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Full text of "Die bäume und sträucher des alten Griechenlands"

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DIE 

BÄUME UND STRÄUCHER 

DES 

ALTEN GRIECHENLANDS 

BEARBEITET 
VON 

KARL KOCH, 

DR. MED. ET PHIL., 
PROFESSOR DER BOTANIK A. D. FRIEDRICH -WILHELMS -UNIVERSITÄT ZU BERLIN. 



STUTTGART* 

VERLAG VON FERDINAND ENKE. 
1879. 



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SEINER MAJESTÄT 

DEM DEUTSCHEN KAISER 

UND 

KÖNIG VON PREUSSEN 



WILHELM l 



IN TIEFSTER EHRFURCHT 



GEWIDMET 



FRAU THBRESE KOCH. 



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Mit warmem Herzen geleite ich das Werk meines theuern 
Gatten in das Leben, dem Wunsche der Gelehrten und Freunde 
folgend, es so schnell als möglich erscheinen zu lassen, was nur 
durch die Güte derselben ermöglicht wurde. Es ist die letzte 
Geistesgabe des Verklärten, die ihn in seinem friedlich stillen 
Studirzimmer bei seinen dendrologischen und systematischen Stu- 
dien immer befriedigte und freudigst beglückte. Die herrlichen 
alten Bäume waren ihm von seiner Kiqdheit an von der höchsten 
verehrungswürdigsten Bedeutung. Wunderbar, dass der Schluss 
seiner Studien, die durch Mythe und Sage geweiheten, geheiligten 
mythologischen Bäume des schönen alten Griechenlands umfasste. 
So weit vollendete er das Werk am Vorabend seines Lebens in 
wahrer Freudigkeit. 

— Nun ist für ihn über allen Wipfeln Ruh'. 

Reiche Silberblicke traten stets im treuen Gedanken -Aus- 
tausch entgegen. Seine Forschungen hatten ihm ja in höchster 
Fülle und Schönheit die Natur gezeigt; im vollen Glanz hatte er 
sie auf seinen orientalischen Reisen auf sich einwirken lassen. 
Li den Urwäldern Lnerethiens, bei dem Anblick der höchsten 
Spitzen des Elbrus und Kasbeks, des Ararats und bei den hoch 
auftodemden Flammen der Naphtaquellen in Baku, wo fast natür- 
lich die Feueranbeter ihren Kultus treiben müssen. Ansehend 
in der Natur war auch sein Scheiden, im Uebergang zum Jen- 
seits, denn fast verklärt, rief er hoch begeistert die Worte aus: 
„Nun bin ich in Gottes schöner freier Natur!" Ln sanftesten 
Schlaf, im wahrsten Gottesfirieden trat geheiligt das Entschlum- 
mern für die Ewigkeit ein. 

Durch die hohe Gnade Sr. Majestät unseres allgeliebten 
Kaisers, darf ich das theure Buch in die höchsten und würdigsten 
Hände, am Fusse des Thrones niederlegen, was mich mit wah- 
rem Stolz und innigster Dankbarkeit erfüllt; von Sr. Majestät 
vmrde mein Gatte in seinen hohen Bestrebungen und tiefem 



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VI 

wissenschaftlichem Sinn verstanden und gewürdigt, was ihn glück- 
lich machte. Die Entstehung dieses Werkes ist auch ihm zu ver- 
danken. Wie der Verklärte in seiner Einleitung mit den besten 
Worten sagt, Deutschland ist glücklich zu preisen, weil sein Monarch 
eingeht in die hohen grossartigen Ideen eines Fürsten Pü ekler, 
die vermöge 2pjähriger inniger Freimdschaffc mit denen meines Gatten 
eng verschmolzen waren. Harmonisch fanden sie sich im feinsten 
Kunstsinn und im hohen Gefühl für die Schönheit in der Natur, die 
alles zu Gebote stellt. Das alte Griechenland verwirklicht diese 
Idee. Auch Deutschland sollte in einen einzigen Garten ver- 
wandelt werden, die Landschaftsgärtnerei dazu dienen, von einem 
Besitzthum zum andern den Park zu gestalten; Waldungen, der 
Gesundheit so nothwendig, sollten immer mehr angepflanzt werden. 
Mitten hinein legte der nun Verklärte zum Wohl der Menschen und 
für den Dienst seiner Wissenschaft die Gründung seines dendrologi- 
schen Gartens, die er sich zur Leben8au%abe und Denkmal gestellt 
hatte. Derselbe sollte zum Selbststudium für Geist und Gemüth dienen, 
um durch eigene Anschauung das Heim eines Jeden dadurch zu ver- 
schönern. Die werthvollen Pläne die auch schon die Huld Sr. Majestät 
würdigte, sind als treues Vermächtniss niedergelegt. Im weite- 
sten Sinne sind sie ausgeführt, um jeden Baum, jeden Zierstrauch 
in klimatischer und ästhetischer Hinsicht am rechten Platz zu 
wissen. Die Wahl der Bäume war vollendet, weit über die deut- 
schen Grenzen hinaus waren sie meinem Gatten für ihm zu sein 
uneigennütziges Streben zur Verfügung gestellt und streng in sei- 
nem Herbarium verzeichnet worden. Doch wenn das Leben köst- 
lich gewesen, war es Mühe und Arbeit, der Segen aber bleibt. 

Den Grund zu dieser für das Pflanzenreich aufdämmernden 
gewissermassen neuen Aera legte er in tief wissenschaftlicher Weise 
während einer Reihe, Von für das Vaterland bedeutungsvollen 
Jahren, die durch den Thatenruhm eines unvergleichlichen Mon- 
archen erfüllt, zuerst Preussen, später das so glücklich geeinigte 
Deutschland, den höchsten Zielen staatlicher Vollendung entgegen 
geführt haben. 

Therese Koch. 



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Vorwort. 



Ochwer nur und zögernd mag sich die deutsche Baumkunde 
von dem Verlust erholen, welchen sie jetzt vor einem halben 
Jahre durch den plötzlich eingetretenen Tod des Professors Karl 
Koch erlitten hat; fOr immer aber wird sein so vielfachen Ge- 
bieten der Botanik mit Auszeichnung aufgeprägter Name in den 
Annalen derselben ein gefeierter bleiben. 

Gemeinsame Bestrebungen und langjährige Freundschaft, 
welche mich dem Dahingeschiedenen verbanden, legten vereint 
mit dem Wunsche einer grossen gärtnerischen Korporation und 
mit dem gleichen seiner Familie, mir die als Ehre empfundene 
Pflicht nahe, die glimmenden Funken dankbarer Erinnerung über 
seinem Grabe zur Flamme anzufachen. Was ist natürlicher, als 
dass ich auf dem Pfade der Pflege eines so theuem Andenkens 
einen Schritt weiter thue, indem ich dem letzten nahezu druck- 
fertig hinterlassenen Werke des Verewigten einige einleitende 
Sätze voranschicke. 

Die Bedeutsamkeit Karl Koch's darf nicht nach seiner, sei 
es noch so hervorragenden Stellung in der positiven Wissenschaft 
allein beurtheilt werden. Sein Wirken erscheint uns vielmehr als 
ein sehr verschiedenartige Regionen menschlicher Intelligenz durch- 
geistigendes. Nach zahlreichen Richtungen hin praktisch thätig, 
des lebendigen, zündenden Wortes in seltenem Grade mächtig, 
hatte er sich, vermöge der eigenartigen Frische seiner Anschauun- 
gen und vermöge der konsequenten Rastlosigkeit seines Strebens, 
im Laufe eines für die ihm Befreundeten nicht lang genug aus- 



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gesponnenen Daseins, eine Stellung erobert, die in seinem Fache 
den einst auf einen Melanchthon so glücklich angewendeten Aus- 
druck Praeceptor Germaniae für ihm zur Wahrheit werden liess. 
Ja, weit hinaus über die Grenzen unseres Vaterlandes, unseres 
Welttheils, zollte man ihm freudig den Tribut der Verehrung. 
Seine Schüler, seine Leser leben zerstreut hin über den Erdkreis; 
selbst im fernen, mit so wundersam schönem Baumwuchs ge- 
schmückten Japan werden Jünger um ihn trauern, die einst theil- 
nahmsvoU lauschend zu seinen Füssen gesessen • haben. 

Darf die Stimme eines solchen Mannes mit der gewaltsamen 
Dissonanz des Todes verhallen? Gewiss nicht! Man muss ihr 
von Nachklängen abzulauschen suchen soviel nur irgend möglich. 
Auf dergestalter Ueberzeugung fasst die Berechtigung dieser 
posthumen Publikation, welche, wie wohl anzunehmen, von allen 
Freunden und Verehrern Karl Koch's gern willkommen geheissen 
werden wird. Der Fluss seiner Rede ist sein Lebelang ein über- 
aus reich und fruchtbringend strömender gewesen ; wenn einige 
Tropfen desselben, durch die Schrift fixirt, jetzt, nachdem die 
segenspendende Wolke vorübergezogen, noch niederthauen, wird es 
an schöpfenden Händen für dieselben bestimmt nicht fehlen. 

Die Tannenforsten Thüringens, die Urwälder des Kaukasus, 
der pontische immergrüne Busch, die seeumspülten Haiden der 
Mark — das sind die grossen Etappen in Karl Koch's Wander- 
leben gewesen. Von hier aus trug die ihm angeborene Liebe zu 
den Bäumen den Flug seines Forschergeistes durch alle Zonen, 
überall da vorzugsweis verweilend, wo dem Silvan noch Altäre 
stehen oder der Pomona deren neue errichtet werden. Die Holz- 
gewächse des gemässigten Erdgürtels waren es, welche seine 
Aufmerksamkeit am dauerndsten gefesselt haben. Dieselben sind 
in eingehendster Weise der Gegenstand überaus gründlicher Stu- 
dien für ihn gewesen. Alle dadurch gewonnenen Resultate liegen 
in dem Hauptwerke seiner Laufbahn, in den zwei starken Bänden 
der Dendrologie uns vor. Allein, obgleich nach der Veröffent- 
lichung das weitere Fortarbeiten an derselben sein Nachdenken 
unausgesetzt in Anspruch nahm, und er Materialien auf Materialien 
häufte, um dieser seiner Lieblingsschöpfung einen wo möglich 
noch höheren Grad der Vollendung und Feile zu geben, so liess 
sich sein Wissensdrang doch nicht in jene immerhin sehr weit- 



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IX 

gezogenen Schranken festbannen, welche uns, innerhalb ihrer selbst, 
nur einen dem deutschen mehr oder weniger verwandten Baum- 
schlag zeigen. Auf Reisen und Villeggiaturen wiederholt ge- 
wonnene Auschauung südeuropäischer Natur, vom reben- und 
burgenumkränzten Etschlande bis zu dem bröckelnden Sänlen- 
gestein Pästums, führte i^eue, von jenen ersteren stark abweichende 
Vegetationsbilder vor seine Seele, welche vereint mit nie ganz 
verblassten Jugendeindrücken seiner Orientfahrten, die Dendrologie 
auch des Südens zu einem mächtig anziehenden Magnet für ihn 
machten. Das zwischen Italien und der Levante mitten inne 
gelegene Griechenland, uns Allen, die wir eine klassische Schul- 
bildung genossen haben, ein so vertrautes Erdreich, bot sich ihm 
da wie von selbst als ein Objekt der Prüfung, als eine zwar 
reichlich ausgebeutete aber immer noch neue Schätze der Be- 
lehrung verheissende Mine dar, jenen Schlackenhalden des atti- 
schen Laurions vergleichbar, aus welchen die Montanindustrie der 
Gegenwart Silber zu Tage fordert, welches für die Alten unaus- 
nutzbar geblieben war. 

Seiner von Grund aus didaktischen Veranlagung gehorchend, 
hat Karl Koch dem einmal gewählten Thema, welches dem bota- 
nischen Interesse das philologische und historische ebenbürtig an- 
zureihen versprach, abzugewinnen versucht, was nur eifriges 
Studium, Gelehrsamkeit und hochentwickelte Kombinationsgabe 
vermögen. Sollte er nicht im Stande gewesen sein, alle Zweifel 
zu lösen, alles Dunkel zu verscheuchen, so diene ihm zur Ent- 
schuldigung, dass er der selbsteigenen Anschauung hellenischer 
Natur entbehrte und bei Abwägung modemer gegen antike Dinge 
und Verhältnisse, sich vielleicht von noch grösseren Schwierig- 
keiten umringt sah als manche seiner landeskundigeren Vorgänger 
auf gleichem Gebiete. 

Immerhin hat es etwas Verlockendes an Karl Koch's Hand 
durch jene im Licht historischer Verklärung schimmernden Ge- 
filde zu wandeln, uns nach Blüthen und Wurzeln — letztere 
manchmal auch im etymologischen Sinne genommen — auf einem 
Boden zu bücken, dem Andere nur Marmorreste zu entnehmen 
gewohnt sind. Inunerhin ist es lohnend, den Faden unseres 
Wissens an Urkenntnisse anzuknüpfen, welche zu den frühesten 
und anmuthigsten gehören, deren die der BUdung entgegen- 



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strebende Menschheit überhaupt sich rühmen darf. Immerhin end* 
lieh besitzt es Reiz, jenen Hintergrand die Landschaft zum grossen 
Theil bedingender Vegetation, von welchem die hehren wohlbe- 
kannten Gestalten so vieler Helden der That und des Gedankens 
sich abheben, in konkreter Weise, oftmals auch linguistisch, näher 
kennen zu lernen. 

Die Absicht, eine vollständige dendrologische Flora von 
Hellas zu liefern, hat unser Koch bei Abfassung des vorliegenden 
Buche« wohl nicht gehabt, auch unter den obwaltenden Umstanden 
nicht leicht haben können. Ihm genügten in BetrefP dieses Unter- 
nehmens ein engerer Rahmen und ein etwas eingeschränkteres 
Maass der Anschaulichkeit, welchen sich beständig das Begehren 
zugesellte, auf den höheren .Jugendunterricht vermittelst seiner 
Schrift fördernd und veredelnd einzuwirken. Ob er bei längerem 
Leben nicht den Wunsch, Griechenland mit eigenen Augen zu 
schauen, stärker gefühlt und demnächst vielleicht ihn auch ver- 
wirklicht hätte, wer vermag das zu sagen? Jetzt, wo er nicht 
mehr unter uns weilt, erstreckt sich die eben berührte anregende 
E>aft dieses Theils seiner literarischen Hinterlassenschaft mög- 
licherweise noch weiter als man denkt. Es wäre ein nicht hoch 
genug zu veranschlagender Gewinn für die Wissenschaft, wenn 
das von unserem theuem Verewigten hier Begonnene etwa für 
den eifrigsten Forscher und gediegensten Kenner hellenischer 
Vegetation, für einen Theodor von Heldreich Veranlassung würde, 
die obeu genannte Sache weiter in seine energische Hand zu 
nehmen, die formulirte Aufgabe in einer nicht weniger der Wich- 
tigkeit des Gegenstandes, wie seinem Talente und dem Reichthum 
seiner Erfahrungen gemässen Weise endgültig zu lösen. Ist er 
ja doch so bevorzugt, im schönen Athen, in täglichem Umgang 
mit griechischen Pflanzen und mit Hellenen als seinen Mitbürgern, 
nicht wie Karl Koch, unter „anders redenden Menschen" seine 
Tage hinfliessen zu sehen. 

Es ist für mich eine angenehme Pflicht und eine Acrt melan- 
cholischen Vergnügens gewesen, auf Wunsch meiner nie genug 
zu verehrenden Freundin, der Frau Professorin Therese Koch, 
die zerstreuten Blätter der Handschrift zu sichten und für den 
Druck zu ordnen. Oft wenn ich mit ehrfurchtsvoller Hand die- 
selben umwendete, erschienen sie mir noch warm von der Be- 



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XI 

Tührang und yom Athem des Vollendeten, der die beste Kraft 
seiner letzten Lebensmonde an sie gesetzt and erst am Vorabende 
seines Scheidens sie fär buchgemass vollendet erklärt hatte. Die 
Frage drängt sieb auf, ob er, wäre der traurige Ausgang nicht 
eingetreten, denselben eine vielleicht noch sorgfiiltigere Feilung 
hätte angedeihen lassen, ob er ihnen noch weiteren Umfang ver- 
liehen haben würde? Dies bleibe dahingestellt. Was vorhanden 
war und gegeben werden kann, muss jetzt genügen. Mein ge- 
lehrter Freund, Professor Paul Ascherson, hat der Ueberwachung 
des Druckes seine schätzbare Mitwirkung und ein wenig von 
jener jetzt doppelt kostbaren Zeit, die ihm sein bevorstehender 
Aufbruch zu einer dritten afrikanischen Forschungsreise übrig 
lässt, gewidmet. Wir Beide haben nur äusserst Weniges und 
Unerhebliches, dabei auch dieses fast nur der Form nach zu än- 
dern uns für berechtigt gehalten. Die Verantwortlichkeit für eine 
oder die andere der verfochtenen Behauptungen überlassen wir 
selbstredend dem Verfasser und der Autorität seines eigenen 
berühmten Namens. 

Was mich angeht, so bin ich überall und zu jeder Zeit mir 
der Pflicht bewusst geblieben, dem botanischen Leserkreise einen 
seiner Lieblinge, seinen Karl Koch unverfälscht und ohne jedwede 
Zuthat oder Weglassung in jener scharf ausgeprägten formalen 
Eigenthümlichkeit vorzuführen, welche den Stempel seiner im 
besten Sinne des Wortes eigenartigen Persönlichkeit auf der 
Stirn trägt. 

Den Antheil der Philologie an diesem Werke betrefFend, so 
haben in Hinsicht auf das vorwaltend hierbei in Betracht kom- 
mende Griechische der Schwiegersohn Karl Koch 's, Herr Dr. 
Bormann, in Hinsicht auf das Semitische, eine der grössten 
Autoritäten auf diesem Felde, Herr Dr. Wetzstein, die eventuell 
nöthigen Berichtigungen übernommen. Der letzgenannte Gelehrte, 
welcher über seine Beziehungen zum Buche und dessen Verfasser 
selbst sich auszusprechen gesonnen ist, bereicherte dasselbe ausser- 
dem mit nicht minder gediegenen als dankenswerthen Beiträgen 
aus seiner Feder. 

Der ursprüngliche Titel des Werkes sollte sein: Die Bäume 
und Sträucher Griechenlands und deren ästhetische Verwendung. 
Es musste derselbe dem Wortlaute nach in den kürzeren: „Die 



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XII 

Bäame und Skäucher des alten Griechenlands" umgewandelt 
werden, da dem erstgew&hlten vom Autor nur annäherungsweise 
entsprochen worden, die weitere Ausführung und Erläuterung des 
angedeuteten Ideenganges dagegen unterblieben war. 

In der Gestalt, wie es im Pult des Verewigten gefunden 
wurde und jetzt dargeboten wird, gehe dies Büchlein denn hinaus 
in alle Welt und suche vermöge der ihm zweifelsohne inwohnen- 
den Anziehungskraft sich selbst seinen Leserkreis. Die vielen 
Freunde des Autors werden sich, dessen bin ich gewiss, gern und 
bereitwillig auch als die seinigen bekennen. Im Uebrigen mag 
und wird es das Loos der meisten posthumen Werke theilen, 
denen vielleicht hie und da die letzte rein äusserliche Sorgfalt der 
pflegenden Vaterhand ein wenig mangelt, die sich dafür aber des 
vollen und kostbaren Maasses jener Zärtlichkeit zu erfreuen haben, 
welche das Publikum mit Recht von der Person ihres Schreibers 
auf sie selbst überträgt. 

Geschrieben zu Berlin am 11. Oktober 1879. 

Carl Bolle. 



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JJer Unterzeichnete wird beim Niederschreiben dieser Zeilen 
lebhaft an ein boshaftes arabisches Sprichwort erinnert. Wenn 
Leute irgend einen wichtigen Gegenstand als Sachverständige be- 
sprechen, und ein Unberufener drängt sich hinzu, um auch seine 
Meinung zur Geltung zu bringen, so ruft der Damascener: elän 
kemil en-nukl bi-zarür, ,jetzt wird das Dessert durch Mehlfäss- 
chen vervollständigt". Das Dessert einer Mahlzeit besteht in 
Damask &st das ganze Jahr hindurch aus frischen Früchten der 
edelsten Art: schon im Mai kommt die Aprikose in einer Menge 
von Varietäten, im Juni die Kirsche vom Antilibanon, die Sommer- 
pflaume und Pfirsich, darauf die Birne und der Apfel nebst der 
gelben Baal-Feige vom Gebirge, im August die Traube, voran 
die durchsichtigen „Mädchenfinger", eine kostbare Tafeltraube aus 
den Gärten der Stadt, die von der Form der Beeren ihren Namen 
hat, im Spätsommer die gelbe und rothe Melone zugleich mit 
der Granate, im Herbste die Dattel vom Euphrat und rothen 
Meere, und später die riesige Hilwäni- Traube mit pflaumen- 
grossen hellbraunen Beeren und die Banane aus Sidon, im Win- 
ter endlich die süssen Beeren der Edelmyrthe und die strausseier- 
ia kopfgrossen Apfelsinen aus Jäfä. Man soUte nun meinen, dass 
ein aus solchen Früchten bestehendes Dessert Jedermann genügen 
könnte; aber nein — eine diensteifrige Hand schiebt noch eine 
Schüssel voU Mehlfasschen auf die Tafel. Ja, wenn die dortigen 
Mehlfasschen wenigstens noch jener grösseren Art glichen, wie 
ich sie als Eiiabe in meiner Heimath, dem Vogtlande, von der 
Hecke gepflückt habe, aber die Fruchtbüschel des Crataegus 
Zarür tragen eine kleine fleisch- und geschmacklose Beere, der zu 
Liebe nicht einmal der Hirtenknabe einen Stock oder Stein auf 



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XIV 

den hohen Waldbaum wirft, Die Deutlichkeit des Sprichworts 
lässt, glaube ich, nichts zu wünschen übrig. 

Auch diese meine Zuthat zur vorliegenden Schrift wird — 
ich bin mir dessen bewusst — als etwas Ungehöriges angesehen 
werden. Herr Dr. Bolle hat in seiner Vorrede Alles gegeben, 
was Fachkenntniss und die Pietät der Freundschaft dem jüngsten 
und letzten Erzeugnisse der wissenschaftlichen Thätigkeit des 
Verfassers mit auf den Weg geben konnte. Wir Anderen be- 
gleiten das verwaiste Kind mii unseren besten Wünschen und 
dem zuversichtlichen Glauben, dass es bei Allen, welche Karl 
Koch verehrt haben, eine liebevolle Au&ahme finden werde. 

Die letzten Worte, welche der Verfasser geschrieben hat, 
waren ein Brief an mich, welcher durch einige Mittheilungen, 
die ich ihm gemacht und auf die ich unten zurückkommen werde, 
veranlasst worden war. Der Brief fand sich nach seinem Tode 
auf dem Arbeitstische. Während der Bearbeitung seiner letzten 
Schrift hat er häufiger Anfragen an mich gerichtet; sie betrafen 
in der Regel irgend einen arabischen oder hebräischen Pflanzen- 
namen, mitunter aber auch die Damascener Baumkultur und dass 
er ungeachtet seines gefeierten Namens und seiner Vertrautheit 
mit dem behandelten Gegenstande es nicht verschmähte, auf die 
Beobachtungen eines Nichtbotanikers einigen Werth zu legen, be- 
weist, wie ernst er es mit seiner Aufgabe nahm. Dieser schrift- 
liche Verkehr war neben der Freundschaft, welche uns und unsere 
Familien seit langen Jahren verband, die Veranlassung, dass seine 
hochverehrte Gattin mich aufforderte, mein bisheriges Interesse 
an der entstehenden Schrift auch an der vollendeten durch eine 
schriftliche Beigabe zu beihätigen, welcher ebenso ehrenvollen 
wie unabweislichen Aufforderung ich hiermit nachzukommen suche, 
wenn ich mich auch als Laie auf neutralem Boden halten muss 
und nur berühren kann, was zur vorliegenden Schrift in einem 
entfernten und nebensächlichen Zusammenhang steht. 

In jenem letzten Briefe sagt der Verfasser, dass er meine 
jüngsten Mittheilungen mit Angabe der Quelle seinem Buche ein- 
verleiben würde. Diese Absicht, welche er nicht mehr verwirk- 
lichen konnte, beweist, dass er meine Notizen entweder f&r zutreffend 
oder doch für werth hielt, bekannt zu werden, und dies bestimmt 



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XV 

mich, sie hier wenn auch in kürzerer Fassang zvl wiederholen. 
Sie waren eine Beantwortung folgender Anfragen: 

1. Wie nennt man in Damask die sogenannte Damascener 
Rose (die Moschusrose)? 

2. Ist adelfa, der spanische Name des Oleanders, arabisch, 
und gilt der Oleander in Syrien für giftig? 

3. Wie heisst die Quitte im alttestamenüichen Hebr&isch 
und wie die Pfirsich im Arabischen? 

4. Wie heisst im hebräischen Bibeltexte der Baum von 
Mamre, bei welchem Abrahams Zelt stand, und bedeutet 
das betreffende Wort nicht vielmehr den Baum überhaupt? 

Die Anfrage 1 beantwortete ich wie folgt. Wenn die Moschus- 
rose in Damask vorkommt, was ich nicht in Abrede stellen will, 
so muss sie mir, da mir keine Erinnerung an sie geblieben ist, 
selten vorgekommen sein. Einen arabischen Namen für sie kenne 
ich folglich auch nicht. Häufig findet man dort in den garten- 
ähnlichen Höfen der Häuser unsere Monatsrose; sie blüht das 
ganze Jahr, und man hat im Winter das seltsame Bild, mit Schnee 
und Kosen zugleich bedeckte Büsche zu sehen. Sie heisst die 
europäische Rose (warda frendj!a). Sodann sieht man in Damask 
eine schöne dunkelrothe Rose, die. warda djürla „die Rose von 
Djür^. Die in Persien liegende Stadt Djür heisst gegenwärtig 
Firtzabäd. Auch findet man wiewohl seltener die weisse Nisrini- 
Rose, welche sich nicht durch Stärke des Aroms, wohl aber 
durch ihre grossen, oft von mehr als 20 Rosen gebildeten Blüthen- 
büschel und noch mehr durch ihre üppigen und laugen Triebe 
auszeichnet. Man hat sie nur in den Höfen der Häuser, wo sie 
zuweilen einen Blumenbogen über den ganzen Hof bildet. Sie 
blüht den grössten Theil des Jahren hindurch wie die Monatsrose, 
mit der sie auch in dem glatten, glänzenden und spitz auslaufenden 
Laub einige Aehnlichkeit hat. Zwar findet man in den Häusern 
auch die Centifolie, doch nicht häufig, weil sie bei ihrer kurzen 
Blüthezeit nicht als Zierpflanze angesehen wird. Aber alle diese 
Arten sind kaum erwähnenswerth neben der „Edelrose von Da- 
mask^ (warda beledla). Sie ist einfach (5 blättrig) und im Laub 
und der Farbe der Blumenblätter wie im Geruch unserer Centi- 
folie — für deren Mutter ich sie halte — durchaus identisch. 
Nur ist ihr Arom starker und sind die Blätter (der Blume) sehr 



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XVI 

dick und safbreich. Exemplare derselben befinden sich zugleich 
mit der Nisrlni-Rose in meiner Pflanzensammlung auf dem hiesigen 
Eönigl. Herbarium. Sie ist es, welche zur Bereitung des Rosen- 
wassers im Grossen kultivirt wird, denn drei Dörfer 1 J Stunde nörd- 
lich von Damask treiben fast ausschliesslich Rosenkultur. Von 
Mitte April (alten Styls) an bis Mitte Mai a. St., der Blüthezeit 
der Beledta, kommen taglich eine Menge Pferde- und Eselslasten 
Rosenblätter nach der Stadt, wo sie auf den Märkten — ein 
reizender Anblick — wie Heuhaufen aufgeschichtet liegen, um yon 
den Hausfrauen centnerweise aufjgekauft zu werden. Da keine 
Damascenerin von guter Familie sich mit blossem Wasser wäscht, 
ihr Vorrath an Rosenwasser also von Jahr zu Jahr reichen muss, 
so sieht man in mancher Yorrathskammer ein halbes Dutzend 
tonnengrosse Thongef&sse voll Rosenwasser, das übrigens von den 
Hausfrauen, die alle mit der Retorte zu manipuliren verstehen, 
selbst bereitet wird. In diesem Monate der Rosenblüthe verzeichnet 
der damasc. Kalender zwei Rosenfeste, das eine am 4., das andere 
am 14. Mai (a. St). Der mosim-el-ward d. h. die Rosen- 
Saison ist für Damask die Zeit der Lust. Die Hausväter (natür- 
lich solche die es haben können) ziehen mit Weib und Kind auf 
die Flur eines jener drei Dörfer, wo sie an den zahlreichen Gebirgs- 
bächen, — je eine Familie unter einem grossen Wallnussbaum — 
ihre Zelte aufschlagen, um sich 8 Tage lang angesichts der Rosen- 
felder mit Singen, Spielen, Schwatzen, Essen und Trinken die 
Zeit zu vertreiben. Ich meine nun, dass, wenn man von einer 
Rosa Damascena sprechen wdU, diese doch nur die Beledla sein 
könnte. Ob sie es ursprünglich nicht auch gewesen und nur durch 
ein Missverständniss nicht geblieben, dies zu untersuchen ist Sache 
der Fachleute. Eeinenfalls würde die aus Persien stammende 
Nisrtni-Rose diesen Namen verdienen. 

Zu Anfrage 2. Das spanische adel f a ist aus dem arabischen 
difla und dieses aus dem griechischen dafii^ entstanden. Die 
Araber vertauschen die verwandten Laute 1 und n häufig. Yor 
dem Islam nannte man den Oleander in Syrien ordodafni, was 
aus rhododafn§ entstanden. Ein semitischer Name ist für den Ole- 
ander nicht nachweisbar, obschon es kaum zweifelhaft ist, dass er 
in Syiien und Palästina — in dessen Gründen er heute mit seltener 
Pracht wuchert, — schon frühzeitig heimisch war. Die Perser nennen 



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ihn „Eselgift^ CCharzahra), weil wenige Blätter, die ein Esel £risst, 
genagen, um ihn zu tödten. Im Mai 1860 habe ich so mein 
kräftigstes Pferd, einen 4jährigen Hengst, verloren. Auf einem Ritte 
von Salt nach Jericho hatten wir Nachmittags | Stunde am Jordan 
gerastet, wobei das Thier unbeachtet an Oleanderzweigen frass, 
aus denen sich Leute, welche früher dort übernachtet, Lagerstätten 
bereitet hattten; abends bei unserer Ankunft in Jericho zeigten 
sich die Symptome der Oleandervergiftung und morgens 5 ühr 
war es todt. Der Thierarzt der dortigen Landreiterstation ver- 
richtete auf meinen Wunsch die Section, wobei sich fand, dass es 
etwa 30 Blätter waren, die das Thier gefressen hatte. Das 
arabische Lezicon „Eämüs^ sagt: Difla, im Persischen Charzahra, 
ist eine tödtliche Pflanze, ihre Blühte ähnelt der rothen Rose, ihre 
Frucht der Johannisbrodschote und das Decoct der Pflanze wird 
gegen Erätze und Aussatz angewendet. Aber die medizinischen 
Wörterbücher der Araber besprechen weit ausführlicher die Eigen- 
schaften des Oleanders. 

Zu Anfrage 3. Die Quitte wird im Alt^i Testamente nicht 
erwähnt. Einige Exegeten glaubten, das biblische taffüah sei die 
Quitte, aber mit Unrecht, denn dieses Wort entspricht dem 
arabischen tuffäh und bezeichnet nur den Apfel resp. den Apfel- 
baum, welcher sich in Syrien und Palästina überall findet, obschon 
er nicht das Aroma der Aepfel nördlicherer Länder besitzt. Doch 
baut man in den Dörfern des Hermon Aepfel, die auch ein 
Europäer köstlich findet. Die Quitte heisst im Arabischen sefer- 
gela, ein Wort, für welches sich in den semitischen Sprachen 
kein Etymon findet; es mag also ein Fremdwort sein. 

Was die Pfirsich anlangt, so heisst sie in Aegypten chöcha, 
mit welchem Worte man in Syrien nur die Pflaume benennt. 
Dagegen heisst die Pfirsich in Damask duräkina, im coUectiven 
Sinne duräkin, wofür in manchen Gegenden Syriens auch dura 1^ 
gehört wird. Es ist das ein interessantes Wort, das schon bei 
den Römern im Gebrauche war; bei Plinius (XV, 39) heisst es: 
persicorum palma duracinis ; post autumnum maturescunt. Es war 
also die vorzüglichste den Römern bekannte Pfirsichart. Als solche 
steht sie auch in dem bekannten Edict des Diocletian (einem 
Preiscourant) oben an: erst kommt Dur acina erster und zweiter 
QuaUtät, darauf Persica erster und zweiter Qualität. Auch der 



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XVIII 

heutige Italiener braucht noch das Wort, obschon in erweiterter 
Bedeutung; in einem italienischen Wörterbuche heisst es: „duricuia 
spätreifes Obst, das sich hält". Man leitet also das W. von durus 
ab. Indessen glaube ich, dass diese Etymologie nur eine unter- 
geschobene und das Wort kein lateinisches ist. In der durch die 
KöstUchkeit ihrer Baumfrüchte und Trauben noch heute berühmten 
persischen Provinz Chüzistän (der alten Susiana), deren West- 
grenze der vereinigte Euphrat und Tigris ist, liegt eine ehemals 
bedeutende Stadt Duräk, und von dieser wird die duracina den 
Namen haben. In dieser Annahme bestärkt mich der Umstand, 
dass die Römer (nach Apic. I, 26) auch eine uva duracina 
hatten, die gleichfalls nach jener Stadt benannt sein wird, denn 
sie ist ohne Zweifel identisch mit der oben erwähnten, durch die 
Grösse und Härte ihrer Beeren merkwürdigen, im Spätherbste 
reifenden Hilwäni-Traube, welche von der Stadt Hilwän den Namen 
hat. Hilwän liegt aber ebenso wie Duräk in Chüzistän. 

Zu Anfrage 4. In den drei hierher gehörigen Bibelstellen 
(1 Mos. 13, 18; 14, 13; 18, 1) ist nicht von einem Baum (§16n) 
sondern von Bäumen (M6n§) Mamre's die Rede, weshalb Luther 
geradezu „Hain von Mamre" übersetzt. — Das Wort M6n (von 
dem Zeitworte ^1 hoch und gross sein) bedeutet den grossen 
Baum, oder, als ein Intensivum genommen, den Riesenbaum, denn 
es wird nur von einigen wenigen, im Lande allbekannten Bäumen 
gebraucht, so 1 Sam. 10, 3: vom Riesenbaum am Grabe der 
Rahel, Jos. 4, 11: vom Riesenbaum bei Saanaim, desgl. Rieht. 9, 6, 
wo statt der Luther'schen Uebersetzung „die hohe Eiche, welche 
bei Sichem steht" zu lesen ist „der Riesenbaum des Denkmals, 
welches bei Sichem steht" (über die Errichtung dieses Denk- 
mals siehe Jos. 24, 26). Solche Riesenbäume trifPt man in 
Syrien und Palästina noch heute bei uralten Heiligen- 
gräbem; zuweilen ist es eine Platane (dulba) oder Terebiethe 
(botma), aber in der Regel ist es eine Eiche. Auch das 
biblische Mön konnte Platane oder Terebinthe sein, (in Damask 
steht an einem heiligen Brunnen eine weit und breit bekannte 
Platane, welche vielleicht fünf Männer nicht umklaftem), aber in 
den meisten Fällen bezeichnete es wohl eine Eiche, wie es Luther 
auch gewöhnlich übersetzt. — Die Eiche, im Syro-arabischen 
Sindiana genannt, heisst im A. Test, allön. Das Wort findet sich 



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XIX 

z. B. 1 Mos. 35, 8: „und Debora starb und ward begraben unter 
der (bekannten) Eiche bei Bethel, die seitdem die Elageeiche 
heisst." — Auch die Bäume von Mamre dachte man sich meistens 
als Eichen. Noch heute steht dort eine prachtvolle Sindiana, 
deren Umfang ich in Ermangelung eines Fadens mit der Spanne 
gemessen und mit ca. 25 rhein. Fuss in meinem Tagebuche ver- 
merkt habe; doch mag sie noch dicker sein. Der Baum ist 
kerngesund, und unter seinem gewaltigen Schattendache möchte 
sich leicht eine Compagnie Soldaten lagern können. Diese Eiche 
wird viel genannt; um 1300 sah sie der Engländer John Mannde- 
ville, um 1102 der Reisende Säwxdf, imd die Worte des Josephus 
(Antiq. I, 9, 4) — ^/J^a^og öi y.atwitei fi€v neqi Tr\v ^£lyvyr)v 
xaXovfiivriv dgvv, ov no^^w T^g ^Eßgovicov nolecog — machen 
es wahrscheinlich, dass sie schon zu Christi Zeiten ein sehr grosser 
Baum war. — Wie kommt es aber, dass man so häufig von einer 
Terebinthe von Mamre liest? Auch eine solche hat existirt. 
Josephus (beU. jud. IV, 9, 7) berichtet, 6 Stadien von Hebron 
stehe eine Eiesenterebinthe (teQeßivd'OQ fieyiotrj)^ welche von 
ErschafPung der Welt datire. Dreihundert Jahre später standen 
nach Eusebius (Onom. s. 'Agßd) noch beide, Eiche und Terebinthe ; 
doch verschwand die letztere nach dem Zeugnisse des Hieronymus 
unter der Regierung des Kaisers Constantius. Jetzt giebt es 
wohl Terebinthen-Gesträuch dort, aber keinen bemerkenswerthen 
Baum. Neuere Reisende, die das Gegentheil behaupten, sind nicht 
dort gewesen. — Sollte die Genesis, wie Viele wollen, um 800 
V. Chr. geschrieben sein, wo die beiden genannten Bäume schon 
existiren mochten, so konnten dieselben wirklich die ^16n^ 
Mamr^ der israelitischen Sage sein, denn diese Worte (^lön^ 
als Dual nicht als Plural genommen) können auch „die beiden 
Riesenbäume von Mamr^" bedeuten. 

Soviel über den Inhalt meiner letzten Mittheilungen an den 
verstorbenen Freund. 

Zum Schluss noch ein Wort über diejenigen griechischen 
Pflanzennamen bei Theophrast und Dioscorides, von denen sich 
wegen imgenügender Definition nur vermuthungsweise oder auch 
gar nicht sagen lässt, welche Pflanzen sie bezeichnen. Von Diosco- 
rides besitzen wir arabische üebersetzungen, desgleichen finden 
sich in den medizinisch-botanischen Wörterbüchern der Araber, 



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XX 

deren die Eönigl. Bibliothek in Berlin mehrere besitzt, auch aus 
Theophrast viele, oft längere Entlehnungen in fast wörtlicher 
üebertragung: in botanischen Dingen blieben die Araber stets 
die unselbständigen Schüler der Griechen. Es ist daher grosse 
Wahrscheinlichkeit vorhanden, dass sich durch Vergleidiung der 
Araber die Bedeutung manches griechischen Pflanzennamens sicher 
stellen lasse. Von einem günstigen Ergebnisse dieser Yergleichung 
würde eine Schrift wie die vorliegende in erster Reihe gewinnen. Hoffen 
wir also, dass das Buch unsers Freundes unter einem glücklichen 
Gestirn in die Welt tritt Für eine zweite Auflage fände sich 
unt)er den Yerehrem des Yerfiassers gewiss auch der Arabist, 
welcher sich der Mühe einer solchen Yergleichung willig unter- 
ziehen würde. 

Berlin, d. 16. October 1879. 

Johann Gottfried Wetzstein. 



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Einleitung. 



In dem ersten Theile meiner Vorlesungen über Dendrologie 
habe ich die Gaiiienstyle der verschiedenen Völker des Alterthumes 
und der jetzigen Zeit zu schildern versucht. Die Gartenstyle 
lassen sich, wie dort ausfuhrlich erläutert wird, schliesslich auf 
zwei Grundtypen, zwischen denen sich aber wiederum in einander 
übergehende Modifikationen zur Geltung bringen, zurückfuhren. 

Bei dem einen Typus ist der Gartenstyl von der Architektur 
abhängig, bei dem andern hingegen wird die letztere von dem 
ersteren beherrscht. Nach der BeschafiFenheit des Materiales, was 
im ersteren Falle der den Ton angebenden Architektur zu Grunde 
liegt und demnach in ihrer Durchführung massgebend sein muss, 
also nach der Beschafienheit der Steine, nennt man den in diesem 
Falle von der Architektur abhängigen Gartenstyl den der gera- 
den Linie, wo hingegen die Pflanzen in den Vordergrund treten 
und die Architektur mit ihren Gebäuden von diesen abhängig ist, 
spricht man von dem Gartenstyl der geschwungenen Linie. 

Das Material der Architektur sind, wie gesagt, die Steine. 
In ihrer ursprünglichen Gestalt kommen diese als Krystalle vor. 
Die Krystalle werden durch grade Flächen begrenzt und spalten 
sich auch nur in Flächen. Es darf demnach das aus ihnen er- 
baute Haus ursprünglich auch nur grade Mauern besitzen, inso- 
fern es sich mit dem Material, aus dem es entstanden, in Harmo- 
nie befinden soll. Bringt man Verschönerungen in der Umgebung 
des Hauses durch Pflanzen an, so müssen nicht weniger diese 
konform sein und stylgerecht ebenfalls grade Linie bilden. 

Anders verhält es sich mit dem Gttrtenstyle der geschwunge- 
nen Linie, wo die Pflanzen in den Vordergrund treten. Der 



Koch. I 



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Stamm des Baumes ist mit seinen Aesten und Zweigen rund, 
aber auch die in Folge ihrer physiologischen Bestimmung meist 
flachen Blätter haben einen nicht durch grade, sondern durch 
geschwungene Linien begrenzten Umfang. Einem Gartenstyl, wo 
also die Pflanzen das Massgebende sind und das Ganze beherrschen, 
muss demnach im Gegensatz zu dem, wo das Haus mit den 
Steinen das Maassgebende ist, umgekehrt die geschwungene Linie 
zu Grunde liegen, die gerade Linie würde dem Grundtypus der 
Pflanze widersprechen. 

Man kann im Allgemeinen annehmen, dass, je wärmer die 
Länder sind, in denen die Völker wohnen, der Gartenstyl der 
geraden Linie, je kühler hingegen, der der geschwungenen Linie 
vorherrscht. Diese Erscheinung lässt sich einigermassen dadurch 
erklären, dass in wärmeren Ländern Vegetationszustände mit nur 
krautartigen Pflanzen, wie sie unsere Wiesen und Matten dar- 
stellen, nicht existiren, sondern nur Gegensätze von grossen 
waldartigen Ausbreitungen, wie sie die sogenannten Urwälder der 
Tropen, darbieten und von ebenfalls einen grossen Umfang ein- 
nehmenden Wüsten. Diese letzteren sind freilich in der Regel 
nicht das ganze Jahr hindurch Wüsten, d. h, fast ohne alle 
Vegetation, sondern eine kurze Zeit lang, die man Regenzeit 
nennt, erscheinen sie im Gegentheil mit den schönsten blühenden 
Pflanzen bedeckt. Diese Pflanzen von sehr kurzer Vegetation sind 
natürlich für diesen ihren Aufenthalt besonders organisirt und er- 
scheinen meist in Form von Zwiebel- und Knollenpflanzen aus 
der grossen Abtheilung der Monokotylen. Von ihnen, die übrigens 
in einzelnen Fällen bei uns im Norden ebenfalls vertreten sind, 
will ich nur die bei uns sehr beliebten, aber nur in Gewächs- 
häusern gezogenen Amaryllis nennen. 

Fünf Theile des Jahres liegen in den eben näher bezeichneten 
Wüsten die Zwiebeln und Knollen, auf die sich die ganze Pflanze 
zurückgezogen hat, wie todt in dem völlig ausgetrockneten Boden, 
und nur einen Theil (kaum 2 Monate) des Jahres bedürfen sie, um 
ihren Lebenslauf zu vollenden. Interessant ist, dass die Bluthen 
solcher Pflanzen nur ausnahmsweise Früchte und Samen hervor- 
bringen, dagegen sich die Pflanzen um desto reichhcher durch 
Zwiebeln und Knollen vermehren. 

Da die grossen Wälder der wärmeren Länder aus verschie- 



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denen Gründen, wie sie in meinen Vorlesungen über Dendrologie 
angegeben wurden, sehr ungesund sind und daher den Menschen 
nicht zur Wohnung dienen können, so sind diese auf die baum- 
leeren Gegenden angewiesen. Hier bauen die Menschen ihre 
Häuser und nicht in den Wäldern. Um gegen die brennenden 
Strahlen der Sonne sich einigermassen zu schützen, pflanzten sie 
Bäume in der Nähe ihrer Wohnung und unterhielten sie öfter ver- 
mittelst Wasserleitungen, auch mit ungeheuren Kosten. Waren Berge 
oder nur Hügel vorhanden, so machten die Menschen sich auch 
Wohnungen in dieselben. Um diese noch kühler zu erhalten, wurden 
über ihnen Terrassen angelegt und mit Bäumen bepflanzt. So mag 
es beispielsweise bei den berühmten hängenden Gärten der Semira- 
mis der Fall gewesen sein. Der gänzliche Verfall der Kultur in der- 
gleichen Ländern, in der späteren Zeit besonders in Syrien, Baby- 
lonien und Aegypten, ist allein die Ursache, dass dergleichen 
Gärten jetzt nicht mehr angelegt werden, während sie im Alter- 
thume ziemlich verbreitet gewesen zu sein schienen. 

In weniger wärmeren und durch Gebirge auch kühleren 
Ländern sind die Wälder der Gesundheit des Menschen nicht 
schädlich, sondern im Gegentheil um so zuträglicher, je niedriger 
die Temperatur ist. Die Menschen verlegten daher ihre Wohnungen, 
wie es vor Allem in dem alten Griechenland, in Persien und in China 
der Fall war, mitten in diese Wälder, und sahen sich mit Zu- 
nahme der Bevölkerung schliesslich immer mehr gezwungen, diese 
für Wohnungen auszuhauen. Ausserdem legten sie, als ihre 
geistige Kultur zunahm und allerhand Ansprüche an das Leben 
gemacht wurden, in den die Wohnung umgebenden Wäldern Wege 
in geschwungener Linie an, und suchten hierin der nicht durch 
Geschäfte in Anspruch genommenen Zeit Erholung. Diese der 
Erholung gewidmeten Theüe des ursprünglichen Waldes oder 
wohl auch erst angelegten Anpflanzungen nannten die Perser 
Paradiese. Ueber sie haben wir durch die alten Griechen, vor 
Allem durch Xenophon, bestimmtere Nachrichten erhalten. Die 
Alleen und Avenuen, welche zu Xenophons Zeit neben den ge- 
schlungenen Wegen in den Paradiesen bereits existirten, mögen 
erst in einer späteren Zeit entstanden sein. 

In Griechenland waren die persischen Paradiese bei der 
eigenthümlichen Konfiguration und bei dem geringen Breiten- 



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durchinesser der Halbinsel unmöglich, um so mehr dachten die 
Griechen aber daran, als in Folge des Zwangs der Verhältnisse die 
Wälder zu sehr gelichtet worden waren, von Neuem Gehölze, 
d. h. Bäume und Sträucher anzupflanzen zur Verschönerung ihrer 
Wohnstätten, andemtheils aber auch um Schatten gegen die bren- 
nenden Strahlen der Sonne zu erhalten und vorhandene Quellen 
gegen das Austrocknen zu schützen. Der den Griechen an- 
geborene Kunstsinn sprach sich dabei nicht weniger in der 
Art und Weise der Verwendung der Gehölze als ausserdem 
aus. Leider ging in einer späteren Zeit mit der Ueberbildung 
und mit der Vorliebe für omamentale Gebäude der ursprüng- 
liche gärtnerische Schönheitssinn der Griechen hier und da in 
den Städten, z. B. in Athen, mehr oder weniger verloren, trat 
aber um desto hervorragender in der Architektur in den Vorder- 
grund. Um aber auch femer den nöthigen Schatten zu haben, 
wurden in der Stadt die Bäume durch bedeckte Säulengänge 
ersetzt. 

Der Gartenstyl der geschwungenen Linie, wie er zuerst in 
Persien und China zur Geltung gekommen und in dem alten 
Griechenland von selbst entstanden war, ist nach den grossen 
Verirrungen, die er nach Verlauf des Mittelalters, in dem alle 
Kultur bis auf wenige Lichtpunkte verschwunden war, vor Allem 
in Italien und Holland bis fast auf die neueste Zeit durchgemacht 
hat, zuerst wiederum in England zur Geltung gekommen. Es 
musste der beissende Witz eines Bacon erst vorbereiten, bevor 
der Gartenstyl der geschwungenen Linie in genanntem Inselreiche 
eine Vollendung erhielt. Der Verfasser der Abhandlung über den 
guten Geschmack verlangte schon zu seiner Zeit, also vor länger 
als 2 Jahrhunderten, dass England einen einzigen grossen Garten, 
der vom Meere umspült würde, bilden sollte. 

Was Bacon also schon lange ausgesprochen, ist leider ein 
frommer Wunsch geblieben, wurde aber im alten Griechenland 
von selbst durchgeführt. Griechenland stellte im Alterthume einen 
einzigen grossen Garten, der zwar nicht von allen, aber doch auf 
drei Seiten vom Meere umspült wurde, dar. 

Der Park oder der Englische Garten, welche Namen der 
Gartenstyl der geschwungenen Linie jetzt erhielt, weicht aber da- 
durch wesentlich vom Paradies der alten Perser ab, dass er mit 



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einer Mauer, wie diese bei den Gärten der Chinesen vorhanden, 
mnschlossen ist. Diese Mauer fand aber auch in England selbst, 
und zwar bei bedeutenden Gartenkünstlem , Widerspruch. Nicht 
ummauerte Parks existirten zwar auch schon theilweise in Eng- 
land, waren aber auf die öffentlichen Anlagen, wie den Kensington- 
Garden, den Hydepark u. s. w. beschränkt. 

Einen Schritt in der Vollendung des Gartenstyles der ge- 
schwungenen Linie weiter ging man in Deutschland. Der Eng- 
lische Garten ohne Mauer blieb in England selbst immer noch 
ein Kunstwerk des Menschen, weil er sich von der Umgebung 
deutlich abgrenzt. Er bildete noch nicht einen Theil dieser. Erst 
Sek eil in München, einem der geistreichsten Männer des 2. und 
3. Jahrzehnts unseres Jahrhunderts, war es vorbehalten, seine künst- 
lichen Anlagen und Gärten nicht als solche erkennen zu lassen, 
sondern sie in einer Weise anzulegen, dass sich der Laie der 
Meinung hingeben konnte, sie gehörten schon ursprünglich zum 
Ganzen und wären kein Kunstwerk des Menschen. Der Englische 
Garten steht noch als erstes Beispiel dieser Vollendung des Garten- 
styls der geschwungenen Linie da, wird leider aber sehr vernach- 
lässigt. Die Gründe dieser Vernachlässigung liegen in schwierig 
wegzuräumenden Ursachen, bei denen die Geldfrage leider auch 
mitspricht. Sollte es aber nicht möglich sein, gerade in München, 
wo der Kunstsinn des herrschenden Hauses der Witteisbacher 
sich auf anderem Gebiete in glänzender Weise ausgesprochen hat, 
dass der englische Garten zum Gedächtniss der nachkommenden 
Generation in seiner ursprünglichen Reinheit hergestellt wird? 
Auf gleiche Weise ist es in hohem Grade wünschens werth , dass 
die beiden einzig dastehenden Schöpfungen des Fürsten Pückler- 
Muskau, dis Parks von Muskau und Branitz, in ihrer Reinheit er- 
halten werden. Die jetzigen Besitzer derselben würden sich da- 
durch ein grosses Verdienst erwerben. 

Was Sek eil angebahnt und durchgeführt hat, dem suchte 
Fürst Pückler- Muskau seine höchste Vollendung zu geben, Er 
rief die Landschafts-Gärtnerei, ein Wort, was dem, was es 
soU, vollständig Ausdruck giebt, in's Leben. Seine Gedanken sind 
im ganzen Deutschland bereits vielfach verkörpert worden. Als 
sein Echo, dem es beschieden war, seit 1848, wo man den geist- 
reichen Verfasser der Briefe eines Verstorbenen verschollen 



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glaubte, während er in aller Stille Grosses in's Leben rief, mit 
dem selten hochbegabten und leider sehr verkannten Manne in 
näherer Verbindung zu stehen, der feruer das Glück hatte, den 
Park von Branitz aus einer erbärmlichen Sand wüste entstehen zu 
sehen, fühle ich mich gedrungen, hier auszusprechen, was in dieser 
Weise nicht allgemein bekannt sein dürfte. Noch fehlt uns der 
Mann, der sich berufen fühlt, eine Geschichte dessen, was in dieser 
Hinsicht von Seiten des Fürsten geschehen ist, zu schreiben und 
der Oefifentlichkeit zu übergeben. 

Es ist jetzt unsere Aufgabe dahin zu streben, die Gedanken 
des Fürsten, aus ganz Deutschland eben so einen grossen Garten 
zu bilden, wie er durch glückliche Verhältnisse und durch den an- 
geborenen Kunstsinn der Bewohner des Landes in dem alten 
Griechenland vorhanden war, in Ausführung zu bringen. Wir 
Deutsche sind so glücklich, einen Mann als den Lenker unserer 
Geschicke an der Spitze zu haben, der nicht weniger auch von 
dem Gedanken, Deutschland allmälig zu einem einzigen grossen 
Garten zu machen, tief ergriffen ist und ihn zur Ausführung zu 
bringen möglichst beitragen wird. So geht unser erhabener 
Kaiser in Allem, also auch in diesem Werke des tiefsten Friedens, 
seinem Volke voran. 



Bevor ich mich über die Bäume und Sträucher des alten 
Griechenlands ausspreche, möchte es nothwendig sein, die Hilfs- 
mittel, welche mir dabei zu Gebote standen, zu nennen. Es sind 
dieses eigentlich nur zwei: Homer's und Theophrast's Werke. 
Homer's IHade imd Odyssee mögen im 12. Jahrhunderte v. Ohr. 
geschrieben worden sein, während Theophrast im 3. Jahrhunderte 
V. Ohr. lebte. Wenn ich ausserdem noch in einzelnen Fällen 
Dioskorides hinzugezogen habe, so ist es nur geschehen, um den 
Ansichten anderer besonders späterer Forscher auf dem dendrologi- 
schem Gebiete des alten Griechenlands ebenfalls Rechnung zu 
tragen. Dioskorides wurde im 1. Jahrhundert n. Ohr. in Anar- 
zabates, einer kiliki sehen Stadt geboren und erhielt seine erste 
Bildung in der Hauptstadt Kilikiens, in Tarsos, wo damals eine 
höhere geistige Bildung vorhanden war Von da ging er nach 
Alexandrien in Aegypten, besuchte hierauf Italien und fast 



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alle diunals bekannten Länder Europas. Griechenland, das gerade 
der Gegenstand meiner dendrologischen Forschungen sein soll, 
blieb dem Dioskorides fast ganz unbekannt. 

Dazu kommt nun noch, dass Dioskorides Arzt war und die 
Pflanzen nur insofern ein Interesse für ihn hatten, als sie Arznei- 
mittel lieferten. Beschreibungen von Pflanzen finden wir in seinem 
berühmten Werke de materia medica libri VI. (^negi vlrjg lavQixrjg 
Idyoi ?f) nur sehr selten. Italienische Pflanzen mit ägyptischen 
spielen bei ihm auch stets eine grosse Rolle. 

Es ist zu bedauern, dass Dioskorides weder die Werke des 
Aristoteles, noch die des Theophrast gekannt zu haben scheint. 
Zu seiner Zeit liebte man Pflanzennamen aus der klassischen Zeit 
des Alterthumes ohne Kritik auf andere zu übertragen; eine Ueber- 
einstimmung in der Bedeutung mit den früheren SchriftsteUem 
sucht man daher bei Dioskorides und den übrigen griechischen 
Schriftstellern seiner Zeit sehr oft vergebens. Der Werth seiner 
materia medica liegt darin, dass er die verschiedenen Naraen, 
welche zu Anfang unserer Zeitrechnung eine Pflanze hatte, auf- 
führt und die lateinischen hinzufügt. Wenn man aber meint, dass 
die Pflanzen des lateinischen Alterthumes, was uns allerdings viel 
näher steht, besser bekannt gewesen waren, als die des grie- 
chischen Alterthumes, so hat man nur zum Theil recht. Die 
Römer haben wohl ausgezeichnete Landwirthe gehabt, aber keine 
Botaniker, wie sie Griechenland in Aristoteles und Theophrast 
besass. Gute Beschreibungen von Pflanzen sucht man vergebens 
bei ihnen. 

Es versteht sich von selbst, dass ich auch ausserdem auf die 
Namen von Gehölzen bei den griechischen Schriftstellern, beson- 
ders denen der klassischen Zeit (kurz vor und zur Zeit des Perikles) 
Rücksicht genommen habe. Hier ist es natürlich oft schwierig 
mit Bestimmtheit zu sagen, welches Gehölz unter einem bestimmten 
Namen verstanden worden ist, besonders wenn der Name nicht häufig 
vorkommt. In diesem Falle blieb mir schliesslich nichts weiter 
übrig, als die Bestimmung in der Weise anzunehmen, wie es bis- 
her geschehen. 

Nach Dioskorides haben wir nur wenige Schriftsteller zu ver- 
zeichnen, welche in griechischer oder lateinischer Sprache über 
Pflanzen geschrieben haben. In ersterer verdienen zunächst Arria- 



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DOS aus Nikomedien in Bithynien, der um das Jahr 100 n. Chr. 
lebte, und der Arzt Galenos aus Pergamos (131 bis 203 n. Chr.) 
genannt zu werden, welche über griechische Pflanzeunamen Auskunft 
geben. Später werden die Mittheilungen von Jahrhundert zu Jahr- 
hundert spärlicher, aber auch geringer und unzuverlässiger, bis 
schliesslich mit der Völkerwanderung eine finstere, jeder wissen- 
schaftlichen Forschung abholde Zeit eintritt, die bis zum Ende des 
Mittelalters und selbst noch darüber hinaus dauert. 

Das erste Werk von Bedeutung für die Erkennung griechi- 
scher Pflanzennamen 5 und zwar speziell des Dioskorides, ist das 
von Matthiolus „Pedacii Dioscoridis de materia medica libri sex, 
interprete Petro Andreo Matthiolo, cum ejusdem Commentariis. 
Venetiis 1554, folio." Eine zweite sehr vermehrte Auflage wurde 
schon im Jahre 1558 herausgegeben. Darauf erschien ein zweites 
nicht minder gewichtiges Werk in Lyon, was unter dem Namen 
Historia generalis plantarum von Dalechamp verfasst, aber ano- 
nym, also ohne Nennung des Verfassers, im Jahre 1586 oder 1587 
herausgegeben wurde. Das dritte Werk von Bedeutung, und zwar 
für Pflanzenkenntniss im Allgemeinen, ist von Johann Bauhin in 
Basel bearbeitet, aber erst nach seinem 1613 erfolgten Tode in den 
Jahren 1650 und 1651 von Chabraeus dem Druck übergeben 
worden. 

Nach diesen drei genannten Werken erschien bis auf Linn^ 
(geboren 1707, gestorben 1778), keins mehr von Bedeutung. Mit 
diesem gewaltigen Reformator der Botanik trat auch in der Be- 
nennung der Pflanzen, also in der Nomenklatur, eine Aenderung 
durch den bis jetzt festgehaltenen Grimdsatz ein, dass jede 
Pflanze zwei Namen , einen Geschlechts- und einen Art - Namen, 
haben musste. Für seine Geschlechter oder Genera liebte Linn^ 
Namen, welche schon im griechischen und lateinischen AI terthume 
Pflanzen bezeichnet hatten, schrieb sie aber leider nicht immer 
korrekt, eben so wenig hatte er kritisch untersucht, was dieses 
darunter verstanden. Es scheint, als wenn es ihm nur um den 
Namen zu thun gewesen wäre und er sich deshalb absichtlich gar 
nicht weiter um die ursprüngliche Bedeutung bekümmert hätte. So 
nannte Linnö beispielsweise ein Genus, von dem die Lateiner viel- 
leicht die betreffenden Arten selbst nicht einmal gekannt haben. Hex, 
obwohl die Lateiner nur die immergrüne Eiche darunter verstan- 



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den; für amerikanische Eichen mit abfallenden Blättern gebrauchte 
Linn^ femer Prinos, ein Wort, mit dem die Griechen wiederum 
die immergrüne Eiche bezeichneten. 

Die früheren Erklärer von Namen griechischer Pflanzen von 
Matthiolus bis auf Linn^ kannten die Flora Griechenlands nicht, 
das Land wurde von den Türken furchtbar heimgesucht, die wenigen 
Botaniker der Zeit hatten nicht Lust, ihr Leben durch eine Erfor- 
schung Griechenlands aufs Spiel zu setzen. Sie waren der Mei- 
nung, da SS Griechenland dieselben Pflanzen besässe, wie Deutsch- 
land, Frankreich und Italien. Es gilt dieses selbst von dem ge- 
lehrten Kurt Sprengel noch. Aufi^allen kann es deshalb nicht, 
wenn bei der Angabe über Bedeutung altgriechischer Pflanzen- 
Namen nicht griechische, sondern Pflanzen aus genannten drei Län- 
dern berücksichtigt wurden. 

Leider ist eine nicht geringe Verwirrung in der Nomenklatur 
auch dadurch entstanden, dass einige Botaniker in einzelnen FäUen, 
wo Linn^ entweder absichtlich oder auch aus Versehen dem Na- 
men eine andere Bedeutung gegeben hatte, Linn^ insofern korri- 
girten, als sie für die Namen die Bedeutung der Griechen oder 
Lateiner wieder herstellten. Ich erinnere nur an Abies und Picea. 
Während die Botaniker Englands und Amerikas die Nomenklatur 
Linn^'s in diesem Falle festhalten, nennen die Botaniker des euro- 
päischen Festlandes zum grössten Theil die Rothtanne oder Fichte, 
wie die alten Römer Picea, die Weisstanne aber Abies. Zum 
Glück ist man bei dem einen Falle stehen geblieben und hat nicht 
weiter korrigirt, was doch bei einiger Konsequenz hätte geschehen 
müssen. 

Auf gleiche Weise sind einige Botaniker bemüht gewesen, 
besonders griechische Namen in ihrer Reinheit wieder herzustellen, 
obwohl die Griechen selbst nicht selten für dasselbe Wort mehrere 
Schreibarten besassen. So soll man jetzt nicht mehr Ocymum, 
wie Linn^, schreiben, sondern Ocimum, obwohl Ocimum der Alten 
ganz andere Pflanzen bedeutet, als Ocymum Linne's. Warum 
schreibt man aber denn immer noch Andrachne und nicht An- 
drachle, Glechoma und nicht Glechon oder Blechon etc. etc.? 



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Erster Theil. 



Griechenland im Allgemeinen. 



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1. Absclmitt. 

Beschaffenheit und Bodenverhältnisse Griechenlands. 



iXrieclienland bildet im Süden der europäischen Türkei eine 
Halbinsel und hatte im Alterthum einen Flächeninhalt von gegen 
860, jetzt, wo man Thessalien abgetrennt hat, von etwa 650 
□ Meilen. 

Wollen wir hofPen und wünschen, dass die Zeit nicht mehr 
fernliegt, wo Griechenland nicht allein seine alten Grenzen im 
Norden wieder erhält, sondern auch die in alten Zeiten ihm zugehö- 
rigen Inseln, vor Allem Kreta, wieder mit ihm vereinigt werden. 
Trotz seiner geringen Breite, wo im Norden 1 Meile Küstenlänge 
6 Meilen Areal, im Süden aber nur 3 Meilen entspricht, ist 
Griechenland sehr gebirgig und besitzt nicht wenig Berge mit 
ewigem Schnee. Die Steinart, welche die Gebirge zusammen- 
setzten, ist ein graulich- oder gelblich-weisser und dichter Kalk- 
stein, der Kreideformation angehorig. Nur im äussersten Süden 
des Peloponnes ist ein kömiger Kalkstein, im Osten (auf der Insel 
Euböa) aber Thon und mehr noch Glimmerschiefer an seine Stelle 
getreten. 

Wie die meisten dichten Kalksteine der Kreideformation, so 
ist auch der griechische im hohen Grade in Folge unterirdischer 
Revolutionen verworfen und dadurch ausserordentlich zerklüftet, 
so dass die meteorischen Wasser in die unterirdischen Spalten 
und Höhlen rasch abfliessen und sich im Innern ansammeln, um 
Bäche und Flüsse zu bilden, aber auch bisweilen an sehr 



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14 

entfernten Orten erst wieder zum Vorschein zu kommen. Allent- 
halben in Griechenland giebt es mit der Aussenwelt in Verbinduug 
stehende Grotten und unterirdische Höhlen, aus deren Decke das 
viel Kalk enthaltende Wasser herabträufelt und fortwährend so- 
genannte Stalaktiten bildet. Alluvial-, weniger Diluvial-Boden 
bedeckt zum Theil mit tertiären jüngsten Gebilden die grösseren 
und kleineren Gebirgskessel. Das Alluvium erscheint hier meist 
als ein fetter und fruchtbarer Thonboden. Es ist dieses be- 
sonders in den Gebirgskesseln und Ebenen im Innern des Landes, 
so in Böotien der Fall. Im Sommer, vom Juni bis Ende Sep- 
tember, haben in diesen Kesseln und Ebenen Bäche und kleinere 
Flüsse weniger, bisweilen gar kein Wasser. Ursache ist, dass 
es während dieser Zeit in Griechenland gar nicht regnet und eine 
hohe Temperatur herrscht. Selbst grössere Flüsse werden, bevor 
sie sich ins Meer ergiessen, schliesslich so wasserarm, dass sie 
kaum oder gar nicht mehr zum Bewässern der Gärten und 
Felder dienen können. Es ist dieses auf der Ostseite Griechen- 
landsy wo mß^ ein schmaler, mit Alluvialboden bedeckter Küsten- 
strich vorhanden ist, der Fall. Auf der Westseite fällt da- 
gegen das Gebirge steil ab und fehlen derlei ebene Küstenstriche 
ganz und gar. Im Frühjahre werden, wenn der im Winter ange- 
sammelte Schnee schmilzt, vor Allem in den engen Gebirgsthälem, 
die Bäche dagegen zu reissenden Strömen, für die die alten Griechen 
schon einen besonderen Namen xaQaÖQOLi hatten. Die ganzen 
Thäler sind in diesem Falle meist mit Wasser angefüllt. 



2. Abscliniti 

Die Einwanderungen in Griechenland und deren Folgen. 

Mit sehr geringen Ausnahmen scheinen alle Gebirge Griechen- 
lands, insoweit es die Steilheit der Abhänge erlaubte, in der 
ältesten Zeit mit Wald bedeckt gewesen zu sein, so dass das 
Land vom thessalischen Olymp bis zu den äussersten Spitzen 
Lakoniens einen einzigen zusammenhängenden Wald bildete. In 



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15 

ihm waren die pelasgischen Ureinwohner, wie (allerdings in einer 
weit späteren Zeit) die alten Deutschen, noch dem ursprüng- 
lichen Baumkultus ergeben. Nicht in Tempeln, sondern in den 
rauschenden Gipfeln grosser Bäume wurde Gott verehrt. 

Später, gewiss aber lange Zeit vor Homer, kamen in der 
Kegel von andern Völkern aus ihren Wohnsitzen vertrieben, haupt- 
sächlich vom Norden her, aber auch aus Kleinasien über das 
Meer, fremde Einwanderer und brachten ihre Götter mit. Die 
Führer dieser eingewanderten Stämme bemächtigten sich des ganzen 
Landes und wurden damit die ersten Könige; in einer noch spä- 
teren Zeit verehrte man sie aber als Heroen d. h. Gölter zweiten 
Ranges. Solche Führer waren Perseus, der Grossvater des 
Herakles und AhnheiT der Heraklidcn. sowie Pelops, der 
Stammvater der Atriden, der erstere kam aus dem Norden, der 
andere aus Kleinasien 

Die mitgebrachten Götter wurden allmälig mit der Geschichte 
des in Besitz genommenen Landes und seiner Kultur auf eine 
Weise verwebt, dass man später glaubte, sie seien in Person ge- 
kommen. Diesen Göttern schrieb man auch die Einführung der 
wichtigsten Nährpflanzen, welche die FüLB«r i^r emgewanderten 
Stämme mitgebracht haUeM, zo, so der Athene oder Pallas 
ckat OiilbwiBii^ der Demeter oder Ceres den Feigenbaum und 
dem Dionysos oder Baccho's den Weinstock. Im Erechtheon 
von Athen zeigte man noch sehr spät den Oelbaum, den Athene 
selbst gepflanzt haben sollte. Alle anderen heiligen Oelbäume 
in und bei Athen, insofern sie aus hohem Alterthum stammten, 
galten als Ableger dieses ersten Oelbaumes. Auch der Feigen- 
baum, den Demeter dem Athener PhytaJos für seine gastfreund- 
liche Aufuahme geschenkt hatte, und der an der Strasse nach 
Eleusis nicht weit von der Akademie stand, war lange Zeit noch 
zu sehen und wurde ebenfalls als heiliger Baum verehrt. 

Die ersten aus dem Norden gekommenen Einwanderer Griechen- 
lands nannte man Hellenen. Mit ihrem Erscheinen hatte, wie 
bereits mitgetheilt ist, der Baumkultus aufgehört. Wo es den Hellenen 
auf ihrer Wanderung nach dem Süden des Landes gefiel, siedelten 
sie sich an, wurden aber oft wiederum von nachkommenden Stamm- 
genossen weiter nach Süden gedrängt. Sobald bleibende Nieder- 



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16 

lassungen geschahen, wurde natürlich Wald ausgehauen. Die mit- 
gebrachten Götter erhielten in der ersten Zeit ihr Unterkommen 
in den vorhandenen Grotten und Höhlen, erst weit später erbaute 
man ihnen steinerne Tempel. 

Nicht zu gleicher Zeit, sondern später kamen unter Führung 
eines Häuptlings, den man in der folgenden Zeit ebenfalls als 
König bezeichnete, andere Einwanderer über das Meer, und zwar 
von Südosten her aus Syrien, oder von Süden her aus Aegypten und 
bemächtigten sich bestimmter Stellen des Landes, hauptsächlich an 
der Küste. Die daselbst bereits wohnenden Hellenen wurden 
verdrängt oder wohl häufiger unterworfen. In letzterem Falle 
vermischten sich die früheren und späteren Einwanderer bald auf 
eine Weise miteinander, dass beide später nicht mehr zu unter- 
scheiden waren. 

Auch diese neuen Einwanderer hatten ihre Götter mitgebracht 
und deren Kultus eingeführt. Die wichtigste Gottheit der syrischen 
Einwanderer ist Aphrodite, oder Venus. Durch die rasch aufein- 
ander folgenden Einwanderungen nahm die Bevölkerung in ent- 
sprechender Weise zu und wurde Ursache, dass der Wald immer 
mehr gelichtet und das Land oflfen gelegt wurde. Es scheint 
dieses aber schon in sehr früher Zeit zu viel geschehen zu sein, 
so dass, wie es in allen Ländern auch später der Fall gewesen 
ist, durch Versiegung der offengelegten Quellen und Bäche, Trocken- 
heit mit ihren schädlichen Folgen sich sehr bald schon fühlbar 
machte. Zum Glück sah der intelligente Grieche dieses zeitig 
ein und traf alsbald die nöthigen Vorkehrungen, diesen Uebel- 
stand zu beseitigen. Das Erste, was er that, war, dass er die 
Stellen, wo früher Quellen und Bäche vorhanden, von Neuem mit 
schattengebenden Bäumen bepflanzte. Vor Allem verwendete er 
seine Aufmerksamkeit auf die zu Tage tretenden Grotten und 
Höhlen, besonders wenn aus ihnen früher Quellen hervorgesprudelt 
waren. Es kam dabei der religiöse Glaube zu Hülfe. In derlei 
Grotten hatten die Einwanderer in der ersten Zeit ihre mit- 
gebrachten Götter untergebracht, die Grotten waren also dem 
Volke heilig. Priester und noch häufiger Priesterinnen behüteten 
die neue Anpflanzungen, die den Namen Alsos (d. i. Hain) er- 
hielten; eine grosse Strafe traf denjenigen, welcher einen solchen 
Hain beschädigte. 



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In der spätem nachchristlichen Zeit, zur Zeit des Pausanias, 
erhielten dergleichen von Jungfrauen bewohnte Grotten erst den 
Namen Nymphäen, sie waren aber schon in den ältesten Zeiten 
vorhanden, wo die verschiedenen Stämme erst anfingen, allmälig 
ein besonderes Volk zu bilden. Die in den Grotten wohnenden 
priesterlichen Jungfrauen besassen in der Regel die Gabe der 
Weissagung. Einige hatten sich mit der Zeit einen grossen Ruf 
erworben. Aus entfernten Gegenden kamen die Bewohner des 
Landes, ja selbst Abgesandte von Staaten, um dergleichen Jung- 
frauen zu befragen. Das berühmteste Orakel dieser Art war zu 
Delphi. 

Diese Alsen oder Haine bestanden hauptsächlich aus Laub- 
holz. Es waren Platanen und ausserdem Erlen, die man am 
Liebsten verwendete. Nadelholzer scheint man nur ausnahmsweise 
gebraucht zu haben. Li diesem Falle beschränkte man sich 
auf die Cypressen. Es waren in der Regel auch nur Haine, die 
der syrischen Aphrodite, mit der die in Syrien heimische Cypresse 
auch eingeführt worden, gewidmet waren. Doch lässt Homer auch 
in dem Haine der Kalypso Cypressen wachsen. 

Li dergleichen Hainen wurden in der spätem Zeit, wo die 
geistig bevorzugten Griechen allmälig eine feinere Bildung er- 
hielten, den Göttern auch steinerne Tempel erbaut. Tempel und 
Hain, die beide in der Regel von einer Mauer umschlossen waren, 
erhielten jetzt die Bezeichnung Temeni. Diese Temenen spielten 
in der Geschichte Griechenlands, vor Allem Athens, eine sehr 
gewichtige Rolle. Von ihnen wird später noch ausfuhrlich ge- 
sprochen werden. 

Anpflanzungen von Bäumen galten schon zu Homer's Zeit 
für ein grosses Verdienst. Homer berichtet schon aus seiner Zeit, 
dass Menelaus sich ein Verdienst erworben, dass er zu Kephyre 
in Arkadien einen Platanenbaum geflanzt habe. Dieser Platanen- 
baum nahm allmälig grosse Dimensionen an und wurde lange noch 
bewundert. 



Koch. 



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3. Absclmitt. 

Die Wälder Griechenlands und ihr Aussehen. 

In dem früheren Abschnitt habe ich bereits mitgetbeilt, dass 
in der allerältesten Zeit Griechenland ganz mit Wäldern bedeckt 
war, dass die Wälder aber von den verschiedenen Einwanderern 
allmälig in einer Weise gehchtet wurden, dass schädliche Folgen 
daraus entstanden- Wie diese aber auch wiederum nach und 
nach ausgeglichen wurden, ist ebenfalls gesagt. Es bleibt mir 
nun noch übrig, im Allgemeinen ein Bild des Waldes, wie er sich 
bis zur Zeit der höchsten Blüthe Griechenlands gestaltet hatte, 
zu geben. 

Da in den höheren Gebirgen, mit Ausnahme der Mitte des 
Peloponnes, also Arkadiens, keine grösseren Niederlassungen von 
Einwanderern geschehen waren, so erhielten sich auch die dorti- 
gen Wälder mehr oder weniger unversehrt. 

So gross auch das Bedür&iss der besonders an der Ost- und 
Südküste wohnenden Griechen, namentlich nach Schiffsbauholz, 
war, so hielt man es doch für vortheilhaffcer, dieses sich aus oft 
fernen Ländern und Inseln zu holen. Selbst das ferne SiciHen 
und Unteritalien, welche beide wegen ihrer ursprünglich griechi- 
schen Bevölkerung den Namen „Grossgriechenland" erhalten hatten, 
wurden beansprucht. Die Flüsse, welche aus dem Hochgebirge 
kommen, sind so unbedeutend, dass sie nicht einmal zum Flössen 
gebraucht werden können. Die Unbrauchbarkeit solcher Flüsse 
wird noch dadurch erhöht, dass die Abfalle tiefer im Gebirge in 
der Regel sehr steil sind. Wasserfalle, wie man sie sich nur 
wünschen kann, sind in den Gebirgen Griechenlands keine seltene 
Erscheinung. 

In tiefer gelegenen Theilen des Gebirges können wegen der 
eben besprochenen steilen Abhänge keine Bäume wachsen, es 
kommt nur eine mehr oder weniger verkrüppelte Strauchvegetation 
vor. Aber auch diese Strauchvegetation lag in der Regel zum 
grössten Theil zu entfernt, um benutzt werden zu können; befand 
sie sich der Küste aber näher und konnte, ohne zu grosse Kosten 
zu machen, benutzt werden, so wurde aus ihr schon an Ort 



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19 

und Stelle Kohle angefertigt, welche wie in Athen, den Metall- 
arbeitern zur Feuerung diente. 

Zur Schonung Schatten werfender Bäume in der Nähe von 
Städten und Dörfern trug in erster Linie bei, dass man, wie in 
allen wärmeren Ländern, so auch in Griechenland das Bedürfniss 
nach Schatten selbst besass. Wie noch heut' zu Tage im. Orient, 
brachte auch die Bevölkerung des alten Griechenlands den Tag 
weniger in Häusern als vielmehr gern im Freien, und zwar im 
Schatten breitgipfeliger Bäume zu. Die italienische Sitte, am 
Tage in den gegen das Eindringen der Wärme sehr verwahrten 
Häusern zu leben und die Nacht zum Tage zu machen, war im 
alten Griechenland und ist auch heute noch im ganzen Oriente 
unbekannt. Man zog in den alten Zeiten in Griechenland und 
auch heute noch im Oriente den Aufenthalt im Freien, zumal 
wenn man dabei noch das Murmeln eines Baches oder eines 
Springbrunnens hören konnte, dem im geschlossenen Hause vor. 

Als Athen zu gross wurde, erbaute man sich Wohnungen 
ausserhalb der Stadt und umgab sie mit Gärten, in denen grosse 
Bäume vorhanden waren. Die alten Griechen legten deshalb auch 
auf ihre Wohnung in der Stadt keinen grossen Werth und be- 
trachteten sie vielmehr als Lagerräume. Sie schliefen auch nur 
in den Häusern, wenn das Wetter zu schlecht war, um die Nacht 
im Freien zuzubringen. Als zur Zeit der höchsten Bluthe 
Griechenlands in Athen ein Baum nach dem andern dem Luxus 
gefallen war, wurden überbaute Hallen errichtet, um in ihnen 
bei dem Lustwandehi gegen die brennende Sonne geschützt zu sein. 

Im Gegensatz zu den einfachen Wohnhäusern in Athen, wur- 
den daselbst in der späteren Zeit die öffentlichen Gebäude, be- 
sonders die Tempel, prunkvoll hergestellt. Die grösseren Städte 
des alten Griechenlands, wie etwa Athen, besassen während ihrer 
Bluthe ziemlich das Ansehen der grossen Städte des heutigen 
Orients, nicht Italiens. Es scheint nur in den Wohnhäusern des 
alten Griechenlands mehr Sauberkeit geherrscht zu haben, als bei 
den heutigen Orientalen. Neben kleinen Häusern und Häuschen 
des Volkes befanden sich im alten Griechenland, vor Allem in 
Athen, die prachtvollsten omamentalen Gebäude. Diese standen 
auch meistens in einer Weise isolirt, dass sie von allen Seiten 

2* 



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umgangen werden konnten. Ausser den Göttern besassen nur 
Machthaber und Könige prächtige Gebäude als Wohnung. 

Vielleicht war es in der ältesten Zeit Roms auch nicht anders, 
aber später, als die Reichthümer der damaligen bekannten Welt 
in Rom zusammenflössen und der Römer sich als Herr und Ge- 
bieter von dieser betrachtete, wusste man gar nicht, was man mit 
dem Gelde anfangen sollte und verschwendete es auf eine maass- 
lose Weise. Man erbaute sich Häuser, wie die alten Griechen sie 
nur far ihre Götter besassen, und stattete sie im Aeusseren wie 
im Innern auf das GlanzvoUste aus. 



4. Abscimitt. 

Die Gehölze der griechischen Wälder. 

Die Vegetation der Länder bleibt nie dieselbe; sie wechselt 
in den Zeiten mit den Bewohnern. Es können, was das Seltenere 
ist, Pflanzen verloren gehen, aber auch noch häufiger neue ein- 
geführt werden. Gleich ist es, ob diese Pflanzen krautartig oder 
mehr in die Augen fallende Gehölze sind. Wir besitzen hierüber 
ein auch für Botaniker nicht genug zu beachtendes Werk eines 
gelehrten Philologen, der früher in Dorpat Professor an der dorti- 
gen Universität war, sich aber jetzt Berlin zu seinem stetigen 
Aufenthalt erwählt hat und mit dem einfachen Namen Victor 
Hehn sich unterzeichnet. Das Werk führt den Namen 

„Die Kulturpflanzen und Hausthiere in ihrem Uebergange 
aus Asien nach Griechenland und Italien" 
und hat in der sehr kurzen Zeit von 8 Jahren eben jetzt die 
dritte Auflage erhalten. Dieses Buch führt in nicht geringer 
Menge Pflanzen an, die Griechenland und Italien erst aus Asien 
erhalten haben. Die Einwanderer brachten nicht allein ihre Götter 
mit, sondern auch ihre Lieblings- und Kulturpflanzen. Für den 
Oliven- und Feigenbaum, so wie für den Weinstock, hat es Victor 
Hehn mit grosser Gewissheit nachgewiesen. Will der gelehrte 
Verfasser genannten Buches doch selbst den ächten Kastanien- 
baum, der jetzt in allen südlichen Ländern Europas Wälder von 



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grossem Umfange bildet, in Griechenland erst später eingeführt 
haben. 

Abgesehen von den Menschen haben auch andere Ursachen 
vielfach eingewirkt, dass fortwährend Pflanzen in Griechenland 
eingeführt wurden. Solche Ursachen sind vor Allem Meeres- 
strömungen, der Wind, hauptsächlich aber Vögel, die bisweilen 
aus weiter Feme kommen. Auf diese Weise hat auch die Anzahl 
der Pflanzen von der ältesten bis zu der Zeit, wo Barbaren von 
Norden her eindrangen und das Land verwüsteten und selbst später 
noch, bis auf die neueste Zeit zugenonmien. Die Zahl derer, die 
erst seit der Befreiung Griechenlands eingeführt wurden, ist selbst 
nicht unbedeutend und zwar nicht allein an Kultur- und Nutz- 
pflanzen, auch an andern, besonders an Unkräutern. Es wird im 
Folgenden meine Hauptaufgabe sein, bei den einzelnen Gehölzen 
möglichst anzugeben, ob diese ursprünglich in Griechenland oder 
erst, und zwar ohngefahr zu welcher Zeit, später eingeführt 
wurden. 

Was in der alten Pelasger Zeit von Gehölzen vorhanden ge- 
wesen ist, lässt sich nicht mehr sagen, die ersten Nachrichten 
über die griechischen Gehölze finden wir in den gesammelten 
Gesängen des Homer. Auf sie müssen wir daher einen besonders 
grossen Werth legen. Die spätem griechischen Schriftsteller sind 
mit wenigen Ausnahmen leider ausserordentlich karg in ihren 
Nachrichten darüber. Von Aristoteles sind die Abhandlungen 
über Pflanzen leider zum grössten Theil verloren gegangen, da- 
gegen hat sein Schüler Theophrast ein Werk von Bedeutung 
hinterlassen. Es liegt hauptsächlich meinen Angaben zu Grunde. 

Die Flor Griechenlands in dem Hochgebirge unterscheidet 
sich wesentlich von der der niedem Regionen und der Ebenen. 
Während sie im Hochgebirge eigenthümlich erscheint oder der 
Flor Eleinasiens sich anschliesst, stimmt die der niederen Regionen 
mit der der übrigen Mittelmeerländer Europas überein. Man kann 
annehmen, dass die jetzigen Bäume des Hochgebirges, vielleicht 
ohne Ausnahme, ursprünglich schon vorhanden gewesen und keine 
neuen dazu gekommen sind. 



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Zweiter Theil. 



Griechenlands Bäume und Sträucher. 



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Zweiter Theil. 



Griechenlands Bäume und Sträucher. 



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Erste Abtheilung. 

Die Zapfenträger. Coniferae. 



Jjine grosse Anzahl grösserer und kleinerer Gehölze, welche 
in der Vorwelt in weit grösserer Anzahl vorhanden waren, sind 
zum Theil und in Form von Kohlen noch vorhanden. Die Zapfen- 
trager unterscheiden sich wesentlich von allen andern phanero- 
gamen Pflanzen in der ganzen Art und Weise ihrer äusseren Er- 
scheinung, hauptsächlich aber durch ihre Befruchtung. Doch 
schliessen sie keineswegs ab, sondern gehen in allen Verhält- 
nissen in die anderen phanerogamen Pflanzen über. Man nennt 
sie auch wohl Nacktsämler, Gymnospermae, weil ein Theil der 
Botaniker der Ansicht ist, dass die einfache Hülle, welche den 
Embryo einschliesst, eine Ei- und nicht eine FruchthüUe sei; es 
fehlt nach diesen demnach die letztere. 

Alle Zapfenträger haben das Eigenthümliche, dass sie einen 
harzigen Stoff bilden und nicht in den Zwischen zellen- oder 
Intercellular-Räumen ausscheiden. In grösserer Menge angehäuft, 
sucht der harzige und noch flüssige Stoff sich einen Ausweg 
und kommt dann als Harz (QrjTivrj) nach aussen. Ueber diese 
Hai'ze, welche in einigen Familien eine wichtige Rolle spielen, 
hat sich Theophrast in seiner Geschichte der Pflanzen ausführlich 
ausgesprochen (IX, 2, 1 — 8). 

Gerade dieses hat mich bestimmt, zum besseren Verständniss 
des Ganzen mich jetzt über die Natur dieser Harze und über 
ihre Verschiedenheit von anderen gewöhnlichen Erzeugnissen noch 
etwas näher auszusprechen und sie zu unterscheiden. Man hat 
in der organischen Chemie zweierlei Oele, fette und flüchtige. 



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26 

Die letzteren können zwar auch flüssiger Natur sein, an der 
Lufb verflüchtigen sie sich aber sehr leicht mit Hinterlassung 
eines meist angenehmen Geruches. Eine Reihe dieser ätherischen 
Oele, die sogenannten Terpenthine, sind schwerflüssig, verflüchtigen 
sich weit schwieriger und verdichten sich leicht zu einer festen 
Masse, welche man als Harz, Qrjtlvrjy bezeichnet. Diese Harze 
sind es nun, welche fast nur in 2 Familien, in der Familie der 
ächten Nadelhölzer und in der Familie der Terpenthinpflanzen, 
zweien ausserdem ausserordentlich verschiedenen und im Systeme 
sehr fem von einander stehenden Familien, vorkommen. Es wird 
daher, wenn von der Familie der Terpenthinpflanzen die Rede 
sein wird, nochmals von diesen Harzen gesprochen werden. 

Die Bildung der Harze geschieht nur durch Verflüchtigung des 
Wassers, der Rückstand nimmt aber verschiedene Formen, die beson- 
dere Namen erhalten haben, an. Interessant ist es, dass wir uns 
in unseren Apotheken und Droguen-Handlungen derselben Namen 
bedienen. Fliesst der Terpenthin in sehr grosser Menge, wie bei 
Verwundung milchender Pflanzen, z. B. der Euphorbiaceen {ägneg 
Twv 6n(judiüv\ so bildet er grosse zusammenhängende Stücke, 
die Theophrast als Rindenstücke belegt ((pi^oirj)^ geschieht das 
Ausfliessen aber langsam und bleibt die Masse an der Rinde 
hängen oder fallt auf den Boden und zwar in Form rundlicher 
oder vielmehr länglicher kleinerer und grösserer Stücke, so nannte 
Theophrast sie ddxQva und wir nennen sie Thränen. Sind die ein- 
getrockneten Stücke noch kleiner, so führen sie bei Theophrast 
den Namen xovx^qoi (d. i. Graupen, nicht guttae also Tropfen, 
wie Wimmer sagt), jetzt nennt man sie aber grana oder Kömer. 
Es giebt aber wiederum von den Thränen so grosse Stücke dass 
sie die Hand ausfüllen. 

In dem Kapitel über die Harze bespricht Theophrast auch die 
Güte der verschiedenen Harze. Damach verdient das, was von Tcq^ 
fuivx^og (Pistacia Terebinthus L.), einer Terpenthinpflanze, gewonnen 
wird, den Vorzug als bei Weitem das beste. Nach diesem folgt 
erst das, was die ächten Nadelhölzer, vor Allem nevxr] liefert. 

Die Zapfenträger bilden 4 grosse Familien: 

1. Die ächten Nadelhölzer oder Abietaceen. 

2. Die Cjrpressartigen oder unächten Nadelhölzer, Cupres- 
saceae. 



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27 

3. Die Eibenbäume oder Taxaceen. 

4. Die den Uebergang eu den übrigen Gehölzen machenden 
Gnetaceen. 

Die beiden ersten Arten sind in Griechenland vertreten, von 
den beiden Andern ist dagegen nur je eine Art daselbst vor- 
Jbanden. 

Erste Familie. 
Die Nadelhölzer, Abietaceae. 

Wenn schon bei uns dieKenntniss der Nadelhölzer noch eine 
Crux der Laien nicht aUein, sondern auch der Botaniker dar- 
stellt, so darf man sich nicht wundem, wenn der grösste Theil 
der griechischen Schriftsteller sie ebenfalls oft mit einander ver- 
wechselt hat. Homer und noch mehr Theophrast kannten jedoch 
die 4 Nadelhölzer, welche zu ihrer Zeit in Griechenland wuchsen 
und noch daselbst vorkommen, sehr gut. 'Ekdtri^ mzvg^ navxrj 
sind die Namen, die sie führen. 

I. ^EkazT] ist das Nadelholz mit hochaufstrebendem und die 
Wolken berührendem Gipfel bei Homer, eine Weiss- und Edel- 
tanne, nicht aber, wie man irriger Weise hier und da glaubt, eine 
Rothtanne oder Fichte, die garnicht in Griechenland und über- 
haupt nicht im südlichen Europa, sowie im Oriente, wächst, wohl 
aber ausserhalb Griechenlands durch eine Art mit kleineren und 
gar nicht stechenden Nadeln vertreten wird, durch Abies orien- 
talis (Pinus) L. In Pontus, dem Reiche des Mithridates, bildet 
sie jetzt noch ungeheure Wälder, die ich 1843 kennen lernte. 

'EXazri wird in Griechenland durch zwei einheimische, ihm 
eigenthümliche Arten : Abies Apollinis (Picea) Lk. und cephalonica 
(Pinus) Endl. vertreten. Beide wachsen im Hochgebirge, die 
letztere aber nur im Peloponnes und auf einigen Inseln. Wenn 
griechischer Seits behauptet wird, dass man aus ihrem Holze Ruder 
anfertige, so ist dieses ein Irrthum und beruht auf einer Ver- 
wechselung mit der nixvg d. h. Aleppoföhre (Pinus Aleppica L.). 

Leider vertragen beide Arten nicht unser norddeutsches 
Elima, da sie zu &üb im Jahre ausschlagen und dann durch 
Nachtfröste leideaü. La Südwest-Deutschland sieht man dagegen 
schöne, oft schon grosse Exemplare, welche allgemein Zapfen 



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28 

tragen. Abies Apollinis (Picea) Lk. besitzt ziemlich stampfe 
Nadeln und hat vor allen andern Tannen überhaupt die Eigen- 
thümlicbkeit, dass sie Stockausschläge macht. Unter Stockaus- 
schlägen versteht man das Neubilden von Zweigen und Aesten am 
Stamme, wenn die Krone verletzt oder auch ganz und gar weg- 
genommen ist. Theophrast hat sie als die weibliche Weisstanne 
(^HaTTj d^^lvg) unterschieden und beschreibt sie auch sehr genau, 
so dass über die Identität gar kein Zweifel sein kann. 

