzuki  729. 
Tubini,  E.   A.   788. 
Tugendreich,  J.   240,  241. 
Tunnicliffe  243,  294,  304,  685, 

803. 
Türk,  W.   195. 
Tutin,  Frank  450,  739. 

übaldi,  Amadeo  53. 

Uhl,  Robert  642,  543,  736. 

Uhlenhuth     725,     726,     729, 

730. 
Uhlmann,  Fr.  266,  813. 
Ulffers,  F.  273. 
Unger-Laissle,  H.   734. 
Unna  32,  65,  630,  777,    779, 

780. 
Unverricht  747. 
Uyada,  Keyi  101. 


Vahlen,  E.   77,  418,  419. 
Vaillant  465. 
Valenti,  Adriano  284. 
Valeri,  G.  B.  677. 
Vamossy,   Z.   201,  283,   380, 

512,  743. 
Vanderlinden  504. 
van  t'Hoff  31,  32. 
Varisco,  Azzo   329. 
VasUiu,  Haralamb  174. 
Vaubel  347,  391. 
Velden,  R.  v.  d.  610,  758. 
Veley  242,  471.  759. 
Verbrugge  87. 
Vernon,  H.  M.  61,  96. 
Vespetro  537. 
Viau  341. 
Vierordt  465. 
Vieth  740,  741,  777. 
Vignon,  L.   77,  115,  256. 
Ville  195. 

Vinci,  Gaetano  361. 
Vincent  Swale  327. 
Vischniae,  C'h.   548. 
Vittinghof  52,  261. 
Voegtlin,  Carl  821. 
Vogel,  G.  62. 
Vogt  642. 
VoUert  674. 
Volmer,  J.  A.   642. 
Vongerichten  392. 
Vortmann  597,  598,  699. 
Vossius  361. 
Voswinkel,  H.  455. 
Vosz  427. 
Vulpian  128,  294,  300. 

Wahl  230. 

Wakemann,  A.  J.    155. 

Walko,  Karl  84,   183. 

Wallach  463. 

Waller  242. 

Walpole  453. 

Walter  632. 

Walters,  A.  L.  467. 

Warden  791. 

Waser,  Ernst  308,  446. 

Wassermann,  A.  631,632,656. 

Wasicky,  R.  466. 

Waters  789. 

Weber,  S.  63,  188,  788. 

Weddige  263,  748. 

Wedekind  85,  128,  129,  179, 

754,  755,  760. 
Weidel,  H.  750. 
Weil,  Friedr.  Josef  86,   640, 

643,  644. 
Weinberg,  Fritz  773. 
Weüiliagen,  A.  B.  296. 
Weintraud,  W.  98,  806. 
Weiske  157. 
Weiss,  R.   136,  796. 
Wehnans  383. 
Wendel  421. 


Autorenregister. 


841 


Wendelstadt  647,  708. 

Werler  672. 

Werner  24,  32,  125,  342,  394, 

735. 
— ,  Louis  F.  352. 
Wertheimer  76,  315. 
Weyl,  Th.  83,  101,  638. 
Whetham  22. 
Wiochowski,  Wilh.  46. 
Wichura,  Wilhelm  347. 
Wieland,  Heinrich  82,  86. 
— ,  Hermann  690. 
Wiener,  Hugo  166. 
Wigner  81. 
Wiky  465. 
Will,  W.  81,  421. 
WiUgerodt,  C.  127,  128,  380. 
Williams  24. 
Willstätter,  R.  117,  323,333, 

340,  341,  351,  352,  353,  366, 

782. 
Windaus,  A.    120,   320.  451, 

455,  755. 
Wintemitz  403,  608,  610. 


Winterstein,  E.  296,  447,  787. 
Wirgin,   Germund    131,   532, 

540. 
Wise,  L.  E.   158,  162. 
Witkowski  489,  698. 
Witt,  O.  30,  31. 
Wittgenstein,  H.  472. 
Witthomer  474. 
Woehler   19. 
Wohl  453. 

Wohlgemuth,  J.    119,   120. 
Wohlwill,  Friedrich   18. 
Wojtaszek  622. 
Wolf   15. 
— ,  G.  542. 
— ,  Max  186. 
— ,  WüHam  186. 
Wolffenstein,  E.  311. 
— ,  R.  311,320,  346,483,  806. 
Wolkow  181. 
Woody,  S.  S.  642. 
Woroschüsky   18. 
Wortmann  642. 
Wrede,  Fritz  632. 


Wright,  A.  E.  241,  323. 
Wybert,  Ernst  813. 
Wysz  619. 

Yagle,  E.  M.   642,  716. 
Yvon  226,  732. 
Young,  W.  J.  784. 

Zahn,  Kurt  424,  760. 
Zanda,  G.  B.  79,  776. 
Zart,  A.   512. 
Zehner  759. 
Zeimer,  Karoline  451. 
Zeller,  A.   636. 
Zemik  741. 
Zickgraf  636. 
Ziegler   179. 
Ziemssen  696. 
Zillner  49. 

Zimmermann,  R.   172. 
Zincke  419. 
Zim,  Camillo  683. 
Zorn,  E.   435. 
Zsigmondy  24. 
Zuelzer  783. 


Sachregister. 


Abietinsäiire  200. 
Acetäthylaminophenolacetat 

267. 
Acetal  73,  516,  524. 
Aeetaldehyd  55,  96,  130,  471, 

516,   652. 
Acetaldehyddextrin  652. 
Acetaldehydstärke  653. 
Acetamid   29,    72,    144,    162, 

294,  521. 
Acetamidäthersalycilamid 

574. 
Acetamidin   76. 
Acetaminoarsenoxydbenzol- 

säure  713. 
Acetaminoarsinsesquisulfid 

707. 
Acetaminobenzarsinsäure 

701. 
Acetaminobenzosäurenaph- 

thylester  572. 
Acetaminobenzoyleugenol 

583. 
Acetaminobenzoylguajacol 

583. 
Acet-p-aminodiphenyl  260. 
Acetaminomercuribenzoe- 

säure   683. 
5-Acetamino-8-methoxy- 

chinolin   214. 
Acetaminooxyphenaiithren 

395. 
Acetaminophenol  268,  269. 
p-Acetaniinophenol  254,  255. 
Acetaminophenolallyläther 

266,  818. 
Acetaminophenolbenzoat267. 
Acetaminophenolpropyl- 

äther  269. 
Acetaminophenolschwefel- 

säure  704. 
Acetaminophenylarsinstibm 

733. 
Acetaminothiophenolmethyl- 

äther  624. 
Acet-p-aminotliiophenol- 

methyläther  285. 
Acetaminophenoxyacet- 

amidchloral  480,  481. 
p-Acetaminophenoxyl- 

acetamid  284. 


p-Acetaminophenoxylessig- 

säureester  284. 
Acetanilid  34,  197,  270,  494. 
Acetanüid  s.  Antifebrin. 
p-Acetanilidcarbonat  277. 
Acetanilidoessigsäure  261, 

262. 
Acetanilidsulfosäure  s. 

Cosapriii. 
co-Acetanilidsulfosäure  262. 
Acet-p-anisidin   144. 
o-Acetanisidinarsinsäure   64. 
Acetanthranilarsinsäure   709. 
Acetarsanilsäure  708. 
Acetantliranilsäureai'sen- 

oxyd  713. 
Acetate  11. 
Acetatquecksilbercampher- 

carbonsäure  681. 
Acetenyltrimethylammo- 

niumhydroxyd   113. 
Acetessigestercarbäthoxy- 

phenylhj'drazon  818. 
Acetessigsäure   98,    158,   165, 

175,   187,   190. 
Acetessigsäureanilid  255. 
Acetobrenzcatechin  442. 
Aeetoform  738. 
Acetohydrocotarnin  819. 
Acetolsalicylsäureester  570. 
Aceton  75,  82,  98,  158,  159, 

175,   190,  477,  495. 
Acetonäthyliuercaptol  504. 
flf-Acetonaphthalid   259. 
Acetonchloroform  s.  Aiieson. 
Acetonchloroformacetyl- 

salicylsäiireester  481. 
Acetondicarbonsäui'e   159. 
Acetonglycerinjodhydriii  s. 

Alival. 
Acetonitril    85,    86,    87,    105, 

198,  523. 
Acetonylcarbäthoxyphenyl- 

hydrazon  818. 
Acetophenin  519. 
Acetophonon    98,     156,     172, 

173,  176,179,  190,191,479, 

517,  518,  519. 
Acetophenonainmoniak  518. 
Acetophenondisulf on  501. 
Acetophenonkodein  409. 


Acetophenonoxaläther  518. 
Acetophenonoxim   759. 
Acetophenon-oxychinolm5 19. 
Acetopheuonphenetidid  279. 
Acetopyrin  225. 
Acetosalicylsäiire   560. 
m-Acettoluid   117. 
o-Acettoluid  117,   197. 
p-Acettoluid  117,   197. 
Acetonim  74,  75. 
p-Acetoxybenzoylmorphin 

400. 
Acetoxydimethoxj-phen- 

antlirenearbonsäure   394. 
Acetylacetophenon  518. 
Acetyl-p-äthoxyphenyl- 

methan  s.   Thermodin. 
p-Acetyläthylaminophenyl- 

äthylcarbonat  278. 
Acetyläthylphenvlhydrazin 

220. 
Acetyläthylurethan  497. 
Acetylalkyltetramethyloxy- 

piperidincarbonsäureester 

365. 
Acetyl-p-aminoacetophenon 

282. 
Acetylaminoäthylsalieyl- 

säure   574. 
m-Acetylaminoantipyrin  227. 
l-o-Acetylaminoantipyrin 

227. 
Acetylaminobenzoesäure  182. 
m-Acetylaminobenzoesäure 

186,   197. 
p-Acetylaminobenzoesäure 

187. 
Acetyl-p-aminobenzoesäure- 

propylester  386. 
3-Acetylamino-4-carboxy- 

ätliylaminophenol  286. 
4-Acetylammo-3-carboxy- 

äthylaminophenol  286. 
Acetylaminococain  338. 
Aoetylaminodiäthylbrenz- 

atechin  286. 
/f-Acetylaminoessigsäure  265. 
3-Aeetylammo-4-lactylami- 

nophenetol  286. 
Acetylaminoraercuribenzoe- 

säure  s.  Toxvnon. 


Sachregister. 


843 


Acetylaminomethylsalicyl- 

säure  574. 
p-Acetylaminooxyäthoxyl- 

benzol  279. 
Acetylaminophenol  573. 
Acetyl-p-aminophenol  264, 

267. 
Acetyl-p-aminophenoläther- 

schwefelsäure   267. 
Acetylaminophenolbenzyl- 

äther  276. 
p-Acetylaminophenolbrom- 

diäthylacetylurethan  488. 
Acetyl-p-aminophenolglyce- 

rinäther  285. 
Acetyl-p-aminophenolglykol- 

äther  285. 
Acetylaminophenylchinoliu- 

carbonsäure  812. 
p-Acetylaminophenyl- 

hydrazin  222. 
Acetyl-p-ammophenylpiperi- 

din  261. 
Acetyl-a-aminopyridin  79. 
Acetylaminosafrol  238. 
Acetyl  -  p-aminophenylpiperi- 

din  261. 
Acetylaminophenylstibin- 

säure   729,   732. 
Acetylaminovaleraldehyd 

517. 
Acetylanthranilsäuremethyl- 

ester  263. 
Acetylarsanilsäure   707. 
Acetylatoxyl  s.   Arsacetin. 
Acetylbrenztraiibensäure- 

äthyläther  518. 
Acetylbenzimidazol  452. 
Acetylbromdiäthylacetyl- 

carbamid  820. 
Acetylbromisovaleryl- 

harnstoff  820. 
Acetylcevadin  323. 
Acetylchinin  251,    252. 
Acetylchloreton  484. 
Acetylcholin  327,  329. 
N-Acetyl-colchinol  325. 
N-Acetylcolchinolmethyl- 

äther  325. 
Acet  yldij  odsalicylsäureäthyl- 

ester  388. 
Acetylen  523. 
Acetylenchlorid  533. 
Acetylendichlorid  s.  Dioform. 
Acetylendij  odid   110. 
Acetyldij  oddiphenylamin602. 
Acetylglykolchlorsalicylsäure 

558. 
Acetylglykolkresotinsäure 

558. 
Acetylglykolsalicylsäure  558. 
Acetylglykolylarethan  487, 

769."  " 
Acetylguajacolsulfosäure  588. 


Acetylharnstoff  520. 
Acetyljodphenylmercaptur- 

säure  614. 
Acetylkodein  403. 
Acetyl-p-kresotinsäure  s. 

Ervasin. 
Acetyllactylkreostinsäure 

558. 
Acetylmeconsäure   170. 
Acetylmerochinennitril  24.>. 
Acetylmethylanthranilsäure- 

methylester  264. 
d-Acetyl-p-metliylphenyl- 

alanin  187. 
Acetylmethylphenylhydrazin 

220. 
Acetylmethylurethan  497. 
Acetybnorphin  39. 
Acetylmorphinkohlensäure- 

äthylester  401. 
Acetylnarkotin  430. 
Acetyl-m-osybenzoesäure- 

äthylester  388. 
Acetyl-p-oxybenzoesäure- 

äthylester  388. 
Acetyloxyphenyläthylacetyl- 

amin  449. 
Aeetyloxj'phenyläthylamin 

445. 
Acetyl-p-oxyphenylurethan 

s.   Neurodin. 
Acetyl-o-phenetidid  269. 
I-Acetylphenylaminoessig- 

säure   164. 
Acetylplienylcarbizin  220. 
Acetylphenylliydrazin    s. 

Hydrazetin. 
sym.   AcetylphenyUiydrazin 

s.   Pyrodin. 
Acetylphenylhydroxylamin 

255. 
Acetylphenylthiocarbizin  220. 
Acetylpikrotoxinin  322. 
N-Acetylpiperidin  312. 
/J-Acetylpropionsäiire  s. 

Lä\'ulinsäiire. 
Acetylsalicoyltheobromin  s. 

Theacylon. 
Acetylsalicylamid  520,  557. 
Acetylsalicylbromisovaleryl- 

hamstoff  769. 
Acetylsalicylcholsäure  690. 
Acetylsalicylosalicylsäure 

559,   571. 
Acetylsalicyloylglukose  567. 
Acetylsalievlovltheobromin 

792. 
Acetylsalicylsäure  s.  Aspirin. 
Acetylsalicylsäureaceton- 

bromoformester  482. 
Ace  tylsalicylsäureanhydrid 

558. 
Acetylsalicylsäurebenzoe- 

säiireanliydrid  568. 


Acetylsalicylsäuredichloriao- 

butylester  482. 
Acetylsalicylsäurementhol- 

ester  565. 
Acetylsalicylsäuremethyl- 

ester  388,  760. 
Acetylsalicylsäureoxy- 

chinolinester  806. 
Acetylsalicylsäuretribrom- 

tertiärbutylester  482. 
Acetylsalicylsäuretrichlor- 

butylester  482. 
Acetylsalicylsäuretrichlori- 

sopropylester  482. 
Acetylsalol  s.   Vesipyrin. 
Acetyltannin  659,  660,  662. 
Acetyltetrahydronaphthyl- 

amin  446. 
Acetylthallin   212. 
Acetyltheobromin   792. 
Acetylthioharnstoff   108. 
Acetyltrpoein  342,  344,  346, 

402. 
Acetyltropyllupinein  346. 
Acetyltropyltropeiu  344,  346. 
Acetylzucker   135. 
Acetylzufigallussäuretetra- 

methyläther   741. 
Acitrin  808. 
Acoin  379,   380. 
Aconin  322. 
Aconitin  107,  307,  321,  322, 

335,  403. 
Aconitsäure    114. 
Acridin  174,  209,  648. 
Acridiniiimgelb  64,   534. 
Acrolein  82,   114,  238,  654. 
Acrylsäure   111,    158,    165. 
Adalin  485,  486. 
Adamon  768. 
Adenin   79,   167. 
Adipinsäure   102,    171,   173. 
Adonidin   771. 
Adonitinsäure   771. 
Adrenalin  123,  196,  246,  294, 

326,  440,  441,  442,  443,  444, 

445,  446,  447,  449,  450,  455, 

456,  457,  458,  459.  736.  819. 
Adrenalon     442,     443,     449, 

456. 
Afenil  637. 
Afidol  679,   680. 
Agaricin  744. 
Agaricinsäure  276,  669. 
Agaricinsäure-di-p-pheneti- 

did  276. 
Agaricinsäiire-mono-p-pheae- 

tidid  276. 
Agathin   221. 
Agurin  788. 
Aguttan  806. 
Airoform  668. 
Airol  668. 
Akrolein  36. 


844 


Sachregister. 


Alanin  73,  157,  158,  175,  181, 

424. 
dl-Alanin   157,   163. 
Alaninjodcalium  607. 
Alaninkupfer  736. 
Alanyloxyphenyläthylamin 

459. 
Alaninquecksilber  675. 
Alaninsilber  736. 
Albargin  727. 
Albaspidin  750,  751,  752. 
Albumosen,   arsensaure   702. 
Aldehyd  88. 

Aldehydammoniak  76,  97. 
Aldehyde  97,  540. 
Aldol  55. 
Aldole  96. 
Aldosen  96. 
Alformin  737. 
Aleudrin  479. 
Alival  611. 

Alizarin  741,   742,   778. 
Alizarinblau   741. 
Alizarinbordeaux  741. 
Alizaringelb  746. 
Alkaliviolett,  L.  R.  649. 
Alkohol  37,  74,  107,  297,  468, 

528. 
Alkohole  29,  30,  61,  100,  130, 

131,  190,  240,  490,  525,  540. 
AUantoin   108,  800. 
Allocain  368. 
AUophansäureäther   153. 
Allophansäureäthylester  164. 
AUophansäureamid  s.  Biuret. 
Allophansäureamylenhydrat  - 

ester  499. 
Allotropin  655. 
Alloxan     90,     95,     165,     166, 

766. 
Alloxanbrenzcatechin  585. 
Alloxanguajacol  585. 
AUoxanhydrochinon  585. 
Alloxankreosol  585. 
Alloxannaphthol  585. 
Alloxanphenol  585. 
Alloxanpyrogallol  585. 
Alloxanresorcin  585. 
Allozimtsäure   105. 
Allylacetat  111. 
Allylacetophenonsulfon  502. 
Allylacetylkresotinsäure  559. 
AUylacetylsalicylsäure  559. 
Allylalkohol  110,  111,  238, 

532. 
Allylamid  409. 
Allylamin   110,   111. 
Allylanüin   111. 
4-Allylantipyrin  227. 
Allylbarbitursäure  514. 
N-Allylbenzoyltetramethyl- 

j-oxypiperidincarbon- 

Eäuremethylester  365. 
Allylbetain  328. 


Allylbrenzcatechinmothyl- 

äther  s.   Safrol. 
Allylcarbäthoxj'phenyl- 

harnstoff  818. 
Allylcarbäthoxyphenylthio- 

harnstoff  818. 
Allylchlorid  539. 
Allyldihydronorkodein  409. 
N-Allyldiliydronorkodein 

410. 
Allylformiat   111,  409. 
Allylglykosid  409. 
AllyDiarnstoff   111. 
AUylhomochoün  328. 
Allyljodid   111. 
Allylmorphimethin  409. 
N-Allyhiorkodein  328,  409, 

410. 
O-Allylnormorphin  409. 
p-Allylphenol  s.   Chavosot. 
AUylphenolmethyläther  s. 

Anethol. 
Allylphenylthioharnstoff  109. 
Allylphenylcarbamat   753. 
N-Allylpyrrolidin  328. 
Allylsenföl  36,  111,  114,  539. 
Allylsidfid  630. 
Allyltheobromin   791. 
Allylstrichnin   328. 
Allylthioliarnstoff  siehe 

Kidsinamin. 
Allylthioharnstoff  409. 
N-AUylthallin  328. 
s-Al!yltheobromin   328. 
Allyltrimethylammoniiun- 

hydroxyd"ll3,   327. 
Almathein  649. 
Alochrysin   739,   740. 
Aloeemodin  739,  740,  771. 
Aloenigrin   740. 
Aloin  739,  742. 
Aloinaethylcarbonat  742. 
Aloinalophanat  742. 
Aloineisen   742. 
Aloinkohlcnsäureester  742. 
Alphol  539. 
Altannol  738. 
Aluminium  15,  18,  134,  149, 

529,  737 ff. 
Aluminium  aceticum   18. 
Aluminiumacetotannat  s. 

Neotannyl. 
Aluminium,  ameisensaures, 

s.  Alformin. 
Aluminium,  basischgerb- 

saures  737. 
Aluminium,  borgerbsaures, 

s.  Cutol. 
Aluminium  borofonnicicum 

737. 
Aluminium,    borweinsaures 

737. 
Aluminiumchlorat  siehe 

Malle  brein. 


Al>iminium  formaldehyd- 

schwefligsaures  bas.  738. 
Aluminium,  gerbweinsaures 

737. 
Aluminium,  glykolsaures738. 
Alumiu  iumhexamethylen- 

tetramin,  essigcitronen- 

saures  738. 
Aluminiumhydroxyd  738. 
Aluminium,    naphtholsulfo- 

saures   738. 
Aluminium,  phenolsulfo- 

saures  737. 
Aluminium,  salicylsaures 

737. 
Aluminiumsulfat  531. 
Aluminiumtannineiweiß  s. 

Noventerol   738. 
Alumnol  737. 
Alutan  738. 
Alydrin  346. 

Alypin   150,  358,  371,  372. 
Amarin  35,   78,   144,   196. 
Ameisen.?äure   132,   155,   158, 

159,  166,  531,  552,  650. 
Ameisensäureäthylester  786. 
Amenyl  427,  432. 
Amidin  378. 
Aminbuttersäurequecksilber 

675. 
Aminoacetal  73. 
Aminoacetaldehyd  73. 
Aminoacetobrenzcatechin 

442,  443,  449,  456,  457. 
Aminoacetomethoxynaph- 

thalin  819. 
Aminoacetooxjmaphthalin 

819. 
Aminoacetophenon  392,  443, 

450,  518. 
AminoacetopjrrogaUol  450. 
Aminoacetoresorcin  449. 
Aminoacet-p-phenetidid- 

coffein  231. 
Aminoäthanolresorcin  449. 
m-Aminoäthoxybenzoesäure  - 

esterurethan  385. 
p-Aminoäthoxyphenol  siehe 

Phenetidin. 
/8-Aminoäthylaminobenzoat 

375. 
Aminoäthylbenzimidazol  459. 
2-Ä-Aminoäthylchinolin   248. 
Aminoäthylidentetrahydro- 

papaverin   437. 
Aminoäthylindol   s.   Indolyl- 

äthylamin  453. 
4-a;-Aminoäthyl-6-methoxy- 

chinolin  248. 
Aminoäthylpyrogallol  450. 
Aminoanissäuremethylester 

384. 
m-Aminoantipyrin  227,  229. 
o-Aminoantipyrin    227,    229. 


Sachregister. 


845 


4-Ammoantipyrin    226,    227, 

229. 
Aminoarsenobenzoesäure  720. 
Aminoarsinphenylstibiu- 

säure   729. 
Aminoaurophenolcarbon- 

säure  735. 
Aminoazobenzol   640. 
Aiainoazobenzol  s.   Anilin- 
gelb. 
p-Aminoazobenzolsulfosäure 

153. 
4-Aminoazobenzol-4'-sulfo- 

säure   151. 
Aminoazotoluol  646. 
Aminoazotoluolazonaphthol 

s.  Scharlaclirot. 
m-Aminobenzaldehyd   186. 
p- Amine  benzaldehyd   187. 
Aminobenzarsinsäure  720. 
m- Aminobenzoesäure  1 03, 1 1 5, 

144,   151,   195,  257,  258. 
o-Aniinobenzoesäure  siehe 

Anthranilsäure. 
p- Aminobenzoesäure  115,141, 

144,    157,    186,    187,    257, 

258. 
p-Aminobenzoesäureäthyl- 

ester  s.   Anaesthesin. 
Aminobenzoesäure  diäthyl- 

aminoäthanolester  374. 
Aminobenzoesäurediäthyl- 

aminoäthylester  373,   374. 
Aminobenzoesäure  diäthyl- 

aminopropylalkoholester 

373. 
p-Aminobenzoesäureester, 

naphtholmenosulfosaures 

385. 
p-Aminobenzoesäureisobutyl- 

ester  s.  Cycloform. 
p- Amine  benzoesäuremethyl- 

ester  379. 
p-Aminobenzoesäurepropyl- 

ester  s.   Propäsin. 
Aminobenzol  s.   Anilin. 
Aminobenzolarsinsäure   714. 
Aminobenzolstibinsäure   731. 
p-Aminobenzolsulfosäure   s. 

Siüfanilsäure. 
m-Aminobenzolsultosäiire 

257,  623. 
o-Aminobenzolsulfosäure  257, 

623. 
Aminobenzolsulfosäiu'eazo- 

diphenylamin  s.  Metanil- 

gelb. 
ni-Aminobenzonitril   140. 
m-Aminobenzoyl-m-amino- 

benzoylaminocarbazol- 

disulfosäureharnstoff  551. 
m-Aminobenzoyl-m-amino- 

benzoylanilin-2.5-di3ulfo- 
säureharnstoff  551. 


p-Äthonyphenylsuccinimid 

s.   Pyrantin. 
p-Äthoxyphenylurethan  276. 
Äthoxytartranilsäure   282. 
Äthycupreinchlorid  239. 
Athylacetaminophenol  270. 
m-Aminobenzoylaminosulfo- 

salicylsäureharnstoff  551. 
o-Aminobenzoylchinin  252. 
p-Arainobenzoylchinin  252, 

371. 
Aminobenzoyldiäthylamino- 

äthanol  s.   Novocain. 
Aminobenzoyldiäthylamino- 

hexanol  371. 
Aminobenzoyldiäthylamino- 

propandiol  371. 
Aminobenzoyldiisoamyl- 

aminoäthanol  371. 
Aminobenzoyldimethyl- 

aminoäthanol  371. 
p-Aminobenzoyleugenolester 

s.   Plecavol. 
p-Aminobenzoylhydrochinin 

252. 
Aminobenzoyloxybenzoe- 

aäuremethylester  384. 
Aminobenzoylphenetidid  375. 
Aminobenzoylpiperido- 

äthanol  371. 
Aminobenzoylpiperido- 

propandiol  371. 
p-Aminobenzoylsalicylsäure- 

methylester  384. 
p-Aminobenzoyläulfinid   142. 
Aminobenzoyltetraäthyl- 

diaminopropanol  371. 
Aminobenzoyltetramethyl- 

diaminopropanol   371. 
Aminoborneol  759. 
a-Aminobuttersäure   117. 
/S- Aminobuttersäui-e   117. 
j'-Amino  buttersäure    117,140, 

146,   151,  302. 
dl-Amino-n-buttersäure    157, 

103. 
Aminobutylglyoxalin  451. 
Aminocampher  78,  144,  758, 

759,  764. 
Aminocarboxybenzolarsen- 

oxydgold  727. 
(X-Amino-n-capronsäure   140. 
dl-Amino-n-capronsäure   157, 

163. 
Aminochinidin  245. 
Aminochinin  245. 
m-Aminococain  338. 
Aminoeyannormorphin  408. 
Aminodesmotroposantonige 

Säiu-e  754. 
4-Amino-2'4'-diaminodiphe- 

nylenamin   256. 
4-Amino-2'-4'-diaminodiphe- 

nylenaminsulfosäure  256. 


Aminodibromphenylarsin- 

säure  726. 
Aminodimethyldioxybenzoe- 

säuremethylester  384. 
Aminodioxybenzoesäure- 

methylester  384. 
6-Aniino-2.8-dioxypurin   168. 
p-Aminodiphenyl  76. 
p-Aminodiphenylamin  76. 
Aminodiphenylstibinoxyd 

731. 
Aminoekkain  356. 
Aminoessigsäure  s.  Glykokoll. 
2- Amine-  d-glykoheptonsäure 

125,   165. 
Aminoguajacolcarbonsäure- 

methylester  384. 
Aminoguanazol  79. 
Aminoguanidin   74,    75,    219. 
Aminohexylalkohol  304. 
Aminohydrochinin  245. 
^-Aminoisovaleriansäure  140. 
Aminojodphenylarsinsäure 

726. 
Aminokohlensäure  siehe 

Carbaminsäure. 
Aminokresolarsinsäure  713. 
Aminokresotinsäuremethyl- 

ester  384. 
Aminomalonsäure   73. 
5-Aminomalonylguanidin  95. 
w-Aminomethylchinolin  248. 
Aminomethyldimethylxan- 

thin   794. 
Aminomethylglyoxalin  451. 
Amino(mono)methyldioxy- 

benzoesäuremethylester 

384. 
Aminomethylhydrinden  447. 
Aminomethylphenylarsin- 

säure   719. 
Aminomethylschwefelige 

Säure  654. 
a-Aminomilchsäure   s.  Serin. 
Aminonaphthol   177. 
Aminonorkodein  409. 
Aminooxyarsenoacetamino- 

stibinobenzol   733. 
Aminooxyarsenobenzol  714. 
m-Aminooxybenzoesäure  115. 
o-Aminooxybenzoesäure   115. 
p-Aminooxybenzoesäure  115. 
Aniinoxybenzoesäureester 

384. 
m-Amino-p-oxybenzoesävire- 

methyläthylenester  384. 
p-Amino-m-oxybenzoesäure- 

äthylester  und  -methylester 

384. 
Aminooxybenzoesäure- 

methylester  384. 
m-Amino-p-oxybenzoesäure- 

methylester  s.  Orthoform 


846 


Sachregister. 


o-Amino-m-osybenzoesäure- 

methj'lester  384. 
p-Amino-m-oxybenzoesäiire- 

methylester  s.   Orthoform. 
Aminoxybenzolarsendichlo- 

ridkupfer  727. 
Aminooxybenzolarsensulfid- 

palladium   727. 
Aminooxybenzolarsinform- 

aldehydsulfosylat  724. 
Aminooxybenzolstibmsäure 

731. 
Ammooxybuttersäure   144. 
/S-Amino-a-osy-(chinolyl-4)- 

äthan  246.  " 
Aminooxyisobuttersäure 

144. 
Aminooxyisobuttersäure- 

äthylester  370. 
Aminooxyphenanthren  395. 

418. 
Aminophenolarsenoxyd  708. 
Aminooxyphenylarsenoxyd 

720. 
Aminooxj'phenylarsenses- 

quisulfid   725. 
Aminooxyphenylenarsin  - 

oxyd  708,  716. 
Ammoosyphenylarsinphenyl- 

stibin   733. 
Aminooxyphenylarsinsäure 

713,  716,  719. 
Ammooxyphenylarsinsäure- 

quecksilberacetat  734. 
Aminooxyphenylarsinstibin 

733. 
Ä- Amino-  /5-oxypropionsäure- 

s.   Serin. 
/S-Amino-a-oxypropionsäure 

s.   Isoserin. 
2-Ainino-6-oxypvirin  siehe 

Guanin. 
Aminoxytoluylsäuremethyl- 

ester  384. 
a-Amino-j'-oxyvaleriansäure 

140. 
Aminoparaxanthin   790. 
Aminophenacetin  s.   Pheno- 

koll. 
Aminophenanthren  394. 
m-Aminophenol  257. 
o-Aminophenol   103,  257, 

515. 
p-Aminophenol    57,    62,    76, 

103,    176,    178,    182,    254, 

257,    263,    264,    265,    267, 

269,    276,    291,    292,    402, 

744. 
p-AminophenoIsulfosäure   76. 
Aminophenoxylessigsäure- 

amidcarbonsäureiuethyl- 

ester  388. 
Aminophenyläthylamino- 

benzimidazol  459. 


l-p-Aminophenyl-2-äthyl- 

3-methyl-5-pyrazolon- 

methylsehwefligeSäure  232. 
p-Aminophenylalanin   144. 
p-Aminophenyl  -  a-aminopro- 

pionsäure   145. 
p-Aruinophenylarsinoxyd 

542,   720. 
Aminophenylarsenooxy- 

benzol  714. 
Aminophenylarsensulfid  726. 
Aininophenylarsuisäure    724. 
p-Aminophenylarsinsävire  s. 

Arsanilsäure. 
Aminophenylarsinsäurebijo- 

dür  705. 
Aminophenylarsinsäure- 

methylsulfosäure   707. 
Aminophenylarsinsäure- 

tetrajodür  705. 
Aminophenylcarbaminsäure- 

diäthylaminoäthanolester 

377. 
p-Aminophenylessigsäure- 

äthylester  390. 
Aminophenylchinolincarbon- 

säure   808,   812. 
Aminophenylchinolincarbon- 

säuremethylschweflige 

Säure   810. 
p-Aminophenylessigsäure- 

diäthylaminoäthylester 

390. 
Aminophenylkohlensäure- 

diäthylaminoäthylester 

375. 
m-Aminophenylkohlensäure- 

diäthylaminoäthylester 

375. 
Aminophenylstibinmethan- 

sulfosäure   729. 
Aminophenylstibinoxyd  731. 
Aminophenylstibinsäure  729, 

730,  731,  732. 
p-Aminophenyltolylamin    76. 
Aminopht  halsäurediäthyl- 

ester  389. 
Aminoprotocatechusäiire- 

äthylester  384. 
6-Aininopurin  s.   Adenin. 
«-Aminopyridine   79,  383. 
p-Aminosaccharin   142. 
o-Aminosalicylsäure  103,  142, 

144,    195,  561. 
m-Aininosalicylsäure  142, 

144,   561. 
p-Aminosalicylsäure       103, 

142,  144,   i95,  561. 
o-Aminosalicylsäureäthyl- 

ester  384. 
p-Aminosalicylsäureäthyl- 

ester  384. 
o-Aminosalicylsäuremethyl- 

ester  384. 


p-Aminosalicylsäuremethyl- 

ester  384. 
p-Aminosalol-co-sulfosäure 

285. 
Aminoselenophenol  632. 
Aminosulfonal  505. 
a-Aminotetrahydro-a-naph- 

thol  308. 
Aminotheobroniin  790. 
Aminotheophyllin   789. 
Aminotolylarsenoxyd   712. 
Aminotolylarsinsäure   710. 
Aminotriazinsulfosäure   143. 
Aminotridekanäthylester  144. 
Aminourethanophenylstibin- 

säure  729. 
Aminovaleriansäure  146,  157, 

163,  302. 
Aminovanillinsäureäthyl- 

ester  384. 
Aminozinitsäureester  169, 

384. 
m-Aminozimtsäuremethyl- 

ester  389. 
Ammoniak    10,    12,    23,    25, 

29,  34,  47,  66,  67,  71,  73, 

76.  77,  91,    134,   260,  299, 

327,  521,  530,  532. 
Ammoniaksilberglykocholat 

694. 
Ammnniiimbaspn   50,    143. 
Ammonpikrat  639. 
Amphotropin  656. 
Amygdalin  200. 
Amygdalonitril  87. 
Amygdalylhomotropein  355. 
Amygdalyl-/)'-hydroxytetra- 

methylpjTrohdin   363. 
Amygdalylmethylvinyl- 

diacetonalkamin    s.   Euph- 

thalmin. 
Amygdalyl-/?-N-methylvinyl- 

diacetonalkamin  300. 
Amygdalyloxj'tetramethyl- 

pjTrolidin  363. 
Amygdalylpseudotropin  360. 
Amygdalyltriacetonmethyl- 

alkamin  360. 
Amygdophenin  272,   275. 
Amylacetat  62. 
Amylalkohol   131,  524,  532. 
u-Amylalkohol  539. 
sek.-Amylalkohol  490. 
tert. -Amylalkohol    131,    159, 

190,  490,   522. 
Amylamin  71,  444. 
n-Amylamin  294. 
N-Amylaminoxybenzoe- 

saureäthylester  386. 
Amylammoniumclilorid  300. 
Amylammoniumsulfat  300. 
Amylanilin  35,  66,  214,  301. 
Amylarin  330,   332,   597. 
Amylchinin  235. 


Sachregister. 


847 


Amylchinolin  214,  301. 
Amylcinchonin  301. 
Amylen  523,  539. 
Araylencarbamat   siehe 

Aponal. 
Amylenhydrat,  207,  477,  490, 

491,   495,  499. 
Amylenhydratisovalerylester 

768. 
Amylenhydratvanadinsäure- 

ester   732. 
Amylenhydraturethan    siehe 

Aponal. 
Amyloform  651. 
Amylhamstoff  491. 
Ainylmercaptan   107. 
Aniylmorphin   396,  397. 
Amylnitrit  28,   63,  80. 
Amylokresol  530. 
o-Amylolphenol  546. 
N-Amylphenacetin  285. 
Amylphenol  536. 
N — Amylpiperidin  312. 
Amyltheobromin  790. 
Amylvalerianat  62. 
Amylveratrin   301. 
Anästhesin  818. 
Anästhesin  371,  375,  379,  385, 

390. 
Analgen  214. 
Anamyrtin  322. 
Anathallin  212. 
Andromedotoxin  302. 
Anegon  679. 
Aneson  380. 

Anethol   111,   112,  542,  547. 
Angelikaäthylester   126. 
a-Angelikalacton   151. 
;8-Angelikalacton   151. 
Anhalin  s.   Hordenin. 
Anhydrochloralurethan    478. 
Anhydrodigitoxigenin  773, 

774. 
Anhydrodihydroekgonin- 

äthylesternorpropanol- 

benzoat  358. 
Anhydrodihydronorekgonin 

357. 
Anhydroekgonin  337,  340. 
Auhydroekgoninäthylester- 

norpentanolbenzoat  358. 
Anhydroekgoninäthylester- 

norpropanol-p-aminoben- 

zoat  358. 
Anhydroekgoninäthylester- 

norpropanolbenzoat  358. 
Anhydroekgoninester  337. 
Anhydroglykochloral    siehe 

Chloralose. 
Anhydroglykoso-o-diamino- 

benzol   143. 
Anhydromercuribrenzcate- 

chinmonoacetsäure  siehe 

Meracetin. 


Anhydromethylencitronen- 

säiire   159,   657. 
Anhydromuscarin   124,  330. 
Anliydronorekgonin  357. 
Anhydroxyäthylamino- 

benzylalkohol  378. 
Anhydroxybenzyldialkohol 

549. 
Anhydro  valerylaminoben  zyl- 

alkohol  378. 
Anhydrovaleryloxyäthyl- 

aminobenzylalkohol  378. 
AnilidmethylsaUeylsäure  192. 
Anilidoacetobrenzcatechin 

443. 
Anilidokohlensäiiremorphin- 

ester  401. 
Anilin  29,  31,  34,  36,  64,  66, 

76,  77,  83    103,    104,    106, 

116,  176,  190,211,219,222, 

253,  254,  255,  256,  257,  258, 

260,  261,  264,  288,  402,  445, 

515,539,686,  704. 
Anilinarsenoxyd   713. 
Anilinazo-/S-naphthol  siehe 

Sudan  I. 
Anilinblau  646. 
Anilingelb  30. 
Anilinpyrin  226,   380. 
Aniloantipyrin  226. 
Anisaldoxiin   120,    142,   149. 
AnisaniUd  255. 
Anisidin   114,    115,  265. 
o-Anisidinarsinsäure  64. 
p-Anisidincitrat  274. 
p-Anisidincitronensäure    273. 
Anisol  57,   190,  258. 
p-Anisolcarbamid   142,   143, 

153. 
p-AnisoUiarnstoff  270. 
Aiiisoylglykolsalicylsäure558. 
Anisotheobromin   787. 
Anissäure  62,   105,   169,   192, 

520,   542,   555. 
Anissäureguajacolestar  564. 
Anissäurekreosolester  564. 
Anissäurephenolester  564. 
Anisoylglukose  567. 
Anisylchinolincarbonsäure- 

salicylsäureester  812. 
Anisyldihydrochinazolin  748. 
AnisylglykokoU   169. 
Anisylindokjuecksilberoxyd 

687. 
Anisjlphenetidid  275. 
Anisylricinusöl   743. 
Anisylstibtnsäure   729. 
Anthrachinon  739,  742. 
Anthrachinonarsinsäure   718. 
Anthrachinondiselenid  634. 
Anthrachinonselenophenol- 

sulfosäure  634. 
Anthracen  477,   742. 
Anthragallol  741. 


Aiithraglykoside   739. 
Anthranilsäure  115,  141,  142, 

144,151,257,258,263,686. 
Anthranilsäuremethylester 

263. 
Anthranol   779,   780. 
Anthrapurpurin   740,   741. 
Anthrapurpurindiacetat  s. 

Purgatin. 
Anthrarobin  778. 
Anthrasol  545. 
Antiarigenin  771,  774. 
Antiarin   771,   774. 
Antiarthrin   797. 
Antifebrin  29,  103,  144,  253, 

255,  261,  264,  288,  290,  291. 
Antiluetin  729. 
Antimon     10,     20,    50,    297, 

728,  729,  730. 
Antimon,   arsenigsaures   729. 
Antimon,  gallussaures  729. 
Antimon  kolloid.   729,   733. 
Antimontrioxyd  729,  730, 

732. 
Antimonylanilintartrat   732. 
Antimonylbrenzcatechin  729. 
Antimonylsilberbromidarsen- 

obenzol  s.   Margol. 
Antimonylprotocatechu- 

säure   729. 
Antimonylpyrogallol   729. 
AntipjTin   105,     179,     207, 

216ff.,  219,  221,  225,  254, 

288,  289,  290,  291,  292,  409, 

525,011,612. 
3-Antipyrm  226,   227. 
Antipyrin,  acetylsalicyl- 

sames  s.   Acetopyrin. 
Antipyrin,  camphersaures 

225. 
Antipyrin,  diäthylglykol- 

saures  225. 
AntipjTin,  dimethylglykol- 

saures  225. 
Antipyrineisenehlorid  698. 
AntipjTin,  gerbsaures  225. 
Antipyrin,  mandelsaures  s. 

Tussol. 
AntipjTin,  methylglykol- 

saures  s.   Astrolin. 
Antipjrin,  methylisopropyl- 

glykolsaures  225. 
Antipyrin   a-oxysovalerian- 

saures  225. 
Antipjrinometliylamin  232. 
AntipjTin-Saccharin  225. 
AntipjTin,    salicylessigsaures 

s.   Pyronal. 
AntipjTin  salicylsaures  s. 

Salipyrin. 
AntipjTjichinolincarbon- 

säure  811. 
4-AntipyTyldimethylamin 

231. 


848 


Sachregister. 


Antipyrylhamstoff  229. 
Antipyryliminodiäthylbarbi- 

tursäure  227. 
AntipjTyliminopyrm  227. 
Antipyrylpiperidin   228. 
Antisepsin  618. 
Autiseptol  606. 
Antispasmin  420. 
Antistaphin  656. 
Antithermin  221. 
Antodin  382,   786. 
Anytole   627. 
Aperitol  744. 
Apfelsäure  99,   161,    162. 
Apiol  547,  548. 
Apochinin  215,  234. 
Apocynamarin  774. 
Apokodein  413,  414. 
Apolysin  273,  274. 
Apomorphin  404,  413,  414. 
Apomorphiübrommethylat 

406. 
Apomorphinjodmethylat 

413. 
Apomorphinmethylbromid  s. 

Euporphiii. 
Aponal  498. 
Aponarcein  420,  421. 
Aposepin  331. 
Apothesin  367. 
Aquopentamminkobaltiake 

129. 
Arabinamin  126. 
Arabinochloralose  477. 
d-Arabinose   119. 
i-Arabinose   119. 
I-Arabinose   119. 
Arabinosetetraacetat   126. 
Arabinsäure  386. 
Arabonsäiire   119. 
Araroba  776. 
Arbutin  200,   656. 
Arbutin-Hexamethylen- 

tetramin  200. 
Archibromin   621. 
Arecaidin  41,   105,  319. 
Arecaidmäthylester  41. 
Arecolin  41,  63,  311. 
Argentaroin   727. 
Argentol  692. 
Argochrom  692. 
Argoflavin  092. 
Argon  530. 
Argonin  693,  727. 
Arhoin  767. 
Aristochinin  250. 
Aristol  600. 

Arrhenal  699,   700,  701. 
Arsacetin  540,  542,  700, 

706,  707,  708,  709,  729. 
Arsalyt  717,  719. 
Araanilglycin  709. 
ArsanUid  s.   Atoxyl. 
Arsanilaäure  s.   Atoxyl. 


m-Arsanilsäure  s.  Metarsanü- 

säure. 
Arsanilsäureazofarbstoffe 

720. 
Arsanilsäurepolyazofarbstoffe 

721. 
Arsen  18.  20,  43,  50,  203,  532, 

698ff.,  728,  729,  732. 
Arsenanüinbrechweinstein 

732. 
Arsenantiiuonverbindungen 

733. 
Arsen-arsenverbindungen 

733. 
Arsencasein  701. 
Arsendimethylchlorid  67. 
Arsendisulfide   725. 
Arseneiweiß  702. 
Arsenfarbstoffe   725. 
Arseniate   11. 
Arsenige  Säure  12,  15,  20,  27, 

43,  530,  540,  631,  698,  699, 
700,  702,  707,  736. 
Arsen  kolloid  700. 
Arserüecitliin  703. 
Arsenoacetanthranilsäure 

713. 
Arsenoanisol  712. 
Arsenobenzoesäure   701,   703, 

720. 
Arsenobenzol  714,  720. 
Arsenokresol  712. 
Arsenomethylphenylglycin 

719. 
Arsenooxyanilinsäure  713. 
Arsenosyd  720. 
Arsenophenetol  712. 
Arsenophenol  542,  705,  707, 

710,  712. 
Arsenophenoxyessigsäure709. 
Arsenophenylglyein  540,  541, 

542,  708,  709,  710,  713. 
Arsenophenylglykolsäure712. 
Arsenophenylpropiolsäure 

705. 
Arsen  ophenylthioglykolsäure 

709,  712. 
Arsenphosphorverbindungen 

733. 
Arsensäure    15,   20,   43,   540, 

631,  699,  700. 
Arsenselenverbindungen  733. 
Arsensesquisulfide  725. 
Arsensulfüre   725. 
Arsentellurverbindungen  733. 
Arsentrichlorid  85. 
Arsenwasserstoff  700. 
Arsen-Wismutverbindungen 

732,  733. 
Arsinophenylarsinoxyd  708. 
Arsinosalicylsäure  719. 
Arsoniumbasen    19,   50,   128, 

151,  301. 
Arsphenamin  s.  Salvarsan. 


Arterenol  456. 

Ascaridol  752. 

Äsculetin  820. 

Aseptol  546,   549. 

Asiphyl  726. 

Asparagin  125,  138,  141,  157, 

524. 
Asparaginsäure  141,   157. 
dl-Asparaginsäure   120. 
Asparaginquecksilber  675. 
Aspidin  750. 
Aspidinol  751. 
Aspirin    105,   531,    542,    553, 

555,    556,    557,     558,    561, 

565,  620. 
Aspirophen  283. 
Asterol  688. 
Astrolin  225. 
Asurol  677. 
Athal  525. 
Äthan  51. 

Äthanoldimethylamin  412. 
Athanoltriäthylarsonium- 

bromid  703. 
Äthenylamin  378. 
Athenyläthoxyäthoxy- 

diphenylamidin  378. 
Äthenylmethoxydiphenyl- 

amidin  378. 
Athenylmethoxymethoxy- 

diphenylamidin  378. 
Äther  30,   51,   61,  470,  528, 

533. 
Ätherschwefelsäuren  4,   101, 

192. 
Ätheryläthoxydiphenyl- 

amidin  378. 
Ätheryläthoxyoxydiphenyl- 

amidin  378. 
Atherylamin  378. 
ÄthoxyacetyIsalicylsäure557. 
Äthoxyäthylbarbitursäure 

509. 
Äthoxyäthylidenkresotin- 

ester  569. 
Äthoxyäthj'lidensaUcylat 

568. 
Äthoxyaminoacetylthymidin 

287. 
Athoxybenzoesäureguajacol- 

ester  564. 
Äthoxybenzoesäurekreosol- 

ester  564. 
Äthoxybenzoesäurephenol- 

ester  564. 
Athoxybenzj'lbarbitursäure 

508,  509. 
Äthoxycoffein  789. 
o-Athoxyanamonoacetyl- 

aniinochinolin  214. 
o-Äthoxyanamonobenzoyl- 

aminochinolin   s.   Anaigen. 
6-Athoxycliinolyl-4-diäthyl- 

aminomethj'lester  248. 


Sachregister. 


849 


6-  Athoxychinolyl-4-mono- 

methylaniiiiomethylketon 

248. 
6-Äthoxychinolyl-4-piperi- 

dyläthylketon  248. 
6-Äthoxychmolyl-4-piperi- 

dylmethylketon  248. 
Athoxycoffein  59,  62,  92,  93, 

377,  495. 
Äthoxydiphenylacetyl- 

diketopyrrolidin  805. 
Athoxyhydrozimtsäure  571. 
Athoxylstryehnin   151. 
l-p-Athoxyphenyl-2-äthyl- 

3-metliyl-4-ammo-5-pjTa- 

zolonmethylschweflige 

Säure  232. 
p-  Äthoxyphenylamino- 

methansulfosäure  s.  Neural- 

tein. 
p-  At  Iiox  j-phenylamino- 

methylschweflige  Säure 

285. 
p-  Athoxyphenylaminsulf o- 

säure   151. 
Athoxy-p-phenylendiamiii 

77,  256. 
Athoxyphenylglycin  282. 
p-  Athoxyphenylharnstof  f 

153. 
Athoxyphenylsemicarbazid 

222. 
Athoxysuccinanilsäure  282. 
Athoxyäthylidensalicvlat 

568. 
Athylacetat  62. 
Athylacetyltetrahydronaph- 

thylamin  446. 
Athyläther  62,  472,  494. 
Athyläthoxyätliylbarbitiu-- 

säure  508. 
Athylaldoxim   75. 
Äthylalkohol  61,  98,  131,  158, 

159,  190,  489,  490,  523,  524, 

532,  786. 
Äthylallylconinumjodid   124. 
Athylamin   71,   294. 
Athylaminoacetobrenzcate- 

clün  442,  443,  449. 
)?-Atliylamino-6-äthoxy- 

chinolyl-4-propanol  248. 
Äthyl-m-aminobenzoesäure 

144. 
Athylaminodioxyaoeto- 

plienon  s.   Homorenon. 
Äthylaminoinethylbenz- 

imidazol  459. 
Athylaminophenylacetat  375. 
Äthylaminophenylstibinsäure 

730. 
Athylaminoniumchlorid   300. 
Athvlaniliu  35,  66,  214,  301, 

501. 
Athylantimontartrat  732. 


Athylarsalyt  717. 
Äthylarsenoxyd  821. 
Äthylarsinsäure  821. 
Äthylatropin  298. 
Äthylbenzamid  520. 
Äthylbenzol     52,     53,      172, 

176. 
N-Athj'lbenzoyltetramethyl- 

7-oxypiperidincarbon- 

säureäthylester  365. 
N-  Athylbenzoyltetramethyl- 

y-oxypiperidincarbonsäure- 

methylester  365. 
Äthylbenzylconiniumjodid 

124. 
Äthylbrucin   301. 
Äthylbutyrat  62. 
Äthylcampher  762. 
Äthylcarbimid  88. 
Äthylcarbonimid   130. 
Athylcarbonylsalicylosalicyl- 

säure   559. 
Ätliylcarbylaniin  85. 
Äthylchinin  235. 
ÄthylchmoUn  214,   301. 
2-Äthylchmolylketon  247. 
Äthylchloralcyanliydrin  88. 
Äthylchlorid  523,    533. 
N-Äthylconiin   125,   298. 
N-  Äthylcyandimethylox}-- 

pyridin  313. 
Äthyldiaminoglycerinisova- 

lerianat  371. 
Athyldichlorarsiii  85. 
Athyldihydroberberin  426, 

427. 
Äthyldimethyltertiärpenta- 

nolammoniumbromid    370. 
l-AthyIo-3-7-dimethyl- 

xanthin   789. 
Äthylen  471,  490. 
Äthylenäthenyldiamin   802. 
Äthylenbromid  472. 
Äthylenchlorid  472,   539. 
Äthylendiäthylsulfon  500. 
-Ithylendiamin  95,   524. 
Äthylendibromid  70. 
Äthylendichlorid  819. 
Athyleudimorphin  401. 
Athylendinitrat  s.  Glykol- 

dinitrat. 
Athylendisalicylsäuremethyl- 

ester  388. 
Äthylenglykol  s.  Glykol. 
Athylenglykol  523,  524. 
Äthylenglykolmonobenzoe- 

säureester  767. 
Äthylenmorphin  409. 
Äthylenphenylhydrazin  220. 
AtliylenphenyUiydrazin- 

bemsteinsäure  220. 
Äthylensalicylat  569. 
Äthylen  thioharnstoff   108. 
Athylformiat   62. 


