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Dr. phil. et theol,
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TÜBINGEN
VERLAG VON J. €. B. MOHR (PAUL SIEBECK)
: 1971 [
Theology Library
HOOL OF THEOLOCH
AT CLAREMONT
(Galikenkıs
Alle Rechte vorbehalten.
Druck von H. Laupp jr in Tübingen.
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Vortrag
gehalten vor der Schweizer christlichen
Studentenkonferenz in Aarau.
Digitized by the Internet Archive
in 2021 with funding from
Kahle/Austin Foundation
https://archive.org/details/diebedeutungderg1911troe
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Seit der endgültigen Zersetzung des von der Ur-
kirche gebildeten christlichen Dogmas, seit der Auf-
lösung der christlichen Einheitskultur und seit dem
Beginn der historischen Bibelkritik ist eine der Haupt-
fragen für das christlich-religiöse Denken die Wir-
kung der geschichtlichen Kritik auf den Christus-
glauben. Welche Bedeutung kann ein der histori-
schen Kritik ausgesetztes und von ihr gestaltetes
Jesusbild für den Glauben haben, der doch seinem
Wesen nach auf das Ewige, Zeitlose, Unbedingte und
Uebergeschichtliche gerichtet ist? Die urchristliche
religiöse Ideenbildung hatte schon im ersten An-
fang der Gemeindebildung Jesus der Geschichte ent-
nommen und ihn zu einem in geschichtlicher Ge-
stalt uns erscheinenden ewigen Christus, Logos und
Gott gemacht, der mit der ewigen Gottheit wesens-
verwandt ist und daher sehr wohl Gegenstand des
Glaubens sein kann. 'Die in einer von der Kirche
nicht mehr beherrschten Welt aufkommende ge-
schichtliche Kritik hat ihn zun aber heute der Ge-
schichte, der Endlichkeit und Bedingtheit, zurück-
gegeben. Ist da von einer inneren, wesentlichen
Troeltsch, Die Bedeutung der Geschichtlichkeit Jesu. ı!
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Bedeutung Jesu für den Glauben überhaupt noch
zu reden möglich? Die Krisis begann mit der Ein-
führung der Kritik und historischen Psychologie in
die Evangelienforschung und hat heute ihren schärf-
* sten Ausdruck gefunden in der törichten Frage, die
heute weite Kreise beschäftigt, ob Jesus überhaupt
existiert habe, oder in dem begründeteren Bedenken,
- ob das sichere Wissen über ihn überhaupt ausreiche/
zu einem geschichtlichen Verständnis der Entstehung
des Christentums, geschweige denn zur Anknüpfung
. religiöser Glaubensüberzeugungen an die geschicht-
- liche Tatsache. Die Entwickelung auf diese radikale
Fragestellung hin ist klar zu beobachten. Erst glaubte
man noch an eine sichere historische Erforschung
des Lebens und der Persönlichkeit Jesu aus kriti-
scher Behandlung der Quellen heraus und fand
damit das Lebensbild Jesu nur menschlich näher
gebracht und wirkungsvoller geworden. Aber man
empfand doch zugleich schon peinlich die Belastung
. .vonGlaubensüberzeugungen mit wissenschaftlich-kri-
tischen Einzelfragen.' Grundstürzende Beantwortun-
gen der letzteren waren seit den Deisten und Reimarus
nicht ausgeschlossen, und es bedurfte einer zuneh-
.. menden historisch-kritischen Apologetik, die die Be-
denklichkeit einer Anknüpfung religiöser Ueberzeu-
gungen an kritisch-wissenschaftlich festzustellende
Geschichtstatsachen sehr früh empfindlich machte.
Eine weiter fortschreitende Kritik entdeckte die völlig
andersartige religiöse und ethische Grundhaltung der
Urgemeinde und jedenfalls auch Jesu selbst, die
BRD
Gebundenheit an das antik-populäre Weltbild, an jü-
disch-orientalische Verhältnisseundanapokalyptisch-
_eschatologische Ideale. Das Christentum Christie
war etwas völlig anderes, als das mit der Wissen-
schaft und der unentbehrlichen weltlichen Moral
des Staats-, Rechts- und Wirtschaftslebens seine
Kompromisse schließende Christentum der Kirche.
In dem letztern schienen platonische, stoische und
“ modern-wissenschaftliche Einflüsse mitenthalten und
vor allem die radikale Kluft von Welt und Gottes-
reich, Diesseits und Jenseits, gründlich verringert.
So entstand die Fragestellung, ob der geschichtliche
Christus, sein Bild Gottes und der Dinge und vor
allem sein Ethos »noch« das der Gegenwart sein
könne. Die bejahenden Antworten bedurften so sehr
eines »richtigen« Verständnisses Jesu gegenüber dem
einfachen Wortlaut und so reichlicher Abzüge der
. zeitgeschichtlich bedingten Züge von der »bleiben-
den Bedeutung«, daß ein einfaches religiöses Ver-
hältnis zu ihm kaum mehr möglich schien. Schließ-
lich nahm die Kritik angesichts der wachsenden
; Kompliziertheit in der Quellenuntersuchung und
- unter Einwirkung semitischer und klassischer Philo-
logen so radikale Wendungen, daß die Sicherheit
der geschichtlichen Erkenntnis völlig bedroht, ja
unmöglich gemacht schien. Seit Straussens Leben
= Jesu hat diese Kritik im Grunde sich immer :nur
verschärft, und ihre heutigen Radikalismen sind
“ bekannt. Die Philologen warfen die konservierende
_ Aengstlichkeit und religiöse Gebundenheit auch der
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kritischesten Theologen beiseite und behaupteten
die fast völlige Unerkennbarkeit der evangelischen
Geschichte. Man gab das ganze Problem eines Le-
bens Jesu als unlösbar preis und beschränkte sich
auf die Darstellung der Predigt Jesu./ Man zweifelte
schließlich auch an der Erkennbarkeit der letzteren,
an der Möglichkeit, sie von den aus dem Gemeinde-
glauben rückwärts eingetragenen Bestandteilen zu
säubern, und so war einem religiösen Anschluß an
geschichtliche Tatsachen jeder Boden entzogen./
Es ist hier nicht notwendig, zu den radikalsten
Behauptungen kritisch 'Stellung zu nehmen. Die
Behauptung der Nichtexistenz Jesu ist zweifellos
eine Ungeheuerlichkeit, und auch die Behauptung
der Nichterkennbarkeit der Grundzüge seiner Pre-
digt ist eine starke Uebertreibung. Allein solche
Folgerungen liegen doch im Zuge einer historisch-
kritischen Forschung, und ihre Möglichkeit, ja die
Notwendigkeit, solche ‚Fragen überhaupt zu stellen,
beleuchtet allerdings mit vollkommener Klarheit das
Problem. Kann bei einem Verhalten zum Gegen-
stand, wo jedenfalls solche Fragestellungen nicht
ausgeschlossen sind und nicht ausgeschlossen wer-
den können, überhaupt noch von einem religiösen
Verhältnis zu Jesus, von einer inneren wesentlichen
Bedeutung der Neutestamentlichen Urgeschichte für
die christliche Lebens- und Ideenwelt die Rede sein?
Muß diese selbst nicht vielmehr innerlich unabhängig x
gemacht werden von jeder wesentlichen Beziehung
auf historische Elemente, die unter allen Umständen
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der Wissenschaft unterliegen und die, bei wissen-
schaftlicher Erforschung, ein von dem heutigen reli-
giösen Leben so weit abliegendes Bild zeigen? Das
ist in der Tat die Frage, die für den Christen der
Gegenwart von hier aus entsteht.
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Die Frage hat einen Sizn nur unter einer be-
stimmten Voraussetzung. Gegenüber dem altkirch-
lichen Christentum des Dognas vom Gottmenschen,
der Kirchen- und Sakramerisstiftung durch Christus
und der Gott versöhnenden Srlösungswirkung seines
Heilswerkes: da wäre die Frzge sinnlos. Denn all das
steht und fällt mit der Ueberzeugung von der Reali-
tät der geschichtlichen Pesson Christi und seines
Kirche und Heil überhauzf erst real bewirkenden
Werkes. Von diesem Starfpunkt aus wäre schon
die ganze Frage die Ausstefung eines einfachen To-
tenscheins für das ganze Ciristentum. Sie hat Sinn
nur unter der Voraussetzuss, daß das. Christentum
nicht der Glaube an ein Go“! versöhnendes, dadurch
die Menschen von den Folssn der Vergiftung durch
die Erbsünde befreiendes Feilswerk und an die Ein-
stiftung dieses Heilswerkes in die Heilsanstalt der
Kirche sei. Sie setzt voraws, daß das Christentum
in erster Linie als ein in jedsm Moment neuer leben-
diger Glaube an Gott und Zıß die Erlösung als ein
immer neues Werk Gottesan der Scele durch die
Wirkung des Gottesglaubexsverstanden werde. Oder
anders ausgedrückt: sie setzt voraus, daß das Chri-
stentum ein bestimmter Gottesglaube, eine eigentüm-
liche Gotteserkenntnis mit ihr entsprechender prak-
tischer Lebenshaltung, oder, wie man sagt, eine
religiöse Idee oder ein religiöses Prinzip sei. Das
braucht nicht intellektualistisch und philosophisch
verstanden und braucht nicht von einer allgemeinen
Weltidee hergeleitet zu werden. Es kann rein prak-
tisch als eine Glaubensidee von Gott und seinem
Verhältnis zu Welt und Mensch, als ethisch-religiöse
Lebensrichtung verstanden und kann für die Be-
gründung rein auf Empfindung, Gefühl und inneres
Erlebnis verwiesen werden. Aber es bleibt dann
doch auch so eine völlige Verwandelung der Er-
lösungsidee. Die Erlösung geschieht hier durch Gott,
indem er in uns den Glauben an sich wirkt als an
den heiligen sündenvergebenden Willen. Die Er-
lösung ist nicht etwas ein für allemal im Werke
Christi vollzogenes und den; Einzelnen dann erst
Zuzueignendes, soudern ist ein jedesmal neuer, in der
Wirkung Gottes auf die Seele durch Erkenntnis
Gottes sich vollziehender Vorgang. Dann ‚bedarf es
keines historischen Heilswerkes. Ebenso ist die
Kirche hier nicht eine Anstaltsstiftung, in welcher mit
der Bibel und den Sakramenten die Kraft des Heils-
werkes dem Einzelnen objektiv übermittelt wird
durch einen von Christus, dem Gottmenschen, ge-
stifteten Wunderzusammenhang, und in welcher das
Wunder des Gottmenschen sich fortsetzt in der Gott-
menschlichkeit der Bibel und der kirchlichen Heils-
EA
de Die Kirche ist vielmehr die Gemeinschaft
des Glaubens oder der christlichen Gotteserkenntnis,
‚die sich zur Pflege und Fortpflanzung dieses Glau-
bens jede beliebige Form und Organisation geben
mag und hierbei immer nur im Rahmen rein mensch-
licher, vielfältiger und verschiedenartiger Organi-
sationen gefaßt ist oder solcher auch ganz entbehren
mag. Dann bedarf es keines geschichtlichen Chri-
stus als Stifters der Kirche und Verleihers der der
Kirche und den Sakramenten eignenden Wunder-
kräfte. Schließlich: die Besründung dieser Gottes-
erkenntnis liegt in einem persönlichen Erleben und
Erfahren, in persönlicher Eigengewißheit, in der
Verwandelung überkommener religiöser Erkenntnis
zu eigenem Gefühl göttlicker Offenbarung. Da be-
darf es keiner Beglaubigung der Sendung Christi
und seiner Lehre durch die geschichtlichen Wunder
seines Lebens, keiner äußeren Autorität und keiner
verbürgenden Tatsachen. In all diesen Richtungen
ist- bei solchen Voraussefzungen das Christentum
umgeformt aus einer Erlössng der sündig vergifteten
Menschheit durch ein Gof! umstimmendes und die
Kirche mit der Kraft der Entgiftung ausrüstendes
Wunder zu einer Erlösungdurch die praktische Er- **
kenntnis des wahren innersten Willenwesens Gottes.