Abies cephalonica (Pinus) Endl. besitzt dagegen spitze und 
selbst stechende Nadeln, die auch keineswegs so regelmässig auf 
zwei Seiten stehen, wie es bei der Apollotanne der Fall ist. Sie 
ist die männliche Elate. 

Beide Tannen zeichnen sich, wie unsere Weiss- und Edel- 
tanne, Abies Picea (Pinus), durch ihr weisses, geradfaseriges und 
leicht zu bearbeitendes Holz aus. Wie bei uns z. B. in Sonnen- 
burg jenseits des Thüringer Waldes und in Nürnberg, wurde es 
schon bei den alten Griechen vielfach zu allerhand Geräthschaften, 
aber auch zu feineren Gegenständen, z. B. Malertafeln, Schreib- 
tafeln, Oodicillen u. s. w. Tcivdxia twyQ(ig)(ov, yga^tfiavaiv j;ä 
noXXa III, 9, 7) benutzt. Besonders fest und dauerhaft ist das 
noch weissere Kernholz, was den Namen Xovaaov führt. Es 
scheint, als wenn es von den Arkadiem, die mit den verschiede- 
nen Qualitäten des Holzes der Nadelhölzer sehr vertraut gewesen 
zu sein scheinen, viel verarbeitet worden wäre. 

n. Unter nitvg und nevxrj hat man nur Kiefern oder 
Föhren zu verstehen. Tannen und Föhren oder Kiefern unter- 
scheiden sich sehr leicht von einander. Die ersteren besitzen die 
kürzeren Nadeln einzeln, die letzteren zu 2 bis 5 in einer Scheide 
(bei den unsrigen und griechischen nur zu 2). Das Holz hat 
keine weisse, sondern gelbliche Farbe und lässt sich wegen vielen 
Harzes nicht so leicht verarbeiten, als das Tannenholz. Von ihm 
noch später ausführlicher. 

Die Unterscheidung der beiden Föhren ist den Griechen ebenso 
schwer gefallen, wie es auch noch unseren Laien schwer fallen 
wird. Homer verstand unter nitvg nur Pinus Laricio Poir, wenn 
er (II. XTTT, 390 und XVI, 483) sie hoch im Gebirge wachsen 
und ihr Holz als Balken der Schi£Fe gebrauchen lässt; neintr] 
hingegen ist ihm die am Meere wachsende Aleppoföhre (Pinus 



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29 

Aleppica L.), welche von aus dem Gebirge kommenden Strömen 
mit fortgerissen wird (IL XI, 494) oder von der das Holz wegen 
des Harzgehaltes zu Pföhlen in der Erde verbraucht wird 
(D. XXTTT, 328.). 

Es unterliegt auch kaum einem Zweifel, dass die griechischen 
Schriftsteller kurz vor und in der Glanzperiode unter nevxrj ebenfalls 
nur sie verstanden haben. Tthvg war ihnen dagegen mit Homer 
die im Gebirge wachsende Pinus Laricio Poir. Durch Abhauen 
beschädigt geht diese zu Grunde, jene aber nicht und macht keine 
neuen Ausschläge. Darauf bezieht sich das sprichwörtliche Gleich- 
niss eines Menschen mit diesem Baume bei Herodot und Anderen. 
Auch Theophrast kennt diesen Unterschied im Wachsthum beider 
Föhren (III, 9, 5). 

Es ist jedoch zu bemerken, dass ausser diesen beiden Föhren 
im äussersten Norden Griechenlands auch noch unsere gemeine 
Föhre, Pinus sylvestris L. beobachtet worden ist. 

Zur Zeit des Theophrast muss sich die Bedeutung der beiden 
Worte nicvg und Tievxrj geändert haben ; denn unter dem ersteren 
Namen versteht dieser die Aleppoföhre, Pinus Aleppica L., am 
Meere, unter letzterem Pinus Laricio Poir im Gebirge. Heber 
sie spricht Theophrast im 9. Kapitel des 3. Buches (1 — 7) aus- 
führlich. 

Beide Worte sind aber nur in Arkadien gebräuchlich, auf 
dem Festlande, vor Allem in Athen, wo Theophrast die grösste 
Zeit seines Lebens zugebracht hat, bediente man sich für beide 
Bäume nur des Wortes nevxj] und unterschied die einzelne Art 
als männlich und weiblich (ciQQrjv und x^r^lvg). Doch davon später. 

Theophrast giebt von nixvg und nevxrj sehr genaue Be- 
schreibungen (III, 9, 4 und 5), die von der noch oft zu be- 
sprechenden scharfen Beobachtungsgabe des altgriechischen Bota- 
nikers lautes Zeugniss ablegen. Seine besonders über die Föhren 
höchst interessanten Mittheilungen werden alle die, welche sich 
speciell mit der Naturgeschichte derselben beschäftigt haben, be- 
stätigt finden. 

Die nevxrj des Gebirges besitzt einen weit höheren, glatteren und 
dickeren Stamm, die Blätter sind in grösserer Menge vorhanden 
und glänzend. Besonders charakteristisch ist ihr Holz mit dem 
Inhalte, dem Harze. Das Holz unterscheidet sich zunächst von 



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30 

dem der Tannen dadurch, dass es sich, selbst das Kernholz, was hier 
den Namen aty/c führt, wegen der meist grösseren Menge von Harz, 
wie bereits gesagt, schlecht verarbeiten lässt. Es hat bei navxTj 
eine gelbliche, bei nkvg eine mehr weissliche Farbe, ähnlich dem 
Holze der Tannen. Wenn W immer in seiner sonst so vorzug- 
lichen Ausgabe des Theophrast iyxaQÖwv mit meduUa (also Mark) 
übersetzt, so ist dies ein Irrthum, da das Wort dem ctiyig gleich 
ist und Kernholz bedeutet. Nadelhölzer verlieren sehr frühzeitig 
ihr Mark. 

Bei nvcvg sind die Blätter dünner, trockener und in weit 
geringerer Anzahl vorhanden, der Stamm bleibt dagegen niedriger 
und steigt nicht so grade in die Höhe, wie bei Tteixfj. Er ent- 
hält auch weit weniger Harz, was einen etwas bitteren Geschmack 
hat und bildet keinen Kien (dtföog). 

Umgekehrt entwickelt sich, besonders in günstigen und sonni- 
gen Lagen, bei nevarj so viel Harz, dass der Baum davon er- 
sticken, völlig zu Kien sich umwandeln und ganz und gar zu 
Grunde gehen kann. Die Bildung des Kiens ist bei nsvxrj am 
unteren T heile des Stammes und an den Aesten am stärksten. 
Darauf beruht ein Verfahren, was zur Gewinnung von flüssigem 
Harze, dem sogenannten Terpenthin, (^Qfjrivf] und nivta, d. h. 
feinerer und gröberer Masse), was aber auch bei Harz und 
Pech, besonders auf Kreta in Anwendung gebracht wurde und 
auch von Theophrast genau beschrieben worden ist (IX 2, 7 und 
3, 1) Interessant ist, dass dasselbe Verfahren, wenig verbessert, 
noch jetzt vor Allem im südwestlichen Frankreich (im Departe- 
ment des Landes*)) in Anwendung kommt. Auf Kreta, wie 
in Südwest- Frankreich, ist das Klima zur Erzeugung eines vor- 
züglichen Terpenthins und Harzes besonders günstig, während in 
Deutschland, vor Allem im Thüringer Walde, die Sonne nicht im 
Stande ist dergleichen feinere Stoffe in den Föhren hervorzulocken. 
Hier wird der sogenannte Theer in besonders dazu erbauten Theer- 
öfen gewonnen. Aber auch selbst diese waren zur Gewinnung 
einer feineren Sorte dem Theophrast bekannt, und werden von 
ihm genau beschrieben (IX, 3, 1 — 4). 



•) Vergl. Koch, Wochenschrift für Gärtuerei und Pflanzenkunde, 9. Jahr- 
gang, 330. 



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Wenn ich oben gesagt habe, dass Pinus Laricio Poir. die 
Mutterpflanze des Cretischen, aber auch griechischen Terpenthin, 
sowie des feineren Harzes, aber auch des dortigen schlechteren 
Peches ist, so bemerke ich noch, dass wir von dieser im Süd- 
osten Europas viel verbreiteten Föhre eine Abart besitzen, welche 
besonders reich an Harz ist und desshalb im Erzherzogthum 
Oesterreich zur Gewinnung von harzigen StofFen kultivirt wird. 
Link hat diese Abart wegen ihrer dunkeln Farbe als Pinus nigra 
beschrieben. Einige Jahre hierauf erhielt sie auch den Namen 
Pinus austriaca Hoess. Sie ist so reich an harzigen Stoffen, dass 
ein Kubikfuss Holz 2 Pfund schwerer ist, als das der gewöhn- 
lichen Kiefer. Möglicher Weise ist diese Abart der Pinus Laricio 
Poir. und nicht die Hauptart selbst auf Kreta und in Griechen- 
land vertreten. 

Die südwestlich in Frankreich wachsende Föhre, welche den 
feinen Terpenthin liefert, ist aber nicht Pinus Laricio Poir., son- 
dern P. Pinaster SoL, eine Art, welche bei uns in Deutschland 
erfriert und seit Anfang dieses Jahrhunderts in allen wärmeren 
Landern der ganzen Erde, auch jenseits des Aequators, wegen 
ihrer Nützlichkeit verbreitet wurde. Möghcher Weise wächst sie 
auch in Griechenland und ist von neueren Reisenden nur noch 
nicht unterschieden vorden. 

Dass die harzigen Stoffe der nevxr] sich unter günstigen Ver- 
hältnissen besonders entwickeln und selbst das Ersticken des 
Baumes herbeiführen können, habe ich schon gesagt, bisweilen 
verändern sie sich aber auch auf eine Weise, dass sie fast gar 
nicht mehr brennen und eine ganz andere Beschaffenheit erhalten. 
Theophrast beschreibt die Umänderung sehr genau (HI., 9, 3). 
Nach ihm nennen die Fackelmacher das umgeänderte Harz Feige 
(jjvxfj\ in Thüringen hat man die Bezeichnung „Speck" dafür 
(wegen des äusseren Ansehens). 

Die Fackelmacher (JadovQyoi) bildeten in Griechenland eine 
besondere Zunft, welche harzreiche Spähne von einer gewissen 
Länge auf den Markt brachte. Diese Spähne mussten unsere 
Lichter und Kerzen vertreten und bildeten daher, weniger in 
Städten, wo man schon Lampen besass, einen nicht geringen 
Handelsartikel. In den Föhrenwäldem selbst fertigte man sie 
sich an. Das geschieht noch heut zu Tage im Oriente auch mit 



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32 

anderen harzreichen Nadelhölzern. Als ich mich 1843 in der 
Region des Pontischen Gebirges befand , wo Abies orientalis 
(Pinus) L. grossartige Wälder bildet, leuchteten mir 2 Eingeborene, 
wenn ich spät am Abend mein Tagebuch niederschreiben wollte. 

fiiTvg, also die Aleppoföhre, wuchs und wächst heut zu Tage 
hauptsächlich noch vorherrschend im Peloponnes, weniger in 
Attika und wird seltener, je weiter man nach Norden kommt. 
Abgesehen von der Umgegend von Pityusa wuchs sie in grösserer 
Menge im Nordwesten des Peloponnes, vor Allem in Elis und in 
Messenien. Ein zweites Pityusa wurde später an der Westküste 
des Kaukasus gegründet und ist noch in den Ruinen von Pitzend 
vorhanden. Dort ist es aber eine Abart der Pinus Laricio Poir., 
welche noch in grosser Menge daselbst wächst. 

Es bleibt mir noch eine dritte Föhre zu beschreiben übrig. 
Sie wird als iifi^Qog^ also als Kulturpflanze, betrachtet und ist 
ohne Zweifel unsere Pinie, Pinus Pinea L. An anderen Stellen 
hat sie auch den Beinamen nizvq xcovoipoQog. 

Das Wort xwvog bedeutet ursprünglich Kegel und ist wegen 
der Aehnlichkeit (grösser noch im unreifen Zustande) auf den 
Zapfen übertragen worden. Für diesen Fruchtzustand besitzen 
die Griechen aber noch den Ausdruck OTQoßikog^ was ursprüng- 
lich Kreise] bedeutet und ebenfalls, wie xwvog^ wegen der Aehn- 
lichkeit übertragen wurde. Wenn in einigen griechischen Wörter- 
büchern geschrieben ist, dass die Griechen unter arQoßikog den 
Zapfen der Arve (Pinus Cembra L.), also die Zürbelnuss, ver- 
standen hätten, so beruht dieses auf einem Irrthum, da diese gar 
nicht in Griechenland wächst. 

An einigen Stellen kommen die Piniennüsse auch als xoxxco- 
vag vor, darunter versteht man aber sonst überhaupt Fruchtkern. 
Später wurden sie auch nvQrjveg^ worunter man ebenfalls Kerne, 
besonders des Kernobstes, aber auch den Stein der OUve u. s. w. 
verstand, genannt. Nach Fiedler kommen jetzt Piniennüsse gar 
nicht auf dem Markt in Athen, dafür aber merkwürdiger Weise 
die eben erwähnten Zürbelnüsse (s. Aug. Mommsen, griechische 
Jahreszeiten, im 3. Hefte S. 509). Möglicherweise mag dieser 
Umstand Veranlassung zur Annahme, dass die Arve in Griechen- 
and vorkomme, gegeben haben. 

Woher kam die Pinie nach Griechenland? Leider erfahren 



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33 

wir gar nichts darüber. Allenthalben, wo wir sie bis jetzt ge- 
fanden haben, war sie Kulturpflanze, auch in Italien, wo sie die 
alten Römer im Gegensatz zu den wilden Föhren eine Garten- 
pflanze nennen. Grisebach wiU sie auf der Halbinsel Athos, 
also in Thrazien, vorgefunden haben, ich fand sie im Jahre 1843 
im Pontus-Gebiete, und zwar im heutigen Lazistan, nicht weit 
von Batum den Fluss Tschoruk aufwärts, in einem völlig wilden 
Zustande, aber doch nicht sehr verbreitet. Aufliallend war es 
mir, dass sich auf dem Markte der nahen und nicht unbedeutenden 
Stadt Artwin keine Piniennüsse vorfanden. Auf jeden Fall sind 
die Untersuchungen über das Vaterland der Pinie noch nicht ab- 
geschlossen. 

Ich komme noch einmal auf die griechischen Föhren zurück. 
Dass nur die Arkadier sich der beiden Ausdrücke nhvg und- 
newri bedienten, habe ich anfangs ausgesprochen, in Athen scheint 
man nach Theophrast nur einen Namen — dem gemeinen Mann 
war die Unterscheidung zu schwierig — gebraucht und beide 
Föhren nevxrj genannt zu haben. Wer sie jedoch unterscheiden 
wollte, nannte die mtvg mänlich (ccqqtjv), die netxrj aber weiblich 

Schliesslich bleibt mir noch Weniges über die bei den echten 
Nadelhölzern übliche Nomenklatur zu sagen übrig. Linn4 vereinigte 
sie sämmtlich noch in seinem Genus Pinus, und der im vorigen 
Jahre verstorbene Professor Pariatore in Florenz vereinigt sie 
wiederum in seiner neuesten Monographie, mit Recht oder Unrecht, 
will ich nicht entscheiden. Soviel ist gewiss, dass die Zapfen, 
also die Blüthenstande allein zur Unterscheidung bestimmter 
Genera bei den Nadelhölzern nicht genügen, die der Vegetation, 
besonders den Blättern entnommenen Merkmale sind weit sicherer. 
Auf sie habe ich daher bei meiner Unterscheidung der Genera 
das Hauptgewicht gelegt. 

Pinus ist ein altrömisches Wort, was bei den Römern nur 
die Föhren bedeutet, die Weiss- oder Edeltannen nannte man in 
Rom Abies, die Rothtannen oder Fichten Picea. Linn^ be- 
kümmerte sich, wie oft in seiner Nomenklatur, nicht weiter um 
die ursprüngliche Bedeutung und nannte umgekehrt die Weiss- 
tanne Picea, die Rothtanne Abies. Leider glaubte ein Braun- 
schweiger Arzt und tüchtiger Botaniker in der zweiten Hälfte des 

Koch. 3 



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34 

vorigen Jahrhunderts, Duroi, Linn^ in seiner Verkennung korri- 
giren zu müssen und nannte nun die Weisstanne Pinus Abies, 
die Rothtanne Pinus Picea. Dadurch ist eine heillose Verwirrung 
entstanden, so dass Niemand mehr weiss, was man unter Abies 
und unter Picea zu verstehen hat. Ein Theil der Deutschen, die 
Engländer und die Nordamerikaner haben die Linn^'sche Nomen- 
klatur behalten, während der grössere Theil der Deutschen, die 
Franzosen und neuerdings die Italiener mit Pariatore die Um- 
drehung der Namen Abies und Picea hinsichtlich ihrer Bedeutung 
angenonunen haben. 

Zweite Familie. 

Unächte Nadelhölzer oder Cupressaceen. 

Die hierher gehörigen Pflanzen haben zweierlei verschiedene 
Lebensstadien. Im ersten sind nur Nadehi vorhanden, in dem 
zweiten verwandeln sich diese in kurze, etwas fleischige und kreuz- 
weise einander gegenüberstehende, sogenannte Schuppenblätter, so 
dass die Aeste mit den jung^i Zweigen in einer Ebene liegen und 
Blättern ähnlich erscheinen. Nur die Wachholder-Arten machen 
eine Ausnahme, da sie ihre Nadeln ihr ganzes Leben hindurch 
behalten. Die Zapfen erscheinen hier in Form von falschen 
Beeren, bei den übrigen Cupressaceen werden sie dagegen Beeren- 
zapfen oder Zapfenbeeren (Galbuli) genimnt. 

1. Die Cypresse, Cypressus sempervirens. Nicht die 
wilde Pflanze mit abstehenden Aesten, sondern nur die erst später 
in der Kultur entstandene Abart mit einem schlanken, dem der 
Itahenischen Pappel ähnlichen Wüchse, kannten die Griechen. 
Von ihr ist hier nur die Rede. Sie hat in der botanischen 
Wissenschaft den Beinamen Fastigiata erhalten und wurde wohl 
zugleich mit der Aphrodite, obwohl der Baum dieser Göttin nicht 
geweiht war, eingeführt. 

Die Phönizier, das älteste Handelsvolk, gebrauchten die Cy- 
presse, wie ich später noch mittheilen werde, vielfach, besonders 
zum Schiffsbau. Wohin dieses Volk auf seinen oft weiten See- 
fahrten im mittelländischen Meere kam, brachte es auch die aus 
Persien erhaltene Cypresse mit und versuchte nicht umsonst, sie 
weiter zu verbreiten. 



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85 

Auf der im Winkel Syriens und Eleinasiens liegenden Insel 
Cypern fand die Cypresse zu ihrem Gedeihen vortrefflichen Boden 
und nicht weniger ein günstiges Elima, so dass sie sich in kurzer 
Zeit über die ganze Insel ausbreitete und selbst Veranlassung zu 
ihrer Benennung wurde. Noch weiter westlich, ziemlich in der 
Mitte zwischen Cypern und Griechenland, liegt die Insel Kreta. 
Auch auf ihr gedieh die Cypresse ungemein, so dass Theophrast 
die Insel wohl für ihr Vaterland halten konnte. Aus ihrem Holze 
wurden Götterstatuen angefertigt und in grösster Menge auf den 
Markt nach Athen, wo sie rasch Absatz fanden, gebracht. 

Wahrscheinlich ist es, dass die schlanke Cypresse in den 
ältesten Zeiten Griechenlands nur auf den Peloponnes und die süd- 
lichen Inseln beschrankt war, jetzt wächst sie aber auch in Attika 
und sonst in wärmeren Gegenden des griechischen Festlandes. Wenn 
aber trotzdem Homer von einer Cypressenstadt am Parnass in 
Phokis spricht (IL H, 519), so mögen die hier angegebenen Cy- 
pressen nicht Cypressen, sondern einer Cypresse ähnliche und mit 
gleichen Eigenschaften versehene Sadebäume gewesen sein. Wahr- 
scheinlich verwechselten die Sänger der Ilias, die selbst nicht nach 
dem Norden Griechenlands gekommen waren, die Cypresse mit 
der ähnlichen Juniperus phoenizea. 

In der späteren Griechenzeit dachte man sich, wie schon ge- 
sagt, die Cypresse auf Kreta oder selbst im Peloponnes ein- 
heimisch. Nach der Sage lebte auf Kreta ein so schöner Jüng- 
ling mit Namen Cyparissos, dass sich selbst Apollo (nach Andern 
Zephyr) in ihn verliebte. Da der keusche Jüngling umsonst sich 
den Verfolgungen des Gottes zu entziehen suchte, so verwandelte 
Zeus ihn in den Baum, der von nun an seinen Namen trug. 

Die Cypresse kam hauptsächlich nur an Stellen des Peloponnes 
vor, wo man die Aphrodite verehrte, und wurde daselbst zu Hainen 
verwendet. Der grösste Cypressenhain war in Krannion bei 
Korinth. Schon Homer lässt im Haine der Kalypso Cypressen 
wachsen. Polyphemos hatte femer nach Theokritos, der allerdings 
erst im 3. Jahrhundert vor Christus lebte, auch seine Grotte unter 
Anderem mit Cypressen bepflanzt. 

Die Sitte, sie als Trauerbaum auf Gräbern zu pflanzen, wie 
es noch heut zu Tage im Orient der Fall ist, scheint lateinischen 
Ursprunges zu sein. In der späteren nachchristlichen Zeit kannten 

8* 



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36 

aber auch die Griechen diese Sitte, wenigstens erzählt Pausanias, 
dass auf dem Grabe des Alkmäon, Sohn des berühmten Sehers 
und Königs von Argos, Amphiaraos, Cypressen von solcher Schön- 
heit gestanden hätten, dass sie den Namen der Jungfrauen erhielten 
und als besonders heilig und unantastbar betrachet wurden. 

Abgesehen davon, dass die Cypresse nur zwei Mal von 
Homer genannt wird, spielt sie, wenn man Pindar ausnimmt, bei 
den griechischen Schriftstellern bis auf die spätere Zeit keine 
Rolle. In der Nähe von Athen wuchs sie nicht und was aus 
Cypressenholz angefertigt in Athen verkauft wurde, hatte man erst 
aus der Feme, besonders aus Kreta eingeführt. Grössere Be- 
deutung erhält die Cypresse erst mit dem 3. Jahrhundert v. Chr. 

Die Perser hielten die schlanke Cypresse noch heiliger, als 
die Griechen. Sie war in der Zendreligion das Sinnbild des 
Feuers, d. h. der spitz zulaufenden Flamme, und hatte ihren Ur- 
sprung im Paradiese, wohin sie Zoroaster selbst gepflanzt hatte. 
Sie ward — um mich der Worte Victor Hehn's zu bedienen — 
die Zeugin für Ormuzd und dessen reines Wort und prangte 
durch ganz Iran in alten ehrwürdigen Exemplaren vor den Feuer- 
tempeln, in den Höfen der Paläste und im Mittelpunkte der 
medopersischen Baumgärten. 

Die Stammform mit horizontal ausgebreiteten Aesten, welche 
in der botanischen Wissenschaft mit dem Beinamen horizontalis 
belegt wird, kam in Persien ebensowenig, wie in Griechenland 
vor. Dagegen kannte Plinius beide in Italien. Er bezeichnete 
die eine mit horizontalen Aesten, also die ursprüngliche Form, 
als Cupressus mas, die andere schlanke dagegen als Cupressus 
femina. Ritter und Humboldt geben, auf diese sich stützend, 
das heutige Afganistan, als Vaterland der Cypresse an, sie kannten 
aber nur die schlanke Form, die dort wachsen mag. Von grösserer 
Bedeutung für das Vaterland der Cypresse sind die Nachrichten 
vom Freiherm von Hügel aus Wien, der sie inKashmir, Wälder 
bildend fand. Royle, der berühmte Forscher der Flora des west- 
lichen Himalaya, lässt sie etwas weiter nach Osten auf gleiche 
Weise grosse Wälder bilden. Samen, die vom Himalaya nach 
Europa gebracht wurden, gaben nur Exemplare mit horizontalen 
Aesten. Unter den Namen Cupressus Whitleyana, Doniana und 
Royleana befinden sich diese Pflanzen seit langer Zeit schon im Handel. 



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37 

Victor Hehn hält in seinem klassischen, bereits näher be- 
zeichneten Werke auch die ßQad-v des Dioskorides für eine 
Cypresse und macht dabei Schlüsse über den Zusammenhang des 
Wortes mit dem altphönizischen ßerut. ßgad^v des Dioskorides 
ist aber eine ganz andere Pflanze und zwar nach genanntem 
Griechen selbst Juniperus Sabina, also der Sadebaum. Diosko- 
rides sagt, dass ßgad^v der Cypresse wohl ähnlich (to [lev yccQ 
avToi soti Tolg (pvlloig ofioiov xvTtaQiaacp) sei aber doch nicht 
eine und dieselbe Pflanze. 

Ich habe zum Schluss noch zu bemerken, dass das Cypressen- 
holz wegen seiner langen Dauer, man möchte sagen, wegen seiner 
ünverwüstlichkeit und wegen seiner Eigenschaft, nicht von In- 
sekten angegriffen zu werden bei den alten Griechen nicht allein 
in grossem Ansehen stand, sondern die Phönizier verwendeten es 
schon zu ihrem Schiffsbau. Auch Alexander der Grosse benutzte 
es nebst Cedernholz, welche beiden Hölzer er schon fertig ge- 
zimmert über Land vom Libanon bezog, zu seiner Eufratflotte. 
Endlich wurde Cypressenholz beim Bau des grössten Schiffes, 
was von den Alten gebaut worden ist, zum Transport von Getreide 
diente und den Namen Alexandria besass, verwendet. Dieses 
Schiff erbaute der Mathematiker Archimedes auf Befehl des 
Königs Hieron vonSyrakus aufSicilien und es war so gross, dass 
es in den meisten Häfen gar nicht einlaufen konnte. Sein Inhalt 
betrug 97 500 englische Kubikfuss. Es konnte im Ganzen 4200 
englische Tonnen, von Getreide allein 3000 Tonnen aufiiehmen. 
Die Sage geht aber auch femer noch, dass Noah ebenfalls sein 
Schiff, auf dem er der Sündfluth sich entzog, hauptsächlich aus 
Cypressenholz angefertigt habe. 

Ausserdem verwendete man das Cypressenholz da, wo eine 
lange Dauer nothwendig war, so zu Schränken und Kistchen, in 
denen man wichtige Gegenstände verwahren wollte. Schon Homer 
kennt seine Verwendung, besonders zu Thüren. Plato verlangte 
(de legg. V, 741), dass die Landloose der Bürger in den Tempeln 
auf Gedenktafeln aus Cypressenholz für die Nachwelt verzeichnet 
würden. Die Thüren des Tempels der Diana zu Ephesus, so wie 
die des Tempels zu Delphi, bestanden ebenfalls zum grossen Theil 
aus Cypressenholz. 

In Rom und überhaupt in Italien war die Verwendung des 



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38 

Cypressenholzes vielleicht noch bedeutender. Gutes Cypressenhok 
galt als ein theurer Artikel, man baute den Baum deshalb viel- 
fach an, und hatte dann nach Verlauf einer längeren oder kürzeren 
Zeit einen nicht unbedeutenden Gewinn. Um den Töchtern zu 
ihrer Verheirathung eine gute Aussteuer zu verschaffen, wurde 
schon bei ihrer Geburt eine bestimmte Fläche Landes mit Cy- 
pressen bepflanzt, die kurz vor der Hochzeit abgeschlagen und 
verkauft wurden, um den Erlös der jungen Frau zur Verfügung 
zu stellen. In Italien muss die Cypresse schneller als bei uns 
wachsen, denn in 15, höchstens in 18 bis 20 Jahren würden wir 
noch keine Pflanzen erhalten, die brauchbares Holz liefern würden. 

2. und 3. Juniperus phoenizea und Oxycedrus. Da 
die alten Griechen diese beiden Gehölze trotz ihrer grossen Ver- 
schiedenheit im äusseren Ansehen — die erstere hat Schuppen- 
blätter und sieht einer Cypresse ähnlich, die andere dagegen, 
wie unser Wachholder, stechende Nadeln — ganz gewöhnlich 
unter dem Namen xeÖQog mit einander verwechselten, so sehe ich 
mich auch gezwungen, beide Arten zusammen zu besprechen. 

Homer kannte beiderlei Gehölze schon, wenn er in dem 
5. Buche vom 59. bis 61. Vers singt: 

, Lodernd brannte auf dem Heerde die Flamm' und fern in das Eiland 
Wallte der Ceder Gedüft, der gespaltenen, wallte des Thyon's 
Würzige Gluth*' 

und unterschied sie als xeögog und dviov. Welche der beiden 
Arten Homer xeÖQog und welche er ^viov nannte, wissen wir 
nicht, da er sich nicht weiter darüber ausspricht. Es muss ge- 
nügen, dass beide Juniperus -Arten, phoenizea und Oxycedrus, 
Holz zum Räuchern lieferten. 

Das Vorkommen beider Arten war im Peloponnes ziemlich 
gleich, ein Umstand, der Homer veranlasst haben mag, sich 
nicht weiter darüber auszusprechen. Auf dem griechischen Fest- 
lande verhält es sich dagegen anders. Wir haben hier nicht, wie 
im Peloponnes, zum grössten Theil nur Hochland, sondern breitere 
Ebenen wechseln mit Gebirgen ab. Juniperus phoenizea herrscht 
in den Niederungen vor, J. Oxycedrus wächst aber nur im Gebirge. 
Juniperus phoenizea wurde von den alten Griechen, wie es übrigens 
auch jetzt noch der Fall sein soll, gewöhnlich zugleich mit Erica 



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89 

arborea zur Anfertigung von Kohle benutzt, aber auch überhaupt 
zum Verbrennen. 

Zur Zeit des Theophrast wurde das Wort ^viov nicht mehr 
fiir eine Juniperus- Art gebraucht, sondern für eine ganz andere 
Cupressacee, welche noch jetzt, aber nur in Nordafrika, wächst 
und ein zum Rauchern vorzügliches Harz, den Sandarak liefert. 
Diesen kannte übrigens schon Aristoteles unter diesem Namen. Calli- 
tris articulata (Thuya a. L.) ist dieselbe Cupressacee, deren Holz 
wegen seiner Schönheit und seiner ünzerstörbarkeit, auch in Be- 
treff der fast Alles benagenden Insekten, in Rom um sehr hohe 
Preise gekauft wurde, um Tische daraus anfertigen zu lassen. 

Unter xiÖQog verstand auch Theophrast, dem wir nächst 
Homer genauere Nachrichten über die griechischen Gehölze ver- 
danken, im Allgemeinen Juniperus Oxycedrus und phoenizea, doch 
bezeichnet er die letztere auch als ÜQxsv&og^ fügt aber alsbald 
selbst hinzu, dass beide Gehölze gewöhnlich miteinander ver- 
wechselt würden. Es konnte dieses auch umsomehr geschehen, 
als nur das Holz, was von beiden Pflanzen ein gleiches Ansehen 
besitzt, auf den Markt kam. 

Man nimmt gewöhnlich an, dass den alten Griechen die Ceder 
des Libanon nicht bekannt war, und doch unterliegt es keinem 
Zweifel, dass sie sie kannten, sie aber für riesige Exemplare der 
xiÖQog^ also der einen oder anderen Jnniperus-Art, hielten. Die 
Bäume selbst hatte Theophrast, wie man ersieht, freilich nicht 
gcseheu, abgehauene Stämme, die man zu den triremes gebrauchte, 
müssen aber doch zu seiner Zeit aus Syrien nach Griechen- 
land gekommen sein. Nach Mittheilungen, die Theophrast ge- 
macht worden waren, wachsen die Bäume der ächten Ceder in 
Syrien auf den Bergen, werden aber auch in Gärten kultivirt. 
Es gibt deren sehr hohe Exemplare mit einem Stamme, den drei 
Männer nicht umfassen können. Solche Stämme macht keine 
Juniperus- Art. 

Theophrast war es ebenfalls schon bekannt, dass diese ächten 
Cedem auch iu Kilikien, wo sie neuerdings der bekannte Reisende 
Kotschy noch in grosser Menge gefunden hat, vorkommen. Er 
lässt sie aber auch auf der Insel Cypern wachsen, wo man sie 
neuerdings nicht wieder aufjgefunden hat. "Vielleicht wird man 
jetzt, wo die Engländer von der Insel Besitz genommen haben, 



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40 

Bestimiutes darüber erfahren. Nach Theophrast wuchsen daselbst 
Bäume, deren Stamme von 39 Klaftern Länge keine Knoten 
besessen und deshalb Bauholz zu den Undecirimes liefern konnten. 

Von der gewöhnlichen KiÖQog^ die Theophrast im äusseren 
Ansehen mit der Cypresse vergleicht, also von der Juniperus phoe- 
nizea, hatte man im alten Griechenland zwei Formen, welche nach 
dem Vaterlande, wo sie hauptsächlich vorkamen, Lycia undPhoe- 
nizea genannt wurden. Näher beschrieben wurden sie nicht. Liun^ 
bediente sich beider Namen ebenfalls zur Bezeichnung zweier 
Juniperus-Arten, welche später von der Wissenschaft als unter 
einander nicht spezifisch verschieden bezeichnet und mit dem Namen 
Juniperus phoenizea aufgestellt worden sind; beide Formen Linn^'s 
haben aber nichts mit denen Theophrast's gemein, da sie weder 
in Lycien, noch in Phönizien, sondern nur in Europa vorkommen. 
Bei Juniperus phoenizea giebt zwar Linn^ aus Irrthum auch den 
Orient als Vaterland an, bei J. Lycia dagegen aber nicht, sondern 
Frankreich und Sibirien. Dieses letztere Land war den alten 
Griechen gar nicht bekannt. Da beide Linn^'sche Arten, wie 
gesagt, weder in Phönizien, noch in Lycien wachsen, so müsste 
man die Namen eigentlich ganz und gar verwerfen und einen 
neuen Namen an ihre Stelle setzen. Der Beiname phoenizea dürfte 
nur insofern eine Berechtigung haben, wenn man ihn nicht auf 
das Vaterland der Pflanze, sondern auf die Farbe der Beeren 
bezieht. 

Theophrast hat neben dem KeÖQog noch eine KeÖQig. Das 
Wenige, was er über die Pflanze sagt — sie soll nämUch klein 
bleiben und nie hoch werden und ausserdem die Frucht einen 
angenehmen Geruch besitzen — reicht nicht aus, um einige Ge- 
wissheit darüber zu erhalten. Gewöhnlich hält man sie für Juni- 
perus communis oder nana. Beiderlei Arten sind bis jetzt, so viel 
mir bekannt ist, im eigentlichen Griechenland noch nicht auf- 
gefunden worden, wohl aber nach Grisebach in Makedonien. Sie 
kommen aber daselbst nur in höherem Gebirge vor und bleiben 
so klein, dass sie Theophrast, wenn er sie auch gesehen, nicht 
weiter beobachtet hätte. Ich halte Kedris für eine Zwergform der 
Juniperus Oxycedrus. 

Wenn Fraas nach seiner Synopsis plantarum florae classicae 
Juniperus excelsa auch in Griechenland gefunden haben will, so 



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41 

berulit diese Angabe auf einem Irrthum. Besagte Art wächst 
nur auf den nördlichen Terrassen des armenischen Hochlandes im 
heutigen russischen Transkaukasien, sowie in wärmeren Gegenden 
Kleinasiens. 

Dritte Familie. 

Eibenbäume, Taxaceae. 

Der Eibenbanm, Taxus baceata. 

Wiederum beweist der Eibenbaum, was ich früher schon aus- 
gesprochen, dass Griechenland in dem Gebirge entweder eine ihm 
eigenthümliche Flor besitzt oder dass diese mit der Kleinasiens 
und des Kaukasus übereinstimmt. Die Flor der niedriger gele- 
genen Gegenden schliesst sich dagegen den übrigen Mittelmeer- 
ländem an. Der Eibenbaum ist ursprünghch eine Gebirgspflanze 
und fehlt den Mittelmeerländem, wohl kommt er aber eines Theils 
sehr häufig im Kaukasus, andern Theils auch im Norden des Bal- 
kan (fehlt aber dagegen wiederum nach Grisebach in Rumelien), 
sowie im westlichen Europa vor und geht ostwärts bis zum Himä- 
laya-Gebirge. Obwohl man ihn in der neueren und neuesten Zeit 
nur sparsam im Hochgebirge Griechenlands gefunden hat, so scheint 
er doch im Alterthume häufiger vorhanden gewesen zu sein. 

Homer kannte den Eibenbaum nicht. Zuerst wird er von 
Theophrast unter dem Namen Ofulog und f.ulog^ und zwar sehr 
genau beschrieben; a^ilXa^ und (tiila^ (III, 16, 2), ist ihm dagegen 
eine Pflanze mit sehr weichem Holze, was keineswegs bei dem 
Holze des Eibenbaumes der Fall ist. Was man unter Smilax zu 
verstehen hat, lässt sich keineswegs mit Bestimmtheit sagen, viel- 
leicht SmiJax aspera. Das Wort kommt ausserdem noch bei Plato 
und Euripides vor und mag dasselbe bedeuten. 

Theophrast unterscheidet zwei Formen des Eibenbaumes, eine 
mit gelblichem, dem des Kedros ähnlichem Holze auf dem Berge 
Ida auf Kreta und eine mit schwarzem oder rothem Holze in 
Arkadien. Das gelbe Holz von der ersten Form wurde nach ihm 
betrügerischer Weise von Kaufleuten als Cedernholz (d. h. als 
Holz der J. phoenizea und Oxycedrus) verkauft. Auf dem Berge 
Ida wuchs der Eibenbaum nur selten, desto häufiger in Makedo- 
nien, wo aber wiederum Grisebach neuerdings ihn nicht gefunden 
hat, und in Arkadien. 



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42 

Während der EibeDbaum ein sehr langsames Wachstham 
besitzt, giebt ihn Theophrast aufEallender Weise als schnell wach- 
send an. In BetrefF seiner Eigenschaften, besonders der giftigen, 
drückt Theophrast sich weit richtiger aus als die Römer, wenn er 
sagt, dass mit Ausnahme der Wiederkäuer, der Eibenbaum dem 
Yieh sehr schädlich sei und dieses von dem Genuss der Zweige 
sterbe. Was seine Ansicht über den Genuss der sogenannten 
Beeren des Eibenbaumes anbelangt, so stimmt sie mit meinen 
Erfahrungen und denen des bekannten Dendrologen Rossmäsler 
darin überein, dass die Menschen sie ohne Nachtheil essen können. 
Anders verhält es sich mit der Ansicht der alten Römer und der 
heutigen Franzosen. Nach den letzteren ist der Eibenbaum mit 
seinen Früchten sehr giftig. Erst neuerdings sind wieder Kinder 
von dem Genuss der Beeren gestorben. 

In wie weit die Angaben der Römer der Wahrheit ent- 
sprechen, wenn sie behaupten, dass die Ausdünstung schon (wenig- 
stens zur Zeit der Blüthe) den Tod herbeiführe, dass, wer femer 
des Nachts unter einem Eibenbaume schlafe, sterben müsse, ist 
noch keineswegs festgestellt. Sie werden aber dadurch widerlegt, dass 
der Eibenbaum grade bei den Römern sich einer grossen Verwen-^ 
düng in Gärten erfreute. Er diente nicht allein, wie bei uns jetzt noch, 
zu Hecken, sondern man gebrauchte ihn auch, gleich dem Buchs- 
baum, zur Anfertigung von allerhand Figuren. Würde man dieses 
zu thun gewagt haben, wenn der Eibenbaum wirklich so giftig 
gewesen wäre, als andererseits angegeben wird? 

Das Wort Taxos wird griechischerseits zuerst von Dioskori- 
des, und zwar als ein ursprünglich lateinisches Wort, zur Anwen- 
dung gebracht; wenn griechische Lexika daher dem berühmten 
Arzte Galen es zuschreiben, so ist dieses nicht richtig, denn Galen 
lebte erst im 2. Jahrhunderte n. Chr., Dioskorides aber im ersten. 

Vierte Familie. 

Gnetaceen, Gnetaceae. 

Von dieser aus im Ansehen sehr verschiedenen Gehölzen 
bestehenden Familie wächst eine Art, Ephedra fragilis, in Grie- 
chenland und mag schon im Alterthume daselbst vorgekommen 
sein, es ist nur schwierig oder vielmehr gar nicht zu ermitteln, 



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unter welchem Namen die Griechen die Ephedra fragilis verstan- 
den haben. Dass die Ghriechen unter d^QatmaXog Ephedra fragilis L. 
verstanden haben sollen, wie Fraas behauptet, lässt sich nach den 
zwei Stellen, wo das Wort bei Theophrast vorkommt, nicht nach- 
weisen. Bei einem anderen griechischen Schriftsteller kommt das 
Wort ^QatnaXog aber nicht vor. Meiner Ansicht kann man, da 
man nichts weiter weiss, als dass genannte Pflanze nur an schat- 
tigen Stellen wächst und sehr viele Wurzeln schlägt, über i^Qav- 
naXog gar keine Vermuthung aufstellen, was Theophrast unter 
diesem Worte verstanden hat, auf keinem Fall die mehr an offenen 
Stellen wachsende Ephedra fragilis L. Nach Orphanides, Pro- 
fessor der Botanik an der Universität Athen, wächst genannte 
Art an Felsen, die in der Regel nicht beschattet sind. 

Die Ephedra-Arten fuhren im Deutschen den Namen Meer- 
träubel und sind ohne Ausnahme Gehölze. Sie haben einiger- 
massen das Ansehen unseres Schachtelhalmes, der aber stets 
krautartig ist. Wie Fraas dazu kommt, zu behaupten, dass dieses 
Gehölz gegen das Meer zu an Bäumen hoch hinaufranken soll, 
verstehe ich nicht, da die Ephedra-Arten grade umgekehrt ohne 
Ausnahme steife und aufrechte Sträucher sind. 



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Zweite Abtheilung. 

Gehölze mit 2 Keimblättern, Dicotyleae. 



Erste Klasse. 

Gehölze deren ßlüthen nur eine sehr unvollkommene 
oder gar keine Blüthenhülle haben, Apetalae. 



Erste Familie. 

Schüsselträger, Cupuliferae. 

Die ßluthen sind hier nie Zwitter, sondern stets getrennten 
Geschlechts, aber männliche und weibliche Bluthen befinden sich 
auf einer und derselben Pflanze, und zwar auf denselben oder 
auf verschiedenen Aesten oder Zweigen, neben oder übereinander. 
Die weiblichen Blüthen werden von einem verschieden geformten, 
mehr oder weniger sie umgebenden Organe (der Schüssel, Cupula) 
eingeschlossen. Dieses enthält entweder nur eine Frucht, wie bei 
der Eichel- und Haselstaude, oder mehrere, wie bei der Kastanie 
und Rothbuche. Yiele unserer beliebtesten und bekanntesten 
Waldbäume gehören hierher. 

I« Eichen und Kastanien« 
jQvg^ nQivog^ 0rjyng^ Jiogßdlavog, 
Es unterliegt keinem Zweifel, dass die alten Griechen unter 
z/(jtg im Grossen und Ganzen anfangs und auch zum Theil spä- 
ter noch jeden Waldbaum und Baum überhaupt verstanden. 
Wenn aber Sophokles in seinen Trachinierinnen die Tanne, Euripides 
sogar den Oelbaum JQtg nennen, so haben beide Tragiker nicht 



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45 

sagen wollen, dass sie die genannten Bäume verstanden haben 
wollen, sondern 'sie bedienten sich beider Ausdrücke auf gleiche 
Weise, wie etwa heut zu Tage Besitzer von Obstbaumschulen 
von ihren Bäumen, d. h. Obstbäumen sprechen. 

Homer versteht unter Jqvq nur Eichen mit abfallenden Blät- 
tern, während die mit immergrünen den Namen flfjlvog fuhren. 
Die Eicheln der ersteren heissen (idlavoL\ die der letzteren axulog. 
Neben ^qvc; und TlQivog hat Homer noch fprjyog. Aus dem 
Wenigeu, was Homer über q>rjy6g sagt, sind wir keineswegs im 
Stande zu behaupten, dass unter diesem Namen der Kastanien- 
baum zu verstehen sei. Weder in den Gesängen der Ilias noch 
in denen der Odyssee kommen überhaupt Waldbäume mit essbaren 
Früchten vor. 

^Qvg ,und cprjyog liefern bei Homer vorzügliches Holz, 
das von ÖQvg wurde zum Schiffsbau oder auch vom Sauhirten zu 
Schweinekofen (Od. XIX, 12) verwendet, aus dem von cprjyog ver- 
fertigte man dagegen die Achsen der Wagen. Dass man später 
unter cprjyog allgemein den Eastanienbaum zu verstehen hat, unter- 
liegt keinem Zweifel. Doch davon später. 

Woher weiss aber Seiler in seinem sonst so vorzüglichem 
Wörterbuche zu Homer's Werken, dass cprjyog des Homer eine 
Speiseeichel ist? Die von ihm zitirte Stelle der Ilias lautet (ein- 
schliesslich einiger vorausgehenden und einiger nachfolgenden Verse) 
in der Voss'schen Uebersetzung : 

»Wie wenn der Ost und der Süd zugleich anstrengen im Wettstreit 
An des Gebirgs Abhängen den tiefen Wald zu erschüttern, 
Buch' {(fTjyog) und erhabene £sch' und zähumwachsene Kranelle, 
Dass sie wild aneinander die ragenden Aeste zerschlagen 
Mit grauenvollem Getös' und der Sturz der gebrochnen umherkracht: 
Also stürmten die Trojer und Danaer gegen einander u. s. w/ 

Es wird doch kein Wort hier von einer essbaren Frucht, von 
einer Speise-Eichel gesagt. Aber auch an andern Stellen der 
Hias, welche Seiler citirt, ist immer nur von einem Baume die 
Rede, der vor dem Skäischen Thore von Ilion stand. Von diesem 
Baume war auch zur Zeit des Theophrast noch die Rede, 
wenigstens ging die Sage davon (noQcc t(Zv fAVd^oXoywv). 

Dass Homer unter ^Qvg ganz bestimmt nur Eichen mit ab- 
fallenden Blättern verstand, ersieht man auch daraus, dass schon 



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46 

zu seiner Zeit im Herbste, wo die Eicheln reif sind und abfallen, 
die Schweine, das nützlichste Mastvieh auch der altgriechischen 
Landwirthe, wie der alten Deutschen und der heutigen Serben, 
in die Eichenwälder getrieben wurden, um dort an den abgefalle- 
nen Eicheln eine gute Nahrung zu finden. Welche wichtige 
Rolle deshalb der Sau- oder Schweinehirt (vq>0Qß6g) in einer alt- 
griechischen oder altdeutschen Landwirthschaft gespielt hat und 
heut zu Tage noch in Serbien spielt, sieht man daraus. Dem 
Sauhirt war ein grosser Theil des Reichthums einer altgriechischen 
Landwirthschaft anvertraut. 

Was verstand Homer aber unter Phegos? Kastanien gevriss 
nicht, denn diese wuchsen weder im grauen Alterthume, noch 
wachsen sie jetzt im Peloponnes. Zu ihrem Gedeihen gehört 
ein kühleres Klima, als selbst das höher gelegene Arkadien 
besitzt. 

Wenn trotzdem aber vriederum Herodot (I, 66) erzählt, dass 
die Pythia der Lakedämonischen Gesandtschaft, welche sie befrag, 
eine Antwort gegeben habe, in der von Eichelessem (ßaXavoqxiyoC) 
in Askadien die Rede ist, so wohnte die Pythia im äussersten 
Norden Griechenlands, wo es viele Kastanienwälder gab und ihre 
Früchte die hauptsächlichste Nahrung darboten. Dass in einem 
anderen Lande, wie etwa Arkadien, keine Kastanien existiren 
sollten, konnte sie sich wahrscheinlich gar nicht denken. Sie 
schloss demnach von ihrem Lande auch auf die übrigen. 

So viel steht aber fest, dass die Kastanien zu Hesiod's Zeit, also 
200 Jahre nach Homer in Griechenland bekannt gewesen sein 
müssen, wenn in den Werken und Tagen gesungen wird (232 
und 233;: 

qihnen (d. b. den Menschen) gewährt yiel Nahrung die Erd\ im Gebirge die Eiche 
Tragt hoch oben die Eicheln (d. h. Eiistanien) and mehr zur Mitte die Bienen u. s. w.'' 

Neben dqvg kennt Hesiod allerdings auch noch (priyoqx was 
er darunter versteht, weis ich nicht, das Wort kommt nur in mir 
unbekannten Fragmenten vor. Hesiod war aber in einem kleinen 
Orte von Aeolis geboren und hatte Gelegenheit, die Kastanien 
seines Vaterlandes kennen und würdigen zu lernen. Dass Kasta- 
nien eine beliebte Speise der alten Griechen waren, ersieht man 
aus dem Lustspieldichter Aristophanes, der in der zweiten 



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Hälfte des 5. Jahrhunderts lebte. Hier fuhrt die Frucht und 
nicht wie sonst der Baum den Namen Phegos. Aristophanes 
schildert sie als einen Leckerbissen, der bei Gelegenheit eines 
feinen Gastmahles nicht fehlen durfte. 

Nochmehr wird es von Plato in seiner Republik (II, 273) 
bestätigt, wenn es heisst: 

,,fiVQTa xai (prjyovg anodtovai nQog %o nvQ^ 
(Myrten und Kastanien werden vom Feuer gerostet). 

Das Rösten der Kastanien kennt man noch heut zu Tage im 
südwesthchen Kaukasus, wo sehr grosse Kastanienwälder vor- 
kommen. Bereits im Herbste 1836 überzeugte ich mich selbst 
davon. 

Der Name Speise-Eichel, schon bei den Römern als Esculus 
oder später Aesculus (von vesca, Speise) bekannt, hat zu grosser 
Verwirrung, und zwar bis auf den heutigen Tag, Veranlassung 
gegeben. Plinius, ein Stubengelehrter, wie ihn die Neuzeit nicht 
besser aufführen kann, spricht in seiner Naturgeschichte ausfuhr- 
lich von ihr und lässt sie in seinem Vaterlande Italien wild 
wachsen, hat sie aber nicht gesehen. Die essbar sein sollenden 
Eicheln hat er sicher nicht selbst gegessen, denn sonst möchte er 
wohl bald anders belehrt worden sein. 

Diese Eiche mit essbaren Früchten (Quercus Esculus) spielt 
später bei den Vätern der Botanik nach dem Ende des Mittel- 
alters fortwährend eine grosse Rolle. Die beiden Bauhin's 
nennen sie Quercus parva s. Fagus Graecorum et Esculus. Joh. 
Bauhin giebt von ihr in seiner Historia plantarum auch eine gute 
Abbildung, die gar keinen Zweifel übrig lässt, dass sie Qu. conferta 
darstellt (Qu. Fametto im De CandoUe'schen Prodromus). Sie 
wird kein grosser Baum und wächst sogar nicht selten strauch- 
artig. Da sie in Italien eben so gut vorkommt, wie in Ungarn, 
so könnte sie immerhin die Quercus Esculus des Plinius sein. 
Auffallend ist, dass Linne sie nur im Südosten Europas wachsen 
lässt. Nadi Sibthorp wächst Qu. Esculus auch in Griechenland 
und sie wäre demnach eine echte griechische Pflanze. Dieses 
wird auch von Kotschy und Boissier bestätigt. 

Die Frage, ob die Eicheln dieses Baumes auch von den Ein- 
geborenen gegessen werden, muss ich wenigstens für die jetzige 



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Zeit verneinen, ich bezweifle aber auch, dass sie früher gegessen 
wurden. Die Eichebi haben ohne Ausnahme einen so wider- 
wärtigen Geschmack, dass sich wohl unser Gaumen kaum daran 
gewöhnen dürfte. Die Ansicht, dass unsere alten Deutschen sich 
ebenfalls von Eicheln ernährt haben sollen, gehört gewiss auch 
zu den Fabeln. Ich habe auf meinen mannigfachen Reisen im 
südöstlichen Europa und im Orient bei den Bewohnern der be- 
treflfenden Länder vielfach nach solchen essbaren Eicheln mich 
erkundigt, aber nirgends deren gefunden. Die Bewohner stellten 
es ebenfalls stets in Abrede. Wenn bei den Alten von Speise- 
eicheln die Rede ist, können es nur Kastanien gewesen sein. 

Was den Namen „Kastanie" als essbare Frucht anbelangt, 
so erscheint er nach Victor Hehn in der Sprache der Griechen 
sehr spät. Die Stelle in Theophrast, wo das Wort vorkommt, ist 
nach genanntem Gelehrten unecht, also erst später dazu gekom- 
men. Der erste griechische Schriftsteller, der sich wirklich des 
Wortes Kastanie bedient, ist der Epiker Nikandros von Kolophon, 
der um das Jahr 146 v. Chr. lebte. 

Es kommt aber bereits ein Kaox^avaia bei Herodot im 5. Jahr- 
hundert V. Chr. vor. Es bedeutet aber hier keinen Baum, son- 
dern eine Stadt in Thessalien, wo jetzt noch grosse Kastanien- 
wälder vorkommen. Der genannte Gelehrte lässt aber auch hier 
die Kastanienbäume erst aus den Kaukasusländem und aus Klein- 
asien ebenso einwandern, wde sie später nach Italien kamen, um 
rasch zu waldartigen Ausbreitungen zu gelangen. Nach meiner 
Ansicht sind die Kastanien aber ursprünglich auf dem festen 
Lande Griechenlands, vor Allem im Norden, zu Hause. Ich be- 
rufe mich, wie Victor Hehn, auf Hesiod, aber um das Gegen- 
theil zu beweisen. Die darauf bezügliche Stelle habe ich früher 
citirt und berufe mich von Neuem darauf. Die Früchte seiner 
Drys ernährten die ersten Menschen und konnten nur Kasta- 
nien sein. 

Die Kastanienwälder im Norden Griechenlands haben schon 
im grauen Alterthum eine grosse Rolle gespielt. In ihnen liessen 
sich die ersten Hellenen nieder und scheinen auch eine Zeit lang 
daselbst gewohnt zu haben, bis sie von nachkommenden Lands- 
leuten gedrängt weiter nach Süden wandelten. Gewiss haben die 
pelasgischen Ureinwohner insofern einen Einfluss auf die Hellenen 



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ausgeübt, als ihrem Baumkultus bei der Verehrung des Zeus mehr 
oder weniger Rechnuug getragen wurde. Es gab, wie ich schon 
früher ausgesprochen, im Anfange der hellenischen Einwanderer 
noch keine steiuernen Tempel, sondern diese wurden durch von 
schönen Bäumen beschattete Höhlen ersetzt. Eine Priesterin 
(die Pythia) war die Trägerin des Zeuskultus und verkündigte zu 
gleicher Zeit, wenn sie befragt wurde, ihre in mysteriöse Worte 
gehüllten Weissagungen. Sie wurde anfangs auf ihrem, einer 
Erdspalte aufgesetzten Dreifusse von dem Rauschen im hohen 
Gipfel eines mächtigen Baumes imd durch das Murmeln eines in 
der Nähe entspringenden Baches begeistert. Vielleicht hat auch 
die Eigenthümlichkeit alter Eichen, wenn ein massiger Wind die 
Erone durchzieht, den Stimmen der Menschen ähnliche Töne her- 
vorzubringen, den Orakeln, welche unter den Bäumen gesprochen 
wurden, eine grössere Heiligkeit gegeben. Man spannte schon 
in alter Griechenzeit Saiten harfenähnlich auf und hing sie an 
geeigneten Stellen des Baumes auf^ die sogenannten Aeolsharfen, 
um dergleichen Töne hervorzulocken. Dass diese Eigenthümlich- 
keit auch alte Eastanienbäume (d. h. der Baum der Euböischen 
Nuss) besitzen, berichtet uns aber Theophrast. Jenen Baum beim 
Orakel nannten die Griechen, je nachdem sie den allgemeinen oder 
speciellen Namen gebrauchten, Drys oder Phegos. So oft die 
Rede von Dodona oder Delphi ist, wird bald der eine, bald der 
andere Name gebraucht. Es wäre aber auch möglich, dass der 
Baum, da die Orakel-Stelle gewechselt hat, nicht immer ein 
Eastanienbaum, sondern bisweilen auch ein Eichbaum gewesen 
wäre. 

Dass bei den Bäumen der Orakel und der nächsten Umgebung 
nie von den essbaren Früchten die Rede ist (so viel mir wenigstens 
bekannt), muss auffallen. Andererseits weist Ji>dg ßakavog^ also 
Eichel des Zeus, der spätere Name der Eastanie, und wohl ent- 
standen bei dem Zeusdienste in Dodona, mit Bestimmtheit auf 
ihren vorzüglichen Geschmack hin, insofern das Wort nicht 
den göttlichen Ursprung selbst aussprechen soll. Dass die Latei- 
ner später das Wort Jiog ßdkavog mit Juglans (eigentlich Jovis 
glans) übersetzten, ist eine bekannte Thatsache. Aber die An- 
sicht einiger Philologen, dass man unter ^log ßaXavog auch Ju- 
glans und die Wallnuss und unter letzterem das Erstere verstehen 

Koch. 4 



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könne, ist ein Irrthum. Die alten Griechen haben unsere Wall- 
nuss gar nicht gekannt. 

Sehr ausführlich wird von Theophrast über die Eichen des 
alten Griechenland berichtet. Nach ihm gehört Phegos, also der 
Eastanienbaum, zu dem grossen Geschlechte der £ichen (^JQvg), 
Es kann dieses nicht weiter auffallen, da wir in der That auch 
Eichen besitzen, wie Qu. Aegilops und noch mehr die aber nicht 
in Griechenland wachsende Qu. castaneaefolia, welche auch im 
Aeusseren eine grosse Aehnlichkeit mit Kastanienbäumen besitzen. 

Nach Theophrast war die Unterscheidung der Eichen sehr 
schwierig. Auch heut' zu Tage bilden sie noch für Laien und 
nicht weniger für unsere Botaniker eine Cnix. Die Widersprüche 
bei ihrer Bestimmung, wie es z. B. bei zwei unserer tüchtigsten 
Botaniker, zwischen A. De Candolle und Grisebach der Fall 
ist, erschweren auch mir die Feststellung der griechischen Eichen 
ungemein. Theophrast war bei ihrer Bestimmung selbst nicht 
klar und verwickelt sich leider bisweilen bei ihrer Unterscheidung 
in Widersprüche. Phegos, der schöne grosse Eastanienbaum im 
Norden Griechenlands, wird von ihm beispielsweise auch als ein 
Strauch mit auseinander stehenden Aesten geschildert. In Betreff 
der Namen scheint er sich deshalb auch einigermassen zu ent- 
schuldigen, wenn er sagt, dass diese keineswegs immer bei den 
Eingeborenen gleichbedeutend gewesen wären. Yiele Bäume hatten 
auch gar keine Namen. 

Die Bewohner Eretas berichteten ihn anders als die Make- 
doniens. Nach den ersteren gehören nur die Eichen mit abfallen- 
den Blättern zu ^Qvg, die mit immer grünen, wie es auch schon 
vor ihm angenommen wurde, zu nQlvog, bezw. zu q)€XkodQvg. 
In EJreta kannte man 5, in Makedonien nur 4 verschiedene Eichen 
mit abfallenden Blättern: ^fieglg^ aiyUcotp^ uXavvfpvXlog, g>ijy6g 
und aliq>Xoiog^ welche letztere auch ivdvq)Xoiog genannt vrird. 
Phegos wächst nur im Hochgebirge und hat die schmackhaftesten 
Früchte. Dass das Wort wiederum den Eastanienbaum bedeutet, 
unterliegt keinen Zweifel. Theophrast nennt ausser den essbaren 
Früchten seiner Phegos noch Euböische Nüsse (xaQva svßoix^)^ 
als wenn diese etwas Anderes wären, als Eastanien. Und doch 
müssen es, vielleicht eine bessere Sorte, deren gewesen sein. Noch 
weit später, als Athen zwar Weltstadt geblieben, obgleich Griechen- 



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land seine Freiheit verloren hatte, wurden die Kastanien als sar- 
dische Nüsse auf den Markt gebracht. Lydien in Eleinasien, wo 
Sardes Hauptstadt war, muss demnach damals vorzügliche Kasta- 
nien in den Handel gebracht haben. 

Von Aegilops, die nur in südlicheren und wärmeren Gegenden 
Griechenlands gedeiht, sind die Früchte am schlechtesten und 
bittersten, wie es auch heut' zu Tage noch der Fall ist, denn 
Theophrast's Aegilops ist die heutige Quercus Aegilops. Wenn 
aber Linnö seine Pflanze nur in Spanien wachsen lässt, so ist 
dieses eiu Irrthum oder Linn^'s Qu. Aegilops ist eine andere 
Pflanze, als die, welche die heutigen Botaniker darunter verstehen. 

Die Fruchtbecher der Quercus Aegilops und anderer ähnlicher 
Arten sind die sogenannten Yallonen (Yelani) oder orientalischen 
Knoppem, welche bei uns kaum, desto mehr aber im südlichen 
Osteuropa und in Kleinasien ähnlich den Galläpfeln zum Gerben 
benutzt werden ; die halbkugeligen Fruchtbecher haben einen Zoll 
im Durchmesser und sind auf der Aussenseite mit sperrig ab- 
stehenden und harten Schuppen besetzt. Diese von den übrigen 
Eichenarten hinsichtlich der Fruchtbecher (Cupula) abweichende 
Erscheinung bei den Eicheln genannten Baumes kannte schon 
Theophrast, wenn er sagt, dass die Früchte der Aegilops und der 
Phegos wesentlich von den übrigen Eicheln abwichen. 

Platyphyllos ist ohne Zweifel Qu. lanugiuosa (Thuill. und 
meiner Dendrologie), die im ganzen Südosten Europa's und dem- 
nach auch in Griechenland sehr verbreitet ist. Zu ihr gehören 
Quercus sessiliflora und pedunculata (Qu. Robur Sibth.) der 
Autoren, welche beide Arten oder nur eine derselben in Griechen- 
land, wachsen lassen. Die Behaarung der Blätter ist sehr schwankend 
und kann bei einer Abart, welche Willdenow Qu. pubescens nennt, 
selbst ganz verschwinden, um in diesem Falle gewöhnlich mit 
Qu. sessiliflora verwechselt zu werden. Die gewöhnliche mehr 
behaarte Form kommt dagegen auch strauchartig vor und führt 
dann bei den Botanikern oft den Namen Qu. Dalechampii und 
apennina. 

Haliphloios ist die Zim- oder Zerreiche, auch Oesterreichische 
Eiche genannt, Quercus Cerris, welche sich mit Qu. Aegilops von 
den übrigen griechischen Eichen so unterscheidet, dass die Früchte 
zu ihrer Beife 2 Jahre bedürfen. Sie wuchs zu Theophrast's Zeit 

4* 



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und auch heut' zu Tage noch nur in kälteren Regionen des Nor- 
dens. Ihr Holz steht dem der yorigen Art weit nach. Nach 
Theophrast hat Haliphloios häufig einen dicken, schwammigen imd 
hohlen Stamm und wird häufig vom Blitze getroffen. Auch die 
Würmer suchen sie gern heim, weshalb das Holz auch zum Schiffs- 
bau nichts taugt. 

Hemeris des Theophrast sind, wie der Name, der „angebaut*' 
bedeutet, auch sagt, zunächst alle Kultur-Eichen, ganz speziell 
wird aber das Wort gebraucht, nur um die Galleiche (Quercus 
infectoria) damit zu bezeichnen. 

Die Makedonier kannten nach Theophrast nur 4 Eichen mit 
abfallenden Blättern : itv/noÖQvg, nXatifcpvXkog, <pi]yo9 und aartQig. 
Sie sind nur* im Allgemeinen angedeutet, so dass ihre Erklärung 
fast unmöglich ist. Etymodrys hat süsse Eicheln, musste also 
den Eastanienbaum bedeuten. Daneben steht aber Phegos, das 
sonst bei den Griechen für diesen Baum gebraucht wird. Bedeutet 
hier das Wort eine andere Eiche? Man erfährt von Phegos nur, 
dass sie rundliche Eicheln besitzt, was allerdings der Form der 
Kastanien entspräche. PlatyphyUos ist wahrscheinlich wieder Qu. 
pubescens WiUd., während endlich unter Aspris die Eichen mit 
2jährigen Früchten, also Qu. Cerris und Aegilops zu verstehen sind. 

Ausser diesen Eichen mit abfallenden Blättern hat Theophrast 
auch noch (V, 3, 1) ein inelavÖQVov, also eine Schwarz-Eiche. 
Es ist dieses aber keine besondere Eichenart, sondern eine Eiche 
mit festem und dunkelem Kernholz. (pTjXQa ist keineswegs, wie 
Wimmer es stets übersetzt, MeduUa d. h. Mark bei den Pflanzen, 
sondern der innerste Theil eines Pflanzenstengels oder Stammes, 
der in Farbe oder Dichtigkeit von dem Uebrigen abgesondert ist, 
also auch das, was wir Kernholz nennen. 

Was die immer grünen Eichen anbelangt, so sind sie vielleicht 
die in Griechenland jetzt noch, wie im grauen Alterthum, am 
Meisten verbreiteten Gehölze. Sie bilden eine besondere Region 
zwischen dem Hochgebirge und den tiefer gelegenen Gegenden 
am Meere, die man auch als immer grüne bezeichnet. Die engen 
Thäler mit den meist steil aufsteigenden Felswänden auf beiden 
Seiten haben nicht fruchtbare Erde genug, dass auch hohe Eichen 
und andere Bäume hier wachsen könnten, es kommen hier nur 



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strauchartige Geholze, auch nicht wenig mit abfallenden Blättern, 
vor. Dass ihr Holz sehr hart war, wusste schon Hesiod, denn 
nach ihm wurden die am meisten angegriffenen Theile des Pfluges 
und des Wagens daraus angefertigt. 

Zu der gewöhnlichen immer grünen Eiche, Quercus Hex, wie 
sie in seltener malerischen Schönheit auch am Albaner See 
in Italien vorkommt, gehört auch die Korkeiche (Quercus Suber). 
Theophrast ist der erste, der sie als (pBlXoÖQvg kennt und giebt 
auch an, dass die Abnahme des Korkes alle 3 Jahre geschieht. 
Wenn er aber weiter berichtet, dass Lastwagen (afid^a) aus dem 
Korke angefertigt wurden, so verstehe ich dieses nicht. Nach 
Theophrast stammt sie aus Tyrrhenien (Etrurien) in Italien und 
wurde von da erst im Peloponnes, wo sie hauptsächlich in Elis 
und in Lakonien des Korkes halber angebaut wurde, eingeführt. 
Die Arkadier nannten sie auch oQia. Da nach Theophrast bei 
keinem Griechen die Korkeiche wieder erwähnt wird, so muss 
man vermuthen, dass ihre Kultur bald au%egeben wurde. 

Wenn das Wort (peXXog schon bei Pindaros (518 bis 442), 
Aeschylos (528 bis 456) gebraucht, so hat es hier eine andere 
Bedeutung, als die, welche Theophrast ihm, speziell zur Bezeichnung 
der Rinde seiner q>ekl63Qvg beilegte. 

Ausser dieser gewöhnlichen Eiche mit immer grünen Blättern 
kannte Theophrast auch die Scharlacheiche Qu. coccifera (baum- 
artig als Qu. calliprinos beschrieben), welche tov (poivixixovv 
xoxxov d. h. die Scharlachköruer trägt. Diese rothfarbenden 
Schailachkömer sind aber keine Körner, sondern eine Art Schild- 
läuse (Coccus Ilicis), und zwar die ausgewachsenen und vollkommen 
entwickelten Weibchen. Sie werden mit Essig befeuchtet und in 
die Sonne gelegt. Getrocknet erhalten sie erst die Scharlachfarbe. 
Aehnlich in ihrem Entstehen sind die Cochenille-Kömer, nur dass 
hier die Schildläuse auf Opuntien (eine Art Cactus, die in Mexiko 
und den südlichen Staaten Nordamerika's vorkommt) leben. Linne 
nennt schon diese Schildlaus Coccus Cacti. Sehr ähnlich ist sie 
auch den verheerenden Blutläusen unserer Birnbäume, welche zer- 
drückt den Finger blutroth färben. 

Jetzt werden die Scharlacheichen zum Zweck der Gewinnung 
von Scharlachkömem besonders kultivirt und geben dem Staate 
eine sehr bedeutende Einnahme. 



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n. Haselstanden, Corylns-Arten. 

Dass im Norden des griechischen Festlandes Haselstauden 
vorkommen, unterliegt wohl kaum einem Zweifel. Die Angabe 
der französischen Expedition, dass eine Haselstaude auch im Pelo- 
ponnes wachse, beruht wohl auf einem Irrthum. Die erste einiger- 
massen sichere Nachricht von der Haselnuss erhalten wir bei So- 
phokles. Euer ist unter KaQva schon die Haselnuss zu verstehen. 
Wahrscheinlich war sie aber nicht aus dem Hochgebirge im Nor- 
den Griechenlands gebracht, sondern aus fernen Gegenden und 
über das Meer aus nicht griechischen Ländern. 

Erst Theophrast war es bekannt, dass die Haselstaude im 
Norden Griechenlands wild wächst, er nennt sie bestimmt eine 
Gebirgspflanze (lU, 3, 1) und unterscheidet sogar zweierlei Arten 
mit länglichen und mit rundlichen Fruchten. Möglicher Weise wäre 
dann die erstere unsere Corylus Avellana und die andere Corylus 
maxima oder tubulosa, die häufig in Italien kultivirte Lamberts- 
nuss, die auch Grisebach in seiner rumelischen Flor in Rumelien 
wild wachsen lässt. 

Die alten Griechen verstanden zwar unter Kvgva alle harten 
und nussartigen Früchte, ja selbst bisweilen weiche, zu Theophrast's 
Zeit aber war Kagva^ wenn nicht bestimmt ein Epitheton es anders 
erklärte, nur die Haselnuss. Man sieht dies besonders aus einer 
Stelle (I, 12, 1), wo die Haselnuss ölig angegeben wird. Keine 
andere Nuss eines Waldbaumes hat einen fettes Oel enthaltenden 
Kern. 

Als Pontische Nüsse sind in Athen stets nur Haselnüsse aus 
dem Pontischen Gebirge im Süden des Schwarzen Meeres zu ver- 
stehen. Im Jahre 1843 befand ich mich im Pontischen Gebirge, 
um wegen der Nüsse, welche die Zehntausend daselbst fanden, 
aber auch um den von Pompejus Zug nach Iberien bekannten 
giftigen Honig festzustellen. Meine erste Aufgabe wegen der 
Haselnüsse löste ich bald, denn ich fand in der That eine bis dahin 
noch unbekannte Haselstaude, der ich deshalb den Namen Corylus 
pontica gegeben habe. Diese Pontische Haselnuss kam schon vor 
300 Jahren nach Wien, ist aber daselbst wiederum verloren ge- 
gangen. In neuerer Zeit kultivirte man sie aber wiederum in der 
Krim und sie wurde von da als Trebisond-Fundukly in den Handel 
gebracht. 



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Man streitet sich noch über die nkavia xdgva^ welche Xeno- 
phon's Zehntausend beim Uebersteigen des pontischen Gebirges 
fanden, ob dieses Haselnüsse oder Kastanien gewesen sind? Meiner 
Ansicht nach unterliegt es gar keinem Zweifel, es waren Hasel- 
nüsse und zwar dieselben, wie sie heut zu Tage noch daselbst 
vorkommen und von da stets einen so bedeutenden Handelsartikel 
gebildet hatten, dass später die Vorstadt in Pera, von wo aus 
früher hauptsächlich der Handel betrieben wurde, den Namen 
Fundukly (d. h. Haselnussstadt) erhielt. Diese pontische Hasel- 
nuss ist grösser, als die übrigen, und hat keine längliche, sondern 
eine rundliche Gestalt, welche dem Beiworte nkaria entspricht. 

Wenn von Einigen die Behauptung aufgestellt wird, dass unter 
den pontischen Nüssen und den Carya platea die Nüsse der baum- 
artigen Haselstaude (Corylus Columa) zu verstehen sei, so ist 
dieses ebenfalls nicht richtig. Als ich, wie gesagt, 1843 die pon- 
tische Küste besuchte, fand ich Corylus pontica allein wild, die 
Baumhasel hingegen nur einzeln, und zwar hauptsächlich in den 
Höfen alter Burgruinen, bisweilen von einer enormen Grösse, selbst 
nicht einmal verwildert, sondern nur angepflanzt. 

Die Corylus pontica (nicht wie Einige, auch Victor Hehn 
meinen, jede Haselnuss) ist es in den späteren Zeiten, als Athen 
seinen Bedarf an Früchten öfter aus der Feme, als aus dem 
eigenen Lande bezog, wie ich es auch bei den Kastanien nach- 
gewiesen habe, welche nach den Bezugsorten ihren besonderen 
Namen erhielt. Ein paar Jahrhunderte vor und vielleicht eben 
so lang nach Christus sprach man von Herakleischen, Sinopischen 
Haselnüssen, je nachdem man sie von Heraklea oder von Sinope 
an der pontischen Küste bezogen hatte. Sie hatten auch wohl 
den Namen der persischen oder Königlichen Nüsse, weil der König 
von Persien in den früheren Zeiten den ganzen Pontus unterworfen 
hatte. 

III. Die Roth- und Weissbnelien. 

Nach den neuesten Untersuchungen wachsen jetzt in Grie- 
chenland nur eine Weissbuche und zwar nicht, wie wohl nur 
irrthümlich in der Beschreibung der französischen Expedition nach 
Morea behauptet wird, Carpinus Betulus, sondern C. Duinensis, 
und ausserdem die Hopfenbuche, Ostrya carpinifolia. Auch Aug. 



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56 

Mommsen giebt io dem 3. Hefte der griechischen Jahreszeiten 
Weiss- und Hopfenbuche als häufig in der submontanen Region 
von Attika wachsend an. Die Rothbuche, Fagus sylvatica ist bis 
jetzt von Sibthorp und von Havrkins nur im äussersten Norden 
Griechenlands am Pindus, wo sie jedoch wiederum Fraas nicht 
sah, gefunden worden. 

So unähnlich auch Weiss-, einschliesslich Hopfenbuchen und 
Rothbuchen in ihrer äusseren Gestalt sind, so werden doch bei- 
derlei Bäume fortwährend auch bei uns noch von Laien verwech- 
selt, es kann deshalb nicht auffallen, wenn es von Seiten des Theo- 
phrast's ebenfalls geschah. Frühere griechische Schriftsteller haben 
sich, Homer ausgenommen, zu wenig mit den Bäumen ihres 
Vaterlandes beschäftigt, als dass man die Namen derselben mit Be- 
stimmtheit aus ihren Angaben jetzt feststellen konnte. 

Theophrast hatte zwei Worte für Roth- und Weissbuche, o^a 
und oatQva oder ooTQvg, Von ihnen war das letztere vor seiner 
Zeit unbekannt, das erstere aber bedeutete einen Speer, der aber 
auch wegen seiner scharfen Spitzen den Namen o^va erhalten 
haben könnte und nicht weil er aus Weissbuchenholz angefertigt 
war. In der Bedeutung als Speer kommt das Wort o^va schon 
im 7. Jahrhundert v. Chr. bei dem Lyriker Archilochos von 
Faros vor. 

Obwohl nun die Rothbuche nicht im alten Griechenland vor- 
kam und noch heut zu Tage nicht daselbst wächst, unterliegt es 
doch keinem Zweifel, dass Theophrast die Rothbuche gekannt 
haben muss. Leider sagt er nicht, wo er sie gefunden hat. Ob 
sie auf Lcsbos, wo er geboren wurde, oder auf einer anderen 
Insel des ägeischen Meeres wächst, ist mir unbekannt. Der auf- 
rechte Baum von der Höhe der Elate (also der Weisstanne) mit 
glatter Rinde kann nur die Rothbuche gewesen sein, zumal weiter 
gesagt wird, dass das Holz gefärbt (selbst schwarz, wie später 
noch ergänzend hinzugefügt wird) sei, die Frucht hingegen, von 
einer stachlichen Hülle eingeschlossen, einen dem der Kastanie gleich 
süsslichen und angenehmen Geschmack habe. 

Einer Elate im geschildertem Wachsthume imd in der Höhe 
sehr ähnlich sah auch ich während meiner zweiten Reise nach 
dem Oriente im Jahre 1843 in dem pontischen Gebirge im Süden 
des schwarzen Meeres die Rothbuche einzeln wachsend und aus 



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57 

dem übrigen Geböke weit herausragend, so dass ich sie, aus der 
Feme gesehen, wirklich anfangs für eine Tanne hielt, bis ich mich 
selbst an dem Gebirge aufsteigend überzeugt hatte, was es war. 

Dieser so geschilderte Baum wuchs nach Theophrast aber nur 
in der Ebene (ev Talg n6Öioig\ im Gebirge (svti^ 0Q€i) ist das 
Holz der Oxya weiss und wird wegen seiner Härte sehr viel zu 
allerhand Möbel gebraucht. Das ist aber nicht mehr Roth-, son- 
dern Weiss- oder Hopfenbuche. Wenn Theophrast weiter sagt, 
dass die Frucht beider Bäume (der Ebene imd des Gebirges) ein- 
ander gleich wäre, so ist das ein Irrthum. 

Der Baum des Gebirges, der bei Theophrast den Namen 
oatQva oder ootqvti führt, soll der Oxya (aber nur der des Ge- 
birges) sehr ähnlich sein. SoUte es Ostrya carpinifolia, die soge- 
nannte Hopfenbuche sein, dann wäre Oxya die orientalische Weiss- 
buche, Carpinus Duinensis. Dass Ostrya eine Weiss- oder Hopfen- 
buche ist, ersieht man aus der Beschreibung des Baumes, besonders 
der Früchte, die nicht gegessen werden, obwohl sie Theophrast 
selbst mit der Gerste vergleicht. 



Zweite Familie. 

Birkengehölze. Betulaceae. 
Die Eller oder Erle, Alnus oblongata. 

Ich habe bereits in meiner Dendrologie (2. Band I, 630) mich 
dahin ausgesprochen, dass unsere Schwarzeller (Alnus glutinosa) 
in Italien durch eine andere wenn auch ähnliche Art, welche den 
Namen A. oblongata erhalten hat und im Süden ostwärts bis nach 
den Eaukasusländem und dem pontischen Gebiete sich erstreckt, 
vertreten ist. Ohne Zweifel ist es diese Alnus oblongata, welche 
auch in Griechenland wächst und noch heut zu Tage daselbst den 
Namen xAij»*^^« führt. Nach Fraas kommt die Erle jedoch jetzt 
in Griechenland nur selten vor, nach Sibthorp häufiger und 
zwar nicht nur im Peloponnes, auch in Böoticn 

Wenn auch Alnus oblongata eine Mittelhöhe von 40—50 Fuss 
erreichen kann, so bleibt sie doch immer ein schmächtiger Baum, 
der nicht einmal zum Häuser-, geschweige denn zum SchifPsbau 
gebraucht werden kann. Diese Thatsache widerspricht aber den 



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58 

Angaben Homers über seine xXtj&qtj. Nach ihm ist xXi^&qtj ein 
grosser und starker Baum. Der Name wird übrigens bei Homer 
und zwar our in der Odyssee zwei Mal, und zwar im 5. Gesänge 
erwähnt. In dem 64. Vers ist xXri&Qrj unter den stattlichen Bäu- 
men des Haines der Kalypso aufgeführt, in dem 239. Vers hin- 
gegen gehört xXfjxyQYj zu den grossen Bäumen des Waldes der 
Insel, wo ausserdem noch die wolkenberührende Tanne und die 
Pappel wuchsen, aus denen Odysseus sein Schiff bauen sollte. 
Beide Stellen sind keinesfalls dazu geeignet, die strauchartige Alnus 
oblongata darunter zu verstehen. 

Dass Homer überhaupt bei den Bauhölzern für Schiffe nicht 
die Eiche und Liude nennt, die beide noch jetzt sehr viel in Grie- 
chenland wachsen, ist auffallig. Man könnte deshalb fast der Mei- 
nung sein, dass er unter seiner xItj^qt] die Eiche und ooch mehr 
die Linde verstanden hat. Ich bin daher geneigt, unter xXrj&Qa 
Tilia tomentosa Manch, (alba W. et K.), unter q)XvQa hingegen, wie 
ich später ausführlicher auseinandersetzen werde, Tilia vulgaris 
Hayne zu verstehen. Noch wahrscheinlicher ist, dass wenigstens 
Homer unter seiner xX'^d^Qtj einen Ahombaum verstanden hat, da 
nicht weniger als 8 Ahorn- Arten in Griechenland wachsen und da- 
selbst eine grosse Verbreitung besitzen, ohne von Homer nur ein- 
mal genannt zu werden. 

xlrix^Qa ist später auch ein Baum, der von den griechischen 
Tragikern, auch von Aristophanes erwähnt wird. Was diese 
für einen Baum darunter verstanden haben, lässt sich, da keine 
Beschreibung vorhanden ist, nicht ermitteln. Auffallend ist dabei, 
dass weder Herodot, noch Plato oder ein anderer griechischer 
Schriftsteller der klassischen Zeit xXjjd^Qrj oder xlijx^Qa nennt. 

Auffallend ist es, dass der Name xkrjd^Qa nach Theophrast 
nicht mehr erwähnt wird. Dioscorides kennt eben so wenig das 
Wort, als dass er etwas über das Vorkommen der Eller weiss. 
Auch die Römer, welche gern die Namen griechischer Bäume 
in ihre Sprache einführten, kennen keine Clethra. Erst Linn^ 
hat das Wort wiederum als Genus -Namen in seinem Systeme, 
und zwar, um die Verwirrung möglichst voll zu machen, für eine 
Anzahl nordamerikanischer Pflanzen eingeführt. 

Noch einige Worte über or^fAvda. Da der Name unmittelbar 
auf xlij^Qa bei Theophrast folgt (III, 14, 4), so hat man geglaubt, 



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59 

dass er auch eine der Klethra ähnliche Pflanze bedeuten müsse. 
Das ist aber keineswegs der Fall. Nach Theophrast werden die 
ruthenförmigen Zweige der Semyda zu Stöcken (elg ßay.vrj()iag) 
für Kinder gebraucht. Daraus hat man hier und da wiederum 
schliessen wollen, dass man die Birke unter Semyda zu verstehen 
hätte. Es wächst aber gar keine Birke weder in Griechenland, 
noch überhaut im südöstlichen Europa. Das Blatt der Semyda 
soll dem der persischen Nuss ähnlich, nur noch schmäler sein. 
Aus einer solchen Beschreibung lässt sich nichts entnehmen imd 
wir müssen die Fesstellung der Pflanze auf sich beruhen lassen. 
Unbegreiflich ist es aber, dass nach dem Einen der Erklärer des 
Theophrast unter Semyda Sambucus Ebulus, nach dem Andern 
aber Cercis Siliquastrum verstanden werden soll. 

Dritte Familie. 
Weidenartige Pflanzen, Salicaceae. 

Unter diesem Namen versteht man 2 Gruppen von Gehölzen, 
welche zwar im Blüthenbau und noch mehr im äusseren Aus- 
sehen sehr von einander abweichen, aber darin übereinstimmen, 
dass ihre Früchte Balgkapseln sind und eine grosse Anzahl feiner, 
mit einem haarigen Schopf versehener Samen einschliessen. Wenn 
diese im ersten Frühsommer aus den Balgkapseln herausgeworfen 
und vom Winde weitergeführt werden, so erscheinen die Wege 
bald ganz damit bedeckt und es hat das Ansehen, als wenn frischer 
Schnee gefallen wäre. 

Die eine dieser beiden Gruppen bilden vorzugsweise die Wei- 
den, die andere die Pappeln. Erstere haben meist in die Länge 
gezogene aber spitze Blätter, bei den andern sind diese rundlich 
und breit, ihr Blattstiel ist aber in der Regel seitlich zusammen- 
gedrückt. 

I. Die Weide, Salix. 

Wenige Pflanzen des alten Griechenlands sind so genau 
charakterisirt und haben von den ältesten Zeiten bis auf den heu- 
tigen Tag denselben Namen bebalten, als die Weide, hei] schon 
bei Homer, itea bei Theophrast, ivid jetzt. Homer spricht nur 
von Weidengebüsch, gewiss hat er aber auch die Baumweide, 



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60 

von denen Salix fragilis und alba noch heute in Grriechenland 
häufig wachsen, gekannt. 

Sehr beliebt waren die Purpurweiden (die Abtheiluug der 
Bachweiden), vor Allem Salix purpurea und Helix, weil sie das 
beste Material zum Flechten und vor Allem zur Anfertigung der 
Schilde lieferten. Wird doch bei Euripides der aus Weidenruthen 
geflochtene Schild hea genannt. Homer liess dagegen die grossen 
Schilde seiner Helden aus starkem Rindsleder anfertigen, welche 
mehr im Stande waren den Stössen der Angreifer zu wider- 
stehen. 

Um die übrigen Strauchweiden, welche keinen specieUen 
Nutzen hatten, bekümmerten sich die alten Griechen nicht weiter, 
obwohl nach Theophrast ihre Anzahl sehr gross war. Bis auf die- 
sen werden keine specieUen Arten unterschieden, aber auch nach 
ihm kommen die von ihm aufgeführten Sorten Weiden nicht 
wieder mit besonderen Namen vor. ^Itia ist auch ihm die zum 
Flechten benutzte Weide. Die beste Flechtweide ist die mit 
glatter blutrother oder schwarzer Binde, also die schon erwähnte 
Salix purpurea und Helix. Nach Theophrast nannten die Arkadier 
diese Weiden aber wiederum sliS, ein Name, der die Benutzung 
ausspricht. 

Von den übrigen strauchartigen Weiden unterscheidet Theo- 
phrast noch die elaiayvog^ eine sehr behaarte Form, welche in 
grosser Menge in Böotien am Orchomenischen See, aber auch 
auf überschwemmten Inseln Aegyptens wuchs. Unter alaiayvog 
ist wahrscheinlich die ganze Gruppe der Viminales oder Korb- 
weiden (vergl. m. Dendrol. H, 1. 538) zu verstehen. Die Alten 
scheinen nicht g^wusst zu haben, dass auch diese Korbweiden, wenn 
auch zu gröberem Flechtwerk, benutzt werden konnten. Jetzt 
führt noch eine sehr schmalblättrige Art den Namen Sahx 
Elaeagnus. 

Eine zweite strauchartige Weide hat den Namen xaloitia 
und soll Blätter ähnlich denen des Lorbeers besitzen. Man ist 
geneigt, diese allerdings sehr unvollkommen beschriebene Weide 
für unseren Biohnenbaum (Labumum vulgare), zu halten. Wahr- 
scheinlich ist es aber Salix nigricans oder Salix laurina, nicht 
Salix Caprea, wie Sprengel meint. 

Dass wir nicht wissen, mit welchen Namen die alten Griechen 



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die baumartigen Weiden belegt haben, ist von mir schon ausge- 
sprochen worden. Nur von Theophrast ist es nachzuweisen, dass 
er sie unter dem Namen xokvtia verstanden hat, denn er sagt 
dsvdQov SX(og ^liya. Andere Erklärer des Theophrast verstehen 
dagegen Colutea arborescens, einen Strauch darunter. 

IL Die Pappel, Populns. 

Pappeln spielen bei den Griechen eine grosse Rolle, sie finden 
sich in allen Hainen von Bedeutung vor. Vor Allem gilt dieses 
von der Silberpappel, Populus alba. Wie zu Homers Zeit, so 
wurde sie das ganze klassische Alterthum hindurch bis auf die 
neueste Zeit viel erwähnt, wo man in der Nähe von Athen präch- 
tige Alleen aus ihr hergestellt hat. Mehrere Umstände, vor 
Allem ihr rasches Wachsthum und eine weiten Schatten wer- 
fende Krone, mögen vor Allem zu ihrem Ansehen beigetragen 
haben, am Meisten war es ihr ganz ausserordentlich dicker und 
deshalb imposanter Stamm, welcher ihre Schönheit und das Inter- 
esse für sie erhöhte. Ich fand auf der Ostseite Transkaukasiens 
im Jahre 1844 in der Nähe des kaspischen Meeres Exemplare 
von 10 Fuss Stamm-Durchmesser. Selbst bei uns in Norddeutsch- 
land kann sie unter Umständen eine bedeutende Grösse erhalten. 
Es ist nicht lange her, wo im Thiergarten bei Berlin, und zwar 
dem früheren Ho^äger gegenüber, eine Silberpappel stand, deren 
Stamm 8 Fuss im Durchmesser besass. 

Ihr ältester Name ist bei deü Griechen aXyeiqog. Möglicher 
Weise mag man in den ältesten Zeiten darunter auch die Schwarz- 
pappel verstanden und beide Pappeln nicht weiter unterschieden 
haben. Homer nannte sie aXyaiQog imd lies sie vor Allem in den 
Hainen eine Rolle spielen. In dem Haine der Persephone (Pro- 
serpina) stand nach Homer eine Silberpappel (Aegeiros) am Ein- 
gange in die Unterwelt. 

Man nimmt nach Fraas gewöhnlich an, dass Homer unter 
a%eQmg ebenfalls die Silberpappel verstanden habe. In diesem 
Falle wäre es wahrscheinlich, dass Homer unter aXyeiQog die 
Schwarzpappel verstanden hätte. Liest man aber über Acherois 
die beiden betreffenden Stellen in der Iliade (XIII, 389 u. XVI, 482), 
von denen die letztere nur eine Wiederholung der ersteren ist, 
nach, so ist es gar nicht möglich, daraus zu ersehen, dass Homer 



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unter Acherois die Silberpappel verstanden habe. Das Wort 
Acherois konnte jeden grossen, einiger Massen imponirenden 
Baum, wie Esche, Linde, Ahorn u. s. w., freilich aber auch die 
Schwarzpappel bedeuten. Eine Beschreibung ist nicht vorhanden, 
sondern es wird nur gesagt, dass der Held vom Speere getroffen 
dahinsank, wie die Eiche dahinsinkt oder die ax^Qcoig oder 
die stattliche Tanne. Ein schöner grosser Baum muss es aller- 
dings gewesen sein, wenn 6r den Yergleicb mit der Eiche und 
Tanne aushält. 

Von welcher Zeit an die Griechen für Weiss- und Schwarzpappel 
zwei verschiedene Namen hatten: kevx?] für die Silber- und den 
schon seit Homer bekannten avyeiQog für die Schwarzpappel, lässt 
sich nicht genau bestimmen. Beide Namen kommen seit Homer 
nicht mehr häufig vor. Aristophanes (427 bis 388 v. Chr.) 
scheint der erste gewesen zu sein, der sich des Wortes kevxrj be- 
diente, fast 500 Jahre später spricht auch Demosthenes von einer 
Leuke. Theophrast beschreibt beide Bäume sehr genau (lU, 14, 2), 
an derselben Stelle bespricht er aber auch die Espe oder Zitter- 
pappel unter dem Namen xeQxig in einer Weise, dass kein Zweifel 
über die Bedeutung des Wortes bleibt, was übrigens Theophrast's 
Lehrer, Aristoteles, schon früher gebraucht hat. 

Vierte Familie. 

Wolfsmilchblüthlgr, Euphorbiaceen. 

Die hierher gehörigen Pflanzen zeichnen sich durch einen so- 
genannten Lebens- oder Milchsaft aus (Latex). Er geht durch 
alle ihre Theile und stehn die ihn einschliessenden Gefasse (Vasa- 
propria) in Verbindung. Macht man einen Einschnitt in die Rinde, 
so fliesst der meist weiss, roth u. s. w., aber auch wasserhell ge- 
färbte Inhalt heraus. Er enthält Kautschuk, was bei vielen 
Pflanzen, wie von unserem Feigen- oder Gummibaum im Zimmer, 
Urostigma elasticum (Ficus) L., gewonnen wird. Die Zusammen- 
setzung des Saftes ist mannigfach und der Art, dass sich in ihm 
ausser Gummiharz oder Kautschuk bestimmte, den Menschen be- 
sonders schädliche, also giftige Körper gebildet haben. Bisweilen 
sind die Stoffe, welche in diesem Lebenssafte sich vorfinden, aber 
mild und dienen den Menschen in diesem Falle bisweilen als 



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63 

NahruDgsmittel. Als Beispiel gehören hierher der amerikanische 
£ulibaum (Galactodendron utile Kunth) und der Quellenbaum in 
Hinterindien. 

Die sehr grosse Familie hat man in grössere und kleinere 
Gruppen gebracht. Ich werde des Umfanges halber auch hier 
eintheilen müssen, in so fem Arten in den Abtheilungen zu be- 
besprechen sind. 