F  r  ä  n  k  e  1 ,  Arzneimittel-Synthese.    5.  Aufl. 


Athylglykokoll-m-amino- 

bemsteinsäuremethylester 

390. 
Athylglykokoll-p-amino- 

benzoesäuremethylester 

390. 
Äthylglykokoll-p-aminosali- 

cylsäuremethylester  390. 
Äthylglykokollantranilsäure- 

methylester  390. 
Äthylglykolylborneol  760. 
Athylglvkolylguajacol  589, 

590.  " 
Äthylglykose   138. 
Athylguajacol  590. 
Äthylharnstoff  49. 
Athylhydrocuprein    s.    Opto- 

chin. 
Äthylhydrocupreinäthyl- 

carbonat  253. 
Äthylhydrocupreindiallyl- 

barbitursäure   514. 
Äthylhydrokotarnin  429. 
ÄthyUiydronorhydi'astiniin 

437. 
Äthylidenacetoutrisulfon 

502. 
Äthylidenchlorid  472,  819. 
Äthyüdendiäthylsulfon  500. 
Äthylidendimethyläther  s. 

Dimethylacetat. 
Äthylidendimethylsulfon 

500. 
.\thylidentetrahydropapa- 

verin  437. 
Athylisobutylcarbinol- 

urethan  497. 
Äthj'lisocyanid  s.  Athyl- 

carbylamin. 
Äthylisonitrosoaeetont  ri- 

sulfon  503. 
Äthylisopropylcarbinol- 

urethan  497. 
Athyljodid  539,  595. 
Äthyljodidhexamethylen- 

tetraminjodoform  s.  Jodo- 

formal. 
Äthylkohlensäurehydi'o- 

chininester  252. 
Äthylkresol  598. 
Athylkresoljodid  598. 
Äthylmeconylharnstof  f   170. 
Äthylmercaptan  199,  539. 
Äthylmereaptol   199. 
Äthyhnethylcarbinol  490. 
Äthyhuethylclilorimidazol  s. 

Chloroxaläthylin. 
Athylmethylimidazol  s.  Oxal- 

äthylin. 
Äthoxymethylliomopipero- 

nylamin  458. 
Äthylmethylpropylcarbin- 

barbitursäure  508. 
Äthylmorphin  s.  Dionin. 
54 


85U 


Sachregister. 


Athylmorphmphenyläthyl- 

barbitursäiire  820. 
Äthylmorphin- Veronal  510. 
Athylnicotin  301. 
Athylnitrat   63. 
Atliylnitrit  80,   145. 
Äthylnitrolsäure   145,   149. 
Athylnorhydrohydrastinin 

437. 
Athylparaxanthin  92,   790. 
Äthylphenacetin     2G7,     270, 

284. 
.ithylphenoxäthylbarbitur- 

säiire  507. 
Athylphenylcarbaminsäure- 

diäthylaininoäthanolester 

376. 
Äthylphenylchinolincarbon- 

säure   807. 
AthylphenyUiydantoin  494. 
Athylphenylketon  99. 
Athylphosphin   144. 
a-Äthylpiperidin  312. 
/S-Ätliylpiperidin    s.    ;S-Lupe- 

tidin. 
N-Äthylpiperidin  298,  312. 
Athylpropionat  62. 
Äthylpropylbarbitvirsäure 

506. 
Athylpropylcarbinolurethan 

497. 
Athylpropylhomophthalimid 

820. 
Äthylpropylketon  495. 
Athylpropylketoxim  495. 
ÄthylpropylmalonyUiarnstoff 

493. 
Athylpyridin  s.   Lutidin. 
Athylquecksilberclilorid   674. 
Äthylrhamnose   138. 
Athylsaccharin   142. 
Äthylsaligenm   380,   382. 
Äthylsalicylatäthylkohlen- 

Bäureester  578. 
Athylsalicylatmethylkohlen- 

säureester  578. 
Athylschwefelsäure  505. 
Athylschwefelsäurekreosol- 

ester  582. 
Äthylsenföl  539. 
Athylstibinsäure   729. 
Athylstrychnin  301,  465,  501. 
Athylsulfid   188,   199,   539. 
Athylsulfondiphenylpropan 

502. 
Athylsulfone  45. 
Äthylsulfonsulfonal  503. 
Äthylsulfosäure   101,   199. 
Äthylsulfon-p-phenehidid 

274. 
Athyltetrahydronaphthyl- 

amin  446. 
Athyltetramethyldiamino- 

benzoylglycerin  s.  Alypin. 


Athyltetramethyldiamino- 
glycerinäthylcarbonat  371. 

Athyltetramethyldiamino- 
glycerinzimtsäureester  371. 

Athyltlieobromin  92,  790. 

Athyltheophyllin  92,   790. 

Äthyl  thioharnstoff   108. 

Athyltriacetonalkani  incar- 
bonsäuremethylester  361. 

Athylurethan  s.   Urethan. 

Athylvalerianat  62. 

Atoehinol  808. 

Atophan  32,  180,  806,  807, 
808,  809. 

Atophanäthylester  s. 
Acitrin. 

Atophanamid  810. 

Atophanmethylester  808. 

Atophansalicylsäureester  808. 

Atophanspirosalester  808. 

Atophanstrontium  s.   Iri- 
plian. 

Atoxyl  64,  540,  541,  542,  700, 
703,  704,  705,  706,  707,  708, 
709,711,713,  719,720,729. 

Atractylin  773. 

Atroglyceryltropein  344. 

Atrolactyltropein  343,   345. 

Atropamin  321,   342,   343. 

Atropin  4,  28,  43,  45.  46,  63, 
121,  122,  124,298,325,326, 
340,  341,  342,  344,  345,  346, 
347,348,349,351,354,357, 
358,  361,  391,  402,  410,  462, 
463. 

Atropiiiäthylhydroxyd  298. 

Atropinäthylnitrat  347. 

Atropmbrombenzylat  347. 

Atropinmethvlbromid   151, 
347. 

Atropinmethylhydroxyd  298. 

Atropinmethylnitrat  347. 

Atyrosyl   726. 

Auramin   O.   649. 

Auramin  s.   Pyoktanin. 

Aurantia  83,  640. 

Aurin   740. 

Aurocantan  734. 

Aurochin  252. 

Autan  650. 

Azarin  S.   649. 

Azinpurine  96. 

Azoantipyrin   227. 

AzobenzoL  30,   78,   190. 

Azofarbstoffe  640. 

Azogrün  649. 

Azoiniid  s.  Stickstoffweisser- 
stoffsäure. 

Azimidoverbindungen   148. 

Azooxybenzol  78,   179. 

Baldrianöl   768,   769. 
Barbaloin  739,  740,  771. 
Barbitiirsäure  95. 


Barium  10,  11,  12,  13,  14,  15, 

21,  23. 
Bariumchlorid   788. 
Bariuinsulfat  664. 
'  Barutin   788. 

•  Bebeerin  124,  423.  426,  427, 
j      433,  434,  460. 
I  Benzaconin   322. 
I  Benzaconinsäurequecksilber- 

acetat  821. 
Benzalaminoguanidin   75. 
Benzalcarbäthoxyphenyl- 

hydrazon  818. 
Benzalchlorid  539. 
Benzaldchyd  82,  97,  179,  182, 

195,   197,  549,  753. 
Benzaldeaoxybonzoin  503. 
Benzaldoxim   75. 
Benzahnalonsäure   105. 
Benzalpropriophenon  502. 
Benzamid  67,   197,  259,^520. 
Benzamidin   76,   378. 
'  Benzamidisovalerianat    769. 
m-Benzaniinosemicarbazid  s. 

Kryogenin. 
Benzanalgen  214. 
Benzanihd  255. 
Benzarsin   720. 
Benzarsinoxyd   720. 
Benzarsinsäure   720. 
Benzarsinsäurequecksilber- 

acetat  734. 
Benzarsinsäiu'e   701. 
Benzbetain   144,   189. 
Benzenylaminoxim  34. 
Benzenyldioxytetrazotsäure 

153. 
Benzidin  77,   178. 
j  Benzidinsulfosäure   151. 
j  Benzil   172. 
[  Benzilsäiu-c    172. 
Benzimidazol   90,   91,   151. 
Benzin  50,   816. 
Benzoeglycuronsäure   184. 
1  Benzoesäure  57,  58,  97,   102, 

105,  106,  116,  156,  165,  171, 

172,175,176,177,179,  180, 

182,  184,  186,  190,  193,297, 

542,  552,  553,  567,  798. 
Benzoesäurebenzyle.ster    575. 
Benzoesäuredimethylamino- 

äthylester  374. 
Benzoesäureglykolester  767. 
Benzoesäureguajacolester 

564. 
Benzoesäurekreosolester  564. 
Benzoesäurekreosotester  564. 
Bonzoesäurepiperidinäthyl- 

ester  371. 
p-BenzoesäuresuUinid   117. 
o-Benzoesäuresulfinid  s. 

Saccharin. 
Benzoin  172. 
Benzo jodhydrin   611. 


Sachregister. 


851 


Benzol  51,  52,  63,  55,  56,  63, 

70,  90,  102,  103,  133,  170, 

171,  190,  200,  260,  306,  310, 

523,534,539,543,816. 
Benzolarsinsäure   720. 
Benzolazobenzolazonaphthol 

640. 
Benzolazodimethylanilin  s. 

Buttergelb. 
Benzolazonaphthol  640. 
Benzolazonaphtholfarbstoffe 

821. 
Benzolazonaphthylamin  640. 
Benzolazophenol  s.    ölgelb. 
Benzolazoresorcin  640. 
Benzolazoresorcinfarbstoffe 

821. 
m-Benzoldisulfosäure   106. 
iii-Benzolsulfaniinococam338. 
Benzolsulfarainophenylstibin- 

säure  731,  732. 
y-Benzolsulfometliylamino- 

buttersäure   1 74. 
Benzolsulfomethylamino- 

capronsäure   174. 
Benzolsulf  onaminomercuri- 

phenylstibinsäure   729. 
Benzolsulfonaminophenyl- 

stibinsäuro   729,   730. 
Benzolsulfonaminostibio- 

benzol  729. 
Benzolsulfonbenzamid   142. 
Benzolsulfosarkosin   1 63. 
Benzolsulfosäure   106,  257. 
Benzolsulfiu'ylatoxyl   707. 
Benzonaphthol  572. 
Benzonitril  87,  88. 
Benzophenon  98. 
Benzophenondisulfon  501. 
Benzosalin  567. 
Benzosol  583. 
Benzoyläthylanainomethyl- 

pentanol  371. 
Benzoyläthyldimethylamino- 

propanol  s.   Stovain. 
Benzoylalanin   103. 
Benzoylaldehyd  518. 
Benzoylaminoäthylimidazol 

451. 
Benzoylaminobenzoesäure- 

äthylester  818. 
Benzoylarainobenzoesäure- 

napbthylester  572. 
Benzoylaminobuttersäure 

163. 
Benzoylaminocoeam  338. 
Benzoylaminomercuribenzoe- 

säure  683. 
Benzoylaminoxybenzoesäure- 

äthylest<?r  384. 
Benzoylaminophenylessig- 

säm-e  574. 
Benzoylaminophenylessig- 

säurephenylester  574. 


Benzoylaminosalicylsäure- 

methylester  388. 
Benzoyl-a-aminozimtsäure 

163. 
p-Bonzoylanilidcarbonat  277. 
Benzoylarsanilsäure   707. 
Benzoylasparaginsäure   163. 
o-Benzoylbenzoesäure   148. 
Benzoylbrenztraubensäure  - 

äther  518. 
Benzoylbromdiäthylacetyl- 

harnstoff  820. 
Benzoylcevadin   323. 
Benzoylchinin   251,   341. 
Benzoylchinolyl-yS-milch- 

säureester  377. 
Benzoylcincholaponitril  245. 
Benzoylcinchonin   341. 
N-Benzoylcolchicinsäui-e- 

anhydrid  325. 
Benzoyldiäthylaminoäthanol 

371. 
Benzoyldiäthylaminomethyl- 

pentanol  371. 
Benzoyldiäthylaminopropa- 

nol  371. 
Benzoyidiamylaminoäthanol 

371. 
Benzoyldiisoamylamino- 

äthanol  371. 
Benzoyldijoddiphenylamin 

602. 
Benzoyldimcthylainino- 

äthanol  371. 
Benzoyldimethylamino- 

methylpentanol  371. 
Benzoylekdonin  41,  319,  334, 

336. 
I-Benzoylekgoninnitril   337. 
Benzoylessigsäiu-e    172,    173. 
Benzoylglyoxalin  709. 
Benzoylglutaminsäiu-e   163. 
Benzoylharnstoff     177,     389, 

520. 
Benzoylhomekgonin  336. 
Benzoylhomotropin  349,  354. 
Benzoylliydrochinin  252. 
Benzoylhydrocuprein  253. 
Benzoylhydrokotarnin  341. 
Benzoyl-  /3-hydroxy  tetra- 

methylpyrrolidin  363. 
Benzoyliminopyrin  227. 
Benzoyllupinin  323. 
Benzoylnieconsäure   1 70. 
Benzoylmenthol  389. 
Benzoylmethylaminomethyl- 

pentanol  371. 
Benzoyl-N-methyltriaceton- 

alkamin   301. 
Benzoylraonomethylamino- 

äthanol  371. 
Benzoylmorphin  341,   396. 
Benzoyl-p-oxybenzoesäure- 

äthylester  388. 


Benzoyloxydiäthylpiperazin 

375. 
Benzoyloxyniitrobenzoesäure- 

methylester  384. 
Benzoyloxypropylnorhydro- 

ekgonidinäthylester  355. 
Benzoyloxytetramethylpyr- 

rolidin  363. 
Benzoyloxj'propylnorkodein 

409. 
Benzoylphenetidid  275. 
N-Benzoylpiperidin  312. 
Benzoylpropionsäure    165, 

173. 
Benzoylpseudotropein  s. 

Tropacocain. 
Benzoylricinusöl   743. 
Benzoylsalicin   s.    Populin. 
Benzoylsalicylosalicylsäui-e 

559. 
Benzoylsalicyloyltheobromin 

792. 
Benzoylsalicylsäure  557. 
Benzoylsalicylsäureanhydrid 

568. 
Benzoylsalicylsäuremethyl- 

ester  s.   Benzosalin. 
Benzoylsuperoxyd  814. 
Benzoyltheobromin   792. 
Benzoyltransvinyldiacetonal- 

kamin  s.   Eucain  B. 
Benzoyltetraliydronaphthyl- 

amin  446. 
Benzoyltetramethyldiamino- 

äthylisopropylalkohol  s. 

Alypin. 
Benzoyl-p-toluolsulfamid 

389. 
Benzoyltriacetonalkamin 

362. 
Benzoyltriacetonalkamin- 

carbonsäure  361. 
o-Benzoyltriacetonalkamin- 

lactat  363. 
N-Benzoyltrimethylcoletri- 

cinsäuremethyläther  325. 
Benzoyltropein       341,       342, 

343,    344,    349,    351,    352, 

355. 
Benzoyltropin   107. 
Benzoyltyrim   163. 
Benzoylvinyldiacetonalkamin 

359. 
Benzoylzucker   135. 
Benzylacetat  753. 
Benzyläthylphosphorsäure- 

ester  783. 
Benzylalkohol    52,    57,    131, 

164,  182.  205,  258,  381,  382, 

539,  753. 
Benzylamin  72,  179,  257,  258 

445. 
Benzyl-j8-aminocrotonsäure- 

ester  126,   142. 
54* 


852 


Sachregister. 


Benzylanilin  52,  261. 
o-Benzylbenzoesäure   172. 
Benzylbromidsparteia  301. 
Benzylcarbinol  381. 
Benzylchlorid  539. 
Benzylcyanid  87,  88. 
Benzylglykose   138. 
Benzylglykuronsäure   182. 
Benzyldiliydroberberin  42G. 
Benzylhydrastinin  438. 
Benzylhydrokotarnin  429. 
Benzylhydronorhydrastinin 

437. 
Benzylidenbiuret   177. 
Benzylidendiacetamid   196. 
Benzylidondifurmaniid   196. 
Benzylidendiureid   196. 
Benzylidenpropionsäure   105. 
Benzylidentetrahydropapa- 

verin  437. 
Benzyljodid  82. 
Benzylkodoin  408. 
Benzylmetliylketon   179. 
Benzylmorphin  s.   Peronin. 
Benzylnorkodein  408,  409, 
Benzylphenetidid  285. 
Benzylphenoxäthylbarbitur- 

säure  507. 
Benzylphenylcarbamat  753. 
Benzylsulfocyanat  86. 
Berberin  295,   819. 
Berberinal  423. 
Berberinarsanilsäure  436. 
Berlinerblau   124. 
Berlinerblau,  lösliches  183. 
Berilsäure  427. 
Bernsteinsäure  99,   102,   133, 

161,   294,  501. 
Bernsteinsäuredinitril  87. 
Bernsteinsuperoxydsäure  814. 
Berylhum    15,    16,    134,    149. 
Betain    101,    102,    144,    157, 

294,   329. 
Betol  539. 
Betonirin   151. 
Bibrompropionsäuremethyl- 

äther  70. 
Bichloralantipyrin  480. 
Biglykoso-o-diaminobenzol 

143. 
Binitronaphtholnatrium  36. 
Binitronaphtholsulfosäure  36. 
Bisaininobenzoyldiäthyl- 

aminopropandiol  371. 
Bisaminobenzoylpiperido- 

propandiol  371. 
Bisantipyrylpiperazin  227, 

228. 
Bisbromdiäthylacetylharn- 

stoff  486. 
Bisbromisovalerylharnstoff 

770. 
Bisbromiso  valerylsalicylamid 

769. 


Bisdiaminodioxyarsenoben- 

zoldinatriunimonosilber- 

oxyd  s.   Silbersalvarsan. 
Bisdimethylamintetraamino- 

arsenobenzol  719, 
Bismal  667. 
Bismarckbraun   643. 
Bismethylaminotetramino- 

arsenobenzol  542,  717,  718, 

721,  722,  723. 
Bismethylhydrazinotetrami- 

noarsenobenzol  722. 
Bismutose   665,   671. 
Bisoxymethylmethan  494. 
Bitartratokaliumammonium- 

antimonoxyd  729. 
Biuret   165,   168,    177. 
Blausäure  5,  27,  35,  47,  84, 

85,86,87,89,  186,297,707. 
Blei  15,  19,  21,  67,  134,  149, 

528,  529. 
Bleiglobulin  693. 
Bleioxydliydrat  kolloid.   736. 
Bleitriäthyl  19,  27,  543,  736. 
Blenal   765. 
Bor  16,  529. 
Boral  737. 

Borameisensäure  562. 
BordisaUcylsäm-6  562. 
Bordeaux  "b  643. 
Borneol    190,    191,   543,   758, 

759,  762. 
Borneolbromisovalerian- 

säureester  761. 
Borneolcarbaminsäureester 

578. 
Borneolcarbonat  578. 
BorneoUsovalerylglykolsäure- 

ester  761,  769. 
Borneolsalicylat  761. 
Borneolsalicylsäureguajacol- 

estercarbonat  761. 
Bornylamin  78,  79,  758,  759, 

763,  764. 
Bornylendiamin  759. 
Borovertin  657, 
Borsäure  737. 
Borsäureborneolester  761. 
Borsäurementholester  s. 

Estoral. 
Brechweinstein  15,  700,  708, 

732. 
Brenzcatechin  56,  57,  59,  62, 

102,  103,  115,  139,  149,  180, 

184,  189,  196,212,289,444, 

445,531,534,544,576. 
Brenzcatechinäthanolmethyl- 

amin  s.   Adrenalin. 
Brenzcateohinäthylcarbonat 

579. 
Brenzcatechinamylcarbonat 

579. 
Brenzcateehinbenzylamino- 

keton  443. 


Brenzoatechincarbonat  579, 
Brenzcatechincarbonsäure 

589. 
Brenzcatechindiacetsäure 

588. 
Brenzcatechinkohlensäure- 

äthylendiamin  579. 
Brenzcatechinkohlensäure- 

diäthylamin  579. 
Brenzcatechinkohlensäure- 

hydrazid  579. 
Brenzcatechinkohlensäure- 

phenylhydrazid  579. 
Brenzcatechinkohlensäure' 

piperidid  579. 
Brenzcatechinmethoxy- 

methyläther  653. 
Brenzcatechinmethylacotyl- 

äther  585. 
Brenzcatechinmonoäthyl- 

äther  s.  Guäthol. 
Brenzcatechinmonoäthyl- 

äthercarbonat  579. 
Brenzcatechimnonoamyl- 

äthercarbonat  579. 
Brenzcatechinmonobutyl- 

ätliercarbonat  579. 
Brenzcateclümnonoisobutyl- 

äthercarbonat  579. 
Brenzcatechinmonoisopropyl- 

äthercarbonat  579. 
Brenzcatechuunonokohlen- 

säurehydrazid  74. 
Brenzcatechinmonomethyl- 

ätlier  s.   Guajacol. 
Brenzcatechinmonosulfo- 

säure  s.   Guajacetin. 
Brenzcatechinphenylamino- 

keton  443. 
Brenzcateehinsäurelacton 

151. 
Brenzkain  585. 
Brenzschleirasäure    97,     100, 

165,   194. 
BrenzschleimsäureglykokoU 

s.   Pyromyciu-säure. 
Brenztraubensäure   102,   158, 

161,   164,   187,  327. 
Brenzweinsäure    133. 
Brenzweinsäuredinitril  87. 
Brillantgelb  (Schöllkopf)  640. 
Brillantgrün  042,   647. 
Brillantphosphin  59,  647. 
Brillantrot   646. 
Brom  10,  13,  15,  25,  134,  206, 

473,  530,  614,  619,  620. 
Bromacetamid  86. 
Bromaceton  82,   85,  596. 
Bromacetophonon  817. 
Bromacetylsalicylsäure  620. 
Bromäthyl  472. 
2-Bromäthylacetat   150. 
Bromäthyl-p-oxvbenzoesäure 

620. 


Sachregister. 


853 


Bromäthylpropylacetamid 

485. 
Broraäthylsalicylsäure  620. 
Bromalburain  G21. 
Bromalhydrat  484,  521,  522, 

542. 
Bromalin  618,  657. 
Bromamine  617. 
Bromamylenhj'drat  484. 
Bromamylenhydratbroniiso- 

valeriansäureester  488. 
Bromaniliii   104. 
Bromarsanilsäurequecksilber- 

acetat  734. 
Bromarsenobehenolsävire- 

aiihydrid   703. 
Bromate   183. 
Bromate   814. 

Bronibenzoesäure  70, 116,194. 
Brombenzol  52,  70,  186,  190, 

533. 
p-Brombenzoylsulfiiiid   142. 
Brombuttersäui'eamid  489. 
Brombuttersäureguajacol- 

ester  609. 
Brombutyrylharnstoff  489. 
Bromcalciummethylendiiire- 

than  499. 
Bromcalciummilchzucker637. 
Bromcalciumstärke   637. 
Bromcalciumuretlian  499. 
Bromdiäthylacetylcarboxy- 

äthylharnstoff  486. 
Bromcasein  613. 
p-Bromchloracetophenon  86. 
Bromcyan   85. 
Bromdiäthylacetamid  485. 
Bromdiäthylacetylbornyl- 

ester  487,   761. 
Bromdiäthylacetyleucalyp- 

tolester  761. 
Bromdiäthylacetylharnstoff 

s.  Adalin. 
Bromdiäthylacetylisoharn- 

stoffmethylätlier  486. 
Bromdiätliylaeetylmenthyl- 

ester  487,  761. 
Bromdiäthyleucalyptolester 

487. 
Bromdimethylessigsäureamid 

485. 
Bromdipropylacetamid  485. 
Bromdipropylacetylmenthyl  - 

ester  487,  761. 
Bromeigon  621. 
Bromeiweiß   621. 
Brometon  484. 
Brometonbuttersävireester 

487. 
Brometonpropionsäureester 

487. 
Bromfett  609,  610. 
Bromfette  608. 
Bromhippiirsäure   194. 


Bromhydratropyltropoin  346. 
Bromipin  619. 

Bromisobuttersäureamid  489. 
Bromisobutyrylharnstoff  489. 
Bromisovaleriansäureamid 

489. 
Bromiso  valerianylguajacol- 

ester  609. 
Bromisovalerianylhamstoff 

484,  489. 
Bromisovaleryläthylamid 

769. 
Bromisovalerylamidchloral 

488. 
a-Bromisovalerylaminoacet- 

p-plienetidid  283. 
Bromiso  valerylaminoacetyl- 

phenetidid   769. 
a-Bromisovaleryl-p-aniiiio- 

phenolallyläther  266. 
Bromisovalerylaminosalol- 

ester  621. 
Bromisovalerylbenzamid  769. 
a-Bromisovalerylchinin    252. 
Bromiso  valerylglykolylcar- 

baminsäuremethylester 

487,  769. 
Bromisovalerylglykolyl- 

urethan  487,  769. 
Bromisovalerylharnstoff  769. 
Bromisovalerylharnstoff- 

metliylätlier  770. 
Bromisovalerylisoharnstoff- 

äthyläther  770. 
Bromisovalerylmethylamid 

769. 
Broniisovalerylphenetidid 

769. 
(X-Bromisovaleryl-p-pIieneti- 

did  s.   Phenoral. 
Bromisovalerylsalicylsäure- 

aminophenylester  770. 
a-Bromisovalerylsalieyl- 

säure-p-aminophenolester 

488. 
Bromisovalerylzimtsäure- 

amid  769. 
Brom  jodfette   610. 
Bromkalium  613. 
Bromkomensäiire   1 70. 
Bromkresol  536. 
Bromlecithin  620. 
Bromleim   621. 
Brommethylamin  69. 
Brommethylpropylacetamid 

485. 
Brommorphin  404. 
Brom-jS-naphthol  536. 
Bromnatrium  619. 
Bromnitroaethau  82. 
Bromnitropropanol   145. 
Bromnuclein  621. 
Bromoform    472,    530,    539, 

594,  618,  619,  635. 


Bromokoll  621. 
Bromomorphid  403. 
Bromopyrin  612. 
Bromotan  661, 
Bromotetrakodein  404. 
Bromotetramorphin  404. 
Bromoxalylarsanilsäure- 

quecksilberacetat  734,  821. 
Brom-p-oxybenzoesäure  617. 
p-Brom-m-oxybenzoesäure 

617. 
Bromoxychinolinsulfosävire 

606. 
Bromoxychinolinwismut- 

jodid  670. 
Brompepton   621. 
Bromphenanthrenchinon- 

monosulfosäure  394. 
Bromphenol  67,   70. 
m-Bromphenol  615. 
o-Bromphenol  615. 
p-Bromphenol  615,  618. 
Bromphenolsalicylsäureester 

615. 
Bromplienylacetyloystein 

186,  533. 
Bromphenylarsinsäure  722. 
Bromphenyldimethyljod- 

pyrazolan   612. 
Bromphenyhnercaptursäure 

s.  Bromphenylacetyl- 

cystein. 
Bromphenylsemicarbazid 

222. 
Bromphthahmid  619. 
Brompropionylsaücylsävire 

620. 
Brompyrazolan  618. 
p- Bromsaccharin   142. 
Bromsaponin  787. 
Bromsäure   134. 
Bromsesamöl  608. 
Bromsilber  726. 
Bromstrontiumurethan  499. 
Bromtannineiweiß   621. 
Bromtanninkresolmethan 

663. 
Bromtanninleim  s.  Bromokol. 
Bromtanninmethylenharn- 
stoff s.   Bromotan. 
Bromtanninnaphtholmethan 

663. 
Bromtanninphenolmethan 

663. 
Bromtanninthymolmetlian 

663. 
BromtanninthjTnolmethan 

663. 
Bromtannothymal  662. 
m-Bromtoluol   116,   194. 
o-Bromtoluol  116,   194. 
p-Bromtoluol    70,    116,    194. 
Bromtriäthylglycinamid  620. 
Bromtrifluorid  85. 


854 


Sachregister. 


Bromtrimethylglycinamid 

620. 
Bormural  487,  489. 
Bromvalerianylharnstoff  489. 
Bromvalerylaminoantipvrin 

228. 
Bromvalerylisobornyl- 

urethan  769. 
p-Bromxylol  85. 
Bronizimtsäureborneolester 

621,   761. 
Bromzimtsäureisoborneol- 

ester  761. 
Brophenin  769. 
Brucin  28, 40, 59, 136, 297, 298. 
Bruciniummethylhydroxyd 

35. 
Brucinoxyd  395. 
Bufotalin  86,  772. 
Butan  51. 

Butenylglycerin   138. 
Butolan   753.   822. 
Buttergelb  640. 
Buttersäuie  54,  68,  102,  132, 

155,   294. 
Butylalkohol  6 1 , 1 3 1 , 1 59, 490, 

522,  524,  539. 
Butylamin  71. 
Butylbenzole   177. 
Butvlbenzyleonininmjodid 

124. 
Butvlehloral    159.    181,    190, 

483. 
Butylchloralantipyrin  483. 
Butylchloralhydrat  521,  522, 

542. 
Butylchloralhydratpyrami- 

don  483. 
n-Butyl  Chlorid  539. 
Butylchlorisovaleramid  481. 
Butyldichlorarsin  85. 
Butylenglykol  523. 
Butylharnstoff  491. 
Butylhypnol  483. 
Butylmercaptan   107. 
prim.   Butylnitrit  80. 
Sek.   Butylnitrit  80. 
Butyloxyhydrocuprein  239. 
N-Butylphenaceton  285. 
Butylphenyldimethylcarba- 

mat   753. 
Butyltheobromin  790. 
ButjTamid  144,  521. 
Butyronitril  86,  87,    198. 
ButjTylarsanilsäure   707. 
n-Butyrylcholin  320. 
Butyrylsalicylsäure   556. 
Bj'tylalkohol  tert.    190. 

Cadaverin  s.   Pentamethyl- 

endiamiu. 
Cadechol   760. 
Cadmium  10,  15,  18,  21,  149, 

529. 


Caesium  10,  16. 
Caesiumbromid   16,   18. 
Cajeputöl  538. 
Calciglycin  637. 
Calciimi    10,    13,    14,    15,   21, 

134,  636,  637,  774. 
Calciiun,  dipropanoloiphos- 

phorigsaures  822. 
Calciumchlorid  636. 
Calciumglucosephosphat  785. 
Calcium,  isovalerylmandel- 

saures  637,   768. 
Calciumkohlenliydratphos- 

phorsäureester  785. 
Calciumlactat  636. 
Calciumnatriiunlactat  s. 

Kalzan. 
Calciumtannat  s.  Enterosan. 
Calmonal  499,  637. 
Calzibram  588. 
Camphan   191. 
Caraphandiamin  s.  Bornyleu- 

diamin. 
Camphen  191,  757. 
Camphenamin  759,  763. 
Camphenglykol   191. 
Camphenhydrat   101. 
Camphenilon   191,   762. 
Camphenmorpholin  417,  418. 
Campher    74,    78,    125,    144, 

177,180,  185,  190,302,342, 

531,  535,  538,  543,  756,  757, 

758,  759,  762,  763,  764. 
/)'-Campher  758. 
Campheraldehyd   762. 
Camphercarbonsäure   762. 
Campherchinon   763. 
Camphercymol   179. 
Campherdesoxycholat  760. 
Campherol  s.   Menthol. 
Canipheroxim   74,   759. 
Camphersäure  106,  198,  225, 

543,  584,  763. 
Camphersäuredipiperidyldi- 

methyldiureid   769. 
Camphersäuredipiperidyl- 

methyldiureid  499. 
Camphersäurephenetidid 

276. 
Camphersulfosäure  763. 
Camphidinothymylamyl- 

äther  381. 
Carapho-3-pyrazolon   230. 
Campho-S-pyrazolon  230. 
Camphoral   765. 
Camphorylglj'kokoUbornyl- 

ester  760. 
Camphorylglykokollmenthyl- 

ester  759. 
Camphylamin  111. 
Canadin  426,  427. 
Candiolin   785. 
Cantharidyläthylendiamin- 

cuprocyanid  685. 


Cantharidyläthylendiamin- 

quecksilbercyanid  685. 
Cantharidylätliylendiamin- 

sübercyanid  685. 
Cantharidyläthylendiamin- 

stannochlorid  685. 
Cantharidyläthylendiamin- 

gold  685. 
Caprilen   161,    185. 
Caprinsäure   111. 
Capronitril  86,  198. 
Capronsäure   111,   155. 
Captol  663. 
Carbaminoantliranilarsin- 

säure  707. 
Carbaminoarsanilsäure  707. 
Carbaminomethylarsanil- 

säure   707. 
Carbaminsäure   73. 
Carbamiiisäureäthylester 

s.   Urethan. 
Carbaminsäureester  202. 
Carbaminsäiu-e-m-tolylhydr- 

azid  s.   Maretin. 
Carbaminthioglykolsäure 

199. 
C'arbaminthiosäureäthylester 

199. 
Carbaminthiosäureäthylester 

s.   Thiurethan. 
o-Carbanil   197. 
Carbanilid  s.    Diphenylhara- 

stoff. 
Carbäthoxj-phenylamino- 

essigsäure  818. 
Carbäthoxyplienylgalak- 

tosazon  818. 
Carbäthoxyphenylglucosazon 

818. 
Carbäthoxyphenylhydrazin 

818. 
Carbäthoxj-phenylmethyl- 

p^Tazolon  818. 
Carbäthoxvphenylurethaii 

818. 
Carbazol   178. 
Carboäthoxyphenyltheobro- 

minkohlensäureester  794. 
Carbodiäthylaminoäthoxy- 

oxybenzoesäuremethyl- 

ester  590. 
Carbodiäthylaminoäthoxy- 

salicylsäureäthylester    590. 
Carbodiäthylaminoätlioxy- 

salicylsäuremethylester 

590. 
Carbolsäiire  s.  Phenol. 
p-Carbomethoxybenzoyl- 

morphin  400. 
Carbonyldiharnstoff   166. 
Carbomethoxysalicyloyltheo- 

bromin  792. 
a-Carbopyrrolsäure   105. 
Carbostyrü  190,   193,  210. 


Sachregister. 


855 


Carbothialdin   199. 
Carboxäthylaminophenyl- 

carbaminsäurediäthyl- 

aminoäthanolester  377. 
Carboxäthylphenylcarbamiii- 

säurediäthylaminoäthanol- 

ester  376. 
Carboxäthylsalicylsäure   558. 
3-Carbosyäthylaniino-4-lac- 

tylaminophenetol  286. 
Carboxylaminophenol  s. 

o-Oxycarbanil. 
Carboxylliarnstofi    177. 
Carboxyloxymethylamiiio- 

benzoesäuremethylester 

388. 
Carboxyphenylarsinsäurc- 

queck-silberacetat   73-1. 
o-Carboxyphenylglyceryl- 

tropeinlacton  343,  345. 
y-Carboxyphenylglyceryl- 

tropeinlacton  345. 
Carbylaraine  s.   Isocyanide. 
Carbyloxim  85. 
Carmoisin  B.  649. 
Carnitin  s.  Novaiu. 
Carvacrol  542. 
Carvacroläthylkohlensäure- 

ester  578. 
Carvacrolcamphersäure  763. 
Carvacrolcarbaminsäureester 

578. 
Carvacrolcarbonat  578. 
Carvacroljodid  s.  Jodocrol. 
Carvacrolmethylkohlensäure- 

ester  578. 
Carvacrolphthalein  744. 
Carvacrylniethylpiperidid 

318. 
Carvacrylpiperidid  317. 
Carven  539,  543. 
Carvoii  112,  190,  543,  756. 
Caseineisen  689. 
Caseinglycerophosphat  s. 

Sanatogen. 
Caseinquecksilber  689. 
Caseinquecksüberjodid  689. 
Caseinsilber  689,  693,  694. 
Caseintrypsinpepton  694. 
Cephaelin  466,  467. 
Cephaelinäthyläther  467. 
Cephaelinallyläther  467. 
Cephaelinbutyläther  467. 
Cephaelinisomyläther  467. 
Cephaelinisobutyläther  467. 
Cephaelinisopropyläther  467. 
Cephaelinpropyläther  467. 
Cer  18,  816. 
Cerguajacol  545. 
Cemaphthol  545. 
Ceroleat  18. 
Ceroxalat    18. 
Ceroxyd   15. 
Ceroxydul  15. 


Cerphenol  545. 
Cerprotein  671. 
Cesol  320. 
Cetiacol  585. 
Cetylalkohol  525. 
Cotrarsäure   144. 
Cetylhydrocuprein   240,    241. 
Cevadin  s.  Veratrin. 
Cevin  323. 
Chaulmugraöl  681. 
Chavosot  548. 
Chelidonin  466. 
Chelidonsäure   160. 
Cheirolin  248. 
Chinäthonsäui-e   190,    191. 
Cliinäthyün  234. 
Chinaldin   180,  209. 
Chinamylin   234. 
p-Chinaiüsol    210,    211.    235, 

243. 
Cliinaphthol  249. 
Chiiiasäure  106,  180,  182,  796, 

797,  798,  803. 
Cliinasäureanliydrid   797. 
Chinasäurephenetidid  275. 
Chinazolin   748. 
Chüiid   151. 
Chinidin   121. 
Chinin  38,  42,  43,  54,  59,  63, 

121,  136,  137,  146,  188,203, 

208,209,210,211,215,216, 

218,  3,?4ff.,  239,  254,  288, 

289,290,293,294,307,314, 

326,  440,  466,  527,  531,  532, 

562,  645,  646,  648,  664,  747, 

811,818. 
Chmin,  arsanilsaures   704. 
Cliinin,  /j-naphthol-/J-mono- 

sulfosäiire   s.    Chinaphthol. 
Chininätherschwefelsäure  101. 
Cliininäthylcarbonat  251. 
Chinin-Casein  420. 
Chinicin  236,  246. 
Chininon  817. 
Chinolylketon   817. 
Chinincarbonsäureanilid  251. 
Chininchiorhydrosulfat   249. 
Chininchlorid  244. 
Chinin-Coffein  249. 
Chinindiall  vlbarbit  iirsäure 

514. 
Chinindiglykolsäureester  s. 

Insipin. 
Chinindibromid  242. 
Chinidin  235,  238,  239,  242. 
Chinindikohlensäurephenol- 

äther  251. 
Chinin-Harnstoff  250. 
Chinin-Hexamethylentetr- 

amin,  weinsaures  250. 
Chininkohlensäure-p-äthyl- 

aminophenoläther  251. 
Chininkolilensäureäthylester 

s.  Euchiain. 


Chininkohlensäurebenzyl- 

ester  251. 
Chininkohlensäurebrenzcate- 

chinäther  251. 
Chininkohleusäure-p-nitro- 

phenoläther  251. 
Chininkohlensäurephenetidid 

251. 
Chininkohlensäurephenol- 

äther  251. 
Chininkohlensäurethymol- 

äther  251. 
Chinin-Luminal   250. 
Chininoleat  249. 
Clüninon  239,  242,  246,  260. 
Chininphosphorsäiireester 

253. 
Chinin-Proponal  250. 
Chinin-Pyramidon,  carapher- 

saures,  s.   Pyrochinin. 
Chinin-Saecliarin  253. 
Chininsalicylsäureester  s. 

Salochinin. 
j  Chinintannat   136,   249. 
Chininnm  albuminatuni  253. 
Chininum  lygosinatuiu   606. 
Chiniu-Urethan  250. 
Chinin- Veronal  514. 
Chinizarin   741. 
Chinjodin  612. 
Chinoformin  s.   Chinotropin. 
CliinoUn  34,  35,  90,  106,  109, 

133,  151,179,208,209,210, 

211,212,213,214,216,256, 

290,  292,  294,  295,  296,  301, 

303,306,311,313,317,592. 
Chinolincarbonsäure  176,809. 
Chinolincarbonsäureätliyl- 

ester  384. 
Chinolingelb   144. 
ChinoUnmethylhydi-oxyd  299. 
ChinoUnmethyljodid  209. 
Chinolinquecksübersulfo- 

säure  688. 
Chinolinrhodanate   109,    671. 
Chinolinrhodanatwismut  s. 

Krurin. 
Chinolinsäure   106. 
Chinolyl-4-ketone   245. 
4-Cliin"olyhnethylketon  248. 
Chinolylphenylacetyldiketo- 

pyxrolidin  805. 
Chinon   181,   746. 
Chinondümin  77,   256. 
Chinontetrahydriir   126. 
Chinophenolcarbonsäure  561. 
Clunophenolschwefelsäure 

593. 
Chinop5Tin  226. 
Chinosol  592,  593. 
Chinotoxin  213,  214,  236,  237, 

242,  301. 
Chinotropin  657,  802. 
Chinpropylin  234. 


856 


Sachregister. 


Chitenin  238,  816,  817. 
Chlor  10,  13,  15,  22,  25,  67. 

69,  134,  206,  473,  528.  530, 

614. 
Chloracetal  539- 
o-Chloraoctanilid  85. 
Chloracetobrenzcatechin  442. 
Ohloraceton  539. 
Chloracetophenon  85. 
Chloracetylarsanilsäure  707. 
Chloracetylaminocoffein   789. 
Chloräthylamin  69. 
Chloräthylen  471. 
Chloräthyliden  471. 
Chloräthyhnethylsulfid  85. 
Chloral  27,  69,  96,  159,  181, 

190,  471,  474,  475,  477,  497, 

516,  539,  789. 
Chloralacetaldoxim  476. 
Chloralacetaminophenol   819. 
Chloralaceton  477. 
Chloralacetonchloroform  478. 
Chloralacetophenon  195,  479, 

480. 
Chloralacetophenonoxim  479, 

480. 
Chloralacetoxim  476. 
Chloralalkoholat  475. 
Chloralamid   144,  475,  521. 
Chloraminobenzolarsinsäure 

724. 
Chloralammoniiun  475. 
Chloralbaeid  621. 
Chloralbenzaldoxim  476. 
Chlorbenzoesäiireglykolester 

767. 
Chloralbromalharnstoff     478. 
Chloralbrompalmitinsäure- 

anilid  483. 
Chloralbumin  621. 
Chloralcampheroxim  476. 
Chloralchinin  480. 
Chloralcyanhydrat  475. 
Chloralcyanhydrin  88,  539. 
Chloraldimethylaniinooxyiso- 

buttersäureäthylester   483. 
Chloraldimethylaminooxjnso- 

buttersäurepropylester 

483. 
Chloralformamid    s.   Chloral- 
amid. 
ChloraUiydrat  207,  380,  463, 

469,    472,    473,    474,    480, 

483,    484,    489,    499,    521, 

522,    542. 
Chloralhydroxylamin  s. 

Chlorosoxim. 
Chloralimid  90. 
Chloralisovaleramid  481. 
Chloralnitrosonaphthol  476. 
Chloral-Orthoform  481. 
Chloralose  126,  185,  476,  477, 

521. 
Chloraloseglykuronsäure  185. 


Cliloralpalmitinsäuream  id 

483. 
Chloralurethan  478. 
Chloramine  617. 
Chloranil   181. 
Chloranilsäure   182. 
ChlorantipjTin  612. 
Cliloraquotetramminkobalt- 

salze   129. 
Chlorarsenobehenolsäure  702. 
Clilorarsenobehenolsäure- 

anhydrid  703. 
Chlorarsenobehenolsäure- 

methylester  703. 
Chlorarsenostearolsäure- 

äthj'lester  703. 
Chlorato  183,  814. 
CUorazen   617. 
Chlorbenzamid  520. 
Chlorbenzoesäure    193. 
m-Chlorbenzoesäure   116. 
o-Chlorbenzoesäure   116. 
p-Chlorbenzoesäure   116. 
Chlorbenzol  52,  82,  145. 
Chlorealciumhamstoff  637. 
Chlorcalciumfructose   637. 
Chlorcalciummilchzucker  637. 
Chlorcalciumstärke   637. 
Chlorchinin   242. 
o-Chlorcocain   338. 
Clilorcoffein  69,  93. 
Chlorcyan  85. 

Chlordiäthyläthylsulf  id     8 1 6. 
Chlordiazobenzolfluor  635. 
Chlordimethylaminobenzol- 

arsinsäure   723. 
Chlordinitrobenzol  539. 
4-Chlor-2.6-dinitrophenol  145 
6-Chlor-2.4-dinitrophenol  145 
Chloreton  484. 
Chloretonbenzoesäureester 

380. 
p-Chlorhippiu'säure  186,  194. 
Chlorhydrotropyltropein  346. 
Chloride   11,    14. 
Chlorisonitroaceton  85. 
Chlorisovalerianylharnstoff 

484,  489. 
a-Chlorisovalerianylharnstoff 

487. 
Chlorjodbenzoesäureglycerin- 

äther  611. 
Chlor-o-kresol  536. 
Chlor-p-kresol  536. 
Chlor-m-kresol   s.    Lysochlor. 
p-Chlor-m-kresol  s.   Parol. 
Clilormethyl  472. 
Chlormetliyläther  539. 
Chlormethylchlorkohlen- 

ester  817. 
Chlormethyloxybenzolcar- 

bonsäiu-e  617. 
Chlormethylindolarsinsäure 

719. 


Chlormethylmenthyläther 

760. 
2-Chlor-4-methylthiazol- 

5-carbonsäureäthylester 

150. 
Chlor-;S-naphthol  536. 
Chlornatrium   13,   14,   21. 
6-Chlor-4-nitro-2-amino- 

phenol   147. 
Chlomitrobenzol  539. 
Chloroform  27,  30,  37,  49,  67, 

68,  69,   190,  307,  404,  470, 

471,472,473,517,523,528, 

530,  532,  533,  538,  539,  542, 

594,  635,  819. 
Chlorokodid  404. 
Chloromorphid  403,  404. 
Chloropentaminkobalti- 

chlorid  736. 
Chloropentaminkobaltsalze 

129. 
Chlorosoxim  475,  476. 
Chlorotetrakodein  404. 
Chloroxaläthylin  463. 
p-Chlor-m-oxybenzoesäure 

617. 
Chloroxychinolinsulfosäure 

606. 
Chlorphenol  67,  70,  190,  615. 
Chlorphenolcarbonat  615. 
Chlorphenolsalicylsäureester 

615. 
m-Chlorphenylalanin   169. 
p-Chlorphenylalanin   169. 
Chlorphenylarsinsäure   711. 
Chlorphenj'lchinolincarbon- 

säure  807. 
Chlorphenyldibrompropion- 

säureborneolester  621,  761. 
Chlorphenylenstibinsäiu'e  730. 
Chlorphenylglycerinäther 

786. 
Clilorphenyloxalylacetamid 

498. 
p-ChlorphenylqueeksUber- 

oxyd  673. 
Chlorphosphorbehenolsäure- 

methylester  703. 
Chlorphthalimid   619. 
Chlorpikrin   85. 
p-Chlorsaccharin   142. 
Chlorsalol   615. 
Clilorsantonin   755. 
Clilorsäure  134,  528,  530. 
Chlorselenleinölsäure  634. 
Chlorsulfonal  503. 
Chlorvlen  s.  Trichloräthylen 

819". 
Chlortheophyllinglucosid  793. 
m-Chlortoluol   116,   194. 
o-Chlortoluol   116,   194. 
p-Chlortoluol   116,   194. 
Clilorxylenol  615. 
Chlorylsulfamide   617. 


Sachregister. 


857 


Cholalsäure  86.  199,  430,  690, 

772. 
/S-Cholestanol  120. 
£-Cholestanol   120. 
Cholesterin  772. 
Cholesterinbromisovalerian- 

säureester  768. 
Cholesterylcarbonylphenyl- 

phosphorsäure   785. 
Choleval  694,  727. 
Cholin  36,  101,  113,  124,  166, 

173,  198,  302,  306,  327,  329, 

332,370,73.5,745,781. 
Cholmäther  331. 
Cholinäthyläther  328. 
Cholinaurocyanid  735. 
Cholinbemsteinsäureester 

327. 
Cliolinbrenztraubensäure- 

ester  327. 
Choliiiglyc«rophosphat  329. 
Cholinsalpet  rigsäureester 

124,  328,  330. 
Cholsäure  s.  Cholalsäure. 
Chitose   170. 
Chrom  24,  530. 
Chroman  520. 
Chromammoniak   129. 
Chromblau  649. 
Chromoform  656. 
Chromosantonin   755. 
Chromoxyd  691. 
Chromoxydhydrat  691. 
Chromsäure  691. 
Chrom^nolett  649. 
Chrysamin,  R.  640. 
ChrysaniHn  648. 
Chrysarobin  65,  179,  600,  741, 

742,776,777,778,779,780. 
Chrysarobindiacetat   777. 
Chrysarobinliexaacetat  777. 
Chrysarobin tetracetat   777. 
Chrysatropasäure  820. 
Chrysoidin  30,  640,   645. 
Chrysophan  739,  776,  777. 
Chrysophanhydroanthron 

776. 
Chrysophansäure     144,     177, 

739,  740,  741,  742,  776,  780. 
Cicutoxin  99. 

Cignolin  s.  Diosyanthranol. 
Cinchen  816,  817. 
Cincholoiponester  245. 
Cinchonamin  242. 
Cinchonicin  244. 
Cinchonidin    121,    234,    244, 

326. 
Cinchonidinkohlensävire- 

äthylester  251. 
Cinchonigin  244. 
Cinchonilin  244. 
Cinchonin    42,    59.    63,    121, 

136,208,211,234,235,236, 

237,  243,  244,  299,  326,  817. 


Cinchonin,  arsanilsaures  704. 
Cinchonindiallylbarbitur- 

säure  514. 
Cinchoninjodessigsäure- 

methylester  301. 
Cinchoninon  236,  239,  242. 
Cinchoninsäure  807. 
Cinchoninum  jodosulfuricum 

606. 
Cinchotenin  816,  817. 
Cinchotoxin  236,  237. 
Cineol  s.   Eucalj'ptol. 
Cinnamoyl-  s.   Zimtsäure. 
Cinnamoylglykolsalicylsäure 

558. 
Cinnamoylguajacolester   591. 
Ciunamoylkresolester  s. 

Hetokresol. 
Cinnamoyloxyphenylharn- 

stoff  591. 
Cinnamoyloxyphenylmethan 

591. 
Cinnamoyloxyphenylthio- 

harnstoff  591. 
Cinnamoyl phenolester  591. 
CinnamoylsaUcylsäureanhy- 

drid  568. 
Cinnamyl-  s.  auch  Zimtsäure. 
Cinnamylacrylsäuremethyl- 

ester'389. 
Cinnamylalkyltetramethyl- 

oxypiperidoncarbousäiu-e- 

ester  365. 
Cinnamylchlorkresol  601. 
Cinnamylekgonimnethyl- 

ester  336. 
Cinnamyldiäthylamino- 

propinol  367. 
Cinnamyl-N-methyltriace- 

tonalkamin  363. 
Cinnamyl-X-methyltriace- 

tonalkamincarbonsäure- 

methylester  363. 
Cinnamylphenetidid  279. 
Cinnamyltrijodkresol  COl. 
Cinnamyltropein  343. 
CinnamyltjTosin   163. 
Cis-Chinit  58. 
Citraconsäure  126,   165. 
Citral   757. 
Citrülin   739. 
Citrokoll  283. 
Citronellal  543. 
Citronensäure   99,    162,   272, 

797. 
Citrophen  274. 
CocaethvUn  335. 
Cocain  31,   41,   49,   63,    105, 

107,117,118,  121,  150,254, 

294,298,  307,319,321,326, 

333ff.,  337,  351,  355,  358, 

359,  361,  363,  366,  368,  371, 

373,383,390,391,402,409, 

469,  640. 


