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Die
deutschen Bolksbücher
Sefammelt
und in ihrer urfprünglichen Echtheit wiederhergeftellt
von
Karl Simrod.
Mit Holz;zfhnitten
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Meunter Band.
Frankfurt a. M.
Druck und Verlag von Heine. Ludw. Brönner.
1856.
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E.
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Inhalt.
Der märkiſche Eulenfpiegel .
Das deutfche Kinderbud .
Das deutfche Räthſelbuch I. ..
Thedel Unverfährt von Walmoden
Augihaplr. . .»
Der
märkfifche Eulenspiegel.
Difche. Volksb. Ir. Br. 1
I.
Wie Hans Clauert zum Handwerk fam und feinen Meifter mit
einem Bauern zuſammen bradıte.
Vor etlichen Jahren wohnte ein Bürger zu Trebbin in
der Mark Brandenburg, der hieß Peter Clauert, welcher mit
ſeinem ehelichen Weibe einen Sohn Namens Hans erzeugte.
Derſelbe war von Natur ein ſo drolliger Menſch, daß ſeines
Gleichen kaum wieder Einer nach ihm kommen wird. Sein
Vater brachte ihn nach Zerbſt und ließ ihn das Schloßer—
handwerk lernen. Da er nun in der Lehre war und ſein Mei—
ſter einsmals gute Freunde bei ſich hatte, denen Hans Clauert
Wein und Bier einſchenkte, begab es ſich von ohngefähr, daß
ein ſtark viereckiger Bauernknecht vor das Haus kommt und
heftig an die Thüre klopft. Ihm aufzumachen läuft Hans
Clauert eilends hinaus und fragt, was des Bauern Begehren
ſeie. Dieſer gab ihm zur Antwort: Ich wollte gern ein Schloß
kaufen. Darauf ſagt Hans Clauert: Ich habe keine Macht,
ſie zu verkaufen; will aber meinen Meiſter herausrufen, der
Euch den Kauf bald ſagen wird. Damit ihr aber deſto füg—
licher handelseins werdet, ſollt ihr wißen, daß mein Meiſter
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fehr übel hört; es muß Einer gar laut rufen, dem er etwas
verftehen foll, Der Bauer vermeinte, dem wäre alfo. Als
Hans Glauert vermerkte, daß fein Fürhaben glücklichen Fort-
gang haben werde, berichtete er feinem Meifter gleichergeftalt,
daß Einer ein Schloß zu Eaufen begehre, der aber fehr taub
fei, welches fein Meifter au) glaubte, Und indem der Mei-
jter zur Stubenthür hinausgeht, fehreit ihm der Bauernknecht
entgegen, fo laut er immer mag: Einen guten Tag Meifter,
einen guten Tag. Darüber fangt Dans Clauert inder Stube
vor dem Tiſch zu lachen an und fagt zu den Gäften: Sch
habe fie beide zufammengebracht, unfer Hergott mag fie fchei:
den; welches die Gäſte nicht verftanden und fich des großen
Gefchreis verwunderten, und nicht anders vermeinten, denn
die Leute wären beide unfinnig geworden, Denn der Meifter
ſchrie noch viel heftiger als der Bauer und dad Gefchrei über
den Kauf ward fo lange getrieben, daß je Einer zu ſich felbft
mit fcherzenden Worten fprach: Hat mid) denn der Zeufel
mit dem Narren betrogen? So famen fie vom Schelten zum
Kaufen und Schlagen und würden fich einander mit dem
Hammer häßlich zugerichtet haben, wenn die Nachbarn von
der Gaße und des Kleinfchmieds Säfte aus der Stube nicht
Hefommen wären und Frieden gemacht hätten, worüber her—
nah Nachbarn und Gäſte, da fie den Grund erfahren, ges
nugfam lachten und Hans Clauertd wunbderlichen Kopf dar—
aus erkennen lernten,
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Hier wird das alte Sprichwort war,
Der Hahn Eräht durdy das ganze Jahr;
Die Kase läßt das Maufen nicht
Wie uns auh Morolf giebt Beridt:
Des Königs Arbeit war umfunft,
As er fie lehrte andre Kunft.
Der Kudud wird keine Nachtigall,
Das ſieht man audy an Glauerts Fall,
Der, wird er gleich ein Handwerksmann,
Bon feiner Tück nicht laßen kann
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Und bergen feiner Schalkheit Spur:
Vor Handwerk geht zulegt Natur.
Drum lehr feinen Affen Seide fpinnen,
Du wirft fonft wenig dran gewinnen,
11.
Wie es Glauerten ergangen ift, da er von feinem Meifter gewan—
dert war,
Als lauert das Schloßerhandwerk bei feinem Meifter
ausgelernt, auch viel feltfame Schwänke dafelbft getrieben, be=
gab er fich auf die Wanderfhaft. Einsmals, da er feine Ar—
beit befommen fonnte, gerieth er Abends in ein Dorf, darin
eine Hochzeit war, zu der auch der Schmied des Orts fammt
Meib und Zochter geladen war, Diefen Schmied bat lauert
um Herberge, aber der Echmied gab ihm zur Antwort: Die
Kleinfehmiede gönnen doch den Grobſchmieden wenig Gutes,
derhalben darfft du dich bei mir feiner Herberge getröften,
fondern magft ins Wirthshaus gehen. Dem armen Gefellen
wollte e8 fchwer werden, aus leerem Beutel Geld zu zählen,
sieng derhalben hin und legte fich unter einen Schoppen vor
des Echmiedes Thür, in der Meinung, wenn der Schmied
heimfäme, wollt er ihn dennoch überreden, daß er ihn zur
Herberge aufnähme, Hier war Hans Glauerten mehr Glüd
befcheert als Recht. Denn als er in der Kälte vor des Schmie—
des Thür verborgen lag, kam des Schmiede Tochter vom
Zanze heim, das Vieh zu beforgen, und indem fie ihren
Schmuck in der Kammer ablegt, läßt fie die Hausthür offen
ſtehen. Unterdes fchleiht lauert behend in die Stube und
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fteigt auf die Hürde über dem Kachelofen, die Nacht allda in
der Wärme zu fchlafen, Denn an demfelben Ort hat jeder
Bauer über feinem Kachelofen eine geflochtene Hürde, darauf
fie zue Winterzeit die Käfe zu trodnen pflegen. Da lag
Glauert in aller Furcht, und das Mädchen geht wieder zum
Abendtanz. Als nun der Schmied und fein Weib von der
Hochzeit heimkommen und längft zu Bette gegangen waren,
bringt des Schmieds Tochter des Schulzen Sohn im Dorf
mit fich, fest ihn hinter den Tiſch, trägt zu eßen und zu trin—
fen auf, und treiben allerlei feltfame Reden unter einander,
bis des Schulzen Sohn endlich fragt, ob fie ihm nicht zu
Willen fein wolle, Darauf die gute Dirne antwortet, fo er
fie hernach ehelichen oder gleich zehen Schod geben wolle,
follte e8 ihm nicht abgefchlagen fein, Der junge Schulz, der
fie nicht zu ehelichen begehrte, handelt fo lange mit ihr, bis
fie ihm den Kauf um fünf Grofchen zufagt, welche er denn
alsbald aufzählt, Die züchtige Jungfrau, welche der Handel
zu reuen begann, mwollte mit dem Geld entlaufen, aber der
junge Schulz erhafcht fie und fagt: Wenn ich für mein Geld
nicht mehr haben fol, fo will ich doch die Waare befehen, die
ich gekauft habe, In folhem Lärm rüdt Haus Clauert auf
der Hürde zu weit vor, die Kirchweih mit anzufehen, daß der
Bordertheil fehmwerer ward, als der Hintertheil und fiel mit
der Hürde vom Dfen herunter, Darüber erfchrafen die bei-
den fehr heftig, liefen davon und ließen die fünf Grofhen
fammt Eßen und Zrinfen bei dem Licht auf dem Zifche Stehen.
Des ward Clauert hoch erfreut für feinen hungrigen Magen,
nahm dazu das Geld, ftedte Brot und andere Speife in feis
nen Beutel, trollt fi) zum Haus hinaus und verfrod ſich
——
die Nacht in einem Heuſchober vor dem Dorfe, darin er gar
ſanft ſchlief bis an den lichten Morgen, denn er fürchtete,
wenn der Schmied erwachte und ihn ergriffe, möchte er ihm
den großen Hammer zu koſten geben, deſſen die Kleinſchmiede
ungewohnt ſind.
Wer allzeit hinterm Ofen ſitzt,
Nur Grillen heckt und Hölzlein ſchnitzt
Und fremde Lande nicht erſchaut,
Der bleibt ein Aff in ſeiner Haut,
Sitzt da wie auf das Maul geſchlagen
Und hört was andre Leute ſagen.
Der aber iſt geweſen weit,
Bei fremden Leuten weiß Beſcheid,
Von vielen Dingen reden kann,
Der wird geliebt von jedermann.
Wer in der Welt erfahren iſt,
Der weiß wie zu gebahren iſt.
Der nie kam weg, kommt nie zu Haus
Und wird ein grober Eſel draus.
III.
Wie Hans Clauert gen Ungarn zog, wo er nicht Arbeit fand und
eines Grafen Büchſenmacher ward, auch daſelbſt ſtarb und
wieder lebendig ward.
Mit ſolchen Victualien und obgedachten fünf Groſchen
zog Hans Clauert hin und wieder auf ſeinem Handwerke, Ar—
beit zu ſuchen. Und weil er ein guter Büchſenmacher war,
kam er bis ins Land Ungarn, woſelbſt er von einem jungen
Grafen auf- und angenommen ward, welchem er auch eine
—
Weile diente und mit lächerlichen Schwänken die Zeit ver—
trieb, darum er denn lieb gehalten ward und neben ſeiner
Beſoldung manch ſtattliches Trinkgeld bekam, deſſen ihn je—
doch des rothen Königs Geſinde, mit welchem er gern ſchar—
mützelte, wieder beraubte, daß er alfo wenig davon briugen
fonnte, Weil aber im Lande Ungarn der Gebraud) ift, daß
die Edelleute, welche unter den Grafen gefegen find, ihnen
auch dienen müßen, und fo oft fie zu Haufe gewefen und
wieder gen Hof kommen, den Herren oder ihren Frauen ein
Geſchenk mitbringen, follten es auch nur ein paar Kapaunen
fein, deren fie fonderlich viel haben, und gedachter Graf noch
eine Mutter hatte, die das Negiment führte, fprach diefelbe
einsmals fcherzmeife zu Clauerten: Dans, du fiebft, daß
andere unfrer Hofdiener uns ſtäts Geſchenke bringen und du
haft uns bisher noch nichts gebracht, fonft würden wir ung
gegen dich auch gnädiger zu erzeigen wißen. lauert fagte:
Gnädige Frau, fo mir unfer Herrgott etwas befcheren wird,
will ih E. ©. auch nicht vergeßen, und gedachte auf Mittel
und Wege, wie er der Gräfin ein Geſchenk bringen möchte,
damit er auch etwann begnadet würde, wie fie denn ihre Dies
ner, melche bei ihnen in ihrem Lande zu bleiben Luft haben,
wohl mit etlichen Unterthanen begaben. lauert gieng des
Abends hin in der Gräfin Meierei, die nicht über eine halbe
Meile Wegs von jenem Schloße lag, und fagte zu der Meie-
tin, die Gräfin hätte befohlen, alle Gänfe und Kapaunen zu
fhladhten und abzubrühen (mie denn des Landes Gewohn—
heit ift, daß man die Gänfe ſowohl als dieHühner brüht und
die Federn hinfchüttet,), welche er in früher Tagezeit gen Hof
bringen follte, Die Meierin wufte, daß er beim Grafen ein
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angenommener Mann mar, derhalben fie ihm leichtlich Glau—
ben gab, würgte die Gänſe und Kapaunen und machte ſie
rein, wie es Clauert befohlen hatte. Da es nun Tag werden
wollte, hängte Clauert die 54 Capaunen und 36 Gänſe an
zwo Stangen, ließ ſie vier Bauern vor ſich hertragen, gieng
zu der Gräfin und ſprach: Gnädige Frau, ob ich gleich bis—
her nicht viel gehabt, das ich E. G. hätte ſchenken mögen, ſo
habe ich doch jetzt gegenwärtige Kapaunen und Gänſe zuwege
gebracht, die ih E. ©. verehre. Deſſen bedankte ſich die Grä—
fin und verhieß es in Gnaden zu erkennen.
Als es aber Abend ward, kam die Meierin und fragte die
alte Gräfin, warum ſie den Meierhof ſo wüſt gemacht und
alle Gänſe ſowohl als Kapaunen hätte ſchlachten laßen, da
ſie doch ſolche bei ihren Unterthanen wohl hätte bekommen
mögen. Deſſen erſchrack die Gräfin und fragte, wer ſie das
geheißen hätte. Die Meierin berief ſich auf Clauerts Befehl,
dem ſie hätte nachleben müßen. Darüber ward die Gräfin
Clauerten ſo feind, daß ſie ihn nicht mehr vor ihr Angeſicht
wollte kommen laßen, worüber keiner betrübter ward, als der
junge Graf, daß er ſeinen liebſten Diener nicht mehr vor
ſeine Mutter bringen durfte. Da gab ihm Clauert den Rath,
einen Sarg machen zu laßen, darein legte ſich Clauert als
wenn er todt wäre; dann befahl der Graf, ihn mit Fackeln
zur Kirche zu tragen und ließ zum Leichenzuge läuten. Als
nun die Mutter fragte, wer geſtorben ſei, ſagte der Graf, mein
lieber Clauert iſt todt. Die Gräfin wollte ihn noch zum letz—
ten Mal ſehen und gieng deshalb mit ihrem Sohn, dem Gra—
fen, in die Kirche hinab. Und da ſie zu dem Sarge kamen,
darin Clauert lag, ſagte der Graf zu ſeiner Mutter: Ach liebe
er —
Frau Mutter, ich bitte zum höchſten, wollet dieſem armen
Hans Clauert ſeine Miſſethat, ſo er euch etwa beleidigt hat,
allhier auf dieſer Welt verzeihen. Die Gräfin vermeinte, er
wäre todt und ſagte: Ob er ſchon ſchwer gegen uns geſündigt
hat, fo verzeihen wir ihm doch, da er jetzo in Gottes Gewalt
ift, feine Uebertretung hiemit fo wahr als uns Gott unfere
Sünde verzeihen fol. Als Clauert diefe tröftlihen Worte
hörte, fprang er aus dem Sarg, fiel vor der Gräfin nieder
und bedankte fich der erzeigten Gnade ganz unterthänig.
Die Gräfin erfchraf und hätte mit ihrem Sohne und Clauer>
ten gerne gezürnt, aber ihren Worten zu mwiderfprechen, deuchte
fie unrühmlich. Alfo blieb Clauert am felbigen Hof bis Pefth
und Dfen von den Türken belagert und der Graf gefangen
ward, daß alfo Glauert feinen Heren mehr hatte und feinem
Handwerk nachziehen mufte.
Wer mit Herren Kirfchen eßen will,
Dem wird oft Kern allein und Stiel,
Und muß nur an den Knochen leden;
Bedenk, wie wird das Eßen fchmeden!
18:
Wie Clauert Arbeit fuht und feine findet und darüber ſich zu
Spisbuben yefellt.
Als Clauert fo Eläglich von feinem Herren fcheiden mufte,
und nichts mehr anzufangen mufte, als feinem Handwerk
nachzuziehen, daffelbe jedoch nichts einbringen und der Bauch
gleichwohl fatt fein wollte, begab fih Clauert zu einer Kette
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die man Spisbuben nennt, und erlernte von ihnen die Kunft
fo gründlich, daß er billig derfelbigen Meifter hätte mögen ge—
nannt werden, behalf fich auch eine Zeitlang damit, bis end-
lich folher Handel im ganzen römifhen Neih bei hoher
Strafe verboten ward. Da erdachte Hans lauert einen
neuen Sund, hüngte eine Trompete an feinen Hals und gab
fidy für einen Irompeter aus, damit er defto füglicher in den
vornehmften Wirthshäuſern zur Herberge aufgenommen ter:
den und feine Nahrung bei den ftattlihen Gäſten fuhen
möchte, denn eben zu derfelbigen Zeit Pejth und Ofen in Un—
garn von den Zürfen geflürmt und eingenommen worden,
wie in der vorigen Hiflorie zu erfehen.
N:
Wie Slauert Sturm bläft als Peſt und Dfen geitürmt wurde.
Da Clauert alfo mit der Trompete herum terminierte und
die Kriegsleute aus Ungarn wenig Geld mitbrachten, daher
er auch nicht viel von ihnen befommen modte, fam er in
eine Stadt, darin zwei Wirthshäufer und ein Domfapitel
waren, und fragte nah dem beften Wirthshaus, darein er
auch gieng und um Herberge bat. Die Wirthin entfchuldigte
fih, daß fie in Abwefenheit ihres Mannes Niemand beher-
bergen dürfte und je heftiger er um Herberge anhielt, je un—
geftümer verfagte fie ihm folche, daß er zulegt davon zu gehen
Willens war. Gleihmwohl gedachte er bei ſich felbit, follt er
in einer ſchlechten Herberge einfehren, dahin nur fchledhte
Leute kämen, die wenig Geld hätten, fo würde ihm fein Beu—
——
tel wohl ſo ledig bleiben, als er zuvor geweſen. Und indem
er zur Stubenthür heraustritt, ſieht er gegenüber im Hauſe
ein kleines Stüblein halb offen ſtehen, darin ein wohlbereite—
tes Bett ſtand, in welchem Stüblein er ſich unter das Bett
verkroch und wartete, ob etwan Gäſte in die Herberge kom—
men möchten, zu denen er ſich heimlicher Weiſe geſellen und
ſeine freie Zehrung erlangen könnte. Da aber keine Gaͤſte
kamen und Clauerten unter dem Bette die Zeit ſehr lang
ward, kommt unverſehens die Wirthin und führt einen Dom—
herrn hinein, dem ſie das beſte Eßen und Trinken ſelber auf—
trug und freundlich mit ihm ſcherzte, wobei fie ab und zu lief,
bis fie all ihr Hausgefinde zu Bette getrieben. Da Eam fie
und feßte fi) zu ihm nieder und aßen und tranfen beide nach
Genügen mit einander, Zuletzt fieng er von der neuen Zeitung
aus Ungarn zu reden an, wie der Türke Pefth und Ofen ge:
flürmt und eingenommen hatte, wobei fie fragte, mie das
wohl zugienge, wenn eine Stadt mit Sturm genommen
würde, Als Sener es ihr erklären wollte und ſich dabei hand:
greifliher als billig verftändlid machte, fieng Glauert unge—
ftüm unter dem Bette hervor Sturm zu blafen an, daß beide
nicht anders gedachten, denn der lebendige Teufel wäre vor=
handen und vor Schreden davon liefen und Efen und Trin—
fen vergaßen, welches Glauert wohl beßer verfehen fonnte,
Er feste fich hinzu, aß was ihm fchmedte, fhenfte ein und
trank aus bis an den lichten Morgen, Da hängte er des
Pfaffen braunen Mantel um, band den einen Ermel zu und
ftedte die zwei beften filbernen Becher darein, barg die Trom—
pete unter dem Mantel und gieng damit in das andere Wirths—
haus, das in der Stadt war, Da legte er ſich auf die Bank,
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bis der Wirth aufftand, den er um Herberge bat, Da nahm
er ihn auf, dachte aber ſowohl als andere Leute nicht anders,
als daß er ein Narr wäre, Als aber Clauert zu Mittag Wein
verlangte, wollte ihm der Wirth Eeinen verabreichen Iaßen, er
hätte ihn denn zuvor bezahlt. Weil aber Clauert fein Geld
hatte, fuhte er den einen Becher hervor und begehrte Geld
darauf zu haben. Der Wirth erfannte aber fogleih an dem
Merkzeihen, daß er feinem Nachbarn gehörte, fhidte alfo
heimlich zu der Wirthin, bei der ihn Clauert befommen hatte
und ließ fragen, ob fie nicht etliche Becher vermifste, deren
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ihm einer zu Handen gefommen wäre. Die Wirthin läuft
ganz unbefonnen dahin und zeihte Clauerten, daß er ihr die
Becher geftohlen hätte, Darauf fagte Clauert: Sch habe Nie:
mand etwas geftohlen, fondern die Becher genommen, als
Peſth und Dfen geftürmt ward, denn ich habe dafelbft zum
Sturme geblafen, bat deshalb die Wirthin, fie wolle ihn fer:
ner mit folhen Worten verfchonen, und fagte, wenn ihr die
Becher geliebten, könnten fie ihr um billige Bezahlung wohl
zu heil werden. Die Wirthin wufte fih ſchuldig, daß fie
wider ihre Pflicht gehandelt hatte, darum minfte fie Glauerten,
daß er zu ihr hinüber Eime, lauert, welcher diefe Weife
wohl verftund, gieng zu der Frauen hinüber und empfteng
von ihr fünfzig Thaler, wogegen er ihr die beiden Becher
wieder zuftellte. Derwegen war er nun auch viel fröhlicher als
zuvor, fang, fprang und tanzte mit dem braunen Mantel und
der Zrompete, fo er darüber gehängt hatte, auf der Gafen
herum, um zu verfuhen, ob nicht Jemand diefen Nod er—
fennen würde, Darüber ward dem Pfaffen ſehr bange, er
verfügte ſich heimlich zu Clauerten und fchenfte ihm dreißig
Thaler für den Mantel mit inftändiger Bitte, daß Clauert
ja bei Niemand fagen möchte, wie ers angeftellt hätte, Clauert
verhieß es wohl zu thun; mie er eg aber halten würde, dafür
ließ er den Pfaffen forgen, alfo daß auch Niemand als Kin:
der und alte Leute davon zu fagen mwißen,
Um adıtzig Thaler fieh dich für,
Schleichſt du gern durch die HDinterthür,
Dder lerne Sünd und Lafter meiden,
So darfſt du nicht ſolch Strafe leiden.
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Wie Clauert heimzieht und ehrlich wird.
Als Clauert dieſe Beute erſtritten und mit gutem Ge—
wiſſen achtzig Thaler erhaſcht hatte, gedachte er ſeinem Vater
einen frommen Sohn heimzubringen, verſchenkte ſeine Trom—
pete und kehrte gen Trebbin, darüber ſein Vater hoch erfreut
war, daß er einen ſolchen vollen Beutel zu Hauſe brachte und
überredete ſeinen Sohn zum Eheſtande, der tröſtlichen Hoff:
nung, ſein Sohn würde die alte Haut abgezogen haben und
ſein Geld wohl anzulegen wißen, welches er auch that, wie
aus nachfolgenden Geſchichten zu erſehen iſt.
Ein Junggeſelle noch ſo wild
Wird oftmals durch ein Weib geſtillt.
Vo.
Wie Elauert mit der Braut von Zrebbin gen Zreuenbriegen fuhr
und auf dem Wege feine Hofleute zählte.
Kurze Zeit darauf begab es ſich, daß Valentin Luffe von
der treuen Briezen des Bürgermeifters Peter Müller Tochter
Margarethe zu Trebbin freite, und als der Tag kam, daß
man die Braut von Trebbin gen Briegen führen follte, wie
des Landes Gewohnheit ift, wobei unter Andern aud) Clauert
geladen war, der einen Neiter abgab, hängte er ein großes
Sägerhorn auf den Rüden, gelegentlich ein Gelächter Damit
anzurichten, welches ihm denn auf der Fahrt fehr nüse ward,
Denn als die von Briegen der Braut entgegen geritten ka—
Me
men, und einen gelehrten Mann bei ſich hatten, welcher die
Braut empfangen follte, und fich auf eine ftattliche Oration
gefhikt hatte, war ihm doc der Muth dem fremden Volk
gegenüber fo ganz entfallen, daß er nichts ordentliches hervor-
bringen Fonnte, Glauert merkte bald, daß der Mann feine
Faßung verloren hatte und fagte derhalben zu ihm: Guter
Freund, haltet ein wenig ftill mit Neden, ich muß umblafen
und meine Hofleute zählen, ob ich nicht etwa Einen unter-
wegs verloren habe, Sogleich fieng er an auf feinem Horne
zu blafen und fprengte zu drei oder vier Malen blafend um
feine Wagen herum, bis er vermeinte, der Drator würde fich
erholt und feine Dration wieder in Ordnung gebracht haben,
Da hörte er auf mit Blafen und fagte: Guter Freund, meine
Reiter find noch alle da: habt ihr etwas zu reden, fo mögt
ihrs vorbringen. Unterdes hatte der Orator ſich befonnen und
hielt nun eine fhöne Dration, empfieng die Braut fammt
ihrer Freundfchaft, worauf fie miteinander gen Briegen
zogen, wo die Hochzeit in Freuden begonnen und Elauerts
Hornblafen von allen Gäften genugfam belacht ward, Wie
aber zu Briegen der Gebrauch ift, wenn der Nathsfreunde
einer oder deren Kinder Hochzeit haben, daß fie des dritten
Tages in ihre Meiereien reiten, wo fie dann frifhe Milch oder
ſonſt eine Malzeit beftellen lagen und jede Mannsperfon
eine Frau oder Jungfrau hinter fich auf fein Pferd nimmt,
"fo hatte Glauert auch eine vornehme Jungfrau fich aufgefest,
Wie fie nun wieder in die Stadt reiten, begiebt es ſich, daß
Glauert feinem Pferde die Sporen giebt und in vollen Sprin—
pen zur Stadt hineinreitet, Darüber fängt die Jungfrau an
zu fchreien: Ach Glauert, Clauert! reitet gemächlicy oder ich
Difche. Volksb. 9. Bd. 2
—
falle herab! Da antwortete ihr Clauert: Liebe Jungfrau,
ih kann das Pferd nicht aufhalten, greift herum und haltet
euh am SattelEnopf. Die Jungfrau hatte in ihrer Furcht
vergeßen, daß Clauert Eeinen Sattel auf dem Pferde hatte,
und griff eilends mit beiden Händen nach dem Sattelfopf.
Da gab ihr Clauert, mit Gunſt zu melden, feinen Hofenlas
in die Hand, welchen die Jungfrau mit beiden Händen er=
haſchte und fich gar feft daran hielt, daß fie nicht herabfallen
möchte, bis Clauert fammt den andern Deren und feinen Ge:
fährten vor dem Haufe hielt, darin die Hochzeit war, und
ihnen zeigte, woran ſich die Jungfrau gehalten hätte, damit
fie nicht vom Pferde gefallen wäre, Deffen erfchraf die Jung—
frau noch heftiger, lief eilends zu Haus und Fam vor Scham
nicht wieder zur Hochzeit, Hatten nun die Hochzeitgäjte
Glauerts HDornblafen zuvor genugfam belacht, fo mar doch
dieſes Reiten Jedermann nod viel Lücherlicher, alfo daß die
Hochzeit in aller Fröhlichkeit zu Ende kam und hätten die
Leute Clauerten wohl hernach oftmals zu ſich gewünſcht, wenn
fie guter Dinge waren,
Kommſt du als Gaft zu fremden Drten,
Halt aljo dich in Werk und Worten,
Daß e5 gefällig Jedermann
Und Keiner drüber Elagen Eann,
Denn fröhlich fein in Zudt und Ehren
Das Tann man keinem Menſchen wehren.
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VI.
Wie lauert feine Nahrung anfieng und ihm der erfte Markt
übel gerieth.
As lauert von der Hochzeit heimkam, verdroß es ihn,
den Hammer zu hören, modte auch das Feilen nicht mehr
hören und gedachte, ein Kaufmann zu werden, 308 alfo ins
Land Medlenburg, Eaufte dafelbit zweihundert Ziegen und
Böcke, trieb diefelben auf Laurenti gen Jüterbock auf den
Markt und verkaufte fie auch fo, daß er feine Winterzehrung
wohl davon hätte haben Eönnen. Er gedachte aber mit folhem
Geld noch mehr zu erwerben, fintemal er in der Spisbüberei
wohl erfahren war, und fegte fi mit etlichen Spigbuben vor
dem Stadtfeller dafelbit nieder zu fpielen, bis die andern feine
Meifter wurden und ihm fein Geld, das er im Handel ge=
wonnen, ganz und gar abgenommen hatten. Da wuſte Claus
ert nicht, was er machen follte, nahm die Karten, damit fie
gefpielt hatten, ftedte fie in feinen Kober und gieng heim gen
Zrebbin , hängte den Kober, darin die Karten waren, in feis
nem Haufe an bie Wand und fegtefich in der Stuben an den
Tiſch, fah gar traurig drein und lehnte die Hand an den Kopf,
Sein Weib Margarethe war folher Traurigkeit bei ihm ganz
ungewohnt und fragte ihn deshalb: Lieber Hans, warum feid
ihr doch fo traurig? Was gilt, ihr habt das Vieh nicht wohl
verkauft oder gar auf Borg gegeben. Darauf antwortete
Hans Clauert: Ja freilich, liebe Grete, hab ichs gar ungemif-
fen Leuten verborgt; geh nur hinaus, in dem Kober an ber
MWand wirft du die Handfchrift wohl finden, Margarethe
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——
vermeinte die Handſchrift aufzubewahren, fand aber in dem
Kober nichts als Kartenblätter. Deſſen erſchrak ſie und rief
ihm zu: O Hans, ich wollte wetten, ihr habt das Geld ver—
ſpielt. Clauert ſagte: Aus der Verſicherung kannſt du wohl
erachten, wer meine Schuldner ſind. Darüber fieng ſie an
Zeter und Ach und Weh zu ſchreien, daß ſie einen ſolchen
Mann bekommen hätte, der ihr Alles durchbrächte. Mit ſol—
chem Geſchrei lief ſie zum Rathhaus, da die Herrn des Raths
eben verſammelt waren, und klagte über ihren Mann, daß er
ihr Alles zu verthun bedacht wäre und ihr in keinem Stück
folgen wollte, erzählte auch, was ſich begeben. Der Rath ließ
Clauerten aufs Rathhaus fordern, filzte ihn wohl aus und
gebot ihm, daß er ſeinem Weibe auch bisweilen, wenn ſie ihm
etwas Gutes riethe, folgen ſollte. Clauert verhieß es zu thun,
gieng heim und erwiſchte einen ſtarken Prügel, mit welchem
er dem Weibe zu folgen gedachte, welche Solches erſah und
feiner nicht erwartete, ſondern zum Haufe hinaus lief, Clau—
ert sieng wieder zum Rath und bat, wenn er feinem Weibe
folgen follte, fo möchten fie ihr doch auferlegen, feiner auch
zu harren, denn fie fei ſchnell zu Fuße, er aber von der weiten
Reiſe gar müde geworden, weshalb er ihre nicht folgen möchte,
deſſen fie Alle lachen muften und Clauerten bei feiner alten
MWeife ließen,
Was Gott befcheert, laß dir genügen,
Sonft möcht es ſich viel anders fügen,
Denn wer nad) fremdem Gute ftellt,
Wird oft um feins dazu geprellt:
Wer Karten frielen will muß wagen,
Daß ihm fein Eeld wird mweggetragen,
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Kein Meifter war je fo gefchict,
Den nicht ein andrer übertüdt:
Drum flied das Kartenipiel wie Gift,
Das dich nicht auch ſolch Unglück trifft.
IX.
Wie Stauert- beim Kurfürften zu Brandenburg von feinem Weibe
verklagt wird und wie er den Eurfürftlichen Befehl in die
Spree warf,
Hans Clauerts Weib predigte ihm tüglich fo viel von dem
verſpielten Gelde, daß er ihr oftmals mit einem Prügel zu
folgen verurfaht ward. Das vermeinte fie zu befern und
verklagte ihren Mann bei ihrem Herrn, dem Kurfürft von
Brandenburg, welcher zuvor von lauert viel gehört hatte,
weshalb ihm folche Klage angenehm war. Er lief alfo Clauer—
ten auf einen gewilfen Zag vor fich befcheiden, wo er denn
als ein gehorfamer Mann am beftimmten Tag erfhien, und
nad angehörter Sache vom Kurfürften an Euftahium von
Scylieben, der dazumal Hauptmann auf Frebbin und offen
mar, einen Befehl befam, daß Der von Schlieben Clauerten
wegen des verfpielten Geldes gefänglich verwahren follte bis
zu des Kurfürften Ankunft, indem der Kurfürft wenig Tage
hernach ein Nachtlager zu Zrebbin zu halten willens war.
Diefen Brief follte der Glauert Dem von Schliefen nad) des
Kurfürften Befehl eilends bringen. lauert vermerfte aus
etlihen Umftünden wohl, daß der Befehl ihm nicht zuträglich
fein würde, darum er den Brief aufbrach und einem Knaben
Drei Pfennige gab, der ihm denfelben las, und als er den In—
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halt vernommen, warf er den Brief in die Spree und lief
ihn fhwimmen, gieng in den Bernaufchen Keller und ver—
harrte noch drei Zage dafelbft, Den fünften Zag darnach kam
der Kurfürft gen Trebbin und fragte Euftahium von Schlie—
ben, wie es um Glauerten ftände, ob er ihn noch gefangen
hielte, oder ihn frei gelaßen hätte? Der von Schlieben gab
dem Kurfürften zur Antwort, daß ihm von Glauerts Gefäng—
nifs nichts bemwuft wäre. Der Kurfürft fragte weiter, ob ihm
Glauert nicht einen Befehl gebracht hätte? welches dem von
Scylieben noch viel weniger bewuft war, Der Kurfürft fchidte
nach Glauerten, ftelite fich fehr zornig und fagte: Wo haft du
den Brief gelaßen, den wir dir gegeben haben? lauert ant-
mwortete: Hoho, gnädigfter Herr, ift derfelbe Brief noch nicht
hier ® Der Kurfürft fagte: Wie foll er hier fein, wenn du
ihn nicht hergebracht haft? und fragte noch einmal, wo er ihn
gelaßen hätte, lauert fagte: Gnädigfter Kurfürft und Herr,
Em. 8. 5. Gnaden haben mir befohlen, daß ich den Brief ja
eilend gen Zrebbin bringen follte, Nun hatte ich zu Berlin
noch viel auszurichten, daß ich in zmeien Jagen noch nit
von dannen fommen Eonnte, darum warf ich denfelben in
die Spree, daß er vorausſchwimmen und defto zeitiger anfom=
men möchte, und wundert mich nicht wenig, daß er fo über
Ermarten lang ausgeblieben ift. Der hodhlöbliche Kurfürft,
ob er fon einen Ernft wider Clauerten zu gebrauchen Wil-
lens war, vermochte doch vor Lachen nichts vorzunehmen, fon=
dern ließ Clauerten mit feiner Sache hinfahren. Und an dem
Tage ward Elauert bei dem Kurfürften alfo befannt, daß er
zu ihm fommen mochte, wann er wollte,
ra m.
Merk, wenn ein Topf ift zugededt,
Weiß Niemand was darinnen ftedt;
So er alödann wird aufgethan
So riecht den Schmack wohl Jedermann.
So ward es auch dem Kurfürft klar
Mas für ein Hecht der Clauert war,
Sndem er feinen Brief wegwarf,
Darin ihm Keiner folgen darf,
Mas Klugen übel ftehet an,
Das ift von Narren wohlgethan.
_*
Wie Clauert feinem Weibe Wein holte.
Nicht lange nach diefer Zeit begab es fich, daß ein Herr
ein Nachtlager zu Trebbin hielt, wobei Clauert auch einen
guten Trunk zu haben verhoffte, welchen er durch diefe Lift
befam. Als er fah, daß derfelbe Herr an einem bequemen Ort
ftand,, da er ihn anfprechen Ffonnte, machte er ſich hinzu und
Elagte, wie er ein armes krankes Weib hätte, die er mit einem
guten Trunk Weins aufzubringen verhoffte (da er fie doch
wohl in einem Löffel Waßers erfäuft hätte). Weil er aber
aus Unvermögenheit den Wein nicht zu bezahlen, viel weni—
ger diefes Orts an Geld zu kommen wüſte, bat er unter-
thänigft, der Herr wolle ein Werk der Barmherzigkeit thun
und feinem armen Franken Weibe mit einem Zrunf guten
Meines zu Hülfe kommen. Worauf alsbald der Herr, weil
ihm Clauert unbekannt war, Befehl gab, daß man ihm eine
Kandel rheinifhen Wein geben follte. Da lauert den Wein
befam, vergaß er feines Weibes, Fonnte auch das Thor zum
u A
Schloß hinaus nicht finden, fondern traf die Küchenthür, wo
er zu dem guten Trunk auch einen guten Bißen fuhte, wel—
ches den Köchen wohlgefiel. Sie brachten das befte Eßen her—
für, das fie hatten, und genoßen dagegen des guten Weines bis
der Boden in der Kandel faft zu fehen war, Da fagte der eine
Koh: Hätten wir diefes guten Weines noch eine Kandel, wir
wollten ſehen, wie wir es Clauerten vergelten möchten. Glauert
tröftete fie und fprach: Trinket diefen aus, ich weiß gemwifs,
der Herr giebt mir noch eine Kandel Wein, Nahm damit die
Kandel, füllte fie in der Küche mit Wafer, und merfte gar
eben, da der Herr zum Fenfter hinausfah, gieng daher und
ftellte fih, als ob er nit wohl fehen Eönnte, und da e8 ihn
Zeit deuchte, fiel er mit der Kandel, Elagte fich fehr und ftellte
fih, als ob er nicht wiederum aufffehen Eönnte, welches der
Herr erfah und fprah: Ach, der arme Mann wird fi mit
dem Gefichte nicht wohl behelfen können; wie ergehts ihm
doch fo übel! Wir haben befohlen, ihm eine Kandel Wein zu
geben, fein Erankes Weib damit zu laben: nun iſt er fo übel
gefallen, daß er nicht wohl aufftehen Eann, und hat den Wein
dazu verfchüttet, Befahl auch, daß man ihm die Kandel mit
Wein alsbald wiederum füllen ſollte; deffen Clauert hoch er:
freut ward, Er dankte dem Herrn für ſolche erzeigte Gnade,
und gedachte an den vorigen Drt, wo man gute Bißen fpeifet,
trank den Wein mit den Köchen aus, und ließ fein Weib da=
für Waßer faufen,
So pflegt es in der Welt zu gehn
Wie einft aus Neineke Fuchs zu fehn:
Wer nur recht weidlich lügen kann
Bleibt ftäts der allerliebfte Mann,
— 25 —
Bekommt wohl was, wenn andıe darben,
Zrägt einen Rod von allen Farben.
Wer das nicht Eann, der bleib zu Haus,
Er wird gar wenig richten aus,
Denn wer da will die Wahrheit fagen,
Wird Eleinen Lohn von dannen tragen.
xl.
Wie Clauert nah) dem Bogel ſchoß.
Markgraf Joachim, der andere diefes Namens, hochlöb—
licher und feliger Gedächtniß, Kurfürft zu Brandenburg ıc.
pflag wohl mit den Bürgern zu Berlin und Köln nad
dem Vogel zu fhiegen, und wenn Solches Glauert erfuhr,
machte er fih auch hin zum Vogelfchießen, fpannte dem Kur—
fürften den Bogen und trieb mancherlei Kurzmweil unter der
Bogelftange, wie ihn denn der Kurfürft, feit er den Brief in
die Spree geworfen, wohl um fich leiden mochte. Dafienun
einsmals in Berlin nah dem Vogel fhoßen und Clauert
etwas fpät ankam, da der Vogel faft zum Abſchuß ftand, und
der Kurfürft wohl wufte, daß Clauert eine fonderliche Kunft
zu fchießen hatte, gab er ihm feinen Bogen und befahl ihm,
an feiner Statt zu ſchießen. Ob nun fon Clauert fo ein—
fältig nicht war als er ſich ftellte, nahm er doch den Bogen
und zielte auf den Riegel, der unten durch die Stange geht.
Der Kurfürft und andere Schüßen mehr fahen ihm eine Weile
zu und lachten feines nürrifhen Fürnehmens, bis ihn der
Kurfürft endlich fragte: Hans, was machſt du? Auf diefe
Weife wirft du den Vogel nicht herabfchießen. Clauert fagte:
— N.
Ah ja doch, gnüdigfter, midy dünft, wenn ich den Riegel,
ber die Stange hält, entzmwei fhöße, der Vogel follte wohl
herabfommen, meldes ihm ein Jeder zugeftehen muſte; doc)
vermeinten die Schüßen nicht anders, denn daß er ein Narr
märe, Derbalben ſchoß Clauert das erfte Mal gar mweit unter
dem Vogel bin, und da er von dem Aurfürften darum ges
ftraft ward, fagte er: Ach gnädigfter Kurfürft und Herr, was
foU doch ein Narr Gutes ſchießen können? Der Kurfürft ge—
dachte wohl, es wäre ihm nicht Ernſt gemefen, weshalb er
Clauerten zum andern Mal, als die Reihe an ihn Fam, zu
fhießen befahl. Nun ftellte er fich noch einfältiger als zuvor,
wackelte mit dem Bogen hin und her, und fragte ſtäts den
Kurfürften, ob er losdrüden follte, bis ihn der Narrheit ge:
nug zu fein deuchte: da ſchoß er den Vogel herunter und fragte
dennoch, ob er ihn auch getroffen hätte, Wie aufgerfumt nun
der Kurfürft darüber mar, fo unmillig waren die andern
Schüsen, daß alfo ein Narr der Klugen Meifter ward; fie
durften ſichs aber nicht merfen laßen,
Wer fi nur prädtig halten kann,
Der ailt für einen gefhidten Mann,
Da oft doch unter fchlehtem Kleid
Sich Kunft birgt und Geſchicklichkeit.
Sich Niemand über die Achjel an:
Du weift nicht was ein andrer kann.
X.
Wie lauert zu Sebekow Prediger ward,
Sm Lande Mekelnburg pflegte Clauert jährlich Vieh zu
holen und auf Laurenti gen Jüterbock zu treiben, wie er denn
auch einsmals Fabian Zauerbier zum Gefellen mit fih nahm
und in den Mefelnburgifchen Dörfern felbander Vieh ſam—
melte, Da kamen fie gen Sebefow und vermeinten in den
heißen Zagen den Durft zu löfchen, fanden aber im Krug
feinen guten Trunk. Nun war aber defjelben Tags der Pfar—
rer im Dorf begraben worden, mobei die Bauern nach alter
Gewohnheit ein Faß Bier zu vertrinfen hatten, Damit nun
Hans Glauert des guten Biers auch theilhaftig werden möchte,
gieng er mit feinem Gefellen Fabian Zauerbier hin und feßte
fih vor des Schulgen Thür, Da nahm Clauert ein Pfalm:
büchlein in die Hand, welches Fabian bei fich hatte, und kehrte
das Untertheil Über ſich, weshalb ihn Zauerbier auf den Fuß
trat. Solches verftand lauert bald, wendete das Büchlein
um und ftellte fih, als wenn er es gar wohl verftünde, da
er doch gar feinen Buchftaben Eonnte, Die Bauern famen
einer nach dem andern heraus, fahen ihn an und fragten zus
legt, was er für Einer wäre. lauert wufte wohl, daß ihr
Pfarrherr geftorben war, derhalben erihnen zur Antwort gab:
Ich bin ein Prediger und fuche Dienft. Darüber wurden die
Bauern froh, giengen zu Rath und befchloßen endlich, daß fie
denfelben Priefter ſowohl als feinen Gefährten zu fich bitten
und mit einem Trunf beehren wollten, lauert ließ fich nicht
lange bitten und gieng mit Sabian zu den Bauern hinein, two
der Küfter des Dorfs mit ihm Latein reden wollte. Clauert
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aber wuſte nicht mehr denn Ita zu antworten, welches er
einmal von einem Efel gehört hatte, derwegen er zu dem
Küfter fagte: Lieber Freund, es ift nicht gut, daß man bei
ſolchen Leuten viel Latein redet, die eg nicht verftehen, denn
die Nachbarn möchten wohl meinen, es würde ihrer im Argen
gedacht. Solches gefiel den Bauern noch befer und handelten
mit Glauerten, daß er ihnen des andern Tags eine Predigt
thun möchte, fo wollten fie nach gebörter Predigt ihn zu ihrem
Mfarrheren annehmen, Denn fie fahen ihn für einen ein-
fültigen Menfchen an, und meinten nicht, daß ein ſolcher
Schal darunter verborgen war, lauert verhieß den Bauern
folgenden Zags einen Sermon zu thun; gedachte jedoch der
Stunde nicht zu erwarten. Er nahm aber fammt feinem
Geſellen folhen großen Trunk zu fih, daß er die Stunde
fchier verfchlafen hätte, Da es nun Zag zu werden begonnte,
fieng der Küfter an zu läuten, welches Fabian Zauerbier er—
hörte, Glauerten aufmedte und fprah: Hörft du nit, wie
man dir ruft, daß du predigen ſollſt? Glauert erfchraf, raffte
feine Kleider zufammen und fprang mit Fabian Zauerbier
über einen hoben Zaun, muften auch durdy einen breiten
Waßergraben waten, ehe fie das Holz erreihten, wo fie fid)
anzuziehen vermeinten, wobei Fabian gewahr ward, daß er
den einen Strumpf vergeßen hatte, Glauert verierte ihn noch
obendrein, daß er feinen Strumpf holen follte, worauf Fabian
faste, hole ihn der Teufel und ich nicht. Kannft du nun pres
digen, fo magft du deine Kunft ermeifen, font werde ich mei—
nen Strumpf nimmermehr befommen. So ihn aber die
Bauern ergriffen hätten, würde feiner übel gewartet worden
fein,
A en
XIII.
Wie Clauert ein altes Weib verſuchte, ob ſie auch fluchen könnte.
Eben deſſelben Tags, als Clauert von ſeinem Predigtamt
zu Sebekow entlaufen war, kam er im Lande Mekelnburg
vor ein ander Dorf, da ein altes Weib in einem Garten ſaß
und das Unkraut ausraufte. Daſſelbe Weib grüßte er gar
freundlich, worauf es ihm auch noch freundlicher dankte. Weil
ihm aber wohl bewuſt war, daß beide Manns- und Weibs—
perſonen jenes Landes tapfer ſchalten und fluchten, fragte er
die alte Mutter, ob ſie auch fluchen könnte? Sie ſagte: O
nein, lieber Sohn, wo ſollt ich haben fluchen lernen? das ſei
ferne von mir. Ich bin keinem Menſchen ſo gram, als dem,
der da flucht. Clauert ſagte zu ſeinem Geſellen: das will ich
bald verſuchen, und ſprach zu dem Weibe: Habe ich doch von
vielen Leuten gehört, liebe Mutter, daß ihr eine Zauberin und
eine loſe abgefeimte alte Hure ſeid. Da fieng das alte Weib
an ſo greulich zu ſchelten und zu fluchen, daß es Keiner ſein
Leben lang ärger gehört haben mag, hieß ihn einen Schelm
und Dieb, und wünſchte ihm mehr als zwanzig Tonnen voll
Teufel in den Leib und viel ſchrecklicher Flüche mehr, ſo hier
nicht zu melden ſind. Darüber lachte nun Clauert und ſagte
zu ihr: Seht nun, ſeht nun, liebe Mutter, hab ich euch doch
gefragt, ob ihr fluchen könntet, darauf ihr mir zur Antwort
gabt, daß euch fein Fluch bewuſt wäre: wie habt ihrs nun fo
bald gelernt? Hätt ich das gewuſt, ich hütte wohl geſchwie—
gen, Das Weib verfeste: Hei, du magft den Teufel fragen
und mid nidyt. Und je mehr Glauert das Weib zu verföhnen
u De
vermeinte, je ärger und toller fie ihn fchalt und verwünſchte,
alfo daß er nicht mehr begehrte, als weit von dannen zu fein.
Mer eine böfe Schlange trifft,
Die bei ſich pflegt zu führen Gift
Und bat fich auf den Weg gelegt,
Laß fie in Frieden ungeregt.
Erzürne fie hei Leibe nicht,
Sonjt muft du warten, daß fie ftidht;
Und ift die Schuld nur dein allein,
Wird Eein Erſatz dir für die Pein.
XIV.
Wie Slauerts Hühner Eier legen ohne Schalen.
Zu Trebbin wohnte ein Gaftgeber mit Namen Balentin
Schneider, deffen Stallung ftieß an Glauerts Hof, und in dem
Stall an einem Wandloch hieng ein Hühnerneft, darein
Glauert aus feinem Hof greifen Eonnte, auch die Eier heraus:
zunehmen gewohnt war, welches Valentin Schneider zu mer=
Een begonnte,, weshalb er die Eier aus dem Nefte nahm und
was Anderes dafür bineinlegte. Nun hatte Clauert einen
Stieffohn, Gregor Michel genannt, der wufte auch den Dirt,
to die Gier lagen, und gieng eines Morgens hin, das Neft
auszunehmen und das Frühmal anzurichten. Als er aber
zum Loche hineingriff, befam er die Hände fo voll, daß ihm
graufte, fie anzufchauen ; vermeinte aber, fein Stiefvater hätte
ihm den Streich gefpielt, ſchwieg jedoch ftille und gedachte es
bald zu erfahren, wufd die Hände und ftellte fich Eranf, Weil
aber Glauert diefen feinen Sohn fehr lieb hatte und fah, daß
er traurig mar, fragte er ihn, was ihm fehle? Er antwortete
dem Vater, er möchte wohl gerne frifche Eier een, wüſte fie
aber nicht zu befommen, Darauf fagte Clauert: Gieb dich
zufrieden, der Sache foll bald Rath werden, gieng damit nad)
alter Gewohnheit auf den Hof, Eier zu holen; fein Sohn
Gregor aber lief auf den Boden des Haufes, zu fehen, ob
Glauert audy hinein greifen würde, daraus er fpüren möchte,
ob fein Vater oder ein Anderer ihm diefe Schalfheit erzeigt
hätte. Clauert war von Perfon nicht fehr groß, weshalb er
aud nicht fo wohl als fein Sohn, der ein langer Menſch war,
das Meft erreichen mochte, fondern fih an der Wand halten
mußte. Nun vermeinte er diefmal einen guten Griff zu
tbun, weil er die Eier in etlihen Tagen nicht geholt hatte,
und greift mit Haft hinein bis an den Aermel, alfo daß ihm
die ganze Fauſt gefalbt ward; darüber er fehr erfchraf, jedoch
nicht fluchte, fondern ſtillſchwieg, woraus Gregor Michel ab»
nehmen Eonnte, daß fein Vater eben fo wohl als er betrogen
wäre, Und war ihm das Anfchauen fo feltfam, dag er vor
Lachen auf den Boden niederfiel, und faum hatte er fich ein
wenig erholt, da fommt Clauert ins Haus gegangen, ruft
fein Weib und fpriht: Margarethe, du wirft unfern Hühnern
wohl zu viel Brot zu efen geben. Traun nein, fagte die Alte,
ich gebe ihnen fein Brot. Wie fommts denn, fagte Glauert,
daß fie folhe Windeier ohne Schalen legen? und zeigte ihr da—
mit die Fauſt. Darüber fieng fie heftig zu fehelten an, daß
er ſich alfo befudelt hätte, Clauert zeigte ihr ſtäts die Kauft
und fragte, find denn das die Eier? Deffen Gregor noch hef:
tiger lachen mufte und fchrie herab zum Water, daß er um
Gottes Willen davon ftilfhmweigen follte oder er würde ſich
—
zu Tode lachen, welchem Clauert auch folgte, damit ſein Sohn
das Leben behielt.
Merk dieſe Regel: Sei verſchwiegen
Und was nicht dein iſt, laße liegen,
Da wie du weiſt, Gott ſelber ſpricht:
Dem Naächſten ſtiehl das Seine nicht.
Seines Gutes ſollſt du nicht begehren,
So lebſt du in der Welt mit Ehren.
Wer aber wird einen Diebſtahl wagen,
Der muß be— — Hände tragen
Und ſein der Leute Spott und Hohn,
Bekommt noch wohl den Strick zum Lohn.
XV.
Wie Elauert ein Schwein wollte ſchlachten und noch keins hatte,
Sn der Mark Brandenburg ift e8 gebräuchlich, daß Män-
niglich zu Faſtnacht ein Schwein zu fhlachten pflegt und
gute Suhen zu baden. Solche Gewohnheit wollte lauert
auc begehen, damit er nicht der Geringfte geachtet würde,
fchiete derhalben zu feinem Nachbarn Peter Holter, daß er
folgenden Tages kommen und ihm ein Schwein fchlachten
follte, Der Schlachter vermeinte, dem fei alfo, nahm des
andern Morgens fein Werkzeug und gieng hin zu Clauerten,
und fragte, ob das Waßer heiß wire, das Schwein zu brüben,
Glauert fagte: Ja lieber Nachbar, das Waßer ift heiß genug,
aber das Schwein ift noch nicht vorhanden, Setzt euch doch
nieder und wartet, ich will meiner Nachbarn Einen bitten,
dag er mir ein feiftes Schwein leihen wolle, Darüber nun
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— 38 —
der Fleiſcher zornig ward, fluchte und ſich ſehr übel gehabte,
daß er ihn als einen alten Mann alfo genarret hatte. Clauert
verhieß und gab ihm auch eine Zeche Vier, daß er mit ihm
zufrieden war, und gieng hin zum Wafermüller, und zeigte
ihm an, wie er eine Bitte an ihn hätte; wollte fie jedoch zu—
vor gewährt haben, ehe denn er fie vorbringen möchte: aber der
Müller wollte fie ihm nicht zufagen, er hätte fie denn gehört,
damit er mwißen mödte, ob fie ihm zu thun möglich, und
nicht f[hädlih wäre, lauert fagte, der Müller hätt es wohl,
könnt es auch thun, wenn er nur wollte, und erzählte damit
den Handel, wie er den Sleifcher beftellt und es ihm hernadh
am Schwein gemangelt hätte, worüber der Fleifcher gar zor=
nig geworden, mithin er die Faſtnacht weder Braten noch
Kuchen effen würde, fo ihm der Müller nicht ein feiftes
Schwein leihen wolle. Der Müller entfchuldigte fih, obſchon
einige feifte Schweine vorhanden, fo wären fie doch des Herrn
Hauptmanns Euſtachii von Schlieben: denfelben follte er
anfprechen ; vielleicht möchte es ihm dafelbft gerathen, lauert
fagte: Wo die Mäufe mit den Rasen egen wollen, da müßen
fie einer fcharfen Zifhzucht gemärtig fein, deffen ich mich
auch beforgen müfte, wenn ich den Hauptmann darum ans
fprechen wollte, Sch will lieber die Faſtnacht bei andern Leu:
ten halten,
Du folft nicht rufen, heda Fiſch!
Du habeft fie denn auf dem Tiſch,
Noch foll Der viel von Fleifche fagen,
Der keinen Knochen hat zu nagen,
Difche. Volksb. 9r. Bo. 3
a ii
XVI.
Wie Clauert von einer Magd betrogen ward.
Wenn Clauert ſo viel Geld verdient oder bisweilen ge—
borgt hatte, daß er etliche Haupt Vieh bezahlen konnte, fo
blieb er nicht gerne zu Haufe, fondern zog feinem Handel
nah, Vieh zu Faufen und trieb es dann auf die vornehmften
Sahrmürkte, woer e8 mit Vortheil los zu werden mufte, wie
er denn auch einmal auf Bartholomäi mit Vieh gen Zerbfi
fam und nachdem er es wohl verkauft, auch einen guten
Rauſch von Zerbfter Bier zu fi) genommen hatte, und über
den Gewinn, den er an dem Vieh gehabt, fehr fröhlich mar,
beginnt ihn der Kigel zu flechen, vergißt feiner alten Marga-
rethe und gedenkt an das Sprihmwort: varietas delectat
(wie der Teufel fagte, als er die Buttermilch mit feiner Miſt—
Habel aß), gieng hin zu des Wirthes Magd, vermeinte fie gar
höflich anzufprechen und fagte: Junges Menfh, wollt ihr
mid) nicht einmal an euer Hemde Enieen lagen? Ihr ſollt
eine Taſche für einen halben Thaler zum Lohne befommen,
Die Magd bevachte fich bald und ſagte: Wenn ihr den Jahre
markt bringen werdet, fo kann es vielleicht geſchehen. Glauert
Hieng hin und kaufte die Taſche und fragte noch einmal, ob
es feiner Bitte gewährt fein follte, Die Magd antwortete,
da fie den Jahrmarkt fah: Sa, wenn meine Herrſchaft fchlafen
gegangen ift, will ich euch wohl rufen, Clauert war der Ant:
wort fehr froh, ließ fih Bier auftragen und gedachte der
Stunde mit Freuden zu erwarten. Da nun der Wirth, die
Frau und alle andern Gäfte im Haufe zu Bette waren, 308
Clauert die Taſche hervor und bot fie der Magd mit freund-
no ME
licher Bitte, fie möchte ihm halten, was fie ihm zugefagt hätte.
Die Magd nahm Clauerten bei der Hand und führte ihn
ohne Licht im Finftern mit fih auf den Boden, mit Vermah—
nung, daß er ja leife und auch nicht weiter gehen follte, alg
fie ihn führen würde, damit ihre Herrfhaft Solches nicht
börte. lauert folgte alfo der Magd mit Furcht big vor ihre
Schlaffammer: da hieß fie ihn ftille ſtehen: fie wollt erforfchen,
ob Herr und Frau auch entfchlafen wären, damit fie beide
- nicht ins Unglüd kämen. Solches gefiel Glauerten wohl und in—
dem er alfo wartete, zieht die Magd die Kleider aus, und nimmt
zulest das Hemd, mirft es Glauerten vor die Kammerthlir
heraus und fpriht: Da habt ihr mein Hemde nady eurer
Bitte: darauf mögt ihre nun knieen, fo lang es euch gefallen
wird, und fließt damit die Kammer zu. In wie großen
Nöthen allda Hans Clauert ftund, bat Jedermann wohl ab:
zunehmen, fintemal er oben im Haufe nicht befannt war und
beforgen mufte, daß er herabfallen und den Hals zerbrechen
oder aud) wohl vor des Wirthes Kammer fommen möchte,
der ihn vielleicht übel empfangen würde, mie er denn in fols
her Furcht und Gefahr faft die halbe Nacht von einem Win:
kel zum andern auf allen Vieren Eroch, ehe er die Treppe fine
den und ein Pager erreichen fonnte, wobei ihm vor Kälte die
Zähne im Munde Elapperten. Daneben mufte er noch feine
Zafhe in die Echanze ſchlagen, meldhes ihn jedoch nicht fo
fehr gereute, als daß er von einer Magd war betrogen worden ;
derwegen er fih gar früh aufmachte und den Tag dafelbft
nicht erwarten wollte.
Darum Hier Keiner Wechſel treibe,
Und halte ji an feinem Weibe
3*
> u ee
Das ihm befcheeret ift von Gott,
So kommt er nicht in foldyen Spott,
Wenn jede Magd des Sinnes wäre,
Wie diefe, bliebe fie bei Ehre,
Behielt auch wohl den Sungfernfrang
Die fonft muß an den H— tanz.
Bewahr dein Ehr, dir wird nicht mehr,
Und nimm von Glauert diefe Lehr.
XV.
Wie lauert drei Schreiber auf die Schweinejagb führt.
Euſtachius von Schlieben feliger, Hauptmann auf Treb—
bin und Zoffen, hatte Glauerten ſtäts bei fich, befonders wenn
er zu Zrebbin war, denn er vertrieb ihm mit Eurzweiligen
Hoffen die Zeit, Weil aber fonft Niemand als die Magd zu
Zerbft Clauerten zu Elug war, fagte Euftahius von Schlieben
zu ihm: ‚Lieber Hans, Eannft du auch meine Schreiber ve-
rieren? lauert fagte: Ja, Herr Hauptmann, das will ich
wohl thun, fo ihr mi) in Schuß nehmen wollt, welches ihm
Der von Schlieben zufagte. Nun war ein folcher harter Froſt,
daß alle Waßer übertrugen, und- diefelbe Nacht der Schnee
faft Enietief gefallen war: da kommt Glauert des Morgens
früh ins Schloß zu Trebbin und hatte fich tüchtig im Schnee
gewälzt und fagte, er wiße ganz nah ein prädtig ſchönes
Schwein; würde es auch gefangen haben, wenn er nur zwei
Gehülfen gehabt hätte, indem er fich dreimal mit dem Schwein
im Schnee überworfen habe. Der Hauptmann befahl, die
Netze aufzuladen und ließ feinem Gefinde anzeigen, wer Luft
habe, mit auf die Schweinejagd zu ziehen, der folle fich bald
ii ie
fertig maden. Die beiden Amtsfchreiber von Zrebbin und
Zoffen fowohl, als auch des Hauptmanns Geheimfchreiber
wurden froh, daß fie Erlaubnifs hatten auf die Jagd zu ziehen,
gedachten auch eine ritterliche Zhat zu thun, und forfchten
gar fleißig, an welchem Drt das Schwein zu finden wäre.
Glauert fagte, dahin wolle er fie bald bringen, Die beiden
andern machten fich auf; aber der Amtfchreiber von Zoffen,
Antonius Schaf genannt, der nicht gut zu Fuße war, febte
ſich auf den Bauernwagen, der die Nege führte und nahm
einen Fuchspelz um, Sie giengen und fuhren miteinander
über den Galgenberg, wo Clauert die Nege aufzuziehen befahl
und jeden Schreiber befonders beftellte, vor den Netzen in den
Sträuchern des Schweing zu warten, indem es von dort here
kommen follte, Und zu Antonius Schaf fagte er: Lieber Herr
Amtsfchreiber, ihr werdet euch in dem Buſche mit dem Pelz
nicht gut behelfen Eönnen: gebt mir ihn ber, ich will ihn tra=
gen, und martet ihr allbier, denn das Schwein liegt nicht
weit von binnen. Sch will mit den Bauern vom Chriſtin—
dorffehen Furt her jagen, Clauert befahl aber den Bauern,
daß fie weidlich fchreien und hetzen follten, ob fie gleich nichts
fehen und fpüren würden, und gieng mit dem Pelz gen Treb—
bin. Die Bauern, die wohl mwuften, daß fein Schwein jee
mals dahin gefommen wäre, auch dafelbft nicht zu finden fein
werde, thaten wie ihnen Glauert befohlen hatte, und giengen
den Buſch die Quer und die Länge, fehrieen und besten, ka—
men jedoch in länger als dreien Stunden nicht zu dem bes
ffimmten Ort und liegen die Schreiber mit ihren Schwein:
fpießen warten, daß fie vor Kälte faft halberftarrt waren und
nad) Glauerten fragten, worauf die Bauern fagten, daß er
= BB —
gleich Anfangs wieder gen Trebbin gegangen wäre. Die
Schreiber mochten vor Kälte kaum mehr ftehen, fonderlich
Antonius Schaf, der nicht gehen Fonnte, fondern noch fahren
mufte, und durften vor Scham alle drei nicht zu ihrem Haupt
manne; hätten fich aber gern an Glauerten gerochen, wenn fie
denfelben an einem gelegenen Ort hätten finden mögen. Aber
Glauert hatte es fchon längft Dem von Schlieben berichtet,
wie eg beftellt und ausgerichtet war, fo daß Der von Schlieben
ftäts fragte: Mo find denn meine Schweinſtecher? worüber
die Schreiber vor Gift wohl möchten zerfprungen fein. Der
von Echlieben aber nahm Clauerten in Cchuß, welcher hinter
dem Kachelofen ftund. Da fagte der Hauptmann zu den
Schreibern: O ihr Thoren, ich hätte vermeint, ihr märt all:
zuffug; wißt ihr nicht, daß der Glauert ein Schalk ift? mas
glaubt ihr feinen Worten und laft euch noch dazu den Pelz aus—
Ziehen, da ihr doch feine Buberei oftmals gefehen und erfah-
ren babt. Wohlan, ibr follt mit Glauerten nicht zürnen,
fondern ihm dieß verzeiben, denn ich hab es ihm befohlen,
Da gab er ihnen und Clauerten bei dem Vergleich fo viel
Meins als fie trinfen möchten, momit diefer Handel beigelegt
ward. Und indem der Hauptmann fomohl als die Echreiber
miteinander fröhlich waren, und der Hauptmann in feinem
Becher rheinifhen Wein hatte, fagte er: Ei Glauert, weil du
meine Schreiber fo gut angeführt haft, follft du auh aus
meinem Becher trinken. Clauerten fhmedte der Wein fehr
wohl, und alg er den Becher auf einen Trunk nicht ausleeren
fonnte, fagte er: Ei pfui doch, find Hopfförner darin, der
Mein muß von den Hefen abgezapft fein, Der Hauptmann
fagte: Du H—fohn, wann haft du gehört, daß man Hopfen
Be
in den Wein thut? Alfo daß fie des Abends in aller Fröhlich:
keit den Schimpf vergaßen, der den Schreibern miderfahren
mar, 3
XVIII.
Wie Clauert ein Wahrſager und ein Arzt ward.
Im Lande Mekelnburg hat Clauert ſtäts ſeinen Handel
gehabt, wie er denn zuletzt vom Viehtreiben ſich ernährte.
Einsmals iſt er in ein Dorf gekommen mit Namen Eichſtedt,
wo er von etlichen Bauern desfelben Dorfs vernabm, daß der
Krüger dafelbjt vor Wochen feinem Weib entlaufen wäre und
die Frau an manchem Drt Rath fuchte, wie fie ihren Mann
wieder befommen möchte, Weil es aber faft um die Zeit der
Ernte war, gedachte Clauert wohl, wenn es ein redlicher Mann
wäre, der fih zu nähren gedächte, würde er fih um die Zeit
der Ernte gemifs wieder einfinden und fagte zu der Krügerin,
fobald er ins Haus kam: D Frau Wirthin, ich merke wohl,
daß ihr hart befümmert feid um euern Mann, der euch ent=
laufen ift (als ob ers aus eigner Kunft dem Weibe anfehen
fönnte), So ihr mir aber ein Geſchenk machen molltet, mwüfte
ic) euern Mann innerhalb dreier Wochen wieder heimzubrin-
gen, Die Wirthin freute fehr die Nede und fagte zu ihm: Ach
guter Freund, wenn ihr das thun Fönntet, folltet ihr ein hübſch
Zrinfgeld davonbringen. lauert fagte: Das mweiß ich gewiſs
und für wahr, daß er wohl fommen muß, Die Wirthin brachte
ihm guten Echinfen, Eier und alte Käfe und fo viel Bier
als er trinken mochte, mit Verheißung, fo ihr Mann inner:
balb der Zeit kommen würde, follte eg ihm reichlich vergolten
werden, Da nun Clauert von dannen 308, kam er in ein ans
de
der Dorf NamensKünsberg, hatte auch etliche Wurzeln bei fich,
die er den Biergäften austheilte mit Vermelden, daf fie zu vier
len Krankheiten nüglich zu gebrauchen wären. Unterdes fommt
eine junge Bäuerin hinein, Bier zu holen, die zwei ganze
Sabre lang frank und ſiech gemwefen, auch ihre Farbe faft ganz
verloren und von diefem neuen Meifter gehört hatte, daß er
vielen Kranken zu helfen wüſte, ihn jedoch in eigener Perfon
nicht anzufprechen getraute, fondern die Wirthin dazu ver—
mochte, welche Clauerten fragte, ob er diefe gegenwärtige
Derfon von ihrer Krankheit erledigen Eönnte; v8 follt ihm ein
gut Trinkgeld davon werden, lauert fah, daß es ein junges
Meib war und fagte: Diefem Weibe wäre wohl noch zu hel—
“fen, wenn ich meine Kunft an ihr verfuchen follte, Die Wir:
thin fieng auf folhe Worte noch inftändiger an zu bitten, daß
diefem Weibe geholfen würde, Darauf gieng Clauert in das
Wirthshaus, raufte etliche Wurzeln aus und brach dag Kraut
ab und brachte die Wurzeln dem Weibe und fagte: Sie follte
diefelben in altem Bier fieden und Maienbutter dazu thun,
darnad) Abends und Morgens davon trinken, fo würde fie
mit der Hülfe Gottes gefund werden; da er doch weder Krank:
heit noh Wurzeln Eannte, Als nun Clauert von dannen 308
und in etlihen umliegenden Dörfern Vieh Eaufte, bereitete
das Weib die Arznei nach Clauerts Lehre, und meil fie den
Glauben dazu hatte, ward fie davon gefund, wodurch Glauert
bei den Medlenburgfhen Bauern fehr berühmt ward und
feine Zehrung erwarb. Denn als Clauert nach etlichen Ta—
gen mit dem Vieh zurüd trieb und in das Dorf Fam, da er
das Weib gefund gemacht, Eamen alle Bauern bei feiner An
kunft zufammen, brachten allerlei Speife mit ſich und gab
ee TE
ihm das Weib dafelbft etliche Tage freie Zehrung. Desgleis
chen mwiderfuhr ihm nicht weniger Ehre in dem andern Dorfe,
wo der Krüger unterdes wieder heimgefommen mar, welches
Glauert vor dem Dorf von dem Bauerngefinde erfahren, ſo—
twie auch den Tag, an welchem der Krüger zu Haus gefommen
war, weshalb er defto Fühnlicher zum Haus hineintrat, die
Wirthin grüßte und fagte, was gilts, ich weiß melchen Tag
euer Mann wiedergefommen ift. Die Wirthin empfieng ihn
gar freundlich, drüdte ihm die Hände und fagte ihm großen
Dank für feine erzeigte Wohlthat; bat auch, daß er ja etliche
Tage bei ihr verharren wollte; er und fein Vieh follten nichts
verzehren, wie fie ihm denn auch heimlich mehr Geld zuftedte,
als er verzehren Eonnte: davon doch der Krüger nichts wuſte,
fondern vermeinte, dag Clauert aus eigenem Beutel fo Eoft-
frei wäre. Eines Zags aber, da faft alle Bauern beifammen
waren und Clauerten für einen Propheten hielten, wie er
denn wohl vermerfte, fagte Clauert: Lieben Leute, ich möchte
gern meine Kunft fehen laßen und alle Zauberinnen auf die
Kirchenfpige bringen, daß fie Jedermann erkennen Eönne,
Deſſen erfhraden Etliche fehr, die ſich ſchuldig wuſten, gaben
Glauerten heimlich Gefchenfe und baten ihn Solches zu un:
terlaßen, damit nicht manch unfhuldige Frau ins Spiel kom—
men möchte, denn fie fürchteten ihn Alle fehr, Alfo Eonnte
Glauert fein Vieh ohne Unfoften heimbringen, während An
dere mehr verzehren müßen, als fie erwerben können.
So geht es noch in diefer Welt,
Daß Mancher Gut erwirbt und Geld
Mit Wurzeln, die er nie gekannt,
Und ſtreicht damit durch mandyes Land,
A
Betrügt die Leut auf alle Weis,
Erlangt dazu noch Lob und Preis.
Dagegen mandj gelehrter Mann
Wird oft gefeget hintenan,
Der in der Kunft gar wohl erfahren.
Der Welt gefallen mehr die Narren,
Die Iheriat und Wurzeln tragen,
Nach ſolchem Volk fie allzeit fragen.
Davor hier Clauert Sedermann
Gar treulich will gewarnet han:
Dem Marktfchreier und Quadfalber
Zhat er dieß Alles Spottes halber.
XIX,
Wie Clauert drei Studenten gen Berlin geführt.
Einsmals kamen drei Studenten gen Trebbin ins Wirths—
haus zu Peter Müller, und begehrten einen Fuhrmann bis
Berlin, wie denn folche Gefellen nicht gern zu Fuße gehen,
denn wenn der Dr— Mift wird, mwill er gefahren fein, Zu
denen fagte Peter Müller, daß er für folche Leute gar einen
beguemen Fuhrmann müfte, der fie gar fanft fahren möchte
und fhidte nad Clauerten, der alsbald gegangen kam: da
tranken fie ihm zu vollen und zu halben zu, in der Meinung,
daß er defto geringern Kohn von ihnen fordern follte. Clauert
trank fo viel, daß er genug hatte, wünfchte den Studenten
eine gute Nacht und verhieß fie Morgens gen Berlin zu füh—
ren, worauf fie ihm einen halben Thaler gaben. Glauert
richtete einen Wagen zu und Fam des andern Tages mit einem
lahmen magern Pferde vor die Herberge gezogen, gieng hinein
— ME —
und fragte, ob ſie aufſitzen wollten. Die Studenten hatten
ſich zur Fahrt bereitet und vermeinten bald nach Berlin zu
kommen. Da ſagte Clauert: Lieben Freunde, ich will euch
gerne führen; aber das will ich mir vorbehalten haben, daß
ihr die Berge hinan gehen, auch von den Bergen hinab laufen
und wo der Weg gleich und eben iſt, beiher ſpazieren ſollt;
ſonſt vermöchte ich mit meinem Pferde nicht dahin zu kom—
men, Die Studenten wurden unmillig, da fie ſahen, daß fie
betrogen waren und begehiten, Glauert follte die Zeche bezah—
len und ihnen ihr Geld wieder zuftellen. Glauert fagte: Sch
habe euch nicht gebeten, daß ihr mir follet zu trinfen geben;
dazu hat mein Pferd diefe Nacht den halben Thaler am Ha—
ber verzehrt, da es doch fein Lebenlang wohl noch feinen Has
ber gekoftet hatte, Wollt ihr nun nicht fahren, fo mögt ihre
zu Buße laufen ; ich hätte euch fonft gar gerne geführt, fo es
euch gefällig gemwefen wäre. Die Studenten durften vor Scham
nicht länger harren, bezahlten den Wirth und ritten auf ihrer
Mutter Füllen gen Berlin,
Merk, wer fih an ein Spinnweb hängt
Und auf eine faule Brüde fprengt,
Eine Sungfrau liebt, eh er fie Fennt,
Der bleibt ein Narr bis an fein End,
Hüt dich davor wie Clauert fpridt,
Glaub Wunder nicht bevors geichicht.
XX.
Wie Clauert den Bauern von Spernberg Wein holte,
Auf eine Zeit begab es fich, daß ein Zimmermann Hein
rich Medeberg, zu Spernberg gebürtig, fich gen Trebbin be-
gab, und als er dafelbft Hochzeit machte, hat er die Bauern
von Spernberg faft alle zur Dochzeit geladen, welche des an—
dern Tages beim Frühmahl den neuen Wein gern gekofter
hätten, wie es denn eben um Martini war, Deshalb brach—
ten fie acht Märkiſche Groſchen zum Wein auf, wobei Clauert
auch mar: er hatte fie deffelben Tages auf fieben Schüßeln
zu Gaft geladen, nämlich auf drei ledige und vier leere, Die
Bauern waren au fhon dort gemefen und hatten in den
fieben Schüfeln nicht8 gefunden. Mit ihnen mar Glauert
wiederum zur Hochzeit gegangen und erbot fih nun, den
Bauern für ihr aufgebrahtes Geld Wein zu holen, welchem
die albernen Peute glaubten, da fie doch eben erft erfahren
hatten, welch abenteuerlicher Menfc er war, da fie bei ihm
zu Gaſte gewefen und aus leeren Schüßeln hatten eßen follen.
Als Clauert das Geld befam, nahm er zwo große, zinnerne
Kandeln, füllte fie mit Waßer und beftellte einen Bekannten,
daß er ihm ein Bein ftellen follte, wenn er zur Thür hinein
Hienge, damit er Urfache zu fallen hätte, worauf fie beide das
Geld vertrinken wollten, wie e8 auch gefhah: denn als
Glauert zur Stubenthüre hineingieng, hielt ihm der andere
einen Fuß vor, worüber Glauert mit den beiden Kandeln in
die Stube hineinfiel und das Waßer fo rein herausgoß, daß
nicht ein Zropfen in den Kandeln blieb. Er mwifchte jedoch
eilends wieder auf und fiel dem Andern in den Bart: da
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warfen fie einander nieder und flellten ſich als ob «8 lauter
Ernft wäre; die Bauern liefen alle hinzu, brachten fie Beide
von einander und baten, fie möchten nur Frieden halten, das
Geld wollten fie gerne vergeßen. Die Beiden giengen im
Zorne hinweg, jedoch nicht weiter als da der Weinkranz aus—
geſteckt war, und vertranfen die acht Groſchen. Wollten nun
die Bauern Eoften, fo muften fie wieder in den Beutel fahren
und ander Geld aufbringen.
Zrau feinem Wolf auf weiter Haid,
Und feinem Juden auf feinen Eid,
Zrau feinem Krämer auf fein Gewiffen,
MWirft fonft von allen drein beſch —
Trägſt billig dann den Spott zum Schaden,
Haft willig felbft dich mit beladen.
XXI.
Wie Slauert aus Mifsverftand der Worte fi mit einer Magd
heftig jchalt.
Zum Berlin wohnte ein Apotheker Jacob Schulze ges
nannt, mit dem Clauert fonderlich wohl befannt und fein gar
guter Freund war, audy feine Derberge bei ihm zu haben
pflegte. Als er nun einsmals bei ihm einfehrte und Beide in
Sacob Schulzes Behaufung zechten und das Bier im Stadt:
£eller holen ließen, blieb die Magd etwas lange außen, und weil
Glauert fah, dag es fonft eine fcharfe Hechel war, fagte er,
ehe fie wieder kam: Lieber Jacob, fo du mirs vergönnen willſt,
muß ich mich mit deiner Magd ein Paar Stunden fchelten;
du follft dich aber gar nichts daran kehren. Jacob Schulze,
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der Clauerts Weife wohl Eannte, fagte: Das kann ich mohl
gefchehen laßen. Da nun die Magd mit dem Bier kam, fagte
lauert: Sieh, lieber Jacob, allhier geht diefe Magd in den
Haaren, oder als eine Jungfrau, und zu Ricksdorf ftillt eine
Frau ihr Kind (diefes Dorf lag nämlich gar nahe bei der
Stadt Berlin). Die Magd verfegte: Das lügft du mich an,
wie ein alter einäugiger Schelm und Böſewicht. lauert
fagte: Du magft fagen was du willft, es ift gleihmohl wahr,
daß du hier als eine Jungfrau gehſt und fiehe, lieber Jacob,
zu Ricksdorf ftillt eine Frau ihr Kind. Hatte die Magd zu:
vor heftig gefcholten, fo machte fie es hernach zehnmal ärger,
welches länger als eine halbe Stunde währte, bis fie zulegt
zum Bürgermeifter laufen und ihn verklagen mollte, wo er
bemweifen follte, wo und mit wem fie ein Kind gebabt und
welhe Frau dasfelbe füugte. Davon, fagte lauert, davon
weiß ich nichts, daß du ein Kind haben ſollſt; aber das ift mir
wohl bewuſt, daß eine Frau zu Ridsdorf ihr eigen Kind ſäugt,
und daß du als eine Jungfrau in deinen Haaren gehft, wo—
für ich dich gehalten habe und noch halte, und dir Böfes nicht
nachzuſagen weiß. Die Magd Eonnte vor Zorn Clauerten
noch nicht recht verftehen, fondern dräute ſtäts ihn zu ver-
Elagen, bis ihr Jacob Schulze die rechte Meinung fagte, wo—
mit fie fi zufrieden geben muſte; fonft follte der Zank über
Clauerts Worte wohl noch zwei Stunden gewährt und fein
Ende genommen haben,
Gar oft aus milsverftandnem Wort
Kommt Streit und Hader, Zank und Mord,
— —
XXII.
Wie Clauert des Hauptmanns Euſtachii von Schlieben zur Zoſſen
Vogelſteller ward und ihn zu Gaſt lud.
Euſtachius von Schlieben ſeliger hatte Clauerten als ſeinen
kurzweiligen Rath gern bei ſich, deshalb er ihn zum Vogel:
fteller annahm, welches Clauert auch wohl verftund und dies
fer feinen Herren auf den Vogelberd zu Gaſte bot, jedoch, daß
er Eßen und Trinken mitbringen follte. Der von Schlieben
erbot ſich Solches zu thun und ſchickte folgenden Tages gar
früh zu fieden und zu braten hinaus, dazu feinen Koch, der
die Malzeit bereiten follte, Mittlerweile Fam er mit feiner
Hausmutter Catharina und Hans von Niefen heraus, denen
Glauert den Zifch bereitet hatte und Efen und Trinken auf:
trug. Da fie aber zu Zifche fisen wollten, legte lauert das
Seil, womit man die Bogelnege umzieht, gleih unter Eufta-
hius von Schlieben, auf Anftehen der Mutter Catharina,
und da fie mitten in der Malzeit waren, Fam Clauert ge=
laufen und fagte: „Ach lauft, Junker, lauft, die Vögel find
auf dem Herd, ih muß rüden,” da doch feiner vorhanden
war, fintemal den ganzen Zag Rauch und Feuer dafelbft ges
wefen. Euftahius von Schlieben, der nicht wohl zu Fuße
war, fagte: du H—fohn, hab du die Peftilenz, fol ih nun
laufen? ich hab in etlihen Jahren nicht wohl gehen Eönnen,
ward auch gar zornig auf feinen Wogeljteller, Clauert ge=
dachte feinen Herrn zu verföhnen, und fagte: Sie follten ein
wenig ftilfe fein, die Vögel kämen häufig geflogen, fo follte
Mutter Catharina die Vogel berüden; denn er wuſte wohl,
daß fie es längſt begehrt hatte. Er rüftete ihr auch das Bret,
= —
darauf man in der Vogelhütte ſitzt, ſo zu, daß es hinter ſich
fallen muſte, und fagte zu der Hauptmännin: Nun Mutter
Catharina, jest follt ihr Vögel fangen, Diefe meinte, es fei
an dem, feste ſich nad) Clauerts Lehre auf das Bret, und zog
mit ganzer Gemalt, und da die Leine nachgab, fiel fie mit
dem Bret rüdlings in die Hütte, daß ihr die Beine in die
Höhe und die Kleider auf den Kopf Famen, alfo daß Euſta—
hius und Dans von Rieſen darüber entweichen muften, bis
Mutter Catharina fich wieder aufgerichtet hatte, Alfo mujten
fie eins des andern lachen, welches ihnen jedoch bei Clauerten
nicht feltfam war,
Man weiß, daß wer den Andern ftellt,
Gern felber in die Grube fällt;
Nicht anders gieng es hier der Frauen:
Sie wollt am Junker Kurzweil fchauen
Und Fam doch felber tiefer drein.
Das laß dir eine Warnung fein.
XXI.
Wie Clauerts Pferde gefüttert wurden und mie fie gefprungen
find,
Einsmals da Clauert zu Jüterbogk zu Markte war, und
feine Pferde bei fich hatte, ritt er fie zu Waßer. Als fie aber
nicht trinken mollten, fagte er zu ihnen: freßen mögt ihr
wohl, aber faufen wollt ihr nicht, da er fie doch noch in keinen
Stall dafelbft gebracht, ihnen auch weder Heu noch Haber ge=
geben hatte, Des andern Tags begegnete ihm ein guter Freund
dafelbft auf dem Markt, der gefehen hatte, wie er des vorigen
a ——
Tags feinen Pferden zu trinken und nicht zu eßen geben
wollen. Derfelbe fragte ihn: Glauert, was machen euere
Pferde? Clauert fagte: Meine Pferde liegen im Stalle und
fpringen wie die Böcke. Ich habe fie heute noch nicht gefehen,
Daraus wohl abzunehmen, wie fleißig feine Pferde gewartet,
gefpeift und getränkt worden find,
XXIV.
Wie Clauert Herr und Narr im Hauſe war.
Wenn Clauert gefragt ward, wer zu Trebbin ein böſes
Weib hätte, pflegte er zu ſagen, er wüſte ſonſt Keinen, aber
Einer wäre daſelbſt Bürger geworden, der heiße Jedermann:
derſelbe hätte ein böſes Weib; unter welchen Orden er ſich
auch rechnete, in dem er dazumal ein herbes Kraut im Hauſe
hatte. Weil aber Clauert ſonſt ſehr kurzweilig war, wie wohl
aus ſeinen Geſchichten zu erſehen iſt, ſo hatte ihn ein Jeder
gerne bei ſich, unangeſehen, daß ſie für ihn bezahlen muſten.
Und ſonderlich war einsmals der Rath verſammelt, wo ſie
Clauerten auch bei ſich hatten, der in etlichen Tagen nicht
viel in ſeinem Hauſe geweſen war, weshalben ſein Weib be—
wegt ward ihn zu ſuchen. Da ſie ihn aber fand und mit
häßlichen Schmähworten angriff, ſaß Clauert vorm Tiſche
und that als wenn er nichts gehört hätte, trank herum, und
machte ſich luſtig. Die Herrn des Raths aber riefen ihr und
boten ihr zu trinken, worüber ſie noch grimmiger ward, viel
heftiger ſchalt denn zuvor und eitel brummend davon gieng.
Da ſie nun hinwegegangen war, fieng einer nach dem andern
Dtſche. Volksb. 9. Bd. 4
De ie ie
zu Glauerten an: Dans, ihr mögt nun wohl heimgehen und
euch zwagen laßen, indem die Lunge wohl gemärmt ift, Er
fagte: Wie fo? Warum follt ich nicht heimgehen? Die Der:
ren fagten: Habt ihr nicht gehört, wie euer Weib euch die
Section gelefen? Geht nur heim, fie wird euch mwillfommen
heißen. Clauert fagte: Mein Weib? Sollte fie mir ein un:
nüses Wort geben ? das kann ich nicht glauben: mein Weib
fol heute noch mit mir tanzen — deſſen muften fie Alle lachen
und mwetteten mit ihm um eine Tonne Bier, daß fie ungebeten
oder ohne Bericht, daß er gemwettet hatte, nicht mit ihm tanzen
werde. lauert fagte: Das follt ihr wohl erfahren, und daß
es gewiſs fei, fo fendet zwei aus eurer Mitte mit mir, die «8
anhören und fehen, ob fie nicht ungebeten mit mir tanzen
wird, Da fohidten fie Zwmeen aus dem Rath mit ihm, die er
in feinem Haus vor der Stubenthüre warten hieß, wo fie
durch ein Eleines Fenfterchen, das aus dem Haufe in die
Stube gieng, Alles wohl fehen und hören Fonnten, wie fie es
in der Stube begonnten, Als nun Clauert in die Stube Fam,
faß fein Weib beim Kadjelofen und fpann. Zu berfelben fagte
Glauert Eein Wort, fondern ftüste beide Hände in die Seite,
tanzte die Stube auf und nieder, hin und wieder und fang
ihm felber einen Zanz mit diefen Worten: Und bin ich denn
nicht Herr im Haus, und bin ich denn nit Herr im Haus?
welches er oft und lange wiederholte, Darüber ward dag
Weib fo giftig, daß es hätte zerfpringen mögen, Eonnte eg in
die Länge nicht mehr vertragen, nahm vor Zocn ihren Rocken,
warf ihn hinter den Ofen, ftemmte auch beide Hände in die
Seiten und tanzte hinter ihrem Manne her und wenn Clauert
feinen Zanz fang, Und bin ich denn nicht Herr im Haus, fo
— Di
fang fie allezeit dagegen: Und bift du denn nicht Narr im
Haus u. f. w. Und folhen Zanz trieben fie fo lange, big die
zween Nathsverwandten mit heller Stimme im Haufe zu
lachen anfiengen. Da das Glauert erhörte, gieng er fill:
fchweigends wieder aus der Stube mit den beiden Abgefandten
zum Rath hin und ließ fein Weib daheim tanzen und fingen
was fie wollte. Die Zween aber, die mit dahin gemwefen, er—
zaͤhlten dem Rath, wie es Clauert gemacht, daß fein Weib
ungebeten getanzt und aud dazu gefungen hätte, worüber fie
Aue vor Lachen fich erfhütterten und Glauerten die Tonne
Bier gern gewonnen gaben, die fie auch folgendes Tages in
aller Fröhlichkeit miteinander austranfen.
XXV,
Wie Clauerts Knecht die fallende Sucht befiel,
In allen Dörfern, fo um Trebbin liegen, war Clauert
ſehr wohl befannt, verſchlief auch ihre Gaſtereien und Kirche
weihen nicht, fo fern er nur frifch und gefund war, Und eins—
mals war er zum Schulzen gen Tremsdorf gefahren, da er
von ohngeführ feine Margaretha mit ſich genommen hatte,
die ihn des andern Tags ſtäts forttrieb, daß er mit ihr zu
Haufe fahren follte, Sie ließ auch die Pferde anfpannen,
feste fih auf den Wagen und wartete ihres Mannes. Clauert
_ war aber ungewohnt, daß er fobald die Kirchweih verlaßen
und zu Haufe fahren follte, fondern pflegte wohl ganzer acht
Tage dabei zu verharren, deshalben er auf Wege dachte, wie
er Urſach bekäme dafelbft zu bleiben. Weit fein Weib aber den
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Knecht zu ihm hineingeſchickt hatte, der feinen Deren heraus—
fordern follte und der Knecht faft ganz trunfen mar, der
Schulze aber eben eine ziemliche Kandel Wein brachte, darein
drei Nöffel giengen, fagte Clauert zu dem Schulzen: Mas
gilts, mein Knecht foll die drei Nöffel auf Einen Trunk aus—
trinken? und feste Clauert ſowohl ald audy der Schulze jeder
einen Thaler ein. Der Knecht wollte feinen Herren nicht ver—
fpielen laßen und foff den Wein in Einem Trunk aus, Da
fagte Glauert: Lieber Schulze, bringt die Kandel wiederum
vol Weins : ich will wetten mein Knecht füufts noch einmal
aus, und feßte die zwei Thaler wieder auf den Tiſch. Der
Knecht gedachte feinen Deren reich zu machen, nahm die Kan—
dei Wein und foffs zum andernmalin Einem Trunf gar aus;
vermochte aber die Kandel kaum auf den Zifch zu fegen, fo fiel
er faft hinter fich vor Trunkenheit, al$ ob man ihn darnie=
dergefchlagen Hütte; blieb liegen und rührte ſich nicht, Clauert
gieng zu feinem Weibe hinaus, ftellte fich als ob er erfchrof-
Een wäre und fagte: Ach liebe Margaretha, fleig doch vom
Wagen herab und fomm eilends herein, denn uns begegnet
ein groß Unglüd, Das Weib erfchraf und folgte ihm in des
Schulzen Haus, wo fie ihren Knecht vor dem Tifche liegen
fand. lauert fagte: Sich, liebe Margaretha, es ift noch
gut, daß wir hier fo lange geblieben find: was wollten wir
fonft auf dem Wege mit dem Knecht begonnen haben, da er
die fallende Krankheit befommt. Er hätte uns wohl alle beide
ums Leben gebracht; ja wo nicht anders, wären mir doch er—
foffen. Behüte Gott, fagte die Alte, behüte Gott! hab ich
doch Solches noch nie an unferm Knecht bemerkt und ift doch
To lange Zeit bei ung gemwefen. lauert fagte: Danke dem all-
zu ia —
miüdtigen Gott, daß wir allhier verharrt find; ich will um
diefes Unglüds willen auch in dreien Tagen noch nicht von
binnen ziehen,
Eo Einer fahren will zu Gaft,
Hofft da zu finden gute Raft,
Der lag jein Weib zu Haufe bleiben:
Sie möcht ihn bald von bannen treiben
Und machen ihm die Hölle heiß,
Wenn er nicht Clauerts Schwänfe weiß,
XXV1.
Wie Clauert mit Purpurianifhem Zud einen guten Markt hielt.
