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Full text of "Die Bildhauerfamilie Döbel"

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Die  Bildhauerfamilie  Döbel. 

OCTl.S  1924 

Inaugural-Dissertalion 

zur 

Erlangung  der  Doktorwürde 

der 

Hohen  Philosophischen   Fal<ultät 

der 

Königlichen  Albertus-Universität  zu  Königsberg  i.  Pr. 

vorgelegt  von 

Herbert  Straube. 


Königsberg  i.  Pr. 

Hartungsche   Buchdruckerei. 
1916. 


Gedruckt  mit  Genehmigung  der  Philosophischen  Fakultät 
der  Königlichen  Albertus-Universität  eu  Königsberg  i.  Pr. 
Referent:    Geheimer   Eegiei'ungsrat  Prof.  Dr.   Haendcke. 


Mit  Genehmigung  der  Philosophischen  Fakultät  umfasst  die  vorliegende 
Dissertation  nur  einen  T«il  der  bei  der  Fakultät  eingereichten  Arbeit.  Die 
ganze  Arbeit  erscheint  noch  im  Jahre  191()  unter  dem  Titel  „Die  Bildhauer- 
familie Döbel"  in  den  Altpreussischen  Monatsschriften  in  dem  Verlage  von 
Ferd.  Beyers   Buchhandlung   (Thomas  &  Oppermann)  zu  Königsberg  1.  Pr. 


Inhaltsübersicht. 


Seite 

Bisherige  Forschungen  über  die  Bildhauerfamilie  Döbel 1 — 4 

Das  Loben  Michael  Döbels,  d.  J 5 — 50 

Seine  Lehrjahre 5—9 

Michael  als  Preussischer  Landbaumeister 9 — 26 

als  Grundbesitzer  in  Berlin 26 — 29 

als  kurfürstlicher  Architekt  in  Bornim,  Potsdam  und  anderen 

Orten 30—37 

Prozesse 37 — 41 

Später©  Lebensverhältnisse  und  Lebensende 42 — 50 

JohannChristophDöbelsLeben .    .    .  50—55 

In  Königsberg 50 — 52 

Sein  Wirken  in  Berlin 52 — 55 


—>-§-<•• 


Zu  den  Stipendiaten  und  Günstlingen  des  Grossen  Kur- 
fürsten gehörte  auch  der  Bildhauer  und  Baumeister  Michael  Döbel, 
ein  geborener  Schlesier,  der  vorübergehend  in  Ostpreussen  wirkte, 
vornehmlich  aber  in  Berlin  und  Umgegend  eine  reiche  Tätigkeit 
entfaltete. 

Und  noch  ein  anderer  Bildhauer  dieses  Namens  lebte  um 
jene  Zeit,  der  sich  insbesondere  in  Ostpreussen  durch  geschnitzte 
Kanzeln  und  Altäre  einen  Namen  gemacht  hat:  Johann  Christoph 
Döbel.  Ihre  persönlichen  Verhältnisse  und  ihre  Stellung  zueinan- 
der sind  bisher  nicht  geklärt  worden,  obwohl  sie  bei  näherem  Zu- 
schauen lebhaftes  Interesse  erwecken  mussten.  über  ein  Jahr- 
hundert bildete  der  alte  Nicolai  die  Hauptquelle  für  alle,  welche 
sich  über  ,,die  Döbels"  orientieren  wollten.^)  Er  berichtet:  p.  44. 
„Michel  Däbeler  (Döbeler,  Döbell)  Hofbildhauer.  Arbeitete  1674 
viel  für  den  Kurfürsten,  so  dass  er  einen  Befehl  ausbrachte,  dass 
er  von  den  andern  Bildhauern  Gesellen  zur  Kurfürstl.  Arbeit 
nehmen  dürfte.  Vermuthlich  sind  die  halberhabene  Arbeiten  an 
dem  Theile  des  Stalles,  den  M.  M.  Smids  gebauet  hat,  desgleichen 
viele  Zierrathen  an  den  Decken  des  von  Kurfürst  Friedrich  Wil- 
lielni  aufgeführten  Theils  des  Schlosses  an  der  Spreeseite,  von  ihm. 
Er  arbeitete  auch  zu  Potsdam,  Borne  und  Kaput.    Er  starb  1702." 


1)  Fiiedr.  Nicolai,    im  Anhang    zu    seiner  Beschreibung  der  Königl. 

Residenzstädte  Berlin  und  Potsdam,    Berlin   1786  bei  Friedr.  Nicolai,    der 

den  Nebentitel  trägt:   Nachrichten  von   den  Baumeistern,  Bildhauern  etc. 

vom  13.  Jahrhundert  bis  jetzt.     Nicolai  hat   die   Berliner  Archive 

benutzt,  vgl.  in  seinem  ,, Anhang"  etc.  p.  66  zu  Daniel  Vading.   Füssli  (1806) 

p.  251  u.  289  und  Nagler  (1836),    p.  235  und  426  in  ihren  Künstlerlexika 

sind  von  Nicolai  abhängig.     Nagler  schreibt  fälschlich  Johann  Christian 

Döbel. 

1 


—    2    — 

p.  81.  ,,Joli.  Christoph  Döbel,  Hofbildhauer  und  Landbau- 
meister.^)  Die  Kanzel  in  der  Parochialkirche")  ist  von  ihm.  1690 
verfertigte  er  eine  neue  Kanzel  im  Dom.  Auch  fing  er  den  Altar 
in  der  Nikolaikirche  an,  starb  aber,  ehe  er  ihn  vollenden  konnte, 
im  Jahr  1713." 

Nach  Nicolai  müsste  man  diese  beiden  Döbels  für  Künstler 
halten,  welche  ihren  Wirkungskreis  ausschliesslich  in  Berlin  ge- 
sucht und  gefunden  haben.  Schon  1833  jedoch  ist  auf  ihre  Tätig- 
keit im  Herzogtum  Preussen  und  dessen  Hauptstadt  Königsberg 
hingewiesen.  Ernst  August  Hagen,  der  damalige  Dozent  für 
Kunstgeschichte  an  der  Albertina,  konnte  in  seiner  Beschreibung 
der  Domkirche  zu  Königsberg  ein  Dokument  aus  dem  Jahre  1664^) 
beibringen,  in  welchem  von  einem  Bildhauer  Michael  Döbel  und 
dessen  ebenfalls  bildhauerisch  geschulten  Kindern  die  Rede  ist, 
und  zugleich  in  handschriftlichen  Auszügen  aus  einer,  wie  er  an- 
nahm, verloren  gegangenen  Schrift'*)  einen  Bildhauer  Johann 
Döbel  ermitteln,  der  zu  Quednau  in  der  Nähe  von  Königsberg  eineii 
Altaraufsatz  gearbeitet  haben  sollte.  Vermutlich  durch  die  Über- 
einstimmung der  Yornamen  wurde  Hagen  veranlasst,  diese  beiden 
Königsberger  Künstler  mit  den  bei  Nicolai  genannten  zu  identifi- 


1)  Es  sei  gleich  vorweg  genommen,  dass  Johann  Christopli  Döbel  nie 
Hofbildhauer  und  Landbaumeister  gewesen  ist.  Jedoch  diese  Hofämter 
werden  ihm  zuerst  von  Nicolai,  dann  auch  von  Füssli,  Nagler  und  Hagen 
(a.  a.  O.  p.  232  f.)  zugelegt.  Auch  Gralland,  „Der  Grosse  Kurfürst  und 
Moritz  von  Nassau",  1893,  p.  228  und  von  Czihak  in  seinen  „Königsberger 
Stuckdecken",;  p.  11  geben  ihm  diese  Titel. 

2)  Nagler,  a.  a.  O.  p.  426  meint  unter  „Pfarrkirche"  natürlich  auch 
die  Parochialkirche. 

3)  Urkunde,  die  am  1.  Juli  1664  von  , .Bürgermeister  und  Rath  der 
Stadt  Kneiphof  Königsberg"  ausgestellt  A^iirde. 

*)  Johannes  Storbeck,  „templum  Quedniaviense  reparatum",  Dantzig 
bei  Stolle  1689.  In  der  Königsberger  Königl.  Bibliothek  vorhanden.  Hagen 
bezieht  sich  auf  Hennigs  Auszüge  aus  ihr.  Erst  1853  wurde  ein  Exemplar 
der  Storbeckschen  Schrift  von  A.  Meckelburg  in  der  Wallenrodtschen 
Bibliothek  zu  Königsberg  aufgefunden.  Vgl.  Neue  Preuss.  Prov.  Bl  A.  F. 
Bd.  IV,  Heft  1,  1853,  p.  1. 


—    3    — 

zieren.  Er  kombiniert  einfach  die  Xicolaisehen  Nachrichten  mit 
dem  handschriftlichen  Material,  das  er  über  die  beiden  Döbels 
fand,  ohne  den  Beweis  zu  liefern,  dass  es  sich  tatsächlich  um  die- 
selben Personen  handelt. 

Die  spätere  Forschung  sollte  ihm  freilich  recht  geben. 

Adolf  Bötticher,  dem  ersten  Provinzialkonservator  Ost- 
preussens,  gelang  es  dann  noch  einige  andere  Werke  des  oben  er- 
wähnten Johann  Döbel  in  ostpreussischen  Kirchen  aufzuspüren, 
nämlich  in  Laptau  und  Heiligelinde.  Auch  in  den  Kanzeln  zu 
Quednau  und  Cremitten  glaubte  er  Arbeiten  von  ihm  zu  ent- 
deckend) 

Nicolai,  Hagen  und  Bötticher  haben  auch  das  Material  für 
E.  V.  Czihak  geliefert,  der  ihre  Feststellungen  in  einem  kurzen 
Lebensabriss  der  Döbels  zusammenfasst.-)  Ihre  Resultate  werden 
von  ihm  noch  einmal  zusammengestellt.  Doch  während  Hagen 
genau  so  wie  Nicolai  sich  über  das  etwaige  Verwandtschaftsver- 
hältnis der  beiden  Künstler  nicht  weiter  auslässt,  identifiziert 
V.  Czihak  ohne  weiteres  den  Hofbildhauer  Michael  Däbeler  der 
Nicolaischen  Nachrichten  mit  dem  in  jener  Urkunde  erwähnten 
A'ater  Michael  D.  und  rechnet  mit  der  gleichen  Selbstverständlich- 
keit den  ..Hofbildliau3r  lind  Landbaumeister"'  Joh.  Christoph  zu 
dessen  Kindern.^) 

Dies  ist  ein  Irrtum,  den  Czihak  hätte  vermeiden  können,  weil 
bereits  Galland  1893  einzelne  nähere  Angaben  über  Michael  Döbel 
machen  konnte."^) 


1)  Vgl.  Bötticher,  Bau-  und  Kunstdenkmäler  der  Prov.  Ostpr.  1898, 
2.  Aufl.,  I.  p.  78  und  138:  II,  p.  63  und  123  ff. 

-)  Simon  und  E.  v.  Czihak,    Königsberger  Stuckdecken,  18139,  p.  10  f. 

3)  Ebenda  p.  4  und  10.  —  Adolf  Bötticher,  a.  a.  O.  I^,  p.  78  und 
13S  macht  über  die  beiden  Döbel  ganz  verkehrte  Angaben;  nach  ihm  ist 
ebenfalls  Michael  D.,  der  Berliner  Hofbildhauer  etc.,  identisch  mit  dem 
Vater  des  Johann  Christoph,  ausserdem  lässt  er  ihn  1713  sterben  und 
schreibt  ihm  auch  Arbeiten  zu,  welche  Joh.  Christoph  in  Berlin  ver- 
fertigt hat. 

*)  ^S}-  !)1^6i"  Grosse  Kurfürst  und  Moritz  von  Nassau",  p.  228  f. 

1* 


—    4    — 

Von  einer  Königsberger  Tätigkeit  der  Döbels  berichtet 
Galland  allerdings  nichts,  Joh.  Christoph  Döbel  kann  ihn  im  Rah- 
men seiner  Arbeit  nicht  weiter  beschäftigen,  und  er  hat  sich  auch 
keine  Mühe  gegeben,  den  persönlichen  bzw.  verwandtschaftlichen 
Verhältnissen  beider  Künstler  zueinander  nachzuforschen.  Er 
macht  nur  kurz  darauf  aufmerksam,  dass  man  die  beiden  nicht 
verwechseln  dürfe.  Über  Michael  Döbel  allein  verbreitet  er  sich, 
und  da  interessieren  vorerst  folgende  Feststellungen,  die  er  einer 
authentischen  Quelle  entnimmt^ :  Michael  Döbel  (oder,  wie  er 
schreibt.  Döbeler)  ist  geboren  im  Jahre  1635,  er  hat  1665  geheiratet; 
sein  Vater  hiess  ebenso,  wie  er,  Michael,  und  lebte  gleichfalls  als 
Bildhauer  in  Königsberg. 

1664  sollen  nach  jenem  mehrfach  genannten  Dokument") 
]\[ichael  Döbel  und  seine  Kinder  ein  Marmorgrabdenkmal  gear- 
beitet haben.  Der  bei  Nicolai  erwähnte  Hofbildhauer  und  Land- 
baumeister Michael  Döbel  hat  jedoch  erst  1665  geheiratet.  Dem- 
nach handelt  es  sich  in  jener  Urkunde  um  seinen  Vater,  den  Bild- 
hauer Michael  Döbel  in  Königsberg,  und  geholfen  haben  diesem 
jene  beiden,  später  in  Berlin  tätigen  Michael  und  Johann 
Döbel,  welche  mithin  nur  Brüder  sein  können.  Dies  ergibt  sich 
nicht  allein  als  zwingende  Schlussfolgerung,  sondern  es  ist  auch 
möglich,  aus  urkundlichem  Material  den  bis  heute  noch  nicht  er- 
brachten positiven  Beweis  für  die  Tatsache  zu  führen.^) 

Das  künstlerisch  bedeutendste  Mitglied  der  Familie  Döbel 
war  der  junge  Michael.  Freilich  müssen  wir  uns  damit  begnügen, 
auf  Grund  handschriftlichen  Materials  darzulegen,  welche  Rolle 
er  im  Berliner  Kunstleben  gespielt  hat.  Seine  Werke  sind  bis  auf 
ganz  spärliche  Reste  verloren  gegangen. 


1)  Er  nennt  als  Quellen:  Königs  „Collectaneen"  und  Jablonskis 
Leichenpredigt  auf  unseren  Michael  Döbel.  Die  Angaben  stimmen  nicht 
ganz.     Wir  kommen  darauf  noch  zurück. 

2)  Vgl.  p.  2,  Anm.  3. 

3)  Vgl.  p.  K;,  Anm.  1  und  p.  21. 


—      0 


Johann^)  Michael  Döbel  —  so  schreibt  man  ihn  richtig  — ") 
wurde  geboren  zu  Schweinitz  in  Schlesien^)  am  25.  Dezember 
1635.^)  Sein  Vater  Michael,  ein  Architekt  und  Bildhauer,  war 
verheiratet  mit  Eva  Dietrich  (Dietherich).     Wann  er  mit  seiner 


1)  Johann  als  zweiter  Vorname  ist  urkundlich  überliefert  z.  B.  in 
einem  kurfürstl.  Dekret  vom  29.  Mai  1698  (Geh.  St.  A.  Rep.  9.  C.  6.)  und 
in  dem  Pass  für  des  Künstlers  Sohn  Justus  David,  ausgestellt  am  16.  Mai 
1701  (Geh.  St.  A.  Rep.  9.  E.  E.  16).  Johann  Michael  lesen  wir  auch  in 
Jablonskis  „Leich-Predigt"  (p.  4)  und  Christophori  Töpkens  „Abdankung- 
und  Trostrede"  (p.  31)  auf  den  Künstler,  beide  gedruckt  zu  Berlin  im 
Jahre  1702  „mit  Saalfeldischer  Wittwe  Schrifften",  einzusehen  in  einem 
Sammelbande  der  Danziger  Stadtbibliothek.  Auch  Müller-Küster,  Altes  u. 
Neues  Berlin,  Teil  III,  p.  292  schreibt  richtig  Johann  Michael  Döbel,  lässt 
den  Künstler  aber  irrtümlich  1712  sterben,  statt  im  Jahre  17C2. 

-)  In  zwei  Supplikationen  von  Ende  März  (?)  1667  und  Ende  August 
1667  unterzeichnet  sich  der  Künstler  mit:  Michael  Döbel.  In  allen  anderen 
Schriftstücken  bis  nach  seinem  Tode  wird  er  mit  Döbel  oder  Döbell  be- 
zeichnet. Nur  vorübergehend  scheint  er  sich  Däbeler  genannt  zu  haben. 
In  einem  Bittgesuche  von  Mitte  Juni  1674  schreibt  er  sich  so,  und  wird 
in  zwei  kurfürstl.  Dekreten  bald  darauf,  vom  29.  Juni  und  14.  Juli  wiederum 
Döbeler  genannt. 

3)  Galland  gibt  auch  Schweinitz  als  Geburtsort  an,  obwohl  Jablonski 
a.  a.  O.  nichts  davon  sagt.  Galland  muss  wohl  auch  Töpkens  Predigt  ein- 
gesehen haben.  Vgl.  Seite  4  Anm.  1.  —  Unbegründet  sind  die  Ver- 
mutungen Hagens  in  seiner  Beschreibung  der  Domkirche  zu  Königsberg, 
p.  232,  dass  die  Döbels  eventuell  aus  dem  Städtchen  Döbeln  in  Sachsen 
stammen  könnten,  sowie  von  Czihaks  in  seiner  „Edelschmiedekunst"  1903 
p,  18  f.,  dass  der  preussische  Hofgoldschmied  ^Michel  Tölber,  1578 — 1584 
in  Königsberg,  der  Stammvater  der  Königsberger  Bildhauerfamilie  Döbel 
sei.  Dieselbe  Vermutung  hatte  er  bereits  in  seinen  „Stuckdecken"  p.  10 
geäussert. 

*)  Gailand,  a.  a.  0.  p.  228  und  mit  ihm  Backschat,  Hohenzollern- 
Jahrb.  1912  p.  117,  der  in  seinem  allgemeinen  Überblick  über  Döbels 
Leben  von  Galland  abhängig  ist,  schreiben  fälschlich  25.  Oktober.  Der 
25.  Dezember  wird  sowohl  in  der  em-ähnten  Leichenpredigt  Jablonskis 
als  auch  in  der  Abdankungs-  und  Trostrede  von  Töpken  als  Geburtstag 
angegeben.  Töpken  ist  die  beste  Quelle  für  unseres  Künstlers  Jugend- 
und  Lehrjahre  bis  etwa  1664.  Töpken  gibt  auch  für  die  späteren  Lebens- 
jahre genauere  Einzelheiten  als  Jablonski.  Backschat,  a.  a.  O.  p.  117  nennt 
übrigens  den  Geburtsort  irrtümlich  Schweidnitz,  statt  Schweinitz. 


—  ()  — 

Familie  nach  Königsberg  in  Preiissen  übersiedelte,  steht  nicht  fest, 
wahrscheinlich  ist  er  um  1650  hier  bereits  tätig.  Seinen  Sohn 
Michael  bestimmte  er  zum  eigenen  Beruf,  er  weihte  ihn  selbst  in 
die  Kunst  ein  und  hatte  Freude  an  seinem  Sohn,  weil  dieser  leicht 
auffasste  und  grosse  Geschicklichkeit  an  den  Tag  legte.  Auch  an- 
dere Leute  interessierten  sich  für  den  jungen  Michael  und  sogar  zu 
Ohren  des  Grossen  Kurfürsten  kam  das  Gerücht  von  der  ausser- 
ordentlichen Begabung  des  Knaben.  Seine  Churfürstliche  Durch- 
läuchtigkeit  überzeugte  sich  von  der  Richtigkeit  des  Gehörten, 
und  da  ihm  der  Junge  gefiel,  gewährte  er  ihm,  generös,  wie  er 
allen  Künstlern  gegenüber  sich  zeigte,  ein  Reisestipendium.  Er 
Hess  den  etwa  Zwanzigjährigen  ^)  3  Jahre  lang  in  der  Welt  sich 
tummeln^):    in  Holland,  Frankreich,  Italien,  Sizilien  und  Malta  ist 


1)  Vgl.  p.  7,  Anm.  1, 

2)  Der  Grosse  Kurfürst  hat  noch  viele  andere  aufstrebende  Talente 
in  dieser  Weise  gefördert.  Gewöhnlich  setzte  er  ihnen  ein  Stipendium 
von  ICO  Talern  jährlich  aus  iind  schickte  sie  zu  tüchtigen  Lehrern  oder 
in  die  Fremde  nach  berühmten  Kunststätten.  Holland  und  Italien  wurden 
bevorzugt.  Einige  Beispiele  seien  hier  angeführt :  Der  Maler  Johann  Georg 
Wolfgräber  wird  1661  auf  3  Jahre  nach  Amsterdam,  Herzogenbusch  und 
Antwerpen  geschickt  (vgl.  Nicolai  „Nachrichten  .  .  ,"  p.  69.  Galland  ,,Der 
Grosse  Kurfürst",  p.  78  ff.).  Der  Ingenieur  Joachim  Ernst  Biesendorf  bleibt 
1666  auf  des  Kurfürsten  Kosten  zwei  Jahre  unterwegs  und  weilt  auch  eine 
Zeitlang  in  Rom  (Nicolai,  a  a.  0.,  p.  42).  Der  Historienmaler  Johann  Jakob 
Rollos  studiert  in  Holland  und  Paris,  will  dann  über  Bern  nach  Italien, 
wird  aber  ,,ohnweit  Murten  auf  der  Strasse"  wegen  ,,lüderlicher  Händel" 
ermordet  (Nicolai,  a.  a  0.  p.  60  f.).  Ein  Sohn  des  kurf.  Münzeisenschneiders 
Gottfried  Leygebe  erhielt  am  22.  1.  1680  dreihundert  Taler  für  drei  auf- 
einanderfolgende Jahre  zur  Ausbildung  in  der  Malerei  (Galland  a.  a.  0. 
p.  229).  Der  Landmesser  Grünberg  ,,ging  um  1680  auf  Kosten  des  Kur- 
fürsten Friedrich  Wilhelm  nach  Italien  und  Frankreich,  um  die  Baukunst 
in  den  besten  Mustern  zu  studiren".  (Vgl.  Nicolai  a.  a.  O.  p.  89).  16 >1 
wurden  ferner  Friedrich  Christian  Nuglisch  und  der  Leibmohr  der  Kur- 
fürstin Friedrich  de  Coussy  zu  dem  aus  Holland  gebürtigen  Stillebenmaler 
Fromantiou  auf  drei  Jahre,  und  zwar  gegen  ,, jährlich  100  Taler  und 
Speisungsgeld"  in  die  Lehre  geschickt.  (Vgl,  Galland  a  a.  O.  p.  224 ) 
Unter  den  gleichen  Bedingungen  wurde  Christian  Elster  zu  dem  Hofmaler 
und  Prinzenlehrer  van  Langerveid  auf  drei  Jahre    in    die  Lehre   gegeben. 


er  gewesen,  ja  sogar  in  dem  ägyptischen  Alexandria  hielt  er  sich 
über  ein  halbes  Jahr  auf,  um  seine  Studien  zu  vervollkommnen. 
Architektur  und  Bildhauerkunst  trieb  er  vornehmlich  und  nahm 
auch  jede  sich  bietende  Gelegenheit  zur  praktischen  Betätigung 
wahr.  Biese  Studienreise  ist,  wie  es  nicht  anders  sein  konnte,  von 
erheblichem  Einfluss  auf  seine  spätere  künstlerische  Tätigkeit  ge- 
wesen.    Das  beweisen  schon  di^  wenigen,  uns  erhaltenen  Werke, 

Xach  Ablauf  der  3  Jahre  stellte  er  sich  seinem  hohen  Gönner 
wieder  vor,  um  über  seine  Fortschritte  Rechenschaft  abzulegen  und 
zu  zeigen,  dass  er  das  Vertrauen  und  die  Erwartungen  seines  Herrn 
nicht  getäuscht  habe.  Die  Prüfung  lief  wohl  zur  Zufriedenheit 
des  Kurfürsten  ab.  denn  „alsofort"  wird  er  von  ihm  als  Architekt 
und  Bildhauer  in  seine  Dienste  übernommen  und  erfreut  sich  von 
nun  ab  lange  Jahre  hindurch  seiner  ganz  besonderen  Gunst.  Xur 
gegen  das  Lebensende  des  Kurfürsten  hin,  also  Ende  der  80er 
Jahre,  scheint  der  Künstler  etwas  in  Ungnade  gefallen  zu  sein. 