«-Cocain   117,  353. 
Cocainazo-a-naphthylamin 

338. 
Cocaindiazodimethylanilin 

338. 
Cocainharnstoff  338. 
Cocain,  isovaleriansaures  340. 
Cocainjodmethylat  337. 
Cocain  phenolicum  341. 
Cocainurethan  338. 
Cocaisobutylin  335. 
Cocaisopropylin   335. 
Cocapropylin  335. 
Codein  39,  59,  63,  113,  235, 

297,  298,  301,  466. 
Codeinphenyläthylbarbitur- 

säure  82Ö. 
Coerulignon  590. 
Coffeidm  93,  94,  789. 
Coffein  35,  44,  55,  59,  62,  63, 

66,  69,  89,  91,  93,  94,  143, 

168,  188,  189,  307,  786,  787, 

789,  790,  791,  794. 
Coffeinäthyläther  s.  Athoxy- 

coffein. 
Coffeinäthylendiamin  790. 
Coffein,    aminophenj-lsalicyl- 

Bäureestermethylsulfo- 

saures  792. 
Coffein,  anihnmethylsulfo- 

saures  Natrium  792. 
Coffeinchloral  481,  789. 
Coffeinjodol  603. 
Coffeinlithiumbenzoat  787, 

788. 
Coffeinxnethylhydroxyd  93, 

789. 
Coffeinnatriummetaphosphat 

788,  789. 
Coffeinnatrium-natriumben- 

zoat  787. 
Coffeinsulfosäiu-e  789. 
Coffein,   toluidinmethylsulfo- 

saiires  Xatrium  792. 
Coffolin  94. 
Coffursäure  94, 
Colchicein  4 1 ,  42, 320, 324, 325. 
Colchiceinaniid  325. 
Colchicin  320,  324,  325,  532, 

798. 
CoUargol  691,  692. 
Collidin  34,  79,  295,  296,  301, 

311. 
Colocynthein  739. 
ColocjTithin  s.   Citrillin. 
Colombosäiu-e  144. 
Conchinin  s.   Chinidin. 
Conhydrin  315,  321. 
Conieein  320,   321. 
Conicm  80,  210,  294,  295,  296. 
Coniin  34,  79,  123,  125,  296, 

298,301,302,311,312,313, 

314,315,316,317,318,320, 
I      321,459,460. 


858 


Sachregister. 


Coniinäthylhydroxyd  29S. 
Consolicin  771. 
Consolidin   771. 
ConvolvuUn  744. 
Copaiva  T65ff. 
Copaivabalsam   767. 
Copaivaformaldehyd   767. 
Coppellidiii  315,  316. 
Cordol  488. 
Coriamyrtin  200. 
Coriandol   750. 
Coryfiii  760. 
Cosaprin  257,   262. 
Cotarmin  819. 
Cotoin  745,  747. 
Cresatiii  575. 
Crotalotoxiii  772. 
Crotonaldehyd   114. 
Crotonchloralhydrat  473. 
Crotonöl   111,   743. 
Crotonsäiire   1 65. 
Cubebin  547,  548. 
Cumarin   105,  519,  520,  594, 

820. 
Cumarinsäure  591. 
o-Cumarsäure    105. 
Cuminsäure  179,   193,  757. 
Cuminursäure   193. 
Cumol  52,    53,  64,    177,    190, 

539. 
Cuperatin  696. 
Cuprase   735. 
Cupreiu    59,    234,    235,    242, 

466. 
Cuprocyan  736. 
Curare  20.  126,  127,  301,  362, 

449,   597. 
Curarin  23,  29,  127,  151.  298, 

301. 
Curcumiii  S  049. 
Curin  29,  298. 
Curvacrol  753. 
Cutol  737. 

Cutolum  solubile   737. 
Cyan  85,   109. 
Cyanacetyleu  s.  Propiol- 

säurenitril. 
Cyanacetylguanidin  89. 
Cyanäthyl  s.    Äthylcarbyl- 

amin. 
Cyanamid   75. 
Cyananinionii.iin  300. 
Cyancoffein  89,   93. 
Cyandimethyloxypyridin  313. 
Cyanessigsäure    80,    87,    105. 
Cyauessigsäureäthylnitril   87. 
Cyanessigsäurenitril  87. 
Cyanide  85,   107. 
Cyanin  537,  741. 
Cyankaliuni  89. 
Cyanraelid  89. 
a-Cyan-a-milchsäure   87. 
Cyanocuprol  736. 
Cyanquecksilber  22. 


Cyanquecksilberbenzoesäure 

685. 
Cyantrünethyloxypyridin 

313. 

Cyaniu"säure   89,   165,  499. 
Cyanursäureäthyläther  499. 
Cyanwasserstoff  s.  Blausäure. 
Cyanzimtsäure    105. 
Cycloform  386. 
Cycloheptanon  s.    Suberon 

517. 
Cyclohexamethylenünin  304. 
Cyclohexan  51,  52,  58,   173, 

539. 
Cyclohexanon   52,    173. 
Cyclohexanessigsäure   180. 
Cyclohexanol  51,   52,   58. 
Cyclohexanolessigsäure   180. 
Cyclohexyläthylbarbitur- 

säure  508. 
Cyclohexylamin   71. 
Cyclohexylbenzj'lbarbitur- 

säui-e  508. 
Cyclopentadien   5 1 . 
Cyclopentylenphenylarsin 

709. 
Cymarin  774,   775. 
Cymarigenin   774,   775. 
Cymarinsäure   775. 
Cymolll2,  179,  180,191,539. 
Cynotoxin   774. 
Cystin  107,   198. 
Cystinal   675. 
Cystinquecksilberchlorid- 

natriumbromid  675. 
Cystinquecksilberehlorid- 

natriumchlorid  675. 
Cystinquecksilberlithium- 

chlorid  075. 
Cystinquecksübernatrium- 

bromid  675. 
Cystinquecksilbernatrium- 

chlorid   675. 
CystinquecksUbernatriuni- 

rhodana^i  675. 
Cystopurin  655. 
Cytosin  90,   167. 

Dahlia  641. 
Dahliablau  537. 
Daphnetin  820. 
Decylliydrocupreiu  240. 
Dehydromonochloralanti- 

pyrin  480. 
Dekahydrochinolin  211,   212, 

296. 
Dekan  539. 
Dermatol  660,   668. 
Desichthol   626. 
Desmotroposantonin   753, 

754,  755. 
Deaoxybenzoin   172. 
Deaoxychinin  244. 
Desoxycholsäure  690. 


Desoxycoffein  94,  793,  794. 
Desoxykodein  404. 
Desoxymorphin  403,   404. 
Desoxytheobromin   794. 
Desoxystrychnin  463. 
Desoxystrychmnsäure  463. 
Dextroform  051. 
Dextrose   162. 
Dextrosenitrat  81. 
Diacetamid   144. 
Diacetin  00,   521,   522. 
Diacetonmethylamin  76. 
Diacet-p-phenetidid  273. 
Diacetylathylsulfid  810. 
Diacetylaminoazobenzol  640. 
Diacetylaminoazotoluol  s. 

Pellidol. 
Diacetylaminocoffein   789. 
Diacetyldiaminooxyphenyl- 

arsinsäurequecksilberace- 

tat  821. 
Diacetyl-p-aminophenol   264. 
Diacetylaminophenylarsin- 

säure   709. 
Diacetylaminosalicylsäure- 

methylester  388. 
Diacetylaminostibinubenzol 

732. 
Diacetylapomorphin  413. 
Diacetylapomorphinjod- 

methylat  413. 
Diacetylbrenzcatechincar- 

bonsäure  589. 
Diacetyldiaminooxyplienyl- 

arsinsäurequecksilberace- 

tat  734. 
Diacetyl-o-p-diaminophene- 

tol  286. 
Diaeetyldihydromorphin  s. 

Paralandin. 
Diacetyldiveronj'lmethyleii- 

salicylaldehyd  574. 
Diacetylenar.sentriclilorid699. 
Diacetylglj'kolylbrenzcate- 

chincarbonsäure  589. 
Diacetylliomobrenzcatechin- 

carbonsäure   589. 
Diaeetylliydromorphin  407. 
Diacetylkodein  400. 
Diacetylmesoweinsäurenitril 

125. 
Diacetylmorphin  s.   Heroin. 
Diacetyl-p-phenylendiamin 

77,  256. 
Diacetylphenylhydrazin  219, 

221. 
Diacetylrufigallussäurotetra- 

äthyläther  741. 
Diacetylrufigallussäuretetra- 

methyläther   741. 
Diacetyltannincalcium  659. 
Diacetyltraubensäurenitril 

125. 
Diafor  556,  557. 


Sachregister. 


859 


Dial  111,  266,  514. 
Dialacetin  266,  514. 
Diallj'lbarbitursäure-Acet- 

aminophenylallyläther  s. 

Dialacetin. 
Diallylbarbitursäure-Atliyl- 

morphin  514. 
DiaUylessigsäure   111. 
Diallylbarbitursäiire  s.   Dial. 
Diallylaminoantipyrin  232. 
DiallyUiomophthaliniid  820. 
Diallylmalonamid  514. 
DiaUylmorphimethin  409. 
Diallylsulfat  328. 
Diallylthioharnstoff   111. 
Dialursäure  90. 
Diamid  s.  Hydrazin. 
Diaminoaceton  90. 
Diaminoacridin  534,   647. 
Diaminoäthyläther  72. 
Diaminoäthylsulfid  72. 
Diaminoarsenobenzoesäure 

701. 
Diaminoarsenobenzol  708, 

713,  714. 
Diaminoarsenokresol  713. 
Diaminoazobenzol  s. 

Clvrysoidin. 
m-Diaminoazobenzol  s. 

Chrysoidin. 
Diaminobenzolarsinsäure 

724. 
Diaminobenzoyloxyäthyl- 

methylaniliii  3S3. 
3.6-Diamino-2.7-dimethjl- 

10-methylacridiniumchlo- 

rid  s.  Acridiniumgelb. 
Diamiuodioxyarsenobenzol 

713. 
Diaminodioxyarsenobenzol- 

carbonsäure   718. 
Diaminodioxyarsenobenzol- 

dicarbonsäuro   718. 
Diaminodioxyarseuobenzol- 

dinatriummonosilberoxyd 

s.   Silbersalvarsan. 
Diaminodioxyarsenobenzol- 

Hexaaminoarsenobenzol 

716. 
4. 4-Diaininodioxydiphenj'l 

178. 
Diaminodiosydiphenyldi- 

methyldiarsin  718. 
Diaminodiphenylmercuridi- 

carbonsäure  683,  684. 
Diaminodioxypyrimidin   791. 
Diaminohexan  806. 
Diaminohydrophenanthren- 

chinon  394. 
3. 6-Diamino- 1 0-methylacri- 

diniumchlorid  s.   Trypa- 

flavin. 
Diaminooxj'arsenobenzol 

714,  716. 


Diaminooxyaraenostibio- 

benzol  729,  733. 
Diaminooxychlorarsenosti- 

biobenzol  729,   733. 
Diaminooxyphenylarsin- 

säurequecksilberacetat  734. 
2.4-Diamiiio-6-ox>'p}Tiinidin 

79,  95,  167. 
Diaminophenol  257. 
Diaminophenylacridin  216, 

648. 
Diaminophenylarsinsäure 

705,  713. 
Diaminophenylnorkodein409. 
Diaminopropionsäure   158. 
a -/J-Diaminopropionsäure 

181. 
Diaminoselenopyronin  632. 
Diaminostibinobenzol  731. 
Diaminosulfobenzol  623. 
DiaminothiopyTonin  632. 
Diaminooxyphenylarsin- 

säurequecksilberacetat  821. 
Diamylharnstoff  491. 
Diamylsulfonpropylthio- 

harnstoff  504. 
Dianisidin  76. 
Dianisylguanidin  379. 
Dianisylguanidinbenzoat  379. 
Dianisylmonophenetylguaui- 

din  3.  Acoin. 
Diantipyrinrot  648. 
Diantipyrylharnstoff  231. 
Diantipyrylselenid  032. 
Diaphtherin  593. 
Diapurin  808,  809. 
Diaquotetramminkobaltsalze 

129. 
Diarsanilharnstoff   707. 
Diaspiriu  556,  558. 
Diäthoxyacetylmorphin   406. 
Diäthylaminoäthylamino- 

benzoesäureester  818. 
Diäthylaminoathyltheo- 

bromin  822. 
Diäthylhomophthalimid  820. 
Diäthoxyäthenyldiphenyl- 

amin  s.   Holocaiii. 
^^Rhoxyäthylbarbitursäure 

508. 
Diäthoxyhydroxycoffein  93. 
Diäthylacetamid     492,     495, 

496. 
Diäthylacetvldiäthylamid 

496. 
Diäthylacetylharnstoff  492, 

494,  498. 
Diäthylacetylmenthylester 

487. 
Diäthylacetylpiperidyl- 

methylharnstoff  499,   769. 
Diäthylamin  72,  303. 
Diäthylaminoacetobrenz- 

catechin  443. 


Diäthylaminoacetonitril  88. 
Diäthylaminoacetonitril- 

methyljodid  88. 
Diäthylaminoäthanoläthoxy- 

phenylcarbaminsäureester 

374. 
Diäthylaminoäthanoldiphe- 

nylcarbaminsäureester  374. 
Diäthylaminoäthanolphenyl- 

carbaminsäiireester  374. 
Diäthylaminoätlianolphenyl- 

methylcarbaminsäureester 

374. 
Diäthylaminoäthylamiuo- 

phenylacetat  375. 
Diäthylaminoäthyleugenol 

590. 
Diäthylaminoäthylguajacol 

590. 
Diäthylaminoäthylthymol 

590. 
Diäthylaminoantipyrin  229. 
Diäthylaminobenzoat  375. 
Diäthylaminobenzoesäure- 

diäthylaminoäthylester 

373. 
Diäthylaminodioxypropan- 

phenvlcarbaminsäureester 

374.  ' 
Diäthylaminoessigsäure- 

methylester  760. 
Diäthylaminoessigsäuretri- 

chlorbutylester  483. 
Diäthylaminokodein  409. 
Diäthylaminomethyl-6-äthyl- 

oxychiiiolyl-4-propanon 

248. 
Diät  hylaminomilchsäure  - 

nitril  88. 
Diäthylaminoisopropanol- 

carbaminsäureester  374. 
Diäthylaminooxybenzoe- 

säuremethylester  590. 
Diäthylaminooxj-isobutter- 

säureäthylester  370. 
Diäthylaminophenoxyiso- 

propylalkohol  375,  390. 
Diäthylammoniumchlorid 

300. 
Diäthylammoniumjodid  300. 
Diäthylammoniumsiilfat  300. 
Diäthylarsin  699. 
Diäthyläthylendibarbitur- 

säure  514.. 
Diäthylbarbitursäure  s. 

Veronal. 
Diäthylcarbaminsäuredi- 

methylaminodimethyl- 

äthylcarbinolester  368. 
Diäthj'lcarbinol  490. 
Diäthj'lcarbonat  581. 
Diäthyldichlorpropylbarbi- 

tursäure  508,  509. 
Diäthyldiketopiperazia  516. 


860 


Sachregister. 


Diäthyldioxyaceton   150. 
Diäthylendiamin  s.  Piperazin. 
Diäthylessigsäure   156,  492. 
DiäthylglykokoU-m-amino- 

benzoesäuremetlivlester 

390. 
DiäthylglykokoU-m-amino- 

o-oxybenzoesäurementhyl- 

ester  s.   Nirvanin. 
Diäthylglykokoll-m-amino- 

p-oxybenzoesäuremethyl- 

ester  390. 
Diäthylglykokoll-p-aniino- 

m-oxybenzoesäuremetliyl- 

ester  389,   390. 
Diäthylglykokoll-o-amino- 

salicylsäuremethylester 

390. 
Diäthylglykokoll-p-amino- 

salicylsäuremethvlester 

390. 
DiäthylglykokoU-p-amino- 

salicylsäiire-m-oxybenzoe- 

säiiremethylester  390. 
Diäthylglykokoll-m-amino- 

zimtsäuremethylester    390. 
DiäthylglykokoU-p-amino- 

zimtsäureester  390. 
Diäthylglykokollanthranil- 

säuremethylester  390. 
DiäthylglykokoUbornylester 

759. 
DiäthylglykokoUguajacol  s. 

Gujasanol. 
DiäthylglykokoUkresol  584. 
Diäthylglykokollphenol    584. 
Diäthylglykokollinentliyl- 

ester  759. 
DiäthylglykokoUtoluolsulf- 

amid'^389. 
Diäthylglykokolltrikresol 

584. 
Diäthylharnstoff   153,   524. 
Diäthylliydantoin    492,    494, 

514. 
Diäthylketon  s.  Propion. 
Diäthyllophinhydro  Jodid 

197. 
Diäthylmalonamid  492. 
Diäthylmalonsäure  492. 
Diäthylmalonsäuretrichlor- 

butylester  483. 
Diäthylmalonsäureivreid  493, 

494. 
Diäthylmalonylcarbonyl- 

diharnstoff  513. 
Diäthylmalonylharnstoff  s. 

Veronal. 
Diäthylmalonylphenetidid 

272. 
Diäthylmalonylthioharnstoff 

493,  494. 
Diäthylmethylbarbitiirsäure 

506. 


Diäthylmethylmalonylharn- 

stoff  493,  494. 
Diäthylinethylpyrimidin  79. 
Diäthylmethylsulfinium- 

hydroxyd  'l88. 
Diäthylmonobrompropyl- 

barbitursäure  508,  509. 
Diäthyloxalsäure  492. 
Diäthylphenylacetamid    496. 
Diäthylphenylbarbitursäure 

506. 
Diäthyl-p-phenylendiarain77, 

256. 
Diäthylphloroglucin  515. 
Diäthylphosphorsäiireester 

783. 
Diäthylpinakon  492. 
Diäthvlpropionsäureamid 

49(i" 
Diäthylpropionsäurementhol- 

ester  496. 
Diäthylpropionylharnstoff 

496. 
Diäthylpropylalkoholamin- 

benzoesäiireester  373. 
Diäthylquecksilber  674. 
Diäthylsulfat  63. 
Diäthylsulfid  68. 
Diäthylsulfomethan  522. 
Dicäthylsulfon  500. 
Diätliylsulfonacetessigester 

501. 
Diäthylsulfondiäthylmethan 

s.   Tetronal. 
Diäthylsulfondimethyl- 

methan  s.   Sulfonal. 
Diäthylsiilfondiphenylpental- 

dien  503. 
Diäthylsulfonmethyläthyl- 

methan  s.   Trional. 
Diäthylsulfonmethj'lpenta- 

non  503. 
Diäthylsulfonpentanon  503. 
Diazoaminomethan   153. 
Diazobenzol   197. 
Diazobenzolfluorbor  635. 
Diazomethan   74,  82. 
Diazoverbindungen   78. 
Dibenzamid  177,  520. 
Dibenzarsinsäuredichiiiin- 

ester  709. 
DibenzosaUcylin  569. 
Dibenzoylacetylinorphin  400. 
Dibenzoylaminodimethyl- 

phenylcarbinol  369. 
Dibenzoylaminosalicylsäure- 

methylester  388. 
Dibenzoylapomorphin   413. 
Dibenzoylcevin  323. 
Dibenzoyldiamid  73. 
Dibenzoylhydrocuprein  253. 
Dibenzoylhistamin  451. 
Dibenzoylmethylaminodi- 

methylphenylcarbinol  369. 


Dibenzoylmorphin  396. 
Dibenzoyloxymethyldiäthyl- 

amin  375. 
Dibenzoyloxytriäthylamin 

375. 
Dibenzoylphenyltetrahydro- 

chinazolin  748. 
Dibenzoyltannin  660. 
Dibenzoylweinsäureanhydrid 

389. 
Dibenzyl   172. 
Dibenzylbarbitursäure  506. 
Dibenzylbutantetracarboii- 

säureester  514. 
DibenzylmalonyUiarnstoff 

493. 
Dibenzylmethylal   1 50. 
Dibenzylmonodibrompropyl- 

barbitursäure   509. 
Dibenzylmonodipropylbar- 

bitiirsäiire  508. 
Diborneolformal  759. 
Dibromaminophenylarsin- 

säure   706. 
Dibrombehensäure   620. 
Dibrombehensäureureid  611. 
Dibrombenzol   753. 
Dibrombismethylamiiiotetr- 

aminoarsenobenzol   724. 
Dibromdiätliylacetylharn- 

stoff  480. 
Dibromdihydrozimtsäure- 

borneolester  621,  761,  768. 
Dibromdihydrozimtsäure- 

fenchylester  761. 
Dibromdihydrozimtsäure- 

isoborneolester  621,  761. 
Dibromdioxybenzoylbenzoe- 

säureäthylester  747. 
p-Dibromdiphenyl   178. 
Dibromdipropylbarbitur- 

säure  488. 
Dibromessigsäure  70,   198. 
Dibromfluoresceiuquecksilber 

s.   Merciirochrom. 
Dibromgallussäure  618. 
Dibronihexamethylentetr- 

aminperchlorat  658. 
Dibromhydrozimtsäureamid- 

bromisovalerianat   769. 
Dibromhydrozimtsäureamid- 

isovalerianat  709. 
Di-  a  -  brom  iso  valerianyl- 

niorphin  406. 
Dibromkresylpiperidid  317. 
Dibrommethylentannin    621. 
Dibromnaphthol     536,     537, 

616. 
Dibrom-^-naphthol  536,  537, 
I      616. 
4. 6-Dibrom-2-nitrophenol 

147. 
Dibromoxychinolinwismut- 

oxyjodid  070. 


Sachregister. 


8G1 


Dibroraphenolsalicylsäure- 

eater  615. 
Dibrompropylcarbäthoxy- 

phenylharnstoff  818. 
Dibrompropylcarbäthoxy- 

phenylthioharnstoff  818. 
Dibrompropylveronal  s. 

Diogenal. 
Dibromsalicylsäure  618. 
Dibromtanninfornialdehyd  s. 

Tannobroinin. 
Dibromvalerylarainodi- 

niethyläthylcarbinol   369. 
Dibromzüntsäureborneolester 

761. 
Dibromzimtsävtretrichlqr- 

butylester  483. 
Dibutylphenylcarbainat   753. 
Dicamphanazin  759. 
Dicamplienhexanazin  759. 
Dicamphorylarsiiisäure   711. 
Dicentrin  426. 
Dichinolyldioxyphenyl- 

dicarbonsäure   810. 
Dichinolyldiphenyldicarbon- 

säure  810. 
Dichloraceton  190. 
Dichloracetylmorphm  406. 
Dichloräthan  68,   819. 
Dichloräthylen  s.  Dioform. 
Dichloräthylsulfid  85,  86, 816. 
Dichloräthylsulf Oll  816. 
Dichloräthylsulfoxyd  816. 
Dichlordimethyläther  817. 
Dichloralharnstoff  478. 
Dichlorallj'Ien  473. 
Dichloranilin  260. 
Diehloraminopuringlucosid 

793. 
Dichlorarsalyt  717. 
Dichlorarsinobenzoesäure- 

chininester  709. 
Dichlorbenzol   190,   793. 
p-Dichlorbenzol  615. 
Dichlorbismethylaminotetr- 

aminoarsenobenzol  724. 
Dichlordiäthylensulfid  68. 
Dichlordimethyläther  816. 
Dichlordimethyldithioloxalat 

85. 
Dichlordinitrosoaceton  86. 
Dichlordioxyaminoarseno- 

benzol  714,  716. 
Dichlordiosychinon   182. 
Dichloressigsäureäthylester 

474. 
Dichlorhydrin  69,   521. 
Dichlorisopropylalkohol    190. 
Dichlorisopropylalkoholoarb- 

aminsäureester  479. 
Dichlorisopropylglykuron- 

säui-e    190. 
Dichlorj  odphenylarsinsätire 

706. 


Dichlormethaii  s.  Methylen- 

bichlorid  67. 
Dichlornitrophenole   145. 
Dichlor-p-oxybenzoesäure 

617. 
Dichlorphenolsalicylsäure- 

ester  615. 
Dichlorphenylarsinsäui'e  706. 
Di-p-chlorphenylphosphor- 

säure  201. 
Dichlorselenfluorescein  633. 
Diehlorylsulfamidbenzoe- 

säure  617. 
Dichininkohlensäureoster  s. 

Aristochinin. 
Dicliinolindiniethylsulfat  s. 

C'hüiotoxin. 
Dicumarketon  s.  Lysosin. 
Dicyanacetylen  s.   Kohlen- 
stoffsubnitrid. 
Dicyandiamidin  75. 
Didial  514. 
Didym  15,   134. 
Didymoxalat   18. 
Didymsalicylat  s.   Dymol. 
Difhiordiphenyl  635. 
Diformyltriacetylaloin   742. 
Digitalin  771. 
Digitaliresin  771. 
DigitaUs  771. 

Digitalisglykoside    773,    774. 
Digitan   773. 
Digitanbenzoat   774. 
Digitonin  120,  237. 
Digitoxindibenzoat   774. 
Digitoxigenin  773,   774. 
Digitoxigeninacetat   774. 
Digitoxin  773,  774. 
Digitoxinpentabenzoat   774. 
Digitoxinpentaskarat  774. 
Digitoxinsäure  773,  774. 
DiglykokoUcUorcalciiun  637. 
Diglykolyldisalicj'Isäure    565. 
Diglykolsalicylsäureäther 

565. 
Diglykolsäure  565. 
Diglykolsäurechlorphenyl- 

ester  565. 
Diglykolsäureguajacolester 

565. 
Diglykolsäurekresolester  565. 
Diglykolsäurenaphthylester 

565. 
Diglykolsäurenitrophenyl- 

ester  565. 
Diglykolsäurephenylester 

565. 
DiglykolsäuresaUcylester  565. 
Dihydroanhydroekgonin  339. 
Dihydroanthracen  779. 
Dihydroantliranol  779. 
Dihydroantipyrin  230. 
Dihydrobenzaldoxiiu   144. 
Dihydrocarveol   191. 


Diliydrochinin   243,   245. 
Dihydrochinoline  212,  460. 
Dihydrocinchonidin  818. 
Dihydrocinchonin  818. 
Dihydrocinchotoxin  817. 
Dihydrocupreinglykosid  241. 
Dihydrodimethyl-j8-naph- 

thylaniin  307. 
Dihydrokodein  407. 
Dihydrokodein-Veronal    510. 
Diliydrokotamin  429. 
Dihydromorphin     239,     407, 

408,  410. 
Dihydromorphin-Veronal 

510. 
Dihydronaphthalin  550. 
Diliydronorkedein   408,   409, 

410. 
Dihydrooxydiaminoarseno- 

benzol  713. 
Dihydrooxykodeinon  s, 

Eukodal. 
1.2-Dihydrooxypropan   138. 
Diliydrostryclinolin  463,  464. 
DiliydrophenyLnaphthioehi- 

nolincarbonsäure  808. 
Diisoamylainin  72. 
Dii.soamylbarbitursäure    506. 
Diisoamylmalonylharnstoff 

493. 
Diisobutylbarbitursäure  506. 
Diisobutylglykokollguajacol 

584. 
Diisobutylmalonylharnstoff 

493. 
Diisobutyiylmorpliin  397. 
Dijodäthyliden   HO. 
Dijodäthylsulfon  810. 
Dijodäthylsulfoxyd  816. 
Dijodanainophenylarsinsäuro 

706. 
Dijodbrassidinsäureäthyl- 

ester  s.  Lipojodin. 
Dijodbrassiduisäureisoamyl- 

ester  609. 
Dijodbrassidinsäuremethyl- 

ester  609. 
Dijodcarbazol  602. 
Dijodcoffein  611. 
Dijoddiphenylamin  602. 
Dijodyl  610. 
Dijodelaidinsäuremethyl- 

ester  609. 
Dijodelaidylcholesterin  611. 
Dijodoform  596. 
Dij  odhe  xainethylente tramin  - 

percMorat  658. 
DijodliydroxjTpropan  s. 

Jodthion. 
Dijodnitrosodiphenylamin 

602. 
Dijodphenoljodid  598. 
Dijodphenolsalicylsäureester 

615. 


862 


Sachregister. 


Dijodphenolsulfosäure  s. 

Sozojodol. 
Dijodresorcinmonojodid  598. 
Dijodresorcirimonosulfosäure 

ß.   Pikrol. 
Dijodsalicylsäure   140,   601. 
Dijodsalicylsaureester  GOl. 
Dijodsalicyli?äuremethylester 

s.   Sanoforin. 
Dijodsalieylsäuremethyl- 

esterjodid  3S8. 
Dijodsalol  599. 
Dijodstearylglycerinphos- 

phorsäure   610. 
Dijodthioresorcin  623. 
Dijodtyramin  453. 
Dijodtyrosin   613. 
Dijodzimtsäureamid  611. 
Dijodzimtsäureglycmester 

611. 
DijodzimtsäureglykokoU  611. 
Dijodzimtsäureureid  011. 
Dikaliumferroferrocyanid 

183. 
Diketopiperazine   153. 
Dikodein  404. 
Dikodeylmethan  399. 
Dikresotinsäurehydrochinon- 

ester  565. 
Dikresotinsäureresorcinester 

565. 
Dimentliolformal   759. 
3.5-Dimetlioxyacetophene- 

tidid'  286. 
Dimetlioxydichinolyldiphe- 

nyldicarbonsäure  810. 
Dimethoxyphenylisopropyl- 

amin  458. 
Dimethoxyphenylpropanol- 

amin  456. 
Dimethylacetal   517. 
Dimethylacetylcarbinol- 

äthylurethan  498. 
Dimethylacetylearbinol- 

uretlian  498. 
Dirne  thylacrylsäxire   165. 
Dimethylarainoäthylarnino- 

benzoesäurebutylester  818. 
^  Dimethyläthylcarbinol  495. 
Dimethyläthylcarbinol  s. 

Amylenhydrat. 
Dimethyläthylcarbinol-p-äth 

oxyphenylurethan  498. 
Dimethyläthylcarbinolchloral 

s.   Dormiol. 
Dimethyläthylcarbinolme- 

thylphenyliirethan  498. 
Dimet  hyläthylcarbinol- 

phenylurethan  498. 
Dimetliylätliylessigsäure  492. 
Dimethyläthylenglykolmono- 

phenyläther  565. 
Dimethyläthylpyrazin  802. 
Dimethylallylamin   111. 


I  Dimethj'lamin  28,  66. 
Dimethylaminoacetobrenz- 

catechin  443,  449. 
Dimethylaminoacetylsanta- 

lol  766. 
Dimethylaminoäthanol- 

phenylcarbaroineäureester 

376. 
1. 7-Dimethylamino-8-amino- 

xanüiin   188. 
Dimethylaminoanissäure- 

metliylester  388. 
p-Dimethylaminoantipyrin 

227. 
4-DimetliylaminoantipjTin  s. 

PjTamidon. 
Dimethylaminoazobenzol- 

suUosäiire  s.  Methylforanyl. 
Dimethylaminobenzaldehyd 

189. 
p-Dimethylaminobenzal- 

dehyd  179,   184. 
p-Dimethylaminobenzoesäure 

65,   174,   184. 
Dimethylaminobenzoeglj'ku- 

ronsäiire    185. 
Dimethylaminobenzoylox- 

äthylpiperidin  373. 
Dimethylaiuinobenzoyloxy- 

isobuttersäuremethylester 

370. 
Dimethylaminobenzoyl- 

pentanol  s.   Stovain. 
Dimethylaniinobromcaproyl- 

oxj'isobuttersäureäthyl- 

ester  370. 
Dimethylaminobromiso- 

valeryloxyisobiittersäure- 

äthylester  370. 
Dimethj'laminodimethyl- 

äthylacetylcarbinol   368. 
Dimethylaminodimetliyl- 

äthylcarbinol  368,   369. 
Diruethylanünodimothyl- 

äthylcinnamylcarbinol  368. 
Dimethylaminodimetliyl- 

äthylisovalerylcarbinol  368. 
Dimethylaminodimethyl- 

benzylbenzoylcarbinol  368. 
Dimethylaminodimethyl- 

benzylbenzoylcarbinol  368. 
Dimethj'laminodimet  hyl- 

benzylcarbinol  368. 
Dimethylaininodimethyl- 

benzylcinnaraylcarbinol 

368. 
Dimethylaminodimethyliso- 

amylcarbinol  368,   369. 
Dimethylaininodimethyliso- 

amylciimamylcarbinol  368. 
Dimethylaminodimethyliso- 

butylcarbinol  368. 
Dimethylaminodimethyliso- 

butylcinnaniylcarbinol  368. 


Dimethylaminodimethyl- 

phenylbenzoylcarbinol  368. 
Dimethylaminodimethyl- 

phenylcarbinol  368. 
Dimethylaminodimethyl- 

phenylisovalerylearbinol 

368. 
Dimethylaminodimethyl- 

phenylcarbinol  368. 
Dimethylaminodimethyl- 

propylbenzoylcarbinol  368. 
Dimetliylaminodimethyl- 

propylcarbinol   368. 
Dimethylartiino- 1. 7-di- 

methylsanthin  s.  Paraxin. 
Dimetdiylaniinodioxyarseno- 

benzol   718,   719.  " 
Dimethylaminodioxypyri- 

midin  792. 
Dimethj'laminoguajacyl- 

amyläther  381. 
Dimethylaminohexahydro- 

beiizoesäiireester  388. 
Dimethylaminoisoijropyl- 

alkoholbenzoylester  371. 
Dimethj'laminoisovalerj'l- 

oxyisobuttersäureäthyl- 

ester  370. 
Dimethylaminoisovaleryl- 

oxyisobuttersäurepropyl- 

ester  370. 
Dimethylaminokodein  409. 
Dimethylaminomethylcyelo- 

hexanolbenzoat  366. 
Dimethylaminomethyldi- 

äthylbenzoylcarbinol  368. 
Dimethylaminomethyl- 

diäthylcarbiiiol   368. 
Dimethylamino-p-nitroben- 

zoyloxyisobuttersäure- 

äthylester  370. 
Dimethylaminooxyjsobutter- 

säuremethylester  370. 
Dimethylaminooxyisobutter- 

säurepropylester  370. 
Dimethylaminooxyisobutter- 

säurepropylesterbrom- 

hydratisovaleriansäure- 

ester  s.    Quietol. 
Dimethylaminooxj'isobutter- 

säiirepropylesteriso  valeryl  - 

esterbromhydrat  768. 
Dimethylaminoparaxanthin 

790. 
Diraethylaminophenylarsin- 

säure   719. 
Dimethylaminophenylchino- 

lincarbonsäure   808. 
Dimethylamino-1-phenyl- 

2. 3-dimethyl-  5-pyrazolon 

232. 
1  -p-Dimethylaminophenyl- 

2-methyl-3-oxymethyI- 

5-pyrazolon  231. 


Sachregister. 


863 


l-p-Dimethylaminophenyl- 

2-methyl-  3-oxyinethyl- 

4-äthyl-5-pyrazolon  231. 
Dimethylaminophenyl- 

naphthocinchoninsäure 

808. 
1  -p-Dimethylaminophenyl- 

2.3.4-trimethyl-5-pyr- 

azolon  232. 
1-p-Dirnethylaminophenyl- 

3.4.4-trimethyl-5-pjTazo- 

lon  228,  232. 
Dimethylaminopropanol- 

tropasäureester  347. 
Dimethylaminotheobromin 

790. 
Dimethylaminotheophyllin 

789. 
Dimethylaminotoluidin  189. 
Dimethylaminotolylarsen- 

oxyd  712. 
Dimethylaminotrimethyl- 

benzoylcarbinol  368. 
Dimethylaminotrimetliyl- 

carbinol  368,  369. 
Dimethylaminotrimethyl- 

ciimarnyicarbinol  368. 
Dimethylammotrimethyl- 

isovalerylcarbinol  368. 
Dimethylammoniiunclilorid 

300. 
Dimethylammoniumjodid 

300. 
Dimethylanilin  261. 
Dimethylanilinarsenoxyd720. 
Dimethylarsin   68. 
Dimethj'larsmcyanid  85. 
Dimethylaräinsäure  699,  700. 
Dimethj'lbenzamid  520. 
1,3-Dimethylbenzoesäure  s. 

Mesitylensäure. 
Dimethylbenzol  s.   Xylole. 
Dimethylcarbonat  578,    581. 
Dimethylcarbinol  490. 
m-Dimethylchinol  99. 
a-/?-Dimethylchinolm  209. 
Dimethylconiin  298,   301. 
Dimethylconylammonium- 

chlorid  312. 
Dimethylcyclohexan  52. 
Dimethylcyclohexanon  52. 
7.9-Dimethyl-2.6-diäthoxy- 

S-oxj'purin  93. 
Dimethyldiaminodioxy- 

arsenobenzol   718. 
Dimethyldiaminomethyl- 

acridiniumsilbernitrat  s. 

Septacrol. 
Dimethyldibrom-o-toluidin 

189. 
Dimethyldichinolyldiphenyl- 

dicarbonsäure  810. 
Dimethyldimetliylamino- 

methvlxanthin   794. 


7.9-Diraethyl-2. 6-dimethoxy - 
I       8-oxj^urin  93. 
I  Dimethyldioxydiarriinopyri- 
I       rnidin   793. 

j  7.9-Dunethyl-6.8-dioxypurin 
'      94. 
1.7-Diraethyl-2.6-dioxypurin 

189. 
Dimethylenglucoiisäure  159. 
Dimethylglykokollamino- 

acetophenon  519. 
DimethylglykokoU-p-amino- 

benzoesäureäthylester  390. 
DimethylglykokoU-p-araino- 

salicylsäureiiiethvlester 

390. 
DimethylglykokoUanthranil- 

säuremesthylester  390. 
Dimethylguanin   792. 
1.3-Dimethylharnsäure  95. 
Dimethylharnstoff   142,    146, 

153. 
1 . 7-DiinethyIhj'poxanthim 

91. 
Dimethylisopropylideii- 

pjTroliden  303. 
Dimethylisopropylpiperidon 

306. 
Dimethylketon  s.   Aceton. 
Dimethylketoxim  495. 
DimethylmalonyUiamstoff 

493. 
Dimethylmethylal  760. 
Dimethylmorphin-Veronal 

510. 
Dimethylneurin  327. 
Dimethyloxyäthylxanthin 

791. 
Dimethyloxychinizin  s. 

Antipyrin. 
3. 7-Dmiethyl-2-oxy- 1 . 6-di- 

hydropurin  s.  Desoxytheo- 

bromin. 
7.9-Dimethyl-8-oxj'purin  91. 
o-o-Dimethylphenacetin  260. 
Dimethylphenyläthylamin 

447,  457. 
Dünethylphenylendiamin  77, 

256. 
1.2-Dimethyl-3-phenyl- 

ö-pyrazolon  227. 
Dimethylphenylpyrazolon- 

sulfaminoquecksilber     684. 
Dimethylphloroglucin  515, 

750. 
Dimethylphosphin  216. 
Dimethylpiperazin,  wein- 
saures s.   Lycetol. 
Dimethj'lpiperidin  312. 
a-a'-Dimethylpiperidin  s. 

Lupetidin. 
Dimethylpiperidylmethyl- 

xanthitn  794. 
Dimethylpyrazin  802. 


Dimethylpyrogallolcarbamat 

590. 
Dimethylquecksilber  86,  674. 
Dimethylresorcin  36,   62. 
Dimethylsalicylamid  520. 
Dimethylsalicylsäure   553. 
o-Dimethylsulf  amid   153. 
Dimethylsulfat  63. 
Dimethylsulfomethan  522. 
Dimethylsulfonäthylmelhyl- 

methan  500. 
Dimethylsiüfondiäthyl- 

methan  500. 
Dimethylsulfondimethyl- 

methan  500,   504. 
Dimethylthallinchlorid   299. 
Dimethylthiohanistoff  108, 

188. 
Dimethyltoluidin65, 117, 174, 

261. 
Dimethj'ltoluthionin  642. 
Dimethyltrioxybenzophenon 

s.   Hydrocotoin. 
Dinatriumdimethylamino- 

benzolazotoluolarseniat 

710. 
Dinatriumhydroxybenzolazo- 

toluolarseniat  710. 
Dinitroäther   144. 
Dinitroaminophenol  s. 

Pikraminsäure. 
2.6-Duiitroazooxytoluol  83. 
Dinitrobenzoesäuren  106, 145. 
Dinitrobenzol  82,   145,   639. 
m-Dinitrobenzol  83. 
o-DinitrobenzoI  83. 
p-Dinitrobenzol  83. 
Dinitrochlorbenzol  85. 
4-4'-Dinitro-2. 2'-diamino- 

diphenyüiexan   145. 
Dinitrodiphenylmercuri- 

dicarbonsäure  684. 
Dinitroglycerin  81. 
2. 6-Dinitro-4-hydroxylamino- 

toluylenglykuronsäure  83. 
Dinitrokresol  639. 
Dinitromercuribenzoesäure 

686. 
Dinitromercuridiphenyl- 

carbonsäure   683. 
Dinitronaphthol  s.  Martius- 

gelb. 
Dinitro-a-naphtholsulfosäure 

s.   Xaphtholgelb. 
Dinitro-m-oxybenzoesäure 

140. 
Düiitrooxyphenylarsinsäure- 

quecksilberacetat  733,  821. 
Diiütrophenol  82,  83. 
Dinitrophenoxbenazin  633. 
Dinitrophenylstibinsäure  730. 
Dioforra  69,"  471,    472,    533, 

539,  819. 
Diogenal  514. 


864 


Sachregister. 


Dionin  39,  59,  23ö,  320,  394, 
395,  397, 398,  399,  401,  403, 
419. 

Dioxyaceton   143. 
Dioxyacetonoxim   143. 
Dioxyaminoacetophenon  449. 
Dioxyaminoarsenobeuzol- 

aminoessigsäure  721. 
Dioxyaminoarsenobanzol- 

aminopropionsäure   721. 
Dioxyaminonaph  thalin   177. 
Dioxyanthrachinon   741. 
Dioxyanthranol  65,  779,  780. 
Dioxyarsenobenzol  s.  Arseno- 

phenol. 
Dioxyarsenobenzoldiamiiio- 

essigsäure   721. 
Dioxybenzoesäure   140. 
Dioxybenzole  55,   258. 
Dioxy benzolarsinsäure   713. 
Dioxybenzylamin    449,    450, 

819. 
Dioxybenzoylbenzoesäure- 

äthylester  747. 
Dioxybenzoylbenzoesäure- 

propylester  747. 
/J-y-Dioxybuttersäure  54. 
6.6-DioxychiiioUn  208. 
Dioxyehinolinmethylcarbou- 

säure  213. 
Dioxycumarin  820. 
Dioxydiaminoarsenobenzol 

714,   721. 
Dioxydiaminoarsenobenzol  s. 

Salvarsan. 
Dioxydiaminopyrimidin   793. 
Dioxydiaminostibiobenzol 

729,  731. 
2. 8-Dioxy- 1 . 9-dimethylpurin 

788. 
2. 8-r)ioxy-6. 9-dimethylpurin 

168. 
Dioxy  diquecksilberdisulf- 

amidbenzoesäure   682. 
Dioxyisobuttersäureäthyl- 

eatersalicylester  566. 
Dioxymercuridiphenyldi- 

carbonsäure  683. 
Dioxymethenyldiphenyl- 

aminodicarbonsäuremetliyl 

ester  387. 
Dioxymethylanthrachinon  s. 

Chrysarobin. 
2.8-Dioxy-6-methylpiirin  168. 
2. 8-Dioxy- 9-meth"ylpuriii  168. 
DioxjTiaph  thalin  176. 
Dioxynaphthalincarbonsäure 

561. 
DioxjTiaphthol   103. 
Dioxyphenylamin  819. 
Dioxyphenyläthanolamin 

444. 
Dioxyphenyläthanolamin  s. 

Arterenol. 


Dioxyphenyläthylamin  444. 
Dioxj'phenyläthylamino- 

keton  444. 
Dioxyphenyläthylmethyl- 

amin  s.   Epinin. 
1-3.4-DioxyphenyIalanin   120. 
Dioxyphenylaminoketon  444. 
Dioxyphenylpropanola  min 

456. 
Dioxypiperazin  802. 
Dioxypropyltheobromin  791. 
Dioxypropyltheophyllin   791. 
Dioxyphthalimid  619. 
2.6-Dioxypyrimidin   167. 
Dioxypicohnsäure  s.  Komen- 

aminsäure. 
2.8-Dioxypurin   168. 
6.8-Dioxypurin  91. 
2. 6-Dioxj'pm-in  s.   Xanthiii. 
Dioxyquecksilberphenol- 

natrium   673. 
Diphenetidincitumensäure 

273. 
Diphenetylguanidin  379. 
Diphenetylguanidinbenzoat 

379. 
Diphenetylmonoanisylguani- 

diii  379. 
Diphenetylmonophenol- 

guanidin  379. 
Di-p-phonetidyloxamid     287. 
Di-p-phenetolharnstoff   142. 
Diphenoxäthylbarbitursäure 

507. 
Diphenoxypropanolamin  288. 
Diphensäure  147. 
Diphenyl   52,    54,    133,    178, 

260,  292,  306,  635. 
Diphenylacetamid  496. 
Diphenylätlianol   172. 
Diphenylamin   52,    178,    180, 

645. 
Diphenylaminoazobenzol- 

sulfosäure  s.  Tropaeolin. 
Diphonylaminoguanazol   79. 
Diphenylaniinorange   645. 
DiphenylaniinthjTuylbenzoe- 

säiu'eäthylester   s.    Ai'koin. 
Diphenylarsinsäure   700. 
Diphenylbiuret   177. 
Diphenylcarbaminsäuredi- 

äthylaminoäthanolester 

376. 
Diphenylcarbonat  554,  578. 
Diphenylcliinolincarbon- 

säurekresotinsänreester 

812. 
Diphenylchlorarsin  85. 
Diphenylcyanarsin  85. 
Diphenyldiäthylsulfomethan 

501. 
Diphenyldihydrochinazolin 

748. 
Diphenylliarnstoff  53,  178. 


Diphenylmethan   177. 
Diphenylmonoanisylguanidin 

380. 
Diphenylmonophenetyl- 

guanidin  380. 
Diphenylphosphorsäure  201, 

572. 
Diphenylpyrazolcarbonsäure 

233. 
Diphenylquecksilber  673, 674. 
Diphenylstibinchlorid  732. 
Diphenyltetraazonaphthyl- 

aminsulfosäure  s.  Kongorot 
DiphenylthiobiazoUnsulf- 

hydrat  631. 
Diphenyl  thioharnstoff   108. 
Diphenylthiophen   628. 
Dipiperidotetraminoarseno- 

benzol  724. 
Diplosal  556. 
Dipropaesin  386. 
Dipropanolbenzoyhuethyl- 

amin  357. 
Dipropionylaminocoffein  789. 
Dipropionylbrenzcatechin- 

carbonsäure  589. 
Diproprionylmorphin   397. 
Dipropylacetäthylamid  495. 
Dipropylacetamid  495,  496. 
Dipropylacetdiäthylamid 

495. 
Dipropylacetbromamid  485. 
Dipropylacet-p-phenetidid 

271. 
Dipropylacetylharnstoff  492, 

498. 
Dipropylbarbitursänre  s. 

Proponal. 
Dipropylbutantetracarbon- 

säureester  514. 
Dipropylcarbinolurethan  497. 
Dipropylenäthylendibarbi- 

tursäure   514. 
DipropylhomophthaUmid 

820. 
Dipropylketon  98,  495. 
Dipropylketoxim  495. 
Dipropyhnalonamid  492. 
Dipropylmalonylguanidin 

493,  "494. 
Dipropylmalonylharnstoff    s. 

Proponal. 
Dipropylmalonyl-p-pheneti- 

did  272. 
Dipropylpropionsäureamid 

496. 
DipjTidin  133,  295,  303. 
Disaccharide   138. 
Disalicylamid  565. 
DisaUcylbenzoin  569. 
DisalicyUiydroohinonester 

564. 
Disalicylsäureglycerinäther 

566. 


Sachregister. 


865 


Disalol  563. 
Dispermin  s.  Piperazin. 
Disulfätholsäure   101. 
Disulfide   147. 

Disterarylsalicylglycerid  201. 
Ditain  301. 

Ditheobromincarbonat  794. 
Dithiobiurete    147. 
Dithiocyansäure   89. 
Dithiocyansäureäther  88. 
Dithiocyansäureäthyläther 

89. 
Dithiokohlensäure  630. 
Dithiosalicylsäure  624. 
Dithiosinamin   111. 
Dithymoldijodid  s.  Aristol. 
Di-2-tolylbutan   153. 
Ditolyldiäthylammonium- 

jodid  300. 
Ditolylmonoanixylguanidin 

380. 
Ditolylsulfohamstoff   146. 
Diurethan  499. 
Diurethancalciumbromid  619. 
JDiurethanophenylstibinsäure 

729. 
Diuretin  787. 
Divalerylaminodimethyl- 

äthylcarbinol  369. 
Divalerylmethylaminodi- 

methyläthylcarbinol  369. 
Divalerylmorphin  397. 
Dodecylhydrocuprein   240, 

241. 
Dodekahydroplienanthren 

394. 
Dormiol  477,  478. 
Dubatol  637.   768. 
Dulcin  67,  136,  142,  143,  153, 

267,  270,  286,  287. 
Duotal  s.   Guajacolcarbonat. 
Dymol   18. 
Dysprosium  18. 

Echitamin  s.  Ditain. 

Echtbraun  G.  640. 

Egol  679. 

Eisen    18,    19,   21,    149,   203, 

528,  530,  695ff.,  728. 
Eisenalbuminat  696,  697. 
Eisen,  arsencitronensaures 

701. 
Eisen,  arsensaures  700. 
Eisen,  arsenweinsaures  701. 
Eisen,  dibromelaidinsaures 

697. 
Eisen,  glutaminsaures  697. 
Eisen,  glycerinarsinsaures 

701. 
Eisen,  jodparanucleinsaures 

697. 
Eisen,  ligninsaures  698. 
Eisen,  pyrroüdoncarbon- 

saures  697. 


Eisen,  phosphorweinsaures 

697. 
Eisenchlorid  530,  698. 
Eisenchloridchinin  698. 
EisenglobuUn  693. 
Eisennaphtholgrün  697. 
Eisennuclein  697. 
Eisenoxyd  15,  747. 
Eisenoxydul   15. 
Eisensomatose  697. 
Eisenpeptonat  697. 
Eisensaccharat  697. 
Eisentaririnsäuredijodid  697. 
Eisens  tearolsäuredibromid 

697. 
Eiweil3silber  693. 
Ekajodoform  595. 
Ekgonin  31,  41,  107,  118,  333, 

334,  335,  336,  339,  341,  342, 

353,  402,  818. 
1-Ekgoninamid  337. 
r-Ekgoninester  340. 
Ekgoninmethylester  107,  336, 

340. 
Ekgoninmethylesterphenyl- 

urethan  376. 
Ekkain   350,    355,   356,   357. 
Elarson   702. 
Elarsonsäure  705. 
Elaterin  742,  744. 
Elbon  591. 
Elektrargol  24. 
Elektroferrol  698. 
Embarin  677,  680. 
Embeliasäure  740,  741. 
Emetäthylin  466,  467. 
Emetin   125,  466,  527. 
Emetinwismutjodid  467. 
Emetpropylin  466,  467. 
Emodin   739,   740. 
Enesol  677,  726. 
Enterosan  659. 
Eosin  641,  642. 
Eosinselen  632. 
Eosinselencyan  632. 
Ephedrin  309,  368,  459. 
Epicampher   s.   /?-Campher. 
Epicarin  537,   550. 
Epichlorhydrin   145. 
Epidermin  635. 
j  Epinin  450. 
Epiosin  419. 
Erbium   18,   134. 
Ergotin   421,   440,   441,   442. 
Ergotinin  450. 
;  Ergotoxin  442,  450. 
Frvasin  556. 
Erj'thrit   162,  524. 
Erythritschwefelsäure   784. 
Erythroltetranitrat  81. 
Erythrosin  642. 
Eserin  319,  391,  392. 
Essigsäure  60, 68,102,134,155, 
158,  187,  204,  327,  551,  552. 


Fränkel,  Arzneimittel-Synthese. 


.  Aufl. 


Essigsäurediäthylamino- 

äthylester  374. 
Essigsäureester  28. 
Estoral   761. 
Eubomyl  761. 
Eucain    49,     319,     358,    359, 

361,  362,  364,  365,  366,  367, 

375,  409. 
Eucain    B     359,     360,     363, 

364. 
a-Eucain  375. 
/?-Eucain  326,  366,  375. 
Eucalyptol  538,  539,  543,  592, 

752. 
Euchinin  250,  251,  252. 
EuchinindiaUylbarbitursäure 

514. 
Eucol  577,  583. 
Eucupin  239,  240,  241,  242, 

531. 
Eucupinotoxin  241,   242. 
Eudermol  461. 
Eudoxiu  669. 
EugaUol  s.  Pyrogallolmono- 

acetat. 
Eugenoform  653. 
Eugenol   58,    381,   382,   538, 

539,  547,   582,  592. 
Eugenolacetamid  377,  382. 
Eugenolacetpiperidylmethyl- 

amid  386. 
Eugenoläthylkohlensäure- 

ester  578. 