Wenn Clauert etwan an einem befannten Drt mar, fo
fammelten fich ihrer viel dafelbft aus der Urfache, daß fie viel
furzmeiliger Dinge von ihm hörten. Gewöhnlich war dann
auch die Karte nicht mweit von ihnen, weil fie wuſten, daf
lauert diefelbe lieb hatte, wie er denn einmal zu Teltow zu
einem guten Freunde kam, zu welchem ihrer etliche fich ver-
fügten, die alle feine guten Zechbrüder waren, Und als fie
vernahmen, daß lauert Geld bei fi hatte, ließen fie baid
ein Kartenfpiel holen, festen mit Clauert zufammen und ge—
wannen ihm fein Geld fo gar ab, daß er keinen Pfennig mehr
hatte. Da feste er vier Ellen Purpurianifh Tuch zu, der
Hoffnung, daß er etwas von feinem Gelde wieder befommen
möchte, aber das Unglüd war fo groß, daß er die vier Ellen
Tuch aud verlor. Da gieng er des Abends vor die Thür
hinaus, fah fich weit um und ſprach: Du Lieber Gott, bin ich
fo alt geworden und habe nicht gemwuft, daß die Leute allhier
— DE
zu Zeltom das Purpurianifche Zuch fo wohl fennen, und daf
es fo wohl abgehet, und habe eben nicht mehr als die fchlech-
ten vier Ellen bei mir gehabt; und hätte vor langer Zeit an
folhem Tuch viel Geldes erwerben mögen, fo ichs gewuft
hätte, daß es fo wohl allhier zu verkaufen märe. Wohlen,
fie folen mirg ein andermal theuer genug bezahlen. Gieng
hiemit traurig hin, legte fih auf eine Bank und vermeinte zu
fhlafen. Aber das Purpurianifhe Tuch machte ihm foviel
fhmwere Gedanken, daß er nicht einfchlafen fonnte, Es war
aber in derfelben Herberge ein Anderer, der bei Zage wohl ge=
fehen hatte, dat lauert einen vollen Beutel gehabt; wuſte
doch nicht, daß er Alles verfpielt hatte, fondern vermeinte, da
Giauert entfchlafen wäre, eine gute Beute davon zu fragen:
ſchlich heimlich hinzu und griff Glauerten in den Beutel, da—
zu ſchwieg Glauert ftille, unangefehen, daß ers mohl hörte
und fühlte, fieng jedoch leglih an und fagte: Siehe, mein
lieber Sohn, fiehe, ob du etwas findet, ich habe den ganzen
Abend gefucht und feinen Heller mehr finden fönnen. Wo—
rüber der Dieb vor Schreden Mantel und Hut im Stiche
ließ und davon lief, alfo daß Clauert noch feine Zeche davon
bezahlen Fonnte, da er fonft wohl feinen eignen Mantel
hätte im Stich laßen müßen.
Wenn ein Stüd Geld nicht gelten will,
So bring es nur zum Kartenfpiel,
Da nimmt man e6 viel höher an
Als es fonft irgend gelten kann.
Doch was du Nugens heim wirft fragen,
Das darfit du Eeinem Menidyen Elagen,
Denn Hoffnung ift im Spiel das Belt,
Die Manchen doch verderben läßt,
|
So
[BT
|
XXVII.
Wie Clauert ſeine Sache mit ſieben Ehebrechern bezeugen ſollte.
Sm Welſickendorf, welches eine Meile Wegs von Jüter—
bo liegt, Fam Clauert auf eine Zeit in großem Regen ges
wandert, als im Krug ein ganzer Tiſch voll Säfte faßen und
die Malzeit fhon angefangen hatten. Da tritt Clauert in
die Stube hinein und grüßt die Gäfte mit feltfam lächerlichen
Morten, fagt audy unter andern: Gott gefegne euch die Speife
und fo ih mit euch efen follte, wäre es eine gute Weife,
Unterdes fommt der Krüger hinein und empfüngt Glauerten,
den er ſehr wohl Eannte, Die andern Säfte fragten den
Wirth, was dag für ein Abenteurer wäre, worauf der Wirth
feinen Namen anzeigt, daß er Hans Glauert heiße, Unter An—
dern faß aber ein Prediger mit zu Tifche, der aus einem Dorfe
nicht weit von dannen war; der fagte: Pos Leichen, feid ihr der
Glauert? Bon euch hab ich viel gehört, euch doch mein Leben—
lang nie gefehen, noch gefannt: fommt doch nüher zu ung
beran, und fagt ung, was euch in foldhem böfen Wetter her—
ausjagt? bat auch, daß Glauert zu ihnen niederfegen möchte,
Glauert vermerfte wohl, daß er einen Mann allda gefunden,
der die Zehrung für ihn auslegen Eönnte, deshalben er erſtlich
mit ihm Kundfchaft zu machen gedachte. Und meil er die
Andern, fo am Zifche faßen, wohl Eannte, wer fie waren,
fprach er zu dem Priefter: Ach nein, mein lieber Herr, nieder—
fegen darf ich mich ja nicht, denn ich bin mwegfertig und hab
eine ſchwere Sache zu verrichten, derenmwegen ic; aucd das
böſe Wetter nicht fheuen muß. Und je mehr ihn der Pfarrer
niederzufegen nöthigte, je mehr er fich deffen weigerte bis er
— —
endlich ſagte: So ich aber wüſte, daß ihr euch ſämmtlich mei—
ner Sache annehmen und mir davon helfen wolltet, könnte
ich dieſen Tag wohl bei euch verharren. Der Pfarrer bat, er
möchte ſeine Sache fürbringen: ſo ſie ihm zu dienen wüſten,
ſollte er ſie willig finden. Darauf ſagte Clauert: Ach, liebe
Herrn und Freunde: Ich bin ſo hart von meinem Weibe ver—
klagt, daß ich in unſerm Lande nicht bleiben darf, und ob ich
ſchon unſchuldig bin, iſt mir doch auferlegt, in dreien Tagen
zu erſcheinen und meine Unſchuld mit ſieben Ehebrechern zu
bezeugen, darin mir eurer etliche nach ihrem Erbieten dienſt—
lich ſein werden. Die Leute wurden alleſammt ſchamroth,
wuſten nicht was ſie antworten ſollten, bis der Prieſter an—
fieng ſich zu entſchuldigen, daß ſein Zeugniſs Clauerten nicht
nützlich ſein würde, weil er kein Ehebrecher wäre, und möchte
das Gericht ihn als einen geiſtlichen Mann in dieſer Sache
zum Zeugniſs nicht zulaßen. Clauert kraute ſich den Kopf
und rief mit heller Stimme: Hilf, reicher Gott, ich bin dreier
Herren Land durchlaufen, ſolche Zeugen aufzuſuchen und
will fih Keiner meiner erbarmen, ob fies gleichwohl thun
fönnten, und allhier will fih auch Keiner dazu bekennen.
Nun muß id) armer Mann gar verzagt fein; zeigte jedoch auf
ihrer zween am Tiſche, die er wohl Fannte, und ſprach: Und
fonderlich ihr Beide könntet mir hierin gar wohl dienen, und
mid) aus Noth erretten helfen, fo ihr nur wolltet; aber leider,
Gott fei es geklagt, fie thun, als ob fie es nicht hörten, wenn
ich fie darum anfpreche. Der Priefter merkte wohl, daß Ehe:
Srecher unter dem Haufen waren; wollte fie jedoch nicht weiter
beſchweren laßen, zog Clauerten zu fich an den Tiſch und hieß
ihn eßen und trinken: er wollte gerne für ihn bezahlen und
u
fieng an von andern Sachen zu reden, worauf ihm lauert
genugfam Antwort gab und des Dinges fo viel machte, daß
fie alle desfelben Tages von dannen zu reifen vergaßen,
XXVIII.
Wie Clauert einen Schneider betrog.
Zu Prenzlau wohnte ein Schneider, der ſich bedünken
ließ, daß ihm Niemand zu klug wäre; und ſonderlich hatte er
Gemeinſchaft mit Clauerten, wenn er daſelbſt war, verierte
ihn auch bisweilen mit Worten. Demſelben gedachte Clauert
einen Beutepfennig zu verehren, daß er ſeiner dabei gedenken
möchte; gieng eines Tages hin zu dem Schneider und fragte
ihn, ob er ihm aus drei alten Säcken auch ein Faſtnachtskleid
machen könnte. Der Schneider vermeinte, der Clauert würde
ſolch Kleid zu ſeinem Abenteuer gebrauchen wollen und ſagte:
Ja, wenn du mir die drei Säcke bringſt, will ich dirs wohl
machen. Clauert vergaß ſein Vorhaben nicht, gieng hin ins
Spital zu den alten Beginen und zeigte denſelben an, wie
Einer vom Adel ein ſchwarzes Tuch verordnet hätte, um drei
von ihnen und befonders die drei Älteften, fo darunter wären,
damit zu Eleiden, ihnen Mäntel und Röde daraus zu machen,
Die Beginen wurden froh, zankten fich jedoch eine gute Weite
untereinander, welche drei unter ihnen follten gekleidet wer—
den. lauert fagte: Ihr lieben Mütterlein, eg bedarf Eeines
Zanks, fondern welche die drei älteften find, die folgen mir
nad: ich will fie hin zu dem Schneider führten, der die Klei-
der machen foll, indem diefe am menigften erwerben können.
Die Beignen waren fo alt und mwohlbetagt, daß fie kaum
gehen Eonnten, dennoch folgten fie Clauerten durch den tief:
A
ften Keth bis zu des Schneiders Haus, da führte fie Clauert
hinein, hieß fie hinter der Hausthüre niederfigen und gieng
zu dem Schneider in feine Stube, der eben auf der Werkſtätte
faß und arbeitete. Zu dem fagte Clauert: Rift du mir denn
das Faſtnachtskleid noh machen, wie du mir zugefagt haft?
Der Schneider antwortete: Hab ichs doch zuvor gefagt, du
folteft die Side berbringen, ih will dirs maden. Glauert
ſprach: Sch habe fie hinter der Thüre im Daufe niedergelegt,
da mirft du fie wohl finden. Der Schneider hatte dringende
Ürdeit, weshalb er die Säcke nit glei befchaute, fondern
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gedachte, fie würden fo böfe nicht fein, daß er aus dreien nicht
ein fol Kleid madyen fönnte. Darüber gieng Glauert in
feine Herberge und fagte zu den alten Weibern: Ihr müßt
allbier ein wenig warten bis der Meifter fertig wird; fo will
er euch das Maß nehmen, Diefe warteten gerne der Zeit,
zumal fie vom Gehen gar müde geworden waren. Als nun
der Schneider über eine gute Weile aus der Stube gieng,
fand er die drei alten Beginen hinter der Hausthüre figen,
erfchrak und fragte: Was ihr Begehren fei? Denn die Weis
ber antworteten: Wir warten allbier, daß ihr uns die Nöde
und Mäntel anmeßen follt, die der Edelmann allhier für ung
beftelft, und das Tuch dazu euch überantwortet hat. Der
Schneider entfchuldigte fi, daß er Fein Zuch empfangen, viel
weniger von ihren Röcken etwas wüſte. Die Weiber fagten:
She habts wohl empfangen; mir find ja von dem Manne,
der eben bei euch in der Stube gemwefen, darum hierhergeführt,
daß ihr ung Eleiden folltet. D liebe Mütterlein, fagte der
Schneider, diefer Mann ift ein arger Schalf, ihr feid von
ihm betrogen worden, Und gab den Weibern jeder drei Pfen—
nige, daß er ihrer los würde, ſchickte auch alsbald zu Clauer—
ten in feine Herberge, Glauert follte zu ihm kommen, er wollt
ihm das Maß zum Kleide nehmen, lauert fagte: O nein,
zu folhem Kleide bedarf man fein Maß: es ift nicht groß
daran gelegen, ob es gleich nicht fo genau gemacht mwird.
Drum das Sprichwort wahr verbleibt:
Mer fih an alten Keßeln reibt,
Der pflegt gern Rahm zu fangen,
Wie's diefem Scheider ift ergangen,
Der allen Leuten war zu Elug
Und diefen Spott drum billig trug.
— e
XXIX.
Wie Clauert einen Kannengießer betrog.
Zu Spandau wohnte ein Kannengießer, der viel von Claus
erten gehört und ihn doch nie zuvor gefehen hatte, wohl aber
gegen Viele fich vernehmen laffen, daß er Clauerts Kundfchaft
gerne haben möchte, Und ale Clauert einsmals dahin gekom—
men und denfelben Tag viel lächerliches Dings angerichtet
hatte, zeigte ihm le&tlich der Wirth des Kannengießers Be-
gehren an, daß ihn derfelbe gerne Eennen lernen wollte, Da:
rauf fagte Clauert: Seid zufrieden, Herr Wirth, bis Morgen
foll er mih wohl kennen lernen, vergaß es auch nicht, und
fhidte des andern Morgens, ehe denn es noch recht Tag
ward, zu demfelben Kannengießer und ließ ihm fagen, daß
ein Mann in der Herberge wäre, der käme von Hamburg und
hätte ein Theil gutes Zinn mitgebracht, welches er gerne
wollte vergießen laßen. Darum ließe er den Kannengießer
bitten, fein Gewicht mitzubringen, fo er ihm die Arbeit zu
machen gedähte. Der Kannengießer ließ fih nicht lange
bitten, fondern folgte dem Mägdlein zur Stunde nah, Nun
hatte Clauert unterdes ein reines Pläglein neben dem Feuer—
herd in der Küche gekehrt und einen großen Haufen gelb Zinn
darauf gelegt; und als der Kannengießer Fam, fagte er im
Ernfte: Seid ihre der Meifter? Derfelbe antwortete: Sa.
Glauert, fragte: Habt ihr auch euer Gewicht mitgebraht? Ja
freilich, fagte der KRannengießer, lauert nahm ein Licht in
die Hand und fagte: Sch hätte gerne zum Goldfchmied ge—
ſchickt; aber diefe haben fo großes Gewicht nicht. Wohlan,
kommt her, Meifter, wiegt mir diefen ; wie viel Pfund mag er
— —
wohl haben? zeigte ihm damit den Haufen und leuchtete da—
zu. Ei ſo wieg ihn euch der Teufel, ſagte der Kannengießer,
ich nicht; gedachte jedoch gleich an Clauerten, ſah ihn gar ge—
nau an und fragte: Biſt du der Clauert? der antwortete: Ja,
geſtern Abend war ichs noch. Der Kannengießer ſagte: Du
alter, einäugiger Schelm und Böſewicht, hab ich die Tage
meines Lebens ſo viel von dir gehört und muß in meinem
Alter noch von dir betrogen werden. Clauert ſagte: Guter
Freund, erzürnt euch nicht, habt ihr mich doch gern kennen
lernen wollen. Dieſes iſt in keinem Argen geſchehen: kommt
herein, wir wollen das Frühſtück mit einander verzehren und
weitere Kundſchaft machen. Solches erhörte der Wirth, kam
auch heraus und verſöhnte beide miteinander; wo denn Clauert
Eßen und Trinken für den Kannengießer bezahlte und Beide
darauf gute Bekannte und Freunde blieben,
AXX.
Wie Clauert einem Juden alte Märfer verwechielt.
Wo Juden in der Dark Brandenburg waren, fragten fie
ftäts nad) alter Münze, und wechfelten fie ein, wo fie diefelbe
zu befommen wuſten. Solches wufte Clauert wohl, gieng
darum einmal zu einem Juden und fragte: od er nicht alte
Märker einmechfelte? Der Jude fragte, wie viel derfelben wä—
ten? worauf Glauert antwortete, ungefähr ein paar Zaufend
und die allerälteften, fo jego möchten gefunden werden, Weil
aber den Juden Eeine Münze fo lieb wäre, als die alten mär—
kiſchen Grofchen, trug derfelbe zu eßen und zu trinken auf
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und machte Clauerten recht fatt, bis er nicht mehr faufen
£onnte. Da fagte Clauert zu dem Juden: Kommt mit mir,
ih will euch an den Drt führen, da die Märker zu finden
find. Der Jude meinte, einen ftattlihen Gewinn zu erjagen
und folgte Glauerten in allen Freuden nad). Da führte ihn
Glauert auf den Kirchhof zu dem Beinhaus und fagte: Siehe
da, Jude, allbier liegen die älteften Märker, fo jegiger Zeit zu
finden find: darunter magft du dir die beften auslefen, fo viel
dir gefallen werden, denn ältere weiß ich dir nicht nachzuwei—
fen Der Jude, ob er wohl unmillig war, mufte diefe Zeche
und Malzeit, die er Glauerten gegeben, verfchmerzen, wozu
ihn Clauert noch verfpottete und lachend von ihm gieng.
XXXI.
Wie Glauert an feiner Statt den Kerfermeifter gefangen legt.
Nach dem großen Brandfchaden zu Zrebbin, der Anno 65
gefhah, war den Bürgern von ihrem Landesfürften und
Heren, dem Kurfürften zu Brandenburg, vergönnt, auf der
zoffnifhen Haide etliche Schock Bauholzſtücke zu hauen, weil
zu Erbauung der Stadt auf der Trebbinſchen Daide nicht
genug Holz zu finden war, Da nun ein Jeder feine Anzahl
gefällt, waren ihrer Viele, die Armuts wegen das Holz von
der Haide nicht zu Haufe fhaffen Eonnten, alfo daß viel da=
felbft verfaulte, worüber Euftahius von Schlieben, Haupt—
mann zur Zoffen, fehr zoınig war und fi verfhmwur, die
nächften fo von Zrebbin kämen und ihn um Holz anſprechen
würden, wolle er ins Gefängniſs werfen lagen. Solches ward
dem Rath zu Trebbin angefagt, der wohl befürchtete, was
der Hauptmann gefhmworen hätte, Solches würde er gemifslich
halten. Deshalben mwuften fie nicht, wen fie doch wohl zu
dem Hauptmann abfertigen mödhten, der Gunft bei ihm
hätte, weil die Stadt noch unerbaut war, bis endlich das
Looß auf Clauerten fiel, der bei dem Hauptmann angenehm
war, Diefelben befhidten ihn, verhießen ihm wohl doppel—
ten Lohn und freie Zehrung, daß er dem Hauptmann einen
Brief gen Zeffen bringen follte, Clauert gedachte nicht, daß
die Sache fo gar gefährlich wäre, ließ fih den Botenlohn ges
fallen und nahm den Brief an. Da er nun gen Zoffen kam,
und den Brief überantwortet hatte, fagte der Hauptmann zu
ihm: Du lofer H—fohn, muft du eben der erfte fein, der zu
mir fommt, um Dolz zu werben? Nun mwohlan, ich hab ge—
ſchworen, das muß ich halten, und fagte zu dem Wächter,
geh hin und führe mir diefen in den Thurm hinauf; unan—
gefehen, daß Clauert fonft dafelbft gar gern gefehen war,
Denn auf dem Schloß zu Zoffen hielt man ſtäts zwei Wäch—
ter, die des Zags auch Waßer in die Küche tragen und die
Gefangenen verwarten muften, Der Wiüchter that nach des
Hauptmanns Befehl und führte Clausrten zu dem Thurm,
der fehr hoch ift, und dazumal nur auswendig zwei Leitern
hatte, darauf man hinauf fleigen mufte, was nicht ungeführ-
lih war. lauert ftellte fi) gehorfam, gieng zu den beiden
Leitern und fagte zu dem Wächter: „Lieber Peter, fteig du
voran, fo will ich dir folgen und zeige mir, wie ich zum
Thurm hinein gehen foll, daß ich nicht hinabfalle, da ich mid
gar wenig mit dem Geficht behelfen kann, Und wie ich ge-
hört Habe, foll oben im Thurm ein Loch fein, da man die
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Uebelthäter herunterläßt; da er doch die Gelegenheit beßer
kannte, als man ihm hätte ſagen können. Der Wächter
glaubte ſeinen ſchalkhaften Worten und ſtieg vor ihm hinauf,
bis er in die Thüre kam, und ſagte: Hans, hierher folge mir,
hierher, wo ich gehen werde. Unterdes ergriff Clauert die
Thür und ſchlug ſie hinter dem Wächter zu, achtete ſeines
Geſchreies nicht und ließ ſeinen Kerkermeiſter ſitzen. Weil es
aber um die Zeit war, daß man zu Abend eßen wollte, ſetzte
ſich Clauert zu des Hauptmanns Knechten, ſchwieg ſtill und
und gedachte die Malzeit einzunehmen; das Geſinde aber
konnte das Lachen nicht verhalten. Dadurch ward die Haupt—
männin dahin zu ſchauen verurſacht, und da ſie Clauerten
ſitzen ſieht, ſpricht ſie zum Hauptmann: Junker, habt ihr
Clauerten laßen gefangen legen? Er ſagte: Ja, mich wundert
was der Schalk gedenken wird. Die Frau ſagte: Sitzt doch
Clauert beim Geſinde zu Tiſche. Der Hauptmann drehte ſich
mit ſeinem Stuhl herum, darin er vor dem Tiſche ſaß und
ſprach: Siehe Clauert, was machſt du hie? hab ich dich nicht
laßen in den Thurm ſtecken? Clauert antwortete: Ach ja,
Herr Hauptmann; aber ich habe einen andern an meine Statt
gebracht: der will ſo lange für mich ſitzen, bis ich gegeßen;
denn das Abendmal war bereit, und ich hatte den Tag über
nicht viel gegeßen, deshalben ich auf Wege gedenken muſte,
wie ich zur Malzeit käme. Der von Schlieben ſagte: Ich
möchte wetten, er hat mir den Wächter eingeſperrt. Clauert
antwortete: Ja, Herr Hauptmann; ich habe ſonſt keinen
nähern finden können, der mir den Dienſt leiſten wollte.
Der Hauptmann ſprach zu ſeiner Hausmutter: Catharina,
das kann nicht ungeſtraft bleiben; ich will ihn dir übergeben.
BE >.
Die Hauptmännin forderte Glauerten an ihren Tiſch und
ließ eine Eupferne Kandel voll Wein heraufbringen, welchen
Glauert zur Strafe austrinfen follte. lauert fagte: Ach
Frau, folche Strafe wollt ih alle Tage leiden. Der Wächter
aber mußte an Clauerts Statt zween Zage und zwo Nächte
im Thurm liegen,
Cei ftäts getreu in deinem Umt,
So wirft du nicht zur Straf verdammt.
XXX.
Wie Clauert zuvor ſchon einen Andern an feiner Statt feftgefest.
Ehen auf diefe Weife hatte es Clauert bie bevor auch zu
Zrebbin getrieben, da er einmal wegen etlicher Vergehen ne=
ben einem Weibe zu Zrebbin, die Ridderin genannt, in Eifen
gefchlagen war und im Rathhauſe lag. Da fommt der
Stadtdiener des Abends zu ihnen, bringt Holz und Kohlen
und madıt ihnen ein Feuer, daß fie fih wärmen fönnten.
Diefelbe Wohlthat gedachte Glauert zu vergelten, gab Geld
und ließ den Stadtknecht flugs Bier holen, ftellte fih auch
als ob er felber am meiiten trünfe, nahm aber kaum das
Bier inden Mund und richtete feine Sache dahin, daß der
Stadtneht trunfen ward und Er nüchtern blieb. Da nun
der Stadtknecht mit dem Trinken übereilt ward, legte er ſich
bei Clauerten nieder und entfchlief gar feft. Clauert aber
hatte wohl Achtung darauf gegeben, wo der Stadtfnecht die
Schlüſſel zu den Feßeln gelaffen, daher er fie leichtlich zu fin—
den wuſte; machte fich alfo los von feinen Banden und ſchloß
Difhe Volksb. 9r Bd. 5
—— —————
den Stadtknecht hinein zu dem Weibe, ließ ſie Beide ſchla—
fend liegen, nahm die Schlüßel mit und ging zu Hauſe; kam
auch nicht eher wieder als da der Tag anbrechen wollte. Da
fand er fie Beide noch ſchlafend, weckte den Stadtknecht auf
und fagte: Steh auf, du follft eilends zum Bürgermeifter
kommen. Der Stadtfneht wollte eilends laufen; indem er
aber aufmifcht, fchleppt er das Weib mit fich, die zu fchreien
anfteng: Ach Glauert, ach Clauert, haltet ftill, oder ihr reißt
mir die Schenkel aus. lauert fagte: Welcher Teufel thut
dir etwas? flehe ich doch allhier ganz ftille. Da beginnt der
Stadtknecht erft zu merken, daß er gefangen war, bat um
Gotteswillen, daß ihm lauert ja diefen Spott nicht bewei—
fen, fondern ſich felber wieder einfchliegen follte, worauf
lauert antwortete: So wäre ich ja närrifcher als alle Nar—
ten, wenn ich das thäte, Nein, mein Gefelle, verzieh eine
Meile und verfuh es aud einmal wie eine fhöne Kurzmeil
es ift, wenn man gefangen liegt. Ging damit zum Bürger-
meifter, brachte ihm die Schlüßel und erzählt ihm, mie er deg
Gefängniffes ledig worden wäre, Dafür mufte der Stadt-
Eneht zur Warnung drei Zage in den Feßeln Gehorfam
halten,
Zu Rom ift es fürwahr geſchehn,
Daß einer follt zum Galgen gehn;
Des nahm ſich an ein frommer Mann,
Daß er dem Stride nod) entrann,
Nicht lang darnach ohn alle Schuld
Verlor der Mann des Kaiſers Huld;
Doch war in Rom kein Menfch zu finden,
Der diefen wollt an Galgen binden,
= =
Bis der, den er zuvor aus Noth
Errettet, fi) dazu erbot.
Moraus es Elärlich wohl erhellt,
Rur Undant ift der Lohn der Welt;
Wer Andre denkt vom Strid zu lölen,
Der muß ſich felbft verfehn des Böfen.
XXXIII.
Wie Hans Clauert ſein Ende genommen.
Bald auf den Brandſchaden, das nächſte Jahr darnach,
folgte das Sterben zu Trebbin und in den umliegenden Dör—
fern. Derwegen ſich Clauert aus der Stadt begab und in
Deren von Thümen Holzungen ſich eine gute Zeit verhielt, wo
er denn Fiſche und Vögel fieng, davon er mit ſeinen Conſor—
ten, die mit ihm ausgezogen, ſich ernährte, bis Die von Thü—
men ihm zuletzt ſagen ließen, wo ſie ſich nicht von dannen
begeben würden, werde man ſie mit Gewalt weg treiben. Da
aber Clauert Kundſchaft hatte, daß ſie folgenden Tags kom—
men würden, bedeckte er ein Stück Holz mit einem weißen
Tuch, als ob es ein Menſch wäre, welches Deren von Thü—
men Geſinde erſah und vermeinte, daß ihrer eins geſtorben
wäre. Da ließen ſie Clauerten und ſeine Geſellſchaft bleiben
und ritten davon. Während ſie aber in dem Buſche lagen,
ſagte Clauert ſtäts zu ſeinen Mitgeſellen: Ach wie wird der
Tod Clauerten in der Stadt ſuchen, aber daſelbſt nicht fin—
den! bis er ſich daſelbſt vor Kälte nicht länger verbergen
mochte. Da begab er ſich von dannen auf den Thurdam, wo
ihn der Tod fand, und als er zu merken begonnte, daß der
Tod bei ihm anklopfen wollte, machte er ſich näher zur Stadt
5 *
er
in eine Scheuer vor dem Thor und fagte: Ho, ſachte Tod, fachte,
du wirft mich doch wohl noch würgen. Er ward aber immer
ſchwächer, bis von Ohngefähr Einer feiner Freunde vor Die
Scheuer geritten kam, darin er lag. Der fragte Clauerten,
wie e8 ginge. lauert fagte: Hei, der Zod will Sanft
Velten haben, und fürwahr, es ift hier gut fterben, man wird
nicht daran verhindert, weil nur wenig Leute zu Einem fom:
men, Alfo Eonnte er feine Büberei bis zulegt nicht laßen
und fprach noch kurz vor feinem Ende zu feinem Weibe: Ach
liebe Greta, ich merke wohl, daß ih nun nicht weiter ent=
laufen kann; fo will ich dich noch eines bitten; das mwolleft
du mir doch ja gewähren. Sie fragte, mas das fein follte?
Er ſprach weiter: Du meift wohl, daß ic) den Bauern mein
Leben lang wenig Gutes erwiefen habe, und jeßo werden alle
Bauern bier vor dem Thor auf diefem Kirchhof begraben,
Darum bitte ih dih, du wolleft fo wohl an mir thun, und
mich ja auf diefen Kirchhof bei den Bauern nicht begraben
laßen,; wir würden ung fonft miteinander heftig raufen und
fchlagen, darüber id) denn meine grauen Haare verlieren
möchte. Als fie ihm folche Bitte zufagte, hat er Eürzlich fein
Teftament gemacht, und erftli Gott dem Herrn getreulid)
feine Seele befohlen, Euftahius von Schlieben das Vogel:
nes, den Amboß dem Schmiede, die Karten und Würfel aber
dem Teufel, und ift bald darauf in Gott verfhieden. Da ift
alfo das Ende dem Leben gleich gemefen, wie ihn denn feine
Margaretha ihrer Zufage nach, auch in die Etadt tragen laßen,
allwo er auf dem Kirchhof bei den Bürgern begraben liegt,
Was man gewohnet in der Jagend,
Es fei nun Lafter oder Zugend,
— ee
Das hänget einem immer an,
Denn Sung gewohnt, alt gethan.
Darum von Tugend dic) befleiß,
Zu leben nad) der beiten Weis,
Dieweil zum Böfen jeder Friſt
Des Menschen Herz geneigter ift.
Doch wird noch endlich Alles gut:
Wer feiner Sünden Beicdhte thut,
Der Seele denkt am legten End,
Befiehit fie Gott in feine Händ;
Co ifts ein Eöftlich Teſtament.
XXXIV.
Clauerts Gedicht, womit er oft die Leute vom Schlaf ermunterte
und wacker machte.
Clauert pflegte oftmals von ſich ſelbſt zu ſagen, wenn er
bei guten Leuten war und ſah, daß ſie unluſtig wurden, ſo
fieng er von ſeiner Kindheit an bis zu ſeinem Alter mit nach—
folgenden Worten: Als ich noch ein kleines Kindlein war und
oftmals ſah, daß unſere Nachbarkinder aus dem Holz kamen
und junge Vöglein zu Hauſe brachten, die ſie aus den Neſtern
genommen hatten, gedachte ih auch einsmals in den Wald
zu gehen und Vogelnefter zu fuchen. Als ich aber in den
Wald kam, ſah ich ein Eleines Vöglein aus einem Baume
fliegen. Sch gieng binzu und fand ein fleineg Löchlein, fo
klein, daß ich Eaum einen Singer hinein bringen mochte, Und
als ich den Finger hinein ftedte, fiel ich mit dem ganzen Leibe
nach, in den Baum hinab. Darunter fand ich einen Teich,
darin gebratene Fifche giengen, und über dem Teiche war ein
Butterberg, davon die Butfer duch den warmen Sonnen:
a ae
fhein hinab auf die gebratenen Fiſche troffen. Derfelben
Fiſche aß ich mich fo fatt, daß ih aus dem Baume nicht wie:
der kommen fonnte, lief deshalben heim und holte eine Art
und hieb mich aus dem Baum heraus; jedoch war mirs leid,
daß ich der gebratenen Fiſche nicht etlihe zum Wahrzeichen
mit mir genommen. Es trug fi gleihmohl zu, daß am
Mege ein Haufen Tauben faß und darunter warf ich und
traf fo gut, daß die Federn did lagen und ich meine Art
darunter nicht wiederfinden konnte. Ich lief eilends nach
Haus, holte Feuer und zündete die Federn an. Da ver
brannte die Art und der Stiel blieb liegen, alfo daß ich zu
meinen Eltern nicht zurüd fommen durfte. Deswegen ge-
dachte ich mich auf die Wanderfchaft zu begeben und fam zu
einem Brunnen: da hätte ich gerne getrunfen, wuſte aber
nidyt, worin ih Waßer fhöpfen ſollte. Weil mir aber als
einem ganz jungen und kleinen Kinde die Hirnfchalen noch
nicht reht zufammengewacfen waren, nahm ich den halben
Theil derfelben vom Kopfe herab, fhöpfte Waßer darein und
trank daraus, Es fhmedte mir auch das Wafer fo wohl,
daß ich darüber entichlief und da ich erwachte, war eg fchier
Abend geworden, deſſen ich fehr erfchraf und ganz unbeſon—
nen davon lief. Ich fam in ein Dorf, da droſch ein Bauer
auf den Balken, und das Etroh fiel herab, die Erbfen aber
blieben auf den Balken liegen, deffen ich mid) fehr verwun—
derte und den Bauer fragte, wie das käme, daß die Erbfen
auf den Balken liegen blieben. Da fragte er mich miebder,
wie es zugienge, daß ich mit dem halben Kopf daher käme?
Da gedachte ich erſt wieder an meine Hirnſchale, lief alsbald
zurüd, fand fie auch richtig und fieben Enteneier darin, Dies
felben legte ich unter eine Henne und ließ fie ausbrüten,
Daraus fam ein Pferd, fieben Meilen lang, mit dem ich viel
Geld verdiente. Denn wenn die Leute über Land reifen woll-
ten und das Pferd fih nur ummendete, fo waren fie vierzehn
Meilen weg. Einsmals hatte ih Etliche vom Adel zu füh:
ten, die gern eilends an ihrem beflimmten Drte gewefen
wären. Und als fie beinahe dort waren, fing das Pferd an
und miftete, wandte ſich auch alsbald um und wollt daran
riechen und brachte fo die Edelleute noch eins fo weit zurüd,
als fie zuvor fich aufgefegt hatten, worüber fie vor Zorn mein
Pferd mitten entzwei hieben, Da mufte ich mir nicht beßer
zu helfen, als daß id) Nothweiden nahm und das Pferd damit
wieder zufammen band, Die Weiden fhlugen Wurzel in
dem Pferde und wuchſen fo fehr, daß die, welche darauf ritten,
bei Sommerzeit in kühlem Schatten faßen, wodurd mir
mein Pferd her nach noch einmal fo viel einbrachte, als zuvor,
Und gegen den Winter ließ ich die Weiden alle Jahre ab»
hauen und löfte aus dem Holze fo viel Geld, daß ich auf den
heutigen Zag nod einen Zehrpfennig habe, fonft wäre ich
längft zum Bettler geworden,
XXXV.
Ein ander Lügenmärden.
Gleicher Geftalt pflegte Clauert auch wohl zu fagen: Als
ich einsmals zu Wittenberg war, gedachte ich zu meinen gu—
ten Freunden zu Leipzig zu wandern, und da ich.jenfeits
Remberg in die diebifche Haide kam, war der Schnee fo groß,
daß ich wieder umzufehren Willens war, Jedoch erfah ich
einen Steg, der wohl gebahnt und betreten war, demfeiben
72 —
folgte ich nach, in der Hoffnung, daß er mich wieder auf den
rechten Weg bringen würde, Als ich aber eine Strecke weiter
gieng, fand ich einen ganzen Haufen Leute bei einander figen,
die hatten Gefottenes und Gebrateneg, auch eine Tonne Bier
bei fich ftehen, und hielten Malzeit, Sie hießen mih auch
niederfißen und gaben mir zu eßen und zu trinken. Ich fah
fie für Jäger an, weil fie ihre Pferde an die Bäume geheftet
hatten. Da fie aber Alles rein aufgegeßen und getrunfen
hatten, fließen fie den einen Boden aus der Tonne, ergriffen
mich und ſprachen: Db ich lieber fterben oder in die Tonne
fleigen wollte. Daraus ih wohl vernabm, daß es Näuber
waren. Was follte ich armer gefangener Tropf machen? Sch
muſte unter zmeien liebeln das Eleinfte wählen, ftieg in die
Zonne und ließ mich verfpunden. Als das gefchehen mar,
fliegen fie auf ihre Pferde und liefen mich alfo in der Tonne
liegen, darin ich die ganze Nacht verbradht, bis des andern
Morgens die hungrigen Wölfe kamen und die Knochen auf
fraßen, melche die Riuber weggeworfen hatten. Da griff ich
zum Spundloh hinaus und erhafchte den einen Wolf beim
Schwanz und hielt mid mit beiden Händen gar feft. Da
lief er vor Schreden durch das hohe Haidekraut und fchleifte
mid mit der Zonne hinter ihm ber, bis ich endlich einen
Fuhrmann erhörte; den fehrie ich an und bat um Errettung,
mwelher mir auch treulich zu Hülfe kam, und den Wolf mit
einem eifernen Flegel zu Zod fhlug, und die Zonne entzwei,
darin ich lag. Alfo ward ich errettet, und dem Molf zogen
wir die Daut ab und verkauften fie zu Wittenberg und befas
men fo viel Geld dafür, daß ich meines Theils noch heutigen
238 davon zu zehren habe.
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Nach den erfien drei Monaten, die man das bumme Viertel:
jahr nennt, beginnt man mit den Kindern zu fpielen, um fie zu unter
halten. Das erfte ift, daß man fie fragt: Wie groß ift das Kind?
worauf fie ihre Größe mit auögefiredten Aermchen anzuzeigen gelehrt
werden. Dder man fragt fie: Wie ftehen dem Kindchen die Sinne?
worauf fie die Händchen fo bewegen müßen, daß man die Antwort, die
Sinne ftehen ihm Erauß, bald fo, bald fo, erräth. Aehnlich ift die Frage:
„Wo iſt das Trutzköpfchen?“ Folgen andere
I. Ammenfcerze.
1.
Das Kind wird als ein Schweinchen gedacht, das geſchlachtet
werden ſoll:
Ein Schweinchen ſchlachten,
Ein Würſtchen machen,
Quick quick quick quick quick u. ſ. w.
2.
In der andern Wechen
Wollen wir ein Schweinhen flechen,
Quick u. ſ. w.
3.
Ick ſchull uk mal en lütt Farken ſteken
Op den Mitteweken,
Wuſs nich mosnehm (wohin):
Hier nich, dar nich — dar dar dar dar!
a:
4.
Farfen ftefen, Water Fafen,
Morgen will wi Wuſte mafen,
Wiek wiek wiek wiek!
5.
’£ well en Fiärksken ſtiäken
Ban fefstien Wiäfen,
Dat hiät fiewen Sciepel Hawer friäten,
Dat fall feggen: quick quick quick!
6.
oder al5 Maus:
's Kästchen läuft die Trepp hinan,
Hat ein rothed Jäckchen an,
Meberben an der Seiten,
Wo willſt du hinreiten?
Will reiten nach Bulemannd Haus,
Will mir holen ’ne fette, fette Maus,
Quick quick quick quick.
7.
oder der Hals des Kindes als Mauſeloch:
Kommt ein Mäusen,
Will ing Häuschen,
Da nin, da min, da nin.
8.
Das Kind ald Haus, das Ohrlappchen als Zhürklingel:
Da fommt die Maus, da kommt die Maus:
Klingelingling ! Iſt der Herr zu Haus?
Heißt es ja, fo wird der Herr befucht; heißt eö nein, fo wird er gefudt -
Kommt eine Maus,
Die baut ein Haus,
Kommt ein Mücken,
Baut ein Brückchen,
Kommt ein Floh,
Der macht ſieh fo! (Eigelnd),
10.
Müfefe, püſeke,
Krup in din Flein Hüſeke,
Bit at ’et nigge fertig ed —
Kibbel kibbel Eibbel kibbel!
31,
Die innere Hand des Kindes wird geftreichelt, zulest gefigelt:
Da haft ’nen Thaler,
Geh auf den Markt,
Kauf dir ’ne Kuh,
Kälbchen dazu,
Das Kälbchen hat ein Schwänzchen,
Dideldideldänzchen,
12.
Da haft ’nen Dreier,
Geh auf den Markt,
Und Fauf Eier,
Kauf Butter, kauf Käfe,
Kauf Stinze,
Kribblibblinge,
13.
Thaler,
Maler,
Kuͤhchen,
Kälbchen,
Schwänzchen,
Dideldideldänzchen.
14.
Da heſt en Daler,
Ga to Marked,
Kop en Karp,
Kop en Kruufh (Karauſche);
Ga na Hus,
Kaek em gar,
Denn ſchmeckt he rar rar rar!
15.
Einen Thaler in die Hand,
Kannft dir Faufen Sand und Land,
Haus und Hof, Pferd und Kuh,
Und ein Eleines Kindchen dazu.
Sälzchen,
Schmälzchen,
Butterchen,
Brötchen,
Krabbelkrabbelkrötchen.
BE in.
17.
Man berühmt dem Kinde die einzelnen Theile des Angefihts und
fpriht dazu:
Kinne Wippen,
Roth Lippen,
Nuppelnäſichen,
Augenbrämichen,
Zupp zupp Härichen.
18.
Kinnewübken,
Mundflörken,
Näspipen,
Wangroͤſchen,
Oogtrönken,
Konpbönfen, (Bön — Boden),
Zipphörken,
Stiig upn Böncken.
19.
Kinne Kinne Wängchen,
Möndchen Brut,
Bäckelchen ruth,
Näschen ſief,
Oeugelchen pief,
Stirnchen platt,
Hören zipp zip» zipp zapp.
20.
Da iſt es fett (Stirn),
Da iſt es hohl (Augenhöhlen),
Da iſt es voll (Naſe),
Da prutſcht es in den Stall.
3 m
21.
Das ift der Altar (Stirn),
Das find die Leuchterchen (Augen),
Das ift das Löſchhorn (Nafe),
Das find die zwei Kiffen (Wangen),
Das ift die Sacriftei (Mund),
Da fomm der Pipapater heraus (Zunge)
Und Friegt dich (bei dem Kinn).
22.
Des Kindes Finger werden angefaßt und benannt:
. Litgefinger, goldne Finger, Langelei, Botterlicer, Lüfe:
knicker.
Lüttenfinger, Gollen Ringer, Langen Meier, Pottenlicker,
Lausknicker.
Däumchen, Bräumchen, Langemann, Dorrmann, Düppchen.
Dümelinksken, Fingerlinkeken, Lankmännken, Schwank—
männken, kleine Kappeditsmännken.
Däumchen, Pfläumchen, Aepfelchen, Birnchen, Nüßchen.
23.
Bei jedem Vers deutet man auf einen andern Finger, indem man
mit dem Daumen beginnt:
Däumling hat Ofen Fauft,
Fingerling hat beigefchafft,
Langemann hat fodt gemacht,
Kleinjäckhen hat Wurft gemacht,
Kleinteufelhen hat fie all geh.
24.
Dümerling wol na'n Melken gahn,
Fingerling woll’t nig liden.
Längvatt fund vorm Brodſchap,
Goldfinger fä': gif mi wat af,
Litgefinger fä’t alle na.
25.
Dieß ift der Daumen,
Der ſchüttelt Pflaumen,
Der hebt fie auf,
Der trägt fie heim,
Und der Eleine Binkes ißt fie alt allein,
26.
Das ift der Daumen,
Der fchüttelt Pflaumen,
Der lieft fie,
Der ißt fie,
Und der fagt: wart, ih will! der Mutter fagen,
27.
Der iſt ins Waßer gefallen,
Der hat ihn wieder herausgeholt,
Der hat ihn ind Bert gelegt,
Der hat ihn zugededt,
Und der Fleine Schelm da hat ihn wieder aufgeweckt.
28.
Der ift ins Waßer gefallen,
Der hat ihn heraus gezogen,
Der hat ihn heimgetragen,
Der hat ihn ins Bett geleit,
Und der Eleine Spisbub hat Alles der Mamma gefeit,
29.
Der ift in den Püs gefallen,
Der hat ihn herausgeholt,
Der hat ihm abgetrodnet,
Der hat ihn ins Bett gelegt,
Und das Fleine Stubbedischen hat ed Vater und Mutter gefaot,
Difhe Volksb. 9r, Bd. 6
30.
Der ifh is Waßer gfalle,
De het en ufezoge,
De het en heitreit,
De het en id Bett gleit
Und de chli Bümmi het alles dem Müerti gefeit,
31.
Der Dümeleng hau e Ferffche gegolden,
Der Leckfeng hau et dudt gedoh,
Der Langmann hau et ege Schaaf (Schranf) gelaht,
Der Johann hau de Putefe (Würſte) gemaht,
En de fchelme Piphans hau Alles opgeiße.
32.
Mit dem Daumen anfangend, bei jedem Finger eine folgende Zeile:
Dümlingsken ga ua Bedde! —
Ick hebbe noch nitt egiäten. —
Sa bi Moders Schiäpfen (Schrank), —
Mei Moder mwellt nitt hewwen,
Klein Snäppfen well et feggen,
33.
Wie viel Finger haft du denn? „Zehne.“ Sch glaube
aber, du haft eilfe, Lege fie einmal allezufammen hieher,
Das wäre alfo der zehnte meinft du? „Sa. So ift das
der neunfe, das der achte, das der fiebente, der Daumen
der fechfte, Nun, und an der andern Hand noch fünf: fünf
und ſechs macht das nicht eilf? Siehft du nun wohl? Siehft
du, fo bift du!
ei u —
31.
Die fünf Zehen:
Zinden,
Binden,
Erbesken,
Bärbesken,
Prutſch än de Bäch.
35.
Das war in den Buſch gegangen,
Das hatt ein Häschen gefangen,
Das hatt ed heimgebracht,
Das hatt ed gebraten,
Der die Buta hat ed alled gepappt (geplaudert),
36.
Zehe, Fuß, Knie, Bauch:
Zehchen lang,
Füßchen gang,
Kniechen Enid,
Bauch did,
IT,
Das Händchen des Kindes ballt man zur Fauſt, zeigt dann
auf einen Finger der andern Hand und fragt: Was ift das?
„Ein Mäuschen.‘ Dann den Finger in die Hand hineiniteckend:
Was ift das? „Ein Mausloch.“ Wo ift die Maus? „Im alten
Hans.‘ Wo ift das Haus? „Abgebrannt.“ Wo ift der Brand ?
„sm Bach. Wo ift ver Bach? „Der Ochs hat ihn gefoffen,”
Wo ift der Ochs? „Sm Wald.“ Wo ift der Wald? „Abge—
hauen.‘ Wo ift die Art? ‚Beim Schmied.’ Was hat der
Schmied gefagt? „Man fol brav drauf Flopfen.’” Hiermit
fhlägt das Kind mit der Faufl.
6*
be ME ie
38.
Man fchlägt dem Kinde die Händchen zufammen und fpricht dazu:
Bade badfe Kuchen,
Der Bäcker haft gerufen.
Mer da will Kuchen baden,
Der muß haben fieben Sachen:
Eier und Schmalz,
Butter und Salz,
Milch und Mehl,
Safran macht die Kuchen geht.
Schieb ihn in’n Ofen, daß er gar wird,
39.
Bade badfe Kuchen,
Der Bäder hat gerufen,
Hat gerufen die ganze Nacht,
Marie hat feinen Zeig gebracht,
Kriege auch Feinen Kuchen,
40.
Backe backe Köken,
Händken ſünt fo füten,
Düſſe Händken fünt fo ſmall
As de Köken weſen ſchall:
Schuf in Aven!
Bäcker hett ſin Fro geſchlagen
Mit de Schüffel up den Kopp:
Ach, wo ſchriit de arme Tropp!
41.
Schuw in Aben, ſchuw in Aben!
Bäcker ſin Nas es mit Aſch beſtaben.
Bäcker hett ſin Fru geſchlagen
Mit de Schüffel up dat Lif,
Ach, wo ſchriit dat arme Wif!
42.
Bade backe bade,
Das Mehl hol aus dem Sade,
Die Eier aus dem Mefte,
Unferm SKindlein das Befte,
43,
Backe backe Kicheichen,
Zwei in einem Tigelchen,
Drei in einem Pfännchen,
Back Mutter Aennchen.
44.
Patſche Patſche Küchelchen,
Mir und dir ein Krügelchen,
Mir und dir ein Tellerchen,
Mir und dir ein Hellerchen,
Sind wir zwei Geſellerchen.
45.
Patſche Patſche Peter,
Hinterm Ofen ſteht er,
Flickt ſein Schuh und ſchmiert ſein Schuh;
Kommt die alte Katz dazu,
Frißt die Schmer und frißt die Schuh,
Frißt die Schuh und frißt die Schmer,
Frißt mir alle Teller leer.
46,
Hergöttli hilf!
Sm Waßer ftoht de Schilf.
Im Waßer ftoht ed Storchebei
Und bringt dem Bobi es Fifchti hei.
AT.
Herraott hilf!
Es fommt ein Schiff
Mit Wein und Brot,
Das mohlgeroth !
Mamme baf e Küchle,
Ganze ganze Pfanne voll,
Gänn dem Kindel au davon.
48.
Man rollt das Kind:
Rulle rulfe Brot uf,
Rull uf nich fo Tank uf,
Mak dar’n lütjen Pümmel ran,
Dat he gud in Amen Fann,
Schuw in Aben!
Nas und Mund find mit Ach beftaben,
Wiſch af! wifh aff!
49.
Man fhiebt das Kind:
Sſi — Sfa, up de Kaar,
Mann hätt fine Fro verlaarn
Up dem widen Felde,
Taſchen mit dem ©elde,
Har de Mann fin Geld man medbder,
Die Fro de fem vun felbd wol wedder,
50,
Man laßt einen Finger tanzen:
Popelmätzchen Sängeftert,
Tanz mit mir aufm Feuerheerd
Ohne Kiehn und ohne Licht:
Popelmäschen ftoß dich nicht.
ze
51.
Man läßt das Kind tanzen:
Tanz, Kindchen, tanz,
Deine Schühchen find noch ganz.
Laß dich nicht gereuen,
Der Schufer madt dir neue,
Tanz, Kindchen, tanz.
52.
Mannchen, Mannchen geig mir mal,
Karihen will mal tanzen,
Hat ein buntes Röckchen an,
Rings herum mit Franzen.
53.
Hopp Marjännde, hopp Marjännde,
Lohß dat Pöoppche danze,
'ne gode Mann, ’ne brave Mann,
ne Manı von Kumpläfanze,
Er foht die Supp, er wiegt dag Kind,
Er führt die Magd zum Tanze.
54.
Hopp Marjännchen, hopp Marjänncen,
Komm wir mollen tanzen:
Nimm ein Stüfhen Käf und Brot,
Stecks in deinen Ranzen.
Aus dem Ranzen in den Sad,
Timm ein Priehen Schnupftabaf,
55.
Söwen Elen Bottermelf,
Zein Elen Klümp —
Und wenn de Scho verdrunfen find,
Sp danz if up de Strümp!
56.
Es fanzt ein Busemann
In unferm Hans herum di dum,
Er rüttelt fih, er ſchüttelt fic,
Er wirft fein Säckchen hinter fi.
Es tanzt ein Butzemann
In unferm Haus herum.
IT.
Sch und mein altes Weib
Können gut tanzen,
Ich mit dem Bertelfad,
Sie mit dem Ranzen.
58.
Schottiſch ſchottiſch wollen wir fanzen,
Schottiſch fchottifh tanzen wir.
Mille wille wie!
Dieß hätt ich die!
Wille wille wid!
Dieß hätt ich die!
54.
Des Kindes Größe zu zeigen:
Huppe huppe ride
Hen nah Frufen Wide.
Fruke Wide was en gode Fro,
Nehm min Hänfhen (Hänshen) up den Schoot,
Gaw em ’n Stutenbotterbrot
Und davon ward dat Kind fo — grot!
zu —
60,
Wenn fih das Kind geftoßen u. f. w. hat.
Heile heile Segen,
Morgen giebt ed Regen,
Uebermorgen Schnee,
Thuts Kindle nicht mehr weh.
61,
Heile heile Segen,
's Büfeli uf der Stege,
>38 Güggeli ufm Mift,
's ift guet, daß 's wieder g’heilet iſt.
62.
Hele hele
Miſeken am Sele,
Hüntken derbi,
Maren ſall't wi'er heele ſin.
63.
O Jemine
Wat deit di weh?
Min linker Knee.
Wer hett dat dhan?
Min Nawer ſin Hahn.
Ei töef (wart), den will we wedder ſlaen.
64.
Wenn das Kind unfreundlich iſt:
Vögel, die nicht ſingen,
Glocken, die nicht klingen,
Pferde, die nicht ſpringen,
Piſtolen, die nicht krachen,
Kinder, die nicht lachen,
Was find das für Sachen?
65
Bift du bog,
Gah mank de Göös;
Biſt du got,
Kumm up min Schoot.
66.
Ich möcht für taufend Thaler nicht,
Daß mir der Kopf ab wär.
Da fpräng ih mit dem Rumpf herum
Und müft nicht wo ih wär.
Die Leut fchrieen au und blieben ftehn:
Ei guf einmal den! ei guck einmal den!
67.
Es fommt ein Herr zum Schlößli
Uf einem ſchönen Röſsli.
Da luegt die Frau zum Fenfter us
Und fait: „der Mann ifh nit bi Hus.
's iſch Nieman dheim als d'Kinder
Unds Maidli uf der Winde,‘
Der Herr uf ſinem Röſsli
Sait zu der Frau im Schlößli:
„Sinds gute Kind, finds böfe Kind?
Ach, liebe Frau, fagt mird geſchwind.“
Die Frau die fait: 's find böfe Kind,
Sie folgen der Mutter gar nit gichmwind.
Do fait der Herr: „So reit ich heim,
Derglihen Kinder brauch ich Fein !’/
Und reit uf finem Röſsli
Weit meit enweg vom Schlößli.
68,
Dust dut due! wo bläft der Hirt?
Dut dut dut! wohl über dem Rhein.
Dur dut dut! was hätt er gern?
Dut dut dut: zwei Lämmelein.
Mein Lieshen auch ?
Mein nein nein, das Friegt er nicht.
69.
Pripe nine faufe,
Der Fuchs fteht hinterm Haufe,
Der hat ein’n langen Echlitten mit
Und nimmt die böfen Kinder mit,
Die guten läßt er zu Haufe.
Pripe nine faufe.
70.
Eia Brumfufe!
Wer mwahnt in düffem Hufe?
Der ohl Mann de mit de Fidel umgeit
Unn all de unardigen Kinner fehleit,
m.
Hör hör hör!
Was fteit vor unfe Dör?
Do fleit en Mann mit finer Kiepen,
De will uns lütge Kindjen griepen,
Hör hör hör!
72.
Zürnt und brummt der Fleine Zwerg
Nimmt er Altes überzwerch,
Den Dfen für ein Bierglas,
Den Mehlſack für ein Weinfaß,
oe u
Den Kirfhbaum für ein'n Beſenſtiel,
Den Flederwiih für ein Windmühl,
Die Kap für eine Wachtel,
Das Sieb für eine Schachtel,
Das Hadkbrett für ein’n Löffel,
Den Hanfel für den Stöffel.
73.
Der Müller will malen,
Das Rädchen geht um,
Mein Kind ift verzürnet,
Weiß feibft nicht warum.
74.
Mein FKindelein Elein,
Das bilde fich viel ein.
Seht mag es mich nimmer;
's muß aber nicht fein.
75.
Biſt du nicht mein Liebchen,
Schläfſt du nit bei mir,
Siebft du mir fein Küfschen,
Was thu ich danı mir dir?
76.
Wenn das Kind etwas nicht gerne ißt:
Bum bam beier,
Die Kab mag feine Eier,
Mas mag fie dann?
Speck aus der Pfann:
Ei, wie leder ift unfre Madam !
TT,
Bumbam beierlot,
Sn de See is grote Mot.
Dar liggt en Fiſch (Schipp) op Lewen und Dot:
Alle de mit der Licken gaen,
Möten dar ehr Tech betaln.
73.
Wenn dem Kind die Suppe zu heiß ift:
Lirum larum Löffelftiel,
Alte Weiber eßen viel,
unge müßen faften,
Brot liegt im Kaften,
Meßer liegt daneben:
Ei was ein Iuftig Leben!
79.
Billi balli Leffeiftiel,
De alten Weiber freßen zviel,
Die jungen fein nicht beßer,
Sie freßen wie die Röffer.
80
Fünf Engel haben 'gefungen,
Fünf Engel fommen gefprungen:
Der erfte bIäft das Feuer an,
Der andre flellt das Pfännel dran,
Der dritte ſchütt das Süppchen nein,
Der vierte thur brav Zucker drein,
Der fünfte fagt: 's angerichtet:
Iß mein Kindcen, brenn dich nicht,
— ——
81.
Ehe das Kind ißt:
Hau dich nicht, ſtech dich nicht, brenn dich nicht,
Suppe, die iſt heiß.
Kindlein, wenn du eßen willſt,
Setz dich auf den Steiß.
82.
Hau hau hau di nit,
De Scherer iſcht nit hie.
Wo iſcht er?
Z'Linde (Lindau).
Was chann er nit?
Verbinde.
Hau u. f. mw.
83,
Steffele,
Bandeffele,
Nimms Löffele;
Wenn du eßen willft, fo bet auch!
84,
Wenn das Kind allzumißbegierig ift.
MWarım ?
Darum,
Warum denn darum?
Um die Krümm herum.
Warum denn um die Krümm herum?
Weil der Weg nicht fchnad iſt.
85.
Kieinfinderfrage mit Zucker beftreuf;
Große Leute wißen Beſcheid.
86.
Wenn die Kinder auf der Erde rutfchen:
Guck herüber, guck hinüber
Wohl über die Straß hinum.
Kann Deutfchland nicht finden
Rutſcht alleweil drauf rum.
81.
Wenn dad Kind etwas Unmwahres fagt:
Wart es Bitzeli, beit ed Bitzeli,
Sitz es Bißeli nieder.
Und wenn d'es Bitzeli g'ſeße bifk,
So dumm und fägd dänn wieder,
88,
Wär Lüge fo fchmer wie's Stein träge,
Würd Menge lieber d'Wahret fäge,
89,
Wenn das Kind geftraft worden ift:
Liebe Ruth, traute Ruth,
Wärft du nicht, ih thät nicht gut.
90,
Wenn das Kind den Schluden hat:
Schluckauf und ic
Giengen übern Stea,
Schluckauf fiel ’rein
Und ich lief weg.
9.
Schlücken,
Fahr übern Rücken,
Fahr übern Rhein,
Laß den Schelmen Schlücken ſein.
Be Se
92,
Hitzgi hätzgi hinderm Hag,
Nimm mers Hitzgi Hätzgi ab.
(So lange ohne Athemholen zu fagen, bis es vergangen ift).
93.
Wenn das Kind zu Haufe bleiben fol,
Du fchaft mitfahren in „Jann-blif-to-Hus“ fin Wagen
Und mit „Jann-kumm-⸗er-nig“ fine Pere,
94.
Dem Kind zum Geſchenke:
Sch ſchenk dir was:
Was ift denn das?
Ein filbernes Wart ein Weitchen
Und ein goldned Nirchen
In einem niemalenen Büchscen.
3.
A Wirte, im a Büchsle
Und a Beitzeweil
Und a Wartelang,
96.
J bring der öppis
Vom Baslermärt.
Was?
E goldis Nüteli
Und e filberis Draheigängeli (Daranheimgehnlein).
m,
Dis Wer Eriegft du einen Sonntag.
a
98,
Auf die unhöflihe Frage Was?
Was?
Altes Faß,
Wenns regnet wirds naß,
Wenns fchneit wird weiß,
Wenns friert, giebts Eis,
Wenns thaut, wirds grün,
Werden alle Eleine Sungfern ſchön.
99.
Bei der Weinfuppe:
Anne Margritchen !
Mas willft du, mein Liebchen?
Sch trinke fo gerne
Gezuckerten Wein.
Zwei Pfund Zucerchen,
Ein Pfund Butterchen,
Zwei Maß Wein,
So muf e3 gut fein.
Schütt es in ein Keßelchen,
Rühr ed mit dem Löffelchen.
Anne Margritchen,
Welch Süpplein ift das?
Eine Weinfupp! eine Weinſupp!
100.
Zum Einfchläfern:
Fahr fahr fahr mit der Poft,
Frag frag frag nit was Foft.
Spann fpann fpann vier Schimmel an,
Fahr fahr fahr u, f. w. in infinitum,
Dtſche Volksb. Ir. Bd, "
u ME
101.
Wem foll mein klein Büberl nit gfallen ?
Es ift ja fo fauber und weiß,
Hat ein Mündel ald wärs von Korallen,
Verdient vor allen den Preis.
Hat ſchöne Füßel und Händel,
Dran bangen goldne Bändel.
Und wenn ih an mein Büberl denf,
So wackeln alle Stühl und Bänk.
Il. Schooß- und Knieliedchen.
102.
Steig auf das Bergle,
Fall aber nicht herab:
O herzig liebs Schätzle,
Brichs Füßle nit ab.
103.
Geh geh reiten
Auf dem rothen Füllchen.
Füllchen trägt ein Säckelchen
Und ein kleines Quäckelchen.
104,
Schofe fchode Reiter,
Wenn er fällt dann leit er.
Fällt er in den Graben,
Freßen ihn die Naben (Schaben, Schwaben),
el =
Fällt er in den Teich,
So finde ihn Keiner gleich,
Fällt er in den Sump,
So fagt das Pferdchen Pump,
Fällt er in den grünen Klee,
Wird er wieder aufftehn,
105.
Zrabe, Pferdchen, trabe,
Wirf den Reiter abe,
Wirf ihn in die Pfütze,
Der Reiter ift nichts nüße,
Fällt er in den grünen Klee,
Wird er wieder aufftehn,
106,
Reiter zu Pferd
Don Speft nah Wert,
Was hat er gebradt?
Ein Säckchen voll Mäufe,
Einen Pelz voll Läufe,
Ein Haus voll Kinder,
Einen Stall voll Rinder,
Einen Ziegenbock,
Einen hölzernen Stock,
Hopp hopp hopp, hopp hopp hopp hopp!
107.
Hopp hopp, Reiter zu Pferden,
Mit blanken Gewehren,
Mit Stiefeln und Sporen,
Den Sattel verloren.
7*
— 10 —
108,
Reiter zu Pferd,
Die Stiefein gefchmert,
Kanonen gegoßen,
Franzoſen gefchoßen,
Bu du, bu du, bu du!
109.
Bet, Kinder, bet:
Morgen fommt der Schwed,
Morgen kommt der Orenftern,
Wird die Kinder beten lern.
110.
Der Schwed ift gefommen,
Hat Alles wegg’nommen.
Hat d' Fenfter neing’schlagen,
Hats Blei rausgraben,
Hat Kugeln draus goßen,
Hat Alles verfchoßen.
111.
De Schwedli ifcht Fomme
Mit Pfeife und Tromme,
Het d' Fenfter igfchlage,
Unds Blei devo g’nomme,
Het Chügeli goße,
Und d' Bure verfchoße,
112.
Iſt ein Mann in’n Brunnen gefallen,
Hab ihn hören plumpen,
Wär ich nicht dazugefommen,
Wär er mir ertrunfen,
113.
Es faßen neun Narren,
Auf einem Karren.
Da brach der Karren,
Da fielen die Narren,
Was Narren, was Narren!
114,
Halt dih an die Weide,
Dad du nicht ins Waßer fallſt,
Denn ih mag dich leiden
Weil du mir gefalift,
115.
Sigefage Hottewage,
Spän ind Feuer,
Das Holz ift theuer,
Pump ind Waßer,
116.
Sige füge Holz entzwei,
Sige füge Holz entzwei,
Kleine Stüde, große Stüde,
Schni fchna, fchni ſchna ſchnucks.
11T.
Sig fag, Alle Dag,
Een Kann Beer und dann nich mehr,
Sp geiht de Sag dor den Knaſt:
Gniſch gnaſch gnuſch gnaſch!
118.
Hol de Sag Und lat de Sag
Int Holt gahn.
Smäer fe wat,
So geit fe glatt
To't Holt herin:
Gniſch gnaſch gnuſch!
119.
Paſſe paſſe Hottewagen,
Will die Kuh nah Deventer jagen,
Käf und Butter fol fie holen,
Das fol unfer Kindchen haben,
120,
Hoti hoti Rofs,
Fahren wir in die Stadt
Um a Laibl Brot,
Um a Seidt Wein:
Wern wir Iuftig fein,
121,
Hotte hotte Säule,
Der Mesger ſticht fein Säule,
Der Mepger ftiht fein rothe Kuh.
‚Mutter, laß mer au derzu,‘
Nein, du derfit mer nef derzu,
's ift fo en alte böfe Kuh!
122.
Reiter zu Pferd,
Dlanf von Schwert,
Roth von Gold;
— 15 —
Der Kaifer ift ſtolz,
Der König ift Franf,
Mifefäschen hat den Schwanz verbrannt,
123.
Drei Reiter zu Pferd,
Wo fommen fie her?
Von Siren von Sachſen,
Wo die fhöne Mädchen auf den Bäumen wacfen,
Hätt ih daran gedacht,
Hätt ich dir auch eins mitgebracht,
124,
So reiten die Herrenfinder
Wenn fie noch Elein munfig find.
Wenn fie größer werden
Reiten fie auf Pferden,
Wenn fie größer wachfen,
Reiten fie nah Sachſen.
125.
Shader fchader Reiterlein,
Wenn die Kiuder Feine fein
Reiten fie auf Stödelein;
Wenn fie größer werden,
Reiten fie auf Pferden,
Wenn fie größer wachen,
Reiten fie nah Sachen,
Wo die fehönen Mädchen
auf den Bäumen wachſen.
126.
Zuck zud, Habermann,
Trek din Barter fin Steben an,
Rüd damit nach Amfterdam,
Bon Amſterdam nah Sachen,
Wo die Fleinen Kinder auf den Bäumen wachfen,
Hätt ichs nur gemuft,
Hätt ih mit der Pur
Eines wollen verfchreiben machen laßen,
127:
Zuf zuf Habermann
Give fin Peerd Kaff:
Wenn he drop riden will
Fällt he heraf.
128.
Schade ſchacke Reiterpferd,
Das Pferd ift nicht drei Heller werth.
Wenn die Kinder Elein find,
Reiten fie nicht fo gefhmwind;
Wenn fie größer werden,
Reiten fie auf Pferden,
Geht das Pferdchen tripp trapp,
Geht das Pierdchen ſchick ſchack,
Fallen die Kinder all herab.
129.
Schade ſchacke Reiterpferd,
Das Pferd iſt keinen Thaler werth.
Wollens Pferd verkaufen,
Wollens Geld verſaufen.
130.
So reiten die Damen, fo reiten die Damen,
So reiten die Herren, fo. reiten die Herren,
So fchadert der Bauer, fo fhadert der Bauer
131.
Hopp hopp zehren!
Sp rie'n die Heeren;
Sp ritt der Ackersmann
Mit fin Perdchen acteran,
Jö jd ji.
132.
Sp reiten die Heeren
Auf ihren flolzen Pferden:
Zuck zuck, zuck zuck, zuck zud,
So reiten die Jüfferchen
Mit ihren ſpitzen Tüffelchen:
Tripp trapp, tripp trapp, tripp trapp.
So reiten die Bauern,
Die Bauern,
Die Humpels,
Die Pumpels:
Truf truf, truf truf, truf truf!
So reiten die Huſaren:
Klabaſter klabaſter klabaſter,
Reit Junker, reit Junker, zuck zuck.
133.
Hopp hopp, ho Mann,
Zieh dem Pferd den Zaum an,
Zieh ihn nicht zu lang an,
Daß das Kindlein reiten kann.
Hopp hopp hopp!
— 106 —
134.
Hufaren können reiten
Den Eäbel an der Seiten.
Hau dem Schelm ein Ohr ab,
Han’s ihm nicht zu dicht ab,
Lab ihm noch ein Stückchen dran,
Daß man den Schelm erkennen Fann,
135.
Da weer mal ’n Tüttje Wemwerjung:
Hupp hupp hupp!
De wuſs nich wat he äten ſcholl,
Supp ſupp ſupp!
Stuten, Melk un Botterbrot:
Schlah den lüttjen Wewerjung dot.
AU lat em noch lewen:
He kann fo ſchön wewen,
136,
Hopp hopp hopp,
Pferdchen lauf Galopp
Ueber Stock und über Stein:
Pferdchen brich mir nur kein Bein.
(Ueber Stock und über Hagen
Soll mic jest mein Pferdchen fragen)
Hopp hopp hopp,
Pferdchen lauf Galopp!
137.
Hopp, mein Pferdchen, nach der Stadt,
Bring meinem lieben Kindchen mat,
Was fol ih ihm denn bringen?
’n großen Sad voll Kringem:
Zucerbrot und Mandelfern
Mag mein liebes Kindchen gern,
133,
Suk ſuk na Möleken,
Peder op dat Föleken,
Hinnerk op de bunte Koh,
So reden ſe beid na Möl'n hento.
Mit en Schepel Weten,
Den ſchall de Möller geten,
Den fhall de Möller malen,
Den ſchölle fe mwedderhalen,
139,
Hupp hupp fo Mölen,
Meter op dat Kölen,
Lisbeth op de bunte Koh,
Sp riden fe beid na Mölen to.
Un as fe hen to Mölen famen,
Do flunn de Mole ftill,
„Möller Möller male!
Lütj Deereng Eoft’t en Daler,
Lütj Sungen Eoft’t en Dubendred;
Schmiet fe mit de Schüffel weg!”
140,
Hopp hopp Hopp,
Mein Gem ift fort,
Zu Frankfurt liegt der Beutel,
„Ich weiß ja nicht wo Frankfurt iſt.“
Komm her, ih will dirs weiſen.
Es find fo fchöne Mäderchen dorf,
Mäderhen wie die Hopfenftangen,
Buben, die die Vögel fangen,
Mäderchen wie die Eierwed,
Buben wie die Ziegenbörf,
141.
Bufo von Halberftadt,
Bring doch unferm Kindchen mat.
Was fol ih ihm denn bringen?
Ein paar rothe Schuh mit Ringen,
Ein paar rothe Schuh mit Gold befchlagen,
Die foll das Kind beim Tanze fragen.
Hurra ho, DBurra fort,
Wagen und fhön Schuh find fork,
Stedfen tief im Sumpfe,
Pferde find erfrunfen.
Hurra, ſchrei nicht, Reitersfnecht,
Warum fahrft du auch fo fchleht?
142.
Buköken vun Halle,
Wat fleit in unfem Stalle?
Eene fhöne bunte Koh,
De hört uns lütj' Kindjen fo,
143.
Der Reiter zu Pferd,
Die Köhin am Heerd,
Die Nonne im Kloſter,
Die Fifher im Waßer,
Die Mutter badkt Kuchen,
Sie läßt mich verfuchen,
Sie giebt mir ein Broden,
Sol Hühner mit loden.
Kommt Hühner bibi,
Die Knochen ißt fie.
— 109 —
144,
So, Pähdchen, op onn an!
Morgen hammer Sonntag;
Kommen alle Hährcer
Met dä bonte Pähdcer,
Kommen alle Süffercher
Met dä bonte Tüffercher.
Ei Mahlder Hafer
Salt dat Pähdche drage,
Ei Mahıder Were
Sall dar Pähdche ſchlecke:
Jopp jöpp jopp!
145.
Hullerdebuller, de Wage will wech!
Hottipärkens ſind v'rdrunken;
Ach, watt weent ter Rieterknecht,
Ah, watt flaucht ter Junker.
Hullerdebuller, de Wage will wech!
In dän daipen Sumpen,
Zwiſchen Schtemmern und Bahrendorf
Sind de Hottipärkens v'rdrunken.
146.
Ein Hüsken met Kinder,
En Höfken met Rinder,
'n Ställeken met Pferd.
De Mann hitt Görd,
De Frau hitt Drütſchen,
Backt en Eierſtüttſchen.
— 109 —
147.
Hans Pitterken Tiet fin Perdfhen befchlohn,
Liet et den hogen Berg op gohn,
Den bogen Berg, den diepen Dahl,
Mo Hans Pirterfen fterwen fall,
Sterwt hei dann, dann ed hei dood,
Begrawen öm onder de Nofen roth.
Wann de Roien fallen,
Sengen de Nachtigallen.
Mann de Nachtigallen fengen,
Sol Hans Pitterfen et Graw rene fprengen,
148,
Peterchen ließ fein Pferdchen befchlagen,
Lie es den hohen Berg hinaufjagen,
Dom hoben Berg ins tiefe Thal:
Pferdchen fomm nur nicht zu Fall.
Fall ih denn, fo bin ich todt,
Begräbt man mich unter die Roſen roth,
Es wachen drei Lilien auf dem Grab,
Ein Bauer bricht die Lilien ab,
Bauer, laß die Lilien ftehn,
Die Himmelsthür fol offen gehn,
Marie, Gottes Amme,
Kommt mit dem weißen Lamme,
Meift die Wolfen über Land
Don Brabant nah Engelland,
Don Engelland nah Spanien
Mit Aepfeln und Eaftanien,
149.
Schli Schla Schlägeli,
Siebezehe Nägeli.
Mer hend eis z'tief g'ſchlage,
Wends g’ihmwind g'ſchwind wieder ufegrabe.
Man ahmt an dem Füßchen des Kleinen das Beſchlagen der Roffe nach)
Beim Schuhanziehen, auf die Schuhfohle Elopfend :
Schmidt Schmidt Schmidt,
Nimm dein Hammerle mit:
Wenn du willft ein Gäulchen befchlagen,
Muft dein Hämmerle bei dir tragen,
Schmidt Schmidt Schmidt,
Nimm dein Hämmerle mit.
158;
Mer wend ao Bade fahre,
Mer wend das Nöfsli b’ichlage.
Was wemmer em uflegge?
Es Chäsli und e Wegge,
Es Chäsli und es Ziegerli;
Icchumme morge wiederli,
152.
Die Mutter Elopft:
Holla holla!
„Wer iſt da?“
Ein Polſcher Bettelmann.
„Was will er?“
Ein Stückchen Brot.
„Iſt nicht da!“
Ein Stückchen Fleiſch.
„Iſt nicht gar.“
Laß mal koſten (küßt das Kind).
Boor, Boor, holl Taback
En dem Müllegäßche!
Tribbel eropp, tribbel eraff,
— 112 —
Poor, vergeß de Pier nik!
Lohß mer noch e Stümpche dran,
Dat ich noch jet fchmore fhmore ſchmore Fann,
154,
Dubedubedub,
Minge Mann es Fumme.
Dubedubedub,
Wat hät hä brahd?
Dubedubedub,
Ei Scheff voll Junge.
Dubedubedub,
Dat es fort Waar,
155.
Dubedubedub, minge Mann ed Fomme,
Dubedubedub, wat hät hä brahd?
Dubedubedub, ei Scheff voll Junge.
Dubedubedub, wat folln de Junge?
Dubedubedub, de Truwe leſen.
Dubedubedub, wat fall der Wing?
Dubedubedub, gedrunfe fin,
156,
Nubbedubbedub, de Queckebur.
Nubbedubbedub, wat het hei dann?
Rubbedubbedub, en Schepp voll Wegge,
Rubbedubbedub, we fol die hebbe?
Onſe Eleine Kröfelmann,
157,
Dubedubedub, wo ed di Vader?
Dubedubedub, to Eckenhagen.
Dubedubedub,
Dubedubedub,
Dubedubedub,
Dubedubedub,
Dubedubedub,
Dubedubedub,
Dubedubedub,
Dubedubedub,
Dubedubedub,
Dubedubedub,
Dubedubedub,
Dubedubedub,
Dubedubedub,
Dubedubeeub,
Dubedubedub,
Dubedubedub,
Pideridewit,
Pidewidemwit,
Pidewidewit,
Pidewidewit,
— 113 —
wat döht he do?
de Kenger ſchloen.
wat ſölln de Kenger?
de Hippen bengen.
wat ſölln de Hippen?
de Melke gewen.
wat ſoll de Melk?
dat Drütſchen eeten.
wat ſoll dat Drütſchen?
de Schenken kohken.
wat fülln de Schenken?
de Heeren eeten,
wat ſölln de Heeren?
de Kenger lehren.
wat ſölln de Kenger?
en de Hemmel fprengen,
158,
159.
Middewiddewidd, mein Kind ift Frank,
Widdewiddewidd, was fehlt ihm dann?
Widdewiddewidd, ein goldene Ruth,
Widdewiddewidd, das kommt ihm gut,
Dtſche Volksb. Ir. Bo.
mein Mann ift Schneider,
er hat fein Brot,
macht fchöne Kleider,
er iſt ſchon todt.
8
160.
Pidewidewif, dein Mann foll Eommen,
Pidewidewit, er ift fchon da.
Pidewidewit, er hat geftohlen,
Pidewidewit, ein Scheffel Korn,
Pidewidewif, er wird gehangen,
Pidewidewit, ev bummelt fchon,
161
Anöltdchen, wo ed di Vah?
„Dinger der Heck.“ Wat deit hä doh?
„ga nimpt de Schehr un fchehrt de Schoof?“
Wat deiht hä mer dem Wöllche?
„Ströppcher maace,”
Wat deiht hä mer dä Ströppcher?
„Kitzhöhncher fange,”
Wat deiht hä met da Kishöhnder ?
„Aecher folle fe läge.“
Wat deiht hä met dä Aecher?
„Pannekögelchen backe.“
Wat deiht hä mer dä Pannekögelcher?
„Kindercher folle fe eße.“
Wat deiht hä met dä FKindercer ?
„Steincher und Spiencher ſöche.“
Wat deiht hä met dä Spiencer ?
„Huhſchöllche baue,
Wat deihbt hä mit dem Huhſchöllche?
„Kindercher folle dren liehre gohn.“
Wat folle fie dann dren liehre?
A DB CEie onn noch jet mih.“
No Drückche, gang ens no der Schull.
„Motter, ich ben zo bang zo gohn.“
No flöck, dann well ich ens met der gohn.
— 15 —
Magifter nahm de Birferoth
Dun ſchlog dat Drücke bahl halv dud.
De Kinderche krempden de Böchelcher zo
Onn lefen glich all zor Schollen erus,
Baal all en der Frau Noberſch ehr Hus.
„Frau Noberſch, wat welle mer üch ſagen?
Magiſter hät ons geſchlagen.“
Do hätt hä evver räch gedohn,
Dann ſollt-er beßer geliehret han.
162.
Troſs troſs trülle,
Der Bauer hat ein Fülle,
Das Fülle will nicht laufen,
Der Bauer wills verkaufen,
Verkaufen wills der Bauer,
Das Leben wird ihm ſauer,
Sauer wird ihm das Leben,
Der Weinſtock der trägt Reben,
Reben trägt der Weinſtock,
Hörner hat der Ziegenbock,
Der Ziegenbock hat Hörner,
Sm Wald da wachſen Dorner,
Dörner wachfen im Ward,
Der Winter der ift Falt,
Kalt ift der Winter,
Vor der Stadt da wohnt der Schinder,
Wenn der Schinder geben hat,
So ift er ſatt.
163.
Grad Gras Grimmel,
Sm Garten wählt der Fimmel,
Wächſt der Fimmel im Garten,
8*
— 116 —
Der Bauren wollen wir warten,
Warten wir der Bauern,
Die Dippen (Töpfe) wollen wir fchauern,
Schauern wir die Dippen,
Die FKirfchen wollen wir plüden,
Prüfen wir die Kirfchen,
Die Kleider wollen wir bürften.
Bürften wir die Kleider,
Am Himmel wird es heiter,
Heiter wirds am Himmel,
Gras Gras Grimmel.
164.
Eins zwei drei,
Bicke bade bei,
Bicke bade Hafermus,
Die Gäns laufen barfuf,
Barfuß laufen die Gäns,
Die Himmel die han Schwänz,
Schwänz han die Hämmel,
Da fi ih auf dem Schemmel,
Auf dem Schemmel ſitz id,
Die Nadel die ift fpisig,
Spisig ift die Nadel,
Der Faden hat ein Dradel,
Ein Dradel hat der Faden,
Zu Oftern bat man Fladen,
Fladen backt man zu Oſtern,
Im Walde fliegen Droßeln,
Droßeln fliegen im Wald,
Im Winter iſt es kalt,
Kalt iſt es im Winter ıc. w. o.
165.
Eind zwei drei,
Ale ift nicht neu,
Men ift nicht alt,
Warm ift nicht Falk,
Kalt ift nicht warm,
Reich ift nicht arm.
Eind zwei drei,
Art iſt nicht men,
Arm ift nicht reich,
Hart ift nicht weich,
Friſch ift nicht faul,
Ochs ift fein Saul.
Eins zwei drei,
Alt ift nicht neu,
Sauer ift nicht füß,
Händ find Fein Füß,
Füß find Fein Händ,
's Lied hat ein End,
166,
Eins zwei drei,
Alt ift nicht neu,
Neu ift nicht alt,
Warm ift nicht Falk,
Kalt ift niht warm,
Reich ift nicht arm,
Arm iſt nicht reich,
Schön iſt nicht gleich,
Gleich iſt nicht ſchön,
Spinnen iſt nicht nähn,
Nähn iſt nicht ſpinnen,
— 1135 —
Schoten find fein Linfen,
Linſen find fein Schoten,
Mäuſe find Fein Ratten,
Ratten find Fein Mäufe,
Fıöh find Fein Läufe,
Läufe find fein Flöhe,
Hirſche find Fein Rehe,
Reh ift Fein Hirsch,
Faul iſt nicht friich,
Friſch iſt nicht faul,
Ochs iſt kein Gaul,
Gaul iſt kein Ochs,
Haſ ift kein Fuchs,
Fuchs iſt kein Haſe,
Zung iſt kein Naſe,
Naf ift Fein Zunge,
Leber ift Fein Lunge,
Lung ift fein Leber,
Schneider ift Fein Weber,
Weber ift Fein Schneider,
Dauer ift fein Schreiber,
Schreiber ift Fein Bauer,
Süß ift nicht fauer,
Sauer ift nicht füß,
Hände find Fein Füß,
Füß find Fein Hände,
Das Lied nimmt ein Ende.
167.
Eins zwei drei,
Are iſt nicht nen,
Neu ift nicht alt,
Warm ift nicht kalt,
— 119 —
Kalt ift nibt warm,
Reich ift nicht arm,
Arm ift nicht reich,
Ungrad ift nicht gleich,
Gleich ift nicht ungrad,
Ein Wagen ift fein Pflugrad,
Pflugrad ift fein Wagen,
Singen ift nicht fagen,
Sagen ift nicht fingen,
Tanzen ift nicht fpringen,
Springen ift nicht tanzen,
Die Floh find Fein Wanzen,
MWanzen find Fein Flöh,
Ein Hirſch ift Fein Reh,
Reh ift Fein Hirfch,
Faul ift nicht frifch,
Friſch iſt nicht faul,
Ein Os ift fein Saul,
Gaul ift Fein Ochs,
Haf ift Fein Fuchs,
Fuchs ift fein Has,
Zung ift Fein Was,
Naf ift Fein Zunge,
Leber ift Eein Lunge,
Lunge ift Fein Leber,
'n Schneider ift Fein Weber,
MWeber ift Erin Schneider,
Bauer ift Fein Schreiber,
Schreiber ift Fein Bauer,
Süß ift nicht fauer,
Sauer ift nicht füß,
Die Hand find Fein Füß,
Die Füß find fein Händ,
Druft hat fein Ent,
— 120 —
Ent hat fein Bruft,
Hunger ift Fein Durft,
Durft ift Fein Hunaer,
'n Alter ift Eein Sunger,
'n Junger ift Fein Alter,
Die Bibel die hat Pfalter,
Pſalter ift Fein Teſtament,
Alfo hat das Lied ein End.
163.
Ich wollt ich wollt ih wollt,
Daß ich den beften Vogel fienge.
Der Dogel fol mir Heu bringen,
Dad Heu will ich der Kuh geben,
Die Kuh fol mir Milch geben,
Die Milch will ih dem Bäder geben,
Der Bäder foll mir Brot geben,
Das Brot will ih der Braut geben,
Die Braut foll mir Kraut geben,
Das Kraut will ih dem Vater geben,
Vater fol mir ’nen Thaler geben,
Den Thaler will ih der Mutter geben,
Mutter fol mir Käfe geben,
Den Käs will ih dem Kater geben,
Der Kater fol mir Mäufe fangen,
Die Maus will ih in Rauch aufhangen.
169.
Sonn Sonn feine,
Fahr über Rheine,
Fahr übers Glockenhaus,
Gucken drei fhöne Puppen heraus.
Eine die fpinnt Seide,
— 121 —
Die andre widelt Weide,
Die dritte geht ans Brünnden,
Findet ein goldig Kindcen.
Wer ſolls heben?
Die Tochter aus dem Löwen.
Wer fol die Windeln wäſchen?
Drei alte Schneppertäfchen.
170.
Hift hoft Edelmann,
Die Katz legt die Stiefel an,
Springt in den Brunnen,
Hat ein FKindlein funnen.
Wie folls heißen?
Endle Bendle Geißen.
Wer ſoll die Windeln waſchen?
Drei alte Plaudertaſchen.
171.
Kling kling Glöckchen,
Im Hauſe ſteht ein Döckchen,
Im Garten ſteht ein Hühnerhaus,
Sehn drei ſeidne Döckchen heraus,
Eins ſpinnt Seiden,
Eins flicht Weiden,
Eins ſchließt den Himmel auf,
Laßt ein Bishen Sonn heraus,
Daraus Maria fpinne
Ein Röclein für ihr Kindelein
Ei fo fein, ei fo fein!
172.
Reite reite Rois,
Zu Baſel flieht ein Schloß,
— 12 —
Zu Baſel ſteht ein Herrenhaus,
Gucken drei ſchöne Jungfern heraus,
Eine die ſpinnt Seide,
Die andre wickelt Weide,
Die dritte ſchneidet Haberſtroh,
Das Kindel macht es auch eſo,
Eſo Eſo Eſo!
173.
Reite reite Röſslein,
Zu Baſel ſteht ein Schlößlein,
Zu Rom ſteht ein Glockenhaus,
Gucken drei ſchöne Jungfern heraus.
Eine die ſpinnt Seide,
Die andre wickelt Weide,
Die dritte ſpinnt das klare Gold,
Die viert iſt meinem Büblein hold.
174.
Rite Rite Röſsli,
Ze Bade ſtoht es Schlößli,
Ze Bade ſtoht e goldis Hus,
Lueget drei Mareie drus.
Die eini ſpinnt Side,
Die andre ſchnetzlet Chride,
Die dritt ſpinnt Haberſtrau:
Bhüet mer Gott mis Chindli au!
175.
Ritta ritta Röſsle,
Z'Bludez iſt a Schtößle,
Z'Kenzig iſt a Glockehus,
Es luegen drei Poppa drus.
— 13 —
Die erft fpinnt Sida,
Die zwoat Glorifigat,
Die dritt thuts Thöärle uf
Und loths haalig Sünnele us,
170.
Stüre Stüre Müggeli,
Es geht es Fraueli übers Brüggeli :
Wer mer öppes ileit (einlegt, ſchenkt),
Iſt en goldigen Engel,
Und mer mer müt ileif
Iſt en Holzbengel,
re
Häberli leit es Rödli a,
Hanget volle Schelle,
Wenn er über d'Gaße goht
Fanged d'Hünd a 3’ belle.
Häberli chumm, i bite di drum,
Füehr mer 's Chindli im Schlittli rum,
Häberli ift aefomme,
Hat mers Ehindli g’nomme,
Hat mers g’no und nümme brodt,
Häberli ift en fule Tropf.
178,
Sch gieng einmal nah Bufchlabe,
Da Fam ih an ein Mühlenhaus,
Da fchauten drei alte Heren heraus.
Die erfte ſprach: fomm iß mit mir,
Die zweite fprah: komm trinf mit mir;
Die dritte nahm einen Mühlenftein
Und warf mich an mein linfes Bein,
Da fohrie ih laut: o weh, o weh:
Sch geh nicht mehr nah Buſchlabe.
— 1214 —
179,
Der alte Caftalter (Pofthalter) von fiebenzig Jahren,
Der will mit ſechs Rappen in Himmel ’nein fahren,
Allein es Fann leider für dießmal nicht fein,
Der alte Caftalter darf noh nicht hinein,
Die Rappen laufen im helfen Trab Trab
Und werfen den alten Caftalter hinab,
150.
En alte Ma,
Der nit me cha,
De mueß en Fuehrme werde,
Und wenn er nümme clöpfe (Elatfchen) cha,
Sp mueß er under d’Erde,
Tüf, tüf, chlafterrüf,
Daß er nümme fürefchtüft
Und mit der Schufle dedt
Daß er nümme füreſchmöckt.
131.
Soden Omwend Sort Godt,
Wie rommelt der Pott,
Mie Elinfen de Ketten,
Wie wahſsen de Fletten (Nelken) ?
Soden Owend Spillmann,
Wo biiwt ihr fu lang?
Mem kleine Viülche,
Mem gruße Bombam.
182.
Guten Morgen Spielmann,
Wo bleibſt du ſo lang?
Da drunten, da droben,
— 1253 —
Da tanzen die Schwaben
Mit der Eleinen Killifeia,
Mit der großen Kumfum,
Da Famen die Weiber
Mit Sichel und Scheiben
Und mollten den Schwaben
Das Tanzen vertreiben
Mit der Fleinen Kıllifeia,
Mit der großen Kumfum.
Da laufen die Schwaben
Und fallen in Graben.
Da fpredhen die Schwaben:
Liegt ein Spielmann begraben
Mit der Eleinen Killikeia,
Mit der großen Kumfum.
Da laufen die Schwaben,
Die Weiber nachtraben
Bis über die Grenze
Miet Sichel und Senfe:
„Suten Morgen Spielleut,
Nun fchneider das Korn.’
183.
Müller Müller Mater,
Die Jungen Eoften einen Thaler,
Die Mädchen Eoften einen Taubendreck,
Die fchuppt man mit den Beinen weg.
184.
Müller Müller Mater,
Die Mädchen Friegen einen Thaler,
Die Zungen Eriegen ein Reiterpferd,
Das ift wohl taufend Thaler werth.
185,
Unfer Bruder Metcher,
Der wollt ein Reiter werden,
Hatt er doch fein Perdchen nicht,
Konnt er Eeiner werden.
Sein Mutter nahm ein Ziegenbocd,
Sest den Bruder Meicher drop.
Ziegenbock, Melcher drop,
Armutei, Bettelei,
Iſt das nicht ein ſchöne Reiterei?
Unſer Bruder Melcher,
Der wollt ein Reiter werden,
Hatt er doch kein Sattel nicht,
Konnt er keiner werden.
Sein Mutter nahm ein Ziegelſtein,
Legt'n dem Melcher zwiſchen die Bein.
Ziegelſtein Zwiſchen die Bein,
Ziegenbock, Melcher drop,
Bettelei, Armutei,
Iſt das nicht ein ſchöne Reiterei?
Unſer Bruder Melcher,
Der wollt ein Reiter werden,
Hatt er doch kein Sabel nicht,
Konnt er keiner werden.
Sein Mutter nahm ein Strumpfband
Gabs dem Melcher in die Hand.
Strumpfband In die Hand
Ziegelſtein Zwiſchen die Bein,
Ziegenbock, Melcher drop,
Armutei, Bettelei,
Iſt das nicht ein ſchöne Reiterei?
— 127 —
Unfer Bruder Melcher
Der wollt ein Reiter werden,
Hatt er doch fein Sporen nicht,
Konnt er feiner werden.
Sein Mutter nahm einen Hagedorn,
Macht dem Melcher fchöne Sporn.
Hagedorn, Schöne Sporn,
Strumpfband In die Hand,
Ziegeiftein Zwifchen die Bein,
Ziegenbocf, Melcher drop,
Armutei, Bettelei,
Iſt das nicht ein fchöne Reiterei?
Unfer Bruder Melcher,
Der wollt ein Reiter werden,
Hatt er doch Fein Stiefel nicht,
Konnt er Feiner werden,
Sein Mutter nahm die Dfenpfeiff,
Macht dem Melcher Stiefel fteif.
Dfenpfeif, Stiefel feif,
Hagedorn, Schöne Sporn,
Strumpfband In die Hand,
Ziegelftein Zwifchen die Bein,
Ziegenborf, Melcher drop,
Armutei, Bettelei,
Iſt das nicht ein ſchöne Reiterei?
Unſer Bruder Melcher,
Der wollt ein Reiter werden,
Hatt er doch kein Handſchuh nicht,
Konnt er keiner werden.
Sein Mutter kocht ein Hirſebrei,
Zuppt dem Melcher die Finger drein.
Hirſebrei, Finger drein,
— 13 —
Dfeupfeif, Stiefel fteif,
Hagedorn, Schöne Sporn,
Strumpfband In die Hand,
Ziegelftein Zwiſchen die Bein,
Ziegenbock, Melcher drop,
Armutei, Bettelei,
Iſt das nicht ein ſchöne Reiterei?
Unſer Bruder Melcher,
Der wollt ein Reiter werden,
Hatt er doch kein Tſchako nicht,
Konnt er keiner werden.
Sein Mutter nahm einen Kammertopp,
Stülpt ihn dem Melcher über den Kopp,
Kammertopp Ueber den Kopp,
Hirfebrei, Finger drein,
Dfenpfeif, Stiefel fleif,
Hagedorn, Schöne Sporn,
Strumpfband in die Hand,
Ziegelftein Zwiſchen die Bein,
Ziegenbock, Meier drop,
Bettelei, Armutei,
Iſt das nicht ein fehöne Reiterei?
156.
Alter Mann wollt reiten
Und hatte fein Pferd.
Alte Frau nahm ’n Biegenbocd
Und fest den alten Mann darop
Und ließ ihn reiten.
Alter Mann mwollf reiten
Und hatte feinen Huf.
= —
Alte Frau nahm ’n ſchwarzen Topf,
Sept ’n dem alten Mann aufn Kopf
Und ließ ihn reiten.