Seine  Heimkehr  von  der  grossen  Reise  mag  in  das  Jahr 
1658^)  gefallen  sein.  1664  ist  er  in  Königsberg  nachzuweisen:  Er 
war  damals  seinem  Vater  bei  der  Ausarbeitung  des  erwähnten 
Marmordenkmals  im  Dom  für  den  Ober-Regimentsrath  und  Kanz- 
ler Johann  von  KosiJoth")  behilflich.  1665  weilte  er  in  Berlin  und 
heiratete  dort  —  also  mit  30  Jahren  —  die  ..Jungfer  Anna  Maria 


(Galland  a.  a.  O.  p.  231.)  Auch  der  nachmalige  Akademieprofessor  Samuel 
Theodor  Guericke  erhielt  von  April  1687  bis  April  1688  ein  kurf.  Stipen- 
dium und  lernte  bei  dem  Hofmaler  Romandon  (Galland  a.  a.  O.  p.  227). 
Ueber  dieses  Thema  vgl.  auch  König,  „Versuch  einer  historischen  Schilde- 
rung Berlins",  Teil  2,  Berlin  1793,  p.  487.  Ferner  D.  Josef,  „Forschungen 
zur  Geschichte  von  Künstlern  des  Grossen  Kurfürsten",  Berlin  1896  p.  18 
und  Galland,  „HohenzoUern  und  Oranien"  1911,  p.  147. 

^)  ,, alsofort"  steht  ausdrücklich  bei  Jablonski  a.  a.  O.  p.  5  und  bei 
Töpken  a.  a.  O.  p.  32.  Da  beide  ausserdem  angeben,  dass  Döbel,  von  da- 
mals an  gerechnet,  45  Jahre  in  kurfürstl.  bzw.  königl.  Diensten  ge- 
standen habe,  ergibt  sich  durch  einfache  ZurQckrechnung,  wann  er  seine 
Weltreise  beendigt  und  wann  er  sie  angetreten  haben  muss.  Es  wären 
die  Jahre  1658  und  1655. 

2^)  Vgl.  p.  2,  Anm.  3. 


Villers  seeligen  Herrn  Johann  Arnold  Villers,  kurl'l.  Brandenbur- 
gischen  Wohlbestallten  Hof-Bildhauers  in  Berlin  eheleibliche  Toch- 
ter".^) Zunächst  jedoch  kehrte  er  noch  einmal  nach  Königsberg 
zurück  und  bezog  mit  seiner  Frau  ein  Häuslein  auf  dem  katholi- 
schen Kirchengrund  am  Sackheim.") 

Es  war  eine  schöne  Zeit  für  unsern  Künstler,  die  Zeit  seiner 
ersten  Ehe,  vielleicht  die  glücklichste  seines  Lebens;  Jahre  voll 
reicher  Arbeit  und  grosser  Erfolge.  Viele  Jahre  lang  wurde  er 
ganz  ausserordentlich  von  dem  Grossen  Kurfürsten  begünstigt  und 
gefördert.  Natürlich  hing  damit  zusammen,  dass  er  sich  den  Neid 
und  die  Scheelsucht  seiner  lieben  Mitmenschen  zuzog.  Gleich  im 
ersten  Jahre  seiner  Ehe  sollte  er  das  merken:  die  Ehefrau  des 
Steinhauers  Gallas  konnte  ihre  Zunge  nicht  wahren  und  sprengte 
gegen  Döbel  und  sein  junges  Weib  allerlei  ,,iniurien"  aus.  Worin  sie 
bestanden,  können  wir  nicht  ermitteln.  Genug,  schon  hier  verwen- 
det sich  der  Grosse  Kurfürst  energisch  für  seinen  Schützling,  in- 
dem er  erst  einmal  die  preussiscbe  Regierung  und  dann  den  „Raht 
zu  Königsberg  Kniphoff"  ausdrücklich  ersucht,  den  Gallas  gebüh- 
rend zu  bestrafen.^) 

Gleich  im  nächsten  Jahre  ergab  sieb  für  unsern  Künstler 
wieder  die  Notwendigkeit,  den  Beistand  seines  Herrn  anzurufen. 
Sein  Häuslein  gehörte  zu  der  Freiheit  Sackheim"^)   und  war  bislang 


1)  Nicolai  in  seinem  ,, Anhang"  p.  67  gibt  folgendes  an:  Johann 
Arnold  Villers,  ein  französischer  Baumeister  und  Bildhauer,  war  in  Kur- 
fürstl.  Diensten  und  ging  1668  mit  Empfehlungsschreiben  vom  Kurfürsten 
nach  Bayern.  In  demselben  wird  bemerkt,  dass  er  ,, seiner  Kunst  wohl 
erfahren,  auch  gute  Dienste  allhier  erwiesen  habe". 

2)  Geheimes  Staats  -  Archiv  Berlin,  Rep.  7.  n.  32,  Reskript  vom  8.  2. 
1667.  —  Die  von  mir  benutzten  Akten  des  G-eh.  Staats-Archivs  zu  Berlin 
sowie  des  Königl.  Hausarchivs  zu  Charlottenburg  sind  zum  grossen  Teile 
noch  nicht  veröffentlicht  worden.  Soweit  sie  bereits  erwähnt  oder  abge- 
druckt sind,  habe  ich  in  Anmerkungen  darauf  verwiesen. 

3)  Geh.  St.  A.  Rep.  7  n.  64.  J.  (21.  August  1665)  und  Rep.  7.  n.  10-4  b 
(17./27.  Januar  16G6). 

*)  Im  „erläuterten  Preussen",  Tomus  I,  Königsberg  1724,  p.  675,  wird 
die  Freiheit  Sackheim  als  die  „unstreitig  allerälteste"  bezeichnet. 


—    9    — 

von  allen  Steuern  und  sonstigen  Abgaben  verschont  worden.  Zu 
Anfang  des  Jahres  1667  will  man  Döbel  nun  auch  bei  der  Ver- 
teilung der  Steuern  heranziehen.  Kurz  entschlossen  schreibt  er 
eine  supplicatio  an  den  Kurfürsten,  und  darauf  erhält  die  preussi- 
sche  Regierung  aus  Colin  an  der  Spree  den  Bescheid,  den  Suppli- 
canten,  „wan  er  vorhin  von  allen  oneribus  befreyet,  darbey  zu 
schützen. "0 

Ganz  besonders  charakteristisch  aber  für  das  Wohlwollen 
des  Grossen  Kurfürsten  unserm  Künstler  gegenüber  ist  Döbels 
Landbaumeisterkarriere:  Als  im  Jahre  1667  in  König.sberg  das  Amt 
eines  Baumeisters  nach  dem  Tode  Caspar  Schröder;^-)  frei  wird,  be- 
kommt er  die  Stelle,  hält  sich  dann  für  eine  kurze  Zeit  in  Preussen 
auf,  da  seine  Anwesenheit  in  seinem  eigenen  Interesse  unbedingt 
notsvendig  wird,  kehrt  wieder  nach  Berlin  zurück  und  lässt  sich, 
soviel  wir  wissen,  nie  mehr  in  Königsberg  blicken.  Mehrfach  be- 
schwert man  sich  deswegen  bei  dem  Kurfürsten,  aber  Döbel  bleibt 
hartnäckig  in  Berlin  und  behält  trotzdem  sein  Amt! 

An  der  Hand  der  Archivakten  können  wir  die  Einzelheiten 
seiner  Baumeistertätigkeit  verfolgen:  Nachdem  der  bisherige 
preussische  Baumeister  Caspar  Schröder  im  Anfange  des  Jahres 
1667  gestorben  war,  meldete  sich  Döbel  sofort  beim  Kurfürsten  auf 
den  vakanten  Posten.     Dass  er  aus  des  Kurfürsten  Lande  stamme 


^)  Galland,    „Der  Grosse   Kurfürst "  p.  228    erwähnt    das  Ee- 

skript,  schreibt  aber  irrtümlich  statt  „Döbeln  bey  der  Exemtion  von  allen 
beschwerden  seines  häusleins  schützen"  =  „bey  der  ertheilten  Exekution 
zu  schützen". 

2)  Höchstwahrscheinlich  ist  er  identisch  mit  dem  bei  Galland,  „Der 
Grosse  Kurfürst  ....."  p.  222  unter  58  a  angeführten  Landmesser  und 
Baumeister  Caspar  Schröter.  Seine  Bestallung  erhielt  dieser  Schröter  den 
9.  Juli  1664  als  Nachfolger  des  Baumeisters  Hans  Wegner.  Die  Königs- 
berger scheinen  sich  gegen  seine  Bestallung  aufgelehnt  zu  haben.  Vgl.  das 
Reskript  vom  4./14.  Juli  1666 :  „Der  neu  angenommene  Bau  Meister  Caspar 
Schröter  soll  bey  seinem  Dienst  gebührend  geschützt  werden,  des  alten 
Bau  Meisters  hierauss  expectirter  Sohn  aber  soll  sich  in  dieser  Kunst  zu 
seiner  künfftigen  Beförderung  noch  besser  qualificirt  werden".  Zitiert  von 
Galland  a.  a.  0.  nach  Königs  Collectaneen,  p.  222. 


—   10  — 

und  ihm  stets  treu  gedient  habe,  gebe  ihm  Hoffnung  auf  Ge- 
währung seiner  Bitte;  vor  allem  aber  der  Umstand,  dass  er  „sondere 
Beliebung  zu  der  Architektur"  habe.-^) 

Allem  Anscheine  nach  hat  er  sich  gleich  damals  wieder  nach 
Berlin  begeben  und  sich  persönlich  beim  Kurfürsten  vorgestellt, 
um  seinem  Gesuche  grösseren  Nachdruck  zu  verleihen.  Jedenfalls 
nimmt  Friedrich  Wilhelm  gnädigst  wahr,  dass  sein  Bildhauer 
Michael  Döbel  „über  dieser  wiszenschaft  auch  in  der  Architectur 
erfahren  sey",  und  überträgt  ihm  das  erbetene  Amt.  Am  5.  April 
lässt  er  den  Statthalter  von  Preussen,  den  Fürsten  Radzivill,")  und 
die  ,,edeln  Rähte"  der  preussischen  Regierung  davon  in  Kenntnis 
setzen^,  und  es  beginnt  jetzt  eine  seltsame  Komödie,  in  der  die 
preussischen  „Rähte"  immer  wieder  vertröstet  und  hingehalten  wer- 
den. In  demselben  Anschreiben  heisst  es,  der  „gemelte"  Döbel  solle 
„alsoforth  introduciret"  und  das  gewöhnliche  Baumeistergehalt  ihm 
gegeben  werden.  Zum  Schluss  wird  um  Uebersendung  seiner  Be- 
stallung zum  Baumeister  ersucht,  zwecks  „genehmhaltung"  durch 
den  Kurfürsten. 

Das  ,, Projekt  der  vorigen  Preuss.  Bawmeister  bestallung" 
wird  am  19. /29.  April  1667  demzufolge  nach  Berlin  gesandt. 
Döbel  bleibt  aber  in  Berlin.  Statt  seiner  geht  am  10.  Mai  ein 
neues  kurfürstliches  Rescript  nach  Königsberg  ab,  in  dem  der 
preussischen  Regierung  mitgeteilt  wird,  dass  Döbel  vorläufig  un- 
abkömmlich sei  und  deshalb  in  Berlin  vereidigt  werden  müsse. 
Zu  diesem  Zwecke  solle  die  für  die  preussischen  Baumeister  gel- 
tende Eidesformel  übersandt  werden.  Auch  diesem  kurfürstlichen 
Wunsche  kommt  die  preussische  Regierung  sofort  nach,  indem'  sie 
am   23.   Mai/2.   Juni  die   verlangte   „formulam  iuramenti"    nebst 


1)  Geh.  St.  A.  Rep.  7  Nr.  10b. 

2)  Radzivill  seit  1657  Statthalter  in  Preussen.  Vgl.  Wiehert,  Altpreuss. 
Monatsschrift  24.  Bd.  1887,  p.  305.  Die  preuss.  Regierung  zu  Königsberg 
durfte  nicht  selbständig  das  Amt  besetzen.  Jede  irgend  wichtigere  Ent- 
scheidung in  Verwaltungssachen  wurde  von  Berlin  eingeholt.  Ebenda  p.  306. 

3)  Geh.  St  A.  Rep.  7.  n.  10b;  auch  die  folgenden,  auf  Döbels  preuss. 
Bauraeisterperiode  bezüglichen  Schreiben  liegen  in  dieser  Repositur. 


—  1^  ^ 

einem  Begleitschreiben  absendet.  luzwisclien,  am  20.  Mai,  ist  die 
Bestallung  Döbels  zum  preussischen  Hoff  Bawmeister  ausgefertigt 
worden.^)  Eine  ganze  Reihe  von  Pflichten  sind  es,  die  ihm  darin 
auferlegt  werden.  Ihm  wird  die  Aufsieht  übertragen  über  alle 
kurfürstlichen  Gebäude  im  Herzogtum  Preussen  und  dessen 
Haupt-  und  Residenzstadt  Königsberg;  alle  Neubauten  und  Re- 
staurierungen hat  er  zu  leiten  und  darauf  zu  achten,  dass  alles 
möglichst  sorgfältig,  aber  auch  möglichst  billig  eingerichtet  werde. 
Und  zwar  besteht  sein  Amt  nicht  nur  in  der  Begutachtung  der 
nötigen  Bauten  und  dem  Ausarbeiten  der  Pläne,  sondern  ihm  fällt 
auch  zugleich  die  Oberaufsicht  über  das  ,, Arbeits  Volk"  und  die 
Verantwortung  für  die  Materialien  zu.  Er  solle,  „wenn  er  an- 
wesend" in  Königsberg  sei,  darauf  achten,  dass  die  Maurer,  Zim- 
mer] eute,  Tischler  etc.,  nicht  trödeln.  Widerspenstige  dürfe  er  mit 
Genehmigung  des  der  preussischen  Regierung  zugeteilten  Obristen 
Burggrafen  entlassen  und  dafür  neue  einstellen.  Was  die  Bau- 
materialien (Ziegel,  Kalk,  Holz,  Eisen)  angehe,  so  habe  er  jede 
Woche  die  vom  Bauschreiber  aufgestellte  Rechnung  nachzuprüfen 
und  stricte  darauf  zu  sehen,  dass  keine  überflüssigen  Anschaffun- 
gen gemacht  oder  Fälschungen  vorgenommen  würden,  und  ferner 
alljährlich  der  preussischen  Regierung  oder  dem  Kurfürsten  selbst 
einen  Ueberschlag  über  alle  voraussichtlichen  Xeuausgaben  und 
Neuanschaffungen  von  Materialien  einzureichen,  damit  alles  bei- 
zeiten beschafft  werden  könne.  Jedenfalls  dürfe  nichts  verschwen- 
det werden,  ja  selbst  die  Materialien  von  abgebrochenen  Bauten 
dürften  nicht  an  Fremde  verschenkt,  sondern  nur  zu  kurfürst- 
lichen Zwecken  wieder  verwendet  werden. 

Bei  Amtsbauten  im  Lande  habe  er  alles  anzuordnen  und  im 
Verein  mit  dem  jedesmaligen  Hauptmann  oder  Amtsherrn  einen 
genauen  Kostenanschlag  zu  machen  sowie  nach  Beendigung  der 
Mission  an  seine  Behörde  einen  genauen  Bericht  einzusenden  und 
die  ..Verdinge"  zur  Unterschrift  vorzulegen. 


1)  Die  Bestallungsurkunde  liegt  im  Charlottenburger  Hausarchiv  unter 
Rep.  XX.  Sie  ist  erwähnt  bereits  bei  Backschat,  HohenzoUernjahrbuch 
1912,  p.  118. 


—  12  — 

Schliesslich  gehört  zu  seinen  Pflichten  noch  die  Aufsicht 
über  die  Schiffbarmachung  der  preussischen  Grewässer  und  die 
„Waszer  Grebeude".  Die  „Baggerey  aufm  Haberstroh  und  Deime" 
untersteht  ihm,  und  sobald  „in  den  Ströhmen  sich  Neue  Harken 
sezen  wollen",  welche  die  Schiffahrt  verhindern  und  bedrohen 
könnten,  so  solle  er  sofort  dem  Übel  nachspüren  und  schleunigst 
seinen  Bericht  davon  einsenden  nebst  Vorschlägen,  wie  man  dem 
Malheur  abhelfen  oder  zuvorkommen  könne. 

Sein  Baumeistergehalt  beträgt  400  Mark  jährlich  ,,ausz  dem 
Zoll."  Dazu  kommen  noch  an  barem  Geld  ,,ausz  Unserer  preussi- 
schen Cammer  und  denen  HofFambten"  30  M  Fleischgeld  und  48  oK 
Kostgeld  für  einen  Knecht^).     Ferner  ,,Eine  Last  Roggen,  Eine 


1)  Eine  für  damalige  Verhältnisse  recht  ansehnliche  Summe.  Döbel 
erhielt  damit  an  barem  Geld  ungefähr  ebensoviel,  wie  die  iuris  consiilti, 
die  medici  und  philosophi  der  Königsberger  Universität.  Ein  „Besoldungs- 
Etat  sämtlicher  Churfürstl.  Hofbedienten  unter  Churfürst  Friedrich  Wilhelm" 
aus  dem  Jahre  1663  oder  64  ist  von  A.  E.  Hennig  im  Jahre  1791  veröffent- 
licht worden,  und  zwar  im  „Preuss  Archiv"  2.  Jahrg.,  Bd.  I  u.  II,  p.  lll  ff. 
176  ff.,  364  ff.  und  428  ff.  Zusammen  mit  dem  Münzinspektor  (900  M.), 
dem  Münzmeister  (1350  M.)  und  Münzwardein  (1350  M.),  wird  da  der  Bau- 
meister aufgeführt.  Damals  erhielt  er  337  M.  und  dazu  Naturalien.  Er- 
heblich grösser  freilich  waren  die  Gehälter,  die  der  Grosse  Kurfürst  den 
aus  Holland  verschriebenen  Künstlern  zahlen  Hess,  Vgl.  darüber  Nicolai, 
in  seinem  „Anhang";  Galland  in  den  Anmerkungen  seines  „Der  Grosse 
Kurfürst  .  .  .  .",  sowie  König,  „Versuch  einer  Schilderung  Berlins",  1793, 
p.  437. 

Wenn  wir  übrigens  im  Verfolg  der  Baumeisterangelegenheit  Döbels 
erfahren  werden,  dass  der  Künstler  sich  liartnäckig  von  Königsberg  fern 
hielt  und  sein  dortiges  Amt  vernachlässigte,  so  ist  damit  noch  nicht  ge- 
sagt, dass  ihm  die  preussische  Regierung  ohne  weiteres  auch  sein  Gehalt 
vorenthalten  konnte:  ich  möchte  im  Gegenteil  behaupten,  dass  Döbel 
prompt  seine  Einkünfte  aus  Preussen  bezog.  Sonst  würde  er  nicht  im 
Laufe  der  kommenden  Jahre  wiederholt  darauf  dringen,  dass  er  sein  Amt 
behalte  und  „Von  andern  nicht  darausz  gedrenget  werde"  (Kurfürstl.  De- 
kret vom  8./18.  August  1672,  Rep.  7.  n.  10b).  —  Ganz  ohne  Analogie  ist 
übrigens  dies  Missverhältnis  zwischen  Besoldung  und  Leistung  nicht.  Auch 
Johann  Gregor  Memhardt  bezog  1652  noch  seine  Haupteinkünfte  aus  Pillau, 
wo  er  früher  beamtet  war  („hat  und  behält  seinen  Unterhalt  in  der  Pillau"), 


—  13  — 

Last  Mehl,  Zwey  gemeine  Hoffkleidung,  Seclisz  Achtel  Holz, 
2  Thonen  grob-,  Eine  Thone  Kleinsalz  und  zwey  fette  Schweine 
Xebenst  freyer  Wohnung."  Zum  Schluss  kommt  noch  folgender 
Passus:  „Wollen  auch  allen  Unsern  pr(eussischen)  officieren  und 
bedienten,  die  Obieges  zu  verrechnen  haben,  hirmit  Befehl  er- 
theilen  sich  danach  zu  richten  u.  Ihme  Baumeistern  solches  alles 
zu  rechter  Zeit  abfolgen  zu  laszen,  wen  Er  aber  in  Bausaehen  so 
woll  an  den  Strohmen  allsz  auch  in  die  Ambter  verreiset,  soll  Ihme 
täglich  Ein  Gulden  poln.  od.  30  Groschen  zur  Zehrung  gegeben  und 
Er  mit  freyer  führe  fortgefordert  werden. 

Uhrkündtlich. 
Colin,  20.  May  1667." 

Noch  im  Juni  1667  hält  sich  Döbel  in  Berlin  auf;  er  denkt 
vorläufig  nicht  daran,  sein  Amt  in  Königsberg  anzutreten,  reicht 
jedoch  im  Anfange  des  Monats  eine  neue  ,,supplication"  ein,  in  der 
er  darauf  hinweist,  dass  der  Mühlenmeister  in  Königsberg  allem 
Vernehmen  nach  sich  mit  Abschiedsgedanken  trage,  und  „ümb 
combination  desselben  Dienstes  mit  dem  seinen"  bittet.  Seine 
Bittschrift  wird  vom  Kurfürsten  an  die  preussische  Regierung  re- 
mittiert mit  dem  Ersuchen,  einen  Bericht  darüber  einzusenden,  ob 
die  „resignation  des  Mühlenmeisters  geschehen,  auch  ob  des  Bau- 
meisters und  Müllenmeisters  Dienst  combiniret  werden  könnten."  ^) 
Wie  der  verlangte  Bericht  seitens  der  preussischen  Regierung  aus- 
gefallen ist,  habe  ich  nicht  feststellen  können.  Vermutlich  nega- 
tiv, denn  die  ganze  Sache  wird  nach  5  Jahren  noch  einmal  aufge- 
rollt.      Der    Juni     vergeht,     auch     der     Juli     und     der    grösste 


obwohl  er  bereits  zu  Anfang  des  Jahres  1650  nach  Berlin-Cölln  berufen 
war  und  von  da  ab  dauernd  dort  blieb.  Vgl.  Galland,  „Der  Grosse  Kur- 
fürst", p.  213,  sowie  „HohenzoUern  und  Oranien"  p.  35. 

1)  rUeses  Stück  liegt  unter  Rep.  7.  n.  4.  im  Berliner  Geheimen  Staats- 
Archiv.  An  sich  war  die  Kombinierung  beider  Ämter  schon  möglich. 
Noch  1604  wurden  sie  ja  beide  zugleich  von  Johann  Wegner  verwaltet, 
vgl.  „preuss.  Archiv",  2.  Jahrg.  Bd.  I,  1791,  p.  364  und  p.  430.  Doch  man 
kann  es  bogreifen,  wenn  die  preussische  Regierung  sich  abwartend  verhielt, 
um    zunächst  einmal  zu  erfahren,  wie  Michael  Döbel  sich  anhissen  würde. 