Bei solcher Umwandelung bedarf es nicht innerlich
notwendig der Berufung zzfeine geschichtliche Tat-
sache und bedarf es nicht son vornherein notwendig
der geschichtlichen Perszlichkeit Jesu und ihres 2
Heilswerkes. Bei solcher Yoraussetzung kann die
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oben bezeichnete Frage gestellt werden, ohne von
vornherein sinnlos zu werden.
In der Tat besteht nun diese Voraussetzung für
einen großen Teil der heutigen Christen zu Recht.
Sie ist die eigentliche Umwandelung, welche das
Christentum seit seiner großen welthistorischen Krisis
im 17. Jahrhundert erlebt hat. Bereits innerhalb
der alten und der mittelalterlichen Kirche bisweilen
angedeutet, wo man nach einer inneren und nicht bloß
faktischen Begründung des christlichen Gottesglau-
bens strebte, von den Spiritualisten des Protestantis-
musklar und scharf formuliert, ist das heute die heim-
liche Religion des modernen gebildeten Menschen
geworden, sofern er einen inneren Zusammenhang
mit dem Christentum behauptet. Wie weit ein
solcher Zusammenhang in der heutigen deutschen
Welt wirklich gewollt und festgehalten wird, ist
hier nicht zu untersuchen. Genug, daß es weite
Kreise gibt, die ihn behaupten wollen und die doch
dem kirchlichen Dogma völlig entrückt sind. Für
sie allein sind die folgenden Betrachtungen gemeint,
und eben bei ihnen liegt jene Entwickelung zu einem
christlichen Erlösungsglauben vor, der wie der
Glaube des Meister Eckart oder Sebastian Franks
ein wirklich religiöser Glaube ist, aber seine Be-
ziehung zum alten, die Geschichte vergöttlichenden,
Erlösungsglauben gelöst hat. Auch hier sind die
Stufen deutlich erkennbar, auf denen sich diese
Umwandelung vorwärts bewegt hat bis zu ihrer
klaren und grundsätzlichen Formulierung. Die! be-
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ginnende moderne Kritik stieß sich seit den Huma-
nister, Sozinianern und Spiritualisten an der rea-
listischen Erlösungslehre, an der Lehre von einer
wunderbaren Entgiftung der vergifteten Welt in einem
bestimmten historischen Vorgang und zog sich auf
die christliche Gottesidee und ihre ethischen Aus-
wirkungen zurück. Die Notwendigkeit des Histori-
schen blieb nur insofern, als die geschichtlichen
Wunder Jesu die Wahrheit dieser Lehre mitteilen <
und beglaubigen mußten. So dachte man von
Erasmus und den Sozzini bis auf Locke und Leib-
niz. Dann stieß man sich an der Aeußerlichkeit
solcher Begründung und sah in Jesus und der
christlichen Geschichte nur mehr das Mittel, die *
christliche Idee einzuführen in die Geschichte. Sie
selbst sollte, einmal eingeführt, auf eigener innerer
Kraft beruhen und nur durch sie sich durchsetzen,
von der Klarheit des sittlichen Bewußtseins aus
gefordert und bei der nötigen Vereinfachung auf
einen die Kraft des Guten erzeugenden Theismus
keines weiteren wissenschaftlichen Beweises fähig
und bedürftig. So dachten Lessing und Kant als
die Führer der deutschen Bildung, der ethisch und
religiös auf einen konservativen Fortschritt gerich-
teten Idealisten. Nur »zur Mustration und nicht “«
zur Demonstration« dienten die historischen Tat-
sachen und konnten /unter dieser Bedingung| der
wissenschaftlichen Kritik übergeben werden. Zur
schärfsten Formulierung gelangte der Gedanke ge-
rade in der durch und durch historisch denkenden
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Hegel’schen Schule, die es gleichmäßig als Forderung
der Idee und der richtig verstandenen Geschichte
bezeichnete, daß der religiöse Glaube zwar aus der
Geschichte erwächst, aber nicht in seiner inneren
Wahrheit und Geltung auf sie begründet ist. Auf
den berühmtesten Ausdruck ist diese Auffassung
gebracht worden durch David Friedrich Strauß in
Kr christlichen Periode, wo er das Prinzip des
Christentums (d. h. die Erkenntnis der Einheit von
Gott und Mensch) und die Person Christi (d. h. den
geschichtlichen Ausgangspunkt der Duzcheetzung
Rs Prinzips) unterschied. Man kann das christ-
liche Prinzip inhaltlich auch anders fassen als
Strauß und auf die sicher unhistorische Ableitung
des Gottmenschheitsdogmas von einer Zurücktragung
des die Menschheit betreffenden Gottmenschheits-
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ideals auf die vereinzelte Person des Stifters ver-
zichten. Aber die Problemstellung bleibt die gleiche.
Sie ist dann äußerst klar bestimmt worden yon
Biedermann, den Tübingern und Pfleiderer. Sie
erfährt heute Unterstützung von Kantianern, Neu-
Friesianern und Neu-Hegelianern. Und auch, wer
von aller Religionsphilosophie und Theologie gar
nichts weiß, bewegt sich am leichtesten in os
Gedankenzuge, wie eine Menge populärer religiöser
Literatur beweist. R
_ Freilich gibt es auch ‚Mischformen, in a. |
diese Scheidung von Person und Prinzip, Persön- ne
lichkeit und Idee nicht mit dieser Schärfe, sondern
mit einer Ermäßigung durchgeführt ist, die eine
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wenigstens relative innere Notwendigkeit der ge-
schichtlichen Person und der Selbstbeziehung auf
sie für den erlösenden christlichen Gottesglauben
behauptet. Auch sie teilen den Grundwandel, den
das Christentum der modernen Welt vollzogen hat,
die Verwandelung des in einem geschichtlichen Akt
bewirkten realen Erlösungswunders in die immer
neue Erlösung durch die Glaubenserkenntnis Gottes.
Allein sie binden diese erlösende Glaubenserkennt-
nis an die Kenntnis und Vergegenwärtigung der
geschichtlichen Persönlichkeit Jesu, die hierbei weder
mit ihren Wundern noch mit ihren Einzelworten,
sondern mit der Gesamtwirkung der religiösen Per- x-
sönlichkeit in Betracht kommt. Es ist die von dem
späleren, kirchlichen Schleiermacher begründete An-
schauung, die heute am nachdrücklichsten von
Ritschl und Herrmann fortgesetzt worden ist. Für
Schleiermacher ist es die suggestive Kraft der Per-
sönlichkeit, die, durch die Vermittelung seiner Ge-
meinde fortwirkend und in dem Bilde der Evange-
lien anschaulich, die überall außerhalb.der Eindrucks-
sphäre Jesu unüberwindliche religiöse Unkraft über-
windet und die Kräftiskeit, Gewißfheit, Freudigkeit und
Ausdauer der Gotteserkenntnis schafft. Was ohne den
Glauben schaffenden Eindruck Christi bloße Idee und
Ahnung bleibt, das wird durch diesen in der Ge-
meinde fortgeleiteten persönlichen Eindruck zur
siegreichen und wirksamen Kraft. Bei Ritschl ist
der gleiche Gedanke weniger auf die suggestive
Macht der Persönlichkeit als auf die die Sündenver-
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gebungsgewißheit bewirkende Autorität Jesu bezogen.
Christus macht sich durch diese Autorität zum
Herrn und König des Gottesreiches oder des Reiches
der gottvertrauenden Lebenstüchtigkeit und ist durch
die von der Gemeinde vermittelte Kunde über ihn
die Gewißmachung, ohne welche der sündige Menseh
an Gottes sündenvergebende Gnade nicht zu glauben
wagte und auch nicht zu glauben wagen dürfte.
Bei Herrmann ist die niederbeugende und aufrich-
tende Tatsache der Persönlichkeit Christi eine ge-
schichtliche Realität, die nur der böse und unbuß-
fertige Wille leugnen kann, ebenso wie sie nur der
gläubige, gottsehnende und sündengeängstigte Wille
sieht. Diese Tatsache erst gibt den Mut, an Gott als
sündenvergebende Gnade zu glauben, und damit
die helle Freudigkeit und Kraft zu allem gewissens-
mäßigen Guten, während derjenige, der nicht an
dieser Tatsache Gottes gewiß werden kann, in Ver-
zweiflung untergeht oder in Skepsis sich beruhigt
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und religiöser Bedürfnisse entwöhnt. Es ist klar, daß \
in all diesen Fällen das Christentum Gottesgedanke,
eine Idee, eine Glaubenserkenntnis des wahren
Wesens der Dinge ist. Jeder Gedanke an ein ein-
maliges historisches Erlösungswunder und an die
Stiftung einer es verwaltenden Gnadenanstalt fehlt.
Aber die Idee ist doch in ihrer Wirkungsfähigkeit-
an die historische Persönlichkeit Christi gebunden,
die ihr erst Kraft oder erst Gewißheit verleiht und
die so gekräftigte Idee zum Eigentum einer in der
Vergegenwärtigung Christi geeinigten Gemeinschaft
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macht. Die Voraussetzung für eine solche Denk-
weise ist außer der stillschweigenden Annahme der
Erkennbarkeit der religiösen Persönlichkeit Jesu
und ihrer Wirkungsfähigkeit durch Vermittelung
der Ueberlieferung und Gemeinde hindurch die
wesentliche Unfähigkeit des Christus nicht kennen-
den Menschen zu freudigem Gottesglauben. »Ohne
* Christus wäre ich Atheist«e, das ist die ausdrückliche
oder stillschweigende Notwendiskeit, die hier von
dem Christus nicht kennenden Menschen angenom-
men wird. Der Voraussetzung, die das Christentum
gegen. die außerchristliche Menschheit schlechthin
in Gegensatz stellt, entspricht die Folgerung. Das
Gottesreich oder die christliche Gemeinde oder die
Kirche als Glaubensgegenstand oder der von Christus
ausgehende Erlösungszusammenhang: das ist der
einzige Bereich der Erlösung und die notwendige,
ewig dauernde Zusammenfassung der Erlösten in
dem Reiche Christi. Es wird dauern bis zum Ende
der Menschheit und in die Ewigkeit hinein sich
erstrecken als die Zusammenfassung der Mensch-
heit in der durch Christus ermöglichten religiösen Ge-
meinschaft absoluten Heils und absoluter Wahrheit.
