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SAMMLUNG ILLUSTRIERTER
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HERAUSGEGEBEN VON
GEORG BRANDES
V1ERUNDDRE1SS1GST1ER BAND
Published September 2p, ipo8.
Pnvilege of Copyright in fhe
United States reserved under tbe
act approved Marcb j, tpo^ by
Marquardt er Co. Berlin
CHINESISCHE I.,i\ü!<CH.lFT
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ZUR EINFÜHRUNG
iE MEHÄ UNS GELEHRTEN-
fleiß und Liebhabereifer die Literaturen
des alten Orients erschließen wird, um
so deutlicher wird es werden, daß wir
auch die Völker jener Zeiten nicht als
unter sich abgeschlossen betrachten
dttrfen; ein großer Kulturstrom flutet
zwischen dem Westen und Osten und
macht wechselnd dieses oder jenes Land besonders frucht-
bar. Die Schranke, die das biblische Volk von den anderen
Völkern trennte, ist nun auch fttr die Laien gefallen und
ebenso wird die chinesische Mauer fallen mttssen und der
zukünftige Forscher, der das ganze Gebiet umfaßt, wird
in der asiatischen Kultur eine Gesamtheit, eine große Ein-
heit sehen, deren Entwicklung so organisch ist, wie das
Wachsen alles Lebendigen. In unseren Tagen freilich gilt
es noch, die einzelnen Bausteine zusammenzutragen und aus
ihnen vor dem geistigen Auge, das ein Idealbild vor sich
hat, ein Bauwerk erstehn zu lassen, wie es der Wirklich-
keit nicht allzu unShnlich sein mag. Noch ist die Kenntnis
des Chinesischen auf eine verschwindend kleine Zahl von
Forschem beschrSnkt» und so gewaltig und bewundernswert
auch ihre Leistungen sein mögen, so widmen sich doch
die meisten nur einigen gewissen Perioden und besonderen
Gebieten. Die sog. „Klassischen Bacher" haben in Europa
eingehendste Interpreten und vortreffliche Dolmetscher ge-
funden, ebenso eine Reihe konfuzianischer und buddhisti-
BJ{jnSfDZS: 'DTE LJTEJiJfTVJi, BATiD XX2CIY A
OTTO JtJlVSWi
scher Schriften, aber die chinesische Literatur wurde nur
in Rudimenten bekannt. Und doch ist kaum Irgend ein
Volk so literarisch im buchstäblichen Sinne wie das chine-
sische. Seit den ältesten Zeiten besitzt es eine Schrift,
die, aus Hieroglyphen erweitert. Im wesentlichen noch heute
die gleiche ist und es durch ihren noch immer hieroglyphi-
schen Charakter möglich macht, daß der Gebildete — und
das Ist der Schriftkundige — alle Denkmäler seiner Sprache
ohne nennenswerte Schwierigkeit lesen und verstehn kann,
während dem Deutschen schon das Mittelhochdeutsche
Mtthe macht und das Althochdeutsche und Gotische bereits
unverständliche fremde Sprachen sind. Eben jener hiero-
glyphische Charakter der Schrift bringt es mit sich, daß
der Unterschied der Dialekte, der sonst ein Vierhundert-
millionenvolk in zahlreiche Völkerschaften zerspalten hätte,
sich weiter nicht geltend macht, ja, daß auch fremde Na-
tionen, die sich ihrer bedienen lernten, wie die Koreaner
und Japaner, alle chinesischen Werke verstehn können,
wenn sie sie auch in ihrer Sprache zu lesen gewohnt sind.
Und auch für sie hat die chinesische Literatur ihre nor-
mative Bedeutung. Mit Bezug hierauf konnte das Chi-
nesische das Lateinische des Ostens genannt werden. Die
Parallele Ist nicht unbedingt abzuweisen, wenn man bedenkt,
eine wie große Rolle das Lateinische noch vor hundert
Jahren Im internationalen Gelehrtenverkehr spielte und daß
es noch heute die hochoffizielle Sprache der Universitäten,
ja teilweise noch ihre Unterrichtssprache Ist. Trotzdem aber
wurde oft genug das Chinesische als eine rückständige
Sprache bezeichnet, ja ihrer Einsilbigkeit wegen ihr Unkultur
vorgeworfen. Inwiefern das Chinesische wirklich eine ein-
silbige Sprache Ist und war, wird von den Forschern noch
zu entscheiden sein. Jedenfalls ist der Engländer, wenn er
in Sätzen wie „1 will go" Begriff nach Begriff setzt, ohne
CTiJMESISCTiE DJCTiTUMG ^
irgendwelche Verbindung dazwischen, bereits ebensoweit
wie der Chinese, andrerseits aber benötigt das Chine-
sische sehr oft zweier und mehrerer Silben, um einen
Begriff zu bezeichnen, was zu zwei- und mehrsilbigen Worten
im Sinne unserer Worte „Muh-sal", „Lehr- er" usw. führt.
In der Tat lebt das Chinesische nicht anders als jede andere
Sprache, einzig ihre Schrift bleibt unveränderlich dieselbe.
Dies aber war, wie erwähnt, für das Schrifttum als stets
lebendige Kraft nur zum Vorteil.
Wer eine Reihe von Literaturen kennen gelernt hat, wird
alsbald in den verwendeten Metren mehr sehen als nur ein
mathematisches Spiel mit den Möglichkeiten der Silben-
verteilung. Die Prosodie ist mit ein Charakteristikon für
die Höhe der künstlerischen Verfeinerung. Und da zeigt
sich denn das Chinesische allen übrigen großen alten Litera-
turen völlig ebenbürtig, vielleicht der Zeit nacl^ voraus. Bis in
die älteste Zeit läßt sich Reim und Silbenmaß verfolgen
und wenn man auch nicht die uns aus grauester Vorzeit
überlieferten Verse als echt anerkennt, so reichen doch
selbst aus dem Schi-king einige Lieder noch in das zwölfte
vorchristliche Jahrhundert und höher hinauf. Aber auch
hier zeigt sich die Metrik schon so bemerkenswert aus-
gebildet, daß die spätere Entwicklung in formeller Hin-
sicht nur mehr wenige Fortschritte bringen konnte. Ver-
wunderlich muß es sein, schon in so früher Zeit das Gha sei
als Hauptform der chinesischen Gedichte zu finden. Unter
jenen ältesten Versen, die uns das Schu-king überliefert,
den „Liedern der fünf Prinzen", Rügelieder auf den Kaiser
Tai Kang (2188 — 2160 v.Chr.), lautet das des zweiten in
vereinfachter Transkription:
Nei tse sse huang
wai tse kin huang.
OTTO TtJJUSWj
kan tsien schi yin,
tsin yü tiao tsiang,
ycn yih yü tsc,
wei huo pu wang.
Zu deutsch:
Wer daheim nur sucht Behagen,
Draußen sich ergötzt am Jagen,
Schlösser baut und Wände schmückt.
Trinken h'ebt und Saitenschlagen,
Wer nur dieser Lüste pflegt.
Muß die üblen Folgen tragen.
Also ein Ghasel, wie man es aus Platen und Rückert
kennt. Auf die gleiche Grundform lassen sich die meisten
Strophen der Schi -king- Lieder zurückführen und wo das
Reimschema auffallend gestört erscheint, mag der Text
verunstaltet oder die Aussprache verändert sein. Später
kommt das Ghasel fast zur Alleinherrschaft, und so mag
es wohl nicht undenkbar sein, daß die arabischen SchifP-
fahrer aus vormohammedanischer Zeit bei ihren Aufent-
halten in China, von denen berichtet wird, sie ebenso
poesiebeflissen, wie China gerade damals aufs höchste lite-
rarisch, die Ghasel form kennen lernten und mit in ihre
Heimat brachten und auch der aus dem Arabischen nicht
abzuleitende Name könnte eine Umbildung aus dem Chine-
sischen sein, wo ko und sse Bezeichnungen für „Gedicht"
sind, mit angehängter Bildungsilbe rl. Es wäre dies
eines jener Momente, das eine Wechselwirkung der Kul-
turen schon in so alter Zeit bezeugte, da Arabien der Welt
noch nicht den Islam gegeben hatte. Das Reimschema
bleibt durch die ganze chinesische Literatur dasselbe, nur
die Zahl der Silben ist der poetischen Mode unterworfen
und ist bald drei, bald fünf, bald sieben, nur ausnahms-
CHmESJSCJtE DlCnTUJ^G
weise sechs oder neun; reimlose Gedichte in freien Rhythmen
sind sehen, wenig häufig auch solche, in denen die Zeilen
verschiedene jener stereotypen Silbenmaße haben; eine
Strophenbildung in unserem Sinne kommt bald nur mehr
in der Volksdichtung vor, aber der Vierzeiler gewinnt große
Beliebtheit, wie ebenso auch in der persischen Lyrik, die
von Arabien die Ghaselform ttbernahm. Obwohl nun das
Chinesische eine einsilbige Sprache ist, verwenden die
künstlicheren Dichter einer verfeinerten Zeit doch eine
große Sorgfalt auf den Rhythmus, der sich hier naturgemäß
mehr auf die Worte als Satzteile, denn als Silben bezieht,
vermeiden zwei gleichtonige Worte zusammenstoßen zu
lassen und suchen melodische Wirkung. In der Tat wird
der chinesische Vers ja auch nicht gesprochen, sondern mit
halber Sangstimme deklamiert. In meinen Übertragungen,
die, soweit nicht anders bemerkt, durchwegs auf den chine-
sischen Text zurfickgehn, habe ich das Versmaß insoweit
bewahrt, daß ich für jeden Versfuß im Chinesischen (hier
Monopodien) einen deutschen (Trochäus oder Jambus)
setzte, wie es das kleine Rfigelied des Prinzen dem Original
gegenüber veranschaulicht und wie dies auch Viktor von
Strauß in seiner Schi -king- Übertragung tat, nur habe ich
nicht, wie er, durchwegs das Reimschema bewahrt, sondern
die Distichen der Ghasele einfach paarig gereimt, wie
gleicherweise Rückert die arabischen Ghaselen der Ha-
mas« zumeist in solchen Reimpaaren übertrug, um sich näher
an den Text anschließen zu können. Dies war auch mir
das wichtigste; denn gerade hierin liegt die hauptsächlichste
Versündigung der meisten bisherigen Dolmetscher, der
französischen zumal. Fast alle paraphrasieren die chine-
sischen Gedichte und rauben ihnen dadurch ihren besten
Reiz: die bewundernswerte Prägnanz des Ausdruckes, worin
ihre eigenartige klare, scharf umrissene Schönheit liegt und
OTTO TtJlUSEJi
die mit den nur melodischen 'Wortklingeleien einer eben
modernen hierländischen Lyrik auf das angenehmste kon-
trastiert. Durch diesen genauen Anschluß an die Originale
tritt auch noch ein anderes Kunstmittel der chinesischen
Poesie aller Zeiten deutlich hervor: jener parallelismus
membrorum, den man aus den biblischen Psalmen und ihren
babylonischen Urbildern kennt. Er mag^ die Grundform
der Poesie des alten Asien gewesen sein; die chinesische
Dichtung, die Veden, Babylon und Juda weisen auf ihn
zurück, und auch uns ward er durch die hohe Bedeutung,
die das Alte Testament für uns gewann, vertraut und ge-
läufig, er gleichfalls ein Zeugnis für die große Einheitlich-
keit der Kulturbewegung, für die Wechselbeziehungen der
Völker untereinander.
KV FV TSE (KOSFIV.IVS)
DAS SCHI-KING
KONFUZIUS UND LAO TSE
ONFUZIUS (S5 1 —479 v- Chr.), DIESE
echteste Inkarnation des Chinesentums
seiner Zeit, da sich noch keine indi-
schen oder mongolischen EinflQsse in
dem „Blumengarten der Mitte" rich-
tungändernd bemerkbar gemacht hatten,
gilt auch als Sammler des kanonischen
Liederbuchs, das die Basis der chine-
sischen Dichtung bildet. Aber er war wohl nur
sein Redaktor wie ähnlich des Schu-king, des
kanonischen Historienbuchs, zu denen als weitere
kanonische Bücher noch das dunkel-spielerische
Yih-king, das Li-ki, den Sitten und Gebräuchen
gewidmet, und das Tschun-tsiu, „Frühling und
Herbst^% eine Chronik des Staates Lu, kommen,
letztere nach Wilhelm Grubes wertvollen Unter-
suchungen*) zusamt mit ihrem Kommentar das einzige uns
überkommene eigene Werk des Konfuzius. Es
mag hier doch erwähnt sein, wie allgemeines
Aufsehen es machte, als eben in der günstigen
Zeit des Rationalismus Europa mit dem chine-
sischen Philosophen, der seine Weisheit vom Tage
um mehr als zwei Jahrtausende vorausgenommen,
bekannt wurde. Um seinetwillen hieß König Fried-
rich Wilhelm 1. von Preußen auf theologische An-
schwärzung hin den hall i sehen Vernunftphilosophen
Christian WblfP binnen achtundvierzig Stunden
*) „Geschichte der chinesischen Literatur", Leipzig, C.
F. Amelang. 1902.
Schi-
Kung
Fu
Tsc
^
OTTO JiJllfSEJ{
Lao
Tse
Tao-
,,bei Strafe des Stranges" seine Lande verlassen. Ein anderer
Theolog, Viktor von Strauß, machte hundertfünfzig Jahre
spSter jene Verleumdung wieder gut, indem er das Schi-king
nach dem Originale sorgfältig ins Deutsche fibertrug (Heidel-
berg, Carl Winter, 1 880). Ein Menschenalter vor Konfuzius
lebte und lehrte Lao Tse (geb. 604), sein Gegenpol und
Ausgangspunkt einer anderen, ffir die Poesie
ungleich fruchtbareren Bewegung. Konfuzius
ist der Rationalist, der Philosoph des gesunden
Menschenverstandes, der ja sehr wohl mit Liebe
zur Dichtkunst vereint sein kann, Lao Tse der
Mystiker, der in seiner Lehre vom Weg (Tao
und daher Taoismus) , den allein der Mensch zu
wandeln habe, in eigentfimlicher Weise an Christi
Wort: „Ich bin der Weg, die Wahrheit und das Leben"
gemahnt; und auch der Buddhismus kennt diesen „einzigen
Weg". Ffir Lao Tse und seine Anhänger ist alles lebendig*
Himmel und Erde von Geister scharen erffillt,
alles voll mystischen Beziehungen, geheimnisvollen
Rätseln. In China ist das Tao-teh-king, das
wohl auf seine eigenen Aussprüche zurückgeht
wie die Jesuworte der Evangelien auf Jesu Reden,
ohne von ihm selbst geschrieben zu sein, dieses
„Buch vom wahren Weg", Prototyp unendlicher
Deutbarkeit, seit Jahrhunderten in Vergessenheit
geraten; aber den Dichtern der Tang -Periode
war, wie schon hier betont sein mag, der Taoismus
vielfach Quelle dichterischer Symbole und Vor-
stellungen, auch wohl Zuflucht ffir ein von derWirklichkeit ver-
letztes Gemfit. Alexander Ular hat das Tao-teh-king „der chi-
nesischen Urschrift des Lao-tse in deutscher Sprache nachge-
dacht", wie er sich ausdrückt (Leipzig, Insel -Verlag, 1903),
nachdem Viktor von Strauß bereits eine dagegen noch ziem-
MEXÜ TSE
CmTiESlSCHE DJCfiTUTiG
I
lieh nüchterne Wiedergabe veröffentlicht und Stanishs Julien
und James Legge das Buch den Franzosen und Engländern
vermittelt hatten. Die Nachrichten über Lao Tse sind sehr
spärlich. „Niemand weiß, wo er geendet"« sagt der älteste
biographische Abriß von ihm« die Folgezeit ließ ihn kurz
nach Vollendung seines Buches auf einem schwarzen Bullen
I gen Himmel reiten und für immer verschwinden. Einen
Drachen« von dem er nicht weiß« wie er auf Wind und
Wolken dahinfahren und zum Himmel auffliegen kann« soll
ihn Konfuzius nach ihrer legendarischen Begegnung ge-
nannt haben. Konfuzianismus und Taoismus sind bis in das
erste Jahrhundert der nachchristlichen Ära für das chi-
nesische Geistesleben bestimmend« jener für die Masse«
dieser für die Einzelnen. Wie dann der Taoismus in seiner
Veräußerlichung zu bloßem phantastischen Geisterdienst
Volksreligion wird« ist eine Geschichte für sich.