Eugenolbenzolsulfosäureester 
583. 

E  ugenolcarbaminsäureester 
578. 

Eugenolcarbinol  382. 

Eugenolcarbinolnatrium  653. 

Eugenolcarbonat  578. 

Eugenolkohlensäurediäthyl- 
aminoäthylester  590. 

Eugenolkohlensäurepiperido- 
äthylester  590. 

Eugenoknethylkohlensäure- 
ester  578. 

Eugenolmethoxymethyl- 
äther  653. 
j  Eukodal  407,  408. 
I  Eupatorin  773. 

Euphorin    s.   Phenylurethan. 

Euphthahnin  346,  361,   363. 

EuphylUn  790,  791. 
(  Euporphin  414. 

Eurisol  s.  Resorcinmonoaco- 
I       tat. 

Eupyrin  280. 

Eurobin  777. 

Eurodin  648. 

Europhen  598,  600. 

Etelen  661. 

Exalgin   261,   263,  269,  494. 

Euxanthon   190. 

Exodin  741. 

55 


866 


Sachregister. 


Fagaramid  491. 
Farbsäuren   100. 
Farbstoffe   100,  637ff. 
Fenchon   190,   756,   762. 
Fenchonisoxim  305. 
Fenehylalkohol   191. 
Fenehylsalicylat  761. 
Ferratin  696,   697. 
Ferrialbuminsäure  696. 
Ferrichthyol  627. 
Ferridisalicylatkalium   698. 
Ferriferrisalicylat  698. 
Ferriphosphorcitrat  697. 
Ferriphosphortartrat  697. 
Ferripyrin  698. 
Ferrisalicylat  698. 
Ferrisalicylochlorwasserstoff- 

säiire  698. 
Ferrisalze   1 2. 
Ferrivin  623. 
Ferroaminooxybenzocarbo- 

nat  698. 
Ferrocyannatrium   19,   89. 
Ferrodisalieylat  698. 
Ferroferrocyanid  698. 
Ferroferrosalicylat  698. 
Ferrokakodylat  530. 
Ferrokresotinat  698. 
Ferromethoxybenzoat  698. 
Ferroxybenzoat  698. 
Ferrophosphorcitrat  697. 
Ferrophosphortartrat  697. 
Ferropyrin   698. 
Ferrosalze   12. 
Ferrostyptin  657. 
Fettsäuren  54,  100,  111,  132, 

144,   155. 
Filicinsäiu'e   750. 
Filicinsäurebutanon    750, 

751. 
Filixsäure   750,   751,   752. 
Füixsäureanhydrid   750. 
Flavaspidsäiu-e  751. 
Fiavaspidinsäure   752. 
Flavopurpurin   740,   741. 
Fluor  13,  134,  530,  635. 
Fluorbenzol   635. 
Fluoren   178,   539. 
Fluoreseein   200,   642. 
Fluorleim   635. 
Fluomaphthalin  635. 
Fluornatrium   13. 
Fluoroform  635. 
Fluorphenetol  635. 
Fluorpseudocumol  635. 
Fluorrheumin  635. 
p-Fluorsaccharin   142. 
Fluorsilber  691. 
Fluorsulfosäureäthylester  86. 
Fluortoluol  635. 
Fluorxylol  635. 
Fluorwasserstoff  530,   531. 
Flußsäure   23. 
Forgenin  300. 


Formaldehyd     47,     96,     158, 

203,    530,    531,    532,    538, 

549,    649—655,    660,    788. 
Formaldehydacetamid  s. 

Formicin. 
Formaldehyd blei  651. 
Formaldehydcalcium  651. 
Formaldehydcasein   651. 
Formaldehydcyanhydrin    87. 
Formaldehyddextrin   651, 

652. 
Formaldehydeiweiß  wismut 

671. 
Formaldehydgerbsäure   659. 
Formaldehydharnstoff  653. 
Formaldehydmilchzucker 

652. 
Formaldehydnucleinsäure 

651. 
Formaldehydstärke   651. 
Formaldehydstrontium  651. 
Formaldehydsulfoxylsäure 

530. 
Formalin  s.   Formaldehyd. 
Formamid   144,  294,  521. 
Formanilid  197,  255,  261,  377, 

380. 
FormaniHdoessigsäure   261, 

262. 
Formicin  652. 
Formidin  605. 
Formocholin  328,   329. 
Formoeholinäthyläther  331. 
Formocholinmethyläther  329. 
Formocholinpropylester   328. 
Formurol  657. 
Formylacetophenon  518. 
Formylacetylcholsäure  690. 
Formylaminophenolallyl- 

äther  818. 
Formylarsanilsäure   707. 
Formylacetyltannin   659. 
Formylanilin  573. 
Formylcadaverin   72. 
Formylcholsäure   690. 
Formylkodein  399. 
Formylkreosotsulfosäure  588. 
Formylphenetidid  279. 
N-Formylpiperidin  311,    312. 
Formylsaccharin   142. 
Formyltetrahydronaphthyl- 

amin  446. 
Fortoin  745. 
Fraxin  774. 
d-Fruktose   119. 
Fruktose  diphosphorsäure 

784. 
Fuchsin  31,  37,  64,  641,  642, 

648. 
Fuchsin  S.  648. 
Fuchsin  J.   D.   T.   648. 
Fuchsinsulfosäure  s.  Fuch- 
sin S. 
Fulmargin  24,  529. 


Fumarsäure     120,    126,     144, 

161. 
Fimiaroyltropein  344. 
Furan  54. 

Furanpropionsäiu'e   165. 
Furäthylaiuin  455. 
Furfuracrylsäure   156,   165, 

194,   19.5. 
Fiu'furakrylursäure   195. 
Furfuräthanpiperidin   313. 
Furfurakrylsävu'e  479. 
Furfuralköhol  97,   106. 
Furfuramid  78. 
Furfurin  78,  97. 
Furfurol  106,  194,  479. 
a-Furfurol  97. 
Furf  urornithursäure   194. 
Furfiu-phenetidid  281. 
FurfiuTDropionsäure  156,  195. 
Furmethylamin  455. 
Furoylakrylsäure   194. 
Furoylessigsäure   165. 

Gadolinium  18. 
Galaktochloral  477. 
d-Galaktose   119. 
Galaktosephenetidid  281. 
Gallacetophenonl91,  777,778. 
Gallamid  389. 
GaUanol  778. 
GaUicin  661. 
Galüum  18. 
Gallocarbonsäure  660. 
Galloformin  657. 
Gallussäure  57,  103,  192,  200, 

658—663. 
Gallussäureanilid  s.  GallanoU 
Gallussäuremethylester  s. 

Gallicin. 
GaUussulfosäure  666. 
Gambogiasäure  200. 
Gastrosan  667. 
Gaultheriaöl  567. 
Gaultheriaöläthylkohlen 

Säureester  578. 
Gaultheriaölchlormethylat 

568. 
Gaultheriaöhnethylkohlen- 

säureester  578. 
Gaultheriasalol  563. 
Gelatosen,  arsensaiu«  702. 
Gelatosesilber  694. 
GelbUcht  646. 
Gentiana^olett  641. 
Gentiogenin  562. 
Gentiomarin  562. 
Gentiopikriu  562. 
Geutisinsäure   178,   189. 
Geranial  s.  Citral. 
Greraniol   757. 
Geraniolcarbaminsäureester- 

578. 
G^ranium  d'Alg^rie  537. 
Geranium  de  France  537. 


Sachregister. 


867 


Gerbsäure  583. 
Gerbsäure  8.   Tannin. 
Gerbsäurekreosotester  s. 

Tanosal. 
Gerbsäureoxybenzylester  s. 

Antiarthrin. 
Gitalin  774. 
Globulacotin   771. 
Globularin   200,   771. 
Glucal   162. 
Glucin    143. 

d-a-Glucoheptonsäure  160. 
Gluconsäure   162. 
d-Gluconßäure    159. 
Gluconose   137. 
Glucophor  s.  Calciumglucose- 

phosphat. 
I-Glucosaminsäure   144. 
d-Glucose   119,  125. 
Glucoseaceton  136. 
Glucosepentaacetat   126. 
Glucosephenetidid   281. 
Glucosephenylliydrazon   143. 
Glucosephosphorsäure   784. 
Glucosephosphorsäureester 

783. 
Glutamin   186,  524. 
Glutaminsäure   125,    141. 
dl-Glutaminsäure   120. 
Glutarsäure  161. 
Glutarsuperoxydsäure  814. 
Glutinpeptonquecksilber- 

chlorid  689. 
Glutol  651. 
Glycerin  55,  60,  132,  135,  138, 

149,   158,  468,  490,  523. 
Glycerinäther  60,  521. 
Glycerinäthylpropylmethyl- 

äther  498. 
Glycerinarsinsäure  701. 
Glycerindiäthylin  524. 
Glycerindiäthylmethyläther 

498. 
Glycerindiäthylpropyläther 

498. 
Glycerindimethylbenzyläther 

498. 
Glycerindimethyläthyläther 

498. 
Glycerindimethylpropyläther 

498. 
Glycerinformal  570. 
Glycerinniononitrat   145. 
Glycerinmonozimtsäureester 

767. 
Glycerinphenoläther  570. 
Glycerinphosphorsäure   781, 

782,  783,  785. 
Glycerophosphate   781. 
Glycerinsalicylsäuremethyl- 

ester  570. 
Glycerinsäure   158,   161,   181. 
Glycerintriäthyläther  498, 
524. 


Glycerintriäthylin  488,  524. 
Glycerylphenetidid  271. 
Glyeinaminooxyarsenobenzol 

714. 
Glycinium  s.  Beryllium. 
p-GIycinophenylarsinsäure 

541. 
Glycylglycinjodcalcium  607. 
Glyeyldijodtyrosin  613. 
Glycylimidazolyläthylamin 

459. 
Glycyloxyphenyläthylamin 

459. 
GlycjTrhizin   143. 
Glykochloralose  477. 
Glykocholsäure   139,   144. 
Glykocyamin    188. 
Glykokoll  29,  53,  73,  100,  139, 
157,  163,  184,  193,  524,  787. 
Glykokolläthylester  514. 
GlykokoU-p-aminoaceto- 

phenon  519. 
GlykokoU-p-aminobenzoe- 

säuremethytester  390. 
Glykokolljodcalcium  607. 
GlykokolLmenthylest«r  760. 
Glykokoll-p-phenetidid  s. 

Phenokoll. 
GlykokoUquecksilber  674. 
GlykokoUsilber  821. 
Glykol  55,   158,  523.  524. 
Glykolaldehyd  96,    158,    162. 
Glykole  27. 
Glykoldinitrat  81. 
Glykolglykosid  138. 
Glykolhydratropasäureester 

767. 
Glyko)  hydrozimtsäureester 

767. 
Glykolmonosalicylester  s. 

Spirosal. 
Glykolorthosilicat  636. 
Glykolphenyläthylessigsäure  - 

ester  767. 
Glykolphenyldiäthylcarbin- 

essigsäiu'eester  767. 
Glykolphenyldiäthylessig- 

säureester  767. 
Glykolphenylessigsäureester 

767. 
Glykoseorthosilicat  636. 
Glykolsäure   158,   160,  161. 
Glykoside  771 
Glykolyl-p-anisidid  272. 
Glykolylhamstoff  s.  Hydan- 

toin. 
Glykolyl-p-phenetidid  272. 
Glykolyltropein  344. 
Glykosal  570. 
Glykosamin   162. 
Glykosaminkohlensäure- 

äthylester   162. 
Glykoside  135,  136,  149,  175, 
390. 


/^-Glykoside   184. 

Glykosidoguajacol   143. 

Glykoso-m-diaminotoluol  143. 

Glykoso-p-diaminotoluol  143. 

Glykosotoluid  143. 

Glykuronsäiu-e  5,  100.  141, 
159,  160,   162,   183,    190. 

GlykurovanilUnsäure   185. 

Glyoxal  97. 

Glyoxaline  151. 

Glyoxylsäure   158,   160,  161. 

Gnoscopin  422. 

Gold  15,  18,  23,  528,  725.  734. 
822. 

Goldchlorid  530. 

Goldcyanid  734. 

Gold  kolloid.    727,  728,  734. 

Grotan  531. 

Grüner  Lack  646. 

Guacamphol  584. 

Guäthol  56,  62,  577,  584. 

Guätholbenzoat  584. 

Guätholbutyrat  584. 

Guätholcarbonat  581. 

Guätholeiweiß   584. 

Guätholisovalerianat  584. 

Guätholmonomethyltrioxy-  / 
arsenomenthol  711. 

Guätholphosphat  584. 

Guätholsalicylat  584. 

Guajacetin  588,   589. 

Guajacol  40,  56,  57,  59,  62, 
137,  189,  381,  531,  541, 
544,  546,  553,  572,  575 ff., 
689,  590,  592. 

Guajacolacetat  s.   Eucol. 

Guajacoläthylenäther  584. 

Guajacoläthylglykolsäure- 
ester  s.   Monotal. 

Guajacoläthylkohlensäure- 

ester  578. 
Guajacol,  arachinsaures  583. 
Guajacolbenzoat  s.  Benzosol. 
Guajacolbenzolsulfosäure- 

ester  583. 
Guajacolbenzyläther  585. 
Guajacolblei  671. 
Guajacolcalcium  671. 
Guajacolcamphersäure  763. 
Guajacolcamphersäureester 

s.   Guacamphol. 
Guajacol,   caprinsavu^s  583. 
Guajacol,  capronsaures  583. 
Guajacol,  caprylsaures  583. 
Guajacol,  cerotinsaures  583. 
Guajacol,  erucasaures  583. 
Guajacol,   laurinsaures   583. 
Guajacol,    leinölsaures    583. 
Guajacol,  myristinsaures  583. 
Guajacol,  palmitinsaures  583. 
Guajacol,  ricinolsaures  583. 
Guajacol,  sebaemsaures  583. 
Guajacolcarbonat    576,    577. 
581,  582. 

55* 


868 


Sachregister. 


Guajacolcarbonatdisulfo- 

säure  587. 
Guaj  acolcarbonatmonosulf  o- 

säure  587. 
Guajacolcarbonsäure  589. 
Guajacolcarbonylphenyl- 

phosphorsäure   785. 
Guajacolcarbaminsäureester 

578. 
Guajacoleiweiß  584. 
Guajacolglycerinäther  576, 

585. 
Guajacol-Hexamethylen- 

tetramin  s.   Hexamekol. 
Guajacolisovaleriansäure- 

ester  583. 
Guajacolkakodylat  699. 
Guajacolkohlensäurediäthyl- 

aminoäthylester  590. 
Guajacolmethylkohlensäure- 

ester  578. 
GuajacoUnagnesium  671. 
Guaj  acolmethoxymethyl- 

äther  653. 
Guajacolraethylenäther  585. 
Guajacolölsäureester  582. 
Guajacoloxacetsäure  589. 
Guajacolphosphit   582. 
Guajacolphosphorigsäure- 

ester  582. 
Guajacolsalicylat  584. 
Guajacolstearat  583. 
Guajacolsulfosäure  576,  586, 

587,  588. 
Guajacolsulfosäure-Casein 

587. 
Guajacolwismut  671. 
Guajacolzirntsäureester  576. 
Guajacoxacet-p-phenetidid 

275. 
Guajacoxylacetamid  574. 
Guajacyl  588. 
Guajaform  586. 
Guajamar  585. 
Guajaperol  585. 
Guajasanol  584. 
Guanazol  79. 
Guanidin  36,  75,  76,  151,  166, 

378. 
Guanidinessigsäure  s.  Glyko- 

cyamin. 
Guauin  94,  95. 
Guanylharnstoff  s.  Dicyan- 

diamidin. 
Gulose   160. 
Gymnemasävire   144. 
Gynoval  761. 

Hämatin  696. 
Hämatogen  695,   696. 
Hämatoporphyrin    196,    526, 

649. 
Hämatoxylin  696. 
Hämochininsäure   244. 


Hämoglobin  695. 
Hämol  695. 
Hamamelitanniu  200. 
Harmalin  319. 
Harmin  319. 
Harnporphyrin   196. 
Harnsäure  47,  63,  91,  95,  166, 

168,501,796,  797,798,799, 

803,  806. 
Harnstoff  36,  43,  47,  53,  63, 

75,  108,  109,  144,  155,  524, 

786,  787,  796. 
Harnstoff,  p-nitrohippur- 

saurer   182. 
Harnstoffacetylsalicylat  s. 

Diafor. 
Harnstoffealciumbroraid  619. 
Harnstoff  Calciumjodid   607. 
Harnstoff  phosphorsäureester- 

araid  783. 
Harnstoffsalicylat  s.   Ursal. 
Harnstoffsilicium  636. 
Harnstoff  Wasserstoffsuper- 
oxyd 814. 
Harzsäuren   741. 
Hedonal   146,  497. 
Hegonon  694. 
HektargjT  707. 
Hektin  707. 
Heüanthin  649. 
Helicin   139,  200. 
Heliotropin  s.   Piperonal. 
Helleborein   771. 
Helleboretin  771. 
Helmitol   657,   803. 
Heptan  51,   539,   816. 
Heptinchlorarsinsäure   702, 

703. 
Heptylalkohol  539. 
tert.   Heptylalkohol  490. 
n-Heptylamin   71. 
Heptylamiuoacetobrenz- 

catechin  443. 
Heptylharnstoff  491. 
Heptylhydrocuprein  240. 
Herraophenyl  679,   686. 
Hemiarin  820. 
Heroin    321,    326,    396,    397, 

402,  403,  404,  407. 
Hesperetin  201. 
Hesperidin  201. 
Hesperonal  785. 
Hesperonalcalcium  637. 
Heteroxanthin    91,    95,    793, 

794. 
Hetoform  668. 
Hetokresol  591. 
Hetralin   657. 

Hexaätliylphloroglucin  515. 
Hexaaminoarsenobenzol  542. 
Hexabromdioxyphenylcar- 

binol  616. 
Hexachloraceton   153. 
Hexachloräthan  473, 8 1 6, 8 1 9. 


Hexachlorbruein  465. 
Hexachlorkohlenstoff    s. 

Perchloräthan. 
Hexaliydroanilin  s.   Cyclo- 

hexylamin. 
Hexahydroauthraoilsäure 

180. 
Hexahydrobenzoesäure   180. 
Hexahydrobenzylamincar- 

bonsäuren   Cis    und   Trans 

118. 
Hexahydrochinolin  212. 
Hexahydro-/)-collidin  s. 

Isocicutin. 
Hexahydrophenanthren  54. 
Hexal  s.  Hexamethylentetra- 

minsulfosalicylat. 
Hexamekol  657. 
Hexamethyldiammonium- 

dioxyarsenobenzol  718,719. 
Hexamethylentetramin   143, 

203,    542,    654—658,    715, 

802,  806. 
Hexaraethylentetramin- 

acetylsalicylat   655. 
Hexamethylentetramin- 

äthylhydroxyd,  cholal- 

saures  656. 
Hexamethylentetramin, 

aminosalolmethylsulfo- 

saures  657. 
Hexamethylentetramin,an- 

hydromethylencitronen- 

saures  s.  Helmitol. 
Hexamethj'lentetramin,  anti- 

monylweinsaures  656. 
Hexamethylentetramin, 

arsensaures  656. 
Hexamethylentetramin-Ar- 

butin   656. 
Hexamethylentetramin- Ato- 

phan   656. 
Hexamethylentetraminborat 

655. 
Hexamethylentetraminboro- 

citrat  655. 
Hexamethylentetramin- 

brommethylat  618. 
Hexamethylentetramin, 

camphersaures  657. 
Hexamethylentetramin, 

camphersaures  s.   Ampho- 

tropin. 
Hexamethylentetramin,    chi- 
nasaures s.   Chinotropin. 
Hexamethylentetraminchlor- 

hydrat- Eisenchlorid  s. 

Ferrostyptin. 
Hexamethylentetramindi- 

guajacol  658. 
Hexamethylentetramindi- 

jodid  3.   Novojodin. 
Hexamethylentetramin,  gal- 

lussaures  s.  Galloformin. 


Sachregister. 


869 


Hexamethylentotramin,  gly- 

kocholsaures  656. 
Hexamethylentetramingold- 

cyanchlorid   734. 
Hexamethylonte  tramin- Jodol 

658. 
Hexamethylentetraminkup- 

fer  657. 
Hexamethylentetraminme- 

thylhydroxydborat  657. 
Hexamethylentetraminme- 

thylhydroxyd,  cholalsau- 

rea  656. 
Hexamethylentetramin- 

methylhydroxydgoldver- 

bindungen   735. 
Hexamethylentetramin- 

methylhydroxydkupfer- 

verbindungen   735. 
Hexamethylentetramin- 

methylhydroxydqyeck- 

silberrhodanid. 
Hexamethylentetramin- 

methylrhodanid   657. 
Hexamethylentetramin- 

methylrhodanid  s.  Rhoda- 

form. 
Hexamethylentetramin- 

natriumacetat  s.  Cysto- 

purin. 
Hexamethylentetramin- 

natriumcitrat  s.  Formurol. 
Hexamethylontetramin, 

nucleinsaures  656. 
Hexaraethylentetraminper- 

chlorat  658. 
Hexamethylentetramin, 

phenolsulfosaures  058. 
Hexamethylentetraminplios- 

phat  s.  Allotropin. 
Hexaraethylentetraminrho- 

danat  655. 
Hexamethylentetraminsali- 

cylsäui-eaminophenylester- 

methylsulfosäiire   656. 
Hexamethylentetraminsulfo- 

salicylat  655. 
Hexamethylentetrainintan- 

nin  663,  659. 
Hexamethylentetramin  telra- 

jodid  B.   Siornin. 
Hexamethylentetramintri- 

chloral   476. 
Hexamethylentotramin  tri- 

guajacol  658. 
Hexamethylentetramintri- 

metaborat  s.   Borovertin. 
Hexamethylentetramin- 

wasserstoffsuperoxyd  814. 
Hexaraethylentriperoxyd- 

diamin   814. 
Hexamethylphloroglucin 

615. 
Hexamethylrosanilin  641. 


Hexaminoarsenobenzol  32, 

717,  718,  719,  724,  725. 
Hexaaminoarsenobenzol- 

Bismethylhexaamino- 

arsenobenzol  716. 
Hexaminoarsenobenzolsulf- 

aminsäiire   718. 
Hexan  51,   539.   816. 
Hexanitrodiphenylamin  s. 

Aurantia. 
Hexanon  517. 
Hexamminkobaltiake   129. 
Hexanonisoxim  304. 
Hexaoxyanthrachinon   741. 
Hexapyrin  655. 
Hexindioxyd   150. 
Hexophan  807,  809. 
Hexosephosphat  784. 
Hexylalkohol  55,   539. 
Hexylamin   71,  445. 
Hexylen  539. 
Hexylhydrocuprein   241. 
n-Hexyljodid  539. 
Hexyllupeditin  315. 
Hippurarsinsäure   701. 
Hippursäuro    102,    105,    156, 

165,  172,  173,  174,  180,  184, 

186,  193,  197,  798. 
Hippursäureamid   520. 
Hippuryltropein   345. 
Histamin   181,  441,  442,  445, 

450,  451,  452. 
Histidin    125,   441,  442,   452. 
Holocain  326,  377,  378,  380. 
Holocainsulfosäure   377. 
Homatropin    121,    122,    341, 

342,  343,  344,  348,  349,  355, 

358,360,361,402. 
Homatropinbromid   347. 
Homatropinmethvibromid 

347. 
Homatropinmethylnitrat 

s.   Novatropin. 
Homekgonin   335. 
Homoäthincocain   336. 
Homobenzylcarbaminsäure- 

diäthylaminoäthanolester 

377. 
«-Homobetain   151. 
Homobrenzcatechincarbon- 

säure   589. 
Homobrenzcatechinmono- 
methyläther  s.   Kreoscl. 
Homobrenzcatechinmono- 

methylätheroarbonat  579. 
}'-HomochoIin   328. 
Homoconiin  312. 
Homogentisinsäure  178,   181, 

189. 
Homoisomuscarin  331. 
Homomethincocain  336. 
Homonarcein  421. 
Homopropincocain  336. 
Homorenon  246,  456. 


Homosaligenin  380,  382. 
Homotropin  357. 
Homotropinbenzoesäureester 

357. 
Homotropinmandelsäure- 

ester  357. 
Homotropintropasäureester 

8.   Mydriasin. 
Hordenin  174,  356,  444,  447, 

448,   449,  454,  455. 
Hordeninmethyljodid  449. 
Hydantoin  36,   109,   168. 
Hydantoinsäure   168. 
Hydracetin   219,  220,   779. 
Hydracrylsäure   158. 
Hydrargol   678. 
Hydrargyrum  salicylicum   s. 

Quecksilbersalicylat. 
Hydrastin  421,  422,  423,  428, 

429,  431,  440. 
Hydrastinin    144,    421,    427, 

428,  429,  430,  431,  432,  433, 

434,  435,  436,  438,  439,  440, 

455,  819. 
Hydrastininsäure  427. 
Hydrastinmethylamid  431. 
Hydrastinmethylmethan- 

chlorid  428. 
Hydrastis  421,  428,  461. 
Hydrazin  33,  34,  46,  47,  73, 

74,  77,  95,  219,  260. 
Hydrazinnorkodein  409. 
o-Hydrazin-p-oxybenzoe- 

säure  s.   Orthin. 
Hydrazobenzol   190. 
Hydrobenzamid  35,  78,   144, 

"l79,   190. 
i  Hydrobenzoin   172. 

Hydroberberin  422,  426, 
I      427,  460. 
Hydro  bromchininäthylcar- 

bonat  252. 
Hydrobromchininbenzoat 

252. 
Hydrobromchininsalicylat 

252. 
Hydrochinidin  242. 
Hydrochinin    237,    239,    240, 

241,  242,  244,  245,  326. 
Hydrochinincarbonat  252. 
Hydrochininchlorid  239. 
Hydrochinindiallylbarbitur- 

säure  514. 
Hydrochinon  56,  57,  103,  115, 

139,  180,  181,  184,  189,190, 

531,  534,  544. 
Hydrochinonäthanolamin 

449. 
Hydrochinonbromisovale- 

riansäureester  609. 
Hydrochinonglykuronsävire 

181. 
Hydrochinonjodisovalerian- 
säureester  609. 


870 


Sachregister. 


Hydrochinonmethoxymethyl- 

äther  653. 
Hydrochinonmonomethyl- 

äther  56. 
Hydrochinotoxin  242. 
Hyclrochloranüsäure   182. 
Hydi-ochlorchinin  237,  244. 
Hydrochlorchininäthylcar- 

bonat  252. 
Hvdrochlorisochinin  238, 

"244. 
Hydrochlorisochininäthyl- 

carbonat  252. 
Hydrocinnamylcocain   239. 
Hydrocinchoninon  239,  242. 
Hydrocinchoninäthylcarbo- 

nat  253. 
Hydrocinchotenin  817. 
Hydrocolchicin  440. 
Hydrocotarninsulfosäure 

819. 
Hydrocotoin  746. 
o-Hydrocumarsäure  519,  520. 
Hydrocuprein  238,   356. 
Hydroekkain  356. 
Hydrohydrastinin    432,    433, 

437. 
Hydrojodchiiünäthylcarbo- 

nat  252. 
Hydrokodein  407. 
Hydrokotarnin  429,  432. 
Hydrolecithin   782. 
Hydrolecithineisen   782. 
Hydrolecithinkupfer  782. 
Hydrolecithinquecksilber782. 
Hydromorphin  395,  407. 
a-Hydronaphthylamin  308. 
Hydropyrin  556. 
Hydroxyaminoacetophenon 

448. 
Hydroxybenzoyltropein   344, 

349. 
Hydroxycoffein  55,  59,  93, 

95. 
Hydroxyhydrindamin  124, 

447. 
Hydroxyl  26,   27. 
Hydroxylamin  33,  34,  35,  73, 

74,  219,  260,  778,  779. 
Hydroxylamine  82,  83. 
Hydroxymethylbrenz- 

schleimsäure   170. 
p-Hydroxyphenyläthylamin 

72. 
Hydroresorcin  546. 
Hydrozimtsäure   105,  552, 

553. 
Hyoglykocholsäiire   144. 
Hyoscin   122,   352. 
Hyoscyamin    122,    325,    326, 

342,   348,  349. 
Hyoscyaminmethylbromid 

347. 
Hypocoffein  94. 


Hypnal  480,  483. 
Hypnon  s.   Acetophenon. 
Hypoxanthin  91. 
Hyrgol  672. 

Ichtalbin  626. 
Ichthargan  627,   692. 
Ichthyol   109,   137,  206,  545, 

623,  684  ff. 
lehthyoleiweiß  s.  Ichtalbin. 
luhthyolformaldehydeiweiß 

626,  627. 
Ichthyolsulfon  625. 
lehthyolsulfosäure   625. 
Ichtoform  626. 
Icterogen   706. 
Imidazol   89,   90,   91,   311, 

452. 
Imidazolisopiperidin  451. 
/?-Imidazolyläthylamin  s. 

Histamin. 
)?-Imidazolylessigsäure   181. 
Imidazolylmethyiamin  451. 
Iminoallantoin   168. 
Iminobernsteinsäureeater 

141. 
Iminosuccinaminsäureäthyl- 

ester   141. 
Inden  539. 
Indican   175,   176. 
Indigblau  30. 
Indigo   638. 
Indigweiß   30. 
Indoform  570. 
Indol  79,   177,   190. 
Indolacetursäure   181. 
Indolbrenztraubensäure   176. 
/)-Indol-pr-3-essigsäure   181. 
Indolinone   224. 
Indolyläthylamin     181,     441. 

450,    453. 
Indolylessigsäure   181. 
Indophenol   740. 
Indosyl   177,   183,    190. 
Indoxylsäure   183. 
Indoxylschwefelsäure   182. 
Indulin  641. 

Inosit  51,  58,   100,   138,   162. 
Inositarsensäure   701. 
Inosithexapliosphorsäure  s. 

Phytin. 
Insipin  253. 
Intramin  623. 
lonon   757. 

Isoamylphenylcarbamat  753. 
Iridium  530. 
Iriphan   808. 
Isatophan   808,  809. 
Isatropylcocain  s.  Truxillin. 
Isoäthionsäure   101,   199. 
Isoallylamin   110,   238. 
Isoamyläther  539. 
Isoamylalkohol  61,  181,  490, 

539. 


Isoamylamin   71,    181,   294, 

444,  447,   450. 
Isoamylapohydrochinidin 

241. 
Isoamylbenzylconiniumjodid 

124. 
Isoamylehlorid  539. 
Isoamylen   153,  539. 
Isoamylhydrocuprein  siehe 

Eucupin. 
Isoamylliydrocuprein   239, 

241. 
Isoamylkresol  598. 
Isoamylkresoljodid  598. 
m-Isoamylolkresol  546. 
Isoamyltrimethylammoniun- 

chlorid  s.   Amylarin. 
IsoantipjTui  226,  227. 
Isobarbaloin  739. 
Isobarbitursäm'e   167. 
Isobomeol  758. 
Isoborneolisovaleriansäiire- 

ester  s.  Gynoval. 
Isoborneolisovalerylglykol- 

säureester  761,   769. 
Isobuttersäure  54,  294,  750. 
Isobutylacetat   62. 
Isobutylalkohol  61,    131. 
Isobutylamin   71. 
Isobutylbenzole   177. 
Isobutylbutyrat  62. 
tert.   Isobutylglyceryl-;S- 

hydroxylamin   143. 
tert.   Isobutylglykol-/)- 

hydroxylamin   143. 
Isobutylhydrocuprein  241. 
Isobutyl-m-Kresol  536. 
Isobutyl-o-Ivresol  536. 
Isobutyl-p-Kresol  536. 
Isobutyl-o-kresoljodid  s. 

Europhen. 
Isobutyllupetidin  315. 
Isobutyhnorphin  397. 
Isobutylnitrit  80. 
Isobutylphenol  536. 
Isobutylphenoljodid  598. 
Isobutyraldehyd  96. 
IsobutjTformaldehyd   153. 
Isobutyronitril  87. 
Isobutyrylcholin  329. 
Isobutyrylformamid  450. 
Isocapronitril  87. 
Isochinin  244. 

Isochinolin  209,  294,  303,  311. 
Isochinolinmethyljodid  209. 
Isochiuoliumhydroxyd  299. 
1-Isochinolylmethylketon 

247. 
Isochinontetrahydrür    126, 

151. 
Isocicutin  296. 
Isococain  336,  355. 
Isocoffein  94,  793. 
Isocotoin   747. 


Sachregister. 


871 


Isooctylhydrocuprein    s.   Vu- 

cin. 
Isocumarincarbonyltropein 

345,  366. 
Isocyanessigsäure  86. 
Isocyanide   27,  85. 
Isocyansäureäthylester  s. 

Athylcarbimid. 
Isocyanursäureäthylester  s. 

Triäthylearbimid. 
Isocyanursäureallyläther    88. 
Isocymarigenin   775. 
Isodialursäure   167. 
Isodionin  408. 
Isodiphenylpiperidid   319. 
Isoemetin   125,   466,  467. 
Isoeugenol  592. 
Isoeugenolacetdiäthylamino- 

methylamid  386. 
Isoeugenoläthylcarbonat  579. 
Isoeugenolcarbouat    579, 

580. 
IsoeugenoUnethylcarbonat 

579. 
Isofenchylalkohol   191. 
Isoform  604. 

Isohomobrenzcatochin  588. 
Isohydroxyphenvläthylamin 

448. 
Isokresolcarbonylphenyl- 

phosphorsäiireester  785. 
Isoleucin   125,    138,   140. 
Isomethylgranatolin  352. 
Isomorphin  403,   404. 
Isomuscarin  331. 
Isonitrile  s.   Isocyanide. 
Isonitrosoaceton  74. 
Isonitrosoacetylchinotoxin 

245. 
Isonitrosopropan  74. 
/J-Isoorcin    147. 
Isophotosantonin  754. 
Isophotosantonsäure   754. 
Isophthalsäure   105. 
Isopilocarpin  462. 
Isopral  483.   484. 
Isopropyläthylbarbitursäure 

508. 
Isopropylalkohol  61,  98, 

131,   132,   159. 
Isopropylbenzoesäure  s. 

Cuniinsäure. 
Isopropylbenzol  s.   Ciimol. 
Isopropylbenzylbarbitur- 

säure  508. 
Isopropylcuprein  238. 
Isopropylglykuronsäure    190. 
Isopropylhydrocuprein  240, 

241. 
Isopropyl-m-kresol  546. 
Isopropyl-o-kresol  536. 
Isopropylphenacetin  270. 
N-Isopropylphenacetin  285. 
Isopropylpheuol  536. 


Isopropylphenylcarbamat 

753. 
Isopropylpiperidin  312. 

Isopyramidon  227. 
Isopyrazolon  217. 
Isopyridin  294. 
Isosäfrol   112,  547. 
Isoserin   140. 
Isostrychnin  465. 
Isostrychninsäure  465. 
Isotetrahydro-a  -naphthyl- 

amin  308. 
Isothiocyandimethylester 

85. 
Isothiocyanmethylester  85. 
Isothiocyansäureäthyläther 

88. 
Isovaleramid  496,  768. 
Isovaleriansäure  144, 163,181, 

767,   768. 
Isovalerianylharnstoff  484, 

489,  769. 
Isovaleronitril  87. 
Isovaleryl-p-aminophenol- 

allyläther  266. 
Isovalerylbenzylester  768. 
Isovalerylcarbamid  s.  Iso- 
valerianylharnstoff. 
Isovalerylchinin,  salicyl- 

saures  252. 
Isovaleryldiäthylamid   768. 
Isovaleryldiäthylamino- 

methylharnstoff  499,   769. 
Isovaleryldiätliylaminthy- 

mylmethylen   768. 
Isovaleryldipiperidyldirae- 

thylureid  769. 
Isovalerylguajocolsulfosäure 

588. 
Isovalerylkresotsulfosänre 

588. 
Isovalerylmetliylaminophe- 

nyldimethylpyrazolon   768. 
Isovalerylpiperidylmethyl- 

harnstoff  499. 
Isovalerylsalicylsäure  558. 
Isovanilliu  97,    192. 
Isovanillinsäiire    191. 
Istizin  741,   780. 

Jaborin  462. 

Jalapin   744. 

Jalapinol  744. 

Japancampher  s.  Campher. 

Jaune  solide  643. 

Jod  10,  13,  15,  25,  31,  32,  38, 

70,  109,  129,  134,  206,  473, 

527,  530,  531,  543,  593,  596, 

597,  606ff.,  622. 
Jodacetophenon  85. 
Jodacetylaminophenylarsin- 

säure   705. 
Jodacetylsalicylsäure   612. 
Jodacetylthymol  609. 


Jod-p-äthoxyphenylsuccini- 

mid  597. 
Jodäthyl  607,  608. 
Jodäthyldisulfidjodoform 

623. 
Jodal  489. 
Jodalbacid  613. 
Jodalbiimin   198. 
Jodalbumose   613. 
Jodamraonium  300. 
Jodamylum  s.  Jodstärke. 
Jodanisol   183,   604. 
Jodantifebrin  612. 
Jodantipyrin  s.   Jodopyrin. 
Jodate   183,   814. 
Jodatoxyl  705,   72^. 
Jodbehensäureäthylester  609. 
Jodbehensäureamid  611. 
Jodbehensäureguajacolester 

609. 
Jodbenzoesäure  614. 
Jodbenzol  52,   614. 
Jodbuttersäureguajacolester 

609. 
Jodcacaobutter  609. 
Jodcalciumsaccharose  637. 
Jodcasein  613. 
Jodcatechin  s.   Neosiode. 
Jodchinin  612. 
Jodchloroxychinolin  siehe 

Vioform. 
Jodcinchonin  612. 
Jodcyan  85. 
Joddioxybenzolforraaldehyd 

606. 
Joddioxypropan  611. 
Jodeigon   198,   621. 
Jodeisenlecithin  782. 
Jodeiweiß   613,   621. 
Jodessigsäurephenylester  609. 
Jodeugenol  598. 
Jodfett  608,  609.   610. 
Jodformaldehydstärke  651. 
Jodgallicinwismut  668. 
Jodguajacol  s.   Jodokol. 
o- Jodhippursäure   198. 
Jodhydrochinonmethyläther 

604. 
Jodimidazol  604. 
Jedipin  610. 
Jodisobuttersäiireguajacol- 

ester  609. 
Jodiso  valerianylguajacol- 

est«r  609. 
Jodisovalerianylharnstoff 

484,  489,   610. 
Jodiso  valerianylkreosotester 

609. 
Jodival  489. 
JodkaUum    603,     607,     608, 

613. 
Jodkresol  600. 
Jodlecithin  610. 
Jodleim  613. 


872 


Sachregister. 


Jod-p-methoxyphenylsuccin- 

jmid  597. 
Jodmethyl  70.  298. 
Jodmethylimidazol  453. 
Jodnatrium  13,  607. 
Jodnatriumglukose   607. 
Jodnaphthol  598. 
Jodoanisol  183. 
p-Jodoanisol  s.   Isoform. 
Jodobenzol  614. 
Jodocrol  598. 
Jodofan  606. 
Jodoform  110,  489,  530,  532, 

593ff.,  602,  603,  607,  624, 

635,  669. 
Jodoformäthylsulfidmethan- 

jodid  624. 
Jodoformäthylsulf  odiiso- 

propyljodid  624. 
Jodoformal  595. 
Jodoformalbumin  603. 
Jodoformdimethyläthylsul- 

foniumjodid  623. 
Jodoformeiweiß  s.  Jodo- 

formogen. 
Jodoform-Hexamethylen- 

t«trarüin  s.  Jodoformin. 
Jodoformin  594,  595,  603. 
Jodoformium   bituminatum 

594. 
JodoformjodäthylaUylsulfid 

624. 
Jodoformjodmethylmercap- 

tol  624. 
Jodoformjodmethylperbrom- 

methj'ltrisulfid  624. 
Jodoformogen  595. 
Jodoform-Paraformaldehyd 

595. 
Jodoformtriäthylsulfonium- 

bromid  623. 
Jodoformtriäthylsulfonium- 

ohlorid  623. 
Jodoformtriäthvlsulfonium- 

jodid  623. 
Jodokol  598. 

Jodol  453,  602,  603,  658. 
Jodolalbumin  s.  Jodolen. 
Jodolen  603. 
Jodol-Hexamethylentetra- 

min  603. 
Jodonium   129. 
Jodonivimbasen  71,  614. 
Jodophenetol   604. 
Jodophenin   612. 
Jodophenylarsinsäure   706. 
Jodopyrin  611. 
Jodosobenzoat  614. 
Jodosobenzoesäure  614. 
Jodosobenzol  614. 
Jodosophenylarsinsäure   706. 
Jodothyrin  613. 
Jodoxybenzoesäure  614. 
Jodoxychinolin  606. 


Jodoxychinolinsulfosäure  s. 

Loretin. 
Jodoxychinolinsulfosäure- 

ammoniumjodid  602. 
Jodoxylderivate  598,  599. 
Jodoxj'phenyläthylamin  458. 
Jodoxj-toluylsäurejodid  59S. 
Jodoxytriplienylmethan  602. 
Jodpaknitinamid  610. 
Jodpalmitinsäure     608,     609, 

610. 
Jodpepton  613. 
Jodphenol  87. 
Jodphenolfonnaldehyd  606. 
Jodphenylarsenigsäurejodid 

706. 
Jodphenylarsinsäure  705, 706, 

726. 
JodphenylchinoUncarbon- 

säure   809. 
Jodphenyldimethylbrom- 

pyrazolon  612. 
Jodphenyldimethyldimethyl- 

aminop3TazoIon  612. 
Jodphthaiimid  619. 
3-Jodpropanol   144. 
/?- Jodpropionsäure   158. 
Jodpropionylcholesteriu  611. 
Jodresorcinformaldehyd  600, 
p-Jodsaccharin   142. 
Jodsalicylsäure  612. 
Jodsalicylsäurejodid  598. 
Jodsalol   601. 
Jodsaponin  612. 
Jodsäure  473. 
Jodsesamöl  608. 
Jodsilber   726. 
Jodstärke  31,  596,  610. 
Jodstearinamid  610. 
Jodstearinsäure   609,  610. 
Jodstearinsäureäthylester 

609. 
Jodstearinsäureguajacolester 

609. 
Jodsuccinimid  597. 
Jodtanninleim  613. 
Jodterpin  600. 
Jodthion  611. 
Jodthymol  597. 
Jodthymolsulfosäiu^   605. 
Jodtinktur  607,  608. 
Jodtriäthylglycinamid  620. 
Jodtribromid  530. 
Jodtrichlorid  530. 
Jodtrifluorid  85. 
Jodtrimethylglycinamid  620. 
Jodwasserstoffsäure  607. 
Jodwismuteiweiß   671. 
Jodybin  667. 
Jodzimtsäureguajacylester 

611. 
Jodzimtsäurekresolester 

601. 
Juglon  86. 


Kairin  31,  190,  212,  213. 

Kairolin  212,  213. 

Kakodyl  541. 

Kakodylchlorid  699. 

Kakodylcyanid  699. 

Kakodylfluorid  699. 

Kakodyljacol  699. 

Kakodyloxyd  27,   699. 

Kakodylsäure  699,  700,  821. 

Kakodylzimtsäure  699. 

Kahum  10,  12,  13,  14,  16, 
20,21,23,25,  132,  134,  135, 
799. 

ElaUumbromid   18. 

Kahumchlorid  21. 

Kaliumcuprocyanid  736. 

Kaliumcyanat   75. 

KaUumcyanid  75. 

Kaliumgoldcyanid  734. 

Kaliummetaantimoniat  732. 

KaUumpermanganat  528. 

KaliumpjToantimoniat   700. 

Kaliumquecksilberthiosulfat 
22. 

Kalmopyrin  556. 

Kalomel  678. 

Kalzan  037. 

Kaolin  664. 

Ketohexahydrocymol  s. 
Menthon. 

Kelene  472. 

Ketodihydroeymol  s.  Carvon. 

Ketone  30,  63,  98ff. 

Ketohexahydro-p-ej-mol  s. 
Menthon. 

5-Keto-3-oxy-5. 10-dihydro- 
I      acridin   174. 

Elharsin  706. 
'  Kieselsäure  636. 

Kieselsäurehydrat  636. 

Knallsäure  85. 

Knoblauchöl  s.  Allylsulfid. 

Kobalt  10,  15,  18,  24,  530, 
728. 

Kobalt  cholsaures  690. 

Kobaltammoniake   129. 

Kodaethylin  s.   Dionin. 

Kodein  297,  318,  321,  326, 
392,  393,  394,  395,  396, 
397,  398,  399,  400,  401,  403, 
404,  405,  408,  409,  411,  412, 
414,  424,  425,  429,  432,  575. 

Kodeinbrommethylat  406. 

Kodein-Diäthylbarbitur- 
säure  400. 

Kodeinguajacoläther  399. 

Kodeinkresyläther  399. 

Kodeinon  407. 

Kodeinphenyläther  399. 

Kodein-Veronal  510. 

Kohlehydratphosphorsäure- 
ester 784. 

Kohlehydratschwefelsäure- 
ester  784. 


Sachregister. 


873 


Kohlenoxyd  46,  84,  132,  297. 
Kohlenoxysulfid   107. 
Kohlensäure   100,  297,   577. 
p-Kohlensäiireacetanilid- 

äthylester  278. 
p-Kohlensäureacetanilidpro- 

pylester  278. 
p-KohlensäureacetaniUd- 

butylester  287. 
p-Kohlensäurebenzanilid- 

äthylester  278. 
Kohlensäuremethylester  817. 
Kohlensäuremorphinester 

400. 
p-Kohlensäurephenyläthyl- 

urethanäthylester  278. 
p-Kohlensäurephenyläthyl- 

urethanpropylester  278. 
p-Kohlensäurephenylpropyl- 

urethanäthylester  278. 
p-Kohlensäurepropinanilid- 

äthylester  278. 
Kohlenstoff  26. 
Kohlenstoffsubnitrid  85. 
Kohlenwasserstoffe     27,     30, 

51,  52,   52,   137,  468. 
Kollargol  23,  727. 
Kollidine   133. 
Kombestrophanthin  siehe 

Strophanthin. 
Komenaminsäure   170. 
Komensäure   170. 
Kongo-Azoblau  640. 
Kongorot   641. 
Korallin  641. 
Kosotoxin   752. 
Kotporphyrin   196. 
Kotarnin  422,  427,  429,  430, 

432,  438. 
Kotarnin,  phthalsaures  s. 

Stryptol. 
Kotarninsuperoxyd  430. 
I^applack  646. 
Kreatin  36, 143,  144, 188,  786. 
Kreatinin  501,  786. 
Kreolin  531,  545. 
Kreosoform  586. 
Kreosol  575,  592. 
Kreosoläthylkohlensäure- 

ester  578. 
Kreosol,  arachinsaures  583. 
Kreosolblei  671. 
Kreosolcalcium   671. 
Kreosol,  caprinsaures  583. 
Ivreosol,  capronsaures  583. 
Kreosol,  caprylsaures  583. 
Kreosolcarbaminsäureester 

578. 
Kreosolcarbonat  578. 
Kreosol,  cerotinsaures  583. 
Kreosol,  erucasaures'  583. 
Kreosol  laurinsaures  583. 
Kreosol,  leinölsaures  583. 
Kreosolmagnesium  C71. 


Kreosoknethylkohlensäure- 

ester  578. 
Kreosol,  myristinsaures  583. 
Kreosol,  palmitinsaures  583. 
Kreosol,  recinolsaures  583. 
Kreosol,  sebacinsaures  583. 
Kreosolwismut  671. 
Kreosot  137,  381,  546,  5T5ff., 

589,  590,  591,  592. 
Kreosotäthylkohlensäiire- 

ester  578. 
Kreosotalsulfosäure  588. 
Kreosot,  arachinsaures  583. 
ICreosotblei  671. 
Kreosotcalcium  671. 
Kreosot,    caprinsaures  583. 
Kreosot  capronsaures  583. 
Kreosot,  caprylsaures  583. 
Kreoaotcarbonat     577,     578, 

581,  582,  584. 
Kreosotcarbonatsulfosäure 

588. 
Kreosot,  cerotinsaures  583. 
Kreosot,  erucasaures  583. 
Kreosotiso  valeriansäureester 

583. 
Ivreosot,  laurinsaures  583. 
Kreosot,  leinölsaures  583. 
Kreosotmagnesiiun   671. 
Kreosotmethylkohlensäure- 

ester  578. 
Kreosot  myristinsaures  583. 
Kreosotölsäureester  582. 
Kreosotpalmitat  583. 
Kreosot  palmitinsaures  583. 
Kreosotphosphit  512. 
Ivreosot  ricinolsam'es  583. 
Kreosot,  sebacinsaures  583. 
Kreosotstearat  583. 
Kreosotwismut  671. 
Kresatin  548. 
Kresegol  679. 
Kresol  190,  258,  535,  536,  546, 

590,591,598,625. 
ra-Kresol  116,  533,  534,  535. 
o-Kresol   116,   533,  534,  535. 
p-Kresol  116,   172,  533,  534, 

535. 
Kresolarsinsäure  712. 
Kresolcarbonat  581. 
Ivresole   53,   56,  57,   67,   544, 

545,   555. 
m-Kresole  544. 
o-Kresole  544. 
p-Kresole  544. 
m-ICresolessigsäureester  s. 

Kresatin. 
Kresolkalium  533. 
Kresolkresotinsäureester  563. 
Kresolmethoxymethyläther 

653. 
m-Kresol-o-oxalsäureester 

548. 
Kresolquecksüber  673. 


Kresolsalycilsäureester  563, 

564. 
Kresolschwefelsäureester  535. 
o-Kresolsulfophthalein  200. 
p-Kresol-o-sulfosäure  535. 
Kresolwismut  670. 
Kresolzimtsäureest«r  591. 
Kresontinsäure  554,  555. 
o-Kresooxacet-p-phenetidid 

275. 
m-Kresooxacet-p-phenetidid 

275. 
p-Kresooxacet-p-phenetidid 

275. 
Kresosteril  548. 
Kresotinsäure  546,  553,  573, 

590,  591,  625. 
o-Ivresotinsäure  542. 
Kresotinsäureacetonchloro- 

formester  482. 
Kresotinsäureacetylamino- 

phenylester  573. 
Kresotinsäiireäthylester- 

chlormethylat  568. 
Kresotinsäureguajacolester 

564. 
Kresotinsäurekreosolester 

564. 
Kresotinsäuremethoxym- 

ethylester  569. 
Kresotinsäurenaphtholester 

565. 
Kreso  xylessigsäuregua  j  a  cy  1 

ester  589. 
Kresoxylessigsäurekresyl- 

ester  589. 
Ivresyläthylamin  448. 
p-Kresylpiperidid  317. 
Krötengift  s.   Bufotalin. 
Krurin  671. 
Kryofin  272. 
Ivi-yogenin  222. 
Krypton  530. 
Krysolgan  735. 
Krystallviolett  s.  Methylvio- 
lett. 
Kupfer  10,  15,  24,  528,  538, 

725.  734,  736. 
Kupferacetat  21. 
Kupferacetessigester  543, 

736. 
Kupferalbuminsäure  696. 
Kupferchlorid  532. 
Kupfer,  cholsaures  690. 
Kupferglobulin  693. 
Kupferkaüumcyanid  s. 

Cyanocuprol. 
Kupfer,  kolloid,  736. 
Kupferlecithin  782. 
Kupferoxydhydrat  735. 
Kupferoxynitrosophenyl- 

hydroxylamin  543,   736. 
Kupfersaccharat  737. 
Kupfersalvarsan  735. 


874 


Sachregister, 


Kupferschwefelpepton  543, 

736. 
Kupfer,  stearinsaures  096. 
Kiipfersulfat  736. 
Kupfer,  tetraraethylenbisimi- 

nosaures  737. 
Kj-nurensäure   176,    181. 
Kynurin   193,  210. 

Lactanin  668. 

Lactonitril  87. 