Allein Voraussetzung wie Folgerung sind für
den modernen Menschen nichts weniger als ein-
leuchtend und selbstverständlich. Sie standen schon
bei Schleiermacher in empfindlichem Gegensatz zu
seiner Gesamtansicht, wie sie seine größte und
eigentlichste Gedankenschöpfung, die Ethik, ent-
wickelt. Sie ist noch unerträglicher geworden in
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den harten Formulierungen Ritschls und den un-
greifbaren Herrmanns. Es ist nichts weniger als
selbstverständlich, daß die religiöse Persönlichkeit
des geschichtlichen Jesus zu einer vollen, klaren
Erkennbarkeit und zu einer unmittelbaren persön-
lichen Wirkung gebracht werden könne, wie der
unmittelbar ergreifende Einfluß von Mensch zu
Mensch. Eine solche Erfassung Jesu hat in der Tat
die moderne Kritik sicherlich unmöglich gemacht,
wenn sie überhaupt je möglich war. Betont man
aber die Vermittelung durch die Gemeinde und die
lebendige Wirkung vermittelst der weiteren christ-
lichen Persönlichkeiten, so hat man es nicht mehr
mit der geschichtlichen Tatsache, sondern mit ihren
unendlich abgeänderten und bereicherten Fort-
wirkungen zu tun, wo nicht sicher zu sagen ist, was
Jesus angehört und was der Folgezeit und Gegen-
wart. Auch wenn man die Grundzüge der Predigt
Jesu für voll erkennbar hält, so ist das doch keine
Berührung von Mensch zu Mensch und muß gerade
sehr viel Fremdartiges überwunden werden. Eben-
sowenig aber besteht die Annahme zu Recht, daß
lediglich die Anerkennung Jesu als göttlicher Auto-
rität und Gewißmachung getroste Glaubensfreudig- ‚
keit gebe. Solche hat es ehemals und heute auch
ohne Kenntnis oder ohne besonders nachdrückliche
Selbstbeziehung auf Jesus gegeben, ja die Belastung“
mit geschichtlichen Jesusproblemen erschüttert er-
fahrungsgemäß mehr den Glauben als sie ihn schützt. _
Es ist mehr die innere Ueberwindung unserer Seelen
”
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durch die Größe des prophetisch-christlichen Gottes-
glaubens, die die Anerkennung Jesu bewirkt, als
umgekehrt. Jeder Schritt weiter vorwärts in reli-
gionsgeschichtlicher Erforschung der Entstehung des
Christentums zeigt uns das Zusammenfließen so
vieler verwandter und doch selbständig entstandener
religiös-ethischer Kräfte, daß eine unbedingte Sonder-
stellung des Christusglaubens überhaupt ganz un-
möglich ist. Das Christentum ist gar nicht allein
die Hervorbringung Jesu, an ihm sind Plato und
die Stoa und unmeßbare populäre religiöse Kräfte
der antiken Welt mitbeteiligt. So erscheint auch
die Folgerung als unmöglich, die die christliche
Gemeinde als das ewige ‚absolute Zentrum des Heils
für die gesamte Dauer der Menschheit bezeichnet.
x
Darüber ist natürlich Sicheres nicht zu sagen, aber —
es ist nicht wahrscheinlich. Das Alter der Mensch-
heit auf der Erde beträgt einige hunderttausend
Jahre oder mehr. Ihre Zukunft mag noch mehrere
Jahrhunderttausende betragen. Es ist schwer vor
zustellen, einen einzigen Punkt der Geschichte auf
diese Zeitlänge hin — und zwar gerade den Mittel-
punkt unserer eigenen religiösen Geschichte — als
alleiniges Zentrum aller Menschheit zu denken. Das.
sieht doch allzustark aus nach Verabsolutierung un-
seres zufälligen eigenen Lebenskreises. Das ist in
der Religion das, was in der Kosmologie und Me-
taphysik Geozentrismus und Anihropozentrismus -
sind. Zu diesen beiden Zentrismen gehört auch der
Christozentrismus seinerganzen logischen Naturnach.
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Wirbrauchen nur an die vergangenen und vermutlich
wiederkehrenden Eiszeiten, die Folgen kleinster Pol-
schwankungen, und an den Auf- und Niedergang
großer Kultursysteme zu denken, um eine solche
absolute und ewige Zentralstellung für unwahrschein-
lich zu halten. Sie paßt zu der idyllischen Kleinheit
und Enge des antiken und mittelalterlichen Weltbil-
des mit seinen paar tausend Jahren Menschheitsge-
schichte und seiner Erwartung der Wiederkunft
Christi als Abschluß der Weltgeschichte. Aber sie
ist dem heutigen Menschen fremdartig und unver-
ständlich, weil seine allgemeinen instinktiven Vor-
aussetzungen dazu nicht passen.
So hat sich denn gegen diese Mischformen eine
steigende Abneigung vor allem der Laien- und Nicht-
Theologen gekehrt. Die religionsgeschichtliche Ein-
stellung des Christentums in den Werdeprozeß des
europäischen religiösen Lebens und die Ausdehnung
des Blickes auf die Unermeßlichkeiten menschlicher
Geschichtszeiträume in Vergangenheit und Zukunft;
die Abneigung, das unermeßliche Alleben, das doch
sonst überall durch die Breite des Ganzen flutet,
hier an einem einzigen Ort zu konzentrieren; all
das hat die heutige Gegenströmung gegen diese
Mischformen hervorgebracht. Die Gegenwart kehrt ‚
sich wieder zu den Gedanken der alten Mystiker
und Spiritualisten, welche das Christentum in der
inneren ewig fortschreitenden Wirkung Gottes an
den Seelen fanden und es nicht innerlich und not-
wendig an die Anerkennung und Kenntnis der ge-
u een
schichtlichen Persönlichkeit Jesu banden. Es ist
nicht nötis, das an den Bewegungen der Gegenwart
näher zu veranschaulichen. Auch die sensationellen
Behäuptungen von der Nichtexistenz. Jesu sollten °
im wesentlichen nur diesem Kampfe, gegen die Bin-
dung der Idee an geschichtliche, stets unsichere und
zugleich die Entwickelung hemmende Tatsachen
dienen. Es sind nicht wenige, welche in der Scheu
vor Belastung des Glaubens mit historischen For-
schungen, die Fragen des Lebens und der Predigt
Jesu rein der Wissenschaft anheimgeben und ihren
Glauben an den lebendigen Gott von einer innerlich
notwendigen Beziehung auf Jesus unabhängig halten.
Jesus wird ihnen dann der hist torische Ausgangs-
punkt der christlichen Lebenswelt, sein Bild päda-
gogisch bedeutsam oder zum Symbol des Christen-
tums, aber eine innerlich besrifflich notwendige
‚Beziehung der christlichen Idee auf die Persönlich-
keit Jesu findet bei Unzähligen nicht mehr statt.
Und die Zahl derer, die so denken, wird — außer-
halb der eigentlich theologischen Kreise — in der
deutschen Bildung beständig zune hmen, wenn nicht
alles täuscht.
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Damit si 179 3 Ss i
it sind wir zu der eigentlichen Formulie-
rung und dem Sinne des Problems gelanöt. Es ist
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keit Christi feststeht und der nur die Aufgabe sieht,
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rekte Geistliche abzusetzen. Es ist aber auch sinnlos
für denjenigen, dem das Christentum eine reale Ent-
schuldung und Befreiung der Menschheit aus dem
Bann von Sünde, Leid und Tod durch eine auf
Gott gerichtete Versöhnungstat Christi ist. Sie hat
ar Sinn nur für denjenigen, dem die evangelische
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Geschichte ein Gegenstand vorbehaltloser historischer
Kritik und Untersuchung ist,und dem zugleich das.
Christentum die Erlösung durch die immer neue
persönliche Glaubenserkenntnis Gottes ist. Beide
Voraussetzungen fallen nicht notwendig zusammen,
wenn sie auch miteinander geboren sind und ur-
sprünglich sich gegenseitig bedingten. Sie gelten nur
für den, der in allem Wirrwarr modernen Denkens
die prophetische und christliche Gotteserkenntnis
für die einzige Quelle zugleich tiefer und gesund-
“ tätiger Gotteserkenntnis hält und der zugleich dem
Rechte einer restlosen historisch-kritischen Anschau-
ung menschlicher Dinge sich nicht verschließt. Mit
einem Worte: sie gelten nur für denjenigen, der das
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‚moderne Denken anerkennt und zugleich im Chri-
‚stentum unaufgebliche religiöse Kräfte erkennt. Der
Schreiber dieser Zeilen stellt sich mit Freuden und
u rhiedenkeit in diese Reihe.
. Hier erhebt sich nun allerdings die Frage immer
deutlicher und deutlicher: Welches ist die von der
Gegenwart zu denkende Beziehung des christlichen
Gottesglaubens auf die Person Jesu? Ist sie eine
zufällige, rein historisch-faktische, eine pädagogisch
ge
und symbolisch schwer entbehrliche, aber doch von
der Idee selbst nicht geforderte? Oder ist sie eine
im Wesen der christlichen Idee unabänderlich und
ewig eingeschlossene? Im ersteren Falle werden
wir wesentlich unabhängig von der historischen
Kritik, im zweiten werden wir wesentlich abhängig
von ihr. '
Hierzu ist in voller Klarheit und Bestimmtheit
zu sagen, daß eine wirkliche innere Notwendigkeit
der geschichtlichen Person Christi für das Heil nur
bei der altkirchlich rechtgläubigen Erlösungs-, Au-
toritäts- und Kirchenidee besteht. Eine Erlösung,
die eine Befreiung der durch den Sündenfall in Leid
und Tod verstrickten Schöpfung durch eine Wirkung
Christi auf Gott ist; eine Glaubensautorität, die auf
der übermenschlich-göttlichen Würde Jesu unfehl-
bar beruht; eine christliche Heilsanstalt, die das ge-
schichtliche Urwunder fortleitet in den Wunderwir-
kungen der Kirche und des göttlichen Schriftwortes:
das verlangt natürlich die Geschichtlichkeit der Per-
son Christi unbedingt. Aber auch nur eine solche
Idee verlangt unbedingt diese Geschichtlichkeit, deren
Anerkennung dann ja auch nicht auf geschichtlicher
Forschung, sond‘ a auf Beugung unter die über-
natürlichen Autoritäten der Kirche und der Bibel
beruht. Hier ist alles völlig klar.
Weniger klar ist die Sachlage bei dem Schleier-
macher-Ritschl-Herrmannschen Vermittelungstypus.