Es ist schon gesagt worden« daß Konfuzius nur der
Redaktor des Schi-king ist« nicht sein Sammler« noch
weniger Dichter einzelner Lieder. Wunderbar genug ist
die Geschichte des Schi-king an und für sich. AJs der
berüchtigte Schi Hoang Ti« um die Einheit des von ihm
begründeten Großreiches mit Gewalt zu befestigen« alle
Chroniken« Geschichts- und Liederbücher der einzelnen
Staaten verbrennen ließ (213 v.Chr.)« stand auch das Schi-
king auf dem Index. Und wirklich sollen alle Exemplare
der Sammlung verbrannt worden sein. Aber nach dem
Sturze seiner Herrschaft« als die Han-Dynastie wieder die
Restauration durchführte« fanden sich genug Leute« die das
Schi-king noch auswendig konnten« und so wurde aus ihrem
Munde die Sammlung im genauen ursprünglichen Wort-
laute neu aufgezeichnet. Ganz unmöglich ist dies nicht« da
man doch in Indien noch heute Leute findet« die den
ganzen Veda auswendig können« und auch Vuk Stefanovitsch
10 OTTO TiJJUSEJi
Karadschitsch noch vor weniger als hundert Jahren von scr-
bischen Quslaren Tausende von Versen rezitieren hörte und
so der Welt die Lieder von Marko dem Königssohn und dem
Zaren Lazar retten konnte, aber wahrscheinlicher mag es
doch sein, daß auch noch etliche Handschriften erhalten ge-
blieben und von dem Forschereifer der Altertumsfreunde jenes
Rinascimento aufgefunden worden waren.
In Rfickerts Werken findet man auch eine Nachdichtung
des Schi-king, der die lateinische Obersetzung des Pater
Lacharme, um 1 733 verfertigt, 1 830 von Julius Mohl heraus-
gegeben, zugrunde liegt; RQckert selbst verstand nicht
Chinesisch. So mangelhaft nun notgedrungen diese Ober-
tragungen trotz ihrer oft recht gelungenen Form sein
müssen, so ist doch durch sie das Schi-king dem Bestände
unserer Weltliteratur dauernd eingereiht. Viktor von Strauß
konnte sie durch seine Nachdichtungen, um wie vieles text-
gerechter sie auch sind, nicht verdrängen.
Das Schi-king umfaßt alle möglichen Lebensverhältnisse
der alten Zeit. Wir hören die Wegerichpflückerinnen bei
ihrer Arbeit singen, lesen von kühnen Jägern, die unglaub-
liche Beute erlegten, von mühseliger Feldwirtschaft und
heiteren ländlichen Festen, da Männer und Frauen am Ufer
des Wei lustwandeln und sich unter Scherzen mit Chrysan-
themen und Pauschelrosen beschenken. Auswandererklagen
aus Zeiten der schweren Not, Beamtenklagen über Zurück-
setzung und Verleumdung, Klagen liebender Ehefrauen,
die ihres ferne weilenden Gemahles Rückkunft ersehnen,
geben ganzen Abschnitten einen elegischen Ton. Dann
wieder blühen liebliche Scherzlieder unvermutet zwischen
politisch kommentierten Versen auf und erfreuen durch
ihre Ungezwungenheit und Keuschheit. Ich zitiere eines,
das Viktor von Strauß „Mädchenbitte" überschreibt, in
seiner Verdeutschung:
CTtmESISCJiE DICJiTUJ^G II
Ich bitte, Tschung Tse, höre michl
Steig' nicht in unser Dörfchen her.
Zerbrich nicht unsre Weidenpflanzen mehrl
Wie wagt' ich es und liebte Dich?
Vor meinen Eltern furcht' ich mich.
Du, Tschung, magst mir im Sinne sein;
Doch vor der beiden Eltern Reden
Darf ich der Furcht wohl inne sein.
Ich bitte, IschungTse, höre michl
Steig' über unsern Wall nicht wieder.
Brich nicht die Maulbeerpflanzen nieder I
Wie wagt' ich es und liebte Dich?
Ich fürchte meine älter n Brüder.
Du, Tschung, magst mir im Sinne sein;
Doch vor der Sltem Brüder Reden
Darf ich der Furcht wohl inne sein.
Ich bitte, Tschung Tse, höre michl
Steig' nicht durch unsern Gartenzaun, <
Brich nicht die Sandelpflanzen, die wir baunl
Wie wagt' ich es und liebte Dich?
Der Leute Reden furcht' ich, die es schaun.
Du, Tschung, magst mir im Sinne sein;
Doch vor der Leute vielen Reden
Darf ich der Furcht wohl inne sein.
Dieses Gedicht ist zugleich ein Beispiel für die im Schi-
king beliebte Form der Variation, die es nicht bezweifeln
laßt, daß diese Lieder für den Gesang bestimmt waren
und wohl mit der Melodie zugleich entstanden sind.
Ein „Wink zur Werbung" geht von einer Witwe aus,
die in ungewissen Zeitläuften, da oftmals die Eheleute von-
einander gerissen wurden, einen Witwer sieht, den sie mit
Rock, Gurt und Gewand ausstaffieren möchte:
J2 OTTO TtJlUSEJi
Es geht ein Fuchs so ganz allein
Und ist am Ki-Fluß auf dem Block.
Und meines Herzens Kummer ist:
Der gute Herr hat keinen Rock.
Es geht ein Fuchs so ganz allein.
Und ist am Ki-FIuß auf der Furt.
Und meines Herzens Kummer ist:
Der gute Herr hat keinen Gurt.
Es geht ein Fuchs so ganz allein.
Und ist am Ki-Fluß auf dem Strand.
Und meines Herzens Kummer ist:
Der gute Herr hat kein Gewand.
(Viktor von Strauß.)
Eine Ungeduldige mahnt ihre Freier:
Geschüttelt sind die Pflaumen,
Und übrig sind nur sieben, ol
Die ihr mich wollt, ihr jungen Herrn,
Jetzt ist die Zeit zum Lieben, ol
Geschüttelt sind die Pflaumen,
Und übrig sind noch dreie, ol
Die ihr mich wollt, ihr jungen Herrn,
Jetzt ist es an der Reihe, ol
Geschüttelt sind die Pflaumen,
Und all in vollen Körben da.
Die ihr mich wollt, ihr jungen Herrn,
Jetzt ist die Zeit zum "Werben da.
(Viktor von Strauß.)
Der Liebste bietet seiner Herztrauten Rubinen für
Melonenbaumfrüchte, Diamanten für Pfirsiche, Saphire für
Pflaumen; das Tagelied eines fürstlichen Paares erinnert an
CftmESISCHE BlCTtTVT^G
das berühmte «»Es ist die Nachtigall und nicht die Lerche" ;
ein schüchternes MSdchen bittet den schönen jSger, es ja
nicht anzurühren und achtzugeben, daß ihr Hündlein —
nicht belle (Goethes ,, Verschiedene Drohung"). Oberall
trifft man auf schelmische Züge, wie sie sich in der spä-
teren chinesischen Dichtkunst nur mehr selten finden. Von
den Kriegsbeschwerden, den Beamtensorgen erzählen andere
Lieder, den größten Raum nehmen die zu Festen gedichte-
ten ein, die uns das Vermählungs-, das Beamteneinffihrungs-,
das Opferzeremoniale jener Tage zeigen und wenn auch kein
poetisches, so doch ein kulturhistorisches Interesse haben.
Konfuzius legte seinen Schülern nach dem Lun-yü, das
von seinem Wirken berichtet, des öfteren das Studium
des Schi-king ans Herz; er meinte damit wohl gewiß
nicht, daß man die Lieder bis ins Unendliche kommen-
tieren und in den einfachsten Worten politische Be-
ziehungen oder nützliche Lehren aufdecken möchte, wie
es dem beschränkten Gelehrtenverstande zufolge auch in
China geschah, und so mag nun der Europäer bei der
Lektüre dieser östlichsten Liederblüten mehr Genuß haben
als der Chinese selbst, dem ihre Schönheit sich unter
einem ebenso dichten Wust gelehrter Floskeln birgt, wie
das Hohelied dem rabbinischen Juden. Und hier mag noch
darauf hingewiesen sein, daß die Kanonisierung der Haupt-
schriften des Alten Testaments, sowie die Sammlung der
homerischen Gesänge in dieselbe Zeit fällt, wie die end-
gültige Redaktion des Schi-king und des Schu-king und
jener drei anderen Schriften, die für den Chinesen die Be-
deutung einer Bibel haben, eines Fundaments der weiteren
Literattnrentwicklung und die von Vorbildern, deren Größe
für alle Zeiten unerreichbar bleibt. Und die Zeit Kung
Fu Tses und Lao Tses und ihrer Schüler war zugleich die
des Beginnes der griechischen Philosophie.
KlÜ YÜAN UND DAS Ll-SAO
DIE ELEGIEN VON T^U
:HEN dem SCHl-KlNG UND
ersten groSen Literaturbewegung
ihm liegt eine Spanne von meh-
Jahrhunderten, die durch viclfSI-
politische Wirren und durch die
E philosophttche Bellt igung ge-
rn »utgefalh ertchefnen. Gerade-
chts Poetische* ist uns au« dieser
Periode Qberliefert, ohne daß wir darum ein vfillig amusi-
sches Geschlecht anzunehmen brauchten, das Phantasie und
SchBnheit nicht kannte oder leugnete. Kiü Yüan (333 bis
395 V. Chr.), der erste Dichter der neuen Epoche, schreibt
bereits in einem so hohen Stil, daß wir ihn ntnr als Voll-
ender, nicht als Initiator ansehen kSnnen. Aber wie er
nun ga« ohne Vorginger dasteht, wird er uns tum uner-
l^_^^ warteten Phinomen, von dem ein Li Tai Po sehr
wohl sagen konnte, daS es bis an den lichten Mond
—-ä aufrage. In mehr als einer Beziehung erinnert
^ ^ er uns an Dante, der ebenso plötzlich mit seiner
IS gewaltigen Dichtung aus seinem Volke ersteht, der
W* ebenso in ihr sein Verbanntenleid, seine Trauer
um die Gegenwart und seine Hoffnung singt, aber
die zeitgenSisische Parallele fQr ihn sind wohl die
griechischen Tragiker und diehebrSischenPropheten,auchsie
beide politische Dichter. KiOYllan war mit dem Herrscher-
hauEc von Tsu verwandt und Ratgeber seines K&nigs Hoai
CTtlMESISCHE BlCftTUT^G
'VC^ang. Verleumdung aber brachte ihn in Ungnade und in
der Verbannung schrieb er nun sein berühmtes
Gedicht, das Lisao, ,Jn Ungemach verfallen"
oder schlechthin „Der Verbannte" za über-
setzen. Es schildert eine allegorische Wande-
rung durch Erde und Himmel. Zu Beginne
rühmt der Dichter sich seiner Tugenden, die ihn
wie Blumen schmücken:
Ich war an allem angebornen Adel reich.
Verdoppelt* ihn durch Pflege jeder Kraft,
Lilien pflückt' ich am Strand, Narzissen mir im Tal,
Herbstorchideen reiht' ich zu Gürtelsteinen mir.
Dem Strome gleich bangt' ich, mein Ziel nicht zu erreichen.
Und fürchtete, die Jahre eilten mir voraus,
Magnolien pflückt' ich morgens mir am Berge Pi,
Und abends bracht' ic|||^von den Inseln Immergrün.
Tagr und Monde fliehn und können nicht verweilfit
Lenze und Herbste folgen sich in stetem Wechsel,
Blüten flattern im Wind, der Bäume Blätter fallen —
Schon wird es Abend; teures Wesen, kommst du nimmer?
Noch auf der Jahre Höhe nicht, verlaß den Irrpfad doch 1
Magst du dich nicht bekehren zu dem guten Brauch?
Besteig das Roß, das wie der Wind dich trägt.
Und komm auf meinen Pfad, den Pfad der alten Weisen!
«
Aber alle Mahnungen, die Kiü Yüan unter solchen Bil-
dern an seinen König richtet, fruchten nichts, und verleum-
det und nahe daran, seinem Leben selbst ein Ziel zu setzen,
pilgert der Dichter zu dem Grabe des mythischen Kai^OEfi,
Schun, um vielleicht dor( Erleuchtung zu finden. XXry^CunXzXj
Tränen an dem Grabe knieend, wird ihm die Zuversicht,
daß er recht gehandelt hat. Da jedoch fühlt er sich gen
t
l6 OTTO TiJJUSEJi
Himmd erhoben, auf einem Drachenwagen fllhrt er durch
die Lüfte, und nun enthüllen sich ihm Gesichte der Ver-
gangenheit und Gegenwart:
Den Sonnenlenker hieß ich mäßigen die Eile,
Denn schon die Westhöhn sah ich, wo die Fahrt hingeht.
Wie unermeßlich ist der Raum, wie weit die Bahnl
Ich wollte ziehn und einen Weisen suchen.
Im Teich des Untergangs ließ ich die Rosse trinken.
Die Zügel band ich an den Baum des Aufgangs fest.
Vom Leuchtbaum brach ich einen Zweig, der Sonne noch
Und schweifte unstet hin und her. [zu wehren.
Schon aber zog des Mondes Wagen mahnend auf.
Im Rücken schwang der Gott des Windes seine Flügel:
Ein Phönixpaar sprach vor für meine Bitte,
Den Eingang aber wehrte mir der Donnergott.
So herrscht auch im Himmel Neid und Mißgunst und
der Redliche muß weiterziehn, um das „teure Wesen", wie
er den gesuchten weisen König in seiner Sehnsucht nennt,
anderswo zu suchen. Am anderen Morgen fliegt er zu
den Unsterblichen auf dem Gebirge Ku-lun auf, ebenso
vergeblich. Auch in das Schloß des östlichen Himmels-
gottes zieht er, um da sich mit der Königin Fu, einer Tochter
des mythischen Kaisers Fu Hi, die, im Flusse Lo ertrunken,
zu einer Flußgöttin geworden war, als mit der Personifika-
tion der nirgends auffindbaren Weisheit zu vermählen. Mit
einem Korallengürtel kommt er, den er ihr als Werbe-
geschenk bringen will — aber er findet sie nicht daheim
und der Donnergott muß sie erst suchen gehn, und als
»er sie gefunden, sieht der Dichter sie als ein stolzes hof-
färtiges Weib und wendet sich abermals fort. Wieder in
Unrast durch die Lande wandernd, befragt er die beiden
CTtmESJSCHE mCHTUJMG ly
Magier Ling Fen und Mu Hien und beide raten ihm, sei-
ner Heimat den Rficken zu kehren und noch einmal die
Fahrt zu wagen, in der Fremde werde er sein Glück finden.
Trotz des Mißerfolges seiner ersten Fahrt schwingt er sich
noch einmal zum Himmel auf, über das Kun-lun-Qebirge
hinweg; doch die Götter erreicht er auch jetzt nicht und
nur immer die Klänge der Vergangenheit hört er vor seinem
Ohre rauschen.
Bis an die Burg des Himmelskönigs hatt' ich mich erhoben.
Da fielen meine Blicke wieder auf mein Vaterland.
Der Lenker klagte: heimwärts sehnten sich die Rosse — ,
Heftig da schlug mein Herz und nimmer weiter mocht
ich ziehn.
Es folgt nun noch ein Epilog von fünf Zeilen:
Zu Ende ging die Fahrt.
Ach, keiner ist in diesem Land, der mich verstünde!
Was trag' ich Sehnsucht dann nach diesem Lande noch?
Ach keiner ist, der treulich es beriete.
So wähle ich den Weg dahin, wo Peng Hien weilt.