Alter Mann wollt reiten
Und hatte Feine Sporn,
Alte Frau nahm ’n Hafeldorn,
Gab ’n dem alten Mann zu Sporn
Und ließ ihn reiten,
Alter Mann wollt reiten
Und hatte feinen Sattel,
Alte Frau nahm 'n Unterrod,
Setzt den alten Mann darop
Und ließ ihn reiten.
Alter Mann wollt reiten
Und hatte feinen Zaum.
Alte Frau nahm’n Hemdefaum,
Gab ’n dem alten Mann zum Baum
Und ließ ihn reiten.
Alter Mann wollt reiten
Und hatte fein Peiifch.
Alte Frau nahm'n Katzenſchwanz,
Gab’n dem alten Mann in die Hand
Und ließ ihn reiten,
Dtiſche Volksb. Ir Bd. 9
— 130 —
II. Buchfabierfcherze.
187.
ABC,
Das Kätzchen lief in'n Schnee,
Das Hündchen lief ihm na:
Ah Kätzchen biſt du da?
188.
ABG
De Katt löpt in Sneee,
De Kater achterher
Mit en groot Stück Smeer.
180.
ADE,
Das Käschen lief in’n Schnee,
Und wie es wieder nach Haufe Fam,
Da hatt es weiße Höschen an.
D Gemine, o weh!
ABC,
Das Kätzchen lief zur Höh,
Sie leckt ihr kaltes Pfötchen rein
Und putzt ſich auch die Höfelein
Und gieng nicht mehr in Schnee,
190,
ABC,
D' Chatz lauft über de Schnee.
Es frürt fie a d'Bei,
Chumt gſchwind gſchwind wieder hei,
191.
U be ab,
Meifter gieb einen Klapp,
AU be ce
Macht Kopfweh.
O pe Eu,
Schelm biſt du.
De a es das,
Margarethe Pottas;
De e er der,
Was will er?
De e el be,
Barbiergefelt,
192.
Ab ab,
Mein Bauch ſchnappt.
Sen in,
Is nir drin,
U em um,
Muß was nein fumm.
193,
U en de und,
Wers verfteht, der weiß fhund (ſchon).
194,
E en en
Gelogen.
19.
Le boeuf, der Ochs,
La vache, die Kuh,
Fermez la porte,
Mah die Thür zu.
9*
196.
Ge a Ca pe u pu apu capu
ce i ci uci puei apuci capuzi
en e er ner iner ciner uciner
puciner apuciner Capuciner,
197.
Sn derfelben Weife:
O venerabilis barba capucinorum!
IV. Wiegenlieder,
198.
Eio popeio, was rafhelt im Stroh?
Die Gänslein gehn barfaß und haben Fein Schuh.
Der Schufter hats Leder, Fein Leiften dazı,
Kann er dem Gänslein auch machen fein Schuh.
Ei popeio, fchlag Kickelchen todt,
Legt mir kein Eier und frißt mir mein Brot.
Rupfen wir ihm dann die Federchen aus,
Machen dem Kindlein ein Bettchen daraus.
Eio popeio, das iſt eine Noth!
Wer ſchenkt mir einen Heller zu Zucker und Brot?
Verkauf ich mein Bettlein und leg mich aufs Stroh,
Sticht mich kein Feder und beißt mich kein Floh!
— 133 —
199,
Giggis Gaggis Eiermues,
D'Gäns göhnd barfueß,
D'Henne laufed umme,
De Goggelhahn ſchlaht d'Trumme,
's Chälbli zieht de Rieme,
Im Oberland iſch niemer,
Im Unterland iſch Vogelgſang;
Du alti Hex, wo biſcht ſo lang
Mit diner lange Juppe?
Choch mer a gueti Suppe,
Thuemer Zimmet und Nägeli dri,
Daß's Chindli chann es Gaͤſtli ii.
200.
Eio popeio, ſchlief lieber als du,
Willſt mirs nicht glauben, ſo ſieh mir nur zu.
Sieh mir nur zu wie ſchläfrig ich bin,
Schlafen, zum Schlafen da ſteht mir mein Sinn.
Hab ich mein Kindelein ſchlafen gelegt,
Hab es mit Walte Gott Vater! gedeckt.
Das walte Gott Vater, Sohn, heiliger Geiſt,
Der mir mein Kindelein tränket und ſpeiſt.
201.
Schlaf, Kindlein, ſchlaf,
Der Vater hüt die Schaf,
Die Mutter fchürtelts Bäumelein,
Da fällt herab ein Träumelein,
Schlaf, Kindlein, fchlaf,
Schlaf, Kindlein, fchlaf,
Am Himmel ziehn die Schaf,
— 1834 —
Die Sternlein find die Lämmelein,
Der Mond der ift das Schäferlein,
Schlaf, Kindlein, fchlaf,
Schlaf, Kindlein, fchlaf,
Ehriftkindlein hat ein Schaf,
Iſt ſelbſt das liebe Gotteslamm,
Das für uns all zu Tode kam.
Schlaf, Kindlein, ſchlaf.
Schlaf, Kindlein, ſchlaf,
So ſchenk ich dir ein Schaf
Mit einer goldnen Schelle fein,
Das ſoll dein Spielgeſelle ſein.
Schlaf, Kindlein, ſchlaf.
Schlaf, Kindlein, ſchlaf
Und blök nicht wie ein Schaf,
Sonft fommt des Schäfers Hündelein
Und beißt mein böſes Kindelein,
Schlaf, Kindlein, fchlaf.
Schlaf, Kindlein, fchlaf.
Geh fort und hüt die Schaf,
Geh fort du ſchwarzes Hündelein,
Und weck mir nicht mein Sindelein,
Schlaf, Kindlein, fchlaf.
202.
Sloap, Kindefen, ſlaop,
Din Vader hödt de Schaop,
Din Moder hödt de bunte Koh,
Min Kindeken, do din Aeugsker to,
Sloap, Kindefen, flaop !
— Bi —
Sloap, Kindeken, flaop!
Din Bader fcheert de Schaoy,
Din Moder fpinnt, din Bader wiäft,
Hei, wat fe di ne Kiermifd gievpt,
Stoap, Kindeken, ſlaop!
Bold ritt de Sünter Klaos,
Un ſlöpſt du dann, he kümp deran
Von Gold ſo blank, de hilige Mann.
Sloap, Kindeken, ſlaop!
De Paoskedag is daor;
Dann back-wi raude Eierkes,
De rull-wi dör dat gröne Gres.
Sloap, Kindeken, ſlaop!
De Vuüegel ſinget in'n Hoff;
Dann kümp de ſöte Pingſterbrut
Un ſett den finen Krans ſich up.
Sloap, Kindeken, ſlaop!
Wat flüg dat gielle Lauf!
De Wind de weit in di Willegen,
In Hiemmel wuent de Hiligen.
Sloap, Kindeken, ſlaop!
Din Vader hödt de Schaop;
Un wann du ligs, un wann du ſwigs,
Dann gaot de Engelkes rechts un lüchts.
Sloap, Kindeken, ſlaop!
203.
Guten Abend, gute Nacht,
Mit Roſen bedacht,
Mit Näglein beſteckt
Schlupf unter die Deck:
Morgen früh, wenns Gott will,
wirſt du wieder geweckt.
204.
Meh Lämmchen meh!
Das Lämmchen lief in Schnee,
Es flieg fih an ein Steinchen,
Da that ihm weh fein Beinen,
Da fagt das Lämmchen meh!
Meh Lämmchen meh!
Das Lämmchen lief in Schnee.
Es ſtieß fih an ein Stöckchen,
Da that ihm weh fein Köpfchen,
Da fagt das Lämmchen meh!
Meh Lämmchen meh!
Dad Lämmchen lief in Schnee.
Es fließ fih an ein Sträuchelchen,
Da that ihm weh fein Bäuchelchen,
Da jagt das Lämmchen meh!
Meh Lämmchen meh!
Das Lämmchen lief in Schnee,
Es fließ fih an ein Hölzchen,
Da that ihm weh fein Hälschen,
Da fagt das Lämmchen meh!
Eia im Saufe!
Zwei Wiegen in Einem Haufe,
Sou der Vater nicht werden bang
Um zwei Wiegen in Einem Gang ?
Eia im Saufe!
— 1837 —
Eia wimwi!
Wer fchläft heut Nacht bei mir?
Soll mein Eleined Hänschen fein,
Wird es auch hübfch freundlich fein,
Eia wiwi!
Eia pum pum!
Unfer Fleiner Sung
Will noch nicht alleine fchlafen,
Will fih noch rumpumpeln laßen,
Eia pum pum!
Eia polei!
Kocht dem Schelm ein Brei,
Iſt brav Zucker und Butter drin,
So kriegt der Schelm ein gefchmeidigen Sinn,
Eia polei!
Eia fchlaf füße!
Sch mwieg dich mit den Füßen,
Sch wieg dih mit dem ſchwarzen Schub,
Sciaf mein Kind, fchlaf immerzu,
Eia fchlaf füße!
Eia popeien!
Willſt du immer fehreien,
Flenn-Els auf der Geigen!
Kannft du nit gejchmeigen?
Eia popeien!
Eia popille!
Schweigft du mir nicht ftille,
Geb ich dir, du Sünderlein,
Die Ruthe vor dein Hinterlein.
Eia popille!
206,
Heija bobaufen,
Maien liegt bei Haufen,
Frauenfirch liegt nah dabei,
Wir fohen dem Kind einen Apfelbrei,
| 207,
Eia popeio,
Thorsheim liegt bei Laio,
Rümmeltheim liegt nah dabei,
Sind der fhönen Dörfer drei,
208.
Eia Brumfufe!
Wer wohnt in dem Hufe?
De ohl Mann de mit de Fiedel umme geiht
Unn al die unardigen Kinner fehleit,
209.
Es fumma fehs Bollacha,
Sie mollta das Kindla anbatta,
Der Erfte har eine Pfeife,
Fifa fifa Pfeife.
Der Zweite hat eine Geige,
Giga giga Geige,
Der Dritte hat ein Trumper,
Tra fra tra tra Trumpet.
Der Vierte hat a Schalmei,
Deng deng deng deng Schalmei,
— 139 —
Der Fünfte hat a Drummel,
Drum drum bum bum Drummel,
Der Sehfte aus der Note fingt:
Schlaf nur ein, mein liebes Kind,
210.
Suſe lewe Sufe, wat rüfchelt int Strop ?
Dat find de lewe Göskens, de hebben Fene Schoh.
Schoſter hat Ledder, Feen Leeften dato,
Drum goahn de lewe Göskens un hebben Fene Schoh,
211.
Achter den Backaven, da weit der fole Wind,
Hanfhen ſchall kamen un döfen dat Kind,
Moder will baden in Hanfhen fen Scho,
Hanfhen fchall fahren na Pommerland to,
212.
Sufe, Jusken, fufe!
Unfe Murtr is nit to Hufe,
Unfe Voadr is noa d’n Buſch gegoahn,
Wil et Kingefen en Vählken foahn,
’n rechten fchönen gählen,
Wo't Kingefen kann met fpählen,
Su fu fu!
213.
Saufe, Lämmchen, faufe!
Wo wohnt Peter Kraufe?
Sn dem blanfen Haufe,
Wo die goldnen Püppchen ftehn,
Wo die fhönen Jungfern gehn,
Da wohnt Peter Kraufe,
= WM so
214.
Saufe, Kingchen, faufe,
Käsche welle net maufe,
Kätzche welle net fleißig fein,
Schlaf mein liebes Kingchen ein,
Saufe, Singen, faufe!
215.
Sufe Puthinichen, was nüftelt im Stroh?
Die Mutter ift geftorben, der Vater ift frof,
Freit fih der Vater ein ander jung Weib,
Da tanzen die Kinder zur Hochzeit,
Und wenn die Hochzeit vorüber ift,
Dann Eriegen die Kinder Klopp Kloppfiſch.
246.
Schloap, Kindeken, fefte,
Der Bettelmann hat Gäfte,
Er hat ’en dicket fetter Swineken geichladht,
Und hat Kaldunefen nich reene gemacht.
D der olfe Halunfe!
Kaldunefen hat noch geftunfen,
Ar.
Sloap, Kinneken, floap,
Die Voader höt de Schoap,
Din Moder ſet in'n Roſengoarden,
Spinnt dat beſte Sidengoarn,
Sloap, Kinneken, ſloap.
218,
Stay, FKindjen, flap,
Din Vater hött die Schap,
Din Moder plante en Bömefen,
Slap to, min hartlew Hönefen,
Stap, Kindjen, flap!
219,
Heia bula Wiegeli!
Ufem Dach es 3Biegelt,
Ufem Dach es Schindeli
Bhüet mer Gott mis Ehindeli,
220.
Hein bula Wiegeliftoß,
Ueber Jahr iſts Chindeli groß.
221.
Schlaf, Kindchen, fchlaf,
Da draußen geht ein Schaf,
Das hat fo weiße Füße,
Die Mitch die fchmedt fo füße.
Schlaf, Kindchen, fchlaf,
222.
Schlaf mein Kindhen fieben Stund
Bis der Vater mwiederfummt.
Vater ift in Wald gegangen,
Will dem Kindlein Vogel fangen.
223.
Schlaf, Kindchen, ſchlaf,
Vor der Thüre ſteht ein Schaf,
Ein ſchwarzes und ein weißes,
Und wenn das Kind nicht ſchlafen rei,
So kommt das ſchwarze und beißt es.
224.
Schloap, Kingeken, ſchloap!
Värre Dähre ſteht en Schoap,
Up em Flur ene bunte Kuh:
Kingeken, doh de Ogen to.
Schloap, Kingeken, ſchloap!
— 12 —
225.
Schlaf, Kindchen, fefte,
Morgen Friegen wir Säfte,
Die Säfte, die da fommen rein,
Das find die lieben Engellin.
226.
Hufe buffee!
Dat erfte Johr twee,
Dat anner Sohr noh en Paar,
Geiht de Weege immerdar:
Hufe buffee!
22.
Eia Poleie,
Mir haben der Kinder zweie.
Hätten wir feinen Vater dazu,
Was follten wir mit den Kindern thun?
228.
Eia Poleia, der Winter iS Famen,
D harr de. ohl Mann de lütt Deern man nahmen!
Se Fauf em den Kohl und röer em de Grüte!
Wat meer dem ohle Mann de lürt Deern mich nüft!
229.
Heia Popeia, was full ih euch fage,
De Vater chauft mer en goldige Wage,
En goldige Wage, ſechs Schimmeli dri,
Und dänn ha mi Büebli de Fuehrma ft.
230.
Heijo pepächä!
At Höhuhä hatt än Achä.
He woſs nit war At lägä fol,
Da legt ät än a Eoffärä Käßel;
— 13 —
Dat fahg ch,
Doh lahgt cd,
Doh kohm ät Höhnchä on peekt mech,
Doh kreſch ech,
Da gohf ät mer ä Wäckbotterſtöck,
Doh ſchweeg ech.
231.
Schlaf Kindchen füße!
Sch wiege dih mit den Füßen,
Ich wiege dih mit dem gelben Schuh,
Kindchen, thu die Augen zu.
Schläfſt du füß, das mwird dir frommen,
Die lieben Englein zu dir fommen:
Die follen dih bewahren,
Mag nichts dir miderfahren.
232.
Hör doch, mein Kindchen, was will ih dir fingen?
Aepfel und Birnen foll Vater mit bringen,
Pflaumen, Rofinen und Feigen:
Mein Kindchen fol ſchlafen und fehmweigen,
233.
Daß ihr nun recht ruhig fchlaft,
Sing ih euh vom Fleinen Schaf,
Sing ih euh vom Watfchelgänschen
Mit dem Wickelwackelſchwänzchen.
234,
Haio Popaio,
Schlaf Kindchen auf dem Küffchen.
Aepfel und Birnen uud Nüßchen,
Zucerfuhen und Mandelnfern
Een die Eleinen Kinderchen gern,
— 1141 —
235.
Eia boppeia die Bappe find quet,
Wemme brav Zuder und Zimmet dri fhuet.
Zucfer und Zimmer und Nägeli
Sind guet für e fo es Schlecfmägeli,
236, >
Hab ich mirs nicht längft gedacht,
Eis ih an der Wiegen,
Hab den Wedel in der Hand,
Wehr dem Kind die Fliegen.
Menn andre Mädchen tanzen gehn,
Muß ib an der Wiege ftehn.
Geht die Wiege nick Fuack,
Schlaf, du Feiner Haberfad,
237.
Haijo popeio,
En er Frühjohr kömmt de Mai an:
Wenn andre Kennefes fpölen gonnt,
Dann mot ed an de Wieg floh,
De Wieg, de geit all Frick Frad,
Schloap, du Heiner Dickſack!
238,
Tillittititt tillittititt,
Ich bin ein alter Mann,
Und ſinge ſo lange tillittititt
Bis daß ich nicht mehr kann.
239,
Bimbam bambaı,
Die Glocke läutet zu Spandau.
Wer ift todt?
Ohnebrot.
Wer läßt ihn denn begraben?
Schulzens fhwarze Naben,
240,
Heio heio bute,
's gaht en Ma der ufe,
Het wiß und roti Stiefel feil,
Ehramed dem Büebli au zwei,
Wie thür bütet er’d?
„'s Pärli ummen Chrüzer.“
D’Stiefeli find no viel zu thür,
's Büebli mueß no warte hür.
Hür und fern*) und übird Jahr
Iſt mis Büebli en rechte Hufar.
2.
Nineli Nänneli Wägeli Stroh,
's Büßi 's gftorbe, 's Müsli ift froh:
Ninneli Nänneli Wägeli Stroh,
Wärs Büfi nüd gflorbe, wärs Müsli nüd froh.
242.
Es war ein fauler Schäfer,
Ein rechter Siebenfchläfer,
Den fümmerte fein Schaf.
Da ift der Wolf gefommen
Und hat ihm meggenommen
Die Schaf und aud den Schlaf.
243.
Dort hoch auf dem Berge,
Da wehet der Wind,
Da fist die Frau Maria
Und wieget ihr Kind,
Sie wiegt ed mit ihrer fchneeweißen Hand
Und braucht dazu Fein Wiegenbanv.
Schlaf ein, fchlaf ein,
Lieb FKindelein.
*) Fern = voriges Sahr.
Dtſche Volksb. Ir. Bd, 10
— 16 —
244.
Sch wollte mich zur lieben Maria vermiethen,
Sch ſollt ihr Kindlein heifen wiegen;
Sie führt mich in ihr Kämmerlein,
Da waren die lieben Engellein,
Die fangen alle Gloria !
Gelobet fei Maria!
245.
Mein Vater hat gefagt, ich ſolls Kindelein wiegen,
Er will mir auf die Nacht drei Goggeleier fieden ;
Siedt er mir drei, fo it er mir zwei:
Soll ich denn wiegen um ein einziges Ei?
245.
Jann minne Mann, mat fehs de dann,
Kriegen we bald en Ditzken?
Jo, minn Gret, et fall d’r ſien,
Et fall ook hieten Fritzken.
Wenn minne Mann de Trommel fchleit,
Dann danz ef op minn Schlüffes,
247.
Ru ru riſch,
Sm Winter ift es friſch.
Sm Sommer fchlägt die Nachtigall,
Da freun fich die Fleinen Vöglein al.
243.
Bählämmchen, Bor,
Verehr mir deinen Rod,
Sol ich denn meinen Pelz verlieren
Und im falten Winter frieren ?
Bählämmchen, Bo.
— 17 —
249,
Schlafe, liebe Kleine,
Jetzund ſchlägt ed neune,
Jetzund ift die Schlummerzeit
Für die Kleinen weit und breit,
Eia poleia.
Alte Leute fagen:
Holt meinem Kind 'nen Wagen.
Fahrt es in den Wald hinein,
Wo die fhönen Vögel fein.
250.
Klei, Elei Klatterjöhnche,
Wat deis do en mingem Höfchen?
Du plöckſt mer all ming Blömcher af,
Du mäs mert vil zo grövche.
Papa wihd dich kiefe,
Mama wihd dich ſchlohn:
O du kleene Kladdrian,
Wie wihd et dir ergohn!
251,
Puthönefen, Puthöneken,
Mat deift up unfen Hoff?
Du plückſt uns all de Blömkens aff,
Du mäfft et all to aroff.
Mamafen de wärd Fiefen,
Papaken de wärd fchlaon,
Purhönefen, Puthöneken,
Wo wärd di dat ergaohn!
252,
Kleene, Eleene Klüterken,
Wat döft du in min Höffen?
10*
— 18 —
Plückſt mi olle Blömkens af,
Dat makſt du goar fo gröfken.
Mine Mooder will di kriegen,
Min Voader will di ſchloan.
Kleene, kleene Klüterken,
Lot mi de Blömkens ſtoahn.
253.
Will ih in mein Gärtlein gehn,
Will mein Zwiebeln gießen,
Steht ein bucklich Männlein da,
Fänge als an zu nießen,
Will ih in mein Küchel gehn,
Wil mein Süpplein fochen,
Steht ein bucklich Männlein da,
Hat mein Toöpflein brocen.
Will ih in mein Stüblein gehu,
Will mein Müslein eßen,
Steht ein budlih Männlein da,
Hats ſchon halber geßen.
Wil ich auf mein’n Boden gehn,
Will mein Hölzlein holen,
Steht ein bucklich Männlein da,
Hats fchon halber aftuhlen.
Wil ih in mein’n Keller gehn,
Wil mein Weinlein zapfen,
Steht ein bucklich Männlein da,
Thut mien Krug wegfchnappen.
Seh ih mich and Rädlein hin,
Mil mein Fädlein drehen,
Steht ein bucklich Männlein da,
Läßt mirs Rad nicht gehen.
— 149° —
Seh ih in mein Kämmerlein,
Will mein Bettlein machen,
Steht ein bucklich Männtein da,
Fänge ald an zu Tachen.
Will ih an mein Bänklein knien,
Wil ein Bißchen beten,
Steht ein bucklich Männlein da,
Fängt ald an zu reden.
Liebes Kindlein, ach ich birt,
Det fürd bucklich Männlein mit.
254,
Hinter meinem Nachbarn feim Städel,
Sitzt ein Flein Flein wunſig Mädel,
Spinnt auf feinem Eleinwunfigen Rädel
Ein klein Elein kleinwunſig Fädel,
255.
Ammenuhr.
Der Mond der ſcheint,
Das Kindlein weint,
Die Glock ſchlägt zwölf,
Daß Gott doch allen Kranken helf!
Gott Alles weiß,
Das Mäuslein beißt,
Die Glock ſchlägt ein,
Der Traum ſpielt auf den Kiſſen dein.
Das Nönnchen läut
Zur Mettezeit,
Die Glock ſchlägt zwei,
Sie gehn ins Chor in einer Reih.
— 109 —
Der Wind der weht,
Der Hahn der Fräht,
Die Glock ſchlägt drei,
Der Fuhrmann hebt fih von der Streu.
Der Gaul der fcharrt,
Die Stallthür Enarrt,
Die Glock ſchlägt vier,
Der Kutfher fiebt den Haber fchier.
Die Schwalbe lacht,
Die Sonn erwadt,
Die Glock Schlägt fünf,
Der Wandrer macht fih auf die Strümpf.
Das Huhn gagaft,
Die Ente auaft,
Die Glock Schlägt ſechs,
Steh auf, fteh auf, du faule Ser,
Zum Bäder lauf,
Ein Werlein kauf,
Die Glock ſchlägt fieben,
Die Milch thu an das Feuer fchieben.
Thu Butter ’nein
Und Zuder fein,
Die Glock ſchlägt acht:
Geſchwind dem Kind die Milh gebracht.
V. Sindergebete.
256.
Lieber Gott und Engelein,
Last mih fromm und guf fein;
Laßt mir doch auch mein Hemdelein
Recht bald werden viel zu Flein.
257.
Abends wenn ich fchlafen geh,
Vierzehn Engel bei mir ftehn,
Zwei zu meiner Rechten,
Zwei zu meiner Linken,
Zwei zu meinen Häupten,
Zwei zu meinen Füßen,
Zwei die mich decken,
Zwei die mich meden,
Zwei die mih weıfen
In das himmliſche Paradeischen.
258.
In mein Bettchen
Leg ich mich,
Meinem Gott
Befehl ich mich.
Alle Abend,
Alle Morgen
Wird mein Gott
Meine Seele verſorgen,
Amen.
259.
Heiliger St. Veit,
Weck mich auf zu rechter Zeit,
Nicht zu früh und nicht zu fpät,
Wenn die Gloce fieben fchlät.
260,
Engli Engli zitli,
Weck mi morn biziti,
Nid fo früh und nid fo fpat,
Wenn das Glöggli achti fchlat.
261.
Das walt Gott,
Dehied merr Gott
Miene liewi Babbe,
Miene liewi Mamme,
Miene liewi Gſchwiſterle
Un alle Menfche.
Ame,
262.
Lieber Gott mah mich fromm,
Daß ich in den Himmel fomm.
263.
Liebe Ruth
Mah mich gut,
Mah mich fromm,
Daß ih in den Himmel komm.
264.
Heiliger Schugengel mein,
Lab mich dir anbefohlen fein.
Zreib mich flät3 an zu Gottes Ehr,
Wend ab von mir all böfe Lehr.
Jeſukindlein Elein,
Mah mein Herzchen rein,
Lad Niemand darin wohnen
Als Jeſus, Maria und Tofeph allein.
266.
Mein Herzel isch Elein,
Könnt Eleiner nicht fein,
's kann Niemand drin wohnen
Als Jeſus allein,
Jeſus im Herze,
Chriftus im Sinn,
Sn Gottes Namen fchlaf ich in.
267.
Jetzt geh ich fchlafen,
Der liebe Gott wol mich nicht verlaßen,
Jeſus Kreuz it mein Kiffen,
Sefu Hand deckt mich,
Jeſu Stunde wert mic.
Fefu in meinem Herzen,
Fein in meinem Sinn,
Tu Jeſu Namen fchlaf ich in.
268,
Da fleht ein Baum,
Dahin leg ih meinen Traum,
Dahin leg ich meine Sind:
Dann fchlaf ih mit dem Jeſuskind,
Mit Sofeph und Maria rein
Ganz fiher ein. Amen.
269.
Es geht e Thürle in Himmel nei,
Laufet Engele aus und ei,
Detet für mih Tag und Nacht,
Daß ich felig fterben mug.
270,
Wann ic liggen ga, well flapen,
Dann welf mi op Guot den Hären verlaten,
Wenn bitter Dot füemt un well mi fIufen,
Dann hol mi, Guot, in din Himmelrike!
271.
Nu will ick flapen gan
Und mi op minen Gott verlaten.
Und wenn der bitter Tod kümmt
Un will mi beflifen,
So foer mi Herr Sefu
In din Himmelrife.
272.
Lieber Herr!
Dieß Geberhen ſchenk ich dir,
Mach ein frommes Kind aus mir,
Kaun ich das nicht werden,
So nimm mid von der Erden
Zu dir in dein Himmelreich
Und mach mich deinen Engeln glei.
213.
Ich bin ein Kindchen fo Fein,
Ich trage mein Kreuzchen allein.
Sch wollte fo gern nah dem Himmel fahren,
Da wollt ich meined Vaters Haus bewahren.
Lieber Herr,
Komm von obenher,
Gieb mir Koft und Kleider,
Das: Himmelreih und dann nicht mehr,
Amen.
274.
Sch hört ein Glöckchen Elingen,
Die heilgen Engel im Himmel fingen ;
Sch fchlief bei Gott dem Herrn feinen Füß
Gar füß.
Er mwedte mid auf,
Er ſchickte mih in die Kir;
Die Kirch war gekehrt,
Der Altar war gededt,
Um den Altar gieng ich,
Ehriftus den Herrin empfieng ich,
Treue dich, Seele,
Freue dich, Herz,
Es kommt dein Troft,
Der dih aus der Hölle hat erfoft.
Amen,
275.
Mie viel Sand in dem Meer,
Wie viel Sternlein obenher,
Wie viel Ihierlein in der Weit,
Wie viel Heller unterm Geld,
Sn den Adern wie viel Blut,
Sn dem Feuer wie viel Glut,
Wie viel Blätter in den Wäldern,
Wie viel Gräslein in den Feldern,
Sn den Hecden wie viel Dörner,
Auf dem Ader wie viel Körner,
Auf den Wiefen wie viel Klee,
Wie viel Stäublein in der Höh,
In den Flüßen wie viel Fifchlein,
In dem Meere wie viel Müfchlein,
Wie viel Tropfen in der See,
Wie viel Floden in dem Schnee,
So viel Iebendig weit und breit,
So viel Dank fei Gott in Ewigkeit.
Das mwalt Gott, der helfen Fann,
Mit Gott fang ich die Arbeit an.
So Gott nicht hilft, fo kann ich nichts,
Wo Gott nicht giebt, allda gebrichtg,
Das mwalt Gott!
217.
Zu St. Nicolaus:
Der hellige Nikelos es ene brave Mann,
Er hätt ene goldige Rof an,
Vill fall er befchere,
Lang fall er lewwe,
Selig fall er ſterewe,
De Himmel fall er ereme.
273.
Zu Weihnachten:
Ehriftfindhen fomm,
Mach mich fromm,
Daß ich in den Himmel komm.
Papa ſoll ich? „Noch nicht,“
Mama ſoll ich? „Noch nicht.
Wie uns da zu Muthe war,
Als wir Kinder kamen,
Sahen was dad Weihnachtskind
Uns beſcheeret! Amen.’
VI. Kinderpredigten.
219.
Ein Huhn und ein Hahn,
Die Predigt geht an,
Ein Kuh und ein Kalb,
Die Predigt ift halb,
Ein Katz und ein Maus,
Die Predigt ift aus.
Geht alle nah Haus
Und haltet einen Schmaus,
Habt ihr was, fo eßt es,
Habt ihr nicht, vergeht es,
Habt ihr ein Stückchen Brot,
So theilt es mit der Noth.
Habt ihr noh ein Brofamlein,
So fireuet es den Vögelein.
280.
Quibus, quabus,
Die Enten gehn barfuß,
Die Gäns haben gar Feine Schuh:
Was fagen denn die lieben Hühner dazu?
Und als ih nun Fam an das EFanaljeifhe Meer,
Da fand ich drei Männer und noch viel mehr.
Der eine hatte niemals was,
Der andere nicht das,
Und der dritte gar nichts.
Die Fauften fih einen Semmel
Und einen Gentner holländifchen Käfe
Und fuhren damit an das Fanatjeifhe Meer.
Und als jie kamen an das Eanaljeifhe Meer,
— 15 —
Da Famen fie in ein Land und das war leer,
Und fie Famen an eine Kirche von Papier,
Darin war eine Kanzel von Corduan
Und ein Pfaffe von Rothſtein:
Der fehrie: Heut haben wir Sünde gethan,
Verleiht ung Gott das Leben,
Sp wollen wir morgen wieder dran,
Und die drei Schweftern Lazari,
Katharina, Sibylla, Schweigitilfa,
Meinten bitterlich
Und der Hahn Frähete Buttermilch.
231.
Hört zu meine Herren,
Aeppel sin Eein DBerren,
DBerren fin Feine Weppel,
Die Worfcht hat zwei Zäppel,
Zwei Zäppel hat die Worſcht,
Der Bauer hat großen Dorfcht,
Großen Dorſcht hat der Bauer,
Das Leben wird em fauer,
Sauer wird em das Leben,
Der Weinſtock hat zwei Reben,
Zwei Neben hat der Weinftod,
Ein Kalb ift Fein Ziegenbock,
Ein Ziegenbock ift fein Kalb,
Mu ift meine Predigt halb,
Halb ift meine Predigt,
Der Bauch ift mir Iedig,
Ledig ift mir der Baud,
Meine Müse ift raud,
Rauch ift meine Mütze,
Die Maus frißt Feine Grüße,
Grütze frißt Feine Maus,
Nu ift meine Predigt aus,
Dixit dominus,
Der Herr fprah zu feinen Jüngern:
Wer feinen Löffel hat, ißt mit den Fingern.
Und der Herr fprah zu feinen Jüngern,
Wer Fein Brot hat, der muß verhüngern.
283.
Pater noster,
Die Kuh ift ofter,
Das Kalb ift euer,
234.
Da fteh ich uff der Kanzel
Unn breddi wie ene Amſel,
Do fummt e Bue
Unn nimmt merr d'Schueh,
Do kummt e Maidel
Unn nimmt merr d'Kabb,
Do fall i vun der Kanzel erab.
VI. Allerlei Sieder und Reime.
235.
Nit fo lut, nit fo lut,
Artig, mine Chinde;
Sest de Chlaus im Tannewald
Und thut Rüethli binde.
286,
Sit Adamsziten,
Wo Gott Wert g’ihaffe hett,
Iſts Bruch und Uebig,
Z'Abed is Bert.
— 160 —
287,
Zu Bett zu Bert,
Die ein Kindle hätt,
Die feines hätt
Muß auch zu Bert.
288.
Wie hoch ift der Himmel,
Wie gligern die Stern!
Wie hat doh der Papa
Sein Kindchen fo gern!
284.
Wie der Mond fo fehön feheint
Und die Nachtigall fingt!
Wie Iuftig magd im Himmel fein
Beim kleinen Jeſuskind!
290.
O du mein Gott, o du mein Gott,
Singen Engellein ſo fein,
Singen aufe, ſingen abe,
Schlagen Trillerlein drein.
291.
Heijo, wären wi do,
Wo die Engelſches ſengen,
Wo die Schellekes klengen,
Wo die blau blan Blömkes ſtont,
Wo de Kengerkes ſpele gont.
292.
Mer bift du armer Mann?
„Der Himmel ift mein Hut,
Die Erde ift mein Schuh,
Das heilge Kreuz ift mein Schwert,
Wer mich fieht, hat mich lieb und werth.‘
293.
Klein bin ich, klein bleib ich,
Groß mag ich nit wern,
Schön runfer, fhön punket
Wien Haſelnußkern.
294.
Gefhnittne Nudeln eß ich gern,
Aber nur die feinen,
Schöne Mädel feh ich gern,
Aber nur die Fleinen.
295,
E Beine (Korb) ufem Ofebanf
Und am Brunnen en Züber.
De Vater hat fid Roſs verchauft,
Jez chummi d'Peitſche über.
296.
Kälbchen zu verkaufen,
Leutchen kommt gelaufen,
Was full das Kälbchen Eoften?
Anderthalben Groſchen.
Das ift fürs Kälbchen viel zu viel,
Ich geb nen halben Befenfkier.
En nimm du nur das Kälbchen hin,
Freut mich, daß ichs ledig bin.
297.
Bum Bam,
Die Glock ift Frank,
Mo leit fe dann?
Im Kreuzgang.
298.
Muh muh muh,
So fpricht die Kuh.
Difhe Volksb. Ir. Br. 11
— 162 —
Sie giebt und Milch und Butter,
Wir geben ihr das Futter.
Muh muh muh,
So fpriht die Kuh,
299.
Muhkühchen moh!
Wovon bift du fo roh?
Sch bin fo roh, ich bin fo matt,
Sch Eriege das frumme Stroh nicht fatt,
Davon bin ich fo roh.
Muhkühchen moh!
300.
Gehorfamer Diener !
Was machen ihre Hühner ?
Legen fie brav Eier ?
Hat die Magd auch Freier ?
Was maht denn ihr Hund?
Iſt die Kabe noch gefund?
Was macht der Herr Sohn?
Iſt auf und davon?
Sagt, ih laß ihn grüßen
Dom Kopf bis zu den Füßen,
Bon den Füßen bis zum Bauch,
So ift es mein Gebrauch.
301.
Guten Tag, Herr Montag!
Wie befindet fih Dienftag ?
Sehr wohl, Mittwoch.
Sag der Sungfer Donnerflag,
Daß fie käm bis Freitag
In die Kammer Samftag
Zu der Mutter Sonntag.
302.
Mutter,
Schaf Butter,
Vater, fchaff Thaler,
Daß die Mutter
Die Butter
Kann bezahlen,
303.
Hinter der Donaubrüc
Steht ein ſchön Häusle,
Sitzt ein ſchön Mädle drin,
Singt ald wie ein Zeigle,
304,
3’ St. Gallen ifchs luſchtig,
Wo's 's ganz Sahr nie fchneit,
Wo de Chämmifega 3’ oberftobenabe
In e Mehlfuppen ine gheit.
305,
Und ald der Großvater die Großmutter nahm,
Da war der Großvater ein Bräufigam
Und die Großmutter war eine Braut,
Da wurden fie beide miteinander getraut.
306,
Widele wedele,
Hinterm Stäbdele
Hat der Bettelmann Hochzeit.
Pfeife ihm Läusle,
Zanzt ein Mäusle,
's Igele fchlägt die Trommel;
Alle die Thier, die Wedele haben,
Sollen zur Hochzeit Fommen.
1 *
— 164 —
Kruckenſtiel und Ofengabel,
Das ſind meine Hochzeitsknaben,
Edelleut und Bettelleut,
Das ſind meine Hochzeitleut.
307.
. Guten Abend, Aennele,
Zu eßen haben wir wenele,
Zu trinken haben wir unfern Bad:
Haben wir nicht die befte Sad?
308.
Und wenn wir dann beifammen find,
Wo Friegen wir ein Haus?
So nehmen wir 'nen Vogelskorb
Und kucken oben heraus.
309.
Bürftenbinders Tochter und Befenbinders Sohn,
Die haben fich verfprochen, fie wolln einander hon;
Die Mutter Fam gelaufen uud fchrie im Laufen lauf:
Victoria! Victoria! meine Tochter ift ne Braut!
Und wenn fie erft beifammen find und haben dann Fein Haus,
So feten ſichs ins Körbel und gucken oben heraus!
310,
Min Moder warnt op’n Kobarg in
Un give acht daler Hüer (Miethe),
Darto hatt fe Feen Brot int Hues
Und hatt ok nicks opt Füer,
341.
Greet Kraien de doof de Föt fo weh,
Dät maaft de groten Schon,
Un wenn fen paar Jahr junger wär,
So nähm if ehr to Froh.
— 165 —
Do köft if mi en Söslingsfleut,
Un gung mit ehr fo Land’n,
Verdeen mi Beer und Brannwinsgeld:
Wat full fe meer verlangen?
312,
Mann Mann Mann,
Was haft in deinem Koberchen ?
Nichts nichts nichts
Als ein gebraten Vögelchen.
313.
Hanfel am Bad
Hat lauter gut Sad,
Hats Häufel verbrennt,
Hat Lumpen drum ghenkt!
Hanfel am Bad
Hat lauter gut Sad,
Hat Fifchlein gefangen,
Hat die Schuppen heimbracht,
Hanfel und Gretel,
Zwei luftige Leut,
Der Hanfel ift närrifch,
Die Gretel nit gfcheidt.
314.
Gretei, Pateſtel, was machen die Gäns?
Sie fisen im Waßer und wachen die Schwänz,
315.
Drei Häslein ſitzen dort im Feld,
Der Jäger ſchießt fie todt.
Der Hanfel hat im Sad fein Gem,
Die Gretel hat fein Brot.
— 166 —
316.
Gelt Batter, geit Mutter,
Schös Meiteli bin i,
Nött bugglet, nött chröpfet,
Ka Mengeli han i.
317,
Mein Schas ift Freideweiß,
Hart Frumme Glieder,
Geht chief zum Thor hinaus,
Kommt budlich wieder.
318.
Mie mich das Ding verdrießt,
Wie mich das Ding verdrießt,
Daß mein Schas bucklich iſt!
319.
Ein ſilberne Scheide,
Ein goldene Kling,
Mein Schatz iſt von Adel,
Wie freut mich das Ding!
320.
Buchsbaumes Rädele,
Ein flächſene Schwing,
Mein Schatz heißt Antonele,
Wie freut mich das Ding!
321.
Carlinle mein Schatz
Hat Häärle wie Flachs,
Hat Häärle wie Seide,
Mags gar zu wohl leide.
— 167 —
322.
Kreideweiße Haare,
Schwarz gewichfte Schuh,
Einen Degen an der Seite,
Ein Goldſtück dazu.
Mein Schat ift von Adel,
Von Adel ift er,
Was hat er fürn Tadel?
Keine Waden hat er.
323.
Um und um mein Krummer,
Krummer du bift mein,
Ei du krummer Dingerler,
Wie magft fo luſtig fein!
324.
Keiner ift mir lieber als der Krumme,
Er kann fo fröhlih tanzen
Um mich herumme.
Um mich herum mit feinen Füßen,
Daß wir alle lachen müßen.
Keiner ift mir lieber als der Krumme.
325,
Hammer mir, hammer nir,
Sp laße mer wieder holen,
Hat der Wirth Fein Kreide mehr,
So fchreibt er mit den Kohlen,
326.
Fan mine Manı, kumm du man an,
Gott fall us wull heipen:
FE will gaohn upt Kinderwahrn,
Du faft gaohn un melfen,
— 168 —
37.
Luſtig und geduldig!
Bin alten Wirthen fohuidig.
Den Sternenwirth bezahl ich nicht:
Was giebt er mir fein Tochter nicht?
328,
Der Lulli ift mir fchuldig,
Und ich dem Lulli auch,
Wenn mir der Lulli zahlen will,
Zahl ih dem Luli aud.
329,
Ein Himmel ohne Sonn,
Ein Garten ohne Bronn,
Ein Baum ohne Frucht,
Ein Mädchen ohne Zucht,
Ein Süpplein ohne Brocden,
Ein Thum ohne Glocken,
Ein Soldat ohne Wehr,
Sind alle nicht weit her.
330,
Spannenlanger Hanfel, nudeldicke Dirn,
Gehen wir in arten, fhütteln wir die Birn.
Schürtel ich die großen, fohüttelft du die Fleinen,
Wenn das Sädel voll ift, gehn wir nach der Heimen,
331.
Kennt ihr net dat Röbbe-Röbbe-Lis,
Dat de Wurfh usm Keßel frißt?
332,
Peterſilje Suppenfraut
Wächſt in unferm arten,
Unfer Anuchen ift die Braut,
— 169 —
Soll nicht lang mehr warten.
Rother Wein und weißer Wein,
Morgen fol die Hochzeit fein.
333.
Rosmarin und Thymian
Wächſt in unferm arten,
Mer mein Mädchen freien will,
Muß noch lange warten.
334.
Mer will ein Schäschen haben,
Der muß ein Bändchen fragen,
Blaues Bändchen,
Grünes Kränzchen,
Silberfchnalfen auf dem Schuh,
Das gehört auch noch dazu.
335,
Ah Pitter, nemm mich,
Onn fohlag mir de Tromm,
Onn fahr mir dat Lieschen
Em Schlittchen herom.
336.
Hang Pitter nemm mid,
Mader Mädchen ben ich,
Kann fochen, kann fleden,
Kann nihen, Fan flreden.
Hans Pitter nemm mid,
Wacker Mädchen ben ich.
337,
Wacker Mädchen ben ich ja,
Rothe Strümpflein hab ih an,
— 119 —
Kann flricken, Faun nähen,
Kann Haspel gut drehen,
Kann wohl noch was mehr.
338.
Litje Deren van veren (vier Fahren)
Kann fpinnen, kann tweren (zwirnen)
Kann ſtricken, kann neien,
Kann Sulverdraat dreien.
339.
Bude unn bache,
Unn e Mannshemd made;
Stricke unn nähe
Un’s Räder rumdrähen,
Wer dieß Fan
Bekummt e Mann.
340.
Schbeie, widd mi?
E nedd Maidele bin i!
Kann buche, kann bade,
Kann allerhand Sache,
Kann ftricfe, kann nähe,
Kanns Rädel rumdrähe,
Sebbele, widd mi?
Wacker Maidele bin i!
34.
Spinn, Dochter, fpinn,
Der Frier fitt darin:
Spinnft du mich en feinen Draet
Seit de Frier en ander Straet;z
Spinn, Dochter, fpinn,
Der Trier firt darinn.
342.
Hammer fla Bammer, fla Buftemann todt,
La LKiefchen lewen,
Kann Straten fegen,
Kann Betten malen,
Kann Suppen Fafen,
Un al fo wat kann ufe Lieſchen mafen,
343,
Un wann i emol e Sunfere will,
So will i o ’ne rächde,
Die fpinne fa, unn wewe Fa,
Die blätza Fa, unn flächde,
Mi Bruder ifch e dummer Narr,
Der geht unn nimmt lätze!
Die fa nidd fpinne, naie nidd
Unn flächde nidd unn bläße,
344.
Ich liebe was fein iſt
Obſchon es nicht mein iſt,
Und auch nicht mein werden kann,
Hab ich doch mein Gefallen dran,
345,
Biribiribump !
De Kaifer ifh en Lump,
De König ifh en Dieb
Und du biſcht mer lieb.
346,
Sch hab die Rof an meinem Fuß,
Das macht, daß ich allzeit tanzen muß,
Zangen, tanzen, wiederum tanzen, fanzen muß,
D meh mein Fuß,
Wenn ich arbeiten muß.
— 172 —
Wenn ich zum Tanzen aeh,
Thut mir mein Fuß nicht weh;
D weh mein Fuß,
Wenn ih arbeiten muß,
347.
Hanske Fann nich,
Hanske woll nich,
Hanske ward nich danze!
Mutter namm de Pitich hervor,
Gaff dem Hanske öwert Ohr:
Hanske kann wull,
Hanske wöll wull,
Hanske ward wull danze.
348,
Du bift fo Frank
Wie eine alte Banf,
Dift fo krank ald wie ein Huhn,
Magft gern eßen und nichts thun,
349.
Du bifht chrank
Uf der Freßbanf.
350,
Biſt du frank?
„sm Brotihranf
Auf Schüßel und Teller,
In Küch und Keller,
Mit Schinken und Wein
Komm ich wieder auf die Bein.”
351.
Dieſes Buch ift mir lieb,
Mer es fliehlt ift ein Dieb,
Kommt er an einen Stein
— 13 —
Bricht er fih ein Bein,
Fällt er in den Graben,
Sreßen ihn die Raben.
352,
Hans, mein Sohn, was madhft du da?
„Dater, ich ſtudiere.“
Hand, mein Sohn, das Faunft du nicht.
„Vater, ich probiere.‘
353,
Twei Eier in’ Pott,
Twe Ogen in’ Kopp,
Een Hart in’ Live,
Maakt dat nig five?
Dre Soldaten up der Wacht,
Maaft dat nig adht?
Een Dfficier mit'n Degen,
Maaft dat nig negen?
Een Schipscaptain,
Maakt dat nig fein?
354.
Johännchen faß im Schornftein
Und flicfte feine Schuh,
Da Fam ein wacker Mägpdelein
Und fah ihm fleißig zu,
Johännchen willft du freien,
So freie du an mir,
Sch hab einen blanken Thaler,
Den will ich geben dir.
„Das thu du nicht, das thu du nicht,
Sie hat ’nen fchiefen Fuß.‘
Das thut ihr nichts, der Thaler macht,
Daß ich fie nehmen muß.
— 1114 —
355.
Sauerfraut und Rüben,
Die haben mich vertrieben:
Hätt mein’ Mutter Fleifch gekocht,
So wär ich bei ihr blieben.
356.
Kraut Gras Rüben,
Das it mein Leben;
Mich und Weizenbrot,
Das ift mein Tod,
357,
Mutter, was kochen wir zu Naht?
Nudeln, daß's donnert und Fracht,
Nudeln, zum Schlapperment!
Nudeln find angebrennt,
Unten und oben ganz ſchwarz,
Frißt fie Fein Hund und Fein Kap.
358,
Meine Mutter Eocht nen Hirfebrei,
Da wollt ih dran lecken:
Da Fam fie mi'm Steden.
Da gieng ich zur Magd,
Die hat mich verklagt,
Da gieng ih zum Knecht,
Der gab mir ganz recht,
359.
Als Sefus aus der Schule Fam,
Hatte Maria noch nicht gekocht.
Da kocht fie Schnell einen Aepfelbrei;
Da faßen alle Engel bei.
Klein und groß,
Takt und bloß
Ale auf Maria Schoof.
360,
Ein fchönes Compliment
Und der Kaffe wär verbrennt,
Die Milch wär übergelaufen,
Morgen müflen wir andre Faufen.
361.
Es gieng eine Bieg am Weg hinaus,
Med mereck med meck meck med,
Die Kuh die fah zum Stall hinaus,
Med mereck meck merk,
Die Kühe und die Ziegen,
Meck mereck mec meck med med,
Die machen fih ein Vergnügen,
Med mereck meck merk,
362.
Trink ich, fo hink ich,
Trink ich nit, fo hink ich doch,
Drum will ich lieber trinfen
Und hinfen,
Als nit trinken
Und doch hinfen.
363,
Der Hans im Schnodenloh
Hat alles was er will,
Und was er hat, das will er nit,
Und was er will, das haft er nik.
Der Hans im Schnockenloch
Hat alles was er will,
364.
Is de Buur nich'n Dufentfchelm ?
He will ’n Danz für en Sösling hebbn,
— 176 —
Süh wo he hinkt,
Süh wohn fpringt,
Süh wo de Buur fin Geld verbringt!
363.
Gretele, willſt tanzen?
„O jerum jo!
Um das Bißel Tanzen
Bin ich jo do!“
Urſchele, willſt tanzen?
„O jerum nein!
Um das Bißel Tanzen
Bleib ich lieber daheim.“
366.
Wer kann die ſieben Sprüng,
Wer kann ſie tanzen?
Wackres Mädchen, paſſ auf mic,
Haft du Geld, fo heirat mic,
Th Fann fe, ich Fann fe,
367.
Tanz, Bärbelchen, tanz!
„Ach Mutter, ich hab kein Schuh.“
Nur barfuß dran, nur barfuß dran!
Wer will dir denn was thun?
368.
Fre dich, Lieſel, du werſcht geberſcht,
Morgen kumt die Dante,
Brinkt e Sad voll Leberwerſcht
Und die Muſikante.
369,
Annebabeli Iupf de Füeß,
Wenn i mit der fanze mueß;
— 11T —
Tanze, tanze thueni gern,
Hür no Keber weder fern,
(oder) Tanze hanni nid elei (allein):
Ynnebabeli Iupf dis Bei,
370,
Tummel dich, mein Fränzchen,
QZummel dich,
Halt mit mir en Dänzchen,
Tummel did,
Gange mit mer en dä Keller
An dat Fahß,
Drinfe mer Musfateller,
Dat et krahch.
Musfateller drink ich gern,
„ Hübfhe Mädchen küſſ ich gern,
Lab die Mamme fchmälen
Wie fie will,
Geb ich ihr ’nen Thaler,
Schweigt fie fill,
31.
Bin ih mit ein Bürfchlein
In der Weit?
Spring ja wie ein Hirfchlein
Su dem Fe.
Sn dem Feld, im arünen Holz
Begegnet mir ein Jungfrau flolz,
Guten Morgen Jungfrau!
Mach geſchwind,
Du folft mit mir tanzen,
Munter Kind!
Bißchen auf und abgeſchwenkt
Und ein Gläschen eingefchenft.
Dtſche Volksb. Ir. Bd,
12
— 175 —
Schöne Muficanten
Spielet auf!
Spielet mir ein Tänzchen
Dben drauf.
Aufgepust, eingefhnürt,
Luſtig dann zum Tanz geführt.
Heifafa!
312.
Adam onn Em,
Dat wäre Schelm onn Deew.
373.
Alexius unger der Trappe’
Bördt de Schoh mer Lappe?.
374,
Ann,
Schrapp de Pan,
Schrapp de Pif,
Morge' bes de en alt Wif.
375.
Anna Sufanna,
Het Knüttels (Spitzen) to Koop,
Twe Ehl für dre Sösling:
Is dat nich gut Koop?
376.
Anna Suſanna, ſta up un böet Füer.
„O nä, myn lewe Moder, dat Holt is fo düer.“
Schuer my den Grapen und fäg my dat Hues,
Hüet Avent kaemt hier dre Junggeſellen int Hues.
Wöllt fe nich kamen, fo wöllt wy fe halen,
Met Päer un mit Wagen, mit Iſern beſchlagen.
Könnt ſe nich danzen, ſo wöllt wy ſie leren,
Wy wöllt ſie de Scho in Botter umkeren.
— 179 —
377.
Annchen, Sufännden,
Wat häß de en dingen Känncen?
Ruhde Wing on wiße Wing:
Morge fallfte Bruck fin.
378,
Annche, Sufannce,
Warte noch ein Sahr,
Wenn die Weiden Kirfchen fragen,
Nehm ih dih für verbunden wahr.
379.
Anna Maria Nehbof,
Kick inn Theepott,
Piſs de Lamp ut, Kuckuck.
350,
Andreeg,
Der en de Kolle (Kohlen) biees,
| 331.
Andres,
Der Klump is hef,
Die Brüh ift warm,
Das Gott erbarm.
332.
Angenis,
Katzekihs,
Leg dich en de Bonne,
Wenn et Faſtelovend wihrd,
Kommen ich bei dich wonne.
383.
Annamarei,
Koch den Brei,
Koch en net ze dick,
Dat mer net dran erſtick.
12*
334.
Anna Mrai,
Turettai!
Wäſch de Schottele
Ann ener Reih,
Koh de Brei,
Et fin ufer drei,
3835.
Annemarieche,
Koch dat Brühche,
Schlag de Eerze (Erbſen) dorch dat Sieche (Siebchen).
386.
Anneli wehr', Anneli wehr',
D' Buebe find im Garte,
Stoß de hinder Riegel für
Und loß die Narre warte.
387,
Charlotte Charlotte
Dein Hemdle gudt für!
Zieg ufe, zieg abe,
Na tanz ich mit dir,
388,
Dorothee, Dorothee
Mit den Frummen Schode’:
Siwwe Sohr em Himmel geweft,
Widder drufs gekroche'.
339,
Die Dorothee, die Dorothee,
Mit ihrem ftumpfen Fuß,
— 181 —
Iſt fieben Jahr im Himmel geweft,
Hat wieder 'raus gemuft.
Iſt das nicht ein Donnersmweib,
Daß fie nicht im Himmel bteibt!
3.
Drückche, Drüdce, flür dih an nir,
Schmer ding Schoh met Eierwir,
391.
Emilie
MWidumilie
Widumintufantilie,
Widuwops
Katops
Anatoliſcher Mops.
302.
Hanna, drei Pfanna,
Hat keine keine Stiehl:
Leih mir drei Batze,
So gang ich zum Schmied.
393.
Hanned Hannes Butterbrot,
Schlägt fein Weib mit Lumpe 3’ Tod,
34.
Hannes Trabannes
Schlag Nägel in d' Schuh:
Drei Gulde, drei Babe
Seit au e Paar Schuh.
395.
Hannes Trabannes, tra Waßer ind Haus,
Das Waßer läuft über, das Feuer ift aus,
— 152 —
396,
Hannesle Bannesle, Kebele, Boga,
Was du fagft, ift Alles verloga.
397.
Hanfeli Ma
Het Stifele a
Und Degele uf der Seite,
Hets Rofs verkauft,
Het3 Geld verfpielt:
Test Faun er nimmer veite,
Und wenn er ane Bächle kummt,
Sp muß er drüber fchreite,
398.
Händchen, Stieglenzchen,
Zieh mit mir aufs Dorf.
Da fingen die Vögel,
Da Elappert der Storch,
Da pfeift die Maus,
Da tanzt die Laus,
Da hüpfen die Flöhe zum Fenfter hinaus,
399.
Hermen, fla Därmen,
Sta Pipen, fla Drummen!
De Kaifer will fummen
Mit Hammer und Tangen,
Wil Hermen uphangen,
400.
Harn, maak ’n Kohl warın,
Maak ’n Bree heet,
Sag mir Beſched.
— 13 —
401.
Hinnert mien Sonn, Jag de Höhner von’n Bönn.
402.
Hand Jorgelchen, fühs de net,
Dat Vügelche' dat well ſterwe!
Heww em end dat Sterächen op
Onn bloſ em en de Kerwe.
403.
Hans Hans Lemwerwerfiht,
Leewt dien Wif noch?
Fa ja, fie leewt noch,
Sie liht om Bedd onn zappelt noch.
404, .
San, fpann an,
Drei Katzen voran,
Drei Mäufe vorauf,
San oben drauf,
Den Blodsberg hinauf.
405.
Sacobele Jacobele,
Was machet deine Gäns?
Sie pfluderet, fie pfladeret,
Sie wäſchet ihre Schwänz.
406,
Ilſe Bilſe,
Niemand will ſe;
Kam der Koch
Und nahm ſie doch.
407.
Kriſchan!
Lat de Katt nich bi de Fiſch gahn.
408,
Karel
Ban Karel,
Het Küfen verloren ;
Karel fumm her,
Die Küfen find hier!
409.
Händchen, putz Licht,
Putz es fein fäuberlich,
Sieh mih an und lade nicht,
Hänschen, putz Licht.
410.
Liſebett
Hat gehett
Sieben in em Gratte,
Wo fie hat wölle z'Goatter ſtehn,
Hat ſie ſibbe Ratte.
411.
Margrithen, Maragritchen,
Dein Hemdchen guet für:
Ziehs nauffi, ziehs nauffi,
So fanz ih mit dir,
412.
Mab pumpe,
Sch ſchlumpe,
Ich ſchlampe ins Feld,
Die Grete,
Die Käthe
Hat bier ihn beſtellt.
413.
Mettes, freß Käppes, freß Kleie,
Loß Fleiſch un Brot leie.
— 15 —
414.
Michel, hol die Sichel,
Geh auf den Adler,
Schneid wacker.
415,
Päiterus
Stäih op den Bus (Bufch), -
Dao braf de Bus,
Dao lah de aarm Päiterus.
416,
Päiter un Paut,
Dä fäten op äinen Staul,
Päiter gläit, und Pant dä Fräit (weinte),
417.
Otto tenet mappam madidam mappam tenet Otto.
418.
Pola Pola (Pauline) pupp pupp pupp!
Was haft gebe? Waßerfupp.
419.
Ricka möcht ech gar net heißa,
Ricka ift a wüſter Nam;
Rica hat fe Fülle laßa
Bon de Bube uf der Gaßa.
420,
Thrin Ihran, Wat maaft der Hahn?
He fitt op der Linn Un ropt Kathrin,
421.
Drei Wolfen am Himmel,
Mas fol das bedeuten ?
Der Meisner foll hingehn,
Soll Wetter läuten.
— 156 —
422,
Böttcher Böttcher, bum bum bum,
Schlägt feiner Frau den Rüden frumm,
Macht ihn wieder grade
Mit Pomade.
423,
Kadett, Kadett,
Kaldaunenfchluder:
Roihen Kragen,
Nichts im Magen;
Goldne Treffen,
Nichts zu freien;
Pulver und Blei,
Nichts dabei.
Kadett, Kadett,
Kaldaunenſchlucker.
424.
Romm Romm Romm,
De Schuſta de huckt Fromm,
De Garwa ſpält met rothe Nägel,
Der Kerfhna met de Kattezägel,
Romm Romm Romm,
De Schuſta de huckt Fromm.
425.
Schufterbu,
Flik mir die Schuh,
Sieb mirs Leder auch dazu.
Es ift fein Gerber in der Stadt,
Der ein folhes Leder hat,
Ein Iuftiger Bu
Braut oft ein paar Schuh,
Ein trauriger Narr
Hat lang an eim Paar,
— 187 —
426.
Schuhmacerles Bue
Schlag d'Nägel in d'Schuhe,
Schlag uf und fchlag a,
Schlag älleweil zu!
42.
Onn ſo ſtöckt hei dett Nadelke,
Onn ſo titt hei dett Dradelke,
Onn ſo kloppt hei dett Spielke önn!
423.
Mohndag id Sonntag fien Broor,
Diengsdag gaht de Schofters uud ’E Door,
Middewoken fommt fe wedder,
Donnerstag Eoopt fe Ledder,
Freitag ſniedt ſi't to,
Sonnabend maakt fi 'n paar Schoh.
429.
Pumpernickel, Pumpernickel
Saß auf einer Weide,
Ich dacht es wär ein Edelmann,
Wars ein ruppger Schneider.
430,
Et ſohß ene Schnieder op dem Deich
Onn nihde,
Do kohm ’nen Hahn oun peck en en de Hand,
Hä Frihde,
Du fliediger Hahn, pad dich herus,
Ming Hand de es kehn Hohnderhug,
Bock mäh!
— 185 —
431.
Der Schneider und die Laug,
Die fordre n enander heraus.
Und wenn ich nitt wär derzwifche Eumme,
Sp wär der Schneider ums Lewe kumme.
Der Schneider und die Laus!
432,
Und was ein rechter Schneider ift
Muß wiegen fieben Pfund,
Und wenn fie das nicht wiegen thun,
Dann find fie nicht gefund.
433.
Und wenn der Schneider reiten will,
Dann hat er Feinen Gaul,
Dann feßt er fih aufn Ziegenbod
Und nimmt den Schwanz ins Maul.
434.
Schneider, wenn du reiten willſt,
Sattel den Bod.
Spann de Geiß neben dran,
Gehts im Gallop.
435,
Hier ein Läppchen, da ein Läppchen,
Giebt noch wohl ein Kinderfäppchen.
46.
Dort oben auf jenem Bergelein,
Dort tanzen drei ſtolze Schneiderlein.
Sie tanzen auf einer grünen Stell
Und tanzen um eine Waßerbudäll.
431.
An der Weihnadte,
Wenn die Bauern die Schweine fchlachte,
Spriht Einer zum Andre:
Mein Sohn will wandre,
Dann ſpricht der Schmidt:
Meiner will auch mit.
Dann fpriht der Schneider:
Sch hab auch ſo'n Bärenhäuter,
Hat nur noh e Biſſel zu pfufche unn flice,
Sonft thät ih ’n gleich mit fchide,
438.
Dat Hippfen trap den Berg herab,
Onn wibbelte met den Stätfchen,
Do fprong den dommer Schnieder drob,
De meint, das wöhr en Pätfchen.
439,
Wie machen die Bäder die Werke fo Elein,
Sie fchieben dreihundert ins Ofenloch ’nein.
440.
Heiraffa Kupferfchmitt,
Heiraſſa Keßler:
Wenn du heure thuft,
Heureft mei Schmwefter,
>
441.
Schornfteinfeger,
Klinkenträger,
Aufgefangen
Wiedergefangen, Ho, ho!
— 1990 —
442.
Chemmifäger, ſchwarze Ma,
Het e ſchwarzes Hempli a,
Alli Wöſchere vo Paris
Chönnidd nömme mwäfche wiß.
443,
Wewwerle, Werswerle wid wi wid!
Schlag merd Duch drei Ehle did.
Los de Spule laufe,
Will derr e Weckele Faufe.
444,
Weber bumm bumm,
Hat die Hafen weitum,
Hats Sadı weit ob’n, .
Hat Nedel eingfchob’n,
Hat Fenfter eingfchlagn,
Unds Blei davontragn,
Hat Kuglen draus goßen,
Hat die Graden derfchoßen,
Und die Krumpen fein in die Mauslöcher gſchloßen.
445,
Annebabeli, witt mi ha?
J bin e guete Zimberma,
J will der es Hüsli baue
Und es Städeli obe dra,
Daß du hafcht es Chüeli ha
Und es Pärli Saue.
446,
Die Zimmrer und die Maurer,
Das find die rechten Laurer.
Eine Stunde thun fie meßen,
Eine Stunde thun fie eßen,
Eine Stunde rauhen fie Tabak,
Damit vergeht der halbe Tag.
- m —
447.
(Un den Maurer.)
Chriftian,
Sla Funfen aaı,
SE wel die mal wat feggen.
448.
Sa Chreſt, wu vel Uhr es’t?
Et es jet halmer twelven, —
Nu pif ef mi noch eene an,
Dann well-we gahn.
49.
Gebt mir doch Haderlumpen!
Ich hab mein Geld vertrunken.
Hätt ichs nicht vertrunken,
Schrie ich nicht Haderlumpen.
450,
Plunderlefer.
Kinderlein
Bringt Plünderlein,
Ziehts Hemden aus,
Bringts mir hinaus.
451.
Appezeller Meideli,
Wie macht mer denn der Käs?
Mer tut en in e Kübele,
Mer drucdt en mit dem Fidele,
Drum wird er audb jo räß.
452.
Ehrwürdige Mutter,
Ehrwürdiger Vater,
Eße' Grünfleifch;
Arm Begingchen
Segen opp der Trappen,
De lappen de Kappen
On ehe Stockfiſch.
ee
453,
Schwebelhölzli, Schwebelhöfzli,
Schwebelhölzli mueß mer ha.
Daß me alli Augeblicti
E Fürli made da.
Wenn das Chüeli i der Nacht
Oppe muh muh muh muh madt,
Mueß de Soageli gli ufftoh
Und mueß nahem Chüeli goh.
Schwebeli mueß er ha.
Schwebelhölzii, Schwebelhöfzli,
Schwebelhölzli mueß mer ha,
Daß mer alle Augeblickli
E Fürli made Fa,
Üfere Hang, der arme Troyf,
Stoßt fie Nächt es Loch in Kopf:
Um nid mieder anzurenne
Mueß er fi eS Liechtli brenne,
Schmwebeli mueh er ha,
454.
Es kuckt ein Mädchen durch den Zaun,
Ich daht es wär ’ne Eule.
Wart, ih wills der Mutter fagen,
Die foll dirs Loch verkeilen,
455.
Dreimal, dreimal um das Haus,
Schäschen, bift du drinnen?
Neich mir deinen Spinnrocfen heraus,
Wil dir heifen fpinnen.
455.
Reißt der Magd ein Bein aus;
Reißt es auch nicht ganz aus,
— 193 —
Laßt ihr noh ein Stümmelchen ftehn,
Das fie kann zu Tanze gehn.
457.
Mer fih Iuftig dreht
Und fein Spaß verfteht,
Der fommt durch die ganze meite Welt.
Mer zu Haufe fist,
Bei Hiftorien fchwißt,
Der wird überall geprelt,
Luftig, luſtig, Iuftig in die Welt!
458.
Jänske van Bremen, de hadd ene Koh
Met ene breve Snute,
Met en Ange fang fe nig guet,
Dat ander was reen ute,
Sup ufe, fup ute
Un wiske dine Snute.
459.
Die Linfe,
Wo fin fe?
Sm Dippe
Sie hippe.
Sie koche
Drei Woche,
Bleibe hart wie die Knoche.
De fie zu,
So han fie Ruh.
460.
Hanfefen tüh din Wämmöfen an!
Et get der nu oploß:
Drai Dage Dicfemiälfe
Un drai Dage Wurft.
Bai Win un Ber im Keller hiät,
Der litt noch feinen Durft,
Dtſche Volksb. 9r, Bd. 13
— 1141 —
461.
Willſt du mit nach Rommelsfirchen ?
Der Weg dahin geht Frumm,
Mo die fiebzehn Bauern faßen,
Die die achtzehn Schinken fraßen:
Willſt du mit, fo fomm,
482,
SE un du
Willn mal na Burtehu,
Willn den Bur in Keller Frupen,
Sin em all fin Beer uffupen.
463,
SE gung mal hen na Grambke,
Da keek ef aver de Planke,
Und as ik in dat Buurhuus Fom,
Da fäg if mit Derwundrung a,
De Ko de fat bie Für un ſpunn,
Dat Kalf lag inner Wegen un fung,
De Katte karmde de Bottern,
De Hund de wufh de Scotteln,
De Fleddermans de fegt dat Huus,
De Swalke drog den Stof herut
Mit eren langen Flegeln —
Sünd dat nig die Lägen?
464.
Schele Wipp, ſchele Wapp,
Mach mir ein Papp
Van Weizenmehl,
Die Frau iſt ſchel,
De Mann ift biind,
Die Magd die trägt dat hölze Kind
Mahl in den Böſch,
Da böppt de Möſch,
— 195 —
Da jagt de Wind,
Da fät dat Kind:
Motter, loht ung heimgohn!
465.
Bimbam Bittgen,
Zu Kölle want e Schmidchen,
Dat Schmidche mäht e paar Bolze,
De drog hä wahl noh Holze.
Me hä do noh Holze quahm,
De Frau de floff de Botter,
De Katz de leck de Schottel,
De Flevdermaus de Fährd dat Hus
Onn worf den Dr— zom Finſter erus.
Et Mariechen foß op dem Daadı
Dnn hät fih do bahl Eranf gelaadh,
466.
Hei es de Schlößel vam Sad,
Do de Hamwer drenn ftaf,
Bo's Pferd draus fraß,
Wo der Mann drauf ſaß,
Der den Klüppel trug
Und den Hund fchlug.
467.
Geht die Frau ing Wirthshaug,
Kocht der Hund die Supp,
Kehrt die Katz die Stubb,
Draat die Maus De Dreck enaus,
468.
Des Abends, wenn ich früh auffteh,
Des Morgens, wenn ich zu Bette geh,
Dann Erähen die Hühner, dann gadelt der Hahn,
Daun fängt das Korn zu drefhen am,
13*
— 196 —
Die Magd die ſteckt den Dfen ind Fener,
Die Frau die fchlägt drei Suppen in die Eier,
Der Knecht der kehrt mit der Stube den Beſen,
Da fisen die Erbfen die Kinder zu lefen,
O weh, wie find mir die Stiefel gefhwollen,
Daß fie nicht in die Beine nein wollen!
Nimm drei Pfund Stiefel und fchmiere das Fett,
Dann ſtelle mir vor die Stiefel das Bett,
469.
Sch faß auf einem Birnenbaum,
Wollt gelbe Rüben graben,
Da Fam derfelbe Bauerdmann,
Dem diefe Smwiebeln waren.
Ach ab, du Schelm, du Hühnerdieb,
Was thuft du in meinen Nüßen ?
So hab ib doh mein Leben lang
Kein befer Quetſch gegeken.
Die Kuh faß auf dem Schmalbenneft,
Hatt zwanzig junge Geißen,
Der Eſel hatt Pantoffen an,
Kam übers Meer geflogen.
Sie klatſcht die Eier in die Wann,
Die Stiefel wollt fie fchmieren,
Schau wie der Efel pfeifen Fann,
Wenn ihn die Flöh verieren.
Ihr Leut macht auf, ift Niemand hie,
Der Efer tanzt Courante.
Der Ochs der fohlägt die Zimboli,
Die Fröfche find Trabanten.
— 197° —
40.
Liget un Kregel
Is beter, ad groot un en Flegel,
471.
Rechten, Linken,
Speck und Scinfen.
472,
Sauerkraut und Till Till Til
Kocht meine Mutter will vill vill;
Mer das Sauerkraut nicht will,
Kriege auch Feinen Ti Till Ti,
473,
Meine Mu, meine Mu, meine Mutter fchieft mich her,
Ob der Ku, ob der Ku, ob der Kuchen fertig wär,
Wenn er no, wenn er no, wenn er noch nicht ferfig wär,
Käm ich mo, käm ich mo, käm ich morgen wieder her.
474.
De SKermes, de Kermes, da fchlachtt mein Vater 'nen Bod,
Da tanzt meine Mutter, da tanzt meine Mutter,
Da wadelt ihr Rod,
475.
Minge Mann, minge Mann es Fenderich,
Frau Fenderihs ben ich,
Dunn wenn minge Mann dat Fendel fchwenf,
Springen ih ümer Stöhl onn Bänf,
Minge Mann, minge Mann ed Fenderich,
Frau Fenderihs ben ich.
Schön ben ich, ſchön ben ich,
Schön ben ih, dat weiß ich,
— 193 —
476.
Karlinele heiß i,
Scheen bin i, daß weiß i!
Rodi Schiejele drag i,
Hunde:t Dahler vermag i.
Scheen will i mi ftelle
Vor de junge Gfelle,
Awmwe nidd vor Ale,
Nur vor dene mo mer gfalle!
art.
Annemariehe, huhuhu!
Geht ind Geiers Garte,
Roppt en rothe Appel ab,
„Der Geier wird dich jage.“
Rothe Kohl, blaue Köhl,
Sinn die befte Pflanze,
Wenn die Burſch insg Wirthöhaus gehn,
Dürfe die Mäderche danze,
478.
Braunkraut, Braunkraut ſind die beſten Pflanzen,
Wenn der Kopf beſoffen iſt, wollen die Beine tanzen.
479.
Denkt er denn, denkt er denn, Mädchens find theuer ?
Fieme vorn Fenk, zehne vorn Zweer, fufzehn vorn Dreier.
480,
Denft er denn, denft er denn, Jungens find theuer?
Fufzehn vorn Fledderwifch, fechzehn vorn Dreier.
481.
Kringelkvang,
Rofendang,
— 199 —
Ketel up dem Füre,
Sumfern fünd fo düre,
Sumfern fünd fo goode Koop,
Hundert up en Strohhoot.
482.
Mädchen.)
Glöckelchen op der Muure
Schlät zwölf Uhre.
De Mädcher Friage gebade Feſch,
De Junge wirf mer unge den Deich;
De Mäder trinke wiße Wing,
De Junge wirf mer en der Ring;
De Mädcher efe Rabaue,
De Junge welle mer haue,
483.
(Rnaben.)
Aetſch! Schab ein Rübchen!
Biſt doch Fein Bübchen!
484.
Faftelovend kütt eran,
Spille mer op der Büſſe.
Ale Mädcher Frigge ne Mann,
Th onn oh ming Süfter,
485.
Me Frigge mer et op? we frigge mer et op!
Dat wihrd net lang mih duren;
Wann al dat Geld verforfen if,
Dann fange mer an zu trure.
456,
Das neue Lied, das neue Lied
Don dem verfoffnen Fahnenſchmied!
Und wer das nene Lied nicht Fann,
Der fang ed wieder von vornen an,
— 200 —
487,
Ich bin dir herzengulden gut:
Gelt, du mir auch?
„Wenn ich dich feh, dann Tächerts mich:
Gelt, ih dich auch?”
488,
Petersdag,
Da heckt der Has,
Da jungt die Kuh,
Da legt das Huhn,
Da kriegt die Hausfrau viel zu thun.
489.
Gott grüß euch, Nachbar Kaſimir:
Welch ſchöne Küchelchen habt ihr hier!“
Man denkts! man denkts: ſie ſchlagen um
Und werden Hähne, ſo kommt man drum.
490.
Herr Demereh,
Der Schoß dem Reh
Das Bein entzwee:
Da fchrie das Reh:
O Semine!
Herr Demereh,
Das thut fo weh.
491.
Wat deit di weh?
Dat linfe Knee.
We hett dat dahn?
„De Kutterhahn.“
Kunnft em net flahn?
„He wull net ſtahn.“
492,
Hora horei,
Mein Küh find alle ’nei.
's fehlt mir noch ein rother Scheren,
Wo mag denn der im Holze ſtecken?
's fehlt mir noch ein Biegenbod:
Wo mag denn der fein hingehoppt ?
'nunter in dad Niederland,
Wo die reihen Bauern figen
Mit den großen Zippelmügen,
Die das Geld mit Scheffeln meßen
Un den Quark mit Löffeln eßen,
493.
Sechs mal ſechs ift fehsunddreißig.
Iſt der Mann auch noch fo fleißig
Und die Frau ift Tiederlich,
Geht die Wirthihaft hinter fich.
Defonderd wenn fie gern Kaffe trinkt.
494,
Smwifhen Berg und tiefem Thal
Saßen einft zwei Hafen,
Sraßen ab das grüne Gras
Dis auf den Wafen.
ALS fie fatt gegeben waren,
Sesten fie fich nieder,
Dis daß der Jäger Fam
Und fchoß fie nieder.
Als fie fih gefammelt hatt'n
Und fih befannen,
Daß fie noch Leben hatt’n,
Lufen fie von dannen,
— 202 —
495.
Wenn Kinder fallen:
Hand mit ’n rufen Kragen
Steeg up den Kacelaven,
Bauz! full he h’runner!
Meer dat ’n Wunner?
Harr he nih fo hoc geftegen,
Harr he nih en Kal Fregen,
496.
Da Waftı
Schbaigt af 's Naftt,
's Naftı bricht ao,
Fallt da Waſtl
Tom Naſtl
In Ba,
Warſt nid affi gſchtige,
Warſt nit aobe gfalle,
Heſt main Schweſta ghairat,
Warſt mein Schwaoga woarn,
Heft a kloans Haiſl kriägt,
Daß d'a Goaß kinnſt haobn.
497.
Was trägt die Gans auf ihrem Schnabel?
Dank fei der Gans,
Einen Ritter mitfamt dem Sabel
Trägt die Gans auf ihrem Schnabel,
Dank fei der Gans.
Danf fei der Gicelgadel,
Hinten geht es wickelwackel,
Vorne geht es fliflaflederwiich,
Was trägt die Gans auf ihrem Kopf?
Danf fei der Gans,
— 203 —
Einen difen Koh mitfamt dem Topf
Trägt die Gans auf ihrem Kopf.
Dank fei der Gans,
Dank fei der Gickelgackel u, f. w.
Was trägt die Gans auf ihrem Kragen?
Dank fei der Gang,
Einen Fuhrmann mit Rofs und Magen
Zrägt die Sand auf ihrem Kragen,
Dank fei der Gans.
Dank fei der u, ſ. w.
Was trägt die Gans auf ihren Flügeln?
Dank fei der Gans.
Einen flattlihen Reiter mitfamt den Bügeln
Trägt die Gans auf ihren Flügeln,
Danf fei der Gans,
Dank fei der u. f. mw.
Was trägt die Gans auf ihrem Rüden?
Danf fei der Gans.
Ein altes Weib mitfamt den Krüden
Trägt die Gans auf ihrem Rüden,
Dank fei der Gans,
Dank fei der u, ſ. mw,
Mas trägt die Gans auf ihrem Schwanzerl?
Danf fei der Sans.
Eine Sungfrau in dem Hochzeitkranzerl
Trägt die Sand auf ihrem Schwanger.
Dank fei der Gang,
Dank fei der Gidelgadel,
Hinten geht es wickelwackel,
Vorne geht es fliflaflederwifch.
— 204 —
498.
Drei Rofen im Garten,
Drei Lilien im Wald,
Gm Sommer ift3 Iuftig,
Sm Winter ifts Falk.
VIII. Verkehr mit der Matur.
499,
Regen.
Es regnet,
Gott fegnet,
Die Sonne foheint,
Der Mond greint,
Der Pfaff fist auf dem Laden,
Srißt alle Pallifaden,
Die Nonne geht ins Wirthehaus
Und trinkt die Gläſer all all aus.
500.
E3 fängt an zu vegnen,
Gott fommt entgegen,
Gott ift ein feliger Mann,
Der den Regen vertreiben Fan,
501.
Rähne Rähnedröppche,
Fall net op ming Köppche,
Fall net op ming Borterfaaß,
Et mwihrd jo ſöns ganz klätſchnaß.
Rege Regeſchure,
30 Köllen op de Mure,
Do fezze drei Pandure,
De weſche fih un plätfche fih
Bes de Regen över ei,
503,
Rege Regeichure,
De Kalwer op de Mure.
Do foot en WVögelfhen op et Daf,
Dat riep all ömmer: Weit! weit!
Dat de Regen dvergeit,
504,
Regen Regenfchuren,
Te Möllem op de Ruhren,
Te Kettwig op de Bröggen,
Do danzen all die Möggen.
Wat Gott weit, wat Goft weit,
Dat die Schur wier öwergeit.
503.
Renga venga Tropfa,
Schö blüat da Hopfa,
Schö blüat 's Himalkraut:
Liabi Frau, machs Thürl auf,
Laß'n Reng nei,
Laß raus 'n Sonnaſchei—
506.
's räeht,
Der Ackermann ſäet,
Die Vöglein fingen,
Die Körnlein zeripringen,
Hutſch he! hutſch he!
— 206 —
507.
Regen Regendröppfen,
Et vegent op minn Köppfen,
Et regent op minn Scholderblatt,
Dann werden wei allemoien natt.
508.
Diri diri daine!
's rägnef dur e Zaine,
's rägnet dur e Rumbelfaß,
Alli Biäwele werde naß.
509.
Maieräie mach mich groß,
J bin e Eleiner Stumbe,
Gheer under d'Lumbe.
Bliew i als e Stumbe ſtehn,
Will i liewer ind Himmele gehn,
510,
Mairänche, trepps op mich,
Fal ob mid, dann wahllen ic.
511.
Mairegen,
Mach mich groß.
Ich bin fo klein
Wie'n Hinfelsbein,
512,
Love Löve Trine,
Laat de Sünke ſchiene,
Laat dem Regenke öwergahne,
Dat de kleene Kinder kunne ſpeele gahne.
513.
Sonnenregen,
Hutabnehmen,
Morgen wird fhön Wetter werden,
— 207 —
514.
Regen Regen ruf,
De König fahrt to Busch,
Laet den Regen öwergan,
Laet de Sünn wedder Famı.
Sünn Sünn, fum wedder
Mit din golden Kedder,
Mit din golden Stralen,
Beſchin und altomalen.
Beſchin dat ganze Engelland,
Dar hangt de Klocken an de Wand,
Wo Maria boven fitt
Met dat lütje Kind in Schoet;
Haelt en Stuten Botterbrot,
Mi wat, di mat,
Unfe Tütje Muefchfatt wat,
Denn hewt wi altomael wat!
515.
Gewitter.
Is denn keene junge Frau,
Die da rechert (räuchert) mit Hartenau?
516.
Schnee.
Die Mutter fpridt:
D’ Engele hand Bedd gemacht,
D’ Fedre flieje runder.
AU Dag do fehlofe fie,
Z'Nacht, do finn fie munder,
Wäre fie nidd munder z’Nacht,
Wer hätt denn min Kind bewacht?
51T,
Es ſchneit, es fchneit,
Daß 's Fetze geit.
Mutter, ſchneid mir au Brot ra.
— 208 —
518.
Reif.
Hinderem Wald und vorem Wald
Hets en ſchöne Rife;
Dem Anneli ſind d'Ohre chalt,
D'Buebe wend dra grife,
519,
Sonne.
Sünning, kümm wärrer
Met dine fehöne Färrer,
Met dinen gol’nen Straol,
Beſchin und allemal.
520.
Regen ga weg mit diner langen Näſe;
Sunne fum weder
Mit diner güldenen Feder,
Mit dinen güldenen Stralen
Dam Himmel herdalen,
521.
Sunna Sunna fcheint hoaß,
Ueber alle Zäun hoaf,
Ueber alle Wolfen.
Mein Vater hat fchon g’molfen
Ein Kuh, zwo Goaß.
Sunna Sunna fcheint hoaß.
522.
Die Sonne fcheint,
Die Kate greint.
Die Männer gehn ind Wirthshaus,
Trinken all die Gläſer aus,
=
523.
Das Männlein im Mond.
Mellemännele im Mond,
Guck e Bißel erunder.
Guck in alli Stuwwe ’nein,
Gelt, es nimmt di Wunder?
Wirf dien Leiderle ’ra,
Graddel driwwer ’nunder,
Vorne 'ra,
Hinde ’ra,
Iwwer alli Stange.
Wenn de mit
Spiele witt, |
Mueß merr ’3 Liffele fange.
524
Schnecke.
Schneck im Haus,
Komm heraus.
Kommen zwei mit Spießen,
Wollen dich erſchießen;
Kommen zwei mit Stecken,
Wollen dich erſchrecken.
525.
Schneck im Haus,
Kriech aus,
Steck die Hörner raus.
Wenn du ſie nicht ſtrecken willſt,
Werf ich dich in Graben,
Freßen dich die Raben.
Hol ich dich heraus,
Frißt dich die Maus,
Schneck im Haus.
Dtſche Volksb. Ir. Bd.
14
— 210 —
526.
Schnegge Schneggehüsli,
Streck dini Pfüsli,
Streck dini Hörnli us
Oder i ſchlag der es Loch ins Hus.
527.
Schneckenhorn
Reck das Horn,
Reck ſie alle vier
Um einen Eimer Bier.
Willſt du ſie nicht recken,
Schmeiß ich dich wider einen Stecken,
Daß du daran bleibſt klecken.
528.
Kloſterfrau im Schneckenhäusle,
Sie meint ſie ſei verborgen,
Kommt der Pater Guardian,
Wünſcht ihr guten Morgen.
529.
Schnefe Schnecke fchniere,
Weis mir deine Hörner alle viere.
Willſt du fie nicht rausitreden,
Will ich dein Haus zerbrechen.
530,
Anton Anton Gertrud,
Stäf dien dre, veer Hörend uf uw.
531.
Suagel im Hus, fum herut,
Sup de ſäute Miälfe ut,
Stingomues
Kruep uet din Hues,
Stift all din veer, fief Hörner uet.
Wullt dus nech netftäfen,
Will i din Hues tobräfen,
533,
Schnecke bede, ftede
Deine vier fünf Hörner aus,
Wenn de fe nih rans flichit,
Schmeiß ih dih innen Mift,
Schmeiß ih dih in Graben,
Freßen dich die Naben.
534.
Suaf Snack fomm heruef,
Sunft tobräf if di din Hues.
535,
Täkeltuet
Kruep uet din Hues.
Din Hues dat brennt,
Din Kinder flennt,
Die Fru die ligt in Wäken,
Kannk di nich mal ſpräken?
Täkeltuet u. ſ. w.
536.
Schlaf Schlaf, fomm erus,
Et feß en Deer en dingem Hus,
Dat für der al de Milch us.
537.
Unke.
Unk Unk Unk,
Vor Zeiten war ich junk:
14*
— 212 —
Hätt ich einen Mann genommen,
Wär ich nicht in Teich gefommen.
Unk Unk Unk!
Vor Zeiten war ich junk!
538.
Blindſchleiche.
Kunn ick hören, kunn ick ſehn,
Biten wull ick dör en Flintenſteen.
539.
Langbeinige Spinne deren Beine ausgerißen noch zittern-
Schoſter Schofter, ein Been,
Dat anner hangt im Schofteen.
540.
Weinfhröter.
MWeinfchröter, fchlag die Trommel,
Bis der bittre Bauer kommet.
Mit den Grenadieren
Muft du fortmarfcieren,
Mit dem blauen Reiter
Auf die Galgenleiter.
Weinfchröter, du muft hangen,
Bift bei Nacht zu Wein gegangen,
Weinſchröter, fchlag die Trommel
Bis dein bitfrer Tod gefommen.
Wollt ihr den Dragoner fehn
Auf der leeren Treppen ſtehn?
Morgen thun fien henfen,
Der wird dran gedenken,
Ei, fo fhlag der Kufuf drein,
Lieber Fein Dragoner fein.
— 213 —
541.
Maikäfer und Marienkäfer.
Maifäfer flien,
Dein Vater ift im Krieg;
Dein’ Mutter ift in Pommerland,
Pommerland ıft abgebrannt,
Maikäfer flieg!
542,
Maifäver, fleeg weg
Op dä Pitters Steenmeg.
Komm morge widder,
Breng zwei andre mid der,
543,
Marienfäferchen, flieg eweg!
Dein Häuschen brennt,
Dein Mufterchen flennt,
Dein Bater ſitzt auf der Schwelle:
lieg in Himmel aus der Hölle.
535.
Herrgottööchglein, flieg in den Büſch,
Bring mir einen Sad voll Hafelnüß.
544,
Türfenmänncden, flieg hinweg,
Die Weiber mit den Stangen
MWollen dich empfangen.
Türfenweibchen, flieg hinweg,
Die Männer mit den Spießen
Wollen dih erſchießen.
Flieg in den Himmel,
Bring einen Sad voll Kümmel:
Tunk ich meinen Wed hinein
Dei dem rofhen Fühlen Wein.
— 214 —
545.
Himmelsthierchen flieg, flieg hoch in die Luft,
Flieg in Herrgotts Gärtchen!
Fliey, fonft fommen die Leut mit den Spießen
Und wollen dich erichießen,
546.
Maifäfer, fliej uff!
Mah dinre Mueder d'Schür uf!
D'Judde kumme,
D'Heide kumme,
Welle mit derr reche,
Welle dich und dine liewe Kind alli zſamme zu Dod fteche,
547.
Maikäfer fliej uff!
Dien Fierele brennt,
Dien Sibbele Eocht,
Dien Mueder fist uf der Schawälle.
548,
Zulla Zulla gogl,
Spinn fpinn a Gaare,
Der Weber will eins habe.
549.
Maifäfer, flüg uf,
Uf die hohe Tanne.
De Meifter ifh go wandle gange (in die Fremde).
Er leit de Bündel uf de Tiſch
Und fraget mad er fehuldig ifch.
En Ehrüzer und drei Guldi.
Heſch mer fern e Schöppli gmacht,
Mah mer hür en Troli.
Trolli froli ufem Hus,
Laß mers Chindli fchlofe,
Oder i mach e Rüethli drus
Und thue di damit ſtrofe.
i — 215 —
550.
Herrgottöichäfchen,
Fliegewäppchen,
Dein Topfchen kocht,
Dein Kindchen kreiſcht;
Da kommen ihrer ſieben mit Spießen,
Die wollen dich erſchießen:
Haſ Haſ Hal bu.
551.
Maikatt,
Flügg meg,
Stüff meg,
Bring mi morgen goet MWedder med.
552.
Marspaer, flieg in Himmel,
Bring mi’n Sad voll Kringeln,
Mi een, di een,
Alle lütten Engeln een.
553,
Hiärguots-häunken flüch op,
Tüh den hogen Hiemel rop,
Brenk mi ne güllne Ki'e (Kette) mit.
554.
Lurelurelämken
Soot all op et Kämpken;
Lirelirelisken
Soot all op et Kisken.
555,
Sunnenkalf,
Mahnkalf,
Wo lang' ſchall ick leven?
Een Jahr, twe Jahr u, ſ. w. bis er wegfliegt.
Sonnefiefen, if frage di:
Wi lange fchall if leven?
Een Fahr, twe Jahr u. ſ. w.
557.
Srauenfühle,
Steig aufs Stühle,
Flieg in Himmel nuf
Und bring gut Wetter vus.
558.
Eheferli Eheferli flüg us,
J getter Mitch ond Brocka
Ond e filberigd Löffeli dezue.
559,
Johanniswürmchen.
's fliejt e firis Männel rum,
Iwwer Hauj unn Hecke,
Het e guldis Ladernel, drum
Kann ſi's nit verſtecke.
Firis Männel uff'm Hauj,
Gib merr din Ladernel au!
560.
Schmetterling.
Müller Müller Mater,
Geb mirn Saf voll Thaler:
Geb mirn Thaler in die Hand,
So fahr ih mit nah Engelland,
561.
Miller Miller Maler,
8 Bärwel um e Daler,
's Liſſel um e Scifellumbe,
's Gredel um dreihundert Gulde,
— 217 —
562.
Molketöwer, fett di,
Geew di e Stöcke Butterbrot,
Butterbrot verlang öck nich,
Duſend Daler krieg öck nich.
563.
Tihufa Marufa,
Fleeg op de Botterbütt,
Sag mer of ming Morter kütt.
564.
Goldvogel, flieg aus,
Flieg auf die Stangen,
Käfebrode langen,
Mir eins, dir eins,
Ale guten Gfellen eins,
565.
Buttervaogel, ſött def,
Mul un Maſe bleuit def,
Vaoder un Moder röpt def.
566.
Buttervögelken, ſett dik
Op mine Hand, op mine Hand,
J dauhn dik niſcht tau Leide.
Et ſoll dik niſcht tau Leid geſcheihe,
Will mer dine bunten Flittchen ſeihe,
Bunte Flittchen mine Freude.
567.
Libelle (verwünſchte Jungfer).
Fru Medder,
Sett ju nedder!
— 213 —
568.
Grille.
Grill Grill geh außen:
J gib dir Käf und Brot:
Drinnen leidft du Hungersnoth.
569,
Fledermaus.
Fledermaus,
Kämme mich de Haar aus.
Fledermaus Speck Speck!
570.
Plirrmus,
Ba hiäs din Hus?
Omme Bremmenſtene.
Backe din Brot,
Kuoke din Maus,
Jet et ganz allene!
572.
Rabe.
Rabe Rabe, Dürrbein!
Die Leute ſagen,
Du hättſt nur ein.
573.
Weich Weich Hühnles Dieb!
Es fallt ein Block vom Himmel rab
Und ſchlägt dem Weih den Kragen ab,
574.
Kob Kob, dein Neft brennt!
575.
Krapp Krapp, dein Häusle brennt,
D’ Juddeweiber kochet drin,
— 219 —
576
Rab rab, Radl radl,
Zwiſchen zwei Stadl,
Zwiſchen zwei Stangen
Muſt du erhangen.
577,
Weib.
Wihe Wihe, witte Tunge,
Deine Kinder ſin verſchlunge,
Sin in rothen Kaſten ſloten,
Sin alleheil mit Blut begoten.
578.