—  14  — 

Teil  des  August  und  Döbel  reist  immer  noch  nicht.  Wir 
erfahren  auch,  warum  er  solange  säumt;  ihm  sind  näm- 
lich von  seinem  Herrn  in  Berlin  einige  Arbeiten  über- 
tragen worden.  Schon  Ende  Mai  ist  davon  die  Rede  und  Anfangs 
August  wird  ihm  dann  noch  ein  grösserer  Auftrag  zuteil,  nämlich 
die  Herstellung  einer  ,, Pforte"  und  wahrscheinlich  auch  die  Aus- 
führung von  Bildschnitzarbeiten  an  ihr.  Von  dem  Umfang  der 
Arbeit  können  wir  uns  eine  ungefähre  Vorstellung  machen,  da  wir 
erfahren,  dass  in  ca.  5  Wochen  erst  die  eine  Seite  beendigt  wurde. 
„Maszen  Ewr.  Churfürstl.  Durchl.  auch  augenscheinlich  Sehen 
werden,  dass  die  Pforte  in  den  4  Wochen  weill  ich  darbey  gewesen, 
zimblichen  fortgekommen,  wie  woll  es  mir  schwer  ankömbt,  weill 
ich  einen  gesellen  undt  Jungen  auff  meine  vnkosten  dabey  halte. 
undt  solte  mancher  kaum  in  ein  Jahr,  mir  zwarten  ohne  rühm  zue 
melden,  soviel  verrichten. "^  Und  noch  ein  anderer  Umstand 
dürfte  ihn  an  Berlin  gefesselt  haben:  es  ist  nämlich  mit  Sicherheit 
anzunehmen,  dass  er  wenigstens  zu  Anfang  seiner  Berliner  Tätig- 
keit im  Atelier  seines  Schwiegervaters,  des  kurfürstlichen  Bild- 
hauers Villers,  Beschäftigimg  fand  und  nach  dessen  Übertritt  in 
bayerische  Dienste,  also  im  Jahre  1G68,  dessen  Privatkundschaft 
ganz  übernahm. 

Döbel  muss  mit  vieler  Energie  auf  seine  Karriere  bedacht 
gewesen  sein.  Mit  grossem  Pathos  schreibt  er  in  seiner  Bewer- 
bung um  den  preussischen  Baumeisterdienst:  ,, Weill  dero  Baw 
Meister  Caspar  Schröder  Todes  verblichen,  undt  solche  stelle  doch 
nothwendig  durch  einer  tüchtigen  Person,  wiederümb  versehen 
werden,  muss,  .  .  ."  Jetzt  aber,  da  ihm  die  Stelle  übertragen  ist, 
beeilt  er  sich  gar  nicht,  in  Königsberg  nach  dem  Rechten  zu  sehen, 
sondern  zeigt  sich  bestrebt,  von  neuem  persönlich  Fühlung  mit 
dem  Kurfürsten  zu  gewinnen.  Bei  den  grossen  Sorgen,  die  den 
Herrscher  ständig  drücken,  und  der  Menge  berühmter  ausländi- 
scher Künstler,  welche  sich  in  der  Nähe  des  Kurfürsten  halten, 
wahrlich  keine  leichte  Aufgabe!     Trotzdem  gelingt  ihm  sein  Plan: 


1)  Gesuch  üübels  vom  Ende  August  (Rep.  7.  n.  10b). 


—  15  — 

er  erhält  Aufträge  für  den  Kurfürsten  und  führt  sie  aus  —  zu- 
gleich jedoch  äugt  er  ständig  gen  Osten,  und  lässt  sich  vermutlich 
vom  Yater  und  dem  Bruder  Johann  öfters  berichten,  wde 
es  dort  steht.  Es  ist  dies  aus  dem  ganzen,  von  Döbel  in  jener  Zeit 
beobachteten  Verhalten  zu  entnehmen:  Ah  in  Königsberg  das 
Gerücht  geht  von  einer  voraussichtlichen  Abdankung  des  Mühlen- 
meisters, bewirbt  er  sich,  wie  wir  bereits  erwähnten,  sofort,  ohne 
volle  Gewissheit  zu  haben,  bei  seinem  Gönner  um  das  Amt. 

Desgleichen  erhält  er  auch  privatim  Nachricht,  als  die 
preussische  Regierung,  die  bisher  vergeblich  auf  ihn  gewartet  hat, 
eine  ihm  kraft  seiner  Bestallung  zustehende  Befugnis  jemand 
anders  kurzerhand  übertragen  will  (August  1667  Rep.  7.  n.  10b). 
In  Pillau  scheint  die  Schiffahrt  durch  Untiefen  gefährdet  zu  sein, 
es  muss  also  gebaggert  werden  —  wofür  Döbel  von  rechtswegen  zu 
sorgen  hatte.  Döbel  lässt  sich  jedoch  nicht  blicken,  folglich  wird 
die  Baggerarbeit  verdungen  und  einem  Reflektanten  bereits  zur 
Ausarbeitung  eines  „modeis"  10  Taler  Yorschuss  gegeben.  Als  unser 
Künstler  das  erfuhr,  sah  er  wohl  ein,  dass  ihm  sein  schönes 
preussisches  Amt  vielleicht  doch  trotz  aller  kurfürstlichen  Gunst 
aus  den  Händen  gleiten  könnte.  Andererseits  hatte  er  in  Berlin 
noch  nicht  so  festen  Fuss  gefasst,  um  auf  die  einträgliche  Bau- 
meisterstelle verzichten  zu  können.  Demnach  entschloss  er  sich, 
nach  Preussen  zu  fahren  und  nach  dem  Rechten  zu  sehen;  in  einem 
Gesuch  an  den  Kurfürsten  vom  Ende  August  weist  er  auf  die 
Baggerangelegenheit  hin.  Der  bereits  erwähnte  Techniker,  dem  die 
Ausarbeitung  des  Modells  übertragen  wurde,  ist  in  seinen  Augen 
natürlich  unfähig,  er  könne  das  Modell  nicht  ,,werckstellig" 
machen,  „maszen  Er  kein  fundament  davon"  habe.  Ausserdem 
weist  er  nachdrücklich  darauf  hin,  dass  ihm  gemäss  seiner  Be- 
stallung die  ,.Baggarie"  zukomme  und  bittet  seinen  hohen  Gönner 
dafür  zu  sorgen,  dass  ihm'  ,,diszfalsz  hirinne  Keiner  vergriff  thun 
möge." 

Jetzt,  da  sein  eigenes  Interesse  es  erfordert,  erinnert  er  sich 
daran  und  hebt  es  hervor  in  demselben  Gesuch,  dass  ,,die  hochlöbl. 


—  16  — 

regierung  begehret,  dass  ich  hinein  Kommen  soll."  Er  bittet  daher 
um  Urlaub  und  einen  Pass,  damit  er  ,,mit  freyer  Post"  reisen 
könne.  Aus  demselben  Schreiben  geht  jedoch  unverblümt  hervor, 
dass  er  gar  nicht  daran  denkt,  in  Königsberg  nun  auch  zu  bleiben. 
Vielmehr  beabsichtigt  er,  nur  seine  Angelegenheit  dort  zu  ordnen 
und  dann  baldigst  zurückzukehren,  um  die  noch  unvollendete 
Pforte  zu  Ende  zu  führen  und  — ■  natürlich  —  zugleich  neue  Auf- 
träge zu  erhalten.  Ja,  auch  den  Bruder  Johann^^  will  er 
gleich  nach  Berlin  mitbringen,  und  bittet  daher,  den  Pass  so  aus- 
zustellen, dass  sich  die  Vergünstigung  der  freien  Fahrt  auch  auf 
den  Bruder  erstrecke.  Ganz  offenbar  werden  seine  Absichten  aus 
den  Schlussworten  des  Gesuches:  ,,vndt  solte  ja  an  der  Pforte  in 
der  wenigen  Zeit,  die  ich  von  hir  werde  versäumung  geschehen, 
wer  (de)  ichs  nach  müglichkeit,  wann  ich  Meinem  Bruder  mit  hir 
bringen  werde,  wieder  fort  zu  setzen  wiszen." 

Wie  nicht  anders  zu  erwarten  war,  ist  der  Kurfürst  damit 
einverstanden,  dass  Döbel  endlich  sein  Amt  in  Königsberg  an- 
tritt"), sonst  wäre  sein  ganzer  Baumeisterdienst  ja  vollends  eine 
Farce  gewesen.  Freilich  in  allem  kann  Friedrich  Wilhelm  seinen 
Schützling  nicht  befriedigen;  ohne  weiteres  mag  er  die  preussische 
Regierung  nicht  bestimmen,  auf  einmal  nun  sämtliche  früheren 
Pläne  wegen  der  Baggerei  in  Pillau^)  fallen  zu  lassen,  und  dem 
Architekten  Döbel  den  Ausbau  des  Schiffahrtsweges  zu  über- 
tragen, wenn  es  auch  in  seiner  Bestallung  so  bestimmt  war.  Zu- 
mal da  Döbel  vorhin  so  lange  gesäumt  hat.  Er  überlässt  also  die 
Entscheidung  dem  preussischen  Statthalter  und  den  Regierungs- 
räten. Mit  Hinzuziehung  des  kurfürstlichen  ,,Rahts  und  Pfundt- 
verwalters    Johan    Albrecht    Heidekampfs    und    einiger    darin    er- 


1)  Dies  ist  die  Stelle,  aus  der  sein  Verwandtschaftsverhältnis  zu  Jo- 
hann Döbel  klar  hervorgeht. 

~)  Reskript  vom  2.  September  1G67  (Rep.  7.  n.  10b). 

3j  Galland,    „Der    Grosse    Kurfürst "    p.    228    erwähnt    dieses 

kurfürstliche  Reskript,  datiert  es  jedoch  vom  2.  März  statt  vom  2.  Sep- 
tember und  schreibt  irrtümlich  „Bestellung  der  Bagage  in  Port  Pillau" 
statt  „Bestellung  der  Baggarie". 


—  17   — 

fahrner"  sollten  sie  Döbel  eiiifreliend  wegen  meiner  Wasserbau- 
kenntnisse ins  Gebet  nehmen  und  dann  nach  Berlin  über  den  Aus- 
gang der  Prüfung  berichten.  Auch  Döbels  Gesuch  um  Erteilung 
des  Reisepasses  für  ihn  und  den  Bruder  wird  nicht  ohne  weiteres 
bewilligt.  Statt  dessen  wird  Preümel  angewiesen,  dem  Künstler 
„vierzigk  Thaler  zun  rey.se  kosten"  auszuzahlen^),  „welches  ihme 
künftig  hiermit  in  Rechnung  passiren  soll." 

Merkwürdig  klingt  es  aber,  wenn  von  der  Auszahlung  dieses 
Reisegeldes  auch  in  jenem  letztgenannten  Rescript  an  die  preus.si- 
sche  Regierung  die  Rede  ist:  „Wier  haben  ihme  zum  rej'^segelde 
allhier  etwas  auszahlen  lassen  deshalb  ihm  dort  weiter  nichts  zu 
reichen  ist."  Ich  glaube,  diese  Bemerkung  jedoch  eher  auf  das 
Konto  der  sparsamen  Haushaltung  und  sorgfältigen  Buchführung 
der  Regierung  setzen  zu  müssen,  als  darauf,  dass  man  Döbel  nicht 
recht  hat  trauen  wollen. 

Zugleich  soll  Döbel  in  Königsberg  auf  seinen  Diensteid  ver- 
pflichtet werden;  denn  bisher  ist  seine  Vereidigung  noch  nicht  er- 
folgt, obwohl  bereits  am  23.  5./2.  Juni  des  Jahres  die  formula 
iuramenti  von  Königsberg  nach  Berlin  abgegangen  war.  Warum 
diese  Verzögerung  stattfand,  ist  nicht  klar. 

Über  den  Verlauf  und  Ausgang  dieser  Reise  nach  Königs- 
berg habe  ich  nichts  erfahren  können;  auch  nicht,  wann  er  nun 
endlich  vereidigt  wurde  und  ob  man  ihn  für  fähig  gehalten  hat, 
die  ,,Baggarie"  zu  leiten.  Soviel  steht  nur  fest,  dass  er  sich  in 
Königsberg  nicht  lange  aufgehalten  hat,  und  dass  die  Baumeister- 
stelle nach  seinem  x^bzuge  recht  lange  verwaist  blieb.  Natürlich 
ging  bald  alles  drunter  und  drüber");  der  einzige,  der  Döbel  hätte 
vertreten  können,  war  der  Mühlenmeister.  Doch  der  war  zu  alt, 
als  dass  er  energisch  hätte  schaffen  können.  Schon  Anfang  Juni 
1667  war  ja  von  seiner  voraussichtlichen  resignation  die  Rede.  So 
musste  denn   der  Bauschreiber  vorhalten  und  sich  um  die  .,vor- 


1)  Geh.  St.  A.  Eeskript  vom  2.  September  1667. 

-)  Schreiben    der  Königsberger  Regierung    an    den  Kurfürsten    vom 
l'J./29.  Juli  1672.     Vgl.  Geh.  St.  A.  Rep.  7.  n.  10b. 


—  18  — 

fallenden"  Bauten  kümmern,  „so  gut  ers  verstehet."  Dabei  hatte 
er  aber  nun  soviel  „zuthun  zulauffen  und  zu  bestellen",  dass  er 
Vi^ieder  ganz  in  Rückstand  kam  mit  seinen  Rechnungen,  und  das 
nicht  nur  Wochen,  sondern  ganze  Jahre  lang!  Und  trotzdem  war 
seine  Mühe  so  ziemlich  erfolglos.  Vieles,  was  man  selbst  „an  der 
Resedentz"  hätte  neu  bauen  oder  restaurieren  müssen,  musste 
unterbleiben. 

Döbel  hatte  also  schlecht  gehalten,  wozu  ihn  seine  Bestallung 
verpflichtete;  er  blieb  in  Berlin  und  kümmerte  sich  um  die  ganzen 
preussischen  Bauverhältnisse  gar  nicht.  Das  geht  so  5  Jahre  hin- 
durch. Da  streiken  die  Königsberger.  Zunächst  wendet  sich  an- 
fangs Juni  1672  ein  „Gerichtes  verwandter  und  Tischler  aufen 
Rosgarten"  Peter  Lembke  mit  Namen  mit  einer  supplicatio  an 
den  Grossen  Kurfürsten  und  bittet,  ihn  „zum  baug  meister"  in 
Preussen  bestellen  zu  wollen. 

Darauf  die  lakonische  Antwort  nebst  beigelegter  supplicatio 
an  die  preussische  Regierung:  Der  Kurfürst  erwarte  von  Statt- 
halter und  Räten  „bericht  und  gutachten  .  .  .,  ob  dergleichen  be- 
stallung  nötig  oder  dienssamb"  sei!^) 

Der  verlangte  Bericht  geht  am  19. /29.  Juli  1672  von  Königs- 
berg ab.  Unumwunden  erklären  der  Statthalter  Herzog  zu  Croy 
und  seine  Regierungsräte,  dass  es  ,,woll  Nötig  (sei)  ein  tigtigeu 
Bauerfarner  Man  dar  zu  bestellen",  indem  sie  die  oben  geschil- 
derten Misstände  anführen.  Auch  in  betreff  des  Lembke  erstatten 
sie  gewissenhaften  Bericht:  wir  erfahren,  dass  er  sich  nicht  nur  um 
den  Landbaumeisterdienst,  sondern  auch  um  eine  Hoftischlerstelle 
bewirbt.  Wie  weit  seine  architektonischen  Kenntnisse  reichten, 
darüber  könne  man  keine  Auskunft  geben;  er  sei  ,, wegen  solcher 
wiszensachaft  im  bauen  unbekant".  Man  könnte  ihm  freilich  zur 
Probe  einen  Bau  in  der  Residenz,  weil  da  ,, zubauen  und  zubessern 
genug"  sei,  übergeben  und  dann  ausführlich  nach  Berlin  berichten. 
Sonst  sei  er  geschätzt  als  Bürger  und  hätte  sich  auch  als  Tischler 
einen  Namen  gemacht  —  das  Hoftischleramt  könne  ihm  jedoch 


1)  Reskript  vom  14.  Juni  1672. 


—  19  — 

trotzdem  nicht  übergeben  werden,  weil  „bereit  einer  ist  der  den 
Namen  des  Hoff  Tischlers,  dauon  aber  nicht  einige  Bestallung  hat, 
sondern  wasz  er  arbeitet,  Er  zahlet  nimt." 

Inzwischen  hatte  sich  Lembke  auf  Veranlassung  eines  neuer- 
lichen hurfürstlichen  Rescriptes  bereits  nach  Berlin  aufgemacht  — 
oder  zum  mindesten  war  seine  Reise  dahin  schon  bestimmt,  weil 
er  dort  von  dem  ,,Churmärkischen  Ingeneur  undt  Baumeister  Jo- 
hann Gregor  Memhardten"  in  seinen  architektonischen  Kennt- 
nissen geprüft  werden  sollte.  Am  5.  August  vernimmt  ihn  Mem- 
hardt  auf  kurfürstlichen  Befehl  zu  Friedrichswerder-Berlin  und 
stellt  ein  Zeugnis  aus,  in  dem  er  sieb  sehr  kurz  und  sehr  zwei- 
deutig ausdrückt:  ,,undt  habe  uon  ihm  uernommen  dass  er  in  seiner 
baugi^rofesion  genügsame  erfahrung  habe  undt  wan  solche  obge- 
dachte  Stell  ledig  wehre,  er  zu  solchen  wercken  wirdig  genug  ist 
undt  seibiege  Baug  profesion  wol  uer  Sthet  wor  über  er  ein  schritft- 
]ich  attestatum  begehret  welches  ich  auf  begehren  hie  mitt 
attestir." 

Dieses  obige  ,,habe  uon  ihm  uernommen"  klingt  sehr  ver- 
dächtig. Lembke  scheint  seine  Fähigkeit  mehr  behauptet  und 
vielleicht  durch  klingende  Gebühren  nachdrücklich  betont  zu 
haben  —  als  eingehend  geprüft  worden  zu  sein. 

Und  was  ist  der  Erfolg  dieser  Bemühungen  Lembkes  und 
aller  Vorstellungen  der  preussischen  Regierung?  —  Döbel  bittet 
den  Kurfürsten,  von  einer  anderweitigen  Besetzung  des  Bau- 
meisteramtes abzusehen  und  bewirbt  sich  zugleich  von  neuem  um 
das  Königsberger  Mühlenmeisteramt  (August  1672).  Wir  können 
daraus  ermessen,  wie  hoch  er  in  der  Gunst  seines  Herrn  stand; 
denn  wenn  seine  Stellung  weniger  sicher  gewiesen  wäre,  hätte  er 
solche  zum  mindesten  überraschenden  Anträge  nicht  stellen 
können. 

Er,  der  sich  in  5  Jahren  nur  vorübergehend  in  Königsberg 
hat  blicken  lassen,  ohne  sich  um  seine  Baumeisterpflichten  zu 
kümmern,  bewirbt  sich  um  das  Mühlenmeisteramt,  ,, weilen  die 
anrichtunge  und  Verbesserunge    der    muhlen    höchstnöthigk".  — 

2* 


—  20  — 

Und  wieder  werden  ihm  seine  Wünsche  erfüllt:  am  8./18.  August 
1672  findet  der  Kurfürst  es  billig,  ,,dass  Er  bey  dem  Bau- 
meister-Dienst gelassen,  und  A^on  anderen  nicht  darausz  gedrenget 
werde"  —  und  ferner:  ,,was  den  Muhlenmeister-Dienst  betriff, 
seynd  Wir  auch  gnädigt  zufrieden,  dass  Ihme  derselbe  zugeleget 
werde,  wann  der  jetzige  solchem  Diensthe  nicht  mehr  vorzustehen 
w^üsthe,  oder  dahin  disponiret  werden  könthe,  dass  Er  ihn  guth- 
willig  abtrette.  Wohin  es  dann  Ew.  Libden  und  ihr  zurichten." 
Wieder  einmal  ist  für  Döbel  die  Gefahr,  das  schöne  Amt  zu 
verlieren,  glücklich  abgewendet;  aber  er  zieht  keine  Lehren  aus 
den  Ereignissen,  sondern  baut  auf  die  Gunst  seines  Herrn  und 
bleibt  in  Berlin,  wieder  beinahe  4  Jahre  lang.  Und  von  neuem 
wiederholt  sich  die  Komödie:  Peter  Lembke  bewirbt  sich  noch  ein- 
mal, die  Regierung  beschwert  sich  desgleichen  nochmals,  doch 
noch  immer  werden  beider  Wünsche  nicht  erfüllt.  Lembke  ist  in- 
zwischen nicht  untätig  gewesen,  er  rühmt  sich,  weitere  Fort- 
schritte gemacht  zu  haben,  um  später  dem  Kurfürsten  nützliche 
Dienste  leisten  zu  können,  und  soll  tatsächlich  in  Soldau,  Marien- 
werder und  Riesenburg  sich  betätigt  haben,  wodurch  er  seine  Er- 
fahrung in  ,,Abriszen  und  Überschlagen  von  nötigen  Materialien" 
bereichern  konnte.  Und  dann  erheben  sich  wieder  die  alten  Kla- 
gen: in  der  Residenzstadt  und  an  den  ,,Ambts  Heusern"  im  Lande, 
„so  wir  besonders  an  den  Grentzen,  um  selbe  etzlicher  maaszen 
gegen  einigen  Anlauff  Alles  falles  in  defension  zu  bringen,  be- 
sichtigen laszen"^),  seien  viele  Neubauten  und  Reparaturen  not- 
Avendig,  ohne  dass  sich  jemand  darum  kümmere.  Bisher  habe  noch 
der  Holländische  Mr:  Jakob  aushelfen  können,  aber  nach  seinem 
Tode  käme  niemand  in  Betracht  ,,alsz  der  alte  Mühlen  Meister,  der 
nunmehro  fast  betaget  und  unvermögend,  auch  nicht  von  der  nö- 
tigen Wiszenschafft,  bey  den  Mühlen  aber  ohne  das  seines  Wercks 
gnug"  habe. 


1)  Diesem  Übel  wäre  auch  bei  Neubesetzung  des  Baumeisteramtes 
kaum  gesteuert  worden.  Der  Grosse  Kurfürst  schien  für  die  preussischen 
festen  Schlösser  kein  Geld  übrig  zu  haben.  Vgl.  E.  Wiehert,  „Das  Herzog- 
tum Preussen "in  Altpr.  Monatsschrift,  24.  Bd.  (1887)  p.  289. 