L Abtheilnng« 

Aecbte Wolfsmilchpflanzen, Euphorbieae. 

Die Familie hat ihren Namen von dem Genus Euphorbia und 
dieses wiederum von einem Gummiharze, was alle Arten in Form 
einer schwerflüssigen Flüssigkeit, dem Euphorbium besitzen, er- 
halten. Bei allen Euphorbien, die wir in Deutschland mit den 
Namen der Wolfemilch (wegen ihrer giftigen Eigenschaften) be- 
legen, ist der Lebenssaft milchweiss und verdient daher den Namen 
Milchsaft. Auch in Griechenland wächst viel Wolfsmilch und 
war auch schon im Oriente vorhanden, ihre Anwendung als Arznei- 
mittel beginnt aber erst mit der Zeit des Theophrast, vielleicht noch 
etwas früher mit der des Büppokrates. Die Euphorbien oder 
Wolfsmilcharten sind keineswegs hohe, aber auch nicht niedrige 
Bäume, bisweilen haben sie aber die fleischige Gestalt unserer 
bekannten Säulen-Kaktus und damit eine Höhe von nicht selten 
20 und 25 Fuss. Die meisten Wolfsmilchpflanzen erscheinen als 
niedrige Sträuch er, als Halb sträucher, als Stauden und als Sommer- 
gewächse. 

Die Wolfsmilcharten nicht allein, sondern auch alle Euphor- 
biaceen haben insofern eine eigenthümliche Frucht, als ihre 
drei Theile knopfartig, wie Theophrast schon mittheilt, als xoxxog 
zusammengestellt sind und hier auch wieder auseinander fallen 
(Hist. pl. IX, 11, 7). Eine solche Frucht nennt man jetzt Capsula 
tricocca und sie ist charakteristisch für die ganze Familie. 

Die wenigen Wolfsmilchpflanzen, welche Theophrast kannte, 
nannte er Tidvfxallog und sie bildeten damals beliebte Abführmittel. 
Später scheint man schnell aufeinander noch mehrere Arten des 
Genus Euphorbia kennen gelernt zu haben, bis zur Zeit des 
Dioskorides ihre Zahl bis auf 15 stieg. 

Da die Zahl der Wolfsmilcharten, welche überhaupt oder 



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auch nur in Griechenland existiren, immer noch gross ist, so 
bringe ich sie in bestimmt von einander unterschiedene Gruppen: 

I. Die interessantesten Euphorbien sind die, welche die Gestalt 
eines riesigen Säulenkaktus haben und anstatt der Blätter an den 
Kanten kurze Domen besitzen. Sie wurden erst zur Zeit des 
Augustus, wo Nordafrika bereits römische Provinz geworden war, 
bekannt. In dem heutigen Algerien, dem damaligen Mauritanien 
(oder griechisch Libyen) herrschte der König Juba und hatte 
einen vorzüglichen Arzt Namens Euphorbos. Dieser war es, der das 
aus dem Stamme durch Einschnitte erhaltene, nicht aber von selbst 
ausfliessende Harz zuerst in Anwendung brachte, und der dankbare 
König gab demselben seinen Namen. 

Dioskorides war dagegen der Erste, welcher vielleicht auf 
seinen vielen Reisen auch in Nordafrika das Euphorbium kennen 
lernte, auf jeden Fall es aber in seiner Materia medica beschrieb 
(im 86. Kapitel des 3. Buches), Ueber die das Euphorbium 
liefernden Pflanzen erfahren wir nichts weiter, als das sie Bäume 
(devÖQo) sind. Hätte man nicht aus anderen Quellen noch später 
Mittheilungen erhalten, so würden wir durch die Alten selbst 
(Griechen und Römer) nicht viel über die Mutterpflanzen des 
Euphorbium erfahren haben. König Juba schrieb zwar eine Ab- 
handlung oder vielmehr ein Buch (Volumen) darüber, wie uns 
Plinius mittheilt, sie ist aber für uns verloren gegangen. 

Nach Dioskorides ist die Euphorbiumpflanze dem NdQ&f]^ 
ähnlich und dieser wiederum bedeutet einen hohlen Stengel, mit 
dem Prometheus nach der Sage das Feuer vom Himmel gestohlen 
und den Menschen gebracht habe. Aus solchen Mittheilungen 
kann freilich ein Botaniker gar nichts machen, am allerwenigsten 
lassen sich Pflanzen feststellen. 

Von Plinius erhalten wir eine etwas ausfuhrlichere Beschrei- 
bung der Pflanze des Euphorbiums, die aber keineswegs mit der 
Wirklichkeit übereinstimmt. Wenn der sonst noch gelehrte König 
Juba von Mauritanien das Material auch erst Plinius geliefert 
hat, so besitzt er doch nicht im Geringsten die Gabe der Natur- 
beachtung und Naturbeschreibung, wie etwa Theophrast, der Man- 
ches beobachtet hat, was von keinem Botaniker bis auf die heutige 
Zeit wieder gesehen ist. Die besagte Stelle des Plinius heisst: 
„specie thyrsi, foliis acanthinis, incisa, conto subitur excipulishaedino. 



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65 

ümor lactis videtur defluere. Siccatus cum coiit turis effigiem 
habet (hist. nat. XXV, 78). 

In den früheren Zeiten, wo zwar die Römer auch schon ko- 
lonisirten, aber nicht, wie die Franzosen jetzt, durch Fremde, 
sondern durch Einheimische, scheinen im Atlas die Euphorbien 
eine weit grössere Verbreitung gehabt zu haben, als jetzt, wo sie 
in das Innere des grossen Gebirges mehr und mehr zurück- 
gedrängt werden, so dass man wenig von ihnen hört Dass mehrere 
Arten Euphorbium lieferten, unterliegt keinem Zweifel ; von denen 
die beschrieben sind, verdient vor Allem Euph. officinarum L. 
als Mutterpflanze genannt zu werden. Neuerdings will aber der 
Pharmakolog Berg nachgewiesen haben, dass das heutige Euphor- 
bium von keiner der bis jetzt beschriebenen Arten stammt, son- 
dern von E. resinifera Berg, welche im Nordwesten Afrikas, also 
in Marokko wächst. Auch Hooker hat in Marokko vor einigen 
Jahren neue Euphorbien gefunden. 

Den Namen Euphorbium zur Bezeichnung der Pflanzen, 
welche das sogenannte Gummiharz liefern, hat der Professor 
Isnard zu Paris in der zweiten Hälfte des 17. Jahrhunderts ein- 
geführt, aber nur für diese kaktusähnlichen Arten, Linn^ ge- 
brauchte hingegen das Wort für sein grosses Genus, in dem er 
auch die oben bezeichneten, noch so sehr abweichenden Arten 
ebenfalls mit einschloss, er änderte nur später (in den Genera 
plantarum) den Namen in Euphorbia um. 

Ueber Linn^ und seine Euphorbien theile ich schliesslich 
noch mit, dass er die Namen, welche bei Theophrast und bei 
Dioskorides einzelne Euphorbien bedeuteten, gern als Artnamen 
benutzte, z. B. Euphorbia Characias, Peplis u. s. w. Bisweilen war 
er so glücklich die Identität seiner und der griechischen Pflanze 
nachzuweisen, häufiger aber nicht. Euphorbia Peplis L. ist ein 
gemeines einjähriges Sommergewächs, Tienkig der Griechen hin- 
gegen ein Strauch. 

n. Ich wende mich zu den kleineren Sträuchem, den Halb- 
sträuchem und Kräutern. Theophrast hatte für sie die Bezeich- 
nung %i&v^aXXoQ, 

Von der einen der 4 Arten, welche er aufführt, nennt er das 
Gummiharz Hippophaes (xai o Ti^v/xaXXog i^ ov to lTtnoq>aig), 

Koch. ö 



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66 

Bei Dioskorides wird aber nicht das Gummiharz Innotpaeg ge- 
naiiDt, sondern die Pflanze. Zuerst von dieser. 

a) Besser, man konnte ausnahmsweise sagen, sehr gut, unter- 
scheidet Dioskorides die genannten Pflanzen als Innncpaig und 
hat sogar noch eine zweite Art, das \Tin6q>aiaTov. Beide sind 
einander so ähnlich beschrieben, dass man beide auch für eine 
und dieselbe Pflanze halten könnte. Die eine blüht, die andere 
nicht. Es sind niedrige, aber weitumfassende Straucher (J>afjivog 
q)(}vyavcidrig^ af4qiilaq>i]g) mit Blättern, denen des Oelbaumes 
(auch filzig) ähnlich, besetzt. Zwischen ihnen befinden sich Dor- 
nen, welche beim Vertrocknen der ganzen Pflanze übrig bleiben 
und gutes Material zum Aufkrempeln und Walken (ganz ähnlich 
den Weberkarden, die Fruchtstände des Dipsacus Fullonum) 
liefern. Sie wurden wahrscheinlich schon vor Dioskorides dazu 
benutzt und werden, wie Fraas mittheilt, noch heut' zu Tage 
auf gleiche Weise verwendet. Nach Dioskorides wächst die 
Pflanze auf dem Sand und am Meere, nach Fraas aber wiederum 
auf Felsen bis auf 2000 Fuss Höhe. 

Das Wort Hippophaö hat Linn^ ganz willkürlich für einen 
bisher als Rhamnoides bezeichneten meist dornigen Strauch (Hippo- 
phae Rhamnoides L.) in der Flora lapponica zuerst eingeführt. 

b) Schliesslich gehe ich zu den kleineren halbstrauchigen 
oder krautigen, beziehungsweise jährigen Euphorbien über und 
zwar zunächst zu denen, welche Theophrast speciell vi&v/iaXlog 
nennt.. Theophrast kennt, die Mutterpflanze der innorpaig ab- 
gerechnet, noch 3 Arten und unterscheidet sie so genau, dass 
man den Meister des griechischen Alterthums daran erkennt. 
Diese 3 liefern in dem Samen ein vorzügliches gelind abführendes 
Ajrzneimittel, was damals ebenso allgemein gebraucht wurde, wie 
das alsbald zu erwähnende Ricinus-Oel, die Samen des Ricinus 
communis L. 

Theophrast beschreibt die 3 offizinellen Pflanzen als Halb- 
sträucher mit zahlreichen Stengeln. 

Die eine wuchs am Meere und fährte deshalb den Namen 
naQaXiog. Sie hatte ein rundliches Blatt. Die zweite besass den 
Namen der männlichen und wurde eine Elle hoch. Die dritte end- 
lich hatte wegen der Aehnlichkeit eines Stengels mit einem Myrten- 
zweige den Namen (xvqxitrig erhalten. Sie wuchs hoch im Ge- 



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67 

birge und besass das Eigenthümliche, dass sie zweierlei verschie- 
deDalterlicbe Stengel hat, von denen nur die älteren und im zweiten 
Jahre stehenden Früchte und Samen tragen, die anderen aber 
überwintern. 

Dioskorides kannte 13 domenlose und niedrige Wolfemilch- 
arten oder Euphorbien als officinelle Pflanzen, d. h. solche, die 
Abführmittel lieferten. Nur einige von ihnen waren Strauch- oder 
halbstrauchartig, andere jährig. Wenn es auch möglich sein möchte 
einen und den andern Namen mit einer bestimmten Wolfsmilchpflanze 
zu identificiren, so kann es doch im Allgemeinen nicht geschehen. 

1) Die wichtigste Pflanze ist Ricinus communis L. Wie weit 
hinauf die Pflanze im Alterthume bekannt war, ist nicht mehr zu 
bestimmen. Dioskorides spricht (im 159. Kapitel des 4. Buches) 
zuerst von ihr unter den Namen xixv oder xqotwv^ Plinius hin- 
gegen kennt sie schon unter dem Namen Ricinus, aber auch als 
Groton, im Volksgebrauch nennt man bei uns die Pflanze Wunder- 
baum, auch Palma Christi. Dioskorides schildert die Pflanze 
ziemlich genau, so dass die Identität aller dieser Namen keinem 
Zweifel unterliegen kann. Ich will nur noch hinzufügen, dass sie 
auch einen Baum von oft 12 und selbst bis zu 20 und mehr Fuss 
darstellen kann und wirklich im Oriente nicht selten darstellt, 
heisse Sommer können aber auf sie bei guter Kultur einen solchen 
Einfluss ausüben, dass sie auch bei uns blüht und selbst noch 
ausnahmsweise reife Samen hervorbringt. In diesem FaUe wird 
der xixi zur einjährigen Pflanze. 

2) XaQaxiag wächst in rauhen und gebirgigen Gegenden und 
treibt eine Elle hohe Stengel, welche sich röthlich färben. Die 
Blätter sind schmal und denen des Oelbaumes ähnlich. Die dicke 
Wurzel ist holzig. 

3) O^lvg^ auch fiVQOivitfjg genannt, stimmt mit der Pflanze 
d. N. des Theophrast in Betreff der Lebensweise überein, die 
Blätter sollen aber nach Dioskorides noch mit einer dornigen 
Spitze endigen. 

4) JlaQalwg ist ein Strauch (J^afJivog) und wächst am Meere. 
Wahrscheinlich von der Theophi-ast'schen Pflanze d. N. nicht ver- 
schieden. 

5) 'HXioaxoTtiog soll dem Portulak (avdQaxvrj der Griechen, 
Portulacea oleracea L.) ähnlich sein, die rundlichen Blätter aber 

6* 



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68 

etwas düELDer, besitzen; 4 oder 5 eine Spanne hohe Triebe (xAc5- 
veg^ wahrscheinlich die Strahlen der Blüthendolde, die aber nicht 
aus der Wurzel kommen) sind vorhanden. Ohne Zweifel ist die 
Helioscopia des Dioskorides, da sie ebenfalls auf Schutthaufen in 
der Nähe von bewohnten Orten wächst, die Euphorbia Heliosco- 
pia L., zumal das Drehen der Blüthen nach dem Stande der Sonne 
ebenfalls von Dioskorides beobachtet wurde. 

6) KvuaQiooiag. Obwohl nur kurz, aber wegen der eigen- 
thümlichen nadeiförmigen Blätter (volg trjg nitvog ofjLOia) charak- 
teristisch beschrieben, wird es leicht, in Euphorbia Oyparissias L. 
die besagte Pflanze wieder zu finden. Der Name xvnaQioaiag 
wurde übrigens nicht, wie man glauben sollte, von den nadei- 
förmigen Blättern, sondern von dem Cypressen ähnlichen Ansehen 
der Pflanze entlehnt. 

7) JsvdQhrig ist nach den sehr kurzen und keineswegs ge- 
nügenden Angaben nicht zu erkennen und scheint zur Zeit des 
Dioskorides eine sehr untergeordnete Stelle unter den Arznei- 
pflanzen gespielt zu haben. Die Blätter hatten die Form der 
liVQTiTTig, nur erschienen sie dünner. Felsen waren ihr Standort, 
wo sie nur die Höhe einer Spanne erhielten. Der Name wurde 
von Linnö als dendroides in Anwendung gebracht, widerspricht 
aber ihrer Kleinheit. 

8) nXaxvq)vXXog ist leider noch kürzer besprochen als dav^ 
ÖQizTjg^ das Wort wurde aber von Linnö ebenfalls angewendet, 
freilich ob richtig, lässt sich gar nicht mehr sagen. Der Name 
ist von der Aehnlichkeit der grossen Blätter mit denen der Wurzel 
des q>X6fiog (Wollkerze, Verbascum Thapsus L, im weiteren Sinne) 
gegeben werden. 

9) Tlid-iovaa ist, wie aus dem Namen hervorgeht, wegen der 
nadeUormigen Blätter gegeben. Die Pflanze wird weit höher als 
eine Elle und ihre kleinen Blüthen haben eine purpurrothe Farbe. 
Ausgezeichnet ist die Wurzel (xovqtibx genannt) durch ihre Grösse 
und ihre weisse Farbe im Innern. Ob die Linnö'sche E. Pi- 
thyusa L. der des Dioskorides entspricht, vermag ich nicht zu 
entscheiden. 

10) AaSvQig. Die eigenthümliche Wolfinilchs-Frucht ist bei 
dieser Art besonders entwickelt, so dass die dreiknöpfige Frucht 
(Capsula tricocca) als solche noch schärfer hervortritt. Der ein- 



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zelne Theil (xoxxog) der Frucht ähnelt einem oQoßo^y d. i. einer 
Kirchenerbse (Cicer arietinum L.) und hat die Veranlassung zur 
Benennung der ganzen Pflanze (^xx&VQig) gegeben. Die Samen, 
welche die Frucht einschliesst, sind klein. 

Die Pflanze ist ein Strauch, der einfach mit Milchsaft gefüllt 
ist, und besitzt eine unbedeutende Wurzel, also gerade umgekehrt, 
wie es bei der vorigen Art der Fall war. Der Stengel hat die 
Starke eines Fingers und wird über eine Elle hoch. Besetzt ist 
er mit grossen mandelähnlichen Blättern. Als Arzneimittel ge- 
braucht man die Samen. 

11) Ilenkog wird vielfach in der Medizin angewendet. Dass 
die Pflanze von Linn^, also Euphorbia Peplus L., mit dem grie- 
chischen niulog identisch sei, möchte ich verneinen. Die letztere 
ist nach Dioskorides ein niedriger Strauch (^i^afivioxog)^ also kein 
Sommergewächs, wie die Linn^^sche Pflanze, und mit Rauten 
ähnlichen Blättern besetzt. Die kleine Frucht steckt zwischen den 
Blättern und ist geringer als ein Mohnkopf durjxojv). Leider ist 
diese Stelle nicht klar und begreife ich nicht, was verglichen 
werden soll, da Mohnköpfe immer im Verhältniss zur grössten 
Wolfsmilchfrucht bedeutend grösser sind. Wollte vielleicht Dios- 
korides die Samen mit einander vergleichen? 

12) IJenlig soll schon dem Hippokrates bekannt gewesen 
sein. Dioskorides schildert die Pflanze als ein mehr Raum als 
gewöhnlich in Anspruch nehmender Strauch (^dfivog äfiqulaßrig). 
Schon deshalb kann die Pflanze nicht das allenthalben als Unkraut 
wachsende Wolfmilchskraut, was Linn^ imter Euphorbia Peplis 
versteht, gewesen sein, flenlig wächst am Meere. Wenn man 
irgend einen Theil der Pflanze auf die Zunge bringt, so wird auf 
der Zimge ein heftig brennendes Gefühl, was seinen Grund in dem 
Milchsaft hatte, hervorgerufen. Das thun freilich mehr oder weni- 
ger alle Euphorbien. Die Blätter waren rund und imten roth, 
die Wurzel hingegen hatte keinen weiteren Werth. Man sammelte 
für den Gebrauch nur die Früchte. Auch das Wort Peplis hat 
Linn^ ohne allen Grund für zwei kleine Wasserpflanzen aus der 
Familie der Portulaceen in der Flora lapponica zuerst als Genus- 
Namen in Anwendung gebracht, es hat also hier mit Euphorbien 
nichts zu thun. 

13. Xafiaiavxtjg wörtlich übersetzt „niedrige Feige" soll nachf 



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70 

Diöskorides seinen Namen wegen der Aelmliclikdit mit Feige und 
Mohnkopf zugleich erhalten haben. Die Pflanze scheint der vorigen 
sehr ähnlich zu sein, besonders in Betreff der Blätter und Früchte. 
Unverständlich sind nur die beiden Stellen, wo von Doldenstrahlen 
und Blättern angegeben wird, dass sie zur Erde in Beziehung 
stehen (^xlwveg eni yrjg iggifievoi und q)vkla Tigog tfj yfj), 

II. Abtheilnng. 

Bucb&gebölze, Buxeae. 

II. Es i8t hier von unserem gewöhnlichen Buchsbaum, Buxus 
sempervirens L. die Rede. Obwohl er auch nach Theophrast nur 
im äussersten Norden Griechenlands, auf dem Pindus, und hier 
von schlechter Qualität, wächst, sonst aber in Menge in Paphla- 
gonien, also in Kleinasien, und auf der Insel Korsika (/£i>(»'og), 
vorkommt, das warme Klima besonders des Peloponnes auch gar 
nicht vertragen würde, {cpvexai 6* er toig ipvxQoig xonoig xai 
TQa%iai)^ so halten doch die Philologen das t^vyov nv^ivov des 
Homer für Bachsbaumholz (IL XXIV, 269). Ich bezweifle es. 
Der Buchsbaum wuchs weder zur Zeit des Homer im Peloponnes, 
noch kommt jetzt daselbst vor. Wenn man sagt, dass die be- 
treffende Stelle in der Iliade aus einer sehr späten Zeit stamme, 
so ändert dieses doch nicht die Sache. 

Der erste Schriftsteller des griechischen Alterthums, der als 
ni^og auch den Buchsbaum kennt, ist Aristoteles. Sein Schüler 
Theophrast beschreibt ihn sehr genau. Wo er den Buchsbaum 
kennen gelernt haben mag, habe ich nicht finden können. Dass 
Theophrast aber viele Gehölze, welche nicht in Griechenland vor- 
kommen, nach Mittheilungen beschrieben, habe ich schon bei der 
Ceder des Libanon und bei der Rothbuche nachgewiesen. 

Nach Christi Geburt scheint der Buchs bäum bei den Griechen 
allgemeiner bekannt geworden zu sein, sein Holz kam als Handels- 
artikel noch viel mehr als früher nach Athen. Es kommt noch 
dazu, dass viele der griechischen Schriftsteller dieser Zeit, wie 
Artemidoros aus Ephesos, Athenaios aus Naukratis (in Aegypten 
u. s. w. gar nicht in Griechenland, vielleicht sogar in Ländern, 
wo er wirklich wuchs, wohnten. Das Buchsbaumholz war zur 
Zeit des Dioskorides, wie heut zu Tage, einsehr nützliches und 
deshalb gesuchtes Holz. Allgemein brauchte man es zu Schreib- 



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tafeln, ja selbst (nach Hagias) zum Malen. Man verfertigte aller- 
hand Büchsen, besonders zara Aufbewahren von Arzneimitteln 
daraus. Nach dem jüdischen Schriftsteller Josephus, der im Jahre 
36 n. Chr. lebte, machte man auch Tintenfasser aus dem Buchs- 
baumholze. Interessant ist seine Verwendung zu Kämmen, wie 
es noch heut' zu Tage bei uns der Fall ist. 

Ueber das eigentliche Vaterland des Buchsbaumes ist nichts 
bekannt. Wir wissen nur, dass er jetzt eine sehr grosse Ver- 
breitung im südlichen Europa besitzt und von da nach den Kau- 
kasusländern bis zu dem Himalaya-Gebirge reicht. Im Westen 
Europa's, vor Allem auf der P3rrenäischen Halbinsel möchte er 
erst eingeführt sein, vielleicht auch selbst in Südfrankreich, wo er 
jetzt verwildert vorkommt, so wie in Italien. Hier entstand aber 
ohne Zweifel schon im römischen Alterthum die zwergige Abart, 
welche wir noch zu Einfassungen von Beeten benutzen. Den 
grossen baumartigen Bucbsbaum fand ich in grösster Menge im 
Südwesten des kaukasischen Isthmus, nicht aber nördlich vom 
Kion (dem alten Phasis) an der Küste und noch weniger landein- 
wärts. In der Nähe von Tiflis und weiter nach dem Kaspischen 
Meere habe ich den Buchsbaum nicht gefunden. Seit Jahren sind 
leider am Schwarzen Meere von Seiten der Engländer so grosse 
Aufkäufe von Buchsholz gemacht worden, dass die dortigen 
schönen Wälder gar nicht mehr, wie ich sie 1836 noch gesehen, 
daselbst existiren. Bereits beziehen die Engländer es mit dem 
Wallnussholz aus Gilan, der persischen * Provinz im Süden des 
Kaspischen Meeres. Allein im Jahre 1875 bezog man 8000 Tonnen 
Holz vom Buchsbaum aus Gilan. 

Fünfte Fsmülie. 

Brodfruchtblüthler, Artocarpaceae. 

Die wichtigsten Nahrungsmittel wurden den alten Griechen 
von drei Bäumen, von den Feigen- und Oelbäumen, sowie von dem 
Weinstock, geliefert. Die alten Griechen lebten abgesehen von 
ihrem Getreide und einigen Gemüsepflanzen, hauptsächlich von 
frischen oder getrockneten Feigen, von Oel und von Wein. Feigen- 
und Oelbaum hatten nach der griechischen Sage ihren Ursprung 
in Griechenland selbst. Und wiederum war es Athen, was sich 



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die Entstellung beider Bäume zuschrieb. Der Oelbaum war, wie 
ich später berichten werde, ein Geschenk der Athene, der Feigen- 
baum ein Geschenk der Demeter oder Ceres. Die Sage erzählt, 
dass ein Athener mit Namen Phytalos die Demeter, welche um 
ihre geraubte Tochter Persephone aufzusuchen, auch nach Athen 
kam, gastfreundlich au&ahm und als Geschenk einen Feigenbaum 
erhielt. Die Feige wurde besonders für den armen Athener bald 
eine beliebte Nahrung, wie heut' zu Tage noch die eingesalzene 
Lupine oder Bohne dem Neapolitaner, und reichte aus, um dem 
Nichtsthun, dem Dolce far niente, sich zu übergeben. In der 
Sonne liegend genügten ihm täglich einige Feigen als Nahrang. 
Ohne Zweifel ernährte sich Diogenes in seiner Tonne ebenfalls 
nur von Feigen und war zufrieden damit, so dass er dem mäch- 
tigen macedonischen König Alexander dem Grossen, auf dessen 
Anerbieten, sich eine Gnade auszubitten, wohl sagen durfte, er 
möge ihm keinen Schatten machen. 

Welche Bedeutung die Feigen für Athen hatten, sieht man 
auch daran, dass es verboten war, Feigen auszuführen und dass 
das Wort Sykophant (der Feigen angibt) später überhaupt den 
böswilligen Angeber bedeutet. 

Aber nicht allein in Athen wurden die Feigen gern gegessen, 
auch ausserdem, besonders in den wärmeren Küstenländern des 
Peloponnes, wo der Feigenbaum gedieh. Im Innern der Halb- 
insel, in Arkadien, gedieh er ebensowenig, wie im Norden Griechen- 
lands. Es kann daher nicht auffallen, dass Hesiod in seinem 
kälteren Geburtslande Aeolis ihn ebensowenig kannte, wie den 
Oelbaum. Wohl aber war der Feigenbaum dem zu gleicher Zeit 
lebenden Dichter Archilochos von Paxos bekannt, da dessen Ge- 
burtsinsel ein sehr mildes Klima hatte, wo der Feigenbau besonders 
gedieh. Auch Homer kannte den Feigenbaum mit seinen an- 
genehm schmeckenden Früchten, nach Victor Hehn sind jedoch 
die Stellen, besonders in der Odyssee, wo der Feigenbaum oder 
seine Früchte erwähnt werden, späteren Ursprunges. Nach ihm 
st zur Zeit und im Kreise der Ilias der Feigenbaum weder auf 
den kleinasiatischen Inseln, noch in Griechenland bekannt gewesen. 

Trotz der athenischen Sage, dass der Feigenbaum in Athen 
entstanden, also in Griechenland einheimisch sei, stimme ich Victor 
Hehn vollständig bei, dass er eingewandert ist. Auch ich bin 



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der Ansicht, dass das Vaterland in semitischen Ländern, vielleicht 
in Syrien zu suchen ist. Unterstützt wird diese Ansicht dadurch, 
dass die Feigen auch den Verfassern des Alten Testamentes, ebenso 
Tvie der Oelbaum, sehr bekannt waren und dass beide bei den 
alten Juden eine grosse Rolle spielten. Da der Feigenbaum sehr 
leicht verwildert, (ich fand ihn allenthalben auf meinen Reisen im 
Oriente, wo ein mildes Klima sein Gedeihen fördeiiie), so ist keine 
Spur mehr zu verfolgen, wie er gewandert sein mag. 

Der Feigenbaum ist schon sehr zeitig, ohne Zweifel schon 
durch die ersten Phönizier, nach Italien gekommen und steht mit 
der Gründung Roms in Verbindung. Nach der Sage gab die 
Wölfin, welche Remus und Romulus ernährte, unter einem Feigen- 
baume die Nahrung. Die Feige blieb seitdem und ist noch eine 
beliebte Speise Italiens. Von Italien aus ist wahrscheinlich der 
Feigenbaum unter den Hohenstaufen erst in Deutschland zur wei- 
teren Verbreitung gekommen. Trotz des rauhen Klimans von 
Norddeutschland wird der Feigenbaum doch an mehreren Orten 
im Freien angebaut und liefert dann nicht selten wohlschmeckende 
Früchte. Im Winter wird er auf die Erde gelegt und mit Erde, 
Laub oder Stroh gedeckt. 

Linn^ hat dem Feigenbaum den Namen Ficus Carica ge- 
geben. Der Geschlechtsname ist dem lateinischen Ficus, entstan- 
den aus dem griechischen üvxrj^ entnommen, als Carica bezeich- 
neten die Römer aber besondere getrocknete Feigen, welche wahr- 
scheinlich aus Karien in Kleinasien eingeführt waren. 

Sechste Familie. 
Maulbeerblüthler, Moraceae. 

Unseren Maulbeerbaum mit weissen Früchten (Morns alba) 
kannten weder die alten Griechen, noch die alten Römer, er 
wurde sehr spät (in der zweiten Hälfte des 16. Jahrhunderts), 
zuerst in Italien, mit Einfühi'ung der Seidenzucht bekannt. 

Die Frage, ob die alten Griechen den Maulbeerbaum mit 
schwarzen Früchten schon gekannt haben, ist schwierig zu beant- 
worten. Nach Victor Hehn, der sprachlich hierüber Alles zu- 
sammengestellt hat, datirt sich seine erste Einführung schon aus 
der Zeit der attischen Komiker, vielleicht auch ein Jahrhundert 



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später. Ob Moqov des Aeschylos wirklich schon die Maulbeere 
gewesen ist, geht übrigens keineswegs aas der betreffenden Stelle 
hervor. Wie Victor Hehn richtig bemerkt, haben stets Ver- 
wechselungen der Maulbeere (JVIoqov) mit der Brombeere (ßazog) 
bei den griechischen Schriftstellern stattgefunden. 

Erst mit Theophrast wird es gewiss, dass die Griechen den 
Maulbeerbaum mit schwarzen Früchten (Morus nigra L.) kannten. 

Dass die Seidenwurmer zuerst mit den Blättern der Monis 
nigra ernährt worden wären, wie Victor Hehn meint, ist nicht richtig, 
es geschah wohl nur dann, wenn aus irgend einem Grunde keine 
Blätter des weissfrüchtigen Maulbeerbaums mehr vorhanden waren. 

Die 2vxaittivog des Theophrast ist die Sycomore (Ficus Syco- 
morus) Aegyptens. Ihre Frucht wurde zu seiner Zeit mannigfach zu- 
bereitet, von den Einwohnern gegessen. An zwei Stellen jedoch, 
aber nicht der Historia plantarum, sondern in de Causis bedeutet 
2vxa/iivog bestimmt eine fleischige Frucht, die wahrscheinlich die 
schwarze Maulbeere ist; am wichtigsten ist die Stelle: II, 11, 11, 
wo es heisst: 'H de ^vxdfiivog ^eltxcpQov Tiva xai ida^wörj xal 
^ixQov (d. h. die Sykaminos ist leicht, wässrig und im Verhältniss 
zu dem grossen Baum klein). Sicher hat aber Theophrast den 
Baum mit solchen Früchten nicht selbst in Griechenland gesehen, 
sondern hat sich von ihm aus irgend einem anderen Lande, viel- 
leicht aus Syrien selbst erzählen lassen, ^vxafnvog in der Be- 
deutung des Schwarzen Maulbeerbaumes kommt erst bei den 
späteren griechischen Schriftstellern des 1. und 2. Jahrhunderts 
nach Chr. vor und scheint erst von den Gelehrten dieser Zeit 
nach der damaligen Sitte, alte Pflanzennamen zur Bezeichnung 
beliebiger Pflanzen zu benutzen, auf (hoqov übertragen worden zu 
sein. Nach Victor Hehn ist das Wort aus dem jüdischen oder 
vielmehr aus dem syrischen und nieder-ägyptischen Schikmim 
und Schikmot, worunter die Juden die Sykomore verstanden, 
gebildet worden. 

Dass die Römer schon frühzeitig den schwarzen Maulbeerbaum 
gekannt haben, unterliegt keinem Zweifel; Cato, Columella und 
andere landwirthschaftliche Schriftsteller nannten ihn ebenso wie die 
Griechen Morus, die Beere Morum. Ovid lässt selbst die rothe 
Farbe der Beere aus dem Blute des Pyramus entstehen, als dieser 
sich wegen des Todes der Thisbe unter diesem Baume entleibte. 



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Aber auch die Römer verwechselten bisweilen, wie die Griechen, 
die Maulbeere mit der Brombeere, so vor Allem Plinius, aber auch 
Ovid. 

Der schwarze Maulbeerbaum spielt im alten Testamente eben- 
falls eine grosse Rolle, ein Umstand, der wiederum darauf hin- 
weist, dass sein Vaterland in Syrien zu suchen ist In der Ge- 
schichte der Makkabäer (1, 6, 34) werden die Rüssel der Elephan- 
ten vor dem Beginn der Schlacht mit dem bluthrothen Safte der 
Maulbeere bestrichen, um die Elephanten damit blutdurstiger zu 
machen. 

Der schwarze Maulbeerbaum kommt allerdings noch in Skan- 
dinavien vor und trägt daselbst auch Früchte, bei uns in Nord- 
deutschland ist er dagegen sehr empfindlich und friert bei un- 
günstigem Winter meist bis zur Wurzel ab. 

Das Vaterland des Maulbeerbaumes mit schwarzen Früchten 
ist wahrscheinlich Syrien. Um Gewissheit darüber zu erhalten, 
habe ich meinen geehrten Freund, Herrn Dr. Wetzstein, der 
lange Zeit in Damaskus Konsul war und mir schon oft aus dem 
Füllhorn seiner vielen Kenntnisse Mittheilungen gemacht hat, er- 
sucht, von Neuem mich in meinen Untersuchungen zu unterstützen. 
Nicht lange darauf erhielt ich eine Antwort, die interessant genug 
ist, um hier abgedruckt zu werden. 



Morns« Sycomoms. 

Der Maulbeerbaum, arabisch tüta, ist in Syrien häufig. Der 
schwarze, tüta schämla „der syrische Maulbeerbaum" genannt, 
scheint dort zu Lande der ältere zu sein. Seine Früchte, im 
arabischen Alterthume firsäd genannt, werden gern gegessen. Der 
weisse Maulbeerbaum, tüta b^da, wird der Seidenzucht halber 
auf dem Libanon in Menge kultivirt. Seine Frucht ist fade und 
wird nur von den Armen gegessen. 

In den kanonischen Schriften des alten Testaments wird der 
Maulbeerbaum nicht erwähnt, denn das hebräische Wort schikma 
(wovon in der Bibel nur die zweiPlurale schikmim und schikmot 
vorkommen) bezeichnet den Maulbeerfeigenbaum, arabisch gum- 
meiza, sycomoraea, sycomorus, Ficus aegyptiaca. Mit Unrecht 
übersetzt die Vulgata einigemal und Luther in der Regel dieses 



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hebräische Wort durch morus, Maulbeere; nur 1. Köd. 10, 27 
übersetzt es Luther mit „wilden Feigenbaum'^ , worunter also die 
gummeiza zu verstehen ist. In dieser Bibelstelle heisst es richtig 
übersetzt: zu Salomo's Zeit sei die Ceder als Bauholz in Jerusalem 
so gemein gewesen, wie die gummeiza (Sycomore) in der Sefela, 
d. h. in dem philistaischen Eüstenlande Palästina's. Bis auf den 
heutigen Tag ist dieser niedrige Küstenstrich der eigentliche Fund- 
ort der Sycomore in Syrien. In der um 1000 nach Christo ver- 
fassten Geographie des Jerusalemers Ibn el-Bennä heisst es, dass 
die Umgegend von Askalon die eigentliche Heimath der Syko- 
more sei. 

Das griechische sykaminos ist eine vox hybrida, d. h. eine 
Verquickung des phöniko-hebräischen schikma mit dem griechischen 
sykos „Feige", und bezeichnete ursprünglich nur die gummeiza. 
Als man aber anfing, mit diesem Worte auch den Maulbeerbaum 
zu bezeichnen, weil die gummeiza, wie schon Plinius 13, 14 sagt, 
arbor folio, magnitudine et adspectu moro similis est, so wurde 
eine Unterscheidung nöthig: man bildete also das neue Wort 
sykomoros für die gummeiza, und beschrankte nun das ältere 
sykaminos auf den Maulbeerbaum. Dass sykomoros wirklich ein 
sehr spätes Wort, ist den Philologen nicht zweifelhaft. Nichts- 
destoweniger schied der Sprachgebrauch erst sehr allmählig 
zwischen diesen beiden Wörtern, So gebrauchte noch Theophrast 
um 350 vor Christo das Wort sykaminos von beiden (der gum- 
meiza und tüta), und die Bibelübersetzimg der LXX übersetzt 
schikma meistens mit sykaminos; nur an zwei Stellen, Amos 7, 14 
und Psalm 78, 47 hat sie dafür sykomoros. Der Evangelist Lucas 
braucht sykaminos und sykomoraea promiscue von der gummeiza. 

Siebente Familie. 

Platanengehölze, Platanaceae. 

Früher und von vielen Botanikern jetzt noch mit den Hama- 
melidaceen vereinigt, werden Platanen und Styraxbäume (Liqui- 
dambar) jetzt in dem vorletzten Bande des Prodromus von De- 
candolle (XVI, pag. 156) mit Recht wohl als eine besondere, 
wenn auch sehr kleine Familie aufgestellt Beide hierhergehörige 
Genera Platanus und Liquidambar haben unter den Gehölzen 



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Griechenlands ein so grosses Gewicht, das jedes Genus für sich be- 
trachtet werden muss. 

I. Platane, Platanns L« 

Die Platane ist keineswegs den alten Griechen so lange be- 
kannt, als man gewöhnlich annimmt. Die Sänger der Ilias und 
der Odyssee kannten sie sicher nicht, denn es müsste sonst be- 
fremden, dass ein so auffallend schöner Baum, bei deren Vorliebe 
für besonders zu Hainen sich eignende Bäumen nicht erwähnt 
worden wäre. Wenn man aber trotzdem den Baum, den der 
Seher Ealcbas bei seinen Verzückungen (oder Weissagungen, wie 
man will) im Geiste sah, von Seiten der Philologen für eine 
Platane gehalten hat, so mag wohl nur die Aehnlichkeit des 
Wortes nlaravioTog mit nXdiavog daran Schuld gewesen imd die 
Ansicht noch dadurch verstärkt worden sein, dass Herodot in der That 
sich des Wortes nlaTaviOTog zur Bezeichnung der Platane bedient 
hat Auch Theognis aus Megara (der um 544 v. Chr. lebte) hatte 
das Adjektiv nXaTavLOxovg gebraucht, ob aber gerade für Platane, 
lässt sich wiederum keineswegs mit Gewissheit sagen. 

Ist es leicht möglich und sogar wahrscheinhch, dass Herodot, 
als ihm erzählt wurde, dass der Perserkönig auf seinem Heeres- 
zuge zu dem selten schönen Exemplare der ihin von früher wohl 
bekannten Platane kam imd es durch Behängeu mit allerhand 
Luxusgegenständen auszeichnete, um es den Bewohnern der Um- 
gegend gegenüber gleichsam heilig und unverletzbar zu machen, 
sich des bereits vorhandenen und ihm bekannten Wortes Plata- 
nista für die Platane bediente? Die persische Bezeichnung Platane 
war zu Herodot's Zeit ebenfalls schon vorhanden; der erste 
Grieche, der sie gebraucht, ist der nur wenig später als Herodot 
lebende Komiker Aristophanes (427 — 388 v. Chr.) in seinen 
Wolken, und zwar im 1009. Vers. Ebenso hat der fast zu gleicher 
Zeit lebende Plato (430 — 348 v. Chr.) in seinem berühmten Gespräch 
des Sokrates mit Phaedros das Wort Platanos und nicht Platanista. 
Interessant ist Plato's Beschreibung des Baumes, unter dem So- 
krates und Phaedros sich unterhielten, in so fem, als sich schon 
die Mittheilung findet, dass von einem schädlichen Blüthen- 
duft, den die Platane ausgehaucht haben soll, gesprochen wird. 
Dieser Blüthenduft sind wahrscheinlich die feinen Haare, welche 



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beim Entfalten der Blätter von der unteren Seite abfallen und 
wohl den Augen schädlich sein und in der Speiseröhre ein unan- 
genehmes kratzendes Gefühl hervorrufen können. 

Das Resultat meiner Forschungen über die Zeit, wo die Pla- 
tane den Griechen bekannt wurde, kommt zu dem Schluss, dass 
dieses erst mit den Perserkriegen geschah; das Wort selbst ist 
nach Victor Hehn nicht griechischen, sondern iranischen, d. h. 
persischen Ursprunges. Die Ableitung von nXazvg d. h. gross, 
breit, ist willkürlich und hat keinen tieferen Grund. Ebensowenig 
hat das iranische Wort Platanus etwas mit dem griechischen 
Platanistos zu thun, die Aehnlichkeit beider Worte ist eben so 
zufällig, als das Homerische nv^ivvg und das viel spätere nv^og 
(d. h. Buchsbaum). 

Um noch einmal auf das Homerische Platanistos zurück zu 
kommen, so erwähnt es Homer nur einmal, und zwar in der 
Iliade (im 2. Buche 307 u. s. w.). Hier ist aber nicht, wie gleich 
anfangs gesagt, von einem wirklichen Baume Platanistos die Rede, 
sondern der Seher sah ihn nur im Geiste und schildert ihn als 
einen hohen Baum mit einem Vogelneste im Gipfel. An diesem 
Baume klettert eine Schlange empor, um die 8 jungen Vögel und 
schliesslich die Mutter zu fressen. Nach Kalchas sind die 
9 Vögel die 9 JtJhre, welche es dauern würde, bevor es den 
Griechen gelänge, Ilion einzunehmen. Aus solchen Mittheilungen 
lässt sich nicht die Natur des Baumes erkennen, abgesehen davon, 
dass der Baum an und für sich ein fingirter ist. Auffallend und 
meine Ansicht bekräftigend ist, dass Hesiod, der ungeföhr 200 Jahre 
nach Homer gelebt haben mag, den Platanenbaum nicht erwähnt, 
was gewiss der Fall gewesen sein würde, wenn er bereits in 
Griechenland bekannt gewesen wäre. Dagegen spricht das Vor- 
handensein eines Platanenhaines in Lacedämon, nach dem sogar 
eine Vorstadt genannt wurde, wiederum für das frühere Vorhan- 
densein der Platane, wenigstens im Peloponnes. 

Wenn ich ausgesprochen habe, dass der Platanenbaum aus 
Persien in Griechenland eingeführt worden ist, so behaupte ich 
noch nicht, dass Persien das Vaterland ist. Ich habe während 
meiner beiden Reisen im Oriente (1836 bis 1838 und 1843 und 
1844) mich speciell mit Untersuchungen über das Vaterland der 
Platane beschäftigt, und bin schliesslich dahin gekcMDoonen, dass 



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79 

der Platanenbaam wenigstens in den Ländern, welche ich durch- 
reist bin, stets angepflanzt war, denn er befand sich nur in der 
nächsten Nähe menschlicher Wohnungen. Damit stimmt auch 
mein Freimd, Herr Professor Haussknecht in Weimar, der das 
südliche Kleinasien und einen grossen Theil Persiens durchforschte, 
überein. Die Angaben neuerer Reisenden, die aber nicht Bota- 
niker sind und ihn in Kilikien, also im südlichen Kleinasien, wild 
gefunden haben wollen, sind nicht richtig, denn nach speciellen 
Mittheilungen zweier derselben haben diese die Platane daselbst, 
ebenso wie ich, nur vereinzelt in der nächsten Nähe menschlicher 
Wohnungen gefunden. 

Wirklich fand ich eine, aber nur strauchartige Platane, Bäche 
gleich der Weide einschliessend, in dem südlichen Dagestan, d. h. 
in den Ebenen der südöstlichen Abfalle des Kaukasus. Diese 
Platane hatten wir früher in Kultur, Willdenow hat sie auch 
bereits als Platanus cuneata beschrieben. Leider ist noch nicht 
festgestellt, ob diese Art auch baumartig werden kann. 

Wenn man bedenkt, dass die Platane unsere härtesten Win- 
ter ohne allen Schaden aushält und selbst noch in Skandinavien 
zu Alleen benutzt wird, so muss ihr Vaterland auch ein kaltes 
Klima haben, dieses kann demnach das im Allgemeinen warme 
Persien nicht sein, auch nicht einmal die kühleren üebirgsländer 
genannten Landes. Nach meiner Ansicht hat man es, wie gewiss 
auch von der, ihr in dieser Hinsicht ähnlichen Rosskastanie, im 
südlichen Centralasien, wo sich Engländer imd Russen, wie es 
scheint, jetzt bald die Hand reichen werden, zu suchen. 

IJ. Stjraxbaum, Liquidambar L. 

Um Verwirrungen zu vermeiden, sind wir jetzt gezwungen, 
die Storaxbäume von den Styraxbäumen zu imterscheiden, da die 
Wissenschaft neuerdings die irrige Ansicht, dass der Storax des 
Handels von Styrax officinalis L. abstamme, widerlegt hat. Er 
stammt dagegen von Liquidambar Orientale Mill. Damit ist aber 
noch keineswegs gesagt, von welcher Pflanze die Alten ihren 
ofVQoB erhielten. 

Von der Mutterpflanze des a%vQa^ der Alten erfahren wir 
von Herodot und Aristoteles bis auf Theophrast gar nichts. 
Theophrast nennt ozvqa^ nur einmal (IX, 7, 3) bei der Auf- 



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80 

Zählung der gewürzhaften Stoflfe (apcJ/uorra). Man erfahrt aber 
nichts weiter, als dass diese alle, wie Zinxmt, Eassia (hier xaaia)^ 
Eardamomen u. s. w. mit Ausnahme von Iris, nicht in Europa 
vorkommen. Der erste griechische Schriftsteller, von dem wir 
etwas Bestimmteres über OTVQa^ erfahren, ist Dioskorides (im 
79. Eap. des 1. Baches). 

Damach kommt der oxvQa^ als Thräne {ßdxQvov) vor, 
imd wird von einem Baume, der dem Quittenbaum ähnlich 
ist, gewonnen. Er selbst ist gelb, harzig und stellt eine geronnene 
Masse (^Qo/^ßog) dar. Er zeichnet sich ausserdem durch einen 
sehr angenehmen und lange anhaltenden Geruch aus und nimmt, 
wenn er weich ist, die Eonsistenz von Honig an. So kommt er 
in Spanien, in Pisidien und in Kilikien, nach Plinius auch auf 
Cypern und in Syrien vor. Daraus möchte man schliessen, dass 
verschiedene Pflanzen ihn liefern. Von einer bestimmten, wie 
etwa der Styrax officinalis L., wie man bisher bis auf Victor 
Hehn allgemein glaubte, kann gar keine Rede sein, wir müssen 
die Bestimmung, aus Mangel des durchaus nothwendigen Materials, 
überhaupt aufgeben. 

Man hatte aber auch häufiger dafür einen schlechten OTVQa^ 
in mehliger form oder wenigstens doch leicht zerreibbar und 
äusserlich von schwarzer Farbe, der gute hingegen war sehr sel- 
ten und ähnelte der Myrrhe. Er ist auch selten echt, sondern 
wird meist mit anderen Stoffen, z. B der Iriswurzel, ausserdem 
mit Honig, Wachs u. s. w. vermengt, um als eine Art Panacee 
in den Handel zu kommen und dabei bisweilen andere, am häu- 
figsten wurmförmige Gestalten anzunehmen. Der axvQa^ wurde 
wohl auch, gleich dem Weihrauch, verbrannt und diente dann 
wiederum in Form von Russ {ai^ctlrf) vor Allem zu Salben. 

Etwas später als Dioskorides spricht auch der Biograph 
Plutarch in dem Leben von Lysander von Styraxbäumen in 
Böotien. Plutarch scheint garnicht in Haliartos, in dessen Nähe 
diese wachsen sollen, gewesen zu sein, oder vielmehr sich in sei- 
nem Leben garnicht mit Pflanzenkenntniss beschäftigt zu haben, 
denn sonst würde er selbst nicht mit seiner Darstellung zufrieden 
gewesen sein. Der Styraxbaum des Plutarch ist, wenn man sich 
überhaupt die Mühe geben will, auf ihn Rücksicht zu nehmen, 



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81 

wahrscheinlich eine der griechischen x^dpog- Arten, also ein Wach- 
holder oder vielmehr ein Sadebaum. 

Wenn also nach der Mutterpflanze des altgriechischen Styrax 
zu suchen eine ganz vergebliche Mühe ist, so möchte es aber 
doch interessiren, über die Mutterpflanze des heutigen Styrax oder 
Storax etwas Näheres zu wissen. Dieser war früher Arzneimittel, 
wird aber jetzt fast nur noch zur Anfertigung von Raucher- 
kerzchen benutzt. 

Nach dem bekannten englischen Droguisten Hanbury wird 
der jetzige flüssige Storax oder Styrax durch Auspressen oder 
Auskochen der innem Rinde des Liquidambar Orientale Mill. er- 
halten, während man früher den Rückstand als Cortex Thymiamatis 
in den Handel brachte,* später erhielt er jedoch als besonderer 
Press-Rückstand den Namen gemeiner Storax oder Styrax Cala- 
mita und wurde von Palm- und Schilfblättem umwickelt auf den 
Markt gebracht. Erwärmt wurde er weich und verbreitete einen 
angenehmen Geruch. Jetzt kommen dagegen diese Press-Rück- 
stände kaum noch vor, sondern man erhält ein Kunstprodukt von 
Sägespänen, die nicht immer mit flüssigen Storax-, sondern oft 
von ganz anderen, völlig fremden balsamischen Stoffen angefertigt 
sind. Diese Unsicherheit in der Zusammensetzung ist wohl auch 
Ursache, dass der Styrax schon lange gamicht mehr als Arznei- 
mittel gebraucht wird. Man verwendet ihn jetzt einzig und allein 
zur Anfertigung von Räucherkerzchen. 

Nicht weniger interessant ist die Mutterpflanze des heutigen 
Storax oder Styrax, Liquidambar Orientale Mill. Sie wächst in 
grosser Menge auf der Südküste Kleinasiens und vereinzelt in 
dem angrenzenden Syrien. Nach den mündlichen Mittheilungen 
des Professor und früheren Direktors des botanischen Gartens in 
Wien Fenzl ist sie aber nicht ursprünglich daselbst zu Hause, 
sonder in einer bis jetzt noch nicht bestimmten Zeit, vielleicht zu 
gleicher Zeit mit Asclepias syriaca, jetzt A. Comuti Dne., einge- 
führt worden. Schon deshalb kann das Produkt genannter 
Pflanze der Styrax der Alten nicht gewesen sein. 

Schliesslich noch Einiges über das Wort Liquidambar. Das- 
selbe wurde zuerst 1569 von Monardes in seiner Naturgeschichte 
Westindiens in Anwendung gebracht und von Caesalpin auf Ar- 
ten dieses Geschlechtes übertragen. C. Bauhin gebrauchte das 



Koch. 



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Wort bestimmt für L. styraciflua L. und Linn^ fahrte es in der 
heutigen Systematik als Genus-Namen ein. 



Zweite Klasse. 

Gehölze, welche nur eine, aber deutlich entwickelte 
ßlüthenhülle besitzen, Monochlamydeae. 



Erste Familie. 

Ulmenblüthter, Ulmaceae. 

I« Btlster, Ulmns. 

Der Rüster war den Griechen seit den ältesten Zeiten des 
Homer bekannt, sein Mtester Name n'^ele?] (bei Homer) und 
ntiled (bei den späteren Schriftstellem) ist noch heut zu Tage 
in Griechenland gebräuchlich. Sein Holz ist eins der besten Nutz- 
hölzer und wurde schon zur Zeit Hesiod's zu Wagendeichseln 
empfohlen. Noch ausfQhrlicher über seinen Gebrauch spricht sich 
Theophrast aus. Nach diesem gab es zweierlei Rüstern: der 
baumartige wuchs im Gebirge, der strauchartige in Niederungen 
(HI, 14, 1.) So ist es auch jetzt noch in allen Ländern, wo der 
Rüster überhaupt vorkommt. 

Der Rüster war bei alten Griechen als Baum zu Anpflanzungen 
sehr beliebt, noch mehr aber sein Holz. In trockener freier Luft 
verwendet widerstand efi der Fäulniss weit mehr als alles andere. 
Es hatte eine gelbe Farbe, war fest, zäh und gut gefasert. Grün 
spaltete es sich leicht, trocken hingegen schwieriger. Man 
gebrauchte es allenthalben, wo es in irgend einer Hinsicht viel 
aushalten musste, so z. B. zu Speichen an Rädern, zu grösseren 
und kleineren Thüren. Auffallend ist die Angabe Theophrast's, 
dass der Rüstet" auch im Stamme, aber nicht in der Rinde, son- 
dern in den Gefasaen {ayyeiov)^ ein Gummi einschliesst (IX, 1. 2). 

Ob eine oder mehrere Arten des Rüsters in Griechenland 



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8» 

wacbeeo und welche Art? ist so lange nicht zu beantworten, als 
bi3 man nicht Original-Exeo^plare in den Händen hat. Der Rüster 
gehört za den Gehölzen, welche von Botaniker^ ziemlich all« 
gemein nicht gut unterschieden werden. Als Ulmu$ campestria L. 
versteht man die eigentliche Pflanze d. N. wid U. soabra MiU. 
ist der sogenannte Bergrüster. Ulmus campesiris L. kenne 
ich bis jetzt nur aus Italien, wo sie schon in den ältesten Zeiten, 
besonders bei der Weinkultur, eine gewichtige Bolle spielt. Ihre 
Früchte werden bei uns nicht reif. Sie is.t die einzige Art, welche 
Wurzelausläufer macht und deshalb an diesem Merkmal im Leben 
sehr leicht zu erkennen. U. scabra wächst dagegeii im Gebirge 
und scheint eine bedeutendere Grösse zu erhalten, als U* cam- 
pestris L. Dazu kommt nun noch eine häufig in Norddeutschland 
wachsende Art, Ulmus laevis Fall, (effusa Willd.) welche in ganz 
Europa bis zum Ural vorkommt. 

Wenn man auf die Beschreibung der Blätter bei Theophrast 
grossen Werth legt, so deuten die rauhen und scharfen Blätter 
(TQoxea q>vlla) auf U. scabra Mill. hin. Es könnte möglicher- 
weise aber auch in Ghriechenland eine besondere, noch nicht 
beschriebene Art wachsen, dafür spricht Manches. 

Das Wort Ptelea wurde von lAimi benatzt, um es für eine 
im Allgemeinen sehr unähnliche Pflanze, die aber ziemlich gleich- 
gestaltete Früchte besitzt, als Genus-Namen anzuwenden, obwohl 
sie gar nicht den Griechen bekannt war, da sie in Nordamerika 
wächst Also wiederum ein Beispiel, wie Linn4 Pflanzen-Namen 
des Alterthums ganz willkürlich in Anwendung brachte. 

U^ Zfirgelstranck, Celtte* 

Die Flügelfrüohte unterscheiden den Rüster yon dem mit 
steinfiruchtähnlichen Früchten versehenen Zürgelstrauch. Eine 
der 4 orientalischen Arten, Celtis aostralis wird, als jetzt häufig 
in Griechenland wachsend, angegeben; wohl ohne Zweifel wachs 
sie auch schon im Alterthume daselbst, es ist mir aber nicht 
gelungen, den Namen au entziffern, unter dem der Züigelstrauch 
den alten Griechen bekannt war. Und doch sollte man glauben, 
dass ein solcher in die Augen fallender baumiurtiger Strauch mit 
Yor^ügUchem Bolze nicht h^tte übersehen werden könne». 

Man ninpit mit Sibthorp und Fraas an, dass die Alten 

6* 



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84 

den Zürgelstrauch als hotog dsvÖQOv bezeichnet hätten, eine völlig 
irrige Ansicht, welche auf Unkenntniss der Fruchte und des 
Holzes beruht. Besagter Xwxog divÖQOv hat weiche, essbare 
Früchte und ein schwarzes Holz, ohne Zweifel ist eine Zizyphus- 
Art, vielleicht Z. vulgaris oder Lotus darunter zu verstehen. Von 
Celtis australis werden dagegen die ziemlich harten Früchte nicht 
gegessen und das ausserordentlich zähe und feste Holz besitzt eine 
gelblich-weisse Farbe. Aus ihm verfertigt man jetzt im Trentino 
die feinsten Peitschenstiele, welche um ziemlich hohen Preis auch 
zu uns kommen. 

In Griechenland führt der Zürgelstrauch jetzt die Namen 
Microcuculi und Glykokokka. Dieser bedeutet aber eine süsse 
Frucht. Man möchte deshalb glauben, dass auch der heutige 
Name auf einer Verwechslung beruht. 

Zweite Familie. 
Meldenblüthler, Chenopodiaceae. 

Von den strauchartigen Meldenblüthlem wachsen mehrere in 
Griechenland und waren wohl ohne Zweifel schon im grauen Alter- 
thume vorhanden. Bei ihrer geringen Grösse und sonstigen unbe- 
deutenden Eigenschaften wurden sie aber nicht weiter beachtet, 
wie es heut zu Tage noch der Fall ist. Ob sie mit anderen nicht 
weiter in die Augen fallenden Sträuchem einen gemeinschaftlichen 
Namen gehabt haben, lässt sich nicht sagen, obgleich man geneigt 
ist anzunehmen, dass man unter dem Namen iQsixrj auch sie mit 
begrifFen hätte. Was man imter diesem Namen zu verstehen hat, 
kann man erst aus sehr späten griechischen Schriftstellern, wie 
aus Dioskorides, ersehen. Damach sind es allerdings nur Erica- 
Arten. 

Aeschylos gebraucht das Wort iQelxrj zuerst, was er aber 
darunter verstanden hat, ist ebensowenig zu entziffern, als was 
Theophrast gemeint hat. Das Wort i()€ixT] kommt überhaupt bei 
den griechischen Schriftstellern sehr wenig in Anwendung. 

Es möchte demnach genügen, wenn ich angebe, welche 
strauchartigen Meldenblüthler jetzt in Griechenland wachsen, da 
man wohl dann auch annehmen kann, dass diese auch im alten 
Griechenland vorhanden waren. Aber doch sind grade Melden- 



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85 

blüthler .Pflanzen, welche gern und leicht sich verbreiten und 
daher erst später eingeschleppt sein könnten. Leider giebt die 
Monographie der Meldenblüthler in De Candolle's Prodromus 
nur geringen Aufschluss, Sibthorp's Prodromus der Flora Grie- 
chenlands und seine vorzüglichen Abbildungen mögen mich daher 
in der Aufzählung zunächst leiten. Abgebildet sind Salsola fru- 
ticosa, jetzt Suaeda fruticosa, und Atriplex graeca, jetzt Obione 
graeca. Ausserdem kennt Sibthorp: Atriplex Halimus und Sali- 
comia fruticosa. Dieselben Meldenblüthler nennt auch Tk v. 
Heldreich in Aug. Mommsen's griechischen Jahreszeiten als in 
Attica^ wachsend, fugt ihnen aber noch Obione portulacoides 
(Atriplex L.) hinzu. 

Dritte Familie. 
Oelweidenblüthler, £laeagnaceae. 

Der Name ilaiayvog für eine Pflanze kommt nur bei Theo- 
phrast, und auch hier nur einmal (IV, 10, 2) vor. Die Pflanze 
ähnelt dem Eeuschlammstrauch (Vitex Agnus castus), hat Blätter, 
denen der Silberpappel ähnlich, bringt keine Früchte hervor und 
wächst auf überschwemmten Inseln Aegyptens, sowie in den thes- 
protischen Sümpfen, also in Epirus. Aus dieser kurzen Beschrei- 
bung ist es unmöglich zu entziffern, welchen Strauch Theophrast 
unter seinem Elaeagnos zu verstehen hat. 

Das Wort selbst hat Linn^ zur Bezeichnung des Genus 
Elaeagnus benutzt, das mit einigen anderen Geschlechtern jetzt die 
kleine Familie der Elaeagnaceae bildet. Von den dazugehörigen 
Sträuchem und Bäumen wächst keine Art in Sümpfen und auf 
überschwemmten Inseln, wohl aber längs der Bäche und an dem 
Ufer des Meeres. Eine Art hat insofern im Oriente eine Bedeu- 
tung, als sie Kulturpflanze geworden ist und ihre mehligen Früchte 
gegessen werden. Linn^ nannte sie in diesem Zustande E. orien- 
talis, während die wilde Form den Namen E. angustifolia erhielt. 
Ich habe für beide Formen den letzteren Namen gewählt, wäh- 
rend in dem Prodromus von De Candolle der keineswegs bezeich- 
nende Name Elaeagüus hortensis gegeben worden ist. 

Zur Zeit Sibthorps (also im ersten Jahrzehnt von diesem 
Jahrhundert) wurde die Oelweide noch nicht in dem eigentlichen 



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86 

Griechenland angebaut^ wohl aber auf der Insel Samös, Ferras 
hatte «e aber bereit» in Griechenland, jedoch nur an der Küste, 
der essbaren JBVüöhte halber, angebaut gefunden, ebenso schliess- 
lidi noch Th. v. Heldreich. 

Vierte Familie. 
Santelblüthler, Santalaceae. 

Griechische Wörterbücher geben rwar den Dioskorides an, 
wo das Wort odiftalop zuerst genannt sein soll, vergebens habe 
ich es aber in der mir zur Verfügung stehenden Ausgabe (als 
25. Band der Medicorum graecorum opera, quae exstant) gesucht. 
Wohl aber erwähnt Arrian, der um das Jahr 100 n^ Chr. lebte, 
in seinem Periplus das Sandelholz. 

In diese Familie gehört ein unbedeutender Strauch, den Dios- 
korides oavQig nennt. Ob unsere Osyris alba dieselbe ist, welche 
Dioskorides meint^ konnte tnan bezweifeln; die Früchte seiner 
Päan&se sind nämlich anfangs schwarz und werden erst später 
roth, was bekanntlich bei unserer Pflanze nicht der Fall ist 

Osyris alba wächst in Griechenland jetzt keineswegs selten. 
Fraas hat den kleinen, aber aufrechten Strauch vielfach , beson- 
ders an der Küste auf sternigen Hügeln und Bergen bis zu einer 
Höhe von 1500 Fuss gefunden. Auch v. Heldreich föhii; sie 
unter den in Attika wachsenden Pflanzen auf. 

Fünfte Familie. 
Seidelbastblüthler, Thymelaeaceae. 

Unter S^vfieXma verstand Dioskorides wahrscheinlich Daphne 
Gnidium L., deren Früchte Theophrast xvidiog xoxxog nennt. 
Linn^ trug es auf ein hierher gehöriges Genus über, dessen Name 
wiederum Ursache zur Benennung der Familie wurde. Auch das 
Wort daffvt]^ was bei den Griechen den Lorbeer bedeutet (siehe 
nächste Familie S. 89) benutzte Linn^ für ein zu dieser Familie 
gehöriges Genus, von dem alsbald gesprochen werden soll. 

Die Zahl der Seidelbastblüthler, welche Sibthorp in seinem 
Prodromus aufzählt, beträgt 14; davon wachsen aber nur 8 in 
Griechenland selbst, während die übrigen auf Kreta, am Helles- 



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87 

pont u. 8. w. beobachtet "wurden. Zwei von den 8 Arten möch- 
ten jedoch zweifelhaft sein und ihre Angabe auf nicht richtiger 
Beobachtung beruhen. Es betrifft dieses unseren gewöhnlichen 
Seidelbast (Daphne Mezereum L.), der bis jetzt noch nicht im süd- 
lichen Osteuropa aufgefunden, von Sibthorp aber in Lakonien 
unter der speciellen Benennung fie^atQeov beobachtet wurde, und 
Thymelaea dioica, welche man ebenfalls nur aus dem Westen 
Europas kennt. Sollte Sibthorp in Betreff der ersteren nicht 
durch die Aehnlichkeit des einheimischen Namens mit Mezereum 
zur Annahme bestinxmt worden sein ? Dass Dioskorides ihn kannte, 
und zwar unter dem Namen Jafvoeideg^ unterliegt keinem Zweifel, 
niur die schwarz sein sollenden Beeren widersprechen der ursprüng- 
lichen oraBgenrothen, selten weissen Farbe der Wirklichkeit. Dios- 
korides theilt aber nicht mit, wo er ihn gefunden, bestimmt nicht 
in Griechenland. 

Auch D. alpina ist mir für Griechenland zweifelhaft, da sie 
ausser von Sibthorp von keinem anderen Botaniker im Südosten 
Eur(4)as aufjgefunden worden ist. Fraas sagt sogar mit Be- 
stimmlieit, dass D. alpina nicht in Griechenland wächst. Die 
Seidelbastblüthler sind, was besonders die beiden in Griechenland 
vertretenen Genera Thymelaea und Daphne anbelangt, nicht leicht 
zu bestimmen. Die gewöhnliche Unterscheidung in Arten mit 
end- und seitenstandigen Blüthen ist insofern nicht sicher, als 
gipfelstandige Blüthen unter Umständen auch seitenständig werden 
können. 

Wenn v. Heldreich für Attika nur zwei Seidelbastblüth- 
ler Thymelaea Tartonraira, zu der Thymelaea argentea nur als 
Abart gehört, und T. hirsuta (unter den Namen Chlamydanthus 
Tartonraira und hirsuta) angiebt, so liegt die Ursache darin, dass 
die übrigen Gebirgspflanzen sind. Fraas kennt daselbst nur die 
eine Daphne Gnidium, im Hochgebirge des Peloponnes und des 
griechischen Festlandes. Von den beiden andern Arten, welche 
Sibthorp aufführt, möchte Daphne oleoides, und zwar die Ab- 
art jasminoides, zumal sie nach Grisebach auch von Sprunner 
in Griechenland wirklich beobachtet wordai ist, doch als eine 
griechische Pflanze angenommen werden müssen. Daphne coUina 
ist und bleibt f&r Griechenland so lange eine zweifelhafte Pflanze, 
als sie nicht wirklich daselbst beobachtet wird. 



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88 

Zu den beiden mit Bestimmtheit in Griechenland wachsenden 
Daphne- Arten, (D.Gnidium und oleoides) hat nach SibthorpAucher- 
Eloy auf Euböa noch eine dritte, nämlich Daphne gnidioides, 
aufgefunden. 

Nachdem ich festgestellt habe, welche Thymeläaceen in dem 
heutigen Griechenland wachsen, will ich versuchen anzugeben, 
welche Namen die alten Griechen dafür hatten. Das ist aber 
nicht leicht, zumal sich die alten Griechen mit Unterschddung 
naturhistorischer Gegenstande gar nicht oder nur ausnahmsweise 
beschäftigten. Es kommt noch dazu, dass sie fast alle kleine, 
wenig in die Augen fallende, zum Theil auch im Hochgebirge 
wachsende Sträucher und Halbsträucher darstellen. Vor Theo- 
phrast erwähnt kein griechischer Schriftsteller eine Thymeläacee, 
dass dieser aber imter xvicoQov und xvecogog dergleichen verstan- 
den hat, ist wahrscheinlich, keineswegs aber so bestimmt, als man 
glaubt Theophrast kennt zwei Kneorum -Arten, eine weisse und 
eine schwarze. Die letztere ist fleischig und soll Thymelaea hir- 
suta oder Th. Tartonraira darstellen, die erstere möchte hingegen 
mit grösserer Gewissheit eine Daphne-Art (D. Gnidium oder 
oleoides) sein. Die Beschreibung der Früchte {xviäiog xoxxog 
IX, 20, 2) lässt kaum einen Zweifel übrig. 

Seoliste Familie. 
Lorbeerblüthler, Lauraceae. 

Eine grosse Familie fast nur aus Gehölzen mit gewürzhaften 
Eigenschaften bestehend und besonders unter den Tropen und 
jenseits derselben heimisch. Nur eine Art, der edle Lorbeer, 
Laurus nobilis, findet sich in den warmen Ländern der gemässigten 
nördlichen Zone der Alten Welt vof, als Vaterland sind jedoch 
nur Eleinasien und das südöstliche Europa zu betrachten. Der 
Lorbeer verlangt nicht zu viel Wärme und liebt die Gebirge. 

In Griechenland kommt er angepflanzt in den wärmeren 
Küstengegenden vor, wie v. Heldreich ebenfalls bestätigt, wild 
aber im Norden des griechischen Festlandes, besonders in Thessa- 
lien. Im Peloponnes war und ist der Lorbeer noch selten. In 
der Ilias wird er gar nicht, in der Odyssee nur einmal, ebenso 
in einer dem Homer zugeschriebenen Hymne genannt, dagegen 



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kennt ihn Hesiod in seinem gebirgigen nördlichen Vaterlande 
sehr gut. 

Wenn der Lorbeer auch die kälteren Gegenden Griechenlands 
liebt, so hält er immer noch nicht bei ims im Freien, ja nicht 
einmal geschützt, aus und ist überhaupt sehr empfindlich gegen 
unser rauhes Elima. Diese Empfindlichkeit kannten auch die 
alten Griechen, da nach ihnen der Lorbeer selbst nicht in dem 
Eimmerischen Bospor, also in der heutigen Krim, fortkam. Dagegen 
gedeiht er vorzüglich in Italien, wo ihn bereits die Römer kannten 
und nicht weniger als die Griechen hochschätzten imd auf gleiche 
Weise verwendeten. Man kannte schon im Alterthum mehrere 
Abarten des Lorbeers, er war selbst wegen seines Gebrauches zu 
Kränzen Kulturpflanze geworden. Theophrast theilt mit, dass 
der wilde aus Samen erzogene Lorbeer viel schlechter sei. Es 
gab auch eine Abart, die gar keine Früchte hervorbrachte. Den 
Saft der Frucht nennt Theophrast ölartig, nicht gewürzhaft. Die 
Körner kultivirten vom Lorbeer noch mehr Abarten und nannten 
ihn Laurus, ein Name, der auch von Linn^ in der systematischen 
Botanik eingeführt wurde. Bei den alten Griechen hiess er da- 
gegen ddq)vr]^ ein Name, der noch heut' zu Tage allgemein ge- 
braucht wird. 

Wenn der Lorbeer schon in den geschichtlichen Zeiten des 
alten Griechenlands eine wichtige Rolle, aber nur wegen seines 
Gebrauches zu Kränzen und nicht wegen seiner gewürzhaften 
Eigenschaften, spielte und wohl ähnlich wie die Linde (nicht wie 
man sagt, die Eiche) den Baum der Deutschen darstellt, der 
Nationalbaum der Griechen genannt werden kann, so vermehrte 
sich sein Sagenkreis in den beiden Jahrhimderten nach Christus 
erst zu einem bedeutenden Umfange. Es kann zwar nicht meine 
Aufgabe sein, auch über diesen zu berichten, so interessant er 
auch für die Geschichte des Lorbeers sein würde. Da aber Victor 
Hehn in seinem bereits mehrmals genannten Buche es in bestimmter 
und vorzüglicher Weise gethan, so fühle ich doch mich veranlasst, 
wenigstens Einiges daraus mitzutheilen. 

Der Lorbeer steht mit dem Apollodienste im innigsten Zu- 
sammenhange und ist zunächst der Baum der Sühne. Als Apollo 
den Python erlegt hatte, eilte er auf Zeus Geheiss in das ihm 
geweihte Tempe in Thessalien, brach einen Zweig des Lorbeers 



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90 

und zog damit auf der Pythisdien Strasse in Delphi ein, um das 
vergossene Blut zu sühnen. Aber auch Orestes, auf dem die 
grause Ermordung der eigenen Mutter haftete, musste (nach Homer) 
in Trözen in Argolis ein eigenes Haus bewohnen, da ihn wegen 
dieser Blutschuld kein Bewohner aufnehmen wollte, bis diese 
schliesslich gesühnt wurde. 

Apollo war aber auch der Gott der Weissagung und wiederum 
war ihm deshalb der Lorbeer geheiligt. Die Pythia sprach an 
des Gottes Statt. Was sie sagte, war dem griechisdien Volke in 
seiner Gesammtheit heilig. Bei allen wichtigen Angelegenheiten 
der verschiedensten Stämme wurden Abgeordnete nach Delphi ge- 
sendet, um Rath zu fragen. Um den Dreifuss waren Lorbeer- 
zweige angebracht; aber auch soöst schmückte Lorbeer die Um- 
gebung der geheiligten Statten. 

Die eigentliche und geschichtliche Bedeutung des Lorbeers 
war aber, wie bereits ausgesprochen, eine andere, eine edlere, die 
wohl Linn^ Veranlassung geben konnte, ihm den Namen Laurus 
nobilis zu geben. Apollo war der Gott des Gesanges, man sieht 
ihn deshalb oft mit der Lyra dargestellt. Von dem ihm geheiligten 
Baume, dem Lorbeer, werden Zweige für die Sieger abgebrochen 
oder Kränze zum Bedecken ihres Hauptes angefertigt. Die spätere 
Sage erzählt, dass die Musen dem Hesiod einen Lorbeerzweig ge- 
geben, damit er singe. 'Atmxxog nannte man d^i Lorbeerzweig, 
itn die Sänger beim Absingen feierlicher Lieder in der Hand 
hatten, nicht war er aber, wie Victor Hehn berichtet, ein Lorbeer- 
stab, der dem Seher oder Weissager die Kraft verlieh, das Ver- 
borgene zu erschauen. 

Die Sitte der Lorbeerkränze mag von Griechen selbst, welche 
sidi in sehr alter Zeit, besonders in Unteritalien und auf Sicilien 
niedergelassen hatten, bereits nach Italien gebracht und von den 
ursprünghchen Bewohnern des Landes angenommen worden sein, 
denn in Italien spielte der Lorbeer bereits in den ältesten Zeiten 
eine wichtige Rolle, selbst noch mehr als in Griechenland. Man be- 
diente sieh seiner femer als eines gewichtigen Arzneimittels 
gegen eine grosse Reihe von Krankheiten. Man bereitete, vor 
Allem aus den Beeren ein gewürzhaftes Oel and setzte dieses auch 
dem Weine zu, um letzteren dann weiter als beliebtes Arznei- 
mittel zu verwenden. 



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»1 



Es ist auffall^ad, dass die alten Oriecfaen Von einer medizuoi- 
sehen AnwendiiBg des Lorbeers gar nichts gewusst zu haben 
scheinen. Weder in Hippokrates' hinterlassenen Werken, noch bei 
Theophrast findet sich etwas darüber vor. Erst nach Christi Ge- 
burt f&hrt Dioskorides den Lorbeer als Arzneipflanze auf u&d be- 
zeichnet besonders die grünen Blätter, die Beeren und das aus 
beiden gepresste Oel, was nebst der Wurzelrinde medizinische 
Anwendung findet. 

Diese gewürzhaften Eigenschaften des Lorbeers kommen den 
meisten übrigen Gehölzen juis der Familie der Lauraceen zum 
grossen Theil in noch höherem Grade zu. Den ächten Zimmet 
und die Zinametkassia, welche letztere gewöhnlich bei uns als 
Zimmet yod den Materiali^nhändlern verkauft wird, kannte schon 
Herodot und bezei<^hnet ihn als xa^ia (jtaoeia) und ntw^fioupiov 
ziemlich genau. Der erstere stammt von Cinnamomum zeylanicum 
N. V. E., der letztere von C. Cassia N. v. E. 



Dritte Klasse. 

Pflanzen, welche 2 Buthenhüllen und die innere oder 
die Blumenkrone einblättrig haben. Monopetalae. 



Erste Familie. 

Lippenblüthler, Labiatae. 

Die Lippenblüthler haben in Griechenland, wie in allen wär- 
meren und in wenig geringerem Grade auch in kälteren Ländern 
oder gemässigten nördlichen Zonen eine sehr grosse Verbreitung. 
Meine Aufgabe betriflft zwar nur die Pflanzen, welche durchaus 
oder doch zum Theil (q>{)vyava bei den Griechen) holzig sind, 
ich sehe mich aber hier gezwungen, insofern auch jetzt von krau- 
tigen Arten zu sprechen, als es des besseren Verständnisses hal- 
ber nothwendig wird, auch eine Unterscheidung zwischen beiden 
hier schwierig ist. Die weaigsten Arten dieser grossen Familie 



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n 

sind durchaus hokig; hohe Sträucher und Bäume giebt es unter 
den Lippenbluthlern gar nicht. Alle stimmen aber darin überein 
und erhalten eine Bedeutung, dass sie fast ohne Ausnahme einen 
mehr oder weniger gewurzhaften Geruch und Geschmack besitzen 
und daher auch zum Tbeil schon von den Griechen als Arznei- 
mittel, aber auch als Gewürz benutzt wurden. 

Es unterUegt wohl kaum einem Zweifel, dass die Worte 
-^v/j-og und -dvfißQa, die bei den Griechen die ältesten Bezeichnungen 
für Lippenblüthler überhaupt sind, einen und denselben Ursprung 
haben und von „^i'fi^v, opfern" abzuleiten sind. 

Die Aehnlichkeit der Arten unter und mit einander macht 
noch jetzt ihre Unterscheidung sehr schwierig, so dass den alten 
Griechen, vor allen dem Theophrast, die bisweilen hervortretende 
Unsicherheit in der Benennung nicht angerechnet werden darf. 

Erste Abtheilnntir* 

Die Lippenblüthler des Theophrast. 

I. Ich werde zuerst versuchen zu erklären, was dieser grosse 
Kenner der altgriechischen Flora unter den beiden, wie bereits 
ausgesprochen, vom griechischen Volk auch schon lange vor ihm 
allgemein gebrauchten Worten d^v/aog und ^iiißqa speciell ver- 
standen hat. 

Schon Aristophanes hat seine dv^tßQOCpdym (also Thymian- 
esser) und hält die i>v/Liß()a für geeignet, als Nachtisch zum 
besseren Verdauen (enidemvov) zu dienen. Nach Schneider 
bereiteten die Griechen als Nachtisch ein besonderes Gemisch (ich 
möchte sagen einen itaUenischen Salat) aus Thymian, Essig und 
Honig bestehend, was allgemein beliebt war. Zu Dioskorides 
Zeit hatte man auch Weine, denen man durch Zusatz von Lippen- 
bluthlern einen gewürzhaften Geschmack gegeben hatte. Alle 
übrigen Bezeichnungen der Griechen für Lippenblüthler sind spä- 
teren Ursprungs und stammen aus der Zeit des Theophrast oder 
gar erst des Dioskorides. Nicht aber stimmen diese beiden mit 
einander überein; daher ich es für nothwendig erachte, die An- 
sichten jedes einzelnen für sich zu betrachten. 

Am deutlichsten spricht Theophrast über dv^iog und d-vfxßga^ 
sowie über die meisten anderen Lippenblüthler im 6. Buche seiner 
Geschichte der Pflanzen (2, 3 bis 5). Sehr interessant ist seine 



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Angabe und bezeugt zugleich seine grosse Beobachtungsgabe, 
wenn er sagt, dass Thymus an der Küste unfruchtbar sei und nur 
Blüthen hervorbringe. Er giebt es dem schlechten Wetter schuld, 
was die Pflanzen oft zu Grunde gehen lasse. Wir wissen aber 
jetzt, dass Thymus Serpyllum L., unser wilder Thymian oder 
Quendel, obwohl Staubgefasse und Stengel in einer Blüthe vorhan- 
den, doch in so fem zweihäusig oder diöcisch ist, als Selbstbe- 
fruchtung nicht geschieht und in der einen Pflanze nur die Staub- 
gefasse befruchtuDgsfähig, in der andern nur die Stempel kon- 
ceptionsfahig sind. Im ersteren Falle kann natürlich die Pflanze 
keine Früchte hervorbringen* 

Wegen ihrer sehr reichlichen und honigreichen Blüthen ist 
besonders die männliche Blüthe (wie heute noch) ein vorzügliches 
Bienenfutter. MehTT6q)vlXov (d. i. Bienenblatt) des Theokrit 
u. A. sind Pflanzen, aus deren Blüthen die Bienen viel Honig ent- 
nehmen. 

Theophrast unterscheidet bei seinem Thymus eine weisse und 
schwarze Abart. Möglicher Weise hat er darunter Thymus Ser- 
pyllum L. und glaber Mill. (angustifolius Pers.) verstanden. 
Nach Fraas soll die weisse Abart des d'Vfiog Thjrmus capitatus 
(Satureja)L. sein, welche noch heut zu Tage in Griechenland den 
Namen Thymio und Thymari führt. 

^i^ßqa (x^viußQog, ^v/ußQov, ^vfißgia) ist ein Halbstrauch 
(j[pQvyavov) und wächst nur im Gebirge, besonders in Arkadien 
(wo xHVog wiederum nicht vorkommt). Es ist die scharfbitterste 
Pflanze (d'V^ßqa dQifWTdzrj), so dass man bei dem Genuss wohl 
den Mund, wie man sich bei uns ausdrückt, zusammenziehen kann. 
Droysen übersetzt daher eine betreffende Stelle des Aristopha- 
nes in dessen Achamern nicht richtig, wenn er Thymbra Sauer- 
ampfer sein lässt. 

Interessant ist die Bemerkung des Theophrast, dass Thymbra 
auf Kulturboden nicht gut gedeiht, und dass sie, wie überhaupt 
wilde oder verwilderte Pflanzen im Gebirge, gedrängter wachsen, 
und dass auch ihre gewürzhaften Eigenschaften um desto schärfer 
hervortreten. Was Theophrast unter seiner Thymbra Arkadiens 
verstanden hat, lässt sich nicht mit Bestimmtheit sagen, aber 
wahrscheinlich war es eine von den Micromerien, die noch jetzt 



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M 

dort vorkommen, wie M. Julisna imd graec% vielleicht aber «ach 
Satareja Thymbra L. oder inoDtana L. 

Leider gehen wohl kaum bei einem Pflanzen-Genus die An- 
sichten der Botaniker über Art so weit auseinander, wie bei 
Thymus. Was hier Art und Abart darstellt, darüber ist man heut 
zu Tage noch nicht klar. Unter der Benennung Th. Serpyllum 
vereinigen einige Botaniker eine Reihe von Formen, die Andere 
wiederum als gute Arten aosehen. 

Die einjährigen Arten abgerechnet, führt Sibthorp in seinem 
Prodromus 14 Arten von Thymus auf, 9 kommen aber nur in 
Griechenland vor. Davon werden wiederum 3 Arten Thymus 
Zygis, jetzt Thymus hirtus Willd., (nach Bentham ist Thymus 
Zygis Sibth. identisch mit Thymus striatus Yahl), T. Mastichina, jetzt 
Miromeria venosa (Satareja Desf.) und T. incanus, jetzt Calaminiha 
incana (Thymus) Sibth. bei Althen angegeben. Th. v. Heldreich 
kennt dagegen nur die Art Thymus capitatus (Satureja) L», also 
eine von den drei eben genannten Arten verschiedene Pflaazen. 

Die Zahl der halbstrauchigen Thymus-Arten, welche jetzt in 
Griechenland wachsen, beträgt zehn, nämlich: Th. Serpyllum L., 
glaber Mill. (angustifolius Willd,), capitatus (Satureja) L., integer 
Gris. (villosus Sibth.), lanceolatus Desf., hirsutus Bieb., hirtus Willd., 
pannonicus AU., tencrioidesBoiss, (graveolens Sibth.) und vulgaris L, 

n. Nächst Thymus und Thymbra werden von Theophrast o(>£- 
yavov oder oqLyavog und dann nQa(^iov am meisten genannt. ^Ogi- 
yavog ist wie ^tpßQa wieder eine Gebirgspflanze, besonders Arka- 
diens. 'OQiyavov oder oQlyavog (Dosten) war aber schon zur Zeit des 
Aristophanes (427 — 388 v. Chr.) bei den Griechen wiederum, wie 
d^ifaßgce^ ein bitteres, nicht saures Kraut, ein Umstand, warum 
man oQiyavov ßlin^^v nicht uait „sauer aussehen^ übersetzen 
kann, sondern mit „bitter aussehen" übersetzen muss. 

Welche Art des heutigen Gewus Origanum Theophrast unter 
OQiytp^v verstanden hat, ist aus seinen Mittheilungen nicht zu 
ersehen. Wenn er die Pflanze immergrün nennt, was unsere 
Arten nicht sind, so ist zu bemerken, dass viele südländische 
Lippenblüthler, auch Dosten, wie unser Himbeerstrauch zu den 
zweijährigen Gehölzen gehören. Es giebt aber auch unter den 
Lippenblüthlem Halbsträucher ((pQvyava)^ welche bekaDntlich im 



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Winter ihre unteren holzigen Theile unversehrt behalten, wäharend 
die oberen abfrieren und im Frühjahre durch neue ersetzt werden. 

Von den 10 Arten, welche Sibthorp in seinem Prodromus der 
Flora Griechenlands aufFährt, wächst nur die Hälfte im eigent- 
lichen Griechenland. Von diesen ist aber wiederum O. vulgare L., 
vras Sibthorp im Peloponnes als wildwachsend angiebt, bis jetzt 
noch nicht wieder daselbst aufjgefunden worden. Es bleiben dem- 
nach nur vier Arten für Griechenland übrig, von denen man sagen 
kann, dass sie wirklich einheimisch sind; Origanum scabrum 
Boiss. und Heldr. (auf dem Taygetus), sipyleum L., hirtum Lk. 
und Onites L. 

m. Ich gehe zu ÜQuaiov über. Was Theophrast darunter 
verstanden hat, möchte kaum noch zu entziffern sein. Es war 
nach der kurzen Beschreibung eine Pflanze mit rundüchen und 
ringsum gesägten Blättern. Dergleichen besitzen, besonders wenn 
man die krautartigen mit einrechnet, sehr viele Lippenblüthler. 
Linn6 nannte zwar einen Halbstrauch Prasium majus. Damit ist 
aber auch noch gar nicht, nicht einmal annährend, bewiesen, dass 
er die Pflanze, welche die alten Griechen unter diesem Namen 
verstanden, auch hat bezeichnen wollen. Eben so wenig ist die 
Ansicht Sprcngels, Wimmer's und Anderer gerechtfertigt, 
wenn sie unter nqaaiov eine Art des Genus Marrubium verstehen 
wollen. 

IV. ^A^ccQaxog ist eine Gewürzpflanze ersten Ranges. Der 
aus ihr bereitete wohlriechende Stoff (odeur der Neuzeit) wird 
unter den übrigen von den Griechen des Alterthoms benutzten 
Wohlgerüchen (IX, 6, 3) speziell aufgeführt. Das grosse Ansehen, 
in dem dieser Wohlgeruch bei den Griechen stand, geht besonders 
aus der Abhandlung des Theophrast über die Wohlgerüche (de 
odoribus) hervor, wo er den Beinamen xqrionoq d. h. des vorzüg- 
lichen erhalten hat. Welche Pflanze Theophrast unter Amarakos 
verstanden hat, ist keineswegs mit Bestimmheit zu sagen, die 
Wahrscheinlichkeit spricht aber dafür, dass es ein halbstrauchiger 
Lippenblüthler aus dem Genus Origanum ist, aber keinesfalls unser 
Majoran, den wir bei Bereitung von Blutwürsten allgemein in 
Anwendung bringen (Origanum majorana L.), sondern das sehr 
gewürzhafte Or. Dictamnus, wahrscheinlicher noch Or. Toumefortii 
Ait., da dieser in Griechenland einheimisch sein soll. Uebrigens 



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96 

würde dieses gar nichts zur Sache thun, da Theophrast selbst sich 
über das Vaterland des Amarakos nicht weiter ausspricht. Vielleicht 
lieferten auch mehre Lippenblüthler, speziell Origanum- Arten, vor 
Allem auch das in Griechenland einheimische O. Onites das dazu 
nothwendige Material. Vielleicht gab es auch mehrere solcher 
Wohlgerüche. Theophrast spricht selbst von einem zweiten in 
Phrygien, also in Eleinasien, gebräuchlichen Wohlgeruch dieses 
Namens. 

V. JixTafAvog (IX., 16, 1 — 3) stellt eine Pflanze rauher 
Gegenden dar. Abweichend von dem Verfahren des Theophrast, 
gute Beschreibungen von den Pflanzen zu geben, wird bei Dik- 
tamnus an genannter Stelle nur und zwar ziemlich ausführlich, 
von ihren medizinischen Eigenschaften gesprochen. Als Arznei- 
mittel dienten nur die Blätter, welche, um nicht zu sehr zu ver- 
dunsten und ihren Wohlgeruch zu behalten, in hohlen Stengeln 
des Nardex und des Ealamos aufbewahrt wurden. Theophrast hat 
als Abart (die wild wachsende Pflanze) noch einen xpeväoäixTafivog 
mit geringeren Eigenschaften. Als Vaterland beider Pflanzen 
wird Kreta genannt; aber auch hier wurde sie nur selten gefunden. 

Dass JixTaiuvog des Theophrast einen Lippenblüthler dar- 
stellt, möchte man vermuthen. Verglichen wird er von Theophrast 
selbst mit ßXrjxiü^ einer Pflanze, die aber sonst von Theophrast 
gar nicht, wohl aber von Dioskorides, erwähnt ist, und nach 
Christi Geburt nicht selten vorkommt. Sollte demnach die ganze 
Stelle nicht überhaupt auch einer späteren Zeit angehören und 
von Theophrast gar nicht verfasst sein? Es kommt noch dazu, 
dass dieselbe Fabel von den wilden Ziegen, wie sie uns von 
Dioskorides bei seinem Diktamnus erzählt wird, auch hier vor- 
kommt (vergl. bei den Lippenblüthlem des Dioskorides S. 103). 
Der Name Diktamnus wurde im 16. Jahrhundert als Dictamum 
album von Caesalpin auf eine ganz andere sehr gewürzhafte Pflanze, 
welche in Mittel- und Süddeutschland wild wächst und mit weisser 
Wurzel versehen ist übertragen und von Linnö als Dictamnus 
albus besprochen. Diesen Dictamnus vergleiche man später bei 
den Rutaceen. 

VI. ^'EgnvXXog ist eine sehr wohlriechende und bitter 
schmeckende Pflanze, welche viele Stengel bildet und sich dess- 
halb leicht vermehren lässt. Im Aeusseren ist die Pflanze dem 



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97 

S'ifiog ähnlich und, wie dieser, mehr oder weniger immergrün, 
besonders in wärmeren Ländern, wie in Griechenland. Sie wächst 
ursprünglich nur im Gebirge, wurde aber vom Hymettus in die 
Ebene Attikas verpflanzt, um als Gewürzpflanze zu dienen. Die 
Gebirgspflanze wird mit der d^ifißqa verglichen und hat bald einen 
scharf gewürzhafiten, bald einen angenehmeren Geschmack. Diese 
Angaben Theophrast's weisen auf Thymus vulgaris, welcher auch 
noch jetzt bei uns als Gewürzpflanze viel kultivirt wird und auf 
die Märkte kommt. Auffallend ist nur die Angabe Theophrast's 
(de caus. 11., 18, 2), dass sein ^Qm^lXog ranken soll, eine Angabe, 
die mit einer anderen des Dioskorides aber übereinstimmt und 
auf den wahrscheinlichen Ursprung des Namens, von ^qtibiv^ 
kriechen, hinweist 

Vn. 'Eliviov ist ebenfalls ein Halbstrauch ((pQvyavov^ suffru- 
tex), der stets mit aiavfißQiov zusammen genannt wird. Welche 
Lippenblüthler man unter beiden Namen zu verstehen hat, ist aus 
dem, was Theophrast darüber sagt, nicht zu erkennen. Wahr- 
scheiulich sind es wiederum Thymus-Arten, welche, wie ich be- 
reits früher gesagt, in reichlicher Anzahl in Griechenland wachsen. 
2iaifißQiov hat nach Theophrast eine grosse Aehnlichkeit mit 
liiv^a^ einer krautartigen, mit einer dicken Wurzel versehenen 
Pflanze. ^EXiviov soll selbst in fiiv&a übergehen (H, 4, 1 und de 
caus. II, 16, 2). In diesem Falle verhert aber Sisymbrion sein 
starkes Gewürz (de caus. VI, 5, 6). Wenn unter (Jilv^a eine 
unserer Minzen, d. h. Mentha- Arten zu verstehen ist, so könnte 
es nur die auch in Griechenland vorkommende Mentha Pulegium 
sein. Vielleicht verstand Theophrast auch unsere offizinelle Me- 
lisse (Melissa officinalis L. und altissima Sibth.), gewiss uralte 
Arzneipflanzen darunter. 