Er ist, wie schon bemerkt, gegen die Einwirkungen
der historischen Kritik nicht zu schützen, da hier
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auf eine äußere Bibelautorität verzichtet wird und
auch die innere Erfahrung nicht, wie bei der mo-
dernen ÖOrthodoxie, wesentlich zur Sicherstellung
der Bibelautorität, ihrer Heilslehre und ihres Welt-
bildes, verwendet wird, sondern im Grunde nur die
Gewißmachung über Gott als den sündenvergeben-
den undheiligenden Liebeswillen mitten in den Kämp-
fen und Schmerzen des Lebens und vor allem des
Gewissensist. Hier hatschon David Friedrich Strauß:
an Schleiermachers Leben Jesu und dem Verhältnis
von Schleiermachers geschichtlicher Kritik zu dem
Jesusglauben seiner Glaubenslehre eine unvergeßliche,
gerade deshalb aber meistignorierte Kritik geübt. Diese
Strauß’sche Kritik Schleiermachers hat ihre volle
Analogie an der Entwickelung der Ritschl’schen
Schule gefunden, indem gerade aus dieser die so-
genannte religionsgeschichtliche Schule entsprungen
ist, die sich aus der schroffen Spannung von Ritschls
Christusbild gegen die doch von ihm anerkannte
historisch-kritische Forschung vor allem erklärt.
Es ist die naturgemäße Reaktion gegen die Gewalt-
samkeit Ritschls. ‘Und auch Herrmanns Rede von
»der Tatsache Christus«, die doch nicht wie andere
Tatsachen festgestellt, sondern nur vom Glauben
gesehen werden kann, ist ein dunkler und mystischer
Ausdruck für die gleiche Gewaltsamkeit und für einen
historisch-kritisch denkenden Menschen nahezu un-
verständlich. Die ganze Position ist gegenüber der
historischen Kritik nicht durchzuhalten, wie denn
auch in der Entwicklung der Bibelforschung sie so
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gut wie gar keine Rolle spielt, sondern der Dog-
matik vorbehalten bleibt. Diese letztere aber ist
eine Wissenschaft, die heute nur in engsten theo-
logischen Kreisen existiert und auch da kaum wirk-
lich vorhanden ist. Aber begibt man sich einmal
auf den Boden dieser dogmatisch-systematischen
Erwägungen, so ist leicht erkennbar, daß die innere
Notwendigkeit der Verbindung hier doch nur eine
sehr relative ist. Sie beschränkt sich einmal auf
die geschichtliche Einführung oder In-Bewegung-
Setzung der christlichen Lebenswelt durch Jesus,
was aber die Möglichkeit ihrer Fortwirkung aus
eigener innerer Kraft nicht ausschließen würde.
Daher fügt sie das zweite hinzu,, die entscheidende
Kräftigung oder Autorisierung der christlichen Le-
benswelt, die bei dem an sich unkräftigen oder ver-
zweifelnden Menschen ohne den erhebenden oder
suggestiven Eindruck der Person Jesu nicht möglich
wäre. Das sind nun aber offenbar Reste der alten
Erbsündenlehre. Die Funktion der Erbsündenlehre
im kirchlichen System seit Paulus ist die, alle Lich-
ter neben dem Christusglauben auszulöschen und
alle Kräfte neben der’ Christuskraft zu verneinen,
um die alleinige Erlösungskraft des der Christus-
gemeinde eignenden Wunders der Gottesversöhnung
ebenso einfach als radikal einleuchtend zu machen.
Eine solche Erbsündenlehre bedarf dann aber auch
des Mutesvihrer Voraussetzung, die ursprüngliche
Vollkommenheit vor der Weltvergiftung durch die
Sünde der Protoplasten zu behaupten, sie muß eben-
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so auch die notwendige Folgerung entwickeln, die
in einer realen Erlösung und Entgiftung bestehen
muß. Die Lehre aber, daß die menschliche Ent-
wickelung in und außer Christus nicht Kraft und
Gewißheit finden kann und erst und lediglich durch
Christus auf die höhere Entwickelungsstufe des ge-
kräftigten Gottesbewußtseins oder der alle Zweifel
überwindenden Gewißheit gehoben werde, ist ledig-
lich eine Abblassung des alten Erbsünden- und des
alten Erlösungsgedankens. Sie hat offenkundig ledig-
lich das Motiv, die alte Stellung Christi als Erlöser
und Glaubensgegenstand zu wahren und doch den
neuen Erlösungsgedanken im Wesen der Sache durch-
zuführen. Auf dieser relativen Annäherungsmög-
lichkeit an die alte Lehre beruht auch ihr starke
Wirkung auf die Theologie. Auf dem inneren Wider-
spruch der hier vereinigten Interessen und dem
Widerspruch gegen die allem modernen Denken zu
Grunde liesenden Idee einer in verschiedenen Kno-
tenpunkten aus der Tiefe des göttlichen Lebens auf-
steigenden Geistesentwickelung und einer nie zum
voraus auszumessenden Möglichkeit der Zukunfts-
entwickelungen beruht aber anderseits ihre Wir-
kungslosigkeit gegenüber dem allgemeinen modernen
Denken. Der Versuch, alle Zukunftsentwickelung
des religiösen Lebens durch diesen Rest der Erb-
sündenlehre und die darauf begründete Behauptung,
daß Kraft und Gewißheit des religiösen Lebens nie-
mals ohne Selbstunterstellung untef die Wirkung
Christi gewonnen werden könne, ist das dem gan-
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zen heutigen Denken Unerträgliche. Und es bedarf
nur des Hinzukommens der historisch -kritischen
Evangelienforschung zu diesen religiös-philosophi-
schen Bedenken, um die ganze Lehre trotz der hohen
geistigen und religiösen Bedeutung ihrer Urheber in
alle Winde zu zerstreuen.
So bliebe also nichts als eine rein historisch-
faktische und eine pädagogisch-symbolische Bedeu-
tung der Person Jesu für die christliche Idee! Wir
kämen auf Lessings Satz von dem dritten. Evan-
gelium oder auf Ibsens Satz vom dritten Reich zu-
rück, wo der religiöse Glaube ohne historische Stüt-
zen rein durch die eigene reinigende und erlösende
Macht sich behauptet und fortpflanzt und im Zu-
sammenhang des Gesamtlebens sich frei aus dessen
inneren Tiefen fortentwickeln würde!
Das scheint in der Tat die Folge von allem zu
sein. Aber man wird nicht leugnen können, daß
von einer solchen Fortentwicklung unter uns wenig
zu sehen ist, daß man ehrlicherweise ihr schwerlich
eine besondere Zukunft weissagen kann, daß in
Wahrheit fast alle heutige Religiosität von Um-
wandelungen der in den Kirchen fortgepflanzten
und in ihr allein starken religiösen Schätze lebt,
daß einem bei der Vorstellung solcher Fortentwick-
lung ein leises Frösteln anwandelt. Das alles muß
einen Grund in dem inneren Wesen der Sache
haben. Es hat ihn auch in der Tat. Die rein der“
‘innern Ueberzeugungskraft überlassene Fortbildung
der christlichen Idee sieht ab von jedem Gedanken
— 24 —
einer religiösen Gemeinschaft, von jedem Gedanken
eines Kultus. Sie kann freilich von einer gemein-
samen Bindung aller Frommen an geschichtliche
Urbilder und Autoritäten absehen und aller histo-
rischen Problematik sich entschlagen, um nur im
Persönlich-Gegenwärtigen zu leben. Aber sie ver-
. zichtet eben damit bewußt oder unbewußt auf jede
Gemeinschaft, die auf dem Boden einer geistig-
ethischen Religion ja nicht in Riten und Zauber,
sondern nur in der Vergegenwärtigung eines geistigen
Besitzes bestehen kann und diese Vergegenwärtigung
nicht ohne persönlich-lebendige Darstellung ihres
Besitzes in einem maßgebenden Urbild vollziehen
kann. Sie verzichtet auf jeden Kultus oder jede
Verehrung und Anbetung Gottes mit der Rück-
wirkung auf eine im Glauben an Gott sich dar-
stellende Gemeinde, weil für das Christentum ein
Kult im Sinne der Magie und der Erlösungsmyste-
rien nicht möglich ist und weil das, was allein ihm
als Kultus übrig bleibt, die Scharung um das Haupt
der Gemeinde und die Nährung aus seinem Geist
und Leben, die Anbetung Gottes in einer Gott be-
stimmt und konkret sich vergegenwärtigenden Ge-
meinde, durch die Ausschaltung des Historischen
beseitigt ist. Die persönliche einsame Andacht und
Meditation, die anarchische und zufällige Aeußerung
persönlicher Enthusiasmen oder mehr oder minder
verstandesmäßige religiöse Lehrvorträge treten an
. die Stelle des Kultus und der Gemeinschaft, die sich
um die Anbetung und Vergegen wärtigung Gottes in
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dem unendlich konkreten und doch unendlich viel-
deutigen Christusbilde schart. Diese Gemeinschafts-
und Kultlosigkeit ist die eigentliche Krankheit
des modernen Christentums und der modernen
Religiosilät überhaupt. Sie bekommt dadurch
das Zerfließende und Chaotische, das Zufällig-Per-
sönliche, Enthusiastische und Amateurhafte, das
Intellektualistische und Weltanschauu ngsmäßige./Sie
hat keinen beherrschenden Mittelpunkt, aus dem
sie sich nährte, sondern ebensoviel Zentren als es,
fühlende und suchende Individuen gibt. Aber nicht
bloß chaotisch und unbestimmt ist die moderne
Religion geworden. Sie ist auch schwächlich und
matt geworden, weil ihr die Rückwirkung des Ge-
samtgeistes und der Gemeinschaft auf das Indivi-
duum, die hebende und tragende, steigernde und
vervielfältigende, vor allem auch praktische Gemein-
samkeitsziele stellende Kraft der Gemeinschaft und
des Gemeinsinns fehlt.
Nun aber ist es eines der klarsten Ergebnisse
aller Religionsgeschichte und Religionspsychologie,
daß das Wesentliche in aller Religion nicht Dogma
und Idee, sondern Kultus und Gemeinschaft ist,
der lebendige Verkehr mit der Gottheit, und zwar '
als ein Verkehr der Gesamtheit, die ihre Lebens-
wurzeln überhaupt im Religiösen und ihre letzte
die Individuen verbindende Kraft im Gottesglauben
hat. Auch wo der Verkehr stellvertretend durch
ein Priestertum vollzogen wird, ist es immer ein
mit seinen Wirkungen auf die Gesamtheit zurück-
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— 236 — E
flutender Verkehr. Das ist auf dem Boden der
Naturreligionen selbstverständlich. Aber es gilt auch
auf dem Boden der Geistesreligion, die den Verkehr
nicht durch Opfer und Riten, sondern durch Gebet
und Erbauung vollzieht. Das ist der Grund, warum
Platonismus- und Stoizismus, in denen bereits die
Geistesreligion sich zu regen begann, vom Christen-
"tum aufgezehrt wurden, und das ist der Grund,
weshalb das Christentum sofort mit seiner Lösung
vom Judentum zum Christuskult wurde Es istN
nicht die Verehrung eines neuen Goltes, sondern
die Verehrung des alten Gottes Israels und aller
Vernunft in seiner lebendigen und konkreten Höchst-
offenbarung. Der Gottesglaube der Christusgläubigen
hatte zunächst kein Dogma und keine Lehre, er
hatte nur die. Darstellung alles Religiösen in dem
durch den Auferstehungsglauben verklärten Jesus.