Und diesen Weg ging er in der Tat. Noch suchte er
nach dem tragischen Ende Hoai Wangs auf den neuen
König in seinem Sinne zu wirken, aber seine Feinde setzten
es durch, daß er neuerdings verbannt ward. Mit wirrem
Haar, so erzählt man, verhärmt und abgezehrt, sah ihn eines
Tages ein Fischer an dem sumpfigen Ufer des Flusses Mi-lo
umherirren, erkannte ihn und fragte ihn: „Herr, seid Ihr
nicht ein Großwürdenträger aus einem der drei königlichen
Geschlechter? Wie kommt Jhr hierher?" Kiü Yüan ant-
wortete: „Die Welt ist in Schmutz versunken, ich allein
bin rein; die Menschen alle sind trunken, ich allein bin
klaren Sinnes. Dies ist der Grund, daß ich verbannt wurde."
Der Fischer sagte hingegen: „Der Weise lehnt sich nicht
BHATWES: DTE LJTEJi^TVJi, B^JVD XXXIV B
l8 OTTO TiJJUSEJj
gegen die Zeitverhältnisse auf, sondern paßt sich ihnen an.
Wenn Ihr sagt, alle Welt sei in Schmutz versunken, warum
wollt Ihr gegen den Strom schwimmen und ihn hell machen?
Wenn alle Menschen trunken sind, warum trinket Ihr nicht
mit ihnen, sondern begehret leichteren Trank? Warumhabt
Ihr den Sinn auf allzu kostbare Kleinodien gerichtet, was
Euch in Verbannung bringen mußte?" Darauf erwiderte
Kiü YÜan: „Es ist, daß wer seine Kleider rein hält, auch
seine Mütze abstäuben wird, und wer ein Bad genommen,
wird nichts an sich unsauber lassen. Wie möchte es sein,
daß meine Lauterkeit von all dem Unrat der Welt unbe-
sudelt bliebe? Lieber will ich mich in die ewigen Fluten
stürzen und in eines Fisches Bauch mein Grab finden. Wie
brächte ich es auch je über mich, mein blendendes Weiß
den Wirrnissen der Welt auszusetzen?" Und nachdem der
Fischer gegangen war und er noch in einem Gedicht seiner
Liebe zur Heimat Ausdruck gegeben hatte, nahm er einen
Stein in die Arme und stürzte sich mit ihm in die Fluten
des Mi-lo, wie einst auch Peng Hien aus Schmerz darüber,
das Vertrauen seines Fürsten verloren zu haben, im Wasser
den Tod suchte. Es war am fünften des fünften Monats,
und alljährlich noch wird an diesem Tag auf den Flüssen
das Drachenboot fest veranstaltet, dessen Grundgedanke ist,
nach dem Leichnam des ertrunkenen Dichters zu suchen.
Die Legende war bei der Überlieferung von Kiü Yüans
Leben gewiß mit im Spiel ; Geburts- und Todesdatum passen
nur schlecht mit den Ereignissen zusammen, denen das Li-
sao seine Entstehung verdanken soll. Die Dichtung soll
vor dem Jahre 3 1 1 geschrieben worden sein. Damals aber
war Kiü Yüan erst kaum über zwanzig Jahre alt, während
seine Stellung am Hofe gewiß ein weit höheres Alter an-
nehmen läßt. Zudem steht die Dichtung ganz auf der
Höhe einer gereiften Kunst. Sonst sind uns von Kiü Yüan
CmMESISCTtE mchTyjMG tc^
noch neun OpfergesSnge erhalten, die er im Süden von Tsu«
wohin er verbannt war, auf dort herrschende alte Beschwö-
rungsgebrSuche schrieb; zwei andere Gedichte, eines auf
den Tod von Kriegern in der Schlacht, das andere auf
das Opfer, das man ihren Manen bringt, sind angefugt.
Nach Giles und Pfizmaier*) übersetze ich das neunte Lied,
DER BERGGEIST
Mich dünkt, den Geist der Berge seh ich mir erscheinen^
Wistaria ist sein Kleid, Epheu sein Gurt,
Lächelnd die Lippen, List in seinem Blick;
Den roten Panther lenkt er, wilde Luchse hinter sich.
Zurückgeneigt in seinem Wagen, Kassia seine Fahne,
Sein Kleid von Orchideen, von Azaleen sein Gurt;
Und seiner Blumen süßer Duft will nicht aus meinem Sinn
entschwinden.
Ich aber leb' in dunklem Bambushain,
Kein Himmelslicht erblick' ich je.
Der Weg hierher ist rauh und voller Fahr zu klimmen.
Allein hier steh ich auf der Gipfelhöhe,
Wolken zu meinen Füßen, Finsternis ringsum.
Da weht ein linder Ostwind her und sanfter Regen sprüht
Und meine Freude macht der Heimat mich vergessen:
Nun meine Jahre Nacht bedeckt, wer dächte dort auch mein?
Ich pflücke Lerchensporn am Hügelhang,
Wo um die Felsen wilde Reben ranken.
*} Giles, A History of Chinese Literature, London 1901«
August Pfizmaier, „Das Li-sao und die neun Gesänge", in
den Denkschriften der kaiserlichen Akademie der Wissen-
schaften, Phil.-hist. Klasse, Wien 1852.
20
OTTO TfJlUSEJi
Tu-
Sung
In meinem Schmerze denk' ich nicht der Heimfahrt mehr:
Nun ich verbannt bin, wer mag mein gedenken?
Ich trinke aus dem Felsenquell, wo breite Fichten schatten.
Und ob er meiner auch gedenkt, bleibt nicht der Argwohn
doch?
Nun brüllt der Donner durch das Regenrauschen,
Der Affen Klageschrei durchhaut die lange Nacht.
Der Sturm braust durch die Bäume, die erstöhnen.
Ich aber denk' an meinen Herrn und kann nicht wehren
meinen Gram.
Die Form all dieser Gedichte, wie das Li-sao selbst,
erscheint nach der strengeren strophischen Gliederung der
Schi-king- Lieder sehr frei und regellos, die
Silbenzahl wird nicht beachtet, der Reim will-
kürlich angewendet oder fallen gelassen; die
Übertragung verzichtete ganz auf ihn. Es mag
sein, daß im Laufe der Zeit die ursprüngliche
Fassung dieser Dichtungen in Einzelheiten litt,
ebensogut aber kann die freiere Diktion eine
Emanzipation vom hergebrachten Schema bedeuten und
nun selbst Kunstform geworden sein. Tatsächlich schließen
sich noch mehrere Dichtungen an das Li-sao
an, die, auf einen Zeitraum von fast zweihundert
Jahren verteilt, nach Stil und Inhalt dem großen
Vorbilde folgen, ohne ihm freilich an phanta-
stischer Kraft und gedanklicher Großheit nahe
zu kommen. Unter dem Titel Tsu-tse, „Elegien
von Tsu", bilden sie mit dem Li-sao eine hoch-
berühmte Sammlung. Fünf Dichter sind ihre
Verfasser: Sung Yü, King Tsc, Kia J, Tschuang Ki und
Hoai Nan Tse. Der bedeutendste von ihnen ist Sung Yü,
CTtmESISCTIE mCTITUJSlG
21
ein Neffe Kiü Yfians und ebenso Staatsmann; er folgte sei-
nem Oheim ins Exil. Seine Elegie betitelt sich ,,Der Winter"
und schildert unter dem Bilde trostloser winterlicher Er-
starrung die Zustände seines Vaterlandes. Verbannt irrt er
durch Frost und Schnee, aber anders als Kiü
Yfian beschließt er doch zu seinem Fürsten
zurückzukehren, und ihm aufs neue zu dienen.
Kia J, der im zweiten Jahrhundert v.Chr.lebte und
mit vierunddreißig Jahren starb, schrieb ein
Klagelied auf Kiü Yüan, außerdem abereineSamm-
lung konfuzianischer Essays und eine Abhandlung
über die Fehler des Hauses Tsin, dem Schi Hoang Ti an-
gehört hatte und das nach kurzer Glanzzeit zugrunde
gegangen war. Vom Kaiserhofe auf verleumderische An-
schuldigungen hin verbannt, begab er sich zu
dem Fürsten von Liang, den er so schätzen und
lieben lernte, daß er aus Gram staib, als der
Fürst von einem Rosse zu Tode gestürzt war. Hoai
Nan Tse (gest. 122 v. Chr.) war der Enkel des
Begründers der Dynastie Han, die auf die Tsin
folgte, König von Hoai-nan, mit seinem eigent-
lichen Namen Liu Ngan, ein taoisti scher Philosoph
und Alchimist, der sogar das Lebenselixier ge-
funden haben, und nachdem er davon getrunken,
samt seinen Hunden, die von dem verschütteten Tranke
geleckt hatten, gen Himmel aufgefahren sein soll. In
Wirklichkeit starb er durch eigene Hand, als sein Versuch»
als Enkel Kaiser Kao Tis selbst auf den Thron zu kommen,
fehlgeschlagen war. Mit ihm erreichte diese erste Epoche
der chinesischen Kunstdichtuhg ihr Ende.
Hoa
Nan
Tse
DIE ZEIT DER DYNASTIE HAN.
R SCHI HOANGI Tl (159 BIS
V. Chr.), der da« große BQcher-
idafi von 1 1 3 anordnete, stehl billig
:mA bschnitte Ober die großem eder-
lung des klassischen Altertum »unter
Han-Dyrastie voran. Er ist die
:e Parallele Alexanders des Großen
emen Osten, auch der Zeit nach,
wenn man in der Geschichte eines ganzen Festlandes nicht
nach Jahren, sondern nach Zenturicn rechnet. Mit dreizehn
Jahren kam er auf den Thron de« kleinen Staates Tsin,
in raschen KriegszQgen unterwarf er sich dann das ganze
China und beherrschte an schon ein Gebiet, das sich
ungefShr mit den heutigen Reichsgrenzen deckt,
n der Mandschurei abgesehen- Er nannte sich
erster „Kaiser" (Hoang Tl) und von seiner
Regierung an sollte eine ganz neue Ära beginnen.
Damm wollte er die Chroniken und poetischen
Verke aller anderen Staaten, mit Ausnahme jener
mTsin, vernichtet haben. Widersetzliche Sehr! ft-
mcIstCT ließ er, wie es heißt, zu so vielen Hun-
derten vom Leben zum Tode beffirdem, daß
selbst im Winter an den Orten, wo sie begraben
lagen, Melonen wuchsen. Gegen die Hiung-nu, in denen
wir die Hunnen wiedererkennen, und andere barbarische
Horden, die das Reich bedrängten, ließ er die Große Mauer
bauen. Er führte neue Münien ein, dann statt des Griffels
den Pinsel und statt der Bambustlfelchcn Seide, und lieft
CTtmESISCTiE DICHTUJyG 2^
sein Reich, das er in sechsunddreißig Gebiete geteilt hatte,
kartographisch aufnehmen. Von seinem Palaste in der NShe
seiner Hauptstadt Hien-yang werden Wunderdinge erzählt
und ebenso über die Art, wie er begraben wurde. Bin in den
Felsen gehauener Saal nahm ihn auf und zugleich unermeßliche
Schätze. Den Boden bildete eine Karte seines Reiches aus Erz
mit quecksilbernen Flußläufen,an derDecke waren derTierkreis
und die Konstellationen abgebildet. Kriegsgerätschaften droh-
ten ringsumher. Riesige Kerzen aus Walrat, die Jahrhunderte
lang brennen konnten, standen an den Wänden. Die Arbeiter,
die den Ort kannten, wurden mit dem Leichnam des Kaisers
zugleich lebendig vermauert und der Eingang mit Erde be-
deckt und Gras darauf gesät, damit niemand je die Stätte
wieder auffinden möge*). Sein jüngster Sohn Hu Hai war
der Erbe des Kaiserthrons, nachdem Li Sse, der erste Rat-
geber Schi Hoang-tis, und der Eunuch Tschao Kao, der
den größten Einfluß gewonnen hatte, Fu Su, den älteren
Sohn, hatten ermorden lassen. Aber 207 ließ Tschao Kao
auch Hu Hai ermorden und brachte den Sohn Fu Susals
König (nicht mehr Kaiser) von Tsin auf den Thron, mit
dem dann 206 die Tsin-Dynastie ebenso unrühmlich erlosch
wie Alexanders des Großen Herrscherhaus.
Ganz ähnlich nun wie nach Alexander dem Großen, wohl
eben durch die Zusammenfassung eines so ungeheuren
Ländergebietes zu einem Reiche, eine poetisch zwar weniger
bedeutsame, aber wissenschaftlich äußerst fruchtbare Zeit
anbrach, wie auf die getrennte griechische und westasiatische
Kultur nun der beide vereinigende Hellenismus folgte, so
brachten auch jene an unendlichen Wirren so reichen vier
Jahrhunderte der Dynastie Han (206 v. Chr. bis 220 n. Chr.)
*) Nach Sse Ma Tiens (145 bis um 80 v.Chr.) Bericht
in seinen „Historischen Denkwürdigkeiten".
24
OTTO hAVSET{
Scheng
zunächst eine Renaissance des Altertums, um das sich jetzt
der Eifer zahlloser Forscher bemühte. Die klassischen
Schriften wurden für alle Zukunft vom Untergange gerettet,
rezensiert und kommentiert. Fälschungen waren nicht selten.
Die Geschichtsschreibung nahm einen großen Aufschwung
und neben ihr blühte eine reiche philosophische Literatur,
und begann — auch hierfür bietet das Abendland die gleich-
zeitige Parallele — eine eigene Briefliteratur. Die Poesie
wurde ebenso emsig betrieben, aber wie die westliche Lite-
ratur in dieser Zeit keinen Homer, keinen Aschylus und
Sophokles, keine Propheten mehr aufweist, so fehlen auch
in China Werke von der Bedeutung des Schi-king und der
politischen Dichtung Kiü Yüans. Im Beginne der Han-Ara
folgte man noch dem Vorbilde des Li-sao, und die späte-
sten der „Elegien von Tsu" entstanden, dann trat dasSchi-
king in den Vordergrund und ließ die Dichter zur Natur
zurückkehren. Aber es war die idyllische Epigonenpoesie
eines Theokrit und Pseudo-Anakreon, der Nachklang früherer
Gesänge wie bei den römischen Lyrikern. Gleichwohl ist
diese Epoche, was die Form betrifft, für die
Folgezeit von größter Wichtigkeit. Im Gegen-
satze zu den gewöhnlich vierfüßigen Versen
des Schi-king und den Langzeilen Kiü Yüans
und seiner Nachahmer bildet sich nun der regel-
mäßige Fünfsilber heraus und neben ihm der
Siebensilber, der mit seiner starken, fast immer
beachteten Zäsur nach der vierten Silbe der leoni-
nische Hexameter und spätere Alexandriner der chinesischen
Metrik genannt werden kann, während der Fünfsilber unserem
Quinar oder Hendekasyllabus entspricht, zwei Versmaße,
die alsbald die ganze chinesische Dichtung beherrschen. Als
derjenige, der den Fünfsilber in Aufnahme brachte, gilt
Mei Scheng (gest. 1 40 v. Chr.), ein Dichter, der mit vieler
ailSKSISCHH I.A.\l)SCHAtT
Cmj^ESISCJiE DICHTUNG
25
Zartheit das schon im Schi-king zu findende Thema von der
verlassenen Ehefrau zu behandeln wußte. Hier eine Probe
dieser «»modernen Dichtung" jener Zeit:
Warum doch scheint der lichte Mond so helle?
Es glänzt der Vorhang meiner Lagerstelle.
Vor Leid und Gram kann ich nicht schlafen mehr.
Die Kleider rafFend, wandle ich umher.
Beim Scheiden sprach er, ich mög' heiter sein —
Erst wenn er heimkehrt, endet meine Pein.
Einsam tret ich vors Tor in meinem Schmerz;
Wem kann ich sagen, wie mir schwer ums Herz?
Voll Kummer schleich ich in die Kammer wieder.
Die Tränen tropfen auf das Kleid mir nieder.