Weih Weih, mach mer en Ring,
Oder i ſchlo der en fürige Stein in Grind.
579.
Ulewei,
Deine Kinder ſchrein.
580.
Raweih Raweih, du Kükendef,
Din Vaoder und Modder is en Def.
To Neiſtadt, to Neiſtadt,
Dao hangen Vere ant Galgenrad,
Dao krigen de Raoven ok wat.
581.
Habicht.
Hawek hawek Kükendeif,
Hiät ſin Var un Mor nitt laif.
582,
Fuchs.
Ru ru rinneken,
Der Fuchs der fraß dat Hinneken,
Da
Ih
Da
Da
Da
— 220 —
gab er mir den Magen,
follt e3 Keinem ſagen.
fagt ichs, da ſchlug er mich, da weint’ ich.
fhmiert” er mir ’ne Butterſtulle:
ſchwieg ich.
583,
Drib drab Hühnerdieb,
Haft mir meine Pippchen lieb;
Haft mir eins geftohlen,
Der Kuckuck fol dich holen.
Er wird dich legen auf den Tiſch,
Er wird dich fehneiden wie ’nen Fiſch,
Er wird dih legen auf den Teller,
Er wird dich fehneiden Flein wien Heller.
534,
Wolf.
Wolf Wolf, friß mi nidd!
Hundert Dahler gimw i derr nidd,
Zeh will ich derr gäme,
205 mi nur am Läme.
585,
Stier.
Bulle Bulle böfe,
Nimm mek of de Hören,
Drag mek bet naun Blockenberg,
Wu die Sungens Water drat,
Un de Maechens nao Danze gat.
586,
Stord.
Storch Storh Steiner
Mit den langen DBeiner,
Flieg mir ind Bäderhaus,
Hol einen warmen Werk heraus,
— 21 —
Iſt der Storch nicht ein ſchönes Thier?
Hat einen langen Schnabel und fäuft Fein Bier.
587.
Storch Storch Schneggebei,
Trag mi uf der Leitern hei,
Trag mi bis go St. Galle
Und laß mi niene falle,
588,
Storch Storh Stane,
Flieg über Hane (Hanau),
Fiieg übers Beckers Haus,
Stoß drei Wed heraus,
Mir ein’n, dir ein’n,
Armen Schelmen gar Fein’n,
589,
Stork Storf Stane,
Flieg iber Hane,
Flieg iberd Bäcerhaus,
Gucke drei fhöne Boppe raus uſw. w. o.
590,
Stuark Stuark Stene,
Miet dinen langen Benen,
Miet dinen langen Schwickſchwack,
Alden Lüien brengſtu wat.
591.
Klapperſtorch Langbein,
Bring ung doh ein Kind heim.
Leg es in den arten,
Will ed fein warten;
Leg es auf die Stiegen,
Will es fein wiegen.
— 22 —
592.
Adebär lange Bär,
Dring mi’n litjen Broder ber,
SE willn oof flidig megen,
Schoſt mi ook nig bedregen.
593.
Heitebaut du befter,
Bring mi ne fine Schwefter,
Sett fe mi ennen Gaoren,
Ick will fe flitih waoren.
594,
Albaor du befter,
Dreng mi'n klene Schwefter;
Albaor du roder,
Dreng mi’n klenen Broder.
595.
Hadebar von Oder
Bring ons e junge Broder,
Hadebar von Efter
Bring mi e junge Schwefter,
59.
Storch Storh Langbein,
Wann fliegft du ind Land hinein,
Bringft dem Kind ein Brüderlein?
Wenn der Roggen reife,
Wenn der Frofch pfeifer,
Wenn die goldnen Ringen
In der Kifte Elingen,
Wenn die rothen Appeln
Sn der Kiſte rappeln.
— 223 —
597.
Adebaer Langebeen,
Wenn mullt du to Lande teen?
Wenn de Rogge rieper,
Wenn de Pogge piepet,
Wenn de gäle Bäern
In de Böme gläern (glänzen),
Wenn de gälen Appeln
Sn de Böme Elappeln,
Will Langebeen
To Lande teen,
598.
Heilebart,
Klapper in Fahrt,
Wo bafte dine Funken?
Dffen Papendifen,
MWennehr willft fe wedder holen?
Wenn der Rogge riepet,
Wenn de Mife piepet,
Wenn de Plaug ſtille fleit,
Wenn de Jäger na Felde geit.
599.
Storch Storch Schnibelſchnabel,
J will di lehre Silber trage.
Wenn de Rogge rift
Und de Müller pfift,
Dänn chunnt der Vetter Ueli
Und bringt der e Paar Schuehli.
600.
Storch Storch Schnibelſchnabel,
Mit der langen Ofengabel.
Kaüf mer au en Ketten dra,
Daß i mi dra hebe Fa.
— 22141 —
's fist e Dögele auf em Dad,
Surfer, ob mer Küchle bach.
D’ Küchle find net bache,
's Wögle darf net lache.
601.
Storch Storh flipp die Bein,
Zrag mich auf dem Rücken heim,
Kaunft du mich nicht tragen,
Leg mich auf die Wagen,
Kannft du mich nicht ziehen,
Laß mid zu Haufe liegen.
602.
Knäppner Knäppner Lanabeen,
Wat deiſt up unſern Dammſteen!
Du häſt ja rothe Strümpe an,
Er lät di wi en Edelmann.
603.
Haolebott du Klapperbott,
Wo heſte dine Kinder?
Uppen Möllendik w. o.
604.
De Hadebar, dat öſſſe braver Mann,
He buut feer die Kinger e Huuske,
He flecht ook wedder von dann.
De Buur de pflögt ſin Ackerke nich recht,
De Hadebar, de Hadebar,
De geiht onn trött emm de Fahrkes torecht.
605.
Kuckuck.
Kuckuck, ſup en Ai ur,
Friet de Schale met,
Dann wäcrſte dick um fetf.
— 25 —
606.
Kuckuck!
Eierſchluck!
607,
Kuckuck, Beckenknecht,
Sag mir recht,
Sag mir über drei Gräben,
Wie lang ſoll ich noch leben?
608.
Kuckucksknecht
Segg mi recht,
Segg mi wahr,
Weveel Jahr
Oek leewe warr?
609.
Kuckucksbruder, ſag mir wahr,
Wieviel Jahr ich leben ſoll?
610.
Kuckuck vam Häven,
Wo lange ſall ick leven?
Sett di in de gröne Grastit
Un tell min Jaerstit.
611.
Kuckuck,
Spekbuck,
SE bid di:
Seg mi dod,
Wo väel Joer
Läw if no?
612.
Kuckuck achter de Heden,
Wo lang fchall if gaen fo bleden?
Difche Volksb. Ir. Br. 15
— 226 —
613.
Kuckuck, ich hör dich rufen,
Abwaſche mich meine Sprußen,
Daß ſe dich beſtehn
Un mich vergehn.
614.
Der Kuckuck auf dem Zaune ſaß,
Da kam ein Regen, da ward er naß.
Kam der liebe Sonnenſchein,
Da ward der Kuckuck hübſch und fein.
615.
Kuckuck gibt Kindelbeer,
Kiwitt maeckt Grütt:
Lütten Deern, haelt Läpele häer,
Lütten Jungens, äet mit.
616.
De Kuckuck unn de Kiwitt,
De danzden op den Butendyk.
Do keem de lütje Spreen (Staar)
Unn wull dat Spil anſehn.
Do neem de Kuckuck gau en Steen
Un ſmet den lütjen Spreen ant Been.
Do ſchweeg de lütje Spreen:
„Au au, min Been, min Been!
Ick will dat Spil nich mehr anſehn.“
Lütje Jümfer Spreen!
Weerſt du buten bläwen,
Harſt keen Schaden krägen!
617.
Kuckuck öſſ geftorme!
Wo ſulle wi öm ſöke?
Unter de holle Dfe!
— 27 —
Wo fulle wi dm finde?
Unner de hole Linde,
Mo fulle wi öm begrame?
Undrem Schulte Ame!
Stöt öm nich de Kethel uuf,
Ett rooft om önn den Narmwen!
613,
Kuckuck hat fih todt gefallen
Bon einer holen Weiden,
Wer foll uns diefen Sommer lang
Die Zeit und Weil vertreiben ?
619.
Wildgänfe.
Eer:908 die ante,
Pillen omme Kampe,
Latt rümme gan, latt rümme gan,
Latt den achtſten vüör gan,
620.
Gänſe.
Drei Gäns im Haberſtroh
Saßen da und waren froh.
Da Fam ein Bauer gegangen
Mit einer langen Standen,
Ruft: Wer do! Wer do!
Drei Gäns im Haferftrof
Saßen da und waren froh,
621.
Meine Mutter hat Gänfe,
Fünf blaue, ſechs graue, oho! ho! ho!
Sind das nicht Gänfe!
15*
— 223 —
622.
Ei Mürterlein, lieb Mütterlein,
Das Gänslein ift im arten. —
Tag mirs hinaus, jag mirs hinaus,
Es thut mir großen Schaden, —
D Mürterlein, lieb Mütterlein,
Das Gänslein will mich beißen. —
Nimm ein Gäbelchen,
Schlags aufs Schnäbelchen,
So wirds dih nimmer beißen.
623.
Enten.
Pauz pauz Pulderjahn,
Die Mutter ſchlacht 'ne Ente,
Thut en Stückchen Butter dran,
Daß ſie nicht verbrennte.
624.
Hahn und Hühner.
Kiferifi, du roede Haen,
D Teen mi doch din Sparen!
SE will net to frien gaen,
Dat fal nich lange waren,
625.
Gigerigi,
Der Hahn iſch nidd hie!
Er iſch ze Zawre,
Er holt e Säckel voll Hawre.
626
Ihr Diener,
Was machen denn ihre Hühner?
Legen ſie brav Eier?
Was koſtet's Schock?
— 229 —
Einen Dreier,
Das ift mir zu thener,
Ein Pfennig:
Das ift mir zu wenig,
Ein Zweer:
Das geht noch eher.
627.
Haft mein Biber! nit gfehn laafen?
Thu die ganze Gegnd agaffe,
Und es melde fih Fain Bibi,
Bibibibi, bibibibi,
Und es melde fih Fein Bibi!
623,
Hans Stripp upp, min Sön,
Sag de Höner vun Bon;
Amer feh di mul für,
Dat du nich fallt da dor.
629.
Die ſchwarze Amfel.
MWenn ih fhon ſchwarz bin,
Die Schuld ift nicht mein allein:
Schuld hat mein Mutter ghabt,
Weil fie mich nicht gewaſchen hat,
Da ih noh bin geweft
Im warmen Federneft.
630.
Finken.
Oh Mohder, ming Finke ſenn duhd!
Sie freße keen Grömmelche Bruhd.
„Hättſt du dä Finke ze freße gegewwen,
Dann wäre de Finken am Lewe geblewwen.“
— 230 —
631,
Hinter meim Gartenzaum
Steht fo e ſchöner Apfelbaum,
Da fist e Fink Fink Fink,
Der fo ſchön fing,
632.
Stieglitz und Zeifig.
Stieglitz Stieglis, 's Zeiſerl is Franf,
Gehma zum Baoda,
Loß m'r iähm Aoda;
Stieglitz Stieglitz, 's Zeiſerl is krank.
633.
Katzen.
Iſt das nicht ein ſchöner Scherz,
Wenn der Kater in dem Merz
Suchet feine Frau?
Wenn er auf die Daher fpringt
Und fein luflig Liedchen fingt:
Rau Mau Miau!
634.
Iſch diß midd e fcheener Scherz,
Wenn der Käpler in dem Merz
Schreit um fini ſufri Frau,
UA de Dächer rummer fpringt
Unn derzue fin Liedel fingt:
Miau miau miau!
635.
Rufe Muſekättken,
Ba muefte nu henfau?
SE well na Bertevars Hüsken gon,
Da flachter fe ne Kau,
— 231 —
Da flachter fe 'n Swin,
Da drinfet fe of Win:
Batt ſött de Fleinen Dünnerfed da (nflich iin,
636.
Gulönli, Gulönti (Frauenfhuh, cypripedium calecolus L.),
De Meifter git mer’s Löhnti.
Er leit de Sedet uf de Tiſch
Und meiß nid was er fchuldig iſch.
637.
Zannenbaum.
Herr Tannenbaum Herr Tannenbaum,
Du bift ein edler Reis,
Du grüneft ung im Winter
Sp wie zur Sommerzeit,
638,
Birne.
Birli Birli rive (reife Birne),
Es fieht es DBüebli underem Baum
Und wartet bis das Birli chunnt.
639.
Hafelnüße.
Ei du liewi Dordee:fiß,
Geh mit meer in d’Hafelmiß,
's henki alli Hecke vol,
Weiß nit wo i zopfe ſoll.
640.
Halleluja de Nottjens find gar!
Gif mi en Par, Se fchmeden fo rar:
Gif mi een, fo blim id ftahn,
Gif mi twee, fo will ick gahn,
Gif mi dree, jo wünſch if Glück,
Dat de Kökſch (Köchin) en Brögam Frigt,
— 232 —
641,
Dom Himmel hob da Fam ich her,
Lang mi ’nmal ’n par Nottjend her!
Sind fe wart grof, Dat heft feen Noth,
Sind fe wart Fleen, Gif mi twee for een,
642,
Heidelbeeren.
Geh mit mir in die Heidelbeeren;
Heidelbeeren find noch nit bio.
Geh mit mir ins Haberſtroh;
Haberftroh ift noch nik zeitig,
Geh mit mir ins Beſenreiſig;
Beſenreiſig ift noch nit auf,
Geh mit mir die Trepp hinauf;
Trepplein ift verbrochen.
Sind wir nauf gefrocen.
Sind wir in dem Kämmerlein,
Schenk ein Schöpplein Wein ein.
643,
Heidelbeeren
Eß ich geren,
Wenn fie füße find,
Meine Mutter wird fih freun,
Menn ih nah Haufe fomm
Mit Schönen Heidelbeeren:
Sch bin und bleibe fromm,
644,
Heidelbeeren Heidelbeeren
Stehn in unferm arten,
Mutter gieb mir auch ein Paar,
Kann nicht länger warten.
Tri fra trull,
Min Küörfken ed vull:
Latte us nu na Hufe gahı,
Wo de Kleinen alle ftahn.
Sraget fe us:
Hett et of de Küörfkes vull?
Hela hela, tri fra trull.
646.
Tolle tolle toll,
Min Kuarf ies vol,
Stäit op leifer Arden,
Kann nitt völler wärden,
Ufer weren fiewene,
Erer weren actfe:
Wollen und nit wachten.
Aikenſpan bitt oppet Jaor
Wellwi wier fo Heaupe gaohır.
647,
Ehkhon!
Mine Korf es ſchlekvoll;
Wenn mine Korf nit ſchlekvoll es,
Dann ſeng eck ok nich Ehkhon.
Oven op dem Walle,
Do hävo ef mi gefallen,
Hävv ef mi fo weh gedohn,
Dat ef nit mehr op fonn flohn,
En dem Bärmer Siepen
Sind de Wolbern riepe,
Mon dann mefi meedergon
Dn holen en ganzen Korf voll.
— 231 —
648.
Bei Pfeifenfchneiden.
Pipe prpe, millft du gehn,
Sonft ſchlag ich dich inzwee,
Wenn du nich abgehn willt,
Schmeiß ih dich in Graben,
Da freßen dih die Raben.
649.
Fabian Eebaftian,
Lat mi de Widenflöt afgahn!
650,
Sa Sa Pipe,
Upm Moiendike,
Dar fit en Mann, der heet Johann,
Der har dre rode Stöfeln an:
De ene hörde mi to,
De anner hörde di to,
De drudde hörd’em Papen to,
Do fam die ole Heife
Mit en blanfen Mefte,
Sneet den Küfen den Kop ab,
Smeeten in Busch,
Pumps fü de Buſch,
Is de Sapipe noch nicht good?
651.
Sippe fappe Sunne,
Min Moer is ne Nunne,
Min Vaer es ’n Pape,
Dä wollen Pipfen malen,
Dat wolf ’ne nit geraen;
Do auam de Juffer Jütte
Un fmer et intem Pütte;
— 235 —
Da auam de Suffer Gerderuf
Un trof et Pipfen wier berut;
Da auam der blinne Heſſe
Met dem langen Meile.
Snet af, Kopp af, Stiärt af,
Altes bat derane was,
Kättfen laip den Bom herop,
Wol ein Bietken Sap halen;
Da dat Kättken wier quam,
Was et Pipken ute,
Pipkenut, Huckenkrut, Hudenfrur!
652,
Zrimpop Trimpop,
Hanf den langen Daip op!
Kättfen laip den Zourn heran,
Wol den Tourn decken;
Dao dat FKättfen wier kwam,
Was et Pipfe ute,
Kräih wat op de Sunte.
Pipfen gah doch ute,
Pipken gah doch ute.
653,
Jek wol ’ne Huppete maofen,
Dä wol mi nit geraoen,
Dao fchmeit if fe innen Doaren,
Dao kwam det Hären= Hünefen,
Un nam fe inner Münnefen,
Laip dermet 'me Zourn ’ran.
De Tourn was bedecket u, f. mw.
654.
Pipfen Pipfen Sape,
De Möller foot om Daafe,
— 236 —
Pipken Pipfen Ohligskrut,
Dat Kätzken leep der Döarn erut,
On as dat Kätzken wederkohm,
Do wor dat Pipfen fädig,
So fädig, fo fädig.
655,
Sipp fapp feepe,
Ich made mich ne Flete
Bon Thümian, von Majoran;
Un willſt du nih vom Baſte gahı,
Schmeiß ih dih in Graben u. f. w.
656.
Pipe, willſt du nicht gerathen,
Schmeiß ih dih in Pfaffengarten.
Komme die Kuh,
Frißt dich zu;
Kommt die Maus,
Frißt dich aus;
Kommt der Storch,
Frißt dich dorch;
Kommt das Kalb,
Frißt dich halb;
Kommt das Schwein,
Frißt dich über und über 'nein.
657.
Saft Saft Sinn!
Korn in die Müll!
Staub in die Bad,
Thut mein Pfeifhen 'n helfen hellen Krach.
658.
Daß Baß Buribaß,
Gif mi en gode Fleit af,
TE gäv di een werrer af.
Beim Klopfen:
— 237 —
659,
Pipfen Pipfen Sapholt!
Der Möller kickt tom Daafe rut
Mit der witten Mötfchen,
He woll dat Lisken büsen,
Met dem ruaden Dafe,
He woll dat Pipfen malen,
Ein twei drei!
Dann mott dat Pipfen feedig fein.
660.
Niklos Niklos!
Mach mer minn Piff los!
Beim Abziehen der Rinde:
Hans Hans!
Laß mer minn Piff ganz!
Bei der weitern Zurichtung:
Anna Gret!
Mach daß minn Piff geht.
IX. Uachahmungen.
661.
Einquartierung.
Die Enten fpreden:
Soldaten fommen! Soldaten fommen!
Der Enterich ſpricht:
Sackerlot, ſackerlot!
Der Haushund ſpricht:
Wo? wo? wo? wo?
Die Katze ſpricht:
Von Bernau, von Bernau.
Der Hahn auf der Mauer:
Sie ſind ſchon da.
— 233 —
662.
Zrompeterftüdchen.
A Herr, verih o o ne mid,
Sefus Maria a a,
Iſt denn fein Kavallerie mehr da?
Jeſus Marie,
Wo bleibt dann die Änfanterie ?
Hätten wir dieß,
Hätten wir dag,
Hätten wir Heu,
Hätten wir Gras!
Co haben wir aber nicht3 als diefe
Alte alte alte Schindmährerere.
663.
Ein Gleiches.
Heiderlaun!
Stirb meine Frau,
Reiſ ih in die Wetterau,
Hol mir eine andre:
Die foll fein
Hübſch und fein,
Schöner als die andre.
664.
Zur Trommel.
Tromm fromm tromm:
Hüt dich, Baur, ich komm,
Sch bring dir nichts, ich nomm.
= - N
Sch fleh dir Küh und Kälber ab
Und frag dich nichts darom,
665.
Kölnifher Spießruthenmarſch.
Einmal Burtermilh, einmal Schlemmp
Hinten vor dat Hemd,
Dat et dämpt, dat et dämpt!
— 239 —
666.
Preußiſcher.
Warum biſt du weggelaufen?
Warum thuſt du das?
Darum muſt du Gaßen laufen:
Wie gefällt dir das?
667.
Wenn Einer deſertieren will
Und weiß doch nicht den Weg,
So bleib er bei der Compagnie,
So kriegt er keine Schläg.
668.
Oeſtreicher Zapfenſtreich.
Drei lederne Strümf,
Zwei und drei macht fünf;
Wenn ich einen verliere,
Hab ich doch noch viere.
669.
Preußiſcher.
Die Franzoſen haben das Geld geſtohlen,
Die Preußen wollen es wieder holen,
Geduld Geduld Geduld!
670.
Ein ditto.
Ich hab einmal ein Haus gebaut
Im Eck,
Ich hab einmal ein Schatz gehabt,
Iſt weg.
Ich hab viel auf ſein Wort gebaut,
Ich hab gemeint ich wär die Braut,
Ein Dr. u. ſ. w.
— 240 —
671.
Zapfenftreich.
Es ift fein Mädchen in der Stadt,
Das nicht ’nen fchönen Jäger hat,
Die alten Weiber auch.
672.
Der Kaifer hat ein Haus gebaut
Von Buttermilh und Sauerkraut.
Es ift nicht wahr (3 mal),
673.
Kirchenparade.
Kamrad komm, Kamrad komm!
Kommſt du nicht, ſo hol ich dich!
Kamrad komm!
674.
Franzöſiſcher Marſch.
Ramplamplam, Papier arſchang.
Kein lumpger Geld als Aſſignat.
Qu'estcequ'il dit hat Hoſen an,
Parlez-vous hat Strümpf an.
675.
Zrommelmarfh der Lübeckſchen Bürgergarde.
Mi jammert dat Volk, dat achter mi geit (bis),
Se hemm Feen Gewehr, fe hemm feen Degen,
Se hemm man blot en Beffenfteel kregen.
676,
Die Schwalben fingen:
Wenn ich mwegzieh, wenn ich megzieh,
Sind Kıften und SKaften voll,
Wenn ich wieder fomm, wenn ih wieder fomm,
Iſt Altes verzehret.
— 211 —
677.
Als ich auszog, auszog,
Hatt ih Kiſten und Kaften voll,
Als ich wieder fam, wieder fam,
Hatte der Sperling,
Der Dickkopf, der Dickkopf,
Alles verzehrt.
678,
Dat Fruensvolk,
Dat wackere Volk
To Felle, to Felle!
Wenn du ſe ſeiſt,
Wie ick ſe ſeie:
Des Morgens, wenn fe in de Köken gat,
Set fe us ad de Düvel in de Helle,
679,
Wenn du fie fähft, wie ich fie feh
Des Morgens, wenn |’ innen Kühſtall gehn!
680.
Die Weiber gehn hauße gefchwise geſchwatze,
Und wenn fie heimfomme
Na finden fie fein Fü—r und Fein Waßer.
681.
Wollde mih en Kittel fliden:
Habbe Fenen Iwirsrereren,
Habbe nur noch en Elen Endichen,
Das muß ich lange zirren,
632.
Blaumeife.
D’3iE is do, d'Sit is do!
Dtſche Volksb. Ir. Bd, 16
— 242 —
683,
Stäcke gohn, ſtäcke gohn!
(Weinpfähle einrammen.)
634.
Kohlmeiſe (im Herbſte):
Flick en Pelz, flick en Pelz!
Sick dich für, ſick dich für!
(im Frühling):
Scifter innen Pelz, Scifter innen Pelz.
's iſt zu früh, 's iſt zu früh!
685,
Der Grünling:
Hätt ih ein Band, hätt ih ein Band,
Wollt ich dich helfen ziehn, ziehn.
686,
Der Hänfling:
Spinn die, fpinn dicke,
Alle Tage drai Stücke,
Spinn fihn fpinn fihn fpinn fihn.
687,
Zit Sie Zit!
's iſch dänne Lit
U wenigle zfrüeih.
638,
Buchfink:
Wenn du mein Neſtle findſt,
Will i dir e Krü-zerrle gean.
689.
Schütt ſchütt ſchütt mir die Kräutchesbier,
Die dickſt!
— 2143 —
6.
Sch feh ſech! hiäfte mine Graite nitt efaihn?
„Süh füh füh! da site ſie im Wiächeltenbusk.“
691.
Singdroſſel:
Fillip (Viel Lieb) Filliph ba büſtu? —
Im Siepen.
692.
Schwarzdroſſel (Gaitling).
Liſebett, Liſebett! wuefte nitt-en balle kummen?
Süſſ ſüſſ ſüſſ ſuüſf — ſüüh! (Sonſt — ſieh!)
dieſes „Sonſt — fieh!” kennt fie und beeilt ſich, vor dem Gemahl zu
erſcheinen, der ſchnell beſänftigt, ruft:
Liſebetteken! Liſebetteken!
603.
Der Kibitz.
Kiwit
Bliw if;
In'n Brummelbeerenbuſch,
Da ſitt ick,
Da fleut ic,
Da hebb ick mine Luſt.
69.
Die Lerche
im Aufwärtötlimmen:
Mein Vater ift im Himmel,
Da wollt ih auch gern fein;
im Derabfinfen:
Doch ifts fo weit weit weit!
695,
Pippippip,
Karnfen rip!
Kritt de arme Lü of wat,
Jek ok wat, iek of wat.
16*
— 2144 —
696.
Liewen Heer, liewen Heer,
Schmiet en Körnfhen van bowen neer,
Bowen neer!
Twee twee twee twee!
697.
698.
Driew, Junke, driew,
Häſt e gode Werth,
Dann bliew!
Heſt en ſchlimmen Werth,
Häng Sattel, Tom
An'n Bom:
Teh wit wit wit wit!
699.
Driew, Peterke, driew driew driew driew,
Häſt e goode Werth, ſo bliew bliew bliew bliew,
Häſt e ſchlechte Werth, ſo driew, wiet weg wiet weg,
weg weg weg.
700,
Der Pfingftvogel CPirol):
Pfingften Bier holen!
Ausſaufen! mehr holen!
Haft aefauft, bezahlt es auch.
7191.
Blutfink:
Der Wein iſt aus,
Wir zapfen Bier Bier Bier Bier.
's iſt e König im Schwarzwald, hat ſiebe Töchter, fiebe Töchter;
Lief ift die ſchönſt die ſchönſt die ſchönſt.
weg
702.
Perlhuhn:
Pie pie pie! Tak tak tak!
Zehn Schneider machen ein Jack Jack Jack.
703.
Graſſer (Wiefenfihnarrer):
Sharp ſcharp!
Hau fact!
Lange Dage, forte Nacht,
Daß du nich warſt vermöde!
704.
Wilde Taube:
„Mutter, Hand flaet mic.”
Stafen mwedder,
„Ich darf nich,”
Bor wen denn?
„Vors Pferd
Mits Schwert.”
705,
Soldammer:
Edel edl, edl bin ich!
706.
Dat fin ’E fo fin!
Sühſte nitt den dicken fetten Ste?
707.
Silfe, ſille (feiten) der Buer wart rik!
708.
Rohrdommel:
Ek verſup! Ek verſup!
— 246 —
709.
Lachtaub
Trutſte Fru! Trutſte Fru!
110.
Wachtel:
Sechs Paar Wet! Sch! Paar Wer!
(So ft fie das ruft, fo viel Thaler Eoftet nach der Ernte der Scheffel.)
Aa,
Bück den Rüd,
Chr fei Gott! Ehr fei Gott!
112.
Bäwle (Bärbelchen), witt mi nitt? witt mi mitt? witt mi nift?
713.
Kraben:
Weeß en AS.
„Wu laet3? wu Iaets
Hingern Bark.
„acer fett? wader fett?“
714.
Schafe:
MWart of Gras waſſe? ward of Gras male?
„art fhon waffe, wart fhon waffe,”
Wer werd of erlewe? wer werd of erlewe?
715.
Die Lämmer fragen:
Jehn mir bate hem?
Die Alten fagen:
's wird bale weren,
716.
Müden (wenn fie des Nachts die im Bett Liegenden umſchwirren):
Ich will dich fhon finden, ich wilf dich ſchon finden.
— 247 —
117.
Feldgrillen im Sommer:
Mähn mähn mähn!
718.
Wenn e8 ftarf regnet, ruft der Hahn:
D große North!
aber die Enten:
Dat is got! dat is gof!
719.
Hahn:
Kikerifit Gott der Herr lebt!
Ochs:
Wo? Wo?
Geiß:
Mäh! zu Bethlehem!
7120.
Schweine, im Regen nad Haufe kommend:
Auch mir ein Stüf! auch mir ein Stüd,
Kut hiemen, Fut hiemen!
Die Eleinen:
O wih o wih o mwih!
Die großen:
Ach hätt ich mir ein Stubb gebaut,
Und dieſem Wetter nicht getraut!
721.
Huhn, ehe es legen will:
's war Noth, ich thät lege!
Wenn es gelegt hat:
Das thu-i mein Leb-Lebtag nimmer!
——
722.
Ein Bol, ein Hahn und eine Ente fuhren über Waßer. Als der Kahn
ins Schaufeln gerieth, fhrie der Bod:
Gott erbarm fi !
Der Hahn fagte:
Es firt trurig ut!
Aber die Ente rief:
Lot gone, geit got! lot gone, geit got! lot gone, geif got!
123.
Thiergeſpräch um Faſtnacht, wenn das Volk betrunken ift und das Korn
auf der Diele Liegt.
Der Hahn (auf dem Kornhaufen, Iuftig Erähend):
Dat dat nog’n Joar du—rt (dauerte)!
Die Enten, um das Korn gefhäftig, mit dem Kopf wadelnd:
Dat eet if — datt itt du! dat eet ik — dat itt du!
Die Kuh im Stall, ungeduldig, weil man ihr Eein Futter bringt:
Is Faflelavend nog nig u—te?
7124.
Ente ruft im Hof:
Back back baf!
Geiß antwortet aus dem Stall:
Mer hewe keen Mehl.
725.
Eine Fröfhin fragt ihre Gevatterin, warn fie baden wolle:
Gvadrſch, Gvadıfb, wann war ju ba? wann war ju bad?
Die Gevatterin antwortet:
Mo’in! mo’in (morgen, morgen) ;
worauf fih die erſte entfchließt, ein Gleiches zu thun:
Back-ok-ik-o-ku (bad auch ich einen Kuchen!)
— 219 —
726.
Naberihe, Naberfhe, beft ihr den Mann mit de roen
Beneken (den Storh) nig feen?
„Bat meer tk ik if ik?“
Ta.
Die Dogel wollten nicht länger ohne Herren fein und
befhtoßen, fih einen König zu wählen. Nur der Kibis war
dagegen; frei hatte er gelebt und frei wollte er flerben. Als
ed nun zur Wahl kommen follte, flog er ängfttih hin und
her und rief: Wo bliw id? wo bliw ick? Da zog er fich in
einfame Sumpfgegenden zurücd und zeigte fich nicht mehr un—
fer andern Vögeln. Die aber hatten fib unterdes verfams
melt. Das Huhn, das von der ganzen Sache nichts vernom:
men hatte, verwunderte fih über die Menge „Wat wat
wat it denn dar to don? gaderte ed; aber der Hahn
beruhigte feine liebe Henne und fagte: „Luter rief Lüd“, und
erzählte ihr was fie vorhätten. Da ward befchloßen, daß
Der König fein follte, der am höchiten fliegen könnte. Ein
Laubfrofh, der im Gebüſche ſaß, vief, ald er das hörte,
warnend aus: ,„Natt matt! matt natt nat”
weil er meinte, es würden deshalb viel Thränen vergoßen
werden, Die Krähe aber fagte: „Quad of!” es follte AL
led friedlich abgehen. Nun flogen die Vögel auf um die
Wette, am Höchften aber flog der Adler, er hätte noch viel
höher fliegen können, aber er hielt es für unndthig, denn
alle andern Vögel riefen, Er follte König fein. Nur ein Elei-
ned Dögeihen, das fih in die Bruſtfedern des Adlers fo
lange verfrochen hatfe, flog nun mit feinen frifhen Kräften
noch höher, und vief, als es wieder herunter Fam: „Künig
bün ick! „Künig bün ic! Den Streit zu fchlichten wurde
die andere Bedingung geftelt, der follte König fein, der am
tiefften in die Erde fallen würde, Hierbei fam die Ente am
Schlimmſten weg; fie fprang in einen Graben, vervenfte ſich
— 230 —
aber die Beine und matjchelte fort zu dem nahen Teiche mit
dem Ausruf: Praberwerf, Prachermwerf! Der Kleine
ohne Namen aber fuchte ein Mäufeloch, fchlüpfte hinab und rief
mit feiner feinen Stimme heraus: Künig bün if! Künig bün
if! Da zürnten ihm die Vögel ſehr und nahmen ihn gefangen:
Er entfam zwar, durfte fih aber nun vor den Uebrigen wicht
mehr fehen laßen. Daher fehlüpft ev in den Zäunen herum,
und wenn er fih ganz ficher dünkt, ruft er wohl zumeilen:
Künig bün ick! und deshalb nennen ihn die andern Vögel
zum Spott Zaunkönig. Niemand aber war frober als die
Lerche, daß fie dem Zaunfönig nicht zu gehorchen brauchte.
Wie fih die Sonne blicken läßt, ſteigt fie in die Lüfte und
ruft: Ach wo 18 dat ſchön! ſchön is dat! fhon! fhön! ad
wo is dat fhön!
7128.
Menn der Müller die Mühle anläßt, fo fragt fie erft
langfam: Wer ift da? wer ift da? Und antwortet dann fchnell:
Der Müller! der Müller! und fest gefhwind hinzu: Stiehlt
tapfer, flielt tapfer, drei Sechter vom Achtel. Oder fie fpricht
zuerft, wenn dad Nad noh langfam geht: Es ift ein Dieb
da, und fragt dann in fehnellerer Bewegung: Wer ift er,
wer tft er? und antwortet fih ſchnell und ohne Aufhören:
Der Müller, der Müller, der Müller !
Die Mühle geht die Juk die Sad,
Das befte Korn in meinen Sad.
129.
Ein Burſche wollte zur Kirchweih gehen, da Fam er an
einer Mühle vorbei, die fagte: Sucht dich dein Bude? Juckt
dich dein Buckel? Das war eine üble Vorbedeutung. Auf der
Kirchweih tanzte er luſtig, aber nicht lange, fo befam er Streit
und mufte mit Schlägen abziehn. Als er nun Abends heimfehrte
und wieder an der Mühle vorbei Fam, drehten fih die Rä-
der Schneller, denn es hatte gereanet. Da fagt die Mühle:
Hat dih dein Budel gejuckt? hat dich dein Budel gejuckt?
730.
Der Hahn eines Bäckers ſcharrte im Waizen und der
Hahn eined ZTifchlerd feharırte in den Hobelfpänen. Des Bä—
ckers Hahn rief laut: Mir gehts wohl! Des Tifchlers Hahn
antwortete: Wie lange wirds dauern? Da kam der Bäder und
warf feinem Hahn einen Klotz ans Bein. Da fchrie der Hahn:
Gotts Sapper, Gotts Sapper! Das dachte ich wohl, fagte der
Hahn des Tifchlers, und fcharrte weiter in den Hobelfpänen,
731.
Tiſchlergeſell:
Käf und Brot das mak ich nich, Worſcht! Worſcht!
oder:
Käſſun Brot das mak ich nich, Meeſter gimmich Speck!
Schneider:
Hät ichs, hätt ichs!
Schloßer
Ginns'en doch, ginns'en doch.
Tiſchler Chobelt es ihm zu):
Da hoft eg, da hoſt es,
7132,
Schuſter (von beiden Seiten den Pechdraht ziehend):
Speck und Erbfen mag ih nid.
Schneider (beim Nadelausziehen):
Hätt iche, hätt ichs!
Schmidt (mit dem Hammer Eloypfend):
Da haft es, da haft es, da haft es!
133
Der Schneider ftrecft nähend den Arm aus und ſagt: da
hän-get Speck! Der Leinmeber in der Bewegung des We:
bens ruft: Smit mi tau! Smit mi tau! Der Schufter den
Pehdraht ziehend: „Da liet 't! da liet 't!“
— 252 —
134.
Der Hutmacher Elopfend:
Zer = zer = zer = müh dich!
Kathrinhen fomm bei mid!
Der Kupferfhmiet Hämmernd:
Komm fomm fomm, du lieber Sonntag—tag!
Der Faßbinder:
Reif Reif, halt feft!
Wäfherin mit dem Bleuel:
Kneiſt eweg, Kueift eweg!
135.
Zwei Holzfchneider, einer fehnell, der andre langfam fägend:
1, Im Da-ge-lohn.
2. Op Verdink, op Verdink, op Verdink.
736.
Aehnlich mit den beiden Holzhauern:
1. Bi an=ner: Manns Koft,
2. Bi miner Koft, bi miner Koft,
X. Spiele.
1, Beim Abzählen (Abmälen),
T3T.
Sch und du
Und Bäckers Kuh,
Müllers Efel
Der bift du.
738,
Sch und Du
Unds Mükers Sub (Sohn oder ad libitum Eu [Sau];
macht nüt!)
Unds Bere Stier
Sind eufer vier.
139,
Ele Mele,
Zucferfeele,
Königsfind,
Goldenring.
Du ſchaſt leeren
Boofftaveren:
Ab ab
Du biſt darab.
740.
Egel Degel,
Hoffmanns Spegel,
Selver Krahne,
Puff Paff
Avgeichaft.
141.
Egel Degel,
Hoffmanns Spegel,
Selver Sand, Krane Puf;
Wellemer wedden
Dem en Blatt,
Ditt oder datt.
142.
Mein dein fein,
Der Tiſch der ift noch rein,
Der Magen ift noch leer,
Und brummt wie ein Bär.
743.
Ene Katrene Katrod,
Peter, läwft du nach?
Wurum we wi medden?
Um 'n goldne Kedden,
Um ’n good Glas Wien:
Peter, du Schaft £ fien.
144,
Ene tene tuchen,
Mer muß fuchen?
Enen tenen darf,
Zittern zedern zarf,
Zarfijon,
Picklimon,
Enen tenen ton,
Du biſt dron.
745.
Ene bene dunke funke,
Rabe ſchnabe dippe dappe,
Käſe, knappe.
Ulle bulle ros.
Ib ab aus,
Du liegſt draus.
46.
Een twe dre,
Liſche laſche Te,
Hocke pocke pu.
Enni wennni weg,
Iwi wu;
Af ſchaſt du.
— 235 —
TAT.
Ine mine,
Bäder, dine
Gerjtenbrot
In der Noth,
Puff paff ab!
148,
Aenigä mänigä tumpelti,
Zifel tafel nummeni.
Eggebrot
In der Noth:
Welles chann 1 2 zaͤhle,
Das ſoll uſem Ring uſe ſchnelle.
139.
Ene dene Tafferband,
's iſt nicht weit von Engelland.
Engelland ift zugeichloßen;
3 Schlüßelchen ift abgebrochen.
Bauer, bind dein Hündlein an,
Daß es mich nicht beißen Fann.
Beißt es mich, fo flraf ih dich,
Hundert Thaler Eoft es dich.
750,
Eine Eleine weiße Bohne
Reifete nah Engelland:
Engelland war zugeichloßen
Und der Schlüßel abgebrochen.
Pif puf paf, Du biſt af,
731.
Apter Badaven dar if fat,
Braden Höner, de if at,
— 26 —
Fraufhen Wien, den if drunf,
Der mi in dat Harte gunf,
Pif puf paf, Du böft af.
752.
Ene dene Bohueblatt,
Unfre Küh find alle ſatt.
Mädel haft gemolfen ?
Sieben Geiß und eine Kuh;
Peter ſchließ die Thür zu,
Wirf ven Schlüßel über den Rhein,
Morgen ſolls gut Weiter fein.
7153.
Ene dene Dintenfaß,
Geh in die Schul und lerne was,
Wenn du was gelernet haft,
Komm nah Haus und fag mir mas.
Eins zwei drei,
Du bift am allererften frei,
754.
Un deux Zintefaß,
Gang i di Schuel und lerne was.
Chummſt du heim und channft du nir,
Kriegft de Buggel volle Wir,
7155,
Ene mene Dintenfaß u. ſ. w,
Ene mene Sandbücs,
Dleib daheim, du kannſt nir.
756.
Enichen,
Denichen,
Korb voll Stenichen,
Kribbelte krabbelte Puff.
57.
Dennefe Dönnefe Säcke voll Lerſch,
Schlog die Bemme Turmanerſch.
A Graf
Fette Kaf,
Mus Tuds af,
758.
Oanichi boanici,
Siarichi ſairichi,
Ripadi bipadi Knoll.
759.
Enichen benichen Gänſeſchnabel,
Wenn ih dih im Himmel habe,
Reiß ih dır ein Beinchen aus,
Mah ich mir ein Pfeifchen draus.
Pfeif ich alle Morgen,
Hörens alle Storchen.
Geht die Mühle Klipp Klapp,
Kommt der Efel Tripp trapp:
D du alter Pfefferfac!
750,
Eine beine, Nuß.
Wer nicht ausrennt, muß.
761.
Eine beine Räthfer,
Mer badft Brätzel?
Wer baft Kuchen?
Der muß fuchen,
7162.
Unig funig Binfenzanf,
Kurze Kleider find nicht lang,
Difche Volksb. Ir. Bd. 17
— 253 —
Frau wollt den Hahnen locken;
Hahn war im ©arten,
Wollt der Küchlein warten;
Kam die Weihehoppe
Mit den langen Zoppen.
763.
Ene bene Fingerhut,
Stirbt der Bauer, ifts nicht gut;
Sterben die Kinder all zugleich,
Gehn die Engel mit zur Leid,
Mutter, back die Kuchen,
Lab mich aub verfucen;
Wirf ein Stückchen hinter die Thür,
Kommt die Kat und let dafür,
Kommt der Mann mit Spießen,
Sticht ihr in die Füße,
Kreifcht die Katz Miau,
Wills nicht wieder thaun,
764.
Eins zwei drei,
Sn der Decanei
Steht ein Teller auf dem Tiſch,
Kommt die Kab und frißt die Fiſch;
Kommt der Söger mit der Gabel,
Schlägt dem Käglein auf den Schnabel;
Schreit die Katz miau miaun,
Wills mein Lebtag nimmer thaun,
7165.
Eind zwei drei,
Pickebohnebrei,
Pickebohne Haberſtroh,
Es wurden einmal zwei Kinder geborn
Auf der Schäfereie.
— 259 —
Die Mutter die badt Kuchen,
Lie die Kinder rufen,
Ließ die Kuchen auf dem Tifch,
Kam die Kas und fraß die Kiich,
Kam der Ecufter mit dem Leiften,
Eching das Kätzchen auf die Fäufte,
Schrie das Kätzchen Mau,
Sch hab Eeine Frau!
Eine aite mag ich nicht,
Eine junge krieg ih nicht:
Mau mau miau!
166.
Eins zwei dreie,
Bickebackeneie,
Bickebacken oben droben,
's wurden einmal zwei Kinder geboren
Uf der Schäfereie.
Die eine hieß die Bickebelle,
Die andre hieß Kartoffelſchelle.
Bickebelle fomm ins Haus,
Treib uns all die Hühner aus,
's ift ein rorher Hahn dabei,
Dieß und das foll deine fein,
767.
Eins zwei drei,
Herr Gevatter frei,
Herr Gevatter fire fare,
Sechzehn Heller ift ein Babe,
Sung bot Wein,
Kuecht ſchenk ein,
Herr ſauf aus,
Du biſt draus.
17°
— 260 —
768.
Eins zwei drei,
Hicke hacke Heu,
Hicke hacke Haberſtroh,
Vater iſt ein Schnitzler worn.
Schnitzelt mir ein Bolz,
Zieh ich mit ins Holz,
Zieh ich mit ins grüne Gras:
Guck, Vater, was iſt das?
Kind, das iſt ein weißer Has:
Puff, dem ſchieß ich auf die Nas.
7169.
Eins zwei drei,
Dier fünf fechg,
Sieben acht neun,
Geh ind Gäßel nein.
Sm Gäßel ift ein Haus,
Sm Haus ift ein arten,
Sm arten ift ein Baum,
Aufm Baum ift ein Neft,
Im Neft ift ein Ei,
Sm Ei ift ein Dotter,
Sm Dotter ift ein Has —
Der fpringt dir auf die Nas.
770.
Eins zwei drei,
Bicke borne bei,
Bicke borne Pfefferkorn,
Der Müller hat fein Frau verlorn,
Hänschen hat fie funden,
D' Katzen ſchlagen die Trommel,
D' Mäus kehren d' Stuben aus,
D' Ratten tragen den Dreck hinaus:
— 261 —
's fist ein Männel unterm Dach,
Hat fih bald zu Tod gelacht.
m.
Eins zwei drei,
Rifche rafcbe rei,
Rifhe raſche Dupdeltafche.
Eins zwei drei,
172.
And zwa drei,
Pigga pogga pei,
Pigga pogaa pöggilein,
Hat a Mandi a Mühle drein;
Hat ein krempats Hüetel auf,
Und a roata Feder drauf.
7173.
Eid zwei drü,
Bigge bäggi bü,
De Müller ftaht im Chämerli,
Het e gſtumpets Hüetli vff,
Nummere Nummere wer ifh duß,
Sch oder du?
714.
Eins zwei dreie,
Bickelpure veie,
Bickelpure, Hundefpure,
Eins zwei dreie,
773.
Eind zwei drei,
Fimmelti fammelti fei,
Fimmelti fammelti fimmelti faff:
Wenn ich gleih nicht zählen Fann,
Zwanzig flehn doch da.
— 2152 —
7716,
Eins zwei drei,
Butter auf den Brei,
Salz auf den Sped,
Du muft weg,
TTT,
1234,
Geh nicht ze Bier,
Sunft fummt Peter Hol,
Schlägt dir den Budel voll.
78.
1 2
Knecht hol Bier,
Herr fauf aus:
Du bift draus.
179.
Eins zwei drei vier,
Vorm Goldfhmied feiner Thür,
Da faßen zwei Täubchen
Mit goidenen Häubchen.
Die flogen nah Dresen
Auf goldenen Beſen,
Die flogen nah Halle
Auf goldener Schnalle,
Von da in den Dr. —
Putſch! waren fie weg.
780.
Eins zwei drei,
Du bift frei.
Vier fünf ſechs,
Du bift ner;
— 263 —
Sieben acht neun,
Du mufts fein’.
731.
Un deux trois quatre,
Mein Vater ſteht Gevatter,
Meine Mutter trinke Thee:
ABC.
7182.
Un deux trois quatre,
Mammelisse voulez vous water,
Un deux chancez - vous,
Mammelisse voulez - vous?
183.
Eins zwei drei vier fünf feche,
Unter ’nen Text
Is ein Blech,
Das hat Schwabchen gemacht.
Eine wide wip map,
Sch oder du
Bift jest ab.
784.
23 6607
Wo find die Franzofen gebiieben ?
Zu Moscan in dem tiefen Schnee,
Da riefen fie alle o meh o weh!
Wer hilft ung aus dem tiefen Echnee?
7185.
EI 3 REED
Eine alte Bauerfrau kocht Rüben,
Eine alte Bauerfrau kocht Sped,
Sch oder du muſt weg.
— 2361 —
756.
12314567
Sauerfraut und Rüben,
Die haben mich vertrieben,
Hätt meine Mutter Kieifch gefocht,
Wär ich bei ihr blieben.
787.
Ein Reiter ließ fein Pferd befchlagen,
Wie viel Nägel muft er haben?
1.12.3725 977
Butter, Schmalz, Käfe, Rüben: Ab, dran.
7188.
Wollt ein Schmied ein Pferd befchlagen u, f. m.
Drei ſechs neun.
ung hol Wein,
Knecht ſchenk ein,
Herr trink aus,
Du bift draus.
739.
1234567 58;
Geh in das Gaäßel nein,
Schlag dem Baur die Fenfter ein.
Kommt der Bürtel, fegt mich ein,
Sest mih in das Narrenhaus,
Geb ich drei vier Batzen aus,
Rı ra Ofenloch,
Hätt ich meine drei Batzen noch!
790.
123456789,
Wie hoch ift die Sceun,
Wie hob ift das Haug:
Der Fleine Spisbub muß heran,
791.
Dreie fechfe neune,
Sm Hofe fteht die Scheune,
In dem Garten jagt der Wind,
In dem Brunnen liegt das Kind,
Alte Here fpring!
79.
Oons zwoa drai viari, finfi ſechs ſimni ochdi nain,
Iba u Schain,
Iba 's Haus,
Du gehſt naus.
7133,
Eins zwei drei u. f. w, bis zmölfe,
Unter dem Gemölbe
Sitzt eine Maus,
Die muß raus,
794.
Eins zwei drei u. f. w. bis dreizehn,
Mer Fauft Weizen?
Wer Fauft Rocken?
Der kriegt die allerbeſten Steinpocken.
795.
Seh hin und hole Weizen,
Seh hin und hole Korn,
Bleib hinten oder vorn.
796.
Eind zwei drei u. f. m. bis zwanzig.
Mer geht mit nah Danzig?
Wer geht mit nah Wien
Und holt fih ein Bund Kien?
— 266 —
7197.
1 2 3 bis zwanzig,
Die Franzofen giengen nah Danzig,
Danzig fing an zu brennen,
Da Eriegten die Franzofen dad Rennen.
Ab dran,
798.
Eeken Böken Ellernholt,
Is da Jemand noch ſo ſtolt,
De dat ſegd, dat ik dat leeg,
Wi wüld wedden op en Fleeg,
Wi wüld wedden op en Haen,
Hier ſült veeruntwintig ſtaen.
799.
Niſele Näſele Fingerhuot,
Wenn du ſtirbſt, do iſcht dir quot.
Ganget drei Engele mit der Leich,
Traget dich ins Himmelreich;
Kommt ein altes Weib,
Reißt e Stück vom Leib.
Kommt ein alter Ma,
Flickt dirs wieder a.
Dank dir Gott, du alte Ma,
Daß du ſo guot flicke kaſcht.
800.
Abraham und Iſaak,
Die ſchlugen ſich um einen Zwieback.
Der Zwieback brach entzwei,
Und Abraham kriegt das Ei.
801.
Wand wider Wand,
Hänschen kommt gerannt,
— 2167 —
Läuft er in des Nahbars Haus,
Ißt den Topf voll Honig aus,
Laäßt den Löffel drinnen fteden,
Wart, ib will dich Honig leden:
Du muft fein!
802.
Es geht ein Männchen über die Brüd,
Hat ein Säckelchen auf dem Rüd,
Schlägt es wider den Poſten.
Poſten Fracht,
Männchen lacht,
Dipp dapp,
Du bift ab.
803.
Gickes gackes Eiermus,
Gänſe laufen barfuß.
Hinterm Ofen ſteht ſie,
Vor den Ofen geht ſie.
Hat ſie Schuh, ſie legt ſie an,
Hat ſie keine, ſo kauft ſie ein Paar.
804.
Lirum larum Eiermus,
Unſer Katz geht barfuß.
Barfuß geht ſe,
Hinterm Ofen ſteht ſe,
Hat e Paar rode Schickle (Schühlein) an,
Hinde un vorne Kralle dran,
Hipot fo ind Wirthshus,
Trinkt e Schoyre Winn us,
Hippt wider heem
Mit ihren krumme Hippelbeen.
— 21683 —
805.
Ih gieng einmal aufs Rathhaus,
Sch zählte meine Hühner aus,
Da fehlte mir ein Kapp,
Wide wide wap,
Du bift ab.
806.
Es lief eine Maus
Wohl über das Haus
Den Zripp den Trapp,
Denn du warft ab,
807.
Amtmann Bär
Schickt mid ber,
Sch follte holen
Zwei Piftolen,
Eine für dich
Und eine für mid.
Sch bin ab
Und du noh nicht.
808.
Gen Haus gen Hof gen Falkenſtein
Hockt der Bauer überm Rain.
Wieviel hat er Hofen zerrißen?
1 23 2. u 78%
Das Mädel geht ind Kämmerlein,
Hat ein ſtaubig Hütchen auf,
Zanzen drei und dreißig drauf.
Gri gra gran,
Außi dann,
809.
Jude Jude ſchachre nicht:
Weiſt du nicht was Moſes ſpricht?
— 269 —
Moſes fpricht: du ſollſt nicht ſchachern!
Ich will dir den Buckel wackeln.
„Buckel wackeln mag ich nicht.‘
Ei, was bift du 'n Böſewicht.
Döfewiht leep achter dat Schip,
Wart en lütte, griſe Katt.
Griſe Katt leep up de Straat,
Wart en lütten Stadtſoldat;
Stadtſoldat leep vor dat Dor,
Wart en lütten Hunnmajor.
810.
Rummelti pummelti Eunfordinel
Schluckerdibell.
Auf der See
Kam ein Reh,
Zibberti pibberti piff paff puff.
311.
Ene mene mente
Locum tocum tente
Carabutti carabutti
Locum tocum witſch watſch ab dran.
812.
Anzkiis kwanzkiis kurſchpiis kluus,
Ee pee tipſi ee lee muus,
Icki picki gramatiki,
Ucki pucki klein karnuus.
813.
Ona bona,
Tanta rona,
Ita bita bonn.
814.
Engla mengla Zickla ze,
Ruſchla puſchla ab dran,
— 70 —
2. Neime bei Spielen,
815.
Edelmann, Bettelmann, Doctor, Paftor,
Rathsherr, Füraermeifter, Schneider, Major.
Die Blätter der großen Sternblume pflüden Mädchen mit jedem
diefer Wörter ab, bis das auf das legte Blättchen fallende den Eünftigen
Ehemann anzeigt. Aehnlich die Worte:
Er liebt mid, von Herzen, mit Echmerzen, Elein wenig,
gar nicht.
816.
Unge’, gefunge’, geſtolle', gekoft.
Mit Ubzählen an den Knöpfen eined andern, der damit genedt wird.
Unge’ bedeutet gefihenkt (gegönnt). Anderwärts wechfeln nur die Worte:
Gefunden, geitohlen, gekauft.
81T.
Lirum larum Löffelftiel:
Mer das nicht kann, der kann nicht viel.
. (Der Löffel muß dem Nachbarn gereicht werden, indem man ihn aus
einer Hand in die andre, dem Nachbarn nähere, bringt.)
818.
Einer ftebt im Kreiße und macht beim Schlußvers eine Geberde,
welche von Allen nahgemadıt wird.
Adam harte fieben Sohn,
Eieben Sohn hatt Adam.
Cie aßen nicht, fie franfen. nicht,
Sie waren alle liederlich,
Sie machtens alle fo,
819.
Rompeltompel toria !
Rod eng, wü do fleht?
(Einer räth: Dümling oder Zeigefinger, Meddelfinger,
Goldfinger.)
Hättſt du nu den Pipling (Eleiner Finger) geraoden,
Wärſt du nit gerompelt worden,
Rompeltompel toria!
— 271 —
820.
Petrus und Pilatus.
Komm wir wollen wandern,
Sprab Petrus,
Don einer Stadt zur andern,
Juchheiſaſa andern,
Sagt Pilatus.
Test kommen wir vor ein Wirthshaus,
Sprach Petrus.
Frau Wirthin fchenft uns Wein heraus,
Suchheifafa u. f. w.
Sagt Pilatus,
Womit willft du bezahlen?
Sprach Petrus,
Ich hab noch einen Thaler,
Juchheiſaſa u. ſ. w.
Sagt Pilatus.
Wo haft du dann den Thaler bekommen?
Sprach Petrus.
Ich hab ihn einem Bauern genommen,
Sucheifafa u. f. w.
Sagt Pilatus.
Jetzt haft du Feinen Segen, \
Sprach Petrus.
Daran iſt nichts gelegen,
Suchbeifafa u. ſ. w.
Sagt Pilatus,
Fest kommſt du nicht in Himmel hinein,
Sprach Petrus.
So reit ih auf einem Schimmel hinein,
Juchheiſaſa u. f. w,
Sprach Pilatus,
— IR —
So fällſt du hinunter und brichft das Bein,
Sprach Petrus,
So rutfch ih auf dem Hintern hinein,
Juchheiſaſa u, f. w.
Sprach Pilatus,
Zwei Kinder reihen fihb die Hände kreuzweis und gehen fingend
auf und ab, und bei Pilatus drehen fie fih durch einen Zug der Hände
fhnell herum und wandern wieder zurüd.
821.
Hier Eommen die Herren aus Nonnefei,
Heiza fi Pilatus,
Was wollen die Herren aus Nonnefei ?
Heiza fi Pilatus.
Sie wollen die jüngfte Tochter haben. 9. f. P.
Was wollen fie mit der Tochter thun? 9. f. P.
Sie wollen fie in ein Kiofter thbun, 9. f. P.
Was fol fie in dem Ktofter thun? 9. f. P.
Sie fol da Priorin werden, 9. f. P.
Hier bringen wir unfer jüngfteds Kind, 9, f. P.
u. f. mw.
822.
Wer ſich ins Kloſter will begeben
Auf eine lange Lebenszeit,
Dem muß gefallen das Kloſterleben
Und eine file Einfamfeit:
Kanns fein, kanns fein, kanns abermals fein,
So geh ih nicht wieder in ein Klofter hinein,
Jetzt muß ich wandern meiner Straßen,
Muß ganz betrübt alleine ftehn,
Muß gehn, muß flehn, muß alles verlaßen,
Muß wieder in mein Ktlofter gehn,
— 273 —
Test aber verändert fih mein Sinn
Und zieht mich nah was Beßerm hin.
Gegrüßet feift du, edier Schatz,
Geküſſet fei dir deine Hand,
Einen Kuſs geb ih zum Mahelſchatz,
Einen Kufs geb ich zum Unterpfand,
Ein Kind wählt fi bei den Worten „Und zieht mid nad mas
reg] ein anderes Kind aus dem Kreiße, das nachher in der
itte bleibt.
823,
Sammer Sammer, über Sammer,
Hab verloren meinen Schab,
Sch will geben und will fehen
Und will fuhen meinen Schatz.
Macht mir auf den Gartenplatz,
Daß ich fuche meinen Schab,
Freude Freude, über Freude,
Hab gefunden meinen Schatz.
Ein Kind geht außerhalb des Kreißes mweinend umher bis es ein
anderes gewählt bat, mit dem es im Kreiße umber tanzt; bei den
Worten „mat mir auf” wird der Kreiß geöffnet.
824.
Hier ift ein Grün, hier ift ein Grün
Unter meinen Füßen,
cr . ri er
Ich hab verloren meinen Schatz,
Ich werd ihn fuchen müßen,
Hier und da, hier und da
Unter diefen allen,
Diefer mit dem bunten Roc
Könnte mir gefallen.
Dreh dih um, ich Fenn dich nicht,
Biſt dus oder bift dus nicht?
Mein nein, du bift ed nicht,
Geh nur fort, ih will dich nicht.
Dtſche Volksb. Ir. Bd. £ 18
— 274 —
oder:
Sa ja, du bift es wohl,
Der mir ein Küfschen geben voll,
825.
Herzer König, flolzer König,
Warum biſt du in Trauer?
Soll ih denn nicht fraurig fein?
Ihr fest einen andern König ein,
Schaut euh um, fhaut euh um,
Schaut auf eure Mauer.
Sept da kommt mein Liebehen rein,
Kniet fih auf ein Knieelein.
Jetzo geb ich ihr 'nen Kuſs,
Weil ih von ihr fcheiden muß,
826.
Ringel Ringel Reihe!
Sind der Finder dreie,
Sitzen auf dem Holderbufch,
Schreien alle muſch muſch mufd:
Sitzt nieder!
Sigt ne Frau im Ringelein
Mit fieben Eleinen Kinderlein.
Was eßens gerne?
Fiſchlein.
Was trinkens gerne?
Rothen Wein.
Sitzt nieder!
827.
Ringe Ringe Reihe,
's find der Chinder ziweie:
Sie tanzed um en Rofebufch
Und mached alle hufh huſch huſch.
— 27) —
828.
Ringe Ringe Reihe,
D’ Ehinder göhnd in d' Meie,
D’ Buebe göhnd i d' Hafelnuß,
Mached alle hufh huſch huſch.
829.
Lange lange Rige,
Twintig is en Stige,
Dartig id en Rofenkrang,
DVeertig id en Sungferndang;
Sungfern möt't ſich nigen.
830.
Ringel Ringel Rofenkranz,
Setz ein Zöpfhen Waßer bei:
Morgen wollen wir wachen,
Große Wäſche, Eleine Wäfche,
Allerhand fehr feine Wäſche,
Kikeriki!
831.
Ein Mädchen ſetzt ſich in die Mitte, ihren Rock zieht ſie über den
Kopf in die Höhe, die Kinder ſtehen um ſie und halten den Rock. Einer
geht herum und fragt:
Ringel Ringel, Thale ringen:
Wer ſitzt in dieſem Thurm drinnen?
Das Mädchen antwortet:
Könige, Königs Tochterlein.
Der Herumgefandte:
Darf man fie auch anfıhauen?
Mädchen:
Nein, der Thurm ift gar zu hoc,
Du muſt ein'n Stein abbauen.
Nun ſchlägt er auf eine der Hände und diefe läßt den Rod fallen,
dann fragt er von Neuem; find alle Steine heruntergefallen, fo läuft
das Königstöchterlein nah und wer erhafht wird, muß in den Thurm.
18*
— 276 —
832.
Ring Ring, gäle Ring,
Wer beſitzet dieſen Ring?
Es iſch des Königs Töchterlein,
Und wer ſie will beſchaue,
De mueß de Stein abhaue.
633.
Ringel Ringel Dornau,
Wer ſitzt in dieſem Dornau?
Da ſitzt 'ne ſchöne Jungfer drin,
Man kann ſie nicht zu ſehen kriegen.
Das ſchadt nicht,
Das badt nicht.
Da kommt der rothe Fuhrmann:
Schöne Jungfrau faß mich an,
834.
„Ich wollte gern über die Magdeburger Brück:“
Die iſt zerbrochen.
„Wer hat ſie zerbrochen?“
Der Goldſchmied, der Goldſchmied
Mit ſeiner jüngſten Tochter.
„Laßt fie doch wieder bauen.“
Mit was denn?
„Mit Ketten und mit Stangen,‘
Kriegt Alle durch, Eriegt Alle dur,
Den legten wollen wir fangen.
835,
Wir reiten zu Pferde
Mit bianfem Gewehre,
Mir Stiefel und Sporen,
Geht Alles verloren,
— 277 —
Der erfte Fam,
Der zweite Fam,
Der dritte ward gefangen.
Auf welche Seite willft du?
ZWwei ftellen fi bin, mit emporgehaltenen Händen einen Boge,
bildend, die andern gehen hindurch, das dritte wird aufgehalten und gefragt
zu welchem Theil er gehören wolle.
836,
Wo wult du hen, na'n Himmel oder na’r Hölle?
oder:
Mat mult du fin, fwarte oder wite Goos?
oder:
Hummel, Hummel Häring,
Rummel, Rummel Stäring.
Wat wult fin, Haan oder Buk?
„Buk, Buk“
„Haan, Haan“
Laat den olen fulen Schelmen gahn.
oder:
Biſt ein Engel, ſag mir ſchnell,
Biſt ein Teufel, komſt in d Hell.
837.
Das Ganze lautet auch:
Mir reits ner durch, mir reits ner durch,
Durch unſre goldne Brucken.
Mir werns ſcho baun, mir warns ſcho baun,
Mit Gold und Silber beſchlagen.
Beweinen, bezeinen,
Den Letzten müeßma haben.
oder:
Haal up de Bruggen, haal dal de Bruggen,
Den legten, den wir fangen,
De biift darin behangen,
— 273 —
oder:
Dat Ofterdoor, dat is tobraken,
Morgen wollen wi't wedder mafen
Mit 'n Speigel, mit ’n Dreier:
Kruup unner dor, iS wol.
oder:
Me Steinerlei,
Mt Beinerlei,
Mt Gold und Silber befchlagen;
Der Letzte muß bezahlen,
838.
So kriech hindurd,
So kriech hindurch,
Der Letzte muß bezahlen.
Wer hat das gethan?
Mer hat das gethan?
Dem König feine Todter.
839.
Kiopfer Klopfer Ringelchen !
Da ftehn zwei arme Kinderden.
Sieb ihnen mas und laß fie gehn,
Die Himmelsthür wird offen flehn.
Kommt Jeſus aus der Schule,
Kocht Maria Aepfelbrei,
Setzen fih alle Engelchen bei,
Klein und groß,
Nackt und bioß,
Ale auf Marien Schooß.
Zwei ftellen die armen Kindercdhen vor, zwei andre mit emporge—
hobenen Händen die Himmelöthür, durd welche jene in den Kreiß tre=
ten. Dier wählen fie zwei andere, welche durch diefelbe Pforte aus dem
Kreiße geben und nun die neuen armen Kinder fpielen, während die
erften im Kreiße bleiben und die Stelle der ermwählten einnehmen.
— 279 —
840.
Krune Krane, witte Schwane,
Morne wöll wi no Engeland fahren.
Engeland es geſchloten,
De Schlöttel es tebroken.
Wo füll wi ’n dann wieer makn?
Mer Beenerfes, mer Steenerfes:
Krup, frup all enerfes.
511.
Smwane Swane, pef up de Neſen,
Wannehr bift du Krieger weſen?
842.
Kruhne Krahne, weiße Schwane,
Wer will mit nah England fahren?
England ift verichloßen,
Schlößer find verrofter,
Schlüßel ift verloren:
Müßen wir ein Loch nein bohren,
Sind wir nein gefrochen,
Haben die Töpfe verbroden,
Wenn der Kebel tier ift,
Wenn die Miih ſüß if,
Wenn die Puppen tanzen,
Wollen wir Lanzen pflanzen,
843.
Bauer, baue Keßel,
Morgen wird es beber,
Trägt die Braut das Waßer ein,
Plautz! fällt der ganze Keßel ein.
— 230 —
544.
A fteht auf einem Hügel, die andern (B) ſuchen ihn herabzuziehen
und an feine Stelle zu Eommen.
A. O Barg min!
B. Wo lange id he din?
A. Hüt oder morgen.
B. Scheer heraf, lat der mi vor forgen,
835.
Rufefranz,
Wat gilt der Schanz ?
Enen deren Daler;
Morgen welle mer bezahlen,
Er fes e Männchen op der Pohz,
Weeß net wat et eße fall.
Ei Stöckchen Kies on Brut,
Fallen alle Heiden onn Törken duhd.
Hier lagen fih alle Kinder zur Erde fallen.
846.
Sigge Flahs, figge Flahs,
Sivve Johr erömme.
Dat Drückchen hät ſich herömm gedriht,
Hät dat Hingerſch vür gekihrt.
Sigge Flahs, ſigge Flahs,
Sivve Johr erömme.
847.
Bloh Bloh Fingerhoht,
Hätte mer jätt, dat wör wal gohd;
Blomen alle Dage.
Jumfer, ſie mohß ſtell do ſtohn
Bes mer dreimol öm ſie gohn.
Jumfer, ſe mohß danze
Wahl en dem klene Kranze.
— 2831 —
848.
Kommt, wir wollen nah Rofen gehn,
Rofen auf mein Hütchen!
Schöne Rofen auf meinen Hut:
Hätt ih Geld, dann wär es auf,
Rofen auf mein Hütchen!
849,
Sch habe der lieben Kinder fo viel,
Sch weiß nicht wie ich fie nähren fol,
Sch denfe fo oft und fo viel daran,
Wie ich fie alle verheiraten folt.
Steh ſtille, meine Tochter, ich rede zu dir.
Tochter:
Herzliebſte Frau Mutter, was befehlen ſie mir?
Mutter:
Sie ſagen, du ſeieſt von Herzen verliebt,
Drum küſſe den Knaben der neben dir ſteht.
850.
Der erfte freit um die Ducaten,
Der andre um ein fchön Geſicht,
Der dritte kann nicht länger warten,
Der vierte weil Mama fo fpricht,
Der fünfte ift nicht gern allein,
Der fehlte will doch auch mal frein,
Der fiebente und achte find fo dumm,
Die wißen felber nicht warum.
851.
Es regnet auf der Brücke
Und die ward naß,
Begegnet mir eine Bide,
Und die fraß Gras.
— 282 —
Schöne Jungfer hübfh und fein,
Komm mit mir zum Tanz herein,
Laß ung einmal tanzen
Und Luftig fein.
Komm tanz mit, fomm fanz mit mir,
Ich hab ne bunte Schürze für,
„Mit mi of, mit mi of,
Mine is fan Kamerdoof.‘'
852.
Sieb mir eine Erbfe.
„sch habe feine,’
Geh zum Müller und hol dir eine,
„Er giebt mir Feine.‘
So fuh dir eine,
„sh finde Feine.‘
So blas ih dich.
„So wehr ih mid.”
Nun blafen fih die Kinder ins Gefiht; wer ed am längften
ohne zu lachen aushält, befommt von dem andern eine Erbfe.
853.
. Die Kinder ziehen im Kreiße um ein in der Mitte fißendes, das
einen Stod trägt, und fingen:
Th gieng einmal über den Kirchhof,
Da begegnet mir ein Bifchof.
Der Bifhof der war jung und fein,
Er wollt nicht gern alleine fein,
Der Bifhof der Bifhof der Biſchof.
Sest pocht das Kind mit dem Stat (Vater Eberhard); vor dem
er pocht, der tritt vor und fpricht:
Vater Eberhard,
Sch faße dih an deinen ehrmwürdigen Bart.
Wenn du mich wirft fehen lachen,
Werd ich an deiner Stelle wachen,
— 23 —
854.
Ein Kind, das den Wolf vorfiellt, verfiedt fi, die übrigen mit
Ausnahme eines einzigen, das fiehen bleibt, laufen eine Eleine Strede
fort und fegen fich nieder. Das ſtehn gebliebene ruft:
„Hilegänschen kommt alle heim.‘
Ale: Wir dürfen nicht.
„Bor wem denn?’
A. Por dem Wolf.
„Wo fist er denn?’
Y. Hinterm Dornftraud.
„Bad macht er denn da?’
A. Spise Steinhen fucen.
„Was will er mit den Steinchen?“
A. Meßerhen wesen.
„Was will er mit dem Meßerchen?“
Y. Uns die Fehl abfchneiden,
„Hilegänschen kommt alle heim!”
Sie laufen, wen der Wolf erhafht, wird der neue Wolf.
855.
Schäper, lat de Schap ut gaen!
„sh do er nich!“
Mo för nich?
„Bor de böfen Wülve !’
Die böſen Wülve find gefangen
Twiſchen tween ifern Stangen:
Huiſch!
356.
Eſel Eifer,
Wo bift du gewefen ?
„sn der fhönen Mühle.‘
Was haft du in der Mühle gethan?
„Schöne Säde getragen.“
Was war denn in den Säcken?
„Schöne Bücher.“
— 23834 —
Mas ftand denn in den Büchern?
„Schöne Lieder.‘
So fing mir einmal ein Liedehen vor,
„Ich weiß keins.“
Holt mir die lange Peitſche her.
‚Bas will der Herr damit?
Den Efel ftreichen.
857.
Wer eine Gans geftohlen hat,
Der ift ein Dieb;
Mer fie mir aber wiederbringt,
Den hab ich lieb.
Da fteht der Gänſedieb.
Eine Art Blindetuh. Die Kinder tanzen im Kreiße um das mit
verbundenen Augen, welches mit einem Stabe eins der Zanzenden be=
Die muß nun einen Ton von ſich geben, und daran erkannt
werden.
858.
Ein Kind, der böfe Mann, verftedt fi, die Uebrigen gehn umher
und fagen:
Th möchte gern in Garten gehn,
Wenn nur der böfe Maun nicht käm.
Men der böfe Mann erhaſcht, wird neuer böfer Mann.
859.
Blindekoh, if leide di.
„Wonehm hen?” In'n Bullenſtall.
„Wat ſchall 'k da dohn?“
Klüten un ſöt Melk äten.
‚se hef Feen Lepel.’
Nimm en Schepel.
„Ik hef Feen Schüffel.“
Nimm en Tüffel.
„Ik hef keen Tüffel.“
Gah hen un ſoek di een.
Der Leiter läßt die Kuh laufen und greifen.
860.
Zwei Kinder tragen ein drittes bei Händen und Füßen:
Säcke ſäcke Salzfaß,
Schött dä klene Stump mas,
861.
Tönneke Tönneken op den Drag,
Morgen es et Sonndag.
Overmorgen es den Dag,
Wo das Pärdſchen Haver mag.
Ein Kind wird von zwei andern mit verſchlungenen Händen wie
ein Tönnchen auf einer Bahre getragen.
862.
Dra pro dimus Käschen,
Do melle mer de Frau op feßen:
Frau haft ihr oh Gew?
Hatt ihr es Feen, dann zältt ihr es Feen,
Fällt es üch dorch de Fingere Feen,
Frau, hatt ihr oh Gew?
Hierbei wird eine Stange umher getragen, worauf die Frau fißen ſoll.
863,
Nir in der Grube,
Du bift ein böfer Bube!
Wäſch dir deine Beinen
Mit rothen Ziegelſteinchen.
Nir, greif zu!
864,
Häschen in der Grube
Saß und ſchlief.
Armes Thierchen, biſt du krank,
Daß du nicht mehr hüpfen kannſt?
Has, büpf!
— 256 —
865.
Häfefin verfinf, verſchwingk,
Dat di Feen Jäger oder Jagdhund nicht fingt,
Häſekin, hud up,
De TJagdhund is fort.
Das Kind verbirgt fein Gefiht auf dem Schooße der Mutter, am
Schluß fieht es wieder auf.
866.
Mieviel Hörner ſtreckt der Bock?
Eins u. ſ. w.
Haſt du gut gerathen,
Wirſt du nicht gebraten.
oder:
Knibes Knabes, röſtige Rabes,
Bockmann, wieviel Horn ſtohn op?
Eins u. ſ. w.
Hättſtu beßer gerode,
Su wörſte Künig worde.
867.
Stipti, Fauſti, Grufti, Patti.
Stipti heißt mit dem Finger in die Seite ſtoßen, Fauſti mit der Fauſt
drücken, Grufti mit allen fünf Fingern im Fleiſch des Knieenden wuhlen
oder graben, Platti mit der flahen Hand ſchlagen. Räth der Knieende,
der fein Haupt im Schoo$ der Mutter hält, die Geberde, melde diefe
mit der Hand macht, fo iſt er frei, räth er aber eine, die nicht gemacht
worden ilt, fo folgen die Werke nad, fo daß ihn nun das Gefühl vehrt,
was er hätte rathen follen.
868.
Dreimal eiferne Stangen,
Wer nicht läuft wird gefangen.
Dreimal eiferne Schniß,
Mer nicht läuft wird gefitzt.
Dreimal über den Rhein:
Mer nicht läuft ift mein.
Nur wer Eifen berührt, darf bei diefem Fangefpiel nicht geſchla—
gen und ergriffen werden, Der an der Reihe iit, den andern nachzulaufen,
wird von diefen genedt, wobei man ihm am Niederrhein zuruft:
— 237 —
Ihſermännchen, ih han Feen hier,
Sch moß noch hier foofe,
869,
Blaue, blaue Wolfen!
Maria hat gemolfen
Sieben Küh in Einem Stall,
Jungfer Eatharina !
870.
Enen Berg'ſchen Fuhrmann,
De mot en Wagen han,
Ene Pitſche von Leder,
Vier breede Räder,
Enen Keel (Kittel) van Lappen,
Vier ſtarke Rappen:
Domet fährt he den Berg hinan.
So jo jo o hüh!
871.
Sch fuhr einmal auf Sitf, widewitt,
Ich fuhr einmal auf :,: — Eitt
Auf einem hölzernen Loöffelchen,
Löffeihen Lörfeihen Löffelchen,
Auf einem hölzernen Löffelhen,
Es war fein Stielhen :,: dran.
Als ich wohl über Fam,
Da frähten alle Hähnchen,
Der helle Tag brad an,
Da faß ein Eul und fpann
Auf einem düftern Kämmercen,
Es war fein Fenfter dran,
—_ 2353 —
Die Magd, die Fehrt dad Haus:
Was fand fie in dem Kehricht?
Einen Fuchsſchwanz, der war kraus.
Die Frau die nahm einen Brand
Und fchlug der armen Dienftmagd
Den Fuchsſchwanz aus der Hand,
Ah Frau, das ift nicht recht,
Denn was die Magd im Kehriht findt,
Das theilt fie mit dem Knecht.
872.
Stirbt der Fuchs, fo gilt der Balg,
Lebt er lang, fo wird er alt,
Frißt er viel, ſo wird er did
Und zuletzt gar ungeſchickt.
813.
Alle, die dieß Spielchen lieben,
Nehmen fih gar wohl in Acht,
Daß fie fleißig von fich fehieben,
Oder auf ein Pfand gedacht.
874.
Thaler, du muft wandern
Von Einem zu dem Andern.
Ei wie febon, ei wie ſchön
Laßt er ſich die Nafe drehn,
875.
Alles was Federn hat, fliegt hoch!
Euten fliegen,
Tauben fliegen,
Zieget fliegen!
— 259 —
816,
Abraham ift geftorben
Stor = for = ftor = ben = ben = ben,
Abraham ift geftorben.
Mer hat ihn denn begraben
Ora = gra = gra = ben = ben = ben ?
Wer hat ihn denn begraben?
Drei fpisbärtige Juden
Su = ju = ju = den = den = den,
Drei fpisbärtige Juden.
Wie haben die geheißen
Hei = hei = hei = Gen = Ben = fen,
Wie haben die geheißen ?
Der erfte der hieß Jacob
Sa = Fa = Sa = cob = cob = cob,
Der erfte der hieß Jacob.
Der andre der hieß Iſaac
%:%:2% =: faac = faac = faac,
Der andre der hieß Iſaac.
Der dritte der hieß Efau
€ :€:€ fau = fau = fau,
Der dritte der hieß Eſau.
Wo haben fie ihn begraben
©ra » gra = gra = ben = ben = ben?
Wo haben fie ihn begraben?
Zu Sernfalem
Sa : fa = fa = lem = lem = lem,
Zu Jeruſalem.
Dtiſche Volksb. gr. Bd. 19
— 290 —
31.
Sch bin der Herr von Red,
Verbiete Lah und Sprech:
Mer lacht und fpricht
Ein Pfand verbridt.
Eſel u. ſ. w. laß dich hören.
878.
Gugelhöpfli
Ufem ZTöpfli,
Wer lächlet, wer ſchmützlet,
Wer d' Zähnli füre leht,
Der mueß es Pfand ge.
879.
Wenn die Kinder beim Spiel das Letzte was ſie haben einſetzen,
ſingen ſie:
Die letzte Hand
Klopft an die Wand,
Die wird mich nicht verlaßen.
3. Beim Pfänderlöfen.
830.
Was fol das Pfand,
Das ih hab in meiner Hand?
831.
Sch ftehe hier und fehneide Speck:
Wer mich lieb hat, holt mich weg.
8832.
Sch ftehe hier und fehneide Schinken,
Wen ich lieb hab, dem werd ich winken,
— 291 —
833.
Sch fteh auf einem breiten Stein:
Mer mich lieb hat, holt mid ein.
834,
He hängen ih am Krüschen:
Wer mich levn hät, git mer e Bützchen.
885.
Dfen, ich bete dih an,
Sieb mir einen guten Mann,
Der mich nicht fchlägt,
Der für mich für fegt,
Der mich alle Abend zu Bette trägt,
886.
Dfen Ofen, ich bete dih an:
Winters bift du ein guter Mann,
Sommers feh ih dih nicht an,
83T.
Min lewe Dben, if beed di an,
Befcher mi doh en goden Mann;
Befcherft de mi fen goden Mann,
Sp bede if di min Levdag nich wedder an.
19?
— 292 —
XI. Iahreslieder.
888,
Nun reifen wir froh nah unfrer Sonnen,
Wir haben allhier groß Heil gewonnen;
Des freuet fih die englifhe Schar:
Wir wünfhen euch allen ein glüdfelig Neujahr.
Wir wünfhen dem Herrn einen goldnen Hut,
Er trinke feinen Wein, er fei denn guf.
Des freuet fih u. ſ. w.
Wir wünfhen dem Herrn einen goldenen Bronnen,
So ift ihm niemals fein Glück zerronnen,
Der freuet fih u. f. w.
Wir wünfhen dem Herrn einen goldenen Musen,
Er laße fih auch von Keinem trugen,
Des freuet fih u. ſ. w.
Wir mwünfhen dem Herrn einen goldenen Tifch,
Auf jeder EA einen gebacnen Fiſch.
Des freuet fih u. f. w.
Wir wünfhen der Frau einen goldenen Rod,
Sie geht daher als wie eine Dod.
Des frenet ſich u, f. w.
Wir wünfhen dem Sohn ein Feder in die Hand,
Damit foll er fchreiben durchs ganze Land.
Des freuet fih u. f. w.
— 23 —
Wir wünfhen der Tochter ein Nädelein,
Damit fol fie fpinnen ein Fädelein,
Des freuet fih u. f. w.
Wir wünfhen der Magd einen Beſen in die Hand,
Damit folt fie Eehren die Spinnen von der Wand,
Des freuer fh u. ſ. w.
Wir wünfhen dem Knecht eine Peitſch in die Hand,
Damit foll er fahren durchs ganze Land,
Des freuet ſich u. f. w.
Wir münchen euch allen einen goldenen Wagen,
Damit ihr könnet ind Himmelreih fahren,
Des freuet fih u. f. mw,
889.
Dreikönigslied.
Gott fo wollen wir loben und ehrn;
Die drei Könige mit ihrem Stern,
Sie reiten daher in aller Eit,
In dreißig Tagen vierhundert Meit,
Sie famen vor Herodes Haug,
Herodes ſchaut zum Fenfter raus:
Ihr meine liebe Herrn, wo wollt ihr hin?
Nach Bethlehem fteht unfer Sinn,
Da ift geboren ohn alles Leid
Ein FKindlein von einer reinen Maid,
Herodes fprah aus großem Trotz:
Ei warum ift der hinder fo fchwarz ?
O Tieber Herr, er ift und wohl befannt:
Er ift ein König in Mohrenland,
— 294 —
Und wollet ihr uns recht erfennen,
Wir dürfen gar wohl und alle nennen,
Mir find die Könige vom finftern Stern,
Und brächten dem Kind ein Opfer gern,
Myrrhen, Weihrauh und rothes Gold;
Wir find dem Kindlein ind Herz nein hold,
Herodes fprah aus Uebermuth:
Dieibet bei mir und nehmt für gut,
Ich will euch geben Heu und Streu,
Ich will euch halten Zehrung frei,
Ach nein, ach nein, wir müßen forf,
Wir haben ein Elein Kindlein dort,
Ein Fleined Kind, ein großer Gott,
Der Himmel und Erd erfhaffen hat.
Herodes fprah aus trusigem Sinn:
Wolle ihr nicht bleiben, fo fahrer hin,
Sie zogen über den Berg hinaus,
Sie fanden den Stern wohl ob dem Haus,
Sie traten in das Haus hinein,
Sie fanden Jeſum in dem Krippelein.
Sie gaben ihm einen reichen Som,
Myrrhen, Weihrauh und rothes Gold.
Sofeph bei dem Kripplein faß,
Dis daß er fchier erfroren was.
Joſeph nahm ein Pfännelein,
Und macht dem Kind ein Müfelein.
Sofeph der zog feine Höfelein aus,
Und macht dem Kindlein zwei Windelein draus.
Fofeph, lieber Sofeph mein,
Hilf mir wiegen mein Kindelein,
Es waren da zwei unvernünftige Thier,
Sie fielen nieder auf ihre Knie:
Das Dechfelein und das Efelfein,
Die Fannten Gott den Herren rein.
Amen,
890,
Havele Hahne.
Zu Faßnacht gehen die Kinder am Rhein mit einem Korb, in dem
ein gebundener Hahn liegt, fie fhaufeln ihn und fingen:
Havele, havele Hahne,
Saftennacht geht ane,
Droben in dem Hinkelhaus
Hängt ein Korb mit Eiern raus.
Droben in der Firfte
Hängen die Bratwürfte:
Gebt uns die langen,
Laßt die Furzen hangen.
Ri ra rum,
Der Winter muß herum,
Was wollt ihr und denn geben ?
Ein glücfelig Leben:
Glück fhlag ins Haug,
Komm nimmermehr heraus,
891.
Juhe Faſsnacht!
Wo find mer morn znacht?
Hinderem Ofen und vor der Thür:
Me git is (uns) Chäs und Brot herfür,
J höre 's Fürli chrache,
Me will is Chüechli bache.
J höre 's Fräuli is Chämmerli goh,
Sie will is Nüßli abe lo (ablaßen).
892.
Frühlingsumgang.
Heut ift mitten in der Faften,
Da leeren die Bauern die Kaften,
Die Kaften die find alle leer,
Ein andres Sahr ung Gott befcer.
— 296 —
Die Früchte im Felde, fie Eleiden fo wohl,
Sie Eleiden dem Bäuerlein die Scheuerlein voll,
Wo find unfre hiefige Knaben,
Die und den Sommerfranz helfen umtragen?
Sie liegen wohl hinter dem Wingertsberg,
Und fchaften ihre Händlein rauh.
Fett gehen wir vor ded Wirthen Haus,
Da Schaut der Herr zum Fenfter raus,
Er ſchaut wohl aus und wieder ’nein,
Er ſchenkt und was ins DBeutelein ’nein,
Wir Schreibens wohl auf ein Lilienblatt,
Wir wünfhen dem Herrn einen guten Tag,
Wir wünfhen dem Herrn einen goldenen Tiſch,
Auf jeden Spitzen gebackene Fiſch.
Mitten darinnen eine Kanne voll Wein,
Damit ſoll er brav luſtig ſein.
Wir wünſchen der Frau eine goldene Wiege,
Damit ſoll ſie ihr Kindlein wiegen.
Wir wünſchen der Frau eine goldene Schnur,
Damit bind fie ihr Kindlein zu.
Wir wünfhen dem Herrn einen filbernen Wagen,
Damit foll er ind Himmelreih fahren,
893.
Mit dem Rommelstopf.
FSrufen, maf de Dür op
Und lat den Rummelpoft in!
— 297° —
Wenn dat Schipp vun Holland Fümt,
Het dat jo mojen Wind,
Lat mi nich fo lang ſtahn,
Ick fchall van Dag noch mihder gahn,
Schipper, wullt du wifen,
Bootsmann mullt du flrifen,
Sett en Segel op den Topp:
Gif und war in’n Rummeltopp.
538,
Mit dem „Knurpott”.
Faftelarend kütt hevan,
Spiele mer op der Bußen,
Hier ein Stuhl und da ein Stuhl,
Auf jedem Stuhl ein Küffen,
Und da die Mettwurft zwiſchen.
Hier wohnt ein veiher Mann,
Der und wohl was geben kann.
Vieles kann er geben,
Lang foll er leben
Von diefem Sahr aufs andre Jahr.
894.
Wenn die Knaben einen Marder gefangen haben, fragen fie ihn um
und fingen:
Eier raus, Eier raus,
Oder i laß de Marder
Ins Hühnerhaus.
395.
Der Brautball.
Der Brautball wird in Cameru bei Sandow an der Elbe am
zweiten DOftertage von denen eingefordert, die fich im vorigen Jahr vers
heiratet haben.
Grünlof, Grünlof!
Pries öber alle,
u
Düffen Sommer, düſſen Sommer
Lewen die Mäkens noch alle.
Wir mahnen ung den Brudeball!
Unn wenn fe uns den Ball nit gewen,
Willn wi ihr den Mann wegnehmen,
Denn willn wi’n ihr verfchenfen,
Se foll da wol dran denfen,
Unn id der Bau von Afche,
Ev mwilln wirn und wol wafchen;
Unn is der Ball von Golde,
Dann willn wirn mol beholden;
Unn wenn de Kiocden Elingen,
Dann mwilln wi noch ens fingen,
Unn wenn de Bälge ftilfe ftehn,
Dann willen wir gleih weiter gehn.
Adje adje adje!
896.
Sommertagslied.
(Um Sonntag Lätare.)
Tra ri ro,
Der Sommer der ift do!
Wir wollen ’naus in arten,
Und wollen des Sommers warten.
So jo jo,
Der Sommer der ift de.
Zra ri vo,
Der Sommer der ift do!
Wir wollen hinter die Hecken,
Und wollen den Sommer weden.
So jo jo,
Der Sommer der ift do,
— 299 —
Tra ri ro,
Der Eommer der ift do!
Der Sommer hats gewonnen,
Der Winter hats verloren,
Jo jo jo,
Der Sommer der ift do,
Zrariro uf. w.
Zum Biere, zum Biere!
Der Winter liegt gefangen,
Den fchlagen wir mit Stangen,
So jo jo,
Der Sommer der ift do,
ra rı ro u f. m.
Zum Weine, zum Weine,
Sn meiner Mutter Keller
Liegt guter Muscateller,
So jo je,
Der Sommer der ift do,
Tra ri ro u. ſ. w.
Wir wünſchen dem Herrn einen goldnen Tiſch,
Auf jeder Eck einen gebacknen Fiſch,
Und mitten hinein Drei Kannen mit Wein,
Daß er dabei kann fröhlich ſein.
Jo jo jo,
Der Sommer der iſt do.
897.
Summer Summer Maje!
Die Hinfel lege die Aajer;
Sie lege fe hinnerd Loc,
Do finne mer fe do!
Ha ri ro,
Der Summer der is do,
— 530 —
Bretzel drein, Gillewein,
Alle gute Sache ’nein,
Stab aus, Stab aus,
Dem Winter gehn die Augen aus,
Sie feilen uns die Blumen,
Sie bringen und den Summer.
Frau Mutter iS en brave Frau,
Sie giebt und was aus ihrem Haus,
Hajer eber Speck,
Sp gehn mer gleich eweck.
898.
Aus dem Streit zwifhen Sommer und Winter.
Winter:
Ich bin der Winter flolz,
Ich baue Brüden ohne Hol.
Sommer:
Ich bin der Sommer fein,
Sch mähe mein Korn,
Und hark es wohl auf
Und fahr es in die Scheun.
Winter:
Sch drefhe das Korn und fahr ed zur Stadt,
Daß jeder feine Nahrung hat,
399.
Sommerverfündigung.
(Ein todter Fuchs wird vorausgefragen.)
Hans DVofs heißt er,
Schelmftüf weiß er;
Die er nicht weiß, die will er lehren,
Haus und Hof will er verzehren.
Drof auf die Trage,
Speck auf die Wage,
— 301 —
Eier ind Neſt,
Der mir was giebt, der ift der Beſt.
Als ich hier vor diefem mas,
War bier nichts ald Laub und Gras,
Da war auch hier Fein reiher Mann,
Der und den Beutel füllen Fann
Mit einem Schilling, drei vier oder mehr,
Wenns auch ein halber Thaler wär,
Droben in der Hausfirit
Hängen die langen Mettwürft:
Gebt uns die langen,
Last die Furzen hangen.
Sind fie etwas Eleine,
Gebt und zwei für eine;
Sind fie ein wenig zerbrochen,
So find fie leichter Fochen ;
Sind fie etwas fett,
Te beßer e8 uns ſchmeckt.
900.
Brunneneier = Lied,
Zu Kreuznach und andern Städten am Rhein werden zu Sohanni
die Brunnen gereinigt und neue Brunnenmeifter ermählt, womit ein Zeft
verbunden ift. Am Nachmittag fammeln die Kinder Eier, welche Abends
gebaden werden. Beim Eierfammeln fingen fie:
Gärtlein Gärtlein Brunneneier,
Heut han wir Sohannistag,
Grün find die Lilien;
Rufen wir Frau Wirthin an.
Draus auf den Leien
Steht ein Korb mit Eiern:
Sind fie zerbrocen,
Gebt mir eure Tochter;
— 8302 —
Sind fie zu klein,
Gebt mir zwei für ein,
Strih ſtrah ſtroh,
Heut übers Jahr find wir all mit einander wieder do.
901.
Altbairifhes Sonnemwendfeuerlied.
Haliga St. Zeit,
Schick ung a Schait,
Haliga Sankt Wendt,
Schick uns a Bengl,
Haliga St. Floriv,
Kend (zünd) uns das Fuar o!
902.
Fuldaiſches Sohannislied.