—  21  — 

Bitter  sprechen  beide  sich  über  Dübel  aus;  die  Regierung:  es 
sei  „eine  Zeithero,  in  welcher  man  auff  einen  gewiszcn  Michel 
Döbel  .  .  .  gewartet,  der  aber  nicht  kommen,  noch  zu  kommen,  wie 
berichtet  werden  will,  Sinnes  (sei)".  Und  Lembke  nimmt  kein 
Blatt  vor  den  Mund:  Es  sei  „bloss  allein  Michel  Döbell  .  .  .  (der) 
noch  ao:  72,  dass  ich  ihme  nicht  fürgezogen  werden  möchte,  pro- 
testiret  haben  soll:  /  bisz  dahero  im  wege  gestanden,  dass  zu 
würcklichen  Diensten  mich  rieht  weiter  offeriren  können;  nun 
aber  Döbel  auch  de  ao:  72  noch  bis^i  hieher  sich  nicht  eingestellet, 
und  dergestalt  der  Preuss.  Baumeister  bey  ihme  geleichsam  in 
keinem  werth,  und  dessen  selbst  sich  verlustig  machet"  .  .  , 

Er  bittet  also  —  zugleicli  mit  dem  Hinweis,  dass  sein  Vater 
lange  Zeit  das  Hoftischleramt  hat  versehen  dürfen  —  nunmehr  um 
Verleihung  des  Baumeisteramtes,  und  sein  Gresuch  wird  mit  dem 
bereits  erwähnten  Begleit-  und  Befürwortungsschreiben  der 
preussischen  Regierung  am  30.  Mai/9.  Juni  1676  an  den  Kur- 
fürsten abgesandt.  ,,Bei  aller  nötige  Reserve"  und  wie  es  heisst  — 
,,ohn  einziges  maaszgeben"  —  weisen  Statthalter  und  Räte  dennoch 
zum  Schluss  darauf  hin,  dass  die  Neubesetzung  der  Baumeister- 
stelle notwendig  sei.  Lembke  selbst  reist  wieder  nach  Berlin,  um 
persönlich  dies  Schreiben  zu  überreichen.  Und  der  Erfolg? 
Michael  Döbel,  der,  wie  wir  unten  sehen  werden,  inzwischen  in 
Berlin  eine  feste  Position  sich  geschaffen  hat  und  des  Kurfürsten 
volle  Zufriedenheit  besitzt,  kommt  den  Königsbergern  zuvor  und 
setzt  es  bei  diesem  durch,  dass  ihm  sein  Amt  in  Preussen  nicht  ge- 
nommen wird,  „sondern  seinem  Bruder  Joh.  Döbeln  interims- 
weise —  und  bisz  Er  selber  wieder  da  kommet  zu  versehen  aufge- 
tragen werden  möge."  So  heisst  es. in  einem  Rescript  vom  12.  Juni. 
Dem  Bruder  Johann  solle  auch  —  und  das  ist  die  Hauptsache  — 
bisz  zur  „Wiederkunft"  Michaels  das  festgesetzte  Gehalt  ausgezahlt 
werden. 

Das  Geld  bleibt  also  in  der  Familie!  Dies  Rescript  ging,  wie 
schon  erwähnt  ist,  am  12.  Juni  von  Berlin  ab,  bevor  jene  beiden 
Anschreiben  seitens  der  preussischen  Regierung  und  des  Gerichts- 


—  22  — 

verwandten  und  Tischlers  Lembke  vom  Rossgarten  an  den  Grossen 
Kiirfürten  gelangen  konnten.  Michael  Döbel  zeigt  sich  also 
wieder  einmal  über  die  Königsberger  Strömungen  und  Absichteü 
trefflich  unterrichtet.  Er  ist  der  preussischen  Regierung  zuvor- 
gekommen und  hat  wieder  gewonnenes  Spiel.  In  einem  neuen 
Rescript  vom  11.  Juli  1676  heisst  es  kurz  und  bündig:  .  .  .  „Nuhn 
zweihfelen  wir  nicht  es  werde  Ew.  Libden  und  Euch  seith  deme 
zukommen  seyn,  wesgestalth  wir  Einen,  nahmens  Döbel  (Johann! 
12.  Juni  1676)  zum  Baumeister  in  Preussen  auff  gewisse  masse  er- 
nandt,  und  bestellet;  wobey  es  auch  dane  billig  sein  bewenden  hatt, 
also  dass  Ew.  Libden  und  ihr  dasjenige,  was  wir  deszfals  jungsthin 
rescribiret  haben,  der  gebühr  zu  beobachten  wissen  werden." 

Höchst  merkwürdig  ist  dann  der  Schluss  des  Rescripts: 
,, weilen  aber  Vor  Erwehnter  Lembken  ein  guthes  Zeugnis  hatt, 
und  wir  ihn  dannenhero  anderweith  gnädigst  gerne  befordert 
wissen  wolthen,  alsz  haben  Ew.  Libden  und  ihr  dahin  zu  sehen, 
dass  wann  sich  etwa  ein  ihm  anständlicher  Dienst  eröffnet,  er 
dazue  A'^or  andern  befordert,  und  entzwischen,  wo  es  nöthig  unl 
Er  Dienste  leisthen  könne  gebrauchet  werden  möge.  Gestalth 
wir  dann  Ew.  Libden  und  euren  ferneren  Vorschlagk  und  guth- 
achten,  wie  derselbe  hiernechst  zu  accomodiren  seyn  möchte,  ge- 
werthigen  wollen  .  .   .   ." 

Johann  Döbel  ist  doch,  wie  es  in  dem  letzten  Rescript  selbst 
betont  wird,  gewissermassen  zum  Landbaumeister  bestellt,  ist  dem- 
nach verpflichtet,  alle  amtlichen  Bauten  in  Preussen  zu  besorgen. 
Man  könnte  also  sagen,  dieser  letzte  Passus  betreffs  etwaiger  Ver- 
wendung und  Heranziehung  des  Lembke  sei  nur  eine  Vertröstung 
und  Abspeisung  des  so  wenig  erfolgreichen  Baumeisterkandidaten. 

Doch  die  Sache  scheint  anders  zu  liegen:  schon  der  aus- 
drückliche Befehl  am  Schlüsse  des  kurfürstlichen  Schreibens  vom 
12.  Juni  ,,und  demselben  (=  Johann  Döbel)  dasjenige,  w^as  desz- 
falls  verordnet  (=  Baumeistergehalt),  richtigk  reichen  zu  laszen", 
legt  die  Vermutung  nahe,  dass  man  in  Berlin  nicht  allzu  grosse 
Erwartungen  in  betreff  der  Baumeisterfähigkeit  des  Johann  Döbel 


—  23  — 

gehegt  hat  und  wohl  schon  befürchtete,  man  würde  ihm  infolge- 
dessen nicht  ohne  weiteres  das  gewöhnliche  Gehalt  auszahlen. 

Johann  Döbel  scheint  also  nur  eine  Art  Strohmann  vorge- 
stellt zu  haben  und  pro  forma  zum  Landbaumeister  ernannt  zu 
sein,  um  die  Königsberger  etwas  zu  beruhigen;  immer  noch  wird 
zugleich  mit  der  Möglichkeit  gerechnet,  dass  Michael  Döbel  einst 
mal  in  Königsberg  seine  Tätigkeit  aufnehmen  werde. 

Und  Lembke  darf  derweil  —  falls  Johann  Döbel  versagen 
sollte  —  denn  nichts  anderes  bedeutet  dieser  Zusatz  „entzwischen, 
wo  es  nöhtig  und  Er  Dienste  leisthen  könne"  —  natürlich  bei 
besonderer  Vergütung  dieser  Dienste  seitens  der  Regierung,  nicht 
etwa  seitens  Johann*  Döbels  —  seine  architektonischen  Kennt- 
nisse nach  Belieben  verwerten. 

Hier  lassen  uns  die  Akten  im  Stich,  und  wir  erfahren  nicht, 
wie  im  einzelnen  Döbels  Lage  zu  den  Königsbergern  sich  ge- 
staltete. Wie  lange  sein  Bruder  Johann  ihn  vertreten  musste, 
wann  er  selbst  und  wie  oft  er  späterhin  seinen  Weg  nach  der 
preussischen  Residenzstadt  genommen  hat   • —  wdr  wissen  es  nicht. 

Jedenfalls  war  Döbel,  als  er  1676  beantragte,  seinen  Bruder 
als  Vertreter  zu  bestellen,  bereits  entschlossen,  seinen  festen  Wohn- 
sitz in  Berlin  beizubehalten.  Zu  jener  Zeit  hätte  er  den  Verlust 
des  preussischen  Baumeisterpostens  sicher  schon  verschmerzen 
können.  Denn  er  entfaltete  damals  in  Berlin  bereits  eine  ren'he 
Tätigkeit;  er  war  inzwischen  zum  Churf.  Hofbildhauer  bestellt^), 
ja  es  eröffneten  sich  ihm  dort  noch  ganz  andere  Aussichten;  er 
durfte  hoffen,  eine  glänzende  Karriere  in  der  Hauptstadt  zu 
machen:  Am  14.  Juni  1676^)  wird  ihm  nämlich,  vorläufig  in  Ver- 
tretung des  ,, General  Quartiermeister-Lieutenant  Blesendorff"  die 
Aufsicht  über  die  Bauten  in  Potsdam  und  Bornim  übertragen!  — 
Doch  davon  werden  w'ir  später  noch  hören. 


M  Vgl.  p.  43,  Anm.  5. 

-)  Also  zwei  Tage,  nachdem  sein  Bruder  Johann  zu  seinem  Vertreter 
in  Preussen  bestellt  war. 


—  24  — 

Für  unsere  heutigen  Begriffe  bleibt  Döbels  Verhalten  gegen- 
über den  Königsbergern  im  höchsten  Grade  merkwürdig.  Man 
kann  es  nicht  ohne  weiteres  verstehen,  wie  es  ihm  auf  die  Dauer 
gelingen  konnte,  die  Königsberger  Regierung  hinzuziehen,  immer 
von  neuem  mit  leeren  Versprechungen  abzuspeisen  und  trotzdem 
sein  Amt  zu  behaupten.  Dass  er  sich  der  besonderen  Gnade  und 
eines  aussergewöhnlichen  Wohlwollens  seitens  des  Kurfürten  er- 
freuen konnte,  haben  wir  freilich  genugsam  erfahren.  Unzweifel- 
haft geht  das  hervor  aus  indirekten  Bemerkungen  über  seine  Tätig- 
keit und  an  einer  Stelle  sehen  wir  es  klar  bezeugt:  ,,Wann  wir 
dann  seiner  noch  Zur  Zeith  nicht  entbehren  können,  und  an  seinen 
Verrichtungen  ein  gnädigstes  Vergnügen  tragen  .  .  ."  Trotzdem 
hätte  ihn  diese  gnädige  Gesinnung  des  Kurfürsten  bei  normalen 
Umständen  nicht  ermutigen  können,  nur  die  materiellen  Vorteile 
des  ihm  übertragenen  Amtes  wahrzunehmen.  Vielmehr  liegen  die 
bestimmenden  Gründe  tiefer:  man  hat  sie  zu  suchen  in  dem  ge- 
spannten Verhältnisse,  das  zwischen  dem  Herzogtum  Preussen  und 
dessen  Oberherrn  seit  den  x\.uf  rühr  jähren  bestand^)  — •  und  ausser- 
dem in  dem  Erzübel,  an  dem  die  brandenburgisch-preussischeu 
Lande  damals  krankten  und  unter  dem  der  Grosse  Kurfürst  auch 
stets  zu  leiden  hatte,  nämlich  in  der  drückenden  Geldnot").     Döbel 


1)  Wie  unerbittlich  und  gross  der  Groll  des  Kurfürsten  gegen  die 
Königsberger  und  speziell  gegen  die  Urheber  des  Aufruhrs  war,  bezeugt  sein 
ungemein  hartes  Vorgehen  gegen  den  Königsberger  Schöffenmeister  Rohde 
(1662)  und  v.  Kalckstein  (1672).  Vgl.  Prutz,  preuss.  Geschichte  1900  p.  87 
und  96  ff. 

2)  Die  vielen  Künstler,  welche  in  Hofdiensten  standen,  konnten 
nicht  immer  regelmässig  in  ihren  Geldforderungen  vom  Grossen  Kurfürsten 
befriedigt  werden.  Nur  einige  Beispiele  seien  herausgegriffen:  Dem  Hof- 
maler Wilhelm  van  Honthorst  blieb  der  Grosse  Kurfürst  13  Jahre  lang 
eine  grössere  Summe  schuldig.  Erst  1666,  kurz  nach  dem  Tode  des  Künst- 
lers, wird  den  Erben  der  Rest  der  Schuld,  2000  Taler,  ausgezahlt  (vgl. 
Galland,  „Der  Grosse  Kurfürst  .  .  .  ."  p.  209).  1673  ferner  wird  der  Rat 
Heidekampf  angewiesen,  die  von  dem  Hofmaler  Willing  als  rückständige 
Besoldung  geforderten  450  Taler  allmählich  abzuzahlen  (vgl.  Galland  a.  a. 
O.  p.  223).     Auch  der  kurfürstl.  Münzeisenschneider  Gottfried  Leygebe  er- 


—  25  — 

halle  1G67  nun  einmal  das  wohldolierte  preussisclie  Landbau- 
meisteramt  erhalten;  anstalt  umgehend  heimzureisen,  benulzt  er 
gleich  die  Möglichkeil,  in  Berlin  Verbindungen  anzuknüpfen,  und 
macht  sich  einen  Monat  später  so  nützlich,  dass  der  Kurfürst  ihn 
vorerst  nicht  fortlässl,  sondern  die  Eidesformel  aus  Königsberg 
lierbeslellt,  um  den  neuen  Baumeister  in  Berlin  zu  verpflichten. 
Im  August  führt  er  einen  grösseren  Auftrag  aus  —  und  darf  dann 
nach  einem  vorübergehenden  Aufenthalt  in  Königsberg  dauernd 
in  der  brandenburgischen  Hauptstadt  bleiben. 


hielt  seine  400  Taler  Gehalt  nicht  regelmässig.  Das  erwähnt  Nicolai  in 
seinem  „Anhang  .  ..."  p.  52  mit  dem  Zusatz:  „Doch  bekam  seine  Wittwe 
nach  seinem  Tode  (im  Jahre  1683)  endlich  den  Rückstand".  —  Im  übrigen 
wären  alle  Künstler  sofort  befriedigt  worden,  wenn  es  nach  dem  Wunsche 
des  Grossen  Kurfürsten  gegangen  wäre.  Aber  die  Verwalter  der  ver- 
schiedenen Kassen  konnten  oder  wollten  oft  nicht  zahlen,  so  dass  ihr  kur- 
fürstl.  Gebieter  bisweilen  sehr  energisch  auftreten  musste.  Bezeichnend 
ist  folgendes  Schreiben  an  die  Amtskammer  zu  Colin  an  der  Spree  (datiert 
zu  Cleve  den  24.  Oktober  1648):  .,Es  hatt  bei  Unss  Vnser  Hoffmahler  Zu 
Berlin  Michell  Conradt  Hirte  abermahl  Unterthänigst  beklaget,  dass  er  auf 
Vnser  unterschiedlich  rausgeschickte  befehliche  weder  seine  Jährliche 
Hausmiethe,  noch  nachstellige  besoldung  erlangen  können,  Derohalb  er 
nicht  allein  gezwungen  worden,  Unsere  nötige  arbeith  liegen  Zu  lassen, 
besonders  auch  seinen  abschied  bey  Vnss  in  Unterthänigkeith  Zu  begehren. 
Nuhn  gereichett  Vnss  Zu  gantz  Ungnedig  misfall,  dass  ihr  Vnsere  Ver- 
schiedentlich deshalb  ergangene  befehliche  so  gar  hindengesetzet  Vnd  dar- 
auf so  wenig  pariret.  Woll  auch  derohalb  solch  einen  ungehorsamb  nicht 
allein  gebührendermaassen  hiemit  Verwiesen,  besonders  auch  nochmalss 
alles  ernstes  anbefohlen  haben,  solche  unfelbahre  anstalt  zu  machen,  da- 
mitt  gemelter  Vnser  Hoffmahler  so  woll  seine  noch  ständige  Hausmiete 
alss  restir.  besoldung  alsofort  ausgezahlet,  Vnd  wol  fürtre  Vnseie  arbeith 
ligen  Zu  lassen  nicht  Veranlasset  werden  möge.  Dass  ist  Vnsere  ernste 
Willensmeinung.     Vndt  seindt  auch  sonst  mitt  gnaden  gewogen."    Zit.  nach 

Galland  „Der  Grosse  Kurfürst "  p.  206.    p.  232  führt  Galland  ferner 

ein  ähnliches  Reskript  betreffs  des  „Porzellan  Bäckers"  Pieter  Fransz  van 
der  Lee  an:  der  Kurfürst  an  den  Bau-  und  Amtsschreiber  zu  Potsdam 
(Wrangeisberg  14./24.  November  1678):  „Wir  vernehmen  ungnädig,  dass  Du 
dich  weigerst  die  dem  p.  van  der  Ley  assignirte  wöchentliche  unter- 
haltsgelder  auszuzahlen  .  .  .  .,  so  befehlen  Wir  Dir  hiemit  in  allem 
ernste  .  .  .  unweisrerlich  auszuzahlen  ....  widrigen  falles   wir  etc." 


—  26  — 

Für  tüeliiioe  und  gei^eliicktc  Künstler,  wie  Döbel,  hatte  dir 
Grosse  Kurfürst  immer  Verwendung,  bei  seinem  stets  regen  künst- 
lerischen Interesse  gab  es  immer  neue  Aufträge  auszuführen  für 
Maler,  Architekten  und  Bildhauer  —  und  Döbel  drängte  nicht  auf 
Zahlung,  er  erhielt  ja  von  Preussen  her  das  jährliche  Gehalt, 
welches  ihn  zu  kurfürstlichen  Diensten  verpflichtete.  Unter  diesen 
Umständen  erscheint  es  begreiflich,  dass  man  an  höchster  Stelle 
ein  Auge  zudrückte  und  der  Absicht  Döbels,  in  Berlin  sich  eine 
sichere  Existenz  zu  gründen,  nichts  in  den  Weg  legte.  Ihm  wurde 
sogar  im  Jahre  1673  auf  Grund  eines  kurfürstlichen  Dekrets  ein 
Stück  Land  in  Berlin  zum  Anbau  eines  Hauses  überlassen,  ohne 
dass  seine  Beziehungen  zu  Königsberg  sich  irgendwie  änderten. 
Die  preussische  Regierung  durfte  zahlen  und  wurde  auf  bessere 
Zeiten  vertröstet. 

1673  erwarb  Döbel  in  Berlin  Eigentum  an  Grund  und  Boden, 
und  auch  dabei  zeigte  er  eine  glückliche  Hand  und  feines  Verständ- 
nis, seine  Chancen  gut  auszunützen:  erstens  verursacht  ihm  dieser 
Neuerwerb  keine  Kosten  —  ihm  wird  nämlich  das  Stück  Land  vom 
Kurfürsten  geschenkt  —  und  ausserdem  erwirbt  er  sich  zugleich 
ganz  bedeutende  persönliche  Vorteile.  Weil  der  geschenkte  Boden 
zu  einer  sog.  ,, Freiheit"  gehörte,  wurde  Döbel  als  Mitbewohner  die- 
ser Freiheit  von  allen  bürgerlichen  Lasten  befreit  und  erlangte 
ferner  Gewerbefreiheit.  Der  ihm  zugewiesene  Platz  lag  mit  einigen 
anderen  ähnlichen  in  unmittelbarer  Nähe  des  Berliner  Schlosses, 
und  zwar  westlich  von  diesem,  ungefähr  da,  w^o  heute  das  National- 
denkmal steht.^) 

Schon  um  die  Mitte  des  17.  Jahrhunderts  war  • —  so  erfahren 
wir  durch  Clauswitz')  —  zwischen  dem  westlichen  Teile  des 
Schlosses  und  dem  westlichen  Spreearme  die  alte  cöllnische  Stadt- 
mauer verschwunden,  das  Land  dazwischen  lag  verödet  da  und 
Avurde  von  einem  breiten  Graben  durchschnitten,  der  von  den  Wer- 
derschen  Mühlen  ausging  und  bei  einem  Turme  an  der  nordwest- 


1)  Vgl.  Galland,  „Hohenzollern  und  Oranien"  p.  239  Anm    1. 

2)  Mitteilungen  d.  Vereins  f.  Gesch.  Berlins,  1892,  Nr.  7  p.  57 f. 


liehen  Ecke  des  Schlosses  endigte.  Um  das  Jahr  1670  wurde  auf 
Veranlassung  der  Kurfürstin  Dorothee  die  Frage  erörtert,  wie  man 
den  öden  Platz  durch  etwaige  Häuserbauten  verschönern  könnte; 
der  Kurfürst  fasste  die  Idee  auf.  Hess  einen  dem  Flussufer  parallel 
laufenden  Streifen  Landes  parzellieren  und  beauftragte  seinen  In- 
genieur Memhardt,  die  Verteilung  und  Bebauung  der  einzelnen 
Stellen  zu  überwachen.  Die  Baustellen  wurden  unentgeltlich  an 
Beamte,  Künstler  und  Handwerker  des  Grossen  Kurfürsten  abge- 
geben —  so  z.  B.  an  den  Hofzimmermann  Reichmann,  den  Stein- 
metzen Schlundt.  an  den  kurfürstlichen  Futtermeister  und  an  den 
Mundschenk  Eltester  —  jedoch  nur  unter  der  strengen  Bedingung, 
nach  einem  vorgeschriebenen  Modell  zu  bauen,  andernfalls  sollten 
sie  der  Stelle  verlustig  gehen.  ,, Wahrscheinlich  wurden  die 
kleinen  Häuser  im  Ziegelrohbau  nach  holländischem  Geschmack 
hergestellt"  —  schreibt  Clauswitz. 

Ein  Plan  der  ganzen  Anlage  von  des  Oberbaudirektor  Biese n- 
dorffs^)  Hand  ist  noch  vorhanden-")  Er  ist  freilich  ganz  skizzen- 
haft gehalten,  zeigt  aber  deutlich,  wie  die  kleinen  Häuser  lagen 
und  bezeichnet  genau  die  Döbel  zugewiesene  Stelle.  Sie  ist  von 
den  anderen  Stellen  durch  einen  kleineu  Zwischenraum  getrennt, 
weil  nach  einer  von  Blesendorff  beigefügten  Bemerkung,  hier  die 
Aussicht  vom  Schlosse  nach  dem  Wasser  freibleiben  sollte. 

Am  4.  Juni  1672'^)  Hess  der  Grosse  Kurfürst  bekanntgeben, 
dass  alle  die,  welchen  er  freie  Baustellen  an  der  Spree  hinter  der 
Wasserkunst  verliehen  habe,  mit  dem  Magistrat  auf  dem  Fried- 
richs Werder  nichts  zu  tun  haben  sollten,  sondern  ..sambt  ihren 


1)  Ueber  den  Kriegsingenieur  Joachim  Ernst  Blesendorff  vgl.  Gal- 
land, ,,Hohenzollern  und  Oranien"  p    236  ff. 

-)  Als  Erläuterung  gezeichiiet  auf  die  Beantwortung  eines  kurfürstl. 
Dekrets  vom  15.  August  1673  (Geh.  St.  A.  Rep.  21  Nr.  191b).  Dies  Dekret 
betrifft  gerade  Döbel  und  wird  noch  besprochen  werden.  Ein  etwas  korri- 
gierter Abdruck  des  Planes  nebst  Text  findet  sich  bei  Galland,  ,,Hohen- 
zollern  und  Oranien"  p.  239. 

3)  Vgl.  Geh.  St.  A  21.  Nr.  191  b.  Der  Text  ist  bereits  von  Claus- 
witz a.  a    O.  p.  58  wiedergegeben. 