Noch größere Berühmtheit erlangte Sae-ma Siang Yu
(gest. 117 v.Chr.), nicht zum mindesten durch eine kleine
Skandalgeschichte. Durch Krankheit gezwungen,
sein Amt aufzugeben, kam er auf seinen Wander-
zügen, jeglicher Barschaft ermangelnd, gelegent-
lich nach Lin-kiung, woselbst ihn ein Freund
in das Haus des reichen Tscho Wang Sun ein-
führte. Dort nun gewann er durch ein paar Lieder,
die er zum besten gab, im Sturme das Herz Wen
Kiüns, der Tochter Tscho Wang Suns, einer
iungen Witwe, die der Vater zu sich genommen
hatte, und noch in derselben Nacht entfloh das
Paar nach Tscheng-tu, Siang Yus Geburtsort.
Aber nach kurzer Zeit kehrten sie nach Lin-
kiung zurück und eröffneten da einen kleinen
Weinschank: Wen Kiün bediente die Gäste und
Siang Yu wusch, wie ein Kuli gekleidet, die
Gläser. Diese Schmach vermochte Tscho nicht zu ertragen
26 OTTO »JIUSEJ{
und stattete nun die Tochter mit einer reichen Mitgift aus.
Sic zogen dann wieder nach Tscheng-tu. Eines der Lieder«
mit denen Siang Yu das Herz Wen KiÜns gewann, soll das
folgende gewesen sein:
Der Phönix, ach, der Phönix, ach, fliegt heimatwärts allein.
Fliegt über die vier Meere hin, späht nach der Trauten sein;
Umsonst, er soll sie nicht erspähn, nicht ihr Genosse sein.
O was ergrifF mich, da ich heut in diese Halle kam!
Hier wohnt die herrlichste der Fraun, wie keine wonnesam.
Ach, mir so nah und doch so fem, das brennt im Eingeweide!
Könnten wie ein Zierentenpaar beisammen sein wir beide!
Bald erfuhr Wu Tl von Siang Yus Talent und entbot
ihn in die kaiserliche Hauptstadt. In seinem
Glücke nun vergaß er Wen Kiün und gedachte
«j^ -^ sich aus Mo-ling, wo in China die schönsten
Mädchen wuchsen, eine andere Frau zu holen.
Kiün S* ^^ ihrem Grame dichtete damals Wen Kiün das
„Lied vom weißen Haupte", das noch über sieben
Jahrhunderte später einen Li Tai Pe zu einer
seiner schönsten Dichtungen anregte*). Dieses
Gedicht lautet:
Weiß wie der Schnee auf hohem Bergesgrat,
Weiß wie der Mond, der aus den Wolken trat • • •
Ich hör', mein Herr hat seinen Sinn geteilt.
Was soll's, daß seine Frau hier länger weilt?
Noch einmal füll' ich unser Glas zum Rand,
Im hellen Mond dann stoßen wir vom Strand.
*) Man findet Li Tai Pes „Lied vom weißen Haupte'',
wie er seine Dichtung betitelt, in meiner Auswahl.
CmT^ESlSCKE DJCHTUJ^G
31
Und auf des YQ-kou Fluten treibe ich:
Sie scheiden auch nach Ost und Westen sich.
So schwer das Herz, warum das Herz so schwer?
Ach, junge BrSute, weinet nicht so sehr.
Ein Gatte mag euch werden treu und fest.
Der noch im weißen Haupt euch nicht verläßt.
Daß auch die Kaiser selbst die Dichtkunst
pflegten, bezeugen eine Reihe von Stücken, die
unter kaiserlichen Namen erhalten sind. Vor
allen berühmt ist Wii Ti's (156—87 v. Chr.) so-
genanntes „Ruderlied":
Herbstwind hat sich erhoben, ach.
Die weißen Wolken ziehen,
Und Gras und Laub vergilbt und fSllt,
Die wilden GSnse fliehen.
Schon blüht die Herbstzeitlose, ach.
Duftet die Chrysantheme,
Ich denk' an die Geliebte, ach.
Um die ich stets mich gräme.
Mein hohes Schiff, es gleitet, ach.
Den Huen durchteilt sein Spriet,
Die Wellen schäumen und rauschen, ach«
Wie es durchs Wasser zieht.
Zu Flötenschall und Pauken, ach.
Sing ich ein Ruderlied.
So stolz mein Glück gewesen, ach.
So wild ist nun mein Weh.
Jugend und Kraft, wie bald dahin.
Was wehrt dem Alter je?*)
*) Das oft wiederholte hil („Ach", ahi, wJc die Minne-
28
OTTO H^USEJj
Pan
m
Tsjc
m
Yü
In der Han-Zeit treten auch zum ersten Male
Dichterinnen auf. Hier sei nur Pan Tsie Yü,
Palastdame Tscheng Tl's (31—6 v. Chr.) ge-
nannt, deren Gedicht „Der Fächer" zu den all-
bekanntesten Versen der chinesischen Literatur
zählt und auch sehr oft in alle möglichen euro-
päischen Sprachen übersetzt wurde:
O Seidenfächer du, so zart und licht!
Rauhreif und Winterschnee sind weißer nicht.
Zur holden Gabe für den Freund bestellt,
Rund wie der helle Mond am Himmelszeltl
Daheim und draußen sollst du mit ihm sein.
Ihm sanfte Kühlung wehn, bedarf er dein.
Doch wenn der kalte Herbst dann kommt ins Land
Und rauher Wind verlischt des Sommers Brand,
Dann achtlos wirft er in den Schrein dich wohl,
Erloschner Liebe trauriges Symbol.
Auch aus der zweiten Hälfte der Han-Ara, der Regie-
rungszeit der „jüngeren Linie" (von 25 n. Chr. an) wären
manche Namen zu nennen. Aber weit bedeutungsvoller
als die Dichtung dieser Zeit ist, daß in ihr der Buddhis-
mus nach China übergriff (seit 65 n. Chr.) und allmählich
zu einer Kulturmacht anwuchs. Wieder muß hier auf eine
westliche Parallele verwiesen werden: auf das Christentum,
das um dieselbe Zeit in die hellenisch-römische Welt hin-
austrat. Buddhismus und Christentum sind ganz merkwür-
dige Parallelerscheinungen, nicht darin zwar, wie man bis-
sänger tagen) weist auf das Schi-king zurück, wo es gang
und gäbe ist.
CTiJJMESlSCTtE DJCTtTUJMG
£2
her zu erklären pflegte, daß Christus und Buddha als Stifter
der nach ihnen genannten Religionen ähnliche Persönlich-
keiten sind, nein, so wenig wie der Buddhismus mit dem
Königssohne Gautama zu tun hat, so wenig das Christen-
tum mit Rabbi Jeschua aus Nazara. Es handelt sich in
beiden Fällen nur um religiöse Bewegungen, die von dem-
selben Punkte nach zwei Richtungen ausstrahlen. Durch
den Parsismus, der das spätere Judentum so mächtig be-
einflußte, ihm erst den indoarischen Dualismus gab und
darin die Basis für die christliche Lehre von Erbschuld und
Erlösung, ffihrt die Linie bis Zoroaster zurück und dahin
auch, zu dieser ältesten indoarischen Kultur, der Buddhis-
mus, der von dem Atheisten Gautama, einer späten Folge-
zeit dann zum Buddha, zum inkarnierten Logos geworden,
nur den nom de guerre hat, doch kaum etwas von
seinem Geiste. Dieselbe Bedeutung nun wie das Christen-
tum für den Westen, hat der Buddhismus für den Osten;
auch dort verschmilzt die neue Lehre mit der alten My-
thologie und Kultur und wird, obwohl nicht so radikal
durchgesetzt, die Religion der Masse, während die feineren
Geister noch lange Zeit dem phantastischeren Taoismus an-
hängen und die konfuzianische Philosophie nichts an ihrer
Wertschätzung einbüßt. Diese drei Elemente bilden die
neue chinesische Kultur, die im ersten nachchristlichen Jahr-
hundert ihre ersten geringen Anfänge zeigt, wie nationale
Mythe, Christentum und hellenische Philosophie die Basis
der unseren. Inwieweit auch hier ethnische Momente mit
in Betracht kommen, ist eine schwer zu erledigende Frage.
Jedenfalls war auch China vor dieser großen Zeit jahrhun-
dertelang von Barbaren, als blond und blauäugig und mit
rotwangigen Frauen, die wie Männer zu Pferde sitzen,
geschildert, überflutet, und so denkt man fast an die Ger-
manenstämme , die dem sinkenden ost- und weströmischen
^O OTTO HJIUSE7{
Reich ihre Jungkraft gaben und später auf Italiens, Frank-
reichs und Spaniens Boden das klassische Altertum aus
ihrem Geiste in neuer, leuchtender Gestalt wiedergebaren.
Griechenland freilich fiel in TQrkenhSnde und verfiel. So
ging im Osten allmählich die kulturelle Hegemonie durch
das vermittelnde Korea, das Roms Rolle spielt, auf Japan
über; in meiner „Japanischen Dichtung" mag man die Paral-
lelen für dieses Land und Mitteleuropa nachlesen. China
selbst trifft das Los Griechenlands: es kommt unter die
Herrschaft fremder mongolischer Stämme, stagniert und
hat nichts als den Ruhm seiner großen Vergangenheit. Aber
noch liegt die schönste Entfaltung der chinesischen Lyrik
vor uns.
DIE ZEIT DER DYNASTIE TANG
LI TAI PO, TU FU UND PE KlÜ J
UF DIB HANS FOLGTIEN MEH-
rere kurzlebigere Dynastien. Auch unter
ihnen fand die Dichtkunst eifrige Pflege.
Der Bruder des ersten Wei-Kaisers,
Sohn des berühmten Heerführers Tsao
Tsao, Tsao Tschih (192 — 232) war einer
der vielen poetischen Wunderknaben
!1 Chinas, die mit zehn Jahren schon die
vollendetsten Verse schreiben. Tao Tschien (365 — 427)
war ein Meister dichterischer Prosa. Seine Allegorie
oDer Pfirsichblütenquell" erzShlt von der wunderbaren
Fahrt eines Fischers nach dem paradiesischen Lande der
Vergangenheit, der sprichwörtlichen Pfirsichblüteninsel. In
seinem bemerkenswertesten Gedichte läßt er einen Toten
aus dem Schattenreiche sprechen und beklagen, daß er sein
Leben zu wenig genoß. Seine Worte sind voll Zweifeln
und Trauer. Einen guten Namen hat auch Pao Tschao,
der 466 einem Soldatenaufruhr zum Opfer fiel. Tu Fu be-
wunderte seine Verse. Siao Yen (464 — 549), der 502 als
erster Liang-Kaiser den Thron bestieg, Buddhist, schrieb
neben religiösen Werken auch Gedichte. Dem Gebot „Du
sollst nicht töten" zufolge ließ er die Opfertiere aus Teig
bereiten. Sein dritter Sohn, Kaiser Kien Wen, der ihm
in der Regierung folgte (549 — 551)» gehört ebenfalls zu den
besten Dichtern jener Zeit. Es war der Ehrgeiz der Kaiser,
literarische Bestrebungen zu fördern. Selbst Yang Ti (589
^2 OTTO NJlUSEIj
bis 6] 8), der seinen Vater und seinen älteren Bruder er-
morden hatte lassen, um auf den Thron zu kommen, ein unnüt-
zer Verschwender, der im Winter die B&ume seines Parkes
mit Blättern aus Seide belauben ließ und auf Dunen von Sing-
vögeln schlief, in Feldzügen unglücklich, beschäftigte hun-
dert Gelehrte mit der Ausgabe der Klassiker und medi-
zinischer und anderer Schriften. Auf ihn folgt die Dy-
nastie Tang (608—907), deren Zeit in China als der Höhepunkt
der Literatur gilt, obwohl nicht minder voller Wirren im
Innern tmd fortgesetzten Kriegen mit den Barbaren, doch von
der Gloriole ihrer großen Namen mit unvergänglichem Glänze
bestrahlt. Ein moderner chinesischer Kritiker sagt (nach
Giles): „Die Poesie trat ins Dasein mit dem Schi-king,
entwickelte sich im Li-sao, entfaltete sich und erreichte die
Vollendung unter den Tangs. Auch unter den Dynastien
Han und Wei wurde einiges Gute geschaffen; die Schriften
zeugen von einer Überfülle an StofP, aber die Sprache hat
noch nicht die volle Ausdrucksfähigkeit". In der ersten
2^it der Tang-Dynastie dichtete Wang Po (648 — 676), dem
man nachrühmte, er schreibe seine Verse so sicher, daß er
auch nicht ein Wort zu ändern brauchte. Tschen
Tse Ngan (656 — 698) wendete sich gegen den
Bilderkultus des Buddhismus. Er wußte auf
eine ganz moderne Art das Publikum auf sich
aufmerksam zu machen. Er kaufte nämlich eine
sehr teure Laute, die lange ausgestellt gewesen
war, und setzte einen Tag fest, an dem er sich auf
ihr produzieren werde; dies lockte ein großes
Auditorium an. Statt aber zu spielen, nahm er
das Instrument, schlug es in Splitter und zog
dafür Verse aus der Tasche, die er dann verteilte und
die nun die gewünschte Sensation hatten. Es seien
noch Sung Tschih Wen (gest. 710), Meng Hao Yan (689
Meng
l&L
Hao
m
Yan
B
zu K/.\K.M CF.MCUTF. U TAI P
Cmj^ESJSCJiE DICH TUM G
R
bis 740) und Wkng Wci (699 — 759) als Vorläufer und Zeit-
genossen Li Tai Po's und Tu Fu's genannt« alle drei über-
aus angesehen zu ihrer Zeit* Sung Tschih Wen soll von
dem begeisterten Kaiser Tschung Tsung gelegentlich, wie
es später von Li Tai Po zu berichten ist, ein
kaiserliches Gewand erhalten haben. Von Meng
Hao Yan wird erzählt, auf wie seltsame Weise
er dem Kaiser vorgestellt wurde: er war bei
Wang Wei zu Besuch, als plötzlich der Kaiser
angemeldet ward, da kroch er rasch unter ein Bett,
wurde aber von Wang Wei verraten und mußte
hervorkommen, um Übrigens die Majestät äußerst huldvoll
zu finden. Wang Wei selbst war zugleich Arzt und Dichter,
hing gläubig dem Buddhismus an und hatte nur eine Frau. Es
wären von all diesen Dichtem manche Proben ihrer Kunst
zugeben, aber die drei größeren Ingenien dieser Epoche
müßten um diesen Raum verkürzt werden. Und zudem
bieten sie wenig persönliche Unterschiede. Die Stoffe sind
die gleichen und ebenso ihre Behandlung. Nur
in wenigen schärfer ausgeprägten Individualitäten
erhält die konventionelle Poesie einen größeren
Reichtum.
Allen Dichtern Chinas voran steht Li Tai Po,
der einzige, den auch das Abendland, wenigstens
dem Namen nach, kennt. Ich darf hier wohl
auf meine Auswahl aus seinen Gedichten ver-
weisen (Li Tai Po, Gedichte. Aus dem Chinesi-
schen übersetzt von Otto Hauser. Verlag von
Baumert & Ronge, Großenhain und Leipzig, 1 906),
aus der man zum erstenmal den Dichter in wort- und sinnge-
treuer Übertragung näher kennen lernen kann. Dort auch findet
man eine eingehendere Biographie und Bibliographie, wäh-
rend ich hier mich mit den Umrissen begnügen muß.