Lactophenin   144,     154,    268, 

271,  274. 
Lactylaminobenzoesäure- 

äthylester  385. 
Lactylaminophenoläthyl- 

carbonat  267. 
Lactylaminophenolallyläther 

266,  818. 
Lactyltropein  342,   344,   345. 
Lävulochloral  477. 
Lävulose   135,   162. 
LiUiilosenitrat  81. 
Lävulinsäure  98. 
Lanthan   15,   18.   134,  816. 
Lanthanoxalat   18. 
Largin  693. 
Laudanon  406. 
Laudanosin  412,  425. 
Laureolcampher  s.   Canipher. 
Laxin   743. 
Leactyl   735. 
Lecithin  781,   782. 
Lecithinferrobromid  698. 
Lecithinferrojodid  698. 
Lecithinkupfer  735. 
Lecithinkupferzinnsäure  735. 
Lenigallol  s.  P\Togalloltriace- 

tat. 
Lenirobin   777. 
Lentin  747. 

Lentin  s.  m-Phenylendiamin. 
Lepidin  209. 
Leucin  73,  125,  140,  141,  157, 

163,  524. 
dl-Leucin   120. 
n-Leucin   163. 
Leucinphosphorsäuredi- 

äthylester  783. 
Leukonsäure   151. 
Lichtgrün  s.   Badisch  649. 
Limonen   180. 
Linalool  543  756. 
Lipojodin  609,   610,   611. 
Lithium  10,  13,  14,  15,  16,  23, 

25,  134,  135,  788,  798,  799. 
Lithium,  chinasaures  siehe 

Urosin. 
Lophin   197. 
Loretin  605,  606. 
Loretinwismut  606,  667. 
Losophan  598,  599,  600. 
Lumiiial    494,    508,    509, 

514. 


/9-Lupetidin  61,  214,  301,  302, 

313,   314,   316. 
Lupinin  323. 
Lupulinsäure   144. 
Lusini   108. 
Lustgas  137. 
Luteokobaltchlorid  24. 
Lutidine   133,   311. 
Lutosargin   673. 
Lycetol  802. 
Lygosin  006. 
Lysidin  799,  802, 
Lysochlor  536,   615. 
Lysocythin   327. 
Lysoform  530. 
Lysol     531,    536,    537,    545, 

628. 

Magisterium    Bismuthi     662, 

666,  691. 
Magnesiima    10,    11.    13,    14, 

15,   22,   134,    149,   528. 
Magnesiumglycerophosphat 

783. 
Magnesium  ricinolsaures  743. 
Malachitgrün   537,   641,  642. 

647. 
Malanilsäure   104. 
I  Malatein  278. 
Malarin  279. 
j  Maleinsäure   120,    126,   144. 
!  MaUebrein  738. 
Malonal  s.  Veronal. 
Malonsäure   102,    132,    133, 

158,    161. 
Malonsäuredinitril  87. 
Malonsäuretrichlorbutvlester 

483. 
Jlalonylarsanilsäure  707. 
Malonylguanidin  95. 
Maltose   135. 
Mandarin  s.   Orange  II. 
Mandelsäure    106,    107,    174, 

225,   272. 
1-Mandelsäuro   164,   175. 
r-Mandelsäure   172. 
Mandelsäurephenetidid  s. 

Amygdophenin. 
Mandelsäuretropein  siehe 

Homatropin. 
Mandelsäure-i/'-tropein   121, 

352. 
jNIandelsäurenitril  88. 
Mangan  10,   18. 
Manganchlorid  530. 
Mannit  55,  135,  136,  159,  162. 
Mannitarsensäure  701. 
Mannithexanitrat  81. 
Mannitorthosilicat  636. 
Mannitpentanitrat  81. 
Marmonose   137. 
Mannose   125,   162. 
d-Maimose   119. 
Maretin   146,  222. 


Margol  733. 

Martiusgelb  83,  101,  639. 

Meconsäure   1 70. 

Meconsäureäthyläther   170. 

Meconsäurepropyläther   170. 

Medinal  494. 

Melilotol  519. 

MeUitsäure  105. 

Melubrin  231. 

Menolysin  440. 

Menthan   112. 

p-Menthandiol   191. 

Menthen   191,  539. 

Menthenol  191. 

Menthenon   757. 

Menthol  112,   126,   184,   190, 

381,  531,  535,  538,  553,  592, 

756,  758,  759,  760,  777. 
Mentholacetylsalicylglykol- 

säureester  762. 
Mentholäthylglykolsäureester 

760. 
Mentholbromiso  valerian- 

säureester  761. 
Mentholcarbaminsäureester 

578. 
Mentholcarbonat  578,  759. 
Mentholformaldehyd  653. 
Mentholglykuronsäure   184. 
MenthoUsovalerylglykol- 

säureester  701,  769. 
Mentholisovaleriansäure- 

ester  s.  Valuol. 
(!f-Menthollactosid   175. 
Mentholäalicylester  s.  Sali- 

menthol. 
Mentholsaücylglykolsäure- 

ester  762. 
Mentholsalicylsäureacetol- 

estercarbonat  761. 
Mentholsalicylsäuremethoxy- 

methylestercarbonat  761. 
MentholsaUcylsäuremethyl- 

estercarbonat  761. 
Mentholsalolcarbonat  761. 
Menthon  112,  756. 
1-Menthonisoxim  305. 
Menthylamin  759. 
Menthylmilchsäureester    760. 
Meracetin  678. 
Mercaffin  690,   691. 
Mercaptale   147. 
Mercaptane    107,    108,     147, 

199. 
Mercaptursäureglykuron- 

säure   185. 
Mercinol  678. 
Mercuri  s.   Quecksilber. 
Mercuriacetanilidazotoluol 

687. 
Mercuriaminodimethylsulfo 

säure  684. 
Mercuriaminophenolsulfo- 


Sachregister. 


875 


Mercuriaminosulfobenzoe- 

säure  685. 
Mercuriehaulmugrasäure  681. 
Mercuricyclohexencarbon- 

säureanhydrid  681. 
Mercuridibenzoesäure  683, 

688. 
Mercuribenzoesulfosäure  680. 
Mercuridisulfamidbenzoe- 

säure   682. 
Mercurierukasäure  681. 
Mercuribisareinosalicylsäure 

726. 
Mercuribismethyloxj'benzol- 

arsinsäure  726. 
Älercuribisoxynaphthalmdi- 

svilfosäiire   726. 
Mercurilecithin  681. 
Mercurimetanilsäure  685. 
Mercuriölsäure  681. 
Mercurioleinsäureäthylat  681. 
Mercurisalicylarsensäureester 

s.  Tresol. 
Mereurisalicylsulfosäure  680. 
Mercurisulfamidbenzoesäure 

682. 
Mercurisulfokresotinsäure- 

suceinimid  679. 
MercurisulfosaUcylsäure- 

succinimid  679. 
Jlercuritheobromm  691. 
Mercuritheophyllin  691. 
Mercuri triolein  681. 
Merciirizimtsäuremethylester 

681. 
Mereuro   s.   Quecksilber. 
Mercurochrom  679. 
Mercurocoffein  s.   Mercaffin. 
Mercurodij  odphenolsulf  o- 

säure  s.   Anogon. 
Mercurophen  679. 
Mercurophenyldimethylsulf- 

aminopyrazolon  684. 
Mercurotheobromin  690. 
Mercvirotheophyllin  690. 
Mergal  690. 
Merjodiu  s.   Anogon. 
Merlusan  s.  Tyrosinqueck- 

silber. 
Merochinen  215. 
Merochinenäthj'lester  245. 
Jlesaconsäure   126,   165. 
Mesitylen  52,  53,  64,  173,  193. 
Mesitylensäure    173,    193. 
Mesityloxyd  98. 
MesoporphjTin   196. 
Mesotan  568. 

Meso  Weinsäure  100,  119,  161. 
Mesoxalsäure  158. 
Mesoxalylharnstof  f  s.  Alloxan. 
Mesoyohimbin  440. 
Metachloral  474. 
Mstaldehyd  96,   130. 
Metanicotin  306,   311   460. 


Metanilgelb  645. 
Metanilgelb  s.  Orange  MN. 
Metaphosphorsäure  s.   Phos- 
phorsäure. 
Metarsanilsäuro   704. 
Meta  vanadinsäure   19. 
Methacetin     144,     265,     267, 

269,  287. 
Methan  51,  471,  489,  523. 
Methanarsenoaminophenol 

714. 
Methanyldianisidin  378. 
Methenyldiphenetidin  378. 
Methenyloxyaminobenzoe- 

säuremethylester  387. 
Methenyltriäthyläther  495. 
Methokodein  404,  410. 
Methoxyäthyüdensalicylat 

568. 
Methoxyatophan  809. 
o-ilethoxybenzoesäure  555. 
p-Methoxychinolin    s.    Chin- 

anisol. 
6-Methoxychinolyl-4-äthyl- 

keton  248. 
6-Methoxyehiaolyl-4-methyl- 

keton  248. 
4(-p-Methoxychinolyl)-2-py- 

rylcarbinol  247. 
Methoxycoffein  62,   92,   93. 
Jlethoxycumarin   820. 
ilethoxydiäthylbarbitur- 

säure  509. 
Methoxydibromdihydrozimt- 

säureborneolester  761. 
Methoxydimethylamino- 

äthoxyphenanthren  411. 
p  -  Me  t  hoxydioxydihydrochi- 

nolin  214. 
Methoxyhydrastin  s.  Xarko- 

tin. 
Methoxyjodphenylchinolin- 

carbonsäure  809. 
p-Methoxylepidin  215. 
Methoxymethyläthylhomo- 

piperonylamin  458. 
Methoxymethylallylamin458. 
p-JIethoxy-y-methylchinolin 

215. 
iletho  xymethyldiäthylamin 

458. 
llethosyosymethyldicliinolin 

214. 
Methoxymethylhomopiper- 

onylamin  458. 
Methoxymethylmenthol  760, 

766. 
Methoxymethylmethylhomo- 

piperonylamin  45S. 
Jlethoxjanethylsantalol  766. 
Methoxynaphthoesäureamid 

520. 
Methoxyphenanthrencarbon- 

säure  394. 


Methoxyphenoxydimethyl 

aminopropanol  371. 
Methoxyphenyläthanolamin 

454. 
Methoxyphenyläthanolamin- 

methyläther  454. 
Methoxyphenyläthylbarbi- 

tursäure  508. 
p-Methoxyphenylalanin    169. 
Methoxyphenylaminochino- 

lincarbonsäure  811. 
Methoxyphenylcarbamin- 

säurediäthylaminoäthanol- 

ester  376. 
Methoxyphenylchinolincar- 

bonsäure  s.  Isatophan. 
Methoxyphenylchinolincar- 

bonsäureisoamylester  810. 
Methoxyphenylphenylacetyl- 

diketopyrrolidin  805. 
Methoxyphenylphenylben- 

zoyldiketopyrroUdin  805. 
Methoxyphenylphenylchino- 

lincarbonsäure  807. 
Methoxyphenylpropylamin 

458. 
p-Methoxyphenylpropion- 

säure   169. 
Jlethoxyphenylsemicarbazid 

222. 
p-Methoxytetrahydrochino- 

lin  s.  Thallin. 
Methoxypiperonylchinolin- 

carbonsäure  811. 
Met-Thebenin  412. 
Methychinolin  214. 
Methylacetyltetrahydro- 

naphthylamin  446. 
Methyläthylacetylhamstoff 

498. 
Methyläthyläther  472. 
Methyläthylbarbitursäure 

506. 
Methyläthylbromacetylham- 

stoff  489. 
Methyläthylcarbinolurethan 

497. 
Methyläthylconiin  298. 
Methyläthylketon   158,  495. 
Methyläthylketoxin  495. 
Methyläthylmalonylharn- 

stoff  493. 
Methyläthylnorhydrastinin 

438. 
Methyläthylpinakon  492. 
I  Methyläthylpropylcarbiuol 

185. 
Methyläthylthiohamstoff 
1      108. 
j  Methylal  517. 

dl-a-JIethylalanin   163. 
i  Methylalkohol   61,   131,   158, 

190,  490,  523,  524,  532. 
I  Methylamarin  197,  294. 


876 


Sachregister. 


Methylamin    28,  62,   66,   71, 

95,  158,  294,  302. 
Methylaminoacetobrenz- 

catechin  s.  Adrenalon. 
Methylaminäthanol  444. 
7-Methylamino-8-amino- 

xanthin   188. 
p-Methylaminobenzoesäure 

179. 
Methylaminobuttersävire  144. 
j'-Methylaminobuttersäure 

151. 
dl-«-Methylaminobuttersäure 

163. 
a-Methylamino-n-capron- 

säure    151. 
dl-a  -Methylaminocapron- 

säure   163. 
Methylaminodioxypyrimidin 

792. 
Methylarainketon  444. 
Methylaminooxyisobutter- 

säureäthylester  370. 
Methylaminoparaxanthin790. 
Methylaminopropionsäure 

144. 
dl-a  -Methylaminovalerian- 

säure    163. 
Methylamigdalyltropein 

345. 
Methylanilin  35,  66,  214,  257, 

258,  301,  302,  501,  718. 
Methylanthranilsäuremethyl- 

ester  263. 
Methylantipyrin  227. 
4-Methylantipyrin   227. 
Methylantipyrylimino- 

pyrin  227. 
Methylanthrachinon  740. 
Methylanthranol   779,   780. 
Methylapomorphiniiun- 

methylatsulfit  406. 
Methylarsenoxyd  821. 
Methylarsensäure  821. 
Methylarsin   699. 
Methylarsindichlorid  67. 
Methylarsinsäure  699. 
Methylatropin  298,  301,  349, 

391. 
Methylatropiniiimmethylat- 

sulfit  347. 
Methylbenzamid  520. 
Methylbenzol  s.   Toluol. 
Methylbenzimidazol  90. 
N-Methylbenzoyldimethyl- 

phenyl-y-oxypiperidin- 

cabonsäuremethylester365. 
N-Methylbenzoyltetra- 

methyl-y-oxypiperidincar- 

bonsäureäthylester  365. 
N-Methylbenzoyltetra- 

methyl-)'-oxypiperidincar- 

bonsäuremethylester   siehe 

Euoain. 


N-Methylbenzoyltrimethyl- 

7-oxypiperidincarbonsäure- 

methylester  365. 
Methylbrucin  297,   301. 
Methylbutylcarbinolurethan 

497. 
Methylcarbaminoarsanilsäure 

707,  709. 
Methylcarbonylphenylphos- 

phorsäure   785. 
Methylcarbylamin  86. 
Methylchinidin   301. 
Methylchinin   301. 
C-Methylchinin  244. 
Methylehinizarin  741. 
Methylchinolin  294,  301. 
a-Methylchinolin  s.  Chinal- 

din. 
7-MethylchinoIin  s.  Lepidin. 
o-Methylchinolin   180. 
p  Methylchinolin    180. 
Methylchinoliiicarbonsäure 

807. 
Methylchinolinchlorid  299. 
Methylchinolindicarbonsäuro- 

diäthylester  808. 
2-Methylchinolylketon  247. 
Methylchlorid  471,   533. 
Methylchlorkohlensäureester 

817. 
Methylchloroform  69,  472. 
Methylcinchonin  301. 
C-Methylcinchonin  244. 
Methylcocain  301. 
Methylcodein  301. 
8-Methylcoffein  94. 
Methylconim  298,  318. 
Methylcumarsäure   105. 
Methylcumarinsäure   105. 
Methylcyanoacetat  87. 
Methylcyanamid  75. 
N-Methylcyandimethyloxy- 

pyridin  313. 
Methylcyanosuccinat  87. 
Methylcyanotricarballylat  87. 
Methylcyclohexaminocarbon- 

säureäthylester  388. 
Methylcyclohexan  52,  539. 
Methylcyclohexanon  52. 
Methyldelphinin  301. 
Methyldiäthylbarbitursäure 

493. 
Methyldiäthylcarbinolure- 

than  498. 
Jlethyldiäthylhydantoin  508. 
3-Methyl- 1. 7-diäthylxanthin 

94. 
Methyldibromarsin  85. 
Methyldichlorarsin  85. 
Methyldihydroberberin  426. 
Methyldihydrohydrastinin 

438,   439. 
Methyldihydronorhydrasti- 

nin  439. 


Methyldimethylaminoxan- 

thin  790. 
Methyldimethylindolium- 

oxydhydi'at  301. 
Methyldioxybenzol  s.    Iso- 

homobrenzcatechin. 
Methyldioxyanthrachinon  s. 

Chrysophansäure. 
Methyldioxych  inolincarbon- 

säure   172. 
l-Methyl-2.6-dioxj'purin  189. 
3-Methyl-2.6-dioxypurin  189. 
7-Methyl-2.6-diox}'purin  189. 
4-Methyl-  2. 6-dioxypyrimidin 

s.   Methyluracil. 
5-Methyl-2. 6-dioxypyrimidin 

s.   ThjTnin. 
Methyldiphenylacetyldiketo- 

pjTrolidin  805. 
Methyldiphenylbenzoyldi- 

ketopyrolidin   805.   806. 
Methyldiphenvlenimidazol 

419. 
Methylen-acetochlorhydrin 

68. 
Methylenaloin  742. 
JNIethylenbichlorid  67,  68, 

471,  472. 
Methylenblau  338,  633,  638, 

641,   642,  645,  646,   648. 
Methylenbromid  539. 
Methylenchlorid  472,  533. 
Methylencitronensäure  657, 

803. 
Methylencitronensäureamyl- 

ester  559. 
Methylencitronensäuredi- 

äthylester  559. 
Methylencitronensäuredi- 

salicylsäureester  s.   Nov- 

aspirin. 
Methylencitrylkresotüisäure 

559. 
Methylencitrylsalicylsäure 

559. 
Methylencitryloxytoluyl- 

säure  559. 
Methylencotoinguajacol  746. 
Methylencotoinhydrochinon 

746. 
Methylencotoinnaphthol  746. 
Methylencotoinphenole   746. 
Methylencotoinresorcin  746. 
Methylencotointannin   746. 
Methylendiäthylsulfon   500. 
Jlethylendicotoin  s.   Fortoin. 
Methylendihydrokotamin 

431. 
Methylendikotarnin  429. 
Methylendi[methylphlor- 

butyrophenon]  752. 
Methylendiphlorbutyro- 

phenone   753. 
Methj-lendimethylsulfon  500 


Sachregister. 


877 


Methylendinarkotin  429. 
Methylendioxyphenyldi- 
hydroisochinolin  438. 
Methylendioxyphenylpro- 

pylamin  458. 
Methylendisalicylsäurejodid 

605. 
Methylenditannin  s.   Tanno- 

form. 
Methylenharnstoffgallus- 

säure  661. 
Methylenhippursäure   798. 
Methylenitrohippursäure  798. 
Methylenkreosot  585. 
Methylenoxyuvitinsäure  653. 
Methylensalicylsäure   653. 
Methylentanninacetamid  661. 
Methylentannincarbamid 

661. 
Methylentanninmethylthio- 

harnstoff  601. 
Methylentamiinpropionamid 

661. 
Methylentanninurethan  661. 
Methylentetrahydropapa- 

verin  437. 
Methyleuphorin  263. 
Methylformyltetrahydro- 

naphthylamin  440. 
MethylglykokoU  s.   Sarkosin. 
Methylglykokollanthranil- 

säureraethylester  390. 
Methylglykolylphenetidid     s. 

Kryofin. 
Methylglykosid  138. 
Methylgranatolin  352. 
Methylgrün  301. 
Methylguanidin  75. 
Methylguauidinessigsäure  s. 

Kreatin. 
Methylharnsäure  63. 
MethyUmrnstoff  63,  524. 
MethyUiarnstoffphenylstibin- 

säure  729. 
Methylhexamethylentetr- 
amindichromat  s.  Chromo- 
form. 
Methylhexamethylentetr- 
aminpentaborat  s.   Anti- 
staphin. 
Methylhexanonisoxim  305. 
Methylhydantoinsäure   796. 
Methylhydrastamid  432. 
MethyUiydrastimid    s.   Arne- 

nyl. 
Methylhydrastin  427. 
Methylhydrastinin  440. 
Methylhydrocotoin   746. 
Methylhydroxyphenyläthyl- 

amin  448. 
Methylimidazol  90. 
Methylindolarsinsäure  719. 
MethylindolcarboBsäure- 
quecksilberoxyd  687. 


Methylindolquecksilberacetat 

687. 
Methylinosit   138. 
Methylisoadrenalin  444. 
Methylisoamylamin  72. 
MethyUsochinoUnchlorid  299. 
Methylisocyanid  s.   Methyl- 

carbylamin. 
Methylisooxychrysasin  739. 
m-Methylisopropylbenzol 

180. 
Methylisopropylhexanoniso- 

xim  305. 
Methyljodid  523. 
Methyl]  odidspartein  301. 
Methyl]  odoxychinolinsulf  o- 

säure  606. 
MethyljodoxychinoUnwis- 

mutosyjodid  670. 
Methylketolarsinsäure  719. 
Methylketolquecksilberace- 

tat  688. 
Methylkodein  297,  405. 
Methylkodeiniummethylat- 

sulfit  406. 
Methylkodeinjodmethylat 

406. 
Methylkresol  598. 
Methylkresoljodid  598. 
Methylmercaptan   199. 
Methylmethoxymethylhomo  - 

piperonylamin  458. 
Methylmorphünethin  1 23, 1 24, 

409,  410,  411. 
Methylmorphimethyldi- 

hydroisoindol  411. 
Methylmorphimethylmor- 

pholin  411. 
Methybnorphimethylpiperi- 

din  411. 
Methylmorphin  s.   Codein. 
Methylmorphiniumchlorid 

405. 
Methylmorphiniummethylat- 

sulfit  406. 
Methylmorpholdimethyl- 

aminäther  411. 
Methylnaphthalin   54. 
Methylnaphthylchinolincar- 

bonsäure  811. 
Methylnarkotamid  432. 
Methyhiarkotiniid  431. 
Methylnarkotiniummethylat- 

sulfit  406. 
Methylnicotin  297. 
Methylnitramin  84. 
Methylrdtrat  81. 
Methylnitrit  80. 
Methylnorylkoton  98. 
Methylnoradrenalin  819. 
Methylolbenzamid  652. 
Methylolocarbazol  653. 
Methylorange  641. 
Methyloxycarbanil   197. 


Methyloxychinolinwismut- 

jodid  670. 
N-Methyl-8-oxymethyl- 

thallin  409. 
N-Methyl-y-oxyprolin   125. 
Methylparaconyltropein  344. 
Methylpentanonisoxim  305. 
Methylphenacetin  270,   284, 

499,   718. 
p-Methyl-o-phenetylham- 

stoff  153. 
N-Methylphenylurethan  67. 
Methy Iphenmorpholin  416. 
Methylphenoxydimethyl- 

aminopropanol  371. 
Methylphenylätlianolamin  72. 
Methyl- /O-phenyläthylamin 

72. 
p-Methylphenylalanin  169, 

187. 
Methylphenylcarbaminsäure- 

diäthylaminoäthanolester- 

chlorhydrat  376. 
Methylphenylearbinol  382. 
Methylphenylchinolincarbon- 

säure  s.   Paratophan. 
Methylphenylchinolincarbon- 

säureäthylester  808. 
MethylphenylchinoUncarbon- 

säureäthylester  s.     Nova- 
tophan. 
Methylphonylchinolincarbon- 

säureisoamylester  810. 
Methylphenyldihydrocliin- 

azolin   748. 
p-Methylphenylguanidin- 

nitrat   143. 
Methylphenylketon  s.  Aceto- 

phenon. 
Methylphosphin  216. 
Methylpinakon  492. 
Methylpipecolylalkin  317. 
Methylpiperidin  301. 
a-Methylpiperidin  312. 
N-Methylpiperidin  312,  805. 
n-Methylpiperidii)   294. 
Methylpiperidinoxyd  395. 
MethylpiperonylchinoUncar- 

bonsäure  811,  813. 
Methylpiperonylchinolin- 

carbonsäureäthylester  807. 
Methylpiperonylchinolin- 

carbonsäureglycerinester 

813. 
Methylpiperonyldimolin- 

carbonsäuremethylester 

808,   813. 
MethylpiperonylchimoUn- 

carbonsäuretoluidid  810. 
Methylpropionsäureamid  496. 
Methylpropylbarbitursäure 

506. 
Methyl-n-propylcarbinolid- 
carbonat  581. 


878 


Sachregister. 


Methylpropylcarbinol- 

urethan  s.   Hedonal. 
Methylpropyljodpropion- 

säureguajacolester  609. 
Methylpropylketon   156,  158, 

159,    495. 
Methylpropylketoxim  495. 
Methylpropyhnalonylharn- 

stoff  493. 
Methylpropylphenoxydi- 

methylaminopropanol  371. 
p-Methylprotocatechua!de- 

hyd  s.   Isovaniliin. 
Methylprotocotoin  746. 
7-Methylpurin  91. 
Methylpyridin  294,   311. 
«-MethylpjTidin  s.   Picolin. 
Metliylpyridiniumchlorid  299. 
Metliylpyridylammonium- 

hydroxyd  187,  299. 
Methylpyrrolidin  461. 
Methyl-N-pyrrolidin  243, 

304. 
Methylresacetophenon  s. 

Päonol. 
Methylrhamnose   138. 
Methylsaccharin   142. 
Methylsalicylat  565. 
Methylsalieylsäure  62,  192. 
Methylsaligenin  380,   382. 
Methylstrophantin  773. 
Methylstrychnin  297,   299, 

301,  465,   501,   553. 
Methylsulfid   108,   188. 
Methylsulfone  45. 
Methyltetrahydroberberin 

427. 
N-Methyl-tetrahydrochino- 

lin  36,  67. 
Methyltetrahydronaphthyl- 

amin  446. 
N-Methyltetrahydronico- 

tinsäure  s.   Areeaidin. 
N-Methyltetrahydronicotin- 

säuremethylester  siehe 

Are  Colin. 
N-Methyltetrahydropapa- 

verin  424. 
Methyltetramethylenbis- 

iminoessigsäure  737. 
N-Methyl-a-tetramethyl- 

pyrrolidin-/?-carbonsäure- 

amid  408. 
N-Methyl-a-tetramethyl- 

pyrrolin-/?-carbonsäure- 

amid   804. 
Mothylthallin  409. 
Methylthebain  297,   301. 
Methylthebajumiuethylat- 

sulfit  406. 
Methyltlieobromin  92. 
4-MethyIthiazol-5-carbon- 

säureäthylester  150. 
Metliylthiophen  s.  Thiotolen. 


Methyltriacetonalkamincar- 

bonsäuremethylester  361. 
Methyltriacetonalkamin- 

mandelsäureester  391. 
Methyltriäthylstibonium- 

hydrat   128,   300. 
Methyltriäthylstiboniuin- 

jodid   20,   300. 
Methyltriclilorätliylalkohol- 

allophansäureester  479. 
Methyltrihydroxychinolin- 

carbonsäiire   213. 
Methyltrihydroxy-o-chinolin- 

carbonsäiire   171,   172. 
Methyltrioxyanthrachinon- 

oxyd   740. 
rt-Methyltryptophan  176. 
Methyltyrosin  s.   Surinamin. 
Methyhiracil   167. 
Methylurethan   61,  497,  521, 

522. 
Methylvanillin  97,    192. 
Methyl veratrin  301. 
N-Methylvinyldiaeetonalka- 

mine'l22,   360. 
Methylvinyldiacetonalkamin- 

mandelsäureester  391. 
N-Methylvinyldiaceton- 

alkamine  (stabil  und  labil) 

118. 
Methylviolett  64,  65,  301, 537, 

641,   642,   649. 
1-Methylxanthin   168,   790. 
3-Methylxanthin  44,   91,    92, 

95,  793. 
7-Methylxanthin  s.  Hetero- 

xanthin. 
Methylxanthintheobromin- 

carbonat  794. 
Mikrocidin  550. 
Milchsäure     155,     158,     181, 

204. 
dl-Milchsäure   161. 
Milchsäureamid  521. 
Milehsäureanhydrid   151. 
MUchsäurechloralid  476. 
Milchsäurenitril  s.   Lacto- 

nitril. 
Milchsäuretropein   343. 
Milchzucker  135,  772. 
Molybdän  530. 
Monacetyltrichlortertiär- 

butylalkohol  484. 
Monäthanolaminoketon  443. 
Monäthoxyacetylmorphin 

406. 
Monoacetin   60,  521,  522. 
Monoacetylaminocoffein  789. 
Monoacetylmorphin  396,  397, 

403. 
Monoacetyl-p-phenylen- 

diamin  77,   256. 
Monoacetylresorcin   777, 
778. 


Monoäthylaminobenzoe- 

säurediäthylaminoäthyl- 

ester  373. 
Monoäthylanilin  261. 
Monoäthylharnstoff  524. 
Monoäthylnialonylharnstoff 

492. 
Monoäthylmonomethylanti- 

pj'rin  229. 
Monoäthyl-/3-naphthylamin- 

hydrür  307,   308. 
Monoaminodiphenylstibin- 

säure   730. 
Monobenzoylmorphin  396, 

397. 
a-Monobenzoylphenylhy- 

drazin  219,   220. 
Monobenzoylrufigallussäure- 

tetramethyläther  741. 
Monobenzoyltannin  660. 
Monobenzylbrenzcatechin- 

carbonsäiu-e  589. 
Monobromäthylacetat  85. 
Monobromantipyrin    s. 

Bromopyrin. 
Monobronibenzoesäure   198. 
Monobrombenzol   198. 
Mouobromchinin  242. 
Monobromcampher  759,  762. 
Monobromdiäthylbarbitur- 

säure  488. 
Monobromessigsäure   70,  198. 
Monobromisovalerianogly- 

kolylharnstoff  s.   Archibro- 

min. 
a-Monobromnaphthalin    176. 
Monobromnaphthol  537,  616. 
Monobromphenol  617. 
p-Monobromphenylacetamid 

618. 
Monobromsalicin   138. 
Monobromthymotinpiperidid 

317. 
Monobromtrimethylcarbinol 

484. 
Monocantharidyläthylen- 

diaminaurocyanid  734. 
Monochloracetiminoäthyl- 

äther  69. 
Mouochloracetylmorphin  406. 
Monochloräthylacetat  85. 
Monochloräthylidenchlorid 

69. 
Monochloralantipyrin  480. 
MonoehloraUiamstoff  478. 
Monochloral-hexamethylen- 

tetramin  476. 
Monochlorbenzol  70,   539. 
Monochlorcampher  762. 
Monochlordiäthylbarbitur- 

säure  488. 
Monochlordiäthylsulfid  68. 
Monochlordimethylamin  68. 
Monochiordinitrophenole  145. 


Sachregister. 


879 


Monochloressigsäure  68. 
Monochlorhydrin  69, 145,  521, 

539. 
a-Monochlomaphthalin  176. 
MonocMomaphthol  537,  616. 
Monochlor-p-oxybenzoesäure 

617. 
Monochlorsalicin   138. 
p-Monochlortoluol  539. 
Monochlorylsulfeunidbenzoe- 

säure   617. 
Monodibrompropyldiäthyl- 

barbitursäure  508,  509. 
Monof  ormyl- 1 . 3-dimethyl- 

4. 5-diammo-  2. 6-diosj'pyTi- 

mjdin  96. 
Monoguaj  acolphosphorsäure 

s.  Novocol. 
Monojodaldehyd  s.   Jodal. 
Monojodbehensäure  608, 

609. 
Monojodkresolsulfosäure  605. 
Monojodisovalerianoglyko- 

lylharnstoff  611. 
Monojodphenolsalicylsäure- 

ester  615. 
Mono  jodsalicylsäureamid6 1 2. 
Monojodstearinsäure  608. 
MonojodthjTiiol  597,     599. 
Monojodzimtsäureamid  611. 
Monoketooxystearinphospho- 

rige  Säure  783. 
Monomethylaminobenzoe- 

säure   189. 
Monomethylaminobenzoe- 

säurediäthylaminoäthyl- 

ester  373. 
Monomethylaminobenzoe- 

säurepiperidoäthylester 

373. 
Monomethyldibrom-o-toluo- 

din  189. 
Monomethylenzuckersäure 

169. 
3-Monomethylhamsäure  95. 
7-Monomethylhamsäure  95. 
Monomethj'lphloroglucin  515, 

750. 
S-Monomethylxanthin  s. 

Methylxanthin. 
Monophenetidincitronensäure 

s.  Apolysin. 
Monophenylarsinsäure   700. 
Monopropionylmorphm  397. 
Monopropylmalonylharn- 

stoff  492. 
Monosalicylhydrochinon- 

ester   564. 
Monosalicylsäureglycerm- 

ester  570. 
Monotal  577,  583. 
Moronal   738. 
Morphigenin  418,  419. 
Morphimethin  411. 


Morphin  5,  28,  29,  36,  39,  48, 
58,  59,  63,  101,  107,  113, 
190,  203,  228,  293.  294,  298, 
307,318,319,  321,  356,  391, 
393ff.,  413,  419,  424,  425, 
429,  432,  463,  466,  469,  473, 
575,  646. 

Morphinäther  420. 

Morphinätherschwefelsäure 
29,   36,   39,   58,    101,  .397. 

Morphinbromäthylat   405, 
406. 

Morphinbrommethylat  405, 
406. 

Morphincarbonsäureäther 
400. 

Morphin-Casein  420. 

Morphinchinolinäther  403. 

Morphindiäthylbarbitiu-- 
säure  510. 

Morphinglykosid  420. 

Morphiniummethylliydrosyd 
35. 

Morphinkohlensäureäthyl- 
ester  400. 

Morphinkohlensäureamj-l- 
ester  400. 

Morphinkohlensäuremethyl- 
ester 400. 

Morphinkohlensäurepropyl- 
ester  400. 

Morphinmethyljodid  297. 

Morphinmethylsulfat  297. 

MorphinmethoxjTnethyl- 
äther  399. 

Morplun-Xarkotin  406. 

Morphinoxyd  395. 

Morphinphenyläthylbarbi- 
tursäure  820. 

Morphin-Saccharin  253. 

Morphinschwefelsäure  393, 
395. 

Morphinviolett  646. 

Morphol  410. 

Morpholin  415,  416. 

Morphothebain  412. 

Morphoxylessigsäure  403. 

Morphoxylessigsäureäthyl- 
ester  403. 

Morphoxylessigsäuremethj'l- 
ester  403. 

Movrageninsäure   744. 

Movragensäure   744. 

Movrasäure   744. 

Mo\Tin   744. 

Muconsäure   171. 
;  Multanin   737. 
1  Murexid  90. 

Muscarin  124,  328,  330,  332, 
391,  597, 

Muscarinäthyläther  330. 

Mydriasin  346,  349,  354,  357. 

Mydriatin  368. 

Myristicin  439. 


Machtblau  649. 
Nagarot  647. 

Naphthalanmorpholin  416. 
/?-Naphthalanin   173. 
Naphthalin  54,  102,  103,  133, 
176,  190,  260,  292,  306,  310, 
523,  530,  534. 
Naphthalincarbonsäure   102. 
Naphthanmorpholin  414. 
Naphthindolarsinsäure   719. 
Naphthionsäure   151,  550. 
a-Naphtoesäure   195. 
/?-Naphtoesäure  103,  195. 
NaphthohydrochinonsaUcylat 

563. 
Naphthol  133,  176,  190,  531, 

536. 
«-Naphthol    117,    534,    535, 

536,  550,  592,  616. 
/J-Naphthol     103,     117,    534, 
535,  536,  537,  550,  592,  616, 
650. 
Naphtholäthyläther     539, 

575. 
Naphtholarsinsäure   717. 
Naphtholcamphersäure   763. 
a-Naphtholcarbonsäure  561. 
/?-Naphtholcarbonsä>ire  561. 
Naphthole   544. 
Naphtholgelb  S  101,  639,  644, 

649. 
Naphtholkohlensäuredi- 

äthylaminoäthylester  590. 
Naphthohnethyläther  590. 
^-Naphtholnatrium  s.  Mikro- 

citin. 
a-Naphtholorange  644. 
/J-Naphtholorange   644. 
Naphtholoxynaphthoat    563. 
Naphtholquecksilber  673. 
Naphthokot  S  649. 
a-Naphtholsäure  195. 
^-Napht  holsäure   103,  195. 
NaphtholsaUcylsäureester 

572. 
Naphtholschwarz  P  640. 
:  Naphtholsulfosäure  536,  550. 
I  /^-Naphtholsulfosäure  249. 
Xaphtholwismut   670. 
Naphthonitril  87. 
Naphthopiaselenoldisulfo- 
I      säure  633. 

'  Naphthoxylacetamid  574. 
Naphthoxydimethylamino- 

propanol  371. 
Naphthoxylessigsäurekresyl- 
ester  589. 
I  /5-Naphthursäure   195. 
I  Naphthylamin  306. 
I  a-Naphthylamiu  117,  295. 
I /?-Naphthylamin      117,      177, 
295,  296,  307. 
«-Naphthylaminoazo-yti-na- 
phtholdisulfosäure   101. 


880 


Sachregister. 


Naphthylaminsulfosäure  s. 

Naphthionsäure. 
a  -NaphthylazDacetessigsäure- 

äthylester  259. 
Naphthylazoessigsäure   78. 
/?-Naphthylbrenztrauben- 

säure    173. 
Naphthylchinolincarbon- 

säure  811. 
1-2-Naphthylendiamin  76. 
Naphthylmethylaminometh- 

oxyäthan  819. 
Naphthylquecksilberacetat 

685. 
Naphthylquecksilberchlorid 

685. 
a-NaphthylsaUcylat  563. 
/J-Naphthylsalicylat  563. 
Narcein  420. 
Narceinester  420,  421. 
Narceinnatrium-Natrium- 

salicylat  s.   Antispasmin. 
Narceinphenylhydrazon  421. 
Narcyl  420. 
Naringin  201. 
Narkophin  407. 
Narkotin  407,  422,  423,  424, 

425,  429,  430,  431,  466. 
Narkotinsulfosäure  430. 
Nataloin   740. 
Natrium    10,    12,    14,    15,    16, 

20,  21,  22,  23,  25,  134,  135. 
Natriumbiearbonat  798. 
Natrium   bis-p-acetamino- 

phenylarseniat  711. 
Natriumbis-2-acetaraino- 

tolyl-5-arseniat  711. 
Natriumbis-p-aminophenyl- 

arseniat  711. 
Natriumbis-2-aminotolyI-5- 

arseniat  711. 
Natriumbromid   18,   22. 
Natriumehlorid  22. 
Natriumjodid   22. 
Natriummethylnitramin  84. 
Natriumnitrit  84. 
Natriumoxymercurinitro- 

phenolat  s.   Mercurophen. 
Natriumpersulfat  814. 
Natriumsulfantimoniat  732. 
Natriumsulfat  22. 
Natriumsulf obromamine  617. 
Natriumthiosulfatqueck- 

silberbenzoesäure  685. 
Nelkenöl  538. 
Neodymium   15,   18. 
Neoerbium   18. 
Neohexal  s.  Hexamethylen- 

tetraminsulfosalicylat. 
Neon  530. 
Neopyrin  228. 
Neosalvarsan  542,   716,   725, 

728. 
Neosalvarsangold  727. 


Neosalvarsankupfer  727. 
Neosalvarsanplatin  727. 
Neosalvarsansilber  727. 
Neosin  330. 
Neosiode  600. 
Neotannyl  738. 
Nerolol  756. 
Neucesol  320. 
Neufuchsin  65. 
Neuraltein  283,   284. 
Neurin  36,  113,  238,  327,  332. 
Neurodin  276,   277. 
Neuronal  485. 
Neu-Sidonal  797. 
Neutraltrypaflavin   647. 
Neu-Viktoriablau     B     649. 
Nickel  10,   15,   18,  530. 
Nicotein  320. 
Nicotin  28,  123,  243,  295,  306, 

307,  319,  320,  445,  449,  459, 

460,461,469,525. 
Nicotiniumhydroxyd  35. 
Nicotin,  salicylsaures  s. 

Eudermol. 
Nicotinsäure   106,   187,   193. 
Nicotinsäuremethylester- 

metliylchlorid  s.   Cesol. 
Nicotinursäure   193. 
Ninhydrin  99. 
Nipecotinsäuredimethyl- 

betain  151. 
Nirvanin  390. 
m-Nitranilin  83,   115,    145, 

147. 
o-Nitranilin  83,    115,   145. 
p-Nitranilin  83,    115,   145. 
Nitrate   11,   14. 
Nitrazotin  643,   644. 
Nitrile  27,  85,   148,   198. 
Nitroacetaminophenylstibin- 

säure   731. 
Nitroäthan  81,   523. 
2-Nitroäthanol   144. 
4-Nitro-2-aminobenzoesäure 

147. 
6-Nitro-2-aminobenzoesäure 

147. 
Nitroaminobenzolarsinsäure 

712. 
4-Nitro-2-aminophenol   147. 
Nitroarsanilsäurequecksilber- 

acetat  733. 
Nitroarsanilsäurequecksilber- 

acetat  821. 
Nitrobenzaldehyd  84,    179. 
o-Nitrobenzaldehyd  114,  535. 
m-Nitrobenzaldehyd  182, 186. 
p-Nitrobenzaldehyd  114,  182, 

186,   535. 
o-Nitrobenzaldoxim   149. 
p-Nitrobenzaldoxira   126,149. 
m-Nitrobenzaldoxim    149. 
Nitrobenzoesäure  83,  84,  106, 

115,   145,   149,   182. 


Nitrobenzoesäureglykolester 

767. 
Nitrobenzoesulfosätire  148. 
p-Nitrobenzoesulfinid   145. 
p-Nitrobenzoesäurosulfinid 

142. 
Nitrobenzol  82,  83,  145,  182, 

190,  639. 
Nitrobenzolselencyanid   633. 
m-Nitrobenzoylaminsäure 

145. 
Nitrobenzoylaminobenzoe- 

säureäthylester  818. 
o-Nitrobenzylalkohol   177, 

190. 
5-Nitro-2-bromanilin   147. 
tert.   Nitrobutan   145. 
Nitrochinoline   148. 
5-Nitro-2-chloranilin   147. 
m-Nitrococain   338. 
2-Nitro-3-eumarsäure   147. 
Nitrodiazobenzolfluor   635. 
4-Nitro-2-diazophenol   153. 
Nitrodij  odziratsäureäthyl- 

ester  611. 
Nitrodimethylin  81. 
5-Nitro-2.6-diox}'pyrimidui 

s.   Nitrouranil. 
Nitroform   145. 
Nitroglycerin  60,  81,  135,  145. 
m-Nitrohippursäure   182. 
p-Nitrohippursäure  83. 
Nitrohydrochinon    147. 
Nitroisopentanol   145. 
3-Nitro-4-kresol   147. 
Nitrolsäuren   145,    148. 
Nitromethan  81,  82,  84. 
Nitronaphthalincarbonsäiiren 

149. 
Nitronaphthaline  82. 
Nitronaphthalinsulfosäuren 

148. 
2-Nitro-m-oxybenzoesäure 

140,   145. 
2-Nitro-3-oxybenzoesäure 

147. 
Nitrooxybenzolstibinsäuro 

731. 
Nitro-m-oxybenzonitril   147. 
Nitrooxymercuribenzoesäure 

678. 
Nitrooxyphenylarsinsäure- 

quecksilberacetat  821. 
Nitroparaffine   144,    145. 
Nitropentan  81,   84. 
2-Nitropentanol   145. 
p-Nitrophenacetoniithur- 

säure   194. 
p-Nitrophenacetursäure   194. 
p-Nitrophenol   83,    114,    182, 

190,   535. 
m-Nitrophenol   114. 
o-Nitrophenol  114,   145,    147, 

182,   190  535. 


Sachregister. 


881 


Nitrophenoläther  148,   149. 
Nitrophenolmethoxymethyl- 

äther  653. 
Nitrophenoxydimethyl- 

aminopropanol  371. 
o-Nitrophenylacetyl-/J-oxy- 

propionsäureester  377. 
p-Nitrophenyl-«-aminopro- 

pionsäure   145. 
Nitrophenylarsinstibinsäure 

730. 
Nitrophenylcarbonylphenyl- 

phosphorsäuree8ter  785. 
p-Nitrophenylessigsäure   194. 
Nitrophenylhydroxylainm83. 
m-Nitrophenylhydroxyl- 

amin  83. 
Nitrophenylpropiolsäure  83, 

171. 
o-Nitrophenylpropiolsäure 

175,   176,   183. 
o-Nitrophenylquecksilber- 

oxyd  673. 
Nitrophenylsalicylat  563. 
Nitrophenylstibinsäure     730, 

731. 
3-Nitropropanol   145. 
o-Nitropropiolsäure   190. 
Nitroprussidnatrium  89. 
Nitropurpurin   741. 
Nitropyruvinureid   146. 
2-Nitroresorcin   147. 
Nitroroccellinsulfosäure   101. 
p-Nitrosaccharin   142. 
Nitrosoäthylen  82. 
Nitrosalicylsäure  84. 
Nitrosomethylmethan  82. 
Kitrosomorphin  397. 
Nitrophenylarsinsäure  707, 

713. 
Nitrosophenylhydroxylamin 

74. 
4-Nitro-2-sulfamidbenzoe- 

säure   145. 
Nitrothiophen  82. 
4-Nitro-2-toluidin   147. 
Nitro-m-toluidin   145. 
Nitrotoluol  82. 
m-Nitrotoluol  535. 
o-Nitrotoluol    114,    177,    190, 

535. 
p-Nitrotoluol    83,    114,    194, 

535. 
Nitrourethan  84. 
Nitrouracil   167. 
Nitrouracilcarbonsäure   167. 
Nitroxylol  539. 
Nirvanol  514. 
Nonite   137. 
Nonylsäure   111. 
Nopinen   191. 
Nopinenol   191. 
JSToradrenalin  819. 
Noramylmorphin  409. 


Norapomorphin  409. 
Noratropin  318. 
Norcocaine  318,  335,   336. 
Norekgonin   294,   335. 
Norekgoninmethyläther  294. 
Nordionin  409. 
Norhyoxyamin  318. 
Norhyoscyamin  s.   Pseudo- 

hyoscyamin. 
Norkodein  408,  410. 
Norkodeinessigester  408. 
Normorphin  408,  410. 
Normorphincyanid  408. 
Nosophen  601,  602. 
Novain  330. 
Novaspirin  559. 
Novasurol  678. 
Novatophan  808. 
Novatophan  K  808. 
Novatropin  347,  348. 
Noventerol  738. 
Novocain  49,   358,   368,   371, 

373,  374,  375,  377,  383,  390, 

391. 
Novocol  588. 
Novojodin  658. 
Nucleinsäiire  806. 
Nucleohexyl  s.  Hexamethy- 

lentetramin,  nucleinsaures. 

Oblitin  329. 

Octan  80,  539,  816. 

Octinbromarsinsäure  703. 

Octite   137. 

a  -Octohydronaphthochino- 

lin  309. 
/J-Octohydronaphthoehino- 

ün  309. 
Ootylalkohol  539. 
Octylamin  71. 
n-Octylbonzol   153. 
Octylen  s.   Caprilen. 
Octylliydrocuprein  239,  240, 

241. 
n-Ootyljodid  539. 
ölgelb  640. 
Ölsäure   111. 
ölsäureisobutylester  s.  Tebe- 

lon. 
Onanthäther  62. 
Onanthol   153. 
Onantholoxim  759. 
Oleoguajacol  582. 
Oleokreosot  582. 
Oleylsalicylsäureäthylester 

566. 
Ophiotoxin  772. 
Opiansäure     421,    422,     429, 

495. 
Opiansäurephenetidid  280. 
Optannin  s.  Enterosan. 
Optocliin  238,  239,  241,  245, 

531,  647,   715. 
Orange  I  643. 


F  r  ä  n  k  e  1 .  Arzneimittel-Synthese.    5.  Aufl. 


Orange  II   644. 
Orange  MN  644,   645. 
Orcin  36,  57,  139,  147. 
/(-Orcin   139,  147. 
Orexin  748,   749. 
Orexin,  gerbsaures  749. 
Origan  537. 
Ormizet  738. 
Orphol  670. 
Orseilleersatz  644. 
Orthin  221. 
Orthoaraeisensäureäthylestor 

495. 
Orthoform   144,  384,  481. 
Orthof orm  neu  385,  481. 
Orthoformsulfosäure   390. 
Orthoketonäthyläther  495. 
Orthophosphorsäure  s.  Phos- 
phorsäure. 
Orthovandinsäure   19. 
Oscin  352. 
Osmium   10,  530. 
Osmiumsäure  530. 
Osthol  519. 
Ostinthin  519. 
Oxacetsäure   150. 
Osäthylchinoleinammonium- 

chlo'rid  214. 
/)'-Oxäthyl-nortropan  350. 
Oxäthylphenj'lcarbamiu- 

säurebrenzcatechinester 

579. 
Oxaäthylstrychnin  465. 
Oxaläthylen  462. 
Oxalessigäther  518. 
Oxalessigsäure   161,    1 64. 
Oxalsäure   19,   62,    102.    132, 

133,  157,  158,  159,  160,  161, 

165,  171,294,297,525,797. 
Oxalsäureäthylester  62,   144. 
Oxalsäuredinitril  87. 
Oxalursäure   165. 
Oxalylharnstoff  8.    Paraban- 

säure. 
Oxamäthan  163. 
Oxamid  132,   162. 
Oxaminsäure  89,   163. 
Oxaminsäureäthylester  s. 

Oxamäthan. 
Oxanilsäure   178. 
Oxanthron  779. 
p-Oxazin  s.   Morpholin. 
Oximacetsäure  148,   150. 
Oxime   148. 

Oximidoverbindungen  74. 
Oxoiiiumbasen   151. 
Oxyacetylaminobenzoesäure- 

methylester  388. 
Oxyäthylamin  444. 
Oxyäthylmethylamin  444. 
Oxyäthylnorkodeiu  408. 
Oxyäthylsulfosäure  s.   Isä- 

thionsäure. 
Oxyäthyltheobromin  791. 
66 


882 


Sachregister. 


Oxy  äth  yltrimethylarsonium- 

bromid   703. 
Oxyarninoäthvlnaphthalin 

455. 
Oxyaminomethylhydrinden 

447. 
Oxyaminoarsenobenzol  714. 
Oxvaminoglycmarsenobenzol 

7"l4,   716. 
Oxy-m-aminophenylarsen- 

oxyd  542. 
Oxyaminophenylarsin  710. 
f-Oxj'araylnortropan  350. 
Oxyamyltrimethylammo- 

niumchlorid  328. 
Oxyanthrachinone   1 79. 
Oxyanthranol  32,   779. 
4-0xyantip>'Tin  230. 
Oxyazobenzol  30. 
Oxybehenphosphorige  Säxire 

783. 
o-Oxybenzaldehyd  115. 
p-Oxybenzaldehyd   115. 
m-Oxybenzoesäure   102,   140, 

144,   258,   553,  554. 
o-Oxybenzoesäure  siehe 

Antranilsäure. 
p-Oxvbenzoesäure    102,    105, 

144,  172,  180,  193,258,542, 

553,  554,  798. 
m-Oxybenzoesäureamid   140, 

144" 
o-Oxybenzoesäureamid     144. 
Oxybenzoesäiireguajacol- 

ester  564. 
Oxy  benzoe  säure  kreosolester 

5"64. 
Oxybenzoesäuremethylester- 

chlormethylat  568. 
p-Oxybenzoesäurephenol- 

ester  564. 
Oxybenzolsulfaminobenzoe- 

säuremethylester  388. 
m-Oxybenzonitril   140. 
p-Oxybenzoyl-a-aminozimt- 

säure   163. 
O  xy  benzoylbenzoesäure 

744. 
Oxybenzoylbenzoesäure- 

äthylester  558,  747. 
p-Oxybenzursäure  193. 
Oxybenzylalkohol  s.   Saü- 

genin. 
OxybenzyUdenaminophenyl- 

stibinsäure   732. 
a-Oxybuttersäure  54. 
/S-Oxybuttersäure     54,      132, 

163,   175. 
y-Oxybuttersäure  54. 
/J-Oxybuttersäureamid  521. 
a-Oxy-n-buttersäureanhy- 

drid   151. 
Oxycampher  759,  763. 
Oxycarbaminokresol  197. 


Oxycarbaminophenylarsin- 

säure   704. 
o-Oxycarbanil  103,  254,  255, 

704. 
Oxycarbazol   178. 
Oxycarbonsäuremethylester- 

anilidoessigsäureanilidoxy- 

carbonsäureniethylester 

388. 
Oxycarboxyphenylchinolin- 

säure  s.  Hexophan. 
Oxycarvon   190. 
Oxychina.septol    s.    Dia- 

phtherin. 
Oxychinolin    190,    214,    537, 

542,  592,  806. 
«-Oxychinolin  s.  CarbostjTÜ. 
y-Oxychinolin  s.   Kynurin. 
o-Oxychinolin   193. 
p-Oxychinolin   210. 
Oxychinolincarbonsäm^  554. 
o-Oxychinolincarbonsäure 

103,   171. 
o-Oxychinolincarbonsäure  s. 