Zur Zeit des klassischen Alterthums existirten weder Pfeffer- 
noch Krause -Minze. Was Sibthorp M. crispa nennt, ist mir nicht 
klar. Caspar Bauhin führt in seinem Pinax, der 1623 erschien, 
ebenfalls eine Mentha crispa auf. Dieses ist aber eine Art mit 
quirlformigem Blüthenstande, und zwar unsere jetzige Mentha 
sativa L. (nach Bentham nur Abart seiner M. arvensis), aber 
keineswegs, wie man aus dem Namen vermuthen sollte, eine 
Kulturpflanze. In Griechenland wächst dafür eine andere Abart 
(M. gentilis L.). Mentha piperita ist noch späteren, und wie eg 

Koch. 7 



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scheint, englischen Ursprungs. Sie wird zuerst von dem Englän- 
der Rajus (Ray), der in der 2. Hiüfte des 17. Jahrhunderts lebte, 
erwähnt. 

VIII. TIoliov wird von Theophrast drei Mal, aber so dürftig 
und selbst widersprechend erwähnt, dass man nicht einmal er- 
fahren kann, ob Theophrast überhaupt einen Lippenblüthler dar- 
unter verstanden hat oder nicht? Einmal ist noXiov eine kraut- 
artige Pflanze mit fleischigen Blättern und später wiederum immer- 
grün (I, 10, 4 und Vn, 10, 5). Sollte der Name nicht wegen 
der grauen Farbe der betreffenden Pflanze gegeben worden sein? 

IX. Noch weniger ist etwas Bestimmtes über oQ^tvov zu 
sagen. Man erfahrt nur, wann es ausgesäet wird, und dass es 
bitter schmeckt Trotzdem behauptet man, dass es Salvia Hor- 
minum L. sei (VIII, 1, 4 und Vm, 7,3). 

X. ^EXeXlo(paxog und cr^xxxogsind ein und derselbe Halb- 
strauch, indem der erstere die wilde, der letztere die Kulturpflanze 
darstellt. (VI, 1, 4 und VI, 2, 5). Aus diesen kurzen Mitthei- 
lungen kann man gar nicht sagen, was für eine Pflanze Theo- 
phrast darunter verstanden hat. Man vermag wohl daraus zu 
schliessen, weil beide Namen stets nur mit andern halbstrauchigen 
Lippenblüthlem aufgeführt werden, dass sie selbst zu diesen ge- 
hören. 2q)axog wird übrigens schon früher von dem Komiker 
Aristophanes genannt, aus der einen Stelle aber, wo das Wort 
verkommt, erkennen zu wollen, was er darunter verstanden, ist 
unmöglich. Möglicher Weise ist es aber doch eine Salvia- Art. 

Unter den strauchigen Salbei-Arten, welche Th. v. Heldreich 
als bei Athen vorkommend aufführt, werden Salvia triloba L. und 
calycina Sibth., welche letztere nur eine Abart der S. pomifera L. 
darstellen möchte, genannt, ausserdem aber noch von Sibthorp 
unter den strauchartigen S. officinalis L., von den Stauden hin- 
gegen S. ringens Sibth., pratensis L., Sibthorpii Sm., Verbenaca L, 
sylvestris L. und verticillata L. 

Eine derselben müsste demnach die Theophrast'sche Pflanze 
sein, insofern nicht mehrere Arten darunter zu verstehen sind. 
Der Umstand, dass Theophrast von einer wilden und kultivirten 
Pflanze spricht, möchte wiederum einerseits auf unsere Garten- 
Salbei (Salvia officinaUs L.) hinweisen. 

XI. Ich schliesse (oxifiov des Theophrast an. Wie man 



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99 

dazu kommt, diese Pflanze mit dem bei uns ziemlich spät einge- 
führten und zuerst von Camerarius als Ocymum aufgeführten Oey- 
mum Basilicum zu identifiziren, kann man nicht begreifen. Wenn 
man nur einigermassen die Stellen im Theophrast, wo er von 
seinem äxifiov spricht, nachgelesen hätte, so wäre es, abgesehen 
davon, dass die Pflanze überhaupt erst 15 J Jahrhundert n. Chr. 
nach Europa gekommen ist, unmöglich, die Gemüsepflanze (läxcc^ 
vov) äxifiov mit unserem Basilikenkraute (Ocymum Basilicum), 
einer Gewürzpflanze ersten Ranges für identisch zu halten. Theo- 
phrast sagt sehr bestimmt, dass sein Okimon eine holzige Wurzel 
(YQ, 2, 8) besitzt, deren Blätter als Gemüse dienen. Sie kann 
am Boden abgeschnitten werden, ohne zu Grunde zu gehen, denn 
sie treibt wiederum aus. Der Stengel blüht an seinem oberen 
Ende, und zwar von unten nach oben und trägt reichlich Samen, 
welche einzeln von einer Hülle umschlossen werden. 

An Gemüsen waren die alten Griechen sehr reich, wie man 
auch aus Theophrast's Geschichte der Pflanzen ersieht. Theophrast 
unterscheidet Blatt- und Wurzel-Gemüse genau. Wenn man daher 
bis jetzt der Meinung gewesen, dass lana&ov des Theophrast der 
Spanische oder Englische Spinat (Rumex Patientia L.) gewesen ist, 
so irrt man sich auch hier; denn Xdnad'ov wird von Theophrast 
zu den Wurzelgemüsen gerechnet und hat demnach, wie der Rettig 
o. s. w. eine fleischige Wurzel. Es mochte dagegen nach meiner 
Ansicht sein äxi/nov unsem eben genannten Englichen Spinat, der 
vor 50 Jahren noch in allen Bauergärten Thüringens angebaut 
wurde, jetzt aber seltener geworden ist, darstellen. 

Das Vaterland genannten Spinates sind ohne Zweifel die 
Hochgebirge des südöstlichen Europa und des vorderen Orientes. 
Ich fand bereits im Jahre 1836 während meiner ersten Reise im 
Hochgebirge des E^ukasus (nicht sauer schmeckende) Ampfer- 
blätter, welche allgemein daselbst gegessen wurden und für den 
Gebrauch im Winter auf eine künstliche Weise in Zöpfe gefloch- 
ten waren. Leider sind mir diese Zöpfe auf der Rückreise im 
Jahre 1838 von Würmern zerfressen worden, so dass ich nicht 
mehr im Stande war, sie mit den Blättern unseres Englischen 
Spinates zu vergleichen, ob beide Pflanzen von einander verschie- 
den waren oder nicht. 

In der irrigen Meinung, dass das aus Ostindien im 16. Jahr- 

7» 



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100 

hundert eingeführte Basilikenkraut mit (oxifiov des Theophrast 
identisch ist, haben auch die Botaniker sich veranlasst gefunden, 
die Linn^'sche Schreibweise Ocymum in Ocimum umzuändern. 
Linn^ schreibt übrigens in seiner Methodus sexualis vom Jahre 
1737 ebenfalls Ocimum. Ich glaube nicht, dass man zu dieser 
Veränderung ein Recht hatte, da Linn^'s Ocymum etwas ganz 
Anderes ist, als Theophrast's loxifiov. 

Ich bemerke schliesslich noch, dass der Name Basilikenkraut, 
also auch das Wort Basilicum ostindischen Ursprungs ist und erst 
von dem gelehrten Kaufinann aus Hanau, Georg Eberhardt 
Rumpf, dem Verfasser des berühmten Herbarium Amboinense, 
was in den Jahren 1741—1755 herausgegeben ist, eingeführt wor- 
den ist. Auch wird Ocymum Basilicum L. jetzt in den Gärten 
der Wohlhabenderen Griechenlands wegen seines Wohlgeruches 
ebenfalls wie bei uns angebaut. 

Es bleiben noch einige halbstrauchige Lippenblüthler zu nennen 
übrig, welche jetzt in Griechenland, und zwar ziemlich häufig 
wachsen, aber von den alten Griechen (bis auf die Zeit des Theo- 
phrast) nicht erwähnt werden, obgleich sie zum Theil wenigstens 
zu den gewürzhafteren unter den Lippenblüthlem gehören. Oben 
an steht in dieser Hinsicht Lavandula Stoechas L., ferner Teucrium 
fruticans L., T. brevifolium Schreb. und T. Polium L. mit der 
Abart capitatum L., endUch PUomis fruticosa L. und Rosmarinus 
officinalis L. 

Zweite Abtheilnng. 

Die Lippenblüthler des Dioskorides. 

üeber Arzneimittel aus der Familie der Lippenblüthler und 
hier und da auch über die Mutterpflanzen, welche sie lieferten, 
hat Dioskorides sich im 3. Buche, und zwar in dem 27. bis 43. 
und dann wiederum im 99. bis 102. Kapitel ausgesprochen. Es 
sind im Ganzen 22 Lippenblüthler, welche Arzneimittel liefern. 

1. ^'YaaaTiog (Kap. 27). Ohne Zweifel unser Ysop, Hyssopus 
officinalis L., der damals auch schon kultivirt wurde und den 
Römern ebenfalls unter diesem Namen bekannt war. Die Pflanze 
besitzt in den wärmeren Ländern der nördlichen gemässigten Zone, 
von den Mittelmeerländem bis nach Persien und den Himalaya- 
ländem hi» eine sehr* grosse Verbreitung, wächst aber nicht i» 



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101 

Griechenland. Der beste Hyssopus kam zur Zeit des Dioskorides 
aus Eilikien. 

2. 2Toixdg (Kap. 28) ist Lavandula Stoechas L. und hat 
seinen Namen von den Stoechaden, einer Inselgruppe im Süden 
Frankreichs, welche jetzt Hyferes'sche Inseln genannt werden. Dios- 
korides kannte sie nur von dort, obwohl sie ziemlich häufig in allen 
Mittelme^rländem, auch in Griechenland wächst. Das Wenige, was 
Dioskorides über die Pflanze sagt (sie soll dem d^v/nog ähnlich 
sein und weniger bitter schmecken), stimmt nicht mit ihr überein. 
Sie war auch den Römern unter diesem Namen bekannt. 

3. ^OQiyavov'HQaielswTixilj (Kap. 29). Was Dioskorides 
darunter verstanden hat, lässt sich aus seinen Mittheilungen nicht 
ermitteln, dagegen spricht er sehr viel über seine medizinische 
Anwendung. ^ÖQiyavov fuhrt den Beinamen 'HQaxXewTixi^^ man 
erfahrt aber nicht, welches Heraklea Dioskorides gemeint hat. 
Er nennt die Pflanze auch xovilrj. Beide Namen waren auch den 
Römern bekannt und bedeuteten ebenfalls Origanum-Arten und 
zwar aus der Gruppe unseres O. vulgare L. Cato kennt einen 
mit Origanum gewürzten Wein. 

4. ^OvTJTig (Kap. 30). Die Pflanze soll silbergrau (levxoT€Qa 
Tolg fpvlXoig) sein und in einer Doldentraube (xoQi^f^ßog) blühen, 
sonst ist sie dem Ysop ähnhch, der aber wiederum einen ähren- 
förmigen Blüthenstand besitzt. Welcher Lippenblüthler aber, 
speziell welcher Dosten (Origanum) unter ovrjvig zu verstehen 
ist, lässt sich umsoweniger sagen, als Dioskorides nicht sagt, 
welchen Namen seine Onetis bei den Römern besitzt. Vielleicht 
aber ist es Onitis der Römer? Damit hätten wir auch noch nichts 
gewonnen. Denn wir wissen ebensowenig, was darunter zu ver- 
stehen ist. Origanum Onitis L. kann es nicht sein, da diese Art, 
gleich dem Majoran, zu den wirksamsten Mitteln gehört^ ovqTig 
des Dioskorides aber minder wirksam sein soll als oQcyavov tiqcl' 

5. ^AyQioQLyavov (Kap. 31) hat wiederum bei Nikander 
den Namen xovHtj. Er mag wohl ebenfalls einen Dosten mit 
doldentraubigem Blüthenstande bedeuten. Die Pflanze zeichnet 
sich aber durch weisse Blüthen aus, während die anderen Arten 
zum allergrössten Theil hellröthliche Blüthen besitzen. Das dar- 
aus angefertigte Arzneimittel muss in grossem Ansehen gestanden 



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haben, da es auch den Namen der Panacea (Aller Heilkraut) des 
Herakles führte. Wahrscheinlich ist ayQioQcyavov die Cnnila der 
Römer und wegen seiner weissen Bluthen Origanum hirtum Lk., 
eine in aUen Mittelmeerländem, auch in Griechenland sehr ver- 
breitete Art. 

6. TQayoQlyavov (Kap. 32) muss einen starken Bocks- 
geruch gehabt haben. Das Wort kennt ebenfalls schon 200 Jahre 
früher der Epiker Nikander. Die Pflanze hat breite, klebrige 
Blätter. Einige nennen sie auch ngaatov. Dass sie deshalb 
mit dem nqaavov des Theophrast zu identificiren ist, bezweifle ich. 
Satureja Thymbra L., zu der man in der Regel das Tragoriganon 
bringt, kann es schon deshalb nicht sein, weil die Blätter hier 
nicht klebrig sind, ein Umstand, auf den Dioskorides selbst grosses 
Gewicht zu legen scheint Das Tragoriganum der Lateiner kann 
es aus gleicher Ursache auch nicht gewesen sein. 

Lippenblüthler mit klebrigen Blättern giebt es nur wenige und 
kommen dieselben hauptsächlich bei den mit Drüsen besetzten Salbei- 
Arten vor, ausserdem aber auch, jedoch in weit geringerem Grade, 
bei einigen Satureja- vielleicht auch Micromeria-Arten. Mir ist 
jedoch kein Lippenblüthler bekannt, der einen so eigenthümlichen 
Geruch, der an den des Bocks erinnerte, besitzt. Thymus Tragoriga- 
num L., eine Art, die sehr spät erst angestellt und wiederum 
mit Satureja Thymbra L. vereinigt wurde, ist Tgayogiyavov des 
Dioskorides sicher nicht. Was die Römer unter Tragoriganum 
verstanden, weiss man ebenfalls nicht. 

7. rXtjxtov (Kap. 33) wird nach Dioskorides von den Römern 
noXaiovfi genannt. Diese kennen aber keine Pflanze dieses 
Namens, wohl aber Polion; sonst führt es auch den Namen ßi'ijxci. 
Es soll eine allgemein verbreitete Pflanze sein. Wohl möglich, 
dass man einen Gamander (Teucrium-Art) darunter zu verstehen 
hat, da dieser, vor Allem T. Chamaedrys L., noch heut' zu Tage 
in mehreren Gegenden Deutschlands gegen viele Krankheiten ge- 
braucht wird. Vielleicht ist es auch, wie man gewöhnlich annimmt, 
Teucrium Polium L. Die Pflanze hat dieselbe grosse Verbreitung als 
Teucrium Chamaedrys, wächst nur südlicher und bedarf zu ihrem 
Gedeihen eine grössere Wärme. Von Chamaedrys spricht aber 
Dioskorides noch besonders. 

Da yli]x^^ z^Ach Dioskorides ein Kraut (noa) ist, so möchte 



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108 

es doch eine andere Pflanze sein, viell^clit eine Art von Acinos 
Mönch, was man mit Calamintha vereinigt hat und nur aus kleinen 
Standen und Sommergewächsen besteht. 4 Arten dieses Subgenus 
zeichnen sich durch angenehmen Geruch aus und wachsen auch 
in Griechenland, eine Calamintha graveolens (Thymus Bieb.) nach 
V. Heldreich auch in Attika. Die 3 übrigen Arten sind: 
Calamintha Acinos (Thymus) L., C. Patavina (Thymus Jacq.) 
und C. alpina (Thymus) L. Sollte demnach nicht yXiffjüiv des 
Dioskorides und Polion der Römer eine von diesen 4 Arten oder 
alle 4 zusammen sein? 

8. dluTa^vog (Kap. 34.) ist ein Kraut (tto«) und stand zur 
Zeit des Dioskorides in noch höherem Ansehen, als yk^xiav^ führte 
aber auch den Namen yiijx^y ayQia (d. h. also wilder Glechon), 
und lieferte eins der gewichtigsten Arzneimittel. Um todte Kinder 
im Mutterleibe abzutreiben, hatten die Frauen gar nicht noth- 
wendig, sich einen Thee daraus anfertigen zu lassen, sie brauchten 
sich nur damit zu beräuchem und selbst nur die Pflanze neben sich 
zu legen. Wilde Ziegen, welche vom Pfeile angeschossen waren, 
frassen instinktmässig die Pflanze, damit die in ihrem Fleische 
noch steckenden Pfeile herausschwären konnten. Dasselbe erzählt 
Dioskorides freilich auch von einer anderen, ebenfalls auf Kreta 
wachsenden Pflanze, die er vQayiov nennt, die aber nicht zu bestim- 
men ist. Ebenso vnrksam war dixta/ivog gegen Schlangenbiss 
und viele andere Uebel (vergl. S. 96). 

Nach Dioskorides hiess die Pflanze bei den Römern Ustilago 
rustica, ein Name, der aber erst (im 2. Jahrh. n. Chr.) spät bei 
Apulejus, und auch hier nur einmal, vorkommt. Apulejus kennt 
aber auch den Namen Glechon, von der nach Columella in Rom« 
ein Wein, der den Namen Glechonites führte, angefertigt wurde. 
Was Apulejus unter Ustilago verstanden hat, weiss man ebenso- 
wenig, als was sein Name Glechon bedeutet. 

Diktanmos war dicht mit Wolle besetzt, ein Umstand, der 
geeignet wäre, auf die Spur zu kommen, was Dioskorides viel- 
leicht darunter verstanden haben könnte. Die Zahl der dicht- 
woUigen Lippenblüthler ist nämlich nicht gross. Es kommen hier 
vor Allem zwei Pflanzen zur Sprache, welche früher zu dem Genus 
Marrubium gehörten, jetzt aber zu Ballota gebracht sind: Ballota 
Acetabulosa (Marrubium) L. und Ballota Pseudodictamnus (Marru 



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104 

bium) L. Letztere ist eine Pflanze, welche noch nach Fraas 
heut zu Tage auf trockenen Ebenen und auf Hugehi der Ostseite 
Griechenlands wächst. Th. v. Heldreich hat dafür (in Attika) 
die weit geringer, auf der Blatt-Oberseite bisweilen nicht behaarte 
Ballota Acetabulosa (Marrubium) L. Fraas behauptet wiederum, 
dass genannte Pflanze mit q)Xoiiig ayqia^ welche im 102. Kapitel 
des 4. Buches der Materia medica als eine Pflanze abweichend 
von den übrigen Phlomis- oder Phlomos-Arten, der Salbei (^Xc- 
Uaq>a)eog) am nächsten stehend, und mit Stengeln von holziger 
Beschaffenheit versehen, beschrieben wird, identisch ist. 

Diktanmos hatte nach Dioskorides weder Blüthen noch Früchte 
bei Theophrast bringt sie aber die letzteren hervor, wurde aber 
nur als Blätter auf den Markt gebracht. 

Diktamnus wuchs nur auf der Insel Kreta und hier aucli 
selten. Siie ist ausserordentlich scharf und beissend {ÖQi^ela llav). 
Es giebt aber eine Abart, welche umgekehrt einen sehr ange- 
nehmen Geruch besitzt (^öiaTrj). Endlich hat Dioskorides noch 
einen ipevdodLxxa[xvog mit geringeren Eigenschaften. Die Pflanze 
ist allgemein verbreitet und wächst in vielen Gegenden. 

9. *El ellaq)axov (Cap. 35) ist Salvia der Römer und heutigen 
Italiener. Die Pflanze des Dioskorides wächst an rauhen Orten 
und stellt einen ziemlich hohen Strauch dar. Sie hat ausserdem 
von ihrer Jfilzi gen Behaarung eine weissliche Farbe. Ihre Blätter 
ähneln zwar denen des Quittenstrauches, sind aber grösser, rauher 
und dicker. Was sie aber besonders auszeichnet, ist der pene- 
trante stinkende Geruch. Sie blüht ähnlich dem oQfxivov. Welche 
Art Dioskorides unter seinem eXeXiacpnxov verstanden hat, lässt 
'sich nach diesen Mittheilungen nicht erkennen. Man kann wohl, 
wenn man sonst noch Manches berücksichtigt, zu der Ansicht 
kommen,', dass es eine Salbeiart war, aber nicht welche. Legt 
man auf die stinkenden Eigenschaften der Blätter einen besonderen 
Werth, so muss eleXiacpaxov eine strauchartige Salbei- Art von 
bedeutender Höhe, wie mir keine bekannt ist, gewesen sein, üebel- 
riechende Arten kenne ich nur unter krautartigen wie S. glutinosa 
und viscosa L., die beide auch im Oriente vorkommen. Bis jetzt 
hat man eine Art darunter verstanden, die die hier angegebenen 
Eigenschaften nicht besitzt, nämlich Salvia pomifera L., die es 
deshalb auch gewiss nicht ist. 



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105 

Die Zahl der in Griechenland wachsenden Arten des Genus 
Salvia ist sehr gross, am meisten sind die krautartigen vertreten. 
Sibthorp kennt in Griechenland wachsend 11 Salbei -Arten, 
darunter 4 strauchartige: Salvia officinalis L., calycina Sibthorp, 
pomifera L. und triloba L. und 7 Kräuter oder Sommergewächse : 
Horminum L., Sibthorpii Sm. Verbenaca L., verticillata L., argen- 
tea L, Aethiopis L. und ringens Sibthorp. Th. v. Heldreich 
hat allein in Attika 7 Arten beobachtet, von denen 2 strauchartig 
sind. Unter ihnen ist auch S. viridis L. zu nennen, die Sibthorp 
nicht kennt. Endhch ist noch S. sylvestris L., die ebenfalls in 
Griechenland beobachtet wurde, zu nennen. Die Zahl aller in 
Griechenland wachsenden Arten Salbei beträgt demnach 13. 

Elelisphakos des Dioskorides fahrt auch den Namen iXaq>0' 
ßoaxov, wörtlich übersetzt: Hirschfutter. Wie man nun wieder 
dazu kommt, diesen Beinamen der Elelisphakos als eine besondere 
Pflanze zu betrachten und sie mit dem Pastinak (Pastinaca sativa) 
zu identifiziren, verstehe ich nicht 

10. '^Hövoüfiog '^iLiiga (Kap. 36) ist nach Dioskorides 
ein allgemein bekanntes, sehr kleines Kraut, was gegen viele 
Krankheiten, hauptsächlich aber in Form von Umschlägen zur 
Zertheilung von Geschwülsten, zum Blntstillen und gegen mancher- 
lei Krankheiten des Magens, gebraucht wird. Es hat aber wie 
Elelisphakos einen übelen stinkenden Geruch, weshalb Gesunde 
die Pflanze nicht haben wollen. Die wilde Form der Hedyosmos 
nennen die Römer Menthastrum, ein Name, der aber beiTteinem 
römischen Schriftsteller vorkommt. Möglicher Weise ist es eine 
der kleinen Salbei-Arten, deren es in den südlichen Ländern der 
nördhchen gemässigten Zone viele giebt. Leider bin ich aber mit 
dem Gerüche derselben nicht hinlänglich vertraut, um daran die 
Art feststellen zu können. Eine Minze (Mentha-Art) ist es auf 
keinen Fall, denn diese haben einen angenehmen Geruch. Noch 
mehr möchte ich Hedyosmos des Dioskorides unter den Lamium- 
Arten suchen, da diese zum Theil, wie unser allgemein verbrei- 
tetes, auch in Griechenland wachsendes L. purpureum L. gerieben 
einen unangenehmen Geruch besitzen. Vielleicht ist selbst ge- 
nannte Taubnessel (Lamium) oder das ähnliche L. bifidum Cyr., 
was eben so häufig in Italien als in Griechenland wächst, Hedyos- 
mos des Dioskorides. Aber wiederum spricht dagegen, dass 



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106 

Hedyosmos nach Dioskorides angebaut wurde, jedoch auch wild 
wuchs. 

Wie das kleine Kräutchen (yvwQiinov ßoTotviov) zu dem wohl- 
klingenden Namen "^Hdiog^xog^ der süsser Geruch bedeutet, kommt, 
verstehe ich nicht. Griechische Wörterbücher lassen den Namen 
auch bei Theophrast vorkommen, in der Wimmer'schen Ausgabe 
der Werke des genannten griechischen Naturforschers suche ich 
das Wort jedoch vergebens. Hedyosmos kannten auch die Römer. 
Plinius verstand aber eine nicht zu bestimmende Pflanze darunter. 
Bei Dioskorides besitzt es auch den Namen f^ivd-fj und xalaf^ivd-i]. 
Die beiden Namen sind vielleicht nicht lateinischen Ursprungs, 
wie man glaubt, sondern griechischen, aber, da sie von Theophrast 
nicht gebraucht werden, späteren Ursprungs. In diesem Falle 
möchte man geneigt sein, anzunehmen, dass der Name fiiv&a 
wegen des stinkenden Geruches der betreflfenden Pflanzen mit 
^LvSog^ Menschenkoth zusammenhängt. Die Römer schreiben für 
Mintha, Manta und Mentha und verstehen, wie auch jetzt noch 
die Italiener, die wohlriechenden Minzen, deren viele in Italien 
wachsen, darunter. 

Der Name Nepeia, den Hedyosmos ebenfalls nach Dios- 
korides bei den Römern führen soll, kann keinesfalls Nepeta der 
Römer sein, denn diese verstanden unter diesem Namen eine Reihe 
wohlriechender Lippenblüthler von angenehmem Geruch, die Linn^ 
auch in seinem Genus Nepeta vereinigt hat. Gewöhnlich halt 
man die Nepeta der Römer für Nepeta italica L.; diese wächst 
aber (gegen die Angabe Linn^'s) nach den neuesten Forschun- 
gen gar nicht in Italien, sondern nur in Spanien. Nepeta-Arten, 
sämmtlich aber Kräuter, kommen nur wenige in Griechenland vor. 
Sibthorp kennt nur 2 Arten in Griechenland, N. nuda L. auf 
dem Pamass und die nach ihm von Bentham N. Sibthorpii 
(N. italica Sibth. nee L., N. argolica Bor.) genannte Art. Zu 
dieser ist noch neuerdings auf dem Taygetus im Peloponnes ge- 
funden N. camphorata Boiss. et Heldr. zu nennen. 

11. Kala (xivx^T] (Kap. 37) ist wiederum ein ausgezeichnetes 
Arzneimittel von tief eingreifender Wirkung. Es hilft gegen Schlan- 
genbiss, treibt todte Kinder ab, ebenso aber auch Würmer. Die 
Pflanze besitzt Blätter, denen des wxifiov ähnlich imd blüht röth- 
lich. Im Geschmack ist sie scharf und beissend zugleich. Ihr 



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!0T 

Standort sind 'offene, etwas feuchte und zagleich rauhe Stellen. 
Dioskorides unterscheidet 3 Arten oder Abarten, die gewöhnliche, 
eine zweite, welche der y?.ijx^^ äyQia ähnlich ist und von den 
Römern ebenfalls Nepeta genannt wird, und eine dritte, dem Men- 
thastnun ahnlich. 

Das Wort kommt schon bei Aristophanes imd Aristoteles 
vor, nicht aber, wie einige Wörterbücher sagen (wenigstens nicht 
nach der mir vorliegenden Wimmer' sehen Ausgabe) bei Theo- 
phrast, und bedeutet nach dem Namen, im Gegensatz zu der 
stinkenden Minze (Hdvoofiog ^fi€Qa\ eine gute, d. h. wohlriechende 
Minze. Welcher Lippenblüthler darunter zu verstehen ist, möchte 
jetzt noch schwer zu entziffern sein, auf jeden Fall aber ein 
krautartiger, wahrscheinlich eine Art des heutigen Genus Gala- 
mintha, vielleicht selbst Galamintha officinalis Mönch (Melissa Gala- 
mintha L.) Th. v. Heldreich nennt ausserdem noch als in 
Attika wachsend G. incana (Thymus) Sibth. und G. Sprunneri Boiss. 
Dazu kommen schliesslich Galamintha Nepeta (Melissa) L. und 
grandiflora (Melissa) L. 

Was die Römer unter Galamintha verstanden, ist ebenfalls 
nicht sicher, wohl kaum eine Minze, sondern eine der genannten 
Galamintha- Arten, wahrscheinlich ebenfalls Galamintha officinalis 
Mönch oder G. grandiflora (Melissa) L. 

12. 0t;fiOs(Gap. 38) ist eine allenthalben wachsende Gewürz- 
pflanze, welche gegen sehr viele Krankheiten gute Dienste leistet, 
aber auch als Gewürz in der Küche dient Es ist ein kleiner 
Halbstrauch mit röthlichen, zu Köpfchen vereinigten Blüthen und 
dichtstehenden schmalen Blättern. Gerade dieses Letztere möchte 
vermuthen lassen, dass Dioskorides unter seinem x^vfiog nicht 
Thymus Serpyllum L., sondern Thymus glaber Mill. (Th. angusti- 
folius Wüld.) verstanden hat. 

13. Qviißqa (Gap. 39) ist eben so verbreitet, wie x^vf^og, be- 
sonders auf rauhem und magerem Boden imd unterscheidet sich 
von dieser durch in einer Aehre stehende grünliche Blüthen. Sie 
\?ird gerade so benutzt wie ^vftog^ man kultivirt aber eine Form 
oder Abart, welche milder im Geschmack ist und deshalb zu 
Küchenzwecken für Gesunde benutzt wird. Dass unter d^ifißga 
eine der vielen Formen des Thymus Serpyllum L. zu verstehen 



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108 

ist, möchte kaum einem Zweifel unterliegen. (Vergl. auch Theo- 
phrast's Angaben S. 92.) 

14:/'E(}nvkkog (Cap. 40) ist nach Dioskorides Serpyllum der 
Römer. Die Pflanze wächst auf Felsen kräftiger und 
führt dann den Namen ^vylg ayQia. In diesem Falle kriecht sie 
auch nicht auf der Erde, wie die Hauptart, sondern steigt in die 
Höhe und macht dünne halbstrauchige Stengel, die vielfach zu 
Kränzen verwendet werden. Der Geschmack der Blüthen ist 
scharf, der Geruch aber angenehm. Die Pflanze besitzt die Blätter 
und Aeste von oQiyavov^ ist aber noch weisser, ein Umstand, der 
ihr wohl auch den Namen Iloliov verschafft hat. 

Nach diesen Mittheilungen lässt sich uur entnehmen, dass 
eQnvXkog einen der vielen halbstrauchigen Lippenblüthler von silber- 
grauem Ansehen darstellt, einen auf der Erde in der Weise 
kriechenden Lippenblüthler, dass man aus ihm Kränze flechten 
kann, kenne ich aber nicht. Ich wäre wohl geneigt, sie für das 
€Qnvklov des Theophrast, nämlich für Thymus vulgaris L., za 
halten, obwohl dieser bei uns in Kultur nie eine solche silberweisse 
Farbe erhält und auch nicht kriecht. Die Angabe des Dioskorides, 
dass ^QTivXXor Serpyllum der Römer darstellt, ist eine irrige, da 
die Römer ohne Zweifel Thymus Serpyllum L. und glaber MilL 
(angustifoUus Willd.) darunter verstanden haben. Zygis der Römer 
soll ebenfalls der wilde Thymian sein, das Wort kommt aber bei 
diesen nur bei Apulejus in einer Weise vor, dass man nichts 
daraus entnehmen kann. 

15. ^ctfixpvxnv (Cap. 41) ist ein ausländisches Kraut (Troa), 
was ebenfalls auf der Erde kriecht, sich sehr verästelt und dicht 
behaarte, rundliche Blätter besitzt. AehnUchkeit hat es mit der 
schmalblättrigen Calaminthe, besonders wegen ihres angenehmen 
Geruches. Die besten Sorten liefern die Inseln Kyzikene in der 
Propontis und Cypem, dann erst folgt die aus Aegypten. Das 
mag die Ursache sein, warum die Pflanze auf Sicilien auch den 
Namen eines der berühmtesten Wohlgerüche (odeurs) in Griechen- 
land dfiaQayov führte. 

Die Römer nennen die Pflanze nach Dioskorides ^ai^ovQova^ 
ein Wort, was dem jetzigen Namen Majoran sehr entspricht, aber 
den Römern selbst unbekannt war. Diese kennen dagegen 
das Wort Sampsuchon, welches nach der gewöhnlichen Annahme Ori- 



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109 

ganum Majorana L. gewesen sein soll. Die jetzigen Italiener nennen 
den Majoran (Origanum Majorana L.) aber noch heut zu Tage Mag- 
giorana. Trotzdem zweifle ich, dass die (.taitpvQava des Dios- 
korides Origanum Majorana L. gewesen ist. 

Unser Majoran ist meiner Ansicht nach weder eine italienische, 
noch nordafrikanische, auch nicht griechische Pflanze, sondern 
erst aus Ostindien, oder auch aus Arabien und zwar nach der 
Entdeckung des Seeweges um Afrika herum, vielleicht mit dem 
Basilikenkraute (Ocymum Basilicum L.), zu gleicher Zeit, nach 
Europa gekommen. Zuerst wird der Majoran im 16. Jahrhundert 
von Dodoens und Lobel genannt. Viel früher wird er auch nicht 
in Italien gewesen sein. Sampsychon fuhrt auch den Namen 
TQitpvXlov' diese Bezeichnung, die dreiblättrig bedeutet, könnte 
über die Pflanze, welche man darunter zu verstehen hat, nur noch 
unsicherer machen. 

16. MSqov (Cap. 42) ist wiederum ein Kraut (Trdor), 
was allgemein verbreitet ist. Nach den sehr kargen Mittheilungen 
des Dioskorides lässt sich gar nicht feststellen, was man darunter 
verstanden hat. Die Romer kannten das Wort Mccqov gar nicht, 
aber wohl war es Athenaeus bekannt. 

Man hält Molqov allgemein für das Katzenkraut, Teucrium 
Marum L. Dieses ist aber kein Kraut, sondern ein sehr verästel- 
ter Strauch, dessen Geruch so sehr von Katzen geliebt wird, dass 
diese sich gern in seiner Nähe aufhalten und ihn bald so be- 
schädigen, dass er zu Grunde geht. Im Freien muss man die 
Pflanze desshalb durch ein Drahtgitter einschliessen. 

n,''Axivog (Cap. 43) ist wiederum ein Kraut (jioa) mit 
dünnen Aesten, was deshalb gut zu Kränzen verwendet werden 
kann. Es ist dieses ein Gebrauch, den auch Athenaeus bestätigt. 
"^Axivog soll dem aixi^ov ähnlich, aber behaarter sein und gut 
riechen. Die Römer nannten es deshalb auch nach Dioskorides 
axLvaaQovf.1 ^ ein Name, der den alten Römern ebenso unbekannt 
war, als axivog. Diese Pflanze heisst aber auch oqiov ßaailixov, 

lAnni führte das Wort in der systematischen Botanik als 
Artnamen ein und zwar für ein im ganzen Europa wildwachsen- 
des Sommergewächs von angenehmem Gerüche, was deshalb auch 
in manchen Gegenden als stärkender Thee getrunken wird. Es 
wäre doch ein sonderbarer Zufall, wenn Dioskorides in der That 



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110 

unter seinem axvog den Linn^'schen Thymus Acinos, jetzt 
Calamintha Acinos Benth., verstanden hätte. 

18. Klivouodiov (CB,p.99) ist ein kleiner Strauch (J^a^viov 
q>Qvyavwdeg) von 2 Spannen Lange imd wächst auf Felsen. Die 
Blätter sind denen des ^QnvXXog ähnlich, die Blüthen hingegen 
gleichen dem Fusse eines Bettes in Zwischenräumen, wie bei /r^a- 
aiov (ix öiaatfjficiTwv ifig)€Qfj ngaoL^i). 

Nach diesen Mittheilungen ist es nicht möglich, die Pflanze 
zu ermitteln, soviel ist aber sicher, dass sie mit unseren Clinopo- 
dium-Arten aber so wenig, wie mit dem Clinopodium der Bömer, 
die beide Kräuter, also keine holzigen Pflanzen sind, nichts zu 
thun haben. Dass xhvonoöiov auch den Namen wxiiiosideg 
führt, erklärt auch nichts. 

19. TevxQiov (Cap. 101) bildet Ruthen und ist ein Kraut 
mit Blüthen ähnlich dem iQeßiv&og (der Kichererbse Cicer arieti- 
num L). Auch mit der xaiiaiÖQvg, deren Namen es ebenfalls 
fuhrt, wird es verglichen. Aus diesen Mittheilungen die Pflanze 
ermitteln zu wollen, ist wiederum unmöglich; da sie in Kilikien, 
also nicht in Griechenland wachsend angegeben wird, muss sie 
auch dort gesucht werden. Leider giebt wiederum Bentham in 
seinen ausserdem so vorzüglichen Bearbeitungen der Lippenblüth- 
1er deren Verbreitungsbezirk sehr ungenügend an, so dass wir 
auch durch ihn keinen Auischluss erhalten. 

Das Wort Tsvxqiov ist in die lateinische Sprache über- 
gegangen und kommt als Teucrium bei Plinius vor. Wir dürfen 
deshalb wohl annehmen, dass auch die Römer unter Teucrium die- 
selben Pflanzen verstanden, welche Dioskorides für sein Tbvxqlov 
verstanden haben wollte. Welche Teucrium -Arten es aber ge- 
wesen, möchte kaum zu bestimmen sein, so viel lässt sich aber 
wohl mit einiger Gewissheit sagen, dass es Teucrium-Arten waren 
und Linn^ Recht hatte, auf diese sein Genus Tencrium zu 
gründen. 

Schliesslich mag mir TavxQiov Gelegenheit geben, über die 
Teucrium-Arten, welche in Griechenland wachsen, mich auszu- 
sprechen. Nach Sibthorp wachsen daselbst drei Halbsträucher: 
T. Orientale L., fruticans L. und T. PoUum L., dagegen aber vier 
Stauden und Sommergewächse: T. Scorodonia L., Chamaedrys L., 
lucidum L. und montanum L. Fraas kennt in Griechenland nur 



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111 

5 Arten überhaupt: T. Scordium L. in stehenden und fliessenden 
Gewässern fast überall; T. flavum L. nur am Fusse der Hoch- 
gebirge; T. lucidum L., T. Polium L. und das nicht riechende 
T. capitatum L. August Mommsen endlich führt allein für 
Attika 5 Arten auf: T. scordioides Schreb., brevifolium Schreb., 
flavum L., divaricatum Sibth. und Polium L. 

20. XafxaiÖQvg (Cap. 102) wächst an rauhen und felsigen 
Orten und ist ein Halbstrauch (tpQvyavnv) mit kleinen, bitter 
schmeckenden Blättern, welche denen einer Eiche gleichen. Sie 
ist dem TevxQtov ähnlich. Dieses ist aber ein Kraut, während, 
wie gesagt, xa^aldQvg ein Halbstrauch ist. Die Blüthen sind klein 
und roth. Die Römer nennen die Pflanze Trixago, kennen aber 
auch den Namen Chamaedrys. Aus diesen wenigen Mittheilungen 
könnte wohl vermuthet werden, dass Dioskorides unter seiner 
Xccfialdgvg ebenfalls eine Teucrium-Arb, vielleicht T. Chamaedrys 
L., welche in wärmeren Ländern halbstrauchig wird, verstan- 
den hat. 

21. ytevxag (Cap. 103) ist wiederum ein Lippenblüthler, der 
auch kultivirt und dadurch in seiner Wirkung kräftiger wird. Der 
Samen schmeckt sehr bitter und beissend, aber unangenehm. Die 
Römer kennen den Namen nicht, wohl aber eine Pflanze als Leuce, 
die vielleicht ein Lamium, wenn auch nicht Lamium maculatum 
L., wie man meint, sondern viel eher L. album sein dürfte. Dass 
^evxdg des Dioskorides ebenfalls ein Lamium ist, möchte ich 
aber bezweifeln, man kann aus den Mittheilungen gar nicht ent- 
nehmen, ob man überhaupt einen Lippenblüthler darunter verstehen 
kann. Der Name Leucas wurde durch Caesalpin wiederum zur 
Bezeichnung von Pflanzen eingeführt. Dieser ausgezeichnete Bo- 
taniker des 16. Jahrhunderts verstand Lamium amplexicaule L. 
und Galeobdolon (Galeopsis) L. darunter, während neuerdings 
R. Brown wiederum den Namen für eine grosse Anzahl asiati- 
scher und afrikanischer Lippenblüthler benutzt hat, die von der 
Xevxdg des Dioskorides sehr verschieden sind und also gar nichts 
dlamit zu thun haben. 

22. "Slxi^iov (Cap. 152). Es ist mehr als wahrscheinlich, 
dass Dioskorides unter diesem Namen keinen Lippenblüthler ver- 
standen hat. ^'Qxiiiov des Theophrast und des Dioskorides sind 
ganz verschiedene Pflanzen. Yon der Pflanze des letzteren er- 



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112 

fahren wir fast weiter nichts, als dass sie gegessen die Sehkraft 
schwächt, dagegen als ein vorzügliches Niessmittel gebraucht 
wurde. Man hat von ihr eine Salbe unter dem Namen wxifiivov^ 
deren Bereitung Dioskorides im 59. Kapitel des 1. Buches genau 
beschreibt Diese Salbe ist weit wirksamer als die, welche aus 
dem 2äfj.tpvxov bereitet wird. Vielleicht weist diese Stelle auf 
eine Verwandtschaft des wxi/nov mit dem ^df^xpvxoVy einem ent- 
schiedenen Lippenblüthler, hin. 



Zweite Familie. 

Eisenkräuter, Verbenaceae. 

Das Wort Verbena hatte bei den Römern eine ganz andere 
Bedeutung als heute. Der oder die Fetialen (Kriegsherold oder das 
Kollegium der Priester, welche die Aufrechthaltung des Völkerrechts 
zu bewachen hatten) trugen Zweige geheiligter Bäume, wie des 
Lorbeers, der Myrte u. s. w. auf dem Kopf, wenn Bündnisse ab- 
geschlossen oder Genugthuung verlangt wurde. Celsus verstand 
dieselben Pflanzen, welche zugleich medizinische, vor Allem zu- 
sammenziehende Eigenschaften besassen, darunter. Eingeführt in 
der botanischen Wissenschaft zur Bezeichnung bestimmter Pflanzen 
wurde dies Wort durch den Baseler Botaniker C. Bauhin in 
seinem Pinax, der 1623 zuerst erschien. 

Die Familie der Verbenaceen ist sehr gross und enthält die ver- 
schiedenartigsten Pflanzen, kleine unbedeutende Kräuter und die 
grössten Bäume, wie das berühmte Schiffsbauholz Ostindiens, das 
Teakholz, (Tectona grandis L.). Von den Gehölzen, welche in 
Griechenland wachsen, hat die Keuschlammpflanze (Vitex Agnus 
castus L.) eine sehr grosse Bedeutung. Sie wächst in ganz Süd- 
europa von Spanien bis an die Küste von Kleinasien, ^yvog zur 
Bezeichnung einer bestimmten Pflanze kommt schon bei Hippokrates 
(460—372 V. Chr.) und Plato (430—348 v. Chr.) vor, hat aber 
mit Agnus d. i. Lamm der Römer gamichts zu thun. 

Keuschlammstrauch, Yitex Agnus castus L« 
Dass die alten Griechen unter ayvog wirklich unseren 
Keuschlammstrauch verstanden haben, geht wenigstens aus den 



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113 

Worten Plato's (Phaedr. 280), wenn er seinen ayvog hoch und 
schattig nennt, nicht hervor. Auch Theophrast giebt in seiner 
Geschichte der Pflanzen leider ebenfalls keine Beschreibung und 
nennt den iiyvog nur nebenbei. Die Vergleichung mit xQaveiov 
passt gamicht, wohl aber die mit iXaiayvog^ also einer Weiden- 
art. Dagegen möchte es keinem Zweifel unterliegen, dass Dios- 
korides unter seinem ayvog den Eeuschlammstrauch verstanden 
hat. Interessant ist seine Mittheilung, dass schon zu seiner Zeit 
die pfefferartigen Früchte auch als Pfeffer benutzt wurden, ein 
Umstand, der zur Benennung Mönchspfeffer Veranlassung gab. 

Wimmer und Andere halten olaog oder olaov des Theophrast 
ebenfalls für Vitex Agnus castus L. Das Wenige, was aber über 
das Wort gesagt ist, widerspricht. (S. unter Ribes.) 

Dritte Familie. 

Tollkräutler, Solanaceae. 

Eine fast nur aus krautartigen Pflanzen bestehende Familie, 
welche in unseren kälteren Regionen nur in wenig Arten ver- 
treten ist. Diese haben aber mit den ausländischen gemein, dass 
sie einen narkotischen und giftigen Saft enthalten, der auf Men- 
schen und Thiere den verderblichsten Einfluss ausübt, ja selbst 
in kürzester Zeit den Tod hervorrufen kann. Ich nenne Stech- 
apfel, Bilsenkraut, vor Allem die Tollkirsche u. s. w. Trotzdem 
haben wir, wenn der giftige Stoff bis auf ein nicht mehr nach- 
weisbares Minimum vorhanden ist, auch die schätzbarsten Nähr- 
pflanzen in dieser Familie. Ich nenne vor Allem die Eartoffel- 
pflanze (Solanum tuberosum L.), dann den Liebesapfel (Lycoper- 
sicum esculentum Mill., Solanum Lycoperscium L.) und die Eier- 
fruchtpflanze (Solanum Melongena L.). 

Unter dem Namen Solanum verstanden die Römer eine oder 
wohl vielmehr alle krautartigen und einjährigen Nachtschatten- 
Arten, welche in Italien noch in grösserer Anzahl als bei uns 
vorkommen und hauptsächUch durch Solanum nigrum L. vertreten 
sind. Ueber die Ableitung des Wortes habe ich vergebens bei 
lateinischen Schriftstellern Belehrung gesucht. Zur Bezeichnung 
bestimmter Pflanzen wurde das Wort zuerst von den Botanikern 

des 16. Jahrhunderts gebraucht, aber keineswegs für die Nacht- 
Koch. 8 



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114 

schatten- Arten, sondern für unsere Tollkirsche (Atropa Belladonna 
L.). Glnsins nannte sie wegen ihrer giftigen Eigenschaften Sola- 
num letbale. Zum Genusnamen erhoben wurde das Wort Solanum 
zuerst durch Toumefort. 

In Griechenland wachsen jetzt zwei strauchartige Solanaceen, 
Solanum Dulcamara L., unser Bittersüss und Lycium europaeum L. 
(mediterraneum Dun.). Von dem ersteren dürfte man wohl als 
sicher annehmen, dass es auch im klassischen Alterthum in Grie- 
chenland Torkam, aber nicht besonders unterschieden wurde. Theo- 
phrast hat wohl bestimmt keinen Namen för die Pflanze, aber 
eben so wenig ist sie, wie Fraas meint, von Dioskorides als eine 
Art seines tqvxvoq bezeichnet worden. 

Lycium europaeum L., der gemeine Bocksdom, ist ursprüng- 
lich in Griechenland vorhanden, wie in vielen Ländern, wo es 
heut zu Tage noch in grösserer Menge wächst. Die Ansicht, dass 
der Strauch erst aus Afrika, und zwar in später Zeit, in Deutsch- 
land eingewandert sei, ist gewiss eine irrige. Dort wächst nur 
eine von unserem verschiedene Art. Nach Dioskorides (Lib. I. 
Kap. 132) führt ^vxiov auch den Namen nv^axav&a^ d. h. domiger 
Buchsbaum. Damach müsste man auch meinen, dass man darunter 
ein domiges Gehölz mit immergrünen Blättern zu verstehen hätte. 
Ausserdem zeichnet sich Avxiov durch zahlreiche und starke 
Wurzeln und Früchte ähnlich dem Pfeffer aus, die bitter und von 
schwarzer Farbe sind. Der Baum wächst nach Dioskorides häufig 
in Lykia und Eappadokia, also in Eleinasien, aber auch sonst an 
rauhen Orten. 

Den Namen Lykion führt aber auch das aus ihm angefertigte 
hoehangesehene Arzneimittel in Form eines bis zur Honigstärke 
eingedickten Saftes. 

Der Strauch mit den Wurzeln wird zu diesem Zwecke zer- 
stossen und mehrere Tage an der Sonne in Wasser macerirt, dann 
aber gekocht, um schliesslich den durch Auspressen erhaltenen 
Saft weiter einzukochen. Aber auch aus der ausgepressten Frucht 
gewinnt man dasselbe Arzneimittel. Das wirksamste wird durch 
Verbrennen hergestellt und bildet ein innen rostfarbenes, aussen 
schwarzes Pulver. Damit übereinstimmend ist die Mittheilung des 
Plinius, dass die Indier ein aus Erde bestehendes Pulver, innen 



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115 

rostroth, aussen schwarz, als Lycium, besonders gegen Geschlechts^ 
Krankheiten, anwenden (XXIV, 127). 

Aber auch nach Dioskorides (an oben citirter Stelle) wird in 
Indien aus der Pflanze lo)'xlTig ein Arzneimittel, was den Namen 
Lykion hat, angefertigt. 

Diese Pflanze loyxizig darf jedoch wiederum nicht mit den 
beiden Pflanzen d. N. verwechselt werden, über die Dioskorides 
an andern Stellen seiner Materia medica und zwar im 151. und 
152. Cap. des 3. Buches spricht, unter denen aber Farne zu ver- 
stehen sind. 

Um sich mehr Klarheit über das zur Zeit des Dioskorides 
gewichtige Arzneimittel Lykion oder Lycium und dessen Mutter- 
pflanze zu verschaffen, möchte es gut, ja selbst nothwendig sein, 
auch das, was die Römer und vor Allem was Pünius darüber 
gesagt haben, kennen zu lernen. Nach Plinius ist Lycium kei- 
neswegs ein Arzneimittel einer bestimmten, sondern verschiedener 
Abstammung und besitzt nur eine und dieselbe äussere Gestalt, 
die wir jetzt als Latwerge bezeichnen. Nach unseren jetzigen 
Begriffen würde Lycium unter den Universalmitteln etwa ebenso, 
wie] die sogenannten Strahl'schen PiUen, eingereiht werden 
müssen. 

Adulteratur (sc. Lycium) amaris succis, etiam amurca et feile 
bubulo sagt Plinius mit bestimmten Worten (XXIV, 125 und 
126). Abgesehen von fremden Beimengungen liegt dem Arznei- 
mittel Lycium bisweilen auch die Pflanze Lycium gar nicht zu 
Ghrunde, sondern den Hauptbestandtheil bildet eine andre. So 
heisst es bei Plinius (XXIV, 124) wiederum an einer Stelle: 
huius (Rhamni) radice decocta in aqua fit medicamentum, quod 
vocatur Lycium. An einer dritten Stelle (XXV, 67) wird gesagt; 
in Lycia quidem et ex ea herba (sc. ex Chironio) Lycium faciunt, 
nach einer vierten (XXVI, 140) wird auch aus Gentiana Lycium 
verfertigt. 

Wenn ich nach diesen Mittheilungen noch einmal auf die 
Mutterpflanze zurückkomme, so unterliegt es nach meiner Ansicht 
gar keinem Zweifel mehr, dass keine unserer Lycium- Arten zu den 
betreffenden Pflanzen gehören können. Es sind immergrüne Bäume 
von mehreren Klaftern Höhe. Wir haben es auch mit zweierlei 
Gehölzen zu thun, von denen das eine in Lykien und Eappado- 

8* 



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116 

kien, das andere in Ostindien wächst. Was das erstere anbelangt, 
so liegt wohl eine der vielen Rhamnus-Arten mit immergrünen 
Blättern, welche im Oriente wachsen, zu Grunde. Sagt doch 
Plinius mit bestimmten Worten, dass man bei ihnen ebenfalls 
aus einem Rhamnus ein ^vxiov anfertigt. Besonders die Früchte 
der Rhamnus- Arten, die reif stets einem Pfefferkorn ähnlicher sehen, 
als die Beeren des Bocksdornes, wurden von jeher als Arznei- 
mittel benutzt. 

Man hat versucht die Mutterpflanze des indischen Arzneimittels 
^i;x4ov festzustellen, und zwar geschah dies zuerst in der erstenHälfte 
des 17. Jahrhunderts durch den Amsterdamer Seba. Sein Lycium 
indicum ist von Linn^ als Barleria Hystrix L. und Prionitis L. 
festgestellt worden. Beide Pflanzen gehören zur Familie der 
Acanthaceen, die fast nur aus tropischen Pflanzen besteht. Wahr- 
scheinlicher ist es mir jedoch, dass zu Dioskorides Zeit schon die 
Gewürznelken, d. h. die Blüthenknospen des Caryophyllus aroma- 
ticus L., einer in Ostindien wachsenden Myrtacee bekannt waren 
und die Mutterpflanze des indischen Lycium's, die Lonchitis des 
Dioskorides darstellten. 

Was schliesshch das Wort Lycium anbelangt, so wurde es 
von C. Bauhin für die jetzigen Lycium- und einige Rhamnus- 
Arten gebraucht, Linnö führte es aber nur für die ersteren ein. 

Vierte Familie. 

Hundstödter, Apocynaceae. 

Eine grosse Anzahl wohl ohne Ausnahme mehr oder weniger 
giftiger Pflanzen, wie der Name Apocynum, d. i. Hundstod, auch 
andeutet. Das giftige Prinzip befindet sich, wie bei den Wolfs- 
milchblüthlem in eigenthümhchen, durch die ganze Pflanze gehen- 
den und mit einander in Verbindung stehenden zarten Röhren, 
welche man als Milchsaft- oder Lebensgefasse (vgl. S. 62) be- 
zeichnet. 

Dioskorides spricht im 81. Kapitel des 4. Buches seiner Mate- 
ria medica von einer Pflanze ^Anoxvvov^ die besonders den Bun- 
den sehr giftig sein soll. Da sie 17 Namen besitzt, muss sie eine 
grosse Verbreitung haben. Aus ihr fliesst, wenn man sie ver- 



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wnndet, ein gelber Saft heraus; Ausserdem ist sie etwas klebrig 
und hat Blätter, denen des Epheu's ähnlich. Die letzte Angabe 
widerspricht der Annahme, dass das ^Anonvvov des Dioskorides 
eine Apocynacee oder Asklepiadacee ist, da in beiden Familien, so- 
weit ich die Glieder derselben kenne, nur ganzrandige oder 
wenigstens nicht gelappte Blätter vorkommen. Man muss dem- 
nach vermuthen, dass viel eher eine der vielen Euphorbiaceen, 
die in Griechenland und überhaupt im südöstlichen Europa vor- 
kommen, unter ^Anoxvvov zu verstehen ist. 

Zu den Apocynaceen gehört 

unser Oleander, Nerinm Oleander L. 

Die alten Griechen kannten diesen schönen Blüthenstrauch 
nicht, da nicht der Osten, sondern der Westen Europa's, und 
zwar die pyrenäische Halbinsel, das Vaterland ist, ich würde ihn 
daher gar nicht in diesen Blättern zur Sprache gebracht haben, 
wenn nicht Victor Hehn in seinem schon früher angeführten 
Werke „Kulturpflanzen und Hausthiere in ihrem Uebergange aus 
Asien nach Griechenland und Italien" was, da es in kürzester 
Zeit 3 Auflagen erlebt hat, einer, und gewiss mit Recht, allge- 
meinen Anerkennung sich erfreut, den Oleander zum Gegenstand 
einer besonderen Besprechung (von Seite 359 bis 361) gemacht 
und über sein Vaterland irrige Ansichten verbreitet hätte. Ich 
bin weit entfernt, den grossen Werth sprachlicher Forschungen, 
auch für Naturwissenschaften, nicht anerkennen zu wollen, ver- 
lange aber, dass Sprachforscher, sobald sie Gegenstände der Natur 
in den Bereich ihrer Forschungen ziehen, die, um mich eines vul- 
gären Ausdrucks zu bedienen, greifbar sind, auch der Natur, d. h. 
der Wirklichkeit, Rechnung tragen und sich nicht in Spekulationen, 
mit denen die Naturwissenschaften, demnach auch die Botanik, 
sich nicht einlassen dürfen, wenn sie sich nicht ihres festen Grund 
und Bodens berauben will, verlieren. 

Victor Hehn behauptet in seinem genannten Buche, dass 
der Oleander im Pontischen Gebirge in grösster Menge wachse, 
und dass er demnach das NrjQiov des Dioskorides sei, eine An- 
sicht, der leider auch viele Philologen beipflichten. 



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Vom naturhistorischen Standpunkt aus wäre es vor 
Allem notbwendig gewesen, vorher die Geschichte und Natur- 
geschichte des Oleanders zu studiren und nach erlangter Eenntniss 
sich zu fragen, ob diese allgemeine Ansicht auch durch er- 
haltene Resultate bestätigt wird. Sprachforschung kann hier 
nichts thun. 

Herr Victor Hehn würde in diesem Falle sehr bald 
erfahren haben, was ich gleich anfangs gesagt, dass der Oleander 
nicht aus dem Osten, sondern aus dem äussersten Westen Europa's, 
aus Spanien, gekommen und dort sein Vaterland zu suchen ist. 

Herr Professor Willkomm in Prag, der mehrere Jahre lang 
der Erforschung von Spaniens Flor gewidmet hat, schreibt mir 
hierüber : 



Prag, den 30. Dezember 1878. 

Verehrter Freund und Kollege! 

Der Oleander ist in Spanien sicherlich heimisch, aber nicht 
allein dort, sondern auch im Süden von Portugal und im nord- 
westlichen Afrika (Marocco, Algerien), wo er nach den Angaben 
von Durieu, Oosson u. A. unter ganz ähnlichen Verhältnissen, 
wie auf der Pyrenäenhalbinsel vorkommt. Als die eigentliche 
Heimat des Oleanders möchte ich die seitwärts geofBieten Thäler 
des Marianischen Gebirgssystems (der Sierra Morena u. a. Gebirge) 
betrachten, wo er noch gegenwärtig an den Ufern aller Flüsse 
und Bäche massenhaft auftritt und dort vollkommen unsere Ufer- 
weiden ersetzt. Das marianische Gebirgssystem bildet einen über 
60 geogr. Meilen langen und sehr breiten, aber nicht hohen Ge- 
birgszug, welcher im Norden der Provinz Murcia beginnt und 
mit dem Oabo de S. Vicente, der Südwestspitze Portugals, endet. 
Dieses lange und breite, höchst spärlich bevölkerte Gebirge ist 
ursprünglich jedenfalls mit mächtigen Wäldern von immergrünen 
und Korkeichen bedeckt gewesen, wovon im Westen (in den Pro- 
vinzen von Sevilla und Huelva und im Königreich Algarbe) noch be- 
trächtliche Reste und zwar urwaldähnliche Bestände vorhanden 
sind. Aber noch jetzt muss jenes ganze Gebirge als ein Wald- 



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gebirge bezeichnet werden, da es in seiner Totalität fast nnunter- 
brochen mit immergrünem Gebüsch (in der Hauptsache aus Cistus 
ladanifer L., bestehend) dicht bedeckt ist. Tage lang kann man 
durch diese Buscheinöde wandern, ohne ein Haus zu treflfen, ja 
ohne einem Menschen zu begegnen und glaube ich kaum, dass 
dieses Gebirgsland in früheren Zeiten, wo^ es mit Wäldern be- 
deckt war, mehr bewohnt gewesen seiix sollte. Gerade hier 
nun tritt der Oleander in den menschenleeren, unbewohnten 
Waldthälem als üferstrauch der Bäche und Flüsse in ungeheurer 
Menge auf, klafterhohe und höhere Büsche mit bis 4 Zoll star- 
ken Stämmen bildend. Auf erhabenen Punkten stehend, die eine 
weite Aussicht in Thäler gestatten, kann man im Juli imd August 
deu Lauf der dann meist versiegten Flüsse und Bäche meilen- 
weit an den breiten purpurrothen Streifen erkennen, welchen die 
in voller Blüthe stehenden Oleander-Büsche bilden. In den Thä- 
lem selbst ist die Luft ganz erfüllt von dem wahrhaft betäubend 
süssen Duft der schönen Pflanze, die gar nicht selten auch mit 
weissen Blumen vorkommt. Von den Thälem des marianischen 
Gebirgsystems ist der Oleander südwärts durch ganz Andalusien 
und Algarbien sowie durch Murcia und an den Meeresküsten ver- 
breitet, überall an Flussufem und feuchten, sumpfigen Plätzen 
wachsend. Auch in den Thälem der Provinzen von Alicante, 
Valencia, Castellon (dem ehemal. Königreiche Valencia) und Tara- 
gona mag der Oleander noch ursprünglich heimisch sein Nörd- 
lich und östlich von dem marianischen System, d. h. in ganz 
Central-, Ost- und Nordspanien (ob auch in Mittel-Portugal?) 
kommt der Oleander spontan gewiss nicht vor, findet sich aber 
in der Nähe von Ortschaften häufig verwildert, da er überall auch 
als Zierstrauch kultivirt wird. Auch auf den Balearen scheint 
er nicht heimisch zu sein. In Andalusien benutzt man seine 
schlanken Stockausschläge zu Reifstäben. Noch sei erwähnt, dass 
die Spanier den Oleander Adelfa nennen. Dieses Wort kommt 
keineswegs aus dem Griechischen, sondern ist ein corrumpirtes 
arabisches Wort, welches eigentlich Adefla lauten soll. Ob das- 
selbe eine Bedeutung hat, habe ich nicht erfahren können. Man 
könnte aber aus dieser arabischen Benennung schliessen, dass die 
Araber, welche zumeist von Marocco über Gibraltar nach Spanien 



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120 

gekommen sind, den Oleander bereits gekannt haben, weil sie ihn 
in Nordafrika angetroffen hatten. 

Ihr ergebenster 

Moritz Willkomm. 

Zu welcher Zeit der Oleander seine Wandenmg nach Osten be- 
gonnen hat, ist noch nicht ermittelt. Wahrscheinlich geschah es ziem- 
lich spät, wohl nicht vor dem 15. und 16. Jahrhundert. Zuerst wird 
er in Lobeis Plantarum seu stirpium icones im Jahre 1581, und 
zwar schon unter dem Namen Oleander erwähnt. Als er einmal 
seine Wanderung nach Osten begonnen hatte, scheint er rasch 
sich weiter verbreitet zu haben. In Italien mag er zuerst als 
Zierstrauch angebaut worden und von hier rasch nach Konstanti- 
nopel und selbst nach Syrien gekommen sein, denn der Augs- 
burger Rauwolf erwähnt ihn schon 1573—76 in der Beschreibung 
seiner morgenländischen Beise. 

Soviel steht fest, dass der Oleander nirgends im Oriente wild 
wächst; auch Gxisebach in Göttingen, gewiss ein zuverlässiger 
und tüchtiger Botaniker, hat ebenfalls auf seinen R^sen in Rume- 
lien und Bithynien keinen Oleander selbst gesehen, sondern nur von 
ihm sprechen hören. Man findet ihn nur an jetzigen und frühe- 
ren Kulturstätten, wie z. B. in Griechenland, wo er in Boden und 
Klima besonders günstige Verhältnisse fand, und in der Umgegend 
von Konstantinopel. Vielleicht wurde der Oleander schon zur Zeit 
der venetianischen Herrschaft aus Italien in Griechenland einge- 
führt, ein Umstand, der in diesem Falle die grosse Verbreitung, 
wie sie in keinem anderen Lande des Ostens vorhanden ist, einiger 
Maassen erklärte. 

Während eines längeren Aufenthaltes in Konstantinopel und 
in Trebisond, besonders aber im Pontischen Gebirge im Jahre 1843, 
habe ich nur in der Residenz des früher mächtigen Padischah's, 
jetzt aber kranken und allmählich absterbenden Mannes und in 
seiner weiteren Umgebung den Oleander angebaut gefunden, in 
Trebisond und längs der ganzen Nordküste Kleinasiens jedoch ihn 
eben so wenig gesehen, als die Orangenhaine, in denen Fall- 
merayer, der berühmte Verfasser der Geschichte des Trapezunter 
Kaiserreiches gesessen haben will. 

War denn die Beschreibung dieser meiner Reise, und zu- 



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nächst der erste Theil derselben Victor Hehn gänzlich unbe- 
kannt geblieben? Man kann freilich in der heutigen schreibseligen 
Zeit nicht Alles lesen, wenn es auch noch so wissenswerthe 
Gegenstande enthalt, die Kritik hatte sich aber damals mit grosser 
Anerkennung über meine ^Wanderungen im Oriente" ausgesprochen. 
Es musste doch Victor Hehn, da er über die Flor des Pontus 
etwas schreiben wollte und wirklich geschrieben hat, wichtig sein, 
von einem Augenzeugen zu erfahren, wie die dortige Flor aus- 
sieht. Meine Bearbeitung des Zuges der Zehntausend, die in den 
neueren Ausgaben der Anabasis, so viel ich ersehen, Anerkennung 
gefunden, ist Victor Hehn unbegreiflicherweise ebenfalls unbe- 
kannt geblieben. 

Ich machte 1843 in das Reich des Mithridates eine Reise 
mit dem bestimmten Zwecke, die dortige Vegetation, und vor 
Allem die Pflanzen, welche den in der Anabasis und später in der 
Beschreibung von des Pompejus' Heereszug nach Iberien erwähn- 
ten gifdgen Honig geliefert haben sollen, kennen zu lernen. Diese 
sehr go&hriiche Reise, wobei ich das vor und nach mir ziemlich 
unbekannte Pontische Gebirge drei Mal überstieg, wurde durch 
reiche wissenschaftliche Ausbeute, von der ich noch manchmal 
in diesen Blättern Gelegenheit zu berichten haben werde, gekrönt. 

Wären Victor Hehn diese meine Berichte bekannt gewesen, 
so hätte er erfahren, dass es Oleander-Gebüsche, von denen nach 
ihm dort alle Wälder voll sein sollen, im ganzen Pontus-Reiche 
nicht giebt, dass aber das Rhododendron, von dem Plinius und 
die Lateiner sagen, dass es aus Griechenland zu ihnen gekommen 
sei, noch heut' zu Tage in grösster Menge dort wächst. Linn^ 
hat diesem Rhododendron deshalb auch den Beinamen ponticum 
gegeben. 

Nachdem ich nun nachgewiesen, dass die alten und späteren 
Grriechen den Oleander gamicht gekannt haben, werde ich ver- 
suchen, festzustellen, was wohl Dioskorides unter seinem Ntjqiov 
verstanden haben mag. Es ist dieses keineswegs eine leichte 
Aufgabe. Was Dioskorides darüber mittheilt, ist sehr kärglich, 
und keineswegs, wie Victor Hehn meint, genau. Dioskorides 
bespricht sein NjJqiov im 82. Kapitel des 4. Buches, nachdem er 
Anoxvvov besprochen. Er giebt zuerst 8 Namen an, welche er 
auf seinen Reisen von seinem Nvqiov gefunden^ und behauptet. 



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122 

daas die Romer den Strauch auch ^Podavdgovfx^ nach einer ande- 
ren späteren und, wie es mir scheint, sehr unsicheren Lesart 
^OkaavdQovf,i^ genannt hätten. Es ist eigenthümlich , dass die 
Römer, wie ich früher schon mitgetheilt habe, in der Regel den 
ihnen von Dioskorides in den Mund gelegten Namen gamicht 
kannten. So auch in diesem Falle. 

Nach Dioskorides ist N^qiov sehr giftig. Es hat Blätter, 
ähnlich denen des Mandelbaumes, sie sind aber länger und dicker. 
Die Blüthe ist den Rosen ähnlich Qodoeiöig), Die Frucht be- 
steht aus Hörnern (xaQudv de ffcQei ojg xigara) und schliesst, 
wenn sie sich öffiiet, eine wollige Substanz ein, welche dem 
Ilannog der ^Axdv^a^ also des echten Bärenklau' s, entspricht. Die 
Wurzel ist lang, holzig und hat einen salzigen Geschmack. Die 
medizinische Anwendung des NriQiov blieb Dioskorides, wie immer, 
Hauptsache. Vielleicht hat er die Pflanze, wie es sehr oft gewesen 
sein muss, gamicht selbst gesehen, sondern er theilte nur mit, 
was ihm erst von Anderen gesagt worden war. 

Der Botaniker muss in Fällen, wo er nach schlechten oder 
kurzen Beschreibungen eine Pflanze bestimmen soll, sich haupt- 
sächlich auf charakteristische Merkmale, wenn sie vorhanden, 
stützen. Ein solches Merkmal liefert scheinbar die wollige Sub- 
stanz in der Frucht. Wir haben nur 3 Familien, wo in der 
kapselartigen Frucht Wolle eingeschlossen ist: die Salicaceae, die 
Asclepiadaceae und die Apocynaceae. Zu der ersten Familie kann 
N-qQiov aus vielen Gründen nicht gehören, wohl aber zu einer 
der beiden zuletzt genannten Familien. Es ist nicht zu leugnen, 
dass man auf unseren Oleander kommen konnte, wenn nicht 
andere und triftige Gründe, besonders sein Vaterland, dagegen 
sprächen. 

Abgesehen davon haben wir aber noch keine Erfahrungen 
darüber, ob der Oleander in der Tbat so giftig ist, als Dioskorides 
von seinem Nijqvov berichtet. Dass er giftig ist, kann man nur 
aus seiner Verwandtschaft mit sehr giftigen Pflanzen entnehmen. 
Wir haben aber auch hier, wie in der Familie der ToUblütbler, 
die KartofPeln, und selbst noch mehr Beispiele, dass zwischen den 
giftigsten Pflanzen wiederum deren vorkommen, die den Menschen 
eine gesunde und gute Nahrung liefern. Ich erinnere an die 
schmackhaften Früchte von Arten aus der Unt^rfamilie der„ Ca- 



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risseen. Eine der giftigsten Pflanzen der Apocynaceen ist bekannt- 
lich Tanghinia madagascariensis (früher zu dem ominösen Genus 
Cerbera gehörig), von einer sehr nah verwandten Art, die des- 
halb auch den Namen T. salutaris Lour. fahrt, schmecken aber 
wiederum die ölreicfaen Samen, wie Hasehiüsse, und werden auch 
gegessen. Im britischen Guiana wächst Tabemaemontana utilis 
W. et Am., eine Apocynacee, die einen so milden und gleich 
unserer Kuhmilch angenehm schmeckenden Milchsaft enthält, dass 
die Pflanze den Namen Milchbaum erhalten hat. 

Durch die Freundlichkeit meines geehrten Kollegen, Herrn 
Professor Dr. Ascherson, habe ich Gelegenheit gehabt, ein 
Fruchtezemplar des Oleanders aus Algerien zu erhalten. An 
ihm ersehe ich, was ich bisher noch nicht wusste, dass die Frucht 
eine bedeutende Grösse (über 7 Centimeter oder 4J Zoll Länge) 
besitzt. Hätte Dioskorides in der That, wie man meint, unter 
seinem NfJQiov unseren Oleander verstanden, so würde er wahr- 
scheinlich nur von 2 Hörnern und nicht von Hörnern überhaupt 
gesprochen haben. 

Wenn man das unbedingt wichtige Merkmal der Wolle in 
der Frucht festhält, so könnte auch eine andere Pflanze aus der 
Familie der Apocynaceen oder auch der Asclepiadaceen das 
NijQiov des Dioskorides gewesen sein. Aus beiden Familien haben 
wir aber in Europa und im vorderen Oriente nicht viele holzige 
Arten. Mir ist nur eine Art als aufrechte Pflanze, Cionura erecta 
(Apocynum) L. bekannt Diese ist aber nur halbstrauchig und 
kann deshalb nicht das Ni^giov des Dioskorides gewesen sein. 
Man könnte vielleicht auch das Pharmaceuten und Medizinern 
wohl bekannte Solenostemma Argel (Cynanchum) L. unter 
NiJQiov vermuthen, wenn diese Pflanze nicht auf Aegypten allein 
beschränkt wäre, Dioskorides aber sein NfJQiov allenthalben ge- 
funden haben muss, denn er fährt aus 8 verschiedenen Ländern 
die Namen an. 

Wenn demnach Nijqwv weder eine Apocynacee noch eine 
Asclepiadacee sein kann, so muss wohl das wichtige Merkmal der 
Wolle innerhalb der Frucht nach den Angaben des Dioskorides 
anders interpretirl werden. Diese Wolle entspricht nach ihm dem 
Uannog des echten Bärenklaues (Acanthus mollis L. und Dios- 
corides L.). Die Frucht des Bärenklaues hat aber gleich den 



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anderen Acanthaceen gar keine Wolle, sondern nur die bekannten 
Haken, an denen die Samen befestigt sind. Wenn diese auch 
den Rhododendren in der Weise fehlen, so sind doch ähnliche 
Bildungen eines Samenstieles vorhanden. Meine Ansicht ist dem- 
nach schliesslich, dass Nijqiov des Dioskorides Rhododendron pon- 
ticnm, was noch heut' zu Tage ganz in der Weise, wie Victor Hehn 
von dem Oleander angiebt, in den engen und schroff aufsteigenden 
Thalem des pontischen Gebirges wächst. Der Anblick dieser Rhodo- 
dendron-Gebüsche, wenn sie in Blüthen stehen, ist grossartig, besonders 
wenn man ausserdem noch das Romantische dabei berücksichtigt. 
Vergleicht man schliesslich ein solches Rhododendron ponti- 
cum L. mit der kargen Beschreibung des Ntjqiov^ wie sie Dios- 
korides gegeben hat, so mochten wohl die wenigen Merkmale 
weit mehr mit unserer Pflanze übereinstimmen, als mit jedem an- 
deren Blüthenstrauche. Vor Allem entsprechen die 5 Klappen 
der Frucht mit der Mittelsäule den (nicht 2, sondern mehr) 
Hörnern. 

Fünfte PamiUe. 

Oelblüthler, Oleaceae. 

Reichlich im Oriente und auch im südlichen Osteuropa ver- 
treten, enthält diese Familie auch sehr wichtige und zugleich 
interessante Pflanzen. Alle sind Gehölze. Von den hierher ge- 
hörigen Geschlechtem, welche in Griechenland wachsende Arten 
enthalten, sind zu nennen: Olea L., Phillyrea L., Ligustrum L. 
imid Fraxinus. 

L Der Oelbaum^ Olea L. 

Hier ist es wiederum die gewöhnliche, das unter verschie- 
denen Namen vorkommende Baumöl liefernde Olea europaea L., 
welche gleich dem Weinstock eins der wichtigsten Eultui^ehölze 
darstellt. Von beiden kennen wir das Vaterland eben so wenig, 
wie von unserem Weizen. Doch giebt wiederum Theophrast an 
(IV, 4, 1), dass der Oelbaum in Asien, jenseits Syrien wachse. 
Nach der griechischen Sage hat Athene den Oelbaum (ilaia) auf 
der Burg ( Akropolis) von Athen, und zwar da, wo das Erechtheion 
stand, gepflanzt und als besonderes Geschenk den Athenern über- 



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geben. Hier ist aber but von einem kultiTirten Oelbaiun die 
Rede. In Griechenland wuchs aber auch ein wilder, der wiederum 
als xoTivog bezeichnet wird. Von ihm wurden die Zweige ge- 
nommen, wenn die Sieger bei den Eampfspielen gekrönt werden 
sollten. Dass der kultivirte Oelbaum von diesem wilden, xoTivog 
genannten Ölbaume abzuleiten sei, wird nirgends gesagt, im 
Gegentheil wir müssen annehmen, dass der letztere aus ersterem 
durch Verwilderung entstanden ist. Ich habe, ebenso wie mein 
geehrter Freund, Herr Professor Haussknecht in Weimar, den 
Oelbaum im Oriente nirgends wild, nicht einmal verwildert ge- 
funden. 

Der Oelbaum gedeiht nur in warmen Gegenden, wie in Attika 
in der Nahe von Atheu, nicht aber im Gebirge. Es darf daher 
auch Dicht auffallen, wie Victor Hehn meint, dass Hesiod ihn 
nicht kannte, da er in dessen rauher Heimath nicht gedieh. 
Wüssten wir, woher Atheue nach Athen gekommeu, so könnten 
wir vielleicht über das Vaterland des Oelbaumes Auskunft erhal- 
ten, so ist aber Athene aus dem Haupte des Zeus entsprungen. 

Der berühmte Afrika-Reisende, Herr Dr. Schweinfurth, jetzt 
in Kairo lebend, fand ihn in den gebirgigen Ländern des süd- 
lichen Nubiens und zwar in der Gegend der Hafenstadt Suakin in 
einem Zustande, als sei er nicht verwildert, sondern hier ein- 
heimisch. Ich stimme dieser Meinung des genannten Forschers 
bei. In Nubien war eine uralte Kulturstätte, von der aus später 
Aegypten seine Kultur erst erhalten haben mag. In meiner 
Abhandlung über die Paradiesfeigen und ihr Vaterland habe ich 
ebenfalls zu beweisen gesucht, dass diese erste Speise der Men- 
schen in heissen Ländern ihr Vaterland ebenfalls in Nubien habe. 
Vielleicht könnte man aus der Heiligen Schrift, wo der Oel- 
baum mit seinem Oele ebenfalls eine grosse Rolle spielt, etwas 
Näheres über das Vaterland des Oelbaumes erfahren. 

Der Oelbaum spielt aber nicht allein in der Geschichte 
Athens wegen seines in der FruchthüUe befindlichen, allgemein 
als Nahrungsmittel gebrauchten Oeles eine grosse Rolle, auch das 
Holz war wegen seiner Härte und anderer sonstigen guten Eigen- 
schaften schon bei den Helden der Iliade und der Odyssee sehr beliebt 
und wurde viel verwendet. Das Oel ist ein fettes, ohne allen 



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Geruch und viel leichter als Wasser, mit dem es sich nie ver- 
mischt, daher es auch stets oben schwimmt. Die Griechen ver- 
wendeten es auch technisch, um die Fäden der Gewebe geschmei- 
diger zu machen, sie bestrichen wohl auch ihrai Körper damit, 
um ihm ein glänzendes Ansehen zu geben, aber wohl auch, damit 
die von der Sonne gebrannte harte Baut weicher und milder 
würde. 

Das fette Oel hat, wie gesagt, nicht den geringsten 
Geruch, wenn daher Victor Hehn auch von wohlriechendem 
Baum- oder Olivenöl spricht, so scheint ihm unbekannt zu sein, 
dass das die Nerven der Nase nicht immer auf eine angenehme 
Weise in Anspruch nehmende ätherische Oel, was deshalb im 
gewöhnlichen Leben auch als flüchtiges bezeichnet wird, damit es 
sich nicht so rasch verflüchtigen kann, durch fettes Oel gebunden 
wird. Es kommt in Form von Wohlgerüchen, Essenzen, Salben 
u. s. w. in den Handel und hat stets einen hohen Preis. Wenn 
die Helden der Ilias daher und der Odyssee sich mit duftendem 
Oel salbten, wie man heut' zu Tage sich mit Eau de Gologne 
und anderen Wohlgerüchen bespritzt, oder wenn die Leichname 
mit dergleichen duftendem Oele gesalbt wurden, so war es kein 
reines Olivenöl mehr, wie Victor Hehn meint, sondern irgend 
ein an fettes Oel gebundenes, vielleicht auch reines ätherisches 
Oel. Nach Victor Hehn ist zur Zeit des trojanischen Krieges 
das ätherisches Oel enthaltende Baumöl selten und theuer gewesen, 
und es hatten nur die Reicheren und Angeseheneren. Grade wie 
bei uns, wo die Bauern ebenfalls nicht daran denken können, für 
Wohlgerüche ihr Geld auszugeben. 

Welche Dehnbarkeit in der Verbreitung das ätherische Oel 
besitzt, ersieht man daraus, dass das Schweinefett, an das das ätheri- 
sche Oel gebunden ist, nicht leichter wird, wenn es wieder ent- 
zogen ist. Wir sind also gar nicht im Stande, durch unsere 
jetzigen Instrumente sein Gewicht auch nur annähernd anzugeben. 
Man erzählt, dass ein Sklave des Harems in Konstantinopel mit 
einem Fläschchen Rosenöl entfloh und sich nach Adrianopel flüchtete. 
Unglücklicher Weise zerbrach ihm auf dem Wege das Fläschchen 
und das ätherische Oel verflüchtigte sich in der Weise, dass er 
rasch verfolgt und bald ergriffen werden konnte. 

Jetzt benutzt man zum Binden eines ätherischen Oeles im 



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127 

Oriente nicht mehr das Baumöl, sondera das fette Oel einer 
deshalb allgemein angebauten Oelpflanze, des Sesamum indicum 
L., S. Orientale Cham. Ganz besonders wird es benutzt, um das 
sehr flüchtige Jasminöl zu binden und damit in den Handel zu 
bringen. Die allgemeine Meinung, dass das Jasminöl ein fettes 
sei, hat daher ihren Ursprung. Die Sesampflanze wird in Grie- 
chenland jetzt ebenfalls angebaut, zumal sie auch ein vorzügliches 
Speiseöl liefert. 

Dieses aus dem Samen des Sesamum indicum angefertigte 
Speiseöl scheint dasselbe zu sein, was schon die alten Griechen 
von Herodot, Aristophanes und Xenophon an kannten und dessen 
Pflanze von Theophrast vielfach genannt, aber nirgends einiger- 
massen verständlich beschrieben wird. Bei Herodot und den 
anderen mit ihm genannten altgriechischen Schriftstellern wird das 
Sesamöl stets mit einem Getreide, dem xiyxQoc:^ der fieUvri u. s. w., 
auffallender Weise aber nicht mit dem Weizen, genannt, wenn 
Kuchen gebacken werden sollten. Die Kuchen waren so gross, 
dass sie, wie man Herodot erzählt hatte, er aber nicht glauben 
wollte, bisweilen die Grösse eines Baumes hatten (Herod. I, 193) 
und deshalb unmittelbar an unsere Baumkuchen erinnern. 

Der Angabe, dass das Sesamöl schon den Griechen bekannt 
war, widerspricht einigermassen, dass die Sesampflanze in Ost- 
indien einheimisch ist und von da sich westwärts über die heissen 
Länder des Orientes ausbreiten musste, um nach dem Oriente zu 
kommen. Warum sollte dieses aber nicht auch schon zur Zeit 
der alten Griechen geschehen sein können? Allerdings haben wir 
kein zweites Beispiel von einer anderen ursprünglich ostindischen 
Pflanze, dass sie sich von selbst schon in alten Zeiten westwärts 
ausgebreitet hätte, wir haben ausserdem alle übrigen ostindischen 
Pflanzen, wie das Basilikenkraut u. s. w., erst mit der leichteren 
Verbindung mit Ostasien durch die Entdeckung des Seeweges um 
Afrika erhalten. 

U. Phillyrea L. 

Wir haben, insofern die zweifelhafte P. indica oder Lowii 
ausgeschlossen wird, 4 Arten dieses Geschlechtes, sämmtlich immer- 
grün. Nach Boi ssiers genauen Forschungen kommt von diesen 
nur P. media L. in Griechenland vor. Sie ist als P. latifolia in 



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128 

der Flora graeca (Tab. 2) abgebildet und wächst häufig in der 
immergrünen Region. Die ächte P. latifolia L. hingegen ist nur im 
Westen der Mittelmeerländer, nämlich auf der Pyrenäischen Halb- 
insel und in Italien zu Hause, ebenso P. angustifolia L. Aus 
Jrrthum ist daher letztere auch in Griechenland wild angegeben, 
so selbst von Aug. Mommsen. 

Theophrast schreibt qptii'p^a, Dioskorides (pillvqia^ Linn^ 
hat die letztere Schreibart in der systematischen Botanik eroge- 
fuhrt Theophrast nennt (piXvQia nur ein Mal (I,, 9, 3), nicht 
zwei Mal, wie Wimmer will, und giebt von dem Strauche gar 
keine Beschreibung. 

Mit ihr hat er in seiner Naturgeschichte noch zwei Pflanzen 
zusammengestellt, von denen er nur sehr oberflächliche Kunde 
giebt: (pvXUrj und x^Xaovgog. Alle drei kommen darin überein, 
dass sie immergrüne dornige Gehölze sind. Wenn demnach 
(piXvqia unsere jetzige Philyrea media bedeutet, so hat man wohl 
unter g>vXixri Rhamnus Alatemus L., und unter xTJlaoTQog Tlex 
Aquifolium zu verstehen. Die letzte kommt nur im Hochgebirge 
des Nordens von Griechenland und in Makedonien wild vor, wäh- 
rend die beiden anderen durch ganz Griechenland verbreitet, 
einander aber so ähnlich sind, dass man sie sehr leicht mit ein- 
ander verwechseln kann und sie auch in der That oft verwechselt 
werden. 

Als domige immergrüne Gehölze wären als in Ghriechenland 
wildwachsend schliesslich noch einige Rhamnus-Arten zu ver- 
zeichnen. Von ihnen werde ich später noch ausführlich berichten. 

Nach Dioskorides ist (piXXvqia ein Baum ähnlich dem xvnqog 
in der äusseren Erscheinung, unter diesem Namen beschreibt 
wiederum zuerst Nicander (um 146 v. Chr.) einen Gewürzstrauch, 
aus dessen gelblich-weissen Blüthen unter Zusatz von Sesam und 
Myrrhen ein wohlriechendes Oel bereitet wurde. Der Baum 
xvTiQogj der die beste Arznei liefert, wuchs bei Askalon und 
bei Kanopus, also in Syrien und Aegypten. 

Man glaubt ziemlich allgemein, dass unter xvrtQog der echte 
Alkannastrauch, Lawsonia spinosa L., womit die Orientalen noch 
heut' zu Tage sich Haare, Augenbrauen und Nägel färben, zu 
verstehen sei, verwechselt aber diesen Strauch wiederum mit der 
Alkanna-Staude, Alkanna tinctoria (Lithospennum) L., einFärber- 



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129 

kraut, was in Griecheiüand sehr viel verbreitet und auch von 
Aug. Mommsen unter den in Atdka wachsenden Pflanzen auf- 
geführt ist. Lawsonia spinosa L. hingegen verlangt zu ihrem Ge- 
deihen sehr warme Lander und würde selbst in Griechenland nicht 
gedeihen. Vaterland des Alkannastrauches ist wahrscheinlich Be- 
lutschistan oder auch Arabien, in Syrien wurde er seit schon langer 
Zeit nur angebaut. 

Leider ist (pilXvQia des Dioskorides nur sehr kurz beschrie- 
ben, um darnach entzifPem zu können, welche Pflanze er darunter 
verstanden hat. Sie hat die Blätter etwas breiter, als der Oel- 
baum. Die schwarzen Früchte schmecken etwas süss. Ihr Vor- 
kommen ist auf rauhe Orte beschränkt. Das sind die aufgeführ- 
ten Merkmale, welche aber nicht auf Phillyrea media passen. 
Diese verlangt umgekehrt ein warmes Klima und wächst in Grie- 
chenland auch nur an warmen Orten. Die Beeren sind femer 
bei diesem Strauche auch nicht schwarz, sondern so viel ich deren 
gesehen, roth. Es wäre demnach dagegen wohl möglich, zumal 
auch die Form der Blätter noch mehr den Angaben des Dios- 
korides entspricht und die anfangs grünen Früchte schliesslich 
schwarz werden, dass unser Ligustrum vulgare L. die (piXlvQaa 
des Dioskorides gewesen wäre. Wir haben in wärmeren Ländern 
auch eine Abart unseres gewöhnlichen Ligusters, wo die Blätter 
erst im nächsten Frühjahre abfallen. Diese Abart war schon 
Philipp Miller, dem bekannten englichen Freunde Linn^'s, 
bekannt und hat von ihm wegen dieser Eigenschaft einen beson- 
deren Namen, Ligustrum italicum erhalten. 

IIL Bainweide^ Ligrnstrum L. 

Ligustrum ist ein altes lateinisches Wort, was die Römer 
schon zur Bezeichnung desselben Strauches benutzten. Linn^ 
führte es in der systematischen Botanik ein, während es schon 
die Väter der Botanik vom 15. Jahrhundert aäi für unsere Rain- 
weide gebraucht hatten, üeber den Strauch ist e^en gesprochen 
worden. Ich füge diesem nur noch hinzu, dass er zwar in Grie- 
chenland wild wächst, aber nur sparsam in den höher gelegenen 
Gegenden des Nordens von Griechenland. 

IT. Esehe^ Fraxinus. 

Auch Fraxinus ist ein altes lateinisches Wort, worunter die 

Koch. 9 



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130 

Römer bereits unsere Eschen yerstanden. Sie bildeten schon in 
den ältesten Zeiten wichtige Bäume, die in der Landwirthschaft, 
vor Allem bei dem Weinbau Italiens eine wichtige Rolle spielten. 
Die Väter der Botanik bedienten sich des Wortes ebenfalls schon 
zur Bezeichnung der Eschen und Linn^ führte das Wort in 
gleichem Sinne in der systematischen Botanik ein. Philologischer 
Seits hält man das schon in den ältesten griechischen Werken 
vorkommende Wort ^lelirj und f^eXia ebenfalls für die Esche. In 
wie weit diese Annahme richtig ist, werde ich zeigen. 

Bei Homer spielt f^eXiTj eine wichtige Rolle. Es ist ein hoher 
Baum an zwei Stellen der Iliade. Im 13. Buche heisst es vom 
178. Verse an (nach der Voss'schen üebersetzung:) 

,Da taumelt er hin (der Troier Imbrios) wie die Esche, 
Die auf luftigem Gipfel des weitgesehenen Berge6 
Nieder vom Erze gehauen, zur Erd' ihr zartes Gespross senkt.^ 

Hingegen lautet es im 16. Buche vom 767. Vers, wo der 
heftige Kampf zwischen Troiem und Danaem geschildert wird: 

,Wie wenn der Ost und der Süd zugleich sich anstrengen im Wettstreit 

An des Gebirgs Abhänge den tiefen Wald zu erschüttern 

Buch' und erhabene Esch' und zäh' umwachsne Kornelle, 

Dass sie wild an einander die ragenden Aeste zerschlagen 

Mit graunyoUem Getos' und der Sturz der zerbrochnen umherkracht.'' 

Das hier gebrauchte Epitheton Tavvq)loiog entspricht dem 
Linn^'schen Namen Fraxinus excelsior. Da aber diese gar nicht 
in Griechenland wächst und auch ohne Zweifel früher nicht da- 
selbst vorgekommen ist, so kann fielirj des Homer auch gar nicht 
unsere Esche gewesen sein. Wohl aber kommt die Blüthenesche, 
Fraxinus Omus L., von der besonders auf Sicilien die medizini- 
sche Manna gewonnen wird, in Griechenland, aber nur im hohen 
Norden vor. Diese wird aber höchstens ein kleiner Baum und 
bleibt in der Kegel strauchartig, kann also ebenfalls nicht die 
fielitj TavvcpXoiog des Homer gewesen sein. 

Aus dem Holze der (xeXiri liess aber Homer auch die Lanzen- 
schäfte machen. Daraus geht hervor, dass seine fieXiri in Griechen- 
land allgemeine Verbreitung gehabt haben muss. Das Holz unse- 
rer Esche möchte dagegen kaum ein passendes Material zu Lan- 
zenschaften geliefert haben, da es zu leicht ist, doch findet es 
jetzt auch allgemein Verwendung zu den Speichen der Wagen- 



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181 

r&der. Besser möchte sich allerdings die Blüthen- oder Manna- 
Esche dazu geeignet haben, da deren HoLb weit fester ist. 

Auch nach Homer wird das Wort fieXuj oder viehnehr von 
nun an fteXia von griechischen Schriftstellern, freilich ohne alle 
nähere Bezeichnung, viel gebraucht, so von Hesiod, den Tragikern 
und Komikern, nicht aber von Herodot und Plato. Theophrast 
ist erst wiederum der einzige griechische Schriftsteller, der von 
^€lia eine Beschreibung giebt (III, 11, 3 und 4). Nach ihm 
giebt es sogar zweierlei Eschen, eine niedrige und eine hohe, die 
letztere nennt er auch ßovfiihog. Beide unterscheiden sich aber 
auf eine Weise von einander, dass man glauben sollte, er habe 
zwei ganz von einander verschiedene Gehölze vor sich gehabt. 
Gemeinschaftlich haben beide nur die gefiederten Blätter, die sich 
aber wiederum von denen unserer Eschen dadurch unterscheiden, 
dass die Blättchen stechende Randzähne besitzen. 

Nach Theophrast wachsen die hohen Eschen nur in der 
Ebene am häufigsten aaf feuchten Stellen, während die niedrige 
Art nur im Gebirge vorkommt und zwar hauptsächlich an trocke- 
nen Stellen. Die letztere hat ein schönes frisches Ansehen, lauch- 
grünes Laub und ziemlich hartes und festes Holz von gelblicher 
Farbe, während die feuerrothe Kinde sich rauh anfühlt, dagegen 
fallt die hohe Esche nicht angenehm in die Augen, da ihre 
Blätter weissf arbig (ja selbst nicht gefärbte dxQooc) sind. Da- 
gegen erscheint die Rinde glatt und das Holz weiss und weich. 