BTi/fTWES: "DTE LJTEJiATini. "BJfTiV XXXIV Q
£^ OTTO NJlUSEJj
Li Tai Po ist 698 zu ]-tschou in der Provinz Sse-tschuui
geboren; Li war sein Familienname, Tai Po, „Großer
Glanz", soll ihn seine Mutter nach einem Traume genannt
haben, den sie kurz vor seiner Geburt gehabt. Von früh
auf dichtend, wurde er bereits mit zwanzig Jahren graduiert,
statt aber sich um ein Amt zu bewerben, zog er es vor,
ein unstetes Wanderleben zu führen, zu trinken und zu
singen. Seine Gedichte machten ihn alsbald sehr berühmt,
und im Jahre 744 konnte er, als er eben in Tschang-ngan,
der Reichshauptstadt, weilte, der Gunst Ming Hoang-ti's
empfohlen werden. Hier nun erreichte Li Tai Po's Ruhm
und Süßere Stellung ihren Höhepunkt. Er wurde zum
Mitgliede der Han-lin-Akademie ernannt, und der Kaiser
schloß mit ihm eine ganz ungewöhnliche Freundschaft,
die den Dichter freilich den Hofchargen gegenüber etwas
freimütig machte. Ming Hoang-ti stieß sich nicht daran,
wenn Li Tai Po im Rausche, gestützt auf zwei Hofbeamte
vor ihn kam, und wie Karl V. Tizians Pinsel aufhob, so
diente er dem bewunderten Dichter bisweilen als Sekretär,
der seine improvisierten Verse zu Papier brachte. Intriguen
aber wußten das schöne Verhältnis zu zerstören. Ein hoch-
gestellter Eunuche fühlte sich beleidigt und denunzierte Li
Tai Po der Lieblingsfrau des Kaisers, als habe er sie in
einem Gedichte verspottet, und Ming Hoang-ti mußte seinen
Freund verabschieden; auch dies noch tat er unter den höchsten
Gunstbezeugungen, indem er dem Dichter ein vollständiges
Assortiment seiner kaiserlichen Gewänder zum Geschenk
machte. Li Tai Po soll in der Folge in eben diesen Ehrenge-
wandern seinen Zechtafelrunden präsidiert und sich kaiserliche
Ehren haben erweisen lassen, nach durchjubelter Nacht aber
gelegentlich in der Straßengosse aufgefunden worden sein.
In dieser Zeit entstanden seine schönen Verbanntenklagen,
aber auch seine mystisch gefärbten Gedichte. Denn nach
CNmESlSCHE DICTfTUJVG
II
seiner Verbannung vom Hofe war Li Tai Po Taoist ge-
worden und floh oft in die einsamen Berge zu befreundeten
Einsiedlern, um mit ihnen beim ^ein philosophische Ge-
spräche zu führen. Der Sturz Ming Hoang-ti's (756) ver-
wickelte auch ihn in eine Verschwörung und er wurde 758
zum Tode verurteilt, dann nach Ye-liang verbannt, 759 jedoch
völlig begnadigt. Es besteht die Version, daß der neue
Kaiser ihn wieder an den Hof berufen hatte und Li Tai
Po auf der Reise in die Residenz gestorben sei, aber die
wahrscheinlichere Nachricht ist die, daß er bei einem Ver-
wandten, den er besucht hatte, starb (762 inTang-tu). Die
taoistische Legende läßt ihn bei einer Kahnfahrt ertrinken,
als er, berauscht, nach dem Spiegelbilde des Mondes in
den Wellen greift und sich zu tief Qber Bord beugt;
Delphine und Genien aber kamen und nahmen ihn mit fort
nach den Bergen der Glückseligkeit, nach Pung-lai.
Li Tai Po's Gedichte bestehn aus Naturschilderungen,
Kriegsgedichten, Trinkliedern von eigentümlich pessimisti-
scher Färbung, zarten Frauenliedem, Abschiedsversen an
Freunde, Elegien aus der Verbanntmg, Vierzeilern, alle in
einer edeln, feinziselierten Sprache geschrieben und von
hoher Originalität. Europäische Gelehrte und Liebhaber
nannten ihn gerne den chinesischen Anakreon oder Lord
Byron, je nachdem sie auf seine Trinklieder besonderes
Gewicht legten oder andeuten wollten, daß auch er etwas
von der Zerrissenheit und Landfahrigkeit des englischen
Dichterlords in sich gehabt habe. Mit mehr Recht könnte
man ihn den chinesischen Hafis nennen, wobei dann aller-
dings der wirkliche Hafis und nicht jener verwässerte der
deutschen Nachdichter — Platen ausgenommen — gemeint
wäre. Wie Hafis lebt auch Li Tai Po noch heute in seinem
ganzen Volke, nicht nur in der Gelehrtenwelt etwa, die
freilich auch nicht mflde wird, seine Lieder immer wieder
^6
OTTO nJtHSBJi
zu kommentieren, yffiz Hafis ist er nicht ein Wieinschwelg
gewöhnlicher Sorte, sondern ein philosophischer Trinker,
ebenso aber auch ein Mystiker, der mit dem Rausche oft
genug die mystische Verzückung 'bezeichnet oder beide
Begriffe ineinanderspielen läßt. Wie Hafis ist er ausschließ-
lich Lyriker, auch dort, wo er schildert oder erzählt, und
als Lyriker der einzige wirklich volkstümliche Dichter,
während man den ebenso berühmten Tu Fu mehr mit einem
Saadi vergleichen könnte, beide vor allem betrachtende
Dichter. Etliche seiner berühmtesten kürzeren Stücke seien
hier als Proben seiner Art aneinandergereiht:
IN STILLER NACHT
Vor meinem Bett ein lichter Mondenstreif,
Als war' der Boden ganz bedeckt von Reif.
Ich heb' mein Haupt, zum hellen Mond gewandt.
Senk' es und denke an mein Heimatland.
AN EINEM FRÜHLINGSTAG BEIM ERWACHEN
AUS DEM RAUSCHE
Das Leben ist nur wie ein großer Traum.
Wozu dann geben wir der Sorge Raum?
Ich selbst, ich bin den ganzen Tag betrunken.
Taumle, bis ich vorm Hause hingesunken.
Wach' ich dann auf und blicke in das Schweigen,
So singt ein Vöglein zwischen Blütenzweigen.
Und will ich fragen: Dämmert's oder tagt's?
Die Nachtigall, gewiegt vom Lenzwind, sagt's.
Da faßt mich Wehmut, seufzen möcht' ich schier
Und wieder schenk' ich voll den Becher mir.
Und singe, bis der Mond, der helle, kam.
Und schweigt mein Sang, so endet auch mein Gram.
JAGDRITT
Der Grenzer, seht ihn anl
Sein ganzes Leben Jahr für Jahr nimmt er kein Buch zur Hand,
Er weiß nur, wie man jagen geht; da reitet er gewandt.
Sein Roß, im Herbste wird es fett, ihm frommt das weiße Gras,
Der Schatten fliegt vor seinem Huf; wer ist, der stolzersaß?
Die goldne Peitsche schlägt den Schnee, die Scheide klirrt
am Knauf,
Halbtrunken ruft dem Falken er; so geht es fort im Lauf.
Sein Bogen wird vergebens nie gespannt zum Mondenrund,
Zwei Kraniche fallen oft zugleich mit seinem Pfeil zum Grund.
Am Strand des Meeres, wer ihn sieht, weicht allsogleich zurück.
Selbst in der Wüste Gobi gilt sein Mut, sein Kriegerglück.
Wie anders als die Weisen hier lebt dieser freie MannI
Weißhaarig hinterm Vorhang nochl Und das wozu, sagt an?l
FRÜHLINGSGEDANKEN DER ZURÜCK-
GEBLIEBENEN FRAU
Im fernen Yen ergrünt die Erde kaum.
In Tsin belaubt sich schon der Maulbeerbaum.
Mein Herr, zieht er bald wieder heimatwSrts?
Ach, seiner Magd indessen bricht das Herz.
Der Frühlingswind tritt durch den Florhang ein.
Und doch, was soll er mir in meiner Pein?
DIE ACHT REITER
Ostwärts nach Kin-schih, wie geht es über die fünf Hügel,
SilbersSttel auf den Schimmeln, Lenzwind um die Bügel.
j8 OTTO TiAliSBIj
Blüten schneien und sie reiten, weißt du wohl, wohin?
Die acht Schelme, in die Schenke zu der Weinschenkin.
VERGEBLICHER BESUCH BEI DEM EINSIEDLER
IM GEBIRGE
Ein Steinweg führt das rote Tal empor,
In grünem Moose steht das Fichtentor.
Die Treppe zeigt der Vögel Spur allein.
Doch niemand kommt und läßt mich zu sich ein.
Durchs Fenster seh ich von des Aufgangs Rand
Den weißen Wedel, die bestaubte Wand.
So wend' ich mich und seufze vor mich hin.
Und gehe heim, wo ich gekommen bin.
Duft wölkt hinan rings zu des Berges Gipfeln,
Und Blüten wieder regnen aus den Wipfeln.
O Grund genug zu Lust und Fröhlichkeit,
Doch horch, wie bang der blaue AfFe schreit 1
Was gilt der Welt Getriebe allzumal?
Fürwahr, sehr traurig ist dies Erdentall
Kaum eines unter Li Tai Po's Gedichten ist trivial
oder nur unbedeutend, immer bezeugt sich sein feiner und
dabei doch natürlicher Geist. Nur ganz ausnahmsweise
bediente er sich einer allzu gekünstelten Sprache und das
nur zu seinen höfischen Improvisationen. Tu Fu steht ihm
in China an Rang völlig gleich, uns aber erscheint er haus-
backener, deskriptiver, weniger phantasiereich. Der Marquis
d'Hcrvey-Saint-Denys hat bisher noch die reichste Auswahl
aus Tu Fu geboten und nur auf sein Buch „Podsies de
Tdpoque des Thang" (Paris, 1862) kann bezüglich seiner
verwiesen werden. Man wird dort das Urteil best&tigt
finden.
CmJMESISCKE mCTtTVTiG ^9
Tu Fu wurde 71 2 zu Tu-ling in Schcn-si geboren, zeigte
ebenfalls frahzeitig glänzende Begabung und bestand auch
das Baccalaureat und das Lizentiat mit Erfolg, fiel jedoch
im Doktorat durch — wie abrigens die meisten gelehrten
Chinesen beim ersten Versuch, was aber die
weitere Laufbahn nicht beeinträchtigt. Kaum
achtundzwanzig Jahre alt, finden wir ihn denn j^ y^
auch in Tschang-ngan und bald darauf \n einer
höchst ehrenvollen Position am Hofe Ming Hoang- "^ Fu
ti's, wo ihn mit Li Tai Po eine herzliche Freund-
schaft verbindet. Seine Stellung als Zeremoniar
brachte ihn in tägliche Berührung mit dem Kaiser, war aber so
schlecht besoldet, daß er sich endlich ein Herz faßte und der
Majestät in einer längeren Epistel die Misere seines Daseins
schilderte. Sogleich wurde ihm ein höheres Gehalt bewilligt
und Im Vorhinein ausbezahlt, aber schon nach kurzer Zelt
brach jener Aufstand aus, der Ming Hoang- ti zur Flucht
und zur Abdankung zwang. Unter Su Tsung, dem Sohne
Ming Hoang-ti's, zu dessen Gunsten dieser verzichtet hatte,
wurde Tu Fu mit dem verantwortungsvollsten Amte des
Reiches, dem eines Zensors, betraut. Hier aber wagte er
es, für einen in Ungnade gefallenen hohen Würdenträger
einzutreten und wurde daraufhin als simpler Präfekt in eine
Stadt seines heimatlichen Schen-si versetzt. Tu Fu zog den
Abschied der Degradierung vor und begab sich, völlig
mittellos, nach Sse-tschuan, wo er unter vielen Entbehrungen
lebte, bis ein Militärgouverneur ihn entdeckte, ihm wieder
eine Anstellung im Staatsdienste verschaffte und mit einem
Erbe bedachte. Nach dem Tode seines Gönners ging er
zunächst auf Reisen und ließ sich dann in Ltmg-yang in
der benachbarten Provinz Hu-kuang nieder. Dort aber
wurde er bei einem Besuch der alten Tempelruinen In
der Nähe der Stadt vom Hochwasser überrascht und
40 OTTO HJlUSEJj
mußte sich, von ihr völlig abgeschnitten, an zehn Tage
nur von Wurzeln nähren. Als er dann halb verhungert
aufgefunden wurde, veranstaltete der Präfekt von Hu-kuang
ein Festmahl zu seinen Ehren; hierbei holte er sich seinen
Tod: sein geschwächter Magen vertrug die schweren Speisen
und den Wein nicht und so starb der Dichter am darauf-
folgenden Tag (770). Ich übersetze von Tu Fu sein be-
rühmtestes Gedicht
DAS DORF KlANG
1.
Im Westen türmt Gewölk sich glutbesonnt.
Die Sonne senkt sich tief zum Horizont.
Vorm roten Tore lärmt der Spatzen Streit,
Fremd kehr ich heim, wohl tausend Meilen weit.
Wie staunen, als sie mich ersehn, die Meinen
Und dann, gefaßt, beginnen sie zu weinen.
In dieser Zeit der Wirren sturmdurchbraust.
Ein Wunder, daß du heil die Heimat schaust!
Die Nachbarn auch stehn an der Wand ringsum
Und seufzen nur, vor freud'ger Rührung stumm.
Nacht sinkt aufs Haus und Licht erhellt den Raum,
Sie sehn mich an, als war' es nur ein Traum,
11.
Im Spätjahr einzig gibt das Amt mich frei,
Daß ich im Kreis der Meinen glücklich sei.
Die Kinder wollen nicht von meinem Knie,
Sie fürchten, allzubald verlass' ich sie.
Einst liebt' ichs, mich im Kühlen zu ergehn
Unter den Bäumen, die den Teich umstehn.
y.V KISEM CEUtCIITF. U TAI PES
■,^*
cnmESiscTiE dichtujmg 41
Nun braust der rauhe Nordwind auf mich ein
Und hundertfach bedrückt mich: "Was wird sein?
Der Trank ist reif/ die Maische kam zur Klärung,
Die Kufen duften schon von neuer Gärung,
So fQllt denn heute gleich die Becher an.
Es hilft, daß man den Herbst ertragen kann.
Das Hühnervolk lärmt vor dem Tor umher.
Da Gäste kommen, lärmen sie noch mehr.
Auf stiebend iliehn sie unters Buschwerk dann
Und an die rote Pforte pocht es an.
Vier würd'ge Greise treten zu mir ein
Und fragen um mein langes Fernesein.
Ein jeder trägt in Händen zum Geschenk
Der trüben Most, der lauteres Getränk.
„Der Wein ist schwach", entschuld'gen sie die Gaben,
„Das Land war gut, nur müßt' man Leute haben".
„Kein Ende nehmen noch die Unheilsposten,
All unsre Söhne fielen schon im Osten."
Dann bitten mich die Greise um ein Lied,
Das ihren Kummer lindre, eh' ich schied.
— Ich endete. Sie blicken himmelauf.
Seufzen und achten nicht der Tränen Lauf.
Als dritter schließt sich an Li Tai Po und Tu Fu Po
Kiü 1 (772—846) an, der aber in Eutbpa fast unbekannt
42
OTTO JiJmSWi
blieb. Nur im sechsunddreißigsten Bande der „Denkschriften
der kaiserlichen Akademie der Wissenschaften" (Wien 1 888)
findet man, dem Laienkreise fast unzugänglich, eine sehr
reiche Auswahl aus seinen Dichtungen im Original und von
August Pfizmaier in ein ganz unmögliches Deutsch über-
setzt, das auch nur fttr den Fachgelehrten bestimmt und von
Wert ist. Po Kitt Is Leben verlief weniger stttrmisch als
das jener beiden anderen Großen. Er war einer jener Dichter,
deren Lebensstationen ihre Beförderungen und Versetzungen
sind. Er schloß sein Leben und seine amtliche Laufbahn
als Präsident des Kriegsdepartements. Wie Li Tai Po immer
einen Kreis von Freunden zum Trinken und Singen um sich
zu sammeln wußte — einmal waren es „die sechs Einsiedler
des Bambustals'% ein andermal „die acht Weintaoisteit" —
so hielt Pe Kitt 1 mit seiner Tafelrunde am Hiang-schan
seine poetischen Zechgelage; „die acht ehrwür-
digen Herren vom Weihrauchberge" (dies be-
deutet „Hiang-schan") nannte man sie. Nach
seinem Tode wurden seine Gedichte auf kaiser-
lichen Befehl in Stein gemeißelt und in dem
Parke, den er sich nach dem Vorbilde jenes
Gartens am Hiang-schan hatte anlegen lassen, zu
bleibendem Gedenken aufgestellt. Po Kitt I war
Buddhist, wenigstens gegen sein Ende. Zahlreiche
seiner Gedichte schildern seine Besuche in alt-
bertthmten Klöstern. Noch mehr als Tu Fu ist
er kontemplativ. Er spinnt gerne Gleichnisse und
Allegorien aus, dabei frappiert uns ein starkes soziales Ge-
ftthl, das freilich nur ziemlich milde Worte zu seinem Aus-
drucke wählt. Zu ihrer Zeit sollen Po Kitt I's „Satiren und
Allegorien" gleichwohl großes Aufsehen gemacht haben. In
drei Stttcken suche ich auch von ihm ein poetisches Cha-
rakterbild zu geben.