Chinophenolcarbonsäure. 
Oxychinolin  carbonsäure- 

äthylester  384. 
OxychinoUnglycerinäther 

806. 
o-OxychinoUnglykuronsäure 

593. 
Oxychinolinquecksilber  688. 
Oxychinolinquecksilbercar- 

bonsäiire  688. 
Oxychinohnquecksilber- 

sulfosäure  688. 
o-Oxychiiiolinsulfat  s.  Chi- 

nosol. 
o-Oxychinolinsulfosäure  593. 
Oxychinolinwismutjodid  670. 
a-Oxycinchonin   234,   244. 
^-Oxycinchonin  234,   244. 
p-Oxycinchonin  s.   Cuprein. 
m-Oxycocain   338. 
Oxycolchicin   325. 
Oxycumarin  519,   820. 
m-Oxycyanzimtsäurenitril 

86. 
p-Oxycyanzimtsäurenitrü  86. 
Oxydiäthylaminobenzoe- 

säuremethylester  387. 
Oxydicolchicin  42,  325,  532. 
Oxydihydrokodeinon  410. 
Oxj'dijodphenylarsinsäure 

712. 
Oxydimethylaminobenzoe- 

säuremethylester  387. 
Oxydimethylphenyläthyl- 

amin  447. 
Oxydiphenoxazon  740. 
p-Oxydiphenyl   178. 
p-Oxydiphenylbiuret   177. 
o-Oxydiphenylcarbonsäure 

8.  PhenylsaUeylsäure. 


Oxydiphenylmethan   177. 
Oxydiphenylmethancarb- 

aminsäureester  822. 
Oxydiphenylsulfide  631. 
Oxydulcin   143. 
Oxyemodin   740. 
Oxyfenchon   190. 
Oxyfettsäuren   144. 
Oxyformylaminobenzoesäure- 

methylester  387. 
Oxyhydrastinin  432. 
Oxyhydrindamin  819. 
Oxyhydrochinaldin  215. 
Oxyhydrochinin   237,   245. 
a-Oxyisobuttersäiu«  54. 
/?-Oxyisovaleriansäure    165. 
Oxykodeinon  407,  408. 
Oxymandelsäure   175. 
Oxymerciu'ibenzoesäure- 

anhydrid  677. 
Oxymercuribenzoesäure- 

anhydrid-Asparagin  677. 
Oxymercuribenzoesäure- 

anhydrid-Coffein  677. 
Oxymercuribenzoesäure- 

anhydriddiäthylbarbitur- 

sures  Natrium   677. 
Oxymercurichlorbenzoesäure- 

anhydridglutarsäureimid 

677. 
Oxymercurichlorphenoxy- 

essigsaures  Natrium-Di- 

äthylbarbitursäure  s. 

Novasurol. 
Oxymercurichlorphenoxy- 

essigsäureveronalnatrium 

684. 
Oxymercurioxybenzoesäure- 

anhydridalanin  677. 
Oxymercurioxybenzoesäure- 

anhydrid-diäthylbarbitur- 

säure  678. 
Oxymercurioxybenzoesäure- 

anhydridpiperidin  678. 
Oxymercuriphenoxyessig- 

säxire   684. 
Oxymercurisalicylsäurean- 

hydrid  682. 
Oxymethoxycumarin  820. 
Oxymethoxyphenyläthyl- 

amin  450. 
Oxymethylbenzoylbenzoe- 

säureäthylester  558. 
Oxymethylanthrachinon  739. 
OxymethylbenzoyllDenzoe- 

säureäthylester  747. 
p-Oxy-m-methylphenylala- 

nin    176. 
Oxynaphthalincarbonsäure 

554. 
Oxynaphthoesäure   560,   561. 
/S-Oxynaphthoesäure  542. 
Oxynaphthoesäureäthylester- 

chlormethylat  568. 


Sachregister. 


883 


Oxynaphthoesäuretrichlor- 

butylester  482. 
Oxynaphtholoxytoluylsäure 

s.   Epicarin. 
Oxynaphthylchinolincarbon- 

säure  811. 
Oxynicotin  460,  461. 
Oxypeucedanin  519. 
t/j-Oxyphenacetin  279. 
Oxyphenacetinsalicylat  267. 
Oxyphenacetylsalicylat  574. 
Oxj'phenanthrencarbonsäure 

394. 
Oxyphenanthrene  58. 
p-Oxyphenethol      173,      190, 

191. 
Oxyphenylacetylamin  449. 
Oxyphenylacetylurethan  146. 
Oxyphenyläthanolamin    448, 

449. 
p-Oxyphenyläthylalkohol 

181. 
p-Oxyphenyläthylamin     174, 

181,  441,  442,  444,  447. 
Oxyphenyläthylaminqueck- 

silber  675. 
p-Oxyphenyläthyldimethyl- 

amin  s.   Hordenin. 
m-Oxyphenyläthyldimethyl- 

amin  454. 
Oxyphenyläthylmethylamin 

447. 
p-Oxyphenyläthylmethyl- 

amin   174. 
p-Oxyphenyläthylurethan- 

carbonat  277. 
p-Oxyphenylarsenoxyd     541 

708,  710. 
Oxyphenylarsinsäure     541, 

704,  707,  711,  712,  714. 
p-Oxyphenylbenzylurethan 

276. 
Oxyphenylbrenztrauben- 

säure   169,   175. 
Oxyphenylcarbonsäurechi- 

nolincarbonsäure  807. 
Oxyphenylchinolincarbon- 

säure  807,  809,  811. 
8-Oxy-2-phenylchinolm-4- 

oarbonsäure  180. 
Oxyphenylchinolincarbon- 

säiiretannat  812. 
Oxyphenyldichinolindicar- 

bonsäure  812,   813. 
Oxyphenylendiquecksilber- 

diacetat  685. 
p-Oxyphenylessigsäure  174, 

181. 
Oxjrphenylglyoxylsäure   175. 
p-Oxyphenylharnstoff-brom- 

diäthylacetylcarbamiii- 

säureester  488.  | 

Oxyphenylharnstoffcarbon-      [ 

Säureester  387. 


dl-Oxyphenylmilchsäure  169. 
d-p-Oxyphenylmilchsäure 

175. 
1-Oxyphenylmilchsäure  169. 
Oxyphenylnaphthoein- 

choninsäure  808. 
m-Oxyphenyl-p-phenetyl- 

harnstoff   153. 
o-Oxyphenylpropylalkohol 

520. 
Oxyphenylquecksilberchlorid 

685. 
Oxyphenylstibinsäure  729, 

730. 
p-Oxyphenylurethan     179, 

263,  276,  277. 
Oxypiaselenol  633. 
Oxypiperidin  461. 
Oxypiperidon   146. 
/?-Oxy-a-piperidon   144. 
Oxypiperonylchinolincarbon  - 

säure  811. 
j'-Oxyprolin   125. 
p-Oxypropiophenon   191. 
Oxypropylendüsoamylamin 

72,  319. 
j'-Oxypropylnortropan  349. 
6-Oxypurin  s.   Hypoxanthin. 
8-Oxypurin  91. 
Oxypyridinursäure   180. 
Oxypyrogallol   670. 
Oxypyrogallolwismut  670. 
Oxypyrondicarbonsäure  s. 

Meconsäure. 
Oxypyronmonocarbonsäure 

s.   Komensäure. 
Oxyquecksilberacetanthranil 

säure  680. 
Oxyquecksilberaminobenzoe- 

säure  682. 
OxyquecksUberaminobenzoe- 

säureisobutylester  676. 
Oxyquecksilberantliranil- 

säure  686. 
Oxyquecksilberbenzoesäure 

679,   680,   682,   685. 
Oxyqueeksilberbenzoesäure- 

anhydrid-Natriuinsulfid 

680. 
Oxyquecksilbercamphocar- 

bonsäureester  681. 
Oxyquecksilberchlorbenzoe- 

säure  680. 
Oxyquecksilber-o-chlor- 

phenolnatrium  s.  Upsalan. 
Oxyqueclisilberessigsäure- 

anh  ydridnatriumthio- 

sulfat  680. 
Oxyquecksilberjodbenzoe- 

säure  686. 
Oxyquecksilbermethoxy- 

benzoesäure  680. 
Oxyquecksilbermethylan- 

thranilsäiu-eanliydrid  676. 


o-Oxyquecksilberphenol- 

natrium  673. 
p-Oxyquecksilberphenol- 

natrium  673. 
Oxyquecksilberphenylamino- 

essigsäureanhydrid  676. 
Oxyquecksilberphenylglj'- 

cincarbonsäure  682. 
Oxyquecksilberpropion- 

säure  685. 
OxyquecksUbersalicylsäure 

s.    Quecksilbersalicylat. 
Oxyqueeksilbersalicylsaures 

Natriumaniinobuttersau- 

res  Natrium  s.   Asurol. 
i  Oxyquecksilbersulfamid- 

benzoesäiu-e  682. 
Oxyquecksilbertoluylsäure  s. 

Afidol. 
Oxysalicylsäure   192. 
Oxysantonin   179,   753. 
Oxy.stearinäthylesterphos- 

phinige  Säure   783. 
Oxystearinphosphinigmethyl- 

estersäure   784. 
Oxystearinphosphorige  Säure 

783. 
Oxystearinphosphorsäure 

784. 
Oxystearinphosphorsäure- 

guajacolester  784. 
Oxystearophosphinsäure  783. 
Oxystearophosphinsäure- 

äthylester  784. 
Oxytetrahydrocarvon   756. 
Oxytolylchinolindicarbon- 

säiu-e  812,  813. 
Oxytrimethylenglycüi  652. 
a-Oxyuritinsäure   192. 
Oxyvaleraldeliyd  517. 
Ozon  473,  530. 

Paeonol   191. 

Palladium    10,    15,   528,   530, 

728,  735. 
Palmiacol  585. 
Palmitylcholin  327. 
Pantopon  406. 
Papaveraldin  425. 
Papaverin  296,  299,  412,  423, 

424,  425,  426,  466,  467. 
Papaverinol  425. 
Papaverinsulfosäure  424. 
Parabansäure  90,    165,   166. 
Paracliloralose  476,  477. 
Paracotoin   746. 
Paraffine   130. 
Paraformaldehyd  s.  Trioxy- 

methylen. 
Parafuchsin  64,  541,  641,  647, 

648. 
Paralaudin  407. 
Paraldehyd  27,  88,  96,   HO, 

130,  516,  652. 
56* 


884 


Sachregister. 


Paraldehyddextrin  652. 
Paraldehydstärke  653. 
Paramorphan  407. 
Parapicolin   133,  303. 
ParapjTogallol  777. 
Pararabinochloralose  477. 
Pararosanilin     64,     65,     641, 

719. 
Paratophan  809. 
Paraxanthin  44,  92,  95,   118, 

790. 
Paraxin  790. 
Parol  615. 
Parpevolin  315. 
Parvoliu   133,   295,   311. 
Patschiüi  538. 
Pellidol   646. 
Pellotin  319. 
Pentaacetyltannin   660. 
Pentaäthylphloroglucin  515. 
Pentabromaceton   619. 
Petit abromplienol  616. 
Pentacarbomethoxyoxy- 

benzoylglucose   567. 
Pentachloräthan   816,   819. 
Pentachlorphenol   617. 
Pentadekylamin   71. 
Pentadigalloylglykose  s. 

Tannin. 
Pentahomocholinchlorid  328. 
Pentajodaceton  596. 
Pental  51,  161,  185,  383,  469. 
Pentamethylenallyldimethyl- 

amin  409. 
Pentamethylendiamin  54,  72, 

160,   303,   445,  524,  652. 
Pentamethylendiraorphin 

356,  408,  409. 
Pentamethylendinormorphin 

408,  409. 
Pentamethylpyrrolidin- 

yS-carbcjiisäure   804. 
Peutamethylrosanilin  641. 
Pentan  51,  523,  816. 
Pentanon  517. 
Pentanonisoxim  304. 
Pepsin  154. 
Peptide   151. 
Peptonkalomel   689. 
Perchlorameisensäureester 

85. 
Perchloräthan  472,  539. 
Perchloräther  539. 
Perchloräthylen  539. 
Perchlorsäure  530. 
Perjodaceton   596. 
Peronin  235,  326,    341,   383, 

396,  398,  401. 
Peroxyuphthalsäure  814. 
Perrheumal  482. 
Pertonal  279. 

Perubalsam   200,  575,   765  ff. 
Peruol  575. 
Peruseabin  575. 


Petroleumäther  472. 
Petrosulfol  628. 
Pfefferminzöl   543,   756,   757. 
Phellandren   190. 
Phonacetin  31,  104,  144,  146, 

154,  264,  266,  267,  208,  209, 

270,271,272,273,277,281, 

283,  287,  289,  291,  292,  380, 

494,  495. 
Phenacetincarbonsäure     104, 

281,  574. 
Phenacetinsulfosäure  281, 

283. 
Phenacetornithursäure   193. 
Phenacetursäure   105,   172, 

173,   186,    193. 
Phenacetylekgonin  335. 
Phenacetylekgoninniethyl- 

ester  375. 
Phenacetyltropein  348. 
Phenacylidin   281. 
Phenacyl  vaniUin-phenacyl- 

p-aminophenol  280. 
Phenacylvanillin-p-pheneti- 

did  2"80. 
Phenäthyldihydrochinazolin 

748. 
Phenanthren  54,  58,  178,  259, 

200,  292,  306,  394,  418,  477, 

523. 
Phenanthrenoarbonsäure  394. 
Phenanthrenchinon  178,  419. 
PhenanthrenchinonsiUfosäure 

394. 
Phenanthrensulfosäure  394. 
Phenanthrol   178,   394,  419. 
Phenanthrolcarbonsäure  394. 
Phenanthrolglykuronsäure 

178. 
Phenazselenoniumfarbstoff 

632. 
Phenegol  679. 
Phenetidin  29,  211,  265,  291, 

377. 
p-Phenetidincitrat  274. 
Pheneditine  43. 
Phenethol  57,   173,  190,  Wl, 

542,  544. 
p-Phenetolcarbamid  s.Dulcin. 
p-Phenetolharnstoff  s.  Dulcin. 
/3-Phenethylol   382. 
PhenokoU   104,   282. 
PhenokoU,  acetylsalicylsaures 

s.   SalokoU. 
PhenokoU,  citronensaures 

s.   CitrokoU. 
PhenokoUsalicylat  s.  Salokoll. 
Phenol  29,  35,  36,  53,  55,  50, 

57,   58,   67,    100,    102,    103, 

106,  116,  133,  170,  171,  172, 

177,  183,  184,  189,  190,  192, 

197,  206,  212,  250,  258,  289, 

381,  515,  531,  532,  533,  534, 

535,  538,  543,  544,  549,  552, 


553,  554.  555,  561,  562,  571, 

573,  576,  600,  617,  646,  670, 

672,716. 
Phenoläthersrhwefelsäure  29, 

56,   100,    101,    183. 
Phenolcamphersäure   703. 
Phenolcarbaminsäure   254. 
Phenole   5,   29,   30,   35,    137, 

149,  198,  202. 
Phenoljodid  000. 
Phenolkresotinsäureester  563, 

564. 
Phenolmethoxjrmethyläther 

653. 
Phenolnatrium  533. 
Phenol-o-oxalsäureester   549. 
Phenolphthalendüsochinon 

743. 
Phenolphthalein  200,  601, 

743,   744. 
Phenolphthaleincalcium   743. 
Phenolphthaleincarbonat 

744. 
Phenolphthaleindibutyrat 

744. 
Phenolphthalein  düsovaleri- 

anat  744. 
Phenolphthaleindisalicylat 

744. 
Phenolphthaleindizimtsäure- 

ester   744. 
Phenolphthaloinoxim  744. 
Phenolphthalsäure   743. 
Phenolschwefelsäure  101, 106, 

184,  535,   593,   639. 
Phenolwisraut  070. 
Phenomydrol    s.   Ainino- 

acetophenon. 
PhenosafraninquecksUber 

090. 
Phenosal   144,  275. 
Phenoval  272,   709. 
Phenoxacet-p-aminophenol 

275. 
Phenoxacet-p-anisidid  275. 
Phenoxacet-p-phenetidid  275. 
Phenoxyacetylsalicylsäure 

557. 
Phenoxyäthylurethan  498. 
Phenoxydimethylaminopro- 

panol   288,   371. 
Phenoxyessigsäure    100,   275, 

542. 
Phenoxyessigsäureanhydrid 

275. 
Phenoxacet-p-anisinid  275. 
Phenoxylacetamid   574. 
Phenoxylacetylatüxyl   707. 
p-Phenoxylessigsäurecarb- 

amid    143. 
Phenoxylessigsäureguajacyl- 

ester  589. 
Phenoxylessigsäurephenyl- 

ester  589. 


Sachregister. 


885 


Phenoxypropandiol  s.  Anto- 

din. 
Phenoxypropanolphenetidin 

371. 
Phentrioldimethylsäure  s. 

Gallocarbonsäure. 
Phentriolmethylsäure  s. 

Gallussävire. 
Phenylacetalkyltetramethyl- 

oxypiperidincarbonsäure- 

ester  365. 
Phenylacetamid   618. 
Phenylacetessigester   174. 
Phenylacetonitril  s.  Benzyl- 

cyanid. 
Phenylacetylaminoessigsäure 

88. 
Phenylacetylaminochinolin- 

carbonsäure  811. 
Phenylacetylekgoninmethyl- 

ester  336. 
Phenylacetylplutamin   165, 

166,    186,    193. 
Phenylacetylglutaminharn- 

stoff   186,    193. 
Phenylacetyltropein  345,  349. 
Phenylacrylsäure    194. 
Phenyläthanolamin    72,    454. 
Phenyläthoxyacetarnid  498. 
Phenyläthylacetylharnstoff 

514. 
Phenyläthylalkohol  166,  181, 

380,  381,  382,  539. 
Phenyläthylamin  72.  181,311, 

441,  444,  445,  446,  447,  448, 

453. 
a-Phenyläthylamin  72,  445. 
Phenyläthylbarbitursäure  s. 

Luminal. 
Phenyläthylenglykol   138. 
Phenyläthylhydantoin  514. 
Phenylätliylmethylketon 

174. 
l-Phenyl-2-äthyl-3-methyl- 

4-diätliylamino-5-pyrazo- 

lon   227. 
PhenyläthylpjTazolammoni- 

um   301. 
Phenyläthylmonodibrom- 

propylbarbitursäure  508, 

509. 
Phenylalanin    125,    140,    174, 

181,    195,  441,  442. 
Phenylalkohol  520. 
Phenylallylhydantoin  514. 
Phenylarainoacotonitril  88. 
Phenylaminoacetyltropein 

345. 
y-Phenyl-a-aminobutter- 

säure   187. 
Phenylaminochinolincarbon- 

säure  811,  812. 
Phenylaminoessigsäure    140, 

164,   171,   175,   181. 


Phenylaminoessigaäure- 

methylester   384. 
Phenylaminoparaxanthin 

790. 
Phenyl-a-arainopropion- 

säure   1 69. 
Phenylaminotheobromin  790. 
Phenylaminotheophyllin  789. 
Phenylarsenoxyd  720. 
Phenylarsin  699,  710,  714. 
Phenylarsinsäure     704,     705, 

710,  722. 
Phenylazoimid  s.  Triazoben- 

zol. 
Phenylbenzimidazol  90. 
o-Phenylbenzylamin   383. 
Phenylbenzylbarbitursäure 

508. 
Phenylblau  641,   642. 
Phenylbuttersäure  53,   165, 

166,    172,  552. 
Phenylbuttersäurelacton 

165. 
Phenylbutylketon   174. 
Phenylbrenztraubensäure 

175. 
Phenylbromacetalkyltetra- 

methyloxypiperidincarbon- 

säureester  365. 
Phenylcarbaminoarsanil- 

säure   707. 
Phenylcarbaminsäurebrenz- 

catechinester  579. 
Phenylcarbaminsäurediäthyl- 

aminoäthanolesterchlor- 

hydrat   377. 
Phenylcarbaminsäuredi- 

ätliylaminoester  376. 
Phenylcarbarainsäurediäthyl- 

aminotrimethylcarbinol- 

ester  374. 
Phenylcarbamotropein  345. 
Phenylcarbinol   380. 
Phenylcarbonsäureester- 

carbaminsäurebrenzcate- 

chinester  579. 
y-Phenylchinaldüi   216. 
j--Phenylchinolin  215. 
Phenylchinolincarbonsäure 

788,  807,  810. 
2-Phenylchinolin-4-carbon- 

säiH'e  s.   Atophan. 
Phenylchinolincarbonsäure- 

acetolester  810. 
Phenylchinolincarbonsäure- 

äthylester  807. 
Phenylchinolincarbonsäure- 

glykolsäureester  810. 
Phenylchinolincarbonsäure- 

isoamylester  810. 
Phenylchinolincarbonsäure- 

methylester  807,  808. 
Phenylchinolincarbonsäure- 

naphtholester  807. 


Phonylchinolincarbonsäure- 

phenylester  807. 
Phenylchinolincarbonsäure- 

salicylester  812. 
Phenylehinolincarbonsäure- 

saUcylsäureglykolester  812. 
Phenylchinolincarbonsäure- 

tannat  812. 
Phenylchinolindiäthylcar 

binol   808. 
PhenylchinolinquecksUber- 

carbonsäure  688. 
4-Phenylchinolylketon  247. 
Phenylchloracetalkyltetra- 

methyl-j'-oxypiperidin- 

carbonsäureester  365. 
Phenylchloracetyltropein345. 
Phenylcinchoninsäureäthyl 

ester  806. 
Phenylcinchoninsäureallyl- 

ester  s.   Atochinol. 
Phenylcumalin   746. 
Phenyldiäthylacetamid  509. 
Phenyldiäthylacetylharnstoff 

509. 
Phenyldiäthylcarbinessig- 

säure   767. 
Plienyldiäthylsulfonbutan 

503. 
Phenyldibrompropionsäui'e- 

äthylester  621. 
Phenyldichlorarsin  85. 
Phenyldihydroberberin  426. 
Phenyldihydroohinazolin  747. 
C-Phenyldihydrochinin  244. 
Phenyldihydrothebain  393. 
l-PhenyI-2.4-dimethyl-3-p- 

aminobenzoylmethj'Iol- 

5-pyTazolon  227. 
Phenyldirnethyläthylammo- 

niumjodid  300. 
Phenyldimothylaminopyr- 

azolongoldcyanid  734. 
Phenyldimethylamylammo- 

uiumhydrat  300. 
Phenyldiraethylamylammo- 

niumjodid  300. 
l-Phenyl-2.3-dimethyl-4-di- 

äthylanaino-5-pyrazolou 

227. 
l-Phenyl-2.3-dimethyl-4-di- 

allylamino-5-pyrazolon232. 
l-Phenyl-2.3-dimethyI-4-di- 

aminoinethyl-5-pjTazolon 

227. 
1-Phenyl-  2. 4-dimethyl-  3-di- 

methylaminomethyl-5-pyr- 

azolon   227. 
l-Phenyl-2. 3-dimethyl-4-di- 

methylamino-5-pjTazolon 

231,  232. 
l-Phenyl-2.5-dimethyl-4-di- 

methylamino-6-pyrazolon 

227. 


886 


Sachregister. 


l-Phenyl-2.4-diraethyl-3- 

methylol-5-pyrazolon  227. 
Phenyldimetliylpyrazol  89, 

100,  233. 
P)ienyldimethylpyrazolear- 

bonsäure   104. 
Phenyldimethylpyrazoljod- 

methylat   104,   233. 
Phenyldimethylpyrazolon 

104. 
l-Phenyl-2.3-dimethyl-5-pyr- 

azolon  s.   Antipyrin. 
l-Phenyl-2.4-dünethyl-5-pyr- 

azolon  227. 
l-Phenyl-2..5-dimethylpyr- 

azolon  s.   Isoantipyrin. 
PhenyldimethylpjTazolon- 
aminomethansulfosäure  s. 
Melubrin. 
Phenyldimethylpyrazolsulfo- 

säure   100. 
Phenyldimethylpyrazolyl- 
phenylaeetyldiketopyrro- 
lidin  805. 
l-Phenyl-2.3-dimethyl-4-sulf- 

amino-5-pyrazolon   231. 
Phenyl-/S-j'-dioxybuttersäure 

165. 
Phenyldipropylacetarnid  509. 
Phenyldithiobiazolonsulf- 

hydrat  631. 
m-Phenylendiamin     34,     77, 

115,  256,  257,  258,  747. 
o-Phenylendiamin  34,  77, 115, 

256,   257,   258. 
p-Phenylendiamin  34,  76,  77, 

115,  256,  257,  258. 
p-Phenylendiaminsulfosäure 

76. 
Phenylessigsäure      53,      105, 
156,  165,  166,  171,  172,  181, 
186,  193,  194,  552,  553. 
Phenylessigsäureamid  520. 
Phenylfurfurylacetyldiketo- 

pyrrolidin  805. 
Phenylglucosazon   178. 
Phenylglycerin   138. 
Phenylglycerinäther  s.  Anto- 

din. 
Phenylglycerinsäure   156. 
Phenylglycerinurethan  382. 
PhenylglyciQ  s.   Phenyl- 

glykokoU. 
Phenylglycinarsenoxyd  708. 
Phenylglycinarsin  710. 
Phenylglycin-o-carbonsäure 

171,    175,   176. 
Phenylgl  ycindiäthylamino- 

äthanolester  377. 
Phenylglycinestorstibinaäure 
729. 

Phenylgl vkokoU  53,  174,  176, 

380,  382. 
Phenylglykolsäure  171,  181. 


Phenylglykolylalkyltetra- 

methyloxypiperidincar- 

bonsäureester  365. 
Phenylglykolylalkyltrime- 

thyloxypiperidincarbon- 

säureester  365. 
Phenylglykosid   138. 
Phenylglyoxylsäure  164,  174, 

175. 
Phenylguanazol   79. 
Phenylharnstoff  53,  146,  178, 

520,  524. 
Phenylharnstoffphenylarsin- 

säure   711. 
Phenylhydrazin    34,    35,    36, 

46,  47,  77,  219,  220,  221, 

222,  256,  257,  260,  261,  288, 

291,779. 
PhenylhydrazinlävTolinsänre 

s.   Antit hermin. 
Plienylhydrochinazolin  s. 

Orexin. 
Phenylhydrohydrastinin  437. 
Phenylhydrokotarnin  429. 
Phenylhydroxylamin   74,   78, 

83,"  179,  257,  260. 
j8-Phenyl-a-hydroxy-propi- 

onyltropein  345. 
Phenvlisocrotonsäure   165, 

173. 
Phenyl-a-ketopropionsäure 

173. 
Plienylmercaptan  539. 
Phenylmethoxyacetamid  498. 
Phenylmethoxyaminochino- 

lincarbonsäure   811. 
Phonyl-p-methoxychinaldin 

215. 
v-Phenyl-p-methoxychin- 

aldin  215. 
1  -Phenyl-  3-methoxy-4. 4-di- 

niethyl-5-pyrazolon  231. 
Phenylmethylaceton  518. 
Phenylmethylaminoäthan 

819. 
Phenylmethylaminometh- 

oxyäthan  819. 
Phenylmethylamin  s.  Benzyl- 

amin. 
Phenylmethylbarbitursäure 

508. 
Phenyhnethylcarbinol  381. 
Phenylmethyldiäthylsulfon- 

methan  501. 
Phenylraethylpyrazolcarbon- 

säiire   105,  233. 
Phenylmethylpyrazolonsulfo- 

säure   234. 
Phenylmilchsäure   195. 
Phenyl-rt-milclisäure    173. 
Phenyl-/J-müchsäure   172. 
Phenyl-l-railchsäure   175. 
Phenylmonomethylamino- 
propanol  447. 


Phenylmonomethylpyrazolon 

218. 
Phenylnaphthoclünolin  808.    , 
Phenylnaphthochinolincar- 

bonsäure  s.   Diapurin. 
Phenylnitrosalicylat  563. 
Phenyloxalylacetamid  498. 
Phenyl-j'-oxybuttersäure  165. 
Phenyl-/;-oxybutyrolacton 

165. 
Phenyloxynaphthoat  663. 
Phenyloxyphenylacetureid 

498. 
Phenylpiperonylacetyldiketo- 

pyrrolidin  805. 
Phenylpropiolsäure  591. 
Phenyl-/?-oxvpropionsäure 

156. 
l-Phenyl-|8-oxypropionsäure 

172,  173. 
1  -Phenyl-  3-oxy-5-pyrazolon 

231. 
Phenylparaconsäure  106,  172. 
Phenylphenylenstibinsäui'e 

730. 
Phenylpropiolsäure   105. 
Phenj'lpropionsäure   53,   155, 

171,   172,   179. 
Phenylpropylalkohol  539. 
Phenylpropylamin  72,  446. 
Phenylpropylbarbitursäure 

508. 
p-Phenylpropylurethancar- 

bonat  277. 
Phenylpyrazoldicarbonsäure 

104,   233. 
Phenylpyrazoljodmethylat 

391. 
Phenylresorcincarbonsäure- 

ester  563. 
Phenylsaccharin   142. 
Phenylsalicylsäure  561. 
Phenylselenharnstoft'  634. 
Phenylsemicarbazid  222. 
Phenylserin   156. 
Plienylstibinsänre   730. 
Phenylsulfid  539. 
Phenyltetramethyldiamino- 

glycerinbenzoat  371. 
Plienylthiobiazolinsulfhydrat 

631. 
Phenylthioharnstoff   108. 
Phenylt  riäthylammonium- 

jodid  300. 
1  -Phenyl  -3. 4. 4-trimet  hyl- 

5-pyrazolon  228. 
Phenylurethan  67,   146,   179, 

263,  277. 
Phenylurethan   s.    Euphorin. 
p-Phenylurethancarbonat 

277. 
Phenylvaleriansäure  156,  172. 
Phenylzimtsäure   172. 
Phesin  283. 


Sachregister. 


887 


Phlorbutyrophene  572,  573. 
Phlorisobutyrophene  753. 
Phloroglucin  36,  56,  57,  115, 

116,  139,  147,515,534,544, 

547,  750. 
Phloroglucinraethyläther  147. 
Phloroglucinquecksilber   673. 
Phloroglucit  58,   139. 
Phoron  98. 
Phosgen  470. 
Phosphate   11. 
Phosphatide  781. 
Phosphatol  582. 
Phosphiu  645,  648. 
Phosphine  216. 
PhosphoniumbEisen    19,   50, 

128,   151,  301. 
Phosphor  10,  12,  20,  43,  50, 

112,  300,  547. 
Phosphorate  785. 
Phosphorige  Säure  20, 43, 582. 
Phosphorite  785. 
Phosphorsäure  12,  15,  19,  20. 
Phosphorsäureguajacyläther 

582. 
Phosphorsäuretriphenetidid 

276. 
Photoacetophenin  519. 
Pliotosantonin  754. 
Photosantonsäure   754. 
Photosantonsäureanhydrid- 

äthyläther  754. 
Phthalein  743. 
Phthaleine  200. 
Phthalidcarboxyltropein  344, 

345. 
Phthalimid  109,   146,   177, 

619. 
Phthaliminoacetondiamyl- 

sulfon  503. 
Phthaliminoacetondiphenyl- 

suUon  503. 
Phthalol  572. 
Phthaloyltropein  344. 
Phthalsäure  105, 169,  430,553, 

572. 
Phthalsäureanhydrid  572. 
Phthalsäurediphenyläther 

572. 
Phthalylarsanilsäure  707. 
Phthalylatoxyl  707. 
Phthalylbisekgonin  375. 
Phthalyldiekgonin  335. 
o-Phthalyldiekgonindime- 

thylester  336. 
Phthalylmethylindolqueck- 

silberacetat  687. 
Physostigmin  s.  Eseriu. 
Phytiu  783. 
Phytineisen  783. 
Piaselenol  633. 
Piaselenolcarbonsäure   633. 
Piaselenoknethylaminosulfo- 
säure  633. 


Piazothiole   630. 
Picolin   179. 
a-Picolin  195. 
Picoline   133. 
Picolindicarbonsäure  s. 

Uvitoninsäure. 
Picohnsäure   106. 
Picolinsäureäthylbetain    151. 
Pikraminsäure   83,   183. 
Pikrinsäure   31,   82,   83,    106, 

145,   183,  531,  639. 
Pikroaconitin  s.  Benzaconin. 
Pikrol  605. 

PikropodophyUin  745. 
Pikrotin  322. 
Pikrotoxin  307,  322. 
Pikrotoxinin  322. 
Pilocarpidin  462. 
PUocarpin     105,     311,     461, 

462. 
Pilocarpinsäure   1 05. 
Pinakon   190,   524. 
Pinakone   132. 
Pinen  190,  191,  539,  543,  757, 

764,  765. 
Pinenol   191. 
Pipecolin  312. 
Pipecolylalkin  317. 
Piperazin  106,  143,  197,  525, 

794,  799,  800,  801,  802. 
Piperazinbistheobromin- 

kohlensäureester  794. 
Piperazin,  chinasaures  s. 

Sidonal. 
Piperazinaurocyanid  734. 
Piperidin  34,  35,  63,  79,  106, 

144,  179,210,211,243,294, 

295,302,303,304,311,312, 

314,  324,  364,  416,  444,  459, 

460,  464,  525,  803,  805. 
Piperidinbrenzcatechin  414, 

586. 
Piperidinguajacol  585,   586. 
PiperidinliydrochinoQ  586. 
Piperidinmethyl-6-äthoxy- 

chinolyl-4-carbinol  248. 
Piperidinnitrophenol  586. 
Piperidinpyrogallol  586. 
Piperidinsäure   105. 
Piperidin,  weinsaures  803. 
Piperidoacetobrenzcatechin 

444. 
Piperidoäthanolphenylcarb- 

aminsäureester  374. 
Piperidoessigsäurenitril  88. 
Piperidoguajacylamyläther 

381. 
Piperidoguajacylpropyläther 

381. 
Piperidoisopropanolphenyl- 

carbaminsäureester  374. 
Piperidomenthylamyläther 

381. 
Piperidou  302,  303,  304,  306. 


Piperidophenylamyläther38 1 . 
Piperidophenylpropyläther 

381. 
Piperidothymylamyläther 

381. 
Piperidothymylpropyläther 

381. 
4-Piperidylantipyrin  227. 
Piperidylbenzoat  375. 
Piperidylessigsäuretrichlor- 

butylester  482. 
Piperin  324,  460. 
Piperinsäure   113,   324. 
Piperonal  58,  97, 1 1 3,  324, 383. 
Piperonalbisurethan  497,  498. 
Piperonylacrylsäureisobutyl- 

amid  s.   Fagaramid. 
Piperonyläthylalkohol  380. 
Piperonylalkohol  382. 
Piperonylaminoacetophenon 

518. 
Piperonylchinolincarbon- 

säure  807. 
Piperonylchinolincarbon- 

säureäthylester  813. 
Piperonylclünolincarbon- 

säureanilid  810. 
Piperonylchinolincarbon- 
säureinethylest«r  813. 
Piperonylchinolincarbon- 
säureoxybenzoesäureester 
813. 
Piperonylchinolincarbon- 

säureoxychinolinester   813. 
PiperonylchinoUncarbon- 

säurephenetidid  810. 
Piperonylchinolincarbon- 

säurephenylester  813. 
Piperonylchinolincarboxyl- 
p-aminobenzoesäureäthyl- 
ester  810. 
Piperonylcinchoninsäure  807, 

808. 
Piperonylsäure  97,  105,   113, 

324. 
Piperylalkin  316. 
Platin  10,  15,  19,  89,  510,  72.5, 

735,  736. 
Platinammoniake  302. 
Platinammoniumbasen 
Platincyannatrium   19, 
Plecavol  386. 
Pneumin  585. 
Podophyllinsäure  745. 
Podophyllotoxin  745. 
Polyclüoral  474. 
Polygalasaponin  771. 
Polysalicylid  564. 
Polystichin  752. 
Pomeranzenöl  538. 
Ponoeau  4  GB  644. 
Ponceau  R  643. 
Ponceau  2  R  649. 
Populin  139,  150,  553. 


76. 

89. 


888 


Sachregister. 


Polysaccharide   138. 
Praseodym  15,   18,  816. 
Prapandiolpyrrolidin   461. 
Procain   372,  373. 
Prolylphenylalanin   125. 
Propaesin   386. 
Propanolbenzoyldimethyl- 

amin   357. 
Propenylbrenzcatechin- 

methylenäther  s.  Isosafrol. 
Propiolsäurenitril   85. 
Propion  98,   158,  495,  517. 
Propionamid   144,   521. 
p-PropionanUidcarbonat  277. 
PropionitrU  86,  87,  198,  523. 
Propionsäure   68,    102,    155, 

158,  552. 
Propionylacetophenon  518. 
Propionylaminocoffein  789. 
Propionylbromdiäthylacetyl- 

harnstoff  820. 
Propionylcholin  329. 
N-Propionylpiperidin  312. 
Propionylsalicylsäure  556. 
Propionylsalioylsäureaceton- 

chloroformester  482. 
Propiopinakon  492. 
Proponal  493,  494,   506. 
Propyläthyläther  494. 
Propylaldehyd  96. 
Propylalkohol    61,    110,    131, 

132,   490,   523,   532. 
Sek.  Propylalkohol  490. 
Propylalkyltetramethylosy- 

piperidincarbonsäiireester 

365. 
n-Propylbenzol  177. 
Propylbenzylconiniumjodid 

124. 
N-Propylbenzoyltetramethyl- 

y-oxypiperidincarbonsäiire- 

methylester  365. 
Propylchinin  235. 
Propyldihydroberberin  426. 
Propylen   153. 
Propylenbromid  539. 
Propylenglykol  521,   523. 
Propylenglykolchlorphenyl- 

äther  382,  565. 
Propylenglykolphenyläther 

382,  565. 
Propylenhamstoff   108. 
Propylenpseudothiohamstoff 

108. 
Propylhydrokotarnin  429. 
Propylidendiäthylsulfon   500. 
Propylidendimethylsulfon 

500. 
m-Propylkresol   536,  598. 
o-Propylkresol  536,  598. 
p-Propylkresol  536,  598. 
Propylkresoljodid   598. 
Propylkresoxäthylbarbitur- 

säure   507. 


Propylkresoxäthylmalon- 

säurediäthylester  507. 
Propyllupetidin  315. 
Propylmeconylhamstoff   170. 
Propylmeconylthiohamstoff 

170. 
Propylmercaptan  539. 
Propylmorphin  397. 
prim.   Propylnitrit  80. 
sek.   Propylnitrit  80. 
Propylnitrolsäure   145,   149. 
Propylnorkodein  408. 
Propyloxyhydrocuprein    239. 
Propyloxyhydrozimtsäure 

571. 
Propyloxyphenonacetsäiire 

588. 
Propylphenacetin  270,   285. 
Propylphenol  535. 
Propylphenylcarbaminsäure- 

diäthylaminoäthanolester 

376. 
Propylphenylketon  99. 
a-Propylpiperidin    s.    Coniin. 
/?-Propylpiperidin  61,   314, 

315. 
N-Propylpiperidin  314. 
Propylpyridin  s.   CoUidin. 
a-Propyltetrahydrochinolin 

210. 
Propyltheobromin   790. 
Protargol  693,   727. 
Protocatechualdehyd  97,  192. 
Protocatechualdehyddime- 

thyläther-p-phenetidid  280. 
Protocatechualdehydmeth- 

oxymethyläther  653. 
Protocatechuphenetidid    280. 
Protocatechusäure    102,    105, 

113,    191,    196. 
Protocotoin   746. 
Protosal  570. 
Protoveratridin  323. 
Protoveratrin   323. 
Providoform  537. 
Providol  673. 
Pseudaconin  322. 
Pseudekgonin   118. 
Pseudoaconitin   322. 
Pseudoatropin  343. 
Pseudocumol  53.  | 

Pseudoephedrin   309,   310,        i 

391,  459. 
Pseudohyoscyamin  343. 
Pseudojervin  323. 
Psoudorciorphin  401. 
Pseudomuscarin  330. 
Pseudopelletierin  352. 
Pseudoricinolsäure  742. 
Pseudostrophantidin  772. 
PseudoStrophantin  772. 
Pseudotropin  343,   351,  353, 

366. 
Psychotrin  466,  467. 


Pulegol  756. 
Pulegolamin  756. 
Pulegon    112,   756. 
Puraloin   740. 
Purgatin   741. 
Purgen   743. 
Purin  89,   90,  91. 
Purpurin  74. 
Purpuroxanthin   741. 
Purpursäure  s.  Murexid. 
Putrescin  524. 
Pyoktanin  537,  642. 
Pyoktanin,  gelbes  641. 
Pyoktanin,  violett  s.  Methyl- 
violett. 
Pyramidon  189,  226,  227,  228, 

230,289,292,531. 
3-Pyrainidon   226,  227. 
Pyramidon,  benzoesaures  231 
Pyramidon,  camphersaures 

230. 
Pyramidon,  citronensaures 

230. 
Pyramidon-Coffein  231. 
3-Pyraraidonjodmethyl   227. 
Pyramidon,  phthalsaures  231. 
Pyramidon,  salicylsaures  230, 

231. 
Pyrantin  272. 
Pyrazin   73. 
Pyrazol  89,  290. 
Pyrazole   151. 
Pyrazolon  303,  464. 
Pyridin  34,  35,  36,  79,  90,  133, 

151,  179,  187,210,211,215, 

216,  243,  292,  294,  295,  296, 

298,306,311,313,317,332, 

416,460,525. 
Pyridincarbonsäure  173,  179, 

208,   554. 
Pyridincholin  332. 
Pyridimiiuscarin  332. 
Pyridinneurin   332. 
a-Pyridinursäure   195. 
Pyridon  303,  464. 
Pyrimidin  89,  90,   794. 
/S-2-Pyridyl-a-hydroxypro- 

pionyltropein  345. 
Pyrobromon  618. 
Pyrochinin  250. 
Pyrodin  34,   269. 
PjTogallol    36,    56,    57,    102, 

115,  116,  139,  149,220.531, 

534,  542,  544,  547,  670,  736, 

776,  777.  778. 
PyrogaUoläther  590. 
Pyrogallolcarbonat  149,   150. 
Pyrogalloldimethyläthercarb- 

aminsäureester  778. 
Pyrogalloldisalicylat  778. 
Pyrogallolmonoacetat  777, 

778. 
Pyrogallolmonoätherschwe- 

felsäure  56. 


Sachregister. 


889 


Pyrogallolsalicylat  563. 
Pyrogalloltriäthyläther  575. 
Pyrogalloltriacetat  777,   778. 
Pyrogallolwismut   670. 
Pyron  99. 

Pyromycursäure   194. 
Pyronal   225. 
P5rrovanadinsänre   19. 
Pyrrol  34,  35,  36,  54,  105,  194, 

196,  303,  603. 
Pyrrol-a-carbonsäviro   196. 
Pyrroldiazolbromid  604. 
Pyrroldiazoljodid  604. 
Pyrrolidin  243,  303,  304,  364, 

464,  804. 
Pyrrolidinalkohol  461. 
a-Pyrrolidincarbonsäure   140. 
PyrroUdon  146,  302,  303,  304, 

464. 
Pyrrolidylisopropylalkohol 

461. 
Pyrrolin  303. 

Quecksilber  22,   23,  24,   134, 
203,  527,  528,  530,  532,  536, 

604,  605,  6Jlff.,  725,  727, 
734,  736. 

Quecksilber-  s.  Mercuri-  oder 

Mercuro-. 
Quecksilber,  acetylatoxyl- 

saures  726. 
Quecksilber.aminojodphenyl- 

arsinsaures   726. 
Quecksilber,  äthylschwefel- 
saures 675. 
Quecksilberalanin  24. 
Quecksilber,  aminophenyl- 

stibinsaures  729. 
Quecksilberanilin  674. 
Quecksilberasparagin  24. 
Quecksilberatoxyl   725,   726. 
Quecksilberatoxylsäure     726. 
Quecksilberbenzolsulfon- 

aminophenylstibinsäure 

729. 
Quecksilberbehenolsäure- 

äthylester  681. 
Quecksilberbenzoat  675. 
Quecksilberbenzoesäure    681. 
Quecksilber,  benzoesaures 

675. 
Quecksilberbinitrophenol  674. 
Quecksilberbromid  22. 
Quecksüberchlorbenzoe  säure 

680. 
Quecksilberchlorid    21,    528, 

605,  642,  671,  672,  673,  674, 
689,715,716. 

Quecksilberchloridhamstoff 

673. 
Quecksilber,  cholsaures  690. 
Quecksilbercyanid  688. 
QuecksUberdibenzoesäure 

675,  685. 


Quecksilberdibrombenzoe- 

säure  680. 
Quecksilberdibromfluoreacein 

679. 
Quecksilberdijodtyrosin    675. 
Quecksilberdimethyl  699. 
Quecksilberdimethylbenzoe- 

säure   680. 
Quecksilber,  dioxjTininodi- 

hydropyrimidinessigsaures 

691. 
Quecksilberdipropionsäure 

675,   685. 
Quecksilberdisalicylsäure  726. 
Quecksilberfluorescein  679. 
Quecksilberforraamid   673. 
Quecksilberglobulin  693. 
QuecksilberglykokoU   24. 
Quecksilberguajacolpropion- 

säure  685. 
Quecksilberhydrochinon- 

phthalein  679. 
Quecksilberjodatoxylsaures 

726. 
Quecksilberjodbenzoesäure 

680. 
Quecksilberjodid  22. 
Quecksilberjodidjodfett  610. 
Quecksilberjodidjodkalium 

688. 
Quecksilber,  jodphenylarsin- 

saures  726. 
Quecksilber,  kaliumcarbo- 

thiomethylaminophonyl- 

essigsaures  684. 
QuecksüberkaUumhyposulfit 

528. 
Quecksilberkaliumkresolsul- 

fosäure   679. 
Quecksilberkaliumnitro- 

phenolsulfosäiu'e   679. 
Quecksilberkaliumthiosulfat 

687. 
Quecksilberkaliumthymol- 

sulfosäure  679. 
Quecksilber,  koll.  529,  672. 
Quecksilberkreosol  673. 
Quecksilberkresorcinsuc- 

cinein  679. 
Quecksilbermethylfluores- 

cein  679. 
Quecksilbermonobrom- 

xyllenol  673. 
Quecksilber,  naphtholdisulfo- 

saures  675. 
Quecksilbematriumthio- 

glykolat  688. 
Quecksilbemuclein  697. 
Quecksilberoxybenzoesäiu-e- 

anhydridacetamid  677. 
Quecksilber,  oxybenzolsulfo- 

carbonsaures  678. 
Quecksilberoxycyanat  674. 
Quecksilberoxycyanid  688. 


Quecksilberoxydul,  gerbsau- 
res 686. 
Quecksilberoxydulnatrium 

weinsaures  24. 
Quecksilberoxyhydrochinon- 

phthalein  679. 
Quecksüberoxydkolloid  672. 
Quecksilber,  paranuclein- 

saures  683. 
Quecksilberphenolat  674. 
Quecksilber,  phenoldisulfo- 

saures  s.  Hermophenyl. 
Quecksilber,  phenolessig- 
saures 675. 
Quecksilbe  rphenolphthalein 

679. 
Quecksilberphenolsulf  onat 

688. 
Quecksilberphenolsulfosäure 

680. 
Quecksilber,  p-phenolsulfo- 

saures  s.   Hydrargol. 
Quecksilberphenylmcthyl- 

dithiocarbonat  682. 
Quecksilberpyrogalloldi- 

äthyläther  673. 
Quecksilberresorcinsaccha- 

rein  679. 
Quecksilber,  resorcinessig- 

saures  675. 
Quecksilbe  rresorcinsuccinein 

679. 
QuecksilbersaUcylat  676,  677, 

689. 
QuecksUbersalicylatäthylen- 

diamin  678. 
Quecksilbersalicylatalanin 

678. 
Quecksilbersalicylat,  methyl- 

arsinsaures  s.   Enesol. 
Quecksilbersahcylatpiperidin 

678. 
QuecksilbersaUcylatsuccin- 

imid  678. 
QuecksilbersaUcylsulfosäure 

677. 
Quecksilbersalvarsan  683. 
Quecksilberstearolester  681. 
Quecksilbersuccinimid  24. 
Quecksilbersuccinimid-mono- 

njethylarsinsaures   726. 
Quecksilbertetrabrom- 

fluorescein  679. 
Quecksilbertetrajodfluores- 

cein  679. 
Quecksil  bertetrajodphenol- 

phthalein   679. 
Quecksüberthiosulfat- 

natriumchlorid  22. 
Quecksilbe  rthymoxylessig- 

säureanhydrid   685. 
Quecksilbertoluylsäure  680. 
Quecksilber,  tribrompheno!- 

essigsaures  675. 


890 


Sachregister. 


Quecksilbertrimethylbenzoe- 

säure  680. 
Quecksilber,  methanophenyl- 

stibinsaures  729. 
QuecksilberveratruTOsäure 

680. 
Quecksilberxylenol  673. 
Quecksilberzinkcyanat  688. 
Quercit  51,  58,   162. 
Quercitrin  201. 
Quietol  488. 

Radium  528,  529,  736. 
Rebaudinsapogenin  773. 
Rebaudinsaponin  773. 
Resacetophenon   191. 
Resaldol  574,  742. 
Resoldol   747. 
Resorcin   56,    115,    139,    147, 

180,190,531,534,544,774, 

778. 
Resorcinarsinsäure  717. 
Resorclnbenzoylcarbon- 

säureäthylester  s.  Resaldol. 
Resorcindiäthyläther  590. 
Resorcindisalicylat  563. 
Resorcinglykosid  774. 
Resorcin-Hexamethylen- 

tetramin  s.   Hetralin. 
Resorcinmonoacetat  777, 

778. 
Resorcinmonoäthyläther  590. 
Resorcinmonosalicylat  563. 
Resorcinquecksilber  673. 
Resorufin   740. 
Resorcylsäure   105,   147. 
Rhamnoside  200. 
Rhamnoseäther  200. 
Rhodaform  656. 
Rhodan   25,   109. 
Rhodanaiuinon  36. 
Rhodanide  5,   107,   198. 
Rhodanquecksilber  22. 
Rhodanwasserstoff  63,  89. 
a-Rhodeohexonsäurelacton 

126. 
Rhodinol  756. 
Rhodium  530,  735. 
Rhodiumammoniake   129. 
Ricinin   296. 
Ricinolamid  743. 
Ricinolsäure  742,  743. 
Ricinolsäureester  743. 
Ricinolsäurephoaphorsäure 

784. 
Ricinolstearolsäurejodid  s. 

Dijodyl. 
Riciustearolsäureäthylester- 

dijodid  609. 
Ricinstearolsäuredijodid  608. 
Ricinusöl  742,   743. 
Ricinusölallophansäureester 

743. 
Ristin  767. 


Roccellin  B  101.  1 

RoccelUnrot   101. 
Rohrzucker   135,   772. 
Rosaginin   771. 
Rosanilin  64,  65,   648. 
Rosaniline  64,  641,  642,  719. 
Rose  Bengale   641,   642. 
Rosolsäure  740. 
Rotlerin  752. 
Rouge  pourpre   643. 
Rouge  soluble   643. 
Rubazonsäure  226,  229. 
Rubidium    10,    13,    15,    16. 
Rubidiumbromid   18. 
Rubijervin  323. 
Rufigallussäure  741. 
Rufigallussäurehexamethyl- 

äther  741. 
Ruthenium  530. 
Rutin  201. 

Sabinen  180, 190, 191, 756,  757. 
Sabinenol   191. 
Sabinol    191. 
Sabronin  619,   620. 
Saccharin  35,   117,   141,   142. 
o-Saccharin  136. 
p-Saccharin   136. 
Saccharinäthylester  142. 
Saccharinsäurelacton   142. 
Sacchariosenitrat  81. 
Saccharosephosphorsäure 

637,  784,  785. 
Safranin  83,   146,  648. 
Safrol  56,  111,  112,  439,  547, 

548. 
Sagrotan  531. 
Sajodin  609,  610,  620. 
Salacetol  570. 
Salicin    138,    139,    200,    297, 

553,   561,  562. 
Salicinnatrium   1 39. 
Salicyläthyläthersäureamid 

520. 
Salicylaldehyd  57,  75,  549, 

562. 
Salicylaldoxim  75. 
Salicylamid  67,  192,  520,  573. 
Salicyl-p-aminophenylester- 

<u-methylsulfosäure  285. 
Salicylanilid  255. 
Salicylanthranil  559,  813. 
Salicylanthranilsäure  559, 

813. 
Salicylanthranilsäuremethyl- 

ester  559. 
Salicylarsinsäure  718. 
Salicylcarvacrolester  564. 
Salicyldiäthylamid  768. 
Salicylessigsäure  225,  560. 
Salicylessigsäurediphenetidid 

275. 
Salioylessigsäurephenetidid 

275. 