—  28  — 

Nachkommen  und  Einwohnern  solcher  Häusern"  unter  Jurisdiktion 
des  Hausvogtes  stehen  sollten.  Um  die  Mitte  des  Jahres  1673  be- 
wirbt sich  dann  Döbel  um  Belassung  einer  Baustelle  in  jener  Ge- 
gend und  in  einem  Dekret  vom  15.  August  1673^)  wird  Blesendorff 
beauftragt,  dem  Döbel  die  erbetene  Stelle  ,, anzuweisen  und  abzu- 
messen", falls  sie  noch  nicht  anderweitig  vergeben  sei.  Blesen- 
dorff gibt  darauf  das  erwähnte  Gutachten  ab,  in  welchem  sich  auch 
jene  Bemerkung  findet:  ,,.  .  undt  soll  das  gesiebte  Von  dem 
schlosthor  nach  dem  Waszer  offen,  und  Unbebawet  bleiben."  Und 
am  22.  Dezember  1673  wird  die  Schenkungsurkunde  an  Döbel  aus- 
gefertigt:') ,, Urkunden  hiermit,  dass  Wir  Unserm  Baumeister  und 
Bildhauer  Michel  Döbell  eine  Baustelle  auf  dem  Friederichs  Werder 
am  Waszer  bey  der  Mülen  gegen  dem  Schloszthor  über  nach  der 
Mülen  zu  drey  ruthen  breit  und  vier  Ruthen  lang  von  der  gleichen 
breite  wie  die  andern  albereits  seind,  zumeszen  laszen.  Und  thun 
Wir  (ihm)  und  seinen  Erben  solche  Stelle  hiermit  und  in  Krafft 
dieses  gnädigst  schencken  und  verehren,  also  und  dergestalt,  dass 
er  dieselbe  bebauen,  auch  nach  seinen  gefallen  bewohnen,  nahrung 
darinnen  treiben,  und  damit  alsz  seinem  eigenthum  schalten  und 
walten  möge,  dahingegen  soll  er  schuldig  seyn,  für  solcher  Bau- 
stelle vor  iedweder  Quadrat  ruhte  drey  Groschen  zum  jährlichen 
grundzinsz  zuentrichten,  welcher  grundzinsz  dan  ein  Jahr  nach 
der  Zumeszung  angehen  soU."^)  —  Döbel  siedelte  sich  jedoch  nicht 
an,  er  zog  vielmehr  wiederum  die  Sache  einige  Jahre  hin  und  ver- 
kaufte dann  1678  die  ihm  verliehene  Freistelle  an  einen  kurfürst- 
lichen Kammerdiener  für  50  Dukaten.^)  Gewohnt  hat  er  also  nie- 
mals in  jener  Schlossfreiheit  am  Friedrichs-Werder.  Wir  können 
überhaupt  nicht  mit  Sicherheit  feststellen,  wo  er  in  Berlin  ansässig 


1)  Erwähnt  bei  Galland,  a    a.  O.  p.  238. 

2)  Geh.  St.  A.  Rep.  21.  Nr.  191b. 

3)  Die  Bewohner  der  Schlossfreiheit  wurden  zwar  von  allen  bürger- 
lichen Lasten  befreit,  nicht  siber  von  der  staatlichen  Abgabe.  Vgl.  Claus- 
witz, a.  a.  O.  p.  58. 

*)  Clauhwitz  a.  a.  O.  p.  58.  Einen  archivalischen  Beleg  dafür  habe 
ich  nicht  gefunden. 


—  29  — 

gewesen  ist.  Einige  Berechtigung  hat  nur  die  Annahme,  dass  er 
zunächst  in  der  alten  Königsstadt  gewohnt  hat,  weil  er  am  7.  Ok- 
tober 1669  zu  St.  Marien  einen  Sohn  (MicTiael)  hat  taufen  lassen.  ^ 
1681,  also  drei  Jahre  nachdem  er  seinen  Platz  auf  der  Schloss- 
freiheit verkauft  hat,  trägt  er  sich  mit  einem  neuen  Bauplan,  und 
zwar  bittet  er  den  Kurfürsten,  ihm  „das  Aeusserste  Thor  Hausz 
nach  dem  Friedrichswerder,  so  vor  dem  Gertrautschen  thor  ist", 
frei  zu  überlassen.  Das  Torhaus  sollte  nämlich  abgebrochen  wer- 
den, weil  die  Strasse  verlegt  Avurde.  Falls  ihm  der  Platz  frei  über- 
lassen würde,  wollte  Döbel  gemäss  seinem  Gesuch  ,,ein  anständt- 
liches  gebeüde  dahin  setzen."  Unter  dieser  besonderen  Bedingung 
wurde  am  15.  Januar  1681  dem  Gesuch  stattgegeben:")  Die 
Stelle  sollte  ihm  und  den  Seinen  ,,Erb-  und  eigenthümblich" 
gehören  und  er  durfte  auch  „damit  alsz  seinem  eigenthumb  schal- 
then  und  walthen".  Aus  demselben  Dekret  ersehen  wir  ferner, 
dass  Döbel  zugleich  um  ein  Stückchen  Land  nebenbei,  gewisser- 
massen  zur  Abrundung  des  von  ihm  gewünschten  Besitztums  ge- 
beten hatte.  Mit  Bezug  darauf  heisst  es  zum  Schlüsse  des  Schrei- 
bens: ,,Was  den  dabey  gebethenen  platz  anbelanget,  haben  Höchst- 
Ermelthe  Seine  Churfl.  Durchl.  dero  HofF-Baumeistern,  Michel 
Matthies  Schmidten  anbefohlen,  den  orth  zu  besichtigen,  und  so 
Viele  es  sich  w-ill  thuen  lassen,  ihm  davon  zum  platze  anzuweysen." 
Ueber  den  weiteren  Verlauf  der  Angelegenheit  kann  man  nichts 
feststellen.  Ja,  wir  wissen  nicht  einmal,  ob  Döbel  sich  nun  dort  am 
Gertrautentor  ansässig  gemacht  hat  oder  ebenso  geschickt,  wie 
früher,  die  Klausel  verwertete,  dass  er  ,, damit  alsz  seinem  eigen- 
thumb schalthen  und  walthen"  dürfe,  —  und  den  Platz  weiter  ver- 
kaufte.3) 


ij  Vgl.  Galland,  „Der  Grosse  Kurfürst  .  ."  p.  228. 

2)  Geh.  St.  A.  Rep.  21  Nr.  191b. 

3)  Im  Kurmärkischen  Registraturbuch  des  Berliner  Geh.  Staats- Archivs 
findet  sich  noch  folgender  Hinweis:  „Zuraeszung  der  platze  für  Döbeln 
und  Sigismund  Ulitsch"  16.  Mai  (1681).  Rep.  21  Nr.  191.  —  Das  betr. 
Aktenstück  v\ar  jedoch  nicht  auffindbar,  so  dass  nicht  einmal  er-sichtlich 
ist,  ob  unser  Döbel  gemeint  ist. 


—  30  — 

In  den  Jahren  1674  bis  etwa  1078  sehen  wir  Döbel  auf  der 
Höhe  seines  Schaffens  oder  richtiger  gesagt:  in  dieser  Zeit  strahlt 
[lim  die  Sonne  der  kurfürstlichen  Gnade  am  hellsten.  Während 
1  V  früher  nur  mit  Einzelaufträgen  von  selten  des  Kurfürsten  be- 
dacht wurde,  eröffnet  sicli  ihm  jetzt  eine  umfassendere  zusammen- 
hängende Tätigkeit,  ihm  fiel  nämlicli  ein  sehr  bedeutender  Anteil 
an  dem  architektonischen  Ausbau  und  bildnerischen  Schmuck  des 
kurfürstlichen  sog.  Lusthauses  zu  Bornim  bei  Potsdam  zu.  Hier- 
bei bewährte  er  sich  dann  so,  dass  man  ihm  in  den  letzten  Jahren 
die  selbständige  Leitung  des  Baues  überliess.  Ueber  die  Ent- 
stehung des  Lustschlösschens  sind  wir  seit  1912  durch  Friedrich 
Backschat  eingehend  unterrichtet.^)  Hier  sei  nur  angeführt,  was 
aus  den  —  teilweise  noch  —  vorhandenen  Bauakten  betreffs  des 
Lusthauses  zu  Bornim  über  Döbels  Tätigkeit  daselbst  hervorgeht: 
Es  ist  unmöglich,  im  einzelnen  sein  Wirken  zu  verfolgen,  weil  das 
archivalische  Material  zu  lückenhaft  ist,  wie  es  denn  auch  Back- 
schat nicht  gelungen  ist,  das  Lusthaus  in  seinem  architektonischen 
Aufbau  und  künstlerischem  Schmuck  vor  unseren  Augen  klar  ent- 
stehen zu  lassen.  Selbst  wenn'  man  daran  ginge,  die  Bornimschen 
Bauakten  noch  besser  auszunutzen,  als  Backschat  es  getan  hat, 
müsste  man  letzten  Endes  doch  auf  die  wenigen  erhaltenen  Ab- 
bildungen und  Stiche  zurückgehen,  um  sich  ein  Bild  von  dem 
Schlössehen  machen  zu  können.  Trotz  seiner  Lücken  aber  erweist 
das  Material  zur  Genüge,  welche  Rolle  Döbel  bei  dem  Bau 
gespielt  hat,  und  nach  Einsicht  der  Akten  erscheint  die  Ver- 
mutung B  ackschats  berechtigt,  „dass  Michael  Döbel  ....  der 
Erbauer  der  ganzen  Anlage  ist".")  Bezeichnend  ist  schon,  dass 
seit  Oktober  1G74  drei  Jahre  hindurch  immer  nur  sein  Name 
auftaucht  bei  Erörterung  von  architektonischen  Fragen  und  Bild- 
hauerarbeiten:    So    liest    man    z.    B.    in    einem    Baubericht    vom 


^)  Backschat,    Das    kurfürstl.    Lusthaus    Bornim,    im    16.  Bande    des 
,,Hohenzollern-Jahrbuches"  p.  102 — 127. 
-0  a.  a.  0.  p.  117. 


—  31    - 

)o.l2S.  Oktober  1074  an  den  Kurfürsten:') Vndt  erwartet 

n^an  E.  Cluirll.  Durehl.  gnädigste  resolution,  wie  der  hinterste  giebel 
verfertiget  werden  soll,  dann  Döbel  bericlitet,  das  E.  Cliurfl. 
Durehl.  Ihn  aufF  holländische  arth  haben  wollen,  deszhalber  eine 
Zeichnung  dauvon  gemacht,  welche  vor  einiger  Zeit  Blesendorfen 
zugeschicket  worden"  ....  Ferner  heisst  es  gleich  im  Anschluss 
daran:  ,,^^'as  an  .^tein  arbeit  seith  E.  Churfl.  Durehl.  abwesen- 
heit  gemachet  dauon  ist  D  ö  b  e  1  s  aufsatz  hiebey  gefügt')  vndt  mit 
dem  Alphabeth  in  dem  kupferstück  des  gemelten  hauses  gezeichnet, 
zu  anbringung  der  stueffen  undt  der  vbrigen  werckstücken  zu  den 
bildern,  wirdt  gleich  itzo  ein  Schiff  nach  Magdeburg  abgeschicket, 
Doferne  Döbel  fertig  werden  kan,  sollen  die  stueffen  noch  vor 
winters  geleget  vndt  die  gallere j-en  mit  den  Schwedisclien  steinen 
oder  fliesen  gedecket  werden,  Esz  seint  schon  400.  eilen  Schwe- 
dische fliesen  angeschaffet,  vnd  erwarten  derer  noch  mehr, 
So  balt  der  Bawmeister  zu  Cüstrin  die  noch  ermangelnde  schwarze 
dachsteine  schicken  wirdt,  soll  das  hinterste  ende  am  Lusthause 
vollents  zugedecket,  vndt  darauff  das  grosze  gewölbe  inwendig  ge- 
schloszen  werden,  weillen  Döbel  die  4.  Pfeiller  von  den  werck- 
stücken alle  fertig  gemachet  hat."  Aus  einem  anderen  Bericht  vom 
14.  April  1675  vernimmt  man  wiederum:  ..dabey  hatt  Döbel  die 
Bildthawer  arbeit  zum  theil  continuiret  undt  noch  7.  statuainen  so 
zur  gallerie  des  Bornimbschen  Lusthauses  gehören,  seit  unser 
letzt  überschickten  relation  verfertiget",  und  im  Verlaufe  des- 
selben Berichtes  an  den  Kurfürsten:  „Bitten  also  nochmahls  gantz 
unterthänigst  uns  mit  einer  schleunigen  gemeszenen  Instruction 
zu  versehen,  In  specie  auch  gnädigste  ordre  zuertheilen,  ob  D  ö  - 
bell  mit  der  Bildthawer  arbeit  fortfahren  soll,  weilln  esz  sehr 
schwer  zugehen  möchte,  zu  seiner  Zahlung  zugelangen."  Im  No- 
vember 1677  ist  sodann  zweimal  die  Rede  von  ,,D  ö  b  e  1  s  z  leüthen, 


1)  Die  sämtlichen,    das   Schlösschen  Bornim    betreffenden  Bauakten 
liegen  im  Berliner  Geh.  Staats-Archiv  unter  Eep.  21.  N.  123. 

2)  Nach  einer  Mitteilung  des  Geh.  Staats-Archivs  zu  Berlin  lag  dieser 
Döbeische  Aufsatz  nicht  mehr  den  Akten  bei. 


—  32  — 

alsz  Bildthauer-  und  Steinmezer  gesellen",  welche  Lolm  erhalten 
sollen  lind  auch  wirklich  84  Thaler  3  Groschen  bekommen.  Zu- 
gleich werden  „wegen  Pirnische  Steine  Döbeln  gezahlet  .  .  . 
14  Thaler  20  Grroschen".  Ferner  heisst  es  am  4.  November  1677: 
„Am  Lusthause  zu  Bornimb  sind  die  Beyden  Schorsteine  richtig, 
undt  auf  den  einen  Schornstein  ist  dasz  eisern  Sprengkwerck  mit 
dem  Churhuth  undt  Scepter  auch  aufgesezet,  dasz  andere  Sprengk- 
werck  hat  der  Mahler  unter  bänden  und  wirdt  morgen  wan  Döbel 
von  Berlin  konibt  auch  aufgebracht  werden."  Und  schliess- 
lich noch  im  selben  Bericht:  „An  dem  Cabineth  im  lustgarthen 
weilen  dasz  Dach  und  Sparwerk  D  ö  b  e  1  s  z  Bericht  nach  ge- 
endert  werden  muss,  Kan  daran  iezo  nichts  gefertiget  werden,  son- 
dern muss  bisz  zum  Künfftigen  Frühejahr  in  seinem  Stande  also 
verbleiben." 

Man  sieht,  Döbel  wusste  sich  bei  dem  Bornimschen  Bau  un- 
entbehrlich zu  machen,  und  findet  es  jetzt  erklärlich,  wenn  es  in 
dem  bereits  erwähnten  kurfürstlichen  Dekret  an  die  preussische 
Regierung  vom  12.  Juni  1676  heisst:  ,,Wann  Wir  dann  seiner 
(Döbels)  noch  zur  Zeit'h  nicht  entbehren  können,  und  an  seinen 
Verrichtungen  ein  gnädigstes  Vergnügen  tragen."  Jedenfalls  ent- 
wickelte er  eine  erstaunliche  Vielseitigkeit.  Der  Entwurf  zu  dem 
ganzen  Gebäude  scheint  freilich  von  fremder  Hand  herzurühren.^) 
Aber  sonst  ist  Dobel  die  treibende  Kraft  bei  dem  Ganzen,  wenig- 
stens von  der  Zeit  ab,  da  sein  Name  zum  ersten  Male  in  den  Bau- 
akten auftaucht,  d.  h.  seit  Oktober  1676,  e  r,  und  nicht  Blesendorff, 
der  nominell  bis  Mitte  Juni  1676  die  Oberleitung  auszuüben  hatte. 
Wenn  wir  noch  einmal  die  Hauptpunkte  zusammenfassen  wollen: 
Der  Grosse  Kurfürst  will  den  Giebel  im  Osten  des  Gebäudes,  an 
der  Hinterfront,  anders,  auf  holländische  Art  nämlich,  ausgeführt 
haben:  Döbel  ist  gleich  informiert,  eher  als  die  Herren  von  Börstel 
und  Amtsrat  Michael  Matthiasz  —  d.  h.  die  beiden  Leute,  welche 
damals  über  die  Fortschritte  im  Bau  ständig  an  den  Kurfürsten  zu 
berichten  hatten.     Ein  neuer  Beweis,   dass  unser  Künstler  stets 


1)  Vgl.  auch  Backschat  a.  a.  O.  p.  117. 


—  33  — 

eine  gewisse  Fühlung  zu  seinem  Herrn  und  Gönner  aufrecht  zu  er- 
iialten  wusste.  Und  Döbel  zeigt  sich  während  dieser  Bautätigkeit 
nicht  nur  vertraut  mit  den  Intentionen  des  Kurfürsten,  sondern  er 
führt  diese  Intentionen  auch  persönlich  aus.  So  zeichnet  er  z.  B. 
den  neuen  Entwurf  für  den  oben  genannten  Giebel. 

Über  den  Stand  der  Arbeiten  gibt  er  fachmännischen  Auf- 
schltiss.  welcher  dem  allgemeiner  gehaltenen  Bericht  der  Herren 
von  Börstel  und  Michael  Matthiasz  beigefügt  wird.^)  Sein  Gut- 
achten wird  bei  notwendigen  bauliclien  Veränderungen  eingeholt. 
Ausserdem  fällt  ihm  aber  auch  die  Ausführung  der  archi- 
tektonischen und  bildnerischen  Arbeiten  zu.  Mit  seinen  Ge- 
sellen und  Leuten  führt  er  Arbeiten  aussen  und  innen  im  Gebäude, 
desgleichen  an  den  Galerien  aus:  Stufen,  Pfeiler  und  Galerien  wer- 
den speziell  angeführt  als  sein  Werk,  aber  man  dürfte  nicht  fehl- 
gehen, wenn  man  sämtliche  Bildhauer-  und  Steinmetzarbeit  ihm 
und  seinen  Gesellen  zuschreibt. 

Kein  Wunder  also,  dass  der  Grosse  Kiirfürst  diesem  anstelli- 
gen Künstler,  der  im  Grunde  bereits  die  Seele  des  Unternehmens 
war,  die  Oberleitung  über  den  Bau  übertrug,  als  Blesendorff  selbst 
ins  Feld  nach  Pommern  ziehen  musste.  Und  nicht  nur  die  Ober- 
leitung des  Baues  in  Bornim,  sondern  auch  die  in  Potsdam,  ferner 
die  Aufsicht  über  bildnerische  und  architektonische  Arbeiten  an 
der  „fortification"  und  am  Schlossbau  zu  Colin  an  der  Spree  und 
über  die  Glashütte  zu  Drewitz:  Wie  Döbel  allen  diesen  Anforde- 
rungen gerecht  wurde,  dafür  ist  kein  Zeugnis  erhalten.  Einzig  das 
Dekret  hat  sich  gefunden,  in  dem  alle  jene  Aufträge  an  Döbel  ent- 
halten sind;  es  sei  daher  vollständig  hier  mitgeteilt:  „Nachdem 
Wir  Unsern  Ober  Director  aller  Fortificationen  und  bauen  Blesen- 
dorff alsz  General  Quartiermeister  Lieutenant  in  Uuserm  Kriegs- 
dienste zu  gebrauchen  haben  und  denselben  mit  unsz  ins  Feldt  zu 
gehen  beordert  und  daher  nöhtig  ist,  Jemandem  aufFzutragen,  der 
inmittelst  und  in  abwesenheit  dessen  zu  Potztam  und  Bornim  auf 

1)  Vjl;L  den  oben  erwähnten  leider  verlorenen  Aufsatz  Döbels. 

3 


—  34  — 

den  bau  achtung  geben;  Alsz  haben  Wir  dir^)  solches  auftragen 
wollen  und  befehlen  Dir  hiemit  gnädigst,  nach  der  von  Gedachtem 
Blesendorff  dir  gegebenen  Instruction  und  andeutung  auf  den  baw 
an  beyden  örtern  gute  Aufsicht  zu  haben,  alles  derselben  gemaesz 
lleissig  und  wohl  verfertigen  zu  lassen  auch  zum  öfftern  unter- 
thänigst  zu  berichten,  welcher  gestalt  und  wie  weit  die  arbeit  fort- 
gesetzet  und  da  etwas  nöhtig,  od  (er)  mangel  vorfället  mit  dem 
Ambtschreiber  zu  communiciereu  und  nebst  demselben  davon 
bericht  zu  überschreiben.  Gestalt  er  dann  auch  acht  haben  sol 
dasz  die  neue  Pforte  an  der  fortification  alliier  vom  Hoff  Steinmetzer 
recht  und  nach  gegebenen  leisten  und  zierrathen  gemachet  werde 
wie  denn  auch  am  Schloszbaw,  wo  es  nöhtig  seyn  wird,  A-^orsorge 
zu  tragen  und  aufs  neue  Stockwerck  bey  der  Waschbank  dahin  zu 
sehen  hat,  dass  die  Stockwercker  gleich  dem,  da  Unsere  Hertz- 
geliebte Gemahlin  logirt,  gleich  hoch  aufgeführet  und  mit  eben 
dergleichen  Fensterzargen  versehen  werden  und  in  allem  einerley 
zierrath  haben  möge;  Ingleichen  solstu  auch  bisweilen  auff  die 
Glasehütte  nach  Drewitz  reisen  und  was  du  etwa  zu  aufnehmen  der- 
selben gut  findest,  mit  oberwehntem  Unsern  ambtschreiber  über- 
legen, den  Tafel  Ofen,  auf  die  art,  wie  dir  schon  angedeutet,  ver- 
endern und  gute  Strenk  Steine  von  Thon  darein  machen  lassen. 
Und  damit  du  solche  Reisen  iedes  mahls  verrichten  kanst.  So  hastu 
wegen  der  fuhr  bey  gehenden  Pasz  zu  empfangen." 

Seyndt  etc. 

Geben  Cöln  etc.  den  14ten  Juny  1G76.") 

Eine  Menge  Aufgaben  verschiedenster  Art  harrten  also  Dö- 
bels, als  er  Blesendorffs  Vertretung  übernahm;  nicht  aufgezählt  ist 
aber  unter  ihnen  die  Aufsicht  über  die  nach  Backschat^)   ,,in  der 


^)  Wie  bereits  Galland,  „HohenzoUern  und  Oranien"  p.  240  bemerkt, 
gebraucht  Blesendorff  in  seinem  Entwurf  zu  diesem  kurf.  Dekret  wieder- 
holt die  Anrede  „Er",  während  der  Grosse  Kurfürst  daraus  „Du"  machte. 

-)  Schon  erwähnt  bei  Galland,  „Der  Grosse  Kurfürst  .  .  ."  p.  229 
und  „HohenzoUern  und  Oranien"  p.  2J0. 

3)  a.  a.  O.  p.  118. 


—  35  — 

zeitgenössischen  Literatur  so  bewunderten  Grotten  und  Wasser- 
künste, für  welche  Springquellen  am  Xordabhange  des  Weinberges 
(Zacheisberge)  das  Wasser  lieferten".  Es  handelte  sich  um  eine 
Fontäne,  die  man  in  den  70er  Jahren  erneut  herzustellen  versuchte. 
1677  Hess  Döbel  in  dem  grossen  Gang  im  Garten  bei  dem  „weichen 
Wetter"  (Mitte  November)^)  Röhren  legen,  so  „weit  zum  künftigen 
anderweitigen  waszerwerg  solche  zureichen  wollen".  „Die  Wasser- 
künste und  Grotten",  so  schreibt  Backscbat,  „müssen  ziemlich  zahl- 
reich gewesen  sein,  denn  es  war  für  sie  ein  besonderer  Grottmeister 
angestellt,  welcher  zu  des  Grossen  Kurfürsten  Zeiten  anfänglich 
200  Taler  erhielt.  Später  wurden  noch  100  Taler  aus  den  Pots- 
damer Baugeldern  zu  seiner  Besoldung  dazugelegt." 

Wie  Döbel  in  diesem  Falle  als  Wasserbautechniker  sich  be- 
tätigt hat,  so  dürfen  wir  auch  annehmen,  dass  er  in  gleicher  Weise 
den  anderen  oben  genannten  Aufgaben  sämtlich  gerecht  zu  werden 
sich  bemüht  hat  und  nicht  etwa  dieses  ihm  übertragene  Amt  ebenso 
leicht  nahm,  wie  den  Königsberger  Baumeisterdienst. 