Pe
A
Kitt
Jg
1
S
CUmESISCHE DICHTUTJG 4^
DER WEISSE LOTUS DES KLOSTERS TUNG-LIN
Das Wksser an dem Norddamm von Tung-lin«
Es ist so klar, man sieht den Grund darin.
Der weiße Lotus wächst aus ihm empor«
Dreihundert Knospen brachen h'cht hervor.
Und herrlich schimmern sie bei heitrer Luft,
Der reine Wind trägt weithin ihren Duft.
Die Pollen sprengen ihren Silberschrein,
Voll Tau neigt sich der Stift von Edelstein.
Ich bin beschämt, solche Rubinenpracht
Zu schaun mit Augen, nur aus Staub gemacht.
Die roten Lotusblumen sind fürwahr
Umsonst so heilig rein, umsonst so klar.
Den ganzen Sommer blühn sie ohne Ende
Und geben noch dem Herbste WQrzespende.
In tiefer Nacht, da alle Bonzen ruhten.
Trat ich allein zu jenes Teiches Fluten.
Auflesen wollt ich eine Beere nur,
Sie mitzunehmen fem nach Tschang-ngans Flur,
Doch bangte ich, trüg ich von hier sie fort,
Sie keimte nimmer unter Menschen dort.
DAS NÄCHTLICHE LIED
Nachts legt ich Anker an der Sittichbank,
Hell überm Herbststrom zog der Mond entlang.
Und eine Stimme sang im Nachbarschi fp.
Deren Gewalt im Tiefsten mich ergriff.
Dann schwieg das Lied und weinen hört' ich wild.
In Schluchzen brechend, heiß und ungestillt.
44 OTTO »JIUSEJ{
Da späht' ich, ob ich die Betrübte seh'.
Und sah ein Weib, das Angesicht wie Schnee.
Dort an den Mast gelehnt, stand sie allein.
Kaum achtzehn Jahre schien sie mir zu sein.
'Wie Perlen waren ihre TrSnen ganz.
Zu zweien flössen sie im Mondenglanz.
Ich fragte sie, von wannen her sie kam^
Warum ihr Sang und Weinen so voll Gram.
So fragte ich, sie aber weinte fort.
Senkte die Augen nur und sprach kein Wort.
GEGENSÄTZE
Die Straße zieht ein stolz Gepräng herauf.
Den Staub durchblitzt der Rosse Sattelknauf.
Und fragst du, was denn all der Drang bedeute»
„Der Staatsminister 1" raunen dir die Leute.
Mit Scharlachbinden hohe Amt- und Geldherrn,
Mit PurpurschSrpen sicher große Feldherrn.
Zum Lagerfeste hasten so die Trosse,
Wie Wolken fliegt vorbei der Trab der Rosse.
Neunmal gekochter Wein schäumt in den Krfigen,
Das Seltenste kann eben nur genügen.
Tung-ting-Granaten sind das Obst bei Tische,
Zu den Pasteten nahm man Tien-Teich-Fische.
Zufrieden sitzt man, als man abgespeist.
Vom Wein ermuntert, sprüht nur so der Geist.
Dürre jedoch herrscht in Kiang-nan indessen.
In Kiü-tschou hat. man Menschenfleisch gegessen.
CWMESISCTiE DICHTUTMG 4^
Von den zahlreichen anderen Dichtem der Tang-Ara,
deren hervorragendste Verse man 1707 in neunhundert
Heften gesammelt hat, können nur noch wenige genannt
werden. Han Yü (768—824) galt Su Tung Po, einem der
hervorragendsten Dichter einer späteren Zeit,
als Li Tai Pe und Tu Fu ebenbürtig. Er war
Dichter, Staatsmann und Philosoph. Ein Freund
sagte, er habe nie die Werke HanYü's zu öffnen *^ "«n
gewagt, ohne seine Hände in Rosenwasser ge- jf^ yü
waschen zu haben. Es wird ihm nachgerfihmt,
daß er das Banalste geistvoll erscheinen lassen
konnte, und so schrieb er ein Gedicht auf seine
Zähne, die in regelmäßiger Folge ausfielen, so daß er daran
seine Lebensdauer vorauszusehen vermochte. Als Philosoph
war er ein heftiger Gegner sowohl des Taoismus als auch des
Buddhismus; 1084 erhielt er im Tempel des Konfuzius eine
Ehrentafel. Ein halbes Dutzend Gedichte von ihm übersetzte
Giles in seiner „Chinese poetry in English verse" (London,
Schanghai 1898). Ein Konfuzianist war auch Han Ya's
Freund und Zeitgenosse Tschang Tschih, ein Taoist hin-
wider Sse Kung Tu (834 — 908), gewöhnlich der letzte Tang-
Dichter genannt. Er war im Kultusdepartement angestellt,
gab aber seinen Posten auf und zog sich als Einsiedler in
die Berge zurück. Er hungerte sich aus Kummer über die
Ermordung seines jungen Kaisers zu Tode. Ein großes
philosophisches Gedicht in vierundzwanzig Abschnitten findet
man in Giles' „History of Chinese literature"; es gibt einen
Begriff von den Schwierigkeiten, die es bereitet, die höchst-
gespannten Äußerungen des Taoismus zu verstehn.
Mit Sse Kung Tu schließt wohl die Poesie der Tang-
Ära äußerlich ab, jedoch auch noch weiterhin war ihr Vor-
bild maßgebend, und wie im Eingange dieses Abschnittes
einiger Vorläufer der großen Tang-Lyrik gedacht werden
46
OTTO »JIUSEI{
mußte, so müssen hier noch einige Vertreter der späteren
Poesie Erwähnung finden. Die Zeit der Dynastie Sung,
die das Erbe der Tangs antrat, nicht sogleich zwar, son-
dern erst nach fflnfzigjährigen Wirren, ist ffir die chinesische
Literatur in anderer Richtung bedeutender als in der Lyrik,
Sie gab der Geschichtsschreibung einen neuen Aufschwung,
so daß Wilhelm Grube sie als eine Wiederholung der Re-
naissance unter den Han- Kaisem ^bezeichnen
konnte. Wenn er jedoch die Sung-Periode direkt
mit unserer Renaissance vergleicht, so ist außer
Acht gelassen, daß diese in Mitteleuropa und nicht
in Sfideuropa vor sich ging, und im wesentlichen
durch die nördlichen germanischen Elemente her-
vorgerufen wurde, nicht aber aus der griechisch-
klein-asiatischen Kultur stammt. Das rechte Ana-
logon für die germanische Renaissance Nord-
italiens und Deutschlands finden wir in Japan,
das unserem Mitteleuropa entspricht, während
der Aufschwung Chinas im Zeitalter der Sung Dynastie
nur jenem der Byzantiner vor ihrer endlichen Unter-
werfung durch die Türken entspricht. Unter den
Sungs sind vor allem zwei Dichter von Bedeutunor:
Wang Ngan Schi (1021 bis 1 086) und SuTung Po
(1036 — ^^1 101). Sie waren heftige Gegner in ihrem
Leben. Wang Ngan Schi bekleidete nacheinander
sehr hohe Stellen, 1069 wurde er Staatskanzler
und unmittelbarer Ratgeber des Kaisers. Von
der absoluten Richtigkeit seiner politischen An-
sichten überzeugt, führte er nun eine Reihe von
durchgreifenden Reformen ein, die ihm Feinde
genug schufen. So fiel er denn auch in Ungnade, ob-
wohl nur für kurze Zeit, und starb bald nach seiner
Rückberufung aus der Verbannung, nachdem er noch
Wang
3E
Ngan
^
Schi
«
Su
Wir
Tung
m
Po
m
CmMESlSCHE D1CHTUJVG 47
alle seine Reformen wieder annulliert sah. Er war be-
rühmt wegen seiner Anspruchslosigkeit, trug gewöhnlich
schmutzige Kleider und soll sich nicht einmal das Gesicht
gewaschen haben. Su Tung Po sah sich« solange "Wang
Ngan Schi lebte, bald hierhin, bald dorthin „versetzt", ] 086
aber wurde er an den Hof zurückberufen und 1091 zum
Präsidenten des Kultusdepartements ernannt, 1094 freilich
wieder versetzt, und hatte nun Gelegenheit, die überaus
verrufene, damals noch ganz unwirtliche Insel Hainan kennen
zu lernen, über die er dann mehrere Gedichte schrieb. Im
Jahre 1 1 o 1 wurde er noch einmal in seine früheren Würden
eingesetzt, starb aber ebenso wie Wang Ngan Schi bald
nach seiner Rückkehr. Beide erhielten Ehrentafeln im
Tempel des Konfuzius, Wang Ngan Schi 1 1 04, Su Tung t
Po 1235, um welche Zeit Wang Ngan Schi's Tafel wieder
entfernt wurde; Su Tung Po's Tafel wurde 1845 entfernt.
Als Dichter stehn sie beide in gleich hohem Ansehen.
Formschönheit, poetische Diktion ist ihren Versen nach-
zurühmen. Hier von jedem ein Beispiel:
VANG NGAN SCHI: FRÜHLINGSNACHT
Zu Asche ward die Räucherkerze, still ist die Wasseruhr,
Ein kühler \^nd erhebt sich leise, erschauernd liegt die Flur.
Ich kann nicht schlafen, Frühlingszauber füllt mir zu sehr
den Sinn,
Im Mondschein gleiten Blumenschatten über die Blenden hin.
SU TUNG PO: ZU ANFANG DES JAHRES
Der achte Tag ist grau von Regenschauer,
Zwei Wochen währt nun diese Frühlingstrauer.
Das Wasser strömt, das Feld ergrünt ringsher.
Die Pflaumenblüten fallen tropfenschwer.
48
OTTO »JIUSEJ{
Vom kleinen Markt verschwand der Menschenhauf,
Ein einzier Kahn scheucht Kraniche flatternd auf.
Doch eines macht auch diese Öde teuer:
Im gelben Abendschein die Fischer Feuer.
Nach Wang Ngan Schi und Su Tung Po verh'ert die
Lyrik ihre ursprüngh'che Bedeutung fast völlig und es voll-
zieht sich der große Umschwung im chinesischen Geistes-
leben, der sich schon allmählich vorbereitet hatte, um end-
lich in der Usurpation des Thrones durch die mandschu-
ische Dynastie Tsing (1644) ihren offiziellen Ausdruck zu
erhalten. Aber nicht diese Herrschaft war es, die die Stagna-
tion bedingte — die Tsing-Kaiser waren vielmehr persönlich
Beschfitzer von Kunst und Wissenschaft — sondern in der
Erschöpfung der Volkskraft durch allmählichen Aufbrauch
des genialen Rassenelements muß man den Grund zu ihr
sehen, wieGobineau diesen Gedanken zuerst ffir dieGeschich-
te der westlichen Länder fruchtbar zu machen suchte. Groß-
griechenland hatte ganz dasselbe Schicksal. Auch hier waren
die türkischem Sultane eifrige Förderer aller geistigen und
künstlerischen Betätigung, aber so reich an Menge die ge-
schichtlichen, enzyklopädischen, philologischen und philoso-
phischen Werke ihrer Zeit sein mögen, die Basis eines
starken Volkstums fehlte.
DIE VOLKSDICHTUNG
ROMAN UND DRAMA
LSDICHTUNGIMEIGENTLICHEN
Sinne gilt in China, wie ähnlich auch in
der moslimischen Welt, nur jenes poe-
tische "Werk, das in Vers und Reim ab-
gefaßt und so schon äußerlich und un-
mißverständlich als Poesie gekennzeich-
net Ist. Wenn nun auch eine Anzahl
anonymer Gedichte und volkstümlicher
Romanzen älterer Zeit als Poesie mitlaufen, so wird man
sie doch kaum den Schöpfungen der bekannteren Dichter
gleichsetzen. Die Romane und Dramen sind in den meisten
Fällen ebenfalls anonym und dies allein schon bezeugt ihre
geringere Einschätzung. Dies ist denn auch der große
Unterschied zwischen China und dem moderneren Japan,
wo Roman und Drama eine ganz ähnliche Stellung ein-
nehmen und eine auffallend gleiche Entwicklung haben wie
in Mitteleuropa. In meiner «Japanischen Dichtung" konnte
ich dies des Näheren ausführen. So mag es auch berech-
tigt sein, daß ich hier die drei großen Gebiete des Volks-
liedes, des Romans und des Dramas nur in ihren gröbsten
Umrissen behandle.
Ein paar reizende Balladen stammen aus der Mitte und
der zweiten Hälfte des ersten nachchristlichen Jahrtausends.
Da wird von der schönen Lo Fu erzählt, die so lieblich ist,
daß der Wanderer anhält, der Jüngling sich auffälliger her-
ausputzt, der Sämann sein Säen, der Pflüger seinen Pflug
läßt, wenn sie vor das Südtor der Stadt kommt, umMaul-
BJ(Jfm>ES: DTE L7TEJ{ATWi. BJiND XXXIV D
52 OTTO TiAUSrnj
beerlaub für ihre Seidenraupen zu pflücken. Und auch ein
Statthalter laßt sein Fünfgespann anhalten« als er sie sieht,
und bietet ihr den Platz an seiner Seite. Sie aber will doch
bei ihrem Manne bleiben: tausend Reiter und mehr sind
ihm Untertan, auf einer Schimmelstute reitet er, gefolgt von
dem weißen Füllen, und wenn er als Stadtgouvemeur im
Rate sitzt, ist er doch der herrlichste von allen. Eine andere
Romanze berichtet die rührende Geschichte der unglück-
lichen Lan Tschih, die im Hause ihres Gatten von der
Schwiegermutter trotz allen Fleißes beim'Weben träge ge-
scholten und übel behandelt wird; endlich muß der Gatte
sie sogar verstoßen. Aber sie schwören sich doch Treue
und so schlägt Lan Tschih auch, wieder ins Haus ihrer Eltern
zurückgekehrt, die Werbung eines höheren Beamten aus;
dennoch als ihr älterer Bruder in sie dringt, willigt sie ein.
Ihr Gatte erfährt von der vermeintlichen Sinnes Wandlung
und sucht sie auf, um ihr Vorwürfe zu machen. Lan Tschih
kann nur traurig sagen, daß sie von Eltern und Brüdern
gezwungen worden sei, aber unten bei den gelben Quellen
würden sie wieder miteinander vereinigt sein. Und Lan
Tschih stürzt sich am Vorabend der Hochzeit in den Weiher
und ihr Gatte erhängt sich, als er ihren Tod vernimmt; zu-
sammen aber werden sie begraben und die Bäume, die man
über ihr Grab pflanzte, schlangen wie jene zwei Rosen-
stöcke über Tristans und Isoldes Grab die Zweige inein-
ander; Mandarinen-Enten, die als Symbol der Gattentreue
gelten, bauten ihre Nester über ihnen. Ebenso zart ist die
Ballade von Mu Lan, die statt ihres Vaters in den Krieg
zieht, und als sie sich nach mancher tapferen Schlacht eine
Gnade ausbitten darf, nur ein Kamel begehrt, das sie in
ihre Heimat bringe. Und als sie dann die Kriegsgewandung
abgelegt hat und mit gelben Blumen im Haar vor die Haus-
tür tritt, wie ftauncn 4? ihre Kameraden, die niemals ge-
crnTJESiscTiE mcnTUJMG 5;
ahnt hatten, daß es ein Mädchen war, das zwölf Jahre lang
mit ihnen Seite an Seite kSmpftel Bis in die neueste Zeit
zeichnet das chinesische Volkslied diese schlichte Innigkeit
des Gefflhls aus. Es handelt nicht nur meistens von Frauen,
sondern wird auch zumeist von ihnen gesungen oder selbst
gedichtet. Eines dieser Lieder betitelt sich:
DER JASMINSTRAUSS
Sieh, wie hold ist dieser Blumenstrauß!