Die Unterschiede zwischen der hohen und niedrigen fuelia 
des Theophrast sind hinsichtlich der Früchte noch grösser. Die 
erstere hat Flügelfrüchte, wie unsere Esche, die andere hingegen 
Früchte von der Gestalt einer Kugel. Sie sind aber meist zu- 
sammengesetzt und werden deshalb mit denen der Platane ver- 
glichen. 

Dass (üeXirj des Homer und fueUa des Theophrast dieselben 
Gehölze darstellen, unterliegt woU keinem Zweifel, die (neUa des 
Dioskorides ist jedoch ein ganz anderes Gehölz, aber auch nicht 
unsere Esche. Nach Dioskorides (1. Buch 108. Kap.) wurden 
die Blätter seiner inelia ausgepresst und den dadurch erhaltenen 
Saft wendete man hauptsächlich gegen Schlangenbiss an, die bei 
der Benutzung des harten Holzes dagegen abfallenden Spähne gal- 
ten für giftig (avaiQBTixa), Diese Angaben passen nicht auf 

9* 



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132 

unsere E^hen, deren Holz völlig unschädlich ist und deren Blät- 
ter sogar von den Schafen gern gefressen werden. 

Nach dem, was ich über f^elir] und f^eUa der Griechen ge- 
sagt habe, fahle ich mich völlig ausser Stande zu bestimmen, was 
einerseits Homer und Theophrast, andererseits Dioskorides darunter 
verstanden haben, auf keinem Fall darf man aber, wie es bisher 
geschehen, unsere Esche darunter verstehen. 

Secliste Familie. 

Stecheichen, Aquifoliaceae. 

Aus dieser aus immergrünen Gehölzen bestehenden Familie 
habe ich nur die gewöhnliche Stecheiche, Hex Aquifolium L. zu 
verzeichnen. Der Genus -Name Hex bedeutet, wie ich schon 
(S. 8) früher mitgetheilt habe, bei den alten Römern die immer- 
grüne Eiche, Quercus Hex L., und ist das griechische TiQivog. 
Die Aehnlichkeit im Aeusseren, besonders die domigen Zähne am 
Rande der Blätter mag Linn^ bestimmt haben den lateinischen 
Namen der immergrünen Eiche auf die Stecheiche überzutragen. 

Was den zweiten, den Art-Namen anbelangt, so verstanden 
die Römer, und besonders Plinius, nicht unser heutiges Hex Aqui- 
folium L. darunter, sondern, wie es scheint, verschiedene, aber stets 
domige Gehölze. So soll Aquifolium einmal (XXVII, 63) das Cra- 
taegon des Theophrast sein, ein anderes Mal werden die Milaces 
der Ghriechen, d. i. Smilax aspera L. von den Landbewohnern 
Aquifoliae genannt (XVI, 19). An einer dritten (XVI, 230) 
heisst es: Bato vectis aquifolios laureos, ulmeos fieri jubet etc., an 
einer vierten (XXIV., 116) wird noch ausführlicher mitgetheilt, 
wozu Aquifolium gebraucht wird. 

Aus der Römerzeit ging das Wort Aquifolium (hier und da 
auch als Agrifoliura) zu den Vätern der Botanik im 16. und 
17. Jahrhundert über, man verstand aber verschiedene Pflanzen 
darunter, am häufigsten die Cochenill-Eiche Quercus coccifera L. 
(Vergl. unter den Eichen S. 53.) Was Linnö bestimmt hat, das 
Wort Aquifolium als Artnamen für seine Stecheiche (Hex Aqui- 
folium) zu gebrauchen, lässt sich nicht weiter bestimmen, wohl 
nur die domigen Blätter. 

Die Stecheiche gehört zu den Gehölzen, welche sich im Ver- 



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133 

laufe einer langen Zeit rasch, besonders nach Westen, weiter ver- 
breitet haben. Für das ursprüngliche Vaterland halte ich das alte 
Kolchis, vor Allem die Küstengegenden am Schwarzen Meere und 
vielleicht die Gebirgsländer des alten Thraziens und Makedoniens 
bis in den Norden Griechenlands. Ob trotzdem die alten Griechen 
die Stecheiche gekannt haben, ist zwar wahrscheinlich, aber 
keineswegs gewiss. Sie ist wohl eine der immergrünen und dor- 
nigen Gehölze, welche Theophrast (I, 9, 3) als einander nahe 
stehend {(piXvQea^ qvlixrj und xijXaazQog) bezeichnet (vergl. S. 128 
unter q>ilvQia)j imd zwar xjjXaatQog. Was später Theophrast 
über den Gebrauch des sehr festen Holzes (V, 7, 7), sowie über 
die späte Fruchtreife (III, 4, 5) sagt, stimmt ziemlich genau mit 
der Stecheiche überein. 

Siebente Familie. 
Storaxgehölze, Styraceae. 

unter Styrax L. versteht man jetzt verschiedene Gehölze aus 
der alten und neuen Welt, die Väter der Botanik hatten das Wort 
aber für Styrax officinalis L., einem auch in Griechenland wachsen- 
den Strauch eingeführt. Von ihm war willkürlich angenommen, 
dass er schon den Alten das wohlriechende Harz, was ebenfalls 
den Namen OTvga^ führte, geliefert habe. Das ist aber eine durch- 
aus irrige Ansicht, denn Styrax officinalis L. liefert, wie Fraas 
zuerst nachgewiesen und der berühmte englische Pharmakolog 
Hanbury bestätigt hat, gar kein Harz. Die Mutterpflanze des 
Harzes Styrax ist noch keineswegs ermittelt, man nimmt aber 
allgemein an, dass es von einem Geholze stamme, was in die 
Familie der Platanaceae gehört und jetzt den Namen Liquidambar 
Orientale Mill. führt. Bei der Besprechung der griechischen Pflan- 
zen aus genannter Familie habe ich mich (S. 79 £F.) bereits aus- 
führlich darüber ausgesprochen und muss demnach dorthin ver- 
weisen. Ich wiederhole nur, dass das Harz Styrax der Griechen 
nur Handels- Artikel war, und gar nicht in Griechenland gewonnen 
wurde. Am Bestimmtesten spricht dieses Dioskorides im 79. Kap. 
des 1. Buches seiner Materia medica aus. 

Aus welcher Pflanze der Styrax der Alten gewonnen wurde, 
lässt sich jetzt gamicht mehr ermitteln, wahrscheinlich möchte es aber 



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134 

ein Gehölz aus der Familie der TerpenthinpflaDzeD gewesen sein 
and das Harz selbst der Myrrhe oder dem Weihrauch, wie auch 
behauptet wird, ähnlich gewesen sein. 

Achte Familie. 
Eisenholzer, Ebenaceae. 

Unter eßevog verstand schon Herodot (III, 97) das schwarze 
Ebenholz, dessen Mutterpflanze (Diospyros Ebeuus L.) ein grosser 
in Ostindien wachsender Baum ist; es muss also das Ebenholz 
schon sehr frühzeitig nach Griechenland als Handelsartikel ge- 
kommen und eine beliebte, aber auch theure Waare gewesen sein. 
Herodot spricht oft von ihm. Auch Theophrast kennt das Holz 
und beschreibt es (IV, 4, 6). Nach ihm giebt es zweierlei Sor- 
ten: eine gute, theure (die echte) und eine schlechte, weil ver- 
fälschte, und wohlfeile (J^dxBQov de noXv), Dasselbe sagt auch 
Dioskorides (im 29. Kap. des 1. Buches). Die Verfälschung des 
schwarzen Ebenholzes geschieht aber auch noch heut' zu Tage 
durch das Kernholz unseres Bohnenbaumes oder Goldregens (La- 
bumum vulgare Gris., Cytisus Laburnum L.), was deshalb auch 
bei dem deutschen Volke den Namen Falsch-Ebenholz besitzt; 
das schwarze Ebenholz hat wegen seiner Schwere und Härte, so 
dass es im Wasser untersinkt, auch den Namen Eisenholz er- 
halten. 

Linn^ bedieute sich des altgriechischen Namens Ebenes ganz 
beliebig für 2 Sträucher aus der Abtheilung der Schmetterlings- 
blüthler oder Papilionaceen, welche den Namen Loteae führt 
und die kleeartigen Pflanzen enthält, die Mutterpflanze des 
schwarzen Ebenholzes nannte er dagegen Diospyros Ebenus 
L. Nicht alle Diospyros-Arten haben aber ein schweres Holz. 
Es giebt eine Art, welche im Oriente als Fruchtpflanze wild 
und angebaut vorkommt. Wegen der Aehnlichkeit nennt man 
es daselbst Schwarze Dattel (Kara - Churma). Die schmutzig- 
gelbe, fleischige Frucht ist aber reif vom Baume genommen, nicht 
geniessbar, sondern muss erst eine Zeit lang liegen, um teig zu 
werden (ähnlich unserer Mispel) und damit auf den Markt zu 
kommen. 

Wenn Wimmer und Andere die Jioanvqog des Theophrast 



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135 

für die eben näher bezeichnete Diospyros Lotus L. halten, so ist 
dieses wiederum um so mehr eine irrige Ansicht, als der Baum 
gar nicht in Griechenland wächst und es darnach auch nicht sein 
kann. JiooTivQog des Theophrast ist eine Abart seiner xegaoog 
und unterscheidet sich von dieser nur dadurch, dass der Kern 
{nvQijv) der Frucht hart erscheint, während er bei xsQaaog weich 
ist. (Vergl. das Genus Cerasus in der Familie der Steinobst- 
gehölze.) 

Wie Liunö dazu kommt, den Namen Diospyros für die Ge- 
hölze des schwarzen Ebenholzes zu gebrauchen, das altgriechische 
Wort dagegen für ganz andere Gehölze, fär Schmetterlingspflanzen 
in Anwendung zu bringen, versucht man umsonst zu erklären. 
Man darf sich deshalb nicht wundem, wenn auf diese Weise der 
herrschende Wirrwarr, wie wir ihn jetzt haben, über die Bedeu- 
tung griechischer Pflanzen-Namen entstanden ist. 

Neunte Familie. 

Haideblüthler, Fricaceae. 

Die Arten dieser grossen Familie haben eine eigenthumliche 
Bildung der Bluthen, insofern sich an den Staubbeuteln hömer- 
oder grannenähnliche Anhängsel befinden, ein Umstand, der auch 
Linne veranlasste, der Familie den Namen Bicomes zu geben. 
Nur die wenigsten Ericaceen besitzen schmale, nadeiförmige, 
denen unserer Haiden ähnliche Blätter, bei den meisten sind diese 
breit, aber ebenfalls immergrün. Obwohl die Haideblüthler in 
der nördlichen gemässigten Zone meist, besonders in Nordamerika, 
sehr verbreitet sind, so ist die Zahl derer, welche in Griechenland 
wachsen, verhältnissmässig gering. Wir haben nur die beiden Erd- 
beerbäume (Arbutus- Arten); drei echte Erica- Arten und Brucken- 
thalia spiculifolia Rchb. (nicht spicuMora Boiss. und Andere), 
so wie die Halbsträucher Pyrola chlorantha Swartz und secunda L. 
Rhododendron, von denen ich schon früher berichtet habe 
(S. 121 ff.) kommen, wie gesagt, nicht in Griechenland vor. 

!• Erdbeerbaum^ Irbutns« 

Zu den Pflanzen, welche von ihrer ürsprungsgegend sich 
leicht weiter verbreiten und schliesslich einen grossen Verbreitungs- 



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186 

bezirk einnehmen, gehören auch unsere beiden Erdbeerbäume 
Arbutus ünedo L. und Andrachne L. Die Ausgangspunkte für 
beide sind wahrscheinlich das warme südöstliche Europa mit 
Griechenland, Arbutus ünedo L. wanderte nach Westen, A. An- 
drachne L. nach Osten. Die alten Römer scheinen nach meinen 
Untersuchungen nur Arbutus Unedo gekannt zu haben, obwohl 
ihnen beide Namen Arbutus und ünedo geläufig waren. Dagegen 
habe ich auf meinen Reisen im Oriente, ebenso andere Reisende 
fast nur Arbutus Andrachne L. gefunden. Sie wächst jetzt weit 
nach Osten hin, bis nach Persien und Syrien, ja selbst, wie mir 
berichtet wurde, bis nach Ostindien. 

Bevor ich zu den beiden Erdbeerbäumen übergehe, möchte 
es nothwendig sein, einen Wirwarr, der sich in den mir zu Ge- 
bote stehenden griechischen Wörterbüchern vorfindet, aufzulösen. 
Die beiden Worte avdQax'^rj und dvÖQctxv^t] bedeuten zwei ganz 
verschiedene Pflanzen, nicht aber, wie aus diesen hervorgeht, nur 
eine und zwar den Erdbeerbaum. ^AvÖQayyri wird zwei Mal von 
Theophrast, aber nicht in der Geschichte der Pflanzen,* sondern 
in de causis (I, 10, 4 und IV, 3, 2) erwähnt, und ist unzweifel- 
haft ein Gemüse und wahrscheinlich unser Portulak. ^AvöqaxXrj 
ist dagegen der Erdbeerbaum. 

Theophrast hat für die Erdbeerbäume Griechenlands 3 Na- 
men: xofiaQOv^ oivdQa%Xrj und dq)dQxr]y so viel Arten wuchsen 
auch in Griechenland in der alten klassischen Zeit und wachsen 
noch daselbst. Alle haben ziemlich breite immergrüne Blätter 
und an den Enden der Zweige schöne umenförmige und schwach 
röthliche oder weisse in Rispen gestellte Blüthen, die sich später 
in Beeren von hellrother Farbe umwandeln. 

1 KofxaQov ist Arbutus ünedo L. Sie ist die grösste und 
kommt auch baumartig vor. Ihre breitlänglichen Blätter sind 
gesägt und stehen an rostfarbigen, mehr oder weniger behaarten 
Zweigen. Die Rinde löst sich in dicken blattartigen Stücken, wie 
bei der Platane (IV, 15, 2 xal yaQ g)loi.o^Qayfj svia xüv davÖQiov 
iüTiv üoneQ xat ij dv3()äxXr] xai ij Tildvavog) ab und charakte- 
risirt sich dadurch leicht. xoitiaQov fangt frühzeitig zu blühen 
an und blüht bis spät in den Herbst hin, so dass an einem und 
demselben Baume im Sommer Blüthen und Früchte vorhanden 
sind. Die letzteren Qisfiaixvlov) haben die Grösse und Gestalt 



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187 

einer grossen runden Walderdbeere und sind mit kleinen rund- 
lichen Warzen bedeckt, die ihr das Aussehen einer Erdbeere 
geben. Ihr Geschmack ist zwar sauer^ sie werden aber vom ge- 
meinen Volke allgemein gegessen, und wurden schon im Aher- 
thum gegessen (DI, 16, 4 sdaidifiov). Zur Zeit des Dioskorides 
(mat. med. im 125. Eap. des 1. Buches) standen sie aber als 
Genussmittel in schlechtem Rufe, da sie der Magen nicht vertrüge 
und sie ausserdem Kopfweh machten (xaxoatofiaxov öi xai 
xeq>alalyrf). Die Meinung hatte man im alten Rom nicht, im 
Gegentheil, man hielt die Frucht für so ausgezeichnet, dass Varro 
sie gleich den Eicheln, Brombeeren und Aepfeln, für eine uralte 
Nahrung des Menschen hielt. Die Römer kannten nur einen Erd- 
beerbaum, Arbutus Unedo L., aber unter zwei Namen, Arbutus 
und Unedo. Beide Namen bedeuten aber bei Plinius (XXIII, 151) 
ein und dieselbe Pflanze. Plinius f&hrt auch die griechischen 
Namen Cornaron und Memecylon als in Rom bekannt auf (XV, 99) 
und hält ebenfalls den Genuss der Früchte für schädlich. 

2. ^AvdQaxkr} ähnelt nach Theophrast dem xo^aQOv in Allem 
(III, 15, 5), ist nur etwas kleiner, und stellt ohne Zweifel eben- 
falls eine Arbutus Unedo L. dar, von dem es gewiss damals, wie 
jetzt, mehre Abarten gab. Das Holz der l^vdQcixlrj ist so vor- 
züglich, dass es die Frauen gewohnlich zu ihren Webstühlen ver- 
wenden (V, 7, 6). 

3. l^cpaQxrj ist der zweite Erdbeerbaum Arbutus Andrachne 
L., der in Griechenland wächst. Da die Früchte hart (auch ohne 
Warzen, also glatt) sind und das Holz keinen weiteren Werth 
besitzt, weil es nur zu Pfählen und zum Brennen benuzt wird 
(V, 7, 7. Tfj de äcpaQxrj elg x^Q^^f^S ^^ ^^^ ^^^ xaiev)^ so 
spricht Theophrast auch nur wenig von ihm. Der Arbutus An- 
drachne L. bin ich auf meinen Querzügen im Oriente, selbst in 
grossen waldartigen Ausbreitungen, viel begegnet. Die helle rost- 
farbige ganz glatte Rinde nimmt sich zu dem freudigen Grün 
der nicht gesägten und daher ganzrandigeii Blätter und den weissen 
Blüthentrauben wunderschön aus. 

Linne gebrauchte als Genus-Namen der Erdbeerbäume das 
lateinische, besonders von Vergil für den Erdbeerbaum mit Früch- 
ten denen der Erdbeere (Arbutus Unedo L.) ähnlich viel ange- 
wendete Wort Arbutus, als Artnamen bediente er sich aber nicht 



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138 

des Wortes Andrachle, sondern wiederum eines der beiden Namen, 
welchen die Römer für ihren Erdbeerbaum hatten, ünedo. 

Für den andern Erdbeerbaum mit heller glatter Kinde und 
härtlichen Früchten nahm er als Artnamen anstatt des Wortes 
Andrachle, was Erdbeerbaum bedeutet, das ähnliche Wort An- 
drachne, worunter aber die Griechen ein Gemüse und zwar den 
Portulak verstanden. 

Das griechische Wort Cornaron benutzte Linn^ als Genus- 
Namen für eine krautige Sump^flanze, dem heutigen Gomarum 
palustre, Memaikylon, lat. Memecylon aber für ein ceylonisches 
Gehölz. Was schliesslich Apharke anbelangt, so wurde es von 
Linn^ gar nicht angewendet. 

U. Echte Haide, Erica. 

In Griechenland wachsen 3 Haiden, und zwar E. multiflora 
L., verticillata Forsk. u. E. arborea L. Die beiden ersteren sind 
die häufigsten, besonders auf dem Festlande und dienen beson- 
ders in Attika als Brennmaterial und zur Anfertigung von Kohlen 
für die Metallarbeiter Athens. E. arborea L. wächst hauptsäch- 
lich im Peleponnes. Die Angabe Sibthorp's, dass auch E. camea 
L.' in Griechenland wächst, ist nach Fraas und Boissier eine 
irrige, da diese Art auf den Westen Europas beschränkt ist und 
ostwärts nur bis Dalmatien geht. Wenn aber Fraas eine andere 
Form der E. carnea L., welche Linn^ als selbständige Art unter 
dem Namen E. mediterranea beschrieben hat, unter seinen 4 in 
Griechenland wachsenden Haiden aufführt, so begreift man diesen 
Widerspruch nicht. 

Der griechische Name für Haide ist eQeixri. Das Wort kommt 
zuerst bei Aeschylos, aber nur einmal, vor, dann wiederum erst 
bei Theophrast und etwas später bei Theokrit. Theophrast spricht 
nur zwei Mal von einer Pflanze egeUrj^ bezeichnet sie aber nicht 
weiter, so dass man aus beiden Stellen auch nicht im Entfern- 
testen errathen kann, was er darunter verstanden hat. Auch 
Dioskorides spricht von der Haide, aber nur sehr kurz, weiss 
aber doch, dass sie ein vorzügliches Bienenfutter darstellt. Damit 
giebt er aber uns erst die Gewissheit, dass wir unter FQsixrj wirk- 
lich die Haiden zu verstehen haben. 

Zu den Haiden gehört auch Bruckenthalia spiculifolia 



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(Erica) Sibth. von dem älteren Reichenbach in Dresden zum 
selbständigen Genus erhoben. Sie hat eine ziemlich grosse Ver- 
breitung vom Banate Ungarns über Makedonien und Griechen- 
land bis nach Eleinasien. Leider ist sie in unseren Gärten noch 
nicht eingeführt. 

Wenn früher schon behauptet wurde, dass man unter iQeixij 
auch andere ähnlich wachsende Pflanzen, wie besonders strauchige 
Meldenblüthler ( Chenopodiaceae ) zu verstehen habe, so lässt 
sich nichts dagegen einwenden. Man mag daher das, wlEis ich 
bei den Meldenblüthlem darüber gesprochen, nachlesen und ver- 
gleichen. 

Schliesslich komme ich noch auf die Behauptung der Erklärer 
des Theophrast, dass dieser auch die Heidel- oder Blaubeere 
(Vaccinium Myrtillus L.) gekannt habe. Nach Theophrast (III, 
17, 6) wächst nämlich auf dem Berge Ida auf Kreta eine ccfineXog 
strauchartig mit kleinen Aesten oder Ruthen von der Länge eines 
Ellbogens, an denen sich schwarze Beeren von süssem Geschmack 
befinden. Sie enthalten weiche, denen der Weinbeere ähnliche 
Kömer. Das kleine Blatt ist rund und ganzrandig. 

Auf Kreta ist zwar nach Boissier der Heidelbeerstrauch 
noch nicht aufgefunden worden, wohl aber im Kaukasus, im Pon- 
tischen Gebirge, auf dem bithynischen Olymp und schliesslich 
auch in Makedonien, warum sollte er aber nicht daselbst wachsen 
können? Die Beschreibung des Theophrast ist aber trotz der 
Kürze so bestimmt, dass man gar keine andere Pflanze darunter 
verstehen kann. 

Zelmte Familie. 

Gaisblatt pflanzen, Caprifoliaceae. 

Unter diesem Namen hat man zwei Gruppen von Pflanzen, 
meistens Gehölze, zum Theil auch Lianen, d. h. Schlingpflanzen 
zusammengefasst, die eine sehr geringe Verwandtschaft zu einan- 
der haben. Die eine Gruppe, Lonicereae, enthält die eigentlichen 
Gaisblattpflanzen oder Heckensträucher, zur anderen, den Sam- 
buceae oder Schlingen, gehören dagegen auch der schwarzfrüchtige 
Flieder (Sambucus nigra). 



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140 

I. Oaisblatt und Heokenstranch, Lonieera. 

Was zunächst die in Griechenland wachsenden Lianen aas 
dieser Gruppe der Caprifoliaceen anbelangt, so sind bis jetzt Lonieera 
etrusca Santi, L. implexa Ait. und L. Periclymenum L. in Griechen- 
land aufgefunden worden. Sie waren zu unbedeutend und be- 
sassen keine medizinischen Kräfte, um von den alten Griechen 
mit besonderen Namen unterschieden zu werden. 

Dasselbe gilt nicht weniger von den aufrechten Hecken- 
sträuchem aus der Abtheilung Xylosteum. Von diesen besitzt 
Griechenland eine ihm eigenthümliche Art, die deshalb auch von 
Orphanides, Professor der Botanik in Athen, den Namen Loni- 
eera Hellenica erhalten. Ausser ihr wächst aber noch Lonieera 
nummulariaefolia J. et Sp. in Griechenland. 

2, Schlinge, Tibnmnm. 

Hier ist als in Griechenland, besonders im gebirgigen Norden 
wachsend, unsere gewöhnliche Schlinge, V. Lantana L., zu ver- 
zeichnen. Nach einigen Erklärem des Theophrast soU d^QavTtaXog 
diese Pflanze, nach anderen Ephedra fragilis L. sein. Wir haben 
bereits schon über diesen Strauch, von dem Theophrast selbst 
nichts weiter sagt (HI, 6, 4 und IV, 1, 3) als dass er viel 
Wurzeln macht und im Schatten wächst, gesprochen (s. Ephedra 
S. 43). Beide Merkmale passten wohl auf Vibumum Lantana L., 
aber auch auf manchen anderen Strauch. Dass bei den vielen 
Sträuchem, welche in Griechenland wachsen, die alten Griechen 
für Vibumum Lantana L. einen besonderen Namen gehabt hätten, 
ist nicht wahrscheinlich. Will man aber für d^QCtvJiakog des 
Theophrast durchaus einen bekannten Strauch haben, so passt 
immer noch Vibumum Lantana L. am Meisten. 

8. Sehwarzfrfiehtiger Flieder, Sambncus nigra L. 

Wächst jetzt in Griechenland nur in der Nähe von Wohnun- 
gen, und zwar keineswegs häufig, Aug. Mommsen hält ihn 
deshalb in Attika nicht für einheimisch, sondern lässt ihn eine 
kultivirte Pflanze sein. Theophrast beschreibt ihn als axifj 
(HI, 13, 4—6) so gut, dass über die Identität gar kein Zweifel 
sein kann. Nur dass axTri am Wasser und im Schatten wachsen 
soll, ist nicht recht verständlich. 



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Ul 

Das Wort «xt^ ist als solches nur Theophrast bekannt und 
kommt dann wiederum bei Dioskorides, also nach Christi Geburt 
vor. Ob oixTTJ des Hippokrates dieselbe Pflanze ist, lässt sich 
nicht sagen, obwohl es wahrscheinlich sein möchte. Die aufge- 
löste Form axTea kommt erst sehr spät bei Lucianos vor und 
wurde von Linn^ zur Bezeichnung eines Genus von narkotisch- 
giftigen Pflanzen aus der Familie der Hahnfussblüthler oder 
Banunculaceen gebraucht. Das Genus Actea hat demnach mit 
der axTTj des Theophrast gar nichts zu thun. 

Dioskorides hat auch eine xctfiaiaxTri^ die die Romer Ebulum 
nennen (im 172. Kap. des 4. Buches). Dass diese krautartige 
Pflanze Sambucus Ebulus L. darstellt, unterliegt auch nach dem, 
was die Lateiner über ihr Ebulus oder Ebulum sagen, keinem 
Zweifel. xo^iWoiaxT?^ hat nach Dioskorides als Arzneimittel eine 
grosse Verwendung. Auffallend ist es, dass Dioskorides gar nichts 
von ihren sehr giftigen Eigenschaften sagt. Nach Fraas wächst 
sie nur im nördlichen Hochgebirge Griechenlands wild. 

Wie Sprengel dazu kommt, unter Srjfivöa (wenn auch mit 
dem Fragezeichen) Sambucus Ebulus L, zu verstehen, ist nicht 
zu begreifen, da ein Botaniker doch wissen muss, dass Kräuter 
kein Holz besitzen und bei 2rjiitvda des Theophrast von der An- 
wendung des Holzes gesprochen wird. ; Welche Pflanze unter 2rif,wdci 
zu verstehen ist, lässt sich, wie ich mich schon früher (S. 58) 
ausgesprochen habe, gar nicht mehr bestimmen. 

Elfte Familie. 

Körbchenträger, Compositae. 

Der zehnte Theil aller Pflanzen, welche man bis jetzt auf der 
Erde kennen gelernt hat, sind Körbchenträger. Wenn auch 
Bäume von grossem Umfange keineswegs in dieser Familie viel 
vorkommen, so sind doch auch Gehölze, besonders Sträucher, 
aber fast nur auf der Südhälfte der Erde, zahlreich vorhanden. 
Auf der Nordhälfte der Erde wachsen fast nur krautartige Pflan- 
zen. Dieselben Gestalten von Blüthen kommen bei uns im Nor- 
den als Kräuter, im Süden aber als Sträucher vor. Unsere krau- 
tigen Hunds-KamiUen und Astern (Anthemis L. und Aster L.) 
erscheinen im Süden fast nur in Form von Sträuchem, sind aber 



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142 

aUerdings in besonderen Geschlechtern, wie Cosmophyllum und 
Olearia, unterschieden. Linn^ hatte noch eine grosse Menge 
der strauchartigen Astern Südafrikas in seinem Genus Aster ver- 
einigt. 

Da nur holzartige Gewächse in diesen Blattern besprochen 
werden sollen, diese aber nur sehr vereinzelt als Halbsträucher 
vorkommen, so wird stets ihre Anzahl gering sein müssen. Auch 
in Griechenland wachsen einige derselben nnd waren zum Theil 
auch schon den alten Grieben bekannt. Ueber sie soll jetzt be- 
richtet werden. 

In dem neuesten Werke von Bentham und Hooker werden 
die Körbchenträger in 13 grössere Abtheilungen oder Unterfamilien 
gebracht, während früher deren nur 8 vorhanden waren. Jussieu 
unterschied dagegen, und ich bin sehr geneigt ihm zu folgen, 
die Körbchenträger mit Milchsaft xmd die mit Distelköpfen von 
den andern, den Corymbiferen, als besondere Familien. In diesen 
3 Familien kommen auf der Nordhälfte der Erde halbstrauchige 
und selbst strauchige Arten vor, welche in geringer Anzahl auch 
in Griechenland wachsen. 

Erste Unterfamilie« 

Distelpflanzen, GynarocephaUe. 
Theophrast führt in seiner Geschichte der Pflanzen eine Art 
unter dem Namen axavog auf und erzählt von ihr, dass sie domig 
sei. Kein Erklärer des Theophrast, bei dem nur allein der Name 
vorkommt, hat versucht sich über sie auszusprechen. In allen 
griechischen Wörterbüchern wird sie einfach als Stachelpflanze 
aufgeführt. Und doch ist es bei den meist charakteristischen 
Mittheilungen des Theophrast keineswegs so schwierig axavog 
mit jetzigen Pflanzen zu identifiziren. Theophrast beschreibt an 
einer SteUe (I, 13, 3) die Blüthe so genau, dass ein Botaniker 
das Blüthenkörbchen erkennen muss (t6 av&og en avtwv aneg^ 
fidtwv u. s. w.). Ebenso bespricht Theophrast die Art und Weise 
des Domigseins im Allgemeinen und sagt, dass bei axavog die 
Blätter in eine stechende Spitze auslaufen (I, 10, 6). An einer 
anderen Stelle (VI, 4, 3) spricht er von den Akanos-Pflanzen 
überhaupt {axavwdeg yivog). Aus ihr geht hervor, dass nicht 
allein Halbsträucher unter axavog zu verstehen sind, sondern auch 



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US 

Erauter, wie sie auch heut' zu Tage noch sehr zahlreich im 
ganzen Oriente wachsen und in dem Blüthenboden, ganz ähnlich 
wie wir es von der Artischocke (Cynara Sccdymua L.) hab^i, 
ein gesundes Nahrungsmittel darbieten. Welche Distdn Theophrast 
verstanden hat, ist allerdings schwer festzustellen, zumal wenn 
man sich nicht auf die halbstrauchigen beschränken sollte. Thut 
man dieses, so wäre es selbst möglich nach der jetzigen Kenntniss 
der Flora Griechenlands zwei griechische Disteln festzustellen, welche 
strauchig sind: Chamaepeuce Alpini Jaub. et. Sp. (Staehelina 
Chamaepeuce L.) und Ch. fruticosa (Carduus) Desf. Die stechen- 
den Spitzen der einzelnen Blätter sind freilich hier sehr wenig 
entwickelt. 

Es sei mir erlaubt, hier einige Worte über eine andere, wenn 
auch krautartige Distel mitzutheilen, welche Theophrast nur ein- 
mal in seiner Geschichte der Pflanzen (VI, 4, 10) als xaxTog 
auffahrt, aber allgemein bis jetzt nicht richtig von den Erklärem 
des Theophrast bestimmt wurde. Und doch ist sie ziemlich genau 
beschrieben, so dass mir wenigstens kein Zweifel bleibt, dass 
xdxiog unsere heutige Kardy oder Kardone, Cynara Cardunculus L. 
darstellt. Nach Theophrast kommt sie nur kultivirt auf Sicilien 
vor und scheint daselbst schon seit mehreren Jahrhunderten kul- 
tivirt worden zu sein. Die Pflanze macht nach Theophrast kurze 
Stengel, aber grosse domige Blätter. Eigentlich belegt man mit 
dem Namen xdxzog nur die Stengel, d. h. die dicken fleischigen 
Blattstiele, welche man geschält einmacht und dann aufbewahrt. 
So geschieht es noch heut' zu Tage in allen wärmeren Ländern, 
wo die Pflanze gedeiht, besonders in Frankreich und England. 

Linn^ hat sich des Wortes Cactus ohne alle und jede Be- 
ziehung (nach dem Beispiele Tourneforts) bedient, um fleischige 
Pflanzen Amerikas damit zu benennen und in seinem Systeme 
einzufuhren. 

Zweite Unterfamilie. 

Schirm doldenpflanzen, Corymbiferae. 

Ihre Anzahl übertrifft bei Weitem die der beiden anderen 

Unterfamilien an Arten. So gross sie aber auch ist, und so viele 

krautige in Griechenland auch wachsen, so kommt in Griechenland 

aber doch nur eine einzige Art mit überwinterndem Stengel vor, unser 



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144 

gewöhnlicher Beifass (Artemisia campestris L.), aber noch holziger 
als bei uns. Er gehört, ähnlich wie der Himbeerstrauch, die be- 
kannte Kerria japonica (Corchorus) L., neben Lippenblüthlern 
und Wolfsmilchpflanzen, zu den zweijährigen Gehölzen, wo zu 
gleicher Zeit zweierlei Stengel, ein- und zweijährige, vorhanden 
sind, von denen die letzteren nur Blüthen und Früchte hervor- 
bringen. 

Unser Beifuss (Artemisia campestris L.) war den Griechen 
unter dem Namen aßQoxovov bereits bekannt. Theophrast spricht 
an verschiedenen Stellen, besonders in der Abhandlung de causis 
von ihm, an keiner giebt er aber eine deutliche Beschreibung, 
man erfährt nur nebenbei, dass er wegen seines bittern Stofifes 
ziemlich allgemein als Arzneimittel angewendet wurde. 

Dioskorides verstand dagegen unter aßQOTovov nicht unseren 
Beifuss , sondern einen strauchartigen Wermuth von höherem 
Wüchse und silberweisser Bekleidung, die Blüthenkörbchen waren 
aber goldgelb. Unter den 12 Namen, welche Dioskorides aus 
verschiedenen Ländern nennt, befindet sich auch Apsinthium pon- 
ticum der Römer. Es giebt zweierlei Arten, die als männlich 
und weiblich bezeichnet werden. Der letztere soll auf Sicilien 
wachsen, der erstere aber hauptsächlich in Kappadokien und Ga- 
latien, aber auch in Syrien in der Nähe von Jerusalem. Beide 
sind bitterstoffige Arzneimittel von vorzüglicher Güte. Wie jetzt 
noch bei uns, so verfertigte man auch zu Dioskorides Zeit aus 
äßQozovov ein besonderes Magenmittel in Form eines Liqueurs. 
Welche Art Wermuth hier zu verstehen ist, ist schwer zu er- 
mitteln. Auf jeden Fall sind es nach den verschiedenen Ländern 
auch verschiedene Arten. Eine sehr hohe ist Artemisia persica 
Boiss. 

Neben diesen beiden hohen Wermutharten führt Dioskorides aber 
noch 3 krautige als oxpivd^iov auf, welche eine weit intensivere 
Wirkung als aßQOTOvov^ und darnach bestimmtere Anwendung 
haben. Auch von ihnen macht man einen Liqueur gegen Magen- 
schwäche. Die eine sehr verbreitete Art bezeichnet er als das bitterste 
Kraut, ßadvTiixQov (23. Kap. des 3. Buches). Auffallend ist 
es, dass von dem einen axplvd^iov in Kappadokien das Vieh ge- 
mästet wird, indem man Pflanzen davon unter ihr Futter mischt. 
Das beste axpiv&iov wächst in Pontus und in Kappadokien. 



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145 

Zwischen Kleider gelegt, vertreibt es die Motten. Eine andere 
Art ist hauptsächlich auf das Meeresufer genannter Länder und 
aof Aegypten angewiesen und fuhrt auch den Namen aiQiq)ov, 
Ein Absud der Pflanze tödtet im Magen die grossen und kleinen 
Würmer. Das dritte aiplv&iov kommt nur in Spanien vor und 
heisst daher nach einer dortigen Völkerschaft das Santonische. 
Die Pflanze wächst aber auch in Gallien über den Alpen. ^Aifjlv" 
x^ioy muss aber schon weit früher den Griechen zur Bezeichnung 
einer krautartigen Pflanze bekannt gewesen und nur zufallig nicht 
von anderen griechischen Schriftstellern gebraucht worden sein, 
denn es kommt schon in der Anabasis von Xenophon (I, 5, 1) 
vor, leider aber ohne alle weitere Bemerkung, als dass die Pflanze 
vorhanden war. 

Feststellen zu wollen, welche Arten zu verstehen seien, möchte 
wohl eine nicht lohnende Arbeit sein, da Wermuthpflanzen, be- 
sonders im Osten bis nach Ostindien hin, eine grosse Verbreitung 
haben, aber nicht dieselben, sondern verschiedene Arten sind. 
Die Absinthien ähneln dem aßQotavov des Dioskorides, sind aber 
krautartiger Natur, zum Theil selbst Sommergewächse, wie die 
Artemisia scoparia W. et K., welche im Oriente eine sehr grosse 
Verbreitung besitzt. 

Ausser den beiden Namen aßQOTOvov und atpiv&iov kennt 
Dioskorides auch äQTefiiaia (im 117. Kap. des 3. Buches). Es 
ist eine noa d'afivosidijg^ also ein Halbstrauch, der sonst bei den 
Griechen q>Qvyavov genannt wird, ähnelt zwar den in der Regel 
stets filzigen oder doch behaarten Wermuth- Arten (atpivx^iov) 
ungemein, ist aber grösser und hat glänzende Blätter ((pvXla 
XtnaQtüt^Qo). Aus diesen Mittheilungen ersieht man, dass Dios- 
• korides unter seiner aore/maia das ißQoxovov des Theophrast 
verstand, aber auch die neueste Systematik versteht unter der 
Artemisia- Abtheilung Abrotanum, d. h. die Eberrauten, von denen 
freilich keine im Oriente zu wachsen scheinen, jedoch in 
Italien, wie aus Plinius (XXV, 74) hervorgeht, aber auch den 
schon besprochenen Beifuss (Artemisia campestris), dem sich Arte- 
misia arenaria DC, sonst im Oriente wachsend, anschliesst. 

Ueber den Ursprung des Wortes uQTe^iaia zur Bezeichnung 
einer Arzneipflanze berichtet Plinius (XXV, 73): Mulieres hanc 
gloriam adfectavere in quibus Artemisia uxor Mausoli adoptata 



Koch. 10 



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146 

herba, quae antea p&rthenis vocabator. Wahrscheinlicher ist mir 
aber die darauf folgende Mittheilung: sunt qui ab Artemide 
Bithyia cognominatam putent, quouiam privatim medeatur femi- 
narum malis. 

Was das hier erwähnte griechische Wort Parthenis anbe- 
langt, so wurde es auch von dem späteren Grammatiker PoUux, 
der 180 n. Chr. lebte, benutzt. 

Die 3 Namen aßqoxovov^ axpiv&iov und ägTSfiiaia wurden 
von den Tätern der Botanik zur Bennung von entsprechenden 
Pflanzen benutzt. Toumefort bildete bestimmte Genera daraus, 
was anfangs auch Linn^ that. Später machte er es ab^, wie 
bei Euphorbia: er vereinigte alle zu einem grossen Genus, für 
das er den Namen Artemisia wählte. Die anderen Namen dien- 
ten ihm zur Bezeichnung des Artnamens. 

Ich bemerke schliesslich noch, dass schon die Römer Ab- 
sinthium für Apsinthium schrieben, während die Schreibart Abro- 
tanum erst bei den Vätern der Botanik vorkommt 

Zwölfte Familie. 

Holzige Baumschmarotzer, Loranthaceae. 

Unter diesem Namen hat man zwei von einander sehr ver- 
schiedene Gruppen von Pflanzen vereinigt, welche nur das eine 
Merkmal des Schmarotzens auf Bäumen gemeinschaftlich haben. 
Die einen, welche die Abtheilung der Mistelpflanzen, Visceae bil- 
den, haben unvollkommene Blüthen mit getreimtem Geschlechte 
und bleibenden Blättern von gelbgrüner Farbe, die anderen hin- 
gegen, die Biemenblüthler, Lorantheae, besitzen vollkommene 
Blüthen und abfallende, aber grüne Blätter. Beiderlei Pflanzen, 
besonders aber unsere gewöhnliche Mistelpflanze (Viscum album L.) 
werden und wurden von jeher von fast allen Völkern Europas^ 
wo sie wuchsen, als heilige Pflanzen betrachtet, aber nicht von 
den Griechen im Alterthum. 

unter vipeaa verstanden nach Theophrast (de caus. 11, 17, 1 — 3) 
die Arkadier, unter OTalig die Bewohner von Euböa zwar beiderlei 
Baumschmarotzer, jedoch hauptsächlich den, der auf Koniferen 
vorkommt '/§/« und i^og war dagegen der allgemeine Name für 
beide oder bezeichnete nur den auf Eichen und anderen das 



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m 

Laab abwerfenden Grehölzen. Die Mieielpflanze wächst nach 
Fraas nur im Hochgebirge auf Koniferen, besonders auf der 
Apollotanne (Abies ApolHnis Lk.), die Biemenpflanze hingegen 
hauptsächlich auf dem Eastanienbaum des Nordens, kommt nach 
Sibthorp aber auch im Peloponnes vor. 

Nach Theophrast verwechselte man in den verschiedenen 
Gegenden Griechenlands i^ia (l^og) und vq^eaQ oft miteinander. 
Dass Theophrast aber selbst beiderlei Schmarotzer sehr gut ge- 
kannt hat, ersieht man daraus, dass er bestimmt von der i^ia 
(als Eollektiv-Namen) ausspricht, sie habe bleibende und ab- 
fallende Blätter. Nach ihm wächst i^ia (oder i§6g) im Norden, 
vfpeag im Süden Griechenlands (IQ, 16, 1), wie es auch jetzt 
noch der Fall ist. 

Das Wort i^ia wird zur Zeit des Theophrast und später 
weniger för die Pflanze, als vielmehr für die Beeren und den 
daraus bereiteten Vogelleim benutzt. Es gab i^o€()yoi\ also 
Männer, welche sich mit Anfertigung von Leimruthen beschäf- 
tigten. Wie bei uns, wurden femer schon zur Zeit des Theophrast 
die Vögel mit dergleichen Leimruthen gefangen. Theophrast war 
auch bekannt, dass die Drosseln die Mistelbeeren fressen und 
deshalb als iioq>ayoi und i^oßoQoi (nach Athenaeus schon von 
Aristoteles) bezdchnet wurden. Dass so eine Erscheinung eines 
Schmaroteers auf Bäumen von den Griechen, denen es keineswegs 
an Beobachtungsgabe fehlte, vor Theophrast nicht bemerkt sein 
sollte, muss auffallen. Wir wissen nur, dass Euripides (Cycl. 432) 
das Wort in der Bedeutung von Leim kennt. 

Verschieden von der Viscum album L. bedeutenden i§ia ist 
die, welche auf Ereta wächst und auch TQayaxav^^a genannt wird. 
Von ihr wird später noch ausführlicher gesprochen werden. 

Auffallend ist jedoch femer die Angabe, dass das Hornvieh 
die Blätter der i^ia ohne allen Nachtheil frisst, während bei uns 
Viscum album L. für eine giftige Pflanze gehalten wird. 

Bei Dioskorides (im 93. Kap. des 3. Buches) bedeutet i^og 
ein aus Viscum album L. angefertigtes Arzneimittel von energischer 
Wirkung, was zu verschiedenen Zwecken benutzt wird. 

Als Genus-Namen hat schon nach den Vätem der Botanik 
Toumefort die lateinische Form des Wortes t§/a, Viscum für 
unser Viscum album L. gebraucht und Linn^ hat es beibehalten. 

10* 



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14S 

Das Wort areUg hingegen hat Linn^ als Beinamen far einen 
Loranthus benutzt. Was schliesslich dieses Wort anbelangt, so 
ist es neueren Ursprungs und erst im Jahre 1720 von Vaillant 
in der systematischen Botanik eingeführt. 



Vierte Klasse. 

Vielkrönler, Polypetalae. 

Pflanzen, welche 2 BlOthenhüUen und die innere oder 
die Blumenkrone mebrblättrig haben. 



Erste Abtheilung. 

Fruchtbecher-Pflanzen, Hypanthiocarpae. 

Pflanzen, wo die Eichen oder Samen nicht von einer durch 
mit einander verwachsene Frucht- oder KarpeUenblättem entstan- 
denen Hülle, dem Stempel oder später der Frucht, eingeschlossen 
sind, sondern sich in einer Höhlung, dem Fruchtbecher (Hypan-» 
thium) befinden. Gewöhnlich betrachtet man auch die Wand die- 
ser Höhlung mit dem besonderen Namen des unteren Frucht- 
knotens als aus früher getrennten Fruchtblättern zusammen- 
gewachsen. Jede Entwickelungsgeschichte zeigt aber das Falsche 
dieser Ansicht. 

Ich schUesse hier auch die Pflanzen an, wo nicht die Eichen 
als solche, sondern die Fruchtknoten (der untere Theil des Stem- 
pels) in diesem Fruchtbecher eingeschlossen sind und zu einem 
fleischigen Ganzen verwachsen. Es gehören hierher die Myrtaceen 
und Pomaceen. 

Erste Familie. 

Hartriegelgehölze, Cornaceae. 

Nur 2 Gehölze wachsen aus dieser Familie in Griechenland: 
der gemeine Hartriegel und der Komeb'uskirschen- oder Dürrlitzen- 



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149 

Strauch (Coraus sanguinea L. und C. mascula L.), aber selten 
und hauptsächlich im Norden Griechenlands, ausnahmsweise und 
vereinzelt C. sanguinea L. (nach Fraas) auch im Peloponnes, wo 
jedoch umgekehrt Sibthorp beide nur wachsen lässt. Boissier hat 
in seiner Flora des Orientes Exemplare der C. sanguinea L. nur 
aus dem Peloponnes und aus Böotien, C. mas L. dagegen ist ihm 
aus Griechenland überhaupt nicht bekannt. 

Mit diesen beiden Comus- Arten stehen wir vor einem Rathsel. 
Es unterliegt keinem Zweifel, dass die alten Griechen unter «(>a- 
vua und xQavea unseren Eomelkirschbaum (Comus mas L.) und 
unter ^r]Xvx()dveia den Hartriegel (Comus sanguinea) verstanden 
haben. Der erste hatte das härteste Holz, wurde aber keines- 
wegs zu Drechsler- Arbeiten, sondern einzig und allein zur An- 
fertigung von Lanzen benutzt. Man verstand unter xgaveia wohl 
auch die Lanze selbst. Wenn aber der Eomelkirschbaum 
jetzt nur im Norden Griechenlands wächst und überhaupt auf 
kältere Gebirgsgegenden angewiesen ist, so konnte er auch in 
Küstenländern gamicht vorkommen, wohl aber in Arkadien, wo 
die Helden Homers zum Theil wohnten. Dass diese ihn, wie 
Fraas meint, erst aus dem Norden bezogen haben sollten, ist bei 
der damaligen schwierigen Verbindung nicht wahrscheinlich. Wir 
müssen annehmen, dass er in Arkadien anfangs selbst sehr häufig 
vorkam, aber bei der grossen Verwendung des Holzes allmähg 
seltner wurde. Das dürfte umso weniger auffallen, als wir aus 
der neuesten Zeit ein ganz ähnliches Beispiel haben. Aus dem 
Holze dieses Baumes wurden früher, hauptsächlich in der Zeit meiner 
Jugend die sogenannten Ziegenhainer Stöcke verfertigt, die kein Stu- 
dent der damaligen Zeit missen konnte. Li dem Dorfe Ziegenhain bei 
Jena lebten Familien nur von der Anfertigung dieser Stöcke. Da man 
etwas schonungslos dabei verfuhr, so wurden im Saalthale die Komel- 
kirschgehölze immer seltener, so dass, wenn nicht die Mode der 
Studenten aus anderem Holze angefertigte , meist aus dem 
Auslande eingeführte Stöcke gebracht hätte, er dem Aussterben 
im Saalthale nahe gebracht worden wäre. 

Faktisch steht fest, dass in der späteren Zeit der alten Grie- 
chen der Korneliuskirschbaum von Jahrhundert zu Jahrhundert 
um so seltner wurde, als auch die rohen einfallenden Völker sein 
Holz ebenfalls zu ihren Lanzen bedurften und dabei zur Ver- 



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150 

tilgung des Baumes beigetragen haben mögen. Es scheint £ast, 
als wenn es dem Eornelkirschbaum in der alten Zeit schon ebenso 
gegangen wäre, als jetzt bei uns dem Taxbaume (Taxus baccata 
L.), er kam, wie ein geistreicher Botaniker unserer Zeit, der erst 
vor Kurzem gestorben ist, sich ausdrückte, auf den Aussterbe- 
Etat. In Thüringen, wo noch in meiner Jugend grosse Bestände 
des Taxbaumes vorhanden waren, gehört er jetzt zu den seltenen 
Gehölzen. Sein vorzügliches Holz wird hoch bezahlt, man schlägt 
die alten, meist hochbejahrten Bäume ab, sorgt aber nicht für 
neue Anpflanzung, da diese bei dem sehr langsamen Wachsthum 
forstlich nicht lohnen. 

Die etwas zusammenziehenden, einer Oelfrucht nicht unähn- 
lichen, aber scharlachrothen Früchte wurden zu Homers Zeiten 
nicht gewürdigt — es ist dieses auch jetzt noch der Fall — , son- 
dern dienten mit den Eicheln den Schweinen als Futter. Später 
mag es anders geworden sein, denn Theophrast spricht von der 
süssen und angenehm schmeckenden Frucht, der er selbst noch 
einen vorzüglichen Geruch zuschreibt. 

Dass aus xQaveia das lateinische Comus, sowie das deutsche 
Kornel entstanden ist, liegt klar vor. Der Name Cornus wurde 
schon sehr frühzeitig von den Vätern der Pflanzenkunde in der 
wissenschaftlichen Botanik eingeführt und auch von Linn^ für 
dieselben Pflanzen, welche die alten Griechen unter ihrer xQaveia 
verstanden, als Genus-Name benutzt. 

Zweite Familie. 

Epheublüthler, Araliaceae. 

Der Name Aralia wurde von Toumefort als Genus-Name 
hauptsächlich für nordamerikanische Pflanzen eingeführt und der 
einheimischen Benennung einer in Kanada wachsenden Art ent- 
lehnt. Die hierher gehörigen holzigen Pflanzen haben das Eigen- 
thümliche, dass sie, so lange sie sich in dem Zustande der ersten, 
sogenannten vegetativen Ausbildung befinden, auf der Erde sich 
ausbreiten oder an Mauern, an Bäumen u. s. w. vermittelst eigen- 
thümlicher Kletterorgane emporsteigen und in diesem Zustande 
eine sehr lange, bisweilen viele Jahrzehnte dauernde Zeit, ver- 
bleiben können, bevor sie blühen. Wenn dieses geschehen soll, 



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151 

reisst sich der Epheu aber von dem Gegenstande (Mauer, Fel- 
sen u. s. w.)) wo er bisher befestigt war, los und bildet von nun 
an einen aufrechten, sich sehr verästelnden Strauch, der nach 
kurzer Zeit Blüthen und Früchte hervorbringt. Stecklinge in 
diesem blühenden Zustande aus ihm gemacht, werden nie klettern, 
sondern nur aufrechte Sträucher bilden. 

Epheu wächst in ganz Griechenland und spielte daselbst im 
Dionysos- oder Bakchos-Dienste eine grosse Rolle. Der Wein- 
gott und seine Priester und Priesterionen bekränzten sich damit 
nicht allein, sondern hüllten sich sogar ganz und gar darin ein. Vor 
Allem war aber der Thyrsusstab damit umwimden. Man kannte auch 
schon die bereits erwähnte Eigenthümlichkeit von zweierlei Lebens- 
zuständen, wenigstens in der späteren Zeit des Theophrast. Auf- 
fallend ist, dass dieser gamichts über den Gebrauch des Epheuholzes 
sagt, es wird deshalb zweifelhaft, dass das in der Odyssee drei 
Mal erwähnte hölzerne Gefass xiaatßiov wirklich seinen Nameu, 
weil es aus Epheuholz angefertigt war, erhalten hatte. Epheu- 
stämme mit so dickem Stamme, um Trinkbecker daraus anzu- 
fertigen, giebt es heut' zu Tage nicht viel uud mag auch davon 
im alten Griechenland nur wenige gegeben haben. 

Theophrast theilt in seiner Naturgeschichte der Pflanzen mit, 
dass der Weingott selbst, Dionysos, seine Heimath in Indien, und 
zwar auf dem Berge Meros, wo Epheu reichlich wachse, habe. 
Alexander der Grosse bekränzte sich und seine Soldaten, als er 
bis dahin vorgedrungen war, mit Epheu. Dieser kann aber nur 
im Gebirge fort, denn vergebens versuchte Harpalos, Alexander's 
Befehlshaber der Flotte, ihn in den Gärten Babyloniens zu kul- 
tiviren. Ob dieser Epheu freilich eine Art darstellt, welche auch 
in Europa und im vorderen Oriente wächst, ist eine Frage, die 
ich verneinen möchte. Vielleicht ist die Art, von der Theo- 
phrast in Indien spricht, gar keine Hedera, sondern vielleicht eine 
andere Araliacee. 

Die Kenntniss des Epheus bei den Griechen ist für die erste 
Honverische Zeit sehr zweifelhaft, denn abgesehen von dem Worte 
xiOGvßiov^ kommt xiaoog oder (attisch) xlttoq nur in den Hym- 
nen vor. Desto häufiger nennen ihn die späteren Griechen. Es 
kann nicht Wunder nehmen, dass eine so viel in Anwendung ge- 
brachte und so sehr geliebte Pflanze, die ohne Zweifel auch in 



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152 

Griechenland kaltivirt wurde, allmälig auch in ihrer äusseren 
Erscheinung abänderte und dadurch eine Reihe von Abarten und 
Formen entstanden, so dass Theophrast ihn mit Uecht den viel- 
gestaltigen nennen konnte. Es kommt noch dazu, dass der Epheu 
an und für sich in Folge seiner beiden unter einander sehr ver- 
schiedenen Lebenszustände zu Veränderungen geneigt ist. Hat 
doch auch Virgil die Form-Veränderungen der Bllttter des Epheus 
besungen. Interessant ist es, dass zu Theophrast's Zeit schon 
buntblättrige Formen existirten. 

Theophrast (HI, 16, 6 — 10) schildert den Epheu sehr genau. 
In dem ersten Lebensstadium, wo der Epheu auf der Erde kriecht 
oder an Mauern, Bäumen u. s. w. emporrankt, nennt er ihn ?A£f, 
in dem zweiten Stadium, wo er xiaaog oder xirtog heisst, unter- 
scheidet er eine Art mit schwarzen, und eine mit weissen Fruch- 
ten. Nur die Einen von ihnen haben einen süsslichen Geschmack 
und werden von den Vögeln gefressen. 

Nach den neuesten Mittheilungen über die Flor des heutigen 
Griechenlands wissen wir, dass ausser Hedera Helix L. noch 
Hedera poetarum Bert, in Griechenland vorkommt. Die letztere 
ist in allen ihren Theilen grösser und besitzt gelbe (bei Theophrast 
weisse) Früchte. Es könnte aber auch möglicherweise meine in 
Colchis von mir entdeckte Hedera colchica in Griechenland wachsen, 
denn Theophrast spricht von einem Epheu mit rundlichen Blättern. 
Dergleichen besitzen weder H. Helix L. noch H. poötarum Bert., 
sondern nur meine H. colchica. 

Dritte Familie, 

Doldenträger, ümbelliferae. 

Die Botaniker bezeichnen als Dolde oder UmbeUa einen 
Blüthenstand, wo aus der Spitze eines allgemeinen Blüthenstieles 
eine meist grössere Anzahl von Stielen mit Blüthen am Ende, 
entspringen. Hierher gehören zum allergrössten Theil nur kraut- 
artige Pflanzen und sehr wenige Sträucher oder kleine Bäume. 
Von den letzteren ist eine in Südeuropa vielverbreitete Art auch 
in Griechenland allgemein verbreitet, Bupleurum fruticosum L. 
Wegen ihrer Kleinheit, und weil sie sonst zu nichts gebraucht 
werden konnte, hatten die alten Griechen keinen besonderen Na- 



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158 

men für sie. Es scheint mir jedoch keinem Zweifel unterworfen, 
dass Theophrast sie unter seinem Javxov öafpvoeideg verstanden 
hat, obwohl er nur an einer einzigen Stelle (111, 15, 5) von ihr 
einige Worte sagt. Wenn Fraas in seiner Flora classica behauptet, 
das es ^eoaXi avdionixov des Dioskorides sei, so beruht dieses 
auf einem Irrthum. 

Vierte Familie. 
Onagrariaceen, Onagrariaceae. 

Was Dioskorides unter ovayQa verstanden hat, weiss man 
nicht. Da der Name einen baumartigen Strauch mit grossen 
rosafarbigen Blüthen und mit einer nach Wein riechenden weissen 
Wurzel bedeuten soll, so kann es, wie man allgemein annimmt, 
nicht unser Weiderich, Epilobium angustifolium L. gewesen sein. 
Zu der Familie der Onagrariaceen bringe ich als Unterfamilie 
unsere Stachel- und Johannisbeersträucher, welche bisher unter 
dem Namen Ribesiaceae und Grossulariaceae als eine besondere 
Familie betrachtet wurden. Einige Arten wachsen auch, wie 
Orphanides in Athen neuerdings mitgetheilt hat, in Griechenland 
und müssen demnach ebenfalls hier eine Besprechung finden. 

Ob die alten Griechen unsere Stachel- und Johannisbeeren 
gekannt haben, ist nicht zu entscheiden. Nach Casp. Bauhin 
(Piu. 455) war es der Fall, denn nach ihm sind sie unter olaog 
des Theophrast zu verstehen. Leider kommt das Wort bei ihm 
nur zwei Mal und ausserdem garnicht vor. Nach Theophrast ist 
olaog eine Pflanze, die als Flechtwerk gebraucht wird. Ausser- 
dem unterscheidet Theophrast (III, 18, 2) nach der Farbe der 
Blüthe und der Frucht eine weisse und eine schwarze Art; es 
giebt aber auch Abarten, wo Blüthe und Frucht in der Farbe 
dazwischen stehen und purpurfarbig sind. Die weisse Art besitzt 
zartere und glattere Ruthen. Da olaog mit dem dornigen Qa/Avog 
zugleich genannt wird, so konnte man wohl auch einen domigen 
Strauch unter olaog voraussetzen, wie den Stachelbeerstrauch, 
aber zum Flechten liesse olaog sich dann nicht verwenden. Vitex 
Agnus castus ist olaog aber, wie Wimmer meint, auf keinen Fall, 
ebensowenig aber eine Weidenart, wie andere Erklärer meinen, 
denn keine Weide hat gefärbte Blumen, wie olaog haben soll 



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154 

Bei uns sind Stachel- und Johannisbeeren sehr spät bekannt 
geworden, die rauhfrüchtige Stachelbeere (Ribes Grossularia) 
wächst zwar auf den Alpen Piemonts, wo ich sie selbst gefanden, 
wild, kam aber vor dem 12. Jahrhundert wohl kaum in unsere 
Gärten. Die Johannisbeere kannte man zur Zeit EarFs des Grossen 
noch nicht. Im 16. Jahrhundert war sie aber schon eine allge- 
mein verbreitete Gartenpflanze und scheint von da auch rasch 
verwildert zu sein. Von den 3 Arten Stachelbeeren sind von den 
beiden noch nicht erwähnten Arten, die glattfrüchtige (Ribes üva 
crispa L.) in Skandinavien, die rothfrüchtige (Ribes reclinatum L.) 
im Kaukasus zu Hause. Das Vaterland der Johannisbeere (Ribes 
rubrum L.) sind zweifellos die Gebirge des sudöstlichen Europas, 
auch Griechenlands und des vordem Orientes. 

üeber die Ableitung des Wortes Grossularia haben neuere 
Sprachforscher uns bestimmte Aufklärung gegeben. Damach hat 
es nicht, wie man früher glaubte, mit dem lateinischen Grossulus, 
einer kleinen Feige, etwas zu thun, sondern mit all' den Namen der 
Stachelbeeren, deren sich die europäischen Völker von den Russen 
und Polen bis nach der pyrenäischen Halbinsel hin bedienen, eine 
und dieselbe Radix. Uva crispa. Kraus- und Klosterbeere, Goose- 
berry, Groseille, Ejrusbar, Ejruschownik und Agresch sind eines 
und desselben Ursprungs. 

Anders verhält es sich mit dem Worte Ribes. Mit diesem 
Namen wurde von den Arabern eine Rheum-Art, welche deshalb 
auch als Rheum Ribes von Linn^ beschrieben ist, bezeichnet. 
Aus den Stengeln bereitete man bei den Arabem schon seit sehr 
langer Zeit einen kühlenden Syrup, Roob genannt, der auch in 
der Arzneikunde angewendet wurde. Ausserdem genoss man 
aber auch die oben hervorkommenden Pflanzen, sowie die fleischi- 
gen Blattstiele, ganz ähnlich, wie jetzt bei uns, vor Allem in 
England dieselben Theile von den deshalb angebauten Rhabarber^ 
pflanzen, als Gemüse, wandte sie aber ausserdem noch zu man- 
cherlei Speisen an. 

Mit der Ausbreitung der Araber nach Norden fehlte ihnen 
der ihnen unentbehrlich gewordene Roob, fand aber bald in den 
säuerhchen Beeren unserer Johannisbeere, die allenthalben in den 
Gebirgen der nach Norden hin eroberten Länder vorkamen, einen 
geeigneten Ersatz. Den Roob bereitete man aus ihnen und 



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155 

brachte ihn auch als Roob Ribes iu den Handel. Als die geistige 
Finsterniss des Mittelalters allmälig, hauptsächlich durch die Ent- 
deckung Amerikas, gewichen war, kam der Johaonisbeer-Koob 
mit der Pflanze, aus deren Beeren er angefertigt wurde, nach 
Europa, also auch nach Deutschland. Die Pflanze wurde bald 
allgemein in Gärten kultivirt und behielt ihren ausländischen 
Namen Ribes. Nur zur Unterscheidung von ähnlichen alsbald 
damit zu einem Genus vereinigten Arten fügte man die Beinamen 
offlcinarum oder hortense hinzu. 

Ausser diesem Ribes rubrum L. wachsen von denen, welche 
keine Dornen und die Bläthen in Trauben haben, in Griechen- 
land: Ribes multiflorum Kit. und Orientale Poir., von den mit 
Domen versehenen aber dieselbe schon genannte Ribes Grossu- 
laria L. Schliesslich bemerke ich noch, dass Orphanides Ribes 
multiflorum Kit. als eine neue Art unter dem Namen Ribes Oeseri 
ausgegeben hat. 

Fünfte Eamilie. 
Myrtenblüthler, Myrtaceae. 

Die einzige Art dieser grossen, vor Allem in tropischen unii 
subtropischen Ländern, sowie in Australien wachsenden Familie 
ist die auch jetzt noch bei uns sehr beliebte Myrte (Myrtus com- 
munis L.) mit air den vielen Abarten. Wo sie zu Hause ist und 
demnach wild wächst, weiss man nicht, wahrscheinlich sind es 
die südlichen Länder des eigentlichen Persiens, vielleicht auch 
das alte Mesopotamien. Jetzt wird die Myrte in allen wärmeren 
Ländern der nordlichen gemässigten Zone, wo einigermassen Kul- 
tur ist, im Freien angepflanzt, wie besonders bei Konstantinopel 
und längs des ganzen Bospor, während man sie in kälteren 
Ländern, wie bei uns in Deutschland, in Gewächshäusern in 
grosser Menge heranzieht, um den vielseitigen Bedurfnissen zu 
entsprechen. 

Li Griechenland, aber auch in Italien, scheint die Myrte vor 
der Zeit Theophrast's nicht bekannt gewesen zu sein, vielleicht 
in Italien etwas früher. Theophrast führt sie zuerst als iivQQivtj 
und fÄVQQivog auf und beschreibt sie sehr genau. Die wohl- 
riechendste wächst in Aegypten und wurde von hier aas nach 



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156 

Cypem und anderen wärmeren Inseln und Küstenländern ver- 
breitet. So wuchs sie selbst waldartig in den Bergen an der 
Propontis und in Latium, bauptsächlich auf dem nach der Eirke 
genannten Vorgebirge. 

Wenn auch nicht, wie in Italien, so spielte die Myrte doch 
auch in Griechenland wegen ihrer gewärzhaften Eigenschaften eine 
gewichtige Rolle. Theophrast bespricht diese weniger, als dass 
er eine genaue natur-Jiistorische Beschreibung gibt. Doch spricht 
er sich auch in seiner Abhandlung über die Wohlgerüche, über 
das ätherische Oel, was er fxvQxog nennt, aus. Bei den Römern 
hatte die Myrte, wie gesagt, eine weit grössere Bedeutung. Plinius 
bespricht sie mit ihren Präparaten ausfuhrlich (XV., 119—126). 

Nicht die Blüthen gaben, wie es sonst der Fall ist, bei der 
Myrte die Wohlgerüche, sondern die Blätter. Hält man diese 
gegen das Licht, so sieht man in ihrer Substanz durchsichtige 
Punkte. Es sind dieses Drüsen mit einem wohlriechenden äthe- 
rischen Oele gefüllt. Reibt man daher die Blätter, so werden die 
Drüsen zerdrückt, und das ätherische Oel wird frei, um einen an- 
genehmen Geruch ringsum zu verbreiten. 

Linnö bediente sich des lateinischen Wortes Myrtus, was 
übrigens wohl erst aus dem griechischen fxvQQlvrj gebildet wurde, 
gleich den Vätern der Botanik, zur Aufstellung eines besonderen 
Genus zu der die Myrte gehört. Spätere griechische Schrift- 
steller, vor Allem Dioskorides, schreiben anstatt fÄVQQivrj — wvp- 
aivTj^ Andere auch fivQxivrj. MvQoivr] benutzte Linn^ aber 
wiederum für ein besonderes Genus ostafrikanischer Sträucher, die 
mit der Myrte in keiner Hinsicht auch nicht eine entfernte Aehn- 
lichkeit haben. 

Schliesslich bemerke ich noch, dass eine zweite Myrtacee, 
Caryophyllus aromaticus L., wahrscheinlich das Aoyx^irtg des Dios- 
korides, was das ostindische Lycium lieferte, darstellt. Darüber 
ist schon früher gesprochen worden. 

Seohste Familie. 

Rosenblüthler, Rosaceae. 

Zu den Rosenblüthlem, zum allergrössten Theil nur Sommer- 
gewächse und Stauden, rechnen viele Botaniker auch das Stein- 



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157 

und Kernobst, Drapaceae und Pomaceae; des besseren Verständ- 
nisses und der grossen Bedeutung halber habe ich beides hier aber 
als besondere Familien betrachtet. Die wenigen niedrigen Gehölze 
dieser grossen Familien beschranken sich in Betreff der griechi- 
schen Flor auf die Genera Rosa, ßubus und Poterium. Gross, ja 
selbst sehr gross, ist aber die Zahl der krautartigen Pflanzen der 
Rosenblüthler in Ghiechenland. 

L Rose, Rom L. 

Die Namen Rose, Rosa und ^odov sind eines und desselben 
Ursprungs. An einer Stelle des Theophrast (VI, 1, 3) wird die 
Rose Qodfavia (nicht ^odov) genannt. Diese Rose unterscheidet sich 
jedoch von den anderen Rosen dadurch, dass sie auch domige Äeste 
besitzt, was bei den übrigen Rosen nicht der Fall ist. Das Wort 
Qodov^ zur Bezeichnung der Pflanzen, kommt zuerst in Homer's 
Hymne an die Ceres vor, später wird es von Theognis aus Me- 
gara, der um das Jahr 540 v. Chr. gelebt haben soll, erwähnt. 
Homer kannte die Rose (d. h. die Kulturrose) wahrscheinlich nicht, 
er kannte nur das Oel oder die daraus bereitete wohlriechende 
Salbe, womit der Leichnam gesalbt wurde (II. XXTTI, 186). 
Wir hätten demnach, wie bei dem Safi^an (Crocus), ein Beispiel, 
dass man das Produkt früher kannte, als die Pflanze. Safran 
und Rosenöl gehören ohne Zweifel zu den ältesten Handelsartikeln 
bei den Griechen und spielten stets eine sehr grosse Rolle. 

Wenn aber bei Homer schon Epitheta omantia, wie QodO' 
ddittvXog bei der Morgenröthe, der Eos vorhanden sind, so sollte 
man meinen, dass zu seiner Zeit auch die Edel- oder Kulturrosen 
bereits bekannt gewesen wären. Darüber ein ürtheil abzugeben, 
wage ich nicht, mögen es andere thun, die mehr mit dem 
Gegenstande vertraut sind, als ich; es ist aber sehr zu wünschen, 
dass diese Frage einmal erledigt würde. 

Die Rose als Gartenpflanze zur Zierde gezogen, also die Edel- 
rose, fand mit der Zeit, wo sie einmal in Griechenland vorhanden 
war, sehr grossen Beifall. Dass sie bei anderen Völkern des 
Alterthums, wie namentlich bei den Persem, Chinesen und 
Hindus nicht so früh vorhanden gewesen ist, als angenommen 
wird, haben meine letzten Untersuchungen, welche ich im zweiten 
Jahrgange der Wiener Obst- und Gartenzeitung (S. 179. 233 



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158 

und 279) vom Jabre 1877 veröffentKcht habe, nachgewiesen. Die 
Hindus sprechen erst im 3. Jahrhundert v. Chr. von Edelrosen, 
die Perser erst lange Zeit nach Christi Geburt und die Chinesen, 
sowie Japanesen, sogar erst in der neuesten Zeit, seitdem diese 
beiden Völker mit den Europäern in Verbindung getreten sind. 
Die Japanesen bedienen sich, wenn sie Vergleiche in Beü'eff der 
Schönheit junger Mädchen mit Blumen madien wollen, der Blu- 
men des Pirus spectabilis Ait., eines wegen seiner Schönheit bei 
uns viel kultivirten Apfelbaumes. Die Griechen hatten dagegen 
bereits in der Mitte des 6. Jahrhunderts v. Chr. sogar an Anakreon 
einen besonderen Rosendichter. 

Abgesehen von den 12 wildwachsenden Rosen, von denen 
ich alsbald besonders sprechen werde, existirten in Griechenland 
2 Edelrosen, die Damascener Rose im Süden und die CentifoUe 
im Norden. 

1. Die Damascener Rose, Rosa Damascena. 

Sie wurde von einem englischen Gärtner Philipp Miller, 
Zeitgenossen und Freunde linn^'s, als besondere Art zuerst 
aufgestellt und war auch bisher nur Gärtnern bekannt, ob- 
wohl sie, ganz besonders für die Geschichte Englands, eine 
grosse Bedeutung hatte. Sie blüht in der Regel zwei Mal 
im Jahr und wurde, bevor die heutigen sogenannten Remon- 
tauten, welche fast den ganzen Sommer hindurch blühen, 
sie verdrängten, unter dem Namen Monatsrose, Rosa omnium 
Calendarum, allgemein kultivirt. Wegen ihrer grossen, meist 
rothgestreiften Blumenblätter erhielt sie auch den Namen Band- 
rose. Die Fälle sind aber auch nicht selten, dass an demselben 
Rosenstocke die eine Blume roth, die andere weiss ist. Zur Zeit 
der blutigen Kämpfe der beiden Königsfamilien, der York und 
der Lancaster, in England, hatte die eine die weisse, die andere 
die rothe Rose im Wappen. Als schliesslich von beiden Familien 
nur noch ein Glied, bei der einen ein Mädchen, bei der andern 
ein Eiiabe vorhanden war, wurde allgemein dahin vermittelt, dass 
die letzten Glieder beider Familien sich mit einander vermählten, 
um dadurch ihren gänzlichen Untergang zu verhindern. Seitdem 
sah man, wie die Sage spricht, auch ein und dieselbe Blume in 
zwei Farben. Dergleichen Rosen erhielten damit den Namen 
York^Lancaster Rose, 



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159 

Die Damascener Rose war ohne Zweifel früher, als die Centi- 
folie, in Griechenland und wurde direkt aus Syrien , wie es scheint, 
zugleich mit dem Aphrodite-Dienst, zuerst im Peloponnes und auf 
den wärmeren Inseln eingeführt. Auf der Insel Samos gedieh sie 
ganz besonders. Es wird von ihr besonders bemerkt, dass sie 
zwei Mal im Jahre blühe. Nächstdem brachten Phönizier die 
Damascener Kose, wahrscheinlich nicht viel später, nach Pästum 
in Untcritalien. Als ich vor 3 Jahren Pästum besuchte, um 
vielleicht noch Damascener Rosen aufeufinden, war sie aber nicht 
vorhanden. Unsere jetzigen Monatsrosen (Rosa bengalensis Pers.) 
waren an ihre Stelle getreten. 

Von iPästum aus breitete sie sich weiter nach dem Norden 
Italiens aus und wurde mit der von Jahrhundert zu Jahrhundert 
sich steigernden Macht Roms ausserdem auch in vielen der ihm 
unterworfenen Länder eingeführt. Aber schon früher, seit der 
Herrschaft der Ptolemäer in Aegypten, wo sie bisher nach Mit- 
theilungen des Herrn Professors Lepsius (gegen die Behauptung 
Schleidens) nicht vorhanden gewesen war, kam die Damascener 
Rose auch nach Nordafrika. Hier fand sie besonders in den 
Oaaen, in Kyrene und in Marokko geeignetes Klima. Theophrast 
berichtet ebenfalls, dass in Kyrene vorzüghches Rosenöl ange- 
fertigt wurde (VI, 6, 5). Nach Herrn Professor Ascherson in 
Berlin hat jetzt die Rosenkultur in Fajum (Aegypten) sehr nach- 
gelassen, desto mehr aber wird sie nach Jos. Dalt. Hooker in 
Kew in Marokko betrieben. 

Die Damascener Rose wächst jetzt noch in grosser Menge 
nach Herrn Dr. Wetzstein, der 12 Jahre preussischer Konsul da- 
selbst war, in Damaskus und zwar die einfache, nicht die gefüllte, 
wie wir sie kultiviren. Man verfertigt daselbst jetzt Rosenwasser, 
auch zur Ausfuhr, aber kein Oel. Am 5. Mai jeden Jahres vnrd 
in Damaskus ein besonderes Rosenfest gefeiert, was auf die Be- 
deutung der Rose hinweist. 

lieber die Damascener Rose und die aus ihr angefertigten 
Oele und Spezereien erhalten wir im Anfange des 16. Jahrhun- 
derts unserer Zeitrechnung durch den Spanier Monardes bestimm- 
tere Nachrichten. Nach ihm soll aber Persien das Vaterland der 
Damascener Rose sein, eine Angabe, die sich dadurch erklärt, 
dass die mongolischen Beherrscher Persiens sich auch Syrien 



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160 

unterworfen hatten. In Persien, erzählt Monardes, werden das 
Oel und die Spezereien angefertigt, von Alexandrien aus aber erst 
in den Handel gebracht. 

Wenig später als Monardes schrieb, in der 2. Hälfte des 
16. Jahrhunderts erhielt die Damascener Rose wegen des aus ihr 
angefertigten, etwas nach Moschus riechenden Oeles und Wassers, 
auch den Namen Moschusrose und wurde schon damals als solche 
ziemlich ausführlich von dem Lyoner Botaniker Dalechamp be- 
schrieben. Diese Rosa moschata darf man nicht mit einer an- 
deren, welche der Wiener Botaniker N. Jaquin angestellt hat, 
wie Crepin, der neueste Monograph des Genus Rosa gethan hat, 
verwechseln. 

Interessant ist, dass die Rosen bei Adrianopel, aus denen das 
bei uns gebräuchliche Rosenöl angefertigt wird, nicht Centifolien 
sind, wie man bishef glaubte, sondern nach englischen Unter- 
suchungen ebenfaUs Damascener Rosen. Aus Centifolien und von 
ihnen abgeleiteten Abarten, sowie aus dunkelgefarbten Essigrosen 
(Rosa gallica L.), welche letztere deshalb auch den Namen Rosa 
officinalis erhielt, wurde in Frankreich aber ebenfalls Rosenwasser 
und Rosenöl angefertigt, aus denen man allerhand Spezereien 
und Wohlgerüche gewann. Berühmt war deshalb bis zur grossen 
französischen Revolution der Kalvarienberg in Paris. 

Schliesslich bemerke ich noch, dass das Rosenöl aus Kasch- 
mir und aus Ostindien überhaupt, nicht von Rosa Damascena, 
sondern hauptsächlich von Rosa macrophylla und Webbiana ge- 
wonnen wird. 

2. Die Centifolie, Rosa Centifolia. 

Sie vertritt die Damascener Rose im Norden Griechenlands 
und hat ihren Ursprung im Rhodope- (dem heutigen Barmion-) 
Gebirge Makedoniens, vielleicht wurde sie aber auch erst aus 
Kleinasien daselbst eingeführt. Sie war der Ceres und dem Dio- 
nysos geheiligt — die Damascener Rose der Aphrodite — , und 
kam mit deren Kultus über Kleinasien nach Griechenland. Auf 
dem Thyrsusstab des Dionysos befand sich eine Rose. Persephone, 
die Tochter des Ceres, sammelte Rosen auf der Wiese, wo sie 
spielte, als Pluto sie rauhte. So oft griechische Schriftsteller, die 
zum grössten Theil in Athen lebten, von Rosen sprechen, hat 
man Centifolien darunter zu verstehen. Herodot wusste auch, dass 



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161 

es mehrerlei Rosen gab, wenn er sagt, dass seine 60 blättrige Rose 
einen schöneren Geruch habe, als andere Rosen. Die Rosen des 
Anakreon, der hauptsachlich in Kleinasien lebte, waren ohne 
Zweifel ebenfalls Centifolien, ebenso die des Theophrast (VI, 6, 
4 bis 6), der sich ziemlich ausfuhrlich über sie ausspricht. Nach 
ihm giebt es 5-, 10-, 20- und 100 blättrige Rosen. 

Nach der Sage kam die Rose mit dem phrygischen Könige 
Midas nach dem Rhodope-Gebirge, wo heut' zu Tage die Be- 
wohner von 7 Dörfern sich hauptsächlich mit der Anzucht von 
Rosen und mit der Anfertigung von Rosenöl und Rosen-Specereien 
beschäftigen. Das kann aber im Alterthum noch nicht an der 
Stelle geschehen sein, da kein Schriftsteller im Alterthum davon 
spricht. Theophrast nennt das Rhodope-Gebirge Pangaleon und 
den Hauptort daselbst Philippoi, jetzt Felab. Hier oder doch in 
seiner Nähe befand sich wahrscheinlich auch der berühmte Rosen- 
garten des Midas. 

Rosen wurden in der Blüthezeit des Perikles viel angebaut 
und bildeten einen nicht unbedeutenden Handelsartikel in Athen. 
Es wurde Mode, Kränze, hauptsächlich aus Rosen bestehend, an- 
zufertigen. Das geschah von besonderen Frauen und Mädchen, 
die sich damit eine gute Einnahme verschafften. 

Ich möchte noch bemerken, dass Theophrast an einer Stelle 
seiner Naturgeschichte (I, 13, 2) von einem godov diavd-eg spricht, 
wo eine Blume aus der anderen hervoitommt (liyo) de diav&ig^ 
Ott hsQov av&og iv tu avd'ei). Nach meiner Ansicht ist dieses 
nicht, wie Wimmer meint, eine gefüllte Rose (duplicata rosa), 
sondern ein Rosenkönig, wie sie auch bei uns noch nicht selten 
bei der Centifolie vorkommen. 

Was die Centifolie und ihre Stellung zu den übrigen Rosen 
anbelangt, so ist sie keineswegs eine bestimmte Rosenart, sondern 
eine in der Kultur hervorgegangene sehr interessante Abart der 
Essigrose, Rosa gallica L., mit helleren Blüthen und kürzeren 
Ausläufern. Die Hauptart, welche dunkle, fast blutrothe Blüthen 
und in der Erde weit hinlaufende Ausläufer oder Stolonen be- 
sitzt, mag ursprünglich in Frankreich, Deutschland und im öster- 
reichischen Kaiserstaate zu Hause und dann erst nach Spanien, 
Italien und dem südöstlichen Europa, aber auch nach den Kau- 

kasusländem und Kleinasien weiter gewandert sein. In Griechen- 
Koch. 11 



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land wächst sie besonders im PelapcMmes, mehr noch im Noiv 
den wild. 

Ich gehe jetzt zu den 12 in Griechenland wildwachsend^i, 
also einfachen Rosen über, muss aber bemerken, dass in ihrer 
Nomenklatur eine grosse Verwirrung herrscht. Sie wurde beson- 
ders dadurch hervorgerufen, dass die Rosen an und für sich leicht 
zu Yeränderungen neigen und yom Boden und Klima ungemein 
abhängen. In jeder Gegend, wo diese sich eigenthümlich ent- 
wickeln, entstehen auch besondere Formen bei den Rosen, die 
bisweilen in der äusseren Gestalt von denen anderer Gegenden 
sehr abweichen. Oberflächliche Botaniker beschrieben sie als be- 
sondere Arten. Man darf sich deshalb nicht vnmdem, wenn die 
verschiedenen Gegenden ihre 10, 20 und 100 besondere Rosen 
haben. Leider ist das auch von dem neuesten Rosen-Mono- 
graphen, Herrn Professor Cr^pin in Brüssel, der auss^dem sich 
aber um die botanische Wissenschaft sehr grosse Verdienste er- 
worben hat, geschehen. Dass diese 12 Arten von den alten 
Griechen nicht weiter unterschieden und beachtet wurden, kann 
man sich bei ihrer geringen Bedeutung denken. 

1. Rosa spinosissimaL. wurde bisjetzt nur von Sibthorp im 
Peloponnes beobachtet, ist aber in der neueren und neuesten Zeit 
seitdem nicht wieder gefunden worden. Nach Fraas wächst sie 
aber in den nordischen Gebirgen Griechenlands sehr häufig. Linn^ 
hat die Pflanze 2 Mal beschrieben und zwar die Formen mit 
rauhen Blüthenstielen und Früchten schon im Jahre 1753 als 
Rosa spinosissima, die mit glatten Blüthenstielen und Früchten 
dagegen erst im Jahre 1757 als Rosa pimpinellifolia. Da einer 
der beiden Rosen-Namen für beide Abarten angenommen werden 
kann, so ist es natürlich der ältere, also Rosa spinosissima und 
die Bezeichnung pimpinellifolia darf nur für die Abart gelten. 
Leider haben aber die meisten Botaniker, auch Boissier, den letz- 
teren Namen für die Hauptart angenommen. 

Rosa spinosissima L. ist bei uns eine beliebte Heckenpflanze 
m Gärten und in Anlagen geworden. Ihre Blüthen ändern in 
Farbe und Grösse mannigfach und sie kommen auch gefüllt vor. 
Wild wächst sie besonders im mittleren, zum Theil auch im süd- 
lichen Europa, ferner in Klein^sien, in den Kaukasusländem und 
im südlichen Russland bis i^ach Sibirien hin. 



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163 

2. Rosa alpina L. ist neuerdfegs auf dem gti^hischen Olyni|^, 
sonst aber nirgends in Griechenland aufgefunden Vordren. EWfe 
PÄÄöze hat ftosserdem aber in den Gebirgen Mittel- und Süd- 
europas eine grosse Verbreitung. 

3. und 4. Rosa gallicaL. und CentifoliaL. Ueb^r beide 
Arten ist bereits gesprochen worden (S. 100, 161). 

5. Rosa glutinosa Sibth. et Sm. Ich halte diese faiedrigfe, 
kaum mehr lals fusshohe Rose mit Dfecfandolle fCb- eihte Zwefgform 
der Wfeinrose (Rosa rubiginosa L.). Es würde dieses si^ch rasch 
herausstellen, wenn man Aussaaten machte. In Griechenltod 
wächst sie nur in den Gebirgen des PeloponlieÄ und itn Norden 
des FesÜMides, ausserdem kommt sie abet* noch im ganzeti süd- 
östlichten Europa, in Rleinasien und in den transkaukasischen 
Gebirgen (von Bieberstein, dem Floristen Cis- und Transfcalikä- 
siens, Rosa pulverulenta genannt) vor. 

6. Rosa Heckeliana Tratt. (nicht Hecleliana ßoiss.) ist eine 
nicht genau getiug charakterisirte und deshalb ssWeifelhiaft^ Rose 
des österreichischen Rosen-Monographen Trattinick, die wahr- 
scheinlich von der Rose dieses Namelis von Boissifer verschieden 
ist Nach den Beschreibungen ähnebi beiderlei Ros^n der Rosa 
glntinosÄ S. et Sm. ungemein, so dass man geneigt öein könnte, 
sie nicht für verschieden zu halten. Dass eine und dieselbe Rose 
zugleich auf Gebirgen der Insel SiciL'en, wo sie Trattinick als 
trildwachsend angiebt, und in Griechenland, daÄwischfen aber nicht, 
wädisen sollte, ist nicht wahrscheinlich. 

7. Rosa Orphanidis Boiss. nttd Reut. Diese, dem Ptofessor 
der Botanik in Athen zu Ehren genannte Rose ist bisjetzt nur 
auf dem griechischen Olymp gefunden worden und ist Wahrschein- 
lich von der vorigen nicht verschieden. 

8. Rosa Heldreichii Boiss. et Reut, ist ebenfalls bisjetzt nur 
an dem griechischen Olymp beobachtet worden. Sie v^urde zu 
Ehren des Königlichen Gartendirektors Th. v. Heldrmch in Athön 
genannt. 

9. Rosa Canina L. wächst besonders in der Form coUina 
Jacq. in Griechenland und ist eine durch alle Länder Europa^, 
mögen sie kalt, milde oder warm sein, verbreitete Pflanze. Ausser- 
dem kommt sie noch in Kleinasien, in den Kaükasusländem, in 

11* 



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164 

Syrien, in Persien und selbst bis nach Ostindien hin, aber hier 
nur in Gebirgen, vor. 

Rosa canina L. ist sehr zu Veränderungen geneigt und hängt 
in ihrer äusseren Erscheinung ungemein vom Boden und Elima 
ab. Auf sie bezieht sich hauptsächlich das, was ich über die 
Geneigtheit in den verschiedenen Gegenden abweichende Formel 
anzunehmen, gesagt habe. 

Theophrast ist der Erste und Einzige, der von wilden Bösen 
im Allgemeinen spricht (VI, 2, 1 ayQiov qoöov). Daneben be- 
sitzt er aber noch zum ersten Mal in der griechischen Literatur 
einen Namen für eine oder mehre wilde Rosen: xwogßavog. 
Darunter versteht er verschiedene Rosenformen der Rosa cauina L. 
Das Wort xvvogßaTog wird nur zwei Mal von ihm erwähnt. An 
der einen Stelle (lH., 18, 4) hat xvvogßaxog dem äyvof, (Vitex 
Agnus castus L.) gleichende, also fingerförmige Blätter und rothe 
der Qoa (dem Granatstrauche Punica Granatum L.) ähnliche 
Früchte und bildet ein ziemlich hohes Gehölz, halb Strauch, halb 
Baum. So sieht aber kein Rosenstrauch aus. Man möchte des- 
halb glauben, dass Theophrast unter xvvogßazog gar keinen Rosen- 
strauch, sondern vielmehr einen Brombeerstrauch verstanden habe. 
Fingerförmige Blätter besitzt keine Art des grossen Genus Rosa. 

Die zweite Stelle, wo Theophrast das Wort xvvogßcctog er- 
wähnt (IX, 8, 5), sagt, dass darüber viel gefabelt, man möchte 
fast lieber sagen: „gefaselt" wird. Als Arzneimittel hänge seine 
Wirkung von verschiedenen Umständen ab, je nachdem man z. B. 
die Pflanze mit oder gegen den Wind, des Nachts u. s. w. schneide. 
Eine Ansicht, welche Pflanze Theophrast hier gemeint habe, lässt 
sich hier noch weniger aussprechen. 

Der nächste griechische Schriftsteller, der über xvvogßatog 
spricht, ist Theokrit aus Syrakus, der um 275 v. Chr. lebte. Die 
Stelle, wo Theokrit sich des Wortes xvvogßazog bedient (Re- 
liquiae V, 92, Ausgabe von Reiske, Viennae et Lipsiae 1765) 
ist ebenfalls keineswegs der Art, dass man unter xvvogßatog 
durchaus die Hundsrose verstehen musste, aber immerhin weist 
die citirte Stelle auf eine wilde Rose hin, wenn es heisst: 
aX)^ ov ov^ßXrix eazl xvvogßazog ovS* ävafiiiva 
TiQog Qoda zcSv äv&rjQot naq' aifxazialoi 7ie(pvxsi, 

Dioskorides (im 1. Jahrhundert n. Chr.) spricht sich über 



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165 

xvvogßazog schon bestimmter aus (im 123. Kap. des 1. Buches). 
Was er über die Pflanze sagt stimmt aber ebenfalls mit einer 
wilden Rose nicht in allen Stücken überein, besonders, wenn es heisst: 
sie bilde einen baumartigen Strauch, weit grösser als der Brom- 
beerstrauch, und habe viel breitere Blätter als die Myrte (ßVQolvif)^ 
starke Stacheln rings um die Zweige und eine weisse Blüthe. 
Wenn dagegen von der Frucht bemerkt wird, dass sie in 
ihrem Innern wollig und diese Wolle, sobald sie in die Speise- 
röhre gelange, sehr unangenehm sei, d. h. kratze, so passt dieses 
nur auf eine Rosenfrucht, aber wiederum nicht auf eine der Rosa 
canina L., deren Frucht sich nicht zum Genuss eignet, sondern 
auf eine Rosenart, deren Frucht reif weich wird und dann, wie 
bei unserer Rosa pomifera Herrn., gegessen werden kann. 

Endlich wird xwogßatog noch bei Athenaeus aus Naukratis 
(um 215 n. C!hr.) besprochen. Damach heisst es in der Aus- 
gabe von Casaubonus vom Jahre 1657 (Seite 70 C. D.), dass 
Hvvogßatog in der äusseren Gestalt zwischen Baum und Strauch 
stehe und rothe Früchte wie die Granate besitze. Wenn er aber 
weiter die Blätter ähnlich der OLyvog (dem Keuschlammstrauch, 
Vitex Agnus castus) und damit den Fusstapfen des Menschen 
sein lässt (p. 70 D. eo%v de 6 xvvogßavog /ueza^v d^afxvov xai 
diydQov, oig (priai GeotpQceOTog ^ xat tov xaQTtov a%Bi bqv- 
d^Qov naQanXrioiov tfj ^oi^. exei de xal to q>vXXov dyvwdeg) so 
möchte man wiederum unter xwogßarog ^her einen Brombeer- 
strauch {ßatog) vermuthen als einen Rosenstrauch. Femer theilt 
Athenaeus (p. 70 C.) mit, dass die Pythia den xvvogßaxog einen 
hölzernen Hund genannt habe. Es mag sich dieser Ausspruch auf 
die zahlreichen Rosen- und Brombeersträuchen zukommenden 
Stacheln an Stengeln und Blätter, die die Pflanze gegen Unbilden 
schützen, gerade so, wie ein bissiger Hund, beziehen. 

Das Wort xvvogßarog ist auch in die lateinische Sprache 
übergegangen und Plinius spricht an drei Stellen von der Pflanze. 
Bei den Römern ist (XVI, 180) Cynosbatus bestimmt kein Rosen- 
strauch, wenn es heisst: „Rubi mora ferunt et alio genere simili- 
tudinem rosae, qui vocatur cynosbatus'^. An einer anderen Stelle 
(Xni, 127) wird sogar mitgetheüt, dass die Kappemstaude von 
den römischen Aerzten auch Cynosbatos genannt werde, 

10. Rosa rubiginosa L. hat Fraas in Griechenland beobachtet 



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166^ 

und wi^e auch Ojeiierdifigs im Pelopoimeß yqjdl Orplianides aa£- 
gefunde]|PL. SijQ T^ächst ausser in Griechenland noch fast in ganz 
Europa, in den Kaukasusländem und in Kleinasien. 

n. Rosa repens Scop, (1760), R. arven^is Huds. (1762) 
ist eine sogenannte Kletterrose und wächst, au£ den Boden hin«- 
gestreckt, oft unter dem, Getreide. Zu ihr gehört eine Liebliogs- 
rose der Engländer, von der man jetzt eine grosse Menge von 
Kulturformen unter dem Namen der Ayrsbire-Rosen besitzt. Die 
^de< Pflanze ist erst neuerdings von Orphanides im Pelopcmnes 
beobachtet. Eine grosse Verbreitung hat sie ausserdem nicht und 
körnet in Sudeuropa und in den wärmeren Ländern Mitteleuropas 
von E^glapd im Westen bis zu den Ländern der unteren Donau 
vor. Sie unterscheidet $ich von der nächsten xmd letzten Art 
dadurch, dass sie in^ Winter ihr Laubx verliert. 