‚Er hatte keine Opfer und Riten, keine Magie und
keine Mysterien, sondern nur die Anbetung Gottes
in Christo und die Lebenseinigung mit Christus in
dem Herrenmahl. Was auch immer nachher aus
dieser Urgestaltung der christlichen Gemeinschaft
als Christuskult geworden ist, das ursprüngliche
Motiv ist klar. Gemeinschaftsbedürfnis und Kult-
bedürfnis hatten kein anderes Mittel als die Samm-
lung um die Verehrung Christi als Offenbarung
"Gottes, und das aus diesem Christuskult entstandene
Christusdogma sollte ja immer nur den einen und
ewigen Gott in Christus anschaubar und zugänglich
miachen, um eine neue Gemeinde zu schaffen, die
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sich als neue und als feste Gemeinde nur durch
einen eigenen Kult erweisen konnte. Was Mytho-
logie und Mysterien, heidnische und gnostische
Analogien beigesteuert haben mögen, sie haben nur
einen Vorgang umkleidet und dem antiken Bewußt-
sein verständlich gemacht, der in der inneren Logik
der Sache lag.
Was aber das ursprüngliche Motiv für die Ent-
stehung des Christusglaubens und für die Bindung
des neuen Gottesglaubens an den Christuskult ge-
wesen ist, das ist es unter anderen Formen und
Bedingungen auch heute. Es ist ein sozial-psycho-
logisches Gesetz, daß nirgends auf die Dauer ledig-
lich parallel empfindende und denkende Individuen,
wie sie überhaupt erst eine sehr verfeinerte und
individualisierte Kultur erzeugt, ohne Wechsel-
wirkung und Zusammenhang nebeneinander be-
stehen können, sondern daß sich aus den tausend-
fachen Beziehungen überall Gemeinschaftskreise mit
Ueber- und Unterordnungen erzeugen, die sämtlich
eines konkreten Mittelpunktes bedürfen. Es ist ein
Gesetz, das auch für das religiöse Leben gilt. Daher
entstehen hier überall solche Kreise mit bestimmten
Ueber- und Unterordnungen, festen Zentren, Fort-
pflanzungsmitteln und Kräftezentren, aus denen die
Macht des religiösen Denkens immer erneuert wird.
In den Naturreligionen sind die Gliederungen durch
die von Natur oder Gesellschaft geschaffenen Gemein-
schaften gegeben und ist der Beziehungspunkt die alte
kultische Tradition. In den Geistesreligionen sind es
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die Propheten und Stifterpersönlichkeiten, die als
Urbilder, Autoritäten, Kraftquellen, Sammelpunkte
dienen und als Bilder persönlich konkreten Lebens
jener unendlich beweglichen und anpassenden Deu-
tung fähig sind, die keine bloße Lehre und kein
bloßes Dogma hat, die zugleich eine Anschaulich-
keit und Plastik besitzen, welche sich nicht an
Theorie und Verstand, sondern an Phantasie und
Gefühl wendet. Daher sind alle großen Geistesreli-
gionen religiöse Verehrungen ihrer Stifter und Pro-
pheten, wie das schon für die religiösen Philo-
sophenschulen des Platonismus, der Stoa und dann
später für die christliche Orden nud Sekten gilt. Die
Vergegenwärtigung der Propheten, auf dem Gipfel
ihre göttliche Verehrung als Ausdruck der allge-
meinen göttlichen Wahrheit, nicht als Bereicherung
eines Pantheons: das ist überall für Gemeinschaft
und Kultus grundlegend. Es ist auch äußerst un-
wahrscheinlich, daß das jemals anders werde... Eine
wirkliche neue Religion wäre sicherlich nicht eine
rein individuelle Fortentwickelung persönlich-reli-
giöser Ueberzeugungen, sondern eine neue Pro-
phetenreligion, die wie die alte, nur so lange Kraft,
Wirkungs- und Fortpflanzungsfähigkeit behicelte, als
sie diese ihre Grundlage in einem gemeinsamen
Kult lebendig halten könne. Das dritte Reich, wo
in der Religion alle auf sich selber stehen und der
Geist völlig frei und isoliert in den Individuen sich
entwickelt, wird vermutlich niemals kommen, so-
wenig wie der Staat und die Wirtschaft, die ledig-
lich auf dem naturnotwendigen Zusammenfallen
der individuellen Interessen und Vernünfte beruhen.
So wird es auch keine kräflige Wirklichkeit
der christlichen Idee geben ohne Gemeinschaft und
Kult. Ob die bestehenden Kirchen zu diesem Leben
zu erwecken sind, ist eine Frage für sich. Möglich,
daß sie bei einer Aenderung unserer allgemeinen
politischen Verhältnisse gezwungen werden, sich
auf die Kreise zurückzuziehen, die dem altkirch-
lichen Dogma noch anhängen. Möglich aber auch,
daß sie angesichts einer solchen Entwickelung sich
als breite Volkskirchen gestalten lernen, in denen
die Vielgestaltigkeit des heutigen protestantisch reli-
giösen Denkens zum Ausdruck kommen darf. Aber
was auch immer kommen mag, eine Gewißheit und
Kraft der erlösenden Gotteserkenntnis wird man
ohne Gemeinschaft und Kult sich nicht denken
dürfen. Ein von der christlichen Idee erleuchteter
Kultus wird daher stets zum Zentrum haben müssen
die Sammlung der Gemeinde um ihr Haupt, die
Nährung und Kräftigung der Gemeinde durch die
Versenkung in die in dem Christusbilde enthaltenen
“ Gottesoffenbarung, die Fortpflanzung nicht durch
Dosmen, Lehren und Philosophien, sondern durch
die Ueberlieferung und Lebendighaltung des Christus-
bildes, die Anbetung Gottes in Christo. Solange es
ein Christentum in irgend einem Sinne überhaupt
geben wird, wird es mit der kultischen Zentralstel-'
lung Christi verbunden sein. Es wird nur so sein
oder es wird nicht sein. Das beruht auf sozialpsycho-
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logischen Gesetzen, die ganz die gleiche Erschei-
nung auch auf anderen Religionsgebieten hervorge-
bracht haben und sie im Kleinen tausendfach wie-
derholen bis heute, die den ganzen Gedanken einer
lediglich aus jedem Innenleben quellenden und doch
übereinstimmenden, der Wechselwirkung nicht be-
dürfenden und doch lebendig kräftigen Frömmig-
keit als Utopie erscheinen lassen. Dieser sozial-
psychologische Gesichispunkt ist daher auch der-
jenige, unter dem unser Problem vor allem ge-
sehen werden muß. Die Verbindung der christ-
lichen Idee mit der Zentralstellung Christi in Kult
und Lehre ist keine begriffliche aus dem Begriff
des Heils folgende Noiwendigkeit. Denn auch wenn
man mit Recht auf das Anlehnungs- und Stärkungs-
bedürfnis der durchschnittlichen Frömmigkeit hin-
weisen kann, so braucht man dazu nicht gerade:
schlechterdings die Person Jesu, mit der ein wirk-
lich persönlicher Verkehr ja gar nicht möglich ist.
Sie ist aber auch keine rein historische, lediglich den
Entstehungsvorgang erleuchtende und dann nicht
mehr wesentliche Tatsache. Sie ist sozialpsycho-
logisch für Kult, Wirkungskraft und Fortpflanzung
unentbehrlich, und das mag genügen, um die Ver-
_bindung zu rechtfertigen und zu behaupten. Ohne
sie ist eine Fortentwickelung der christlichen Idee
nicht zu denken. Eine neue Religion würde ein neuer
Kult eines historischen Propheten sein müssen, und
die Hoffnung auf eine kultlose, rein persönlich-
individuelle Ueberzeugungs- und Erkenntnisreligion
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ist ein bloßer Wahn. Bedürfen wir aber des Kultus
und der Gemeinschaft, so bedürfen wir auch Christi
als des Hauptes und Sammelpunktes der Gemeinde.
Denn ein anderes Einigungs- und Veranschau-
lichungsmittel hat die christliche Gotteserkenntnis
überhaupt nicht, und religionsphilosophische Lehr-
vorträge werden eine, wirkliche Religion niemals
bilden und niemals ersetzen.
Steht die Sache aber so, dann ist freilich eine
wirkliche und grundsätzliche Gleichgültiskeit auch
gegen die historisch-kritischen Fragen nicht möglich,
Freilich ist in diesem Sinne Jesus das Symbol des
christlichen Glaubens überhaupt. Aber diejenigen,
welche meinen, daß für ein solches Symbol die
Wurzelung in geschichtlicher Tatsächlichkeit gleich-
gültig sei und daß gerade die mythische Verkörpe-
rung von Ideen das große Werk der Religionsge-
schichte sei, sind für ihre Person selbst weit ent-
fernt, in einen religiösen Glaubenskreis einzutreten
und sich ihm innerlich mit Begeisterung oder prak-
tischer Arbeit hinzugeben, dessen Idee durch dieses
mythische Symbol verkörpert ist. Sie muten nur
den Gläubigen zu, daß sie bei geringerer Beschränkt-
heit mit einem mythischen Symbol völlig zufrieden
sein könnten. Solche Zumutungen, wie sie z. B.
Samuel Lublinski stellt, sind nichts anderes als
Beispiele des heute so häufigen ästhetisierenden
Spiels mit den Realitäten, wo der Aesthet den
Gläubigen zumutet, seinen Lebenshunger an einem
mythischen Symbol zu befriedigen, weil er selbst
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gar nicht daran denkt, einen wirklichen Ueber-
zeugungs- und Gewißheitshunger, sondern nur ein
spielendes Bedürfnis der Phantasie zu stillen. Für
einen wirklich der christlichen Lebenswelt innerlich
Angehörigen ist es unmöglich, das Zentrum und
Haupt der Gemeinde, den Beziehungspunkt alles
Kultus und -aller Gottesanschauung lediglich für.
einen, wenn auch, noch so schönen, Mythos zu
halten. Wie ihm Gott nicht Gedanke und Mög-
lichkeit, sondern heilige Realität ist, so will er mit
diesem seinem Symbol Gottes auch auf dem festen
Grunde wirklichen Lebens stehen. Es ist für ihn
von wahrer Bedeutung, daß ein wirklicher Mensch
so gelebt, gekämpft, geglaubt und gesiegt hat und
daß von diesem wirklichen Leben her ein Strom
der Kraft und der Gewißheit sich bis auf ihn ergießt.
Das Symbol ist ihm wirkliches Symbol nur dadurch, -
daß-hinter ihm die Größe eines überlegenen wirk-
lichen religiösen Propheten steht, an dem er sich
Gott nicht nur veranschaulicht, sondern an dem er
sich auch in eigener Unsicherheit aufrichten und
stärken kann, wie er auch sonst des Haltes an
überlegener persönlich-religiöser Autorität bedarf
und solche im Leben vielfach erfährt. Das ist das
Berechtigte an der Herrmann’schen Rede von der
»Tatsache Christuse. Es handelt sich nur nicht
darum, daß die Heilsgewißheit des Individuunis
erst durch die Gewißwerdung an Jesus gewonnen
werden könne, sondern darum, daß es keinen
tragenden und stärkenden Lebenszusammenhang des
an
christlichen Geistes ohne Sammlung um Jesus geben
kann und eine Sammlung um Jesus auch auf ein
reales lebendiges Leben zurückgehen muß, wenn sie
innere Kraft und Wahrhaftigkeit haben soll.