Da fommen wir hergegangen
Mit Spießen und mit Stangen
Und wollen die Eier langen,
Feuerrothe Blümelein,
An der Erde fpringt der Wein.
Gebt ihr uns der Eier ein
Zum Johannisfeuer.
Haberje haberju! Fri fre frid!
Gebt uns doh ein Sciet!
903.
Bonner Martinslied.
He Zinter Mä’te,
Dat waor ’ne gode Mann,
Dä deelt jinge” Mantel
Met enem arme Mann.
Dä Drifooß, we heefch dä Fooß,
Do kaom ene Mann mer Küchen herus
US des felvige Manns Hus.
— 305 —
Raohden dit, raohden dat,
We jett härt, dä fchött dä Knappſack.
Ma’tensaovend, maace de Wihmer de MWührfch,
Onn wann fe Wing em Keller hann
Dann drinfen fe, wann fe dührſch.
Wingchen enn dä Fläche,
Gellchen enn dä Täſche:
Wingche moß gedrunfe fenn,
Gellche moß verzehrt fenn.
Muus, Muus, fomm eruus,
Breng e gruß Stöck Holz eruus.
D gett dem arme Mä’tesmänchen doch e kleen Stöffelhe
Ho — — 1;!
nach vergeblichem Warten:
Et ſetz en Schwalfter op dem Daach,
De dr — der Mähd en Dog ung, en Dog uud, en Oog uus.
904,
&t. Niclas.
Bater.
Es wird aus den Zeifungen vernommen,
Daß der heilige St, Niclaud werde fommen
Aus Moskau, wo er gehalten werth
Und als ein Heiliger wird geehrt;
Er ift bereits fchon auf der Fahrt
Zu befuhen die Schuljugend zart,
Zu fehn was die Fleinen Mägdlein und Knaben
In diefem Fahre gelernet haben
Sm Beten, Schreiben, Singen und Lefen,
Und ob fie find hübſch fromm gewefen.
Er hat auch in feinem Sad verichloßen
Schöne Puppen aus Zucker gegoßen:
Den Kindern, melde hübfh fromm mären,
Will er folhe Schöne Sachen verehren,
— 304 —
Kind.
Sch bitte dich Sanct Niclas fehr
In meinem Haufe auch einfehr.,
Bring Bücher, Kleider und auh Schuh
Und noch viel fhöne gute Sachen dazu,
Sp will ih lernen wohl,
Und fromm fein, wie ih foll,
St. Niclas.
Gott grüß euch, lieben Kinderlein,
Ihr ſollt Vater und Mutter gehorfam fein,
So foll euh was Schönes befcheerer fein;
Wenn ihr aber das nicht thut,
Sp bring ih euch den Stecken und die Ruth.
905.
Sr. Niclas ift ein braver Mann,
Dringt den Fleinen Kindern was;
Die großen läßt er laufen:
Die Fönnen fih mas Faufen.
906,
Altbairifhes Knöpfleinsnacht-Lied.
(Lesten Donnerstag vor Weihnachten)
Hola holla Eiopf o!
D grau hot an ſchön Mo,
Geit ma d' Frau an Küachal z Loh,
Daß i an Herrn alobt ho;
A Küachal und a Zeltn:
Da Pedar werds vageltn,
Da Pedar is a haliga Mo,
Der olli Ding vagelte Fo.
907.
Zu Weihnachten.
Gottes Wunder, lieber Bu,
Geh, horch ein wenig zu
— 8305 —
Was ich dir will erzählen,
Was gefhah in aller Fruh.
Da geh ih über ein Haibd,
Wo man die Ecäflein mweidt,
Da Eam ein Eleiner Bu gerennt,
Sch hab ihn al mein Tag nicht Eennt.
Gotts Wunder, lieber Bu,
Geh, horch ein wenia zu.
Den alten Zimmermann,
Den fhaun mir alle an,
Der hat dem Fleinen SKindelein
Die! Gutes angethan.
Er hat es fo erkufer,
Es war ein wahre Luft;
Er fchafft das Brot, ißt ſelber nicht,
Iſt auch fein wahrer Vater nicht.
Gotts Wunder, lieber Bu,
Geh, horch ein wenig zu.
Hätt ih nur dran gedenkt,
Dem Kind hätt ih was afchenft;
Zwei Aepfel hab ich bei mir ghabt,
Es hat mich freundlich angelacht.
Gotts Wunder, lieber Bu,
Geh, horch ein wenig zu.
908.
Des Chriftfinds Wiegenlied.
O Sefulein zart,
O Jeſulein zart,
Das Kripplein iſt hart,
Wie liegſt du ſo hart!
Ach ſchlaf, ach thu dein Aeuglein zu,
Schlaf und gieb uns die ewige Ruh.
Dtſche Volksb. Ir. Bd, 20
— 306
Schlaf Sefulein wohl,
Nichts hindern fol
Ochs, Eſel und Schaf,
Sind alle im Schlaf.
Schlaf, Kind, fehlaf, thu
dein Aeuglein zu,
Schlaf, und gieb und die ewige Ruh.
Der Seraphim fingt,
Und Eherubim Elingt,
Viel Engel im Stall,
Die wiegen dih all.
Schlaf, Kind, ſchlaf, thu
Schlaf und gieb uns die
Sieh, Sefulein, fieh,
Sanct Sofeph ift hie,
Itzt bleib auch dabei,
Schlaf fiber und frei.
Schlaf, Kind, fchlaf, thu
Schlaf und gieb uns die
Schweig Efelein ftill,
Das Kind fehlafen will,
Ei Oechsle nicht brüll,
Das Kind ſchlafen will.
Schlaf, Kind, ſchlaf, thu
Schlaf und gieb uns die
909.
die Aeuglein zu,
ewige Ruh.
dein Aeuglein zu,
ewige Ruh.
die Aeuglein zu,
ewige Ruh.
In Mitten der Nacht
Die Hirten erwacht
In Lüften hör'n klingen,
Das Gloria ſingen
Die himmliſche Schar:
Daß Gott geboren,
iſt wahr.
— 307 —
Die Hirten im Feld
DVerließen ihr Zelt,
Sie fonnten kaum fchnaufen
Vor Rennen, ed laufen
Der Hirt und der Bu
Dem Frippelein zu.
Dabei zeigt fih auch
Eine fhöne Jungfrau,
Sie thät fih bemühen
Deim Kindlein zu fnieen
Und betet es an,
Ei Brüder, fchauts an,
Ah daß Gott malt!
Wie ift es fo kalt!
Möcht Einer erfrieren,
Das Leben verlieren.
Wie dauert mich das Kind,
Wie feharf geht der Wind!
Ah daß Gott erbarm,
Wie ift die Mutter fo arm!
Gie hat ja fein Pfännlein
Zu kochen dem Findlein,
Kein Mehl und Fein Schmalz,
Kein Milh und Fein Salz.
Ihr Brüder kommt vaus,
Mir wollen nah Haus,
Kommt Alle, wir wollen
Dem Kindlein was holen:
Kommt einer hieher,
So fomm er nicht leer.
— 808 —
XU. Ueck-Märchen und Gedächtniſsübungen.
910.
Es war einmal ein Männchen,
Das froh ind Kännchen,
Es kroch wieder heraus
Dis an Paftord Haus,
Da war dad Erzählhen aus.
Im.
Ih mill dir mad verzählen
Von Hurfheputfchenehlen,
Aber fei mir ja verfchwiegen:
Sch fol dich bei der Nafe Eriegen.
912.
SE will di vertellen
Vun de Pimpernellen,
Yun de junge ſmucke Brut:
Nu is min Vertellen ut.
913.
Es war einmal ein Manı,
Der hatte feinen Kamm:
Da gieng er hin und Fauft fih einen,
Da hatt er einen,
914.
Es ifh emol e Babbe gſinn unn e Mamme,
Unn e Ffleiner wunziger Bue,
Die finn mit nander noch Sanct Jockeles zue.
— 309 —
Unn wie fie uff Sanct Jockeles kumme,
Se fummt e Babbe unn e Mamme
Unn e Fleiner wunziger Bue u, f. w.
915,
Soll i derr ebbs erzähle
Dun de langen Ehle?
Dun de furze Woche?
Merr hänn hitt nir ze Foche
Als e Bißel Katzefleiſch unn e Paar Kälwelsknoche.
916.
Sch will dir etwas fagen
Von den Furzen Tagen,
Don den langen Wochen:
Da haben wir nichtd zu Fochen
Als ein Bißchen Sauerkraut
Und darin ’nen Knochen.
917.
Ein Mann hatte drei Töchter, Die erfte hieß Sibylle,
die zweit Petronilla, die dritte Schweigftille, „Giebſt du
auh Acht?” Sa. Wie hieß dann die dritte? „Schweig
file.” Der Erzähler ſchweigt.
918.
Einmal fuhr ein Fuhrmann einen Todten über die
Brüde, As er halb hinüber war, hört er was Fraden.
Da fragt er: Was Fracht da? Da fagt der Todte — Nichts!
919,
Es war einmal ein Bauer, der durchſuchte fein Haus,
Da fand er nichts ald eine ſtumpfſchwaänzige Maus. Hätte
die Maus einen längern Schwanz gehabt, fo wär mein
Erzählhen auch länger geweſen.
— 310 —
920.
Es waren drei Studentcher,
Die hatten Stubrödder an;
Maren die Röckcher länger geweien,
So wär auch das Stücken länger gemwefen,
921.
Sch will euch was erzählen, gebt acht, es fängt an!
Es war einmal ein fchwarzer Furzer runder bunter Mann,
Der hatte ſchwarze Furze runde bunte Hofen an.
Er war umgürt mit einem fchwarzen kurzen rumden bun—
ten Schwert
Und faß auf einem fchwarzen Furzen runden bunten Pferd.
Er ritt durch die Schwarzen kurzen runden bunten Straßen,
Wo die fchwarzen Eurzen runden bunten Kinder faßen,
D ihr ſchwarzen kurzen runden bunten Kinder geht hinweg,
Seht mir aus dem ſchwarzen Furzen runden bunten Weg,
Daß euch mein ſchwarzes Furzes rundes buntes Pferd nicht
ſchlägt.
Nicht wahr, wie von dem ſchwarzen kurzen runden bun—
ten Mann
Ich euch fo ſchwarz Furz rund und bunt erzählen Fann.
922.
SE weet an lürfürfütje Fro, de har en lürlürlütje Koh,
un de lürlürlütje Koh har en Türlürlüte Kalv, und dat
lürlürlütje Kalv u, f, mw, ad libit.
923.
E3 flieg ein Büblein auf einen Baum,
D fo hoch, man fah es kaum.
Schlüpfte
Von Aſt zu Aeſtchen,
Hüpfte
Zum Vogelneſtchen.
— 311 —
Hei, da lacht’ ee.
Ei, da kracht' es,
Piumps, da lag es drunten.
94.
Es faß eine alte Eule und Eabaufterte ſich. Da Fam
fo ein Lirumlarumpimpenfchläger und ſchlug die Eul auf ihren
Plattfuß. J, fagte die Eu, was fchlägft du mih? Kann
ih hier nicht fisen und Elabanftern mich ?
925.
Die Uhle fat up de Berwerdör um plaffufete fit; do
quam de Plinder de Plander de Pluntenichlärger un fchlog
fe unnern Platfoet. Trunk, fierde fie, draf IE hier nich
fitten? fierde je, un plüftern mine flinte flanfe Flunte,
mine flolte Fierdern bunte?
926.
Es war einmal ein alter Bauer und eine alte Eule.
Der Bauer faß in der einen Ede und die Eule faß in der
andern Ecke und der Bauer fah die Eul an und die Eul
fah den Bauern an,
927.
Sunge, was machſt du da? — Stille Vater, ich fange
Mäuſe. — Haft du fchon weihe? — Ja Dater, wenn ich
diefe habe, auf die ich laure, und noch eine, dann hab ich
zwei.
928.
Morgens früh um fechie
Komme die alte Here,
Morgens früh um ſieben
Schabt fie rothe Rüben,
— 312 —
Morgens früh um achte
Seht fie auf die MWachte,
Morgens früh um nenne
Seht fie in die Scheune,
Morgens früh um zehne
Holt fie alte Spähne,
Morgens früh um elfe
Geht fie ins Gemölbe,
Morgens früh um zmwölfe
Kommt fie wieder heraus
Und nun war die Gefhichte aus.
929.
As ih einmal aus Polen Fam,
Da lauft ih meinen Rod.
Und auf der rechten Seite
Da faß ein ganzes Schod,
Und auf der linken Seite
Da faßen noch viel mehr,
Und hinten auf dem Rüden
Da faß das ganze Heer.
Da giengs denn knick knack, knick knack nad,
Die Nägel wurden roth.
Da ſchrie eine Laus zur andern:
Wie bitter iſt der Tod!
930.
Ich gieng einmal nach Amſterdam
Auf der Faullenzer Straße.
Man fragt mich, ob ich faullenzen kann;
Th fagte nein und meint doch ja.
Sch fest mich nieder und faullenzt da;
Es war wohl taufend Gulden werth:
Dafür Eauft ich ein fchönes Pferd,
— 313 —
Wars fein junges wars ein alts
Ohne Kopf und ohne Hals,
Ohne Schenkel, ohne Bein.
Auf dem Pferd ritt ich allein,
Auf dem Pferd riet ich fo lang,
Bis ihm gar der Bauch zerfprang.
Flog heraus ein Göckerlein,
Krähte grob und krähte fein,
Hart auf feinem Kopf ein’n Kamm,
Drauf ſtand das Wappen non Amfterdam,
931.
Bom Schlauraffenland.
Nun höret zu und fchmeiger ftill
Was ich euch Wunders fagen will
Don einem guten Lande;
Es bliebe Mancher nicht daheim,
Könnt er dahin gelangen.
Die Gegend heißt Schlauraffenland,
Iſt faulen Leuten wohl bekannt,
Liegt hinterm Zuckerberge.
Und willſt du in das Land hinein,
Friß dich hindurch die Zwerche.
Der Berg iſt ſchier drei Meilen lang,
Doch beiß dich durch und thu dir Zwang:
Gelingt dirs ohne Schaden,
So findeſt du die Häuſer all
Gedeckt mit Eierfladen.
Thür und Wänd, das ganze Haus
Sind von Lebkuchenteig durchaus,
Die Sparren Schweinebraten:
Kauft einer dort um Pfennigswerth,
Hier gilt es einen Ducaten.
— 314 —
Ale Brunnen find vol ſüßem Wein,
Rinnen Einem ferbft ins Maul hinein,
Und andre füße Weine;
Und wer die gerne frinfen mag,
Der mach fih auf die Beine,
Um jedes Haus, da ıft ein Zaun
Seflochten von Bratwürften braun
Gebraten und gefotten,
Es mag sie efen Wer da will,
Cie find Niemand verboten.
Yuch fliegen um, das mögt ihr glauben,
Gebratne Vögel, Gänf und Tauben,
Und Wer fie nicht will fangen,
Dem fliegen fie von ferbft ins Maut,
Braucht nicht darnach zu langen.
Die Säu gerathen alle Sahr,
Laufen herum und find ſchon gar,
Mit Meßern in dem Rücken,
Daß Jeder bald ohn Aufenthalt
Sich fhneiden mag fein Stüde,
Fällt ein Wetter im Sommer ein,
Sp regnets lauter Honigfeim:
Alte die gerne fchlecen,
Die laufen in das Land hinein,
Da haben fie zu leden.
Fänge es im Winter zu fehneien an,
So fchneit es nichts als Marzipan,
Rofinen auch und Mandeln,
Und mer fie gerne Fnabbern mag,
Der hat einen guten Handel.
— 315 —
Auf Tannen wachfen große Krapfen
Wie hier zu Land die Tannenzapfen,
Auf Fichten wachen Schnitten,
Auch Fann man von den Birken da
Gute Speckfuchen ſchütten.
Auf Weiden wahfen Semmel frei,
Die Löffel hängen fchon dabei,
Darunter Milhbäh fließen.
Die Semmel fallen in die Milch,
Daß fie Feder kann genießen.
Faul Gefinde, Mägd und Knecht,
Sind in dem Land gar eben red:
Auf Gretel denn und Stöffel,
Macht an den Mithbah euch geſchwind
Mit einem großen Löffel.
Mer tölpiich ift und gar nichts Fann
Wird in dem Land ein Edelmann,
Und wer nichtö thut als fchlafen,
Eßen, trinken, tanzen und fpielen,
Der wird zu einem Grafen.
Wer der Allerfautfte wird erkannt,
Iſt König über das ganze Land
Und hat ein groß Einfommen.
Des Landes Art und Gigenfhaft,
Das habt ihr nun vernommen,
Mer fih will machen auf die Reid
Und feibft den Weg dahin nicht weiß,
Der mag einen Blinden fragen;
Ein Stummer ift auch gut dazu,
Wird ihm nicht unrecht fagen.
R
— 316 —
932.
In der Schlaraffenzeit da gieng ich uud fah an einem
Fleinen Seidenfaden hieng Rom mit dem Lateran und ein
fußlofer Mann überlief ein fchnelles Pferd und ein bitter—
ſcharfes Schwert, das durchhieb eine Brücke. Da fah ich
einen jungen Ejel mit einer filbernen Nafe, der jug hinter
zwei fchnellen Hafen her und eine Linde, die war breif, auf
der wuchfen heiße Faden, Da fah ich eine alte dürre Geis,
die trug wohl hundert Fuder Schmalzes an ihrem Leibe und
fechzig Fuder Salzes. ft das nicht gelogen genug? Da fah
ih zadern einen Pflug ohne Roſs und Rinder und ein jäh—
viged Kind warf vier Mühlfteine von Regensburg big Trier
und von Trier hinein in Straßburg, und ein Habiht ſchwamm
über den Rhein, das that er mit vollem Recht. Da hört
ih Fifhe mit einander Lärm anfangen, daß es in den Him:
mel hinauf fhol und ein füßer Honig floß wie Waßer von
einem tiefen Thal auf einen hohen Berg; das maren felt-
fame Gefhichten. Da waren zwei Krähen, die mähten eine
Wieſe und ich fah zwei Mücken an einer Brüce bauen, und
zwei Tauben zerrupften einen Wolf, zwei Kinder die wurfen
zwei Ziclein, aber zwei Fröſche drofchen mit einander Ge:
treid aud. Da fah ich zwei Mäufe einen Bifchof weihen,
und zwei Kaben, die einem Bären die Zunge ansfrasten.
Da Fam eine Schnede gerannt und erfchlug zwei milde
Löwen. Da fand ein Bartfcherer und fchor einer Frau
ihren Bart ab und zwei fäugende Kinder hießen ihre Mut-
ter fEill Schweigen. Da fah ih zwei Windhunde, die brachs
ten eine Mühle aus dem Waßer getragen und eine alte
Schindmähre ftand dabei uud ſprach, es wäre Recht. Und
im Hof flanden vier Roſſe, die drofhen Korn aus allen
Kräften, und zwei Biegen, die den Dfen heizten, und eine
rothe Kuh ſchoß das Brot in den Ofen, da Erähte ein Huhn
Kiderifi; das Märchen ift auserzählt. Kicerifi!
933,
Ich will euch fingen und will nicht lügen:
Ich fah drei gebratene Hühner fliegen,
>»
— 317 —
Sie flogen alfo fchnelle,
Sie hatten die Bäuche zum Himmel gekehrt,
Die Rüden nah der Hölle.
Ein Amboß und ein Mühlenftein,
Die ſchwammen zufammen über den Rhein,
Sie ſchwammen alfo Ieife.
Da fraß ein Froſch einen glühenden Pflug
Zu Pfingften auf dem Eife.
Es wollten drei Keris einen Hafen fangen,
Sie famen auf Krücken und Stelzen gegangen;
Der Eine fonnt nicht hören,
Der Andre war blind, der Dritte ſtumm,
Der Bierte Fonnte fich nicht rühren,
Nun will ih euch fingen, wie es gefchah:
Der Blinde zuerft den Hafen fah
Sm Feld gefhwind hertraben.
Der Stumme rief dem Lahmen zu,
Da faßt' ihn der beim Siragen.
Es fegelten Erlihe über Land,
Die Segel hatten fie in den Wind gefpannt
Und fegelten auf den Feldern,
Sie fegelten auf einen hohen Berg:
Da ertvanfen fie all in den Wäldern,
Es gieng ein Kreb3 auf die Hafenjand:
Die Wahrheit kommt heraus mit Macht
Und bleibt nicht lang verfchwiegen.
Es lag eine Kuhhaut auf dem Dad,
Die war da hinauf geftiegen.
— 53135 —
Hiemit will ih mein Lied befchließen,
Sollt es die Leute gleich verdrießen,
Und will nicht länger lügen,
In meinem Land find die Fliegen fo groß,
Als bier zu Land die Ziegen,
934,
So geht es in Schnügelpußhäufel,
Da fingen und tanzen die Mäufel
Und bellen die Schnefen im Häufel,
In Schnügelpughäufel, da geht es fehr toll,
Da faufen fihb Tiſch und Bänfe voll,
Pantoffeln unter dem Bette,
So geht es in Schnügelpughäufel ꝛc.
Es faßen zwei Ochſen im Storchenneft,
Die hatten einander gar lieblich getröftt,
Und wollten die Eier ausbrüten.
So geht ed in Schnügelbushäufel ꝛc.
Es zogen drei Storche wohl auf die Wacht,
Sie hatten ihre Sache aar wohl bedacht
Mit ihren großmächtigen Spießen.
So geht es in Schnüßelpußhäufel ꝛc.
Sch wüſte der Dinge noch mehr zu fagen,
Die fih in Schnügelpushäufel zutragen
Gar lächerlih über die Maßen.
935-
Es war ein Bauer in Soeft, der hieß mit Namen Knoft
und hatte drei Söhne, Der eine hieß Soft, der andre Knoft
und der dritte Sanberndchen. Die wollten alle drei reifen;
der eine war blind, der andere war lahm und der dritte
war fplitternacfend. Wie fie über Feld Famen, fahen fie
einen Hafen. Der Blinde fhoß ihn, der Lahme fieng ihn
— 319 —
und der Nackte flecfte ihn in die Taſche. Da Famen fie
vor ein groß allmächtig Waßer: da waren drei Schiffe auf.
Das eine war lecf, das andere gieng nicht vom Fleck, das
dritte, da war Fein Boden inn, Im dag, worin Fein Boden
war, giengen fie alle drei fisen. Der erfte verfanf, der an—
dre erfranf, der dritte Fam gar nicht wieder, Der da gar
nicht wieder Fam, der fam an einen allmäctig großen Wald,
und in dem allmächtig großen Wald war ein allmächtig gro—
Ber Baum, und in dem allmächtig großen Baum war eite
almächtig große Capelle, und in der allmächtig großen Ca—
pelle war ein hagebuchener Küfter und ein nußbaumener Pas
ftor, die theilten das Weihwaßer mit Knüppeln aus,
Selig ift der Mann,
Der dem Weihmwaßer entlaufen kann.
936.
Der Fuchs Fam einmal auf eine Wiefe, wo eine Heerde
fhöner, fetter Gänfe faß, da lachte er und ſprach: „Ei, ic
fomme ja wie gerufen, ihr fist hübfh beifammen, da Fann
ih eine nach der andern auffreßen,” Die Gänfe gacften vor
Schrecken, fprangen auf und fiengen gar Fläglih an um ihr
Leben zu bitten. Der Fuchs aber ſprach: „Da ift Feine
Gnade, ihre müßt ſterben.“ Endlih nahm ſich eine das
Herz und fagte: „Sollen wir doch einmal unfer jung frifch
Leben laßen, fo erzeig und die einzige Gnade und erlaub
ung noch ein Gebet, damit wir nicht in unfern Sünden
fterben; hernach wollen wir und auch in eine Reihe ftellen,
damit du dir immer die fettefte ausfuchen kannſt.“ „Ja“
fagte der Fuchs „das ift billig und eine fromme Bitte: be:
tet, ih will fo lange warten.’ Alſo fieng die erfle ein
vecht langes Gebet an: ga! ga! und weil fie gar nicht auf:
hören wollte, wartete die zweite gar nicht, bis die Reihe an
fie fam, fondern fing aub an: ga! ga! Und wenn fie
alle ausgebeter haben, ſoll dad Märchen auserzählt mer:
den; fie beten aber alleweil noch immer fort,
— 320 —
937.
Es ift einmal ein Hühnchen und ein Hähnchen gemweft,
die fcharrten zufammen auf dem Mifte, da findt das Hühne
chen ein Schlüßelhen und das Hähnchen findt ein Käftchen,
Da fagt das Hähnchen: Borg mir einmel dein Schlüßel:
chen, ob3 zu meinem Käftchen pafdt, Das thut das Kühn:
hen, und das Hähnchen fchließt das Käfthen auf, und da
ift ein ganz Fleines, Furzes vothfeidenes Pelzchen drin geweft,
Wärs was länger geweft, da wär mein Erzählhen aud
länger geweſt.
938.
Weiß denn lieb Kindchen auch, wie ed mit dem Hähne
chen und feinem Hühnchen gegangen ift und warum das gute
Hähnchen fo lang auf dem Kirchthurm ſteht? Sch wills ihm
erzählen.
Das Hähnchen und fein Hühnchen find einmal mit ein:
ander in die Nußherfe gegangen um Nüße zu eßen und je—
des Nüfchen, welches das Hähnchen fand, hat ed mit dem
Hühnchen getheil. Endlich hat das Hühnchen auch eine
Nuß gefunden und das Hähnchen hat fie ihm aufgepick.
Aber das Hühnchen war netdifh und hat nicht rheilen wol-
len nnd hat aus Neid den Nuffern ganz verfchlndt, Der
ift ihm aber im Halfe fleden geblieben und mollte nicht
hinter fih und nicht vor ſich. Da hat es gefchrieen: Lauf
zum Born und hol mir Waßer,
Hähnchen ift zum Born gelaufen:
Born du folft mir Waßer geben.
Hühnchen liegt an jenem Berg
Und ſchluckt an einem Nußkern.
Da hat der Born gefproden:
Erft ſollſt du zur Braut hinfpringen
Und mir flare Seide bringen,
Hähnchen ift zur Braut gefprungen:
Braut, du folft mir Seide geben,
— 321 —
Seide joll ih Brunnen bringen,
Brunnen fol mir Waßer geben,
Waßer fol ih Hühnchen bringen,
Hühncden liegt an jenem Berg
Und ſchluckt an einem Nußfern.
Da hat die Braut geiproden:
Soft mir erſt mein Krängchen langen,
Dlieb mir an den Weiden bangen.
Hähnchen it zur Weide flogen,
Hat das Kränzchen runter zogen:
Braut, ih thu dirs Kränzchen bringen,
Souft mir klare Seide geben,
Seide fol ih Brunnen bringen,
Brunnen fol mir Waßer geben,
Waßer fol ih Hühnchen bringen,
Hühnchen liegt an jenem Berg
Und ichluft an einem Nußkern.
Braut gab für das Kränzchen Seide,
Born gab für die Seide Waßer,
Waßer bringt er zu dem Hühnchen;
Aber Hühnchen war erflidt,
Hat den Nußkern nicht verſchlickt.
Da war das Hähnchen ſehr traurig und hat ein Wä—
gelchen von Seide geflochten, hat ſeine ſechs Küchelchen da—
vor geſpannt und das Hühnchen darauf gelegt um es zu
Grabe zu führen, und wie es fo fortfuhr, Fam eine Gans:
Wohin Hähnchen?
Mein Hühnchen begraben.
Darf ih aufſitzen?
Sitz hinten auf den Wagen;
Vorne könnens meine Pferdchen nicht vertragen.
Da hat fih die Gans aufgelegt. Da fam em Fuchs:
Wohin Hähnchen!
Diſche Volksb. Ir. Bd. 21
— 322 —
Mein Hühnchen begraben.
Darf ich aufligen?
Sitz hinten auf den Wagen;
Vorne Ffonnend meine Pferdchen nicht vertragen.
Da hat fih der Fuchs aufgefest. Da Fam ein Wolf:
Wohin Hähnchen u, f. mw.
Da fam ein Löwe u. f. w. Sam ein Bär u. f. w.
Alle Hinten drauf, Endlih fam noh ein Floh:
Wohin Hähnchen ?
Mein Hühnchen begraben.
Darf ih aufſitzen?
Eis hinten auf den Wagen,
Vorne könnens meine Pferdchen nicht vertragen.
Da hat fih der Floh auch aufgefegt. Allein der war
zu ſchwer. Der hatte gerade noch gefehlt. Das ganze
MWägelhen mit aller Bagaae mit Mann und Maus ift im
Sumpfe verfunfen. Da braucht’ er auch fein Grab, Das
Hähnchen ift allein davon gefommen und ift auf den Kirch:
thurm geflogen, da ſteht es noch und dreht fih überall
herum und paſst auf fchön Wetter, daß der Sumpf aus
trocknet; da will es wieder hin und will ſehen, wie es
feinen Leichenzug weiter bringt, wird aber mohl zu fpät
fommen, denn es ift allerlei Kraut und Gras darüber gewach—
fen, Hühnerdarm und Hahnenfuß und Löwenzahn und Fuchs—
fhwanz und Gänfeblümden und folhe Gefhichten, wer fie
nicht weiß, der muß fie erdichten,
939
Das Kätzchen und das Mäuschen find einmal zufammen
fpazieren gegangen. Da find fie an einen Bach gekommen
und haben nicht hinüber aefonnt: da haben fie ein Stroh:
hälmchen genommen und habens über den Bach gelegt, und
das Kätzchen hat zum Mäuschen gefagt: Mäuschen, geh du
äzuerft hinüber. Aber das Mäuschen hat nicht getraut und
gefagt: Käschen, geh du zuerft. Da hat fih das Kästchen
— 323 —
auf den Weg gemacht; wie es aber auf das Strohhälmchen
gekommen ift, ift das Strohhälmchen entzwei gebrochen und
das Kästchen ift ins Waßer gefallen, Da hat das Mäus—
hen fo arg gelacht, daß ihm fein Pänzchen zeriprungen ift.
Da fagt das Käschen zum Mäuschen: Mäuscen, jest geh
zum Schuhmader und laß dir dein Hein Pänzchen fliden.
Das Mäushen geht zum Schuhmader und fagt: Schuh:
macher, flif mir doch mein Elein Pänzben. Da fagt der
Schuhmader: Mäusen, fol ih dir dein Elein Pänzchen
fliefen, fo muft du mir erft Borften bringen. Da geht das
Mäushen zu der Sau und fagt: Sau, du mir Borften
gieb, Borften ih dem Schuhmacher geb, Schuhmader mir
mein Fein Pänzchen flidt. Da fagt die Sau: Sol ih dir
Borften geben, fo muft du mir erft SKleien geben. Da geht
das Mäushen zum Becker und fagt: Beder du mir Kleien
gieb, Kleien ih der Sau gebe, Sau mir Borften giebt,
Borften ih dem Schuhmacher gebe, Schuhmadher mir mein
fein Pänzchen flickt. Da ſagt der Becker: Sol ih bir
Kleien geben, muf du miv Mehl geben. Da geht das
Mänshen zum Müller und fagt: Müller, du mir Mehl
gieb, Mehl ih dem Becker gebe, Becker mir Kleien giebt,
Kleien ih der Sau gebe, Sau mir Borften giebt, Borften
ib dem Schuhmaher gebe, Schuhmadher mir mein Flein
Pänzhen flickt. Da fagt der Müller: Sol ih dir Mehl
geben, fo muft du mir Korn geben. Da gieng das Mäus—
hen zum Feld uud fagt: Feld, du mir Korn gieb, Korn
ih dem Müller gebe, Müller mir Mehl giebt, Mehl ich
dem Becker gebe, Becker mir Kleien giebt, Kleien ich der
Sau gebe, Sau mir Borften giebt, Borften ih dem Schuh:
mader gebe, Schuhmader mir mein Flein Pänzchen flidt.
Da fagt das Feld: Sol ih dir Korn geben, muft du mir
Mift geben. Da geht das Mäuschen zu der Kuh und
fagt: Kuh du mir Mift gieb, Mift ih dem Feld gebe,
Feld mir Korn giebt, Korn ih dem Müller gebe, Müller
mir Mehl giebt, Mehl ich dem Becker gebe, DBeder mir
21*
— 8324 —
Kieien giebt, Kleien ih der Sau gebe, Sau mir Borften
giebt, Borften ih dem Schuhmacher gebe, Schuhmacher mir
mein klein Pänzchen flift. Da fagt die Kuh! Sol ic dir
Mift geben, muft du mir Gras geben, Da geht das Mäus—
chen zur Wieſe und fagt: Wiefe, du mir Gras gieb, Gras
ich der Kuh gebe, Kuh mir Mift giebt, Mift ih dem Feld
gebe, Feld mir Korn giebt, Korn ih dem Müller gebe,
Müller miv Mehl giebt, Mehl ıh dem Becker gebe, Becker
mir Kleien giebt, Kleien ih der Sau gebe, Sau mir Borften
giebt, Borften ih dem Schuhmader gebe, Schuhmacher mir
mein klein Pänzchen flift. Da ſagt die Wiefe: Sol id
dir Gras geben, muft du mir Afche geben. Da gieng das
Mäuschen zum Feuer und fagte: Feuer, du mir Afche gieb,
Aſche ih der Wiefe gebe, Wiefe mir Gras giebt, Gras ich
der Kuh gebe, Kuh mir Mift giebt, Mit ih dem Feld
gebe, Feld mir Korn giebt, Korn ih dem Müller gebe, Mül—
fer mir Mehl giebt, Mehl ih dem Beder gebe, Beder mir
Kleien giebt, Kleien ih der Sau gebe, Sau mir Borften
giebt, Borften ih dem Schuhmacher gebe, Schuhmacher mir
mein klein Pänzchen flift. Da fagt das Feuer: Sol id
dir Aiche geben, muft du mir Holz geben. Da geht das
Mäuschen zum Bufh und fagte: Bufh, du mir Holz gieb,
Holz ich dem Feuer gebe, Feuer mir Aſche giebt, Aſche ich
der Wiefe gebe, Wiefe mir Gras giebt, Grad ih der Kuh
gebe, Kuh mir Mift giebt, Mift ich dem Felde gebe, Feld
mir Korn giebt, Korn ih dem Müller gebe, Müller mir
Mehl giebt, Mehl ich dem Becker gebe, Berfer mir Kleien
giebt, Kleien ih der Sau gebe, Sau mir Borften giebt,
Borften ih dem Schuhmacher gebe, Schuhmacher mir mein
Hein Pänzchen fit. Da giebt der Buſch ihm Holz, Holz
e3 dem Keuer giebt, Feuer ihm Aiche giebt, Aſche es der
Wieſe giebt, Wiefe ihm Gras giebt, Gras es der Kuh giebt,
Kup ihm Mift giebt, Mit es dem Felde giebt, Feld ihm
Korn giebt, Korn es dem Müller giebt, Müller ihm Mehl
giebt, Mehl es dem Berker giebt, Berker ihm Kleien giebt
— 8325 —
Kleien es der Sau giebt, Sau ihm Borſten giebt, Borften
ed dem Schuhmacher giebt, Schuhmacher ihm fein Elein
Pänzchen flidt.
940,
Engel Bengel! laß mich gehn,
Sch hab en ſchönen Vogel geiehn.
Vogel giebt mir Eier,
Gier geb ih Kühchen,
Kühchen giebt mir Milch,
Milch geb ih Käschen,
Käschen fängt mir Mäuscen,
Mäuschen giebt mir Mift,
Mift geb ich Fed,
Feld geb ih Korn,
Korn geb ih Müller,
Müller giebt mir Mehl,
Mehl geb ih Beder,
Becker giebt mir Brot,
Brot geb ih Pippchen,
Pippchen legt mir Eier,
Eier ih verkauf.
941.
Es war einmal eine Eiuge Magd, die dachte immer
gar fleißig nah über die Dinge, die da fommen Fönnten,
Einsmals wurde fie hinunter geſchickt in den Keller, den
Gäſten Wein zu zapfen. Wie fie nun da unten vor dem
Faß ſaß und zapfte, giengen ihr wieder allerhand Eluge Ge:
danken durch den Kopf, was daraus merden follte, wenn
dieß und das gefhähe und mie fie das fo recht bedachte,
erfchraf fie fehr, fchlug die Hände über der Bruft zufammen
und vertiefte fih ganz in das große Unglück. Inzwiſchen
faßen ober die Säfte da oben und hatten nichts zu trinken,
Als der Wirth merkte, daß fie unruhig wurden, fprach er zu
dem Hans: Mo die Gret nur mit dem Wein bleibt! Lauf doc
einmal herunter, Hang, und fieh zu, warum die Gret die
Säfte warten läßt. Da gieng der Hans hinunter und als er in
den Keller fam, fprah er zu der Gret: Wo bleibft du doch
fo lange und brinaft den Gäften den Wein nicht herauf?
Ah Hans, fprah die Gret, du glaubft gar nicht was mir
für erſchreckliche Gefhichten durh den Kopf gehen. Stell
dir nur vor:
Hier ſitz ich und denfe
Und zapfe Getränfe
Und denfe, wied wär, wenns Fäm,
Das der Hang die Gret nähm,
Und die Gret Fräg (kriegt') ein Kind,
Und das Kind das fiel,
Und fiel? in dem Zimmermann fein Beil,
Was das für ein groß Unglüf wär!
Das ift aber auh wahr, fagte der Hang, das wär ja
ein ganz entſetzliches Unglück. Hiemit feste fih der Hans
zu der Gret und half ihr zapfen und über das große Un:
glück nachdenken, das gefchähe, wenn es fo Fäme mie fie
dachte, Unterdefien hatten aber die Gäſte da oben noch
nicht3 zu frinfen und wurden ganz ungeduldig. Der Wirth
merfte e3 und fagte zu feiner Frau: So geh doch einmal
hinunter, Frau, und fieh wo die Zwei mit dem Wein bleiben.
Da gieng die Frau felbft hinunter in den Keller und mie
fie die Zwei vor dem Faß figen fah und nachdenken, ſprach
fie: Ums Himmelswillen, was treibt ihr Zwei hier zuſam—
men, daß ihr den Gäften den Wein nicht herauf bringt?
Ah Frau, fagte der Knecht, ihr glaubt nicht was die Gret
wieder einen Flugen Gedanken gehabt hat und was für ent-
festliche Dinge geihehen Fünnten. Hört nur felbft:
Wir fisen und denken
Und zapfen zu tränfen
Und denken wies wär, wenns Fäm,
Daß der Hand die Gret nähm,
— 827 —
Und die Gret kräg ein Kind,
Und das Kind das fiel,
Und fie in dem Zimmermann fein Beil,
Was das für ein aroß Unglück wär!
Das ift freilih wahr, fagte die Frau, das wär ja ein
ganz entiegliches Unglüf. Und hiemif feste fih die Fran
zu der Gret und dem Hans und half ihnen zapfen und
nachdenken was es für ein groß Unglück wär, wenn es fo
käm mie fie dachten, In der Zwifchenzeit hatten aber die
Säfte da oben noch immer nichtd zu trinken und fiengen an
zu wettern und zu fluhen. Da gieng der Wirth felbft
hinunter und wie er in den Keller Fam und die drei
beifammen fisen fab und nachdenfen, brab er los: Zum
Henker, was fledt ihr hier die Köpfe zufammen und bringt
den Gäſten da oben den Wein nicht herauf? Ab Manı,
fagte die Frau, wenn du wüſteſt was die Gret für einen
Eugen Einfall gehabt hat von den entieglichen Dingen, die
da geichehen Fünnten. Denk nur einmal an:
Wir figen und denfen
Und zapfen zu fränfen
Und denfen, wies wär, wenns käm,
Daß der Hans die Gret nähm,
Und die Gret kräg ein Kind,
Und das Kind das fiel,
Und fiel? in dem Zimmermann fein Beil,
Was das für ein groß Unglück wär!
Pos Schlapperment, fagte der Wirth, das muß ich ge-
fliehen, das wär mein Seel ein ganz entfeslihes Unglück.
Und hiemit feste der Wirth fih auch mit hin zu der Frau
und zu dem Haus und der Gret und half ihnen nacdenfen
über das große Unglücf, das es wär, wenn ed käm wie fie
dachten. Uber mit alle dem hätten die Säfte da oben ver-
durften fünnen. Das wollten fie nicht und fiengen gemwal-
fig an zu lärmen und zu toben. Zulest fagten fie: Wir
mügen, hol und der Guckuck, ſelbſt einmal hinunter in den
BR
Keller gehen und fehen, warum fie und den Wein nicht
heraufbringen. Da giengen fie hinunter und mie fie in den
Keller Famen und die vier in Einer Reihe figen fahen und
über das große Unglück nachdenken, fchrieen fie: Alle Teufer,
was hockt ihr bier unten beifammen und laßt und Gäſte
da oben für Holz und Kohlen fisen! Ach ihr Herren, fagte
der Wirth, es ift gut, daß ihr fommt, ihr könnt ung bes
hülfih fein. Denft an, die Gret hat wieder gar einen
klugen Einfall gehabt von den entfeglichen Dingen, die da
geſchehen könnten. Und nun fißen wir hier
und denfen
Und zapfen zu tränfen
Und denfen, wies wär, wenns Fam,
Daß der Hans die Gret nähm,
Und die Gret fräg ein Kind,
Und das Kind das fiel,
Und fiel? in dem Zimmermann fein Beil,
Was das für ein groß Unglück wär!
Aber die Säfte fagten: Wir können euch nicht meiter
behülflih fein, denn das Faß ift ausgelaufen und der Wein
ſchwimmt durh den Keller.
942.
Sun Tag, Fraa Gevaatern. — Schön Dank, Fraa
Gevaatern. — Wo wollt denn hin, Fraa Gevaatern? —
Naa en Merk. — Wat wollt ihr da holen? — Rosma—
rin. — Für wen denn? — Für meine Tochter. — Die
Tochter will doch noch nicke freien? — Nu freilid. —
Wen freit fe dann? — Rathen Sie mal, Fraa Gevaatern.
— Se freit doch mohl feinen Kaufmann? — Noch einen
ville beegern. — Se freit doh wohl Eeinen Linneweber? —
Wenn Se's nicht rathen Fönnen, dann will ichs Euch fagen.
Se freit einen Beifenbinder, der hingern Ofen fein Geld
verdienen Fann, Jedesmal, wenn er einen Besken gebunden
hat, hat er hundert Thaler in feinem Beutel. — Dat is
— 329 —
zuvil. Krigt er denn keene Muſik dafür? — Nufe freilich.
— Was für eine? Klotzmajor. — Die geht denn die? —
Haue nutt nutt nutt, haue nutt nutt nuft, haue nutt nuff
nutt, Haue nutt nutt nutt.
943-
Maufetodt.
Der Schneider hat eine Maus,
Der Schneider hat eine Mi Ma Maufe Maus.
Was macht er mit der Maus?
Was macht er mit der Mi Ma Maufe Maus?
Er zieht ihr ab das Fell,
Er zieht ihr ab das Mi Ma Mauiefell,
Was macht er mit dem Fell?
Was er mit dem Mi Ma Mauſefell?
Er macht fih einen Sad,
Er macht fih einen Mi Ma Maufelad.
Was maht er mit dem Sarf?
Was macht mit dem Mi Ma Maufefad?
Er ſteckt darein fein Gerd,
Er ſteckt darein fein Mi Ma Maufegeid.
Was macht er mit dem Gem?
Was macht er mit dem Mi Ma Maufegeld?
Er Fauft fih einen Bock,
Er kauft fih einen Zi Za Ziegenbock.
Was macht er mit dem Bor?
Was macht er mit dem 3i 3a Biegenhod?
Er ritt damit in Krieg,
Er rift damit in Mi Ma Maufekrieg,
— 30 —
Was maht er in dem Krieg?
Was macht er in dem Mi Ma Maufekrieg ?
Er fchlägt fie Alle todt,
Er fchläst fie Ale mi ma mauferodt.
944,
Sft Alles verloren.
E3 kam eine Maus gegangen
In unfer Kornehaus,
Die nahm das Korn gefangen
In unferm Kornehaus.
Die Maus das Korn,
Iſt Alles verlorn
In unferm Kornehaug,
Da fam eine Rab gegangen
Sn unfer Kornehaus,
Die nahm die Maus gefangen
In unferm Kornehaus.
Die Rab die Maus,
Die Maus dad Korn,
Iſt Alles verlorn
In unferm Kornehaus.
Da Fam eine Kat gegangen
In unfer Kornehaug,
Die nahm die Rab gefangen
In unferm FKornehaus.
Die Kab die Rab,
Die Rap die Maus,
Die Maus das Kor,
Iſt Alles verlorn
In unferm Kornehaus.
— 3 —
Da Fam ein Hund gegangen
In unfer Kornehaus,
Der nahm die Kab gefangen
In unferm Kornehaus,
Der Hund die Kap,
Die Kap die Ras,
Die Rab die Maus,
Die Maus dad Korn:
Iſt Alles verlorn
In nuſerm Kornehaus.
Da kam ein Fuchs gegangen
In unſer Kornehaus,
Der nahm den Hund gefangen
In unſerm Kornehaus.
Der Fuchs den Hund,
Der Hund die Katz,
Die Katz die Ratz,
Die Ratz die Maus,
Die Maus das Korn:
Iſt Alles verlorn
In unſerm Kornehaus.
Da kam ein Wolf gegangen
In unſer Kornehaus,
Der nahm den Fuchs gefangen
In unſerm Kornehaus.
Der Wolf den Fuchs,
Der Fuchs den Hund,
Der Hund die Katz,
Die Kat die Ras,
Die Ras die Maug,
Die Maus das Korn:
Iſt Alles verlorn
In unferm Kornehaus.
— 332 —
Da Fam ein Bär gegangen
Sn unfer Kornehaus,
Der nahm den Wolf gefangen
Sn unferm Kornehaus.
Der Bär den Wolfk,
Der Wolf den Fuchs,
Der Fuchs den Hund,
Der Hund die Kap,
Die Katz die Rap,
Die Rab die Maus,
Die Maus das Korn:
Iſt Alles verlorn
In unferm Kornehaus.
Da Fam der Knecht gegangen
In unfer Kornehaug,
Der nahm den Bär gefangen
Sn unferm Kornehaus.
Der Knecht den Bär,
Der Bär den Wolf,
Der Wolf den Fuchs,
Der Fuchs den Hund,
Der Hund die Kap,
Die Katz die Rap,
Die Ras die Maus,
Die Maus das Korn:
Iſt Alles verlorn
In unferm Sornehaus.
Da Fam die Magd gegangen
In unfer Kornehaug,
Die nahm den Knecht gefangen
Sn unferm Sornehaus.
Die Magd den Sinecht,
Der Knecht den Bär,
— 333 —
Der Bär den Wolf,
Der Wolf den Fuchs,
Der Fuchs den Hund,
Der Hund die Katz,
Die Katz die Ratz,
Die Ratz die Maus,
Die Maus das Korn:
Iſt Alles verlorn
In unſerm Kornehaus.
945.
Der grüne Baum.
Draußen auf grünefler Haid,
Da fteht ein fchöner Birnbaum,
Schöner Birnbaum trägt Laub.
Was ift auf felbigem Baum?
Ein runder fhöner Aft.
Aft auf dem Baum, Baum .in der Haid,
Draußen auf grünefter Haid,
Da ſteht ein fchöner Birnbaum,
Trägt Laub,
Mas ift auf felbigen Aft?
Ein wunderfchoner Zweig.
Zweig auf dem Aft, Alt auf dem Baum, Baum in der
Haid.
Draußen auf grünefter Haid,
Da fteht ein fhöner Birnbaum,
Zrägt Laub.
Was ift auf felbigem Zweig?
Ein wunderſchönes Neft.
Net auf dem Zweig, Zweig aufm Aft, At aufm Baum,
Baum in der Haid,
— 334 —
Draußen auf grünefter Haid,
Da fteht ein fchöner Birnbaum,
Trägt Raub.
Was ift in felbigem Neft?
Ein mwunderfchöned Ei!
Ei in dem Neft, Neft aufm Zweig, Zweig aufm Aft, Alt
aufm Baum, Baum in der Haid,
Draußen auf grünefter Haid,
Da fteht ein fchöner Birnbaum,
Trägt Laub.
946.
Dasfelbe Lied anders.
Dorten auf grüner Haide
Steht ein fehöner Birnbaum,
Birnbaum trägt Laub.
Was wähft denn auf dem Baume?
Da wähft ein Aft.
Aft auf dem Baum, Banm anfm Berg, Berg im Feld.
Dorten auf grüner Hatde
Steht ein fhöner Birnbaum,
Birnbaum trägt Zaub,
Was wird denn in dem Afte?
In dem Aft da wird ein Loc.
Loh im Aft, Aft auf dem Baum, Baum aufm Berg, Berg
im Feld.
Dorten auf grüner Haide
Steht ein fhöner Birnbaum,
Birnbaum frägt Laub,
Mas ift denn in dem Loche?
Su dem Loche da ift ein Neſt.
Neſt im Loch, Loch im Aſt, Aft auf dem Baum, Baum
aufm Berg, Berg im Feld,
— 3 —
Dorten auf grüner Haide
Steht ein ſchöner Birnbaum,
Birnbaum trägt Laub.
Was ift denn in dem Weite?
Sn dem Meft da ift ein Ei.
Ei im Neft, Neft im Loch, Loh im Aft, At aufm Baum,
Baum aufm Berg, Berg im Feld.
Dorten auf grüner Haide
Wächſt ein ſchöner Birnbaum,
Birnbaum trägt Laub,
Was wird denn aus dem Ei?
Aus dem Ei da wird ein Dogel.
Vogel aus dem Ei, Ei im Neſt, Neſt im Lob, Loch im
Aſt, Alt aufm Baum, Baum aufm Berg, Berg im Feld.
Dorten auf grüner Haide
Wächſt ein fchöner Birnbaum,
Birnbaum trägt Laub.
Was wird denn aus dem Vogel?
Aus dem Vogel wachen Federn,
Federn aus dem Vogel, Vogel aus dem Ei, Ei im Neft,
Neſt im Lob, Lob im Alt, At aufm Baum, Baum
aufm Berg, Berg im Feld.
Dorten auf grüner Haide
Steht ein fhöner Birnbaum,
Birnbaum trägt Laub,
Was wird denn aus den Federn?
Aus den Federn wird ein Berk.
Bett aus den Federn, Federn aus dem Vogel, Vogel aus
dem Ei, Ei im Neft, Neft im Lob, Loh im At, Al
aufm Baum, Baum aufm Berg, Berg im Feld.
— 336 —
946.
Das Hauögefinde.
Als ih ein armes Weib war,
30g ich über den Rhein,
Beicheert mir Gott ein Hühnelein:
War ih ein reihes Weib.
Gieng ih über die Wiefe
Fragten alle Leut
Wie mein Hühnlein hieße ?
Bibberlein Heißt mein armes Hühnelein.
Als ich ein armes Weib war,
Zog ich über den Rhein,
Befcheert mir Gott ein Entelein:
Mar ich ein reiches Weib.
Gieng ih über die Wiefe,
Fragten alle Leut
Wie mein Entlein hieße:
Enteguentlein Heißt mein Entlein,
Bibberlein Heißt mein armes Hühnelein.
Als ih ein armes Weib war,
Zog ich über den Rhein,
Befcheert mir Gott ein Gänfelein:
War ih ein reiches Weib.
Gieng ich über die Wiefe,
Fragten alfe Leut
Wie mein Gänslein hieße?
Wackelſchwänzlein Heißt mein Gänslein n. f. w.
As ih u, f. w,
Befcheert mir Gott ein 3idlein.
u... mw
Klipperbein Heißt mein armes Sickelein,
Wackelſchwänzlein u. ſ. w,
— 387 —
As ih u. f. mw.
Beſcheert mir Gott ein Schweinelein:
u... w.
Schmortöpflein Heißt mein armes Schmweinelein,
Klipperbein u. ſ. w.
As ih u. f. mw,
Defcheert mir Gott ein’ Kup,
Gute Muh Heißt meine Kuh,
Schmortöpflein Heißt mein Schwein,
uf. m
As ih u. f. w.
Defcheert mir Gott ein Haus.
Guck heraus Heißt mein Haus,
Gute Muh u. f. w.
Als ih u. ſ. w.
Beſcheert mir Gott ein'n Mann.
Kegelbahn Heißt mein Mann,
—
Beſcheert mir Gott ein Kind:
Goldenring Heißt mein Kind.
Beſcheert mir Gott eine Magd:
Hat er geſagt Heißt meine Magd.
Beſcheert mir Gott einn Knecht:
Habe Recht Heißt mein Knecht.
Beſcheert mir Gott ein Pferd:
Ehrenwerth Heißt mein Pferd.
Dtſche Volksb. Ir. Bd. 22
— 338 —
Beſcheert mir Gott einn Hahn:
Wettermann Heißt mein Hahn.
Beſcheert mir Gott einn Floh:
Hüpf ins Stroh Heißt mein Floh.
Nun kennt ihr mich mit Mann und Kind
Und all meinem Hausgeſind.
947.
Bom Zidlein.
Ein Zidlein, ein Zicklein,
Das hat gekauft das DBäterlein
Um zwei Schilling Prenning,
Ein Zicklein!
Da Fam das Kätzlein
Und aß das Bicklein,
Das hat gefauft mein Väterlein
Um zwei Schilling Pfenning,
Ein Zicklein, ein Zielen!
Da Fam dad Hündelein
Und biß das Käßlein,
Das da hat geßen das Bicklein,
Das da hat gefauft mein Vaäterlein
Um zwei Schilling Pfenning,
Ein Zicklein!
Da Fam das Störfelein
Und fchlug das Hündelein,
Das da hat gebißen das Kätzlein,
Das da hat geßen das Zielen,
Das da hat gekauft mein Wäterlein
Um zwei Schilling Prenning,
Ein Zicklein!
— 339 —
Da Fam das Feuerlein,
Und brennt das Stödelein,
Das da hat aefchlagen das Hündelein,
Das da hat aebißen das Käglein,
Das da hat geben das ZSicklein,
Das da hat gefauft mein Vaäterlein
Um zwei Schilling Pfenning,
Ein Zicklein!
Da Fam das Wäßerlein
Und Iöfcht das Feuerlein,
Das da hat verbrannt das Stöcdlein,
Das da hat gefchlagen das Hündelein,
Das da hat gebißen das Käslein,
Das da hat geben das Ziclein,
Das da hat gekauft mein VBäterlein
Um zwei Schilling Prenning,
Ein Zicklein!
Da Fam das DOechielein
Und frank das Wäßerlein,
Das da hat verlöfcht das Feuerlein,
Das da hat verbrannt das Stödlein,
Das da hat gefchlagen das Hündelein,
Das da hat gebißen das Kätzein,
Das da hat geßen das Ziclein,
Das da hat gekauft mein Väterlein
Um zmei Schilling Pfenning,
Ein Zicklein!
Da Fam das Mesgerlein
Und ſchlachtt das Dechielein,
Das da hat getrunken das Wäßerlein,
Das da hat verlöfht das Feuerlein,
22*
Das
Das
da
da
hat
hat
— 340 —
verbrannt das Stödlein,
gefhlagen das Hündelein,
Das da hat gebißen das Kätzlein,
Das da hat gehen das Ziclein,
Das
da
hat
gekauft mein Väterlein
Um zwei Schilling Pfenning,
Ein Zicklein!
Da Fam das Engelein
Und holt dad Mesaerlein,
Das
Das
Das
Das
Das
Das
Das
Das
da
da
da
da
da
da
da
da
hat
hat
hat
hat
hat
hat
hat
hat
geſchlacht das Dechfelein,
getrunfen das Wäßerlein,
gelöfht das Feuerlein,
verbrannt das Stödlein,
geſchlagen das Hündelein,
gebißen das Kätzlein
geßen das Ziclein,
gekauft mein Väterlein
Um zwei Schilling Pfenning,
Ein Zidlein!
Da Fam der liebe Gott
rief das Engelein,
Und
Das
Das
Das
Das
Das
Das
Das
Das
Das
da
da
da
da
da
da
da
da
da
hat
hat
hat
hat
hat
hat
hat
hat
hat
geholt das Mebgerlein,
geihlaht das Dechfelein,
getrunken das Wäßerlein,
verlöfcht das Feuerlein,
verbrannt das Stöcdlein,
geichlagen das Hündelein,
gebißen das Käblein,
gegen das Sicklein,
gekauft mein Väterlein
Um zwei Schilling Pfenning,
Ein Zicklein!
— 341 —
948,
Sodel.
Der Herr der fickt den Jockel aus,
Er foll den Hafer fchneiden,
Der Jockel fchneidt den Hafer nicht
Und fommet auch nicht nah Haus,
Da fchieft der Herr den Pudel aus,
Er foll den Jockel beißen,
Der Pudel beißt den Jockel nicht,
Der Jockel fchneidt den Hafer nicht
Und fommt auch nicht nah Haus.
Da ſchickt der Herr den Prügel aus,
Er foll den Pudel fchlagen,
Der Prügel Schlägt den Pudel nicht,
Der Pudel beißt den Sockel nicht,
Der Socel fchneidt den Hafer nicht
Und kommt auch nicht nah Haus.
Da ſchickt der Herr das Feuer aus,
Es foll den Prügel brennen.
Das Feuer brennt den Prügel nicht,
Der Prügel fehlägt den Pudel nicht,
Der Pudel beißt den Jockel nicht,
Der Jockel fchneidt den Hafer nicht
Und fomme auch nicht nah Haus.
Da ſchickt der Herr das Waßer aus,
Es fol das Feuer löſchen.
Das Waßer löfht das Feuer nicht,
Das Feuer brennt den Prügel nicht,
Der Prügel Schlägt den Pudel nicht,
Der Puder beißt den Jockel nicht,
— 342 —
Der Jockel fchneidt den Hafer nicht
Und fommt auch nicht nah Haus.
Da ſchickt der Herr den Ochſen aus,
Er fol das Waßer faufen.
Der Ochſe fäuft das Wager nicht,
Das Waßer löfht das Feuer nicht,
Das Feuer brennt den Prügel nicht,
Der Prügel fchlägt den Pudel nicht,
Der Pudel beißt den Jockel nicht,
Der Jockel fehneidt den Hafer nicht
Und fommt auh nicht nah Haus.
Da ſchickt der Herr den Schlächter aus,
Er foll den Ochſen ſchlachten.
Der Schlähter fhlaht den Ochſen nicht,
Der Ochſe fäuft das Waßer nicht,
Das Waber löfcht das Feuer nicht,
Dad Feuer brennt den Prügel nicht,
Der Prügel fchlägt den Puder nicht,
Der Pudel beißt den Jockel nicht,
Der Jockel fchneidt den Hafer nicht
Und fommt auch nicht nah Haus,
Da fchieft der Herr den Henker aus,
Er foll den Schlächter hängen,
Der Henker hängt den Schlädhter nicht,
Der Schlächter fhlaht den Ochfen nicht,
Der Ochſe fäuft das Waßer nicht,
Das Water Iöfcht das Feuer nicht,
Das Feuer brennt den Prügel nicht,
Der Prügel fchlägt den Pudel nicht,
Der Puder beißt den Jockel nicht,
Der Sockel fchneidt den Hafer nicht
Und kommt auch nicht nah Haus,
— 3883 —
Da ſchickt der Herr den Teufel aus,
Er fol! den Henker holen,
Der Zeufel holt den Henker nicht,
Der Henker hängt den Schlächter nicht,
Der Schlächter ſchlacht den Ochſen nicht,
Der Ochſe ſäuft das Waßer nicht,
Das Waßer löſcht das Feuer nicht,
Das Feuer brennt den Prügel nicht,
Der Prügel fchlägt den Pudel nicht,
Der Pudel beißt den Jockel nicht,
Der Jockel fchneidt den Hafer nicht
Und fommt auch nicht nah Haus.
Da geht der Herr felbft hinaus
Und macht gar bald ein End daraus,
Der Zeufel holt den Henker nun,
Der Henker hängt den Schlächter nun,
Der Schlächter ſchlagt den Ochfen nun,
Der Ochſe ſäuft das Waßer nun,
Das Waßer löſcht das Feuer nun,
Das Feuer brennt den Prügel nun,
Der Prügel fchlägt den Pudel nun,
Der Pudel beißt den Sodel nun,
Der Sockel fchneidt den Hafer nun
Und fommt auch gleih nab Haus,
949,
Joggeli fol go Birrli ſchüttle,
D' Birrli wend nüdd falle,
Da ſchickt de Herr es Hündli uſe,
's ſoll de Joggeli biße.
Hündli wott nüdd Joggeli biße,
Joggeli wott nüdd Birrli ſchüttle,
D' Birrli wend nüdd falle,
— 3144 —
Da ſchickt de Herr es Bengeli uſe,
's ſoll ed Hündli prügle.
Bengeli wott nüdd Hündli prügle,
Hündli wott u. ſ. w.
Da ſchickt de Herr es Fürli uſe,
's ſoll es Bengli brenne.
Fürli wott nüdd Bengeli brenne,
Bengeli u. ſ. w.
Da ſchickt de Herr es Wäßerli uſe,
's ſoll es Fürli löſche.
Wäßerli wott nüdd Fürli löſche,
Fürli u. ſ. w.
Da ſchickt de Herr es Chälbli uſe,
»s ſoll das Wäperli löggle (lecken, trinken).
Chälbli wott nüdd Wäßerli löggle,
Wäßerli u. ſ. w.
Da ſchickt de Herr de Metzger uſe,
Er ſoll es Chälbli ſteche.
Metzger wott nüdd Chälbli ſteche,
Chälbli u. ſ. w.
Da geht de Herr iezt ſelber uſe,
Geht go räfonniere.
Metzger wott iezt Ehälbli fteche,
Chälbli wort iezt Wäßerli löggle,
Wäßerli wott iezt Fürli löſche,
Fürli wott iezt Bengli brenne,
Bengli wott iezt Hündli prügle,
Hündli wott iezt Joggeli biße,
Joggeli wott iezt Birrli ſchüttli,
Birrli wend iezt falle!
ru
950.
Ei wie bin i a Iuftiger Bua,
Mie kann i fo zwizerli kanza !
Han a fhönig Schücheli a
Und a fchönis Schnälleli dra.
Mein Schnälli, mei Schuh!
Ei, wie bin i a Iufliger Bua,
Wie kann i fo zmizerli tanza!
Ei wie bin i a Iufliger Bua,
Wie Fann i fo zmwizerli fanza!
Han a ſchönes Strümpfli a,
Und a ſchönis Zwickeli dra.
Mei Strümpfli, mei Zwickeli, mei Schnälli, mei Schuh!
Ei wie bin i a luſtiger Bua,
Wi kann i fo zmizerli tanza!
Ei wie bin i a Iufliger Bua,
Wie kann i fo zmwizerli tanza!
Han a ſchönis Hemdli a,
Und a ſchönis Kräufeli dra.
Mei Hemdli, mei Kräufeli, mei Strümpfi, mei Zwickeli,
mei Schnälli, mei Schuh!
Ei wie bin i a Iufliger Bua,
Wie kann i fo zwizerli tanza!
Ei wie bin i a luſtiger Bua,
Wie kann i fo zwizerli tanza!
Han a ſchönis Hösseli a,
Und a ſchönis Weſteli dra,
Mei Hösseli, mei Weſteli, mei Hemdeli, mei Kräufeli, mei
Strümpfeli, mei Zwickeli, mei Schnälti, mei Schuh!
Ei wie bin i a Iufliger Bua,
Wie Fann i fo zwizerli tanza!
Ei wie bin i a Iufliger Bua,
Wie kann i fo zwigzerli tanza!
— 8346 —
Han a ſchönis Wämsli a
Und a ſchönis Börtili dra.
Mei Wämsti, mei Börteli, mei Hösseli, mei Weſteli, mei
Hemdeli, mei Kräufeli, mei Strümpfeli, mei Zwickeli, mei
Schnäli, mei Schuh!
Ei wie bin i a Infliger Bua,
Wie kann i fo zwizerli fanza!
Ei wie bin i a Iufliger Bua,
Wie kann i fo zwizerli fanza!
Han a ſchönis Hüteli uf,
Und a fchönis Bändeli druf.
Mei Hüteli, mei Bändeli, mei Wämfeli, mei Börteli, mei
Hösseli, mei Werteli, mei Hemdeli, mei Kräufeli, mei
Strümpfeli, mei Zwickeli, mei Schnälli, me Schuh!
Ei wie bin i a Iufliger Bua,
Wie kann i fo zwizerli tanza!
951.
Der wunderliche Kittel,
Ich weiß mir einen Kittel,
Geht vorne nicht zufammen,
Bin ih zu einer Nonn gegangen:
Ach liebe Nonn, gieb auch dazu,
Daß der Kittel fertig wird.
Syrah die Nonn: Das foll gefchehn,
Will dir meine Kutte geben.
Ei, fo haben wir eine Kutt!
Nonnenkutt,
Hinten Zipf:
Freu dich, Mädel, der Kittel wird hübſch!
Ich weiß mir einen Kittel
Geht vorne nicht zuſammen,
Bin ich zu einem Hahn gegangen.
— 3417 —
„Ach lieber Hahn, gieb auch dazu,
Daß der Kittel fertig wird,‘
Sprah der Hahn: Das fol gefchehn,
Will dir meinen Kamm geben.
Ei, fo haben wir einen Kamm!
Hahnenfamm,
Nonnenkutt,
Hinten Zipf:
Freu dich, Mädel, der Kittel wird hübſch!
Ich weiß mir einen Kittel,
Geht vorne nicht zuſammen.
Bin ich zu einer Gans gegangen:
Ach liebe Gans, gieb auch dazu,
Daß der Kittel fertig wird.
Sprach die Sand: Das ſoll geſchehn,
Will dir meinen Kragen geben.
Ei fo haben wir einen Kragen!
Gängfragen,
Hahnenfamm,
Nonnenkutt,
Hinten Zipf:
Freu dich Mädel, der Kittel wird hübſch!
Ich weiß mir einen Kittel,
Geht vorne nicht zuſammen.
Bin ich zu einer Ent gegangen:
Ach liebe Ent, gieb auch dazu,
Daß der Kittel fertig wird.
Sprach die Ent: Das ſoll geſchehn,
Will dir meinen Schnabel geben.
Ei ſo haben wir einen Schnabel!
Entenſchnabel,
Gänskragen,
Hahnenkamm,
— 348 —
Nonnenkutt,
Hinten Zipf:
Freu dich Mädel, der Kittel wird hübſch!
Ich weiß mir einen Kittel,
Geht vorne nicht zuſammen.
Bin ich zu einem Has gegangen.
Ach lieber Has, gieb auch dazu,
Daß der Kittel fertig wird.
Sprach der Has: Das ſoll geſchehn,
Will dir meinen Lauf geben.
Ei ſo haben wir einen Lauf!
Haſenlauf,
Entenſchnabel,
Gänskragen,
Hahnenkamm,
Nonnenkutt,
Hinten Zipf,
Freu dich Mädel, der Kittel wird hübſch!
952.
Das ift Eurz und das ift lang,
Und das ift die Schnigelbanf,
Das kurz und lang, die Schnitelbanf:
Ei du fchöne, ei du fchöne, ei du fchöne Schnitzelbank.
Das ift hin und das ift her,
Und das ift die Lichtputzſcheer.
Das hin und her, die Lichtpusfcheer,
Das kurz und lang, die Schnitzelbank:
Ei du fchöne, ei du fchöne, ei du ſchöne Schnikelbanf.
Das ift krumm und das ift grad,
Und das ift das Wagenrad.
— 3149 —
Das krumm und grad, das Wagenvad,
Das hin und her, die Lichtpußfcheer,
Das kurz und lang, die Schnigelbanf:
Ei du fohöne, ei du fehöne, ei du ſchöne Schnigelbanf,
Und das ift die Ofengabel,
Und das ift der Storchenfchnabel.
Die DOfengabel, der Storchenfchnabel,
Das Frumm und grad, das Wagenrad,
Das hin und her, die Lichtpußfcheer,
Das kurz und lang, die Schnigelbanf:
Ei du fehöne, ei du fehöne, ei du ſchöne Schnigelbanf,
Das ift gut und das ift fchlecht,
Und das ift der Müllerfnecht.
Das gut und fehlecht, der Müllerknecht,
Die DOfengabel, der Storchenſchnabel,
Dad frumm und grad, dad Wagenrad,
Das hin und her, die Lichtpußfcheer,
Das kurz und lang, die Schnigelbanf:
Ei du fohöne, ei du fehöne, ei du ſchöne Schnigelbanf.
953.
Kinderkonzert.
Kleins Männele, Eleines Männele, was Fannft du machen?
Sch Fann wohl fpielen auf meiner Trumm.
Rum bum bidi bum, fo macht meine Trumm,
Rum bum bidi bum,
Kleins Männele zc, was Eannft du machen?
Sch kann wohl fpielen auf meiner Flöt.
Dill dill di, fo macht meine Flöt.
Rum bum bidi bum, fo mach meine Trumm,
Rum bum bidi bum, dit dit did,
— 350 —
Kleins Männele ꝛc. was Fannft du macen?
Ich kann wohl fpielen auf meiner Geig.
Ging aing ging, fo macht meine Geig,
Dill dill Dil, fo macht meine Fıot,
Rum bum bidi bum, fo macht meine Trumm.
Rum bum bidi bum, Dill di Dil, ging ging ging.
Kleins Männele ꝛc. was Fannft du machen?
Sch fann wohl fpielen auf meiner Zither.
Bring bring bring, fo macht meine Zither,
Ging ing ging, fo macht meine eig,
Dit dill di, fo macht meine Flöt,
Rum bum bidi bum, fo macht meine Trumm.
Rum bum bidi bum, MU dill dill, ging ging ging, bring
bring bring.
Kleins Männele ꝛc. was Fannft du machen?
Sch kann wohl fpielen auf meiner Laute,
Blum blum blum, fo macht meine Laute,
Dring bring bring, fo macht meine Zither,
Ging ging ging, fo macht meine eig,
Dill dill Dill, fo macht meine Flöt,
Rum bum bidi bum, fo macht meine Trumm,
Rum bum bidi bum, dill dill dill, ging ging ging, bring
bring bring, blum blum blum.
Kleines Männele, ꝛc. was kannſt du machen?
Ich kann wohl ſpielen auf meinem Fagot.
Du du du, ſo macht mein Fagot.
Blum blum blum, ſo macht meine Laute,
Bring bring bring, ſo macht meine Zither,
Ging ging ging, ſo macht meine Geig,
Dill dill dill, ſo macht meine Flöt,
Rum bum bidi bum, ſo macht meine Trumm.
Rum bum bidi bum, dill dill dill, ging ging ging, bring
bring bring, blum blum blum, du du du.
— 351 —
Kleins Männele ꝛc. was kannſt du machen?
Ich kann wohl ſpielen auf meiner Leier.
Eng eng eng, ſo macht meine Leier,
Du du du, ſo macht mein Fagott,
Blum blum blum, ſo macht meine Laute,
Bring bring bring, ſo macht meine Zither,
Ging ging ging, ſo macht meine Geig,
Dill dill dill, ſo macht meine Flöt.
Rum bum bidi bum, ſo macht meine Trumm.
Rum bum bidi bum, dill dill dill, ging ging ging, bring
bring bring, blum blum blum, du du du, eng eng eng.
Kleins Männele ꝛc. was kannſt du machen?
Ich kann wohl ſpielen auf meiner Baßgeig.
Gu gu gu, ſo macht meine Baßgeig,
Eng eng eng, ſo macht meine Leier,
Du du du, ſo macht mein Fagott,
Blum blum blum, ſo macht meine Laute,
Bring bring bring, ſo macht meine Zither,
Ging ging ging, ſo macht meine Geig,
Dill dill dill, ſo macht meine Flöt,
Rum bum bidi bum, ſo macht meine Trumm.
Rum bum bidi bum, dill dill dill, ging ging ging, bring
bring bring, blum blum blum, du du du, eng eng eng,
gu gu gu.
— 352 —
XI. Sprechübungen.
954.
Acht und achtzig achteckige Hechtskopfe.
955.
Bierbrauer Breuer braut braun Bier.
956.
Die Bürften mit ſchwarzen Borften bürften beßer als
die Bürften mit weißen Borften,
957.
Auf dem Bibabonzenberg find Bibabonzenpuppen, fie
fchlafen in Bibabonzenbetten, fie eßen von Bibabonzentellern,
mit Bibabonzenlöffen u. ſ. w.
958,
Es liegt ein Klöschen Blei gleich bei Blau-Beuern.
959.
Hör du Bub fag deinem Buben, daß dein Bub meinen
Buben feinen Buben mehr heißt, denn mein Bub leidts
nicht von deinem Buben, daß dein Bub meinen Buben einen
Buben heißt.
960.
Es ift fein breiter Blatt als ein breit breit Bremeln:
blatt.
961.
Es oieng ein Hirfh wohl über die Bad,
Er brach nur zwei, drei Trippel die Trappel Bachberwach—
blätter ab.
— 353 —
Das mag mohl ein mwohlberedter Mann fein,
Der mir die zwei drei ZTrippel die Trappel Bachberwach—⸗
blätter nachſprechen kann.
962.
Der dicke Dietrich trug den dünnen Dietrich durch das
dreckig Dorf Dünfuß.
963.
Drei Thertonnen,
Drei Thrantonnen.
964.
Unfer alter Ofentopfdeckel tröpfelt.
965.
Efel eßen Neffen nicht, Neffen eßen Eſel nicht.
966.
Fritz ißt friſch Fiſchfleiſch.
967.
Fiſchers Fritz fiſchte frifche Fiſche, frifche Fiſche fiſchte Fiſchers
Fritz.
968,
Hitze hat fe, ſagt fe, meint fe, hätt fe.
fo ſpricht ein junger unerfabrener Arzt, den die Mutter fragt, was der
—* Tochter fehle.)
969.
Kleine Kinder können Feinen Kirfchkern knacken.
970,
Kein Kleiner Fein Großer, Fein König Fein Kaifer kann
einen Kalbskopf kochen (ohne Feuer).
Difche Volksb. Ir. Bd. 23
971.
Es wollt ein Käschen Knotten Faun,
Es kaut ein Kästchen Knotten.
972.
Spitzken fprang, in Kanzler Kutzken.
973.
Die Kate tritt die Treppe Frumm.
974.
Sch ſteck meinen Kopf in’n Eupfernen Topf, in’n Eupfernen Topf
ftecf ich meinen Kopf,
975.
Blaue Krallen, blaue Krallen u, f. w.
976.
Meifter Müller male mir meine Metze Meht,
Morgen muß mir meine Mutter Miihmus machen.
97T,
Mein Müller Mathes muß mir morgen mein Mehl
malen,
973,
Wenn mander Mann wüſte, wer mander Männ wäre,
Thät mander Mann mandem Mann manchmal mehr Ehre;
Weil mandher Mann nicht weiß wer mancher Mann ift,
Drum mander Mann manden Mann manchmal vergißt.
979,
Welcher Mesger west fein Mebgermeßer?
980.
Meſswechſel für Wachsmasken,
Wachsmasken für Meſswechſel.
981.
Sechs und ſechszig Schod fähfifhe Schuzwerken.
982,
Schneiderfcheere fchneidee Scharf, fcharf fchneidet Schneiderfcheere,
983,
Schnelle Schüler fchlittern gern.
934,
E3 war einmal ein Mann, der hafte drei Söhne. Der
eine hieß Schaf, der andere hieß Schackſchwawwerack, der
dritte hieß Schackſchwawwerackſchackonimmini. Nun war da
auch eine Frau, die hatte drei Töchter. Die eine hieß Sipp,
die andere hieß Sippfiwmelipp, die dritte hieß Sippſiwwe—
lippfippelimmini, Und Schaf nahm Sipp und Schackſchwaw—
werac nahm Sippfiwmwelipp und Schackſchwawwerakſchackonim—
mini nahm Sippfimwelippfippelimmini,
985,
Violett ſteht recht nett, recht nett fteht violekt.
936.
Wir Wefterwalder Wafchweiber wollten weiße Windeln
wachen, wenn wir wüſten wo warm Waßer wäre.
987,
Der Sperber fprah: Was macht die Wachtel?
Was fragft du Sperber? fagt die Wachtel,
988,
Lebe wie Du wenn du flirbft
MWünfhen wirft gelebt zu haben.
939,
Er flogen drei Enten wohl über den Rhein
Mit ihren drei goldenen Schnäbelein.
23*
— 3856 —
Die ertte hieß Frau Mäs,
Die andere Frau Päs,
Die dritte Frau Triftracdtrilliäg,
Hm hm, ſprach Frau Mäs zur Fran Päs,
Was hat die Frau Tricftradtriliäs
Für ein dickes Gefäß!
990.
Nimm hin das,
Was ift das?
Ein fchöner Ring.
Was fleht darin gefchrieben ?
Drei fchöne Sungfrauen:
Die erfte heißt Pinka,
Die andre Knoblapinka.
Die dritte Schicknicknacknoblapinka.
Da nahm Pinfa einen Stein
Und warf Schicfniefnacfnoblapinfa an das Bein;
Da fing Schicknicknacknoblapinka an zu fehrein,
991.
Sch gieng uffen Macht un kofte mich en Topp,
Was vorn Topp?
Ein irdenen Topp,
Was war inem Topp?
Papp.
Was fürn Papp?
Gezuckerter gebutterter Schlipp-Schlapp-Papp.
Wer ißt den Papp?
Hans Franz Vielfraß
Aß den gezuckerten gebutterten Schlipp-Schlapp-Papp.
XIV. Deutſch oder Wälfch?
992.
Si legendarum indicasse,
da mites dicant se statuisse.
993.
Acutis, solutis, schoschentis.
(Hack ut is, Sohl ut is, Schoh ſchändt is.)
995.
Dieg Ding wend um (Distinguendum).
996,
Siehwienähtfie.
997.
Thu die lahm Ent ein.
993.
Sm Hof fiel lahm Ent um.
999.
Mähn Abt auch Heu?
1000,
Rab badt ſich,
Kuh reibt ſich,
Ent wendt ſich.
1001.
Aal ab Er, Lachs aß fie,
1002
Die Kuh rennt dem Vieh nad,
— 858 —
1003,
Kuh fort ift, Stall Leer ift,
1004.
Gras, Sand darum,
Kuh rannt herum,
Fiel auf ihr Ohr um.
1005,
Die Nonn, die dif an if.
1006.
Soldaten haben Säbel (mit dem Ton auf der legten).
1007.
Rekolas, Mausmelas, Kuklefand, Denfifraß.
(Reh Kohl aß, Maus Mehl aß, Kuh Klee fand, den fie fraß.)
1008.
Zur Berfpottung deren, die das Sch nicht auszufprechen pflegen.
Zlahter Zlemann zlacht 'n Zwien
Mit n zwarten Zwanz.
Zwien, ſprach er, ich zlag dich todt,
Zmeiße dich einen Sood,
Zneid dir deinen
Zwarzen Zweinen—
Zwanz ab.
1009.
Trochäiſch zu leſen.
Meiner Muhme Großenkelchen
Saß an ihrem Schiebfenſterchen;
Kam zu ihr ein Geſpenſterchen,
Und zupfte ſie am Rockärmelchen.
Das
deutfche Natbielbuch.
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2 il -
Smnen hohl,
Außen vieler Löcher vol,
2.
Eine gelbe Blume, wer fie will pflücen
Der fchlage den weißen Berg in Stüden.
3.
Een Eienet Wien,
Een Ienne (linnen) Liew,
Een flefcherner Rock
Dn e güldner Kopp.
4.
Sch fuhr in den Wald nah Holz
Mit meinem Wagen flolz:
Da fand ih ein Stüd
Wie mein Daumen dic,
Daraus macht ich zwei Tröge,
Zwei Zifchplatten
Und ein Pfaffenmüschen.
— 362 —
Sch wachſe aus der Erde
Und Fleide Jedermann,
Den Kaifer und den König
Und auch den Bertelmanı,
6.
Vorne wie eine Gabel,
In der Mitte wie ein Faß,
Das Hinterft wie ein Befen:
Was ift das?
De
Ale Menfchen bedürfen meiner,
Aber öfter als einmal Keiner,
8.
Ach ih armer Schmiedeknecht,
Hab Feine Hand, zeig immer recht;
Hab Feine Füß, muß immer gehn,
Zag und Nacht auf Schildwacht ftehn:
Leg ich mich einmal zur Ruh,
Dann brummt Jedermann dazu.
9,
Wenns in einer Schale ift,
Sinds der Theile zweie;
Wenns auf einem Haufen liegt,
Sind es zwölf und dreie.
10.
Dlau von Kleide,
Weiß von Leibe.
— 368 —
11.
Sch leb und liege doch im Grabe
Ob Feine Erd ich auf mir habe;
Sch leb und fchöpfe Feine Luft
In fo wunderliher Gruft.
12.
Zweibein fist auf Dreibein
Und melft Vierbein.
13 u. 14.
Du FKrummer, du Langer,
Wo kommſt du hergegangen ?
„Geſchorener Mann,
Was gehts dih an?
15.
Gewickel, Gewadel
Geht über die Brücen,
Hat zwei Seiten
Und feinen Rücken.
16.
Witſchel matfchel
Geht über die Brüden,
Hat dem König
Sein Bett auf dem Rücken.
17.
Oben fpis und unten fpis,
In der Mitten ein ſchwarz Männchen fipt,
18.
Sitzt ein Männchen auf dem Dad,
Raucht ein Pfeifhen Rauchtabaf,
— 361 —
19.
Der litje Jann Tölken
Sat up dem Stölfen:
Ge lenger dat he fat,
Ge litjer dat he was —
Bums, lag heir in!
20,
Als ich von meiner Mutter Fam,
Hatt ich ein fchneeweiß Hemdchen an;
Als mir Gott ein grünes gab,
Goß er ’rein Blut und Wein,
Und dazu ein Herz von Stein.
21.
Nachts ſteht ed offen,
Dei Tag trägt ed Knochen.
2.
Tags ald ein goldner Knauf,
Nachts ald ein Maulwurfshauf.
23.
Auf dem meißen See
Schwimmt eine rothe Rofe:
Willſt du die ſchwarzen Fiſchchen —
Muſt du die rothe Roſe brechen.
24.
Was thut ein jedes Ding, das auf der Erde lebt,
Im Waher geht und in den Lüften fchwebt,
Zu jeder Zeit bis daß man es begräbt?
25.
Ich fhäme mich, meinen großen Rachen
Wie einen Schnabel aufzumadhen,
— 365 —
Leder, Leinweind und Papier,
Das Alles freß ich mit Begier.
Mich brauht Gelahrt und Ungelahrt:
Rath es vet,
Oder ich beiße dih in den Bart.
26,
Uſe Sann Lange
Sat up der Klaftange;
Meide de Wind,
Bummelte dat Ding,
271.
Et geiht opt Feld,
On frett nic,
On ſoöpt nid,
On kommt't na Huus.
Es 't doch löſtig.
28.
Mien Sönn Klut
Geiht gar nich ut;
Mien Dochter Hiſſebiſſe
Rennt det ganz Derp ut.
29.
Hevt ji nig feen dat grofe Ding,
Dat güftern Avend upn Karkhof gieng?
Roe Strumpe un lange Been,
SE hev nog min Leven ſo'n Ding nig feen,
30.
Rule Rule Wagen,
Kann hunnert Laft dragen
Sunner Peerd, funner Rad:
Rat mal, wat is dat?
31.
Krippel die Krappel rund um dad Haus,
Wer es anfaht, den fliht es.
32.
Morgens rund,
Mittags geftampft,
Abends in Scheiben;
Dabei ſolls bleiben,
Es ift gefund.
33.
Mer hat fehs Beine und geht nur auf vier?
Was ich damit meine, das fage mir.
34,
Mein Erftes nicht wenig,
Mein Zweites nicht ſchwer;
Mein Ganzes giebt Hoffnung,
Dod frau nicht zu fehr.
35,
Aderjaan und Snaderjaan,
De wollen tohope na Water gaan
Sunner Kopp un funner Steert —
Ra’ mal, wat is dat vorn Deert?
36,
Rath, wer ift das?
Rath, was ift das?
Hat er eins, fo trinkt er Fein,
Hat er Feind, fo trinkt er eins.
37,
Im Sommer ein Bettelmann,
Im Winter ein Herr.
— 367 —
33.
Zwei Dinge ftchen,
Zwei Dinge gehen,
Zwei Dinge fommen:
Haft dus vernommen ?
39.
Mein Erftes ift rund,
Mein Zweites iſt rund,
Mein Ganzes wie zwei Kegel, zu einander geſpitzt.
40,
Wie ich bin, fo bleib ich:
Bin ich jung, fo bleib ich jung,
Bin ih alt, fo bleib ih alt.
Ich habe Augen und fehe nicht,
Habe Ohren und höre nicht,
Einen Mund. und rede nicht,
al.
Ich mag mich wie ich will vor dir
Links oder vechtd hin drehen,
Folgt deine Hand gefreulich mir,
So muft du grade gehen,
42,
Lieblih ift mein Name,
Süß die Frucht meiner Arbeit,
Gefährlich meine Rache.
43,
Wenn man mic fieht, fo fieht man mich nicht,
Sieht man mich nicht, fo fieht man mic.
44.
Wenn du jageft, flieht es dich;
Wenn du fliehft, fo jagt es dic.
45,
Alle Tage geh ih aus,
Bleibe dennoch ſtäts zu Haus.
46,
Der arme Tropf
Hat feinen Kopf,
Das arme Weib
Hat feinen Leib,
Die arme Kleine
Hat Feine Beine.
Sie ift ein langer Darm,
Doch fchlingt fie einen Arm
Bedächtig in den andern ei.
Was mag das für ein Weiblein fein?
47.
Wenn es kalt ift, macht ed warm,
Wenn ed warm ift, madt es kalt.
48,
Ein Thal voll und ein Land voll,
Und am End ifts Feine Hand voll,
49,
geht nicht,
fteht nicht,
frißt nicht,
beißt nicht,
Ss U
QGQQ
— 869 —
Aber wenn ih will,
Daun geht es,
Dann fteht es,
Dann frißt es,
Dann beißt es.
50,
Was ift des Mannes Bier
Und oft fein Tod? fchnell fage mir.
51.
Es läuft über den Weg.
Und hat nicht Fleifh noch Bein;
Dob nimmt dirs Fleifh und Bein
Kommft du ihm in den Weg.
52.
Drei Juden giengen,
Drei Kirfhen hiengen,
Feder nahm Eine:
Wie viele blieben?
53,
Man fuhrt es fleißig,
Und wenn man es findet
Iſt Keinem damit gedient,
54,
Welk blanker Vogel
Heft e flächſern Tagel?
55.
Zwei Kinder ohne Mutter,
Vier Pferde ohne Futter,
Zwei Brüder ohne Liebe,
Zwei Städte voll Diebe.
Dtſche Volksb. Ir. Br. 24
— 370 —
56,
Auf dem Rüden lag ich,
Nah dem Himmel fah ib;
Aufgedeckt, hineingeftedt:
Ah wie füß hat das geichmedt!
57.
Bon außen ſchwarz und innen fchmarz,
Und fteht auf halber ſechſe.
58.
Wie ich Hein war, konnt ich vier bezwingen,
Als ih groß ward, konnt ih Berg anbringen,
Als ich todt war, konnt ich tanzen.
59,
In onfem Haus do fleiht een Mann,
De heft mehr Wunde
Wie det ganze Derp Hunde.
60.
Mas trägt Blut,
Drückt Blut
Und hat doch fein Blut?
61.
Sch fteh vor dir, das fiehft du,
Sch muß auf dich, das weift du:
Ich auf dich, du unfer mich;
Th hab ein Paar Dinger, die Fibeln dich.
62.
Krummholz hätt Geradholz,
Gradholz hält Pifewippop,
Pifewippop hält Leib und Seele zufammen,
— 371 —
63.
Es ift ein Reich von vier Provinzen,
Jede Provinz hat ihren Prinzen,
Es geht Alled auf Hauen und Stechen,
Kein Fremder hat darein zu fprechen,
Da pflegt die Frau den Mann zu fchlagen,
Es geht Altes auf Glück und Wagen.
Das Glück hat Wenge reich gemadt,
Aber Manchen ind Berderben gebracht.
64.
Roth gelb grün,
Räthit du mich,
So nehm ih did;
Räthſt dus in vier Wochen,
So find mir Zwei verfprocden;
Räthſt dus in dem halben Jahr,
So find wir Zwei ein ganzes Paar.
65,
Es ift weg und bleibt weg,
Sf Tag und Nacht weg
Und Tedermann fieht es doc.
66.
Zuvor hats Laub und Busch getragen;
Sept trägt es Leib und Seele.
67.
Was ift halb hölzern,
Halb fchweinern ?
68.
Petrus faß am Feuer ud Pfiff.
Pfiff pfiff nicht,
Sondern Petrus ſaß am Feuer und Pfiff.
Wer pfiff?
24*
— 372 —
69.
Was geht durchs Hanze Land?
70.
Es fchreit im Holz und halle im Haufe:
Was ift das?
Tl.
Welche Leiber werden am jüngften Tage nicht auf:
erftehen ?
72.
Was kommt nach dem DBaterunfer ?
13.
Welcher Handwerfer fchlägt am Wenigften auf feine
Waare ?
14.
Warum hängt man die Diebe?
72.
Wohin hat Noah den erften Nagel geichlagen ?
76.
Gott hatt es nicht, in der Welt war es nicht, und
doch bracht eö der Diener feinem Herrn,
N;
Wodurch fcheiden fih Lebende und Todte?
73.
Was ift das Gefchwindefte in der Welt?
79.
Wie Fann man aus einer Speife zehen machen ?
— 373 —
80.
Was ift der Unterfchied zwifchen einem vollen Men:
[hen und einer vollen Flafche ?
31.
Wo fleht der Trompeter, wenn er bläft?
82.
Was iſt nicht drinnen und nicht draußen?
83.
Welches Kraut Eennen auch die Blinden ?
84.
In meines Vaters Garten ftehen viele kleine Männ—
chen und wenn du ihnen den Hut abnimmft, muft du
weinen.
85,
Welches Thier trinkt das Koftbarfte ?
86.
Welches find die ärmften Handwerksleute?
87.
Um welche Zeit wird den Bauern die Zeit am längften ?
383.
Sind mehr Fiſche im Waßer oder Steine?
89.
Er diente Gott, that Feine Sünde und ift doch nicht
felig geworden,
90.
Wo war - Gott, da er nicht im Himmel und nicht
auf der Erde war?
— 3714 —
9.
Was ift das Närrifchfte in der Kirche?
92.
Was ift an der Kanzel das Ueberflüßigfte ?
93.
Welcher Schneider maht am Meiften Löcher?
94.
Hat eine Laus oder ein Floh mehr Hoffnung in den
Himmel zu fommen?
95,
Mer hat ed bequemer, der Kaffe oder der Thee?
96,
er ift ftärker, der Arme oder der Reiche?
97.
Was thut man che man auffteht?
98,
Schwarze Klucke huckt auf rorhen Eiern.
99,
Was Eriecht ins Loch und läßt die Pfote draußen ?
100.
Was Eoftet zu Nürnberg das Maß Rheinwein?
101.
Huspus full vom Boom, da käm de Erdmängel onn
wull Huspuß freete; da käm de Moldgänger onn freet
dem Erdmwängel; da bleef Huspus liage,
102.
In welchem Reiche find Feine Diebe?
103.
Wie Fannft du machen, daß die Mäufe dein Korn
nicht freßen?
104.
Was fchlägt ohne Hände?
105.
Wo wird das Waßer am Theuerſten verkauft?
106.
Wer treibt das Flügfte Handwerf?
107.
Welher Bauer hat die meiften Fenfter?
108.
Warum guft man ins Glas, wenn man trinft?
109.
Lirum larum Löffelſtiel:
Schreib mir das mit drei Buchftaben.
110.
Mer mar fünf Tage jünger als feine Mutter?
111.
Mas ift das? Ein Mannsbild und ein Weibsbild
dürfen es thun, zwei Mannsbilder auch, aber nicht zwei
MWeibsbilder ?
112
Welches Obſt ſchmeckt am fchlechteften?
113.
Wem vertraut der Menſch am Meiiten?
114.
Was fieht vorn mie hinten?
115.
Mer fieht hinten wie vorne?
116.
Es geht durch der Kinder Hände, Jedermann wünfcht
fihd und die Wenigften befommen es.
117.