12. Rosa sempervirens L. bleibt, wie der Name sagt, im 
Wi^r grün, und wächst ebenfalls auf den Boden hinge^ 
sti:eckt. In Griechfenland hat sie eiue massige Verbreitung, be- 
sonders an den Küsten von Attika und des Peloponnes. Ausser- 
dem wächst sie ^ber noch in ganz Südeuropa und in Nordafrika, 

IL Brombeerstrauch^ Bubus L« 

Das^ die Romer schon unter Rubus, und zwar in derselben 
Ausdehnung wie Liune unsere Brom- und Himbeersträucher ver- 
standen, unterliegt ke^em Zweifel, ebenso dass die Väter dec 
Botanik das Wort in gleicher Ausdehnung gebrauchten, ^^ei den 
Grieichen hiessen die PflfMwen aber ßdroQ. Wahrscheinlich, ver- 
stand m^ anfangs jedoch bei dein Griechen unter ßdfog über- 
haupt nur Domgesträuch und uicht speciell einen BrombeersteMich, 
Es war diesie^. be8ti»^nt bei 5omer desr Fall (Od. XXIV, 230). 

Theophrj^st mag wohl der er3te gewesen, sein, d«pc das, Wonb 
ßdtpg für die B^ombeersträupher einfühii;e und auch schon mehre 
Art,en untei;sphieden hat. A/^enn (I, 10, 6) es aber beissti. dass 
bei eiuigeu Pfl^uzen, so. bei ßfitog auch an der Spitzen der Sten- 
gel und Ae9^. Domen voi;ha^den sind,, so kenne ich wenigstens 
keiuen. Brombeersti:auch, wo das der Fall, ist Richtig ist aber^ 
wepu Theophj^st (I, 10,. 7) ausspricht: der ganze Stengel^ ist mit 
Stacheln besetzt, 

Sehr« genau beschreibt Theopbmst (III, 18, 3) die aufrecht- 



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1«7 

siebenden Hiiabeersträucher (Kubas Idaeus L.), aber auch die 
eckten Brombeersträucber, insofern die Stengel alsbidd zur Erde 
sieb neigen, ditöelbst nach unten Wurzebi schlagen, nach oben 
aber neue Triebe machen. Diese Art der ßavog belegt Theophrast 
auch mit dem Namen x^h^iß^'^^* 

Auffallend ist wiederum, weil nicht richtig, die Angabe Theo- 
phrast, dass ßdtog auch in Wasser wachse (IV, 8, 1). Bisjetzt 
habe ich wenigstens noch keinen Brombeerstrauch im Wasser 
gesehen, wohl aber bisweilen an feuchten und besonders schatti- 
gen Stellen der Wälder. 

Es möchte zum besseren Yerständniss nothwendig sein, auch 
für die Folge zu bemerken, dass Linn^ in der von ihm festge- 
stellten Terminologie einen Unterschied zwischen Dom (Spina) 
und Stachel (Aculeus) in der Weise feststellt, dass der erstere 
die Fortsetzung eines Achsengebildes, d. h. des Stengels und der 
Aeste, bildet, den Stachel rechnet man aber zu den Haargebilden 
(Trichomen), die Auswüchse der Oberhaut sind und daher mit 
dem Fiuger leicht ahgestossen werden können. Dergleichen 
stechende Triphome kommen bei Rosa und Rubus vor Allem vor. 
Domen haben dagegen unsere Weiss- und Schwarzdornarten, 
ebenso die meisten Rhamnus-Arten. 

Noch mehr als die Rose ist der Brombeerstrauch (d. h. die 
Arten des Genus Rubus) zu Veränderungen geneigt und hängt in 
seiner äusseren Erscheinung von Boden- und klimatischen Ver- 
hältnissen ab. Die Botaniker, welche ihre Aufgabe darin suchen, 
dass sie die Verschiedenheiten in der äusseren Erscheinung der 
Brombeersträuche eifrig studiren und jede Verschiedenheit als den 
Typus einer besonderen Art befrachten, haben demnach für ihre 
nächfite Umgebung, für ihre Specialflor, auch bestimmte Namen 
gegeben. Man darf sich demnach nicht wundern, wenn auf diese 
Weise bereits Tausende von dej^leichen Formen als echte Rubus- 
Arten in die Welt geschickt worden sind. Dass sie einen unter- 
geordneten Werth und zwar zunächst nur für die Bewohner der 
Gegend, wo sie wachsen, haben, ist natürlich. 

Wir haben zum Glück in Griechenland noch keinen Botaniker, 
der sich für einzelne Gegenden desselben eine gleiche Aufgabe 
gestellt hätte. Ich folge daher bei der Aufzählung der griechi- 
schen Rubus-Arten hinsichtlich der Nomenklatur dem Meister in 



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168 

der Kenntniss der orientalischen Flor, Herrn Edmond Boissier in 
Genf. Ich kann dieses uin so mehr thun, als auch er ebenfalls 
die Rubus- Arten in dem Umfange annimmt, wie ich es in meiner 
Dendrologie gethan habe. 

Darnach wachsen in Griechenland: 

1. Der Himbeerstrauch, Rubus IdaeusL. Er verdankt sei- 
nen Beinamen dem Dioskorides (im 38. Kap. des 4. Buches), der 
der Ansicht war, dass er hauptsachlich auf dem Berge Ida auf 
Kreta vorkomme. Nach neueren Untersuchungen wächst er aber 
jetzt gamicht auf der Insel Kreta und wuchs ohne Zweifel auch 
im Alterthum nicht auf ihr. Das augebliche Wachsthum des 
Himbeerstrauches ist eine der vielen falschen Angaben, die wir 
Dioskorides verdanken. Bei Theophrast heisst der Himbeerstrauch 
ßccTog OQx^oipvijg und wächst nur vereinzelt im Hochgebirge des 
Nordens,, wo ihn auch Sibthorp gefunden haben will. Wenn von 
Seiten der französischen Expedition nach Morea der Himbeer- 
strauch ebenfalls im Peloponnes angegeben wird, so möchte diese 
Angabe, wie manche andere, auf einem Irrthum beruhen. 

Wo der Himbeerstrauch ursprünglich vdld wächst, ist schwer 
anzugeben, gevnss in einem kälteren Lande, etwa im Westen 
Europas , vielleicht sogar in Deutschland, wo alle Laubwälder 
reichlich damit versehen sind, oder auch in Gebirgen Trans- 
kaukasiens, wo ich ihn nicht selten wild gefunden habe. Von 
hier aus könnte er nach Griechenland eingewandert sein. Wegen 
seiner wohlschmeckenden Frucht wurde er zeitig allenthalben da- 
hin ausgeführt, wo er gedieh. Man findet ihn jetzt wohl in 
kühleren Ländern des nördlichen und mittleren, auch im Gebirge 
des südlichen Europas bis nach Sibirien und dem Amurgebiete, 
ob ursprünglich oder eingeführt, lässt sich nicht mehr ermitteln. 

2. Der Acker-Brombeerstrauch, Rubus caesius L. 
wurde von Fraas nur am Tymphrestos, und zwar sehr selten, 
ausserdem von Orphanides am griechischen Olymp beobachtet. 
Auch er verlangt ein kühles Klima, ist aber, abgesehen von küh- 
leren Ländern des ganzen Europa auch in hohen Gebirgai, so 
im Kaukasus, in den Gebirgen Kleinasiens und des vorderen Per- 
siens, sowie in Sibirien aufgefunden worden. 

3. Rubus tomentosus Borkh. ist eine dem Süden haupt- 
sächlich angehörende Art, welche überwintert und demnach ihr 



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169 

Laub meist nicht verliert. In Griechenland ist sie ziemlich ver- 
breitet, aber doch nur vorherrschend in den Gebirgen, und im 
Schatten der Wälder wachsend. Ausser in Griechenland wächst 
Rubus tomentostts noch einerseits nach Osten zu in Eleinasien 
und in den Eaukasusländem bis nach dem nördlichen Syrien bin, 
andererseits nach Westen hin in Mittel- und Südeuropa. 

4. Kubus sanctus Schreb. ist in den Niederungen, beson- 
ders an den Küsten^ allgemein in Griechenland vertreten und ge- 
hört mit seinen auf der Unterfläche silberweissen Blättern zu den 
schönsten Arten des Genus. Rubus discolor Weihe, mit dem ihm 
Boissier vereinigt, ist eine ganz andere Pflanze, die auch in Län- 
dern mit gemässigtem Klima wächst. Kubus sanctus Schreb. er- 
friert meist bei uns. Ich habe diesen nur an offenen, sonnigen 
Stelleu wachsenden Brombeerstrauch nur im Osten, hauptsächlich 
in den Eaukasusländem und in Kleinasien gefunden. Andere auch 
in Syrien und Persien. Dass er in Italien wächst, ist zweifelhaft, 

Obw(^ krautartig, nenne ich, um die Liste der in Griechen- 
land wachsenden Brombeersträucher abzuschliessen, noch als da- 
selbst wachsend, Kubus saxatilis L. In Griechenland ist er aber 
eine Gebirgspflanze des hohen Nordens, während er in nordischen 
Ländern Europas und Asiens bis nach Sibirien hin auch in Wäl- 
dern der Ebene vorkommt. 

IIL Bibemelly Poterium. 

Während sonst zu diesem Genus nur weiche Kräuter, die 
deshalb zum Theil ein beliebtes Euchenkraut bilden, gehören, 
wächst eine Art im Süden in Form eines domigen Strauches, 
welcher deshalb auch den Namen Poterium spinosum L. erhalten 
hat. Es ist eine in Griechenland an offenen Stellen allgemein 
verbreitete Pflanze. Der Name Poterium, im Griechischen ttot^J- 
QioVy bedeutet ursprünglich ein Trinkgefäss und wurde von Dios- 
korides auf eine domige Pflanze übertragen, die Gummi aus- 
schwitzt, demnach wohl eine Art Astragalus sein muss und 
nicht unser Poterium spinosum L. sein kann. Auch bei den 
Körnern bedeutet Poterium einen Astragalus. 

Die Väter der Botanik, zuerst Caesalpin, waren es, welche 
den griechischen Namen not^Qiov auf Poterium spinosum L. über- 
trugen und Linnö folgte ihm. Sprengel hält in seiner Geschichte 



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ire 

der Botanik 9)£€ci$ und atoißr^ für unser Poteriam spinosam L., 
eine Ansicht der Viele folgen, auch Wimmer, die aber durchaus 
irrig ist, da nach Theophrast aioiß^ fleischige Blatter besitzen 
soll (Theophr. I, 10, 4). 

Poterium spinosum L. hat eine ziemlich grosse Yerbreitong 
in allen wärmeren Ländern des sädöstlichen Europas, Eleinasiens 
und Syriens, ausserdem in Italien einschliesslich der grossen In- 
seln Korsika und Sardinien, sowie Dalmatien. 

Siebente Familie. 
Kernobstgehölze, Pomaceae. 

Lindley hat das Wort Pomaceae zur Bezeichnung der Familie 
zuerst gebraucht, nachdem Jussieu es nur als eine Abtheilung 
seiner Rosaceae gebraucht hatte. Das Wort Pomum dagegen ist 
den alten Römern entlehnt, die nicht nur unser Kernobst darunter 
verstanden, sondern jede essbare, im Garten gezogene Frudit, auch 
Kirschen (also Steinfrüchte), Feigen, Datteln, ja selbst Nüsse. 

Ueber die Eintheilung der Kemobstgehölze ist man sehr ver- 
schiedener Ansicht. Einige machen viele. Andere wenige Genera. 
Wiederum sind die Begriffe über die Ausdehnung und Bedeutung 
der einzelnen Genera sehr verschieden. Wie auch ausserdem, so 
lege ich hier mein grösseres Werk der Dendrologie zu Grunde. 

Zu den Pomaceen rechne ich auch die Granatsträucher, 
welche man sonst als eine besondere Familie unter dem Namen 
Granataceae aufgestellt hat, aber den Pomaceen im Allgemeinen 
eingereiht werden muss. 

L (üranatstrauch, Fnnica L* 

Mala Granata, quae Punica vocantur sagt schon Golumella. 
Das Wort Granatum soll wegen der vielen Kerne, welche die 
Frucht einschliesst, gegeben worden sein. Punica grana nannte 
deshalb auch Plinius speciell die Kerne. Ad malum punicum 
hiess in Rom ein besonderes Stadtviertel. Punicum malum hiess 
dagegen der Granatapfel^ weil die Phönizier, also die Punier, ihn 
aus ihrem Yaterlande mit sich geführt und die Römer damit be- 
kannt gemacht hatten. Vielleicht war aber auch die purpurrothe 
Farbe der Frucht die Ursache. 



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in 

Im alten Tostaoi^nt spielt der Qraiiat»trauch eine wichtige 
KoUe. Die Graioateii werden zu den edleren Früchten des Ge- 
lobten Landes and Aegyptens gerechnet (5. Buch Mosis 8, 8. 
und 5. Buch 5, S), Wie später die Rose bei den Griechen, so 
wurde bei den Juden die Granate in ihrem äoeseren Ansehen mit 
einem schönen Mädchen verglichen (Hohelied 4, ä. 13). 

Aber nicht allein, bei den Römern, auch bei den Griechen, 
welche den Baum ^od und ^oia nannten, stand Baum und Frucht 
in grossem Ansehen, wie man aus Theophrast und den spätem 
Schriftstellern ersieht Ob er schon zu Homer s Z^t bekannt 
war, ist zweifelhaft Die beiden Stellen, wo er in der Odyssee 
genannt wird, gehören einer spätem Zeil an. 

Auch die Homerische Hymne an die Ceres, wo der Granat- 
baum ebenfalls erwähnt wird, möchte nicht so frühzeitig geschrie- 
ben sein, wie man meint. Bekannt war aber sicher der Granat- 
baum zur Zeit Herodot's, aber umsonst suchen wir zu erfahren, 
auf welche Weise, und woher der Granal^trauch kam? Etwas 
später sprechen Empedokles und Hjppokrates von ihm,, dem letz- 
teren ist er aber nur Arzneipflanze. Davon sagt wiederum Theo- 
phrast nichtSi obwohl der Granatapfel zu seiner Zeit hauptsächlich 
Arzneimittel gewesen sein muss. Nach Theophrasi wurde derGranat- 
strauch von Jahrhundert zu Jahrhundert als Kulturpflanae. be- 
liebter, verwilderte aber nirgend, wie manche andere in Gneohen- 
land eingeführte Pflanze. Wann er nach Italien gekommen ist, 
weiss man nicht, wahrscheinlich ziemlich spät; selbst das mittlere 
Italien war dem Granatbaumi zu kalt. 

Während der Barbarei des Mittelaltetrs finden wis nirgends 
den Granatstrauch erwähnt. Erst gegen das Ende hin erscheint 
er^ wiederum in Gewächshäusern käiJberer Länder, auch Italiens, 
undi bkeb bis ajaf den heutigen Tag ein, vor Allem wegen seiner 
reizenden,, oft gefüllten Blumen beliebter Blüthenstrauch, den 
man im Sommer in einem Kübel, gleich« der Myrte, in's Freie 
setzt. Früchite bringt der Granatstnauch. m der Regel nur in wär- 
meren Ländern hervor. 

Da die Granaifrucht in der Art und. Weise ihres Genusses 
in allein Ländern Asiens, wo. der Baum im. Freien wächst, sich 
an4eirs verhält, wie unser, übidges^ Kernobst, so möchte es nodi- 
wendig sein, mich zuvor darüber auszusprechen. Mir war auf 



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172 

meinen Reisen im Oriente die Granate weniger als Speise, denn 
als kühlendes Getränk stets, wo ich sie fand, sehr angenehm. In 
der äusseren Gestalt sieht sie der Quitte sehr ähnlich, aber ihr 
Bau ist ein ganz anderer, indem in einer lederartigen Schale oder 
Rinde grosse Mengen von Samen die voo einer fleischigen Hülle 
den kleinen Steinfrüchten der Brom- und Himbeere ziemlich gleich 
aussehend, umgeben sind, eingeschlossen werden. Diese fleischigen 
Samen werden, indem die Frucht auseinander gerissen ist, an die 
Zähne gedrückt und der säuerliche Saft erquickt, je heisser es ist, 
um so mehr. Noch beliebter sind die fleischigen Samen zur An- 
fertigung eines kühlenden Getränkes, was im ganzen Oriente den 
Namen Scherbet führt. Zu diesem Zwecke drückt man den Saft 
in ein durch Honig, jetzt auch durch Zucker süss gemachtes 
Trinkgefass. 

Dass der Granatstrauch in Griechenland und ausserdem in 
grossem Ansehen gestanden haben und auch mit den Früchten 
Handel getrieben sein muss, ersieht man aus mehreren Stellen 
des Theophrast. Die Kultur des Granatstrauches wird ziemlich 
deutlich beschrieben (H, 7, 3). Während der Granatstrauch in 
unseren Kulturen ohne Domen ist, giebt Theophrast deren an 
(VI, 1, 3) und mögen auch da, wo sie im Freien wachsen vor- 
kommen. 

Auffallend ist, dass nach Theophrast der Granatstfauch rasch 
wächst und zeitig altert (IV, 13, 3), während er in unseren Kul- 
turen mit den Myrten- und Orangengehölzen zu denen gehört, 
welche gerade umgekehrt, ein sehr langes Leben haben. Femer 
behauptet Theophrast, dass die Blüthen (xvtivog genannt) leicht 
abfallen, während diese gerade bei uns eine verhältnissmässige 
Dauer besitzea. Femer stimmt die Angabe Theophrast's, dass 
die Granaten dem Wurmfrasse sehr ausgesetzt seien (IV, 14, 10) 
nicht mit meinen Erfahrungen überein. So viel ich auch Grana- 
ten gegessen, habe ich doch nie einen Wurm gefunden. 

Der Granatstrauch muss zur Zeit des Theophrast bereits in 
nicht wenigen Sorten vertreten gewesen sein. Es gab herbe, 
saure und süsse Granaten, besonders in Aegypten (II, 2, 7), fer- 
ner mit und ohne Kerne wie in Kilikien (H, 2, 7 und IV, 13, 2). 
Mir ist jedoch ane Granate ohne Kerne nicht recht verständlich. 



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178 

da niclit die Schale der Granate, sondern gerade die Kerne ge- 
nossen werden. 

Zur Zeit des Dioskorides, der freilich viel auf Reisen, auch 
in sehr warmen Ländern, wie in Aegypten und in Syrien, war, 
war sicher der Granatstrauch noch mehr verbreitet. Eine Be- 
schreibung erhalten wir, wie gewöhnlich weder vom Baume, noch 
von der Frucht, wir erfahren aber, welche Theile des Granat- 
apfels in der Medizin zu seiner Zeit gebraucht wurden. Die 
süssen Aepfel sollen dem Magen angenehmer und nützlicher sein, 
als die sauren. Von Theilen des Apfels kamen ausserdem in An- 
wendung die Blüthen des kultivirten und des verwilderten Granat- 
strauches (xiaivog und ßakavaTiov)^ sowie die Schale {aidiov^ 
bei den Römern Malicorium). Das Wort xvzivog war Theophrast 
für die Granatblüthe , die er auch schon gefüllt kennt, ebenfalls 
bekannt. 

Was das Vaterland des Granatstrauches ist, lässt sich nicht 
mehr ermitteln, wahrscheinlich ist es Syrien. Nach Boissier 
kommt der Granatstrauch jetzt in Griechenland, RumeHen, in 
Transkaukasien , (wo ich ihn aber nirgends verwildert gefunden 
habe, selbst auch nicht kultivirt), im südöstlichen Persien, in Afga- 
nistan, in Belutschistan, so wie im nordwestlichen Ostindien vor. 
Dass der Granatstrauch nach Theophrast auch in der Krim in der 
Nähe vonPanticapaeon (dem heutigen Kertsch), wenn auch im Winter 
gedeckt, fortgekommen sei, bezweifle ich. In den Ländern auf 
beiden Seiten des Mittelmeers lässt Boissier den Granatstrauch 
subspontan vorkommen. Und doch möchte man, wenn man einen 
besonderen Werth auf die Berichte der alten Römer, bei denen 
er um Christi Geburt eine sehr bedeutende Rolle spielt, wie man 
vor Allen aus Plinius Naturgeschichte ersieht, legt, Nordafrika, 
vor Allem die Umgegend von Karthago als die eigentliche Hei- 
math des Granatstrauches betrachten. Aus Karthago bezogen 
die Römer in ihrer Glanzzeit die besten Granatäpfel zum Genuss. 

II« Aechtes Kernobst^ Pims L. 

Das Wort Pirus, was falschlich dem Mittelalter entlehnt 
Pyrus geschrieben wird, ist ein alt-lateinisches Wort, für den 
Birnbaum (Plin. Hist. nat. XIII, 53). Linn^ benutzte das Wort, 
um bestimmte Kemobstgehölze zu bezeichnen. 



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174 

1. Der Quitiea«traucfa, Pim« Cy^lotiia L. 
Persoon war der erste, welcher aus dem QtiittfeüStrJa.uclie, 
dessen Fruchte viele Samen in jedem Fache einschliessen, ein 
besonderes Genus, -was er Cydonia nannte, aufgestellt hat. Unseren 
Quittenstrauch nannte er Cydonia vulgaris. Bei den Griechen 
selbst hiess dagegen der Quittenskauch xvdwvia ntld Tivdotvia^ 
-ein Wort, was aber er«t «ehr spät, in den Geoponen, zuf Bezeich- 
nung des Baumes gebraucht wird, desto mehr kannte man aber 
in Griechenland <^uittenäpfel als xvifiviov. 

Nach Theophrast wuchs die Quitte nur auf der Insel Kreta 
wild und wurde von dort später in Griechenland eingefEihrt. Kv- 
dwvia hiess aber im Alterthum eine Stadt an der Nordküste 
Kreta's, von der der Name entlehnt sein soll. Sonderbarer Weise 
ist aber der Quittenstrauch, soviel auch Reisende in neuerer Zeit 
die Insel Kreta aufgesucht haben, nicht wieder angefunden wor- 
den und man mochte vennuthen, dass der Quittenstrauch auch 
im Alterthum nicht auf Kreta wuchs. 

Das Vaterland des Quittenstrauches ist wahrscheinlich in 
einem von Griechenland östlich gelegenen Lande, was im Allge- 
meinen ein kühleres Klima hatte, als Griechenland, zu suchen. 
Auf beiden Reisai im Oriente habe ich den Quittenstfauch nur 
kultivirt gefunden. 

Der Quittenstrauch ist erst neuerdings in Griechenland ein- 
geführt worden und scheint nach v. Heldreich besonders in 
Atiika zu gedeihen und daselbst eine grössere Verbreitung ge- 
funden zu haben (August Momrosen griechische Jahrzeiten, 
Heft in, S. 581). Weder Sibthorp, noch Fraas kannten den 
Strauch. Wenn er von der französischen Expedition trotzdem 
als im Peloponnes wa^^hsend angegeben wird, so widerspricht diese 
Angabe^ wie viele andere, den Mittheilungen andere* und zuver- 
l&ssiger Boriohterstatter. 

Nach Boissier hat der Quittenstrauch keine grosse Verbrei- 
tung, da er ihn nur im südöstlichen Europa, in Kleinasien, auf 
dem Kaukasischen Isthmus (wo er aber, wie schon gesagt, nur 
kultivirt vorkommt) und im nördlichen Persien im Süden des 
Kaspischen Meeres angiebt. Im mittleren und westlichen Europa 
wird wiederum der Strauch nur kultivirt. 

Vielleicht wird me dadurch AufU&rung über daö Vttteriaüd 



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175 

des Quittenstrauchcs gegeben, dass ein eigenthümlicher Quitten- 
strauch, der eine grosse, schöne Frucht von bimförmiger Gestalt be- 
sitzt, Cydonia lasitanica, mit der Entdeckung des Seeweges um Sud- 
afrika nach Ostindien, von da in Portugal eingeführt und später 
auch in unsere Kulturländer wieder verbreitet wurde. Sollte nicht 
auch die Angabe im Hohen Liede des Alten Testaments, dass 
die Quitte ihres Wohlgeruchs wege« in Palästina kultivirt werde, 
auf ein im weiten Osten liegendes Vaterland hinweisen? 

Nach Victor Hehn soll der Quittenstrauch den Griechen 
schon im 6. Jahrhundert v. Chr. bekannt gewesen sein. Er stützt 
sich dabei auf Athenäus, den unzuverlässigsten Berichterstatter 
des Alterthums. Unter den Fragmenten, die Athenäus geftmden 
haben wül, befinden sich auch die des Alkman und Stesichoros 
angeblich aus der genannten Zeit. Was daselbst über die Quitte 
gesagt wird, mag für die Zeit in der Athenäus lebte, also für 
205 n. Chr., wahr gewesen sein. 800 Jahre früher befand sich 
aber der Quittenstrauch ganz bestimmt nicht in Griechenland in 
Kultur. Die Mittheilung des Plutarch, dass Solon eine Verord- 
nung erlassen hat, wonach die Braut, bevor sie das Brautgemach 
betritt, eine Quitte essen soll, stammt ebenfalls aus einer sehr 
späten Zeit. 

Nehmen wir demnach an, dase die Griechen vor Theophrast 
den Quittenstrauch kaum gekannt haben und hören wir, was dieser 
über ihn sagt. Daraus ersehen wir vor allem, dass der Strauch zu 
seiner Zeit sdbst nur wenig verbreitet war. Nur bei Aristophanes 
einem Dichter der alten Komödie, der noch 388 v. Chr. gelebt 
haben soll, existirt in den Acharnem (1161) eine Stelle, wo die 
Quitte mit dem Busen einer Jungfrau verglichen wird, nach der 
er also damals vorhanden gewesen sein muss. 

Von dem Quittenstrauche spricht Theophrast nur einmal in seinen 
Werken (11, 2, 5) indem er sagt, dass er (^xvdwviog fir]Xia) durch 
Aussaat der Frucht (des aiQovr^iov) entstanden sei. Unter atqov- 
%^iov versteht aber Theophrast 3 ganz verschiedene Pflanzen: die 
ächte Quitte, worüber ich schon gesprochen, eine stachlige Pflanze 
(VI, 4, 3) und eine Pflanze, die im Sommer blüht und schöne, 
aber nicht riechende Blüthen besitzt (VI, 8, 3). Was Theophrast 
unter den beiden letzten Pflanzen verstanden hat, möchte kaum 
noch zu bestimmen sein. Nach Wimmer soll die stachlige Pflanze 



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176 

Cichorium spinosom Ij , eine zwei- und mehrjährige Cichoriacee, 
die weit und breit jetzt in Griechenland wächst, sein. 

Die Frucht kennt Theophrast nur wenig, da er gar nichts 
weiter von ihr sägt, als dass sie ihren Wohlgeruch lange Zeit 
behalte (de caus. VI, 14, 9). Das zweite Mal, wo Theophrast 
sie nennt (IV, 8, 11) wird sie nur zum Vergleich benutzt. 

Besser beschreibt die Quitte Dioskorides (im 160. Kap. des 
1. Buches). Nach ihm sind die ächten Quitten xvdiivea fi^ka 
sehr gute Magenmittel und haben einen vorzüglichen Geruch. Es 
gibt aber auch ausserdem noch grössere, aber an Brauchbarkeit 
jenen nachstehend. Diese welche einigermassen den portugiesischen 
Quitten (Cydonia lusitanica Hort.) entsprechen, nennt Dioskorides 

OTQOV&ia. 

Eine weit grössere Rolle, als bei den Griechen, spielen die 
Quitten bei den Römern. Ausführlich wird über sie von Plinius, 
besonders im 15. Buche gesprochen. Plinius unterscheidet mehrere 
Sorten, von denen auch eine den Namen Struthia führt. Damit 
ist aber nicht Struthion (Plin. XXIV, 96) zu verwechseln, ein 
Wort, was die Wurzel des Seifenkrautes (Saponaria officinalis L.) 
bedeutet, Wie die Verfasser griechischer Wörterbücher dazu 
kommen dieses Struthium der Römer mit dem atqovd^iov der 
Griechen zu verwechseln, begreife ich nicht. In den sonst vor- 
züglichen, die ich zur Hand gehabt habe, wird atQov^iov stets 
mit Seifenkraut zum Reinigen der Wolle übersetzt. 

Victor Hehn behauptet femer noch in seinem ausserdem vor- 
züglichen Werke, dass die Quitte roh nicht gegessen werde, 
sondern nur, wenn sie mit Wein, Most, Honig, Oel u. s. w. ein- 
gemacht werde. Kein Schriftsteller des Alterthums theilt dieses, 
so viel ich nachgelesen, mit. Mir ist die Quelle unbekannt, wo- 
her Victor Hehn dieses geschöpft hat. Man isst aber heut zu 
Tage, besonders wenn es heiss ist, im Oriente die Quitte gem. 
Das Fleisch ist zwar ziemlich hart, aber sehr gewürzhaft und er- 
quickend. Während meiner beiden Reisen im Oriente habe ich 
an heissen Tagen die Quitten gern genossen. Neuerdings ver- 
wendet man die Quitte, besonders in Südtyrol und am Rhein, zu 
einer sehr wohlschmeckenden Paste und bringt diese auch als 
Quittenkäs in den Handel. 



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177 

2. Der Apfelbaum, Pirus Malus L. 

Er besteht in dem Sinne, wie Linn^ ihn als eine einzige Art 
unter dem Namen Pirus Malus mit den Tausenden von Blend- 
lingen und Formen angestellt hat, aus 5 verschiedenen Typen. 
Darüber habe ich zuletzt in meinem den Gegenstand behandeln- 
den Werke „Geschichte und Naturgeschichte unserer Obstgehölze" 
ausführlich gesprochen. Aus diesem Werke theile ich im Aus- 
zuge hier zum besseren Verständniss des Ganzen Folgendes mit. 

Wir haben zwei strauchartige Apfelgehölze mit Ausläufer bil- 
dendem untersten Theil des Stammes; das Eine, gewöhnlich Para- 
diesapfel genannt, ist sehr wahrscheinlich in England zu Hause 
und führt daselbst den Namen Grab, das Andere wurde in einer 
nicht mehr bestimmbaren Zeit gegen das Ende des Mittelalters 
von Sibirien aus in Italien als Doucin eingeführt. Ich habe diese 
strauchartige Art als Pirus frutescens, jene als Pirus paradisiaca 
bezeichnet. 

Von den drei baumartigen Apfelgehölzen kennt man mit voller 
Gewissheit nur von dem Eisapfel, Pirus prunifolia Willd, das Vater- 
land. Es ist Asien, weniger Sibirien, wie es gewöhnlich heisst, 
sondern vielmehr sind die südlich daran gränzenden, jetzt ebenfalls 
meist russischen Länder Turkestans das Vaterland. Das zweite 
Gehölz habe ich waldartig auf den südlichen Abhängen des Cen- 
tralkaukasus, wo dereinst die östliche Gränze des alten Kolchis 
war, jetzt aber ein indo -europäischer Volksstamm, die Ossön 
oder Osseten wohnen, ich darf wohl sagen, wenn auch nicht 
wild, doch verwildert gefunden, und zwar bereits im Jahre 1836. 
Später im Jahre 1844 fand ich denselben Apfelbaum in einem 
Mischwalde auf dem östlichen Kaukasus im sogenannten Dagestan. 
Ich habe ihn als Pirus sylvestris bezeichnet. 

Der dritte Apfelbaum entliält unsere Renetten und kommt 
vielleicht ebenfalls auf dem kaukasischen Gebirge, wahrscheinlicher 
aber in Central-Europa, wo man ihn sehr oft in Wäldern, die 
ziemlich intakt geblieben sind, findet, vor und unterscheidet sich 
von der vorigen Art hauptsächlich durch besonders auf der ünter- 
fläche woUig-filzige Blätter. Ich habe ihn nach Borkhausen 
Pirus dasyphylla genannt. 

Aus dem Vaterlande der Urtypen unserer 5 Obstgehölze 
geht hervor, dass sie ein zwar mildes, aber mehr kühles als 

Koch. 12 



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178 

warmes Klima bedürfen. Die Erfahrung lehrt, dass die besten 
Aepfel, wie Borsdorfer, Danziger Kantapfel in Deutschland besser 
gedeihen, als in dem warmem Frankreich. Der Borsdorfer Apfel 
hat sudlich vom Thüringer Wald nicht mehr den Wohlgeschmack 
und das feine Gewürz, wie nördlich. In den Gebirgen Böhmens 
und Südtyrols hat er aber wiederum seine guten Eigenschafken. 
Borsdorfer Apfelbäume, die ich selbst in einem fast tragfahigen 
Zustande nach Paris an Freunde gesendet hatte, trugen nach 
mehreren Jahren unschmackhafte Früchte. In Angers wollten die 
Bäume gar nicht gedeihen. 

Ueber die Aepfel Griechenlands berichtet uns neuerdings 
V. Heldreich in Mommsen's griechischen Jahreszeiten (3. Heft 
S. 581), dass sie jetzt fiTjh]d genannt werden, dass die Bäume 
das Klima nicht vertragen und dass nur einige frühreife Sorten 
von sehr massiger Qualität in der attischen Ebene fortkommen. Erst 
in einer Höhe von 2 bis 3000 Fuss beginnt ein E^ima in Grie- 
chenland, was dem Anbau von Apfelobst einigermassen günstig 
ist. Trotzdem gibt es keinen Mangel vorzüglichen Apfelobstes 
in Athen, da es von verschiedenen Inseln, aus dem Norden, von 
Patras u. s. w. eingeführt wird. Selbst aus Südtyrol erhält man 
jetzt über Triest vorzügHches Obst von Aepfeln auf dem Markt 
von Athen. 

Der Name fifjlov ist uralt, bedeutet aber ursprünglich nicht 
Apfel, sondern überhaupt eine essbare Frucht der Kultur, und 
zwar nicht allein Kern-, sondern auch Steinobst. Schon der 
Scholastiker erklärt die Homer sehen fÄrjka für Obst im Allge- 
meinen. Ein zu f^i^lov gesetzter Beiname bestimmt die Kultur- 
frucht näher. So haben wir, wie schon erwähnt, einen Quitten- 
apfel (xvdcüvcov ixfjlov\ femer die Pfirsiche (Jleqai^ov fi'^kov), die 
Aprikose ^Aq^ieviaxav (irjkov) u. s. w. 

Die Zeit, wo man das Wort fi^kov in Griechenland speciell 
auf den Apfel übertrug, ist sehr spät und beginnt fast erst mit 
Anfang unserer Zeitrechnung. Sagen bilden sich in der Regel 
in einer späteren Zeit aus, die griechischen Götter- und Heroen- 
sagen haben sogar erst in Ovid's Metamorphosen ihre systematische 
Abrundung und einen gewissen Zusammenhang imter einander 
erhalten. Damals war aber schon das Wort fifjlov Apfel imd 
konnte demnach als bestimmte Frucht in Anwendung kommen. 



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179 

Die Phantasiefrüchte der Hesperiden, der Eris, des Paris u. s. w. 
waren keine bestimmten Früchte, sondern wurden nur auf den 
Apfel übertragen. 

Auf gleiche Weise verhält es sich mit dem Worte Peri 
der Juden, was ursprünglich ebeu&lls Frucht im Allgemeinen 
war und nur erst später, als man den Apfel kennen gelernt hatte, 
auf diesen übertragen wurde. Im Alterthum wuchs sicher der 
Apfelbaum nicht im gelobten Lande und wenn er jetzt in den 
kälteren Gebirgen Syriens vorkommt, so wurde er erst neuerdings 
eingeführt. 

Dioskorides verstand unter fi^Xov bestimmt den Apfel, er 
unterscheidet schon (im 161. 162. und 163. Kapitel des ersten 
Buches) 3 verschiedene Aepfel, die er aber leider nicht weiter 
beschreibt. 

1. MeliiiirjloVj also Honigapfel, war ein frühzeitiger Süss- 
apfel, der früher reifte, als die grosse Hitze kam, und auch jetzt 
noch in wärmeren Ländern, wie z. B. in Italien, am besten ge- 
deiht. Am besten thut man, unter fieXifirilov überhaupt Sommer- 
äpfel zu verstehen. Theokrit nennt sie ylvxv/urjXa, 

2. ^ HneiQcoTixbv fX'^lov also Apfel aus Epirus, einem Ge- 
birgslande mit kühlerem Klima. Sie wurden nach Dioskorides 
von den Römern auch OQßixovlaTa genannt, weü die Blätter 
eine kreisförmige Gestalt hatten. Meiner Ansicht nach waren 
diese Aepfel aus Epirus Winteräpfel. Man könnte in der That 
unsere Renetten darunter verstehen. 

3. idyQioiiTjlov ist ein Apfel von einem wilden oder viel- 
mehr verwilderten Apfelbaume. Wo er den gesehen hat, sagt 
leider Dioskorides nicht. Man möchte fast vermuthen, dass es 
Italien gewesen ist. 

Wenn in der Odyssee (VII, 115 und XI, 589) von Aepfeln, 
die man das ganze Jahr hindurch haben kann, also von Winter- 
äpfeln, gesprochen wird, so sieht man daraus, aus welcher sehr 
späten Zeit die besagten Stellen, die beide übrigens nur dasselbe 
sagen, stammen. 

Ich habe alles das, was Theophrast über firiUa und ^rilov 
gesagt hat, noch einmal kritisch untersucht, und bin schliesslich 
zu der Ansicht gekommen, dass Theophrast wahrscheinlich den 
Apfel noch nicht gdkannt hat. Die Beschreibung der /ui/Ärf«, 

12* 



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180 

also des Baumes, passt ebensowenig zu dem Apfelbaum, wie die 
des (nfjlov^ also der Frucht zu dem Apfel. 

Leider verwechselt Wimmer in seiner sonst so ausgezeich- 
neten Uebersetzung des Theophrast die Worte aTtiov (eine der 
beiden Birnen, welche in Griechenland schon im Alterthum vor- 
kamen) stets mit iLirjkov^ dem vermeintlichen Apfel, eine Ver- 
wechslung, die ich gar nicht verstehe. So werden demgemäss 
beispielsweise an einer Stelle (III, 3, 2) die Worte tiX^v ax- 
QadoQ xäi aniov xal ^rjUag übersetzt mit „exceptis pirastro, 
malo et piro." 

Zunächst soll firjkea keinen Stamm haben (ov fxovoateXixrjg 
I, 3, 3 und I, 9, 1). Er hat femer ein kurzes Leben (IV, 13, 2) 
und vermehrt sich auch durch Sprossen (IV, 13, 3 naQaßlaatavei 
de ndXiv), Auch sollen die Stecklinge leicht anwachsen (11, 5, 3). 
Femer wächst f^rjXia viel leichter in der Ebene, als im Gebirge, 
was der Wiiklichkeit widerspricht. Das sind alles Merkmale, 
welche dagegen sprechen, dass unter jLirjXia der Apfelbaum zu 
verstehen ist Man müsste annehmen, dass eins der beiden strauch- 
artigen Apfelgehölze, die aber jetzt nicht in Griechenland vor- 
kommen, im Alterthum schon bekannt war. 

Die Frucht ^rjXov ist süss (IX, 11, 5) und verfault deshalb 
leicht (V, 9, 5). Sie reift auch früher als die Bim (III, 4, 5). 
Es giebt frühzeitige und spätreifende (de caus. I, 18, 3; IV, 11, 
2), ja eine besondere Sorte des Baumes führt auch deshalb den 
Beinamen des frühzeitigen (^iaQivi^), Von diesem Baume spricht 
Theophrast besonders, und zwar an 4 verschiedenen Stellen. End- 
lich gedenkt Theophrast einer f^ijXeay die zweimal im Jahre trägt 
(I, 14, 1 und de caus. I, 13, 9). 

Die Frage, was Theophrast unter f.irjXea und fxijXov verstan- 
den hat, mochte vielleicht nicht so schwer zu beantworten sein, 
als es scheint. Beide Worte imjXia^ sowie firjXov^ kommen in der 
Regel mit dfivydaXrj und axQ^9 (Mandel- und Bimbaum) vor 
und deuten auf eine gewisse Verwandschaft mit diesen hin. Das 
Vorkommen mit äxgig d. h. Birnbaum konnte wohl zu der An- 
nahme fuliren, dass die alten Griechen unter i^irjXea den Apfel- 
baum verstanden, das aber mit äixvydaXrj d. h. dem Mandel- 
baum konnte auf die Bedeutung des Mandel- oder Pfirsichbaums 
führen, denn, wie ich später ausführlich (S. 193) auseinander^ 



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181 

setzen werde, ist die Pfirsiche nichts weiter als eine Mandel, die 
fleischig geworden ist. Wenn nun schon alle Stellen, wo f^f]l4a 
und fjifjXov vorkommen und eine Deutung erlauben, auf die süsse 
und safdge Pfirsiche hinweisen, so ist es mit iurjlea iaQtvij ganz 
besonders der Fall. 

Wenn Theophrast wirklich den Apfel gekannt hat, so könnte 
es nur in Betreff desjenigen sein, der nebst der Bim in der Haupt- 
stadt des Pontischen Reiches, in Pantikapäon, dem heutigen Kertsch 
auf der Halbinsel im Osten der Krim sich vorfand. 

Au£Eallend ist, dass sowohl Hesiod wie Herodot, beide Worte 
fXTjkia und (.i^Xa gar nicht kennen. 

Ganz anders verhält es sich mit den Römern. Im alten Rom 
kannte man schon frühzeitig den Apfelbaum mit seinen Früchten, 
es ist sogar wahrscheinlich, dass die Griechen ihn erst von den 
Uömem erhielten. Während im ersten Jahrhxmderte die Griechen 
nur 3 verschiedene Aepfel (Sommer-, Winter- und Holz- d. h. 
auf verwilderten Bäumen entstandene) kannten, führt Plinius schon 
eine sehr grosse Anzahl ächter Aepfel auf (XV, 49). Die römischen 
Landwirthe beschäftigten sich mit Obstzucht überhaupt mit Vor- 
liebe und führten aus allen Ländern, die sie sich nach und nach 
unterwarfen, die guten Früchte bei sich ein, so dass schliesslich 
Varro (I, 2, 6) sagen konnte, dass ganz Italien ein zusammen- 
hängender Obstgarten (Pomarium) sei. Wie ganz anders sah es 
4 Jahrhunderte firüher, zur Zeit des Peloponnesischen Krieges aus? 
Nach einem anderen Berichterstatter (Hermippus) wurden damals 
in Italien zur Ausfuhr nur Graupen und Ochsenrippen gewonnen. 

Die Römer führten aber nicht allein die guten Aepfelsorten 
aus fremden Ländern ein, sie machten schon Aussaaten, um neue 
gute Sorten zu gewinnen und theilten diese dann ihren Obstbau 
treibenden Freunden mit, die aus Dank die neuen Sorten mit den 
Namen der Geber belegten. So entstanden die Appianischen, die 
Scantianischen, die Matianischen u. s. w. Aepfel. 

Aber auch die Römer gebrauchten das Wort malum als 
Kollektiv-Namen für essbare Frucht der Kultur im Allgemeinen, 
wenn es (Plin. XV, 39) heisst: Mala appellamus, quamquam di- 
versi generis, Persica, Granata, quae in Punicis arboribus novem 
generum dicta sunt. Im Alterthum scheinen die Aepfel in Rom 
noch weit beliebter gewesen zu sein, als jetzt, wo das Klima durch 



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182 

die spätem Abholzungen und Vernichtung der schönen grossen 
Wälder ein weit wärmeres geworden ist, bei dem Aepfelbäume 
nicht mehr gut gedeihen. Es mögen auch diese durch andere 
aus fremden Ländern eingeführte Fruchtbäume, wie vor Allem 
durch den japanischen Mispelstrauch Eriobotrya japonica (Mespi- 
lus) Thunb,, verdrängt worden sein. 

Wenn in Deutschland, sowie im westlichen Europa überhaupt, 
in den Sagen der germanischen und gälischen Völker stets der 
Apfel eine grosse Rolle gespielt hat, so ist dieses naturlich, da 
einige Typen, aus denen unsere Kulturäpfel entstanden sind, da- 
selbst einheimisch sind. Seine runde Gestalt und sein ausserdem 
schönes Aeussere konnte wohl zu Vergleichungen, vor Allem mit 
der Weltkugel, Veranlassung geben. 

3. Der Birnbaum, Pirus communis L. 

Ueber das Wort Pirus ist bereits gesprochen worden (S. 173). 
Linn^ umfasste unter Pirus communis alle unsere Kultur- und ver- 
wilderten Birngehölze und unterschied 5 besondere Gruppen nach 
der Form der Fruchte, die er mit besonderen, den alten Körnern 
entlehnten Namen belegte. 

a) Piraster (silvester Bauh.) die verwilderte Bim. 

ß) Falema, die Bergamotten^). 

y) Pompejana, die Guteobristbimen. 

cJ) Favonia, die Muskatellerbimen. 

fi) Volema, die übrigen mit der ächten Bimform. 

Das sind noch heut zu Tage die Bimgruppen, welche man 
m Volke allgemein als solche annimmt. Seit Linn6 ist die Bim, 
besonders in Frankreich und in Belgien, die Lieblingsfmcht ge- 
worden und hat die Kultur des früher weit mehr angebauten 
Apfelgehölzes, mit Ausnahme einiger gewürzhaften Sorten, wie 
der Kalwillen fast gänzlich zurückgedrängt. In Deutschland und 
England, sowie in Russland und den Vereinigten Staaten Nord- 
amerika's, ist der Apfel dagegen noch die Frucht, deren Kultur 
man vor Allem betreibt. Wir erhalten fortwährend grosse SchiflFs- 
ladungen von Daueräpfeln von jenseits des Ocean's. 

Die Zahl der Birn-Sorten betrug zu Linnö's Zeit nur 80, jetzt 



1) Nach Plinius (bist. nat. XY, 33( verglichen mit dem Falerner Weine, 
weil sie die saftigsten sind. 



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183 

ist ihre Anzahl auf einige Tausend gestiegen und steigt fort- 
während. Es gibt in Frankreich namentlich, aber auch in Bel- 
gien, Obstgutner, welche die Züchtung neuer Bimsorten fabrik- 
mässig betreiben und jährlich, zum grossen Schaden des Obst- 
baues, Hunderte neuer, zum allergrössten Theile völlig werthloser 
Birnen in den Handel bringen. Die Sucht nach dem Neuen, vor 
Allem in Deutschland, von Seiten der Obstliebhaber fördert leider 
diese Charlatanerie nicht wenig und tragt zur Verschlechterung 
und zum Verfall des Obstbaues bei. 

Dieser Pirus communis L. fügte Linne's Sohn in seinem 
Supplement im Jahre 1781 noch ein zweites Bimgehölz mit 
schmalen weidenähnlichen Blättern, das er deshalb Pirus salici- 
folia nannte, hinzu. Diese in ihrem Vorkommen nur auf Cis- 
und Transkaukasien beschränkte Art habe ich nur in den Ebenen 
Ciskaukasiens gefunden, Andere auch in Transkaukasien. Ob 
diese aber nicht vielmehr zu sehr ähnlichen Formen der nächsten 
Pirus elaeagrifolia gehört, möchte noch näher zu untersuchen 
sein. Auf keinen Fall hat sie aber zur Entstehung unserer Kultur- 
bimen etwas beigetragen. 

Seit den letzten drei Jahren, wo mein Buch „Geschichte und 
Naturgeschichte der deutschen Obstgehölze* gedruckt ist, habe 
ich auch femer in steter Verbindung mit den namhaftesten 
Pomologen nicht allein von Deutschland, sondern auch des 
Auslandes, vor Allem Belgiens, Frankreichs, Englands und der 
Vereinigten Staaten Nordamerika's, sowie als eines der Vor- 
standsmitglieder des deutschen Pomologen -Vereins seit seiner Grün- 
dung im Jahre 1860 und als Gründer der im Jahre 1853 ins Leben 
gerufenen allgemeinen Versammlungen deutscher Pomologen und 
Obstzüchter, Gelegenheit gehabt, meine Untersuchungen auch über 
die Biragehölze fortzusetzen und bin schliesslich wiederum zu an- 
deren Resultaten, die der Wahrheit noch näher stehen möchten, als 
die früheren, und die ich daher jetzt mittheilen will, gelangt. 

Bisher hatte ich nach Grund- oder Urtypen für unsere Kultur- 
bimen gesucht and deren auch 5 zu finden geglaubt. Diese 5 
Grundtypen waren aber sämmtlich Sträucher oder doch wenigstens 
nur kleine Bäume, die nie bedeutend werden können. Und doch 
existiren hohe Birnbäume noch jetzt in Bauergärten diesseits und 



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184 

und jenseits des Thüringer Waldes nicht wenig. In meinem väter- 
Kchen Gtirten zu Weimar stand ein grade in die Höhe steigender 
Birnbaum mit einem bis über 60 Fuss hoch gehenden Hauptstamm 
(Primärachse) und trug alle Jahre grosse Ernten des reichsten und 
wohlschmeckendsten Bimobstes. Der Stamm besass einige Fuss 
über dem Boden über 4 Fuss Durchmesser und war schUesslich, 
unbeschadet seiner Fruchtbarkeit, hohl geworden. Ich erinnere 
mich auch noch femer aus meiner Jugend, dass man aus derglei- 
chen Birnbaumholze gern sich Möbel anfertigen liess, die vor 
Allem eine lange Dauer und eine schmutzig hellbraune Naturfarbe 
hatten. 

Dergleichen Bäume habe ich bisweilen auch am Terek von 
seinem Austritt aus dem Kaukasus bis zum Kaspischen Meere 
gesehen. Andere beobachteten dergleichen hohe und starke Birn- 
bäume hier und da in Kleinasien und im Pontischen Gebirge. 
Meinerseits jedoch, obwohl kein Reisender sich solange als ich in 
diesem Gebirge aufhielt imd wohl auch keiner es so gut kennt, 
habe ich keine Birngehölze im Pontischen Gebirge gefunden. 
Auch in Italien kamen dergleichen hohe Birngehölze im Alter- 
thum nicht vor und ich habe auch in der neusten Zeit vergebens 
darnach geforscht. 

Wenn demnach noch jetzt hohe und starke Birnbäume existiren 
und auf eine ursprünglich in dieser Weise wachsende und nicht 
erst durch die Kultur (wie ich früher glaubte) entstandene Art 
hinweisen, so ist es interessant zu erfahren, dass auch die Griechen 
schon im hohen Alterthum dergleichen oyx^^ genannte Birnbäume 
kennen. Und zwar ist es Homer selbst, der schon von ihnen 
spricht, wenn er sagt (Odyssee XXIV, 234) 

azäg (XQ^ imd ßXco&Q'^v oyxvrjy ieaia ödxQvov elßsv. 
Stand er am mächtigen Stamme des Birnbaums, Thränen 
vergiessend (Voss). 

Aus dem, was ich hiermit ausgesprochen, geht wohl hervor, 
dass dieser hochwerdende Birnbaum für sich eine gute Art dar- 
stellt und nicht mit den andern niedriger bleibenden Birnge- 
hölzen vereinigt werden kann. Zu Pirus communis Linn^ und 
seiner Anhänger kann er ebenfalls nicht gestellt werden, da hier- 
unter die Kultur- und verwilderten Birnen zu verstehen sind. 



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Ich gebe ihm hiermit als selbständige Art den bezeichnenden 
Namen Pirus elata. 

Ich gehe jetzt zu den 5 Urtypen, welche ich noch vor drei 
Jahren in meiner Geschichte und Naturgeschichte der deutschen 
Obstgehölze angenommen hatte, über, habe aber auch hier eine 
andere Ansicht gewonnen. Von diesen 5 Urtypen mochten schliess- 
lich doch nur 3 als solche, und zwar mit der eben angestellten 
neuen Pirus elata, zu betrachten sein: eine mehr im Norden und 
eine mehr im Süden des Orients, so wie eine im südlichen Russ- 
land wachsende Art: Pirus elaeagrifolia Pall. (nicht elaeagnifolia 
DC), Pirus persica Pers. und Pirus Achras Gaertn. Dagegen ist 
Pirus cordata Desv. wohl nur erst aus der Kultur hervorgegangen 
und später in Frankreich und Deutschland verwildert. 

a. Pirus elaeagrifolia Pall. wächst in Griechenland in grosser 
Menge, ausserdem in Transkaukasien und in Kleinasien, und liebt 
ofiFene und trockne Stellen, auf denen der Strauch ähnlich, wie 
bei uns der Schlehen- oder Schwarzdom wächst Auf den Ter- 
rassen des nach Norden abfallenden armenischen Hochlandes ist 
er oft, wie auch nach Boissier auf den unfruchtbaren Hochebenen 
Kleinasiens, das einzige Gehölz was man weit und breit nur 
findet. In der Krim wurde er dagegen, obwohl Pallas ihn da- 
selbst kennen lernte, sicher erst eingeführt. Pirus elaeagrifolia Pall. 
hat in die Länge gezogene Blätter. 

b. Pirus persica Pers. Vaterland ist Syrien, was als Mon- 
golen den persischen Thron einnahmen zu Persien gehörte. Ob 
der Strauch oder kleine Baum mit rundlichen Blättern schon mit 
dem Dienst der Aphrodite oder überhaupt durch die an den 
Küsten viel Handel treibenden Phönizier, zugleich mit der Da- 
mascener Rose, eingeführt wurde oder später erst nach Griechen- 
land kam, wissen wir nicht. Kleine, rundliche Blätter, die aber 
auch Pirus Achras Gaertn. besitzt, werden nur an einer Stelle 
(I, 10, 5), die aber ausserdem sich nicht klar ausspricht, von 
Theophrast, angegeben. An dieser Stelle heisst es: lu fiiv yäg 
n€Qiq>€Qij xax^dneQ t« t^g äniov^ ta de nQOfirjxiatsQa xa&aneQ 
TOL Tilg f^^^^^S' Damach hätte auiog (also der Birnbaum) runde, 
f^Tjlea (nach allgemeiner Annahme der Apfelbaum) aber in die 
Länge gezogene Blätter. Verstände man mit mir unter fÄrjlia 



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186 

aber den Pfirsichbaum, so würde meine Behauptung sogar durch 
diese Angabe bestärkt. 

Sicher ist es aber, dass Pirus persica Pers., welche zuerst 
unter dem Namen Pirus Sinai nach Paris kam, in sehr früher 
Zeit nach Unteritalien verpflanzt wurde und besonders in der 
Nähe von Paestum, wo auch die Damascener Rose den geeigneten 
Boden mit Klima gefunden hatte, kam und von da sich weiter 
in Italien verbreitete. Als ich 1874 Paestum besuchte, um die 
dort früher sehr gepflanzte Damascener Rose vielleicht wieder 
aufzufinden, entdeckte ich dagegen in den Gegenden, wo die be- 
kannten Büffel sich aufhalten in grosser Menge Pirus persica. 

Dieser Pirus persica scheint man schon im Alterthum beson- 
dere Pflege gewidmet zu haben. Die Römer naunten sie um 
Christi Geburt die Tarentiner. Sie verbreitete sich, da es mit der 
überhand nehmenden Abholzung in Unteritalien zu heiss wurde, 
allmälig nach Norden und fand schliesslich in der Nähe der grossen 
nordischen Seen ein vorzügliches Klima für ihr Gedeihen. Es 
war dieses vor Allem bei Bergamo so sehr der Fall, dass die 
allmälig sehr vervollkommnete Bim den Namen Bergamotte er- 
hielt und damit ein sehr bedeutender Handelsartikel wurde. 

III. Sorbns L. 

1. Der Speierlin^, Sorbus domestica L. 

Linn^ bediente sich zur Bezeichnung dieses schönen Baumes 
und der Eberesche als Genus-Namen des Wortes Sorbus, eines 
ursprünglich lateinischen Wortes, was noch jetzt, aber nicht wie 
im italienischen Wörterbüchern behauptet wird, den Eisbeerbaum 
(S. torminalis (Crataegus) L.), sondern Sorbus domestica L. be- 
deutet Vor Theophrast war der Speierling sicher nicht in Grie- 
chenland bekannt und wohl auch in seiner Zeit nur Kultur-Frucht- 
baum in den kühleren Gegenden. Der Speierling heisst noch 
jetzt bei den ItaUenem Sorbo, Sorbo domestico und Sorbo gen- 
tile, der Eisbeerbaum dagegen Baccarello, Ciavardello, Man- 
giarello, Sorbezzolo und Sorbo salvatico. In wärmeren Gegenden 
gedieh er nicht und ging, wie der Gärtner jetzt sagt, nur in's 
Kraut d. h. er brachte keine Früchte hervor. 

Theophrast nannte den Speierling oirj und oa und beschrieb 
ihn so genau, dass es wohl keinem Zweifel unterliegt, er habe 



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ihn gekannt. Man kultivirte schon zu seiner Zeit dieselben 3 
Abarten, wie noch jetzt. Es muss demnach der Speierling schon 
in früher Zeit Obstbaum gewesen sein, kam aber erst im 3., viel- 
leicht zu Anfang des 4. Jahrhundertes nach Griechenland. Eigen- 
thümlich ist, dass der Speierling in Griechenland sehr bald wie- 
derum aus der Mode kam und nicht mehr kultivirt wurde, denn 
er wird später nicht wieder genannt. 

Was Dioskorides unter ovov verstanden hat, lässt sich nicht 
bestimmen. Wenn das Wort aber wirklich den Speierling be- 
deuten soll, so war er, da er nur kurz erwähnt wird, gewiss 
nicht viel in den Ländern, die Dioskorides besuchte, verbreitet. 
Wo er ihn gesehen, sagt er nicht, wohrscheinlich war es der 
Südwesten Europa's und der gegenüberliegende Norden Afrika's. 
Obwohl die alten Römer ihn aber schon gekannt haben, so glaube 
ich doch, dass er erst aus Afrika dahin gebracht wurde. Weder 
Plinius noch irgend ein anderer lateinischer Schriftsteller gibt ihn 
als Waldbaum an. Er ist sogar heut' zu Tage noch in Italien, eben 
so in Frankreich, ein Kultur-Obstbaum. Linn^ war wohl des- 
halb berechtigt den Speierling Sorbus domestica zu nennen, eben 
so, wie Caspar Bauhin S. sativa und Clusius S. legitima. Sollte 
der Speierling nicht erst aus Italien zur Zeit des Theophrast oder 
etwas früher nach Griechenland gekommen sein? Neuerdings ist 
er von Sibthorp in Messenien und von Orphanides in Lakonien 
au%efunden worden. Weiter nach Osten hat ihn kein Reisender 
beobachtet, wohl aber noch in Thrazien und in Makedonien. 

2. Mehlbirn Strauch, Sorbus Aria (Crataegus) L. 

Er besitzt ziemlich denselben Verbreitungsbezirk, als der 
Felsenbiinstrauch, kommt aber in Griechenland noch häufiger vor. 
Die alten Griechen haben ihn aber nicht gekannt, wenigstens 
nicht mit einem bestimmten Namen bezeichnet. Dass Linn6 das 
Wort aQia als Beinamen für eine Art der Kemobstgehölze 
benutzt, berechtigt uns noch nicht, anzunehmen, dass die alten 
•Griechen dieselbe Art ebenfalls darunter verstanden hätten, denn 
wir wissen, dass Linn^ sehr häufig sich griechischer Pflanzen- 
naraen ganz willkürlich zur Benennung anderer Pflanzen bedient. 

Das Wort aQcä wird übrigens nur von Theophrast erwähnt 
und ist ein Special-Name der Dorier im Peloponnes. 



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Ich bemerke schliesslich, dass wir in der Kultur eine Abart 
der Sorbus Aria besitzen, welche von dem Engländer Loddiges 
den Beinamen graeca erhalten hat. Dem Nameu nach müsste sie 
aus Griechenland stammen. 

lY. Mespllns L. 

1. Der Mispelstrauch, Mespilus germanica L. 

Unter Mespilus vereinigt Linn^ 7 zum Theil sehr von ein- 
ander verschiedene Gehölze, welche sich von dem Genus Pirus 
nur dadurch unterscheiden, dass sie anstatt eines sogenannten 
Kjöbses oder Fruchtgehäuses meist 5 von einer harten und steini- 
gen Schale umgebenen Kerne (Pyrenae) einschliessen. Wie Linn^ 
und Caspar Bauhin, schon vor ihm, dazu kommen, einen Frucht- 
strauch, der bestimmt erst in Deutschland eingeführt wurde, als 
Mespilus germanica zu bezeichnen, verstehe ich nicht. Wo sein 
Vaterland zu suchen, ist noch keineswegs festgestellt, ich fand 
ihn auf meinen Reisen im Oriente ohne Zweifel wild auf der 
westlichen Seite des kaukasischen Gebirges und im Belgrader 
Walde bei Konstantinopel, Grisebach dagegen nicht in Thrazien 
und Bithynien, wohl aber wiederum Kotschy und Buhse im süd- 
westlichen Ufergebiete der Kaspischen Meeres, wo aber Hauss- 
knecht ihn nicht gesehen hat. Im Norden Griechenlands hat ihn 
nur Fraas in wenigen Exemplaren gefunden, ob er aber schon im 
Alterthum daselbst vorhanden, möchte ich mit Sicherheit ver- 
neinen. Er darf daher nicht als ursprünglich griechischer Strauch 
betrachtet werden. 

Wenn man bei Theophrast die Beschreibung der (.leanllrj und 
des fxeanikov^ also des Baumes und der Frucht, nachliest um zu 
sehen, was er wohl darunter verstanden haben mag, so ist es 
wiederum unbegreiflich, wie man unsere Mespilus germanica dar- 
unter verstehen konnte. Theophrast hat unter seiner fieanilr] 
Mespilus tanacetifolia Poir. oder eine ihrer vielen Abarten so 
genau charakterisirt, dass gar kein Zweifel übrig bleiben kann 
flll, 12, 5. 6). Der Gartendirector Th. v. Heldreich in Athen hat' 
neuerdings noch im Peloponnes eine besondere Art, die vielleicht 
auch nur eine der vielen Abarten der M. tanacetifolia darstellt, in 
grosser Menge wachsend aufgefunden und sie Mespilus pycno- 
loba (Crataegus) Boiss. und Heldreich genannt. Theophrast selbst 



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kannte von fieonili] im Aassehen und namentlich hinsichtlich 
Gestalt und Farbe der Frucht verschiedene Arten, wie av^rjdiov, 
aardveiog und av&rjdovo€iöi^g. Es theilten ihm dies die Bewoh- 
ner Kreta's mit (III, 13, 5). 

M. tanacetifolia, welche Toumefort zuerst auf seiner orienta- 
lischen Reise aufgefunden und in der Beschreibung derselben auch 
abgebildet hat, ist auch die Mutterpflanze unserer, besonders in 
Italien beliebten Azarolen. Sollten diese in der Kultur ent- 
standenen Obststräucher schon im Alterthum bekannt gewesen 
sein? 

Dioskorides scheint die Frucht der Mespilus germanica unter 
dem Namen stsqov f,iianilov gekannt zu haben, das eigentliche 
fisonilov war ihm eine der Mespilus tanacetifolia Poir. ähnliche 
Frucht. Es könnte allerdings auch ein Weissdom, deren es viele 
im Osten Europa's und im Oriente gibt, gewesen sein. 

Schliesslich bemerke ich noch, dass das Wort (.leonikrjy bezw. 
fieaniXov vor Theophrast nicht verkommt, häufiger wird es aber 
in den ersten beiden Jahrhunderten nach Christus gebraucht. 

2. Weissdorn. Mespilus-Arten 
aus der Abtheilung Crataegus der Alten Welt. 

In der Aufstellung der Genera der Pomaceen herrscht unter 
den Botanikern wenig Uebereinstimmung. Für die Arten mit 
Steinen, wie sie die bereits besprochene Mispel besitzt, unter- 
scheide ich nur 2 Genera: Mespilus und Cotoneaster, während 
Andere, besonders der älteste de CandoUe in seinem Prodromus 
aus Mespilus 2 Genera: Mespilus und Crataegus gemacht, aber 
keine scharfe Gränze zur Unterscheidung angegeben haben. In 
dem jetzigen Falle soll nur von Arten des de CandoUe'schen 
Genus Crataegus gesprochen werden. Ueber Mespilus bezw. 
^Bonih] sind bereits Mittheilungen gemacht. 

Linnö hat sich des Wortes Crataegus für andere Sträucher 
bedient, als de Candolle, indem er unter Crataegus 9 von ein- 
ander sehr verschiedene Arten verstand. Die Hälfte derselben hat 
Decandolle in andern Geschlechtem untergebracht. 

Das Wort xQoraiyog wird vor Theophrast nicht erwähnt, 
und zum ersten Male in seiner Geschichte der Pflanzen (III, 15, 



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190 

6) geaanDt. Er ist an besagter Stelle ausführlich beschrieben, so 
dass kein Zweifel übrig bleibt, dass Theophrast die noch jetzt in 
Griechenland wachsenden Weissdom -Arten darunter verstanden 
hat, und zwar weiss- und schwarzfrüchtige, Mespilus monogyna 
(Crataegus) Jacq. sowie die Verwandten und M. melanocarpa 
(Crataegus) Bieb. Neuerdings hat Heldreich noch eine neue Art 
in grosser Menge im Peloponnes gefunden, die dann ebenfalls mit 
unter xQ&Taiyog zu verstehen wäre. Boissier hat ihr den Namen 
Crataegus Heldreichii gegeben. 

Nach Theophrast ist xQaiaiyog der /.isaTcilrj so ähnlich, dass 
man sie für eine wilde insamkrj halten könnte. Man möchte fast 
daraus schliessen, dass fieanUrj in Griechenland auch angebaut 
wurde und in diesem Falle eine Azarole gewesen wäre (s. S 189). 
Die Blätter sind grösser und breiter, als bei ineanilrj^ aber nicht 
gesägt. Der Baum wird weder hoch, noch nimmt er einen grossen 
Raum ein. Das feste und gelbliche Holz wird von einer glatten 
Rinde eingeschlossen. Im Geschmacke, aber auch hinsichtlich 
seines Fleisches verhalten sich die Früchte denen der (XBanLXri gleich. 

Theophrast theilt auch mit, dass Einige den xQcxTacyog auch 
xQaraiyciv nennen. Wie Wimmer dazu kommt zu behaupten, 
dass Theophrast unter letzterem Namen Polygonum Persicaria L. 
oder Crucianella Monspeliaca L., 2 Kräuter, verstanden hat, ver- 
mag ich nicht zu beurtheilen. 

T. Zwergmispel, Cotoneaster Med. 

Es wäre auch möglich, aber nicht wahrscheinlich, dass die 
schwarzfrüchtige xQcctaiyog des Theophrast eine Art des späteren 
Genus Cotoneaster wäre, zumal da Orphanides auf dem Parnass 
eine neue Art gefunden hat, die Boissier Cotoneaster parnassica 
nennt. Freilich sind bei diesem Strauche keine fiederspaltigen, 
nicht einmal eingeschnittene Blätter vorhanden. 

Was die Cotoneaster -Arten im Allgemeinen anbelangt, so 
unterscheiden sich diese sehr leicht durch den Mangel der Dornen. 
Das Wort Cotoneaster selbst ist späteren Ursprunges und wurde 
von Casp. Bauhin ähnlich dem Worte Piraster, von Pirus und 
einen wilden Birnbaum bezeichnend, wegen der wolligen Blätter 
von Cotoneum (Quittenstrauch) gebildet. 



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191 

Der Feuerstrauch, Gotoneaster Pyracantha (Mespilus) L. 

Es unterliegt wohl keinem Zweifel, dass Nikander und Dioskori- 
des als JVQcixavx^a (d. h. Feuerdom) genannte Pflanze verstanden 
haben. Linn^ übertrug das griechische Wort als Beinamen für 
dieselbe Pflanze. 

YI. Fekenbim, Amelanohier Med« 

Der Felsenbirnstrauch, Amelancbier rotundifolia (Crataegus) 
Lam. ß. cretica. 

Zunächst bemerke ich, dass das Wort Amelanchier savoyischen 
Ursprungs ist und die Felsenbirne bedeutet. Eingeführt in der 
botanischen Wissenschaft wurde das Wort durch Lobel im 16. 
Jahrhundert. Der Strauch hat eine ziemlich grosse Verbreitung 
in Gebirgen des mittleren und südlichen Europa's, Nordafrika's 
und des vorderen Orients. Er wächst aber auch im Norden 
Griechenlands und auf Kreta in einer sehr filzigen Abart, welche 
deshalb auch den Beinamen cretica erhalten hat. 

Meiner Ansicht nach gehört der Strauch zu einem der 3 Ge- 
hölze, welche Theophrast auf dem kretischen Berge Ida wachsen 
lässt und sonderbarer Weise als einen Feigenstrauch (jj öi ovx^ 
^a^vütörjg f.uv xal ovx vipijXT]) bezeichnet. Im Uebrigen stimmt 
er mit der fieanUrj überetn, besonders hinsichtlich der Blüthen 
{avl^al afia ttj fisanUrj). Auch die rothe Frucht schmeckt wie 
eine Mispel (Jad^iouevog de (.uanikmörjo). Nur die Blätter passen 
nicht zu der Theophrast'schen Beschreibung, da sie so gross, wie 
die der Linde sein sollen. Da Theophrast aber diese avarj gar 
nicht gesehen hat, denn er hat, so viel ich weiss, Kreta nie be- 
sucht, so konnte wohl auch einmal eine falsche Angabe mit 
unterlaufen (HI, 17, 5). 

Wie Wimmer sich auf Sprengel berufen und diese avxri mit 
Pirus Pollveria L. fil., einem Blendlinge der im Elsässer Dorfe 
Bollwiller zur oder kurz vor der Zeit Caspar Bauhin's, also im 
17. Jahrhundert entstanden ist, identificiren kann, begreife ich 
nicht. Soweit ich Sprengeis zahlreiche Schriften kenne, behauptet 
dieses Sprengel nirgends, im Gegentheil erklärt er ovxi] Idaia für 
Pyrus Amelanchier, xoXoxnaa nsQL t'^v "ldf]v aber für Pyrus cre- 
tica, die filzige Abart der gemeinen Felsenbim, welche auf Kreta 
wächst (Gesch. der Botanik, I. Bd. S. 74). 



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192 

Ebenso irrten sich Sprengel und Wimmer, wenn sie l^^S des 
Theoplirast mit Pirus cretica Willd. identificiren. Das Wort Yipog 
kommt bei Theophrast nur ein einziges Mal (III, 4, 2) mit der 
Bemerkung, da^s es spät keimt (oipißlaoTOTotov)^ vor. Ausser- 
dem nennt das Wort weder ein früherer noch späterer griechi- 
scher Schriftsteller. Bei einer solchen Nennung des Namens kann 
unmöglich auf eine bestimmte Pflanze geschlossen werden. 



Aolite Familie. 

Steinobstgehölze, Drupaceae (Amygdalaceae). 

Eine kleine Familie, die geeigneter Weise, zugleich mit den 
Kemobstgehölzen oder Pomaceen, der grossen Familie der Rosen- 
blüthler oder Rosaceen als Unterfamilie zuzustellen ist. Sie ist 
charakterisirt durch die Steinfrucht (Drupa) und durch die einer 
Rose ähnliche Blüthe. Wir unterscheiden im gewöhnlichen 
Leben: Mandeln und Pfirsiche, und Kirschen mit in der Knospe 
gefalteten Blättern und Aprikosen und Pflaumen mit in der Knospe 
gerollten Blättern. 

Erste Abtheilung. 

Steinobstgehölze mit in der Knospe gefalteten Blättern. 
I. Der MandelbauiUy Amygdalus communis L. 

Nach den neuesten Untersuchungen ist Syrien die ursprüng- 
liche Heimath unseres Mandelbaumes. Dort und zwar in der 
Nähe von Tripolis fand schon der bekannte Augsburger Reisende 
Rauwolflf im 16. Jahrhundert den Mandelbaum in grösster Menge 
an Zäunen und Hecken wenigstens verwildert, wenn nicht wild. 
Der bekannte Orient-Reisende Kotschy fand ihn dagegen im wil- 
den Zustande im Antilibanon in einer Höhe von 3 bis 5000 Fuss, 
aber baumartig, der Professor Haussknecht in Weimar aber in 
Mesopotamien, und zwar in der Umgegend von Mardin und Terek, 
aber auch höher im Gebirge im persischen Kurdistan. 

Damit stimmen auch die Nachrichten aus dem Alten Testa- 
mente, welche sich besonders in den Psalmen befinden, überein. 
Die Mandeln waren auch bei den Arabern, so weit unsere Nach- 
richten hinaufreichen, besonders bei Avicenna, ein wichtiges 



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193 

Arzneimittel. In Persien, sowie in Afghanistan werden die Man- 
delbäume auch heut' zu Tage nur kultivirt, ebenso im Himalaya- 
Gebirge, besonders in Kaschmir, und im Pendschab, und nach 
Dr. Brandis, dem Direktor der britischen Forsten Ostindiens, de- 
ren Früchte in sehr grossen Mengen nach den südlichen Ländern 
genannter Halbinsel ausgeführt. 

Die Mandel und ihr Baum war den Griechen im hohen Alter- 
thum noch nicht bekannt. Es kannten ihn weder Homer noch 
Hesiod. Erst mit Hippokrates und den Komikern, also mit der 
Glanzperiode Athens, werden Frucht und Baum als äfivydalov 
und dfivydalrj von Jahrhundert zu Jahrhundert allgemeiner ver- 
breitet. Theophrast giebt bereits sehr gute Beschreibungen des 
Baumes und der Früchte, sowie von der letzteren Eigenschaften als 
Obst und als Arzneimittel. Er kennt bittere und süsse Mandeln, 
lässt auch die Bäume, welche die ersteren hervorbringen, durch 
Schweinekoth in solche mit süssen Früchten umwandeln (H, 7, 7). 
Der Mandelbaum ist bei Theophrast eine Kulturpflanze, denn aus 
Samen erzogen giebt er schlechtere Früchte (H, 2, 5). Er kennt 
auch den Gummifluss bei dem Mandelbaum und dessen Folgen 
(IX, 1, 2. 5). Die Mandelbäume verlieren ihre Blätter vor allen 
anderen Bäumen (I, 8, 6). Beide kamen ziemlich spät, im ersten 
Jahrhundert v. Chr. nach Rom und führten ganz allgemein, ihren 
Ursprung bezeugend, den Namen griechische Nüsse, Plinius be- 
schreibt sie aber als Amygdalae eingehender. 

Der Name Amygdalus für den Mandelbaum blieb das ganze 
Mittelalter hindurch bis in die neueste Zeit. Die Väter der Bo- 
tanik gebrauchten das Wort ebenso wie alle späteren Botaniker, 
bis auf Linn^. 

11.^ Der Pflrsichbanm, Amjgdalns Persioa L. 

Die neuesten, besonders von mir angestellten Untersuchungen 
über den Pfirsichbaum haben mit einer bestimmten Sicherheit nachge- 
wiesen, dass der Pfirsichbaum eine Kulturpflanze und als solche erst 
aus dem Mandelbaum hervorgegangen ist. Gefüllte Pflanzen, welche 
demnach keine Früchte hervorbringen, werden am Rhein, wo man 
sie vielfach als Schmuckbäume anpflanzt, von den Gärtnern bald 
Mandel-, bald Pfirsichbäume genannt, halbgefüllte tragen bald 
Pfirsiche, bald Mandeln. Es existirt in Berlin noch ein Baum, 

Kocb. 13 



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194 

der in den verschiedenen Jahren einmal Pfirsiche, das andere 
Mal Mandehi, bisweilen aber auch beiderlei Früchte getragen hat 
und noch trägt. Einer der tüchtigsten Gärtner der früheren Zeit, 
Oberhofgärtner Ferd. Fintelmann, zuletzt in Charlottenburg bei 
Berlin, hat aus einer und derselben Aussaat Mandel- und Pfirsich- 
bäume erhalten. 

Ich habe femer auf meinen Reisen im Oriente (ausser mir aber 
noch andere Reisende) einen Baum gefunden, der weder Pfirsich- 
noch Mandelbaum war, sondern halbfleischige und aufspringende 
Früchte mit einem Steine, der zwischen dem der Pfirsiche und 
dem der Mandel in der äusseren Gestalt stand, trug. Dieser sel- 
bige Baum wird imter dem Namen Ffirsichmandel ganz allgemein 
jetzt in Frankreich, vereinzelt auch hier und da in Deutschland, 
angebaut. Einzelne Bäume dieser Pfirsichmandel habe ich in 
Frankreich, besonders in Angers, mehrere Jahre beobachtet und 
gefunden, dass sie stets dieselben halbfleischigen und aufspringen- 
den Früchte, bald der Mandel, bald der Pfirsiche ähnlicher her- 
vorbracJiten. 

Nach diesem, was ich eben gesagt, darf man sich nicht wun- 
dem, dass man den Pfirsichbaum im Alterthum nicht weit hinauf 
in der Zeit verfolgen kann. Theophrast kennt ihn schon als fijy- 
^6«, die Frucht als fifjlov. Ausführlich spricht Theophrast von 
einer Sorte iaQivrj firjXia^ die ihren Namen von der frühen Reife 
erhalten hat. Dass keineswegs /.irikov im Alterthum gleich anfangs 
„Apfel" bedeutet, habe ich bei dem Apfelbaum (S. 180) ausführ- 
lich auseinandergesetzt. Auch Dioskorides kannte den Pfirsich- 
baum als HeQaixrj (.iriXia^ (im 164. Kap. des 1. Buches), wahr- 
scheinlich aber nur als Arzneimittel, nicht als wohlschmeckendes 
Obst. Sichere Nachrichten haben wir erst von den Römern seit 
dem 1. Jahrhundert v. Chr., 30 Jahre vor Plinius. Cato kannte 
denselben noch nicht. 

Nach Plinius ist die Pfirsiche aus Persis eingewandert (pere- 
grina) und wird irriger Weise mit der Persea, welche in grosser 
Menge bei Memphis in Aegypten wuchs, verwechselt. 

Ohne Zweifel entstanden die Pfirsiche in Syrien, wo auch 
die Mandelbäume wahrscheinlich wild wachsen, wie ich schon ge- 
sagt habe, indem die fasrigen Schalen der Mandeln zufallig oder 
durch besondere Kultur aUmälig fleischig wurden und damit ge- 



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195 

nossen und selbst eine sehr angenehme Speise werden konnten. 
Als Rom sich Syrien unterwarf, kamen syrische und arabische 
Gärtner mit ihren Früchten und Gemüsen, in deren Kultur sie 
einen grossen Ruf hatten, dahin, um wie ein Römer selbst sagte, 
bald Italien zu einem grossen Obstgarten zu machen. Die Pfirsiche 
waren bei den Reicheren rasch eine beliebte Frucht und um hohe 
Preise verkauft (Plin. XV, 40). 

Die besten Pfirsiche nennt Plinius Duracina. Sie sind sehr 
saftig und das Fleisch löst sich vom Steine. Den Namen Dura- 
cina haben aber auch in einem gewissen Falle Kirschen und Wein- 
trauben. Ausserdem wurden gute Pfirsiche in Gallien, wie auch 
jetzt noch, und in Asien angebaut. 

ni. Die Kirgehgehölze) Cerasns Dne. 

Abweichend von meinem grösseren Werke der Dendrologie 
stimme ich jetzt Decaisne in Paris bei und betrachte alle Steinobst- 
gehölze, deren Stein glatt ist, und mit in der Knospe gefalteten 
Blättern als ein besonderes Genus unter dem Namen Oerasus. 
Die Zahl der hierhergehörigen Arten ist weit grösser als bei 
Amygdalus und bei Prunus, aber nur ein geringer Theil von ihnen 
wird wegen des Wohlgeschmackes ihrer Fruchte angebaut. 

Was das Wort Cerasus anbelangt, so war es zwar schon als 
xigaaog dem Theophrast bekannt, es ist aber kein ursprünglich 
griechisches Wort, sondern im Vaterlande der Süsskirschen, im 
Pontischen Gebirge, entstanden und erst von da in alle Sprachen 
für beiderlei Kirschen übergegangen. Noch heut' zu Tage nennen 
die dortigen Bewohner die Süsskirschen Kirahs, das „r" ist aber 
hier ein Mittel - Consonant zwischen dem »r" und „1", genau 
dem polnischen l entsprechend. Es ist auch wahrscheinlich, dass 
der Süsskirschbaum der Stadt Kerasus (jetzt Kerasunt und Tara- 
busun) den Namen gegeben, auf keinen Fall hat umgekehrt die 
Kirsche ihren Namen von der Stadt erhalten. 

Dass dieser aus dem Pontus stammende Kirschbaum, wie die 
meisten Gelehrten, zuletzt noch Victor Hehn, ohne allen Grund 
angenommen haben, ein Sauerkirschbaum gewesen sei, dem wider- 
spricht auch Dioskorides in seiner Materia medica (157. Kap. des 
1. Buches). So wenig auch hier über xsQctaia gesagt wird, so 

^3* 



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1 96 

geht doch deutlich hervor, dass Susskirschen darunter verstanden 
sind, v^eil der Baum auch Gummi, was gegen Husten angewendet 
wird, ausschwitzt. Das geschieht aber nur vom grossen Süss- 
kirsch-, aber nicht von dem dafür zu unbedeutenden Sauerkirsch- 
gehölz. 

Nur vier Arten des Genus Cerasus wachsen jetzt in Griechen- 
land. Von ihnen kam aber unser Süsskirschbaum, Cerasus Avium 
(Prunus) L. im Alterthum noch nicht daselbst vor, sondern wurde 
ohne Zweifel erst sehr spät und zwar mit unserer Zeitrechnung 
eingeführt. Von ihm zuerst. 

1. Der Süsskirschbaum, Cerasus Avium (Prunus) L. 

Um die Gegend kennen zu lernen, von wo Lukuli den Kirsch- 
baum nach Rom verpflanzt haben soll, habe ich im Jahre 1843 
eine Reise nach dem Pontischen Gebirge gemacht und theile hier 
mit, was ich gefunden. Ausfahrlich habe ich schon früher in 
dem 2. Bande meiner Wanderungen im Oriente (S. 14), so wie 
in der Beschreibung des Zuges der Zehntausend (S. 197) davon 
gesprochen. Auffallend ist, dass Victor Hehn, auch nicht in sei- 
ner neuesten (dritten) Auflage, wo er wusste, dass ich die Pontus- 
Gegenden zu diesem Zwecke besucht hatte, meines Besuches und 
meiner Forschungen überhaupt erwähnt, sondern sich bei seinen 
Erörterungen nur auf zum Theil wohl geistreiche Touristen, die 
aber gamichts vom Gegenstande verstanden, stützte. 

Der Süsskirschbaum wird auf beiden Seiten der Küste des 
Schwarzen Meeres ost- und westwärts von Trebisond (Tra- 
pezunt) jetzt noch sehr viel angebaut und bildet daselbst schöne 
grosse Bäume. Ich habe jedoch nur die Westküste von Trebisond 
bis nach Atina besucht und bin dann im Gebirge aufwärts ge- 
gangen. Das Gebirge ist daselbst bis zu einer Höhe von über 
5000 Fuss mit schönem Laubholz, wo Rothbuchen in Cypressen- 
Gestalt eine Rolle spielen, bewachsen. Am Ende dieser Laub- 
holzvegetation wurden bei günstigeren Verhältnissen die Wälder 
dichter. Mitten in ihnen, wie ich in meinen Wanderungen genau 
angegeben habe, fand ich zweimal nicht verwilderte, sondern 
wirklich wilde Süsskirschbäume von schönem, aber schlankem 
Ansehen und bedeckt mit reifen und unreifen Früchten. Die 
ersteren hatten nur sehr wenig Fleisch im Verhältniss zum Steine 



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197 

und einen bitterlichen Geschmack. Leider ist mir das hier ge- 
sammelte reiche Material bis auf ein Weniges verloren gegangen. 

Später fand ich den Süsskirschbaum auch jenseits des Ponti- 
schen Gebirges auf dem eigentlichen Hochlande Armeniens, in 
dem Gaue Artaundsch (Wander. im Oriente II, 201), aber in 
einer Weise, dass er hier nicht wild wuchs, sondern wahrschein- 
lich erst angepflanzt war. 

Ich bin drei Mal das Pontische Gebirge überstiegen und habe 
sorgfaltige Untersuchungen nach Sauerkirschgehölzen angestellt, 
aber nirgends von ihnen eine Spur gefunden. Da es anderen 
botanischen Reisenden auf gleiche Weise ergangen ist, so darf ich 
wohl auch annehmen, dass keiner der zwei oder drei ursprüng- 
lichen Sauerkirschgehölze im Pontischen Gebirge wächst und dem- 
nach auch nicht von Lukull nach Rom gebracht sein kann. Eben 
so wenig wächst der Süsskirschbaum in irgend einem anderen 
Lande, als dem Pontischen Gebirge wild, sondern kann nur ver- 
wildert vorkommen. Aber selbst dieses ist nicht einmal der Fall, 
denn wo ich besonders im Hochgebirge der Alpen und in Italien 
aber auch erst im vorigen Jahre bei Ems in einem sehr starken 
Exemplare den Süsskirschbaum gefunden habe, wuchs er nur 
einzeln und nie in der Weise, wie ich ihn im Pontusgebirge wild 
wachsend gefunden hatte. Selbst im Kaukasischen Hochgebirge, 
was ich zum ersten Male im Herbste 1836 besuchte, fand ich, 
wie auch später Ruprecht, den Süsskirschbaum, wie das Kernobst 
nie waldartig, sondern wiederum nur in einzelnen, stets schönen 
Exemplaren. 

Der Süsskirschbaum ist eine Gebirgspflanze, die auch gar 
nicht in warmen Ländern gedeiht. So wenig die Aprikose, welche 
wie früher gesagt, von Lukull wahrscheinlich ebenfalls nach Rom 
verpflanzt wurde, wegen mangelnder Wärme in Italien ge- 
deihen wollte, eben so wenig gedieh, aber umgekehrt, aus zu viel 
Wärme der Süsskirschbaum in Italien. Ich habe nur auf dem 
Apennin und in Turin, wo die Kirschen aber in dem nahen Ge- 
birge der Savoyer Alpen gezogen waren, wohlschmeckende Süss- 
kirschen gefunden. 

Plinius wusste ebenfalls, dass Kirschbäume keine Wärme 
vertragen und deshalb jenseits der Alpen (also in Deutschland) 
weit besser gedeihen. Sie haben sich dort auch rascher ausge- 



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198 

breitet und seien nach 120 Jahren seit ihrer Einfuhrung in Italien 
bereits in England kultivirt worden (XV, 102). An einer andern 
Stelle im Plinius (XVI, 138) gedeihen Kastanien und Kirschen 
in der Nähe von Rom nur schwierig. 

Wir wissen femer, dass Cato die Kirsche noch gar nicht ge- 
kannt haben kann, weil er sie nicht erwähut. Varro nennt sie 
zuerst und bald darauf wird sie schon in mehreren Sorten kulti- 
virt, abgesehen davon, dass auch in anderen Ländern, so in Bel- 
gien und am Rhein gute Sorten vorhanden waren (XV, 102 und 
103). Im Gegentheil sagt Plinius, ist es wegen zu grosser Wärme 
gar nicht möglich, in Aegypten Kirschen anzubauen. Plinius 
spricht sogar mit bestimmten Worten aus, dass Kirschen zu ihrem 
besseren Gedeihen quellenreiche Gebirge bedürfen. Dieser Aus- 
spruch hat auch Geltung für das, was ich früher ausgesprochen, 
dass man in Italien nur gute Kirschen auf den Apennin und in 
den Savoyer Alpen bei Turin findet. Dass der Süsskirschbaum 
keineswegs in Italien ursprünglich wild ist, wie neuere Forscher 
behaupten, bestätigt endlich auch Phnius, indem er sehr bestimmt 
den Kirschbaum eine planta peregrina nennt (XII, 14). 

Ich bemerke noch, dass man neuerdings schöne grosse Süss- 
kirschbäume, aber nur einzeln stehend, in den Gebirgen Griechen- 
lands beobachtet haben will. Ausserdem wird er besonders in 
Afrika vielfach angebaut 

Schliesslich geht meine Ansicht dahin, dass die xigaoa des 
Theophrast gar keine Kirschen sind, sondern die Früchte einer baum- 
artigen Abart der Cerasus Mahaleb L., welche als Cerasus graeca 
(Prunus) Desf. beschrieben worden ist und von der alsbald die 
Rede sein wird. Victor Hehn behauptet dagegen, dass xiQaaov 
des Theophrast von xqaveiov also von der Komeliuskirsche 
(Comus mascula L.) nicht verschieden, sondern desselben Ur- 
sprunges sei. Eine Ansicht, deren Beweisführung ich ihm als 
Sprachforscher überlasse. 

Noch weniger kann ich ihm beistimmen, dass die Griechen 
nach den Berichten des Athenäus (11 p. 51) die Kirschen bereits 
zur Zeit des Königs Lysimachos gekannt hätten. Athenäus aus 
Naukratis lebte in der ersten Hälfte des 3. Jahrhundertes und ist 
der Verfasser eines Sammelwerkes zu seiner Zeit verloren gegan- 
gener Abhandlungen bekannter und unbekannter früherer griechi- 



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199 

scher Schriftsteller. Wenn er sie aber sammeln konnte, waren 
sie doch noch nicht verloren gegangen! Nach ihm lebte wie ge- 
sagt zur Zeit des Königs Lysimachas in Kleinasien ein gewisser 
Diphilus aus Siphnus. Nach dessen Schriften existirten aber schon 
die Kirschen bereits im 4. Jahrhundert v. Chr. und waren ein 
vorzügliches diätetisches Mittel. Es gab sogar nach ihm schon 
mehrere Sorten von Kirschen, als die besten wurden aber die 
rötheren und die aus Milet gerühmt. Demnach müssten schon 
vor Theophrast eine Reihe ausgesuchter Kirschensorten vorhanden 
gewesen sein. 

Sollte ein Naturforscher, wie Theophrast gar nichts davon 
gewQSSt haben? Den Behauptungen des Athenäus steht auch im 
Gegentheil entgegen, dass die Griechen des Alterthams die 
Kirschen höchstens erst im letzten Jahrhundert v. Chr. kennen 
lernten und sie dann mit Recht anerkannt und rasch verbreitet 
wurden. Athenaus schildert daher nicht die vorgeschrittene Kirsch- 
kultur einer Zeit von einem halben Jahrtausend vor ihm, sondern 
die seiner eigenen Zeit. 

2. Die Sauerkirschgeholze, Eucerasi. 
Die Feststellung der Sauerkirschgehölze bietet schon deshalb 
grössere Schwierigkeiten dar, weil nur sehr wenige Botaniker die 
beiden Arten, welche vorhanden sind, zu unterscheiden verstehen, 
sondern beide entweder mit Linn^ als Prunus Cerasus oder nach 
DecandoUe als Cerasus Caproniana begreifen. Diese beide 
sehr leicht zu unterscheidenden Sauerkirschgehölze habe ich vor 
3 Jahren in meiner Geschichte und Naturgeschichte unserer Obst- 
gehölze (S. 165) genau charakterisirt. Der erste Gelehrte, der 
beide Arten unterschied, war der bekannte Pomolog und speciell 
Kenner der Steinobstgehölze, Dr. Liegel in Braunau (Erzherzog- 
thum Oesterreich). Im 2. Theil der Annalen der Obstkunde 
(S. 199), der im Jahre 1827 erschien, nannte er sie nach der Art 
und Weise ihres äusseren Erscheinens Prunus recta und Prunus 
pendula. Die erstere mit steifen Aesten und die überhaupt kleinere 
Pflanze ist grade in die Höhe gerichtet, bei der letzteren hingegen 
sind die in die Länge gezogenen Aeste des vorherrschend baum- 
artigen Gehölzes überhängend. Beide heissen jetzt nach der von 
mir angenommenen Nomenklatur: 



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200 

Cerasus recta (Prunus) Lieg, und 
Cerasus pendula (Prunus) Lieg. 

a. Die erstere ist eine Pflanze des Hochgebirges und scheint 
eine grosse Verbreitung von Spanien aus, woher sie durch einen 
Offizier im Spanischen Erbfolgekriege in dem Sachsen- Weimar^- 
schen Städtchen Ostheim vor der Rhön eingeführt wurde, durch 
alle Mittel- und Südeuropa scheidenden Hochgebirge, durch das 
südöstliche Europa bis nach Kleinasien zu haben. Herr Dr. Thirke 
und Herr Professor Grisebach fanden sie auf dem bithynischen 
Olymp. Von grossem Interesse ist, dass schon Athenäus auf 
dem bithynischen Olymp eine Kirsche wachsend angiebt. Ohne 
Zweifel wächst dieses Kirschgehölz auch in Griechenland und 
wuchs immer daselbst. Wahrscheinlich ist es die xa^cti^iQaaog 
des Athenäus (H, 50 d). 

b. Cerasus pendula (Prunus) Lieg, hat dagegen einen sehr^ 
beschränkten Verbreitungsbezirk in den eigentlichen Littorale, 
scheint jedoch auch in Unteritalien (ob aber wild?) vorzukommen. 
Sie ist die Mutterpflanze unseres beliebten Likör's des Maras- 
kino. Dass sie in Griechenland wild vorkommen sollte, bezweifle 
ich, vielleicht wird sie aber jetzt angebaut. 