Früh von taubenetztem Strauch gepflückt.
Nun von einer lieben Hand
Liebe kündend mir gesandt 1
O ihr duft'gen Blütenl Stunden so beglückt!
Schönste Blüte, lieblichste des Jahrsl
Jedes Auge folgte wohl mit Neid,
Trüg ich durch die Straßen dich, —
Nein, zu andern bind ich dich
Und daheim nur hab ich meine Seligkeit.
Der chinesische Roman hat seinen Ursprung gewiß in
der Fremde, in Zentral-Asien, dem Paradiese der MSrchen-^
erzähler, wie Giles meint, wahrscheinlicher aber in Indien,
das ja seit dem Eindringen des Buddhismus oft senug
von frommen Pilgern aufgesucht wurde. Einer jener Aben-
teuerromane knüpft direkt an die berühmte Reise Hüan
Tsang's an, der von 629 — 645 Indien besuchte und mit vielen
Schriften und Reliquien heimkam, wie schon vor ihm Fa
Hien von 399 — 414 eine noch größere Fahrt bis nach Java
unternommen hatte; beide beschrieben ihre Erlebnisse. Was
für Südeuropa der Orient, das ist für China der Okzident:
das große Wunderland, daher die Märchen kamen. Man
unterscheidet in China vier Gattungen von Erzählungen:
solche von Haupt- und Staatsaktionen, solche von Liebe
und Kabale, phantastische und abenteuerliche schlechthin
j2 OTTO njniswj
mit Räubern» Vagabunden und sonstigem zweifelhaften Ge-
lichter. Europäische Gelehrsamkeit hat diesen in ihrer Hei-
mat nur als Unterhaltungslektüre betrachteten Werken vieles
Interesse angedeihen lassen. Th. Pavie übersetzte das »,San-
kuo-tschih" (Paris 1845 — 51, jedoch unvollendet), Sir J. F.
Davis das ,,Hao-kiu-tschuan" (The fortunate union, Lon-
don 1829), dasselbe auch G. d'Arcy (Paris 1842), Stan.
Julien das ,,Yü-kiao-li" (Les deux cousines, Paris 1 864), das
»,Ping-schan-ling-yen" (Les deux jeunes filles lettr^es, Paris
1864) und das ,,Po»sche-ki-tschuan" (Blanche et Bleue, ou
les deux couleuvres f^es", Paris 1834), H. Bencraft Joly
das ,,Hung-lou-meng" (The dream of the red Chamber,
Hongkong und Schanghai 1892), aus der Novellensamm-
lung „Kin-ku-ki-kuan" — „Wundersame Geschichten aus
alter und neuer Zeit", etwa vierzig an der Zahl — über-
setzten d'Hervey-Saint-Denys (Trois nouvelles chinoises,
Paris 1 885, La tunique de perles, Paris 1 889, Six nouvelles,
Paris 1892), Th. Pavie (Choix de contes et nouvelles, Paris
1839), G. Schlegel (Le vendeur d'huile, Leyden und Paris
1 877), Eduard Grisebach (Neue und alte Novellen der chi-
nesischen looi Nacht, Stuttgart 1 880, Chinesische Novellen,
Leipzig 1884, doch nach englischen Versionen, nicht aus
den Originalen), Rob. K. Douglas (Chinese Stories, Edin-
bourgh und London 1893), aus der Sammlung Liao-tschai
Tschi-i — „Seltsame Geschichten aus dem Buen Retiro" —
übertrug H. A. Giles zwei Bände (Strange Stories from a
Chinese Studio, London i88o). Wer also Lust hat, chine-
sische Erzählkunst näher kennen zu lernen, hat eine ziem-
lich reiche Auswahl, er wird aber kaum mehr als drei oder
vier mit vollem Interesse lesen, schon nach diesen wird sich
ihm zeigen, daß die Schilderung der Charaktere, die Her-
beiführung der Komplikationen recht schablonenhaft sind,
vor allem aber wird er die Individualität des Autors ver-
CTimESISCTIE mcnTllJMG 5^
missen, die in den japanischen Romanen sich schon seit dem
Beginne der Romandichtung geltend macht. Darum kann
man auch nicht von einer Entwicklung des chinesischen
Romans sprechen, ebensowenig wie von einer Entwicklung
des türkischen, ja selbst des persischen. Er kommt aus der
Fabulistik nicht hinaus *— ein Niveau, das dem unserer
Kolportage- und Familienblattromane entspricht. Japan
hatte seine großen Romandichter, jeder der Vertreter einer
besonderen Richtung und Gattung, Ibara Saikaku, Kyoden,
Bakin, als deren zeitgenossische Parallelen etwa John Lily
mit seinem „Euphues'% Fielding und "VC^alter Scott, diese
die drei Hauptetappen des englischen Romans, genannt
werden können. Die Automamen der oben aufgeführten
chinesischen Romane sind entweder zweifelhaft oder sonst
unbedeutend, kein auch auf anderem Gebiete hervorragen-
der oder nur eigentümlicher Mann befindet sich unter ihnen.
Und alle erzählen von jungen Baccalaureussen, die nicht
das nötige Geld haben, um ihre Prüfungen zu machen, und
lieben jungen Madchen, mit denen sie entweder doch zu-
sammenkommen oder auch nicht, von alten Geizhälsen, kun-
digen Alchymisten, Bonzen und Taopriestern, denen es mehr
um das Geld zu tun ist als um ihre Götter und Heiligen,
von kindlicher Pietät und Gattentreue, oder sie verfallen
ganz ins Märchenhafte. In meinen „Ethnographischen No-
vellen" (Stuttgart, Bonz & Co. 1901) findet man zwei Ge-
schichten, die den Sukkus aus der chinesischen Erzählungs-
art darstellen und sich auch im Stil an die chinesische Diktion
halten; wem es um Kürze zu tun ist, kann ich auf diese
zwei Novellen verweisen: sie umfassen kaum fünfzig Seiten,
während chinesische Romane auch an viertausend Seiten
und mehr zählen können.
Das chinesiscfie Drama hat kaum weniger Vermittler in
Europa gefunden als der Roman. Es erfüllte mit Staunen,
^ OTTO 7tjrUSET{
in China, weltweit von unseren Shakespeares« Racines und
Moli^res, ein voll ausgebildetes Drama zu finden, indessen
Persien z. B. über die ersten Anfänge noch nicht hinaus-
gekommen war. Von Schauspielaufffihrungen wird schon aus
der Tang-Ara berichtet, aber erst aus der Zeit der größeren
Mongoleneinbrüche stammen die ersten aufgezeichneten
Stücke. Wieder führte dieses Zusammentreffen zu der Mei-
nung, die Mongolen, die sich spater tatsachlich als große Be-
günstiger des Theaters erwiesen, hatten das Drama in China
eingeführt, aber man muß wohl auch hier annehmen, daß
Indien mit seiner großen Dramenliteratur das Ursprungs-
land sei. Viele Einzelheiten im szenischen Apparat sowie
in der Führung der Handlung bezeugen dies. Aber das
chinesische Drama steht nicht im entferntesten auf der Höhe
des indischen. Zwar auch dieses erscheint uns wenig per-
sönlich gefärbt und über seine Verfasser konnten die Ansich-
ten der Forscher oft um Jahrhunderte auseinandergehn, in
Indien jedoch fehlt diese Individualisierung, dieser histo-
rische Sinn, der auch dem Autor eines Werkes Beachtung
schenkt, im allgemeinen, während in China von frühester
Zeit an über alles Bemerkenswerte sorgfältige Notizen ge-
macht wurden, wie wir denn auch über Lyriker, Geschichts-
schreiber, Staatsmänner die denkbar besten Nachrichten
haben. Das Drama dient ebenso wie der Roman nur zur
Unterhaltung. Die niedrige Stellung der Schauspieler tut
dabei nichts zur Sache; sie war in Japan, in England bis
in eine noch sehr nahe Vergangenheit eine ebenso niedrige,
und doch bildete sich hier ein nationales Drama heraus,
das mehr ist als nur Spektakel. Dies setzt das chinesische
Drama auf eine gleiche Stufe mit den türkischen Volks-
schauspielen, denen es aber inhaltlich doch wieder überlegen
ist. Seine Blütezeit war unter der vorübergehenden Mon-
golenherrschaft — der berühmte Kublai Khan war es, der
CmßlESlSCTlE DICNTUJ^G ^^
1264 Peking zur Hauptstadt des Reiches machte — , die
folgende Dynastie Ming (1368 — 1644) sah seine Nachblüte.
Man unterscheidet ein militärisches und ein bürgerliches
Drama» je nachdem kriegerische Ereignisse oder Herzens-
angelegenheiten seinen Inhalt bilden, Balletteinlagen, zahl-
lose Couplets, die immer wieder den Prosatext unterbrechen,
komische Zwischenspiele sorgen für die Abwechslung, mit
Vorliebe wird auch an das Mutterherz appelliert, das sich
ja immer leicht rühren läßt. In Rudolf von Gottschalls
„Das Theater und Drama der Chinesen" (Breslau 1887)
findet man die Handlung einer ganzen Reihe von Dramen
angegeben. Als Übersetzer machten sich vor allem ver-
dient Bazin afn^ (Thdätre chinois, Paris 1838; Le Pi-pa-ki,
ou rhistoire du luth, Paris 1841 ; Le si^cle des Youftn,
Paris 1850; Chine moderne, Paris 1853) und Stan. Julien
(Si-siang-ki, ou Thistoire du pavillon d'occident, com^die
en seize actes, Genf 1872 — 80; Tchao-chi-kou-eul, ou
l'orphelin de la Chine, Paris 1 834, Hoe7-lan-ki, ou Thistoire
du cerde de craie, London 1 852). "VC^ieder findet man dieselben
Personen wie in den Romanen, ebenso als bloße Typen ge-
zeichnet und oft auch nur danach genannt, wie es die italie-
nische Volksbühne tat. Und auch die neuesten Erzeugnisse
der chinesischen Dramatik stehn noch ganz auf demselben
Niveau des amerikanischen Spektakelstücks, das im besten
Falle eine kluge Ausnützung des theatralischen Effekts be-
kundet. Folkloristisches Interesse hat das chinesische Theater
gewiß, ein künstlerisches vermag es kaum zu erwecken, und
der Enthusiasmus einiger europäischer Bewunderer hat
auch nicht ein einziges Stück wahrhaftig der Weltliteratur
einverleibt. Es bleibt bei dem Urteile der Chinesen selbst,
daß sowohl ihr Roman wie ihr Drama nicht in die eigent-
liche, die hohe Literatur zu rechnen sind.
DIE ZEIT DER MANDSCHUS
1A3 FÜR GROSSGRIECHENLAND
die Besetzung durch die Türken wir,
dds war für Chin» der Oberging der
Hemchergewalt an eine mindichuUche
Dynastie. Die Einwanderung tartirisch-
mongoliicher Stimme, die schon Jahr-
hunderte früher erfolgt war (Bulgaren),
hatte den Charakter de« byzantinischen
Reiche* ils eines hellenischen noch nicht im 'Wesentlichen
vet^ndert, wenn auch die Umwandlung vorbereitet. Ahn-
lich ging an Chini die Mongolenherrschift vorüber. Ali
aber nich drei Jahrhunderten nitionalcr Regierung, die
zuletzt zur bloßen Eunuchen- und Harems Wirtschaft ge-
worden war, die Mandschus Peking eroberten — der letzte
Ming-Kaiser endete durch Selbstmord — da war China
reif für ein Regiment, das trotz aller Regsamkeit im ein-
zelnen jene Erstarrung und Stagnation herbeiführte, für
die China sprichwörtlich ist. Und die Mandschus brachten
den Chinesen auch das bedeutsame Symbol dafür: den Zopf.
Die ersten mandschui sehen Kaiser gaben dem großen
altgewordenen Reiche einen neuen Glanz. SchunTschih, der
von Pekings Fall im Jahre 1644 bis an seinen Tod (1661) über
ganz China regierte, Sßiicte das Land der katholischen
Mission, die eine Reihe von Errungenachaften des Westens
nach Osten brachte und vermSge ihrer Anpassungsfähigkeit
an die VerhSItnisse alsbald vielen Einfluß und auch zahl-
reiche AnhSnger gewann. Russische und holländische Ge-
cnmESiscHE dichtujs/g ^j
sandtschaften trafen an seinem Hof auch Abgesandte des
Großmoguls« des Dalai Lama und der westlichen Tartaren.
Der mächtige Rebell Tscheng Tscheng Kung« genannt Kuo
Hing Ye, was die Portugiesen Koxinga wiedergaben, ein
Anhänger der Mings, der noch einmal der nationalen Sache
zum Siege helfen wollte, wurde von Nanking
zurückgeschlagen. Kang Hi (1655 — 1723), der
als achtjähriges Kind auf Schun Tschih folgte,
blieb ebenfalls gegen die verschiedenen Auf-
ständischen siegreich, ja dehnte die Grenzen gjg^ ^j
seines Reiches bis Tibet aus; 1679 schloß er den
ersten Handelsvertrag mit den Russen, die Ost-
indische Kompagnie durfte sich in Amoy nieder-
lassen. Auch er war ein Beschützer der Jesuiten, die für ihn
astronomische Instrumente und Kanonen anfertigten und eine
Landvermessung vornahmen; das „Heilige Edikt", das er 1671
erließ und das den Konfuzianismus zur Staatsreligion oder
besser vielleicht zur Staatsmoral erhob, erhielt erst 1724 in
seinem Kommentar scharfe Wendungen gegen die christliche
Irrlehre, die nur geduldet würde, weil ihre Vertreter des
Kalendermachens kundig seien. Kang Hi's Bedeutung für
die chinesische Literatur liegt weniger in den Versen, die
er mit großer Emsigkeit und Leichtigkeit schrieb, als darin,
daß unter seiner Ägide eine Reihe von enzyklopädischen
Riesenwerken entstand, die noch heute ihren wissenschaft-
lichen Wert haben, so das „Kaiserliche Wörterbuch", das
vierzigtausend Zeichen enthält, wohl mit dem der fran-
zösischen Akademie zu vergleichen, zwei Enzyklopädien,
deren eine 1628 Bände füllt, eine Sammlung von Auszügen
aus historischen und philosophischen Schriften und einen
Thesaurus geflügelter Worte und Sentenzen.
Fast noch größeren Ruhm hat Kaiser Kien Lung (1710 bis
>799)# der 1735 auf den Thron kam, Enkel Kang Hi's. Das
Kang
51
OTTO »JIUSEJ{
Lung
Reich wurde unter ihm noch um einige Teile erweitert,
Tibet mußte Chinas Oberherrschaft anerkennen. Portugal,
England, Spanien und Holland schickten Gesandtschaften,
] 763 besuchten zwei Chinesen Europa. Trotz dieser freund-
lichen Beziehungen zum Auslande kam es unter
ihm zu zwei großen Christenverfolgungen 1746
und 1785, nicht zum geringsten wohl dadurch
hervorgerufen, daß nach 1 742 auf Betreiben der
Dominikaner gegen die Jesuiten das Christentum
scharf von den Landesbräuchen abgegrenzt und
so in dem Reiche der Duldsamkeit — im Westen
übt der Islam dieselbe Duldung — zum Fremd-
bestandteil wurde. Die Wissenschaft unterstützte Kien Lung
ebenso wie Kang Hi, wenn auch epigonenhafter; das Größte
war schon getan. Noch eifriger als Kang Hi war auch Kien
Lung literarisch tätig und Europa erfuhr zugleich mit seinem
Kaiserruhm auch seinen Dichterruhm. Im Jahre 1770 erschien
bei Lacombe in Paris das nun seltene Buch „Eloge de la Ville
Mookden et de ses environs, traduit en Fran^ois par le
P.Amiot, missionnaire k Peking" und„Kien-Long, Empereur
de la Chine et de la Tartaric" war der Verfasser der
übersetzten Verse. Voltaire richtete darum an den Kaiser
eine Epistel, die mit den Zeilen beginnt:
Re^ois mes compliments, charmant roi de la Chine:
Ton tröne est donc plac^ sur la double collinel
Nicht weniger als vierunddreißigtausend Gedichte hinter-
ließ Kien Lung, von deren Bedeutung er sicher so über-
zeugt war wie Carmen Sylva von der Unschätzbarkeit ihrer
Musengaben. Mehrere längere Stücke wurden auch in die
meisten Sprachen des Ostens übersetzt und trugen den
Dichterruhm des Kaisers unter seine nichtchinesischen
Untertanen. Der Preis der Stadt Mukden wurde auch in
KMSHR KIES LOSd
cjiWBSiscwß mcjtruTiG
ü
Europa in seiner mandschuischen Fassung bekannt; Mukden
war die Heimat der Tsing- Dynastie. Pater Amiot fügte
der hymnischen Dichtung noch ein kleines Gedicht auf den
Tee an, das in seiner Liebenswürdigkeit uns mehr anmutet;
Gabriele d'Annunzio spielt in seinem Sonett ,,Sogno eso-
tico'' das man im »»Intermezzo" findet» darauf an:
... La Sacra bevanda con un riso
voi ne la fine tazza di yu^
mi versate fra i nembi de! vapore;
mentre a voi su '1 tappeto io prostro il viso»
io poeta fanatico del th^
come Khian-Loung Celeste Imperatore.