Was hört ohne Ohren, ſchwatzt ohne Mund und
antwortet in allen Spracen ?
118.
Wann fät der Bauer den Flachs?
119.
Es giengen drei Brüder über die Brüde, Keiner
gieng voran, Keiner gieng in der Mitte und Keiner hin-
ten, Wie gieng das zn?
120.
Wie unferfcheider fih der Capuciner von der Blut:
wurft ?
121.
Welches ift der Eoftbarfte Stein unter der Sonne?
12.
Mer erweckt mit zweien Todten Einen Lebendigen ?
123.
Mo ift Gott nicht?
— 37 —
1%.
Mann fist die Krähe auf dem Stumpf?
125.
Wann ift dem Endivien-Salar fein Namenstag?
126.
Wann Eriegt dem Teufel feine Großmutter Schläge ?
127.
Welches Volk verachtet man am Meiften ?
128.
Wo fisen die Leute nicht Falt und nicht warm?
129.
Mas find die Vögel für Landsleute?
130.
Wer ift wenige Tage jünger als feine Mutter?
131.
Mer ift zweimal geflorben und nur einmal geboren ?
132
Mie hat der Eifel in der Arche geichrieen ?
133.
Welcher ift unter den heiligen drei Königen der Mohr
yemwefen ?
134.
Welches ift der bärtigfte Heilige ?
135.
Welcher Heilige hat drei Bärte?
— 3878 —
136.
Weiher Heilige hat am Meiften Zähne?
137.
St ein Haus eher aufgebaut oder niedergerißen ?
138.
Wer Eommt eher in den Himmel, ein Dider vder
ein Dünner ?
139.
Weiher Hut hat am Meiften Löcher ?
140,
Welches iſt die ungeftümjte Braut?
141.
An welhem Tage ift die Sonne auf: und nicht une
tergegangen?
142.
Wie kann man ein ganzes Klafter Holz auf einmal
zu Markte tragen?
143.
Welches ift das ftärkfte Thier?
144.
Rund herum ſchwarz, in der Mitte wie Abendroth.
145. |
Dben fhwarz und unten ſchwarz, außen ſchwarz und
innen ſchwarz und flieht immer auf halb fee.
146.
Braun Hündchen geht alle Tage durch die Stube
und fchnüffelt alle Winfel aus.
u 3
147,
Für einen Srofchen die ganze Stube voll,
148,
Unter welhem Handwerfe gehen die meiften Diebe?
149.
Was fieht der Karrenfalbe am ähntichften ?
150.
Mer freut fih, wenn er einen Galgen fieht?
151.
Welches Thier kommt alt auf die Weit?
152.
Was fol Einer bitten, wenn ev gewiſs fein will, er=
hört zu werden?
153.
In Pettelkau bellen die Hunde mit dem Schwanze,
154,
Warum gieng Mofes durchs rothe Meer?
155.
Mer geht gerne früh nah Haus?
156.
Was war der Apoftel Paulus feined Handwerk?
157.
Welche Thiere find bei der Schöpfung zu kurz ge:
fommen ?
158,
Welche war die erſte Edelfrau?
— 330 —
159.
Welche ift die ältefte Adelsfamilie ?
160,
Meiner Eltern Sohn und doch nicht mein Bruder,
161.
Wer hat gefchrieen ohne Zunge?
162.
Was ift in der Stube übrig?
163,
Wann geht die Gans auf dem Rüden?
164.
Was braucht man vom unreinlichften Thiere
Reinlichkeit?
165.
Was verdrießt den Dieb beim Hängen?
166.
Warum ifts ein Unglüf, wenn ein Safe über
Meg läuft?
167.
Welches ift das theuerfte Waßer ?
163.
Mer ift geſchickt?
169
Warum haben die Müller weiße Hüte?
170,
Welches find die härteften Nüße ?
zur
den
— 381 —
1.
Wenn vier Kagen an vier Eden fisen, wieviel Augen
fieht jede?
172.
Welche Kunft ift nicht rühmlich?
173.
Warum hat Gott gefagt: Adam wo bift du?
174,
Wem erweift man mehr Ehre, dem Richter oder dem
Schullehrer ?
175.
Wer weiß fein eignes Haus nicht?
176.
Was ift der Unterfchied zwiſchen dem Henker und
dem Glödner?
177,
Zu welchen Zeiten ifts dem Bauern verboten, ein
Kalb zu verkaufen ?
173,
Weihe Leute achten ihrer Kinder am Wenigften?
179.
Weihe Hantierung ift die ficherfte ?
180,
Was fchreit: trinke, frinfe, und wenn: ans Waßer
fommt, trinkt ed nicht?
181.
Wer hat auf feiner Mutter Holz gehaut?
— 3852 —
182.
Wer hat den tiefften Keller ?
183.
Mer ift geftorben und nicht vergangen?
134.
Wie fpart man im Winter Holz?
185.
Was hat Maria ihrem Kinde gerhan? thäten es an
dere Mütter würden fie verlact.
186.
Wie Fann man machen, daß Alle in der Stube das
Licht fehen, nur Einer nicht?
187.
Wie kann man Doppelbier machen ohne es zu brauen?
188,
Ich habs nicht und münfhe mirs nicht, wenn ichs
aber hätte, würde ichs um Fein Geld hergeben.
189.
Was ift über die Stadtthürme?
190.
Wann ift die Ewigkeit zu Ende?
194.
Was geht meift mit der Sonne unter?
192.
Worüber folft du die Sonne nicht untergehen laßen?
— 383 —
319.
Haſt du ſchon einen halben Kalbskopf mit zwei Augen
geſehen?
19.
Ruft der Kuckuck vor Johannis oder nah Sohannis ?
195,
Was ift eine handgreiflihe Lüge?
196.
Sn Biſchofſtein liegt ein ſchwerer Stein, und wenn
der Hahn Fräht, rührt er fi.
197.
Mer geht ins Holz und fchauf Kinter ſich?
198.
Was liegt im Holz und faule nicht?
199.
Was geht vor dem Hirſch ind Holz?
200.
Was geht die Auer in die Kirche?
20.
Wann ifts am ©efährlichften fpazieren gehen?
202.
Was Friegt durch den Zaun und hat doch einen Klos im
Leibe?
203,
Warum Fünnen die Philofophen nicht ſchwimmen?
- 384 —
204.
Die Violine har Ein G, wer hat zwei ©?
205.
In welchem Land wohnen lauter Muſikanten?
206,
Mo läßt der Hirt die Peitiche, wenn er Mittags nad
Haufe fommt ?
207.
Wann bat der Müller das Meifte in der Mühle?
208,
Welk twe biaue Duwkes gahn undrer Eerd?
209.
Zwei Täubchen pflücken ſich und kommt weißes Blut
heraus.
210.
Drei Jungfern trugen zuſammen Einen Kranz.
211.
Welcher Tag fteht nicht im Kalender?
212.
Wann wird der Schimmel ein Pferd ?
213.
Welches ift der ſtärkſte Buchſtabe?
214.
Welches Ihier ist mit Löffen?
— 385 —
215.
Wie kann man unterſcheiden was an einer Wurſt
das Hinten und Vorn iſt?
216.
Wann ſteht der Kaiſer auf Einem Fuß?
217,
Was ift fhlimm und doch aut?
218.
Ein Knabe fab und aß, und jemehr er aß, jemehr
wurde ed. Der Knabe war fatt: da warf er den ganzen
Haufen zum Fenfter hinaus. Was aß er mohl?
219.
Auf welchen grünen Weiden Fönnen feine Kühe
grafen ?
220,
So lang ih bei meinem Herren bleibe, fann ich ihm
nicht helfen; erft wenn er mich weggiebt, heif ih ihm.
221.8
Hoch wie ein Haus,
Nieder wie eine Maug,
Hart wie ein Drer,
Süß wie Merh,
Bitter mie eine Galle,
Eßen thun wird alle,
222.
Es hängt au der Wand,
Hat den H— verbrannt.
Dtſche Volksb. Ir. Bd.
N
ot
— 356 —
223,
Wer darf das Räthſel vom Heu (Nr, 262 I. Samm-:
lung) nicht vathen ?
224.
Was ift das Ruftigfte?
225.
Es geht über Gott. Manchem ſchmeckt e3 gut. Wenn
man zu viel davon ißt, flirbt man,
226.
Wem fallen vom Waßertrinfen die Augen zu?
2.
Was ift grün, wenn es roth ift?
228.
Th bin in mir um mich zu pflegen
Und bin doch oft um mich verlegen.
229.
Zu Mainz auf dem Zeughaus fteht der Gott Mars
und wenn man ihm zuruft: Kerl, was madhft du da?
antwortet er ganz laut: Nichts.
230.
Es ift ein Ding von Elfenbein,
Berzehrt den Müller und den Mühlenftein,
Haus und Hof und den Bauer obendrein
Räthſelmärchen.
231.
De Sorger licht opem Wage,
Da kame twe geflage,
De hadde twe Kepp on ene Zagel,.
Ein zum Xode verurtheilter Verbrecher fah auf dem
Wege nah dem Richtplag einen Storh fliegen, welder
einen Srofh im Schnabel hatte.
232.
Op Leef feet ek,
Op Leef eet ek,
Un Leef lücht mi (hält mich aufrecht),
Un lickes gru mi (graut mir).
Dieſe Worte ſpricht eine Wittwe auf dem Sarge
ihres Mannes.
233.
Als ich noch war und du noch warſt
Und du nach meinem Leben ſtandſt —
Jetzt haſt du mich, was bat't es dich?
Du biſt todt und ich muß fterben,
Ein Fäger lag’todt am Boden und war vergiftet. Ein
Rabe fette fihb ihm auf die Bruſt und fprach Obiges,
nachdem er fich von feinem Fleifche gefättigt.
234,
Ein Mann follt einen Wolf, eine Ziege und einen
Kohlkopf über einen Fuß fahren, Der Nahen war aber
25*
— 388 —
ſo klein, daß jedesmal nur einer der drei Gegenſtände mit
ihm darin Platz hatte. Er muſte alſo mehrmals fahren.
Wie fieng er es nun an, daß nicht der Wolf mit der
Ziege oder die Ziege mit dem Kohl ohne Aufſicht blieben
und eins das andere auffraß?
235.
Zwei Brüder ſollten ſich in acht Ohm Wein theilen.
Sie hatten aber, um die Theilung zu bewirken, außer dem
Stückfaß, worin die acht Ohm lagen, nur noch zwei Zutäfte:
ein dreiohmiges und ein fünfohmiged. Wie flellten fie es
an, ohne fih andern Gemäßes oder Gefäßes zu bedienen,
das Jeder die Hälfte des Weins befam?
Käthſelgeſpräch.
A. Rath einmal, wie viel Eier ich im Korb habe?
Wenn du es rächſt, geb ich ſie dir alle zwölfe.
Haſt wohl ſieben?
Nein.
Haſt wohl acht?
Nein.
Haſt wohl gar ein Dutzend.
Das hat dir der Teufel geſagt.
+
MEMERGS
*
*
Aufläfung der Räthſel.
Der Fingerhut,
Das Ei,
Die Kerze.
Die Eichel.
Der Lein,
Die Kuh.
Der Zodtengräber.
Die Uhr.
. Die Mandel,
. Der Zuckerhut.
‚ Sonas im Wallfiſch.
Das Milchmädchen.
. Der Bad.
‚ Die Wieſe.
. Der Sciitten.
. Die Gans.
. Die Kanzel und der Prediger.
. Der Schornftein.
.Ein Lichtſtummel.
.Die Kirſche.
Die Stiefel.
Das Heerdfeuer.
23.
24.
25.
26.
27T.
28.
29.
30,
31.
32.
33.
34,
35.
36.
37.
38.
39.
40.
41,
42,
43.
44,
45.
46.
47,
48,
49,
50,
51
52.
53.
54.
55.
— 390 —
Ein Brief mit rothem Siegel.
Es wird älter.
Die Scheere.
Vietsbohne.
Die Glocke.
Ofen und Sieb.
Der Storch.
Das Schiff.
Die Brenneßel.
Kartoffeln.
Der Reiter.
Vielleicht.
Zwei Waßereimer.
Der Müller — Waßer.
Der Ofen.
Himmel und Erde, Sonne und Mond, Abend
Morgen.
Die Sanduhr.
Das Bild.
Das Lineal.
Die Biene.
Die Finſterniſs.
Der Schatten.
Die Schnecke.
Eine Bretzel.
Der Athem,
Der Nebel.
Das unausgebrütete und das ausgebrütete Ei,
Der Degen,
Die Kanonenkugel.
Zwei, einer der Suden hieß Jeder.
Die Laus,
Die Nähnadel mit dem Zwirnsfaden.
und
Adam und Eva, Eliad feurige Rosie, Kain und Abel,
Sodom und Gomorrha,
— 391 —
Der Säugling.
Ein dreibeiniger Kochtopf,
Der Ochſe zwang die vier Euterfpisen der Kuh, ihm
Milch zu geben; dann pflügte er und endlich diente
feine Haut zu Stiefeln,
Der Hauflog,
Der Sattel auf dem Pferde, wenn der Reiter drauf
ſitzt.
. Sp ſpricht der Reiter zu feinem Pferde,
. Ein Faß Bier.
. Das SKartenipiel,
. Der Regenbogen,
Der Wen.
Die Wiege,
Die DBürfte,
. Petrus — Mein, Keiner: Perrus und Pfiff faßen am
Feuer,
Treue Hand,
. Das Kind in der Wiege,
Die Schnürleiber,
. Der du bift.
Der Glaſer.
Um den Hals.
Auf den Kopf.
‚ Die heilige Taufe,
. Dur) ein Brett.
. Des Menſchen Gedanke.
. Zwei Fiihe kreuzweis übereinander gelegt,
Der volle Menſch fällt um, die volle Flafche ſteht
defto feſter.
Bor dem Loch.
Die Fenfter,
Die Brenneßel,
Zwiebeln.
Der Floh, er trinkt Menſchenblut.
86.
87.
88.
89,
9,
91,
92.
93.
94,
95,
96;
97:
98
33;
100,
101.
102.
103,
104,
105,
106.
107,
108.
109.
110.
4111;
112.
113.
114,
115,
*
— 392 —
Die Seiler, ihre Sache geht mehr hinter ſich
vor ſich.
Um Johannis.
Fiſche; Steine ſind unterm Waßer.
Der Palmeſel.
Er ritt auf dem Eſel.
Beim Tage Licht anzünden.
Das Kanzeldach; es regnet doch nicht hinein,
Der Strohfchneider.
als
Ein Floh, denn die Laus wird gleich gefnicft, der
Floh aber zwifhen den Fingern zerrieben und kann
noh Reu und Leid erwecken.
Der Eaffe, denn der fest fich, der Thee aber muß
ziehen,
Der Arme, denn der hat Noth und Noth bricht
Eifen,
Man febt oder legt fich nieder.
Der Keßel über den Kohlen,
Der Schlüßel.
Der Mund,
Eichel, Schwein und Wolf.
Im Himmelreid,
Wenn ich Brodt daraus bade,
Die Thurmuhr,
Sm Wein,
Die Seiler, fie geben immer nad.
Der Vogelbauer.
Wäre man drin, fo guckte man heraus,
Das,
Adam.
Beichten,
Die Ohrfeige.
Den Schlößern.
Eine Bratwurſt.
Der Blinde.
— 3593 —
116, Das große Looß in der Lotterie,
117. Das Echo.
118. Gar nit. Er fät Lein.
119, Sie hießen alle drei Keiner,
120, Der Gapuciner ift in der Mitte gebunden, die Blut:
mwurft an beiden Enden,
121. Der Mühlſtein.
122, Der Feuer anfclägt.
123. Zu Rom, denn da hat er feinen Statthalter,
124, Wenn der Baum ab ift,
125, Wenn er gebunden wirt,
126, Als fie Feine Ausrede wuſte.
127, Die Schwaben, die tritt man mit Füßen,
128, In der Laufis,
129, Freifinger.
130, Adam,
131. Lazarus,
132, Wie ein Eſel.
133. Der ſchwarze.
134, St. Peter mit den Schlüßeln.
135, St. Petrus, zwei an den Schlüßeln und einen am
Kinn,
136, St. Simon mit der Säge.
137. Aufgebaut, fonft könnte man ed nicht niederreißen,
138, Ein Dider, weil er vollfommen ift,
139, Der Fingerhut.
140, Die Windsbraut.
141, Heute.
142. Wenn man ed verbrennt und die Afche Hinträgt.
143, Die Schnede, fie trägt ihr Haus auf dem Rüden.
144, Der Fupferne Keßel.
145, Der dreifüßige Keßel.
146. SKehrbefen,
147. Ein angeſtecktes Grofchenlicht,
148, Unter dem Huter-Handwerke.
— 394 —
‚ Die Wagenfchmiere,
. Der Kußreißende, denn er fommt bald in die Stadt,
. Der Eſel, der ift im Mutterleibe grau.
. Daß man ihm nichts gebe und das Geinige nehme,
. Das thun alle Hunde,
‚ Weit feine Brüfe da war, fonft wär er darüber
gegangen.
. Der über Nacht ausbleibt.
. Ein Stüdgießer, denn er fagt: Unfer Wißen iſt
Stückwerk.
57. Die Fiſche: ſie ſind beſchuppt.
Eva, die geborne Von der Rippe,
Die Rumohrs, denn es gefchrieben: es ward ein
Rumor unter dem Volke.
. Sch ſelbſt.
‚ Abel Blut,
. Die Riße in den Balfen,
. Wenn fie nicht in der Furche geht.
Dom Schwein die Borften zur Bürſte.
. Daß er fih hat fangen laßen.
. Weil er nicht in der Schüßel liegt,
. Das, welhes der Wirth in den Wein und der Ad—
vocat in die Dinte fchüttet.
. Der Bote.
‚ Um jie aufzufeßen.
. Betrübnüffe und Gefängnüffe,
Sechs.
Auf Einem Fuß lange ſtehen, denn jede Gans
kann es.
Hätte er Jockel geheißen, ſo hätte er geſagt: Jockel,
wo biſt du?
. Dem Schullehrer: vor dem zieht man ſogar die
Hofen ab.
Der Feind hat.
Der Henfer zieht hinauf, der Glöckner herunter.
— 895 —
177, Wenn er Feins hat.
178, Maler und Bildhauer: fie verkaufen fie,
179, Die der Pflafterer: fie fallen nicht hoch,
180, Die Kuhglode,
181, Adam.
182. Der Thurmmwädhter.
183. Loths Frau, die zur Salzfäule wurde,
184, Lauf mit einem Sceit die Straße auf und ab, fo
wirft du warm.
185, Angebetet har fie es.
186, Ses es ihm auf den Kopf,
187, Bor dem Spiegel.
188, Zwei Köpfe und zwei Nafen,
189. Nichts; fonft fünnte man fie nicht fehen.
190. Nah dem T.
191, Das Andenken an Wohithaten,
192, Ueber deinen Zorn,
193, Ta, mit meinen zwei Augen.
194, Keins von beiden: er ruft Kuckuck.
195. Wenn fie jagen, das Huhn habe das Ei ganz vorn;
es hats ja immer hinten,
196. Das thun alle Hähne.
197. Die Holzhade auf der Achfel des Bauern,
198, Das Glas,
199, Der Athem.
200. Der Täufling.
201. Sm Frühling, wenn der Salat fchießt und die Bäume
ausfchlagen,
202. Die Henne mit dem Ei,
203, Weil fie immer auf den Grund gehen.
204. Der Baum hat Zweige.
205. Sn Deftreib: da find lauter E - Streicher,
206, Am Peitſchenſtiel.
207, Wenn er zum Fenfter hinaus fieht,
208, Die Pflugeifen,
— 396 —
209. Die Mühlſteine.
210, Dreifuß,
211. Der Todestag.
212. Wenn ihm die Haut abgezogen wird,
213. Bei Menfhen das E, hält Mann und Weib, bei
Thieren das DO, hält Rofd und Wagen,
214. Der Haie.
215. Wenn man fie über die Schultern hänat.
216. So oft er zu Pferde fleigen will.
217. Der Kettenhund.
218. Nüße,
219. Auf den Weidenbäumen,
220. Das Ge.
221. Die Nuß.
222. Die Küchenpfanne,
223. Der Fatholifhe Geiftliche.
224. Die ausgelaßene Butter,
225. Nichts,
226. Dem Ertrinfenden,
227. Die Schwarzbeeren.
228. Der Rath.
229. Er antwortet nichts.
230. Würfel,
Des
edeln geftrengen
weitberühmten und ftreitbaren Helden
Chedel Unverführt von Walmoden
tapfere männliche und ritterliche Thaten
und
wunderbarliche Gefchichten
die vor manchen Sahren beim heiligen Grabe, in
Liefland, im Stift Halberftadt und im ande zu
Braunfchmweig wahrhaftig ergangen,
Kurzmweilig zu lefen.
Zuerfi in Eurzen Keimen gedichtet,
Jetzt in ehrlicher Profa berichtet.
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Von Thedels Eltern,
Vor Zeiten wohnte vom Braunfchmweiger Lande nicht
fern ein Edelmann, Afchen von Walmoden genannt, der
ein ehrbarlich Leben nach Gottes Willen führte und fi
daneben ritterlich hielt, nicht allzu prächtig in Kleidern wie
andere Edelleute zu der Zeit, noch überfchwenglich in Speif
und Zranf, wie es nun leider auch allzuviel gefchieht, fon-
dern nad) rechtem Maß und Ziel, darum er von Sedermann
gepriefen und werth gehalten ward, Bertha von Gernrode
fein ehlih Gemahl, auch aus edelm Stamm geboren und
in allen Tugenden auferzogen, ehrbar, keuſch, züchtig und
fromm, brachte ihm einen Sohn, den fie im Namen der
heil. Dreifaltigkeit nah chriſtlichem Gebrauche, den Gott
felber eingefest hat, taufen ließen, wobei er den Namen
Theodulus empfieng, das heißt zu deutfch ein Knecht Got:
tes ; verfürzt aber wird der Name Thedel gefprochen. Diefen
Thedel ließen die Eltern in Zucht und Tugend auferziehen,
hielten ihn auch wohl zur Schule, wo er bald in der Lehre
zunahm, große Luft und Gefallen an alten Sprachen, als
Latein, Griechiſch, und Hebräiſch bewies, daß er die Zierde
— 400 —
feines ganzen Geſchlechtes zu werden verfprach. Als dieß feine
Eltern vermerkten, fhidten fie ihn ferne vom Haus auf
die hohen Schulen zu Paris und Bologna, mo er bis ins
fechfte Sahr ftudierte und großen Fleiß vorfehrte, daß er ges
lehrt, weis und verftändig ward, Als er nun wieder zu Haufe
fam, legten feine Eltern mit dem mwohlgelehrten Sohn im
ganzen Lande feine Schande, fondern großen Ruhm und
Preis ein, denn er von Allen lieb und werth gehalten ward,
zumal er auch unverfährt, das ift unerfhroden, war von
Natur, wie er in manchem führlichen Abenteuer, das er
nachmals beftanden, wohl bemiefen hat.
Wie Thedel zu Pathen ftand,
As Thedel von der Univerfität nach Haufe kam, ge
ſchahs, daß er gebeten ward ein Kindlein zur Chriftenheit
bringen zu helfen, welches er auch herzlich gern that, Wie
er nun die Worte hörte, welche der Priefter Über dag Kind
ſprach, und fie verftand, da er feine Zeit auf der hohen
Schule wohl angemandt hatte, gedachte er bei fih: Wollte
Gott, du wärjt auch mit fo Erüftigen Worten bei der Zaufe
zur Ghriftenheit gebraht und vor dem böfen Feinde be
wahrt worden, dafür wollt ich ihm Lob und Dank fagen
und den Worten glauben, daß ich das ewige Leben erwerben
müfte, Als nun die Taufe gefchehen war, zog er den Prices
fter bei Seiten und fprach zu ibm: Herr Dietrich, zeigt mir
an, bin ih auch in folder Weife und mit fo fräftigen
— 401 —
Worten getauft und vor dem böfen Feinde verwahrt worden,
mie diefes Kind? Ihr Eönnt das wohl wißen, denn es ift
mir gefagt worden, daß ihr felbft mich getauft hättet. Da
antwortete ihm der Pfarrherr: Sch befenne euch bei unfer
Aller Mittler Jeſu Chrift, bei deffen Namen man nicht
fügen fol, daß ihr vor achtzehn Fahren nicht anders ge—
tauft worden feid als diefes Kind, Ueber euch find feine
andere Worte gelefen noch gefprohen worden: des feid
außer Zweifel, Als Thedel das hörte, fprach er aus frohem
Gemüthe: Herr Dietrich, bin ich denn alfo getauft, des will
ic von Herzen fröhlich fein, und mid vor Niemand fürch—
ten, audy nicht vor dem böfen Feind, der mir ohne Gottes
Willen nicht ein Haar zu krümmen vermag. Ich ſcheue
duch feine Arglift nicht, da ich weiß, daß ich Ehriftum zum
Beſchützer habe, der die Seinigen nicht verlaßen will noch
kann, wenn fie nur Ihn allein fürchten und all ihr Ver:
trauen lediglich auf Ihn gefest haben: denn welcher Chrift
im Namen der heiligen Dreifaltigkeit die rechte Taufe
empfangen hat, dem ward durch den Zod unferes Heilandes
und Seligmachers das ewige Leben erfauft. Da ich dieß
weiß, fo foll der böfe Feind an mir einen trogigen und ver:
wegenen Miderfacher finden, denn Herr Ehriftus fiht mir
zur Seiten und der Sieg kann nicht zweifelhaft fein.
Dieß verdroß den Teufel fehr, daß Thedels Glaube
fo groß war und er fann hin und her wie er ihn zu Fall
bringen möchte, oder ihm alles gebrannte Herzeleid an—
thäte.
Diihe Volksb. Ir. Br. 26
— 402 —
Wie Thedel gen Ierufalem ritt und den Herzog
Heinrih mit dem Löwen fand.
Nun begab eg fich unlange darnach, daß Thedels Eltern
in Gott verfchieden und ihm das Haus Lutter hinterließen,
das unter dem Barenberge liegt, mo er feitdem mit feinem
ehelihen Gemahl in Ehren und Freuden feine Wohnung
hatte, Da Eam es eines Tages fo, daß er mit feinem ge-
treuen Schreiber von dem Haufe Lutter auf ein weit Feld
bei Bretem flieg, das man die Har heißet und viel Wild-
berät bat, denn fie gedachten da Hafen und Füchſe zu
fangen. Wie fie nun bei der Stodau ihre Pflöde richteten,
ftieß ihnen ein feltfam Abenteuer zu: fie fahen vor dem
Appelhorn eine Schar daher reiten, mworunter der Thedel
viel bekannte Landsleute zu fehen vermeinte, die vor langen
Sahren geftorben waren, Voraus ritt ein ſchwarzer Mann,
eine ſchwarze Fahne in der Hand, auf einem ſchönen mu-
thigen Nappen, Als Zhedel diefe feltfamen Weiter fah,
gab er die Springfhnur und die Gloden feinem Schreiber
in die Hand und fprach zu ihm: Stelle du die Garnen nur
gemad hier auf, ich muß erfahren was das für Leute find,
Der Zug war nun fchier an ihnen vorüber ; aber im Hinter-
halt ritt ein Mann zu fünfter, der faß auf einer fhmwarzen
dreibeinigen Geiß und als Thedel ihn recht befah, erfannt’
er ihn wohl, denn er hatt ihm vor Jahren ein Kind aus
der Taufe gehoben. Sest fah er ihn mit dem böfen Geift
oder in des wüthigen wilden Jägers Geleit daher fahren, deffen
er fich nicht wenig verwunderte. Mein mwerther Öevatter,
redete der Geift ihn an, was macht ihr hier allein? Ceid
— 403 —
ihr Abenteuer zu ſchauen hierher gefommen, fo habt ihr
Drt und Stunde wohl gewählt. Habt ihr nun Luft und
Liebe mit ung nach dem heiligen Grabe zu ziehen, fo fißt
hinter mich auf die dreibeinige Ziege und thut wie ich euch
fage, fo fol euch fein Leid gefchehen, vielmehr mögt ihr
das ſchwarze Pferd verdienen, auf dem der ſtolze Mann
dort einherfährt. Ihr müßt euch aber unterwegs des Redens
enthalten, fonft würd euck der böfe Feind den Hals brechen.
Und wenn ihr mit uns zum heiligen Grabe kommt, fo
mögt ihr abfteigen und mögt euch da umfehen nach euerm
Mohlgefallen, auch fhaffen und ausrichten was euch be—
liebt mit Opfern, Beichten und Kirchengehen, und ein
Schild mit euerm Wappen da malen lagen und am heiligen
Grabe aufhängen zum emwigen Gedähtnifs. Dazu habt
ihr Neht und Fug, denn es ift euch vergönnt, ohne
Schaden eures Leibes und Lebens bis in die andere Nacht
da zu verweilen. Wenn aber dann den Kirchenbering
zum drittenmal unfer Heer umzieht, fo ift es Zeit, daß ihr
euch wiederum einftellt, denn zögert ihr länger, fo mögt ihr
hernach zufehen wie ihr ohne uns wieder nah Haufe
£ommt. Da fprah zu ihm der Thedel Unverfährt: Willſt
du mir zufagen mich an das heilige Grab zu bringen, fo
will ich fehben ob ich mit dem Mann um das fchmwarze
Pferd ringe und will midy zu dir auf deine Ziege feßen,
ob fie gleich nur drei Beine hat. Sch bin durd Sefum
Chriftum von des Teufels Arglift erkauft und fürchte ihn
nicht, mein Heiland wird mich vor aller Gefahr Leibes und
der Seele auf diefer Reife bewahren: das ift mein Glaube
und meine Zuverfiht. Hiermit ſchwang er unerfohroden
26*
re
zu ihm auf die Ziege und fuhr mit dem gefpenftifchen Heer
duch die Luft. Als fie nun an das Meer kamen, wo das
heilige Land dahinter liegt, ſprach der Gevatter zu dem
Unverfährten: Nun foll es nicht lange mebr währen, fiß
ftill und laß dein Rütteln, denn wir wollen nun dort über
die Pfüge fegen, Nach einer Eleinen Weile fahen fie das
Pand unter fih und festen bei dem heiligen Grabe ab, wo
Chriftus unfer Herr und aller Menfhen Seligmacher
begraben worden, nachdem er für die Sünden der Welt
den Tod erlitten und uns das ewige Leben erworben hat,
am dritten Tag aber aus dem Grabe wieder erftanden ift
und den Tod bezmungen hat, wie uns die heilige Schrift
Elärlich meldet, Und wer das glaubt und befennt mit Herz
und Mund und mit der That bemeift, daß Chriftus ung
erlöft und Gottes Gnade, Heil und Seligkeit erfauft hat,
der wird das ewige Leben haben und mit den heiligen
Engeln das Himmelreich bewohnen und unvergängliche
Freude genießen. Diefes heilige Grab freute fich der Thedel
zu ſehen und zu verehren und ließ ein Schild zu feinem
Gedächtniſs malen, das man noch heutiges Zages da findet,
und in der Kirche zu einem Wahrzeichen aufpängen. Dazu
beichtete er alsbald feine Sünden und gieng zum Tiſch des
Heren, ließ fi mit Chrifti Peib und Blut berichten und
that feine Buße aufrichtig und völlig, denn er wuſte nichts
anders als den Zod vor fih in ſolcher Anfechtung, wenn
ihn Gott nicht errettete, dem er aber gänzlich vertraute,
er werde ihn aus des Feindes Hand wieder zu Haus und
Hofe bringen unverfehrt. Als er fo feiner Seele Heil
bedacht hatte, gieng er getroft umher und fah fih um und
7
— 405 —
ward da unter Andern auch des Herzogen Heinrih von
Braunfchmweig, feines Deren, gewahr, da er eben mit
feinem Löwen im Dom erfchien.
Wie Thedel das ſchwarze Pferd erwarb und dem
Herzog Heinrih von Braunfhweig eine Botſchaft
ausricdtete.
Als Thedel Unverfährt von Walmoden feinen Füriten
in dem Dom erſah, trat er ihm demüthig nah und erbot
ihm Ehre. Darüber verwunderte ſich der Herzog gar fehr,
als er ihn erkannte, und ſprach ihn an und fragte: Bift du
nicht der Thedel von Walmoden, mein Dienft: und Lehns—
mann? Wann und wie bijt du hiehergekommen? Ich hab
in zweien Jahren feinen Menfchen aus Deutfchland hier
gefehen und es muß wahrlich mit feltfamen Dingen zus
gehen, daß ich dich jest bier ſtehen ſehe. Dabei bot
ibm der Herzog die Dand bei dem heiligen Grabe und
empfieng ihn wohl. Gnädiger Herr, ſprach der Thedel, ich
thu euch Eund, daß ich geftern Abend über das Meer ge:
zogen bin von Haus Lutter, das ihr wohl Eennt, in großer
Eil, wiewohl mit nicht geringer Gefahr meines Lebens,
Sch war nur auf eine Hafenjagd ausgegangen und bin
durch ein feltfam Abenteuer hierher gelangt in Einer Nacht.
Da fprac der Derzog zu Thedel: So muſt du ein ſchnelles
Pferd haben, denn ſonſt wär es unmöglich, daß du in ſo
kurzer Zeit hierher gekommen wärſt. Aber ſage mir mit
Einem Wort, wie geht es daheim unſerm lieben Gemahl
— 406 —
und Kindern und wie hält das Hofgefinde Haus? Sind
fie noch Alle frifch und gefund? Iſt dir bemuft, wie es in
unferm Lande fteht? Was machen meine Räthe und andern
Getreuen? Der Thedel Unverfährt antwortete, es ſtünde
noh mohl in feinem Lande, die Seinen lebten Gottlob
noh Alle, die Kinder und aud fein fürftlih Gemahl, auch
wär noch guter Frieden im Land und in den Städten,
Aber es geht insgemein das Gerücht, daß Em, Gnaden
mit allen euern Rittern in dem milden Meere ertrunfen
wären; auch heißt es, daß die Herzogin in kurzer Zeit zur
zweiten Ehe greifen und einen Pfalzgrafen nehmen wollte,
°* Und das wird gemwifs gefchehen, wo Em, Gnaden nit vor
Michaelis wieder nah Braunfhweig kommen und Em. °
fürjtlich Gemahl, die Kinder und alles Hofgefind durch
Em. Wiederkunft erfreuen werdet,
Während er alfo mit dem Fürften fprah, kam fein
Gevatter daber und fprah ihm zu: Seht euch vor, daß
ihr in der £ünftigen Nacht nicht weit von diefer Stätte
bleibt, mweil ihr fonft die Heimfahrt verfiumen möchtet.
Aber der Herzog lud ihn ein, mit ihm zur Malzeit zu gehen,
fo wolle er dermeil Briefe fchreiben laßen und ihm münd-
lich anzeigen mas er feinem lieben Gemahl daheim durch
ihn entbieten laße, denn es fei ihm Alles daran gelegen,
daß es mohl ausgerichtet werde. Der Thedel nahm die
Einladung gern an und ſprach: Ich weiß Em, Gnaden das
nicht abzufchlagen, denn mein Magen ift leer, auch fenne
ih bier Eeinen Wirth und hab weder Geld nod Pfand.
Verſäumen aber darf ih mih auch nicht, fonft Eomm ich
in große Noth und Pein,
— 407 —
Als der Fürft mit Thedel in feine Herberge kam, und
ein Diener fein Pferd hinmwegführte, fprah der Marfhall
zu dem Wirth des Haufes: Laßt gleih den Tifh deden
und das Eßen auftragen, denn Gott hat meinem gnüdigen
Heren Botſchaft befcheert nach feinem Wunfh und Ber:
langen; drum wollen wir guter Dinge fein und mit dem
Boten den beften Wein trinken ebe er fich wieder auf die
Heimfahrt macht. Als das die andern Hofleute hörten,
boten fie dem Thedel die Hand, fo viel ihrer waren, und
fiengen an zu fragen, wie e8 daheim in ihrem Lande ergienge,
deffen er ihnen freundlich Beſcheid ſagte. Als nun die
Malzeit ergangen und die Briefe bereit waren, brachte fie
der Kanzler zu den Zifhen, wohl mit Siegeln verwahrt,
und ſprach zu dem Thedel, der ſchon megfertig war: An
diefen Briefen liegt unferes Herren Heil und Hoffnung:
laßt fie euch wohl befohlen fein und bewahrt fie vor Negen
und feht zu, daß fie euch unterwegs nicht genommen werden,
fondern denen zufommen, an die fie gerichtet find, Thedel
fprach zu dem Marfhall: Sch will fie aufs Befte verwahren
und getraue Gott meinem Schöpfer, daß fie binnen vier
Zagen beftellt fein werden, Damit nahm er Urlaub von
feinem Herrn und allem Gefinde und machte fih auf nad)
der Kirche.
Als nun die Mitternacht heran Fam, Elopfte der Teufel
draußen an die Thüre und fragte: Was machſt du allein
an diefem Ort und fommft nicht hervor? Willſt du das
ſchwarze Pferd nicht haben, darauf der ſchwarze Weiter
einherfuhr? Aber der Unverführt blieb ſitzen und that nicht
nach des böfen Feindes Willen, fondern folgte dem Rath
— 48 —
feines Gevattermannes, und blieb in dem Dom bis dem
Teufel die Zeit lang ward und wieder an die Thüre Elopfte
und mit lauter Stimme rief: D web, o weh, ich höre dich
beten. Sch verhoffte, du follteft hier draußen die Zeit ver—
fıhlafen haben, fo wollt ich mit dir getanzt und ein ander
Lied gefungen haben. Aber dein Glauben ift fo feft und
ſtark und in Gefahr beftändig, daß weder Berg noch
Waßer dich ihm entreißen, und davon abbringen kann.
Als der Zeufel nichts ausrichten fonnte, gab er den
Thedel für dießmal auf, fchenkte ihm auch das ſchwarze
Pferd, das ihm der Gevattersmann verheißen hatte. Das
nahm der Thedel zu Dank an und war fehr froh und luftig
und guter Dinge auf feinem ſchwarzen Roſs, fäumte fi
auch länger nicht, fonbern ritt fpornftreichs bis er wieder
an den Drt fam vor dem Appelhorn auf dem grünen Gras,
wo er zuerft aufgefeßen war und feinen Schreiber des
Abends fpät bei den Dafengarnen gelaßen hatte. Dem war
der Echreden fo in die Glieder gefchlagen, daß er nicht
wuſte wo er bleiben follte und war darüber grau geworden
in Einer Naht, daß er feinen Herren nicht mehr fah und
vergebens nah ihm rief und Eeine Antwort befam und
nichts anders erdenfen Eonnte, als der böfe Feind habe
ihm den Hals zerbrochen. Darüber war ihm fein Herz
fo betrübt, daß er fchier vor Leid geftorben wäre, Nach
Haus Lutter zu gehen, hatte er ſich aber ohne feinen Herrn
nicht getraut, Als der ihn nun fo verftört fißen fah, rief
er ihm zu: Um Gott, Schreiber, wie bift du zugerichtet!
Sage wovor du erfchroden bift, daß du fo ungeftalt aus:
fieheft. Du bift ja weiß geworden wie eine Taube. Haft
— 409 —
du einen neuen Drden angenommen undmwillft bier alg Ein—
fiedler dein Leben verfihleigen? Da fprach der Schreiber aus
einfältigem Herzen: Junker, glaubt mir für gewifs, daß mir
all mein Leben nicht fo übel zu Muthe war als diefen Tag.
Mit großer Mühe und höchiter Anftrengung bin ich dem
Zod entgangen; dem war ich näher als dem Peben, Die
Angſt um euch ließ mir feine Ruhe und konnte doch nichts
ausrichten und thun. Aber da mich der gütige Gott aus
diefer Noth errettet hat, fo fei fein Name gebenedeit, daß er
euch in der andern Nacht gefund wieder hergeführt hat auf
diefem ſchwarzen Roſs, das fürwahr viel Geldes mwerth ift.
Nun laßt ung nach Futter zieben und fehen wie es daheim
fteht; eure Hausfrau wird fehr nach euch verlangt haben,
Laßt uns nicht länger harten; die Lappen und die Hafen-
garnen hängt euerm Pferde auf: da find fie wohl ver—
wahrt,
Da ritt der Thedel mit feinem Schreiber gen Lutter
auf dem fhwarzen Pferde und gab es dem Stallknecht, der
fih verwunderte, daß fein Herr beritten nah Haufe kam.
Das Pferd gefiel ihm wohl, aber er konnte es nicht fatteln
noch binden, weil er feine Weife nicht fannte. Aber der
Thedel war von dem fihwarzen Reiter gelehrt worden, mie
er mit ihm umgehen follte und welch Sutter e3 bedurfte,
nämlich glühende Kohlen und fharfe Dornen, anders fraß
es nichts, Wenn es aber die befam, fo war fein beßer und
fchneller Pferd auf der Welt zu finden, fomwohl zum Springen,
Zraben und Rennen alg zum Zurnieren und Streiten,
denn es fprang über alle Abgründe und fürchtete fich
vor keiner Fährlichkeit, Nur follte der Thedel Niemand
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vermelden, von Wem er es befommen hätte, denn verriethe
das fein Mund, fo wär es fein Tod und müfte des dritten
Tages darnach unfehlbar erfterben.
Daheim hieß ihn feine Frau mit großen Freuden
gottwillflommen, Elagte aber fehr über fein Ausbleiben, und
fagte, wie fie fich geängftet habe, dießmal mehr als je zuvor:
Dft feid ihr ausgeritten und habt manchen Streit ritterlich
ausgefäimpft, und manche Fährlichfeit beftanden, aber nie
ift mir fo angft um euch gewefen als jest. Gott fei gelobt,
daß ich euch gefund wiederfehe, Da ſprach Thedel Unver-
fährt: Anna, liebe Hausfrau, der ich alle Falten meines
Herzens offenbare, diefe Reife foll mid nicht gereuen, denn
twar ich zwar nur ausgeritten Hafen und Füchſe zu fangen,
fo bin ich doch in diefer kurzen Zeit in Serufalem gemefen,
was weit von bier ift, und habe feltfame Abenteuer beſtan—
den. Aber Gott hat mich auf fo wunderbare Weife erhalten,
dag mein Mund es nicht vermelden foll, weder euch noch
fonft Semanden, wie es auch nicht vonnöthen ift, Aber
jest laßt uns zu Tiſche gehen und fröhlich fein und diefe
Sache beruhen laßen und alles Leides vergefen. Da ward
die Tafel bereitet und viel gute Speife aufgetragen und
Eöftliher Wein aus dem Keller geholt, und als der Segen
gefprochen war, faßen fie zu Zifche und ſprachen wader zu,
aßen und tranfen und danften Gott für alle Wohlthat.
As nun die Malzeit vorüber war, fieng feine Hausfrau
wieder an und fragte: Lieber. Junker Unverfährt, wo habt
ihr doch das ſchwarze Roſs befommen, das fih fo ungern
entfatteln läßt und fo mächtig fperrt, es fei denn daß ihr
es felber beforgt. Da antwortete der Thedel: Ich hab es
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auf der Dar gekauft von einem Roſskamm aus Niederland
und mit ſchwerem Gelde bar bezahlt, aber es ift ein gutes
Roſs und nicht zu theuer,
Am andern Morgen machte fih der Thedel gen Braun-
fhmweig auf, denn ihn verlangte fehr die Briefe, die er zu
Serufalem empfangen hatte, der Herzogin zu Händen zu
bringen, Als er nun zu Braunfhmweig vor die Burg kam,
Elopfte er an und ward ihm alsbald aufgethban. Da fragte
ihn der Hofmeiſter, was fein Begehren fei, denn Niemand
wird hier eingelaßen, er fage denn was er zu werben kommt.
Da ſprach der Thedel: Ich habe der Herzogin, meiner gnä—
digen Frauen, heimlihe Worte zu bhinterbringen, die ich
Niemand anders vertrauen darf, Geht hinein und meldet
mich, daß ich nicht zu lange hier vor der Thüre zu warten
braudhe, So bald idy meine Botfhaft ausgerichtet habe,
gedenke ich mwieder von binnen zu reiten. Da gieng der
Hofmeifter in den Saal, wo die Fürftin mit den Kindern
faß und ſprach: Der Thedel Unverfährt ift vor der Thür
und kommt aus fremden Landen und mödjte gern felbit
mit euer Gnaden fprehen und das heimlich, ich verhoffe,
er bringt euch gute Märe, die euer Herz erfreuen fol, Die
Fürftin ſprach: Heißt Thedel hieher Eommen, wir wollen
fein Fürbringen gnädiglic anhören, vielleicht bringt es ung
Frommen. Als nun der Thedel vor die Herzogin Fam, ent:
blößte er fein Haupt und erbot ihr demüthiglih Ehre. Die
Herzogin bot ihm die Hand mit gnädigen Worten und
fprah: Sagt an, was euer Begehren ift, edler Thedel von
Malmoden, und was ihr uns für Borfhaft gen Braun:
ſchweig bringt. Da ſprach der Thedel Unverführt: Gnädige
— 412 —
Fürftin, euer Gemahl, der edle Herzog Heinrich, mein durchs
lauchtiger Derr, ift wohlauf, gefund und frifh, noch ehe:
geftern hab ich ihn beim heiligen Grabe zu Jeruſalem ge
fehen und gefprochen. Er entbietet euer Gnaden alles Heil
und ift euch von Herzen geneigt und zugethban. So viel
manch rothes Mündlein im Jahre lacht, fo viel Sandkörner
im Meere find, und fo viel Grasftiele auf dem Weg bieher,
fo viel holde Grüße läßt er euch durch mich entbieten: er
meint es gar freulicy mit euch, des follt ihr verfichert fein,
Da ſprach die Herzogin: Thedel, wie wär es möglich, daß
du den Herzog vor fo Eurzer Zeit gefehen hätteft, da der
Meg lang und weit ift. Ich kann dir darin feinen Glauben
fchenfen, du ließeft mich denn ein Wahrzeichen fehen, Da
nahm der Thedel die Briefe. in die Hand und übergab fie
der Herzogin, Sie nahm die Briefe und befah die Siegel
und drüdte fie an ihren Mund ſprach: Thedel, nun glaub
ih deinen Worten, denn diefes ift das Inſiegel meines
alferliebften Herrn und Gemahl, den ich ob Gott will,
wieder um mich haben foll auf feine Lebenszeit, ob er jet
ferne von mir ift, Er war noch am Leben, da du von ihm
gefchieden bift und diefe Briefe von feiner Hand empfangen
haft, des will ich froh und wohlgemuth fein und alle Sorge
fahren laßen. Du follft bier an unferer Zafel fißen, trinfen
und eßen, dieweil wir die Briefe erbrechen laßen und lefen.
Du ſollſt aber richt von hinnen gehen, wir wollen zuvor
mit dir fprechen, Iß und trink derweil und fei fröhlich.
Hiermit gieng die Fürftin hinaus und ließ fich die Briefe
von ihrem Kanzler lefen und ward ihr ihres Gemahls Ge-
müth entdedt und was fein Wunfh und Wille war, daß
— 43 —
gefchehen folte, und wie es ihm ergangen tar auf feiner
Reife, und welche Gefahren er beflanden hatte und anderer
heimlichen Dinge mehr. Da pries fie Gott den Deren der
frohen Botfchaft und fagte ihm Lob und Dan, daß er ihren
Herrn und Gemahl auf feiner fährlichen Reife fo wohl be:
wahrt hatte und getraute ihm von Herzen, daß er ihn aud)
ferner bewahren wolle. Guter Dinge kam fie zu dem Thedel
zurüd und ließ einen goldenen Ring herbringen und ftedte
ihn an feinen Finger und einen goldenen Kranz heftete fie
mit eigener Hand auf feinen Hut, ja fie war alfo zur Fröh—
lichEeit geneigt, daß fie das nicht genug deuchte. Sie nahm
eine Kette von ungrifhem Gold wohl hundert Gulden ſchwer,
bieng fie um feinen Hals und ſprach: Die follff du mir und
uns allen zu Ehren tragen; dazu bift du ung ein lieber
Gaft, da du um unfertwillen dein Leib und Leben in große
Noth und Gefahr geftellt haft, uns eine liebe Botfchaft zu
bringen: du muft fürwahr ein gut und ſchnell Pferd
gehabt haben, daß du in fo Eurzer Zeit hin und her geritten
bift. Da fprach der Thedel: Mein Pferd ift gut und fchnell,
das ift die Wahrheit, denn diefe Briefe wurden, wie es
das Datum bezeugt, ehegeitern zu Jeruſalem gefchrieben
und heute Eamen fie zu Braunfchmweig in eure Hände. Da—
für fage ih Gott Lob und Dan, der mich durch unbekannte
Lande fo wunderbar hin und zurüd geführt und aus aller
Noth errettet hat. Aber auh Em. Gnaden danfe ich der
großen Ehre, die ihr mir bewiefen habt und der föftlichen
Gaben, und will eurer Gütigkeit und Milde immer ein:
gedenE bleiben wo ich fei und wohin ich fomme, est aber
befehl ih euch Gott, daß er euch noch lange Keben und
— 44 —
Gefundheit fehenfe und euern Herrn und Gemahl, meinen
gnädigen Fürften, bald wieder zuführe. Da bot ihm die
Herzogin freundlih die Hand und hieß ihn mit Urlaub
fheiden.
Wie der Böfe Thedel zum andernmal verjudte.
Als Thedel in feine Herberge Eam, rief er den Knechten
zu, laßt uns reiten, den Wirth aber fragte er was er mit
Knehten und Pferden verzehrt habe, Der fprah: Zieht in
Gottes Geleit, ich fol von euch fein Geld nehmen, die
Fürftin löſt euch aus der Herberge; nehmt fo vorlieb. Da
nahm er gütlich Abfchied und ritt zu dem Grafen von
Schladen, wo er wohl empfangen ward. Desfelben Tages
war dort ein Pferdedieb erhangen worden, Als es nun
auf den Abend Fam, gedachte der Böfe den Thedel zu ver:
fuchen und nahm den Dieb vom Galgen und feste ihn auf
die Heimlichkeit, Denn der Thedel Unverfährt pflegte Eein
ein Kreuz zu fhlagen, weil er vor Nichts erfhraf und ver-
meinte, da er in der Zaufe fo gut verwahrt fei, Eönne ihm
der Böſe doh nichts anhaben. Nun hätte er ihn gerne
dahin gebracht, daß er vor Schreden ein Kreuz ſchlagen
müfte, Als es nun fpät in der Naht war, nahm der
Thedel von dem Grafen Urlaub zu Bette zu gehen. Die
Diener ſteckten Lichter in die Laterne und leuchteten dem
Thedel in fein Schlafgemah. Nicht lange darnach mollte
der Thedel mit einem Licht in die Kammer gehen eines
nothwendigen Gefhäfts wegen, da fand er aufder Heimlichkeit
— 45 —
jenen todten und erhangenen Dieb fisen: das war dem
Thedel ganz recht und lieb, jedoch nahm er ihn beim Schopf,
feste ihn neben das Loh und fprah: Wie bift du bieher
gekommen? ch meinte du biengeft am Galgen wo du hin
gebörft. Der dih an diefen Ort gebracht hat, dem hab ich
dazu Feine Vollmacht gegeben, Derfelbe wird mid wills
Gott nicht überwinden, denn er felber überwunden und von
Gott gerichtet ift, wie du von den Menfhen. Stand auf
und feste den todten Dieb wieder auf das Koch, da er zuvor
gefeßen hatte, Bald darauf wollte fein Schreiber fih auch
auf die Deimlichkeit fhleihen aus gleicher Abſicht; da rief
ihm der Thedel zu: Der gehangene Dieb, der das Pferd ge-
ftohlen hat, fißt auf dem Bret, wie du gewahr werden wirft,
Nimm ihn beim Kopf und fege ihn bei Seite, daß er dich
nit etwa verlegte. Aber der Schreiber wollt es nicht
glauben und gieng feines Wegs meiter; als er aber auf
die Heimlichfeit kam und den Zodten da figen ſah, erfchraf
er fehr, fehrie laut um Hülfe und £onnte vor Schreden
meder laufen noch gehen. Und wo ihm der Unverfährt nicht
zu Hülfe gefommen wär, hätte ihn zur Stelle der Schlag
gerührt, fo groß war fein Schreden.
> Des Morgens als der Thedel aufftund und dem Grafen
von Schladen erzählte, daß der gehangene Dieb auf der
Heimlichkeit ſäße, fprah der Graf: Das müfte wunderlich
zugehen. Da gieng er felber hin, zu fehen ob er ihn da fände,
kam aber gleich ganz eifrig zurüd und fagte: Ei fo hab ich
ja die Tage meines Lebens ſolche Gefchichte nicht gehört noch
gefehen, fhiete gleih den Vogt zu dem Diebhenfer, daß
er den todten Dieb wieder aus dem Haufe fchaffte, und das
— 416 —
ohne Entgelt, denn er habe ihm feinen Lohn ſchon dafür
gegeben, daß er ihn an den Galgen hienge auf Nimmer—
mwieder£ommen, und nun fei er doc) da,
Als Thedel die Morgenfuppe aß mit dem Grafen, war
er guter Dinge und feines Zorns vergeßen und ſprach zu
dem Unverfährten: Biel haft du diefe Nacht nicht gefchlafen,
nachdem du dieß Geficht gefehen hatteft, welches fehr ſchreck—
lich war, wie man leichtlich erachten mag. Ich wär die
Nacht nicht an dem Drt geblieben, wo ich den Gehängten
gemuft, fondern hätte getrachtet von dannen zu fommen je
weiter je lieber. Auf diefe Rede des Grafen verfeste der
Thedel: Herr Graf, ih muß euch fagen, ich fürchte mid)
nicht vor einem Zodten, ja vor dem Zeufel felbft nicht und
vor feiner Lift, denn ich bin in dem rechten Glauben ge:
tauft. Was geht mich ein todter Dieb an, daß ich darum
nicht fehlafen follte? Ich hatte nichts mit ihm zu ſchaffen,
als daß ich ihn da weg hob wo er faß, und wieder hinhob,
als ich den Plas räumte, Was Eonnte er mir auch anhaben
da er geftorben war? Sch begab mich zur Ruhe und verhoffte
fanft zu ſchlafen, wie ich auch that nachdem ich mic, Jeſu
Chrifto treulich befohlen und mein Leib und Leben in Got—
tes Hand geftellt, wie ich jederzeit thue, denn auf Gottes
Schutz habe ich meine Zuverficht, und wer auf den vertrauf
hat wohl gebaut und fein Zeufel mag ihm was anhaben,
Wie der Thedel dem Herzgogen eine Feder aus dem
Barte nahm.
Da er fih nun an Speiſ und Tank erfättigt, ſtand er
auf und wollte fih nicht länger halten laßen, nahm einen
gütlihen Adfhied von dem Grafen und ritt beim gen Lutter
in fein Haus unter dem Barenberg bei dem Ward.
Als aber darnach Gott vom Himmelreich den Derzogen
Heinrih von Sachſen mit feinem Löwen wieder nah Haufe
brachte friſch und gefund, fandte er freundliche Briefe weit
und breit an andere Fürften des Neihs und lud fie zu
einem bochzeitlihen Gelag auf dem Mushaus in feiner
Stadt Braunfhmweig, dazu er auch die Grafen, Ritter und
allen Adel feines Landes befchied nebſt vielen Derren der
Nachbarſchaft, mit welchen er Kundſchaft gemact hatte.
Dazu war denn auch der Thedel berufen und geladen, und
weil er dem Fürften zu Dienft verpflichtet war, durfte er
nicht füglich ausbleiben. Als er nun zu Hof geritten Fam,
Eleidete er fih um und legte ein Eöftliches Kleid an, das
nicht wenig Gulden werth war, und begehrte den Fürften
zu ſehen. Es geſchah auch bald, dag der Herzog vorüber gieng
und als er des Thedeis Angefiht gewahrt, alsbald wandte
er fi zu ihm, bot ihm die Hand und hieß ihn Gott will:
kommen, worauf der Thedel fprah: Gnädiger Herr, eure
Heimkunft bat uns hoch erfreut, wir wollen Gett von
Herzen dafür danken. daß er euch gnädig bemahrt hat auf
dem Wege hin und ber, und bitten, daß er euch auch ferner
in feine Obhut nehme. Der Herzog ſprach zu Thedel:
Komm, und laß uns doeh im Saal auch die andern Gifte
empfangen, welche uns zu begrüßen gefommen find. Gnä-
diger Herr, Herzog Heinrich, ſprach der Thedel aus einem
vollen Herzen, die Lande an Elbe, Wefer und Rhein find
euch dienftbar, unter den Füriten des Reichs mag fi
Keiner mit euch vergleiten, Euch zu dienen erkenne mic)
Diſche Volksb. Ir. Br. 27
——
ſchuldig und pflichtig, da ich nicht leugnen kann, daß ich
euer Gnaden Unterthan und Lehnsmann bin, und will
als ein ſolcher mit meinen Kindern leben und ſterben. Dieſe
Worte nahm der Herzog von dem Thedel wohl auf und
erzeigte ihm alle Gunſt und Gnade wie fromme Fürſten
ehrlichen Leuten pflegen. Da wurden auch alle andern
Gäſte freundlich empfangen und bewillkommt, und darauf
der Marſchall beſchieden, daß er die Gäſte zu den Tiſchen
führte. Da wurde herrlich gegeßen und getrunken, und
dabei geſpielt und geſungen und nach Tiſche getanzt und
mancherlei Kurzweil getrieben, auch gefochten, geſtochen und
turniert und dazu mit Trommeln und Pfeifen aufgeſpielt,
und dieß währte Tag und Nacht, wie man es in alten
Chroniken beſchrieben findet. Thedel wollte auch allezeit
dabei ſein und ſich nicht ſparen ſowohl beim Ringen als
Fechten mit Schwert, Sper und Helleparten, und war auch
Keiner, der es ſich beßer hätte dürfen unterſtehen, der
ſeine Lanze ſo ritterlich brach, als der Thedel Unverfährt,
denn er übertraf und überwand alle Andern, deſſen ſich
Jedermann verwunderte, der zuzuſehen gekommen war.
Sie gaben ihm alle Lob und Preis ſeiner ritterlichen That
und wünſchten ihm Glück und Heil, daß er ſich ſo tapfer
gehalten und das Beſte gethan in allem Spiel auf ſeinem
kohlſchwarzen Pferd. Auch der Herzog hatte ein ſonderliches
Gefallen daran, ließ den Thedel vor fi rufen und ſprach
mit lauten Worten zu ikm: Du haft uns heute große
Freude verurfacht, daß du dich fo männlich und fo ritterlich
bemwiefen haft. Du bift noch nicht von deinem Rappen
gefallen noh zum Straucheln gefommen, wie wir hier
— 419 —
Alte gefehen haben, das bringt dir große Ehre, Wir find
an vielen Döfen gemwefen und haben auch auf diefer Reife
nach dem gelobten Land mand herrlich Ritterfpiel mit
Kennen, Stehen und Zurnieren an fremden Höfen gefeben;
aber wie heute von dir gefchehen iſt, deszleihen haben mir
nirgend geſehen.
Nachdem das Nitterfpiel gehalten war, ließ der Herzog
zu Zifch blafen und ein herrlich Mal anrichten, mit Fleiſch
und Fiſch als Lachs, Forellen, Karpfen und Hechten, auch
mangelte es niht an Wildbrät aller Art, wilden Schwein,
Hirſch und Reh, noch an Eöftlihen Meinen, einheimifchen
und fremden als Muscateller und Malvafier, denn der Fürft
hatte Alles zu Ehren der Gäſte bereiten laßen, was das
Herz erfreuen mag. Nach dem Eßen wurde wieder getanzt
und dabei ein goldener Kranz umbhergetragen, an dem ein
köſtlich Kleinod hieng von Edelfteinen in Gold vermirft:
das war dem Thedel Unverführt zu einer Verehrung be—
ftimmt, weil er im Ritterfpiel das Befte gethan hatte, Eine
zarte Jungfrau brachte es und fegte es ihm auf fein Haupt
und in fein fhönes Daar, und hieß es ihn zum Andenken
behalten. Thedel dankte der Jungfrau fein, nahm fie in
den Arm, trat mit ihr an den Tanz und dankte Gott in
feinem Herzen aller Gnade, daß er fein Schüger und Bes
rather fei allerwegen, wie er das auch ferner fein wolle auf
fein inbrünftiges Flehen bis zu der bittern Stunde feines
Zodes, Während nun der Thedel fich mit dem empfangenen
Kranze mit der fhönen Jungfrau bin und her drehte, fieng
der Fürſt an ihn zu loben und hoch zu preifen vor Jeder—
mann .und fagte: er hätte in feinem Land und an feinem
27*
m
Hofe Keinen, von dem er gehört oder gefehen, daß er fo vor
Alten den Borzug habe wie der Zhedel Unverführt. Wahr:
ich er führt feinen Namen mit Recht, denn er mweiß von
feiner Furcht, als der Furcht Gottes, und die gereicht zur
Ehre und nicht zur Schande.
Als der Zhedel fo vor Allen body geehrt wurde und das
£öftliche Kleinod empfieng, ftand ein Neider dabei, der ihm
Glück und Ehre nicht gönnte, wie es denn gemeiniglich an
Höfen gefhieht und auch anderwärts der Gebraud ift, daß
wo Freunde find, auch ein Feind nicht fehlt, denn Glück und
Neid gehören zufammen und lagen ſich nicht fcheiden. Der—
felbe ſprach: Hochgeborner Herzog, von Gottes Gnaden ein
Fürft der Sachſen und Baiern, dazu Herr von Braune
ſchweig, Euer Gnaden erlauben mir daR ich fage, wie gar
fein Menſch auf Erden lebt, wie hoch er auch daher fahre,
den man nicht leichtlih verfähren und erfchreden möge
und davon will ih euch an dieſem Thedel Unverfährt ein
Beifpiel feben laßen, wenn ihr mir das gönnt und thun
wollt nad) meinem Kath. Wenn ihr nämlich früh zur
Kirche fahrt, fo wollt dafür forgen, daß euch eine Feder dünn
und Elein in einem Barthaar ſtecke, und wollt euern Käm—
merling mit einem kurzen Wort anmweifen, daß er und
ander euer Hofgefinde euch die Feder fteden lafe, Mas
gilts, wenn der Thedel fie erficht, fo wird er verurfacht wer—
den euch den Flaum aus dem Barte zu ziehen. Das gebet
nad und laßt gefchehben ; indem er aber darnach taftet, fo
beißt ihm nad) der Hand: ich ſtelle meine Seele zur Wette,
cr wird feine Hand erfhroden zurüdziehen; denn es müft
ein beherzter Mann fein, der da nicht erfchräfe,
Dem Fürften gefiel der Rath wohl, und fobald er des
andern Morgens erwacht, fledie er eine Eleine Feder in
feinen Bart, Als er nun zur Kirche reiten wollte und fein
Hofgefinde mit fih nahm, kam audy der Thedel fein tapfer
daher gefchritten unter den andern Rüthen des Fürften, und
ward der Feder gewahr, die in des Herrn Heinrichs Bart:
haar ſteckte. Der Fürft wandte fid zu ihm als hätte er mit
ihm zu fprechen und neigte fein Haupt ein wenig zur Erden.
Der Thedel griff ihm alsbald nad) der Feder und meinte
ſchon, fie ergriffen zu haben, da biß ihm der Herzog nad
der Hand. Sogleich gab ihm der Ihedel einen Backenſchlag,
der war überaus gut, und fprady aus großem Zorn: Sind
Ew. Gnaden ein Hund geworden, daß ihr beift? fo muß
man euch thun darnach. Euer Gnaden ſteckt eine Feder
im Bart, die wollt ich herausziehen, das häcttet ihr ſollen
gefchehen lagen. Und bitter ihr nicht nach mir gebißen, fo
wärt ihre nicht gefchlagen worden, Da fprad der Fürft:
Thedel, bei unferm Eide, hätte uns das ein anderer gethan,
wir ließen e8 nicht ungeftraft und foilte Haut und Haar
und Land und Leute dabei in Gefahr ſtehen. Aber uns ift
duch eines Narren Schuld folher Unfall zugeltogen und
nicht duch deine. Bei unfern fürftlihen Ehren, du bift
ein unerfhrodenerr Mann und haſt uns recht und nad)
Verdienſt bezahle und dürfen wir uns nicht über unfern
Schmerz beſchweren, denn das war eben der vechte Kohn.
Hätten wir die Feder aus dem Bart gelaßen, fo wir uns
wehl gelungen.
As aber der Fürft aus der Kirche kam, ließ er den Rit—
ter vor fi) bringen, welcher ihm den Rath gegeben, und
— 422 —
folhen Schimpf zugezogen hatte. Zu dem fprah er: Du
bift ein lofer Schelm und Böſewicht und gefhähe dir recht,
wenn wir dich auf ein Rad flechten liegen, mas mir jedod)
aus fürftlihem Gemüthe vermeiden, obwohl ung das Blut
zu Zorn erregt ift. Du haft uns böslich verrathen und zu
großem Schmerz und Hohn gebraht, darum find mir dir
von Herzen gram. Heb dich alsbald von unferm Hofe und
räum uns auch das Land, denn wir wollen dich richt wieder
vor unferm Angeficht fehen. Das hörte der rothe Ritter
fehr beftürzt und verhoffte heimlich, der Zorn merde ſich
legen und ihm dann beferer Befheid merden; aber der
Rentmeiſter fam und brachte ihm feinen verfallenen Lohn
und gebot ihm in Herrn Heinrihs Namen, ſich fofort auf
zumachen und dem Fürften bei ſchwerer Strafe nicht mehr
unter die Augen zu treten. Alſo mujte er mit Spott ab-
ziehen und hatte Er die Schande und der Thedel großen
Ruhm und Preis und neue Verehrung. Denn als ber
Tiſch gedeckt war und der Fürſt mit den Gäften fröhlich
ward, vergaß er feines Peides und ließ nach dem Eßen ein
Pferd herbei ziehen, das wohl hundert Gulden werth war:
das fhenfte er dem Thedel aus lauter Gunft für den
Schlag, den er mit Schmerzen von ihm empfangen hatte,
und rühmte vor Jedermänniglih feine That und feine Un—
erfchrodenbeit. Der Thedel nahm das Pferd zu großem
Dan an, hielt um einen gnädigen Abfchied an und ritt heim
gen Haus Lutter zu feinem Gemahl und Kindern, die feiner
Heimkunft fehr erfreut waren, nicht minder auch der ihm
verehrten Kleinode und der Gunft ihres Herrn und Der:
zogen.
— 423 —
Wie der Ehedel gegen den Bifhof von Halberſtadt
zog und ihn gefangen nahm.
Als der Thedel daheim war bei den Seinen und ſich
nun auch einmal ruhen und einen guten Zag gönnen wollte,
fonnte es nicht fein, denn ein Bote kam gelaufen, der ihm
einen Fehdebrief brachte von der Seite, woher er es am
wenigjten vermuthet hatte, Ihm ward darin Fund und zu
wißen gethan, daß wie der Bifhof von Halberftadt ihm
nah Haut und Haar ftünde und die Sreundfchaft auffagte,
der Meinung ihn und fein ganzes Gefhleht um Land und
Leute zu bringen. Deffen laße er von feiner Burg Langen—
jtein herab den Thedel Unverfährt vorab warnen, daß er
feiner Sache wahrnähme ; jedoch werde er fidy fhmwerlich zu
hüten wißen, daß er ihm nicht beikommen wolle mit feinen
Reitern und Knechten. Den Thedel verdroß die Botfchaft
nicht zu fehr, die ihm gebracht ward. Er ſprach: Gott ob,
id freue mich diefer Märe, der Bifhof hat um Vieles
mebr als ich, das man ibm nehmen kann und rauben: ich
darf meinen armen Kohlhof gar wohl gegen feinen Meicchof
fegen. Gott wolle nur wie er zu thun pflegt dem Rechte
beifteben, fo ift mir nicht bange, daß mich der Bıfchof aus
dem Rande vertreibe. Ich hab es wahrlich mein Leben lang
nicht um ihn verfchuldet, daß er mir nad) Peib und Gut
ſtellt.
Hiermit ſtand der Thedel auf, ritt über Feld und klagte
es allen ſeinen Verwandten, Freunden und Nachbarn, wie
gut es der Biſchof mit ihm meine, der ihm wider Gott und
Recht abgeſagt hätte, ihm und ſeinem ganzen Geſchlecht,
u
und fragte fie, was fie dabei zu thun gedächten, und wie er
fih halten follte, daß er nicht aus dem Lande vertrieben
würde, Da fand der Thedel bald fo viel Kath und Bei:
ftand, daß er dem Biſchof zu Verdruß ein groß Volk zu:
fammen bradte zu Fuß und zu Roſs. Er hatte dreihundert
auserlefene Reiter und taufend Landsknechte, die den Biſchof
heimſuchen wollten und den Zanz mit ihm wagen. Sol—
her Rüftung war er ſehr froh und gedachte fih aud) felber
nicht zu fparen und feinen Mann mit zu beftchen, 309 auf
die rechte Straße bis an den Harz und erwartete des Biſchofs
zu Halberftadt und weil er ihm nicht entgegenzog, büften
fie derweil ihre Luft an Dörfern und Städten, nahmen was
fie fanden, plünderten und verbrannten über fünfzig Derter
und Sleden, legten Schagungen auf und führten mandyen
armen Mann gefangen hinweg, der fidy nicht löfen Eonnte;
wer ſich aber zur Wehr fegte, der Fam in Gefahr feines
Leibes und Lebens, Da geſchah fo großer Mord und Raub
als in langen Jahren nicht erhört worden. Von bier fielen
fie in das Stift Hildesheim und trieben aud bier Pferde
und Kühe zufammen und theilten die Beute unter dem
Harlingsberge. Da friegte Jeder fehs Kühe und drei
Pferde zu feinem Theil, Der Bifhof ward letztlich felber
gefangen eingebraht und mufte ein Jahr lang auf Neu
Walmoden ſitzen, und als er fein Vieh wieder holen wollte,
mufte er noh das Salz dazu bezahlen und zmwölftaufend
Mark auf einem Bret hinftreden. Das war dem Thedel
wohl zu gönnen, wie es zuvor wohl oft gefchehen, au
fernerhin nody wieder gefheben mag, daß Einem erſt ein
groß Unglüd erfcheinen wollte, das fich hernady durdy feine
Mannheit und Tüchtigkeit in groß Heil verkehrte.
Wie der Thedel einen Zug nad Liefland chat und
dem Deutfhhmeifter die Bewandtntijs um fein
Ihwarzes Rofs befannte, darnad er am
dritten Zag in Gott entſchlafen tft.
Nicht lange darnady ward dem Thedel fein Weib Frank
und ftarb in Gott dem Herren und ward von ihm der Ver-
lebten Leib in der freien Reichsftadt Goßlar ehrlih und
prächtig bei ihren WVoreltern im Münfter beftattet und
manche Meffe zu ihrem Seelgeriche gelefen und zu ihrem
Jahrgedächtniſs geftiftet, Darauf ließ er feinem älteften
Sohn all fein Gut, zog mit zehn Pferden gen Liefland und
nahm den Schmwertorden an, daß er als ein Chriftenmann
den Glauben mehren helfe. Als er folhen Eid dem Deutſch—
meifter abgelegt hatte, that diefer mit ihm und andern
Schwertbrüdern einen Zug wider die Ungläubigen und
brachte in Eurzer Zeit Litthauen und Liefland unter des
Drdens Hand, vornämlidy durdy des Thedels Hülfe, denn
wohin er auch gefandt ward, taufte er alles Volk im Na:
men der heiligen Dreifaltigkeit, gern oder ungern, fie muften
ihm Alle ins Waßer fpringen und den Glauben befennen,
der da allein felig mat, was ihm ihre Nachkommen nod)
heute danken follen. Darüber ward des Thedeld Namen
weit befannt in den Landen und fam im Orden und bei
dem Deutfchmeijter zu großem Lob und Ehre,
Als nun der Krieg zu Ende war und fein Ungläubiger
weit und breit mehr zu bezwingen war, begehrte der Deutſch—
meifter von dem Thedel zu wißen, wie er an das ſchwarze
Roſs gefommen fei, das nur glühende Kohlen und fharfe
— 426 —
Dörner fraß und ſich fo wild und ungebehrdig anftellte,
Der Thedel bat den Deutfchmeifter demüthig, daß er ihm
Solches zu melden erließe und nicht darauf dränge, dieweil
er ihn damit in große Noth und Keibesgefahr brächte, denn
fo er darauf beftände und ihn zu fagen zwänge, welche Be:
wandtnifs es um das Roſs hätte, müfte er deg dritten
Tages darauf fein Leben laßen. Aber der Bifchof glaubte
dem nicht, daß es alfo ergehen würde und legte ihm bei
der Pfliht des Gehorfams auf, Bericht zu thun. Als der
Zhedel ſah, daß es ihm der Deutfchmeifter nicht erlaßen
wollte, bat er um eine vierzehntägige Krift, fein Haus zu
beftellen und feine Seele zu berathen, und als er folchen
Aufſchub erhielt, befannte er feine Sünden einem Priefter
in aufrichtiger Beichte, empfieng das hochwürdige Sacras
ment und fagte demnach dem Meifter alle Dinge die er zu
wigen begehrte, worauf er denn am dritten Zage felig ver—
ftorben ift zu großem Leidwefen des Deutfchmeifters und
aller Ordensbrüder.
Eine Schöne und wahrhafte Hiftorie
von dem
theuern, geberzten und mannbaftigen
hugſchapler
der ſeiner kuͤhnen und ritterlichen Thaten wegen,
obwohl er von ſeiner Mutter Metzgersgeſchlechts geweſen,
zuletzt in Frankreich zu einem Koͤnig erwaͤhlt und
gekroͤnt ward.
Von Neuem gedruckt,
ſehr kurzweilig und lieblich zu leſen.
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Auf dag der Lefer diefe Gefchichte defto beßer veritehe
und glaublicher befinde, wird es für aut angefehen, vor
allen Dingen anzuzeigen, von wannen diefelbe auf ung ge:
fommen und durch men zuerft fie in deutfcher Zungen ge=
fihrieben fei: derhalben mahrhaftiglich gemeldet wird, dag
vor Zeiten der wohlgekorne Herr Johann Graf zu Naßau
und Sanrbrüden diefes Buchs eine Abfchrift in franzö—
fifher Sprache gehabt, welche er feldjt zu Paris in St.
Dionvfiuse Kirche aus der Gronifa genommen, nachmals
aber dur feine Mutter, Frau Elifabeth, Herzogin von
Rothringen, Gräfin zu Widmont, zur Zeit Gräfin von
Naßau und Saarbrüden, auf das Treulichſte verdeutfht
ward, aus welcher Verdeuifchung Konrad Heinborfer diefes
Buch fo kurz er mochte sufammengefteilt bat.
Wie HDugihapler zu feinem Muttiersbruder Simon
rift alSer fein Gut verthan hatte,
As man zählte nach Ehrifti unferes Herrn und Selig—
mahers Geburt achthundert und funfzig Jahr, war in
Sranfreich ein junger Nitter aus. dem Lande Lanoy gebürtig,
— 430 -
Here Gernier genannt, welcher bei König Ludwig von
Frankreich in nicht Eleinen Ehren gehalten ward. Und wie:
wohl er nad feinem Stamm und Geblüt ein edler und
rittermäfiger Mann war, hat er fih doch nicht gefchimt,
eine fromme, tugendfame und ſchöne Jungfrau, welche
eines reihen Metzgers Zochter war, zu einem ehelichen
Gemahl zu nehmen, deren Geburt er Feinesivegs entgalt,
fondern für einen der meifeften, getreuften und liebften
Räthe des Königs gehalten war, von dem er auch teich-
lihen Sold empfieng, und atfo fein Gut dermaßen beferte,
daß ihm jährlich bei vier taufend Kronen freier lediger
Gülten erfielen, Diefer Ritter, Herr Gernier, verfchied von
diefer Welt und hinterließ einen Sohn mit Namen Hug,
der zu der Zeit bei fechzehen Jahren alt war. Da er nun
als feines Vaters einiger Sohn Gutes genug ererbt hatte,
hielt er ſich herrlich und Eöjtlich, ritt von Hof zu Hof und
übte fi) mit Stehen und mit andern Hofweifen und war
mild und gütig gegen Sedermänniglih, alfo daß er ehe
ſechs Jahre nach feines Vaters Tode vergangen waren, fein
väterli Erbe gänzlich verthan hatte und dazu noch groß
Gut fhuldig war, daß ihm feine Gläubiger feine Rube
lagen wollten, Deſſen fhämte fih Hug gar fehr, daß er
fih an allen Enden fo herrlich und Eöftlich gehalten hatte
und nun den Leuten zu Spott werden follte, und ſchwur bei
dem allmächtigen Gott, cr wollte von dannen reiten und
feine Gläubiger fih eine Weile erfühlen laßen, bis feine
Sachen beßer würden.
Hug nahm feinen Weg gen Paris, wo er von feiner
Mutter her viel Freunde hatte, Da fragte er nach feines
ru
Mutter Bruders Simon Haus, der ein reicher Bürger da=
felbft war; und ale er davor fam, fprang er von feinem
Pferde, und fobald er feinen Vetter erfah, zog er feinen Hut
ab und grüßte ihn tugendlich. Lieber Vetter, ſprach Simon,
ich fehe wohl, daß ihr eures Vaters Eitte nicht haltet, denn
wenn der Herr zu mir fam in mein Daus, hatte er allzeit
zehn bis zwölf wohlgerüftete Pferde und Knechte, die auf
ihn warteten. Darum befremdet mich dieß an euch und
wundert mich, was es bedeute. Lieber Vetter, fprah Hug,
mein Vater ift todt; Gott fei ihm barmberzig. Sch habe
mic feither fo herrlich und köſtlich gehalten, daß ich das
Meine und das Seine zumal verzehrt hab und noch mehr
dazu, und hab fo viel Schuld gemacht, daß ich nicht im
Land bleiben mag oder kann und habe Muth, irgend einem
Fürſten zu dienen, und bin darum hergeritten euch zu ſehen.
Nun wohlan, fprah Simon, ihr feid ein junger frifcher
Mann und follt hier bei mir bleiben: fo will ich euch lehren
meßgen und euch meifen, wie ihr einen Ochſen und ein
Schwein oder ander Vieh abthun folt und dabei auch
Kaufmannſchaft treiben, und leget ihr euch wehl an, fo
mag euch Alles, das ich habe, nach meinem Tode wohl
werben, da ich feinen nahen Erben babe als euch. Lieber
Better, ſprach Hug, ich habe wohl eine befere Meinung von
mir, zu mesgen und Kaufmannfcaft zu treiben hab ich feine
Luſt, noch auch Ochſen oder Schweine abzuthun. Sch babe
viel ein bübfcher Handwerk gelernt: Sch kann einen Fürften
oder Herrn wohl mwappnen, den Eper auch felber in ber
Hand führen und mich damit behelfen, So bätt ich aud)
gern jeglichen Monat ein neues Kleid und bielte gern vier
432
Windhunde, einen Hafen zu fangen, und ein Paar Falken
zum Beizen. Auch wäre mir wohl, wenn ich drei Pfeifer
und Pautenfchlager hätte: das hörte ich lieber als einen
Ochſen oder ein Kalb blärren.
Wie Hug zu Bergen in Hennegau faſt erſchlagen
wäre.
Als der Bürger feinen Vetter alfo reden hörte, ail fein
Geblüt begann ihm zu grufeln. Was fagt diefer Jüngling ?
gedachte er bei ſich ſelbſt. Bliebe er in meinem Haufe ein
halb Sahr, er verthäte mir all meine Barfchaft. Ich will
andere Niemen zu Bord legen. Und gieng ſtillſchweigends in
fein Haus und holte dreihundert Gulden und gab fie Dugen:
der war deffen ganz froh und dankte feinem Better fehr,
ſaß auf fein Pferd und fchied aus Paris. Er ritt bis ,er gen
Hennegau Fam: da fand er in einer Stadt, Bergen genannt,
ſchöne Gefellfchaft, denn die Nitter hielten ein Stechen und
hatten ihre Hausfrauen mit fi dahin geführt. Da blieb
Hug fo lange, bis er fein Geld all verthan hatte, und ge—
wann eines Nitters Tochter lieb in dem Lande zu Hennegau,
deffen ihr Vater gewahr ward, der ein gar graufamer Mann
war und fich vermaß, Hug müße darum fterben, weil er
feiner Tochter Schmach gethan hätte. Einsmals kam Hug
in die Stadt geritten, darin fein Lieb war; der Ritter ward
feiner inne und pafste ihm mit drei Andern auf, Als er
wieder fortreiten wollte, fielen fie ihn an. Der Ritter
fprah: Hug, du falſcher Böfewicht, dir haft mir mein Kind
— 1453
betrogen und mit deinen falfhen Reden in Schimpf und
Schande gebradt, Dafür muſt du jest fterben, Hiermit
fhlugen fie nun alle vier auf ihn les. Hug fah wohl, was
fie im Einne hatten. Er 305 fein Echwert und traf den
Ritter, daß er am Sattel hieng und fhlug ihm zwei Knechte
zu Tod; der dritte entfam ihm zu der Stadt und fchrie laut
um Hülfe. Hug faumte fih nicht lange und rannte ſchnell
von dannen zu einem Malde, denn er wuſte wohl, daß er
in groß Leid Eime, wenn er ergriffen würde, In diefem
Wald hielt er fich eine Weile verborgen und gedachte: Ach
Gott, wie mag es nun meiner lieben Buhlen ergehen, die
um meinetwillen ſchwer befümmert fein wird, Wäre das
Volk in diefem Lande nicht fo ſtolz und grimmig, fo möchte
ich mich nicht von ihr fcheiden, Nun muß es aber fein wie
leid es mir thue.
Wie es Dugfhaplern in Brabant ergieng.
Hug ſchied von dannen und ritt gen Brabant, Da blieb
er wohl ein Jahr und hatte gar ein fröhliches Wefen mit
den Sungfrauen, denn fie waren ihm alle günftig. Auch
diente er allezeit den Frauen, und fagt die Chronik, daß er
in Brabant und Dennegau fo lange blieb und fo viel
Kinder darin gewann, daß ihrer darnach zehn auf einen
Tag zu ihm nad Paris famen, wie man weiterhin wohl
vernehmen wird. Auch ward Hugen an manden Enden
nachgeftellt und aufgelauert, aber immer entrann er mit
gewaffneter Hand, Einsmals fügte «8 fi, dag Hug eines
Diſche Volksb. Ir. Br. 23
— 434 —
Sonntagsmorgens feine Buhle, eines reihen Kaufmanns
Tochter, befuchen wollte, als alle andern Leute in der Kirche
waren, Diefer Kaufmann wohnte in der Stadt zu Nivelles
und war von großem Geſchlecht und hatte fich hierauf wohl
vorgefehen. Hug kam zu einem Gartenpförtchen in das
Haus hinein und behielt als Einer, der wohl wuſte, was
man auf folhen Kirchweihen zu gemarten hatte, feinen
Harnifh an; er fhlih zu der Kammer feiner Buhle, und
fobald die Thür aufgieng, fo lagen wohl zwölf Sefellen in
dem Haufe verborgen: die liefen ihn an und fchrieen, man
follte ihn todtfhlugen. Als das Hug hörte, griff er alsbald
nach feinem Schwerte, ftellte fi an eine Wand und wehrte
fih fo lange, bis ihrer fünf todt vor ihm lagen, Die andern
fhlugen aus Kräften nah ihm; aber Einer brachte das
Geſchrei in die Stadt, alfo daß viel Volks hinzulief, Als
das Hug fah, entfprang er ihnen allen in feine Herberge,
feste fih auf fein Pferd und verließ feine Buhle, die gar
heiß um ihn meinte, denn fie meinte nicht anders, denn er
Eönnte ihnen nicht entrinnen und würde ihrethalb fterben
müßen, Da er nun vor die Stadt Fam, gedachte er zurüd
und fprach zu ſich felbft: Ach Herr Gott, wie bin ich fo gar
unfelig! Sch fehe wohl, wer Buhlfchaft übt, verthut das
Seine, und wagt dazu Leib und Seele zu manchem Male,
Aber Jugend und Thorheit bringt mich dazu, und fchöne
Meiber, deren Diener ich alle meine Tage fein will, wer
mich auch darum fchelte. Iſt gleich die Buhlſchaft große
Zhorheit, fo ift doch auch große Freude und Luft darin,
Und wer Luft und Freude hat, der ift reich genug.
-—ı me
Wie der König Hugwan von Friesland nad Hug—
fhapel warf und fein fehlte.
Alſo ritt Hug fo lange, bis er gen Friesland Fam in
die Dauptftadt des Landes, wo er den König des Landes,
Hugwan genannt, in feinem Pallaft fand. Zu dem gieng er
und neigte fih und grüßte den König gar höflich. Und als
der König feine höflichen Gebehrden und gute Geftalt fah,
dankte er ihm und fragte, von wannen er wäre und was
fein Begehren fei, Gnädiger Herr, fprah Hug, ich bin in
Frankreich geboren und hieher gefommen, euer Gnaden zu
dienen. Von mir foll ein Fürft wohl gewappnet werden
und in Stürmen und Streiten einen getreuen Knecht an
mir haben. Der König hatte ein Gefallen an ihm und
ſprach: Gefell, wir nehmen dich zu unferm Diener an, meil
du der fränkifhen Sprache fo kundig bift, denn wir haben
unfere nächften Freunde in Sranfreih. Und alfo blieb Hug
am Hofe, bis ihn Arm und Weich lieb gewann, weil er ein
ſchöner wohlgezogener Jüngling war. An dem Hofe gewann
er eine Jungfrau lieb, eine nahe Verwandte des Königs;
aber es währte nicht lange, fo ward man das gewahr, Und
als es vor den König fam, ward er fo zornig, daß er Hugen
fangen ließ und ihn zu henfen gebot. Aber die Königin kam
und fprach zu dem König: Herr, mich bedünkt, ihr möchtet
wohl mit diefem Urtheil eure Seele befhmweren, denn ich
möchte wohl mein Leib und Leben daran fegen, er hätte fich
des nicht unterfangen, wäre er nicht dazu verurfacht worden,
Sch habe meine Kammermagd fagen hören, daß fie mandh:
mal nad ihm gefandt hat, daß er zu ihe käme in ihr
28*
— 436 —
Gemach, und ſich da bei ihr ergeste mit Halſen und Küffen.
As er nun folche Gebehrde an ihr erfah und ihre Begierde
in Acht nahm, hat er fih kühnlich und männlich gegen fie
bewiefen. Wie mwolltet ihr einen jungen Edelknecht fo hart
jtrafen, der weder geraubt noch geftohlen hat, fondern eine
Ihöne Jungfrau lieb gehabt? Das wäre groß Unrecht und
würde euch ohne Zweifel bald gereuen, denn damit würde
es aller Welt offenbar, was fonft wohl verſchwiegen bliebe
von eurer Niftel, Es wäre auch großer Echaden um das
junge Blut, wenn er eines fo fchändlichen Todes fterben
follte, denn fo lange ich bei euch geweſen bin, habt ihr an
euerm Hofe züchtigern Jüngling nicht gehabt, Ihr möchter
es billiger eurer Niftel verweilen, daß fie ihn dazu verleitet
hat. Wollt ihr aber nicht, daß er länger an euerm Hofe fei,
fo gebt ihm Urlaub und feinen Sold und heißt ihn wo
anders hin reiten,
As der König ſeine Hausfrau alfo reden hörte, ward
er ein wenig bewegt und ſprach: Nun wohlan, derweil er
meine Niftel befchimpft bat, fo follen meine Raͤthe über ihn
urtheilen was Recht ift. Aber die Räthe fpradyen, fie
finden an Hug Feine Schuld, Won der Rede ward der
König fo erzürnt, dag er vor Grimmigkeit feinen Degen
auszog und nach Hug damit warf. Aber Hug büdte ſich
und der Degen flog über ihn, worüber der König noch mehr
erzürnte. Des gewahrten die Räthe und ſprachen heimlich
zu Hug, daß er fih von dannen machte, wollt er feines
Lebens gefichert bleiben. Hug lief alsbald zu feinem Pferde,
warf ihm den Sattel auf und rannte aus der Stadt fo
Schnell er mochte, beklagte ſich auch fehr bei fich felber, dag
— Me
ihn der König feines Dienftes fo übel belohne: das wolle er
nicht ungerochen lagen mofern er möchte, mas er feitdem
auch that, als der König ver Paris lag, wie hernach ge-
Tchrieben fteht.
Wie Hugihapel eines Wildgrafen Tochter von
ſechs Fußbuben erledigte.
Afo ritt Hugfchapel näher gen Deutfhland und kam
eines Tages in einen großen Wald: dahörte er eine Frauen
ffimme laut fihreien: dag war eines Wildgrafen Tochter,
die von ſechs Fußbuben aus ihrem viüterlihen Schloß mit
Gewalt entführt worden, darin fie geraubt und geplündert
hatten und nun ihren Willen mit ihr gedachten zu thun.
Ks Hug ihre Schreien hörte, eilte er alsbald hinzu, und
fand die Diebe und die Jungfrau, die in großen Sorgen und
Möthen war, denn fie beforgte, ihr Magdthum wider ihres
Herzens Willen zu verlieren und in große Schande zu
£ommen. Da Hug die fhöne Jungfrau erfah, rannte er
hinzu, flug feinen Sper unter die Arme und rannte ihn
alfo durch einen der Diebe daß er zerbrach. Da griff er zu feis
nem Schwerte und erfiach den andern, die Uebrigen ließen
die Jungfrau und fiellten fih zur Wehr, bis er einen nad
dem andern erfchlagen hatte. Jedoch ward er und fein
Pferd verwundet, alfo daß er faum mit dem Leben davon
£am, Da flieg Hug vom Rofs und gieng zu der Jungfrau,
grüßte fie züchtiglih und fragte, von wannen fie wäre,
Sie fprach: Herr, ich bin eines Wildgrafen Tochter: wollt ihr
mich ungeſchmäht zu meinem Vater führen, er wird euch
— 43883 —
eurer That herrlich lohnen. Hug ſprach, idy geb euch deffen
meine Treue zu Pfand, Als er die Magd anfah, war fie fo
fhön, daß er fein Gelüften kaum bezwingen mochte; jedoch
gedacht er bei ſich: Du willſt diefe Jungfrau zu ihrem Vater
führen, und dann gen Paris reiten. Dein Mutterbruder ift
alt und fhwah und hat greß Gut: ſtirbt er, fo wird mir
das Alles, da ich fein nächſter Erbe bin. Da ſprach er zu
der Jungfrau: Fürchtet euch nicht, Ich will euch ohne Scha>
den aus diefem Wald in eures Vaters Haus führen. Deffen
dankte fie ihm freundlich. Indem fie alfo vedeten, begegnete
ihnen der Mildaraf, der feiner Zochter willen fehr betrübt
war. Uber da er fie gefund erfah, freute er fich fehr, und
empfieng fie mit weinenden Augen. Da fagte fie dem Grafen,
mie die Fußknechte fie aus ihrem Schloße geraubt und ent:
führt, diefer Ritter aber fie aus großen Nöthen erlöft und
ihre Ehre gerettet hätte. Als der Wildgraf dag vernahm,
nahm er Hugen bei der Hand und fprah: Du edler junger
Ritter, Gott vom Himmel gebe mir die Gnade, daß ich
Solches bundertfältig vergelten möge. Welches auch hernach
vor Paris geſchah, als Hug den König Hugwan von Fries—
land erſchlug, der ihn ſeiner Niftel willen hatte henken
wollen. Der Graf ritt heim in ſein Schloß, ſeine Tochter
und Hug mit ihm, und blieb Hug ſechs Tage an des Wild—
grafen Hof. Und da er nicht länger bleiben wollte, gab
ihm der Graf Gold, Silber und Seidengewand und ein
ſchönes Roſs. Deſſen dankte Hug ihm ſehr und ritt von
dannen gen Paris in Simons ſeines Mutterbruders Haus.