3. Das Griechische Kirschgehölz, Cerasus graeca (Prunus) Desf. 

Seitdem ich Früchte des bei uns in botanischen Gärten mannig- 
fach angebauten Griechischen Kirschgehölzes gesehen, zweifle ich 
gar nicht mehr daran, dass dieses ein baumartiges Lucienholz oder 
Mahaleb-Kirschgehölz, Cerasus Mahaleb (Prunus) L. darstellt, 
wie ich es auch bisweilen im Oriente gefunden habe. Wahrschein- 
lich ist es, da es auch in Griechenland wächst, die xeQaoog des Theo- 
phrast. Das Theophrast seine xegaaog nach eigener Anschauung 
beschrieben habe, ist sehr unwahrscheinlich, dass sie aber ein 
Steinobstgehölz darstellt, ersehen wir hauptsächlich aus der An- 
gabe, dass der Baum Gummi und zwar in Form von Thränen 
(dctxQva) ausschwitzt (IX, 1, 2). Die Beschreibung seiner xsQa- 
aog passt aber ausserdem eben so wenig zur Wirklichkeit, wie die 
der liinde (cpilvQct)^ mit der sie verglichen wird. 

Die xtQaaog^ heisst es (III, 13, 1 — 3), ist ein Baum von be- 
deutender Grösse, da er 24 Ellen hoch wird und sein Stamm 
2 Ellen im Umfange besitzt. Die Blätter gleichen denen der 



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201 

liBaniXri d. h. der Mespilus tanacetifolia Poir. und sind spröde 
(axXrjQog), eine Angabe, welche wie die vorige in BetrefiF der 
Grösse auf kein Steinobstgehölz passt. Die Rinde ist glatt und 
gleicht der der Linde, so dass man aus ihr ebenfalls kleine Käst- 
chen (xiatai) anfertigt. Es werden aber aus der Rinde weder 
des xigaang^ noch der (fUvQa Kästchen gemacht. Weiter soll 
die Rinde in blattartigön Stücken {hlixrjdov) sich ablösen, wie 
etwa bei dem Platanenbaum. Es ist dieses aber ebenfalls weder 
bei der Linde, noch bei einem Steinobstgehölz der Fall. Wenn 
man gewaltsam Rinde wegnimmt, heisst es ferner bei Theophrast, 
fliesst ein Saft (das oben erwähnte Gummi) aus. Das Holz gleicht 
in seinem Bau dem der Rinde d. h. verläuft in seinen Fasern 
nicht grade. Der ganze Stamm reinigt sich, wie der Forstmann 
sagt, d. h. die Aeste werden nach unten am Stamme in der 
Weise abgeworfen, als an der Spitze die Krone durch Bildung 
neuer Aeste sich verlängert; im Allgemeinen ist aber die Krone 
nicht dicht, sondern durchsichtig. Die Bluthen sind weiss, wie 
bei fuaniirj^ die rothe Frucht von der Grösse einer Bohne (j^v- 
afiog) ähnelt aber der des JiooTtvQog. Dieser Baum soll dem 
xeQaaog sehr ähnlich sein, wird aber sonst nirgends weder von 
Theophrast, noch sonst von einem griechischen Schriftsteller der 
früheren oder späteren Zeit genannt. Während der Kern (ttvqijv) 
hart bei Diospyros ist, erscheint er bei xigaoog weich. Dass die 
Früchte beider gegessen würden, wird nicht ausgesprochen. 

Wenn nach diesem, was ich eben mitgetheilt. Wimmer und 
Andere behaupten, dass man unter Jioa/iVQog den Diospyros 
Lotus zu verstehen habe, so ist es eine irrige Ansicht. Es kommt 
noch dazu, dass genannter Fruchtbaum gar nicht in Griechenland 
wächst und man ihn auch nicht unter JcSonvQog verstehen kann. 

4. St. Lucienholz, Cerasus Mabaleb (Prunus) L. 
Mehr Strauch als Baum zeichnet es sich durch seinen Wohl- 
geruch aus. Man baut es ganz besonders in grosser Menge in 
der Nähe des Minoriten-Klosters zur heiligen Lucie ohnweit des 
Städtchens Michel in den Vogesen an, um aus dem Holze aller- 
hand, wie Pfeifenröhre, Schnupftabacksdosen u. s. w. anzufertigen. 
Es hat eine grosse Verbreitung im Südosten Europa's, auch in 
den Gebirgen Griechenlands, und im Oriente bis nach Persien 



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208 

und Syrien. Aus dem letzteren Lande wurde es in der 1. Hälfte 
des 16. Jahrhunderts bekannt mit der arabischen Beneonung Maka- 
leb oder Mahaleb. Die ältesten Väter der Botanik, Matthiolus, Belon 
und Anguillara benutzten das Wort schon als Namen für das Gehölz 
und Linne gebrauchte es als Artnamen. Sonst führt es im ge- 
wöhnlichen Leben auch den Namen der wohlriechenden Weichsel; 
Kirschweichsel sind dagegen die feineren Sauerkirschen, vor Allem 
die Ostheimer. 

Dass die Alten schon das St. Lucienholz kannten, kann man 
keineswegs mit Sicherheit annehmen, man vermuthet aber, dass 
es Ttädog des Theophrast ist. Das Wort wird nur einmal (IV, 
1, 3) erwähnt ixaiQu de acpoÖQa xai ij firjlia loig naXiaxioig 
xai 7] Tidöog xai ^ ^QaimaXag), Auch nicht die oberflächlichste 
Beschreibung ist gegeben. 

5. Kriechende Zwergkirsche, Geras us prostrata (Prunus) Lab. 

Wächst im wärmeren Südosteuropa, also auch in Griechen- 
land, ausserdem aber in Kleinasien bis nach Persien und Syrien 
und scheint bei uns nicht in Kultur zn sein. Ob sie die alten 
Griechen schon gekannt haben, ist mehr als zweifelhaft, zumal 
sie nur in höheren Gebirgen, wo sie überhaupt weniger zugäng- 
lich war, wächst. 

Zweite Abtheilung. 

Steinobstgehölze mit in der Knospe gerollten Blättern. 

I. Aprikosenbanm, Prunus Armeniaca L. 

Die Geschichte des Aprikosenbaumes und der Aprikosen ge- 
hört zu den schwierigeren, welche wir haben. Als fremdländische 
Frucht kennt sie schon Theophrast unter dem Namen xoxxuiarjlsa^ 
als Kulturpflanze wurden sie aber erst weit später bekannt, als 
die Römer sie aus Mesopotamien bei sich eingeführt, uod später 
auch nach Griechenland verpflanzt hatten. Noch jetzt wächst 
das Aprikosengehölz nach Fraas in Griechenland kultivirt, aber 
auch verwildert, im letzteren Falle meist dornig. 

Wir kultiviren zweierlei Aprikosen, die echte, und eine aus 
Sibirien, Prunus sibirica Fall., (Pr. dasycarpa Ehrh.), diese als 
violette, in Frankreich als Abricot du Pape. Dazu kommt noch 



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208 

eine dritte, welche in SudfraDkreich aus der echten verwildert ist 
und den Namen Prunus Brigantiaca Vill. (Aprikose von Brian^on) 
erhalten hat. 

Nur von der echten kann hier die Rede sein. Sie wächst 
zwar selbst im Norden von Deutschland noch, wenn auch kümmer- 
lich, wo ihren Früchten der feine Geschmack abgeht, dagegen 
gedeiht sie schon mehr im Königreich Sachsen, wo de selbst in 
nicht geringer Menge von Dresden aus in den Handel kommt. 
Die besser schmeckenden Pfirsiche werden ihnen jetzt aber vor- 
gezogen und erhalten in der Kultur die grössere Aufmerksamkeit. 

Die Aprikosen verlangen, wenn sie eine hohe Feinheit im 
Geschmacke erhalten sollen, sehr viel Wärme in ihrer Kultur. 
Daher werden sie erst im südlichen Frankreich vollkonunener und 
damit beliebter, und fast den Pfirsichen gleich im Werthe gesetzt. 
In dem heissen Syrien bilden sie sich aber zu einer so vorzüg- 
lichen Frucht aus, dass sie den Pfirsichen weit vorgezogen wer- 
den. Mein gelehrter Freund, Herr Dr. Wetzstein in Berlin, der 
12 Jahre preussischer Konsul in Damaskus war, theilte mir femer 
mit, dass die Aprikosen in Syrien schon, so weit man geschicht- 
lich hinaufreicht, eine beliebte Frucht gewesen wären, und dass 
auch jetzt noch starker Handel damit nach ausserhalb getrieben 
würde. Das Oel der bittem Samen (Mandeln, wie man im ge- 
wöhnlichen Leben sagt) wird durch das Kochen süss und dann 
als Bitteröl (Zetmurr) gern gegessen, es gehen aber auch ganze 
Schiffsladungen solcher bitteren Samen nach Marseille, um hier 
auf gleiche Weise verwandelt zu werden. 

Der Wohlgeschmack der in Syrien gezogenen Aprikosen soll 
nach dem Ausspruche zweier Reisende des vorigen Jahrhunderts, 
des Engländers Pococke und des Schweden Otter, welcher letz- 
terer später als Professor der orientalischen Sprachen nach Paris 
berufen wurde, so vorzüglich sein, dass sie von ihnen für die 
wohlschmeckendsten Früchte der Welt erklärt wurden. Damit 
stimmen auch andere Reisende überein. Der bekannte Afrika^ 
Reisende, Herr Hildebrandt, welcher in diesem Jahre bereits 
wieder nach Madagaskar abgereist ist, rühmte die Aprikosen 
Arabiens. 

Auch ich habe auf beiden Reisen im Oriente die Aprikosen 
um so wohlschmeckender gefunden, je wärmer die Gegenden, wo 



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204 

sie gewachsen, waren. Die Aprikosen und was aus ihnen ange- 
fertigt, haben einen arabischen Namen, Mischmisch noch jetzt im 
Oriente; Reynier, der Begleiter Napoleons L nach Aegypten, 
kannte diesen Namen ebenfalls. Er fand, ebenso wie neuerdings 
wiederum Herr Professor Ascherson in Berlin in der kleinen 
Oase, schmackhafte Aprikosen, welche ebenfalls einen nicht unbe- 
deutenden Handelsartikel bildeten. Es wurde Reynier weiter auch 
von Eingeborenen berichtet, dass die Aprikosengehölze in den 
anderen ferneren Oasen nicht allein, sondern überhaupt in allen 
südlich von der Sahara liegenden fruchtbareren Ländern, so vor 
Allem im Königreiche Bornu, nicht allein im Grossen angebaut 
würden, sondern auch wild wüchsen. Reynier stützt seine letztere 
Behauptung auf die BeschafiFenheit dieser wilden Aprikosengehölze, 
besonders der weit weniger saftigen Frucht. 

Mit diesen Angaben Reyniers stimmt auch der Engländer 
Munby, der viele Jahre hindurch in Algerien gelebt hat, überein. 
Ebenso weisen Berichte unserer neueren und neuesten Afrika- 
Reisenden mannigfach darauf hin, dass nicht Armenien, aber auch 
nicht Syrien, das Vaterland des Aprikosengehölzes sein kann, son- 
dern nur das heisse Afrika. 

Als afrikanischen Baum kannte auch Theophrast schon das 
Aprikosengehölz mit seinen Früchten und zwar unter dem Namen 
xaxxvf.iT]l^a y wie ich anfangs schon gesagt. Wenn Theophrast 
auch den Baum nicht weiter beschreibt, so ersehen wir doch 
aus den Angaben über die Verwendung der Früchte, dass kein 
anderer als der Aprikosenbaum darunter verstanden werden kann. 
Nach Theophrast entsteinen die Umwohner des ägyptischen The- 
bens (/Tß()i TTjv &r]ßatöa xaToixovvzeg) die Früchte und trocknen 
sie oder machen eine Marmelade {nalad^ri) daraus, um sie in 
den Handel zu bringen (IV, 2, 10). Und sie kamen auch nach 
Athen und Griechenland. 

Man hat bisher mit Wimmer gemeint, dass unter xoxxvfit]lea 
die Sebesten zu verstehen seien. Das dürfte höchstens nur von 
einer Sorte, die von Theophrast als die ägyptische bezeichnet 
wird, der Fall sein. Was Theophrast von der xoxxvfirjlea im 
Allgemeinen sagt, passt garnicht auf das Arzneimittel der Se- 
besten, der Früchte der Cordia Myxa L., wohl aber auf die ge- 
trockneten Aprikosen. Noch in keinem anderen Lande und zu 



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205 

keiner Zeit sind wohlschmeckende Früchte der Cordia Myxa L. 
im entsteinten und getrockneten Zustande der genannten Pflanze 
in den Handel gekommen. Interessant ist eine Stelle in Plinius 
Naturgeschichte (XIII, 64) wo als Prunus Aegyptia ein Baum be- 
schrieben wird, der kein anderer als die Cordia Myxa L., also die 
Mutterpflanze des Arzneimittels der Sebesten sein kann. Nach 
Plinius wird der Baum so stark, dass drei Männer ihn kaum 
umspannen können. 

Unter xoxxv^irjlea versteht aber Dioskorides (im 174. Kap. 
des 1. Buches) wiederum etwas Anderes, die Damascener Pflaume 
(Prunus syriaca Borkh. s. S. 208, 209). 

Wenn aber Afrika das Vaterland der Aprikosen ist, wie 
kommen dann diese Früchte zu dem Namen der armenischen 
Aepfel? Auch dieses lasst sich nachweisen. Die Aprikosen wur- 
den den Römern im 1. Jahrhundert v. Chr. bekannt und sehr 
wahrscheinlich von Lukuli nach der Rückkehr vom armenischen 
Kriege in Rom eingeführt. Das Königreich Armenien umfasste 
damals das ganze Hochland zwischen Mesopotamien und dem 
kaukasischen Isthmus. LukuU griff aber den armenischen König 
Tigranes nicht auf dem nächsten Wege im Süden des Schwarzen 
Meeres, etwa von dem heutigen Batum aus an, weil er hier eine 
schlechte Verpflegung gefunden hätte, sondern wählte den weiteren 
Weg über Syrien und Mesopotamien, wo eine gangbare Strasse 
zu den beiden Hauptstädten des Landes in das Hochland führte 
und damit eine weit bessere Verpflegung möglich war. 

Hier in Syrien und Mesopotamien also, wo Pococke und 
Otter die Aprikosen für die wohlschmeckendsten Früchte der 
Welt erklärt hatten, lernte der Feinschmecker LukuU die Apri- 
kosen kennen. Sein Verlangen, die Bäume nach Rom zu ver- 
pflanzen, um die Früchte auch später noch gemessen zu können 
war natürlich. Nirgends finden wir aber eine Nachricht darüber, 
dass LukuU wirklich die Aprikose auf seiner Rückkehr nach Rom 
gebracht habe. Es ist daher meinerseits nur Vermuthung. Colu- 
mella beschreibt sie aber zur selben Zeit zuerst unter dem Namen 
Malum armeniacum, weil sie nach dem armenischen Kriege ein- 
geführt wurde. Die Geographie Armeniens und der Länder, 
welche LukuU vorher hatte durchziehen müssen, war Columella 



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806 

keineswegs so bekannt, dass er einen geeigneteren Namen 
hätte wählen können. 

Dass ihre Kultur in Rom Beifall gefunden hätte, scheint aus 
den römischen Schriftstellern nicht hervorzugehen. Plinius spricht 
sich sehr wenig und ziemlich gleichgültig über sie aus. Sie sind 
ihm keine vorzüglichen Früchte. Und wie konnte es auch anders 
sein? Das Klima Roms war nicht das Syriens, sondern ist weit 
kälter, damit erhielten aber auch die Aprikosen einen schlechteren 
Geschmack. Weit später (nach Plinius) bekamen sie erst in Rom, 
wo die Pfirsiche mehr Beifall gefunden hatten, von ihrer frühen 
Reifeeit den Namen Praecoces, zum Unterschiede von den Pfir- 
sichen, welche in der Regel erst im Herbste reifen. Die Ansicht, 
dass Plinius unter Praecoces ebenfalls die Aprikosen verstanden 
hätte, ist demnach eine irrige; ihm waren Praecoces frühzeitig 
reifendes Obst, hauptsächlich Kernobst, also Aepfel und Birnen. 

Nur an einer einzigen Stelle des Plinius (XVI, 103) und 
zwar da, wo er die Reihenfolge der Obstgehölze in der Blüthe 
nach der Jahreszeit angiebt, wird neben den armenischen Aepfeln 
noch von Früchten, welche Praecoces heissen, gesprochen. Die 
betreffende Stelle heisst: ab ea proxumae florent Armeniaca, dein 
tubures et praecoces, illae peregrinae, hae coactae". Die Prae- 
coces sind aber hier wiederum keinesfalls Aprikosen, da sie neben 
diesen aufgeführt werden, sondern ohne Zweifel eine Art firüh- 
zeitiger Pfirsiche, Avant-p^ches, wie sie jetzt noch vorkommen. 

Der Name Praecoces für Aprikosen scheint, wie gesagt, in 
Rom erst lange nach Plinius eingeführt worden zu sein, während 
ihn Dioskorides bereits als Praecoqua kannte (164. Kap. des 
1. Buches). Als Praecoqua finden wir den Namen in dem be- 
rühmten Edicte des Diocletian, also im 3. Jahrhundert n. Chr. 
Victor Hehn bringt das Wort Praecoces mit TVQwi^ früh, in Zu- 
sammenhang. Mag dem nun sein, wie ihm wolle, das Wort 
Praecoces ist hierauf erst von den Römern in das Griechische, 
und zwar mit den verschiedensten Schreibarten, übertragen wor- 
den. Herr Dr. Wetzstein war auch hier wiederum so freundlich 
mich damit bekannt zu machen. So nannten die Byzantiner die 
Aprikosen Berikokkion, die Araber Al-Berkuk, die Spanier Albe- 
ricoque und Albarcoque, die Italiener Albicocco, die Franzosen 
Abricot, die Deutschen Aprikose u. s. w. Die Ableitung des 



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207 

Wortes Aprikose von apricus, sonnig, wie sie hier und da an- 
gegeben wird, ist wohl die unsinnigste, welche wir erhalten haben. 

Es bleibt mir schliesslich noch übrig, einige Worte über die 
Ursachen zu sagen, welche die Bekanntwerdung eines so entfern- 
ten Pflanzenproduktes, als die ägyptische KoxycvfxrjXea war, in 
Athen und überhaupt in Griechenland möglich machten. Es war 
dieses der Zug Alexanders des Grossen nach Ostindien. Damit 
wurden eine Reihe von fernen Ländern mit ihren Produkten der 
griechischen Kenntniss eröffnet, noch mehr geschah dieses aber 
dadurch, dass mitten in Asien griechische Reiche entstanden, 
welche die Verbindung mit dem Mutterlande unterhielten und die- 
sem Erzeugnisse aller Art zuführten. 

Es waren nicht allein die Orangen, das Rosenöl u. s. w., was 
die Griechen kennen lernten, auch die Pistazien (vergl. S. 263) 
kamen wahrscheinlich zu gleicher Zeit mit den getrockneten und 
entsteinten Aprikosen zu ihrer Kenntniss. 

II. Die Pflanmengehdlze im engeren Sinne, Pnmns. 

Nicht mit einer, sondern mit mehreren Arten haben wir es 
hier zu thun, ein Umstand, der die Untersuchung um so mehr 
erschwert, als das Vaterland ausserdem verschieden ist. Zu den 
Pflaumengehölzen gehört unsere Schlehe oder Schwarzdom (Prunus 
spinosa L.) mit einer sehr grossen Verbreitung im Osten und im 
Westen, auch jn Griechenland, und die Damascener Pflaume 
(Prunus syriaca Borkh.). Die Krieche oder Haferpflaume (Pru- 
nus insititia L.) ist eine bei uns und wohl in ganz Europa ver- 
wilderte Pflanze und wurde schon deshalb von Linn6 mit dem 
Namen insititia als eine nicht einheimische Pflanze bezeichnet. 
Unsere Zwetsche (Prunus oeconomica Borkh.) und die Reneklode 
(Prunus italica Borkh.) kommen im eigentlichen Oriente gamicht 
vor, sondern ihr Vaterland ist in Hochasien, in Turkestan, zu 
suchen. Sie sind deshalb hier ganz und gar auszuschliessen. 
Linn^ und die meisten Botaniker der jetzigen Zeit vereinigen 
sämmtliche Pflaumenarten, auch die Zwetschen (als hungarica 
und moravica) und Kirschpflaumen (als Myrobalanus) unter einem 
Kollektivnamen als Prunus domestica, den häuslichen Gebrauch 
der Fruchte damit bezeichnend. 

Ob Zwetschen und Renekloden jetzt in Griechenland kultivirt 



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208 

werden, habe icli nicht ersehen können. In meiner Geschichte 
und Naturgeschichte der Obstgehölze (S. 147) ist von mir ver- 
sucht worden nachzuweisen, dass die Zwetschen von Völkern fin- 
nischer Abkunft, vielleicht schon von den Hunnen, auf jeden Fall 
von den Madjaren nach dem heutigen Ungarn, nach Serbien und 
nach Bosnien gebracht worden sind. 

1. Schwarzdorn, Prunus spinosa L. und gracilis Fraas 
(Pr. Pseudoarmeniaca Heldr. und Sart.). Die letztere Pflanze 
habe ich noch nicht gesehen, möchte aber vermuthen, dass sie 
eine unbedomte, völlig unbehaarte Abart darstellt, wie sie auch 
sonst vorkommt. Ein und zwei behaarte und unbehaarte Blüthen- 
stiele kommen an Exemplaren von einer Aussaat vor, auch sind 
unbedornte Exemplare auf fettem Boden keine Seltenheit. Schwarz- 
dom wächst nach den neueren Berichten nicht häufig in Griechen- 
land, aber nicht in der Ebene, wenig im Hochgebirge, sondern 
meist in massigen Höhen. 

Dass der Schwarzdorn den alten Griechen bekannt war, ist 
wahrscheinlich. Bei Theophrast wird er nur ein Mal und zwar 
zugleich mit dem Aprikosenstrauche, dessen wilde Form er sein 
soll (ßaneo ciygia xoxxv^if^kaa IV, 6, 4) genannt. Darauf bezieht 
sich wohl auch die Benennung, welche Dioskorides (im 163. Kap. 
des 1. Buches) für ihn gebraucht: ayQiofÄtjXa. Auch Athenaeus 
giebt in dem zweiten Buche seines Sammelwerkes (also im 
3. Jahrhundert n. Chr.) Nachricht von anovdtdg. In Italien ist 
und war er sehr verbreitet und diente allgemein zum Veredeln 
für feinere Pflaumensorten. 

2. Das Damascener Pflaumengehölz, Prunus sy- 
riaca Borkh. (Pr. domestica Boiss.) ist ohne Zweifel syrischen 
Ursprungs, wird aber jetzt fast in allen Kulturländern Europas 
kultivirt und kommt auch verwildert vor. Das Damascener Pflau- 
mengehölz war zwar zur Zeit des Theophrast als nQovvrj 
den Griechen bekannt, scheint aber als Nahrungsmittel noch keine 
Bedeutung gehabt zu haben. Durch Theophrast selbst erfehren 
wir von seiner nQovvrj gamichts Näheres, er theilt nichts weiter 
mit, als dass aus der Pflanze Harz in Form von Thränen fliesst 
{daxQviüdrjg IX, 1, 2). 

Das Wort selbst kommt (als nQovfivnv für die Frucht«) bis 
auf Galen, der in der zweiten Hälfte des 2. Jahrhunderts n. Chr. 



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209 

als Arzt in Pergamum lebte, nicht wieder vor und würde deshalb 
auch keine Erklärung haben können, wenn nicht ausserdem darauf 
zielende Mittheilungen vorhanden gewesen wären. Wohl kennt 
aber Dioskorides in der Mitte des 1. Jahrhunderts (im 174. Kap. 
des 1. Buches) die Damascener Pflaume, aber unter einem ande- 
ren Namen: xoxxvfdriUa^ was aber bei Theophrast, wie ich früher 
nachgewiesen (S. 197) das Aprikosengehölz bedeutete. Dioskorides 
spricht bei seiner xoxxv^rjXea mit bestimmten Worten aus, dass 
sie in Damaskus ihr Vaterland habe. Auffallend ist nur die Be- 
merkung, dass die Frucht zwar gegessen werde, aber dem Magen 
nicht gut bekomme (xaxooTOfiaxog). 

Etwas früher waren die Damascener Pflaumen in Italien, und 
vor Allem in Rom, unter dem latinisirten Namen Prunus bekannt. 
Es scheint selbst, als wenn es mit der Damascener Pflaume 
ebenso gegangen wäre, wie mit der Aprikose, dass sie nämlich 
in Griechenland verloren gegangen und erst später von Rom aus 
wiederum nach den von ihm eroberten Ländern, demnach auch 
nach Griechenland gebracht worden wäre. Plinius spricht ziem- 
hch ausführlich über die Damascener Pflaumengehölze. Es gab 
zu seiner Zeit in Rom schon eine grosse Menge von Sorten (in- 
gens postea turba prunorum XV, 41). Er verwickelt sich aber 
in einen Widerspruch, den Andere zu lösen versuchen mögen. Einmal 
(XV, 44) sagt er nämlich: „sed pruna silvestria ubique nasci cer- 
tum est, quo magis miror huius pomi mentionem a Catone non 
habitam, praesertim cum condenda demonstraret quaedam et sil- 
vestria''. Während hier die Pflaumen allenthalben in Italien wild 
wachsen, heisst es gleich darauf: „sed pruna quoque omnia 
post Catonem coepisse manifestum est". Und in der That ist 
Cato der Erste, der ihrer gedenkt. 

Die Damascener Pflaumengehölze gehören zu denen, welche 
in Folge ihrer kriechenden unterirdischen Achsentheile sich rasch 
vermehren und damit verwildem können. Es ist dieses insofern 
auffallend, als sie aus einem warmen Lande, aus Syrien stammen. 
Wahrscheinlich wachsen sie aber dort ursprünglich nur im höhe- 
ren Gebirge. 

Wo die^Damascener Pflaume kultivirt wird, selbst im höhe- 
ren Norden, wie in Schweden, kommt sie auch verwildert vor. 
Die spätem. Griechen nach Christi Geburt scheinen dieses gewusst 

Ko«b. 14 



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zu haben, da, um hauptsächlicli sie zu bezeichnen, ein neuer 
Name, ßQaßvlov^ erscheint. Linn^ sah sich deshalb veranlasst, 
wie ich bereits schon ausgesprochen habe, eine besondere Art 
mit dem bezeichnenden Namen Prunus insititia aufzustellen. Trotz 
der grossen Verschiedenheit der einzelnen Exemplare unter ein- 
ander und trotzdem sie sehr oft von der Mutterpflanze gamicht ver- 
schieden sind, halten doch die meisten Botaniker die Linn^'sche 
Prunus insititia für eine selbständige Art. 

Was schliesslich den Namen Prunus zur Bezeichnung eines 
bestimmten Genus anbelangt, so ist er den Römern entlehnt und 
ist wohl im Verlaufe der Zeit in die Sprache des Volkes über- 
gegangen, bis die Väter der Botanik nach dem Mittelalter ihn 
auch in der Wissenschaft einführten. Tournefort bildete mehrere 
Genera, Linn^ hingegen nahm für alle Steinobstgehölze nur zwei 
an: Amygdalus und Prunus. Die letztere Bezeichnung war ihm 
jedoch ein Kollektiv-Name, während spätere Botaniker nach dem 
Vorgange von Decaisne das Linn^'sche Prunus in drei für sich 
bestehende Genera (Prunus, Armeniaca und Cerasus) zerlegten. 
Umgekehrt haben wiederum Bentham und Hooker in ihrem 
neuesten Werke der Genera plantarum alle früheren Genera der 
Steinobstgehölze, auch Amygdalus, in einem grossen Genus, dem 
sie den Namen Prunus gegeben haben, vereinigt. 

Neunte Familie. 
Hülsenfrüchtler, Leguminosae. 

Legumen nannten die Römer im weitesten Sinne jede Feld- 
oder Gartenfrucht, die gekocht wurde, um zur Nahrung zu dienen, 
im Gegensatz der nicht in der Kultur entstandenen Früchte, so 
wie der Baumfrucht. Siliqua war aber bei den Römern ^eciell 
die Hülsenfrucht. 

Leider hat man schon seit dem Ende des Mittelalters, wo 
allmälig die Wissenschaft sich wieder erholte, die beiden Namen 
Legumen und Siliqua oft mit einander verwechselt, im Allge- 
meinen wurde aber Schote (Siliqua) wie jetzt auf dem Markt und 
in der Küche für Hülsenfrüchte gebraucht. So noch von Tourne- 
fort in der zweiten Hälfte des 17. Jahrhunderts. Erst Linn^^ der 
Restaurator der botanischen Wissenschaft überhaupt und He^- 



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211 

steller einer bestimmten Terminologie, d. h. der Lehre der Namen 
für die äusseren Gestaltungen, nannte Legumen (d. i, Hülsen- 
frucht) eine einfitcbrige, aus 2 Theilen (den Klappen, Valvae) 
bestehende Frucht, wie sie zum grössten Theil in der Familie der 
Hülsenfrüchtler oder Leguminosen vorkommen, während er unter 
Siliqua (d. i. Schote) ebenfalls aus 2 Klappen bestehende, aber 
durch eine Scheidewand in 2 Fächer getheilte Früchte, wie sie 
bei den Kreuzblüthlem oder Cruciferen vorkommen, verstanden 
haben will. Bei der Durchführung seines Systemes bekümmerte 
er sich aber gar nicht um seine Definition und nannte Schote 
(Siliqua) jede Frucht seiner 15. Klasse (Tetradynamae) oder der 
Familie der Cruciferen, mochte sie ein Nüsschen, eine Glieder- 
hülse u. s. w. sein, Legumen war ihm aber die Frucht der Pflan- 
zen seiner 17. Klasse (Diadelphia) oder der Familie der Legumi- 
nosae, mochte sie aussehen, wie sie wollte. 

Ln gewöhnlichen Leben nennt man dagegen Hülsenfrüchte 
(im Französischen Lögumes) eine Anzahl meist einjähriger Pflan- 
zen aus der Abtheilung der Wickenpflanzen (Vicieae) deren 
Früchte schon den Alten eine behebte Speise waren und den 
Namen x€(J(>07rtf hatten. Die Frucht dieser Kulturpflanzen hiess 
bei den Griechen i^oßog oder eXloßog. 

Die Familie der Hülsenfrüchtler ist sehr gross und in der 
Weise auf der ganzen Erde vertreten, dass die besonderen Ab- 
theilungen in einzelnen Ländergruppen vertreten sind. Sie ist zum 
grössten Theil leicht in ihren Arten zu erkennen, da diese in der 
Regel gefiederte Blätter mit grossen Nebenblättern besitzen. 

Man unterscheidet 3 Unterfamilien, die auch in so fern man 
unter dem BegrifiFe Leguminosae keine Familie, sondern eine Klasse, 
(d. h. Vereinigung mehrerer Familien) verstehen will, von einigen 
Botanikern als besondere Familien betrachtet werden. 

1) Die Mimoseen kommen hauptsächlich in den heissen 
Ländern und auf der südlichen Hemisphäre vor. Sie haben selten 
nur 10, meist viele auf dem Blüthenboden stehende (hypogynische) 
Staubgefasse und eine kleine regelmässige Blumenkrone. 

2) Die Caesalpiniaceen besitzen dagegen in der Regelnur 10 
am Rande des Kelches stehende (perigynische) Staubgefasse und 
eine grosse unregelmässige Blumenkrone. Sie sind ebenfalls haupt- 
sächlich in heissen Ländern vertreten. 

14* 



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212 

3) Die Schmetterlingsblüthler oder Papilionaceen 
zeichnen sich endlich ebenfalls wie die Caesalpinaceen durch 10 
am Rande des Kelches stehende (perigynische) Staubgefasse aus, 
ausserdem aber haben die 5 Blätter der Blumenkrone eine be^ 
stimmte Stellung zu einander, die man die Schmetjierlingsblüthe 
(Corolla papilionacea) nennt. In sehr grosser Menge wachsen sie 
in den Landern der nördlichen gemässigten Zone. 

Erste Unterfamilie. 

Cäsalpiniaceen, Gaesalpiniaceae. 

Eine den Schmetterlingsblüthlem nahe stehende fast nur aus 
Gehölzen bestehende Familie; sie ist ebenfalls, wie diese, reich an 
Arten, aber nur eine einzige Art, Ceratonia Siliqua L. wächst 
jetzt in Griechenland, wuchs aber nicht im Alterthume daselbst. 
Die anderen Arten kommen hauptsächlich in den heissen Län- 
dern der Alten und Neuen Welt vor. 

Theophrast ist der einzige unter den Griechen, der die Pflanze 
als xeQCJvia kennt und richtig beschreibt (IV, 2, 4). Damach 
ist dies Gehölz immergrün und wird nicht hoch, treibt aber aus 
der Wurzel neue Stämme, während die alten Stämme absterben. 
Die Blüthen der xegiovia sind weiss, die Früchte aber (xaiJTtcg 
elloßoQ oder Schotenfrüchte) kommen kurzgestielt aus dem Haupt- 
stamme und aus den Aesten hervor und werden mit dem unge- 
eigneten Namen der Aegyptischen Feigen belegt. Der Baum, der 
sie hervorbringt, wächst aber nicht in Aegypten, wie man nach 
der Benennung glauben sollte, sondern in Syrien und lonien, so 
wie auf einer Halbinsel Kariens, auf der die Stadt Knidos liegt 
und endlich auf der Insel Rhodus. 

Bis auf Strabo, der im Anfange unserer Zeitrechnung lebte 
(XVII, 822) und Dioskorides, der kurz darauf seine Materia 
medica schrieb, (im 158. Kap. des 1. Buches) wird das Johannis- 
brod seit Theophrast nicht wieder von Griechen genannt, diese 
beiden Schriftsteller nennen das Johannisbrod aber xsQazlay nicht 
)t€QO)via, Nach Dioskorides sind die Früchte frisch aber nicht 
dem Magen wohlthuend (xaxoaT6(ia%a)^ getrocknet dagegen be- 
kommen sie ihm besser (^hvoTOfiaxdTBQa xat äwvQr]Tixa), 



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213 

Das Vaterland des Johannisbrodbaumes ist noch keineswegs 
bestimmt, wahrscheinlich ist es aber Syrien und vor Allem Pa- 
lästina. Im Neuen Testamente spielt es eine grosse Rolle. Jo- 
hannes der Täufer, der Vorläufer von Christus, ernährte sich 
von dem Johannisbrode in der Wüste, ein Umstand, der den 
Christen Gelegenheit gab, die Frucht Johannisbrod zu nennen. 
Nach Victor Hehn in seinem vorzüglichen Buche (3. Aufl. S. 396) 
wurden die Samen wegen ihres ziemlich gleichen Gewichts von 
den Arabern benutzt, um das Karatgewicht bei Gold einzu- 
fuhren. 

Ceratonia Siliqua L. wurde zeitig nach Rom verpflanzt und 
die Früchte kamen als Siliquae graecae oder syriacae auf den 
Markt. Der Name Siliqua ist die wörtliche üebersetzung des 
griechischen sXkoßog (sc. xaQnoc) d. Schote und ging in die 
meisten romanischen Sprachen über, in so fem wie in Spanien, 
ausserdem in Nordafrika, nicht die arabische aus yceQaxia entstan- 
dene Benennung Caroben und Algaroben in der Volkssprache 
aufgenommen, eingeführt war. Nach dem Ende des Mittelalters 
fahrten auch die Väter der Botanik den Namen Siliqua in der 
Botanik ein und Linnö gebrauchte das Wort als Beinamen seiner 
Ceratonia. Warum Linnö nach Dodonaeus das aus Keronia und 
Keratia zusammengesetzte Wort Ceratonia als Genus-Namen für 
den Johannisbrodbaum benutzt hat, und nicht das einfache Keronia 
oder Keratia, begreife ich nicht. 

Das Johannisbrod wird jetzt in mehreren warmen Ländern 
in solchen Mengen angebaut, dass ganze Schiffsladungen davon 
auch nach Hamburg kommen und zu wohlfeilen Preisen als nahr- 
haftes Futter zur Mast für das Vieh empfohlen werden. Man 
füttert, wie in Rom im Anfange unserer Zeitrechnung, besonders 
die Schweine damit fett. 

Zweite Unterfamilie. 

Schmetterlingsblatliler, Papilionaceae. 

Ueber die Ursache der Benennung habe ich bereits gesprochen, 
ich kann deshalb ohne Weiteres zu den einzelnen, wie bereits ge- 
sagt, geographisch begrenzten Abtheilungen der Gruppe über- 
gehen. 



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214 

Erste Gruppe. 

Ginsterpflanzen, Genisteae. 

Das Wort Genista ist ein altes römisches Wort, unter dem 
man schon Pflanzen aus dieser Gruppe verstand, welche schwierig 
jetzt noch zu bestimmen sein möchten. 

I. Stinkstrauch, Ana^ris L. 

Der Name kommt nur bei Dioskorides (im 167. Kap. des 
3. Buches) vor und bedeutet einen baumartigen Strauch mit ge- 
dreiten Blättern und von starkem Gerüche. Wenn die Blüthe 
dem Kohl ähnlich sein soll, so kann sich diese Aehnlichkeit nur 
auf die gelbe Farbe beziehen. Die lange Hülse ist nierenförmig 
(to oxrjfKx vecpQüJv), Diese wenigen angegebenen Merkmale ent- 
sprechen der Anagyris foetida L.; einem Strauche, der in den 
wärmereu Ländern des südöstlichen Europas, also auch in Grie- 
chenland, in Kleinasien bis nach Syrien hin zu Hause ist. Vor 
Dioskorides scheint er den alten Griechen nicht bekannt gewesen 
zu sein. Er wurde in Rom zeitig eingeführt, denn Plinius spricht 
bereits ein Mal (XXVII, 30) von ihm unter dem Namen Ana- 
gyros so deutUch, dass kein Zweifel darüber sein kann. 

Die Väter der Botanik kannten den Strauch ebenfalls als 
Anagyris und Anagyros. Toumefort führte die erste Bezeichnung 
als Genus-Namen ein und Linn6 folgte seinem Beispiele. 

II* Drfisenfrncht, Adenocarpns DG. 

Der deutsche Name ist die wörtliche Uebersetzung des latei- 
nischen. Nur eine Art A. divaricatus (Cytisus) THer., ein ge- 
spreizter Strauch, wächst in wärmeren Thälem des nördlichen 
Griechenlands und war sicher den alten Griechen nicht bekannt. 
Die Ursache der Benennung sind die zahbeichen Drüsenhaare auf 
der Hülse. 

III. Stielfrucht, Podocytisus Boiss. et Heldr. 

Boissier und Heldreich bedienten sich dieses Namens für 
einen hübschen Halbstrauch, den der letztere in Karamanien 
(Kleinasien) entdeckt hatte und der deshalb auch den Beinamen 
caramanicus erhielt. Später ist er auch im Peloponnes aufjgefun- 
den worden. Der Genus-Name Podocytisus wurde gegeben, weil 



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21^ 

die ^aclie Hülse mit einem Stiele versehen ist, was bei den ech- 
ten Cytisus- Arten nicht der Fall ist. Die Alten haben die Pflanze 
sicher nicht gekannt. 

IT. Domklee^ Calycotome Lk* 

Das Genus wurde von Link für einen zuerst von Poiret in 
Nordafrika entdeckten niedrigen Strauch, Spartium villosum auf- 
gestellt. Ob er derselbe ist, der auch in den wärmeren Ländern 
des südlichen Osteuropa, auch in Griechenland, in Kleinasien und 
in Syrien wächst, ist noch näher zu untersuchen. Ursache der 
Trennung des Genus war, dass der obere Theil des Kelches 
später ringsum sich löst und abfallt. Später wurden noch 
einige andere Halbsträucher mit ihm vereinigt. 

Calycotome villosa (Spartium) Poir., ist die einzige, welche 
wie gesagt, auch in Griechenland vorkommen soll, und stellt gleich 
den anderen einen niedrigen, aber domigen Strauch oder Halb- 
strauch, der den alten Griechen sicher nicht bekannt war, dar. 

Y. Binsenpfrleme^ Spartianthus Lk* 

Link war es ebenfalls, der auf die generische Verschieden- 
heit der südlichen Pfrieme (Spartium junceum L.) von der nörd- 
lichen aufmerksam machte imd für sie das Genus Spartianthus 
d. h. Pfriemenblüthe bildete, die Art aber selbst Spartianthus jun- 
ceus nannte. Leider fühlte sich weit später Wimmer veranlasst, für 
Spartium scoparium einen besonderen Namen, Sarothanmus scopa- 
rius, zu geben und dadurch zur Verwirrung der botanischen No- 
menklatur ebenfalls einen Beitrag zu liefern. 

Das eigentliche Vaterland des Spartianthus lässt sich nicht 
mehr bestimmen, jetzt hat sie einen sehr grossen Verbreitungs- 
bezirk in den wärmeren Gegenden auf beiden Seiten des Mittel- 
meers, also auch in Griechenland, sowie im Oriente bis nach 
Syrien hin. 

Die Alten kannten die Binsenpfiieme sehr gut und sprechen 
häufig von den aus ihnen angefertigten Stricken. Dioskorides 
nennt den Strauch anaQtlov^ also unserem Spartium entsprechend, 
sonst führt er bei ihm auch den Namen onaQVog und anccQTov^ 
seltener anaQTrj. So heisst auch der Strick oder das Seil, was 
haüjitsächlich aus der südlichen Pfrieme bereitet wurde. SnoQTOv 



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ai6 

in der Bedeutung von Strick kennt auch Homer (TL ü, 135), 
aber es ist gleich aus welchem Material er angefertigt wurde. 

Zu Strabo's Zeit wurde der Name and^xog auf eine ganz 
andere Pflanze, auf ein Gras (nicht wie es gewöhnlich heisst, auf 
einen Strauch), auf das heutige Lygeum Spartum L., übertragen. 
Dieses Gras, was hauptsächlich in Nordafrika und Spanien wächst, 
spielt neuerdings in England als Material zur Papierfabrikation 
eine grosse Rolle. 

Was Theophrast unter XivoanaQtov (I, 5, 2) verstanden hat, 
ist, da er keine weitere Beschreibung davon gegeben hat, nicht 
mehr zu ermitteln. Nach Fraas ist es die südliche Pfrieme, 
ich möchte eher vermuthen, dass man unter livoanagvov eine 
der in Griechenland wachsenden Binsen zu verstehen habe. 

Was den Namen Spartium anbelangt, so war er für denselben 
Strauch Spartianthus junceus (Spartium) L. in das Lateinische 
übergegangen. Man möchte fast vermuthen, dass, da die Römer 
für eine so wichtige und nützliche Pflanze keinen eigenen Namen 
hatten, dass Spartium junceum L. erst von Griechenland nach 
Italien gebracht worden sei. Die Väter der Botanik nahmen 
ebenfalls für dieselbe Pflanze den Namen Spartium an. So ist es 
geblieben bis auf Linnö, der noch einige ähnliche Pflanzen in 
seinem Genus Spartium damit vereinigte. 

YI. Zwergpfrieme^ Enantiosporton ۥ Koch. 

Bei der Bearbeitung meiner Dendrologie habe ich mich ver- 
anlasst gefohlt, hauptsächlich wegen der einander gegenüberstehen- 
den Blätter, aus Spartium radiatum L. ein besonderes Genus, 
Enantiosparton, wo schon der Name auf das Abweichende in der 
Stellung der Blätter hinweist, aufzustellen. Es ist eine Gebirgs- 
pflanze, welche ausser in Griechenland, auch in allen Höhenzügen, 
welche Mitteleuropa von Südeuropa scheiden, bis nach dem süd- 
lichen Frankreich hin, wächst. 

Die alten Griechen haben sicher Enantiosparton radiatum 
(Spartium) L. nicht gekannt. 

TU. Ginster, Genista L. 

Der Name Genista war schon den alten Römern für niedrige, 
meist domige Sträucher, die ohne Zweifel auch dem heutigen 



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217 

Genus Geuista L. angehören, bekannt. Das Wort gebrauchten 
auch die Väter der Botanik für dergleichen Pflanzen und ebenso 
schliesslich Linn^. Ich habe zu bemerken, dass unter den Bota- 
nikern über die Ausdehnung und den Umfang des Genus keine 
üebereinstimmung herrscht. Ich habe es in der Ausdehnung an- 
genommen, wie es in meiner Dendrologie geschehen ist (1. Band 
S. 37). 

In Griechenland wachsen vier Arten aus dem Genus Genista: 

1. Genista horrida (Spartium) Sibth. et Sm. Genista acan- 
thoclada DG. wächst in wärmeren Gegenden des südöstlichen 
Europa und ausserdem in Eleinasien und Syrien. Man ist ge- 
neigt, diese Pflanze für den 2xnQ7tiog des Theophrast zu halten. 
2xoQ7i:iog wird in seiner Geschichte der Pflanzen nur sehr kurz 
beschrieben, so dass man nichts daraus schliessen kann. Die an- 
fangs weisse, dann in's Purpuifarbige spielende Blüthe soll aus 
einem fleischigen Wulste unterhalb des Dornes entspringen (VI, 
4, 2). Leider habe ich Genista horrida (Spartium) S. et Sm. 
nicht im Leben gesehen, um zu beurtheilen, wie sich diese An- 
gaben zur Wirklichkeit verhalten. 

2. Genista carinalis Gris. kommt ausser in Griechenland 
auch noch in wärmeren Ländern des südöstlichen Europa und in 
Eleinasien vor. 

3. Genista Sakellariadis Boiss. et Orph. bis jetzt nur auf dem 
thessalischen Olymp gefunden. 

4. Genista sagittalis L. kommt ausserdem auf beiden Seiten 
der Süd- von Mitteleuropa scheidenden Gebirgszüge vor. 

YUl. Pfriemenginster, Spartocytisns B. Webb. 

Cytisus sessilifolius L. weicht im äusseren Ansehen und im 
Blüthenbau von den übrigen Geisklee- Arten ab, sodass B. Webb 
sich bewogen fühlte, es mit anderen, aber gamicht zusammen- 
gehörigen Pflanzen in einem besonderen Genus, dem er den Namen 
Spartocytisns ertheilte, zu vereinigen. Ueber das Wort brauche 
ich nichts zu sagen, da über Spartum und Cytisus an anderer 
Stelle gesprochen wird (S. 215, 223). 

Der Strauch ist übrigens für Griechenland zweifelhaft, da er 
seit Sibthorp nicht wieder in Griechenland angefunden ist. Er 



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21$ 



wächst sonst nur in Italien, in dem südwestliclien Deutschland, 
in Frankreich und im nördlichen Spanien. 

IX. Geisklee, Cytisus L. 

üeber den Namen Cytisus wird später ausführlich gesprochen 
(S. 223); ich bemerke nur, dass, wie bei Genista, die Botaniker 
auch über die Ausdehnung und den Umfang des heutigen Genus 
Cytisus sehr verschiedener Ansicht sind. Ich nehme es in dem 
Umfange, wie ich es in meiner Dendrologie gethan. 

In Griechenland wachsen fünf Arten aus diesem Genus: 

1. Cytisus triflorus l'Her. kommt in Griechenland, in Nord- 
afrika, in Italien und in Südfrankreich, also in von einander ge- 
trennten Ländern vor, es müssten deshalb noch, aber an lebenden 
Pflanzen, Untersuchungen angestellt werden, wie sich die Pflanzen 
aus den verschiedenen Ländern zu einander verhalten. 

2. Cytisus spinescens Sieb, ein niedriger Halbstrauch, der 
bis jetzt, ausser im Peloponnes, noch auf Kreta und auf der Eblb- 
insel Athos beobachtet worden ist. 

3. Cytisus hirsutus L. ein niedriger Strauch mit zahlreichen 
ruthenförmigen Aesten, der ausser in Griechenland, noch auf dem 
kaukasischen Isthmus, in Kleinasien, im südöstlichen Europa, be- 
sonders im Norden, in Ungarn, in Süddeutschland, in Italien und 
in der Schweiz vorkommt. 

4. Cytisus capitatus Jacq. wächst ausser im Norden Griechen- 
lands noch in Bosnien, in Ungarn, in Süddeutschland, Norditalien 
und Südfrankreich. 

5. Cytisus demissus Boiss. ein unbedeutender Halbstrauch, der 
erst in neuerer Zeit auf dem thessalischen Olymp entdeckt wurde. 

Xm Stranchklee, Teline Med. 

Beide Namen sind erst von mir, der lateinische in der Den- 
drologie (I, 30), in dem Umfange und in dieser Bedeutung fest- 
gestellt worden. T^Xig bedeutet bei dem Sophisten Lucian 
(und zwar in seiner Tragopodagra) eine dem Bockshorn oder 
Griechischen Heu (TrigoneUa Foenum graecum L.) ähnliche 
Pflanze und wird also in der ersten Hälfte des 2. Jahrhundertes 



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n. Chr. zuerst, ausserdem aber nur noch bei lateinischen Schrift- 
stellern, wie bei Plinius, genannt. Bei letzterem ist es wahrschein- 
lich das Griechische Heu oder Bockshorn (Trigonella Foenum 
graecum L.). Aus ihm bereitete man mit Zuziehung von Honig 
und gewürzhaften Stoffen, eine Salbe, welche zuerst der Geschichts- 
schreiber Polybios (also in der zweiten Hälfte des 2. Jahrh. v. 
Chr.) erwähnt und deren Zusammensetzung wiederum Plinius 
ziemlich genau beschreibt (bist. nat. XHl, 13). Medikus änderte 
den Namen T^Xig in Teline um und gebrauchte ihn als Genus- 
Namen für den bisher von Linn^ als Cytisus Monspessulanus und 
Genista candicans beschriebenen Strauch. 

Der Strauch, jetzt Teline candicans (Genista) L., bleibt für 
Griechenland mehr als zweifelhaft. Keiner der neueren Reisenden 
hat ihn daselbst, eben so wenig als sonst im Oriente beobachtet. 
Lion^ lässt ihn nur in der Nähe von Montpellier und in Italien 
wachsen. Wie er sich zu T. canariensis L. verhält, von dem er 
nur eine weisshaarige Kulturpflanze zu sein scheint, ist noch nicht 
entschieden. 

XI. Wnndklee, Anthyllis L. 

Der Name Anthyllis wird zuerst von Dioskorides (im 143. 
Kap. des 3. Buches) für zwei Pflanzen, eine linsenartige und 
eine starkriechende gebraucht. Dieses ist ebenfalls bei den 
Römern der Fall. Hier ist es aber nur Plbius der den Na- 
men kennt. Was die linsenartige Pflanze des Plinius anbelangt, 
so ist es mir völlig unklar, was er darunter verstanden hat, die 
starkriechende (und krautartige) ist aber wahrscheinlich Mutter- 
kraut oder Kamille, Pyrethrum Parthenium (Matricaria) L. und 
Chamomilla officinalis 0. Koch (Matricaria Chamomilla L.), die 
beide noch jetzt in Griechenland viel verbreitete Pflanzen sind. 

Dioskorides hat aber neben avdvlUg^ die zu seiner Zeit 
auch av^ß^ig genannt wurde, (im 154. Kap. des 3. Buches) 
noch eine zweite avi^e^iic^ die aber zum Theil aus strauchartigen 
Pflanzen besteht. Es unterliegt kaum einem Zweifel, dass man 
hierunter stark riechende Santolina-Arten, die mit der Kamille 
und dem Mutterkraute sehr nahe verwandt sind, zu verstehen hat. 
Strauch- und krautartige Santolinen sind in den meisten Mittel- 
m^eerländem viel vertreten, in Griechenland aber nur die krautartigen. 



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220 

Der Leipziger Professor Rivin, der in der zweiten Hälfte des 
17. Jahrhandertes lebte, war der erste, der den Namen Anthyllis 
auf Pflanzen, die bisher den Namen Vulneraria, also Wundkraut, 
geführt hatten, übertrug und Linn^ folgte später seinem Beispiele. 

Wir haben vier holzige Anthyllis -Arten, die mit dem ge- 
wöhnlichen krautartigen Wundklee, Anthyllis Vulneraria L., in 
Griechenland wachsen. Sie wurden von den alten Griecchen nicht 
weiter beachtet und demnach auch nicht unterschieden. 

1. Anthyllis Hermaniae L. (nicht Hermanniae) wurde von 
Linn^ auch als Cytisus graecus beschrieben und ist ein hübscher 
Strauch mit kleeartigen Blättern. Ueber den Namen Hermaniae, 
der nichts mit der Bezeichnung Hermannia, mit der man das 
Wort gewöhnlich verwechselt, habe ich nichts erfahren können. 

2. Anthyllis Barba Jovis L. Wiederum eine für Griechen- 
land zweifelhafte Pflanze, da kein neuerer Reisender sie wieder 
beobachtet hat. Bis jetzt ist sie nur als im Peloponnes wild 
wachsend von Bory, dem Botaniker der französischen Expedition 
nach Morea angegeben. Ausserdem befindet sich aber noch in 
Willdenow's Herbar ein getrockneter Zweig, angeblich von der 
Insel Kreta stammend, vor. 

3. Anthyllis aurea Vis. wächst im nördlichen Griechenland 
ziemlich häufig und ist ausserdem nur noch in Dalmatien beob- 
achtet worden. 

4. Anthyllis montana L. soll nach Sibthorp auf Felsen in 
den Bergen Griechenlands vorkommen, ist aber auf jeden Fall 
eine mehr als zweifelhafte Pflanze für Griechenland^ da sie 
nicht wieder beobachtet wurde. Sie wächst sonst in dem heuti- 
gen Rumelien, in Bosnien, in Dalmatien, in Italien, in der 
Schweiz, in Frankreich und in Spanien. 

Zweite Gruppe. 

Kleepflanzen. 
L Sttdlftndisehe Kleepflanze^ Doryenium* 

Der Name Joqvxviov kommt nur bei Dioskorides (75. Kap. 
des 4. Buches) vor, bedeutet aber eine sehr giftige Pflanze, dem 
Oelbaume ähnlich. Man hält sie allgemein für eine Strychnos- 
Art, die Beschreibung der Blüthe entspricht aber nicht. Was 



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221 

die Römer anter Dorycniam verstanden, war bestimmt eine an- 
dere giftige, aber einheimische Pflanze, über die sich gamichts 
sagen lässt. 

Dioskorides hatte das giftige Joqvxviov wohl auf seinen Rei- 
sen gesehen. Er beschreibt die Pflanze genauer, als er sonst zu 
thun pflegt Nach ihm sind die ölbaumähnlichen, sehr festen 
Blatter rauh, die Blüthen aber weiss und haben in der Spitze 
weisse und dichte Beutel (^^vkaxia) von ebenfalls weisser Farbe. 
In Betreff der besagten Beutel möchte man sich den Blüthenstand 
ähnlich wie bei der Kichererbse (Cicer arietinum L., sQißiv^og 
der Griechen) einer im Süden, auch in Griechenland, allenthalben 
angebauten Hülsenfrucht, denken, wo die unteren Blüthen sich 
rasch in grosse und angeblasene Hülsen verwandeln, neben denen 
die obem Blüthen zu stehen scheinen (äansQ igeßivi^ov). Die 
5 und 6 kleinen und abgerundeten Samen gleichen denen des 
''OQoßog (wohl Ervum Ervilia L.). Die Pflanze selbst wächst an 
Felsen, aber auch am Meere. 

Da Dioskorides vom giftigen otqixvov ausserdem noch be- 
sonders spricht und darunter wohl ohne Zweifel auch die Mutter- 
pflanze des bekannten giftigen Arzneimittels Nux vomica ver- 
standen hat, so möchte vielleicht eine giftige Leguminose, deren 
wir neuerdings mehrere kennen gelernt haben, die Mutterpflanze 
des JoQvxviov des Dioskorides sein. 

Das Wort Dorycnium hat Linnä als Artnamen einer be- 
stimmten Pflanze, des Lotus Dorycnium (jetzt Dorycnium suffru- 
ticosum VilL), benutet, während Toumefort es als Genus-Namen 
für eine geringe Anzahl von ähnlichen Arten gebrauchte. Villars 
und Willdenow nahmen später Dorycnium zur Bezeichnung eines 
Genus an. 

Aus dem Genus Dorycnium Vill. wachsen zwei lialbstrauchige 
Arten in Griechenland. 

1. Dorycnium hirsutum (Lotus) L. wächst in allen Ländern 
Südeuropas, demnach auch in Griechenland, bis nach Syrien hin. 
Die Pflanze war früher wie auch die folgende in Griechenland 
nicht beobachtet worden, ihre Entdeckung verdankt man der 
neuesten Zeit. Sie wächst an trocknen dürren Stellen der immer- 
grünen Region. 

Dorycnium intermedium Led. ist D. herbaceum Vill., ein 



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in 

Name, der, da die Pflanze nicht krautartig ist, sondern ebenfalls 
einen niedrigen Halbstrauch bildet, mit Recht verworfen worden ist. 
Die Pflanze ist dieselbe, welche in der Flora graeca von Sibthorp 
und Smith als Lotus Dorycnium abgebildet wurde. Heldreich hat 
Dorycnium intermedium Led. im Peloponnes, Orphanides auf dem 
Pamass gefunden, während sie in Griechenland früher nicht 
beobachtet war. Ausserdem wächst sie in Eleinasien, in den 
Donauländem und im nördlichen Italien. 

IL Luzerne, Medieago L. 

Futterpflanzen haben bei allen Ackerbau treibenden Yölkem, 
besonders des indoeuropäischen Stammes, eine grosse Rolle ge- 
spielt und spielen sie noch. Im Alterthume bei Persem, Griechen 
und Römern war es besonders eine krautartige Pflanze, die Lu- 
zerne (Mr/dixri, Medicago sativa L.) und ist es bis auf den heu- 
tigen Tag geblieben. In dem wärmeren Griechenland, so wie io 
Italien, kam aber noch eine holzige Pflanze xvnaog und Cytisus 
der Alten (Medicago arborea L.) dazu. 

Je wärmer die Länder sind, um so mehr verschwinden die 
Abwechslungen von Wiesen und Matten einerseits imd waldartigen 
Ausbreitungen andererseits, an die Stelle der ersteren beiden treten 
in der heissen Zeit südlicher gelegener, also wärmerer Länder, 
pflanzenlose Stellen, selbst Wüsten. Der Grund dieser Erschei- 
nung liegt in dem Bedürfnisse der atmosphärischen Luft eine be- 
stimmte Menge Wasser in sich aufzunehmen, und zwar um so 
mehr, als es wärmer ist Da aber das Wasser auch das organi- 
sche Leben bedingt und gleichsam den YermitÜer zwischen den 
einzelnen Wechselwirkungen in der Pflanze darstellt, also ihm 
ebenfalls unentbehrlich ist, so findet beständig ein Kampf um das 
Wasser zwischen der Vegetation und der atmosphärischen Luft statt. 

Die Wissenschaft hat schon längst das Gesetz aufgefunden, 
wie gross das Bedürfoiss der Luft je nach der herrschenden 
Wärme an Wasser ist. Je wärmer, um so mehr muss die Luft 
Wasser au&ehmen und um so stärker wird daher der Kampf 
zwischen Vegetation und Luft. In unserem Norden werden bei 
geringerem Bedürfiiisse an Wasser von Seiten der atmosphärischen 
Luft unsere mit krautartigen Pflanzen besetzten Wiesen- bestehen 
können^ nicht aW jenseits der Alp«n^, wo die Khift niedriger 



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223 

Pflanzen nicht mehr ausreicht und nur Gehölze, hauptsächlich 
Bäume der Luft den nöthigen Widerstand entgegensetzen können. 
Wir brauchen uns daher auch nicht zu wundem, wenn in Grie- 
chenland auch Gehölze Futterpflanzen wurden. 

Krautige Pflanzen, wie die, welche dem Menschen und dem 
Thiere zur Nahrung dienen, wie das Getreide und die Futter- 
pflanzen, können in wärmeren Ländern nur gedeihen, wenn ihnen 
künstlich Wasser verschafft wird. Das verstanden schon im hohen 
Alterthume die Perser vor Allem meisterhaft. Ruinen grossartiger 
Wasserleitungen findet man noch allenthalben in Ländern des 
Orientes, wo die alten Perser geherrscht haben. Von den Per- 
sem lernten die Römer die Wasserleitungen kennen. Den Griechen 
waren sie weniger ein Bedurfniss, da nur der schmale Küsten- 
strich auf der Ostseite im Sommer sehr heiss war, durch das 
nahe Meer aber wiederum die Wärme gemildert werden konnte. 
Ln Gebirge wurde es dagegen nie heiss, sondern blieb auch in 
den heissen Monaten ziemlich kühl. 

Zu Futterkräutem eigenen sich, abgesehen von den Gräsern, 
besonders Pflanzen aus einer Abtheilung der Schmetterlingablüthler 
oder Papilionaceen, die Loteen oder Kleepflanzen. Ihre Anzahl 
ist in den nördlichen und südlichen Ländern der gemässigten 
nördlichen Zone sehr gross. Man fand auch bald die Pflanzen 
heraus, welche sich am meisten zu Futterkräutern eigneten. Li 
den Perserkriegen hatte man die Bekanntschaft mit der gewöhn- 
lichen Luzerne (Mrjöixri der Alten, Medicago sativa L.) gemacht 
Man lernte aber auch bald eine in Griechenland einheimische 
holzige Pflanze (den xmioog, Medicago arborea L.) kennen, die 
in Blättern und Blüthe mit der Mtjölx^ noa die grösste Aehnlich- 
keit besass und als Futterpflanze dem Vieh eben so zusagte. Der 
Strauch hatte bei den Griechen den Namen xvzcoog. Nach Nach- 
richten, welche wir einer späteren römischen Zeit, dem Plinius, 
verdanken, wuchs dieser Strauch ursprünglich auf der Lisel Kyth- 
nos, einer der Cycladen. Er verbreitete sich von hier über die 
ganze Liselgruppe aus und kam schliesslich auch nach dem eigent- 
lichen Griechenland. 

Die Benutzung der jungen Zweige von Bäumen als Futter 
des Viehes ist in allen warmen Kulturländern uralt, und zwar 
nicht allein für die Sommerzeit, sondern wie schon gesagt, man 



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224 

trocknete auch die Zweige und benutzte sie als eine Art Heu für 
den Winter. Es geschieht dieses noch heut' zu Tage im Oriente 
sowohl, wie bei uns hier und da in Deutschland, so in Schlesien 
ganz gewöhnlich. 

Die beiden in Griechenland als Futter für das Vieh be- 
nutzten Pflanzen gehören einem und demselben Genus, was 
von Linn^ den Namen Medicago erhalten hat, an. Beide 
Pflanzen werden zuerst von Eupolis, einem Dichter der alten 
Komödie, der zwischen 446 bis 412 in Athen gelebt haben soll, 
genannt. Nach römischen Nachrichten des Plinius lebte aber auch 
in Athen ein gewisser Amphilochos, der über beide Futterpflanzen 
eine leider veriorene Abhandlung geschrieben hat. Leider er- 
fahren wir über die Zeit, wann Amphilochos gelebt hat, gar nichts 
(Plin. bist, natur. XHI, 130 und XVIII, 144). 

Ich gehe nun zu der Beschreibung der beiden Medicago- 
Arten über 

1. Mrjdixi^ (Medicago sativa L.) wird ausser von Eupolis, 
wie ich bereits gesagt habe, etwas später auch von dem Komiker 
Aristophanes, der bis 388 v. Chr. lebte, erwähnt. Nach ihm ist 
MfjdixTj ein vorzügliches Pferdefutter. Damit stimmt aber wie- 
derum der Naturforscher Aristoteles, der kurze Zeit später über 
die Pflanze spricht, nicht überein. Nach ihm soll der Genuss der 
M^dixi] Kühen und Schafen die Milch entziehen, dagegen rühmt 
er das Kraut als vorzügliches Bienenfutter (Hist. anim. III , 21 
und IX, 40). 

Theophrast kennt zwar MrjdiX'^ als Viehfutter (VIII, 7, 7 und 
de caus. III., 15, 6), beschreibt sie aber nicht. Dagegen rühmt 
sie der Geograph Strabo, der im Jahre 60 v. Chr. geboren wurde, 
bei Gelegenheit einer Schilderung der sogenannten Kaspischen 
Thore, der uralten persischen Stadt Derbend an der Westküste 
des Kaspischen Meeres, wo das Kaukasische Gebirge plötzlich 
abfallt. Als ich im Jahre 1844 Derbend besuchte, fand ich die 
Luzerne in grosser Menge wachsend, ohne dass man von ihr den 
geringsten Gebrauch machte. 

Nach Strabo ist von den Griechen Dioskorides zu nennen, 
der Mrjdixri^ aber nicht allein als Futterpflanze, sondern auch als 
Arzneimittel bespricht (im 176. Kap. des 2. Buches). 



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225 

In noch grösserem Ansehen, als bei den Griechen, stand die 
krautartige Luzerne, die Mrjdxi^ der Griechen, bei den Römern 
und zwar als Pferdefutter und noch mehr um die Milch bei den 
Kühen zu vermehren (Varr. IE, 2, 19). Am Höchsten stellt sie 
in letzterer Hinsicht Columella (H, 10, 25). 

Die Luzerne erhielt sich ihren Ruf als Futterpflanze das 
ganze Mittelalter hindurch bis auf die neueste Zeit. Sie wurde 
schon zeitig von den Römern nach Spanien verpflanzt und scheint 
dort hauptsächlich in der Zeit, wo die Mauren daselbst festen 
Fuss gefasst hatten, als Futterpflanze benutzt worden zu sein. 
Geschichtlich weiss man durch Gallo, dass die Luzerne im Jahre 
1550 aus Spanien nach Venedig kam und hauptsächlich in der 
Nähe von Clauserne oder Lauzeme angebaut wurde. Von hier 
wurde sie weiter verbreitet und zwar mit der Bezeichnung der 
Lauzemer Futterpflanze, ein Name der später bei uns in Deutsch- 
land in Luzerne überging. Das Wort Luzerne hat demnach mit 
der Stadt Luzem, von der man hier und da den Namen ableitet, 
gar nichts zu thun. Nach anderen Berichten soll jedoch die Lu- 
zerne zu genannter Zeit durch Hercules Lucho direkt aus Griechen- 
land, was damals venetianisch war, in der Republik Venedig ein- 
geführt worden sein. 

Schon 1570 befand sich die Luzerne zuerst als Wälscher 
Klee auch in Deutschland und war besonders am Rhein, vor 
Allem in der Umgegend von Mainz in Kultur. Allgemeiner wurde 
ihr Anbau aber erst im 18. Jahrhunderte, wo er von Mainz aus 
in der Umgegend der damals Churmainzischen Festung Erfurt 
eingeführt wurde. 

Hier war es vor Allem das Weimar'sche Dorf Stotternheim, 
zwischen Erfurt und Weimar liegend, wo der Anbau im Grossen 
geschah und der Samen nach allen Gegenden von Deutschland 
versendet wurde. 

Wir besitzen in Deutschland eine der ächten Luzerne sehr 
ähnliche Pflanze, aber von weit geringerem Futterwerth. Es ist 
dieses die Sandluzeme Medicago falcata L. Sie blüht gelb, wäh- 
rend die Blüthen der ächten Luzerne, Medicago sativa L. eine 
violette Farbe haben. Von dieser Sandluzerne haben wir einen 
Blendling oder eine Hybride, wo die ächte Luzerne vorherrscht, 
der noch mehr vom Vieh geliebt wird und noch mehr ihm be- 

Kocli. 15 



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kannt ist und in der Mark hauptsächlich im Grossen zum Futter 
angebaut wird. 

2. KvTiaog (Medicaga arborea L.). Leider haben wir durch 
griechische Schriftsteller nur kärgliche Nachrichten erhalten. Man 
muss daraus schliessen, dass man sie nur wenig und vielleicht 
auch nur kurze Zeit als Futterpflanze benutzte. Gewöhnlich 
nimmt man an, dass sie gleich der Mijdixij^ aus Persien stamme. 
Das ist aber ein Irrthum. Weder Herr Dr. Buhse in Riga, noch 
Herr Professor Haussknecht in Weimar, die sich in der neueren 
Zeit längere Zeit in Persien aufgehalten, haben Medicago arborea 
L. daselbst gefunden. Auch sprechen die Angaben des Plinius, 
die ich schon mitgetheiit, dagegen. Jetzt wächst Medicago arborea 
aber auf eine Weise in Griechenland, dass man annehmen kann, 
sie wachse daselbst wild. 

Abgesehen von dem, was wir von den beiden Athenern 
Eupolis und Amphilochos erfahren und worüber ich schon gesprochen, 
haben wir noch andere Mittheilungen aber xvriaog (Medicago 
arborea L.). Was zunächst das Wenige anbelangt, was Hippo- 
krates über die Pflanze gesagt, so möchte es nach Yictor Hehn 
einer späteren Zeit angehören. Wichtiger sind die Mittheilungen 
des Theophrast, wenn auch sonst ungenügend. 

Nach Theophrast ist xvTiang ein Strauch (IV, 4, 6) mit 
einem sehr festen Kernholz (jifitQft I, 6, 1 und V, 3, 1), was mit 
dem festen Kernholz (jielavÖQvov^ s. S. 52) der Eiche verglichen 
wird. Dasselbe sagt auch weit später Plinius in seiner Natur- 
geschichte (XVI, 186 und 204). Demnach wäre es ebenso be- 
schafPen, wie das unserer beiden Bohnenbäume, Labumum 
vulgare Gris. und alpinum (Cytisus) L. Wegen der schwarzen 
Farbe und der Schwere dieses Kernholzes wurde es in den frühe- 
ren Zeiten vielfach als Schwarz-Ebenholz in den Handel gebracht 
und wurde als unechtes Ebenholz bezeichnet. (Vergl. bei Diospy- 
rus Ebenus S. 134). 

Ich bemerke hierbei, dass die Griechen unter (iri%Qct keines- 
wegs, wie Wimmer meint, das Mark der Pflanzen allein verstan- 
den haben, sondern furjtQa ist der innerste Theil eines Stammes, 
der sich auf irgend eine Weise von dem übrigen Holze unter- 
scheidet, demnach auch wie bei Medicago arborea L. das Kern- 
holz, was in diesem Fall das Mark vertritt. 



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227 

Auffallend ist die Bemei^img des Theophrast, das xvriaog 
sich gegen andere in der Nähe stehende Gehölze in so fem feind- 
lich zeige, als es sie absterben mache (IV, 16, 5). Es gäbe aber 
auch eine Pflanze aXifiog mit Namen, (Atriplex Halimus L. 
siehe unter den Chenopodiaceen S. 85), die umgekehrt diesen Ein- 
fluss auf xvTiaog ausübe und sie absterben mache. Theophrast 
erklärt diese Erscheinung durch den grossen Grehalt an Koch- 
salz, den äXifiog habe. 

Medicago arborea L. kam mit der griechischen Benennung 
Cytisus auch zeitig nach Rom und wurde daselbst ebenfEills nach 
Plinius eine beliebte Futter- und Bienenpflanze (hist. nat. XIII, 
130 bis 134). 

Was die Namen anbelangt, so wurde das Wort xvviaog schon 
Yon den Yätem der Botanik im 16. Jahrhundert für eine Reihe 
einander nahestehender Sträucher aus der Gruppe der Ginster- 
pflanzen oder Genisteen eingeführt. Toumefort machte aus ihnen 
mehrere Genera, Linn^ nur drei: Cytisus, Genista und Spartium. 
üeber sie ist bereits gesprochen worden. Ich bemerke nur noch, 
dass die jetzigen Systematiker über die Ausdehnung und über 
den Begriff der genannten Genera sehr verschiedener Ansicht sind. 

Was den Namen Medicago, den Linn^ für die Luzerne-Arten 
eingeführt hat, betrifft, so wurde er zuerst von Toumefort für 
eine kleine Anzahl abweichender krautiger Arten gegeben, wäh- 
rend die übrigen als zu Medica gehörig von ihm betrachtet wur- 
den. Was Linn^ bestimmt hat, den Toumefort'schen Namen 
Medicago gerade für die echten Arten unserer Luzerne zu wäh- 
len, lässt sich nur in der Eigenthümlichkeit des grossen Refor- 
mators suchen, früheren Namen eine andere Bedeutung unterzulegen. 
An den Linn^'schen Namen und ihrer Bedeutung festhaltend, sah 
schon der Pisaner Savi sich veranlasst, 1798 in seiner Flora Pi- 
sana für die abweichenden wenigen Luzerne-Arten ein besonderes 
Genus, Hymenocarpüs, aufzustellen. Der deutsche Name Schnecken- 
klee hat seinen Grund in den Schnecken- oder spiralförmig auf- 
gerollten Hülsen. Nur bei wenigen Arten, und dazu gehört auch 
unsere Sand* Luzerne, machen die Hülsen nur eine halbe 
Windung. Ueber den Namen Luzerne ist bereits gesprochen 
(S. 225). 

16* 



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228 

Dritte Gruppe. 

Gaiskleepflanzen, Galegeae. 
I. Blasenstranehy Colntea L. 

Der Name xolnvria kommt nur bei Theophrast zugleich mit 
xoXoixea vor (III, 17, 2. 3). Damach bedeuten beide Namen 
zwei sehr verschiedene Gehölze, ein bäum- und ein strauchartiges, 
die nur die Hülse (loßog) gemeinschaftlich haben. Ein Mal lässt 
aber Theophrast KolovrSa auf Lipara, einer der äolischen Inseln 
(III, 17, 2) wachsen, das andere Mal ist es xoloiTca (I, 11, 2), 
was daselbst vorkommen soU. Beide Gehölze, xoXovria und xo- 
loiTea werden ausserdem noch an einer und derselben Stelle des 
Theophrast, aber sehr ungenügend beschrieben (III, 17, 2 und 3), 

1. xoXovzia ist ein grosser umfassender Baum, der auf der 
zu der äolischen Gruppe gehörigen Insel Lipara wächst. Seine 
Fruchte gleichen denen der Linse und sind besonders geeignet, 
die Schafe fett zu futtern. Die Samen keimen auch am Besten 
auf Schafmist. Drei Jahre wächst xokovrea gerade in die Höhe 
und man schnitzt Stöcke aus seinem Holze. Im Blatte ist xoXoV' 
xea der irijiec; einer bereits besprochenen Pflanze (S. 218) ähn- 
lich. Sie verträgt endlich keine Verstümmelung und schlägt nicht 
wieder aus, wenn sie abgehauen wird, sondern stirbt ab. 

2. xoloitia ist ein auf Kreta vorkommender Strauch von 
bedeutender Verästelung und kommt nicht häufig vor. Sie hat 
ein rundhches, der Ulme ähnliches Blatt, was anfangs grün ist, 
aber allmälig in Weiss übergeht. Eigenthümlich ist die Nervatur, 
besonders auf der Unterseite. Die Rinde ist ähnlich der der 
Weinrebe und schliesst ein trocknes und hartes Holz ein. 

Nach diesen Beschreibungen der xolovria und der xoXotxia 
bestimmte Pflanzen feststellen zu wollen, ist gamicht möglich. 
Eine Leguminose in Gestalt eines so mächtigen Baumes, wie bei 
Theophrast angegeben ist, wächst im ganzen Oriente nicht. Am 
meisten könnte es noch Gleditschia caspica Desf., die ich im 
Vaterlande beobachten konnte, sein, die aber doch nie ein sehr 
grosser Baum wird. Nach einer anderen Stelle (HI, 14, 4) soll sie 
Blätter, denen der Weiden, an einer dritten Blätter denen des 
Pfirsichbaumes ähnlich haben. Wäre dieses richtig, so könnte 
xoXovrea gar keine Leguminose sein, am allerwenigsten Colutea 
arborescens L., wie Wimmer will. Man könnte viel eher, wie 



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229 

Andere glauben, an eine Weide, wenn auch nicht an Salix Ca- 
prea L., die strauchartig bleibt, sondern an eine Baumweide, un- 
serer Salix alba L. etwa entsprechend denken. Die kleinen 
Fruchte der Weiden haben auch entfernte Aehnlichkeit mit häu- 
tigen Hülsenfrüchten. 

xokoitia soll ferner ein Strauch sein mit rundlichen, allmalig 
weiss werdenden Blättern, die ausserdem sich noch durch eine 
besondere Nervatur auszeichnen. Es sind dieses Merkmale, die 
aber nicht auf Colutea arborescens L. passen, wo die Blätter 
freudig-grün sind. Eher könnte man an unsere Bohnenbäume, 
Labumum vulgare Gris. und alpinum (Cytisus) L. denken, wie 
es auch geschehen ist. Diese kommen aber gamicht in Griechen- 
land vor. 

Colutea arborescens L. wächst in allen Gebirgen des heutigen 
Griechenlands und war bestimmt auch im Alterthume daselbst 
ein allgemein verbreiteter Blüthenstrauch. Es wäre allerdings 
auf&llend, wenn die Ghiechen einen solchen in die Augen fallen- 
den schönen Blütlienstrauch gamicht gekannt haben sollten. Der 
Strauch wächst jetzt auch im übrigen Südost-Europa, in Trans- 
kaukasien und in Kleinasien einerseits, im mittleren und südlichen 
Europa bis Frankreich und in Nordafrika andrerseits. 

Einen Baum Colutea kannten auch die alten Römer, aber 
nur Plautus (Pers. I, 3, 7) nennt ihn ein einziges Mal. Die 
Väter der Botanik verstehen unter Colutea ebenfalls den Blasen- 
strauch (Colutea arborescens L.). Als Genus-Namen führte ihn 
Toumefort ein und Linn6 gebrauchte das Wort ebenfalls in seinem 
Systeme zur Bezeichnung derselben Pflanzen. 

Vierte Gruppe. 

Traganthpflanzeo, Astragaleae. 

Der Name aOTQciyaXog bedeutet ursprünglich bei den Grie- 
chen einen Wirbelknochen, wnrde aber zur Zeit des Dioskorides 
auf eine Pflanze übertragen, warum? wird nicht gesagt. Dios- 
korides versteht einen niedrigen kleinen Strauch mit Blättern, 
denen der Kichererbse (Cicer arietinum L.) ähnlich, und mit 
kleinen purpurrothen Blüthen darunter. Ausserdem soll die Wur- 
zel rund, der des Rettig ähnlich sein, und schwarze feste An- 



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hangsel haben. Zerrieben bildet sie nach Dioskorides das eigent- 
liche AizneimitteL 

Was unter Astragalas Dioskorides verstanden hat^ lässt sich 
nicht annähernd sagen, auf keinen Fall aber eine Art des heuti- 
gen Grenus Astragalus L. 

Die Römer hatten ebenfalls nach PUnius (XXVI, 46) eine 
Pflanze Astragalus, die vielleicht dieselbe ist, wie die des Dios- 
korides. Sie hatte lange Blätter mit vielen Einschnitten und 
Blüthen der Hyacinthen. Die Wurzeln waren wollig, roth und 
hart. Nach diesen Mittheilungen möchte man geneigt sein, eher 
eine Monokotyle, vielleicht aus der Familie der Aronspfianzen, 
anzunehmen. Unsere gemeine Aronswurz entspricht einigermassen. 
Genannte Pflanze ist aber wiederum kein Strauch, sondern eine 
krautartige Pflanze. Die Yäter der Botanik hatten im 16. und 
17. Jahrhundert dem Worte Astragalus eine ganz andere Bedeu* 
tuDg untergelegt. Wie sie darauf gekommen sind, habe ich ver- 
gebens zu erforschen gesucht. Bei ihnen bedeutet Astragalus 
Pflanzen und zwar hauptsächlich jährige, die in das Linnä'sdhe 
Genus dieses Namens gehören. Toumefort hatte zwei Genera 
aus der ausserordentlich grossen Anzahl von Arten gemacht: Astra- 
galus und Tragacantha. 

Ueber den Namen Tfaydxav^a werde ich mich noch später 
aussprechen (S. 266) und muss jetzt dahin verweisen. Ich will 
nur bemerken, dass Theophrast dornige Traganthpflanzen (d. h. 
Arten des jetzigen Genus Astragalus) bereits kannte, aber nicht 
weiter beschrieben hat. Sie wuchsen übrigens nicht allein auf 
Kreta, sondern auch im eigentlichen Griechenland, hauptsächlich 
im Peloponnes, wo besondere Gegenden, wie Achaja und Arka- 
dien, bezeichnet werden. Auffallend ist, dass im Alterthume Tra- 
ganthgummi in nicht geringer Menge in Griechenland gewonnen 
worden zu sein scheint, was jetzt nicht mehr der Fall ist. 

FUnfte Gruppe. 

Esparsettpflanzen, Hedysareae. 

Die Zahl der holzigen Esparsettpflanzen, welche man in Grie- 
chenland angefunden hat, ist nicht gering und beträgt 6. Esp^r^ 
sette (Onobrychis viciaefolia Scop. 0. sativa Lam. Hedysamm 
Onobrychis) ist dagegen eine erst spät, zuerst 1600 als Sparce in 



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asi 

der Daaplnnö, dtum 1716 in Deutschland als Esparsette einge 
führte krautige Futterpflanze. 

Das Wort 'HdvaaQov kommt nur bei Dioskorides (im 136. Kap. 
des 3. Buches) vor und bedeutet einen Strauch mit kleinen, denen 
der Kichererbse (Cicer arietinum L.) ähnlichen Blättern. Die 
Fruchte sind Hülsenfrüchte und besitzen die Gestalt von Hörnern 
(loßovg de xegarloig ioi^xoTag), Die Samen haben eine Feuer- 
farbe (nv^^ov) und die Grestalt eines Beils. Der letztere Um- 
stimd ist Ursache, warum die Salbenbereiter (^MvQexpbg) die 
Pflanze als Beilpflanze, nelexlvogy bezeichneten. Eine Pflanze 
dieses letzten Namens kennt auch Theophrast (VHL, 8, 3) und 
es geht aus ihrer Beschreibung hervor, dass es das 'HdvaaQov 
des Dioskorides ist. Die Römer übersetzten das Wort mit Secu- 
ridaca (Plin. bist. nat. XXVII, 35), beschrieben aber die Pflanze 
nicht weiter. 

Welche Pflanze Dioskorides als ^HdvaaQov^ Theophrast als 
mkeklwog verstanden hat, möchte schwer festzustellen sein. Auf 
jeden Fall ist es eine Art ähnlich dem Grriechischen Heu (Tri- 
gcmella Foenum graecum L.), vielleicht auch ähnlich dem Stein- 
klee (den Melilotus-Arten) und ebenfalls ein Sommergewächs, da 
es unter Gerste und Weizen wachsen soll. Die Samen genannter 
Pflanzen wurden und werden noch zu Salben verbraucht. ^HöioaQov 
soll aber wiederum nach Dioskorides ein Strauch sein, was dem 
widerspricht, dass die Pflanze unter Getreide wachsen soll. 

Hedysarum und Securidaca wurden als Pflanzennamen bereits 
von den Vätern der Botanik in der Wissenschaft eingeführt und 
zwar für eine grössere Anzahl von Schmetterlingsblüthlem mit 
Gliederhülseu, die aber mit den Hedysaron-Arten des Dioskorides 
gar nichts zu thun haben. Linn^ bediente sich wiederum des 
Wortes Securidaca für zwei amerikanische Pflanzen als Genus- 
Namen. 

Nicht weniger als sechs holzige Hedysareen kommen, wie 
gesagt, in Griechenland vor, waren aber sämmtUch den alten 
Griechen nicht bekannt. 

I. Ebenus Sibthorpii DC, als Ebenus pinnata in der Flora 
graeoa abgebildet, wurde an offenen sonnigen Stellen der griechi- 
schen Gebirge vielfach beobachtet und wächst ausserdem noch 
auf der Halbinsel Athos und auf der Insel Rhodus. Ueber den 



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232 

Namen Ebenus, den Linn^ ebenfalls ganz willkührlich auf zwei 
Schmetterlingsblüthler übertrug, habe ich bei der Familie der 
Ebenaceen mich ausgesprochen (S. 134). 

II. Alhagi Graecorum Boiss. (Hedysarum Alhagi der griechi- 
schen Flor, nicht L.) ist bis jetzt nur am Meeresufer von Attika 
und auf den Cycladen beobachtet worden. Der Name Alhagi ist 
arabischen Ursprunges und bedeutet die Pflanze, auf der die 
Manna der heiligen Schrift entstanden sein soll. Ob auch auf 
Alhagi Graecorum Manna entsteht, vermag ich nicht zu sagen. 
Durch den berühmten Reisenden Rauwolff aus Augsburg, der 
1573 bis 1576 den Orient bereiste und uns über die biblische 
Manna zuerst bestimmtere Nachrichten mittheilte, wurde das Wort 
Alhagi (Alhadsch eigentlich ausgesprochen) auch bei uns bekannt 
und bald darauf durch die Väter der Botanik zur Bezeichnung 
der Mutterpflanze der biblischen Manna in der botanischen Wissen- 
schaft eingeführt. 

in. Vier Kronenwicken, Coronilla L. Das Wort Coronilla 
wurde von Lobel zuerst in der Wissenschaft für eine bestiromte 
Kronen wicke eingeführt und dann von Rivin, der Professor der 
Botanik in Leipzig war und 1723 starb, noch auf einige ähnliche 
Pflanzen übertragen. Linn6 entlehnte das Wort in derselben Be- 
deutung. 

1. Coronilla emeroides Boiss. et Spr. ist die Coronilla Emerus 
der Flora graeca, aber nicht L. und ein in Griechenland sehr ver- 
breiteter Strauch. Der Name Emerus wurde zuerst von dem Ita- 
liener Caesalpin, einem der ausgezeichnetsten Väter der Botanik, 
einer ähnlichen Pflanze Coronüla Emerus L. gegeben. CoroniUa 
emeroides hat eine grosse Verbreitung nach Osten, während Coro- 
nilla Emerus hauptsächlich im Westen Europa's wächst, und 
kommt ausserdem in den wärmeren Ländern des südöstlichen 
Europa's und in Kleinasien bis nach Syrien und in dem Liba- 
non vor. 

2. Coronilla glauca L., ein sehr verzweigter Strauch, der 
neuerdings auf Felsen Böotieos und Attika's vielfach beobachtet 
wurde. Ausserhalb Griechenland wächst er noch im heutigen 
Rumelien und in den Mittelmeerländern. 

3. Coronilla globosa Lam., ein Halbstrauch, der besonders 
auf Kreta beobachtet wurde. 



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233 

4. Coronilla vaginalis Lam., ebenfalls nur Halbsta^uch. Für 
Griechenland ist er zweifelhaft, da er nur von Sibthorp im Pelo- 
ponnes angegeben, aber nicht wieder anfjgefunden wurde. Coro- 
nilla vaginalis Lam. wächst ausserdem in den Donauländem, in 
Dalmatien, in Italien, in Süddeutschland, in der Schweiz und im 
östlichen Frankreich. 

Sechste Gruppe. 

Sophoreen, Sophoreae. 

Sophera ist arabischen Ursprunges und bedeutet eine gelb- 
blühende Pflanze. 

In dieser Gruppe steht das Genus Cercis zweifelhaft, aber 
ebenso wenig ist es bei den Caesalpiniaceen, wohin es andere 
Botaniker bringen, an seiner Stelle. Ursache dieser zweifelhaften 
Stellung ist, dass die zu Cercis gehörigen Pflanzen Schmetter- 
lingsblüthen, aber auch einen gradstehenden Embryo, gleich den 
Cäsalpiniaceen, besitzen. 

Aus diesem Genus Cercis wächst eine Art sehr häufig in 
Griechenland, es ist dieses der Jjidasbaum Cercis Siliquastrum L. 
Der schöne vor den Blättern blühende Strauch hat, abweichend 
von aodem auf der nördlichen Hemisphäre wachsenden Schmetter- 
lingsblüthlem, nicht gefiederte, sondern rundliche Blätter und stellt in 
den Gärten einen sehr beliebten Blüthenstrauch dar. Aufliallend wäre 
es auf jeden Fall, dass er den alten Griechen nicht bekannt ge- 
wesen sein sollte, ich habe ihn aber mit keinem griechischen 
Pflanzeunamen identifizifen können, xiqxig ist, wie ich gleich 
zeigen werde, eine ganz andere Pflanze, wo seine eigentliche Hei- 
math ist, lässt sich nicht mehr sagen. Er wächst ausser in Grie- 
chenland, noch in Bulgarien, in Rumelien, bei Konstantinopel, in 
Kleinasien, auf der Insel Rhodus, in Syrien und endlich im nörd- 
lichen Persien. 

Was die Namen Cercis und Siliquastrum anbelangt, so kommt 
x€Qxlg nur einmal bei Theophrast (III., 14, 2) vor und wird so 
genau beschrieben, dass man den Baum, den er verstanden, sehr 
leicht herausfinden kann. Es ist nämlich xeQxlg eine interessante 
Pappel mit verschieden gestalteten Blättern, Populus euphratica 
Oliv., derselbe Baum, Garab im Alten Testamente genannt, unter 
dem die in die babylonische Gefangenschaft geführten Juden nach 



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284 

dem 137. Psalm getrauert haben sollen. Wenn Linn^ dagegen 
behauptet, dass unsere jetzige babylonische Weide dieses gewesen 
sei, so ist dieses ein Irrthum, denn diese wächst gar nicht in 
Mesopotanien und wurde wegen der zu grossen Wärme daselbst 
auch nicht wachsen können. Ich habe mich auch deshalb bei der 
Bearbeitung meiner Dendeologie gezwungen gesehen, den Linn^'- 
schen Namen Salix babylonica, um weitere Verwirrungen zu ver- 
meiden, ganz und gar zu verwerfen und dafür einen späteren, aber 
bereits vorhandenen, Salix pendula Mönch einzuführen. 

Den Namen Cercis hat Linn^, wie sehr oft willkürlich auf 
den Judasbaum übertragen, während Toumefort diesen Siliqua- 
strum nannte. Den letzteren Namen scheint der Judasbaum 
hauptsächlich bis in das 18. Jahrhundert auch aUgemein geführt 
zu haben. Er wurde durch Belon (Bellonius) in der Mitte des 
16. Jahrhunderts (1553) gegeben, hat aber wiederum gar nichts 
mit dem altrömischen Siliquastrum zu thun, da dieses Wort zur 
Zeit des Plinius einer so sehr gewurzhaften Pflanze gegeben wurde, 
dass man sie auch Piperitis nannte. 

Den Namen Judasbaum, Arbor Judae, hat das Gehölz, was 
eher einen Strauch, als einen Baum darstellt, ebenfalls zuerst von 
Belon erhalten; der Name wurde von allen Vätern der Botanik 
angenommen. Er soll diesen Namen erhalten haben, weil man 
glaubt, Judas habe sich an ihm erhängt 



Zweite Abtheihing. 

Pflanzen mit bodenständigen Staubgefässen,Hypogynae. 

Erste Familie. 
Lindenblüthler, Tiliaceae. 

Unter diesem Namen vereinigt man Gehölze und Kräuter, die 
zum grössten Theil wärmere Länder bewohnen. Nur die holzigen 
Linden -Arten des Genus Tilia kommen hauptsächlich in kaltem 
Ländern, besonders in Gebirgen vor. Das Wort Tilia kannten 
schon die Römer für die Linde und Linn^ führte es auch in der 
systematischen Botanik als Genus-Namen für die Linden ein. 