Unter diesen Umständen ist dann freilich ein
Absehen von der historisch-kritischen Forschung
nicht möglich. Die »Tatsachex kann, wie alle an-
deren historischen Tatsachen, die zunächst nur in
der Gestalt von Berichten gegeben sind, lediglich
durch historische Forschung festgestellt werden.
Der Glaube kann Tatsachen deuten, aber nicht fest- .:
stellen. Darüber sollte es nicht nötig sein, irgend
ein Wort zu verlieren, obwohl gerade an diesem
Punkte die Theologie mit den verwirrendsten Metho-
den zu arbeiten pflest. Es handelt sich nicht um
Einzelheiten, aber um die Tatsächlichkeiten der
ganzen Erscheinung Jesu und um die Grundzüge
seiner Predigt und seiner religiösen Persönlichkeit.
Diese müssen als geschichtliche Wirklichkeit mit
historisch-kritischen Mitteln festgestellt werden kön-
nen, wenn das »Symbol Christus« einen festen und
starken inneren Grund in der »Tatsache« Jesus
haben soll. Dessen bedurfte freilich eine unhisto-
tisch denkende Welt nicht, und so hat man bis
zum 18. Jahrhundert an diese Probleme nicht ge-.
dacht. Aber innerhalb einer grundsätzlich histo-
rischen Denkweise, wie es die der Gegenwart ist,
kann sich der Glaube dieser Finmischung der
historisch-wissenschaftlichen Denkweise nicht ent-
ziehen, sondern muß ihr Stand halten und ihr ge-
Troeltsch, Die Bedeutung der Geschichtlichkeit Jesu. 3
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genüber sich die geschichtlichen Grundlagen seiner
Gemeinschaft und seines Kultus sichern, soweit die
geschichtlichen Fragen hierfür von Bedeutung sind.
Da gibt es kein Ausweichen und auch kein Igno-
rieren. Der Kampf muß ausgefochten werden, und,
wäre er zu Ungunsten der Geschichtlichkeit oder
überhaupt der Erkennbarkeit Jesu entschieden, so
wäre das in der Tat der Anfang vom Ende des
Christussymbols in den Schichten des wissenschaft-
lich gebildeten Volkes. Und von da würden Zweifel
und Auflösung bald in die Unterschichten herab-
sinken, soweit sie bei deren sozialreformerischen und
antikirchlichen Neigungen dort nicht schon lange zu
Hause sind. Es ist bloß eine Redensart, sich an das
christliche Prinzip halten und die geschichtlichen
Fragen ganz sich selbst überlassen zu wollen. .Das
ist ein praktischer Ausweg für einzelne in schwie-
rigen Unklarheiten, aber unmöglich für eine religiöse
und kultische Gemeinschaft. Es ist aber auch
ebenso eine bloße Redensart, wenn man sagt, der
schlichte Glaube dürfe nicht von Gelehrten und
Professoren abhängig gemacht werden. Auch das
ist richtig für den einzelnen Fall, wo einer sich den
Umschlingungen des wissenschaftlichen Getriebes mit
starkem Instinkt entwindet. Aber es ist unmöglich,
| Historische Tatsachen im allgemeinen und im Prinzip
=: wissenschaftlichen Kritik entziehen zu wollen.
|
|
In dieser Hinsicht bleibt, wenn man es so ausdrücken \
will, in der Tat eine Abhängiskeit von Gelehrten und
‚Professoren, oder besser gesagt, von dem allgemei-
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‚nen Gefühl historischer Zuverlässigkeit, das durch
den Eindruck der wissenschaftlichen Forschung sich
erzeugt. ar! DEUTET EN
Darüber darf man sich en beklagen. Esäist
das doch nicht eine, auf die historischen Probleme
des Glaubens sich beschränkende Schwierigkeit.
‚Der Glaube innerhalb einer wissenschaftlich gebil-
B
deten Welt ist nie unabhängig gewesen von den
..Einwirkungen der Wissenschaft Er stand. Jahr-
‚hunderte lang unter den Einwirkungen der antiken
‚von Grund aus verwandelnden N
Philosophie; er mußte sich dann messen und aus-
gleichen mit der die antike und christliche Philosophie
Yaturwissenschaft;
‚heute kommt dazu die Historisierung und ER
‚ist der Verzicht auf Inhalt, Bestimmthe
‚Gemeinschaftsbildung,
logisieru ng unser ganzen Anschauung vom Menschen
‚und. seinem irdischen Dasein. Fs ist ein Wahn,
daß der Glaube Auseinandersetz Anpassung und
Gegensatz gegenüber den jeweils als wissenschaft-
liche Erkenntnis sich darbietenden Anschauungen
vermeiden und daß er sich unter Ei nziehung aller
ihn in Gegensatz bringenden Positionen rein 'auf
sich selber zurückziehen könne. In den ersten
‚enthusiastischen Anfängen und in der praktisch-
sozialen Herrschaft über wissenschaftlich gleich-
gültige Volksschichten kann er das, aber nicht inner-
‚halb einer: von wissenschaftlicher Bildung und
‚ Denkweise erfüllten Welt.
Die Rettung durch Preis-
gabe aller der Wissenschaft .. Elemente
Kraft und
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Kant begonnen, der eben daher auch Christus für
eine Allegorie des christlichen Prinzips erklärte und
der nur durch eine wunderliche Gewaltsamkeit
zum Patron eines um Metaphysik und Naturwissen-
schaft unbekümmerten, aber anf die »Tatsache
Christus« sich stützenden Erlösungsglaubens gewor-
den ist. Soweit Kant jedoch in seiner theologisch-
idealistischen Geschichtsauffassung und seiner dua-
listischen Moralphilosophie und seinem Unsterb-
lichkeitsglauben Elemente konkreter Christlichkeit
festhielt, hat sich ja auch weiter hiergegen die
Wissenschaft gewendet. Kampf und Anpassung ihr
gegenüber hört erst auf, wenn die Religionsphilo-
sophie sich völlig auf die bloße Tatsächlichkeit und
Zuständlichkeit religiöser Stimmungen zurückzieht,
. die das Leben der Seele durchfärben und durch-
wachsen, die aber immer erst die Illusion zu kon-
kreten Inhalten und Anschauungen von einer diese
Stimmungen bewirkenden, von der bloßen Seelen-
gegebenheit der religiösen Zustände sich unter-
“scheidenden Gottheit macht. Damit ist dann aller-
- dings jeder Konflikt mit der Wissenschaft vermieden,
aber auch jede praktische Leistung und Gemein-
schaftsbildung der Religion ausgeschlossen, von der
völligen Preisgabe jeder Christlichkeit zu geschwei-
gen. Das aber ist eine Kapitulation des Glaubens
vor dem Intellekt, ein Verzicht auf jede praktische
Bedeutung und Gemeinschaft, die gerade an der
Anschauung einer konkreten verpflichtenden und.
das praktische Gemeinschaftsleben bestimmenden
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Gottesidee hängt. Diese aber wiederum hängt in
ihrer Konkretheit an der Anerkennung der großen
Prophetenpersönlichkeiten als Führer und Bürgen.
So wird eine aus jener Umklammerung und Mediati-
sierung sich befreiende Gläubigkeit auf all diese
Auseinandersetzungen mit der Wissenschaft hinge-
wiesen, damit auch zur Klarwerdung über die Tat-
sächlichkeit der historischen Grundlagen genötigt.
Gegen diese Notwendigkeit ist kein Kraut gewachsen.
Wie viele immer, davon unberührt, bloß ihrem
‚religiösen Trieb und Gefühl folgen mögen, für die
Selbstverständlichkeit und Möglichkeit ihres rein
praktischen Daseins ist eine Atmosphäre und Stim-
mung der Zuversicht zur Zuverlässigkeit der histo-
rischen Grundlagen nötig, die unter den Verhält-
nissen der Gegenwart nur die wissenschaftliche
Forschung bewirken kann. All die Schwierigkeiten,
Nöte und Schwankungen, auch die Abhängigkeiten
von der Gelehrsamkeit, die damit verbunden sind,
müssen in den Kauf genommen werden. Es geht
nicht ohne sie, und man darf bier nicht wehleidig
sein, freilich auch nicht eine Unbekümmertheit zur
Schau tragen, die in Wahrheit unmöglich ist.
Nur das wird man sagen können, daß ein Teil
der geschichtlichen Forschungen allerdings gleich-
gültig ist für den religiösen Zweek. Damit ergibt
sich dann aber doch eine gewisse Einschränkung
der religiös bedeutsamen wissenschaftlichen For-
schung. Nicht um.alle Einzelheiten und Kleinig-
keiten historisch-theologischer Forschung, sondern
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um die grundlegenden Tatsachen handelt es “sich, '
um die: entscheidende Bedeutung der Persönlichkeit
Jesu für die Entstehung und Bildung des Christus-
glaubens, um den religiös- ethischen Grundcharakter ‘
der Predigt Jesu und um die Wandelungen, die
seine Predigt in den ältesten christlichen Gemeinden
des Christuskultus erfahren hat. Hier sind die ent-
scheidenden Haupttatsachen trotz aller noch offe-
ner Fragen meines Erachtens in. der Tat mit Sicher-
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"Das genügt für den eigentlich religiösen Zweck,
für die Anerkennung der Geschichtlichkeit Jesu und
für die religiöse Deutung seiner Lehre. Es bedarf
-nur eines grundsätzlichen Gesamtbildes. Das würde
freilich nicht genügen, wäre die geschichtliche Per-
son Jesu die einzige Quelle christlicher Glaubens-
erkennfnisse und Lebenskräfte. Allein sie. steht ja
in einem großen 'Zusammenhang geschichtlicher
Vorbereitungen und Auswirkungen. Sie ist nicht
zu verstehen ohne die Vorbereitung der Propheten
und Psalmen, ohne die Auswirkung im paulinischen
Christusglauben und der Fülle christlicher Persön-
lichkeiten bis auf Luther und Schleiermacher. Wo
sie wesentlich in ihrer sozialpsychologischen ‘ Be-
_ deutung und nicht als die einzige der Erbsünde
entgegengesetzte Autorität und Kraftquelle betrachtet
wird, da hindert nichts, sie beständig in diesem
nenhang‘ geschichtlichen Lebens zu sehen
und Vorbereitung und Auswirkung in sie hineinzu- :
sehen und hineinzudeuten. Für die Predigt und
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das Gemeindeleben kommt es ja nicht auf die
philologische Genauigkeit des Einzelbildes Jesu an,
wo man dann freilich von einem Kritiker zum an-
deren irren könnte, sondern auf die Ausdeutung
des Christusbildes aus der ganzen vorausgehenden
und folgenden Geschichte. Nur muß diese Aus-
deutung mit dem Bewußtsein verbunden sein, wahr-
haftig und ehrlich Jesus als Zentrum dieser Lebens-
welt betrachten zu dürfen. Sie darf nicht Gefühl
oder Angst haben, daß sie einen gegenstandslosen,
des Wirklichkeitsgrundes entbehrenden Mythus zur
Verkörperung einer aus tausend Quellen zusammen-
fließenden Idee dichte. Unter dieser Voraussetzung
kann sie in der praktischen Verkündigung sehr frei
und beweglich das Bild Christi deuten aus allem,
was in ihm zusammenströmte und aus allem, was
in ihn hineingelebt und hineingeliebt worden ist im
Laufe der Jahrtausende. Auch wird sie nicht alles
in Jesus konzentrieren. Jesus wird ihr nicht die
einzige für unsern Glauben bedeutsame geschicht-
liche Tatsache sein. Sie wird neben ihm die andern
geschichtlichen Persönlichkeiten zu ihrem Rechte
kommen lassen, die neben ihm in irgend einem
Sinne als anschauliche Symbole und kraftstärkende
Bürgschaften des Glaubens betrachtet werden kön-
nen. Auch hat sie keinen Anlaß dabei bloß bis
zum Reformationszeitalter zu gehen, sie wird solche
geschichtliche Tatsachen finden bis zur Gegenwart.