SaUcyleugenolester  564. 
Salicylgallussäure  660. 
Salicylglykolsäureäthylester 

566. 
Salicylglykolsäuremethyl- 

ester  566. 
Salicylglykuronsäure    185, 

192. 
Salicylhomoanthranilsäure 

559. 
Salicylhydrocliinin  252. 
Salicylid  470. 
Salicylid-C'hloroform  470. 
Salicyljodid  600. 
Salicylmethyläthersäureamid 

520. 
Salicylosalicylsäure  151,  557. 
Salicylosalicylsäurecarbonat 

559. 
Salicyloylglucose  567. 
Salicyloyltheobromin  792. 
Saücylphenetidid  106,  275, 

291. 
Salicylquecksilber  686. 
Salicylquecksilber  s.  Queck- 

silbersalicylat. 
Salicylricinusöl   743. 
Salicylsalicylamid  564. 
Salicylsäiu-e  32,  35,  38,  57,  58, 

62,  102,  105,  140,  155,  177, 

192,  193,  201,  204,  206,  207, 

224,  255,  288,  289,  527,  531, 

532,  536,  542,  543,  544,  552, 

553 ff.,  560,  561,  562,  571, 

572,573,794,797,798,811. 
Salicylsäureacetamidester 

574. 
Salicylsäureacetonbromo- 

formester  482. 
Salicylsäureacetonchloro- 

formester  482. 
Salicylsäureacetylaraino- 

phenoläther  573. 
Salicylsäureäthylester  567. 
I  Salicylsäureäthylestercarb- 

amat  578. 
Salicylsäiu-eäthylesterchlor- 

methylat  568. 
Salicylsäureallylester  567. 
Salicylsäureamid  140. 
Salicyl.säureamylester  567. 
Salicylsäureanthranilsäure- 

acethylester  813. 
Salicylsäurebenzylester  565. 
Salicylsäurebenzylphenol  - 

ester  564. 
SalicylsäuredicMorhydrin- 

ester  570. 
Salicylsäuredioxyisobutter- 

sävu'epropylester  566. 
Salicylsäuredioxynaphthalin  - 

ester  563. 
Salicylsäureformylamino- 

phenoläther  573. 


Sacliregister. 


891 


Salicylsäureglycerid  566. 
Salicylsäureglyoerinformal- 

ester  570. 
Salicylsäureglykolylurethan 

487. 
Salicylsäureglykolylcarba- 

minsäuremethylester  769. 
Salicylsäureglykolj'lurethan 

769. 
Salicylsäureguajaeolester  564. 
Salicylsäureisoamylphenol- 

ester  564. 
Salicylsäureisobutylphenol- 

ester  564. 
Salicylsäurekreosotester   564. 
Salicylsäurelactylamino- 

phenoläther  573. 
Salicylsäurementhylester- 

carbonat  578. 
Salicylsäuremethoxymethyl- 

äther  653. 
Salicylsäuremethoxymethyl- 

ester  s.  Mesotan. 
Salicylsäuremethylenacetat 

s.   Indoform. 
Salicylsäuremethylester  s. 

Salimenthol. 
Salicylsäuremethylestercar- 

bonylphenylphosphorsäure 

785. 
Salicylsätiremethylresorcin- 

ester  564. 
Salicylsäurenaphtholester 

563. 
Salicylsäureoxychinolinester 

806. 
Salicylsäurephenylester  s. 

Salol. 
Salicylsäureresorcinester  563. 
Salicylsäurethiokresolester 

564. 
Salicylsäurethiophenolester 

564. 
Salicylsäurethymolester  s. 

Salithymol. 
Salieylsäurexyllenolester  564. 
Salicylschwefelsäure  559. 
Salicyltropein  343,   346,  349. 
Salicylursäure   192,   193. 
Saliformin  657,  802. 
Saligallol  s.   Pyrogalloldisali- 

cylat. 
Saligenin  57,   177,  380,  382, 

553,  561,  562,  797. 
Saligeniiicarbonsäure  568. 
Saligenintannat  562,   797. 
Salimenthol  144,  192,553,567, 

760,  761. 
Salipepsin   140,   224,   225. 
Salithymol   140. 
Salochinin  252. 
Salokoll   140,  283. 
Salol     201,     202,     539,     553, 

362ff.,  563,  564,  572,  573. 


Saide   567,   571,   572. 
Salophen  573. 
Salosalicylid  559. 
Salpetersäure  23,  25,  60,  99, 

134,  531. 
Salpetersäureester  80,  81. 
Salpetrige  Säure  20,  63,  81, 

473. 
Salpetrigsäureester  80. 
Salumin  737. 
Salvarsan    32,    64,   527,   530, 

542,  623,  700,  704,  708,  709, 

710,  714, '»3,716,719,  720, 

725,726,736,821. 
Salvarsanformaldehydsulf- 

oxylat  714. 
Salvarsangold  727. 
Salvarsankupfer  727,   735. 
Salvarsannatrium  715,  728. 
Salvarsanplatin  727. 
Salvarsanquecksilber  727. 
Salvarsansilber  727. 
Salzsäure  99. 
Samarium  '18. 
Sanatogen  783. 
Sanoform  599,   601. 
Santal  538,  543.  764,  T65f{. 
Santalol   191,   765. 
Santalolacetat  765. 
Santalolacetolcarbouat  761. 
Santalolallophansäureester 

766. 
Santalolbenzoat   765. 
Santalolbernsteinsäureester 

766. 
Santalylbemsteinsäure- 

methylester  766. 
Santalolbroruisovalerylester 

767. 
Santalolcamphersäureester 

765. 
Santalolcarbonat   766. 
Santalolcarbonylphenyl- 

phosphorsäureester  785. 
Santalolzinnamylat  765. 
Santalolformaldehyd  765. 
Santalolgallussäureester   766. 
Santalolisovalerianat  766. 
Santalolkolilensäureester 

765. 
Santalololeat  766. 
Santalolphosphorsäureester 

766. 
Santalolphthalat  765. 
Santalolsalicylsäureester  s. 

Santyl. 
Santalolstearinat  766. 
Santaloltriacetylgallussäure- 

ester  767. 
Santaloltribenzoylgallus- 

säureest«r  766. 
Santalylcamphersäure- 

methylester  766. 
Saatalylmentholäther   766. 


Santalylmethyläther  s.  Thy- 

resol. 
Sautalylphthalsäuremethyl- 

ester  766. 
Santenol  191. 
Santenon  52,    191. 
Santogenin   198. 
Santonan  755. 
Santonansäure   755. 
{  Santonige  Säure   754. 
j  Santonin   105,   179,   198,  753, 
!      754,  755. 
Santoninamin  754. 
Santoninoxim  755. 
Santonsäure  753,  754. 
Santyl   765. 
Sapogenin  773. 
Saponin  382,  744,   772,   773, 

786,  787. 
Saponine   120. 
Sapotonin  772. 
Sarkin  8.   Hypoxanthin. 
Sarkosin   141,   163,   195,   796. 
Sarkosinanhydrid   141. 
Sauerstoff  27,  530. 
Scandium  18,   134,  530. 
Scharlachrot  641,  646. 
Schiffsche  Basen   151. 
Schleimsäiu'e   162. 
Schwefel  10,  13,  109,  134,  206, 

504,  530,  622,  745. 
Schwefeläthyl   107. 
Schwefelchinin  253. 
Schweflige   Säure   198,   530. 
Schwefeljodfette  610. 
Schwefelkohlenstoff  107. 
Schwefelkolloid  629,  630,  736. 
Schweflige  Säure  745. 
Schwefellanolin  628. 
Schwefellebertran  628. 
Schwefelleinöl  628. 
Schwefelsäure  15,  25,  99,  100, 

198. 
Schwefelsäureacetylamino- 

phenoläther  582. 
Schwefelsäureguajacyläthyl- 

ester  582. 
Schwefelsäureguajacyliso- 

butylester  582. 
Schwefelsäureguajacyl- 

methylester  582. 
Schwefelsäurehydroohinon- 

monomethyläther  582. 
Schwefelsäure  nitrophenol- 

äther  582. 
Schwefelsäure  resorcinmono- 

methyläther  582. 
Schwefelsäuresalicylamid- 

ester  582. 
Sehwefeltran  628. 
Schwefelwasserstoff  108,  504, 

745. 
Schwefelzimtsäureester  628. 
Scopolamin  122,   123,  402. 


892 


Saoliregister. 


Scopolaminmethylbromid 

347. 
Sebacinsäurediäthylester    62. 
Seifenspiritus  531. 
Selen  10,   13,  631—634. 
Selenazinblau  632. 
Selenazol   634. 
Selenazolsulfosäure   634. 
Selenbromfluorescein  633. 
Selenbromide  85. 
Selencyanantrachinon  634. 
Selencyananthrachinonsulfo- 

säure   634. 
Selencyanbenzoesäure  633. 
Selencyanbenzolarsinsäure 

633. 
Selencyanbenzolsulfosäure 

633. 
Selenfluorescein  633. 
Selenfluoresceindiacetat   633. 
Selenige  Säure  187,  198,  631. 
Selenjodfluorescein  633. 
Selen,  kolloid.   629,   632. 
Selenmethyl   187. 
Selenmethylenblau  633. 
Selenoäthylhydrocuprein 

820. 
Selenohydrochinin  820. 
Selenohydrocuprein  820. 
Selenoisotrehalose   632. 
Selenolleinoelsäure  634. 
Selenophenol   634. 
Selenphenolphthalein  633. 
Selenresorcinarsensäure  632. 
Selensaccharin   136. 
Selensäure   15,    198. 
Selentetrachlorfluorescein- 

diacotat  633. 
Selenverbindungen  85. 
Semicarbazid  74,  219. 
Semicarbazide   256. 
Senegasapogenin   773. 
Senegasaponin  773. 
Senfgasquecksilberchlorid  86. 
Senföl  537. 
Sepin  331. 
Sepsin   72. 
Septacrol  647,  694. 
Serin   125,   140,   181. 
Sidonal  797. 
Silber   10,    15,   24,   134,    173, 

203,    528,    529,    530,    532, 

691,  725,  727,  736. 
Silber,  aminjodphenylarsin- 

saures  726. 
SUberatoxyl  726. 
Süber-Brillantphosphin    5    G 

694. 
Silber,  chinaaseptolsaures 

692. 
Silberdimethyldiaminome- 

thylacridiniumnitrat  694. 
Silbereiweiß  693. 
Silberglykocholat  694. 


Silber,  jodphenylarsinsaures 

726. 
SUber,  kolloid.  529,  691,  727, 

728. 
Silber,  kolloid,  s.  Collargol. 
Silbermethylenprotein  693. 
Silbernitrat  538,  691,  693, 

727. 
Silbernitratanunoniakalbu- 

mose   694. 
Silbernuclein   697. 
Silber,  oxyraercuribenzoe- 

saures  694. 
Silber,   oxymercurithymol- 

essigsaures  694. 
Silber,  phenylschwefelsaures 

692. 
Silberphosphat-  Äthylendi- 

amin   692. 
Silberprotalbin   693. 
Silbersalvarsan  717,  728,  821. 
Silberthioglj'kolsäure   821. 
Silicium  636. 
Silikate  529. 
Siornin   658. 
/)'-Skatol  79,   177. 
Skatoxyl   177,   190. 
Solanin   321. 
Solarson  704. 
Solveol  546,  590. 
Somnal  478. 
Sorbit   162. 
Sozal  737. 
Sozojodol  604,  605. 
Sozojodolsäure   530. 
Spartein  s.   Lupinidin. 
Spermin  798. 
Sphygmogenin    s.    Adrenalin 

440. 
Spirosal  565. 

Spritgelb  s.  Aminoazobenzol. 
Stachhydrin   151. 
Stearosan  766. 
Stearylcholin  327. 
Stibacetin  729. 
Stibenyl   732. 
Stibinobenzol  731. 
Stiboniumbasen   19,   50,   128, 

151,   301. 
Stilbazolin   311,   313. 
Stilben   172. 
Stilbenhydrat  s.  Diphenyl- 

äthanol. 
Stickstoff  10,  13,  20,  26,  530. 
Stickstoffwasserstoffsäure  74. 
Storax  200. 
Stovain   150,   358,   367,   368, 

371. 
Stovainbromäthylat  370. 
Stovainbrommethylat  370. 
Stovainjodäthylat  370. 
Stovainjodmethylat  370. 
Strontium   10,    14,   15. 
Strontium,  cholsaures  690. 


Strophanthidin  773,   774. 
Strophanthingenin  s.  Stro- 

phantidin. 
Strophanthin   771,   772,   773, 

774. 
Strophantinhydrat  773. 
Strychnidin    464,   565. 
Strychnin  23,  28,  37,  40,  43, 

45,  46.  47,  59,  67,  98,  136, 

146,  271,  296,  297,  298,  299, 

302,  307,  425,  463,  464,  465, 

466,  742,  747. 
Strycnninbetain  465. 
Strychninbrombenzylat  465. 
Strychninhydrür  465. 
Strychniniummethyüiydr- 

oxyd  35. 
Strychninjodessigsäure- 

methylester  465. 
Strychninoxyd  395,  465. 
Strychnol   303,  464,  465. 
Strychnolin  464. 
Stypticin  s.  Kotarnin. 
Styptol  430. 
Styracol  577,  583. 
Suberon  517. 
Suberonisoxim  305. 
Sublimat   54,   297,   529,   531, 

538,  545. 
Sublimat  s.    Quecksilber- 
chlorid. 
Succinanilsäure  282. 
Succinimid  90,   164. 
Succinimidquecksilber  674. 
Succinimidsilber-hexamethy- 

lentetramin  694. 
Succinylekgoninmethylester 

336. 
Succinylsalicylsäure  558. 
Succinyltropein  342,  344. 
Sucramin   142. 
Sucrosulfosäure   136,   146. 
Sudan  I  640,   643. 
Sudan  III  640. 
Sudan  G   640. 
Sulfaldehyd  199. 
o-Sulfamidbenzoesäure   142. 
Sulfamide   148. 
Sulfaminbenzoesäuresulfinid 

142. 
Sulfaminobenzoesäuren  144, 

146. 
Sulfaminodimethylpyrazo- 

lonquecksilber  686. 
Sulfaminol  622. 
Sulfanilsäure  76,  104,   106, 

195,    199,  257,  704. 
Sulfanilcarbaminsäure   195, 

199. 
Sulfate   11. 
Sulfhydrylgruppe  5. 
Sulfide   147. 
Sulfimide   148. 
Sulfiniumbase   147,   151. 


Sachregister. 


893 


o-Sulfobenzimid   146. 
Sulfücyansäure   107. 
Sulfocyanwasserstoff  s. 

Rliodanwasserstoff. 
Sulfoessigsäure  193,  199. 
Sulfofluorescein  200. 
Sulfoid  630. 
Sulfokodein  397. 
Sulfonal    147,    199,   469,   500, 

501,  504,  505,  521,  522,  526, 

539. 
Sulfonale   63. 
Siilfone   30. 
az-p-SuIfophenyl-ald-phenyl- 

dihydro-/J  -uaphthotzi- 

azin   152. 
Sulfophenylarsinsäure  720. 
Sulfophenylcliinolinoarbon- 

säure  812. 
SuLfosalicylsäure  106,   144, 

531. 
Sulfoxykodem   397. 
Sulfoxymorphin  397. 
Suprarenin  s.   Adrenalin. 
Surinarain  447. 
Symphorole   789. 
Synanisaldoxim   142. 
System,   periodisches    17. 

Tallium  10. 

Tanacetin  752. 

Tanacetogendicarbonsäure 

757. 
Tanaceton  s.  Thujon. 
Tannal  737. 
Tannalbin   154,  661. 
Tannigen  659. 
Tannin    137,    154,    192,   200, 

203,    595,    607,    658—663, 

687,  737,  798. 
Tannin  albuminatum   661. 
Tanninaldehydprotein   663. 
Tannin-Chloral  s.   Captol. 
Tannineiweiß   661,   662. 
Tanninformaldehydeiweiß 

662. 
Tanninhexamethylentetra- 

mincalcium  659. 
Tanninphenolmethan  663. 
Tanninthymolmethan  s. 

Tannothymal. 
Tanninzimtsäureester  660. 
Tannobromin  661. 
Tannoform   660,  662. 
Tannoguajaform  586. 
Tannokol  662. 
Tannokreosoform  586. 
Tannon  663. 
Tannopin   663. 
Tannothymal   659,   662. 
Tanosal   583. 
Taririnsäuredijodid   608. 
Tartonsäure    158,   161 
Tartraziii  649. 


Tartryltropein   344,  349. 
Taurin    101,    144,    195,    198, 

199,   524. 
Taurobetain  151. 
Taurocarbamüisäure   101, 

195,    196. 
Tebelon  543. 
Teer  594. 
Teeröl  545. 
Tegoglykol  s.   Glykol. 
Tellur  10,  530,  631—634. 
Tellurige  Säure  187,  631,  632. 
Tellurmethyl    187. 
Tellursäure  631,   632. 
Tephrosin  519. 
Terbiiun   134. 
Tereben   764. 
Terebyltropein  344. 
Terephthalsäure   105,  179. 
Terpene   125,   180,   747,  756, 

757. 
Terpenolphosphorsäure   180. 
Terpenolunterphosphorige 

Säure   180. 
Terpentinöl   173,   190,  538, 

539,  543,   764,  765. 
Terpin   191. 
Terpinen    112. 
Terpineol   765. 

Terpinliydrat  543,   764,   765. 
Terpinol   173,  543,   765. 
Tetraacetylchlorsahcin   139. 
Tetraacetylchlortheophyllin- 

glucosid  793. 
Tetraacetyldichloramino- 

puringlueosid  793. 
Tetraacetylglucosephenetidid 

281. 
Tetraacetylhydroxycoffein- 

glucosid  793. 
Tetraacetyltheobromingalak  - 

tosid  793. 
Tetraacetyltheobromin- 

glucosid   793. 
TetraacetyltheophylUn- 

galaktosid  793. 
Tetraacetyltheophyllin- 

glucosid   792. 
Tetraacetyltrichlorpurin- 

glucosid  793. 
Tetraäthylammoniumjodid 

72,   300,  445. 
Tetraäthylammoniumtrijodid 

597. 
Tetraäthylarsoniumcad- 

miumjodid   128,   300. 
Tetraäthylarsoniumjodid   20, 

300,   700. 
Tetraäthj'larsoniumzink 

Jodid  300. 
Tetraäthyldiaminodiphenyl- 

carbinol  s.  BriUantgrün. 
TetraäthyLhexaminoarseno- 

benzol   724. 


Totraäthylphloroglucin  515. 
Tetraäthylphosphouium- 

hydrosyd   144. 
Tetraäthylpho3phoniumjodid 

20,   128,   300. 
Tetraäthylstiboniumjcdid 

732. 
Tetraäthylsulfonhexan  503. 
Tetraminoarsenobenzol   712. 
Tetraminoarsenophenol  713. 
4.4'.2.2'-Tetraaminodiphenyl- 

hexan   145. 
Tetraamylammoniumjodid 

300. 
Tetrabromaceton  619. 
Tetrabromarsenophenol    712. 
Tetrabrom-o-biphenol  616. 
Tetrabrom-p-diphenol   536. 
Tetrabromdipropyldiäthyl- 

barbitursäure  508,   509. 
Tetrabromfluorescin  s.  Eosin. 
Tetrabrom-o-kresol  544,  616. 
Tetrabromnaphthol  536,  537. 
Tetrabrom-/S-naphthol  616. 
Tetrabrompyrrol  603. 
Tetrachloräthan  68,  471,  539. 
Tetrachloräthan  819. 
Tetracliloräthylalkoholallo- 

phansäureester  479. 
Tetrachloräthylen  816,  819. 
Tetraehlorarsalyt   717. 
Tetrachlorarsenophenol   712. 
Tetrachlor-o-biphenol  536, 

616. 
Tetrachlorchinon   181. 
Tetrachlordinitroäthan  85,86. 
Tetrachlorkohlenstoff   68, 

471,  474,  539. 
Tetrachlorhj'drochinonäthor- 

schwefelsäure   181,    182. 
Tetrachlorhydrochinongly- 

kuronsäure   181. 
Tetrachlormethan  819. 
Tetrachlorphenol  544,   617. 
Tetrachlorphenolphthalein 

744. 
Tetrachlorstrychnin  465. 
Tetrahydroäthyl-a-oxychino- 

lin  s.   Kairolin. 
Tetrahydroatophan  808. 
Tetrahydroberberin  295,  433. 
Tetrahydrocarvonisoxim  305. 
Tetrahydrochinaldin    123. 
Tetrahydroclünolin    34,    35, 

36,   67,   210,  212,   296. 
TetrahydrochinoUncarbon- 

säurediäthylaminoäthanol- 

ester  376. 
Tetrahydrocolclücin  325. 
/S-Tetrahydrodimethylnaph- 

thylamin  308. 
Tetrahydrofuräthylamin  455. 
Tetrahydromesoacridincar- 

bonsäure  807. 


894 


Sachregister. 


Tetrahydronaphthalin  s. 

Tetralin. 
Tetrahydronaphthalinharn- 

stoff  550. 
Tetrahydronaphthol  550. 
«-Tetrahydronaphthylamin 

307. 
^-Tetrahydronaphthylamin 
72,  78,  295,  296,  307.  308 
309,  310,  334,  391,  440. 
o-Tetrahydronaphthylen- 

amin  308. 
p-Tetrahydronaphthylen- 

amin   308. 
Tetrahydronarkotin  431.     . 
Py-Tetrahydro-p-oxychino- 

lin   210. 
Tetrahydropapaverin  296, 

299. 
Tetrahydropapaverolin  425, 

426. 
Py-Tetrahydro-j'-phenyl- 

chinolin   210. 
a-Tetrahydropropylchinolm 

317. 
Tetrahydroricinin  296. 
Tetrahydrosantonilid  755. 
Tetrahydrosantonin  755. 
Tetrahydrostrychnin  464, 

465. 
Tetrahydrothebain  407. 
Tetrajodaceton  596. 
Tetrajodarsenophenol  705, 

712. 
Tetrajodfluorescein  s.  Rose 

Bengale. 
Tetrajodhistidinanhydrid453. 
Tetrajodimidazol  453. 
Tetrajodphenolphthalein  s. 

Nosophen. 
Tetrajodphenolphthalein- 

eisen  669. 
Tetrajodphenolphthalein- 

quecksilber  669. 
Tetrajodpyrrol  s.   Jodol. 
Tetrajodphenolplithalein- 

wismut  669. 
Tetrajodphenolphthalein- 

zink  669. 
Tetrakodein  404. 
Tetralin  550. 

Tetramethylammonium    299. 
Tetramethylanimonium- 

formiat  s.   Forgenin. 
Tetramethylammonium- 

hydroxyd  294,  302. 
Te  tramethylammonium  3  odid 

597. 
Tetramethylammoniumtri- 

jodid  597. 
Tetramethylarsoni  umJodid 

128,   300,   700. 
Tetramethylarsoniumzink- 
jodid   128. 


Tetramethylbenzoesäure- 

amid  520. 
Tetramethylblei  86. 
Tetramethyldiaminoarseno- 

toluol  712. 
Tetramethyldiaminodiphe- 
nylcarbinol  s.  Malachit- 
grün. 
Tetramethyldiaminopropa- 
nolphenylcarbaminsäure- 
ester  374. 
Tetramethyldiaminotriphe- 

nolcarbinol  s.  Malachitgrün. 
Tetramethylenbisiminoessig- 

säure  737. 
Tetramethylenbisiminoiso- 

buttersäure  737. 
Tetramethylendiamin  54,  72, 

166,   198. 
Tetramethyldiaminodioxy- 

arsenobenzol  718,   719. 
1.3.7. 9-Tetramethylharn- 

säure  96. 
Tetramethylhexaminoarseno- 
•    benzol   724. 
Tetramethyl-p-phenylen  - 

diamin   77,  256. 
Tetramethylpyridin  s. 

Parvolin. 
Tetramethylpyrrolidincar- 

bonamid  363. 
Tetramethylp}Trolidin-/J-car- 

bonsäure   804. 
a-Tetramethylpyrrolin-/?-car- 

bonsäureamid  803. 
a-TetramethylpyTrolin-/?-car- 
bonsäuredimethylamid 
804. 
a-Tetramethylpyrrolin-/?-car- 

bonsäuremethylamid  803. 
Tetramethylstiboniumjodid 

144. 
Tetramethyltetraminoarseno- 

benzol   718. 
1.3.7. 8-Tetramethylxanthin 

s.   8-Methylcoffein. 
Tetranatriumphenazinbis- 

arseniat  710. 
Tetraoxyanthrachinon  741. 
Tetraoxydiphenylacylamine 

450. 
Tetraoxyhydrobenzolcarbon- 

säure  s.  Chinasäiu-e. 
Tetrolylglykuronsäure  550. 
Tetronal  501,  505,  521,  522. 
Thaliin  31,   210,   212,  213. 
o-Thallin  212. 
Thallinhamstoff  212. 
Thallinperjodat  212,   611. 
Theacylon   788. 
Thebain    28,    296,    297,    298, 
318,  391,  392,  393,  394,  395, 
401,408,409,411,412,425, 
429,  444. 


Thebainbromraethylat  406. 
Thebainmethyljodid  412. 
Thebaol  412. 
Thebenin  412. 

Theobromin  35,  44,  62,  66,  91, 
92,  93,95,96,118,143,168, 
749,  786,  787,  790,  791, 
Theobrominbarium-natrium- 

salicylat  s.   Barutin. 
Tlieobrommglucosid  793. 
Theobrorainkohlensäure- 

äthylester  794. 
Theobrominkohlensäure- 

chlorid   794. 
Theobrominlithium-lithium- 

hippurat  s.   Urogenin. 
Theobrominlithium-lithium- 

salicylat  s.   Urophenin. 
Theobromiunatrium-natri- 

umacetat  s.   Agurin. 
Theobrominnatrium-natri- 
vuuauisat  s.  Anisotheobro- 
min. 
Theobrominnatriuni-natri- 

umbenzoat  787. 
Theobrominnatrium-natri- 

umchlorid  788. 
Theobrominnatrium-natri- 

umformiat    s.   Theophorin. 
Theobrominnatrium-natri- 

umlactat  788. 
Theobrominnatrium-natri- 

umsalicylat  787. 
Theobrominnatrium-natri- 
umsulfosalicylat  s.  Theo- 
salin. 
Theobrominsalicylat  788. 
TheobrominthjTnolkohlen- 

säureester  794. 
Theocin  s.   Theophyllin. 
Theolactin  788. 
Theophorin  788. 
Theophyllin   44,   92,   93,   94, 
95,  96,  118,  143,  189,  790, 
791,  792. 
Theophyllinäthylendiamin   s. 

Euphyllin. 
Theophyllinaminophenyl- 
salicylsäureester,  methyl- 
sulfosaures  792. 
Theophyllingalaktosid  793. 
TheophyUinglucosid  792. 
Theophyllinpiperazin  791. 
Theophyllinrhamnosid  793. 
Theosalin  788. 
Thermodin   146,  276,  277. 
Thetine    147,    151. 
Thialdin   199. 
Thiazole   151. 
Thienylchinolincarbonsäure 

813. 
Thioaldehyde   110,  516. 
Thioamide   147. 
Thioantipyrin  624. 


Sachregister. 


895 


Thiobenzoylthioessigsäure- 

disulfid  629. 
Thiobiazol  631. 
ThiobisantipjTin   227. 
Thiobiuret   146,    147. 
Thiooarbamid  36. 
Thiocarbaminoarsanilsäure 

707. 
Thiocarbaminsäureäthylester 

8.   Xanthogenaraid. 
Thiocarbazid   188. 
Thiochinanthren   109. 
Thiocol  553,  586,  587. 
Thiocyansäure   89. 
Thiodiglykol  816. 
Thiodiglykolchlorid  08,    816. 
Thiodinaphthyloxyd  631. 
Thioform  667. 
Thioglykol  68. 
Thioglykolsäiire   199. 
Thioharnstoff  107,   108,   109, 

147,   188,  524. 
2-Thiohydantoin   109. 
2-Thiohydantoin-4-essigsäure 

109. 
Thioisotrehalose  632. 
Thiol  545,  627. 
Thiolysol  628. 
2-Thio-4-methylhydantoin 

109. 
Thioniumchinone   147,    151. 
Thiooxydiphenylamin   622. 
Thiophen   54,   64,    109,    194, 

199,  539,   624,   629. 
Thiophenaldehyd   194. 
Thiophendijodid  624. 
Thiophenole   147. 
a-Thiophensäure   194,   199. 
a-Thiophenursäure   194. 
Tlüoresorcin  622,   623. 
Thiosinamin    108,    146,    188, 

630. 
Thiosinaminjodäthyl  624. 
Thiosulfat  107,  198. 
Thiotetrapyridin  294. 
Thiotolen  64,   199. 
Tliiotolenosycarbonsäure- 

äthylester  629. 
Thiozonide   628. 
Thiuret  622. 
Thiurethan   109. 
Thorium   10,   15,  816. 
Thujon  190,  757,  759,  762. 
Thujomenthonisoxim  306. 
Thujonoxydglykuronsäiire 

757. 
Thujylalkohol   191. 
ThuUum   18. 
Thymacetin  287. 
Thymatol  548,   581. 
Thymegol  679. 
Thymin  90,  166,   167. 
Thyminsäure  806. 
Thymohydrochinon  178. 


Thymol    57,    178,    190,    531, 

535,  548,   5.53,   736. 
Thymoläthyläther  548. 
Thymolbernsteinsäure   763. 
Thymolcamphersäure  763. 
Thymolcarbaminsäureester 

578. 
Thymolcarbonat  s.  Thymatol. 
Thymoldiquecksüberacetat 

673. 
Thymolfoirmaldehyd  653. 
Thymolisovalerylglykol- 

säureester  769. 
Thymolkohlensäurediäthyl- 

aminoäthylester  590. 
Thymolmethyläther  548. 
Thjrmolpalmitat  548. 
Th3Tuolphthalein  744. 
Thymolphthalsäure   763. 
Thymolquecksilber  673. 
Thymolquecksilberacetat673. 
TlijTiiolsalicylat  563. 
Thymolsalolcarbonat  761. 
ThymotincopeUidid  318. 
Thjnnotinme'thylpiperidid 

318. 
Thymotinpiperidid  317. 
Thyresol  765,  766. 
Tiglinsäure   323. 
TigUnsäureäthylester  126. 
Tiodin  624. 
Titan   734,   735. 
Tochlorin   617. 
Tolubalsam  200. 
Toluchinol  99,  209. 
Toluchinon   181. 
m-Toluidin  116,  117,  255,  257, 

258,  535. 
o-Toluidin  116,  117,  255,  257, 

258,  535,   539. 
p-Toluidin  65,  116,  117,  255, 

257,  258,  535. 
Toluidinarsinsäure  706. 
Toluidinblau  642. 
Toluidine  34,  66,  76,  116,  261. 
Toluidinoacetobrenzcatechin 

443. 
o-Tokmitril  87. 
Toluol  52,  53,  64.   176,   189, 

193,  528,  534,  539,  543. 
Toluolazonaphthylamin    640. 
Toluolmonochlorsulfamid 

617. 
p-Toluolnatriumsulfochlor- 

amid  617. 
p-ToluolsuIfonsäm'e-p-phene- 

tidid  276. 
p-Toluolsulfurylgavüteriaöl 

388. 
Toluolsulfosarkosin   163. 
Tolursäure    193. 
Toluylalkyltetramethyloxy- 

piperidincarbonsäureester 

365. 


[  Toluylarsinsäure   711. 
j  m-Toluylcarbonsäure   173. 
;  o-Toluylcarbonsäure   173. 
Toluyldiäthylammoniuin- 

jodid  300. 
I  Toluylendiarain  54,   77,    145. 
Toluylendiaminoxamsäure 

144. 
Toluylendioxamsäure   143, 

146. 
Tohivlsäure  53,  105,  177,  179, 

193,  553. 
p-Toluylsäureamid  520. 
Toluyltrialthylammonium- 

hydrat  300. 
Toluyltriäthylammonium- 

jodid  300. 
Toluylal  kyltrimethyloxy- 

piperidincarbonsäureester 

365. 
Toluyltetramethyloxypiperi- 

dincarbonsäureester  365. 
m-ToIylacetursäure   169. 
l-p-Tolyl-2-äthyl-3-methyl- 

4-amino-5-pyrazolon-nie- 

thylschweflige  Säure  232. 
Tolylalanin  J69,    176. 
m-Tolylaminoacetonitril  88. 
p-Tolylaminoacetonitril   88. 
Tolylaminochinolin  carbon- 
säure 811. 
Tolylarsinsäure   704. 
Tolylchinolincarbonsäure807. 
Tolyldihydrochinazolin  748. 
Tolyldimethylaminophenyl- 

acetyldiketopyrrolidin  805. 
p-ToIyl-2. 3-dimethyI-5-pyr- 

azoHn  s.   Tolypyrin. 
p-Tolylharnstoff   146. 
Tolylhypnal  480. 
Tolylmorphin  401. 
Tolyloxyäthylacetamid  498. 
Tolylphenylacetyldiketopyr- 

rolidin  805. 
Tolylphenylclunolincarbon- 

eäure  807. 
l-m-Tolyl-4-phenylsemi- 

earbazid  222. 
Tolylsaccharin   142. 
m-Tolylsemicarbazid  223. 
o-Tolylsemicarbazid  153,  222. 
p-Tolylsemicarbazid  222. 
Tolypyrin  223,   228. 
Tonerde   737. 
Toramin  483. 
ToxjTion  678,  683. 
Transhexahydrophthalsäure- 

methylester   125. 
Traubenzucker  55,   119,   135, 

141,   159,   161,   183. 
Traumatol  600. 
Triacetin    60,    69,    135,    521, 

522,  567. 
Triacetonalkamin  361,  362. 


896 


Sacliregister. 


Triacetonalkamincarbon- 

säure  361,   362. 
Triacetonamin  361,   362. 
Triacetonmethylalkamin  359. 
Triacetylaloin  742. 
Triacetylgallussäureacetol- 

ester  661. 
Triacetylgallussäureäthyl- 

ester  661. 
Triacetylgallussäuremethyl- 

ester  389. 
Triacetylgallussäurepropyl- 

ester  661. 
Triacetylglycerin  s.  Triacetin. 
Triacetylmorphin  400. 
Triacetylpyrogallol   777. 
Triacetyltheophvllinrhamno- 

sid  793. 
Triäthylacetamid  496. 
Triäthylammoniumchlorid 

300. 
Triäthylaminoniumjodid  300. 
Triäthylammoniumsulf  at  300. 
Triäthylcarbimid   88,    130. 
Triäthylcarbinol  490. 
Triäthylphosphorsäureester 

783. 
Triäthylharnstoff  491,   524. 
Triäthylhydantoin  508. 
Triäthylsulfondiphenylbutan 

502. 
Triät  hylsulf  onphenylbutan 

502. 
Triaminoazobenzol  30. 
Triaminobenzol   77,  256. 
Triaminobenzolarsinsäure 

724,   725. 
Trianiinodiphenylraethan- 

tolylcarbinol  648. 
Triaminodiphenyltolylcarbi- 

nol  s.   Fuchsin. 
2.4. 5-Triarnino-6-oxypyrimi- 

din   79,   95,   167. 
Triaminophenol   77. 
Triaminophenylarsinsäure 

705. 
Triaminotoluol  77,   256. 
Triaminotriphenylstibin   729. 
Trianisin  569. 
Trianisylguanidin  379. 
Triazobenzol   78,   259. 
Tribenzoin  569. 
Tribenzoylgallussäure  660. 
Tribromacetylsalicylsäure 

620. 
Tribromaloin  742. 
Tribrombikresol   536. 
Tribrombrenzcatechinwismut 

670. 
Tribromessigsäure  70,   198. 
Tribromhydrin  618. 
Tribromiinidazol  453. 
Tribromuaphthol     531,     536, 

537. 


Tribrora-y?-naphthol  542,  016. 
Tribromphenol  544,  617,  670. 
Tribromphenolquecksüber 

673. 
TribromphenolsalicylsäuTe- 

ester  615. 
Tribromphenolwiämut  s. 

Xeroform. 
Tribromphenoxylacetamid 

574. 
Tribromsalicylsäure   618. 
Tribromsalol  488,   616. 
Tribrom-m-xylenol  544. 
Trichloracetylsalicylsäiire 

620. 
Trichloräther  539. 
Trichloräthylalkohol  69,  159, 

181,    190,  473,  474. 
Trichloräthyleii  471,  472,  533, 

539,  819. 
Trichloräthylenquecksilber 

86. 
Trichloräthylidenaceton  477. 
Trichloräthylidenaceto- 

phenon   195,  479. 
Triehloraldehyd  s.  Chloral. 
Trichloraldoxim  476. 
Trichloraminoäthylalkohol  s. 

Chloralamiuonium. 
Trichloraminobuttersäure  68. 
Trichloranilin  260. 
Trichlorbenzol   70. 
Trichlorbuttersäure   68,   158. 
Trichlorbutylalkohol   159, 

181. 
Triclilorbutylallophansäure- 

ester  482. 
Trichlorbutylbrenztrauben- 

säureester  482. 
Triehlorbutylbromisovaleri- 

ansäoreester  482. 
Trichlorbutyldiäthylamino- 

essigsäureester  482. 
Trichlorbutyldiäthylamino- 

isovaleriansäureester  482. 
Trichlorbutyldimethylauiiiio- 

essigester  482. 
Trichlorbutylessigester  482. 
Trichlorbutylisovalerian- 

säureester  482. 
TrichlorbutyLmalonsäureester 

482. 
Trichlorbutylmonoohloressig- 

säureester  482. 
Trichlorbutylpropionsäure- 

ester  482. 
Triehlorbutyltrichloressig- 

säureester  482. 
Trichlorbutyltrichloressig- 
Trichlorchinon    181. 
Trichlorcrotonsäure  473,  474. 
Trichlorcyan   85. 
Trioliloressigsäure  23,  68,  158, 

473,  474,  531. 


Triehlorhydrin  69,   618. 
Triclilorisopropyläthoxyphe- 

nylcarbaminsäureester  479. 
Trichlorisopropylalkohol  483, 

484. 
Trichlorisopropylglykuron- 

säure  483. 
Trichlorisopropylsalicyl- 

säureester  482. 
Trichlormethylalkohol   190. 
Trichloromorphid  404. 
Trichlorphenol   616,   617. 
Trichlorphenolsalicylsäure- 

ester  615. 
Tri-p-chlorphenylphosphat 

201. 
Trichlorpseudobutylalkohol 

s.   Aneson. 
Trichlorpseudobutylalkohol- 

carbaminsäureester  479. 
Tridekylamia  71. 
Triferrin  097. 
Trigemin  483. 
Trigonelün   151,   187,   193. 
Trihomophenetylguanidin 

379. 
Trihydroäthyl-p-oxychinolm 

212. 
Trihydrostrychnin  s.   Iso- 

strychnin. 
Trijodimidazol  452. 
Trijodkiesol  s.   Losophan. 
Trijodphenacetin  s.   Jodo- 

phenin. 
Trijodphenolsalicylsäure- 

ester  615. 
Trijodstearinsäure  608. 
Trij  odtribromstearinsäure 

608. 
Trij  odtriolilorstearinsäuro 

608. 
Triketohydrindenhydrat  99. 
Trikodein  404. 
Trikohlensäureäthylester- 

gallussäuremethylester  389. 
Trikresotin  569. 
Trimethylacetamid  492. 
Trimethyläthylen    s.    Pental. 
Trimethyläthylenglykol- 

bronihydrin  484. 
Trimethylamin  28,  66,  71,  72, 

102,  166,  198,299,302,332. 
Triniethylaminoacetobrenz- 

catechin  443. 
Trimethyl-/?-arainoäthyl- 

ammoniurahydroxyd  328. 
Trimethylaminoanissäure- 

betain  388. 
Trimethylaminobuttersäure 

141,    144. 
Trimethylaniinobuttersäure- 

anhydrid    144. 
Trimethylaminoäthylbrenz- 

catechin  449. 


Sachregister. 


897 


Trimothylaminohexahydro- 

benzoesäureester  388. 
Trimethylammoniumjodid 

300. 
Trimethylbenzol  s.  Mesitylen. 
1.3.5-Triraethylbenzol  s. 

Mesitylen. 
Trimethylbroramethylam- 

moniumbromid  329. 
Triniethylcarbinol    490,    491. 
Trimethylcolchicinsäure   324, 

325. 
Trimethylcolchicinsäure- 

methyläther  325. 
Trimethylcyclohexan  52. 
Trimethylcyclohesanon  52. 
Trimethyldiaethyoxypiperi- 

dinbenzoat  366. 
1 . 3. 7-Trimethyl-6-dihydro- 

2-oxypurin  s.  Desoxycof- 

fein. 
1 . 7. 9-Trimethyl-2.8-dioxy- 

purin  787. 
1 . 7.9-Triinethyl-6.8-dioxy- 

purin  s.   Isocoffein. 
Trimethj'lenimin  73,  759. 
1.3.7-Trimethylharnsäure  s. 

Hydro  xycof  fein. 
Trimethylhexanooisoisoxim 

305. 
Trimet  hylmenthylammoni- 

um  300. 
Trimetliylneurin  327. 
Trimethylostrophanthin  773. 
1 . 3. 7-Trimethyl-  2-oxy- 1 . 6-di  - 

hydropurin    s.    Desoxycof- 

fein. 
Trimethylphloroglucin  750, 

752. 
Trimethylrosanilin   641,   642. 
Trimet  hylsulfinhydrür    129, 

300. 
Trimethylsulfiniumjodid  108. 
Trimethylsulfiniiimoxyd- 

hydrat   108. 
Trimethyltertiärpentanol- 

ammoniumbromid  370. 
Trimethyltertiärpentanol- 

ammoniumjodid  370. 
Trimethyltrioxybenzophenon 

s.   Methyliiydrocotoin. 
Trimethylxanthin  s.   Coffein. 
1.3.9-Trimethylxanthin  94. 
Trimesinsäure   173. 
Triuitroamarin   144. 
Trinitroanisol  82. 
Trinitrobenzol   145. 
Trinitrobenzoesänre   145. 
Trinitro-ra-oxybenzoesäura 

140,   145. 
1.3.5.6-Trinitrophenol  s. 

Pikrinsäure. 
Trinitrophenylmethylnitr- 

amin  82. 


Trinitrotoluol  82.  83. 

Trinitroxvlol  82. 

Trional   469,    485,    500,    504, 

521,  522. 
Trioxyäthylmethan  494. 
Trioxyantliracliinon    740, 

741. 
Trioxyanthranol  780. 
Trioxybenzole  55. 
Trioxybenzophenon   746. 
Trioxybenzophenonmono- 

msthyläther  s.  Cotoin. 
Trioxybenzoylbenzoesäure- 

äthylester  747. 
sym.   Trioxyhexamethylen  s. 

Phloroglucit. 
Trioxymethylen      595,      650, 

654. 
Triphenetylguanidin  379. 
Triphenin  271. 
Triphenolguanidin  379. 
Triphenylarsinoxychlorid 

700. 
Triphenylglyoxalin  s.  Lophin. 
Triphenylglyoxalindihydrid 

s.   Amarin. 
Triphenylphosphat  201,  572. 
Triphenylstibin  731. 
Triphenylstibinsulfid  731. 
Triphenylrosanilin  s.   Anilin- 
blau. 
Triphenylrosanilinsulfosäuie 

s.   Phenylblau. 
Triphenylstibinsulfid  630. 
Tripropylhydantoin  508. 
Trisaccharide   138. 
Trisalicylsäuretriglycerid  201, 

569,  570. 
Trithioaldehyd   110,  516. 
Tritolylrosanilin  648. 
Trixidin  729. 
Tropacocain    319,    326,    349, 

351,  352,  353,  355,  366,  307, 

409. 
Tropaeolin  641 
Tropasäure   107,  342,  343. 
Tropasäure-i/'-tropein   121, 

352. 
Tropin    107,    118,    121,    321, 

324,    333,    341,    342,    343, 

348,    351,    353,    358,    366, 

402. 
!/>-Tropin   121. 
Tropinjodbenzylat  347. 
Tropinj  odessigsäuremethyl- 

ester  347. 
Tropinon   340,  352. 
Tropyloxyäthj'lnortropan 

355. 
Tropyloxyäthylnortropidin 

350. 
Truxillin  335. 
Trypafla\'in     64,     534,     647, 

821. 


F  r  ä  n  k  e  1  ,  Arzneimittel-Sjmthese.    5.  Aiill . 


Trypanblau    101,    647,    715. 
Trypanrot      101,      647,     715. 

721. 
Tryparosan  647,  648. 
Tryptophan    125,     141,    441, 

442. 
dl-Tr\-ptophan   140. 
Tuiuenol  627. 
Turizin  151. 
Tussol  225,  272. 
Tyramin  447,  448,  449,  450, 

453,  454,  455,  458. 
T>Tosin  43,  105,  140,  169,  196, 

441,   442,   675. 
dl-Tyrosin   120. 
m-Tyrosin   169. 
o-TjTosin   169. 
Tyrosinäthylester  63,   105. 

445.  449. 
TyrosinquecksUber  675. 
Tyrosin-sulfosäure   151. 
Tyrosol  57. 
TJ-rotoxikon   197. 

tlberraangansäure  530. 
Umbelliferon  820. 
Unterbromige  Säure   617. 
Unterchlorige    Säiu-e    528, 

617. 
Upsalan  673. 
Uracil  90,  166,  167. 
Uralium  478. 
XJraminoantipyrin  229. 
Uraminobenzoesäure   195. 
o-Uramino-p-oxybenzoe- 

säure  384. 
i-XJraminophenylessigsäure 

175. 
Uran   18,   30.   703. 
Urannitrat  530. 
Urethan  36,  61,  73,  146,  263, 

356,  376,  478,  496,  497,  499, 

514,521,522,786. 
Urethanoaminophenylstibin- 

säure   730. 
Urethancaiciumbromid  619, 

637. 
Urethan-Novocain  377. 
ürethanphenylstibinsäure 

729. 
Urethanstrontiumbromid 

619. 
Urochloralsäure  473. 
Urogenin  788. 
Urohypertensin  71. 
Uronitrotoluylsäure  177. 
Uropherin  788. 
Urosin  797. 
ürotropin  s.  Hexamethylen- 

tetramin. 
Ürotropin,  anhydromethylen- 

citronensaures  s.  Helmitol. 
Ürotropin,  chinasaures  s. 

Chiuotropin. 

57 


898 


Sachregister. 


Urotropin,  salicylsaures  s. 

Saliformin. 
Uroxansäure   168. 
Ursal  797. 
TJritinsäure  173. 
Uvitoninsäure  554. 

Valamin  768. 
Valearin  330,  597. 
Valeramid  768. 
VaJeriansäure  68,   102. 
n- Valeriansäure   163. 
ValerianyUiarnstoff  489. 
Valerydiu  271. 
Valerylaminoantipyrin  s. 

Neopyrin. 
Valerylcoeaiii  335. 
N-Valerylpiperidin  312. 
Valerylsalicylsäure  556. 
Valerylsalicylsäuroaceton- 

chloroformester  482. 
Valeryltrimethylammonium- 

chlorid  s.   Valearin. 
VaUdol  7G1. 
Valimbin  440. 
Valin   120,   125. 
dl-Valin    120. 
Valyl  768. 
m- Vanadinsäure   19. 
o-Vanadinsäure   1 9. 
p- Vanadinsäure   1 9. 
Vanadinsäure  benzylester 

732. 
Vanadinsäureglycerinester 

732. 
Vanadinsäureglykolester 

732. 
Vanadinsäurepropylester 

732. 
Vanadinsäuretriäthylester 

732. 
Vanadium   19,   20,   732. 
Vanillin  58,  97,  179,  185,  192, 

383,  534. 
Vanillinätiiylcarbonatphen- 

acyl-p-aminophenol  280. 
Vanillinäthylcarbonat-p-phe- 

netidid  280. 
Vanillinbenzoesulfosäureester 

583. 
Vanillinnatrium  383. 
Vanillinphenacyl-p-amino- 

phenol    280. 
Vaiiillin-p-phenetidid  279. 
Vanillinsäure    179,    185,    191. 
Vanillinsäureacetonchloro- 

formester  482. 
Vasodilatin  451. 
Vasotonin  440. 
Veratrin   323. 
Veratrinsäure   192. 
Veratrol  40,  57,  62,  544,  548, 

575,  576,  584,  590. 


Veronal    146,   250,   485,   493, 

494,  505,  500,  509,  510,  511, 

512,513,514.526. 
Veronalnatrium  s.   Medinal. 
Vesipyrin   565. 
Vesuvin   641. 
Viferral  474. 
Viktoriablau    4.  R.    Badisch 

649. 
Vinylamin   69,   72,    HO,    111, 

759. 
Vinyldiacetonalkamin  361. 
Vinyldiacetonamin  360. 
Vioform  606. 
Violett  Hofmanns  s.   Tri- 

motliylrosaniliii. 
Vucin  239,  241,  242. 
Vuzinotoxin  242. 


Wachholderöl  543. 
Wasserstoff  26,   27,   529. 
Wasserstoffsuperoxyd  473, 

528,  530,  814,  815. 
dl-Weinsäure    100. 
d- Weinsäure     25,     119,     141, 

161. 
1-Weinsäure   99,   119,   161. 
Weinsäureäthylester  294. 
Weinsäurediphenylester    797. 
Weinsäuremethylester  294. 
Weinsäuremonomethylester 

151. 
Wismut  20,   155,  606,  663 f., 

728. 
Wismutalbmninat  s.   Bismu- 

tose. 
Wismut- Ammoniumeitrat 

664. 
Wismut,  bas.  salpetersaures 

747. 
Wismutchlorid  668,   669. 
Wismut,  cholsaures  090. 
Wismut,  dibromgallussaures 

667,  669. 
Wismutdilactomonotaiinat  s. 

Laetanin. 
Wismutdisalicylat  667. 
Wismutdithiosalicylat  667. 
Wismutditannat  667. 
Wismut,  gallocarbonsaures 

670. 
Wisnuit,  gallussaures  bas.  s. 

Dermatol. 
Wismut,  gallussulfosaures 

670. 
Wismut,    gallussulfosaures 

bas.  666. 
Wismutglobulin  693. 
Wismut,  kolloid.   664. 
Wismut  jodsalicylat  s.  Jody- 

bin. 


Wismut,   methylendigallus- 

saures  s.   Bismal. 
Wismut,  monobromgallus- 

saures  667. 
Wismutmonosalicylat  667. 
Wismutnitrat,  neutr.   664. 
Wismutoxyjodid  665. 
Wismutoxyd  728. 
Wismutoxyjodidagaricinat 

669. 
W"ismutmonolactoditannat 

668. 
Wismutoxyjodid,  gallocar- 
bonsaures 668. 
Wismutoxyjodid.gallussaures 

bas.  s.  Airol. 
Wismutoxyjodidlacke   669. 
Wismutoxyjodid,  monobrom- 

gallussaures  669. 
Wismutoxyjodidtannat 

668. 
Wismutoxyd,  kolloid.   665. 
Wismutpeptonat  671. 
Wismutphenolat  669. 
Wismut,  phenylschwefel- 

saures  667. 
Wismutphosphat  665. 
Wismutsalicylat   155,   667. 
Wismuttannat   667. 
Wismuttrisalicylat  667. 
Wismut,  zimtsaures  s.  Heto- 

form. 
Wolfram   18,  530. 
Wolfrarasäure  543,  736. 
Wollschwarz  640. 


Xanthin  35,  44,  66,  89,  91, 
92,  166,  168,  188,  790,  793, 
794. 

Xanthine   151. 

Xanthogenamid   109. 

Xanthogensäure   107,   199. 

Xanthogensäureester   147. 

Xanthotoxin  519. 

Xenon  530. 

Xeroform   670. 

m-Xylenol  536,  542. 

o-Xylenol  536. 

m-Xylidin  260. 

Xylol  52,  53,  64,  173,  176, 
179,  190,   193,  523,  539. 