Mit fünfundachtzig Jahren dankte Kien Lung zu Gunsten
seines Sohnes ab. Die Versemacherei wurde fortan von allen
höchsten und allerhöchsten Persönlichkeiten mit gleichem
Eifer gepflegt. Auch von der bekannten Kaiserin-Regentin
wird berichtet, daß sie gelegentlich der Han-1 in- Akademie
gleich sechshundert eigene Gedichte vorlegte; sie malt
übrigens auch.
Zur Zeit Kien Lung's lebte Yüan Tse Tsai (1715— 1797),
gerühmt als der größte Dichter Chinas in neuerer Zeit.
Seit Wang Ngan Schi und Su Tung Po waren sechs Jahr-
hunderte hingegangen» aus denen es genügt» einige wenige
Namen zu nennen. Liu Ki (131 1 — 1375) dichtete so zarte
Verse» daß man sagen konnte» er schwebe auf dem Ostwind.
Er war mit unter denen» die der Dynastie Ming zum Throne
verhalfen» nachdem die Mongolenherrschaft gestürzt war;
aber er endete im Kerker. Yang Ki (um 1400) ließ die
feingeistige Poesie der Tang-Ara wieder in seinen Gedichten
aufleben» Sung Schi (um 1600)» aus geringem Stande» sah
den Verfall der Mings und beklagte das Los seines Vater-
landes» das bald in die Hände der Barbaren fallen mußte»
60 OTTO nJlUSBJi
Fang Schu Schao (gest. 164a), ein großer Trinker vordem
.Herrn, war als Dichter ebenso berfihmt wie als
Kalligraph. Man darf hier sehr wohl an die BlOte
der tfirkischen Poesie um diese Zeit erinnern,
Yüan ^^ die doch auch nur ein Abglanz einer anderen
bedeutenderen ist, eine Nachblüte auf einem
Tse -jp* Boden, der l&ngst seine besten Früchte getragen
■ ^ hatte und auf lange hinaus nicht wieder die
J sai /^ gleichen von gleicher Güte hervorbringen konnte.
Auch Yüan Tse Tsai ist keine Dichtergestalt von
der Bedeutung eines Kiü Yüan und der Ursprüng-
lichkeit eines Li Tai Po> in seiner Universalität
könnte man ihn aber einen Voltaire des Ostens nennen.
Sein philosophisches Programm findet man in den Zeilen*]:
Ich seh, wie jedermann in dieser Welt,
An einen Buddha, einen Gott sich hält.
Der Leib wird schwach von Fasten, Büßergram
Und von Verbeugungen der Nacken lahm.
Doch alles dies ist Wahn, wie ichs erfand;
Wer fängt des Windes Schatten mit der Hand?
Wenn wahrhaft Götter unserm Ruf erschienen.
Der lautste aller, sang ich Lob mit ihnen.
Yüan Tse Tsai wollte sich ursprünglich der höheren Be-
amtenkarriere widmen, aber das Mandschuische bereitete
*) Ich bin hier genötigt, nach C. Imbault-Huarts Über-
setzung allein zu übersetzen, da mir nur die Abschrift dieser
Übersetzungen, die ich seinem Essay über Yüan Tse Tsai
(Journal of the China Branch of the Royal Society, XIX,
1886) entnahm, zur Verfügung steht; von den Texten hatte
ich leider keine Abschrift genommen.
CmJMESlSCHE DJCHTUJMG 6l
ihm unüberwindliche Schwierigkeiten, so ging er als Magi-
stratsbeamter in die Provinz. Mit vierzig Jahren jedoch
zog er sich vom Amte zurück und lebte nun ganz sei-
nen literarischen Bestrebungen. In der Nähe von Nanking
hatte er sich ein Tuskulum geschaffen, wo er nun nach
der Art Pe Kiü l's einen schöngeistigen Kreis um sich sam-
melte« Außer mit der Dichtkunst beschäftigte er sich mit
Geschichte, Kritik, Philosophie und auch mit der Koch-
kunst, was ihm den Namen eines chinesischen Brillat-Savarin
eingetragen hat. Br genoß eines großen Ruhmes; selbst
von den Liu-kiu-lnseln kamen Leute nach Nanking einzig
und allein, um seine Gedichte zu kaufen, wie sein Biograph
sagt. Lieblich sind seine Verse auf sein Töchterchen A Liang,
das ihm mit fünf Jahren starb: zweitausend Zeichen kannte
sie schon und der Vater las die Gedichte der Tang-Zeit
mit ihr; und mit ihrer jüngeren Schwester teilte sie alles,
was sie bekam, zwei Wildgänsen glichen sie, wie sie ein-
ander jagten; am Morgen spielte sie mit Pinsel und Tuschen
und am Abend schnitt sie Puppenkleider aus Papier; wenn
der Vater unter seinen Büchern und Raritäten Ordnung
machte, wollte sie gar nicht aus der Stube, und wenn er
Zahnweh hatte, brachte sie ihm Zuckerwerk; ihre Pupillen
glichen zwei schwarzen Lacktupfen und das Glück stand
ihr auf der Stirne geschrieben, so war sie die Freude seines
Alters, bis sie plötzlich dahinwelkte wie eine Blüte des
Udumbarabaumsl Viele kleine Züge reiht er so aneinander
zu einem überaus liebenswürdigen Bilde aus dem chinesi-
schen Familienleben, das sonst in der Poesie kaum hier und
da gestreift wird. Ich Übersetze noch zwei Vierzeiler nach
Imbault-Huart:
WEIDENKÄTZCHEN
Die Weidenkätzchen sind wie lichte Flocken,
Sie wirbeln, ohne je im Flug zu stocken.
G2
OTTO TlJmSEJi
Tseng
Kuo
Fan
Sie fragen nicht, wo ihnen Rast bestimmt,
Sie folgen nur, wohin der Wind sie nimmt.
DAS WELKE BLATT
Was hier auf Erden Bifite trSgt und Laub,
Wird, wie es lebte, auch des Todes Raub.
Das welke Blatt blickt ins Gezweig empor.
Es ffihlt voll Schmerz, daß es sein Grfin verlor.
Ober die chinesische Dichtung des neunzehnten Jahr-
hunderts urteilt ein so ausgezeichneter Kenner wie H. A.
Giles: „Taken altogether, the poetry of the present dynasty,
especially that of the nineteenth Century, must be written
down as nothing more than artificial verse, with the art not
even concealed, but grossly patent to the dullest observer"
und „The present age has seen the birth of nogreat ori-
ginal writer ih any department of literature, nor the pro-
duction of any great original work worthy to
be smeared with cedar-oil for the delectation of
posterity.'' Er spricht weiter davon, daß es Ge-
pflogenheit sei, nach dem Tode eines sonst be-
deutenden Mannes auch seine Verse herauszu-
geben, die eines succ^s d'estime sicher seien,
und wie der Chinese von heute durch die Lite-
ratur der Vergangenheit förmlich erdrückt werden
müsse, da er nicht hofPen könne, etwas zu schafften,
was ihren Meisterwerken ebenbürtig sei. Dies
mag richtig sein. Die Namen, die sich nennen
lassen, fallen zumeist in diese Kategorie. Tseng Kuo
Fan (18] 1 — 1872), der große Staatsmann, der die schweren
Folgen des Massakres von Tien-tsin (1870) verhütete, in
hohen Ehren und in Armut starb, und Li Hung Tschang
(1822 — 1901), der Bismarck des Ostens, einer der reichsten
CmJ^ESlSCTtB TUCfiTUT^G
6i
Männer der Erde, sie beide gaben ihren Schriften den
Ruhm ihres Namens, und dies mag sie — vielleicht — vor
Vergessenheit bewahren. Dichter von Ruf waren Tschao 1
(1727 — 1814) und Yao Nai (1730 — «815), ein
liebenswürdigeres größeres Gedicht, „Das Lied
vom Theepflficken'S das um 1840 Aufsehen ge-
macht haben muß — man findet es im Chinese
Repository, Canton 1 836, und metrisch übersetzt
in der zweiten Auflage von Sir ]. Fr. Davis'
Poeseos Sinensis commentarii, London 1870 —
schrieb ein gewisser Li llh Tsing, aus Hai-ytng
gebürtig, über den ich sonst nichts zu finden
vermochte. Die Dichtung mutet uns durch das
volkstümliche Motiv an und konnte wie ein Vor-
zeichen der nationalen Wiedergeburt erscheinen, die dann
Hung Siu Tschüan (181a — 1864) durch seinen gewaltigen,
große Teile des Volkes tief ergreifenden Aufstand, der
als Taiping- Aufstand bekannt ist, herbeiführen
wollte. Hung Siu Tschüan war selbst Dichter
und gewiß einer der eigenartigsten, wenn auch
nicht größten — sein Leben allerdings war die
größte Epopöe des neueren China — eigene Phan-
tastik und christliche Einflüsse mischen sich in
ihm und machen ihn zu jenem hinreißenden
Prediger, zu dem siegreichen Führer und zu dem
in seiner Herrlichkeit schwelgenden Kaiser der
Rebellen. Als er Nanking, seine Residenz, ver-
loren sah, nahm er Gift und ließ seinen Leichnam ver-
brennen. Mit Hilfe europäischer WafFen war die Herr-
schaft der Mandschus wiederhergestellt worden. Es waltete
hier wohl dasselbe politische Jnteresse, das auch die Balkan-
halbinsel im wesentlichen der türkischen Herrschaft erhält
und die nationale griechische Bewegung nicht aufkommen
^
Hung
^
Siu
^
Tschüan
64
OTTO njrusw{
läßt. Und es wird kauixi anders werden, nun Japan die
Hegemonie im Osten errungen hat; Japan wird nur die
Rolle der Europäer übernehmen und weiterführen. Es ist \
kein gutes Horoskop, das man hiernach dem Reich der j
Mitte stellen kann : niedergedrückt von der Bedeutung seiner j
klassischen Kultur, niedergehalten von den politischen \
Mächten der Gegenwart, unter fremder Herrschaft, können
sich seine Kräfte nicht frei entfalten und die vierhundert
Millionen seiner Ländermasse bedeuten für das kulturelle
Leben unserer Zeit kaum mehr als die hundertfünfzig Mil-
lionen des Islam auf den Trümmern der antiken Welt.
Als hauptsächlichste Werke wurden zu der vorliegenden
Darstellung benutzt:
HERBERT A. GILES, A history of Chinese literature.
London 1901, BandX der Short Histories of the Litera-
tures of the World.
Derselbe: A Chinese biographical dictionary. London und
Schanghai 1898.
Derselbe: Chinese poetry in English verse. London und
Schanghai 1898.
DR. WILHELM GRUBE, Geschichte der chinesischen
Literatur. Leipzig 1902. Band VI 11 von »Die Litera-
turen des Ostens in Einzeldarstellungen".
C. IMBAULT-HUART, La podsic Chinoise du XI Vc au
XlXe si^cle. Paris 1886.
P. ANGELO ZOTTOLl S. J. Cursus Litteraturae Sinicae.
Schanghai 1 882.
Weitere Quellen für Einzelheiten findet man im Texte
angegeben. Vgl. auch des Verfassers Studien über chine-
sische Poesie in der »»Deutschen Dichtung" (1900), ,,Aus
fremden Zungen" (1900)» der Beilage zur »»Allgemeinen
Zeitung" ( 1 90 1 ) und der »»Täglichen Rundschau" ( 1 90 1 )» seine
Verdeutschung einer Auswahl aus Li Tai Po's Gedichten
(Großenhain und Leipzig» 1 906) und die Aufsätze über den
Dichter in der »»Nationalzeitung" (1907) und den »»Münch-
ner Neuesten Nachrichten" (1907).
Es erübrigt mir hier noch» Herrn Professor Dr. Peter
Rheden, der mir eine Reihe wertvoller Werke aus seiner
chinesischen Bibliothek auf das Liebenswürdigste zur Ver-
fügung stellte» meinen besten Dank zu sagen.
BJiJfJWES: DTE VlTEJ{J(rUJ{. BJfND XXXJV E
(>(> UTET{A TU]{- VEJ{ZE1C»M1S
Von Otto Hauser erschienen an eigenen W^erken:
Ethnographische Novellen.
Lehrer Johannes Johansen. (Auch italienisch.)
Ein abgesetzter Pfarrer.
Angelika und Malwine.
Lucidor der Unglackliche. (Auch dftnisch und serbisch) [Roman] 1848.
Spinoza (Auch holländisch und hcbrftisch.)
Die Familie Geßner.
Mutter und Sohn (Drama).
Der Reigen der schönen Frauen (Gedichte). Stttcke daraus auch französisch
und dftnisch.
Runen (Gedichte).
Die deutschen Ausgaben sftmtlich im Verlage von Ad. Bonz & Co., Stuttgart.
An Obersetzungen:
Verlaine, Paul, Gedichte. Aus dem Französischen. Berlin, Concordia.
Rossetti, Dante Gabriel, „Das Haus des Lebens.'* Ein Sonettenzyklus aus
dem Englischen. Jena, Eugen Diederichs.
Wilde, Oskar, „Gedichte" und „Die Ballade vom Zuchthaus zu Reading".
Aus dem Englischen. Wiener Verlag (Bd. J der deutschen Gesamtausgabe
der Werke Wilde's).
Longfellow, H. W., „Evangeline". Aus dem Englischen. Nürnberg, E. Nister.
Alis^ieri, Dante, „Das neue Leben". Aus dem Italienischen. Berlin, Julius
Bard (Bd. 11 des Hortus Deliciarum).
Maraja, Xeres de la, (Milan Begowitsch), „Venus "^ctrix'^ Ein Renaissance-
Lustspiel, aus dem Kroatischen. Großenhain u. Leipzig, Baumeit&Ronge.
Ferner die Sammlung metrischer Übertragungen „Aus fremden Gftrten",
Großenhain u. Leipzig, Baumert & Rongc, darin :
Suvinburne, A Ch., Gedichte. Aus dem englischen.
von Enden, Fredederik, „Ellen". Ein Lied vom Schmerz. Aus dem Nieder-
ländischen.
Li Tai Po, Gedichte. Aus dem Chinesischen.
An lyrischen Auswahlen In eigener Übertragung mit literar-
historischen Einleitungen:
Die niederlftndische Lyrik von 1875—1900.
Die belgische Lyrik von 1880—1900.
Die dftnische Lyrik von 1872—1902.
Die japanische Lyrik von 1880— 1900.
Sftmtliche im Verlag von Baumert & Ronge, Großenhain u. Leipzig.
An literarhistorischen Arbeiten:
Die japanische Dichtung.
Die cninesiche Dichtung.
In der Monographicnsammlung »»Die Literatur'', Berlin, Marquardt & Co.
Weltgeschichte der Literaturen. Leipzig, Bibliograph. Institut. (Jn Yorb.)
An philologischen Werken:
Die Urform der Psalmen.
Die althebrftjsche Poesie.
Im Verlag von Baumert & Ronge, Großenhain u. Leipzig.