Die Christlichkeit und damit überhaupt die Be-
stimmtheit des Prinzips wird sie dadurch wahren,
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daß sie alles das doch immer wieder bezieht auf
den einen Sammelpunkt, auf die Persönlichkeit Jesu.
Somit müssen wir im Kampf der wissenschaft-
lichen Meinungen uns allerdings auch mit’ den
Mitteln der historischen Wissenschaft der Tatsäch-
lichkeit und Erkennbarkeit Jesu versichern, wenn
es einen Fortbestand des Christentums geben soll.
Die Antwort darauf ist von der Wissenschaft des
Urchristentums trotz aller verbleibenden Lücken
im wesentlichen gegeben, und die sensationellen
Leugnungen werden verschwinden, wenn man sach-
lich an diesen Dingen arbeitet. Eine Einschränkung
der Wichtigkeit der geschichtlichen Forschung er-
gibt sich nur insofern, als praktisch bedeutsam eine
solche sich nur auf die Hauptsache der Person und
Predigt Jesu und der Entstehung der ältesten Ge-
meinde erstreckt, sowie daraus, daß diese historische
Tatsache durch zahlreiche andere sich verstärkt
und nicht allein alles zu tragen hat. Das ist eine
Bemeisterung und Einschränkung des Problenis,
wie sie von dem oben geschilderten Standpunkte
aus möglich ist, während beides für die rechtgläubige
Theologie natürlich sinnlos und überflüssig ist.
12
Es möchte scheinen, als ob diese Lösung dem
früher geschilderten Vermittlungstypus der Schleier-
macher-Ritschl-Herrmannschen Schule im Grunde
doch sehr nahe stände. Das ist auch mehr als ein
Schein. Es ist lee so. Die Ergebnisse für die
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Seine
praktische Verkündigung sind einigermaßen ähnlich.
und auch der wichtige Gedanke eines Haltes für
die religiöse Subjektivität an der durch alle ge-
schichtliche Vermittelung hindurch noch spürbaren
religiösen Größe und Kraft einer wirklichen Persön-
lichkeit ist von hier aus in seiner vollen Bedeutung
erkannt. Ueber eine solche Berührung kann man
sich nur freuen. Denn es kommt nicht darauf an,
daß wir unsere Denkweisen fortwährend gegen ein-
ander abgrenzen und an den Tischtüchern schnei-
den. Das wirkt nur abstoßend oder lächerlich.
Man muß vielmehr in unserem Wirrsal nachdrück-
lich die Berührungspunkte suchen.
Gleichwohl ist-doch Sinn und Begründung des
Gedankens und damit der Gedanke selbst ein nicht
unerheblich verschiedener, eine Verschiedenheit,
deren Bedeutung nicht auf der Liebhaberei für die
scholastischen Knifflichkeiten und Schulgegensätze
theologischer Sys!- ınbereitungen, sondern auf einem
praktischen Unterschied in Stimmung und Gefühl, in
der religiösen Gesamthaltung, beruht. Die von mir
gegebene Begründung ist eine allgemein sozial-
psychologische, die für das Christentunı so gut gilt
wie für jeden andern geistig-ethischen, nicht an die
natürliche Gesellschaftsgliederung gebundenen und
nicht im magischen Kult sich bewegenden, reli-
giösen Glauben. Es ist nicht die Erbsünde, die alle
außerchristliche Gottesgewißheit und Gotteskraft un-
möglich macht. Es ist nicht der Sondervorzug des
Christentums, das allein über eine gewißmachende
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historische Tatsache verfügte. Es ist vielmehr ein
allgemeines, alle menschlichen Dinge durchdringen-
des, bei der Religion und insbesondere der geistig-
ethischen Religion sich nur besonders bestimmendes
Gesetz, das mit der Erbsünde und der Unfähiskeit
der außerchristlichen Menschen zum wahren Gottes-
glauben so wenig zu tun hat wie Tod und Leiden,
Kampf ums Dasein und Zweckwidrigkeit des Natur-
geschehens mit der Sündenstrafe. Alle diese Dinge
hat die alte Lehre von der Erbsünde, der Störung
der vollkommenen Urwelt durch die Sünde Adams
und Evas oder der Dämonen und Teufel, herge-
leitet. Aber wie wir heute alle diese Dinge aus der
inneren und notwendigen Verfassung der Natur
verstehen, so verstehen wir auch jenes sozialpsycho-
‚logische Gesetz nicht als einen Ausfluß der Ursünde,
sondern als eine Eigentümlichkeit des Menschen-
tums in seinem rätselvollen Verhältnis von Einzel-
wesen und Gemeinschaft. Das Christentum hat in
der Zentralstellung der Persönlichkeit Jesu nicht
eine es von allen andern Religionen unterscheidende
und ihm allein erst die Erlösung ermöglichende
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nicht ein starres Dogma und nicht ein ebenso star-
res Moralgesetz das Zentrum und Symbol ‚bildet,
sondern das Bild einer lebendigen, vielseitigen und
zugleich erhebenden und stärkenden Persönlichkeit, -
deren innerste Lebensrichtung es in sich aufzuneh-
men gilt und aus der in voller Freiheit der Anwen-
dung jedesmal die Gestaltung der gegenwärtigen
religiös-sittlichen Aufgaben herausgeholt werden
kann. Auch ist wiederum diese Persönlichkeit nichts
Vereinzeltes, sondern steht im Zusammenhang eines
reichen weiteren geschichtlichen Lebens, das neben
- und mit ihr zur Bestimmtheit der christlichen Idee
und zur Erfüllung mit lebendiger Kraft unbefangen
verwertet werden kann. Es hat ja freilich nie an
Versuchen gefehlt, die Person Jesu in ein Dogma
zu verwandeln oder aus ihr eim Sittengesetz zu ma-
chen. Aber die lebendige Grundlage eines undefi-
nierbaren persönlichen Lebens hat hier doch immer
wieder durchgeschlagen, und darauf beruht geradezu
die immer neue Vereinfachungs- und Verjüngungs-
fähigkeit des Christentums. Auch daran hat es nie
gefehlt, daß man Jesus isolierte gegen die ganze Ge-
schichte vor ihm und nach ihm und ihn zum ein-
"Sondereigentümlichkeit, sondern erfüllt hierin nur
zigen Halt und Grund des Glaubens machen wollte.
‚lebens auf eine ihm eisentümliche Weise. Auch in der neuesten Christuslehre fehlt es nicht
‘ein allgemeines Gesetz des menschlichen Geistes- |
Entscheidend für die Würdigung der Bedeutung
Jesu ist daher nicht die außerchristliche Erlösungs-
unfähigkeit, sondern das Bedürfnis der religiösen Ge-
meinschaft nach einem Halt, Zentrum und Symbol
ihres religiösen Lebens. Das Große ist, daß dann
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daran. Aber das wird stets von neuem unmöglich
infolge der ganz unverkennbaren Gebundenheit der
Vorstellungswelt und des Ethos Jesu durch die ganz
bestimmte Lage des Spätjudeniums und infolge der
schroffen Einseitigkeit des rein religiösen Propheten,
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der eine neue Welt und Menschheit unter neuen,
rein vom religiösen Ideal bestimmten Bedingungen
in seiner Gottes-Reich-Predigt vorausninmt und in
Bälde erwartet. Demgegenüber hat schon der Glaube
der Urgemeinde den Geist Christi befreit von der
historischen Erscheinung Christi und als ein entwick-
lungsfähiges Prinzip betrachtet. Nur liegt aber diese
Entwickelung nicht sowohl in ideellen Folgen und
systematischen Lebensauffassungen als in einer wei-
teren Reihe starker religiöser Persönlichkeiten, die
aus ihm geschöpft haben und neues aus seinem
Geiste hervorgebracht haben, gerade so wie in Jesus
der Geist der Propheten liegt und neues Wachstum
in ihm aus diesem prophetischen Samen aufgeht.
So ist es’nicht die absolute Einzigkeit des Erlösers,
auf die es ankonımt, sondern das Zentrum, um das
sich alle Vorbereitungen und Auswirkungen der
christlich-prophetischen Gläubigkeit sammeln und
von dem aus sie eine einheitliche Deutung erfahren.
Liest alles Schwergewicht auf sozialpsychologi-
schen Notwendiskeiten, so entspringt von da aus
auch ein starker Druck auf die Ideen der Gemein-
schaft und des Kultus. Die Notwendigkeit der Ge-
meinschaft und des Kultus haben die Zentralstel-
lung der Christuspersönlichkeit . geschaffen. Sie
bewirken auch dauernd diese Zentralstellung. Wo:
die Gemeinschaft sich auflöst in freie, isolierte Ueber-
zeugungsreligion des Individuums und der Kultus
sich verwandelt in Stimmung oder Beschaulichkeit,
da wird auch die Beziehung auf Jesus zurücktreten;
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und wenn in Worten der Zusammenhang mit ihm
gewahrt ‚werden soll, da wird an seine Stelle der
innere Christus oder die freie mystische Gegenwart
Gottes in den Seelen treten. \Vo man aber von sol-
cher Zersplitterung und Ermattung zu Gemeinschaft
und Kult zurückkehrt, da wird immer wieder die
Bedeutung der geschichtlichen Persönlichkeit Jesu
hervortreten. Das ist ganz deutlich an Schleier-
macher zu verfolgen. In seinen Reden, die nur der
Unverstand für exoterisch halten kann, tritt die Be-
deutung des Historischen stark zurück, während sie
in den gleichzeitigen Predigten stärker hervortritt.
Vor allem aber seit seiner Beteiligung an kirchlichen
Aufgaben und seinem Entwurf einer kirchlichen
Glaubenslehre wurde die Person Jesu der Zentral-
gegenstand der ganzen Betrachtung als Symbol und
Kraftquelle des christlichen Glaubens und Mittel-
punkt der Predigt und des Kultus. Nur die bewußte
Begründung ist von ihm nicht sozialpsychologisch
gefaßt, während das Motiv zu dieser Wendung es
zweifellos ist. Seine dogmatische Begründung da-
gegen arbeitet mit der Unkräftigkeit des außerchrist-
lichen "Gottesbewußtseins und mit der Eröffnung
einer neuen Menschheitsperiode durch den zweiten
Adam oder den Bringer der Kräftigkeit des sonst
unkräftigen Gottesbewußltseins, eine Auffassung, die
Schleiermachers sonstigem entwickelungsgeschicht-
lichen Denken grob widerspricht und wohl über-
haupt ein wenig Anpassung an die herrschende
biblisch-kirchliche Sprache ist. Noch mehr ist das
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sozialpsychologische Motiv verhüllt bei Ritschl und
Herrmann, wo das erlösende Wunder der Autorität
Christi der entscheidende Gedanke ist. Aber tat-
sächlich steht doch auch bei ihnen die Bildung der
Gemeinschaft und der Kultus in Verbindung mit
der Hervorhebung der geschichtlichen Persönlichkeit.