Li Griechenland wachsen zweierlei Linden: Tilia vulgaris 
Hayne und TiUa tomentosa Mnch. Die erstere hat De Candolle 



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285 

T. intermedia genannt, weil er sie ftr einen Blendling der gros»- 
und kleinblättrigen Linde (T. platyphyllos Scop. und olmifolia 
Scop.) hielt. Dass diese Linde, die noch jetzt mit Unrecht viele 
Botaniker für einen Blendling halten, eine sehr gute Art aber 
darstellt, beweist unter Anderem, dass sie mit der Silberlinde 
allein südwärts von der Donau im Osten Eluropa's vorkommt und 
selbst grosse Wälder bildet. Sie ist die q>ilvQa des Herodot, des 
Theophrast u. s. w. und wird von letzterem mit ihrem Baste ge- 
nau beschrieben. Dass der Bast im alten Griechenland schon viel 
gebraucht worden ist, ersieht man daraus, dass man unter g>ilvQa 
häufig auch nur den Bast verstand. Eine Eigenthümlichkeit der 
Linde erzählt Theophrast (I, 10, 1, und de caus. 11, 19, 1), die 
ihm von Landbewohnern mitgetheilt worden, und die nicht, ohne sie 
hier zu besprechen, übergaogen werden darf, dass nämlich mit dem 
Eintritt des Sonuner-Solstitiums die Blätter sich nach der andern 
Seite drehen. Es ist diese Mittheilung der alten Griechen so 
interessant, dass sie wohl werth ist, auch von uns untersucht zu 
werden, in wie weit sie sich bestätigt. 

Die Linde ist bekanntlich einer der schönsten Bäume, beson- 
ders als Einzelpflanze, wenn es sich um Schatten handelt Sie 
ist, wie ich oft schon an andern Stellen ausgesprochen, und nicht 
die Eiche, wie man fälschlich hier und da glaubt, der Baum der 
Deutschen. Unter Linden sprach die heilige Vehme in West- 
phalen ihre Yerdikte. Könnte sie nicht ebenso in den ältesten 
Zeiten Griechenlands ein Baum gewesen sein, den man in der 
Nähe der Wohnung anpflanzte und unter dem man Schatten 
suchte? Allerdings nicht von Homer selbst, wohl aber nach spä- 
teren Nachrichten, selbst auch durch Theophrast wiss^i wir, dass 
die Helden des trojanischen Krieges Bäume liebten und es für 
dae Pflicht hielten, dergleichen anzupflanzen. Dass die Platane 
zu Homer's Zeit noch nicht eingefährt war, und demnach auch 
in jeier Zeit noch nicht zum Anpflanzen als Einzelbaum benutzt 
werden konnte, wissen wir bereits. Könnte es nicht möglich sein, 
dass die Homerischen Griechen unter xXfi^Qti dem einen der 
Bäume, welche Kalypso vor ihrer Höhle angepflanzt hatte und 
welchen auch Pausanias zu den Bäumen der Haine und der 
Nymphäen rechnet, eine der beiden in Griechenlfmd wachsenden 
Linden verstanden hätten? Es kommt doch oft vor, dass^ im Yer- 



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236 

laufe von Jalirhunderten die Namen der Bäume gewechselt haben, 
besonders wenn eine Stadt den Ton angiebt und geistig über die 
übrigen Städte und Provinzen herrscht, wie es in Griechenland 
mit Athen der Fall war? Das griechische Wort g)ilvQa für Linde 
hat von den Griechen zuerst Herodot aufgeführt. 

Da aber in Griechenland zwei verschiedene Linden wachsen, 
so könnte die eine die Herodot'sche q>iXvQ(x^ d. h. Tilia vulgaris 
Hayne, sein und die Homer'sche xXr^&Qri wäre die Silberlinde 
(Tilia tomentosa Mnch., T. alba W. et K.). Wenn es nun richtig 
wäre, was Sprengel in seiner Geschichte der Pflanzen behauptet 
(p. 76), dass Theophrast in seiner Abhandlung de causis (nach 
ihm II, 26), die Blätter seiner dort erwähnten Linde weiss QipiXXa 
exlevxoteQo) sein lässt, so hätten die Griechen auch schon zwei 
Linden unterschieden. 

Wenn man die leider mangelhafte Beschreibung der xlij&^a 
bei Theophrast nachliest, so stimmt diese xXri&Qa ohne allen 
Zweifel weit mehr mit der Linde, als mit der Erle überein. In 
dieser Beschreibung hat xXij&Qa deutliche Blüthen, die nach dem 
Sommer-Solstitium (jUfi^a t,e<pvQOv III, 4, 2), also ohngefähr im 
Juli erscheinen, um diese Zeit blüht auch die Silberlinde bei 
uns. Femer besitzt der Stamm der xkrjd'Qa eine aufrechte Rich- 
tung und weiches Holz, auch weiches Mark, was beides die Erle 
nicht besitzt (III, 14, 3). 

Die Beschreibung der Blätter und der Rinde von xX'q&Qa 
passt dagegen mehr auf die Erle, zumal hierbei wiederum gesagt 
wird, dass im Widerspruch mit der obigen Angabe, die Grösse 
des Gehölzes der der Haselstande nachstehe. Aber welcher Art 
Corylus? Corylus Columa L. wird Baum und meine Corylus 
pontica erhält auch eine nicht geringe Höhe. 

Nach diesen einander widersprechenden Mittheilungen scheint 
es fast, als wenn Theophrast zweierlei Gehölze vor sich gehabt 
hätte. In diesem Falle wäre es wohl möglich, dass man unter 
letzterem die Erle verstehen könnte, während das erstere dagegen 
zumal es mit der xkrä^Qi] des Homer übereinstinunt, eine Linde 
darstellt. 

Auguste Guillaume Bosc, einer der Freiheitshelden dw 
grossen französischen Revolution, und der Landwirthschaft, vor 
Allem dem botanischen Theile derselben, sehr ergeben, schliess- 



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237 

lieh als Professor der Pflanzenkultaren am Museum d'histolre 
Baturelle in Paris angestellt, hat eine Linde unter dem Namen 
Tilia Corinthiaca beschrieben (nouv. cours d'hist. d'agric. XIII, 
139), die er aus Korinth erhalten haben will. Wegen der schönen 
rothen Farbe der jüngeren Aeste gab ihr De Candolle den Namen 
Tilia rubra. Nach dem ersteren Namen müsste sie ebenfalls in 
Griechenland wachsen. Da sie aber den griechischen Botanikern, 
so wie Boissier, dem Verfasser einer Flora des Orients, nicht be- 
kannt zu sein scheint, und gar nicht mit Bestimmtheit ihre Ab- 
kunft aus Korinth angenommen werden kann, so lässt sich auch 
gar nichts weiter über sie sagen. 

Zweite Familie. 

Sapindaceen, Sapindaceae. 

Unter diesem Namen vereinigt man jetzt mehrere kleinere 
Familien, wie die Ahomgehölze (Aceraceae), die Rosskastanien 
(Hippocastanaceae) u. s. w. zu einer einzigen grossen Familie. 
Das Wort Sapindus (d. i. quasi sapo indus) wurde zuerst von 
dem Pariser Botaniker und Lehrer Linn^'s, von Tournefort, einer 
Pflanze, dem späteren Sapindus Saponaria L , gegeben, weil die 
Fruchtschale in ihrem Vaterlande Westindien allgemein als Seife 
gebraucht wurde und noch gebraucht wird. 

Erste Unterfamilie. 

Ahorngehölze, Acereae. 

Als Acer bezeichneten schon die alten Lateiner die verschie- 
denen in Italien wildwachsenden Ahombäume, aber auch die 
Väter der Botanik vom 15. Jahrhundert an benutzten das Wort 
für die damals bekannten Arten dieses grossen Geschlechtes. 
Linn^ hat endlich das Verdienst das Wort in derselben Bedeu- 
tung auch in der neueren Systematik eingeführt zu haben. 

Griechenland ist reich an Ahorn-Gehölzen, nicht weniger als 
8 Arten hat man bis jetzt daselbst aufgefunden, die alten Grie- 
chen unterschieden nach Theophrast aber nur zwei Arten: eine 
hohe und baumartige in der Ebene und eine niedrige strauch- 
artige im Gebirge. Die erstere nannten sie 2cp€vöafivog^ die 
letztere ^vyla. Beide Namen werden aber auch bisweilen mit 



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288 

einander yerweohselt oder 2<pivda^vog wird auch f&r die andern 
Arten benutzt^ es ist ein Eollektiv-Name. Eine dritte Art wachs 
in der N&he von Stageira in Makedonien und hatte den Namen 
xkivotQoxog. Da dieser Name aber von Theophrast nur einmal 
und ausserdem von keinem anderen Schriftsteller genannt und 
nichts weiter über das Gehölz gesagt wird, so lässt sich auch gar 
nicht ermitteln, welchen Ahorn Theophrast unter xXivotqoxoq 
verstanden hat. 

2q>€vda^vog ist kein alt -griechisches Wort. Es wird nur 
von Theophrast gebraucht. Das Beiwort aq>evöa^vtvog kommt 
jedoch in den Achamem des Aristophanes schon vor und war dem- 
nach ein Jahrhundert £rüher bekannt. Auffallend ist, dass so schöne 
Gehölze, die bei uns vielfach angepflanzt und vor Allem auch zu 
Alleen benutzt werden, in Griechenland, wo sie in einer noch 
grösseren Anzahl von Arten wachsen, von älteren griechischen 
Schriftstellern bis auf Homer hinauf gar nicht genannt wurden. 
Die Wahrscheinlichkeit liegt demnach vor, dass der Ahorn jErüher 
einen andern Namen hatte, den die Erklärer der griechischen 
Gehölze aaf eine andere Art übertrugen. Bei der früher bespro- 
chenen Unsicherheit, was man unter xlijS-ga zu verstehen hat, 
könnte es wohl möglich sein, dass man zu Homer's Zeit einen 
baumartigen Ahorn unter diesem Namen verstanden hat Es 
möchte diese Annahme noch wahrscheinlicher sein, als dass es 
eine Linde gewesen, was ich früher ausgesprochen. Dass Homer 
den in 8 Arten in Griechenland vertretenen Ahorn gar nicht ge- 
kannt haben sollte, ist nicht denkbar. 

Neben und zugleich mit 2(pevdafivog gebraucht Theophrast 
zur Bezeichnung des Ahorn ein einziges Mal das Wort* O^vdxavd'a 
(HI, 3, 1). 

Das Wort hat den Erklärern der griechischen Gehölze viel 
Gelegenheit gegeben, sich darüber auf eine Weise auszusprechen, 
als wenn man ein ganz anderes Gehölz darunter zu verstehen 
hätte. Nach dieser Stelle wenigstens unterliegt es keinem Zweifel, 
dass er einen Ahorn darunter verstanden hat Aus den übrigen 
wenigen Stellen, wo das Wort bei Theophrast ausserdem vorkommt, 
läsftt sich nichts folgern. Veranlassung zu Erklärungsversuchen gab 
seine Zusammensetzung. Damach heisst * O^vaxav&og spitzer Dom. 
Man verlangte, ohne weiter auf die Mittbeilcmgen Theophrast's Rück- 



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289 

sieht zu nehmen, dass man unter ^O^vdxav&a nur ein domiges 
Gehölz zu verstehen habe. Nach Fraas bedeutet das Wort den 
Weissdom (Crataefi^ Oxyacantha L.), nach Fraas den Sauerdom 
(Berberis vulgaris), wiederum nach Sprengel und Wimmer den 
Feuerdom (Cotoneaster Pyracantha [Mespilus] L.). 

Nach zwei Stellen, wo ^O^vdxav^og bei Theophrast vor- 
kommt, scheint es, als wenn Theophrast selbst mit demselben 
nicht recht klar gewesen wäre. An der einen Stelle (I, 9, 3) 
giebt er, widersprechend den übrigen Mittheilungen, an, dass 
O^vdxav&og zu den immergrünen Gehölzen gehöre. An der zwei- 
ten Stelle (VI, 8, 3) begreift man hingegen nicht, dass das Wort 
^O^vdxav&nt; mit Lilienpflanzen (Crocus, Iris, Lilium u. s. w.) 
genannt wird, als wenn es selbst eine Lilienpflanze bedeute. 

Nach Theophrast wird das Wort ^O^vdxav^a wiederum von 
Dioskorides und den Geoponen gebraucht. Hier unterliegt es 
keinem Zweifel, dass unser Weissdom, Mespilus Oxyacantha 
(Crataegus) li. darunter zu verstehen ist, der auch oder doch sehr 
ähnhche Arten in Griechenland wild wachsen. Nach Dioskorides 
heisst er auch nvgdxay&a. Es könnte deshalb wohl auch Coto- 
neaster Pyracantha (Mespilus) L. darunter zu verstehen sein, wenn 
dieser Strauch nicht vereinzelt, und zwar im Norden Griechen- 
lands wüchse, ausserdem aber nicht, lieber ihn ist übrigens schon 
früher (S. 191) gesprochen worden. 

Der hohe Ahorn der Ebene (aiphdafivog) hatte auch den 
Namen yXelvogy ein Wort, was sich wiederum bei Theophrast 
allein vorfindet und weder den früheren noch den späteren Grie- 
chen bekannt war. Nach den Wörterbüchern, aber auch nach 
Wimmer soll man aber unter yleivog den Gebirgs-Ahom verstehen, 
eine Behauptung, welche der Angabe des Theophrast gradezu 
widerspricht (vergl. III, 3, 1 und IH, 11, 2). 

Was das Wort ^v/ior, die Bezeichnung für die strauchigen 
Gebirgs-Ahom -Arten anbelangt, so wird auch dieses nur von 
Theophrast gebraucht. Wenn griechische Wörterbücher die Hain- 
buche (Carpinus) oder den Rüster darunter verstanden haben 
wollen, so thun sie Unrecht. 

Theophrast beschreibt die beiden Ahome aq>hdafivog und 
^vyiOj die man besser für Ahomgruppen halten möchte, sehr ge- 
nau. Abgesehen davon, dass der eine Baum, der andere Strauch 



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240 

ist und der eine in der Ebene, der andere im Gebirge wächst, 
unterscheiden sich beide noch sehr durch das Holz: aq)€vdafivog 
hat weisses und gradfaseriges mehr weiches Holz, während es bei 
^vyla krausfaserig und gelb erscheint. 

Nach dieser £intheilung des Theophrast würden gehören: 
I. Zu 2q>€vda^vog^ also zu den baumartigen: 

1. Acer Pseudoplatanus L., unser stumpf blättriger Ahorn. 

2. Acer platanoides L., unser spitzblättriger Ahorn. 

3. Acer Heldreichii Orph., eine Griechenland eigenthüm- 
liche Art. 

n. Zu Zvyia^ also zu den strauchartigen oder nur niedrigen 
Bäumen : 

4. Acer tataricum L., bis jetzt aber nur auf dem Hämus 
im äussersten Norden und in Thrazien beobachtet. 

5. Acer campestre L., ebenfalls nur an dem nordischen 
Olymp. 

6. Acer Monspessulanum L., bis jetzt ebenfalls nur am 
Olymp beobachtet. 

7. Acer Amaliae Orph , ebenfalls eine Griechenland eigen- 
thümliche Art. 

8. Acer italum Lauth (A. opulifolium Vill. A. Opalus 
Ait.) auf den Inseln Chios und Naxos. 

Abweichend von den Angaben des Theophrast, dass Ahorne, 
und zwar die baumartigen, in der Ebene, wo es stets sehr warm 
ist, vorkommen, wachsen, mit Ausnahme des aach mehr Wärme 
verlaugenden Acer italum, alle Ahorne jetzt nur im Gebirge, be- 
sonders im Norden, doch aber auch im Peloponnes. 

Zweite Unterfamilie. 

Rosskastanien, Hippocastaneae. 
Nur Hawkins fand unsere gewöhnliche Rosskastanie (Aesculus 
Hippocastanum L.) im Norden Griechenlands am Pindus und am 
Pelion. 

Dritte Familie. 

Meliaceen, Meliaceae. 

üeber fteXla der Griechen habe ich bereits (S. 130 ft) Mittheilun- 
gen gemacht und auch meine Zweifel ausgesprochen, dass die Griechen, 



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241 

vor Allem Theophrast, die Esche darunter verstanden haben. 
Ohne irgend einen Grund dazu zu haben, bediente sich Linn^ 
des Wortes, um einige Blüthensträucher des Orientes, wo sie 
noch beliebt sind und gern angepflanzt werden, zu bezeichnen. 
Nach Boissier liebt man Melia Azedarach als Schmuckstrauch 
auch heut' zu Tage noch, besonders an Spazierwegen, vor Allem 
bei Athen. 

Vierte Familie. 

Coriariaceen, Coriariaceae. 

Von dieser kleinen Familie lässt Bory, der Chef der franzö- 
sischen Expedition nach Morea, Coriaria myrtifolia L. im Pelo- 
ponnes in feuchten Hecken wachsen. Niemand aber seitdem wie- 
der. Der Strauch wird jetzt aber auch in Frankreich angebaut, 
um die Blätter unter dem Namen Sumac de redou (oder redoul) 
als eine geringere Sorte des Sumach's oder Schmack's zum Ger- 
ben zu benutzen. 

Fünfte Familie. 

Drüsenträger, Rutaceae. 

Unter diesem Namen hat man neuerdings mehrere kleinere 
Familien, wie die Orangenbäume, die Diosmeen u. s. w. zu einer 
einzigen vereinigt, die alle, trotz der Verschiedenheit ihrer Blüthen 
das Gemeinschaftliche haben, dass stark riechende Drusen in die 
Substanz aller grünen Theile eingesenkt sind, sö dass bei vielen 
die Blätter durchsichtig-pirnktirt erscheinen. Das Wort Ruta ist 
wahrscheinlich lateinischen Ursprungs und wird als QVTrj zuerst 
von Nikander erwähnt. Bei den Römern spielte die Herba Ruta 
eine grosse Rolle und bedeutete schon in den ältesten Zeiten 
unsere Raute (Ruta graveolens). 

Erste ünterfamilie« 

Orangenbäume, Aurantieae. 
Die Namen Orange und Aurantium sind keineswegs, weil sie 
eine goldgelbe Farbe besitzen, wie man oft meint, aus Aurura 
gebildet, sondern das Wort für die Orange heisst in der San- 
skritsprache Nagaianga und ist von da als Narang in das Ära- 



Koch. 16 



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242 

bische übergegangen. Für die Limone (im gewöhnlichen Leben 
bei uns meist Citrone genannt) hat die Sanskritsprache ein eige- 
nes Wort Vijapnra, was aber sich nicht weiter nach Westen ver- 
breitet hat. Die Araber nennen die Limone aber Limun, ein 
Wort, was ebenfalls aus dem Sanskrit entlehnt sein soll. Die 
Apfelsinen, d. h. die essbaren Orangen, heissen endlich jetzt in 
Griechenland und auch im Oriente Portogallo, ein Wort, was 
den Weg bezeichnet, den die Apfelsinen bei ihrer Verbreitung 
genommen haben, um zu uns zu kommen. Sie wurden nämlich 
zuerst in Europa bekannt und zu ups gebracht, als Vasco de 
Gama den Seeweg um Afrika nach Ostindien entdeckte. Dieser 
berühmte Seefahrer ist auch der erste gewesen, der der Apfel- 
sine in seiner Reisebeschreibung gedenkt, Johann de Castro hin- 
gegen der erste, der im Jahre 1520 die Apfelsine nach Portugal 
selbst verpflanzte. Der Baum soll noch im Garten von Cintra 
existiren. Die süssen Orangen oder Apfelsinen waren den alten 
Griechen, aber auch den Römern, völlig unbekannt, und kommen, 
wie der Name sagt, anfangs aus China, wo schon seit sehr langer 
Zeit eine grosse Menge von Formen kultivirt werden. 

Die erste Citrus- Art, welche den Griechen bekannt wurde, 
war eine bittere Orange, jetzt Citrus Aurantium fructu amaro ge- 
nannt. Als Alexander der Grosse seinen merkwürdigen Zug nach 
Ostindien machte, hatte er Gelegenheit jenseits des Indus die 
bittere Orange kennen zu lernen. Die süsse wurde damals in 
Ostindien, wie es scheint, noch nicht kultivirt, denn sonst würde 
Alexander diese nach Griechenland geschickt haben, und nicht 
die bittere. Das Sanskritische Nagaranga scheint ebenfalls nur 
die bittere Orange gewesen zu sein. Als sicher ist wohl anzu- 
nehmen, dass damals überhaupt nur zwei Citrus-Artcn existirt 
haben: die bittere Orange und die Limone. Die grossen Mengen 
von Formen der Arten von Citrus existirten noch gaamicht, son- 
dern entstanden in den letzten Jahrhunderten, besonders in 
Italien in einer langen Kultur durch Blendungen unter einander, 
vielleicht durch Bodenverhältnisse imd Klima, zum Theil wurden 
sie wohl auch aus China später eingeführt. 

Nach meiner Ansicht hat Theophrast die bittern Orangen, 
welche zur Zeit Alexanders des Grossen nach Athen kamen, wirk- 
lich gekannt, und konnte sie auch demnach richtig beschreiben. 



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243 

Seine Beschreibung passt noch jetzt auf die bittere Orange. Dar- 
nach hat sie (IV, 4, 2) Blätter von der Grösse und Gestalt derer 
der Andrachle (Andrachne Unedo L., s. S. 137) mid spitze Domen 
wie der wilde Birnbaum (aniog) und die Oxyacantha. Der Apfel 
wird nicht gegessen, riecht aber schön, eben so wie die Blätter. 
Zwischen Kleider gelegt, schützt der Apfel diese gegen Motten. 
Wenn Jemand ihn mit Wein nimmt, wird Gift aus dem ünter- 
leibe ausgeschieden. Wenn man ihn in Fleischbrühe kocht und 
den Saft in den Mund nimmt, verbessert er den Athem» Dann 
folgt eine Beschreibung der Kultur des Modischen Apfels, wie sie 
fast heut' zu Tage noch angewendet wird. Der Baum wurde schon 
damals (in Indien) in Körben kultivirt. Femer wird schliesslich 
noch erzählt, dass der Modische Apfel zu gleicher Zeit Blüthen, 
so wie unreife und reife Früchte trage. 

Wie man aus diesen Worten folgern will, dass der Modische 
oder Persische Apfel des Theophrast die heutige Pampelmus oder 
Cedrat-Oraoge (Citrus medica Riss.) sei, begreife ich nicht. Man 
könnte im Gegentheil dieser Abart mit ihrer unregelmässigen Ge- 
stalt imd mit der dicken Rinde gleich ansehen, dass sie ein Kunst- 
produkt darstellt. Es wurde aber einmal von den italienischen 
Monographen des Genus Citrus, Ferraro und Risse, aus welchen 
Gründen weiss ich nicht, diese Behauptung ausgesprochen und 
Niemand hat sich später die Mühe gegeben, die Stelle im Theo- 
phrast selbst nachzulesen und selbst Yergleichungen anzustellen. 

Es unterliegt keinem Zweifel, dass die Römer eine Citrus- 
Art, und zwar wie gesagt, die bittere Orange viel früher kulti- 
virten, als die Griechen; ein Griechenreich im Innern Asiens 
wurde nach dem anderen römische Provinz und gab damit auch 
seine Produkte, auch die besseren Pflanzen an die Hauptstadt des 
Römischen Reiches ab. Der Baum mit seiner Frucht wird von 
Virgil unter dem Namen des Modischen Apfels ziemlich genau 
beschrieben (Georg. II, 126). Da man dem Orangenbaum da- 
mals noch nicht, wie heut' zu Tage, durch Verschneiden eine 
kugelige Krone gab, so mag er mehr in die Höhe gegangen sein, 
dass er aber das Beiwort „ingens**, was ihm Virgil gab, verdient 
hätte, möchte ich doch bezweifeln. Nach Virgil ist der Ge- 
schmack schlecht und nachhaltig (tristis et tardus). 

Den lateinischen Namen Citrus für die damals in Rom nur 

16* 



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244 

bekannte bittere Orange gab Plinius, er wurde nach Schluss des 
Mittelalters auch von den Vätern der Botanik angenommen und 
schliesslich durch Linne in der heutigen systematischen Botanik 
eingeführt Plinius war es aber auch, der grosse Verwirrung in 
das, was man unter seinem Citrus zu verstehen habe, brachte, 
indem er zwei himmelweit verschiedene Pflanzen unter diesem 
Namen, den er aus dem griechischen xeÖQog lateinisirt hatte, ver- 
einigte. Als ächter Stubengelehrter bekümmerte sich Plinius gar 
nicht um die bereits in Rom kultivirten bittem Orangen, er kannte 
nur, was vor ihm über beide Bäume gesagt war. Er hatte ge- 
lesen, dass die Wirkung der Orangen gegen Insekten gerade so 
wie bei der xiÖQog der alten Griechen sich verhalte, und glaubte, 
zumal auch die beiden xEÖgog -Arien der alten Griechen gar 
nicht in Italien wachsen, dass diese und die Orangen eine und 
dieselbe Pflanze sein müssten. Die Verwirrung wurde um so 
grösser, als er ausserdem noch die später bekannte nordafrikani- 
sche xsÖQog^ das &vov (Thuja articulata L., jetzt Oallitris qua- 
drivalvis Vent.) ebenfalls damit verwechselte und den Baum 
dieses theuren Holzes citi-us nannte. 

Dagegen kannte Dioskorides, der um dieselbe Zeit (gegen die 
Mitte des 1. Jahrhunderts n. Ohr.), wie Plinius schrieb, die me- 
dischen Aepfel Mrjöixa und beschreibt ihre Eigenschaften wie 
Theophrast, als wenn er diesem die Worte entlehnt hätte. Nur 
nennt er sie länglich (iminrjX6g\ was jedoch nur auf einem Irr- 
thum beruhen kann. Nach Dioskorides heissen die medischen 
Aepfel zu seiner Zeit auch persische, doch haben diese Namen 
auch andere Früchte, wahrscheinlich Pfirsiche und Aprikosen. 
Endlich gebrauchte man zu seiner Zeit für sie den Namen xeö^o- 
fiTjlov^ also Cedem-Apfel (I. Buch, 166. Cap.). 

Orangen und Limonen werden heut' zu Tage in Griechenland 
allenthalben, wo die nöthige Wärme vorhanden ist, sehr viel kultivirt 
und scheinen daselbst weit besser zu gedeihen, wie in Ober- und 
Mittel-Italien, wohl ebenso wie in der Umgegend von Neapel und 
auf Sicilien. Vor einigen Jahren stellte Professor Orphanides aus 
Athen in Petersburg während des gärtnerisch-botanischen Kon- 
gresses eine Sammlung der verschiedensten Orangen- und Limonen- 
Früchte aus, die an durch gute Kultur und Klima bedingter Schön- 
heit nichts zu wünschen übrig liess, so dass sie auch den ersten 



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24 5 

Preis davon trug. Dieses widerspricht der Angabe Victor Hehn's, 
wenn er sagt: In Griechenland wird die Agrumi- (Orangen- und 
Limonen-) Kultur weder in nennenswerthem Umfange betrieben, 
noch sind die gewonnenen Südfrüchte von sonderlicher Güte. 

Zweite ünterfamilie. 

Raatenblüthler, Ruteae. 

Hierher gehören eine grosse Menge von meist starken und 
kräftigen Krautern mit sehr entwickelter holziger oder fleischiger 
Wurzel, so dass man sie auch als sogenannte Halbsträucher (Suf- 
frutices) betrachten könnte und auch in der That betrachtet. Von 
diesen wachsen auch einige in Griechenland, waren aber den alten 
Griechen nicht besonders bekannt. Zu dieseo gehört vor allem 
der weisse Diptam (Dictamnus albus L.), so genannt nicht wegen 
der weissen ßlüthen, die nur eine Abart besitzt, während diese 
ausserdem eine fleischrothe Farbe haben, sondern wegen der dicken, 
fleischigen, mehligen imd gewürzhaften Rindenschicht der Wurzel 
von weisser Farbe. 

Die Frage, wie kommt die in Deutschland, besonders im 
mittleren und südlichen und ausserdem im südlichen und mittleren 
Europa wachsende Eschen würz (Fraxinella von den Vätern der 
Botanik genannt) zu dem Namen Dictamnus albus, da, wie ich 
früher auseinander gesetzt habe, die Griechen unter dlxTafivog^ 
die Lateiner unter Dictamnus, sehr wirksame Pflanzen besonders 
gegen Schlau genbiss und andere Vergiftungen verstanden, ist 
schwierig zu beantworten. In Italien nennt man jetzt nicht Ori- 
ganum -Arten, zu deneo der griechische Dictamnus gehört, Dit- 
tamno, sondern imsere heutige Eschenwurz. Der griechische 
Dictamnus wächst gar nicht in Italien, konnte demnach den römi- 
schen Schriftstellern auch nicht bekannt sein; was sie, besonders 
Plinius, über ihn sagen, haben sie erst den Griechen entlehnt. 
Und doch sollte man meinen, dass man römischer Seits annahm, 
der griechische Dictamnus wachse in Italien. Sollte demnach 
schon in der alten Römerzeit eine Verwechslung mit der in Italien 
wachsenden Eschenwurz stattgefunden und man wegen ziemlich 
gleicher Arzneikräfte, derentwegen die Wurzel noch heut' zu Tage 
in den Apotheken geführt wird, den Namen auf die andere Pflanze 
übertragen haben? Die Römer haben keinen Botaniker, wie die 



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246 

Griechen den Theophrast, gehabt, der hierüber hätte Auskunft 
geben können. Bedenkt man ferner, dass es ein Italiener ist, 
Caesalpin, der gleich nach dem Mittelalter sich für die Eschen- 
wurz des Wortes Dictamum album bedient, so könnte man schliess- 
lich wohl der Ansicht werden, dass schon die alten Römer unter 
Dictanmus der Griechen, besonders des Theophrast und Dioskori- 
des nicht diesen, sondern eine andere, uHd zwar genannte Pflanze 
verstanden. 

Ausser der Eschenwurz wachsen aber auch noch einige andere 
EÄUtenblüthler jetzt in Griechenland und mögen auch früher in 
Griechenland vorgekommen sein, wurden aber als zu unbedeutend 
und zu wenig in die Augen fallend nicht weiter beachtet und 
imterschieden. Diese jetzt in Griechenland wachsenden Arten sind: 

1. Rutq^ graveolens L., unsere gewöhnliche Raute. 

2. Ruta sylvestris Mill. (montana Clus.). 

3. Ruta Chalepensis L. 

4. Haplophylium coronatum Gris. 

Seoliste Familie. 
Weinblüthler, Ampelideae (Viniferae). 

Das Wort afXTielog ist ein. uraltes griechisches Wort, unter 
dem man den Weinstock verstand, und gehört zu den wenigen 
griechischen Pflanzennamen, von denen Linn^ in seiner Nomen- 
klatur keinen Gebrauch gemacht hat; zur Bezeichnung des Wön- 
stockes bediente sich Linn^ des lateinischen Wortes Vitis und 
nannte die Art als solche Vitis vinifera. 

Nähere Mittheilungen über den Weinstock und über den aas 
den Trauben bereiteten Wein zu machen, möchte überflüssig sein. 
Es ist auch so viel über den Ursprung und das Vaterland des 
Weinstockes, schon von den Alten selbst, geschrieben worden, 
dass man meinen sollte, es wäre gar nicht mehr nothwendig^ nodbi 
etwas weiter zu sagen. Neuerdings hat Victor Hehn erst wiederum 
in der neuen Auflage seines oft genannten Buches über den Sagen- 
kreis des Weinstockes und des Weines bei Griechen und Lat^nem 
iii seiner bekannten poetischen Weise für den, der sich dafür inter- 
essirt, ausführlich berichtet. 

Da ich aber auf einem andern, ich möchte sagen, praktischen 



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847 

Standpunkte stehe und an der Stelle der Sagen und Bilder, mit 
nackten Thatsachen mich befasse, so möchte es doch gut sein, 
wenn ich umsomehr meine Ansichten über das Vaterland des 
Weinstockes ausspreche, als ich wohl mehr als Andere dazu be- 
rechtigt bin. Ich habe mich in meiner Jugend schon vier Jahre 
lang den grossen Beschwerden und Gefahren zweier Reisen nach 
dem Kaukasus, nach Kleinasien, Armenien, einem Theil Kurdi- 
stans und Persiens bis an die südwestlichen Länder des Kaspischen 
Meeres unterworfen, nur um das Vaterland unserer Obstgehölze, 
so wie ihre Art und Weise des Vorkommens, also auch das des 
Weinstockes, kennen zu lernen. Ich habe zwar alsbald nach meiner 
Rückkehr über die Resultate meiner Reise berichtet, meine wissen- 
schaftlichen Untersuchungen haben aber erst vor wenigen Jahren 
in einem besonderen Werke „Geschichte und Naturgeschichte 
unserer Obstgehölze" ihren Abschluss gefunden. 

In England vor Allem, dem Lande alles Praktischen, hat 
mein Werk grosse Anerkennung gefunden, man betrachtet es fort- 
während als Autorität. Dagegen haben leider Philologen in 
Deutschland, welche darüber geschrieben, nicht die geringste 
Notiz davon genommen, so dass man sich nicht wundern darf, 
wenn nicht wenige selbst sehr grobe Irrungen und Unrichtigkeiten, 
wie sie zum Theil, so bei Besprechung des Kernobstes schon dar- 
gelegt sind, bei ihnen vorkommen und einer Berichtigung be- 
dürfen. 

Der Weinstock war, soweit die Geschichte des Menschen 
hinaufreicht, wie imser Getreide, bereits in Kultur, nirgends ist 
die Spur ihres Anfangs. Wenn ich während meiner Reise einige 
Mal an Alex. v. Humboldt berichtet hatte, dass ich Weinstock 
und Roggen wild gefunden, und Alex. v. Humboldt in seinen 
Ansichten der Natur meine Ansicht zur weiteren Kenntniss ge- 
bracht hatte, so belehrten mich doch spätere und strengere Unter- 
suchungen, dass es doch nicht der Fall, sondern nur eine Ver- 
wilderung in den genannten Gegenden vorhanden gewesen. 

Die Weinrebe wächst noch jetzt mitten in den dichtesten 
Wäldern des alten Kolchis, eines uralten Kulturlands, in grösster 
Freiheit und schlingt sich bis in die höchsten Gipfel, besonders 
von Rothbuchen, oft mit Trauben dicht beladen. Oder sie nimmt 



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248 

im Lande der Lazen, eines kolchischen Stammes, an Gebirgs- 
bächen Hecken bildend und die Beeren fast ohne Fleisch, grosse 
Strecken ein. Untersucht man aber im ersteren Falle näher, so 
findet man in den Wäldern den Weinstock keineswegs am Stütz- 
baume, sondern oft ziemlich entfernt von ihm und von sehr be- 
deutender Stammstärke. Zeichnet man sich die Stellen, wo sie 
stehen, in Form eines Grundrisses ein, so erhält man eine Quin- 
cunx, also eine Figur, die bei der Bepflanzung mit Weinreben 
bei den Alten behebt war. 

Die Eingebomen gehen zur Zeit der Beerenreife in den Wald 
und schneiden sich so viele Trauben ab, als sie Wein für ihre 
Familie bedürfen. Um den Wein zu keltern, machen sie in der 
dortigen leicht zu bearbeitenden Molasse Löcher in der Gestalt 
einer etrurischen Vase (Kuptschinen genannt) und lassen den 
durch Treten erhaltenen Beerensaft in diese einlaufen. Hierauf 
wird die Oefhung des Gefässes mit einer meist schweren Schiefer- 
tafel zugedeckt. So oft sich hinlänglich Kohlensäure gebildet, 
wird von dieser der Stein gehoben, und sie entflieht. Geschieht 
dieses nicht mehr, so wird Erde auf die Schiefertafel geschüttet 
und bleibt solange darauf hegen, bis der Wein trinkbar ist. Es 
ist dieses in der Regel schon gegen Weihnachten der Fall. Wie 
man ausgeschöpft und in die aus Thierhäuten angefertigten 
Schläuche übergefüllt hat, wird die OefEnung wieder mit Erde be- 
deckt. Es wiederholt sich, bis die Kuptschine leer ist. So bereitete 
man, als ich im Jahre 1836 mich im alten Kolchis zum ersten Male 
befand, den Wein und so mag man ihn schon zur Zeit der Zau- 
berin Medea auf gleiche Weise angefertigt haben. 

Siebente Familie. 
Hartheupflanzen, Hypericaceae. 

Von dieser hauptsächhch aus^ Kräutern und weniger aus 
Halbsträuchem bestehenden Familie kommen von den letztern 
nur vier Arten in Griechenland vor. Wie diese wahrscheinlich 
auch im alten Griechenland wuchsen, aber nicht weiter beachtet 
wurden, so ist es auch jetzt der Fall. Ich werde die Familie daher 
nur kurz behandeln. Das Wort Hypericon ist späteren Ursprungs 
und wurde zuerst in der Mitte des zweiten Jahrhundertes von 



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249 

Nikander für eine der Haide ähnliche Pflanze (^Yjt-iQeixov) ge- 
braucht. 200 Jahre später bedeutet es bei Dioskorides eine offizineile 
Pflanze, wird aber vnsQixov gesichrieben. Es ist eine von drei 
einander ähnhchen Pflanzen, welche das Gemeinschaftliche haben, 
dass sie zwischen den Fingern gerieben einen blutrothen Saft 
geben. Alle drei Pflanzen werden deshalb auch avdQoaai/Lior ge- 
nannt, eine von ihnen mit kleinen gelben Blüthen aaxvQov, Das 
eigentliche vnsQixov hat weisse Blüthen und behaarte Früchte, 
in denen sich schwarze und starkriechende Samen befinden. 

Wollte man diese drei Pflanzen mit Hypericum- Arten, welche 
heut zu Tage im Oriente vorkommen, identificiren, so könnte man, 
in so fern man von einigen nicht ganz zutreffenden Angaben ab- 
sieht, imter avÖQoaai^ov das nach Bock riechende H. hircinum L, 
unter aaxvQov Hypericum Androsaemum L. und unter vneQixov 
endlich Hypericum calycinum L. verstehen. Auf die letzte Pflanze 
passt die Beschreibung des Dioskorides, da sie weisse Blüthen 
und behaarte Früchte haben soll, am wenigsten. Die beiden 
Namen avdqoaaifxov und aoxvQov kommen nur bei Dioskori- 
des vor. 

Von den drei hier genannten Arten wächst nur H, hircinum 
L. in Griechenland, ausserdem sind aber noch von halbstrauchi- 
gen Hypericum-Arten H. empetrifolium Willd. und eine zweite 
bisher unbekannte Art H. fragile Heldr. gefunden worden. Man 
könnte wegen seines haideähnlichen Ansehens geneigt sein, H. 
empetrifolium Willd. für das ächte vtibqixov des Nikander zu 
halten. 

Linne hat das Wort Hypericum in der wissenschaftlichen 
Botanik zur Bezeichnimg eines Genus eingeführt und damit ist 
ist es auch als der Typus einer besonderen Familie betrachtet 
werden. 

Achte Familie. 

Malvenblüthler, Malvaceae. 

So reichlich auch krautartige Malvenblüthler in Griechenland 
wachsen, so sind es doch nur zwei Arten, welche man holzig 
nennen kann. Ich werde demnach mich auch kurz fassen. Das 
Wort Malva, was als Typus der ganzen Familie betrachtet wor- 



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den ist, bedeutete bei den alten Römern ein gelind abführendes 
Arzneimittel, aber auch die Pflanze, von der es stammte. Welche 
Malvacee dieses gewesen ist, lasst sich wohl kaum bestimmen. 
Es ist aus dem Griechischen entlehnt und die Latinisirung aus 
fiakaxr] entstanden. Das Wort wurde schon von Hesiod ge- 
braucht und zwar für eine Pflanze, die als Gemüse gegessen 
wurde und dem Volke eine wohlfeile Nahrung lieferte, aber auch 
baumartig wachsen konnte. Es ist dieses besonders bei der fia- 
kdxrj der Fall, welche Theophrast beschreibt und auf Lavatera 
arborea L. und unguiculata Desf. hinweist. Makdxrj ist aus fia- 
kaxog d. i. weich entstanden und zeigt die schleimigen Eigen- 
schaften der Pflanze, welche sie besonders zu Gemüse (^kaxavov) 
geeignet machen, an. Auch die i^alaxt] des Dioskorides ist eine 
Malvacee, ob grade eine Malva, lässt sich nicht sagen. Sie wurde zu 
seiner Zeit in Gärten angebaut (ßccldj^^rj xrjnem^) und war eine ge- 
achtete Pflanze, die darauf bezügliche hochtönende Namen hatte. 
Linnö hat die lateinische Uebersetzung des griechischen fia- 
i.dxT]y Malva, in der botanischen Wissenschaft zur Bezeichnung 
eines besonderen Genus eingeführt. Es ist später auch als Typus 
der ganzen Familie benutzt worden. 

Neunte Familie. 
Tamarisken, Tamaricaceae. 

Die Tamarisken haben in den wärmern Ländern der nörd- 
lichen gemässigten Zone, in der Alten Welt eine sehr grosse Ver- 
breitung und insofern die Aufmerksamkeit auf sich gelenkt, als 
Ehrenberg auf ihnen eine Schildlaus entdeckte, die Ursache der 
sogenannten biblischen Manna, von der sich die Juden bei 
ihrem Durchzuge durch die Wüste ernährt haben sollen. Da 
Arten dieser Familie sowohl in Griechenland, wie in Italien 
wachsen imd wohl auch früher wuchsen und durch die BeschaflFen- 
heit der fleischigen, denen einer Cypresse nicht imähnlichen 
schuppenartigen Blätter sich leicht erkennen lassen, so zogen sie 
auch die Aufinerksamkeit beider genannter Völker schon im 
Alterthum auf sich. Die Römer nannten sie Tamarix, Tamarice 
und wohl auch Tamariscus, die Griechen aber fiVQixrj, 

Dass Tamarix aus (xvqUtj entstanden sein soll, wie man hier 



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m 

und da glaubt, ist mir nicht einleuchtend. Schon die Väter der 
Botanik hatten das lateinische Tamarix in der Wissenschaft zur 
Bezeichnung derselben Pflanzen eingeführt und Linnö gebrauchte 
es auch für die hierher gehörigen Sträucher und Halbsträucher 
als Genus-Namen, das griechische Wort Myrica legte er hingegen 
ganz anderen sehr aromatischen Sträuchem bei. 

Schon Homer kennt fiVQixrj mehrfach in der Iliade imd be- 
zeichnet es als eine eigenthümliche Pflanze, die vielfach in Hainen 
u. 8. w. vorhanden ist und zu den Lieblingspflanzen der Griechen 
gehört. Das ist sie aber auch später, besonders zu Herodot's 
Zeiten. Dass Tragiker und Komiker, soweit ich herausgefunden 
habe, die in ihrem Bau so eigenthümlichen Tamarisken nicht er- 
wähnen, ist aufliallend. Ebenso dass Theophrast sie nur nebenbei, 
wenn auch 10 Mal, erwähnt und keine ordentliche Beschreibung 
gibt. Ob die fivQixrj des Dioskorides Tamarisken darstellt, lässt 
sich nicht mit Gewissheit sagen, ich möchte es bezweifeln. 

In Griechenland wachsen jetzt viererlei Tamarisken: Tamarix 
Hampeana Boiss., T. tetrandra Paü., T. parviflora DC. und Pal- 
lasii Desv. Wie Wimmer dazu kommt, die Tamariske, von der 
Theophrast (V, 4, 8) das Holz als sehr brauchbar beschreibt, 
als Tamarix articulata Vahl, welche nur in Syrien und Aegypten 
also gar nicht in Griechenland wächst, anzusehen verstehe ich nicht. 

Zelmte Familie. 
Sonnenröschen, Cistaceae. 
Eine ia den wärmeren Ländern rings um das Mittehneer sehr 
verbreitete Familie von niedrigen Sträuchem, Halbsträuchem und 
Kräutern, welche auch in Griechenland in grösserer Artenzahl (in 
14 Arten, wobei Kräuter nicht itdtgözählt sind) vorkommt. Das 
Wort Cistus oder Cisthus bedeutet bei Plinius ohne Zweifel schon 
eine Art des Genus Cistus und ist das griechische ülorog oder 
xiox^og^ was vor Theophrast bei den Griechen nicht gebraucht, 
von diesem aber nur einmal erwähnt wird (VI, 2, 1). Die Son- 
nenröschen waren, so reichlich sie auch in Griechenland wuchsen, 
doch zu klein, um ihit besonderen Namen von dem alten Griechen 
unterschieden zu werden. Der KoUektiv-Name Blume mag auch 
sie mit inbegriffen haben. Nach Theophrast giebt es weiss 



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252 

und rothblühende, welche als weiblich und männlich bezeichnet 
werden. Dioskorides führt die Sonnenröschen unter den offizinellen 
Pflanzen auf, unterscheidet aber eine besondere Art mit langen 
und dunkleren Blättern unter dem Namen k^Sog, Von ihr wird 
das Xadavov gewonnen, ein Gummiharz, was schon Herodot als 
ein fremdes Arzneimittel kennt. 

Schon die Väter der Botanik führten das Wort Cistus in der 
botanischen Wissenschaft ein und Linnö trug es als Genus-Name 
auf alle Sonnenröschen über. 

Als xioTog mögen Theophrast und Dioskorides nur die 
strauchigen Arten des heutigen Genus Cistus verstanden haben, 
während die halbstrauchigen nicht weiter beachtet wurden. Von 
den ersteren wachsen in Griechenland an allen sonnigen und 
offenen Stellen: Cistus villosus L. mit der Abart creticus, parvi- 
florus Lam., salviaefolius L. und Monspeliensis L. Nur halb- 
strauchig sind hingegen: Helianthemum umbellatum L., canum 
L., Hymettium B. et Heldr., lavandulaefoliura Lam., apenninum 
L. und vulgare var. graeca ßoiss , femer Fumana procumbens 
Dim., arabica L., glutinosa L. und laevipes L. 



Elfte Familie. 
Kreuzblüthler, Cruciferae. 

Diese grosse, fast aber nur aus Kräutern und Sommer- 
gewächsen bestehende Familie wächst auch in Griechenland in. 
grosser Menge. Sie hat ihren Namen von den in's Kreuz stehen- 
den zum allergrössten Theil gelben, weniger weissen und röth- 
lichen Blumenblättern erhalten und ist sehr leicht an dem mehr 
oder weniger rettigartigen Geschmack, den alle Theile der Pflanze 
haben, zu erkennen. Von den wenigen halbstrauchigen Arten 
kommen nur vier auch in Griechenland vor und existirten wohl 
auch schon im Alterthume daselbst. Sie waren aber zu unbe- 
deutend um mit besonderen Namen unterschieden zu werden, 

Diese vier halbstrauchigen Kreuzblüthler sind: Cheiranthus 
Senoneri Heldr. et Sart., Alyssum corymbosum Gris. und Orien- 
tale, sowie Iberis sempervirens L. 



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253 

Zwölfte Familie. 

Kapperblüthler, Capparidaceae. 

Aus dieser Familie wächst nur die bekannte Kappempflanze, 
und zwar sehr häufig, in Griechenland und hat in der heutigen 
Systematik den Namen Oapparis spinosa L. erhalten. Der Name 
TtctTiTta^ßig kommt zuerst bei Hippokrates vor, die Pflanze wird 
aber nicht weiter beschrieben. Dieses geschieht zuerst von Theo- 
phrast an verschiedenen Stellen. In Betreff der Dornen ist er 
aber mit sich im Widerspruch, wenn er einmal (VI, 1, 3) sagt, 
dass die Zweige in Domen (nTOQd-axavd^a) auslaufen, das andere 
Mal (VI, 5, 2) aber nur die Blätter, nicht der Stengel, dornig 
sein lässt (q)ilXov STraxavd^l^ov ex^i xal rov xavlov otx)- In 
Wahrheit ist aber bei der Kappemflanze keines von beiden der 
Fall, denn die gekrümmten Domen werden von den Nebenblättern 
am Grunde der Blattstiele gebildet. 

Theophrasthebt besonders die scharfgewürzhaften Eigenschaften 
hervor (de caus. III, 1, 4), wenn es heisst: avdloyov de Tovroig 
xai oaa dQifivzriTa, Man muss daraus schliessen, obwohl er 
nichts davon sagt, dass man sie auch schon zu seiner Zeit als 
Gewürzpflanze verwendet habe. 

Als solche haben wir aber von ihr durch Dioskorides (im 
204. Kap. des 2. Buches) ausnahmsweise eine ziemlich genaue 
Beschreibung erhalten. Es ist ein auf der Erde gestreckter 
Strauch mit Domen, ähnlich wie bei den Brombeersträuchern, 
und mit Blättern in Form derer des Quittenstrauches. Die Frucht 
(xaQTüog) von der Form einer Olive, öfEnet sich und es wird eine 
weisse Blüthe sichtbar. Fällt diese ab, so bildet sich allmälig 
eine längliche Eichel {ßaXavog inifiijxTig)^ welche seine Samen 
einschliesst. 

Aus dieser Beschreibimg kann man wohl mit Recht schliessen, 
dass die Griechen in den Zeiten des Dioskorides sich der Blüthen- 
knospen, die aber xagnog genannt werden, ebenso wie es bei uns 
noch vom Volke geschieht, als Gewürz bedient haben. Die eigent- 
liche Frucht, da Dioskorides wohl wusste, dass nicht eine Frucht 
aus der andern hervorgehen kann, wurde deshalb Eichel (ßalavog) 
genannt. Die Frucht, d. h. die Blüthenknospe, muss zu seiner 
Zeit sehr beliebt gewesen sein, denn sie wurde mit Salz einge- 



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254 

macht und lange Zeit aufbewahrt. Trotzdem behauptet Diosko- 
rides, dass ihr Genuss den Magen belästige und Durst hervor- 
rufe, gekocht vertrage man sie aber weit besser. 

Die Eappempflanze hat eine sehr grosse Verbreitung in allen 
warmen Ländern Südeuropas, in Nordafrika, in Kleinasien, Syrien 
bis nach Persien hin und ändert demnach auch sehr in ihrer 
äusseren Erscheinung. Die griechische Pflanze ist völlig unbe- 
haart und hat eine schöne grüne Farbe, Sibthorp hielt sie des- 
halb auch für eine besondere Art, die er als Gapparis rupestris 
abbilden liess. 

Sonderbar ist es, dass die römischen Aerzte die Kappem- 
staude auch Cynosbatos nennen (Plin. bist. nat. XXIV, 121). 
Aber auch Dioskorides führt unter den 23 Namen, welche die 
Kappernstaude in den verschiedenen Ländern haben soll, den 
Namen Cynosbatos für die Kappernstaude auf. 

Dreizelmte Familie. 

Sauerdörner, Berberidaceae. 

Eine hauptsächlich aus domigen Sträuchem bestehende Fa- 
milie, welche in Deutschland wahrscheinlich erst später in unse- 
rem gewöhnlichen Sauerdorn (Berberis vulgaris L.) eingeführt 
wurde. Das Wort soll nach meinem verehrten Freund, Herrn 
Dr. Wetzstein in Berlin, der viele Jahre als preussischer Konsul 
in Damaskus lebte, aus dem Arabischen stammen und als Amar- 
baris von dem arabischen Arzte Avicenna für ein Arzneimittel, 
was wahrscheinlich einer Berberis-Art entnommen war, zuerst ge- 
braucht worden sein. Das Wgrt Berberis als solches gebrauchte 
zuerst im 13. Jahrhundert der Italiener Peter de Crescentiis, 
während es der Mainzer Botaniker Brunfels zuerst in der 
botani$i^hen Wissenschaft in der ersten Hälfte des 16. Jahrhun- 
derts einführte. 

In Griechenland wächst jetet noch Berberis cretica L. und 
wuchs ohne Zweifel schon im Alterthume daselbst, ob der niedrige 
Strauch aber schon den alten Griechen mit einem besonderen 
Namen bekannt war, bezweifle ich. Weder o^vdxapi^a noch ho- 
koiTea bedeuten, wie ich schon früher gesagt habe, unseren Sauer- 
dorn, obwohl es die Ansicht einiger Erklärer ist. 



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255 

Dritte Abtheiking. 

Pflanzen mit perigynischen Staubfäden. Perigynae. 

Erste Familie. 

Celastraceen, Celastraceae. 

Dass Linn^ keine weiteren Untersuchungen über die Bedeu- 
tung der griechischen, mehr noch der lateinischen Pflanzennamen 
machte, sondern im Gegentheil sie mit grosser Willkür auf jetzige 
Pflanzen übertrug, beweist auch xiijlaatQog^ darunter versteht er 
nicht, wie Theophrast dornigen immergrüne Gehölze, hier spe- 
ciell imsere Stecheiche, Ilex Aquifolium L. (vergl. unter Aqui- 
foliaceae S. 132), sondern zum grossen Theil blattabwerfende 
Schlinggewächse. Aus dieser Familie wachsen zwei Sträucher in 
Griechenland: der gewöhnliche und der breitblättrige Spindel- 
strauch, Evonymus europaeus L. und latifolius Scop. keineswegs 
selten und mögen auch schon im Alterthume daselbst vorgekom- 
men sein. Dass sie mit ivwvvfxog des Theophrast, wde die Er- 
klärer allgemein annehmen, identisch sein sollen, könnte man be- 
zweifeln. Der Strauch wächst auf der Insel Lesbos imd wird von 
Theophrast nur an einer Stelle (III, 18, 13) beschrieben. Dar- 
nach soll sie weisse Blüthen, wie ein weisses Veilchen haben, 
was nicht der Fall ist. Was dagegen die stinkenden und giftigen 
Eigenschaften der Früchte anbelangt, so sind sie auch bei den 
beiden genannten Spindelsträuchern unserer Laubwälder vorhanden. 

Zweite Familie. 

Kreuzdörner, Rhamnaceae, 

Das griechische Qccfivog gehört wiederum zu den Wörtern, 
welche vor Theophrast bei keinem der griechischen Schriftsteller 
vorkommen, wohl aber später, besonders kurz vor und nach 
Christus, viel gebraucht wurden. Vergleicht man alles, was über 
gd^vog von Theophrast bis auf Dioskorides und weiter gesagt ist, 
so möchte man geneigt sein, Rhamnus oleoides L. und graeca 
Boiss. et Reut, darunter zu verstehen. Beide schliessen sich den 
drei immergrünen und dornigen Gehölzen, welche Theophrast im 
ersten Buche (9, 3) nur namentlich als solche aufführt, an, unter-^ 



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256 

scheiden sich aber wiederum durch einen anderen Habitus und 
durch kleinere und in die Länge gezogene Blätter. 

Wenn Theophrast unter seinem ^d/iivog zweierlei Arten, einen 
weissen und einen schwarzen unterscheidet, so glaube ich, dass 
damit nur zweierlei Reifezustände, unter dem ersteren nur 
Exemplare mit unreifen, unter dem zweiten dagegen Exemplare 
mit reifen Früchten zu verstehen sind. Der ^afxvog des Dios- 
korides ist ohne Zweifel Rhamnus oleoides L. mit unreifen 
Fruchten. 

Keine zweite Familie ist in Griechenland so reichlich mit 
Gehölzen vertreten, als die Familie der Rhamnaceen, denn nicht 
weniger als 12 Arten wachsen daselbst, aber nur 6 waren schon 
im Alterthume bekannt, 6 hingegen scheinen nicht bekannt ge- 
wesen zu sein. Die ersteren sind unter anderen Namen beschrie- 
ben und zwar: 

1. als Qa^vog: Rh. oleoides L. und graeca Boiss. et Reut. 

2. als TiaXiovQog: Paliurus australis Gaertn. (Rhamnus Pa- 
liurus L.). 

3. als lioTog: Zizyphus vulgaris Lam. und Lotus Lam. (Rham- 
nus Zipyphus L. und Rhamnus Lotus L.). 

4. als (pilvxTjx Rhamnus Alatemus L. 

Die 6 Rhamnaceen, welche von den alten Griechen nicht be- 
sonders unterschieden wurden, waren auch weniger in die Augen 
fallend und hatten , wie Paliurus australis Gaertn , abfallende 
Blätter. Es sind: 

1. Rhamnus tinctoria W. et K. 

2. Rhamnus prunifolia S. et Sm. 

3. Rhamnus cathartica L. 

4. Rhamnus fallax Boiss. 

5. Rhamnus Sibthorpiana DG. 

6. Rhamnus rupestris Scop. 

Ich gehe zu den bereits den alten Griechen bekannten Rham- 
naceen über. 

A. UaliovQog hat zwar sehr domige Aeste, aber die Blätter 
sind nicht domiggezähnt zu nennen. Die Frucht ist hautartig 
(Xoßog) und schliesst mehrere Samen ein. Gequetscht dienen die 
letzteren, gleich den Leinsamen, als linderndes Arzneimittel. Dass 
naXiovQog nach Theophrast zugleich mit dem nordafrikanischen 



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257 

Lotasbaam (Zizyphus Spina Christi L.) in Nordafrika wachsen 
soll, beruht aaf einem Irrthum, da wenigstens neuere Botaniker 
ihn nicht als daselbst wachsend angeben. 

B. ^anog. Unter diesem Namen verstehen die Griechen 
3 Ton einander verschiedene Pflanzengruppen: 

1. Erautartige Pflanzen aus der grossen Familie der Hülsen- 
firnchüer oder Leguminosen. 

2. Obstbäume ausderFamiliederEreuzdomeroderRhamnaceen. 

3. Wasserlilien aus der Familie der Nymphäaceen (im wei-r 
teren Sinne). 

I. Was zunächst die krautartigen Pflanzen anbetrifft, so ge- 
hören sie eigentlich gar nicht hierher und mussten übergangen 
werden. Da aber Erklärer des Homer der Ansicht sind, dass die 
Pflanze von der in der Odyssee die Lotophagen leben, ein Frucht- 
baum gewesen sei, so sehe ich mich doch gezwungen, wie es bis- 
weilen schon jfrüher bei ähnlichen Gelegenheiten der Fall war, 
auch die krautartigen Lotospflanzen des Homer in den Bereich 
meiner Untersuchungen zu ziehen. 

Nach der Jliade nimmt der Lotos stets grosse Strecken 
(nedia) ein, wie man besonders aus dem 283. Vers des 12. Ge- 
sanges ersieht. An einer andern Stelle (Vers 351 des 21. Ge- 
sanges) wird vom Hephästos gesagt, dass er die Wälder zugleich 
mit den Lotosfeldem verbrannt habe. Der Lotos ist in beiden 
Fällen keine bestimmte Pflanze, Lotus comiculatus L., wie man 
allgemein annimmt, sondern bedeutet im Gegensatz zu dem Walde 
krautartige Pflanzen, eine Art Wiesen oder Matten, wie sie im 
Hochlande des Peloponues wohl vorkommen. Da hier aber Hülsen- 
früchtler eine grosse Rolle spielen, so wäre man wohl berechtigt, 
unter Awtog auch nur die auf Wiesen hauptsächlich vorkommen- 
den Eleepflanzen im weiteren Sinne oder in botanischer Sprache 
die Loteen zu verstehen. 

Die Lotophagen werden in der Iliade gar nicht genannt, son- 
dern nur einmal im 9. Gesänge der Odyssee. Liest man die be- 
treffende Stelle (Vers 83 und 84) nach, so heisst es 

„und am zehnten (Tage) gelangt' ich 
hin zu den Lotophagen, die blühende Speise (avd-ivov eldag 
gemessen.^ 

Kooh. 17 



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258 

Hingegen Vers 94 

„Wer das Lotos-Gewächs nun kostete, süsser denn Honig" 

Nach diesen beiden einzigen bezüglichen Stellen kann hier 
gewiss, wenn man es auch fast allgemein annimmt, nicht von 
einem Baume die i:lede sein, sondern nur von einem Kraute. 
Unter den Kleepflanzen giebt es in der That Arten, die jetzt noch 
in Griechenland wachsen und auch für Menschen eine angenehme 
Speise liefern. Ich nenne die Spargelerbse, Tetragonolobus pur- 
purens Scop. (Lotus Tetragonolobus L.) und den mit fleischigen 
Hülsen versehenen Lotus edulis L. 

Ausserdem giebt es noch Kleepflanzen mit gewürzhaften 
Eigenschaften in Griechenland, welche gewiss auch im Alterthume 
vorhanden waren. Bei einigen sind es die ganzen Pflanzen, wie 
bei dem Steinklee (Melilotus -Arten), welche den starken Geruch 
verbreiten. Diese werden bei Dioskorides als Arzneipflanzen sehr 
gerühmt und einmal als f^elUcorog (im 41. Kap. des 3. Buches), 
das andere Mal als Xcoiog aygiog (im 110. Kap. des 4. Buches) 
aufgeführt. Unter XwTog rjineQoc:^ der wegen seines häufigen Ge- 
brauches als Arzneipflanze in Gärten kultivirt wurde, verstand 
Dioskorides ohne Zweifel Lotus edulis L. 

Bei anderen Kleepflanzen sind es nur die Samen, welche ge- 
würzhaft sind. Die Pflanzen heissen bei Dioskorides TrjXig und 
haben jetzt die Namen Trigonella Foenum graecum L. und Tr. 
gladiata Stev.; beide Pflanzen wachsen noch heut' zu Tage in 
Griechenland. Die Samen spielten auch bei uns während des 
ganzen Mittelalters und bis auf die neueste Zeit als Arzneimittel 
eine gewichtige Rolle. 

Eine Pflanze Lotus spielte auch bei den Römern, besonders 
bei Plinius, eine grosse Rolle und umfasste nicht allein Kräuter, 
sondern auch Sträucher und Bäume. Einige der letzteren hatten 
wegen ihres hohen Alters ein besonderes Ansehen. Li der Area 
Lucinae stand ein solcher Baum, der ein Alter von 450 Jahren 
besass. Ein anderer in Volcanalis soll von Romulus als Zeichen 
seines Sieges über die Sabiner angepflanzt worden sein und war 
deshalb so alt wie die Stadt Rom selbst. 

Das griechische Wort udwTog vmrde schon von den Vätern 
der Botanik auf bestimmte Kleepflanzen übertragen, die zum Theil 
noch diesen Namen besitzen. Joseph Pitton, gewöhnlich nach 



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259 

seinem Geburtsort Toumefort genannt, führte das Wort als Ge- 
schlechtsnamen in der systematischen Botanik ein und Linn^ be- 
hielt es bei. Der erste Botaniker, welcher den Namen Lotus cor- 
niculatus für die jetzige Pflanze d. N. einführte, war Dododn» 
(Dodonaeus) aus Mecheln. 

IL Nachhomerische Schriftsteller, vor Allem Herodot und 
Theophrast, bedienten sich des Wortes Atoxog zur Bezeichnung 
von Obstbäumen aus der Familie der Rhamnaceen, bei Linnö 
selbst waren sie noch bei dem Genus Rhamnus eingereiht und 
führten die Namen Bhamnus Zizyphus und Lotus, nach der neue- 
ren Nomenklatur führen sie aber den Namen Zizyphus vulgaris 
Lam. und Lotus Lam. Beide Obstgehölze wachsen ziemlich häu- 
fig jetzt noch in Griechenland. Der Name Zizyphus hat mit der 
mythischen Person d. N. nichts zu thun und kommt erst in den 
920 n*. Chr. verfassten Geoponica vor. Anderentheils wird das 
Wort aus dem Arabischen des Abulfeda, der im 10, Jahrhunderte 
lebte, abgeleitet und heisst daselbst Zizuf. 

Diese Lotus-Gehölze verästeln sich nach Th«ophrast wenig 
oder gar nicht und haben ein schwarzes, sehr festes Holz, was 
deshalb auch zu mancherlei Drechsler-Arbeiten verwendet wird, 
zumal es der Fäulniss gar nicht unterworfen ist. 

Von diesen beiden Lotos-Gehölzen Griechenlands ist der Lotos 
der Lotophagen in Nordafirika, von dem Herodot und Theophrast 
ausführlich sprechen, wesentlich verschieden. Der Baum wurde 
zuerst von Kurt Sprengel in seiner Geschichte der Pflanzen (im 
1. Bande auf der 3. Tafel) als Bhamnus Lotus abgebildet, ist 
aber Bhamnus Spina Christi L. Nach Theophrast sind die Früchte 
süss und angenehm schmeckend, auch gesund, die Bäume tragen 
dagegen so reichlich, dass, als von Alexandrien aus ein Heeres- 
zug nach Karthago unternommen wurde, die Soldaten mehrere 
Tage lang sich nur von den Lotosfrüchten ernährten. Es gab 
daselbst aber verschiedene Arten und zwar um so mehr, als man 
nach Westen kam (IV, 3, 2). Theophrast nannte mit Herodot 
deshalb die Bewohner Nordafrikas Lotophagen und bezeichnete 
sie als ein besonderes Volk. 

ni. Wasserlilien aus der Familie der Nymphäaceen (im 
weiteren Sinne). Herodot und die späteren griechischen Schrift- 
steller nennen auch im Nil wachsende Wasserlilien Lotos. Da 

17 ♦ 



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260 

diese aber nicht in den Bereich der hokigen Grewächse gehören, 
so übergehe ich sie hier. Theophrast scheint diese Wasserlilien 
des Nil gar nicht selbst gesehen zu haben, denn er beschreibt sie 
ganz falsch und verwechselt sie mit einander. Die xvafzoi oder 
Bohnen stammen von Nelumbium speciosiun Willd. (Nymphaea 
Nelumbo L.). 

C. Wilvxrj eines der drei von Theophrast genannten (I, 9, 
3) domigen immer grünen Gehölze, über die bereits schon firüher 
ausführlich gesprochen worden ist Wahrscheinlich ist es 
Rhamnus Alatemus L. Doch spricht wiederum so viel gegen 
diese Annahme, dass man geneigt sein könnte, doch einen andern 
Dom dafßr zu halten. Nach Theophrast hat qnXvxt] ein hartes 
weisses Holz, was zu allerhand Geräthschaften gebraucht wird 
(V, 6, 2). Femer soll das reichliche Laub vom Vieh gern ge- 
fressen werden (V, 7, 7) und endlich soll sie im Gebirge wachsen 
(III, 3, 1), was aber auf R. Alatemus deshalb nicht passt, weil ^e 
ein sehr mildes und warmes Klima verlangt und jetzt nur da 
wächst, wo dies geboten wird. 

Der Name Alatemus wurde von den Römern Columella und 
Plinius einem immergrünen Gehölz, was im Aussehen zwischen 
der immergrünen Eiche und dem Oelbaam steht, beigelegt u»d 
schon von den Vätern der Botanik zur Bezeichnung des Domes 
benutzt. Linn^ bediente sich des Wortes als Art-Namen für 
seinen Rhamnus Alatemus, unter dem ohne Zweifel auch der Ala- 
temus des Columella und des Plinius zu verstehen ist 



Dritte Familie. 

Terpenthinpflanzen, Terebinthaceae. 

Sie haben ihren Namen von einem eigenthümlichen StoflFe 
erhalten, den man im gewöhnlichen Leben Terpenthin heisst und 
der aus einer Menge der verschiedensten StoflFe besteht. Die neuere 
Chemie umfasst sie mit in dem Begriffe der Balsame. Diese StoflTe 
sind zum Theil ätherische oder flüchtige Oele, so genannt, weil 
sie sich mit Hinterlassung eines mehr oder minder angenehmen 
Geruches an der Luft verflüchtigen, was von Seiten der fetten 
Oele nicht geschieht. Beiderlei Oele lösen sich nicht in Wasser, 
die letzteren aber in Weingeist. Die ersteren können dagegen 



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261 

von fetten Oekn aufgenommen und damit festgehalten werden, 
um sie für weiteren Gebrauch zu reserviren. Es geschieht dieses 
z. B. in den grossen Fabriken für unsere sogenannten Wohlge- 
rüche (Odeurs) und Essenzen. Hier werden unter Anderem die 
wohlriechenden ätherischen Oele unserer Lieblingsblumen z. B. 
der Kosen, Veilchen, Orangen, Tuberosen u. s. w. auf diese Weise 
festgehalten und, wie eben gesagt, für den weiteren Gebrauch re- 
servirt. 

Es unterliegt keinem Zweifel, dass auch die Völker des 
Alterthums, vor Allem die Perser, schon ein Verfahren für Wohl- 
gerüche kannten, was dem unserigen ähnlich war. Aber auch den 
alten Griechen rauss es zum Theil bekannt gewesen sein. 

Wir haben zwei Familien, die im Systeme weit auseinander 
stehen, ausser den Terpenthinpflanzen noch die bereits besproche- 
nen ächten Nadelhölzer oder Abietaceen, welche in ihrem Innern 
hauptsächlich Terpenthin erzeugen. Dort ist bereits mitgetheilt 
(s. S. 25), dass der Terpenthin von sogenannten SekretionszeUen 
gebildet und dann in den sonst nur Luft führenden Intercellular- 
Räumen abgelagert wird. Geschieht dieses in grossen Mengen, 
so dass er im Lmern nicht mehr Platz genug hat, so sucht er 
einen Weg nach aussen und zerreisst auf dem Wege das Zellge- 
webe der Rinde. Die Art und Weise des Heraustretens und Ver- 
härtens des bis dahin schwerflüssigen Terpenthins zum Harze ist 
sehr verschieden, so dass sich die alten Griechen veranlasst fühl- 
ten, besondere Namen zu geben und die einzelnen Sorten darnach 
zu unterscheiden. Interessant ist es, dass man da der Ter- 
penthin und die aus ihm entstandenen Harze noch Arzneimittel 
sind und ausserdem eine wichtige Rolle in der Technik spielen, 
sich auch bei uns gedrungen gefühlt hat, den verschiedenen 
Sorten des Harzes ebenfalls Namen zu geben und dass diese so 
ziemlich mit denen, welche Theophrast aufführt übereinstimmen. 
Ausführlich ist bereits bei den ächten Nadelhölzern darüber ge- 
sprochen (s. S. 26) worden. 

Die vier Terpenthinpflanzen, welche noch jetzt in Griechen- 
land vorkommen und ohne Zweifel auch im Alterthum vor- 
kamen, sind: 

1« Der ächte Terpenthinbaum, Pistaeia Terebinthos L. 

Wahrscheinlich ursprünglich nur im südöstlichen Europa, be- 



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262 

sonders in Griechenland, und von da allmälig in den wärmeren 
Ländern des s&dlichen Europa's nach Westen weiter gewandert 
und besonders schon zur Zeit der alten Körner vielfach in Italien 
vertreten, vor Allem in Uoteritalien, wo das wärmere B^lima ihnen 
vorzüglich bekam. Man ass die Fruchte, presste aber auch aus 
ihnen, sowie aus den Zweigen, ein flüssiges Harz,das zwar weder dem 
Theophrast noch dem Dioskorides bekannt gewesen zu sein scheint, 
wohl aber früher als cyprischer Terpenthin in den Handel kam. Es 
war vor Allem die Insel Chios, wo nicht allein der Baum gut gedieh 
sondern emch. einen vorzüglichen Terpenthin lieferte. Theophrast 
erwähnt zwar die Terpenthin-Eultur auf der Insel Chios noch 
nicht, wohl aber Dioskorides. Auch war sie den alten Römern 
bekannt und ist heut zu Tage noch vorhanden. Der cyprische 
Terpenthin hat bei der Konsistenz des Honigs eine grünlich-gelbe 
Farbe, einen milden, etwas bittern Geschmack und einen ter- 
penthinartigen, etwas fenchelähnlichen Geruch und verharzt sehr 
leicht. — 

Die alten Griechen kannten den Terpenthinbaum unter dem 
]Samen Ti^fÄivl^og, Daö Wort kommt in diesem Sinne aber erst 
bei Theophrast vor, bei Dioskorides und seinen Zeitgenossen bat 
der Baum oder vielmehr hohe Strauch dagegen den Namen %b- 
Qißiv&og. Theophrast verwechselt aber zwei verschiedene Ge- 
hölze mit einander. Darauf bezieht sich unter Anderem eine 
Stelle (Hl, 15, 3) wo er sagt, Tigf^ivd^og ist in Makedonien und 
auf Kreta straudbartig (d^afAvwäijg)^ in der Nähe von Damaskus in 
Syrien wird er aber ein grosser Baum (ßsya xaXov dhÖQov). Es 
existirt nach ihm dort ein Berg, der dicht mit rip^iy^og-Bäumen 
bedeckt ist. Dieser syrische Terpenthinbaum ist keineswegs aber 
Pistacia Terebinthus L , sondern P, Palaestina Boiss. Allenthalben 
wo bei Theophrast und späteren Schriftstellern, besonders auch 
bei Dioskorides, von solchen riesigen Bäumen in Syrien die 
Rede ist, muss Pistacia Palaestina Boiss. verstanden werden. 

Auf diesen Baum beziehen sich ferner die Mittheilungen an- 
derer späterer Schriftsteller, wie des Nikolaos von Damaskus 
über die Perser als xsqiiiv^oqicyoi^ des Aelian, wenn er sagt, die 
Arkadier essen zum Nachtisch Eicheln, die Perser Terminthen 
und Kardamonen. Auch der im 2. Jahihunderte n. Chr. lebende 



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263 

Polyaenos berichtet, dass zu den Lieblingsspeisen der Perser- 
könige das Oel des zeQfiiv&og gehörte. 

Der Terpenthinbaum des Alten Testaments (Elon) ist eben- 
falls, wenn man einen bestimmten Baum darunter verstehen will 
und nicht, was besser wäre, grosser ßaum überhaupt, Pistacia 
Palaestina Boiss. Wenn diesem Terpenthinbaum nicht allein riesige 
Grösse, sondern auch sehr hohes Alter zugeschrieben wurde, so 
muss man bedenken, dass Syrien mit Damaskus das Vaterland 
der Märchen der Tausend und Eine Nacht darstellt. Die Ter- 
penthinbäume von Mamre (Elon), imter denen Abrahams Zelt stand, 
waren so alt, wie die Welt selbst. Auch Josephus (IV, 9, 7) 
spricht von einem Terpenthinbaum, der so alt, als die Welt ist. 

Nach Theophrast ist der Tig^ivd^og ein immergrünes wild 
wachsendes (otyQtoo) Gehölz, dessen Früchte mit den Weintrauben 
reifen und die Gröse einer Linse haben. Unreif sind die Früchte 
grün, werden aber allmälig roth. Es gibt — der Baum ist zwei- 
häusig — einen männlichen und einen weiblichen. Die Blätter 
sind gefiedert, es befinden sich aber ofk, wie auf dem Rüster 
durch Insekten hervorgerufene Blasen {xcoQvnddijg) auf ihnen 
(in, 15, 4). Interessant ist es, dass diese Blasen auch jetzt bei 
uns auf Kulturpflanzen der Gewächshäuser vorkommen. 

Das Holz ist zähe (y^ioxQov) und hat eine schwarze Farbe, 
ähnlich den Lotosfruchtbäumen, liefert auch reichlich Harz (J^TjTivri) 
was besonders von den Früchten gut riecht. 

In Baktrien wächst, nach Theophrast (IV, 4, 7) ein anderer 
Tiqfiiv^og^ dessen Früchte sehr gut schmecken. Sie sind den 
Mandeln ähnlich, unterscheiden sich aber von ihnen, dass der 
Stein glatt und nicht grubig ist. Dass dieser TeQf^iv^og keine 
Terpenthin - Pistazie ist, unterliegt gar keinem Zweifel; es ist 
eine echte Pistazie, die Frucht der gleich zu besprechenden Pista- 
cia vera, die gar nicht in Griechenland wächst und dem Theo- 
phrast auch gar nicht bekannt war. 

Bevor ich zu den zweiten griechischen Baum aus der Fa- 
milie der Terpenthinpflanzen übergehe, möchte es nothwendig sein, 
mich über den Ursprung von Pistacia dem heutigen Genus-Namen 
der vier griechischen Terpenthinpflanzen etwas näher auszusprechen 
um so mehr, als von den Pistazien eben gesprochen wurde. 
Das Wort maTaaia kommt zuerst bei Nikander (146 v, Chr.) 



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264 

und bei dem ziemHch zu gleicher Zeit lebenden Stoiker Posei- 
donios zur Bezeichnung der Frucht eines Baumes, der von dem 
aber weit später in der Mitte des 3. Jahrhimdertes n. Chr. leben- 
den Schriftsteller Alkiphron ntaTcixrj genannt wurde, vor. 

Pistazien d. h. die bereits besprochenen Fruchte des baktri- 
schen Tegfiiv^og spielten bei den orientalischen Völkera des 
Alterthums eine grosse Rolle, wie auch jetzt noch, aber nicht 
allein im Oriente, wo sie noch eine der beliebtesten Früchte bil- 
den, sondern auch bei uns, namentlich in den Konditoreien. Sie 
haben das Eigenthümliche und von andern Fruchten, bezw. Samen 
abweichende, dass die Kotyledonen eine hellgrüne Farbe und we- 
gen ihres Gehaltes an fettem Oele einen milden angenehmen Ge- 
schmack besitzen. Die Konditoren gebrauchen die Kotyledonen 
aUgemein und belegen damit wegen der grünen Farbe ihre feinern 
Kuchen und Torten. Die Früchte haben im gewöhnlichen Leben 
den Namen der Pistaziennüsse oder der grünen Mandeln (Amyg- 
dalae virides in den Apotheken). 

Das Vaterland der Pistazien ist noch keineswegs genau be- 
kannt, wahrscheinlich ist es das südöstliche Persien. Von da aus 
haben sie sich wahrscheinlich erst nach Mesopotamien und dem 
wärmeren Syrien weiter ausgebreitet. Linn^ hatte zwei ver- 
schiedene Mutterpflanzen für die Pistazien, Die eine mit grösse- 
ren Früchten liess er auch bei Montpellier im südlichen Frankreich 
wachsen und nannte sie deshalb Pistacia Narbonensis, die ge- 
wöhnliche wurde dagegen Pistacia vera von ihm genannt. Aber 
Plinius spricht schon in seiner Naturgeschichte von einer Pistazie 
in Syrien und einer in Italien und Spanien (XIII, 51 und XV, 
91). Er vergleicht sie mit den Piniennüssen im Geschmack. Sie 
diente zu seiner Zeit in Rom allgemein zu Speise und Trank, 
aber auch als Arzneimittel, besonders gegen Schlangenbiss. Ganz 
dasselbe hat auch Dioskorides über seine niOTaxia berichtet (im 
177. Kap. des 1. Buches). 

Eigenthümlich ist, dass die Araber den Pistazienbaum noch 
heut zu Tage mit einem ähnlichen Namen, Fustuk, belegen. Sie 
mögen ihn wohl gleich im Anfange ihrer Herrschaft im Oriente 
den Griechen entlehnt haben. Mit dem Erwachen einer geistigen 
Kultur nach dem Mittelalter wurde das Wort Pistacia auch in 
der botanischen Wissenschaft eingeführt, Toumefort bediente 



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sich seiner nur für den Pistasienbaum, Linn^ hingegen yereinigte 
auch die ähnlichen Arten in seinem Genus Pistacia, wie es noch 
heut zu Tage angenommen wird, der Bezeichnung des Dioskori- 
des TeQißivd^og bediente er sich aber für den Art-Namen, indem 
er den ächten TeQfiiv&og Pistacia Terebinthus nannte. 

2* Der Mastixbaum^ Pigtaoia Lentiseus L. 

Ein ursprünglich wohl nur in Griechenland, so wie überhaupt 
in den warmem Ländern des südöstlichen Europa's und in Elein- 
asien sehr yerbreiteter Strauch, der sich allmäUg hauptsächlich in 
den Mittebneerländem westwärts bis zu den Eanaren ausbreitete 
und jetzt zum Theil daselbst verwildert erscheint. Unter dem 
Namen axivog war er schon den alten Griechen sehr gut bekannt 
und wird zuerst von Herodot (IV, 177) erwähnt. Leider erhalten 
wir niagends von ihm eine einiger Massen benügende Beschrei- 
bung, nur dass der Mastix (f^aatixr}) von dem Baum axivog 
kommt, macht es möglich den Mastixbaum darunter zu erkennen. 
Unter axivog verstanden die Griechen aber wiederum auch die 
Meerzwiebd, Urginea maritima (Scilla) L., welche ebenfalls im 
Alterthum ein wichtiges Arzneimittel war. 

Maaiix^ soll nach Victor Hehn seinen Namen von der Sitte 
es zu kauen erhalten haben. Diese scheint allerdings uralt zu 
sein imd ist noch jetzt im Oriente allgemein. Auch unsere Zahn- 
ärzte bedienen sich seiner noch jetzt, um hohle Zähne damit aus- 
zufüllen. Der Gebrauch des Holzes zu Zahnstochern u. s. w. 
war aber gewiss nicht so alt, alsVictor Hehn annimmt, gewiss kannten 
ihn weder Herodot, noch Theophrast. Dioskorides ist der erste, 
der des frischen Holzes vom Mastixbaume gedenkt, um Zahn- 
stocher (xaAaju/g) daraus anzufertigen (im 39. Eap. des 1. Buches). 
Diese Sitte scheint später noch weit allgemeiner geworden zu sein 
und lässt sich selbst bis in das zehnte Jahrhundert n. Chr. 
verfolgen. Man kaute auch das getrocknete Holz, um den 
Geschmack und Geruch im Munde zu verbessern. Wer 
sich daran gewöhnt hatte, Mastixholz zn kauen, hiess selbst 
ox^votQcixrrjg, 

Nach Theophrast gibt es aber noch einen zweiten Mastix, 
der von einer krautartigen Pflanze, welche den Namen l§ivrj fuhrt, 



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gewonnen wird (VI, 4, 9). Bei dieser l^ivrj kommen die Haupt- 
blätter aus der Wurzel und haben (nach Theophrast) im An&nge 
die Gestalt eines Apfels d. h. schliessen sich, ** wie es beispiels- 
weise bei der Rhabarberpflanze unserer Kulturen der Fall ist, 
nach oben zusammen. 

Später öffiiet sich diese grosse Wurzelknospe und der eigent- 
liche Stengel steigt in die Höhe und bringt an seinem oberen 
Ende eine wohlschmeckende Thräne (daxQvov evotoftov s. S. 26) 
hervor, welche den Namen Dom-Mastix (axav^ixi/j fiaorlxrj) föhrt. 
Wahrscheinlich ist die Mutterpflanze Carlina gumnodfera (Atrac- 
tylis) L., eine in botanischen Gärten vielfach angebaute Pflanze, 
wo man die Bildung des Harzes unter gewissen Umstanden noch 
beobachten kann und die noch jetzt in Griechenland viel ver- 
breitet ist. 

Auf Creta wächst aber nach Theophrast (IX , 1, 3) noch 
eine andere lU^r^^ die ebenfalls domig, aber zugleich auch holzig 
ist. Sie fuhrt den Namen Bocksdom, TQayaxavl^a^ wächst jedoch 
auch in anderen Ländern, wie im Peloponnes und Griechenland 
überhaupt. Von dieser TQaydxav&a finden wir ausnahmsweise 
wiederum eine genaue Beschreibung bei Dioskorides (im 20. Kap. 
des 3. Buches), welche gar keinen Zweifel übrig lässt, was man 
darunter zu verstehen hat Die Traganthpflanzen (domige Arten 
des Genus Astragalus) haben in den warmen Ländern des Orien- 
tes eine sehr grosse Verbreitung, merkwürdiger Weise nicht 
aber in Griechenland, wo sie nur durch Astragalus Veluchensis 
Boiss., creticus Lam., Parnassi Boiss., Cyll^ieus Boiss. und Heldr. 
und durch A. thracicus Gris., und zwar noch keineswegs in grosser 
Menge, vertreten sind. Von diesen domigen Traganthpflanzen 
waren zu Theophrast's Zeit Pflanzen bekannt, von denen man 
durch freiwilliges Austreten, besonders da, wo der Stengel aus 
der Erde hervortritt, ein achtes Gummi, was noch jetzt als Tra- 
ganthgummi im Handel ist, erhielt. 

Ich komme auf den Mastix und seine Mutterpflanze, Pi^iacia 
Lentiscus L., zurück. Auch war schon im Alterthume die Lisel 
Chios berühmt, dass man von ihr nicht allein den besten Ter- 
penthin, auch den besten Mastix bezog. Der Name Lentiscus 
war bereita den alten Römern bekannt und Plinius spricht aus- 
führlich von der Pflanze. Die Väter der Botanik trugen ihn in 



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die botanische Wissenschaft über und nannten die Pflanze Len- 
tiscus vulgaris. Toumefort benutzte das Wort zur Aufstellung 
eines besonderen Grenus, Linn^ vereinigte aber, wie bereits gesagt, 
alle Toumefort'sdien Genera dieser Gruppe in einem gemein- 
schaftlichen Genus, was er Pistacia nannte. 

3. Her Gerberstranch, Bhus Coriaria L. 

Das ursprüngliche Vaterland des Gerberstrauches möchte jetzt 
noch schwer zu bestimmen sein, das Wahrscheinliche ist aber, 
dass er von den wärmeren Ländern des südöstlichen Europa^s 
ausgegangen und sich weniger nach Osten als vielmehr nach 
Westen auf beiden Seiten des Mittelmeeres ebenfalls wie der 
Mastixbaum bis nach Madera und zu den Kanaren ausgebreitet 
hat. Dass die Alten ihn kannten, unterliegt gar keinem Zweifel, 
und zwar unter dem Namen Qovg zuerst bei Hippokrates und 
wenig später bei Theophrast (III, 18,5). Gegen seine Gewohn- 
heit giebt aber Theophrast hier eine zum Theil falsche Beschrei- 
bung, so dass man annehmen muss, er kenne nur das daraus 
angefertigte Arzneimittel und habe sich über die Pflanze von 
Anderen Mittheilnngen machen lassen. Der Gerberstrauch hat 
von Hippokrates an das ganze griechische und nicht weniger 
römische Alterthum und dann das ganze Mittelalter hindurch bis 
auf die neueste Zeit eine sehr wichtige Rolle gespielt. Dass da- 
gegen Dioskorides ihn aus eigener Anschauung kannte, geht aus 
seiner verhaltnissmässig guten Beschreibung hervor (im 147. Kap. 
des 1. Buches). 

Nach Theophrast (III, 18, 5) hat man einen männlichen und 
einen weiblichen QOvg. Er treibt weder lange, noch dicke Aeste 
und hat Blätter wie der Rüster (?), nur sind diese behaarter. Von 
diesen unterscheiden sich aber die Blätter der jungen Schösslinge 
(tujv xlwviwv Tcuv V80)v\ die gefiedert sind. Die Blätter haben 
aber sämmtlich nur die eine und zwar gefiederte Form. Die Ger 
ber gerben damit das Leder weiss. Die Blüthe soll weiss sein, 
ist aber röthlich und bildet einen irauben- oder vielmehr rispen- 
förmigen Blüthenstand, der sich aber wie bei dem Blüthenstande 
der Weinrebe kräuseln soll (rt3 oxijfictTi öi to oloax^Qis Ofliy- 
yccg exov oianeQ xal u ßnxQvg). Das geschieht aber nie, im Gegen- 



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theil ist der Blüthenstand steif- und kurzästig. Die Frucht röthet 
sich zugleich mit der Weintraube und hat die Grösse einer kleinen 
Linse. Das Arzneimittel, was den Namen ^otg fuhrt, ist knochen- 
hart (oatwdrjg). Die einfache Wurzel liegt oberflächlich und macht 
wenig Nebenwurzeln (rko^QiCa), Das Holz schliesst Mark ein 
und wird von Würmern gern angegriffen. Der Gerberstrauch 
wächst allenthalben, am Besten auf Mergelboden. 

Ueber die Frucht sagt noch Dioskorides, dass die äussere 
Hülle sehr angenehm {evxQriOTOv) sei. In den späteren griechi- 
schen Zeiten rechnete man die Früchte des Gerberstrauches selbst 
zu den Gewürzen (J]dva^ia), Sie hat auch in der That einen 
säuerlich-gewürzhafken Geschmack, der Ursache ist, dass man ihn 
gern als Zusatz, besonders zu Fischspeisen thut. 

Den grössten Nutzen bringen die Blätter, welche sich vorzüg- 
lich zum Gerben eignen und noch jetzt als Schmack einen be- 
deutenden Handelsartikel bilden. Die Mauren brachten den Gerber- 
strauch mit nach Spanien, müssen also doch schon in ihrem Vater- 
lande Syrien und Arabien den Gebrauch zur Anfertigung dbes 
vorzüglichen Leders gekannt haben, und verfertigten das berühmte 
Korduanleder, von dem früher die grössten Fabriken in Cordova 
(daher auch der Name) sich befanden. Leider ist durch die un- 
glückseligen Verhältnisse Spaniens in den letzten Jahrhunderten 
die Korduanfabrikation sehr zurückgegangen, soll sich aber neuer- 
dings mit besserem Anbau der betreffenden Pflanze wieder sehr 
gehoben haben. Auch im südlichen Frankreich baut man jetzt 
den Gerberstrauch in nicht geringer Menge an, ausserdem aber 
noch in einer geringeren Sorte, Sumac de redou, zu diesem Zwecke 
Coriaria myrtifolia L. (s. diese S. 241). Die Korduan- und Saffian- 
fabrikation befindet sich dagegen in England in einem am Meisten 
blühenden Zustande. 

Die grössten Massen von Schmack (Carini genannt) werden 
auf Sicilien gewonnen und gehen zum grössten Theil nach Eng- 
land, was einen Bedarf von nicht minder als 19 000 Tonnen hat. 
Nach Hamburg gehen dagegen im Durchschnitt alljährlich etwa 
gegen 10000 Tonnen. Allein aus dem Hafen von Palermo auf 
Sicilien wurden nach Theobald Fischer im Jahre 1875 für 15 MiU. 
Frank Sumachblätter ausgeführt. 



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Das Wort Rhus hatten schon, wie früher ausgesprochen, die 
alten Römer in ihrer Sprache eingeführt und wurde auch von 
Seiten der Väter der Botanik für den Gerberstrauch benutzt, eben 
so von Toumefort. Linn^ war der erste, der unter diesem Namen 
alle ähnlichen in der alten und neuen Welt vorkommenden Ge- 
hölze zum Genus vereinigte. 

4* Der Perrflckenstrauch, Cotlnus Coceygea Seop* 
(Khos Cotinos L.)- 

Das Vaterland des Perrücken Strauches oder, wie es auch heisst, 
Fisethholzes mag wohl das südliche Osteuropa und Kleinasien 
sein, in Griechenland gehört er zu den Verbreitetesten Gehölzen. 
Von da hat er sich in Südeuropa westwärts bis nach Frankreich 
verbreitet, nicht aber auf der Südseite des Mittelmeers, in Nord- 
afrika. Die alten Griechen kannten ihn unter den Namen xox- 
xvyiay aber nicht vor Theophrast und selbst dieser beschreibt ihn 
(III, 16, 6) nur sehr oberflächlich, indem er sein Hauptmerkmal, 
was kein anderes Gehölz haben soll, (^Idiov äi k'xei xo BxnctnnovQ" 
d^ai TOP xaQTinv) angiebt und nichts weiter erwähnt. Von Roth- 
farben, wie in den meisten Wörterbüchern steht, sagt Theophrast 
kein Wort, sondern fugt nur noch hinzu, dass der kleine Baum 
allgemein verbreitet sei. 

Die den Alten besonders bei den Körbchenträgem oder Kom- 
positen sehr gut bekannte und auch ndnnog genannte Haarkrone 
ist aber bei dem Perrückenstrauche, wie angegeben, nicht vorhan- 
den, sondern der Blüthenstand ist polygamisch, die männlichen 
Blüthen fallen nach der Befruchtung ab, ihre Stiele verlängern 
sich aber und umgeben sich mit Haaren, so dass der Blüthen- 
stand einer Perrücke nicht unähnlich aussieht, in der nur wenige 
bräunliche Früchte sich befinden. 

Als Genus-Namen hat Toumefort das Wort zuerst in der 
wissenschaftlichen Welt eingeführt und Scopoli seit der Einfuhrung 
der Linn^'schen Nomenklatur den Strauch als Cotinus Coccygea 
beschrieben, Linn^ dagegen vereinigte den Strauch mit seinem 
Genus Rhus. Wie die Römer dazu kommen, das Wort xovivog^ 
was bei den Griechen den wilden Oelbaum bedeutet (s. diesen 
S. 125) für den Perrückenstrauch zu gebrauchen, sucht man ver- 



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gebens zu erklären. Plinius führt sogar den Strauch mit seinem einer 
Perrücke nicht unähnlichen Blüthenstande zwei Mal auf. Ein Mal 
bezeichnet er ihn als einen kleinen Baum da* Apenninen, niiit dem 
man Leiuenzeug pnrpnrroth färbte, mit dem Namen Cotinus 
(Plin. XVI, 73), das zweite Mal nennt Plinius den Strauch Coc- 
cygea (-XIU, 121) und charakterisirt ihn durch den eigenthüm- 
lichen Pappus. 



Draek yoo Gebr. ünger (Tb. Qrimm) in Berlin, SctaÖnebergerstrasse 17a. 



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