Im  Verlaufe  seiner  Bautätigkeit  zu  Potsdam  und  Bornim  er- 
hielt Döbel  übrigens  auf  seine  Bitte  eine  Gehaltszulage.  Das  er- 
weist ein  kurfürstliches  Dekret  vom  6.  Mai  1676:"-)  „S.  Churfl. 
Durchl.  .  .  .  haben  diesem  gehorsambsten  suchen  in  gnaden  de- 
feriret.  und  Supplikanten  an  stath  der  2  Rthl.  Kopf-Geld,  so  Er 
ausz  den  Potstamschen  Bau-Geldern  haben  sollen,  wöchentlich  drey 
Rthlr.  Kopfgeld  ausz  den  Hoifstathes-Geldern  zu  erheben  gnädigst 
zugeleget:  Befehlen  demnach  dero  p.  Michel  Matthias  hiemit  in 
gnaden,  sich  darnach  zu  achten,  und  demselben  solche  drey  Rthlr. 
Kopfgeld  ausz  den  Hofstathes-Geldern  ä  dato  an  wöchentlich  ausz- 
zuzahlen." 

Dass  Döbel  damals  viele  kurfürstliche  Aufträge  zu  bewälti- 
gen hatte  und  wahrscheinlich  infolge  seiner  guten  Leistungen  sich 
des    besonderen    Wohlwollens    seines    Herrn    erfreute,    bezeugt 


1)  Ich    zitiere    hier    ganz  nach  Backschat,    weil  ich   das    betreffende 
Aktenstück  von  Mitte  November  1677  nicht  eingesehen  habe. 

2^  Charlottenburger  Haus-Archiv,  XX  =  Geh.  St.  A.  Rep.  9.  E.  n.  13. 

3* 


—  36  — 

schliesslich  auch  jenes  schon  Nicolai,  zum  mindesten  dem  Inhalte 
nach,  bekannte  Reskript  vom  29.  Juni  1674,  wonach  ihm  das  Recht 
zugestanden  wurde,  nötigenfalls  zur  Ausführung  kurfürstlicher 
ArlDciten  Gesellen  aus  fremden  Werkstätten  in  Anspruch  nehmen 
zu  dürfen.  Gewiss  eine  seltene  Bevorzugung,  zumal  in  jenen  Zei- 
ten  der  Zunftbeschränkungen. ■^) 

Das  denkwürdige  Reskript  sei  hier  wiedergegeben.^) 
,, Demnach  S.er  Churfl.  Durchl.  zu  Brandenburg  etc.  Dero 
Bildhauer  Michel  Döbeler  unterthänigst  zu  vernehmen  gegeben,'^) 
was  gestalt  theils  gesellen  sich  sehr  übel  anlieszen^)  u.  wans  ihnen 
gefiehle  aus  der  churfl.  arbeit  zu  andern  Meistern  alhier  in  arbeit 
träten,  dahero,  u.  damit  S.er  Churfl.  Durchl.  arbeit  nicht  Verhindert 
und  liegen  bleiben  müsste,  er  unterthänigst  gebeten,  in  gnaden  zu 
verordnen,  dass  wie  es  an  anderen  Orten  gebreuchlich,  an  des  Lan- 
desherrn arbeit  die  gesellen  auch  wol  gar  die  Meistern  mit  arbeiten 
helffen  müssten,  also  ihm  auch  hierunter  an  Hand  gegangen  wer- 


^)  Vgl.  Simon  und  \.  Czihak,  Königsberger  Stuckdecken  p.  10.  Zwei 
ähnliche  Fälle  fand  ich  gelegentlich  unter  Archivakten:  1)  als  im  Jahre 
1678  dem  Kurfürsten  zur  Feier  der  Heimkehr  aus  siegreichem  Feldzuge 
in  Berlin  eine  Ehrenpforte  errichtet  werden  soll,  müssen  dem  Herrn 
Martitius  „Künstler  und  Handwerker  so  nötig"  beim  raschen  Aufbau  der 
Pforte  zur  Hand  gehen  (Geh.  St.  A.  Rep.  21.  N.  2'ib.)  2)  mussten  „die 
Herren  Hof-  und  Academiemaler  .  .  .  dem  Herrn  Schlüter  zu  Handgehen 
bei  den  Plafondarbeiten  im  kgl.  Schloss"  —  als  er  diese  während  der 
Krönvingsreise  Friedrichs  I.  nach  Königsberg  möglichst  beschleunigen  soll. 
Charl.    Haus-Archiv,  Rep.   14.  F.,   11.  Dezember  1700  und  7.  Februar  1701. 

2)  Vgl.  Geh.  St.  A.  9.  E.  16. 

3)  Das  zugrunde  liegende  Supplikat  Döbels  ist  auch  erhalten  (Geh. 
St.  A.  9.  E.  16.);  die  wesentlichen  Punkte  werden  jedoch  in  dem  Erlass 
M'iederholt. 

4)  Die  Hofkünstler  haben  damals  anscheinend  oft  Är^er  an  ihren 
Gesellen  erleben  müssen.  In  der  Bestallungsurkunde  des  Johann  van  der 
Ley  (Colin  a.  d.  Spree  29.  Januar  165Si  heisst  es  ausdrücklich:  „  .  .  .  wie 
denn  Höchstermelter  S.  Ch.  D,  Befehl  hiemit  an  dieselben  gesellen  ergehet, 
das  sie  Ihine  Johann  van  der  Ley  als  Ihrem  Meister  unwidersprechlich 
pariren  undt  folgen,  Die  es  aber  nicht  zu  thun  gesinnen,  die  Churf.  Arbeit 
meiden  sollen  .  .   .  ."     Vgl.  Galland,  „Der  Grosse  Kurfürst".  .  .  p.  23!. 


—  37  — 

den  müsste.  Solchem  nach  Verstattung  S.er  Churfl.  Durchl.  dass 
dero  Bildhauer,  Döbeler,  so  offt  es  nötig  sejm  wird,  hiesige  Bild- 
hauer gesellen  zur  Hilffe  hinwegzunehmen  und  zu  der  Churfl.  Herr- 
schafft arbeit  gegen  das  gewöhnliche  Lohn  zu  gebrauchen  befugt 
seyn  solle,  Gestalt  Sie  dan  denen  Magistraten  u.  Gerichten  dero 
hiesigen  Residentz  Stätte  hiermit  gnädigst  befehlen,  mehr  besagten 
Döbeler  hierbey  gebürend  zu  schützen." 

Noch  in  anderer  Hinsicht  ist  dieses  Dekret  charakteristisch, 
noch  von  einer  anderen  Seite  zeigt  es  den  Meister  Döbel:  es  muss 
nämlich  unser  Befremden  erregen,  wenn  er  in  dem  vorhergehenden 
Supplikat  hervorhebt,  ..Gestalt  Ihre  Churfürstliche  Durchleucbtig- 
keit  ein  höhers  zum  wochenlohn  geben  als  andere"  —  und  trotz- 
dem sich  beklagen  muss,  „welcher  gestalt  theils  gesellen,  sich  sehr 
schlimm  anlassen  und  wanns  Ihnen  gefällt  aus  Ihrer  Churfürst- 
lichen  Durchläucbtigkeit  arbeit  zu  andern  Meistern  alliier  in  arbeit 
treten". 

Zwei  Möglichkeiten  gibt  es:  entweder  war  der  kurfürst- 
liche Dienst  für  die  Bildhauergesellen  doch  nicht  so  vorteilhaft 
und  lohnend,  wie  Döbel  es  hinstellt,  oder  —  es  lag  an  dem  Meister 
selbst:  er  mag  seine  Leute  über  Gebühr  zur  Arbeit  herangezogen, 
wenn  nicht  gar  ausgenutzt  haben,  oder  sich  sonstwie  als  unbe- 
quemen, unangenehmen  Vorgesetzten  gezeigt  haben.  Man  müsste 
die  Sache  dahingestellt  sein  lassen,  wenn  nicht  gelegentliche  archi- 
valische  Belegstellen  für  die  zweite  Vermutung  sprächen.  Sie 
setzen  uns  nämlich  davon  in  Kenntnis,  dass  Döbel  wiederholt  in 
Streitsachen  gegen  Untergebene  und  Kollegen  verwickelt  wurde, 
bei  denen  er  nicht  gerade  in  günstigem  Lichte  erscheint. 

Den  ersten  dieser  Prozesse  führt  er  gegen  seinen  Gesellen 
Jacob  Jacobsen  von  der  Bruch.  Ein  Dekret  vom.  14.  Juni  1674^  — 
also  14  Tage,  bevor  jene  denkwürdige  Verfügung  betreffs  der  Ge- 
sellenarbeit erlassen  wurde  —  besagt,  dass  der  erwähnte  Geselle  in 
Haft  genommen  ist,  weil  er  Döbel  in  gröblicher  Weise  beleidigt 
und  bedroht  habe.     V.  d.  Bruch  soll  deswegen  durch  den  Hausvogt 


1)  Geh.  St.  A.  Rep.  9.  D.  4.  c. 


—  38  - 

bestraft  werden  oder  wenigstens  ,,satisfaction  tun".  Ob  Döbel 
seinem  Gesellen  irgendwie  Anlass  zu  der  ,,ihm  zugefügten  harten 
Beschimpfung"  gegeben  hat,  wird  nicht  gesagt.  Aber  so  ganz  ein- 
wandfrei scheint  des  Meisters  Verhalten  auch  nicht  gewesen  zu 
sein,  weil  bereits  5  Tage  später  als  Antwort  auf  ein  supplicatum  des 
inhaftierten  Gesellen  ein  neuerliches  Dekret  an  den  Hausvogt\) 
ergeht,  den  von  der  Bruch  gegen  Stellung  einer  Kaution  von 
200  Talern  aus  der  Haft  zu  entlassen  und  ,,daruff  ihn  mit  seiner 
nothurfft  zu  hören"  sowie  einen  Bericht  darüber  einzusenden.  Wie 
die  streitige  Sache  auslief,  erfahren  wir  nicht.  Wir  dürfen  jedoch 
annehmen  —  wie  schon  erwähnt  wurde  —  dass  Döbel  den  Auftritt 
mit  seinem  Gesellen  selbst  verschuldet  hat,  weil  auch  einen  ganzen 
Monat  später  die  anfangs  so  energisch  geforderte  Bestrafung  v.  d. 
Bruchs  nicht  erfolgt  ist.  Jedoch  der  Meister  beruhigt  sich  nicht, 
sondern  bittet  in  einem  Supplikat  wieder  um  Genugtuung  und  er- 
reicht wenigstens,  dass  in  einem  Dekret  vom  14.  Juli')  die  Herren 
,,Grumbkaw,  D.  Mieg  und  der  Hausvogt  Sperkhan"  aufgefordert 
werden,  noch  einmal  die  Sache  zu  untersuchen:  „Wir  committiren 
euch  darauf  gdst.,  die  parten  förderlichst  vor  euch  zu  bescheiden, 
die  Sache  zu  hören  und  darinnen  der  Billigkeit  nach  zu  verabschei- 
den, unsz  auch  davon  Unsere  relation  abzustatten." 

Weitere  Nachrichten  in  dieser  Sache  fehlen.  Ein  ungünsti- 
ges Licht  wirft  folgendes  Dekret  vom  4.  Oktober  1682^)  auf  den 
Meister:  ,,S.  Churfl.  Durchl.  zu  Brandenburg  etc.  befehlen  hieruff 
dem  beklagten  Döbeln  in  gnaden  und  alles  ernstes  den  Supplicanteu 
(nämlich  den  Sttickateur  Anthon  Bellon)  an  seiner  reise  Keines- 
wegs zu  hindern,  Wegen  deszelben  Sohnes  aber  und  wasz  es  damit 
für  eine  Bewandnisz  habe,  zu  fernerer  Verordnung  eliists  zu  Be- 
richten." 


1)  Geh.  St.  A.  9.  E.  16.  —  Bereits  wiedergegebea  bei  Galland,  „Der 
Grosse  Kurfürst  .  .  .  ."  p.  229,  freilich  in  etwas  vom  archivalischen  Texte 
abweichendem  Wortlaut.  Weswegen  v.  d.  Bruch  verhaftet  wurde,  gibt 
Galland  nicht  an,    weil  ihm   das  Dekret  vom   14.  Juni  nicht  bekannt  ist. 

2)  Geh.    St.    A.    Rep.    9.    E.  16.    —    Vgl.    Galland,    a.  a.  O.    p.  228  f. 

3)  Geh.  St.  A.  Rep.  9.  E.  10.  —  Abgedr.  bei  Galland  a.  a.  O.  p.  232  f. 


—  39  — 

Xocli  iu  einer  anderen  Sache  war  sein  Verhalten  zu  tadeln: 
in  einem  Dekret  vom  29.  11.  1687^)  wurden  nämlich  der  Oberjäger- 
meister von  Lüderitz  und  der  Oberingenieur  Nering  aufgefordert, 
..mit  Zu  Ziehung  des  Bildhauers  von  Amsterdam  Eggers  zu  unter- 
suchen, ob  er  Debel  dessen  geständig,  so  er  Supplicanten  (nämlich 
den  Bildhauer  Jeremias  Süssmer)  beschuldiget  und  wieder  seine 
gesellen  gesprochen". 

Schon  aus  diesen  knappen  Hinweisen  kann  man  ersehen,  dass 
Döbel  nicht  gerade  ein  bequemer  Meister  und  Vorgesetzter  ge- 
wesen ist,  sondern  bisweilen  rigoros  vorgehen  konnte,  wahrschein- 
lich, um  den  persönlichen  Vorteil  besser  wahrzunehmen. 

Freilich  muss  man  mit  den  damaligen  Zeitumständen  rech- 
nen, wenn  man  solche  Vorfälle  gerecht  beurteilen  will.  Man  muss 
in  Erwägung  ziehen,  dass  eine  grosse  Menge  ausländischer  und  ein- 
heimischer Künstler,  auch  ohne  besondere  Einladung  des  Kur- 
fürsten, nach  Berlin  strebten,  alle  natürlich  in  der  Hoffnung,  gut 
zu  verdienen  und,  wenn  möglich,  des  Kurfürsten  Aufmerksamkeit 
zu  erregen.  Xun  wurden  aber  die  versprochenen  Gehälter  und  Ent- 
schädigungen durchaus  nicht  so  prompt  ausgezahlt  wegen  der  da- 
maligen Geldnöte  und  vielfach  drohenden  Kriegsgefahren.")  Die 
grossen  und  die  kleinen  Künstler  konnten  oft  nur  sehr  schwer  be- 
friedigt werden,  und  da  nimmt  es  denn  kein  Wunder,  wenn  die 
Gesellen  widerspenstig  und  die  Meister  wiederum  nervös  wurden. 

Erwägt  man  daneben,  dass  dazumal  in  allen  Betrieben  der 
Brotneid  und  damit  natürlich  die  üblichen  Verleumdungen  und 
Zänkereien  viel  elementarer  und  uuverhüllter  als  heutzutage  zum 
Ausdruck  kamen,  dass  Intriguen  und  Günstlingswirtschaft  bis  in 
die   höchsten  Kreise   hinein  herrschten,^)   dann  kommt  man  von 


1)  Geh.  St.  A.  Rep.  9.  E.  16.  —  Text  schon  bei  Galland  a.  a.  0. 
p.  234.  Vgl.  auch  Galland,  Rep.  f.  Kunst\viss.  1891,  p.  95.  —  Das  Dekret 
wird  aucli  erwähnt  bei  D.  Joseph,  Forschungen  zur  Geschichte  von  Künstlern 
des  Grossen  Kurfürsten,  1896  p.  4ri. 

2)  Vgl.  p.  24,  Anm.  2. 

3)  Vgl.  König,  Versuch  einer  Schilderung  Berlins,  Teil  II,  1793  p.  439. 


—  40  — 

selbst  zu  einer  anderen  Beurteilung  solcher  Streitfälle.  Michael 
Döbel  braucht  durchaus  nicht  als  ein  aussergewöhnlich  unverträg- 
licher Mensch  angesehen  zu  werden.  Er  war  vielmehr  ein  Kind 
seiner  Zeit,  er  musste  sich  seiner  Haut  wehren  und  in  der  damals 
üblichen  Weise  um  seine  Stellung  kämpfen. 

Mit  diesen  allgemeinen  Feststellungen  müssen  wir  uns  be- 
gnügen; im  einzelnen  Recht  und  Unrecht  abzuwägen  ist  unmög- 
lich, weil  das  archivalische  Material  nicht  hinreicht. 

Einige  weitere  Streitfälle,  in  die  Döbel  verwickelt  war,  seien 
hier  der  Vollständigkeit  halber  erwähnt. 

Ganz  unklar  ist  der  Gregenstand  der  Untersuchung  in  den  fol- 
genden beiden  Dekreten:  Ende  des  Jahres  1686  schwebt  eine  Sache 
zwischen  dem  ,,preussischen  Baumeister  Michel  Döbeln  und  dem 
Marmorier  Raming  nebst  des  Planteurs  zu  Bornim  Praeceptoren". 
Die  ,,Justitzfakultät  zu  Frankfurt"  wird  am  2.  November  ersucht, 
ihr  Gutachten  abzugeben,  weil  „diesz  Verbrechen  nach  Verdienst 
bestraffet"  werden  soll.^) 

Und  in  einem  Dekret  vom  i  August  ^^Q^'-")  i?Seine  Churf. 
Durchl.  .  .  .  befehlen  dero  Bildhauer  Döbeln  hiermit  in  gn(a)d(en), 
Von  dieser  Sachen  wahren  beschaffenheit  seinen  unterthänigsten 
bericht  zu  ferner  Verordnung  abzustatten,  auch  dieses  Supplicat 
(von  dem  sich  beklagenden  Christian  Cronen)  zugleich  wieder  mit 
einzusenden." 

Um  Geldsachen  handelt  es  sich  zweimal:  1668  beanspruchte 
Döbel  von  einem  gewissen  Morisseau  100  Taler,  anscheinend  mit 
Recht,  denn  dieser  musste  die  Summe,  bevor  er  eine  Reise  antrat, 
in  der  Hausvogtei  deponieren,  und  Döbel  durfte  sie  zufolge  eines 
Dekrets  vom  25.  Juli  1668^)  abheben.    Jedoch  endgültig  war  die 


1)  Geh.  St.  A.  Rep.  9.  D.  4c. 

2)  Geh.  St.  A.  Rep.  9.  E.  16.  —  Abgedr.  bereits  bei  Galland,  „Der 
Grosse  Kurfürst  .  .  ."  p.  229,  mit  etwas  anderem  Wortlaut.  Joh.  Christoph 
Döbel  kann  nicht  gemeint  sein  -  wie  Galland  es  dahinstellt  —  weil  er 
damals  noch  in  Königsberg  beschäftigt  war.     Vgl.  darüber  unten  p.  52. 

3)  Geh.  St.  A.  Rep.  9.  D.  n.  4. 


—  41  — 

Sache  noch  nicht  entschieden,  weil  Döbel  vor  Auszahlung  der 
100  Taler  Kaution  stellen  musste.  Man  rechnete  damit,  dass 
Morisseau  nach  seiner  Rückkehr  gegen  Döbel  einen  Prozess  an- 
strengen würde  und  möglichenfalls  gewinnen  könnte. 

Im  Jahre  1698  klagte  Döbel  eine  Wechselforderung  von 
1000  Talern  gegen  den  Apotheker  Gerhard  Vermehrer  zu  Colin 
a.  d.  Spree  ein.  Durch  vier  kurfürstliche  Dekrete^)  an  den  Ma- 
gistrat zu  Colin  werden  wir  einigermassen  über  die  Sachlage  orien- 
tiert: 

Vermehrer  war  in  Geldschwierigkeiten  und  kam  in  einem 
Supplikat  an  den  Kurfürsten  um  Gewährung  eines  Moratoriums 
ein.  Auf  eine  kurfürstliche  Anfrage  vom  15.  März  1698  inbetretf 
des  „Kreditwesens"  Vermehrers  erhielt  man  ungünstige  Auskunft, 
so  dass  am  29.  März  verfügt  wurde,  das  Moratorium  sei  —  „zu- 
mahlen  wider  wechsell-Briefe"  —  nicht  zu  gewähren.  Döbel  über- 
sah wahrscheinlich  die  Sachlage  und  wandte  sich  in  zwei  Bitt- 
schreiben an  den  Kurfürsten  Friedrich  III.,  ihm  zu  der  ausstehen- 
den Wechselforderung  von  1000  Talern  zu  verhelfen,  iim  29.  Mai 
und  8.  Juni  des  Jahres  ergehen  dann  auch  zwei  Dekrete  an  den 
CöUner  Magistrat,  dem  Supplikanten  Döbel  ,,nach  Anweisung  des 
Wechsellrechts  zu  seiner  Befriedigung  zu  verhelffen".") 


1)  Sämtlich  im  Geh.  St  A.  Rep.  9.  C.  6. 

2)  Ausser  dem  Zusammenhange  seien  liier  noch  zwei  Kriminalsachen 
beigefügt,  in  die  Döbel  hineingezogen  wurde:  Im  März  1690  wendet  er 
sich  in  einer  Diebstahlssache  an  den  Kurftirsten  Friedrich  III.  Er  führt 
„wegen  Verschiedener  Ihm  entwendeter  Sachen  Klage"  und  erreicht  es,  dass 
gemäss  kurfürstl.  Dekrets  vom  26.  März  des  Jahres  (Charl.  Haus-Arch. 
Rep.  XX.  =  Geh.  St.  A.  9.  E.  16)  der  Hausvogt  Conicerus  und  der  adiunctus 
fisci  Duhram  beordert  werden,  in  der  Wohnung  des  Supplikanten  die 
Sache  zu  untersuchen  und  „unterthänigsten  Bericht  abzustatten."  —  Im 
Kurmärkischen  Registraturbuch  des  Geh.  St.  A.  Berlin  findet  sich  aus 
dem  Jahre  1685  folgender  Passus :  „Mich. :  Döbels  Lehriung,  Hansz 
Christoff  Krausen  Schandthat  in  pö.  stupri  violenti."  Rep.  49.  9.  Vol.  A. 
23.  —  Das  Aktenstück  selbst  ist  nicht  vorhanden;  wahrscheinlich  ist  es 
kassiert  worden. 


—  42  — 

Über  seine  künstlerische  Tätigkeit  nach  Vollendung  des 
Bornimschen  Baues  gibt  es  nur  ganz  wenige  archivalische  Nach- 
richten: Am  22.  November  des  Jahres  1678  wurden  ihm  ,,zu 
fortsetzung  seiner  arbeit"  an  einer  Ehrenpforte  in  Berlin  10  Tal  er 
ausgezahlt.^)  Nachdem  der  Grosse  Kurfürst  erfolgreich  in  Pom- 
mern gekämpft  hatte,  regte  nämlich  Schwerin  am  28.  Oktober  des 
erwähnten  Jahres  von  Landsberg  aus")  bei  den  Berliner  kurfürst- 
lichen Geheimräten  an,  dem  Herrscher  zur  Feier  seiner  Rückkehr 
aus  dem  Feldzuge  eine  Ehrenpforte  zu  errichten,  wie  es  bereits 
im  Vorjahre  nach  der  Eroberung  Stettins  geschehen  sei.  Man  griff 
den  Gedanken  auf  und  der  kurfürstl.  Rat  Martitz  wurde,  wie  schon 
im  A^orjahre,  so  auch  diesmal,  mit  der  Ausführung  des  Planes 
h-eauftragt.^)  Die  Kosten  sollten  von  den  kurfürstlichen  Bedien- 
ten und  Eximierten  aufgebracht  werden,  das  Material  wurde  von 
der  Amtskammer  geliefert  und  die  kurfürstl.  Künstlei*  und  Hand- 
werker wurden  angehalten,  dem  Bauleiter  Martitz  zur  Hand  zu 
gehen.  Döbel  gehörte  sowohl  zu  den  mitwirkenden  Künstlern  als 
auch  zu  den  beisteuernden  Eximierten,  und  zwar  entfiel  auf  ihn 
hierbei  eine  Quote  von  2  Talern.-^) 

Nähere  Angaben  über  die  Bauart  der  Pforte  fehlen.  Es  sei 
nur  noch  erwähnt,  dass  die  Ehrenpforte  1679  auf  allerhöchsten  Be- 
fehl abgebrochen  werden  musste,  weil  man  sie  in  Bürgerkreisen  als 
Verkehrshindernis  empfand.^) 

Im  November  1678  —  als  ihm  die  10  Taler  für 
seine  Tätigkeit  an  der  Ehrenpforte  zugeschrieben  wurden, 
wird  Döbel  als  ,,preusz.  Land-  und  Baumeister"  angeführt. 
Wie  stand  es  nun  mit  seiner  preussischen  Baumeisterlaufbahn?  — 
Die  direkten  archivalischen  Nachrichten  darüber  brechen  mit  dem 


1)  Geh.  St.  A.  Rep.  21.  n.  2-4b.  (Aktenstück  über  Ehrenpforte)  p.  17.  — 
Auf  Döbels  Beteiligung  am  Ausbau  dieser  Ehrenpforte  hat  mich  Herr 
Prof.  Dr.  Galland,  der  inzwischen  verstorben  ist,  aufmerksam  gemacht. 