Wenige haben so stark wie Ritschl und Herrmann
die Bedeutung des Christusglaubens für Gemeinde,
Kultus und Gottesreich betont. Esistnur notwendig,
dies tatsächlich beherrschende Motiv auch als den
sachlichen Grund und die innere Notwendigkeit der
Jesus-Verehrung erscheinen zu lassen. Bei Schleier-
macher finden sich in seinen Reden, wo er die um
. überlegenen Zentren sich sammelnden, aber fließen-
den Gruppenbildungen schildert, die ersten Ansätze
zu einer solchen Begründung. Er hat sie leider nicht
weiter verfolgt, sondern die endgültig eingesetzte Be-
gründung nach Möglichkeit der kirchlichen Aus-
drucksweise angenähert. In der Sache aber haben
sie alle zweifellos recht. Damit stehen wir freilich
im Gegensatz gegen religiöse Lieblingstimmungen
der Zeit, die wohl dem kult- und geschichtslosen
Idealismus der Mystik und der protestantischen Spiri-
tualisten sich verwandt fühlt, aber mit Gemeinschaft,
Kirche, Kult und Predigt nichts anzufangen weiß.
Es ist hier schwer zu sagen, wo die Ursache in die-
sem Wechselzusammenhang liegt, ob die Gemein-
schaftsidee verfiel wegen der Auflösung des Christus-
glaubens oder ob der letztere sich verflüchtigt wegen
‚Zersetzung der ersteren. Wie dem auch sei, jeden-
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falls wird es unmöglich sein, auf dem Gebiet der
Religion einen Individualismus festzuhalten, den man
auf dem Gebiete aller andern Lebensinteressen wieder
zu überwinden gezwungen worden ist. Unter seiner
Einwirkung werden die Kräfte der Religion zersplit-
tern, verdampfen und ermatten, und es wird wieder
ein starker Durchbruch des Bedürfnisses nach Ge-
meinschaft und Kult erfolgen. Ob innerhalb unserer
gegenwärtigen Kirchen oder neben ihnen, das ist
eine Frage für sich, die erst die Zukunft entscheiden
kann. Aber eine solche Umkehr wird erfolgen und
mit ihr wird auch die Bedeutung der Geschichtlich-
keit Jesu wieder besser begriffen werden. So wie
es ist, kann das religiöse Chaos und das religiöse
Elend nicht dauern. Eine andere Religiosität als
die christliche, die das Ergebnis und die Grundlage
der westasialisch-europäisch-amerikanischen Geistes-
geschichte ist, wird man innerhalb unseres Kultur-
kreises nicht erwarten können und dürfen. Erhebt
sich innerhalb unserer Kultur das religiöse Leben
überhaupt wieder, so wird esin allem Wesentlichen
aus dem Christentum strömen und sein Symbol in
der Person Jesu haben.
Damit stehen wir dann auch bei dem letzten
Unterschiede gegenüber der Lehre des hier bespro-
chenen Vermittelungstypus. Wie der Sinn und die
Begründung, so ist auch die Folgerung eine andere,
Und hier wird der Unterschied vor allem deutlich.
Begründet man die Zentralstellung Jesu mit dem
Wunder einer alle erbsündige Schwäche und Glau-
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bensunfähigkeit überwindenden Kraft und Gewiß-
machung, dann wird die Religion der Menschheit
immer das Christentum bleiben müssen und wird
alle religiöse Gemeinschaft in alle Ewigkeit um das
Zentrum der Person Jesu kreisen müssen. Dann wird
man mit Schleiermacher Christus als den zweiten
Adam oder mit Ritschl ihn und seine Gemeinde als
den mit dem Weltzweck identischen Wesenszweck
Gottes bezeichnen und vom einen wie vom ande-
ren eine Brücke zur alten Christologie von Nicäea
und Chalcedon schlagen können. Begründet man
sie aber auf allgemeine sozialpsychologische Not-
wendiskeiten, dann kann man daraus nur fol-
gern: solange die eigentümliche christlich-prophe-
tische, Stoa und Platonismus und so manches an-
dere zugleich in sich tragende Frömmigkeit besteht,
“wird alle Möglichkeit einer Gemeinschaft und eines
Kultus, damit alle wirkliche Kraft und Fortpflanzung
der Gläubigkeit, an die Zentralstellung Christi im
Glauben gebunden sein. Eine andere Frage ist, ob
das Christentum selber ewig bis ans Ende die Reli-
gion der Menschheit bleiben wird, ob es das durch
die Mission in nichtchristlichen Ländern und Yöl-
kern für alle Ewigkeit werden wird. Das ist eine
Frage, die natürlich überhaupt nicht mit Sicherheit
zu beantworten ist, deren Aufwerfung selber aber
- schon sehr wichtig ist für die ganze Auffassung un-
- seres religiösen Wesens. Solange unsere den Mittel-
meerländern wesentlich entsprungene Kultur dauert,
ist es schwerlich wahrscheinlich, daß aus ihr eine
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neue, an Beweglichkeit, Tiefe und Größe dem Chri-
stentum vergleichbare Religion entspringe. Unser
religiöses Leben hat wohl in ihm für immer sein
Bett und seine Triebkräfte erhalten. Die modernen
Surrogate des Christentums und die wissenschaft-
lichen Religionen sind nur stark in der Kritik, aber
überaus schwach in der erbauenden religiösen Kraft
und verwechseln oft Wissenschaft, Kunst oder Mo-
ral mit Religion. Aber ob diese Kultur selbst ewig
dauern und auf die gesamte Welt sich ausdehnen
wird, das ist eine Frage, die niemand beantworten
kann. So kann man auch die Frage nach einer
ewigen Dauer des Christentums und der Bindung
von Gemeinschaft und Kult an die geschichtliche
Persönlichkeit Jesu nicht bejahen und nicht ver-
neinen. Man kann an die Möglichkeiten von vielen
Jahrhunderttausenden menschlicher Zukunft denken,
und man wird sich scheuen, irgend eine Bindung
der Zukunft an Gegenwärliges auszusprechen. Das
aber entwertet nicht das Gegenwärtige. Was in ihm
wahr ist und Leben ist, wird erhalten bleiben oder
wiederkehren und wird nicht zur Unwahrheit durch
irgend etwas, was kommen wird. Wir können nur
die religiösen Kräfte der Gegenwart zusammenhalten
und fortbilden und gewiß sein, darin das von der
Gegenwart Verlangte zu tun und in der inneren Be-
wegung des göttlichen Lebens zu stehen. Was in un-
seren? heuligen Glauben wahr, groß und tief ist, wird
es auch in zwei Jahrhundertltausenden, wenn auch
vielleicht in völlig anderer Form, sein. Da wir aber
Troeltsch, Die Bedeutung der Geschichtlichkeit Jesu, 4.
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diese unsere religiösen Gegenwartskräfte nur im Zu-
sammenhange mit der Vergegenwärtigung und Ver-
ehrung der Person Christi haben, so schaaren wir
uns um sie, unbekümmert darum, ob in hundert-
tausend Jahren die Frömmigkeit sich noch aus Jesus
nähren wird oder ein anderes Zentrum haben wird.
Unbestimmte Zukunftsmöglichkeiten entwerten nicht
das, was an gefühlter Kraft und Wahrheit die Ge-
genwart besitzt. Diese gespenstische Sorge eines
mit der großen Zahl spielenden Relativismus muß
man sich aus dem Kopfe schlagen und entschlossen
das Göttliche so ergreifen, wie es in der Gegenwart
sich darbietet. In der Gegenwart aber bietet es sich
nicht dar ohne Geschichte und ohne Bindung der
religiösen Einzelsubjektivität an die Substanz eines
übergeordneten geschichtlichen Gesamtlebens, das
seinerseits seine wichtigste Kraft und Gewißheit aus
der geschichtlichen Person Jesu empfing. »Gott in
Christo« kann für uns nur heißen, daß wir in Jesus
die höchste uns zugängliche Gottesoffenbarung ver-
ehren und daß wir das Bild Jesu zum Sammelpunkt
aller in unserem Lebenskreise sich findenden Selbst-
bezeugungen Gottes machen. Und wir verzichten am
besten überhaupt darauf, diesen Sinn in die — freilich
sehr dehnbaren — christologischen Dogmen von
Nicaea und Chalcedon überhaupt hineinzudeuten.
Man braucht jene Seite des Gedankens nicht in den
Vordergrund zu rücken. In Predigt, Andacht, Kate-
Chismus hat sie nichts zu suchen, und auch im aka-
demisch-theologischen Unterricht kann man sie zu-
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rückstellen. Aber wo es sich um die Klarstellung des
prinzipiellen Gedankens handelt, darf sie nicht ver-
schwiegen werden. Andrerseits wäre es für die Praxis
gut, wenn sie nicht gerade die ewige Bindung noch un-
geborener Millionen an die Person Jesu vor allem be-
tonte und lieber die eigene Bindung der Gegenwart
an sie praktisch lebendig machte. Die Leute, die
ihres eigenen Glaubens nur froh werden können,
wenn sie alle kommenden Jahrmillionen daran
binden, wissen nichts von der eigentlichen Freiheit
und Größe des Glaubens.
Das ist entscheidend und muß die religiöse Ar-
beit der Gegenwart bestimmen. Diese hat darum
allerdings ein Interesse an der Geschichtlichkeit
Jesu und würde, ohne diese voraussetzen zu dür-
fen, völlig neue Bahnen einschlagen müssen, min-
destens in allem, was Gemeinschaft und Kultus be-
trifft. Das aber wäre überhaupt eine völlige Auf-
lösung. Insofern steht sehr vielin der ganzen Frage
auf dem Spiel. Die Entscheidung kann in der Tat
nur die strenge geschichtliche Wissenschaft bringen.
Aber es ist außer Zweifel, daß sie einen Kern der
Tatsachen uns gibt, auf den wir unsere gemeinsame
Deutung und Schätzung Jesu als Verkörperung des
Glaubens begründen können. Mehr aber bedürfen
wir nicht, wenn es’ sich nicht um das kirchliche
Christusdogma, sondern um die erlösende Wahrheit
der christlichen Gotteserkenninis handelt und um
die Sammlung einer Gemeinde, von der diese Wahr-
heit fortgepflanzt und wirksam gemacht wird.
THEOLOGY LIBRARY
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BT Troeltsch, Ernst, 1865-1923.
303.2 Die Bedeutung der Geschichtlichkeit Jesu
T7 für den Glauben / von Ernst Troeltsch. --
1911 Tübingen : Mohr, 1911.
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Photocopy. 51p. on [28Ik. ; 22 x 2dcm.
l. Jesus Christ--Historicity. I. Title.
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