Yolümbin  422,  440. 

Yohimbin,   baldriansaures   s. 
Valimbin. 

Yohimbin,  nucleinsaures 
440. 

Yohimbinurethan  s.   Vaso- 
tonin. 

Ytterbiimi   134. 

Yttrium   18,   134. 


Sachregister. 


899 


Emtaldehyd  153. 
Zimtaldehydcarbüthoxy- 

phenylhydrazon  818. 
Zimtalkohol  382,  539. 
Züntamid  496. 
Zimtesterdibroinid  619. 
Zimtöl  538,  542,   543. 
Zimtsäure  105,  156,  165,  177, 

179,  194,  542,  583,  591,  798. 
Zimtsäureallylester  767. 
Zimtsävirearaid  520. 
Zimtsäureamidisovalerianat 

769. 
Zimtaäurebenzylester  575, 

767. 


Zimtsäure-  s.   Cinnamoyl-. 
Zimtsäiireeugenolestor  564. 
ZimtsäureglykokoU   173. 
Zimtsäureglykolester  767. 
Zimtsäureguajacolester  s. 

Styracol. 
Zimtsäurekreosot  564. 
Zimtsäurekreaolester  601. 
Zimtsäuremethoxykrosol- 

ester  591. 
Zimtsäurenitril   105. 
Zimtsäiirethymolester 

591. 
Zimtsäuretrichlorbutylester 

483. 


Zitntsäuretropein  345. 

Zink  10,  15,  18,  21,  67,  528, 

604,  605. 
Zinkglobulin  693. 
Zink,  tetramethylenbisimiuo- 

saui'es  737. 
Zinn  528.  529. 
Zinndiäthylchlorid    543, 

736. 
Zinnsäure  543,   736. 
Zinntriäthyl  27. 
Zucker   117,    135. 
Zuckerkalk  139. 
d-Zuckersäuro   159,  160,  161, 

162. 


57' 


Veräiideruugeii  der  Substanzen  im  Organismus. 


Acetamid  72,  73,   162. 
Acetamidin   76. 
Acetammobenzarsmsäure701. 
Acetaminophenolallyläther 

266. 
Acetaminophenolschwefel- 

säure  704. 
AcetaminopropyläthtT  269. 
Acetanüid   197. 
Acetessigäther   190. 
Acetessigsäure  158.  165,  175, 

187. 
Aceton  75,  98,  158,  159,  175, 

190. 
Acetondicarbonsäure    159. 
Acetonätliylmercaptol   50i. 
Acetonitril   198. 
Acetophenon    156,    172,    173, 

176,   179,   190,    191. 
Acetoxim   75. 
o-Acettoluid   197. 
p-Acettoluid  197. 
Acetyl-p-aminoacetopheiion 

282. 
Acetylaminobeiizoesäure  182, 

186,   187,   197. 
Acetylanthi'anilsäuremethyl- 

ester  263. 
Acetyljodphenylmercaptur- 

säure   614. 
Acetylmeconsäure   170. 
Acetylmethylanthranilsäure- 

methylester  264. 
d-Acetyl-p-methylphenyl- 

alanin    187. 
Acetyl-p-aminophenoläther- 

schwefelsäure  267. 
1-Acetylphenylaminoessig- 

eäure   164. 
Acetylphenylhydroxylamin 

255. 
Acetylsalicylsäure  s.  Aspirin. 
Acridin   174. 
Acrylsäure   158,    165. 
Abietinsäure   200. 
Adalin  485. 
Adenin   167. 
Adipinsäure   171,   173. 
Alanin  73,   157,   175,   181, 
«- Alanin   158. 
y?-Alaniii   158. 


dl-Alanin   157,   163. 

Aleudrin  479. 

Alizarin  778. 

Alizariiigelb  A.   746. 

Alkohori07. 

Allantoin  91,   168. 

Allophansäureamid  s.  Biuret. 

Alloxan  90,    165,   166. 

Alloxantin  90. 

Ainarin  78,   196. 

Ameisensäure   155,   158,    159, 
166,  650. 

Aminoacetal  73. 

Aminoacetaldehyd   73. 

4-AminoantipjTin  226. 

m-Aininobenzaldehyd   186. 

p-Aminobenzaldehyd   187. 

m-Aminobenzoesäure   195. 

p-Aminobenzoesäure   186, 
187. 

dl-Aminobuttersäui'e   157. 

dl-Amino-n-buttersäure  163. 

dl-Aminocapronsäure    157. 

dl-Ainino-n-capronsäure   163. 

Aminodiaininophenyleu- 
aminsulfosäure  256. 

6-Amino-2.8-dioxypui'in    168. 

Aminomalonsäure   73. 

Aminoinethylschweflige 
Säure   654. 

«-Aminomilchsäure   s.   Serin. 

Aniinonaphthol   177. 
1  Aminophenol   176,   744. 
I  o-Aminophenol  515. 
•  p-Aniinopheuol  178,  182,  254, 
264,   265. 

p- Aminopheuylarsiuoxyd54 1 . 

6-Aminopuriu  s.   Adenin. 
I  Aminosalicylsäure   195. 
!  dl-Aniinovaleriansäure   157, 
j       163. 

;  (X-Aminozimtsäuro   169. 
j  Ammoniak  47. 

Amygdalin  200. 

Amylalkohol   159,    190. 

Amylharnstoff  491. 

Anhydromethyleucitronen- 
säure   159. 

Anilidmethylsalicylsäure  192. 

Anilin  76,  83,  176,  190,  254, 
264. 


Anissäure   169,   192,   193. 
.A.nisol  190. 
.\nisylglykokoU   169. 
Anthrachinonarsinsäure  718. 
Anthranilsäuremethylester 

263. 
Antifebrin  255. 
Antipj-rin   178,   218,  226. 
AntipjTylharnstoff  229. 
Anthrarobin  778. 
Äpfelsäure   161,   162. 
Apolysin  274. 
Arabonsäuren   119. 
Arabinose    119. 
Arbutin  200. 
Arrhenal  700. 
Arsacetin   707. 
Arsanilsäure  541. 
Arsenobenzoesäure   701. 
Asparagin   157. 
Asparaginsäure   120,   157. 
Aspirin  553,   555. 
Atherschwefelsäuren  5,    101, 

192. 
Äthylacetaminophenol   270. 
Äthylalkohol    158,    159,    190. 
Athylbenzol  172,   176. 
At  hylidendimethyUulf  on  500. 
Athylmercaptan   199. 
Äthylmercaptol   199. 
Athylphenacetin  270. 
Athylsulfid  188,   199. 
Äthylsulfone  45. 
Athylsulfosäure   101,    K'.  i. 
Atophan   180,  807. 
Atoxj-1  704. 
Atropin  4,  45,  48,  342. 
Azobenzol   190. 
Azooxj'benzol  78,   179. 


Benzaldehyd    97,    179, 

195,   197. 
Benzamid  197. 
Benzamidin  76. 
Benzanilid  255. 
Benzarsinsäiu-e  701. 
Benzbetain  189. 
Benzidin   178. 
Benzil   172. 
Benzilsäure   172. 
Benzimidazol  91. 


182, 


Veränderungen  der  Substanzen  im  Organismus. 


901 


Beiizoo   200. 

Bonzoesäuro     97,     102,     156, 

165,  171,  172,  175,  17(5,  177, 

179,  180,  182,  180,  190,  I'J3. 
Benzoeglycnronsäure   184. 
Benzoin   172. 

Benzol  103,  170,  171,  190. 
Benzolazophenol   640. 
Benzolazorosoroin   640. 
v-Benzolsulfomethylaniino- 

buttersäure   174. 
Beiizolsulfomethylamiiio- 

capronsäure   1 74. 
Benzolsulfoaarkosin   1 63. 
Benzoylalanin   163. 
Benzoylaminobuttersäure 

163. 
Benzoyl-a-aminozimtsäiu'e 

163. 
Benzoylasparaginsäuro   163. 
o-Benzylbcnzoesäure   172. 
Benzoylessigsäure   172,   173. 
Benzoylglutaminsäure   163. 
Benzoylharnstoff   177. 
Benzoylmcconsäuro   1 70. 
Benzoylpropionsäuie  165,173. 
Benzoyltyroin   163. 
Benzylalkohol   164,  182,  381. 
Beuzylamin   179. 
Benzylcyanid  88. 
Benzylglykuronsäure    182. 
Benzylidendiacetamid    196. 
Bezylidenbiuret   177. 
Benzylidendiformamid   196. 
Benzylidendiureid   196. 
Benzylmethylketon   174. 
Berberin  426. 
Berlinerblau,  lösliches   183. 
Bernsteinsäui'e   161,   501. 
Betain   102. 

Blausäure   5,  88,  89,   186. 
Biuret  165,  168,  177. 
Borneol   190,   191. 
Brenzcatechin  103,  180,  189, 

196. 
Brenzschleimsäure    97,     165, 

194. 
BrenzschleimsäureglykokoU- 

B.   Pyromycursäui'e. 
Brenztraubensäure    158,   161, 

187. 
Bromate   183. 
Brombenzoesäiu'e   70,    194. 
Brombenzol  70,  186,  190,  533. 
Bromdiäthylacetylharustoff 

s.   Adalin. 
Bromhippursäiu'e   194. 
Bromipin  619. 
Bromkoraensäure   170. 
Bromphenylacetylcystin  186, 

533. 
Bromphenylmercaptursäure 

s.Bromphenylacetvlcystein. 
Bromtoluol   194. 


Buttersäure   155. 
Bntylalkohol   tcrt.    159,    190. 
Butylbenzole   177. 
Butylchloral   159,   181,    190. 
Butyronitril   198. 

Camphan   191. 
Camphen   180,    191. 
Camphenglykol   191. 
Camphenhydrat   191. 
Caraphenilol   191. 
Camphenilon   191. 
Campher  177,   ISO,   185,   190. 
Camphercymol   179. 
Carapherul   177. 
Camphersäuren   198. 
Caprilen   185. 
Capronitril   198. 
Capronsäuro   155. 
Carbaminthioglykolsäiu'e  199. 
Carbaininthiosäureäthyl- 

ester   199. 
o-Carbanü   197. 
Carbazol   178. 

Carbonyldiharnstoff  166,  177. 
Carbostyril   190,   193. 
Carbothialdin   199. 
Carmoisin   649. 
Carvon   190,   756. 
Chelidonsäure   160. 
Chinät  honsäure   190,    191. 
Chinasäure   180,    182. 
Chinaldin    180. 
Cliinidin   235. 
Chinin   188,   244. 
Chinolin   173,   179,   208. 
a-Clüuolincarbonsäure   176. 
/?-Chinolincarbonsäuve   176. 
Chinon    181. 
Chincndünin   77,   256. 
Chinosol  593. 
Chitose   170. 

Chloral   69,    159,    181,   190. 
Chloralaceton  477. 
Chloralacetophenon  195,  479. 
Chloralamid  475. 
Chloralhydrat  472,  473. 
Chloraloise   185. 
Chloraloseglykuronsäure  185. 
Chloranil    181. 
Chloranilsäure    182. 
Chlorate  183. 

Chlorbenzoesäure   186,   193. 
p-Chlorhippursäm-e  186,   194. 
Chloroform   190,  472,   473. 
Chlorphenol   190. 
m-Chlorphenylalanin   169. 
p-Chlorphenylalanin   169. 
p-Chlortoluol   194. 
Cholin   166,   198. 
Chrysarobin   179. 
Chrysophauliydroanthron 

776. 
Chrysophansäure   179,  776. 


j  Cinchoninon  237. 
Cinuamylphenetidid  279. 
Cinnamyltyi-osin   163. 
CitraconsäiU'e   165. 
Citronensäure    162. 
Cis-Chinit  58. 
Citral  757. 
Coerulignon  590. 
Coffein  44,   168,   188. 
Colchicin  532. 
Cotoin   745. 
Crotonsäure   165. 
Cuminsäure   179,   193,   757. 
Cuminursäure   193. 
Cumol  177,   190. 
Cuprein  235. 
Ciircumin  649. 
Cyanamid   75. 
Cyanursäure   165,  499. 
Cyclohexan  173. 
Cyclohexanol  58. 
Cyclohexanon  173. 
Cyclohexanessigsäure   180. 
Cyclohexanolessigsäiure   180. 
Cymol  179,   180,   191. 
Cystin  198. 
Cytosin  90,   167. 

Desoxybenzoin   172. 
Dextrose    162. 
Diäthylaminoacetonitril  88. 
Diät  hylam  inomi  Ichsäiu'e  - 

nitril   88. 
Diäthylendiamin  s.  Piperazin. 
Diäthylessigsäure   156. 
Diäthylketon   158. 
Diäthylmothylsulfiniima- 

hydroxyd   188. 
Diäthylsiüfon  500. 
Diäthylsulfonacetessigester 

501. 
Dialursäm'e   90. 
Diaminoarsenobenzoe  säure 

701. 
Diaminoacridin  534. 
DiaminodioxycUphonyl   178. 
Diaminohexan  806. 
Diaminopropionsäure  158. 
Oi-ß-  Diaminopropionsäure  181. 
Diamylhai-nstoff  491. 
Diazobenzol   197. 
Diazomethau  82. 
■Dibenzamid  177. 
Dibenzyll72. 
p-Dibromdiplionyl   178. 
j  Dibromessigsäiure   70,   198. 
I  Dibronigallussäure   618. 
Dichloraceton   190. 
Diclüoräthylen  472. 
Dichlorbenzol   190. 
Dichlordioxychinon   182. 
Dicldorisopropylalkohol   190. 
Dichlorisopropylglykviron- 

säure   190. 


902 


Veränderungen  der  Substanzen  im  Organismus. 


Di-p-chlorphenylphosphor- 

säure  201. 
Digitalisglykoside  773. 
Diglykolsalicylsäureäther 

565. 
Dihydrocarveol   191. 
Düiydronaphthalin  550. 
Dijodtyrosin  613. 
Dikaliumferroferrocyanid 

183. 
Dimethylacrylsäure  165. 
1. 7-Dimethylamkio-8-amino- 

santhin   188. 
Dimethylaminobenzaldehyd 

179,   184,   189. 
Dimethylaminobenzoesäure 

174,   184. 
Dimethylarainobenzoe- 

glutaminsäure   185. 
Dirne  thylamiiio- 1 . 7-di- 

methylxanthin  s.   Paraxin. 
Dimethylaminotoluidin   189. 
1.3-Dimethylbenzoesäure  s. 

Mesitylensäure. 
m-Dimethj'lcliinol  99. 
Dimethyldibrom-o-toluidin 

189. 
Dimethylmethylal  760. 
1 . 7-Dimethyl.  2. 6-dioxypirin 

189. 
Dimethylengluconsäure 

159. 
Dimethylsalicylsäure  553. 
Dimethylsulfoäthylmethyl- 

methan  500. 
Dimethylsulfondiäthylme- 

than  500. 
Dimethj'lsulfondimethyl- 

methan  500,  504. 
Dirne  thylthioharnst  off   188. 
Dimetliyltoluidin   174. 
Dinitroaminophenol  s. 

Pikraminsäure. 
2.6-Dimtroazooxytoluol  83. 
m-Dinitrobenzol  83. 
2.6-Dinitro-4-hydroxyl- 

aminotoluylenglykuron- 

säure  83. 
Dioxyaminonaphthalin   177. 
5.6-Dioxycliinolin  208. 
Dioxychinolinmethylcarbon- 

säure  213. 
2. 8-Dioxy-6. 9-dimethylpurin 

168. 
2.8-Dioxy-9-methylpurin  168. 
Dioxynaphthalin   176. 
Dioxynaphthol   103. 
Dioxypicolinsäure  s.  Komen- 

aminsäure. 
Dioxi^purin   168. 
2. 6-Dioxj'pjTimidin   167. 
Diphenyl   l"78. 
Diphenyläthauol   172. 
Diphenylamin   178,   180. 


1  Diphenylbiuret   177. 
Diphenylhamstoff   178. 
Diphenylmethan   177. 
Diphenylphosphorsäure    201, 

572. 
Disulfätholsäure   101. 
Distearylsalicylglycerid  201. 
Dodekahydrophenanthren 

394. 

Ekkain  355. 

Epicarin  550. 

Erythrit   162. 

Essigsäm-e   155,   158,   187. 

Eugenoform  653. 

Euphorin  263. 

Euxanthan   190. 

Fenehylalkohol   191. 
Fenchon  190. 
Fettsäuren  155. 
Filixsäure  752. 
Fluoren   178. 
Flourescein  200,  642. 
Fluorescin   642. 
Formaldehyd  158,  650. 
Formanüid   197,  255. 
Fraxin   774. 
Fumarsäure   161. 
Furanpropionsäure   165. 
Furoylacrylsäure   194. 
Furfuracrj'lsäure     156,     165, 

194,  195. 
Fiu-furin  78. 
Furfurol   194. 
a-Furfurol 

Fiu'fiu'ornithursäi.u'e   194. 
Furfurpropionsäure   156, 

195. 
Furoylessigsäure   165. 

Gallacetophenon  191. 
GaUussäure   192,  200. 
Gambogiasäure   200. 
Gentisinsäure   178,   189. 
Geraniol  757. 
Glucal  162. 

d-a-Glucoheptonsäure   160. 
Gluconsäure   162. 
d-Gluconsäure   159. 
Glucosephenetidid  281. 
Glutamin   186. 
dl-Glutaminsäure   120. 
Glutarsäure   161. 
Glycerin  158. 

Glycerinsäure   158,   161,   181. 
GlycyldijodtjTosin  613. 
Glykolaldehyd  158,   102. 
Glykocyamin   188. 
Glykokoll  73,   157,   163,   193. 
Glykol   158. 

Glykolsäure  158,  160,  161. 
Glykolylharnstoff  s.   Hydan- 
toin. 


Glykosamin  162.1 

Glykosaminkohlensäure- 
äthylester   162. 

Glykiu-onsäure  159,  160,  162, 
183,   190. 

Glykuronsäuren,  gepaarte  5. 

Glyoxj'lsäiire    158,    160,    161. 

Glykurovanillinsäure   185. 

Guajacol  189,  576. 

Guajacolcarbonat  576. 

Guajacolglycerinäther  576. 

Guajacolsulfosäure  576. 

Guajacolzimtsäureester  576. 

Guanidin   166. 

Guanidinessigsäure     s.     Gly- 
kocyamin. 

Gulose  160. 

Hamamelitannin  200. 
Hämatoporphyrin   196. 
Hämochininsäure  244. 
Harnporphyrin   196. 
Harnsäure  47,  91,   166,   168, 

501,  797. 
Harnstoff  47,   155. 
Harnstoff,  p-nitrohippur- 

saurer  182. 
Helianthin  649. 
Helicin  200. 

Heliotropin  s.   Piperonal. 
Hesperitin   201. 
Hexahvdroanthranilsäure 

180." 
Hexahydrobenzoesäure  180. 
Hexamethylentetramin  655. 
Hippurarsinsäure   701. 
Hippursäure    102,    156,    165, 

172,  173,  174,  ISO,  186,193, 

197. 
Homogentisinsäiu'e  178,  181, 

189. 
Hordenin   174. 
Hydantoin   168. 
Hydantoinsäure   168. 
Hydroacrylsäure   158. 
Hydrazobenzol   190. 
Hydrobenzamid    179,    196. 
Hydrobenzoin   172. 
Hydrochinon    103,    180,    181, 

189,   190. 
Hydrocliinonglykuronsäure 

181. 
HydrochloranUsäure  182. 
Hydroxycoffein  55,  93. 
Hydroxj-toethylbrenzschleim- 

säure   170. 
Hyoscyamin  342. 
Hypoxanthin  91. 

Imidazol  91. 

/j-Imidazolyläthylamin   181. 
/J-Imidazolylessigsäure   181. 
Iminoallantoin   168. 
Indican  175,   176. 


Veränderungen  der  Substanzen  im  Organismus. 


903 


Indol   177,   190. 
Indolacetursäuro   181. 
Indol-pr-3-äthylamin   181. 
Indolbrenztraubonsäuro   176. 
Indol-pr-S-essigsäure   181. 
Indolyläthylarnin    181. 
Indolylessigsäure   181. 
Indoxyl   177,   183,   190. 
Indoxylsäure   183. 
Inosit   162. 
i-Inosit  58. 
lonon  757. 
Isoamylalkoliol   181. 
Isoäthionsäiu^   101,   199. 
Isoamylamin  181. 
Isobarbit  iirsäiu'e   167. 
Isobutylbenzole   177. 
Isootylhydrocuprein  s.  Vucin. 
Isodialursäure   167. 
Isofenchylalkohol   191. 
Isopral  483. 

Isopropylalkohol  98,   159. 
Isopropylbenzoesäure  s. 

Cuminsäure. 
Isopropylbenzol  s.   Cumol. 
Isopropylglykuronsäiu-e    190. 
Isopropylphenacetin  270. 
Isostrychnin  465. 
Isovaleriansäure   181. 
d-Isovaleriausäure   163. 
IsovaniUin   192. 
lao  vanillinsäure    191. 

Jodalbimiin   198. 
Jodanisol   183,   604. 
Jodate   183. 
Jodbenzol  614. 
ü-Jodeigon   198. 
Jodfett  608. 
o-Jodhippiu'säure   198. 
Jodhydrochinonmethyläther 

604. 
Jodoanisol  183. 
Jodoform  607. 
Jodol  602,   603. 
Jodosobenzol  614. 
Jodpalmitinsäure   609. 
Jodphenylarsenigsäui-ejddid 

706. 
Jodphenylarsinsäure   706. 
yS- Jodpropionsäure   158. 
Jodstearinsäuro   609. 

Kairin   190. 
Kakodyloxyd  699. 
Kakodylsäure   699,   700. 
5-Keto-3-oxy-5. 10-dihydro- 

acridin   174. 
Kohlenoxj'd  46. 
Komenaminsäui'e   170. 
Komensäure   170. 
Kotporphyrin   196. 
Kreatin  188. 
Kreatinin  501. 


Kresol  172,   190. 
o-Kresolsulfophthalein  200. 
Kynm-ensäure   176,   181. 
Kynurin  193. 

Lävulose  162. 
Leucin  73,  157,  163. 
dl-Leucin  120. 
n-Leucin  163. 
Limonen  180. 
Linalool  756. 

!Walakin  278. 
Malonsäure   158,   161. 
Mannit   159,   162. 
Mandelsäure   174. 
I-Mandelsäure   164,    175. 
r-Mandelsäure   172. 
Meconsäure   170. 
Meeonsäureäthyläther   170. 
SIeconsäurepropyläther   170. 
Mesaconsäiu'e   165. 
Menthol   190. 
p-Menthandiol  191. 
Menthen   191. 
Menthenol   191. 
/J-MenthoUactosid   175. 
Mercaptane   199. 
Mercaptursäureglykuron- 

säure   185. 
Mesitylen   173,   193. 
Mesitylensäure  5,   173,   193. 
Mesityloxyd  98. 
Mesoporphyriu   196. 
Meso  Weinsäure   119,   161. 
Mesoxalsäure   158. 
Methacetin  269. 
p-Methoxyphenylpropion- 

säure   169. 
Methoxyphenylalanin   169. 
Methyläthylketon   158. 
Methyläthylpropylcarbinol 

185. 
Methylamin   158. 
dl-(X-Methylalanin   163. 
Methylalkohol   158,   190. 
7-Methylamino-8-aminoxan- 

thin   188. 
p-Methylaminobenzoesäure 

179. 
dl-Ä-Methylarainobutter- 

säure   163. 
dl-«-MethyIaminocaprou 

säure   163. 
dl-a-Methylaminovalerian- 

säure    163. 
Methylanthranilsäuremethyl- 

ester  263. 
Methylbenzimidazol  91. 
o-Methylchinolin   180. 
p-Methylchinolin   ISO. 
Methyldimethylaminoxan- 

thin  790. 


Methyldioxyohinolin  carbon- 
säure  172. 
l-Methyl-2.6-dioxypurin  189. 
3-Methyl-2.6-doxypurin   189. 
7-Methyl  2.6-dioxypiu-in  189. 
4-Methyl-2. 6-dioxypyrimidin 

s.  Methyluracil. 
5-Methyl-2. 6-dioxypyrimidin 

s.  Thymin. 
Methylencitronensäure   657. 
Methylendiäthylsulfon  500. 
Methylendimethylsulfon  500. 
Methylenoxyuvitinsäure  653. 
Methylensaücylsäure  653. 
Methylhydantoinsäure   796. 
m-Methylisopropylbenzol  180. 
Methylmercaptan   199. 
Methyloxycarbanil   197. 
Methylphenacetin  270. 
p-Methylphenylalanin    169, 

187. 
Methylpropylketon  156,  158, 

159. 
a-Methylpyridin  s.  Picolin. 
Methylpyridylammonium- 

hydroxyd  187. 
Methylresacetophonon  s. 

Päonol. 
Methylsalicylsäure  192,    553. 
Methylsulfid  188. 
Methylsulfone  45. 
Methylthiophen  s.  Thiotolen. 
Methyltrihydroxy-o-chinoUn- 

carbonsäure   171,   172. 
a-Methyltryptophan   176. 
Methyluracil   166. 
MethylvaniUin  192. 
Methylxanthin  92. 
Milchsäure   155,   158,   181. 
dl-Milchsäure   161. 
Monjodbehensäure  609. 
Monobrombenzoesäure   198. 
Monobrombenzol   198. 
Monobromcampher  762. 
Monobromessigsätu-e  70, 

198. 
Monochlorcampher  762. 
a-Monochlornaphthalin   176. 
Monomethylaminobenzoe- 

säure   189. 
Monomethyldibrom-o-tolui- 

din  189. 
Monomethylenzuckersäure 

159. 
Monome  thylxanthin   168. 
3-Monomethylxanthin  44. 
Monotal   577. 
Morphin  5,  190,  393. 
Muconsäure  171. 
Murexid  90. 

/J-Xaphthalanin  173. 
Naphthalin     103,    176,    190, 
550. 


904 


Veränderungen  der  Substanzen  im  Organismus. 


Naphthaliiicaibonsäure   102. 
Naphthol   176,  190. 
Naplitholgelb  649. 
Naphtholrot  649. 
a-Naphtholsäure   195. 
^-Naphtholsäiu-e   103,   195. 
Naphtliursäure   1 95. 
/S-Naphthylamin   177. 
/?-Naphthylbrenztrauben- 

säure   173. 
Nicotinsäure   187,    193. 
Nicotinursäure    193. 
Nitraniliii   83. 
Nitrile   198. 
Nitrobenzaldehyd   179. 
Nitrobenzaldehyd   182,   1S6. 
Nitrobenzoesäure  83, 179,182, 

193. 
Nitrobenzol   182,   190. 
o-Nitrobenzylalkohol   177, 

190. 
Nitrocylschwefelsäure   183. 
5-Nitro-2.6-dioxypyriniidin- 

s.  Nitrrouracil. 
lu-Nitrohippursäure   182. 
p-Nitrohippursäure  83. 
Nitrooxymercuribenzoesäuie 

678. 
p-  Nit  rophenacetonithursäure 

194. 
Nitrophenacetursäure   194. 
Nitrophenol   182,   190. 
p-Nitroplienylessigsäure  194. 
NitrophenyUiydroxylamin 

83. 
m-Nitrophenylhydroxyl- 

amin  83. 
Nitrophenylpropiolsäure 

171. 
o-Nitrophenylpropiolsäure 

175,   176,  "l83. 
o-Nitropropiolsäure  190. 
Nitroprussidnatrium  89. 
Kitrosomethylmethan  82. 
o-Nitrotoluol   177,   190. 
p-Nitrotoluol  83,   194. 
Nitrouracil   167. 
Nitrouracilearbonaiiure   107. 
Nopinen   191. 
Nopinenol   191. 
Novain  330. 

Oblitin  329,  330. 
Octylen    161. 
Octylen  s.   Caprilen. 
Oxalsäure  157,  158,  159,  160, 

161,   165,   171. 
Oxalessigsäure    161. 
Oxalsäure  797. 
Oxalursäure   1 65. 
Oxamäthan   163. 
Oxamid   162. 
Oxaminsäure   163. 
Oxanilsäure  178. 


Oxyäthylsulfonsäure  s. 

Isäthionsäure. 
Oxvaminophenylarsinsäure 

704. 
Oxyantlirachinone   179. 
p-Oxybenzoesäure    172,    186, 

193. 
p-Oxybenzoyl-a-aminozimt- 

säure  163. 
Oxybonzoylbenzosäure   744. 
p-Oxybenzursäure   193. 
Oxybenzylalkoliol  8.   Sali- 

genin. 
/9-Oxybuttersäure   163,   175. 
Oxybutylbonzol   177. 
Oxycarbaminokresol   197. 
Oxycarbaininophenylarsin- 

säure  704. 
Oxycarbanil   704. 
o-Oxycarbanil   103,  254,  255. 
Oxycarbazol   178. 
Oxycarvon   190. 
Oxychinolin  190. 
L\-Oxychinolin  s.  CarbostjTÜ. 
o-Oxychinolin   193,  593. 
j-OxycliinoIin  s.  Kynurin. 
o-Oxychinolincarbonsäure 

103,   171. 
o-Oxychinolinglykuronsäure 

593. 
Oxydicolchicin  532. 
p-Oxydiphenyl   178. 
p-Oxydiphenylbiuret   177. 
Oxydiphenylmethan    177. 
Oxyfenchon   190. 
/?-Oxisovaleriansäure   165. 
Oxymandelsäure   175. 
Oxy-m-methylphenvlalanin 

176. 
Oxynaphthoyloxytoluylsäure 

550. 
Oxyphenacetinsalicylat  267. 
Oxyphenethol   173. 
p-Oxyphenethol   190,   191. 
p-Gsj-pheHyläthylalkohol 

181. 
p-Oxyphenyläthylamin  174, 

181. 
p-Oxyphenyläthyldimethyl- 

arain  s.   Hordenin. 
p-Oxyphenyläthylmethyl- 

arain   174. 
Oxyphenylarsinsäure  704. 
Oxyphenylbrenztrauben- 

säiu-e   169,   175. 
Oxyphenylchinolincarbon- 

säure   180,  807. 
Oxyphenylessigsäure     174, 

181. 
Oxyphenylglyoxylsäure  175. 
d-p-Oxj'phenvlmilchsäure 

175. 
dl-Oxjrphenylmilchsäure  169. 
1-Oxyphenylmilchsäure   169. 


p-Oxyphenylurethan  179, 

263. 
p-Oxypropiophenon   191. 
Oxypyrondicarbonsäure  s. 

Meconsäure. 
Oxypyronmonocarbonsäurö 

s.   Komensäure. 
Oxj-pyridinursäure   180. 
Oxysalicylsäure   192. 
Oxysantonin   753. 
Oxysan  tonine   179. 
Oxytetrahydrocarvon  756. 
a-Oxyuvitinsäure   192. 

Päonol   191. 
Papaverin  424. 
PapaverinsuUosäure  424. 
Parabansäure    90,    165,    166. 
Paracotoin   746. 
ParaxLn  790. 
Penta!   161,    185. 
Pentamethylendiamiii   166, 

198. 
Perulialsam  200. 
Phellandren   190. 
Phenacetiu  267,   269. 
Phenacetornithursäure   193. 
Phenacetursäure      165,     172, 

173,   186,   193. 
Phenanthren   178. 
Phenanthrenchinon   178. 
Phenantlirol   178. 
Phenantlirolglykuronsäure 

178. 
Phenethol  173,  190,   191. 
Phenol    103,    170,    171,    172, 

177,  183,  189,  190,  192,  197. 
Plionolätlierschwefelsäure 

183. 
Phenole   5,   198. 
Phenolphthalein  200,   743. 
Phenol  phthaleindiisochinon 

743. 
Phenolphthaleinoxim  744. 
Phenoxyessigsäure   166. 
Phenylacetessigester   174. 
Phenylacetylaminoessigsäure 

88. 
Phenvlacetylglutamin        165, 

166,   180,    193. 
Phenylai-etylglutaminharn- 

stoff   186,   193. 
Phenylacr  j'lsäure   194. 
Phenyläthylalkohol  166,  181. 
Phenyläthylamin   181. 
Phenyläthylmethylkoton  174. 
Phenylalanin   174,    181,   195. 
Phenylaminoacetonitrü    88. 
y-Phonyl-a-aminobuttersäure 

187." 
Phenylaminoessigsäure   1 64, 

169,    171,   175,    181. 
Phenylbrenztraubensäure 

175. 


Veränderungen  der  Substanzen  im  Organismiui. 


905 


Phenylbuttersäure   165,   172. 
Phenylbuttersäurelacton  165. 
Phenylbutylketon   174. 
Phenyl-jS-y-dioxybuttersäure 

165. 
m-Phenylendiamin  256. 
o-Phenylendiamin  256. 
p-Phenylendiamin  77,  256. 
Phenvlessigsäure     156,     165, 

166,  171,  172,  181,  186,  193, 

194. 
Phenylglucosazon  178. 
Phenylglycerinsäure  156. 
PhenyIglycin-o-carborisäiire 

171,  175,  176. 
PhenylglykokoU  174,   178. 
Phenylglykolsäure   171,    181. 
Phenylglyoxylsäure  164,  174, 

175. 
Phenylhamstoff  178. 
PhenyUiydroxylamin  78,  179. 
Phenylisocrotonsäure  165, 

173. 
Phenyl-a-ketopropionsäure 

173. 
Phenylmilchsäure  195. 
Phenyl-a-milehsäure   173. 
Phenyl-/?-milchsäure   172. 
I-Phenylmilchsäure   175. 
Phenyl-y-oxybuttersäure  165. 
Phenyl-/?-oxypropionsäure 

156. 
Phenyl-/?-oxybutyrolacton 

165. 
Phenyl-/3-oxypropionsäiire 

156,   172,   173. 
Phenylparaconsäure   172. 
Phenylpropionsäure  156,  171, 

172,  179. 
Phenylserin  156. 
Phenylurethan  178. 
Phenyl  valeriansäure   156, 

172. 
Phenylzimtsäure   172. 
Phloroglucit  58. 
Phthalein  743. 
Phthaleine  200. 
Phthlimid  169,   177. 
Phthalsäure    169. 
Phoron  98. 
Picolin  179,   195. 
Pikraminsäure    183. 
Pikrinsäure   183. 
Pilocarpin  462. 
Pinakon  190. 
Pinen  190,   196. 
Pinenol  191. 
Piperazin  197. 
Piperidin   179. 
Piperonal  97. 

Piperonalbisurethan  497,  498. 
Piperonylääure  97. 
Ponceau  649. 
Populin  553. 


Propionitril   198. 
Propionsäure   155,   158. 
n-Propylbenzol   177. 
Propylidendimethylsiilfon 

500. 
Propylphenacetin  270. 
Protocatechualdehyd  192. 
Protocatechusäure   191,    196. 
Pyramidon   189. 
3-Pyramidon  226,  229. 
Pyrazin  73. 
Pyridin  179,  187. 
Pyridincarbonsäuren  173, 

179,  208. 
a-Pyridinursäure   195. 
Pyrogalloläther  590. 
PjTomycursäure   194. 
PyroU   194. 

l(Juercit   162. 
Quercitrin  201. 
Queeksilberformamid  673. 

Besorcinglykorid  774. 
Rhamnoäeäther  200. 
Rhamnoside   200. 
Resacetophenou  191. 
Resorcin   180,   190. 
Rhodanide   5,    198. 
Rubazonsäure  226,  229. 
Rutin  201. 

Sabinen  180,   190,   191. 
Sabinenol  191. 
Sabinol   191,   756,   757. 
Sajodin  609. 
Salicin  200,  553,  562. 
Salicylaldehyd  562. 
SaUcylamid  192. 
Saücylglykuronsäure   185, 

192. 
Salicylphenetidid  275. 
SaUcylsäure    177,    192,    193, 

201,  553,  562. 
Salicylsäuremethylester    192, 

553. 
SaUcykäure  192,   193. 
SaUgenin  177,  553,  561,  562. 
Salol  201. 
Santalol   191. 
Santalylmethyläther  765. 
a-Santenol  191. 
/?-Santenol   191. 
Sant«non   191. 
Santogenin   198. 
Santonin   179,   198,   753. 
Sarkosin  163,   195. 
Schleimsäure   162. 
Schweflige  Säure   198. 
Schwefelkohlenstoff   107. 
Schwefelsäure   198. 
Selenige  Säure   187,   198. 
Selenmethyl  187. 
Selensäure   198. 


j  Serin   181. 

/J-Skatol   177. 
!  Skatoxyl  177,   190. 
j  Sorbit  162. 

Sozojodol  605. 
I  Stilben  172. 
I  Stilbenhydrat  s.   Diphenyl- 

äthanol. 
1  Storax  200. 
:  Stryclinin  45. 
I  Succinimid  164. 
!  Sulfaldehyd  199. 
I  Sulfanilcarbaminsäure   195, 
I       199. 

Sulfanüsäure   195,   199. 

Sulfocyansäure   107. 

Sulfoessigsäure  193,   199. 

Sulfofluorescein  200. 

SuUonal  199,  500,  501. 

Tanacetogendicarbons  äure 
757. 

Tannin  192,  200,  658. 

Tartrazin  649. 

Tartronsäure   158,   161. 

Taurin   195,   198,    199. 

Taurocarbaminsäure  101, 195, 
196. 
:  Tellurigo  Säure  187. 
;  TeUurmethyl   187. 
i  Terpen   180. 

Terpenolphosphorsäure   180. 

Terpenolunterphosphorige 
Säure   180. 
!  Terpentinöl  173,   190. 
■  Terpin  191. 

Terpinol  173. 
j  Tetraacetylglucosephenetidid 
I      281. 

Tetraäthylarsaniumjodid 
300,  700. 

Tetrachlorchinon   181. 

Tetraclilorhydrochinonäther- 
schwefelsäure  181,  182. 

Tetrachlorhydrochinongly- 
i       kuronsäure   181. 
'  Tetrahydronaphthalin  550. 
!  Tetrahydronaphthalinham- 
stoff  550. 

Tetrahydropapaverolin  426. 
]  Tetrajodpyrrol  s.  Jodol. 

Tetramethylarsoniumjodid 
700. 

Tetralin  550. 

Tetramethylendianiin  166, 
198. 

Tetrolylglykuronsäure  550. 

Theobromin  44,  168. 

Theophyllin  44,   189. 

Thialdin  199. 

Thiocol  586. 

Thioglykolsäure   199. 

Thiohamstoff  107,   188. 

2-Thiohvdantoin   109. 


906 


Veränderungen  der  Substanzen  im  Organismus. 


Thiophen  194,  199. 
Thiophenaldehyd   194. 
Thiophenaäure   199. 
a-Thiophensäure   194. 
a-Thiophenursäure   194. 
Thiosinamin  188. 
Thiosulfat   198. 
Thiotolen  199. 
Thujon   190,  757. 
Thujonoxydglykuronaäure 

757. 
Thujylalkohol  191. 
Thymin  90,   166,   167. 
Thymohydrochinon   178. 
Thymol  178,   190. 
Tolubalsam  200. 
Tbyresol   765. 
Toluchinol  99,   181. 
Toluidin  76. 
Toluol   176,   193. 
Toluolsulfosarkosin  163. 
Tolursäure  193. 
m-Toluylcarbonsäure   173. 
o-Toluylcarbonsäure   173. 
Toluylsäure   177,   179,   193. 
m-Tolylacetur.säure   169. 
Tolylalanine   169,   176. 
m-Tolylaminoacetonitril  88. 
p-Tolylaminoacetonitril  88. 
Traubensäure  119,   161. 
Traubenzucker  159,   183. 
Triäthylharnstoff  491. 
2. 4. 5-Triamino-6-ox}T)yr- 

imidin  167. 


Tribromessigsäure  70. 
Tribromessigsäure  70,   198. 
Tribromsalol  619. 
Trichloräthylalkohol  69,  159, 

181,   190,  473. 
Trichloräthylidenaceton  477. 
Trichloräthylidenaeetophe- 

non   195,  479. 
Trichlorbuttersäure  158. 
Trichlorbutylalkohol  159, 181. 
Trichlorchlnon   181. 
Trichloressigsäure   158,  474. 
Triehlormethylalkohol   190. 
Trichlorisopropylglykuron- 

säure  483. 
Tri-p-chlorphenylphosphat 

201. 
TrigoneUin   187,   193. 
Trimesinsäure   173. 
Trimethyläthylen  3.   Pental. 
Trimethylamin  102,  166,  198. 
1.3.5-Trimethylbenzol    s. 

Mesitylen. 
Trimethylphloroglucin  752. 
Trinitrotoluol  83. 
Triphenylarsinoxychlorid 

700. 
Triphenylglyoxalindihydrid 

s.   Amarin. 
Triphenylphosphat  201,  572. 
Trisalicylglyconid  201. 
Tropasäiu«  342. 
Tropin   342. 
Tyrosin  43,   120,   169,   181. 


i-Uraminophenylessigsäure 

175. 
Uraminobei  zoesäure  195. 
Uraminoanti  ^')jTin   229. 
UracU  90,   166,  167. 
Urethan  499. 
TJrochloralsäure  473. 
Uronitrotoluylsäure   177. 
Uroxansäure   168. 
Uvitinsäure   173. 

n-Valeriansäure   163. 
Vanillin   179,   185,   192. 
Vanillinsäure   179,   185,   191. 
Veratrinsäure  192. 
Veronal  494. 
Vircin  239. 

Weinsäxn-e  161. 
I-Weinsäure   119,   161. 
d-Weinsävu'e   119,   161. 

Xanthin   44,    166,    168,    188. 
Xanthogensäure   107,   199. 
Xylol    173,    176,     179,    190, 
193. 

Zimtamid  496. 

Zimtsäure  156,  165,  177.  179, 

194. 
ZimtsäureglykokoU   173. 
Zuckersäure   160,   161,   162. 
(X-Zuekersäure  159. 


Druckfehler-Berichtigung. 

S.  366  Anm.  7)  soll  es  statt  T.  heißen  J. 


Dmok  der  Spamerscben  Buchämclierei  in  Leipzig. 


Verlag  von  Julius  Springer  in  Berlin  W  9 


Handbuch  der  experimentellen  Pharmakologie 

Unter  Mitarbeit  hervorragender  Fachgelehrter  herausgegeben  von 

A.  Heffter 

Professor  der  Pharmakologie  an  der  Universität  Berlin 

In   drei   Bänden 

Zuerst  erschien: 

Zweiter  Band,  1.  Hälfte 

589  Seiten  mit  98  Textabbildungen.     1920.     Preis  M.  48.— 

Ans  den  zahlreichen  Besprechungen: 

Endlich  wieder  einmal  ein  Bach,  von  welchem  man  sagen  kann,  daß  es  einem  wirklichen  Bedürf- 
nisse entspricht  I  Es  war  nach  und  nach  unmöglich  geworden,  die  seit  50  Jahren  angesammelten  um 
in  zahlreichen  Zeitschriften  zerstreuten  Ergebnisse  pharmakologischer  Forschung  zu  übersehen,  und 
dem  Forscher,  der  sich  auf  einem  Gebiete  orientieren  wollte,  fehlte  bisher  jede  erschöpfende  kritische 
ZusammenstelluDg  des  vorhandenen  Tatsachenmaterials.  Das  vor  etwa  15  Jahren  begonnene  Hand 
buch  von  Heinz  ist  unvollendet  geblieben  und  war  nach  ganz  anderen  Grundsätzen  aufgestellt.  In 
vorliegenden  Handbuche  werden  die  einzelnen  Gifte  und  Giftgruppen  nach  ihrer  Wirkung  auf  die  ver- 
schiedenen Organe  und  Organfunktionen  besprochen,  und  die  Ai^gabe  wurde  so  verteilt,  daß  die  Mit- 
arbeiter sich  meist  auf  den  von  ihnen  bearbeiteten  Gebieten  durch  Spezialforschung  eine  besondere 
Kompetenz  erworben  haben  .  .  . 

Es  ist  nicht  möglich,  in  einem  Referat  auf  Einzelheiten  der  behandelten  Materie  einzugeben. 
SSmtliche  Kapitel  sind  übersichtlich  und  geben  eine  erschöpfende  Darstellung  unserer  gegenwärtigen 
Kenntnisse  auf  dem  betreffenden  Gebiete,  so  daß  von  nun  an  das  Heffter'sche  Handbuch  ein  unentbehr- 
liches Nachschlagewerk  für  Pharmakologen  und  Kliniker  sein  wird.  Das  vollständige  Werk  wird  drei 
Bände  umfassen,  und  es  ist  sehr  zu  hoffen,  daß  das  Erscheinen  der  übrigen  Teile  nicht  allzulange  auf 
sich  warten  lassen  wird.  „Schweizerische  medizinische  Wochenschrift"  ^r.  44,  1920 

Die  neueren  Arzneimittel  und  die  pharmakologischen  Grundlagen  ihrer 
Anwendung  in  der  ärztlichen  Praxis.    Von  Dr.  A.  Skutetzky,  Stabsarzt 

Vorstand  der  Abt.  f.  inn.  Krankheiten  am  Garnisonspital,  Privatdozent  für  innere 
Medizin,  und  Dr.  E.  Starkenstein,  Privatdozent  für  Pharmakologie  und  Pharma- 
kognosie, beide  an  der  deutschen  Universität  in  Prag.  Zweite,  gänzlich  umge- 
arbeitete Auflage.    1914.  Gebunden  Preis  M.  12. — 

Arzneimittellehre  für  Studierende  der  Zahnheilkunde  und  Zahnärzte.  Von  Professor 
Dr.  med.  J.  Biberleid.    Zweite  Auflage.     1920.  Preis  M.  9.— 

Neue  Arzneimittel  und  Pharmazeutische  Spezialitäten  einschließlich  der  neuen 

Drogen,  Organ-  und  Serumprüparate,  mit  zahlreichen  Vorschriften  zu  Ersatzmitteln 
und  einer  Erklärung  der  gebräuchlichsten  medizinischen  Kunstausdrücke.  Von 
G.  Arends,  Apotheker.  Fünfte,  vermehrte  und  verbesserte  Auflage.  Neu  bearbeitet 
von  Professor  Dr.  0.  Keller.     1919.  Gebunden  Preis  M.  18.— 

Rezepttaschenbuch  (nebst  Anhang).  Von  Professor  Dr.  Eduard  Müller,  Direktor 
der  Medizinischen  Universitäts-Poliklinik  zu  Marburg.  (Bildet  Band  U  von  „Die 
Therapie  des  praktischen  Arztes''.  Unter  Mitwirkung  von  hervorragen- 
den Fachgelehrten  herausgegeben  von  Professor  Dr.  Eduard  Müller.  In  drei 
Bänden.)   1914.  Gebunden  Preis  M.  6.40 

Einführung  in  die  experimentelle  Therapie.  Von  Professor  Dr.  Martin  Jacoby. 

Zweite,  neubearbeitete.Auflage.    Mit  12  Textabbildungen.    1919.       Preis  M.  22.— 

Die  Wirkungen  von  Gift-  und  Arzneistoffen.  Vorlesungen  flu-  Chemiker  und 

Pharmazeuten.  Von  Professor  Dr.  med.  Ernst  Frey,  Marburg  an  der  Lahn.  Mit 
9  Textabbüdungen.     1921.  Preis  M.  26.—;  gebunden  M.  33.— 

Die  Kohlenoxydvergiftung.  Ein  Handbuch  für  Mediziner,  Techniker  und  Unfall- 
richter yon  Professor  Dr.  L.  Lewin.    Mit  einer  Spektrentafel.    1920.    Preis  M.  60. — 

Hierzu  Teuerungszuschläge 


Verlag      von  Julius  Springer  in  Berlin  W  9 


Anleitung  zur  qualitativen  Analyse.  Vou  Geh.  Regierungsrat  Dr.  Ernst  Schmidt, 

Professor  au  der  Universität  Marburg.    Achte  Auflage.    1919.  Preis  M.  5. — 

Der  Gang  der  qualitativen  Analyse.  Für  Chemiker  und  Pharmazeuten  bearbeitet 
von  Professor  Dr.  F.  Henrich  in  Erlangen.  Mit  4  Textfiguren.  1919.       Preis  M.  2.80 

Untersuchungen  über  die  Assimilation  der  Kohlensäure.  Aus  dem  chemischen 

Laboratorium  der  Akademie  der  Wissenschaften  in  München.  Sieben  Abhandlungen 
von  Richard  Wlllstätter  und  Arthur  Stoll.  Mit  16  Textfiguren  und  einer  Tafel. 
1918.  Preis  M.  28.— 

Untersuchungen  über  Chlorophyll.  Methoden  und  Ergebnisse.  Aus  dem  Kaiser 
Wilhelm-Institut  für  Chemie.  Von  Professor  Dr.  Richard  Wlllstätter,  Mitglied 
des  Kaiser  Wilhelm -Instituts  für  Chemie,  und  Dr.  Arthur  Stoll,  Assistent  des 
Kaiser  Wilhelm-Instituts  für  Chemie.    Mit  16  Textabbildungen  und  11  Tafeln.    1913. 

Preis  M.  18— ;  gebunden  M.  20.50 

Untersuchungen  über  die  natürlichen  und  künstlichen  Eautschnkarten. 
Von  Carl  Dietrich  Harrios.    Mit  9  Textfiguren.    1919. 

Preis  M.  24. — ;  gebunden  M.  34. — 

Untersuchungen  über  das  Ozon  und  seine  Einwirkung  auf  organische 
Verbindungen.  (1903—1916.)  Von  Carl  Dietrich  Harries.  Mit  18  Textfiguren. 
1916.  Preis  M.  24.—  ;  gebunden  M.  27.80 

Beilstelns  Handbuch  der  organischen  Chemie.  Vierte  Auflage,  die  Literatur 

bis  1.  Januar  1910  umfassend.  Herausgegeben  von  der  Deutschen  Chemischen 
Gesellschaft.  Bearbeitet  von  Bernhard  Pra^rcr  und  Paul  Jacobson.  Unter  ständiger 
Mitwirkung  von  Paul  Schmidt  und  Dora  Stern. 

Erster  Band:   Leitsätze  für  die  systematische  Anordnung.  —  Acyclische  Kohlenwasserstoffe, 
Oxy-  und  Oxo-Verblndungen.    1919.  Preis  M.  60.—  ;  gebunden  M.  104.— 

Zweiter  Band:   Acyclische  Monocarbonsäuren  und  Polycarbonaäuren.   1910. 

Preis  M.  78.—  ;  gebunden  M.  120.— 
Dritter  Band:   Acyclische  Oxy-Carbons&uren  und  Oxo-Oarbonsäuren.    1921. 

Preis  M.  316.—  ;  gebunden  M.  353.— 


Biochemisches   Handlexikon.    Bearbeitet   von   hervorragenden    Fachgelehrten   und 
herausgegeben    von    Prof.   Dr.   Emil   Abderhalden,    Direktor    des  Physiologischen 
Institutes  der  Universität  Halle  a.  S.    In  9  Bänden. 
AusführUcber  Prospekt   über   die  einseinen  Bände  steht  auf  Wunsch  gern  kostenlos  zur  Verfügung. 

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Dr.  Hans  Bleyer,  o.  ö.  Professor  der  Chemie  an  der  Deutschen  Universität  zu  Prag. 
Vierte,  vermehrte  und  umgearbeitete  Auflage.  In  Vorbereitung. 

Handbuch  der  Seilenfabrikation.    Nach   dem   Handbuch   von   Dr.  C.  Delte   völlig 

umgearbeitet  und  neu  herausgegeben  von  Privatdozent  Dr.  W.  Schrauth.  Fünfte 
AuOage.     Mit  171  Textfiguren.     1921.  Gebunden  Preis  M.  120.— 

Fortschritte  der  Teerfarbenfabrikation  und  verwandter  Industriezweige.  An  der 
Hand  der  systematisch  geordneten  und  mit  kritischen  Anmerkungen  versehenen 
Deutschen  Reichspatente  dargestellt  von  Dr.  P.  Friedlaender,  Privatdozent  in  Karls- 
ruhe i.  B.    In  9  Bänden. 

Fortschritte  in  der  anorganisch-chemischen  Industrie  an  Hand  der  Deutschen 

Reichs-Patente  dargestellt.  Mit  Pachgenossen  bearbeitet  und  herausgegeben  von 
Ing.  Adol!  Bräuer  und  Dr.-Ing.  J.  d'Ans.  Erster  Band:  1877—1917.  Erster  Teil. 
Mit  zahlreichen  Textfiguren.    1921.  Preis  M.  460.— 


Hierzu  Teuenuigszuschläge 


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