-)  ebenda  p.  2. 

3)  ebenda  p.  4. 

*)  ebenda  p.  27. 

6)  Geh.  St.  A.  Rep.  21.  n.  24b. 


—  43  — 

Jahre  1076  plötzlich  ab  —  wenigstens  soweit  es  mir  bekannt  ge- 
worden ist.^)  Jedoch  es  gibt  untrügliche  Belege  dafür,  dass  dem 
Künstler  Titel  und  Einkommen  eines  preussischen  Baumeisters  bis 
zu  seinem  Tode,  also  bis  zum  Jahre  1702  verblieben.  Denn  noch 
am  2.  Xovember  1686")  in  einem  kurfürstl.  Dekret  wird  er  als 
„Unser  Preusz.  Baumeister"  bezeichnet  und  auch  ein  Jahr  vor 
seinem  Tode  ist  ganz  offiziell  die  Rede  von  ,,Joh.  Michel  Döbelin 
als  Unserm  Königl.  Preuszischen  Landbaumeister  u.  Hoffbild- 
hauern".^)  Seinem  Bruder  Johann  Christoph  war  das  preussische 
Baumeisteramt  nur  vertretungsweise  „bisz  zu  seiner  (Michaels) 
uiederkunft"  übertragen  worden.^)  Ausser  zum  preussischen  Bau- 
meister war  Döbel  übrigens  im  Laufe  der  Jahre  auch  zum  Hofbild- 
hauer ernannt  worden,^)  und  in  diesem  Amte  wurde  er  auch  von 
dem  neuen  Kurfürsten  im  Jahre  1689  bestätigt.  lieber  eineinhalb 
Jahre  verflossen  jedoch  nach  dem  Tode  des  Grossen  Kurfürsten  bis 
dessen  Nachfolger  ,,den  gewesenen  Hoffbildhauer  Michel  Döbeln" 
als  solchen  in  seine  Dienste  übernahm. 

In  der  neuen  Bestalluugsurkunde^)  wird  von  dem  Künstler 
verlangt,  dass  er  ,, alles  was  Sie  (=  Seine  kurfürstl.  Durchl.)  ihn  an 
Bildhauer-arbeit  zu  verfertigen  anbefehlen  werden,  auf  das  aller- 
fleissigste  und  nach  seiner  besten  wiszenschaft  und  Kunst  sauber, 


1)  Vgl.  p.  23. 

2)  Geh.  St.  A.  Rep.  9.  D.  4c. 

3)  Rep.  9.  E.  E.  16. 
*)  Vgl.  p   21. 

5)  Die  Bestallungsurkunde  scheint  nicht  erhalten  zu  sein,  jedenfalls 
unterzeichnet  sich  Döbel  in  einem  Supplikat  an  den  Grossen  Kurfürsten 
von  Mitte  Juni  1674  (vgl.  Seite  36,  Anm.  3)  =  Michael  Däbeler  Hoff- 
bildhauer. Vgl.  auch  Geh.  St.  A.  Rep.  7  n.  10b.  Das  Drekret  vom 
12.  Juni   1676. 

6)  Charl.  Haus-Arch.  Rep.  XX  (=  Geh.  St.  A.  Rep.  9.  E.  16).  Zu- 
erst erwähnt  bei  Dohme,  Kgl.  Schloss  Berlin,  1876,  p  19,  dann  auch  bei 
Galland,  „Der  Grosse  Kurfürst  .  .  ."  p.  228  (jedoch  irrtümlich  als  vom 
2.  Oktober  1689  datiert)  und  bei  Simon  —  v.  Czihak,  Kbg.  Stuckdecken, 
1899,  p.  10.  —  Eine  neue  Bestallungsurkunde  des  Künstlers  zum  preuss. 
Baumeister  habe  ich  nicht  ermitteln  können. 


—  44  — 

und  zierlich  sobald  als  möglich  verfertigen  solle,  welche  seine 
arbeit  Sie  ihm  allemahl  nach  billigmässig  preisz  bezahlen  laszen, 
auch  über  das  nebst  der  freien  Wohnung  noch  jährlich  zwey- 
liundert  Rth.  von  dero  p.  Oberlicent  zahlen  laszen  wollen,  maszen 
Sie  demselben  hirmit  gnädigst  befehlen,  ihm  solche  200  Thaler^) 
quartaliter  mit  50  Thalern  gegen  quittung  zu  bezahlen,  und  damitt 
den  anfang  von  Trinitatis  bisz  Crucis  1688  zu  machen.  Jedoch 
dasz  er  zuvor  die  Verordneten  marine-Gelder")  desfals  erlege. 

Urkundl.  Colin  2.  Dec.  1689." 

Im  Verhältnis  zu  anderen  Künstlern  am  brandenburgischen 
Hofe  und  insbesondere  den  holländischen  erhielt  Döbel  gerade 
nicht  viel  Gehalt.  Doch  durch  seine  rege  Tätigkeit  verstand  er  es, 
wie  wir  noch  erfahren  werden,  eine  ganze  Menge  Geld  nebenher  zu 
verdienen.  So  erhielt  er  bereits  kurz  nach  seiner  neuen  Bestallung 
.,vor  verfertigthe  Arbeit  an  seiner  Churfl.  Durchl,  neuen  Cohr,  in 
dem  Duhm,  besage  verordtnung,  vom  20.  Decembr:  1689'^)  245 
R,eichsthaler". 

Im  Anschluss  an  die  erwähnte  Arbeit  am  neuen  Domchor  fiel 
ihm  sodann  die  Aufgabe  zu,  eine  neue  Domkanzel  zu  bauen.  Durch 
irgendwelche  Zwischenfälle  verzögerte  sich  diese  Arbeit  bis  in  den 
Mai  des  Jahres  1690  hinein,  und  das  wäre  für  den  Künstler 
beinahe  verhängnisvoll  geworden.  Denn  der  Kurfürst  ist 
über  die  Verzögerung  höchst  ungehalten  und  lässt  am  -^  Mai 
1690  von  Königsberg  aus  an  den  ,, Stadthalter"  und  die  Räte  zu 


1)  Nach  Einführung  der  Accise  war  bei  allen  Bestallungen  das 
Naturaldeputat  abgeschafft  worden.  Galland,  „Der  Grosse  Kurfürst  ..." 
p.  196  Anm.  3. 

2)  Die  sog.  Marinegelder  musste  ein  jeder,  der  eine  kurfürstl.  Be- 
gnadigung, Bestallung  etc.  erhielt,  seit  1686  entrichten.  Das  Edikt  darüber 
soll  nach  Ausweis  des  kurmärkischen  Registraturbuches  im  Geh.  St.  A. 
unter  Rep.  9.  C.  n.  1.  liegen.  Döbel  hatte  für  200  Rthlr.  ganze  21  Taler 
zu  entrichten,  und  zwar  tat  er  es  bereits  am  11.  Dezember  16S9  (vgl. 
Charl.  Haus-Arch.  Rep.  XX j. 

3)  Geh.  Arch.  d.  Kriegsministeriums,  General-Militär-Kasse  71,  1,  p. 
218;  erwähnt  bei  Joseph,  a.  a.  0.  p.  44. 


—  45  — 

Berlin  schreiben.^)  er  vernehme  ,,mit  sonderbahrem  misfallen,  dass 
an  der  Neuen  Cantzell,  so  aldort  im  Thumb  (Dom)  gesetzet  werden 
soll,  (am  Rande:  ..von  dem  Bildhauer  Döbeln")  bisher  sehr  wenig 
gearbeitet  worden,  Esz  haben  auch  solchem  nach  Ew.  Ld. 
{=  Liebden)  und  Ihr  ged**""  Döbel  vorzu fordern,  Ihm  diese  seine 
Xachlässigkeit  scharf  zu  verweisen,  und  ihm  danebst  bej'  Verlust 
seines  Dienstes,  und  anderer  exemplarischen  BestrafFung  anzu- 
befehlen, dass  er  die  arbeit  in  gedachter  Cantzell  aller  möglichkeit 
nach  beschleunigen,  und  dieselbe  aufs  förderlichste  zur  perfection 
bringen  solle,  maszen  wir  dan  bey  Unserer  ankunfFt  aldort  deshalb 
genaue  Xachfrag  thun.  und  dem  Befinden  nach  solche  Verfügung 
machen  wurden,  dass  er  diese  seine  fahrläszigkeit  wurde  zu  be- 
reuen haben."  Döbel  wurde  dementsprechend  in  Berlin  vermahnt; 
er  entschuldigte  sich  umgehend,  suchte  die  Verzögerung  zu  be- 
gründen und  damit  hatte  die  Sache  wohl  ihr  Bewenden. 

Weitere  archivalische  Nachrichten  über  sein  Wirken  sind 
mir  nicht  bekannt. ")  Xur  soviel  steht  fest,  wenn  wir  den  Angaben 
seiner  beiden  Kinder  erster  Ehe^)  und  der  Pastoren  folgen  wollen, 
welche  ihm  Leichenpredigt  und  Abdankungs-  und  Trostpredigt 
hielten,"*)  —  dass  Döbel  bis  an  sein  Lebensende  eine  umfangreiche 
und  einbringende  Tätigkeit  entfaltete.  „Nach  einer  bemüheten 
Jugend  war  er  arbeitssam  bis  in  sein  hohes  Alter.     Man  wird  ihm 


1)  Geh.  St.  A.  Eep.  2.  n.  2-1. 

-)  Urkundlich  scheint  allerdings  noch  überliefert  zu  sein,  dass 
Diibel  mit  dem  kurfürstlichen  Baumeister  und  Hofbildliauer  Dieussart,  mit 
einem  Quellinus  und  anderen  Künstlern  zusammen  an  der  inneren  Ein- 
richtung und  Ausschmückung  des  königl.  Stadtschlosses  zu  Potsdam  ge- 
arbeitet hat  (vgl.  V.  Engelcken,  im  9.  Jahrg.  d.  „Bär"  p.  103 1.  Engelcken 
spricht  von  ,.höchst  dürftigen  Nachrichten"  die  darüber  erhalten  seien, 
gibt  aber  die  Quelle  nicht  an. 

3)  In  ihrem  Bittgesuch  vom  19.  Okt.  ITüi  an  den  König,  (Charl. 
Haus-Arch.  Rep.  XL  =  Geh.  St.  A.  9.  E.  16). 

^)  Vgl.  Seite  5,  Anm.  1.  Die  beiden  Gedächtnisreden  sind  übrigens 
auch  bei  Müller-Küster  „Altes  u.  Neues  Berlin"  \1'41,  im  ersten  Teile 
p  180  u.  188  unter  den  hinterlassenen  Schriften  der  beichn  I'rediger  an- 
geführt. 


—  46  — 

wol  wenig  müssig  oder  den  Ergetzungen  nachgehen  gesehen  haben. 
A'^ielmehr  war  seine  ordentliche  Beschaff tigung  zugleich  seine  Lust 
und  ergetzte  er  sich  darin  wann  er  etwas  sinnreiches  zur  Ehre 
seiner  Kunst  zum  Vergnügen  seines  allergnädigsten  Herrn,  auch 
sonst  zum  Dienst  seines  Nechsten  erfunden  und  ausgearbeitet 
hatte."^) 

Als  Architekt  scheint  er  in  Berlin  grossen  Ruf  besessen  zu 
haben;  so  heisst  es  z.  B.  in  der  Leichenpredigt  (p.  5):  „Manchen 
schönen  Riss  (hat  er)  verfertiget,  manche  bequeme  Wohnung  an- 
gegeben, manch  prächtiges  Gebäu  aufgeführet",  und  in  der  Ab- 
dankungsrede wiederum  (p.  31)  wird  gesprochen  von  ,, künstlich 
angeordneten  Gehauen  und  Kunstreichen  Bildnissen",  die  man  täg- 
lich bewundern  könne.  Man  erfährt  von  ,,viehlfeltigen  Bezahlun- 
gen Vor  Kostbahre  Arbeit  So  wohl  hier  in  Berlin  zu,  Borne  Caput 
und  andere  Königl.  Heuser".  Mit  vielen  Gesellen  habe  er  gear- 
beitet, und  zwar  nicht  nur  für  die  allerhöchsten  Herrschaften,  son- 
dern auch  für  ,, andere  Vornehme  Grawen  und  Herrn".  ,, Bezah- 
lung und  Bestallungen  (seien  ihm)  Bald  ausz  der  Rentey  Bald  ausz 
der  Baue  Casse  Bald  ausz  der  Krieges  Casse  und  Schartol  gelder 
gezahlet  worden."")  So  erscheint  es  glaublich,  wenn  die  erwähnten 
Kinder  aus  seiner  ersten  Ehe  behaupten,  dasis  ihr  Vater  „bey  ab- 
sterben Unser  Seel.  Mutter  (vor  1678)  bisz  Absterben  seiner  ein 
Ver  Miigener  Mann  gewehsen  So  viel  Menschen  so  zu  der  Zeit  mit 
Ihm  umb  gegangen  erkennen  müszen."^) 

Wie  schon  nebenher  erwähnt  ist,  war  Michael  Döbel  zweimal 
verheiratet,  nämlich  zuerst  mit  Anna  Maria  Villers,  seit  1665.  Sie 


1)  Vgf.  Jablonski,  a.  a.  O.  p.  25. 

2)  Bittschrift  vom  19.  10.  1703  (Charl.  Haus-Arch.  Rep.  XI). 

3)  Unter  diesen  Umständen  konnte  er  leichthin  jenem  Apotheker 
Vermehrer  ein  Darlehen  von  1000  Talern  geben.  Vgl.  oben  p.  41.  — 
Auch  der  Schlesier  Gottfried  Bartsch,  seit  1674  Hofkupferstecher  (vgl. 
Nicolai  a.  a.  O.  p.  42),  welcher  nach  Galland  nur  ein  „mittelmässiger 
Kupferstecher"  gewesen  ist,  soll,  als  er  1686  aus  dem  kurfürstl.  Dienst 
trat,  dank  seiner  künstlerischen  Fruchtbarkeit  ein  Vermögen  besessen 
haben.     Vgl.  Galland,  „Der  Grosse  Kurfürst  ..."  p.  227  f. 


—     4:1     — 

starb  in  den  70er  Jahren,  nachdem  sie  ihm  5  Söhne  und  2  Töchter 
geschenkt  hatte.^)  Am  18.  Xovember  1678  vermählte  er  sich  dann 
mit  der  jüngsten  Tochter  des  ,,Churfl.  Brandenburgischen  Ge- 
heimbten  Cantzelej'-Secretarii"  Gabriel  Colombel  (Coulombeil), 
namens  Anna.")  Ein  Sohn  und  zwei  Töchter  entstammten  dieser 
Ehe,  nämlich  Justus  David,  Anna  Charlotte  und  Eleonora  Louisa.'') 
Justus  David  gewinnt  für  uns  greifbare  Gestalt  durch  einige  archi- 
valische  Nachrichten:  einmal  weist  der  alte  Döbel  in  einem  Suppli- 
kat  vom  9.  Juli  1696"^)  an  den  Kurfürsten  darauf  hin,  dass  sein 
..Jüngster  Sohn  bisz  dato  zur  Schulen  ....  in  seinen  studiis  der- 
gestald  provicirt"  habe,  dass  er  „ihn  auf  zu  rathen  seiner  praecep- 
torum  auxiliante  Deo  bald  nacher  Franckfurt  seine  studia  zu  pro- 
seqviren  senden  wolte".  Schon  am  20.  Juni")  des  Jahres  und 
früher  war  er  au  zuständiger  Stelle  (bei  zwei  Exzellenzen)  um 
Freitisch  und  Stipendium  für  seinen  Sohn  eingekommen,  jetzt 
wendet  er  sich  mit  derselben  Bitte  an  den  Kurfürsten  Friedrich  IIT. 
(,..  .  .  mir  alsz  Dero  alten  Diener  die  hohe  Gnade  zu  erw^eisen  .  .  .'") 
und  versichert  dabei:  ..es  wird  mein  Sohn  seine  studia  mit  solcher 
gebührenden  diligence  abwarten,  damit  er  dermahl  eins  dieser 
hohen  Gnade  halber  Ew.  Churf.  Durchl.  ein  qualificirtes  Subjectum 
wird  darstellen  köuen."  Darauf  wird  ihm  noch  an  demselben  Tage 
der  kurze  Bescheid,  dass  das  in  Betracht  kommende  Stipendium 
noch  nicht  vakant  sei.  und  er  wird  auf  den  6.  Februar  des  kom- 


^)  Nur  zwei  von  diesen  Kindern  überlebten  den  Vater:  Philipp 
Gottlieb  und  Eva  Maria,  die  Frau  des  Hof-Tapezierers  (oder  wie  sie  selbst 
in  dem  erwähnten  Bittgesuch  vom  19.  Okt.  1703  schreibt:  „Königl.  Bett- 
meisters  zu  Potstam")  Anton  Biet. 

2)  Jablonski  a.  a.  O.  p.  5.  und  Töpken  a.  a.  O.  p.  33.  Galland,  „Der 
Grosse  Kurfürst  .  .  ."  p.  228  schreibt  fälschlich  Anna  Gabriela,  und  mit 
ihm  auch  Backschat,  a.  a  O.  p.  118.  Der  Vorname  des  Vaters  Colombel 
hat  vermutlich  diesen  Irrtum  veranlasst.  —  Aus  erster  Ehe  stammten  ferner 
zwei  Töchter  und  nicht  drei,  wie  Galland  und  Backschat  meinen. 

3)  Töpken,  a.  a.  O.  p.  33. 

*)  Geh.  St.  A.  Rep.  51.  Xr.  53.  p.  4  (Duplikate 
5)  Ebenda  p.  2. 


—  48  — 

menden  Jahres  vertröstet.^)  Jiistus  David  seheint  tatsächlich  ein 
brauchbarer  Mensch  geworden  zu  sein,  denn  noch  als  Student 
wurde  er  vom  Vater  in  besonderem  Auftrage  nach  ,,Holl-  undt 
Engellandt"  geschickt.  Am  16.  Mai  1701  wurde  ihm  jedenfalls 
im  Namen  des  ersten  Königs  von  Preussen  ein  Pass  für  das  In-  und 
Ausland  ausgestellt.") 

Ein  Jahr  darauf  starb  Michael  Döbel,  vermutlich  nach  län- 
gerer Krankheit,  und  zwar  ,,den  8.  Augusti,  Dienstags  Morgens 
zwischen  9  und  10  Uhr  dieses  1702.  Jahres,  im  67.  Jahr  seines 
Alters."^)  Schon  immer  soll  er  „embsig  in  seinem  Christenthum" 
gewesen  sein,  wie  Jablonski  (p.  25)  es  rühmend  hervorhebt:  Er 
,,dienete  Gott  daheim  mit  den  Seinigen,  und  wohnete  auch  mit  den- 
selben dem  öffentlichen  Gottesdienst  fleissig  bey".  So  starb  er 
auch  als  frommer  Christ,  nachdem  er  ,,auf  seinem  Siech-Bett  lie- 
gend" gebeichtet  und  sich  von  Jablonski  durch  das  Wort  Gottes 
hatte  trösten  lassen. 

Unter  zahlreicher  Beteiligung  selbst  sehr  hoher  Herren"^) 
fand  das  Leichenbegängnis  am  11.  August  statt.  Herr  Christo- 
phorus  Töpken,  königlicher  Prediger  am  Dom,  hielt  vor  dem  auf- 
gebahrten Sarge  *^)  die  Abdankungs-  und  Trostrede,  darauf  wurde 
die  Leiche  ,,im  Gewölbe  in  der  Neuen  Kirchen  in  Berlin",  der 
jetzigen  Parochialkirche,^)  beigesetzt.  Am  folgenden  Sonntag,  den 
13.  August,  gedachte  ferner  der  reformierte  Bischof  Jablonski') 


1)  Ebenda  p.  3. 

2)  Geh    St.  A.  Rep.  9.  E.  E.  16. 

3)  Vgl.  Töpken,  a  a.  0.  p.  33.  —  Wenige  Stunden  nach  Döbels  Ab- 
leben übrigens  bewarb  sich  schon  der  Bildhauer  Gottlieb  Herfort  um  die 
erledigte  Hofbildhauerstelle !  (Charl.  Haus- Arch. Rep.  XX  =  Geh. St.  A . 9. E.IG.J. 

4)  Töpken  a.  a.  O.  p.  33. 
5}  Töpken  p.  31. 

6)  Dass  die  hier  sog.  „"Neue  Kirche"  identiscli  ist  mit  der  heutigen 
Parochialkirche  geht  z.  B.  aus  Christoph  Pitzlers  Reysebeschreibung  vom 
Jahre  1695  (Manuskript  d,  Bibl.  d.  Charl.  Hochschule)  p.  568  hervor.  Dort 
ist  nämlich  die  Rede  von  der  „Neuen  Kirche"  in  der  Klostergasse. 

7)  Nach  Schwebel,  im  „Bär"  1877  p.  202  war  Jablonski  an  der 
Parochialkirche  tätig. 


—  49  — 

beim  Gottesdienst  in  der  Parochialkirclie  des  „Weiland  Edlen, 
Gross-Achtbaren  und  Kunstreichen  Herrn  Johann  Michael  Döbel" 
in  läng-erer  Rede. 

Durch  ein  Dekret  vom  17.  August  1702')  wurde  bestimmt, 
dass  der  Witwe  Döbels  ..nicht  allein  die  freye  wohnung  auf  Ein 
Jahr  gelaszen,  sondern  Ihr  auch  ausser  dem  quartal,  in  welchen 
ihr  Ehemann  verstorben,  das  darauffolgende  gnaden  quartal  ge- 
reichet werden  solle". 

Dass  dem  in  seinem  Berufsleben  so  tätigen  und  erfolgreichen 
Künstler  ein  glückliches  Lebensende  beschert  gewesen  ist,,  müssen 
wir  füglich  bezweifeln.  Jedenfalls  scheint  seine  zweite  Frau  sich 
mit  ihren  Stiefkindern  nicht  gut  gestanden  zu  haben,  und  schon 
bei  Lebzeiten  Döbels  nur  allzusehr  auf  die  Bevorzugung  der  leib- 
lichen Kinder  und  auf  ihren  eigenen  Vorteil  ausgegangen  zu  sein. 
Der  Künstler  erfüllte  wahrscheinlich  nur  einen  speziellen  Wunsch 
seiner  Frau,  wenn  er  am  17.  Juni  1690  die  Erklärung  abgab,')  dass 
er  nicht  Erbe  der  ersten  Frau  geworden  sei  und  zugleich  damals 
eine  ,, Spezifikation  ihrer  Verlassenschaft"  abgab.  Ferner  erfahren 
wir  von  einer  am  17.  April  1697  aufgestellten  Spezifikation  der  Ge- 
schenke, welche  die  Witwe  ,,von  Ihrem  verstorbenen  Mann  .... 
bekommen"  hatte. ^)  Man  erfährt  auch  sonst,  dass  Döbels  zweite 
Frau  sich  beizeiten  einen  erheblichen  Teil  der  zu  erwartenden  Erb- 
schaft zu  sichern  gesucht  hatte.  Solange  der  Hausherr  lebte, 
scheint  wenigstens  nach  aussenhin  der  Friede  in  der  Familie 
gewahrt  zu  sein,  nach  seinem  Tode  kam  es  aber  zu  Zwistigkeiten 
zwischen  Stiefmutter  und  Stiefkindern  und  bald  entstand  ein 
Prozess,  der  über  10  Jahre  währte.  Wenn  man  den  Angaben  der 
Kinder  erster  Ehe,  die  sie  in  einer  an  den  König  gerichteten  Be- 
schwerde und  Bittschrift  machten,"^)  glauben  kann,  so  muss  die 


1)  Geh.  St.  A.  Rep.  9.  D.  6. 