Da ihn nun ſein Vetter ſo wohl gerüſtet ſah, empfieng er
ihn freundlich, denn er war ein wohlgeſtalter Mann gewor—
— 439 —
den, und fragte ihn, wie er fein Wefen bis dahin getrieben
hätte, und Hug erzählte ihm Alles, was ſich mit ihm zu—
getragen und wie er manchmal Noth erlitten hätte, wie zus
vor gefchrieben ift. Als fein Vetter vernahm, daß er fich
fo männlich gehalten und auch fo wohl reden könnte: Sam
mir St. Clemens, fprach er zu Hugen, Vetter, ihr habt euch
viel verfucht, wie ich höre, und feid ein kühner mohlgeftalter
Mann geworden: eure Freunde follen noch Ehre mit euch
einlegen, Ihr feid mein nächſter Erbe; ich habe, feit ich euch
nicht ſah, mein Gut alfo vermehrt, daß ihr wohl eines
Ritters Weſen führen mögt. She follt bei mir bleiben:
euer Eigen und Erbe, das ihr verthan und verfest habt,
will ich Alles löfen und wieder zu euern Handen ftellen und
will auch um euretwillen großen Staathalten. Ihr habt auch
viel guter Freunde von Vatergfeite in Frankreich und dazu
von eurer Mutter manchen reichen Bürger hier in der Stadt
Paris, die euch noch nicht kennen, und euch gerne dazu hel—
fen werden, daß ihr zu einer guten Heirat fommen mögt.
Lieber Vetter, fprah Hug, ih hab eure Rede mohl vernom—
men und will auch gerne bei euch bleiben. Gott dank euch
alles Guten; aber mein Sinn fteht mir noch nicht zur Ehe,
denn es ift eine ſchwere Sache, Frauen zu nehmen, und
dünkt mich viel lieblicher, heimliche Buhlſchaft zu haben,
denn man lernt damit, Zucht und Preis zu erwerben, und
manche Gefahr zu beftehen, deren ein Zager Faum gedenken
dürfte. Alfo blieb Hug in feines Vettern Haus und war gar
ein milder züchtiger Mann, fhön von Leib und wohlgemuth
und fein Sinn ftand allezeit nach hoher Ehre.
— u
Wie Graf Savari und Graf Friedrih von Cham—
paane mit dem Herzogen von Burgund gen Paris
famen, die junge Königstodhter dem Grafen
Savari zu werben.
Nun mar aber dazumal am Hofe zu Paris große Noth
und Beftürzung. König Ludwig von Frankreich war gen
Mes in Lothringen geritten mit feinem Gemahl Weiß—
blume, des Grafen von Narbonne Tochter und Wilhelms
von Dranfe Schweſter. Da ritt auch der Herzog von Bur-
gund und Graf Savari mit feinem Bruder Friedrich, welche
Herren von Champazne waren, gen Mes und blieb der Kö—
nig dort fo lange, daß ihm mit Gift vergeben ward, alfo
daß er ftarb. Defjen ward Graf Savari von Champagne ver—
dacht; aber weil er fo mächtig war, getraute Niemand es ihn
zu zeihen; jedoch ward er darum gehaßt von der Königin
und andern Fürftenim Lande. Und als König Ludwig geſtor—
ben war, warder mit großen Ehren begraben in St. Hermann
bei Mes ; die Königin und ihre Tochter Marie waren fehr
betrübt und weinten inniglih und fuhren alsbald wieder
heim gen Sranfreih, wo fie nun fchon feit zwei Monaten
wieder anwefend waren. Inzwiſchen giengen die Fürften
und Herrn im Lande Frankreich zu Rath, und wollte Jeder
der Miüchtigften gerne König fein. Dabei blieb es nicht lange,
denn Graf Savari verfammelte feine Freuude und Man:
nen zu Montmiral in Brie und ward mit ihnen zu Rath,
daß er zu der Königin reiten und verfuhen molle, ob ihm
vie ſchöne Königstochter Marie und mit ihr das Königreich
zu Zheil werden möchte. Seine Freunde fpragen: Steht
— 41 —
nur frei darnach: wir wollen euch Beiftand Ieiften und nach
Kräften dienen; und fo fie euch verfagt wird, fo muß «8
dennoch gefdyehen wem es audy leid ſei. Alſo ſchieden die
Herren aus der Verſammlung und fuhr Jeglicher heim, ſein
Volk zu ſammeln, ihrer Verabredung gemäß, und meinten
ſchon die Königstochter gewonnen zu haben, was doch nicht
geſchah. Auch Graf Savari und ſein Bruder Friedrich wandten
großen Fleiß ſich zu rüſten und brachen mit großer Macht
gen Paris auf. Und da man dort ſeiner Ankunft inne ward,
lief ihm viel Volks entgegen und ward groß Fluchen und
Schelten unter den Leuten, denn man zieh den Grafen, er
hätte den König vergiftet. Er war aber reich und mächtig und
gab den Leuten groß Gut, wodurch er Manchen in ſeinen
Dienſt gewann, und wagte ihm Niemand Widerſtand zu
thun. Des andern Morgens früh bereitete ſich der Graf
mit den Seinen und dem Herzogen von Burgund und gieng
zu dem Pallaſt; darin fand er die Königin und ihre Tochter,
die um des Königs Zod fehr betrübt waren. Der Graf
neigte fi vor der Königin und hub an und ſprach: Gnä—
dige Frau Königin, mein gnädiger Herr, der König, ift ges
forben, Gott der Allmächtige fei ihm barmberzig, denn er
mar uns allen ein getreuer Fürſt und hat alfo regiert,
daß mir Alle feinen Zod billig beklagen. Nun haben
wir einen Erben von ihm, das ift euer Kind, die das Kö—
nigreih mit Recht befißen foll. Es ift aber Noth, daß fie
einen Deren habe, der von Gefchlecht hochgeboren, mächtig
und gewaltig fei, Es ift euch aber nicht unbewuſt, daß man
in ganz Frankreich feinen finden möge, der mir an Madıt
und Gewalt gleich Eomme und bitte und begehre ich darum,
— 412 —
gnädige Frau, daß ihr mir eure Tochter Marie zu rechter
Che gebet, fo will ich fie und das Reich alfo würdiglich in
Ehren haben und halten, daß mir des Männiglich Fob und
Ehre fagen müfe, Als die Königin ihn alfo fprechen hörte,
erfchraf fie fehr und antwortete ihm über rine Keine Weile
als eine weife Frau: Savari, ihr feid mächtig und reich,
das wißen wir wohl. Shr fordert und heifcyet unfere Toch—
ter, die eine Königin werden foll. Es gebührt ung aber
nicht, daß mir fie Semanden geben ohne Wißen und Rath
der zwölf Genoßen des Reichs, und wiewohl deren das
mehrere Theil bei euch ift, fo wollen wir es ihnen dody allen
verkündigen; auch ift billig, daß die vornehmften Bürger
unferer Stadt Paris auch dabei zugegen feien. Was die be—
fhließen und für gut halten, dem foll meine Zochter Folge
zu leiften bereit und willig fein, Jedoch gedachte fie bei fich
felbft: Du muft dem Grafen gute Worte geben, diemweil
er fo mächtig iſt; aber ich gelobe dem Gott, der mich erfchaf:
fen hat, meine Tochter wird dir nimmer zu Theil, da du
ihrem Vater, meinem lieben Herrn, vergeben haft, Lieber
wollte ich die Stunde verfluchen, darin fie geboren ward.
Als der Herzog von Burgund der Königin Antwort ges
hört hatte, fprah er alfo: Gnädige Frau, feht hier man—
chen Fürften und Herrn, die alle Graf Eavaris Freunde
und Verwandten find; in euerm Königreich ift Eeiner fo
tauglich als er euer Land zu handhaben. Gebt ihm eure
Tochter, er wird ihr Zucht und Ehre erbieten. Herzog von
Burgund, ſprach die Königin, ich verfage fie ihm nicht; je=
doc muß Rath über diefe Sache gepflogen werden.
Us nun die Zodhter, die junge Königin Marie, diefe
Reden hörte, ward fie fehr betrübt und rief mit lauter
Stimme: D du falfcher Böſewicht Savari, ich wollte mir
eher felber den Zod anthun, denn daf ich dich nühme, denn
du haft meinem lieben Herren und Water vergeben und ihn
jämmerli um fein Leben gebracht. Jungfrau, fprach der
Graf, redet nicht alfo, ich bin bei euch verlogen worden; ich
habe eurem Vater allzeit als meinem lieben Herrn gedient
und ihn in Nöthen nie verlaßen. So bin ih auch bis an
feinen Zod bei ihm gemwefen. O weh, fpradh fie, dag fei Gott
geklagt: du warſt ihm nur viel zu nahe, denn durch dich
ftarb er, und dein Herz ift feines Todes wegen nicht fehr be:
trübt. Als der Graf das erbörte, al fein Geblüt begann
ihm zu grufeln. Da fprah fein Bruder Sriedrih: Was
ftehn wir hier mie die Weiber? nehmt diefe Jungfrau, es
fei ihr lieb oder leid, und führt fie mit euch und nehmt fie
zur Ehe, wenn es euch bequem und eben ift. Da warın
auch Etliche, die wollten die Königstochter ergriffen haben
wider Wilfen aller ihrer Diener. Aber die Kinigin fiel vor
den Herren auf die Kniee und rief: Ihr edeln Fürften, id
bitt euch um Gott, begeht ſolchen Frevel und Gewalt nicht
an mir, Meine Tochter ift ein Kind, achtet nicht auf ihre
thörichten Worte ; ich gebe auf ihr Sagen nichts und will
darum nicht unterwegen laßen zu thun was mit fugt, ſon—
dern fie euch gern zum Gemahl geben, wenn aufer den
zwölf Genoßen des Reichs meine freien Bürger diefer Stadt
es bemilligen. Ih meine auch fonder Zweifel, fie follen
ihren Gefallen daran haben. Ihr werdet defto mehr von
von ihnen gelobt werden ; fo ihr aber diefe Sache mit Ges
malt erzwingen molltet, würdet ihr von allen Gemeinden
— Mh —
diefes Königreichs darum gehaft werden. Darum bitte ih
euch, laßet es gütlich anjteben bis morgen um die fiebente
oder achte Stunde: dann fo kommt wieder hieher, fo wollen
wir in diefer Sache befchliegen was ung dünft, daß gut und
wohl getban fei,
Wie die Königin ihren Freunden über Graf
Savari Elagte.
Als die Herrn das vernahmen, deuchte es fie recht und
billig; der Graf ſprach: e8 gefüllt mir wohl. Sie fhieden
von dem Pallaſt, ein Theil fröhlich, die andern traurig und
betrübt. Graf Friedrich fprady zu feinem Bruder: Fürwahr,
die Königin ift erfchroden, aber morgen wird fie froh fein,
unfern Willen zu thun, nachdem ich ihre fo ernſtlich zuge—
ſprochen habe, denn wer nicht macht, daß man ibn fürchtet,
von dem hilt man auch nichts. Alſo giengen fie mit Frie—
den zu den Herbergen und fprachen zu einander, ihre Sache
ftünde gut und wohl und Savari folle König werden in
Frankreich. Alsbald befandte aber die Königin ihren Rath
und legte ihnen die Sache vor, wie Graf Savari ihre Toch—
ter, die junge Königin, mit Gewalt und wider ihren Willen
haben mollte; und wär doch eine gemeine Rede in dem
Zande, wie er dem Könige vergeben hatte und auch fonjt
voll Untugend und Bosheit wäre. Daſprach der Käthe Einer:
Gnädige Frau, das ift wahr, aber wer gemaltig ift, der fhafft
dch manchmal feinen Willen: das werdet ihr wohl oft ha—
ben fagen hören. So hat er auch in Frankreich mehr
Wi
Berwandte als irgend Einer, und ift er dazu böfe und über:
müthig : defto mehr muß man ihn fürchten. Gefüllt es euch
jedoch, gnädige Frau, fo ſchickt noch in diefer Nacht zu den
beften Bürgern in der Stadt, und legt auch ihnen die Sache
vor, wie der verrätberifche Graf Savari das Königreich mit
Gewalt an fih bringen will, und begehrt von ihnen, daß
fie euch in eusen grogen Nöthen zu Hülfe ſtehen und diefe
Ehe dem Grafen nicht verhängen. Ich habe den Glauben,
daß fie euch befchirmen werden vor Gewalt, zweifelt daran
nicht. Wird diefer Sache nur ein Monat Frift gegeben,
inzwij&en mögt ihr eure gute Sreunde befenden und euch
fo des falfhen Grafen wohl erwehren. Da fprach die Kö—
nigin : Diefer Rath gefällt mir, ich will alfo thun. Alsbald
ſchickte fie heimlich nach den Bürgern, und Einer der Erſten,
darnach man fandte, war Simon der reiche Metzger. Mit
ihm kam Hug fein Vetter und kamen auch die andern Bür—
ger alle, nach denen die Königin gefendet hatte, und verſam—
melten fich in dem Pallaft.
Da kam die Königin und Elagte über den Grafen Sa:
vari, wie er ihr folche Gewalt thäte und ſprach: Ihr lieben,
frommen, getreuen Freunde, wollet euch mein und meiner
Tochter erbarmen, umd euch zu Herzen laßen gehen, daß
Graf Savari von Champagne in meinen Dalaft gekommen
it, und hat meine Tochter mit Gewalt wollen nehmen und
zu einem ehelichen Weibe haben, und König im Lande fein.
Etaubet mir in Wahrheit, fo der Graf gekrönt würde,
fo käme das Reih in große Noch und Armut, denn alle
böfe Gewohnheit würde darin gefejtigt. Und fellte er meine
Tochter haben, fo wire mit lieber unfer beider Tod, denn
— 46 —
man ſagt offenbarlich, er habe meinem Herrn dem König
vergeben. Damit fiel fie vor Leid ohnmächtig zur Erden,
Als die Bürger das fahen, wurden fie fo betrübt, daß ihrer
Etliche zu weinen begonnten, Alsbald trat Hug heran, hub
die Königin auf und ſprach zu ihr: Gnädige Frau, erfchredt
nicht und gehabt euch wohl, ihr ſollt ob Gott will vor des
Grafen Gewaltthat gehandhabt und wohl befchirmt werden:
der arge Graf foll nimmer fo viel Volks haben, daß wir
euch ein Unreht gefheben ließen, Wir Bürger wollen
uns morgen hier in folder Zahl verfammeln, daß fie vor
uns faum ftehen mögen: ihr follt von euern Rechten nicht
gedrungen werden und fangen fie irgend eine Zweiung an,
fo follen fie des gröblicy entgelten. Die Königin fprad)
trauriglich: Gott ſoll euer immer pflegen, und werde ich alfo
von meinen Bürgern befhhirmt, fo fol es ihnen nachmals
wohl gedankt werden. Da fprachen die Bürger: Gnädige
Stau, die Euern wollen euch nicht laßen und getreulich
Beiftand leiften. Alfo nahmen die Bürger Urlaub von der
Königin und giengen heim, ſich zu der Sache zu bereiten.
Des andern Morgens zu früher Stunde fam Graf
Savari mit feinem Volk Eöftlih geziert mit großer Sreude
zu dem Pallaft, darin die Königin mit ihrer Zochter fehr
berrübt gefunden ward, Der Graf fieng an vermeßentlich zu
reden und fprah: Frau, habt ihr euch bedacht, mir eure
Tochter zu geben, oder was euer Wille fii? Ihr Herren,
ſprach die Königin, wollt mir nicht. verübeln, ich habe etliche
Bürger diefer Stadt befandt und hoffe, diefe Dinge follen
wohl zu gutem Ende fommen. Indem fie alfo fprah, Fam
eine große Schar der Bürger daher, darunter Hugſchapel,
=. Bi
der gar zornig war über die Sache, die Graf Savari gegen
die Königin und ihre Zochter vor hatte, Er fhmwur bei
dem ewigen Gott, möchte er es mit den Bürgern ausrichten,
er wollte dem Grafen feine Arbeit wohl vergelten. Und
alfo fund Einer unter den Bürgern auf, hub an und
ſprach: Lieben guten Freunde, vernehmt meine Worte:
Graf Savari ift mit großem Volk hierher gefommen, unfere
gnädige junge Königin mit Gewalt zu heifchen, und dünkt
mich, daß es ihnen beiden nicht zu Willen fei. Hierin fol-
len wir Rath geben und der Königin beiftehen, und mas
unfer gemeiner Rath fei, das will fie gern vollziehen, Nun
ift aber der Graf grimmig und arglıftig, und fo mir ihm
das fhöne Kind verfagten, möchte er dieß Königreich zu
großem Schaden bringen, denn er hat Fürjten und Herren,
die ihm Beiftand thun, deren ihm auch der meifte Theil
verwandt und unterthänig ift, Als dieß Hugfchapel hörte,
entbrannte er in großem Zorn und ſprach zu den Bürgern:
Lieben Freunde, ihr habt alle wohl gehört, was uns hier
Hefagt worden ift, Solches gefällt mir nit und will ich
euch fagen, warum, Wir find alle unferer gnädigen Frau,
der Königin, Huld und Treue fhuldig und gebühret ung ihr
Beſtes zu werben vor allen Dingen. Unfer gnädiger Herr
ift todt, Gott fei ihm gnädig, und fagt man in dem Land
allgemein, daß der Graf ihm vergeben habe, und nun will
er unfere junge Königin haben wider ihren und ihrer Mut:
ter Willen; mit meinem Willen gefchieht das nimmermehr.
Denn man fagt in allen Landen wenig Gutes von dem
Grafen Savari, Aber eins muß ich euch fagen, fünd id an
euch getreuliche Hülfe, fo wollt ich diefe Sache binnen gar
= MR:
Kurzem enden, daß dieß Land und Königreih nimmer
Krieg mit ihm gewänne. Die Bürger fprachen alle: Hug,
ihr habt gar wohl gefprochen ; wir wollen euch hierin folgen
und getreulich Beiftand thun. Gott dank euch, ſprach Hug,
ich ſchwör euch bei dim heiligen Sacrament, daß ich dem
Königreich und uns Allen zu Ehren thun will davon man
noch nach hundert Jahren fagen fol. Darauf fprah er:
Lieben Freunte, geht alle beim und Lege vor Vesperzeit
Jeder heimlich feinen Panzer an und fomme damit auf den
Dallaft, denn der Graf iſt wunderlihd und möchte ung gro—
gen Schaden zufügen,
Wie Dug auf dem Pallaft redete und den Grafen
Eavari erfdhlug.
Sie mwappneten fih Alle und Hug mit ihnen und
giengen Alle auf den Vallaft, da viel Fürften und Derren
mit der Königin wegen ihrer Tochter redeten, Da hieß man
Männiglich [hweigen, damit man der Bürger Willen und
Meinung in diefen Sachen hören möchte. Hug hab an zu
reden: Ihr Herren, fprach er, vernehmet mid. Bier ift
Eavari, der Graf von Champagne, und will unfere junge
Königin zu einem ehelichen Gemahl haben wider ihren und
ihrer Mutter Willen. Das aber wollen wir ihm nicht
verhängen. Fürwahr, Herr Savari, ihr märet eher werth,
dag man euch an einen Baum henfte, denn daß man euch
eine folche edle Königin zum Weib gäbe, da Männiglich
fpricht, ihr hättet ihrem Vater, dem edeln König Ludwig, vers
— 419 —
geben. Ihr feid von dem Geſchlechte, das wohl Falfchheit
zu treiben verfteht, denn von Ganelon ffammen eure beiten
Freunde, und eure Eltern thaten nie fein Gut. Und da
wir nun in diefer Sache urtheilen follen, fo fprechen wir,
daß wir nicht wollen, daß euch die ſchöne Königin gegeben
werde, denn ihr feid folder Ehre nicht würdig; wir wollen
euh auch niht für einen Deren und König annehmen,
denn ihr habt als ein Böfewicht euerm rechtmäßigen König
vergeben, Dafür follt ihre euern Lohn an diefem Tag
empfangen. Mit diefen Worten zog er fein Schwert aus und
ſchlug auf den Grafen, und fpaltete ihm das Haupt bis auf
die Zähne. Und rief damit kühnlich Montjoie, das ift dag
Kriegsgefchrei zu Paris, Scylagt zu, ihr frommen Bür—
ger, ſprach Hug, ich hab es am rechten Ende angehoben.
Da ward in dem Pallaft Niemand gefchont, er wäre Herzog
oder Graf,
MWiährend nun die Ritter und die Bürger im Pallaft fich
alfo mit einander fehlugen, machten ſich der Herzog von
Burgund und Graf Friedrich unter dem Volk mit großen
Sorgen hinweg. Und alſo gieng Hug metzelnd unter den
Edeln, daß ihrer mehr denn hundert todt blieben; die andern
entliefen zu ihren Herbergen ſo ſie beſt mochten, ſaßen auf
ihre Pferde und rannten aus Paris. Deſſen war die Köni—
gin gar froh und auch ihre Tochter. Fürwahr, ſprach die
Königin, der falſche Graf mag euch nicht mehr werden: er
iſt übel ausgeſteuert zu ſeiner Hochzeit, die er mit Gewalt
zu vollbringen meinte. Der junge Mann hat ihm raſch
ſeinen Lohn gegeben. Ich ſah nie einen Mann ſo kühnlich
um ſich ſchlagen; wären ſie nicht entronnen, er hätte ſie alle
Dtſche Volksb. Ir. Bd, 29
— 450 —
umgebracht. Iſt er ein Edelmann oder ein Bürger von
diefer Stadt? Da antwortete ihr ein alter Nitter (der
Königin Hofmeifter) genannt Anfel: Gnädige Frau, er ift
Herr zu Genoffe bei Burges, aber Meslergefchlehts von
feiner Mutter Gefchleht. Ich Eenne ihn wohl, er hat auf
diefen Tag Manchem fein Leben genommen, er hat gemähnt
er fei unter den Fleifhbänten. Als nun das Gefchrei ver-
gangen war, nahm die Königin ihre Tochter bei der Hand
und führte fie in den Saal, zu ſchauen wie es da ergangen
wäre; mit ihnen giengen ſechs Nitter ihres Rathes. Als die
Bürger fie kommen fahen, giengen fie ihnen entgegen und
neigten fich demüthiglih und ſprachen zu der Königin:
Gnädige Frau, wir find wohl gerochen an dem muthwilli—
gen Grafen, der feine Gemwalt hier treiben wollte, Diefer
junge Hug hat ihn erfchlagen, Lieben Getreuen, ſprach die
Königin, ihr habt ihm Recht gethan in meinen großen Nö—
then, ihr habt mir alle getreulich gedient. Damit gieng fie
zu Hug und bot ihm die Hand; Hug neigte ſich bis auf die
Kniee. Da ihn die Königin recht befah, gedachte fie: Nun
hab ich doch fchönern Jüngling nie aefehen von Leib und
von Siftalt, Er war aud wohl zu loben, denn er war ein
fhöner ftolzer Süngling und wohl gefhidt zu allen Din-
gen. Die Königin fprach zu ihm mit lahendem Munde:
Kieber Freund, ihr feid diefen Tag in meinem Dienft gewe—
fen: ich will es euch wohl lohnen und will euch zum Ritter
machen heut oder morgen, und meine nit, dag man mid)
darin fihelten fol, wenn ich euch das Schwert umgürte, denn
ich will euch allezeit für meinen Kämpfer halten, Ihr habt den
hochmüthigen Savari erfihlagen, der große Gewalt an mir
— 451 —
und meiner Zochter begieng und mit falſcher Untreue mei:
nem Deren dem König vergeben hat, Darum hab ich guten
Willen, euch das wohl zu vergelten und euch fo fern ich
immer mag an Ehren und Würden zu helfen, Hug neigte
fih und ſprach ſittiglich: Gnädige Frau Königin, Gott
mög euch folche Gnade erweifen und auch eurer lieben Toch-
ter, daß ihr alle eure Feinde überwinden mögt; er wolle
euch auch immer danfen des Gute und der Ehren, die ihr
mir.erbietet, Ich bin des nicht würdig, doc will ich euer
Gnaden milliger Diener fein in allen Reifen wider eure
Seinde, Die Königin ſprach: Ich getraue euch dag zu, ihr
habt es auch hier wohl bewiefen, Nach diefen Neden ſchie—
den die Bürger aus dem Pallaft, Die Königin gebot, daf
man ben Grafen Savari und den Grafen von Bare, der
neben ihm erfchlagen worden, zu der Erde beftatte, fo wie
den Örafen von Berge, der fein nächfter Freund war,
Wie Graf Friedrich und der Herzog von Burgund
einander ihr Leid Elagten und wie fie groß Bolk
zufammen bradten.
Graf Savaris Bruder Friedrich, der entgangen war,
ritt in fein Land mit großem Zorn, Mit ihm ritt der Der:
309 von Burgund; der fprach zu ihm: Graf Savari, euerm
Bruder iſt übel gelungen, daß er alfo ermordet worden iſt,
und auch dem Grafen von Bare und dem Herzogen von
Lothringen. Die von Paris haben ſich felbft großes Uebel
zugefügt. Das ift wahr, ſprach Graf Friedrich, licher wär
29*
— We
ich todt, als daß ich diefe Schmach ungerochen ließe, Sobald
ich zu Land fomme, wollen wir, wenn ihr mir folgen wollt,
alle unfere Freunde und Verwandte verbotfchaften im deut:
fhen und mwelfhen Land, den König von Böhmen, den
Herzog von Defterreih, König Hugwan von Friesland, den
Herzogen von Normandie und den von DBritanien, den
Grafen von Arlon, von Poitierd und von Armagnac und
die Fürſten alle bis in Spanien hinein: hunderttaufend
guter Ritter und Knechte getrauen wir wohl vor Paris zu
bringen, damit die Stadt zu belagern und zu zerflören.
Mag mir die Königin werden, ich will fie verbrennen vor
Allermänniglih. Mit diefen und andern Reden, die fie
unter einander hatten, famen fie gen Chalons in Cham:
pagne, Des andern Tags ritt der Herzog von Burgund
in fein Land und fammelte groß Bolt. Graf Friedrich
ſchickte auch Boten nach Deutfchland und Elagte den Fürften
und Herrn, mie es ihm ergangen war, mie die Königin ſei—
nen Bruder, als er ihre Tochter zur Ehe begehrt, unwider—
fagt und ungemwarnt hätte ermorden laßen und bat fie das
mit um Hülfe, Da hoben fich die deutfchen Fürften und
brachten ihm zu Dienft fechzigtaufend Reiſige. Der Der:
309 von Burgund brachte wohl aud) fo viel auf, denn die
Fürften von Frankreich waren meilt auf feiner Seite und
beklagten fich über die Königin, daß fie nah den Bürgern
gefchickt hätte, und fprachen untereinander: Wir wollen den
Bauern Soldes nicht geftatten, fie find viel zu reich ges
worden und achten fchier nicht mehr auf den Adel, und ha—
ben ſchier alle Güter an fidy gezogen duch Wucher und uns
terziehen fich unfrer Schlößer und Städte, ald wären fie
— 453 —
Herren im Lande. Es wäre längſt Zeit geweſen, daß ihnen
der Hochmuth gelegt worden mwäre.
Wie die Königin ihre Freunde befhidte, daß fie
ihr zu Dülfe kamen.
Auf einen Montag fließen die Haufen zufammen und
zogen auf Paris los. Als die Bürger des inne wurden, er=
Thrafen fie ſehr, ließen e8 der Königin mwißen und riethen
ihre, fie folle Hülfe von den Herren im Königreich begehren
und ihnen ernftlih darum fohreiben, und auch an ihre Ver:
wandten und Freunde, die noch am Leben wären, denn die
meiften derfelben waren im jüngften Krieg von den Un:
gläubigen erfchlagen und ihr Bruder Wilhelm von Dranfe
war in einer Wildnifs und wuſte von diefen Dingen nicht,
Die Königin fandte einen Boten zu ihrem Bruder, der
hieß der ungerathbene Emmerih. Als der Bote gen Vene:
dig kam, fand er ihren Bruder nicht, denn er war von dem
Sultan Clarius erfchlagen worden, doch fand der Bote
Emmerihs Sohn dafelbft, der Dragan genannt war, Ihr
mögt in andern Büchern wohl gefunden haben, daß Sam:
fon von Drleang, der ein gar herrlicher mannlicher Fürft
war zu feiner Zeit, das Königreich Ungarn gewann, Diefer
Samfon hinterliv$ zwei Söhne, den fühnen Melinus, der
mit dem ungerathenen Emmerich, dem Bruder der Königiu
von Frankreich, manchen Zag mwider die Heiden im Streit
gelegen, und Clarius, den vorgenannten Sultan; der mar
Melinus Bruder und auh Samfons Sohn, aber ein Ba:
— 454 —
jtard und in der Heidenfchaft geboren, Zwar uf ibn Sam—
fon taufen und im Ehriftenglauben erziehin, aber hernach
verleugnete er Jefum Chriftum und war ein fo mannlidyer
Ritter unter den Heiden, daß fie ihn zu einem gewaltigen
Eultan von Babylon machten, Und zu diefen Zeiten ſtrit—
ten die zwei Eühnen Herrn, Melinus Samfons Sohn, und
der ungerathene Emmerich wider den Eultan in der Heiden
fhaft, wurden aber darin erfchlagen. Melinus hinterlick
einen Sohn Benedict genannt, der gefellte fih zu dem küh—
nen Dragan, Emmerichs Cohn, und gewann deſſen Schwe—
fter zur Ehe, Diefe beiden Kürften gedachten ihre Väter,
die von den Heiden erſchlagen waren, zu rächen; aber fie
hatten nicht Zeute genug. Und chen zu diefer Zeit waren
die beiden Schwäger zu Venedig verfammelt und Benedict
hatte wohl zwanzigtaufend ftreitbare Männer aus Ungarn
und Tharſus dahin gebradjt, und Dragan hatte fi aud
von feiner Seite gerüftet; aber da fie zufammen kamen,
hatten fie nicht viel über dreißigtaufend Mann. Da ſprach
Dragan zu König Benedict: Herr, bier ift all unfer Volk
verfammelt; es ift aber nicht genug den Sultan zu beſtrei—
ten: wir bedürften wohl noch einmal fo viel, als wir haben,
Schickt ihr nad) Ungarn, daß man euch noch Hülfe fende,
fo will ich desgleichen gen Frankreich fenden zu der edeln
Königin Blancheflur, die meines Vaters feligen Schweſter
iſt. Sch hoffe fie wird mich in diefer Noth nicht verlaßen,
Indem die beiden Könige alfo redeten, Eam der Bote aus
Frankreich in den Pallaft gegangen und grüßte den König
Dragan und die verfammelten Fürften und Herrn, Freund,
ſprach Dragan, feid ung gottwillfemmen; von mwannen
kommt ihr? Sch komme aus Frankreich und bin der Köni-
Hin Bote. Unfer gnädiger Herr der König von Frankreich
löblichen Gedächtniffes ift tedt, Gott der allmächtige fei ihm
gnädig. Nun ift ein Graf Savari, der hat dem König ver-
geben und wollte dazu in feinem Uebermuth des Königs
Tochter haben und da meine gnädige Frau ihm die nicht ſo—
gleich zufagte, wollte er fie mit Gewalt nehmen und mit ſich
führen. Das verdroß die Bürger von Paris, die von der
Königin um Hülfe angerufen wurden: da haben fie den
Grafen Savari und Fürften und Deren des Landes mit ihm
erfchlagen. Und darum ift Graf Savaris Bruder, genannt
Friedrich, mit andern Fürften der Königin Feind und wollen
fie mit Gewalt verderben und die Stadt zerftören. Nun
hat mich die Königin bergefandt, ihren Bruder Emmerich
um HDülfe anzurufen ; der ift aber leider, wie ich vernommen
babe, verfihieden. Darum edler König Dragan, mollet
eurer Verwandten, der Königin, in ihren großen Nöthen
zu Hülfe kommen, denn ihr gefchieht viel Unreht und
Gewalt.
Als der König Dragan diefes hörte, fprach er zu König
Benedict: Herr, unfer Anfchlag kann nicht vor ſich gehen:
ih meinte meine Bafe follte mir zu HDülfe fommen;, nun
fheint es aber, fie hätte lieber Hülfe von mir, Ach Herr
Gott, wie fteht es jest fo gar übel um unfer Geflecht:
meine liebften Verwandten und Freunde find alle todt, und
meine Bafe hat ihren Herrn den König verloren. Nun
will man fie auch verleugnen und ihre Tochter, die rechte
Erbin, des Königreichs berauben. Und damit gieng ihm
das Waßer aus den Augen und floß über feine Wangen.
— 46 —
König Benedict tröftete ihn und fprah: Gehabt euch wohl
und laßt euch das Leid nicht zu Derzen gehen, ich hab einen
guten Rath erdacht. Wir haben bier wohl dreißigtaufend
Nitter und Anechte: das ift zu wenig den Eultan zu über:
ziehen, Wollt ihr mir nun folgen, fo ziehen wir nad
Sranfreih und fommen der Königin zu Hilfe wider ihre
Feinde, und hilft ung Gott, fo geben wir der jungen Köni-
gin einen Fürften, der das Reich wohl in Ehren und Wür—
den halten und euch auch wieder in den Nöthen helfen möge.
Denn mwenn mir dort die Sache geendet und ins Gleiche
gebracht haben, fo wollen wir fie dann auch wieder in
unfern Nöthen um Hülfe wider den Sultan anrufen.
Bei meiner Treue, ſprach Dragan, der Kath gefällt mir
wohl,
Da ordneten die beiden Könige alsbald ihre Ritterfchaft
und beftellten ihre Räthe. König Benedict nahm Urlaub
von Floren, feinem Gemahl, die er erft neulich zur Ehe ge:
nommen hatte, Saramond, Emmerichg Gemahl und König
Dragans Mutter, ward auh von Herzen betrübt, da fie
ipren Sohn fheiden ſah. Sie ritten zu den Schiffen,
pannten ihre Segel auf und fuhren bin in Gottes
Namen,
Wie fie fih von beiden Seiten wider die Feinde
rüfteten.
Unterdeffen kam dem Grafen Friedrich großer Zuzug
von allen Seiten. Der König Hugman von Friefland
fam ihm zu Dienft mit großem Volk, fo auch die Derzogen
— 4537 —
von Dejterreich und Baiern, der Wildgraf und viele andere
Fürften und Herrn. Die Königin fchrieb auch an viel
Herren und Fürften von Frankreich, daß fie ihr zuzögen gen
Paris und Hülfe und Beiftand leifteten; aber fie waren
zum meijten Theil dem Grafen Sriedrich verwandt. Darum
haßten fie die Königin und erboten ihr, fie wollten ihr ſol—
hen Dienst thun, der ihr nicht gefiele. Alſo kamen nicht
mehr als fehs Grafen zu ihr, mit Namen Florent von
Soiffon, der Graf von Dammartin und der Graf von
Bermandois, dem St. Duentin die gute Stadt ift, der
Graf von Thorane, der Graf von Branney und der Graf
von Orenſe; deren braten ihr Jeglicher hundert guter
Reiſige. Aber Graf Friedrich hatte mehr denn hundert:
taufend flreitbare Leute, mit denen lag er vor Paris, und
gedachte noch mehr Volks zu erwarten,
Wie Hugfhapel auf der Brüde ftand mit einer
Streitart und der Feinde viel zu Zode ſchlug.
Nun rüfteten fi) auch Die von Paris und verfahen ſich
mit Gewehr und Waffen, Die Königin beftellte den Graf von
Dammartinzum Hauptmann ihres Volfs, Als der nun feine
Mannſchaft zufammen brachte, da hatte er nicht mehr als vier
taufend. Da fprach der Graf: Wir wollen thun wie die Weifen,
die nicht geminnen können, und wollen auch nicht verlieren:
da unferer fo wenig find, fo dünkt mich nicht gut, daß wir
fie im offenen $elde beftreiten: wir wollen unfere Stadt
wehren, bis dag Looß etwa beßer fällt. As Hugſchapel
— 459 —
das hörte, ſprach er: Edler Graf, ihr habt, fo Gott will,
edler herrlicher Reute genug: ziehet hinaus und ordnet ung
zum Streit. So wir den Feinden nicht obfiegen fönnen,
fo haben wir einen guten Nüdhalt an der Stadt und ihren
getreuen Bürgern. She feid unfer Hauptmann, bemeifet
euch mannlich, al unfere Ehre ſteht an euch, ihr feid die
einzige Säule unferer Hoffnung, laßt fie nicht zu Schans
den werden, Der Graf ſah Hug an und fhämte fi, daß
ihn Hug alfo vor Münniglich zurechtgewiefen hatte. Lieber
Gefell, fprach er, was ich geredet habe, das verfich wie ich
dir fage. Hat mir die Königin ihre Leute befohlen und
mic zum Hauptmann geordnet, fo gebührt fih, daß ich
ihrer Acht habe und fie nicht verleite, wo fie großen Schaden
nehmen fönnen, denn die Feinde find mächtig und unferer
nur wenig und bedünkt mich nicht, daß mid; Jemand darum
fhelten folle. Auch wißt ihre Bürger in euern Pelzröcken
daheim hinter dem Heerd und auf euern Trinkſtuben gar
herrlich zu Eimpfen bei dem Wein; wenn e8 aber an ein
Streiten gebt, feid ihr bald erfehroden. Aber wenn e8 euch
zu Willen ift, fo ziehen mir hinaus,
Da ward die Et. Antonien-Pforte aufgethan und zogen
die Bürger, Ritter und Knechte binaus zu Fuß und zu
Pferd, Als Die im Lager das faben, waren fie auch alsbald
bereit, Graf Friedrich war bei den Erften zu Roſs, die
ihnen entgegenrannten und ſchrieen: Nur frifh an die
Bauern, wir wollen ihnen belfen dreſchen. Da rannten
fie ihnen entgegen, und wer am Beſten darein fhlug, war
der befte Mann, Graf Friedrich kam an einen Ritter, ges
nannt Wilhelm von Narbonne, den durchrannte er, daß er
— 459 —
tcdt auf dem Sande lag. Aber aud der Gonftabel
von Paris ritt Graf Friedrichs Leute an und that ihm viek
Schaden.
Nun ſagt uns die Geſchichte, daß die Bürger geherzt
waren und ſo mannlich ſtritten, daß die Aeußern zurück—
weichen muſten bis ihnen der Herzog von Burgund zu
Hülfe kam, und König Hugwan von Friesland, und der
Graf von der Felſe, die ihnen mit großem Volk zu Hülfe
kamen, daß Die von Paris zurückgedrängt wurden. Der
Conſtabel ward abgeſtochen und wäre auch erſchlagen wor—
den, wenn ihm der Hugſchapel nicht zu Hülfe kam. Der
ſprang vom Pferde, faßte ſein Schwert in beide Hände und
ſchlug und ftach um ſich und machte Platz wie der Wolf
thut unterden Echafen. Er kam zu dem Conftabel, als er ſich
eben einem deutfhen Mann ergeben wollte: da kam Hug
und erfchlug den Deutfchen, nahm fein Rofs und half den
Gonftabel darauf, deffen ihm der großen Dank fagte. Ale:
bald Eamen der Aeußern mehr denn fechstaufend und dräng—
ten Die von Paris mit Gewalt der Pforte zu, und erfchlugen
ihrer mehr denn zweitaufend. Hugſchapel fand zu Fuß an
der Pforte und ſchlug um fich, daß ihrer wohl achtzehn um
ihn lagen: wen er traf, der fiel zur Erden, Der Graf von
Semfe, der Herzog von Berry und der Graf von Blois
kamen auf die Brüde und wollten Hug erfhlagen haben,
weil er ihnen fo großes Leid that; meinten auch damit die
Pforte zu gewinnen, Der Herzog von Berry drang auf
Hug ein, und wollte ihn von der Brüde treiben. Da nahm
Hug feine Art in beide Hinde und fchlug ihn durch feinen
Eifenhut, daß er todt zur Erde fiel. Deſſen erfihrafen die
— 460 —
Andern und blieben zurüd, Aber Dug rief die nüchiten an
und wollte nach dem Grafen Eftempe fchlagen, verfehlte ihn
und traf fein Pferd, daß es vorihm zu Boden flürzte. Hug
lief hinzu, ergriff ihn und fhleifte ihn mit fich zu der Pforten
hinein, es wäre dem Champagner lieb oder leid, Die in der
Stadt fhloßen die Pforte hinter ihm zu vor den Feinden,
fhoßen heraus und thaten ihnen großen Schaden, Und
in diefem Streit wurden den Aeußern mohl einund=
zwanzighundert erfchlagen und verloren die Bürger nur
dreihundert,
Wie der Gonftabel Hugſchapeln lobte, daß er fo
ritterlih auf der Brüde gefodhten hatte.
Der mweife Conftabel kam zu Hug und fprady zu ihm
überlaut: Mein allerliebiter Freund, Gott wolle euch be:
hüten, denn mein Herz hat euch lieb und gönnt euch viel
Gutes, Das habt ihr heutigen Tags wohl um mid ver:
dient. Alle meine Zage habe ich getreuern und beßern
Kampfgefellen nicht gefehen. Mit diefen Worten ritten fie
dem Pallafte zu. Unterdejfen 309g Graf Friedrich mit den
Seinen nach den Gezelten zurüd, als er fah, daß er an der
Pforte nichts ausrichten Eonnte, doch entbot er die Kürften
und Herren, und berieth ſich mit ihnen, was fie ferner thun
follten. As nun der Gonftabel und Hug zu dem Pallaft
geritten Eamen, befahl Hug, daß man feinen Gefangenen
berbeibrächte. Der Gonftabel ſchloß Hug in feine Arme und
ſprach: Hug, ihr habt Gott großen Dank zu fagen, daß er
— 461 —
euh Mannheit, Kühnbeit und Etärfe verliehen hat und
dazu auch Schönheit. Herr, fprab Hug, ich danfe Gott
für Alles, was mir feine göttlihe Kraft gönnt. Hat mir
mein Gett, wie ihr fagt, Stärfe und Mannheit verliehen,
fo will ich fie anlegen, der Gerechtigkeit zu dienen und mei:
ner gnädigen Frau Hülfe zu leiften wider ihre Feinde, die
fie mit Unrecht befriegen, denn Alle, die fich fleifen, das
Recht zu handhaben und ihrer rechten Derrfchaft zu dienen,
die hat Gott defto lieber, und mag ihnen auch der Weit
Lohn und große Ehre zu Theil werden, Mit folhen Reden
kamen fie vor den Pallaſt; die Königin trat auf die Stiege
und führte fie ihre Zochter an der Hand und wollte dem
Volk danken, daß es fo Fühnlich wider den Feind geſtritten
hätte. Dieweil gieng das Gefhri durch die ganze Stadt,
Hug der Megger fei eine Blume der Nitterfchaft, und feines
Leibes ein Deld, mit dem fei Lob und Preis wohl zu erwer—
ben, man folle ihm billig dafür wohl Dank fagen, Des-
gleihen fagte man unter der Ritterſchaft, denn ihrer Viele
Eamen zu der Königin und wollten fein Lob vor ihr preifen.
Die Königin fprach zu dem Conftabel: Was meint das
Volk, daß fo groß Gefchrei unter ihm ift? Gnädige Frau,
fprach der Graf, fie kommen eudy von diefem Süngling Lob
und Preis zu fagen und fein männlich Stieiten zu verkün—
den. Er bat diefes Tages eure Feinde in das Feld ge—
ſtreut mehr denn Semand unter ung Allen, und bat mid
vom Zod erlöft und mit Gewalt von den Feinden errettet
und euern Feinden viel Schaden zugefügt, deren er auch ein
Theil gefangen bat, Den Grafen Eftempe bringt er hier
in eure Gewalt, Er hat auch den Herzog von Berry er—
- we
Thlagen. AU dig Volk kommt euch feinen Ruhm zu ver:
fünden und ich mit ihm, denn er hat ſich herrlich bewiefen.
Hiermit neigte fih Hug vor der Königin und flellte ihr den
Gefangenen vor. Die Königin fah ihn an und ſprach:
Hug, Shöner Füngling, ich dank euch des und alles Guten,
das ihr mir heute und zuvor gethan habt, Sie führte ihn
an der Hand in den Pallaft und ſprach: Gott gebe, daß ich
ihm nachmals wohl lohnen möge. Marie, der Königin
Tochter, ftand auf vor Hugen und bot ihm die Dand und
befah den jungen Mann von unten bis oben und begann
ihn heimfich lieb zu haben und gedachte bei fich felbft: Ach
wir ed Gottes Willen, daß ich einen folchen fäuberlidhen
Mann zum Gemahl hätte. Sch habe doch alle meine
Tage fhönern Jüngling nicht gefehen.
Wie die Königin Hugſchapel einen gebratenen
Pfauen fhidte und Hugſchapel eine Verheißung
that.
Indem kamen die Zafeldiener und hießen Waßer neh
men; darnach feßte man ſich zu Tiſch. Die Königin und
ihre Tochter faßen an einem befondern Tiſch, darnach die
Grafen und die Ritterfchaft, ein Seglicher nad) Stand und
Würde. Der Conftabel nahm Hugfchapel bei der Hand und
feste ihn neben fih. Die Königin blickte manchmal herüber
zu Hugen und gefiel ihr all fein Wefen und Gebahren wohl,
alfo daß fie bedäuchte, fie hätte züchtigern Süngling nie
gefehen, Ihren Allen ward bei Tiſch herrlich gedient, Der
Königin brachte man zu einem Gericht einen gebratenen
Pfauen, und fobald der auf der Königin Tifh kam, ſprach
fie zu dem Diener: Setze diefen Pfauen Hugen vor von
meinetwegen, denn er hat Preis und Ehre erfochten ver den
andern Allen. Der Diener nahm den Pfauen, trug ihfi vor
Hugen und fprah: Nehmt diefe Gabe hin, die Königin
bat fie euch gefandt als dem fühnften, der am Hofe fei.
Hug ward roth vor Scham, ald man ihm folhe Ehre
erwies und gedachte doch: Wem Gott helfen will, dem mag
Niemand übel. Barmberziger Gott, ich danfe dir deiner milden
Güte und Gnade: allen meinen Eltern ift folche Ehre nie—
mals erboten worden. Mill es Gott, fo möchten meine
Sachen auch wohl befer werden. Er ftand auf, fab den
Pfauen an und gedahte: Da man dich vor den fühnften
Ritter gefandt hat, und es auch Gewohnheit ift, wem ein
köſtlich Gericht vorgefegt wird, daß er fid) einer kühnen
Sache vermeßen fol, davon man Abenteuer fagen möge, fo
wollt ih auch bei dem Pfauen ein abenteuerlih Gelübd und
£ühne Verheißung thun, vor allen die da gegenwärtig find,
und follt ih darum jterben, auf dag man rühmen mödte,
daß Berzagtheit nie mein Herz befegen hätte, Darum
fprah er vor Männiglih: Gnädige Frau Königin,
der allmäcdhtige Gott mwoll euer Gnaden danfen folder
hohen Gabe; ihre habt mir die Speife der Kühnen
geſchickt; aber folhe That hab ih noch nicht vollbracht,
Jedoch wolle mir Gott die Kraft und Gnade fenden, deren
ih von Herzen begehrte, Nun will ich dem edeln Pfauen
eine Verheißung thun, und fo ich die nicht vollbrächte, müſt
id mich immer ſchämen. Ich verheiße bier dem Pfauen als
ein kühner Mann, daB ich morgen aus Paris in das Heer
— 464 —
zu den Zelten reiten will wider unfere Feinde zu flreiten
und der beiten Einen oder Zwei hinrichten wie idy mag,
und alsdann mwiederfommen, wenn mir Gott das Glüd
giebt; fterbe ich aber, fo fei Gott meiner Seelen barmberzig.
Als die Königin das erhörte, und Marie ihre Tochter,
erfchrafen fie beide. Ach Gott, ſprach die junge Königin, welche
forgliche Verheißung ift das. Zur unfeligen Stunde ward
der Pfau vor ihn geftellt. Denn wenn er das allein unter—
jteht, fo muß er fein Leben darum verlieren: das wär ung
allen ein böfer Zroft. Die Königin war der Verheißung
ſehr betrübt und ſprach öffentlih vor aller Nitterfchaft:
Hug, lieber Diener, ihr erzürnet uns fehr mit foldhen
Sachen. Wir verbieten euch Solches und begehren ernftlich
an euch, daß ihr von diefer Verheißung abfteht, denn wider
unfern Willen meinen wir nicht, daß ihr es unternehmt,
und thätet ihr es gleichwohl, es würde euch in Wahrheit zu
Unftatten fommen und gereuen, Gnädige Stau, ſprach
Hug, bei dem Gott, der unfer aller Schöpfer ift, mit aller
Macht will ih mic hüten, daß ich wider euern Willen thue,
und will allzeit euer Gnaden zu Willen fein, euern Feinden
Schaden zu bringen, Jedoch gedachte er, daß er die Ver—
beißung nimmer laßen wollte und follt er darum flerben,
Hört nun, wes ſich die Königin bedachte. ie rief alsbald
Gerhard ihrem Kammerfneht und fprach zu ihm: Geh in
die Etadt und verbiete bei Leib und Leben an allen Pforten,
dag man feinem Ritter auffhließe in den nächften dreien
Tagen, auf dag Hug nicht hinausreite; und welcher Pfört:
ner das nicht hielte, dem follte man fein Haupt abfchlagen.
Der Knecht fprah: Gnädige Frau, ich will es ernftlic bes
— 465 —
fiellen. Er faß auf ein Pferd und ritt zu allen Pforten und
fagte der Königin Gebot wie fie ihm befohlen hatte. Das
thaten aud) die Pförtner und bewahrten ihre Schlüßel und
behüteten die Pforten mit Fleiß und ließen Niemand aug,
fie befühen denn zuvor, wer er mwire, wenn er nicht der
Königin Wahrzeichen hatte, Inzwiſchen ſaß Hug noch zu
Tiſch neben dem Gonftabel. Dabei waren viel junger Der:
ten, Ritter und Knechte, und fprachen alle von Zug und
feiner Verheißung. Einige ſprachen: Er bat wohl eines
Löwen Herz: Wir dürfte ein Zager folder Sachen gedenken,
daB er allein in das Heer zu dem Yager der Feinde reiten
wollte einen Kürften zu faben oder zu erſchlagen. Die An:
dern fpraken: Seine Thorheit hat ihn verleitet, ſich folder
Dinge zu rühmen. Darnac ward die Zafel aufgehoben und
gieng Jedermann zu feiner Herberge. Hug neigte fich der
Königin und nahm Urlaub, ie ſprach: Hug, ihr follt euch
eure Berheißung nicht irren laßen: ich verbiete fie euh und
will es nicht gehört haben. Gnädige frau, fprah Hug,
Gott verbiete mir, daß ich fo etwas wider euer Gnaden thue,
das mir verwiefen werden fünnte. Damit ſchieden fie. Er
gieng in feine Herberge, wappnete ſich und ſaß auf fein beftes
Pferd und ritt zu der Pforte des Tempels. Als ibn die
Hüter der Pforte kommen fahen, wollten fie ihm die Riegel
nicht aufıhun. Er ſprach: Las mid aus, ich bin von den
Dberften befhirden hinaus zu reiten. Die Pförtner fpras
ben: Wir find von unferer Srauen der Königin angewiefen,
bei Leib und Leben Niemand aus nody ein zu lafen. Hug
wandte zornig um und ritt zu St, Martins Pforte; aber
aud da wollte man ihn nicht auslaßen.
Dtiſche Volksb. Ir. Bd. 30
— 466 —
Wie Hugfhapler über die Stadtmauer flieg und
in das Deer zu den Feinden ritt.
Des ward Hug von Herzen betrübt, da er fah, daß er
nicht hinausfommen Eonnte, und gedachte: D ewiger Gott,
nun bin ich doch immer gefhändet, wenn ich meine Ver—
heißung nit vollbringe, Aller Welt bin ih zum Spott,
wenn dieß nicht gefcheben fann, Ich kann nicht erdenfen,
warum mir die Königin dieß thut, aber ich will gleichwohl
vor die Stadt, eh ed morgen Zag wird. Hug gedachte audı:
vielleicht beforgt die junge Königin, daß ich gefangen oder er-
fhlagen werde. Fürwahr mein Herz iſt ihr auch hold und
in Liebe gegen fie entzündet, Sie thut es gewiſs in der beften
Meinung; dafür will id auch immer deſto Fühnlicher wider
ihre Feinde fIreiten, denn Frauengunſt läßt die Ritter wagen,
was ein Verzagter fidy nicht getrauen würde anzuſchauen.
Sn diefen Gedanken ritt Hug feiner Herberge zu und legte
feinen Harniſch ab, ftieß ihn in einen Mantelfad und legte
ihn auf fein Pferd. Dann ſprach er zu feinem Knete:
Merk wohl was id dir fage: Sitz auf diefes Pferd und
reit aus der Pforte des Tempels vor die Stadt in meines
Vettern Simons Baumgarten. Da warte mein bis ich zu
dir Eomme, und fage bei Keibe hier Niemand davon. Da faß
der Knecht auf und ritt zu der Pforte des Tempels hinaus
ungeführdet, eiltedann dem Baumgarten Metzger Simons zu,
wo er fih hinter den Bäumen verbarg, denn er hatte große
Angſt vor den Feinden, Hug erwartete die Naht und gieng
dann heimlich auf die Mauern als wollt er fehen, wie die
Wacht beitellt würde, und ließ fih an einem Seil hinab,
— 467 —
daß Niemand fein inne ward. Er Elomm mit großer Ber
fhmwerde jenfeits des Grabens wieder auf und kam zu feinem
Knechte, als es eben zu tagen begann. Hug mappnete ſich
und. verzog noch bis die Sonne am Himmel ftınd: da
fprach er zu feinem Knechte: Kehre zurüd in die Stadt; ich
will in die Gezelte unter die Feinde reiten und ihre Ordnung
befehen. Des erſchrak der Knecht und gieng zu der Pforte.
Da fragten fie ihn, von wannen er fo früh gekommen fei.
Fürwahr, fprach der Knecht, ih babe die Nacht nicht viel
gefhlafen, denn mir war angft vor den Feinden. Sch habe
meines Herrn die ganze Nacht gewartet; diefen Morgen
früh ift er gefommmen und bat ſich gewappnet und iſt in das
Heer geritten. Einer fprah: Wer ift dein Herr? Der
Knecht antwortete: Hugfhapler. Das fagten die Bürger
dem Gonftabel. Als der das vernahm, ward er von Herzen
betrübt, und ließ alsbald die Sturmgloden läuten und
durch die ganze Stadt die Zrompeten zum Aufbruch bla:
fen und verhieß fih, er wollte mit aller Macht dem Hug—
fhapel zu Hülfe kommen. Da ward ein großer Auflauf in
der Stadt, Jedermann griff zu den Waffen und lief dem
Gonftabel zu. Als die Königin des Auflaufs gewahr ward,
fragte fie der Derren Einen, was das für ein Getümmel
wäre? Da antwortete ihr Einer: Gnüdige Frau, der Con:
ftabel hat geboten, daß fih männiglich zum Streit bereite
und mit ihm binausziehe vor die Stadt, den jungen Hug:
fhapler zu retten, der unter die Feinde geritten iſt, feine
Verheißung zu vollbringen. Sch beforge, daß er fein Ende
fuche, denn ein Mann, der ſich foldyer Sachen unterwindet,
der trägt fein Leben feil. Als die Königin das vernahm,
30*
— 468 —
all ihr Geblüt begann ihr zu graufen. O, fagte fie heiß:
meinend, Gott wolle didy in feiner Hut haben. Ich merfe
wohl, die Pförtner haben mein Gebot niet gehalten. Ich
gelobe zu Gott, wenn er nicht wiederfommt, ich will fie alle
henken laßen als ungehorfame Böſewichte.
Wie Hugſchapler in König Hugwans Gezelt kam,
der ihn vormals hatte hängen laßen wollen, und
nahm ſein Schwert und erſtach ihn in ſeinem
eigenen Gezelt.
Als nun Hug von ſeinem Knechte ſchied und dem Lager
zuritt, da ſah er manch ſchön Gezelt und an jeglichem des
Hrren Wappen, deſſen es war. Darunter ſah er das Wappen
des Königs von Friesland, der Hugwan von Vunefife ge:
nannt war: das war ein weißer Löw im rothen Feld und
darüber flog ein Aar. Hug gedachte: Dierinne ift Hugwan
von VBanefife, der mich einsmals henken mollte, weil ich
feine Niftel in Sreundfchaft lieb hatte. Er ift ein gekrönter
König: find ich ihn in feinem Gezelt, fo muß er von mei-
ner Hand fterben, dafür daß er mich henfen ließ, wenn mid)
die Königin nicht losgebeten hätte. Viel beßer mag mir an
ihm gelingen denn fonft an vier Unachtbaren. Ach Gott,
fprady Hug, mwollteft du mir diefen Tag das Glück erfcheinen
lagen, da ich Leib und Leben auf die Wage fee. Und ge:
dachte: Gott mag mir wohl von dannen helfen; fo will ich
auch mir felber helfen und meine Hinde mannlidy und rit:
terlich gebrauchen. Lieber will ih mit Ehren fterben als mit
Schanden leben, da idy mich einmal zu diefem Abenteuer
— 469 —
verheißen habe. Alfo ritt er duch das Lager bis cr zu König
Hugwans Pavillon kam. Es war um Morgenanbruch, da
kam das Gefchrei in das Heer, man follte fih wappnen,
denn Die von Paris zögen heraus mit großem Volk, Der
König war Meffe hören gewefen und erft ins Gezelt gekom—
men, wo er fich wappnen wollte; da flieg Hug ab, trat in
das Gezelt vor den König und ſprach: Wißet ihr, Herr König,
daß ich euch einsmals gedient habe? Aber mir ward fein
andrer Lohn von euch, als daß ihr mich henken laßen wolltet
um eurer Niftel willen. Nun feid ihr auch hergefommen,
meine Frau die Königin wider Recht zu vertreiben. Den Lohn,
den ihr mir noch fhuldig feid, und den Dienft, den ihr der
Königin thut, fhlag ih euch zufammen und mill euch fo
bezahlen, daß ihrs nicht mehr thun follt. Hiermit fei euch
widerfagt. Seiner Diener ftunden eben nicht viel bei ihm;
das hatte Hug wohl abgemartet; nur zmweie zogen ihm feinen
Beinharnifh an. Damit nahm Hug fein Schwert in beide
Hände und fließ es durch den König, daß er todt vor ihm
lag. Und als die Diener ihren Herrn todt fahen, liefen fie
alle auf Hugen an und umftellten ihn; aber Hug wehrte ſich
fo kühnlich, daß er fih durch fie alle aus dem Gezelt flug:
da meinte er fein Rofs zu finden, Aber das Gefchrei war
fhon zu weit gefommen. Herzog Gottfried von Oeſtereich
und der MWildgraf kamen dazu gerannt, Sie waren zu
Pferde gefehen und wollten den König befuchen: da ward
ihnen gefagt, daß ein Ritter gefommen wäre und hütte den
König erftiohen. Inzwifhen waren ihrer mehr denn drei—
taufend binzugelaufen; aber er wehrte fih mannlich, daß
ihm Niemand nahen durfte. Als der Wildgraf ihn erfah,
— MM =
erfannte er Dugen und gedachte der Tugend, die er an feiner
Tochter ermwiefen hätte, ritt auf ihn zu und fprady: Gieb
mir dein Schwert, oder du muft von meiner Hand fterben.
Hug erkannte dem Grafen, er war mund und fehr müde und
ſah wohl, daß er nicht entrinnen mochte, da freute er fich,
daß er dem Grafen zu Theil wurde, denn er gedachte, du
haft einmal feine Zochter von den Räubern erlöft; vielleicht
läßt er dich des genießen. Da gab er dem Grafen das
Schwert; der Graf nahm es und befhirmte ihn vor den
Andern, die ihn erfchlagen wollten. Er fprah: Thut ihm
fein Leid, ich will ihn dem Grafen Friedrich überantworten:
der fol ihn nach feinem Willen ftrafen. Gefelle, fprady er
zu Hugen, mes hat dich gelüfter, den edeln König alfo zu
ermorden? Indem tritt der Herzog von Defterreich, dann die
andern Fürften berbei der Stadt zu, denn die Bür—
ger von Paris waren herausgerannt dem Lager zu. Graf
Friedrich als der erſte zog mit zehntaufend reifiger Streiter
gegen fie und fieng den Kampf mit ihnen an. Inzwiſchen
führt der Graf Hugen in fein Gezelt und ſchalt ibn um der
That, die er an dem König von Friesland begangen hatte.
Jedoch gedachte er, wie er ihm fein Leben erhalten möchte
zum Lohn, daß er vormals feine Tochter von den Räubern
erledigt hatte. Hort mich, ſprach der Graf, mes ih mid
befonnen habe. Die Fürſten und Herrn im Lager find all
in den Streit gezogen. Nun dünft mich am Beften, daß ihr
al euern Harniſch bier laßt. Sch mill euch einen andern
geben, und das befte Pferd, das ihr je geritten habt. Hier
ift ein Edelmann, genannt Heinrich, der ift mein Kammer:
knecht: dem mwill ich euch zur Hut befehlen mit dem Beding,
= Mi =
daß er heimlich mit euch hinmegreite, während ich in den
Streit ziehe. Fragt mich hernach Graf Friedrich nach euch,
fo darf ich wohl ſchwören, ich hab euch meinem Diener be—
fohlen und alfo verloren. Wird er dann zornig auf mich,
des muß ich mich getröften, denn ich weiß ohne Zmeifel,
£imt ihr in feine Gemalt, ihr müſtet fterben von feiner
Hand.
Wie Hugſchapler durdh des Wildgrafen Gunſt
befreit zuden Seinen kam.
Gott fegne euch, ſprach Hug, und laße mich noch den Tag
erleben, da ich Soldyes um euch verdienen möge. Der Wild:
graf ritt in den Streit und ließ die beiden bei einander. Der
Kneht brachte Hugen einen guten Harniſch und mappnete
ibn. Dann z0g er ein gut Rofg heran; fie ſaßen auf und
titten vor die Gezelte, Da fahen fie den Streit vor fih und
fah Dug Die von Paris in großen Nötben zu der Stadt
zurüdweihen. Da ſprach Hug zu feinem Geſellen: Lieber
Heinrich, reit zu der Stadt, und ſag, ich käme bald, fie
dürften um mid) feine Sorge mehr haben. Unfere $reunde
find von ihren Feinden mit Kampf überladen, denen
will ih zu Hülfe fommen. Der Knecht ſprach: Herr,
ift es euch zu Willen, fo will ich bei euch bleiben. Hug
ſprach Fa. Da rannten diefe zwei durch die Feinde zu ihren
Sreunden. Hug fhlug feinen Sper unter und rannte gegen
den Grafen von der Felfe und ftieß ihn von feinem Roſs,
daß er todt zur Erde fiel. Er zog fein Schwert und ſchlug
um fih, daß ihm Niemand nahen durfte, Alfo machte er
— 472 —
weiten Raum um fih und rief Montjoie. Da das Die von
Paris erfahen, daß es Hug mar, fagten fie es dem Conſtabel.
Deffen ward er fehr erfreut und hieß das Vol zu der Pforte
fehren. Graf Friedrich drängte hart auf Hugen; denn der
war vor der Pforte abgefeßen und mollte nicht in die Stadt,
fo lange bis fie Alle hineinkämen. Er ftritt fo ritterlich, dag
es Männiglich Wunder nahm: weichen er erlangen mochte,
den ſchlug er zur Erden bis fie Alle in die Stadt kamen. Da
gieng auch Hug hinein und thät feinen Eifenhut ab. Da
erkannten ihn erſt die Bürger und die Nitterfchaft, und
lobten Gott, daß er gefommen war, und fprachen: Unfere
gnädige Frau, die Königin, fell Hugen billig ehren, denn vor
ibm haben die Feinde feine Ruh: er ift bei ihnen und von
ihnen mann er will, fie Fönnen fih nicht vor ihm hüten.
Alfo ritt der Gonftabel und die andern Grafen mit Hugen
zu dem Pallaft und fagten der Königin und ihrer Tochter
alle Lob und Preis von Dugen, Des freute fi die Königin
fehr und fragte Dugen, wie er zu der Pforten hinausgekom—
men wire. Gnädige Frau, ſprach Hug, ich will euern
Gnaden die Mahrbeit fagen. Ich hatte mich angethan und
wollte reiten, meine Verheißung zu erfüllen, da waren mir
die Pforten zugeſchloßen. Da jtedte ich meinen Harniſch in
einen Sack und gab ihn meinem Knecht, ihn hinaus zu
führen, und befchied ibn, mein zu harten in einem Garten,
Des Nachts ließ ich mich heimlich an einem Seil von der
Mauer und kam zu meinem Knecht, thät mid an und ritt
in das Heer, Da ſah ih manch ſchön Gezelt und erfannte
an dem Wappen den König, dem ich mehr denn ein Jahr
treulih gedient; dafür wollt er mich henken laßen einer
=
Jungfrau willen, Solchen Hochmuth hab ich ihm vergol:
ten mit dem Schwert, daß er vor mir geitredft lag. Da
£amen feiner Diener wohl zmweihundert, und fchufen mir
folhe Noth, dag ih nicht auf mein Roſs fommen Eonnte,
Zulest fieng mich ein edler Graf und führte mich von ihnen
und fchidte mich heimlich mit feinem Edelknecht zurüd,
Alſo bin ich abenteuerlid entfommen. Gott bebüte den
edeln Wildgrafen, der mich fieng, und mehre fein Lob
ewiglich.
Die Königin beſah ihn mit Staunen und ſegnete
fi des Wunders, daß Hug den mächtigen König in feinem
Gezelt vor den Seinen alfo freventlich erftohen hatte. Es
mwunderte aud) die andern Herrn, die es hörten, und Ciner
fprah zu dem Andern: Hug wir wohl würdig um feiner
Mannheit willen ein Königreich zu handhaben. Wollte Gott
vom Himmel, daß er unferer Königin getraut wäre und
dieg ganze Königreich in feiner Gewalt flünde, er würde eg
wohl befchirmen. Die Königin vernahm das Gemurmel
unter den Bürgern, die Dugen höchlich lobten und ward zur
Liebe gegen ihn bewegt und gedachte: Ach Gott, wäre die:
fer Süngling von bober Geburt! Er ift von Leib und Ge—
ſtalt der ſchönſte Süngling, den ich je erſah; er hat alle
Mannheit und eines Löwen Muth und Herz. Als es Zeit
war, daß man eßen follte, und die Königin und ihre Tod:
ter fhon bei Ziiche faßen, nahm der Conftabel Hugen und
feste ihn oden an, Da widerfegte fih Hag ſehr und wollte
nicht über den Grafen ſitzen; aber Alle bejtanden darauf, er
müße fißen wohin man ihn wies, Soldhe Ehren erwarb er
mit feiner Hand,
— 41 —
Wie Graf Friedrich der Königin Frieden antragen
ließ und welche Antwort er empfieng.
Unterdes war Graf Sriedrih zu dem Lager zurüd ge—
zogen mit großem Schaden, den er an feiner Nitterfchaft
genommen hatte, Er fprach zu dem Herzog von Burgund:
Mie follen wir die Sachen anfangen? Die von Paris thun
uns großen Schaden. Der Graf von Dammartin hat euch
nicht lieb und ift doch euer nüchfter Verwandter. Die bei-
den Grafen von Thorine und von Sansfon find aud) wider
uns und ftehen den fhnöden Bauern bei. Kürmahr, ſprach
der Herzog von Burgund: Sch hab gehört, es fei Einer
unter ihnen, genannt Hugſchapler, der übt fih mannlid und
thut uns großen Schaden, Er ift derfelbe, der die Irrungen
in dem Pallaft anhub und euern Bruder erfchlug ; es ift ein
ſtolzer Lecker. Als fie in diefen Neden waren, Famen König
Hugwans Diener und fielen auf die Kniee vor dem Grafen
und fprahen: Gnüdiger Derr, wir begehren Rache über
einen Böfewicht, der unfern Herren ermordet hat. Der
Graf erfchra€ und fprah: Wer ift es? Herr, ſprach der
eine, ich Eenne ihn wohl, er heißt Dugfchapler und hat einft
unferm König löblicher Gedächtnifs gedient. Der Wildgraf
hat ihn gefangen. Der Graf gebot, daß man alsbald den
Mörder vor ihn brächte und ſchwur bei dem allmücdhtigen
Gott, er wollte weder een noch trinken, er hätt ihn denn
zuvor erhängt. Als dieß der Wildgraf erhörte, fprac er:
Edler Graf, ihr follt nicht alfo ſchwören, denn ich weiß nicht
wo ich ihn holen foll. Sch fieng ihn und führt’ ihn in mein
Erzelt und ließ ihn hart binden. Nun hatt ich einen guten
— 4175 —
Edelmann, der war mein Kammerknecht; dem hätt ich Leib
und Gut vertraut und meinte, daß ein frömmerer Knecht
nicht zu finden wäre, Er hat mich aber böslich betrogen
und ift mit ihm hinweg, während ich im Streit gemwefen bin.
Deffen ward Graf Friedrich im Herzen fehr betrübt und
fprah: Das ift der gemwefen, der mir meinen Bruder erfchlug.
D Gott, möcht er mir werden! Der Herzog von Burgund
fprah: Wir haben großen Verluſt gebabt feit wir hieher
gefommen find, an Hugwan von Vanefife dem König, dem
Grafen von Eftempe, dem Herzogen von Berrn, Grafen Em:
merich von Ranrion und andern guten Nittern und Knech—
ten. Nun ift mein Rath, ihr follt einen guten verftündigen
Boten zu der Königin ſchicken und ihr entbieten, ihr wollt fie
und ihr Volk zu Gnaden annehmen mit dem Beding, daß
fie euch den Böſewicht fende und eure Tochter zur Ehe gebe,
Und wenn fi die Bürger darein ergüben, fo wolltet ihr
ihnen feinen Echaden mehr zufügen. Ich mweiß wohl, es
geht ihnen Koft ab in der Stadt, darum werden fie guter
Borfchaft froh fein und euch gehorſamen. Der Graf ſprach:
Sch will euch folgen, und befahl das einem verftändigen Ritter,
genannt Wilhelm von Vertus; der verfprach die Botfchaft ges
treulich zu werben. Er faß auf und ritt allein in die Stadt big
vor den Pallaft: da faß er ab und gieng hinein und ſprach zu
der Königin: Gott der Schöpfer aller Dinge wolle euch alle
behüten und diefem Königreich feinen Frieden fenden, Ich
bitte euer Gnaden, daß ihr nicht zu Undank eine Botſchaft
aufnehmt, die mein gnädiger Herr, der Graf Friedrich, mir
befohlen hat, euer Gnaden zu fagen. Er erbietet euer Gna—
den, daß ihr ihm eure Tochter geben wollet zu rechter Ehe,
— 46 —
fo will er eud) feines Bruders Tod verzeihen und das Land
und die Stadt hinfort unbeſchädigt laßen, mit dem Beding,
daß ihr ihm den fendet, der ihn ermordet hat, Wo das nicht
gefchieht, will er von der Stadt nicht Eommen, er habe jie
denn genommen und ganz zerffört.
As die Königin diefe Botſchaft hörte, fah fie Hugen
gütlih an und fprach zu dem Boten mit lahendem Munde:
Freund, man wird eudy alsbald eine Antwort geben. Sie
berieth Fich Eürzlich mit ihren Unterthanen und ſprach dann
fo zu dem Boten: Sage deinem Deren zum erften, meine
Tochter möge er nicht haben, denn fein Bruder hat ihrem
Vater löblicher Gedächtnifg vergeben. Zum Antern, den
Diener, der feinen Bruder Savary erfchlagen hat, möchten
wir nicht entbehren. Hat er ung gedient und unfere Feinde
erſchlagen, fo ift billig, daß wir ihm beßer lohnen als dein
Herr begehrt. Wir fagen ihm des Lob und Dank und wol:
len ihn auch herrlich begaben. Jedoch fagt ihm, meil er un:
feres Dieners begehre, fo wollten wir ihn zu feinem Gezelt
fhiden ehe lange Zeit vergehe. Gnädige Frau, ſprach der
Ritter, bat euch der Gefell, von dem ihr fprecdhet, fo wohl ge—
dient als ihr fagt, fo ift billig, daß ihr ihm wohl lohnet;
ich aber babe meine Botfchaft geworben, euer Gnaden Ant:
wort auch wohl verftanden. Gott wolle euh Alle bewahren
und euer Leben lange friften, Reit hin, ſprach die Königin,
dab di Gott behüte. Der Ritter fhied von dem Pallaft,
ſaß auf fein Pferd und ritt zu feinem Herrn in fein Ögzelt:
darin waren viel der Herren, die der Antwort der Königin
harrten. Gnädiger Herr, ſprach der Ritter, die Königin hat
mir gefagt, ihre Tochter möge euch nicht werden, und ber
— A
Gefell, den ihr fordert, habe ihr estreulich gedient, fie fei ihm
auch getreuen Zehn fhuldig. Jedoch, weil ihr ihn begehrt
hättet, fo wolle fie ihn ehe lange Zeit hingegangen, in euer
Gezelt ſchicken. Das ift ihre Antwort.
Als der Graf die Rede vernahm, ward er fehr zornig
und ſprach zu dem Derzogen: Hilft mir Gott, daß ich die
Stadt gewinne, fo verheife ich, daß ich fie zerftören will und
die Königin verbrennen, Dazu will ich helfen, ſprach der
Herzog.
Wie bie Königin Dugfhapeln das Herzogthum
Drlieans gab und ihn zum Ritter fchlagen lief.
Dermeil faß die Königin und ihre Tochter in dem Pallaft
mit ihren Grafen und Herrn und ergeäte ſich freundlich mit
ihnen; jedody hatte fie Hug vor ihnen allen lieb und ge=
dachte: O allmächtiger Gott, wie ift Hug ein tugendfamer
bübfher Mann von Leib und Geftalt. Wär er von hoher
Geburt, fo möchte er wohl zu hohen Ehren fommen. Nun
ift er von feinem Adel: dennoch hab ich ihn lich, Aber
Scham bezwingt mich, daß ich meine Gedanken nicht offen=
baren darf, fogern ich e8 thäte. Doch hat Liebe eine Be:
gierde in meinem Herzen erwedt, daß mir gänzlich zu Sinn
ift, wollte es ſich fhiden, er wire mein wohl würdig, wie—
wohl ic eine Königin bin. In folhen Gedanken ftand die
Königin auf und gieng in ihre Kammer und nahm Marie
ihre Tochter mit. Die Königin hatte manchen wilden Ger
danken, ihre Zochter merft’ es, fah fie an und ſprach: Frau,
was mag euch fein? Ihr verwandelt eure Farbe einmal
— 4785 —
übers andre, Habt ihr irgend ein Ungemah? Nein, ſprach
fie, liebe Zochter: mir ift leid um den großen Schaden, der
ung und dem ganzen Lande von unfern Feinden gefhieht,
mwiewohl fie nob mwenig an ung gewonnen haben, denn
Hugſchapler hut ihnen den Beften erſchlagen. Mich wun-
dert feiner großen Kühnheit und der Thaten, die er voll:
bringt. Man findet nirgend feines Gleihen an Mannbeit
und böflihen Sitten, und wär er fonjt von Adel dazu ge—
boren, er wir wohl würdig ein König zu fein, Obgleich das
nicht ift, fo wollt ich ihn Loch, wenn ich nicht beforgte, daß
man mir e8 verkehren würde, zu einem ehelihen Gemahl
nehmen; ich wollte wahrlich feinen andern für ibn begehren.
As Marie ihre Tochter dag hörte, gefiel ihr die Rede
nicht wohl, Liebe Mutter, ſprach jie alsbald, mir ift auch
eines Herrn und Gemahls Noth, der herrlich, mannhaft und
kühn fei, der den Krieg gegen den Grafen und feine Del:
fer führen und das Königreich regieren möge, Nun ift ge—
wifs, daß Hug fo herrlich und Eühn und ein fo ftolzer Mann
ift als einer leben möge, Darum bitte ich euch gar freunde
lich, dag ihr einen andern Herrn nehmen und mir Hugen
laßen wollt.
Diefe Worte fhnitten der Königin durdy dag Derz und
erfchredten fie fo fehr, daß fie nicht wufte was fie dazu ſa—
gen ſollte. Endlich fprad fie: Bei Gott, Tochter, ihr fragt
nah Niemand nichts: wenn nur euer Wille ergeht, fo
dünft euch, ihre hüttet es wohl gefhafft; euch ift Lieber für
euch denn für Jemand anders, Doch auf meine Zreue, da
ihr fagt, daß ihr Dugen liebt, fo will ih euch das nicht ver—
kehren, denn mir ziemt fürbaß nicht mehr, Liebſchaft zu ha—
— 479 —
ben, gedenfe auch nicht mehr zur Ehe zu greifen, da mein
Herr felig feld ein edler König geweſen ift. Denn nühm ich
einen andern Mann, der niederer wäre, das würde mir ver:
wiefen. Aber Dug hat ung viel Gutes getban, fein Leib
und Leben wagt er in unferm Dienft, darum bin idy Willens
ihm Gutes zu thun wie er es wohl verdient. Indem rief
fie Gerhard ihren Kammerdiener, daß er Hugen zu ihr be:
fheiden follte. Das gefhab, er führte Hugen auf die Seite
und fprach: Herr, meine Gnädige Frau hat nach euch gefen-
det. Dugfchapler ſprach: Sch bin ihr gern geborfam, und gieng
alsbald in der Königin Gemach. Da neigte er ſich auf die
Kniee und ſprach: Was gebeut meine gnädige Frau? Sie
ſprach: Ihr habt uns treulicy gedient: das mill ich euch
wohl lohnen und gebe euch das Herzogthum Drleans zu
eigen, und euern Erben zu ewigen Zagen, denn mein Bru—
der Herr Naus ift geftorben, Gott wolle feiner Seele gnädig
fein, und ift das Land an mich erftorben: ich ftelle es in eure
Hand mit allen Knehten und will, daß ihr alsbald zum
Ritter gefhlagen und ein Fürſt geheißen werdet. Ihr ſollt
feinen Mangel haben, Alles was wir vermögen wollen wir
mit euch theilen. |
Gnädige Frau, fprah Hug, diefe Gabe mwill ich dank—
barli von euer Gnaden empfangen und Gott bitten, daß
er euch daS lohne. Ich will audy all meine Tage Ew. Gna-
den ein getreuer Diener fein und euch bis in den Tod mit
ganzem Herzen und Begierden beiftehen. Die Königin
ſprach: Hug, ihr follt mich wohl verfieben , Ihr feid von
nun ein Herzog von Orleans geheißen, ich Fann euch für
dießmal nicht mehr begaben: nehmt «8 zu Dank an. Dazu
— 4850 —
hab ich euch zum Kitter auserforen und follt ihr euch hin-
fort Eöftliher und fürftlicher halten. Folgt den Beften nach
und mas ihr dabei verthut, es fei wenig oder viel, das foll
Alles wohl bezahlt werden: habt darum feine Sorge.
Frau, ſprach Hugſchapler, Gott der Herr wolle euern
Gnaden Gut und Ehre mehren. Solhe Gabe, wie ihr mir
gebt, hab ich nicht verdient, doch mill ich fie gern von Em,
Gnaden empfangen und bernach mit Leib und Gut ver:
dienen. |
Don Stund an ward Hugfchapler ein Herzog von Or—
leans geheißen und von der frommen Königin fehr geehrt.
Noch fprady fie: Hug, ihr follt ein Halfen und Küffen von
mir haben oder von meiner Tochter, welches ihr am liebften
haben wollt. Frau, ſprach Hug, fo es mir erlaubt ift, fo will
ihs von eurer Zochter haben, denn wider ihre Feinde mill ich
mein Leben wagen, ihr Land zu behüten. Auf meine Treue,
fprab die Zochter, ihre follt ein freundliches Halfen und
Küffen von mir haben; und nahm ihn gütlich in die Arme
aus großer Lieb und Freundſchaft. In folder Weife kam
Hug in hoben Stand und zu großen Ehren, Er ritt aud)
darnady noch manchmal aus und ein zu Paris und erfchlug
noch Manden, und man nannte ihn nicht anders denn
Herzog Dug von Orleans.
— 481 —
Wie die beiden Shwäger Drogan von Venedig und
König Benedict von Ungarn der Königin zu Dülfe
famen und Hugſchaplers Söhne aus Brabant und
Hennegau nah Paris famen, ihren Vater
aufzufuden.
Nun währte die Belagerung von Paris fo lange, daß
man darin großen Mangel empfand an Korn, Mein, Holz
und Salz und wir esihnen theuer zu ftehen gekommen, wäre
ihnen nicht Dülfe und Enıfag genabt. Darum laße ich
dieß anftehen und fage von Drogan von Venedig und König
Benedict von Ungarn, die mit dreißigtaufend guter Nitter
haft zu Ehiff gegangen waren. Sie fuhren auf die ho—
ben Meere fo lange bis fie in dem Hafen, Spige der Erde
genannt, zu Land kamen, welcher der äußerfte ift in ganz
Frankreich. Da faßen fie zu Pferde und ritten durch einen
Wald den nächſten Meg auf Paris an, Inzwifhen war
Graf Friedrich fehr betrübt, daß er mit großer Macht und
großen Koften doch fo wenig an der Stadt ausrichtete, Der
meilte Schaden geſchah ihm von Hugſchapler, dem Herzogen
von Orleans, der ihm fo viel Verdruß ſchuf, denn er kam
gar oft vor ihre Gezelte gerannt und ließ ihnen wenig Ruhe.
Dafür ward er von der Königin und dem ganzen Adel fehr
gelobt und geehrt. Dieſe Märe erfholl duch ale Lande,
wie der Hugſchapler fo hohen Preis bei der Königin erwor—
ben hätte und damit zu großen Ehren und Reihthum ge:
fommen wäre. Nun war Hug zuvor in Dennegau und
Brabant lange der Buhlfhaft nachgegangen und mande
Jungfrau hatte von ihm empfangen mie ihr mehl gehört
Dtſche Volksb. Ir Bd. 31
habt. Derfelben Mütter Etliche fprachen zu ihren Knaben,
da fie zu ihren Jahren gefommen waren: Ihr feid groß
und ſtark: warum geht ihr nicht nach Paris und fragt nad
Hug euerm Vater, der ein mächtiger Kerr geworden ift? Er
wird eurer froh fein, ihr feid fhöne Sünglinge, Als die
Mütter alfo zu ihren Söhnen fprachen, begann fih ein
Theil derfelben zu vereinigen, fie wollten gen Paris, Ich
will euch aber fagen wie fie zufammen famen. Sie waren
von Mecheln und von Hennegau und kannten einander
wenig, doch hatten fie von ihren Müttern fagen gehört, daß
Hug ihre Vater fei. Da fie nun ihren Vater nie gefehen
hatten, fo gefellten fi) ihrer wohl fünfe zufammen und wur—
den zu Rath gen Paris zu ziehen. Alfo machten fid auch
Drei andere zufammen, einer von Malonge und zmeie von
Bergen in Sennegau, junge Geſellen, die auch erfahren
hatten, daß fie Hugſchaplers Söhne wären. Diefe zehn Jung:
gefeilen nahmen ihren Weg auf Paris an, jeder Theil aus
feinem Zande, giengen auc nicht zufammen, fondern kamen
von dreien Landen ber und trafen doch zugleich in Senlis
ein und duch) Zufall wählten fie diefelbe Herberge. Einige
hatten fidy fehr müde gegangen und hätten gern gegeßen und
getrunken. Als nun das Eßen bereit war, ſetzten fie fich
zu Tifhe: da fragten die Gefellen von Brabant die
andern, von wannen fie wären, Sie antworteten: Wir find
aus Hennegau und wollen morgen gen Paris, Auf meine
Zreue, fprady Einer von ihnen, Heinrich genannt, ich möcht
auch gern mit eudy gen Paris geben. Das wäre ihnen lieb,
verfesten die Andern, Alfo aßen fie zu Naht und hielten
gute Geſellſchaft und tranfen den guten ſtarken Wein und
— 43 —
machten dann die Zeche und bezahlten den Wirth, Darnach
ſprach Einer unter ihnen, genannt Suchart, der fein ber
fcheiden Theil auch getrunken hatte: Ihr Gefellen, Krank:
reih ift ein gut Land, und guter Wein da mohlfeil; ich
habe beßern Wein nie getrunfen, Ich begebre nicht mieder
heimzufehren in meiner Mutter Haus noch in dem nächſten
Jahre; ich will gen Paris gehen, da hab ich gute Freunde:
mein Vater wohnt jest da und ift fehr reich geworden. Er
ift der männlichſte und vornehmfte, der in ganz Frankreich
fein mag. Schmweig, fprady ein Anderer, du mweift nicht was
du redeſt, wie mag ein linfeliger, wie du bilt, fich folcher Dinge
berühmen? Es find wohl Andere da, Sch hab einen Bar
ter, der ift herrlich gehalten und viel reicher denn dein Vater
ift, denn das Herzogthum vor Drleans ift fein Rand zu erb
und eigen und nennt man ihn den fühnen Hugſchapel. Als
die andern von Brabant diefe Rede vernahmen, ſprachen
fie: Lieben Gefellen, ift es alfo, fo find wir Gebrüder vaters—
halb. Da befprachen fie fi) und befanden, daß fie alle zehn
Gebrüder und Hugfchapels Söhne waren, Des Morgens
früh giengen fie mit einander gen Paris und hatten unter—
wegs mancherlei Geſpräch und Anfchläge, wie fih ein Jeder
feinem Vater zu erfennen geben wollte. Auf meine Treue,
fprach Einer, Heinrich genannt, meine Mutter ift eines Rit—
ters Tochter: wen follt ich daran lügen? In Wahrheit,
fprach der Andere, meine Mutter ift die Tochter eines Edel:
manng, der noch jest zu Malonge wohnt und Reinhart heißt.
Sch meine, wenn wir ihm ein gut Wahrzeichen fagen, er
wird uns gern aufnehmen. Mit folhen Reden kamen fie
dis gen Paris und fprachen, fie wären aus dem Lande Or⸗
31*
— 484 —
leans und gehörten Hugſchaplern zu. Da ſchloß man ihnen
auf und ließ fie ein. Sie giengen mit einander in ein
Wirthshaus und beriethen fich wie fie ihren Sachen nad:
gehen wollten. Da fprad Heinrich: Lieben Brüder, wir
find durch ein Ungefähr zufammen gefommen und find
Alle Gebrüder, wie ihr wohl wißt. Nun ift unfer Vater
von allen Menfchen hoch gehalten und angefehen ; ich fürchte
wenn mir ihn fo Überliefen und ung ihm zu erkennen gäben,
das wär nicht höflich, denn wir find nicht geharniſcht noch
fonft mwohlgekleidet, er möchte das wohl verſchmähen und
fi) unfer fhämen. Ich babe wohl noch hundert Gul—
den, die mir meine Mutter beim Abfchied gab, die will ich
an ung legen und leg euer Jeder was er vermag hinzu, fo
wollen wir uns herrlich und mwader Eleiden und gute Dar:
nifhe Eaufen, damit man uns audy zum Etreit beftellt.
Hätte unfer Jeglicher einen guten Panzer, wir liefen hinaus
an die Feinde, Gut zu geminnen, daß wir beritten zurüd
Eimen. Dann dürften wir uns unferm Vater wohl zu
erkennen geben und madıten ihm feine Schande. Der An
ſchlag gefiel ihnen Allen wohl ; fie giengen in eines Harniſch—
machers Haus und befteilten was Seglicher bedurfte, und
behielten noc; Geld übrig. Da giengen fie zu der Pforte
des Tempels und hießen fih auffchließen, fie wollten fehen
ob ihnen ein Abenteuer mwiderführe. Sie giengen an einem
Berge hin, der Märtlerberg genannt, um den war der Wald
und am Fuße des Bergs ftand ein fchöner Brunnen. Die
Schrift fagt, daß dem lieben heiligen Ludwig dafelbft das
Haupt abgefhlagen ward. Bei demfelben Brunnen waren
wohl zehen Reiſige von ihren Pferden abgefeßen ſich zu ru:
— 41855 —
hen und zu erfühlen gar ohne Eorge, denn es war näher
bei dem Lager denn bei der Stadt. Nun famen diefe zehen
Sefellen, Hugfhaplers Söhne, ftillfhmweigens gegangen und
fahen die Pferde an den Bäumen gebunden, Lieben Brüder,
fprah Heinrich, will es uns nun glüden, fo möchten wir
beritten werden. Sie beriethen fich Eurz, fie wollten einan-
der getreuli helfen und liefen die zehen Ritter an und
fchlugen fie auch alle zehn zu Tode und zogen ihnen den
Harnifh aus, und nahm Seglicher was ihm gerecht war.
Das legten fie und ſprachen: Nun dürfen wir fröhlich zu
unferm Vater Eommen als gute Öefellen, da wir gewappnet
find und zu Pferde gefeßen.
Nun zogen Die von Paris heraus vor die Stadt; das
laß ich aber und fomme wieder zu König Drogan von Ve—
nedig und Benedict von Ungarn, Die waren in St, Niclas
angefommen, welches vier welfche Meilen von Paris liegt.
Da ſprach der König Drogan: Lieber Schwager, ich fage
euch insgeheim, daß ich zu Fuß gen Paris gehn will, mit
meiner Niftel der Königin zu reden, daß ich recht erfahre,
warum fie von den Feinden überzogen und ihnen fo verhaßt
ift. Erfahr ih das und gefchieht ihr Unrecht, fo mill ich
auch felbft Graf Friedrichs Lager befhauen, damit ich ihre
Drdnung erkenne und mir uns darnach richten mögen,
Bleibt hier bei unferm Volk bis ich euch Botſchaft ſchicke.
König Benedict fprah: Herr, eure Meinung gefüllt mir
wohl,
we =
Wie König Benedict Bettlers Kleider anzog une
in Graf Friedrihs Gezelt Hugſchaplers Kinder
Mannheit üben ſah.
König Drogan Eleidete ſich in Bettlersgeftalt, hieng einen
leinenen Pilgerfa® an den Hals, als käme er von Et.
Jacob und gieng vor Paris in das Lager und befah all ihre
Drdnung. Da fah er fo viel Volks, daß ihn Wunder nahm
und gedachte bei fih: Wie geht das zu? dieß Volk ift zum
meiftentheil dem Königreich Frankreich verpflichtet: wie mag
meine Bafe das verfchuldet haben, daß fie ihr ſolche Feind:
fchaft tragen und fie vertreiben wollen? Er befchaute jedes
Gezelt und fah fhöne Ordnung und Fam zulest zu Graf
Friedrichs Gezelt, darin viel Fürften und Herren waren.
Er gieng hinein mit feinem Pilgerftab und fiel vor dem
Grafen auf die Kniee und legte feine Hände zufammen und
ſprach demüthiglich: D edler Herr, gebt mir euer Almofen
um Öotteswillen, ich fomme von fernen Landen und bin
auf diefer Fahrt bei dem heiligen Grabe geweſen und ward
in der Deidenfchaft gefangen in einer Stadt, darin der Eul-
tan wohnt. Sch habe harte Pein und Arbeit erlitten, fteuert
mir armem Bruder, daß euch Gott immer lohne. Der Graf
ſprach: Bruder, von wannen bift du? Gnädiger Herr, ſprach
Drogan, ih bin von Venedig, aus dem Land, da den unge
tathene Emmerich Herr war, den die Ungläiubigen erfchlagen
haben, Gott wolle e8 erbarmen. Sein Sohn Drogan hat
nun das Königreich inne, Graf Friedrich gab darauf wenig,
meil e8 der Königin Bruder gewefen war und ſprach: Eeine
Schweſter die Königin ift jest wider mich, id) laß es an Gott,
Se —
und getraue mid aud wohl an ihr zu rächen. Drugan
ſprach: Gott wolle euch zu Necht verhelfen, wie ich dag von
Herzen gerne ſehe.
Dieß gefhahb um Efengzeit, da die Zifhe in dem
Gezelt bereit waren. Der Graf und die Andern alle fegten
fih zu Zifh, man hieß den Pilger auch figen und brachfe
ihm das erfte Gericht; fie aßen alle und waren fröhlich.