2)  Vgl.  das  Kammergerichts-Gutachten   vom    22.  Mai  1713  S.  2.  Geh. 
Sr.  A.  Rep.  9.  y.  2. 

3)  Ebendort  S    2,  3. 

1)  19.  Okt.   1703  im  Charl.  Haus-Arch.  Rep.  XI. 

4 


—  50  — 

Stiefmutter  in  ganz  unerhörter  Weise  gegen  jene  vorgegangen  sein. 
Sie  beklagen  sich,  dass  die  Witwe  „Vor  gibet  als  sie  demselben 
(Michael  Döbel)  geheyrahtet  habe  sie  bey  ihm  nichts  gefunden 
und  er  ein  armer  Mann  gewehsen  zu  geschweigen  do  er  gestorben 
hat  sie  nicht  mehr  an  Bahrschafft  ad  inventary  gebracht  Als 
6  Groschen  so  er  noch  bey  sich  in  seinen  Hosen  getragen."  Das 
sind  ganz  offenbare  Unwahrheiten,  und  einen  noch  bedenklicheren 
Eindruck  von  dem  Vorgehen  der  Witwe  erhalten  wir,  wenn  es  in 
demselben  Supplikat  weiter  heisst,  dass  sie  ,,Vor  der  inventur  alle 
Callender  wohr  in  der  Seelen  Vatter  alle  Äuszgaben  und  ein 
nahmen  Von  Jahre  zu  Jahre  Ver  zeichnet  alle  zerrissen"  habe, 
wahrscheinlich  um  die  Grösse  der  Einkünfte  zu  verschleiern.  Nur 
noch  einige  Blätter  („Stücke")  habe  man  retten  können.  Die 
Stiefkinder  baten  demnach  den  König,  ,,vor  eine  Billige  gebühr"  in 
den  Büchern  der  ,,Hof  renthey,  Schatul,  Kriegs-  und  Bau-Casse" 
nachschlagen  und  aus  ihnen  einen  extract  in  betreff  der  von  Döbel 
abgehobenen  ,, Besoldungen  und  arbeiths-Geldern"  machen  zu 
lassen.  Diese  Bitte  wurde  ihnen  von  Könige  gewährt*),  und  sie 
klagten  nun  beide  gegen  die  Stiefmutter  auf  Herausgabe  ihres 
Erbteils.  Der  Prozess  wurde  von  beiden  Parteien  mit  grosser 
Hartnäckigkeit  und  mit  wechselndem  Glück  geführt  und  dauerte 
über  zehn  Jahre.  lieber  den  endgültigen  Ausgang  der  Streitsache 
sind  wir  nicht  unterrichtet,  da  die  Aktenstücke  nicht  vollständig 
vorliegen.") 


Während  über  Michael  Döbel  in  verhältnismässiger  Reich- 
haltigkeit archivalische  Nachrichten  vorliegen,  sind  sie  in  bezug 
auf  seinen  Bruder  Johann  Christoph  wenig  ergibig.  Der  Grund 
für  diese  Tatsache  ist  darin  zu  suchen,  dass  es  diesem  trotz  melir- 


1;  Königl.  Dekret  vom  16.  (?)  Oktober  1703,  Charl.  Haus-Arch.  Rep.  XI. 

2)  ca.  30  Seiten  (Dekrete,  Gutachten,  Bittschriften),  die  im  Kgl.  Geh. 
Staatsarchiv  zu  Berlin  unter  Rep.  9.  y.  2.  und  9.  y.  8.  aufbewahrt  sind, 
konnte  ich  einsehen. 


—  51  — 

faclier  Beniühuiigeii  nicht  gelang,  dauernde  Beziehungen  zum  kur- 
fürstlichen bzw.  königlichen  Hof  anzuknüpfen.')  Es  ist  nicht  ein- 
mal überliefert,  ob  er  jünger  oder  älter  als  Michael  gewesen  ist. 
Lediglich  aus  dem  Umstände,  dass  er  im  Jahre  1713")  in  voller, 
tatkrcäftiger  Ausübung  seines  Bildhauerberufes  vom  Tode  über- 
rascht wurde,  können  wir  den  Schluss  ziehen,  dass  er  nicht  etwa 
vor  1635,  d.  h.  vor  dem  Geburtsjahre  Michaels,  das  Licht  der  Welt 
erblickt  hat.  Er  dürfte  also  jünger  gewesen  sein  als  Michael.  Für 
diese  Annahme  spricht  auch  der  Umstand,  dass  er  hinter  Michael 
zurücktritt  und  dass  der  vom  Kurfürsten  so  sehr  begünstigte 
filtere  Bruder  es  sich  angelegen  sein  lässt,  für  das  Fortkommen 
Johanns  zu  sorgen.  Wenn  irgend  möglich,  wollte  er  ihn  in  Hof- 
diensten unterbringen.  Schon  um  die  Mitte  des  Jahres  1667  trägt 
sich  Michael  mit  dem  Gedanken,  Johann  zur  Unterstützung  bei  den 
ihm  vom  Kurfürsten  übertragenen  Arbeiten  nach  Berlin  zu  neh- 
men.^)    Diesmal  schlug  sein  Plan  aus  unbekannten  Gründen  fehl. 


1)  Seit  Nicolai  (a.  a.  O.  p.  81)  hat  man  Johann  Christoph  Döbel  bis 
in  die  letzte  Zeit  hinein  stets  als  Hofbildhauer  und  Landbaumeister  be- 
zeichnet. Ich  muss  ihm,  wie  schon  erwähnt,  diese  Titel  absprechen.  In 
Hofkreisen  hat  man  wohl  von  ihm  gehört  als  dem  Bruder  des  grossen 
Michael;  gelegentlich  hat  er  auch  etwas  für  den  königlichen  Hof  liefern 
dürfen.  So  findet  man  z.  B.  in  den  „Hoffstaatsrechnungen  über  Einnahme 
und  Ausgabe",  aus  dem  Rechnungsjahre  1705/6  p.  155  folgende  Ein- 
tragung: „Dem  Bildhauer  Johann  Döbel  vor  verfertigte  Arbeit  in  der 
Hoff  Conditorey  laut  Dekret  vom  12ten  May  1706:  30  Thaler"  (Charl.  Haus- 
Arch.  Rep.  XII  B.).  Im  übrigen  ist  er  jedoch  jenen  Kreisen  fremd  ge- 
blieben. In  den  Registratur- Registern  des  Berliner  Geh.  Staats-Arch.  vom 
Ende  der  90er  Jahre  des  17.  Jahrhunderts  bis  1715  ist  von  einer  Bestallung 
Johann  Christoph  Ds.  zum  Hofbeamten  nicht  die  Rede,  auch  in  den 
Berliner  Adressbüchern  aus  jener  Zeit  (einzusehen  im  Märkischen  Museum  l, 
die  ein  genaues  Verzeichnis  der  königl.  Hofangestellten  geben,  findet  sich 
Döbel  nicht.     Vgl.  auch  „Bär"  1881,  p.  270  f. 

-)  Das  Todesjahr  ist  nur  von  Nicolai  überliefert,  es  liegt  jedoch 
kein  zwingender  Grund  vor,  an  der  Richtigkeit  dieser  Nachricht  zu  zweifeln. 
Müller-Küster  a    a.  0.  p.  237  geben  kein  besonderes  Jahr  an. 

3j  Vgl.  p.  Ki. 


52  

Im  Juni  1676  gelaug  es  Michael  jedoch,  das  Dekret  zu  .erwirken/) 
,,dass  der  Baumeister-Dienst  in  Preussen  Zeith  seiner  abwesenheit 
nicht  vergeben,  sondern  seinem  Bruder  Joh.  Döbeln  interims-weise 
und'  bisz  Er  selber  wieder  da  kommet  zu  versehen  aufgetragen 
werden  möge".'^)  Auch  das  einem  preussischen  Baumeister  zu- 
kommende Grehalt  wurde  Johann  Döbel  bewilligt.  Aller  Wahr- 
scheinlichkeit nach  aber  hat  Johann  Christoph  nicht  lange  den 
Dienst  eines  preussischen  Baumeisters  versehen.  Bis  1698^)  kön- 
nen wir  ihn  in  Ostpreussen  verfolgen,  und  zwar  schafft  er  einige 
nennenswerte  Altäre  und  Kanzeln,  über  welche  noch  berich- 
tet werden  soll.  Wahrscheinlich  noch  vor  dem  Ableben  seines 
Bruders  siedelte  er  dann  nach  Berlin  über.  1702  jedenfalls  arbeitet 
er  an  einer  Kanzel  für  die  neu  erbaute  reformierte  Parochial- 
kirche.'^)  Aus  eigenen  Mitteln  stiftete  er  dieses  Werk  der  Kirche.  '^) 
Vermutlich  wollte  er  damit  beim  Könige,  der  sich  für  den  Aufbau 
der  Kirche  sehr  interessierte,*^)  und  bei  den  Bürgern  für  seine 
Kunst  werben.  Denn  seine  Position  w^ar  in  Berlin  durchaus  nicht 
gesichert,  und  um  vieles  w^eniger  noch  in  den  späteren  Jahren,  als 
sein  Bruder  nicht  mehr  lebte  und  er  auf  sich  allein  angewiesen  war. 

«■ 

1)  Vgl.  p.  21. 

2)  Geh.  Staats- Arch.  Rep.  7.  n.  10b. 

3)  Im  Jahre  1698  verspricht  Döbel  zwei  Altäre  für  die  Heiligelinde 
zu  liefern.  Vgl.  Kolberg,  in  Zs.  f.  d.  Gesch.  u.  Altertumsk.  Ermlands,  Bd. 
III,  1866  p.  114. 

'^)  Die  „Glieder  zur  Neuen  Pfarr  Kirche"  berichten  am  20.  12.  1702 
an  den  König  unter  anderem  auch,  dass  „die  Cantzel  weder  an  Bildlhauer, 
noch  Tischler-arbeit  nicht  Vollendet"  sei.  Geh.  St.  Arch.  Rep.  47.  B.  4a. 
Text  schon  abgedr.  bei  Joseph,  Die  Parochialkirclie  in  Berlin,  1894. 

5)  Einen  archivalischen  Beleg  habe  ich  nicht  dafür  gefunden.  Vgl. 
jedoch  Müller-Küster,  Altes  u.  neues  Berlin,  1737,  p.  20O:  Die  Kirche 
„hat  an  der  Ost-Seiten  eine  von  Bildhauer-  und  Tischler-Arbeit  gar  zierlich 
verfertigte  Cantzel,  welche  der  Bildhauer  Döbel  gemacht  und  der  Kirche 
geschencket."  —  Michael  D.  kann  nicht  gemeint  sein,  weil  er  bereits  am 
8.  August  1702  starb,  während  die  Kanzel  am  20.  12.  noch  nicht  vollendet 
war.     (Vgl.  Anm.  4.j 

^)  Das  Herrscherhaus  gehörte  auch  der  reformierten  Kirche  an. 


-  53  — 

Ja,  aus  den  wenigen  erhaltenen  Nachrichten  dürfen  wir  entnehmen, 
dass  es  ihm  bis  zu  seinem  Lebensende  nicht  gelingen  wollte,  festen 
Fuss  in  der  Landeshauptstadt  zu  fassen.  Anscheinend  hat  er  zu 
etwas  gewaltsamen  Mitteln  gegriffen,  um  seine  Erzeugnisse  unter- 
zubringen. 

Zu  Anfang  des  Jahres  1713  wendet  er  sich  an  den  König  mit 
der  Bitte,  die  Bezahlung  eines  von  ihm  gelieferten  Services^)  ver- 
anlassen zu  wollen.  Zum  zweiten  Male  bereits,  und  wieder  um- 
sonst, „Weilen  der  supplicant  zur  Verfertigung  der  specificirten 
Arbeith  keine  ordre  gehabt,  und  Er  deszhalb  bereits  hiebevor  ab- 
gewiesen worden,  zugeschweigen,  dass  solche  nicht  die  helffte  des 
dafür  angesetzten  preyszes  Werth  ist;  So  findet  auch  anitzo  sein 
Suchen  nicht  stat"  (8.  April  1713).^)  Der  Hofstaatskassierer  hatte 
vorher  sein  Gutachten  über  diese  Sache  abgeben  müssen,  und  er 
berichtet  (6.  April  1713):  ,,Ich  habe  "von  dem  Servis  1  stük  auf 
der  Conferenz  Stube  produciret,  und  gibt  der  Augenschein,  dass  ein 
stük  nicht  fünff  Thaler  Bildhauer  und  Versilberung  werth,  und 
auch  zu  schaffen  sey."  Im  selben  Jahre,  kurz  vorher,  war  es 
zwischen  Döbel  und  der  Berliner  Tischlerzunft  zu  einem  Streit  ge- 
kommen. Der  Künstler  hatte  nämlich  einen  Altar  und  eine  Kan- 
zel, und  zwar  anscheinend  etwas  sehr  schreinermässig  verfertigt. 
Jedenfalls  wandten  sich  die  Berliner  Tischler  gegen  ihn,  indem  sie 
auf  ihre  Privilegien  pochten  und  insbesondere  auf  eine  von  Schlü- 
ter am  11.  Juli  1705  ausgegebene  Deklaration:  ,,Es  werden  auch 
selbige  (Altäre  und  Kanzeln)  auf  verschiedene  Art  verfertiget,  der- 
gestalt nemlich,  dass  einige  von  blossem  Schnitzwerck,  andere  aber 
von  geleimten  Brettern,  mit  einigen  ausgeschnietztcn  Bildern  ver- 


1)  Dass  Döbel  nicht  nur  als  Holzschnitzer,  sondern  auch  als  Gold- 
schmied sich  betätigte,  scheint  eine  Aufzeichnung  in  den  Registratur- 
Registern  des  Geh.  Staats-Archivs  Berlin  zu  bestätigen;  es  heisst  da 
„Döbler  Johann  Michael  (wohl  nur  irrtümlich  statt  Christoph),  c.  (contra) 
Rhoden  in  pö  (puncto)  2  silbernen  Dosen.  D.  8.  octob.  (1711)  Rep.  9 
y.  2.  —  Das  Aktenstück  ist  vermutlich  kassiert  worden. 

2;  Die  wenigen  Aktenstücke  über  diese  Angelegenheit  liegen   unter 
Rep.  9.  E.  16  im  Geh.  St.  Arch. 


—  54  — 

zieret.  Die  erstere  können  die  Bildhauer  arbeiten,  die  letztere  aber 
nemlich  von  geleimten  Brettern,  gehören  den  Tischlern."^)  Auf 
ein  entsprechendes  Supplikat  Döbels  in  dieser  Sache  erging  im 
Namen  des  Königs  an  den  Magistrat  zu  Berlin  am  2.  Februar  1713 
ein  Dekret:'^)  „Die  Arbeith  quae:  (stionis)  durch  Kunstverstän- 
dige in  augenschein  nehmen  zulaszen,  und  auf  derselben  rapport 
die  Sache  rechtlich  zu  entscheiden."  —  Ueber  den  Ausgang  der 
Sache  erfahren  wir  nichts. 

Noch  kurz  vor  seinem  Tode  gelang  es  Johann  Döbel  mit 
einiger  Mühe  ein  Altarwerk  unterzubringen,  das  er  ohne  besonderen 
Auftrag  in  Arbeit  genommen  hatte.  Wir  erfahren  darüber  in 
Müller-Küster  (a.  a.  0.  p.  237),  dass  es  Döbel  nach  einigen  vergeb- 
lichen A^ersuchen  schliesslicli  doch  glückte,  den  „Praepositum"  und 
die  Oberkirchenvorsteher  der  Berliner  Nicolaikirche  für  seine  Pläne 
zu  interessieren.  Wahrscheinlich,  weil  er  verhältnismässig  gün- 
stige Bedingungen  stellte,  wurde  ihm  der  Altarbau  übertragen. 
Nachdem  einige  zugebörige  Stücke  bereits  vollendet  waren,  wurde 
Döbel  vom  Tode  überrascht.  Seine  Witwe  trat  an  Stelle  des  Ver- 
storbenen in  den  Contract  ein,  die  Oberleitung  jedoch  wurde  dem 
„Königl.  Preuss.  Hof-Mahler  Rector  und  Professor  der  Königl. 
Kunst-Akademie  Sam.  Theod.  Gericke"'^)  übertragen,  welcher 
,, einen  Riss  verfertigen,  und  den  gantzen  Bau  des  Altars  ordnen 
und  dirigiren"  sollte. 

Wie  weit  es  möglich  ist,  Döbels  Anteil  an  dem  teilweise  heute 
noch  bestehenden  Altar  der  Nicolaikirche  festzustellen,  darüber 
wird  bei  Besprechung  seiner  Werke  noch  die  Rede  sein.  Hier  sei 
nur  noch  erwähnt,  dass  im  September  des  Jahres  1715  der  Witwe 


1)  Gegen  Ende  des  17.  Jahrhunderts,  sonderten  sich  auch  in  Königs- 
berg die  Bildhauer  von  den  Tischlern  ab  und  bildeten  eine  eigene  Ge- 
werkschaft.    Vgl.  V.  Czihak,  Königsberger  Stuckdecken,  p.  10. 

2)  In  diesem  Dekret  heisst  es  übrigens:  „auf  Jacob  Döbels,  Bild- 
hauers in  Berlin  supplicat  "  Unstreitig  ist  aber  unser  Johann  gemeint. 
Die  drei  Blätter  betr.  dieser  Angelegenheit  liegen  unter  Rep.  9.  E.  16.  im 
Geh.  St.  Arch. 

3)  Ueber  Gericke,    vgl.  Galland,   „Hohenzollern  und  Uranien"  p  147. 


Oü    

des  1713  verstorbenen  Johann  Döbel  von  der  Xicolaikirchengemeinde 
406  Taler  als  Abschlagszahlung  für  den  Altarbau  ausgehändigt 
wurden.^) 

Allem  Anscheine  nach  hat  das  Leben  diesem  jüngeren 
Döbel  nicht  das  beschert,  was  er  für  sich  zu  erhoffen  berechtigt 
war.  Fraglos  war  er  in  seiner  ostpreussischen  Heimat  einer  der 
geschicktesten  Künstler,  namentlich  auf  dem  Gebiete  der  Holz- 
schnitzerei, doch  trotz  bedeutender  Aufträge  sehnte  er  sich  aus  den 
heimischen  Verhältnissen  heraus.  War  es  der  Ehrgeiz,  es  dem 
Bruder  gleich  zu  tun  —  war  es  die  Missgunst  seiner  Königsberger 
Mitbürger  und  Kollegen,  welche  auf  die  Döbels  wahrscheinlich 
nicht  gut  zu  sprechen  waren?  —  Wir  wissen  es  nicht.  Schwer 
muss  es  für  ihn  zu  tragen  gewesen  sein,  dass  er  in  Berlin  anstatt 
des  erhofften  glänzenden  Fortkommens  —  anscheinend  —  nur 
Gleichgültigkeit,  wenn  nicht  offensichtlich  ablehnendes  Verhalten 
bei  seinen  Mitbürgern  sowie  bei  Hofe  fand.  Vielleicht  wäre  es  ihm 
jedoch  mit  der  Zeit  gelungen,  seiner  Persönlichkeit  und  seiner 
Kunst  den  Weg  zu  bahnen,  wenn  er  nicht  durch  den  Tod  abberufen 
wäre. 


h  Diesen  Vermerk  habe  ich  entdeckt  beim  Durchsehen  der  Kirchen- 
bücher der  Xicolaikirche  (über  St.  Nicolai  und  St.  Marien  wurde  damals 
gemeinsam  „von  Joh.  Michael  Helwigen  beyder  Kirchen  Verordneten  Vor- 
steher'' Buch  geführt;. 


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Berlin,  gedruckt  mit  Salfeldischer  Wittwen  Schrifften.     1702. 

64.  Ulbrich,  Die  Wallfahrtskirche  in  Heiligelinde.     1901. 

65.  Ulbrich,    Der  Altaraufsatz    in    der  Kirche    in  Tharau.     (Königsberger 

Hanungsche  Zeitung  1911,  No.  560,  I.Beilage.) 

66.  Vehse,  Geschichte  des  preussischen  Hofs  und  Adels.     1851. 

67.  Wiehert,  Das  Herzogtum  Preussen  um  dio  Zeit  des  Regierungsantritts 

des  Grossen  Kurfürsten.    (Altpreuss.  Monatsschrift,  Bd.  24.)    I8S7. 

68.  Woermann,  Geschichte  der  Kunst  aller  Zeiten  und  Völker,  Bd.  3.  1911. 


Pitzler,  Reyse  beschreibung  durch  Teutschland,  Holland,  Spanische 
Niederlande,  Franck  Reich  und  Italien  etc.  .  .  .  (1695).  —  Manu- 
skript in  der  Bibliothek  der  Technischen  Hochschule  zu  Char- 
lottenburg. 


-excxs- 


Lebenslauf. 


Am  7.  Juni  1887  bin  ich,  Johannes  Nathanael  Herbert 
Straube,  als  Sohn  des  Taubstummenlehrers  Bernhard  Straube 
und  seiner  Ehefrau  Minna,  geb.  Triebel,  zu  Angerburg  in  Ost- 
preussen  geboren.  Von  Ostern  1894  ab  besuchte  ich  das  König- 
liche Friedrichskollegium  zu  Königsberg  i.  Pr.  und  verliess  es 
Ostern  1905  mit  dem  Zeugnis  der  Reife.  Fünf  Jahre  studierte 
ich  klassische  und  deutsche  Philologie  und  beschäftigte  mich 
dann,  meiner  Neigung  folgend,  ausschliesslich  mit  kunst- 
historischen Studien.  Anfang  November  1914  trat  ich  als  Kriegs- 
freiwilliger ins  Heer  ein,  erlitt  im  Dienst  einige  Unfälle  und 
wurde  im  Oktober  1915  als  feld-  und  garnisondienstunfähig 
entlassen.     Das  Rigorosum  bestand  ich  im  Juli  1915. 

Die  Anregung  zu  der  vorliegenden  Arbeit  und  dauernde 
Förderung  verdanke  ich  meinem  hochverehrten  Lehrer,  Herrn 
Geheimen  Regierungsrat  Haendcke.  Besonders  verpflichtet 
fühle  ich  mich  auch  Herrn  Prof.  Dr.  Ulbrich,  dem  Leiter  des 
Königsberger  Kunstgewerbemuseums,  den  Verwaltungen  des 
Königl.  Kunstgewerbemuseums  zu  Berlin,  des  dortigen  Hohen- 
zoUernmuseums  und  vor  allem  des  Märkischen  Museums  —  sowie 
den  Herren  von  den  Königlichen  Greheimen  Staatsarchiven  zu 
Berlin  und  Königsberg  i.  Pr.,  den  Stadtarcliiven  daselbst,  vom 
Königl,  Hausarchiv  zu  Charlottenburg  und  vom  Geh.  Archiv 
des  Kriegsministeriums. 

Allen  anderen  Gönnern  und  Förderern  meiner  Arbeit  sei 
im  Stillen  gedankt!