Uber ehe das Efen vorbei war, kamen fie zu großem
Schreden. Denn als die zehn Baftarte, Hugs Kinder, die
zehn Ritter erfchlagen und ſich mit ihren Harnifhen ge
mwappnet hatten, fprah Heinrich zu feinen Brüdern: Es
geht uns gar wohl, Gott fei gelobt. Das Glück ift unfer
Helfer, unfere Sachen haben fich fehr gebeßert. Aber wollt
ihr mir folgen, fo beftehen wir noch ein Abenteuer, davon
man nad hundert Jahren noch fagen müfte. Ihr wißt
mohl, das unfer Vater durch feine Mannheit und Kühnheit
Preis und Ehre, dazu Land und Leute erworben hat. Das
Geblüt ift nicht gut, das feiner Art nicht nachſchlägt. Uns
fer Vater beftand mie ihr wißt ein großes Abenteuer allein
in diefem Lager, Nun find wir unfer zehn: wir follten
billig auch etwas wagen. Laßt uns fühnlich in das Heer
reiten, Niemand wird ung erkennen, und gelingt es ung, in
Graf Friedrichs Gezelt zu fommen, wir mollen ihm fein
Leben kürzen. Der Anfchlag gefiel ihnen allen wohl, Alfo
titten fie an das Lager und fragten nad) Graf Friedrichs
Gezelt und wurden dahin gemiefen. Unterdes waren Die
von Paris ausgezogen und wollten fie auch im Lager über:
fallen. Als fie an das Gezelt kamen, ſprach Heinrich: Unferer
fünf fisır ab und andere verwahren unfere Pferde, damit
= —
wir von binnen fommen, mie fih unfere Sachen auch ftek
fen mögen. Alſo giengen ihrer fünf in das Gezelt; die
andern fünfe bielten draußen bei den Pferden, drinnen aber
faßen die Herrn bei Tiſch und afen.
Heinrih mit vieren feiner Brüder trat vor den Tiſch
und begann das Benedicite zu ſprechen wie nachfolgt: Gott
der Allmächtige wolle Graf Friedrichen und alle feine Hel-
fer zu Schanden machen, melde die Königin wider Recht
befriegen. Der Lohn müße euch Allen werden. Da fprang
der Graf von Berri auf und lief ihm entgegen; er that feiner
Tage nie fo große Ihorheit, denn Heinrich fhlug ihn mit
einem Streih zu Tod. Graf Friedrich fprang hinter fich,
feine Diener liefen hinzu. Simon der Kammerknecht wollte
Heinrich anrennen, dem fhlug Richard durch den Hals,
Daß der Kopf von dem Leichnam fiel vor den König Drogan,
der in Pilgers Weife da am Tiſch ſaß. Der Pilger lachte
des heimlich, denn der Kopf fiel in eine große Schüßel Ge-
bratenes. Drogan flieg das Haupt daraus mit feinem Pil-
gerſtab. Unterdes wurden noch viel guter Nitter und Knechte
erfchlagen und verwundet; jedoch Eamen ihnen der Grafen
mehr denn hundert zu Hülfe. Als Heinrich fah, daß fo
Diele zu Dülfe kamen, liefen fie zu ihren Pferden. Das fah
König Drogan mit Freuden, Milder Gott, fprad er, hilf
diefen jungen ®efellen, daß fie ohne Tchaden ihres Leibe
davon kommen, denn fie haben ein hübfches Abenteuer be-
ftanden. Wollte Gott, daß ich zu Paris bei der Königin
wäre, und diefe Gefellen bei mir hätte, fürmahr ich wollte
fie zu Rittern fchlagen wie fie eg wohl verdient haben. Er
gedachte auh: Du möchteft hier wohl übrig fein. Alſo gieng
=. —
er aus dem Gezelte. Hugens Söhne hatten wohl funfjehen
Ritter erihlagen und Viele verwundet, Graf Friedrich
felbft war an zwei Enden wund. Die jungen Gefellen
famen auf ihre Roffe, hätten aber vor den Feinden nicht
entkommen mögen, wären die von Paris nicht heraus ges
zogen, die von diefen Gefhichten nichts mwuften. Sie rann—
ten vor die Gezelte und ließen die Trompeten fhallen. Kö—
nig Drogan begegnete ihnen und ſprach: Yieben Herrn, hört
mih um Gottes Willen! Eilt zu Graf Friedrichs Gegelt:
8 find zehn junger Gefellen unverfehens hinein gefommen
und haben dem Grafen und den Seinen großen Schaden
zugefügt. Darum fommt ihnen zu Hülfe, es thut ihnen
Noth. Damit gieng König Drogan in Bettlersgejtalt nad)
Paris,
Herzog Hug von Orleans und der edle Gonftabel führten
ihr Volk ins Lager vor des Grafen Friedrich Gezelt. Da
ſah Hug, wie fie alle auf die zehn jungen Geſellen ſchlugen.
As aber Die von Paris ihren zu Hülfe Eamen, flohen Graf
Friedrichs Leute fo fchnell fie mochten, Als Herzog Hug die
Sunggefellen ſah, die fehr müde geworden waren, ſprach er
zu dem Gonftabel: Das find gemifs die zehn Sunggefellen,
von denen uns der Wallbruder gefprohen hat, Lieben Ge—
fellen, fragte er fie, von wannen feid ihr? Euch ift wohl Lob
zu fagen. Herr, fprach Heinrich, wir find alle Gebrüder und
unfer Keiner bat feinen Vater je gefehen. Wie wir ver:
nommen haben fteht er am Hofe zu Paris in hohen Ehren.
Darüber kam ein Nitter zu dem Gonftabel und fpradh:
Freunde, mir möchten bier wohl zu lange bleiben: das
ganze Heer hat ſich gefammelt, und zieht mit Macht heran.
— 49 —
Der Gonftabel ritt zu Herzog Hug und ſprach: Wie wollen
wir thun? die Feinde find uns zu ftarf, ich rathe wir rüden
der Etadt zu, daß mir unfer Volk nicht thöricht zu Schaden
bringen, wir haben den Feinden heut großen Echaden zu—
gefügt. Wenn die Sachen gut fiehen, foll man fie nicht
ärgern. Hug fprah: Es ift gut: heißt zum Aufbruch bla=
fen und das Volk zur Stadt kehren ; wir wollen mit dem
reifigen Gezeug zu hinterft bleiben, daß ihnen Fein Schaden
gefcheben möge.
Als die Feindefahen, daß fie zur Stadt kehrten, rannten fie
von allen Enden nach. Aber Herzog Hug undder Conftabel mit
demreifigen Volk wehrten fih fo mannlich, dag ihre Sußleute zur
Pforte hinein kamen ob es den Feinden lieb mar oder leid.
Hug und der Gonftabel und andere Grafen und Herrn
titten mit Hugs Söhnen dem Pallaft zu, wo fie Drogan
fanden, der fich der Königin zu erkennen gegeben hatte, Sie
hatte ihn mit £öniglihem Gewande geziert, und freute fich,
daß er in Nöthen zu ibr gefommen mar. Er hatte aud
der Königin gefagt, wie er fi mit feines Schwagers Wißen
alfo verkleidet und in Pilgersgeftalt in das Lager gegangen
wir, das Heer zu befhauen, und wie fünf junger Gefellen
in das Gezelt gekommen wären, und wie Viele fie darin
erfchlagen hätten. Ein junger Gefelle war darunter, der
konnt redlih Streih austheilen. Er hatte fein Schwert in
beiden Händen und fhlug einem Ritter fein Haupt mit
einem Schlag ab, daß es vor mir auf den Tiſch fiel in eine
große Schüßel Gebratenes. Ich fließ mit meinem Stab
das Haupt aus der Schüßel. Könnt ich die Gefellen wieder-
finden, ich wollte fie all mein Keben lieb haben.
En
Wie König Drogan Hugens Söhne zu Rittern
ſchlug.
Alſo kamen die Herrn mit Freuden zu dem Pallaſt ge—
ritten; die Königin und ihre Tochter giengen ihnen mit König
Drogan entgegen. Drogan hieß ſie willkommen und ſagte
den Herren großen Dank; ſo that auch die Königin. Die zehn
Junggeſellen giengen auch mit hinauf; König Drogan
erkannte ſie ſogleich und ſprach zu ihnen: Ihr Geſellen
kommt herbei, wir haben mit euch etwas zu reden. Er
führte ſie aber zu der Königin. Als ſie die erſahen, fielen ſie
vor ihr nieder auf die Kniee und erboten ihr ihren willigen
Dienſt. Drogan ſprach: Ich antworte euch dieſe Jungge—
ſellen und bitte, daß ihr ſie wohl begabt; ſie ſind vermeßent—
lich in des Grafen Gezelt gekommen und haben euern Fein—
den großen Schaden gethan; ich habe das mit meinen
Augen geſehen. Auf meine Treue, ſprach die Königin, ich
will ſie wohl begaben. Lieben Geſellen, von wannen ſeid ihr?
Gnädige Frau, ſprach Einer, wir kommen aus Hennegau
und Brabant, und ſind unterwegs zuſammen getroffen und
durch Zufall erfuhren wir, daß wir alle Brüder ſind von
dem Vater her: den wollen wir hier aufſuchen. Die Königin
ſprach: Wer iſt denn euer Vater? Sie ſprachen, wir kennen
ihn nicht anders als dem Namen nach, den uns unſere
Mutter genannt hat. Unſer Keiner hat ihn je geſehen. Die
Königin ſprach: Dürft ihr ihn mir nicht nennen? Ja, gnä—
dige Frau, er ward uns genannt Hugfchapler uud foll hier
bei Hofe fein ; darum find wir hierher gefommen. Ueber die:
fen Reden kam Herzog Hug gegangen: da hub die Königin
an und fprad vor all den Herrn: Fürwahr, Herr Hug, bier
ſieht man wohl, was Manns ihr gemefen feid: ihr habt euer
Theil nicht verſäumt. Schaut her, diefe zehn Geſellen find
all eure Söhne: wo habt ihr die Töchter verborgen ? Sit
es nicht eine feine Zucht ? feht felber zu.
Da Hug diefe Nede hörte, ward er fhamroth und ſprach
zu der Königin: Gnädige Frau, ich kann nicht leugnen, daß
ich Die Liebe meiner Tage wohl geübt und Frauen gedient
habe. Fürmahr, ich habe große Freude und Kurzweil dabei
genoßen, etwann aud große Eorgen und Arbeit davon
erlitten. Sch will audy in der Frauen Dienft alle meine Zage
verbringen, und will um ihrenthalben Leib und Leben wa—
gen und zu ihren Ehren erfterben. Sind denn diefe Ge:
fellen meine Söhne, davon ich Eeinen fenne, fo mwill icy gern
ihre Vater fein und ihnen fo viel Gutes erzeigen als ich
vermag. Da fagten fie Herzog Hugen fo viel Wahrzeichen
von ihren Müttern, daß er fie gerne zu Kindern aufnahm
und bei ſich behielt,
Da fprah König Drogan zu Hugen: Ich will, daß eure
Söhne zu Rittern gefhlagen werden: fie haben das wohl
verdient, Wir wollen ob Gott will morgen mit unfern
Feinden ſtreiten, denn ich habe meine Ritterfchaft nicht ferne,
die fommt uns zu Hülfe. Der König von Ungarn, mein
Schwager, ift felbft bei ihnen. Herr, fprah Hug, ift es euch
zu Willen, fo gefhebe es übermorgen. Inzwiſchen wollen mir
die Bürger von Paris dazu ftellen und fie ausrüften fo guf
wir immer vermögen. Sch bitte euch daß ihr meine Söhne
um meines Dienftes willen mit eigener Hand zu Rittern
fhlagt. Auf meine Treue, ſprach König Drogan, ich thu «6
— 41493 —
gern. Da fchlug er fie mit eigner Hand zu Rittern und gab
ihnen den Kitterorden. Darüber war große Freude im Pal:
laft. Herzog Hug von Drleans danfte dem König fehr der
Ehren, die er feinen Söhnen erzeigt hatte, Als dieß geſche—
hen war, nahm König Drogan Urlaub von der Königin,
309 feine zerrißenen Kleider wieder an, nahm den Sad und
den Walıftab, fehied von dannen, und gieng nah Et. Ni-
colas zu feinen Dienern. König Benedict war feines Kom:
mens froh. Da fagte ihm Drogan, wie die Sachen ergan-
gen maren und daß fie alsbald die Feinde überziehen
wollten.
Wie Graf Friedrih fein Hauptbanner im Streit
verlor gegen König Drogan.
Lieber Schwager, ſprach König Benedict, ich will euch
meinen Anfclag fagen. Wir wollen die Hälfte unferer
Leute über die Brüde reiten laßen, und den andern Theil dieß—
feits behalten, damit e8 die Feinde nicht gemahr werden.
Kommen dann die Feinde auf diefe Eeite, fo werden fie doch
auf der andern Seite beftritten, und dießſeits wollen wir
mit den Bürgern von Paris ihrer Meifter werden. Alfo
mögen fie nicht entrinnen, Diefer Rath gefiel dem König
Drogan gar wohl. Er ritt alfo mit der Hälfte feiner Rit-
terfchaft über die Brüde und ließ dem König Benedict auch
foviel, daß er bei dem Waßer bliebe, Indem fie ihre Sache
alfo beftellten, ritt ein Späher, der bei ihnen gemefen war
und den Anfchlag gehört hatte, zu dem Grafen Friedrich und
— 49141 —
ſprach: Herr, feht euch vor, denn zu St. Nicolas find eure
Feinde, Emmerihs Söhne von Venedig, mit fünfzig taufend
mwohlgerüfteter Mannen. Benedict von Ungarn ift aud)
bei ihnen. Diefer Botſchaft erfchraf der Graf und fchidte
alsbald nad) den Grafen von Blois und Pert, dem Herzogen
von Burgund und Unshelm feinem Sohn, und fprad zu
ihnen: Lieben Freunde, ihr follt euch ſchnell nah St, Ni—
cola aufmahen und der Brüde hüten, daß Niemand
herüber möge. Man wird euch dafelbft beftreiten. Darum
haltet die Brüde in guter Hut, fo habt ihr einen großen
Vortbeil und wird der Feinde Anfhlag zu Nichte. Die
Herren machten ſich aufmit zwanzigtaufend Reiſigen, ftedten
ihr Banner auf und titten fohnelliglih auf St. Nicolas zu,
Und als fie auf eine halbe Meile bei der Brüde waren, kam
dem König Drogan die Zeitung, mie der Feinde zwanzig
taufend Mann anzögen, die Brüde zu nehmen. König Be:
nedicteilte alsbald mit feinem Volk auch zu der Brüde, 509
mit den Seinen hinüber und ftellte feine Leute zum Streit,
König Drogan blieb auf der andern Seite mit feinem Volk
in einem Wald halten, daß man fie nicht ſehen möchte,
Sndem famen auch die Grafen mit ihrem Volk zu der
Brüde und fahen, wie fi die Ungarn zur Schlacht geord—
net hatten.
Da ward aufgeblafen, der Graf von Prantpre fenfte
feinen Eper und rannte unter die Ungarn, daß ihm der
Schaft zerbrah. Da fhlug Einer nach ibm und traf fein
Pferd auf den Kopf, daß es taumelte bis es nieder fiel; der
Graf aber ward gerettet. Da famen der Herzog von Bur—
gund und Ansheim fein Sohn, der Graf von Blois und
— 49 —
der Graf von Pert und umgaben die Ungarn um und
um. Sie wehrten ſich aber mannlidh, alfo daß ein grimmer
Streit gefhah mit Schlagen, Hauen, Stehen und Schießen ;
man ſchonte da wider Fürften noch Herrn. Das erfah
König Drogan: da zog er feinen Freunden zu Hülfe über
die Brücke. Da begann erft ein fcharfer Streit, ein Jeglicher
mufte fich feiner Haut wehren, wer nieder fiel, der Eam felten
wieder auf, Drogan und Benedict ftritten fo lange mit
ihren Seinden bis fie der Grafen drei erfchlagen hatten. Der
Herzog von Burgund fah die große Niederlage: da ſprach
er zu feinem Sohn: Fürwahr mich deuchte gut, daß mir
zu dem Lager kehrten: wir haben großen Schaden genom—
men, Das mwiderredete der Cohn und ſprach: das wäre
eine große Schande; er wolle feinen Vetter rächen, den
Grafen von Prantpre, den König Drogan erftohen hätte,
Alfo rannte Anshelm gegen König Drogan in großem
Grimm. Drogan begegnete ihm und ftieß ihn unter das Roſs.
Er hätte ihn auch gefangen, wäre ihm der Herzog nicht zu
Hülfe gefommen, Der umgab Drogan mit feinen Leuten bis
Anshelm auf ein ander Rofs kam. Der Herzog ſprach:
Höre Schn, wer guten Leuten nicht folgen will, wenn dem
große Noth widerfährt, fo hat er den Spott zum Kohn und
Niemand foll ihn bedauern. Ufo wandten fie fih aus
dem Streit und ließ der Herzog von Burgund Graf Fried:
richs Banner, darauf ein goldener Löwe ftand, dahinter,
Mit Schande und großem Schaden kamen fie zu ihrem Lager.
Die beiden Könige Drogan und Benedict zogen wieder über
die Brüde. Fürwahr, fprah Graf Benedict zu Drogan:
Unfere Feinde haben die Schanz gröblicy überfehen, denn
— 4% —
wie ich here, fo find ihrer zwanzig taufend aus dem Lager
geritten und ich meine nicht, daß zweitaufend wieder heim—
fommen. Auch mar ein Edelmann zu Graf Kriedrich ges
fommen, der fagte ihm wie der Streit ergangen märe, ehe
der Herzog kam. Da gehabte ſich der Graf fo übel, daß er
fhier von Sinnen gefommen märe. Indem fam auch der
Herzog von Burgund und fein Sohn Anshelm und fagte
wie Emmerichs Sohn jie beftritten hatte und das Feld be
halten. Deſſen war der Graf und all fein Volk fehr betrübt,
Er vermaß fich, «8 müße theuer gerochen werden,
Die beiden Könige aber waren zu St. Nicolas in gro>
fen Freuden, daß ihnen fo wohl gelungen war. Des an
dern Tages ritten fie bei guter Zeit auf St. Dionys zu.
Da festen die beiden Könige ab, giengen in die Kirche und
danften dem Heiland und St, Dionys und baten, dem Kö:
nigreih Zroft und Hülfe zu fenden, und der Königin, der
da Gewalt gefhiähe von dem Grafen. Der Conflabel er:
fuhr, dag König Drogan zu St. Dionys wäre: die thät
er Herzog Hugen und andern Deren zu wißen, Da ſprach
Herzog Hug: Nun müßen wir uns rüften, daß wir morgen
früh zum Streit bereit fein, Wir wollen die Feinde von
vorn angreifen; fo fallen ihnen die andern in den Rüden.
Der Anfchlag gefiel Allen wohl; fie rüfteten fih und liefen
e8 auch heimlich in der Stadt fund thun, daß fich ein Je—
der rüften follte.
— 4917 —
Wie Herzog Hug auf der Königin Geheiß das
Wappen des Königreihs Frankreich anlegte und
wieeresim Streit führte.
Die Königin fhidte nach Hugen und ſprach: Da ihr
ausziehen wollt und mit den Feinden ffreiten, fo will ich
eud um Eins bitten, dag follt ihr mir nicht verfagen. Her:
109g Hug neigte fi vor der Königin und ſprach: Gnädige
Grau, es gebührt ſich nicht, daß ihr einen Knecht bittet, ihr
follt mir gebieten. Da ſprach die Königin: Hug, ich
bitte und gebiete euch, daß ihr das Wappenfchild, darin deg
Königs Lilien ſtehen, euch empfohlen fein luft und eg in
den Streit führt. Wenn dann unfere Feinde das Wappen
ihres natürlichen Herren feben, fo follen fie fi wohl etwag
bedenken. Derzog Dug ſprach: Gnädige Frau, Solches zu
thun geziemt einem hochgebornen Fürften und Herrn: was
rum molltet ihr mich es heißen? Ich darf mich fo hoher
Sachen nit unterminden. Die Königin fprah: Bei der
Zreue,dieich Gott fhuldig bin, ich befehle euch das Wappen
des Königreichs, denn Ihr feid des Leibs und Gemüths und
fein anderer, Gnädige Frau, fprah Hug, ich begienge
großen Uebermutb, wenn ich diefes Wappen führte, man miſs—
gönnte mir die Ehren, und nicht mit Unrecht, und Etliche
haften euch darum, die euch jest liebhaben, und ſprächen,
ich wollte mich des Königreichs unterwinden, Das geſchähe
mir dann duch euch. Die Königin ſprach: Hug, ich böre
eure Meinung mohl; aber wie ich euch an hohe Ehren hel-
fen will, fo mögt ihr euch des nicht wohl entfohlagen. Was
ein Reicher giebt, das foll ein Armer nicht verſchmähen.
Dtſche Volksb. Ir. Bd. 32
— 498 —
Menn ih euch Marie meine Tochter geben wollte, möchtet
ihr Solhes nicht annehmen? Frau, fprah Hug, mein Herz
und Einn find euch getreulich zu dienen geneigt. Sch will gerne
euern Willen thun; wenn idy aber Unrecht daran begebe,
fo bitte ih Ew. Gnaden, Solches auf Euch zu nehmen,
Das will ih, fprach die Königin. Damit gieng Hug zu der
jungen Königin und nahm fie freundlich bei der Hand und
fragte: Was rathet ihr zu diefen Dingen? Die junge Köni—
gin antwortete ihm: Hug, was meiner Mutter Willen ift,
das foll ich nicht mwiderrathen, Sie ift weiler als ich; fie
wird euch ungern heißen mas euch vermiefen werden könnte.
Da fprah Hug: Gnädige Frau, dieweil ihr mir folder
Ehren gönnt, fo bitte ih, Ew. Gnaden wollen mich wapp—
nen helfen. Sie fprachen beide, fie wollten es gerne thun.
Da dedte die Königin fein Roſs mit einem blauen Seiden—
tuh, darin die Lilien von feinem Golde gebildet waren,
Darauf legte die Königin und ihre Tochter Hugen die Waffen
Frankreichs, Schild und Helm mit den goldenen Lilien an.
Nun bitte ih Gott, ſprach Hug, daß ih in diefen Waffen
thun möge was dem Königreich und Allen in dem Lande
Mugen bringe und mir niht Schande, Darauf war Alles
in der Stadt bereit, vor den Pallaſt zu reiten und auf Hug
zu warten, denn es war ihnen allen Eund geworden, daß er
in des Königs Wappen und Weife zum Streit Eommen
folle, Ein Theil hielt es für Spott, Andere gönnten es ihm
wohl, feiner Mannheit und Tapferkeit wegen. Da fam Hug
in Eöniglihem Wappenfhmud, eine ftählerne Streitart in
der Hand, Als die junge Königin ihn fo mannlich erfah,
o Bott gedachte fie, wär es dein Wille, daß er mein ehlich
— 499 —
Gemahl werden follte mit Rath aller Fürften und Herrn
diefes Königreihs! Ich meine nicht, daß eine Frau in diefer
Melt lebe, deren Herz nicht vor Liebe entzücft würde, wollte
fie Hugen freundlih anfhauen. Hug faß auf fein Rofs
und rührte es mit den Sporen: dit fprang es mehr denn ſechs
Schritt weit mit ihm, daß das Feuer aus den Steinen ſprang.
Seine Baftarde, die Tags zuvor zu NRittern gefchlagen was
ven, freuten ſich fehr, da fie ihren Vater die Eöniglichen
Mappen führen fahen, Eieben Söhne, fprach Hug zu ihnen,
ihr follt heute getreulich mein warten, und kühn und mann:
lich fein: dafür will ich euh wohl begaben.
Daritt Derzog Dug von Drleans mit denen von Paris zur
Stadt hinaus und ordnete fie zum Streite, Nun laß ich
ihn gewerden und fage von dem König von Venedig; der ritt
von St. Dionys aus fobald es tagte und nahm feinen Weg
den Feinden zu, der Königmit ibm, Graf Friedrich hatte des
Nachts fein Lager büten lußen, und ordnete am Morgen
gleichfalls fein Bol zum Etreit. Den Vorkampf befahl er
dem Derzogen von Burgund und Anshelm feinem Sohne.
Seine 2eute hielten wohlgerüftet auf den Pferden und hat:
ten manches fhöne Banner mit Gold und Silber befhlagen.
Die Epere bielten fie in den Händen, daß es anzufeben mar
wie ein Wald. Den zweiten Kampf führte der Herzog von
Defterreich, der dritte ward dem Grafen von Portenau be:
fohlen, den vierten firıtt der Herzog von Brittanien, und
ritt von St. Antonien auf den Plan. Graf Friedrich hatte
im Ganzen funfzehn Streitfharen angeordnet, denn aud)
dem Grafen von Armagnac, dem Grafen Schaffried von
Wien und dem Grafen von Belfhott war eine Etreitichar
32*
— 50 —
befohlen und in jeglicher Schar waren dem Hauptmann
funfzehntaufend Mann untergeben. Nun war aud Hug
zu Felde gefommen und bat fo freundlich um den Vorftreit,
daß er ihm vergönnt ward, Indem ritt König Drogan auf
die Stadt zu, wo ihm die Feinde begegneten. Die Schügen
rannten auf beiden Seiten zufammen mit Urmbrüften und
Handbogen und fhoßen in beide Haufen. Da kam aud
der Herzog von Normandie mitgroßem Volk und ließ pfeifen
und blafen. Da ſah man mand Eöftlih Banner und viel
bligender Helme und Schilde; die Haufen rannten zufam:
men, und fchlugen und flachen, daß beiderfeits Mann und
Pferd niederfiel, die nie mehr aufftanden. Der Herzog von
Burgund flritt bei St. Antonien Gapelle mider die beiden
jungen Könige, die fi) männlich wehrten; dody wären fie
zurüd gefchlagen worden, wäre ihnen Hug nicht zu Hülfe
gekommen mit des Königs Wappen und Tanner. Als das
Graf Friedrichs Leute erfahen, fprach Einer zu dem Andern:
Was mag das bedeuten? Uns dünft, fie haben einen König
zu Paris; Graf Friedrich ift der Herrfchaft nun beraubt.
Hug ftürmte wider die Feinde und rief mit lauter Stimme
Montjvie und ſchlug einen Ritter auf den Eifenhut, daß er
für todt niederfiel. Da hub ſich ein harter Streit, man
nahm zu beiden Seiten Niemand gefangen, aber Mancher
ward an Händen und Armen tödtlich verbauen und mit
Schwert und Sper durchftochen. Hugſchapler brachte Dro-
gan ſolche Hülfe, daß Graf Friedrichs Volk zurückweichen
mufte fo leid es ihnen war, Als der Herzog von Britannien
Mappen und Banner Frankreichs in den Streit führen ſah,
ſprach er zu dem Herzogen von Normandie: Fürwahr fie ha=
— 501 —
ben einen König in Paris gemacht, der ſich nicht fäumt, er
kann wohl Streihe austheilen. Uns fteht es übel an, wider
fein Banner zu flreiten, da wir von Rechtswegen dem Kö:
nig von Sranfreih unterthan fein follen. Das ftünde ung
beßer an, als ihm Kampf zu bieten, denn fo wir in folhem Hans
del gefangen würden, möchten wir es mit Ehren nicht verant=
mworten und würde uns ein fchündlicher Tod zuerkannt. Da
wurden diefe beiden Derzogen zu Rath, aus dem Streit zu
ziehen, dergleichen noch andere Fürſten von Franfreich, als
fie den Streit Deffen fahen, der das Eöniglihe Wappen
führte,
Als der Herzog von Burgund Hugfchaplern in könig—
lihem Wappen erfab, fpracdy er zu Anshelm feinem Sohn:
Die von Paris haben einen König gemacht ohne unfern
Rath. Nun bin idy doc Einer der Zwölfe, die den König
von Franfreih zu wählen haben, Darum halte ich ihn
nicht für einen König. Diefer Bauer hat fi des edeln
Königs Wappen angemaft: er foll es abır mit Schanden
übergeben. Indem kam Hug zu König Drogan gedrungen,
grüßte ihn und bot ihm feine Hülfe. Drogan rief überlaut:
Wer bat euch zum König von Frankreich gemacht? Herzog
Hug ſprach: Hier ift kein König: meine gnädige Frau hat
mir heut die Mappen in den Streit zu führen befohlen,
daß fie ſähe, wer fie ehren wolle als eine Königin von
Frankreich. Mag ich fie gen Paris zurüd bringen, fo wer—
den fie ihr wieder überantmwortet. Da ſprach Drogan: Ihr
habt wohlgethan. Wer eud Tas Wappen nehmen will, der
mag es ohne Streiche nicht vollbringen. Da fehrten fie
fih in den Streit, und Herzog Hug machte weiten Raum
— 502
um fih und tbat mit feinen Söhnen großen Schaden. Der
Herzog von Burgund erfah ihn und rannte ihn grimmigs
lih an und zerfpaltete feinen Schild. Da fchlug ihn Hug
mit der Streitart durch feinen Cifenbut, daß das Hirn
beraus fielund der Herzog vom Roſs auf die Erde am. Die
Feinde faßen ab und wollten den Herzogen von dannen
führen. Aber Hug fprang auch vom Roſs und fchlug in
die Keinde, daß mehr denn zwanzig bei dem Derzogen liegen
blieben. Anshelm rannte berbei und mollte feinem Vater
helfen. Da ward fo groß Gedränge, daß der Herzog ertre=
ten ward. Hug fand, zu Zuß und ſchlug mit der
E treitart um ſich, alfo daß er mit feinen Baftarden drei
Grafen zu Falle brachte. T och mufte er feben, daß Anshelm
den König VBenedict fing und binmwegführte. Da faß Hug
auf fein Pferd und ritt dem jungen Derzogen nad. Aber
ehe Herzog Hug herbei fam, war der Conftabel da und
nahm ihm den König wieder ab. Der Conftabel war dem
Hersogen Anshelm im Feld überlegen; doch wehrte er fich
tapfer und fchlug ihrer fünf zu Boden. Als Hug ſah wie
fühnlich fit Anshelm mehrte, gedachte er, es wäre doch
Schade, wenn ein fo ſtolzer Mann erſchlagen würde. Er
tritt ihn an und ſprach: Herr, gebt euch gefangen oder ihr
laßt bier das Leben. Ansbelm, der fehr müde war und
dabei wund, gab Hugen fein Schwert. Da nahm Hug
Sicherheit von ibm und half ihm auf fein Pferd, O wie
tböricht that Hug daran, denn er ſchuf ihm und der Königin
hernady noch großes Leid Hugs Söhne hatten derweil
dem König Benedict auch wieder zu Rofs geholfen. Der
König dankte ihnen fehr dafür und rannte nun mit Hug
— 503 —
dahin, wo bie meifte Noth im Streite war, daß fie ihren
Freunden Hülfe brüten. Nun kam auch Graf Friedrich
und König Drogan zufammen gerannt, und flachen fo
grimmig auf einander, daß fie beide hinter den Roſſen lagen,
Da fam Herzog Hug und der Gonftabel mit großem Volk
und umzogen den Grafen hinten und vornen. Der Graf
ſah wohl, daß feine Leute umzingelt waren und fprach zu
feiner Ritterfhaft: Was rathet ihr zu diefen Dingen?
unfere Feinde nehmen fehr überhand. Sie antworteten:
Hier ift fein Rath, als wehre ſich Jeder fo gut er mag;
wenn mir flöben, fo würd ung immer Schande nachgefagt,
Da fam Hug herbei und ſprach: Graf Friedrich ich begehre
Streit an euch. Aber der Graf rannte fort und wollte ihnen
entrinnen, Da begegnete ihm der Gonftabel und ſchlug ihn
unter fein Roſs; da wollte er ihn erfchlagen. Aber Hug ritt
hinzu und bat fie, ihm den Grafen zu geben, fo wolle er
ihn der Königin gefangen bringen, Wie ifts euch nun zu
Sinne? ſprach er zu dem Grafen Friedrich. Nun ift diefer
Krieg zu Ende. Der Graf fhmwirg Till und redete nicht ein
Wort. Hug feste ihn auf ein Pferd, und kam zu den Zelten:
da nahmen fie was fie fanden,
Wie Herzog Dug der jungen Königin vermählt
und König in Franfreidh ward.
Die Königin und ihre Tochter wurden fehr frob, als
ihnen die Botſchaft kam, daß ihr Volk den Streit gewonnen
hätte. In der Stadt gieng die Zeitung, wie herrlich und
— 504 —
mannlih Hug in dem Streit geworben hatte. Das hörte die
Königin und ſprach zu ihrer Zochter: Mollte Gott vom
H mmel, daß es den Fürften und Herrn gefiele, euch Hug
zur Ehe zu geben: fchönerer und ftolgerer Ritter lebt nicht
als er, Alsbald Eamen fie aus dem Streit mit den Gefan:
genen in die Stadt geritten. Alle riefen: Hug hat den Preis
erftritten und den Krieg mit unfern Feinden zu einem guten
Ende gebracht. Durch feine Mannbeit ift ung unfere Frei—
beit erhalten worden, Er ift eine Blume rechter Ritterfchaft.
Gott gebe ihm Glück und Dil, Mit ſolchem Lob geleiteten
fie ihn durch die Stadt bis vor den Palaft. Hug danfte
Gott in feinem Herzen, daß er ihm dur feine Mitde fo
große Ehre gefügt hätte. Alle Fenfler in den Häuſern lagen
von Frauen und Jungfrauen voll, die den werthen Hug in
föniglihen Mappen feben mollten; aud die Königin und
ihre Zochter lagen im Pallaft in den Fenftern. Des gewann
Hug große Freude in feinem Herzen. Er gieng in feinem
Harniſch die Stiege hinauf zu dem Pallaft ; die Königin kam
ihm entgegen, nabm ihn bei der Hand und hieß ihn freund»
lih mwilllommen. Wie ift e8 euch ergangen, ſprach fie,
i eber Herr? Gnüdige Frau, fprah Hug, ich bin euer Gna—
den Knecht, der euch mwirder bringt mas ihr ihm anvertraut
habt. Da halfihm die Königin und ihre Zochter ſich entwapp—
nen, und ſtrickten ihm die Riemen auf; ein feiden Harniſch—
rödlein behielt er an und fchlug einen langen Mantel um,
damit er nach der großen H Be nicht erfalte. Er faß auf ein
Ruhebett und ſcherzte mit den Jungfrauen als hätte er den
Zag über feine Arbeit gehabt. Er fprah: Gnädige Frau
Königin, feid wohlgemuth, ihr follt bald den Grafen Fried:
— 505 —
tih in euerm Gewahrſam haben, er ift euer Gefangener,
Hug, ſprach die Königin erfreut, das hab ich euch zu danken,
Iſt es heute wohl ergangen, dafür hör ih Euch von Alt
und Jung preifen. Gnädige Frau, ſprach Hug, der Con:
ftabel hat den Grafen gefangen. Dazu fag ich euch bei mei:
ner Treue, daß ich heute unter allen euern Feuten Niemand
verzagt geſehen babe, fie haben fich alle herrlich bewirfen.
Es that auch Noth, denn wir waren mit Feinden überladen.
Es war aber feiner, der nicht mehr geftritten bat als ich.
Sch will euch fagen warum. Sie haben vielleicht die könig—
lichen Wappen ſchonen mollen, die mir befohlen mwaren.
Darum konnte ich das Halbe nicht thun, das ich mich wohl
ohne die Wappen unterftanden hätte. Um der edein Wap—
pen willen fürchteten ſich Alle vor mir und begehrten wenig
mit mir zu jtreiten, denn es deuchte fie unredht. Die
Königin verftand die Rede wohl und fagte ibm deilen viel
Lob und Dank, Alsbald kamen auch Benedict und Drogan
gegangen, der Gonftabel und viel andere Ritter und Edle
und etliche der beften Bürger, und giengen zu der Königin.
Da gieng fie König Drogan entgegen und nahm ihn freund:
lih in ihre Arme. Lieber Ritter, fprach fie, Gott wolle euch
allewrgen behüten, ich danke euch von Herzen und muß
euch billig lieb haben, denn ihr feid mir in meinen großen
Nöthen zu Troſt und Hülfe gefommen, Liebe Frau, fprad)
König Drogan, möcht ich euch viel Gutes erzeigen, dazu
mollt ih willig fein. Wollt ihr aber meine Sreundfchaft
haben, fo follt ihr diefem mwerthen Fürften vor allen Dingen
wohl lohnen und danken, denn er iſt der kühnſte Ritter, der
je ein Rofs beftieg. Er hat euern Krieg zu gutem Ende
— 506 —
gebracht und euch wohlgerohen an euern Feinden, und.die
Belten gefangen und Manchem heut fein Leben genommen,
der euch heftig entgegen fein wollte. Lieber Vetter, ſprach
die Königin, ich bin ganz millig, ihn wohl zu begaben ; aber
fagt, was foll ich ihm geben? Frau und liebe Freundin,
ſprach König Drogan, bei dem allmächtigen Gott, ihr follt
ihm eure Tochter geben, denn ihr mögt fie nicht beßer ver-
forgen. Da tiefen die Andern alle überlaut: Wir wollen
gerne darein willigen, denn uns ift allen eines fo mann:
lihen Herren Noth, der das Königreih handhaben und
fhüsen möge.
Die Königin ſprach: Es ift mir lieb, ich will euch fol-
gen. Da rief fie Dugen, den Derzogen von Orleans, und
fprach freundlich: Lieber Dug, nehmt hier den Sold, den
ihre verdient habt, meine liebe Tochter. Mir ratben Alle
dazu und ich darf wohl fagen, ihr feid es würdig, denn wer
wohl dient, dem wird auch guter Kohn, ift es nicht in diefer
Melt, fo doh im ewigen Leben. Herzog Hug fprah: Gniü-
dige Frau, diefe Gabe empfange ich gern; ſolch ein Geſchenk
fol man nit ausſchlagen. Da wurden diefe Zwei einan-
der vermählt in Gegenmart aller Herrn, die auf dem Pallaft
waren. Herzog Dug freute fich fehr feines Glüds; feine
Verwandte und Freunde und die zehn Baftarde lobten auch
Gott dafür, und ſprachen heimlich unter einander: Wir find
zur guten Stunde in dieß Land gefommen: unfer Vater
wird nun König von Frankreich; das kommt uns aud zu
Gute. Alſo ward dem Derzogen von Drleans, den man
bisher den Hugfchapler nannte, die junge Königin zu rechter
Ehe vermählt. Auf dem Saal erhub fi foldy Pfeifen und
DE =
Poſaunen, daß Niemand den Andern hören mochte. Da
ſah man die Fürften und Herrn manch ſchön Kleinod tragen
und die Spielleute herrlich begaben ; da waren fo viel Für:
ften, geiftlih und meltlich, daß e8 ohne Zahl war, denn man
hatte allen, die der Krone Frankreich pflihtig waren, auf
ihren Eid geboten, auf diefen Tag in Paris zu erfcheinen,
und wer etwas wider die Krone verbrocen hätte, der foll
auch kommen und Huld ſuchen, fo werde man ihm gnädig—
lich verzeihen, Und wer für diegmal nicht kommen könnte,
der follte zwei Monat Frift haben, ſich zu entfhuldigen vor
denen, die des Königs wegen dazu geordnet wären; mer
aber das übergienge, den molle man aus dem Königreich
vertreiben und feine Lehen Andern geben,
Und fobald Hugſchapler das DBeilager gehalten hatte,
ritt er mit großer Ritterfchaft gen Rheims, wo ihn die Für:
ften mit dem Del der heiligen Ampel falbten. Darauf ward
von den Fürften und Herrn, die zu der Krone Frankreichs
gehörten, Rath gehalten um des großen Krieges willen, der
in Sranfreih um König Ludwigs einzige Tochter gemefen
mar, und auf ewige Zeiten beſchloßen, fo e8 wieder geſchähe, daß
ein Prinz von Frankreich ftürbe und keinen Eohn hinter:
ließe, fo follte nach feinem Abgang feine Zochter wieder das
Känigreich erben Eönnen, fondern aus des Königs Geſchlecht
nad der zwölf Genoßen Urtheil ein König erforen werden,
der das Reich befißen ſolle. Wenn aber Hug mit der Königin
feinen Eohn gewönne, fo follt er das Königreich fein Leben—
lang inne haben, nach feinem Tod aber ein Anderer ermäblt
werden ; hätte er hingegen einen Eobn, fo follte der nach ihm
das Königreich erben und bifisen. Aber Gott fügte eg alfo,
— 508 —
daß eg nicht wieder aus feinem Geſchlecht kam, denn er ge—
wann viel Söhne mit der Königin.
Wie König Drogan von Venedig um Hülfe bat
gegen den Sultan.
Da nun der Hof ein Ende nahm und alle Dinge in
Frieden gefchlichtet waren, da Elagte König Drogan von
Venedig dem König, wie ihm die Ungläubigen feinen Vater
erfchlagen hätten und bat um Hülfe wider den "Sultan,
König Hug fprah: So helfe mir Gott, wie Alles was ich
vermag zu euerm Gebote fteht. Ich will euch vierzigtaufend
Mann mohlgerüftet auf meine Koften fhiden, und mwollte
auch felbft gern mit euch reiten, wäre mir nit Noth, in
diefem Königreih die Ordnung zu handhaben, da diefer
Krieg noh kaum gefhlihtet und noch viel zu thun ift,
damit Ruh und Frieden dauernd befeftigt werde, denn man
pflegt zu fagen, wer tropfende Augen hat, dem fommt Wei-
nen leichtlib an, Da fprah Drogan: hr redet wahr,
Here König, und wollt ihr mir eure Söhne mit dreifigtaus
fend Sölenern leihen, fo getraue ich mich damit wohl zu be-
heifen: und mit meinem Schwager Benedict an dem Eultan
Mache zu nehmen.
Da fchied König Drogan von Venedig mit Benedict
feinem Schwager aus Frankreich und hatte fechzigtaufend
Meiter, und von König Hugs Baſtarden fuhren fechfe mit
ibm; die Andern blieben bei ihrem Vater. König Yug fuhr
von Rheims mieder gen Paris und ward da feierlich
empfangen,
— 509 —
Wie Graf Friedrih und Herzog Anshelm ihr Ge:
(übde brachen und die Königin gefangen nahmen.
Darnach ließ König Hug den Grafen Friedrich vor fich
bringen und fpradh zu ihm: Fürmwahr, Graf Friedrich, ihr
wärt wohl ſtrafenswerth, daß ihr dem Königreich fo großen
Schaden gethban habt. Ih will euh aber feine Gemalt
tbun. Da ſprach er zu den Fürſten, fie follten erkennen,
welche Strafe er leiden müße. Graf Kriedridy erfchraf und
fprach: Liebe Herrn, wollt ihr die Sache recht bedenfen, fo
hab ich nicht verdient, fo hart geftraft zu werden. Sch bin
wohl reih genug allen Schaden gut zu machen. Die
Königin hat mir meinen Bruder erfchlagen laßen, darum
hab ich ihr widerfagt und fie ritterlich befriegt. Der gröfte
Schaden ift mein, denn meines Bruders Tod hat mid) dazu
bewegt. Nun bin ich gefangen und muß Gnade fuchen,
Wollte ſich die Königin bewegen laßen, mic; ledig zu laßen,
fo wollte ich ihr meines Bruders Zod verzeihen und auf
allen Anfpruch verzichten, auch mein Fand von ihr zu fehen
nehmen und getreulichen Dienft davon leiften. Der König
bedachte fich, wenn er den Grafen tödten ließe, fo möchte es
ihm Ungunft bringen bei feinen Sreunden und Verwandten.
Da ſchickte er nach Anfelm, dem Sohn des Herzogen von
Burgund, und ließ fie beide vor Allermänniglich zu Gott
und den Heiligen ſchwören, daß fie den König und ber
Krone lange zu Dienft verbunden fein wollten und nie mehr
rider das Königreih thun weder mit Worten noch mit
Merken. Damit ließ er fie heimreiten in ihr Land. Der
König that daran nicht weislih, denn fie brachten ihn und
— 510 —
die Königin darnad) in große Noth: ihm wäre beßer gemefen,
hätte er fie beide tödten laßen, denn da fie beide miteinander
hbeimritten, hub der Herzog an und ſprach zu dem Grafen:
Auf meine Freue, Vetter, wir find in üble Dienftbarkeit
gerathen, wenn wir des Bauern Unterthanen fein follen,
durch den mir unfere beiten Sreunde verloren und großen
Schaden genommen haben. Fürwahr, mein Herz wird ihm
nimmer hold, ich mwill e8 auch an ihm rächen ehe zwei Jahre
vergehen, und follt ich darum fterben. Der Graf ſprach:
So helfe mir Gott, ich wollte gerne dazu helfen; allein es
gehört Vernunft und Gefchid dazu. Wir müßen ung eine
Meile ftille halten bis man diefer Dinge vergeßen hat;
wähnt er dann am aller Sicherften zu fein, fo wollen wir
einen Sund erdenfen wie wir ihm von binnen helfen. Sft
er erft todt, fo hat er weder Freunde noch Verwandte, die
und Widerftand thun mögen; fo wird uns das Königreid)
fhon noch zu Theil. Alfo vereinigten fich diefe Beiden und
ritt darauf Jeder in fein Land. Hug mufte von diefen An—
ſchlagen nichts und faß ruhig zu Paris bei feiner Haus—
frauen.
Darnach ritt König Hug gen Drleans, wo er Herzog
mar, und führte die Königin mit fich dahin. Darnach ritt
er ins Land, die Städte und Schlößer zu beſchauen und be-
fahl die Königin dem Grafen von Dammartin. Der Eon:
ftabel ſprach: Herr, reitet wohin euch beliebt, ich getraue
wohl die Königin zu behüten, Alfo fchied der König von
Paris und ließ feine Hausfrau in des Gonftabels Pflege;
doch meinte fie fehr um feines Scheidens willen. Der
König ritt gen Blois und von dannen gen Tours, darauf
— 511 —
gen Gascogne und in das Land Auvergne und näher auf
Burgund zu. As dieß Herzog Anfelm erfuhr, that er es
dem Herzog Friedrich Eund und fchrieb ihm, der König fei
mit wenig Vol gen Burgund gefommen, darum folle er
fi mit wenig Volks gen Orleans aufmachen, die Königin
gefangen nehmen und nach der Champagne bringen; fo
wolle er dermeil den König erwarten und ihn erfchlagen.
Hernach möge der Graf die Königin zur Ehe nehmen. Als
ter Graf dieß vernahm, befandte er feine Ritterfchaft und
ritt mit zweitaufend Mann reifiges Volks, die er in drei
Haufen getheilt hatte, auf Orleans zu, Da fließen fie wieder
zufammen und fanden die Thore der Stadt verfchloßen,
aber unbemwehrt, da fih Niemand feines Ueberfalls verfah.
Graf Friedrich Elopfte an; der Pförtner frug wer da wäre,
und fagte, er laße Niemand herein vor Morgenzeit. Kennt
du mich nicht? fprady der Graf: thu auf oder es foll dich
übel gereuen. Der Pförtner kannte feines Herrn Diener
noch nicht wohl und meinte, der König wäre vielleicht felber
draußen. Da ſprach er, lieber Herr, verzeiht es mir, ih will
euch gern einlaßen. Als aber der Graf hinein Fam, erfchlug
er den Pförtner, der einen hellen Schrei ausſtieß. Das
hörte der Graf von Dammartin; da gieng er an ein Fenſter,
fab den Graf Friedrich und merkte wohl, daß fie verrathen
wären. Alsbald hieß er die Königin aufſtehen und führte fie
unter feinem Mantel auf einen flarfen Thurm, Die alte
Königin wollte ihr Kammerfneht audh auf den Thurm
bringen ; aber Graf Friedrich begegnet ihnen, erftach den
Knecht und nahm die Königin gefangen. Da führte er fie
vor den Thurm, rief den Grafen von Dammartin an die
= —
Zinnen und drohte die alte Königin vor feinen Augen zu
verbrennen, wenn er ihm den Thurm und die Königin richt
übergäbe. Der Conftabel, der Graf von Dammartin aber
fchalt ihn einen meineidigen Böfewicht, der feines Eids und
feiner Ehren vergeßen fei, und vermaß ſich body und theuer
den Thurm mider ihn zu halten, und follte er Hungers
darin fterben. Da ließ der Graf Holz zufammen tragen
und die alte Königin auf die Scheite binden und Feuer
darunter anzünden. Als die Königin ihre Mutter auf dem
Scheiterhaufen ſah, begann fie laut zu fehreien und den
Grafen und feine Leute anzuflehen, daß er fie für ihre Mut-
ter fterben lagen wollte. Aber der Conftabel fprah: Frau,
ihr bewegt uns nicht, wir haben Erbarmen mit der Frucht,
die ihr bei euch tragt. Aber die Königin ließ nicht nach, bis
der Gonftabel fib anders bedachte und fprah: Frau, fo
will ich euch rathen, begehrt von dem Grafen, daß er eure
Mutter beim Leben und uns Alle ledig laße, fo wolltet ihr
euch ihm ergeben, mit dem Beding, daß er ſchwöre, eud)
feine Schande zu thun bis er euch zur Kirche geführt habe.
Komm ih dann hinaus, fo will ich den König auffuchen
und ihm klagen, wie treulos der Böſewicht an uns gethan
habe: fo wird er ihn mit Hülfe feiner Freunde und Unter:
thanen überziehen und euch wohl von feinen Händen er—
löfen. Diefer Rath gefiel der Königin wohl, denn mie
großen Haß fie auch zu dem Grafen Friedrich trug, fo wellte
fie doch ihre Mutter nicht fo jümmerlich erfterben feben.
Mes habt ibr euch bedacht? Graf Dammartin, rief jekt
Graf Friedrich wieder herauf. Der Conftabel antwortete:
Unter den Mifferbätern ift der beßer, welcher Reue hat als
— 513 —
der in feinen Sünden verharrt. Laßet die Königin und ihre
Tochter unbefhmert, fo maz euch noch vergeben werden.
Wie meint ihr das? ſprach Graf Friedrich. Seid ihre jest
ein Prediger geworden? Daran fehre ih mich nicht, Ant—
mortet nur Ja oder Nein, ich will feine Tagſatzung mit euch
halten. Da fprady der Conftabel: Wenn es nicht anders ift,
fo will ich eudy meine Königin mit dem Beding übergeben,
daß ihr auf das hochwürdige Sacrament ſchwört, ihr feine
Schande zuzumutben, und fie nicht zu berühren bis ihr fie
nach Ordnung der Ehrifienheit zur Kirche geführt und zur
Ehe genommen mie billig ift. Auf meine Treue, fprach der Graf,
das will ih Alles thun. Sch will ihre ein getreuer Gemahl
fein. Der Gonftabel ſprach: Graf Friedrich, ihr follt au
die alte Königin und uns Alle, die in diefem Thurm find,
ledig hinwegreiten lagen. Wohlan, fprah Graf Friedrich,
das will ih auch gerne thun. Als dies Alles befproden
und verfproden war, nahm der Graf die junge Königin bei
der Hand, übergab fie dem Grafen Friedrich und befahl fie
feiner Hut. Der Graf war deflen ſehr froh, feßte fie auf
einen ſchönen ſchneeweißen Zelter, und ritt eilends mit
ihr zu der Stadt hinaus. Die Frau war fehr betrübt;
der Graf tröftete fie und fprah: Gnädige rau, feid
feohlih, ihr folt nun mein Gemahl fein, und billig
Alle die haßen, die dazu gerathen haben, daß ihr dem
fhnöden Bauern gegeben würdet. Ich fann mich nicht ge—
nug verwundern, wie er fo frevel fein mochte, ſich folder
Dinge zu unterfangen. Er foll es aber bald bereuen, denn
der Weg ift ihm verlegt und eg befommt ihm nun Abel, daß
er ſich des Reichs angemaßt hat als wir er Fürſtengenoß.
Difte Volker. Ar. Bd. 33
— 514 —
Mas fagt ihr? fprach die Königin, Ich merke nun erft, ihr
habt auch Salfchheit an Ihm begangen. Ach getreuer from-
mer König, auf wen foll ich mid nun verlaßen? Gett
vom Himmel, laß dich mein großes Herzeleid erbarmen,
fende mir den graufamen Zod, daß ich den Zag nicht erle-
ben müße, da mid folch ein falfher Mann berühre, Der
Graf ſprach: Frau, gefchmweiget der Worte. Ihr ſollt mid)
bald lieber gewinnen alg den Bauernfönig.
Wie der Sonftabel nad) Burgund ritt, den König
aufzufuden, und wie der Graf Anshelm ihn er—
Ihlagen wollte,
Unterdes war die alte Königin zu Orleans um ihre
Tochter betrübt, auch fait vor Schreden geftorben, Der
Gonitabel fprah: Gehabt euh nit fo übel, denn
es mag nicht helfen, Wollt ihr mir folgen, fo bleibet
bier; fo will ich gen Burgund reiten zu dem König und
ihm alle diefe Dinge fagen. Sch hoffe, er wird feine Haus:
frau bald erretten und aus des Verräthers Gemalt bringen.
Die Königin fprah: So füumet euch nicht, reitet hin und
gebe euch Gott Glück und Heil; ih will bier euer warten,
Der Graf faß auf ein fihnelles Pferd, den König aufzu:
ſuchen; er wuſte nicht, daß er in großen Nöthen war, Un—
terwegs fragte er Alle, die ihm begegneten, nach feinem Der:
ven; da ward ihm nicht anders gefagt, denn daß er in Bur:
gund wäre, das Land in Befiß zu nehmen. Das war auch
alfo; als er aber nah Dijon in Burgund fam, wo Herzog
— 515 —
Anſelm wohnte, empfieng ihn der wohl, ſchickte aber insge—
heim fünfhundert Reifige in einen Maid, der auf dem Wege
nad Langres lag mit ſolchem Befcheid, wenn der König
vorbeiritte, follten fie ihn erfchlagen mit allem Anhang,
denn er wär nur ein laufiger Bauer, der fidy des König:
reichs frevelhaft unterwunden hiütte.
Hug, dem König von Frankreich, träumte des Nachts
ein fehwerer Traum, Ihn bedeute, wie ihm ein Windhund
Mund und Angefiht ledte und fah denfelbigen Windhund
darnach zu einem Löwen werden, und fah noch viel andere
graufame Thiere, die wollten ihn zerreißen. Davon gewann
der König großen Schreden und bat Gott den Allmächtigen,
daß er feine Sache zum Beſten fügen wolle. Des Morgens
als es tagte, Fam Herzog Anfelm zu dem Könige und bot
ihm guten Morgen, deſſen Hug ihm freundlich dankte. Sie
nahmen fich bei den Händen und unter die Arme und gien—
gen zufammen in die heilige Kreuzkirche, darin fie Meffe
hörten, Darnach ließ der König zum Aufbruch blafen,
heimlich aber legte er feinen Harniſch an, weil ihm fo ſchwer
geträumt hatte, verfah ſich wohl und legte feine Kleider über
die Rüftung an, daß es Niemand wuſte. Herzog Anfelm
ritt mit hinaus, dem König das Geleit zu geben, wiewohl
er Willens war ihn zu ermorden; der König ritt mit hun—
dert Pferden gegen Langers zu, Anfelm geleitete ihn wohl
mit vierhundert, und da fie in den Wald famen, rannten
die fünfhundert Reifige, die darin verborgen lagen, heraus
dem König entgegen mit untergefhlagenen Speren. Als
der König das fah, wandte er fein Pferd und fprach zu den
Seinen: Laßt ung dort über die Brüde bis wir fehen, was
33*
— 516 —
diefe im Einne haben. Das hörte Herzog Anfelm und
ſprach: Herr König, ich fehe wohl, ihr feid nicht fo ftarf
alg ih meinte: foll fid) ein König erſchrecken laßen? Ihr
habt mir meinen Water erfchlagen und mehr meiner guten
Freunde: meint ihr daß ich das vergeßen hätte? Bei der
Treue, die ich Gott fehuldig bin, ihr müßt es entgelten. Als
der König das hörte, erſchrak er und ſprach: Hievor hab id)
mich nicht zu hüten gemuft. Sch hätte nicht gemeint, daß
du ein folher Verräther wärft. Hiermit ſchlug er nah An—
felm, als eben ein Ritter wider ihn rannte: dem ward dieſer
Streich, alfo dag er unter fein Rofs fiel. Da kamen fie zus
fammen und fchlugen und ftachen fich, daß des Königs Leute
zumeift todt blieben, und dazu Hugs vier Söhne, denn fie
maren ungewappnet auggeritten und ohne alle Sorge. Hug
fhlug mannli um fih und that den Verräthern großen
Schaden, er ließ feinen ohne Streih entfommen, den er
erlangen mochte, auch den Derzogen hatte er wund gefchla=
gen. Mehr denn zwanzig lagen vor ihm anı Boden ; jedod)
fah er wohl, daß kein Wehren helfe, denn er war von allen
Seiten umfest. Zuletzt nahm er fein Roſs mit beiden
Sporen und fhlug und ftah um fich und brach durch feine
Feinde und rannte dem Walde zu fo fchnell er mochte. Sie
festen ihm alle nach; jedoch Fam er von ihnen und Elagte
Gott, daß er feine gefreuen Diener und feine lieben Söhne
verloren hatte. Er faß vom Roſs, verbarg fih und ſprach:
O Elüd, was kannſt du fhaffın? Sch bin durch dich zu
hoben Ehren gefommen und ſaß nody eben auf dem Glüds-
rad hoch emporgehoben: nun bin nun in die Ziefe gefallen.
O ſchöne Königin Marie, es ſteht forglicy mit mir: mer
weiß ob ich dich je wiederfehe. Noch heut war ich ein König;
nun bin ich faum ein armer Knecht, des Feibes und Lebens
uhficher. Wohlan, dieß fei Alles Gott anheimgeftellt, denn
alle Dinge ftehen in feiner Gewalt, Der Wald war dicht,
der König war abgefeßen; nun ließ er fein Rofs darin,
fohüttete die Harnifchringe in eine dichte Dede und gieng
zu Fuß durdy ten Wald, wo ewam finfterften war. Darin
friftete er fich bis die Nacht hereinbrach. Die Feinde fuchten
ihn derweil zu Fuß und zu Roſs. Endlih fanden fie fein
Mofs, das fehr müde war und mit Blut beronnen; man
brachte e8 vor den Herzogen. Da fprad er: Ich meine,
Hug ift todt. Wir meinen es auch, fprachen die Diener,
denn ihm ift mander Stih und Schlag geworden, Der
Herzog ſprach: Ich will es meinem Vetter, Graf Friedrichen,
fihreiben, daß er die Königin zur Kirche führe, denn ohne
Zweifel ift er todt, der Bauernfönig. Er hat feinen Hoch—
muth lange genug getrieben. Unter folhen Reden fuchten
fie noch eine lange Zeit nad) ihm im Walde, ob fie ihn nir—
gend finden möchten, denn fie meinten, er wäre vom Pferde
gefallen. Aber der König gieng derweil im Walde big er
müde ward; auch hungerte und dürftete ihn gar fehr. Zu:
lest fand er eine Klaufe, darin ein Waldbruder wohnte.
Der König trat davor und grüßte den Bruder, Der fland auf
vor ihm, hieß ihn willfommen fein und ſprach: Lieber Derr,
wie hat euhder Weg hieher getragen? Gewiſs habt ihr euch
verirrt, Der König ſprach: Ja ich bin fo lange in der Wild:
nifs irre gegangen, daß ich fat Hungers geftorben bin. Ich
bitte euh um Gottes Willen, mich diefe Nacht zu behalten,
und mir euer Brot mitzutheilen, denn mich hungert fehr.
= We
Gern, fprach der Einfiedel; aber mein Brot ift ſchwarz und
taub, ich weiß nicht ob ihr eg efen mögt. Sa, lieber Bru-
der, fprach der König, langt ber. Der Bruder bracht ihm;
der König aß und fprah: Fürwahr, Bruder, ich habe in
einem Sahr fein beßer Brot gegeßen. Der Einfiedel ver-
mwunderte fich des Gaftes fehr, daß er fo Eöftlich gekleidet
war. Als der König gegeßen und den Hunger geftillt hatte,
danfte er dem Einfiedel fehr und z0g feine Kleider aus und
fprach: Lieber Bruder, ich bitte euch freundlich, nehmt mein
Gewand und gebt mir das eure, Lieber Herr, fprach der
Einfiedel, treibt euern Epott nicht mit mir. Euer Gewand
möcht ich nicht anziehen für großes Gut; ihr werdet au
ungern das meine tragen. Doch, fprah der König; ich
bedarf deffen wohl, denn ich habe für diefmal viel Feinde,
denen ich faum entkommen bin. Darum mollt ich meine
Kleider vertaufhen, und mich ihnen unfennbar macen.
Der Einfiedel fprah: Gott unfer Derr wolle euch behüten,
daß ihr euern Feinden nicht zu Theil werdet. Sch habe von
Gottes Gnaden noch zwei Node und zwei Kappen und
ein Paar Bundfchube: davon nehmt was euch gefällt. Der
König nahm den alten Rod, 309 ihn über den Panzer und
legte fich nieder in das Heu bis es begann zu tagen, ba
nahm er Urlaub von dem Waldbruder und fam aus dem
Wald und gedachte gen Orleans zu gehen zu feiner lieben
Hausfrau, die ihn gar wohl empfangen mwerde, Als er in
ein Dorf kam, fragte er nach dem Wege nach Orleans. Da
wies man ihn, an einem Waßer hinzugeben big er an eine
Brüde käme.
— 519 —
Wie der Sonftabel dem König begegnete und ihm
vieth, wie er das Reich und die Königin wieder
gewinnen follte.
Das Waßer lief durh einen Wiefengrund, durch den
gieng der König der Brüde zu. Da fah er jenfeits einen
Nitter fich entgegen reiten; ihn deuchte, er follte ihn kennen.
Da er nun näher zu ihm kam, fah er wohl, daß es der Con:
ftabel war, dem er feine Hausfrau befohlen hatte. Ihn
verwunderte fehr, wie er nun fo allein geritten fomme und
der Pflege nicht gedenfe, Der Conftabel, dachte er, ift dem
Grafen Friedrich auch verwandt, desgleichen dem Grafen
von Burgund: follte er von diefer Verrätherei wißen? Ich
will mich ihm nicht zu erkennen geben, bis ich erfehen, ober
meines Nugens oder Schadens willen geritten Eommt, Nun
titt der Graf von Dammartin über die Brüde und als er zu
dem König kam, bielt er an, grüßte ihn und ſprach: Lieber
Bruder, von wannen fommft du? Er antwortete: Aus
dem Walde, wo ih meine Wohnung habe. Freund, fprach
der Graf, habt ihre nicht gehört, wo der König von Frank—
reich zu finden wäre. Der Bruder fprach: Man fagt, er fei
todt, der Herzog Anfelm von Burgund habe ihn erfchlagen,
als er von Dijon nach Langres reiten wollte, Lieber Freund,
fprach der Graf, das find nicht gute Zeitungen, Wißt ihr
gemwifs, daß es wahr ift. Ja es ift leider nicht gelogen, fprach
der Einfiedel, ich war nicht weit davon, und hab es zum
Theil mit eigenen Augen gefeben, Als der Graf das hörte,
ward er ein betrübter Mann und hub an zu weinen, daß
ihm die Thränen über die Wangen floßen, Als der König
er
das fab, gewann er ihn noch lieber denn zuvor und fpradh:
Lieber Herr, gebabt euch nicht fo übel. Iſt der König todt, fo
wird euch wohl ein anderer König werden, diefer war dod)
von geringem Adel. Des gefchmweigt, lieber Freund, ſprach
der Gonftabel, beßern König bat man in diefem Reich nie
gefeben ; es wird auch nie ein fo herrlicher, gerechter, from:
mer König in Frankreich als er geweſen ift. Iſt er alfo um
fein Leben kommen, das fei Gott geklagt. Als der König
ihn alfo verfucht und treu befunden hatte, zog er die Kappe
von feinen Augen und gab ſich ihm zu erkennen und ſprach:
She dürft den König nicht fuchen, er ift hier. Alsbald
fprang der Graf vom Pferde, nahm den König in feine
Arme und empfieng ihn mit großen Freuden. D Herr,
eure Sachen fliehen übel, euch geſchieht großer Schaden an
allen Enden. Der König erfchraf und fprah: Sagt mir,
wie ergeht es euch zu Orleans, was macht die Königin ?
Davon kann ich euch nicht fagen, fprady der Graf, der mei-
neidige Böfewicht, Graf Friedrich, hat fie mir Gewalt ge:
nommen und hinweggeführt. Die frommen Bürger wären
uns gern zu Hülfe gefommen, aber er hat fie fchier alle
erichlagen ; ein Theil entrann ihm. Der König erfeufzte
tief in feinem Herzen; vor großem Sammer und Leid mocht
er feinen Schritt mehr gehen. Ach edler Graf, es fhidt
fih mir Alles zu Verluſt und auf das Allerböfefte. Anſelm
wollte mich geleiten und verrieth mich, meine Diener find
all erfhlagen. Nun hab ich auch meine liebe Hausfrau
verloren: wie möchte mir Übler gefhehen? Nun mag ich
das Königreich nicht mehr handhaben, ich weiß nicht mehr,
wem man vertrauen foll. Ich will aus dem Land reiten
gen Venedig, da find ich meine fehs Söhne, zu denen will
id mich halten ; die andern vier find bei mir todt geblieben,
Gott fei ihren Seelen gnädig. Sch will Drogan und Be:
nedict ftreiten helfen wider die Heiden; ich hoffe, fie nehmen
mid auf als einen Söldner. Der Graf fprah: Herr, ihr
thut Unrecht, daß ihr alfo mifströftert und übel gehabt, Taßt
den Unmuth fahren und gedenft wie ihr euch des großen
Schadens erwehren mögt. Ihr feid doch unfer rechter König
und mit Willen aller Fürften gefalbt, alle Großen des Reichs
geiftlih und meltlich haben euch gehuldet und find euch
Hülfe pflichtig. Die beruft alsbald und berathet mit ihnen,
wie man euch an den Verrüthern rächen möge. Ich ver:
traue es find noch viel frommer Leute im Königreich, denen
Untreue und Bosheit leid fein werde.
Der König fprah: Ihr redet recht, fie follen mir billig
untertban fein; mich dünft aber die Mächtigften unter der
Krone hafen mich und vergefen ihrer Eide. Wär ich
jetzo todt, fie follten mich wenig Elagen, Verflucht fei die
Stunde, da ich das Königreih an mich nahm. Der Graf
ſprach: Lieber Herr, nicht alfo. Seid guten Muths wider
eure Feinde, fo will auch ich Fleiß vorkehren, daß euch die
Königin wieder werde; ich weiß wohl, wie ich den Grafen
betrügen will. Der König fprah: So rathet mir auch, wie
ich die Sache angreife, denn ich bin vor Sammer und Be:
trübnifs meiner Vernunft und Sinne niht mehr mädtig.
Der Graf fprah: So ratbe ich euch, daß ihr den nächſten
Meg gen Paris gebt und euch in diefem Kleid, das ihr an:
habt, in eures Vettern Simons Haus verberget. So mill
ih gen Troyes zu Graf Friedrich, dem Böfewicht, und mid)
— 522 —
ihm auf Gnaden ergeben und mich freundlich gegen ihn be=
zeigen. Er ift mein Vetter und wird mir folgen. So
mill ich es denn mit der Königin zu Wege bringen und ihn
mit Liſten bethören, denn er hat auch fülfhlih an ung Al:
len getban: wir find ihm feine Zreue fehuldig. Ihr dürft
euh wohl auf mich verlafen, Herr König. Geht ihr
derweil gen Paris und thut, wie ich euch gerathen
habe,
Wie der Sonftabel dem Grafen Friedrich rieth zu
Montmiral feiner Befte öffentlih Hof zu halten.
Hiermit fchieden fie fi und der König gieng in des Ein—
fiedler8 Gewand bis er gen Paris kam; das gefhah an ei:
nem Abend. Er gieng in feines Nettern Simon Haus;
der erkannte den König nit. Er fprah: Bruder, mas
hättet ihr gern? Der König gab ſich feinem Vetter heimlich
zu erkennen und fagte ihm Alles, was gefhehen war. Simon
war der Zeitung fehr betrübt und behielt den König heimlich
bei fih, Derweil tritt der Graf von Dammartin gen
Troyes und hatte unterwegs manchen Gedanken, wie er dem
Grafen feine Bosheit vergelten follte. Ich meine nicht,
daß ich Sünde dabei thäte, einen Böfewicht zu betrügen und
einen Gerechten zu fördern. Er fam gen Zroyes und gieng
auf den Pallaft zu dem Grafen Friedrich und grüßte ihn
freundlih. Der Graf fprah zu ihm: Wie dürft ihr fo
kühn fein, hier einzutreten? Bei meiner Zreue, ich nehme
ein Meßer und zerhaue euch zu fleinen Stüden. Madıt
euch bald von binnen, das ift euch gut. Der Graf fprad:
— 5153 —
Herr Friedrich, zürnt nicht und laßt mich mit euch reden.
Ich babe bisher dem König und der Königin treu gedienet,
denen ich mit Eiden verpflichtet war, Nun höre ich aber
für gewifs, der König fei todt, Anfelm von Burgund habe
ihn erfchlagen. Wenn die Sachen alfo ftehen, fo it Noth,
daß man einen König in Franfreih habe, das Neich zu
handhaben, Nun habt ihr die Königin in euerm Gewahrſam,
und ift auch in ganz Sranfreich Keiner müchtiger als ihr:
darum bin ich gefommen, euern Willen zu erfahren, Wollt
ihre die Königin ehelich zur Kirche führen und ihr ganze
Treue bemweifen, fo will id mich mit euch vereinigen und
mich eurer Gnaden ergeben und euer Diener fein. Sch mill
euch auch zufagen, wenn ihr gen Paris reiten wollt, die
Krone zu holen, taufend Mann auf meine Koften in euern
Dienft zu bringen.
Als Graf Friedrih das vernahm, antwortete er und
fprach: Pieber Vetter, eure Hülfe ift mir Noth, darum
nehme ich euer Erbieten zu großem Dank an. Aber Eins
betrübt mid: die Königin will ihren Willen nicht dazu
geben, daß ich fie zur Kirche führe, Sie fist den Tag über
in ihrer Kammer und thut nichts als weinen: ich kann fie
nicht bereden, daß fie mich freundlich in die Arme nehme.
Der Graf ſprach: Sie thut es vielleiht aus Betrübniſs
über ihres Deren Zod. Ein getreuss Weib fann ihres
Mannes Tod nicht fo leicht vergeßen. Möchte ich aber mit
ihr reden, ich rieth’ ihr, fih in Gottes Willen zu ergeben,
Es ift wahres Sprihmwort: Wem Leid mwiderführt und es
su Derzen nimmt, der hat zwei Schaden. Fürmahr, fprach
Graf Friedrich, ih wollt ihr gerne Gutes erzeigen ; aber fie
— 524 —
will midy wider fehen noch hören. Herr, ſprach der Graf
von Dammartin, die Sache muß ich zmwifchen euch beiden
fhlihten und ein gutes Wort dazu reden, ob ich fie aus dem
Unmuth bringen mag, ie giengen miteinander zu der
Königin; der Conftabel neigte ſich vor ihr und grüßte fie.
As ihn die Königin erſah, ſprach fie: O Freund meines
Herzens, Gott lohn es euch, daß ihr mich armes Weib zu
fhauen fommt, die voll Kummer und Berrübnifs ift. Der
König ift todt und jümmerlich verrathen und ermordet wor—
den. Dun will mic diefer Böfewicht zur Ehe nehmen,
aber lieber wollt ich fterben. Die Königin hatte gemeint,
daß ihr die Augen roth waren. Graf Friedrich bat ihn,
mit der Königin zu reden, ob er das Leid aus ihren Sinnen
bringen und fie bewegen möchte, ſich in feinen Willen zu
fügen. Er gieng hinaus und ließ den Gonftabel allein bei
ihr. Der Graf führte fie in ein Senfter und ſprach: Frau,
feid guten Muths, mein Herr der König ift nicht todt. Sch
babe ihn in eines Waldbruders Gewand gefunden, und
hätte er ſich mir nicht offenbart, ich hätt ihn nimmer er:
fannt. Er ift jest heimlich in Paris, und bin ich von ihm
gefchieden, auf daß ich mit euch reden möchte. Sch hab
auch viel mit dem Grafen gefprohen und rath euch, ihm
feinen Unmillen mehr zu zeigen, damit wir unfern Anſchlag
defto beßer vollbringen mögen. Wird mir der Zag Eund,
da er euch zur Kirche führen foll, fo will ich fhaffen, dag
der König auch zu der Brautlauft komme mit folder
Macht, daß er allen feinen Feinden den verdienten Lohn
seben fol. Diefer Rede freute fih die Königin und ſprach:
Ich balte eubh für meinen lieben Vater und getreuen
— 5393 —
Sreund, und will gerne tbun, mas ihr mid, heißt, und follt
es an mein Leben gehen. Darnach ſchickte der Conftabel
nad Graf Friedrich, daß er zu ihm und der Königin käme.
Er fam und grüßte die Königin und ihre Jungfrauen und
ſprach lachend zu dem Grafen: Fieber Better, ich Elage euch,
daß mir die Königin nicht freundlic; fein will, fie wollte nie
ein gütlih Wort zu mir reden. Der Gonftabel antwortete:
Lieber Derr, das folltet ihr nicht verübelt haben, mich dünft,
fie ift fehr betrübt gewefen. Sch habe fie jest etlihermaßen
unterwiefen, und fie will mir folgen. Wohlan, ſprach Graf
‘ Friedrich, will fie mich zur Ehe nehmen, fo gebe ich ihr das
ganze Land Champagne zum Witthum. Die Königin
ſprach: Herr, mir iſt Noth, gutem Rathe zu folgen. Ich
will mid in euern Willen ergeben und thun, mas ich mit
Ehren thun mag. Da ward Graf Friedrih von Derzen
frob und danfte dem Conftabel, feinem Better, nahm ihn
bei der Hand und führte ihn bei Seite und ſprach: Ich fehe
nun, daß ihr mein Freund feid. Rathet mir ferner, wie ich
in diefen Sachen thun fol, Der Conftabel verfeste: Ich
kann nicht anders rathen, als daß ihr fie zur Kirche führt:
fo füllt euch das Königreih von felber zu und wird euch
unterthänig. Aber ihr müßt es zuvor euern Freunden
verfündigen, Anfelm von Burgund und andern euern
Verwandten. Schickt euern Herold in das Reich und laft
euern Hof öffentlich ausrufen : fo fommt das Volk von al:
len Seiten herzu. Nah dem Beilager reitet dann nad)
Rheims und laßt eudy falben; wenn dag gefchehen ift, zieht
ihr gen Paris, Der Graf fprah: Auf meine Freue, dabei
ift große Gefahr. Mich dünkt befer, daß ich die Königin
> m >
bier in meinem Land heimlich zur Kirche führe und «8 nicht
öffentlich verfünde, damit ih von Niemand überfallen
werde. Der Gonftabel fprady: Wetter, dag wär nicht gut.
MWenn ihr nicht Eöniglihen Hof dabei haltet, fo würde
Jedermann das Seine dazu fagen und Wenige glauben, daß
ihr der Königin Gemahl geworden wäret. Auch wär «6
der Königin nicht ziemlich: fie ift eines großen Hofs wohl
würdig. Wer darf euch auch Widerftand thun, da ihr der
Freunde fo viel im Königreih habt? Der König ift todt,
vor wem wollet ihr euch fürdhten? Graf Friedrich fprady:
So will ich euerm Rathe folgen; es dünft mich felber das
Befte. Ich werde den Tag anberaumen, da der Hof hier
fein fol. Herr, ſprach der Gonftabel, diefe Stadt ift groß:
bier möchte fich viel fremdes VolE fammeln und den Hof
ftöoren. Am beften ifts, ihr beftimmt den Hof gen Mont:
miral in Brie. Das ift eine Eleine Stadt, ihr habt da zu
gebieten und zu verbieten. Laßt die Königin dahin geleiten
und bejtellt, daß Niemand eingelaßen werde als wer zudem
Hof entboten ift. Der Graf ſprach: Ich folge euerm Rathe
und verlaße mih gänzlich auf euch und bitte euch freund:
lich, daß ihr die Sache ordnet und beftellt, wie «8 euch gut
dünft. Sch mill es all mein Leben um eud) verdienen.
Alſo befchloßen die beiden Grafen diefe Sache und ward
demnad Graf Friedrichs Freunden gefchrieben und der Zag
benannt. Diefer frohen Botſchaft freuten fie fid alle und
bereiteten ſich auf das Allerköftlichfte dahin zu kommen.
Graf Friedrich ließ fih auch Feine Koften dauern und be:
ftellte alle Dinge, die er zu der Hochzeit und dem Dofhalt zu
Montmiral bedurfte, Als dieß Alles beſchickt und angeord-
— 527 —
net war, da gieng der Grafvon Dammartin und fhrieb ing-
geheim dem König diefen Anſchlag und den für die Hochzeit
zu Montmiral anberaumten Zag, damit er fi) darnach zu
richten wüſte. Diefen Brief befahl er dem reihen Mesger
Simon zu geben und ſprach zu dem Boten, wenn er die
Botſchaft wohl ausrichte, und ihm aud eine Antwort mit:
brüchte, fo werde e8 ihm wohl gelohnt werden. Der Knecht
brachte den Brief gen Paris und gab ihn Simon dem
Mesger in feine Hand, der ihn alsbald dem König übergab,
Der freute fi) der Botſchaft fehr und hieß es dem Boten
wohl bieten und fprach heimlich zu feinem Better: Ich hoffe
meine Sachen follen duch Gottes Gnade beßer werden.
Der Conftabel fehreibt mir, Graf Friedrih wolle meine
Hausfrau zur Kirche führen: ih will ihm eine Brautgabe
dazu fchenken, die ihm nidyt zu wohl gefallen fol, Sie
wähnen Alle nicht anders, denn daß ich todt fei. Der König
fehrieb dem Grafen eine Antwort mit eigener Hand, Simon
nahm den Brief, brachte ihn dem Boten und fprah: Du
fouft diefen Brief Niemand geben als dem Grafen von
Dammattin in feine Hand. Er 309 die Zafche und fchenfte
dem Boten wohl vierzig Kronen. Der Bote dankte ihm
ſehr und kam mit diefem Briefe gen Montmiral. Der
König ſprach zu Simon: Lieber Vetter, beftellt mir fo vie!
Reifige als ihr in Paris aufbringen mögt und befehlt ihnen,
daß fie bis nächſten Montag gerüftet feien euch zu dienen.
Von mir fagt ihnen nihts, Simon fprah: Seid ohne
Sorge, lieber Derr, ih will euch Volk genug beftellen.
— 523 —
Wie Dugihapter gen Montmiral zu der Hcdzeit
tommt.
Graf Friedrich ritt wohl mit neunhundert Speren gen
Montmiral und führte die Königin mit fih. Am andern
Morgen kam Herzog Anfelm von Burgund und bradte
einen jungen Grafen von Brabant und die Grafen von
Eanforie und Rami mit fih. Auch Eamen fo viel Ritter
und Knechte dahin, daß alle Däufer in der Stadt voll lagen.
. Der Grafvon Dammartin gedahte: DO welch ein feines Tau—
benhbaus ift das! Mein Herr der König wird ein hübfch
MWaidfpiel bier finden. Nun hört was er that: Es waren
drei Pforten an der Stadt, deren verfchloß er zweie und
ftefte die Schlüßel zu fih und fagte dem Grafen Friedrich,
wie er die Pforten verfchloßen hätte, damit fie von Niemand
überfallen würden; der dritten Pforte wollte er felbjt wahr—
nehmen, damit Niemand eingelaßen würde als ihre Freunde,
Käme aber morgen Jemand, der rennen oder ftechen wollte,
den werde er einlaßen. Dieß that der Graf, damit er feine
Abficht defto befer zumege brächte, und der König, wenn er
Eime, das falfche verrätherifche Volk all beifammen fände;
die beiden Thore hielt er verfchloßen, damit fein Herr, der
König, wenn er mit Eleinem Anhang füme, vor Ueberlauf
der Aeußern unbeforgt fein möchte. In der Burg mar die
Königin und viel fhöner Frauen des Landes bei ihr, da
hatten fie manderlei Kurzmweil mit Zanzen und Singen
und allerhand Saitenfpiel.
Simon der reihe Metzger hatte dem König zwölfhun-
dert auserlefener Nitter und Knechte beſtellt. An einem
— 529 —
Mentag bei Sonnenuntergany zogen fie aus der Stadt,
Der König ritt allen unerkannt mit feinem Vetter aus
Paris, und als fie vor die Stadt kamen, fanden fie die Kit:
terfchaft auf dem Felde ihrer harten, Simon grüßte fie und
ſprach: Meine lieden Herrn, nun wolle ung Gott geleiten,
Cie machten ihre Ordnung und ritten die Nacht hindurch
und famen am Dienftag Morgen in einen Wald, der nahe
bei der Stadt Montmiral lag. Sie wuften aber nicht, daß
der König bei ihnen war, denn fie hielten ihn nur für einen
Verwandten Simons. Im Walde faßen fie ab und Simon
ſprach: Liebe Freunde, rubt euch aus und haltet hier. Da
banden fie ihre Pferde an die Bäume und fiengen an, Hüt—
ten und Gezelte für fih und ihre Pferde aufzufchlagen,
Unterdefien rüftete fih auch Graf Friedrih in der Stadt
und hieß die Königin hocyzeitlich Eleiden. Graf Dammartin
ritt ohne Lederhofen und Sporen zur Stadt hinaus als
wollte er ſich erluſtigen. Er fam in den Wald, dahin er den
König befhieden hatte. Der war nun da in großen Sor—
gen; als er aber des Grafen wahrnahm, ritt er ihm eilends
entgegen, begrüßte ihn und fprah: Lieber Freund, mie
ergeht es meiner Frau, der Königin? Auf meine Treue,
ſprach der Graf, es geht ihr wohl. Sie hat nun bald zwei
Herren für Einen. Sie ift angefleidet und foll ſogleich zur
Kirche geführt werden. Dem Herzogen Friedrich mag Nie—
mand an Freuden gleichen; ſie leben in hohen Ehren; des—
gleichen alle ihre Freunde und Verwandte, Der Graf ſprach:
Herr, habt ihr euch vorgefehen, wie ich euch gefchrieben habe?
Sa, ſprach der König; ich habe Leure genug. Der Graf
ſprach: So rüftet euch, fobald zur Meffe geläutet wird, ang
Dtſche Volksb. Ir. Bd. 34
— 530 —
Thor zu reiten. Ich will ſelbſt an der Pforte fein und euch
einlaßen, Meine Frau die Königin harrt euer in großen
Aengſten. Der König fprah: Gott der allmächtige wolle
euch vor Leid behüten. Kehrt wieder um; wir wollen uns,
fo es Zeit wird, nicht ſäumen.
Der Graf ritt wiederum in die Stadt und gieng in die
Burg, die Derrfchaft zu befchauen. Inzwiſchen ward zum
andernmal zur Meffe geläutet. Da führte man die Königin
Eöftlich geziert zur Kicche. Herzog Anshelm von Burgund
führte die Königin an der einen Seite und ein Graf ge=
nannt ©ottfried zur andern, Da börte man mandherlei
Saitenfpiel, Trompeten, Pfeifen und Trommeln. Als der
Graf von Dammartin ſah, daß fie zur Kirche giengen, eilte
er zu der Pforte und harrte des Königs. Unterdeffen war
König Hug zu feinen Leuten geritten: denen gab er fi)
zu erkennen, grüßte fie und fprah: Meine lieben Sreunde,
meine Hausfrau ift mir verrätherifh genommen worden ;
die wollt ich gerne wiederholen: dazu bedarf ich eurer Hülfe.
Als fie ihren Heren und König fahen, wurden fie Alle gar
froh, denn fie wuften nicht anders als daß er todt wäre.
Sie antworteten: Herr, wir find hier deinen Willen zu thun,
mit euern Gnaden zu fterben oder zu genefen. Des danfte
ihnen der König freundlich. Darauf ritten fie aus dem Wald
und bielten fich hart beieinander, Indem hörte man zur
Meffe läuten; da ritten fie fchnell der Pforte zu. Der Graf
von Dammartin, der ihrer warten follte, hatte feinen Har—
nifh angethan und in feiner Hand eine gute Streitart,
Der König rief: Oho, Pförtner, laßein. Das foll gefhehen,
ſprach der Graf, ihr kommt eben zurecht, Seht ihr die Kirche ?
— 531 —
da reitet hin: ihr findet den Herzogen Anshelm und den
Grafen Friedrich und alle ihre Freunde. Wie ſie euch ge—
than haben alſo thut auch ihnen. Der König ſprach: Ich
will ihnen nichts ungeſchenkt laßen. Da erſtachen ſie die
Pförtner und verſchloßen die Pforte. Der Graf von Dam:
martin nahm die Schlüßel mit ſich, gieng an die Burg—
pforte und beſetzte auch die, damit Keiner entrinnen möchte.
Inzwiſchen ritt der König vor die Kirche, ſaß ab und gieng
hinein. Als er den Grafen Friedrich erſah, ſprach er zu ihm:
Herr, ich bin ungeladen zu eurer Hochzeit gekommen, ich will
euch ein Brautſtück ſchenken. Hiermit nahm er ſeine Streitaxt
und ſchlug auf die Brautführer. Sie erſchraken ſo ſehr, daß
ſich Niemand wehren mochte: aber wer entrinnen konnte,
der that es. Graf Friedrich kam zu einem Nebenthürchen
hinaus und wollt entrinnen; aber die Kirche war mit Ge—
wappneten ganz umſtellt, daß Niemand ungeſchlagen oder
ungefangen hinaus kommen mochte. Der Graf war aber aus
der Kirche entkommen: da begegnete ihm draußen Einer,
der ſchlug ihn mit einem Kolben zur Erde. Sie riefen Alle:
ſchlagt todt, es ſei Herr oder Knecht. Da hätte man ein
jämmerlich Geſchrei gehört und große Noth. Man gieng
in der Kirche im Blut bis über die Füße. Die Frauen wur—
den beide gefangen und alle ihre Diener erſchlagen. Da
gieng der König zu ſeiner Frauen, nahm ſie freundlich
in feinen Arm, küſste fie auf den Mund und ſprach: Frau,
Graf Friedrih hat übel an euch gethan. Er hätte euch
billig wieder nah Haufe gebracht; da das nicht gefihah, fo
dünft mich, ih muß euch felber holen. Die Königin ſprach:
Gott lohn euch, ich habe wahrlich viel Kummers und
31 *
— —
Schreckens erlitten. Aber da ich euch wieder hab, ſo will
ich alles Leides vergeßen. Der König ſprach: Meine herz
liebe Hausfrau, es ſoll mit Gottes Gnade beßer werden.
Sie giengen mit einander in die Burg und genoßen derſel—
ben Koſt, die zu der Hochzeit bereitet war,
Und als Herzog Anshelm und Graf Friedrich gefangen
waren und all ihr Volk erfchlagen, da liefen die Sranzofen
und nahmen da viel Eöftliche Kleinode. Die Königin führte
man in die Burg mit andern edeln Frauen, die fehr
betrübt waren um ihre Freunde, die ihnen erfchlagen
waren. Der König aber tröftete fie gürlich,
Der Graf von Dammartin, der auch Conſtabel hieß,
ließ den Herzegen von Burgund und den Grafen Friedrich
an eine Säule binden vor dem König und der Königin
und ließ vor ihnen pfeifen und trompeten und allerlei Spiel
vor ihnen ausführen. Als der Herzog und der Graf alfo
gefhmähet wurden, gieng es ihnen alfo zu Herzen, daß ihnen
die Yugen übergiengen. Graf Friedrich fprach zu dem Gras:
fen von Dammartin: O du fchnöder Graf, wie haft du mich
fo jämmerlich verrathen: das ift dir ewig eine Echande,
Der Grafvon Dammartin fprah: Sprih Du nur nicht von
Verrätberei: ich bezahl euh mit dem Maß, damit ihr mir
gemeßen habt, denn ihr habt meine Frau, die Königin, die
mir zu hüten befohlen war, mit Untreu und Verrätherei
und ohn alles Abfagen überfallen und genommen, und ihre
armen Bürger ermordet und damit fehändlich wider Eid und
Ehre gehandelt. Nun hab ich fie dem König wieder über:
liefert, der fie mir auf Treue befohlen hatte.
As man gegefen und die Zifhe aufgehoben hatte,
— 533 —
fammelte der König feine Ritterfchaft, und bat fie, ihm zu
rathen was er mit den zwei Gefangenen thun ſollte. Simon,
der reiche Metzger, ſprach: Herr, wollt ihr mir folgen, ſo
führt fie mit euch gen Paris: da laßt eure Hofleute über fie ur—
theilen: das mwird euch groß Lob bringen. Der König fragte
weiter: Conftabel, was ratbet ihr? Der Graf antwortete:
Herr, ich bitte euch, daß ihr es nicht übel aufnehmt was ich euch
rathen werde, Wenn ihr diefe Beiden gefangen führt gen
Paris, fo werden ihre Verwandten und Freunde von allen
Seiten zu euch kommen und werden für fie bitten, wenn
fie zum Tode verurtheilt werden. Verfagt ihr ihnen alsdann,
fo ladet ihr Haß und Neid auf euch. Laßt ihr fie aber beim
Leben ihren Freunden zu Liebe, fo thun fie euch hernach
größern Schaden denn zuvor. Darum gebt ihnen feine
Friſt und laßt fie alsbald hinrichten. Habt ihr nicht
Schmach und Schaden genug von ihnen erlitten ohne eure
Schuld? Ihnen ift fürder nicht mehr zu glauben noch zu
trauen; auch werden fich ihre Sreunde nicht dürfen unter:
fteben, das zu rächen, wenn fie euern Ernft fehen. Da
tiefen die andern Alle: Folgt tem Gonftabel: er hat euch
wohl und recht gerathen. Da ſprach der König: So weiß id)
hierin weiter nichts mehr zu reden. Sie find fhon einmal
an mir treulos geworden, das bringt ihnen einen böfen
Slauben. Laßt ihnen alsbald die Häupter abfchlagen.
Hiermit führte man die beiden Fürften hinunter und
fhlug ihnen die Häupter ab; darauf wurden fie in unferer
lieben Frauen Kirche vor dem Altar begraben. Darnad)
vertrieben fie die Nacht mit großen Kreuden und fehlief der
König bei der Braut, Des andern Tags lich der König die
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Srauen in ifre Heimat geleiten. Darauf fuhr er gen
Paris und führte die Königin mit fid.
Wie Hugfhaplers jeks Söhne mit den beiden
Königen wider die Heiden fuhren und den Sultan
erfhlugen.
As nun Hugs fechs Söhne mit den beiden jungen
Königen Benedict und Drogan wider den Sultan ziehen
wollten, da fanden fie den Sultan in ihrem Lande mider
die Chriften zu Felde liegen. Alsbald ward von beiden
Seiten ein Kampf beiprohen und auf einen beftimmten
Tag angefest. Der Streit gieng auch vor fih und gefchah
eine große, graufame Schlacht. Aber Gott der Allmüchtige
ſchickte den Chriften feine Gnade, dag fie den Sultan mit
all feinem Volk erſchlugen und den Streit gewannen. Ein
heidnifcher König, genannt Brandan, entgieng ihnen mit
etlihen Deiden und entfam auf das Meer; die andern
wurden alle erfchlagen. Hugs Söhne erwarben da viel
Yob und Ehre, dazu groß Gut und fuhren wieder heim gen
Venedig zu König Drogan. Da bat der König Hugs Söhne,
daß fie ihren Vater fhön von ihm grüßen und ihm feinen
dienftwilligen Muth fagen follten ; desgleichen that auch
Benedict von Ungarn. Die Franzofen nahmen ihren Ge-
winn, festen ſich zu Schiff und fuhren gen Marfeille; von
da zog Segliher in feine Heimat. Die ſechs Baſtarte rit:
ten mit einander gen Paris und fagten Hugen und
der Königin von Drogan und Benedict Gruß und dienft-
— 535 —
williges Erbieten und wie e8 ihnen bei den Heiden glücklich
ergangen wäre. Der König war der guten Zeitung froh
und empfieng feine Söhne mit feſtlichen Freuden. Er be:
hielt fie bei fih und begabte fie mit herrlichen Städten und
Burgen, alfo regierte Hug das Königreich in Frieden und
gewann viel Kinder mit der Königin. Die Bücher fagen
uns, daß er ein Klofter zu Paris fliftete und nannte es zu
St. Maglorie. Alfo regierte er neun Jahre, darnach fehied
er von diefer Welt und ward zu St. Maglorie begraben
und mit königlichen Ehren beftattet. Ruprecht fein ältefter
Sohn ward nah ihm König von Franfreih. Hier endet
fich diefe Hiftorie von dem werthen König Hug und andern
Fürften und Herrn,
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